GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE
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GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE
GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE 4.200 Begriffe nachschlagen, verstehen, anwenden 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
von Prof. Dr. Dirk Piekenbrock
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2002 2., überarb. und akt. Auflage 2003 3., vollst. überarb. und erw. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Dr. Riccardo Mosena | Laura Roberts Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-409-31803-7
Vorwort
Die jüngste globale Finanzkrise und nachfolgende Wirtschaftsrezession waren nicht der Anlass für eine umfassende Überarbeitung dieses Lexikons, sondern die nachhaltige Nachfrage nach einem kompakten Nachschlagewerk über grundlegende volkswirtschaftliche Begriffe und Zusammenhänge. Für eine lexikalische Verarbeitung der weltweiten Turbulenzen auf den Finanz- und Gütermärkten sowie der nationalen und internationalen Anstrengungen zu ihrer praktischen und theoretischen Bewältigung wäre es auch noch zu früh: Noch befinden wir uns mitten in der Phase vielfältiger Maßnahmen und offener Wirkungen! Hauptziel dieser auf über 500 Seiten und 4.200 Stichwörter erweiterten Neuauflage ist es dies verdeutlicht auch die Titeländerung von Gabler Kompakt-Lexikon Volkswirtschaft in Gabler Kompakt-Lexikon Volkwirtschaftslehre die Grundbegriffe der aktuellen Lehrinhalte im Studienfach Volkswirtschaftslehre deutschsprachiger Hochschulen möglichst breit abzudecken und einer großen Leserschaft über den Hochschulbereich zugänglich zu machen. Bei der Auswahl und Tiefe der Stichwörter haben wir uns an den akkreditierten Curricula wirtschaftswissenschaftlicher Bachelor- und Masterstudiengänge orientiert. Dazu gehören neben Standardbegriffen der mikro- und makroökonomischen Theorie, die verschiedensten Bereiche der Wirtschaftspolitik, insbesondere auch das umfangreiche Thema soziale Sicherung, zu dem wir ausführliche und detaillierte Stichwortnetze liefern. Dem Grundsatz, auf schnell veraltende statistische Tabellen über volkswirtschaftliche Daten zu verzichten, sind wir treu geblieben. Wir verweisen hier auf die unerschöpflichen OnlineAngebote der amtlichen Statistik. Gleichwohl werden in zahlreichen Stichwörtern die jüngsten verfügbaren Zahlen genannt, damit der Leser zumindest eine Vorstellung über die Größenordnung volkswirtschaftlicher Eckdaten bekommt. Insgesamt richtet sich das Gabler Kompakt-Lexikon Volkswirtschaftslehre an Studenten der VWL und BWL und an alle, die sich für volkswirtschaftliche und insbesondere wirtschaftspolitische Zusammenhänge interessieren. Es ist für den täglichen Gebrauch in Studium und Beruf geschrieben. Prof. Dr. Dirk Piekenbrock Duale Hochschule Baden-Württemberg
Abkürzungsverzeichnis
AO AbfG ABM ABQ Abs. AbwAG AEntG AFBG AFG AFTA AG AKG APEC APS Art. ASEAN AStV AsylbLG AÜG AVmG BA BAA BAföG BAG BBankG BBk BEEG BEG BewG BGBl BHO BIP
Abgabenordnung Abfallgesetz Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ArbeitslosigkeitsBetroffenheitsquote Absatz Abwasserabgabenordnung Arbeitnehmerentsendegesetz Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz Arbeitsförderungsgesetz ASEAN Free Trade Area Aktiengesellschaft Allgemeines Kriegsfolgengesetz Asia-Pacific Economic Cooperation Allgemeines Präferenzsystem Artikel Association of East South Asian Nations Ausschuss der ständigen Vertreter Asylbewerberleistungsgesetz Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Altersvermögensgesetz
BIS
Bundesagentur für Arbeit; Berufsakademie Bundesausgleichsamt Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht Bundesbankgesetz Bundesbank Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz Bundesentschädigungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesgesetzblatt Bundeshaushaltsordnung Bruttoinlandsprodukt
BWL bzw.
BIZ BJK BKKG BMAS BMF BMG BMFSFJ BMGB BMonV BMU BNE BRD BSP BSV BVA BVG BVS
ca. COE COICOP c. p. COPA COREPER DB DDR
Bank for International Settlement Bank für Internationalen Zahlungsausgleich; Berufsinformationszentrum Bundesjugendkuratorium Bundeskindergeldgesetz Bundesministerium für Arbeit und Soziales Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium für Gesundheit Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Beteiligungs-ManagementGesellschaft Berlin Bundesmonopolverwaltung Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bruttonationaleinkommen Bundesrepublik Deutschland Bruttosozialprodukt Bundesschuldenverwaltung Bundesversicherungsamt Bundesversorgungsgesetz Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben Betriebswirtschaftslehre beziehungsweise circa Crowding Out Effekt Classification of Individual Consumption of Purpose ceteris paribus Comité des Organisations Professionelles Agricoles de la CEE Comité des Représentants Permanents Deutsche Bahn Deutsche Demokratische Republik
Abkürzungsverzeichnis d. h. DIW DMBilG EAG EAGFL ECN ECU EEA EEF EEG EFRE EFTA EFWZ EG EGKS EGV EIB EnergieStG EntgFG EPZ ERG ERP ESF ESPRIT EStG ESZB EU EuGH EUR EURATOM EUREKA
das heißt Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung DM-Bilanzgesetz Europäische Atomgemeinschaft Europäischer Ausgleichsund Garantiefonds für die Landwirtschaft Europäisches Wettbewerbsnetz European Currency Unit Einheitliche Europäische Akte Europäischer Entwicklungsfonds Erneuerbare-EnergienGesetz Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung European Free Trade Association Europäischer Fonds für Währungspolitische Zusammenarbeit Europäische Gemeinschaften Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag über die Europäischen Gemeinschaften Europäische Investitionsbank Energiesteuergesetz Entgeltfortzahlungsgesetz Europäische Politische Zusammenarbeit Entschädigungsrentengesetz European Recovery Programme Europäischer Sozialfonds European Strategic Programme for Research and Development Information Einkommensteuergesetz Europäisches System der Zentralbanken Europäische Union Europäischer Gerichtshof Euro Europäische Atomgemeinschaft European Research Coordinating Agency
VIII EuRH
Europäischer Rechnungshof EUROSTAT Statistisches Amt der Europäischen Union EUV Verträge über die Europäische Union EVPI Europäischer Verbraucherpreisindex EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWGV Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWI Europäisches Währungsinstitut EWR Europäischer Wirtschaftsraum EWSA Europäischer Wirtschaftsund Sozialausschuss EWWU Europäische Wirtschaftsund Währungsunion EZB Europäische Zentralbank EZU Europäische Zahlungsunion FAO F&E FKPG FKVO FuE FZ GAP GASP GATS GATT GewStG GewStR GfK GG GIK GKV GrEStG GSP
Food and Agricultural Organization Forschung und Entwicklung Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms Fusionskontrollordnung Forschung und Entwicklung Finanzielle Zusammenarbeit Gemeinsame Agrarpolitik (der EU) Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (der EU) General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tariffs and Trade Gewerbsteuergesetz Gewerbsteuerrichtlinien Gesellschaft für Konsumforschung Grundgesetz Gini-Koeffizient Gesetzliche Krankenversicherung Grunderwerbsteuergesetz Generalized System of Preferences
IX
Abkürzungsverzeichnis
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
ha HEBS
Hektar High Employment Budget Surplus Häftlingshilfegesetz Hirschmann-HerfindahlIndex Harmonisierter Verbraucherpreisindex Hamburgisches Weltwirtschaftliches Archiv
HHG HHI HVPI HWWA i. A. IAB IAEA IBRD ICC IDA IEA IFAD IFC IfW i. d. R. i. e. S. IFC IfSG ILO IMF i. S. ITA ITC ITO IWF IWH i. w. S.
im Allgemeinen Institut für Arbeitsmarktund Berufsforschung International Atomic Energy Agency International Bank of Reconstruction and Development International Chamber of Commerce International Development Association International Energy Agency International Fund for Agricultural Development International Finance Corporation Institut für Weltwirtschaft in der Regel im engeren Sinne International Finance Corporation Impfschutzgesetz International Labor Organization International Monetary Fund im Sinne International Trade Administration International Trade Center, International Trade Commission International Trade Organization Internationaler Währungsfonds Institut für Wirtschaftsforschung Halle im weiteren Sinne
JCC
Jewish Claims Conference
KfW
KWG
Kreditanstalt für Wiederaufbau Kraftfahrzeug kleine und mittlere Unternehmen Krankenversicherung der Rentner Kreditwesengesetz
LDC LHO LQ LZB
Least Developed Countries Landeshaushaltsordnung Lohnquote Landeszentralbanken
Kfz KMU KVdR
M1, M2, M3 Geldmenge 1, 2, 3 MAS Marktaustrittsschranken MdE Minderung der Erwerbsfähigkeit Mio. Millionen Mrd. Milliarden MZS Marktzutrittsschranken NAFTA NBER NEA NIÖ NNE NS NSP OECD OEEC OEG OPEC PKE PKV PPP PSA RWI SAM
North American Free Trade Agreement National Bureau of Economic Research Nuclear Energy Agency Neue Institutionenökonomik Nettonationaleinkommen Nationalsozialismus Nettosozialprodukt Organization for Economic Cooperation Organization for European Economic Cooperation Opferentschädigungsgesetz Organization of the Petroleum Exporting Countries Pro-Kopf-Einkommen Private Krankenversicherung Public Private Partnership Personal-ServiceAgenturen Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung Strukturanpassungsmaßnahmen
Abkürzungsverzeichnis SEEA SGB SOEP sog. SRU StWG SVG SVR
SZR TRIPS Tsd. TVG ÜLG u. a. u. Ä. UGR UN UNCED UNCTAD UNDP UNEP UNESCO
System of Integrated Environmental and Economic Accounting Sozialgesetzbuch Sozioökonomischer Panel sogenannte Sachverständigenrat für Umweltfragen Stabilitäts- und Wachstumsgesetz Soldatenversorgungsgesetz Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Sonderziehungsrechte Agreement on TradeRelated Aspects of Intellectually Property Rights Tausend Tarifvertragsgesetz Überseeische Länder und Gebiete unter anderem und Ähnliche(s) Umweltökonomische Gesamtrechnungen United Nations United Nations Conference on Environment and Development United Nations Conference on Trade and Development United Nations Development Programme United Nations Environment Programme United Nations Educational Scientific Cultural Organization
X UNIDO USA UStG Usw. v. a. VER vgl. VGR v. H. VPI WEU WFP wg. WHO WIPO WoGG WoGV WTO WZB ZAV z. B. ZDG ZRBG
z. T. ZUMA z. Zt.
United Nations Industrial Development Organization United States of America Umsatzsteuergesetz und so weiter vor allem Voluntary Export Restraint vergleiche Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen von Hundert Verbraucherpreisindex Western European Union World Food Programme wegen World Health Organization World Intellectual Property Organization Wohngeldgesetz Wohngeldverordnung World Trade Organization Wissenschaftszentrum Berlin Zentrale Auslands- und Fachvermittlung zum Beispiel Zivildienstgesetz Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto zum Teil Zentrum für Umfragen; Methoden und Analysen Mannheim zur Zeit
A Abbaukosten, Extraktionskosten; Kosten der Förderung einer erschöpflichen Ressource ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Abbaumengensteuer, Steuer auf die abge-
baute Menge einer erschöpfbaren Ressource. Aus Sicht der Umwelt- und Ressourcenökonomik dient die Abbaumengensteuer zur Korrektur des Marktversagens bei der Allokation erschöpfbarer Ressourcen. Vgl. auch Abbauwertsteuer. Abbaupfad, zeitliche Verteilung des Abbaus einer erschöpfbaren Ressource ( Umweltund Ressourcenökonomik). Der Abbaupfad wird bestimmt durch die pro Zeiteinheit abgebaute Menge der Ressource (Abbaurate). Zur umweltpolitischen Beeinflussung des Abbaupfads bietet sich die Einführung einer mengen- oder wertbezogenen Abbausteuer ( Abbaumengensteuer, Abbauwertsteuer) an.
darin zum Ausdruck, dass das Steuergrundgesetz oder auch steuerrechtliche Mantelgesetz, das die wichtigsten allgemein geltenden Regelungen zusammenfasst, als Abgabenordnung (AO) (vom 16.3.1976 mit späteren Änderungen) bezeichnet wird. Vgl. auch Sonderabgaben. Abgabenbelastung, Abgaben. Abgabenkeil, Abgaben. Abgabenordnung (AO), Abgaben. Abgabenquote, Abgaben ( Steuern einschließlich Erbschaftsteuer sowie Steuern an die EU und tatsächliche Sozialbeiträge) in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Finanzpolitische Kennziffer zur Quantifizierung der relativen Belastung mit Abgaben. Sie setzt sich aus der Steuerquote und der Sozialbeitragsquote zusammen.
Abbaurate, Abbaupfad. abgeleitete Nachfrage. 1. Begriff: Die Abbauwertsteuer, Steuer auf den Ver-
kaufspreis einer erschöpfbaren Ressource. Die Abbauwertsteuer beeinflusst den gleichgewichtigen Abbaupfad für die besteuerte Ressource. Ein verflachter Gleichgewichtspfad bei steuererhöhtem Anfangspreis führt zu einer Streckung der Ressourcenvorräte. Vgl. auch Abbaumengensteuer. Abgaben. 1. Sammelbegriff: a) Alle auf der
Finanzhoheit beruhenden öffentlichen Einnahmen der Gebietskörperschaften und bestimmter Parafisci: Steuern einschl. Kirchensteuer, Zölle und Abschöpfungen, Gebühren, Beiträge und Sozialabgaben (Quasisteuern) an die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung. b) Vom Abgabepflichtigen her definiert: Pflichtgemäße Geldleistungen aller Art an Gemeinwesen. 2. Abgabenordnung: Der umfassende Charakter des Abgabenbegriffs kommt auch
abgeleitete Nachfrage bezeichnet im Rahmen einer mehrstufigen vertikalen Güterproduktion und -distribution die Nachfrage nach Gütern auf Beschaffungsmärkten, die sich aus der Güternachfrage nachgelagerter Produktions- bzw. Marktstufen ergibt, letztlich aus der (ursprünglichen) Endnachfrage von Gütern (z. B. Verbrauchs- und Gebrauchsgütern) abgeleitet ist. 2. Beispiel: Die Nachfrage nach Produktionsfaktoren (z. B. Arbeitskräften, Betriebsstoffen, Investitionsgütern) der Kraftfahrzeugsteller resultiert aus der Nachfrage nach Kraftfahrzeugen bei den Kfz-Händlern. Abgeltungsteuer, Quellensteuer, die seit
dem 1.1.2009 zur Besteuerung von Kapitalerträgen eingeführt wurde. Mit der Einbehaltung der Abgeltungsteuer durch das Anlageinstitut in Höhe von 25 % (Abgeltungsteuersatz) zuzüglich Solidaritätszuschlag (5,5 %
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_1, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Ability to Pay Principle
2
der Abgeltungsteuer) und gegebenenfalls der Kirchensteuer (8 % oder 9 % der Abgeltungsteuer) gilt die Steuerschuld der Kapitalertragsteuer für den Privatanleger als abgegolten. Das bedeutet, dass Kapitalerträge in der Einkommensteuererklärung nicht mehr aufgeführt werden müssen. Ability to Pay Principle, Zahlungsfähigkeitsprinzip; finanzwissenschaftliche Bezeichnung im englischsprachigen Schrifttum für die Besteuerung nach der Zahlungsfähigkeit. Im deutschsprachigen Schrifttum entspricht dem das Leistungsfähigkeitsprinzip. Gegensatz: Äquivalenzprinzip.
gilt, wenn sie mehr als die Hälfte alle abgegebenen Stimmen erhält. Absorption, Begriff der Außenwirtschaftstheorie für den heimischen Teil der aggregierten Güternachfrage einer Volkswirtschaft (heimische Absorption): a) die Summe von privater Konsumgüternachfrage, Investitionsgüternachfrage und Staatsnachfrage oder b) die Differenz zwischen dem Bruttosozialprodukt und dem Außenbeitrag der Volkswirtschaft (Exporte minus Importe). Diese Formulierung zeigt die Abhängigkeit der Leistungsbilanz von der Absorption und bildet die Grundlage für den Absorptionsansatz der Zahlungsbilanzausgleichstheorie.
ABM, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Abwägungsklausel, Fusionskontrolle. Abhängigkeitsposition, oligopolisti-
sche Preisbildung. Abschöpfungen, Agrarpolitik, Agrar-
marktordnungen. Abschreibungen, Wertminderung des reproduzierbaren Anlagevermögens im Laufe einer Periode durch Verschleiß, wirtschaftliches Veralten und vorzeitiges Ausscheiden von Anlagen durch versicherbare Schadensfälle. In den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) erfolgt die Berechnung von Abschreibungen ausgehend vom Anlagevermögen als Summe der Bruttoanlageinvestitionen der Vergangenheit unter Berücksichtigung der Abgänge. Alle Anlagen werden linear über die durchschnittliche Nutzungsdauer abgeschrieben. Die Abschreibungen werden je nach Verwendung zu Anschaffungspreisen, Wiederbeschaffungspreisen oder konstanten Preisen bewertet.
Abwasserabgabe, von den Ländern erhobene Abgabe für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer; nach dem Abwasserabgabengesetz (AbwAG) i. d. F. vom 18.1.2005 zu entrichten nach dem Verursacherprinzip durch den Direkt-Einleiter (Abgabepflichtiger). Die Abwasserabgabe hat in ihrer konkreten Ausgestaltung mit den theoretischen Ansätzen zur Umweltabgabe nur wenig gemein. Abwertung, Wertverlust einer Währung im
Vergleich zu einer anderen Währung. Eine Abwertung liegt vor, wenn der Wechselkurs bei Preisnotierung der ausländischen Währung (z.B. EUR pro US-Dollar) steigt. Vgl. auch Wechselkurs. Abzugsfähigkeit von Steuern, steuer-
Abschwung, Konjunkturphasen.
rechtlicher und -technischer Begriff für die Möglichkeit, bereits gezahlte Steuerbeträge bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage einer anderen oder derselben Steuer abzuziehen. Beispiel: Die Gewerbesteuer ist als gewinnschmälernde Kostensteuer bei der Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer abzugsfähig. Anders: Abzugsteuern.
Absicherung gegen Kriegsfolgen,
Abzugsteuern.
Abschreibungsvergünstigungen,
derabschreibungen, Instrument der titionsförderung.
SonInves-
Kriegsopferfürsorge, Kriegsopferversorgung, soziale Sicherung, Wiedergutmachung. absolute Armut, Armut. absolute Mehrheitsregel, Abstimmungs-
regel, bei der eine Alternative als beschlossen
Steuerrechtlicher und technischer Begriff zur Kennzeichnung sol cher Steuern, die die auszahlende Stelle eines Ertrags oder einer Einkunftsart an Stelle des steuerpflichtigen Empfängers direkt für diesen an den Fiskus abführt. Da der Abzug zumeist an der Ertrags- bzw. Einkunftsquelle erfolgt, wird synonym von Quellensteuern gesprochen. Beispiel: Abzug-
3
Agency-Theorie
steuern auf Zinsen und Kapitalerträge gem. EStG. adaptive Erwartungen, Erwartung, Wachstumstheorie, Geldtheorie.
nur unter Wert verkaufen können, sondern nur mit schlechteren Fahrzeugen (lemons) handeln. Ein Instrument zur Lösung dieses Problems (auch ein Beispiel für Marktversagen) sind Gebrauchtwagengarantien.
Adding-up-Theorem, Eulersches Theo-
AFG, Arbeitsförderungsgesetz; Arbeits-
rem, Wachstumstheorie, Geldtheorie.
marktpolitik.
additiver Umweltschutz, Sammelbegriff für Maßnahmen im Umweltschutz, die dem Prozess der umweltschädlichen Leistungserstellung nachgeschaltet sind. Vgl. integrierter Umweltschutz, präventiver Umweltschutz, Umweltpolitik.
AFTA, ASEAN Free Trade Area, ASEAN
administrative
Kontrollfunktion,
Haushaltsfunktionen. Administrierte Preise, staatlich administrierte Preise, Einfluss des Staates auf die (Verbraucher-)Preise durch direkten oder indirekten Verwaltungseinfluss. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR) unterscheidet bei der Konstruktion eines Preisindex für staatlich administrierte Verbraucherpreise zwischen (1) direkt administrierte Preise durch staatliche Preissetzung (z. B. Fernsehgebühren, Hallenbadeintrittspreise, Parkgebühren), (2) teiladministrierte Preise durch staatliche Mitspracherechte (z. B.) Wohnungsmieten im geförderten Wohnungsbau, Versorgungstarife, Leistungen im Gesundheitswesen), (3) quasiadministrierte Preise durch Verbrauchsteuern (z. B. alkoholische Getränke, Kaffee, Mineralöl, Tabakwaren) und (4) indirekt administrierte Preise durch EU-Agrarmarktordnung (z. B. bei Milch, Fleisch und Getreide). Ad-valorem-Zoll,
tarifäre
Handels-
hemmnisse, Wertzoll. Adverse Selection, Problem der Negativ-
auslese bei Informationsasymmetrie, dass z. B. auf dem Gebrauchtwagenmarkt dadurch entsteht, dass die potenziellen Käufer aufgrund der Unsicherheit über den technischen Zustand eines Gebrauchtwagens auch für tatsächlich hochwertige Fahrzeuge nur einen Durchschnittpreis zu zahlen bereit sind. Die über die Fahrzeugqualität besser informierten Gebrauchtwagenkäufer werden daher die Fahrzeuge mit überdurchschnittlicher Qualität (plums) gar nicht anbieten, weil sie diese
Freihandelszone, Abkommen von 10 Mitgliedstaaten der ASEAN zur Errichtung einer Freihandelszone in Süd-Ost-Asien. Agency-Theorie. Zweig der Wirtschaftstheorie, der die Kooperation zwischen Wirtschaftssubjekten beim Vorliegen von Interessenkonflikten und Informationsasymmetrie zum Gegenstand hat. Ausgangspunkt der Agency-Theorie i. e. S. ist eine AgencyBeziehung, bei der eine Partei (der Agent) im Auftrag einer anderen Partei (dem Prinzipal) handelt. Eine Agency-Beziehung kommt zumeist zu Stande, weil der Agent über spezielles Wissen bzw. besondere Fähigkeiten im Hinblick auf die in Frage stehenden Aufgaben verfügt. Agency-Beziehungen bestehen z. B. zwischen Anteilseignern und Vorstand, Mandant und Rechtsanwalt, Patient und Arzt. Es wird unterstellt, dass Individuen ihr Eigeninteresse verfolgen. Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Agent automatisch im besten Interesse des Prinzipals handelt. Es stellt sich die Frage, wie der Prinzipal den Agenten dennoch motivieren kann, sich möglichst so zu verhalten, wie der Prinzipal es wünscht. Eine vollständige Überwachung der Aktivitäten des Agenten in Verbindung mit einer Sanktionierung von Fehlverhalten des Agenten kommt häufig (etwa aus Kostengründen) nicht in Betracht. Daher widmet sich die AgencyTheorie vornehmlich dem Problem der indirekten Verhaltenssteuerung des Agenten durch die Bereitstellung von Anreizen im Rahmen von Verträgen zwischen Prinzipal und Agenten. Solche Anreizverträge (Incentive Contracts) legen beobachtbare Größen fest, auf die der Agent durch sein Verhalten Einfluss nimmt. Sie könnten z. B. eine Gewinnbeteiligung des Agenten in Form von Bonuszahlungen, Stücklöhne oder die Selbstbeteiligung eines Versicherten im Schadensfall vorsehen. Im Zentrum der AgencyTheorie steht die Prämisse, dass vertragliche Vereinbarungen aus Sicht von Prinzipenten
Agenda 2010 und Agenten (beschränkt) pareto-optimal im Sinne des Second-Best sind; First-BestOptimalität ist wegen der asymmetrischen Information von Agenten und Prinzipenten nicht erreichbar. In diesem Sinne leistet die Agency-Theorie einen Beitrag zur Theorie (optimaler) ökonomischer Organisation. Agenda 2010, Agenda zwanzig-zehn, Strukturreformprogramm der Bundesregierung, von Bundeskanzler Gerhard Schröder am 14. März 2003 im Bundestag verkündet, zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung und zum Umbau des Sozialsystems. Die in zahlreichen Bereichen ansetzende Reformpolitik ist zweifellos der Angebotsökonomik zuzurechnen, insbesondere die Senkung der Lohnnebenkosten und Maßnahmen der Deregulierung (Lockerung des Kündigungsschutzes und Betriebsgründung ohne Meisterbrief). Kernstück der Umsetzung waren aber die Hartz-Reformen, mit der eine umfassende Reform der Arbeitsmarktpolitik eingeleitet wurde (u. a. die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II, Kürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I, Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln, Umorganisation der Arbeitsverwaltung zur Dienstleistungsagentur). Dem Umbau des Sozialversicherungssystems diente die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVModernisierungsgesetz, Leistungskürzungen, Kostenbeteiligung, Praxisgebühr) und der gesetzlichen Rentenversicherung (Stabilisierung des Beitragssatzes, Streichung versicherungsfremder Leistungen, Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors). Ergänzt wurde die Reformagenda durch eine Forcierung und Steigerung der Ausbildungsförderung sowie eine Steigerung der familienbezogenen Leistungen (Ausbau der Kinderbetreuung, Steuervergünstigungen) im Rahmen der Familienpolitik. Agglomeration, Begriff der Geographie für
die Bevölkerungsballung im Raum mit monozentraler Struktur (wie Berlin) oder polyzentraler Struktur (wie im Ruhrgebiet). Aggregate Investment Approach, theo-
retische Erklärung der zeitlichen Lastverschiebung durch die öffentliche Verschuldung ( Last der Staatsverschuldung). Durch staatliche Schuldenaufnahme kommt es zu
4 einem Crowding Out im Bereich der privaten Investitionen. Die nächste Generation erbt dadurch einen geringeren Kapitalstock als ohne Verschuldung; sie muss ein geringeres Wachstum des Sozialprodukts hinnehmen. Eine intergenerative Lastverschiebung wäre demnach möglich, wenn die (unterbliebenen) privaten Investitionen produktiver gewesen wären oder eher den zukünftigen Präferenzen entsprochen hätten als die öffentliche Mittelverwendung. Gegensatz: New Orthodoxy Approach. Vgl. auch Pay-as-You-Use-Prinzip. Aggregation. Zusammenfassung mehrerer
Einzelgrößen, um größere Einheiten und Zusammenhänge zu gewinnen, z. B. die Zusammenfassung aller einzelwirtschaftlichen (mikroökonomischen) Konsumgüternachfragen der inländischen Haushalte zur gesamtwirtschaftlichen (makroökonomischen) Konsumnachfrage oder Konsumfunktion als Voraussetzung für die Untersuchung volkswirtschaftlicher Zusammenhänge. Vgl. auch aggregierte Angebotskurve, aggregierte Nachfragekurve. aggregierte Angebotskurve, Gesamtan-
gebotskurve, aggregate supplycurve; Begriff der Makroökonomik. Die aggregierte Angebotskurve beschreibt im Gütermarktmodell den Zusammenhang zwischen dem gesamtwirtschaftlichen Preisniveau P und dem aggregierten Güterangebot aller Unternehmen Y s einer Volkswirtschaft, das dem Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten oder Volkseinkommen Y entspricht. Die Lage der aggregierten Angebotskurve in einem Preis-Mengen-Diagramm ist abhängig von den modelltheoretischen Annahmen, insbesondere von der für den Gütermarkt und die Faktormärkte angenommenen Markt- und Preisbildungsform, der Zielsetzung der Güteranbieter und der Produktionsfunktion. Verlauf: (1) Nach der klassischen Lehre, die unter der Annahme vollkommener Konkurrenz von völliger Preis- und Lohnflexibilität ausgeht, ist das Gesamtangebot zu jedem Zeitpunkt allein durch die vorhandenen Produktionsfaktoren sowie die verfügbare Produktionstechnologie bestimmt. Die Wirtschaft befindet sich stets in einer Situation der Vollbeschäftigung, d. h. alle Produktionsfaktoren sind ausgelastet. In diesem Fall verläuft die aggregierte Angebotskurve senkrecht und markiert zugleich die kurzfristige Kapazi-
5
Agrarpolitik
tätsgrenze oder Produktionspotenzial Y der Volkswirtschaft ( Y s Y s Y ). Das gesamtwirtschaftliche Güterangebot ist in diesem Fall vollkommen preisunelastisch. (2) Im einfachen IS-LM-Modell der Keynesschen Lehre wird demgegenüber von (oligopolistischer) Preisstarrheit ausgegangen. Die Anbieter passen sich bei gegebenem Preisniveau durch Mengenvariation an die jeweilige gesamtwirtschaftliche Nachfrage an. In diesem Fall verläuft die aggregierte Angebotskurve auf dem herrschenden Preisniveau P waagerecht. Das gesamtwirtschaftliche Angebot ist vollkommen preiselastisch. (3) Zwischen diesen beiden Extremen liegt der alternativ in keynesianischen Modellen und in der neoklassischen Synthese angenommene Fall, dass die Anbieter (a) bei vollkommener Konkurrenz, (b) bei gegebenen Mindestlöhnen und Lohnstarrheit nach unten und (c) gegebenen Preisen die Produktions- und Angebotsmengen gewinnmaximierend so anpassen, bis der Preis den (Lohn-)Grenzkosten entspricht ( polypolistische Preisbildung). Die aggregierte Angebotskurve entspricht dann der aggregierten Grenzkostenkurve aller Anbieter und weist bei abnehmender Grenzproduktivität des Faktors Arbeit einen ansteigenden Verlauf auf. Das gesamtwirtschaftliche Angebot reagiert in diesem Fall positiv und preiselastisch ( Y s Y s (P) ). Der Schnittpunkt von aggregierter Nachfragekurve und aggregierte Angebotskurve bestimmt das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht aggregierte Angebotskurve P
Ys
Nachfragekurve beschreibt den Zusammenhang zwischen gesamtwirtschaftlicher Güternachfrage Y d und Preisniveau P. Verlauf: Im Normalfall zeigt die aggregierte Nachfragekurve Y d (P) im Preis-MengenDiagramm einen fallenden Verlauf, d. h. mit sinkendem Preisniveau nimmt Y d zu. Der Schnittpunkt von aggregierter Nachfragekurve und aggregierter Angebotskurve bestimmt das gesamtwirtschaftliche Preis- und Mengengleichgewicht. aggregierte Nachfragekurve P
Y d (P)
Y
Agiotheorie, Kapital- und Zinstheorie, aus-
gehend von der Mindereinschätzung künftiger Bedürfnisse (eine Gütereinheit wird morgen geringer bewertet als eine Einheit heute). Sparen (S) und damit Konsumverzicht heute erfolgt demnach nur, wenn dadurch der zusätzlich mögliche Zukunftskonsum höher ist als der Verzicht an Gegenwartskonsum. Dieser prozentuale Aufschlag (Agio) ist der Zins (i), das Entgelt des Sparens- bzw. Kapitalangebots. S steigt mit i. Agrareinkommenspolitik, Agrarpolitik.
(1)
Agrarmarktordnung, Agrarpolitik.
P
(2)
Y s (P)
(3) Y
Y
aggregierte Nachfragekurve, Gesamtnachfragekurve, aggregate demand curve, Begriff der Makroökonomik. Die aggregierte
Agrarpolitik, Landwirtschaftspolitik; 1. Begriff: Gesamtheit der Maßnahmen zur Beeinflussung von Ordnung, Struktur und Prozessen in der Landwirtschaft. 2. Probleme: a) Strukturprobleme: Schrumpfung des Agrarsektors auf Grund gestiegener Produktivität und mangelnder Nachfrage nach Agrarerzeugnissen und zu kleiner Betriebsgrößen; b) Einkommensprobleme: Zurückbleiben der landwirtschaftlichen Einkommen hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung (Ein-
Agrarreformen. kommensdisparität); c) Überschussprobleme: riesige Agrarüberschüsse in der EU als Ergebnis der einkommensorientierten Interventionspolitik, während viele Entwicklungsländer unter chronischer Lebensmittelknappheit leiden. d) Umweltprobleme (mit der Landwirtschaft als verursachender und betroffener Wirtschaftssektor): Bodenerosionen durch zu intensive Wirtschaftsweisen, Boden- und Gewässerbelastung durch den Einsatz von Umweltchemikalien (Düngeund Pflanzenschutzmittel), Waldschäden und Bodenbelastungen durch den Sauren Regen; 3. Ziele: a) Verbesserung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum; b) Teilnahme der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft an der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung; c) Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit hochwertigen Agrarerzeugnissen; d) Beitrag zur Lösung der globalen Agrar- und Ernährungsprobleme; e) Schutz und soziale Sicherung der bäuerlichen Familienbetriebe; f) Durchsetzung des Umweltschutzes (Naturschutz, Landschaftsschutz, Tierschutz) in der Landwirtschaft; g) Beteiligung der Landwirtschaft an der Landschaftspflege; 4. Bereiche: a) Agrarverfassungspolitik: Setzung der rechtlichen Rahmenbedingungen z. B. für Grundeigentum, Pacht, Grundstücksverkehr, Vererbung, Arbeitsverhältnisse, Agrarmärkte (Agrarmarktordnung), soziale Sicherung und das Verbandswesen; b) Agrarstrukturpolitik: Verbesserung der Produktionsgrundlagen und damit der strukturbedingten Einkommenslage durch gezielte Betriebsförderung und Flurbereinigung; c) Agrarmarktpolitik: Preis-, Mengen- und Subventionspolitik im Rahmen der Agrarmarktordnung der EU; d) Agrarsozialpolitik: Aufbau und Verbesserung der sozialen Sicherung der selbständigen Landwirte und mithelfenden Familienangehörigen; e) Agrarumweltpolitik: Integration verschiedener Umweltziele in agrarpolitische Konzepte; insbesondere gilt es, externe Effekte der Landnutzung zu identifizieren, zu bewerten und ihre Internalisierung in einer integrierten Agrarpolitik zu prüfen. Agrarreformen. 1. Seit 1984 kommt es in der EU zu Agrarreformen, die die negativen Konsequenzen der Agrarmarktordnungen und damit der protektionistischen Agrarpreispolitik einschränken sollen (1984 Garantiemengenregelung auf dem Milchmarkt, 1988 freiwillige Flächenstilllegungen). 2.
6 Die große Agrarreform von 1992: Die große Reform beinhaltete im Wesentlichen einen Abbau der Preisstützung bei Getreide und Rindfleisch sowie eine Kompensation der Preissenkung durch flächen- bzw. tiergebundene Beihilfen. Um in den Genuss der Hektarprämie (Preisausgleich) bei Getreide zu gelangen, müssen Landwirte für einen Stilllegungsausgleich einen Teil der Anbaufläche stilllegen. 3. Mit der Agenda 2000 legte die EU-Kommission Pläne für eine weitere Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bis zum Jahre 2006 vor: (1) Entkoppelung der Direktzahlungen von der Produktion (Kürzung der Interventionspreise für Milch und Getreide und des Grundpreises für Rindfleisch sowie zur Kompensation mehr direkte Einkommensbeihilfen). (2) Die Direktzahlungen werden mit Standards in den Bereichen Umwelt- und Tierschutz sowie Lebens- und Futtermittelsicherheit verknüpft. (3) Bereitstellung von Mitteln für die Förderung der ländlichen Entwicklung durch Kürzung der Direktzahlungen. (4) Eine neue Marktordnung für Wein sollte eine kontrollierte Aufstockung des Weinbaupotenzials sichern. 4. Reformpläne von 2008 bis 2012: Modernisierung der EU-Agrarpolitik durch schrittweise Umschichtung von 13 % der direkten Beihilfen (insbesondere zu Lasten von Großbetrieben) in Projekte der landwirtschaftlichen Entwicklung (Programme zum Umweltschutz und zur sparsamen Wasserbewirtschaftung). Um die Landwirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, sollen marktstützende Aufkäufe von Hartweizen und Schweinfleisch abgeschafft werden. Die Obergrenze für die Milchproduktion soll 2015 ganz wegfallen, bis dahin soll zum Übergang jährlich um 1 % steigen. Die Subvention von Bio-Kraftstoffen soll gestrichen werden. Agrarsozialpolitik, Agrarpolitik. Agrarstrukturpolitik, Agrarpolitik.
Angebotsüberhänge auf Agrarmärkten, insbesondere in der EU. Überschüsse fallen dort als Folge der protektionistischen Agrarpreispolitik an und verursachen Ausgaben der öffentlichen Haushalte für Exportsubventionen an. Aus volkswirtschaftlicher Sicht sind die Agrarüberschüsse jedoch nicht das Hauptproblem, sondern die Agrarüberschüsse.
7
Alimentationsprinzip,
hohen Kosten (Wohlstandverluste), denen sie produziert werden. Agrarumweltpolitik.
mit
Agrarpolitik.
Akkumulationstheorie Marxismus. AKP-Staaten, Staaten in Afrika, im Karibi-
schen Raum und im Pazifischen Ozen, mit denen die EU seit ihren Anfängen besondere politische, wirtschaftliche und soziale Beziehungen auf der Basis eines Assoziierungsabkommens (Abkommen von Contonou aus dem Jahre 2000) pflegt. Die 79 AKP-Staaten erhalten z. B. umfangreiche Finanzmittel aus dem Europäischen Entwicklungsfonds ( EEF). Aktionsparameter, vom einzelnen Handlungsträger unmittelbar beeinflussbare Größen (z. B. die Artikelpreise, Sortimentsbreite und -tiefe, Warenpräsentation, Werbung, Serviceleistungen einer Einzelhandelsunternehmung), die als Mittel zur Erreichung seiner Zielsetzung (z. B. der Gewinnmaximierung) selbstständig eingesetzt werden können. Erwartungsparameter hingegen sind die vom betrachteten Akteur durch den Einsatz seiner eigenen Aktionsparameter nur mittelbar beeinflussbaren a) eigenen Ergebnisgrößen (z. B. der zu erwartende Absatz), aber auch b) die ergebnisrelevanten Aktionsparameter anderer Handlungsträger, z. B. die Absatz beeinflussenden Reaktionen eventueller Konkurrenten ( Aktions-Reaktions-Verbundenheit) und nicht zuletzt der Nachfrager. Aktions-Reaktions-Verbundenheit,
Interaktionsprozesse von Akteuren auf Oligopolmärkten ( oligopolistische Preisbildung). Während der Monopolist sich um Konkurrenten nicht zu kümmern braucht, der Polypolist sie wegen des geringen Konkurrenzeinflusses nicht identifizieren kann, muss der Oligopolist beim Einsatz seiner Aktionsparameter die Reaktion der Konkurrenten berücksichtigen. Die wahrgenommene Aktions-Reaktions-Verbundenheit muss freilich nicht mit der objektiv gegebenen Reaktionsweise übereinstimmen. Die subjektive Aktions-Reaktions-Verbundenheit wird mit Hilfe der Verhaltensweise erfasst. Bei der oligopolistischen Verhaltensweise wird dagegen eine bestimmte Konkurrenzreaktion erwartet.
Aktive Arbeitsmarktpolitik, Arbeits-
marktpolitik. aktivistische Wirtschaftspolitik, eine Wirtschaftspolitik, die auf den gegenwärtigen oder erwarteten Zustand der Wirtschaft reagiert bzw. Einfluss nehmen will, z.B. expansive oder kontraktive Geldpolitik und Fiscal Policy. aktueller
Rentenwert,
gesetzliche
Rentenversicherung. Akzelerationsprinzip. 1. Begriff: Investi-
tionshypothese der Makroökonomik, die einen linearen Zusammenhang zwischen den Nettoinvestitionen einer Periode und den Veränderungen der (Netto-) Produktion gegenüber der Vorperiode annimmt, d.h. durch Produktionsänderungen werden in einem durch den sog. Akzelerationskoeffizienten (Akzelerator) festgelegten Verhältnis bestimmte Nettoinvestitionen ausgelöst ( induzierte Größen). 2. Bedeutung: In Kombination mit dem Multiplikator ( Multiplikator-Akzelerator-Modelle) wird das Akzelerationsprinzip zur Erklärung von Konjunkturschwankungen herangezogen. Empirisch konnte das Akzelerationsprinzip allerdings nur bei Vorratsinvestitionen nachgewiesen werden. In neuerer Zeit wird das Akzelerationsprinzip durch das Kapitalstockanpassungsprinzip modifiziert. Akzelerator, Akzelerationsprinzip. Akzeptanzlohn, ein Lohn, den sich ein Arbeitsloser bei der Arbeitssuche aufgrund unvollkommener Information als akzeptabel selbst vorgibt, wobei er zwischen einer weiteren Suche auf ein späteres höheres Lohnangebot und der Akzeptanz eines früheren niedrigeren Lohnes abwägt. Da eine Kürzung des Arbeitslosengeldes die Kosten der Weitersuche erhöht, müsste dies zu einer Absenkung des Akzeptanzlohnes und damit zu einem Abbau der Sucharbeitslosigkeit führen. Die gleiche Wirkung dürften infolgedessen Verschärfungen von Zumutbarkeitskriterien und Sperrfristen haben. Alimentationsprinzip, nach verfassungsrechtlicher Interpretation einer der in Art. 33 Abs. 5 GG angesprochenen hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, die den Dienstherrn im öffentlichen Dienst verpflich-
Alleinvermittlungsrecht
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ten, für eine (amts-)angemessene Besoldung und Versorgung der Beamten und seiner Familie zu sorgen. Hierauf gründet sich die Ausgliederung des Systems der sozialen Sicherung im öffentlichen Dienst ( soziale Sicherung) aus dem allgemeinen Sozialversicherungssystem (mit Ausnahme aus der Pflegeversicherung). Alleinvermittlungsrecht,
Vermitt-
lungsmonopol. allgemeine Gleichgewichtstheorie,
Gleichgewicht, Totalanalyse. allgemeines Präferenzsystem, APS. Allgemeines Kriegsfolgengesetz (AKG),
Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden, Wiedergutmachung. allgemeine Wirtschaftspolitik, Economic
Policy, Applied Economics; 1. Begriff: Die allgemeine Wirtschaftspolitik ist als theoretische Grundlage der Wirtschaftspolitik zu verstehen. Im Gegensatz zur wissenschaftlichen Analyse spezieller Bereiche der Wirtschaftspolitik (z. B. Geldpolitik, Finanzpolitik, Einkommenspolitik, Verteilungspolitik, Konjunkturpolitik, Wachstumspolitik, Beschäftigungspolitik usw.) befasst sich die allgemeine Wirtschaftspolitik mit der grundsätzlichen Systematik wirtschaftspolitischer Handlungen weitgehend ohne den konkreten Bezug auf bestimmte ökonomische Ziele oder Gegebenheiten. Auch die Analyse bestimmter wirtschaftswissenschaftlicher Theorien, die politischpraktische Relevanz besitzen ( Keynessche Lehre, Monetarismus), zählt nicht direkt zum Gegenstand der allgemeinen Wirtschaftspolitik. Jedoch können diese und andere Theorien der Makroökonomik zur praktischen Umsetzung der allgemeinen Wirtschaftspolitik herangezogen werden. Die allgemeine Wirtschaftspolitik bezeichnet daher die allgemeine Erklärung wirtschaftspolitischer Aktivitäten staatlicher Instanzen. 2. Systematisierung: Um die allgemeine Wirtschaftspolitik zu strukturieren, werden verschiedentlich Aufteilungen vorgenommen, z. B. in Ordnungspolitik ( Ordnungsökonomik) und Prozesspolitik, gelegentlich ergänzt durch die Strukturpolitik. Eine
andere Systematik folgt der Aufteilung in quantitative Wirtschaftspolitik und qualitative Wirtschaftspolitik. Daneben bestehen funktionelle Systematisierungen, die sich auf eine bestimmte Zielsetzung ( Ziel der Wirtschaftspolitik) oder auf den speziellen Instrumenteneinsatz ( Mittel der Wirtschaftspolitik) beziehen. 3. Struktur: Unter der Beachtung des allgemeinen Handlungsaspekts wirtschaftspolitischer Maßnahmen lässt sich der systematische Fragenkatalog aufstellen: Wer macht was, warum und wie? Daraus lassen sich charakteristische Elemente der allgemeinen Wirtschaftspolitik entwickeln. (a) Eine erste unmittelbare Charakteristik folgt aus der Zielrichtung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen und den Maßnahmen im instrumentalen Sinne selbst: Die Ziele und Mittel der Wirtschaftspolitik. Zusammen mit dem Träger der Wirtschaftspolitik, der den Akteur der Maßnahmen bezeichnet, bilden sie die Kernstruktur der allgemeinen Wirtschaftspolitik (b) Die Frage nach dem Wie führt erstens zu der Forderung der Rationalität der wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Rational im grundsätzlichen Sinne von vernünftig, einsichtig und zweckmäßig verweist auf die Notwendigkeit, dass zwischen den eingesetzten Mitteln und den damit zu erreichenden Zielen ein Zusammenhang bestehen muss, der sich auch wissenschaftlich begründen lässt und eine bestimmten Methodik der Wissensgewinnung erfordert. Als weitere charakteristische Elemente der allgemeinen Wirtschaftspolitik bestehen somit der wirtschaftspolitische ZielMittel-Zusammenhang als inhaltliche und formale Beschreibung der zu Grunde liegenden ökonomischen Theorie und die Methodologie, mittels derer diese ökonomische Theorie entwickelt wurde. Die Methodologie ist nicht zuletzt deshalb von hoher Bedeutung für die allgemeine Wirtschaftspolitik, weil sie maßgeblich für die politische Akzeptanz einer wirtschaftspolitisch angewandten ökonomischen Theorie ist. Die zweite Antwort auf das Wie der wirtschaftspolitischen Maßnahme verweist auf den Prozess der Wirtschaftspolitik. Wirtschaftspolitische Aktionen folgen einer allgemein formulierbaren Handlungssystematik, die in einzelne Ablaufphasen untergliedert wird (Information, Entscheidung, Durchführung, Kontrolle und Modifikation). Der wirtschaftspolitische Prozess trägt dabei wieder Züge der anderen
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Alterssicherung
Strukturelemente (Träger, Mittel und Ziele der einzelnen Prozesshasen).
Gegensätze: Einphasenumsatzsteuer, Mehrphasenumsatzsteuer.
Allgemeinverbindlichkeitserklärung,
Als-ob-Konkurrenz, Wettbewerbstheo-
Mindestlohngesetze. Allmenderessource, Common Property
Resource; natürliche Ressource ( Umweltund Ressourcenökonomik) im Gemeineigentum, z. B. Grundwasser, Erdgas oder Kohle. Bei uneingeschränkter Zugriffsmöglichkeit besteht die Gefahr der vorzeitigen Erschöpfung. Unregulierte Märkte führen bei Allmenderessourcen nicht zu optimalen Marktergebnissen ( Marktversagen). Ursache für die Fehlallokation ist der fehlende Anreiz für den individuellen Ressourcennutzer, die von ihm verursachten Nutzungskosten zu berücksichtigen. Zur Korrektur von Fehlentwicklungen werden Beschränkungen der Nutzungsrechte oder steuerpolitische Maßnahmen (z. B. Abbaumengensteuern) vorgeschlagen. Allokation, Verteilung von Gütern und Faktoren im Hinblick auf Personen oder Produktionsprozesse. In Marktwirtschaften wird die Allokation primär über Güter- und Faktorpreise (Preismechanismus) bestimmt. Vgl. auch Wohlfahrtsökonomik, konstitutioneller Wissensmangel. Allokationsfunktion des Preises, Beg-
riff der Preistheorie, der den Faktorpreisen die Funktion zuschreibt, für eine effiziente Verteilung der Produktionsfaktoren auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche einer Volkswirtschaft zu sorgen. Da die Branchen mit höherer Produktivität und Rentabilität im Wettbewerb um die Produktionsfaktoren auch höhere Faktorpreise zahlen können, fließen diese in die produktivsten Verwendungen. Voraussetzungen: freie Preisbildung auf den Güter- und Faktormärkten sowie eine uneingeschränkte Faktormobilität, die von der Allokationspolitik zu gewährleisten sind. Umsatzsteuersystem, bei dem auf allen Stufen der Handels- bzw. Leistungskette Umsatzsteuer erhoben wird. Nur die Allphasenumsatzsteuer gewährleistet die volle umsatzsteuerliche Erfassung des Endverbrauchs. Bruttoumsatzsteuer und Nettoumsatzsteuer entsprechen dem Allphasenumsatzsteuersystem. Allphasenumsatzsteuer,
rie. Als-ob-Konzept, Kartellrecht. Altenhilfe, soziale Mindestsicherung,
Sozialhilfe. Altenquotient, demographische Kennziffer: Verhältnis der Personen im Alter von 0 bis unter 20 Jahren zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter von 20 bis unter 65 Jahren (oder in Zukunft älter). Altenquotient =
Bevölkerung > 65 J. Bevölkerung 20 - <65 J.
Interpretation: Ein Altenquotient von 33% zeigt an, dass zur Unterstützung eines Alten drei Personen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen (Unterstützungsquotient) bzw. dass drei Personen im erwerbsfähigen Alter mit der Unterstützung eines Alten belastet sind (Belastungsquotient). Vgl. auch Jugendquotient, Gesamtquotient. Alternativkosten, Opportunitätskosten. Alternativsubstitution, Substitution. Altersarmut, altersspezifische Armut, die in Deutschland nicht existiert, da nach dem 3. Armuts- und Reichenbericht der Bundesregierung von 2008 das Armutsrisiko älterer Menschen (ab 65 Jahren) gemessen an der Armutsquote (mit 12 % im Jahre 2005) weit unter dem Durchschnitt (18 %) liegt. Altersrente, gesetzliche Rentenversiche-
rung. Alterssicherung, wichtiger Teil der sozialen Sicherung; gegliedert in die gesetzliche Rentenversicherung, soziale Sicherung der freien Berufe, soziale Sicherung der Beamten, zusätzliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst und Alterssicherung für Landwirte (vgl. auch Generationenvertrag). Faktisch übernehmen auch die gesetzliche Unfallversicherung und die Kriegsopferversorgung Funktionen der Alterssicherung für spezielle Personenkreise.
Altersstruktureffekt Altersstruktureffekt, Bevölkerungspoli-
tik. Altersteilzeit, Konzept der aktiven Arbeitsmarktpolitik und Arbeitszeitpolitik, das für Arbeitnehmer ab 55 Jahre einen gleitenden Übergang in den Ruhestand vorsieht. Rechtsgrundlage ist das Alterteilzeitgesetz vom 23.07.1996 in der Fassung vom 20.12.2007. Durch die Verkürzung der Arbeitszeit auf die Hälfte soll ein (Teil-)Arbeitsplatz für einen Arbeitnehmer frei gemacht werden, der sonst arbeitslos wäre. Die Arbeitszeitverkürzung kann sowohl durch Minderung der täglichen Arbeitszeit als auch durch Aufteilung der bis zur Rente verbleibenden Arbeitszeit in eine Vollarbeitsphase und eine Freistellungsphase umgesetzt werden. Wenn der Arbeitgeber diesen Arbeitsplatz mit einem Arbeitslosen wiederbesetzt, erstattet die Bundesagentur für Arbeit als Anreiz einen Teil des Finanzierungsaufwandes. Dieser besteht für den Arbeitgeber in der gesetzlichen Verpflichtung, zusätzliche Rentenbeiträge von mindestens 90 % des bisherigen Gehalts zu entrichten und dem Arbeitnehmer während der Altersteilzeit das regelmäßig gezahlte Teilzeitarbeitsentgelt (Regelarbeitsentgelt) um mindestens 20 % aufzustocken. Bei Entgelterhöhungen sind die Zahlungen entsprechend anzupassen. Die Firmenangehörigkeit der Arbeitnehmer bleibt erhalten. Der Arbeitgeber ist u. U. durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder eine entsprechende kirchenrechtliche Regelung verpflichtet, auf Verlangen eine Teilzeitvereinbarung zu schließen. Altersvermögensgesetz, Riesterrente. Altersvorsorge, Alle Maßnahmen, die eine
Person selbst oder Dritte (z. B. der Staat) für diese treffen, damit im Alter ein ausreichendes Einkommen gesichert ist. Zu unterscheiden sind die (1) gesetzliche Altersvorsorge durch die gesetzliche Rentenversicherung einschließlich der Berufständischen Versorgung und Beamtenversorgung ( Sicherung im öffentlichen Dienst), (2) betriebliche Altersversorgung durch Direktzusagen, Pensionskassen oder -fonds, Unterstützungskassen oder Direktversicherungen und die (3) private Altersvorsorge (a) staatlich gefördert (z. B. Riester-Rente und Rürup-Rente) und (b) ohne staatliche Förderung (z.B. Privatvermögen wie Immobilieneigentum).
10 Altlasten, Ablagerungen und Altstandorte, sofern von ihnen Umweltgefährdungen ausgehen oder zu erwarten sind. Vgl. auch Umweltpolitik, umweltpolitische Leitbilder, Vorsorgeprinzip. amtliche Statistik. 1. Begriff: Gesamtheit
der von speziellen Fachbehörden und den übrigen Behörden der Gebietskörperschaften ( EU, Bund, Ländern und Gemeinden) für staatliche, wissenschaftliche und private Zwecke zusammengestellten Statistiken. 2. Statistische Ämter: (1) Europäisches Statistisches Amt in Luxemburg, (2) Statistisches Bundesamt Deutschland in Wiesbaden, (3) Statistische Landesämter. 3. Hauptthemengebiete: (1) Bevölkerungsstatistik, (2) Bildungsstatistik, (3) Gesundheitsstatistik, (4) Sozialstatistik, (5) Rechtspflegestatistik, (6) Umweltstatistik und (2) Wirtschaftsstatistik. 4. Veröffentlichungen: (1) Statistische Jahrbücher, (2) periodische Fachserien, (3) Statistische Sonderbeiträge und Datenreihen im Internet. Analyse-Methoden charakterisieren bestimmte Eigenschaften ökonomischer Modelle. Man unterscheidet die statische, komparativ-statische, dynamische und evolutorische Analyse. Kriterium für die Unterscheidung ist der Umgang mit dem Problem der Zeit. (1) Bei der statischen Analyse beziehen sich bei gegebenen funktionalen Beziehungen alle untersuchten Variablen auf den gleichen Zeitpunkt, d. h., das Zeitproblem wird ausgeklammert. (2) Bei der komparativ-statischen Analyse werden statische Gleichgewichtszustände miteinander verglichen. Auch hier kommt nur eine DatenVariation, nicht aber die Zeit ins Spiel. (3) In der dynamischen Analyse wird zwar ein Ablauf in der Zeit simuliert, aber es bleibt bei der rein physikalischen Zeit im Sinne Newtons. (4) Erst bei der evolutorischen Analyse wird die historische Zeit berücksichtigt, d. h. es werden auch Irreversibilitäten und somit Veränderungen der funktionalen Beziehungen durch prozessendogene Entwicklungen (z. B. Lernprozesse) und Pfadabhängigkeiten thematisiert.
Analyse-Methoden.
Anbieterpolypol, Polypol. Angebot, Menge an Gütern, die zum Ver-
kauf oder Tausch angeboten wird. Als wichtigste Determinante des Angebots wird der
11 Preis angesehen. Erfasst wird das Angebotsverhalten durch Angebotsfunktionen. Vgl. auch aggregierte Angebotskurve. Angebotsdruckinflation, Inflation. Angebotselastizität, Verhältnis von relativer Veränderung der Angebotsmenge (als Wirkung) zur relativen Veränderung des Angebotspreises (als Ursache). Bei Normalreaktion der Anbieter ( Polypol), wenn nämlich die Angebotsmenge bei steigendem Preis zunimmt, ist die Angebotselastizität positiv. Je niedriger die Angebotselastizität, umso weniger reagiert das Unternehmen bzw. die Branche auf Preisänderungen. Angebotsfunktion, funktionale Beziehung der Angebotsmenge eines Gutes in Abhängigkeit von seinem Preis. Als Normalreaktion wird angenommen, dass das Güterangebot mit steigendem Preis zunimmt, so dass die Angebotskurve (= Graph der Angebotsfunktion) im Preis-Mengen-Diagramm ansteigend verläuft. Man unterscheidet Angebotskurven auf der Unternehmens-, Markt-(Branchen-) und gesamtwirtschaftlichen Ebene ( aggregierte Angebotskurve). Die Markt-Angebotsfunktion ergibt sich durch Aggregation der individuellen Angebotsfunktionen der einzelnen Unternehmungen ( Polypol). Angebotsmonopol, Monopol. Angebotsökonomik. Die Angebotsöko-
nomik betont die Bedeutung der Angebotsseite auf dem gesamtwirtschaftlichen Gütermarkt; damit entsteht eine deutliche Gegenposition zur Betonung der Nachfrageseite in der Keynesschen Lehre. Unter Angebotsökonomik i. e. S. versteht man die Lehre, die ausschließlich auf die Angebotsseite setzt und die Nachfrageseite vernachlässigt. Die Angebotsökonomik hatte großen Einfluss auf die Wirtschaftspolitik der Reagan-Administration (Reaganomics) und von Margret Thatcher in Großbritannien (Thatcherismus). In der BRD wurde eine gemäßigte Form der Angebotsökonomik durch den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR) propagiert. Vgl. auch Stabilisierungspolitik. Angebotsoligopol, Oligopol. Angebotspolitik, Angebotsökonomik.
anthropozentrischer Ansatz Angebotsschock, eine gesamtwirtschaftliche Störung, welche die Produktionskosten erhöht und zu einer Aufwärtsverschiebung der aggregierten Angebotskurve führt. Beispiel: Erdölpreiserhöhungen 1973/74. Unmittelbare Folgen sind eine Erhöhung des Preisniveaus ( Inflation) und ein Produktionsrückgang. Angebotstheorie
des
Haushalts,
Haushaltstheorie. Angebotsüberhang, Angebotsüberschuss;
Preisfunktionen, Totalanalyse.
Ankerwährung, starke Währung, an die Währungen anderer Länder rechtlich (z. B. der US-Dollar im Bretton Woods System) oder faktisch (z.B. die DM im früheren Europäischen Währungssystem) gekoppelt sind. Anleihe, Schuldverschreibung, Obligation, Bond. Sammelbezeichnung für Wertpapiere mit (meist) fester Verzinsung, in marktgängiger Stückelung, in denen die Gläubigerrechte verbrieft sind; Begebung i. d. R. zur langfristigen Schuldaufnahme in größerem Umfang am in- und ausländischen Kapitalmarkt. Die Emission bedarf staatlicher Genehmigung. Arten: a) Anleihen der öffentlichen Hand, b) Bankschuldverschreibungen der Kreditinstitute; c) Anleihen der gewerblichen Wirtschaft; d) Auslandsanleihen. Anpassungsflexibilität, Wettbewerbs-
funktionen. Anpassungspolitik, positive Anpas-
sungspolitik, sektorale Strukturpolitik, Strukturanpassungspolitik. Anschluss-
und
Versorgungspflicht,
Verpflichtung eines Versorgungsbetriebes, jedermann an das Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen (soweit wirtschaftlich zumutbar). Die Verpflichtung bedeutet, im Versorgungsgebiet ein leistungsfähiges Versorgungsnetz zu errichten und zu unterhalten. Der Anschluss- und Versorgungspflicht steht ein einklagbarer Anspruch jedes potenziellen Abnehmers im Versorgungsgebiet gegenüber. anthropozentrischer Ansatz, Fundamen-
talprinzip der
Umwelt- und Ressourcen-
Anti-Dumping-Zoll ökonomik, nach dem die Natur nur insoweit Wert hat, wie sie dem Menschen nützt. Der anthropozentrische Ansatz wird häufig als Bekenntnis zur rücksichtslosen Ausbeutung der Natur missverstanden. In der Umweltund Ressourcenökonomik wird jedoch gezeigt, dass der anthropozentrische Ansatz mit einem haushälterischen Umgang mit der Natur vereinbar ist. Gegensatz: ökozentrischer Ansatz. Anti-Dumping-Zoll. Zoll, durch den
Dumping-Preise ( Dumping) für importierte Güter aus bestimmten Herkunftsländern ausgeglichen werden sollen. Das GATT beinhaltet eigene Regeln für Anti-Dumping Zölle. Vgl. auch Anti-Dumping-Verfahren. Rechtsverfahren, mit denen sich die amerikanische Wirtschaft auf Grund des Antidumping Acts von 1921 gegen unerwünschte Importe aus dem Ausland wehren kann, in dem sie Klage gegen denjenigen erhebt, der Waren zu Dumping-Preisen ( Dumping) in die USA liefert. In der Regel werden ganze Länder verklagt und damit alle Exporteure der betreffenden Güter aus dem verklagten Land. Es gibt hunderte solcher Verfahren für Waren aller Art. Stellt die International Trade Commission (ITC) als regierungsunabhängige Behörde fest, dass ein Wirtschaftszweig durch Dumping geschädigt wird, prüft die International Trade Administration (ITA) im nächsten Schritt, in welcher Höhe gedumpt wurde. Am Ende des Verfahrens können Strafzölle ( Anti-Dumping-Zoll) verhängt werden. Anti-Dumping-Verfahren,
12 durch ein kreditfinanziertes Budgetdefizit die Wirtschaft aus der Rezession ( Konjunkturphasen) führen und zur konjunkturellen Belebung beitragen. Vermindert andererseits der Staat seine Ausgaben (Nachfrage) und/ oder erhöht seine Einnahmen in einer wirtschaftlichen Aufschwungphase (Verminderung des Budgetdefizits bzw. Erzielung von Budgetüberschüssen), so kann dies die Konjunktur dämpfen und mögliche Überhitzungserscheinungen vermeiden helfen. Ein wesentliches Problem der antizyklischen Fiskalpolitik ist ihre möglicherweise prozyklische Wirkung (prozyklische Fiskalpolitik). Vgl. auch Finanzpolitik, regelgebundene Finanzpolitik, Fiskalpolitik, Konjunkturpolitik. antizyklische Wirtschaftspolitik, Wirtschaftspolitische Maßnahmen um unerwünschten wirtschaftlichen Entwicklungen, wie sie im Verlauf der konjunkturellen Entwicklung auftreten, entgegenzuwirken. Die antizyklische Wirtschaftspolitik ist damit wesentlicher Bestandteil der Konjunkturpolitik. APEC, Asia-Pacific Economic Cooperation, Asiatisch-Pazifisches Wirtschaftsforum, 1989 in Canberra auf Initiative von Australien, Japan und den USA gegründete internationale Organisation mit dem Ziel, im pazifischen Raum eine Freihandelszone zu errichten. Die 21 Mitgliedstaaten, die etwa die Hälfte der Weltbevölkerung und Weltwirtschaft repräsentieren, haben bisher mehr als 40 biund multilaterale Abkommen nach den Regeln der WTO geschlossen und bisher 20 Gipfeltreffen abgehalten.
Antitrust-Bewegung, Bewegung, die sich
gegen Machtkonzentration in der Wirtschaft richtet. antizyklisch, gegen den Konjunkturverlauf ( Konjunkturschwankungen, Konjunkturzyklus) gerichtete Bewegung ökonomischer Größen oder Wirkung wirtschaftspolitischer Maßnahmen ( Konjunkturpolitik). Gegensatz: prozyklisch. antizyklische Fiskalpolitik, Bezeichnung
für eine Gestaltung des Staatshaushalts (Einnahmen und Ausgaben) im Hinblick auf die Glättung der zyklischen Schwankungen bei Realisierung eines langfristig positiven Trends. Danach soll der Staat einerseits
APS, allgemeines Präferenzsystem, Genera-
lized System of Preferences (GSP), Konzept der Europäischen Union ( EU) mit dem Zweck, die wirtschaftliche Entwicklung der Dritten Welt durch die Einräumung von Handelspräferenzen zu fördern (Konzept des Aid by Trade). Das Hauptmerkmal des APSKonzepts besteht darin, dass gewerbliche Erzeugnisse aus den Entwicklungsländern bei der Einfuhr in die EU ein mengenmäßig begrenzter Zollvorteil gewährt wird. Im Unterschied zu den speziellen Handelspräferenzen, welche die EU bestimmten Ländergruppen (z. B. den Mittelmeerländern oder den AKP-Staaten) eingeräumt hat, gelten die APS-Vergünstigungen gegenüber nahezu al-
13 len Entwicklungsländern. Das APS ist eine nach dem GATT zulässige Ausnahme vom Prinzip der Meistbegünstigung. Anzahl der Beitragszahler in der Rentenversicherung, die zusammen mit den Äquivalenzrentnern zur Berechnung von Rentnerquotienten herangezogen werden, welche wiederum in den demographischen Nachhaltigkeitsfaktors in die Bestimmungsformel des aktuellen Rentenwerts eingehen. Die Zahl der Äquivalenzbeitragszahler wird ermittelt, in dem das Gesamtvolumen der Beiträge durch den auf das Durchschnittsentgelt entfallenden Beitrag desselben Kalenderjahres dividiert wird. Äquivalenzbeitragszahler,
Äquivalenzeinkommen, Konzept der Sta-
tistik der personellen Einkommensverteilung, bei dem zur Ermittlung des (realen) Durchschnittseinkommens eines Mehrpersonenhaushalts eine Äquivalenzgewichtung vorgenommen wird, um sowohl Haushaltsgrößenersparnisse als auch den unterschiedlich hohen Bedarf von Erwachsenen und Kindern zu berücksichtigen. Die in der EU verwendete Äquivalenzskala der OECD berücksichtigt (a) den Haushaltsvorstand mit einem Gewicht von 1, (b) weitere Haushaltsmitglieder ab einem Alter von 15 Jahren mit einem Gewicht von 0,5 und (c) Kinder im Alter von weniger als 15 Jahren mit einem Gewicht von 0,3. Ein Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 15 Jahren muss demzufolge zur Erreichung eines vergleichbaren Lebensstandards nicht das 4-fache Einkommen eines Ein-PersonenHaushaltes verdienen, sondern nur das 2,1fache Einkommen. Das äquivalenzgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen des Haushalts erhält man durch Division des Haushaltseinkommens durch die Summe aller Äquivalenzgewichte. Die Äquivalenzgewichtung wird bei der Ermittlung des persönlichen Markteinkommens (Primäreinkommen vor Umverteilung) und des persönlichen Nettoeinkommens (Sekundäreinkommen nach Umverteilung) vorgenommen, woraus sich die Begriffe Marktäquivalenzeinkommen und Nettoäquivalenzeinkommen ergeben. Das Nettoäquivalenzeinkommen wird auch zur Bestimmung der Armutsgrenze herangezogen.
Arbeit Äquivalenzgewichtung, Äquivalenz-
einkommen, Familiensplitting. Äquivalenzprinzip, Grundsatz der Gleichheit von Leistung und Gegenleistung. In der Finanzwissenschaft ist das Äquivalenzprinzip eines der Besteuerungsprinzipien, nach dem sich Leistung des Steuerzahlers und Gegenleistung des Staates entsprechen sollen. Gegensatz: Leistungsfähigkeitsprinzip. Äquivalenzrentner, Anzahl der Rentner in der Rentenversicherung, die zusammen mit den Äquivalenzbeitragszahlern zur Berechnung von Rentnerquotienten herangezogen werden, welche wiederum in den demographischen Nachhaltigkeitsfaktors in die Bestimmungsformel des aktuellen Rentenwerts eingehen. Die Zahl der Äquivalenzrentner wird ermittelt, indem das Gesamtvolumen der Renten durch eine Regelaltersrente desselben Kalenderjahres (mit 45 Entgeltpunkten) dividiert wird. Äquivalenztheorie, Interessentheorie, Steuerrechtfertigungslehre, Rechtfertigung der Besteuerung als eine vertragsmäßige Gegenleistung des Einzelnen für den Nutzen, den ihm der Staat gewährt. Die Höhe der Steuer soll vom Umfang der vom Staat erbrachten Leistungen abhängen ( Äquivalenzprinzip). Arbeit, 1. Begriff: Zielgerichtete, soziale,
planmäßige und bewusste, körperliche und geistige, typisch menschliche Tätigkeit. 2. Volkswirtschaftstheorie: Produktionsfaktor neben Boden und Kapital. Arbeit ist wie Boden ein originärer Produktionsfaktor. Problematisch ist, dass die Untrennbarkeit von Mensch und Arbeitskraft unberücksichtigt bleibt; deshalb wird Arbeit als eigentlicher Produktionsfaktor, Boden und Realkapital als Produktionsmittel bezeichnet (Preiser). Vgl. auch Arbeitswertlehre. Da die Person des Arbeitenden und die Abgabe von Arbeitsleistungen nicht trennbar sind, stellt eine zunehmende Arbeitsteilung (Spezialisierung) eine Einschränkung der Selbstbestimmung und -entfaltung bis hin zur völligen Fremdbestimmung des Arbeitnehmers und damit eine Ursache für soziale Spannungen dar. Dem sollen Betriebsverfassungsund Mitbestimmungsgesetze entgegenwirken.
Arbeitgeber Arbeitgeber, 1. Begriff: natürliche oder juristische Person, die mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt. Arbeitgeber bieten zwar nach allgemeinem Sprachgebrauch (auf dem Stellenmarkt) Arbeitsplätze an, wirtschaftlich gesehen sind sie aber Nachfrager auf dem Arbeitsmarkt, wo sie zu (den i. d. R. von Arbeitgeberverbänden ausgehandelten) Tariflöhnen oder höheren Effektivlöhnen Arbeit als einen Produktionsfaktor nachfragen. 2. Hauptrechte: (1) Direktionsoder Weisungsrecht, (2) Kündigungsrecht und (3) Kontrolle der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. 3. Hauptpflichten: (1) Zahlung des Arbeitsentgelts (Lohn, Gehalt), (2) Beschäftigungspflicht, (3) Fürsorgepflicht, (4) Gleichbehandlung der Arbeitnehmer sowie (5) ordnungsgemäße Berechnung und Abführung der Lohnsteuer und Versicherungsbeiträge.
Arbeitgebervereinigungen; nach dem GG zulässige (und damit vom allgemeinen Kartellverbot des GWB ausgenommene) Zusammenschlüsse von Arbeitgebern zur Wahrnehmung gemeinsamer Interessen als Nachfrager auf den Arbeitsmärkten, insbesondere als Tarifpartei zum Abschluss gemeinsamer Tarifverträge (z.B. von Tariflöhnen, tariflichen Arbeitsund Urlaubszeiten) sowie in arbeitsrechtlicher und sozialpolitischer Hinsicht. Vgl. auch Tarifautonomie. Arbeitgeberverbände,
Arbeitgebervereinigungen, Arbeitge-
berverbände. Arbeitnehmer, abhängig Beschäftigte; 1.
Begriff: natürliche Personen, die im Rahmen eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages für einen Arbeitgeber unselbständige, fremdbestimmte Arbeit zu leisten haben. 2. Arbeitnehmergruppen: Arbeiter, Angestellte, leitende Angestellte und Auszubildende. 3. Hauptrechte: Anspruch auf Lohn oder Gehalt, Gleichbehandlungsrecht, Fürsorgerecht, Kündigungsrecht, Informationsrecht und Beschwerderecht. 4. Hauptpflichten: Arbeitspflicht, Erfüllung der Arbeitsanweisungen und Wahrung der Betriebsinteressen (Treuepflicht, Geheimnispflicht). Arbeitnehmerentgelt, neuer Begriff der
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) (bisher: Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit): Zusammenfassung der
14 Bruttolohn- und Gehaltssumme, der gesetzlich vorgeschriebenen und sonstigen Sozialkosten nach dem Inländerkonzept. Vgl. auch Arbeitseinkommensquote. Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Min-
destlohngesetze. Pauschbetrag gem. § 9a EStG in Höhe von 920 EUR, den Arbeitnehmer als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abziehen können.
Arbeitnehmerpauschbetrag,
Arbeitnehmerschutz, Arbeitsschutz Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitnehmerüberlassung ist nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) gegeben, wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) Dritten (Entleihern) zur Arbeitsleistung überlässt. Sie erschöpft sich also in dem bloßen Zurverfügungstellen geeigneter Arbeitskräfte, die der Dritte nach eigenen betrieblichen Erfordernissen einsetzt. Arbeitsangebot, Gesamtheit der auf einem
einzelnen oder dem (aggregierten) gesamtwirtschaftlichen Arbeitsmarkt (unter den gegebenen Rahmenbedingungen) freiwillig für einen bestimmten Zeitraum angebotenen Arbeitsleistungen (in Stunden). Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsangebot lässt sich z.B. als Jahresdurchschnittswert durch das Produkt aus der durchschnittlichen Zahl der Erwerbspersonen (einschließlich der Arbeitslosen) und der durchschnittlichen Jahresarbeitszeit berechnen. Arbeitsangebotskurve, Instrument der
Haushaltstheorie; gibt an, in welchem Stundenumfang ein Haushalt zu alternativen Reallohnsätzen den Faktor Arbeit (unter Abwägung von Freizeit und Arbeitseinkommen) anzubieten bereit ist. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM),
1. Begriff: Lohnkostenzuschüsse der Bundesagentur für Arbeit für die Beschäftigung besonders förderungsbedürftiger Arbeitnehmern durch förderungsfähige Maßnahmen; Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik im Rahmen der Arbeitsförderung nach dem dritten Sozialgesetzbuch (§§ 260 SGB III). 2. Fördergrundsätze: Maßnahmenträger
15 können für die Beschäftigung von zugewiesenen Arbeitnehmern durch Zuschüsse gefördert werden, wenn (1) die Maßnahmen dazu dienen, insbesondere bei hoher Arbeitslosigkeit in den Problemschwerpunkten der regionalen und beruflichen Teilarbeitsmärkte Arbeitslosigkeit abzubauen und arbeitslosen Arbeitnehmern zur Erhaltung oder Wiedererlangung der Beschäftigungsfähigkeit, die für eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist, zumindest vorübergehend eine Beschäftigung zu ermöglichen, (2) wenn in den Maßnahmen zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten durchgeführt werden, (3) eine Beeinträchtigung der Wirtschaft als Folge der Förderung nicht zu befürchten ist und (4) mit den von der Agentur für Arbeit zugewiesenen Arbeitnehmern Arbeitsverhältnisse begründet werden. Vorrangig sind Maßnahmen zu fördern, wenn damit zu rechnen ist, dass die Eingliederungsaussichten der in die Maßnahme zugewiesenen Arbeitnehmer erheblich verbessert wird. 3. Förderungsfähige Maßnahmen: (1) Zusätzlich sind Arbeiten, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden. (2) Im öffentlichen Interesse liegen Arbeiten, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. 4. Vergabe von Arbeiten: Ist bei der Durchführung einer Maßnahme die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an ein Wirtschaftsunternehmen vorgesehen, kann die Zuweisung geförderter Arbeitnehmer nichtdiskriminierend für alle Bewerber als vertragliche Nebenbedingung aufgenommen werden. 5. Förderbedürftige Arbeitnehmer: Arbeitnehmer sind förderungsbedürftig, wenn sie (1) arbeitslos sind und allein durch die Förderung in eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eine Beschäftigung aufnehmen können und (2) die Voraussetzungen erfüllen, um Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit oder bei Leistungen zur Teilhabe (Behinderter) am Arbeitsleben zu erhalten. 6. Höhe der Zuschüsse: (1) Die Zuschüsse zu den Lohnkosten werden in pauschalierter Form erbracht. (2) Die Höhe des Zuschusses bemisst sich nach der Art der Tätigkeit des geförderten Arbeitnehmers. Der Zuschuss beträgt bei Tätigkeiten, für die in der Regel erforderlich ist (a) eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung, 1.300 EUR, (b) eine Aufstiegsfortbildung, 1.200 EUR, (c) eine Ausbildung in einem Ausbildungsberuf, 1.100 EUR, (d)
Arbeitseinkommensquote keine Ausbildung, 900 EUR monatlich. Die Agentur für Arbeit kann den Zuschuss zum Ausgleich regionaler und in der Tätigkeit liegender Besonderheiten um bis zu 10 % erhöhen. Der wird höchstens bis zur Höhe des monatlich ausgezahlten Arbeitsentgelts gezahlt. Bei verkürzter Arbeitszeit sind die Zuschüsse entsprechend zu kürzen. 7. Verstärkte Förderung: Für weitere Kosten des Trägers bei der Durchführung der Arbeiten werden Zuschüsse bis zu 300 EUR pro Arbeitnehmer und Monat gezahlt, wenn (1) die Finanzierung einer Maßnahme auf andere Weise nicht erreicht werden kann und (2) an der Durchführung der Maßnahme ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht. 8. Förderdauer: (1) Die Förderung darf in der Regel nur zwölf Monate dauern. (2) Die Förderung darf bis zu 24 Monate dauern, wenn daran ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Interesse besteht oder der Träger die Verpflichtung übernimmt, dass die zugewiesenen Arbeitnehmer oder die an ihrer Stelle zugewiesenen Arbeitnehmer in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen werden. (3) Die Förderung darf bis zu 36 Monate dauern, wenn zu Beginn der Maßnahme überwiegend ältere Arbeitnehmer zugewiesen sind, die das 55. Lebensjahr vollendet haben. Arbeitseinkommen. I. Vo l k w i r t s c h a f t s t h e o r i e : Der dem Produktionsfaktor Arbeit zuzurechnende Teil des im Zuge der Produktion von Gütern entstandenen Einkommens. Die Entstehung des Arbeitseinkommens wird durch die funktionelle Verteilungstheorie untersucht. Gegensatz: Besitzeinkommen. I I . Vo l k w i r t s c h a f t l i c h e G e s a m t r e c h n u n g e n ( VGR) : Die Summe aus dem Arbeitnehmerentgelt ( Inländerkonzept) und dem kalkulatorischen Arbeitseinkommen der Selbstständigen einschließlich der mithelfenden Familienangehörigen (Zahl der Selbstständigen und mithelfenden Familienangehörigen multipliziert mit dem durchschnittlichen Arbeitnehmerentgelt). Arbeitseinkommensquote. Unter der gesamtwirtschaftlichen Arbeitseinkommensquote einer Periode versteht man das Verhältnis aus gesamtwirtschaftlichem Arbeitseinkommen zum Volkseinkommen. Da das Arbeitseinkommen dem Produkt aus Arbeitsentgelt je beschäftigten Arbeitnehmer
Arbeitserlaubnis und der Zahl der Erwerbstätigen entspricht, kann die Arbeitseinkommensquote auch als Verhältnis von Arbeitsentgelt (Lohneinkommen) je beschäftigten Arbeitnehmer zum Volkseinkommen je Erwerbstätigen interpretiert werden. Vgl. auch Verteilungsentwicklung. Arbeitserlaubnis, Ausländische Arbeitnehmer dürfen in Deutschland nur Arbeiten, wenn sie eine Aufenthaltsgenehmigung besitzen und diese die Arbeitsaufnahme nicht ausschließt. Arbeitsförderung, Arbeitsmarktpolitik. Arbeitsgelegenheiten, 1. Begriff des So-
zialrechts für Beschäftigungen von arbeitsund erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die Leistungen in der sozialen Grundsicherung nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) oder nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen. 2. Arbeitsgelegenheiten gem. § 16d SGB II: a) Zielsetzung: Nach dem Grundprinzip des Förderns und Forderns der neuen Grundsicherung soll der Erhalt von Sozialleistungen an die Eigeninitiative der bedürftigen Arbeitslosen zur Integration in den Arbeitsmarkt geknüpft werden. Die Förderung durch Arbeitsgelegenheiten soll die soziale Integration und Beschäftigungsfähigkeit der Teilnehmer und damit ihre Chancen auf eine Eingliederung in das Erwerbsleben im Sinne eines Brückenjobs erhöhen. Für die Teilnahme an einer Arbeitsgelegenheit erhalten die Geförderten entweder eine Mehraufwandsentschädigung (Variante 1) oder ein Entgelt (Variante 2). b) Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante (sog. Ein-Euro-Jobs) sind auf im öffentlichen Interesse liegende Tätigkeiten begrenzt und sollen zusätzlich geschaffen werden (Zusatzjobs). Sie begründen kein normales Arbeitsverhältnis, sondern nur ein Sozialrechtsverhältnis, da der Teilnehmer kein Arbeitsentgelt erhält, sondern (zusätzlich zum Arbeitslosengeld II) nur eine angemessene Mehraufwandsentschädigung von 1 bis 2 Euro pro Stunde (zur Entschädigung der Fahrtkosten und Verpflegung). Der Umfang der Beschäftigung soll 30 Wochenstunden nicht überschreiten, um die Eigenbemühungen bei der Suche nach Arbeit und Ausbildung nicht zu beeinträchtigen. Die Dauer dieser Arbeitsgelegenheiten ist gesetzlich nicht geregelt, sie liegt in der Mehrzahl der
16 Fälle bei bis zu sechs Monaten. Anbieter von Zusatzjobs sind insbesondere Kommunen, Kreise und sonstige öffentlich-rechtliche Beschäftigungsträger, kommunale Beschäftigungsgesellschaften und Träger der freien Wohlfahrtspflege. c) Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante stellen demgegenüber ein reguläres Arbeitsverhältnis dar, bei denen die Beschäftigten (an Stelle des Arbeitslosengeldes II) das übliche Arbeitsentgelt erhalten, das von der Bundesagentur für Arbeit gefördert wird. Im Gegensatz zu den EinEuro-Jobs handelt es sich um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, sie schließen daher auch anders als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Arbeitslosenversicherung ein. Bei entsprechender Dauer kann damit ein (erneuter) Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben werden und (wieder) in den Rechtskreis des SGB III gewechselt werden (Verschiebebahnhof). Förderdauern von 12 Monaten und mehr sollen daher vermieden werden. Umfang und Dauer der Beschäftigung in Arbeitsgelegenheiten sind jedoch nicht gesetzlich geregelt, ebenso besteht keine gesetzliche Beschränkung auf eine bestimmte Trägergruppe. Sie müssen auch nicht unbedingt im öffentlichen Interesse liegen oder zusätzlich geschaffen werden. Sie sollen jedoch auch der beruflichen Integration dienen. d) Arbeitsmarktpolitische Bedeutung: Die Arbeitsgelegenheiten nach § 16d (früher § 16, Abs. 3) SGB II sind das quantitativ bedeutsamste Instrument der Arbeitsmarktpolitik. Im Jahresdurchschnitt 2008 waren knapp 310.000 Personen in Arbeitsgelegenheiten, davon 93 % nach der Mehraufwandsvariante. 3. Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) können den Leistungsberechtigten nur in der Mehraufwandsvariante abverlangt werden. Die Mehraufwandsentschädigung liegt bei 1,05 EUR pro Stunde. Die bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheiten haben aber grundsätzlich nicht das Ziel, die Integration der Asylbewerber zu fördern, sondern sind eher als Gegenleistung für die beanspruchten Sozialleistungen zu begreifen. Bei unbegründeter Arbeitsablehnung besteht kein Anspruch mehr auf Leistung nach dem Gesetz. Arbeitshilfen, Teilhabeförderung (am
Arbeitsleben).
17 arbeitsintensives Gut, Ein Gut, für
dessen Erzeugung unabhängig vom Faktorpreisverhältnis stets weniger Kapital pro Arbeit eingesetzt werden muss, als für ein anderes Gut, wird als relativ arbeitsintensiv bezeichnet. Dieses andere Gut ist dementsprechend ein relativ kapitalintensives Gut.
Arbeitslosengeld Arbeitskoeffizient, Verhältnis der Einsatzmenge an Arbeitsleistung ( Arbeitsvolumen) zu dem damit erzielten Produktionsergebnis. Kehrwert: Arbeitsproduktivität. Arbeitskräfte, natürliche Personen, die mit der körperlichen und geistigen Fähigkeit, Arbeitsleistungen zu erbringen, d.h. Arbeitskraft ausgestattet sind.
Arbeitskampf, I . B e g r i ff : Die von Ar-
beitnehmer- oder Arbeitgeberseite auf Grund eines Kampfbeschlusses vorgenommene Störung des Arbeitsablaufs zu dem Zweck, durch kollektive Maßnahmen die andere Seite absichtlich unter wirtschaftlichen Druck zu setzen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. I I . G e s e t z l i c h e R e g e l u n g : Der Arbeitskampf ist gesetzlich nicht geregelt. Der Begriff Arbeitskampf findet sich, ohne definiert oder geregelt zu werden, in einigen Bundesgesetzen. Der Streik als Mittel des Arbeitskampfes wird in mehreren Länderverfassungen erwähnt. I I I . Rechtm ä ß i g k e i t : Ob das Recht der Koalitionen, zur Wahrung und Förderung von Arbeitsund Wirtschaftsbedingungen bei Tarifkonflikten Arbeitskampf gegen den sozialen Gegenspieler zu führen, verfassungsrechtlich (Art. 9 III GG) gewährleistet ist, ist für die Aussperrung umstritten. Der Arbeitskampf ist in der freiheitlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung der BRD ein fester Bestandteil des kollektiven Arbeitsrechts und insbes. der Tarifautonomie. Der Arbeitskampf wird i. d. R. dann geführt, wenn Tarifvertragsverhandlungen und ein daran anschließendes Schlichtungsverfahren ohne Ergebnis geblieben sind. Die nähere Ausgestaltung des Arbeitskampfes beruht überwiegend auf Richterrecht. Vor allem das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat eine Reihe von Kampfregeln entwickelt, die nicht unumstritten sind. I V. E r s c h e i n u n g s f o r m e n : Mittel des Arbeitskampfes: 1. Streik (bzw. Ausstand); 2. Aussperrung; 3. Boykott. V. A r b e i t s k a m p f u n d A r b e i t s v e r h ä l t n i s : Kampfmaßnahmen im Rahmen eines rechtmäßigen Arbeitskampfes führen nicht zu einer Verletzung des Arbeitsvertrags, für die Streik- bzw. Aussperrungsdauer werden die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis lediglich suspendiert; nach Beendigung des Arbeitskampfes leben sie wieder auf.
Arbeitskräftepotenzial, Erwerbsperso-
nenpotenzial. Arbeitslohn, Vergütung für den Beitrag des
Produktionsfaktors Arbeit am Produktionsprozess. Die Bestimmung der Höhe des Arbeitslohnes ist Gegenstand verschiedener Lohntheorien: Existenzminimum-Theorien des Lohns; Grenzproduktivitätstheorie; Theorie des Lohnfonds; Gesetz der fallenden Lohnquote; Theorie der Macht; Residualtheorie des Lohnes. Arbeitslose, Arbeitslosenstatistik. Arbeitslosenäquivalent, Arbeitslosen-
statistik. Arbeitslosengeld, auch Arbeitslosengeld I, 1. Begriff: Hauptsächliche Entgeltersatzleistung der Arbeitslosenversicherung im Rechtskreis des dritten Sozialgesetzbuches (SGB III). 2. Anspruchsrecht (§ 117 SGB III): (1) Arbeitnehmer haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit oder bei beruflicher Weiterbildung. (2) Keinen Anspruch (mehr) haben Arbeitnehmer, die die Regelaltersgrenze gem. SGB VI erreicht haben. 3. Anspruchsvoraussetzungen (118 SGB III): a) Anspruchsberechtigte: Anspruch auf Arbeitslosengeld haben Arbeitnehmer, die (1) arbeitslos sind, (2) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und (3) die Anwartschaftszeit erfüllt haben. b) Arbeitslosigkeit: (1) Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, wenn er (a) nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), (b) sich bemüht, diese zu beenden (Eigenbemühungen), und (c) den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Ehrenamtliche Tätigkeit schließt die Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn sie die berufliche Eingliederung des Arbeitslosen nicht beeinträchtigt; auch nicht die Ausübung einer Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit
Arbeitslosengeld als mithelfender Familienangehöriger, wenn die wöchentliche Arbeitszeit geringer als 15 Stunden ist. Im Rahmen der Eigenbemühungen hat der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen, insbesondere (a) die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung, (b) die Mitwirkung bei der Vermittlung durch Dritte und (c) die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen der Agentur für Arbeit. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer (a) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, (b) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (c) bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen und auszuüben und (d) bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen. c) Arbeitslosmeldung (§ 122 SGB III): Die Meldung hat spätestens am 1. Tag der Arbeitslosigkeit persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu erfolgen. Bei drohender Arbeitslosigkeit besteht die Verpflichtung, sich spätestens drei Monate vor Beendigung eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses bei der Agentur Arbeit suchend zu melden. Wer später als drei Monate vor dem Beendigungszeitpunkt davon Kenntnis erhält, muss sich innerhalb von drei Tagen melden. Eine verspätete Arbeitslosmeldung kann zu einer Sperrfrist führen. d) Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III): Die Anwartschaftszeit als weitere Anspruchsvoraussetzung hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate (360 Tage) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Zeiten eines Beschäftigungsverhältnisses ohne Entgeltzahlung bis zu einem Monat werden mitgerechnet. Voll berücksichtigt werden Zeiten ohne Entgelt, aber mit Bezug von Kurzarbeitergeld (einschließlich Saison- und Transferkurzarbeitergeld) sowie Zeiten freiwilligen Weiterversicherung. Die Rahmenfrist (§ 124 SGB III) beträgt zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Zeitraum eines Bezugs von Übergangsgeld wegen einer Beschäftigung fördernden Maßnahme kann die Rahmenfrist auf bis zu fünf Jahren verlängern.
18 4. Höhe des Arbeitslosengeldes: a) Leistungssätze (§ 129 SGB III): (1) Der allgemeine Leistungssatz beträgt 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelts), das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). (2) Ein erhöhter Leistungssatz von 67 % gilt, wenn der Arbeitslose oder sein Ehe- oder Lebenspartner mindestens ein Kind (leibliches Kind, Adoptivkind oder Pflegekind) im Sinne von § 32 Abs. 1, 3-5 Einkommensteuergesetz (EStG) hat. b) Bemessungsentgelt: Die Berechnung des Arbeitsentgelts als Bemessungsgrundlage erfolgt für den Zeitraum, in dem im letzten Jahr vor Eintritt der Arbeitslosigkeit ein versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt bezogen wurde (Bemessungszeitraum). Umfasst dieser nicht mindestens 150 Tage wird ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Indem die Summe der versicherungspflichtigen Arbeitsentgelte (einschließlich Sonderzahlungen, z.B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld) im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Tage geteilt wird, wird ein tägliches Bemessungsentgelt berechnet. c) Leistungsentgelt: Der tägliche Leistungssatz wird aus einem pauschalierten Nettoarbeitsentgelt errechnet, bei dem die Lohnsteuerklasse angewendet wird, die zu Beginn des Jahres auf der Lohnsteuerkarte eingetragen war, in dem der Anspruch entstanden ist. 5. Anspruchsdauer: Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld hängt davon ab, (1) wie viele Monate der Arbeitslose in der um 3 Jahre verlängerten Rahmenfrist, also in 5 Jahren mindestens versicherungspflichtig war, und (2) mit Vollendung des 50. Lebensjahres auch vom Lebensalter (vgl. nachfolgende Tabelle). Wer in den letzten 5 Jahren schon einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben, die Anspruchsdauer aber nicht voll ausgeschöpft hat, erhält eine Verlängerung des neu erworbenen Anspruchs um diesen unverbrauchten Rest, maximal bis auf die Höchstdauer im jeweiligen Lebensalter. Anspruchsdauer für Arbeitslosengeld Versicherungspflichtigkeit von mindestens
Monaten 12 16 20 24 30 36 48
Nach Vollendung des
Lebensjahres
50. 55. 58.
Monate 6 8 10 12 15 18 24
19 6. Anspruch bei beruflicher Weiterbildung: Für die Zeit einer von der Agentur für Arbeit geförderten Weiterbildung wird Arbeitslosengeld weiterbezahlt. Die Regelungen für das Arbeitslosengeld gelten während dieser Zeit fort. Als Besonderheit mindert sich jedoch die Anspruchsdauer für jeweils zwei Bezugstage nur um einen Tag. Eine Minderung entfällt ganz, falls die Anspruchsdauer zu Beginn der Weiterbildung 30 Tage oder weniger beträgt. Wird durch die Minderung während der Weiterbildung eine Anspruchsdauer von 30 Tagen erreicht, wird diese nicht weiter gemindert. So wird sichergestellt, dass nach Abschluss der Weiterbildung im Falle fortbestehender Arbeitslosigkeit noch ein Restanspruch auf bis zu 30 Tage Arbeitslosengeld besteht. 7. Sperrzeit: a) Wirkung: Eine Sperrzeit bewirkt, dass für die Dauer von bis zu 12 Wochen kein Arbeitslosengeld gezahlt werden kann, da der Anspruch während der Sperrzeit ruht. Außerdem vermindert sie die Anspruchsdauer. Bei Sperrzeiten mit einer Gesamtdauer von 21 Wochen erlischt sogar der gesamte Leistungsanspruch. b) Mögliche Gründe: (1) Vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung der Arbeitslosigkeit durch eigene Kündigung bzw. arbeitsvertragswidriges Verhalten. (2) Ablehnung einer von der Agentur für Arbeit angebotenen (zumutbaren) Arbeit ohne wichtigen Grund. (3) Weigerung, an einer Maßnahme zur Eignungsfeststellung, Trainingsmaßnahme oder Maßnahme zur beruflichen Aus- und Weiterbildung teilzunehmen. (4) Abbruch einer solchen Maßnahme oder Ausschluss aus einer Maßnahme wegen maßnahmewidrigen Verhaltens. (5) Unzureichende Eigenbemühungen, Meldeversäumnisse und verspätete Arbeitssuchendmeldung. 8. Teilarbeitslosengeld: a) Anspruchsvoraussetzungen (§150 SGB III): Anspruch auf Teilarbeitslosengeld hat ein Arbeitnehmer, der (1) teilarbeitslos ist, (2) sich teilarbeitslos gemeldet und (3) die Anwartschaftszeit für Teilarbeitslosigkeit erfüllt hat. Der Anspruch erlischt, (1) wenn der Arbeitnehmer nach der Entstehung des Anspruchs eine Beschäftigung, selbständige Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger für mehr als zwei Wochen oder mit einer Arbeitszeit von mehr als fünf Stunden wöchentlich aufnimmt, (2) wenn die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind oder (3) spätestens nach Ablauf eines Jahres seit Entstehung des Anspruchs. b)
Arbeitslosenquote Teilarbeitslosigkeit: Teilarbeitslos ist, wer eine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren hat, die er neben einer weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeübt hat, und eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht. c) Anwartschaftszeit: Für Teilarbeitslosengeld hat die Anwartschaft erfüllt, wer in der Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist von zwei Jahren neben der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens 12 Monate eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. d) Anspruchsdauer: Die Dauer des Anspruchs auf Teilarbeitslosengeld beträgt 6 Monate. e) Höhe des Teilarbeitslosengeldes: Es gelten die gleichen Vorschriften und Leistungskriterien wie beim Arbeitslosengeld. Für die Berechnung des pauschalierten Nettoentgelts ist die Lohnsteuerklasse maßgeblich, die zuletzt auf der Lohnsteuerkarte für das Beschäftigungsverhältnis eingetragen war, das den Anspruch auf Teilarbeitslosengeld begründet. Vgl. auch Arbeitslosenversicherung, Arbeitsmarktpolitik, Grundsicherung für Arbeitssuchende. Arbeitslosengeld I, Arbeitslosengeld. Arbeitslosengeld II, Grundsicherung für
Arbeitssuchende. Arbeitslosenhilfe, in der Bundesrepublik von 1956 bis 2004 von der Bundesanstalt für Arbeit ausgezahlte fürsorgeähnliche Lohnersatzleistung, die im Anschluss an den zeitlich begrenzten Bezug von Arbeitslosengeld beansprucht werden konnte. Die Finanzierung erfolgte aus Steuermitteln des Bundes. Am 1.1.2005 wurde die Arbeitslosenhilfe im Zuge der Hartz-IV-Reform ( Hartz-Reformen) unter Zusammenlegung mit der Sozialhilfe durch das Arbeitslosengeld II ( Grundsicherung für Arbeitssuchende) ersetzt. Arbeitslosenquote, Zahl der registrierten Arbeitslosen ( Arbeitslosenstatistik) in v. H. der abhängigen zivilen Erwerbspersonen (Beamte, sozialversicherungspflichtige Angestellte und Arbeiter, geringfügig Beschäftigte sowie Arbeitslose). Eine geringere, aber ökonomisch sinnvollere Arbeitslosenquote ergibt sich, wenn im Nenner alle zivilen Erwerbspersonen (Abhängige, Selbstständige und mithelfende Familienangehörige) einbezogen werden. Die Arbeitslosen-
Arbeitslosenstatistik quote dient als Beschäftigungsindikator. Eine Berücksichtigung nicht registrierter Arbeitsloser, d.h. der verdeckt Arbeitslosen oder der Stillen Reserve, im Zähler und Nenner könnte den Aussagewert erhöhen. Als minimale Arbeitslosenquoten wurden in der BRD zwischen 0,7 % und 1 % (Vollbeschäftigungsmaß) registriert, seit 1975 sind sie stark angestiegen. Im Januar 2009 betrug sie in ganz Deutschland 7,8 % aller zivilen Erwerbspersonen, 6,5 % im Früheren Bundesgebiet und 12,9 % in den Neuen Ländern. Vgl. Arbeitslosenstatistik, Erwerbslosenquote. Arbeitslosenstatistik, 1. Begriff: Statisti-
scher Nachweis der Arbeitslosigkeit in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Abgrenzung als Teil der Arbeitsmarktstatistik. Zu unterscheiden sind amtliche und ergänzende wissenschaftliche Statistiken über die Arbeitslosigkeit. Ziel der Arbeitslosenstatistik ist es durch die Analyse der Arbeitslosenstatistik, Erkenntnisse über die Ursachen der Arbeitslosigkeit, ihre zukünftige Entwicklung (Prognose) und Ansatzpunkte zu ihrer Bekämpfung im Rahmen der Arbeitsmarktund Beschäftigungspolitik zu finden. 2. Amtliche Arbeitslosenstatistik: a) Träger der amtlichen Arbeitslosenstatistik in der BRD sind die Bundesagentur für Arbeit (BA) gem. § 53 SGB II und § 281 SGB III) und das Statistische Bundesamt Deutschland. b) BA-Konzept der registrierten Arbeitslosigkeit: (1) Methode: Monatliche Sekundärstatistik aus Daten, die bei den verschiedenen Trägern der Grundsicherung für Arbeitssuchende und Arbeitsförderung ( Arbeitsmarktpolitik) nach den Rechtskreisen des SGB II und III anfallen und durch ein integriertes Meldeverfahren an die BA übermittelt und als Vollerhebung zusammengefasst werden. Entscheidend für die Abgrenzung der so registrierten Arbeitslosen sind die in SGB II und III geltenden Legaldefinitionen. (2) Abgrenzungen: (a) Arbeitslose (nach § 16 SGB III) sind Personen, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen oder weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten, eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen und sich bei einer Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben. (b) Nichtarbeitslose sind nach § 16, Abs. 2 SGB III ausdrücklich Teilnehmer an Maßnahmen
20 der aktiven Arbeitsmarktpolitik und im Umkehrschluss der Arbeitslosendefinition insbesondere Personen, die mindestens 15 Stunden pro Woche beschäftigt sind, nicht arbeiten dürfen oder können, die Regelaltersgrenze erreicht haben, ihre Verfügbarkeit einschränken, sich als Nichtleistungsempfänger länger als 3 Monate nicht mehr bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet haben, arbeitsunfähig erkrankt sind, Schüler, Studenten und Schulabgänger, die nur eine Ausbildungsstelle suchen und arbeitserlaubnispflichtige Ausländer und Asylbewerber, denen der Arbeitsmarkt verschlossen ist. (c) Arbeitssuchende nach § 15 SGB III sind Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen. Dieser Begriff ist weiter gefasst als der des Arbeitslosen, da er sowohl arbeitslose Arbeitssuchende als auch nichtarbeitslose Arbeitssuchende umfasst. Letztere suchen eine Beschäftigung, obwohl sie bereits eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ausüben oder sich in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme befinden. (d) Zuordnung der Leistungsbezieher nach SGB II: Als Arbeitlose werden diejenigen registriert, die bei einem Träger (Agentur, Arbeitsgemeinschaft oder Kommune) als erwerbsfähige Hilfsbedürftige gemeldet sind, in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen oder weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten und z. Zt. nicht an einer Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitik oder Arbeitsgelegenheit mit mindestens 15 Wochenstunden teilnehmen und der Vermittlung zur Verfügung stehen. Nichtarbeitslose Arbeitssuchende erfüllen die gleichen Kriterien, stehen jedoch in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden pro Woche oder nehmen z. Zt. an einer Maßnahme der aktiven Arbeitsmarktpolitik oder Arbeitsgelegenheit mit mindestens 15 Wochenstunden teil. Weder arbeitslos noch Arbeit suchend sind Leistungsbezieher, die mit berechtigt auf die Beschränkung der Vermittlungsfähigkeit hinweisen und berechtigt keine Beschäftigung suchen. c) ILO-Konzept der Erwerbslosigkeit (EU-Arbeitskäfteerhebung): (1) Methode: Ein international verbreitetes System zur Erfassung des Erwerbsstatus wurde 1982 von der ILO entwickelt. Dieses sog. Labor-Force-Konzept wird von allen EU-Mitgliedstaaten in Form der EUArbeitskräfteerhebung identisch (auch vom Statistischen Bundesamt Deutschland) angewendet. Mit ihm soll international vergleich-
21 bar die rein ökonomische, d.h. von nationaler Sozialgesetzgebung unabhängige, Arbeitslosigkeit bestimmt werden. Die Arbeitskräfteerhebung in Deutschland ist Teil des europäischen Mikrozensus, einer kontinuierlich, computergestützt und mit Auskunftspflicht durchgeführten Haushaltsbefragung. Kennzeichnend für die Methode ist, dass die Daten nicht wie bei den Arbeitslosenzahlen der BA aus der Vollauszählung eines amtlichen Registers stammen, sondern aus einer Stichprobe. Dabei wird vom Stichprobenergebnis auf das Ergebnis in der Gesamtbevölkerung geschlossen, welches letzten Endes eine Schätzung darstellt und mit einem sog. Standardfehler behaftet ist. Er gibt an, in welcher Größenordnung mit einer angebbaren Wahrscheinlichkeit das tatsächliche Ergebnis vom Ergebnis der Stichprobe abweichen kann. Mit einem Standardfehler deutlich unter 15 % erfüllen die Ergebnisse jedoch die im Statistischen Bundesamt geltenden Qualitätskriterien. (2) EU-konkretisierte ILO-Abgrenzungen: (a) Erwerblose: Personen im Alter von 15 bis 74 Jahren, die in einem einwöchigen Berichtszeitraum nicht erwerbstätig waren, aber in den letzten vier Wochen vor der Befragung aktiv nach einer Tätigkeit gesucht haben. Auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit kommt es nicht an, eine neue Arbeit muss aber innerhalb von zwei Wochen aufgenommen werden können. Die Einschaltung eines Dritten (z.B. einer Arbeitsagentur) in die Suchbemühungen ist nicht erforderlich. (b) Erwerbstätige: Personen im erwerbsfähigen Alter (15 bis 75) en, die im Berichtszeitraum mindestens eine Stunde lang gegen Entgelt oder im Rahmen einer selbständigen oder mithelfenden Tätigkeit gearbeitet haben. Auch diejenigen, welche sich in einem formalen Arbeitsverhältnis befinden, das im Berichtszeitraum nur vorübergehend nicht ausgeübt wurde. (c) Nichterwerbspersonen: Personen im erwerbsfähigen Alter, die weder erwerbslos noch erwerbstätig sind. Dazu zählen aber auch die Personen, die sich noch nicht oder nicht mehr im erwerbsfähigen Alter befinden, d.h. jünger als 15 oder älter als 74 Jahre sind. d) Konzeptunterschiede: Konsequenz der unterschiedlichen Begriffsabgrenzungen von registrierten Arbeitslosen einerseits und Erwerbslosen andererseits ist, dass in der Arbeitslosenstatistik Personen enthalten sind, die nicht erwerbslos sind, und umgekehrt in der Erwerbslosenstatistik Personen, die nicht
Arbeitslosenstatistik arbeitslos sind. Empirisch ist für Deutschland eine größere Arbeitslosen- als Erwerbslosenzahl festzustellen (vgl. die Tabelle unten), was vermutlich auf die engeren Erwerbslosigkeitskriterien hinsichtlich der Verfügbarkeit und aktuellen Suche zurückzuführen ist, obwohl die anderen Kriterien wesentlich weicher sind. 3. Ergänzende Messkonzepte: a) Konzept der verdeckten Arbeitslosigkeit des SVR: Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) hat zur besseren Erfassung der tatsächlichen Arbeitslosigkeit neben der offenen (= registrierten) Arbeitslosigkeit den Begriff der verdeckten Arbeitslosigkeit eingeführt. Eine Person ist verdeckt arbeitslos, wenn sie aufgrund eines bestimmten arbeitsmarktpolitischen Instruments oder einer sonstigen staatlichen Leistung nicht als registriert arbeitslos gilt, obwohl sie keiner Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt mit einem entsprechenden Markteinkommen nachgeht. Insbesondere zählt der SVR diejenigen zu den verdeckt Arbeitslosen, die entweder subventioniert beschäftigt, als Teilnehmer von Qualifizierungsmaßnahmen nicht erwerbstätig sind oder sich im Vorruhestand befinden. Zu den subventioniert Beschäftigten gehören neben Teilnehmern an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Sonderprogrammen für Jugendliche (JUMP Plus) auch (teilarbeitslose) Kurzarbeiter mit ihren Arbeitsausfällen, die in (vollzeitarbeitslose) Arbeitslosenäquivalente umgerechnet werden. Weiter werden die in Arbeitsgelegenheiten beschäftigten Personen und die vorübergehend arbeitsunfähig erkrankten Arbeitslosengeldbezieher (nach § 126 SGB III) zu den verdeckt Arbeitslosen gezählt. Da die Summe der verdeckt Arbeitslosen als Sekundärstatistik aus der öffentlichen Maßnahmenstatistik der Arbeitsverwaltung zusammengeführt wird, handelt es sich nicht um eine Schätzung, sondern um eine Vollerhebung. b) Das Konzept der Stillen Reserve des IAB: Das zur Bundesagentur für Arbeit gehörende Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat für die nicht registrierte Arbeitslosigkeit lange vor der Entdeckung der verdeckten Arbeitslosigkeit den Begriff der Stillen Reserve eingeführt und hierfür auch verschiedene Schätzansätze und Abgrenzungen entwickelt. Nach heutigem Stand wird die Stille Reserve in zwei Gruppen untergliedert und ausgewiesen: Die Stille Reserve in Maßnahmen und die Stille
Arbeitslosenversicherung
22
Reserve im engeren Sinne. Die erstere entspricht im Ansatz dem SVR-Konzept der verdeckten Arbeitslosigkeit (sekundärstatistische Auswertung der bekannten Maßnahmenstatisik), ist im Detail aber enger abgegrenzt und weist deutlich geringere Werte auf (vgl. Tabelle). Die letztere umfasst jene unbekannte Gruppe von Personen, die entweder (a) Arbeit suchen, ohne als Arbeitslose gemeldet bzw. registriert oder als Teilnehmer in Maßnahmen erfasst zu werden, oder (b) in wegen schlechter Arbeitsmarktbedingungen die Suche entmutigt (Frustrationshypothese) aufgegeben oder unterlassen haben, bei einer besseren Lage aber (wieder) auf dem Arbeitsmarkt auftauchen würden. Die Schätzung dieser Stillen Reserve im engeren Sinne beruht auf einem regressionsanalytischen Verfahren, bei dem mit einer Arbeitsmarktvariablen (z.B. der Arbeitslosenquote) die Erwerbsbeteiligung nach Geschlecht, Alter sowie Deutschen und Ausländern erklärt wird. Aus dem Vergleich mit einer simulierten Vollbeschäftigungs-Erwerbsquote wird die Stille Reserve i. e. S. als Differenz errechnet. 4. Statistischer Vergleich für das Jahr 2008: Um eine Vorstellung für die absoluten und relativen Größenordnungen der unterschiedlichen Abgrenzungen und Messkonzepte der Arbeitslosigkeit zu bekommen, werden in der nachfolgenden Tabelle die entsprechenden (vorläufigen) Durchschnittswerte für das Jahr 2008 gegenübergestellt: Arbeits- und Erwerbslose in Deutschland 2008 in Tsd. Erwerbslose (ILO)
3.131
registriert Arbeitlose (BA)
3.268
verdeckt Arbeitlose (SVR)
1.266
Stille Reserve insgesamt (IAB)
1.215
- in Maßnahmen
681
- im engeren Sinn
534
Arbeitslosenunterstützung, Arbeitslo-
senversicherung, beitssuchende.
Grundsicherung für Ar-
1. Begriff: Ältester und zweitgrößter Zweig der gesetzlichen Sozialversicherung in Deutschland und neben der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) wesentlicher Teil der sozialen Sicherung bei Arbeitslosigkeit. Arbeitslosenversicherung,
2. Rechtsgrundlagen sind das dritte Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung (SGB III) und das vierte Sozialgesetzbuch Gemeinsame Vorschriften der Sozialversicherung (SGB IV). 3. Versicherungspflicht (§§ 24 ff. SGB III): a) In einem Pflichtversicherungsverhältnis stehen alle Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Während eines Arbeitsausfalles mit Verdienstausfall (Kurzarbeit) setzt sich dieses fort. Gleiches gilt für Wehr- und Zivildienstleistende, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist. b) Versicherungspflichtig sind alle Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zur Berufsausbildung beschäftigt sind (versicherungspflichtige Beschäftigung). Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, stehen letzteren gleich. Sonstige Versicherungspflichtige sind u. a. auch Bezieher von Mutterschaftsgeld, Krankengeld, Verletztengeld, Krankentagegeld und Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie unmittelbar vor der Leistung versicherungspflichtig waren. c) Ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag können unter bestimmten Voraussetzungen Personen begründen, die einen Angehörigen der Pflegestufe I bis III im Sinne SGB XI wenigstens 14 Stunden wöchentlich pflegen oder eine selbständige Tätigkeit von mindestens 15 Wochenstunden aufnehmen, wenn der Antragsteller innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der Tätigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. 4. Versicherungsfreie Beschäftigte sind u. a. Beamte, Richter, Berufs- und Zeitsoldaten, Geistliche, Personen in einer geringfügigen Beschäftigung oder auch unständigen Beschäftigung. Außerdem sind Personen versicherungsfrei, die die Regelaltersgrenze überschritten haben oder voll erwerbsgemindert sind. 5. Leistungen: a) Leistungsbereiche im Überblick: Nach den Adressaten sind zu unterscheiden (1) Leistungen an Arbeitnehmer, (2) Leistungen an Arbeitgeber und (3) Leistungen an Träger. Nach dem Inhalt lässt sich untergliedern in (1) Entgeltersatzleistungen und (2) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, die zugleich die Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik darstellen und dort behandelt werden. Hier beschränken wir uns auf die Engeltersatz-
23 leistungen an Arbeitnehmer als die (im engeren Sinne) Versicherung gegen das Risiko des Arbeitsentgeltausfalls durch Arbeitslosigkeit. b) Entgeltersatzleistungen (§ 116 SGB III): (1) Arbeitslosengeld (I) bei Arbeitslosigkeit und beruflicher Weiterbildung, (2) Teilarbeitslosengeld bei Teilarbeitslosigkeit ( Arbeitslosengeld), (3) Übergangsgeld bei Teilnahme an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, (4) Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer, die infolge eines Arbeitsausfalles einen Entgeltausfall haben, und (5) Insolvenzgeld für Arbeitnehmer, die wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers kein Arbeitsentgelt erhalten. 6. Träger der Arbeitslosenversicherung ist die Bundesagentur für Arbeit mit ihren Regionaldirektionen auf der mittleren und den Agenturen für Arbeit auf der örtlichen Verwaltungsebene. 7. Finanzierung: a) Grundsatz (§ 340 SGB III): Die Leistungen der Arbeitsförderung und die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit werden durch (1) Beiträge (a) der Versicherungspflichtigen, (b) der Arbeitgeber und (c) Dritter (Beitrag zur Arbeitsförderung), (2) Umlagen, (3) Mittel des Bundes und (4) Sonstige Einnahmen finanziert. b) Versicherungsbeiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber: (1) Beitragsatz und -bemessung: Die paritätisch (jeweils zur Hälfte) von Arbeitnehmer und Arbeitgebern zu zahlenden Beiträge zur Arbeitslosenversicherung werden nach einem Prozentsatz (Beitragssatz) von der Bemessungsgrundlage erhoben. Der Beitragssatz beträgt seit dem 1.1.2009 2,8 % (vorher 3,3 %). Beitragsbemessungsgrundlage sind die beitragspflichtigen Einnahmen (Arbeitsentgelt), die jedoch nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (seit 1.1.2009 in den alten Bundesländern 64.800 EUR und 54.600 EUR in den neuen Bundesländern) berücksichtigt werden. c) Umlagen: Die durch Umlagen (Insolvenzgeld- und Winterbeschäftigungsumlage) zur Finanzierung von Insolvenzgeld und Wintergeld an die Bundesagentur fließenden Mittel stellen insofern keine Finanzierung der Arbeitslosenversicherung dar, als sie nur den Finanzierungsbedarf für diese speziellen Ergänzungsleistungen decken. d) Bundesmittel: Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Arbeitsförderung (außer an den Verwaltungskosten der Bundesagentur) im Jahre 2009 mit 7,7 Mrd. EUR. Ab 2010 verändert sich der Beitrag des Bundes wie die Veränderungsrate der Umsatzsteuer. Der Bund leistet
Arbeitslosigkeit auch notwendige Liquiditätshilfen als zinslose Darlehen, wenn die Mittel der Bundesagentur zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen nicht ausreichen. d) Sonstige Einnahmen sind u. a. Erträge aus der Rücklage der Bundesagentur, Verwaltungseinnahmen, Verwaltungskostenerstattungen und Ausgleichsabgaben für Behinderte. 1. Begriff: Fehlende Beschäftigungsmöglichkeit für arbeitsfähige und beim herrschenden Lohnniveau arbeitsbereite Arbeitskräfte, d.h. die Differenz zwischen realisierter Arbeitskräftenachfrage (Beschäftigtenzahl) und freiwilligem Arbeitskräfteangebot. Die Arbeitslosenquote betrug im Januar 2009 in ganz Deutschland 7,8 % aller zivilen Erwerbspersonen, 6,5 % im Früheren Bundesgebiet und 12,9 % in den Neuen Ländern und in Berlin Ost. 2. Formen: a) Ursachenbezogen: (1) Konjunkturelle Arbeitslosigkeit tritt als Folge konjunktureller Schwankungen ( Konjunkturphasen) auf, i. d. R. mit nur teilweiser Auslastung des Produktionspotenzials verbunden. (2) Saisonale Arbeitslosigkeit tritt in den Branchen auf, deren Produktion und/oder Nachfrage jahreszeitlichen Schwankungen unterliegt (Landwirtschaft, Touristik, Baugewerbe). Staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der saisonalen Arbeitslosigkeit zielen auf eine Verstetigung der Produktion und Nachfrage ab (z. B. Winterbauförderung). (3) Strukturelle Arbeitslosigkeit: Im Gefolge des wirtschaftlichen Strukturwandels in den Wirtschaftsbereichen auftretende Form der Arbeitslosigkeit, die Beschäftigte derjenigen Branchen trifft, die an Bedeutung verlieren, neue, arbeitssparende Technologien einführen oder längerfristige Anpassungsschwierigkeiten erleiden. Die Folgen der strukturellen Arbeitslosigkeit werden durch die sektorale Wirtschaftspolitik bekämpft. Wirtschafts- und Strukturpolitik werden hierbei mit der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu verbinden gesucht. (4) Friktionelle Arbeitslosigkeit: Durch kurzfristige Anpassungsschwierigkeiten, Arbeitsplatz- und Betriebswechsel entstehende Arbeitslosigkeit. Wirtschaftspolitische Eingriffe sind bei dieser Art der Arbeitslosigkeit im Allgemeinen nicht notwendig. Vgl. auch natürliche Arbeitslosigkeit. (5) Hochlohn- oder Mindestlohn-Arbeitslosigkeit: Ursache für eine Unterbeschäftigung ist ein zu hoher Reallohn ( Arbeitsmarkt) bzw. bei gegebenem PreisArbeitslosigkeit,
Arbeitslosigkeits-Betroffenheitsquote (ABQ) niveau ein zu hoher Nominallohn, dessen Senkung durch einen (tarif-) vertraglichen oder gesetzlichen Mindestlohn verhindert wird. Die zwischen dem zu hohen Reallohn und dem Vollbeschäftigungsreallohn klaffende Reallohnlücke bestimmt das Ausmaß der Arbeitslosigkeit. b) Statistisch: (1) registrierte oder offene Arbeitslosigkeit: in der amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) erfasste Arbeitslosigkeit ( Arbeitslosenstatistik). (2) Freiwillige Arbeitslosigkeit: Nicht bekannte Zahl registrierter Arbeitsloser, die einen Leistungsanspruch besitzen, ohne dass sie eine Erwerbsarbeit wirklich aufnehmen wollen (genau genommen: Scheinarbeitslosigkeit). (3) Verdeckte Arbeitslosigkeit: Statistisch erfasste Personen, die als Arbeitslose registriert waren, als Teilnehmer von Arbeitsförderungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit z. B.: Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Weiterbildungsmaßnahmen usw.) in der amtlichen Arbeitslosenstatistik aber nicht mehr offen ausgewiesen werden. Der SVR beziffert die verdeckte Arbeitslosigkeit in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2008 mit 1,266 Mio. Arbeitslosen. (4) versteckte Arbeitslosigkeit oder Stille Reserve: Ist nicht beim Arbeitsamt registriert, weil (a) Betroffene teilzeitbeschäftigt sind oder (b) zu bestimmten Arbeitsbedingungen Arbeit Suchende entmutigt, die Suche nach Beschäftigung aufgegeben haben, doch bei passender Nachfrage nach Arbeitskräften wieder am Arbeitsmarkt auftreten. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schätzt die Stille Reserve i. e. S. für das Jahr 2008 auf 534 Tsd. Personen. 3. Kosten: Durch die direkten Zahlungen von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe sowie durch die Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung der Leistungsempfänger entstehen die direkten Kosten der Arbeitslosigkeit. Auch Arbeitslose ohne Leistungsansprüche verursachen Ausgaben für Sozialhilfe und Wohngeld. Zu diesen direkten fiskalischen Kosten werden die Ausfälle an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gerechnet, die durch die Nicht-Arbeit von Arbeitslosen entstehen. Zu den volkswirtschaftlichen Kosten vgl. Arbeitsmarktpolitik. Arbeitslosigkeits-Betroffenheitsquote (ABQ), 1. Begriff: Arbeitsmarktanalytische
Kennziffer, die den Grad von Arbeitslosigkeitserfahrungen misst, indem sie die Zahl
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der in einem bestimmten Zeitraum Arbeitslosen und/oder Beschäftigten zur Gesamtzahl der Arbeitsmarktteilnehmer in Beziehung setzt. 2. Spezielle Betroffenheitsquoten: Anteil der Arbeitsmarktteilnehmer, die im jeweiligen Jahr (1) nur Arbeitslosigkeitserfahrungen gemacht haben (mindestens einen Tag arbeitslos und keinen Tag versicherungspflichtig beschäftigt), (2) nur Beschäftigungserfahrungen gesammelt haben (keinen Tag arbeitslos und mindestens einen Tag versicherungspflichtig beschäftigt) und (3) sowohl Arbeitslosigkeits- als auch Beschäftigungserfahrungen hatten (mindestens einen Tag arbeitslos und mindestens einen Tag versicherungspflichtig beschäftigt). 3. Zeitvergleiche der ABQ zeigen an, ob sich Arbeitslosigkeit im Zeitablauf verhärtet oder auflöst oder mehr oder weniger ungleich auf die Arbeitnehmergruppen verteilt ist. Arbeitsmarkt, Zusammentreffen von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage. 1. In traditioneller, neoklassischer Sicht entspricht die Funktionsweise des Arbeitsmarktes der von Gütermärkten. Sowohl Arbeitsangebot als auch Arbeitsnachfrage sind reallohnabhängig. Die Arbeitsnachfrage nimmt mit steigendem Reallohn ab, das Arbeitsangebot nimmt im Normalfall mit steigendem Reallohn zu. Ungleichgewichte ( Arbeitslosigkeit bzw. Übernachfrage) werden bei flexiblen Löhnen und Güterpreisen durch den Reallohnmechanismus ausgeglichen (vgl. auch klassische Lehre, Neoklassik). Grundsätzlich kommt es zu einem Gleichgewicht, bei dem jeder, der zum herrschenden Reallohn arbeiten will, auch arbeiten kann. Tatsächlich zu beobachtende Arbeitslosigkeit ist freiwillig oder friktionell bedingt. Hauptannahmen der neoklassischen Theorie des Arbeitsmarktes: vollkommene Konkurrenz, Homogenität, Markttransparenz, vollkommene Mobilität, Flexibilität der Löhne, Gültigkeit des Sayschen Theorems. 2. Die Keynessche und keynesianische Kritik der neoklassischen ArbeitsmarktAnalyse richtet sich v. a. gegen die Annahmen: Markttransparenz und Gültigkeit des Sayschen Gesetzes ( Keynessche Lehre). Nach Keynes wird auf Grund der mangelnden Flexibilität der Löhne nach unten die tatsächliche Beschäftigung auf den Gütermärkten festgelegt. Die Nachfrage nach Arbeit wird durch die Höhe der effektiven
25 Nachfrage und nicht durch die Höhe des Reallohnniveaus bestimmt. Ist die effektive Nachfrage kleiner als das Vollbeschäftigungseinkommen (Unterbeschäftigungsgleichgewicht), liegt konjunkturelle Arbeitslosigkeit vor, die ursachenadäquat durch die Konjunkturpolitik bekämpft werden muss. 3. Im Rahmen der Diskussion um die Homogenitäts- und Mobilitätsannahme entstanden Konzepte der Teil-Arbeitsmärkte bzw. Segmentierungstheorien. a) Nach einem in der BRD entwickelten Modell werden unterschieden: (1) unspezifischer Jedermann-TeilArbeitsmarkt: hier spielen neoklassische Lohndifferenziale eine Rolle für freiwillige Wechsel; (2) fachlicher Teil-Arbeitsmarkt: fachliche Qualifikationen sind zwischenbetrieblich transferierbar, insofern spielen auch hier neoklassische Anpassungen eine Rolle; (3) betrieblicher Teil-Arbeitsmarkt: Der Mobilitätsanreiz durch zwischenbetriebliche Lohndifferenziale ist gering, da betriebsspezifische Qualifikationen gehandelt werden. b) Eine andere Segmentierung (dualer Arbeitsmarkt) spaltet die Ökonomie in einen Kernbereich der Good Jobs und in eine Peripherie (Randbereich der Bad Jobs). (1) Der Kernbereich umfasst Großunternehmen, ist durch oligopolistische Marktstrukturen, fortgeschrittene Technik, hohe Löhne, Arbeitsplatzsicherheit und gut organisierte Gewerkschaften gekennzeichnet. (2) Der Randbereich weist mangelnde Marktmacht, niedrigen Kapitalbedarf, geringe Ausbildungsinvestitionen, geringe Löhne und einen schwachen gewerkschaftlichen Organisationsgrad auf. Nur im Randbereich gilt die neoklassische Arbeitsmarkttheorie. Arbeitsmarktberatung, Dienstleistung der Agenturen für Arbeit als örtliche Träger der Bundesagentur für Arbeit an Arbeitgeber, um diese bei der Besetzung von Ausbildungs- und Arbeitsstellen zu unterstützen. Sie umfasst nach § 34 SGB III die Erteilung von Auskunft und Rat (1) zur Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Berufe, (2) zur Besetzung von Ausbildungsund Arbeitsplätzen, (3) zur Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitsbedingungen und der Arbeitszeit, (4) zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung, (5) zur Eingliederung förderungsbedürftiger Auszubildender und Arbeitnehmer und (6) zu Leistungen der Arbeitsförderung. Die Agentur für Arbeit soll die Beratung zur Arbeits- und Ausbil-
Arbeitsmarktpolitik dungsvermittlung nutzen und auch von sich aus Verbindung zu den Arbeitgebern aufnehmen und unterhalten. Vgl. auch Berufsberatung. Arbeitsmarktberichterstattung, Aufgabe
der Bundesagentur für Arbeit. Arbeitsmarktforschung, IAB. Arbeitsmarktpolitik, Arbeitsförderung. 1. Begriff: Unter Arbeitsmarktpolitik wird die gezielte staatliche Beeinflussung von Arbeitsmärkten mit Hilfe spezieller (direkt wirksamer) Maßnahmen im weitesten Sinne von Arbeitsförderung verstanden. Hiervon unterscheidet sich die (globale) Beschäftigungspolitik im Rahmen der Stabilisierungspolitik durch den Einsatz gesamtwirtschaftlicher Instrumente. 2. Rechtsgrundlage: Drittes Sozialgesetzbuch (SGB III): Arbeitsförderung (vom 24.3.1997, in Kraft seit 1.1.1998) in der Fassung vom 5.2.2009 sowie das Zweite Sozialgesetzbuch (SGB II): Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 24.12.2003, in Kraft seit 1.1.2004. 3. Träger: (1) Hauptträger der Arbeitsförderung nach SGB III und der Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt nach SGB II ist die Bundesagentur für Arbeit mit ihren Dienststellen, insbesondere vor Ort mit ihren Agenturen für Arbeit, die im Rahmen der Grundsicherung mit den kommunalen Behörden zusammenarbeiten. In 69 zugelassenen Kommunen übernehmen im Rechtskreis SGB II sogar Aufgaben der Agentur für Arbeit. (2) Darüber sind Bund und Länder und die EU durch Finanzierung, Gesetzgebung sowie die Durchführung spezieller arbeitsmarktpolitischer Programme Träger der Arbeitsmarktpolitik. 4. Zielsetzungen: a) Ergebnisziele der Arbeitsförderung sind gem. § 1, Abs. 1 SGB III: (1) der Entstehung von Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken und die Arbeitslosigkeitsdauer zu verkürzen (Vermeidungsziel) und (2) den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu unterstützen (Gleichgewichtsziel). Dabei ist durch die Verbesserung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden (Schwerpunktziel); (3) Gleichstellung von Männern und Frauen als durchgängiges Förderprinzip (Gleichstellungsziel); (4) Erreichung eines hohen Beschäftigungsstandes (quantitatives Beschäf-
Arbeitsmarktpolitik tigungsziel) analog zum Stabilitäts- und Wachstumsgesetz und Verbesserung der Beschäftigungsstruktur (qualitatives Beschäftigungsziel); (6) Ausrichtung der Arbeitsförderung an der beschäftigungspolitischen Zielsetzung der Sozial-, Wirtschaftsund Finanzpolitik der Bundesregierung (Orientierungsziel), die mit der Bundesagentur für Arbeit zur Durchführung der Arbeitsförderung konkrete Rahmenziele vereinbart. b) Leistungsziele (§ 1, Abs. 2 SGB III): Die Leistungen der Arbeitsförderung sollen insbesondere (1) die Transparenz auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt erhöhen, die berufliche und regionale Mobilität erhöhen und die zügige Besetzung offener Stellen ermöglichen, (2) die individuelle Beschäftigungsfähigkeit durch Erhalt und Ausbau von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten fördern, (3) unterwertiger Beschäftigung entgegenwirken und (4) die berufliche Situation von Frauen verbessern. (c) Abgrenzung aktiver und passiver Leistungen bzw. Arbeitsmarktpolitik: (1) In der geschichtlichen Entwicklung war es zunächst einzige Aufgabe der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung gegen das Entgeltausfallrisiko der Arbeitslosigkeit reaktiv oder passiv durch Zahlung von Arbeitslosengeld abzusichern. Erst nach dem 2. Weltkrieg übertrug der Gesetzgeber der Arbeitslosenversicherung über die passiven Leistungen hinaus den zusätzlichen Auftrag der Arbeitsförderung durch Arbeitsvermittlung und sonstige aktive Leistungen zur Wiedereingliederung Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt. Entsprechend wurde zwischen passiver und aktiver Arbeitsmarkpolitik unterschieden. (2) Im SGB III wird die Abgrenzung zwischen aktiven und passiven Leistungen durch Legaldefinition (§ 3, Abs. 4 SGB III) vorgenommen: Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sind alle Leistungen der Arbeitsförderungen mit Ausnahme von Arbeitslosengeld, Teilarbeitslosengeld und Insolvenzgeld, die im Umkehrschuss also passive Leistungen (der Arbeitslosenversicherung), weil mit ihnen auf eine entstandene Arbeitslosigkeit nur reagiert wird. Die restlichen Entgeltersatzleistungen ( Kurzarbeitergeld einschließlich Saison- und Transferkurzarbeitergeld sowie Wintergeld) zu den aktiven Leistungen, weil sie der Beschäftigungserhaltung und damit der Vermeidung von Arbeitslosigkeit dienen. 5. Arbeitsförderungsleistungen nach SGB III: a) Leistungen an
26 Arbeitnehmer: (1) Berufsberatung: Die Dienstleistungen der Berufsberatung der Agenturen stehen grundsätzlich allen Bürgern zur Verfügung, dienen aber insbesondere der vorbereitenden Information derjenigen, die einen Ausbildungsberuf ergreifen wollen oder eine berufliche Weiterbildung planen. Insbesondere die Eignungsfeststellung dient aber einer erfolgreichen, insbesondere Ausbildungsvermittlung. (2) Arbeits- und Ausbildungsvermittlung: Die Vermittlung von Arbeitsplatz- und Ausbildungssuchenden in ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis hat gem. § 4 SGB III sinnvollerweise absoluten Vorrang vor allen (passiven) Entgeltersatzleistungen und allen anderen (aktiven) Arbeitsförderungsleistungen. Eingliederungsvereinbarung und Zumutbarkeit erzeugen auf den Arbeitssuchenden auf der einen Seite einen gewissen Vermittlungsdruck, auf der anderen Seite bietet das individuell und bedarfsgerecht einsetzbare Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit ein flexibel einsetzbares Instrument, um die Vermittlungschancen zu erhöhen. Die Möglichkeit, bei erfolgloser Vermittlung der Arbeitsagentur, einen Vermittlungsgutschein für eine Vermittlung durch Dritte zu beanspruchen, ist durch Einschaltung des Vermittlungswettbewerbs ebenfalls zur Erhöhung der Vermittlungschancen geeignet. (3) Gründungszuschuss: Für einen sicherlich von vorneherein begrenzten Kreis von Arbeitssuchenden mit einer besonderen Kompetenz für eine selbständige Tätigkeit, sind finanzielle Hilfen zur Existenzgründung nach wie vor ein gutes Sprungbrett in die Beschäftigung, vorausgesetzt die konjunkturellen, branchenund standtortspezifischen Bedingungen passen. (4) Berufsausbildungsbeihilfe: Für Arbeitslose ohne Abschluss in einem Ausbildungsberuf eine Qualifizierungsmaßnahme, die (durch Humankapitalbildung) darauf abzielt, die späteren Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt zu erhöhen. (5) Weiterbildungsförderung: Gleiches gilt für die gezielte individuelle und arbeitsmarktgerechte Qualifizierung durch Weiterbildungsmaßnahmen. (6) Teilhabeförderung: Die Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben durch Leistungen an die Betroffenen dieser Problemgruppe selbst, soll (und zwar auch ohne die Voraussetzung von Arbeitslosigkeit) bei der Arbeits- und Ausbildungsvermittlung, Existenzgründung sowie Berufsausbildung und Weiterbildung
27 besondere finanzielle Hilfestellung ( Ausbildungsgeld, Übergangsgeld) geben. (7) Entgeltersatzleistungen: (a) Arbeitslosengeld mit Anspruchsdauer je nach persönlicher Voraussetzung (Versicherungsdauer und Alter) von 6 bis 24 Monaten; (b) Teilarbeitslosengeld ( Arbeitslosengeld) bis zu 6 Monaten zahlbar; (c) Insolvenzgeld für maximal drei Monate; (d) Kurzarbeitergeld i. d. R. bis zu 6 Monaten zahlbar, bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt durch Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aber auf bis zu 24 Monaten verlängerbar (nach geltendem Recht bis Ende 2009 für 18 Monate); (e) Transferkurzarbeitergeld ( Kurzarbeitergeld) für Kurzarbeiter in Transfergesellschaften für maximal 12 Monate; (f) Saison-Kurzarbeitergeld ( Kurzarbeitergeld) für bestimmte Branchen in der Schlechtwetterzeit; (g) Wintergeld als Ergänzungsleitung zum Saison-Kurzarbeitergeld. b) Leistungen an Arbeitgeber: (1) Arbeitsmarktberatung und (2) Arbeits- und Ausbildungsvermittlung zur Unterstützung der Arbeitgeber bei der Besetzung von Ausbildungsstellen und Arbeitsstellen. (3) Eingliederungszuschüsse bis zu 70 % des Arbeitsentgelts für die Eingliederung von Arbeitnehmern mit persönlichen Vermittlungshemmnissen (z. B. Schwerbehinderte); (4) Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung ( Berufsausbildungsförderung) auch für Schwerbehinderte (bis zu 80 % der Ausbildungsvergütung); (5) Zuschüsse zur Einstiegsqualifizierung bis zu einer Höhe von 212 EUR monatlich zuzüglich eines pauschalierten Anteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag eines Auszubildenden für Arbeitgeber, die eine betriebliche Einstiegsqualifizierung durchführen. (6) Zuschüsse zur beruflichen Weiterbildung von Mitarbeitern mit fehlendem Berufsabschluss; (7) Zuschüsse zur Teilhabe behinderter Menschen ( Teilhabeförderung) für (a) die betriebliche Aus- und Weiterbildung, (b) die Ausgestaltung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen (Arbeitshilfen) und (c) Probebeschäftigungen. (8) Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für Bezieher von Saison-Kurzarbeitergeld. (9) Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. c) Leistungen an Träger von Arbeitsförderungsmaßnahmen: (1) Zuschüsse zu zusätzlichen Maßnahmen der betrieblichen Berufsausbildung, Berufsausbildungsvorbereitung ( Berufsaus-
Arbeitsmarktpolitik bildungsförderung) und Einstiegsqualifizierung. (2) Übernahme der Kosten für die Ausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung und die Beschäftigung begleitenden Eingliederungshilfen sowie Zuschüsse zu den Aktivierungshilfen. (3) Darlehen und Zuschüsse für Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation. (4) Förderung von Jugendwohnheimen durch Zuschüsse und Darlehen, wenn dies zum Ausgleich auf dem Ausbildungsstellenmarkt und zur Förderung der Berufsausbildung erforderlich ist. 5. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach SGB II: (1) Grundsatz: Fördern und Fordern. (2) Fördergrundsatz (§ 14 SGB II): Die Träger der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende unterstützen diese mit dem vorrangigen Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Sie erbringen unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit alle im Einzelfall für die Eingliederung erforderlichen Leistungen. Die Agentur für Arbeit soll zu diesem Zweck für jeden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen persönlichen Ansprechpartner benennen. (3) Eingliederungsvereinbarung (§ 15 SGB II): Die Agentur für Arbeit soll im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger außerdem mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren. Die Vereinbarung soll bestimmen, 1. welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen er in welcher Häufigkeit selbst unternehmen muss und in welcher Form er diese nachzuweisen hat, 3. welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, der erwerbsfähige Hilfsbedürftige zu beantragen hat. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate geschlossen werden, danach unter Berücksichtigung der gewonnenen Erfahrungen erneuert werden. In der Vereinbarung kann auch vereinbart werden, welche Leistungen die Personen erhalten, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Diese sind hierbei zu beteiligen. Wird eine Bildungsmaßnahme vereinbart, ist auch zu regeln, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen der erwerbsfähige Hilfebedürftige schadensersatzpflichtig ist, wenn er die Maßnahmen aus einem von ihm zu vertretenden Grund nicht zu Ende führt. (4) Sofortangebot (§ 15a SGB II): Erwerbsfähigen, die innerhalb der letzten zwei Jahre weder
Arbeitsmarktpolitik nach SGB II oder SGB III laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen haben, sollen bei Beantragung von Leistungen nach SGB II unverzüglich Leistungen zur Eingliederung in Arbeit angeboten werden. (5) Eingliederungsleistungen gem. SGB III: Die Agentur für Arbeit bietet den Arbeitssuchenden nach SGB III nahezu alle Leistungen der aktiven Arbeitsförderung nach SGB III an. (6) Sonstige spezielle Leistungen: (a) Kommunale Leistungen: Zur Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit können Arbeitssuchende die Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder die häusliche Pflege von Angehörigen, Schuldnerberatung, psychosoziale Betreuung und Suchtberatung gewährt werden. (b) Einstiegsgeld (§ 16b SGB II): Als Anreiz zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Tätigkeit kann ein Einstiegsgeld gewährt werden. (c) Eingliederungen von Selbständigen (§ 16c SGB II) neben dem Einstiegsgeld bei der Aufnahme einer selbständigen auch Darlehen und Zuschüsse (bis zu 5000 EUR) für die Beschaffung von Sachgütern gewährt werden. (d) Arbeitsgelegenheiten (§ 16d SGB II): Für erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. (e) Beschäftigungszuschüsse für Arbeitgeber (§ 16e SGB II): Zur Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen mit Vermittlungshemmnissen können Arbeitgeber zum Ausgleich der zu erwartenden Minderleistungen bis zu 24 Monate Beschäftigungszuschüsse bis zu 75 % des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts und Zuschuss zu sonstigen Kosten (z. B. für Qualifizierungskosten bis zu 200 EUR/Monat und bis zu 12 Monate) bekommen. (f) Weiterförderung bei Wegfall der Hilfebedürftigkeit (§ 16e SGB II): Entfällt die Hilfebedürftigkeit eines Erwerbsfähigen während einer Eingliederungsmaßnahme kann diese in Form eines Darlehens weiter gefördert werden. (g) Freie Förderung (§ 16f SGB II): Die Agentur für Arbeit kann 10 % ihrer Eingliederungsmittel als freie Leistungen einsetzen. (h) Örtliche Zusammenarbeit (§ 18 SGB II): Die Agenturen für Arbeit arbeiten bei der Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit unter Berücksichtigung ihrer Aufgaben nach SGB III mit den Beteiligten des örtlichen Arbeitsmarktes insbesondere den Gemeinden, den Kreisen und Bezirken, den Trägern der freien Wohl-
28 fahrtspflege, den Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmern sowie den Kammern und den berufsständischen Organisationen, um die gleichmäßige oder gemeinsame Durchführung von Maßnahmen zu beraten oder zu sichern und Leistungsmissbrauch zu verhindern und aufzudecken. 5. Arbeitsmarktpolitik des Bundes: Wegen der politischen Gesamtverantwortung, der Gesetzgebungskompetenz und der Finanzkraft kommt den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung besondere Bedeutung zu. So sind die Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung und die Beitragsbemessungsgrenzen laufend angepasst und die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Arbeitsmarktpolitik mehrfach reformiert ( Hartz-Reformen) und novelliert worden, zuletzt durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008. Darin wurden einige ineffiziente Instrumente (z. B. die Mobilitätshilfe) gestrichen und das Vermittlungsbudget als flexibles und bedarfsgerechtes Förderinstrument eingeführt. 6. Arbeitsmarktpolitik der Bundesländer: Angesichts ganz unterschiedlicher Arbeitslosenquoten gestalten alle Bundesländer eigene arbeitsmarktpolitische Landesprogramme, die z. T. über den Europäischen Sozialfonds ( ESF) finanziert und regionalisiert werden. Der Mitteleinsatz ist jedoch im Vergleich zu den Ausgaben des Bundes relativ gering. 7. Arbeitsmarktpolitik der Kommunen: Die Kommunen als größter öffentlicher Investor und bedeutender Arbeitgeber waren durch den starken Anstieg der Sozialhilfeausgaben und insbesondere der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt wegen Arbeitslosigkeit in erhebliche Finanzprobleme geraten mit entsprechend negativen Konsequenzen für deren Investitionen und Beschäftigung. Die Hartz-IV-Reform (Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe) durch Übernahme der Kosten der Eingliederung in Arbeit im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch den Bund für Entlastung (um 2,5 Mrd. EUR) gesorgt. 8) Europäische Arbeitsmarktpolitik: a) ESF-Bundesprogramm 2007-2013: (1) Über der Europäischen Sozialfonds ( ESF) fördert die EU nationale Arbeitsmarktpolitiken. In der aktuellen Förderperiode bis 2013 werden die Querschnittsziele Nachhaltigkeit und Chancengleichheit verfolgt. D. h. alle durch den ESF mitfinanzierten Programme sollen sich (a) an der europäischen und
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Arbeitsschutz
nationalen Nachhaltigkeitsstrategie orientieren, insbesondere auf deren soziale Dimension (sozialer Zusammenhalt, Wachstum und Beschäftigung) und (b) zur Verbesserung der Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung beitragen. Dazu sollen insbesondere die Erwerbstätigenquote der Frauen erhöht und Maßnahmen durchgeführt werden, um Menschen mit Migrationshintergrund, Ältere oder Menschen mit Behinderung eine chancengerechte Teilhabe am Erwerbsleben zu ermöglichen. b) Flexicurity als neue arbeitsmarktpolitische Konzeption: Der Europäische Rat hat im Dezember 2007 sog. FlexicurityGrundsätze verabschiedet, welche die allgemeine Beschäftigungssicherheit über den Schutz des einzelnen Arbeitsplatzes stellt. Sicherheit bedeutet, den friktionslosen Übergang von einer Beschäftigung zur anderen Beschäftigung zu gewährleisten. Dies erfordert eine Vielfalt von Beschäftigungsformen und eine Flexibilisierung der Arbeits- und Einstellungsbedingungen, z. B. eine Lockerung des Kündigungsschutzes und flexiblere Arbeitszeiten. Arbeitsmarktreformen, Agenda 2010, Arbeitsmarktpolitik,
Hartz-Reformen.
Arbeitsmarktstatistik, Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit (BA). Arbeitslosenstatistik. Arbeitsmarkttheorie, Arbeitsmarkt. Arbeitsnachfrage, Nachfrage von Unter-
nehmungen nach Arbeit entweder in Gesamtstunden (ohne Differenzierung nach Arbeitskräften und Arbeitszeit je Arbeitskraft) oder nach Arbeitskräften (ohne explizite Berücksichtigung der Arbeitszeit). Nach neoklassischer Theorie ist die Arbeitsstundennachfrage bei Entlohnung nach dem Grenzprodukt einer Arbeitsstunde bzw. einer Arbeitskraft negativ vom realen Stundenlohn abhängig bzw. die Arbeitskräftenachfrage (bei gegebener individueller Arbeitszeit) negativ vom realen Gesamtlohn einer Arbeitskraft jeweils einschließlich Lohnnebenkosten ( Produzentenlohn). Arbeitsplatz, derjenige (ständige oder wechselnde) Ort, an dem ein Arbeitnehmer im Betrieb seine vertragliche Arbeitsleistung erbringt. Bei Heimarbeit befindet sich der Arbeitsplatz zu Hause. Da ein Arbeitsplatz in
der Regel eine Ausstattung mit Raum und Arbeitsmittel (Sachkapital), d. h. eine Kombination mit anderen Produktionsfaktoren bedingt, kann darunter auch diese Ausstattung verstanden werden und ein vorhandener Arbeitsplatz besetzt oder unbesetzt sein. Gleichwohl darf ein in diesem Sinne freier Arbeitsplatz nicht mit einer offenen Arbeitsstelle gleichgesetzt werden, da dieser in der Personalplanung nicht in jedem Fall auch besetzt werden soll bzw. nicht unbedingt mit einem bestimmten Arbeitsort in Verbindung gebracht wird. Umgekehrt kann für eine offene Stelle durchaus noch gar kein physischer Arbeitsplatz vorhanden, sondern nur geplant sein. Arbeitsplatzpotenzial, Begriff, der in der Regel auf erzielbare potentielle neue Arbeitplätze angewendet wird, eine denkbare gesamtwirtschaftliche Arbeitsplatzkapazität wird nicht quantifiziert. Arbeitsproduktivität, Grenzprodukt oder Durchschnittsprodukt der Arbeit entweder auf eine Arbeitsstunde bezogen (Stundenproduktivität) oder auf eine Arbeitsproduktivität je Arbeitskraft (Frau- oder Mannproduktivität). Arbeitsrecht, Summe aller Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften (einschließlich des Spruchrechts), die das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und das arbeits- und arbeitsmarktbezogene Sozialsystem betreffen (u. a. Arbeitsvertrags- und Tarifrecht, Arbeitsschutz, Mitbestimmungsrecht, Teile des Sozialgesetzbuchs und -rechts). Arbeitsschutz, Arbeitnehmerschutz, 1. Begriff: allgemeiner, gruppenspezifischer und individueller Schutz von Arbeitnehmern vor Gefahren für Gesundheit und Leben, die sich bei der Arbeit und durch die Arbeit ergeben können; 2. Bereiche: a): gruppenspezifischer Arbeitsschutz: Jugendarbeitsschutz, Frauenarbeitsschutz, Mutterschutz; b) objektbezogener Arbeitsschutz in/für: Arbeitstätten einschließlich Betriebshygiene, Arbeitsmittel, Geräte und technische Anlagen, Gefahrstoffe, biologische Arbeitsstoffe, Arbeitszeiten, Lastenhandhabung und arbeitsmedizinische Vorsorge. 3. Rechtsgrundlagen: Arbeitsschutzbestimmungen finden sich in staatlichen Arbeitsschutzgesetzen und -Verordnun-
Arbeitssuchende, gen sowie in den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, insbesondere gelten das Jugendarbeitsschutzgesetz, Mutterschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz, PSA (Persönliche Schutzausrüstung), Benutzungsverordnung, Lastenhandhabungsverordnung, Baustellenverordnung, Bildschirmarbeitsverordnung, Betriebssicherheitsverordnung, Arbeitsstättenverordnung, Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung, Arbeitssicherheitsgesetz, Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung, Siebtes Sozialgesetzbuch. Arbeitssuchende, Arbeitslosenstatistik,
Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Arbeitsteilung, 1. Begriff zur Kennzeich-
nung der Auflösung einer Arbeitsleistung in Teilverrichtungen, die von verschiedenen Wirtschaftseinheiten ausgeführt werden. Die Wirtschaftseinheiten können sein: Menschen, Unternehmungen, Gebiete, Länder. 2. Formen (nach Bücher): a) Berufsbildung: Ausgehend von der Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau kommt es zur Ausgliederung einzelner Funktionen aus dem Haushalt, die verselbstständigt werden. b) Berufsspaltung: Die in sich komplexen Berufe werden nochmals gespalten, z. B. Schmied in Hufschmied, Nagelschmied usw. (Spezialisierung). c) Arbeitszerlegung: Zerlegung eines Produktionsprozesses in mehrere, jeweils auf eine Person oder Personengruppe entfallende Teilprozesse (z. B. das viel zitierte Stecknadelbeispiel von A. Smith). d) Territoriale Arbeitsteilung: Jedes Gebiet (als Einheit) spezialisiert sich auf die standortmäßig günstigste Produktion. Spezialfall: internationale Arbeitsteilung. 3. Vorteile: Steigerung der Produktivität durch bessere Ausnützung der Arbeitskraft wegen der höheren Geschicklichkeit und evtl. kürzeren Lehrzeit (schon von A. Smith erkannt). 4. Nachteile: (1) Entseelung der Arbeit: wichtiger Kritikpunkt der Sozialisten; (2) Anfälligkeit der Volkswirtschaft gegenüber wirtschaftlichen Krisen; (3) teilweise verringerte Möglichkeiten des Berufswechsels. Arbeits- und Ausbildungsvermittlung,
1. Begriff: Vorrangige Aufgabe der Agenturen für Arbeit als örtliche Träger der Bundesagentur für Arbeit und Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Das frühere Vermittlungsmonopol auf diesem Gebiet
30 wurde schrittweise (1994 für die Arbeitsvermittlung, 1998 für Ausbildungsvermittlung) aufgegeben, so dass heute auch eine private Arbeitsvermittlung nicht nur zulässig ist, sondern von der Bundesagentur durch Vermittlungsgutscheine gefördert wird. 2. Rechtsgrundlage: Drittes (SGB III): Arbeitsförderung. 3. Vermittlungsvorrang (§ 4 SGB III): Die Vermittlung in Ausbildung und Arbeit hat Vorrang vor den Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts ( Arbeitslosengeld) bei Arbeitslosigkeit. Dies gilt auch im Verhältnis zu den sonstigen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, es sei denn, die Leistung ist für eine dauerhafte Eingliederung erforderlich 4. Vermittlungsangebot (§ 35 SGB III): Die Agentur für Arbeit hat Ausbildungssuchenden, Arbeitssuchenden und Arbeitgebern Ausbildungs- und Arbeitsvermittlung anzubieten. Die Vermittlung umfasst alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, Ausbildungssuchende bzw. Arbeitssuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Ausbildungs- bzw. Beschäftigungsverhältnisses zusammenzuführen. Dabei sollen Arbeitslose und Ausbildungssuchende, deren berufliche Eingliederung voraussichtlich erschwert ist, eine verstärkte vermittlerische Unterstützung erhalten. Durch die Vermittlung sollen Arbeitgeber geeignete Arbeitnehmer und Auszubildende erhalten. Dabei sind die Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit der Ausbildungs- und Arbeitssuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen. Die Agentur für Arbeit hat Vermittlung auch über die Selbstinformationseinrichtungen im Internet durchzuführen. 5. Vermittlungsgrundsätze: (1) Die Agentur für Arbeit darf nicht vermitteln, wenn ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis begründet werden soll, dass gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt. (2) Sie darf Einschränkungen, die der Arbeitgeber für eine Vermittlung hinsichtlich Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand, Staatsangehörigkeit oder ähnlicher Merkmale vornimmt, die regelmäßig nicht die berufliche Qualifikation betreffen, nur berücksichtigen, wenn diese Einschränkungen nach Art der auszuübenden Tätigkeit unerlässlich ist. (3) In einen durch Arbeitskampf betroffenen Bereich darf nur vermittelt werden, wenn der Arbeitsuchende und der Arbeitgeber die trotz eines Hinweises auf den Arbeitskampf verlangen. (4) Die Agentur für Arbeit ist nicht verpflichtet zu prüfen, ob der vorgesehene Vertrag ein
31 Arbeitsvertrag ist. 6. Potenzialanalyse: Die Agentur für Arbeit hat unverzüglich nach der Meldung zur Ausbildungs- oder Arbeitssuche zusammen mit dem Suchenden dessen für die Vermittlung erforderlichen beruflichen und persönlichen Merkmale, seine beruflichen Fähigkeiten und seine Eignung festzustellen, auch ob durch welche Umstände die berufliche Eingliederung erschwert ist. 7. Eingliederungsvereinbarung: In einer Vereinbarung, die die Agentur für Arbeit mit dem Ausbildungs- oder Arbeitssuchenden trifft, werden für einen bestimmten Zeitraum festgelegt: (1) das Eingliederungsziel, (2) die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit, (3) welche Eigenbemühungen zu seiner beruflichen Eingliederung der Ausbildungs- oder Arbeitssuchende in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form er diese nachzuweisen hat und (4) die vorgesehenen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung. Bei Arbeitslosen mit einem Eingliederungsgutschein soll in der Eingliederungsvereinbarung die Ausgabe des Scheins mit einem Arbeitsangebot oder einer Vereinbarung über die notwendigen Eigenbemühungen zur Einlösung des Eingliederungsgutscheins verbunden werden. Die Eingliederungsvereinbarung ist sich ändernden Verhältnissen anzupassen; sie ist fortzuschreiben, wenn in dem Zeitraum, für den sie zunächst galt, die Ausbildungsplatzoder Arbeitssuche nicht beendet wurde. Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die Eigenbemühungen durch Verwaltungsakt festgesetzt werden. 8. Selbstinformationsrichtungen: a) im Internet unter www.arbeitsagentur.de: (1) JOBBÖRSE: Stellen- und Bewerberbörse; (2) BERUFENET: Datenbank mit Ausbildungsund Tätigkeitsbeschreibungen zu über 6.300 Berufen, verlinkt mit den Stellenbörsen der Agentur für Arbeit und Jobbörsen privater Anbieter. (3) KURSNET: Datenbank für Ausund Weiterbildung mit tagesaktuell über rund 600.000 beruflichen Bildungsangeboten. (4) Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV): Zentraler Vermittlungsservice im Internet für (a) Führungskräfte des oberen und obersten Managements, (b) den europäischen und weltweiten Arbeitsmarkt und (c) die künstlerischen und künstlerisch-technischen Profis von Schauspiel, Musiktheater/Orchester, Film/Fernsehen und Unterhaltung/Werbung. b) Internet-Center: Die Internet-Center in den Arbeitsagenturen sollen vor allem
Arbeits- und Ausbildungsvermittlung Arbeitslosen die Möglichkeit geben, auch online Stellen zu suchen. 9. Sondervermittlungsdienste: (1) Teams akademische Berufe: An großen Hochschulstandorten wurden spezialisierte Teams eingerichtet, die Schüler/innen und Studierenden zu Fragen der arbeitsmarktgerechten Studienorientierung beraten und informieren. Diese Teams sind auch für die Beratung und Vermittlung von Absolventen zuständig. (2) JOB-Vermittlung: Schnelle und unbürokratische Vermittlung von befristeten Beschäftigungen (im Dienstleistungs- und gewerblichen Bereich), tage-, wochen- und monatsweise (Kurzeitjobs) wird in ausgewählten Agenturen für Arbeit angeboten. (3) Fachvermittlungen für besondere Berufe und Positionen: An sieben Standorten gibt es für Künstler und technische Mitarbeiter von Bühne, Film und Fernsehen besondere regionale Fachvermittlungen. Wer als Führungskraft mit langjähriger Erfahrung eine adäquate Position sucht, wird von Expertenteams in der Managementvermittlung betreut. 7. Finanzielle Hilfe: a) Förderung aus dem Vermittlungsbudget (§ 45 SGB III): Ausbildungssuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende und Arbeitslose können seit 1.1.2009 aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (individuell) gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten (z.B. Bewerbungskosten, Umzugskosten), soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird. Die Agentur entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen, sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Auf die Leistungen besteht kein Rechtsanspruch. Sie dürfen nur gewährt werden, wenn Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Im Vermittlungsbudget sind Leistungen zusammengefasst worden, die früher in Einzelvorschriften (Freie Förderung, Bewerbungs- und Reisekosten, Mobilitätshilfen) geregelt waren und nun in Ermessen des Arbeitsvermittlers gestellt werden. b) Vermittlungsgutschein: (1) Mit einem Vermittlungsgutschein können Arbeitssuchende einen oder mehrere private Arbeitsvermittler ( private Arbeitsvermittlung) ihrer Wahl einschalten. Der Gutschein gilt für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten. Er wird
Arbeitsvermögen
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einschließlich Mehrwertsteuer in Höhe von 2000 EUR ausgestellt, bei Langzeitarbeitslosen und Behinderten auf bis zu 2500 EUR. (2) Aus dem schriftlichen Vermittlungsvertrag mit dem jeweiligen Vermittler muss insbesondere die Vergütung (höchstens 2.500 EUR) hervorgehen, die im Falle einer Vermittlung fällig wird. Wenn ein privater Vermittler eine versicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 15 Stunden vermittelt (auch im EU/EWR-Ausland), erhält er unter bestimmten Voraussetzungen die Vermittlungsvergütung von der Agentur für Arbeit, die den Gutschein ausgestellt hat. 1000 Euro werden nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses unmittelbar an den Vermittler gezahlt. (3) Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein: (a) Arbeitnehmer, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind oder eine Beschäftigung ausüben oder ausgeübt haben, die als Arbeitsbeschäftigungsmaßnahme oder Strukturanpassungsmaßnahme gefördert wurde, haben Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein. (b) Der Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein besteht längstens bis zum 31.12.2010. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen die maßgebliche Dauer der Arbeitslosigkeit heraufzusetzen und die Höhe des Vermittlungsgutscheines zu ändern.
Gleichbehandlung; (8) Zeugniserteilung. b) des Arbeitnehmers: (1) Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung als Hauptpflicht; (2) Treuepflicht (Verschwiegenheit, Wettbewerbsverbot, Schadensminderung). Arbeitsvolumen, Beschäftigungsvolumen,
Nach dem Europäischen System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen von 1995 (VGR) umfasst das Arbeitsvolumen die tatsächliche Arbeitszeit aller Erwerbstätigen, die als Arbeitnehmer oder als Selbständige bzw. mithelfende Familienangehörige im Inland (nach dem Inlands- oder Beschäftigungsortkonzept) eine auf wirtschaftlichen Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben. Das Arbeitsvolumen dient sowohl der laufenden Arbeitsmarktbeobachtung als auch zur Ermittlung der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität und des Auslastungsgrades des Faktors Arbeit ( Arbeitsvolumenpotenzial). Arbeitsvolumenpotenzial, die in einer Volkswirtschaft in einer Produktionsperiode (z. B. Jahr) zur Erstellung des Bruttoinlandsproduktes verfügbare Zahl von Arbeitsstunden: Produkt aus Arbeitskräftepotenzial und einer potenziellen effektiven (Jahres-) Arbeitszeit einschließlich möglicher Mehrarbeit. Die Schätzung des Arbeitsvolumenpotenzials ist Voraussetzung für einen produktionstheoretischen Ansatz zur Schätzung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials.
Arbeitsvermögen, das gesamtwirtschaftli-
Arbeitswertlehre, Bestandteil der klas-
che Humankapital. Vgl. auch tivvermögen.
sischen Lehre und des Marxismus. Nach der Arbeitswertlehre ergeben sich die Werte der Güter aus dem zu ihrer Herstellung notwendigen Arbeitseinsatz, so dass die Austauschrelationen (die relativen Preise) dem Verhältnis der in den einzelnen Gütern verkörperten Arbeitszeit entsprechen.
Produk-
Arbeitsvertrag, 1. Begriff: Vertrag, durch
den sich der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet. Grundsätzlich kann dieser formlos geschlossen werden. In diesem Fall sind dem Arbeitnehmer jedoch innerhalb von vier Wochen die wesentlichen Vertragsbestandteile mitzuteilen. Ohne schriftliche Vereinbarung ist der Arbeitsvertrag immer unbefristet. Befristete Arbeitsverträge bedürfen immer der Schriftform. 2. Pflichten: a) des Arbeitgebers: (1) Leistung des vereinbarten Arbeitsentgelts als Hauptpflicht; (2) Fürsorgepflicht (Arbeitsschutz); (3) Beschäftigungspflicht; (4) Informationspflicht; (5) Entgeltfortzahlung; (6) Urlaubsgewährung; (7)
Arbeitszeit, 1. Begriff: Umfang und Lage der Zeit, in der Arbeitsleistungen vertraglich abzugeben sind (vertragliche oder kontrahierte Arbeitszeit) oder effektiv abgegeben werden (effektive Arbeitszeit). 2. Arbeitszeitumfang (chronometrische Dimension): Zahl der (vertraglichen oder effektiven) Arbeitstunden je Zeitperiode (Tages-, Wochen-, Monats- oder Jahresarbeitszeit); entsprechend Mehrarbeit im Vergleich zur regelmäßigen Arbeitszeit. 3. Arbeitszeitlage
33 (chronologische Dimension): Verteilung der (vertraglichen oder effektiven) Arbeitszeit über eine bestimmte Periode: Tag- oder Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, starre oder flexible Arbeitszeit, Gleitzeit, Arbeitszeitkonten). Vgl. auch Arbeitszeitpolitik. Arbeitszeitpolitik, I . C h a r a k t e r i s i e r u n g : Summe aller Maßnahmen, die die individuelle und betriebliche Arbeitszeit bezüglich Umfang und Lage beeinflussen. Die Ziele der Arbeitszeitpolitik werden im Wesentlichen sozial-, beschäftigungs- und betriebspolitisch begründet. Träger der Arbeitszeitpolitik sind Gesetzgeber, Tarifvertragsparteien, Unternehmensleitungen und betriebliche Arbeitnehmervertretungen. I I . M a ß n a h m e n : 1. Die zahlreichen allgemeinen und speziellen gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften in der BRD (Arbeitszeitgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Jugendarbeitsschutz, Frauenschutz, Mutterschutz, Ladenschlussgesetz), die die tägliche, wöchentliche und jährliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer und Betriebe beschränken, bieten Ansatzpunkte. Außerdem beeinflussen Schul- und Wehrdienstpflicht, Rentenversicherung usw. die Lebensarbeitszeit der Erwerbstätigen. 2. Durch tarifvertragliche Arbeitszeitregelungen, die insbes. die Wochenarbeitszeit, die Sonn- und Feiertags-, Nacht- und Mehrarbeit sowie deren monetäre und/oder zeitliche Vergütung und den Jahresurlaub betreffen, wird der arbeitszeitpolitische Spielraum der Tarifautonomie genutzt. 3. Über Betriebsvereinbarungen und einzelvertragliche Regelungen versuchen Arbeitgeber und -nehmer weiter gehende Arbeitszeitwünsche zu realisieren. I I I . G r u n d r i c h t u n g e n : 1. Die staatliche Arbeitszeitpolitik verfolgt bis heute vorrangig Ziele des Arbeitsschutzes. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ( Arbeitsmarktpolitik) wird die Verkürzung der Lebensarbeitszeit (Reduzierung des Arbeitskräfteangebots durch Förderung des Vorruhestands) eingesetzt. 2. Aus beschäftigungspolitischen Gründen streben die Gewerkschaften die Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit (35-Stunden-Woche) und den Abbau von Überstunden an, um über eine Verkürzung der effektiven Jahresarbeitszeit das vorhandene Arbeitsvolumen auf mehr Beschäftigte zu verteilen. 3. Die Arbeitgeberverbände lehnen die regelmäßig mit vollem Lohnausgleich verbundenen Gewerkschaftsforderungen nach generellen Arbeits-
Armut zeitverkürzungen als Kosten steigernd und beschäftigungsfeindlich ab und schlagen stattdessen Arbeitszeitmodelle vor, die Betrieben und Arbeitnehmern mehr Arbeitszeitflexibilität eröffnen sollen. 4. Unabhängig von den umstrittenen Beschäftigungseffekten arbeitszeitpolitischer Maßnahmen wird schließlich die Sicherung der freien Arbeitszeitwahl (Arbeitszeitsouveränität) als arbeitszeitpolitisches Ziel vertreten. Arbitrage, Ausnutzung von Preis-, Kursund Zinsunterschieden an verschiedenen Markt- und Börsenplätzen mit dem Ziel Gewinne zu realisieren und dem volkswirtschaftlich erwünschtem Ergebnis eines Ausgleichs solcher Differenzen. Dieser muss aufgrund mangelnder Markttransparenz des Anfallens von Transaktionskosten allerdings nicht vollständig sein. Armut, Pauperismus, Deprivation. 1. Begriff: Erscheint eine wirtschaftliche Notlage nicht mehr zeitlich begrenzt, sondern für die Lebenslage insgesamt bestimmend, wird die Lebenssituation als Armut bezeichnet, wobei zwischen absoluter und relativer Armut unterschieden wird. 2. Absolute Armut liegt bei Unterschreiten eines physiologischen Existenzminimums vor. Die absolute Armutsgrenze oder -schwelle wird für Entwicklungsländer z. B. von der Internationalen Entwicklungsorganisation ( IDA) durch einen täglichen Mindestkalorienbedarf konkretisiert oder von der Weltbank ( IBRD) auf die Kaufkraftparität von 1 US-Dollar pro Tag festgelegt. 3. Relative Armut: Bei Schwellenländern und entwickelten Ländern, insbesondere Sozialstaaten, orientiert man sich an der Wohlstandssituation einer bestimmten Gesellschaft. Als relative Armutsgrenze wird ein soziokulturelles Existenzminimum herangezogen, das letztlich nur durch den politischen Willensbildungsprozess oder auf Grund von Wissenschaftlern zugrunde gelegten Normen in Bezug auf die Lebenslagen bestimmt werden kann. 4. Armutsgrenzen in Deutschland: a) Einkommensteuerrechtlich dient der Grundfreibetrag aufgrund eines Bundesverfassungsgerichtsurteils von 1994 dazu, das Existenzminimum eines Steuerpflichtigen im Sinne des sozialhilferechtlichen Mindestbedarf nicht zu besteuern. Seit dem 1. Januar beträgt dieses pro Jahr 7.834 EUR (8.004 EUR ab 2010). Für Kinder sind die Freibeträge (im Rahmen
Armutsbericht des sog. Familienleistungsausgleichs) zur Sicherung des Existenzminimums auf 6.000 EUR jährlich festgelegt. b) EurostatAbgrenzung: Nach einer vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften (eurostat) empfohlenen Abgrenzung soll die relative Armutsgrenze für den europäischen Vergleich als 60 v. H. des Medians des Nettoäquivalenzeinkommens ( Äquivalenzeinkommen) definiert werden. Nach der letzten verfügbaren Datenauswertung des SoziökoOekonomischen Panels ( SOEP) von 2006 (3. Armuts- und Reichenbericht der Bundesregierung von 2008) lag die Armutsgrenze in Deutschland bei nominal 10.560 EUR im Jahr (880 EUR im Monat). Vgl. auch Armutsquote.
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Armutsintensität, FGT-Maß, von Foster, Greer und Thorbecke entwickelte Armutsmaße: a) FGT(1): Produkt von Armutsquote und normalisierter Armutslücke und b) FGT(2): Einbeziehung der Ungleichheit innerhalb der Armutspopulation, indem diejenigen am stärksten gewichtet werden, die am intensivsten von Armut betroffen sind.
rung (allgemeine Armutsquote) oder einer bestimmten Bevölkerungsgruppe (spezifische Armutsquote) unter der Armutsgrenze leben ( Armut). Dem Risiko der Einkommensarmut unterliegt also, wer einen bestimmten Mindestabstand zum Mittelwert der Gesellschaft aufweist. Weil in Deutschland der erreichte Wohlstand vergleichsweise hoch ist, liegt auch die Armutsrisikogrenze auf einem relativ höheren Niveau als in anderen Ländern. 2. Armutsrisiko in Deutschland: Nach Angaben des 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 2008 wurden im Jahre 2005 auf der Datenbasis des Sozioökonomischen Panels ( SOEP) u. a. folgende Einkommensarmutsrisiken festgestellt: (1) Deutschland insgesamt: 18 %, (2) Westdeutschland (ohne Berlin): 17 %, (3) Ostdeutschland (mit Berlin) 22 %, (3) weiblich: 21 %, (4) männlich: 16 %, (5) Kinder bis 15 Jahre: 26 %, (6) Jugendliche von 16 bis 24 Jahren: 38 %, (7) Ältere (65 Jahre und älter), (8) Erwerbstätige: 12 %, (9) Arbeitslose: 53 %, (10) Rentner/Pensionäre: 12 % und (11) Alleinerziehende: 36 %. 3. Kritik: Die Armutsquote erfasst nicht, wie weit das Einkommen der betrachteten Armutsrisikobevölkerung unter der Armutsgrenze liegt. Diesen Nachteil vermeidet das Maß der Armutslücke.
Armutslücke, poverty-gap, Maß für den
Armutsrisiko, Armutsquote.
Armutsbericht, Sozialberichterstattung. Armutsgrenze, Armut.
durchschnittlichen Einkommensabstand, der zur Überwindung der Armutsgrenze ( Armut) fehlt. Die normalisierte Armutslücke gibt den prozentualen Abstand zur Armutsgrenze an. Die relative Armutslücke (entspricht dem Laeken-Indiktor 4, Sozialberichterstattung) ist definiert als Differenz zwischen Armutsrisikogrenze und Median der Nettoäquivalenzeinkommen der Personen unter der Armutsgrenze in Relation zur Armutsgrenze. Das Armutsrisikoproblem ist dementsprechend umso größer je niedriger die Einkommen der Betroffenen sind, weil sich dies auch im Median dieser Gruppe niederschlägt.
Arrow-Paradoxon, Arrow-Unmöglichkeitstheorem, zentrales Theorem der Theorie der Kollektiventscheidungen. Das ArrowParadoxon sagt aus, dass es kein Verfahren zur widerspruchsfreien Zusammenfassung der Präferenzen von Mitgliedern einer Gruppe in eine kollektive Präferenzrelation gibt, wenn bestimmte demokratische Grundprinzipien erfüllt werden sollen (Universelle Gültigkeit, Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen, Schwaches Pareto-Prinzip, Nicht-Diktatur).
Armutsquote, Armutsrisikoquote, 1. Beg-
Artenvielfalt und Landschaftsqualität,
riff: Anteil der Personen, deren bedarfsgewichtetes Nettoäquivalenzeinkommen ( Äquivalenzeinkommen) weniger als 60 % des Mittelwerts (Median) der Nettoäquivalenzeinkommen aller Personen (Armutsgrenze) beträgt. Die Armutsquote gibt also an, wie viel Prozent der Personen der Bevölke-
Armutsrisikoquote, Armutsquote.
einer von 21 Nachhaltigkeitsindikatoren in Deutschland. Der Indikator im Bereich Generationengerechtigkeit einer nachhaltigen Entwicklung zeigt mit dem 2015 angestrebten Zielwert 100 den Entwicklungsstand als Index (Prozentanteil des Zielwerts) an. Sein Wert wird aus dem Grad der Erreichung der
35 Bestandsziele errechnet, die für insgesamt 59 Vogelarten für das Zieljahr 2015 festgelegt wurden. Die Vogelarten repräsentieren die wichtigsten Landschafts- und Lebensraumtypen in Deutschland (Agrarland, Wälder, Siedlungen, Binnengewässer, Küsten/Meere sowie die Alpen). Die Größe der Bestände spiegelt die Eignung der Landschaft als Lebensraum für die ausgewählten Vogelarten wider. Da neben Vögeln auch andere Arten an eine reichhaltig gegliederte Landschaft mit intakten, nachhaltig genutzten Lebensräumen gebunden sind, bildet der Indikator indirekt auch die Entwicklung zahlreicher weiterer Arten in Landschaft und die Nachhaltigkeit der Landnutzung ab. ASEAN, Association of East South Asian
Nations, Verband Südostasiatischer Nationen, 1987 von Thailand, Indonesien, Malaysia, den Philippinen und Singapur mit dem Ziel gegründet, die wirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedstaaten zu fördern und die politische Stabilität in der Südost-AsienRegion zu stärken. Die heute 10 ASEANStaaten bilden durch ein Abkommen die ASEAN-Freihandelszone AFTA (ASEAN Free Trade Area). Zwischen den ASEANStaaten und der EG besteht ein Kooperationsabkommen auf wirtschaftlichem und technischem Gebiet. Assekuranzprinzip, Besteuerungsprin-
zip, das die Besteuerung durch den Staat als Versicherungsprämie für den von ihm gewährten Personen- und Eigentumsschutz rechtfertigt; Assekuranzprinzip insoweit mit dem Äquivalenzprinzip verwandt. Assoziierungsabkommen, 1. Allgemein:
Völkerrechtliche Verträge, die über reine Handelsverträge (Einräumung von Handelspräferenzen) erheblich hinausgehen. Sie bezwecken stets eine enge, privilegierte wirtschaftliche Kooperation zwischen den Parteien und beinhalten in den meisten Fällen finanzielle Unterstützungsleistungen für den Vertragspartner. 2. Assoziierungsabkommen der EU: Der EG-Vertrag sieht zwei verschiedene Formen der Assoziierung Dritter vor. Hierbei handelt es sich um Assoziierung so genannter überseeischer Länder und Gebiete ÜLG (konstitutionelle Assoziierung) sowie um die Möglichkeit einer vertraglichen Assoziierung sonstiger Staaten,
Asylbewerberleistungen. z. B. den AKP-Staaten, oder internationaler Organisationen. Asylbewerberleistungen. 1. Begriff: Leistungen der sozialen Mindestsicherung ( soziale Sicherung) für Ayslbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) vom 30.6.1993. 2. Leistungsberechtigte: Ausländer, die sich im Bundesgebiet aufhalten und die (1) eine Aufenthaltsgestattung besitzen, (2) über einen Flughafen einreisen wollen und denen die Einreise noch nicht gestattet ist, (3) wegen des Krieges in ihrem Heimatland eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, (4) eine Duldung nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen, (5) vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebeandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist, (6) Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der unter (1) (5) genannten Personen oder die (7) einen Folgeoder Zweitantrag im Asylverfahren stellen. 3. Leistungen: a) Grundleistungen: (1) Notwendiger Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts wird durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich erhalten die Leistungsberechtigten zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einen monatlichen Geldbetrag von 20,45 EUR, von Beginn des 15. Lebensjahres an 40,90 EUR. (2) Bei Unterbringung in Einrichtungen außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen können anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen Wertgutscheine oder Geldleistungen gewährt werden: für den Haushaltsvorstand im Wert von 184,07 EUR, für Haushaltsangehörige bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres im Wert von 112,48 EUR und vom Beginn des 8. Lebensjahres an von 158,50 EUR. b) Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt: (1) Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderlichen ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln sowie sonstiger zur Genesung, Besserung oder Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. (2) Werdende Mütter
asymmetrische Information
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und Wöchnerinnen erhalten ärztliche und pflegerische Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei- und Heilmittel. c) Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung des Lebensunterhalts oder der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern geboten sind. 4. Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, sind von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt der Leistungen aufzubrauchen. Einkommen aus Erwerbstätigkeit bleiben dabei in Höhe von 25 v. H. außer Betracht. Soweit Vermögen vorhanden ist, kann vom Leistungsberechtigten wegen der zu gewährenden Leistungen auch Sicherheit verlangt werden. 5. Arbeitsgelegenheiten: In Aufnahmeeinrichtungen und vergleichbaren Einrichtungen sollen insbesondere zur Aufrechterhaltung Betreibung der Einrichtung Arbeitsgelegenheiten zur Verfügung gestellt werden. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung der Leistungsberechtigten, Tätigkeiten der Selbstversorgung zu erledigen. Im Übrigen sollen so weit wie möglich Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden. Für die zu leistende Arbeit wird eine Aufwandsentschädigung von 1,05 EUR je Stunde ausgezahlt. Bei unbegründeter Arbeitsablehnung besteht kein Anspruch auf Leistung nach dem Gesetz. 6. Verhältnis zum SGB XII: Leistungsberechtigte erhalten keine Sozialhilfe nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch. Ingesamt sind die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz etwa 20 % niedriger als die Leistungen nach SGB XII. 7. Leistungsentwicklung und -volumen: Die Zahl der Leistungsempfänger ist seit 1997 von fast 500 Tsd. kontinuierlich auf 194 Tsd. Ende 2006 gesunken. Die Bruttoausgaben betrugen 2006 insgesamt 0,9 Mrd. EUR.
weichen. Normalarbeitsverhältnisse sind gekennzeichnet durch die Merkmale (1) unbefristetes Beschäftigungsverhältnis, (2) Vollzeittätigkeit oder Teilzeittätigkeit mit mindestens der Hälfte der üblichen Wochenarbeitszeit, (3) Integration in die Sozialversicherungssysteme und (4) Identität von Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis. Atypische Beschäftigungsverhältnisse weisen demgegenüber die Merkmale auf: (1) Befristung, (2) Teilzeitbeschäftigung mit weniger als 20 Stunden in der Woche, (3) Zeitarbeitsverhältnis ( Arbeitnehmerüberlassung) und (4) geringfügige Beschäftigung. Nach dieser Abgrenzung waren 2007 36,4 % der abhängig Beschäftigten von 14 16 Jahren in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, während es 1997 erst 22,5 % waren.
asymmetrische Information, Informa-
Aufstiegsfortbildungsförderung, die Förderung der Fortbildung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG), auch Meister-BAföG genannt. Das Gesetz unterstützt (ohne Altersbegrenzung) die Aufstiegsfortbildung finanziell und soll die Existenzgründung erleichtern. Es gilt grundsätzlich für alle Berufsbereiche und unabhängig von der Form als Fortbildung in Volloder Teilzeit, schulisch oder außerschulisch, mediengestützt oder als Fernunterricht. Die
tionsasymmetrie. atomistische Marktstruktur, polypo-
listische Preisbildung. atypische Beschäftigungsverhältnisse, darunter werden in der Beschäftigtensta-
tistik des Statistischen Bundesamtes Beschäftigungsverhältnisse verstanden, die von normalen Beschäftigungsverhältnissen ab-
aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, Wettbewerbspolitik. Aufgreifkriterien, Fusionskontrolle. Aufkommenselastizität, Verhältnis zwischen der relativen Aufkommensänderung einer Steuer bzw. des gesamten Steueraufkommens und der relativen Änderung des Sozialprodukts. Um eine hohe (> 1) oder zumindest proportionale (= 1) Aufkommenselastizität zu gewährleisten, muss die Steuerbemessungsgrundlage mit wachsendem Sozialprodukt entsprechend steigen.
finanzwissenschaftlicher Begriff für die Gewährleistung des bisherigen Einnahmeaufkommens bei jeglicher Haushaltsänderung, meist angewandt auf Steueränderungen.
Aufkommensneutralität,
Aufschwung, Konjunkturphasen. Aufschwung Ost, Gemeinschaftswerk
Aufschwung Ost.
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Ausbildungsbonus
Antragsteller dürfen noch nicht über eine Qualifikation verfügen, die dem angestrebten Fortbildungsabschluss mindestens gleichwertig ist. Aufstiegsstipendium,
Schulausbil-
dungsförderung. die Eingänge von Aufträgen (Auftragswerten) in der Industrie stellen einen wichtigen Wirtschaftsindikator dar, der als Frühindikator für die industrielle Produktion gilt. Vgl. auch Order-CapacityIndex. Auftragseingänge,
Auftragseingangs-Kapazitäts-Index,
Order-Capacity-Index. Aufwertung, Wertgewinn einer Währung im Vergleich zu einer anderen Währung. Vgl. auch Wechselkurs. Ausbeutung, 1. Wirtschaftstheorie des Marxismus: Aus Arbeitswertlehre und Mehrwerttheorie wird abgeleitet, dass die Arbeiter nicht den vollen Gegenwert der von ihnen erstellten Güter als Lohn erhalten, sondern nur das ausbezahlt bekommen, was sie zur Deckung des eigenen Reproduktionsaufwands (Miete, Ernährung, Kleidung u. a.) benötigen. Die Differenz zwischen produzierten Gütern und Lohn (Mehrwert) könne sich der Unternehmer äquivalenzlos aneignen (Mehrwerttheorie), d. h. er beute die Arbeiter aus. In welchem Ausmaß dies geschehe, soll anhand der Mehrwertrate messbar sein. Die Ausbeutung führe zur fortschreitenden Verelendung der Arbeiter. 2. A. C. Pigou spricht von Ausbeutung, wenn der Lohnsatz unter dem Wertgrenzprodukt der Arbeit liegt. Sind die Faktormärkte durch Konkurrenz gekennzeichnet, kann es keine Ausbeutung geben. Vgl. auch Ausbeutungstheorien. 3. Theorie der Unterentwicklung der Entwicklungsländer: vgl. Dependencia-Theorie. Ausbeutungsmissbrauch, Ausbeutungs-
missbrauch liegt vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen i. S. von § 22 GWB bzw. Art. 86 EGV seine Marktstellung gegenüber vor- bzw. nachgelagerten Wirtschaftsstufen dazu benutzt, um z. B. zu niedrige Einkaufspreise (Problem der sog. Nachfragemacht des Handels gegenüber der Industrie) oder monopolistisch überhöhte
Verbraucherpreise (z. B. im Falle des Verhältnisses Industrie zu Endverbraucher) zu fordern. Im Rahmen der Missbrauchsaufsicht der Kartellbehörden kann ein derartiges Verhalten korrigiert werden, wobei der wettbewerbskonforme Als-ob-Preis mit Hilfe sog. Vergleichsmärkte konkretisiert wird. Problematisch ist, dass ähnlich wie beim Behinderungsmissbrauch die Ursache des Missbrauchs, d. h. die Existenz von Marktmacht, nicht beseitigt wird. Vgl. auch Kartellrecht. Ausbildung, Ausbildungsförderung. Ausbildungsbonus, 1. Begriff: Einmaliger
Zuschuss (a) mit Rechtsanspruch für Arbeitgeber, die besonders förderungsbedürftige Auszubildende und (b) als Ermessenleistung für Arbeitgeber, die förderungsbedürftige Auszubildende zusätzlich ausbilden. 2. Voraussetzungen: (1) Als besonders förderungsbedürftig gelten Auszubildende, die bereits im Vorjahr oder früher die allgemein bildende Schule verlassen haben und die (a) sich erfolglos um eine berufliche Ausbildung bemüht haben und einen Hauptschul-, Sonderschulabschluss oder keinen Schulabschluss haben oder (b) lernbeeinträchtigt oder sozial benachteiligt sind. (2) Als förderungsbedürftig gelten Auszubildende, die bereits im Vorjahr oder früher die allgemein bildende Schule verlassen haben und die (a) unabhängig vom erworbenen Schulabschluss sich erfolglos um eine berufliche Ausbildung bemüht haben oder (b) über einen mittleren Schulabschluss verfügen, sowie Auszubildende, deren Vertrag wegen einer Insolvenz, Stilllegung oder Schließung des ausbildenden Betriebes vorzeitig beendet worden ist, wenn deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegenden Umständen erschwert ist. (3) Der Ausbildungsbonus kann nur für zusätzlich eingestellte Auszubildende gezahlt werden. 3. Höhe des Ausbildungsbonus: Die Bonushöhe bestimmt sich nach der für das erste Ausbildungsjahr vereinbarten monatlichen Ausbildungsvergütung: (1) 4000 EUR für eine maßgebliche Vergütung < 500 EUR, (2) 5000 EUR für eine Vergütung von mindestes 500 EUR und < 750 EUR und (3) 6000 EUR für eine Vergütung von mindestens 750 EUR. 4. Förderungszeitraum: Förderungsfähig sind Ausbildungen, die frühestens am 1. Juli 2008 und spätestens am 31. Dezember 2010 begonnen werden. 5. Zahlungsmodus:
Ausbildungsförderung 50 % der Leistung werden nach Ablauf der Probezeit, 50 % nach Anmeldung des Auszubildenden zur Abschlussprüfung ausgezahlt, wenn das Ausbildungsverhältnis fortbesteht. 6. Zielsetzung: Mit dem Fördeinstrument des Ausbildungsbonus sollen bis Ende 2010 auf dem Ausbildungsstellenmarkt 100.000 zusätzliche Ausbildungsplätze entstehen. Bis Ende 2008 wurden 11.600 Förderungen in Anspruch genommen. Ausbildungsförderung, undifferenzierter
Sammelbegriff für die Förderung sowohl der schulischen Ausbildung und Hochschulausbildung ( Schulausbildungsförderung) als auch der beruflichen (betrieblichen und außerbetrieblichen) Ausbildung einschließlich Berufsvorbereitung ( Berufsausbildungsförderung) diverser Träger mit verschiedenen Zielgruppen und Instrumenten. Ausbildungsfreibetrag, 1. Begriff des
Einkommensteuerrechts für die Möglichkeit, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer einen Freibetrag für den Bedarf der Ausbildung eines Kindes abzuziehen. 2. Freibetrag gem. § 32, Abs. 6. EStG: Im Zusammenhang mit dem steuerlichen Familienleistungsausgleich nach § 31 EStG kann zur steuerrechtlichen Sicherung des Existenzminimums eines Kindes (nicht zur Familienförderung) neben einem Freibetrag von 1.924 EUR für das sächliche Existenzminimum des Kindes ein Freibetrag von 1.080 EUR für den Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes abgezogen werden. 3. Freibetrag gem. § 33a, Abs. 2: Zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden, auswärtig untergebrachten, volljährigen Kindes, für das Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32, Abs. 6 EStG oder Kindergeld besteht, kann der Steuerpflichtige einen Freibetrag in Höhe von 924 EUR je Kalenderjahr von seinen Einkünften abziehen. Die daraus resultierende Steuerentlastung kann als Beitrag zum Familienlastenausgleich angesehen werden. Ausbildungsgeld, Sonderleistung der Bundesagentur für Arbeit zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben ( Teilhabeförderung) während (1) einer beruflichen Ausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme einschließlich einer Grundausbildung, (2) einer individuellen betrieblichen Qualifizierung
38 und (3) einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen. Für das Ausbildungsgeld gelten die Bedingungen der Berufsausbildungsbeihilfe. Ausbildungsplatzabgabe, immer wieder
diskutiertes, jedoch bisher nicht eingeführtes Instrument der Arbeitsmarktpolitik zur Schaffung von Ausbildungsplätzen. Durch eine Sonderabgabe, die Betriebe im Falle nicht ausreichender Beschäftigung (gemessen an einer ihnen zugewiesenen Quote) von Auszubildenden an den Staat oder einen speziellen Ausbildungsfonds abführen müssen, sollen Ausbildungsplätze in anderen Betrieben subventioniert werden. Im Jahre 2004 wurde im Bundestag mit den Stimmen der damaligen Regierungskoalition ein Gesetz zur Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe beschlossen, im Bundesrat aber mit großer Mehrheit abgelehnt. Ausbildungsvermittlung, Arbeits- und
Ausbildungsvermittlung. Ausbildungszuschüsse, Teilhabeför-
derung (am Arbeitsleben). Ausfuhr, Export. Ausfuhrdeckungen, Instrumente der
Exportförderung. In Deutschland Ausfuhrgewährleistungen des Bundes, die einem Exportunternehmen ab Versand der Ware bis zur vollständigen Bezahlung Schutz vor Uneinbringlichkeit des vertraglich vereinbarten Kaufpreises verschaffen. Vgl. auch Hermes-Deckung. Ausfuhr-Einfuhr-Relation, Verhältnis der Ausfuhren zu den Einfuhren einer Warengruppe oder eines Landes. Beides in Beziehung bringt der RCA-Wert. Ausfuhrgewährleistungen des, Ausfuhrdeckungen.
des
Bun-
Ausgaben, öffentliche Ausgaben,
Finanzpolitik. Ausgabenfunktion, Begriff der Haus-
haltstheorie: Die Ausgabenfunktion ordnet jedem Nutzenniveau die zu seiner Erreichung (bei Ausgabenminimierung) mindestens notwendigen Ausgaben zu.
39 Ausgabenminimierung, Budgetminimierung, in der Haushaltstheorie das Ziel, ein gegebenes Nutzenniveau mit den geringsten Ausgaben bzw. dem geringsten Budget zu erreichen. Duales Problem zur Nutzenmaximierung bei gegebenen Ausgaben bzw. gegebenem Budget des Haushaltes. Ausgabenpolitik, Finanzpolitik. Ausgabensteuer, 1. Gemäß der Steuer-
klassifikation von R. Nöll v. d. Nahmer eine andere Bezeichnung für Verbrauchsteuern. Die Ausgabensteuer ist eine Steuer auf die Einkommensverwendung: Ausgangspunkt für die Besteuerung bildet die Verausgabung der erzielten Einnahmen durch die privaten Haushalte. 2. Nach N. Kaldor: eine Steuer, die generell an die Einkommensverwendung anknüpft, aber die Sparleistung frei lässt. I. d. S. kann sie die Einkommensteuer ersetzen und zu einer Steuer werden, die das gesamte Steuersystem bestimmt, besonders wenn sie die persönliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen versucht (persönliche Ausgabensteuer).
Ausgleichsmesszahl fängergruppen (z. B. gem. § 78 SGB IX zur Förderung schwer behinderter Menschen) in Form von Unterhaltshilfen, Hauptentschädigungen, Entschädigungsrenten und Aufbaudarlehen zu erbringen; z. B. auch der frühere Lastenausgleichsfonds. Finanzierung durch Zuschüsse des Bundes und der Länder, Verschuldungen auf dem Kreditmarkt und Kreditrückflüsse. Treuhänderische Mittelverwaltung von der Deutschen Ausgleichsbank zusammen mit dem Bundesausgleichsamt (BAA). Ausgleichsforderungen, 1. Aus der Wäh-
Ausgleichsabgabe, Lastenausgleich.
rungsreform 1948 stammende, im Schuldbuch eingetragene Forderungen (Schuldbuchforderungen) der Deutschen Bundesbank (bzw. Bank deutscher Länder und Landeszentralbanken), Kreditinstitute, Post- und Bausparkassen sowie Versicherungen gegen die öffentliche Hand (Bund, Länder). Dabei sind zu unterscheiden: (1) Ausgleichsforderungen der Zentralbank als Gegenposten zur Erstemission von Banknoten 1948; diese werden nicht getilgt. (2) Ausgleichsforderungen von Kreditinstituten und Finanzintermediären. Die Eröffnungsbilanzen der Institute hatten 1948 eine Lücke bei den Aktiva, da ihre Forderungen gegen das Deutsche Reich, im Gegensatz zu ihren Verbindlichkeiten nicht auf DM umgerechnet wurden. Die Ausgleichsforderungen wurden u. a. aus Mitteln des Bundesbank-Gewinns seit 1956 innerhalb von 37 Jahren getilgt. 2. Deutsche Vereinigung: Ausgleichsforderungen wurden auch den Kreditinstituten der früheren DDR nach der Währungsunion eingeräumt. Hätte sich bei Aufstellung der Eröffnungsbilanz gemäß DM-Bilanzgesetz (DMBilG) bei Unternehmen, die als bisheriges volkseigenes Vermögen unentgeltlich übertragen wurden (z. B. der Treuhandanstalt zur Privatisierung), ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergeben, so erhielten diese im Falle der Sanierungsfähigkeit eine gesondert auszuweisende, seit 1.7.1990 verzinsliche Ausgleichsforderungen gegenüber dem Unternehmen, dem zur Privatisierung und Reorganisation die Anteilsrechte unentgeltlich übertragen worden waren.
Ausgleichsfonds, Sondervermögen des
Ausgleichslager, Buffer-Stock.
Bundes, im Wege der Vorfinanzierung durch Kreditaufnahmen geschaffener staatlicher Fonds mit dem Zweck, Ausgleichsleistungen an bestimmte, gesetzlich festgelegte Emp-
Ausgleichsmesszahl, Bedarfsmesszahl; eine im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zwecks Berechnung der Schlüs-
Ausgabentheorie, Finanztheorie. Ausgabeverzögerung, Lag. Handel, Situation, in welcher der zu Weltmarktpreisen bewertete Gesamtwert der Exporte dem Gesamtwert der Importe entspricht. Vgl. auch Zahlungsbilanz. ausgeglichener
Wachstum, Balanced Growth, Strategie zur Förderung der Entwicklung der Dritten Welt. Sie geht von dem Grundgedanken aus, dass fehlendes Kapital den Entwicklungsrückstand verursacht. Wegen unzureichender Güternachfrage (Marktenge) fehlt es an Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Wenn in allen Sektoren die Nachfrage gleichzeitig gefördert würde, ließe sich das Phänomen der Marktenge überwinden. Vgl. auch Entwicklungspolitik.
ausgewogenes
Ausgleichsrente
40
selzuweisungen konstruierte Größe, mit der der relative Finanzbedarf der Gemeinden ausgedrückt werden soll. Ausgleichsrente,
Kriegsopferversor-
gung. Ausgleichstockgemeinden, Gemeinden,
die ihren Finanzbedarf nicht aus eigenen Mitteln decken können und auf Bedarfszuweisungen aus dem Ausgleichstock angewiesen sind. Zuweisung zwischen öffentlichen Aufgabenträgern, durch die Abweichungen zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft verringert bzw. beseitigt werden sollen. Im Gegensatz zu Lenkungszuweisungen sind Ausgleichszuweisungen nicht mit (Empfangs-, Verwendungs-, Eigenbeteiligungs-) Auflagen verbunden. Ausgleichszuweisungen werden primär distributiv begründet (Angleichung der Finanzausstattung, des Leistungsangebots und damit der Lebensverhältnisse), aber auch allokativ (Ausgleich des Grenznutzens öffentlicher Ausgaben, erhöhte Mobilität innerhalb einer Föderation u. a.). Vgl. auch Ergänzungszuweisung, Finanzzuweisung.
Ausgleichszuweisung,
Auslandsinvestitionen, Übertragung in-
ländischen Kapitals ins Ausland. Zu unterscheiden sind Direktinvestitionen (direkte Auslandsinvestitionen) und PortfolioInvestitionen (indirekte Auslandsinvestitionen). Auslandsverbindlichkeiten, Verbindlich-
keiten der Kreditinstitute gegenüber Gebietsfremden. Auslandsvermittlung, Arbeits- und
Ausbildungsvermittlung, nopol.
Vermittlungsmo-
Auslandsverschuldung, Nettobestand an
Verbindlichkeiten des Inlandes gegenüber dem Ausland. Erhöht sich durch Kapitalimporte, verringert sich durch Kapitalexporte. Vgl. auch Nettoauslandsaktiva, Zahlungsbilanz. Auslastungseffekt, Wachstumspolitik.
Auslastungsgrad, 1. Begriff: a) Relative
Auslastung des Produktionspotenzials durch die tatsächliche gesamtwirtschaftliche Produktion (Kapazitätsauslastung); b) Verhältnis von z. B. Bruttoinlandsprodukt ( Inlandsprodukt) zu Produktionspotenzial 2. Bedeutung: Messgröße in der Konjunkturdiagnose (vgl. auch Produktionslücke). Im Vergleich zum Normalauslastungsgrad lässt sich die konjunkturelle Lage einer Volkswirtschaft ermitteln. 3. Anwendung: Der Auslastungsgrad wird zur Konjunkturforschung u. a. regelmäßig vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR) bestimmt. ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes, Gesetzgebungs-
hoheit. Ausschlussprinzip, Exclusion Principle, Kriterium zur Charakterisierung privater Güter. Ein Gut erfüllt das Ausschlussprinzip, wenn ein Haushalt alle anderen vom Konsum dieses Gutes ausschließen kann (Beispiel: Privatauto eines Haushaltes). Bei öffentlichen Gütern ist das Ausschlussprinzip aus verschiedenen Gründen (z. B. externe Effekte) nicht durchsetzbar. Das Ausschlussprinzip ist für die Funktionsfähigkeit des Marktmechanismus unabdingbar: Die Nutzung eines Gutes durch ein Wirtschaftssubjekt ist von der Zahlung eines bestimmten Preises (Entgelts) an den Besitzer des Gutes abhängig; wer nicht zahlt, wird von der Nutzung ausgeschlossen. Das Ausschlussprinzip hängt von der Rechtsordnung eines Systems ab: Spezifizierte Besitzund/oder Verfügungsrechte werden vorausgesetzt. Ausschöpfungstheorem, Eulersches
Theorem. Ausschreibung, Submission, Verdingung, Competitive Bidding; öffentliche Bekanntgabe von Bedingungen, zu denen ein Vertragsangebot erwartet wird, z. B. für Bauarbeiten, Beschaffungsaufträge u. ä.. Zwei Formen der Ausschreibung sind zu unterscheiden: offene Ausschreibung (für jeden Anbieter möglich) und beschränkte Ausschreibung (Kreis der Bieter wird nach bestimmten Kriterien begrenzt). Erfolgt keine Ausschreibung, spricht
41 man von freihändiger Vergabe. Vgl. auch öffentliche Auftragsvergabe.
außenwirtschaftliches Gleichgewicht Außenhandelspolitik, Handelspolitik. Außenhandelsquote, Anteil des gesamten
Ausschuss der Regionen, 1. Begriff:
(Hilfs-) Organ der EU, mit der die Tätigkeit des Europäischen der Europäischen Kommission
Aufgabe, Rats und beratend zu unterstützen (Art. 4 Abs. 2 EG-Vertrag); durch den Vertrag über die Europäische Union errichtet. Der Sitz des Ausschuss der Regionen ist in Brüssel. Dem Ausschuss der Regionen gehören (2009) 344 Vertreter der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der EU-Staaten an (z. B. Länder, Provinzen, Departements, Kreise oder Gemeinden). Die Ausschussmitglieder sind an keine Weisungen gebunden. Die nationale Zusammensetzung spiegelt die unterschiedliche Größe der Mitgliedsländer wieder. 2. Bedeutung: Die Schaffung des Ausschuss der Regionen eröffnet den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften erstmals die Möglichkeit einer unmittelbaren Beteiligung am Willensbildungsprozess der EU. Seine Errichtung ist im Zusammenhang mit dem Subsidiaritätsprinzip zu sehen und verfolgt das Ziel, eine größere Bürgernähe der Gemeinschaftsentwicklung zu gewährleisten. Die Anhörung des Ausschuss der Regionen ist insbesondere bei Vorhaben der Regionalund Strukturpolitik sowie vor der Entscheidung solcher Fragen zwingend vorgeschrieben, die Zuständigkeiten bzw. zentrale Interessen der Regionen betreffen (z. B. im Bereich der Kultur, der Bildung, des Gesundheitswesens oder vor Aktionen auf dem Gebiet der transeuropäischen Netze). Ausschuss der ständigen Vertreter (AStV), Comité des Représentants Perma-
nents; COREPER. Aussiedler, Spätaussiedler Außenbeitrag, Beitrag des Auslandes zur Nachfrage nach inländischen Gütern und Dienstleistungen, bzw. Saldo der Handelsund Dienstleistungsbilanz ( Leistungsbilanz i. e. S.). Im volkswirtschaftlichen Rechnungswesen Aggregat zur Darstellung der Verwendung des Sozialprodukts: Differenz zwischen Ausfuhr und Einfuhr von Waren und Dienstleistungen. Vgl. auch Absorption, Zahlungsbilanz. Außengeld, Geldtheorie.
Außenhandelsumsatzes (Ein- und Ausfuhr) an einer der Größen des Sozialprodukts. Die Außenhandelsquote gibt an, in welchem Maße eine Volkswirtschaft mit dem Ausland verflochten ist. Vgl. auch Importquote. Außenhandelstheorie,
Außenwirt-
schaftstheorie. Außenprotektion, Industriepolitik. Außenwert, Der Außenwert einer Währung gibt an, wie viele Einheiten ausländischer Währung(en) auf dem Devisenmarkt für eine Einheit des inländischen Geldes gezahlt werden. Der bilaterale Außenwert ist demnach der Kehrwert des (in Preisnotierung ermittelten) Wechselkurses. Oft wird der Außenwert gegenüber einem Korb von Auslandswährungen bestimmt, indem man aus dem bilateralen Außenwert ein gewogenes geometrisches Mittel (Gewichtung) berechnet. Als Gewichte finden im Allgemeinen die bilateralen Handelsströme Verwendung. Außenwertstabilität, Stabilisierung des
Außenwerts. außenwirtschaftliches
Gleichgewicht,
externes Gleichgewicht; soll andeuten, dass die außenwirtschaftlichen Beziehungen eines Landes sich auf einem längerfristig tragbaren Pfad bewegen. Zu unterscheiden vom definitionsgemäß immer gegebenen Ausgleich der Zahlungsbilanz. Wenn ein momentanes Defizit in der Leistungsbilanz durch Kapitalimporte finanziert wird, so erfordert außenwirtschaftliches Gleichgewicht, dass das betreffende Land in Zukunft in der Lage sein wird, die akkumulierte Auslandsschuld durch Handelsbilanzüberschüsse zu bedienen. Analoges gilt für einen anfänglichen Leistungsbilanzüberschuss. In der monetären Außenwirtschaftstheorie wird unterschieden zwischen dem kurzfristigen außenwirtschaftlichen Gleichgewicht im Sinne eines Gleichgewichts auf dem Devisenmarkt, und dem langfristigen außenwirtschaftlichen Gleichgewicht, bei dem keine Veränderung der Nettoauslandsverschuldung mehr erfolgt (Leistungsbilanzausgleich). Vgl. auch Devisenmarkt, Zahlungsbilanzausgleichstheorie.
Außenwirtschaftsrechnung Außenwirtschaftsrechnung, VGR .
42
dentlicher Haushalt.
wichts der sozialen Gegenspieler. Im Vergleich zum Streik hat die AbwehrAussperrung nur eine begrenzte Funktion und Legitimation, doch ist sie insoweit gerechtfertigt, wie die angreifende Gewerkschaft durch besondere Kampftaktiken (z. B. eng begrenzte Teilstreiks) ein Verhandlungsübergewicht erreichen kann. 3. Rechtsfolgen: a) Eine zulässige Aussperrung führt zur Suspendierung des Arbeitsverhältnisses, nur ausnahmsweise zur Auflösung der Arbeitsverhältnisse. b) Bei einer rechtswidrigen Aussperrung bestehen alle Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus dem Arbeitsverhältnis fort; d. h. u. a., dass der Arbeitnehmer Anspruch auf Beschäftigung und Vergütung hat.
außerordentliche Einnahmen, außer-
Ausstand, Streik.
Außenwirtschaftstheorie, Teilbereich der
Volkswirtschaftslehre, der die internationalen Wirtschaftsbeziehungen zum Gegenstand hat. Der Grund für die Existenz einer eigenständigen Außenwirtschaftstheorie liegt in einigen Besonderheiten der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, welche in der allgemeinen Volkswirtschaftslehre nicht mit dem gebührenden Gewicht Berücksichtigung finden.
äußere Institution, Verfügungsrechte. außerordentliche Ausgaben, außeror-
ordentlicher Haushalt. Austauschverhältnis, Terms of Trade. außerordentlicher Haushalt, derjenige
Haushaltsplan, in dem die außerordentlichen Einnahmen und außerordentlichen Ausgaben gegenübergestellt sind. Der außerordentliche Haushalt umfasst die Einnahmen aus Anleihen (Kreditaufnahme, deren wichtigstes Kriterium die Unregelmäßigkeit ist) und die aus ihm zu bestreitenden Ausgaben, deren wichtigstes Kriterium ebenfalls die Unregelmäßigkeit und mangelnde Planbarkeit ist. Trennung in außerordentlichen Haushalt und ordentlichen Haushalt ist heute abgeschafft ( Haushaltssystematik). Aussperrung, Kampfmittel der Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer und Gewerkschaften im Arbeitskampf. 1. Begriff: Die von einem oder mehreren Arbeitgebern planmäßig vorgenommene Nichtzulassung von Arbeitnehmern zur Arbeit unter Verweigerung der Lohnzahlung. Die Aussperrung kann alle Arbeitnehmer eines Betriebs oder Wirtschaftszweigs betreffen; sie kann sich auch nur gegen die Streikenden oder arbeitswilligen Arbeitnehmer richten. I. d. R. reagiert die Arbeitgeberseite mit der Aussperrung auf einen zuvor begonnenen Streik (Abwehraussperrung im Gegensatz zu einer Angriffsaussperrung). 2. Rechtmäßigkeit: Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt sich die Befugnis für eine Abwehr-Aussperrung aus der verfassungsrechtlich garantierten Tarifautonomie (Art. 9 III GG) und des zu deren Funktionieren erforderlichen Verhandlungsgleichge-
Auswahlfreiheit, Wettbewerbstheorie. Autarkie, hypothetische Situation eines Landes ohne jegliche internationale Wirtschaftsbeziehungen. Bei der theoretischen Analyse internationaler Wirtschaftsbeziehungen hilfreiche Referenzsituation. Vgl. auch Handelstheorie. Aut-idem-Regelung, Instrument der Gesundheitspolitik zur Senkung der Arzneimittelkosten: Hat ein Arzt in einem Rezept nur einen Wirkstoff oder die Substitution eines Medikamentes durch ein wirkstoffgleiches nicht ausdrücklich ausgeschlossen, muss der Apotheker ein (gleiches) preisgünstiges oder rabattiertes Medikament abgeben. automatische Stabilisierung, Built in
Flexibility. autonome Größen, volkswirtschaftliche
Größen, die von anderen Größen unabhängig sind. Beispiel: autonomer Konsum der Keynesschen Konsumfunktion als derjenige Teil der Konsumausgaben, der unabhängig von der Höhe des Volkseinkommens ist. Die Unterscheidung von autonome Größen und induzierten Größen hat v. a. modelltheoretische Bedeutung. Autonomie, Autonomie heißt Selbstgesetz-
gebung und bezeichnet in der modernen Ethik das Grundprinzip der Sittlichkeit. Die
43 Vernunft des Menschen allein bestimmt seinen Willen, so dass er nur dem eigenen, aber gleichwohl allgemeinen Gesetz folgt. Autonomie gilt als alleiniges Prinzip von Normen ( moralische Norm).
Axiom koppelungs-These), dem sich Entwicklungsländer erst nach erfolgter Industrialisierung wieder öffnen sollten. Der Entwicklungserfolg der Schwellenländer führte zur Umorientierung und zur Ablehnung des Dependencia-Ansatzes und der Abkoppelungs-These.
Autonomie der Zentralbank, Unab-
hängigkeit der Zentralbank. autoregressive Erwartung, Erwartung. autozentrierte Entwicklung, Gedanken
der Dependencia-Theorien aufgreifend sollte zur Überwindung unvollständiger Wirtschaftskreisläufe in der Dritten Welt die Entstehung lebensfähiger, auf lokal verfügbare Ressourcen gründender Ökonomien gefördert werden. Der Aufbau eigener Industriesektoren, auch für Produktionsmittel, die Entwicklung angepasster Technologien, Produktivitätssteigerung der Landwirtschaft und die inländische Produktion von Massenkonsumgütern zur Befriedigung der Grundbedürfnisse (Grundbedürfnisstrategien) waren das wirtschaftspolitische Ziel. Der binnenmarktorientierte Ansatz propagierte eine Abkoppelung aus dem Weltmarkt (Ab-
Axiom, 1. Nach moderner Auffassung grundlegende Gesetzesaussage innerhalb eines theoretischen Systems. 2. Innerhalb der aristotelischen Wissenschaftsauffassung Aussage, die keiner weiteren Prüfung bedarf, weil sie als unbezweifelbar wahr bzw. evident erscheint. Der darin zum Ausdruck kommende Essentialismus ist angesichts der wissenschaftshistorisch vielfach nachgewiesenen Notwendigkeit, vormals als evident geltende Einsichten zu revidieren, nicht haltbar. 3. Versuche, die Aussagen eines theoretischen Systems logisch zu ordnen, werden als Axiomatisierung bezeichnet. Wichtige Grundforderung ist dabei, dass Axiome untereinander widerspruchsfrei sein sollen ( Konsistenzpostulat). Vgl. auch Methodologie.
B Backstop-Ressource, Backstop-Tech-
nologie. Backstop-Technologie, Auffangtechnologie; Produktionsverfahren, bei dem auf den Einsatz einer erschöpflichen Ressource zu Gunsten einer in unbegrenzter Menge verfügbaren Ressource (Backstop-Ressource) vollständig verzichtet werden kann. Beispiele: Nutzung von Sonnenenergie und Kernfusion. In Modellen der Umwelt- und Ressourcenökonomik beeinflusst die Berücksichtigung von Backstop-Technologien den gleichgewichtigen und optimalen Abbaupfad erschöpflicher Ressourcen. Backward Linkages, Rückwärtsverknüp-
fungen; Verkettungseffekte.
Produktivitätsentwicklung handelbarer Güter aufweisen, während dies bei handelbaren Gütern nicht der Fall ist. Der Effekt wird als Problem für die Osterweiterung des EuroRaumes angesehen. Unter der Annahme, dass die Produktivität des Sektors handelbarer Güter in den Beitrittsländern niedriger ist als in den bisherigen EU-Mitgliedstaaten, könnte ein Ausholprozess dazu führen, dass aufgrund besserer Ertragsaussichten in diesem Sektor auch höhere Löhne durchgesetzt werden können, die bei hinreichender nationaler Arbeitsmobilität auf den Sektor nicht-handelbarer Güter übertragen werden. Dies führt aufgrund der dort schwächeren Produktivitätsentwicklung aber zu Kosten- und Preissteigerungen. Damit erhöht sich schließlich das gesamte Lohn- und Preisniveau stärker als in den übrigen Mitgliedsländern.
BAföG, Abk. für Bundesbildungsförderungsgesetz, Schulausbildungsförderung.
Bandbreite, Zielzonen-System.
Bagatellklausel, Fusionskontrolle.
Bank der Banken, Deutsche Bundes-
bank. Bagatellsteuern, Steuern, deren Aufkom-
men im Verhältnis zum Gesamtsteueraufkommen einer Gebietskörperschaft (Bund, Land, Gemeinde) gering ist. Beispiele: Tee-, Leuchtmittel-, Zucker-, Salz-, Wechselsteuer ( Bundessteuern); Feuerschutzsteuer ( Landessteuern); Jagd-, Fischerei-, Schankerlaubnis- und Hundesteuer ( Gemeindesteuern). Bahnreform, Verkehrspolitik. Balanced-Budget-Theorem, Haavel-
mo-Theorem.
Bank deutscher Länder, als Tochter der
Landeszentralbanken nach Gesetzen der Militärregierung am 1.3.1948 gegründet, bildete Sie mit den Landeszentralbanken nach der Währungsreform ein zweistufiges Zentralbanksystem. Sie hatte insbes. die Aufgabe der Notenemission und Devisenbewirtschaftung. Gem. Bundesbankgesetz (BBankG) verschmolz sie mit den Landeszentralbanken zur Deutschen Bundesbank.
Balassa-Samuelson-Effekt, Ansatz zur
Bankenaufsicht, die laufende Überwachung der Kreditinstitute durch das für die Bankenaufsicht verantwortliche Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen.
Erklärung von Inflationsdifferenzen in einem Währungsraum, die entstehen können, wenn Mitgliedsländer starke Unterschiede bei der
Bankenkrise, krisenhafter Zustand des Geld- und Kreditwesens eines Landes, ge-
Balanced
Growth,
ausgewogenes
Bank des Staates, Deutsche Bundes-
bank.
Wachstum.
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_2, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Bankenliquidität kennzeichnet durch starke Illiquidität. Bankenkrisen sind seit den 80er-Jahren des 18. Jh. öfters, meist nach Hochkonjunkturen, aufgetreten. Schwerste Bankenkrise. in Deutschland 1931 (USA 1933). Aus Misstrauen in die wirtschaftliche Entwicklung wurden kurzfristige Kredite abberufen, während zugleich ein Run auf Bankschalter (Abhebung von Spareinlagen) einsetzte. Durch Stützung der Banken und Lösung des Geldumlaufs von stofflicher Deckung gelang es, der Krise Einhalt zu gebieten. Um künftigen Schwierigkeiten vorzubeugen, wurde die Bankenaufsicht eingeführt und das Kreditwesengesetz (KWG) verabschiedet. Die Ausweitung der jüngsten in den USA ausgelösten globalen Finanzkrise 2008/9 zu einer wirklichen Bankenkrise konnte durch die konzertierte Stützungsaktion der Regierungen an den wichtigsten Bankplätzen der Welt verhindert werden. Die Krise hat jedoch gezeigt, dass nationale Bankenaufsicht angesichts der internationalen Verflechtung des Kapitalmarktes allein nicht ausreicht. Auf dem für 2009 einberufenen G 20-Gipfel steht daher bereits das Thema internationale Finanzarchitektur ganz oben auf der Tagesordnung.
46 gesamte Geld- und Zahlungsmittelverkehr wird durch eine Staatsbank geregelt; System u. a. in der ehemaligen UdSSR. 2. Zentralbanksystem: Eine Zentralnotenbank besitzt alleiniges Notenausgaberecht und überwacht den Zahlungsmittelumlauf. 3. System einer gesetzlichen Beschränkung des Notenausgaberechts auf mehrere Banken, von denen eine als Zentralnotenbank fungiert (Großbritannien) oder die einer Lenkung durch eine Zentralbehörde unterworfen ist (USA). 4. System der Bankfreiheit: Jede Bank darf (unter Beachtung gesetzlicher Vorschriften) Noten ausgeben; in den USA vor Einführung des Federal Reserve System. Notenbanksystem in der BRD: Seit 1.1.1999 ist die Deutsche Bundesbank in das System der Europäischen Zentralbanken ( ESZB) integriert. I I . K r e d i t b a n k w e s e n : Zu unterscheiden nach Leistungsumfang: 1. Universalbankensystem: Banksystem wird von Banken mit uneingeschränktem Leistungsangebot (Universalbanken) dominiert (BRD und Schweiz). 2. Trennbankensystem: Banksystem mit auf spezialisierte Geschäftsarten und Leistungen beschränkten Bankgruppen (Spezialbanken). Bargeldloser Zahlungsverkehr, Geld-
Bankenliquidität, Liquidität. Bank for International Settlement (BIS),
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich; BIZ. Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Bank for International Settlement
(BIS); BIZ. Banking-Theorie, von englischen Nationalökonomen begründete Geldtheorie, nach der nicht nur Geld i. e. S., nämlich Banknoten und Münzen, Geldfunktion ausüben und somit maßgeblich das Preisniveau beeinflussen, sondern auch Geldsurrogate, wie z. B. Handelswechsel und Kredite. Gegensatz: Currency-Theorie. Banknoten, Geld, Notenumlauf. Bankrott, im Staatshaushalt: Staats-
bankrott. Banksystem, Ordnungsprinzip zur Ausbil-
dung und Regelung des Bankwesens. I. N o t e n b a n k w e s e n : 1. Staatsbanksystem. Der
transfer ohne Bargeld, z. B. per Scheck, Überweisung, Lastschrifteinzug, EC-Karte. Die Zunahme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs senkt die Bargeldquote und senkt den Zentralbankgeldbedarf des Bankensystems bei der Geldschöpfung. Bargeldquote, geldpolitische Kennziffer der EZB: Verhältnis des Bargeldumlaufs der EZB zur Geldmenge M1. Im Dezember 2008 betrug diese 17,9 %. Bargeldumlauf, Umlauf von Banknoten (
Notenumlauf) und Münzen ( Münzumlauf) in einem Land. Barter Trade, Kompensationshandel. Basar-Ökonomie, These von H. W. Sinn, Deutschland produziere (mit sinkendem Wertschöpfungsanteil) immer weniger selbst, sondern kaufe die Vorprodukte immer mehr auf dem Weltmarkt, um sie hier nur noch zusammenzubauen und mit dem Etikett made in germany wieder zu verkaufen.
47 BBankG, Gesetz über die Deutsche Bundes-
bank, Gesetz vom 26.7.1957, mit dem die Deutsche Bundesbank errichtet wurde. Es regelt deren Organisation, legt die Aufgaben der Geldpolitik sowie den Rahmen für die Instrumente der Geldpolitik in Deutschland fest. Das BBankG ist inzwischen mehrfach novelliert worden. Durch das sechste Änderungsgesetz vom 22.12.1997 wurde das BBankG den neuen geld- und währungspolitischen Rahmenbedingungen des Europäischen Systems der Zentralbanken ( ESZB) angepasst.
Beiträge Behinderungsmissbrauch, Behinderungsmissbrauch liegt vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen i. S. von § 19 GWB bzw. Art. 86 EGV ( Kartellrecht) die Wettbewerbsmöglichkeiten dritter Unternehmen wesentlich beeinträchtigt. Behinderungsstrategie, Wettbewerbs-
politik, Kartellrecht. Beihilfehöchstsätze, maximaler Subven-
tionswert, den eine finanzielle Fördermaßnahme ( Wirtschaftsförderung, EU) erreichen darf.
BBk, Deutsche Bundesbank. Beamtenversorgung, Sicherung im
öffentlichen Dienst. Bedarf, ein im Hinblick auf eine bestimmte Güterart (Bedarfsgut) als Mittel zur Befriedigung konkretisiertes Bedürfnis. Bedarfsdeckungsmonopole, öffentliche
Unternehmen, die zwar eine (partielle) Monopolstellung besitzen (wie Verkehrs- und Versorgungsbetriebe), diese aber aus wirtschafts- oder sozialpolitischen Gründen preispolitisch nicht ausnutzen, sondern sich i. d. R. mit Kostendeckung oder einem nur angemessenen Gewinn begnügen. Bedarfsgerechtigkeit, Bedarfsprinzip.
Beihilfekontrolle der Europäischen Union, Die EU kann gem. EU-Vertrag
(Art. 92) die Zulässigkeit und den Umfang nationaler Subventionspolitiken kontrollieren, wenn die innergemeinschaftliche Wettbewerbsneutralität dies erfordert. Nationale Beihilfen werden als nicht wettbewerbsneutral angesehen, wenn sie einzelnen Unternehmen oder Wirtschaftszweigen Vorteile gegenüber Unternehmen oder Wirtschaftszweigen in anderen Mitgliedstaaten der EU verschaffen. Der Rahmen für zulässige nationale Beihilfen wird durch Rechtsverordnungen der EU festgelegt. Beihilfen, Subventionen, Fördermaßnahmen. Vgl. auch Wirtschaftsförderung.
Bedarfsmarktkonzept, relevanter Markt.
Beihilfe- und Zuwendungsrecht der EU, Beihilfekontrolle der Europäischen
Bedarfsmesszahl, Ausgleichsmesszahl.
Union.
Bedarfsprinzip, Leitbild für eine gerechte Einkommensverteilung (Verteilungsgerechtigkeit), wonach die Verteilung am Ausmaß der Bedürfnisbefriedigung orientiert werden soll.
Beiträge, I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t : Abgaben, die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften auf Grund spezieller gesetzlicher Ermächtigung zur Deckung des Aufwands für die Schaffung, Erweiterung oder Erneuerung öffentlicher Einrichtungen von demjenigen erhoben werden, dem die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen nicht nur vorübergehende Vorteile bietet. Im Gegensatz zur Gebühr gilt nur eine Gruppe als Ganzes, nicht jedoch jedes Einzelmitglied der Gruppe als Leistungsempfänger; der Beitrag wird von jedem Gruppenmitglied erhoben, das die Möglichkeit der Leistungsinanspruchnahme hat, d. h. auch bei (nur) potenzieller Inanspruchnahme (gruppenmäßige Äquivalenz, Äquivalenzprinzip). I I . S o z i a l v e r s i c h e r u n g :
Bedarfszuweisungen, unter gewissen haushaltsrechtlichen Bedingungen an Ausgleichstockgemeinden gewährte Ausgleichszuweisungen zur Deckung eines Haushaltsfehlbetrages. Bedürfnis, Empfinden eines Mangels mit
dem Bestreben nach Beseitigung ( Bedarf). Begabtenförderung, Schulausbildungs-
förderung.
Beitragsbemessungsgrenze Form zur Aufbringung der Mittel, geleistet von Versicherten und Arbeitgebern. Bei Bemessung der Beiträge werden entweder die Ausgaben für einen bestimmten Zeitraum zu Grunde gelegt (Umlageverfahren) oder alle zukünftigen Aufwendungen berücksichtigt (Anwartschaftsdeckungsverfahren). Die Pflicht zur Abführung der Beiträge obliegt i. a. dem Arbeitgeber. Vgl. auch Beitragssatz.
48 Bemessungsgrundlage, Größe, auf die der Steuertarif angewandt wird ( Besteuerungsgrundlage). Benefit-Cost-Analyse, Kosten-Nutzen-
Analyse. Benefit Principle, Äquivalenzprinzip. Benthamsche Nutzenfunktion, utilita-
ristische Wohlfahrtsfunktion. Beitragsbemessungsgrenze, Nur bis zur
Bemessungsgrenze (2009 monatlich 4050 EUR) sind maximal Sozialversicherungsbeiträge für das Arbeitsentgelt zu zahlen. Diese Grenze bestimmt dann allerdings auch das Maximum für Engeltersatzleistungen. Am unteren Ende bestimmt die Geringverdienergrenze (z. Zt. 325 EUR monatlich), die Beitragszahlungsschwelle für den Arbeitnehmer, während der Arbeitgeber bis dahin die Beiträge alleine tragen muss. Beitragsbezogenheit, Dass die Leistungen der Arbeitslosenversicherung (hinsichtlich der Bezugsdauer) und der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung (hinsichtlich der Höhe) von der Beitragszahlung(szeit) des Versicherten abhängt (Beitragsbezogenheit), ist ein Instrument der Beitragsäquivalenz, des Versicherungsprinzips und der Leistungsgerechtigkeit.
Benutzungsgebühr, Gebühr für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung, z. B. Gebühr für die Benutzung von Büchern einer Bibliothek. Vgl. auch Verwaltungsgebühr. Beratungsförderung, Form der Wirt-
schaftsförderung, durch die bestimmten Unternehmensgruppen (z. B. kleinen und mittleren Unternehmen, Existenzgründern) oder für bestimmte Investitionsvorhaben Unternehmensberatungsleistungen ganz oder teilweise subventioniert zur Verfügung gestellt werden. bergrechtliche Förderabgabe, Förder-
zins; an die Erdgas oder Erdöl fördernden Bundesländer fließende Abgabe für das Recht zum Abbau von Bodenschätzen. Bertrand-Oligopol, Modell nichtkoopera-
Beitragssatz, zentraler Begriff der Sozial-
versicherung, der regelt, welcher Anteil des versicherungspflichtigen Einkommens (für Arbeitnehmer des versicherungspflichtigen Arbeitsentgeltes) als Beitrag an die Träger der Sozialversicherung, abzuführen ist. Aus historischen Gründen wird für Arbeitnehmer die Hälfte des Beitrages vom Arbeitgeber als Zuschuss (Arbeitgeberanteil) gezahlt. Bei der gesetzlichen Unfallversicherung trägt der Argeber den Beitrag allein. Für Ökonomen sind diese Lohnnebenkosten jedoch Lohnbestandteil ( Produzentenlohn), so dass der Arbeitgeberanteil in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ( VGR) zum Arbeitnehmerentgelt zählt. Belastungsprinzip, Begriff der Finanz-
statistik. Beim Belastungsprinzip werden Ausgaben einer Gebietskörperschaft von der Einnahmeseite her zur Vermeidung von Doppelzahlungen bereinigt.
tiven oligopolistischen Verhaltens. Jeder Anbieter wählt unter der Annahme konstanter Konkurrenzpreise den für ihn optimalen Preis. Je höher diese sind, umso größer ist auch sein eigener Preis (Reaktionsfunktion). Vgl. auch oligopolistische Preisbildung. BERUFENET, Datenbank der Bundesagentur für Arbeit im Internet als Eigeninformationsangebot im Rahmen der Berufsberatung ( www.arbeitsagentur.de). Berufsakademie, in Baden-Württemberg
entwickeltes und 1974 eingeführtes Erfolgsmodell einer dualen Ausbildung für Abiturienten im Tertiärbereich mit einer Praxisausbildung und -phase in einem zugelassenen Ausbildungsbetrieb und einer gleich langen Theoriephase in einer staatlichen Studienakademie. Zunächst wurden Diplom-Studiengänge angeboten, seit 2006 wurde auf Bachelor-Studiengänge umgestellt. Am 1. März 2009 wurden die (vorher aus hochschulrecht-
49 lichen Gründen außerhalb des Hochschulrahmengesetzes angesiedelten) Berufsakademien in Baden-Württemberg im Zuge der Föderalismusreform zur Dualen Hochschule Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart umgewandelt. Die ehemaligen Studienakademien bleiben als dezentrale Standorte bestehen.
Berufsberatung von Maßnahmen für förderbedürftige Auszubildende nach § 240 ff. SGB III durch (a) Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung, (b) Maßnahmekosten und (3) sonstige Kosten (für die Teilnahme des Ausbildungs- und Betreuungspersonals, Fahrkostenzuschuss für die Teilnehmer, Pauschale von 2.000 Euro für die vorzeitige Vermittlung in eine betriebliche Ausbildung).
Berufsausbildungsbeihilfe. 1. Begriff:
Besondere Leistung für Auszubildende zur Förderung der Berufsausbildung im Rahmen des Dritten Sozialgesetzbuchs (SGB III) durch die Bundesagentur für Arbeit. 2. Anspruchsvoraussetzungen: a) Auszubildende haben während einer beruflichen Ausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe. Übernommen werden weitgehend die Kosten der Ausbildungsmaßnahme (Lebensunterhalt, Lehrgangskosten und sonstige Aufwendungen, z.B. für Lernmittel und Arbeitskleidung). b) Arbeitslose, die zu Beginn einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ansonsten Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt hätten, der höher ist als der zugrunde zu legende Bedarf, haben Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe in Höhe des Arbeitslosengeldes. Dabei wird Einkommen, das der Arbeitslose aus einer neben der Maßnahme ausgeübten Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit erzielt, in gleicher Weise angerechnet wie bei der Leistung von Arbeitslosengeld. Vgl. auch Ausbildungsförderung. Berufsausbildungsförderung. 1. Begriff: Teil der staatlichen Ausbildungsförderung, der sich im Unterschied zur Schulausbildungsförderung (insbes. BAföG) auf die berufliche (betriebliche oder außerbetriebliche ) Ausbildung bezieht. Adressaten der Fördermaßnahem können (1) Auszubildende, (2) Ausbildungsbetriebe oder (3) (außerbetriebliche) Ausbildungsträger sein. 2. Auszubildendenförderung: a) Berufsausbildungsbeihilfe, b) Ausbildungsgeld im Rahmen der Förderung behinderter Menschen zur Teilhabe am Arbeitsleben ( Teilhabeförderung). 3. Ausbildungsbetriebsförderung: a) Ausbildungsbonus, b) Ausbildungszuschüsse: Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung schwerbehinderter Menschen im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben ( Teilhabeförderung) 4. Ausbildungsträgerförderung: Förderung
Berufsberatung. 1. Begriff: Dienstleistung der Agenturen für Arbeit als örtliche Träger der Bundesagentur für Arbeit für alle Bürger, insbesondere für Jugendliche und Erwachsene, die am Arbeitsleben teilnehmen oder teilnehmen wollen (§§ 30 SGB III); Instrument der Arbeitsmarktpolitik. 2. Beratungsfelder: (1) Berufswahl, berufliche Entwicklung und Berufswechsel, (2) Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Berufe, (3) Möglichkeiten der beruflichen Bildung, (4) Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche, (5) Leistungen der Arbeitsförderung und (6) Ausbildungsförderung und schulische Bildung. 3. Beratungsgrundsätze: (1) Bei der Berufsberatung sind Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit der Ratsuchenden und die Beschäftigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. (2) Auch nach Beginn einer Berufsausbildung oder der Arbeitsaufnahme kann sich die Agentur (mit Einverständnis) um den Auszubildenden oder Arbeitnehmer bemühen und ihn beraten, wenn dies für die Festigung des Ausbildungs- bzw. Arbeitsverhältnisses erforderlich ist. (3) Die Agentur für Arbeit soll Rat suchende Jugendliche oder Erwachsene mit ihrem Einverständnis ärztlich und psychologisch untersuchen und begutachten (Eignungsfeststellung), soweit dies für die Feststellung der Berufseignung oder Vermittlungsfähigkeit erforderlich ist. 4. Beratungsangebote: (1) Beratungsgespräche mit einem Berufsberater der Agentur für Arbeit, bei dem ganz gezielt auf persönliche Fragen eingegangen wird. (2) Informationsveranstaltungen der Agentur für Arbeit: (a) Elternabende gemeinsam mit der Schule, (b) Klassenveranstaltungen (c) und Sprechstunden in der Schule, (d) Vortragsveranstaltungen über Ausbildungsberufe mit dem Ausbildungsmarkt, Grundfragen der Ausbildungs-, Berufs-, und Studienwahl, Förderungsmöglichkeiten, Möglichkeiten der Eigeninformation, Angebote und Hilfen der Berufsberatung. (3) Berufsinformationszentrum (BIZ): In fast
Berufsberatungsmonopol
50
allen Agenturen für Arbeit bietet das BIZ Informationsmaterialien (über Berufe, berufliche Bildung, Förderungsangebote), Veröffentlichungen Agentur für Arbeit und moderne Informationsplätze mit Internetzugang an. (4) Internet-Angebote unter www.arbeitsagentur.de: (a) BERUFENET: Datenbank mit Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibungen zu über 6.300 Berufen, verlinkt mit den Stellenbörsen der Agentur für Arbeit und Jobbörsen privater Anbieter. (b) KURSNET: Datenbank für Aus- und Weiterbildung mit tagesaktuell über rund 600.000 beruflichen Bildungsangeboten. (c) BERUFE-Universum (im Sonderportal für Schüler planet-beruf.de: Ein Selbsterkundungsprogramm zur Frage: Welcher Beruf passt zu mir? 5. Berufsorientierung: Die Agentur für Arbeit kann nach § 33 SGB III Schüler allgemein bildender Schulen durch vertiefte Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung fördern (Berufsorientierungsmaßnahme). Die Maßnahme kann in der unterrichtsfreien Zeit bis zu vier Wochen dauern. Voraussetzung ist, dass sich Dritte mit mindestens 50 % an der Förderung beteiligen. Berufsberatungsmonopol,
Vermitt-
lungsmonopol. Berufsbildungspolitik, Bildungspolitik. Berufsgenossenschaft,
gesetzliche
Unfallversicherung. Berufshilfe, Rehabilitation, gesetz-
liche Unfallversicherung. Berufsinformationszentrum
(BIZ),
erhält eine relativ niedrige Berufsunfähigkeitsrente als teilweisen Lohnersatz. Beschädigte, Kriegsopferversorgung. Beschädigtenrente, Kriegsopferversor-
gung. Beschaffungsmarkt, ein dem Absatzmarkt einer Unternehmung vorgelagerter Markt, auf dem Güter für den Leistungsprozess eingekauft werden. Beschäftigte, in der amtlichen Statistik
unterschiedlich abgegrenzt. 1. Beschäftigte i. S. der Erwerbsstatistik: a) Abhängige, d.h. alle abhängig Beschäftigten: Angestellte, Arbeiter, Auszubildende, Beamte einschl. Soldaten; b) Selbstständige: als Eigentümer oder Pächter in einem Betrieb oder freiberuflich Tätige; c) Mithelfende Familienangehörige (der Selbständigen ohne Lohn oder Gehalt und ohne Sozialversicherungspflichtigkeit) 2. Beschäftigte i. S. der Sozialstatistik: alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Vgl. auch geringfügig Beschäftigte. Beschäftigung, tatsächlicher Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit in einer bestimmten Periode und Wirtschaftseinheit (Betrieb, Branche, Region, Sektor, Gesamtwirtschaft) gemessen in Stunden (Beschäftigungsvolumen oder Arbeitsvolumen) oder in Personen ( Beschäftigte). Die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung ist Zielgröße der staatlichen Beschäftigungspolitik. Vgl. auch Beschäftigungsindikatoren. Beschäftigtengrößenklassen, Unter-
Berufsberatung.
nehmensgrößenstruktur.
Berufsorientierungsmaßnahme, Be-
Beschäftigungselastizität, Elastizität
rufsberatung. Berufsschadensausgleich, Kriegsop-
ferversorgung. berufsständische
Versorgungswerke,
Alterssicherung.
Berufsunfähigkeitsrente. Eine in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte erwerbsgeminderte Person, die vor Erreichen der Altersgrenze nur noch teilzeiterwerbsfähig sein kann, gilt als berufsunfähig und
der Beschäftigten hinsichtlich einer mutmaßlichen Einflussgröße, z. B. das Verhältnis der Wachstumsrate der Beschäftigten zur Wachstumsrate des Bruttoinlandproduktes, welches den (positiven) Wirkungszusammenhang zwischen Wachstum und Beschäftigung anzeigt. Vgl. auch Beschäftigungsschwelle. Beschäftigungsgrad, Auslastungsgrad des in einer Volkswirtschaft vorhandenen Erwerbspersonenpotenzials, d. h. Zahl der im Inland Beschäftigten (oder Erwerbstäti-
51 gen) in % des Erwerbspersonenpotenzials. Der Beschäftigungsgrad stellt eine relative Maßzahl für das gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsniveau dar. Als absolute Vollbeschäftigung ist ein Beschäftigungsgrad von 100 % anzusehen. Beschäftigungsindikatoren, quantitative Größen zur Messung von Beschäftigungsniveau (Niveauindikatoren) und -struktur (Strukturindikatoren) im Zeitablauf. 1. Formen: a) Niveauindikatoren: (1) absolute Zahlen von Beschäftigten, Arbeitslosen, Erwerbspersonen, Kurzarbeitern, offenen Stellen usw., (2) verschiedene Quoten wie Arbeitslosenquote, Erwerbsquote und (3) die Wachstumsraten dieser u. a. Größen, die das absolute und relative Beschäftigungsniveau beeinflussen (z. B. Bruttoinlandsprodukt, Arbeitsproduktivität, Arbeitszeit und Bevölkerungszahl). Vgl. auch Beschäftigungsgrad. b) Strukturindikatoren: u. a. geschlechts-, alters-, berufs-, branchen- und regionalspezifische Verhältniszahlen. Vgl. auch Beschäftigungsstruktur. 2. Die Beschäftigungsindikatoren dienen der Beschäftigungspolitik zur a) Analyse vergangener, b) Prognose zukünftiger und c) Formulierung gewünschter Beschäftigungsentwicklungen. Vgl. auch soziale Indikatoren. Beschäftigungslose, Arbeitslosensta-
tistik. 1. Betriebliche Beschäftigungspolitik: sämtliche Maßnahmen zur Bereitstellung und Auslastung der zur gewünschten Leistungserstellung notwendigen Beschäftigung. 2. Staatliche Beschäftigungspolitik: a) i. e. S.: Teilbereich der Stabilisierungspolitik, der auf die Erreichung und Erhaltung des Zieles der Vollbeschäftigung bzw. gem. Stabilitätsund Wachstumsgesetz eines hohen Beschäftigungsstandes gerichtet ist. Üblicherweise wird darunter die Bekämpfung der konjunkturellen Arbeitslosigkeit mit den Mittel der Globalsteuerung verstanden (globale Beschäftigungspolitik). b) i. w. S.: Summe aller Maßnahmen der verschiedensten Träger der Wirtschaftspolitik mit dem Hauptoder Nebenziel, die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung zu fördern. Die Beschäftigungspolitik umfasst dann außer der globalen Beschäftigungspolitik u. a. auch die staatliche Arbeitsmarktpolitik, StrukturBeschäftigungspolitik,
Beschäftigungstheorie politik sowie die beschäftigungsorientierte Tarifpolitik ( Arbeitszeitpolitik, Lohnpolitik) der Arbeitsmarktparteien. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erstreckt sich dabei nicht nur auf die konjunkturelle, sondern auch auf die saisonale, strukturelle, friktionelle und lohnbedingte Arbeitslosigkeit. Beschäftigungsstand Beschäftigungs-
grad. Beschäftigungsschwelle, Wachstumsrate
des Bruttoinlandsproduktes, die überschritten, werden muss, damit die Zahl der Beschäftigten im Inland wächst: Summe der Wachstumsraten der Stundenproduktivität und effektiven Arbeitszeit. Vgl. auch Beschäftigungselastizität 1. Sektorale Beschäftigungsstruktur: Verteilung der Beschäftigten ( Erwerbstätigen) nach Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen; sektoraler Strukturwandel. 2. Regionale Beschäftigungsstruktur: Regionale Verteilung der Erwerbstätigkeit in einer Volkswirtschaft. 3. Funktionale Beschäftigungsstruktur: Gliederung der Erwerbstätigkeit nach funktionalen Merkmalen, z.B. nach Fertigungsund Dienstleistungstätigkeiten; intrasektoraler Strukturwandel. 4. Sonstige Gliederungsmerkmale: Geschlecht, Alter, selbstständige/unselbstständige Beschäftigung, berufliche Qualifikation, Vollzeit/ Teilzeit und normale/ atypische Beschäftigungsverhältnisse. Beschäftigungsstruktur.
Beschäftigungstheorie, Teil der Volks-
wirtschaftslehre, der sich mit der Bestimmung des gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungsvolumens befasst. Während sich aus neoklassischer Sicht die Volkswirtschaft (abgesehen von saisonalen und friktionellen Arbeitslosen) unter der Annahme nach oben und unten flexibler Löhne immer im Zustand eines Gleichgewichts bei Vollbeschäftigung befindet ( klassische Lehre, Neoklassik), zeigt die Keynessche Lehre, dass es auf Grund einer Starrheit der Löhne nach unten durchaus längere Zeiten größerer unfreiwilliger Arbeitslosigkeit geben kann. Nach neoklassischer Konzeption wird die Beschäftigung wesentlich durch die Angebotsseite (Produktionskosten) bestimmt. Dagegen betonen die Keynesianer die Einflüsse der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage auf die
Beschäftigungsvolumen
52
Beschäftigung. 2. Diese Kontroverse zwischen Angebots- und Nachfragetheorie ist nach wie vor aktuell. Die neoklassische Sicht wird vertreten durch den Monetarismus, die Neue Klassische Makroökonomik und Angebotsökonomik, die keynesianische durch die Neue Keynesianische Makroökonomik und den Postkeynesianismus, Vgl. auch Arbeitsmarkt.
sche Besteuerung, Haushaltsbesteuerung, Kraftfahrzeugbesteuerung, nichtfiskalische Besteuerung, Steuerarten, Steuerharmonisierung, Steuern, Steuerpolitik, Steuerrechtfertigungslehre, Steuersystem, Steuertariftypen, Umsatzbesteuerung, Unternehmensbesteuerung, Ver brauchsbesteuerung, Vermögensbesteuerung, Wertzuwachssteuer.
Beschäftigungsvolumen, Arbeitsvolu-
Besteuerung der Renten, Renten der gesetzlichen Rentenversicherung werden nur in Höhe des Ertragsanteils besteuert. Der Ertragsanteil ist das Verhältnis der Summe der Rentenzahlungen abzüglich eines (fiktiven) Kapitalstockes zur Summe der erwarteten Rentenzahlungen. Er soll angeben, zu welchem Teil die im Umlageverfahren finanzierte Rente aus den Zinsen eines fiktiv angesparten Kapitalstocks gezahlt werden könnte. Der Ertragsanteil ist bislang so niedrig angesetzt, dass die meisten gesetzlichen Renten steuerfrei bleiben.
men. Beschäftigungszuschüsse, Arbeits-
marktpolitik. beschränkte Ausschreibung, öffent-
liche Auftragsvergabe, Ausschreibung. Steuerpflicht. Beschränkung der Einkommen-, Lohn- oder Körperschaftsteuerpflicht von natürlichen Personen, die weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt, und von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, auf nur inländische Einkünfte.
beschränkte
Steuern ( Steuerklassifikation), die an Ertrag ( Ertragssteuern), Einkommen ( Einkommensbesteuerung) und Vermögen ( Vermögensbesteuerung) anknüpfen. Zu den Besitzsteuern zählen: Grundsteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, Einkommensteuer und Erbschaftsteuer.
Besteuerungsgrundlage, tatsächliche und rechtliche Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind.
Besitzsteuern,
Bestandsgleichgewicht, ein Zustand in der Volkswirtschaft, in dem Gleichgewicht auf allen Märkten herrscht und die geplanten Bestandsgrößen mit den tatsächlichen Größen übereinstimmen. Gegensatz: Stromgleichgewicht. Vgl. auch Gleichgewicht. Bestandsgrößen, Größen, die zeitpunktbezogen gemessen werden, z. B. Arbeitslose, Geldmenge, Kapitalstock. Gegensatz: Stromgrößen. Bestattungsgeld,
Kriegsopferversor-
gung. Besteuerung, Besteuerungsprinzipien, Einkommensbesteuerung, Erbschaftsbesteuerung, Ertragsbesteuerung, fiskali-
Besteuerungsgrundsätze,
Besteue-
rungsprinzipien. Besteuerungsprinzipien, Grundsätze der
Besteuerung. 1. Begriff: Steuerliche Grundsätze, die zur Realisation bestimmter Ziele bei der Ausgestaltung von Steuersystemen zu beachten sind. Besteuerungsprinzipien ändern sich im Zeitablauf auf Grund wechselnder politischer, ökonomischer und sozialer Zielsetzungen, insbes. des Verständnisses über Steuergerechtigkeit. Beispiele: Äquivalenzprinzip, Leistungsfähigkeitsprinzip, Entscheidungsneutralität der Besteuerung. Zu Besteuerungsprinzipien des grenzüberschreitenden Lieferungsund Leistungsverkehrs vgl. Bestimmungslandprinzip und Ursprungslandprinzip. 2. Arten: a) Klassische Besteuerungsprinzipien (bzw. Smithsche Steuerregeln): (1) Gleichmäßigkeit der Besteuerung: Gleichbehandlung der Steuerpflichtigen; (2) Bestimmtheit der Besteuerung: Vermeidung von Willkür bei der Steuererhebung; (3) Bequemlichkeit der Besteuerung (hinsichtlich der Steuerzahlungstermine und -modalitäten); (4) Billigkeit der Besteuerung: Minimierung der Steu-
53
Betriebswirtschaftslehre als Theorie der Unternehmung
ererhebungskosten. b) Moderne Besteuerungsprinzipien: (1) fiskalisch-budgetäre Prinzipien: auf eine ausreichende finanzielle Bedarfsdeckung und deckungspolitische Anpassungsfähigkeit des Steuersystems ausgerichtet; (2) ethisch-soziale Prinzipien: Allgemeinheit, Gleichmäßigkeit und Leistungsfähigkeit ( Leistungsfähigkeitsprinzip); (3) wirtschaftspolitische Prinzipien: Entscheidungsneutralität der Besteuerung mit dem Ziel der Vermeidung gesamtwirtschaftlicher Wohlfahrtsverluste durch steuerbedingte Fehlallokationen, die aktive und passive Flexibilität des Steuersystems im Hinblick auf eine moderne Konjunkturpolitik und die wachstumspolitische Ausrichtung der Besteuerung; (4) steuertechnische Prinzipien: Systemhaftigkeit, Transparenz, Praktikabilität, Stetigkeit und Bequemlichkeit.
Betrieb, Oberbegriff für Wirtschaftseinheiten, die mittels des Einsatzes von Produktionsfaktoren für Dritte Leistungen erstellen. Betriebe in Marktwirtschaften werden als Unternehmungen bezeichnet, wenn sie dem Autonomieprinzip, dem Prinzip des Privateigentums und dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip gehorchen. Mit Betrieben können auch nur organisatorische Teilbereiche der Unternehmung bezeichnet werden. Betriebsausgaben. Einkommensteuerrechtlicher Begriff für Aufwendungen, die durch den Betrieb des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Betriebsausgaben mindern bei der Gewinnermittlung den Gewinn, es sei denn, es sind nichtabzugsfähige Betriebsausgaben. Betriebsgrößenstruktur,
Unterneh-
mensgrößenstruktur. Bestimmungslandprinzip, Besteuerungsprinzip des grenzüberschreitenden Leistungsverkehrs ( internationales Steuerrecht). Die Erzeugnisse werden dort belastet, wo sie verbraucht werden um zu erreichen, dass im internationalen Wettbewerb die Steuern ihre Bedeutung als Kosten- und Preisbestandteile verlieren. Gegensatz: Ursprungslandprinzip. Bei der Umsatzsteuer gilt in der EU das Bestimmungslandprinzip für Lieferung zwischen EU-Unternehmen und im Warenverkehr mit Drittstaaten, für EULieferungen an Endverbraucher das Ursprungslandprinzip (Ausnahmen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen: insbes. beim Versandhandel und Neuwagenverkauf). Vgl. auch Steuerharmonisierung. Beteiligungs-Management-Gesellschaft Berlin mbH, BMGB; Treuhandanstalt. Betreibermodelle. Privater Betrieb von Einrichtungen der Infrastruktur, häufig in Form eines Joint Ventures zwischen Privatunternehmen und öffentlicher Körperschaft ( Public-Private-Partnership, Infrastrukturpolitik); verbreitet im kommunalen Bereich, z. B. im Rahmen der Abfallentsorgung, bei der die gesetzliche Pflicht zur ordnungsgemäßen Entsorgung von Abfällen der Gebietskörperschaft obliegt, die Leistung selbst aber durch ein privates Unternehmen erbracht wird.
Betriebsminimum, Produktionsschwelle; Minimum der durchschnittlichen variablen Kosten ( Kostentheorie), auch Produktionsschwelle genannt, weil kurzfristig auf die Deckung der Fixkosten verzichtet werden kann, wenn Aussicht auf einen Preisanstieg besteht. Betriebsoptimum, Gewinnschwelle; lang-
fristiges Minimum der durchschnittlichen totalen Kosten ( Kostentheorie). Auch Gewinnschwelle genannt, weil der Erlös dort gerade die Gesamtkosten deckt. Betriebsrenten, Alterssicherung. Betriebsteuer, Besteuerungsform, bei der die Unternehmung als solche einer Gewinnbesteuerung unterliegt. Soll die Begünstigung nicht entnommener gegenüber ausgeschütteten Gewinnen ermöglichen, unabhängig von der Rechtsform. Stößt jedoch auf technische Schwierigkeiten im Bereich der Personengesellschaften. Vgl. auch Unternehmensbesteuerung. Betriebswirtschaftslehre.
der Betriebswirtschaftslehre: schaftslehre.
Abgrenzung Volkswirt-
Betriebswirtschaftslehre als Theorie der Unternehmung. Gegenstand sind alle
in der Unternehmung ablaufenden Prozesse, die mit dem betrieblichen Umsatzprozess
Betroffenheitsquoten,
54
i. w. S. zu tun haben. Er erstreckt sich auf die Funktionsbereiche Beschaffung, Produktion (Umsatzprozess i. e. S.), Absatz, Management und Finanzierung. Die BWL verwendet verschiedene theoretische Ansätze bzw. Perspektiven, aus denen die Unternehmung betrachtet wird (bspw. faktor-, entscheidungs-, verhaltens-, systemtheoretischer Ansatz). Die Unternehmung wird als Aktionszentrum und Entscheidungseinheit und mit ihren vielfältigen Umweltbeziehungen als sozioökonomisches System gefasst. Von besonderer Bedeutung sind der unternehmensinterne Prozess der Ziel- und Entscheidungsbildung sowie wirksame Anreizmechanismen, die kooperative Verhaltensweisen erzeugen ( Verhaltenstheorie der Unternehmung). In der BWL werden die verschiedenen Teilbereiche der Unternehmung i. d. R. gesondert behandelt, so dass nicht von einer geschlossenen Theorie der Unternehmung gesprochen werden kann. Neben der funktionalen Differenzierung wird zudem eine branchenspezifische Aufspaltung des Untersuchungsgegenstandes Unternehmung vorgenommen (z. B. BWL der Kooperative, Bankbetriebslehre, Industrie- und Handelsbetriebslehre etc.). Betroffenheitsquoten,
Arbeitslosig-
keits-Betroffenheitsquoten. Beveridge-Kurve, geometrischer Ort aller quantitativen Beziehungen zwischen Arbeitslosigkeit und offenen Stellen. Dieses Instrument zur Darstellung des strukturellen Auseinanderfallens von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt (Missmatch) wird auf der Basis von Arbeitslosenquote und Vakanzquote ausgewiesen, um demographische Einflüsse auf das Erwerbspersonenpotenzial auszuschalten. Die inverse Relation zwischen beiden Variablen bedingt einen annähernd hyperbelförmigen Verlauf der Kurve. Insbesondere seit Ende der 80er Jahre führen Störungen im Reallokationsprozess am Arbeitsmarkt zu einer Rechtsverschiebung: Einem gleich bleibenden Niveau der Arbeitslosigkeit steht entweder c. p. ein gestiegenes Niveau der offenen Stellen gegenüber oder eine gleich bleibende Zahl offener Stellen korrespondiert c. p. mit einer höheren Zahl Arbeitsloser. Beveridge-Säule, soziale Sicherung.
In Entwicklungsländern wurde durch verbesserte Hygiene und gesundheitliche Versorgung eine Senkung der Sterblichkeit (insbes. Kindersterblichkeit) und bei anfänglich gleichzeitiger Konstanz der Geburtenrate ein starkes Bevölkerungswachstum hervorgerufen, das zu ökonomischen Problemen führte ( Entwicklungstheorie). Die gewerbliche und landwirtschaftliche Produktion konnte mit dem Bevölkerungswachstum nicht mithalten und rief ökonomische Ungleichgewichte hervor.
Bevölkerungsexplosion.
Bevölkerungsfalle, Population Trap; bei
Gültigkeit der Annahmen der neoklassischen Produktionsfunktion und der keynesianischen Sparfunktion einerseits und eines neomalthusianischen Bevölkerungswachstums andererseits ergeben sich folgende Funktionalbeziehungen zwischen dem ProKopf-Einkommen (PKE) und den Wachstumsraten der Bevölkerung (wB) bzw. des Volkseinkommens (wY) eines Entwicklungslandes (vgl. Abb.). Von den drei möglichen Gleichgewichten sind nur zwei stabil, nämlich E und B. Gelingt es Entwicklungsländern, Wachstumsraten zwischen E und A zu erzielen, dann wird das höhere Bevölkerungswachstum das PKE zum Existenzminimum E zurückzwingen. Nur ein Wachstum, das den kritischen Wert A überschreitet, bringt Entwicklungsländer auf das höhere Gleichgewicht B. Entwicklungsländer sind in einem sog. Low-Level-Equilibrium gefangen. Nur durch gewaltige Entwicklungsanstrengungen (Critical Minimum Effort) lässt sich die Bevölkerungsfalle überspringen. Dies führt zur Forderung nach deutlich höherer Entwicklungshilfe ( Big-Push).
Bevölkerungsfalle
Allerdings ist die Hypothese der Bevölkerungsfalle empirisch nicht nachweisbar. Der
55
Bevölkerungspolitik
technische Fortschritt kann die wY-Kurve so verlagern, dass sie vollständig über der wBKurve liegt, so dass Falleneffekte nicht möglich sind. Eine Bevölkerungsexplosion kann auch als Herausforderung verstanden werden, die zu einer Intensivierung von Entwicklungsanstrengungen führt. Vgl. auch Bevölkerungspolitik, Entwicklungstheorie. Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA), Bevölkerungspoli-
tik. Bevölkerungsgeschichte,
Bevölke-
rungswissenschaft. Bevölkerungskontrolle, Bevölkerungs-
politik. Kulturökologie. Der kulturökologische Ansatz der Bevölkerungswissenschaft bezeichnet einen analytischen Zusammenhang theoretischer und empirischer Beiträge zu einer sozialwissenschaftlichen Umweltkonzeption und greift zurück auf die allgemeine Systemtheorie, die Sozialökologie, die Humanökologie und die Kulturanthropologie. Bevölkerungsökologie,
Bevölkerungsökonomie, Demoökonomie; Richtung der Volkswirtschaftslehre und -politik, die sich den Bevölkerungsphänomenen widmet. Bevölkerungspolitik. 1. Begriff: Bevölke-
rungspolitik ist die Gesamtheit zielgerichteter, staatlich-administrativer Maßnahmen, um eine Bevölkerung in ihrer Größe oder Zusammensetzung zu verändern. Bevölkerungspolitik gehört zu den ältesten schon in den frühen Hochkulturen verbürgten Politikformen. 2. Bevölkerungspolitische Maßnahmen gliedern sich in solche mit (1) direktem, (2) indirektem Bevölkerungsbezug und in (3) bevölkerungsrelevante Maßnahmen. Die Übergänge zwischen (2) und (3) sind fließend. Sie sind zwar nicht Bevölkerungspolitik i. e. S., beeinflussen aber den Bevölkerungsprozess in Form von Gesundheits-, Sozial- und Familienpolitik und mit Maßnahmen der Regional- und Siedlungspolitik. a) Direkte Bevölkerungspolitik bedeutet die Absicht eines Staates, sich ohne Umschweife zur Beeinflussung des Bevölkerungsprozesses zu bekennen. Dabei soll die Bevölkerung
vermehrt oder verringert werden. Bevölkerungsvermehrung ist über Einwanderung und/oder Anhebung des Geburtenniveaus (pronatalistische Politik) möglich. Bevölkerungsverringerung, eigentlich Senkung der jährlichen Zuwachsrate bzw. der Geborenenüberschüsse, ist über Familienplanungsprogramme zu erreichen (antinatalistische Politik). b) Indirekte Bevölkerungspolitik legt ein bestimmtes demographisches Verhalten nahe, ohne dies aber zu betonen: Familienlastenausgleich, Bevorzugung von Paaren mit Kindern bei Wohnungszuteilung, die Einführung von Sexualunterricht und Familienerziehung, ebenso Heiratsdarlehen, die mit der jeweiligen Geburt eines Kindes sich verringern (Abkindern). 3. Bevölkerungsstabilisierung (Null-Wachstum): Sie will nur die Elterngeneration ersetzen und bedeutet praktisch die Zwei-Kinder-Familie. Diese aber im Gesellschaftsdurchschnitt zu halten, gelingt nur in Ausnahmefällen. Das Beispiel der ehemaligen DDR zeigt, dass mit Vereinbarkeitspolitik von Beruf und Mutterschaft das Geburtenniveau deutlich anzuheben ist. 4. Beeinflussung der Zusammensetzung der Bevölkerung: Neben der Bevölkerungsgröße zielt Bevölkerungspolitik häufig auf die Zusammensetzung nach Alter und Geschlecht. Dahinter steckt durchwegs eine Bevölkerungsprognose, nach der gewisse Staatsziele bei anhaltenden Bevölkerungstrends gefährdet seien. Infolge Geburtenrückgangs können schwach besetzte Jugendjahrgänge Arbeitskräfteknappheit und (Über-) Alterung bedeuten; stark schwellende Jugendjahrgänge dagegen bedeuten enorme Investitionen in den Nachwuchs (demographische Kosten), die dann in anderen Entwicklungsbereichen fehlen. 5. Teilung in quantitative und qualitative Bevölkerungspolitik: Jede quantitative Politik hat qualitative Folgen und umgekehrt. Qualitative Politik zielt auf soziokulturelle Merkmale von Bevölkerungsschichten. Sie hat Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine Biologisierung erfahren (Eugenik, Sozial-, dann Rassenhygiene) und ist seit 1945 wieder Sozial- und Bildungspolitik. 6. Bevölkerungspolitik in der Dritten Welt: Darunter versteht man weitgehend eine quantitative, antinatalistische Politik der Familienplanung. Bevölkerungen der Dritten Welt stecken i. d. R. in der sog. Durststrecke des demographischen Übergangs, der umgangssprachlich mit Bevölkerungsexplosion bezeichnet
Bevölkerungsstabilisierung wird. Die einzelnen Staaten verfolgen unterschiedliche Maßnahmen, direkte bevölkerungspolitische Ziele, Gesundheit für Mutter und Kind, Familienplanungsprogramme, die im Gesundheitswesen installiert werden; Erfüllung eines Menschenrechts nach der Deklaration von Teheran 1967. 7. Internationale Bevölkerungspolitik: Schaltstelle für internationale Bevölkerungspolitik sind die Vereinten Nationen ( UN) mit ihrem UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA). In ihren regelmäßig erstellten Bevölkerungsprognosen erscheint eine mittlere Variante als Richtwert für die künftige Entwicklung der Weltbevölkerung. Sie liegt für das Jahr 2025 bei 8,5 Mrd. und gegen Mitte des kommenden Jahrhunderts bei 10,5 Mrd. Hier werden allerdings Familienplanungserfolge schon einbezogen. Auf den Konferenzen von Bukarest (1974) und Mexiko City (1984) hat sich die Verbindung von Bevölkerungs- und Entwicklungspolitik durchgesetzt. Die Ökologisierung dieses Komplexes im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung für die Länder in Nord und Süd wurde erstmalig auf der Konferenz in Kairo (1994) durchgesetzt. Bevölkerungsstabilisierung, Bevölke-
rungspolitik. Bevölkerungsstatistik. 1. Begriff: Erfas-
sung und Analyse der Bevölkerungsbewegung, d. h. der Erneuerung und Veränderung eines Bevölkerungsstandes in der Zeit. Bevölkerungsstatistik kennt Bestandsmaße wie (globale, nationale, kommunale) Gesamtgrößen und Gruppen bestimmter Merkmalsträger (Alter, Geschlecht, Familienstand, Beruf). Wenn Gruppen durch ein gewisses jahrgangsbezogenes Ereignis verbunden sind, heißen sie auch Kohorten; Bestandsgrößen mit wenigen administrativ-relevanten Merkmalen sind Aggregate (Vorstadtbewohner, Lehrerinnen). Ereignismaße beziehen sich auf Bevölkerungsvorgänge (Geburten, Sterbefälle, Wanderung), einschließlich aller Vorgänge der Bevölkerungsreproduktion (Heiratsverhältnisse, Erwerbsleben). 2. Messung der Veränderung von Bestandsmaßen: a) Die Zuwachsrate oder Abnahmerate ist die prozentuelle Veränderung eines Bestandes in der Zeiteinheit. b) Anteile/Quoten beziehen Merkmalsgruppen auf eine Ganzheit, wie die Altersstruktur (der Anteil der über 60-jährigen an der Gesamtbevölkerung); die Geschlechterproportion ist
56 die Zahl von Männern bezogen auf 100 Frauen der Gesamtbevölkerung oder einzelne Jahrgänge; der Geburtsjahrgang zeigt einen Jungenüberhang im Verhältnis 105 zu 100, in Altenjahrgängen ist das männliche Geschlecht deutlich weniger vertreten; sodann Anteile einzelner sozialdemographischer Merkmale an einzelnen Jahrgängen (Verheiratetenquote, Ledigenquote, z. B. Akademikeranteile in Frauen- und Männerjahrgängen). c) Quotienten drücken das Verhältnis von Gruppen mit unterschiedlichen Merkmalen zueinander aus. Die Anzahl der Menschen im Rentenalter im Verhältnis zu denen im erwerbsfähigen Alter ergibt den Altenquotient; die Anzahl der Kinder und Jugendlichen im erwerbsfähigen Alter den Jugendquotient. Die Ereignismaße werden in Ziffern (Summe der Ereignisse auf tausend der Bevölkerung eines Jahres) vermessen. So entstehen Geborenenziffer und Sterbeziffer und analog Heiratsziffer, Scheidungsziffer, Schwangerschaftsabbruchziffer etc. Bevölkerungswissenschaft. Forschung und Lehre vom Wesen, den Ursachen und Folgen der Bevölkerungsbewegung, die mit eigenen Theorien, Instrumenten und Methoden analysiert wird. Der Begriff Demographie wird vielfach mit Bevölkerungswissenschaft synonym verwendet, bezeichnet im Deutschen aber die quantitativen Verfahren (Bevölkerungsmodelle, Demometrie) der Bevölkerungswissenschaft und wird auch formale Demometrie genannt. Bewertungsgesetz (BewG), neben der
Abgabenordnung (AO) wichtigstes Steuergrundgesetz, in dem alle steuerlichen Bewertungsfragen geregelt sind, und das nur insoweit nicht anzuwenden ist, als spezielle Steuergesetze (z.B. EStG) eigene Bewertungsvorschriften aufweisen. Das Bewertungsgesetz soll für das gesamte Steuerrecht einheitliche Werte festsetzen; Prinzip des Einheitswertes. Biersteuer, Verbrauchsteuer auf die
Bierherstellung oder -einfuhr. 1. Rechtsgrundlagen: Biersteuergesetz vom 14.3.1952. 2. Steuergegenstand: a) Bier (nach der Verkehrsanschauung ein aus Malz, Hopfen oder zulässigen Hopfenerzeugnissen, Hefe und Wasser durch Vergärung hergestelltes Getränk). b) Bierähnliche Getränke. 3. Steuerberechnung: Die Höhe der Biersteuer
57 ist gestaffelt je Hektoliter Vollbier der im Betrieb erzeugten Biermenge. Steuerschuldner ist, wer Bier für seine Rechnung herstellt oder herstellen lässt, auch für fremdes Bier, das in eine Brauerei eingebracht wird. Die Biersteuer entsteht im Zeitpunkt der Entfernung des Bieres aus der Brauerei oder des Verbrauchs innerhalb der Brauerei. 4. EUHarmonisierung: Gemäß Verbrauchsteuersatzrichtlinie seit 1993 Einführung eines Mindeststeuersatzes. 5. Finanzwissenschaftliche Beurteilung: Als Fabrikatsteuer ist die Biersteuer mit einer verbrauchsfernen Erhebung verbunden und führt zu geringen Steuerwiderständen. Da sie zugleich Mengensteuer ist, wird ihr Aufkommen unter den Landessteuern relativ geringer. Gleichwohl ist sie absolut gesehen unter den letzteren eine ertragreiche Steuerart. Vgl. auch Verbrauchsbesteuerung. Big Push, Schlüsselbegriff der Strategie des
ausgewogenen Wachstums. Zur Erreichung eines selbst tragenden Wachstums sind ein kräftiger Investitionsimpuls und gleichzeitig ein massiver Kapitaleinsatz in allen Sektoren erforderlich. Vgl. Entwicklungspolitik.
Bilanzgerade, Budgetgerade; Begriff aus der mikroökonomischen Haushaltstheorie; gibt den Zusammenhang zwischen den Güterpreisen und -mengen sowie dem für Konsumausgaben vorgesehenen Teil des Einkommens eines Haushalts wieder (vgl. Abb.). Sie ist als Budgetrestriktion aufzufassen, da die Summe aus den mit Preisen multiplizierten Gütermengen der Konsumsumme entspricht. Damit ist die Bilanzgerade die obere Grenze für die Menge an Gütern, die der Haushalt kaufen kann.
bilaterales Monopol Bilanzgerade
bilaterale Hilfe, Entwicklungshilfe, die ein Geberland einem Empfängerland gewährt. bilaterales Monopol. Ein bilaterales Monopol liegt vor, wenn sich ein Anbieter und ein Nachfrager gegenüberstehen, die beide über keine Alternativen verfügen. Näherungsweise kommt diese Marktform als bilaterales Kollektiv-Monopol auf Arbeitsmärkten vor (Tarifverhandlungen). In diesem Fall lässt sich der Preis theoretisch nicht genau bestimmen, sondern lediglich eingrenzen. Diese Grenzen erhält man, wenn man zum einen dem Anbieter die Rolle des Monopolisten und dem Nachfrager diejenige des Mengenanpassers zuordnet und zum anderen bei der umgekehrten Machtkonstellation den Anbieter als Mengenanpasser und den Nachfrager als Monopsonisten betrachtet: Im ersten Fall kann die Angebotsfunktion als Grenzkosten-Funktion interpretiert werden (analog zum MengenanpasserFall auf der Angebotsseite), so dass ihr Schnittpunkt mit der Grenzerlös-Funktion zum Monopolpreis p* führt ( Monopol). Im zweiten Fall kommt es zum Monopsonpreis p' ( Monopson). Im bilateralen Monopol gilt mithin p* p p'. Ob der Preis näher bei p* oder p' liegt, hängt vom Verhandlungsgeschick der Kontrahenten ( Kontraktkurve) oder sonstigen Umständen (wie z. B. Zeitdruck) ab.
bilaterales Oligopol Bilaterales Monopol
bilaterales Oligopol, Oligopol. bilaterales Polypol, Polypol.
Das Bildungsbudget stellt die Ausgaben und Einnahmen einer Bildungseinrichtung gegenüber. Vgl. auch Bildungspolitik. Bildungsbudget.
Bildungserträge und -nutzen, Bil-
dungsökonomie. Bildungsfinanzierung. 1. Überblick: Ge-
samtheit von privaten oder öffentlichen Dispositionen über knappe Ressourcen (Geld, Sachen, Personen und Zeit), welche Umfang, Struktur und Qualität von (formalisierten) Bildungsprozessen steuern. Wirtschaftssubjekte, die über Ressourcen für Bildungszwecke disponieren können, sind: Individuen und private Haushalte (Schüler, Studierende, Auszubildende), Unternehmen und sonstige Organisationen, Parlamente, Regierungen, Behörden, Verbände, Bildungsinstitutionen (Schulen, Hochschulen, Volkshochschulen) und halböffentliche Instanzen (Kammern, Bundesagentur für Arbeit). 2. Idealtypisch gibt es folgende Arten von Bildungsfinanzierungen: a) Voll- oder Teilfinanzierung durch den Staat: (1) Institutionelle Finanzierung, d. h. der Staat stellt den (privaten oder öffentlichen) Bildungsanbietern Ressourcen zur Verfügung; (2) Nachfragefinanzierung, d. h. der Staat stellt den Bildungsnachfragern monetäre Ressourcen über Bildungsgutscheine oder Stipendien zur Verfügung. b) Voll- oder Teilfinanzierung durch die privaten Haushalte: (1) Individuell durch die Lernenden (oder deren Familien) aus vergangenem (Vermögen), laufenden oder zukünftigen Einkommen (Darlehen); (2) kollektiv und indirekt über Beiträge an gesellschaft-
58 liche Gruppen oder Institutionen, die u. a. Bildungsaufgaben wahrnehmen (Kirchen, Gewerkschaften). c) Voll- oder Teilfinanzierung durch Wirtschaftsorganisationen: (1) Einzelbetrieblich durch aus- und weiterbildende Unternehmen; (2) unternehmenskollektiv (überbetrieblich) durch Gruppen (Partialfonds) oder die Gesamtheit der Unternehmen (Zentralfonds, Umlagen für überbetriebliche Bildungseinrichtungen). d) In der Realität haben sich Mischfinanzierungssysteme entwickelt. 3. Finanzierungsprinzipien: Grob kann man sagen, dass im Elementar- und Weiterbildungsbereich eine Mischung, von Äquivalenzprinzip und Leistungsfähigkeitsprinzip vorherrscht, während die Finanzierung der schulischen und hochschulischen Bildung ganz dem Leistungsfähigkeitsprinzip unterworfen ist. Vgl. Bildungsökonomie, Schulausbildungsförderung. Bildungsgutscheine, Gutscheine, die vom
Staat an Lernende ausgegeben werden und die einen bestimmten Geldwert repräsentieren. Die Empfänger können damit Bildungsleistungen kaufen. Die Bildungsanbieter lösen die empfangenen Gutscheine gegen Geld beim Staat ein. Vgl. auch Bildungsfinanzierung. Bildungskredit, Schulausbildungsförde-
rung. Bildungsökonomie. Die Bildungsökono-
mie wendet das wirtschaftswissenschaftliche Instrumentarium auf das Bildungssystem einer Gesellschaft an. Sie beschreibt und analysiert zum einen, wie Individuen, Institutionen und die Gesellschaft insgesamt knappe Ressourcen, mit oder ohne Gebrauch von Geld, einsetzen, um verschiedene Arten von Bildung zu produzieren, und wie zum anderen die knappen Ressourcen sowie die Ergebnisse ihrer Nutzung in Bildungsprozessen in Gegenwart und Zukunft zwischen den Menschen und Gruppen innerhalb einer Gesellschaft verteilt werden. Somit fragt die Bildungsökonomie (1) nach den Prozessen der Bildungsbereitstellung, (2) nach der Verteilung des Gutes Bildung zwischen konkurrierenden gesellschaftlichen Gruppen und Individuen, und (3) danach, wie viele Ressourcen eine Gesellschaft oder bestimmte Gruppen in der Gesellschaft für Bildungsaktivitäten aufwenden bzw. aufwen-
59 den sollten, und (4) welche Arten von Bildungsaktivitäten gewählt werden bzw. in welchem Umfang gewählt werden sollten. Bildungspolitik ist die Gesamtheit der Ent-
scheidungen, Handlungen, Handlungsprogramme und Regelungen, die von öffentlichen oder privaten Organisationen getroffen werden, um die Bedingungen für das Gelingen von Lernprozessen inhaltlichorganisatorisch und ressourcenmäßig zu gestalten. Bildungspolitik ist damit ein Ausschnitt der Gesamtpolitik eines Staates oder anderer Organisationen, deren Gegenstand die Zielsetzungen, Regelungen, institutionellen Arrangements, finanziellen sowie personellen Ressourcen und die Inhalte sowie Formen und Methoden des Lernens sind. Entscheidungsbefugte Träger bildungspolitischer Maßnahmen können außer staatlichen Organen auf den unterschiedlichen Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden und Kreise) auch nichtstaatliche Organisationen sein (z. B. Medienanstalten, Kirchen, Verbände, Kammern und Betriebe), sofern sie im Rahmen rechtlicher Regelungen (Grundgesetz, Länderverfassungen, Bundes- und Ländergesetze) dazu befugt sind. Bildungsproduktionsfunktion. Mit der Bildungsproduktionsfunktion wird der Gedanke der Produktionsfunktion auf Bildungsinstitutionen übertragen, d.h. ein Zusammenhang zwischen Bildungsinputs und output modelliert ( Bildungsökonomie). Bildungsspirale. Sie beschreibt die para-
doxe Situation, dass die höchsten Bildungsabschlüsse durch ihre Inflationierung entwertet werden, wodurch die Jugendlichen aber nicht abgeschreckt werden, sondern sich gezwungen sehen, diese Abschlüsse (z. B. Abitur) zu erreichen, um überhaupt eine Zugangschance im Wettbewerb um die knappen (höheren) Positionen zu erhalten. Bildungswesen, Bildungsökonomie. Binnenmarkt, Einheitlicher Binnenmarkt,
Biozönose Binnenwanderung, Form der Migra-
tion. Im Sinne der Landflucht die rasche Abwanderung von Teilen der ländlichen Bevölkerung in Städte, was eine übersteigerte Urbanisierung bewirkt. Binnenwertstabilität, Stabilisierung des
Binnenwerts. Bioindikatoren, messbare Anzeichen von Reaktionen ausgewählter Organismen auf Beeinträchtigungen in ihrer Umwelt, die zur Erkennung von ökologischen Belastungen verwendet werden. Vgl. auch Grenzwert, kritische Belastungswerte. Biokybernetik, die Kybernetik der belebten
Welt, untersucht die Regelung, Steuerung und Selbstregulierung von vernetzten Prozessen in biologischen Systemen. Zu einem Regelkreis der Biokybernetik gehören die Komponenten Störgröße, Regelgröße mit Messfühler (Nerven, Sinneszellen), Führungsgröße mit Regler (Gehirn, Nervenzentren) sowie Regelstrecke mit Stellglied (Drüsen, Muskeln, Poren). Vgl. auch Vernetzung, Wirtschafts- und Sozialkybernetik. Bionik, Wortkombination aus Biologie und
Technik. Durch die Orientierung an Funktionen, Strukturen und Organisationsprinzipien von Organismen, die in der Jahrmilliarden dauernden Evolution optimiert wurden, können Quellen für die Erforschung und Entwicklung von technischen Systemen erschlossen werden. Vgl. auch Informationsbionik, Systemmanagement, Umweltpolitik. Biosphäre, i. e. S. die Gesamtheit aller
Lebewesen und ihrer Wechselbeziehungen. Die Biosphäre ist ein synergetisches System ( Synergetik), in dem Ordnungen als Fließgleichgewichte zu verstehen sind. Der alles aufrechterhaltende Faktor in der Biosphäre ist der Fluss der Materie in Verwertungszyklen (z. B. Atmung und Photosynthese). Vgl. auch Systemmanagement, Umweltpolitik.
Einheitliche Europäische Akte ( EEA). Binnenprotektion, Industriepolitik. Binnenschifffahrt, Verkehrspolitik.
Biozönose. Zufällige oder zielstrebige Vergesellschaftung von Pflanzen und Tieren auf Grund ähnlicher Lebensraumansprüche. Infolgedessen entstehen einseitige oder wechselseitige, meist ernährungsbedingte Beziehungen, die sich in einen Gleichgewichts-
BIP
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zustand gezwängt durch Selbstregulation erhalten und um einen Mittelzustand schwanken. Eine besonders wichtige Biozönosenstruktur ist das Zusammenspiel von Produzenten, Konsumenten und Reduzenten (Destruenten) Vgl. auch Bionik, Ökologie-Konzept, ökologische Kompatibilität, Systemmanagement, Umweltpolitik, Vernetzung. BIP, Bruttoinlandsprodukt; Sozialprodukt. Bismarck-Säule, soziale Sicherung. BIZ, Bank für Internationalen Zahlungsaus-
gleich; am 27.2.1930 gegründetes zwischenstaatliches Institut mit Sitz in Basel. Rechtsform: AG; Aktionäre: alle europäischen Notenbanken sowie die Notenbanken Australiens, Kanadas, Japans, der Republik Südafrika und der USA. Aufgaben: Förderung der Zusammenarbeit der Notenbanken, Erleichterung internationaler Finanzoperationen, Übernahme von Treuhandschaften oder Bevollmächtigungen bei internationalen Finanzabkommen. Als Agentin der OEEC führte sie die Verrechnungen der Forderungen und Verpflichtungen und den Ausgleich der Salden in Gold oder Dollar innerhalb der Europäischen Zahlungsunion ( EZU) durch. Die Aktivitäten erfolgen in enger Zusammenarbeit mit dem IWF. Weitere Informationen unter www.bis.org
bau, d. h. dem Abbau von Rohstoffen, und c) als Standortfaktor. 2. Charakteristische Merkmale: a) Der Boden ist i. a. nicht vermehrbar, wenn auch Neugewinnung von Boden durch Trockenlegung sowie Schaffung von landwirtschaftlich nutzbaren Flächen durch Bodenverbesserungen (Meliorationen) möglich sind. b) Die landwirtschaftliche nutzbare Bodensubstanz unterliegt der Erosion durch Luft und Wasser und ist nur längerfristig regenerierbar. c) Die Beschränktheit des Bodens ist eine der Voraussetzungen für die Gültigkeit des (klassischen) Ertragsgesetzes in der Landwirtschaft (Bodenertragsgesetz). Bodenreform. 1. Umgestaltung der priva-
ten Eigentumsverhältnisse mit dem Ziel, a) Großgrundbesitz aufzulösen oder zu verringern und (kleinere) Familienwirtschaften oder Kollektivwirtschaften (kommunistische Vorstellung) zu schaffen, oder b) unwirtschaftliche Kleinwirtschaften in Wirtschaften mit rentablen Betriebsgrößen umzugestalten. 2. Reformen ohne Umgestaltung der privaten Eigentumsverhältnisse, z. B. Flurbereinigung, Grundsteuerreformen, Pachtschutzmaßnahmen. spezielle Form einer allokationspolitisch einsetzbaren Wertzuwachssteuer, die die Wertsteigerung von Grundstücken erfasst; in Deutschland nicht erhoben. Bodenwertzuwachssteuer,
BIZ, Berufsinformationszentrum, Arbeits-
und Ausbildungsvermittlung. Blasenpolitik, Glockenpolitik. Blindenhilfe, Sozialhilfe. BMAS, Bundesministerium für Arbeit und
Soziales. BMG, Bundesministerium für Gesundheit.
Beteiligungs-Management-Gesellschaft Berlin mbH; Treuhandanstalt.
BMGB,
BNE, Bruttonationaleinkommen; produkt.
Sozial-
Boden. 1. Begriff: Produktionsfaktor neben Arbeit und Kapital. Als Produktionsfaktor dient der Boden a) der land- und forstwirtschaftlichen Produktion b) dem Berg-
Bolschewismus, politisch-ideologische Lehren des Marxismus-Leninismus. Die Bezeichnung Bolschewismus geht auf ein Abstimmungsergebnis innerhalb der ehemaligen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) auf ihrem 2. Parteitag 1903 in London zurück. Da Russland damals noch ein relativ rückständiges Agrarland mit ausgeprägt feudalen Strukturen war, fehlten dort entsprechend der Marx'schen Entwicklungslehre ( historischer Materialismus) die Voraussetzungen zur Errichtung einer kommunistischen Ordnung. Abgestimmt wurde darüber, ob dementsprechend zunächst eine bürgerliche Revolution den Kapitalismus bringen müsse, der dann die notwendigen Bedingungen für den Kommunismus schaffe (Auffassung der unterlegenen Menschewiki, russ. = Minderheitler), oder ob dennoch eine unmittelbare kommunistisch-proletarische Revolution anzustreben sei (Auffassung der
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Bretton Woods System
von Lenin angeführten Gruppe der Bolschewiki, russ. = Mehrheitler). Dieser Streit führte zur Spaltung der Partei. Boom, Konjunkturphasen. Bounded Rationality, konstitutioneller
nopol und Branntweinsteuer kennzeichnen die Branntweinbesteuerung in der BRD. Branntweinsteuer, im Rahmen des Branntweinmonopols durch die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BMonV) festgesetzte Verbrauchsteuer.
Wissensmangel. Boykott. 1. Begriff: Maßnahme des Ar-
beitskampfes; Aufforderung durch Arbeitgeber oder mehrere Arbeitnehmer oder deren Verbände (Boykottierer) an Dritte (Boykottanten), Vertragsabschlüsse mit einer Partei des Arbeitslebens (Boykottierter) zu meiden, damit die Boykottierer einen bestimmten Kampfzweck erreichen. Beispiel: Eine Gewerkschaft fordert ihre Mitglieder auf, mit einem bestimmten Arbeitgeber keine Arbeitsverträge abzuschließen. 2. Rechtmäßigkeit eines Boykotts: Es gelten dieselben Grundsätze wie für die Rechtmäßigkeit eines Streiks oder einer Aussperrung. 3. Rechtsfolge: Ist ein Boykott rechtswidrig, kann der Boykottierte gegen schuldhaft handelnde Boykottierer Schadenersatzansprüche geltend machen. Boykottverbot, Kartellrecht. Brain Drain. Migration von Arbeitskräften, wodurch dem Abwanderungsland Kenntnisse und Fertigkeiten der emigrierenden Menschen ( Humankapital) entzogen werden. In Ländern der Dritten Welt wird der Brain Drain als entwicklungsbeeinträchtigender Faktor angesehen ( Konter-Effekte). Branchenabkommen. In der Umwelt-
politik ein Instrument in Form kooperativer, freiwilliger Absprachen zwischen den Unternehmen einer Branche und der Umweltbehörde, bei der Unternehmen und Verbände eigenverantwortlich Maßnahmen ergreifen, um von außen gesetzte Ziele zu erreichen. Branchenstruktur,
sektorale
Wirt-
schaftsstruktur. Branntweinmonopol. Staatliches Monopol auf Übernahme, teilweise Herstellung, Einfuhr, Reinigung und Verwertung von Branntwein (alkoholisches Getränk mit ca. 30-60 % Alkohol) sowie den Handel mit unverarbeitetem Branntwein. In der BRD einziges Finanzmonopol. Branntweinmo-
Bretton Woods System. 1. Begriff: Internationales Währungssystem nach dem zweiten Weltkrieg bis Anfang der 70er Jahre. Benannt nach einem am 27.7.1944 in der Stadt Bretton Woods im US-Bundesstaat New Hampshire unterzeichneten internationalen Abkommen, welches eine umfassende Neuordnung der Weltwirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg anstrebte. Zu verstehen als Reaktion auf die durch Abwertungswettläufe und Protektionismus gekennzeichnete Periode zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg. Ziel war eine reibungslose und von Handelsbarrieren befreite Abwicklung des Welthandels bei festen Wechselkursen; konzipiert nach dem Gold-Devisen-Standard mit dem US-Dollar als Leitwährung. Kernbestandteile des Währungssystems waren: (1) Festlegung einer Parität von 35 US-Dollar pro Unze Gold und (2) Verpflichtung der USA zum An- und Verkauf von Dollar zu diesem Preis, (3) Festlegung der Wechselkurse (Paritäten) der übrigen Währungen gegenüber dem US-Dollar, (4) Verpflichtungen der Notenbanken dieser übrigen Währungen, die Wechselkurse durch Devisenmarktinterventionen innerhalb einer Bandbreite von 1 Prozent um diese Paritäten zu stabilisieren, (5) die Möglichkeit der Veränderung der Paritäten im Falle fundamentaler Zahlungsbilanzprobleme einzelner Länder ( Realignments), und schließlich (6) die Errichtung des IWF zur internationalen Kreditgewährung bei vorübergehenden Zahlungsbilanzproblemen. 2. Probleme: Das Bretton Woods Währungssystem brach in den 70er Jahren zusammen, und zwar im Wesentlichen auf Grund zweier Konstruktionsfehler. Erstens auf Grund des Redundanzproblems, manchmal auch das Problem des n-ten Landes genannt. Damit ist gemeint, dass es bei n Währungen nur n - 1 voneinander unabhängige Wechselkurse, und auch nur n - 1 voneinander unabhängige Zahlungsbilanzen gibt. Wenn n - 1 Länder die vorgesehenen Paritäten verteidigen, und auf diese Weise ihre geldpolitische Souveränität aufgeben, so ist das n-te Land (das Leitwährungsland, in
Brückenjobs diesem Fall die USA) bei der Wahl seiner Geldpolitik von außenwirtschaftlichen Restriktionen befreit. Seine Politik hat aber gravierende Rückwirkungen auf alle anderen Länder, es bestimmt dadurch nämlich die Entwicklung der nominellen Preise (die Inflationsraten) aller anderen Länder. Die USA verfolgten gegen Ende der 60er Jahre u. a. bedingt durch den Vietnam Krieg eine inflationäre Politik (Grund: öffentliche Haushaltsdefizite, expansive Geldpolitik), und waren nur mehr sehr beschränkt zur Goldkonvertibilität des US-Dollar bereit. Die anderen Länder aber waren umgekehrt nicht mehr bereit, die so entstandene Inflationsrate der USA zu akzeptieren, wozu das Festkurssystem sie gezwungen hätte. Das zweite Problem waren die unklaren Regelungen bezüglich der Anpassung der Paritäten, die den angestrebten Paritäten keine Glaubwürdigkeit verleihen konnten. Als Resultat entstanden destabilisierende Spekulationen, und nach einigen Versuchen, das System mit erweiterten Bandbreiten zu retten, kam Anfang der 70er Jahre der Zusammenbruch des Bretton Wood Systems. Vgl. auch Wechselkurspolitik, internationale Organisationen. Brückenjobs Arbeitsgelegenheiten.
62 andere Wirtschaftseinheiten in einer Periode produzierten Güter. Bruttosozialprodukt (BSP), Sozialpro-
dukt. Bruttoumsatzsteuer, Umsatzsteuer, die
in einem bestimmten Prozentsatz vom gesamten Entgelt, d. h. vom kumulierten Umsatzwert (eigener Umsatz + Umsatz der Vorstufen), geschuldet wird. Gegensatz: Nettoumsatzsteuer. Vgl. auch Umsatzbesteuerung. Bruttowertschöpfung, Sozialprodukt,
VGR.
BSP, Bruttosozialprodukt; Sozialprodukt. BSP-Eigenmittel, EU-Haushalt. Bubble Policy, Glockenpolitik. Budget. 1. Begriff: In der Finanzwissen-
schaft andere Bezeichnung für den Haushaltsplan, den Finanzplan eines Zeitabschnitts, den Voranschlag von öffentlichen Einnahmen und Ausgaben für ein Haushaltsjahr (vgl. auch Etat). 2. Das Budget ist Instrument der Finanzpolitik. Vgl. auch optimales Budget.
Bruttoinlandsprodukt (BIP), Sozial-
produkt.
Budgetgerade, Bilanzgerade.
Bruttoinvestition, Summe aus Bruttoanla-
Budgetinzidenz, Form der Inzidenz, welche die Einkommensverteilungsänderungen angibt, die entstehen, wenn einer gleich hohen Einnahmeänderung eine gleich hohe Ausgabenänderung gegenübersteht. Vgl. auch Steuerinzidenz.
geinvestition und Vorratsveränderung. Dabei besteht die Bruttoanlageinvestition aus Käufen von Investitionsgütern und selbsterstellten Anlagen. Vgl. auch Investition, Nettoinvestition. Schuldenaufnahme am Kreditmarkt ohne Abzug der Schuldentilgung ( öffentliche Kreditaufnahme, Finanzierungssaldo). Gegensatz: Nettokreditaufnahme. Bruttokreditaufnahme,
Bruttoleistung, Bruttoproduktion. Bruttonationaleinkommen (BNE), So-
Budgetkonzepte, Konzepte, die dazu die-
nen, einen Maßstab für eine zyklusunabhängige Haushaltspolitik aufzuzeigen, zumindest die konjunkturellen Impulse unterschiedlicher Budgets systematisch erfassen. Einzelkonzepte: Finanzierungssaldo, High Employment Budget Surplus, konjunkturneutraler Haushalt, konjunkturgerechter Haushalt u. a.
zialprodukt. Budgetkreislauf, Haushaltskreislauf. Bruttoprinzip, Haushaltsgrundsätze. Budgetmaximierung,
Bruttoleistung; Gesamtwert der von einer Wirtschaftseinheit für Bruttoproduktion,
Theorie der Bürokratie.
ökonomische
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Bundesagentur für Arbeit (BA) (früher: Bundesanstalt für Arbeit)
Budgetpolitik, Finanzpolitik.
niedrig; somit wird auch hierdurch die konjunkturelle Bewegungstendenz gedämpft.
Budgetprinzipien, Haushaltsgrundsätze. Bullionismus, Merkantilismus. Budgetrestriktion, Bilanzgerade. Bundesanstalt für Arbeit, BundesagenBudgettheorie, Finanztheorie.
tur für Arbeit.
Buffer-Stock, Marktausgleichslager für Rohstoffe, die dazu dienen sollen, Rohstoffpreise zu stabilisieren. Entwicklungsländer haben ihre Einrichtung im Rahmen der Verhandlungen über eine Neue Weltwirtschaftsordnung gefordert, wobei die Industrieländer die Finanzierung zu sichern hätten.
Bundesagentur für Arbeit (BA) (früher: Bundesanstalt für Arbeit). 1. Begriff: Die
Built-in-Flexibility, Begriff der Finanz-
wissenschaft im Bereich der Fiscal Policy; automatisch mit dem Konjunkturverlauf variierende Positionen auf der Einnahmen- oder Ausgabenseite des Budgets. Wichtig für die Stabilisierungsfunktion der Finanzpolitik, wenn die Built-in-Flexibility als Built-inStability genutzt werden kann. Vgl. auch Formelflexibilität. Built-in-Stability, automatische Stabilisie-
rung, Begriff der Finanzwissenschaft im Bereich der Fiscal Policy. Automatisch mit dem Konjunkturverlauf variierende Positionen auf der Einnahmen- oder Ausgabenseite des Budgets ( Built-in-Flexibility) können unter bestimmten Voraussetzungen stabilisierend genutzt werden ( Konjunkturpolitik). Automatisch deshalb, da die antizyklische Wirkung ohne Beteiligung von Parlament und Regierung eintritt, die bei einer diskretionären antizyklischen Finanzpolitik stets notwendig ist. Lags werden somit vermieden, für Ermessensentscheidungen bleibt im Vollzug kein Raum. Beispiele für automatische Stabilisatoren: (1) Steuersystem: Bei progressiver Ausgestaltung der Einkommensteuer steigen (sinken) bei steigenden (sinkenden) Einkommen im Fall eines konjunkturellen Aufschwungs (Abschwungs) die Steuereinnahmen stärker als das Volkseinkommen ( Aufkommenselastizität größer Eins) und bremsen dadurch die konjunkturelle Bewegungstendenz, sofern die Ausgaben konstant bleiben oder in geringerem Ausmaß verändert werden. (2) Arbeitslosenversicherung: Im konjunkturellen Aufschwung (Abschwung) sind die Einnahmen (Ausgaben) der Arbeitslosenversicherung relativ hoch, die Ausgaben (Einnahmen) dagegen relativ
Bundesagentur für Arbeit ist gem. § 367 SGB III eine rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung und Sitz in Nürnberg. Sie gliedert sich in eine (1) Zentrale auf der oberen Verwaltungsebene, (2) 10 Regionaldirektionen auf der mittleren und (3) 178 Agenturen für Arbeit und (4) 660 Geschäftsstellen auf der örtlichen Verwaltungsebene. Hinzu kommen (5) besondere Dienstellen: (a) Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ( IAB), (b) Zentrale Auslands- und Fachvermittlung, (c) Bildungsinstitut der BA für Arbeit, (d) Hochschule der BA und Fachhochschule für Arbeitsmarktmanagement, (e) IT-Systemhaus der BA, (f) BA-Service Haus und (g) Familienkasse. Die BA steht unter der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das jedoch keine fachliche Weisungsbefugnis hat. 2. Aufgaben: a) Überblick: Die Bundesagentur ist der für die Durchführung der Aufgaben der Arbeitsförderung nach dem dritten Sozialgesetzbuch (SGB III) zuständige Verwaltungsträger und damit sowohl Träger der Arbeitsmarktpolitik als auch Träger der Arbeitslosenversicherung. Außerdem zahlt sie als Träger der Familienkasse das Kindergeld aus. In diesem Rahmen erfüllt die BA für Bürger, Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Institutionen umfassende Dienstleistungsaufgaben für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt. b) Hauptaufgaben: (1) Vermittlung in Ausbildungs- und Arbeitsstellen, (2) Berufsberatung, (3) Arbeitgeberberatung, (4) Förderung der Berufsausbildung, (2) Förderung der beruflichen Weiterbildung, (5) Förderung der beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderung, (6) Leistungen zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, (7) Engeltersatzleistungen, wie z.B. Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld oder Insolvenzgeld, (8) Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, (9) Arbeitsmarktbeobachtung und -berichterstattung und (10) Arbeitsmarktstatistik. 3. Selbstverwaltung: Selbst-
Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben verwaltungsorgane sind der Verwaltungsrat und die Verwaltungsausschüsse der Agenturen für Arbeit. Sie setzen sich zu gleichen Teil aus Vertretern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der öffentlichen Körperschaften zusammen. Der Verwaltungsrat überwacht den Vorstand und die Verwaltung. Der Verwaltungsausschuss überwacht und berät die Agentur für Arbeit bei ihren Aufgaben. 4. Vorstand der Bundesagentur: Der Vorstand besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Er leitet die Bundesagentur, führt deren Geschäfte und vertritt sie nach außen. 5. Geschäftsführungen: Die Regionaldirektionen und Agenturen für Arbeit werden von einer Geschäftsführung (ein Vorsitzender und zwei weitere Mitglieder) geleitet, die vom Vorstand bestellt werden. 4. Haushalt: a) Haushaltsverfahren: Der Haushaltsplan der Bundesagentur wird vom Vorstand aufgestellt und dann vom Verwaltungsrat festgestellt; er bedarf der Genehmigung durch die Bundesregierung. b) Haushaltsvolumen: Höhe wie auch Struktur der Ausgaben und Einnahmen bestimmen Bundesregierung und Parlament über das SGB III, insbesondere die Beitragssätze und -bemessungsgrenzen, die Leistungshöhe und -dauer einzelner Maßnahmen sowie der Entgeltersatzleitungen und über das Haushaltsinkraftsetzungsrecht. Haushaltsdefizite sind aus dem Bundeshaushalt auszugleichen. c) Finanzierung: Die Leistungen der Arbeitsförderung und die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit werden durch (1) Beiträge der Arbeitslosenversicherung (a) der Versicherungspflichtigen, (b) der Arbeitgeber und (c) Dritter (Beitrag zur Arbeitsförderung), (2) Umlagen, (3) Mittel des Bundes und (4) Sonstige Einnahmen finanziert. Weitere Informationen unter www.arbeitsagentur.de Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, BVS; Treu-
handanstalt. Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, Bankenaufsicht. Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Das BAföG regelt im Rahmen der
sozialen Sicherung seit 1971 die individuelle Ausbildungsförderung für weiterführende Schulen (allgemein bildende und fachliche Schulen, Hoch-, Ingenieur-, Kunst- und
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Musikhoch- sowie pädagogische Hochschulen ( Schulausbildungsförderung). Bundesbank, Deutsche Bundesbank. Bundesbankdirektorium,
Deutsche
Bundesbank. Bundesbankgesetz, BBankG. Bundeselterngeld, Sicherung der Fami-
lien und von Kindern. Bundesentschädigungsgesetz
(BEG),
Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der NS Verfolgung, Wiedergutmachung. Bundesertragsabgaben, Oberbegriff für
Finanzmonopole und Bundessteuern.
Bundeshaushalt, planmäßige Veranschla-
gung von Einnahmen (einschl. der Kreditaufnahme) und Ausgaben der BRD für ein oder mehrere Rechnungsjahre, nach Jahren getrennt. I . Ve r f a s s u n g s r e c h t l i c h e G r u n d l a g e (Art. 109115 GG): 1. Wechselseitige Unabhängigkeit der Haushalte von Bund und Ländern. Bund und Länder haben aber dem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht Rechnung zu tragen ( Stabilitätsund Wachstumsgesetz). Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrats bedarf, können gemeinsam geltende Grundsätze für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haushaltwirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung aufgestellt werden (Art. 109). 2. Der Haushaltsplan ist durch Gesetz festzustellen; Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben (Art. 110). 3. Ausmaß der Ermächtigung zur Ausgabenleistung bei nicht rechtzeitig verabschiedetem Bundeshaushalt (Art. 111). 4. Bedingungen der Haushaltsüberschreitung bei überplanmäßigen und außerplanmäßigen Ausgaben (Art. 112). 5. Sperrklausel bei über Regierungsvorschlag hinausgehenden Ausgabebeschlüssen von Bundesrat und Bundestag (Art. 113). 6. Jährliche Rechnungslegung des Bundesministers der Finanzen gegenüber Bundestag und Bundesrat und deren Überprüfung durch den Bundesrechnungshof (Art. 114). 7. Einschränkungen hinsichtlich Kreditaufnahme und Übernahme von Sicherheitsleistungen durch den Bund (Art. 115). I I . Regelung des Bundeshaushaltsr e c h t s : Haushaltsgrundsätzegesetz vom
65 19.8.1969 mit späteren Änderungen und der Bundeshaushaltsordnung (BHO) vom 19.8.1969 mit späteren Änderungen. Die BHO enthält die Allgemeinen Vorschriften zum Haushaltsplan über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes, die Zahlungen, Buchführung und Rechnungslegung sowie die Rechnungsprüfung. Vgl. auch öffentlicher Haushalt, Haushaltsplan. III. Planaufstellungsverfahren (§§ 11 ff. BHO): 1. Der Entwurf des Haushaltsgesetzes ist mit dem Entwurf des Haushaltsplanes vor Beginn des Haushaltsjahres dem Bundesrat zuzuleiten und beim Bundestag einzubringen, i. d. R. spätestens in der ersten Sitzungswoche nach dem 1. September. Die Anforderungen von Haushaltsmitteln werden zunächst bei den Mittelbehörden, ggf. bei den Oberbehörden und schließlich beim zuständigen Fachministerium aufeinander abgestimmt. Beim Bundesfinanzministerium werden die Vorschläge eingereicht. Dort werden die Abschlusszahlen den geschätzten Bundeseinnahmen gegenübergestellt. Verhandlungen zwischen Finanzministerium und jedem Fachressort im Falle der Überforderung. Aufstellung des Entwurfs durch den Bundesminister der Finanzen und Zuleitung an die Bundesregierung, die darüber beschließt; auf Antrag der zuständigen Bundesminister beschließt das Kabinett auch über nicht aufgenommene Einzelpositionen. 2. Festgestellter Entwurf geht als Gesetzesvorlage dem Bundesrat zu (Art. 76 II GG); dessen Finanzausschuss nimmt Stellung. Bundesratsplenum leitet seine Stellungnahme der Bundesregierung zu. Soweit diese etwaigen Änderungswünschen des Bundesrats beipflichtet, ändert sie den Haushaltsplan ab und legt ihn mit eigener Stellungnahme und der des Bundesrats dem Bundestag vor. 3. Entscheidung des Bundestags in drei Lesungen: a) 1. Lesung schließt nach Haushaltsrede des Bundesfinanzministers und grundsätzlichen Ausführungen der Fraktionen zur Finanzpolitik des Bundes mit Überweisung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes nebst Haushaltsplan an den Haushaltsausschuss des Bundestages. Dieser prüft erneut sämtliche Positionen, erstattet am Ende seiner meist mehrmonatigen Arbeit dem Plenum mündlichen Bericht und unterbreitet seine Änderungsvorschläge. b) Die 2. Lesung bringt ausführliche Erörterungen der Einzelpläne im Plenum; hierbei schalten sich die einzelnen Ressortminister mit Klarstellungen
Bundesrechnungshof und Begründungen ein. c) Mit der von der Geschäftsordnung des Bundestages vorgesehenen 3. Lesung passiert das Haushaltsgesetz den Bundestag. 4. Danach Zuleitung des Haushaltsgesetzes an den Bundesrat, der zustimmen oder den Vermittlungsausschuss anrufen kann. Abschließend geht die Vorlage über die Bundesregierung an den Bundespräsidenten. Nach Ausfertigung durch den Bundespräsidenten Verkündung des Haushaltsgesetzes im Bundesgesetzblatt (BGBl). Bundeshaushaltsordnung
Haushaltsreform, Haushaltsgrundsätze.
(BHO),
Bundeshaushalt,
Bundesjugendkuratorium (BJK), Sach-
verständigengremium von 15 Expertinnen und Experten aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft, das die Bundesregierung gem. § 83, Abs. SGB VIII in grundsätzlichen Fragen der Kinder- und Jugendhilfe und in Querschnittsfragen der Kinderund Jugendpolitik berät. Das BJK kann zudem der Bundesregierung, dem zuständigen Ministerium und der Öffentlichkeit zu weiteren Themen Stellungnahmen, Empfehlungen und Positionspapiere übermitteln. Es bezieht junge Menschen in geeigneter Weise in seine Beratungen ein. Bundeskartellamt, Kartellrecht. Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Das BMAS ist für das
System der sozialen Sicherung zuständig; mit Ausnahme des Gesundheitswesens, für die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zuständig ist. Weitere Informationen unter www.bmas.bund.de Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Das BMG wurde aus dem Bun-
desministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ausgegliedert. Es ist für das Gesundheitswesen zuständig. Weitere Informationen unter www.bmg.bund.de Bundesrechnungshof, Sitz in Frankfurt a. M. Nach dem Gesetz vom 11. 7. 1985 ein der Bundesregierung gegenüber unabhängiges, nur dem Gesetz unterworfenes Organ der Finanzkontrolle. Der Bundesrechnungshof ist oberste Bundesbehörde zur Kontrolle des gesamten Finanzgebarens und der Haushaltsführung des Bundes einschließlich
Bundesschatzbrief
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seiner Sondervermögen und Betriebe ( Bundeshaushalt). Er prüft die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Die Aufgaben des Bundesrechnungshofs sind näher festgelegt in der Bundeshaushaltsordnung (BHO). Weitere Informationen unter www.bundesrechnungshof. de Bundesschatzbrief, Wertpapier, das der
Finanzierung des öffentlichen Haushalts und der Eigentums- und Vermögensbildung dient. Bundesschatzbrief können schon ein Jahr nach Erwerb innerhalb eines monatlichen Höchstbetrages zum Nennwert zurückgegeben werden. Die Zinsen steigen von Jahr zu Jahr. Bundesschuldenverwaltung
Bundesumweltstiftung, Deutsche Bun-
desstiftung Umwelt, tätig seit 1991, mit Sitz in Osnabrück; zuständig für die finanzielle Förderung von Umweltprojekten aller Art mit folgenden Aufgabenschwerpunkten: a) Die mittelständische Wirtschaft soll im Sinne vorsorgenden Umweltschutzes ( präventiver Umweltschutz) ökologisch modernisiert werden (Bsp.: Förderung eines abwasserfreien Verfahrens zur Textilienfärbung). b) Motivationsförderung zum nachsorgenden Umweltschutz ( additiver Umweltschutz), (Bsp.: Förderung einer mobilen Anlage zur Behandlung von Klinikmüll). c) Verbesserung der Umweltbildung. d) Rationelle Energienutzung. Von der Bundesumweltstiftung Begünstigte sind verpflichtet, einen Eigenanteil einzubringen und dürfen nicht von anderen Institutionen gefördert werden.
(BSV),
Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (BMF) nach § 1 des Finanzverwaltungsgesetzes; Sitz in Bad Homburg v. d. Höhe. Aufgaben: Beurkundung und Verwaltung der Schulden und Gewährleistungen des Bundes und seiner Sondervermögen; Führung des Bundesschuldbuches; sonstige Aufgaben (z. B. Vertrieb der Sammlermünzen der BRD). Weitere Informationen unter www.bsv.de Bundessondervermögen, Sonderver-
mögen des Bundes. Bundessteuern, Begriff zur Kennzeich-
nung der Steuerertragshoheit des Bundes. 1. Bundessteuern i. e. S.: Steuern, deren Aufkommen allein dem Bund zufließt. Nach Art. 106 I GG stehen dem Bund zu: Zölle, Verbrauchsteuern, die nicht den Ländern (z. B. Biersteuer), Bund und Ländern (z. B. Umsatzsteuer) oder den Gemeinden zustehen: Branntweinsteuer, Schaumweinsteuer, Tabaksteuer, Kaffeesteuer, Mineralölsteuer; weiterhin Kapitalverkehrsteuern, Versicherungsteuer, sowie Abgaben im Rahmen der EU. Vgl. auch Gemeindesteuern, Landessteuern. 2. Bundessteuern i. w. S.: Die Gesamtheit der dem Bund zustehenden Steuereinnahmen, die aus dem Bundessteuern i. e. S. und dem Bundesanteil an den Gemeinschaftssteuern besteht. Vgl. auch Steuerverbund, Finanzausgleich.
Bundesversicherungsamt (BVA), selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit Sitz in Bonn. Kernaufgabe ist die Rechtsaufsicht über die Träger der Sozialversicherung. Darüber hinaus ist das BVA u. a. für die Bewirtschaftung der Zu schüsse des Bundes an die Rentenversicherung, die Zulassung von Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke, die Durchführung des Finanzausgleichs in der sozialen Pflegeversicherung und des Risikostrukturausgleichs sowie seit dem 1.1.2009 für die Verwaltung des Gesundheitsfonds zuständig. Bundesverwaltungsamt, Spätaussiedler. Bundeszentralamt für Steuern, früher
Bundesamt für Finanzen, tung.
Finanzverwal-
Bundeszuschuss. Im Rahmen der sozialen Sicherung werden die gesetzliche Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung neben Beiträgen auch durch einen variablen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt finanziert, der nicht versicherungsgemäße Fremdleistungen abdecken soll. Bürgergeld, Sammelbegriff für verschiede-
ne Konzepte eines vom Staat gesicherten Grundeinkommens, die letztlich auf den Vorschlag einer negativen Einkommensteuer von Milton Friedman zurückgehen.
67 Danach zahlt das Finanzamt den Betrag, der im Vergleich zum steuerpflichtigen Einkommen am Grundeinkommen (als soziales Existenzminimum) fehlt, ohne weitere Bedürftigkeitsprüfung als negative Einkommensteuer aus. Bürgerprämie, Bürgerversicherung. Bürgerversicherung. Vorschlag für eine Umgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung, in die alle Bürger verpflichtend einbezogen werden. Ziele dieses Modells sind: (1) Die Verbesserung der Finanzierungsgrundlage, da man sich durch Einbeziehung aller Einkommen (bis zur Beitragsbemessungsgrenze) eine Verbesserung der Beitragseinnahmen verspricht und damit auch (2) den Leistungsstandard (durch Verzicht auf Leistungskürzungen) glaubt halten oder sogar verbessern
BVS zu können bzw. (3) Beitragssteigerungen vermeiden zu können. (4) Die solidarische Bürgerversicherung soll zudem für mehr Gerechtigkeit im Sozialversicherungssystem sorgen. Im Gegenmodell der Gesundheitsprämie sollen alle Bürger den gleichen Betrag (Kopfpauschale, Kopfprämie, Bürgerprämie) in die Versicherung einbezahlen, wobei Geringverdiener steuerlich subventioniert und Beiträge für Kinder ebenfalls aus Steuermitteln finanziert werden sollen. Bürgschaftsbanken, Kreditgarantiege-
meinschaften. Buy-Back-Geschäfte, Kompensations-
handel. BVS, Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben; Treuhandanstalt.
C Cake Eating Problem, Frage der Um-
Chamberlin-Heuß-Modell, oligopolis-
welt- und Ressourcenökonomik, wie ein vorgegebener Bestand einer erschöpflichen Ressource am besten auf verschiedene Perioden aufzuteilen ist. Die Lösung liegt in einem paretooptimalen Abbaupfad der Ressource.
tische Preisbildung.
Canardsche Steuerregel, auf N. F. Ca-
nard (17551833) zurückgehende These, dass bei alten Steuern Überwälzungsvorgänge abgeschlossen seien und alle gleichmäßig belasteten. Capital Flow, angloamerikanische Bezeichnung für Kapitalwanderungen (brutto oder netto) aus einer Industrie bzw. einem Wirtschaftsgebiet in andere.
Chancengleichheit, Verteilungspolitik. Chaos-Theorie. Mathematische Theorie, die dynamische Systeme durch deterministische, nicht-lineare Differenzen- oder Differenzialgleichungen beschreibt. Hauptcharakteristikum chaotischer Systeme ist, dass die irregulären, aperiodischen Zeitpfade der Systemvariablen, die z. T. an Zufallsprozesse erinnern, (wie beim Billardspiel) stark auf Veränderungen der Anfangsbedingungen reagieren. Cheapest Cost Avoider, diejenige von
Capital Gains, Vermögenswertzuwächse; Wertzuwachssteuer.
mehreren an einem externen Effekt beteiligten Parteien (Verursacher oder Geschädigter), die den entstehenden Schaden ( externe Kosten) am billigsten vermeiden kann.
Ceiling, Obergrenze im Konjunkturmodell
Chicago School, ursprünglich nur mit dem
von Hicks ( Konjunkturtheorie). Gegensatz: Floor.
CES-Funktion, Constant Elasticity of Sub-
stitution, makroökonomische Produktionsfunktion mit konstanter Substitutionselastizität (s) mit allen Werten von null bis unendlich. Als Spezialfälle enthält sie die Cobb-Douglas-Funktion (s = 1) und die Leontief-Produktionsfunktion (s = 0). Die CES-Funktion stellt damit den allgemeinsten Fall makroökonomischer Produktionsfunktionen dar. Ceteris-paribus-Annahme, Ceteris-pari-
bus-Klausel (c. p.), Analyse eines Zusammenhangs unter der Annahme, dass sich nur die betrachtete Variable ändert, während alle anderen ökonomischen Variablen konstant sind. Klassisches Instrument der Partialanalyse. Mathematisch wird die 1. partielle Ableitung einer Funktion mit mehreren unabhängigen Variablen gebildet.
Monetarismus (Milton Friedman u. a.) identifiziert, hat sie in den 70er Jahren auch zu wirtschaftspolitischen Problemen der Antitrustpolitik Stellung bezogen ( Wettbewerbstheorie).
christliche Soziallehre, katholische Sozi-
allehre, evangelische Sozialethik; Christliche Soziallehre meint die lehrmäßigen Stellungnahmen aus christlichen Kirchen zu wirtschaftlichen und sozialen Fragen auf drei Ebenen: (1) der Kirchenleitungen, (2) der Wissenschaft und (3) kirchlicher Gruppen (Verbände). Sie ist ein wichtiger Beitrag zur Wirtschaftsethik. Clearing. Abrechnung auf Grund einer
Vereinbarung; institutionell über eine gemeinsame Abrechnungsstelle (Clearing-Stelle) gesicherte Verrechnung (Saldierung) von gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten der Teilnehmer.
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_3, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Closed Bid Closed Bid, Ausschreibung, die keine Nachverhandlungsphase vorsieht. Club of Rome, im April 1968 in Rom
gegründete private Vereinigung von maximal 100 Persönlichkeiten mit 79 aktiven Mitgliedern aus 43 Ländern und Gruppierungen in 26 Ländern (2002). Ziele: Förderung des Verständnisses der wirtschaftlichen, politischen, sozialen und natürlichen Zusammenhänge des globalen Systems der Erde; bekannt geworden durch seine Wachstumskritik (The Limits to Growth, 1972; Beyond the Limits, 1992) und den RIO-Report (1976). Weitere Informationen unter www.clubof rome.org und www.clubofrome.de Coase-Theorem. Begriff der Allokations-
theorie ( Wohlfahrtsökonomik) und Umwelt- und Ressourcenökonomik. Das CoaseTheorem zeigt, dass in einer Welt ohne Transaktionskosten Ressourcen immer in die wirtschaftlich effizienteste Verwendung fließen. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus die eigentliche Aussage des Coase-Theorem: Sobald Transaktionskosten eine Rolle spielen, kommt es auf die Art der institutionellen Einbettung an, der eine realitätszugewandte ökonomische Analyse Rechnung tragen muss. Das Coase-Theorem wurde zum Ausgangspunkt der Property-Rights-Theorie ( Verfügungsrechte), weil es feststellt, dass es nicht auf die Güter selbst ankommt, sondern auf die Verfügungsrechte daran.
70 CO2-/Energiesteuer. 1. Begriff: a) Grund-
lage EU-Richtlinienentwurf für eine CO2-/ Energiesteuer: Hintergrund ist die Selbstverpflichtung der Gemeinschaft, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2000 auf dem Niveau von 1990 zu stabilisieren. Die Einführung machte die EU abhängig von der Ergreifung ähnlicher Maßnahmen in anderen OECDMitgliedstaaten, insbes. USA und Japan (sog. Konditionalität). b) Steuergegenstand sind die fossilen Primärenergieträger und Elektrizität. Die Steuer auf Primärenergieträger umfasst eine CO2-Komponente und eine Energiekomponente. 2. Für Deutschland lag der Vorschlag einer ggf. auch im nationalen Alleingang einzuführenden Endenergiesteuer nach dem Energiegehalt durch die Enquete-Kommission Schutz der Erdatmosphäre (1994) vor. Nach einer Selbstverpflichtungsaktion der Deutschen Wirtschaft vom 27.03.1996, die spezifischen CO2Emissionen bis zum Jahre 2005 um 20% zu verringern, wurde auf die Einführung der CO2-Steuer zunächst verzichtet. Im Rahmen der Kfz-Steuerreform 2009 wird zusätzlich zur Hubraumsteuer auch die Schadstoffemission für Autos mit Emissionen jenseits eines Grenzwertes mit weiteren 2 Euro pro überschüssiges Gramm CO2 herangezogen. Der Schwellenwert liegt in den Jahren 2010 und 2011 bei 120 Gramm CO2, 2012 und 2013 bei 110 Gramm und ab 2014 bei 95 Gramm. Vgl. Umweltpolitik. COICOP, Classification of Indiviual Con-
Cobb-Douglas-Funktion, von P. H. Cobb
und Ch. W. Douglas entwickelte substitutionale makroökonomische Produktionsfunktion mit konstanten partiellen Produktionselastizitäten der Einsatzfaktoren, z.B. der Produktionselastizität der Arbeit () und des Kapitals (). Ist die Summe der partiellen Produktionselastizitäten ( + ) größer (kleiner, gleich) eins, weist die C.-D.-F. steigende (sinkende, konstante) Skalenerträge auf. Im Falle konstanter Skalenerträge ( + = 1) ist die Cobb-Douglas-Funktion linearhomogen, d. h. eine Erhöhung des Arbeitsund Kapitaleinsatzes um jeweils x Prozent führt zu einer Erhöhung des Outputs von ebenfalls x Prozent. Cobweb-Theorem, Spinweb-Theorem.
sumption by Purpose, Harmonisierter Verbarucherpreisindex (HVPI). COLOMBO-Plan, Colombo-Plan for Coo-
perative Economic and Social Development in Asia and the Pacific; 1950 von 7 Staaten des Commonwealth zur Förderung der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung und zur Steigerung des Lebensstandards geschaffenes Instrument mit Sitz in Colombo. Mitglieder sind 20 Entwicklungsländer in Süd-Ost-Asien sowie Kanada, USA, Australien, Japan, Neuseeland und U.K. Ziel: Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in den Empfängerländern über Kapitalhilfe, Güterlieferungen, technische Expertenhilfe, die Bereitstellung von Studienplätzen und den Transfer von Hochtechnologie.
71
COREPER
Comité des Organisations Professionelles Agricoles de la CEE, COPA.
Concentration Ratios, Unternehmens-
Commodity-Terms of Trade. Eines der
Constitutional Economics, Zweig der Neuen Institutionenökonomik, der die Entstehung einer Verfassung aus der Anarchie heraus analysiert. Dabei gibt es den vertragstheoretischen Ansatz von Buchanan und den evolutorischen Ansatz von Hayek. Nach Buchanan entsteht die Verfassung als Ergebnis planvollen Handelns. Nach Hayek ergibt sie sich dagegen als Konsequenz spontaner Handlungen der Individuen. Diese Gegenpositionen zur Verfassungsentstehung lassen sich auf die allgemeinere Frage nach der historischen Entwicklung von Institutionen übertragen.
Konzepte der Terms of Trade, definiert als die Relation des Export- zum Importgüterpreisindex (als Indexveränderung ausgedrückt). Wenn ohne nähere Erläuterung von Terms of Trade die Rede ist, sind Commodity-Terms of Trade gemeint. Kehrwert: NetBarter-Terms of Trade. Anders: IncomeTerms of Trade. Common Pool Problem, Allokationsprob-
lem bei der Nutzung einer dem gemeinsamen Zugriff mehrerer Entscheidungsträger ausgesetzten Ressource ( Allmenderessource). Common-Pool-Ressource, Allmende-
konzentration.
Contestable
Markets,
potenzieller
ressource.
Wettbewerb.
Common-Property-Ressource, All-
Contingent Valuation, kontingenter Be-
menderessource. Community Development, Entwicklungsstrategie, die Eigeninitiativen im Wege einer Entwicklung von unten anstrebt. Entscheidend ist die Teilnahme der Bevölkerung an der Ausgestaltung der Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen (Selbstund Nachbarschaftshilfe). Hilfestellungen zur Reform des Bildungswesens und Verbesserung der sozialen Infrastruktur werden von staatlicher Seite zur Verfügung gestellt. Der Schwerpunkt liegt in der Förderung von Motivation und Fertigkeiten der armen Bevölkerung in der Dritten Welt, die entscheidender sei als alleinige materielle Hilfe. Comovement, gleichgerichtete Bewegung
unterschiedlicher ökonomischer Zeitreihen im Konjunkturverlauf. Beispiel: Bruttoinlandsprodukt ( Sozialprodukt) und seine Komponenten. Competitive Bidding, Ausschreibung. Comprehensive Tax Base, Begriff aus der modernen steuertheoretischen Diskussion: möglichst breite Besteuerungsbasis bei der Einkommensbesteuerung (zur Vermeidung allokativer Verzerrungen zwischen den Einkunftsarten) und bei der Ausgabensteuer.
wertungsansatz; Methode der ökonomischen Bewertung von Umweltressourcen ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Bei der Contingent Valuation wird die Zahlungsbereitschaft der Probanden für Umweltqualitätsveränderungen mit Hilfe von Befragungen ermittelt (direkter Bewertungsansatz). Die Contingent Valuation leidet tendenziell darunter, dass die Befragten keinen ökonomischen Anreiz haben, über ihre Zahlungsbereitschaft nachzudenken (Belohnungsproblem). Ferner ist es denkbar, dass die Befragten ihre Präferenzen absichtlich verzerrt wiedergeben (Problem des strategischen Verhaltens). COPA, Comité des Organisations Professionelles Agricoles de la CEE; 1958 gegründeter Interessenverband von 30 berufsständischen landwirtschaftlichen Organisationen in der EU. Hauptziel: Sicherung der Lebensund Arbeitsbedingungen sowie die Verbesserung der Einkommenslage der Landwirte in der EU. Das C. begleitet die Gemeinsame Agrarpolitik der EU u. a. in Form regelmäßiger Stellungnahmen.
Comité des Représentants Permanents, Ausschuß der ständigen Vertreter (AStV); Hilfsorgan des Europäischen Rats. Mitglieder: Bei der EU akkreditierte ständige Vertreter der Mitgliedstaaten im Botschafterrang; Aufgaben des AStV: Vorbereitung der Sitzungen des Rats sowie COREPER,
Cost-Benefit-Analyse
72
Ausführung von durch den Rat übertragenen Aufgaben (Art. 151 EG-Vertrag). Zur Aufgabenerfüllung kann der AStV Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen einsetzen. Cost-Benefit-Analyse, Kosten-Nutzen-
Analyse. Cost-Push-Inflation, Inflation. Cournot-Oligopol, Modell nichtkooperativen oligopolistischen Verhaltens. Jeder Anbieter wählt unter der Annahme konstanter Angebotsmengen aller Konkurrenten die für ihn optimale Angebotsmenge. Je mehr die Konkurrenten anbieten, umso weniger bietet der einzelne Anbieter an (Reaktionsfunktion). Die Unterstellung konstanten Konkurrenzangebotes widerspricht der fallenden Reaktionsfunktion, es entsteht eine Art strategischen Irrtums, der bei einem internationalen Oligopol die Grundlage für strategische Handelspolitik sein kann. Vgl. auch AktionsReaktions-Verbundenheit, Handelspolitik, Bertrand-Oligopol, oligopolistische Preisbildung.
nach rechts auf IS2. Bei gleichem Zinsniveau r1 könnte das Volkseinkommen auf YA steigen. Bei gegebener LM-Kurve (d.h. bei unveränderter Geldpolitik und gleicher Geldnachfrage) kommt es jedoch zu einem neuen simultanen Gleichgewicht im Punkt E 2 , da das Zinsniveau auf r2 steigt. Dies hat zur Folge, das dass neue simultane Gleichgewichtseinkommen nur auf Y2 steigt. Der durch die Zinsniveauerhöhung bewirkte Verdrängungseffekt, schlägt sich in dem absoluten Einkommens(expansions)verlust von YA Y1 nieder, dem Crowding-OutEffekt (COE). Festzuhalten bleibt aber, dass kein absoluter Einkomensverlust bewirkt wird, sondern nur nur eine geringere Einkommensteigerung. Crowding Out Effekt im IS-LM-Modell r
IS1
IS 2 E2
r2 r1
LM
E1
A
Cournotscher Punkt, monopolistische
Preisbildung.
COE
Cournotsches Dyopol, oligopolistische
Preisbildung. Critical-Loads-Konzept, kritische Be-
lastungswerte. Crowding-Out, Allokationshypothese, die
besagt, dass durch eine (kreditfinanzierte) Ausweitung der Staatsnachfrage das allgmeine Zinsniveau steigt und die private zinselastische Nachfrage, insbesondere die Investionsgüternachfrage mehr oder weniger verdrängt wird. Dadurch wird die expansive Wirkung eines Deficit Spending reduziert. Dies lässt sich im IS-LM-Modell eines simultanen Gleichgewichts auf dem Gütermarkt folgendermaßen darstellen. In der Ausgangslage liegt im Schnittpunkt E1 der IS1-Kurve (Gütermarktgleichgewichte) und der LM-Kurve (Geldmarktgleichgewichte) ein simultanes Gleichgewicht auf dem Güterund Geldmarkt mit dem Zinsniveau r1 und dem Gleichgewichtseinkommen Y1 vor. Die Expansive Fiskalpolitik (Defizitspending) bewirkt eine Verschiebung der IS-Kurve Zu einem neuen
au
Y1
Y2
YA
Y
Currency-Theorie, Geldtheorie, nach der im Gegensatz zur Banking-Theorie nur Banknoten und Münzen Geld sind. Das Preisniveau kann nach Auffassung der Currency-Theorie nur von diesen beiden monetären Größen beeinflusst werden. Geldsurrogate werden als streng proportionale Größen zur Geldmenge (Noten, Münzen) behandelt und haben von daher keine eigenständige Bedeutung für das Preisniveau. Nach Auffassung der Currency-Theorie dürften Banknoten nur auf Grund voller Golddeckung ( Goldstandard) ausgegeben werden, weil durch den Goldwährungsmechanismus der Zahlungsmittelbedarf eines Landes am besten reguliert werde. Die Ausgabe von Banknoten erhöht die Geldmenge und löst inflationäre Tendenzen aus. Nach Auseinandersetzung mit den Vertretern der Banking-Theorie wurde die Currency-Theorie in England durch die Peelsche Bankakte (1844) verwirklicht, bis die Goldwährung in den 30er Jahren vom Pfund abgelöst wurde.
D Daten. I . Wi r t s c h a f t s t h e o r i e : Bezeichnung für Gegebenheiten, die den Wirtschaftsablauf beeinflussen, ohne von diesem selbst zumindest unmittelbar und kurzfristig beeinflusst zu werden. Diese Daten sind teils einzel-, teils gesamtwirtschaftlicher Natur. In der Theorie der Wirtschaftspolitik ( allgemeine Wirtschaftspolitik) Größen, die weder direkt noch indirekt durch den Entscheidungsträger beeinflusst werden können. Größen, die lediglich im Modell als vorgegeben betrachtet werden, ansonsten aber z.B. durch die Wirtschaftspolitik beeinflusst werden können, bezeichnet man als exogene Variablen. I I . Ö k o n o m e t r i e : die zur Verfügung stehenden wirtschaftsstatistischen Größen in Form von Querschnittsoder Zeitreihendaten. Querschnittsdaten ergeben sich aus der Beobachtung verschiedener Wirtschaftssubjekte, z. B. Haushalte oder Unternehmungen, zu einem bestimmten Zeitpunkt. Zeitreihendaten resultieren aus der Beobachtung eines bestimmten Wirtschaftssubjektes oder eines bestimmten Aggregates, z. B. der Konsumausgaben aller privaten Haushalte, über mehrere aufeinander folgende Zeitpunkte/räume. Debt Management. 1. Begriff der Fi-
nanzwissenschaft für Maßnahmen, die den stabilisierungspolitischen, allokativen und fiskalischen Zielen staatlicher Schuldenpolitik dienen. I. e. S. Maßnahmen der Schuldenstrukturpolitik, d. h. für Veränderungen in der Zusammensetzung der öffentlichen Schuld. I. w. S. auch Schuldenniveauvariationen. 2. Aufgaben: Bewegliche Anpassung von Umfang, Konditionen und Fristigkeiten der öffentlichen Schuld an die Geld- und Kapitalmärkte; Abstimmung der Schuldenpolitik mit der Geldpolitik, insbes. der Offenmarktpolitik. Decision Lag, Lag. Deckung. I . G e l d - u n d W ä h r u n g s p o -
Notenbank zur Notendeckung, d. h. zur jederzeitigen Einlösung zurückströmender Banknoten. Keine Verpflichtung zur Notendeckung für die Deutsche Bundesbank bzw. für die EZB. I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t : Bezüglich Ausgabendeckung durch staatliche Kreditaufnahme bestehen Deckungsgrundsätze.
Deckungsfähigkeit, Ausnahme vom Haushaltsgrundsatz der qualitativen Spezialität ( Haushaltsgrundsätze). Sachverwandte Haushaltstitel können im Haushaltsplan als einseitig oder gegenseitig deckungsfähig erklärt werden, d. h. die Übertragung von Haushaltsmitteln von einem Titel auf einen anderen wird ausnahmsweise gestattet. Deckungsgrundsatz, auch als Verschuldungsregel bezeichnet. Grundsatz hinsichtlich Bedingungen und Umfang staatlicher Verschuldung ( öffentliche Kreditaufnahme) zur Ausgabendeckung. Art. 109 GG verlangt eine Ausrichtung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern an den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Art. 115 GG gestattet ein situationsbedingtes Abweichen von den darin festgelegten Verschuldungsgrenzen. Deckungskredite, öffentliche Kreditauf-
nahme. Deckungsrelation, das für Ausgleichszuweisungen im Finanzausgleich maßgebliche Verhältnis zwischen Finanzkraft und Finanzbedarf öffentlicher Aufgabenträger. Deduktion, logisches Verfahren der Ableitung von weniger allgemeinen aus allgemeineren Aussagen ( Axiom, Theorem). Aus Prämissen oder allgemein gültig erkannten Tatbeständen werden Schlüsse (Konklusionen) deduziert. Gegensatz: Induktion.
l i t i k : Bereithaltung von Mitteln seitens der von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_4, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Deficit-Spending Deficit-Spending. I . B e g r i ff : Überschuss der Ausgaben über die Einnahmen der öffentlichen Haushalte (Haushaltsfehlbetrag), um einen expansiven Effekt im Zustand der Unterbeschäftigung zu erzielen. Der Begriff Deficit-Spending ist eng mit der Fiscal Policy in der Tradition keynesia nisch orientierter antizyklischer Finanzpolitik verbunden und bezeichnet einen aus dieser Theorie oft gefolgerten Imperativ für den Finanzpolitiker, mittels öffentliche KreVerschuldung ( ditaufnahme) Ausgabenbzw. Konjunkturprogramme zu finanzieren. I I . A r t e n : 1. Defizit durch lineare oder selektive Steuersatzsenkung (Deficit Without Spending) bei konstantem Ausgabevolumen; geringer expansiver Effekt, da der Steuermultiplikator relativ klein ist und nicht gewährleistet ist, dass die Erhöhung des verfügbaren Einkommens zu einer entsprechenden Erhöhung der kaufkräftigen Nachfrage führt. 2. Defizit durch Ausgabenerhöhung bei unveränderten Steuersätzen; starker expansiver Effekt wegen des relativ hohen Staatsausgabenmultiplikators. 3. Defizit durch gleichzeitige Ausgabenerhöhung und Einnahmensenkung; sehr starker expansiver Effekt durch Zusammenwirken von Ausgaben- und Steuermultiplikator. I I I . D e f i zitfinanzierung: Grundsätzlich sind (abgesehen vom Notenbankkredit) alle Verschuldungsformen der öffentlichen Hand zugänglich; die Gläubiger reichen von ausländischen Staaten über ausländische Private bis hin zu inländischen Privaten (z. B. Banken, Versicherungen). Kritik: Wirkungsschwächung durch Zinsniveauerhöhung und Zurückdrängung privater Nachfrage ( Crowding-Out). Gefahr, politische Bedarfe über einen inflatorischen Notendruck zu finanzieren. Vgl. auch antizyklische Fiskalpolitik. Deficit Without Spending, Deficit-
Spending. Defizit, Begriff aus der Theorie der öf-
fentlichen Haushalte für den die laufenden Einnahmen übersteigenden Betrag der Ausgaben. Vgl. auch strukturelles Defizit, Nettokreditaufnahme, konjunkturelles Defizit, Normaldefizit, Deficit-Spending, Defizitgrenze. Defizitgrenze, im Rahmen der Maast-
richtkriterien haben sich die EU-Mitglied-
74 staaten auf eine Obergrenze des nationalen Haushaltsdefizits von 3 % des Bruttoinlandsprodukts festgelegt. Deflation, Inflation. Deflationierung, doppelte Inflationierung.
reales Sozialprodukt.
deglomerative Preisdifferenzierung,
monopolistische Preisbildung. Degression, Regression. Deindustrialisierung. 1. Begriff zur Kenn-
zeichnung bestimmter Muster des sektoralen Strukturwandels. Auf hohem volkswirtschaftlichem Entwicklungsniveau verliert die industrielle Produktion im Vergleich zu den Dienstleistungen relativ an Bedeutung. Vgl. auch Drei-Sektoren-Hypothese. Dekartellierung, beinhaltet als wettbe-
werbspolitischer und -rechtlicher Begriff die Auflösung wirtschaftlicher Unternehmenszusammenschlüsse, die auf Wettbewerbsbeschränkungen ausgerichtet sind. Vgl. Entflechtung Kartellrecht Wettbewerbstheorie. Demand-Pull-Inflation, Inflation.
Abgrenzungsvertrag. Vertrag, der die Interessengebiete zweier oder mehrerer nach den gleichen Zielen strebender Subjekte abgrenzt (z. B. beim Gebietskartell) und dem allgemeinen Kartellverbot ( Kartell, Kartellrecht) unterliegt. Demarkationsverträge sind zwecks wettbewerblicher Öffnung der Strom- und Gasversorgung durch die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes nur noch für die Wasserversorgung hiervon freigestellt. Vgl. auch Energiepolitik. Demarkationsvertrag,
Demographie,
Bevölkerungswissen-
schaft. Demokratie. I . A l l g e m e i n : direkte
Demokratie, indirekte Demokratie; vgl. auch Ordnungsökonomik. I I . Wi r t s c h a f t s e t h i k : Neben der Bedeutung der Demokratie als Staatsform (Herrschaft der Mehrheit mit Verfassung und Menschenrechten etc.) und als kollektives Entscheidungsverfahren gewinnt Demokratie zuneh-
75 mend Bedeutung in der Wirtschaftsethik. Demokratie bildet das kollektive Pendant zur Autonomie. Als Entscheidungsregel für die Gültigkeit von Regelungen kommt allein der Konsens in Betracht ( Konsensethik). demokratischer Zentralismus, Organisationsprinzip des Marxismus-Leninismus; von Lenin ursprünglich für den Aufbau und die Leitung der russischen kommunistischen Partei eingeführt, wurde es nach der kommunistischen Machtergreifung in Russland 1917 auch auf Staat und Wirtschaft übertragen. Bis zu den gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Umgestaltungen galt er in den sozialistischen Staaten. 1. Elemente des parteiinternen demokratischen Zentralismus: a) Wahl der Parteiorgane von unten nach oben; b) regelmäßige Berichterstattung gegenüber der wählenden Instanz; c) Straffe Parteidisziplin und Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit. 2. Im staatlichen Bereich steht der demokratische Zentralismus ebenfalls für einen hierarchischen Aufbau mit zentraler Leitung durch die obersten Staatsorgane unter unmittelbarem Einfluss der kommunistischen Partei (bei enger personeller Verflechtung). 3. Im wirtschaftlichen Bereich manifestiert sich der demokratische Zentralismus in der zentralen staatlichen Leitung und Planung der wirtschaftlichen Prozesse (staatssozialistische Zentralverwaltungswirtschaft). Demonstrativkonsum, Veblen-Effekt. Demoökonomie, Bevölkerungsökono-
Deutsche Bundesbank Deregulierung, Aufhebung von Regulierungstatbeständen ( Regulierung). Heute in der wirtschaftspolitischen Diskussion häufig erhobene Forderung, um durch mehr Wettbewerb zu höherer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit beizutragen. Vgl. auch Angebotsökonomik. Desinflation, Inflation. Determinanten des Wachstums. Zwischen der Wachstumstheorie und der praktischen Wachstumspolitik sehen viele Ökonomen ein Spannungsverhältnis, weil in der Vergangenheit aus den theoretischen Erörterungen oftmals keine konkreten Handlungsanweisungen für die Politik abgeleitet wurden. Hier werden deshalb die aus den theoretischen und empirischen Arbeiten gewonnenen Erkenntnisse als Katalog der potenziellen Determinanten des Wachstums zusammengestellt, die die staatliche Wachstumspolitik beeinflussen: (1) Sachkapital, das aus den Ersparnissen gebildet wird; (2) Humankapital in Form von an Personen gebundenes Wissen; (3) Umfang des vorhandenen technischen Wissens; (4) Eigentumsrechte an Humankapital; (5) Wettbewerb auf Faktorund Gütermärkten; (6) Stand von Forschung und Entwicklung; (7) Freihandel aller Güter; (8) Form und Ausmaß staatlicher Regulierung; (9) Qualität der öffentlichen Infrastruktur; (10) Qualität von Bildungs- und Ausbildungssystem; (11) Ausgestaltung des Steuersystems; (12) Ausmaß von Verteilungsunterschieden; (13) Stabilität des politischen Systems.
mie. Determinismus, Freiheit. Dependencia-Theorien sehen die Unter-
entwicklung der Dritten Welt in erster Linie als Folge ihrer unausgewogenen Einbindung in die Weltwirtschaft. Ihre Eingliederung in den kapitalistischen Weltmarkt, erzwungen durch Kolonialismus, Imperialismus und Neokolonialismus war verbunden mit Ausbeutung und strukturellen Abhängigkeiten. Gefordert wird eine Abkoppelung aus der Weltwirtschaft ( autozentrierte Entwicklung) und eine Politik der Importsubstitution. Depression, Konjunkturphasen. Deprivation, Armut.
Deutsche Bundesbank, Zentralbank der BRD und seit dem Eintritt in die dritte Stufe der Europäischen Währungsunion integraler Bestandteil des Europäischen Systems der Zentralbanken ( ESZB). Die Deutsche Bundesbank ist eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt am Main, die 1957 gem. Grundgesetz und Bundesbankgesetz ( BBankG) durch Verschmelzung der damaligen Bank deutscher Länder und der Landeszentralbanken errichtet wurde. 1. Aufgaben: a) allgemein: Aufgrund der rechtlichen Grundlagen des Art. 108 des EGVertrages, der Satzung des ESZB und des 6. Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die
Deutsche Bundesbank Deutsche Bundesbank vom 22.12.1997 wirkt die Deutsche Bundesbank an der Erfüllung der Aufgaben des ESZB mit dem vorrangigen Ziel mit, die Preisniveaustabilität ( Stabilisierung des Binnenwertes) zu gewährleisten. Außerdem sorgt sie für die bankmäßige Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und mit dem Ausland. b) Notenbank: Innerhalb des Euro-Raumes hat die EZB das alleinige Recht, die Ausgabe von Banknoten zu genehmigen, wobei die EZB und die Deutsche Bundesbank als nationale Zentralbank zur Ausgabe von Banknoten berechtigt ist. Bis zur Ausgabe von EuroBanknoten und Münzen am 1.1.2002 war die D-Mark das alleinige gesetzliche Zahlungsmittel. c) Bank der Banken: Die Geschäftsbanken sind zur Aufrechterhaltung ihrer Zahlungsfähigkeit und Mindestreserveverpflichtung auf Guthaben bei der Zentralbank angewiesen. Bargeld und Notenbankguthaben können sie sich nur durch Geschäfte mit der Bundesbank verschaffen. Die Deutsche Bundesbank ist als Teil des ESZB letzte Refinanzierungsquelle des Bankensystems. Außerdem stellt sie den Banken Dienstleistungen für die Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs zur Verfügung und ist an der Bankenaufsicht beteiligt. d) Bank des Staates: Die Deutsche Bundesbank fungiert als Hausbank des Bundes und der Länder, indem sie für die öffentlichen Haushalte die Kontoführung und den Zahlungsverkehr besorgt sowie die Kreditaufnahme des Staates am Kapitalmarkt unterstützt. Sie bringt außerdem die (nur vom Bund auszugebenden) Münzen in Umlauf, nachdem der Umfang der Ausgabe durch die EZB genehmigt wurde. Die Deutsche Bundesbank darf jedoch nach EU-Recht (im Gegensatz zu früher) staatlichen Stellen keine Kredite gewähren. e) Verwalterin der Währungsreserven: Die Deutsche Bundesbank hat zu Beginn der 3. Stufe WWU ( EU) Währungsreserven im Umfang von 12,2 Mrd. EUR (15 % Gold und 85 % Devisen) auf die EZB übertragen. Die verbliebenen Währungsreserven der Bundesrepublik Deutschland (in der Hauptsache USDollar-Guthaben bei Banken oder Notenbanken im Ausland, Goldbestände und Reservepositionen und Forderungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds ( IWF und der EZB) verwaltet die Deutsche Bundesbank und legt sie Gewinn bringend an. Zur Wahrung der Einheitlichkeit der gemeinsamen Geld- und Wechselkurspolitik bedürfen
76 Geschäfte mit diesen nationalen Währungsreserven jedoch ab einer bestimmten Größenordnung der Zustimmung der EZB. f) Ausführung der gemeinsamen Geld- und Währungspolitik: Die Deutsche Bundesbank ist als integraler Bestandteil des ESZB für die dezentrale Umsetzung der geld- und währungspolitischen Leitlinien und Entscheidung der EZB mit Hilfe des einheitlichen geldpolitischen Instrumentariums verantwortlich. Die im Bereich der Refinanzierung der Kreditinstitute vom EZB-Rat beschlossene Leitlinie (General Documentation) räumte den nationalen Zentralbanken bei der Umsetzung einen eigenen Gestaltungsspielraum ein, den die Deutsche Bundesbank durch eine Änderung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgenutzt hat, so dass das geldpolitische Instrumentarium nationale, d.h. bundesbankspezifische Besonderheiten aufweist (z.B. im Bereich der Sicherung von Notenbankkrediten). 2. Unabhängigkeit: Die Deutsche Bundesbank ist im Innenverhältnis des ESZB natürlich an die Leitlinien und Weisungen der EZB unterworfen, wobei ihr bei der Umsetzung von Leitlinien durchaus ein gewisser Ermessensund Gestaltungsspielraum eingeräumt wird. Damit sie im Rahmen der gemeinsamen europäischen Geld- und Währungspolitik ihren Auftrag jedoch ohne politischen Druck ausführen kann, hat ihr der Gesetzgeber ein hohes Maß an Unabhängigkeit nach außen verliehen (sog. Bundesbankautonomie, Unabhängigkeit der Zentralbank). 3. Organe: (1) Zentralbankrat: bestimmt als oberstes Beschlussorgan die Geschäftspolitik der Deutsche Bundesbank und erörtert die Auswirkungen der europäischen Geld- und Währungspolitik, die seit dem 1.1.1999 vom EZB-Rat bestimmt wird. Der Zentralbankrat setzt sich aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und den weiteren Mitgliedern des Direktoriums der Bundesbank sowie den Präsidenten der Landeszentralbanken zusammen. Er tagt i. d. R. alle 14 Tage. (2) Direktorium: als zentrales Exekutivorgan für die Durchführung der Beschlüsse des Zentralbankrates verantwortlich. Es besteht aus dem Präsidenten, Vizepräsidenten und bis zu sechs weiteren Mitgliedern, die auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten auf acht Jahre ernannt werden. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören die Geschäfte mit dem Bund und seinen Sondervermögen sowie den Kreditinstituten, die
77 Durchführung der Offenmarktgeschäfte im Auftrag des EZB-Rates, die Geschäfte mit dem Ausland und die Verwaltung der Währungsreserven. (3) Vorstände der Landeszentralbanken, die neun Hauptverwaltungen ( Landeszentralbanken) und 140 nachgeordneten Zweiganstalten leiten und die Geschäfte der Bundesbank mit den Kreditinstituten und öffentlichen Verwaltungen durchführen. Der Vorstand besteht aus dem Präsidenten der Landeszentralbank (gleichzeitig Mitglied des Zentralbankrates) und ein bis zwei weiteren Mitgliedern. Der Präsident wird auf Vorschlag des Bundesrates ernannt, die übrigen Vorstandsmitglieder ernennt der Präsident der Bundesbank auf Vorschlag des Zentralbankrates. 4. Geldpolitische Strategie: In Anlehnung an die bisherige Strategie der Deutsche Bundesbank verfolgt auch der EZB-Rat zur Erreichung des vorrangigen Zieles der Preisstabilität eine Geldmengenpolitik, die einen Referenzwert für die Wachstumsrate der Geldmenge M3 ankündigt. Unter Vorgabe der Definition der Preisstabilität durch eine Wachstumsrate des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) im Euro-Währungsgebiet von unter 2 % wird dieser Referenzwert für das Geldmengenwachstum unter Berücksichtigung des geschätzten Trendwachstums des realen Bruttoinlandsproduktes und der trendmäßig zurückgehenden Einkommensumlaufgeschwindigkeit von M3 festgelegt ( Geldmengenziel). 5. Geldpolitische Instrumente: Zur Erreichung dieser weitestgehend dezentral ausgeführten Geldmengenpolitik verfügen die EZB und die nationalen Zentralbanken über eine Reihe zins- und liquiditätsbeeinflussender geldpolitischer Instrumente. a) Offenmarktgeschäfte bilden den Schwerpunkt des geldpolitischen Instrumentariums des ESZB bzw. im nationalen Rahmen der Bundesbank. Dabei handelt es sich überwiegend um verschiedene Formen von Wertpapierpensionsgeschäften, aber auch um Wertpapierkäufe. (1) Hauptrefinanzierungsgeschäfte bilden regelmäßige wöchentliche Wertpapierpensionsgeschäfte in Form von Standardtendern ( Zinstendern und Mengentendern) mit jeweils zweiwöchiger Laufzeit. (2) Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte mit dreimonatiger Laufzeit werden parallel dazu als Zinstender monatlich durchgeführt. Sie dienen der Verstetigung des Geldmarktes. (3) Feinsteuerungsoperationen mit einem begrenzten Kreis von Geschäfts-
Deutsche Bundesbank partnern ohne standardisierte Laufzeit können im Falle unerwarteter Liquiditätsschwankungen eingesetzt werden (befristete Tendergeschäfte, Devisenswaps und definitive Käufe bzw. Verkäufe von Wertpapieren und sonstigen Aktiva). (4) Strukturelle Operationen ohne standardisierte Laufzeit können in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen zur Anpassung der strukturellen Liquiditätsposition des Finanzsektors gegenüber dem ESZB genutzt werden. b) Ständige Fazilitäten dienen dazu, kurzfristige Liquiditätsbedarfe oder Liquiditätsüberschüsse (Liquiditätsspitzen) der Geschäftsbanken zu decken oder zu absorbieren: (1) Durch die Spitzenrefinanzierungsfazilität (Nachfolger des früheren Lombardkredites der Deutschen Bundesbank) wird den Geschäftsbanken in beantragter Höhe und zu einem gegebenem Zinssatz ein Übernachtkredit zur Verfügung gestellt. Eine am Ende eines Geschäftstages bestehende Kontoüberziehung gilt als Antrag auf Inanspruchnahme der Fazilität in Höhe der Überziehung. (2) Bei der Einlagefazilität können die Geschäftsbanken überschüssige Liquidität über Nacht bis zum Beginn des nächsten Geschäftstages bei der Bundesbank zu einem vorgegebenen Zinssatz anlegen. (3) Die Zinssätze der ständigen Fazilitäten bilden dabei für den Tagesgeldsatz des Interbankengeldmarktes einen Zinskanal, in dem der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsliquidität die Obergrenze und der Zinssatz für die Einlagenfazilität die Untergrenze bildet. Der auf den Tagesgeldsatz ausgerichtete Leitzins des Hauptrefinanzierungsinstruments bewegt sich in diesem Zinskanal. c) Mindestreserve: Auch im ESZB müssen die Geschäftsbanken in Höhe von 2 % bestimmter Verbindlichkeit (Mindestreservesatz) ein Guthaben bei der Bundesbank halten. Das Mindestreserveguthaben wird zum Zinssatz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte verzinst. Die Mindestreservepflicht ist für den Monatsdurchschnitt definiert, so dass die Geschäftsbanken kurzfristige Liquiditätsschwankungen ohne Beanspruchung des Geldmarktes über das Mindestreservekonto ausgleichen können. Dadurch soll eine Stabilisierung der Geldmarktzinsen und eine Reduzierung der Feinsteuerungsmaßnahmen erreicht werden. Ferner soll das Mindestreserveinstrument die Nachfrage nach Zentralbankgeld und die Zinselastizität der Geldnachfrage erhöhen. 5. Grundkapital, Rück-
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit lage und Bundesbankgewinn: Das seit Errichtung der Deutsche Bundesbank unveränderte Grundkapital von 290 Mio. DM wurde mit Beginn der 3. Stufe der EWWU auf 2,5 Mrd. Euro erhöht, in gleicher Höhe muss eine gesetzliche Rücklage gebildet werden. Bis dieser Betrag erreicht ist, müssen jährlich 20 % des Bundesgewinnes, mindestens jedoch 250 Mio. EUR dieser Rücklage zugeführt werden. Weitere Informationen unter www.bundesbank.de Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, GTZ. Deutsche Mark, bis zur endgültigen Ein-
führung des Euro als gesetzliches Zahlungsmittel in der BRD. Deutscher Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen, Bil-
dungspolitik. Deutscher Bildungsrat, Bildungspoli-
tik. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), seit 1941 Name für das
1925 gegründete Institut für Konjunkturforschung; Sitz in Berlin. Hauptaufgaben: Unabhängige Wirtschaftsforschung, Veröffentlichung der Ergebnisse, Beratung von Verwaltung und Wirtschaft in der BRD ( Wirtschaftsforschungsinstitute). Weitere Informationen unter www.diw-berlin.de Devisen, Devisenmarkt. Devisenbewirtschaftung, Devisenkontro-
lle, Devisenzwangswirtschaft; 1. Begriff: Eine auf partielle oder totale Regelung der Verwendung der Deviseneinnahmen gerichtete Politik, die i. d. R. in einem chronischen Devisenmangel begründet ist, bisweilen jedoch auch in handels- und/oder außenhandelsstrukturpolitischen Zielen. Gegensatz: Konvertibilität. 2. Hauptmerkmal eines Systems der Devisenbewirtschaftung ist ein Devisenmonopol des Staates bzw. der Notenbank. Devisenanbieter müssen Deviseneinnahmen (partiell oder total) an den Staat abführen, der diese den Devisennachfragern zuteilt. 3. Folgen: Die erhofften positiven Wirkungen einer Devisenbewirtschaftung bleiben häufig aus bzw. sind mit erheblichen Nachteilen zu erkaufen: (1) Einschränkung
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der internationalen Arbeitsteilung; (2) Verzerrung der internationalen Handelsströme, Wechselkurse und Faktorallokation; (3) Einschränkung der internationalen Kapitalverkehrsströme; (4) Erfordernis eines großen administrativen Lenkungs- und Kontrollapparates. Vgl. auch Entwicklungspolitik. Devisenbilanz, Zahlungsbilanz. Devisenmarkt. 1. Begriff: Markt, auf dem verschiedene Währungen gegeneinander getauscht werden. Aus der Sicht des Inlandes sind Devisen die ausländischen Währungen bzw. auf ausländische Währung lautende Finanzaktiva. 2. Devisenmarktgleichgewicht: Hier sind zwei Betrachtungsweisen zu unterscheiden: a) Stromgrößenorientierte Betrachtung: Identifiziert den Leistungsbilanzüberschuss abzüglich der Nettokapitalexporte ( Zahlungsbilanz) als Überschussnachfrage nach heimischer (= Überschussangebot an ausländischer) Währung. Devisenmarktgleichgewicht erfordert eine Überschussnachfrage von null. b) Bestandsgrößenorientierte Betrachtung: Danach ist der Devisenmarkt dann im Gleichgewicht, wenn die internationalen Kapitalanleger die zu einem bestimmten Zeitpunkt existierenden Bestände der in verschiedenen Währungen notierten Finanzaktiva im Sinne optimaler Portfoliozusammensetzungen auch zu halten bereit sind (Bestandsgleichgewicht oder Portfoliogleichgewicht); Vgl. auch Portfolio-Ansatz zur Wechselkursbestimmung. Das Devisenmarktgleichgewicht wird bei flexiblem Wechselkurs u. a. durch die Anpassung des Wechselkurses erreicht. 3. Devisenmarktinterventionen: Devisenmarktgleichgewicht kann bei festen Wechselkursen durch Interventionen (Kursbeeinflussende Verkäufe oder Käufe von Devisen durch die Zentralbank) hergestellt werden. Diese Art von Interventionen haben Auswirkungen auf die Geldmenge, die im Zentrum des monetären Ansatzes zur Zahlungsbilanztheorie stehen. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, Wechselkurstheorie. Devisenmarkteffizienz. Devisenmarktef-
fizienz beinhaltet, dass die sich auf dem Devisenmarkt bildenden nominellen Wechselkurse unter bestimmten Bedingungen bereits alle verfügbaren Informationen, auch Informationen über erwartete Verände-
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Dienstleistungen
rungen von Fundamentaldaten, enthalten. Überraschende Wechselkursveränderungen können demnach nur dann eintreten, wenn neue Informationen verfügbar werden. Vgl. auch Vermögenspreisansatz zur Wechselkursbestimmung, Wechselkurstheorie. Devisenmarktgleichgewicht, Devisen-
markt. Devisenmarktintervention, Devisen-
markt. Geschäfte, bei denen die Zentralbank den Kreditinstituten für befristete Zeit einen Herausgabeanspruch auf Devisen überträgt. Da die Banken für die Dauer des Geschäfts Zentralbankgeld verlieren, wird durch Devisenpensionsgeschäfte temporär Liquidität absorbiert. Insoweit ist die liquiditätspolitische Wirkung die gleiche wie bei einem kontraktiven Devisenswapgeschäft. Im Gegensatz zu letzterem bleiben die Nettoauslandsaktiva der Zentralbank bei einem Devisenpensionsgeschäft aber unverändert. Devisenpensionsgeschäfte dienen der Feinsteuerung des Geldmarktes. Devisenpensionsgeschäfte,
Devisenreserven, im Besitz der Zentral-
bank befindliche, auf ausländische Währung lautende Finanzaktiva; Teil der Währungsreserven, die für Interventionen auf dem Devisenmarkt verwendet werden. Devisenswapgeschäfte, Geschäfte, bei denen die Zentralbank von den Kreditinstituten Devisen per Kasse kauft (verkauft) und gleichzeitig per Termin verkauft (kauft). Bei einem Devisenankauf stellt die Zentralbank dem Bankensystem für die Laufzeit des Geschäfts Zentralbankgeld zur Verfügung. Devisenterminmarkt, Devisenmarkt. diagonaler Finanzausgleich, Parafisci. diagonale Unternehmenskonzentration, Unternehmenskonzentration. Dialektik,
Methodologie.
dialektischer Materialismus, allgemein-
philosophische Grundlage des Marxismus zur Ableitung von Entwicklungsgesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft. Dialek-
tik als Methode bedeutet Denken in Widersprüchen. 1. Hegel, auf den sich Marx ( Marxismus) methodologisch beruft, geht davon aus, dass sich die menschliche Vernunft (das Bewusstsein) dialektisch fortschreitend weiterentwickelt: Jeder Begriff (These) impliziert seinen Widerspruch (Gegenthese), und beide verschmelzen zu einer höheren Wissensstufe (Synthese), die als neue These wiederum ihre Gegenthese hervorruft. Dieser fortschreitende Erkenntnisprozess bestimmt Hegel zufolge das Denken und damit die Realität, die er aus der Natur des Geistes zu erklären versucht (Idealismus). 2. Für Marx dagegen basieren alle geistigen und sozialen Erscheinungen auf der objektiven Realität, die für ihn allein die Materie sein kann (Materialismus), d. h. die Ideen und das Bewusstsein sind nur Reflexe der materiellen Wirklichkeit. Unter dem Materiellen versteht er die Gesamtheit aller objektiv-realen Dinge und Prozesse einschließlich der Beziehungen, Zusammenhänge und Verhältnisse in Natur und Gesellschaft. Wesentliches Merkmal dieses Materiebegriffs ist für Marx und Engels die Bewegung im Sinne fortschreitender dialektischer Veränderung, hervorgerufen durch die inneren Widersprüche und Spannungen. Aus der Spannung der Gegensätze und ihrer gegenseitigen Durchdringung wird die Entwicklung zu Neuem und Höherem abgeleitet (Einheit und Kampf der Gegensätze). Sie wachsen so lange sukzessive an, bis sich die materielle Realität an einem bestimmten Punkt abrupt und radikal verändert (Übergang der Quantität in Qualität). Die neue Qualität ruft jedoch entsprechend der dialektischen Grundthese ihren eigenen Widerspruch hervor (Negation der Negation). Da der Mensch durch seine Arbeit in ständigem Austausch mit der Natur steht und dabei gesellschaftliche (materielle) Beziehungen eingeht, gilt dieses materielle Bewegungsgesetz der marxistischen Theorie zufolge auch für die Entwicklung des Gesellschaftssystems ( historischer Materialismus). Dienstleistungen. In Abgrenzung zur Warenproduktion (materielle Güter) spricht man bei den Dienstleistungen von immateriellen Gütern. Zur statistischen Erfassung vgl. Dienstleistungssektor. Als ein typisches Merkmal von Dienstleistungen wird die Gleichzeitigkeit von Produktion und Verbrauch angesehen (z. B. Taxifahrt, Haar-
Dienstleistungsbilanz pflege in einem Frisiersalon). Da die unmittelbare, überwiegend auch personengebundene Arbeitsleistung des Produzenten hier den wesentlichen Inhalt der Dienstleistung ausmacht, werden nur geringe Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung gesehen. Daraus hat man die These eines generellen Produktivitätsrückstands der Dienstleistung gegenüber der Warenproduktion abgeleitet ( Drei-Sektoren-Hypothese). In modernen Volkswirtschaften haben derartige gebundene Dienstleistungen aber nur mehr eine relativ geringe Bedeutung, vielmehr wird die Dynamik des Dienstleistungssektors insgesamt von der Entwicklung ungebundener Dienstleistungen bestimmt, für die eine zeitliche und räumliche Entkoppelung von Produktion und Verbrauch durchaus charakteristisch ist. Bei diesen ungebundenen Dienstleistungen, zu denen insbes. die produktions- oder unternehmensbezogenen Dienstleistungen gehören ( Finanzdienstleistungen, technische Dienstleistungen), erlaubt der Einsatz technischer Hilfsmittel (EDV, Kommunikationstechniken) Produktivitätssteigerungen, die weit über denen der industriellen Produktion liegen können.
80 zung). Typische Dienstleistungsberufe: Kaufleute, Techniker, Ingenieure, Verwaltungskräfte, Verkehrsberufe, Gesundheitsdienstund Erziehungsberufe. Vgl. auch intrasektoraler Strukturwandel. Differenzengleichung, mathematische Methode zur Erfassung zeitlicher Abläufe, angewandt v. a. in der Konjunkturtheorie und Wachstumstheorie. Die Zeit wird in Intervalle endlicher Länge (Perioden) aufgeteilt und die Veränderungen der wirtschaftlichen Variablen in aufeinander folgenden Perioden betrachtet (diskretes Zeitkonzept). Anders: Differenzialgleichung. Differenzialgewinn,
polypolistische
Preisbildung. Differenzialgleichung, mathematische Methode zur Erfassung zeitlicher Abläufe, angewandt v. a. in der Konjunkturtheorie und Wachstumstheorie. Im Gegensatz zur Differenzengleichung wird die Zeit als Kontinuum mit infinitesimal kleiner Periodenlänge aufgefasst (stetiges Zeitkonzept). Differenzialrente, Einkommen, das auf-
Dienstleistungsbilanz, Zahlungsbilanz. Dienstleistungsgesellschaft, postindustrielle Gesellschaft, Tertiarisierung der Wirtschaft; Drei-Sektoren-Hypothese. Die Dienstleistungsgesellschaft ist charakterisiert durch die Erwartung, dass das Wirtschaftswachstum in hoch entwickelten Volkswirtschaften überwiegend durch den Konsum und die Produktion von Dienstleistungen getragen wird. Vgl. auch Dienstleistungssektor. Dienstleistungssektor, Tertiärer Sektor, Sammelbegriff derjenigen Wirtschaftszweige, die Dienstleistungen produzieren. In der institutionellen Abgrenzung der Systematik der Wirtschaftszweige zählen dazu: Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, Kreditinstitute, Versicherungen, Wohnungsvermietung; sonstige Unternehmen oder freie Berufe, die Dienstleistungen erbringen, Organisationen ohne Erwerbscharakter und private Haushalte; Gebietskörperschaften und Sozialversicherung. Alternativ kann der Dienstleistungssektor an Merkmalen der Berufsfunktion der Erwerbstätigen abgegrenzt werden (funktionale Abgren-
grund unterschiedlicher Produktionskosten dem Produzenten mit den geringeren Produktionskosten zufließt. Können die eingesetzten Produktionsfaktoren nicht beliebig vermehrt werden (z. B. der Boden in der Landwirtschaft), wird die Differenzialrente als Dauereinkommen bezogen, wenn der Grenzproduzent (Produzent mit den höchsten Kosten) seine Kosten nicht senken kann und seine Güter noch am Markt gebraucht werden. Nur der Grenzproduzent bezieht keine Differenzialrente. Alle übrigen Hersteller beziehen eine Rente in Höhe der Kostendifferenz zum Grenzproduzenten. Die Konsumentenrente und Produzentenrente (Vgl. auch Quasirente) ist ebenfalls als Differenzialrente erklärbar. differenzielle Inzidenz, Form der Inzi-
denz. Die differenzielle Inzidenz gibt die Einkommensverteilungsänderungen an, die bei der Substitution einer Einnahme- bzw. Ausgabenposition durch einen andere gleich große Einnahme bzw. gleich große Ausgabe entstehen. Die Prämisse der spezifischen Inzidenz einer einseitigen Ausgaben- oder Einnahmenänderung wird umgangen; im
81 Gegensatz zur Budgetinzidenz wird nur eine Haushaltsseite betrachtet. Diffusionsfunktion, funktionale Beschrei-
bung der Ausbreitungseigenschaften eines Schadstoffes in einem Umweltmedium. Vgl. auch Umwelt- und Ressourcenökonomik. Diktat der Ökologie, These von E.U. v.
Weizsäcker, nach der sich die Menschheit von ihrem bisherigen, kurzfristigen und naturgefährdenden, ökonomischen Denken und Handeln lösen muss, da dieses mit starken Umweltschädigungen verbunden ist. Das Diktat der Ökologie erfordert deshalb ein umfassendes Umdenken in der Wirtschaft, in der Kultur sowie in sämtlichen Politikbereichen (anders: Ökodiktatur). Angesichts der Globalisierung des Wettbewerbs verschärft sich das Diktat der Ökologie. Vgl. auch wettbewerbliches und ökologisches Diktat. Diktator, in der Theorie der Kollektiventscheidungen ein Gruppenmitglied, das seine strikten Präferenzen über alle zur Wahl stehenden Alternativen der Gruppe aufzwingen kann, unabhängig davon, welche Präferenzen die übrigen Gruppenmitglieder haben.
Dirigismus auf die relative Preisänderung dieses Gutes an und kann damit als ein Dringlichkeitsmaß von Bedürfnissen aufgefasst werden. Je entbehrlicher ein Gut ist, desto höher ist der Wert der direkten Preiselastizität der Nachfrage. direkte Steuern, Gruppe von Steuern nach
der ältesten Steuerklassifikation. Einteilungskriterien: 1. Nach der Steuerfestsetzungs- bzw. Veranlagungstechnik: Die Steuerfestsetzung erfolgt durch Veranlagung bei dem Steuerpflichtigen, der als Steuerträger vermutet wird. 2. Nach der Überwälzbarkeit: Die direkte Steuer soll vom Steuerschuldner wirtschaftlich getragen werden, keine Überwälzung; direkte Steuern sind Tragsteuern. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass abhängig von der wirtschaftlichen Situation auch direkte Steuern (z. B. Gewerbeund Körperschaftsteuer) überwälzbar sind. 3. Nach der steuerlichen Leistungsfähigkeit: Die steuerliche Leistungsfähigkeit wird unmittelbar erfasst, wobei zwischen persönlicher (natürliche/juristische Person) und sachlicher (Gewerbebetrieb/ Grundvermögen) Leistungsfähigkeit unterschieden wird. 4. Harmonisierung der direkten Steuern: Vgl. Steuerharmonisierung innerhalb der EU. Gegensatz: indirekte Steuern.
Diktatur des Proletariats, im Marxis-
mus die Herrschaftsausübung der Arbeiterklasse über die Bourgeoisie nach der revolutionären Beseitigung des Kapitalismus im Sozialismus ( Klassentheorie). direkte Demokratie, Staatsform, bei der
jede einzelne öffentliche Angelegenheit durch Abstimmung aller Bürger des Gemeinwesens entschieden wird. Ökonomische Bedeutung: Neue Politische Ökonomie. direkte Finanzhilfen, Form von Sub-
ventionen, durch die dem begünstigten Unternehmen für bestimmte Aufwendungen, z. B. Investitions-, Personal- oder auch Sachkosten, aus Mitteln öffentlicher Haushalte eine (teilweise) Kostenerstattung gewährt wird. Vgl. allgemein Wirtschaftsförderung. direkte Preiselastizität der Nachfrage,
gibt in der Haushaltstheorie (unter Anwendung der Ceteris-paribus-Annahme) die relative Änderung der Nachfragemenge eines Gutes durch einen Haushalt bezogen
Direktinvestitionen. Form der Auslandsinvestitionen: Kapitalexport durch Wirtschaftssubjekte eines Landes (vornehmlich private Unternehmen) in ein anderes Land mit dem Ziel, dort Immobilien zu erwerben, Betriebsstätten oder Tochterunternehmen zu errichten, ausländische Unternehmen zu erwerben oder sich an ihnen zu beteiligen. Gegensatz: Portfolio-Investitionen. Direktorium der Deutschen Bundesbank, Deutsche Bundesbank. Dirigismus, interventionistische, marktinkonforme Eingriffe ( Interventionismus, Marktkonformität) in privatwirtschaftliche Marktwirtschaften, die zur Erreichung gruppenbezogener, sektoraler oder struktureller wirtschaftspolitischer Ziele die Koordinationsfähigkeit des Marktwettbewerbs partiell oder total außer Kraft setzen. Beispiel: Staatliche Begrenzung oder Aufhebung der privaten Produktions-, Konsum- oder Investitionsentscheidungsautonomie und ihre Ersetzung durch bürokratische Allokations- und
Diseconomies of Scope Verteilungsmechanismen (Investitionslenkung, Produktions- und Handelsbeschränkungen, Devisenbewirtschaftung). Die Gefahr des Dirigismus besteht darin, dass auf Grund unvorhergesehener und unerwünschter Ausweichreaktionen Folgeinterventionen durchgeführt werden müssen (Ölflecktheorie). Zunehmender Dirigismus kann, wie die Erfahrungen zeigen, zum Entstehen einer Schattenwirtschaft neben der offiziellen Lenkungswirtschaft führen. Diseconomies of Scope, Economies of
Scope. Disincentives, durch wirtschafts- oder fi-
nanzpolitische (insbes. steuerliche) Maßnahmen bewirkte Verringerung der (ökonomischen) Leistungsbereitschaft. Gegensatz: Incentives.
82 Staates; Regelung z.B. in Abkommen zur Doppelbesteuerung.
Diskursethik, Ethik. Disparität, relative Konzentration; Kon-
zentration. Disparitätsproblem. Im volkswirtschaftli-
chen Wachstum hinken die Einkommen im Agrarbereich oftmals der gesamtwirtschaftlichen Einkommensentwicklung hinterher, man spricht von dem Disparitätsproblem. Die Beseitigung des Disparitätsproblems ist daher grundlegendes Ziel der Agrarpolitik in Industrieländern. Im Agrarbericht der Bundesregierung wird die Disparität mit 50 % und mehr ausgewiesen. Displacement-Effekt, Niveauverschie-
bungseffekt. diskretionäre Finanzpolitik, am konjunk-
turellen Einzelfall orientierte Finanzpolitik (antizyklische Finanzpolitik); diskretionärer Mittel- bzw. Instrumenteneinsatz. Gegensatz: regelgebundene Finanzpolitik, zyklusunabhängige Finanzpolitik. I. Internationale Wi r t s c h a f t s b e z i e h u n g e n : Unterschiedliche Behandlung einzelner Partnerstaaten hinsichtlich des Waren-, Dienstleistungsoder Kapitalverkehrs. Diskriminierung liegt z.B. vor bei Abweichung von der Meistbegünstigung, bei nach Währungsräumen oder Ländern unterschiedlichen Devisenbestimmungen, bei administrativen Differenzierungen, bei differenzierenden Verkehrstarifen und weiteren nicht-tarifären Handelshemmnissen. Der Abbau von Diskriminierungen zählt zu den Zielen verschiedener Internationaler Wirtschaftsorganisationen ( GATT, OECD, IWF). I I . We t t b e w e r b s r e c h t : Diskriminierungsverbot, Kartellrecht.
Verfügungssumme, eine nach freiem Ermessen des Staatsoberhauptes, der Minister oder der Bürgermeister verwendbare Summe im Staats- und Gemeindehaushalt. Beispiel: Reptilienfonds. Dispositionsfonds,
Diskriminierung.
I . We t t b e w e r b s r e c h t : Verbot unbilliger Behinderung sowie ohne Vorliegen sachlicher Gründe ungleiche Behandlung ( Diskriminierung) von Unternehmen durch marktbeherrschende Unternehmen oder Unternehmen mit überlegener Marktmacht (§ 20 GWB, Kartellrecht). I I . St e u e r r e c h t : Verbot, fremde Staatsangehörige bei vergleichbarer Sachlage schlechter zu behandeln als die des eigenen
Diskriminierungsverbot.
Disproportionalitätstheorien. 1. Begriff:
Konjunkturtheorien, die von der Auffassung ausgehen, dass Wirschaftsschwankungen durch falsche Größenverhältnisse innerhalb der Wirtschaftsstruktur verursacht werden, wie z. B. zwischen Produktion und Konsum. 2. Formen: Überinvestitionstheorien, Überproduktionstheorien, Unterkonsumtionstheorien.
Distorsion, Verzerrung. Distribution, Verteilung von Einkommen
( Einkommensverteilung) und von Vermögen ( Vermögensverteilung); vgl. auch Verteilungspolitik, Verteilungstheorie. DIW, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). D-Mark (DM), Deutsche Mark. Dogmengeschichte, Volkswirtschafts-
lehre. Domäne, Land- und forstwirtschaftlicher Grundbesitz der öffentlichen Hand, in der
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Dumping
Rechtsform des Regiebetriebes oder der Anstalt bewirtschaftet. Doppelbesteuerung ist gegeben, wenn mehrere selbstständige Steuerhoheitsträger (Staaten) auf Grund desselben Steuertatbestandes dieselben Steuerpflichtigen für den gleichen Zeitraum zu einer gleichartigen Steuer heranziehen.
Doppelbesteuerung.
doppelte Moral. In der Ethik das Phänomen, dass ein Handlungssubjekt unterschiedliche Moralstandards in Situationen anwendet, die in ethischer Hinsicht als gleich einzustufen sind. doppelt geknickte Preisabsatzfunktion, polypolistische Preisbildung, mo-
nopolistische Konkurrenz, sche Preisbildung.
monopolisti-
Dreimonatsgeld, Zentralbankguthaben, die
unter Banken zur Standardlaufzeit von drei Monaten verliehen werden. These über den langfristigen sektoralen Strukturwandel zwischen primärem, sekundärem und tertiärem Sektor ( Sektoren der Volkswirtschaft) Auf niedrigem Entwicklungsstand dominiert der primäre Sektor (Landwirtschaft). Ein fortgeschrittener Entwicklungsstand ist durch Dominanz des sekundären Sektors (Industrie) gekennzeichnet. Auf hohem Entwicklungsniveau verlagern sich Produktion und Konsum dann auf die Dienstleistungen (tertiärer Sektor, Dienstleistungssektor). Drei-Sektoren-Hypothese.
Dritte Welt, Entwicklungstheorie. duale Berufsausbildung. Bezeichnung
für das deutsche Berufsausbildungssystem mit dualer Struktur. Das duale System besteht aus zwei Lerninstitutionen, die ihm seinen Namen gegeben haben: dem Betrieb und der Berufsschule. Diese Dualität der Lerninstitutionen (früher: Lernorte) konstituiert eine Dualität der rechtlichen Grundlagen (Berufsbildungsgesetz als Bundesgesetz und Schulgesetze der Länder), der Curricula (Ausbildungsordnungen für die Betriebe und Lehrpläne in den Berufsschulen), des Lehrpersonals (Ausbilder hier, Lehrer dort) und der Finanzierung (einzelbetriebliche Finanzierung hier, Finanzierung aus den Länder-
haushalten dort). Im tertiären Bildungsbereich hat sich das duale Prinzip durch die 1974 in Baden-Württemberg gegründete Berufsakademie durchgesetzt mit einer theoretischen Ausbildung an einer Staatlichen Studienakademie und einer gleich langen praktischen Ausbildung in einem Betrieb. Im März 2009 wurden die Berufsakademien Baden-Württembergs unter Beibehaltung ihrer dezentralen Standortstruktur in die Duale Hochschule Baden-Württemberg umgewandelt. Vgl. Bildungspolitik. Duale Hochschule Baden-Württemberg, erste Hochschule in Deutschland, die
seit März 2009 für Abiturienten zusammen mit zugelassenen Ausbildungsfirmen, die als Mitglieder der dualen Hochschule auch in den Hochschulgremien mit Stimmrecht vertreten sind, eine duale Berufsausbildung mit berufsqualifizierenden BachelorAbschlüssen anbietet. Erfolgreicher Vorläufer der Dualen Hochschule Baden-Württemberg war die Berufsakademie BadenWürttemberg, die auch in vielen anderen Bundesländern als staatliche oder staatlich anerkannte duale Bildungseinrichtung des tertiären Bereichs übernommen wurde. dualer Arbeitsmarkt, Bildungsökono-
mie. Duales System Deutschland (DSD) GmbH, bundesweit agierende Gesellschaft,
die im September 1990 zur Umsetzung der Verpackungsverordnung von 1991 (mit der 5. Novelle seit 1.1.2009 in Kraft) gegründet wurde und für die Sammlung, Sortierung und Verwertung von Verpackungsmüll zuständig ist. Die Beteiligung eines Herstellers oder Vertreibers am DSD wird durch den Grünen Punkt auf der Verpackung dokumentiert. Dumping. Situation, in welcher der Preis
für Exportverkäufe (Dumping-Preis) unter einem Referenzpreis liegt, der als schädlich für den betroffenen inländischern Wirtschaftszweig angesehen wird. Dieser kann aus dem Preis für Inlandsverkäufe desselben Gutes (oder vergleichbarer Güter), korrigiert um Transportkosten, oder auch aus den Grenzkosten bzw. den Durchschnittskosten abgeleitet werden. Vgl. auch AntiDumping-Verfahren, Anti-Dumping-Zoll sowie Lohndumping.
Duopol Duopol, Oligopol. Durchschnittssteuersatz, Verhältnis zwischen Steuerbetrag und Bemessungsgrundlage. Vgl. auch Steuertarifformen. Anders: Grenzsteuersatz. DSD, Duales System Deutschland (DSD
GmbH. dynamische Analyse, Analyse-Me-
thoden. dynamische Anreizwirkung, Fähigkeit
umweltpolitischer Instrumente, umwelttechnischen Fortschritt zu induzieren. Vgl. auch Umwelt- und Ressourcenökonomik. dynamische Größenvorteile, besondere Form von Größenvorteilen, die bei der Bestimmung dynamischer komparativer Vorteile eine wichtige Rolle spielen. Wenn eine ökonomische Aktivität unter dynamischen Größenvorteilen steht, dann hängt deren Effizienz nicht vom Niveau dieser Aktivität zu jedem Zeitpunkt ab, sondern davon, in welchem Ausmaß diese Aktivität in der Vergangenheit bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführt wurde. Bekanntestes Beispiel: Learning by Doing Economics. Vgl. auch Handelstheorie. dynamische komparative Vorteile. Ver-
allgemeinerung des Konzepts komparativer Vorteile auf Situationen, in denen die Produktionstechnologie nicht exogen gegeben, sondern durch endogene Innovationen im Zeitablauf zu verbessern ist. dynamische Makroökonomik. 1. Begriff:
Analyse der zeitlichen Entwicklung makroökonomischer Größen, wie Realeinkommen, Beschäftigung, Preise, Löhne, in Form einer diskreten Betrachtungsweise (formal beschrieben durch Differenzengleichungen) oder einer kontinuierlichen Betrachtungsweise ( Differenzialgleichungen). Notwendige Ergänzung der statischen bzw. komparativstatischen Analyse ( Analysemethoden). 2. Formen: a) Die neoklassische Dynamik unterstellt schnelle Preisflexibilität, so dass in Expansions- und Kontraktionsphasen die Preis- den Mengeneffekten vorangehen. Nach Störungen findet das Wirtschaftssystem daher sehr schnell zu seinem Gleichgewicht zurück. b) Die Keynessche Dynamik kehrt
84 die Abfolge zumindest für die Kontraktionsphase um, die Mengen- eilen den Preiseffekten voran. Dadurch kommt es zu Abweichungen vom Gleichgewicht und es besteht die Gefahr kumulativer Kontraktionen und anhaltender Stabilisierungskrisen. c) Die Ungleichgewichtsökonomik erweitert die dynamische Analyse nochmals, indem sie Anpassungsprozesse nicht nur auf dem Weg von Gleichgewicht zu Gleichgewicht untersucht. Es kann vielmehr zu Quasigleichgewichten kommen. d) Schließlich geben einige Vertreter der postkeynesianischen Ökonomik die Gleichgewichtsorientierung der Dynamik völlig auf und betrachten den langfristigen Trend als Abfolge temporärer, kurzfristiger Gleichgewichte, Ungleichgewichte oder Quasigleichgewichte. dynamische Rente. Die dynamische Rente besagt, dass eine Rente nicht ein für alle Mal in einem bestimmten Betrag festgelegt wird, sondern sich als sog. Indexrente automatisch an die Entwicklung des Sozialprodukts anpassen soll. dynamisches Gleichgewicht, Wachs-
tumstheorie. dynamisch-evolutorische Theorien der Unternehmung. Gegenstand sind Unter-
nehmungen als Verursacher endogenen wirtschaftlichen und strukturellen Wandels und als eine Determinante von Veränderungen von Wirtschaftssystemen. Es erfolgt eine Abkehr vom Gleichgewicht und der statisch effizienten Allokation. So betont Schumpeter die Rolle der Unternehmer für den Prozess der schöpferischen Zerstörung, den Innovationsprozess. Chandler untersucht die historische Entwicklung von Unternehmungen, die Organisations- und Branchenstrukturen sowie die branchenspezifischen Integrationsmuster. Ursprung dieses Ansatzes ist die Wachstumstheorie der Unternehmung von Penrose. Sie ist in verschiedener Hinsicht (unternehmensinterne Wissensverwertung, Lernen, Handeln nach Routinen, Entwicklung des technischen Wissens etc.) in den Theorien der dynamischen Unternehmensfähigkeiten ( Grenzen der Unternehmung) weiterentwickelt worden. dynamische Wohlfahrtswirkungen des internationalen Handels, Wohlfahrts-
wirkungen des internationalen Handels, die
85 dadurch entstehen, dass das Wachstum (des Sozialprodukts pro Kopf) eines Landes bedingt durch internationalen Handel entweder vorübergehend oder nachhaltig erhöht wird. Hängt von den Spar- und Investitionsentscheidungen ab. Vgl. auch Handelstheorie.
Dyopol nier) aus der Durchsetzung neuer Kombinationen von Produktionsfaktoren zieht, solange die anderen Unternehmer (Imitatoren) noch nicht auf diesen neuen Stand der Wirtschaft nachgerückt sind. Daher gibt es nur in einer fortschreitenden, evolutorischen Wirtschaft einen Zins, nicht aber in einer stationären Wirtschaft.
dynamische Zinstheorie, von Schumpe-
ter entwickelte Zinstheorie i. S. einer dynamischen Theorie. Der Zins ist derjenige Gewinn, den der Unternehmer (Pio-
Dyopol, Oligopol, oligopolistische
Preisbildung.
E EAG, Europäische Atomgemeinschaft, EURATOM; 1. Begriff: Von Belgien, BRD, Frankreich, Italien, Luxemburg und Niederlande durch Vertrag vom 23.3.1957 gegründet, der gleichzeitig mit dem EWG-Vertrag am 1.1.1958 in Kraft trat. 1973 Beitritt von Großbritannien, Dänemark und Irland, 1981 Griechenland, 1986 Portugal und Spanien. 2. Ziele: Förderung von Kernforschung und Nutzung der Kernenergie. 3. Organe: Aufgrund der Fusionsverträge vom 8.4.1965 hat EURATOM bei Fortbestand des EURATOM-Vertrages seit 1.7.1967 gemeinsame Organe (Versammlung, Ministerrat, Kommission, Gerichtshof) mit der EWG und EGKS. 4. Aufgaben: Durch Förderung der Forschung, Verbreitung technischer Kenntnisse, Entwicklung von Sicherheitsnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte, Erleichterung der Investitionen, Zusammenarbeit mit anderen Ländern und zwischenstaatlichen Einrichtungen soll zugleich zur Hebung des Lebensstandards in den Mitgliedsstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit anderen Ländern beigetragen werden. 5. Tätigkeiten: Errichtung eines gemeinsamen Marktes für Kernbrennstoffe und Ausrüstung (seit 1959 verwirklicht). Die gemeinsame Kernforschungsstelle betreibt vier Forschungsanstalten. 6. Enge Zusammenarbeit mit der internationalen Energie-Agentur ( IEA), der Kernenergieagentur ( NEA), der OECD und der Internationalen AtomenergieOrganisation ( IAEA).
außereuropäische Länder, z. B. Ägypten, Japan, Korea, Mexiko, USA. 2. Ziele: Reformstaaten Mittel- und Osteuropas sowie der GUS sollen finanzielle Mittel und technische Hilfe für die Einführung der Marktwirtschaft bzw. Beschleunigung der Strukturanpassung zur Verfügung gestellt werden. Im Gegensatz zur Weltbank, IBRD und zum IWF hat die EBRD ein politisches Mandat: Unterstützungen erhalten nur solche Länder, die den Demokratisierungsprozess (Mehrparteiensystem) vorantreiben. Weitere Informationen unter www.ebrd.com ECOFIN, Kurzbezeichnung für den Rat der EU, wenn die Wirtschafts- und Finanzminister der Mitgliedstaaten zusammentreten.
Economies
of
Information,
neo-
klassische Theorie der Unternehmung. Economies of Scale, Größenkostenersparnisse; können bei gegebener Produktionsfunktion infolge hoher Fixkosten auftreten, da bei wachsender Betriebs- bzw. Unternehmensgröße die durchschnittlichen Totalkosten (DTK) bis zur sog. mindestoptimalen technischen Betriebs- bzw. Unternehmensgröße (MOS) sinken (der Anteil der fixen Kosten je produzierter Einheit wird immer kleiner). Economies of Scale sind daher eine Ursache für Unternehmenskonzentration. Betriebsgrößenersparnisse können z. B. auf folgende Ursachen zurückgeführt werden: Economies of Scale
EAGFL, Europäischer Ausrichtungs- und
Garantiefonds für die Landwirtschaft; Strukturfonds der EU, Agrarpolitik.
EBRD, European Bank for Reconstruction and Development, Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Osteuropabank; 1. Begriff: Regionale Entwicklungsbank mit Sitz in London; Geschäftsaufnahme 1991; Mitglieder u. a. EU, EIB, auch
x
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_5, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Economies of Scope (1) Zunehmende Grenzerträge in der Produktion (Skalenerträge), (2) Spezialisierungsvorteile aus Arbeitsteilung; (3) Kostenersparnisse, die sich aus einer Vergrößerung von Produktionsmitteln ergeben, deren Kapazität vom Fassungs- oder Durchsatzvermögen bestimmt wird (z. B. Öfen, Tanks, Röhren oder Destillationsanlagen); (4) Ersparnisse aus zentralisierter Reservehaltung oder (5) Losgrößenersparnisse.
88 Edgeworth Box Entstehung
Economies of Scope, Verbundvorteile,
können bei diversifizierten Unternehmen auftreten, die auf verschiedenen Märkten tätig sind ( Mehrprodukt-Unternehmung). So können in bestimmten Funktionsbereichen Synergie-Effekte i. S. von Kostenersparnissen erzielt werden, die sich dadurch ergeben, dass z. B. die Kosten (K) für Forschung und Entwicklung (F&E) von zwei verschiedenen und getrennt herstellbaren Produkten a und b für ein diversifiziertes Unternehmen günstiger sind als für zwei Einprodukt-Unternehmen: K(a, b) < K1(a) + K2(b). Solchen Kostenersparnissen steht allerdings die Gefahr von Diseconomies of Scope infolge der Bürokratie von Großunternehmen und der damit verbundenen mangelnden Motivation gegenüber. Economies of Scope sind Ursache für Unternehmenskonzentrationen. ECU, European Currency Unit, Europäische
Währungseinheit. Die ECU war bis 1998 die offizielle Rechnungseinheit der EU. Mit Beginn der 3. Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) am 1.1.1999 wurde die ECU im Verhältnis 1:1 durch den Euro abgelöst. Edgeworth-Box. Die Edgeworth-Box ist
ein analytisches Hilfsmittel zur Ermittlung der in der Wohlfahrtsökonomik verwendeten Kontraktkurve. Sie entsteht durch die Kombination der Indifferenzkurvensysteme zweier Tauschpartner. Dazu müssen die beiden Systeme so angeordnet werden, dass sich ein Rechteck bildet, d. h., das Indifferenzkurvensystem des B wird um 180° gedreht und auf das des A gesetzt. Die Kantenlängen entsprechen dem verfügbaren Faktorbzw. Güterbestand. Innerhalb der so entstandenen Edgeworth-Box schneiden sich nun einige Indifferenzkurven, während andere sich tangieren. Die Punkte, die sich tangieren, bilden die Kontraktkurve.
EEA. I . E u r o p e a n E c o n o m i c A r e a :
Europäischer Währungsraum; EWR, EFTA. I I . E i n h e i t l i c h e E u r o p ä i s c h e A k t e . 1. Entstehung: Die Vollendung der Zollunion (1. 7. 1968) zwischen den Mitgliedstaaten der EWG machte es erforderlich, weiter gehende Integrationsziele vertraglich zu vereinbaren. Die in den 70er und frühen 80er Jahren unternommenen Initiativen für eine Reform der drei Gemeinschaften ( EWG, EGKS und EURATOM) führten jedoch nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Die entscheidenden Anstöße zur Reform der gemeinschaftlichen Rechtsgrundlagen gingen vom Europäischen Rat in Stuttgart (1983), von dem sog. Weißbuch der EGKommission (1985) sowie vom Europäischen Rat in Mailand (1985) aus. Ergebnis war ein Vertrag zwischen den seinerzeit zwölf EG-Staaten, sog. EEA, welcher alle vereinbarten Reformen der drei Gemeinschaftsverträge zusammenfasste. Die Unterzeichnung der EEA fand im Februar 1986 statt. Nach Ratifizierung durch alle Mitgliedsstaaten ist die EEA am 1.7.1987 in Kraft getreten. 2. Ziele: Die EEA beinhaltet die erste umfassende Änderung und Ergänzung der Gemeinschaftsverträge der Europäischen Gemeinschaften (EG) seit dem Inkrafttreten (1.1.1958) der Römischen Verträge. Der Neufassung der Verträge (im Wesentlichen des EWG-Vertrags) lag die Absicht zu Grunde, nach der Errichtung der Zollunion weitere Voraussetzungen für einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu schaffen und einen ersten größeren Schritt in Richtung auf eine politische Union zu unternehmen. 3. Inhalt: a) Kernelement der EEA ist die vertragliche Festlegung, die bestehende Zollunion bis
89 zum 31.12.1992 durch einen schrittweisen Abbau der wichtigsten innergemeinschaftlichen nichttarifären Handelshemmnisse zum sog. Einheitlichen Binnenmarkt als einen Raum ohne Binnengrenzen auszubauen, in dem die sog. vier Grundfreiheiten (freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital) gewährleistet sind. Die hierfür erforderlichen Rechtsangleichungen können mit qualifizierter Mehrheit der Stimmen im Ministerrat (der EG) erfolgen. b) Die Mitwirkungsmöglichkeiten des Europäischen Parlamentes (EP) im Rahmen der gemeinschaftlichen Entscheidungsprozesse wurden durch die Schaffung des sog. Kooperationsverfahrens in Fragen des Binnenmarkts beträchtlich verstärkt. c) Die EEA hat ferner eine explizite Vertragsgrundlage für eine Reihe sog. flankierender Gemeinschaftspolitiken zur Ergänzung der nationalen Sozialpolitik, Umweltpolitik und Forschungs- und Technologiepolitik geschaffen. Die Erweiterung der Integrationsziele zeigt sich ferner in der Einfügung eines neuen Titels in den EWGV, welcher der EG und den Mitgliedsländern die Aufgabe der Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der Gemeinschaft (Kohäsion) zuweist. Außerdem verpflichteten sich die Mitgliedsländer, auf ein hohes Maß an Konvergenz in der Wirtschafts- und Währungspolitik hinzuwirken. d) Die EEA beinhaltete weiterhin eine grundlegende Reform der Arbeitsweise der Strukturfonds der EG (vgl. auch EU-Haushalt). e) Außerdem brachte die EEA eine Reihe weiterer Modifikationen hinsichtlich der EG-Organe: Mitwirkungsrechte des EP bei der Aufnahme neuer Mitglieder und die Assoziierung von Drittstaaten ( Assoziierungsabkommen); Verankerung des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs in den Gemeinschaftsverträgen. Um dem immer stärker belasteten Europäischen Gerichtshof ( Eu GH) wieder mehr Raum für Fragen grundsätzlicher Bedeutung zu verschaffen, wurde diesem zur Arbeitsentlastung und zur Beschleunigung der Rechtssprechung ein für bestimmte Arten von Klagen zuständiges sog. Europäisches Gericht Erster Instanz beigeordnet. f) Schließlich wurde durch die EEA ein vertraglicher Rahmen für die Kooperation der Mitgliedsländer auf dem Gebiet der Außenpolitik geschaffen (sog. Europäische Politische Zusammenarbeit ( EPZ)).
Effektivzoll EEF, Europäischer Entwicklungsfonds; Ein EEF umfasst die Finanzmittel, welche die EU während der Laufzeit eines solchen Fonds (i. d. R. fünf Jahre) für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der mit der Gemeinschaft assoziierten außereuropäischen Staaten ( Assoziierungsabkommen) zur Verfügung stellen kann, insbesondere den AKP-Staaten und überseeischen Ländern und Gebieten (ÜLG). Die Mittel des EEF werden von den Mitgliedstaaten der EU nach einem jeweils vereinbarten Schlüssel außerhalb des Gemeinschaftshaushalts aufgebracht und von der Europäischen Kommission verwaltet. Zur Ergänzung der Finanzhilfen aus dem EEF stellt die EIB jeweils zinsverbilligte Kredite zur Verfügung. Effective Competition, Workable Competition, funktionsfähiger oder wirksamer Wettbewerb, Wettbewerbstheorie. effektive Außenprotektion, effektive
Protektion, Industriepolitik. effektive Binnenprotektion, Industrie-
politik. effektive Inzidenz, Form der Inzidenz,
die die Einkommensänderung unter Berücksichtigung aller Überwälzungsvorgänge anzugeben versucht. Gegensatz: formale Inzidenz. effektive Nachfrage, auf Keynes zurück-
gehendes Konzept, nach dem zumindest kurzfristig das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Aktivität durch die Höhe der aggregierten Nachfrage bestimmt wird. Die Unternehmen produzieren nur so viel, wie sie auf Grund der Nachfrage auch absetzen können. Entsprechend passen sie ihre Arbeitsnachfrage an, so dass es auf dem Arbeitsmarkt zu Arbeitslosigkeit kommen kann, obwohl auf dem Güter- und Geldmarkt Gleichgewicht herrscht. Vgl. auch Keynessche Lehre. effektive Protektion, Konzept zur Berück-
sichtigung der importierten Zwischenprodukte bei der Ermittlung der sektoralen Schutzeffekte eines gegebenen Systems von Zollsätzen. Vgl. auch Handelspolitik, Industriepolitik. Effektivzoll, effektive Protektion.
effiziente Produktion effiziente Produktion, Zustand, in dem es
bei gegebener Ressourcenausstattung und Technologie nicht möglich ist, von mindestens einem Gut mehr und von allen anderen Gütern mindestens genauso viel herzustellen (vgl. Pareto-Optimum). Effizienz. I . P r o d u k t i o n s t h e o r i e : effiziente Produktion. I I . U m w e l t ö k o n o m i k : ökologische Effizienz, ökonomische Effizienz, politische Effizienz. Effizienz des Kapitalmarkts. Gleichgewicht auf dem Kapitalmarkt in dem Sinne, dass die Aktienkurse zu jedem Zeitpunkt und in vollständigem Umfang alle Informationen über die jeweilige Volkswirtschaft reflektieren. Effizienzrevolution, Begriff der Umweltökonomik für die Forderung nach einer revolutionären Erhöhung der allgemeinen Ressourceneffizienz in den Industrieländern. Sie gilt als Vorbedingung für Sustainable Development ( Nachhaltige Entwicklung) und ein industrielles Ökosystem. EFRE, Europäischer Fonds für Regionale
Entwicklung. 1. Begriff: Der 1975 errichtete EFRE ist das zentrale Element der Regionalpolitik der EU. Im Unterschied zu den beiden anderen traditionellen Strukturfonds der EU, dem Europäischen Sozialfonds ( ESF) und dem Europäischen Ausgleichs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft ( EAGFL), war der EFRE im Gründungsvertrag der EWG noch nicht vorgesehen. Seit Inkrafttreten (1987) der Einheitlichen Europäischen Akte ( EEA) hat der EFRE seine Rechtsgrundlage in Art. 130c E(W)G-Vertrag. Die Verwaltung des Fonds obliegt der Europäischen Kommission. Die Fondsmittel sind im Allgemeinen Haushaltsplan der Gemeinschaft ausgewiesen. 2. Aufgaben: Ziel des EFRE ist die Stärkung der wirtschaftlichen Kohäsion in der Europäischen Union durch Abbau der Ungleichheiten zwischen den einzelnen Regionen. 3. Regionalpolitische Ziele: a) Kohäsion: Modernisierung und Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur sowie die Erhaltung oder die Schaffung dauerhafter Arbeitsplätze in folgenden Bereichen: Forschung und technologische Entwicklung (FTE), Innovation und Unternehmergeist, Informationsgesellschaft, Umwelt, Risikoprävention, Tourismus, Kultur,
90 Transport, Energie, Bildung und Gesundheit. b) regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung: (1) Innovation und wissensbasierte Wirtschaft: Stärkung der regionalen Kapazitäten der Forschung und der technologischen Entwicklung. Stimulierung von Innovationen und Unternehmergeist und Stärkung des Finanz-Engineerings, vor allem Bei Unternehmen der wissensbasierten Wirtschaft. (2) Umwelt und Risikoprävention: Wiedernutzbarmachung verseuchter Gebiete, Stimulierung der effizienten Energienutzung, Förderung von sauberen öffentlichen Verkehrsmitteln in den Städten und Ausarbeitung von Plänen für die Prävention und den Umgang mit natürlichen und technologisch bedingten Risiken. (3) Zugang zu Transportund Telekommunikationsdienstleistungen vom allgemeinen wirtschaftlichen Interesse. c) Europäische territoriale Zusammenarbeit: (1) Entwicklung von grenzüberschreitenden wirtschaftlichen und sozialen Projekten; (2) Schaffung und Förderung der transnationalen Zusammenarbeit, einschließlich einer bilateralen Zusammenarbeit zwischen den Küstenregionen; (3) Stärkung der Effizienz der Regionalpolitik durch die Förderung der interregionalen Zusammenarbeit, Schaffung von Netzwerken und den Erfahrungsaustausch zwischen den regionalen und lokalen Behörden. 4. Finanzierungsarten und -objekte: (1) Direkte Hilfen bei Investitionen von Unternehmen (besonders kleiner und mittlerer Unternehmen) zur Schaffung dauerhafter Beschäftigung; (2) Infrastrukturen, insbesondere im Zusammenhang mit Forschung und Innovation, Telekommunikation, Umwelt, Energie und Transport; (3) Finanzierungsinstrumente (Risikokapitalanlage, Fonds für regionale Entwicklung) zur Unterstützung der regionalen und lokalen Entwicklung und zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Städten und Regionen; (4) technische Hilfsmaßnahmen. Weitere Informationen unter www.ec.europa.eu/ regional_policy EFTA, European Free Trade Association,
Europäische Freihandelsassoziation; Das am 4.1.1960 unterzeichnete Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandels-Assoziation (sog. Stockholmer Konvention) ist am 3.5.1960 formal in Kraft getreten. Amtssitz der EFTA ist Genf. 1. Entstehungsgründe: a) Nach Ende des zweiten Weltkriegs bestand zunächst die Absicht,
91 im Wege einer alle westeuropäischen Staaten umfassenden Wirtschaftsintegration dazu beizutragen, die in der Vergangenheit verfeindeten Nationen Europas wieder zusammenzuführen, ihren wirtschaftlichen Wiederaufbau zu fördern und dadurch die politische Position Westeuropas angesichts des OstWest-Gegensatzes zu stärken. Erster Schritt in diese Richtung war die 1948 zum Zweck der Abwicklung der Marshallplan-Hilfe erfolgte Errichtung der OEEC (Organization for European Economic Cooperation). b) Eine sog. Freihandelszone ist (im Unterschied zu einer Zollunion) dadurch gekennzeichnet, dass die handelspolitische Souveränität der Mitgliedsländer gegenüber Drittstaaten uneingeschränkt erhalten bleibt. Deshalb sahen sich einige der OEEC-Staaten in der zweiten Hälfte der 50er Jahre dazu veranlasst, sich an Stelle einer Mitgliedschaft in der (als Zollunion konzipierten) EWG zur EFTA zusammenzuschließen. 2. Mitgliedsländer: Gründungsmitglieder waren Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden und die Schweiz. Spätere Mitglieder: Island (1970), Finnland (seit 1961 assoziiert; seit 1986 Vollmitglied) und Liechtenstein (1991). Infolge des Beitritts zur EG schieden Dänemark und Großbritannien Ende 1972 aus, Portugal Ende 1985. Österreich, Finnland und Schweden vollzogen diesen Schritt zum 1. 1. 1995. Seitdem umfasst die EFTA nur noch vier Staaten: Island, Liechtenstein, die Schweiz und Norwegen (dessen Bevölkerung 1972 und 1994 den bereits ausgehandelten EG-(EU-)Beitritt ablehnte). 3. Ziele: Die EFTA verfolgt explizit nur wirtschaftliche Ziele (weniger weit reichende als die der EG). Neben dem Ziel der Verwirklichung des Freihandels bei industriellen Produkten enthält der EFTA-Vertrag Wettbewerbsregeln sowie Vorschriften zum Abbau technischer Handelshemmnisse. Die meisten Agrar- und Fischerei-Erzeugnisse bleiben vom innergemeinschaftlichen Freihandel und den gemeinsamen Wettbewerbsregeln weitgehend ausgenommen. Zum Zweck der Förderung des Austauschs solcher Waren bestehen mehrere bilaterale Abmachungen zwischen einzelnen EFTA-Staaten. 5. Beziehungen zur EG: a) Weil die EG bzw. EU für die EFTA-Staaten mit großem Abstand der größte Handelspartner ist, hat die EFTA stets eine enge Kooperation mit der EG angestrebt. Verschiedene, bereits zu Anfang der 60er
EG Jahre von einzelnen EFTA-Mitgliedern gestellte Anträge auf Aufnahme von Verhandlungen über einen EG-Beitritt oder einer Assoziierung scheiterten jedoch. b) Zeitgleich mit dem Beitritt von Dänemark und Großbritannien zur EG (1973) gingen die handelspolitischen Zuständigkeiten der EGMitglieder in vollem Umfang auf die EGKommission über. Seit 1973 wurden zahlreiche bilaterale Freihandelsverträge zwischen den EG und den einzelnen EFTA-Staaten für Erzeugnisse des gewerblichen Sektors und des Montanbereichs abgeschlossen sowie eine Reihe multilateraler Vereinbarungen (z. B. Vereinheitlichung des Dokumentenwesens). c) In den Jahren 1984-86 fanden parallel zur Entwicklung des Konzepts für die Errichtung eines Einheitlichen Binnenmarkts der EG (vgl. auch Einheitliche Europäische Akte, EEA) verschiedene Zusammenkünfte der EFTA- und der EG-Staaten auf Regierungsebene mit dem Ziel statt, die Zusammenarbeit von EG und EFTA zu intensivieren. Nach wechselvollem Verlauf erfolgte 1992 die Unterzeichnung des Vertrags über den EWR (Europäischer Wirtschaftsraum), der am 1. 1. 1994 im Verhältnis zwischen der EU und mit Ausnahme der Schweiz den EFTA-Staaten rechtswirksam wurde. Die EWR-Vereinbarungen verfolgen den Zweck der schrittweisen Herstellung gegenseitiger Beziehungen, die in vieler Hinsicht prinzipiell dem Einheitlichen EG-Binnenmarkt ähneln. 6. Sonstige Außenbeziehungen der EFTA: Alle EFTA-Staaten waren und sind Mitglieder des GATT und der OECD. Weitere Informationen unter www.efta.int EFWZ, Europäischer Fonds für Währungspolitische Zusammenarbeit. Dieser wurde im April 1973 im Rahmen des von den Mitgliedstaaten der EG (Europäische Gemeinschaften) nach dem Zusammenbruch des globalen Festkurssystems ( BrettonWoods-System) geschaffenen Europäischen Währungsverbunds errichtet. Damalige Aufgabe des EFWZ war es, den vereinbarten Stützungskreditmechanismus zu handhaben. Im Zuge der Errichtung der Europäischen Währungsunion ( EU) wurde der EFWZ zu Beginn der zweiten Stufe der Währungsunion (1.1.1994) aufgelöst. EG, Europäische Gemeinschaften. 1. Überblick: a) Begriff: Den Europäischen Gemeinschaften (EG) liegen drei selbstständig ne-
EG beneinander bestehende Gemeinschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit zu Grunde: die EGKS (Montanunion bzw. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl), die EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft; seit 1.1.1993 Europäische Gemeinschaft) und die EAG (Europäische Atomgemeinschaft). b) Gemeinsamkeiten: Ungeachtet ihrer rechtlichen Eigenständigkeit sind diese drei Gemeinschaften durch vielfältige gemeinsame vertragliche Bestimmungen, allgemeine Rechtsgrundsätze, einen gemeinsamen Haushalt sowie durch gemeinsame Organe eng verbunden. Während der EuGH (Europäischer Gerichtshof) und die sog. Gemeinsame Versammlung (seit 1979: Europäisches Parlament) bereits seit Errichtung von EWG und EAG (1.1.1958) als gemeinsame Organe aller drei Gemeinschaften fungieren, wurden die jeweiligen Exekutiv- und Legislativ-Organe durch den Fusionsvertrag vom 8.4.1965 erst mit Wirkung vom 1.7.1967 fusioniert ( Europäische Kommission; Europäischer Rat) und als Folge davon die drei Gemeinschaften unter der Bezeichnung EG organisatorisch zusammengefasst. c) Neben dem üblich gewordenen Sprachgebrauch Europäische Gemeinschaften zur Kennzeichnung der Gesamtheit der drei Gemeinschaften ist durch Art. G EU-Vertrag die bis dahin als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft benannte Teilgemeinschaft mit Wirkung vom 1.11.1993 in Europäische Gemeinschaft umbenannt worden; der reformierte (ehemalige) EWG-Vertrag wurde unter der (neuen) Bezeichnung EG-Vertrag (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) Bestandteil des Vertrags über die Europäische Union. Die formaljuristische Selbstständigkeit der drei Gemeinschaften wurde dadurch jedoch nicht aufgehoben. 2. Mitgliedsländer und Antragsteller: a) Zum Zeitpunkt der Fusion der Organe umfassten die EG noch die sechs Gründerstaaten der drei Gemeinschaften (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande). Bis zur Errichtung der EU (1.11.1993) sind sechs weitere Mitgliedstaaten hinzugekommen (1.1.1973: Dänemark, Großbritannien, Irland; 1.1.1981: Griechenland; 1.1.1986: Portugal, Spanien). Seit der deutschen Wiedervereinigung (3.10.1990) sind auch die fünf neuen Bundesländer in die EG mit einbezogen. Durch Beitritt zur EU wurden am 1.1.1995 auch Finnland, Österreich
92 und Schweden Mitglied von EGKS, EG und EAG. Weiter traten als EU-Mitglieder bei 2004: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern; 2007: Bulgarien und Rumänien. b) Offizielle Beitrittskandidaten sind Türkei (seit 1999), Kroatien (seit 2004) und Mazedonien (seit 2005). c) Potenzielle Beitrittsländer: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien sowie der Kosovo. 3. Gemeinsame Organe: a) Der Ministerrat (Rat der EU) ist das zentrale Entscheidungsorgan der EG; er vereinigt die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten. Seit 1975 tritt der Rat mindestens einmal pro Halbjahr in Form eines Treffens der Staats- bzw. Regierungs-Chefs unter Einbeziehung des Präsidenten der EG-Kommission zusammen (sog. Europäischer Rat), um die grundlegenden Gemeinschaftsprobleme zu erörtern und die Leitlinien für die weitere Gemeinschaftspolitik festzulegen. b) Die in Brüssel residierende EG-Kommission ( Europäische Kommission) nimmt generell Exekutivaufgaben wahr; sie besitzt das alleinige Initiativrecht, vertritt das Gemeinschaftsinteresse (nach außen und gegenüber den Mitgliedstaaten und deren Bürgern) und wacht über die Einhaltung der gemeinschaftlichen Vertragsbestimmungen und der Grundsätze des Gemeinsamen Marktes. c) Europäischer Gerichtshof ( EuGH). d) Europäisches Parlament. e) Zur Unterstützung der EG-Organe wurden eine Reihe sog. Hilfsorgane eingerichtet. Hierzu zählen vor allem der Europäische Rechnungshof ( EuRH), der Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss für Wirtschaftspolitik und der Ausschuss der Zentralbankpräsidenten. Im Zusammenhang mit dem Vertrag über die Europäische Union ist im EG-Vertrag die Errichtung eines Ausschuss der Regionen verankert worden. Schließlich dient die EIB (Europäische Investitionsbank) der Unterstützung der EG-Politiken. 4. Rechtssetzung durch die EG: a) Soweit die Mitgliedsstaaten durch die drei Gemeinschaftsverträge Hoheitsrechte auf die EG übertragen haben, besitzt die Gemeinschaft autonome Entscheidungsbefugnisse (eigene Rechtsordnung und Rechtssetzungsbefugnisse). Die vom Rat im Zusammenwirken mit dem EP auf Initiative der Kommission erlassenen Rechtsakte (sog. sekundäres Gemeinschaftsrecht) besitzen in allen Mitgliedsländern Gesetzeskraft. b) Im Einzelnen sind zu
93 unterscheiden (Art. 189 EGV): (1) sog. Verordnungen (sind in jedem Mitgliedsstaat für jedermann unmittelbar verbindlich); (2) sog. Richtlinien (schreiben die zu erreichenden Ziele verbindlich vor, wobei die Wahl der Mittel zur Zielerreichung dem einzelnen Mitgliedsstaat überlassen bleibt); (3) sog. Entscheidungen (können an einen Mitgliedsstaat, ein Unternehmen oder an Einzelpersonen gerichtet sein; ein derartiger Rechtsakt ist für den Adressaten verbindlich); (4) sog. Empfehlungen und Stellungnahmen (Rechtsakte, die keinen zwingenden Charakter haben). 5. Gemeinschaftspolitiken: a) Als Folge der Option für das Zollunionskonzept verfügt die EG seit dem 1.1.1973 über die ausschließliche Zuständigkeit für die Gestaltung der handelspolitischen Beziehungen mit der restlichen Welt. Außerdem hat sie auf immer mehr Wirtschaftspolitikfeldern Mitwirkungsrechte in Ergänzung zu den nationalen Entscheidungsprozessen (sog. Gemischte Zuständigkeiten) erlangt. b) Reformen: Die zum 1.7.1968 vollendete Zollunion ist entsprechend den Zielen der ersten Reform der Gemeinschaftsverträge ( EEA) durch Harmonisierung einer großen Zahl nichttarifärer Handelshemmnisse zwischen 1987 und 1993 zum Einheitlichen Binnenmarkt (Raum ohne Binnengrenzen) weiterentwickelt worden. Die zweite grundlegende Reform der Rechtsgrundlagen der Gemeinschaft (Maastrichter Vertragswerk) verfolgt neben der Ausweitung bestehender Aufgaben und der Schaffung neuer EG-Kompetenzen insbesondere das Ziel eines stufenweisen Aufbaus des einheitlichen Binnenmarkts zu einer Wirtschafts- und Währungsunion ( EU), deren dritte und letzte Stufe am 1.1.1999 begann. 6. EG-Haushalt: Eine besondere Klammer der drei (Teil-) Gemeinschaften bildet der Haushaltsvertrag, auf dessen Basis jährlich ein Gesamthaushaltsplan erstellt wird, dessen Ausführung der Europäischen Kommission obliegt. 7. Außenbeziehungen: Auf Grund der Spitzenstellung der EG im Welthandel ist im Laufe der Zeit ein enges Netz bilateraler und multilateraler Außenwirtschaftsbeziehungen entstanden, welches die EG mit nahezu allen Nicht-Mitgliedsländern verbindet ( EWG; LoméAbkommen; APS; EWR; EuropaAbkommen). Die herausragende handelspolitische Rolle der EG wird nicht zuletzt auch durch das hohe Engagement belegt, mit welchem die EG im GATT sich für globale
EGKS Liberalisierungsfortschritte eingesetzt hat. Weitere Informationen unter www.europa.eu. int EG-Kartellrecht, Kartellrecht. EGKS, Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Montanunion; eine der drei Europäischen Gemeinschaften ( EG). 1. Überblick: Die EGKS ist die älteste der drei TeilGemeinschaften im Rahmen EG. Der (besonders infolge des Engagements von Schuman und Adenauer zu Stande gekommene) sog. Pariser Vertrag zur Gründung der EGKS (EGKSV) wurde am 18.4.1951 unterzeichnet und ist am 23.7.1952 in Kraft getreten. Die Montanunion besitzt eine eigene völkerrechtliche Rechtspersönlichkeit. Während die Verträge über die Schaffung der beiden später errichteten Gemeinschaften ( EWG und EAG) eine zeitlich unbegrenzte Geltungsdauer aufweisen, ist der EGKSV auf 50 Jahre befristet. Der auf die Sektor-Integration des Montanbereichs beschränkte EGKSV ist nach der Fusion der Organe der drei Einzelgemeinschaften in Kraft geblieben, obwohl sich der EWG-Vertrag prinzipiell auf alle Wirtschaftssektoren der Teilnehmerländer bezieht. Mitgliedsländer: sechs Gründerstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande); weil eine Aufnahme in die Europäischen Gemeinschaften den Beitritt zu allen drei (Teil-) Gemeinschaften beinhaltet, sind alle später der EG (EU) beigetretenen Staaten zugleich Mitglieder der EGKS. 2. Zielsetzungen: Neben der Dominanz nicht-ökonomischer Absichten wurde mit der Errichtung der Montanunion im Übrigen das Ziel verfolgt, zum Wirtschaftswachstum, zum Abbau der Arbeitslosigkeit sowie zur Hebung des Lebensstandards in den Mitgliedstaaten beizutragen. Kernelemente sind die Befreiung des innergemeinschaftlichen Handels mit Montanerzeugnissen von Zöllen und Abgaben mit gleicher Wirkung sowie die Abschaffung aller mengenmäßigen Beschränkungen: Errichtung eines Gemeinsamen Marktes für Kohle und Eisen (10.2.1953), Schrott (15.3.1953) und Stahl (1.5.1953). Zur Flankierung des Ziels der Errichtung gemeinsamer Montanmärkte beinhaltet der EGKSV Vorschriften zur Förderung des Wettbewerbs, der Einführung durchgehender Transporttarife, Finanzhilfen für Rationalisierungsinvestitionen sowie die Freizügigkeit der Arbeit-
Egoismus nehmer. 3. Organe: Die Montanunion wird von vier Organen getragen. Zwei dieser Organe, nämlich das Europäische Parlament (ursprünglich: Gemeinsame Versammlung) und der Europäische Gerichtshof (ursprünglich: Gerichtshof) fungieren seit der zum 1.1.1958 erfolgten Gründung von EWG und EURATOM als gemeinsame Organe aller drei Gemeinschaften. Im Unterschied dazu verfügte die EGKS bis zur Fusion mit der EWG und der EAG (1.7.1967) über eine eigenständige Exekutive (sog. Hohe Behörde) und ein spezielles Entscheidungsorgan (sog. Besonderer Ministerrat). Zum genannten Datum sind diese beiden Institutionen in der EG-Kommission bzw. im EG-Ministerrat (heute: Rat der EU) aufgegangen. Seither wird die EG-Kommission in EGKS-Angelegenheiten von einem sog. Beratenden Ausschuss unterstützt. 4. Bedeutung: Die Montanunion hat als der erste Schritt zur politischen Einheit Europas zu gelten. Die Besonderheit der EGKS besteht darin, dass mit der Montanunion erstmals mehrere souveräne Staaten auf freiwilliger Basis einen Teil ihrer Hoheitsrechte auf eine supranationale Körperschaft übertragen haben. Weitere Informationen unter www.europa.eu/scadplus/ treaties/ecsc_de.htm Egoismus, Der Begriff Egoismus lässt sich
als Selbstsucht, Eigennutz übersetzen und ist ethisch negativ belegt. Dies bereitet der Wirtschaftsethik und der Ökonomik große Schwierigkeiten. Von Egoismus zu unterscheiden: Eigeninteresse. EG-Wettbewerbspolitik, Kartellrecht. ehebezogene Leistungen, 1. Begriff: Gesamtheit der staatlichen Leistungen, die Ehegatten zugutekommen und mit dem verfassungsmäßigen Schutz der Ehe (und Familie) begründet werden. Im Sozialbudget werden sie in der funktionalen Gliederung unter Ehegatten ausgewiesen. 2. Umfang und Zusammensetzung: Nach Bilanzierung des Kompetenzzentrum für familienbezogene Leistungen betrugen sie im Jahre 2007 insgesamt 71,5 Mrd. EUR: (1) Ehegattensplitting 20,6 Mrd. EUR, (2) Realsplitting 0,4 Mrd. Euro, (3) Familienzuschläge und Beihilfen im öffentlichen Dienst 0,4 Mrd. EUR, (4) Witwengeld nach dem Beamtenversorgungsgesetz: 2,8 Mrd. EUR, (5) Witwen/Witwerrenten (§ 46 SGB VI): 37,1 Mrd.
94 EUR, (6) Beitragsfreie Mitversicherung von Ehegatten (§§ 10, 25 SGB VI): 10,2 Mrd. EUR. Ehegattensplitting. 1. Begriff: Verfahren
des Einkommensteuerrechts gem. § 32 a, Abs. 5 EStG, nach dem (1) das zu versteuernde Einkommen der Ehegatten halbiert (gesplittet) wird, (2) die Einkommensteuer für die Hälfte des zu versteuernden Einkommens nach dem geltenden Einkommensteuertarif berechnet und dann (3) verdoppelt wird. 2. Steuerliche Wirkung: Das Splittingverfahren bewirkt die Gleichverteilung des zu versteuernden Einkommens auf die Ehepartner. Dadurch wird das Leistungsfähigkeitsprinzip der Besteuerung nicht auf den einzelnen Steuerpflichtigen, sondern auf die Ehe als Leistungsgemeinschaft angewendet. Ehepaare mit unterschiedlicher Einkommensverteilung, aber gleichem Gesamteinkommen (Gesamtleistungsfähigkeit) werden dadurch gleich behandelt. Wirkungslos bleibt das Splittingverfahren, wenn die Einzeleinkommen der Ehegatten gleich hoch sind oder wenn jeder einzelne Ehegatte mit seinem zu versteuernden Einkommen oberhalb der Progressionszone der Einkommensteuer liegt. Innerhalb der Progressionszone ergibt sich dagegen durch den Splittingtarif gegenüber einem Unverheirateten (oder einem unverheiratetem Paar) mit gleichem (Gesamt-) Einkommen eine durch den Gesetzgeber gewollte Steuerentlastung. 3. Begründung: Die Einführung des Ehegattensplitting (1958) war zunächst die Reaktion der Adenauer-Regierung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (1957), das die Kombination der steuerlichen Zusammenveranlagung von Ehegatten mit der Steuerprogression für verfassungswidrig erklärte. Ehepartner sollten bei Beibehaltung der Zusammenveranlagung durch den Splittingtarif (wieder) entlastet werden. Darüber hinaus wurde das Ehegattensplitting als verfassungsmäßig gebotener besonderer Schutz von Ehe und Familie (gem. Art. 6, Abs. 1 GG) angesehen und gilt im Rahmen der sozialen Sicherung als Bestandteil der Sicherung der Familie und von Kindern. Im Sozialbudget der Bundesregierung wird der steuerliche Vorteil des Ehegattensplittings gegenüber dem Normaltarif in der funktionalen Gliederung als Sozialleistung (2007 geschätzt in Höhe von 24,5 Mrd. EUR) ausgewiesen. 4. Kritik: Kritisiert wird am Ehegattensplitting
95 u. a. (1) die Benachteiligung eheähnlicher und gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, (2) die Bevorteilung auch kinderloser Ehepaare bzw. die Abnahme des Vorteils mit zunehmender Kinderzahl und (3) die Bevorzugung der Ehen mit einem Einkommensbezieher (negative Beeinflussung insbesondere der Frauenerwerbstätigkeit). 5. Reformvorschläge: (1) Abschaffung des Ehegattensplittings, (2) Erweiterung des Splittings auf eheähnliche Partnerschaften, (3) Realsplittingverfahren mit der Möglichkeit, Einkommensbeträge auf Partner zu übertragen ( Realsplitting) und (4) Familiensplitting. Ehrenpensionen, Wiedergutmachung. EIB, Europäische Investitionsbank; 1. Über-
blick: Die EIB ist 1958 auf der Basis von Art. 129 EWG-Vertrag (seit 1.11.1993: Art. 198d EG-Vertrag) als öffentlich-rechtliches Finanzinstitut mit eigener Rechtspersönlichkeit und Sitz in Luxemburg gegründet worden. Die EIB verfolgt keinen Erwerbszweck. Mitglieder und Anteilseigner der Bank sind die EU-Staaten. 2. Aufgaben: Art. 198 e EG-Vertrag weist der EIB die generelle Aufgaben zu, im Wege der Gewährung von Darlehen und Garantien für Infrastrukturund Unternehmens-Investitionen zu einer ausgewogenen ... Entwicklung des Gemeinsamen Marktes ... beizutragen und dadurch dem Integrationsfortschritt zu dienen. Der am 1.11.1993 in Kraft getretene Vertrag über die EU weist der Bank außerdem die Aufgabe zu, zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der Gemeinschaft (Kohäsion) beizutragen. Neben den Förderungsaktivitäten innerhalb der Gemeinschaft gewährt die EIB auch Kredite für Projekte in kooperierenden Drittländern (primär: EG-Entwicklungspolitik). Weitere Informationen unter www.eib.org Eigeninteresse. Eigeninteresse wird oft mit Egoismus oder Opportunismus gleichgesetzt. Normativ dominiert in der Tradition der Ökonomik allerdings eher die Bedeutung des wohlverstandenen Eigeninteresses: Die Lehre vom wohlverstandenen Interesse bewirkt keine restlose Selbstaufgabe, regt aber täglich zu kleinen Opfern an, deren Grund in ihrer (ggf. langfristigen) Nützlichkeit für einen selbst liegen.
Eingliederungszuschüsse Eigentumsrecht, Verfügungsrechte. Eignungsfeststellung, Berufsberatung. Ein-Euro-Job, Arbeitsgelegenheiten, Grundsicherung für Arbeitssuchende. einfache Mehrheitsregel, Pluralitätsregel; Abstimmungsregel, bei dem eine Alternative als beschlossen gilt, wenn sie mehr Stimmen erhalten hat, als jede andere Alternative bzw. mehr Ja- als Neinstimmen erhalten hat. Einfuhr, Import. Eingliederung Behinderter. Körperlich, geistig oder seelisch Behinderte und von Behinderung bedrohte Personen können zunächst die gleichen Leistungen des Systems der sozialen Sicherung in Anspruch nehmen wie andere Bürger auch. Darüber hinaus besteht unabhängig von der Behinderungsursache ein soziales Recht auf die notwendige Hilfe, um die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern, und um einen den Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz in der Gemeinschaft, insbes. im Arbeitsleben, zu sichern. Eingliederungsgutschein, Eingliede-
rungszuschüsse. Eingliederungsvereinbarung, Arbeits-
und Ausbildungsvermittlung. Eingliederungszuschüsse, 1. Begriff: Leistungen der Bundesagentur für Arbeit an Arbeitgeber in Form von Zuschüssen zur Förderung der Eingliederung von Arbeitnehmern mit persönlichen Vermittlungshemmnissen. Die Förderhöhe und -dauer richten sich nach dem Umfang der Minderleistung des Arbeitnehmers und nach den jeweiligen Eingliederungserfordernissen. 2. Rechtsgrundlage: Drittes Sozialgesetzbuch, §§ 217 ff. SGB III. 3. Leistungsarten: a) Eingliederungszuschuss (§§ 217-222 SGB III): (1) Der Eingliederungszuschuss darf 50 % des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts (= das regelmäßig gezahlte, tarifliche oder ortsübliche Entgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze) nicht übersteigen und längstens bis zu 12 Monaten gezahlt werden. (2) Für schwerbehinderte und sons-
Eingreifkriterien tige behinderte Menschen kann die Förderhöhe 70 % und die Höchstdauer 24 Monate betragen. (3) Für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen darf die Förderung 70 % des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts sowie 36 Monate nicht überschreiten. (4) Bei besonders betroffenen älteren Schwerbehinderten, die das 50. bzw. 55. Lebensjahr vollendet haben, darf die Förderdauer 60 Monate bzw. 96 Monate nicht übersteigen. b) Eingliederungsgutschein (§§ 223 f. SGB III): (1) Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr überschritten haben, können einen Gutschein über die Gewährung eines Eingliederungszuschusses erhalten, wenn sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mehr als 12 Monaten haben. Sind sie seit Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mindestens zwölf Monate beschäftigungslos, haben sie einen Anspruch darauf. (2) Mit dem Eingliederungsgutschein verpflichtet sich die Agentur für Arbeit, einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten, wenn (a) der Arbeitnehmer eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnimmt, (b) die Arbeitszeit mindestens 15 Stunden wöchentlich beträgt und (c) das Beschäftigungsverhältnis für mindestens ein Jahr begründet wird. (3) Der Eingliederungszuschuss wird für 12 Monate geleistet. Die Förderhöhe richtet sich nach den jeweiligen Eingliederungserfordernissen und darf 30 % nicht unterschreiten und 50 % nicht überschreiten. Für Arbeitnehmer, die einen Anspruch auf einen Eingliederungsgutschein haben, beträgt die Förderhöhe 50 % des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts. (4) Förderungsausschluss: Die Förderung ist ausgeschlossen, wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses veranlasst hat, um einen Eingliederungszuschuss zu erhalten, oder die Einstellung bei einem früheren Arbeitgeber erfolgt, bei dem der Arbeitnehmer während der letzten zwei Jahre vor Förderbeginn mehr als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt war. Eingreifkriterien, Fusionskontrolle. Einheitliche Europäische Akte, EEA. Einheitlicher Binnenmarkt, Einheitlicher
Binnenmarkt der Europäischen Gemeinschaften ( EG) bzw. Europäischen Union ( EU). 1. Begriff: Der mit der EEA (Ein-
96 heitliche Europäische Akte) neu geschaffene Art. 8a EWG-Vertrag definiert den einheitlichen Binnenmarkt als einen Raum ohne Binnengrenzen, in welchem die vier sog. Grundfreiheiten (freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital) gewährleistet sind. 2. Grundlagen und Entwicklung: Art. 2 des EWG-Vertrags ( EWG) sieht die stufenweise Verschmelzung der Volkswirtschaften der Mitgliedsländer zu einem Gemeinsamen Markt vor. Erster Schritt zu diesem Ziel war die Vollendung der Zollunion zum 1. 7. 1968. Im Jahre 1985 veröffentlichte die EG-Kommission einen umfassenden Plan für die Zusammenführung der fragmentierten nationalen Märkte zur Schaffung eines echten Binnenmarktes ohne Grenzen bis Ende 1992. Im Jahre 1986 beschließt die EU die Einheitliche Europäischen Akte ( EEA), welche die Annahme bestimmter wichtiger Entscheidungen mit einem Mehrheitsvotum ermöglicht. Dies war die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die fast 280 einzelnen Rechtsvorschriften beschlossen werden konnten, die bis zur Vollendung des Binnenmarkts am 1.1.1993 erforderlich waren. Diese betrafen insbesondere folgende Bereiche: Dienstleistungsfreiheit, Liberalisierung des Kapitalverkehrs, Harmonisierung technischer Vorschriften und des öffentlichen Auftragswesens, Anerkennung von berufsqualifizierenden Abschlüssen, Niederlassungsrecht, Gesellschaftsrecht, Unternehmensbesteuerung, werblichen Werberechtsschutz. Seit 1993 wird die Entwicklung des Binnenmarktes laufend überwacht und im Rahmen einer Berichterstattung jährlich überprüft. Ein Binnenmarktanzeiger gibt einen Überblick darüber, wie rasch und wie gut die Mitgliedsländer die Binnenmarktrichtlinien in nationales Recht überführen. Darüber hinaus wird die Zahl der gegen die Mitgliedstaaten anhängigen Vertragsverletzungsverfahren veröffentlicht. Die Auswirkungen und Effektivität des Binnenmarktes werden von der Kommission regelmäßig in den technischen Berichten über die Leistungsfähigkeit der Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalmärkte in der EU untersucht. Ende 2007 hat die Kommission eine Vision einen Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts vorgelegt. 3. Auswirkungen: Die mit der Binnenmarktharmonisierung einhergehenden funktionellen Wirkungen (Transaktionskostensenkung, Wettbewerbsintensivierung, Herausbildung einer
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Einkommen
effizienteren Produktionsstruktur) haben seit etwa 1987 erkennbare Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung in den Mitgliedsstaaten ausgeübt. Grundlage hierfür waren eine beträchtliche Belebung des innergemeinschaftlichen Handels und Zunahme der Direktinvestitionen in der Gemeinschaft. Einheitlichkeit der Lebensbedingungen, Herstellung der Einheitlichkeit der
Lebensbedingungen ist ein Ziel der nalen Strukturpolitik.
regio-
Einheitsbudget, Zusammenstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben einer Gebietskörperschaft in einem einzigen Haushaltsplan zur Erhöhung der Übersichtlichkeit des Haushaltsgebarens. Das Einheitsbudget erfüllt den Haushaltsgrundsatz der Einheit ( Haushaltsgrundsätze).
Das Grundvermögen ist Steuerobjekt verschiedener Steuern (der Grundsteuer und Erbschaft- und Schenkungsteuer). Zur Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen müssen sie in Geld bewertet werden. Das ist Aufgabe der sog. Einheitsbewertung, die für jede Grundvermögensart durchgeführt wird und im Bewertungsgesetz (BewG) geregelt ist. Einheitswert.
Einigungsvertrag, Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990. Mit dem am 29.9.1990 in Kraft getretenen Einigungsvertrag ist die Einheit Deutschlands wiederhergestellt worden. Der Einigungsvertrag regelt im Wesentlichen die Auswirkungen des von der Volkskammer der DDR am 23.8.1990 beschlossenen Beitritts der DDR zur BRD nach Art. 23 des Grundgesetzes zum 3.10.1990. Der Einigungsvertrag ist die Grundlage für die Rechtsangleichung zwischen der früheren BRD und dem sog. Beitrittsgebiet, d. h. dem Gebiet der alten DDR. Im Zuge der Herstellung der Einheit Deutschlands stellt der Einigungsvertrag die Kernregelung eines komplexen rechtlichen Vorgangs dar, zu dem u. a. die folgenden Regelungen gehören: (1) Der Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der BRD und der Deutschen Demokratischen Republik vom 18.5.1990; (2) die EG-RechtÜberleitungsverordnung vom 28.9.1990, mit
der das Recht der Europäischen Gemeinschaften ( EG) auf das Beitrittsgebiet übergeleitet wird. Einkommen. I. Mikroökonomie: Stromgröße in der Haushaltstheorie, die einem Haushalt in einer Periode als Faktorentlohnung in Form eines Güter- oder Geldbetrages für die Bereitstellung von Faktorleistungen bzw. Produktionsfaktoren zufließt. Dabei stehen dem Haushalt im Allgemeinen vier Einkommensarten zur Verfügung: a) Einkommen aus Arbeitsleistung in Form von Lohnzahlungen, indem der Haushalt im Produktionsprozess verwertbare Leistungen den Unternehmen anbietet (Arbeitseinkommen); b) Einkommen aus Vermögen in Form von Zinsen bzw. Grundrente durch die Bereitstellung von Kapital oder Boden (Besitzeinkommen); c) Einkommen auf Grund rechtlicher Ansprüche oder freiwilliger Zuwendungen (Transfereinkommen); d) Einkommen als Residualgewinn aus unternehmerischer Tätigkeit (Unternehmereinkommen). Dabei ist für die Mehrzahl der Haushalte das Arbeitseinkommen von maßgebender Bedeutung. Verwendung: Sein Nettoeinkommen führt der Haushalt einerseits der Vermögensanlage ( Sparen) und andererseits dem Kauf von Gütern (Konsum) zu. I I . M a k r o ö k o n o m i e : Volkseinkommen, permanentes Einkommen. I I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t : 1. Allgemein: Im Rahmen der Einkommensbesteuerung wird diskutiert, welche Einkommensbegriffe am besten die steuerliche Leistungsfähigkeit des Individuums ( Leistungsfähigkeitsprinzip) repräsentieren. 2. Definitionen: a) Nach der Quellentheorie zählen zum Einkommen nur die ständig fließenden Zugänge; wegen des Ausschlusses aller aperiodischen Zugänge an ökonomischen Größen der engste Einkommensbegriff. b) Nach der Reinvermögenszugangstheorie gehören zum Einkommen neben den ständig fließenden Zugängen v. a. auch aperiodische Zugänge und Vermögenswertzuwächse. c) Mit der Comprehensive Tax Base wird versucht, dem Ideal der Allgemeinheit der Besteuerung besonders nahe zu kommen. d) Systematik des Einkommens: (1) Geldeinkommen: (a) Faktorentlohnung: Arbeit, Kapital, einschl. Gewinnausschüttung und -entnahme sowie realisierte KapitalWertsteigerungen; (b) Geldzugänge aus der Auflösung und dem Zugang von privatem
Einkommensbesteuerung Vermögen: Entsparen, Erbschaften, Schenkungen, Vermögensveräußerungen; (c) Zugänge aus Transfers: individuelle Transfers, z. B. Unterstützungen, Abfindungen; kollektive Transfers, z. B. Versicherungsleistungen, öffentliche Transfers wie Sozialrenten, Sozialhilfe, Kindergeld. (2) Gütereinkommen: (a) Naturalzugänge: Deputate, Dienstwohnung, Ausbildung, Gesundheitsdienste im Unternehmen; (b) Nutzung des (selbst erworbenen oder ererbten) Sachvermögens; (c) private Realtransfers, z. B. Wohnrechte, Vorteile aus gemeinsamem Haushalt, Nachbarschaftshilfe; öffentliche Realtransfers, z. B. Kuren, Heilverfahren, Heimunterbringung. I V. St e u e r r e c h t d e r B R D : 1. Einkommen als Grundlage der Steuerpflicht vom Standpunkt der Steuergerechtigkeit: Gesamtbetrag der einer Person in bestimmter Zeiteinheit (Monat, Jahr) zufließenden Überschüsse der Wirtschaftsführung, also auch Naturalerträge. a) Einkommen i. e. S. (Quellentheorie): Nur solche Reineinnahmen, die aus dauernden Quellen, also regelmäßig fließen: (1) fundiertes Einkommen, (2) unfundiertes Einkommen b) Einkommen i. w. S. (Reinvermögenszugangstheorie): Sämtliche, also auch einmalige Einnahmen, wie z. B. Lotteriegewinn. 2. Das deutsche Einkommensteuerrecht enthält Teile der Quellen- und der Reinvermögenszugangstheorie. Dieser synthetische Einkommensbegriff folgt jedoch im Grundsatz mit Ausnahme der Spekulationsgewinne dem Begriff i. e. S.: Ausgangspunkt der Einkommensermittlung sind die Einkünfte. Nur Bezüge und Verluste, die innerhalb einer der sieben Einkunftsarten ( Einkünfte) anfallen, sind steuerlich relevant. I. Grunds ä t z l i c h e s : 1. Begriff: Grundlegende Besteuerungsweise, die am Ort des Eintreffens des Einkommensstromes bei den privaten Personen bzw. Haushalten Steuern erhebt, dabei die persönlichen Lebensverhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt und das Leistungsfähigkeitsprinzip in der Besteuerung verwirklicht. Gegensatz: Ertragsbesteuerung, Verbrauchsbesteuerung. 2. Steuerarten: a) Einkommensteuer: Wesentliche Elemente unter dem Aspekt einer vollständigen Erfassung der Leistungsfähigkeit sind: (1) Gestaltung eines breiten Einkommensbegriffes ( Comprehensive Tax Base), (2) steuerlastvermindernde FreibetragsregeEinkommensbesteuerung.
98 lung und (3) Steuerprogression. b) Lohnsteuer (besondere Erhebungsform der Einkommensteuer): Quellensteuer für abhängig Beschäftigte. c) Kirchensteuer als Satellitensteuer oder Zuschlagsteuer zu einer Materialsteuer; hauptsächliche Materialsteuer der Kirchensteuer ist die Einkommen- bzw. Lohnsteuer. 3. Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit: Die Einkommensbesteuerung geht von der Tatsache aus, dass die steuerliche Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen von der Summe seiner Reineinnahmen (Höhe des Einkommens) bestimmt wird. Die Einkommensbesteuerung ermöglicht prinzipiell die optimale Anpassung der Steuer an individuelle Verhältnisse sowie die Verwirklichung der Steuergerechtigkeit durch (1) Freilassung eines steuerfreien Existenzminimums, (2) progressive Staffelung der Steuersätze ( Steuerprogression), (3) Mehrbelastung fundierten Einkommens, (4) Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen, (5) Berücksichtigung der Sonderausgaben, (6) Berücksichtigung der Familiengröße. I I . Z i e l e : 1. Fiskalisches Ziel: Die Einkommensbesteuerung ist eine sehr ertragreiche Besteuerungsweise; sie erbringt zwischen 40 % und 50 % des Gesamtaufkommens aller Gebietskörperschaften. 2. Steuerlastverteilung: Die wesentlichen Möglichkeiten der Einkommensbesteuerung liegen in der vollständigen Erfassung des Einkommens, der Freibetragsregelung und der Gestaltung des Progressionstarifs. 3. Einkommensumverteilung: Da die Einkommensbesteuerung das Nettoeinkommen beeinflusst, ist sie sowohl als Mittel der Verteilung der Steuerlast als auch in Verbindung mit Staatsausgaben als redistributives Mittel geeignet. 4. Strukturpolitik: Die Einkommensbesteuerung enthält Möglichkeiten, v. a. in den Abschreibungserleichterungen die branchenmäßige und regionale Struktur zu beeinflussen. 5. Konjunkturpolitik: Geeignetes Instrument zur Verfolgung konjunkturpolitischer Ziele im Rahmen der Steuerpolitik wegen der fallweisen Steuersatzvariation und der Built-in-Flexibility. in der Haushaltstheorie auch Kaufkrafteffekt oder Realeinkommenseffekt genannt. 1. Begriff: Reaktion eines Haushalts auf eine Preisänderung für ein Gut, die ceteris paribus durch eine Realeinkommensveränderung induziert wird. Der Einkommenseffekt bewirkt, dass Einkommenseffekt,
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Einkommensteuer
der Haushalt bei einer Preissenkung mehr Güter nachfragen kann. Für die Richtung des Einkommenseffektes ist die Einkommenselastizität der Nachfrage des Gutes maßgebend. Dem Einkommenseffekt entgegengesetzt wirkt in der Regel der Substitutionseffekt. 2. Einkommenseffekt der Investitionen: Vgl. Keynessche Lehre.
Einkommens-Nachfrage-Funktion, partielle Konsumfunktion, Engelkurve; beschreibt die Nachfragereaktion von Haushalten auf Einkommensänderungen ( Haushaltstheorie). Die Einkommens-NachfrageFunktion lässt sich aus der EinkommensKonsum-Kurve ableiten. Vgl. Einkommenselastizität der Nachfrage.
Einkommenselastizität der Geldnachfrage, Theorie der Geldnachfrage.
Einkommenspolitik, Verteilungspolitik,
Einkommenselastizität der Nachfrage.
In der Haushaltstheorie gibt sie den Zusammenhang zwischen der relativen Änderung der Nachfragemenge eines Haushalts nach einem Gut und der Veränderung seines Einkommens an ( Elastizitäten). Interpretiert als ein Maß der Bedürfnisdringlichkeit ist sie umso kleiner, je höher die Dringlichkeit ist. Superiore Güter weisen tät eine Einkommenselastizität der Nachfrage > 1, relativ inferiore Güter eine Einkommenselastizität der Nachfrage < 1 und absolut inferiore Güter von < 0 auf. Einkommensermittlung, steuerlicher Begriff für die Errechnung des steuerpflichtigen Betrages ( Bemessungsgrundlage) für die Einkommensteuer und Körperschaftssteuer. Einkommenshypothesen,
Konsum-
funktion. Einkommensklassen, Begriff bei der Be-
trachtung der Einkommensverteilung zwischen bestimmten sozialen Gruppen. Die Klasseneinteilung orientiert sich dabei an der Person des Einkommensempfängers und nicht an der Einkommensherkunft ( Gewinneinkommen, Lohneinkommen). Am gebräuchlichsten ist die Aufteilung in Arbeitnehmer und Selbstständige. Die Einkommensbetrachtung steht damit zwischen der Analyse der funktionellen und der personellen Einkommensverteilung ( institutionelle Verteilung). Einkommens-Konsum-Kurve, Haus-
haltstheorie. Einkommenskonto, kontenmäßige Erfassung von Einkommensbezug und verwendung einzelner oder aggregierter Wirtschaftseinheiten ( VGR).
Verteilungstheorie.
einkommenspolitische Empfehlungen,
Lohnleitlinien; 1. Begriff: Mit Hilfe von einkommenspolitischen Empfehlungen soll versucht werden, die Instabilitätsursache Verteilungskonflikt zu entschärfen und die Konjunkturpolitik und Stabilisierungspolitik einkommenspolitisch abzusichern. 2. Probleme: Die Festlegung des richtigen Lohnniveaus und der richtigen Lohnrelationen bei Gleichgewicht auf allen Märkten ist nicht möglich. Ihr steht die Kenntnis der zahlreichen Lohn bestimmenden Faktoren (u. a. die Produktionsbedingungen, Präferenzordnungen der Haushalte, Marktbedingungen, Verteilung der Faktoren) nicht zur Verfügung. Wenn trotzdem versucht wird, lohnpolitische Leitlinien zu entwickeln, kann das nur auf vereinfachte makroökonomische Weise geschehen. Vgl. Produktivitätsregeln, kostenniveauneutrale Lohnpolitik, vollbeschäftigungskonforme Lohnpolitik. Einkommensquoten, Arbeitseinkom-
mensquote, Gewinnquote, Lohnquote. Einkommensstreuung, Begriff im Rahmen der personellen Einkommensverteilung, bei dem es um die Verteilung des Einkommens zwischen, v. a. aber auch innerhalb bestimmter sozialer Gruppen ( Einkommensklassen) geht. Einkommensteuer. I . R e c h t s q u e l l e n :
Einkommensteuergesetz (EStG) i. d. F. vom 19.10.2002. Die Einkommensteuer fließt gem. Art. 106 GG als Gemeinschaftsteuer Bund (42,5 %), Ländern (42,5 %) und Gemeinden (15 %) zu. I I . We s e n : 1. Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Vgl. auch Einkommensbesteuerung. 2. Tarifgestaltung: Einkommensteuertarif. I I I . St e u e r p f l i c h t : 1. Unbeschränkte Steuerpflicht besteht: (1) für natür-
Einkommensteuertarif liche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben; (2) für natürliche Personen deutscher Staatsangehörigkeit, die im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben und zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, sowie deren Angehörige. 2. Beschränkte Steuerpflicht für natürliche Personen, die im Inland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt, aber inländische Einkünfte haben, wenn sie die Bedingungen für die unter a) genannte unbeschränkte Steuerpflicht nicht erfüllen. I V. B e s t e u e r u n g s g r u n d l a g e : Das Einkommen ermittelt sich additiv aus den Einkünften der im Einkommensteuergesetz aufgezählten sieben Einkunftsarten, unter Abzug bestimmter Freibeträge und persönlicher Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die seine Leistungsfähigkeit beeinflussen ( Einkommensermittlung). V. St e u e r b e f r e i u n g : Es existieren nur sachliche Steuerbefreiungen, die durch einen Katalog der steuerfreien Einnahmen bestimmt sind. V I . Ve r f a h r e n : 1. Grundsätzlich: a) Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres nach dem Einkommen veranlagt, das während dieser Zeit (Veranlagungszeitraum) bezogen wurde. Eine Veranlagung unterbleibt unter bestimmten Voraussetzungen bei Bezug von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. b) Die Einkommensteuer entsteht mit Ablauf des Veranlagungszeitraums. c) Auf die Einkommensteuer werden angerechnet: entrichtete Vorauszahlungen, durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer und anrechenbare Körperschaftsteuer. 2. Besondere Erhebungsform: Steuerabzug für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit ( Lohnsteuer) und für bestimmte Kapitalerträge ( Kapitalertragsteuer). V I I . H ö h e : Bemessungsgrundlage der tariflichen Einkommensteuer ist das zu versteuernde Einkommen, auf das der Einkommensteuertarif angewendet wird. Die tarifliche Einkommensteuer ist Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag. V I I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t l i c h e B e u r t e i l u n g : 1. Charakterisierung: Die Einkommensteuer ist der Hauptpfeiler des modernen Personalsteuersystems. Sie ist diejenige Steuerart, die in direkter Weise auf die persönlichen Lebensumstände des Steuerpflichtigen eingeht und
100 seine individuelle Leistungsfähigkeit berücksichtigt ( Leistungsfähigkeitsprinzip, Einkommensbesteuerung). 2. Steuersystematik: Die Einkommensteuer wird für unselbstständig Beschäftigte in der Form der Lohnsteuer erhoben; diese ist eine Gliedsteuer ( mehrgliedrige Steuer) der Einkommensteuer, die zugleich Quellensteuer ist. 3. Ziele und Wirkungen: a) Fiskalisch ist die Einkommensteuer sowohl für den Bund als auch für die Gruppe der Länder die tragende Säule ihres Einnahmensystems. b) Distributive Ziele und Wirkungen: (1) Mit Hilfe der Sonderausgaben und der Ausgaben für außergewöhnliche Belastungen sollen die individuellen Notwendigkeiten einer Existenz- und Vorsorgesicherung steuerlich entlastend berücksichtigt werden, um das Ziel einer gerechten steuerlichen Lastverteilung zu erreichen. (2) Eine existenzsichernde Funktion bei der Gestaltung des Einkommensteuertarifs hat der Grundfreibetrag, der laut Bundesverfassungsgericht das Existenzminimum abdecken muss. Das Splittingsystem dient einer steuerlichen Schonung der Ehegatten ( Haushaltsbesteuerung), um dem im Grundgesetz verankerten Grundsatz des Schutzes von Ehe und Familie zu entsprechen. c) Allokative Ziele und Wirkungen: Aufgrund der Mischbesteuerung von einkommensbeziehenden Personen und gewinnerzielenden Unternehmern in derselben Steuer ist die Einkommensteuer auch mit einer Vielzahl von produktions- und strukturbeeinflussenden Abzugsregeln versehen. 4. Die Reformdiskussion wird unter den Aspekten der Vereinfachung, der Gerechtigkeit in der Lastverteilung, der Sparanreize und der Leistungshemmung bzw. -motivation geführt. Einkommensteuertarif. Die tarifliche
Einkommensteuer bemisst sich nach dem zur versteuernden Einkommen. Sie ermittelt sich gemäß einer bestimmten Steuerberechnungsformel (Steuertarif) Für zusammen veranlagte Ehegatten und gleichgestellte Personen beträgt die tarifliche Einkommensteuer das Zweifache des Steuerbetrags, der sich für die Hälfte des zu versteuernden Einkommens ergibt ( Ehegattensplitting). Einkommensverteilung, Verteilung der
Einkommen einer Volkswirtschaft auf die am Produktionsprozess beteiligten Faktoren ( funktionelle Einkommensverteilung.) oder
101 auf Gruppen von Einkommensbeziehern ( personelle Einkommensverteilung.). Theorien der funktionellen und personellen Einkommensverteilung: Verteilungstheorie. Einkünfte, Begriff des Einkommensteuerrechts. Einkünfte sind der Gewinn oder der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten, die der Steuerpflichtige im Rahmen der sieben Einkunftsarten erzielt: Einkünfte (1) aus Land- und Forstwirtschaft, (2) aus Gewerbetrieb, (3) aus selbständiger Arbeit, (4) aus nichtselbständiger Arbeit, (5) aus Kapitalvermögen, (6) aus Vermietung und Verpachtung und (7) Sonstige Einkünfte.
Elastizitäten Leistungshöhe: Die Höhe des Einstiegsgeldes wird durch Rechtsverordnung geregelt. 4. Inanspruchnahme: Im Januar 2009 lag die Zahl der Leistungsbezieher bei insgesamt 22.932, davon in der Selbständigkeitsvariante in Höhe von 12.857 (58 %) und in der Arbeitnehmervariante in Höhe von 9.435 (42 %). Einstimmigkeitsregel, demokratische Abstimmungsregel, bei der eine Alternative nur dann als beschlossen gilt, wenn alle Teilnehmer der Abstimmung (oder sogar: alle Abstimmungsberechtigten) ihr zustimmen. Eintrittsgebühren, Entrance Fees. Eine
Einnahmen, öffentliche Einnahmen,
Finanzpolitik, Staatseinnahmen. Einnahmenpolitik, Finanzpolitik. Einnahmentheorie, Finanztheorie.
Umsatzsteuersystem, bei dem nur auf einer Phase der Leistungskette Umsatzsteuer erhoben wird. Beispiel: Einzelhandelsumsatzsteuer. Gegensätze: Allphasenumsatzsteuer, Mehrphasenumsatzsteuer. Vgl. auch Umsatzbesteuerung. Einphasenumsatzsteuer,
Alternative zur Zahlung von Effizienzlöhnen ( Arbeitsmarkt) stellt die Entrichtung von Eintrittsgebühren beim Abschluss von Arbeitsverträgen dar. Diese verfallen, falls der Arbeitnehmer vorzeitig entlassen wird oder kündigt. Das Unternehmen erreicht dadurch niedrigere Fluktuationsraten, eine Verbesserung der Arbeitsleistung sowie den Erhalt betriebsspezifischen Humankapitals. Andererseits entsteht beim Unternehmer das Problem des Moral Hazard: Er kann dem Arbeitnehmer ungerechtfertigt mangelnde Leistung vorwerfen und ihn entlassen, um sich dessen Eintrittsgebühren anzueignen.
Einspeisevergütung, festgelegte Konditi-
onen, zu denen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, den in ihrem Versorgungsgebiet von Nicht-Elektrizitätsversorgungsunternehmen erzeugten Strom aus erneuerbaren Energieträgern aufkaufen müssen. Eingeführt 1990 mit dem Stromeinspeisungsgesetz, fortgeführt seit 2000 im Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (ErneuerbareEnergien-Gesetz EEG).
Einzelhandelsumsatzsteuer, Form der Einphasenumsatzsteuer, bei der die Steuer nur auf der letzten Stufe (Einzelhandel) erhoben wird. Wegen der benötigten Höhe des Steuersatzes besteht die Gefahr von Steuerhinterziehung. Hinsichtlich der Gesamtbelastungswirkung besteht kein Unterschied zur heutigen Umsatzsteuer. Einzelmachtkonzept, Macht.
Einstiegsgeld, 1. Begriff: Instrument der
Arbeitsförderung nach § 16b (früher § 29) SGB II ( Grundsicherung für Arbeitssuchende) zum Anreiz der Aufnahme einer (a) sozialversicherungspflichtigen oder (b) selbstständigen Erwerbstätigkeit, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt notwendig ist. Das Einstiegsgeld kann auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit des Arbeitssuchenden durch oder nach Aufnahme der Tätigkeit entfällt. 2. Förderungsdauer: Das Einstiegsgeld wird soweit für diesen Zeitraum eine Erwerbstätigkeit für höchstens 24 Monate gewährt. 3
Einzelplan, Teilhaushaltsplan für ein Ministerium. Vgl. im Einzelnen Haushaltssystematik. Elastizitäten, Quotient zweier relativer
(prozentualer) Veränderungen funktional miteinander verknüpfter Größen (x und y). Elastizitäten stellen ein formales Hilfsmittel der ökonomischen Analyse dar. In theoretischen Untersuchungen wird in aller Regel auf die Punktelastizität (z.B. Punkt A) abgestellt, in der Empirie meist auf die Streckenelastizität (Strecke AB):
Elastizitätsansatz
102 Elastizitätspessimismus, auf empirische
y y 2 y1 y1 x x 2 x1 x1 Im letzteren Fall werden die absoluten Veränderungen der Variablen x und y auf ihren Ausgangswert x1 bzw. y1 bezogen (vgl. Abb.).
Elterngeld, familienbezogene Leistun-
Elastizität
gen.
y
Elternrente, Kriegsopferversorgung. Elternzeit, familienbezogene Leistungen.
B
y2 Δy y1
Untersuchungen der 50er und 60er Jahre gegründete Skepsis bezüglich der Erfüllung der Marshall-Lerner-Bedingung ( Elastizitätsansatz) für die normale Reaktion der Leistungsbilanz auf relative Güterpreisveränderungen und der Erreichung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts über flexible Wechselkurse.
A Δx x1
x2
x
Im Falle der Punkt-Elastizität dy x dx y gilt x 0 und damit y 0 . Viel verwendete Elastizitäten sind die Preiselastizität, Einkommenselastizität der Nachfrage, Angebotselastizität, Produktionselastizität, Skalenelastizität und Substitutionselastizität. Elastizitätsansatz, Ansatz zur Erklärung der Veränderungen der Leistungsbilanz als Folge von Preisveränderungen. Die Leistungsbilanzreaktion ist dabei durch die Ableitungen der Exportnachfrage- bzw. der Importnachfragefunktion bestimmt, die ihrerseits die Mengenreaktionen der Handelsströme auf die Preisveränderung determinieren. Die Marshall-Lerner-Bedingung gibt i. d. Z. an, wie die Preiselastizitäten der Export- bzw. Importnachfrage beschaffen sein müssen, damit die Leistungsbilanz auf eine Abwertung der inländischen Währung positiv reagiert: Die Summe der Preiselastizitäten der Export- und der Importnachfrage muss größer eins sein, andernfalls verschlechtert sich die Leistungsbilanz. Vgl. Elastizitätspessimismus und JKurven Effekt.
Emissionsabgabe, wird i. d. R. auf Emissionen aus stationären Quellen (z. B. Anlagen) mit dem Ziel erhoben, Verfahren mit geringeren Umweltbelastungen herbeizuführen. Vgl. auch Umweltabgabe, Umweltpolitik, Umwelt- und Ressourcenökonomik. Emissionsauflage, Umweltauflage, die in Form von Emissionsnormen (z. B. Grenzwerte des Schadstoffausstoßes von Anlagen), von bestimmten Reduktionsverpflichtungen und von Produktnormen (Grenzwerte von Inhaltsstoffen, die emittiert werden dürfen) festgesetzt werden kann. Vgl. auch Umweltpolitik, Umwelt- und Ressourcenökonomik. Emissionsbanken, eine Variante der fle-
xiblen Auflagenpolitik ( flexible (Umwelt-) Auflagen)), die es Unternehmen ermöglicht, sich Emissionsüberschussminderungen bei einer Umweltbank gutschreiben zu lassen. Diese Guthaben können angespart oder an andere Emittenten verkauft bzw. verliehen werden. Durch Emissionsbanken werden Transaktionskosten eingespart. Vgl. auch Glockenpolitik, Umweltpolitik. Emissionsgenehmigung, Umweltpoli-
tik. Emissionssteuer, Emissionsabgabe. Emittentenstruktur, systematische Erfassung des Einflusses der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auf die Emissionen von Schadstoffen, Geräuschen und Strahlungen. Über branchenspezifische Zustands- und
103
Energieeinsparung
Prognosedaten der Wirtschaftsstatistik und die Kenntnis der jeweiligen Emissionskoeffizienten lassen sich die Veränderungen des Niveaus und der Struktur der Emissionen erfassen und prognostizieren. Dies ist Voraussetzung für Entscheidungen einer ökonomisch effizienten, strukturbezogenen präventiven Umweltpolitik. empirische Lebenslagenforschung. Die
Erfassung der Lebenslagen von Individuen, Gruppen oder der Bevölkerung eines Landes verlangt eine empirischen Sozialforschung mit v. a. drei Anliegen: (1) die Erfassung spezifischer Notlagen, (2) die Armutsforschung und (3) die Ermittlung relativer gesellschaftlicher Schwäche. End-of-Pipe-Technik, additiver Um-
weltschutz. Gegensatz: Umweltschutz.
integrierter
endogene Variable, Zielvariable, abhän-
gige Variable, erklärte Variable, Regressand; Modellvariable eines Modells, deren Wert innerhalb des Modells erklärt wird. Endogene Variablen können in Mehr-GleichungsModellen auch zur Erklärung der Werte anderer endogener Variablen herangezogen werden; dabei können sie als unverzögerte oder verzögerte endogene Variablen auftreten. Zu ihrer Erklärung dienen exogene Variablen. Energetobionik, Bionik. Energieaufsicht, im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) von 2005 verankerte Fachaufsicht des Staates, die für die technische Betriebs- und Gefährdungssicherheit zuständig ist. Sie wird durch die nach Landesrecht zuständige Behörde wahrgenommen. Diese erteilt die Genehmigung für die Aufnahme des Netzbetriebes unter der Voraussetzung der personellen, technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Sie sorgt auch für die Gewährleistung der technischen Sicherheit und die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Auch über das Bundes-Immissionsschutzgesetz und Atomgesetz sind Instrumente zur Energieaufsicht gegeben. ( Energiepolitik). Für die Durchsetzung der Versorgungsqualität ist die Bundesnetzagentur zuständig.
Energiebesteuerung, Erhebung von in-
direkten Steuern auf Energieträger. In der BRD werden auf Mineralölprodukte die Mineralölsteuer, auf Erdgas (und Flüssiggas) eine Erdgassteuer und auf den Strom- und Gasabsatz Konzessionsabgaben erhoben. Die Energiebesteuerung ist zum Teil fiskalisch motiviert, zum Teil dient sie als Instrument der Energiepolitik ( Ordnungssteuer). Energiebevorratung, Maßnahme der Energiepolitik, die der Erhöhung der Versorgungssicherheit ( Energiesicherung) dient. Der Umfang der Energiebevorratung wird bestimmt durch Dauer und Ausmaß der schwersten angenommenen Versorgungskrise. Die Mineralölwirtschaft ist zur Vorratshaltung von bis zu 90 Tagesmengen verpflichtet (Erdölbevorratungsgesetz). Seit 1977 können auch große Stromerzeuger zur Energiebevorratung verpflichtet werden. Daneben unterhält der Bund eine Bundesrohölreserve. Energiebilanz, tabellarische Darstellung
des Aufkommens (Primärenergiebilanz), der Umwandlung (Energieumwandlungsbilanz), und des Endverbrauchs (Endenergieverbrauch) pro Jahr für einen bestimmten Wirtschaftsraum, differenziert nach Energieträgern, in physikalischen Einheiten und dem Heizwert entsprechend in Energieeinheiten (Joule, SKE (Steinkohle-Einheit). Die Energiebilanz vermittelt ein Gesamtbild der energiewirtschaftlichen Verhältnisse einer Region und ist eine wichtige Datengrundlage für die Energiepolitik. Energieeinsparung. 1. Begriff: Angesichts
begrenzter Vorräte fast aller Energiequellen und der Umwelt- und Klimabelastung durch Energieverbrauch ist die Energieeinsparung ein wesentliches Ziel der Energiepolitik. Einsparung wird erreicht durch Änderung des Verbrauchsverhaltens (Verringerung des Verbrauchs an Energiedienstleistungen, z. B. Absenkung der Raumtemperatur) und effizienteren Umgang mit Energie von der Gewinnung bis zum Endverbrauch: Erhöhung der Wirkungsgrade, Verringerung des spezifischen Energieverbrauchs (Verringerung des Energieeinsatzes bei unveränderter (Energiedienst-)Leistung, z. B. Einbau einer Heizanlage mit höherem Wirkungsgrad). 2. Maßnahmen: a) Staatliche Maßnahmen zur För-
Energieintensität
derung der Energieeinsparung durch Moral Suasion, gesetzliche Vorschriften (z. B. Mindeststandards für die Wärmedämmung von Neubauten) und Subventionen für energiesparende neue Techniken. Nur in Extremfällen wird das Verbrauchsverhalten selbst reglementiert (sonntägliches Fahrverbot nach der ersten Energiekrise). b) Maßnahmen der Elektrizitäts- und Gasversorgungsunternehmen: Programme zur Verringerung des Energieeinsatzes, Least Cost Planning. Energieintensität, Relation zwischen Energieverbrauch und Wertschöpfung in einem Sektor oder in der Gesamtwirtschaft, gemessen z. B. durch Primär- oder Endenergieverbrauch je Einheit Bruttoinlandsprodukt (BIP). Energieelastizität des Wirtschaftswachstums (Erhöhung des Energieverbrauchs je Erhöhung des realen BIP in %) in Industrieländern typischerweise etwa 0,8 %. Energieorientierung, Begriff der Standorttheorie für Industriebetriebe, die sich bei ihrer Standortwahl nach Energiequellen orientieren (insbes. Industrien mit hoher Energieintensität, z. B. Aluminiumwerke). Energiepolitik. 1. Begriff: Teilbereich der
sektoralen Wirtschaftspolitik in Form der staatlichen Einflussnahme auf die Energiewirtschaft (Erzeugung, Außenhandel, Umwandlung, Verbrauch der Energieträger). Energiepolitische Entscheidungen werden zunehmend auf die Europäische Union ( EU) verlagert. Grundlegendes Ziel der Energiepolitik ist die Gewährleistung einer langfristigen sicheren, kostengünstigen, umweltund klimagerechten Energieversorgung. 2. Begründung: Notwendigkeit einer Energiepolitik wegen Besonderheiten der leitungsgebundenen Energieversorgung (Netze als natürliche Monopole; auch nach wettbewerblicher Öffnung noch Regulierungsbedarf), externer Effekte (negative: energiebedingte Umwelt- und Klimabeeinträchtigung; positive: Energieforschung und entwicklung), strategischer Bedeutung der Energiesicherung. 3. Instrumente: a) Energiepolitik als Ordnungspolitik setzt den Ordnungsrahmen, in dem sich die Energiewirtschaft entfalten kann. Hierunter fallen die Regulierung der Elektrizität- und Gaswirtschaft durch das Energiewirtschaftsgesetz, aber auch die Grundsatzentscheidung
104
im Bereich der Kohlepolitik und der Kernenergiepolitik. b) Im Zuge der Deregulierungs- und Liberalisierungspolitik ist durch die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes von 1998 eine grundlegende Umgestaltung des Ordnungsrahmens der leitungsgebundenen Energieversorgung (Strom und Gas) vollzogen: Abschaffung der wettbewerblichen Ausnahmebereiche, Eröffnung von Wettbewerb durch Erleichterung des Zugangs Dritter zu den Netzen, Zulassung des eigenen Leitungsbaus durch Wettbewerber. 4. Energiepolitik in der BRD: Die Vorstellungen über die Ziele und Instrumente gehen weit auseinander. Bei der Energieträgernutzung strittig vor allem Kernenergienutzung und Schutz der international nicht wettbewerbsfähigen deutschen Steinkohle ( Kohlepolitik). Konzepte zur Ordnung der Stromversorgung reichen von Deregulierung (wettbewerbliche Öffnung) bis zur Rekommunalisierung und Verstärkung des Staatseinflusses. Gemeinsame Vorstellungen: Ausstieg aus der Atomenergie, Verstärkung der Energieeinsparung, Umwelt- und Klimaschutzes. Angestrebt wird eine Reduktion der CO2-Emissionen um 40 % bis 2020 (gegenüber 2005) sowie die Einführung einer CO2-/Energie-Steuer. 5. Europäische Energiepolitik: Schwerpunkte der europäischen Energiepolitik liegen in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Umweltschutz, Versorgungssicherheit, Energieeinsparung (Förderprogramm: SAVE) und Schaffung eines Binnenmarktes für Energie (Liberalisierung und wettbewerbliche Neuordnung der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft), Förderung erneuerbarer Energieträger ( Euro CO2päische Energiecharta, /Energiesteuer). Energieproduktivität, Teilindikator des
Nachhaltigkeitsindikators Ressourcenschonung: Bruttoinlandsprodukt/Primärenergieverbrauch. Die Energieproduktivität drückt aus, welche Menge an Primärenergie (in Petrajoule) eingesetzt wurde, um eine Einheit Bruttoinlandsprodukt (in Mrd. EUR, preisbereinigt) zu erwirtschaften.
Darstellung der Zielvorstellungen und energiepolitischen Grundlinien der Bundesregierung und einzelner Landesregierungen.
Energieprogramme,
105 Energiesicherung. 1. Politische Maßnah-
men: Nutzung der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen Energie(Öl-) export- und Importländern i. S. einer Kooperation statt Konfrontation durch die Internationale Energieagentur ( IEA) und die Europäische Union ( EU). 2. Strategische Sicherungsmaßnahmen: Diversifizierung der Importquellen, Aufbau von Vorratslagern ( Energiebevorratung). 3. Maßnahmen zur Beherrschung aktueller Versorgungskrisen: Aktionsprogramm der Internationalen Energieagentur, Richtlinien der EG (1968, 1975), in der BRD Energiesicherungsgesetz. Nach dem Energiesicherungsgesetz (von 1974) können bei Gefährdung oder Störung der Einfuhren von Mineralöl oder Erdgas (ziviler Notstand) durch Rechtsverordnungen Vorschriften erlassen werden über Produktion, Transport, Lagerung, Verteilung, Abgabe, Bezug, Verwendung sowie über Höchstpreise von Energieträgern sowie über Buchführungs-, Nachweis- und Meldepflicht hinsichtlich dieser Güter. Die Maßnahmen reichen von Appellen und Empfehlungen zur Energieeinsparung bis zur Zwangsbewirtschaftung von Energieträgern. Energiesicherungsgesetz, Energie-
sicherung. Energiesteuer, CO2-/Energiesteuer. Energiesubventionen, Gesamtheit energiepolitisch motivierter staatlicher Zahlungen und Steuervergünstigungen. Gefördert werden vor allem erneuerbare Energien über das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) und deutsche Braunkohle (indirekt) und Steinkohle (stark abnehmend und nur noch bis 2018). Im weiteren Sinne kann zur Energiesubventionierung auch die Übernahme externer Umweltkosten ( externe Effekte) durch den Staat gezählt werden. Energieträger. 1. Begriff: Objekt, dessen
Energieinhalt nutzbar gemacht werden kann; im praktischen Sprachgebrauch: Stoffe mit hohem Energiegehalt. ( Energiebilanz). 2. Primärenergieträger: Gewinnung unmittelbar aus den Energiequellen der Natur (z. B. Erdgas, Natururan, Rohöl, Rohkohle, Wasserkraft). 3. Sekundärenergieträger: Gewinnung durch Umwandlung oder technische Aufbereitung aus den Primärenergiequellen
Enteignung
(z. B. Diesel- und Vergaserkraftstoffe, Koks, Briketts, elektrische Energie, Fernwärme). Energiewirtschaft, Bereich des produzierenden Gewerbes, der alle Unternehmen der Primärenergieträgergewinnung (vor allem Stein- und Braunkohlenbergbau, Erdöl- und Erdgasgewinnung, Wasserkraftwerke), der Umwandlung zu Sekundärenergieträgern (vor allem Wärmekraftwerke, Raffinerien, Kokereien, Brikettfabriken) sowie Import, Verteilung und Vertrieb von Energie umfasst ( Energieträger). Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung, 1. Begriff: Das EnWG ist Teil (Art. 1) des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechtes vom 7.7.2005. Zweck ist gem. § 1 eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Strom und Gas. ( Energiepolitik). 2. Novellierungszweck: Umsetzung des EURechts für leitungsbundene Energieversorgung in nationales Recht, wodurch das bisherige Prinzip des verhandelten Netzzugangs durch das Prinzip des regulierten Netzzugangs ersetzt wird. Die Netzbetreiber werden von den Regulierungsbehörden (Bundesnetzagentur oder zuständige Landesregulierungsbehörde) überwacht. Kunden können sich in Streitfällen über Netzzugang und Netznutzung an die Regulierungsbehörde wenden. Engelkurve, Einkommens-Nachfrage-
Funktion. enges Oligopol, Wettbewerbstheorie. Enteignung, Vergesellschaftung, die vollständige oder teilweise Entziehung vermögenswerter Rechtspositionen i. S. des Art. 14, Abs.1, Satz 1 GG (Eigentum) durch einen gezielten hoheitlichen Rechtsakt zum Wohl der Allgemeinheit, d. h. zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben. Gemäß Art. 15 GG können Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmittel durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden (Legalenteignung). Einzelgesetze mit Enteignungsmöglichkeiten sind z. B. das Bundesfernstraßengesetz, Luftver-
Entflechtung
kehrsgesetz und das Allgemeine Einsenbahngesetz. Entflechtung. 1. Begriff des alliierten Besatzungsrechts nach 1945: Maßnahmen zur Auflösung von Konzernen und sonstigen durch Unternehmenszusammenschluss entstandenen Machtgruppen im Industrie- und Kreditwesen, insbesondere der IG FarbenIndustrie und der Großbanken. Im Gegensatz zur Dekartellierung wurde bei der Entflechtung die rechtliche und wirtschaftliche Auseinandersetzung erforderlich. 2. Die Monopolkommission hat in ihrem Hauptgutachten 1978/79 Entflechtungsmöglichkeiten gefordert, um Lücken bei der Kontrolle des Konzentrationsprozesses in Einzelfällen ex post korrigieren zu können. 3. Unechte Entflechtung bereits vollzogener Zusammenschlüsse: Kommen die Unternehmen der Verpflichtung zur Wiederherstellung des Zustandes vor dem Zusammenschluss (sog. Restitution) nicht nach, erlässt das Bundeskartellamt eine Entflechtungsanordnung. Entfremdung. 1. Begriff: Auf Hegel zu-
rückgehend, von Marx übernommen und uminterpretiert. Marx zufolge soll der Begriff Entfremdung die negativen Auswirkungen des Privateigentums an den Produktionsmitteln und der fortschreitenden Arbeitsteilung im Kapitalismus auf die arbeitenden Menschen beschreiben. Beides führe zur Entfremdung: (1) des Menschen vom Produkt seiner Arbeit (da dies nicht ihm, sondern dem Unternehmer gehört); (2) der Menschen untereinander (da alle zwischenmenschlichen Beziehungen weitestgehend kommerzialisiert würden); (3) des Menschen von seiner Gattung (da die Arbeitsteilung den wahren Charakter der Produktion als gemeinschaftliches, schöpferisches Handeln verdecke) und (4) des Menschen in und von seiner Arbeit (da die fortschreitende Arbeitsteilung immer mehr die freie Entfaltung der individuellen Neigungen und Fähigkeiten einschränke). 2. Aufhebung der Entfremdung: Die Entfremdung lässt sich dem Marxismus zufolge erst im Sozialismus bzw. Kommunismus durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel und Abschaffung der herkömmlichen Arbeitsteilung aufheben. 3. Beurteilung: Die Arbeitsteilung abschaffen hieße, einen Produktivitätsrückschritt großen Ausmaßes zu verursachen, der die entwickelten Volkswirtschaften wieder auf vorindus-
106
trielles Niveau herabsinken ließe. Gerade die produktivitätssteigernde Wirkung der Arbeitsteilung hat eine zu Zeiten von Marx ungeahnte Zunahme der Freizeit und damit der Selbstverwirklichungsmöglichkeiten außerhalb der Arbeit sowie die Erleichterung der Lebensbedingungen für alle Bevölkerungskreise gebracht. Da sich im Zuge des technischen Fortschritts immer zahlreichere und unterschiedliche Berufe herausbilden, kann die arbeitsteilige Spezialisierung selbst zur Verwirklichung der individuellen Fähigkeiten und Präferenzen innerhalb der Arbeit führen. Entgeltersatzleistungen, Arbeitslosen-
versicherung, versicherung, schutz.
Insolvenzgeld, Kranken Kurzarbeitergeld, Mutter-
Entgeltfortzahlung, 1. Begriff: Gesetzlich
vorgeschriebene Fortzahlung des Arbeitsentgelts an Arbeitnehmer (Arbeiter, Angestellte, zur Berufsausbildung Beschäftigte, Heimarbeiter) durch den Arbeitgeber an gesetzlichen Feiertagen und im Krankheitsfall. Beitrag der Arbeitgeber zur sozialen Sicherung. 2. Rechtsgrundlage: Gesetz über die Zahlung der Arbeitsentgelte an Feiertagen und im Krankheitsfall vom 26.5.1994 (Entgeltfortzahlungsgesetz - EntgFG). - 3. Entgeltfortzahlung an Feiertagen: (1) Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, hat der Arbeitgeber Arbeitsentgelt zu zahlen. (2) Die Arbeitszeit, die an einem gesetzlichen Feiertag gleichzeitig infolge von Kurzarbeit ausfällt und für die an anderen Tagen Kurzarbeitergeld geleistet wird, gilt als ausgefallen. (3) Arbeitnehmer, die am letzten Tag vor oder am ersten Tag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Entgeltfortzahlungsanspruch. 4. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: (1) Wird ein Arbeitnehmer nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit unverschuldet an seiner Arbeitsleistung verhindert, hat er bis zur Dauer von 6 Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. (2) Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, hat er einen Lohnfortzahlungsanspruch von weiteren 6 Wochen, wenn er (a) vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder (b) seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit
107
infolge derselben Krankheit eine Frist von 12 Monaten abgelaufen ist. 5. Höhe der Entgeltfortzahlung: Maßgebend ist das für die regelmäßige Arbeitszeit (ohne Überstunden) zustehende Arbeitsentgelt 6. Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber kann die Entgeltfortzahlung verweigern, wenn der Arbeitnehmer die vorzulegende ärztliche Bescheinigung nicht vorlegt. Entkoppelungsthese. Die Entkoppelungsthese behauptet, das Bildungssystem sei von den Qualifikationsansprüchen des Beschäftigungssystems unabhängig (These der relativen Autonomie), was sehr offene und flexible Arbeitsmärkte unterstellt. Entropie-Maß, Maß für die Ungleichheit
der personellen Einkommensverteilung; geht auf den Entropiebegriff der Informationstheorie zurück.
Entwicklungspolitik
Daneben erbringen sie auch Beratungsdienstleistungen bei der Projektdurchführung. Die Refinanzierung der Entwicklungsbanken erfolgt meist durch staatliche Beteiligungen, Beteiligungen anderer Entwicklungsbanken und durch Emission von Schuldverschreibungen. Entwicklungshilfe. Sammelbezeichnung für alle materiellen und nicht-materiellen Leistungen von Industrieländern an Entwicklungsländer mit dem Ziel der Förderung der sozioökonomischen Entwicklung bzw. Verbesserung der Lebensbedingungen. Im neueren Sprachgebrauch werden die Begriffe finanzielle Zusammenarbeit und technische Zusammenarbeit verwendet. Entwicklungsländer, Entwicklungspolitik , Entwicklungstheorie. Vgl. auch Wachstumstheorie. Entwicklungspolitik. 1. Begriff: Unter
Entschädigungsfonds, Sondervermögen
des Bundes, Wiedergutmachung. Entschädigungsrentengesetz, Wie-
dergutmachung. Entscheidungskosten, die bei Gruppenentscheidungen beim einzelnen Gruppenteilnehmer im Zuge der Beratung und Verhandlung entstehenden Aufwendungen, auch an Zeit. Sie sind umso höher, je größer die Gruppe und je höher das erforderliche Quorum ( qualifizierte Mehrheitsregel) ist. Entscheidungstheorie, Informations-
ökonomik. Entschließungsfreiheit, Wettbewerbs-
theorie. Entstehungsrechnung, Berechnung und Darstellung des Sozialprodukts als Ermittlung der Wertschöpfung aller einzelnen Wirtschaftsbereiche. Vgl. auch VGR.
Development Banks, Development Finance Companies. Bezeichnung für Spezialinstitute zur Finanzierung von langfristigen Investitionsvorhaben mit entwicklungspolitischer Bedeutung bzw. nationalen wirtschaftspolitischen Maßnahmen in Entwicklungsländern, z.B. die Europäische Investitionsbank ( EIB). Entwicklungsbanken,
Entwicklungspolitik wird die Gesamtheit aller staatlichen Maßnahmen zur Förderung der sozioökonomischen Entwicklung in Entwicklungsländern verstanden, die von Entwicklungsländern und Industrieländern ergriffen werden. Ziel ist die Verbesserung der Lebensbedingungen in Entwicklungsländern, wobei die Entwicklungspolitik auf Erkenntnisse der Entwicklungstheorie zurückgreift. Die Entwicklungspolitik der Industrieländer wird häufig auch als Entwicklungshilfepolitik ( Entwicklungshilfe) bezeichnet. 2. Entwicklungsstrategien: Unter einer Entwicklungsstrategie wird ein programmatisches Konzept der Entwicklungspolitik verstanden, welches den sozioökonomischen Entwicklungsprozess einleitet oder beschleunigt. Dabei ist zwischen der Diagnose der Unterentwicklung, den Entwicklungszielen und dem verwendeten Entwicklungsmodell zu unterscheiden. Je nach Ursachenerklärung ergeben sich unterschiedliche Handlungsschwerpunkte. a) Wachstumsstrategien: In den 50er und 60er Jahren wurde Wachstum mit Entwicklung gleichgesetzt. Als entscheidendes Entwicklungshemmnis wurden der Kapitalmangel und die niedrige inländische Ersparnis angesehen. Mit steigendem Wachstum sollte die Armut automatisch beseitigt werden. Bekannt wurden insbesondere sektorale Wachstumsstrategien. In den 70er Jahren gerieten die Wachstumsstrategien mangels nennenswerter
Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen
sozioökonomischer Fortschritte unter Kritik. Probleme der Einkommensverteilung rückten ins Zentrum entwicklungspolitischen Interesses. b) Umverteilung mit Wachstum (Redistribution with Growth): Zur Armutsbekämpfung sah die Weltbank eine Umverteilung der Vermögenszuwächse, nicht jedoch des Vermögens, als politisch durchsetzbar an. Die ILO fordert eine Einkommensumverteilung mit Hilfe arbeitsintensiver Produktion (Employment and Redistribution). c) Grundbedürfnisstrategien (Basic Needs): Ziel ist die Beseitigung der absoluten Armut innerhalb einer Generation. Die Befriedigung der Grundbedürfnisse umfasst (1) die Gewährleistung einer Mindestausstattung mit Konsumgütern (Ernährung, Kleidung, Wohnung usw.) und (2) die Bereitstellung grundlegender öffentlicher Dienstleistungen (Trinkwasserversorgung, sanitäre Anlagen, Transport, Gesundheitsdienste, Bildungseinrichtungen). d) Binnen- versus Außenorientierung: Von der Abschirmung des Binnenmarktes durch Zölle, Kontingente bis hin zur Abkoppelung vom Weltmarkt ( Dependencia-Theorie, Protektionismus) mit oft weit gehender staatlicher Lenkung und Kontrolle des Wirtschaftsablaufs bis zur liberalen Außenwirtschaftspolitik, erstreckt sich die Bandbreite. e) Landwirtschaft versus Industrie: Da anfänglich Entwicklung mit Industrialisierung gleichgesetzt wurde, kam es meist zu einer Vernachlässigung der Landwirtschaft. In der Absicht, durch niedrige Löhne die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu sichern, wurden niedrige Preise für Nahrungsmittel festgelegt (Wage Goods). Dadurch lohnte es sich für Landwirte nicht mehr, für den Markt zu produzieren. Es kam zu einer Verstärkung der Subsistenzlandwirtschaft und ihrer Verarmung. Gefordert wird daher eine integrierte ländliche Entwicklung. Durch diese Konzeption soll der gesamte ländliche Raum attraktiver gemacht werden, um langfristig die absolute Armut auf dem Lande auszurotten. Ohne Industrialisierung lassen sich die Lebensbedingungen der Dritten Welt jedoch nicht verbessern. Nach dem Lima-Ziel der UNIDO sollte ein Anteil von 25 % der Entwicklungsländer an der Weltindustrieproduktion bis zum Jahr 2000 erreicht haben. f) Marktkonforme Armutsbekämpfung: Die älteren Grundbedürfnisstrategien versuchten, das Armutsproblem mit Instrumenten der Entwicklungsplanung zu lösen. Der markt-
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wirtschaftliche Ansatz geht davon aus, dass für Arme Anreize so zu setzen sind, dass sie sich verstärkt selbst helfen können (Hilfe zur Selbsthilfe). Eine stärkere Demokratisierung und Vermögensumverteilung wird angestrebt. Produktivitätsorientierte Bildungsinvestitionen sind von entscheidender Bedeutung, um die Armen in die nationale Arbeitsteilung zu integrieren. g) Nachhaltige Entwicklung: Entwicklungsländer benötigen ein aufholendes Wachstum, wobei die Folgen für die Umwelt einbezogen werden müssen. Prioritäten liegen bei der Überwindung des Bevölkerungsproblems, einer vorrangigen Bekämpfung örtlicher Umweltschäden und der Bedeutung von Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der Umwelt über Informationen, Ausbildung und Forschung. Die weltweite Dimension des Ökologieproblems erfordert eine Zusammenarbeit von Entwicklungsländern und Industrieländern. Umweltpolitische Minimalstandards müssen international durchgesetzt werden, um die prinzipiell erneuerbaren Ressourcen der Erde nicht zu überlasten, so dass auch nachfolgenden Generationen ein Wachstumsspielraum verbleibt. Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, UNDP. Entwicklungsstrategien,
Entwick-
lungspolitik. Entwicklungstheorie, Ökonomik der Entwicklungsländer. Die Entwicklungstheorie beschäftigt sich mit der systematischen Analyse der volkswirtschaftlichen der Entwicklungsländer. Im Gegensatz zur Entwicklungspolitik geht es der Entwicklungstheorie um Erklärungsmuster der wirtschaftlichen Entwicklung (Ursachenanalyse). EPZ, Europäische Politische Zusammenar-
beit. Die Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften ( EG) verfolgten seit Anbeginn auch das Ziel der politischen Einigung Europas, waren zunächst jedoch nur auf den Ausbau und die Vertiefung der wirtschaftlichen Integration konzentriert. Seit 1970 kam es zu einer wachsenden Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten in Fragen der Außenpolitik. Mit Inkrafttreten (1.7.1987) der EEA (Einheitliche Europäische Akte) wurde die EPZ auf eine vertragliche Grundlage gestellt. Inzwischen ist sie zur
109
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP, vgl. EU) weiterentwickelt worden. Erbschaftsbesteuerung. I . G r u n d s ä t z -
l i c h e s : 1. Die Erbschaftsbesteuerung trifft den Nettowert eines Nachlasses. 2. Ausgestaltungsformen: a) Nachlasssteuer: Besteuerung der Erbmasse vor Aufteilung unter die Erben; b) Erbanfallsteuer: Besteuerung der einzelnen Erben. 3. Da die Erbschaftsbesteuerung an einen Rechtsvorgang, den Erbfall, anknüpft, kann sie als Verkehrssteuer bezeichnet werden. Sie wird auch als Besitzsteuer bezeichnet, da sie die durch den Erbfall zufließende Bereicherung erfasst. II. Erbschaftsbesteuerung in der B R D : Erbschaftsteuer. Erbschaftsteuer, analog Schenkungsteuer. I . G r u n d s ä t z l i c h e s : Vgl. Erbschaftsbesteuerung. I I . R e c h t s g r u n d l a g e n : Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) vom 17.4.1944 in der Fassung vom 24.12.2008. I I I . St e u e r p f l i c h t : 1. Unbeschränkte Steuerpflicht, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit seiner Schenkung oder der Erwerber zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer Inländer ist. 2. Beschränkte Steuerpflicht, wenn Erblasser, Schenker und Erwerber nicht Inländer sind; die Steuerpflicht erstreckt sich auf das Inlandsvermögen und auf das Nutzungsrecht an solchen Vermögensgegenständen. IV. St e u e r s c h u l d n e r : Regelmäßig der Erwerber; bei einer Schenkung zusammen mit dem Schenker, bei einer Zweckzuwendung zusammen mit demjenigen, der die Zuwendung ausführen muss, als Gesamtschuldner. Die Erbersatzsteuer schuldet die Stiftung bzw. der Verein. V. St e u e r b e r e c h n u n g : 1. Bemessungsgrundlage ist der Wert des Erwerbs. 2. Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser bzw. Schenker werden vier Steuerklassen unterschieden. Daneben werden verschiedene Steuerfreibeträge gewährt. V I . Ve r f a h r e n : Für erbschaftsteuerpflichtige Vorgänge besteht Anzeigepflicht. Die Abgabe einer Steuererklärung oder eine Selbstveranlagung kann verlangt werden; damit wird dem zuständigen Finanzamt die Festsetzung eines Steuerbescheides ermöglicht. V I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t l i c h e B e u r t e i l u n g : 1. Frühere Begründungen (Fundustheorie, Chancengleichheit, arbeitsloses Einkommen [Neidsteuer], Vermö-
Erfahrungsgut
gens- und Rechtsschutzgebühr usw.) gelten als widersprüchlich und überholt. Heute gilt ererbtes Vermögen als Indikator der Leistungsfähigkeit. 2. Die für die Realisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips notwendige Voraussetzung einer umfassenden Bemessungsgrundlage ist nicht erfüllt, da sich alle Ungleichheiten des Bewertungsgesetzes im Erbgang wieder finden. Das Bundesverfassungsgericht hat dies 1995 beanstandet. 3. Als Ausdruck der Leistungsfähigkeitsbesteuerung gilt der progressive Tarif: Innerhalb jeder Steuerklasse steigen die Grenzsteuersätze. Höhere Steuersätze mit abnehmender Verwandtschaftsnähe zum Erblasser können jedoch nicht mit zunehmender Leistungsfähigkeit erklärt werden. 4. Ziele: Verteilung der Steuer nach der Leistungsfähigkeit: Ihr dient der recht hohe Freibetrag des Ehegatten mit entlastender Wirkung und die steile Progression mit belastender Wirkung. 5. Allokative Ziele und Wirkungen können in der Höhe des o. a. Freibetrages gesehen werden, die der Erhaltung der Vermögenssubstanz dienen. 6. Steuersystematik: Die im Erbanfall sich ausdrückende gestiegene Leistungsfähigkeit hat keinen Ausdruck im Einkommensbegriff nach der Reinvermögenszugangstheorie ( Einkommen) gefunden, vielmehr wurde eine eigene Steuer eingerichtet; dadurch wird eine besonders hohe Progressionsbelastung im Jahr des Erbanfalls vermieden. Obwohl die Erbschaftssteuer technisch als Verkehrsteuer konstruiert ist, ist sie gemäß der Bemessungsgrundlage eine Substanzsteuer. 7. Erbschaftssteuerreform 2008: (1) Immobilienvermögen wird wie Geldvermögen behandelt, d.h. Berücksichtigung von 100 % des Verkehrswertes. (2) Selbst genutztes Wohneigentum bleibt für den erbenden Ehepartner oder die Kinder steuerfrei. Die Wohnung darf jedoch 10 Jahre weder verkauft, vermietet noch als Zweitwohnung genutzt werden. (3) Freibeträge für Ehepartner und Kinder sind höher. (4) Betriebsvermögen: Die Weitergabe eines Familienbetriebes bleibt steuerfrei, wenn er mindestens 10 Jahre weitergeführt wird. Wird der betrieb nur sieben Jahre gehalten, fallen 15 % Steuer an. Erfahrungsgut, in der Haushaltstheorie ein Gut, dessen Qualität ein Haushalt erst nach vollzogenem Konsum feststellen kann. Der Konsum von Erfahrungsgütern
Ergänzungshaushalt
110
zieht damit Lerneffekte nach sich, die das Nachfrageverhalten zukünftiger Perioden beeinflussen. Vgl. Informationseigenschaften von Gütern. Ergänzungshaushalt, Haushaltsplan, der Positionen umfasst, die einen noch nicht verkündeten Haushalt ändern sollen. Der Ergänzungshaushalt ist nicht als Haushaltsüberschreitung anzusehen, sondern als originärer Haushalt, der im beschleunigten Verfahren aufgestellt, beraten und durchgeführt wird. Vgl. auch Nachtragshaushalt, Eventualhaushalt. Ergänzungssteuern. Einzelsteuern, die zur vollkommeneren Erreichung desselben fiskalischen oder nichtfiskalischen Steuerzwecks nebeneinander eingeführt werden, z. B. Wandergewerbesteuer zur Gewerbesteuer, Feuerschutzsteuer zur Versicherungsteuer, Einfuhrumsatzsteuer zur Umsatzsteuer. Häufig sind Ergänzungssteuern bei der Errechnung der Bemessungsgrundlage der Steuer gegenseitig abzugsfähig, nicht jedoch gegenseitig anrechenbar. Ergänzungszuweisung, als Ergänzung zum horizontalen Länderfinanzausgleich vom Bund gewährte Ausgleichszuweisung an leistungsschwache Länder zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs (Art. 107, Abs. 2 GG), Finanzausgleich. Vgl. auch Finanzhilfe, Finanzzuweisung. Ergebnisgerechtigkeit, Gerechtigkeit. Erhaltungspolitik, sektorale Strukturpo-
litik. erklärende Variable, exogene Variable. erklärte Variable, endogene Variable. Erlös, Umsatz, stellt das Produkt aus Preis und Menge dar. Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen,
Food and Agricultural Organization, FAO.
Wasserkraft, Biomasse (Brennholz, biologisch abbaubare Haushaltsabfälle) und Geothermie. Da ihre Energiedichte geringer ist als bei konventionellen Energieträgern, werden große Wandlersysteme und z. T. auch ein großer Flächenbedarf benötigt. Erneuerbare Energien zählen zu den Nachhaltigkeitsindikatoren in Deutschland. Teilindikatoren sind (a) der Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch, der bis 2010 auf 4,2 % und bis 2020 auf 10 % steigen soll, und (b) der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch, der bis 2010 auf 12,5 % und bis 2020 auf mindestens 30 % steigen soll. Gefördert werden die erneuerbaren Energien insbesondere durch das Gesetz für die Förderung erneuerbare Energien (ErneuerbareEnergien-Gesetz EEG) von 2000, nach dem die Energieversorgungsunternehmen Einspeisevergütungen für Strom aus erneuerbaren Energien zahlen müssen. erneuerbare Ressource, Umwelt- und
Ressourcenökonomik. Erntekosten, Kosten der Ernte bzw. des Fangs einer erneuerbaren Ressource ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Erntepfad, Verteilung der Ernte bzw. des
Fangs einer erneuerbaren Ressource ( Umwelt- und Ressourcenökonomik) auf verschiedene Perioden. ERP, European Recovery Program, Europäi-
sches Wiederaufbauprogramm, auf Grund der Vorschläge des amerikanischen Außenministers George C. Marshall am 3.4.1948 erlassenes einheitliches Hilfsprogramm (Marshall-Plan) für die durch den Krieg zerstörten Länder Europas; infolge der Weigerung der Ostblockländer zur Mitarbeit auf Westeuropa beschränkt. Die BRD einschl. Berlin (West) erhielt bis Ende 1957 seitens der ECA und ihrer Nachfolgeinstitute 1,7 Mrd. US-Dollar, wovon 1 Mrd. USDollar innerhalb von 30 Jahren zurückgezahlt werden mussten. Die DM-Gegenwerte führten zum ERP-Sondervermögen.
ERP-Kredite. Kredite aus Mitteln des
erneuerbare Energie. Zu den erneuerbaren Energieträgern gehören u. a. Wellenenergie, Fotovoltaik, Solarstrahlung, Windenergie,
ERP-Sondervermögens, die von der Bundesregierung zur Wirtschaftsförderung eingesetzt werden. Vgl. ERP-Programme, regionale Strukturpolitik, Mittelstandsförderung.
111
Ertragsgesetz
ERP-Programme, Maßnahmen zur Wirt-
schaftsförderung, die aus Mitteln des ERPSondervermögens finanziert werden. Vornehmlich in Form von ERP-Krediten als Instrument der regionalen Strukturpolitik, der Existenzgründungsförderung, zur Förderung von Umweltschutzinvestitionen sowie der Exportförderung eingesetzt. ERP-Regionalprogramm,
regionale
Strukturpolitik. ERP-Sondervermögen, nicht rechtsfähi-
ges Sondervermögen des Bundes, das nach dem Zweiten Weltkrieg dem Wiederaufbau diente und danach zur gezielten regionalen und sektoralen Förderung der deutschen Wirtschaft, des Umweltschutzes sowie verschiedener anderer, öffentlicher Aufgaben eingesetzt wurde. Die ersten Einlagen stammen aus den DM-Gegenwerten des Europäischen Wiederaufbauprogramms ( ERP). Mit Auslaufen der ERP-Sonderhilfe wurden die aus Tilgungs- und Zinszahlungen zurückfließenden sowie zusätzlich am Kreditmarkt aufgenommenen Mittel zur Finanzierung neuer Aufgaben eingesetzt ( ERP-Kredite). Ersatzinvestitionen,
Investition,
Nettoinvestitionen. erschöpfbare Ressourcen, Umwelt-
und Ressourcenökonomik. Ersparnis, Teil des verfügbaren Einkommens der Sektoren (private Haushalte, Staat, Unternehmen), der nicht für den letzten Verbrauch ( privater Verbrauch und Staatsverbrauch) verwendet wird. Die Ersparnis der privaten Haushalte enthält auch die nicht entnommenen Gewinne der Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die Ersparnis der Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit entspricht den unverteilten Gewinnen nach Abzug des Saldos aus geleisteten und empfangenen laufenden Übertragungen und stimmt mit ihrem verfügbaren Einkommen überein. Die Ersparnis des Staates ist gleich der Differenz zwischen den laufenden Einnahmen und Ausgaben des Staates. Ersparnis (= Nichtverbrauch von Einkommensteilen) stellt auch die Zunahme des Reinvermögens dar. Ersparnis und Saldo der Vermögensübertragungen (empfangene abzüglich geleistete) messen die Vermögensbildung der Sektoren, die außer der Sach-
vermögensbildung (Nettoanlageinvestitionen und Vorratsveränderung) den Finanzierungssaldo der Sektoren (Veränderung der Forderungen abzüglich Veränderung der Verbindlichkeiten) umfasst. Vgl. Sparfunktion, Sparen. Ersparnislücke, Begriff der Entwicklungspolitik: Entwicklungsländer sind nicht in der Lage, die erforderlichen Ersparnisse zur Finanzierung notwendiger Investitionen zu bilden. Zur Überwindung der Lücke werden Kapitalhilfen aus Industrieländern gefordert. Vgl. auch Entwicklungshilfe. Ertragsanteil, Besteuerung der Renten. Ertragsbesteuerung. Grundlegende Be-
steuerungsweise, die an fließenden Erträgen aus Objekten (Grundstücken, Gebäuden, Gewerbebetrieben) ansetzt. Die Ertragsbesteuerung ist eine objektive Besteuerung, die die persönlichen Lebensverhältnisse des Steuerpflichtigen nicht berücksichtigen darf. Ertragsteuern in finanzwissenschaftlicher Sicht sind daher nicht zur Erfassung der persönlichen Leistungsfähigkeit, sondern der unpersönlichen Ertragsfähigkeit von Steuerobjekten geeignet. Vgl. auch Realsteuern. Gegensatz: Einkommensbesteuerung. Ertragsgesetz, bezeichnet einen produktionstechnischen Sachverhalt, der bei partieller Faktorvariation ( Produktionstheorie) auftritt. Es wurde ursprünglich für landwirtschaftliche Produktionsprozesse formuliert (Turgot). Dabei wurde Boden als fixer, insbesondere die Arbeitsleistung als variabler Faktor betrachtet. Vorausgesetzt wird eine Produktionsfunktion mit begrenzt substitutionalen Produktionsfaktoren ( Produktionstheorie): Der Gesamtertrag nimmt bei Gültigkeit des Ertragsgesetzes bei Erhöhung des Arbeitseinsatzes zunächst überproportional und danach unterproportional zu (positive, aber sinkende Grenzerträge; vgl. die nachfolgende Abbildung), schließlich geht der absolute Ertrag zurück. Erklärung hierfür ist, dass der Boden zunächst Überschussfaktor ist, dessen Aufnahmekapazität für Arbeitsleistungen mit ständig steigendem Arbeitseinsatz sich irgendwann gleichsam erschöpft. Dies spiegelt sich im Verlauf des Grenz- und des Durchschnittsertrages wider: Der Grenzertrag nimmt zunächst zu, erreicht ein Maximum (bei A0) und nimmt schließlich ab.
Ertragshoheit Ertragsgesetz
Gleiches gilt für den Durchschnittsertrag, der sein Maximum im Schnittpunkt beider Kurven erreicht. Ertragshoheit, Steuerertragshoheit. Ertragsteuern. I. Betriebswirts c h a f t s l e h r e : Steuern, deren Steuerbemessungsgrundlage an das wirtschaftliche Ergebnis (Ertrag, Gewinn) anknüpft, womit der Fiskus am ökonomischen Erfolg des Steuerpflichtigen partizipiert, z.B. bei der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbeertragsteuer. I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t : Ertragsbesteuerung. Anders: Substanzsteuern, Verkehrsteuern. Erwartung. I . B e g r i ff u n d E i n o r d -
n u n g : Da bei zukunftsbezogenen Entscheidungen viele für die Entscheidungsfindung wichtige Größen unbekannt bzw. unsicher sind, können nur Erwartungen über die unbekannten Größen herangezogen werden. Zwei Entscheidungssituationen sind zu unterscheiden: a) solche, in denen zumindest subjektive Wahrscheinlichkeiten vorliegen (Risiko), und b) solche, in denen dies nicht der Fall ist (Unsicherheit), weil die Informationsbasis zu schmal ist. I I . E r w a r t u n g s h y p o t h e s e n : 1. Autoregressive Erwartung: Die Erwartungen werden bezüglich
112
einer bestimmten Variablen aus deren Vergangenheitswerten abgeleitet. Bekannteste Hypothese dieser Klasse ist die adaptive Erwartungsbildung. Sie beschreibt einen Lernprozess, bei dem der Erwartungswert der Vorperiode um einen Teil des Erwartungsirrtums der Vorperiode korrigiert wird. 2. Rationale Erwartung: Das ökonomische Optimierungskalkül wird auf die Erwartungsbildung übertragen. Die Theorie rationaler Erwartungen setzt in der strengen Form voraus, dass die Individuen das relevante Modell der Ökonomie und dessen Struktur kennen. Neben der strengen Form rationaler Erwartungen werden auch abgeschwächte Modelle rationaler Erwartungsbildung diskutiert (semirationale Erwartung), die weniger hohe Ansprüche stellen und etwa lediglich die Ausschöpfung vorhandener Informationen fordern. I I I . B e u r t e i l u n g : Weil die autoregressiven Ansätze nur die vergangenen Realisationen der betreffenden Variablen als Informationsquelle benutzen, kann es zu systematischen Prognosefehlern kommen, aus denen die Individuen keine Konsequenzen ziehen. In vielen Fällen ist ein solches Verhaltensmodell unrealistisch. Rationale Erwartungsbildung schließt systematische Fehler aus. Erwartungsirrtümer können zwar noch auftreten, sind aber rein stochastischer Natur. Das Konzept rationaler Erwartungen ist bei modernen ökonomischen Theorien der dominierende Ansatz. Vgl. auch Neue Klassische Makroökonomik, Konjunkturtheorie, Wachstumstheorie. Erwartungsbildung, Wachstumstheorie,
Geldtheorie.
Erwartungshypothesen, Erwartung.
ökonomische Größe, die ein Akteur indirekt durch die Fixierung seines Aktionsparameters beeinflussen kann. Setzt z. B. der Monopolist seinen Preis als Aktionsparameter ein, so ist die Absatzmenge Erwartungsparameter.
Erwartungsparameter,
Erwartungswert, Grundbegriff der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Sind xi die Ausprägungen einer diskreten Zufallsvariablen X und f(xi) die jeweils zugehörigen Wahrscheinlichkeiten, so ist
E(X)
x f(x ) i
i
i
113
der Erwartungswert von X. Für eine stetige Zufallsvariable gilt eine entsprechende Definition. Der Erwartungswert ist das arithmetische Mittel der Zufallsvariablen X. erweiterte Pareto-Regel, Abstimmungsregel, bei der für die Gruppe zwischen zwei Alternativen grundsätzlich Indifferenz festgelegt wird, es sei denn, eine Alternative wird der anderen einstimmig oder zumindest ohne Gegenstimme vorgezogen. Erwerbslose, Begriff der amtlichen Arbeitslosenstatistik. Vgl. Erwerbslosenquote. Erwerbslosenquote, Kennziffer zum regionalen und internationalen Vergleich der Erwerbslosigkeit nach dem Labor-ForceKonzept der ILO: Verhältnis der Erwerbslosen zu den Erwerbspersonen (= Erwerbstätige + Erwerbslose). Vgl. Arbeitslosenstatistik. Erwerbspersonen, Begriff der amtlichen Statistik: nach dem Erwerbskonzept alle Personen mit Sitz im Bundesgebiet (Inländerkonzept), die eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben oder suchen (Selbstständige, mithelfende Familienangehörige, Abhängige), unabhängig von der Bedeutung des Ertrags dieser Tätigkeit für ihren Lebensunterhalt und ohne Rücksicht auf die tatsächlich geleistete oder vertragsmäßig zu leistende Arbeitszeit. Erwerbspersonen setzen sich zusammen aus den Erwerbstätigen und den Erwerbslosen. Erwerbspersonenpotenzial, Arbeitskräf-
tepotenzial, Schätzgröße der Arbeitsmarktforschung für das unter bestimmten Annahmen im Inland zur Verfügung stehende Arbeitskräfteangebot. Das Erwerbspersonpotenzial setzt sich zusammen aus der festgestellten Zahl der im Inland Erwerbstätigen, der Zahl der registrierten Arbeitslosen und der stillen Reserve des Arbeitsmarktes. Das Erwerbspersonenpotenzial dient u. a. als Bezugsgröße für den gesamtwirtschaftlichen Beschäftigungsgrad und zur Berechnung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials. Erwerbsquote, Maßzahl der Bevölkerungsund Erwerbstätigkeitsstatistik, die die Beteiligung der Gesamtbevölkerung oder be-
Erziehungsrente
stimmter Bevölkerungsteile am Erwerbsleben beschreibt: Verhältnis der merkmalsspezifischen Erwerbspersonen ( Erwerbstätige + Erwerbslose) zur merkmalsspezifischen Grundgesamtheit in Prozent. Nach Untersuchungsmerkmalen zu unterscheiden: a) Allgemeine Erwerbsquote: Zahl aller Erwerbspersonen, bezogen auf die gesamte Wohnbevölkerung. b) Spezifische Erwerbsquote: Zahl aller Erwerbspersonen, bezogen auf die Wohnbevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15-65 Jahre oder 15 Jahre und älter). c) Alters-, geschlechtsund familienstandsspezifische Erwerbsquote: Erwerbspersonen eines bestimmten Alters, Geschlechts und Familienstandes (verheiratet, ledig), bezogen auf die Wohnbevölkerung entsprechenden Alters, Geschlechts und Familienstandes. Anders: Potenzialerwerbsquote. Erwerbsstruktur, Beschäftigungsstruk-
tur. Erwerbstätige. Als erwerbstätig gelten in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) alle Personen, die als Arbeitnehmer (Arbeiter, Angestellte, Beamte, geringfügig Beschäftigte, Soldaten) oder als Selbständige oder mithelfende Familienangehörige eine auf wirtschaftlichen Erwerb ausgerichtete Tätigkeit ausüben, unabhängig vom Umfang dieser Tätigkeit. Dabei werden Personen mit mehreren gleichzeitigen Beschäftigtenverhältnissen nur einmal erfasst (Personenkonzept). Erwerbsunfähigkeitsrente. Eine in der gesetzliche Rentenversicherung erwerbsgeminderte Person, die die Altersgrenze noch nicht erreicht hat und nicht mehr teilzeitbeschäftigt sein kann, erhält eine Erwerbsunfähigkeitsrente als vollen Lohnersatz. erwerbswirtschaftliches Prinzip, norma-
tive Vorstellung von wirtschaftlicher Betätigung zum Zweck der Gewinnerzielung. Das erwerbswirtschaftliche Prinzip soll die Leitmaxime von (i. d. R. privaten) Unternehmen innerhalb einer Verkehrswirtschaft bzw. Marktwirtschaft zum Ausdruck bringen. Anders: Wirtschaftlichkeitsprinzip. Erziehungsrente. Ein hinterbliebener und nach dem 30.6.1977 geschiedener Versicherter erhält in der gesetzlichen Rentenversi-
Erziehungsurlaub
cherung unter bestimmten weiteren Voraussetzungen eine Erziehungsrente, wenn er sein eigenes Kind oder das Kind des geschiedenen Ehepartners erzieht. Erziehungsurlaub, familienbezogene
Leistungen. Erziehungs- Wissenschafts- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen, UNESCO. Erziehungszoll, Zoll, der einen Zollschutz für solche Wirtschaftszweige gewähren soll, die bei Freihandel der ausländischen Konkurrenz unterliegen würden, bei einem temporären Schutz aber in angemessener Zeit internationale Wettbewerbsfähigkeit erlangen können (Infant-Industry-Argument). In einer liberalen Außenwirtschaftspolitik werden Erziehungszölle im Kern akzeptiert. Probleme ergeben sich bei der Identifizierung schutzwürdiger Industrien und bei der Zurücknahme des Zollschutzes gegen den Widerstand dieser Industrie. ESF, Europäischer Sozialfonds. 1. Begriff:
Der ESF, ältester der sog. Strukturfonds der EU, ist seit 1960 das zentrale Instrument der Sozialpolitik der Union (Soziale Dimension der EU) und von Beginn an im Vertrag über die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ( EWG) verankert. 2. Ziele: Arbeitsmarktpolitische Flankierung des im Zuge der Herausbildung eines gemeinsamen Marktes ausgelösten Anpassungsprozesse in Ergänzung zu den mitgliedstaatlichen Maßnahmen. Dadurch soll im Zusammenwirken mit den übrigen Strukturfonds zu einer harmonischen Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes sowie zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der EU (Kohäsion) beigetragen werden. 3. Gemäß den Bestimmungen der Art. 123 ff. EWG-Vertrag verfolgt der Fonds die Aufgabe, vorrangig die Beschäftigungsmöglichkeiten in den wirtschaftlich zurückgebliebenen Regionen der Gemeinschaft zu verbessern und dadurch zur Hebung des Lebensstandards beizutragen. Zu diesem Zweck unterstützt der Fonds insbesondere Projekte auf dem Gebiet der beruflichen Bildung sowie Maßnahmen zur Erhöhung der räumlichen und beruflichen Mobilität von Arbeitskräften. Die Ausstattung des ESF beträgt ca. 10 % des Gesamthaushalts
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der EU. 4. Deutschland: a) Mittel: Für Deutschland werden aus dem ESF für die Jahre 2007 bis 2012 rd. 9,4 Mrd. EUR bereitgestellt. Allen Bund und Länder unterstützt werden, die Ziele der Europäischen Beschäftigungsstrategie zu erreichen. Die Mittel verteilen sich zu 40 % auf das ESFProgramm des Bundes und zu gut 60 % auf 17 Länderprogramme. Da die Mitgliedstaaten einen wesentlichen Teil der Projektkosten selbst tragen müssen, stehen insgesamt 16 Mrd. EUR für Beschäftigte, Arbeitssuchende und Unternehmen bereit. b) ESFProgramm der Bundes: Das operationelle Programm des Bundes für Europäischen Sozialfonds (OP) hat folgende Ziele: (1) Erhöhung der Erwerbstätigkeit; (2) Erhöhung des Weiterbildungsanteils der Bevölkerung; (3) Senkung der Langzeitarbeitslosigkeit; (4) Erhöhung der Chancen der jüngeren Generation; (5) Erhöhung der Erwerbstätigkeit der Frauen. Weitere Informationen unter www.esf.de ESPRIT, European Strategic Programme for Research and Development in Information Technology, Technologiepolitik. ESZB, Europäisches System der Zentralbanken, 1. Begriff: Zentralbanksystem der Europäischen Union ( EU), das auf der Grundlage des Vertrages über die Europäische Union (EUV) mit Beginn der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) am 1.1.1999 seine Tätigkeit aufgenommen hat. Das ESZB besteht aus der Europäischen Zentralbank ( EZB) und den nationalen Zentralbanken ( Deutsche Bundesbank) der an der Währungsunion teilnehmenden Mitgliedsländer der EU. 2. Ziele: Das vorrangige Ziel des ESZB ist es gem. Protokoll zum EU-Vertrag, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Preisstabilitätszieles möglich ist, unterstützt es die allgemeine Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft. Dabei handelt es im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb. 3. Aufgaben: (1) Festlegung und Ausführung der Geldpolitik der Gemeinschaft; (2) Durchführung von Devisengeschäften; (3) Haltung und Verwaltung der Währungsreserven der Mitgliedstaaten; (4) Förderung des reibungslosen Funktionierens der Zahlungssysteme; (5) Beitrag zur reibungslosen Durchführung der von den
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zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen; (6) Beratung durch Anhörung und Stellungnahme der EZB bei allen Vorschlägen für Rechtsakte der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten. 4. Beschlussorgane: Das ESZB wird von den Beschlussorganen der EZB geleitet. 5. Unabhängigkeit: Weder die EZB noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane dürfen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Regierungen der Mitgliedsstaaten oder anderen Stellen Weisungen einholen oder entgegennehmen. Weitere Informationen unter www.ecb.int Etat, Staatshaushalt, Etat der öffentlichen
Hand. Formen: Soll-Etat: Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben; Ist-Etat: nachträglicher Rechnungsabschluss. Vgl. auch öffentlicher Haushalt, Bundeshaushalt, Haushaltsplan, Budget. Ethik, Moralphilosophie. 1. Begriff: Ethik ist die Lehre bzw. Theorie vom Handeln gemäß der Unterscheidung von Gut und Böse. Der Begriff Ethik ist abgeleitet aus dem griechischen Wort Ethos für Sitte und Ort des Wohnens. Gegenstand der Ethik ist die Moral. Die griechische Ethik war empirisch und normativ zugleich. Heute wird eine empirische, deskriptive Ethik streng unterschieden von der normativen Ethik, die ein Sollen formuliert und die den maßgeblichen Begriff von Ethik ausmacht. Sollen erhebt Anspruch auf allgemeine Verbindlichkeit. Es richtet sich an das Handlungssubjekt und tritt vor allem als Ge- und Verbot, Imperativ, Pflicht auf. 2. Begründung von Normen: Hinsichtlich der theoretischen Grundlagen moralischer Normen lassen sich fünf wichtige Ansätze von Ethik unterscheiden. (1) Die Ordnung der Natur enthält die Regeln auch des menschlichen Zusammenlebens (Naturalismus). (2) Christlich werden Normen im Willen Gottes begründet. (3) Marxistisch werden Normen aus den Gesetzen der Geschichte begründet. (4) Die Diskursethik greift auf notwendige Unterstellungen zurück, die normativen Charakter haben. (5) Am weitesten verbreitet ist heute die Begründung von Normen im menschlichen Wollen; sie begegnet in zwei maßgeblichen Varianten: einer Begründung im Nutzen (
EU
Utilitarismus) und im Konsens ( Konsensethik). Vgl. auch Wirtschaftsethik. Ethik und Ökonomik, Wirtschaftsethik. EU, Europäische Union. 1. Überblick: Nach
Vollendung von Zollunion ( EWG) und Einheitlichem Binnenmarkt stellt die EU eine neue Integrationsstufe auf dem Weg zu einer immer engeren Union der Völker Europas (Art. A EU-Vertrag) dar. Mit der EU wird insbesondere das langfristige Ziel des europäischen Einigungsprozesses stärker sichtbar, über die wirtschaftliche Integration hinaus schrittweise auch eine politische Union anzustreben; der EU-Vertrag lässt offen, ob eine umfassende Union der Völker Europas in Form eines (föderalen) Bundesstaats oder eines Staatenbunds gestaltet werden soll. 2. Vertiefung und Ausweitung der Integrationsziele: a) Allgemein: Vor allem die abzusehende Vollendung des Einheitlichen Binnenmarkts (vgl. auch Einheitliche Europäische Akte ( EEA)) stellte die Europäischen Gemeinschaften ( EG) vor neue Herausforderungen, denen sie mit Hilfe des bestehenden Rechtsrahmens nicht genügen konnten. Der von den Staats- und Regierungschefs der EG-Staaten am 9./10.12.1991 in Maastricht vereinbarte und am 7.2.1992 unterzeichnete Vertrag über die Europäische Union (EUV) verfolgt die generelle Absicht, die EG mit erweiterten und verbesserten Aktionsmöglichkeiten auszustatten. Nach schließlich erfolgter Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten ist der EUV am 1.11.1993 in Kraft getreten. b) Elemente des EUV: Der Unionsvertrag erweitert die wirtschaftlichen Integrationsziele und dehnt den Einigungsprozess auf wichtige nichtökonomische Politikfelder (Politische Union) aus. Der EUV hat die drei, um das Ziel der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) erweiterten bisherigen Gemeinschaftsverträge (EGKS-, EWG- und EAG-Vertrag) zur Grundlage (erste Säule) und ergänzt diese durch zwei weitere, neue (nicht-ökonomische) Integrations-Säulen: um die Grundzüge für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP; zweite Säule) sowie um die Regeln für die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (dritte Säule). Die Einführung einer sog. Unionsbürgerschaft garantiert den Angehörigen jedes EG-Staats das freie Aufenthaltsrecht in allen Mitgliedsländern sowie bei Kommu
EU
nalwahlen das aktive und passive Wahlrecht in der gesamten EU. 3. Institutionelle Neuerungen: Die EU verfügt über einen einheitlichen institutionellen Rahmen (Art. C EUV); gleichwohl besitzen die drei (Teil-) Gemeinschaften auch weiterhin eigene (völkerrechtliche) Rechtspersönlichkeit. Die EGKommission wurde angesichts ihrer erweiterten Aufgaben in Europäische Kommission umbenannt. Der EG-Ministerrat trägt nunmehr die Bezeichnung Rat ( Europäischer Rat). Die Einflussmöglichkeiten des Europäischen Parlaments auf die Gesetzgebung der Gemeinschaft/Union wurde vor allem in Fragen des Binnenmarkts vergrößert. Ferner wurde ein sog. Ausschuss der Regionen etabliert, der vor Entscheidungen mit bestimmten regionalen Bezügen zu hören ist. Zur besseren Überwindung des wirtschaftlichen Leistungsgefälles innerhalb der Union wurde in Ergänzung der bestehenden Strukturfonds die Errichtung eines sog. Kohäsionsfonds vorgeschrieben. Die sog. soziale Dimension der EG wird durch den EUV ebenfalls fortentwickelt; allerdings hat sich Großbritannien diesbezüglich das Recht eines sog. Opting-out einräumen lassen. Generell gilt, dass die Gemeinschaft auf solchen Aufgabenfeldern, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, künftig nur unter Beachtung des sog. Subsidiaritätsprinzips tätig werden darf (Art. 3b EGV). 4. Grundsätze der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU): a) Zielsetzungen: Ökonomisch vorrangig bedeutsam ist die vertraglich sehr detailliert geregelte WWU; diesbezüglich ist es Aufgabe der Union, innerhalb der Gemeinschaft ein beständiges, nichtinflationäres und umweltverträgliches Wachstum, einen hohen Grad an Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Beschäftigungsniveau, ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sowie die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern (Art. 2 EGV). Gleichzeitig verpflichtet Art. 103 die Mitgliedsländer, ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse anzusehen und im Rahmen des Rats zu koordinieren. Dies geschieht nach Maßgabe von Art. 3 a EGV auf der Basis marktwirtschaftlicher Ordnungsprinzipien, wobei die jeweiligen Politiken vorrangig am Ziel der Preisstabilität sowie an der Wahrung gesunder öffentlicher Finanzen und
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des langfristigen außenwirtschaftlichen Gleichgewichts auszurichten sind. b) Durchsetzung: Die Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer wird vom Rat überwacht und bewertet. Entspricht das Verhalten eines Mitgliedslandes nicht den genannten Grundsätzen, so kann der Rat konkrete Empfehlungen an den jeweiligen Staat richten. Im Hinblick auf die Haushaltspolitik (EU-Haushalt) ist bestimmt worden, dass öffentliche Defizite weder vom Europäischen System der Zentralbanken ( ESZB) noch durch bevorrechtigten Zugang zu Kreditinstituten finanziert werden dürfen (Art. 104 und 104 a EGV). 5. Errichtung der Währungsunion: Die im Rahmen des EUV zu verwirklichende Währungsunion soll im Wege eines dreistufigen Prozesses realisiert werden. (1) Die Eingangsstufe wurde im Vorgriff auf den EUV bereits am 1.7.1990 (zeitgleich mit der deutsch-deutschen Währungsunion) begonnen. In dieser Phase waren alle zwischen den Mitgliedsländern noch bestehende Zahlungsverkehrskontrollen aufzuheben und die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass mit Beginn der zweiten Stufe (1.1.1994) die direkte Kreditvergabe der Zentralbanken an öffentliche Haushalte untersagt ist. (2) Während der als Übergangsperiode angesehenen zweiten Stufe blieb die Geldpolitik weiterhin in nationaler Zuständigkeit. Das zu Beginn dieser Phase errichtete EWI (Europäisches Währungsinstitut) übernahm zunächst weitgehend die Aufgaben des herkömmlichen EG-Ausschusses der Zentralbank-Gouverneure und des bereits seit 1979 bestehenden EFWZ (Europäischer Fonds für Währungspolitische Zusammenarbeit). Zweck der zweiten Stufe war es, die Konvergenz in den Mitgliedsstaaten so weit herbeizuführen, dass die Bedingungen für den Eintritt in die dritte (End-) Stufe erfüllt wurden (sog. Konvergenzkriterien). (3) Die dritte Stufe begann durch Errichtung der Währungsunion mit der gemeinsamen europäischen Währung und Geldpolitik am 1.1.1999. 6. Errichtung einer Europäischen Zentralbank (EZB): Vor dem Beginn der dritten Stufe wurde (am 1.6.1998) die EZB mit Sitz in Frankfurt errichtet. 7. Intergouvermentale Zusammenarbeit: Die mit dem EU-Vertrag angestrebte Ausweitung und Vertiefung der Integration kommt neben dem Ziel der WWU auch in der Schaffung eines institutionellen Rahmenwerks für die Kooperation auf den nicht-ökonomischen
117
Politikfeldern der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie der Justizund Innenpolitik (JIZ) zum Ausdruck. Im Unterschied zu den Regelungsbereichen des EG-Vertrags (Gemeinsamer Markt, WWU) besitzen die EU-Organe in diesen beiden nicht-ökonomischen Bereichen keine eigenen Zuständigkeiten; die EU bietet lediglich einen Rahmen für die intergouvermentale Zusammenarbeit der Mitgliedsländer auf den Gebieten der GASP und der JIZ. Im Zuge ihres diesbezüglichen Tätigwerdens verfolgt die EU unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips gemeinsame Ziele. Dies bedeutet, dass die EU im Bereich der 1. Säule (WWU) gewissermaßen einen bundesstaatlichen Charakter aufweist, während sie in den Bereichen GASP und JIZ eher den Merkmalen eines Staatenbunds (d. h. keine wesentlichen Souveränitätsverzichte der Mitgliedstaaten) entspricht. Weitere Informationen unter www.europa.eu/ index_de/htm EU-Arbeitskräfteerhebung. Arbeitslo-
senstatistik. EuGH, Europäischer Gerichtshof. 1. Überblick: Judikative der EG. Mitglieder: Die 15 Richter und 9 Generalanwälte werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für eine sechsjährige Amtszeit ernannt. Die Richter wählen aus ihrer Mitte für drei Jahre den Gerichtspräsidenten. Aufgabe der Generalanwälte, die richterliche Unabhängigkeit genießen, ist es, durch die Stellung von Schlussanträgen der Rechtsfindung des EuGH zu dienen. Sitz des EuGH ist Luxemburg. 2. Der EuGH hat die generelle Aufgabe, bei der Anwendung und Auslegung der Gründungsverträge und des auf deren Grundlage erlassenen sog. Sekundärrechts sowie hinsichtlich der von der Gemeinschaft abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge die Wahrung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Im Zuge damit hat der EuGH mehrere Funktionen. In erster Linie ist er Verfassungsgericht (Auslegung und Anwendung des Primärrechts; Überprüfung der Vereinbarkeit des sekundären Gemeinschaftsrechts mit dem Primärrecht). Der Gerichtshof hat ferner verwaltungsgerichtliche Zuständigkeiten (Klagen von natürlichen und juristischen Personen gegen Maßnahmen der EG). Daneben bestehen weitere Aufgabenbereiche (z. B. Rechtsmittelinstanz für Entscheidungen des
EU-Haushalt
Europäischen Gerichts Erster Instanz; Erstellung von Gutachten für den Rat und die Europäische Kommission). Neben der Kontrolle der Vereinbarkeit der Rechtsakte der EG mit dem Gemeinschaftsrecht ist der EuGH überwiegend damit befasst, den Ersuchen mitgliedstaatlicher Gerichte nach sog. Vorabentscheidungen nachzukommen. 3. Bedeutung: Durch seine Rechtsprechung trägt der Gerichtshof (ebenso wie das ihm beigeordnete Gericht Erster Instanz) zur Schaffung eines innergemeinschaftlich einheitlichen Rechtsrahmens bei. Weitere Informationen unter www.curia.eu.int EU-Haushalt. 1. Merkmale: Seit 1971
existiert (abgesehen von dem EGKS-Funktionshaushaltsplan) nur noch ein (gemeinsamer) Gesamthaushaltsplan der drei EG. Der Europäische Entwicklungsfonds ( EEF) ist nicht in den Gemeinschaftshaushalt eingebunden. 2. Haushaltsverfahren: Der Ablauf ist in Art. 203 EGV festgelegt. Die Europäische Kommission erarbeitet einen Haushaltsvorentwurf; dieser wird dem Europäischen Rat zugeleitet, welcher dann den Haushaltsentwurf aufstellt. Die erste Lesung erfolgt im Europäischen Parlament (EP), die zweite im Rat. Die Feststellung des Haushaltsplans obliegt dem Präsidenten des EP. Die Obergrenzen der jährlichen Haushaltspläne und wichtigsten Ausgabenkategorien ergeben sich aus der sog. Finanziellen Vorausschau (FV). Diese wird vom Europäischen Rat für einen mehrjährigen Zeitraum verbindlich festgelegt. Die Haushaltsführung der Gemeinschaftsorgane wird vom Europäischen Rechnungshof überwacht ( EuRH). 3. Einnahmen: Die Finanzierung der Ausgaben der EU erfolgt im Wesentlichen aus vier Quellen: (1) Zolleinnahmen; (2) Agrarabschöpfungen an der gemeinschaftlichen Außengrenze; (3) Mehrwertsteueranteil an der in den Mitgliedstaaten erhobenen Mehrwertsteuer; (4) Beiträge der Mitgliedstaaten (einheitlicher Anteil am nationalen Bruttoinlandsprodukt seit 1988). (5) Etwaige Haushaltsdefizite dürfen nicht im Wege der Kreditaufnahme finanziert werden; ein etwaiger Etatüberschuss wird den Einnahmen des nachfolgenden Haushaltsjahres zugeschlagen. 4. Ausgabenarten: (1) Obligatorische Ausgaben, die erforderlich sind, damit die EU ihren im Primär- oder Sekundärrecht verankerten Verpflichtungen genügt. Die Haushaltsbefugnis für sie liegt beim Rat. (2)
Eulersches Theorem
Nichtobligatorische Ausgaben bedürfen der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Eulersches Theorem, adding-up-theorem,
118 Europäische Freihandels-Assoziation,
European Free Trade Association, EFTA. Europäische Gemeinschaften, EG.
Theorem, wonach bei vollkommener Konkurrenz, die Kosten der Produktionsfaktoren (einschließlich der Kapitalkosten) gleich den Produkterlösen sind, so dass kein Unternehmensgewinn entsteht.
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Montanunion, EGKS.
EURATOM, Europäische Atomgemeinschaft,
lung: Organ der Europäischen Union ( EU), das im Wesentlichen Exekutivaufgaben wahrnimmt. Die drei Europäischen Gemeinschaften ( EG), auf denen die EU basiert, hatten bis zum 1.7.1967 jeweils eigene Exekutivorgane. Ab diesem Datum wurden diese drei Exekutivorgane zur Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EG-Kommission) fusioniert. Seit Inkrafttreten (1.11.1993) des Vertrags über die EU trägt dieses Organ die Bezeichnung Europäische Kommission (E. K.). Ihr Sitz ist Brüssel. 2. Mitglieder: Seit 1995 hat die Europäische Kommission 20 Mitglieder. Diese werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen für eine Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Kommissionsmitglieder üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaft aus (Art. 157, 2 EG-Vertrag). Der Präsident und die Vizepräsidenten der Europäischen Kommission werden aus den Reihen der Kommissionsmitglieder im gegenseitigen Einvernehmen der Mitgliedstaaten ernannt. Die Europäische Kommission agiert in enger Abstimmung mit den anderen gemeinschaftlichen Organen sowie mit den Mitgliedstaaten. 3. Die Aufgaben der Europäische Kommission sind in den drei Gründungsverträgen z. T. abweichend geregelt. In EGKS-Angelegenheiten ist sie Initiativ- und Hauptentscheidungsorgan. EG- und EAG-Vertrag weisen der Europäische Kommission drei Hauptaufgaben zu: (1) alleiniger Initiator der Gemeinschafts-Gesetzgebung (Der Rat kann nur auf der Basis eines Vorschlags der Europäischen Kommission Beschlüsse fassen bzw. Rechtsakte erlassen.); (2) Hüterin der Verträge (Vertretung des gemeinschaftlichen Interesses); (3) verwaltungsmäßige Ausführung des Gemeinschaftsrechts auf bestimmten Gebieten (z. B. Umsetzung der Rats-Entscheidungen; Vollzug des EU-Haushalts; Gemeinsame Agrarpolitik;). Außerdem hat die Europäische Kom-
EAG.
EUREKA, EURECA, European Research Coordinating Agency, Technologiepolitik. EuRH, Europäischer Rechnungshof. Mit Inkrafttreten des Vertrags über die EU ist der bereits 1977 errichtete EuRH in den Rang eines Hauptorgans der Europäischen Gemeinschaften (EG) erhoben worden. Sitz des EuRH ist Luxemburg. Die Mitglieder des EuRH (eins pro Mitgliedsland) werden vom Rat der EU nach Anhörung des Europäischen Parlamentes einstimmig für sechs Jahre ernannt. Sie genießen den Status richterlicher Unabhängigkeit. Aufgabe des EuRH: Überprüfung der Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Ausgaben und Einnahmen der EU und ihrer Institutionen sowie die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Der EuRH erstellt nach jedem Haushaltsjahr einen Bericht. Auf dessen Grundlage sowie der Stellungnahmen der Gemeinschaftsorgane hierzu befindet das EP über die Entlastung der Europäischen Kommission. Weitere Informationen unter www.eca.eu.int Europa-Abkommen. EWG. Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM), EAG. Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, European Bank for
Reconstruction and Development, EBRD. europäische Energiecharta, 1994 von 45
Staaten unterzeichnetes Vertragswerk zur Schaffung eines europäischen Energieverbundes mit dem Ziel der weiteren Liberalisierung des Handels von Strom, Gas und Erdöl und der Einführung westlicher Standards in den ehemaligen kommunistischen Ländern.
Europäische Investitionsbank, EIB. Europäische Kommission. 1. Entwick-
119
Europäisches Parlament
mission supranationale Funktionen (Handelspolitik). Völkerrechtliche Abkommen der EU werden von der Europäischen Kommission gemäß den vom Rat gesetzten Leitlinien ausgehandelt (z. B. im GATT). Im Rahmen der GASP (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) und der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres hat die Europäische Kommission lediglich eine eng begrenzte Rolle ( EU). Weitere Informationen unter www.europa.eu/ index_de/htm
Europäischer Sozialfonds, ESF. Europäischer Wirtschaftsrat, OEEC. Europäischer
Wirtschaftsraum,
EWR. Europäisches Gericht Erster Instanz.
Europäischer Fonds für Währungspolitische Zusammenarbeit, EFWZ.
Wegen Arbeitsüberlastung wurde dem Europäischen Gerichtshof ( EuGH) im Zuge der Umsetzung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) ein sog. Gericht Erster Instanz (GEI) mit Sitz in Luxemburg beigeordnet. Dieses dem EuGH (seit 1989) vorgeschaltete Gericht ist für bestimmte Arten von Verfahren zuständig (z. B. Klagen in Fragen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, Klagen bezüglich der Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsbestimmungen, Rechtsstreitigkeiten zwischen Gemeinschaftsorganen und deren Bediensteten, Streitsachen über handelspolitische Schutzmaßnahmen). Gegen seine Entscheidungen können Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden. Weitere Informationen unter www.curia.eu.int
Europäischer Gerichtshof, EuGH.
Europäische Sozialpolitik, Sozialpoli-
Europäischer Rat. Auf Grund einer Ver-
tik der EU, politik.
Europäische Politische Zusammenarbeit, EPZ. Europäischer Ausgleichs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL),
Strukturfonds der EU, Agrarpolitik. Europäischer Entwicklungsfonds, EEF. Europäischer Fonds Entwicklung, EFRE.
für
Regionale
einbarung zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften ( EG) aus dem Jahr 1974 tritt seit 1975 mindestens zweimal jährlich der sog. Europäische Rat zusammen. 1. Teilnehmer sind die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie der Präsident der Europäischen Kommission, die von den Außenministern und einem Mitglied der Kommission unterstützt werden. 2. Merkmale: Der Europäische Rat wurde erst in der Einheitlichen Europäischen Akte ( EEA) gemeinschaftsrechtlich verankert, ist jedoch bis heute nicht im EG-Vertrag enthalten und untersteht folglich auch nicht der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs ( EugH). Der Vertrag über die EU weist dem Europäischen Rat eine Rolle oberhalb der EG zu. 3. Aufgabe: die allgemeinen politischen Ziele zur weiteren Entwicklung der Union festzulegen. Weitere Informationen unter www.europa.european-council/index_de.htm Europäischer Rechnungshof, EuRH. Europäischer Regionalfonds, EFRE.
ESF,
internationale Sozial-
Europäisches Parlament. 1. Begriff: Das Europäische Parlament (EP) ist das gemeinsame parlamentarische Organ der drei Gemeinschaften ( EAG; EGKS; EWG;) der Europäischen Union ( EU) und repräsentiert die Völker der in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Staaten (Art. 137 EGV). Die Abgeordneten des EP werden für fünf Jahre von den Bürgern der Mitgliedstaaten direkt gewählt. Im EP existieren keine nationalen Gruppierungen sondern nur politische Fraktionen auf Gemeinschaftsebene. Das EP hat 785 Abgeordnete aus 27 Nationen, die zurzeit rund 490 Mio. Bürger vertreten. Der Anzahl der Mandate eines Mitgliedslandes liegt ein Bevölkerungsschlüssel zu Grunde. Deutschland stellt 99 Abgeordnete. Kompetenzen: Seit der ersten Direktwahl hat sich das EP schrittweise ( EEA; Vertrag über die EU) zu einem (begrenzten) Mitgestalter der Gemeinschaftspolitik entwickelt; seine legislativen Befugnisse sind jedoch noch stark begrenzt. a) Haushaltsbefugnisse: Aufgrund seiner Position im Haushaltsverfahren kann das EP Einfluss auf die
Europäisches System der Zentralbanken
120
finanziellen Spielräume für die verschiedenen Politikbereiche nehmen. Das EP hat das Recht, den Gesamt-Haushaltsplan der EG abzulehnen; bei den sog. nicht-obligatorischen Ausgaben (z. B. Strukturfonds, Forschungsprogramme, Umweltpolitik, Verkehr) kann das Parlament die Höhe der Etatansätze beschließen. b) Gesetzgebungsbefugnisse: Das EP ist an allen wichtigen Gesetzesvorhaben beteiligt. Diesbezüglich ist das Kodezisionsverfahren (Zustimmung des EP erforderlich) und das Kooperationsverfahren (Abgabe von Stellungnahmen durch das EP, über die sich der Rat nur mit Einstimmigkeit hinwegsetzen kann) zu unterscheiden. Das Zustimmungserfordernis betrifft z. B. alle Fragen des Einheitlichen Binnenmarkts, der Freizügigkeit von Personen, die Gestaltung der Strukturfonds oder der Forschungsprogramme sowie die Aufnahme neuer Mitgliedsländer oder den Abschluss von Assoziierungsabkommen. c) Kontrolle der Organe: Die Europäische Kommission ist dem EP verantwortlich. Nach Ende eines Haushaltsjahrs entscheidet das EP auf der Basis des Berichts des EuRH über die Entlastung der Kommission. d) Das EP hat das Recht, die Europäische Kommission zu einer Rechtsetzungsinitiative aufzufordern. Vor Ernennung des Präsidenten und der Kommissionsmitglieder ist über die Personalvorschläge im EP abzustimmen. Weitere Informationen unter www.europarl.de
beitet worden. Die ausdrückliche Kompetenz für die Umweltpolitik erhielt die EG durch die 1987 in Kraft getretene Einheitliche Europäische Akte ( EEA). Damit sind das Verursacherprinzip, das Vorsorgeprinzip sowie die Integration des Umweltschutzes in andere Politikbereiche Bestandteile des Vertrages geworden. Für den Umweltschutzbereich gilt das Subsidiaritätsprinzip. Für die Effizienz der europäischen Umweltpolitik entscheidend ist die durch die Mitgliedsstaaten zu vollziehenden Umsetzung der EURichtlinien in nationales Recht. Vgl. auch Umweltpolitik.
Europäisches System der Zentralbanken, ESZB.
Wiederaufbau und Entwicklung, taatsD.
Europäisches (EWA), EZU.
European Currency Unit, ECU.
Währungsabkommen
Europäisches Währungsinstitut, EWI. Europäisches Wettbewerbsnetz (ECN),
Kartellrecht.
Europäisches Wiederaufbauprogramm,
Europäische Union, EU. Europäische Währungseinheit, ECU. Europäische Währungsunion, EU. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft,
EWG.
Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWU), EU, Wirtschafts-
union, Währungsunion. Europäische Zahlungsunion, EZU. Europäische Zentralbank, EZB. European Bank for Reconstruction and Development, Europäische Bank für
European
Europäische EFTA.
Free
Trade
EBR-
Association,
Freihandels-Assoziation,
European Monetary Agreement, Euro-
päisches Währungsabkommen (EWA), EZU.
ERP. European Recovery Program, ERP.
europäische Umweltpolitik. Erst 1972
wurde eine aktive europäische Umweltpolitik sowie die geplante Harmonisierung der Umweltvorschriften aller Mitgliedsländer der EG beschlossen. Durch einstimmige Beschlussfassung sind von 1973 bis 1987 vier Umweltaktionsprogramme verabschiedet und über hundert Umweltschutzrichtlinien erar-
EUROSTAT, Statistisches Amt der EU mit Sitz in Luxemburg. Weitere Informationen unter www.epp/eurostat.ec.europa.eu EU-Nachhaltigkeitsstrategie, 1. Begriff: Strategisches Konzept der Europäischen Union für nachhaltige Entwicklung, das 2001 zur
121 Erweiterung der Lissabonstrategie für Wachstum und Beschäftigung von 2000 um die Umweltdimension beschlossen wurde und sich als eine Ergänzung des Engagements für wirtschaftliche und soziale Erneuerung verstand. Die Nachhaltigkeitsstrategie konzentrierte sich im ersten Schritt auf die Themenbereiche (1) Klimaänderungen, (2) Verkehr, (3) Gesundheit, (4) natürliche Ressourcen und (5) globaler Umweltschutz. 2. Strategieerneuerung von 2005: (1) Am 13. Dezember 2005 hat die Europäische Kommission eine Überprüfung der Strategie für nachhaltige Entwicklung vorgelegt. (2) Der Europäische Rat hat auf dieser Basis am 15./16.6.2006 die Überarbeitete EU-Nachhaltigkeitsstrategie mit sieben zentralen Herausforderungen im Bereich nachhaltige Entwicklung beschlossen. (3) Zentrale Ziele: (a) Die Ziele im Bereich Klimawandel und saubere Energie werden bestätigt. Es wird klargestellt, dass Energiepolitik mit den Zielen Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit und ökologische Nachhaltigkeit konsistent sein muss und zentral in der Bekämpfung des Klimawandels ist. (b) Die Strategie bestätigt die Bausteine einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung, u. a. die Entkoppelung des Wirtschaftswachstums von der Verkehrsnachfrage. (c) Im Bereich nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion wird die Kommission beauftragt, einen Aktionsplan vorzuschlagen, dem diese im Juli 2008 nachgekommen ist. (d) Zum Schutz und Management der natürlichen Ressourcen fordert die erneuerte Strategie Ziele und Maßnahmen im Rahmen der thematischen Ressourcenstrategie. (e) Im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist die Kommission u. a. aufgefordert, eine Strategie zur Verbesserung der Luftqualität in geschlossenen Räumen vorzulegen. (f) Im Hinblick auf die globalen Herausforderungen in Bezug auf Armut und nachhaltige Entwicklung soll u. a. die Stärkung multilateraler Umweltabkommen zur Verbesserung der globalen Umweltpolitik beitragen. Handelsvereinbarungen sollen von der EU zur Verbesserung von Umwelt- und Sozialstandards genutzt werden. (g) Im Bereich der gesellschaftlichen Einbeziehung, Demografie und Migration ist die Verbesserung der Lebensqualität prioritäres Ziel. (h) Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, weitere Schritte zur Verlagerung von Steuern auf Arbeit hin zu Steuern auf Ressourcen- und Energiekonsum und
evolutorische Ökonomik Verschmutzung zu unternehmen. (i) Die Europäische Kommission wird bis zum Jahr 2008 einen Fahrplan für die Reform umweltschädlicher und nicht nachhaltiger Subventionen vorlegen. (j) Die Beziehung zu den nationalen Nachhaltigkeitsstrategien soll u. a. durch freiwillige peer reviews und schlanke Fortschrittsberichte auf der Basis existierender Berichte verstärkt werden. (k) Es wird ein neuer Monitoringprozess zu Überprüfung der Strategieumsetzung festgelegt: Die Europäische Kommission legt alle zwei Jahre einen Fortschrittsbericht vor, auf dessen Basis der Europäische Rat ebenfalls alle zwei Jahre die Strategie überprüft. EUV, Vertrag über die Europäische Union, EWG, EU. EU-Verkehrspolitik, Verkehrspolitik. evangelische Sozialethik, christliche
Soziallehre. Eventualhaushalt. Haushaltsplan, der aus konjunkturellen Gründen ( Fiscal Policy) resultierende Ausgabennotwendigkeiten auf eine haushaltsmäßige Grundlage stellt und nur eventuell, z. B. bei Über- oder Unterschreiten vorher festgelegter Grenzen von Konjunkturindikatoren, in Kraft tritt. Im Aufstellungsverfahren besteht eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Nachtragshaushalt oder Ergänzungshaushalt; der Eventualhaushalt verschmilzt jedoch nicht mit dem Hauptetat in der Durchführung. evolutorische Analyse, Analyse-Me-
thoden. evolutorische Ökonomik. Die Vertreter der evolutorische Ökonomik stehen in der Denk-Tradition J. A. Schumpeters und begreifen Wirtschaften als einen offenen, evolutorischen Vorgang, der zeit-, pfadabhängig und insofern irreversibel ist. Im Zentrum der evolutorischen Ökonomik stehen nicht Bedingungen, Existenz, Eindeutigkeit und Stabilität von Gleichgewichten wie in der neoklassischen Ökonomik, sondern Entwicklung und Wandel durch die fortlaufende Entstehung und Ausbreitung von Neuerungen. Ihre Vertreter arbeiten empirischinduktiv, indem sie in ihrer Modellbildung von Erkenntnissen der empirischen Innovations- und Diffusionsforschung ausgehen.
evolutorische Theorie
122
Vgl. auch Bionik, ökologische Kompatibilität, Ökologie-Konzept, Systemmanagement. evolutorische
Theorie,
konstitu-
tioneller Wissensmangel. evolutorische
Wirtschaftstheorie,
Wachstumstheorie. EWA, Abk. für Europäisches Währungsab-
kommen, EZU. EWG, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft,
eine der drei Europäischen Gemeinschaften ( EG), auf denen die Europäische Union ( EU) basiert. 1. Überblick: Die EWG ist eine supranationale Körperschaft des Völkerrechts. Der Gründungsvertrag (EWG-Vertrag, EWGV) wurde am 25.3.1957 in Rom unterzeichnet (einer der sog. Römischen Verträge) und ist am 1.1.1958 zusammen mit dem Vertrag zur Europäischen Atomgemeinschaft EAG (EAGV) in Kraft getreten. Die am 1.7.1967 wirksam gewordene Fusion der Organe von EWG, EAG und EGKS (Montanunion) sowie die im Zuge damit eingeführte gemeinsame Bezeichnung Europäische Gemeinschaften (EG) hat an der weiteren Existenz von drei rechtlich selbstständigen (Teil-) Gemeinschaften ebenso wenig etwas geändert, wie die am 1.11.1993 infolge des Inkrafttretens der Maastrichter Novellierung des Gemeinschaftsrechts erfolgte Umbenennung der Europäischen Gemeinschaften in Europäische Union (EU). Sowohl die Fusion der Organe (1967) als auch die Einbettung des EWG-Vertrags in den Vertrag über die Europäische Union bedeuten keine Verschmelzung der drei Gemeinschaften. Allerdings ist durch die Maastrichter Neufassung der gemeinschaftlichen Vertragsgrundlagen der (ehemalige) EWG-Vertrag in EGVertrag (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) umbenannt worden. Die Geltungsdauer des E(W)G-Vertrags ist unbegrenzt. 2. Gründung und Mitgliedsländer der EWG: Neben den wirtschaftspolitischen Absichten, die mit der Errichtung der EWG verbunden waren, bestanden auch allgemeinpolitische Ziele (z. B. Wohlstandsmehrung als Grundlage einer gedeihlichen innenpolitischen Entwicklung der Mitgliedsländer; Friedenssicherung). Als Mitte der 50er Jahre offenbar wurde, dass einige Mitgliedsländer der OEEC (später: OECD) sich (vor-
erst) nicht in der Lage sahen, ihre wirtschaftlichen Integrationsziele auf der Basis einer Zollunion zu verwirklichen, beschlossen die sechs Mitgliedsländer der EGKS (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande) auf der Konferenz von Messina (1./2.6.1955) die Errichtung einer gemeinsamen Zollunion. Infolge von Beitritten, die seit der Gründung stattgefunden haben, umfasst der Anwendungsbereich des E(W)G-Vertrags (abgesehen von den überseeischen Ländern und Gebieten) seit dem 1.1.1995 15 europäische Staaten. 3. Novellierungen des EWGV: Seit der Errichtung der EWG sind die wirtschaftspolitischen Zwischenziele auf dem Weg zum Endziel eines Gemeinsamen Marktes durch zwei Vertragsreformen fortentwickelt und erweitert worden. a) Obwohl die Zollunion als integrationspolitisches Hauptanliegen der Römischen Fassung des EWG-Vertrags bereits am 1.7.1968 erreicht wurde, erfolgte die erste grundlegende Neufassung des EWG-Vertrags erst 1986/87 in Gestalt der sog. EEA (Einheitliche Europäische Akte); gleichzeitig wurden der EGKS-Vertrag und der EAG-Vertrag an den durch die EEA reformierten EWGV angepasst. b) Die zweite grundlegende Reform der Gründungsverträge (der am 1.11.1993 in Kraft getretene sog. Vertrag über die EU) betrifft (abgesehen von der Schaffung neuer, nicht-ökonomischer Gemeinschaftsaufgaben) ebenfalls ganz überwiegend den EWG-Vertrag, der gleichzeitig in EG-Vertrag umbenannt wurde. 4. Aufgaben: a) Aufgaben des Gründungsvertrags: Im Unterschied zu der von der EGKS und der EAG beabsichtigten Harmonisierung der Rahmenbedingungen von zwei speziellen Wirtschaftszweigen, war die EWG von Anfang an auf die Integration aller Wirtschaftssektoren der beteiligten Länder (Gemeinsamer Markt: Errichtung einer Zollunion, Freizügigkeit der Arbeitskräfte, Niederlassungsfreiheit) gerichtet, um so über eine verbesserte Ressourcenallokation zur besseren Erreichung der wirtschaftspolitischen Oberziele beizutragen sowie engere Beziehungen zwischen den Staaten zu fördern, die in der Gemeinschaft zusammengeschlossen sind (Art. 2 EWG-Vertrag von 1957). Als eine Konsequenz der Vollendung der Zollunion besitzt die EWG seit dem 1.1.1973 die alleinige handelspolitische Kompetenz gegenüber Drittstaaten (gemeinsame Handelspolitik). Für den Agrarsektor gelten unter
123
Beachtung der spezifischen Bestimmungen der Art. 39-46 EWGV ebenfalls die allgemeinen Vorschriften über den Gemeinsamen Markt ( Agrarpolitik). Der EWGV sah von Anbeginn die Entwicklung einer gemeinsamen Verkehrspolitik (Art. 74-84) vor. Außerdem beinhaltet der EWGV von Anfang an umfangreiche gemeinsame Wettbewerbsregeln und das Postulat, die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften aneinander anzugleichen, soweit dies für das ordnungsgemäße Funktionieren des gemeinsamen Marktes erforderlich ist. Im Übrigen enthielt auch schon der Gründungsvertrag gewisse Ansätze für eine gemeinsame Sozialpolitik. Weitere Aufgabenbereiche sind bis zum Inkrafttreten der EEA auf der Basis des Art. 235 EWGV (Ermächtigung zum Erlass von Vorschriften zur Verwirklichung des Ziels eines Gemeinsamen Marktes) hinzugekommen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um die Regional-, Entwicklungshilfe-, Industrie- und Energiepolitik. b) Ausweitung der Gemeinschaftskompetenzen: (1) Durch die EEA wurde die Zollunion im Wege der Harmonisierung einer großen Zahl nichttarifärer Handelshemmnisse bis Ende 1992 zum Einheitlichen Binnenmarkt weiterentwickelt; außerdem wurde der Europäische Fonds für regionale Entwicklung durch die EEA im EWGV verankert und die Arbeitsweise der Strukturfonds reformiert (vgl. auch EU-Haushalt). Im Zusammenhang mit der EEA sind ferner die Umwelt-, Forschungsund Technologiepolitik sowie das Ziel des wirtschafts- und sozialpolitischen Zusammenhalts (Kohäsion) in den EWGV einbezogen worden. (2) Der im Dez. 1991 in Maastricht vereinbarte, im Feb. 1992 unterzeichnete und am 1.11.1993 in Kraft getretene Vertrag über die Europäische Union hat die (zugleich fortentwickelten) Bestimmungen des EWGV unter der Neubezeichnung EGVertrag übernommen. Im Zuge dieser zweiten grundlegenden Novellierung des (ehemaligen) EWGV wurden nicht nur die bestehenden Gemeinschaftskompetenzen auf vielen Gebieten vergrößert, sondern es wurden auch mehrere neue Zuständigkeiten der Gemeinschaft geschaffen: das Ziel einer Weiterentwicklung des Einheitlichen Binnenmarkts zur Wirtschafts- und Währungsunion (Wirtschaftsgebiet mit einheitlicher Wirtschaftspolitik, Europäischer Zentralbank und einer gemeinsamen Währung), die Verankerung dezentraler wirtschaftspolitischer
EWG
Willensbildung (Subsidiaritätsprinzip der EU), die Einbindung von Gebietskörperschaften in die gemeinschaftliche Willensbildung ( Ausschuss der Regionen), die Errichtung eines Kohäsionsfonds als vierten Strukturfonds der EU sowie die Ausweitung bestehender und die Übertragung begrenzter neuer Handlungskompetenzen auf die EG in Ergänzung der betreffenden nationalen Politiken. 5. Organe: Die Durchführung der im EWGV festgelegten gemeinschaftlichen Aufgaben obliegt im Wesentlichen vier Organen sowie einer Reihe von Hilfsorganen. Zwei der vier EWG-Organe, nämlich das Europäische Parlament sowie der EuGH (Europäischer Gerichtshof) fungieren bereits seit der Errichtung der EWG am 1.1.1958 als gemeinsame Organe aller drei Europäischen Gemeinschaften. Bis zum 1.7.1967 besaß die EWG ein eigenes Exekutiv- und Überwachungsorgan (die sog. EWGKommission) sowie den sog. EWGMinisterrat (als zentrales Entscheidungs- und Rechtssetzungsorgan). Seitdem sind diese beiden EWG-Organe in der EG-Kommission ( Europäische Kommission) bzw. im EGMinisterrat ( Europäischer Rat) aufgegangen. Zur Unterstützung der laufenden Tätigkeit der Organe sah der EWGV von Anfang an noch gewisse Hilfsinstitutionen vor (z. B. den Wirtschafts- und Sozialausschuss oder den EWG-Währungsausschuss). Der EuRH und die EIB haben ebenfalls ihre Rechtsgrundlage im EWGV. 6. Außenbeziehungen auf der Basis des EWGV: Wesentliche Grundlage der wirtschaftlichen Außenbeziehungen der EG/EU ist die seit dem 1.1.1973 bestehende ausschließliche Zuständigkeit der E(W)G für die handelspolitischen Beziehungen zu Drittstaaten und internationalen Organisationen. Eine weitere Grundlage bilden die Bestimmungen über die Assoziierung ( Assoziierungsabkommen) fremder Staaten. Als Folge der exklusiven handelspolitischen Kompetenz der Gemeinschaft gegenüber der restlichen Welt (u. a. gemeinsamer Zolltarif) sind seit der Gründung der EWG zahlreiche multi- und bilaterale Abkommen mit Drittländern über verschiedene Formen wirtschaftlicher und finanzieller Zusammenarbeit abgeschlossen worden. Dazu kommen die von der E(W)G abgeschlossenen völkerrechtlichen Vereinbarungen (z. B. im Rahmen der verschiedenen Handelsliberalisierungsrunden des GATT). Schon frühzeitig wurden besondere Bezie-
EWI
hungen zu 18 frankophonen afrikanischen Staaten (AASM) in Gestalt des EEF sowie der beiden sog. Jaunde-Abkommen (1964-69 bzw. 1970-74) aufgenommen. Seit 1975 stellen die bisher vier aufeinander folgenden Lomé-Abkommen ein zentrales Element der E(W)G-Außenbeziehungen dar. Des Weiteren unterhält die EG/EU mit zwölf Mittelmeerstaaten besondere Abkommen über die beiderseitigen Wirtschaftsbeziehungen (u. a. seit 1963 ein Assoziierungsabkommen mit der Türkei mit dem Ziel, einem späteren EGBeitritt den Weg zu ebnen). Seit 1971 wird auf der Basis des E(W)G-Vertrags den Entwicklungsländern in Gestalt des Allgemeinen Präferenzsystems ( APS) ein erleichterter Zugang für ihre Exporte von gewerblichen Produkten in die Gemeinschaft gewährt. Weiterhin wurden auf der Basis der exklusiven handelspolitischen Kompetenz der EWG 1973 mit den EFTA-Staaten (EFTA) mehr als 200 Freihandelsabkommen geschlossen; mit dem am 1.1.1994 in Kraft getretenen Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum ( EWR) wurden die Beziehungen mit den EFTA-Staaten (mit Ausnahme der Schweiz) auf eine erweiterte und vertiefte Grundlage gestellt. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre kam es zwischen der EU und sechs ostmitteleuropäischen Reformstaaten zum Abschluss sog. Europa-Abkommen, außerdem wurden mit den drei wieder entstandenen baltischen Staaten spezifische Handels- und Kooperationsabkommen unterzeichnet. Schließlich gelten mit mehreren Drittstaaten (insbesondere in Süd-Ost-Asien und in Lateinamerika) sog. nicht-präferenzielle Handelsabkommen. Europäisches Währungsinstitut. 1. Gegenstand: Das EWI wurde mit Beginn der 2. Stufe (1.1.1994) der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) in Frankfurt/Main mit der Hauptaufgabe errichtet, die Vorarbeiten für die 3. Stufe (Endstufe) der WWU ( EU) durchzuführen. Mit der Errichtung der EZB am 1.6.1998 wurde das EWI aufgelöst. EWI,
EWR, Europäischer Wirtschaftsraum, Euro-
pean Economic Area (EEA): 1. Begriff: Freihandelszone zwischen der Europäischen Union ( EU) und der Europäischen Freihandels-Assoziation ( EFTA). 2. Ziele und spezifische Merkmale: Verwirklichung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums, wel-
124
cher grundsätzlich dem Einheitlichen Binnenmarkt der EG ähneln soll, ohne dass die teilnehmenden EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) der EG beitreten müssen. Der EWR-Vertrag sieht vor, dass die beteiligten EFTA-Staaten die vier Grundfreiheiten des EG-Binnenmarkts (freier Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr) sowie die Wettbewerbsregeln des E(W)G-Vertrags übernehmen. Zu diesem Zweck setzen die EFTA-Staaten innerhalb der vertraglichen Übergangsfristen weitgehend das im Laufe der Zeit gewachsene EGRecht in nationales Recht um. Die Grenzkontrollen zwischen der EU und den am EWR beteiligten EFTA-Staaten bleiben jedoch bestehen. Denn in der Handelspolitik gegenüber Drittländern bleiben die Vertragspartner autonom. Eine Harmonisierung der Zölle gegenüber der restlichen Welt sowie der indirekten Steuern ist nicht beabsichtigt. Außerdem beinhaltet das EWR-Abkommen (im Unterschied zum EG-Binnenmarkt) keine gemeinsame Agrarpolitik. Ausgeklammert bleiben weiterhin das Ziel einer gemeinsamen Wirtschafts- und Währungspolitik sowie der Bereich der Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik. Allerdings verlangt das EWR-Abkommen auf zahlreichen Gebieten eine Vertiefung der politischen Zusammenarbeit zwischen der EU und den EFTAStaaten, insbes. bei Umweltpolitik, Ausbildungs- und Verbraucherschutz-Angelegenheiten sowie Fragen der Sozial- und der Forschungspolitik. 4. Organe: Die Durchführung des EWR-Vertrags sowie die Überwachung seiner Bestimmungen obliegt einer größeren Anzahl von Institutionen. Gemeinsames Entscheidungsgremium und oberstes EWR-Organ ist der sog. EWR-Rat; dieser tritt zweimal jährlich zusammen und besteht aus Mitgliedern des Europäischen Rats, Mitgliedern der Europäischen Kommission sowie je eines Mitglieds der Regierungen der (außer der Schweiz) beteiligten EFTAStaaten. Geschäftsführendes Organ des EWR ist der sog. Gemeinsame Ausschuss (Joint Committee). 5. Heranführung an die EU: Die Gesamtheit der im Abkommen enthaltenen Regelungen macht deutlich, dass der EWR nicht nur der wechselseitigen außenwirtschaftlichen Liberalisierung, sondern auch der Vorbereitung der EFTA-Staaten auf einen etwaigen späteren Beitritt zur Europäischen Union dienen soll. Drei der an der Errichtung des EWR beteiligten EFTA-
125
Staaten (Finnland, Österreich, Schweden) sind am 1.1.1995 Mitglieder der EU geworden. EWSA, Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU. Der EWSA (Art. 193198 EG-Vertrag) ist ein Hilfsorgan der Europäischen Union ( EU). Er dient durch die Abgabe sog. Stellungnahmen der Beratung des Rats der EU und der Europäischen Kommission. Zusammensetzung: Der EWSA setzt sich aus Vertretern der wichtigsten Interessengruppen (Unternehmen, Gewerkschaften, Verbraucher, Branchen- und Berufsverbände, Landwirte etc.) des wirtschaftlichen und sozialen Lebens innerhalb der Gemeinschaft zusammen. Weitere Informationen unter www.eesc.europa.eu/ index_de.asp Ex-ante-Analyse. Analysemethode zur Er-
klärung (zukünftiger) wirtschaftlicher Zusammenhänge mit Hilfe von Planungs- und Erwartungsgrößen. Anders: Ex-postAnalyse. Existenzgründungsförderung, Maßnah-
men der Wirtschaftsförderung bei der Gründung von Unternehmen oder bei der Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, teils spezielle Fördermaßnahmen für bestimmte Unternehmens- oder Personengruppen, z. B. technologieorientierte Unternehmensgründungen. In Deutschland gibt es auf Bundes- und Landesebene verschiedene Programme und Leistungen zur Existenzgründung: a) ERP-Existenzgründungsprogramm: Zinsgünstige, langfristige Existenzgründungsdarlehen. b) Eigenkapitalhilfeprogramm: Sehr langfristige, niedrig verzinsliche Darlehen mit verzögerter Tilgung (KfW-Startgeld und KfW-Unternehmerkredit). c) Bürgschaften von Bürgschaftsbanken ( Kreditgarantiegemeinschaften), die teilweise durch Bund oder Länder abgesichert sind. d) Zuschüsse für die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen. e) Gründungszuschuss nach SGB III. f) Einstiegsgeld nach SGB II. Vgl. auch Startkapital. Existenzminimum. 1. Begriff: Der zum
Überleben oder menschenwürdigen Leben absolut oder relativ als notwenig angesehene Mindestbedarf eines Menschen, dessen Unterschreitung Armut bedeutet. 2. Arten:
exogene Variable
a) Physiologisches oder physisches Existenzminimum: Dieses deckt lediglich den körperlich absolut notwendigen Kalorienbedarf eines Menschen in seiner regionalen Lebenslage. b) soziokulturelles Existenzminimum. Nach dem technischen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungstand und dem Lebensstandard einer Gesellschaft für den Lebensunterhalt als notwendig anerkannte Einkommens- bzw. Lohnhöhe ( Existenzminimum-Theorien des Lohns). 2. Steuerliches Existenzminimum: Für das nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1994 von der Einkommensteuer freizustellende Existenzminimum ist der sozialhilferechtliche Mindestbedarf maßgeblich. Seit dem 1. Januar beträgt dieses pro Jahr 7.834 EUR (8.004 EUR ab 2010). Für Kinder sind die Freibeträge (im Rahmen des sog Familienleistungsausgleichs) zur Sicherung des Existenzminimums auf 6.000 EUR jährlich festgelegt. Existenzminimum-Theorien des Lohns, Lohntheorien, nach denen Abweichungen des Lohnes vom Existenzminimumlohn (= Lohn zur Sicherung des physiologischen bzw. kulturellen Existenzminimums) nur kurzfristig möglich sind.
Existenzwert, Begriff der Umwelt- und
Ressourcenökonomik: Zahlungsbereitschaft von Individuen für die bloße Existenz einer natürlichen Ressource. Mit dem Existenzwert soll ein Teil der nicht-nutzungsabhängigen Wertschätzung für natürliche Ressourcen erfasst werden. Optionswert, Vermächtniswert. Vgl. anthropozentrischer Ansatz. exklusive Verfügungsrechte, Verfü-
gungsrechte. exogene Konjunkturmodelle, Konjunkturmodelle, in denen exogene Schocks erforderlich sind, um anhaltende Konjunkturschwankungen zu erzeugen. Zu den exogenen Konjunkturmodellen zählen Multiplikator-Akzelerator-Modelle. exogene Variable, erklärende Variable, unabhängige Variable, Variable eines Modells, die nur eine erklärende Rolle hat, selbst aber nicht erklärt wird. Sie werden als außerhalb des Modellzusammenhanges bestimmt angenommen. Anders: endogene Variablen.
Expansion Expansion, Konjunkturphase mit Wirt-
schaftsaufschwung. Expenditure Lag, Lag. Export, Ausfuhr, sämtliche die Grenzen des
Inlandes nach außen überschreitende(n) Lieferungen, Zahlungen, Übertragungen oder Verbringung z. B. von (1) Waren (Warenexport), (2) Dienstleistungen (Dienstleistungsexport), (3) Kapital (Kapitalexport) oder (4) Abfall (Abfallexport). Vgl. auch Import. Exportbasis-Konzept, regionale Struk-
126 Exportsubvention, staatliche finanzielle Unterstützung der Exporte (vgl. auch tarifäre Handelshemmnisse). Bei gegebenem Weltmarktpreis erhöht sich dadurch der Preis für die heimischen Nachfrager, wenn ein Reimport der Exportgüter nicht möglich ist oder durch einen gleich hohen Zoll belastet ist. Vgl. Handelspolitik. Ex-post-Analyse. Analysemethode, die eine (rückschauende) Beschreibung wirtschaftlicher Zusammenhänge darstellt. Beispiel: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen ( VGR). Anders: Ex-ante-Analyse.
turpolitik. extensives Wachstum, WachstumsExportdiversifizierung. Mit Hilfe einer
Exportdiversifizierung wird versucht, Wertschöpfung in Entwicklungsländern zu halten. Die Produktionsstruktur soll langfristig so beeinflusst werden, dass Entwicklungsländer auf den Märkten der Industrieländer wettbewerbsfähig werden. Vgl. auch Entwicklungspolitik. Exporterlösstabilisierung. In vielen Ent-
wicklungsländern bestehen die Hauptexporte aus Rohstoffen, die stärkeren Preisschwankungen unterliegen. Zur Vermeidung von Exporterlösschwankungen werden Maßnahmen der kompensatorischen Finanzierung, wie z. B. das STABEX-System der EG und Rohstoffabkommen vorgeschlagen. Vgl. auch Entwicklungspolitik. Exportförderung, staatliche Förderung der Exporte durch Exportsubvention, oder günstige Exportfinanzierungskredite bzw. staatliche Garantien für Exporterlösausfälle. Vgl. auch Handelspolitik. Exportkreditversicherung, Hermes-
Deckung. Exportmultiplikator, Messzahl, die angibt,
um wie viel das Einkommen eines Landes steigt (sinkt), wenn die Exporte um eine Geldeinheit steigen (sinken). Vgl. auch Importmultiplikator, Multiplikator. Exportstruktur. 1. Zusammensetzung der
Exporte eines Landes nach Gütergruppen bzw. nach Wirtschaftssektoren. 2. Regionale Aufteilung der Exporte nach ihren Bestimmungsländern. Vgl. auch Handelsstruktur, Handelstheorie.
theorie. Externalität, externer Effekt. externe Erträge, in Geldeinheiten bewerte-
te positive externe Effekte. externe Kosten, in Geldeinheiten bewertete negative externe Effekte, z. B. ökologische Folgekosten. Gegensatz: Private Kosten. externer Arbeitsmarkt, Arbeitsmarkt. externer Effekt. 1. Merkmale: a) Allge-
mein: Auswirkung einer wirtschaftlichen Aktivität, die nicht dem Urheber zugerechnet wird. Zwischen dem Verursacher und dem Betroffenen des externen Effektes besteht eine nicht über den Preis- bzw. Marktmechanismus vermittelte Beziehung. Die Nutzenfunktion des betroffenen Haushalts (die Produktionsfunktion der betroffenen Firma) enthält ein von einem anderen Entscheidungsträger kontrolliertes Element. Gehen von einem Gut ausschließlich externe Effekte aus, so handelt es sich um ein öffentliches Gut. Steigt (sinkt) der Nutzen des Betroffenen mit dem Niveau des externen Effektes, so handelt es sich um einen positiven (negativen) externen Effekt. b) Beispiel (1) eines positiven externen Effektes: Investitionen einer Firma in das Humankapital eines Arbeitnehmers, von denen eine andere Firma beim Arbeitsplatzwechsel profitiert; (2) eines negativen externen Effektes: produktionsoder konsumbedingte Umweltverschmutzung. 2. Bedeutung für die ökonomische Theorie: Liegen externe Effekte vor, so führt dies zu einer Fehlallokation der Ressourcen
127
im Marktsystem ( Marktversagen). Die Ableitung des Wohlfahrtsoptimums ist problematisch, das Marktgleichgewicht nicht pareto-optimal ( Pareto-Optimum). Die Umwelt- und Ressourcenökonomik bietet Strategien zur Internalisierung externer Effekte an. Vgl. auch Wohlfahrtsökonomik. Extraktionskosten, Abbaukosten. EZB, Europäische Zentralbank. (Abk. für:
Europäische Zentralbank) 1. Begriff: Nach dem Vertrag über die Europäische Union ( EU-Vertrag) bildet die EZB (seit Beginn der 3. Stufe der Währungsunion am 1.1.1999) mit den Zentralbanken der Mitgliedstaaten das Europäische System der Zentralbanken ( ESZB). Als Zentralorgan hat sie die Verantwortung für die Geld- und Währungspolitik der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion übernommen. 2. Ziele: Vgl. ESZB, Deutsche Bundesbank. 3. Aufgaben: (1) Beratung und Stellungnahme in Rechtssetzungsverfahren der Gemeinschaft und nationaler Behörden im Zuständigkeitsbereich der EZB; (2) Entscheidung über die Vertretung des ESZB im Bereich der internationalen Zusammenarbeit; (3) Erhebung von statistischen Daten; (4) Genehmigung der Ausgabe von Banknoten innerhalb der Gemeinschaft; (5) Mindestens vierteljährliche Erstellung und Veröffentlichung von Berichten über die Tätigkeit des ESZB; (6) Veröffentlichung des konsolidierten Wochenausweises des ESZB; (7) Vorlage des Jahresberichtes über die Tätigkeit des ESZB und die Geld- und Währungspolitik im vergangenen und im laufenden Jahr beim Europäischen Parlament, EU-Kommission sowie beim Europäischen Rat. (8) Beratung des EU-Rates, der EU-Kommission und der zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Aufsicht über Kreditinstitute sowie die Stabilität des Finanzsystems; (9) auf Beschluss des EU-Rates Wahrnehmung besonderer Aufgaben der Kreditaufsicht. 4. Geld- und währungspolitische Instrumente: Vgl. Deutsche Bundesbank. 5. Organe: a) Der EZB-Rat erlässt die Leitlinien und trifft die Entscheidungen, die zur Erfüllung der dem ESZB nach dem EUVertrag und seiner Satzung übertragenen Aufgaben notwendig sind. Er legt die Geldpolitik der Gemeinschaft fest, gegebenenfalls auch geldpolitische Zwischenziele, Leitzins-
EZU
sätze und die Bereitstellung von Zentralbankgeld. Der EZB-Rat setzt sich aus den Mitgliedern des Direktoriums der EZB und den Präsidenten der nationalen Zentralbanken zusammen. Den Vorsitz im EZB-Rat und im Direktorium führt der Präsident oder bei seiner Verhinderung der Vizepräsident. Der Präsident oder eine von ihm benannte Person vertritt die EZB nach außen. b) Das Direktorium ist geschäftsführendes Organ der EZB. Es führt die Geldpolitik gemäß den Leitlinien und Entscheidungen des EZB-Rates aus und erteilt den nationalen Zentralbanken die erforderlichen Weisungen. Ferner können ihm durch Beschluss des EZB-Rates bestimmte Befugnisse übertragen werden. Das Direktorium besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weiteren hauptamtlichen Mitgliedern. Sie werden auf Empfehlung des EU-Rates, der hierzu das Europäische Parlament und den EZB-Rat anhört, von den Regierungen der Mitgliedsstaaten einvernehmlich ausgewählt und für acht Jahre ernannt. Eine Wiederernennung ist unzulässig. Nur Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten können Mitglieder des Direktoriums sein 6. Unabhängigkeit: Weder die EZB noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane dürfen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft, Regierungen der Mitgliedsstaaten oder anderen Stellen Weisungen einholen oder entgegennehmen. Weitere Informationen unter www.ecb.eu/ecb/html/index.de/html EZB-Direktorium, EZB. EZB-Rat, EZB. EZU, Europäische Zahlungsunion, internationales Abkommen von 19.9.1950, das im Rahmen eines multilateralen Verrechnungsund Beistandskreditsystems den Zahlungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der OEEC regelte und die Konvertibilität ihrer Währungen herstellen sollte. Das Gründungskapital wurde aus Mitteln des Marshall-Plans ( ERP) bereitgestellt. Mit der Durchführung der Verrechnung der Forderungen und Verbindlichkeiten und dem Ausgleich der Salden wurde die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ( BIZ) beauftragt. Mit der Einführung der Konvertibilität durch 14 Mitliedsländer am 1.1.1958 wurde das Ziel der EZU erreicht und wurde am 27.12.1958 durch das Europäische Wäh-
EZU
rungsabkommen (EWA) abgelöst. Die restlichen Forderungen der Gläubigerländer wurden aus EZU-Mitteln oder durch bilaterale Abkommen zwischen den Mitgliedern abgedeckt. Das verbliebene Kapital wurde in den
128
Europäischen Fonds des EWA zugeführt, das bis 1972 zwischen den Vertragsparteien den multilateralen Zahlungsbilanzausgleich organisierte.
F Fabrik, historischer Begriff für eine Be-
triebsform der Industrie, die durch eine stark mechanisierte Produktion gekennzeichnet ist. Durch die arbeitsteilige Herstellung großer, gleichartiger Produktmengen wird der Einsatz von ungelernten oder angelernten Arbeitskräften möglich. Vgl. als weitere historische Betriebsform die Manufaktur. Fachvermittlung, Arbeits- und Ausbil-
dungsvermittlung. Fairness. Ursprünglich aus dem Sport kommend, gewinnt der Begriff auch in der Ethik eine zentrale Bedeutung in der Theorie der Gerechtigkeit. Faktoreinkommen, das den Produktionsfaktoren aus der Beteiligung am Produktionsprozess zufließende Entgelt, wie Löhne, Gehälter, Zinsen, Gewinne, Mieten und Pachten. Die Verteilung des Gesamteinkommens auf die Faktoren bezeichnet man als funktionelle Einkommensverteilung. Gegensatz: Transfereinkommen Faktorkosten, Sozialprodukt. Faktormarkt, Markt, auf dem Produktionsfaktoren oder Verfügungsrechte über solche gehandelt werden. Typische Faktormärkte. sind der Arbeitsmarkt, Bodenmarkt, Kapitalmarkt. Die Beziehungen zwischen Gütermärkten und Faktormärkten werden über die Grenzproduktivitätstheorie hergestellt ( abgeleitete Nachfrage). Faktormobilität, die räumliche, qualifikatorische und sektorale Beweglichkeit der Produktionsfaktoren. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung zur Entwicklung einer effizienten Wirtschaftsstruktur, da die Allokationsfunktion des Preises nur bei Faktormobilität wirksam werden kann. Erhaltung und Erhöhung der Faktormobilität ist daher eine
der Hauptaufgaben der staatlichen turpolitik.
Struk-
Faktorpreisausgleichstheorem, LernerSamuelson-Theorem; Aussage über die Bedingungen, unter denen internationaler Güterhandel zu vollständigem internationalem Faktorpreisausgleich zwischen Ländern mit unterschiedlicher Faktorausstattung führt. Diese Bedingungen sind: (1) vollständige Konkurrenz, (2) international ausgeglichene Güterpreise ( Freihandel ohne Transportkosten), (3) international identische Produktionstechnologien mit konstanten Skalenerträgen und ohne Faktorintensitätsumkehrungen und (4) in den betrachteten Ländern gleichzeitige Produktion positiver Mengen von mindestens ebenso vielen technologisch verschiedenen Gütern, wie es Faktoren gibt. Vgl. auch Handelstheorie. Faktorproportionen-Theorem, Heck-
scher-Ohlin-Theorem. Faktorvariation, Produktionstheorie. Fälligkeitsprinzip, mit der Haushaltsreform von 1969 eingeführter Grundsatz der Kassenwirksamkeit: Nur solche Einnahmen und Ausgaben dürfen in den Haushaltsplan eingestellt werden, die auch in dem betreffenden Haushaltsjahr fällig werden. Das Fälligkeitsprinzip führt zu einer klaren Trennung von Ausgabe- und Verpflichtungsermächtigungen und fördert so die ökonomische Transparenz des Haushaltsplanes. Fälligkeitssteuern, Steuern, die kraft
Gesetz (i. d. R. ohne Veranlagung) fällig werden, z. B. Lohnsteuer. Anders: Veranlagungssteuern. Falsifikation, Methodologie. familienbezogene Leistungen. 1. Begriff: Gesamtheit der staatlichen Leistungen,
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_6, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Familienförderung die allen Familien mit mindestens einem Kind (ohne die ehebezogenen Leistungen) zugutekommen. Um die zahlreichen Einzelleistungen systematisch zu erfassen wurde im Jahre ein wissenschaftliches Kompetenzzentrum für familienbezogene Leistungen im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eingerichtet, das Ende 2006 erstmals eine zwischen den Ressort abgestimmte und in Wissenschaft und Verbänden breit akzeptierte Bestandsaufnahme der ehe- und familienbezogenen Leistungen in Deutschland für die Jahre 2005 und 2006 vorlegte. Diese Bilanz wurde im Familienreport 2009 aktualisiert und für das Jahr 2007 präsentiert. 2. Gesamtumfang und Aufteilung: (1) familienbezogene Leistungen im Jahre 2007 insgesamt 111,5 Mrd. EUR, 148 Maßnahmen (nachrichtlich: ehebezogene Leistungen 71,5 Mrd. EUR, 8 Maßnahmen), davon (a) Familienlastenausgleich 49,9 Mrd. EUR, (b) Familienförderung 46,5 Mrd. EUR und (c) Grundbedarf und spezifische Hilfen 15,2 Mrd. EUR. Familienförderung, 1. Begriff: Diejenigen familienbezogenen Leistungen des Staates, die über den Familienlastenausgleich, die Freistellung des Existenzminimums von Kindern im steuerlichen Familienleistungsausgleich und die soziale Sicherung der Familie und von Kindern, die Familienversorgung im öffentlichen Dienst ( Alimentationsprinzip) und die Jugendhilfe (als Wächteramt) hinausgehen. 2. Förderinstrumente: a) steuerliche Maßnahmen (z.B. Förderanteil des Kindergeldes als Steuervergütung), b) Geldleistungen (Kinderzuschlag, Elterngeld) c) Realtransfers (z.B. Kinderbetreuung) und d) Sozialversicherungsleistungen (z.B. beitragsfreie Mitversicherung von Kindern in der Sozialversicherung). 3. Umfang: Insgesamt wurden 2007 nach Abgrenzung des Kompetenzzentrums für familienbezogene Leistungen von Familien in Deutschland im Rahmen der Familienförderung Leistungen in Höhe von 46,5 Mrd. EUR erbracht.
Familienkasse, Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und öffentlicher Arbeitgeber, die für die Auszahlung von Kindergeld nach dem Familienleistungsgesetz und von Kinderzuschlägen ( Sicherung der Familie und von Kindern) zuständig sind.
130 1. Begriff: Gesamtheit der familienbezogenen Leistungen des Staates (Geldleistungen, steuerliche Entlastungen und Sozialversicherungsleistungen) zum Ausgleich der Lasten der Familie mit Kindern, d.h. des Mehraufwandes für den Lebensunterhalt und die Betreuung von Kindern. Dieser entsteht durch Geldaufwendungen für den Unterhalt und den Zeitaufwand für die Betreuung von Kindern. 2. Zielsetzung: Kompensation der privaten Aufwendungen für Kinder durch gleich hohe öffentliche Aufwendungen. Wenn auch nicht ausdrücklich ein voller Ausgleich, sondern eine Minderung des Familienaufwands gehört nach § 6 SGBG I zu den sozialen Rechten: Wer Kindern Unterhalt zu leisten hat oder leistet, hat ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden Leistungen. 3. Begründung: Schutz der Institution Familie (Art. 6, Abs. 1 GG), bevölkerungspolitische Ziele und im Rahmen der Steuergesetze auch eine Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip. 4. Umfang: Nach Ermittlung des Kompetenzzentrums für familienbezogene Leistungen betrugen die Gesamtleistungen zum Familienlastenausgleich 49,9 Mrd. EUR im Jahre 2007. Vgl. Familienförderung, Familienleistungsausgleich. Familienlastenausgleich.
Familienleistungsausgleich. 1. Begriff: a) steuerrechtlich: Mit dem Familienleistungsausgleich soll die steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes erreicht werden. Nach § 31 EStG wird diese Freistellung im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG oder durch Kindergeld bewirkt. Soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie (Förderanteil). Der Kinderfreibetrag (pro Elternteil) für das sächliche Existenzminimum des Kindes beträgt 1920 EUR (pro Elternteil) und der Freibetrag für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf 1080 EUR (pro Elternteil). Im Rahmen der sog. Günstigerprüfung überprüft das Finanzamt, ob das jedem Elternteil zur Hälfte zustehende Kindergeld (für das 1. und 2. Kind 164 EUR, das 3. Kind 170 EUR und jedes weitere Kind 195 EUR monatlich) oder der Kinderfreibetrag günstiger ist. Falls letzterer (bei einem entsprechend hohem steuerpflichtigen Einkommen) zu einer größeren Steuerersparnis führt als das ausgezahlte Kindergeld, erhält er nachträglich den Frei-
131 betrag. Das Kindergeld wird in diesem Fall durch Verrechnung mit der Steuererstattung zurückgezahlt. Die Kinderfreibeträge stellen in diesem Zusammenhang keine Familienförderung dar, sondern dienen mit dem Ziel der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums von Kindern lediglich der Steuergerechtigkeit. b) familienpolitisch: Leistungen des Staates für die Familie, die über den Ausgleich der privaten Aufwendungen der Familie für Kinder ( Familienlastenausgleich) hinausgehen und die positiven Netto-Leistungen der Familien mit Kindern für die Gesellschaft auszugleichen versuchen, da sie nicht durch den Markt entgolten werden. Diese entstehen dadurch, dass die Familien mit Kindern auf der einen Seite positive externe Effekte auslösen, die die negativen externen Effekte (Fehlleistungen) übertreffen. 2. Positive externe Effekte der Familientätigkeit: (1) Erziehungs- und Bildungstätigkeiten stellen einen erheblichen Beitrag zur Bildung des Humankapitals dar, das die gesamtwirtschaftliche Leistungsfähigkeit, das langfristige Wachstum und die Entwicklungsmöglichkeiten einer Gesellschaft positiv beeinflusst. (2) Durch die Humanvermögensbildung der nächsten Generation tragen die Eltern zur Sicherung der wirtschaftlichen Wertschöpfung in der Zukunft bei, von der die Altersversorgung entscheidend abhängt. (3) In dem ersten Sozialverbund Familie werden die Grundlagen sozialer und kooperativer Verhaltensweisen wie soziale Verantwortung, Solidarität und Fürsorge gelegt, ohne die soziale Systeme nicht bestehen könnten. (4) Familien schaffen mit der Erziehung und Sozialisation von Kindern die Basis für das Funktionieren demokratisch und marktwirtschaftlich orientierter Gesellschaften. (5) Familienverbände nehmen trotz der Existenz sozialer Sicherungssysteme durch die Übernahme häuslicher und pflegerische Leistungen für kranke und pflegebedürftige sowie behinderte Familienmitglieder in gewissem Umfange eine entlastende Versicherungsfunktion wahr. 3) Negative externe Effekte der Familientätigkeit: Die private Entscheidung für Kinder kann auch mit negativen Auswirkungen für andere Gesellschaftsmitglieder verbunden sein, wenn die Versorgung und Betreuung sowie Erziehung und Bildung nur unzureichend gelingen. Kosten der Vermeidung und Verfolgung von Kriminalität, der Existenzsicherung bei mangelnder beruflicher Leistungsfähigkeit und
Familienpolitik insbesondere der Bemühungen um Resozialisierung werden von der Gesellschaft getragen. Will man die (im Regelfall nicht vermeidbare und auch durch Elternhaftung kaum vermeidbare) mangelnde Funktionsausübung der Eltern verhindern, ist eine stärkere gesellschaftliche Unterstützung der elterlichen Aufgaben erforderlich. 4. Ansatzpunkte für einen Leistungsausgleich: Möglichkeiten zur Kompensation des schwer quantifizierbaren gesellschaftlichen Nettoertrag der externen Familienleistung werden bisher insbesondere in den Sozialversicherungssystemen gesehen, z. B. durch die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung und durch die Anrechnung von Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Umlagefinanzierung der Sozialversicherungen, die ein altersspezifisches Risiko (Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Entgeltausfall im Alter) abdecken, ist zur Sicherung ihrer finanziellen Grundlagen jedoch auf eine nachwachsende Generation ( Generationenvertrag) angewiesen, sodass hierdurch gerade kein Solidarausgleich stattfindet. Diese Überlegungen sprechen (nach Auffassung des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen) dafür, einen steuerfinanzierten Lasten- und Leistungsausgleich für Familien über eine zentrale Familienkasse des Bundes einzuführen, durch die alle monetären Leistungen für Familien und nach einheitlichen Kriterien sowie zweckgebunden für familienpolitische Maßnahmen verausgabt werden würden. Familienpolitik, 1. Begriff: Gesamtheit der
familienbezogenen Maßnahmen des Staates mit dem allgemeinen Ziel, die Lebensbedingungen von Familien und von Kindern nachhaltig ( Nachhaltigkeit) zu sichern und verbessern. 2. Zielkonkretisierung: Die Bundesregierung hat sich (im Koalitionsvertrag) für ihre nachhaltige Familienpolitik folgende Ziele gesetzt: (1) Möglichkeit, mehr Kinderwünsche zu realisieren; (2) die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf; (3) die Sicherung wirtschaftlicher Stabilität in den Familien; (4) die frühe und gute Förderung von Kindern; (5) den Zusammenhalt der Generationen. 3. Instrumentalbereiche: a) Familienbezogene Leistungen: (1) Grundsicherung von Familien: Der Sicherung des Mindestbedarfs von Familien und der Reduzierung des Armutsrisikos
Familiensplitting für Familien mit Kindern dienen die Systeme der Sozialen Mindestsicherung mit ihren zahlreichen Familienkomponenten (z. B. nach SGB II: Sozialgeld, Kinderzulagen, Mehrbedarfszuschläge, Leistung für Unterkunft und Heizung, familienbezogene Einmalleistungen); (2) Familienlastenausgleich: Leistungen zum (Teil-)Ausgleichs des Mehrbedarfs durch Kinder (Lebensunterhalt, Betreuung, Erziehung); (3) Familienförderung: Famlienbezogene Leistungen, die über (1) und (2) im Sinne aktiver Förderung hinausgehen und dem Familienleistungsausgleich dienen (Internalisierung positiver externer Effekte der Familie für Gesellschaft, Wirtschaft und Generationenausgleich). (4) Kinder- und Jugendhilfe: Unterstützung von Familien mit Kindern und Kindern ohne Familie durch Realtransfers im Bereich der öffentlichen und freien Jugendhilfe, die vom Staat zu einem Teil selbst getragen, zum andern Teil gefördert wird. (5) Familienbezogene Infrastruktur: (a) Kinderbetreuung: Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (Krippe, Kindergarten, Hort) und Tagespflege, Unterstützung selbst organisierter Kinderförderung; (b) Schulangebot (Allgemeinbildende Schulen, Schülerbeförderung) 4. Träger der Familienpolitik: (1) Bundesebene: Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS); (2) Landesebene: Landesregierung und zuständige Ministerien (für Familien, Jugend und Bildung) und (3) Kommunen insbesondere im Bereich der Infrastrukturangebote und der Kinder- und Jugendhilfe. Familiensplitting, Reformvorschlag für das Ehegattensplitting: Das zu versteuernde Einkommen aller Familienmitglieder (statt nur der Ehegatten) wird zu einem Gesamteinkommen aufsummiert und dann zur Anwendung des Einkommensteuertarifs aufgeteilt zu gleichen Teilen (wie beim Ehegattensplitting) oder anderen Teilern (z.B. 0,75 für Kinder). Dadurch soll die Zahl der Familienmitglieder bei der steuerlichen Leistungsfähigkeit ( Leistungsfähigkeitsprinzip) berücksichtigt und die Familie mit Kindern im Sinne des Familienlastenausgleichs mit zunehmender Kinderzahl entsprechend stärker entlastet werden. Fangkosten, Erntekosten.
132 Fangpfad, Erntepfad. FAO, Food and Agricultural Organization, Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, 1945 in Quebec gegründete UN-Organisation mit Sitz in Rom (seit 1951); 191 Mitgliedsstaaten (2008) und die EU. Ziele: Hebung des Ernährungsund Lebensstandards in der Welt; Verbesserung der Produktion und Verteilung von Erzeugnissen der Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei; Verbesserung der Lebensbedingungen der ländlichen Bevölkerung. Aktivitäten: FAO sammelt, analysiert und verbreitet weltweit landwirtschaftliche und ernährungspolitische Informationen, erarbeitet Vorschläge zur Überwindung ernährungspolitischer Probleme und leistet technische Hilfe. Bei Hungerkatastrophen organisiert sie Notstandshilfe ( Nahrungsmittelhilfe). Enge Zusammenarbeit mit UNICEF, IBRD, WHO, ILO und WFP. Finanzierung über Umlagen der Mitgliedsstaaten; zusätzliche Mittel aus Treuhandfonds der Mitgliedsstaaten und des UNDP. Weitere Informationen unter www.fao.org F&E, Forschung und Entwicklung. Fehlallokation, Abweichung von der opti-
malen Allokation. Vgl. auch fahrtsökonomik. Fehlallokationshypothese,
WohlNeue
Klassische Makroökonomik. Fehlinvestition, unwirtschaftliche und /oder unrentable Investition. Folgen: a) einzelwirtschaftlich: Eine Fehlinvestition führt im Vergleich zur Alternativinvestition zu einer Schlechterstellung des Investors. Fehlinvestitionen sind das Ergebnis von Planungsfehlern infolge falscher Beurteilung der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung und/oder ungenauer Investitionsrechnung. b) gesamtwirtschaftlich: Fehlinvestitionen beeinträchtigen die Wohlfahrt, binden Ressourcen in unproduktiven Verwendungen und führen zu Verzerrungen der Produktionsstruktur ( Fehlallokation). Feinsteuerung, Fine Tuning; wirtschaftspolitische Strategie, die schon auf sehr kleine Störungen zu reagieren versucht. In den 60er Jahren, der Blütezeit des Keynesianismus, ging man davon aus, dass sich auch
133
Finanzdienstleistungen
geringfügige Konjunkturschwankungen durch Feinsteuerung vermeiden ließen. Im Gefolge der Krise des Keynesianismus und der Entwicklung neuerer makroökonomischer Ansätze wurde das Konzept der Feinsteuerung sehr viel kritischer gesehen. Festpreis, Preisfunktionen. Festpreis-Modell, Fix Price Model; Modell der Makroökonomik mit starren Preisen, bei dem als Reaktion auf Ungleichgewichtssituationen die Mengen angepasst werden. Vgl. auch Neue Keynesianische Makroökonomik. Feuerschutzsteuer, Verbrauchsteuer bzw. Verkehrsteuer, die zur Förderung des Feuerlöschwesens und des vorbeugenden Brandschutzes erhoben wird (zweckgebundene Bagatellsteuer). Steuergegenstand: Versicherungsentgelt aus Feuer-, Gebäudeund Hausratversicherungen, wenn dieses teilweise auf Brandgefahren entfällt. Schuldner ist die Versicherung. Feuerwehrprinzip, Umweltpolitik, umweltpolitische Leitbilder.
FGT-Maß, Armutsintensität. Finalprinzip, Prinzip zur organisatorischen Grundlegung sozialpolitischer Maßnahmen. Das Finalprinzip richtet sich auf die Herstellung eines erwünschten Endzustandes aus (z. B. eigenständige soziale Sicherung auch der nichterwerbstätigen Frau). Gegensatz: Kausalprinzip.
mequellen zwischen öffentlichen Aufgabenträgern gleicher Ebene (horizontaler Finanzausgleich) oder verschiedener Ebenen (vertikaler Finanzausgleich). Erhalten die einzelnen Aufgabenträger jeweils eigene Einnahmequellen, so liegt ein Trennsystem vor. Bei einem Zuweisungssystem ( Zuweisung) fließen alle originären Einnahmen einer einzigen Ebene zu, die ihrerseits Überweisungen an die übrigen Ebenen vornimmt. Sind an verschiedenen Gebietskörperschaften gemeinsam erhobene Einnahmen beteiligt, so ist ein Mischsystem ( Verbundsystem) verwirklicht. (2) Da nach der Verteilung der originären Einnahmen i. d. R. ein Ausgleichsbedarf verbleibt, schließt sich der ergänzende aktive Finanzausgleich an (Finanzausgleich im engsten Sinne). Er umfasst die Überweisung bereits einzelnen öffentlichen Aufgabenträgern zugeflossener Einnahmen an andere Aufgabenträger in horizontaler und vertikaler Richtung. Innerhalb dieses Finanzausgleichs werden Zuweisungen verschiedener Art gezahlt: Die Ausgleichszuweisungen verfolgen das Ziel, Ungleichgewichte zwischen Finanzbedarf und Deckung zu beseitigen oder zu mildern; sie sind in der Regel ohne Verwendungsauflagen gestaltet. Demgegenüber sollen Lenkungszuweisungen ( Zweckzuweisungen) das Verhalten der Zuweisungsempfänger durch Verwendungsauflagen verändern. 3. Ziel: Durch die Erfüllung der oben genannten Teilaufgaben bezweckt der Finanzausgleich insgesamt die bestmögliche Erfüllung der öffentlichen Aufgaben im föderativen Staat. Finanzausgleichsreform,
Finanzausgleich. 1. Begriff: Bei einem
gegliederten Staatsaufbau ( Föderalismus) sind den einzelnen Ebenen die für sie geeigneten Aufgaben zuzuordnen und Möglichkeiten zur entsprechenden Einnahmebeschaffung zu eröffnen. Alle hierfür erforderlichen Regelungen werden unter dem Begriff Finanzausgleich zusammengefasst. 2. Arten: Das Regelwerk Finanzausgleich lässt sich ablauflogisch gliedern: a) Der passive Finanzausgleich grenzt zunächst die privaten von den öffentlichen Aufgaben ab und verteilt sie auf die verschiedenen öffentlichen Aufgabenträger. b) Der aktive Finanzausgleich regelt die Einnahmeverteilung. (1) Beim originären Finanzausgleich geht es um die Verteilung originärer Einnah-
Föderales
Konsolidierungsprogramm. Finanzbedarf, Finanzausgleich. Finanzbericht, vom Bundesminister der
Finanzen zusammen mit dem Entwurf des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplans jährlich vorgelegte Schrift, in der die volkswirtschaftlichen Grundlagen und die wichtigsten finanzwirtschaftlichen Probleme des eingebrachten Bundeshaushaltsplans erläutert werden. Der Finanzbericht hat sich aus den Allgemeinen Vorbemerkungen der Bundeshaushaltspläne entwickelt. Finanzdienstleistungen, Teilbereich des
Dienstleistungssektors, zu dem in der
Finanzhilfe Abgrenzung der Systematik der Wirtschaftszweige das Banken- und Versicherungsgewerbe gezählt wird. Zu den modernen Finanzdienstleistungen gehören aber z. B. auch Leasing, Kapitalbeteiligungsgesellschaften oder Vermögensverwaltungen. Finanzhilfe, Ausgleichszuweisung oder Lenkungszuweisung, die der Bund den Ländern gewähren kann: (a) für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden (bzw. Gemeindeverbände), (b) zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, (c) zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet oder (d) zur Wachstumsförderung. Vgl. auch Finanzausgleich, Finanzverfassung.
Finanzhoheit, Befugnis zur autonomen Regelung der eigenen Finanzwirtschaft sowie zur Begrenzung der finanzwirtschaftlichen Rechte der übrigen Körperschaften. Finanzhoheit umfasst Gesetzgebungshoheit, Verwaltungshoheit und Steuerertragshoheit über öffentliche Einnahmen. Vgl. auch Finanzverfassung, Finanzierungshoheit. Zusammenarbeit, bilateral gewährte Kapitalhilfe, durch die Entwicklungsländern günstige Finanzierungsmittel zur Förderung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zur Verfügung gestellt werden. Finanzielle Zusammenarbeit kann auch in Form nicht rückzahlbarer Finanzierungsbeiträge geleistet werden. Finanzielle Zusammenarbeit dient zur Finanzierung von Projekten ( Projekthilfe), Programmen ( Programmhilfe), Importen ( Warenhilfe) sowie Strukturhilfen. Vgl. auch Entwicklungshilfe. finanzielle
Finanzierung der EU, EU-Haushalt. Finanzierungshilfen, Wirtschaftsförde-
rung. Finanzierungshoheit, Kompetenz bzw. Verpflichtung, die bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben entstehenden Kosten zu tragen; im passiven Finanzausgleich zu regeln. Vgl. auch Finanzhoheit, Steuerertragshoheit. Finanzierungsrechnung, VGR.
134 Finanzierungssaldo. I . Vo l k s w i r t s c h a f t l i c h e G e s a m t r e c h n u n g : Saldo aus Veränderungen von Forderungen und Verbindlichkeiten einzelner Wirtschaftssektoren. Ein positiver Finanzierungssaldo (Finanzierungsüberschuss) gibt an, dass anderen Sektoren per Saldo Mittel zugeflossen sind. Diese Situation trifft i. d. R. für den Sektor private Haushalte zu. Ein negativer Finanzierungssaldo (Finanzierungsdefizit) gibt an, dass aus anderen Sektoren per Saldo Kredite aufgenommen wurden. Staat und Unternehmen sind i. d. R. Defizitsektoren. I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t : 1. Budgetkonzept zur Beurteilung des konjunkturellen Impulses des öffentlichen Haushalts (expansiv oder kontraktiv). Der Finanzierungssaldo setzt sich zusammen aus der Nettoneuverschuldung am Kreditmarkt, dem Saldo der kassenmäßigen Überschüsse bzw. Defizite, dem Saldo der Rücklagenbewegungen und den Münzeinnahmen. 2. Im Haushaltsplan: Einnahmen-/Ausgabensaldo; vgl. Finanzierungsübersicht.
Teil des Haushaltsplans, der eine Berechnung des Finanzierungssaldos enthält. Finanzierungsübersicht,
Finanzkontrolle. 1. Begriff: Überwachung
und Prüfung der sich im jeweiligen Haushaltsplan und im Haushaltsvollzug konkretisierenden Finanzpolitik des Staatssektors. Es handelt sich um die Kontrolle der Ordnungsmäßigkeit des Finanzgebarens 2. Arten: a) Nach dem Gegenstand der Kontrolle: (1) Rechnungskontrolle: Rechnerische Prüfung der Belege, Kassen- und Rechnungsbücher. (2) Verwaltungskontrolle: Sachliche Prüfung der Planmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit. b) Nach dem Kontrollzeitpunkt: (1) Vorherige (Visakontrolle), (2) laufende und (3) nachträgliche Kontrolle. 3. Zuständigkeit: Die Finanzkontrolle obliegt v. a. dem weit gehend unabhängigen Bundesrechnungshof. Vgl. auch Haushaltskontrolle. Finanzkraft, von öffentlichen Haushalten bei normaler Anspannung ihrer Einnahmequellen erzielbare Einnahmen. Im kommunalen Finanzausgleich und im Länderfinanzausgleich ( Finanzausgleich) beschränkt sich die Messung der Finanzkraft auf die Steuerkraft.
135 Finanzkrise, globale Finanzkrise, massive
Erschütterung des internationalen Finanzsystems, die im Sommer 2007 durch den Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes ausgelöst wurde und im September 2008 schließlich die global (auch mit deutschen Banken) vernetzte US-Bank (Lehman Brothers) zur Insolvenz zwang. Die dadurch im internationalen Bankensystem ausgelöste Vertrauenskrise in die Stabilität (selbst großer) Banken und Versicherungen, hatte die Kreditbeziehungen zwischen den Finanzinstituten fast völlig zum Erliegen gebracht. Ohne massive staatliche Interventionen und Finanzhilfen, die einzelne kleine Staaten sogar bis an den Rand des Staatsbankrottes gebracht haben, hätte die sich kumulativ verschärfende Krise zu einem Zusammenbruch des gesamten Finanzsystem geführt, konnte die drohende internationale Bankenkrise zu Beginn des Jahres 2009 gerade noch abgewehrt werden. Die realwirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise ließen jedoch nicht lange auf sich warten, bereits im vierten Quartal 2008 deuteten sich in verschiedenen Weltregionen und internationalen Branchen bereits gravierende Absatz- und Produktionsrückgänge an, die trotz der überall schnell mit Rekordhaushaltsdefiziten aufgelegten Konjunktur-Programme eine weltweite Rezession oder Wirtschaftskrise erwarten lassen. Finanzmonopol. Aus fiskalischen und/ oder wirtschaftspolitischen Gründen staatlicherseits erfolgter Ausschluss des freien Wettbewerbs; alleinige Befugnis des Staates, zu Einnahmezwecken bestimmte Waren als Monopolist herzustellen und/oder zu vertreiben. Anders: Allgemeines Monopol. Die ausschließliche Gesetzgebung über Finanzmonopole hat nach Art. 105 I GG der Bund. Das Finanzmonopol wird verwaltet durch eine Monopolbehörde (Monopolamt); diese erhebt zugleich die Steuer auf die Waren (Monopolsteuer). In der BRD existiert nur noch das Branntweinmonopol ( Branntweinsteuer). Das Zündwarenmonopol wurde 1982 abgeschafft. Finanzplan, von einer Gebietskörperschaft verfasste überschlägige Einnahmenund Ausgabenaufstellung für einen überschaubaren Zeitraum. Der Finanzplan besitzt als bloße Exekutivplanung im Gegensatz zu dem von der Legislative als Gesetz verab-
Finanzpolitik schiedeten Haushaltsplan keine Rechtsverbindlichkeit. Vgl. mehrjährige Finanzplanung. Finanzplanung. Finanzplanung öffentli-
cher Haushalte (Bund, Länder und Kommunen): Vgl. Haushaltsplan, mehrjährige Finanzplanung. Finanzplanungsrat. 1. Begriff: Politisches Beratungsgremium, das Empfehlungen für die Koordinierung der Finanzplanungen von Bund, Ländern und Gemeinden abgibt. 2. Mitglieder: Bundesminister der Finanzen (Vorsitzender), Bundesminister für Wirtschaft, Finanzminister der Länder, vier Vertreter der Gemeinden und Gemeindeverbände und mit dem Recht der Teilnahme an den Beratungen die Deutsche Bundesbank. 3. Aufgaben: Ermittlung einer einheitlichen Systematik, einheitlicher volks- und finanzwirtschaftlicher Annahmen sowie der Schwerpunkte im Bereich der öffentlichen Aufgaben. Finanzpolitik. 1. Begriff: Die öffentliche Finanzpolitik verfolgt als Teil der Wirtschaftspolitik das Ziel, Struktur und Höhe des Sozialprodukts einer Volkswirtschaft mit Hilfe öffentlicher Einnahmen, öffentlicher Ausgaben sowie der öffentlichen Haushalte zu beeinflussen; sie dient aber auch anderen Politikbereichen, sofern dort öffentliche Mittel eingesetzt werden. Finanzpolitik ist Ordnungspolitik ( Ordnungsökonomik) und Prozesspolitik. Unter ordnungspolitischem Aspekt gehört zu einer Wettbewerbswirtschaft z. B. ein Steuersystem, das den Wettbewerbsmechanismus möglichst wenig verfälscht; unter prozesspolitischem Aspekt verändern staatliche Einnahmen und Ausgaben die volkswirtschaftlichen Gesamtgrößen, aber auch Entscheidungen auf Einzelmärkten. Finanzpolitische Maßnahmen gehören vorwiegend zu den indirekt wirkenden Instrumenten. Im Gegensatz zu direkt verhaltensändernden Kontrollen (z. B. Preisstopp) beeinflussen sie i. d. R. die Daten für privatwirtschaftliches Handeln, weniger das Handeln der privaten Wirtschaftssubjekte selbst. Ausnahmen sind prohibitiv wirkende Einnahmen, die einem Ge- oder Verbot gleichkommen (Beispiel: Prohibitivzoll). 2. Ziele: Es gibt kaum einen ökonomischen oder politischen Bereich, der nicht durch die Finanzpolitik be-
Finanzpolitik rührt wird; daher dient sie einer Vielfalt von Zielen. a) Fiskalisches Ziel: Der Staat benötigt Einnahmen, mit deren Hilfe er sich die zur Erfüllung seiner Aufgaben nötigen Ressourcen beschafft. Das Ziel der Einnahmensicherung ist immer nur ein Vorziel. b) Allokatives Ziel: Umfasst eine Vielzahl von Teilzielen, die alle auf eine Veränderung der Ressourcenverteilung gerichtet sind; dabei kann es sich um eine Veränderung zwischen Privaten handeln (Probleme bei der regionalen und sektoralen Strukturpolitik), um eine Veränderung der Ressourcenverteilung zwischen Staat und Privaten (Problem der Staatsquote), sowie um eine Veränderung der Ressourcenverteilung innerhalb des Staates (Probleme des staatlichen Haushaltsplans sowie des Finanzausgleichs). c) Distributionsziel bzw. Ziel der Einkommensverteilung: Für eine soziale Marktwirtschaft von zentraler Bedeutung. Das Ergebnis des marktwirtschaftlichen Prozesses, der selbst möglichst wenig gestört werden soll, ist unter sozialen Gesichtspunkten zu korrigieren, z. B. durch die Zuteilung von Transfereinkommen für nicht mehr im Arbeitsprozess stehende Bürger. d) Stabilisierungsziel: Es ist dogmenhistorisch eng verknüpft mit dem der keynesianischen Theorie ( Keynesianismus), die im Gegensatz zur Klassik und Neoklassik davon ausgeht, dass die Volkswirtschaft auf einem nicht-optimalen Niveau verharren kann (z. B. stabiles Unterbeschäftigungsgleichgewicht). Die öffentliche Hand soll in diesem Fall durch gezielte konjunkturelle Impulse (Beeinflussung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage) Abhilfe schaffen. In der BRD hat das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967 das stabilisierungspolitische Gesamtziel in die Einzelziele Preisniveaustabilität, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und stetiges wie angemessenes Wachstum gegliedert und damit konkreter gefasst. Mit dem Gesetz ist zugleich ein weitgehend in Vergessenheit geratenes und partiell reformbedürftiges Instrumentarium für eine derartige stabilisierungsorientierte Politik ( Fiscal Policy) bereitgestellt worden. 3. Träger: In der BRD sind neben dem Bund die Länder und Gemeinden Träger der Finanzpolitik. Jeder Entscheidungsebene obliegen bestimmte Aufgaben, dem Bund z. B. die Verteidigung und die soziale Sicherung, den Ländern die Bildungspolitik, den Gemeinden der Aufbau der örtlichen Infrastruktur. Sobald
136 eine Aufgabe mehrere Ebenen betrifft, kommt es zur Mischfinanzierung. Hinzu kommt der Einfluss supranationaler Institutionen; hinzuweisen ist auf das zunehmende Gewicht der EU bei nationalen finanzpolitischen Entscheidungen. a) Legislative: Die Parlamente als gesetzgebende Körperschaften beschließen den Haushaltsplan, das zentrale Planungsinstrument der Finanzpolitik. b) Exekutive: Sie gewinnt gegenüber dem Parlament gerade im Bereich der Finanzpolitik zunehmend an Gewicht. Die Bedeutung der Exekutive ist insbes. durch das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz weiter gesteigert worden. c) Judikative: Finanzgerichte, aber auch das Bundesverfassungsgericht beeinflussen durch ihre Entscheidungen Richtung und instrumentelle Ausgestaltung der Finanzpolitik. 4. Instrumente: a) Einnahmenpolitik: (1) Steuerpolitik: Steuern können fiskalische und nichtfiskalische Ziele verfolgen. Konflikte beginnen i. d. R. dort, wo nichtfiskalische Ziele den fiskalischen Einnahmenzweck gefährden. Die Politik der Gebühren und Beiträge richtet sich vornehmlich auf die Lenkung personell oder gruppenmäßig zurechenbarer staatlicher Leistungen ( Äquivalenzprinzip). Hier geht es z. B. um die Frage, ob und wie mit derartigen Abgaben preispolitische Signale bei staatlichen Gütern und Diensten gesetzt werden können. (2) Einen besonderen Bereich der öffentlichen Einnahmenpolitik bildet die Schuldenpolitik ( Debt Management). Sie ist in den 70er Jahren weltweit immer bedeutsamer geworden, weil nachlassende Steuereinnahmezuwächse und v. a. sozialpolitisch motivierte Ausgabensteigerungen nur durch wachsende Kreditaufnahmen in Übereinstimmung gebracht werden konnten. Dieser Vorgang war zum Teil stabilisierungspolitisch sinnvoll; gleichzeitig liefert er aber wachsenden Konfliktstoff, weil die Staatsverschuldung kommenden Generationen Zahlungsverpflichtungen auferlegt, evtl. private Kreditnachfrage vom Kapitalmarkt verdrängt ( Crowding Out) und den Haushaltsplan mit wachsenden Zinskosten belastet. Die deutsche Vereinigung hat die Schuldenpolitik in eine völlig neue Dimension gerückt. Vgl. auch öffentliche Kreditaufnahme, Verschuldungsgrenzen. b) Ausgabenpolitik: Sie verfolgt grundsätzlich alle Ziele, die mit Hilfe öffentlicher Ausgaben verfolgt werden können. Insofern ist ihr Zielkatalog nahezu unbegrenzt. Im Rahmen
137 einer Stabilisierungspolitik fällt ihr die zentrale Aufgabe zu, durch Konjunktur- und Ausgabenprogramme die Gesamtnachfrage antizyklisch zu variieren, um auf diese Weise eine Veränderung der Investitions- und Konsumtätigkeit zu bewirken. Für eine derartige konjunkturorientierte Ausgabenpolitik sind vornehmlich Investitionsausgaben geeignet, die sich nicht nur im Falle der Rezession erhöhen, sondern auch in Boomsituationen reduzieren lassen (Problem der Reversibilität). Allerdings kann diese konjunkturell motivierte Expansion und Kontraktion lediglich eines Teils der öffentlichen Ausgaben ein Element der Unsicherheit in Bereiche der Wirtschaft bringen, die wie die Bauwirtschaft von solchen Maßnahmen besonders betroffen sind. Verbreitetes Instrument der Ausgabenpolitik im Bereich der Allokationsund Distributionsaufgabe sind Subventionen und Transfers. c) Auch das Budget als Ganzes ist als Instrument der Finanzpolitik anzusehen. Je nach seiner Einnahme- und Ausgabestruktur und nach seinen Veränderungen gegenüber der Vorperiode kann ein Haushalt mehr oder weniger expansiv sein und damit entsprechend auf die Gesamtwirtschaft einwirken. Zur Quantifizierung dieser expansiven bzw. kontraktiven Effekte sind im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte mehrere Messkonzepte entwickelt worden, von denen insbes. das Konzept des konjunkturneutralen Haushalts Beachtung gefunden hat. 5. Probleme finanzpolitischer Steuerung. a) Ausweichmöglichkeiten: Der Einsatz finanzpolitischer Instrumente hat eine lange Tradition. Dabei hat sich gezeigt, dass der Steuerzahler sich vornehmlich an den Vermeidungsmöglichkeiten der Steuern orientiert; für die meisten steuerpolitischen Instrumente sind daher die Signalwirkungen von zentraler Bedeutung, die die gewünschten Verhaltensänderungen durch steuerliche Entlastungen bewirken sollen. b) Diskretionäre versus regelgebundene Finanzpolitik: Die Probleme zielorientierter Finanzpolitik haben seit dem bewussten Einsatz für gesamtwirtschaftliche Stabilisierungsaufgaben zugenommen. Hierbei stellen die Schwierigkeiten der Prognose und Planung besonders hohe Anforderungen. Auch ist der richtige zeitliche Einsatz der Instrumente (Timing) außerordentlich schwierig ( Lag). Diese Nachteile einer diskretionären Finanzpolitik, die bei der Wahl von Zeitpunkt, Art, Dosierung und Dauer des Einsatzes der
Finanzreform Instrumente vielfältig variieren kann, haben zur Suche nach Alternativen geführt. Mögliche Lösungen bietet eine regelgebundene Finanzpolitik, die durch Vorwegregelung finanzpolitischer Maßnahmen in Rahmengesetzen die vorzunehmenden Eingriffe an bestimmte Signale binden will. c) Politische Grenzen: Die Durchsetzung von Maßnahmen zur Überwindung einer Rezession ist normalerweise wegen der dann harmonierenden Interessen leichter als eine entsprechende Kontraktionspolitik (Asymmetrie der Finanzpolitik). d) Dogmenhistorische Auseinandersetzung: In neuerer Zeit wird allgemein die staatliche Steuerung und v. a. die von den sog. Fiskalisten befürwortete Stabilisierungspolitik kritisiert. Als Reflex der Renaissance neoklassischer Denktraditionen bezweifeln die Monetaristen und Angebotstheoretiker die Funktionalität der staatlichen Steuerung, abgesehen von ordnungspolitischen Rahmensetzungen. Sie setzen auf mehr Markt und die Stabilität des privaten Sektors ( Monetarismus). Vgl. auch Finanztheorie, Finanzwissenschaft, Verteilungspolitik. Finanzpsychologie. Ein von G. Schmölders in der Finanzwissenschaft entwickelter Ansatz, der versucht, gegenüber den von den traditionellen reinen ökonomischen Theorien aufgestellten Verhaltenskonzepten als Prämissen ihrer Aussagen ein realitätsnäheres Bild über die Wirkung finanzpolitischer Maßnahmen ( Finanzpolitik) zu gewinnen. Die Finanzpsychologie ist ein explizit interdisziplinärer sozialwissenschaftlicher Ansatz (sozialökonomische Verhaltensforschung). Anwendung findet die Finanzpsychologie v. a. im Bereich der Steuerpsychologie und Psychologie der finanzpolitischen Willensbildung. Finanzreform. Gesamtheit der Bemühun-
gen, die im Grundgesetz geregelte Finanzverfassung und damit das Finanzsystem dem Wandel der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse anzupassen; eng zusammenhängend mit Steuerreform und Haushaltsreform. Ansatzpunkte: a) Ausgestaltung des passiven und aktiven Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden; b) Gesetzgebungs-, Ertragsund Verwaltungshoheit bei den Einnahmen; c) Ausgestaltung des horizontalen und vertikalen Finanzausgleichs gem. GG. Weitere
Finanzstatistik Ansatzpunkte sind oft identisch mit den Ansatzpunkten einer Steuerreform. Vgl. auch Verwaltungsreform. Finanzstatistik, z. T. von den statistischen Ämtern, z. T. auch von der Finanzverwaltung als Geschäftsstatistik geführte Aufzeichnungen. I . F i n a n z s t a t i s t i k i . e . S . : Enthält Ergebnisse über die Finanzwirtschaft der Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden) einschl. Ausgleichsfonds, ERP-Sondervermögen und Sozialversicherungsträger. I I . St e u e r s t a t i s t i k : 1. Die mehrjährigen Veranlagungsstatistiken bezüglich der Steuern vom Einkommen (Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuerstatistik), über die Einheitswerte gewerblicher Betriebe und die Umsätze (Umsatzsteuerstatistik) bringen tief gegliederte Daten über die jeweiligen Steuerpflichtigen, die Steuerbemessungsgrundlagen und die Steuerschuld. 2. In Verbrauchsteuerstatistiken wird u. a. die Belastung bestimmter Nahrungs- und Genussmittel und Mineralölprodukte dargestellt. 3. Der Realsteuervergleich umfasst u. a. Angaben über das Ist-Aufkommen, die Grundbeträge und die Streuung der Hebesätze bei einzelnen Realsteuern. Finanztheorie, Finanztheorie ist die theore-
tisch-analytische Grundlage der Finanzwissenschaft zum einen im Hinblick auf ihr methodisches Vorgehen bei der Analyse von Umfang, Struktur und Inzidenz des öffentlichen Haushalts sowie zum andern im Hinblick auf die Verknüpfung der Budgettheorie, Einnahmentheorie, Ausgabentheorie und Theorie der Staatsschulden mit den gesamtwirtschaftlichen Grundproblemen der Stabilisierung (von Preisen und Beschäftigung; Beschäftigungstheorie, Inflation), der Allokation (von knappen Gütern und Produktionsfaktoren samt den Wachstumskräften; Wohlfahrtsökonomik) und der Distribution (von Einkommen und Vermögen; Verteilungstheorie). Vgl. auch Finanzpolitik, Finanzwissenschaft. Finanzverfassung, Gesamtheit der finanz-
rechtlichen Grundregelungen zur Aufgabenund Einnahmenverteilung zwischen öffentlichen Aufgabenträgern, insbes. zur Gesetzgebungshoheit, Steuerertragshoheit und Verwaltungshoheit der Steuern. Vgl. auch Finanzausgleich, Konnexitätsprinzip.
138 I. Finanzwissens c h a f t : 1. Begriff: Der Teil des Vermögens der öffentlichen Hand, der wirtschaftlich genutzt wird. Gegensatz: Verwaltungsvermögen. I I . Vo l k s w i r t s c h a f t l i c h e G e s a m t r e c h n u n g : Synonym für Geldvermögen.
Finanzvermögen.
Finanzverwaltung. 1. Begriff: Gesamtheit aller Behörden, die Einzug und Verwaltung der öffentlichen Gelder durchführen. 2. Gesetzliche Grundlagen: Grundgesetz (GG) und Finanzverwaltungsgesetz (FVG). 3. Gliederung: a) Bundesfinanzbehörden: (1) Oberste Behörde: Bundesministerium der Finanzen (BMF); (2) Oberbehörden: Bundesschuldenverwaltung, Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen Bundeszentralamt für Steuern (früher: Bundesamt für Finanzen), sowie das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen; (3) Mittelbehörden: Oberfinanzdirektionen; (4) örtliche Behörden: Hauptzollämter, Zollkriminalinstitut, Zollfahndungsämter, Bundesvermögensämter, Bundesforstämter. b) Landesfinanzbehörden: (1) Oberste Behörde: die für die Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde (Landesfinanzministerium, Finanzbehörde, Finanzsenator); (2) Mittelbehörden: Oberfinanzdirektion; (3) örtliche Behörden: Finanzämter. 4. Aufgaben: Den Bundesfinanzbehörden obliegt die Verwaltung der Zölle, Finanzmonopole, bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einschl. der Einfuhrumsatzsteuer und der Abgaben im Rahmen der EU. Die übrigen Steuern werden durch Landesfinanzbehörden verwaltet. Finanzwirtschaft, öffentliche Finanzwirt-
schaft; Wirtschaft der Körperschaften des öffentlichen Rechts, bzw. ökonomisch gesehen des öffentlichen Sektors. Forschungsobjekt der Finanzwissenschaft. finanzwirtschaftliche Ordnungsfunktion, Teilfunktion der Haushaltsfunktionen.
Durch planmäßige Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben sollen für die Planungsperiode das finanzielle Gleichgewicht und die Rationalität des Regierungshandelns gewährleistet werden. Finanzwissenschaft. I .
Teildisziplin der
Einordnung: Volkswirtschaftslehre.
139 Fachliche Überschneidungen gibt es mit der Betriebswirtschaftslehre, sofern sie sich mit öffentlichen Unternehmen oder z. B. mit betriebswirtschaftlicher Steuerlehre befasst. Ähnliche Fragestellungen verbinden die Finanzwissenschaft und die Politikwissenschaften ( Neue Politische Ökonomie). Soziologie und Psychologie dienen als Hilfswissenschaften. I I . E n t w i c k l u n g : Ursprünglich war die Finanzwissenschaft eine Lehre der ordentlichen Führung öffentlicher Haushalte. Besonders in Deutschland war diese kameralistische Ausprägung stark vertreten ( Kameralistik). Die Finanzwissenschaft beschränkte sich bis ca. 1930 auf historische und institutionelle Fragen und praktische Probleme der Finanzgesetzgebung und -verwaltung. Die Rückwirkungen der Budgetpolitik ( Finanzpolitik) auf die Funktionsweise der Gesamtwirtschaft blieben weitgehend unberücksichtigt. Erst die im Anschluss an Keynes entwickelten Konzeptionen der Fiscal Policy und der makroökonomischen Theorie ( Makroökonomik) veranlassten Forschungen auf diesem Gebiet. I I I . U n t e r s u c h u n g s b e r e i c h : Die Finanzwissenschaft analysiert das wirtschaftliche Handeln des Staates. Hauptbereiche: 1. Ökonomische Theorie der öffentlichen Haushalte (positive Theorie der Finanzwissenschaft): Sie liefert systematische Aussagen über Funktionsweise des öffentlichen Sektors, Zielsetzungen der Budgetpolitik, institutionelle und funktionelle Regelungen ( Finanzausgleich, Haushaltsaufstellung, Einnahmen- und Ausgabenpolitik). 2. Probleme der Budgetbestimmung (normative Theorie der Finanzwissenschaft): Die Finanzwissenschaft geht von einem durch die gesellschaftliche Struktur und die politischen Entscheidungsinstanzen gesetzten Zielsystem aus und untersucht, wie das optimale Budget gestaltet sein soll. Das Zentralproblem ist, wie eine optimale Aufteilung der Produktivkräfte und eine gerechte Einkommensverteilung erreicht werden kann, d. h. welche spezifischen öffentlichen Bedürfnisse befriedigt werden sollen und wer dafür zu zahlen hat. Die Theorie der öffentlichen Verschuldung ( öffentliche Kreditaufnahme, Finanztheorie) ist damit ebenfalls in diesem Komplex enthalten. 3. Wirkungen der Budgetpolitik: Die Inzidenz der budgetpolitischen Maßnahmen auf mikroökonomischer Basis (Reaktion der Unternehmer und Haushalte auf Veränderungen
Fiscal Policy von Steuern und Staatsausgaben) und deren Einkommensverteilungswirkungen (mikround makroökonomische Steuerüberwälzung) steht hier im Mittelpunkt der Untersuchungen ( Budgetinzidenz, Steuerinzidenz), darunter auch konjunktur- oder wachstumspolitisch motivierte Analysen der Staatstätigkeit ( Fiskalpolitik). Vgl. auch Finanzpolitik, Finanztheorie. Ausgleichszuweisung, die der Bund den Ländern zum Ausgleich kurzfristiger Mehrbelastungen gewährt, die ihnen entstehen, wenn ihnen durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen werden. Vgl. auch Ergänzungszuweisung, Finanzhilfe.
Finanzzuweisung,
Fine Tuning, Feinsteuerung. Fiscal Dividend, fiskalischer Effekt einer Built-in-Stability, die die Einnahmen bei Steuern mit einer Aufkommenselastizität > 1 im Aufschwung überproportional steigen und im Abschwung überproportional schrumpfen lässt. Vgl. auch Fiscal Drag. Fiscal Drag, fiskalische Bremse; Effekt progressiver Besteuerung, der das Anwachsen des Bruttoinlandsproduktes im Aufschwung bremst, weil die Steuerbelastung auf Grund ihrer Aufkommenselastizität von größer > 1 überproportional steigt (vgl. auch Built-in-Flexibility, Fiscal Dividend). Fiscal Policy, Fiskalpolitik; 1. Begriff: Alle finanzpolitischen Maßnahmen des Staatssektors im Dienst der Konjunkturpolitik ( Finanzpolitik, Konjunkturpolitik, Stabilisierungspolitik). Die Fiscal Policy ist die finanzpolitische Umsetzung der Keynesschen Lehre. Es geht v. a. um eine antizyklische Fiskalpolitik zur Beeinflussung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage gemäß den makroökonomischen Ansätzen der keynesianischen Theorie, häufig verbunden mit einer Verschuldungspolitik (negativer Budgetsaldo; Deficit spending) zur Erreichung der für die Nachfragebeeinflussung notwendigen Einnahmen, wenn z. B. Ausgabenbzw. Konjunkturprogramme zur Nachfragestimulierung eingesetzt werden. Ihre rechtliche Kodifizierung in der BRD fand die Fiscal Policy im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG). 2. Kritik: In neuerer
Fisher-Gleichung Zeit ist die Fiscal Policy als vorwiegend diskretionäre Finanzpolitik (d. h. am Einzelfall orientiert) zur Erreichung stabilisierungsbzw. konjunkturpolitischer Ziele vielfacher Kritik ausgesetzt. So wird bestritten, dass die Fiscal Policy überhaupt in der Lage ist, die von ihr zielgerichtet zu beeinflussenden volkswirtschaftlichen Aggregate zu erreichen. Besonders die Vertreter eher neoklassischer Denkrichtungen ( Monetarismus, Angebotsökonomik) bezweifeln die theoretische Gültigkeit des keynesianischen Transmissionsprozesses. Sie betonen die Stabilität des privaten Sektors in einer störungsfreien Marktwirtschaft; erst die Eingriffe des Staatssektors führen zu einer negativen konjunkturellen Wirkung aufgrund nicht adäquater Steuerungsimpulse oder Verunsicherung der Wirtschaftssubjekte. Ebenso werden mögliche Verdrängungseffekte der privaten Aktivitäten durch die staatliche Nachfragebeeinflussung ( Crowding Out) gegen die Fiscal Policy angeführt. 3. Die Kritik an der Fiscal Policy führte innerhalb der Theorie zu Weiterentwicklungen. Die Probleme der zeitpunktgerechten Auslösung von konjunkturpolitischen Impulsen sind in der Debatte um die Lags analysiert und in der Diskussion um die Built-in-Flexibility, die Formelflexibilität bzw. in weiteren regelgebundenen Verfahren (Regelbindung) weitergeführt worden. Die Kritik an einer allzu einseitigen Ausrichtung der Finanzpolitik an der Fiscal Policy unter Vernachlässigung der stets mitberührten Allokationsfunktion und Distributionsfunktion der Finanzpolitik ist z. B. in Konzepten der Social Fiscal Policy aufgefangen worden. Vgl. auch Überschusspolitik. Fisher-Gleichung, auf Fisher zurückge-
hende Relation, die den nominalen Zinssatz als Summe von realem Zinssatz und Inflationsrate darstellt. Hintergrund der FisherGleichung ist die einfache Überlegung, dass die Nominalverzinsung einer Finanzanlage nicht notwendig dem Kaufkraftanstieg entspricht. Erzielt man mit einer einjährigen Anlage eine Nominalzinsverzinsung von 8 % und beträgt die Inflationsrate 5 %, so hat sich die reale Gütermenge, die gekauft werden kann, nur um 3 % erhöht. Die FisherGleichung zerlegt die Nominalverzinsung also in ihre beiden Komponenten. Statistisch wird die Fisher-Hypothese durch die (langfristige) Parallelentwicklung von Inflations-
140 rate und Nominalzins bestätigt. Vgl. auch Inflation. Fishersche
Transaktionsgleichung,
Fishersche Verkehrsgleichung; Theorie der Geldnachfrage, Inflation. fiskalische Äquivalenz, Äquivalenz-
prinzip. fiskalische Besteuerung, Oberbegriff für
alle steuerlichen Maßnahmen des Staates mit dem Ziel, dem Staat Einnahmen zur Erfüllung seiner Aufgaben zu verschaffen. Heute steht mehr die nichtfiskalische Besteuerung im Vordergrund. Fiskalismus, Konjunkturpolitik. Fiskalisten, Keynesianer; Vertreter der
Keynesschen Lehre, die davon ausgehen, dass sich konjunkturelle Schwankungen mittels Fiscal Policy (Ausgaben- und Steuerpolitik) vermeiden bzw. wenigstens dämpfen lassen. Gegensatz: Monetaristen ( Monetarismus) . Fiskalpolitik, Fiscal Policy. Fiskus, ursprüngliche Bezeichnung für das Staatsvermögen incl. der Parafisci und Sondervermögen. fixer Wechselkurs, nomineller Wech-
selkurs, der entweder im Rahmen eines internationalen Währungssystems oder auch über einseitige Wechselkurspolitik auf einem bestimmten Niveau fixiert ist. Die Aufrechterhaltung eines fixen Wechselkurses erfordert Devisenmarktinterventionen. Vgl. auch flexibler Wechselkurs, Devisenmarktgleichgewicht, Zahlungsbilanzausgleichstheorie. Fix Price Model, Festpreis-Modell. Flächenstilllegungen. Seit 1988 gibt es in der Agrarpolitik der EU das Instrument der Flächenstilllegung. Nach Maßgabe der Agrarreform von 1992 müssen Landwirte einen Teil der Fläche von Getreide, Eiweißund Ölfrüchten stilllegen, um in den Genuss flächenbezogener Ausgleichszahlungen zu gelangen. Flächenstilllegungen wurden in erster Linie eingeführt, um die Agrarüberschüsse und die hohen Budgetbelastungen
141 der protektionistischen Agrarpreispolitik zu senken. flexibler Wechselkurs, nomineller Wechselkurs, der sich ohne wirtschaftspolitisch motivierte Devisenmarktinterventionen frei nach Angebot und Nachfrage bildet. Vgl. auch fixer Wechselkurs, Devisenmarktgleichgewicht, internationales Währungssystem, Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Wechselkurspolitik. flexible (Umwelt-) Auflagen. Flexible Auflagen sollen im Gegensatz zu starren Auflagen die individuell oder regional unterschiedlichen Vermeidungskosten der Emissionsreduktion berücksichtigen. Von Umweltnutzungszertifikaten (vgl. Umweltpolitik) unterscheiden sich die flexiblen Auflagen. dadurch, dass sie immer einer Kontrollbehörde bedürfen. Instrumente: Glockenpolitik, Emissionsbanken. Fließgleichgewicht, herrscht in einem System, wenn Stoffe und Energie mit der gleichen Rate vom System als Inputs aufgenommen werden, mit der sie nach der systeminternen Umwandlung als Output abgegeben werden. Vgl. auch Umweltpolitik. Floating, Ausdruck für die freie Beweglich-
keit der nominellen Wechselkurse ( flexibler Wechselkurs). Bei Beeinflussung der Wechselkursbewegung durch Devisenmarktinterventionen spricht man auch vom schmutzigen Floating. Vgl. auch Devisenmarkt, internationales Währungssystem, Wechselkurspolitik. Floor, Untergrenze im Konjunkturmodell von Hicks ( Konjunkturtheorie). Gegensatz: Ceiling. Föderales Konsolidierungsprogramm.
Jüngste Finanzreform, die durch die deutsche Einheit erforderlich wurde, da zunächst die neuen Bundesländer vom regelgebundenen Finanzausgleich ausgeschlossen blieben und erst 1995 in den Finanzausgleich einbezogen wurden. Auf Grund der Finanzschwäche mussten im Gesetz zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG), das am 23.6.1993 verabschiedet wurde, neue Ausgleichsregeln gefunden werden. Das FKPG schränkte einerseits die Ausgaben ein, andererseits wurden einige aufkommenser-
Fontänentheorie höhende Änderungen der Steuergesetze vorgenommen (z. B. die Wiedereinführung des Solidaritätszuschlages im Einkommensteuergesetz). Der Kernbereich des Gesetzes ist jedoch die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. 1. Begriff: Politisches Strukturprinzip, nach dem sich ein Gemeinwesen aus mehreren, ihre Entscheidungen abstimmenden, aber ihre Eigenständigkeit bewahrenden Gemeinschaften zusammensetzen soll (Einheit in der Vielfalt). Bei einer nach regionaler Ausdehnung und/oder funktionaler Zuständigkeit abgestuften Abgrenzung der Gemeinschaften wird dann eine Aufgabenverteilung gemäß dem Subsidiaritätsprinzip möglich, bei der die Vorteile kleinerer Gemeinschaften mit denen größerer kombiniert werden können ( ökonomische Theorie des Föderalismus; vgl. auch ökonomische Theorie des Clubs.) 2. Die BRD ist eine Föderation (Bundesstaat, Art. 20 I GG) mit Bund, Ländern und Gemeinden als föderalen Ebenen (die Gemeinden werden verfassungsrechtlich als Bestandteile der Länderebene betrachtet) und funktional abgegrenzten Parafisci (insbes. Sozialversicherungsträger). Zuständigkeiten der einzelnen Ebenen sowie Art der Zusammenarbeit (kooperativer Föderalismus) sind prinzipiell in der Finanzverfassung festgelegt, wobei zwischen Gesetzgebungshoheit, Verwaltungshoheit, Finanzierungshoheit und Ertragshoheit unterschieden wird. Föderalismus.
Fonds Deutsche Einheit, Fonds, der mit
dem Ziel eingerichtet wurde, den neuen Bundesländern bis zu deren Einbeziehung in einen gesamtdeutschen Finanzausgleich (ab Januar 1995) Zuweisungen zur Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs zu gewähren. Weitere Informationen unter www.bsv. de Fondswirtschaft, Form der öffentlichen Finanzwirtschaft, bei der bestimmte Einnahmen nur zur Finanzierung bestimmter Ausgaben verwendet werden dürfen. Die Fondswirtschaft ist heute i. a. durch den einheitlichen Haushaltsplan (vgl. auch Nonaffektationsprinzip) abgelöst worden. Fontänentheorie. 1. Begriff: Eine Hypothese der Theorie der öffentlichen Verschuldung ( Finanztheorie), die im Gegensatz
Food and Agricultural Organization zur Quellentheorie ein zinssteigerungsbedingtes Crowding Out verneint (W. Stützel). 2. Aussagen: Die Fontänentheorie behauptet, dass die vom Staat aufgenommenen Mittel über die Verausgabung wieder auf die Kreditmärkte zurückfließen. Durch die Kreditaufnahme wird das Geldkapitalangebot demnach nicht verknappt; Zinssteigerungen, die private Konsum- und/oder Investitionsentscheidungen berühren, bleiben aus. 3. Kritik: Die Fontänentheorie vernachlässigt Sickerverluste und Friktionen, die einem vollständigen Rückfluss der vom Staat aufgenommenen Mittel entgegenstehen, v. a. das Anlageverhalten der Wirtschaftssubjekte, denen die verausgabten Mittel zufließen. Food and Agricultural Organization,
Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen; FAO. Fördergebiet, regionales Fördergebiet. Fördermaßnahmen, staatliche Unterstützung privater Unternehmen überwiegend durch finanzielle Hilfen. Beispiele: Subventionen, Beihilfen. Vgl. auch Wirtschaftsförderung. formale Inzidenz, Form der Inzidenz.
Sie gibt die Einkommensverteilungsänderungen an, die eintreten würden, wenn keine Überwälzungsvorgänge stattfänden und der primäre Zahler bzw. Nutzer auch endgültiger Zahler und Nutzer wäre. Gegensatz: effektive Inzidenz. Formalwissenschaft, Volkswirtschafts-
lehre. Formula Flexibility; Automatismus zur Bremsung von konjunkturellen Schwankungen in Anlehnung an die regelgebundene Finanzpolitik und die Built-in-Flexibility. Durch Gesetz werden Steuersatzvariationen und Staatsausgabenveränderungen festgelegt, die in Kraft treten, sobald die Wachstumsrate des Volkseinkommens oder andere strategische Variablen um einen bestimmten Prozentsatz von einem vorher festgelegten Wert abweichen. Das Konzept der Formelflexibilität ist als Reaktion auf die Time Lags entwickelt worden: Sie soll die diskretionäre Fiskalpolitik ablösen, um eine höhere Durchschlagskraft der Konjunkturpolitik zu erreichen. Die Formelflexibilität,
142 politische Durchsetzbarkeit der Formelflexibilität erscheint gering, da es schwierig ist, geeignete theoretische Konjunkturindikatoren ( Konjunkturbarometer) zu finden. Außerdem wird das Haushaltsrecht von Regierung und Parlament beeinträchtigt. formeller Sektor, im Gegensatz zum
informellen Sektor Bezeichnung für den modernen, geschützten Sektor oft (transnationaler) Großunternehmen mit kapitalintensiver Technologie in Entwicklungsländern. Vgl. auch Entwicklungstheorie. Formula Flexibility, Formelflexibilität. Forschungs- und Entwicklungs-Förderung. 1. Begriff: Forschungs- und Ent-
wicklungs-Förderung wird zum einen als staatliche oder staatlich geförderte Grundlagenforschung, zum anderen als anwendungsorientierte Innovationsförderung betrieben. 2. Ziele: Die Forschungs- und Entwicklungs-Förderung in der Grundlagenforschung dient der Vermehrung wissenschaftlichen und technischen Wissens. In der angewandten Forschung zielt die Forschungs- und Entwicklungs-Förderung vor allem darauf ab, das Innovationsverhalten der Unternehmen zu verbessern. 3. Formen und Instrumente: a) Förderung der Grundlagenforschung kann darin bestehen, in staatlichen Forschungseinrichtungen bestimmte wissenschaftliche oder technische Problemstellungen untersuchen zu lassen und die Forschungsergebnisse anschließend öffentlich (unentgeltlich) zugänglich zu machen (z. B. Kernforschungszentrum Karlsruhe). b) Die Förderung anwendungsorientierter Innovationen spielt sich überwiegend im Bereich der privaten Unternehmen ab. Innovationsförderung. Forschung und Entwicklung, F&E, Research and Development (R&D). 1. Begriff: Systematische, schöpferische Arbeit zur Erweiterung des vorhandenen Wissens im Bereich der Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, medizinischen Wissenschaften und Agrarwissenschaften mit dem Ziel, neue Anwendungsmöglichkeiten zu finden. 2. Phasen: a) Nach der Begriffsbestimmung der OECD werden drei Phasen unterschieden. (1) Grundlagenforschung: Forschungsarbeiten, die in erster Linie auf die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gerichtet sind, ohne an einem be-
143 stimmten Ziel zur praktischen Anwendbarkeit orientiert zu sein. (2) Angewandte Forschung: Forschungsarbeiten, die in erster Linie auf eine spezifische praktische oder bestimmte Zielsetzung gerichtet sind. (3) Experimentelle Entwicklung: Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse, um zu neuen oder wesentlich verbesserten Materialien, Geräten, Produkten, Verfahren, Systemen oder Dienstleistungen zu gelangen. b) Invention (Finden einer neuartigen technischen Lösung), Innovation (Umsetzung in neue Produkte oder neue Verfahren), Diffusion (Übernahme der Neuerung durch andere, Imitation; Technologietransfer). Vgl. auch Forschungs- und Entwicklungs-Förderung, Möglichkeiten staatlicher Wachstumspolitik. Fortbildung, Arbeitsmarktpolitik. Frankfurter Schule, Kurzbezeichnung für
die von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno in Frankfurt begründete Tradition einer kritischen Theorie; Fortentwicklung insbes. durch J. Habermas. Als methodisches Instrument zur Analyse gesellschaftlicher Entwicklungen und Zusammenhänge gilt den Vertretern der Frankfurter Schule die Dialektik ( Methodologie). Bedeutung: Größere Aufmerksamkeit erregte die Diskussion zwischen Vertretern der Frankfurter Schule und des Kritischen Rationalismus (sog. Positivismusstreit in der deutschen Soziologie). Im Mittelpunkt standen Probleme der sozialwissenschaftlichen Theoriebildung und der Werturteilsstreit ( Methodenstreit). Free-Rider-Verhalten, Trittbrettfahrerverhalten; Begriff der Finanzwissenschaft und Umwelt- und Ressourcenökonomik für die aus dem Rationalprinzip abgeleitete Annahme über das Verhalten des einzelnen Wirtschaftssubjekts bei der Bereitstellung öffentlicher Güter. Da i. a. das einzelne Wirtschaftssubjekt nicht oder nicht vollständig von ihrer Nutzung ausgeschlossen werden ( Ausschlussprinzip) kann, wird es bei der Entscheidung über Bereitstellung und Finanzierung dieser Güter seine wahren Präferenzen verschleiern, um nicht zur Finanzierung herangezogen zu werden, wenn es davon ausgehen kann, dass die Güter auch ohne seinen Beitrag bereitgestellt werden. Das Free-Rider-Verhalten ist somit eine Ursache für eine suboptimale Allokation der betref-
Freihandelszone fenden Güter. Vgl. auch externe Effekte, Gefangenendilemma.
Free Trade Zone, Freihandelszone. Freibetrag, Begriff des Steuerrechts für einen von der Besteuerung freibleibenden Betrag (anders: Freigrenze). Schule, Ordoliberalismus; Forschungs- und Lehrgemeinschaft von Ökonomen und Juristen, die sich an der Universität in Freiburg im Breisgau zusammenfand, um dort insbesondere ordnungstheoretische Forschung, aber auch ordnungspolitische Überzeugungsarbeit zu leisten ( Ordnungsökonomik). Die gemeinsamen Grundüberzeugungen der Freiburger Schule wurden unter dem Begriff Ordoliberalismus bekannt, welcher, wenn auch unter einigen politischen Kompromissen, die Grundlage der wirtschaftspolitischen Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft bildete. Vgl. auch Wettbewerbstheorie. Freiburger
freier Wettbewerb, Wettbewerbstheorie. freies Gut, Gut, das in hinreichendem Umfang vorhanden ist, um die Bedürfnisse aller Individuen einer Volkswirtschaft zu befriedigen. In einer Marktwirtschaft hat ein freies Gut einen Preis von Null. Beispiel: Luft. Freigrenze, Bezeichnung des Steuerrechts für Beträge, die steuerfrei bleiben, wenn der Grenzbetrag nicht überschritten wird (z.B. bei der Einkommensteuer). Anders als bei Freibeträgen ist bei Überschreiten der Freigrenze der gesamte Betrag steuerpflichtig.
internationaler Güterhandel, der frei von jeglicher handelspolitischer Beeinflussung ist.
Freihandel,
Freihandelszone, Free Trade Zone; I . A u ß e n h a n d e l s p o l i t i k : Spezifisches Konzept zur regionalen Handelsliberalisierung. Bei einer Freihandelszone werden zwischen den Partnerländern schrittweise alle Zölle und Kontingente abgebaut; im Unterschied zur Zollunion behält jedes Mitgliedsland einer Freihandelszone weiterhin die volle Autonomie bei der Gestaltung seiner Handelspolitik gegenüber Drittstaaten.
freihändige Vergabe Damit verhindert wird, dass Importe aus Drittstaaten den Umweg über dasjenige Mitgliedsland nehmen, das den geringsten Zoll für das jeweilige Gut erhebt, bedarf es im Binnenhandel einer Freihandelszone der Vorlage von Ursprungszeugnissen und der Anwendung kompensatorischer Binnenzölle. Eine Freihandelszone (z. B. die EFTA) verstößt prinzipiell gegen das Gebot der Meistbegünstigung des GATT. Art. XXIV definiert die Voraussetzungen, unter denen eine Freihandelszone zwischen GATTMitgliedern zulässig ist. Vgl. auch Integration. I I . E n t w i c k l u n g s p o l i t i k : Aus dem Binnenmarkt ausgegliederte weltmarktorientierte Standorte von Produktion und Handel, mit denen sich Entwicklungsländer in die internationale Arbeitsteilung einzugliedern suchen. Vgl. auch Entwicklungspolitik, internationale Organisationen. freihändige Vergabe, öffentliche Auf-
tragsvergabe. Freiheit. 1. Begriff: Freiheit bezeichnet die
Fähigkeit des Menschen, aus eigenem bewusstem Willen Entscheidungen zu treffen. Freiheit wird daher oft äquivalent mit Autonomie oder Selbstbestimmung gebraucht. a) Im streng theoretischen, naturwissenschaftlichen Sinn meint Freiheit, dass der Mensch dem Determinismus der Naturkausalität in bestimmten Bereichen entzogen ist und über die Fähigkeit verfügt, aus eigenem Willen neue Kausalitätsketten ins Werk zu setzen, also Willensfreiheit. b) Man unterscheidet in der praktischen Philosophie zwischen der negativen Freiheit, der Freiheit von etwas, und der positiven Freiheit, der Freiheit zu etwas: Die erstere steht im klassischen Liberalismus im Mittelpunkt, während letztere in den Begriff des Vermögens bzw. der (Handlungs-) Macht übergeht, wozu dem Einzelnen die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stehen müssen. c) Unter der politischen Freiheit versteht man ein Bündel politischer Mitbestimmungsrechte, wie sie in der Demokratie üblich sind. d) Unter bürgerlicher, rechtlicher inkl. wirtschaftlicher Freiheit versteht man den gesetzlich garantierten Handlungsfreiraum der Person im Sinne des Zivilrechts. e) Formale Freiheit, materiale Freiheit, Ordnungsökonomik. Weitere Begriffe wie Religionsfreiheit, Redefreiheit, Forschungsfreiheit erklären sich
144 selbst. 2. Bedeutung: Freiheit gehört zu den Grundbegriffen der Ethik. Nur unter Voraussetzung von Freiheit kann es gutes und böses Handeln, moralische Verdienste, Schuld und Verantwortung geben. Freistellungsprinzip,
internationales
Steuerrecht. freiwillige Arbeitslosigkeit, Arbeits-
losigkeit. Vgl. auch Stabilisierungspolitik.
Arbeitsmarkt,
freiwillige Exportbeschränkung, Volun-
tary Export Restraint (VER); besondere Form eines nichttarifären Handelshemmnisses. Das exportierende Land beschränkt die Exportmenge für ein bestimmtes Partnerland. Dort entsteht ein höherer Preis für das importierte Gut als auf dem Weltmarkt bzw. im Exportland. Dies führt zur Einnahme einer Rente, die hier aber im Unterschied zur Importquote im Exportland anfallen. Vgl. auch Handelspolitik. Frequenz. 1. Allgemein: Anzahl von Schwingungen pro Periode. 2. Auf Konjunkturschwankungen übertragen: Anzahl von abgeschlossenen Konjunkturzyklen während einer vorgegebenen Periode. Eine hohe Frequenz bedeutet kurzwellige, eine niedrige Frequenz langwellige Konjunkturschwankungen. friktionelle Arbeitslosigkeit, Arbeits-
losigkeit. FuE, Forschung und Entwicklung. Fundamentalsätze der Wohlfahrtsökonomik. Lehrsätze der Wohlfahrtsökono-
mik, die Angaben über gesellschaftlich optimale Situationen formulieren. Es werden zwei Fundamentalsätze unterschieden: Erster Fundamentalsatz der Wohlfahrtsökonomik: Ein walrasianisches Totalgleichgewicht stellt immer eine pareto-optimale Allokation des gesamtwirtschaftlichen Gütervolumens dar ( Pareto-Optimum). Die Kritik an der Festschreibung der faktischen Ungleichheit im pareto-optimalen Gleichgewicht führt zur Entwicklung des zweiten Fundamentalsatzes der Wohlfahrtsökonomik: Geeignete Kompensationszahlungen ( Kompensationsprinzip) sind die Voraussetzung dafür, dass bei konvexen, stetigen und streng monoton
145
Fusionskontrolle
wachsenden Präferenzordnungen die Ausgangsverteilung so modifiziert wird, dass möglichst viele Gesellschaftsmitglieder über den Marktmechanismus an dem pareto-optimalen Gleichgewicht des ersten Fundamentalsatzes der Wohlfahrtsökonomik teilhaben.
der Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital, Boden). Vgl. auch Verteilungstheorie. Funktionalprinzip, öffentliche Ausga-
ben. Funktionenbudget, Funktionenplan.
fundiertes Einkommen, auf Vermögen
beruhendes Einkommen. Fundiertes Einkommen eignet sich nach der Fundustheorie für besondere Besteuerung: (1) Fundiertes Einkommen fließt frei von Risiken wie Krankheit, Arbeitslosigkeit und Kräfteverschleiß dem Steuerpflichtigen regelmäßig zu. (2) Fundiertes Einkommen lässt die Arbeitskraft seines Beziehers oftmals ganz frei, und stellt damit neben dem Arbeitseinkommen ein zusätzliches Einkommen des Steuerpflichtigen dar. Gegensatz: unfundiertes Einkommen. Fünf Weise, Sachverständigenrat zur Be-
gutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR). funktionale Beschäftigungsstruktur,
Beschäftigungsstruktur, Strukturwandel. funktionelle
intrasektoraler
Einkommensverteilung,
Verteilung der Einkommen nach Funktionen
Funktionenplan. Teil der Systematik öf-
fentlicher Haushaltspläne ( Haushaltssystematik) neben dem Gruppierungsplan. Der Funktionenplan gliedert i. S. eines Staatsaufgabenkataloges die Einnahmen und Ausgaben einzelner Titel nach funktionalen Gesichtspunkten. funktionsfähiger Wettbewerb, wirksamer Wettbewerb, Effective/Workable competition, Wettbewerbstheorie. Fürsorgeprinzip, beim Fürsorgeprinzip ist eine spezielle Bedürftigkeit Anlass für eine Umverteilung (z. B. Sozialhilfe). Vgl. auch Sozialpolitik. Fusionen, Fusionskontrolle, recht, Wettbewerbspolitik.
Fusionskontrolle, Kartellrecht.
Kartell-
G G 7, Group of Seven, Siebener-Club, Siebe-
ner-Gruppe; informelles Treffen, initiiert vom französischen Präsidenten V. Giscard d'Estaing und dem deutschen Bundeskanzler H. Schmidt, die 1975 die Staats- und Regierungschefs Italiens, Japans, Großbritanniens und der USA (1976 auch Kanadas) einluden. (Seit 1978 auch den Präsidenten der EUKommission mit Beobachterstatus). Ohne italienische und kanadische Finanzminister auch als G 5 bezeichnet. Ziele: Informationsaustausch, Planung internationaler Agenda, stetiges Wachstum und Währungsstabilität. G 8, Group of Eight, Achter-Club, Achter-
Gruppe; durch Erweiterung um Russland aus der G 7 hervorgegangen. Der G 8-Gipfel wurde 2006 erstmals um die fünf Schwellenländer (Brasilien, Indien, Volksrepublik China, Mexiko und Südafrika) zur G 8+5-Gruppe erweitert, als es im Climate Change Dialogue um die Probleme der globalen Erderwärmung ging. G 10, Group of Ten, Zehner-Club, Zehner-
Gruppe; 1962 gebildetes Gremium der 10 westlichen Hauptindustrieländer (Kanada, USA, Japan, Belgien, Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Niederlande, Schweden, Schweiz, Großbritannien) mit Sitz in Paris zur gegenseitigen Unterstützung bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten im Rahmen des IWF. Der hohe Anteil ihrer Mitglieder an den IWF-Quoten ermöglicht einen starken Einfluss auf die Politik des IWF. G 20, Group of Twenty, Zwanziger-Club, Zwanziger-Gruppe, 1999 in Berlin zur Lösung weltwirtschaftlicher Stabilitätsprobleme und Förderung einer nachhaltigen Entwicklung gebildetes Gremium der Finanzminister und Zentralbank-Gouverneure von 19 Ländern (Argentinien, Australien, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada,
Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, USA, Volksrepublik China) und der EU. Die Reform der Weltwirtschaft und das internationale Finanzsystem standen 1999 auch auf der Tagesordnung der erweiterten G 33-Gruppe. Der für 2009 einberufene G 20-Gipfel in Großbritannien soll nach der internationalen Finanzkrise vor allem der Stärkung der internationalen Finanzarchitektur dienen. Darüber hinaus sollen Vorschläge für ein zukünftiges internationales Krisenmanagement und für eine mittelfristige Wiedergewinnung des globalen Wachstums entwickelt werden. Schließlich sollen weitere Fortschritte im weltweiten Klimaschutz erzielt werden. G 33, G 20. Gap, Lücke; 1. Inflatorische/deflatorische
Lücke: In geschlossener Volkswirtschaft die Differenz zwischen geplanter Investition und geplanter Ersparnis bzw. zwischen der monetären Gesamtnachfrage und dem monetären Gesamtangebot. Fälle: a) Ist die geplante Investition größer als das geplante Sparen, so ergibt sich eine inflatorische Lücke (Inflationary Gap), da die Expansionstendenz des Einkommens bei Vollbeschäftigung eine Gefahr für die Geldwertstabilität ( Inflation) bedeutet. b) Ist das geplante Sparen größer als die geplante Investition, so ergibt sich eine deflatorische Lücke (Deflationary Gap), d. h. die Tendenz zur Einkommenskontraktion mit sinkendem Preisniveau. Vgl. auch Keynessche Lehre. Garantiefunktion des Eigenkapitals,
Verfügungsrechte. Garantiemengenregelung,
Milch-
Garantiemengenregelung. GASP, Gemeinsame Außen- und Sicher-
heitspolitik; EU.
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_7, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
GATT GATT, General Agreement on Tariffs and
Trade, Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen; 1. Entstehung: Das GATT geht auf Bemühungen der USA um eine Liberalisierung des Welthandels zurück. Sie schlugen die Gründung einer Internationalen Handelsorganisation (ITO) und die Kodifizierung einer Welthandels-Charta (Havanna-Charta) vor. Verhandlungen in London (1946) und Genf (1947) führten dazu, die handelspolitischen Abschnitte der Havanna-Charta vorläufig in Kraft zu setzen. Sie wurden am 30.10.1947 als GATT von 23 Staaten angenommen und traten am 1.1.1948 in Kraft. Da die Havanna-Charta mangels Ratifizierung durch die USA nie in Kraft trat, blieb das GATT bis 1994 das einzige internationale Abkommen zur Schaffung einer internationalen Welthandelsordnung. Dem GATT gehören über 120 Vertragsparteien an. Am 15.4.1994 wurden in Marrakesch nach mehr als 7-jährigen Verhandlungen die Ergebnisse der Uruguay-Runde des GATT von 111 Ländern unterzeichnet. Das bislang nur provisorisch angewandte GATT wird in die Welthandelsorganisation ( WTO) überführt. 2. Ziele: Erhöhung des Lebensstandards, Förderung der Beschäftigung und des wirtschaftlichen Wachstums durch Intensivierung des internationalen Güteraustauschs. Zur Verwirklichung sind kollektive Zollsenkungen vorgesehen, die auf der Grundlage der Meistbegünstigung und nach dem Prinzip der Reziprozität gestaltet werden. 3. Organisation und Verfahren: Entscheidungsgremium ist die Versammlung der Vertragsparteien, die i. d. R. jährlich stattfindet. Sekretariat mit Sitz in Genf. Prinzipien und Wirkungsweise: Im ersten Teil des GATT wird die Meistbegünstigung festgelegt, eine Nicht-Diskriminierung ausländischer Produkte untereinander (Gleichbehandlung der Handelspartner an den Handelsgrenzen). Teil II schreibt die Inländerbehandlung fest, NichtDiskriminierung von ausländischen gegenüber inländischen Produkten (nach Überschreiten der Zollgrenze). Geltungsbereich und organisatorische Fragen werden in Teil III abgehandelt. 1965 wurden als Teil IV Sonderbestimmungen für Entwicklungsländer hinzugefügt. So entstand das Allgemeine Präferenzsystem ( APS), in welchen die Industrieländer den Entwicklungsländern Handelspräferenzen gewährten (Abweichung von der Meistbegünstigung). Ausnahmeregelungen sind möglich zum Schutz der Zah-
148 lungsbilanz, aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Gesundheit sowie der nationalen Sicherheit. 5. Wirksamkeit des GATT: Das GATT trug zur weltwirtschaftlichen Prosperität der Nachkriegszeit bei, Importzölle auf industrielle Produkte wurden massiv abgebaut, Prinzipien der Nicht-Diskriminierung, Berechenbarkeit und Transparenz erlaubten eine relativ konfliktfreie Entwicklung des Welthandels. Auf dem Gebiet der Zollsenkungen sind die größten Erfolge zu verzeichnen. Besonders schwierig gestalten sich der Abbau der nicht-tarifären Handelshemmnisse sowie die Liberalisierung des Agrarhandels. Weitere Informationen unter www.gatt.org Körperschaft des öffentlichen Rechts, die in einem abgegrenzten Raum die Gebietshoheit hat, z. B. Bund, Länder, Gemeinden.
Gebietskörperschaft,
Gebietsreform, kommunale Gebietsre-
form, Verwaltungsreform. Geborenenziffer, Bevölkerungsstatistik. Gebrauchsvermögen, Teil des Volks-
vermögens, der nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ( VGR) nicht für Produktionszwecke eingesetzt und dessen Anschaffung daher als Verbrauch und nicht als Anlageinvestition verbucht wird. Gebühren. Abgaben, die als Entgelt für
eine spezielle Gegenleistung einer Behörde oder öffentlichen Anstalt erhoben werden (vgl. Äquivalenzprinzip). Im Gegensatz zu Beiträgen belasten Gebühren den Einzelnen, der die öffentliche Leistung tatsächlich in Anspruch nimmt; nicht eine Gruppe insgesamt gilt als Leistungsempfänger. Gebührenhaushalt, Leistungsbereich der öffentlichen Verwaltung ( Regiebetrieb), bei dem die Kosten der Leistungserstellung ganz oder teilweise durch Gebühren abgedeckt werden. Gefährdungshaftung, führt dazu, dass
Produzenten auch ohne schuldhaftes Verhalten ( Verschuldenshaftung) für die nachweislich schädigenden Folgen seiner Aktivitäten haftbar gemacht werden können. Umwelthaftungsgesetz, Umweltpolitik, Umwelt- und Ressourcenökonomik.
149 Gefangenendilemma. 1. Begriff: Das Gefangenendilemma kennzeichnet eine Situation, in der individuell rationales Verhalten der einzelnen Gruppenmitglieder zu einem für die Gruppe schlechten Ergebnis führt. 2. Beispiel: Situation mehrerer Gefangener, die unabhängig voneinander verhört werden, wobei die Kronzeugenregelung gilt. Das Dilemma liegt darin, dass jedem isoliert handelnden Gefangenen ein Geständnis vorteilhaft scheint. Folglich werden alle Gefangenen gestehen und sich dadurch einer Bestrafung aussetzen, der sie durch gemeinsames konsequentes Leugnen hätten ausweichen können. 3. Wirtschaftswissenschaftliche Bedeutung: Das Gefangenendilemma findet sich zum Beispiel bei Kooperationsbeziehungen. In einer Forschungs- und Entwicklungskooperation etwa ist es für alle Partner individuell rational, eigene Ergebnisse zurückzuhalten und gleichzeitig von den Informationen des Partners zu profitieren. Handeln die übrigen Kooperationspartner aber entsprechend, so führt dies zu einem Zusammenbruch der Kooperation, deren Vorteile damit ausbleiben. Das Gefangenendilemma kann überwunden werden, wenn die Beteiligten im Interesse der Gruppe insgesamt auf individuelle Vorteile verzichten, um so in den Genuss der Kooperationsvorteile zu gelangen. Gegengiftthese, Wettbewerbstheorie. Gegenwartspräferenz, Zeitpräferenz,
Time Preference. Geld. 1. Erscheinungsformen: Geld oder Zahlungsmittel sind Aktiva, die auf Grund von Marktkonvention oder gesetzlicher Verpflichtung vom Gläubiger zur Abdeckung von Verbindlichkeiten angenommen werden. Der Übergang von der Naturaltausch- zur Geldwirtschaft begann mit der zunächst lokalen Gewohnheit, durch die Einigung auf ein Zwischentauschgut den zuvor simultanen Austausch zweier Leistungen in getrennte Vorgänge des Kaufs und Verkaufs zu zerlegen. Als Medium dienten zunächst aufbewahrfähige Güter, wie Vieh, seltene Muscheln oder Salztafeln. Diese realen Aktiva wurden im Laufe der Jahrhunderte mit der Entwicklung des Handelverkehrs und der Arbeitsteilung ersetzt durch Finanzaktiva, und zwar Münzen, private und staatliche Bank-Noten sowie Giralgeld in Form täglich
Geldmarkt fälliger Sichteinlagen bei Geschäftsbanken. In der modernen Geldverfassung hält der Staat das Monopol der Geldschöpfung und sichert dieses Monopol, indem er bestimmt, was gesetzliche Zahlungsmittel sind. Sichteinlagen bei Geschäftsbanken sind demgegenüber privates Geld, das freilich im Rechtsverkehr wie staatliches Geld behandelt wird. 2. Grundfunktionen: a) Recheneinheit: Durch Gleichsetzen einer Geldeinheit mit dem Nominalwert von Eins wird die mögliche Anzahl der Naturaltauschraten, die bei n Güterarten fast der Hälfte des Quadrats von n entspricht, auf n Geldpreise verringert. Die Funktion des Geldes als Rechenmittel des Tauschverkehrs könnte allerdings auch von einem abstrakten Maß wahrgenommen werden. Diese Funktion ist daher nicht konstitutiv für das Wesen des Geldes. b) Entsprechendes gilt für die Funktion der Wertaufbewahrung. Die Haltung von Geld erlaubt, Kaufkraft interregional und intertemporal zu transportieren. Diese Funktion wird aber auch von anderen Aktiva erfüllt, und zwar oft besser, weil mit sinkendem Wert des Geldes nur der Nominalwert, nicht dagegen der für die Qualität der Wertaufbewahrung entscheidende Realwert erhalten bleibt ( Geldtheorie). c) Konstitutiv für das Wesen des Geldes ist daher allein die Eigenschaft bzw. Funktion als transaktionsdominierendes Tauschmittel. Diese Eigenschaft verleiht Geld den höchsten Liquiditätsgrad von Eins; das bedeutet, dass Geld ohne Abschlag zum Nominalwert angenommen wird. 3. Makroökonomische Geldaggregate: vgl. Geldmenge. Geldaggregate, Geldmenge. Geldangebot, Theorie des Geldangebots. Geldbasis, Geldmenge. Geldillusion, Neutralität des Geldes. Geldkapital, Theorie des Geldangebots. Geldmarkt. 1. Geldmarkt im makroökono-
mischen Sinn: Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage an bzw. nach Geld bzw. Zahlungsmitteln. Dabei wird das Geldangebot als exogene (d. h. von der Zentralbank kontrollierte) Größe betrachtet. Die Geldnachfrage setzt sich zusammen aus der Nachfrage nach Transaktionskasse und Speku-
Geldmarktkredite lationskasse. Durch das Geldmarktgleichgewicht wird der Zins bestimmt ( Liquiditätspräferenz). 2. Geldmarkt im institutionellen Sinne: Markt auf dem Zentralbankguthaben gegen Geldmarktpapiere getauscht bzw. als Geldmarktkredite übertragen werden (im Wesentlichen ein Interbankenmarkt). Der Geldmarkt stellt den Ansatzpunkt für geldpolitische Maßnahmen dar. Die Deutsche Bundesbank nimmt als dezentrales Organ der EZB durch ihre Offenmarktgeschäfte direkt Einfluss auf den Geldmarkt und indirekt über die anderen geldpolitischen Instrumente (Ständige Fazilitäten und Mindestreserve), die die Liquiditätssituation der Kreditinstitute verändern. Geldmarktkredite, Kredite, die auf dem Geldmarkt zwischen den Kreditinstituten gewährt werden (Interbankengeschäft). Formen: (1) Tagesgeld, (2) tägliches Geld, (3) Termingelder, (4) Ultimogelder. In der Regel werden Geldmarktkredite ohne dingliche Sicherheiten vergeben.
150 Einlagen mit relativ hohem Liquiditätsgrad (mit fest vereinbarter Laufzeit bis zu zwei Jahren sowie mit einer vereinbarten Kündigungsfrist bis zu drei Monaten); (3) Geldmenge M3: M2 zuzüglich alle vom Sektor der Monetären Finanzinstitute (MFI) des Euroraumes ausgegebenen marktfähigen Substitute zu den Einlagen (insbes. Geldmarktfondsanteile, -papiere und Verbindlichkeiten aus Repogeschäften). Die Geldpolitik der EZB ist auf die Kontrolle der Geldmenge M3 ausgerichtet. Geldmengenziel, Festlegung eines Referenzwertes für die geplante Wachstumsrate der Geldmenge (M3), die von der Europäischen Zentralbank ( EZB) als stabilitätsgerecht angesehen wird. Ein Über- oder Unterschreiten des Referenzwertes wird im Regelfall als Indikator für geldpolitischen Handlungsbedarf angesehen. Anfang 2009 betrug der Referenzwert der EZB für die Wachstumsrate der Geldmenge 4,5 %. Geldmultiplikator, Theorie des Geldan-
Geldmarktpapiere, Geldmarkttitel. 1. Be-
griff: Kurzfristige verbriefte Vermögensrechte, die mit dem Primärziel der Liquiditätsversorgung am Geldmarkt überwiegend zwischen Kreditinstituten gehandelt werden. Geldmarktpapiere sind sehr liquide und relativ kurssicher. 2. Nationale Geldmarktpapiere: Schatzwechsel, Unverzinsliche Schatzanweisungen, andere zentralbankfähige Finanzaktiva. 3. Internationale Geldmarktpapiere: Commercial Papers, Banker's Acceptances, Certificates of Deposit, Euronotes. Geldmarkttitel, Geldmarktpapiere. Geldmarktzins, Zins für Tagesgeld, Monatsgeld oder Dreimonatsgeld. Geldmenge. Im Europäischen System der Zentralbanken ( ESZB) werden seit dem 1.1.1999 als geldpolitische Indikatoren und Steuerungsgrößen folgende Geldmengenbegriffe oder Geldmengenaggregate verwendet: (1) Geldmenge M1: Bargeldumlauf (Banknoten und Münzen) und die täglich fälligen Sichteinlagen, deren sofortige Umwandlung in Bargeld verlangt werden kann oder die jederzeit durch Scheck, Überweisung, Lastschrift oder ähnliche Verfügungen übertragbar sind; (2) Geldmenge M2: M1 zuzüglich
gebots. Geldnachfrage, Theorie der Geldnach-
frage. Geldordnung, Geldverfassung. Geldpolitik. 1. Begriff: Gesamtheit der
staatlichen Maßnahmen mit dem Ziel der Gestaltung des Geldwesens und der Stabilisierung des Geldwertes. 2. Entwicklung: Wegen der Zerrüttung der alten ReichsmarkWährung musste nach dem Zweiten Weltkrieg eine völlig neue Geldverfassung in Deutschland geschaffen werden. Dazu wurde 1948 (noch unter Besatzungsrecht) mit der Bank deutscher Länder zunächst ein neues Zentralbanksystem gegründet, an dessen Stelle nach Verabschiedung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank ( BBankG) vom 26.7.1957 die Deutsche Bundesbank trat. 3. Die Bundesbank als nationaler Träger der Geldpolitik hat bis Ende 1998 im Rahmen dieser Vorgaben ihre eigene Steuerungskonzeption entwickelt, insbesondere ihre Instrumente den jeweiligen Anforderungen entsprechend ausgestaltet und geeignete Zwischenziele der Geldpolitik formuliert. Seit Beginn der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ( EU) am 1.1.1999 ist die Europäische Zent-
151 ralbank ( EZB) zentraler Träger der G. im Euro-Raum geworden, während die Deutsche Bundesbank die einheitliche Europäische Geldpolitik in ihrem nationalen Verantwortungsgebiet nur noch dezentral ausführt. Geldschöpfung, Theorie des Geldange-
bots. Geldtheorie. Geldtheorie wurde lange Zeit
vornehmlich verstanden als Theorie des Wesens und des Wertes von Geld. Die makroökonomische Analyse der Bestimmungsgründe des Geldwerts setzt eine Theorie der Geldnachfrage und eine Theorie des Geldangebots voraus. Sie lässt sich aber nicht trennen von der Analyse der kürzerfristigen Wirkungen von Veränderungen der Geldmenge auf reale Größen, wie Reallohn, Realeinkommen und Beschäftigung. Zum Erkenntnisgegenstand moderner makroökonomischer Geldtheorie gehören daher neben der Theorie des Geldwerts auch die Analyse des monetären Transmissionsmechanismus, der besonderen Rolle der Erwartungen für reale Wirkungen von Geldpolitik sowie die ordnungspolitische Frage der Geldwertsicherung im Rahmen der Geldverfassung. Geldverfassung in Deutschland. Mit der Währungsreform im Jahre 1948 wurde in Deutschland die Deutsche Mark als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt. Die D-Mark war eine ungebundene Papierwährung, für die es keine Deckungsvorschriften (z. B. im Sinne einer Golddeckung, gab. Es ist die Hauptaufgabe der Geldpolitik, den Wert der Währung dadurch zu sichern, dass sie die Menge der in der Volkswirtschaft verwendbaren Zahlungsmittel stets in einem geeigneten Verhältnis zu den realwirtschaftlichen Transaktionen hält. Dies hat sich durch die Einführung des Euro und die Übernahme der geldpolitischen Verantwortung durch die EZB nicht geändert. Geldvermögen, Finanzvermögen; Begriff der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) für die Differenz zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten einer Wirtschaftseinheit. Das Geldvermögen einer geschlossenen Volkswirtschaft ist stets gleich null, da sich gesamtwirtschaftlich Forderungen und Verbindlichkeiten aufheben. Das Geldvermögen einer offenen Volkswirtschaft
Geldzins entspricht der Nettoauslandsposition. Vgl. auch Vermögen. Geldvolumen, Geldmenge. Geldwäsche. Unter Geldwäsche versteht man das Einschleusen der Gewinne aus kriminellen Handlungen in den legalen Wirtschaftskreislauf mit dem Ziel der Verschleierung der illegalen Herkunft. Geldwäsche ist vor allem ein Problem des organisierten Verbrechens, das zur Schließung von Ausweichmöglichkeiten in andere Länder internationale Gesetzesinitiativen erfordert. In Deutschland existiert seit kurzer Zeit neben dem § 261 StGB, der Geldwäsche verbietet und unter Strafe stellt, das Geldwäschegesetz (GwG), das Kredit- und Finanzinstituten Verpflichtungen zur Identifikation verdächtiger Kunden bzw. Transaktionen auferlegt. Geldwert, Geldtheorie. Geldwertsicherungsklausel, Klausel in Verträgen, durch die sich Zahlungsempfänger gegen eine (erwartete oder nicht ausschließbare) Abnahme des Geldwertes der Zahlungen absichern. Geldwertstabilität, Stabilisierung des Binnenwerts. In der Wirtschaftsethik hängt die Bedeutung der Geldwertstabilität von ihren Wirkungen bzw. der Inflation ab. Negative Allokations- und Wachstumseffekte vermindern den Wohlstand, und die Verteilungswirkungen stellen tendenziell die kleinen Sparer, festen Einkommensbezieher, die weniger Informierten, die schlecht oder gar nicht Organisierten schlechter. Schließlich werden kreative Fähigkeiten auf unproduktive Absicherungen gegen Inflationsschäden gelenkt. Daher kommt der Politik der Geldwertstabilität in modernen Marktwirtschaften eine eminente wirtschaftsethische Bedeutung zu, obwohl eine restriktive Geldpolitik kurzfristig auch zu sozialen Härten führen kann. Geldwirtschaft, Form der modernen Volks-
wirtschaft, in der jeder Tauschakt (Ware gegen Ware) in zwei Kaufakte (Ware gegen Geld und Geld gegen Ware) zerlegt ist. Gegensatz: Naturalwirtschaft. Geldzins, Nominalzins, Erscheinungsform
des
Zinses in der Geldwirtschaft. Der
Gemeinde Geldzins. wird in den monetären Zinstheorien als Erklärung für die Existenz des Zinses angeführt, z. B. in der Liquiditätspräferenztheorie. Gegensatz: Naturalzins. Gemeinde, Kommune; als Gebietskörper-
schaft juristische Person öffentlichen Rechts mit eigener Verfassung, eigenem Haushalt und Dienstherrenfähigkeit. Die Gemeinde einschließlich der kreisfreien und kreisangehörigen Städte sind die wichtigsten Aufgabenträger auf der unteren Stufe der öffentlichen Verwaltung. Die Gemeinden sind Träger der kommunalen Selbstverwaltung, die ihnen durch das GG garantiert ist. Das Recht der Selbstverwaltung umfasst die eigenverantwortliche Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze. Daneben nehmen die Gemeinden Weisungsaufgaben wahr, die ihnen durch Gesetz übertragen sind. Der von den Bürgern unmittelbar gewählte Gemeinderat entscheidet als oberstes Beschlussorgan über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde, erlässt die Gemeindesatzung und den Gemeindehaushalt. Ausführendes Verwaltungsorgan ist der teils direkt gewählte Bürgermeister bzw. als Kollegialorgan der Magistrat oder der Stadtdirektor. Die Gemeindeverwaltung bereitet die Beschlüsse des Rates vor, führt sie aus und ist für alle laufenden Verwaltungsgeschäfte zuständig. Gemeindeanteil, Gemeinschaftssteuern. Gemeindeertragsteuern, Gemeinde-
steuern. Gemeindefinanzen, Gesamtheit aller die
Einnahmen der Gemeinden ausmachenden Positionen des kommunalen Haushalts und wichtigster Teil der Kommunalwirtschaft. Die Gemeindefinanzen dienen der Finanzierung der kommunalen Aufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung. Ihre Bedeutung zeigt sich darin, dass ca. zwei Drittel der öffentlichen Investitionen von den Gemeinden getätigt werden. Vgl. auch Finanzausgleich, Gewerbesteuerumlage, Kommunalverschuldung. Gemeindesteuern, Kommunalsteuern; 1.
Gemeindesteuern i. e. S. (Gemeindeertragsteuern): Steuern, deren Aufkommen allein den Gemeinden zufließt ( Steuerertragshoheit). Wichtigste Arten: Gewerbesteuer,
152 Grundsteuer, Hundesteuer, Grunderwerbssteuerzuschlag, Vergnügungssteuer, Getränkesteuer. 2. Gemeindesteuern i. w. S.: Gesamtheit der den Gemeinden zur Verfügung stehenden Steuereinnahmen, die aus den Gemeindesteuern i. e. S. und dem Gemeindeanteil an den Gemeinschaftssteuern ( Steuerverbund) besteht. Vgl. auch Bundessteuern, Landessteuern. Gemeineigentum, Verfügungsrechte,
Allmenderessourcen. Gemeinlastprinzip. 1. Begriff: Grundsatz
der Umweltpolitik, nach dem die Kosten der Umweltbelastung, Umweltqualitätsverbesserung und Beseitigung von Umweltbelastungen nicht den Personen, Gütern oder Verfahren zugerechnet werden, von denen Umweltbelastungen ausgehen, sondern gesellschaftlichen Gruppen oder den Gebietskörperschaften und damit der Allgemeinheit. 2. Beurteilung: Aus ökonomischer Sicht hat eine Kostenzurechnung nach dem Gemeinlastprinzip den Nachteil, dass ein Anreiz zur Belastungsvermeidung und -verringerung wie bei der verursachergerechten Zurechnung nicht besteht, vielmehr sogar eine Ausdehnung der vermeintlich kostenlosen Umweltbelastung rational sein könnte. 3. Bedeutung: Der Sachverständigenrat für Umweltfragen ( SRU) weist dem Gemeinlastprinzip daher nur eine Ergänzungsfunktion zu: Es soll nur dann greifen, wenn die Umsetzung des Verursacherprinzips aus technischen Gründen nicht möglich ist (Informationsprobleme usw.) oder zu politisch unerwünschten Zielverzichten in anderen Politikbereichen (z. B. Stabilisierungspolitik) führen könnte. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), EU. Gemeinsamer Markt, Wirtschaftsunion; Gemeinsamer Markt im Rahmen der EU: EWG, EEA, Einheitlicher Binnenmarkt, internationale Organisationen. Gemeinschaftsaufgaben. Aufgaben der Bundesländer, an deren Erfüllung der Bund durch Beteiligung an der Rahmenplanung und an der Finanzierung mitwirkt, wenn diese Aufgaben für die Gesamtheit bedeutsam sind und dies zur Verbesserung der Lebensverhältnisse erforderlich ist. Bereiche:
153 a) Bau von wissenschaftlichen Hochschulen und Kliniken; b) Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ( Strukturpolitik), der Agrarstruktur und des Küstenschutzes ( Agrarpolitik); c) bei der Bildungsplanung sowie d) der Förderung wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung. Steuern, deren Aufkommen gemäß GG Bund und Ländern gemeinsam zustehen. Einkommensteuer, Körperschaftssteuer, Umsatzsteuer. Gemeinschaftssteuern können nach dem Verbundsystem oder Zuschlagssystem verteilt werden. Vgl. auch Bundessteuern, Landessteuern, Gemeindesteuern, Steuerverbund, Steuerertragshoheit. Gemeinschaftssteuern.
Gemeinschaftsunternehmen, Wettbe-
werbspolitik. Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost.
Durch Beschluss der Regierungschefs von Bund und Ländern und des Bundeskabinetts im März 1991 für zwei Jahre aufgelegtes Programmpaket mit dem Ziel, durch forcierte öffentliche Nachfrage den wirtschaftlichen Aufschwung der neuen Bundesländer zu fördern. Gemeinwohl. Aus lat. bonum commune übersetzt, verstand man unter Gemeinwohl ein mehr oder weniger konkretes, allgemeines Wohl der Gesellschaft; dieses zu fördern, galt oft als Aufgabe des Staates. Nach der gegenwärtigen Ökonomik und Sozialtheorie ergibt sich das Gemeinwohl aus dem Konsens der Betroffenen ( Konsensethik), wodurch es die inhaltlich-konkrete Bestimmtheit verliert. General Agreement on Tariffs and Trade, Allgemeines Zoll- und Handelsab-
kommen; GATT. Generationenvertrag. Fiktiver SolidarVertrag zwischen jeweils zwei Generationen als Grundlage einer im Umlageverfahren finanzierten dynamischen Rente. Ziel ist die Einführung von Zurechnungsregeln für die Verteilung des Arbeitseinkommens Erwerbstätiger mit der Absicht, die individuellen Konsummöglichkeiten angemessen auf die drei Lebensphasen Kindheit und Jugend, Erwerbsphase und Alter aufzuteilen. Nach der Auflösung des traditionellen Drei-Gene-
Gerechtigkeit rationen-Verbundes innerhalb einer ökonomisch weitgehend autarken Großfamilie bietet der Generationenvertrag insofern eine prinzipielle Alternative dazu, Konsummöglichkeiten durch die Herausbildung funktionsfähiger Kapitalmärkte und durch die Bildung von Sach- oder Geldvermögen intertemporal (und intergenerationell) zu verschieben. Da der Generationenvertrag mit der jeweiligen Kindergeneration zu schließen wäre, bedarf er einer gesellschaftlichen Organisation und eignet sich nur als Verfahren der kollektiven Alterssicherung ( soziale Sicherung). Gerechtigkeit. 1. Begriff: Als brauchbarste
Definition kann auch heute noch die Formulierung des römischen Juristen Ulpian (170 228) gelten: Gerechtigkeit ist der feste und dauernde Wille, jedem sein Recht zuzuteilen. Gerechtigkeit regelt die Beziehungen von Menschen zu anderen Menschen, sie betrifft also Interaktionen, und sie enthält immer ein Moment von Gleichheit. Zentrale Frage ist, wie das ius suum, sein Recht, bestimmt wird. 2. Gerechtigkeit als Tugend: Die klassische Konzeption fasst Gerechtigkeit seit der griechischen Antike als Tugend auf. Gerechtigkeit gilt als höchste Tugend im sozialen Zusammenleben und stellt eine individuelle Haltung dar, nach der ein Akteur die einzelnen Handlungen ausführt. Es werden zwei Formen von Gerechtigkeit unterschieden: (1) Die iustitia commutativa, Tauschgerechtigkeit oder ausgleichende Gerechtigkeit, regelt das Verhältnis zwischen Gleichen; im Tausch müssen Leistung und Gegenleistung (nach Auffassung der Tauschpartner) äquivalent sein. (2) Die iustitia distributiva, die zuteilende Gerechtigkeit (nicht die Verteilungsgerechtigkeit, in die sie modern umgedeutet wird), regelt das Verhältnis zwischen Ungleichen wie z. B. zwischen Staat und Bürger und verlangt, dass die übergeordnete Instanz an verschiedene Menschen mit untergeordnetem Status ohne konkrete Gegenleistung, also Geschenke oder Orden, so zuteilt, dass Menschen mit gleichem Status gleich behandelt werden (horizontale Gerechtigkeit) und der Abstand zwischen verschiedenen Positionen angemessen berücksichtigt wird (vertikale Gerechtigkeit). Diese Konzeption bleibt maßgebend bis ins 19. Jh. und ist auch heute noch von Bedeutung. 3. Soziale Gerechtigkeit: a) In der heutigen Diskussion dominiert
Geringfügige Beschäftigung der Begriff der sozialen Gerechtigkeit. Er taucht erstmals Mitte des 19. Jh. auf, als im Zuge der Ausdifferenzierung des gesellschaftlichen Subsystems Wirtschaft von der Handlungssteuerung auf Systemsteuerung umgestellt wird: Jetzt werden nicht mehr Handlungen, sondern Regeln bzw. Regelsysteme, nach denen die Handlungen in der Wirtschaft erfolgen, auf ihre Gerechtigkeit befragt. b) Bis etwa 1970 hat man versucht, die Gerechtigkeit eines Systems, konkret der Marktwirtschaft, an bestimmten gesamtwirtschaftlichen Verteilungsergebnissen festzumachen; man spricht hier auch von Verteilungs-Gerechtigkeit. Bestimmte Verteilungsprofile wurden normativ ausgezeichnet, und es war Aufgabe der Politik, diese herbeizuführen. Als normativer Maßstab galt zumindest regulativ praktisch immer die Gleichverteilung, wenn man auch auf Grund pragmatischer, eigentumsrechtlicher und anderer Gesichtspunkte Abstriche hinzunehmen bereit war. Sozialpolitik mit Einkommensumverteilung und Wohlfahrtsstaat sind z. T. in diesem Geist gedacht. c) Diese Konzeption der Gerechtigkeit als ErgebnisGerechtigkeit muss aus systematischen und pragmatisch-politischen Gründen scheitern. (1) Infolge ungleicher Anfangsausstattungen verlangt die Herstellung (annähernd) gleicher Verteilungsresultate die Ungleichbehandlung der verschiedenen Akteure. (2) Da Allokation und Distribution systematisch, vermittelt über die Anreize, interdependent sind, kann eine größere Annäherung an die Gleichverteilung zu Wachstumsschwäche und Armut führen. (3) Der Begriff soziale Gerechtigkeit lässt sich im politischen Kampf zur Rechtfertigung von Gruppeninteressen missbrauchen. Vgl. auch Ordnungsökonomik, Verteilungspolitik, Gleichheitsprinzip. Geringfügige Beschäftigung, sog. Mini-
job, 1. Begriff des Sozialversicherungs- und Steuerrechts. Zu unterscheiden sind die a) geringfügig entlohnte Beschäftigung, die (nach § 8, Abs.1, Nr. 1 SGB IV) vorliegt, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 EUR nicht übersteigt und die b) kurzfristige Beschäftigung (nach § 8, Abs.1, Nr. 2 SGB IV), wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich be-
154 grenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 EUR im Monat übersteigt. c) Eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten liegt nach § 8a SGB IV vor, wenn diese durch einen Privathaushalt begründet ist und die Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt wird. 2. Abgaben- und Versicherungswirkung: (1) Eine kurzfristige Beschäftigung ist stets versicherungsfrei, mehrere kurzfristige Beschäftigungen im Laufe eines Kalenderjahres werden jedoch zusammengerechnet. (2) Für Arbeitnehmer in (gewerblich) geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen hat der Arbeitgeber pauschale Sozialversicherungsbeiträge (13 % Krankenversicherung, 15 % Rentenversicherung) und eine Pauschsteuer (2,0 %) abzuführen. Zusätzlich wird eine Umlage (0,67 %) zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit und Mutterschaft erhoben. Neben der Meldepflicht bei der Minijob-Zentrale besteht eine Beitragspflicht bei der gesetzlichen Unfallversicherung. Den Pauschalbeitrag zur Krankversicherung zahlt der Arbeitgeber dann nicht, wenn der Arbeitnehmer privat oder gar nicht krankenversichert ist. Hierzu zählen auch Grenzgänger, die im Ausland versichert sind. Auf den Arbeitnehmer entfallen keine Abgaben, so dass der Arbeitnehmer sein Arbeitsentgelt brutto für netto erhält. (3) Für im Privathaushalt geringfügig entlohnte Beschäftigte sind ab 2009 zu zahlen: Pauschalbeitrag zur Krankenversicherung 5,0 %, Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung 5,0 %, Unfallversicherung 1,6 %, Umlage U1 (Krankheit, Kur) 0,6 %, Umlage U2 (Schwangerschaft, Mutterschaft) 0,07 % und Pauschsteuer 2,0 %. Das Anmelde- und Beitragsverfahren für die Minijobs in Privathaushalten erfolgt im vereinfachten Haushaltsscheckverfahren. Der Haushaltsscheck ist ein Vordruck zur Anund Abmeldung des Arbeitnehmers für die Sozialversicherung, der bei der Minijob-Zentrale (ohne besonderen Beitragsnachweis) einzureichen ist und von dieser weiterbearbeitet wird. Die aufgrund des gemeldeten Arbeitsentgelts anfallenden Beiträge, Umlagen und Steuern zieht diese im Lastschriftverfahren halbjährlich ein. Vgl. auch Gleitzonenbeschäftigung. Geringverdienergrenze, bis zu dieser bundeseinheitlichen Grenze (z. Zt. 325 EUR
155
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
monatlich) muss der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge alleine bezahlen. Gesamtangebotskurve,
aggregierte
Angebotskurve. Gesamtindikator. Zusammenfassung einzelner Konjunkturindikatoren, sodass die Gesamtlage der Konjunktur auf einen Blick erfasst werden kann. Vgl. auch Konjunkturbarometer. Beispiele: Gesamtindikator des SVR. Gesamtnachfragekurve, aggregierte
Nachfragekurve. Gesamtquotient, demographische Kennziffer: Verhältnis der Personen im Alter von 0 bis unter 20 Jahren und mehr als 65 Jahren zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter von 20 bis unter 65 Jahren (oder in Zukunft älter). Gesamtquotient =
Bevölkerung<20+ > 65 J. Bevölkerung 20 - <65 J.
Interpretation: Ein Gesamtquotient von 80% zeigt an, dass zur Unterstützung von vier (Jugendlichen oder Alten) insgesamt nur eine Person im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung steht (Unterstützungsquotient) bzw. dass eine Person im erwerbsfähigen Alter mit der Unterstützung von insgesamt vier Jugendlichen oder Alten belastet ist (Belastungsquotient). Vgl. auch Altenquotient, Jugendquotient. Gesamtschule, Bildungspolitik. Geschäftsbanken, Kreditinstitute. gesellschaftliche
Wohlfahrtsfunktion,
nach K. J. Arrow eine Vorschrift, die jeder Kombination individueller Präferenzordnungen eine kollektive Präferenz eindeutig zuordnet. Gesetzgebungskompetenz, Gesetzgebungszuständigkeit; Nach Art. 70 I GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit nicht das Grundgesetz (GG) dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Die Gesetzgebungshoheit steht bei Zöllen und Finanzmonopolen ausschließlich dem Bund zu; für die übrigen Steuern besitzt er die (konkurrierende) und in der Praxis weitgehend Gesetzgebungshoheit,
in Anspruch genommene Gesetzgebungshoheit, falls (1) deren Aufkommen dem Bund ganz oder teilweise zusteht ( Steuergesetzgebungshoheit, Gemeinschaftssteuern) oder (2) ein Bedürfnis nach bundeseinheitlicher Regelung besteht. Den Ländern verbleibt die Gesetzgebungshoheit, falls (a) die Voraussetzungen für die konkurrierende Gesetzgebungshoheit des Bundes nicht gegeben sind, (b) der Bund bei der konkurrierenden Gesetzgebungshoheit von seinem Recht keinen Gebrauch macht oder (c) über die örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Vgl. auch Finanzausgleich, Finanzverfassung. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB), Kartellrecht. Gesetzliche Arbeitslosenversicherung, Arbeitslosenversicherung.
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV),
1. Begriff: Die GKV bildet im System der deutschen Sozialversicherung den im Zuge der Bismarckschen Sozialreformen zuerst (1883) eingeführten Versicherungszweig. Das Sozialbudget weist sie im Gesamtsystem der sozialen Sicherung in Deutschland nach der gesetzlichen Rentenversicherung als zweitstärksten Bereich der Sozialleistungen aus. 2. Rechtsgrundlage: Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V): Gesetzliche Krankenversicherung, sowie SGB I (Allgemeiner Teil) und SGB IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung). 3. Aufgabe: Nach § 1 SGB V hat die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft die Aufgabe, die Gesundheit der Mitglieder zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken. 4. Versicherter Personenkreis: a) Versiche-
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) rungspflichtige: Versicherungspflicht besteht u. a. für (1) Arbeiter, Angestellte und Auszubildende, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; (2) Landwirte, ihre mithelfenden Familienangehörigen und Altenteiler; (3) Künstler und Publizisten; (4) Studenten an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen; (5) behinderte Menschen in anerkannten Werkstätten. Versicherungspflichtig sind darüber hinaus (6) Personen u. a. in der Zeit, in der sie Wehr- oder Zivildienst leisten, Arbeitslosengeld (nach SGB II oder III) oder Unterhaltsgeld beziehen. b) Versicherungsfreiheit: Versicherungsfrei sind u. a. (1) Personen mit einer geringfügigen Beschäftigung oder einer geringfügigen selbständigen Tätigkeit, (2) Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitentgeltgrenze von 48.150 EUR für das Jahr 2008 übersteigt und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren überstiegen hat. (3) Arbeiter und Angestellte, die am 2.2.2007 wegen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze versicherungsfrei und in die private Krankenversicherung gewechselt waren, können dort versichert bleiben; (4) Für Personen, die am 31.12.2002 wegen Überschreitens der Jahresentgeltgrenze versicherungsfrei waren und bei einer privaten Krankenversicherung versichert sind, gilt für 2008 eine Jahresarbeitsentgeltgrenze von 43.200 EUR. (5) Versicherungsfrei sind auch Beamte, Richter, Soldaten und Personen in beamtenähnlicher Stellung, Verwaltungslehrlinge, Mitglieder geistlicher Genossenschaften und Werkstudenten. c) Befreiung von der Versicherungspflicht: Von der Versicherungspflicht befreit wird auf Antrag, wer versicherungspflichtig wird (1) wegen der Erhöhung der Jahresentgeltgrenze, (2) durch den Bezug von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld und in den letzten fünf Jahren vor dem Leistungsbezug nicht gesetzlich krankenversichert war, wenn er bei einem Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, (3) durch Herabsetzung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit während der Pflegezeit, (4) weil seine Arbeitszeit auf die Hälfte oder weniger als die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit herabgesetzt wird, (5) durch den Antrag auf Rente oder den Bezug von Rente, (6) durch die Einschreibung als Student oder durch die berufspraktische Tätigkeit, (7) durch die Beschäftigung als Arzt im Praktikum oder (8) durch Tätigkeit in einer Einrichtung für Behinderte. Der
156 Antrag ist innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht zu stellen. Die Befreiung kann nicht widerrufen werden. d) Freiwillige Versicherung: Der Versicherung beitreten können u. a. (1) Personen, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate versichert waren; (2) Personen, deren Familienversicherung erlischt oder nur deswegen nicht besteht, weil der höher verdienende Elternteil nicht Mitglied der Krankenkasse ist, und die unter (1) genannte Vorversicherungszeit erfüllen; (3) Personen, die erstmals eine Beschäftigung aufnehmen und wegen der Höhe ihres Einkommens nicht versicherungspflichtig sind; (4) Schwerbehinderte Menschen, wenn sie, ein Elternteil, ihr Ehegatte oder ihr Lebenspartner in den letzten fünf Jahren vor dem Beitritt mindestens drei Jahre versichert waren; (5) Arbeitnehmer, deren Mitgliedschaft im Ausland endete, wenn sie innerhalb von zwei Monaten nach Rückkehr in das Inland wieder eine Beschäftigung aufnehmen. e) Familienversicherung: Mitversichert sind der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen (1) ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, (2) nicht selbst versichert sind, (3) nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind, (4) nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und (5) kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig einen bestimmten Höchstbetrag (2008: 355 EUR) nicht überschreitet. 5.) Leistungen: a) Leistungsarten: Versicherte haben Anspruch auf Leistungen (1) zur Verhütung von Krankheiten und deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei Schwangerschaftsabbruch, (2) zur Früherkennung von Krankheiten, (3) zur Behandlung einer Krankheit, (4) des Persönlichen Budgets nach § 17 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen), (5) zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. (Leistungen
157 der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von der Pflegeversicherung erbracht.) (6) Bei stationärer Behandlung umfassen die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwenige Mitnahme einer Begleitperson des Versicherten. (7) Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche. b) Leistungsausschluss: Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind. b) Krankengeld (§§ 44ff. SGB V): (1) Anspruch: Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld als Entgeltersatzleistung, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht und sie keinen Anspruch (mehr) auf ein reguläres Einkommen haben, was in der Regel mit Auslaufen der Entgeltfortzahlung der Fall ist. (2) Höhe: Das Krankengeld beträgt 70 % des erzielten regelmäßigen Entgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Das aus dem Arbeitsentgelt berechnete Krankengeld darf 90 % des Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Bei Beziehern von Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld wird in Höhe des Betrages Krankengeld gewährt, den der Versicherte zuletzt bezogen hat. Bei Beziehern von Kurzarbeitergeld wird das Krankengeld nach dem regelmäßigen Arbeitsentgelt, das zuletzt vor Eintritt des Arbeitsausfalls erzielt wurde (Regelentgelt) berechnet. (3) Leistungsdauer: Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert. Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für achtundsiebzig Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums unter bestimmten Bedingungen ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit. 6. Zuzahlungen: a) Grundsatz: Zur Kostendämpfung haben Versicherte seit dem 1.1.2004 Zuzahlungen zu leisten. Sie betragen 10 % der Kosten, mindestens 5 EUR jedoch höchstens 10 EUR. Liegen die Kosten unter 5 EUR, ist
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) der tatsächliche Preis zu zahlen. Dies gilt für (1) Arzneimittel, (2) Heilmittel (Krankengymnastik, Bäder, Massagen), (3) Hilfsmittel (Hörgeräte, Gehhilfen, Rollstühle), (5) Rettungsfahrten (Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen werden von Ausnahmen abgesehen nicht mehr von der Kasse übernommen.) b) Praxisgebühr: Die Praxisgebühr beträgt 10 EUR pro Quartal beim ersten Haus-, Fach- oder Zahnarztbesuch. Wer im gleichen Quartal von einem Hausarzt zum Facharzt überwiesen wird, zahlt dort keine Praxisgebühr. Wer einen Notdienst oder eine Ambulanz aufsucht, muss dort vor der Behandlung auch eine Praxisgebühr zahlen. c) Sonderregelungen: (1) Krankenhaus: Die Zuzahlung beträgt für höchstens 28 Tage im Kalenderjahr 10 EUR pro Tag. (2) Rehabilitationsmaßnahmen und Kuren: 10 EUR kalendertäglich. (3) Häusliche Krankenpflege: 10 % der Kosten für maximal 28 Tage und 10 EUR je Verordnung. (4) Haushaltshilfe/Soziotherapie: Zuzahlung von 10 % der kalendertäglichen Kosten, mindestens 5 EUR und höchstens 10 EUR. d) Belastungsgrenze: Während eines Kalenderjahres haben Versicherte nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu zahlen. Die jährliche Eigenbeteiligung darf 2 % der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt nicht überschreiten. Für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, gilt eine Belastungsgrenze von 1 %. Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind von Zuzahlungen (mit Ausnahme von Zuzahlungen bei Fahrtkosten) grundsätzlich befreit. 6. Freie Arztwahl (§ 76 SGB V): Die Versicherten können unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, Krankenhäusern sowie den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. 7. Freie Kassenwahl: a) Regelung (§§ 173 ff. SGB V): Seit 1996 können die Versicherungspflichtigen und -berechtigten zur Intensivierung des Wettbewerbs die Krankenkasse frei wählen. Die Ausübung des Wahlrechts ist gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären. Diese darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen. Das Wahlrecht kann nach Vollendung des 15. Lebensjahres ausgeübt werden. b) Problematik: Die Wahlfreiheit der Versicherten hat zu einem (ungesunden) Wett-
Gesetzliche Pflegeversicherung
158
bewerb der Kassen mit günstigen Beitragssätzen um günstige Risikopopulationen, d.h. um Mitglieder mit relativ geringen Krankheitsrisiken und geringerer Ausgabenbelastung geführt. Diese Entwicklung ging mutmaßlich zu Lasten des Leistungswettbewerbs unter den gesetzlichen Krankenkassen. Nach Einführung des Gesundheitsfonds und einheitlichen Beitragssätzen, soll der damit verbundene Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen den Wettbewerb zwischen den Kassen wieder fair machen und auf den Leistungswettbewerb verlagern (Mehr Leistung bei gleichem Beitragssatz oder sogar gleiche oder mehr Leistung mit Beitragsrückerstattung). 8. Finanzierung: Seit 2009 gilt das neue Finanzierungssystem des Gesundheitsfonds. 9. Träger: a) Krankenkassenarten: (1) Ortskrankenkassen (15 Kassen mit 24 Mio. Versicherten, Stand Januar 2008), (2) Betriebskrankenkassen (170 Kassen mit 14 Mio. Versicherten), (3) Innungskassen (17 Kassen mit 6 Mio. Versicherten), (4) Landwirtschaftliche Krankenkassen (9 Kassen mit 0,9 Mio. Versicherten), (5) Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (1 Kasse mit 1,6 Mio. Versicherten) und (6) Ersatzkassen (9 Kassen mit 23,6 Mio. Versicherten) sind Körperschaften öffentlichen Rechts und verwalten sich mit eigenen Organen selbst. Neue Kassen werden nicht mehr zugelassen. b) Landes- und Bundesverbände: Ortskrankenkassen, Betriebskrankenkassen und Innungskrankenkassen bilden in jedem Land einen gleichnamigen Landesverband. Besteht in einem Land nur eine Krankenkasse der gleichen Art, nimmt sie mit der Rechtsstellung eines Landesverbandes dessen Aufgaben wahr. Landesverbände können sich auch zu einem Bundesverband zusammenschließen. Gesetzliche
Pflegeversicherung,
Pflegeversicherung. Gesetzliche Rentenversicherung (GRV),
1. Begriff: Versicherungszweig der Sozialversicherung in Deutschland und tragende Säule der Alterssicherung im System der sozialen Sicherung. Die Sozialleistungen der überwiegend im Umlageverfahren finanzierten GRV bilden den größten Einzelposten im deutschen Sozialbudget. Historisch geht sie auf die Bismarckschen Sozialreformen zurück und wurde bereits 1889 eingeführt. 2. Rechtsgrundlage: Haupt-
grundlage ist das Sechste Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB VI): Gesetzliche Rentenversicherung vom 18.12.1989, sowie SGB I (Allgemeiner Teil) und SGB IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung). 3. Versicherter Personenkreis: a) Versicherungspflichtige: Versicherungspflicht besteht u. a. für abhängig Beschäftigte und Auszubildende (auch Bezieher von Kurzarbeitergeld), behinderte Menschen in anerkannten Werkstätten, bestimmte selbständig Tätige (z. B. Pflegepersonen, Hebammen, Künstler und Publizisten, Hausgewerbetreibende, Küstenfischer und -schiffer). Versicherungspflichtig sind darüber hinaus Personen u. a. in der Zeit, in der sie Wehr- oder Zivildienst leisten, Kranken- oder Arbeitslosengeld beziehen. b) Versicherungspflicht auf Antrag können z. B. Personen erhalten, die als Entwicklungshelfer oder für begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind. c) Versicherungsfreiheit: Versicherungsfrei sind u. a. Beamte und Richter, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit und sonstige Beschäftigte von öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern; außerdem Personen, die eine geringfügige Beschäftigung, geringfügige selbständige Tätigkeit oder eine geringfügige nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit ausüben. d) Versicherungspflichtbefreiung: Von der Versicherungspflicht befreit werden u. a. Beschäftigte und selbständig Tätige, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen oder berufsständischen Versorgungseinrichtung sind. e) Freiwillig Versicherung: Nicht versicherungspflichtige Personen können sich für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Versicherungsfreie oder von der Versicherung befreite Personen, können sich nur dann freiwillig versichern, wenn sie die Anwartschaft erfüllt haben. f) Nachversicherung, Versorgungsausgleich und Rentensplitting: Versichert sind auch Personen, die nachversichert sind, z. B. Beamte die Widerruf ohne Versorgungsanspruch, oder Personen, für die aufgrund eines Versorgungsausgleichs oder Rentensplitting Rentenanwartschaften übertragen oder begründet sind. 3. Versicherungsleistungen: a) Leistungen zur Teilhabe: (1) Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Übergangsgeld, (2) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie (3) ergänzende Leistungen. b) Rentenleistungen (Rentenarten): (1) Renten wegen Alters: (a)
159 Regelaltersrente (Voraussetzung: Erreichung der Regelaltersgrenze, Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren), (b) Altersrente für langjährige Versicherte (Vollendung des 67. Lebensjahres, Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren), (c) Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Vollendung des 65. Lebensjahres, Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren, Anerkennung als Schwerbehinderter bei Rentenbeginn), (d) Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute (Vollendung des 62. Lebensjahres, Erfüllung der Wartezeit von 25 Jahren), (e) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit und (f) Altersrente für Frauen. (2) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit: (a) Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung, (b) Rente wegen voller Erwerbsminderung und (c) Rente für Bergleute, (d) Rente wegen Berufsunfähigkeit und (e) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. (3) Renten wegen Todes: (a) kleine Witwenoder Witwerrente, (b) große Witwen- oder Witwerrente, (c) Erziehungsrente und (d) Waisenrente. 4. Rentenrechtliche Zeiten: a) Beitragszeiten (mit vollwertigen oder geminderten Beiträgen); b) beitragsfreie Zeiten (mit Anrechnungs-, Zurechnungs- und Ersatzzeiten belegte Zeiten); c) Berücksichtigungszeiten (bei einem Elternteil für die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr); d) Kindererziehungszeiten (für die ersten drei Lebensjahre eines Kindes); e) Anrechnungszeiten (u. a. für Krankheit; Schwanger- und Mutterschaft, schulische Ausbildungszeiten bis zu acht Jahren) f) Zurechnungszeit: (bei einer Rente wegen Erwerbsminderung oder Tod hinzugerechnete Zeit, wenn der Versicherte das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat). 5. Rentenberechnung: a) Monatsbetrag der Rente (MR): (1) Rentenformel: Produkt von (a) Zugangsfaktor ( Z ), (b) persönlichen Entgeltpunkten ( E ), (c) Rentenartfaktor ( A ) und (d) aktuellem Rentenwert ( AR t ) bei Rentenbeginn: MR Z E A AR t . b) Zugangsfaktor: Der Zugangsfaktor richtet sich nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod. Bei Erreichen der Regelaltersgrenze hat er den Wert 1,0. Bei vorzeitiger (späterer) Renteninanspruchnahme ist er für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger (0,005 höher). c) Persönliche Entgeltpunkte: Die persönlichen Entgeltpunkte werden für jeden Monat der Beitragszeiten (Beitragsbemessungsgrenze durch das
Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) Durchschnittsentgelt desselben Kalenderjahres) ermittelt. Kindererziehungszeiten erhalten 0,0833 Entgeltpunkte pro Monat. Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an Entgeltpunktenden, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Für beitragsgeminderte Zeiten ist die Summe der Entgeltpunkte um einen Zuschlag zu erhöhen. d) Rentenartfaktor: Der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte ist von der Rentenart abhängig. Er beträgt 1,0 für Renten wegen Alters, Erziehungsrenten und Renten wegen voller Erwerbminderung, 0,5 für Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung, 0,55 für große Witwen-/Witwerrenten ab dem vierten Monat nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist (vorher 1,0), 0,25 für kleine Witwen/Witwerrenten ab dem vierten Monat nach Ablauf des Monats, in dem der Ehegatte verstorben ist (vorher 1,0), 0,2 für Vollwaisenrenten und 0,1 für Halbwaisenrenten. (e) Aktueller Rentenwert: Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einer monatlichen Rente wegen Alters der allgemeinen Rentenversicherung entspricht, wenn für ein Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden sind. Ab 1.7.2008 gilt ein monatlicher Rentenwert von 26,56 EUR (West) und 23,34 EUR (Ost). Der aktuelle Rentenwert AR t verändert sich zum 1. Juli jeden Jahres, indem der bisherige aktuelle Rentenwert ( AR t 1 ) mit den Faktoren für die Veränderung (a) der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ( FBE ), (b) des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung ( FBS ) und (c) dem Nachhaltigkeitsfaktor ( FNH ) vervielfältigt wird (Rentenanpassungsformel). AR t AR t 1(FBE FBS FNH)
6. Rentenversicherungsträger: a) Bundesträger: (1) Deutsche Rentenversicherung Bund mit Sitz Berlin, in der sich im Zuge der Rentenversicherungsreform von 2005 insgesamt 26 deutsche Rentenversicherungsträger zusammengeschlossen haben. Sie betreut rund 52 Mio. Beitragszahler und 20 Mio. Rentner. Außerdem nimmt sie Grundsatzund Querschnittaufgaben und die gemeinsamen Angelegenheiten der Rentenversicherungsträger wahr. (2) Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See mit Sitz in Bochum, in der sich Bundesknappschaft (für Bergleute), Bahnversicherungsanstalt (für
gesetzliches Zahlungsmittel Bahnbedienstete) und Seekasse (für Seeleute) zusammengeschlossen haben. b) Regionalträger tragen die Bezeichnung Deutsche Rentenversicherung und einen Zusatz für ihre regionale Zuständigkeit. c) Sonstige Träger: (1) Künstlersozialkasse für selbständige Künstler und Publizisten. (2) Berufsständische Versorgungswerke: Im Rahmen der sozialen Sicherung Sondersysteme der Pflichtversorgung der Angehörigen kammerfähiger freier Berufe (Ärzte, Apotheker, Architekten, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und -bevollmächtigte und Seelotsen). Mitglieder sind Selbstständige und Angestellte gleichermaßen, bei denen die Versorgungswerke die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ersetzen. (3) Landwirtschaftliche Alterkassen: Sondersystem der Altersvorsorge für selbstständige landwirtschaftliche Unternehmer und ihre mitarbeitenden Familienangehörigen. 7. Finanzierung: a) Beiträge: (1) Grundsätzlich finanziert sich die Rentenversicherung über Beiträge. Bei versicherungspflichtigen Beschäftigten werden diese jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen. Bei Berufsausbildung und einer Ausbildungsvergütung bis zu 325 EUR zahlt der Arbeitgeber den vollen Betrag. Besondere Beitragsregelungen (Regel-, Mindest- und Höchstbeiträge) gelten für versicherungspflichtige Selbständige und Gewerbetreibende im Handwerksbetrieb und freiwillig Versicherte. (2) Erhoben und an den zuständigen Versicherungsträger weitergeleitet werden die Beiträge von den gesetzlichen Krankenkassen als Einzugsstellen für Sozialversicherungsbeiträge. (3) Der Beitragssatz für pflichtversicherte Arbeitnehmer beträgt ab 1.1.2009 19,9 % von der Beitragsbemessungsgrundlage bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 5.400 EUR (West) bzw. 4.550 EUR (Ost). b) Bundeszuschüsse: (1) Einen erheblichen Finanzierungsbeitrag (27,8 % von insgesamt 234 Mrd. EUR im Jahre 2008) zu den Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung leistet der Bund (über seine Arbeitgeberbeiträge im öffentlichen hinaus) durch Bundeszuschüsse, d.h. aus Steuermitteln und Kreditaufnahme. (2) Der reguläre Bundeszuschuss (18,8 % der Ausgaben im Jahre 2008) dient zum Ausgleich versicherungsfremder Leistungen (z. B: Kriegsfolgeleistungen, beitragsfreie Zeiten, arbeitsmarktbedingte Leistungen, Fremdrentenleistungen). (3) Zusätzliche Bundeszuschüsse
160 (9 % der Ausgaben von 2008) werden geleistet (a) seit 1.4.1998 (aus der Öko- und Mehrwertsteuer), um den Beitragssatz um 1 %-Punkt niedriger halten zu können, (b) zur Erstattung einigungsbedingter Leistungen und (c) seit dem 1.6.1999 als Beiträge für die Kindererziehungszeiten. c) Langfristige Finanzierungsprobleme der Deutschen Rentenversicherung ergeben sich durch die ungünstige demographische Entwicklung, insbesondere der steigenden Rentnerquote. Der zu erwartende Rentnerberg belastet über das Umlageverfahren immer mehr die beitragszahlende Generation und damit den Generationenvertrag. Gegenmaßnahmen sind (a) die schrittweise Heraufsetzung der Regelaltersgrenze, (b) die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors, der mit steigender Rentnerquote eine Anpassung der Renten nach unten bewirkt, (c) die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge (Riester-Rente, Rürup-Rente). gesetzliches Zahlungsmittel, Medium,
das jeder Gläubiger einer Geldforderung ( Geld) als Erfüllung seiner Forderung annehmen muss. In Deutschland sind seit dem 1.7.2002 nur noch auf Euro lautende Banknoten und Münzen gesetzliche Zahlungsmittel. Gesetzliche Unfallversicherung. 1. Begriff: Sparte oder eine der Säulen der gesetzlichen Sozialversicherung, deren Grundstein bereits 1884 mit dem Unfallversicherungsgesetz gelegt wurde. 2. Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung ist es nach den Vorschriften des siebten Sozialgesetzbuches 1. mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten, 2. nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mittel wiederherzustellen und sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen (§ 1, SGB VII), d.h. Prävention, Rehabilitation und Entschädigung. 2. Versicherte sind kraft Gesetz (§ 2 SGB VII) u. a. Beschäftigte und Auszubildende, Landwirte und mithelfende Familienangehörige, Kinder in Kindertagesstätten, Schüler, Studierende, Helfer bei Unglücksfällen, Zivil- und Katastrophenschutzhelfer, Blut- und Organspender sowie bestimmte ehrenamtlich tätige Personen.
161 3. Leistungen: a) Heilbehandlung und Rehabilitation: Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt im Versicherungsfall die Kosten für die ärztliche Behandlung, die erforderlichen Arznei-, Verband-, Heil-, und Hilfsmittel sowie für Aufenthalte im Krankenhaus bzw. in einer Rehabilitationseinrichtung. b) Verletztengeld: Während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit besteht (soweit kein Arbeitsentgelt fortgezahlt wird) für höchstens 78 Wochen ein Anspruch auf Zahlung von 80 % des entgangenen Bruttoentgelts maximal bis zur Höhe des Nettolohns. c) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Kann nach einem Arbeitsunfall oder wegen einer Berufskrankheit die Arbeitstätigkeit nicht mehr wie bisher ausgeübt werden, besteht Anspruch auf Leistungen zur Erhaltung des alten Arbeitsplatzes oder zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes. Wenn diese nicht zum Erfolg führen, kann eine Umschulung oder die Anlernung in einem anderen Beruf und währenddessen ein Übergangsgeld verlangt werden. d) Leistungen zur Teilhabe am Leben und der Gemeinschaft: Neben der Heilbehandlung und den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden Leistungen wie Kraftfahrzeug- und Wohnungshilfe, Haushaltshilfe, psychosoziale Betreuung und Rehabilitationssport gewährt. e) Unfallrente: Wird im Versicherungsfalle die Erwerbsfähigkeit über 26 Wochen um mindestens 20 % gemindert wird eine Rente gezahlt, die sich nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit und dem Verdienst in den vollen zwölf Kalendermonaten vor dem Versicherungsfall richtet. Die Renten aus der Unfallversicherung werden ebenso wie die Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ( Alterssicherung) jährlich angepasst. f) Pflegegeld: Bei Pflegebedürftigkeit besteht neben dem Anspruch auf Unfallrente auch ein Anspruch auf Pflegeleistungen oder ein Pflegegeld, ggf. auch für eine Heimpflege. g) Sterbegeld: Im Falle des Unfalltodes erhalten die Verbliebenen ein Sterbegeld, das dem siebten Teil des im Todeszeitpunkt geltenden Durchschnittsentgelts der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. h) Hinterbliebenenrente: Dem Ehepartner wird im Todesfalle bis zur evtl. Wiederheirat eine Hinterbliebenenrente in Höhe von 40 % des Jahresverdienstes des Verstorbenen gezahlt. i) Waisenrente: Bei Zurücklassung von Kindern unter 18 Jahren wird bis zum 27. Lebensjahr des Waisen eine
Gesundheitsfonds Vollweisenrente von 30 %, bei Halbwaisen von 20 % des Jahresarbeitsverdienstes des Verstorbenen gezahlt. j) Rentenabfindung: Bei Erwartung einer wesentlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) kann eine Abfindung der Unfallrente beantragt werden. Bei einer MdE bis zu 40 % erfolgt die Abfindung der sog. kleinen Rente grundsätzlich auf Lebenszeit, d.h. die Unfallrente ist durch die einmalige Abfindung vollständig abgegolten, es sei denn der Gesundheitszustand verschlechtert sich aufgrund der Unfallfolgen so sehr, dass ein Anspruch auf eine höhere als die abgefundene Rente entsteht. Bei einer MdE um 40 % und mehr kann auf Antrag die halbe sog. große Rente als Abfindung für 10 Jahre ausbezahlt werden. Die Abfindung kann maximal neunmal so hoch sein wie die halbe Jahresrente. 4. Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im gewerblichen und landwirtschaftlichen Bereich sind die Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. 5. Finanzierung: Die gesetzliche Unfallversicherung finanziert sich fast ausschließlich durch Beiträge, die allein von den Arbeitgebern getragen werden und im Umlageverfahren so bemessen werden, dass sie die Ausgaben des letzten Jahres decken. Um einen Anreiz zu effektiver Unfallverhütung und zur Reduzierung von Berufskrankheiten zu geben, werden die Beiträge nach Gefahrenklassen und der tatsächlichen Unfallquote im Unternehmen bemessen. Die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften erhalten einen Bundeszuschuss. Gesetz über die Deutsche Bundesbank, BBankG. Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums, Stabilitäts- und
Wachstumsgesetz (StWG). Gesundheitsfonds, 1. Begriff: Vom Bun-
desversicherungsamt als Sondervermögen des Bundes verwalteter Fonds, in den seit dem 1.1.2009 als Drehscheibe des neuen Finanzierungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zunächst alle Einnahmen (Beiträge und Bundeszuschüsse) fließen und aus dem dann den einzelnen Krankenkassen nach einem bestimmten Schlüssel Mittel zugewiesen werden. 2. Rechtsgrundlage: (1) Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Kran-
Gesundheitsprämie kenversicherung (GKV-WSG) vom 26.3. 2007; (2) Fünftes Sozialgesetzbuch: Gesetzliche Krankenversicherung (§§ 271 f. SGB V). 3. Einnahmen: a) Beiträge: (1) Der Beitragssatz wird in dem reformierten System nicht mehr von den Krankenkasse, sondern einheitlich von der Bundesregierung festgelegt. Er beträgt ab 1.1.2009 für versicherungspflichtige Arbeitnehmer 15,5 % (ab 1.7.2009 sind 14,9 % geplant), worin die seit dem 1.7.2005 vom Arbeitnehmer allein zu tragenden 0,9 % enthalten sind. 14,6 % (14 %) werden insofern von Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch getragen. In der Krankenversicherung für Rentner übernimmt entsprechend die Rentenversicherung 7,3 % des Beitragssatzes, während 8,2 % (7,3 % + 0,9 %) von der Rente abgezogen werden. b) Bundeszuschuss: (1) Der Bund finanziert den Fonds zur pauschalen Abgeltung versicherungsfremder Leistungen (wie der Familienversicherung) schrittweise aus Steuermitteln. (2) 2008 hat er 2,5 Mrd. EUR in den Fonds eingezahlt; ab 2009 wird der Zuschuss jährlich um 1,5 Mrd. erhöht bis 14 Mrd. EUR erreicht sind. - 4. Ausgaben: a) Zuweisungen an die Krankenkassen: (1) Die Krankenkassen erhalten aus dem Gesundheitsfonds (a) Zuweisungen zur Deckung von Pflichtleistungen einer Krankenkasse, (b) Zuweisungen für Satzungs- und Mehrleistungen, (c) Zuweisungen für Aufwendungen zur Entwicklung und Durchführung der strukturierten Behandlungsprogramme und (d) Zuweisungen zur Deckung der Verwaltungskosten. (2) Zur Deckung der Pflichtleistungen zahlt der Gesundheitsfonds Pauschalbeträge je Versicherten nach Alter, Geschlecht und Krankheit. Diese bestehen aus einer Grundpauschale in Höhe der durchschnittlichen ProKopf-Ausgaben in der GKV. Im Rahmen des Risikostrukturausgleich, der alters-, geschlechts- und krankheitsbedingte Risiken der Mitgliedschaft einer Kasse ausgleicht, wird die Grundpauschale zunächst nach Alter und Geschlecht durch Zu- oder Abschläge nach oben oder unten angepasst. Für kranke Versicherte erhalten die Kassen Morbiditätszuschläge für 80 ausgewählte Krankheiten, die die erhöhten Kosten widerspiegeln, die im Durchschnitt von dieser Krankheit verursacht werden. b) Verwaltungsausgaben: Die Ausgaben des Bundesversicherungsamtes für die Fondsverwaltung und die Durchführung des Risikostrukturausgleichs werden aus den Einnahmen des Gesundheitsfonds
162 gedeckt. c) Aufbau einer Liquiditätsreserve: Der Gesundheitsfonds hat ab 2009 in vier jährlichen Schritten eine Liquiditätsreserve zum Ausgleich unterjähriger Einnahmenschwankungen aufzubauen. Diese muss spätestens nach Ablauf des Geschäftsjahres 2012 mindestens 20 % der durchschnittlich auf den Monat entfallenden Ausgaben betragen. 5. Ausgleichsinstrumente der Kassen: (1) Durch kassenindividuelle Zusatzbeiträge bzw. Beitragsrückerstattungen können die Krankenkassen Finanzierungslücken oder Überfinanzierungen ausgleichen. (2) Zusatzbeiträge können von den Mitgliedern als (a) prozentualer Zusatzbeitrag oder (b) Pauschalbeitrag erhoben werden. Bei pauschaler Erhebung über 8 EUR erfolgt eine Begrenzung auf 1 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Mitglieder müssen den Zusatzbeitrag selbst abführen. Bei Erhebung, Erhöhung oder Senkung von Zusatzbeiträgen haben Mitglieder daher ein Sonderkündigungsrecht. (3) Beitragsrückerstattungen: Die Auszahlung von Beitragsprämien erfolgt nur an Mitglieder (nicht an Arbeitgeber). Gesundheitsprämie, Bürgerversiche-
rung. Gesundheitswesen. Das Gesundheitswe-
sen gliedert sich in die ambulante und stationäre Leistungserbringung durch niedergelassene Ärzte und Zahnärzte, Krankenhäuser, Arzneimittelversorgung und sonstige Leistungserbringer und durch die gesetzliche oder private Finanzierung dieser Leistungen durch die gesetzliche Krankenversicherung oder private Krankenversicherung. Daneben gibt es seit 1995 die Pflegeversicherung. Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit. Gewerbeansiedlungsförderung, kom-
munale Wirtschaftsförderung. Gewerbeertrag, Gewerbesteuer. Gewerbeertragsteuer, Gewerbesteuer. Gewerbekapitalsteuer, Gewerbesteuer. Gewerbepark, Gewerbegebiet, das durch
private Investoren (normalerweise ohne Beteiligung der öffentlichen Hand) erschlossen und bebaut wird und anschließend an ge-
163 werbliche Nutzer verkauft oder vermietet wird (Beispiel: Einkaufszentren). Im Rahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung Mitwirkungsmöglichkeiten von Kommunen durch Bereitstellung geeigneter Flächen und entsprechende Bebauungsplanung. Gewerbesteuer. 1. Rechtsgrundlagen: Gewerbesteuergesetz (GewStG 1999); Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR). 2. Charakterisierung: a) Begriff: Gewerbesteuer ist eine Realsteuer, die das Objekt Gewerbebetrieb besteuert, ohne persönliche Verhältnisse zu berücksichtigen. b) Hebeberechtigt für die Gewerbesteuer sind die Gemeinden, in denen sich Betriebsstätten des Gewerbebetriebes befinden. Sie bestimmen den Hebesatz, mit dem die Gewerbesteuer auf Grund des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages erhoben wird. c) Steuergegenstand und Besteuerungsgrundlagen: Der Gewerbesteuer unterliegen Gewerbebetriebe i. S. des EStG. Besteuert wird der Gewerbeertrag (seit 1998 nicht mehr auch das Gewerbekapital). Der Hebesatz muss für alle in einer Gemeinde gelegenen Unternehmen gleich sein. d) Steuerschuldner ist der Unternehmer, bei einer Personengesellschaft die Gesellschaft. 3. Ertragsteuerliche Behandlung: Die Gewerbesteuer ist eine Kostensteuer, d. h. sie kann als Betriebsausgabe im Sinne des EStG vom steuerpflichtigen Gewinn abgesetzt werden. 5. Finanzwissenschaftliche Beurteilung: a) Einordnung: Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer. Trotz Gewerbesteuerumlage ist die Gewerbesteuer die tragende Säule des kommunalen Finanzsystems geblieben, mit über 40 % Anteil an den Gemeindesteuereinnahmen. b) Kritik: Die Gewerbesteuer ist die meistkritisierte Steuer des Steuersystems. Argumente: (1) Wertschöpfende Sektoren werden nur selektiv erfasst, z. B. bleiben die Land- und Forstwirtschaft und die freien Berufe steuerfrei. (2) Mit dem Äquivalenzprinzip kann die Gewerbesteuer nicht mehr gerechtfertigt werden, da die Gemeinden nicht allein für die gewerbliche Wirtschaft, sondern auch für andere Berufe, für Familien (Schulen, Krankenhäuser, Wohngebiete) und für das allgemeine Verkehrsnetz Aufwendungen haben. (3) Freibeträge sind mit dem Charakter einer Objektsteuer nicht vereinbar. (4) Das Aufkommen an Gewerbesteuer ist regional äußerst unterschiedlich (hohes Aufkommen in industriellen Ballungsgebieten). (5) Die
Gewinneinkommen Gewerbesteuer führt zu Wettbewerbsnachteilen im Außenhandel gegenüber Ländern ohne G. (kein Grenzausgleich wie in der Mehrwertsteuer). Gewerbesteuerumlage, Umlage zur Beteiligung von Bund und Ländern am Aufkommen der Gewerbesteuer. Bedeutung: Die Gewerbesteuerumlage ist eine Maßnahme der Steuerstrukturverbesserung für die Gemeinden, um hebesatz- und aufkommensbedingte Gewerbesteuerunterschiede auszugleichen und die Gemeinden insgesamt von der einseitigen Orientierung auf die (konjunkturreagibleren) Ertragsteuern teilweise zu befreien, zu Gunsten einer Beteiligung an der stetiger fließenden Einkommensteuer. Vgl. auch Finanzausgleich.
Arbeitnehmerverbände, Vereinigungen von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerverbänden (Spitzenverbände oder Dachorganisationen wie der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB), die nach Industriegruppen (Industriegewerkschaften), Berufen (z. B. Polizeigewerkschaft) oder religiösen Richtungen gegliedert sind. Sie nehmen als Interessenverbände der Arbeitnehmer ein breites Spektrum an speziellen Tarif- und Mitbestimmungsaufgaben, aber auch an allgemeinen sozial- und wirtschaftspolitischen Aufgaben wahr.
Gewerkschaften,
Gewinn, Differenz zwischen Erlös U (x)
und Kosten K (x) : G (x) = U (x) K (x) : Wenn das Gewinnmaximum erzielt werden soll, muss der Grenz-Gewinn (die erste Ableitung dieser Funktion) gleich Null werden (notwendige Bedingung): G´(x) = U´(x) K´(x) = 0, bzw. muss der Grenzumsatz den Grenzkosten gleich sein: U´(x) = K´(x) Hinreichend ist die Bedingung G´´(x) < 0, also U´´(x) < K´´(x). Gewinnbeteiligung, Vermögensumver-
teilungspolitik. Gewinneinkommen, Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen. Es setzt
Gewinnmaximum sich zusammen aus: Zinsen, Nettopachten, Dividenden und sonstigen (entnommenen und nicht entnommenen) Ausschüttungen der Unternehmen mit oder ohne eigener Rechtspersönlichkeit. Die Summe aus Gewinn- und Lohneinkommen ergibt das Volkseinkommen. Gewinnmaximum, Gewinn. Gewinnquote, Profitquote; Als Gewinnquote wird der Anteil der Gewinneinkommen am Volkseinkommen bezeichnet. Die unbereinigte Gewinnquote ergibt sich als Restgröße:
L G 1 Y Y (Y = Volkseinkommen, L = Lohneinkommen, G = Gewinneinkommen). Anders: Gewinnrate. Vgl. auch Lohnquote, Verteilungsentwicklung. Gewinnrate, Profitrate; als Gewinnrate wird das Verhältnis von Gewinn zu eingesetztem Kapital bezeichnet. Anders: Gewinnquote. Gewinnschwelle, Betriebsoptimum. Ghettorente, Wiedergutmachung. Giffen-Effekt, anomale Reaktion der Nachfrage: Im Gegensatz zur normalen Nachfragereaktion steigt die Nachfrage bei steigendem Preis und umgekehrt; der Einkommenseffekt überwiegt den Substitutionseffekt. Der Giffen-Effekt wurde von R. Giffen entdeckt: Trotz steigender Preise des inferioren Gutes Brot stieg seine Nachfrage bei armen Bevölkerungsschichten. Gini-Koeffzient, wohl das bekannteste aller
Verteilungsmaße, das auf dem Konzept der Lorenzkurve beruht. Der Koeffizient setzt z. B. als Maß der personellen Einkommensverteilung die Anteile der nach der Höhe ihres Einkommens geordneten Personen an der Gesamtbevölkerung zu ihrem Anteil am Gesamteinkommen in Beziehung. Der Wert des Gini-Koeffizienten entspricht der prozentualen Abweichung von der Gleichverteilungssituation (wenn also alle Personen das gleiche Einkommen haben). Er nimmt infolgedessen bei Gleichverteilung
164 den Wert 0 und bei völliger Ungleichverteilung (wenn eine Person das gesamte Volkseinkommen auf sich vereinigen würde) den Extremwert 1 an. Ein Nachteil des Gini-Koeffizienten ist, dass für unterschiedliche Verteilungen (sich überschneidende LorenzKurven) der gleiche numerische Wert gemessen werden kann, was bei den TheilKoeffizienten vermieden wird. Giralgeld, Sichteinlagen. Giralgeldschöpfung, Theorie des Geld-
angebots. GKV, Abk. für gesetzliche Krankenversi-
cherung. Gleichgewicht. 1. Begriff: Ein Gleichgewicht kennzeichnet einen Beharrungszustand, in dem Wirtschaftssubjekte keine Veranlassung haben, ihr Verhalten zu ändern, weil sie sich optimal an die relevanten Daten angepasst haben. Eine Revision wird nach dieser Sicht erst dann wieder vorgenommen, wenn sich die Daten exogen ändern. 2. In der vom Gleichgewicht bestimmten Wirtschaftstheorie wird das Gleichgewichtskonzept auf Individuen (Haushalts- und Unternehmens-Gleichgewicht), auf der Marktebene im Sinne des Produktmarktes (MarktGleichgewicht) oder auf das Marktsystem als Ganzes (allgemeines Gleichgewicht, Totalanalyse) angewendet. Vgl. auch außenwirtschaftliches Gleichgewicht, Bestandsgleichgewicht, Devisenmarkt, Fließgleichgewicht, politisches Gleichgewicht, Stromgleichgewicht, Zahlungsbilanzausgleichstheorie. gleichgewichtiger Wachstumspfad,
Wachstumstheorie. gleichgewichtige
Wachstumstheorie, Wachstums.
Wachstumsrate,
Determinanten des
Gleichheit, Gerechtigkeit. Gleichheitsprinzip. 1. Liberale Gleich-
heitsauffassung: a) Allgemein: Dem Liberalismus liegt eine extrem leistungsorientierte Gleichheitsauffassung zu Grunde. Alle Wirtschaftssubjekte sollen freien Zugang zu allen Chancen haben, die sie nach eigenem Ermessen wahrnehmen können. Freiheit des
165 Individuums bzw. der Familie ist das höchste Ziel aller sozialen Einrichtungen. Ausdruck dieser Freiheit ist die uneingeschränkte Konsumentensouveränität. Hinzu kommt eine freiwillige Koordinierung der individuellen Wirtschaftspläne über den anonymen Markt (-mechanismus), welche wegen der Unpersönlichkeit der sicherste Garant zur Vermeidung von Diskriminierung ist. Für die Verteilungspolitik bleibt systemimmanent lediglich der Bereich des Ausgleichs unterschiedlicher Startchancen. b) Humanitäre Modifikationen des Liberalismus besagen, dass Umverteilung über Sicherung der Chancengleichheit hinaus auch in dem Ausmaß betrieben werden soll, dass diejenigen Wirtschaftssubjekte, welche bei bester Nutzung ihrer Chancen nicht das Existenzminimum erwirtschaften können, Sozialtransfers erhalten. Regelmäßig wird die Leistung von Sozialtransfers (z. B. Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe) an strenge Kontrollen gebunden, die Verwendung aber freigestellt. c) Soziale Sicherheit im Sinne von Streben nach Stabilisierung eines einmal erreichten Realeinkommensniveaus wird abgelehnt. 2. Bedarfsorientierte Gleichheitsauffassung: Im Egalitarismus nimmt Umverteilung breiten Raum ein, da Einkommensunterschiede primär nicht leistungsbedingt, sondern durch unterschiedliche Erbanlagen, Erziehung, ererbtes Vermögen (ungleiche Startchancen) und unfaire Spielregeln zu erklären sind. Im Extrem führt diese Argumentation zur Forderung nach sekundärer Gleichverteilung. 3. Praktische Kompromisse: Die in demokratischen Systemen vorherrschende Gleichheitsauffassung basiert seit der Aufklärung auf der Vertragstheorie ( Verteilungspolitik) und lässt sich durch die Forderung nach Gerechtigkeit und/oder Fairness kennzeichnen. Solange Chancengleichheit nicht erreicht ist und ungerechtfertigte Ungleichheiten durch unfaire Spielregeln bestehen, ist Umverteilungspolitik angezeigt. Diese muss im Rahmen marktwirtschaftlicher Ordnungen ein Kompromiss zwischen Sozialstaat und Leistungsgesellschaft sein. Gleichverteilung, Verteilungsgerechtigkeit, Verteilungspolitik. Gleitzonenbeschäftigung, Midijob, Nie-
driglohn-Beschäftigung, Begriff der Sozialversicherung (§ 20 SGB IV) für ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Arbeitsentgelt,
Globalsteuerung das die Zone zwischen 400,01 und maximal 800,00 EUR im Monat regelmäßig nicht überschreitet. Beschäftigungsverhältnisse in der Gleitzone begründen grundsätzlich eine Sozialversicherungspflicht. Daher ist nicht die Minjob-Zentrale, sondern die jeweilige Krankenkasse des Arbeitnehmers als Einzugsstelle zuständig. Während der Arbeitgeber den vollen Beitragsanteil zu tragen hat, steigt der Arbeitnehmeranteil in der Gleitzone von 11 % bei 400,01 EUR auf 21 % bei 800,00 EUR an. Bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend. Diese Regelung gilt jedoch nicht für Auszubildende. Die Gleitzone für die Niedriglohn-Beschäftigung wurde im Jahr 2003 mit der Einführung der Minijob-Regelungen ( geringfügige Beschäftigung) geschaffen. Globalabkommen, Wiedergutmachung. Globalisierung, Tendenz zur Intensivierung weltweiter Verflechtungen in ökonomischen, politischen, kulturellen und informationstechnischen Bereichen. Globalisierung ist verknüpft mit der Tatsache, dass auch lokale Handlungen globale Auswirkungen haben können (z. B. Reaktorunfall in Tschernobyl). Die Globalisierung erfordert interdisziplinäre Forschungsansätze ( Interdisziplinarität) zur Erfassung komplexer Systemzusammenhänge. Wichtige Schritte in Richtung Globalisierung der Umweltpolitik wurden auf der Umweltkonferenz von Rio beschlossen.
wirtschaftspolitische Konzeption, wonach staatliche ökonomische Aktivität sich auf die Beeinflussung makroökonomischer Aggregate (wie z. B. Investitionen, Konsum, Geldmenge) beschränkt. Durch Globalsteuerung soll das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage entsprechend der Entwicklung des Produktionspotenzials und des gesamtwirtschaftlichen Güterangebotes beeinflusst werden, innerhalb des durch die Globalsteuerung gesetzten Rahmens soll der Marktmechanismus als Koordinationsprinzip dienen. In der BRD bedeutet Globalsteuerung primär Beeinflussung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage im Sinne einer diskretionären Wirtschaftspolitik bzw. antizyklischen Wirtschaftspolitik. Globalsteuerung,
Glockenpolitik Glockenpolitik, Bubble Policy, Blasenpolitik. Ergänzung der Politik der Umweltauflagen um Effizienzgesichtspunkte. Die Emissionsquellen einer Region werden nach Genehmigung durch die Umweltbehörde unter einer fiktiven Glocke zusammengefasst. Die so definierte Emissionsmenge darf nicht erhöht werden, es dürfen jedoch Umweltentlastungen mit Umweltbelastungen verrechnet und gehandelt werden ( Emissionsbanken). Vgl. auch flexible (Umwelt-)Auflagen, Umweltpolitik. Gold-Devisen-Standard, abgeschwächte Variante des Goldstandards. Eine Währung folgt dem Goldstandard und für die anderen Währungen werden feste Wechselkurse zu dieser Leitwährung vereinbart; ursprüngliche Konzeption des Bretton Woods Systems. goldene Regel. Die goldene Regel ist die wohl älteste moralische Regel ( Moral, Ethik). Sie gründet auf dem Gedanken der Reziprozität der Akteure: Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu. Vgl. auch Kategorischer Imperativ. goldene Regel der Akkumulation, Begriff der Wachstums- und Kapitaltheorie. Bezeichnung für diejenige Steady-StateEntwicklung ( Steady State), welche durch den höchsten Pro-Kopf-Konsum gekennzeichnet ist. Dabei stimmen Wachstumsrate und Zinsrate in einer Volkswirtschaft überein.
dadurch charakterisiert, dass die Geldmenge eines Landes entweder buchstäblich in Gold definiert ist indem geprägtes Gold als Geld fungiert oder Papiergeld auf Goldeinheiten lautet , oder dass die Notenbank einen bestimmten Preis zwischen der Geldeinheit und Gold garantiert, und jederzeit in unbeschränkter Menge zu entsprechenden Umtäuschen bereit ist. Wenn dies mehrere Länder tun, dann sind auch die relativen Preise zwischen den verschiedenen nationalen Währungen, d. h. die nominellen Wechselkurse fixiert. Bei einem reinen Goldstandard wäre die Geldmenge dem monetär genutzten Goldbestand eines Landes wertgleich.
166 (18101858) zurückgehen. Sie stellen die inhaltliche Umsetzung der kardinalen Nutzentheorie dar. Durch das erste Gossensche Gesetz wird die Beziehung zwischen dem Grenznutzen und der Konsummenge eines Gutes bei unterstellter Unabhängigkeit der Nutzenposition von allen anderen Gütern und Wirtschaftssubjekten hergestellt. Mit zunehmender Konsumtion eines Gutes sinkt nämlich dessen Grenznutzen und bei einem Grenznutzen von Null wird schließlich ein Sättigungspunkt erreicht, an dem für keine weitere Einheit des Gutes Geld aufgewendet wird. Nach dem zweiten Gossensche Gesetz verteilt bei rationalem Verhalten ein Haushalt sein Einkommen so auf die verschiedenen Güter seines Begehrskreises, dass der in Geldeinheiten gemessene Grenznutzen des Einkommens in allen Verwendungen gleich ist. Gravitationsmodell, Anwendung des Gravitationsgesetzes der Physik auf die internationalen Handelsbeziehungen. Nach der einfachsten Modellvariante ist das Handelsvolumen zwischen zwei Ländern umso größer, je größer diese sind (z. B. gemessen am Bruttoinlandsprodukt), und je geringer die Distanz zwischen ihnen ist. Distanz kann dabei allerdings mehr als geographische Distanz bedeuten (z. B. Kultur, Sprache etc.). Das Gravitationsmodell bezieht sich allerdings nur auf das Gesamtvolumen des Handels. Die Handelsstruktur wird von anderen Faktoren bestimmt (z. B. HeckscherOhlin-Chamberlin-Modell, ProduktzyklusTheorie). Vgl. auch Handelstheorie.
Goldstandard,
Gossensche Gesetze, Theoreme der Haushaltstheorie, die auf H. H. Gossen
Grenzanbieter, polypolistische Preisbil-
dung. Grenzen der Besteuerung, möglicher (maximaler) Grad der Ausschöpfung einer einzelnen Steuerquelle bzw. der fiskalischen Ergiebigkeit eines gesamten Steuersystems. 1. Rein ökonomische Grenzen der Besteuerung: Vom Sozialprodukt ausgehend soll langfristig eine Substanzbesteuerung (Substanzsteuern) ausgeschlossen werden. 2. Ordnungspolitische Grenzen der Besteuerung: Sie liegt in einem marktwirtschaftlichen System deutlich unter der ökonomisch ermittelten Grenze (vgl. auch Steuerquote). 3. Wirtschaftspolitische Grenzen der Besteuerung: Wachstums- (d. h. kapitalbildungs-) und konjunkturpolitische Ziele (Flexibilität
167 des Steueraufkommens) begrenzen das Ausmaß des steuerlichen Eingriffs. Um bei wirtschaftspolitischer Zielvorgabe der Besteuerung trotzdem ein Maximum an Einnahmen zu erzielen, muss der Gesetzgeber die psychologischen Grenzen der Besteuerung berücksichtigen. 4. Psychologische Grenzen der Besteuerung: Diese sind vielfältig und zeigen sich in jeglichem legalen und illegalen Steuerwiderstand ( Steuerabwehr, Steuerflucht, Steuerhinterziehung). Vgl. auch Steuereinmaleins, Laffer-Kurve, Steuerwirkungen. Grenzen der Geldpolitik, Geldpolitik.
Grenzprodukt ben, bis die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals der höchsten anderweitigen Verzinsung ( Marktzins für ausgeliehenes Kapital) entspricht. Werden die einzelnen Investitionsobjekte nach der Höhe der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals geordnet, ergibt sich gesamtwirtschaftlich eine negativ vom Zinsniveau abhängige Investitionsgüternachfrage. Grenznutzen, Begriff der mikroökonomischen Haushaltstheorie bzw. Nutzentheorie: Der Nutzenzuwachs, der einem Haushalt durch den Konsum einer zusätzlichen Einheit eines Gutes erwächst (analytisch 1. Ableitung der Nutzenfunktion).
Grenzen der Staatsverschuldung,
Verschuldungsgrenzen. Grenzen der Unternehmung. Die Gren-
zen der Unternehmung stecken den Bereich ab, auf den sich der autonome Wirtschaftsplan einer selbstständigen Unternehmung erstreckt. Die vertikalen Grenzen der Unternehmung beziehen sich auf den Anteil der Unternehmung an einer Wertschöpfungskette bzw. auf die Zahl der vertikal aufeinander bezogenen arbeitsteiligen Elementarprozesse, die innerhalb einer Unternehmung ausgeführt werden. Die horizontalen Grenzen der Unternehmung werden durch die Breite des Leistungssortiments oder der Zahl der in einer Unternehmung erzeugten Leistungen für Dritte gemessen. Grenzen des Wachstums, Bevölke-
rungspolitik, Wachstumsgrenze. Grenzerlös, Grenzumsatz; Erlöszuwachs,
der aus dem Verkauf einer zusätzlichen Mengeneinheit eines Gutes resultiert. Er hängt vom Verlauf seiner Nachfragefunktion ab. Grenzkosten, Kostentheorie. Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals,
Zinssatz, bei dem der Barwert der (mit Sicherheit eintretenden) Nettoerlöse einer Anlageinvestition deren Anschaffungskosten entspricht (richtiger wäre: Grenzleistungsfähigkeit der Investition). In der makroökonomischen Theorie wichtige Determinante für das Investitionsverhalten. Es wird angenommen, dass die Unternehmung zwischen alternativen Anlagen des Geldkapitals wählt. Sie wird Investitionsobjekte so lange erwer-
1. Begriff: Die Grenznutzenschule ist eine wissenschaftliche Richtung, deren Vertreter die subjektive Wertschätzung ( Nutzen) als Zentralidee des volkswirtschaftlichen Systemaufbaus ( Grenznutzen) zugrunde legen. Ausgehend von der fast gleichzeitigen Entwicklung des Grenznutzenbegriffs durch Menger, Walras und Jevons in den Jahren 1870/71, entwickelte sich die Grenznutzenschule zur herrschenden wissenschaftlichen Richtung bis etwa zum Ersten Weltkrieg. 2. Richtungen: Innerhalb der Grenznutzenschule können unterschieden werden: a) Die Wiener Schule oder Österreichische Grenznutzenschule wandte das Grenznutzenprinzip auf die Preisbildung sowie auf das Kapital- und Zinsproblem an. b) Von der Lausanner Schule ist nur Walras der Grenznutzenschule zuzurechnen. Ab Pareto tritt an die Stelle der Grenznutzentheorie die Theorie der Wahlakte. Der Hauptverdienst der Lausanner Schule ist die mathematisch exakte Darstellung der allgemeinen Interdependenz. c) Die Bedeutung der angloamerikanischen Richtung liegt insbesondere in der Übertragung des Grenzprinzips (Marginalprinzips) auf die Theorie der Produktion ( Produktionstheorie) und der Einkommensverteilung. Die Grenzproduktivitätstheorie von J. B. Clark stellt einen entscheidenden Lösungsversuch des Einkommensverteilungsproblems dar. Grenznutzenschule.
Grenzprodukt, physisches Grenzprodukt; Zunahme der Produktionsmenge ( Produktionstheorie), wenn das Einsatzniveau eines Faktors um eine Einheit erhöht wird (Niveaugrenzprodukt).
Grenzproduktivitätstheorem Grenzproduktivitätstheorem, Grenz-
produktivitätstheorie.
168 te der Substitution das Steigungsmaß einer Indifferenzkurve. Vgl. auch Produktionstheorie.
Grenzproduktivitätstheorie. 1. Charakte-
risierung: Von von Thünen, Clark, Walras und Böhm-Bawerk entwickelte Theorie der Einkommensverteilung (vgl. auch Verteilungstheorie). Grundgedanke ist, dass die Unternehmer Produktionsfaktoren so einsetzen, dass der Gewinn maximal wird. Die Gewinnmaximierung erfolgt auf der Grundlage von Produktionsfunktionen mit abnehmenden Grenzerträgen ( Ertragsgesetz) sowie bei gegebenen Faktor- und Güterpreisen. 2. a) Die mikroökonomische Grenzproduktivitätstheorie stellt dar, welche Produktionsfaktormengen eine Unternehmung bei gegebenen Preisen nachfragt, wenn sie ihren Gewinn maximieren will. Für den gewinnmaximalen Faktoreinsatz muss gelten, dass der Faktorpreis dem Wertgrenzprodukt des Faktors entspricht. b) Über die makroökonomische Grenzproduktivitätstheorie lässt sich die klassische aggregierte Angebotskurve begründen. Gewinnmaximierende wettbewerbliche Unternehmen fragen am Arbeitsmarkt Arbeitskräfte entsprechend ihrer Grenzproduktivität nach. Bei einer Produktionsfunktion mit abnehmenden Grenzerträgen verläuft die Arbeitsnachfrage in einem Reallohn-Beschäftigungs-Diagramm fallend. Da im Gewinnmaximum die Grenzproduktivität gleich dem Reallohnsatz sein muss, wird durch das Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt und den dadurch fixierten Reallohnsatz auch eine bestimmte, optimale Höhe der Grenzproduktivität festgelegt. Damit ist auch eine eindeutige optimale Höhe des gesamtwirtschaftlichen Angebots bestimmt ( aggregierte Angebotskurve). Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung, Verteilungstheorie. Grenzrate der Substitution. Die Grenzrate der Substitution stellt in der Haushaltstheorie die subjektive Wertschätzung eines bestimmten Gutes durch einen Haushalt in Form von Mengeneinheiten eines anderen Gutes dar und kann als Maß der Bereitschaft des Haushalts interpretiert werden, auf Mengeneinheiten des ersten Gutes zugunsten einer bestimmten Menge des zweiten zu verzichten, ohne eine Veränderung des Nutzenniveaus in Kauf nehmen zu müssen. Modelltheoretisch ist die Grenzra-
Grenzrate der Transformation, Trans-
formationskurve. Grenzsteuersatz. Der Grenzsteuersatz gibt die Erhöhung der Steuerbelastung (in EUR oder Prozent) an, die aus der Erhöhung des bisherigen steuerbaren Tatbestands um eine Einheit resultiert. Vgl. auch Durchschnittssteuersatz, Steuertariftypen. Grenzvorteilskurve, Monopson. Grenzwert, Höchstwert für die mengenmä-
ßige Emission von Schadstoffen, Lärm usw. in die Umweltmedien Luft, Wasser und Boden, der nach dem Stand von Wissenschaft und Forschung für Lebewesen nicht schädlich ist (z. B. Abgasgrenzwerte). Vgl. auch Bioindikatoren, kritische Belastungswerte, Umweltpolitik. Größenkostenersparnisse, Economies
of Scale. Größenvorteile, besondere Eigenschaft der Produktionstechnologie, wonach die Gesamtfaktorproduktivität mit zunehmender Produktionsmenge zunimmt. Impliziert, dass die gesamten Stückkosten bei konstanten Faktorpreisen mit zunehmendem Output abnehmen. Bei internen Größenvorteilen hängen die Stückkosten bei konstanten Faktorpreisen nur vom Output der betrachteten Firma ab, bei externen Größenvorteilen vom Output der gesamten Industrie. Ist dabei der Output nur der heimischen Industrie relevant, so sprechen wir von nationalen Größenvorteilen, in Bezug auf die weltweite Produktion der betreffenden Industrie liegen internationale Größenvorteile vor. Größenvorteile stellen eine wichtige Grundlage für internationale Spezialisierung dar. Vgl. auch Handelstheorie. großes Land, kleines Land. Großforschungseinrichtungen, Tech-
nologiepolitik. Group of Seven, G 7. Group of Eight, G 8.
169
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Group of Ten, G 10. Group of Twenty, G 20. Grundbedürfnisstrategie, Basic Needs;
Entwicklungspolitik.
Grundeinkommen, Bürgergeld. Grunderwerbsteuer, Verkehrsteuer, die erhoben wird, wenn die rechtliche oder wirtschaftliche Verfügungsmacht an einem inländischen Grundstück übergeht. 1. Rechtsgrundlage: Grunderwerbsteuergesetz (GrESt G) vom 17.12.1982 (BGBl I 1777) 2. Steuerbare Handlung: Hauptfall ist der Abschluss eines Kaufvertrages über ein inländisches Grundstück. 3. Steuerberechnung: a) Bemessungsgrundlage: Wert der Gegenleistung; in bestimmten Fällen der um 40 % erhöhte Einheitswert. b) Steuersatz: 2 v. H. 4. Steuerschuldner: Steuerschuldner sind regelmäßig die an einem Erwerbsvorgang beteiligten als Gesamtschuldner. 5. Verfahren: Für grunderwerbsteuerbare Vorgänge besteht grundsätzlich Anzeigepflicht. Damit wird dem zuständigen Finanzamt ermöglicht, durch einen Steuerbescheid die Grunderwerbsteuer festzusetzen. I. d. R. wird die Steuer einen Monat nach dessen Bekanntgabe fällig. Gründerzentren,
kommunale Wirt-
schaftsförderung. Grundlagen der Wirtschaftspolitik,
allgemeine Wirtschaftspolitik. Grundlagenforschung, Forschung und
Entwicklung. Grundrente, Kriegsopferversorgung. Grundsätze der Besteuerung, Besteu-
erungsprinzipien. Grundsicherung bei rung, Sozialhilfe.
Erwerbsminde-
Grundsicherung für Arbeitssuchende,
1. Begriff: 2005 im Zuge der Hartz-Reformen eingeführte soziale Mindestsicherung für erwerbsfähige Hilfsbedürftige und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Sie können Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld erhalten. Durch die Grundsiche-
rung für Arbeitssuchende wurde die seit 1956 geleistete Arbeitslosenhilfe abgelöst und mit der Sozialhilfe zusammengeführt. 2. Rechtsgrundlage ist das Zweite Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 24.12.2003, das am 1.1.2005 in Kraft getreten ist. 3. Aufgabe der Grundsicherung: (§ 1, Abs.1 SGB II): Die Grundsicherung soll erwerbsfähige Hilfebedürftige bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. 4. Grundsatz des Forderns (§ 2, SGB II): (1) Erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige muss aktiv an allen Maßnahmen zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere eine Eingliederungsvereinbarung abschließen. Wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist, hat der erwerbsfähige Hilfebedürftige eine ihm angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen. (2) Erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen haben in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Erwerbsfähige Hilfsbedürftige müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. 5. Anspruchsvoraussetzungen: a) Leistungsberechtigte (§§7, 7a SGB II): (1) Personen, die (a) das 15. Lebensjahr vollendet haben und die jahrgangsabhängige Altersgrenze (Geburtsjahrgang 1946 und früher bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres; von Jahrgang 1947 bis 1958 pro Jahr um 1 Monat bis zur Vollendung des 66. Lebensjahres steigend; von 1959 bis 1963 pro Jahr um 2 Monate steigend; ab Jahrgang 1964 bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres) erreicht haben, (b) erwerbsfähig sind, (c) hilfebedürftig sind und (d) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD haben. (2) Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. (3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören (a) die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, (b) die im Haushalt lebenden Eltern oder Elternteile eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes
Grundsicherung für Arbeitssuchende (unter 26 Jahren) und der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, (c) der Ehegatte oder Lebenspartner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und (d) die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der unter (a) bis (c) genannten Personen. b) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, wobei Ausländer nur erwerbstätig sein können, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. c) Hilfebedürftig (§ 9 SGB II) ist, (1) wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit und aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und (2) die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Vorrangige Ansprüche auf Sozialleistungen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld vermeiden, beseitigen, verkürzen oder vermindern, müssen geltend gemacht werden. d) Zumutbarkeit (§ 10 SGB II): (1) Grundsätzlich ist dem erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen jede Arbeit zumutbar, außer dass er zu der bestimmten Arbeit körperlich, geistig oder seelisch nicht in der Lage ist, die Ausübung der Arbeit ihm die künftige Ausübung seiner bisherigen überwiegenden Arbeit wesentlich erschweren würde, die Erziehung seines Kindes gefährden würde oder mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre oder ein sonstiger wichtiger Grund entgegensteht. (2) Unzumutbar ist eine Arbeit dem erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen nicht allein deshalb, weil sie nicht seiner früheren beruflichen Tätigkeit entspricht, im Hinblick auf seine Ausbildung als geringerwertig anzusehen ist, der Beschäftigungsort weiter entfernt ist oder die Arbeitsbedingungen ungünstiger sind als bisher. e) Zu berücksichtigendes Einkommen (§ 11, SGB II): (1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldwert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz ( Kriegsopferversorgung) und der Renten und Beihilfen
170 nach dem Bundesentschädigungsgesetz bis zur Höhe der Grundrente; Kindergeld und Kinderzuschlag werden als Einkommen dem jeweiligen Kind zugerechnet. (2) Vom Einkommen abzusetzen, sind u. a. Steuern und Abgaben, geförderte Altersvorsorgebeiträge, die mit der Einkommenserzielung verbundenen notwendigen Ausgaben und Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten. f) Zu berücksichtigendes Vermögen (§ 12 SGB II): (1) Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände (in Höhe des Verkehrswertes) zu berücksichtigen. (2) Vom Vermögen abzusetzen sind ein Grundfreibetrag von 150 EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Lebenspartners, mindestens aber jeweils 3.100 EUR, ein Grundfreibetrag von 3.100 EUR für jedes hilfebedürftige Kind, Altersvorsorge in Höhe des geförderten Vermögens und ein Freibetrag von 750 EUR für notwendige Anschaffung für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen. (3) Als Vermögen nicht zu berücksichtigen sind u. a. angemessener Hausrat, eine angemessenes Kraftfahrzeug für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden hilfebedürftigen Erwerbsfähigen, ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung, Vermögen, Sachen oder Rechte, deren Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder ohne besondere Härte bedeuten würde. 6) Leistungen: a) Leistungsarten: (§ 4 SGB II): (1) Dienstleistungen, insbesondere durch Information, Beratung und Unterstützung durch einen persönlichen Ansprechpartner mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit. (2) Geldleistungen, insbesondere zur Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit und zur Sicherung des Lebensunterhalts der in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. (3) Sachleistungen. b) Leistungsträger und Zuständigkeiten: (1) Die Bundesagentur für Arbeit ist insbesondere für alle Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung zuständig. (2) Die kommunalen Träger (kreisfreie Städte und Kreise) sind insbesondere für die Leistungen für Unterkunft und Heizung, Kinderbetreuungsgleistungen, Schuldner- und Suchtberatung und psychologische Betreuung zuständig. (3) Die im Rahmen der Experimentierklausel (maximal) 69 zugelassenen
171 kommunalen Träger haben auch die den Agenturen für Arbeit obliegenden Aufgaben übernommen. c) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit: Vgl. Arbeitsmarktpolitik. d) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts: (1) Arbeitslosengeld II: (a) Leistungsanspruch (§ 19 SGB II): Erwerbsfähige Hilfsbedürftige erhalten als Arbeitsgeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung. Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert die Geldleistungen der Agentur für Arbeit, soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist, mindert es die Geldleistungen der kommunalen Träger. (b) Regelleistung: Sie umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat Haushaltsenergie, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbaren Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die monatliche Regelleistung beträgt seit dem 1.7.2008 für Alleinstehende, Alleinerziehende und Volljährige mit minderjährigen Partnern 351 EUR (100 %), Partner ab Vollendung des 18. Lebensjahres 312 EUR (90 %). Für Kinder ab Vollendung des 14. bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres und minderjährige Partner 281 EUR (80 %) und Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 211 EUR (60 %). (c) Leistungsaufschläge für Mehrbedarfe erhalten: Werdende Mütter ab der 13. Schwangerschaftswoche in Höhe von 17 % der Regelleistung; Alleinerziehende von Minderjährigen: 36 % bei einem Kind unter 7 Jahren oder 2 bis 3 Kindern unter 16 Jahren, oder je 12 % für jedes Kind, zusammen jedoch höchstens 60 %; Behinderte 35 %; Personen, die aus medizinischen Gründen Kostenaufwändigere Ernährung benötigen, Aufschläge in Höhe der angemessenen Kosten. (d) Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, sofern sie angemessen sind. Wenn die Aufwendungen höher als angemessen sind, besteht die Verpflichtung, die Kosten der Unterkunft möglichst zu senken. Dann kann u. U. auch ein Umzug in eine günstigere Wohnung verlangt werden. (e) Abweichende Leistungserbringung (§ 23 SGB II): In besonderen Lebenslagen kann ein nicht zu verhindernder Bedarf (z. B. bei Verlust, Beschädigung oder Diebstahl) entstehen, der den Lebensunterhalt gefährdet. In solchen Notfällen kann eine Sachleistung
Grundsicherung für Arbeitssuchende (Anschaffungswert) oder Geldleistung als Darlehen erbracht werden. Bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit und bei unwirtschaftlichem Verhalten kann die Regelleistung auch ganz oder teilweise in Form von Sachleistungen erbracht werden. (f) Befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 SGB II): Bei Bezug von Arbeitslosengeld II innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld kann ein monatlicher Zuschlag zum Arbeitslosengeld II gezahlt werden. Als Zuschlag werden zwei Drittel des Differenzbetrages zwischen dem letzten Arbeitslosengeld (gegebenenfalls zuzüglich Wohngeld) und dem Arbeitslosengeld II, das dem Berechtigten und den mit ihm in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Angehörigen (einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung) zusteht. Im zweiten Jahr des Zeitraums ist der Zuschlag um 50 % vermindert. (f) Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen bei Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 24 SGB II): Bezieher von Arbeitslosengeld II werden grundsätzlich in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung versicherungspflichtig. Unter bestimmten Vorraussetzungen können sie sich jedoch von der Versicherungspflicht befreien lassen. Im Falle der Befreiung wird vom Leistungsträger an Stelle der Pflichtbeiträge ein Zuschuss zu den Beiträgen an die private Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt. Das Gleiche gilt für freiwillige Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, eine berufsständische Versorgungsreinrichtung oder für eine private Altersvorsorge. (2) Sozialgeld: Nicht erwerbsfähige Angehörige in der Bedarfsgemeinschaft erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach SGB XII ( Sozialhilfe) haben. Dieses umfasst Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhalts sowie für Unterkunft und Heizung. Die Regelleistung beträgt bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 211 EUR (60 % des maßgebenden Regelsatzes) und im 15. Lebensjahr 281 EUR (80 %). Auch Sozialgeldbezieher haben u. U. Anspruch auf Mehrbedarf bzw. Gewährung von Darlehen bei unabweisbarem Bedarf. Die Leistungen für Mehrbedarfe entsprechen weitgehend denen beim Arbeitslosengeld II. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld wird jedoch kein Zuschlag zum Sozialgeld bezahlt.
Grundsicherung für Kriegsopfer Grundsicherung
für
Kriegsopfer,
Kriegsopferfürsorge. Grundsicherung im Alter, Sozialhilfe. Grundsteuer, erhoben als
Realsteuer mit dem Charakter einer Substanzsteuer auf landwirtschaftliche, gewerbliche und WohnGrundstücke. I . Rechtsgrundlagen: Grundsteuergesetz (GrStG) vom 7.8.1973 in der Fassung vom 19.12.2008. I I . St e u e rg e g e n s t a n d : Der Grundbesitz, also Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, Grundstücke und Betriebsgrundstücke. Befreit ist z.B. Grundbesitz der öffentlichen Hand, von Religionsgemeinschaften und Grundbesitz, der unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken oder den Zwecken der Wissenschaft, der Erziehung, des Unterrichts oder dem Zweck einer Krankenanstalt dient. I I I . St e u e r s c h u l d n e r : Der wirtschaftliche Eigentümer des Steuergegenstandes bzw. bei Erbbaurechten der Inhaber dieses Rechts für die Grundsteuer auf das belastete Grundstück. Bei mehreren wirtschaftlichen Eigentümern sind diese Gesamtschuldner. I V. St e u e r b e r e c h n u n g : Ermittlung der Grundsteuer durch Anwendung eines Hebesatzes auf den Steuermessbetrag, der von einer Gemeinde für die in ihrem Gebiet liegenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (Grundsteuer A) und die dort liegenden Grundstücke (Grundsteuer B) festzusetzen ist. V. F i n a n z w i s s e n s c h a f t l i c h e B e u r t e i l u n g : 1. Uneinheitlichkeit in der Steuerart: a) Die Grundsteuer ist eine Art Sondervermögensteuer auf den Grundbesitz, da sie neben der Vermögensteuer erhoben wird. b) Ist sie für die Grundstücke der Betriebe und des Grundvermögens im Wohnungswesen eine echte Grundsteuer, so ist sie für die Land- und Forstwirtschaft demgegenüber eine Gesamtbetriebsteuer, fast in einer Art Gewerbesteuer. Sie erfasst Wohnungswert und Wirtschaftswert. 2. Steuertechnik: kompliziert. 3. Generelle Unterbewertung des Grundvermögens und spezielle Unterbewertung für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe. 4. Das Verteilungsziel dürfte verletzt sein, wenn die Eigentümer der begünstigten Ein- und Zweifamilienhäuser den einkommensstarken Schichten angehören. 5. Als Gemeindesteuer ist die Grundsteuer geeignet, da sie kaum konjunkturreagibel, örtlich radizierbar und merklich ist, so dass sie eine unmittelba
172 re Beziehung zwischen Steuerzahler und Gemeinde herstellen kann. Gründungszuschuss, 1. Begriff: Instrument der Arbeitsförderung nach §§ 57 f. SGB III und Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Selbständigenförderung, das 2006 den früheren Existenzgründungszuschuss (sog. Ich-AG) und das Überbrückungsgeld ersetzt hat. 2. Anspruchsvoraussetzungen: a) Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbstständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, haben zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Ein direkter Übergang von einer Beschäftigung in eine geförderte Selbständigkeit ist damit nicht möglich. b) Der Gründungszuschuss wird geleistet, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch über einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen verfügt oder in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach SGB III beschäftigt war. c) Antragsteller müssen die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegen. Eine fachkundige Stelle (Kammer, Fachverband oder Bank) muss das Existenzgründungsvorhaben begutachten und seine Trägfähigkeit bestätigen. 3. Höhe und Dauer: Der Gründungszuschuss wird in zwei Phasen geleistet: a) Für neun Monate wird der Zuschuss in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zur Sicherung des Lebensunterhalts und 300 EUR zur sozialen Absicherung gewährt. b) Für weitere sechs Monate können 300 EUR zur sozialen Absicherung gewährt werden, wenn eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten dargelegt werden. 4. Freiwillige Weiterversicherung: Es besteht die Möglichkeit, sich freiwillig in der Arbeitslosenversicherung zu versichern. 5. Förderungsausschluss: a) Geförderte Personen haben ab dem Monat, in dem sie das Lebensjahr für den Anspruch auf Regelaltersrente (nach SGB VI) vollenden, keinen Anspruch auf Gründungszuschuss. Eine erneute Förderung ist nicht möglich, wenn seit dem Ende der letzten Förderung noch nicht 24 Monate vergangen sind. 6. Inanspruchnahme: Im Januar 2009 wurden 116.098 Personen mit Gründungszuschüssen gefördert (78,6 % von
173 147.700 Teilnehmern in der gesamten Selbstständigenförderung, wovon weitere 13 % noch mit dem auslaufenden Existenzgründungszuschuss gefördert wurden). Grüner Punkt, Duales System Deutsch-
land (DSD GmbH). Gruppe der 77, Sprachrohr der Länder der Dritten Welt innerhalb der UN, insbesondere für entwicklungspolitische Fragen. Gruppenfreistellung, Kartellrecht. Gruppenmachtkonzept, Macht. Gruppenpräferenzen, kollektive Präfe-
renzrelation. Gruppenpräferenzen-Konzept, kollekti-
ves Präferenz(relation)-Konzept, das die seitens einer Gruppe vorgenommenen Entscheidungen nutzentheoretisch untermauern soll. Es ist wissenschaftlich umstritten, ob es überhaupt sinnvoll ist und ob an Gruppenpräferenzen ebenso stringente Anforderungen (Vollständigkeit, Transitivität) gestellt werden sollten wie an individuelle. Vgl. Theorie der Kollektiventscheidungen, Arrow-Paradoxon. Gruppierungsplan. Teil der Systematik
der öffentlichen Haushaltspläne ( Haushaltssystematik) neben dem Funktionenplan. Der Gruppierungsplan gliedert die Einnahmen und Ausgaben einzelner Titel nach ökonomischen Gesichtspunkten; eine Gruppierungskennziffer ermöglicht es, jeden Ansatz im Haushaltsplan dem Gruppierungsplan zuzuweisen. GSP, Generalized System of Preferences, Allgemeines Präferenzsystem; APS. GTZ, Deutsche Gesellschaft für Technische
Zusammenarbeit, 1974 durch Vereinigung der Bundesstelle für Entwicklungshilfe und der Deutschen Förderungsgesellschaft für Entwicklungsländer GAWI (Garantieund Abwicklungsgesellschaft) gegründete GmbH, die im Auftrag des BMZ die fachliche und technische Planung der bilateralen
GWB staatlichen technischen Zusammenarbeit übernimmt. Weitere Informationen unter www.gtz.de Gut, materielles oder immaterielles Mittel, das geeignet ist, die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zu bewirken. Insofern vermag es Nutzen zu stiften. Im Gegensatz zu freien Gütern unterliegen ökonomische Güter dem Sachverhalt der Knappheit. Nur letztere sind Gegenstand des wirtschaftenden Handelns von Menschen, wie es die Mikroökonomik und ihre Teildisziplinen untersuchen. Zur direkten Bedürfnisbefriedigung sind nur Konsumgüter in der Lage, während die Gutseigenschaft der Kapital-Güter eine daraus abgeleitete ist. Der wirtschaftliche Wert eines knappen Gutes ist eine von den subjektiven Bedürfnissen der wirtschaftenden Menschen bestimmte Größe. Vgl. auch Erfahrungsgut, Vertrauensgut, Suchgut, freies Gut, Individualgut, inferiores Gut, superiores Gut, arbeitsintensives Gut, kapitalintensives Gut, Dienstleistungen, öffentliches Gut, meritorisches Gut, Produktivgut. Günstigkeitsprinzip, Arbeitsrecht. Güterkraftverkehr, Verkehrspolitik. Güternahverkehr, Verkehrspolitik. Gütertransportintensität, Teilindikator des Nachhaltigkeitsindikators Mobilität: Güterbeförderungsleistung (in Tonnenkilometern/ Bruttoinlandsprodukt (preisbereinigt). Bei dem Index mit dem Basisjahr 1999 geht es um jegliche Beförderung von Gegenständen und alle Nebenleistungen im Inland. Neben der Güterbeförderungsleistung wird ergänzend die Energieeffizienz betrachtet (absoluter Energieverbrauch und Energieverbrauch je Tonnenkilometer). Angestrebt wird eine Absenkung auf 98 % gegenüber 1999 bis 2010 und auf 95 % bis 2020. Vgl. auch Personentransportintensität. GWB, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung; Kartellrecht.
H Haavelmo-Theorem, Lehrsatz von T. Haa-
velmo (1945), der besagt, dass unter bestimmten Bedingungen auch von einer steuerfinanzierten (parallelen) Budgeterhöhung expansive Wirkungen auf die Konjunktur ausgehen können. Wird das Steueraufkommen erhöht und das Mehraufkommen zu staatlichen Güterkäufen verwandt, steigt das Volkseinkommen um den Betrag der Mehrausgaben, da der Staatsausgabenmultiplikator genau um 1 größer ist als der Steuermultiplikator.
bei Abstimmung mehrerer Länder von multilateraler Handelsliberalisierung. Handelspolitik. Unter Handelspolitik ver-
Haftung, Verfügungsrechte.
steht man einerseits die wirtschaftspolitische Beeinflussung des internationalen Handels durch tarifäre bzw. nichttarifäre Handelshemmnisse bzw. auch ihre Reduktion oder Beseitigung ( Handelsliberalisierung), andererseits auch jenen Teilbereich der realen Außenwirtschaftstheorie, der die Maßnahmenwirkungen der Handelspolitik untersucht. Vgl. auch politische Ökonomie der Protektion.
Haftungsregeln, Gefährdungshaftung,
Handelsschaffung, Trade Creation; Ver-
Verschuldenshaftung.
stärkung des Handels zwischen zwei Ländern. Durch den Abbau zwischenstaatlicher Handelshemmnisse (z. B. in Form einer Zollunion oder Freihandelszone) kommt es innerhalb des Präferenzgebietes zu einer Veränderung der relativen Preise mit der Folge, dass die Wirtschaftssubjekte an Stelle teurerer inländischer Produkte vermehrt preiswerte Güter aus den Partnerländern beziehen. Die mit dieser Anpassung einhergehende Spezialisierung der Produktion im Integrationsraum entsprechend den innergemeinschaftlichen komparativen Vorteilen bewirkt nicht nur eine effizientere Faktorallokation, sondern hat für die Wirtschaftssubjekte der Mitgliedsländer vorteilhafte wohlfahrtsökonomische Auswirkungen. Dazu kommt jedoch ein negativer Handelsumlenkungseffekt. Vgl. auch Handelsverzerrung, Handelspolitik.
handelbare Güter, Güter, die international
gehandelt werden können, und deswegen in verschiedenen Ländern abgesehen von Transportkosten und Handelshemmnissen denselben Preis aufweisen. Gegensatz: nichthandelbare Güter. Handelsordnung, Verfügungsrechte. Handelsbilanz, Zahlungsbilanz. Handelshemmnisse, tarifäre Handels-
hemmnisse, nisse.
nichttarifäre Handelshemm-
Handelshilfe, Maßnahmen der Entwick-
lungshilfe mit dem Ziel der Förderung der Exporte der Entwicklungsländer in die Industrieländer. Zur Handelshilfe zählen Zollpräferenzen, die Finanzierung von Marktausgleichslagern ( Buffer-Stocks) sowie Rohstoffabkommen. Befreiung des internationalen Handels von tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen. Bei Alleingängen spricht man von unilateraler, Handelsliberalisierung,
Handelssteuern, Steuern, die an grenz-
überschreitenden Gütertransaktionen anknüpfen; können positiv (z. B. Zoll) und negativ (z. B. Exportsubvention) sein. Vgl. auch tarifäre Handelshemmnisse. Handelsstruktur, Struktur der internationalen Handelsströme zwischen zwei oder meh-
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_8, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Handelstheorie reren Ländern; zentrales Erkenntnisziel der realen Außenwirtschaftstheorie.
176 tungen zwischen Unternehmen und/oder wirtschaftlich Selbstständigen begeben worden sind.
Handelstheorie. Teilbereich der realen
Außenwirtschaftstheorie. Analysiert die Bestimmungsgründe für die Existenz und Struktur des internationalen Handels und der internationalen Faktorwanderungen, sowie deren Implikationen für die heimische Wohlfahrt und Einkommensverteilung. Die staatlichen Eingriffe in den internationalen Handel werden in der Handelspolitik und der politischen Ökonomie der Protektion untersucht. Handelsumlenkungseffekt, Verzerrung des Handels im Zuge der Verringerung oder Beseitigung von tarifären Handelshemmnissen zwischen zwei Ländern, wenn diese gegenüber Drittländern Handelsbarrieren aufrechterhalten ( Zollunion, Freihandelszone). Ein Handelsumlenkungseffekt entsteht dadurch, dass kostengünstige Anbieter aus Drittländern durch Anbieter aus dem Partnerland ersetzt werden, die den Vorteil der von Handelshemmnissen befreiten Exporte haben. Handelsumlenkungseffekte wirken für sich genommen wohlfahrtsmindernd, dem steht aber der positive Effekt der Handelsschaffung gegenüber. Vgl. auch Integration, Handelspolitik. Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, UNCTAD. Handelsverzerrung, trade diversion, Die
Errichtung eines regional begrenzten Handelsliberalisierungsprojekts ( Zollunion, Freihandelszone) bewirkt für die nichtbeteiligten Volkswirtschaften (Drittländer) zusätzliche Diskriminierungseffekte. Diese entstehen dann, wenn Güter, die vor der Blockbildung von den Wirtschaftssubjekten des Gemeinsamen Marktes aus der restlichen Welt importiert wurden, nun bei Produzenten aus Partnerländern gekauft werden, obwohl diese jene Produkte weniger effizient erzeugen, nun aber infolge des internen Freihandelsvorteils preiswerter anbieten können. Die damit verbundene Verschlechterung der weltweiten Faktorallokation hat wohlfahrtsmindernde Auswirkungen. Vgl. auch Handelsschaffung, Handelspolitik. Handelswechsel, Wechsel, die aufgrund
von Warenlieferungen oder von Dienstleis-
Handlungsfreiheit, Freiheit. Vgl. auch Wettbewerbstheorie, politik.
Wettbewerbs-
Handlungsutilitarismus, Utilitarismus. Harmonielehre, Auffassung der klassischen Lehre, nach der das einzelwirtschaftliche Gewinnstreben gleichzeitig dem Gemeinwohl dient. Begründet wird diese Ansicht damit, dass die höchsten Gewinne dort zu erzielen sind, wo der Bedarf am größten ist. Das Streben nach Gewinnmaximierung sorgt dafür, dass die wichtigsten Bedürfnisse zuerst befriedigt werden. Wegen des Konkurrenzmechanismus werden die Gewinne im Laufe der Zeit abgebaut. Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI). 1. Begriff: Verbraucherpreisindex für
europäische Zwecke, der nach harmonisierten Konzepten, Methoden und Verfahren berechnet wird. Er spiegelt die Preisentwicklung in den einzelnen Mitgliedstaaten wider, wobei im Warenkorb von den nationalen Verbrauchsgewohnheiten ausgegangen wird. Der HVPI wird für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ( EU), für Norwegen, Island und die Schweiz berechnet. 2. Zweck: Der HVPI wird zur Inflationsmessung im internationalen, meist innereuropäischen Vergleich herangezogen. Er dient u. a. zur Messung des Preisstabilität, d.h. zur Beurteilung der Frage, ob ein Mitgliedstaat der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ( EU) beitreten kann. 3. HVPI-Aggregate: a) VPI-EWU: Zusammenfassung der HVPI aller Mitgliedsländer der EWU (, der von der EZB als Zielindikator für die einheitliche europäische Geldpolitik in der Eurozone benutzt wird. b) EVPI: Europäischer Verbraucherpreisindex als Zusammenfassung der HVPI aller EUMitgliedstaaten. c) VPI-EWR: Verbraucherpreisindex für den Europäischen Wirtschaftsraum. 4. Berechnungsmethode: (1) Der HVPI basiert auf einer in Verordnungen der Europäischen Kommission und ergänzenden Leitlinien festgelegten Methodik. Er richtet sich wie der deutsche Verbraucherpreisindex (VPI) nach der international angewandten Classification of Individual
177 Consumption by Purpose (COICOP) und wird weitgehend vom VPI abgeleitet. Insbesondere wird die Preiserhebung für den deutschen VPI auch für die Berechnung des deutschen HVPI genutzt. (2) Der HVPI misst wie der VPI nur reine Preisveränderungen. Das wird dadurch erreicht, dass die Kosten für ein im Zeitablauf quantitativ und qualitativ unverändertes Bündel von Konsumgütern ermittelt und verglichen werden. (3) Der HVPI ist ein Laspeyres-Index und wird formal als Kettenindex berechnet. In Deutschland werden die Gewichte des Index im Fünf-Jahres-Turnus überarbeitet. (4) Die Erfassungsbereiche des deutschen HVPI unterscheiden sich vom deutschen VPI durch die zusätzliche Einbeziehung des vom Eigentümer selbst genutzten Wohnungseigentums, von Glücksspielen, der Kraftfahrzeugsteuer und zulassungsgebühr im VPI. Harmonisierung, Anpassung gesetzlicher
Bestimmungen innerhalb von Wirtschaftsräumen wie der EU mit dem Ziel der Liberalisierung des Dienstleistungs-, Güterund Kapitalflusses. Hartwick-Regel, Leitsatz aus der Um-
welt- und Ressourcenökonomik, nach dem für alle Generationen ein konstantes Konsumniveau aufrechterhalten werden kann, obwohl im Produktionsbereich essenzielle Ressourcen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen. Dazu ist es notwendig, dass alle Renten aus dem Ressourcenbereich zur Finanzierung von Investitionen in reproduzierbares Kapital verwendet werden. Hartz-Kommission, Kommission für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, nach ihrem Vorsitzenden Peter Hartz, ehemaliges Mitglied des Vorstandes der Volkswagen AG, kurz Hartz-Kommission genannt. Die arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Vorschläge der Hartz-Kommission haben zu vier Sozialgesetzreformen (Hartz I bis IV) geführt ( Hartz-Reformen). Hartz-Reformen. 1. Begriff: Durch die
Hartz-Kommisson initiierte umfassende Sozialgesetzreform in Deutschland, die zu vier Einzelgesetzen (Hartz I bis IV) geführt hat. 2. Hartz I (1. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt): (1) Einrichtung von Personal-Service-Agenturen (PSA), d. h. von privat geführten vermittlungsorientierten
Haushalt Leiharbeitsunternehmen. (2) Weiterbildung: Arbeitlose haben ein Wahlrecht bei den Weiterbildungsträgern und es werden Bildungsgutscheine eingeführt. (3) Zumutbarkeitsregelung: Ab dem vierten Monat müssen Arbeitslose bundesweit einsetzbar sein. (4) Verschärfung der Sperrzeitenregelungen. (5) Kürzung der Arbeitslosenhilfe. (6) Meldepflicht für Arbeitslose: Arbeitslose müssen sich bereits bei Erhalt der Kündigung arbeitssuchend melden. (7) Sonderregelungen für ältere Arbeitnehmer: Arbeitslose über 50 Jahre erhalten eine befristete Entgeltsicherung. Bei Neueinstellung von über 55jährigen entfällt der Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung. 3. Hartz II (2. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt): (1) Regelungen der Beschäftigungsarten Midijob ( Gleitzonenbeschäftigung) und Minijob ( geringfügige Beschäftigung), (2) Ich-AG, (3) Einrichtung von Job-Centern und (4) Maßnahmen gegen die Schattenwirtschaft. 4. Hartz III (3. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt): (1) Umbau der Bundesanstalt für Arbeit in die mehr serviceorientierte Bundesagentur für Arbeit; (2) Sperrzeiten bei mangelnder Mitwirkung und Eigeninitiative bei der Stellensuche; (3) ABM-Regelung eingeschränkt, Zusammenlegung mit Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM); (4) Eingliederungszuschüsse eingeschränkt; (5) Einführung des Transferkurzarbeitergeldes, (6) Kürzung der Vorversicherungszeit für Bezug von Arbeitslosengeld. 5. Hartz IV (4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt): (1) Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu Arbeitslosengeld II; (2) Verwaltung beider Sozialleistungen bei der Agentur für Arbeit; 69 Kommunen erhalten die Möglichkeit, Langzeitarbeitslose eigenverantwortlich zu betreuen; (3) Arbeitslosengeld kann nur noch 1 Jahr bezogen werden; danach Übergang zu Arbeitslosengeld II, das einkommens- und vermögensabhängig ist. Haushalt. I . Vo l k s w i r t s c h a f t s t h e o r i e : Privates Sozialgebilde (privater Haushalt), das eine oder mehrere Personen einheitlicher Willensbildung umfasst. Er stellt die Planungs- und Entscheidungseinheit über den Erwerb von Einkommen als Anbieter der Faktorleistungen Arbeit, Kapital und Boden oder Unternehmerleistung (Faktorangebot des Haushalts) und dessen Verwen-
Haushalt der EU dung zum Kauf von Gütern (Konsum) sowie zur Vermögensbildung ( Sparen) (Nachfrage des Haushalts) dar. Institutionelle Theorien betonen die Rolle des Haushalts als Produzent, der innerhalb des Konsumtionszeitraums bestimmte Eigenschaften der Konsumgüter zur Nutzenerzielung erst kombiniert bzw. produziert. Das Verhalten von Haushalten im Wirtschaftsprozess wird zusammenfassend in der Haushaltstheorie als Teilbereich der Mikroökonomik behandelt. Dabei wird in der Regel Rationalität im Sinne des Wirtschaftlichkeitsprinzips bei knappen Ressourcen unterstellt. Bezogen auf die Einkommensentstehung impliziert dies ein einkommensmaximierendes Verhalten und für die Einkommensverwendung nutzenmaximierendes Verhalten. I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t : Gegenüberstellung von Voranschlägen der Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand ( Haushaltsplan) im Haushaltsjahr. Vgl. auch Budget, öffentlicher Haushalt, Bundeshaushalt, EU-Haushalt. Haushalt der EU, EU-Haushalt.
178 steuerung im veranlagungstechnis c h e n S i n n e : Gemeinsame Veranlagung aller Leistungsfähigkeitsindikatoren der gesamten Familie und aller in einem Haushalt zusammenlebenden Personen oder weniger umfassend die Zusammenveranlagung der Ehegatten. Daneben steht die Individualbesteuerung, bei der jedes Mitglied eines Haushalts getrennt von den anderen veranlagt und besteuert wird. I I I . H a u s h a l t s b e s t e u e r u n g i n d e r B R D : 1. Begriff: Besteuerung von Ehegatten und von Eltern und steuerlich zu berücksichtigenden Kindern als Gemeinschaft. 2. Die Haushaltsbesteuerung von Ehegatten erfolgt bei der Einkommensteuer durch Zusammenveranlagung, wenn beide Ehegatten diese wählen oder keine Erklärung abgeben. Die Steuerprogression, die durch die Zusammenrechnung der Einkünfte beider Ehegatten entsteht, ist durch die besondere Gestaltung des Einkommensteuertarifs gemildert ( Splitting-Verfahren). Haushaltsfreibetrag, Begriff des Einkommen- und Lohnsteuerrechts: Steuerfreibetrag für Alleinstehende mit Kind.
Haushaltsausgleich, der nach Art. 110 I
GG vorgesehene Ausgleich des Haushaltsplans in Einnahme und Ausgabe, d. h. Ausgleich der mit Zahlungen verbundenen Einnahme- und Ausgabeposten. Eine bewusste Unterdeckung ( Deficit Spending) ist gem. Stabilitäts- und Wachstumsgesetz erlaubt, muss aber mit Kreditbeschaffungsmöglichkeiten verbunden sein. Haushaltsbesteuerung. I. H a u s h a l t s -
besteuerung im kreislauftheor e t i s c h e n S i n n e : 1. Begriff: Von Tatbeständen des Organisationsgebildes privater Haushalt( Haushalt), die eine besondere Leistungsfähigkeit ausdrücken. Sie steht im Gegensatz und in Ergänzung zur objektiven Unternehmensbesteuerung, die die Steuertatbestände in jenen Organisationen aufgreift, die der Kombination produktiver Faktoren dienen und deren Ertragsfähigkeit ausdrücken. 2. Erhebung von Personensteuern: Lohn- und Einkommensteuer, Kirchensteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer. Das Leistungsfähigkeitsprinzip lässt sich aber auch in der Besteuerung der Einkommensverwendung realisieren, weshalb auch die persönliche Ausgabensteuer zu den Personensteuern zählt. I I . H a u s h a l t s b e -
Haushaltsfunktionen, Summe der finanz-
wissenschaftlichen Anforderungen an einen Haushaltsplan, die nach verschiedenen finanz- und haushaltstheoretischen Gesichtspunkten entwickelt worden und aus denen bestimmte Haushaltsgrundsätze abgeleitet sind. Teilfunktionen: a) administrative Kontrollfunktion, b) finanzwirtschaftliche Ordnungsfunktion, c) politische Kontrollfunktion, d) politische Programmfunktion, e) volkswirtschaftliche Lenkungsfunktion.
Haushaltsgerade, Bilanzgerade. Haushaltsgesetz, Form, in der ein staatlicher Haushaltsplan parlamentarisch festgestellt wird. Es genügt die einfache Mehrheit. Das Haushaltsgesetz legt das Volumen der Einnahmen und Ausgaben sowie der vorgesehenen Kreditaufnahme, die Verpflichtungsermächtigungen und den Höchstbetrag der Kassenverstärkungskredite fest. Der Haushaltsplan i. e. S. samt seinen Anlagen bildet eine Anlage zum Haushaltsgesetz. Haushaltsgesetz für Gemeinden und Gemeindeverbände: Vgl. Haushaltssatzung.
179 Haushaltsgleichgewicht, im Sinne der Haushaltstheorie jene Situation, in der ein Haushalt genau das Güterbündel konsumiert, das bei gegebener Präferenzstruktur, Budgetrestriktion und gegebenen Güterpreisen Nutzenmaximierung ermöglicht. Haushaltsgrundsätze, Budgetprinzipien;
I . B e g r i ff : Von Finanzwissenschaft und Praxis entwickelte Regeln für die öffentliche Haushaltswirtschaft, deren Befolgung insbes. der Kontrollierbarkeit der öffentlichen Haushaltswirtschaft dienen soll. Die Benutzung der öffentlichen Haushalte als Instrument zur Verwirklichung stabilisierungspolitischer Ziele macht Durchbrechungen der traditionellen Haushaltsgrundsätze ( Haushaltsfunktionen) erforderlich. Gesetzliche Regelung: In der BRD haben die Haushaltsgrundsätze samt ihren Ausnahmeregelungen im Grundgesetz (GG), im Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), in der Bundeshaushaltsordnung (BHO) sowie in den einzelnen Landeshaushaltsordnungen (LHO) ihren Niederschlag gefunden; vgl. Haushaltsreform. I I . E i n z e l g r u n d s ä t z e : 1. Vollständigkeit: Unverkürzte, d. h. ohne Saldierung vorgenommene Aufnahme sämtlicher erwarteter Einnahmen, Ausgaben und voraussichtlich benötigter Verpflichtungsermächtigungen (Bruttoprinzip). 2. Klarheit: Systematische, aussagefähige Gliederung des Haushalts und Kennzeichnung seiner Einzelansätze. 3. Einheit: Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen einer Gebietskörperschaft sind in einem Haushaltsplan zusammenzufassen (Einheitsbudget). 4. Genauigkeit: Voranschläge sollen frei von Zweckpessimismus oder -optimismus aufgestellt werden, um die Spanne zwischen erwarteten und wirklichen Ergebnissen zu minimieren (Fälligkeitsprinzip). 5. Vorherigkeit: Feststellung des Haushaltsplans soll vor Beginn des Haushaltsjahres erfolgen, auf das er sich bezieht. 6. Spezialität: a) Qualitative Spezialität: Zu verausgabende Mittel dürfen nur für den im Haushaltsplan ausgewiesenen Zweck ausgegeben werden. b) Quantitative Spezialität: Zu verausgabende Mittel dürfen nur bis zu der im Haushaltsplan ausgewiesenen Höhe ausgegeben werden. c) Temporäre Spezialität: Zu verausgabende Mittel dürfen nur in der Zeit, für die der Haushaltsplan gilt, ausgegeben werden. 7. Öffentlichkeit: Unbeschränkte Zugänglichkeit des Haushaltsplans
Haushaltsplan sowie breiteste Publizierung und Diskussion insbes. des Entwurfs und der parlamentarischen Beratungen. 8. Nonaffektation: Alle Einnahmen dienen als Deckungsmittel für den gesamten Ausgabebedarf. 9. Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit: Bindung der öffentlichen Haushaltswirtschaft an das Wirtschaftlichkeitsprinzip. Vgl. auch Haushaltsplan, Bundeshaushalt. Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG),
Haushaltsgrundsätze. Haushaltsjahr, Rechnungsjahr der öffentlichen Haushalte, für das der Haushaltsplan aufgestellt wird (seit 1961 das Kalenderjahr). Haushaltskontrolle, vierte Phase im Lebenszyklus eines öffentlichen Haushaltsplans ( Haushaltskreislauf). Bestandteile: 1. Verwaltungskontrolle: Überprüfung der verwaltungstechnischen Ordnungswidrigkeit; 2. Politische Kontrolle: Prüfung der Kongruenz von Haushaltsführung und Etatvorgabe. Haushaltskreislauf, Budgetkreislauf; Verfahrenszüge bei der Aufstellung, der Entscheidung, dem Vollzug und der Kontrolle des jeweiligen Haushaltsplans für ein Haushaltsjahr. Beispiel Bundesetat: (1) Aufstellung des Haushaltsentwurfs; (2) Beratung und Bewilligung in drei Lesungen im Bundesrat und Bundestag; (3) Vollzug durch die Bürokratie; (4) Kontrolle durch den Bundesrechnungshof. Dauer des Haushaltskreislaufs gewöhnlich drei Jahre. Haushaltsoptimum, Haushaltstheorie. Haushaltsplan. 1. Begriff: Haushaltsplan
der öffentlichen Haushalte ist eine systematische Zusammenstellung der für den vorher festgelegten Zeitraum (Haushaltsperiode) geplanten und vollzugsverbindlichen Ausgabeansätze und der voraus geschätzten Einnahmen eines öffentlichen Gemeinwesens. 2. Wichtigste Formen in der BRD: a) Haushaltsplan des Bundes ( Bundeshaushalt); b) Haushaltsplan der Länder; c) Haushaltsplan der Gemeinden in etwas anderer Form ( Haushaltssatzung). 3. Zweck: Der Haushaltsplan dient der Feststellung und Deckung des Finanzbedarfs zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben im Bewilligungszeitraum (meist vom 1.1. 31.12.); er ist Grundlage
Haushaltsquerschnitt für eine rationale Haushalts- und Wirtschaftsführung. 4. Bedeutung: In demokratischen Staaten ist der Haushaltsplan als aussagehaltigster Beweis für die von der regierenden Mehrheit verfolgte Politik anzusehen. Vgl. auch Budget, Etat, Haushaltsgrundsätze, Haushaltsfunktionen, Haushaltssystematik, Haushaltskreislauf. Haushaltsquerschnitt, Zusammenstellung aller Planzahlen eines Haushalts in Form einer Matrix, gebildet aus Funktionenübersicht und Gruppierungsübersicht. Zweck: Der Haushaltsquerschnitt zeigt, in welcher Höhe Einnahmen bzw. Ausgaben für welche ökonomischen und sozialen Zwecke angesetzt wurden. Haushaltsrechnung, nach den Grundsät-
zen der Kameralistik geführte Rechnungslegung über den Vollzug des öffentlichen Haushalts. Jede Ausgabe und jede Einnahme wird zuerst angewiesen oder ins Soll gestellt und bei der Auszahlung bzw. Einzahlung im Ist verbucht. Die Differenz zwischen Soll und Ist ist der Rest, der Bestand, Schuld oder Forderung sein kann. Die Haushaltsrechnung bildet die Grundlage für die sich anschließende Haushaltskontrolle. Haushaltsreform, im Zusammenhang mit
der Finanzreform 1967/69 vorgenommene Gesetzesänderungen, durch die die bis dahin für die Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern im Wesentlichen gültige Weimarer Reichshaushaltsordnung von 1922 abgelöst wurde. Insbes. fand die stabilisierungspolitische Haushaltsfunktion ( politische Programmfunktion) Berücksichtigung, wurde die Rechtseinheit in Bund und Ländern gesichert und eine mehrjährige Finanzplanung eingeführt. Haushaltssatzung, Form, in der ein kommunaler Haushaltsplan (Vermögenshaushalt, Verwaltungshaushalt) von einem Kommunalparlament festgestellt wird; einfache Mehrheit genügt. Die Haushaltssatzung legt das Volumen der Einnahmen und Ausgaben sowie der vorgesehenen Kreditaufnahme ( Haushaltssystematik), die Verpflichtungsermächtigungen, den Höchstbetrag der Kassenkredite sowie die Hebesätze der Grundund Gewerbesteuer fest. Der Haushaltsplan i. e. S. samt seinen Anlagen bildet eine Anla-
180 ge zur Haushaltssatzung. Bund und Länder: Vgl. Haushaltsgesetz. Haushaltsscheckverfahren, vereinfachtes Melde- und Beitragsverfahren der Minijob-Zentrale für Arbeitsverhältnisse mit geringfügiger Beschäftigung (sog. Minijobs) in Privathaushalten. Haushaltssystematik. Beschreibung der jeweiligen Gliederung der Haushaltspläne des Staatssektors ( Haushaltsplan). Grundgliederung gemäß der administrativen Kontrollfunktion nach dem Ministerialprinzip: Für jede oberste Bundesbehörde wird ein Einzelplan gebildet, der in Kapitel untergliedert wird. Kleinste haushaltstechnische Einheit ist der Titel, eine Zusammenfassung haushaltswirtschaftlicher und ökonomisch zusammengehörender Einnahmen und Ausgaben. Haushaltstheorie, Teilbereich der Mikro-
ökonomik; Theorie vom wirtschaftlichen Verhalten privater Haushalte. Letzteres wird im Grundsatz durch die Rationalitätshypothese charakterisiert, wobei rationales Verhalten einerseits als Nutzenmaximierung, anderseits aber auch als eine Prämisse aufgefasst werden kann, die lediglich widerspruchsfreies Verhalten des einzelnen Haushalts unterstellt. Einen zur Nutzenmaximierung alternativen Ansatz stellt das Satisficing dar. Die Haushaltstheorie untergliedert sich in drei Teilgebiete: 1. Nachfragetheorie: Theorie der Verausgabung von Einkommen des Haushaltes; beschreibt, in welcher Weise ein Haushalt das ihm zufließende Einkommen durch seine Nachfrage nach Gütern auf Gütermärkten verbraucht. 2. Angebotstheorie: Durch sein Angebot von Arbeitsleistung als primärer Faktorleistung ist der Haushalt einerseits in der Lage, jenes Einkommen zu erzielen, das Voraussetzung für die Entfaltung seiner Nachfrage nach Konsumgütern ist. Andererseits ist das Arbeitsangebot auch ein Beitrag zu jener Faktorausstattung, die die Produktion der nachgefragten Endprodukte erst ermöglicht, womit die Einbindung des Haushalts in den volkswirtschaftlichen Kreislauf sowie die Interdependenz von Angebots- und Nachfragetheorie des Haushalts deutlich wird. 3. Institutionelle Theorie der Haushaltung: Die institutionell orientierte Haushaltstheorie befasst sich mit dem
181 Nachfrageverhalten als einer Aktivität, die über die reine Konsumwahl hinausgeht. Planabweichung vom Haushaltsplan in Form von über- oder außerplanmäßigen Ausgaben; Haushaltsgrundsätze. Keine Haushaltsüberschreitung sind Ergänzungshaushalt und Nachtragshaushalt. Haushaltsüberschreitung,
Haushaltsübersicht, Teil des Haushaltsplans. Die Haushaltsübersicht enthält eine Zusammenfassung der Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen der Einzelpläne (§ 13 BHO). Sie ist gem. der Haushaltssystematik der BHO dem Haushaltsplan beizufügen. Havanna Charta, Bretton Woods Sys-
tem. Hebesatz, der für die Erhebung der Grundsteuer oder Gewerbesteuer von den Gemeinden für jedes Rechnungsjahr einheitlich festzusetzende Prozentsatz, mit dem der Steuermessbetrag zu vervielfältigen ist, um die Höhe der Steuer zu berechnen. Heckscher-Ohlin-Chamberlin-Modell.
Theoretisches Modell zur Erklärung der Koexistenz von intra- und inter-industriellem Handel. Heckscher-Ohlin-Handel, Handel auf der
Grundlage von internationalen Faktorausstattungsunterschieden. Länder spezialisieren sich auf solche Güter, zu deren Produktion in besonderem Maße jene Faktoren verwendet werden, mit denen sie auch reichlich ausgestattet sind (exakte Formulierung des Zusammenhangs: Heckscher-Ohlin-Theorem). Heckscher-Ohlin-Handel birgt eine Tendenz zum internationalen Ausgleich der Faktorpreise. Dieser Zusammenhang wird im Faktorpreisausgleichstheorem exakt formuliert. Vgl. Heckscher-Ohlin-Chamberlin-Modell, Heckscher-Ohlin-VanekModell. Faktorproportionen-Theorem, logisch stringente Fassung des Zusammenhangs zwischen internationalen Faktorausstattungsunterschieden und der Handelsstruktur. Einfachster Fall: zwei Länder mit identischen, linear homogenen Produktionstechnologien und identi-
Heckscher-Ohlin-Theorem,
Hermeneutik schen, homothetischen Präferenzen, vollständiger Konkurrenz, perfekter intersektoraler Faktormobilität, Vollbeschäftigung und Freihandel; Land A besitze pro Arbeiter mehr Kapital als Land B (die absoluten Faktorausstattungen sind irrelevant); Gut 1 sei das relativ kapitalintensive Gut, und es gebe keine Faktorintensitätsumkehrungen. Unter diesen Annahmen wird das relativ kapitalreiche Land das relativ kapitalintensive Gut 1 exportieren. Umgekehrtes gilt für das Land B bzw. das Gut 2. Beweis: Freihandel impliziert einheitliches Güterpreisverhältnis in beiden Ländern. Dabei muss das kapitalreiche Land im Vergleich zum Gut 2 mehr vom Gut 1 erzeugen, als das arbeitsreiche Land, um seine Produktionsfaktoren voll auszulasten (Rybczynski Theorem). Die Konsumstruktur ist aber in beiden Ländern gleich, so dass die erwähnte Handelsstruktur folgt. Vgl. auch Heckscher-Ohlin-Vanek-Modell, Handelstheorie. Heckscher-Ohlin-Vanek-Modell, Übertragung der Grundidee des HeckscherOhlin-Handels auf die Ebene der in den Gütern steckenden Faktorleistungen. Nach dem Modell erfolgt durch den Güterhandel eines Landes immer ein umso größerer indirekter Nettoexport eines Faktors, je reichlicher dieser Faktor in diesem Land im Vergleich zum Rest der Welt vorhanden ist. Vgl. auch Leontief-Paradoxon, Heckscher-Ohlin-Theorem. hedonischer Ansatz, Marktpreis-, Häuserpreismethode, Verfahren, bei dem aus der Divergenz zwischen Marktpreisen (insbesondere von Immobilien) auf den impliziten Preis von Umweltqualitätsunterschieden geschlossen wird. Vgl. Umwelt- und Ressourcenökonomik. Heilbehandlung, gesetzliche Unfallversicherung, Rehabilitation. Heiratstafeln,
Bevölkerungswissen-
schaft. Heizölsteuer, Mineralölsteuer. Helicopter Money, Geldtheorie. Hermeneutik, Methodologie.
Hermes-Deckung
182
Hermes-Deckung, seit 1949 in Deutschland bestehendes Instrumentarium der Exportförderung, aus dem Garantien oder Bürgschaften zur Absicherung von Exportgeschäften deutscher Unternehmen und von Exportfinanzierungen deutscher Banken gewährt werden (Finanzkreditdeckungen). Vgl. auch Ausfuhrgewährleistungen. Hetertrophie, Biozönose. Heuristik, Vorgehensweise zur Lösung von
Problemen, für die keine eindeutigen Lösungsstrategien bekannt sind oder aufgrund des erforderlichen Aufwands nicht sinnvoll erscheinen; benutzt v. a. Daumenregeln auf der Grundlage subjektiver Erfahrungen und überlieferter Verhaltensweisen. Heuristik wird insbesondere in schwer überschaubaren Problembereichen angewendet. Hicksscher Supermultiplikator, Super-
multiplikator, Beziehung im Hicksschen Multiplikator-Akzelerator-Modell zwischen Wachstumsrate der autonomen Investitionen und Niveau des zugehörigen Gleichgewichtspfads des Einkommens. Ist diese Wachstumsrate null, erhält man aus dem Hicksschen Supermultiplikator den üblichen Multiplikator. Hidden Action, Informationsasymmetrie, Moral Hazard, Agency-Theorie. Hidden Characteristics, Informations-
asymmetrie, cy-Theorie. Hidden
Adverse Selection,
Agen-
InformationsMoral Hazard, Agency-
Information,
asymmetrie, Theorie.
Hierarchie, Theorie der Unternehmung,
kapitalistische Unternehmung.
Hierarchienachteile. Hierarchienachteile entstehen durch Bürokratieversagen oder falsche Anreize, die sich bei unternehmensinterner Koordination entwickeln können. 1. Falsche Anreize: Eine Integration von Transaktionen in die Unternehmung hat i. d. R. zur Konsequenz, dass auf die Transaktionspartner nicht mehr die hochwirksamen punktuellen Anreize des Marktes einwirken, sondern Sammelanreize, die das durchschnittliche Verhalten im Laufe einer
längeren Kette von Transaktionen und damit eine im Zeitablauf verlässliche Leistung honorieren. Solche Sammelanreize innerhalb von Hierarchien können sich nachteilig auswirken, wenn es bei einem Transaktionspartner darauf ankommt, sich bietende Gelegenheiten schnell wahrzunehmen und innovationsfreudig zu sein. Weiterhin kann durch die Kurzsichtigkeit von Managern, die das Interesse des gesamten Unternehmens aus den Augen verlieren, zu falschem Investitionsverhalten kommen. Bei Profit-CenterOrganisation kann es durch eine Manipulation der Verrechnungspreise von Seiten der Unternehmensleitung oder durch Quersubventionierung unproduktiver Unternehmensbereiche zur Demotivierung betroffener Manager kommen. 2. Bürokratieversagen: In hierarchischen Organisationen besteht die Gefahr, dass Bürokraten Nebenziele (z. B. die Steigerung des Mitarbeiterstabes) verfolgen oder dass unproduktiv gewordene Mitarbeiter langfristig in der Organisation verbleiben; v. a. dann, wenn sich überflüssige Abteilungen oder Mitarbeiter gegenseitig unterstützen. High Employment Budget Surplus (HEBS), ein auf den amerikanischen Coun-
cil of Economic Advisers (CEA) zurückgehendes Budgetkonzept zur Messung des konjunkturellen Impulses des Budgets. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die These, dass ein bei Vollbeschäftigung ausgeglichener Haushalt keinen Einfluss auf die weitere konjunkturelle Entwicklung ausübt und insofern neutrale Wirkungen hat. Ist die Vollbeschäftigungssituation daher in dem fraglichen Zeitpunkt bei der Berechnung des HEBS nicht gegeben, wird zunächst errechnet, wie hoch die Steuereinnahmen bei unverändertem Steuersystem im Falle der Vollbeschäftigung gewesen wären (und damit uno actu auch die entsprechenden Ausgaben). Diesen hypothetischen Annahmen sind die tatsächlichen Ausgaben gegenüberzustellen. Der Saldo ist der HEBS. Hilfe zum Lebensunterhalt, Sozial-
hilfe. Hilfsfiskus. 1. Synonyme Bezeichnung der Parafisci; 2. Oft Bezeichnung der Untergruppe der Parafisci, deren Existenz durch staatliche Initiative begründet wird.
183
Historische Schule
Hinterbliebenenrente Gesetzliche Un-
fallversicherung. Hirschmann-Herfindahl-Index, Unter-
nehmenskonzentration. historische
Demographie,
Bevöl-
kerungswissenschaft. historischer Materialismus. 1. Charakte-
risierung: Von K. Marx und F. Engels auf der Basis des dialektischen Materialismus konzipierte Lehre über die allgemeinen Entwicklungsgesetze der Gesellschaft. Als Ursache des zwangsläufigen Geschichtsprozesses wird im Marxismus die dialektische Spannung zwischen den Produktionsverhältnissen und den Produktivkräften angesehen: Letztere entwickeln sich durch den technischen Fortschritt immer weiter und geraten dabei in zunehmenden Widerspruch zu den augenblicklich vorherrschenden Produktions-, d. h. Eigentumsverhältnissen. Folgen dieses Grundwiderspruchs sind eine Hemmung des technischen Fortschritts, immer heftigere ökonomische Krisen und gesellschaftliche Spannungen. Die sozialen Konflikte weiten sich aufgrund des zunehmenden Klassenkampfes zwischen den Produktionsmitteleigentümern und nichteigentümern ( Klassentheorie) so lange aus, bis in einem dialektischen Sprung die Produktionsverhältnisse revolutionär so umgestaltet werden, dass sie dem erreichten Stand der Produktivkräfte entsprechen. Diese Übereinstimmung zwischen beiden Elementen fördert zwar anfänglich den technisch-ökonomischen Fortschritt, jedoch geraten die Eigentumsverhältnisse bald wieder in Widerspruch zu den sich fortentwickelnden Produktivkräften; die Folge ist eine neuerliche revolutionäre Umwälzung. 2. Die dialektische Einheit von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen wird als Produktionsweise bezeichnet. Marx leitet fünf verschiedene, seiner Meinung nach gesetzmäßig aufeinander folgende Produktionsweisen ab: (1) Urgesellschaft: Gemeinschaftseigentum an den Produktionsmitteln; (2) Sklavenhaltergesellschaft: Privateigentum an den Produktionsmitteln und an den Sklaven; (3) Feudalismus: Privateigentum an den Produktionsmitteln bei Leibeigenschaft und Grundhörigkeit der Bauern; (4) Kapitalismus: Privateigentum an den Produktionsmitteln; (5) Kommunismus (bzw. Sozialismus): Gesellschaftseigentum
an den Produktionsmitteln. Der jeweiligen Produktionsweise als Basis entspricht eine spezifische Ausprägung des gesellschaftlichen Überbaus, d. h. der realisierten Form der Staatsordnung, der Religion, der Kunst, der Ideologie usw. Grundwiderspruch der kapitalistischen Produktionsweise ist Marx zufolge der erreichte hohe Stand der gesamtgesellschaftlichen Arbeitsteilung bei gleichzeitiger individueller Aneignung der Wertschöpfung durch die Kapitalisten als Produktionsmitteleigentümer ( Mehrwerttheorie, Ausbeutung). Marxens ökonomische Analyse dient dem Zweck, hieraus die zunehmende Krisenanfälligkeit des Kapitalismus und seinen notwendigen Untergang abzuleiten ( tendenzieller Fall der Profitrate, Krisentheorie). Die angenommene Entwicklungsgesetzmäßigkeit findet ihren Abschluss im Sozialismus bzw. Kommunismus, da es dort wegen des Gesellschaftseigentums keine unterschiedlichen, sich bekämpfenden Klassen mehr gibt sowie gesellschaftliche Arbeitsteilung und Aneignung der Wertschöpfung übereinstimmen. 3. Kritisiert wird dieser Ansatz u. a. deswegen, weil er nicht in der Lage ist, die geschichtlichen Entwicklungen in allen Ländern zu erklären und daneben der weitere gesellschaftliche Fortschritt vom Umfang des zukünftigen Wissens abhängt, worüber jedoch in der Gegenwart aus logischen Gründen keine Aussagen getroffen werden können. Das Denken in Entwicklungen übersieht insbes. die Gestaltbarkeit der gesellschaftlichen Ordnung durch den Menschen und kann nicht zur Lösung der in jeder Wirtschaftsordnung bestehenden Probleme herangezogen werden. Historische Schule. 1. Begriff: Historische Schule ist die Bezeichnung für eine in Deutschland im 19. Jh. entstandene Forschungsrichtung, deren Grundthese ist, dass alle wirtschaftlichen Erscheinungen raumund zeitabhängig sind und deshalb keine allgemein gültigen, abstrakten Theorien aufgestellt werden können. Unterschieden werden: a) ältere Historische Schule (Vorläufer List, daneben Roscher, Hildebrand, Knies), b) jüngere Historische Schule (Schmoller als Hauptvertreter, daneben Bucher, Brentano, Knapp) und c) dritte oder jüngste Historische Schule (M. Weber, Sombart, Spiethoff). Zu der Strömung, die sich insbes. mit sozialpolitischen Fragen ausein-
Hochbegabtenförderung
184
ander setzte, vgl. Kathedersozialisten. 2. Charakterisierung: Innerhalb der Historischen Schule herrschte die Vorstellung, dass die einzelnen Volkswirtschaften unterschiedliche Stufen der wirtschaftlichen Entwicklung mit eigenen Besonderheiten durchlaufen (Wirtschaftsstufe, Wirtschaftsstil). Mit Hilfe der historischen Methode müssten durch umfassende Detailstudien historischer Quellen und durch statistisch-empirische Forschung die Besonderheit der jeweiligen Stufe erfasst werden (induktive Methode, d. h. die Ableitung theoretischer Aussagen aus Beobachtungen). 3. Beurteilung: Der Vorwurf der Theoriefeindlichkeit insgesamt unzutreffend, jedoch scheitert die historische Methode insbesondere an ihrem Verzicht auf a priori-Hypothesen und daraus abgeleitete, die Forschung lenkende Fragestellungen. Durch ausgedehnte Informationssammlung lassen sich zwar wirtschaftliche Entwicklungsstufen illustrieren, nicht jedoch ihre Zwangsläufigkeit beweisen, wie auch das innere Gefüge einer Wirtschaftsordnung durch Deskription nicht zu erfassen ist.
Homogenität, Produktionstheorie.
Hochbegabtenförderung, Schulausbil-
homothetische Präferenzen. Ist die Wertschätzung verschiedener Güter seitens eines Konsumenten so geartet, dass er diese Güter bei gleichbleibenden relativen Preisen immer in denselben Mengenrelationen nachfragt, auch wenn sein Einkommen variiert, dann spricht man von homothetischen Präferenzen. Die Einkommenselastizität der Nachfrage für jedes Gut ist dann gleich eins.
dungsförderung. Hochkonjunktur, Konjunkturphasen. Hochschulpolitik, Bildungspolitik. Höchstpreis, Preisfunktionen.
Homogenitätsgrad, Produktionstheorie. Homo oeconomicus. 1. Begriff: Modell
eines wirtschaftlich denkenden Menschen, das den Analysen der klassischen und neoklassischen Wirtschaftstheorie zugrunde liegt. Hauptmerkmal des Homo oeconomicus ist seine Fähigkeit zu uneingeschränktem rationalen Verhalten (Rationalität). Handlungsbestimmend ist das Streben nach Nutzenmaximierung, das für Konsumenten und Produzenten (in der speziellen Ausprägung der Gewinnmaximierung) gleichermaßen angenommen wird. Zusätzliche charakteristische Annahmen: Lückenlose Information über sämtliche Entscheidungsalternativen und deren Konsequenzen; vollkommene Markttransparenz. 2. Beurteilung: Die Annahmen des Homo oeconomicus-Modells sind in jüngerer Zeit zunehmend kritisiert und durch ein realistischeres Bild vom wirtschaftenden Menschen zu ersetzen versucht worden.
Hohe Behörde. Das Exekutivorgan der
Montanunion ( EGKS) bis zum 30.6.1967 die Bezeichnung Hohe Behörde. Zu den Aufgaben der Hohen Behörde gehörte, über die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen durch die Mitgliedstaaten zu wachen. Infolge der am 1.7.1967 wirksam gewordenen Fusion der Organe von EWG, EAG und EGKS (Europäische Gemeinschaften) werden die Exekutivaufgaben dieser drei Gemeinschaften seitdem von der EG-Kommission (seit 1.11.1993 von der Europäischen Kommission) wahrgenommen. holländisches Verfahren, Zuteilung von Liquidität bei einem Zinstender zu einem einheitlichen Zinssatz, und zwar zu dem des niedrigsten Gebots, das noch im Rahmen des von der Zentralbank vorgesehenen Gesamtvolumens liegt ( marginaler Zuteilungssatz).
horizontale Gerechtigkeit, Leistungs-
fähigkeitsprinzip. horizontale Industriepolitik, Industrie-
politik. horizontale Unternehmenskonzentration, Unternehmenskonzentration. horizontale Wettbewerbsbeschränkung,
Wettbewerbsbeschränkung auf einer Produktionsstufe. Gegensatz: Vertikale Wettbewerbsbeschränkung. Hortung. 1. Hortung von Geld: Dauerhafter
oder vorübergehender Entzug von Geld aus dem Geldkreislauf. Durch Hortung entsteht ein effektiver Nachfrageausfall, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes sinkt. In der klassischen Lehre galt die Hortung als
185 unplausibel, weil der Haltung von Geld kein eigener Nutzen zugebilligt wurde. Bei Hortung ist das Saysche Theorem, das in der klassischen Lehre zentrale Bedeutung hat, ungültig. Kritik an den Vorstellungen der Klassiker: Liquiditätspräferenztheorie der Keynesschen Lehre. 2. Hortung von Waren: Übermäßiger Lageraufbau bei Produzenten, Händlern oder Haushalten. Ursache ist meist die Erwartung von Knappheiten und/oder stark steigenden Preisen. Hotelling-Regel, Hauptsatz der Ressourcenökonomik ( Umwelt- und Ressourcenökonomik): Der pareto-optimale Abbaupfad einer erschöpflichen Ressource ist dadurch charakterisiert, dass der Nettogrenznutzen (die Differenz zwischen marginaler Zahlungsbereitschaft und Abbaugrenzkosten) im Zeitablauf mit einer Rate wächst, die der sozialen Diskontrate entspricht. Der Nettogrenznutzen gleicht dabei den Nutzungsgrenzkosten.
HWWA Humankapital, Human Capital, das in ausgebildeten und hoch qualifizierten Arbeitskräften repräsentierte Leistungspotenzial der Bevölkerung (Arbeitsvermögen). Der Begriff Humankapital erklärt sich aus den zur Ausbildung dieser Fähigkeiten hohen finanziellen Aufwendungen (Bildungsinvestitionen). Humankapital wird in der Produktionstheorie zunehmend als ein eigenständiger Produktionsfaktor betrachtet. Vgl. auch Verteilungstheorie, Bildungsökonomie, VGR, Determinanten des Wachstums. Humankapitaltheorie, Bildungsökono-
mie. Humanressourcen, Bildungsökonomie.
Schadstoffbelastung. 2. Bedeutung für die Umwelt- und Ressourcenökonomik: Bei der Ausgestaltung umweltpolitischer Instrumente kommt es nicht nur darauf an, den Gesamtausstoß von Schadstoffen in einer Volkswirtschaft zu senken, sondern auch, die Entstehung von Hot Spots zu verhindern.
Hundesteuer. 1. Begriff: Steuer auf das Halten von Hunden als Ausdruck besonderen Aufwandes. 2. Charakterisierung: a) Eine Gemeindesteuer, die teils erhoben werden muss, teils erhoben werden kann. b) Eine objektive Verbrauchsteuer in dem Sinne, dass die ökonomische Situation des Halters nicht berücksichtigt wird. 3. Rechtfertigung: Die Hundesteuer wird trotz ihrer Nähe zum Problem der Bagatellsteuer sowohl mit fiskalischen Argumenten als auch mit der Notwendigkeit, die Hundehaltung aus Hygiene- und Ordnungsgründen einzudämmen, begründet.
Human Capital, Humankapital.
Hungeranalyse, Entwicklungspolitik.
Human Development Index, Index über die menschliche Entwicklung; von dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) verwendeter Index folgender gleichgewichteter Basisvariablen: Lebenserwartung, Alphabetisierungsrate Erwachsener, Durchschnittsdauer des Schulbesuchs, Pro-Kopf-Einkommen. Der Human Development Index wird in der Entwicklungspolitik als Indikator für die Bewertung des sozioökonomischen Entwicklungsstandes verwendet.
Hurwicz-Kriterium. Nach diesem Kriterium ist ein System informational effizient, wenn kein anderes weniger Informationen benötigt, um zu verifizieren, dass ein gegebener Produktionsplan effizient ist (informationale Effizienz).
Hot Spot. 1. Begriff: Ort mit extrem hoher
Human Development Report, Bericht
über die menschliche Entwicklung; seit 1990 vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) herausgegeben, will die Entwicklungspolitik auf den Menschen und nicht auf das Wirtschaftswachstum ausrichten.
HVPI, Abk. für cherpreisindex.
Harmonisierter Verbrau-
HWWA, Institut für Wirtschaftsforschung, früher: Hamburgisches Welt-WirtschaftsArchiv, Sitz in Hamburg. Gegründet 1908. Wirtschaftsforschungsinstitut. Aufgabe: Erarbeitung von Entscheidungshilfen für die Praxis in Wirtschaft und Politik durch empirisch wissenschaftliche Analysen. Forschungsgebiete: Konjunktur, Geld und öffentliche Finanzen; Weltkonjunktur; Wirtschaftsordnung; internationale Finanzen; Wirtschaftsbeziehungen zwischen Industrie-
Hyperinflation ländern; sozialistische Länder und Ost-WestWirtschaftsbeziehungen; Entwicklungsländer und Nord-Süd-Wirtschaftsbeziehungen. Weitere Informationen unter www.hwwa.de Hyperinflation, Inflation. Hypothese, Volkswirtschaftslehre. Hysterese-Effekt, Fortdauer einer Wirkung bei Wegfall der Ursache. Ursprünglich aus dem Konzept der Trägheit aus der klassischen Physik entlehnt, wurde das Konzept zunächst zur Erklärung des Entstehens struk-
186 tureller aus konjunktureller Arbeitslosigkeit verwendet. Übertragen wurde es dann auf die Außenwirtschaftstheorie, um dauerhafte Änderungen in der Außenhandelsstruktur infolge vorübergehender Wechselkursänderungen zu erklären, und auf die Wachstumstheorie, um den Einfluss historisch gewachsener Wirtschaftsstrukturen auf die langfristige Wachstumsrate einer Volkswirtschaft zu analysieren. Insofern haben HystereseEffekte auch Bedeutung im Rahmen der Industriepolitik. Vgl. auch Wechselkurshysterese.
I IAB, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs-
forschung, 1. Begriff: 1967 gegründetes Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit mit Sitz in Nürnberg. 2. Aufgaben: a) im Bereich der Arbeitsförderung (SGB III): Der gesetzliche Forschungsauftrag der Bundesagentur für Arbeit ist in § 280 SGB III festgelegt: Die Bundesagentur hat Lage und Entwicklung der Beschäftigung und des Arbeitsmarktes im allgemeinen und nach Berufen, Wirtschaftszweigen und Regionen sowie die Wirkungen der aktiven Arbeitsförderung zu beobachten, zu untersuchen und auszuwerten, indem sie erstens Statistiken erstellt, zweitens Arbeitsmarkt und Berufsforschung betreibt und drittens Bericht erstattet. § 282 Abs. 2 SGB III betraut das IAB mit der Aufgabe der Forschung und regelt ihren Inhalt und Schwerpunkt: Die Untersuchung der Wirkungen der Arbeitsförderung ist ein Schwerpunkt der Arbeitsmarktforschung. Sie soll zeitnah erfolgen und ist ständige Aufgabe des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. Durch § 282 Abs. 3 wird die Untersuchung der Wirkungen der Arbeitsförderung weiter konkretisiert: Insbesondere geht es dabei um die regional differenzierte Analyse der einzelnen Maßnahmen im Hinblick auf (1) die Verbesserung der Wiedereingliederungschancen und Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer, (2) die Effizienz der Maßnahmen und (3) die volkswirtschaftlichen Nettoeffekte. b) Im Bereich der Grundsicherung nach SGB II: Mit ihrer Einführung wurde der gesetzliche Forschungsauftrag gem. § 55 SGB II auf diesen Rechtskreis ausgedehnt: Die Wirkungen der Leistungen zur Eingliederung und zur Sicherung des Lebensunterhalts sind regelmäßig und zeitnah zu untersuchen und in § 282 des dritten Buches einzubeziehen. Damit wird der Bezug zum bisherigen Arbeitsgebiet des IAB hergestellt und das zu bearbeitende Themenspektrum deutlich erweitert, da auch solche Wirkungen der Grundsicherung umfassend untersucht werden sollen,
die sich nicht unmittelbar auf dem Arbeitsmarkt zeigen. Letzten Endes geht es also darum, auch die Erfüllung der sozialpolitischen Ziele des Gesetzes zu untersuchen. Vgl. auch Arbeitslosenstatistik. Weitere Informationen unter www.iab.de IAEA, International Atomic Energy Agency, Internationale Atomenergie-Organisation; 1. Begriff: Gründung 1957 mit Sitz in Wien; Autonome Organisation im Rahmen der UN; Kontrollorgan des Atomwaffensperrvertrages. 2. Mitglieder: 145 Staaten (2009). 3. Ziele: Förderung und Beschleunigung des Beitrages der Atomenergie zu friedlichen Zwecken, insbes. der Gesundheitsvorsorge; enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Atomgemeinschaft ( EAG) und nuclear energy agency (NEA) bei der OECD. Weitere Informationen unter www.iaea.org IBRD, International Bank for Reconstruction and Development, Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung; 1945 gegründete Internationale Entwicklungsbank mit Sitz in Washington, D. C. Mitglieder: 185 Staaten (2009); Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist die Mitgliedschaft beim IWF. Ziel: Wirtschaftliche Entwicklung weniger entwickelter Staaten durch finanzielle und andere Hilfen. In letzter Zeit verfolgt die IBRD einen marktwirtschaftlichen Kurs und unterstützt Aktivitäten durch Umweltschutz- und Strukturprogramme. Weitere Informationen unter www.worldbank.org/ibrd ICC, International Chamber of Commerce,
Chambre de Commerce International (CCI), Internationale Handelskammer, 1919 in Paris gegründet; Zusammenschluss von über 7.000 Unternehmen und Verbänden aus mehr als 130 Ländern; nationale Komitees in 92 Staaten (2009); deutsche Vertretung mit Sitz in Berlin. Aufgaben: Förderung und Verbesserung des Welthandels sowie Harmonisierung und Liberalisierung von internationa-
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_9, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
IDA len Handelsverfahren mit dem Ziel eines freien und fairen internationalen Wettbewerbs für Güter- und Kapitalverkehr. Weitere Informationen unter www.iccwbo.org IDA, International Development Association,
Internationale Entwicklungsorganisation, 1960 als Tochtergesellschaft der IBRD mit Sitz in Washington, D.C., gegründet; Sonderorganisation der UN. Mitglieder: 168 Mitglieder (2009). Zielsetzung: identisch mit der der IBRD; Kreditgewährung an arme Länder jedoch zu Vorzugskonditionen. Siehe auch www.worldbank.org/ida Ideal. In Ethik und Wirtschaftsethik werden mit Ideal oder regulativer Idee normative Leitvorstellungen bezeichnet, die als vorbildlich und erstrebenswert gelten. Meist sind Ideale nicht vollständig realisierbar, gelten aber als Ziele oder schwächer als Heuristiken. Idle Money, Deficit Spending. IEA, International Energy Agency, Interna-
tionale Energieagentur, 1. Begriff: 1974 im Rahmen der OECD gegründetes Organ zur Realisierung des OECD-Übereinkommens über ein internationales Energieprogramm. 2. Mitglieder: 28 OECD-Staaten (2009), darunter die BRD. 3. Hauptziel: Schaffung einer besseren Markttransparenz auf dem Energiesektor, Sicherstellung einer langfristigen Zusammenarbeit der OECD-Länder zwecks Einsparung von Energie, Entwicklung alternativer Energiequellen und Aufbau eines sofort realisierbaren Aktionsprogramms für die Überbrückung von Versorgungsnotständen mit Erdöl. Grundlage der Tätigkeit der IEA bildet ein langfristiges Kooperationsprogramm auf dem Energiesektor sowie eine 1980 beschlossene 40-Jahresstrategie für Energieforschung und -entwicklung. Weitere Informationen unter www.iea.org IFAD, International Fund for Agricultural Development, Internationaler Agrar-Entwicklungsfonds, Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung; 1977 als Sonderorganisation der UN mit Sitz in Rom gegründet. Mitglieder: 165 Staaten (2009). Ziel: Steigerung der Agrarproduktion und Verbesserung des Ernährungsstandes der ländlichen Armen in Entwicklungslän-
188 dern. Weitere www.ifad.org
Informationen
unter
IFC, International Finance Corporation, Internationale Finanz-Korporation; 1956 gegründete Sonderorganisation der UN mit Sitz in Washington, D. C. Mitglieder: 181 Mitglieder (2009). Ziel: Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung von Entwicklungsländern über die Förderung des privaten Sektors durch die Mobilisierung von Privatinvestitionen (Kredite und Beteiligungen an Privatunternehmen). Weitere Informationen unter www.ifc.org ifo-Institut für Wirtschaftsforschung.
1949 gegründetes gemeinnütziges Wirtschaftsforschungsinstitut mit Sitz in München; getragen von Wirtschaft, Verbänden, Gewerkschaften, Verwaltungen und Wissenschaft. Hauptaufgabengebiete: a) empirische Konjunkturforschung (insbes. Konjunkturtests); b) volkswirtschaftliche Analysen und Prognosen der Konjunkturentwicklung, der sozialwirtschaftlichen Struktur und der Weltwirtschaft; c) Marktbeobachtungen und Strukturuntersuchungen für Industrie, Groß- und Einzelhandel, Verkehr, Landwirtschaft; d) betriebswirtschaftliche Untersuchungen, Gutachten und Marktanalysen. Weitere Informationen unter www.ifo.de IfW, Institut für Weltwirtschaft. ILO, International Labour Organization,
Internationale Arbeitsorganisation (IAO); durch den Friedensvertrag von Versailles (1919) ins Leben gerufen; seit 1946 Sonderorganisation der UN mit Sitz in Genf. Mitglieder: 182 Mitgliedsstaaten (2009). Ziele: Generelle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im weltweiten Rahmen. Als wichtigste Instrumente dienen die Aufstellung internationaler Konventionen und Empfehlungen, deren Annahme durch die Internationale Arbeitskonferenz, das Weltbeschäftigungsprogramm und ILO-Programm für technische Entwicklungshilfe. Finanzierung durch Umlagen auf die einzelnen Mitgliedstaaten. Weitere Informationen unter www.ilo.org IMF, International Monetary Fund, Internationaler Währungsfonds, IWF.
189 immaterielle Güter, Güter ohne stoffliche
Eigenschaften: a) Dienstleistungen (z. B. Altenpflege), (b) Informationen (z. B. Umfrageergebnisse) und (c) Rechte (z. B. Patentrechte). imperfekte Kapitalmobilität, Situation, in
der entweder internationale Kapitalverkehrskontrollen oder Risikoaversion der internationalen Anleger vorliegen. Vgl. auch internationale Kapitalmobilität. Imperialismus. 1. Nach der Imperialismus-
theorie des Marxismus teilen die nationalen Großunternehmen in der Phase des Monopolkapitalismus die weniger entwickelten Länder mit militärischer Gewalt als Kolonien unter sich auf, um den Untergang des Kapitalismus zeitweilig aufzuhalten. Durch zusätzliche Nachfrage in den Kolonien könnten die Unterkonsumtionskrisen ( Krisentheorie) verhindert werden, durch Ausbeutung der dortigen Arbeiter und billige Rohstoffimporte könne daneben der tendenzielle Fall der Profitrate abgewendet werden (R. Luxemburg). 2. Nach der Imperialismustheorie von Lenin ( MarxismusLeninismus) bewirkt der Kapitalexport in die Kolonien, dass für das in den kapitalistischen Staaten verbleibende Kapital die Profitrate entgegen der Tendenz nicht falle, da so die negativen Auswirkungen der Akkumulation neutralisiert würden. Ausbeutung und Verelendung träfen nun nicht die Arbeiter in den kapitalistischen Staaten, sondern diejenigen in den Kolonien. Die in den Kolonien erzielten Gewinne könnten von den Monopolen zur Bestechung der Arbeiterführer und damit ebenfalls zur Systemstabilisierung verwendet werden. Nachdem jedoch alle Länder zwischen den Monopolen aufgeteilt wären, wirkten diese Mechanismen nicht mehr, und das Ende des Kapitalismus ließe sich nicht mehr aufhalten. 3. Modifizierung der Imperialismustheorie durch Einführung einer weiteren neoimperialistischen Entwicklungsphase, da sich die Leninsche Vorhersage auch nach Beendigung der Kolonialära nicht erfüllte: Zwar seien die ehemaligen Kolonien nur formell unabhängig, der Einfluss der Monopole sei jedoch durch ihr dortiges wirtschaftliches Engagement weiterhin dominierend, die Zwänge der internationalen Arbeitsteilung hielte die weniger entwickelten Staaten in einem Zustand permanenter Abhängigkeit. 4. Bedeutung/Beurteilung:
Importmultiplikator a) Marx'sche bzw. Lenin'sche Imperialismustheorie: Bei ihr handelt es sich um eine Adhoc-Hypothese, mit deren nachträglicher Einfügung in das Entwicklungsschema des historischen Materialismus die Marx'sche Vorhersage vor der Widerlegung durch die geschichtliche Realität immunisiert werden soll (vgl. auch Staatsmonopolkapitalismus, Spätkapitalismus). Die Zusammenbruchsvorhersage der Leninschen ImperialismusTheorie ist an ihrer Nichterfüllung gescheitert. b) Die Theorie des Neoimperialismus lässt unberücksichtigt, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit auch wirtschaftliche Selbstständigkeit der ehemaligen Kolonien von den dort vorhandenen Ressourcen und deren internationalen Knappheiten sowie insbes. von der Effektivität der nationalen Wirtschaftsordnung abhängt. Von einer naturgesetzlichen Unterordnung dieser Staaten unter den Willen supranationaler Großunternehmen kann daher nicht gesprochen werden. Import, Einfuhr, sämtliche die Grenzen des
Inlandes überschreitende(n) Lieferungen, Zahlungen, Übertragungen oder Verbringung z. B. von (1) Waren (Warenimport), (2) Dienstleistungen (Dienstleistungsimport), (3) Kapital (Kapitalimport) oder (4) Abfall (Abfallimport). Vgl. auch Export. besondere Form eines nichttarifären Handelshemmnisses. Das importierende Land beschränkt die Importmenge. Vgl. auch freiwillige Exportbeschränkung, Handelspolitik. Importbeschränkung,
Importlizenz, Importquote. Importmultiplikator, Multiplikator, der (in Analogie zum Exportmultiplikator) die Änderung des Volkseinkommens infolge einer Importänderung um eine Einheit angibt. Kommt z. B. eine Importsteigerung aufgrund einer Wechselkursänderung zustande, nimmt das Volkseinkommen entsprechend dem Importmultiplikator um das Mehrfache der ursprünglichen Importsteigerung ab (negativer Importmultiplikator). Das Umgekehrte gilt unter Annahme nicht ausgelasteter Kapazitäten bei Substitution von Importen durch Inlandsproduktion (positiver Importmultiplikator).
Importquote Importquote. Anteil der Ausgaben Importe (Importwert) am Volkseinkommen ( Sozialprodukt); Maßstab für die Importabhängigkeit des Inlandes. Gegenteil: Exportquote.
190 unterschiedliche Nutzenniveaus auf der gleichen Indifferenzkurve repräsentieren würde. Ihre Krümmung hängt vom Grad der Substituierbarkeit der betreffenden Güter ab. Bei vollkommener Substituierbarkeit verlaufen sie gradlinig.
Importstruktur. 1. Zusammensetzung der
Importe eines Landes nach Gütergruppen. 2. Regionale Aufteilung der Importe nach Herkunftsländern; erklärt durch die reale Außenwirtschaftstheorie. Vgl. auch Handelsstruktur, Handelstheorie. Importsubstitution. 1. Begriff: Importsub-
stitution liegt vor, wenn der Importanteil am inländischen Gesamtangebot sinkt. Bei wachsender Wirtschaft kann sie also auch bei absolut zunehmenden Importen stattfinden. Zu unterscheiden: a) Natürliche Importsubstitution: Ergebnis des Strukturwandels unter Freihandelsbedingungen, verursacht durch internationale Verschiebungen der Angebotsund Nachfragebedingungen. b) Wirtschaftspolitisch induzierte Importsubstitution (Importsubstitutionsstrategie): I. d. R. mit dem Begriff gemeint und besonders für Entwicklungsländer diskutiert. Importsubvention, tarifäre Handels-
hemmnisse. Incentives. Durch wirtschafts- oder finanz-
politische (insbes. steuerliche) Maßnahmen bewirkte Erhöhung der (ökonomischen) Leistungsbereitschaft, die sich für die privaten Haushalte meist in einer Erhöhung des Arbeitsangebots und für die Unternehmen meist in einer Erhöhung der Investitionen äußert. Gegensatz: Disincentives.
Indikatoren, Beschäftigungsindikatoren, Konjunkturindikatoren, monetäre Indikatoren ( Zwischenziele der Geldpolitik), Nachhaltigkeitsindikatoren, soziale Indikatoren, Umweltindikatoren.
indirekte Demokratie, repräsentative Demokratie; Staatsform, bei der öffentliche Angelegenheiten durch Abstimmungen in Parlamenten entschieden werden und die Bürger nur indirekt, durch die periodische Wahl des Parlamentes Einfluss nehmen können. Vgl. Neue Politische Ökonomie. indirekte Steuern, Gruppe von Steuern (
Steuerklassifikation), die nicht durch Veranlagung direkt beim Steuerpflichtigen anknüpft, sondern an der Verwendung seines Einkommens. Beispiele: Verbrauch- und Verkehrsteuern. Indirekte Steuern werden beim Güterhersteller bzw. -vertreiber erhoben und ganz oder teilweise in deren Preisen auf den Abnehmer überwälzt. In den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) machen die indirekten Steuern zusammen mit den Subventionen, den Unterschied zwischen dem Nettosozialprodukt zu Marktpreisen und dem Nettosozialprodukt zu Faktorkosten (Volkseinkommen) aus. Gegensatz: direkte Steuern. indirekte Subvention, Steuervergünsti-
gung. Income Terms of Trade. Index der Im-
portkapazität bzw. der Kaufkraft der Exporterlöse; eines der Konzepte der Terms of Trade, das zu den Commodity Terms of Trade auch noch die Veränderung der Exportmenge berücksichtigt. Die Income Terms of Trade ermittelt man durch Division der Exporterlöse mit den Importpreisen. Indifferenzkurve, analytisches Instrument
der Haushaltstheorie, das alle die Gütermengenkombinationen darstellt, die dem Haushalt den gleichen Nutzen stiften, denen er folglich indifferent gegenübersteht. Widerspruchsfreie Indifferenzkurvensysteme können sich nicht schneiden, da ein Schnittpunkt
Individualeinkommen. 1. Begriffe: a) Das einer Person oder einem Haushalt während einer Periode zufließende Entgelt für den Einsatz von Arbeit oder Kapital (Produktionsaspekt vor der Umverteilung). b) Geldbetrag oder sonstige Mittel, die einer Person oder einem Haushalt in einer Periode zur Deckung des Bedarfs an wirtschaftlichen Gütern (ohne Rückgriff auf vorhandenes Vermögen) zur Verfügung stehen (Verfügungsaspekt nach der Umverteilung). 2. In gesamtwirtschaftlicher Betrachtung: unter dem Produktionsaspekt Anteil der privaten Haushalte am Volkseinkommen, unter dem
191
Industriepolitik
Verfügungsaspekt ihr verfügbares Einkommen. Individualethik, Ethik, ethik, Unternehmensethik.
Wirtschafts-
Individualgut, private Güter; Wirtschaftsgüter, die in der freien Marktwirtschaft von privaten Anbietern angeboten werden. Gegensatz: öffentliche Güter; vgl. auch meritorische Güter. Individualismus. Mit Individualismus werden sozialtheoretische Konzeptionen bezeichnet, in denen das Individuum eine zentrale Stellung einnimmt: 1. Der Methodologische Individualismus bezeichnet eine Konzeption von positiver Sozialwissenschaft, die aggregierte gesellschaftliche Phänomene erst dann als erklärt ansieht, wenn sie auf das Handeln von Individuen zurückgeführt bzw. aus individuellen Entscheidungen abgeleitet sind (z. B. mit Hilfe des Homo oeconomicus) 2. Der Normative methodologische Individualismus sieht Regeln, Institutionen, Verfassungen erst dann als legitimiert an, wenn sie auf die ex- oder impliziten Willensentscheidungen der Betroffenen zurückgeführt werden (können) ( Konsensethik). 3. Unter Ethischem Individualismus versteht man eine Position, die dem Individuum in Fragen der Moral Vorrang vor den Forderungen und Interessen der Allgemeinheit gibt. Individualprinzip, Sozialpolitik. Individualschutz, Wettbewerbspolitik. Induktion, logisches Verfahren, bei dessen
Anwendung vom Besonderen (einzelne Beobachtungen) zum Allgemeinen ( Theorie) vorangeschritten wird. Induktion wird häufig als die realwissenschaftliche Vorgehensweise dargestellt. Gegensatz: Deduktion. Industrialisierung, volkwirtschaftlicher Prozess, der durch eine signifikante Zunahme der gewerblichen Gütererzeugung ( sekundärer Sektor) auf Kosten des Agrarbereiches ( primärer Sektor) gekennzeichnet ist. Diese erfolgt mit wachsendem Maschineneinsatz in großgewerblicher, arbeitsteiliger Massenproduktion. Industriekonzept, relevanter Markt.
industrielle Revolution, im frühen 19. Jh. in Analogie zum Begriff politische Revolution eingeführter Ausdruck. Bezeichnet einen raschen Wandel von Produktionstechniken und wirtschaftlich-gesellschaftlichen Strukturen. Ursprünglich bezogen auf die Phase der Einführung neuer Kraft- und Werkzeugmaschinen und den Beginn der Fabrikindustrie in England am Ende des 18. Jh. auf die Erstindustrialisierungsphasen anderer Länder übertragen. industrieller Sektor, sekundärer Sektor. industrielles Ökosystem, Leitbild für die
Gestaltung der industriellen Zivilisation. Um die langfristige Tragfähigkeit ( nachhaltige Entwicklung) der Industriegesellschaften bezüglich der Biosphäre zu ermöglichen, muss sich deren Umgang mit Energie, Stoffen und natürlichen Ressourcen am Vorbild biologischer Ökosysteme orientieren. Voraussetzung für ein industrielles Ökosystem sind: Effizienzrevolution, integrierter Umweltschutz, ökologische Kompatibilität, präventiver Umweltschutz, Systemmanagement. Vgl. auch Umweltpolitik. Industrieökonomie,
Wettbewerbs-
theorie. Industrial Policy; im weiteren (angelsächsischen) Sinne ist die Industriepolitik die gezielte Beeinflussung der sektoralen Produktionsstruktur einer Volkswirtschaft durch den Staat. Sie ist damit Teil der Strukturpolitik, zu der u. a. auch die Regionalpolitik, die Technologiepolitik, die Verkehrspolitik und die Energiepolitik gerechnet werden. Abgrenzung: Zielobjekt der Industriepolitik sind stets Teilbereiche (i. d. R. Branchen), nicht die Volkswirtschaft als Ganzes. Makroökonomische Politiken zählen also nicht dazu. Im Unterschied zu der heute üblichen Begriffsabgrenzung wurde im älteren deutschen Sprachgebrauch unter Industriepolitik diejenige Politik verstanden, die sich auf den industriellen Sektor richtet, im Unterschied etwa zur Handwerkspolitik oder zur Agrarpolitik. Gelegentlich wird Industriepolitik auch mit der politischen Einflussnahme der Industrie gleichgesetzt. Industriepolitik,
induzierte Größen induzierte Größen, ökonomische Variab-
len eines Modells, deren Entwicklung von anderen ökonomischen und außerökonomischen Größen beeinflusst wird. Beispiel: Als induzierter Konsum wird derjenige Teil des Konsums bezeichnet, der durch das Volkseinkommen bestimmt wird. Die Trennung von induzierten und autonomen Größen ist eine modelltheoretische Vereinfachung. inferiores Gut, gemäß Haushaltstheorie
ein Gut, dessen Nachfrage bei steigendem Einkommen nur unterproportional mit einer Einkommenselastizität der Nachfrage < 1 ansteigt (relativ inferiores Gut) oder sogar abnimmt (absolut inferiores Gut.) Dabei handelt es sich in der Regel um geringerwertige Güter, die mit steigendem Einkommen durch höherwertige ersetzt werden. Inflation. I . B e g r i ff . 1. Allgemein: International durchgesetzt hat sich die symptomorientierte Definition, wonach Inflation einen Prozess anhaltender allgemeiner Preissteigerungen beschreibt. Voraussetzung hierfür ist, dass die in Geldeinheiten ausgedrückten Einzelpreise für Güter die wahren Knappheitsverhältnisse an den jeweiligen Märkten widerspiegeln. Dies ist näherungsweise der Fall in Volkswirtschaften mit überwiegend marktwirtschaftlicher Ordnung. Als gewogener Durchschnitt aller Einzelpreise lässt sich das allgemeine Preisniveau (für Güter und Dienste) berechnen, eine ebenfalls in Geldeinheiten definierte Größe. Die Entwicklung des allgemeinen Preisniveaus im Zeitablauf ist zugleich ein Maß für Änderungen der Kaufkraft des Geldes. Bezeichnet P das allgemeine Preisniveau, so ist 1/P als die Kaufkraft des Geldes (z.B. eines EUR) definiert, und einem anhaltenden Anstieg von P äquivalent ist ein anhaltender Kaufkraftschwund des Geldes. Diese Zusammenhänge verdeutlichen, dass Inflation die Existenz und Verwendung eines umlaufenden Zahlungsmittels voraussetzt. Inflation ist ein ausschließlich geldwirtschaftliches Phänomen. 2. Arten: Analog zu dem so definierten Inflationsbegriff wird ein Prozess anhaltender allgemeiner Preisrückgänge (ein empirisch selten beobachtetes Phänomen) als Deflation bezeichnet. Deflation beschreibt einen Prozess der wirtschaftspolitisch gesteuerten Rückführung eines als zu hoch empfundenem Preissteigerungstempos auf
192 ein tolerierbares Maß. Als Hyperinflation wird ein Prozess extrem hohen Geldentwertungstempos bezeichnet. I I . M e s s u n g : In der Praxis erfolgt die Messung der Kaufkraftentwicklung anhand von Preisindices, die als Approximationen der Variablen Preisniveau fungieren. Preisindices können grundsätzlich entweder nach dem LaspeyresIndex oder nach dem Paasche-Index berechnet werden. Das Statistische Bundesamt berechnet und publiziert monatlich mehrere Preisindices nach dem Laspeyres-Verfahren. Die Beurteilung der allgemeinen Kaufkraftentwicklung orientiert sich in der EU in jedem Mitgliedland an dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), während sich die EZB mit ihrer Geldpolitik an dem Verbraucherpreisindex der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (VPI-EWU) orientiert, der ein Aggregat des HVPI der Länder der Eurozone darstellt. I I I . A u s w i r k u n g e n . 1. Generelle Auswirkungen: Vorübergehende Inflationsprozesse oder die Anpassungsprozesse im Gefolge einer dauerhaften Änderung der monetären Expansionsrate gehen einher mit typischen Einkommens-, Beschäftigungs-, Reallohn-, Realzinsund Nominalzinseffekten, die sich jedoch kaum allein der Inflation als Ursache zurechnen lassen. Sie sind vielmehr Ergebnis der mangelhaften Anpassungs- und Antizipationsfähigkeit des geldwirtschaftlichen Systems. Auch die sog. Verteilungswirkungen der Inflation sind vorübergehender Natur und verschwinden im Zeitablauf, wenn die Inflationsrate einen konstanten und allgemein antizipierten Wert annimmt. Hierzu zählen die Verschlechterung der relativen Realeinkommensposition der Empfänger von Transferleistungen, der Rückgang des real verfügbaren Einkommens bei progressivem Steuertarif oder die Benachteiligung von Gläubigern bei längerfristiger Nominalzinsbildung (vgl. auch Verteilungsinflation). 2. Spezielle Auswirkungen: a) Als eigenständige Wirkung einer perfekt antizipierten konstanten Inflationsrate bleibt der Wohlfahrtsverlust des privaten Sektors im Umfang der um die Inflationssteuer höheren Opportunitätskosten der Kassenhaltung. Diesem entspricht eine permanente Vermögensumverteilung zugunsten des Staates. b) Risikoprämie: Ein zusätzlicher Effekt ergibt sich bei starken Schwankungen der Inflationsrate. Die Unsicherheit der Inflationsprognose führt bei risikoscheuen Marktteilnehmern zur Einbe-
193 ziehung einer Risikoprämie in die Realzinserwartungen. Die Risikoprämie treibt einen Keil zwischen den vom Anleger erwarteten und den vom Investor kalkulierten Ex-anteRealzins mit dem Ergebnis, dass das Tempo der Kapitalakkumulation und damit die Wachstumsrate des Potentialoutputs sinken. c) Zusätzliche Allokationsverluste resultieren aus dem Signal-Extraktions-Problem. Dieses beruht darauf, dass Inflation den Informationsgehalt der Marktpreise beeinträchtigt. Während bei Preisstabilität jede Veränderung einzelner Marktpreise Ausdruck veränderter Knappheitsrelationen (relativer Preise) ist, bewirkt Inflation eine zusätzliche, allgemeine Preisveränderungskomponente. Wird ein allgemeiner Preisanstieg irrtümlich als Anstieg des relativen Preises einzelner Güter interpretiert, so ergeben sich Fehlallokationen (Insel-Parabel). d) Die gravierendsten und die geldwirtschaftliche Ordnung gefährdenden Wirkungen aber resultieren aus inflationären Prozessen, die sich einstellen, wenn die Inflationsteuer zur dominierenden Einnahmequelle des Staates wird. Diese Situation ergibt sich erfahrungsgemäß, wenn sich die Wirtschaft auf anhaltend hohe Inflationsraten eingestellt hat: In vielen Bereichen, einschließlich der Steuerund Transfersysteme, werden Indexierungen vorgenommen; die Fristigkeit von Kreditverträgen sinkt extrem. Jetzt entfällt der progressionsbedingte Einkommensverteilungseffekt zugunsten des Staates; hinzukommt, dass sich mit der Inflation die Steuerzahlungsdisziplin verschlechtert. So nimmt der zeitliche Abstand zwischen Entstehung und Zahlung der Steuerschuld zu, und der Realwert der Steuereinnahmen sinkt. Das staatliche Defizit steigt und ist immer schwerer durch Ausweitung des nominalen Geldumlaufs zu decken, weil die reale Geldnachfrage sinkt. Im Zahlungsverkehr wird die nationale Währung zunehmend durch andere Zahlungsmittel ersetzt. Die Inflation akzeleriert zur Hyperinflation, die nur durch radikale fiskalische Konsolidierung in Verbindung mit einer Währungsreform gestoppt werden kann. Inflationsbekämpfung. Steigt das Preisniveau in einer Volkswirtschaft stärker als es den Stabilitätsvorstellungen der Gesellschaft entspricht (in der EU werden maximal 2 % jährlicher Preissteigerung als tolerabel angesehen), ist es Aufgabe der Geldpolitik, zur
Informationsasymmetrie Inflationsdämpfung beizutragen. Da Preisniveausteigerungen auf die Dauer nicht ohne eine übermäßige Ausweitung der Geldmenge möglich sind, liegt es in der Macht einer von Weisungen unabhängigen Zentralbank, den Spielraum zur Überwälzung von Preisanhebungen über eine restriktive Zinspolitik zu verengen. Allerdings kann die Zentralbank ihren Auftrag nicht allein erfüllen. Sie benötigt eine gewisse Stabilitätskultur in der Gesellschaft. Insbesondere braucht sie Unterstützung durch eine zurückhaltende staatliche Ausgaben- und Verschuldungspolitik und durch maßvolle Lohn- und Gehaltsabschlüsse der Tarifpartner. Inflationsimport, Kaufkraftparität. inflationsneutrale Arbeitslosigkeit,
Arbeitslosigkeit. Inflationstheorien, Inflation. inflatorische Lücke, Gap. Information. 1. Begriff: Nachricht, durch
die beim Wirtschaftssubjekt bestehende Wahrscheinlichkeitsurteile bezüglich entscheidungsrelevanter Daten oder Ereignisse (z. B. Tauschmöglichkeiten oder technische Innovationen) verändert werden. 2. Merkmale: (1) Eine Information kann als immaterielles Gut charakterisiert werden, das i. d. R. auch bei mehrfacher Nutzung nicht verbraucht wird. Informationskäufer erhalten eine meist zu geringen Grenzkosten herstellbare Kopie der Information, können aber die Rechte der Informationsnutzung in vollem Umfang erwerben. Als wirtschaftliches Tauschobjekt im engeren Sinne ist deshalb nicht die Information selbst, sondern das Recht, sie zu nutzen, zu betrachten ( Verfügungsrechte). (2) Informationen zeichnen sich des Weiteren dadurch aus, dass sie insbesondere angesichts neuerer Informations- und Kommunikationstechniken extrem schnell und preiswert transportierbar sind. (3) Wegen der erwähnten Eigenschaften treten bei der Produktion und Distribution von Informationen erhebliche Economies of Scale auf. Informationsasymmetrie. 1. Unterschei-
dung: a) Das Problem der asymmetrischen Information unter Marktteilnehmern wird auch in der ökonomischen Vertragstheorie
Informationsaustausch ( Agency-Theorie) thematisiert. Bei Ex ante-Informationsasymmetrie fehlen einem Akteur Informationen über die Eigenschaften potenzieller Transaktionspartner bzw. das von diesen angebotene Gut. Diese Informationsasymmetrie wird als Hidden Characteristics bezeichnet. b) Ex-post-Informationsasymmetrie kann in Hidden Action und Hidden Information unterteilt werden. (1) Im Falle von Hidden Action fehlen dem Akteur Informationen über das Verhalten seines Transaktionspartners, z. B. einem Unternehmer über das Verhalten eines Mitarbeiters. (2) Im Falle von Hidden Information fehlen dem schlechter informierten Vertragspartner Informationen über Umweltzustände, die zur Beurteilung der Leistung des Partners notwendig sind. 2. In ökonomischen Vertragsmodellen sind Informationssymmetrien deshalb zu beachten, weil sie zu opportunistisch ausbeutbaren Verhaltensspielräumen von Transaktionspartnern führen. Eventuelle negative Folgen dieser Verhaltensspielräume durch geeignete Mechanismen der Anreizund Risikoallokation zu begrenzen, ist Anliegen der normativen ökonomischen Vertragstheorie. Informationsaustausch, Hurwicz-Kri-
terium. Informationsbedarf. 1. Der objektive Informationsbedarf leitet sich aus den zu erfüllenden Aufgaben eines Entscheidungsträgers ab und gibt an, welche Informationen er verwenden sollte. 2. Der subjektive Informationsbedarf geht von der Sichtweise des Bedarfsträgers aus und umfasst jene Informationen, die diesem zur Erfassung und Handhabung von Problemen relevant erscheinen. Vgl. auch Informationsbeschaffung, Informationsüberlastung, kritische Erfolgsfaktoren.
Ökonomisches Grundprinzip für die Informationsbeschaffung ist die Regel, dass im Gleichgewicht die Kosten einer zusätzlichen Information ihrem Wert entsprechen müssen. Ist die Beschaffung einer zusätzlichen Information teurer als ihr Erwartungswert ( Informationswert) rechtfertigt, so ist jede weitere Informationsbeschaffung ineffizient. Vgl. auch Informationsüberlastung, kritische Erfolgsfaktoren, Informationsbedarf, Konstitutioneller Wissensmangel. Informationsbeschaffung.
194 Informationsbewertung, Informations-
wert. Informationsbionik, Teilbereich der Bionik, untersucht die Hardware und Organisation der Informationsübertragung und verarbeitung in biologischen Systemen, z. B. im Nervensystem und im Gehirn. Das Gehirn dient seit langem als Vorbild für das Design von Rechnerarchitekturen (Entwicklung künstlicher neuronaler Netze). Die Informationsbionik ist insbesondere für eine am Ökologie-Konzept und Systemmanagement orientierte Umweltpolitik von Bedeutung. Informationsdienste, Informationspro-
duktion. Informationseigenschaften von Gütern.
1. Stärker als Unsicherheit über die Verteilung der Preise wirkt sich auf vielen Märkten die Unsicherheit der Nachfrager über die Qualität von Gütern aus. Die Unsicherheit über die wahren Qualitätseigenschaften von Gütern hat Nelson aufbauend auf dem Suchmodell von Stigler modelliert. Nelson geht davon aus, dass die unterschiedlichen Qualitätsvorstellungen, die ein Nachfrager bezüglich eines bestimmten Gutes haben kann, durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung von Nutzenwerten analog zu der Stiglerschen Wahrscheinlichkeitsverteilung für Preise ausgedrückt werden können. Die Kosten der Informationssuche bestehen dann in der Differenz der Nutzengrößen beim Kauf eines zufällig gewählten Exemplars der gesuchten Güterart gegenüber dem Kauf des besten Exemplars aus einer bestimmten Stichprobe der vorhandenen Exemplare. 2. Bekannter geworden ist Nelson jedoch durch seine Unterscheidung von Gütern nach der Art der Informationsbeschaffung über Güter: er unterscheidet zwischen Such-, Erfahrungs- und Vertrauensgütern mit entsprechend unterschiedlich hohen Informationskosten. Begriff zur Kennzeichnung eines fortgeschrittenen Entwicklungsstadiums von Wirtschaft und Gesellschaft, in dem die Informations- und Kommunikationsdienstleistungen im Vergleich zur industriellen Warenproduktion, aber auch zu den traditionellen Dienstleistungen (v. a. Handel und Verkehr) Bedeutung
Informationsgesellschaft,
195 gewonnen haben. Vgl. auch tungsgesellschaft.
Informationsüberlastung
Dienstleis-
Informationsleistung, Informationspro-
duktion. Informationsmärkte. Informationsmärkte
können als Inputmärkte für die Produktion von anderen Gütern und Leistungen betrachtet werden. Auf Informationsmärkten können Informationen jedoch ebenso unabhängig von ihrer güterwirtschaftlichen Verwendung gehandelt werden, wie Finanzdienstleistungen und deren Derivate auf den Finanzmärkten. So entsteht vor allem angesichts der Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechniken und deren zunehmend preiswerter Verfügbarkeit (z. B. über Information Highways oder Internet) eine große Anzahl neuer Dienstleistungen. Informationsvermittlung wird dabei von Informationsbrokern erbracht, die sich auf den kommerziellen Handel mit Informationen spezialisieren. Informationsnutzung, Rechte an Infor-
mationen. Informationsökonomik. Gegenstand der
Informationsökonomik ist die Analyse ökonomischer Systeme unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass die Wirtschaftssubjekte im Allgemeinen unter unvollständiger Information bzgl. Gegenwart und Zukunft entscheiden und handeln. Die Akteure entscheiden und handeln somit einerseits unter Ungewissheit. Andererseits sind die menschlichen Möglichkeiten, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und zu kommunizieren begrenzt. Diese Grenzen der Informationsbeschaffung und -verarbeitung durch die Akteure finden durch die Verhaltensannahme der begrenzten Rationalität Eingang in das Theoriegebäude der Neuen Institutionenökonomik. Informationsökonomik im weiteren Sinne bezeichnet alle Untersuchungen, die sich mit den Auswirkungen unterschiedlicher Informationsbedingungen auf die Funktionsweise ökonomischer Systeme (wie Unternehmen, zwischenbetriebliche Kooperationsformen, Märkte, Gesamtwirtschaft) beschäftigen. Im engeren Sinne kann Informationsökonomik als die ökonomische Analyse der Informationsbeschaffung bezeichnet werden. Die Informationsökonomik schließt nahtlos an
andere Bereiche der Neuen Institutionenökonomik an, indem neben eigenständigen Modellen auch bewährte theoretische Instrumente insbesondere aus dem Bereich der Agency-Theorie und der Transaktionskostenökonomik zur Untersuchung informationsökonomischer Fragestellungen benutzt werden. Informationsparadoxon. Bei der Ermitt-
lung eines Informationswertes kann ein Bewertungsparadoxon auftreten: Eine angebotene Information kann erst dann bewertet werden, wenn sie bekannt ist. Ist sie jedoch bekannt, so besteht kein Anreiz mehr, für ihren Erwerb eine Gegenleistung zu entrichten. Deshalb sind Informationslieferungen durch spezielle Vertragsmechanismen zu sichern oder an besondere Vertrauensbeziehungen gebunden. Vgl. auch Konstitutioneller Wissensmangel. Informationspathologie. Man spricht von
einer Informationspathologie, wenn in einer Organisation Faktoren vorliegen, die die Qualität der Informationsversorgung von Entscheidungsträgern systematisch negativ beeinflussen. Unterscheiden lassen sich strukturbedingte Informationspathologie (z. B. aufgrund übermäßiger Hierarchie oder Zentralisierung) und doktrinbedingte Informationspathologie (aufgrund vorherrschender Ideologie oder Kultur). Informationsproduktion. Betrachtet man Information als handelbare Ressource, so ist ihre Produktion nicht nur für den Nutzer selbst, sondern auch für spezialisierte Informationsproduzenten attraktiv. Als Konsequenz der Aufgabenteilung zwischen Informationsproduzent und -nutzer entstehen neue Märkte für Informationsleistungen, sog. Informationsmärkte.
Informationsschutz, Rechte an Infor-
mationen. Informationssuche, Suchtheorie. Informationsüberlastung, Information Overload. Die Konfrontation mit zu vielen Informationen kann beim Individuum eine Informationsüberlastung erzeugen, da die simultane Informationsverarbeitungskapazität eines Akteurs auf etwa 6-7 Kategorien begrenzt ist. Durch Zusammenfassung meh-
Informations- und Kommunikationssysteme rerer Kategorien zu einer neuen Einheit (Chunk) kann das Individuum jedoch auf Überlastung reagieren. Vgl. auch Informationsbeschaffung, Informationsbedarf. Informations- und Kommunikationssysteme, vereinigen personelle (Qualifika-
tion, Motivation), organisatorische (Aufbauund Ablauforganisation) und technische (Hard- und Software) Komponenten zum Zwecke der Informationsversorgung von Akteuren, die die Systemstruktur bestimmen. Informations- und Kommunikationstechnik, Informationsökonomik, In-
formationsmärkte. Informationsverarbeitungskapazität,
Informationsüberlastung. Informationswert, Differenz des Erwartungswertes des Handlungsnutzens mit der Information abzüglich des Erwartungswertes des Handlungsnutzens ohne die Information. Davon zu subtrahieren sind die Kosten der Informationsbeschaffung. Vgl. auch Informationsökonomik, Informationsparadoxon. Informationszweck, Informationswert. informeller Sektor. Folge des Beschäfti-
gungsproblems der Entwicklungsländer. Er umfasst die ökonomischen Aktivitäten der Menschen außerhalb formell geregelter Sektoren (formeller Sektor) und ist gekennzeichnet durch arbeitsintensive Produktion, geringe Eintrittsschranken (wie z. B. Ausbildungsnachweis), Verwendung einheimischer Ressourcen, angepasste und einfache Technologien, kleine Betriebsgrößen (meist Einzel- oder Familienunternehmen), schlechte Bezahlung und geringen gewerkschaftlichen Organisationsgrad, niedrige Qualifikationsanforderungen, die außerhalb des formalen Schulsystems erworben werden sowie unregulierte, dem freien Wettbewerb unterworfene Märkte. Vgl. auch Entwicklungstheorie. Infrastruktur, Infrastrukturkapital. Unter
Infrastruktur versteht man die Grundausstattung einer Volkswirtschaft (eines Landes, einer Region) mit Einrichtungen, die zum volkswirtschaftlichen Kapitalstock gerechnet werden können, die aber für die
196
private Wirtschaftstätigkeit den Charakter von Vorleistungen haben. Klassische Beispiele sind Verkehrsnetze sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen, ohne die eine privatwirtschaftliche Produktion nicht oder zumindest nur mit geringerer Effizienz möglich wäre (wirtschaftsnahe Infrastruktur). Infrastrukturkapital, Infrastruktur. Infrastrukturpolitik. 1. Begriff und Gegenstand: Infrastrukturpolitik bezeichnet die Gesamtheit der politischen Maßnahmen, die auf die angemessene Versorgung einer Volkswirtschaft mit Einrichtungen der Infrastruktur abzielt. 2. Ziele und Aufgaben der Infrastrukturpolitik können aus allgemeineren (wirtschafts-) politischen Zielen abgeleitet werden: Das mögliche Wachstum einer Volkswirtschaft hängt wesentlich vom Zuwachs des Kapitalstocks ab. Hierzu tragen sowohl die privatwirtschaftlichen Investitionen als auch die Infrastrukturinvestitionen bei. 3. Träger: Infrastrukturpolitik ist eine Querschnittsaufgabe über verschiedene Bereiche der Wirtschafts- und Finanzpolitik. In Deutschland befinden sich, dem föderativen Staatsaufbau entsprechend, Träger der Infrastrukturpolitik auf den Ebenen des Bundes, der Bundesländer sowie der Kommunen. Hinzu kommt die supranationale Ebene der Europäischen Union ( EU, EFRE). 4. Finanzierung: Finanzierungsseitig ist die Infrastrukturpolitik bei öffentlicher Trägerschaft in das allgemeine Einnahmenund Ausgabensystem des Staates eingebunden. Abweichend von der ökonomischen Charakterisierung der meisten Infrastruktureinrichtungen als Investitionsgüter werden Infrastrukturausgaben des Staates nicht nur als Veränderung des Finanzvermögens ( Finanzwissenschaft) behandelt, sondern häufig als laufende Verwaltungsausgaben. Einnahmen fließen entweder im Rahmen der allgemeinen Steuererhebung zu (nicht zweckgebundene Einnahmen) oder in Form von Gebühren oder Entgelten, die wiederum zweckgebunden verwendet werden können ( Abgaben). 5. Privatwirtschaftliche Lösungen: Nach traditioneller Auffassung ist Infrastrukturpolitik eine Aufgabe der öffentlichen Hand. Begründet wird dies damit, dass Infrastruktureinrichtungen typischerweise Merkmale öffentlicher Güter, teils sogar meritorischer Güter aufweisen. Vor dem Hintergrund der allgemein schon hohen
197 Belastungen der öffentlichen Haushalte, nicht zuletzt wegen des erheblichen zusätzlichen Infrastrukturbedarfs in den neuen Bundesländern, werden aber auch Möglichkeiten einer (teilweise) privaten Erbringung von Infrastrukturleistungen diskutiert.
Input-Output-Analyse on an Inländer geleisteten Einkommen im Sozialprodukt enthalten, im Inlandsprodukt nicht. Vgl. auch Inlandskonzept. Innovation, dynamische komparative
Vorteile.
Inkrementalismus, Begriff der finanzwis-
Innovationsförderung. 1. Begriff: Maß-
senschaftlichen Budgetlehre: Die Bedarfsanmeldungen der einzelnen Verwaltungsstellen werden von unten nach oben gesammelt, koordiniert und mit Zu- oder Abschlägen versehen als Haushaltsplan vorgestellt. Der Inkrementalismus kann zur Inflexibilität des Haushalts führen (vgl. auch politische Programmfunktion). Gegensatz: programmorientierte Haushaltsplanung.
nahmen der Wirtschaftsförderung, die den Unternehmen die Durchführung von Innovationen erleichtern sollen. 2. Ziele: Stärkung der Fähigkeit und Bereitschaft der Unternehmen, ihre Position im (insbes. auch internationalen) Wettbewerb durch innovatorische Bemühungen zu verbessern. Beschleunigung der Realisierung technischen Fortschritts auf Unternehmensebene, bezogen auf die Entwicklung neuer Produktionsverfahren (Verfahrensinnovationen) und/oder neuer Produkte (Produktinnovationen). 3. Formen: a) Unterstützung der Unternehmen bei eigenen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (allgemein oder projektbezogen). b) Förderung der Forschungskooperation oder der Auftragsforschung (vor allem für kleine und mittlere Unternehmen ohne ausreichende eigene Forschungsabteilung). c) Erleichterung des Zugangs zu neuem Wissen durch Beratung und Vermittlung technologischer Informationen ( Technologietransferförderung). d) Unterstützung bei der Markteinführung neuer Produkte. 4. Instrumente und Träger: a) In Deutschland erfolgt die direkte Projektförderung überwiegend durch zweckgebundene Finanzzuwendungen. b) Indirekte Instrumente der Innovationsförderung zielen auf die Beseitigung von Innovationsengpässen ohne nähere Spezifizierung der Innovationsziele. c) Förderung der Informationsbeschaffung durch staatlich finanzierte Beratung oder kostenlose Inanspruchnahme von Technologie-TransferAgenturen. Kooperationsförderung insbes. in Europa durch Programme wie EUREKA.
Inländerkonzept, Begriff der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR): Inländer sind alle Wirtschaftseinheiten (Institutionen und Personen), die ihren ständigen Sitz bzw. Wohnsitz im Bundesgebiet haben. Für die Abgrenzung ist i. A. die Staatsangehörigkeit ohne Bedeutung. Beim Inländerkonzept werden die Einkommen und die Ausgaben von Inländern unabhängig vom Ort der zugehörigen Produktion zusammengefasst. Z. B. wird das Sozialprodukt nach dem Inländerkonzept gebildet, d. h. es enthält die Erwerbs- und Vermögenseinkommen aus dem Ausland und enthält nicht die an das Ausland geleisteten, obwohl im Bundesgebiet entstanden. Anders: Inlandskonzept. Inlandskonzept, Begriff der volkswirt-
schaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR). Beim Inlandskonzept werden Einkommen und Ausgaben nach dem Ort der zugehörigen Produktion zusammengefasst, unabhängig von der Zugehörigkeit des die Transaktion tätigenden Wirtschaftssubjekts. Z. B. enthält das Inlandsprodukt (nur) alle im Bundesgebiet aus Produktion entstandenen Einkommen, gleichgültig, ob sie In- oder Ausländern zufließen. Anders: Inländerkonzept. Inlandsprodukt, Produktionsergebnis einer Periode im Inland. Unterscheidet sich vom Sozialprodukt durch die grenzüberschreitenden Erwerbs- und Vermögenseinkommen: Diejenigen solcher Einkommen, die von einer inländischen Produktionsstätte an Ausländer geleistet werden, sind im Inlandsprodukt enthalten, im Sozialprodukt nicht. Umgekehrt sind die aus ausländischer Produkti-
Inputauflage, Umweltpolitik. Input-Output-Analyse, volkswirtschaftli-
che Modellrechnung, in der mit Hilfe von Input-Output-Tabellen volkswirtschaftliche Prognosen oder Simulationen ausgeführt werden. In der einfachen Form geht man von der Annahme aus, dass der Einsatz von Produktionsfaktoren (Inputs) der Höhe des in der Analyse zu variierenden Produktionsausstoßes (Output) proportional ist. Diese Mo-
Input-Output-Tabellen delle werden für Produktions- und für Preisuntersuchungen verwendet. Input-Output-Tabellen, Input-Output-
Analyse, VGR. Insolvenzgeld. 1. Begriff: Entgeltersatzlei-
tung der Bundesagentur für Arbeit (gem. §§ 183 ff. SGB III) zur Sicherung der Entgeltansprüche von Arbeitnehmern aus den letzten drei Monaten a) vor Insolvenzeröffnung oder b) Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder c) vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit. Anspruch auf Insolvenzgeld hat auch der Erbe des Arbeitnehmers. 2. Anspruchsübergang: Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen, gehen mit dem Antrag auf Insolvenzgeld auf die Bundesagentur über. 3. Höhe: Das Insolvenzgeld entspricht dem rückständigen Nettoarbeitsentgelt, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze (2009: monatlich 5.400 EUR/West, 4.550 EUR/Ost) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird. 4. Sozialversicherungsbeiträge: Die Arbeitsagentur zahlt für die letzten drei Monate auch die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung. 5. Antragsfrist: Das Insolvenzgeld muss spätestens 2 Monate nach Insolvenzeröffnung, Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder Beendigung der Betriebstätigkeit beantragt werden. 6. Finanzierung (§§ 358 ff. SGB III): Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes wird durch eine monatliche Umlage allein von den Arbeitgebern aufgebracht, die dem Insolvenzrecht unterliegen (Insolvenzgeldumlage). Seit dem 1.1.2009 wird die Umlage in Höhe von 0,1 % (Umlagesatz) aus dem rentenversicherungspflichtigen Bruttoentgelt der Arbeitnehmer bis zur Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung berechnet. Die Krankenkassen ziehen die Insolvenzgeldumlage ein und leiten sie an die Bundesagentur für Arbeit weiter. Für Arbeitnehmer mit geringfügiger Beschäftigung ist sie an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ( Minijob-Zentrale) abzuführen. Insolvenzgeldumlage, Insolvenzgeld.
198 Institut der Deutschen Wirtschaft e.V., von Verbänden und Unternehmen der privaten Wirtschaft getragenes Wirtschaftsforschungsinstitut; Sitz in Köln. Arbeitsgebiet: Umweltschutz und Beschäftigung; betriebliche Vermögensbeteiligung; Humanisierung der Arbeitswelt; internationale Vergleiche von Arbeitskosten, Rendite und Eigenkapitalausstattung; öffentliche Haushalte und Verwaltung. Weitere Informationen unter www.iwkoeln.de Institut für Konjunkturforschung,
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Institut für Weltwirtschaft (IfW), 1914
gegründetes, unabhängiges Wirtschaftsforschungsinstitut an der Universität Kiel. Arbeitsgebiete: Außenwirtschaftspolitik und Weltwirtschaftsentwicklung; Entwicklungspolitik; Wachstums- und Strukturpolitik; Rohstoff- und Energiepolitik; Regional- und Verkehrspolitik; Staat und Wirtschaft; Analyse und Prognose der deutschen und internationalen Konjunktur. Einzelheiten unter www.uni-kiel.de/ifw Institut für Wirtschaftsforschung Halle, IWH. Institution, Verfügungsrechte Vgl. auch Ordnungsökonomik, konstitutioneller Wissensmangel, Neue Institutionenökonomik.
Institutionalismus, Anfang des 20. Jh. an
Bedeutung gewinnende Richtung amerikanischer Nationalökonomen. Anknüpfend an die Historische Schule betont der Institutionalismus die historische Interpretation ökonomischer Wirklichkeit: (1) Hervorhebung der Dynamik des Wirtschaftsablaufs gegenüber der Statik des Gleichgewichts; (2) Darstellung soziologischer, psychologischer und rechtlicher Phänomene und deren Einfluss auf Wirtschaftsordnung und -verhalten; (3) Bestimmung des Wirtschaftsablaufs durch die beteiligten Institutionen. institutionelle Theorie der Haushaltung, Haushaltstheorie. institutionelle Verteilung, Verteilung der Einkommen auf die Klassen der unselbstständig Beschäftigten ( Arbeitnehmer) und
199 Selbstständigen. Da z. B. einzelne Haushalte Einkommen aus verschiedenen ökonomischen Funktionen beziehen können, erweitert die institutionelle Verteilung die funktionelle Einkommensverteilung um die Querverteilung. Institutionenethik, Wirtschaftsethik. Institutionenschutz, Wettbewerbspoli-
tik. intangible Effekte, Auswirkungen wirtschaftlicher Aktivität, die sich einer ökonomischen Bewertung entziehen, z. B. durch Umweltschäden hervorgerufene Beeinträchtigungen von Wohlbefinden und Gesundheit. Die Umwelt- und Ressourcenökonomik strebt danach, Umwelteffekte möglichst einer Monetarisierung zugänglich zu machen und damit intangible Effekte zurückzudrängen.
Internalisierung externer Effekte einen integrierten Umweltschutz ist die Identifizierung von ökologisch relevanten Belastungen im Sinne der Produktlinienanalyse. Dem integrierten Umweltschutz erwachsen Kostenvorteile gegenüber dem additiven Umweltschutz. Vgl. auch industrielles Ökosystem, präventiver Umweltschutz, Vorsorgeprinzip. Interdependenz, Bezeichnung für die gegenseitige Abhängigkeit und Beeinflussung volkswirtschaftlicher Größen. Beispiel: Oligopolistische Interdependenz. ( Wettbewerbstheorie). Vgl. auch Totalanalyse. Interdependenzkosten, alle Kosten, die
einem Bürger entstehen, wenn eine Angelegenheit politisch entschieden wird. Sie bestehen aus den Entscheidungskosten und den externen Kosten einer Entscheidung gegen den Willen des Bürgers.
Integration. I . A u ß e n w i r t s c h a f t : 1. Be-
griff: Verschiedenste Formen der Zusammenführung zweier oder mehrerer Volkswirtschaften zu einem homogeneren Ganzen. Dies reicht von der Verringerung von tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen bis zur Vereinheitlichung verschiedener Bereiche der Wirtschaftspolitik. Als Handelspolitik bedeutet Integration die Verringerung oder Beseitigung von Handelshemmnissen zwischen den integrierenden Ländern, bei Aufrechterhaltung der Handelshemmnisse gegenüber Drittländern. Behalten die Länder ihre eigenen Handelspolitiken gegenüber Drittländern, dann spricht man von einer Freihandelszone, gehen sie zu einer gemeinsamen Handelspolitik nach außen über, spricht man von einer Zollunion. Vgl. auch internationale Organisationen. 2. Wirkungen: Handelsschaffung, Handelsumlenkungseffekt. I I . U n t e r n e h m e n s t h e o r i e : Grenzen der Unternehmung, Theorie der Mehrproduktunternehmung, Transaktionskostentheorie der Unternehmung. I I I . We t t b e w e r b s t h e o r i e : Unternehmenskonzentration.
Interdisziplinarität; die Einbeziehung von
Erkenntnissen möglichst aller durch ein Problem tangierter Fachdisziplinen. Zur Schaffung interdisziplinärer Lösungen bedarf es einer Brückensprache. Vgl. auch Ökologie-Konzept, Systemmanagement. Interessenausgleich, Äquivalenzprin-
zip. Interessengruppen. Organisierte Gruppen
(z. B. Verbände), die versuchen, den Willensbildungsprozess der staatlichen Entscheidungsträger zu beeinflussen, meist um Privilegien zu erwirken ( Rent Seeking). Intergeneration-Equity-Prinzip, ähnlich
dem Pay-as-you-use-Prinzip. Zukünftige Generationen sollten zur Finanzierung heutiger öffentlicher, kreditfinanzierter Aufgaben beitragen, wenn es sich um die gesamte Gesellschaft angehende Aufgaben handelt (z. B. Beseitigung von Kriegs(folge-)schäden). Interimsabkommen, Europa-Abkom-
men. integrierte ländliche Entwicklung,
Entwicklungspolitik. integrierter Umweltschutz, durch belastungsvermeidende Wahlentscheidung bereits bei der Leistungserstellung ansetzende Form des Umweltschutzes. Voraussetzung für
interindustrieller
Handel,
intrain-
dustrieller Handel. Internalisierung externer Effekte. 1. Begriff: Anlastung von externen Kosten bzw. Vergütung von externen Erträgen beim
Internalisierungsstrategien
200
Verursacher. Durch die Internalisierung soll die durch externe Effekte bedingte Fehlallokation ( Marktversagen) beseitigt werden. Die Internalisierung externer Effekte führte zur Übereinstimmung zwischen privater und gesamtwirtschaftlicher Rentabilitätsrechnung ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). 2. Maßnahmen: Die Internalisierung externer Kosten und Erträge kann vor allem durch eine entsprechende Änderung des Rechtsrahmens erreicht werden. Negative externe Effekte können durch Entschädigung internalisiert werden. Externe Erträge können beispielsweise über Subventionen oder durch die Einräumung des Patentschutzes für Inventionen internalisiert werden. Eine vollständige Internalisierung externer Effekte ist in der Praxis jedoch insbesondere wegen der Probleme einer ökonomischen Bewertung von Umweltschäden kaum möglich. Das Prinzip kann jedoch als Leitbild der Umweltpolitik dienen. Internalisierungsstrategien, Umwelt-
und Ressourcenökonomik. International Atomic Energy Agency,
Internationale Atomenergie-Organisation; IAEA.
International Bank for Reconstruction and Development, Internationale Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung; IBRD. International Chamber of Commerce,
Internationale Handelskammer; ICC. International Development Association, Internationale Entwicklungsorganisa-
tion; IDA. Internationale Arbeitsorganisation (IAO),
International Labour Organization; ILO. Internationale Atomenergie-Organisation, International Atomic Energy Agency;
IAEA. Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Weltbank, International
Bank for Reconstruction and Development; IBRD.
internationale Direktinvestition, Form
der internationalen Kapitalanlage von Ersparnissen, die mit der Managementkontrolle
über das investierte Kapital verbunden ist. In der Regel mit der Entstehung von multinationalen Unternehmungen verbunden. Vgl. auch internationale Faktorwanderungen. Internationale Energieagentur, Interna-
tional Energy Agency; IEA. Internationale Entwicklungsorganisation, International Development Associati-
on; IDA. internationale Faktormobilität, Grad der
Reagibilität internationaler Faktorwanderungen auf internationale Faktorpreisunterschiede. Bei perfekter internationaler Faktormobilität würden Faktorwanderungen sofort und in solchem Ausmaß erfolgen, dass internationaler Faktorpreisausgleich erfolgt. Anders: intersektorale Faktormobilität. Vgl. auch internationale Kapitalmobilität. internationale Faktorwanderungen. Internationale Bewegungen von originären Produktionsfaktoren; bei Arbeit: Migration; bei Kapital: Unterscheidung zwischen Finanzkapitalbewegungen und Sachkapitalwanderungen. Sachkapitalbewegungen verändern wie Migration die Faktorausstattung eines Landes. Finanzkapitalbewegungen können auch ohne Veränderung der Realkapitalausstattung eines Landes stattfinden, und zwar einfach durch Erwerb oder Verkauf von Eigentumsrechten an bestehendem Sachkapital und den damit verbundenen Einkommensansprüchen ( internationaler Kapitalverkehr, internationale Kapitalmobilität). Die internationale Faktormobilität kann durch die subjektive Bindung der Faktoreigner an einzelne Länder oder durch wirtschaftspolitische Maßnahmen (Migrationspolitik, internationale Kapitalverkehrskontrollen) beschränkt sein. Internationale Finanzkorporation, Inter-
national Finance Corporation; IFC. Internationale Handelskammer, Inter-
national Chamber of Commerce; ICC. internationale Kapitalbewegungen. 1. Begriff: Transaktionen zwischen Volkswirtschaften, die i. d. R. Änderungen von Höhe und/oder Struktur ihrer Nettoauslandsposition bewirken. Sie werden in der Zahlungsbilanz erfasst. 2. Systematisierung nach
201 verschiedenen Kriterien: a) Autonome versus induzierte internationale Kapitalbewegungen: Autonome internationale Kapitalbewegungen beruhen auf unabhängig gefassten Entscheidungen, d. h. werden losgelöst von anderen internationalen Transaktionen bzw. anderen Zahlungsbilanzposten durchgeführt. Induzierte internationale Kapitalbewegungen resultieren aus Saldenänderungen anderer Positionen der Zahlungsbilanz (z. B. Finanzierung eines Leistungsbilanzdefizits, Devisenmarktinterventionen der Zentralbank). b) Kurzfristige versus langfristige internationale Kapitalbewegungen: Als kurzfristige internationale Kapitalbewegungen zählen solche mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr, solche mit längerer Laufzeit gelten als langfristige internationale Kapitalbewegungen. Bei den langfristigen internationalen Kapitalbewegungen wird weiter unterschieden zwischen Direktinvestitionen und Wertpapieranlagen von Ausländern im Inland bzw. Inländern im Ausland ( Portfolioinvestitionen). c) Unentgeltliche versus entgeltliche internationale Kapitalbewegungen: Im Gegensatz zu unentgeltlichen internationalen Kapitalbewegungen (z. B. einseitige Übertragungen) ziehen entgeltliche internationale Kapitalbewegungen kompensierende Leistungszuflüsse bzw. -verpflichtungen nach sich. d) Nach der Erfassung in der Zahlungsbilanz: Internationale Kapitalbewegungen von privaten Wirtschaftssubjekten, Wirtschaftsunternehmen und öffentlichen Haushalten werden in der BRD in der Kapitalbilanz bzw. Übertragungsbilanz erfasst, solche der Zentralbank in der Devisenbilanz. internationale Kapitalmobilität, in der monetären Außenwirtschaftstheorie verwendeter Begriff für den Grad der internationalen Verflechtung der Kapitalmärkte. Bei Abwesenheit von internationalen Kapitalverkehrskontrollen und bei Risikoneutralität der Anleger liegt perfekte Kapitalmobilität vor, es kommt zur ungedeckten Zinsparität. Andernfalls entstehen Risikoprämien. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie. internationale Kapitalverkehrskontrollen, administrative Behinderungen des in-
ternationalen Kapitalverkehrs in Gestalt von Steuern auf Kapitalimporte bzw. Kapitalexporte, aber auch in Form von Mengenre-
internationale Ordnungsökonomik striktionen bzw. Genehmigungspflichten. Vgl. auch internationale Kapitalmobilität, Zahlungsbilanzausgleichstheorie. International Energy Agency, Internatio-
nale Energieagentur; IEA. internationale Ordnungsökonomik. Die Ordnungsökonomik hat eine internationale Dimension. Sie ergibt sich daraus, dass zwischen den Volkswirtschaften ein Austausch von Gütern und Diensten sowie die Wanderung von Produktionsfaktoren möglich ist und dass diese Austausch- und Wanderungsbeziehungen durch politische Maßnahmen einzelner Staaten, aber auch von Staatengruppen (z. B. der EU) beeinflusst werden können. Sowohl die grenzüberschreitenden Transaktionen, die mit Tausch und Wanderung verbunden sind, als auch die politischen Maßnahmen sind institutionell geprägt und beeinflussen Struktur sowie Dynamik der betroffenen Volkswirtschaften. 1. Grenzüberschreitende Transaktionen: Markthandlungen oder Transaktionen beinhalten den Austausch von Handlungsrechten. a) Institutionentheoretische Einordnung: Grenzüberschreitende Transaktionen beinhalten i. d. R. den Austausch zwischen verschiedenen Privatrechtssystemen. Institutionenökonomisch betrachtet unterscheiden sich grenzüberschreitende Transaktionen von binnenwirtschaftlichen Transaktionen aufgrund der Territorialität des Privatrechts. Es sind Transaktionen zwischen Rechtsordnungsfremden. b) Probleme der Rechtsdurchsetzung: Transaktionen zwischen Rechtsordnungsfremden sind in spezifischer Weise unsicher, weil es kein staatsübergreifendes Gewaltmonopol gibt. Ansprüche gegenüber einem Rechtsordnungsfremden können nicht ohne weiteres durchgesetzt werden, da dieser einem anderen Gewaltmonopol unterworfen ist. Sie lassen sich nur durch Rechtshilfe des anderen Gewaltmonopols absichern. Die Rechtshilfe erfordert ihrerseits Verträge zwischen den betroffenen souveränen Staaten, für die es aber keine Durchsetzungsinstanz gibt. Rechtsdurchsetzungsprobleme beim grenzüberschreitenden Tausch verursachen Transaktionskosten ( Transaktionskostenökonomik). Sie sind umso größer, je mehr Rechtsterritorien in ein Transaktionsgeflecht einbezogen werden sollen. 2. Internationale Ordnungspolitik: Souveräne Staaten können auf unterschiedliche Weise Ein-
internationale Organisationen kommen und Einkommenserzielungschancen von Rechtsordnungsfremden beeinflussen und damit internationale Konflikte verursachen. a) Interessenkonflikte: Beispiele für solche konfliktträchtigen Handlungen sind Handels- und Konvertibilitätsbeschränkungen sowie Wechselkursmanipulationen. Das ordnungspolitische Problem beruht darin, dass es an einer von allen Nationalstaaten akzeptierten Organisation fehlt, welche Regeln für internationales Wohlverhalten durchsetzen könnte. Trotz Abwesenheit einer solchen Organisation interagieren auch Regierungen weltweit in einer Art und Weise, in der Erwartungen über Handlungen anderer relativ große Aussicht haben, bestätigt zu werden. Insofern ist es auch in diesem Fall gerechtfertigt, von einer internationalen Handelnsordnung zu sprechen. b) Kollektivgutprobleme: Als Regelsystem hat die internationale Ordnung wie zuvor dargelegt die Besonderheit, eine Ordnung ohne hierarchische Spitze zu sein. Zu diesem Regelsystem gehört nicht zuletzt das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen ( GATT) bzw. neuerdings die Welthandelsorganisation ( WTO). Es dient der Vorbeugung bzw. Beilegung von Konflikten, die sich aus international relevanten wirtschaftspolitischen Maßnahmen ergeben könnten. Wie die nationalstaatlichen Regelsysteme hat auch die internationale Wirtschaftsordnung Eigenschaften eines öffentlichen Kapitalgutes. Als Kollektivgut zeichnet sich die Ordnung durch Nichtrivalität ( Nichtrivalitätsaxiom) aus. Ausschluss ist zwar grundsätzlich möglich, aber nicht wünschenswert, wenn die Vorteile einer internationalen Arbeitsteilung und generell die friedensstiftende Wirkung von Handel gewährleistet werden soll. c) Arten der Konfliktregelung: Da Konflikte nicht ausgeschlossen werden können, erfordert die Sicherung der internationalen Wirtschaftsordnung institutionelle Vorkehrungen zur Konfliktregelung. Die Kompetenz zur Klage wegen eines Regelverstoßes kann auf drei verschiedene Arten zugewiesen werden: Erstens könnte eine Klagebefugnis auf die Regierungen beschränkt werden, die behaupten, durch Regelverstöße einer anderen Regierung geschädigt zu werden. Zweitens könnte auch Privatrechtssubjekten eine Klagebefugnis eingeräumt werden. Drittens könnte eine internationale Anwaltschaft eingerichtet werden, die den Auftrag hätte, ein Verfahren gegen Regierungen anzustren-
202 gen, wann immer es Gründe für die Vermutung gibt, dass Regeln verletzt worden sind. Das GATT bzw. die WTO sehen als Vorkehrung zur Konfliktregelung derzeit nur die erstgenannte Möglichkeit vor. Die derzeit bestehenden Sanktionsmechanismen leiden unter mehreren Schwächen, die zum größeren Teil durch das Bestehen auf nationalstaatlicher Souveränität zu erklären sind. internationale Organisationen, stellen
auf Dauer angelegte funktionale Zweckverbindungen von Staaten mit eigenen Organen dar, deren Einrichtung auf völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten oder privatrechtliche Vereinbarungen zurückgeht, wobei (in weiter Auslegung) auch die Rechtsform von nationalen Vereinen mit internationaler Mitgliedschaft möglich ist. Oft werden auch supranationale Organisationen als Internationale Organisationen bezeichnet (z. B. EU). internationale Portfolioinvestition, rein
renditeorientierte grenzüberschreitende Finanzanlage, die in keiner Weise mit der Managementkontrolle über das investierte Kapital verbunden ist. Vgl. auch internationaler Kapitalverkehr, internationale Direktinvestition. Internationaler Agrar-Entwicklungsfonds, International Fund for Agricultural
Development; IFAD. internationaler
Faktorpreisausgleich,
Faktorpreisausgleichstheorem.
Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung, Internationaler
Agrar-Entwicklungsfonds; International Fund for Agricultural Development, IFAD. Internationaler Gerichtshof, UN. internationaler Kapitalverkehr, grenzüberschreitender Tausch von Finanzaktiva, entweder in Form eines Kapitalexports oder eines Kapitalimports. Vgl. auch Zahlungsbilanz, internationale Kapitalmobilität, Zahlungsbilanzausgleichstheorie. internationaler Konjunkturzusammenhang, internationaler Konjunkturverbund;
1. Begriff: Internationale Übertragung (nationaler) Konjunkturschwankungen. 2.
203
internationales Steuerrecht
Übertragungsmechanismus: Durch Importe und Exporte werden die Konjunkturschwankungen übertragen; dies ist bei festen Wechselkursen stärker ausgeprägt als bei flexiblen Wechselkursen.
national Trade Center, ITC.
ger für eine Weltsozialpolitik. Weltweite internationale Zusammenarbeit der Nationalstaaten vollzieht sich seit der Gründung der Vereinten Nationen ( UN) am 26.6.1945 in deren Rahmen und insbesondere in deren Sonderorganisation, der Internationalen Arbeitsorganisation ( ILO). Von besonderer sozialpolitischer Bedeutung sind auch die entwicklungspolitischen UN-Organisationen sowie die Food and Agriculture Organization ( FAO), die Weltgesundheitsorganisation ( WHO) und das Weltkinderhilfswerk (UNICEF).
internationale Sozialpolitik. 1. Begriff: Über eine nationalstaatliche Sozialpolitik hinaus war die internationale Sozialpolitik bis in die Gegenwart in erster Linie durch bilaterale und multilaterale Abkommen in Bezug auf Sozialpolitik gekennzeichnet. Die internationale Sozialpolitik konnte einen Einfluss auf die Verbesserung der Lebenslagen in den einzelnen Ländern nur über die Ratifizierung der zwischenstaatlichen Abkommen durch die nationalstaatlichen Organe erlangen. Dabei orientieren sich internationale Vereinbarungen eher an den Schlusslichtern als an den Vorreitern der sozialpolitischen Entwicklung. 2. Sozialpolitik in der Europäischen Union: a) In der Europäischen Union ( EU) ist ein selbstständiger übernationaler Träger von Politik in Europa entstanden. Der Europäische Rat kann auf Initiative der Kommission sowie unter Mitwirkung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses im Rahmen der Verträge durch Verordnungen auch unmittelbar als Träger von Sozialpolitik in den Mitgliedstaaten tätig werden. b) Abgesehen von der Reichweite der Beiträge der EU zur sozialpolitischen Willensbildung in den Mitgliedstaaten bleibt die Kompetenz der EU zur Setzung sozialpolitischer Normen mit unmittelbarer Geltung für die Bürger zwar im Wesentlichen auf den Bereich der für die Freizügigkeit und das Wirken des Wettbewerbs im Einheitlichen Binnenmarkt bedeutsamen Regelungen begrenzt. Angesichts einer auch durch das Subsidiaritätsprinzip nicht eingeschränkten extensiven Auslegung dieser Kompetenz ist aber mindestens mit einer Einflussnahme von EU-Organen und mit einer zunehmenden Einschränkung des nationalen sozialpolitischen Handlungsspielraumes durch die EU zu rechnen. 3. Weltsozialpolitik: a) Bislang gibt es keinen Trä-
internationales Steuerrecht. I . B e g r i ff : 1. Das internationale Steuerrecht i. e. S. erfasst alle dem Völkerrecht zugehörigen, steuerlich relevanten Normen des staatlichen Kollisionsrechts, d. h. diejenigen Normen, die die Abgrenzung der sich überschneidenden Steuerhoheiten zum Gegenstand haben. 2. Das internationale Steuerrecht. i. w. S. umfasst neben den dem Völkerrecht zugehörigen, steuerlich relevanten Normen des staatlichen Kollisionsrechts auch jene Normen des jeweils nationalen Steuerrechts, die die Abgrenzung der sich überschneidenden Steuerhoheiten regeln. I I . Q u e l l e n : 1. Das nicht kodifizierte völkerrechtliche Gewohnheitsrecht, soweit es für die Besteuerung von Bedeutung ist. 2. Die bilateralen oder multilateralen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). 3. Andere bilaterale oder multilaterale Abkommen steuerlichen Inhalts, wie etwa Amts- und Rechtshilfeabkommen, die steuerlich relevanten Normen der EG oder des GATT usw. 4. Entscheidungen internationaler Gerichte mit steuerlicher Bedeutung. 5. Zum internationalen Steuerrecht i. w. S. gehört auch das nationale Außensteuerrecht. I I I . P r i n z i p i e n : Hauptanliegen des internationalen Steuerrechts ist es, einerseits Doppelbesteuerungen zu vermeiden oder zu mildern und andererseits aus der Sicht der beteiligten Fiski unerwünschte steuersparende Gestaltungsmöglichkeiten abzubauen. Die wichtigsten Prinzipien des internationalen Steuerrechts: 1. Souveränitätsprinzip: Es besagt, dass die souveränen Staaten in der Ausübung ihrer Steuergewalt und in der Festlegung der Steueransprüche in ihrem Hoheitsgebiet autonom sind. 2. Universalitäts- (bzw. Totalitäts-) und Territorialitätsprinzip: Regeln den Umfang des Steueranspruches, den ein Staat für ein bestimmtes
internationaler
Preiszusammenhang,
Kaufkraftparität.
Internationaler Währungsfonds, IWF. Internationales Handelszentrum, Inter-
internationales Währungssystem Steuergut geltend macht. a) Beschränkt sich der Steueranspruch auf den inländischen Teil eines Steuergutes (z. B. inländisches Einkommen, inländisches Vermögen usw.), so spricht man vom Territorialitätsprinzip. Es entspricht der beschränkten Steuerpflicht. b) Erfasst der Steueranspruch dagegen das weltweite Steuergut (z. B. das Welteinkommen oder Weltvermögen) eines Steuerpflichtigen, so folgt dieser Steueranspruch dem Universalitäts- oder Totalitätsprinzip. Es entspricht der unbeschränkten Steuerpflicht. 3. Nationalitäts- und Wohnsitzstaatsprinzip: Bestimmen den Kreis der Steuerpflichtigen, der der unbeschränkten Steuerpflicht und damit der Besteuerung nach dem Universalitätsprinzip unterliegt. a) Knüpft die unbeschränkte Steuerpflicht an die Merkmale Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt (bei natürlichen Personen) bzw. Sitz oder Ort der Geschäftsleitung (bei juristischen Personen) an, so spricht man von Wohnsitzstaatsprinzip. b) Ist die unbeschränkte Steuerpflicht dagegen an die Nationalität gebunden, so handelt es sich um das Nationalitätsprinzip. 4. Wohnsitz- und Ursprungsprinzip regeln die Begrenzung der Steueransprüche zwecks Vermeidung oder Milderung der Doppelbesteuerung bei den Steuern auf Einkommen und Vermögen. Wohnsitzprinzip bedeutet, dass die Erfassung eines Steuergutes grundsätzlich im Wohnsitzstaat erfolgt, und zwar unabhängig davon, in welchem Staat dieses Steuergut entstanden bzw. belegen ist (z. B. das weltweit erwirtschaftete Einkommen eines Steuerpflichtigen wird in seinem Wohnsitzstaat besteuert). 5. Bestimmungsland- und Ursprungslandprinzip regeln die Begrenzung der Steueransprüche bei den indirekten Steuern, insbesondere bei der Umsatzsteuer. a) Wird bei grenzüberschreitendem Warenverkehr das Recht auf Erhebung einer allgemeinen und/oder speziellen Verbrauchsteuer dem Bestimmungsland (Verbrauchsland) des Warenverkehrs zugewiesen, so folgt diese Zuteilung des Besteuerungsrechts dem Bestimmungslandprinzip. b) Hat umgekehrt das Land, von dem der Warenverkehr ausgeht (Ursprungsland), das Besteuerungsrecht, so spricht man von Ursprungslandprinzip. Derzeit wird fast in allen Steuerordnungen bereits das Bestimmungslandprinzip angewandt, so dass Doppelbesteuerungskonflikte bei den indirekten Steuern selten bis gar nicht auftreten. Allerdings soll im Rahmen der Verwirklichung des
204 Europäischen Binnenmarktes bei der Umsatzsteuer für innergemeinschaftliche Lieferungen und Leistungen vom Bestimmungslandprinzip auf das Ursprungslandprinzip übergegangen werden. 6. Freistellungsund Anrechnungsprinzip betreffen die Frage, in welcher Weise der Wohnsitzstaat eines Steuerpflichtigen die Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und Vermögen an Stelle oder in Ergänzung zu den unter 4. genannten Prinzipien zur Begrenzung der Steueransprüche vermeiden oder zumindest mildern will. a) Freistellungsprinzip bedeutet, dass der Wohnsitzstaat die dem Quellenstaat zugeteilten Steuergüter von der inländischen Besteuerung freistellt. b) Anrechnungsprinzip bedeutet dagegen, dass der Wohnsitzstaat zwar das Besteuerungsrecht des Quellenstaates akzeptiert, jedoch auf sein eigenes Besteuerungsrecht nicht verzichtet. Er rechnet lediglich die bereits entrichteten Steuern nach verschiedenen Verfahren an (vgl. Doppelbesteuerung). internationales Währungssystem, Sammelbegriff für alle Regelungen, welche die monetären Aspekte der internationalen Wirtschaftsbeziehungen betreffen. Elemente: Ausmaß der Wechselkursflexibilität ( Devisenmarkt), im Fall fixer Wechselkurse: Detailgestaltung der Verpflichtung zu Devisenmarktinterventionen, Ausmaß an internationaler Kapitalmobilität bzw. Ausmaß und Art der internationalen Kapitalverkehrskontrollen. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Wechselkurspolitik, Bretton Woods System. internationale Transfers, einseitige, (oh-
ne unmittelbare Gegenleistung erfolgende) Güterübertragungen. Vgl. auch Zahlungsbilanz. internationale Verteilung. 1. Allgemein:
Die internationale Verteilung hat viele Aspekte, z.B. eine wachsende Lücke der ProKopf-Einkommen zwischen armen und reichen Ländern. 2. Alle Länder weisen eine ungleiche Einkommensverteilung auf, sie ist aber in den Entwicklungsländern wesentlich ungleicher als in den Industrieländern. 3. Armut: Nach Schätzungen der Weltbank ist die Gesamtzahl der in absoluter Armut lebenden Menschen im Verlauf der vergangenen zwei Jahrzehnte stark angewachsen, was wesentlich durch die Bevölke-
205
Interventionspflicht
rungszunahme bedingt ist. 4. Ursachen der Ungleichheit der Einkommensverteilung: Gelegentlich wird vermutet, dass die Ungleichheit der Einkommensverteilung mit zunehmender Entwicklung zunächst zu- und danach abnimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entwicklung der unterentwickelten Länder sehr differenziert verläuft. 5. Konsequenzen der internationalen Ungleichverteilung: Gerade in den armen Ländern ist das Bevölkerungswachstum hoch und behindert deren Entwicklung (sog. Armutsfalle). Die weltweite Ungleichverteilung führt zu sich verstärkenden Wanderungsbewegungen von Süden nach Norden und von Osten nach Westen, die zu erheblichen sozialen Spannungen führen ( Bevölkerungspolitik, Bevölkerungsökonomie). internationale
Währungspolitik,
Wechselkurspolitik, rungssystem. internationale
Wettbewerbsfähigkeit,
ist gegeben, wenn Unternehmen ihre Produkte auf ausländischen Märkten zu Preisen absetzen können, die die entstandenen Kosten decken und zudem noch eine angemessene Rendite erbringen (Preis-Wettbewerbsfähigkeit). Da auch nicht-preisliche Aktionsparameter wie Produktqualität, Zeitpunkt und Zuverlässigkeit der Lieferung sowie Finanzierungsbedingungen für den Absatzerfolg maßgeblich sind, muss der Begriff der Preis-Wettbewerbsfähigkeit um den der Nicht-Preis-Wettbewerbsfähigkeit erweitert werden. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes ergibt sich demnach aus der Aggregation der Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen. International Finance Corporation, In-
ternationale Finanz-Korporation; IFC. International Fund for Agricultural Development, Internationaler Agrar-Entwick-
lungsfonds; IFAD. International Labour Organization, In-
International
Monetary
Fund
(IMF),
Internationaler Währungsfonds; IWF.
les Handelszentrum; ITC. interner Arbeitsmarkt, Arbeitsmarkt. interpersoneller Nutzenvergleich. In der Wohlfahrtsökonomik für die Ableitung von Wohlfahrtsfunktionen vorgenommener Vergleich individueller Nutzen. Der interpersonelle Nutzenvergleich ist in der neueren Wohlfahrtsökonomik jedoch umstritten. Pareto lehnt ihn ab und entwickelt als Kriterium das Pareto-Optimum, um die Wünschbarkeit einer Wohlfahrtssteigerung beurteilen zu können. Die nicht-paretianische Wohlfahrtsökonomik leitet dagegen über interpersonelle Nutzenvergleiche eindeutige Wohlfahrtsaussagen mit Hilfe von Wohlfahrtsfunktionen ab ( Nutzentheorie).
internationales Wäh-
ternationale Arbeitsorganisation (IAO); ILO.
International Trade Center, Internationa-
intertemporaler Handel. Ein Land betreibt intertemporalen Handel, wenn es ein bestimmtes Gut in der Gegenwart exportiert, um dieses Gut in einer späteren Periode wieder zu importieren, oder umgekehrt. Betrachtet man die Gesamtheit aller Güter, so entsteht intertemporaler Handel, wenn ein Land in der gegenwärtigen Periode einen Handelsbilanzüberschuss aufweist, um in der Zukunft Handelsbilanzdefizite haben zu können (vgl. auch Zahlungsbilanz). Vgl. auch Handelstheorie. Interventionismus, ordnungsinkonforme staatliche Wirtschaftspolitik, die nicht an einem allgemeinen und in sich schlüssigen wirtschafts- oder ordnungspolitischen Leitbild ausgerichtet ist, sondern sich aus einem Bündel punktueller, nachträglich fallweise korrigierender, relativ unzusammenhängender und wenig vorausschauender Maßnahmen zusammensetzt. Anders: Dirigismus. Interventionspflicht, Verpflichtung der Zentralbank im System fixer Wechselkurse, durch Devisenkäufe bzw. -verkäufe am Devisenmarkt einzugreifen (zu intervenieren), wenn der Wechselkurs am Markt von der administrativ festgelegten Parität abweicht bzw. die Grenzen der Bandbreite um die Parität (Interventionspunkte) erreicht. Im System flexibler Wechselkurse besteht keine Interventionspflicht der Zentralbank.
Interventionspunkte Interventionspunkte,
206
Interventions-
pflicht. Intraindustrieller Handel. Weist ein Land innerhalb ein und derselben Industrie sowohl Exporte als auch Importe auf, so nennt man dies intraindustriellen Handel; empirisch vor allem für Industrieländer, und zwar selbst für sehr eng gefasste Industriedefinitionen beobachtbar. Intraindustrieller Handel wird in der realen Außenwirtschaftstheorie vor allem über Produktdifferenzierung und Größenvorteile erklärt. Vgl. auch HeckscherOhlin-Chamberlin-Modell, Handelstheorie. intramarginale Intervention, Zielzo-
nen-System. intrasektoraler Strukturwandel. In Abgrenzung zum sektoralen Strukturwandel bezeichnet man als intrasektoralen Strukturwandel Veränderungen in der Arbeitsteilung innerhalb einzelner Sektoren der Volkswirtschaft. Ein wichtiger Aspekt dabei betrifft Verschiebungen zwischen Produktions- und Dienstleistungstätigkeiten. Invalidität, Alterssicherung, unfähigkeitsrente.
Erwerbs-
1. Begriff: Zielgerichtete, i. d. R. langfristige Kapitalbindung zur Erwirtschaftung zukünftiger autonomer Erträge. 2. Arten: a) Nach der Art des Investitionsobjekts: z. B. Realinvestition (Investition in Sachvermögen) oder Finanzinvestition (Investition in Geldvermögen); b) nach dem Zweck: Gründungsinvestition (oder Errichtungsinvestition), Ersatzinvestition, Erweiterungsinvestition, Rationalisierungsinvestition. Vgl. auch Direktinvestitionen. Investition.
Investitionsfalle, tritt im Rahmen der ISLM-Analyse ( Keynessche Lehre) auf, wenn die Investitionen zinsunabhängig sind. In diesem Fall verläuft die IS-Kurve senkrecht im Einkommens-Zins-Diagramm, so dass eine Geldmengensteigerung das Realeinkommen unverändert lässt. Zwar sinkt der Zinssatz, doch die Investitionen bleiben konstant und mit ihnen das Realeinkommen. Investitionsförderung, Investitionshilfen, staatliche finanzielle Förderung gewerblicher
Investitionen; Bestandteil der Wirtschaftsförderung. 1. Investitionsförderung wird in der Regel als eine spezifische Förderung betrieben: a) Sektorale Investitionsförderung ist die Begünstigung der Investitionen von Unternehmen in bestimmten Wirtschaftszweigen. b) Regionale Investitionsförderung begünstigt Investitionen in bestimmten Regionen ( regionale Strukturpolitik, Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost). c) Investitionsförderung für bestimmte Unternehmensgruppen, insbes. kleine und mittlere Unternehmen ( Mittelstandsförderung). d) Begünstigung bestimmter Investitionstatbestände, z. B. Umweltschutzinvestitionen, Investitionen für Forschung und Entwicklung. 2. Instrumente: a) Steuerliche Anreize: (1) Sonderabschreibungen; (2) Investitionsfreibeträge (Minderung der SteuerBemessungsgrundlage) und Investitionsprämien (Abzug von der Steuerschuld); b) Direkte Finanzhilfen in Form von Investitionszulagen (zeitlich befristet in den neuen Bundesländern) oder Investitionszuschüssen; c) Zinsgünstige, langfristige Investitionskredite; d) Öffentliche Bürgschaften, die den Unternehmen eine bankmäßige Fremdfinanzierung ermöglichen, wenn bankübliche Kreditsicherheiten nicht ausreichend gestellt werden können oder das Investitionsvorhaben mit erhöhten Risiken behaftet ist (z. B. bei Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen). Investitionsfunktion, funktionale Beziehung zwischen den Investitionseinflussgrößen und der Höhe der Investitionsausgaben in der makroökonomischen Theorie. Die wahrscheinlich älteste Investitionsfunktion ist das Akzelerationsprinzip. Investitionshilfen,
Investitionsförde-
rung. Investitionsmultiplikator, die durch den
reziproken Wert der marginalen Sparquote bestimmte Messzahl, die im einfachen keynesianischen Gütermarktmodell angibt, um wie viel das Volkseinkommen steigt, wenn die Investitionsausgaben steigen. Investitionsquote, Investitionsrate; Anteil der Bruttoinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt ( Sozialprodukt). Investitionsrate, Investitionsquote.
207 Investitionsstruktur. 1. Aufgliederung der
gesamtwirtschaftlichen Bruttoinvestitionen nach Wirtschaftszweigen (sektorale Investitionsstruktur). 2. Aufgliederung nach Investitionskategorien, z. B. Bau-, Ausrüstungs-, Erweiterungsund Rationalisierungsinvestitionen. Investitionszulagen, Investitionsförde-
rung. Investitionszuschüsse, Investitionsför-
derung. Investivlohn, Vermögensumverteilungs-
IWF ITC, International Trade Center, Internationales Handelszentrum, im März 1964 mit Sitz in Genf gemeinsam von GATT und UNCTAD gegründete Organisation zur Förderung des Exports in Entwicklungsländern. Aufgaben: ITC führt Marktstudien durch und hilft beim Aufbau institutioneller Infrastruktur zur Handelsförderung (Gründung von Handelsförderungsorganisationen, Trade Promotion Organizations). Seit 1987 werden auch Unternehmen technische Hilfe zur Exportförderung angeboten. Hilfestellung umfasst Marketing, Produktion und Finanzierung von Exportprodukten. Weitere Informationen unter www.intracen.org
politik. IWF, Internationaler Währungsfonds, InterInvisible Hand, klassische Lehre, Tâ-
tonnement. Inzidenz. 1. Begriff: Wirkungen einer fi-
nanzpolitischen Maßnahme (z. B. Steuererhöhung, Ausgabenvariation) auf die Einkommensverteilung, wobei unterstellt wird, dass alle Überwälzungsvorgänge abgeschlossen sind. Aufgabe einer Inzidenzanalyse ist es, alle Unterschiede in der Einkommensverteilung ohne und mit finanzpolitischem Eingriff darzustellen. 2. Formen: a) nach der Berücksichtigung von Überwälzungsvorgängen: effektive Inzidenz, formale Inzidenz; b) nach der Art der Ausgaben- oder Einnahmenänderung: differenzielle Inzidenz, spezifische Inzidenz; c) nach der finanzpolitischen Maßnahme: Ausgabeninzidenz, Budgetinzidenz, Steuerinzidenz; d) nach dem Betrachtungsraum: makroökonomische Inzidenz, mikroökonomische Inzidenz. Irreversibilität, Nicht-Umkehrbarkeit, ins-
besondere in Bezug auf die Existenz und Beschaffenheit natürlicher Ressourcen bezogen. Beispiele: Ausrottung von Arten, Zerstörung von Landschaften, Abbau erschöpflicher Ressourcen. IS-Funktion, Keynessche Lehre. IS-LM-Modell, Keynessche Lehre. Isoquante, Produktionstheorie. Israel-Abkommen, Wiedergutmachung.
national Monetary Fund (IMF), internationale Organisation zur Schaffung geordneter Währungsbeziehungen zwischen den Mitgliedsländern mit Sitz in Washington, D. C. 1. Entstehung: Errichtet am 27.12.1945 zusammen mit der Weltbank auf der Grundlage des am 22.7.1944 vereinbarten Bretton-Woods-Abkommen ( BrettonWoods-System); Änderungen 1969 und 1978, um den geänderten Weltwährungsbedingungen Rechnung zu tragen. 2. Ziele: Erleichterung eines ausgeglichenen Wachstums des Welthandels. Zu diesem Zweck: Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Währungspolitik, mit der Herstellung der Konvertibilität der Währung und Errichtung eine multilateralen Zahlungssystems mit Beseitigung von Devisenverkehrsbeschränkungen, Errichtung eines finanziellen Beistandssystems für Länder zur Behebung von Zahlungsbilanzungleichgewichten. 3. Aktivitäten: a) IWF gewährt bei Zahlungsbilanzproblemen finanzielle Hilfen, deren Umfang sich an der Quote des betreffenden Landes orientiert. Ein automatisches Ziehungsrecht hat ein Land im Rahmen der sog. Reservetranche. Weitere Kreditansprüche von je 25 % seiner Quote werden nach Auflagen vergeben, wobei sie mit zunehmender Inanspruchnahme strenger werden. Zusätzlich gibt es Sonderfazilitäten. b) Ursprünglich galten fixe Wechselkurse, die nach Goldparität oder Dollarparität festgelegt waren (Bretton-Woods-System). Nur bei fundamentalem Ungleichgewicht der Zahlungsbilanz konnten Paritäten nach Konsultation mit dem IMF verändert werden. Seit der 2. Änderung des IWF-Abkommens (1978) sind die Mitglieder in der Wahl ihres
IWH Wechselkurssystems frei, verboten sind jedoch Wechselkursmanipulationen. Der IWF überwacht die Wechselkurspolitik der Mitgliedsländer. 4. Bewertung: Der IWF hat zur Linderung von Währungskrisen beigetragen. Wegen fehlender Disziplin des Reservewährungslandes USA geriet es ab 1970 in Schwierigkeiten, die zum Aufheben der festen Wechselkurse führte. Mit der Weltbank hat der IWF zur Überwindung des Problems der Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer beigetragen. Weitere Informationen unter www.imf.org IWH, Institut für Wirtschaftsforschung Halle;
Sitz in Halle (Saale), gegründet 1992. Selbstständiges, unabhängiges und gemeinnütziges
208 Wirtschaftsforschungsinstitut mit überregionaler Bedeutung, zählt daher zu den durch Bund und Länder gemeinsam geförderten Instituten. Hauptaufgaben: Beobachtung und Erforschung wirtschaftlicher Vorgänge des In- und Auslandes, Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen für wirtschaftspolitische Entscheidungen. Arbeitsgebiete: Wissenschaftliche Begleitung des Transformationsprozesses in Ostdeutschland, Analyse des strukturellen Wandels und der Konjunkturentwicklung in Deutschland, Arbeitsmarktfragen sowie Beobachtung und Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung in den Ländern Mittel- und Osteuropas. Weitere Informationen unter www.iwh.uni-halle.de
J Jahresgutachten, SVR. Jahreswirtschaftsbericht, nach dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) ein von der Bundesregierung jährlich im Januar vorzulegender Bericht, in dem enthalten sein müssen: a) Stellungnahme zum Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR); b) Jahresprojektion (Darlegung der für das laufende Jahr von der Bundesregierung angestrebten wirtschafts- und finanzpolitischen Ziele), die sich der Mittel und der Form der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) bedienen soll, ggf. mit Alternativrechnung; c) Darlegung der für das laufende Jahr geplanten Wirtschafts- und Finanzpolitik. Jahrgangsmodelle, Vintage-Modelle. Jahrhundertvertrag, Vereinbarung zwischen der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) und dem Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus (GVSt) über den Einsatz von deutscher Steinkohle bei der Stromerzeugung. Ein erster, 1977 abgeschlossener Vertrag sicherte, zusammen mit ergänzenden Vereinbarungen zwischen VDEW und industrieller Kraftwirtschaft sowie der Deutschen Bundesbahn, einen jahresdurchschnittlichen Absatz von 33 Mio. t SKE (Steinkohleeinheit) bis 1987. Eine 1980 zwischen VDEW und GVSt abgeschlossene Zusatzvereinbarung verlängert die Geltungsdauer bis 1995 und legt eine schrittweise Ausdehnung der Mengen auf zuletzt 47,5 Mio. t SKE pro Jahr (diese Mengen wurden später reduziert) fest, bis zu diesem Zeitpunkt hat die EG-Kommission den Jahrhundertvertrag vom Kartellverbot des europäischen Rechts (Art. 85 EWG-Vertrag) freigestellt. Die Durchführung des Jahrhundertvertrags wird durch die Subventionierung des Kohleeinsatzes bei der Stromerzeugung im Rahmen des dritten Verstromungsgesetzes
ermöglicht. Vgl. auch Ausgleichsabgabe.
Kohlepolitik,
Jewish Claims Conference (JCC), In-
teressenverband nicht in Israel lebender Juden, Wiedergutmachung. J-Kurven-Effekt, Hypothese über den Pro-
zess der Auswirkung einer realen Abwertung der inländischen Währung auf die Leistungsbilanz. Während bei Normalreaktion theoretisch eine Verbesserung der Leistunsbilanz zu erwarten ist, kann in der Praxis beobachtet werden, dass sich die Leistungsbilanz kurzfristig zunächst verschlechtert, bevor sie sich in einer J-förmigen Kurve erholt. Als Grund dafür wird die zeitliche Verzögerung der Export- und Importmengen auf die kurzfristig (in ausländischer Währung) eintretenden Preiseffekte angeführt. Job-AQTIV-Gesetz, am 1.1.2002 als Instrument der Arbeitsmarktpolitik in Kraft getretenes Gesetz, das im Schwerpunkt Aktivieren, Qualifizieren, Trainieren, Investieren und Vermitteln sollte. Zu den Eckpunkten des Gesetzes zählen die Verstärkung der Anstrengungen bei der Arbeitsvermittlung, nach denen (1) die Arbeitslosen durch persönliche Eingliederungspläne zur aktiven Mitwirkung verpflichtet werden sollen, (2) die Aus- und Weiterbildung gestärkt und betriebsnäher ausgestaltet werden soll und (3) die Job-Rotation als Regelinstrument der Beschäftigungsförderung und Weiterbildung eingesetzt werden soll. Dabei soll (4) ein Arbeitnehmer, der zur Weiterbildung freigestellt wird, durch einen bisher Arbeitslosen ersetzt werden, der für diese Zeit sozialversicherungspflichtig eingestellt wird, und für den (5) der Arbeitgeber einen Lohnkostenzuschuss zwischen 50 und 100 % der Lohnkosten erhalten soll. JOBBÖRSE, Stellen- und Bewerberbörse
der
Bundesagentur für Arbeit im Internet
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_10, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Job-Center ( www.arbeitsagentur.de), Selbstinformationseinrichtung im Rahmen der Arbeitsund Ausbildungsvermittlung. Job-Center, Arbeitsgemeinschaften (ARGE) von Kommunen und Agenturen für Arbeit zur Unterstützung von Hilfesuchenden und deren Familienangehörigen (über 350 in Deutschland) in Fragen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II (organisatorisches Herzstück der HartzReformen). Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2007 ist die Zusammenlegung von Aufgaben der Kommunen und Arbeitsagenturen in Arbeitsgemeinschaften jedoch verfassungswidrig, weil sie gegen das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen verstößt. Spätestens bis Ende 2010 müssen die Gemeinschaftseinrichtungen wieder organisatorisch getrennt werden. Jobrotation, Systematischer Wechsel von
Arbeitsplätzen oder Arbeitsaufgaben als Prinzip der Arbeitsorganisation. Job-Search-Theorie, Suchtheorie; Ar-
beitsmarkt. Jobs ohne Barrieren, Initiative für Aus-
bildung und Beschäftigung behinderter Menschen sowie zur betrieblichen Prävention. 1. Begriff: Seit Mitte 2004 führt das Bundesminsterium für Arbeit und Soziales (BMAS) diese Initiative u. a. zusammen mit Arbeitgebern, Gewerkschaften, Behindertenverbänden und organisationen, der Bundesagentur für Arbeit, den Integrationsämtern und dem Beirat für die Teilhabe behinderter Menschen durch. 2. Zielsetzungen: (1) Förderung der Ausbildung behinderter und schwerbehinderter Jugendlicher mit dem Ziel, möglichst vielen ausbildungsplatzsuchenden (schwer-) behinderten jungen Menschen einen Ausbildungsplatz bieten zu können. (2) Verbesserung der Beschäftigungschancen schwerbehinderter Menschen, insbesondere in kleinen und mittelständischen Betrieben mit dem Ziel, dass möglichst alle beschäftigungspflichtigen Arbeitgeber auch schwerbehinderte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen und (3) Stärkung der betrieblichen Prävention, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten langfristig zu erhalten und zu fördern.
210 Job4000. 1. Begriff: Am 1.1.2007 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gestartetes Programm zur beruflichen Integration Schwerbehinderter in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Zugleich soll die Bundesgentur für Arbeit bei der Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Rahmen der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung untersützt werden. 2. Förderumfang: 30 Millionen EUR werden durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln bes Ausgleichsfonds bereit gestellt, zusätzlich 20 Millionen EUR von den Bundesländern. 3. Förderinhalte: a) Beschäftigung: Arbeitgeber, die einen besonders betroffenen Schwerbehinderten einstellen, erhalten vom Integrationsamt für bis zu 5 Jahren eine finanzielle Unterstützung von durchschnittlich bis zu 600 EUR monatlich. b) Ausbildung: Arbeitgeber, die einen zusätzlichen Ausbildungsplatz für schwerbehinderte Jugendliche schaffen, erhalten vom Integrationsamt eine Prämie von bis zu 3.000 EUR. Bei Abschluss der Ausbildung und Übernahme gibt es eine weitere Prämie von bis zu 5.000 EUR. Es sollen damit mindestens 500 neue Ausbildungsplätze für Schwerbehinderte geschaffen werden. c) Unterstützung: Integrationsfachdienste stehen bereit, um die Beschäftigung und Ausbildung Schwerbehinderter zu unterstützen. 4. Zuständigkeit: Die Länder führen das Programm eigenverantwortlich durch. Ansprechpartner sind die Integrationsämter. JOB-Vermittlung, Arbeits- und Ausbil-
dungsvermittlung. Joint Venture. 1. I. w. S. (Joint Venturing): Zusammenarbeit von nicht gebietsansässigen Unternehmen mit Partnern aus dem Gastland (Auslandsmarkt), d. h. alle Formen der Kooperation, einschl. Lizenzvergabe, Vertragsmanagement, Vertragsfertigung und Gemeinschaftsunternehmen. 2. I. e. S. (Beteiligungs-, Gemeinschafts-Partnerschaftsunternehmen, Joint Ownership Ventures): Unternehmen, die durch folgende Charakteristika gekennzeichnet sind: a) kapitalmäßige Beteiligung und Tragung anteiligen Risikos seitens aller Partner; b) Investoren aus verschiedenen Wirtschaftsgebieten, wobei die Joint-Venture-Partner A und B ein gemeinsames Unternehmen in Land C gründen bzw. ein bestehendes Unternehmen in Land C
211 erwerben oder die Joint-Venture-Partner aus Land A (und B) sowie aus dem Gastland C ein Unternehmen gründen bzw. erwerben; c) längerfristige bzw. dauerhafte Zusammenarbeit auf vertraglicher Basis (vertragliche Regelung u. a. der Rechtsform, der Risikound Gewinnverteilung, Möglichkeit zur Anteilsverlagerung, Ziele und Inhalte des Joint Venture, Verteilung der Kompetenzen, Vertragsdauer, Schiedsgerichtsbarkeit). Jugendämter, Kinder- und Jugendhilfe. Jugendarbeitslosigkeit. 1. Begriff: alters-
spezifische Arbeitslosigkeit, die je nach Altersabgrenzung der Jugend unterschiedlich definiert sein kann. Nach deutschem Sozialrecht (SGB VIII) sind Jugendliche mindestens 14 Jahre und nicht älter als 18 Jahre. Die internationale Standardabgrenzung der ILO setzt ein Mindestalter von 15 Jahren und ein Höchstalter von 24 Jahren an. Internationale Maßzahl für die Jugendarbeitslosigkeit ist entsprechend die Jugendarbeitslosenquote (ILO), die die arbeitslosen Jugendlichen im Alter von 15 bis < 25 Jahren ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Jugendlichen im Alter von 15 bis < 5 Jahren setzt. 2. Problematik: Die Frage nach der Arbeitslosigkeit der Jugend stellt sich - abgesehen davon, dass die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen als besonders schlimm angesehen wird, weil sie das Armutsrisiko der Jugendlichen erhöht und das Problem der Jugendkriminalität heraufbeschwört in vielen Ländern deshalb, weil sie dort überdurchschnittlich hoch ist. Allgemein ist sie aus beschäftigungspolitisch aber auch deshalb gesondert zu untersuchen, weil sie im Regelfall nur mit besonderen Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu bekämpfen ist. Dies gilt insbesondere deshalb, weil Jugendliche überwiegend (noch) nicht Nachfrager auf dem Arbeitsmarkt, sondern auf dem Ausbildungsmarkt sind. Insoweit bedarf die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit insbesondere der Ausbildungsförderung, welche einerseits die Berufsausbildungsförderung und andererseits die Schulausbildungsförderung umfasst. 3. Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland: In Deutschland lag die Arbeitslosenquote der Jugendlichen (15 bis unter 25 Jahre) im Februar 2009 mit 8,1 % (6,8 % Westdeutschland; 13,3 % Ostdeutschland) leicht unter dem Durchschnitt von 8,5 % (7,0 % Westdeutschland; 14,1 % Ostdeutsch-
Juliusturm land) aller zivilen Erwerbspersonen, damit aber in Ostdeutschland fast doppelt so hoch wie in Westdeutschland. Juglar-Zyklus, Konjunkturzyklus. Jugendbericht, Kinder- und Jugendbe-
richt, Bericht der Bundesregierung über die Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe ( Kinderund Jugendhilfe), der gem. § 84 SGB VIII in jeder Legislaturperiode dem Bundestag und Bundesrat vorzulegen ist. Neben der Bestandsaufnahme und Analyse sollen die Berichte Vorschläge zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe enthalten. Die Bundesregierung beauftragt mit der Ausfertigung der Berichte jeweils eine Kommission von mindestens sieben Sachverständigen (Jugendberichtskommission). Vgl. auch Sozialberichterstattung. Jugendberichtskommission, Jugend-
bericht, Kinder- und Jugendhilfe. Jugendhilfe, Kinder- und Jugendhilfe. Jugendkuratorium, Bundesjugendkura-
torium. Jugendquotient, demographische Kennziffer: Verhältnis der Personen im Alter von 0 bis unter 20 Jahren zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter von 20 bis unter 65 Jahren (oder in Zukunft älter). Jugendquotient =
Bevölkerung bis < 20 J. Bevölkerung 20 - <65 J.
Interpretation: Ein Jugendquotient von 33 % zeigt an, dass zur Unterstützung eines Jugendlichen drei Personen im erwerbsfähigen Alter zur Verfügung stehen (Unterstützungsquotient) bzw. dass drei Personen im erwerbsfähigen Alter mit der Unterstützung eines Jugendlichen belastet sind (Belastungsquotient). Vgl. auch Altenquotient, Gesamtquotient. Juglar-Zyklus, Konjunkturzyklus. Juliusturm, Bezeichnung für die für Verteidigungsausgaben angehäuften Kassenreserven des Bundes in den 50er Jahren; genannt nach einem Turm der ehemaligen Zitadelle in Spandau, in dem bis 1914 ein Teil der fran-
JUMP zösischen Kriegsentschädigung als Kriegsschatz aufbewahrt wurde. JUMP, Programm der Bundesregierung (1999-2004) zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, durch das junge Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren in Arbeit und
212 Qualifizierung gebracht werden sollte. Zielgruppe waren insbesondere jugendliche Empfänger von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. JUMP plus, Nachfolgeprogramm von
JUMP.
K Kaffeesteuer. Verbrauchsteuer auf Röstkaffee (2,19 EUR/kg), löslichen Kaffee (4,78 EUR/kg) und auf kaffeehaltige Waren (Steuer abhängig vom Röstkaffeeanteil der Ware). Die Kaffeesteuer wird von der Zollverwaltung des Bundes erhoben und fließt dem Bund zu. Die Kaffeesteuer ist eine Mengensteuer. 2. Gesetzliche Grundlage: Kaffeesteuergesetz (KaffeeStG) von 1992 i. d. F. v. 9.12.2006 3. Beurteilung: Die Kaffeesteuer wird neben dem Eingangszoll und der Einfuhrumsatzsteuer erhoben; steuersystematisch bedauerliche doppelte fiskalische Belastung. Kaldor-Modell, Modell der Konjunktur-
theorie, von Kaldor (1940) entwickelt. Wichtigste Konsequenz des Kaldor-Modells ist das Zustandekommen endogener Konjunkturzyklen, die im Zeitverlauf nicht verschwinden. kalte Progression, versteckte Progres-
sion, Einkommensbesteuerung. Kameralismus, deutsche Ausprägung des Merkantilismus, die insbes. mit ihren Verwaltungsgrundsätzen bleibenden Einfluss auf die deutsche Finanzwissenschaft gewonnen hat.
kameralistische Buchführung, Rechnungsstil der öffentlichen Verwaltung ( Gebietskörperschaften) und mit ihr verbundener öffentlicher Unternehmen. Einerseits ist finanzwirtschaftlich mit Hilfe der Verwaltungsbuchführung abzurechnen: Nachweis der Einhaltung des Haushaltsrechts und -plans sowie der tatsächlich erreichten Deckung der wirklichen Ausgaben (Überschuss- und Fehlbetragsermittlung) ist wichtigstes Rechnungsziel. Andererseits muss bei öffentlichen Unternehmen mit Hilfe einer Betriebskameralistik das Wirtschaftsergebnis nach kaufmännischer Art ermittelt werden, wenn man sich nicht der doppelten
Buchführung (Doppik) bedient. In die Verwaltung eingegliederte Anstalten und Einrichtungen mit eigenen Einnahmen aus Gebühren (Gebührenhaushalte) werden zunehmend nicht nur finanz-, sondern auch betriebswirtschaftlich im Kameralstil abgerechnet (u. a. Schlachthöfe, Krankenhäuser). Kapazitätsauslastungsgrad, Auslas-
tungsgrad. Kapazitätseffekt, Wachstumspolitik,
Wachstumstheorie. Kapital. 1. Produktionsfaktor neben Arbeit und Boden. Unter Kapital wird in diesem Zusammenhang der Bestand an Produktionsausrüstung verstanden, der zur Güter- und Dienstleistungsproduktion eingesetzt werden kann ( Kapitalstock). 2. Geld für Investitionszwecke: Es spielt dabei keine Rolle, aus welchen Quellen (Ersparnis, Unternehmergewinn, Krediten) das Kapital zur Verfügung gestellt wird. Kurzfristig ist für die Bildung von Produktionsausrüstung (Realkapital) nur die Finanzierung, nicht aber eine vorausgehende Ersparnis notwendig ( Nettoinvestition). Im Gleichgewicht müssen allerdings geplante Realkapitalbildung ( Investition) und Ersparnis übereinstimmen. Vgl. auch Humankapital.
Kameralistik,
Kapitalabfindung, Kriegsopferversor-
gung. Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Gesellschaften, die insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen Kapitalbeteiligungen anbieten. Kapitalbilanz, Zahlungsbilanz. Kapitalbildung. 1. Begriff: a) In der älteren Wirtschaftstheorie: Spar- und Investitionsvorgang insgesamt. Kapitalbildung bedeutet demnach Konsumverzicht und dadurch eine
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_11, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Kapitalbudget Vergrößerung des Produktionspotenzials. Das Angebot an Geldkapital sorgt für Investitionen ( Saysches Theorem). b) In der modernen Wirtschaftstheorie: Spar- und Investitionsvorgang werden zerlegt, da die Spar- und Investitionspläne von zwei verschiedenen Personenkreisen aufgestellt werden. Geplantes Sparen und geplantes Investieren sind voneinander unabhängig und können in ihrer Größe voneinander abweichen. 2. Formen: a) Kapitalbildung aus verteiltem Einkommen (Lohn, Gehalt, Zinsoder Unternehmereinkommen): Die Ersparnisse werden als langfristige Kredite (direkt oder über Kreditinstitute) oder als Beteiligung (z. B. durch Aktienerwerb) der Wirtschaft zur Verfügung gestellt. b) Kapitalbildung aus noch nicht verteiltem Einkommen oder Selbstfinanzierung: Gewinne der Unternehmung werden nicht ausgeschüttet, sondern verbleiben in der Unternehmung (Erhöhung des Eigenkapitals, Bildung offener oder stiller Reserven). Kapitalbudget. Erfassung aller vermögens-
wirksamen Maßnahmen der staatlichen Ausgabenpolitik. Budgetdefizite erscheinen als Verringerung des Vermögensstatus. Vgl. auch Haushaltssystematik. Gegensatz: laufendes Budget.
214 Empfänger von Kapitalerträgen von der Abzugsteuer ganz oder teilweise entlastet. Kapitalexport, Kauf einer auf ausländische Währung lautenden Forderung durch inländische Wirtschaftssubjekte. Dadurch erhöht sich die Gläubigerposition des Inlandes gegenüber dem Ausland. Kapitalexport kann auch dadurch erfolgen, dass Inländer von Ausländern auf inländische Währung lautende Aktiva kaufen (Abnahme der Auslandsverschuldung). Vgl. auch Zahlungsbilanz. Kapitalflucht, Transfer von liquiden Mitteln ins Ausland, ohne deren Rücktransfer in absehbarer Zeit zu beabsichtigen. Kapitalflucht aus Deutschland in der Zeit der Weltwirtschaftskrise in großem Umfang, bekämpft u. a. durch Devisenbewirtschaftung. Heute findet Kapitalflucht aus Entwicklungsländern statt. Gründe: Allgemeine politische Unsicherheit; Inflation oder Abwertung im Inland; Vermeidung inländischer Besteuerung des Kapitals (Steuerflucht). Kapitalhilfe, Beitrag zur Finanzierung von Entwicklungsmaßnahmen durch günstige Kredite bzw. nicht rückzahlbare Zuschüsse im Rahmen der Entwicklungshilfe.
Kapitalertragsteuer. I . B e g r i ff : Kapi-
talertragsteuer ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer, die auf bestimmte inländische Einkünfte (z. B. Dividenden aus Aktien, Gewinnanteile an GmbH- und Genossenschaftsbeteiligungen, Einnahmen als stiller Gesellschafter) erhoben wird. Seit dem 1.1.2009 wird die Kapitalertragsteuer durch die Abgeltungsteuer im Quellenabzugsverfahren in Höhe von 25 % (zuzüglich Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer) eingezogen und für Privatanleger damit abgegolten. I I . Z i e l e : 1. In fiskalischer Hinsicht soll die Kapitalertragsteuer die Erträge aus Geldkapital periodengerecht und vollständig erfassen ( Quellensteuer, Steuerabzug) und dadurch eine Steuerhinterziehung erschweren. Eine Zweifachbelastung der Erträge wird durch die Anrechenbarkeit von Steuern ausgeschlossen, die im Rahmen der Einkommensbesteuerung vorgenommen wird. 2. Kapitalmarktpolitisch werden zur Vermeidung allokativ nachteiliger Wirkungen der Kapitalertragsteuer ausländische
Kapitalimport, Verkauf einer auf inländi-
sche Währung lautenden Forderung an ein ausländisches Wirtschaftssubjekt. Damit entsteht eine Auslandsverschuldung. Kapitalimport kann auch durch Verkauf einer auf ausländische Währung lautenden Forderung an ausländische Wirtschaftssubjekte erfolgen. Damit vermindert sich die Gläubigerposition des Inlandes gegenüber dem Ausland. Vgl. auch Zahlungsbilanz. kapitalintensives Gut. Gut, für dessen
Erzeugung unabhängig vom Faktorpreisverhältnis stets mehr Kapital pro Arbeit eingesetzt werden muss, als für ein anderes Gut, wird als relativ kapitalintensiv bezeichnet. Das andere Gut ist dann ein relativ arbeitsintensives Gut. Vgl. auch Heckscher-Ohlin-Handel, Heckscher-OhlinTheorem. Kapitalismus. 1. Begriff: Historisierende
und (insbes. durch die Vertreter des Marxismus) wertende Bezeichnung für die neu-
215 zeitlichen privatwirtschaftlichen Marktwirtschaften mit dominierenden Privateigentum an den Produktionsmitteln und dezentraler Planung des Wirtschaftsprozesses. In der Literatur nicht einheitlich definiert: Z. B. sei er bestimmt (1) durch das Privateigentum an Produktionsmitteln, verstanden als gesellschaftliches Verhältnis, das den Kapitalisten die unentgeltlich Aneignung der durch die arbeitenden Nichteigentümer hervorgebrachten Wertschöpfung ermögliche; (2) durch das Vorherrschen der kapitalistischen Gesinnung, d.h. Erwerbsprinzip, Rationalität und Individualismus (W. S. Sombart), bzw. durch die rationale Arbeitsorganisation zur Gewinnerzielung (M. Weber); (3) durch das Vorherrschen von Großbetrieben (G. F. Knapp) oder (4) durch die Dominanz des freien und dynamischen Unternehmertums (Schumpeter). 2. Auch die Ableitung unterschiedlicher Phasen des Kapitalismus geschieht nicht einheitlich: (1) Sombart unterscheidet z. B. Früh-, Hoch- und Spät-Kapitalismus; (2) die marxistische Theorie unterscheidet eine Periodisierung in Früh-, Konkurrenzkapitalismus, Monopolkapitalismus, Imperialismus und Staatsmonopolkapitalismus bzw. Spätkapitalismus. Kapitalistische Unternehmung, oft als Gegensatz zur arbeitergeleiteten Unternehmung gebraucht, wobei in der marxistischen Theorie der Unternehmung die These vertreten wird, die Unternehmung als Hierarchie sei nicht aus Effizienz-, sondern aus Herrschaftsgründen entstanden.
Verhältnis zwischen Kapitaleinsatz (K) und gesamtwirtschaftlichem Produktionsergebnis (Y). Der durchschnittliche Kapitalkoeffizient wird gemessen als Relation zwischen Kapitalstock und dem realen Bruttoinlandsprodukt (K/Y). Marginaler Kapitalkoeffizient: Kapitaleinsatzerhöhung für eine zusätzliche Produktionsmengeneinheit (dK/dY). Kehrwert: Kapitalproduktivität.
Kapitalkoeffizient,
Kapitalmarkt. 1. Charakterisierung: Markt
für langfristige (Laufzeit von mehr als vier Jahren), durch Wertpapiere verbriefte Kredite (Aktien und festverzinsliche Wertpapiere). Der Unterschied zwischen dem Kapitalmarkt und dem Bankenkredit-/Einlagenmarkt, auf dem ebenfalls langfristige Mittel gehandelt werden, besteht darin, dass die am Kapital-
Kapitalrendite markt entstehenden Forderungen besonders fungibel sind. 2. Arten: a) Organisierter Kapitalmarkt, dessen ausgeprägteste Form die Börse ist: I. d. R. alle längerfristigen Transaktionen unter Einschaltung von Kreditinstituten und anderen Kapitalsammelstellen. b) Nichtorganisierter Kapitalmarkt: Dazu zählen v. a. Kreditbeziehungen zwischen Unternehmen (z. B. langfristiger Lieferantenkredit) und zwischen privaten Hausalten sowie zwischen Unternehmen und Haushalten. Vgl. Effizienz des Kapitalmarkts. Kapitalmarkttheorie. Die Kapitalmarkttheorie untersucht den Zusammenhang zwischen Risiko und Ertrag der Geldanlage in risikobehaftete Vermögensgüter, z.B. Aktien, auf einem vollkommenen Kapitalmarkt. Sie ist aus der Theorie der Portefeuilleauswahl ( Portfolio-Selection) entwickelt worden und fragt, welche Aktienkurse bzw. renditen sich im Gleichgewicht einstellen, wenn sich die Anleger am Kapitalmarkt rational verhalten und wenn sich am Markt Angebot und Nachfrage ausgleichen. Kapitalproduktivität, Verhältnis zwischen gesamtwirtschaftlichem Produktionsergebnis (Y) und Kapitaleinsatz (K). Durchschnittliche Kapitalproduktivität: Die pro Kapitaleinsatzeinheit erzielte Produktionsmenge (Y/K). Marginale Kapitalproduktivität (Grenzproduktivität des Faktors Kapital): Produktionsmengenzuwachs, der auf den Einsatz einer zusätzlichen Einheit des Faktors Kapital zurückzuführen ist (dY/dK). In der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung ist die Grenzproduktivität des Faktors Kapital im Gleichgewicht gleich dem realen Zinssatz. Reziproker Wert: Kapitalkoeffizient. Kapitalprofit, Begriff der Wirtschaftstheorie, der zumeist synonym mit dem Profitbegriff der Klassiker gebraucht wird. Der Ausdruck Kapitalprofit wird im Allgemeinen dann verwandt, wenn Unternehmerfunktion und Kapitalbesitz in einer Person vereinigt sind (Unternehmerkapitalisten); sind sie auf zwei Personen verteilt, so bezieht der Kapitalbesitzer den Leihzins, der Unternehmer Unternehmerlohn plus Unternehmergewinn. Kapitalrendite, Wachstumstheorie.
Kapitalsättigungsgrad Kapitalsättigungsgrad, jene Kapitalhöhe, bei der sich ein optimaler Ertrag erzielen lässt. Kapitalstock, Teil des Produktivvermö-
gens. Wert des für Produktionszwecke im Jahresdurchschnitt eingesetzten reproduzierbaren Bruttoanlagevermögens an Ausrüstungen und Bauten. Kapitalstock je Erwerbstätiger ist ein Maß für die Kapitalintensität. Ermittlung der Höhe des Kapitalstocks im Rahmen der Vermögensrechnung ( VGR). Vgl. auch Kapitalkoeffizient, Kapitalproduktivität.
216 kung des Wettbewerbs (spürbar) zu beeinflussen. 2. Unterscheidung: Nach dem Grad der Wettbewerbsbeeinträchtigung in Kartelle niederer Ordnung (z. B. Konditionen- oder Normen- und Typenkartelle) oder Kartelle höherer Ordnung (z. B. Preis- oder Quotenkartelle); nach den eingesetzten Aktionsparametern in Preis-, Mengen- oder Produktionskartelle; nach dem Zweck in Strukturkrisen-, Export- oder Importkartelle. 3. Kartellverbot: Kartellrecht. 4. Zu den wettbewerbsrechtlichen Regelungen von Kartellen und den Ausnahmen vom Kartellverbot: vgl. Kartellrecht, Wettbewerbstheorie und Wettbewerbspolitik.
Kapitalstockanpassungsprinzip, Modi-
fikation des Akzelerationsprinzips, das eine lineare Beziehung zwischen Veränderungen der Nachfrage ( Volkseinkommen) und der induzierten Nettoinvestition unterstellt. Kapitalverkehr, Gesamtheit der finanziel-
len Transaktionen, die nicht direkt durch den Waren- und Dienstleistungsverkehr bedingt sind (vgl. auch internationale Kapitalbewegungen, Kapitalmarkt). Kapitalverkehrsbilanz, Zahlungsbilanz. Kapitalverkehrsteuern, Verkehrsteuern,
die den Kapitalverkehr unter Lebenden erfassen. In der BRD wurden zuletzt nur noch die Gesellschafts- und die Börsenumsatzsteuer erhoben, beide aber (1991 bzw. 1992) abgeschafft. Kapitalvernichtung, Begriff der Konjunkturtheorie. Kapitalvernichtung tritt in Phasen der wirtschaftlichen Kontraktion ein, wenn ökonomisch und technisch noch verwendbare Produktionsmittel wie Gebäude, Maschinen, Verkehrsanlagen auf Dauer stillgelegt werden. Kapitel, Teil eines Haushaltseinzelplans in
der Haushaltssystematik. kardinaler Nutzen, Nutzentheorie. Kartell. 1. Begriff: Kartelle sind Vereinba-
rungen von Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen zu einem gemeinsamen Zweck, die dazu geeignet sind, die Erzeugung oder den Verkehr von Waren oder gewerblichen Leistungen durch Beschrän-
Kartellgesetz, Kartellrecht. Kartellrecht. I . K a r t e l l r e c h t i n d e r B R D : 1. Die Geschichte des deutschen Kartellrechts wird durch eine Grundsatzentscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1897 geprägt, wonach die Kartellbildung im Rahmen der Vertragsfreiheit allgemein als zulässig angesehen wurde, da sich das Recht auf Gewerbefreiheit nur gegen den Staat, nicht jedoch auch gegen private wirtschaftliche Machtbildung richte. Dies hatte zur Folge, dass das Deutsche Reich in den folgenden Jahrzehnten zum klassischen Land der Kartelle wurde. Abgesehen von einer Kartellenquête 1903-1905 kam es erst 1923 zur Verordnung gegen Missbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen. Die Nationalsozialisten erließen 1933 das sog. Zwangskartellgesetz, um ein Instrument zur Lenkung der Wirtschaft nach ihren Vorstellungen zu gewinnen. Nach dem Potsdamer Abkommen sollte die deutsche Wirtschaft in kürzester Zeit dezentralisiert werden, um die übermäßige Konzentration der deutschen Wirtschaftskraft aufgrund von Kartellen, Syndikaten, Trusts und anderen Monopolstellungen (Monopole) zu vernichten. Im Jahre 1947 erließen daher die amerikanischen, englischen und französischen Militärregierungen Dekartellierungsgesetze bzw. verordnungen, die zwei Hauptziele verfolgten: (1) Beseitigung der deutschen Wirtschaftsmacht und Rüstungskapazität (Entflechtung einzelner Wirtschaftssektoren als Ausdruck der politischen Zielsetzung); (2) Durchsetzung des Prinzips der Wettbewerbsfreiheit in Deutschland (wirtschaftspolitische Zielsetzung in starker Anlehnung an die amerikanische Antitrustpolitik; Wettbe-
217 werbspolitik). 2. Entstehungsgeschichte und Ziele des GWB: Am 1.1.1958 ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Kraft getreten und hat die alliierten Dekartellierungsbestimmungen von 1947 abgelöst. Das GWB ist zum einen durch die ordnungspolitischen Vorstellungen des Ordoliberalismus ( Freiburger Schule), zum anderen durch das US-amerikanische Vorbild beeinflusst worden. Das Gesetz geht davon aus, dass die Wettbewerbswirtschaft die ökonomischste und zugleich demokratischste Form der Wirtschaftsordnung sei; insofern liegen dem GWB sowohl ökonomische als auch gesellschaftspolitische Ziele zu Grunde. Novellierungen: Das GWB ist seit 1958 vielfach novelliert worden, zuletzt am 15.12.2008 (mit Wirkung zum 1.1.2009). 3. Die wichtigsten Vorschriften des GWB: a) Kartellverbot (§1 GWB), d.h. grundsätzliches Verbot von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken). b) Ausnahmen vom Kartellverbot: (1) Gem. § 2 GWB bedingte Gruppenfreistellungen nach Art. 81, Abs. 3 des EG-Vertrages; (2) Bedingte Zulassung von Mittelstandskartellen gem. § 3 GWB. c) Missbrauchsverbot bei Marktbeherrschung (§ 19 GWB) richtet sich gegen die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen. Ein Missbrauch liegt nach Abs. 4 insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager (1) die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen beeinträchtigt, (2) Entgelte fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamen Wettbewerb ergeben würden, (3) ungünstigere Entgelte fordert als auf vergleichbaren Märkten und (4) sich weigert, Zugang zu den eigenen Netzen zu gewähren. d) Diskriminierungsverbot (§ 20 GWB): Das Verbot von Diskriminierungen (z.B. unterschiedlichen Behandlungen) und unbilligen Behinderungen (z. B. unter Einstandspreis anbieten) gilt sowohl für marktbeherrschende Unternehmen als auch für Unternehmen mit überlegener Markmacht. e) Boykottverbot und Verbot sonstigen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens (§ 21 GWB): Verboten ist u. a. (1) andere Unternehmen zu Liefersperren oder Bezugssperren aufzufordern, (2)
Kartellrecht Nachteile anzudrohen oder zuzufügen sowie Vorteile zu versprechen oder zu gewähren, (3) dazu zu zwingen, einer (freigestellten) Vereinbarung beizutreten, sich mit anderen Unternehmen zusammenzuschließen oder sich im Markt gleichförmig zu verhalten, (4) einem Anderen wirtschaftliche Nachteile zuzufügen, weil er ein Einschreiten der Kartellbehörde beantragt oder angeregt hat. f) Anerkennung von Wettbewerbsregeln (§ 24 GWB): Auf Antrag bei der Kartellbehörde können Wirtschafts- und Berufsvereinigungen Wettbewerbsregeln anerkennen lassen, wodurch diese den Charakter staatlich anerkannter freiwilliger Spielregeln für den Wettbewerb bekommen. g) Vertikale Preisbindungen (§ 30 GWB): Als Ausnahme von § 1 GWB wird die vertikale Preisbindung für Bücher und Zeitschriften zugelassen. h) Zusammenschlusskontrolle (§§ 35 ff.): (1) Die deutsche Zusammenschlusskontrolle gilt für Unternehmen, die im letzten Geschäftsjahr vor den Zusammenschluss weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Mio. EUR und mindestens ein Unternehmen im Inland Umsatzerlöse von mehr als 25 Mio. EUR erzielt haben. (2) Eine ausschließlich europäische Zusammenschlusskontrolle durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaft findet nach den Kriterien der EG-Verordnung Nr. 4064/89 in ihrer jeweils geltenden Fassung statt. (3) Ein Zusammenschluss liegt gem. § 37 GWB vor bei (a) Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil, (b) Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen, (c) Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen, wenn dadurch 50 v. H. oder 25 v. H. des Kapitals oder der Stimmrechte erreicht werden, und (d) jede sonstige Verbindung von Unternehmen, aufgrund deren ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können. (4) Anmelde- und Anzeigepflicht: Zusammenschlüsse sind gem. § 39 GWB vor dem Vollzug beim Bundeskartellamt mit vorgeschriebenen Angaben anzumelden. (5) Ein Vollzugsverbot gilt gem. § 41 GWB, solange ein Zusammenschluss nicht vom Bundeskartellamt freigegeben ist. Bei Vorliegen wichtiger Gründe kann auf Antrag eine Befreiung vom Vollzugsverbot erteilt werden. (6) Ein vollzogener Zusammenschluss, der die Untersagungsvoraussetzun-
Kartellrecht gen erfüllt, ist aufzulösen (Entflechtung), wenn nicht eine Ministererlaubnis erteilt wird. (7) Untersagungsgrundsatz: Für die deutsche Zusammenschlusskontrolle gilt gem. § 36, Abs. 1 GWB der Grundsatz: Ein Zusammenschluss, von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen, es sei denn, die beteiligten Unternehmen weisen nach, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und dass die Verbesserungen die Nachteile überwiegen. (8) Ministererlaubnis (§ 42 GWB): (1) Ein vom Bundeskartellamt untersagter Zusammenschluss kann auf Antrag vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie erlaubt werden, wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Hierbei ist auch die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen auf Märkten außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes zu berücksichtigen. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn durch das Ausmaß der Wettbewerbsbeschränkung die marktwirtschaftliche Ordnung nicht gefährdet wird. i) Regelung der Vergabe öffentlicher Aufträge (§§ 97-105): Das Gesetz regelt im vierten Teil das Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge für die Beschaffung von Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der Vorschriften im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren. j) Befugnisse und Sanktionen der Kartellbehörde: (1) Die Kartellbehörde kann Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmungen verpflichten, eine Zuwiderhandlung gegen Vorschriften des GWB abzustellen. (2) In dringenden Fällen kann sie auch einstweilige Maßnahmen anordnen. (3) Sie kann freiwillige Verpflichtungszusagen für bindend erklären. (4) Bei unvereinbaren Wirkungen auf einem Gebiet im Inland kann sie den Rechtsvorteil einer europäischen Gruppenfreistellung in diesem Gebiet entziehen. (5) Bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstößen gegen das GWB oder Art. 81 und 82 des EGVertrages kann die Kartellbehörde die Abschöpfung des Vorteils anordnen. (6) Ordnungswidrigkeiten kann die Kartellbehörde mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro ahnden. 4. Zuständigkeiten bei der Anwen-
218 dung des Kartellgesetzes: Abgesehen von der Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie im Rahmen der Ministererlaubnis bei Zusammenschlüssen sowie der Landeskartellbehörden für rein regionale Wettbewerbsbeschränkungen, ist für die Durchsetzung des Kartellgesetzes allein das Bundeskartellamt in Berlin zuständig (§ 48 GWB), das in erster Instanz entscheidet. Zuständig für die Überprüfung der Entscheidungen des Bundeskartellamtes ist im Beschwerdeverfahren das Berliner Oberlandesgericht (Kammergericht) und im Rechtsbeschwerdeverfahren der Bundesgerichtshof. I I . K a r t e l l r e c h t i n d e r Europäischen Gemeinschaft: 1. Grundlagen: Die deutsche Wettbewerbsordnung wird heute nicht mehr allein durch das deutsche Recht bestimmt. Neben das deutsche Wettbewerbsrecht sind vielmehr durch die Art. 60, 65 und 66 EGKS-Vertrag vom 18.4.1951 sowie die Art. 81 bis 87 des EWGVertrages (EWGV) vom 25.3.1957 und die Europäische Fusionskontroll-Verordnung (FKVO) vom 21.12.1989 auch Regelungen auf europäischer Ebene getreten. 2. Zielsetzung: Gem. Art. 3g des EG-Vertrages (EGV) verfolgt das europäische Kartellrecht das Ziel, ein System (zu errichten), das den Wettbewerb des Binnenmarkts vor Verfälschung schützt. 3. Säulen des Europäischen Wettbewerbsrechts: a) Kartellverbot (Art. 81 EGV) mit Ausnahmen seit 1958. b) Missbrauchsverbrauchverbot für marktbeherrschende Unternehmen (Art. 82 EVG) ebenfalls seit 1958. c) Fusionskontrolle aufgrund der Fusionskontrollverordnung (seit 1989), z. Zt. gem. FKVO 139/04. d) Bekämpfung staatlicher Wettbewerbsbeschränkungen mit dem Ziel der Marktintegration (Integrationssäule): Sie richtet sich gegen die Wettbewerbsbeschränkungen und Wettbewerbsverzerrungen, die von den Mitgliedstaaten durch unterschiedliche staatliche Monopole, Monopolrechte, Bevorzugung öffentlicher Unternehmen, Zulassung von Ausnahmebereichen, staatliche Subventionen und Beihilfen ausgehen. 4. Zuständigkeitsabgrenzung gegenüber den nationalen Wettbewerbspolitiken: (1) Im Bereich der Fusionskontrolle besteht eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten über Umsatzschwellenwerte. Unterhalb dieser Schwellenwerte liegende Zusammenschlüsse verbleiben in der Zuständigkeit der Mitglied-
219 staaten gemäß den jeweiligen Bestimmungen der nationalen Bestimmungen zur Fusionskontrolle. Ein Verweisungssystem ermöglicht jedoch die Überprüfung von Fusionen, die unterhalb der Schwellenwerte liegen durch die Kommission und umgekehrt. (2) Im Rahmen des Kartellverbots und der Missbrauchskontrolle gibt es übergreifende Zuständigkeiten, wenn sich die Wettbewerbsbeschränkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirken kann (Zwischenstaatlichkeitsklausel), wobei im Konfliktfall das europäische Recht Vorrang hat. (3) Europäisches Wettbewerbsnetz (ECN): Um das europäische Wettbewerbsrecht lückenlos durchzusetzen, wurde das Europäische Wettbewerbsnetz geschaffen, in dem die Europäische Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden der EU-Mitgliedstaaten sich gegenseitig über neue Fälle und Entscheidungen informieren, Nachprüfungen koordinieren und gegenseitig unterstützen sowie Beweismittel austauschen. Wichtigstes Ziel des ECN ist, das europäische Wettbewerbsrecht in der gesamten EU einheitlich angewandt wird. Kartellverbot, Kartell, Kartellrecht.
Kernenergieagentur der industriellen Organisation, der sozialen Lage der Arbeiter sowie der Sozialgesetzgebung und -verwaltung galten. Forschungsleitend waren für die Kathedersozialisten zumeist wissenschaftlich nicht untersuchte sozialpolitische Forderungen und ethische Werturteile. Die von Max Weber in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, ob ethische Normen Gegenstand einer Erfahrungswissenschaft wie der Nationalökonomie sein könnten, lösten den jüngeren Methodenstreit (Werturteildebatte) aus. katholische Soziallehre, christliche
Soziallehre. Kaufkraft des Geldes, Inflation. Kaufkrafteffekt, Einkommenseffekt. Kaufkraftparität. Situation, in der die Kaufkraft zweier Währungen, gemessen anhand eines Indexes von verschiedenen Güterpreisen gleich ist. Kaufkraftparitätentheorem, Inflation. Kaufkraftstabilität, Stabilisierung des
Binnenwerts. Kaskadensteuer, Lawinensteuer; Steuer, die auf mehreren Stufen erhoben wird und zur Steuer von der Steuer führt (Kaskadenwirkung; Gegensatz: Kumulativwirkung), z. B. bei der Allphasenumsatzsteuer ( Umsatzbesteuerung).
Kausalität, Ursächlichkeit, Wirksamkeit. Gesetzmäßiger Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Kausalitätstest, Test zur Ermittlung von Kausalität zwischen zwei Variablen.
Kaskadenwirkung, Kaskadensteuer. Kausalmonismus, Bezeichnung für einen Kassakurs, Wechselkurs. Kathedersozialisten, ursprünglich zur po-
lemischen Abgrenzung gegenüber den Vertretern des Marxismus verwendete Bezeichnung für eine Reihe deutscher Nationalökonomen innerhalb der Historischen Schule. Die drückende soziale Lage der Arbeiterschaft ( Soziale Frage) und die unterschiedlichen Auffassungen über die richtige Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik führten zu einem relativ starken politischen Engagement einiger Universitätsprofessoren (wie Brentano, Schäffle, Schmoller, Schönberg, Wagner), v. a. im Bereich der Sozialpolitik. Ausdruck hierfür war u. a. die Gründung des Vereins für Socialpolitik 1873, dessen Bemühungen lange Zeit besonders Fragen
methodischen Ansatz von Theorien (z. B. Konjunkturtheorien), die ein Wirtschaftsphänomen (z. B. die Konjunktur) im Wesentlichen aus einer einzigen Ursache zu erklären versuchen. Gegensatz: pluralistische Theorien. Kausalprinzip. Prinzip zur organisatori-
schen Grundlegung sozialpolitischer Maßnahmen. Im Gegensatz zum Finalprinzip nimmt das Kausalprinzip die Ursache zum Anhaltspunkt und gründet auf diesen Tatbestand (z. B. Unfall) einen Anspruch auf Transferleistungen als Ausgleich für einen Einkommensausfall oder eine Schädigung. Kernenergieagentur,
Agency; NEA.
Nuclear
Energy
Kettenoligopol Kettenoligopol, relevanter Markt. Keynes-Effekt, auf Keynes zurückgehender Vermögenseffekt des Geldes. Dem Keynes-Effekt zufolge erhöht eine Senkung des Preisniveaus den Realwert der Geldbestände mit der Folge eines Überangebots am Geldmarkt, der nur bei einem niedrigeren Zinssatz wieder zum Gleichgewicht finden kann. Der Keynes-Effekt stellt in erster Linie auf die Veränderung der Investitionsnachfrage ab.
Keynesianer, Fiskalisten. keynesianische Positionen, Keynessche Lehre, Neue Keynesianische Makroökonomik, Postkeynesianismus. keynesianische Wachstumstheorie,
Wachstumstheorie. Keynesianismus, Sammelbegriff für die Keynessche Lehre und die daran anknüpfenden Weiterentwicklungen: Postkeynesianismus, Neue Keynesianische Makroökonomik, Neuer Keynesianismus. Lehre. I . E i n l e i t u n g : 1936 erschien die Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes von J. M. Keynes, in der er die damals herrschende Wirtschaftstheorie grundlegend angriff. Die traditionelle gleichgewichtsorientierte Vollbeschäftigungstheorie wird ersetzt durch die Möglichkeit von Unterbeschäftigungsgleichgewichten. Die Kritik der klassischen Gleichgewichtstheorie durch Keynes betrifft sämtliche Grundannahmen: (1) Die Markträumungsannahme ( Saysches Theorem, Stabilität, Preisflexibilität) wird ersetzt durch Mengenungleichgewichte und Instabilitätstendenzen (kumulative Prozesse, Krisen). (2) Die Annahme über das Maximierungsverhalten wird z. T. und insbes. bei Vorliegen von Unsicherheit ergänzt um andere Verhaltensweisen. (3) An die Stelle der Annahme vollständiger Konkurrenz tritt unvollkommener Wettbewerb, insbes. auf dem Arbeitsmarkt. (4) Die Annahme der vollständigen Voraussicht wird ersetzt durch die Hypothese, dass in vielen Fällen Unsicherheit vorherrscht. Insofern weist Keynes die herrschende allgemeine Gleichgewichtstheorie zur Erklärung der Realität zurück. Die klassische Hoffnung auf Selbststabilisierung des Systems wird abgelöst durch die Keynessche
220 Keynessche Botschaft der Steuerungsnotwendigkeit und Steuerungsmöglichkeit. Dabei ist die wirtschaftspolitische Therapie der bekannteste Teil geworden: Intervention des Staates über Beeinflussung der Gesamtnachfrage ( Globalsteuerung) und Stabilisierung des Investorenverhaltens bei Vorliegen von Unsicherheit (Investitionssteuerung). Die Bausteine seines theoretischen Systems der Allgemeinen Theorie sind: Konsumfunktion und Multiplikator, Unterbeschäftigungsgleichgewicht, Erwartungen und Unsicherheit, Konjunktur- und Investitionstheorie, Instabilitätstendenz und Steuerungsnotwendigkeit, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. I I . K o n s u m f u n k t i o n u n d M u l t i p l i k a t o r p r i n z i p : Die gesamtwirtschaftliche geplante Konsumnachfrage (C) hängt nach Keynes im Wesentlichen von der Höhe des Einkommens (Y) ab: C =C (Y), und nicht, wie in der klassischen Lehre postuliert, vom Zinssatz. Dabei nimmt er an, dass die marginale Konsumneigung c dC 0 c 1 dY positiv und kleiner als eins ist. Das bedeutet, dass die gesamtwirtschaftliche Konsumnachfrage mit steigendem Einkommen weniger zunimmt als das Einkommen (weil ein Teil des zusätzlichen Einkommens gespart wird). Vereinfacht wird die Konsumfunktion häufig in linearer Form dargestellt: C(Y) C cY mit C 0 und 0 c konst. 1. Für eine geschlossene Volkswirtschaft ohne staatliche Aktivität gilt unter der Annahme vorgegebener autonomer Investitionsgüternachfrage Io die (in Abb. 1 dargestellte) vom Einkommen positiv abhängige Gesamtnachfrage (Z): Z(Y) C(Y) I 0 C cY I 0 Im Gütermarktgleichgewicht (geplante Güterproduktion = geplante Güternachfrage) gilt die Gleichgewichtsbedingung: YZ
Y C cY I 0 und durch Auflösung nach Y das Gleichgewichtseinkommen Y0: C I0 Y0 1 c Das Gütermarktgleichgewicht liegt im Schnittpunkt P0 zwischen der Gesamtnachfrage-Kurve Z und der 45o-Linie, die alle
221
Keynessche Lehre
Punkte abbildet, in denen die Gleichgewichtsbedingung Y=Z erfüllt ist. Steigen nun die autonomen Investitionen um I auf I1 folgt ein neues Gleichgewicht in P1 (vgl. Abbildung 1) Keynessche Lehre (1)
und damit ein neues Gleichgewichtseinkommen Y1:
C I1 1 c Die Einkommensänderung Y= Y1 - Y0 ergibt sich aus: I Y ; I I 1 I 0 . 1 c Dabei stellt 1 Y / I 0 1 c Y1
den Investitionsmultiplikator dar, der umso größer ist, je größer die marginale Konsumquote bzw. je geringer die marginale Sparquote (da s = 1-c) ist. I I I . K e y n e s s c h e G l e i c h g e w i c h t e b e i U n t e r b e s c h ä f t i g u n g : Vor allem zwei Einwände führt Keynes gegen die vollbeschäftigungsorientierte Arbeitsmarktanalyse ins Feld. Der erste Einwand ersetzt die Flexibilitätsannahme durch mögliche Starrheiten (Lohnstarr-
Keynessche Lehre (2)
Keynessche Lehre
heit und Liquiditätstheorie). Der zweite (fundamentalere) Einwand richtet sich gegen die klassische Beschäftigungstheorie insgesamt. Die Lehrbuchdarstellungen greifen häufig nur den ersten Einwand auf. 1. Starrheiten und Liquiditätstheorie: a) Dieser Aspekt der Keynesschen Lehre wird traditionell mit Hilfe des IS-LM-Modells dargestellt und analysiert. Das IS-LM-Modell zeigt die simultane Bestimmung eines Gleichgewichts auf Geld- und Gütermarkt (vgl. Abb. 2). In einer geschlossenen Volkswirtschaft gilt für ein Gütermarktgleichgewicht ohne staatliche Aktivität: monetäres Güterangebot Y = monetäre Güternachfrage, die aus (positiv vom Einkommen Y abhängigen) Konsumausgaben C und (negativ vom Zinssatz i abhängigen) Investitionsausgaben I besteht: Y C(Y) I(i)
dY dI 0 und 0. dC di Durch Auflösung dieser Gleichgewichtsbedingung nach Y erhält man die sog. IS-Funktion Y(i), d.h. das Gleichgewichtseinkommen auf dem Gütermarkt in Abhängigkeit vom Zinsniveau. Die zugehörige IS-Kurve (geometrischer Ort aller Y/i-Kombinationen mit Gütermarktgleichgewicht) ist nach der aus diesen Zusammenhängen ableitbaren Gleichgewichtsbedingung I(i)=S(Y) benannt. Sie ist normalerweise negativ geneigt (vgl. Abb. 2), da mit steigendem Einkommen ein geringerer Zinssatz erforderlich wird, um die höheren Ersparnisse durch mehr Investitionen auszugleichen. Analog herrscht Geldmarktgleichgewicht, wenn gilt: Geldangebot M= Geldnachfrage L. ML mit
M LS (i) LT (Y) dLS dLT 0 und 0. di dY Dabei entspricht M der von der Zentralbank vorgegebenen Geldmenge der Nichtbanken, während sich die Geldnachfrage L im Sinne einer Nachfrage von Geldbeständen (L steht für Liquiditätspräferenz) aus der (negativ vom Zins abhängigen) Spekulationskassennachfrage LS(i) und der (positiv vom Einkommen abhängigen) Transaktionskassennachfrage LT(Y) zusammensetzt. Löst man auch diese Gleichgewichtsbedingung nach Y auf, resultiert die sog. LM-Funktion Y(i), d.h. das Gleichgewichtseinkommen auf dem mit
222 Geldmarkt in Abhängigkeit vom Zinsniveau. Die zugehörige LM-Kurve (geometrischer Ort aller Y/i-Kombinationen mit Geldmarktgleichgewicht) ist normalerweise positiv geneigt (vgl. Abb. 2), weil bei gegebenem Geldangebot der mit steigendem Einkommen zunehmende Transaktionskassenbedarf nur aus der mit steigendem Zinsniveau abnehmenden Spekulationskasse gespeist werden kann. Im Schnittpunkt der IS- und LMKurve sind Geld- und Gütermarkt im Gleichgewicht (simultanes Gleichgewicht). b) Unterbeschäftigungsgleichgewichte: Dieses Systemgleichgewicht ist ohne weiteres mit Unterbeschäftigung, d.h. mit einem Ungleichgewicht des Arbeitsmarktes vereinbar; z. B. ist im Schnittpunkt A mit Yo < Yv = Vollbeschäftigungseinkommen. Um dies zu zeigen, muss das Modell um eine einfache Arbeitsmarktanalyse mit keynesscher Lohnstarrheit ergänzt werden. Es gelte unter der Annahme eines gegebenen Kapitalstockes K (1) die Produktionsfunktion R R(A, K) R R 2 0 und 2 0 A R nach der das Realeinkommen R mit positiven, aber abnehmenden Grenzerträgen des Faktors Arbeit A produziert wird, (2) die Bedingung für eine gewinnmaximale Beschäftigung bei vollkommener Konkurrenz: Reallohn = Grenzprodukt der Arbeit: l R (A) P A die, nach A aufgelöst die gewinnmaximale Beschäftigung bzw. (bei gegebenem Preisniveau) die negativ vom Nominallohn l abhängige Arbeitsnachfragefunktion A N l A N A N mit 0 P darstellt und (3) eine nominallohnabhängige Arbeitsangebotsfunktion mit Lohnstarrheit nach unten bzw. dem nominellen Mindestlohn l0 l l l0 g(A) mit 0. A Die Konstellation der Abb. 2 zeigt trotz Güter-, Geld- und Arbeitsmarktgleichgewicht dauerhafte Unterbeschäftigung in Höhe von A1 A0, die nach Keynes durch Eingriffe der Wirtschaftspolitik (expansive Geldpolitik und/oder Fiscal Policy) zu beseitigen ist. Fälle: (1) Expansive Geldpolitik (Erhöhung mit
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der Geldmenge M) führt in Abb. 2 (a) zu einer Rechtsverschiebung der LM-Kurve. Es gilt jetzt LM1, und das simultane Güter- und Geldmarktgleichgewicht verlagert sich von Punkt A nach B. Begründung: Das gestiegene Geldangebot führt von Punkt A ausgehend zu einem Ungleichgewicht am Geldmarkt. Die Wirtschaftssubjekte versuchen, die überschüssige Kasse durch Wertpapierkäufe abzubauen. Die vermehrte Wertpapiernachfrage bewirkt einen Kursanstieg. Der damit verbundene Zinsrückgang stimuliert die Investitionsnachfrage. Dadurch steigen auch die Gesamtnachfrage, die Produktion und das Einkommen. Der Einkommensanstieg wird durch den Multiplikatoreffekt noch verstärkt. Dieser expansive Effekt hält so lange an, bis das zusätzliche Geldangebot aufgrund des gesunkenen Zinssatzes und des gestiegenen Einkommens vollständig nachgefragt wird. Im Punkt B sind Güter- und Geldmarkt wieder simultan im Gleichgewicht. Kommt es im Zuge des Expansionsprozesses zu einem Anstieg des Preisniveaus, dreht sich die Ursprungsgerade in Abb. 2(c) im Uhrzeigersinn. Der Anstieg des Nominaleinkommens von Y0 auf Y1 führt dann zu einem Anstieg des Realeinkommens von R0 auf R1. Auf dem in Abb. 2(b) dargestellten Arbeitsmarkt bewirkt der Preisanstieg bei konstantem Nominallohnsatz l0 einen Rückgang des Reallohnsatzes, so dass die Unternehmen die Arbeitsnachfrage ausdehnen. Da die Arbeitnehmer ebenfalls bereit sind, zum herrschenden Mindestlohn l0 ihr Arbeitsangebot auszudehnen, wird in Punkt E Vollbeschäftigung auf dem Arbeitsmarkt erreicht. Zusammengefasst kann durch den Einsatz expansiver Geldpolitik also ein simultanes Güter-, Geldund Arbeitsmarktgleichgewicht (totales Gleichgewicht) erreicht werden. (2) Expansive Fiskalpolitik (z. B. durch zusätzliche Güterkaufe des Staates) führt in Abb. 2(a) zu einer Rechtsverschiebung der IS-Kurve. Es gelten jetzt LM0 und IS1. Das simultane Güter-, und Geldmarktgleichgewicht verlagert sich von Punkt A nach C. Begründung: Die gestiegene Güternachfrage des Staates führt von Punkt A ausgehend zu einem Ungleichgewicht am Gütermarkt. Die Unternehmen dehnen aufgrund der gestiegenen Gesamtnachfrage die Produktion aus. Damit steigen auch die Einkommen. Diese ursprüngliche Einkommenserhöhung wird durch den Multiplikatoreffekt noch verstärkt.
Keynessche Lehre Keynessche Lehre (3)
Der Anstieg des Einkommens hat eine Zunahme der Geldnachfrage zur Folge. Bei gegebenem Geldangebot ist ein Gleichgewicht am Geldmarkt nur möglich, wenn der Zinssatz steigt. Diese Zinssteigerung bewirkt eine Dämpfung der zinsabhängigen Investitionsnachfrage (kontraktiver Sekundäreffekt). Im Punkt C sind Güter- und Geldmarkt wieder simultan im Gleichgewicht. Preis- und Beschäftigungseffekte erfolgen analog dem Fall Geldpolitik. Abb. 3 zeigt die mögliche Unwirksamkeit der Geldpolitik bei Vorliegen der sog. Liquiditätsfalle oder bei zinsunelastischen Investitionen: Mit dem Begriff Liquiditätsfalle wird eine Situation bezeichnet, in der die Geldnachfrage vollkommen zinselastisch reagiert. Die Geldpolitik ist dann unwirksam, weil das zusätzliche Geldangebot ohne Zinseffekt auch nachgefragt wird. Somit ergibt sich ein neues Geldmarktgleichgewicht beim ursprünglichen Zinssatz (Zinsstarrheit nach unten). Wegen des fehlenden Zinseffektes reagiert die Investitionsnachfrage nicht, so dass es auch nicht zu einem Anstieg von Produktion, Einkommen und Beschäftigung kommt. Bei zinsunelastischen Investitionen führt die expansive Geldpolitik zwar zu sinkenden Zinsen, die Investitionsnachfrage bleibt aber auch in diesem Fall unverändert und ein expansiver Effekt demzufolge aus. Bedeutung: Unterbeschäftigungsgleichgewichte werden von Keynes im Wesentlichen auf Starrheiten zurückgeführt. Die für Vollbeschäftigung notwendigen Reallohnsenkungen müssen danach durch eine inflationäre Expansionspolitik erreicht werden. Für die praktische Wirtschaftspolitik bedeutet dies einerseits ein Akzeptanzproblem, als Begründung einer allgemeinen Theorie ist dies andererseits nicht ausreichend. 2. Effektive Nachfrage
Keynessche Lehre
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und Beschäftigung: Das Hauptanliegen der Allgemeinen Theorie besteht in dem Versuch nachzuweisen, dass die neoklassische Funktionsweise des Arbeitsmarktes unhaltbar ist. Keynes bezweifelt die umfassende Markträumungsannahme via Reallohnflexibilität. Er bestreitet die expansiven Wirkungen von Nominallohnsenkungen. Seine Begründung erfolgt in zwei Schritten: a) Nach Keynes wird die tatsächliche Beschäftigung nicht durch ein Arbeitsmarktgleichgewicht bestimmt, sondern durch die Höhe der effektiven Nachfrage. Dabei ist die effektive Nachfrage festgelegt durch ein Gütermarktgleichgewicht (vgl. Abb. 4). Das zugehörige Reallohnniveau l P 0 ist größer als das Grenzleid der Arbeit, das bei A0 dem Reallohnniveau
Keynessche Lehre (4)
'
l P entspricht. Es existiert unfreiwillige Arbeitslosigkeit in Höhe von A A0. b) Es wird untersucht, inwieweit Nominallohnsenkungen geeignet sind, die Unterbeschäftigung zu beseitigen. Dazu werden die Effekte von Lohnsenkungen auf die effektive Nachfrage untersucht: Eine Nominallohnsenkung bewirkt eine Umverteilung zu Lasten der Lohnempfänger. Ist die Konsumquote dieser Gruppe überdurchschnittlich hoch, sinkt die gesamtwirtschaftliche Konsumquote, und die Konsumnachfrage wird negativ beeinflusst. Andererseits können Lohnsenkungen im Inland die internationale Wettbewerbsposition verbessern und damit die Investitionsneigung anregen. Auch wegen der gestiegenen Rentabilität wird sich diese vergrößern. Werden für die Zukunft allerdings weitere Lohnsenkungen erwartet, könnte dies eine Aufschiebung von Investitionsplänen zur Folge haben. Sinkende Preise führen über den Anstieg des realen Geldangebots zu einem Zinsrückgang, der die Investitionen stimulieren könnte. Keynes kommt insgesamt zum Schluss, dass i. d. R., insbes. wenn weitere Lohnsenkungen erwartet werden, ein expansiver Effekt von Nominallohnsenkungen hinreichend schnell nicht zu erwarten ist. I V. K o n j u n k t u r- u n d I n v e s t i t i o n s t h e o r i e , der dynamische Charakter der Keynesschen Lehre: Keynes wollte die Basis für die Erklärung tatsächlicher, sozial
relevanter Entwicklungsprozesse in einer komplexen und sich ständig ändernden Welt erarbeiten. Diese Zielsetzung lässt sich nur im Rahmen einer dynamischen Theorie erreichen. Dabei liegt nach Keynes die Hauptbegründung für die inhärenten Instabilitäten dezentralisiert organisierter Marktwirtschaften in der Unberechenbarkeit des Investorenverhaltens bei Unsicherheit begründet. Für Investitionsentscheidungen ist nach Keynes die Kalkulation einer internen Verzinsung (Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, Marginal Efficiency of Capital) erforderlich, die wiederum bestimmt wird durch die Erwartungen über zukünftige Erlöse und Kosten. Bei Vorliegen von Zukunftsunsicherheit ist die Investitionsfunktion hochgradig instabil und hängt von den langfristigen Erwartungen der Investoren ab. Dabei ist auch mit der Möglichkeit von Spekulationseffekten und psychologischen Wellen (Optimismus, Pessimismus) zu rechnen. Durch die Trennung von Sparen und Investieren (S ≠ I) tritt die Rolle des autonomen Investorenverhaltens in den Vordergrund der Keynesschen Konjunkturerklärung. Konsequenterweise setzt nach Keynes Stabilisierung ebenfalls bei den Investitionen an. V. D a s w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h e P r o g r a m m v o n J . M . K e y n e s : Nach Keynes ist die dezentral organisierte Marktwirtschaft nicht in der Lage, die Instabilitäts-
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tendenzen des Systems endogen auszugleichen, insbes. weil Lohnsenkungen i. d. R. keinen Weg zur Wiedergewinnung von Vollbeschäftigung darstellen. Außerdem zeigt er, dass die neoklassische Vorstellung des automatischen Ausgleichs von Ersparnis und Investitionen nicht in jedem Fall zutrifft. 1. Geld- und/oder Fiskalpolitik: Wegen der fehlenden endogenen Stabilisierungsmechanismen besteht nach Keynes eine Steuerungsnotwendigkeit. Wegen der Grenzen der Geldpolitik müssen nach Keynes auch die Staatsausgaben und -einnahmen konjunkturpolitisch eingesetzt werden, um Einkommen und Beschäftigung zu steuern ( Fiscal Policy). 2. Investitionssteuerung: Wegen des destabilisierenden Investorenverhaltens bei Unsicherheit als Ursache für die Instabilitäten setzt Keynessche Stabilisierung bei den Investitionen an. Keynes sieht in diesem Zusammenhang die Möglichkeit eines direkten staatlichen Engagements bei der Investitionsplanung. Einer solchen Politik räumt Keynes größere Erfolgschancen ein als einer Investitionsstimulierung via Zinspolitik. Dieser unter dem Schlagwort Sozialisierung der Investitionstätigkeit bekannte Vorschlag impliziert aber keinesfalls eine vollständige Verdrängung von Privatinitiativen. Vielmehr soll durch staatliche Einflussnahme ein für die Vollauslastung der Kapazitäten notwendiges Investitionsvolumen angestrebt werden. Für eine konkrete Ausgestaltung sieht Keynes folgende Ansatzpunkte: Risikobeteiligung bei Bauinvestitionen, öffentliche Investitionen, Investitionsmeldestellen. Insgesamt strebt er eine staatliche Mitverantwortung für das Gesamtvolumen der Investitionen an. Die Nachfragesteuerung soll global ( Globalsteuerung) sein und mit indirekten Mitteln erfolgen, um die Effizienzvorteile der marktlichen Mikrosteuerung zu bewahren. Durch die staatliche Makroprozesspolitik soll die Tendenz zur chronischen Arbeitslosigkeit unterbunden werden. Hinzu kommt die Forderung nach Umverteilung zu Gunsten der Bezieher niedriger Einkommen mit hoher Konsumquote und nach Zinssenkungen. V I . B e u r t e i l u n g : Die Bedeutung der Keynesschen Lehre für Wirtschaftstheorie und -politik ist kaum zu überschätzen, seit 1936 wird an theoretischen Weiterentwicklungen der Keynesschen Sicht gearbeitet ( keynesianische Positionen, Neue Keynesianische Makroökonomik, Postkeynesianismus). Auch die Wirtschaftspolitik ist von
Kinderbetreuungskosten
Keynes nachhaltig beeinflusst worden ( Fiscal Policy, Stabilisierungspolitik, Konjunkturpolitik). Kinderbetreuung, 1. Begriff: Betreuung im Sinne von Beaufsichtigung, Erziehung und Pflege von Kindern (bis zu 14 Jahren) durch Erwachsene in und außerhalb der Familie. 2. Familieninterne Betreuung: Die Betreuung kann in der Familie durch die Eltern, andere Familienmitglieder oder Dritte (z.B. Babysitter, Kindermädchen oder Au-Pairs) erfolgen. 3. Familienexterne Betreuung (mit Ausnahme von Schulen, Internaten und Kinderheimen): Betreuung in öffentlichen oder privaten Einrichtungen u. a.: (1) Spielgruppen, (2) Mittagstisch, (3) Hausaufgabenbetreuung, (3) Kindergarten, (4) Ganztagsschulen, (5) Kinderkrippen, (6) Kindertagesstätten, (7) Kindertagespflege. 4. Kosten: Die Kinderbetreuungskosten werden durch Maßnahmen des Familienlastenausgleichs steuerlich oder durch Transfers z. T. kompensiert. 5. Ausbau der Kindertagesbetreuung: Um im Rahmen einer nachhaltigen Familienpolitik die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, haben sich Bund, Länder und Gemeinden darauf verständigt, die Kindertagesbetreuung auszubauen. Bis 2013 sollen die Plätze für unter Dreijährige mit Investitionen von 12 Mrd. EUR auf rd. 750.000 steigen, so dass für 35 % dieser Kinder ein Platz zu Verfügung stünde. 70 % der Betreuungsplätze sollen Einrichtungen zur Verfügung stellen, 30 % Tagesmütter. Ab dem Kindergartenjahr 2013/2014 soll es einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für jedes Kind unter drei Jahren geben. Kinderbetreuungskosten. Begriff der Einkommensteuer: (1) Aufwendungen, die Alleinstehenden (für Kinder bis zum 14. Lebensjahr) oder Eltern mit behinderten Kindern (ohne Altersbegrenzung) können für 2/3 der Kosten für die Kinderbetreuung (in einer Kindertagesstätte oder durch eine Tagesmutter) bis zu einer Höhe von 4.000 EUR steuerlich geltend gemacht werden. (2) Handelt es sich bei der Betreuung um eine geringfügige Beschäftigung, können 20 % der Kosten, maximal 510 EUR von der Steuerschuld abgezogen werden. (3) Bei der Betreuung von Kindern durch Au-Pairs können pauschal 50 % der Kosten berücksichtigt werden. Die steuerliche Berücksichtigung
Kinderfreibetrag
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von Kinderbetreuungskosten dient dem Familienlastenausgleich.
Kinderfreibetrag, vom Einkommen abzuziehender Freibetrag, der für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen zur verfassungsgemäßen Freistellung des Existenzminimums des Kindes gewährt wird. Der Kinderfreibetrag beträgt seit dem 1.1.2009 für beide Elternteile zusammen 6.000 EUR. Der Kinderfreibetrag und das Kindergeld werden alternativ berücksichtigt. Kindergartenplatzgarantie,
Kinder-
betreuung. Kindergeld, Zweck des als Steuervergütung
gezahlten Kindergeldes ist die verfassungsrechtlich gebotene Sicherstellung des Existenzminimums eines Kindes durch die Steuerfreistellung von Einkommen. Ob das gezahlte Kindergeld hierfür ausreicht, wird bei der Veranlagung zur Einkommensteuer geprüft. Anspruch besitzt, wer Kinder hat und in Deutschland wohnt, auch Ausländer mit einer gültigen Niederlassungserlaubnis oder Aufenthaltserlaubnis zu bestimmten Zwecken sowie Eltern, die aus beruflichen Gründen im Ausland (in einem Mitgliedsstaat der EU oder in der Schweiz) leben. Die Zahlung für ein Kind erfolgt an den Kindergeldberechtigten (grundsätzlich nur eine Person). Eltern können frei wählen, wer von ihnen das Kindergeld für die Kinder erhält, die zu ihrem Haushalt gehören. Leben die Eltern getrennt oder sind sie geschieden, wird das Kindergeld an denjenigen gezahlt, bei dem das Kind lebt. Kindergeld erhält man auch für Kinder des Ehegatten, Pflegekinder und Enkelkinder im eigenen Haushalt. Altersgrenze: Kindergeld wird bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ohne besondere Voraussetzungen gezahlt. Seit dem 1.1.2007 liegt die Altersgrenze unter bestimmten Voraussetzungen (Ausbildung und keine eigenen Einkünfte über 7.680 EUR) bei 25 Jahren, im Sonderfall mit einer Verlängerung um eine eventuelle Grundwehr- oder Zivildienstzeit. Höhe und Auszahlung: Das Kindergeld beträgt seit dem 1.1.2009 für die ersten zwei Kinder jeweils 164 EUR pro Monat, für das dritte Kind 170 EUR und für jedes weitere Kind 195 EUR. Das Kindergeld wird von den Familienkassen der Agenturen für Arbeit oder der öffentlichen Arbeitgeber ausgezahlt. Sonderregelungen: Für behin-
derte Kinder, die außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, erhalten die Eltern über das 25. Lebensjahr hinaus Kindergeld, falls die Behinderung vor diesem Zeitpunkt eintrat. Vollwaisen erhalten für sich selbst 154 EUR Kindergeld im Monat. Steuerliche Überprüfung und Verrechnung: Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird von Amts wegen geprüft, ob mit dem Kindergeld die verfassungsgemäße Besteuerung sichergestellt wurde. Das erhaltene Kindergeld wird mit der steuerlichen Auswirkung des Kinderfreibetrages (6.000 EUR im Jahr) und des Freibetrages für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung (2.160 EUR im Jahr) verrechnet. Beim Kindergeld bleibt es, wenn das für die Eltern günstiger ist. c) Kinderzulage (früher Baukindergeld) im Rahmen der (zum 1.1.2006 abgeschafften) Eigenheimzulage erhalten (nur noch) Anspruchsberechtigte, die eine eigene Wohnung gebaut oder gekauft haben, bis zu acht Jahre zusätzlich zum Kindergeld. Sie beträgt für selbst genutzte Wohnungen, bei denen der Kaufvertrag bzw. die Herstellung vor dem 1.1.2004 (1.1.2006) abgeschlossen bzw. begonnen wurde, 767 EUR (800 EUR) pro Kind. d) Bundeselterngeld (ersetzt seit dem 1.1.2007: das Bundeserziehungsgeld) Mütter oder Väter mit Sorgerecht für ein Kind und Wohnsitz in Deutschland, die keine oder keine volle Erwerbstätigkeit (nicht mehr als 30 Stunden in der Woche) ausüben und ein Kind im gemeinsamen Haushalt erziehen und betreuen haben Anspruch auf Elterngeld. Auch die Ehe- oder Lebenspartner(innen), die das Kind nach der Geburt betreuen können unter denselben Voraussetzungen Elterngeld erhalten. Für angenommene Kinder und mit dem Ziel der Annahme aufgenommene Kinder, die das achte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gibt es für die Dauer von 14 Monaten ebenfalls Elterngeld. Bei schwerer Krankheit, schwerer Behinderung oder Tod der Eltern haben Verwandte bis dritten Grades und ihre Ehegattinnen Anspruch auf Elterngeld. Bürger der Europäischen Union ( EU) und der Schweiz haben in der Regel auch einen Anspruch auf Elterngeld, wenn sie in Deutschland erwerbstätig sind oder in Deutschland wohnen. Ausländer mit Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis haben u. U. ebenfalls einen Anspruch auf Elterngeld. Das Elterngeld beträgt für die ersten 12 Lebensmonate des Kindes mindestens 67 % des entfallenen durchschnittlich bereinigten
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Nettolohnes, mindestens aber 300 EUR und höchstens 1.800 EUR (67 % von maximal 2.700 EUR). Ist das durchschnittlich bereinigte Nettoeinkommen vor der Geburt geringer als 1000 EUR monatlich, wird die Ersatzrate auf bis zu 100 % angehoben. Mehrkindfamilien erhalten einen Geschwisterbonus in Höhe von 10 % des Elterngeldes, mindestens aber 75 EUR pro Monat. e) Elternzeit: Mit einer Anmeldefrist von 7 Wochen gegenüber dem Arbeitgeber können Eltern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, eine Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 15-30 Wochenstunden beantragen. Die Eltern können die bis zu dreijährige Elternzeit ganz oder teilweise auch gleichzeitig sowie auch nur für die Zeit der Inanspruchnahme von Elterngeld nehmen. Bei gleichzeitiger Inanspruchnahme der Elternzeit durch beide Elternteile entsteht jedoch kein Sozialhilfeanspruch, d.h. sie müssen in dieser Zeit selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen. Der Anspruch auf Teilzeitarbeit mit 15-30 Wochenstunden besteht unter den Voraussetzungen, dass das Arbeitsverhältnis bereits länger als 6 Monate besteht, im Unternehmen mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt sind und keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Mit Zustimmung des Arbeitgebers lässt sich bis zu ein Jahr der Elternzeit auf die Zeit zwischen dem 3. und 8. Geburtstag des Kindes übertragen. Nach der Elternzeit hat der Arbeitnehmer das Recht, wieder zu der vorherigen Arbeitszeit zurückzukehren. Mit der Anmeldung der Elternzeit, frühestens jedoch acht Wochen vor ihrem Beginn bis zum Ende der angemeldeten Elternzeit besteht für den Arbeitnehmer Kündigungsschutz. f) Kinderzuschlag: Eltern haben für ein Kind bis zum Alter von 25 Jahren Anspruch auf Kinderzuschlag, wenn für diese Kind Kindergeld oder eine das Kindergeld ausschließende Leistung bezogen wird. Die Eltern müssen mindestens über ein Einkommen oder Vermögen verfügen, das es ihnen ermöglicht, ihren (nach dem Arbeitslosengeld II) zu errechnenden Mindestbedarf (Mindesteinkommensgrenze) decken zu können: Der Anspruch entfällt, wenn das Elterneinkommen den gesamten Familienbedarf deckt (Höchsteinkommensgrenze = Mindesteinkommensgrenze plus Kindergeldzuschlag) oder wenn auch bei seiner Zahlung ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II nicht ausgeschlossen wäre. Der Kinderzuschlag beträgt maximal 140 EUR im Monat. Kin-
Kinder- und Jugendhilfe
deseinkommen wird bedarfsmindernd in voller Höhe auf den Kinderzuschlag angerechnet. g) Unterhaltsvorschuss: Als Sonderhilfe für Alleinerziehende sichert das Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) aus öffentlichen Mitteln den in der RegelunterhaltVerordnung festgesetzten Mindestunterhalt von Kindern, die keinen Unterhalt vom anderen Elternteil oder keine Waisenbezüge erhalten. Der Unterhaltsvorschuss wird bis zu einem Kindesalter von 12 Jahren und längstens 72 Monate geleistet. Er ist ausgeschlossen, wenn der Alleinerziehende über den anderen Elternteil keine Auskünfte gibt oder bei der Feststellung der Vaterschaft oder des Aufenthaltsorts des anderen Elternteils nicht mitwirkt. Der Vorschuss entfällt auch, wenn beide Elternteile zusammenleben oder der/die Alleinerziehende heiratet. Der Unterhaltsvorschuss beträgt für Kinder unter 6 Jahren 125 EUR, für ältere Kinder unter 12 Jahren 168 EUR monatlich. Kindertagesbetreuung, Kinderbetreu-
ung. Kinder- und Jugendhilfe, Jugendhilfe, 1.
Begriff: Hilfeleistungen freier und öffentlicher Träger zugunsten junger Menschen und Familien. 2. Rechtsgrundlage ist das achte Sozialgesetzbuch Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) vom 14.12.2006. 3. Aufgaben der Jugendhilfe: a) Leistungen (freier und öffentlicher Träger) gem. § 2, Abs. 2 SGB VIII: (1) Angebote der Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinderund Jugendschutzes; (2) Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie; (3) Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege; (4) Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen; (5) Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche; (6) Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung; b) Andere Aufgaben (nur öffentlicher Träger) gem. § 2, Abs. § SGB VIII: (1) Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen, (2) Erteilung, Widerruf und Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (für Kindertagespflege, Vollzeitpflege und entsprechende Einrichtungen), (3) Mitwirkung in Verfahren vor Familiengerichten und nach dem Jugendgerichtsgesetz, (4) Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind, (5) Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen,
Kinderzulage
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(6) Beurkundungen und (6) Beistandschaft, Amtspflegschaft, Amtsvormundschaft und Gegenvormundschaft des Jugendamts. 4. Träger: a) öffentliche Träger: (1) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) als fachlich zuständige Bundesoberbehörde: Sie soll die Tätigkeit der Jugendhilfe anregen und fördern, soweit sie von überregionaler Bedeutung ist und ihrer Art nach nicht durch ein Land allein wirksam gefördert werden kann. Die Bundesregierung legt einmal in der Legislaturperiode einen Jugendbericht vor, den eine sachverständige Jugendberichtskommission ausarbeitet. In grundsätzlichen Fragen wird sie vom Bundesjugendkuratorium als Sachverständigengremium beraten. (2) Bundesländer: Die zuständige oberste Landesjugendbehörde (Fachministerium) hat die Tätigkeit der Träger der öffentlichen und der freien Jugendhilfe und die Weiterentwicklung der Jugendhilfe anzuregen und zu fördern. Die Länder haben auf einen gleichmäßigen Aufbau der Angebote und Einrichtungen hinzuwirken und die Jugendämter und Landesjugendämter bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. (3) Jugendämter als örtlicher Träger, (4) Landesjugendämter als überörtliche Träger und (5) Jugendhilfeausschüsse auf Orts- und Landesebene. b) freie Träger: Anerkannte Träger der freien Jugendhilfe (mit Anspruch auf Förderung durch die öffentlichen Träger) sind (1) die Kirchen und Religionsgemeinschaften öffentlichen Rechts sowie (2) die auf Bundesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflege. (3) Sonstige freie Träger unter bestimmten Voraussetzungen (u. a. Gemeinnützigkeit, fachliche und persönliche Voraussetzungen, mindestens dreijährige Tätigkeit auf dem Gebiete der Jugendhilfe). 5. Leistungsvolumen: Nach Zusammenstellungen des Kompetenzzentrums für familienbezogene Leistungen beliefen sich die Realtransfers im Bereich der Jugendhilfe (ohne Kinderbetreuung) im Jahre 2007 auf 20,8 Mrd. EUR. Kinderzulage, Sicherung der Familie
und von Kindern. Kinderzuschlag,
Kriegsopferversor-
gung. Kirchenfiskus. 1. Ursprünglich: Kirchen-
vermögen. 2. Heute: Synonym für die Kir-
chen als besteuernde Institutionen ( Kirchensteuer). Aufgrund dieses Rechts wird die Kirche zu den Parafisci gerechnet. Kirchensteuer, eine zur Deckung des all-
gemeinen Kirchenbedarfs von steuerberechtigten Religionsgemeinschaften erhobene Steuer. Höhe und Bemessungsgrundlage sind in den einzelnen Bundesländern verschieden; i. d. R. besteht die Kirchensteuer in einem Prozentsatz der Einkommensteuer bzw. Lohnsteuer (z. Zt. 8 oder 9 %, bei Pauschalierung der Lohnsteuer 6 oder 7 %) unter Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen; höchstens jedoch beträgt sie einen bestimmten Prozentsatz des Einkommens (3-4 %; sog. Kirchensteuerkappung). Gezahlte Kirchensteuern sind in vollem Umfange als Sonderausgaben abzugsfähig. Kitchin-Zyklus, Konjunkturzyklus. Klassentheorie. 1. Charakterisierung: Die
ökonomische Theorie der Physiokratie, der Klassiker und des Marxismus unterteilen die Gesellschaft nach unterschiedlichen Merkmalen in einzelne Klassen (soziale Gruppen) und inbes. der Marxismus analysiert die ökonomischen Beziehungen zwischen diesen. 2. Theorien: a) Physiokratischer Ansatz: Ausgehend von der Rolle der einzelnen Gesellschaftsmitglieder im Prozess der gesellschaftlichen Wertschöpfung und deren Verteilung wird auf dieser Basis zwischen classe productive, classe stérile und classe distributive unterschieden. Dieser Ansatz teilt die Schwächen der zugrunde liegenden physiokratischen Wertschöpfungstheorie. b) Klassische Theorie (insbes. bei Ricardo): Die Klassen werden nach der Art der Einkommenserzielung voneinander unterschieden: Lohn-, Gewinn- und Bodenrentenempfänger. Diese funktionale, faktorbezogene Unterscheidung stimmt jedoch in einer Gesellschaftsordnung mit breit gestreuter Vermögensverteilung nicht mit der personellen Einkommensverteilung überein. c) Marxistische Klassentheorie: Die Klassen werden nach deren eigentumsrechtlicher Stellung in Bezug auf die Produktionsmittel unterteilt, und zwar in die der Eigentümer und Nichteigentümer. Im Kapitalismus sind dies die Arbeiterklasse (Proletariat) und die Kapitalistenklasse (Bourgeoisie). Entsprechend der Lehre über die Ausbeutung führte das Privateigentum an den Produkti
229
klassische Lehre
onsmitteln dazu, dass die Kapitalisten den Arbeitern die von ihnen geschaffene Wertschöpfung vorenthalten ( Mehrwerttheorie). Hieraus folgten widersprüchliche Interessen, die sich im Klassenkampf zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten manifestierten. Vgl. auch dialektischer Materialismus, Arbeitswertlehre, Mehrwerttheorie, Krisentheorie. Klassiker. 1. Begriff: Gruppe vorwiegend angelsächsischer Ökonomen, die mit ihren Forschungen und Erkenntnissen etwa von 1750 bis 1850 die Grundlagen der modernen Nationalökonomie geschaffen haben. Die überragenden Klassiker sind Smith, Ricardo, T. Malthus und J. St. Mill. Ihr wichtigster Vorläufer ist Hume. Bedeutende Klassiker sind außerdem der Franzose Say und der Deutsche von Thünen. 2. Lehre der Klassiker: Vgl. klassische Lehre. klassische
Dichotomie, klassische
Lehre. klassische Firma, Verfügungsrechte. klassische Lehre. I . B e g r i ff u n d E i n o r d n u n g : Als klassische Lehre bezeichnet man die ökonomischen Vorstellungen der Klassiker. Die Abgrenzung ist weder nach Personen noch nach Lehrinhalten völlig eindeutig. Gelegentlich werden auch die Physiokraten als Klassiker bezeichnet. Keynes zählte, um sich von der klassischen Lehre abzuheben, alle in der Tradition Ricardos stehende Ökonomen (z. B. Marshall und Pigou) zur klassischen Schule. Im Folgenden wird unter klassische Lehre die Theorie der englischen Klassiker (insbes. Smith, Ricardo, Mill und Malthus) verstanden. Das wichtigste Werk der klassischen Lehre ist Smith's The Wealth of Nations. I I . I n h a l t : 1. Grundlagen: Objekt der klassischen Analyse ist das wirtschaftliche Handeln des Individuums, das v. a. durch Eigennutz erklärt wird (utilitaristischer Ansatz). Präzisiert wird diese Vorstellung durch das Bild des homo oeconomicus. Adam Smith versuchte zu zeigen, dass das eigennützig handelnde Individuum nicht nur die eigene Wohlfahrt vermehrt, sondern auch dem Allgemeinwohl dient. Hierauf gründet sich die Forderung des klassischen Liberalismus nach individueller Freiheit bei weitestgehender Zurückhaltung des Staates (laissez-faire-Prinzip), dessen
Hauptaufgabe in der Sicherung der Freiheit des Einzelnen sowie der Schaffung eines ordnungspolitischen Rahmens besteht. Voraussetzung dafür, dass das individuelle Nutzenstreben tatsächlich auch das Gemeinwohl fördert, ist ein wirksamer Konkurrenzmechanismus, den Smith mit dem Bild der unsichtbaren Hand (Invisible Hand) veranschaulicht. Das Konkurrenzgleichgewicht (Marktgleichgewicht) wird so automatisch erreicht. Zur klassischen Wettbewerbstheorie vgl. auch Wettbewerbstheorie und -politik. Zentrales Anliegen der klassischen Lehre ist die langfristige Analyse, die Erklärung des Trends und nicht die kurzfristigen Abweichungen davon. Schwerpunktmäßig befasst sich die klassische Lehre mit Produktion, Preisbildung, Verteilung, Beschäftigung und Wachstum. 2. Produktion und Preisbildung: a) Produktion und Angebot stehen im Vordergrund der klassischen Lehre, nicht Konsum und Nachfrage. Zwar müssen die produzierten Güter für die Nachfrager Nutzen stiften, was als selbstverständlich angesehen und nicht weiter analysiert wird. Die klassische Lehre unterscheidet die drei Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden. Das Bild der Wirtschaft ist stark durch die Produktionsbedingungen der Landwirtschaft geprägt. Rohstoffvorräte und Lebensmittel zur Versorgung der Arbeiter während der Produktionsperiode werden zum Kapital gezählt. Dem entspricht die Unterscheidung zwischen einem fixen und einem variablen Teil des Kapitalstocks, letzterer wird als Lohnfonds bezeichnet. Solange noch kein Kapital angehäuft und der Boden ein freies Gut ist, sind nach der klassischen Lehre die Tauschrelationen ( relative Preise) ausschließlich durch die Menge der bei der Produktion eingesetzten Arbeit erklärt. Den Preis, der sich aufgrund der eingesetzten Arbeitsmenge ergibt, bezeichnet die klassische Lehre als natürlichen Preis. Der Marktpreis kann nur temporär um diesen schwanken. Die Tauschrelationen verändern sich, wenn zusätzliche Kapital- und Bodeneigentümer auftreten. b) Die Nachfrage spielt bei der Preisbestimmung keine Rolle. Sie beeinflusst lediglich die getauschten Mengen. Während die relativen Preise durch die Produktionssphäre bestimmt werden, ist das Preisniveau durch die Geldmenge bestimmt. Nach der klassischen Lehre bildet Geld einen Schleier, der diese realwirtschaftlichen Vorgänge verdeckt, aber nicht beeinflusst. Da Geld keinen direkten Nutzen stif-
klassische Quantitätstheorie
lusst. Da Geld keinen direkten Nutzen stiftet, hat eine Veränderung von Geldmenge oder Umlaufgeschwindigkeit lediglich eine Veränderung des Preisniveaus zur Folge ( Neutralität des Geldes), aber keinen Einfluss auf Beschäftigung und Produktion. Monetärer und realer Sektor sind also voneinander unabhängig (klassische Dichotomie). 3. Verteilung, Beschäftigung und Wachstum: Die Güternachfrage ist nicht nur für die Preisbestimmung unbedeutend. Sie hat auch keinen Einfluss auf die Höhe des Gesamteinkommens, sondern bestimmt lediglich die Produktionsstruktur. Die Frage, ob die Gesamtnachfrage ausreicht, um die produzierte Gütermenge aufzunehmen, stellt sich nicht. Die klassische Lehre argumentiert dabei mit dem Sayschen Theorem, nach dem sich jedes Angebot seine eigene Nachfrage schafft. Die Ursache für die Produktionstätigkeit ist der Wunsch nach Bedürfnisbefriedigung. Das durch die Produktionstätigkeit erzielte Einkommen fließt entweder in den Konsum oder es wird gespart. Die Ersparnis wird direkt oder indirekt über eine Kreditgewährung zur Bildung von Sachkapital verwendet, stellt also keinen Nachfrageausfall dar. In einer Naturalwirtschaft ist auf längere Sicht ein solcher Nachfrageausfall unmöglich. In einer Geldwirtschaft kann es zu einem gesamtwirtschaftlichen Nachfragedefizit nur kommen, wenn das Einkommen weder verausgabt noch als Kredit zur Verfügung gestellt wird. Die Möglichkeit der Hortung wird von der klassischen Lehre mit der Begründung zurückgewiesen, dass Geldhaltung keinen Nutzen stifte. Es können nur Nachfragedefizite auf einzelnen Märkten auftreten, denen jedoch Überschussnachfragen auf anderen Märkten gegenüberstehen. Wegen des Konkurrenz- bzw. Preismechanismus werden diese partiellen Ungleichgewichte jedoch nicht dauerhafter Natur sein. So führt die Konkurrenz der Arbeitsanbieter untereinander dazu, dass der Lohnsatz sich auf eine Höhe einstellt, die mit der Beschäftigung aller Arbeitswilligen vereinbar ist. Es existiert nur freiwillige Arbeitslosigkeit. Wächst der Kapitalstock rasch genug, kann die Vollbeschäftigung mit steigenden Reallöhnen und sinkenden Profiten einhergehen. Eine positive Differenz zwischen tatsächlichem Lohnsatz und Existenzminimum führt nach der klassischen Lehre zu einer Zunahme des Arbeitsangebots. Dies hat einen wachsenden Konkurrenzdruck zwi-
230
schen den Arbeitnehmern zur Folge, so dass der Lohnsatz schließlich wieder auf die Höhe des natürlichen Lohns absinkt. Trotz Konkurrenz auf den Gütermärkten resultieren daraus positive Unternehmergewinne (vgl. auch Arbeitswertlehre). I I I . W ü r d i g u n g : Die klassische Lehre ist keine völlig einheitliche Theorie. Gemeinsam ist den Klassikern eine utilitaristische, d. h. auf individuellem Nutzen und letztlich kollektiver Wohlfahrt basierende Auffassung und die Vorstellung eines ökonomischen, allgemeinen Gleichgewichts. Beide Punkte sind häufig auch Gegenstand der (Prämissen-) Kritik: Das utilitaristische Menschenbild wird als unrealistisch kritisiert. Die auf dem Sayschen Theorem aufbauende Gleichgewichtsidee wird umfassend im Rahmen des Keynesianismus kritisiert. Weiterentwicklung der klassischen Lehre durch die Neoklassik. klassische Quantitätstheorie, Theorie
der Geldnachfrage. klassisches Wertparadoxon, theoretisches Problem im Zusammenhang mit den kostenorientierten, objektiven Wertlehren der klassischen Wirtschaftstheorie (vgl. auch Arbeitswertlehre): Diese kann nicht schlüssig erklären, warum ein Gut mit hohem gesellschaftlichen Gesamtnutzen einen geringen Preis (z. B. Wasser) und ein Gut mit geringem gesellschaftlichen Gesamtnutzen (z. B. ein Gemälde von Rembrandt) dagegen einen hohen Preis haben kann. Das klassische Wertparadoxon ist lösbar im Rahmen der subjektiven Wertlehre der Grenznutzentheorie, die vom individuellen Nutzen in Abhängigkeit von der zur Verfügung stehenden Menge eines Gutes unter der Annahme eines abnehmenden Grenznutzens ausgeht. kleines Land, Land, das zu den auf dem Weltmarkt bestimmten Terms of Trade aus seiner Sicht beliebige Mengen exportieren bzw. importieren kann. Verursachen hingegen Veränderungen der Importnachfrage bzw. des Exportangebots eines Landes Weltmarktpreisveränderungen (Veränderungen der Terms of Trade), so handelt es sich um ein großes Land. Vgl. auch Handelspolitik. kleine und mittlere Unternehmen,
Mittelstand.
231
Kollektivmonopol
Klein-Goldberger-Modell, ökonometrisches Modell ( Ökonometrie) der USA, das u. a. zur Simulation von Konjunkturschwankungen dient.
der Gemeinschaft und (speziell) die strukturellen Nachteile der vier Länder Griechenland, Irland, Portugal und Spanien reduzieren zu helfen. Vgl. auch Kohäsion.
Klimaproblem, vermutete Erwärmung des
Kohlepolitik. Gesamtheit von Maßnahmen, die zur Erhaltung von Arbeitsplätzen in den deutschen Kohlerevieren die Sicherung des Absatzes der international nicht wettbewerbsfähigen deutschen Steinkohle bezwecken.
Erdklimas aufgrund der Emissionen sog. Spurengase insbesondere Kohlendioxid (CO2) und Methan (Treibhauseffekt). Klimatheorien, Entwicklungstheorie. Knappheit. Knappheit ist der Grund wirtschaftenden Handelns und folgt aus der Tatsache, dass die zur vollständigen Befriedigung menschlicher Bedürfnisse notwendige Menge ökonomischer Güter deren Vorrat bzw. Produktionsmöglichkeit übersteigen. Positive Marktpreise sind Ausdruck dieser Knappheitsrelation. knappschaftliche Rentenversicherung,
Gesetzliche Rentenversicherung.
Kodezisionsverfahren, Europäisches
Parlament. Kognition, Kenntnis, Erkenntnis; in der Perspektive des Konstruktivismus ein biologisches Phänomen der Lebensbewältigung. Demnach verfügt ein Lebewesen über Kognition, wenn es in der Lage ist, seine Fortexistenz unter dem Einfluss von (störenden) Außenreizen zu erhalten.
Kollektivbedürfnisse, Gemeinbedürfnisse.
1. Historisch: Bedürfnisse, die aus dem Zusammenleben in einer Gesellschaft entstehen und durch diese ausgedrückt werden. 2. In der neuen Forschung: a) individuelle Bedürfnisse, die nicht über den Markt befriedigt werden können, sondern nur durch öffentliche Güter. b) Meritorische Bedürfnisse, die sich prinzipiell über den Markt befriedigen lassen, wegen deren Bedeutung die zugehörenden Güter aber vom Staat bereitgestellt werden. Die Kollektivbedürfnisse werden als Rechtfertigung für staatliche Eingriffe in die Marktwirtschaft und die Finanzwirtschaft ( Finanzwissenschaft) angesehen. kollektive Präferenz(relation), Zusammenfassung individueller Präferenzordnungen von Mitgliedern einer Gruppe. Vgl. auch Gruppenpräferenz-Konzept, Arrow-Paradoxon.
Kognitivismus, Ethik.
Kollektivgüter, öffentliche Güter.
Kohäsion, wirtschaftlicher und sozialer
Kollektivismus, dem Individualismus entgegengesetztes gesellschaftspolitisches Gestaltungsprinzip. Es beruht auf der Annahme, dass die Menschen sich bei selbstinteressiertem Handeln nicht freiwillig so verhalten, wie dies dem Wohl der Gesamtgruppe (des Staates) entspricht. Anstelle der Selbstbezogenheit muss daher, ggf. durch Erziehungs- und Zwangsmaßnahmen, die Gruppenbezogenheit treten; der Mensch ist der Gruppe (Kollektiv) unterzuordnen. Die dabei implizierte These, eine Gruppe sei mehr als die Summe ihrer Mitglieder und sie habe ein eigenständiges, übergeordnetes Interesse, wird von den Vertretern des Liberalismus bestritten.
Zusammenhalt; eine der Hauptaufgaben der EU besteht heute in der Förderung der Kohäsion zwischen den Mitgliedstaaten. Die durch das Maastrichter Vertragswerk erfolgte Aufwertung dieses Zieles kommt im sog. Kohäsionsfonds zum Ausdruck. Kohäsionsfonds, Kohäsionsfonds der
EU. 1. Gegenstand: Art. 130 d des Vertrages zu Gründung der EG (EGV) bestimmt, dass in Ergänzung zu den drei herkömmlichen Strukturfonds der EU ein spezieller Kohäsionsfonds zu errichten ist, durch den zu Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze finanziell beigetragen wird. 2. Der Kern der Zielsetzung des Kohäsionsfonds besteht darin, das wirtschaftliche Gefälle zwischen den Mitgliedstaaten
Kollektivmonopol, Macht.
Kommunalabgaben Kommunalabgaben, aufgrund eigener
Finanzhoheit von den Gemeinden erhobene Abgaben, i. d. R. Grundlage der Gemeindefinanzen. Zu den Kommunalabgaben gehören v. a. die Gemeindesteuern. kommunale Gebietsreform, die 1968 -
1978 in der BRD zwecks Erhöhung der Verwaltungseffizienz durchgeführte Neuabgrenzung der Gemeinden und Gemeindeverbände. Die Zahl der Gemeinden verminderte sich von 24.282 auf 8.660. kommunaler Finanzausgleich, Summe
der (vertikalen) Finanzbeziehungen zwischen einem Bundesland und seinen Gemeinden und Gemeindeverbänden und der (horizontalen) Finanzbeziehungen zwischen den Gemeinden und Gemeindeverbänden untereinander. Im Mittelpunkt stehen die vertikalen Ausgleichszuweisungen in Form von Schlüsselzuweisungen des Landes an seine Gemeinden, durch die Unterschiede in den Deckungsrelationen zwischen den Gemeinden ausgeglichen bzw. verringert werden sollen. Vgl. auch Ausgleichsmesszahl, Finanzausgleich, Finanzbedarf, Wirtschaftsförderung. 1. Begriff: Maßnahmen der Wirtschaftsförderung, die auf kommunaler Ebene selbstständig und eigenverantwortlich, auch im Rahmen der kommunalen Finanzhoheit, durchgeführt werden. 2. Ziele sind die Erhaltung oder Stärkung der kommunalen Wirtschaftskraft, die Verbesserung des Arbeitsplatzangebots, ggf. auch die Verbesserung der örtlichen Versorgung mit Gütern. 3. Die für die Praxis wichtigsten Formen können als Bestandspflege sowie als Ansiedlungspolitik ( Standortmarketing) bezeichnet werden. 4. Instrumente der kommunalen Wirtschaftsförderung sind in erster Linie im Bereich der Infrastruktur zu sehen: Verbesserung örtlicher Verkehrswege, Bauleitplanung und Bebauungsordnung sowie die Ausweisung von Gewerbeflächen. kommunale
Kommunalsteuern, Gemeindesteuern.
Kapitalbeschaffung der Gemeinden und Gemeindeverbände vorwiegend durch Direktkredite (meist in Form von Schuldscheindarlehen). Vgl. auch öffentliche Kreditaufnahme,
Kommunalverschuldung,
232
Haushaltssystematik, Haushaltssatzung, Verschuldungsgrenze.
Kommunismus. I . B e g r i ff : 1. Kommu-
nismus steht zumeist für umfassende Gütergemeinschaft und Gleichheit der Lebensbedingungen aller Gesellschaftsmitglieder. Derartige Ideen finden sich zwar bereits bei Platon (Politeia), Campanella (Der Sonnenstaat) und wurden auch z.B. von urchristlichen Gemeinden, religiösen Sekten des Mittelalters oder im Jesuitenstaat in Paraguay (1609-1769) praktiziert, jedoch entstehen sie als ein ausdrücklicher Gegenentwurf zur bestehenden Gesellschaftsordnung erst mit und in der Folge der Französischen Revolution. Diese Ideen zielen im 19. und beginnenden 20. Jh. auf die Abschaffung des Laissez-faire-Liberalismus ( Liberalismus) und der durch soziale Missstände geprägten privatwirtschaftlichen Wirtschaftsordnungen. In diesem Zusammenhang werden Kommunismus und Sozialismus oft synonym verwandt. 2. Eine Abgrenzung zwischen Kommunismus und Sozialismus erfolgt gelegentlich dahingehend, dass der Kommunismus die radikale Form der Ziele und Mittel zu deren Erreichung beschreibt. Kommunisten nennen sich auch diejenigen Vertreter des Marxismus, die die angestrebte neue Ordnung nicht durch evolutionäre Reformen, sondern durch einen revolutionären Umsturz errichten wollen ( Bolschewismus, Marxismus-Leninismus). Im Marxismus selbst werden Kommunismus und Sozialismus geschichtsphilosophisch voneinander abgegrenzt ( historischer Materialismus), der Kommunismus bildet dabei den Endzustand der zwangsläufigen geschichtlichen Entwicklung. Er wird beschrieben als eine Überflussgesellschaft mit Gemeinschaftseigentum an den Produktionsmitteln, in der Arbeitsteilung, Leistungsdruck und der Gegensatz von geistiger und körperlicher Arbeit aufgehoben sind, die Arbeit keine Fron, sondern ein Bedürfnis ist, in der die gesellschaftliche Produktion aufgrund unmittelbarer gesellschaftlicher Absprachen und in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen erfolgt und in der die Konsumgüter entsprechend den individuellen Bedürfnissen verteilt werden (K. Marx: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!). Der Sozialismus wird dagegen als eine den Kommunismus vorbereitende Übergangsphase (niedere
233
Kompetenzzentrum für familienbezogene Leistungen
Form des Kommunismus) nach der revolutionären Beseitigung des Kapitalismus aufgefasst. I I . K r i t i k : Der Kommunismus als Gesellschaftskonzeption enthält ausgesprochen menschenfreundliche Ideale (Überfluss, Abwesenheit von Zwang usw.). Wie er jedoch entstehen soll, die Koordination des Wirtschaftsprozesses unter kommunistischen Bedingungen konkret zu erfolgen hat und unter welchen Ordnungsbedingungen dieser Zustand erhalten werden kann, wurde bisher nicht schlüssig abgeleitet. Insbes. das Koordinationsproblem wurde, abgesehen von einigen vagen Hinweisen, von Marx und Engels nicht analysiert. Das Menschenbild des nicht mehr selbstinteressierten, sondern ausschließlich gruppenbezogenen und gesellschaftlich bewussten Individuums widerspricht bisher allen bisherigen Erfahrungen über die Natur des Menschen. komparative Kosten, komparative Vor-
teile. komparative Vorteile, eine von mehreren
Grundlagen der internationalen Spezialisierung und des internationalen Handels. Hypothetische Vergleichssituation ist die Autarkie. Wenn in einem Land bei Autarkie der Preis des Gutes 1 im Vergleich zum Gut 2 geringer ist, als in einem anderen Land, dann hat dieses Land einen komparativen Vorteil beim Gut 1. Wenn keine Verzerrungen (z. B. Externe Effekte) vorliegen, entspricht der relative Preis der Grenzrate der Transformation ( Transformationskurve). Eine oft betonte Grundlage komparativer Vorteile sind internationale Faktorausstattungsunterschiede (vgl. auch HeckscherOhlin-Handel). Sie sind auch bei absoluten Produktivitätsnachteilen eines Landes für alle Güter denkbar (vgl. auch Ricardianisches Modell). Länder exportieren bei Freihandel Güter, bei denen sie komparative Vorteile aufweisen, und importieren Güter, bei denen andere Länder komparative Vorteile aufweisen. Vgl. auch Handelstheorie. komparativ-statische Analyse, Analy-
semethoden. Tauschhandel, Gegengeschäft. 1. Begriff: Vereinbarungen zum wechselseitigen Warenaustausch ohne Transfer von Zahlungsmitteln, wobei die damit verbundene zwischenstaatliche WertKompensationshandel,
übertragung nur in Form von Gütern bzw. Dienstleistungen erfolgt. Entwicklungsländer praktizieren Kompensationshandel von Kapitalgüterimporten zum Schutz ihrer Zahlungsbilanz und als Hilfe zur weltweiten Vermarktung nicht wettbewerbsfähiger heimischer Güter. 2. Tauschhandelsformen: a) Kompensationsgeschäft, Barter-Trade: Tausch von Ware gegen Ware auf der Basis eines Vertrages ohne Finanztransaktionen, wobei Weltmarktpreise als Anhaltspunkte dienen. Wird häufig bei Rohstoffen durchgeführt. b) Parallelgeschäft, Counterpurchase: Zwei voneinander unabhängige Verträge mit getrennten Zahlungsverpflichtungen, die durch ein Protokoll miteinander verbunden sind. c) Direkte Kompensation, Buy-BackGeschäfte: Lieferung und Gegenlieferung stehen in technischer Beziehung zueinander. Mit diesen Kompensationsgeschäften wird oft auch ein Technologietransfer verbunden. d) Offset-Geschäfte: Großlieferungen werden mit umfangreicher, industrieller Kooperation und Entwicklung im Importland verbunden. Technologie- und Know-howTransfer sind vorgesehen. Vgl. auch Entwicklungspolitik. Kompensationsprinzip. Das Kompensa-
tionsprinzip gilt für gesamtwirtschaftliche Situationen, in denen durch Kompensationsleistungen ein Wohlfahrtsoptimum erreicht werden kann. Das Kompensationsprinzip erweitert in der Wohlfahrtsökonomik die Anwendbarkeit des Pareto-Optimums. kompensatorische Finanzierung, Bud-
gethilfen für Entwicklungsländer bei Exporterlösausfällen. Vgl. auch Lomé-Abkommen. Kompetenzzentrum für familienbezogene Leistungen. 1. Begriff: Kompetenz-
zentrum, das im November 2006 im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit dem Ziel eingerichtet wurde, die Umsetzung einer wirksameren Familienpolitik durch eine wissenschaftliche Begleitung zu unterstützen. 2. Aufgabe des Kompetenzzentrums ist es zum einen, notwendige Expertisen bei Instituten und Einzelexperten einzuholen und die Ergebnisse im Ministerium aufzuarbeiten. Zum anderen werden eigene Ansätze zur Bilanzierung und Bewertung von familienbezogenen Leistungen, zum Ziel-Mittel-Abgleich
Komplementarität
sowie zur Wirkungsanalyse ausgewählter Leistungen entwickelt und umgesetzt. 3. Organisation: a) Im Ministerium werden abteilungsübergreifend Fragestellungen für Wirkungsprüfungen entwickelt sowie die Abstimmung der Arbeit mit anderen Ressorts sichergestellt. b) Bei der Prognos AG Basel/Berlin wurde eine mit dem Ministerium im engen Austausch stehende externe Geschäftsstelle eingerichtet, deren Aufgaben die fachliche Koordinierung sowie die Erarbeitung von Inputs sind. c) Eine Agendagruppe mit sechs interdisziplinären Expertinnen und Experten tagt vierteljährlich unter der Leitung der Ministerin (des Ministers). Hier werden relevante Fragestellungen identifiziert, Arbeitsergebnisse und Expertisen diskutiert und Lösungsoptionen erarbeitet. Komplementarität, Produktionstheorie. Komplexität. Komplexität beschreibt die Gesamtheit aller voneinander abhängigen Merkmale und Elemente, die in einem vielfältigen, aber ganzheitlichen Beziehungsgefüge ( System) stehen. Unter Komplexität wird die Vielfalt der Verhaltensmöglichkeiten der Elemente und die Veränderlichkeit der Wirkungsverläufe verstanden. Der Umgang mit komplexen Systemen erfordert ein hohes Maß an Wissen über die kausalen Zusammenhänge der Systemelemente (Art der Vernetzung) und die Fähigkeit, Komplexität auf wenige Merkmale und Muster zu reduzieren (Komplexitätsreduktion). Vgl. auch Systemmanagement, Umweltpolitik.
234
Konjunktur verwendet, um die Existenz von zyklischen Bewegungen ( Konjunkturzyklus) anzuzeigen und die wirtschaftliche Lage eines Sektors oder der gesamten Wirtschaft im Verlauf eines solchen Zyklus zu beschreiben. Vgl. auch Mengenkonjunktur, Preiskonjunktur, Konjunkturschwankungen. Konjunkturausgleichsrücklage, Sta-
bilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG), Konjunkturpolitik.
Wirtschaftsbarometer; Methode zur Vorhersage des konjunkturellen Verlaufs ( Konjunkturprognose).
Konjunkturbarometer,
Bestimmung des konjunkturellen Ist-Zustandes einer Wirtschaft. Anwendung in der Konjunkturpolitik, da eine genaue Kenntnis des gegenwärtigen Konjunkturzustands notwendig ist, um geeignete wirtschaftspolitische Maßnahmen nach Art, Höhe und zeitlichem Einsatz ergreifen zu können. Anders: Konjunkturprognose.
Konjunkturdiagnose,
konjunkturelle Arbeitslosigkeit, Ar-
beitslosigkeit. konjunktureller Impuls. Begriff der
Finanzwissenschaft: konjunkturelle Wirkung des Budgets. Vgl. auch Budgetkonzepte. konjunkturelles Defizit, der Teil des Ge-
Konflikttheorie, Verteilungstheorie.
samtdefizits der öffentlichen Haushalte, der eindeutig konjunkturell entstanden ist, v. a. über konjunkturbedingte Steuerausfälle auf der Einnahmenseite des Haushalts, aber auch durch induzierte Mehrausgaben (z. B. an die Bundesagentur für Arbeit). Gegensatz: strukturelles Defizit.
Konglomerate, Kartellrecht, Wettbe-
konjunkturelle Verstärkereffekte, Be-
werbspolitik.
zeichnung der Konjunkturtheorie für die Kräfte, die den konjunkturellen Auf- oder Abschwung verstärken. Konjunkturelle Verstärkereffekte können z. B. aus dem Zusammenwirken von Multiplikator und Akzelerator oder aus sich verändernden Erwartungen entstehen.
Kondratieff-Zyklus, Konjunkturzyklus. Konfliktregelung, internationale Ord-
nungsökonomik.
Konjunktur. 1. Begriff: Mehr oder weniger regelmäßige Schwankungen aller wichtigen ökonomischen Größen wie z. B. Produktion, Beschäftigung, Preise, Zinssatz. Hieraus können zyklische Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Aktivität, gemessen bspw. durch den Auslastungsgrad des Produktionspotenzials, hergeleitet werden. 2. In der Konjunkturtheorie wird der Begriff
Konjunkturempfindlichkeit, die Abhän-
gigkeit von Wirtschaftszweigen, Industrie-
235
gruppen oder Gütern von schwankungen.
Konjunkturphasen
Konjunktur-
Konjunkturforschung. Wissenschaftlich-
methodisches Bemühen, die konjunkturelle Entwicklung der Wirtschaft zu analysieren, zu erklären und zu prognostizieren. Man versteht unter Konjunkturforschung zumeist die empirisch orientierte Konjunkturbetrachtung im Unterschied zu der rein theoretischen Konjunkturlehre. Vgl. auch Konjunktur, Konjunkturtheorien. Konjunkturforschungsinstitute, Wirt-
schaftsforschungsinstitute. konjunkturgerechter Haushalt, Budgetkonzept, Weiterentwicklung des Konzepts des konjunkturneutralen Haushaltes: Die gemäß dem konjunkturneutralen Haushalt ermittelten tatsächlichen expansiven oder kontraktiven Impulse werden mit denjenigen verglichen, die notwendig wären, wenn bei einer gegebenen Abweichung vom Gleichgewichtspfad die Haushaltspolitik ein Nachfragedefizit oder einen Nachfrageüberschuss ausgleichen sollte. Der konjunkturgerechte Haushalt zeigt die quantitativen Effekte der jeweiligen Haushaltspläne an.
chronologische Darstellung der Wirtschaftsbewegungen seit Erkenntnis ihres rhythmischen Ablaufs. Konjunkturgeschichte löste die nicht an Periodizität gebundene Krisengeschichte ab.
Konjunkturgeschichte,
Ökonomische Zeitreihen und aus ihnen abgeleitete Messgrößen, die den Konjunkturverlauf anzeigen. Vgl. auch Konjunkturdiagnose, Konjunkturprognose.
Konjunkturindikatoren.
Konjunkturmodell, Erklärung der Existenz von Konjunkturschwankungen durch ein Modell, das endogene Schwingungen hervorbringen kann. Zu unterscheiden: endogene Konjunkturmodelle und exogene Konjunkturmodelle. Vgl. Konjunkturtheorie. konjunkturneutraler Haushalt, Budgetkonzept des Sachverständigenrates zur Be-
gutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR). Ein Haushaltsvolumen ist danach dann konjunkturneutral, wenn es für sich genommen unmittelbar keine Abweichungen des Auslastungsgrades des Produktionspotenzials von dem bewirkt, was mittelfristig als normal angesehen wird. Vgl. auch konjunkturgerechter Haushalt. Konjunkturphasen. I . B e g r i ff : Von der
Konjunkturtheorie vorgenommene Einteilung des Konjunkturzyklus in markante Abschnitte. I I . A r t e n : Die moderne Theorie fasst die Konjunkturschwankungen als zyklische Bewegungen um einen exponentiellen Wachstumstrend auf. Zurückgehend auf Schumpeter werden neben oberem und unterem Wendepunkt vier Konjunkturphasen unterschieden. Misst man den Konjunkturzyklus von einem unteren Wendepunkt zum nächsten, so erhält man das VierPhasen-Schema (vgl. Abb. Konjunkturphasen): (1) Die Aufschwungsphase nach dem unteren Wendepunkt wird als Erholung oder Expansionsphase bezeichnet, gekennzeichnet durch steigenden Auslastungsgrad, zunehmende private Investitionen und Lohnsumme, wachsende Volkseinkommen und erhöhten privaten Konsum. (2) Die Erholung geht in den Boom (Hochkonjunktur, Prosperität) über, sobald die Produktionsfaktoren voll beschäftigt sind, eine Erhöhung des realen Volkseinkommens ist nicht mehr möglich, es kommt zu starken Preissteigerungen und Störungen auf dem Geld- und Kapitalmarkt. (3) Nach Erreichen des oberen Wendepunktes geht die Entwicklung in die Rezession (Kontraktion, Abschwung) über, die in der Boomphase bei überhöhtem Zinsniveau durchgeführten Investitionen erweisen sich bei jetzt vorherrschender relativer Preisstabilität als unrentabel, es kommt zu einem Rückgang der privaten Investitionen und zu einer Stagnation des privaten Konsums. Gewinne und Lohnsumme sinken, zahlreiche Unternehmen geraten in Schwierigkeiten. (4) Die Phase vor dem unteren Wendepunkt ist die Depression (Krise), gekennzeichnet durch hohe Arbeitslosigkeit, geringen Auslastungsgrad, geringe Investitionstätigkeit und hohe Bankenliquidität
Konjunkturpolitik
236
Konjunkturphasen
Konjunkturpolitik. 1. Begriff: a) Konjunkturpolitik i. w. S. beschreibt all jene Maßnahmen der staatlichen Wirtschaftspolitik, die einen hohen Auslastungsgrad des Produktionspotenzials (insbes. einen hohen Beschäftigungsstand) sowie ein stabiles Preisniveau und eine ausgeglichene Zahlungsbilanz erreichen und sichern sollen. Konjunkturpolitik ist Teil der Prozesspolitik, die bei gegebenem Ordnungsrahmen der Wirtschaft ( Ordnungsökonomik) auf den Wirtschaftsprozess Einfluss nehmen soll. b) Konjunkturpolitik i. e. S. umfasst nur diejenigen Maßnahmen der Wirtschaftspolitik, die konjunkturelle Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage vermindern sollen. In diesem Sinne hat Konjunkturpolitik zum Ziel, eine möglichst stetige Produktionsentwicklung mit geringen Schwankungen im Auslastungsgrad des Produktionspotenzials herbeizuführen. c) Abgrenzung: In der weiten Begriffsauslegung entspricht Konjunkturpolitik weitgehend der Stabilisierungspolitik. Abzugrenzen ist Konjunkturpolitik auch von Wachstumspolitik, die nicht auf die kurzfristige Verstetigung des Wirtschaftsablaufs abzielt, sondern den Wachstumstrend der Wirtschaft gemessen am Produktionspotenzial erhöhen soll. Im Folgenden wird die engere Definition der
Konjunkturpolitik zu Grunde gelegt. 2. Die Zielsetzung der Konjunkturpolitik i. e. S. besteht darin, starke Konjunkturausschläge zu vermeiden und auf anhaltende Vollbeschäftigung hinzuwirken. Die Wirtschaft soll im Gleichgewicht gehalten werden, das gesamtwirtschaftliche Angebot im Gleichschritt mit der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage expandieren. Ob das in der Praxis der Fall ist, wird mit Hilfe des Produktionspotenzials und seines Auslastungsgrads ermittelt. 3. Mittel und Instrumente: a) Fiskalpolitik: Wird die Finanzpolitik der öffentlichen Haushalte in den Dienst der Konjunkturpolitik gestellt, so spricht man von Fiskalpolitik ( Fiscal Policy). Fiskalpolitik kann über die Ausgabenseite oder die Einnahmenseite des öffentlichen Budgets erfolgen. Im Zuge einer Rezession hätte die Fiskalpolitik entweder die Ausgaben zu erhöhen und/oder die öffentlichen Einnahmen zu vermindern, um somit die im privaten Sektor vorhandene Kaufkraft zu stärken. Im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz sind insbesondere die Möglichkeiten einer Konjunkturausgleichsrücklage (im Boom) und einer Investitionszulage (in der Rezession) vorgesehen. Um bestimmen zu können, ob der Staat aktive Konjunkturpolitik betreibt, hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamt-
237
wirtschaftlichen Entwicklung ( SVR) die Konzeption des konjunkturneutralen Haushalts entwickelt. b) Geldpolitik: Die Geldpolitik kann mit ihrem Instrumentarium die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht unmittelbar beeinflussen, aber über Zinssatzänderungen und Geldmengenänderungen hat sie indirekt starken Einfluss auf die Ausgabendispositionen der privaten Haushalte und Unternehmen. Die Wirksamkeit einer konjunkturpolitisch orientierten Geldpolitik hängt im Wesentlichen von der Stärke des Zusammenhangs von monetärem und realem Bereich einer Wirtschaft ab. In der neueren monetaristischen Theorie werden reale Effekte der Geldpolitik allerdings angezweifelt. 4. Entscheidungsträger: Die Fiskalpolitik liegt in der Verantwortung der Bundesregierung, insbesondere des Bundesfinanz- und des Bundeswirtschaftsministers. Die rechtliche Grundlage ist durch das Stabilitätsund Wachstumsgesetz gegeben. I. w. S. können zu den fiskalpolitischen Entscheidungsträgern auch die beratenden Institutionen wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Konjunkturrat gezählt werden. Für die Geldpolitik ist als dezentrales Organ der Europäischen Zentralbank ( EZB) die Deutsche Bundesbank zuständig.
Konkurrenz
te Konjunkturpolitik auf allen Ebenen des föderativen Staates zu sichern. Konjunkturschwankungen, Konjunktur-
wellen; wirtschaftliche Wechsellagen, bzw. wellenähnliche Bewegung wirtschaftlicher Größen im Zeitablauf. Die Erklärung des Zustandekommens von Konjunkturschwankungen ist Gegenstand der Konjunkturtheorie. Vgl. auch Konjunkturphasen, Konjunkturzyklus. Konjunkturtest, auf der monatlichen Be-
fragung von Unternehmen der Industrie, des Groß- und des Einzelhandels im Bundesgebiet beruhendes Verfahren der Wirtschaftsbeobachtung, vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung entwickelt und seit 1950 praktisch angewandt. Aus den Beurteilungen der gegenwärtigen und der erwarteten Geschäftslage wird der sog. GeschäftsklimaIndex ermittelt, der als barometrischer Wert für die konjunkturelle Lage genutzt werden kann. Konjunkturtheorie, Teil der Volkswirt-
schaftslehre, der sich mit dem Erklären des Zustandekommens von zyklischen Bewegungen ( Konjunktur, Konjunkturschwankungen) meist makroökonomischer Größen beschäftigt.
Konjunkturprognose. 1. Begriff: Bedingte
Konjunkturwellen, Konjunkturschwan-
Vorhersage über den Verlauf der künftigen konjunkturellen Entwicklung. Konjunkturprognose basiert auf der Konjunkturdiagnose und stützt sich auf die Erfahrung, dass im wirtschaftlichen Prozess Regelmäßigkeiten vorhanden sind, deren Auftreten auch in der Zukunft mit einer gewissen Verlässlichkeit erwartet werden kann. 2. Ziel der Konjunkturprognose ist es v. a., die Wendepunkte im Zyklus und die Stärke der konjunkturellen Ausschläge zu prognostizieren, und aufzuzeigen, mit welchem Kurs der Konjunkturpolitik und Stabilisierungspolitik verhindert werden kann, dass es zu stärkeren Abweichungen von den gesamtwirtschaftlichen Zielen kommt.
kungen.
Konjunkturrat. 1967 nach dem Stabi-
litäts- und Wachstumsgesetz (StWG) errichtete Institution (Beratungsgremium) zur konjunkturpolitischen Koordinierung von Bund, Ländern und Gemeinden, um eine konsisten-
Konjunkturzyklus, Bezeichnung für den Zeitabschnitt zwischen Beginn der ersten und Ende der letzten Konjunkturphase. Der Konjunkturzyklus wird meistens von einem oberen (unteren) Wendepunkt zum nächsten oberen (unteren) Wendepunkt gemessen. Die Konjunkturtheorie unterscheidet Zyklen verschiedener Länge: (1) Kitchin-Zyklus (34 Jahre), auch als Mitchell-Zyklus bezeichnet; 1923 von J. Kitchin in den USA und Großbritannien festgestellt; Existenz umstritten; (2) Juglar-Zyklus (711 Jahre); 1860 von C. Juglar festgestellt; dieses ist der Konjunkturzyklus im engeren Sinne; (3) KondratieffZyklus (5060 Jahre); 1926 von N.D. Kondratieff festgestellt. Vgl. auch Konjunkturgeschichte, politischer Konjunkturzyklus. Konkurrenz, Wettbewerb zwischen Anbietern oder zwischen Nachfragern eines
Konkurrenzkapitalismus
Marktes. Dabei ist zu unterscheiden zwischen monopolistischer Konkurrenz, vollkommener Konkurrenz und potenziellem Wettbewerb.
238
Sollen auf menschliches Wollen zurückgeführt, dem per Konsens moralische oder rechtliche Restriktionen auferlegt werden, so dass Normen als kollektive Selbstbindungen verstanden werden.
Konkurrenzkapitalismus. Begriff des
Marxismus für die privatwirtschaftlichen Marktwirtschaften während der Industriellen Revolution bis etwa 1870.
konservierende Strukturpolitik, Erhaltungspolitik; sektorale Strukturpolitik. Konsistenzpostulat, Forderung nach Wi-
Konkurrenzsystem, Regelungsform der
Steuerertragshoheit zwischen öffentlichen Aufgabenträgern im aktiven Finanzausgleich. Beim Konkurrenzsystem kann jeder Aufgabenträger nach Belieben auf jede Einnahmequelle zugreifen und Bemessungsgrundlage, Abgabepflicht, Tarifverlauf und niveau frei wählen. Das Konkurrenzsystem bietet den Aufgabenträgern damit das höchste Maß an Einnahmeautonomie. Vgl. auch Mischsystem, Trennsystem.
derspruchsfreiheit der verschiedenen Aussagen eines theoretischen Systems ( Theorie). Konsistenzpostulat erlangt insbes. im Zusammenhang mit der Axiomatisierung von Theorien Bedeutung ( Axiom). Konsolidierung, Konsolidation; Die Begrenzung und Rückführung von öffentlichen Defiziten in den Haushalten der Gebietskörperschaften und Parafisci. konstantes Kapital, Bezeichnung des
konkurrierende Gesetzgebungskompetenz, Gesetzgebungshoheit, die sowohl
dem Bund als auch den Ländern grundgesetzlich zusteht. Dabei steht den Ländern die Gesetzgebung zu, soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht. Ein Gesetzgebungsrecht des Bundes besteht, soweit ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht.
Marxismus für die im Produktionsprozess eingesetzten Kapitalgüter (Anlage- und Umlaufgüter), die nach dieser Theorie keine zusätzlichen Werte schaffen, sondern nur ihren eigenen Wert auf die neuen Produkte übertragen. Gegensatz: variables Kapital. Vgl. auch organische Zusammensetzung des Kapitals. konstituierende Prinzipien, Freiburger
Konkursausfallgeld, Insolvenzgeld.
Schule.
Konnexitätsprinzip, verfassungsrechtliche
konstitutioneller Wissensmangel. Das Konzept des konstitutionellen Wissensmangels bzw. der konstitutionellen Unwissenheit wurde durch von Hayek in die ökonomische Theorie eingeführt: Individuen sind durch begrenzte Informationsaufnahme-, Informationsverarbeitungs- und Informationsübertragungsmöglichkeiten gekennzeichnet und agieren in einer sich wandelnden Umwelt, die nicht nur durch Unsicherheit über zukünftige Umweltzustände (parametrische Unsicherheit), sondern zusätzlich durch Unsicherheit über das Verhalten anderer Individuen (strategische Unsicherheit) gekennzeichnet ist. Dieser Wissensmangel gilt als konstitutionell, d. h. grundsätzlich nicht behebbar. Zum einen stehen die individuellen wirtschaftlichen Akteure demzufolge vor dem Problem, unter Bedingungen der Unwissenheit sinnvoll handeln zu müssen; zum anderen stellt sich die erkenntnistheoretische Frage, inwieweit für den wissenschaftlichen
und finanzwissenschaftliche Regel, nach der die Kosten für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe ( Finanzierungshoheit) von demjenigen Aufgabenträger zu tragen sind, der über Art und Intensität der Aufgabenerfüllung entscheidet. Anwendung wegen der nicht kongruenten Aufteilung von Gesetzgebungskompetenz und Verwaltungshoheit und wegen der Gemeinschaftsaufgaben schwierig. Konsensethik. Eine Konsensethik begründet moralische Normen auf dem Konsens bzw. der Zustimmung derer, für die sie jeweils als verbindlich gelten. In kognitivistischen Versionen wie der Diskursethik ( Ethik) oder der Gerechtigkeitstheorie von J. Rawls ( Gerechtigkeit) werden die Begründungen zu einem Erkenntnisproblem; in den weiter verbreiteten nicht-kognitivistischen Varianten wird moralisches
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Beobachter Regelmäßigkeiten im ökonomischen Bereich erkennbar und einer nomologischen Theoriebildung zugänglich sind. Konstitutionenökonomik. Die Konstitutionenökonomik ist ein relativ junges Forschungsprogramm, dessen Vertreter sich für die Analyse der Wahl von Regeln (Choice of Rules) im Gegensatz zur Analyse von Wahlhandlungen bei gegebenen Regeln (Choice within Rules) interessieren. Viele Konstitutionenökonomen grenzen den Gegenstandsbereich ihrer Disziplin auf die Analyse von Staatsverfassungen ein, insbesondere in der BRD werden häufig wirtschaftlich relevante Regeln unter dem Stichwort Wirtschaftsverfassung diskutiert. Konstruktivismus, erkenntnistheoretische Position, die davon ausgeht, dass Erkenntnisgewinnung ein selektiver und konstruktiver Akt ist. Eine im Rahmen des Konstruktivismus diskutierte Frage lautet, ob es Menschen mit ihrem evolutionär entstandenen kognitiven Apparat noch dauerhaft möglich sein wird, überlebenswichtige Aussagen über eine rasch komplexer werdende Umwelt zu machen. Vgl. auch Ordnung, Systemmanagement, Umweltpolitik. Konsumaktivität, Haushaltstheorie. Konsumentenrente, Differenz zwischen dem Geldbetrag, den Konsumenten für ein Gut äußerstenfalls zu zahlen bereit wären (maximale Zahlungsbereitschaft) und dem Marktpreis. Marshall verwendet die Konsumentenrente im Rahmen seiner Wohlfahrtsökonomik als Wohlfahrtsmaß. Sie ist am größten, wenn auf allen Märkten vollkommene Konkurrenz herrscht. Konsumfunktion, funktionale Abhängigkeit der gesamtwirtschaftlichen Konsums von verschiedenen Einflussfaktoren wie Einkommen, Preise, Vermögen, Zinsniveau. 1. Eine einkommensabhängige Konsumfunktion ist wesentlicher Bestandteil der Keynesschen Lehre. Auf Grund der Aufteilung des Volkseinkommens (Y) auf Konsum (C) und Sparen (S), d. h. der Einkommensverwendungsgleichung Y=C+S, stellt Keynes zugleich eine Hypothese über das gesamtwirtschaftliche Sparverhalten auf. Seine Konsumhypothese unterstellt zunächst, dass der Konsum vom laufenden Einkommen ab-
Konsumgutscheine,
hängt, und zwar so, dass die Konsumnachfrage mit steigendem Einkommen (wegen einer zugleich positiven marginalen Sparquote unterproportional) steigt:
C C(Y) mit 0 <
dC 1. dY
Die Ableitung dC/dY repräsentiert die marginale Konsumquote. Da Y=C+S bzw. S=Y C sein muss, folgt hieraus die ebenfalls einkommensabhängige Sparfunktion
S Y C(Y) = S(Y) dS dC mit 1 . dY dY Vereinfachend wird in der makroökonomischen Theorie mit einer linearen Konsumfunktion gearbeitet (vgl. Keynessche Lehre). Keynes ging in diesem Zusammenhang davon aus, dass im Unterschied zur (im linearen Falle konstanten) positiven marginalen Konsumquote dC/dY die durchschnittliche Konsumquote C/Y mit steigendem Einkommen sinkt. 2. Empirische Untersuchungen (insbes. von S. Kuznets) zeigen jedoch eine langfristig konstante durchschnittliche Konsumquote. 3. Die Abhängigkeit der Konsumquote von der Einkommensverteilung wird auf Keynes zurückgeführt und wurde von Kaldor formalisiert. 4. In dynamischen Modellen werden verschiedene zeitliche Verzögerungen ( Lags) in die Konsumfunktion eingebaut. Zudem wird zwischen kurz- und langfristigen Funktionen unterschieden, wobei angenommen wird, dass die kurzfristige Konsumfunktion flacher als die langfristige Konsumfunktion verläuft. Konsumgewinne aus internationalem Handel. Internationaler Handel ermöglicht,
die von einer Volkswirtschaft erzeugten Güter zu bestimmten Tauschverhältnissen ( Terms of Trade) gegen andere Güter zu tauschen. Dies eröffnet zusätzliche Konsummöglichkeiten mit positiven Wohlfahrtswirkungen, wenn die verschiedenen Güter in den Augen der Konsumenten gegeneinander substituierbar sind. Vgl. auch Handelstheorie. Konsumgut, Gut. Konsumgutscheine, in der jüngsten Wirtschaftskrise diskutierter, aber nicht umgesetzter Vorschlag, durch Ausgabe staatlich finanzierter Wertgutscheine für alle Bürger
Konsumklima-Index
240
zur Steigerung der Konsumnachfrage und Beschäftigung beizutragen.
kontingenter
Konsumklima-Index, von der Forschungsstelle für empirische Sozialökonomik, Köln, und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Nürnberg, aus repräsentativen Befragungen von privaten Haushalten ermittelte Einschätzung der Konsumneigung. Vgl. auch Konjunkturindikatoren.
Kontingentierung, Verkehrspolitik.
Konsumquote, Konsumfunktion. Konsumstruktur, Zusammensetzung des Konsums der privaten Haushalte. Anteile einzelner Ausgaben (Nahrung, Kleidung, Wohnungsmiete etc.) an den Gesamtausgaben. Die Konsumstruktur hängt u. a. von der Haushaltsgröße (Personenzahl), dem Alter und dem verfügbaren Einkommen der Haushaltsangehörigen ab. Vgl. auch DreiSektoren-Hypothese. Konsumtechnik, Haushaltstheorie. Konsumzeit, Zeit, die ein Haushalt be-
nötigt, um Gütereigenschaften gemäß seiner Konsumtechnik so zu transformieren, dass sie ihm Nutzen stiften. Kontereffekte, Backwash-Effekte. 1. Begriff: Negative Folgewirkungen der Integration unterentwickelter Gebiete mit fortgeschritteneren Regionen beim Spiel freier Marktkräfte. 2. Erklärung: a) Arbeitskräfte aus Entwicklungsländern wandern in entwickelte Länder aufgrund der dort höheren Löhne, besseren Arbeitsbedingungen und günstigeren Sozialleistungen aus. Die Abwanderung junger und qualifizierter Arbeitskräfte senkt das Humankapital in unterentwickelten Regionen ( Brain-Drain). b) Kapital fließt wegen besserer Renditen in Industrieländer ab. c) Freier Handel verdrängt entwicklungswirksame Industrieproduktion wegen (temporärer) Unterlegenheit im Wettbewerb zu Lasten des Aufbaus eigener Industriestrukturen. 3. Schlussfolgerungen: Interventionistische Außenwirtschaftspolitiken sollen die Abwanderung von Produktionsfaktoren behindern. Kurzfristige Förderungen sollen Industrien zur Wettbewerbsreife verhelfen. Vgl. auch Protektionismus, Außenwirtschaftstheorie, Entwicklungshilfe.
Bewertungsansatz,
Contingent Valuation.
Kontrahierungszwang, Abschlusszwang,
gesetzliche Pflicht zum Abschluss eines Vertrages; Ausnahme von der Vertragsfreiheit. Kontrahierungszwang kann z. B. den Anbietern bestimmter Dienste auferlegt werden, die dann grundsätzlich keine Kunden abweisen dürfen. Er gilt z. B. für die KfzHaftpflichtversicherung, alle Sozialversicherungen und die privaten Krankenversicherungen, aber nur in Bezug auf die Pflegeversicherung. Kontraktion, Konjunkturphasen. Kontraktkurve. Die Kontraktkurve stellt eine Aneinanderreihung pareto-optimaler Punkte dar. Die in der Wohlfahrtsökonomik verwendete Kontraktkurve entsteht innerhalb der Edgeworth-Box dadurch, dass sich einige Indifferenzkurven der Tauschpartner tangieren. Der sich ergebende geometrische Ort aller Tangentialpunkte der beiden Indifferenzkurvensysteme wird als Kontraktkurve bezeichnet. Kontrollsteuern. Kontrollsteuern dienen zur Bekämpfung illegaler Steuerzuwiderhandlungen: Eine Steuer gibt Anhaltspunkte für die Erfüllung der Steuerpflicht bei einer anderen Steuer. Beispiel: Mehrwertsteuer gibt insbesondere bei Kleinunternehmen Anhaltspunkte auf den Gewinn des Unternehmens. Konvention, Verfügungsrechte. Konvergenzkriterien. In speziellen Protokollen zum Vertrag über die Europäische Union ( EU) wurden folgende Konvergenzkriterien festgelegt: (1) Die jährliche Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte eines zur Teilnahme qualifizierten Mitgliedslands darf max. 3 % und (2) die öffentliche Gesamtverschuldung max. 60 % seines Brutto-Inlandsprodukts betragen; (3) die nationale Rate der Inflation darf diejenige der drei preisstabilsten EU-Staaten um nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte überschreiten; (4) die jeweilige Währung darf in den zwei vorhergehenden Jahren nicht mehr gegenüber den EWS-Währungen abgewertet worden
241
sein; (5) das Niveau der langfristigen Zinsen der betreffenden nationalen Währung darf seit mehr als einem Jahr nicht mehr als 2 Prozentpunkte über dem entsprechenden Niveau der drei stabilsten EG-Staaten gelegen haben. Konvergenzthese, Determinanten des
Wachstums. Konvertibilität, Konvertierbarkeit; 1. Begriff: Element liberaler Außenwirtschaftspolitik, bei der das Recht besteht, Währungsguthaben in andere Währungen umzutauschen und zu transferieren. Realisierung der Konvertibilität ist eines der Ziele des IWF. 2. Arten: a) Volle Konvertibilität: Konvertibilität ohne jede Einschränkung, d. h. für in- und ausländische natürliche und juristische Personen, für laufende Zahlungen und Kapitaltransaktionen sowie sämtliche Beschränkte Währungen. b) Konvertibilität: (1) Bezogen auf die Person bzw. Institution: Das Recht zum Umtausch inländischer in fremde Währung kann auf Ausländer bzw. ausländische Zentralbanken beschränkt werden (Ausländerkonvertibilität). (2) Bezogen auf den Verwendungszweck: Die Konvertibilität gilt lediglich für Zahlungen aus laufenden Transaktionen (Waren- und Dienstleistungsverkehr) sowie Schuldendienste; Kapitaltransaktionen unterliegen dagegen Beschränkungen. (3) Bezogen auf Währungen: Nur bestimmte Währungen können gegen einheimische Währung eingetauscht werden. 3. Wirtschaftliche Bedeutung: Förderung der internationalen Arbeitsteilung durch Verzicht auf Beeinträchtigung des Waren- und Dienstleistungsaustausches sowie Ermöglichung internationaler Kapitalbewegungen. Konvertierbarkeit, Konvertibilität.
Konzertierte Aktion
onsstand versus Konzentrationsprozess: Die Ballung ökonomischer Größen kann sich auf einen Zustand (Zeitpunktbetrachtung) oder auf einen Prozess (Zeitraumbetrachtung) beziehen; entsprechend wird zwischen dem Konzentrationsstand und dem Konzentrationsprozess unterschieden. Von Konzentration i. S. des Konzentrationsstandes spricht man, wenn (fast) der gesamte Merkmalsbetrag auf wenige Merkmalsträger (absolute Konzentration als Zustand) oder ungleichmäßig auf die einzelnen Merkmalsträger (relative Konzentration als Zustand oder Disparität) verteilt ist. Konzentration i. S. des Konzentrationsprozesses liegt vor, wenn die Zahl der Merkmalsträger schrumpft (absolute Konzentration als Prozess) oder die Verteilung des gesamten Merkmalsbetrages auf die einzelnen Merkmalsträger ungleichmäßig bzw. ungleichmäßiger wird (relative Konzentration als Prozess). b) Formale versus materielle Konzentrationsanalyse: Die formale Konzentrationsanalyse hat quantitative Probleme zum Gegenstand und kann daher statistische Methoden anwenden. Sie gibt jedoch unmittelbar nur Aufschluss über die Strukturform (z. B. die Zahl der Unternehmen und die Verteilung der Marktanteile, aber nicht über Art, Ausmaß und Anwendung der mit einer solchen Struktur verbundenen wirtschaftlichen Macht. Wirtschaftliche Macht und die sich aus ihr ergebenden Verhaltensweisen sind statistisch nur sehr unvollkommen fassbar und müssen auf andere Weise, z. B. durch Enquêten oder Hearings ermittelt werden. Eine solche materielle Konzentrationsanalyse verlangt also eine umfassendere Analyse des Marktes, d. h. eine Untersuchung von Marktstruktur, Marktverhalten und Marktergebnis. Konzentrationsmaße, Konzentration,
Unternehmenskonzentration.
Konzentration. 1. Begriff: Ursprünglich be-
deutet Konzentration die Vereinigung um einen Mittelpunkt. Wirtschaftspolitisch wird darunter die Ballung ökonomischer Größen, einschließlich der Verfügungsmacht verstanden. Beispiele für Ballungen ökonomischer Größen sind: die Einkommens- oder Vermögenskonzentration bei den Haushalten (Verteilung), die Betriebs- bzw. Unternehmenskonzentration ( Unternehmenskonzentration) oder die Konzentration der Verfügungsmacht in den Händen von Entscheidungsträgern. 2. Unterscheidung: a) Konzentrati-
Konzentrationsraten, Unternehmens-
konzentration. Konzentrationsstrategie,
Wettbe-
werbspolitik, Kartellrecht. Konzertierte Aktion. 1. Begriff: a) Allgemein: Versuch, das Verhalten unterschiedlicher Interessengruppen auf freiwilliger Basis miteinander abzustimmen; gem. § 3 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) vorgesehen, aber ohne Angaben, ob und in welcher
Konzession
Form die Konzertierte Aktion zu institutionalisieren ist. b) Institution: Ein vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie ausgewählter und einberufener Gesprächskreis: 1967 erstmalig einberufen, seit 1976 faktisch aufgelöst. 2. Zweck: Die Konzertierte Aktion diente zur Absicherung einer offenen Flanke (K. Schiller) der im Stabilitätsgesetz kodifizierten Fiscal Policy keynesianischer Prägung; v. a. der einkommenspolitischen Koordination zwischen Bundesregierung und Tarifpartnern (informelle Abstimmung), da nur eine einkommenspolitische Absicherung die Fiscal Policy davor bewahrt, durch lohnpolitisches Fehlverhalten unterlaufen zu werden. Durch die Konzertierte Aktion sollten zudem wichtige gesellschaftliche Gruppen in die konjunkturpolitische Willensbildung und Verantwortung einbezogen werden. Konzession, Verkehrspolitik.
Entgelt, das ein Nahverkehrsunternehmen oder ein Versorgungsunternehmen an eine Gebietskörperschaft für die Nutzung der Verkehrsräume, zur Verlegung von Verkehrswegen bzw. Versorgungsleitungen oder für den Verzicht auf eine andere Regelung der Versorgung im Gebiet der Gebietskörperschaft entrichten muss. Rechtsgrundlage der Konzessionsabgabe ist der privatrechtliche Konzessionsvertrag. Konzessionsabgabe,
Konzessionsvertrag, Vertrag, durch den
eine Gebietskörperschaft einem Versorgungs- oder Verkehrsunternehmen das ausschließliche Recht einräumt, die Einwohner mit Strom, Gas, Wasser oder Verkehrsleistungen zu versorgen und dabei erlaubt, öffentliche Straßen, Plätze usw. für die Verlegung der Verkehrswege bzw. Versorgungsleitungen zu benutzen. Im Zuge der Deregulierung/Liberalisierung der Strom- und Gasversorgung ( Energiepolitik) wurde das durch den Konzessionsvertrag zuvor gewährte Exklusivrecht der Versorgung aufgehoben und in einfaches Durchleitungs- bzw. Wegerecht umgewandelt. Kooperationsprinzip, Umweltpolitik. Kooperationsverfahren, Europäisches
Parlament.
242 kooperativer Föderalismus, Begriff zur Beschreibung der Tendenz und Neigung, öffentliche Aufgaben durch Bund und Länder gemeinsam zu erfüllen ( Gemeinschaftsaufgaben). Kopfsteuer, in Ansatz und Wirkung primi-
tivste Form der Steuern. Die Kopfsteuer trifft jedes Steuersubjekt ohne Rücksicht auf seine steuerliche Leistungsfähigkeit ( Leistungsfähigkeitsprinzip). Koppelungsthese. Die Koppelungsthese unterstellt, dass das Beschäftigungssystem gegenüber dem Bildungssystem dominant sei (Subordinationsthese), und dass sich das Bildungssystem einseitig veränderten Anforderungen des Beschäftigungssystems anpasst. Körperschaften des öffentlichen Rechts, Gebietskörperschaft. Körperschaftsteuer. I . C h a r a k t e r i s i e -
r u n g : Zweck der Körperschaftsteuer ist die Besteuerung des Einkommens von Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereinen a. G., sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts, nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts und von Betrieben gewerblicher Art von juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Durch das 1977 eingeführte körperschaftssteuerliche Anrechnungsverfahren wurde die Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne mit Einkommenund Körperschaftsteuer innerhalb Deutschlands aufgehoben. Diese Entlastung erfährt jedoch weder der ausländische Anteilseigner einer deutschen Gesellschaft noch der deutsche Anteilseigner einer ausländischen Gesellschaft. Um die Kapitalverkehrsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU zu gewährleisten, wurde das Vollanrechnungsverfahren seit 2002 durch das europataugliche Halbeinkünfteverfahren ersetzt, nach dem Anteilseigner nur noch die Hälfte der Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft im Rahmen der Einkommensteuer versteuern müssen. Durch die Unternehmensteuerreform 2008 wird ab dem Veranlagungsjahr 2009 das Halbeinkünfteverfahren durch das Teileinkünfteverfahren ersetzt. D. h. dass Dividenden aus Aktien, GmbH-Gewinnanteile und Veräußerungsge-
243
winne nunmehr mit 60 % in den steuerpflichtigen Gewinn einzubeziehen sind, wodurch die Steuerfreistellung von 50 % auf 40 % zurückgeführt wird. - I I . G e l t e n d e K ö r p e r s c h a f t s s t e u e r : 1. Gesetzliche Grundlagen: Körperschaftsteuergesetz (KStG) von 2002 in der Fassung vom 19.12.2008, erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 geltend. 2. Steuerpflicht: Beginnt und endet im Prinzip mit der Rechtsfähigkeit juristischer Personen. 3. Steuerbefreiung u. a. für Bundeseisenbahnvermögen, Bundesmonopolverwaltungen, staatliche Lotterieunternehmen, Erdölbevorratungsverband, Deutsche Bundesbank, Kreditanstalt für Wiederaufbau und sonstige staatliche Bankinstitute, Sozialkassen, politische Parteien, Berufsverbände, öffentlich rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen. 4. Besteuerungsgrundlage: a) Die Körperschaftssteuer bemisst nach dem zu versteuernden Einkommen, das sich aus dem Einkommen, vermindert um die Freibeträge für bestimmte Körperschaften und landwirtschaftliche Betriebsgenossenschaften errechnet. b) Neben dem zu versteuernden Einkommen auch die Gewinnausschüttungen. 4. Steuertarif: Seit dem Veranlagungsjahr 2009 beträgt der Steuersatz 15 %. I I I . Finanzwissenschaftliche Beurteil u n g : 1. Charakteristik und Steuersystematik: a) Grundlegend: Zur theoretischen Grundlegung der Körperschaftsbesteuerung vgl. Unternehmensbesteuerung. Danach ist gemäß der Integrationstheorie eine Körperschaftsteuer überflüssig, weil die Besteuerung der Körperschaftserträge in die Einkommensbesteuerung zu integrieren sei. Gemäß der Separationstheorie aber sei die Körperschaftsteuer als eine Sondersteuer auf Erträge juristischer Personen wegen ihrer besonderen Leistungsfähigkeit zu erheben. Die heute geltende Körperschaftsteuer ist zwar der Separationstheorie folgend eine Sondersteuer auf die Rechtsform der Unternehmung, aber keine auf ökonomischen Vorstellungen beruhende allgemeine Unternehmensteuer, denn sie erfasst nicht alle in einer Wirtschaftseinheit anfallenden Gewinne und Kapitaleinkünfte; sie ist ferner trotz Anrechnungsverfahren keine reine Einkommensteuer. Vielmehr hält sie einen Mittelweg ein und vereinigt eine Teilgewinnoder Sonderunternehmungsteuer in sich. b) Bemessungsgrundlage: Steuergegenstand der Körperschaftsteuer ist der Unternehmensge-
Kostendruckinflation
winn, bemessen nach dem zu versteuernden Einkommen des EStG. Das macht aber die Körperschaftsteuer keineswegs zur Einkommensteuer der juristischen Personen. Ökonomisch ist die Körperschaftsteuer eine Ertragsteuer. Das Leistungsfähigkeitsprinzip spielt bei ihr keine Rolle. 2. Die Körperschaftssteuer kann als weitgehend rechtsformneutral und auch als international wettbewerbsneutral, insbesondere im Sinne der Steuerharmonisierung innerhalb der EU als europatauglich angesehen werden. 3. Die Ertragshoheit der Körperschaftssteuer besitzen Bund und Länder ( Gemeinschaftssteuern). Körperschaftsteuerreform,
Körper-
schaftsteuer. Korrelation, in der Statistik Bezeichnung für einen mehr oder minder intensiven Zusammenhang zweier quantitativer Merkmale bzw. Zufallsvariablen. Messung der Korrelation aus vorliegenden Wertepaaren durch Korrelationskoeffizienten. Korruption. Korruption oder Bestechung
bezeichnet ein vertrags- bzw. normwidriges Verhalten eines Agenten gegenüber seinem Prinzipal ( Agency-Theorie) aufgrund der Entgegennahme von Geld oder Sachleistungen durch einen Dritten, der sich davon Vorteile durch den Agenten erhofft. Geschädigt werden durch Korruption zunächst die Prinzipale des Agenten und ggf. Mitbewerber des Bestechenden. Längerfristige Schäden durch Korruption können durch die Verzerrung der Bedingungen effizienter Ressourcenallokation entstehen. Kosten, nennt man den bewerteten Güterverzehr in der Produktion. Zu diesem Zweck muss dieser addierbar gemacht werden. Dies geschieht meist dadurch, dass die Faktoreinsatzmengen in Geldeinheiten ausgedrückt werden. Beim Bewertungsprozess kann man auf Marktpreise oder auf Wertgrößen im Sinne entgangener Nutzen ( Opportunitätskosten, Alternativkosten oder Kosten im volkswirtschaftlichen Sinne) zurückgreifen, wenn Marktpreise fehlen oder externe Effekte auftreten. Vgl. Kostentheorie. Kostendruckinflation, Inflation.
Kostenexplosion
244
Kostenexplosion, populärer Begriff, der
die Kostenentwicklung des wesens beschreiben soll. kostenniveauneutrale
GesundheitsLohnpolitik,
preisniveauneutrale Lohnpolitik. Die kostenniveauneutrale Lohnpolitik überträgt mikroökonomische Vorstellungen über die Bildung der Angebotspreise auf die Gesamtwirtschaft. Die kostentheoretische Begründung der Produktivitätsregel und die Ableitung der kostenniveauneutralen Lohnregel des Sachverständigenrats ( SVR) beruhen auf einer Übertragung der mikroökonomischen Angebotspreisbildung durch Zuschlagskalkulation auf die Gesamtwirtschaft. Das Angebotspreisniveau ergibt sich gem. der Zuschlagskalkulation aus: p = (1 + g)q (g = konstanter Aufschlagssatz und q = gesamtwirtschaftliche Durchschnittskosten). Bei der angenommenen Konstanz des Aufschlagssatzes (g) folgt, dass man zur Ereichung von Preisniveaustabilität das (durch das Lohnstückkostenniveau und damit) durch die Lohnpolitik mitbestimmte Durchschnittskostenniveau stabilisieren muss. Vgl. auch produktivitätsorientierte Lohnpolitik. Kosten-Nutzen-Analyse, Cost-BenefitAnalyse, Nutzen-Kosten-Analyse, Benefit Cost-Analyse; auf der Wohlfahrtsökonomik beruhendes, v. a. in öffentlichen Haushaltswirtschaften angewendetes Verfahren zur vergleichenden Bewertung von Objekten oder Handlungsalternativen, insbes. öffentlicher Infrastruktur-Investitionsvorhaben: Die zukünftigen, auf den gegenwärtigen Zeitpunkt abdiskontierten Kosten und Nutzen (Erträge) des einzelnen Projektes werden bestimmt und mit den entsprechenden Größen alternativer Investitionsobjekte verglichen. Gewählt wird die Alternative mit der größten Differenz zwischen Nutzen (Erträgen) und Kosten. Begründung dieses Entscheidungskriteriums in der Wohlfahrtstheorie, nach der die Kosten eines Investitionsobjektes als Minderung, seine Erträge als Zuwachs gesellschaftlicher Wohlfahrt verstanden werden. Wichtige Anwendungsgebiete: Umwelt- und Ressourcenökonomik und Entwicklungspolitik. Vgl. auch Nutzwertanalyse, Kosten-Wirksamkeits-Analyse. kostenrechnende Einrichtungen, öffentliche Einrichtungen auf kommunaler
Ebene, die ganz oder teilweise aus Entgelten finanziert werden. Sie entsprechen den Gebührenhaushalten wie Stadtentwässerung, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Schlachthöfe und Friedhöfe. Für die Gebührenkalkulation der kostenrechnenden Einrichtungen tritt an die Stelle der finanzwirtschaftlichen Rechnung ( Kameralistik) eine betriebswirtschaftliche Kostenrechnung. Kostensteuer,
Abzugsfähigkeit von
Steuern. Kostenstruktur, Gliederung der Kosten in verschiedenen Wirtschaftszweigen nach Kostenarten, z. B. Personal-, Material-, Energiekosten u. ä. Kostentheorie. Die Kostentheorie beschäftigt sich mit den Determinanten der Kosten. 1. Kostenfunktionen: a) Sie erfassen den Zusammenhang zwischen der Höhe der Kosten K und der hergestellten Produktmenge x, und zwar in der Form K=K (x). Man unterscheidet zwischen fixen Kosten (FK), auch Kosten der Betriebsbereitschaft bezeichnet, und den variablen Kosten (VK). FK variieren nicht mit der Produktion, fallen aber in jedem Falle an, wenn man produktionsbereit sein will (z. B. Ausgaben für Gebäude, Gehälter des Managements). VK beziehen sich z. B. auf Rohstoffe, Energie, Arbeitsleistungen in der Produktion. Die Zuordnung kann im Einzelfall schwierig sein, da langfristig fast alle Kosten variabler Natur, also disponibel, sind und andererseits auch institutionelle Faktoren zu berücksichtigen sind (man denke z. B. an langfristige Verträge, die Ausdehnung des Kündigungsschutzes etc.). Insgesamt gilt K (x)=FK+VK (x). b) Die VK können proportional, über- und unterproportional mit der hergestellten Menge variieren. Sie können aber auch zunächst unter- und dann überproportional steigen (Abb. 1): Welcher Fall eintritt, hängt einerseits von der Produktionstechnik, andererseits von den Faktorpreisen ab. Berücksichtigt man die Fixkosten, so verschiebt sich die VK (x)-Kurve um den FK-Betrag nach oben (siehe z. B. Abb. 2), es resultiert die Kurve K (x). c) K (x) werden auch Gesamt- oder Totalkosten genannt. Daneben gibt es die Durchschnittsund die Grenzkosten als weitere Kostenkategorien. Die Durchschnittskosten DK werden auch als Stückkosten bezeichnet. Sie werden
245
Kostentheorie
Kostenfunktion (1)
Stückkosten bezeichnet. Sie werden definiert durch DK(x) DFK DVK(x) K(x) FK VK(x) x x x DFK nennt man die Fixkosten je Stück, DVK (x) die durchschnittlichen variablen Kosten. Wendet man diese Definition auf die obigen Fälle a bis d an, so ergibt sich Abb. 3. Die Grenzkosten GK sind definiert als die Kosten, die dadurch entstehen, dass man eine zusätzliche Einheit produziert. In infinitesimaler Betrachtung stellen sie den Anstieg dK/dx bzw. dVK/dx der totalen oder variablen Kostenfunktion dar. Dies führt zu den Verläufen aus Abb. 4. Ist die Kostenfunktion linear, stimmen DVK und GK überein und sind konstant. Steigt die K (x)- bzw. die VK (x)-Funktion durchweg überproportional an, steigen DVK und GK monoton an, und es gilt durchgängig GK > DVK. Umgekehrt verhält es sich, wenn Unterproportionalität
Kostenfunktion (2)
vorliegt: DVK > GK, DVK und GK fallen. Im Falle d verlaufen GK, DVK und DK uförmig. DVK und DK erreichen ihr jeweiliges Minimum, wenn sie auf die GK-Kurve treffen.
Kostentheorie
246 Kostenfunktion (3)
Kostenfunktion (4)
247 Kosten von Bildungsinvestitionen. 1.
Entstehung: Kosten von Bildungsinvestitionen entstehen durch den Wert des Ressourcenverbrauchs und der Ressourcennutzung, die Lernende verursachen. Dazu gehört auch der Wert der Zeit, welche Lernende aufbringen, und in der sie auf die Erzielung von Einkommen verzichten. 2. Arten: a) Direkte Kosten: Sie umfassen alle bewerteten laufenden Ressourcenverbräuche, welche die Vermögensposition des Kostenträgers (im Sinne der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung) vermindert und durch Bildungsaktivitäten verursacht werden. Kostenträger können dabei sein: das lernende Individuum, dessen Familie, die Bildungsinstitution, der Staat, die Gesellschaft insgesamt. Direkte Kostenarten, die von den Lernenden, oder den Institutionen, oder vom Staat oder der Gesellschaft getragen werden, sind: bildungsbedingte zusätzliche Lebenshaltungskosten, Transportkosten, Kosten für Lehrund Lernmaterialien, Personalkosten (für Erzieherinnen, Lehrer, Ausbilder usw.), sonstige Sachkosten (Energie, Miete, Telefon, Porto usw.), Bildungsgebühren. b) Indirekte Bildungskosten sind somit als die nicht ausgabengleichen Kosten definiert. Die wichtigste Kategorie der Opportunitätskosten stellen die entgangenen Einkommen der Lernenden (individuelle Ebene) bzw. die entgangene Produktion (Organisationsebene) bzw. das entgangene Bruttoinlandsprodukt (gesellschaftliche Ebene) dar. c) Externe Kosten und Kosten nonformaler Bildung: Externe Bildungskosten entstehen, wenn die Bildungsbemühungen Vermögensverluste außerhalb des Bildungssystems erzeugen. Gedacht ist hier z. B. an die Folgen von Gewalttaten in Schulen gegenüber Lehrpersonen oder Mitlernenden, die ökonomisch bewertet werden können, oder an Polizeischutz von bzw. an Schulen, dessen Kosten ebenfalls den Schulen anzulasten wären. Schließlich findet eine Fülle von Bildungsprozessen außerhalb des formalen Bildungssystems, z. B. in der Familie, zu Hause und am Arbeitsplatz¸ statt, die ebenfalls Ressourcen beanspruchen. Da diese Kosten schwer zu erfassen sind, gibt es darüber keine Daten. Vgl. auch Bildungsökonomie.
in öffentlichen Haushaltswirtschaften angewendetes Verfahren zur vergleichenden Bewertung von Objekten oder Handlungsalternativen,
Kosten-Wirksamkeits-Analyse,
Krankenhäuser
bei dem Elemente der Kosten-NutzenAnalyse mit solchen der Nutzwertanalyse verbunden werden. Gewählt wird diejenige Handlungsalternative, bei der entweder für einen vorgegebenen Nutzwert die geringsten Kosten anfallen oder bei der ein vorgegebener Kostenrahmen den höchsten Nutzwert erzielt. Kovarianz, Kenngröße für die Stärke des
Zusammenhangs zweier quantitativer Merkmale bzw. Zufallsvariablen. Kraftfahrzeugbesteuerung, Sonderbelastung der im Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeuge (Kfz), aufgrund verkehrs-, energie- und umweltpolitischer Ziele erhoben. 1. Kraftfahrzeugsteuer: Steuer auf die Haltung (Zulassungszeitraum) eines Kfz; im Wesentlichen durch die Kosten der Bereitstellung öffentlicher Straßen begründet. Wegen der fehlenden unmittelbaren Zweckbindung eine echte Steuer. Mit der KfzSteuerreform 2009 wird neben der bisherigen Hubraumsteuer auch die Schadstoffemission für Autos mit Emissionen jenseits eines Grenzwertes mit weiteren 2 Euro pro überschüssiges Gramm CO2 herangezogen. Der Schwellenwert liegt in den Jahren 2010 und 2011 bei 120 Gramm CO2, 2012 und 2013 bei 110 Gramm und ab 2014 bei 95 Gramm. 2. Energiesteuer: Verbrauchsabhängige (Mengen-)Steuer einschließlich Ökosteuer ( ökologische Steuerreform) auf die verwendeten Kraftstoffe (1) Benzin (65,45 Cent/Liter), (2) Diesel und Gasöl (47,04 Cent/Liter, (3) Erdgas (65,45 Cent/Liter (18,03 Cent/kg), (4) Flüssiggas (16,06 Cent/kg). 3. Registrierungsteuer: Einmalige Pauschalbesteuerung beim Kauf eines Neufahrzeugs, in Deutschland nicht praktiziert. Kraftfahrzeugsteuer, Kraftfahrzeugbe-
steuerung Krankengeld, gesetzliche Krankenversi-
cherung. Krankenhäuser, Einrichtungen, in denen
durch jederzeit verfügbare ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen, Krankheiten, Leiden oder Verletzungen durch Unfallschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Patienten
Krankenkasse
untergebracht und verpflegt werden. Die medizinisch-technische Ausstattung ist an dem Bedarf der Patienten anzupassen Krankenhäuser sind Teil der sozialen Sicherung und des Gesundheitswesens. In Krankenhäusern werden überwiegend stationäre Behandlungen durchgeführt. Als Folge des Gesundheitsstrukturgesetzes (von 1992) erbringen Krankenhäuser vermehrt auch Leistungen im teil-, vor- und nachstationären Bereich sowie ambulante Leistungen. Die Krankenhausträger sind in Deutschland schwerpunktmäßig öffentlich-rechtliche und freigemeinnützige Institutionen. Krankenkasse, Krankenversicherungen. Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Rentner der gesetzlichen Renten-
versicherung sind in der Krankenversicherung für Rentner pflichtversichert, die Teil der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Der um 0,9 Prozentpunkte (Eigenbeitrag) geminderte allgemeine Beitragssatz von 15,5 %, d. h. 14,6 %, wird je zur Hälfte von den Rentnern und von der Rentenversicherung getragen. Krankenversicherung, gesetzliche oder private Versicherung gegen das (wirtschaftliche) Risiko von Krankheit zur ganz oder teilweisen Abdeckung der Krankheitskosten. Die Krankenversicherungen sind ein wichtiger Bestandteil der sozialen Sicherung bzw. der Sozialversicherung. Die meisten Personen unterliegen als Arbeitnehmer der Pflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung oder sind im Rahmen der Familienversicherung bei den Pflichtmitgliedern mitversichert. Diejenigen, die von der Versicherungspflicht grundsätzlich befreit sind, können z. T. auf Antrag freiwilliges Mitglied werden oder einer privaten Krankenversicherung beitreten. Die nichtkassenpflichtigen Beamten und Pensionäre sind seit 2009 verpflichtet, den nicht durch die staatliche Beihilfe übernommen Teil (zwischen 25 und 50 %) der Gesundheitsleistungen ( Sicherung im öffentlichen Dienst) für sich und ihre beihilfeberechtigten Familienmitglieder durch eine private Ergänzungsversicherung abzudecken. Wer sich auf Antrag von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht befreien lassen kann, nimmt dies in der Regel in Anspruch, um sich privat zu versichern.
248 Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
1. Begriff: Die KfW wurde 1948 als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt am Main gegründet. Die KfW ist eine Bank mit wirtschaftspolitischer Aufgabenstellung. Ihre ursprüngliche Funktion war die Bereitstellung und Vergabe von Finanzierungsmitteln für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Bank schüttet keinen Gewinn aus; der nach Vornahme von Abschreibungen und Rückstellungen verbleibende Reingewinn wird den Rücklagen zugeführt. 2. Heutige Aufgaben: a) Förderung der deutschen Wirtschaft: Überwiegend als Investitionsförderung durch Vergabe zinsgünstiger, langfristiger Kredite für Investitionen. b) Finanzierung des Exports langlebiger Investitionsgüter durch langfristige Exportkredite. c) Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) als Teilbereich der Entwicklungszusammenarbeit ( Entwicklungshilfe) der BRD mit den Entwicklungsländern. d) Beratungsaufgaben insbes. in den Ländern Mittel- und Osteuropas sowie den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR (Aufbau nationaler Entwicklungs- und Förderbanken). e) Im Auftrag der Bundesregierung führt die KfW in den neuen Bundesländern verschiedene Aufgaben im Zusammenhang mit der Bereinigung alter Schuldverhältnisse durch, die zu Zeiten der DDR nicht zum Abschluss gebracht wurden. 3. Refinanzierung: Die KfW refinanziert ihre Kredite überwiegend auf dem nationalen und den internationalen Kapitalmärkten durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen und die Aufnahme von Darlehen. Das Einlagengeschäft (Depositengeschäft) ist der KfW nicht gestattet. Weitere Informationen unter www.kfw.de Teil des Haushaltsplans. Darstellung der Einnahmen aus Krediten und der Tilgungsausgaben. Gemäß Haushaltssystematik der Bundeshaushaltsordnung ist der Kreditfinanzierungsplan dem Haushaltsplan beizufügen. Kreditfinanzierungsplan,
Größe, die den Anteil der Nettokreditaufnahme an den öffentlichen Ausgaben bzw. am Bruttosozialprodukt ( Sozialprodukt) misst. Kreditfinanzierungsquote,
Kreditgarantiegemeinschaften, Bürgschaftsbanken; Selbsthilfeeinrichtungen der Wirtschaft, deren Geschäftszweck die Verga-
249
Kreislaufanalyse
be von Bürgschaften zu Gunsten kleiner und mittlerer Unternehmen ist, um diesen bei nicht ausreichenden Sicherheiten eine bankmäßige Fremdfinanzierung zu ermöglichen. Vgl. auch Wirtschaftsförderung. Kreditgeld, Theorie des Geldangebots. Kreditinstitute. In der BRD kommt den
Kreditinstituten aufgrund ihres weit gespannten Tätigkeitsfeldes (Universalbanken) eine dominierende Rolle als finanzielle Mittler zu. Geldanlagen bei Banken machen gut zwei Fünftel des gesamten Geldvermögens der nichtfinanziellen Sektoren aus. Auf Bankkredite entfallen etwa drei Fünftel der gesamten Verpflichtungen der nichtfinanziellen Sektoren. Auch auf den deutschen Wertpapiermärkten spielen Kreditinstitute eine zentrale Rolle. Kreditkostenmechanismus, Geldtheo-
rie. Kreditmarkttheorie Theorie des Geldange-
Kreditmarkttheorie,
des Geldangebots; bots.
Kreditrationierung, Form des Markt-
versagens am Kapitalmarkt, bei dem insbesondere kleinere Unternehmen mit geringen Kreditsicherheiten von der Kreditvergabe ausgeschlossen bleiben, obwohl sie in der Lage und gewillt sind, den Kapitalmarktzins inklusive Risikoprämie zu zahlen. Kreditrationierung ist ein Ansatzpunkt der Industriepolitik. Kreditschöpfung, Theorie des Geldan-
gebots. Kreislauf, Kreislaufanalyse, Wirt-
schaftskreislauf. Kreislaufanalyse. 1. Begriff: Theoretische Analyse des Wirtschaftskreislaufs. Die Ursprünge der Kreislaufanalyse gehen auf den Physiokraten Quesnay zurück. Ihre Bedeutung blieb jedoch gering, bis Marx die Kreislaufanalyse wieder aufgriff, um die Frage nach der Reproduktion des Kapitals zu klären. Wesentliche Impulse zur Entwicklung der modernen Kreislaufanalyse gingen von Keynes aus, der im Rahmen seiner makroökonomischen Untersuchungen die kreislaufanalytischen Zusammenhänge betrachte-
te. Besondere Bedeutung hat die Kreislaufanalyse für die Makroökonomik und die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR). 2. Zweck der Kreislaufanalyse ist es, das ökonomische Geschehen in einer Volkswirtschaft durch das Schaffen geeigneter Kategorien zu gliedern und die Beziehungen zwischen diesen Kategorien zu analysieren. 3. Inhalt: a) Bei der Gliederung des ökonomischen Geschehens unterscheidet die Kreislaufanalyse zwischen Wirtschaftssubjekten und Wirtschaftsobjekten. Die Wirtschaftsobjekte werden unterteilt in Güter (Sachgüter, Dienstleistungen, Faktorleistungen) und Forderungen ( Geld, Wertpapiere). Die Wirtschaftssubjekte werden in Sektoren eingeteilt: Unternehmen, öffentliche Haushalte ( Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen) und private Haushalte (einschl. der sog. Privaten Organisationen ohne Erwerbszweck, wie Verbände, Vereine, Kirchen und politische Parteien) sowie das Ausland. Die ökonomische Betätigung der Wirtschaftssubjekte wird ebenfalls gegliedert: Wirtschaftssubjekte können Sachgüter und Dienstleistungen produzieren, Einkommen empfangen und verwenden, Vermögen bilden sowie Kredite nehmen und gewähren. Ferner finden zwischen den Wirtschaftssubjekten ökonomische Transaktionen statt, bei denen Güter oder Forderungen von einem Wirtschaftssubjekt auf ein anderes übergehen. Es wird unterschieden zwischen Transaktionen mit (Tausch) und ohne (Schenkung, Transfer) Gegenleistung. Im Rahmen der Kreislaufanalyse werden die Sektoren durch Pole abgebildet, die zwischen ihnen stattfindenden Transaktionen durch Ströme. Man unterscheidet zwischen realen (Güter) und monetären (Forderungen) Strömen. Jedem realen Strom steht ein monetärer Strom in gleicher Höhe gegenüber. b) Die Kreislaufanalyse benutzt verschiedene Darstellungsformen: (1) Graphische Darstellung: Die nebenstehende Abbildung zeigt einen sehr stark vereinfachten Wirtschaftskreislauf, der nur den Haushaltspol und den Unternehmenspol enthält. Gezeigt werden nur die monetären Ströme: Zur Güterproduktion bezieht der Unternehmenspol von den Haushalten Faktorleistungen, für die im Gegenzug Faktorentgelte (Y) von den Unternehmen zu den Haushalten fließen. Die Haushalte beziehen von den Unternehmen Konsumgüter, für die Zahlungen (C) zu leisten sind. Eine realistischere Darstellung des Wirtschaftskreislaufs
Kreislaufanalyse
250
zeigt die nachstehende Abbildung Kreislaufanalyse komplexer Wirtschaftskreislauf. Sie verdeutlicht, dass bei dieser Erweiterung eine Fülle komplexer Beziehungen zwischen den Polen zu berücksichtigen ist: Die Haushalte verwenden einen Teil ihres Einkommens zur Bildung von Vermögen (Ersparnis S). Kreislaufanalyse vereinfachter Wirtschaftskreislauf
Dies wird durch einen entsprechenden Strom zum Vermögensänderungspol berücksichtigt. Der Teil der Güterproduktion, der nicht als Konsumgüter an die Haushalte verkauft wird, bildet die Investitionen (I) (Anlageund Lagerinvestitionen), für deren Finanzie-
rung ein Strom genau in Höhe der Ersparnis vom Vermögensänderungspol zum Unternehmenspol fließt. Auch müssen der Staatsund Auslandssektor einbezogen werden. So erhält z. B. der Staatssektor direkte und indirekte Steuern sowie Transferzahlungen von den anderen Sektoren. Er leistet Faktoreinkommen an die im Staatssektor Beschäftigten, er kauft Güter im In- und Ausland, er zahlt Subventionen an die Unternehmen, leistet Transferzahlungen an die Haushalte usw. Der Kreislauf ist damit geschlossen: Für jeden Pol ist die Summe der Zuflüsse gleich der Summe der Abflüsse. (2) Kontenform: Sie bedient sich der Regeln der kaufmännischen Buchführung. Jeder Pol wird als Konto dargestellt, auf dessen Soll-(Haben-)Seite jeder abfließende (zufließende) Strom erfasst wird. Da sich Zu- und Abgänge entsprechen, sind alle Konten ausgeglichen. (3) Matrixform: Alle Pole werden als gebende und empfangende Sektoren in Spalten bzw. Zeilen aufgeführt. Die Gleichheit der Zu- und Abflüsse eines jeden Pols kommt hier dadurch zum Ausdruck, dass Zeilen- und Spaltensummen einander entsprechen. Vorteil der Matrixdarstellung: Die Verflechtung der Sektoren wird besonders deutlich; auch bei einer Vielzahl von Polen bleibt die Darstellung
Kreislaufanalyse Komplexer Wirtschaftskreislauf
251
Kriegsopferfürsorge
noch übersichtlich. - (4) Gleichungssystem: Für jeden Pol lässt sich eine Gleichung aufstellen, deren linke Seite die Abflüsse und deren rechte Seite die Zuflüsse zeigt. Für alle Pole zusammen ergibt sich folgendes Gleichungssystem: Kreislaufanalyse in Matrixform Haushalte Unternehmen Vermögensbildung
Y=C+S Y=C+I I=S
Diese Form ist v. a. für die Darstellung des Beziehungsverhältnisses einzelner Pole geeignet und liefert direkt wichtige Gleichungen für die makroökonomische Analyse. Kreislauftheorie, Kreislaufanalyse. Kreislauftheorie der Verteilung, Ver-
teilungstheorie. Kreislaufwirtschaftsgesetz, ursprünglich
entstanden aus dem Abfallbeseitigungsgesetz von 1977, 1994 verabschiedet. Hauptbestandteil ist der neue vorsorgeorientierte Abfallbegriff nach der sog. 3-V-Philosophie (Vermeiden, Vermindern und Verwerten von Abfällen). Ressourcen sollen durch Produkte, die mehrfach verwendbar, langlebiger und schadstoffärmer sind, geschont werden (z. B. durch Altautorücknahmeverordnung, Elektronikschrottverordnung). Kreuzpreiselastizität
der
Nachfrage,
bezeichnet in der Haushaltstheorie das Maß ( Elastizität) der Reaktion der Nachfrage nach einem bestimmten Gut bezogen auf Änderungen des Preises eines anderen Gutes. Die Kreuzpreiselastizität der Nachfrage ist positiv bei substitutiven Beziehungen und negativ bei komplementären Gütern. Kreuzpreiselastizitäten der Nachfrage werden zur sachlichen Marktabgrenzung verwendet, da die funktionale Austauschbarkeit von Gütern eine positive Kreuzpreiselastizität der Nachfrage voraussetzt. Kriegsfolgen, Kriegsopferfürsorge,
Kriegsopferversorgung, Lastenausgleich, soziale Sicherung, Wiedergutmachung. Kriegsopferfürsorge, 1. Begriff: Leistun-
gen der sozialen Mindestsicherung oder Grundsicherung im Rahmen der sozialen
Sicherung für Personen, die bei militärischen oder militärähnlichen Dienstverrichtungen beschädigt wurden, ihre Familienmitglieder bzw. Angehörige sowie weitere Personen mit einem sozialen Entschädigungsrecht wie Zivildienstleistende und Opfer von Gewalttaten. Die Kriegsopferfürsorge ist Teil der Kriegsopferversorgung. 2. Rechtsgrundlage für die Kriegsopferfürsorge ist das Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 27.6.1960. 3. Leistungsvoraussetzung ist, dass die Beschädigten wegen der Schädigung und die Hinterbliebenen wegen des Verlustes des Ehegatten, Elternteils, Kindes oder Enkelkindes nicht in der Lage sind, den anzuerkennenden Bedarf aus den übrigen gesetzlich zustehenden Leistungen und dem sonstigen Einkommen und Vermögen zu decken. Ob und in welcher Höhe Einkommen anzurechnen ist, richtet sich nach unterschiedlichen und individuellen Einkommensgrenzen. In bestimmten Fällen kann jedoch vom Einsatz von Einkommen und Vermögen abgesehen werden. 4. Leistungen: a) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 26, 26a BVG), wozu auch Leistungen für Behinderte nach den §§ 33-38, § 40 SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) gehören. Ergänzungsleistungen sind u. a. Übergangsgeld, Unterhaltsbeihilfe, Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, Haushaltshilfe, Rehabilitationshilfe, Hilfen zur Beschaffung und Unterhaltung eines Kraftfahrzeuges. b) Krankenhilfe (§ 26b BVG) erhalten Beschädigte in Ergänzung der Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung nach dem BVG. c) Pflegehilfe (§ 26c BVG) wird pflegebedürftigen Beschädigten und Hinterbliebenen nach den Regelungen der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) gewährt. d) Hilfe zur Weiterführung des Haushalts (§ 26d BVG) bekommen Beschädigte und Hinterbliebene mit eigenem Haushalt, wenn keiner der Haushaltsangehörigen den Haushalt führen kann und die Weiterführung des Haushalts geboten ist. Die Leistungen umfassen die persönliche Betreuung von Haushaltsangehörigen sowie die sonstige zur Weiterführung des Haushalts notwendige Tätigkeit. e) Altenhilfe (§ 26e BVG) soll dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und Beschädigten und Hinterbliebenen im Alter die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen
Kriegsopferversorgung
f) Erziehungsbeihilfe (§ 27 BVG) erhalten Waisen, die Rente oder Waisenbeihilfe beziehen, und Beschädigte mit Grundrente für ihre Kinder. Die Beihilfe soll eine Erziehung zu körperlicher, geistiger und sittlicher Tüchtigkeit sowie eine angemessene, den Anlagen und Fähigkeiten entsprechende allgemeine und berufliche Ausbildung sicherstellen. g) Ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 26d BVG) ist Beschädigten und Hinterbliebenen zu erbringen, soweit der Lebensunterhalt nicht aus den übrigen Leistungen des BVG und dem einzusetzenden Einkommen und Vermögen bestritten werden kann. h) Erholungshilfe (§ 27b BVG) erhalten Beschädigte für sich und ihren Ehegatten oder Lebenspartner sowie Hinterbliebene als Erholungsaufenthalt, wenn die Erholungsmaßnahme zur Erhaltung der Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit notwendig und zweckmäßig ist. i) Wohnungshilfe (§ 27c BVG) erhalten Beschädigte und Hinterbliebene in Form von Wohnberatung sowie durch Mitwirkung bei der Beschaffung und Erhaltung ausreichenden und gesunden Wohnraums. Geldleistungen werden nur erbracht, wenn die Wohnung eines Schwerbehinderten eine besondere Ausgestaltung oder bauliche Veränderungen erfordert. j) Hilfen in besonderen Lebenslagen (§ 27d BVG) werden in entsprechender Anwendung des SGB XII ( Sozialhilfe) unter besonderer Berücksichtigung der besonderen Lage der Beschädigten und Hinterbliebenen erbracht. Sie umfassen (1) Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage, (2) Hilfen zur Gesundheit, (3) Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, (4) Blindenhilfe und (5) Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. 5. Leistungsarten: Neben persönlicher Hilfe kommen Sachleistungen, einmalige und laufende Beihilfen sowie Darlehen in Betracht. Schulden werden in der Regel nicht übernommen. 6. Träger der Kriegsopferfürsorge: sind (nach Landesrecht geregelt) im Allgemeinen die örtlichen Kriegsopferfürsorgestellen der Kreise und kreisfreien Städte und überörtliche Hauptfürsorgestellen mit bestimmten Aufgaben (in Hessen z.B. der Landeswohlfahrtsverband unter der Weisung des Sozialministers). Vgl. auch Kriegsopferversorgung. 7. Leistungsumfang: Die Zahl der Leistungsempfänger lag Ende 2006 bei rd. 60 Tsd. Personen, die laufenden Leistungen
252
betrugen im Jahr 2006 insgesamt 0,5 Mrd. EUR. Kriegsopferversorgung, 1. Begriff: Ge-
samtheit der staatlichen Versorgungsleistungen ( soziale Sicherung) für (1) Personen, die im militärischen Dienst (als Soldat oder Wehrmachtsbeamter) oder im militärähnlichen Dienst (z. B. als Wehrmachtshelfer oder -helferin, im Luftschutz- oder Reichsarbeitsdienst) oder durch sonstige im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege stehende Umstände (z. B. Kriegsgefangenschaft, Internierung, Flucht, Vertreibung, unmittelbare Kriegseinwirkungen, Besatzungsmaßnahmen) Gesundheitsschäden erlitten haben (Kriegsbeschädigte) und (2) für die Hinterbliebenen (Witwen, Witwer, Waisen, Eltern) der an den Folgen einer Schädigung verstorbenen Beschädigten. (3) Das Leistungssystem der Kriegsopferversorgung gilt auch für Wehrdienstbeschädigte (nach §§ 80 ff. Soldatenversorgungsgesetz - SVG), Zivildienstbeschädigte (nach § 47, Abs. 1 Zivildienstgesetz - ZDG), Impfgeschädigte (nach §§ 60-68 Impfschutzgesetz - IfSG), Opfer von Gewalttaten (nach § 1 Opferentschädigungsgesetz - OEG), für politische Häftlinge in der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone bzw. DDR oder in anderen Ostgebieten (nach §§ 4 ff. Häftlingshilfegesetz - HHG). Versorgung erhalten diese Personen auf Antrag für gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen der Schädigung. 2. Rechtsgrundlage für die Kriegsopferversorgung ist das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) v. 27.6.1960 und verschiedene Nebengesetze, die wie die vorgenannten auf das BVG Bezug nehmen. 3. Leistungen: a) Kriegsopferfürsorge (§§ 25-27 BVG) erhalten Beschädigte und Hinterbliebene als soziale Mindestsicherung ( soziale Sicherung): (1) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, (2) Krankenhilfe, (3) Hilfe zur Pflege, (4) Hilfe zur Weiterführung des Haushalts, (5) Altenhilfe, (6) Erziehungsbeihilfe, (7) ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt, (8) Erholungshilfe, (9) Wohnungshilfe und (10) Hilfen in besonderen Lebenslagen. b) Heilbehandlung (§§ 10 f BVG): Für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt oder durch eine anerkannte Schädigungsfolge verursacht worden sind, wird Heilbehandlung gewährt: (1) ambulante ärztliche und zahnärztliche Be-
253
handlung, (2) Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln, (3) Versorgung mit Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungs-, Sprach- und Beschäftigungstherapie sowie mit Brillengläsern und Kontaktlinsen, (4) Versorgung mit Zahnersatz, (5) Krankenhausbehandlung, (6) Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung, (7) häusliche Krankenpflege, (8) Versorgung mit Hilfsmitteln, (9) Belastungserprobung und Arbeitstherapie, (10) nichtärztliche sozialpädiatrische Leistungen, (11) Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung und Soziotherapie. Bei Schwerbeschädigung wird Heilbehandlung auch für Gesundheitsstörungen gewährt, die nicht als Folge einer Schädigung anerkannt sind. c) Versorgungskrankengeld (§ 16 BVG): Wird ein Beschädigter durch eine Schädigung arbeitsunfähig kann er ein Versorgungskrankengeld erhalten, das weitgehend dem Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. d) Beschädigtenrente und sonstige Geldleistungen: (1) Grundrente (§ 31 BVG) erhalten Beschädigte von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H. an (120 EUR im Monat). Die Rente ist in Zehnerstufen bis zu 100 v. H. (631 EUR) gestaffelt. Die Grundrente ist eine Entschädigung für die Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit und soll Mehraufwendungen ausgleichen, die ein gesunder Mensch nicht hat, und dient somit der Sicherung des Lebensunterhalts. (2) Kapitalabfindung (§§ 72 ff. BVG): Anstelle der monatlichen Rentenzahlung kann auch eine Kapitalabfindung beantragt werden, die in aller Regel auf die Abfindung der für einen Zeitraum von 10 Jahren zustehenden Grundrente beschränkt ist. Als Abfindungssumme wird das Neunfache des der Abfindung zugrunde liegenden Jahresbetrages gezahlt. (3) Alterserhöhung (§ 31, Abs.1 BVG): Die Grundrente erhöht sich für Schwerbeschädigte, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 50 und 60 um 24 EUR, von 70 und 80 um 30 EUR und von mindestens 90 um 37 EUR. (4) Ausgleichsrente (§§ 32 f) wird Schwerbeschädigten (mit mindestens 50 v. H. MdE) gewährt, wenn diese infolge ihres Gesundheitszustandes, hohen Alters oder aus sonstigen Gründen keine zumutbare Erwerbstätigkeit ausüben können. Sie beträgt 387 Euro bei 50 v. H. MdE und 631 EUR bei 100 v. H. MdE. (5) Schwerstbeschädigtenzulage (§
Kriegsopferversorgung
31, Abs. 2-4 BVG) erhalten Beschädigte mit einem Schädigungsfolgengrad von 100, die durch die anerkannten Schädigungsfolgen gesundheitlich außergewöhnlich betroffen sind. Sie wird in 6 Stufen gewährt und beträgt 72 EUR in Stufe I bzw. 449 EUR in Stufe VI. (6) Ehegattenzuschlag (§ 33a BVG): Schwerbeschädigte erhalten für den Ehegatten oder Lebenspartner einen Zuschlag von 69 EUR monatlich. (7) Kinderzuschlag (§ 33b BVG): Schwerbeschädigte erhalten für jedes Kind einen Kinderzuschlag in Höhe des gesetzlichen Kindergeldes, wenn nicht für dasselbe Kind ein Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz ( Sicherung der Familie und von Kindern) besteht oder nach dem Einkommensteuergesetz ein Kinderfreibetrag zusteht. (8) Berufsschadensausgleich (§ 30 BVG) erhalten rentenberechtigte Beschädigte zur Abgeltung eines schädigungsbedingten Einkommensverlustes aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit in Höhe von 42,5 v. H. des Einkommensverlustes. (9) Pflegezulage (§ 35 BVG) erhalten Beschädigte, die infolge der Schädigung so hilflos sind, dass sie für eine Reihe von regelmäßig und häufig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer Existenz im Ablauf eines jeden Tages dauernd fremder Hilfe bedürfen. Die pauschale Pflegezulage wird in 6 Stufen gewährt und beträgt 266 EUR in Stufe I bzw. 1.325 EUR in Stufe VI c) Hinterbliebenenversorgung: (1) Voraussetzungen: Hinterbliebenenversorgung (Hinterbliebenenrente und sonstige Leistungen) wird gewährt, wenn der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben ist. Hinterbliebene im Sinne des BVG sind Witwen/Witwer, frühere Ehegatten, Lebenspartner, Waisen, Eltern und Großeltern. (2) Bestattungsgeld (§ 36 BVG): Beim Tod eines rentenberechtigten Beschädigten wird ein Bestattungsgeld von 1.523 EUR gewährt, wenn der Tod die Folge einer Schädigung ist, sonst 763 EUR. (3) Sterbegeld (§ 37 BVG): Beim Tod eines Beschädigten ist ein Sterbegeld in dreifacher Höhe der Versorgungsbezüge zu zahlen, die ihm für den Sterbemonat zustanden. (4) Grundrente für Witwen/Witwer (§ 40 BVG): Die Grundrente für Witwen/Witwer und hinterbliebene Lebenspartner beträgt (unabhängig vom Einkommen) 378 EUR monatlich und dient (anders als die Beschädigtengrundrente) dem Unterhalt. (5) Ausgleichsrente für Witwer/Witwen (§ 41 BVG): Auch die (vom
Krise
sonstigen Einkommen abhängige) Ausgleichsrente hat Unterhaltsfunktion. Sie erhalten Witwen/Witwer und hinterbliebene Lebenspartner, die mindestens die Hälfte ihrer Erwerbsfähigkeit verloren haben oder 45 Jahre alt sind oder für ein Kind des Verstorbenen oder ein eigenes und nach dem Recht der sozialen Entschädigung rentenberechtigtes Kind sorgen. Die volle Ausgleichsrente beträgt monatlich 419 EUR. (6) Schadensausgleich für Witwen/Witwer (§ 40a BVG): Der Schadenausgleich für Witwen/ Witwer und hinterbliebene Lebenspartner dient dem Ausgleich des schädigungsbedingten wirtschaftlichen Schadens. (7) Pflegeausgleich (§ 40b BVG): Witwen/Witwer oder der hinterbliebene Lebenspartner eines Beschädigten, der hilflos war, erhalten einen Pflegeausgleich, wenn sie den Beschädigten während ihrer Ehe oder Lebenspartnerschaft länger als 10 Jahre gepflegt haben. (8) Witwen/Witwerbeihilfe (§ 48 BVG) wird gewährt, wenn rentenberechtigte Beschädigte zwar nicht an den Folgen der Schädigung gestorben sind, die Versorgung der Hinterbliebenen aber deshalb beeinträchtigt ist, weil die Beschädigten durch die Folgen der Schädigung gehindert waren, eine entsprechenden Erwerbstätigkeit auszuüben. Die Beihilfe wird im Regelfall in Höhe von 2/3 der entsprechenden Witwen/Witwer-Rente bezahlt und setzt voraus, dass durch die Schädigungsfolgen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Hinterbliebenenversorgung festgestellt werden kann. (9) Waisenversorgung (§§ 45 ff. BVG): Nach dem Tod von Beschädigten können deren leibliche Kinder, Stief- und Pflegekinder grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, unter bestimmten Voraussetzungen aber auch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres und bei Wehr- oder Zivildienst auch darüber hinaus Waisenversorgung erhalten. Dabei kommen u. a. die Gewährung von Heil- und Krankenbehandlung sowie die Zahlung einer Waisenrente (Grund- und Ausgleichsrente) in Betracht oder auch Waisenbeihilfe, wenn der Beschädigte nicht an den Folgen der Schädigung gestorben ist. (8) Elternrente (§§ 49 ff. BVG): Stirbt der Beschädigte an den Folgen der Schädigung erhalten die Eltern frühestens von dem Monat an, in dem der Beschädigte das 18. Lebensjahr vollendet hätte, Elternrente. Den Eltern werden gleichgestellt Adoptiveltern, wenn sie den Verstorbenen vor der Schädigung als Kind ange-
254
nommen haben, Stief- und Pflegeeltern, wenn sie den Verstorbenen vor der Schädigung unentgeltlich unterhalten haben und Großeltern, wenn der Verstorbene ihnen Unterhalt geleistet hat oder hätte. Elternrente erhält, wer voll erwerbsgemindert oder erwerbsunfähig ist oder aus anderen zwingenden Gründen eine zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann oder das 60. Lebensjahr vollendet hat. Die volle Elternrente beträgt monatlich 513 EUR für ein Elternpaar und 357 EUR für ein Elternteil. Sind mehrere Kinder an den Folgen der Schädigung gestorben, erhöhen sich diese Beträge für jedes weitere Kind um monatlich 94 EUR bzw. 69 EUR. Ist das einzige oder das letzte Kind oder sind alle oder mindestens drei Kinder an den Folgen einer Schädigung gestorben, so erhöhen sich, wenn es günstiger ist, die Beträge um 290 EUR bzw. 210 EUR. d) Sonstige Leistungen: Erstattung von Beiträgen zur Pflegeversicherung (§ 53a BVG): Rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen, die einen Anspruch auf Heil- oder Krankenbehandlung haben und bei einem privaten Versicherungsunternehmen oder bei einer Pflegekasse (nach § 20 SGB XI) versichert sind, wird der Beitrag zur Pflegeversicherung erstattet. 4. Träger der Kriegsopferversorgung sind die Landesversorgungsämter, Versorgungsämter, Versorgungskuranstalten und Orthopädischen Versorgungsstellen. Krise, Konjunkturphasen. Krisengeschichte. Krisen im Sinne von
Katastrophen gab es aufgrund der mit maßloser Spekulation verbundenen Gewinnsucht im Zusammenhang mit einzelnen Ereignissen von einmaliger, besonderer Heftigkeit, v. a. Kriegen, Missernten, Seuchen, Geldentwertung. Eine weltweite Krise ging erstmalig 1859 von den USA aus: Sie löste eine bis dahin beispiellos lange Aufstiegsphase ab und beruhte auf Kapitalmangelerscheinungen bei gleichzeitiger Überproduktion. Von da an war Krisengeschichte überwiegend Konjunkturgeschichte. Die jüngste (nichtkonjunkturelle) Weltwirtschaftskrise (2008/2009) ging ebenfalls von den USA (US- Immobilienmarkt) aus. Krisentheorie. I . K o n j u n k t u r t h e o r i e : Der Begriff Krise beschreibt die Phase des konjunkturellen Niedergangs (auch Depres-
255
sion); vgl. Konjunkturphasen, Konjunkturtheorie. I I . M a r x i s m u s : Die Krisentheorie soll beweisen, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Kapitalismus durch immer heftigere Konjunkturkrisen und Disproportionen gekennzeichnet ist. Als generelle Ursache hierfür wird der durch den technischen Fortschritt und durch anwachsende Akkumulation bedingte tendenzielle Fall der Profitrate angesehen. kritische Belastungswerte, vom Sach-
verständigenrat für Umweltfragen ( SRU) empfohlenes Instrument der Umweltpolitik zur Kartierung von Ökosystemen, um ökotoxikologische Wirkungsschwellen zu ermitteln. Solange bestimmte kritische Belastungswerte bei Schadstoff-Frachten in Ökosystemen nicht überschritten werden, treten nach gegenwärtigem Wissensstand keine Systemschäden auf (Critical-Loads-Konzept). Analog werden kritische Konzentrationen (Critical Levels) ermittelt. Vgl. auch Bioindikatoren, Grenzwert, Ökosystem, Umweltpolitik, Umweltziele. kritische Erfolgsfaktoren, Faktoren und Schlüsselgrößen, die für die Erreichung der Gesamtziele einer Unternehmung von zentraler Bedeutung sind. Vgl. auch Informationsbeschaffung, Informationsbedarf. kritischer Rationalismus, Methodo-
logie. Kulturökologie, Bevölkerungsökologie. Kumulation, in der Wirtschaftstheorie gebrauchter Ausdruck für einen sich selbst verstärkenden Wirtschaftsprozess, z. B. Inflation. kumulative Kontraktion, Begriff für eine
sich selbst verstärkende Abschwungphase ( Konjunkturphasen). Kumulativwirkung, Steuerwirkung, die auf
demselben Kalkulationsmechanismus wie bei der Kaskadenwirkung beruht. Die Kumulativwirkung darf aber mit dieser nicht gleichgesetzt werden, da sie allein die neuerliche Besteuerung der auf jeder Handelsstufe entstandenen Wertschöpfung ohne Steuern betrifft.
Kurzarbeitergeld Kuppelproduktion, Mehrprodukt-Unter-
nehmung. KURSNET, Arbeits- und Ausbildungs-
vermittlung, www.arbeitsagentur.de Kurssicherung, Absicherung gegen Ver-
luste aus Veränderungen des Wechselkurses. Angenommen, ein Wirtschaftssubjekt hat eine in drei Monaten fällige Verbindlichkeit in EUR, und zugleich hält es eine zum momentanen Kassakurs bewertete, gleich hohe, und ebenfalls in drei Monaten fällige Forderung in US-Dollar. Diese sog. offene Position birgt ein Risiko, da eine bis dahin erfolgende Aufwertung des EUR die Verbindlichkeit in drei Monaten wertmäßig die Forderung übersteigen lassen würde. Die Kurssicherung kann dadurch erfolgen, dass dieses Wirtschaftssubjekt auf dem Devisenterminmarkt in Höhe der Forderung US-Dollar verkauft. Je nach Terminkurs kann zwar dann der EUR-Wert der Forderung geringer sein als die Verbindlichkeit, aber das Risiko ist eliminiert. Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld. Kurzarbeitergeld, 1. Entgeltersatzleistung
der Bundesagentur für Arbeit und Instrument der Arbeitsmarktpolitik zur Erhaltung von Arbeitsplätzen. 2. Kurzarbeit liegt vor, wenn Betriebe aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeitszeit vorübergehend verringern und der Arbeitsausfall nicht vermeidbar und erheblich ist, d.h. in einem Kalendermonat mindestens ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sind. 3. Weitere betriebliche Leistungsvoraussetzungen: Der Arbeitsausfall wurde der Arbeitsagentur vom Arbeitgeber oder Betriebsrat angezeigt. Eine grundlegende Voraussetzung ist außerdem, dass hierdurch die Arbeitsplätze der betroffenen Arbeitnehmer erhalten bleiben. 4. Höhe: Ein Arbeitnehmer, der als persönliche Bezugsvoraussetzung wegen des Arbeitsausfalls ein vermindertes oder gar kein Arbeitsentgelt erhält, bekommt Kurzarbeitergeld in Höhe von 67 % (60 %) der Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoengelt aus dem Sollentgelt bei Vollarbeit und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Istentgelt bei Kurzarbeit (Nettoentgeltdifferenz), wenn er mindestens ein Kind
Kurzarbeitergeld
(wenn er kein Kind) im Sinne des § 32 Abs. 1, 3-5 Einkommensteuergesetz hat. Das pauschalierte Nettoentgelt wird vom gerundeten Soll- bzw. Istentgelt ausgehend durch den Abzug einer Sozialversicherungspauschale von 21 %, der Lohnsteuer nach Lohnsteuerkarte und des Solidaritätszuschlages ermittelt. 5. Zahlungsmodus: Kurzarbeitergeld wird in der Regel durch den Betrieb ausgezahlt und auf Antrag des Arbeitgebers oder des Betriebsrats von der zuständigen Arbeitsagentur erstattet. 6. Bezugsdauer: In der Regel kann Kurzarbeitergeld in einem Betrieb bis zu 6 Monaten gewährt werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) kann diese Bezugsfrist bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt bis auf 24 Monate verlängern. Durch die Verordnung vom 26.11.2008 ist die gesetzliche Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld in der Zeit vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2009 auf 18 Monate verlängert worden. Durch Kabinettbeschluss vom 25.5.2009 soll ab 1.7.2009 eine weitere Verlängerung der Bezugsdauer auf 24 Monate befristet bis zum 31.12.2010 in Kraft treten. 7. Vermittlung in eine andere Arbeit: Die Agentur für Arbeit kann Bezieher von Kurzarbeitergeld vorübergehend in ein Zweitarbeitsverhältnis vermitteln. Wird eine angebotene zumutbare Beschäftigung trotz Belehrung über die
256
Rechtsfolgen nicht angenommen oder angetreten, muss das Kurzarbeitergeld für 3 Wochen versagt werden (Sperrzeit). 8. SaisonKurzarbeitergeld: In Betrieben des Bauhauptgewerbes, des Dachdeckerhandwerks und des Garten- und Landschaftsbaus kann infolge von Arbeitsausfällen wegfallendes Arbeitsentgelt in der Schlechtwetterzeit (1. Dezember bis 31. März) z. T. durch das aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung finanzierten Saison-Kurzarbeitergeld ersetzt werden. Dieses entspricht in der Höhe dem Kurzarbeitergeld. Als Ergänzungsleistung kann im Rahmen der WinterbeschäftigungsUmlage u. U. auch Wintergeld gezahlt werden. 7. Transferkurzarbeitergeld: Arbeitnehmer, die aufgrund einer Betriebsänderung und Ausgliederung in eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit (meist sog. Transfergesellschaft) von einem dauerhaften unvermeidbaren Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen sind, können maximal 12 Monate Transferkurzarbeitgeld beanspruchen. Die Höhe des Transferkurzarbeitergeldes entspricht der des Kurzarbeitergeldes. Zielsetzung ist der Transfer der Arbeitnehmer von der bestehenden Beschäftigung in eine Anschlussbeschäftigung ohne zwischenzeitliche Arbeitslosigkeit.
L Labour-Force-Konzept der ILO, ILO, Arbeitslosenstatistik.
Laeken-Indikatoren, Sozialberichter-
stattung. Laffer-Kurve, These von A.R. Laffer über
den Zusammenhang von Steuersatz und Steuereinnahmen: Die Steuereinnahmen steigen mit dem Steuersatz zuerst überproportional an, dann langsamer bis zu einem Maximalpunkt, danach sinken sie. Bei einem Satz von 100 % fallen keine Einnahmen mehr an, da jegliches Interesse an einer der Besteuerung unterliegenden Einkommenserzielung erlischt. Eine rationale Steuerpolitik sollte daher Steuersätze vor Erreichen des Aufkommensmaximums aufweisen. Vgl. auch das Swiftsche Steuereinmaleins, Steuerwiderstand. Lag, Time Lag; Zeitverzögerung. I . Wi r t s c h a f t s t h e o r i e / Ö k o n o m e t r i e : 1. Begriff: Zeitabschnitt zwischen der Veränderung einer Größe (Ursache) und der Auswirkung dieser Veränderung auf eine andere Größe, z. B. C t C(Yt 1 ) mit Y = verfügbares Einkommen, C = Konsumausgaben, t = Zeitindex. In diesem Beispiel beträgt der Lag eine Periode; inhaltlich handelt es sich hier um den RobertsonLag. 2. Merkmale: Lags ermöglichen die Formulierung dynamischer Modelle zur Analyse zeitlicher Anpassungsprozesse ( Konjunkturtheorie); mathematisch handelt es sich dabei um Differenzengleichungssysteme. I I . Wi r t s c h a f t s p o l i t i k : 1. Begriff: Zeitraum zwischen Auftreten einer Störung des Wirtschaftsablaufs und seiner Korrektur. 2. Arten: a) Nach der Einflusssphäre der wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger: (1) Inside Lag, innerer Lag, innere Wirkungsverzögerung: Verzögerung innerhalb der Einflusssphäre begründet durch den
politisch-administrativen Prozess. (2) Outside Lag, äußerer Lag, äußere Wirkungsverzögerung: Verzögerung außerhalb der Einflusssphäre des wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgers; b) Nach der Ursache: (1) Disturbance Lag: Zeitverzögerung, bis die Störung messbar wird. Der Disturbance Lag ist ein Outside Lag. Als Inside Lag folgen: (2) Recognition Lag, Erkennungsverzögerung: Die Information wird wahrgenommen, die Reaktion auf die Störung beginnt. (3) Diagnostic Lag, Diagnoseverzögerung: Die Störung wird hinsichtlich ihrer Verursachung und Behebbarkeit analysiert. (4) Decision Lag, Entscheidungsverzögerung: Entscheidungs- und Abstimmungszeit bei der Wahl geeigneter Maßnahmen. (5) Instrumental Lag, Durchführungsverzögerung: Zeitraum zwischen der Entscheidung und der Maßnahmenimplementation durch die zuständige Bürokratie. Diagnostic, Decision und Instrumental Lag werden zusammen auch als Administrative Lag bezeichnet. (6) Am Ende steht wiederum als Outside Lag der Operational Lag (Wirkungsverzögerung), der die Wirkungsverzögerungen der ergriffenen Maßnahmen im volkswirtschaftlichen Transmissionsprozess beschreibt. 3. Wirkungen: Lags behindern die Funktionsweise eines optimal gestalteten wirtschaftspolitischen Instrumentariums und sind in ihrer Länge für konkrete Maßnahmen nicht oder bestenfalls nur der Tendenz nach bestimmbar. 4. Folgerungen: Aufgrund der genannten Lag wirken der diskretionäre Mitteleinsatz der Wirtschaftspolitik u. U. prozyklisch Konjunkturzyklus ( Konjunkturpolitik). Daher werden solche Maßnahmen teilweise vollständig abgelehnt ( Monetarismus) oder Verfahren der regelgebundenen Finanzpolitik gefordert (vgl. Built-in-Flexibility, Built-in-Stability). Lagerzyklus, die (oft saisonalen) Schwan-
kungen in der Lagerhaltung mit Auswirkungen auf den Konjunkturzyklus.
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE , DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_12, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Laggers
258
Laggers, Konjunkturindikatoren. Lag-Modell, Modell mit einer oder mehrere
Perioden verzögerten exogenen oder endogenen Variablen ( Lag). Laissez-faire-Prinzip, klassische Lehre. Laissez-faire-Regel, in der Umwelt-
und Ressourcenökonomik die eigentumsrechtliche Regelung als Rahmenbedingung für Verhandlungen zwischen dem Verursacher eines externen Effekts und dem Betroffenen ( Coase-Theorem). Der Verursacher besitzt danach das Recht an der Umweltressource, um deren Nutzung er mit dem Geschädigten konkurriert, während der Geschädigte dem Verursacher für die Senkung der schädigenden Aktivität zahlt.
nahmen, die aus den Landesteuern i. e. S. und dem Länderanteil an den Gemeinschaftssteuern besteht; vgl. Steuerverbund, Finanzausgleich. Landeszentralbanken (LZB), bis 2002 unselbstständige Hauptverwaltungen der Deutschen Bundesbank, die mit der Reform der Leitungsgremien der Bundesbank durch das Bundesbankänderungsgesetz 2002 in Hauptverwaltungen umbenannt wurden. Landflucht, Binnenwanderung. Landschaftskonzept, Wirtschaftsgeo-
graphie. Landwirtschaftssektor, Agrarsektor;
primärer Sektor.
Länderfinanzausgleich, Finanzausgleich zwischen den einzelnen Bundesländern mit dem Ziel eines angemessenen Ausgleichs der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder. Seit dem 1.1.1995 sind auch die neuen Bundesländer in den Länderfinanzausgleich einbezogen. Vgl. auch kommunaler Finanzausgleich.
Gewichte gi die relativen Wertgrößen (Umsätze) der Basisperiode sind. Die wichtigsten Laspeyres-Indizes sind der
Ländersteuern, Landessteuern.
Laspeyres-Preisindex
Landesaufbaubanken, Wirtschaftsför-
derinstitute. Landesentwicklungsgesellschaften,
Wirtschaftsförderinstitute. Landesertragsteuern, Landessteuern. Landeshaushaltsordnung
(LHO),
Langzeitarbeitslose, gemäß Legaldefini-
tion (§ 18 SGB III) Arbeitslose, die ein Jahr und länger arbeitslos sind. Laspeyres-Index, Indexzahl, bei der die
LP0,1
Haushaltsreform, Haushaltsgrundsätze. Landessteuern. Finanzwissenschaftlicher
Begriff zur Kennzeichnung der Steuerertragshoheit der Länder: a) Landessteuern i. e. S.: Steuern, deren Aufkommen gem. Art. 106 II GG allein einem einzelnen Bundesland zufließt; auch als Landesertragsteuern bezeichnet. Hauptarten: Kraftfahrzeugsteuer ( Kraftfahrzeugbesteuerung), Grunderwerbsteuer, Erbschaftsteuer, Rennwett- und Lotteriesteuer, Biersteuer, Feuerschutzsteuer, Spielbankenabgabe. Gegensatz: Bundessteuern, Gemeindesteuern. b) Landessteuern i. w. S.: Gesamtheit der einem Land zustehenden Steuerein-
i 1 i 0
i
i 1
i 0
i 0
i 0
und der Laspeyres-Mengenindex LQ0,1
p p q p g pq q q p q g q p i 1 i 0
i
i 1
i 0
i 0
i 0
.
Dabei ist 1 die Berichtsperiode, 0 die Basisperiode, pi sind die Preise und qi die Mengen der Güter i. Vorteilhaft ist beim LaspeyresIndex, dass die Gewichte über mehrere Perioden hinweg beibehalten werden, deshalb ist der Laspeyres-Index gegenüber dem Paasche-Index in der Praxis bevorzugt. Da sich die Zusammensetzung des Warenkorbes (Güterqualitäten und -men-gen) beim Preisindex bzw. das Preisgefüge beim Mengenindex im Laufe der Zeit verändert, müssen ca. alle 5 bis 10 Jahre neue Gewichte festgelegt werden, was die Vergleichbarkeit des Laspeyres-Index über längere Zeiträume hinweg erschwert. Vgl. auch Inflation.
259 Last der Staatsverschuldung, 1. Inanspruchnahme von ökonomischen Ressourcen, die der Staat der (vollbeschäftigten) Wirtschaft entzieht; Last trägt die gegenwärtig betroffene Generation ( New Orthodoxy Approach). 2. Subjektive Nutzeneinbuße: der zur späteren Tilgung der Anleihe Besteuerte wird die Steuer als Last empfinden. 3. Inanspruchnahme zur Tilgung: Last trägt der Besteuerte. 4. Wachstumseinbuße ( Aggregate Investment Approach); Last trägt die zukünftige Generation. 5. Rechtfertigung der Staatsverschuldung: vgl. Pay-as-YouUse-Prinzip, Intergeneration-Equity-Prinzip. Lastenausgleich. 1. Begriff/Aufgaben: Neben der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts sowie der Kriegsopferfürsorge und Kriegsopferversorgung stellt der Lastenausgleich ein zentrales Element der zur Bewältigung der Kriegsfolgen dienenden Sozialgesetzgebung dar (Absicherung von Kriegsfolgen). Aufgabe des Lastenausgleichs ist es, die Eingliederung der durch Kriegs- und Kriegsfolgeereignisse materiell geschädigten Flüchtlinge und Vertriebenen, Kriegssachgeschädigten, Währungsgeschädigten und Sowjetzonenabwanderer zu unterstützen und Entschädigung für erlittene Vermögensverluste zu gewähren. 2. Mittelaufkommen: Das nach dem Krieg vorhandene Sachvermögen wurde systematisch erfasst und steuerlich belastet. Die aufkommenden Mittel wurden einem speziell gebildeten Lastenausgleichsfonds zugeführt. Die Abgabeschuld wurde auf 50 % des Einheitswerts des am Währungsstichtag vorhandenen abgabepflichtigen Vermögens festgesetzt und war über einen Zeitraum von 30 Jahren zu bedienen. Diese Abgaben wurden durch steigende Zuschüsse von Bund und Ländern an den Ausgleichsfonds ergänzt. Die übrigen Einnahmen stammen aus Darlehensrückflüssen und Krediten. 3. Leistungen: Der Lastenausgleich verbindet Entschädigung und Eingliederungshilfe, indem neben Entschädigungsleistungen für den Verlust von Sachund Geldvermögen auch auf die Eingliederung zielende Leistungen gewährt werden: Darlehen für den Wohnungsbau, für die gewerbliche Wirtschaft und die Landwirtschaft, Rentenzahlungen, Mittel für den Erwerb von Hausrat sowie Ausbildungshilfen. Vgl. auch Familienlastenausgleich
Least Cost Planning Lastenausgleichsfonds,
Lastenaus-
gleich, Ausgleichsfonds. Lastverschiebungsdiskussion,
öf-
fentliche Kreditaufnahme. laufendes Budget. Erfassung aller finanziellen Transaktionen, die zu keiner Veränderung des Vermögensstatus einer Gebietskörperschaft führen. Vgl. auch Haushaltssystematik. Gegensatz: Kapitalbudget. Lawinensteuer, Kaskadensteuer. LDC, Least Developed Countries (LDC). Leaders, Konjunkturindikatoren. Lean Production, schlanke Produktion, beinhaltet Kostensenkung zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, z. B. durch Abbau von Hierarchieebenen, bessere Mitarbeitermotivation und Produktivitätssteigerungen. Learning by Doing, dynamische Grö-
ßenvorteile. Learning by Doing Economies, Lernkosteneffekte; Learning by Doing Economies können als dynamisierte Effekte von Economies of Scale interpretiert werden, da die Stückkosten eines Unternehmens nicht nur vom aktuellen, sondern auch vom vergangenen Output abhängen. Je höher letzterer war, desto niedriger sind ceteris paribus die Stückkosten, da man den Produktionsprozess effizienter zu gestalten lernt. Dieser als Learning by Doing bezeichnete Prozess kann zu Wettbewerbsvorteilen gegenüber Newcomern führen. Least Cost Planning. Die Nachfrage nach
Energieträgern ist eine aus der Nachfrage nach Energiedienstleistungen (Wärme, Kraft, Licht, Kälte usw.) abgeleitete Nachfrage. Least Cost Planning zielt darauf ab, die Kosten der Energiedienstleistung zu minimieren, indem die Energieversorgungsunternehmen Energiesparmaßnahmen initiieren und unterstützen (Wandel vom Energieversorgungs- zum Energiedienstleistungsunternehmen).
Least Developed Countries (LDC) Least
Developed
Countries
(LDC),
Bezeichnung der UN für die am wenigsten entwickelten Länder. Lebenshaltungskosten, Inflation. Lebenslage. Zentrales Konzept der allge-
meinen Theorie der Sozialpolitik. Angesichts des unzureichenden Wissens über die Lebenslage sozialpolitischer Zielgruppen lassen sich zwei unterschiedliche Wege der Erfassung der gesellschaftlichen Schwäche der jeweiligen Lebenslage (beide wenig befriedigend) ausmachen: a) Der eine Weg besteht in der Beschränkung auf den formalen Aspekt der abhängigen Stellung im Arbeitsleben oder auf nur ganz wenige und statistisch gut erfassbare Merkmale der Lebenslage, z. B. Vermögen und Einkommen. b) Auf dem anderen Weg wird versucht, der Vielfalt menschlicher Interessen und Ziele Rechnung zu tragen; dabei wird für eine umfassende Berücksichtigung von Lebenslagenmerkmalen jedoch oft eine mangelnde Konkretisierbarkeit und eine nur eingeschränkte Erfassbarkeit in Kauf genommen. Vgl. Armut, empirische Lebenslagenforschung, Notlagen. Lebensstandardsicherung, zentrales Ziel
der Alterssicherung in Deutschland. Die Sicherung des Lebensstandards soll die relative Einkommensposition, die eine Person vor dem Ruhestand im Vergleich zu ihrer Generation hat, auch im Ruhestand erhalten.
Lebenszeit-Einkommens-Hypothese,
Lebenszyklus-Hypothese, on.
Konsumfunkti-
LebenszeitEinkommens-Hypothese; Konsumhypothese, die besagt, dass die Höhe der laufenden Konsumausgaben das Ergebnis eines intertemporalen Optimierungskalküls ist. Für ein Individuum gilt, dass das Einkommen zunächst (Kindheit, Jugend) sehr gering ist, während des aktiven Erwerbslebens relativ hoch ist und in der Phase des Rentenbezugs wieder geringer ist. Eine intertemporale Optimierung des Nutzens verlangt statt einer Anpassung der Konsumausgaben an dieses Einkommensmuster eine Glättung des Konsumausgabenprofils, so dass das Individuum während seiner aktiven Erwerbsphase durch höhere Ersparnis Vermögen aufbaut und die-
Lebenszyklus-Hypothese,
260 ses im Ruhestand durch Entsparen wieder abbaut. Vgl. auch Verteilungstheorie, Konsumfunktion. Legalität. Handlungen, die in Übereinstimmung mit Gesetzen stehen, oder die Gesetze selbst gelten unabhängig von der inhaltlichmoralischen Überprüfung als legal. Legalität ist oft gleich bedeutend mit Legitimität. Legitimation. Legitimation kommt Gesetzen, Institutionen und Verfassungen zu, wenn sie einer inhaltlich-moralischen Prüfung standhalten, mag diese Prüfung politisch, durch explizite Willensbekundung der Betroffenen, oder durch Argumente im ethischen Diskurs ( Konsensethik) erfolgen. Legitimität. Wird zwischen Legalität und Legitimität unterschieden, dann bezeichnet Legitimität die politisch-soziologische, also faktische, Anerkennung von Regeln, Verfassungen und Herrschaft. Leistungsbilanz, Zahlungsbilanz. Leistungsbudget, Performance Budget. Leistungsentgelte, Transformationsaus-
gaben. Leistungsfähigkeitsprinzip, Ability to Pay Principle; 1. Charakterisierung: Fundamentalprinzip der Besteuerung ( Besteuerungsprinzipien). Anders als das Äquivalenzprinzip, das auch als Steuerrechtfertigung verstanden wird und ein Angebot von Staatsleistungen überhaupt begründen will, ist das Leistungsfähigkeitsprinzip lediglich ein Steuerlastverteilungsprinzip. Das Angebot an Staatsleistungen wird vorausgesetzt; nur ihre Finanzierung wird geregelt. In der Finanzwissenschaft sowie in Steuerrecht und -politik umstritten. 2. Theoretische Fundierung: a) Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist mit den Opfertheorien verknüpft worden, um zu beweisen, dass mit ihm notwendigerweise eine Steuerprogression verbunden ist. Man konnte jedoch nachweisen, dass mit ihnen beliebige Tarifverläufe konstruiert werden können und die zugrunde liegende Nutzentheorie die Opfertheorien selbst ad absurdum führt. b) In der modernen Finanzwissenschaft wird daher das Leistungsfähigkeitsprinzip mit Blick auf grundlegende Gerechtigkeitsvorstellungen und politische
261
letzter Verbrauch
Wertungen interpretiert. 3. Wirkungen ambivalent: Einerseits ist es erforderlich, ein recht hohes Progressionsmaß einzurichten, wenn man die Steuertraglast deutlich auf die höheren Einkommensschichten verlagern und dadurch Ziele der Umverteilungspolitik erreichen will; andererseits können hohe Progressionsmaße den Leistungswillen der Einzelnen lähmen ( Disincentives) und so die gesamtwirtschaftliche Produktivität und Allokation verschlechtern. Leistungsgerechtigkeit, Verteilungs-
politik.
suchung, wonach die Kapitalintensität der US-amerikanischen Exporte 1947 geringer war, als die Kapitalintensität der US-Importe (vgl. auch kapitalintensives Gut, arbeitsintensives Gut). Da die USA nach dem zweiten Weltkrieg ein relativ kapitalreiches Land waren, stand dies im Widerspruch zum Heckscher-Ohlin-Theorem des internationalen Handels. Leontief-Produktionsfunktion, beschreibt den Produktionsprozess für limitationale Produktionsfaktoren, d. h. für technisch fixierte Faktoreinsatz-Verhältnisse ( Produktionstheorie).
Leistungsgesellschaft, Verteilungspo-
litik.
Lerner-Effekt, von Lerner vertretene These,
Leitbild, Leitbild der Wettbewerbspolitik
( Wettbewerbstheorie), Leitbilder.
umweltpolitische
Leitkurs, Parität. Leitwährung, Währung in einem internationalen Währungssystem, der für die monetäre Entwicklung, insbesondere für die durch fixierte Wechselkurse miteinander verbundenen Inflationsraten der beteiligten Länder ( Kaufkraftparität) ein besonders großes Gewicht zukommt. Leitzins, Deutsche Bundesbank. Lenkungssteuer, Ordnungssteuer. Lenkungszuweisung, Geldzuweisung zwischen öffentlichen Aufgabenträgern, die mit Empfangs-, Verwendungs- oder Eigenbeteiligungsauflagen verbunden ist, um die Ausgabenentscheidungen der Zuweisungsempfänger zu beeinflussen. Vgl. auch Zweckzuweisung, Finanzzuweisung. Leontief-Lerner-Wohlfahrtsfunktion.
Die gesellschaftliche Wohlfahrt wird direkt durch die zur Verfügung stehenden Gütermengen bestimmt, nicht durch die aufaddierten individuellen Nutzenfunktionen. Die in der Außenwirtschaftstheorie entwickelte Leontief-Lerner-Wohlfahrtsfunktion wird auch in der Wohlfahrtsökonomik verwendet. Leontief-Paradoxon, Ergebnis einer von
W. Leontief vorgelegten empirischen Unter-
dass (ausgehend vom Wunsch nach Bildung einer Sicherheitsreserve als Hauptsparmotiv) die Sparneigung umso mehr zurückgeht, je mehr der Vermögensbestand im Verhältnis zum laufenden Einkommen wächst. Makroökonomisch verändert ein derartiges Verhalten der privaten Haushalte z. B. die Bedingungen für konjunkturpolitisch motivierte, schuldenpolitische Maßnahmen ( Deficit Spending). Lerner-Samuelson-Theorem, Faktor-
preisausgleichstheorem. Lerner'sches Symmetrietheorem. Das Lernersche Symmetrietheorem besagt, dass der Effekt einer Exportsubvention auf inländische Güter derselbe ist, wie der eines Importzolls auf ausländische Güter vom selben ad-valorem Ausmaß ( Wertsteuer). Realwirtschaftlich spielen nur die relativen Preise eine Rolle, und der relative Preis des importierten Gutes kann im Inland nicht nur durch einen Importzoll über die Terms of Trade angehoben werden, sondern auch durch eine Exportsteuer, so dass der für den heimischen Produzenten relevante Preis des exportierten Gutes unter den Weltmarktpreis sinkt. Zu diesem geringeren Preis ist er dann auch bereit, im Inland anzubieten. Dies bedeutet aber wie beim Importzoll eine relative Verteuerung des Importgutes. Vgl. auch Handelspolitik. Lernkosteneffekte, Learning-by-Doing-
Economies. letzter Verbrauch, im Sinne der volkswirt-
schaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR)
Liability Rule Summe aus privatem Verbrauch und Staatsverbrauch.
262
Liability Rule, Verfügungsrechte.
I. C h a r a k t e r i s i e r u n g : Individuelle Freiheit und Selbstverantwortung betonende Gesellschaftskonzeption; geistige Wurzeln liegen in der durch die Aufklärung beeinflussten englischen und schottischen Moralphilosophie des 18. Jh. (u. a. J. Locke, D. Hume, D. Stewart, A. Smith). Zunächst als politische Bewegung gegen den Absolutismus entstanden, wurde der L. bald auch als Gestaltungsprinzip für die Wirtschaftsordnung aufgegriffen, da den Vertretern des Liberalismus zufolge politische Freiheit nur dann realisiert werden kann, wenn auch die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigungen gewährleistet ist. Demzufolge fordert der Liberalismus eine freie Marktwirtschaft einschließlich des Freihandels. I I . D e n k r i c h t u n g e n : 1. Klassischer (angelsächsischer) Liberalismus: Kennzeichnend ist die Forderung nach Meinungsfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz (Herrschaft des Gesetzes) und Individualeigentum an den Produktionsmitteln (einschl. der Selbstverantwortung für deren effizienten Einsatz). Die gesellschaftlichen Institutionen und Regeln werden als das Produkt eines kulturellen Entwicklungs- und Ausleseprozesses aufgefasst: Institutionelle Neuerungen entstehen angesichts aktueller Problemlagen durch das spontane Handeln der Menschen und treten in Konkurrenz zu bisherigen Lösungen, wobei sich diejenigen durchsetzen, die am zweckdienlichsten sind. Das so aus dem selbstinteressierten und autonomen Handeln des Menschen entstehende Ordnungsgefüge konstituiert eine für alle Gesellschaftsmitglieder akzeptable Ordnung und gewährleistet die individuelle (politische und ökonomische) Freiheit. Dass Tendenzen zur Beschränkung des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs bestehen, wird zwar erkannt, jedoch wird angenommen, dass die Ursachen hierfür primär die staatlichen Aktivitäten sind, deren Beschränkung auf das mögliche Mindestmaß gefordert wird. 2. Französischer Liberalismus (u. a. A.R. Turgot, A. de Condorcet, E.J Sieyès): Es werden Ideen der Physiokratie stärker betont: Das Vertrauen wird nicht so sehr auf die schöpferische Kraft der freien gesellschaftlichen Entwicklung, sondern auf die Rationalität eines von der Liberalismus.
Vernunft ausgedachten Plans auf Basis naturrechtlicher Prinzipien gesetzt. Anstelle der Gleichheit vor dem Gesetz, die durch die Verschiedenartigkeit der Menschen zwangsläufig zu einer Ungleichheit der Lebensverhältnisse führt, wird die materiell-ökonomische Gleichheit der Menschen gefordert, damit jedoch eine ungleiche Behandlung vor dem Gesetz. 3. Laissez-faire-Liberalismus (auch Manchester-Liberalismus): Eine im 19. Jh. praktizierte Wirtschaftspolitik, die durch eine ausgesprochen starke Zurückhaltung des Staates gekennzeichnet ist. Unter einseitiger Verkürzung der Argumentation des klassischen Liberalismus wird auf die Beeinflussung des Wirtschaftsprozesses entsprechend einer staatlichen Ordnungskonzeption verzichtet. Dieser Nachtwächterstaat steuert monopolistischer Marktvermachtung und den sozialen Missständen nicht entgegen. 4. Neoliberalismus: Forderungen des Klassischen Liberalismus werden aufgegriffen; dieses Konzept wird auf Grund der Erfahrungen mit dem Laissez-faire-Liberalismus, sozialistischen Zentralverwaltungswirtschaften und dem konzeptionslosen Interventionismus, der spätestens seit dem Beginn des 20. Jh. die Wirtschaftspolitik der meisten marktwirtschaftlichen Ordnungen kennzeichnet, korrigiert. Betont werden wieder die Ordnungsabhängigkeit des Wirtschaftens und die Bedeutung privatwirtschaftlicher Initiative. Stärker als dies beim klassischen Liberalismus wird jedoch berücksichtigt, dass der Wettbewerb durch privatwirtschaftliche Aktivitäten bedroht ist, da sich ihm die Marktteilnehmer durch die Erlangung von Marktmacht zu entziehen versuchen. Daher soll der Staat den freien Wettbewerb aktiv vor dem Entstehen privatwirtschaftlicher Marktmacht wie auch vor staatlich verursachter Marktvermachtung schützen. Das in Deutschland vertretene neoliberale Konzept wird als Ordoliberalismus bezeichnet, der auf die in den 30er Jahren begründete Freiburger Schule zurückgeht. Lieferbindung, gebundene Hilfe, Tied Aid; Vergabe von Kapitalhilfe unter der Auflage, sie für Beschaffungsaufträge im Geberland zu verwenden. Als Begründung werden eine Zahlungsbilanzentlastung des Geberlandes und die Sicherung von Arbeitsplätzen genannt. Da eine Lieferbindung i. d. R. nur notwendig ist, wenn andere Länder zu günstigeren Konditionen liefern, ergibt sich für
263 das Nehmerland ein realer Nachteil. Der mit der Lieferbindung verbundene Eingriff in die Vertragsfreiheit steht im Widerspruch zu der von westlichen Geberländern geforderten Liberalisierung der Weltwirtschaft. Liegenschaftsgesellschaft der Treuhandanstalt mbH, TLG; Treuhandan-
stalt. limitationale Produktionsfunktion,
Produktionstheorie. Limitationalität, Produktionstheorie. Limit-Pricing, monopolistische Preisbil-
dung. Lindahl-Modell, Modell von E. R. Lindahl zur Bestimmung des optimalen Budgets in einer Demokratie ( Finanztheorie). Ausgehend von der Annahme zweier nach ökonomischen Gesichtspunkten in sich homogener Gruppen von nutzenmaximierenden Bürgern zeigt Lindahl, dass sich die optimale Höhe des öffentlichen Budgets analog zur Bestimmung der Gleichgewichtsmenge eines privaten Gutes durch den Preismechanismus ergibt. Die Rolle des Preises übernimmt dabei der prozentuale Anteil der jeweiligen Gruppe an den gesamten Bereitstellungskosten für öffentliche Güter. Die beiden Gruppen orientieren sich bei der Entscheidung für eine Budgethöhe am Grenznutzen der dem Budget entsprechenden Menge des öffentlichen Gutes. Bei abnehmendem Grenznutzen wird die Nachfrage einer Gruppe nach dem öffentlichen Gut mit steigendem (sinkendem) prozentualen Anteil an den Gesamtkosten sinken (steigen). Man erhält somit zwei entsprechende Nachfragefunktionen, so dass ein Gleichgewichtspunkt (Lindahl-Gleichgewicht) bestimmt werden kann. Linder-Hypothese, von Linder 1961 vor-
getragene Hypothese zur Handelsstruktur; Zentrales Element ist die aus der Produktzyklus-Theorie entlehnte Vorstellung, dass die Entwicklung differenzierter industrieller Güter zumindest anfangs die Existenz eines hinreichend großen heimischen Marktes erfordert. Erst nach Aufnahme der heimischen Produktion können Exporte in andere Länder mit Nachfrage nach solchen Gütern entstehen. Da dieselben Überlegungen in anderen Ländern gelten, entsteht so intra-industri-
Liquiditätsfalle eller Handel. Vgl. auch dell, Handelstheorie.
Gravitationsmo-
lineare Steuersenkung, Begriff der wirtschafts- und finanzpolitischen Diskussion für eine Herabsetzung der Einkommen- und Körperschaftsteuer um denselben Prozentsatz. Gegensatz: gezielte Begünstigung einzelner Kreise oder Schichten. Liquidität. I . B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e : Fähigkeit eines Unternehmens, seinen bestehenden Zahlungsverpflichtungen termingerecht und betragsgenau nachzukommen. I I . Wi r t s c h a f t s t h e o r i e / G e l d t h e o r i e : 1. Allgemein: Liquidität stellt die durch Geld oder andere Tauschmittel repräsentierte Verfügungsmacht über Bedarfsgüter dar. Durch Aufrechterhaltung der Liquidität der einzelnen Wirtschaftssubjekte wird gesamtwirtschaftlich der Kreislauf von Gütern ermöglicht. Die volkswirtschaftliche Liquidität ist abhängig von der Versorgung der Wirtschaft mit Zahlungsmitteln bzw. Geld. Aufgabe der Notenbank ist es, die Liquidität der Volkswirtschaft den Erfordernissen der Konjunktur zur Sicherung der Stabilität anzupassen. 2. Liquidität der Kreditinstitute (Bankenliquidität): Kreditinstitute müssen ihre Mittel so anlegen, dass jederzeit eine ausreichende Zahlungsbereitschaft gewährleistet ist und weitere Kredite vergeben werden können. Für die Beurteilung sind die vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen aufgestellten Grundsätze maßgebend. 3. Internationale Liquidität: I. d. R. nicht vom Inland zu schaffende Zahlungsmittel, mit denen Zahlungen an das Ausland geleistet werden können. Hierzu gehören die Währungsreserven eines Landes, aber auch freie Kreditlinien bei internationalen Organisationen (außerhalb des IWF) oder Banken. Lediglich die sog. Hartwährungsländer können internationale Liquidität selbst schaffen, da ihre Währungen als internationales Zahlungsmittel akzeptiert werden. Liquiditätsfalle, Bereich einer unendlichen Zinselastizität der Geldnachfrage gem. der Liquiditätspräferenztheorie von J. M. Keynes (vgl. Keynessche Lehre). Kein Wirtschaftssubjekt erwartet in der Liquiditätsfalle bei dem herrschenden niedrigen Zinssatz eine positive Rendite auf Wertpapierhaltung. Wer bei diesem Zinssatz Wertpapiere hat, kann sie nicht ohne Kursverluste verkaufen;
Liquiditätspapiere
264
wer Geld hält, kauft aus Angst vor Kapitalverlusten keine Wertpapiere. Kauft die Zentralbank Wertpapiere im Rahmen einer expansiven Offenmarktpolitik, erhält sie zum herrschenden Zinssatz/Kurs jede gewünschte Menge. Die Wirtschaftssubjekte halten das zusätzliche Zentralbankgeld (es fällt in die Liquiditätsfalle) in ihrem Vermögen und strukturieren ihre Vermögenshaltung dann so weit wie möglich zugunsten der Geldhaltung um (vollkommene Liquiditätspräferenz). Die Geldmengenexpansion führt zu keiner Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität (Investition usw.). Vgl. auch Geldtheorie, Theorie der Geldnachfrage. Schatzwechsel und unverzinsliche Schatzanweisungen, die der Bund gem. § 42 BBankG der Deutschen Bundesbank zur Geldmarktsteuerung zur Verfügung stellen muss. Liquiditätspapiere,
Liquiditätspolitik, liquiditätspolitische
Instrumente. Instrumente, Instrumente der Geldpolitik, mit denen die Zentralbank die Menge des den Banken zur Verfügung stehenden Zentralbankgeldes beeinflussen kann. Im Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken ( ESZB) zählen hierzu die Instrumente der Offenmarktpolitik und der Mindestreservepolitik (vgl. hierzu Deutsche Bundesbank). liquiditätspolitische
Liquiditätspräferenz,
Theorie
der
Monetarismus auf, der der Geldmenge den entscheidenden Einfluss auf die ökonomische Aktivität zuschreibt. Der Liquiditätstheorie ist dieser Ansatz zu eng, da er wesentliche Komponenten, die die Ausgabentätigkeit der Wirtschaftssubjekte bestimmen, außer Acht lässt. Außerdem wird angeführt, dass Veränderungen im realen Sektor auch Geldmengenvariationen nach sich ziehen, nämlich über Kreditaufnahme und daraus resultierender Geldschöpfung, so dass die Höhe der Geldmenge maßgeblich von den wirtschaftlichen Aktivitäten mitbestimmt wird und nicht nur umgekehrt. Die Liquiditätstheorie des Geldes geht von der These aus, dass für das Ausgabeverhalten die Liquiditätssituation der einzelnen Wirtschaftssubjekte maßgeblich ist, für die Gesamtwirtschaft entsprechend die gesamtwirtschaftliche Liquidität. Die Geldmenge ist nur Teil dieser Liquidität. Ausgaben können nicht nur mit Geld, sondern auch mit zusätzlichen Krediten finanziert werden. Daneben beziehen ausgabefreudige Wirtschaftssubjekte ihr sonstiges Vermögen und ihre Dispositionen mit ein und betrachten diese als potenzielle Liquidität. 2. Beurteilung: Die Liquiditätstheorie des Geldes ist als sozialpsychologischer Ansatz einer Konjunkturtheorie zur Erklärung der Transmission liquiditätsorientierter Impulse in die reale Sphäre durchaus plausibel. Sie hat jedoch den Mangel, dass sie u. a. mit rein qualitativen Komponenten arbeitet, die nicht messbar und daher einer empirischen Überprüfung nur schwer zugänglich sind (subjektive Liquidität).
Geldnachfrage. Liquiditätsreserven, Summe der liquiden
oder kurzfristig liquidierbaren Bankaktiva, die zwangsweise ( Mindestreserve) oder freiwillig bei der Zentralbank gehalten werden. Die Liquiditätsreserven sind in der traditionellen Geld- und Kreditschöpfungstheorie eine wichtige Größe für die Geldpolitik, da nach ihr Kreditinstitute mit dem freien Teil der Liquiditätsreserven einen Kreditschöpfungsprozess einleiten, der erst dann zum Stillstand kommt, wenn die anfänglich vorhandenen Reserven vollständig durch Barabhebung und zusätzliche Mindestreservebelastungen absorbiert worden sind. Liquiditätstheorie des Geldes. 1. Charakterisierung: Die Liquiditätstheorie des Geldes stellt eine Gegenposition zum
Lizenzen, Umweltpolitik, und Ressourcenökonomik.
Umwelt-
LM-Kurve, Keynessche Lehre. Loanable Funds Theory, von Ohlin,
Robertson und Lerner entwickelte Zinstheorie, nach der die Höhe des Marktzinses durch das verfügbare Kreditangebot (Ersparnis und Nettoveränderung der Geldmenge) und die Kreditnachfrage (Investition und Erhöhung der Kassenhaltung) determiniert wird. Lobbyismus, (von Lobby, Vorhalle des Parlaments); Einflussnahme organisierter Interessengruppen bzw. -verbände auf Exekutive und Legislative. Gegenleistungen der Verbände an die Politiker können in Partei-
265
Lohnsenkungsthese
spenden oder kostenloser Lieferung von Informationen bestehen. Lobbyismus kann sich auch in der Androhung der Ausübung von politischem Druck ( Streik, Lieferboykott, Abbau von Arbeitsplätzen) äußern. Vgl. auch Neue Politische Ökonomie.
Arbeiter während der folgenden Produktionsperiode zu ernähren. Vgl. klassische Lehre.
Lock-in-Effekt, Wertzuwachsteuer.
Lohn-Freizeit-Kurve, beschreibt in der Haushaltstheorie die von einem privaten Haushalt bei alternativen Lohnsätzen gewählte Aufteilung der zur Verfügung stehenden Zeit auf Arbeits- und Freizeit. Sie dient der Ermittlung der Arbeitsangebotskurve des Haushalts.
Lohn, Arbeitsmarkt, Reallohn, Lohn-
einkommen, Lohntheorien. Lohndumping, Mindestlohn, Min-
destlohn-Gesetze. Lohneinkommen. Das Bruttoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit wird kurz als Lohneinkommen bezeichnet und umfasst die Bruttolöhne und -gehälter (einschl. aller Zuschläge, Prämien, Gratifikationen und Naturalleistungen) sowie die Sozialbeiträge der Arbeitgeber. Lohnempfehlungen, einkommenspoli-
tische Empfehlungen. Lohnersatz, Lebensstandardsicherung, Lohnersatzquote, Lohnersatzleistungen. Lohnersatzanspruch, Lohnersatzfunk-
tion. Lohnersatzfunktionen sollen durch Orientierung am zuvor erzielten Lohn durch Lohnausfall induzierte Sozialleistungen (Lohnersatzleistungen) haben, z.B. Arbeitslosengeld ( Arbeitslosenversicherung). Vgl. auch Arbeitsmarktpolitik.
Lohnersatzfunktion,
Lohnersatzleistungen, Zahlungen mit
Lohnersatzfunktion. Lohnersatzquote, Begriff der gesetzlichen
Sozialversicherung. Lohnersatzquote bezeichnet das Verhältnis des letzten NettoArbeitsentgelts zum Lohnersatztransfer durch eine Sozialversicherung. Der ungedeckte Rest stellt die Selbstbeteiligung der Versicherungsnehmer dar. Lohnfonds, nach verschiedenen Klassikern eine in der Volkswirtschaft für Lohnzahlungen verfügbare, starr begrenzte Kapitalmenge. Das Kapital wird als Vorrat von Konsumgütern angesehen, der dazu dient, die
Lohnfortzahlung, Entgeltfortzahlung. Vgl. auch Lohnersatzquote.
Lohnillusion, Monetarismus. Lohnleitlinien, einkommenspolitische
Empfehlungen. Lohnpolitik, kostenniveauneutrale Lohn-
politik, vollbeschäftigungskonforme Lohnpolitik, produktivitätsorientierte Lohnpolitik ( Produktivitätsregeln), Verteilungspolitik. Lohn-Preis-Spirale, Bezeichnung für eine
stabilitätswidrige Entwicklung, bei der über den Produktivitätsfortschritt hinausgehende Lohnerhöhungen ( produktivitätsorientierte Lohnpolitik) infolge der steigenden Lohnstückkosten zu steigenden Preisen, diese wiederum zu kompensierenden Lohnforderungen der Gewerkschaften usw. führen. Lohnquote. 1. Begriff: Die statistische
Lohnquote (LQ) ist folgendermaßen definiert: Lohneinkommen (L) LQ Volkseinkommen (Y) 2. Arten: a) Brutto-Lohnquote: Anteil des Bruttoeinkommens aus unselbstständiger Tätigkeit am Volkseinkommen. b) NettoLohnquote: Anteil der um Steuern und Sozialabgaben gekürzten Lohneinkommen am Volkseinkommen. Neuerdings wird auch auf die Arbeitseinkommensquote zurückgegriffen. Die Lohnquote sagt nichts aus über die personelle Einkommensverteilung aus. Lohnregeln, einkommenspolitische Em-
pfehlungen. Lohnsenkungsthese, insbes. von neoklassischer Seite vertretene Vollbeschäfti-
Lohnsteuer
266
gungsstrategie, wonach absolute Lohnsenkungen bei gegebener preiselastischer Nachfrage über Preissenkungen und im Idealfall bei Lohnquotenkonstanz ( Verteilungskonstanz) Realeinkommenserhöhungen induzieren sollen.
freibeträge die entsprechende Lohnsteuer abzulesen ist.
Lohnsteuer, die bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit durch Abzug vom Arbeitslohn erhobene Einkommensteuer. Diese Erhebungsform verlagert die Pflicht zur Erhebung und Abführung der Lohnsteuer vom Arbeitnehmer (Steuerschuldner) auf den Arbeitgeber.
Lohnstrukturtheorie. Die Lohnstrukturtheorie erklärt individuelle und gruppenspezifische Lohndifferenzen und deren Veränderung durch die Existenz bestimmter Merkmale, wie Ausbildung, Qualifikation, Beruf, Sektorzugehörigkeit, Region, Betriebsgröße, Geschlecht, Alter.
Lohnsteuer-Jahresausgleich, Lohn-
Lohnsummensteuer, 1979 aufgehobene Erhebungsform der Gewerbesteuer.
steuer. Lohnsteuerklassen, Einordnung der un-
beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer in sechs Lohnsteuerklassen: Steuerklasse I: Arbeitnehmer, die (1) ledig oder (2) verheiratet, verwitwet oder geschieden sind und bei denen die Voraussetzungen für die Steuerklassen III oder IV nicht erfüllt sind. Steuerklasse II: Die unter Steuerklasse I bezeichneten Arbeitnehmer, wenn bei ihnen ein Haushaltsfreibetrag zu berücksichtigen ist. Steuerklasse III: Arbeitnehmer, die verheiratet sind, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, nicht dauernd getrennt leben und (1) der Ehegatte des Arbeitnehmers keinen Arbeitslohn bezieht oder (2) der Ehegatte des Arbeitnehmers auf Antrag beider Ehegatten in die Steuerklasse V eingereiht wird. Steuerklasse IV: Arbeitnehmer, die verheiratet sind, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte des Arbeitnehmers ebenfalls Arbeitslohn bezieht. Steuerklasse V: Die unter Steuerklasse IV bezeichneten Arbeitnehmer, wenn der Ehegatte des Arbeitnehmers auf Antrag beider Ehegatten in die Steuerklasse III eingereiht wird. Steuerklasse VI: Arbeitnehmer, die nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn beziehen, für die Einbehaltung der Lohnsteuer vom Arbeitslohn aus dem zweiten und jedem weiteren Dienstverhältnis. Lohnsteuertabelle, Tabelle, in der für jede Höhe des Arbeitslohns unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklassen und Kinder-
Lohnstruktur. Lohnstrukturtheorie. Lohnstrukturpolitik, Verteilungspolitik.
Lohntheorien, Theorien über Höhe und Bewegung des Arbeitseinkommens, zuerst entwickelt mit dem Aufkommen des Kapitalismus. 1. Klassische Lohntheorie (Smith, Ricardo): Der Marktlohn ergibt sich aus Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt und pendelt um den natürlichen Lohn; vgl. Existenzminimum-Theorien des Lohnes. 2. Marxsche Lohntheorie: Marx verwarf das Bevölkerungsgesetz der Klassiker; vielmehr schaffe die Kapitalakkumulation eine industrielle Reservearmee, die bewirke, dass die Löhne auch kurzfristig dem Existenzminimum entsprächen. 3. Theorien über Lohnfonds. 4. Kollektive Verhandlungstheorien des Lohnes: Durch Berücksichtigung institutioneller Gegebenheiten auf dem Arbeitsmarkt sollen die Erwartungen und Handlungsweisen der Tarifpartner in den Katalog der Determinanten des Lohnes einbezogen werden. 5. Grenzproduktivitätstheorie. 6. Macht. Lomé-Abkommen. Die Lomé-Abkommen
bilden die formale Basis der besonderen Wirtschaftsbeziehungen zwischen EU und einer Vielzahl außereuropäischer Staaten in Afrika, im karibischen und pazifischen Raum ( AKP-Staaten). Londoner Schuldenabkommen, Abkom-
men über die deutsche Auslandsverschuldung, abgeschlossen in London am 27.2.1953 zwischen der BRD als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches und den Vertretern der USA, Großbritanniens und Frankreichs (Dreimächte-Ausschuss). Ziel: Ermöglichung der Wiederaufnahme des nach
267
1933 eingestellten Schuldendienstes und Wiederherstellung normaler wirtschaftlicher Beziehungen zwischen der BRD und den Gläubigerstaaten, insbes. der Kreditwürdigkeit Deutschlands. Inhalt: Das Londoner Schuldenabkommen über die öffentlichen und privaten Vorkriegsschulden behandelt lediglich Geldverbindlichkeiten in deutscher oder ausländischer Währung, die vor dem 8.5.1945 entstanden oder festgestellt oder fällig waren. Dem Abkommen unterliegen nicht die im Rahmen der Wiedergutmachung entstandenen Schulden. Insgesamt beliefen sich die zu regelnden Schuldverhältnisse auf 13,5 Mrd. DM, von denen 6,2 Mrd. DM erlassen wurden. Lorenzkurve, personelle Einkommens-
verteilung, Unternehmenskonzentration.
LZB Lücke, inflatorische Lücke, technologische Lücke, Gap, Produktionslücke. Lundberg-Lag, Produktions-Lag, der die
zeitliche Verzögerung zwischen Verausgabung des Einkommens (effektiver Nachfrage) und dadurch veranlasster Anpassung der Produktion beschreibt. Beispiel: Q t f(Yt 1 ) Die geplante Produktion der Unternehmer für die gegenwärtige Periode (Qt) orientiert sich am Einkommen der Vorperiode (Yt-1). Vgl. auch Lag. LZB, Landeszentralbanken, Bundesbank.
Deutsche
M M1, eng definiertes Geldmengenaggregat:
Bargeldumlauf (Noten und Münzen) sowie täglich fällige Einlagen inländischer Nichtbanken bei inländischen Kreditinstituten. Vgl. auch Geld. M2, Geldmenge M1 plus (1) Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu 2 Jahren und (2) Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu 3 Monaten. Vgl. auch Geld. M3, weit definiertes Geldmengenaggregat:
Geldmenge M2 plus (1) Repogeschäfte, (2) Geldmarktfondsanteile und Geldmarktpapiere und (3) Schuldverschreibungen von bis zu 3 Jahren. Vgl. auch Geld. Maastrichter Verträge, Verträge über die Europäische Union (EUV); EU, EWG. Maastrichtkriterien, Konvergenzkrite-
rien. Macht. I . B e g r i ff : Nach Max Weber die
Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht. Diese sehr allgemeine Definition von Macht ist von Helmut Arndt im Hinblick auf wirtschaftliche Macht weiterentwickelt worden. Danach ist wirtschaftliche Macht Ausdruck von wirtschaftlicher Überlegenheit: Wer über wirtschaftliche Macht verfügt, ist in der Lage, die Handlungsfähigkeit anderer Wirtschafter auszunutzen und gegebenenfalls sogar die Willensentscheidungen anderer Wirtschafter im eigenen Interesse zu beeinflussen. Im Grenzfall entscheidet der Mächtige für den Schwachen. I I . M a r k t - u n d We t t b e w e r b s t h e o r i e : 1. Arten: a) Horizontale Marktmacht zwischen Marktteilnehmern der gleichen Marktseite (Angebots- oder der Nachfrageseite) kann im Sinne von Einzelmacht zwischen einzelnen Anbietern (Nachfragern)
oder im Sinne von Gruppenmacht sowohl zwischen einem Anbieterkartell (Nachfragerkartell) und Außenseitern als auch zwischen mehreren Anbieterkartellen (Nachfragerkartellen) eines Marktes vorliegen. b) Vertikale Marktmacht innerhalb einer Tauschbeziehung zwischen Anbietern und Nachfragern manifestiert sich als Anbieter- oder Nachfragermacht. Der dominierende Marktpartner mit vertikaler Einzelmacht (Anbieter im Monopol oder Oligopol bzw. Nachfrager im Monopson oder Oligopson) oder ein Kartell mit vertikaler Gruppenmacht zwingt dem Teilnehmer der anderen Marktseite seinen Willen auf, was bis zur Ausbeutung des Tauschpartners ( Ausbeutungsmissbrauch) gehen kann. magisches Dreieck, magisches Vieleck. magisches Vieleck, Ausdruck dafür, dass sich mehrere gesamtwirtschaftliche Ziele nicht gleichzeitig erfüllen lassen. a) Magisches Dreieck: Es umfasst die Ziele (1) hoher Beschäftigungsstand (Vollbeschäftigung), (2) Preisniveaustabilität und (3) außenwirtschaftliches Gleichgewicht. b) Magisches Viereck: Zusätzlich ist in §1 Stabilitätsund Wachstumsgesetz das Ziel (4) stetiges und angemessenes Wachstum vorgesehen. c) Zielerweiterungen: Darüber hinaus werden häufig auch das Ziel Verteilungsgerechtigkeit (gerechte personelle Einkommens- und Vermögensverteilung) und ein ökologisches Gleichgewicht oder eine nachhaltige Entwicklung einbezogen (vgl. ökolomagisches Achteck. d) Realisierbarkeit: Dass die verschiedenen Ziele nicht alle gleichzeitig und in vollem Umfang zu erfüllen sind, resultiert aus der nicht immer gleichgerichteten Abhängigkeit der gesamtwirtschaftlichen Variablen. Die Zielbündel schließen Zielkonflikte ein, was mit dem Attribut magisch zum Ausdruck gebracht wird. Vgl. auch Stabilisierungspolitik, Ziele der Wirtschaftspolitik.
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_13, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
magisches Viereck magisches Viereck, magisches Vieleck. Makroökonomik, Makroökonomie. 1. Be-
griff: Teilgebiet der Volkswirtschaftslehre. Die Makroökonomik befasst sich im Gegensatz zur Mikroökonomik mit dem gesamtwirtschaftlichen Verhalten ganzer Sektoren. Bei der Erforschung der ökonomischen Realität greift die Makroökonomik auf gesamtwirtschaftliche Größen zurück, die in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) durch Aggregation aus einzelwirtschaftlichen Größen gewonnen werden. Dadurch gehen zwar Informationen verloren, aber gerade dies ist die Voraussetzung dafür, die vermuteten Zusammenhänge klarer erkennen zu können. 2. Gliederungsprinzipien: a) Partialanalyse oder Totalanalyse, je nachdem, ob einzelne Märkte (z. B. Gütermarkt) oder alle Märkte im Zusammenhang betrachtet werden. b) Statik und Dynamik ( dynamische Makroökonomik). c) Differenzierung unter historischen und inhaltlichen Gesichtspunkten: Fundamentales Unterscheidungskriterium ist die Frage, ob reale Wirtschaftssysteme sich überwiegend im Gleichgewicht befinden oder sehr schnell wieder zu einer Gleichgewichtsposition zurückstreben: (1) Obwohl die Makroökonomik erst in den 30er Jahren begrifflich konstituiert wurde, enthalten natürlich schon ältere Theoriegebäude makroökonomische Aussagen, so dass zu den gleichgewichtsorientierten Makrotheorien auch die klassische Lehre und Neoklassik zählen. Gleichgewichtsorientierte Lehrmeinungen jüngeren Datums sind der Monetarismus, die Neue Klassische Makroökonomie und Angebotsökonomik. (2) Die Ungleichgewichtstheorien gehen zurück auf die Keynessche Lehre. In diese Kategorie gehören die Neue Keynesianische Makroökonomik und der Postkeynesianismus. makroökonomische Inzidenz, Inzidenz unter Berücksichtigung aller steuerlich bedingten gesamtwirtschaftlichen Anpassungsvorgänge und Interdependenzen der Einzelmärkte. Gegensatz: mikroökonomische Inzidenz. Malthusianismus, Bevölkerungswissen-
schaft.
270 Manager-Theorie der Unternehmung.
Die Manager-Theorie wendet sich im Rahmen der Theorie der mikroökonomischen Unternehmung gegen das (fiktive) Ziel der Gewinnmaximierung, indem sie den Einfluss der Trennung von Management und Eigentum auf die Zielbildung der Unternehmung Rechnung zu tragen versucht. Denn Manager sind keine Eigentümer und werden demzufolge ihre eigenen Ziele zu realisieren trachten, die nicht notwendig mit denen der Eigentümer übereinstimmen müssen ( Prinzipal-Agent-Theorie der Unternehmung). Aufgrund des Informationsgefälles zwischen Managern und Aktionären sowie unvollkommen arbeitender Kontrollmechanismen wird ein Handlungsspielraum angenommen, der sich in einer Veränderung der Zielfunktion der Unternehmung spiegelt und die Präferenzen der Manager zum Ausdruck bringt. In der Regel wird statt der Gewinnmaximierung das Wachstumsziel ( Wachstumstheorie der Unternehmung von Penrose) unter Einhaltung eines Mindestgewinns unterstellt, da das Einkommen und Ansehen von Managern von der Unternehmensgröße und der Zahl ihrer Untergebenen abhängig sei. großbetriebliche Warenproduktionsorganisation vor der Industrialisierung. In Manufakturen wurden überwiegend Massenprodukte hergestellt (Textilien, Glas, Draht- und Metallwaren). Als Produktionsform wurde die Manufaktur von der Fabrik abgelöst, die sich außer durch die Beschäftigtenzahl vor allem durch den erheblich umfangreicheren Einsatz von Maschinen unterscheidet. Manufaktur,
Marginalanalyse, Grenzbetrachtung, Methode der modernen Wirtschaftstheorie, bei der die Effekte einer marginalen Änderung einer (mehrerer) Variablen untersucht werden. Bei stetigen Funktionen bedient man sich dabei der Differenzial- und Integralrechnung marginale Importneigung, gibt an, in
welchem Ausmaß die Importnachfrage eines Landes bei einer Zunahme des Bruttosozialprodukts zunimmt. marginale Intervention, Zielzonen-
System.
271
Marktbeherrschung
marginaler Zuteilungssatz, Zinsten-
der. Marginalkosten, Grenzkosten; Kosten-
theorie. Marked Aggregation
Economics,
Transaktionskostenökonomie. Market Extension Merger, Wettbe-
werbspolitik. Markt. 1. Begriff: Markt nennt man in funktioneller Hinsicht das (zumindest zeitliche) Zusammentreffen des Angebotes und der Nachfrage mindestens eines Gutes oder mehrerer funktional austauschbarer Güter, das eine potentielle Tauschbeziehung eröffnet. Ein örtliches und persönliches Zusammentreffen von Anbieter(n) und Nachfrager(n) ist aufgrund raumüberbrückender Kommunikationsmöglichkeiten (vgl. Versandhandel und E-Commerce) nicht begriffsnotwendig. Auf dem Markt bilden sich auch nicht zwingend, sondern erst im Falle einer aktuellen Tauschbeziehung Preise. Arten: (1) Ein Markt kann organisiert oder nichtorganisiert sein. Im zuerst genannten Fall liegt ein Markt im institutionellen Sinne vor, auf dem bestimmte festgelegte Regeln gelten; z. B. Wochenmärkte, Jahrmärkte, Auktionen, Ausschreibungen, Börsen. (2) Nach dem Marktzutritt können offene, beschränkte und geschlossene Märkte vorliegen. Letztere können durch staatliche Verfügung entstehen (z. B. früher durch das Postregal, Konzessionen), auf rechtlichen Gründen beruhen (Patent) oder lediglich faktisch (temporär) gegeben sein. (3) Ein Markt ist frei, wenn die Marktpartner ihre Aktionsparameter, insbesondere den Preis, frei setzen bzw. aushandeln können. Unterliegt der Aktionsparameter behördlichen Eingriffen z. B. in Form von Fest-, Höchst- oder Mindestpreisen (bzw. Preisfunktionen) so liegt ein regulierter Markt vor. (4) Nach Prämissen wird folgendermaßen unterschieden: Man nennt einen Markt homogen, wenn mehrere Angebote (abgesehen vom Preisangebot) von den Nachfragern subjektiv als gleich angesehen werden. Dies bedingt, dass persönliche Präferenzen zwischen Anbietern und Nachfragern fehlen, Transportkostenunterschiede nicht auftreten, also ein räumlicher Punktmarkt vorliegt, außerdem Angebot und Nachfrage sich auf den gleichen Zeitpunkt bezie-
hen (zeitlicher Punktmarkt). Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt ein heterogener Markt vor. Herrscht auf einem homogenen Markt vollständige Markttransparenz und reagieren die Beteiligten auf Marktsignale mit unendlicher Reaktionsgeschwindigkeit, spricht man vom vollkommenen Markt. In allen anderen Fällen handelt es sich um einen unvollkommenen Markt. 2. Marktabgrenzung: Soll ein Markt bestimmt werden, ist seine Abgrenzung in sachlicher, persönlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht vorzunehmen, d. h. es ist festzulegen, welche Menge ( 1 ) jeweils von Gütern, Anbietern und Nachfragern zeitlich und räumlich (je nach Fragestellung zweckmäßigerweise) zu dem Konstrukt Markt gehören (sollen). Marktabgrenzung, Markt, relevanter
Markt. Marktanteil, prozentualer Anteil eines Un-
ternehmens am Gesamtumsatz oder -absatz aller Anbieter (oder Nachfrager) auf einem relevanten Markt. Vgl. auch Kartellrecht, Wettbewerbstheorie, Wettbewerbspolitik. Marktäquivalenzeinkommen, Äquivalenzeinkommen, Markteinkommen, personelle Einkommensverteilung. Marktaustrittsschranken, potenzieller
Wettbewerb. marktbeherrschende Stellung, Kar-
tellrecht. Marktbeherrschung, Tatbestandsmerkmal der Missbrauchsaufsicht nach § 19 GWB, und Art. 86 EGV, dem Diskriminierungsverbot nach § 20 GWB sowie der Fusionskontrolle nach §§ 35 ff. GWB und der europäischen Fusionskontrollverordnung. Unterscheidung zwischen Einzelmacht eines dominierenden Unternehmens und der kollektiven Macht einer Unternehmensgruppe. Marktbeherrschung wird nach deutschem und europäischem Recht überwiegend durch eine Marktstrukturanalyse konkretisiert. Dabei spielen neben den Marktanteilen die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Wahlmöglichkeiten vor- und nachgelagerter Wirtschaftsstufen, Marktschranken sowie die Marktphase eine große Rolle. Während bei der Fusionskontrolle der Marktstrukturtest
Marktdiversifikationszusammenschlüsse im Vordergrund steht, wird bei der Missbrauchsaufsicht auch das Marktverhalten im Sinne eines vom Wettbewerb nicht mehr hinreichend kontrollierten Verhaltensspielraumes konkretisiert. Vgl. auch Kartellrecht. Marktdiversifikationszusammenschlüsse, Wettbewerbspolitik. Markteinkommen, Primäreinkommen, Begriff der Verteilungspolitik, personelle Einkommensverteilung. Marktergebnis, Market Result, Market Performance; Maßstab, an Hand dessen beurteilt werden kann, inwieweit auf dem relevanten Markt das Ziel bestmöglicher Versorgung erreicht wird. Die Höhe der Preise und der Gewinne, die Produktvielfalt, die Qualitäten, der Output oder der technische Fortschritt sind Beispiele für Marktergebnisdimensionen. Das Marktergebnis wird zur Begründung des Konzepts eines wirksamen Wettbewerbs (Effective Competition oder Workable Competition) verwendet ( Wettbewerbstheorie). Markterweiterungszusammenschlüsse,
Wettbewerbspolitik.
Marktformen, klassifizieren die Märkte u. a. nach der Anzahl der Marktteilnehmer und deren relativem Gewicht (Marktmorphologie). Durch die Kombination von einem, wenigen und vielen Anbietern und Nachfragern lässt sich (ungeachtet des ungelösten Abgrenzungsproblems zwischen Wenigen und Vielen) das folgende MarktformenSchema bilden. Sind auf beiden Marktseiten sehr viele Akteure (bilaterales Polypol) vorhanden, spricht man auch von atomistischer Marktstruktur oder von vollkommener Konkurrenz. Marktformen Nachfrager
einer
wenige
viele
Anbieter einer
bilaterales Monopol
wenige
beschränktes Monopson
beschränk- Monopol tes Monopol bilaterales Oligopol
Oligopol
viele
Monopson
Oligopson
(bilaterales) Polypol
Vorstehendes Marktschema stellt auf die Anzahl und in der Namensgebung auf die (in
272 vertikaler Sicht) jeweilige Dominanz der Marktseite ab, nicht aber (in horizontaler Sicht) auf das möglicherweise unterschiedliche Gewicht der Anbieter bzw. Nachfrager. Dominiert z. B. ein Anbieter (eine Gruppe von wenigen Anbietern) marktanteilsmäßig die übrigen, spricht man spezifizierend von Teilmonopol (Teiloligopol). In der Preistheorie werden aus den Marktformen Verhaltensweisen abgeleitet, die für die Preisbildung ausschlaggebend sein sollen, was sich jedoch als zu kurzschlüssig erwiesen hat ( Wettbewerbstheorie). Behandelt werden in den Preisbildungsmodellen vor allem: Monopol, Oligopol, Polypol, Monopson, bilaterales Monopol. Marktkonformität, Auswahl- und Beurteilungskriterium wirtschaftspolitischer Maßnahmen, nach der diese mit der marktwirtschaftlichen Rahmenordnung übereinstimmen sollen, so dass der Markt-Preis-Mechanismus nicht beeinträchtigt wird. Marktkonformität ist in der Systemkonformität bei marktmäßiger Koordination enthalten, aber nicht jede marktkonforme Maßnahme ist auch systemkonform. Beispiel: Zölle tasten nicht den Preismechanismus an, sind jedoch systemverschlechternd, da ausländische An bieter diskriminiert werden. Marktmacht, Macht. Marktmachtinflation, Inflation. Marktmechanismus, konstitutioneller
Wissensmangel, Tâtonnement. Marktphase, Entwicklungsstadium eines
Marktes. Nach E. Heuß durchläuft ein Markt von seiner Entstehung bis zu seinem Endzustand verschiedene Marktphasen, die er in (1) Experimentierphase, (2) Expansionsphase, (3) Ausreifungsphase und (4) Stagnationsoder Rückbildungsphase einteilt. Diesen vier Marktphasen entsprechen der Pionierunternehmer, der spontan imitierende bzw. nur unter Druck reagierende Unternehmer sowie der immobile Unternehmer. Die von Heuss vorgenommene Typisierung von Marktphasen und Unternehmertypus erlaubt Rückschlüsse für die Wettbewerbspolitik, da die Marktphasen nicht nur mit dem Unternehmertypus, sondern auch mit der Marktform und den Marktzutrittsschranken sowie den im Wettbewerb eingesetzten Aktions-
273
Marktversagen
parametern und Gewinnraten korrelieren ( Wettbewerbstheorie, Unternehmer, Produktzyklushypothese). Marktportefeuille,
Kapitalmarkttheorie.
Marktpreis. 1. Ein von der klassischen
Lehre im Gegensatz zum natürlichen Preis geprägter Begriff für den ausschließlich durch Angebot und Nachfrage auf einem Markt über die unsichtbare Hand (Tâtonnement) bestimmten Gleichgewichtspreis. 2. Der auf einem Markt (Warenbörse, Effektenbörse, Wochenmarkt, Weltmärkten usw.) entsprechend dem durchschnittlichen Angebot und der allgemeinen Nachfrage während der Marktzeit erzielte Durchschnittspreis.
Marktverflechtungstabelle, VGR. Marktverhalten, Market Behaviour, Market Conduct; umfasst alle Aktionen, die Ausdruck unternehmerischer Entscheidungen und damit im Gegensatz zur Marktstruktur kurzfristig veränderbar sind. Beispiele: Häufigkeit und Zeitpunkt von Preis-, Mengen- oder Qualitätsänderungen. Wichtig für die Wettbewerbspolitik ist, ob das Marktverhalten in Hinblick auf ihre Ziele erwünscht (lauter, leistungssteigernd oder wettbewerblich) oder unerwünscht (unlauter, missbräuchlich oder wettbewerbsbeschränkend,) ist. ( Wettbewerbstheorie). Marktverhaltenstest, Kartellrecht.
Marktpreismethode, hedonistischer An-
satz. Marktprozesstheorie, Informationsöko-
nomik. Markträumungsansatz, Neue Klassi-
sche Makroökonomik. Marktspaltung, monopolistische Preis-
bildung. Marktstruktur, Market Structure; umfasst
alle Merkmale, die Zusammensetzung und Gefüge eines Marktes beschreiben. Die Marktstruktur wird bestimmt durch die Zahl der Anbieter und Nachfrager, Marktanteile, Art der Güter, Markttransparenz, Marktschranken, Marktphase und gegebenenfalls weitere Einflussfaktoren. Die Marktstruktur spielt als Rahmenbedingung für das Marktverhalten eine Rolle beim Konzept des wirksamen Wettbewerbs ( Wettbewerbstheorie, Wettbewerbspolitik). Marktstrukturtest, Kartellrecht. Markttheorie, Informationsökonomik.
Unter vollständiger Markttransparenz versteht man das uneingeschränkte Wissen der Marktteilnehmer über alle entscheidungsrelevanten Marktdaten und -vorgänge (vollkommener Markt). Je höher die Markttransparenz ist, desto leichter erkennen die Akteure die Aktions-Reaktions-Verbundenheit. Markttransparenz.
Marktverkettungszusammenschlüsse,
Wettbewerbspolitik.
Marktversagen. 1. Begriff: Abweichungen des Ergebnisses marktmäßiger Koordination von einem optimalen, mit Hilfe eines Referenzmodells abgeleiteten Ergebnis, die einen potenziellen wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf anzeigen. Die optimale Allokation von Gütern und Ressourcen ist nicht gewährleistet. 2. Ursachen: a) Abweichungen der tatsächlichen von den im Referenzmodell unterstellten Bedingungen (Substitutionshemmnisse, Informationsasymmetrie); b) mangelnde Marktfähigkeit von Gütern ( öffentliche Güter, externe Effekte, meritorische Güter, Verfügungsrechte); c) wettbewerbsbeschränkende Strategien auf einem Markt oder wettbewerbsbeschränkendes Verhalten von Marktteilnehmern; d) Staatsversagen. 3. Problem der Wahl des Referenzmodells: Als solches wird i. d. R. das Modell der vollkommenen Konkurrenz verwendet ( Pareto-Optimum). Kritik der Modelleignung für die Ableitung wirtschaftspolitischen Handlungsbedarfs: (1) Realitätsferne der Modellannahmen; (2) Vernachlässigung dynamisch evolutorischer Funktionen von Marktprozessen im Modell ( Wettbewerbsfunktionen, evolutorische Ökonomik); (3) Vernachlässigung weiterer wirtschaftspolitischer Ziele neben dem Allokationsziel ( Wirtschaftspolitik). 4. Marktversagen und rationale Wirtschaftspolitik: Handlungsbedarf ist abhängig von: (1) Korrekturmöglichkeiten wirtschaftspolitischer Handlungsträger, (2)
Marktverteilung direkten Kosten wirtschaftspolitischer Maßnahmen, (3) Auswirkungen der Maßnahmen auf andere wirtschaftspolitische Ziele. Vgl. auch Konjunkturpolitik, Verkehrspolitik. Marktverteilung, Verteilungstheorie,
Wohlstandsverteilung. Marktwirtschaft, Verkehrswirtschaft (Eucken), Wirtschaftsordnung mit dezentraler Planung und Lenkung der wirtschaftlichen Prozesse, die über Märkte mittels des Preismechanismus koordiniert werden. Staatliche Mindestaufgaben sind Setzung der Rahmenbedingungen, innerhalb derer die wettbewerbliche Koordination wirkungsvoll erfolgen kann sowie Bereitstellung öffentlicher Güter ( Liberalismus). Je nach Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung können Privat-, Staats- und Gesellschaftseigentum an den Produktionsmitteln vorliegen. Marktzins, Zins, der sich auf den Geld-
und Kapitalmärkten (Kapital- oder GeldMarktzins) einer Volkswirtschaft im Durchschnitt einer Periode einstellt. Marktzutrittsschranken, potenzieller
274 Marxismus. 3. Neomarxismus: Entstanden insbes. in Westeuropa während der 60er Jahre; Entwürfe einer sozialistischen Gesellschaft aufgrund der Ablehnung der sowjetisch-bolchewistischen Marx-Interpretation. Daneben ist man bestrebt, die Basistheoreme von Marx den zwischenzeitlichen sozioökonomischen Veränderungen anzupassen. Vgl. auch Sozialismus. Marxismus-Leninismus, Marxismus. Marxistische Theorie der Unternehmung, kapitalistische Unternehmung,. Maßsteuern, Steuern, die den individuel-
len Verhältnissen des Steuerpflichtigen genau angepasst sind, z. B. Teile der Einkommensteuer. maximale nachhaltige Ernte, Maxi-
mum Sustainable Yield. maximale Umverteilungsrate. Sie gibt
an, welcher Anteil des Volkseinkommens ( Sozialprodukt) umverteilt werden muss, damit vollständige Gleichheit erzielt wird. Maximalprinzip, Wirtschaftlichkeitsprin-
Wettbewerb.
zip.
Marshall-Lerner-Bedingung, Elastizi-
Maximum Sustainable Yield, maximale
tätsansatz. Marshall-Plan, ERP. Marxismus. I . B e g r i ff : Gesamtheit der Lehren von K. Marx und F. Engels; auch die Theorien, die sich auf Marx berufen und ihrem Selbstverständnis nach marxistisch sind. I I : F o r m e n : 1. Wissenschaftlicher Sozialismus (Marx und Engels) im Wesentlichen bestehend aus: a) dialektischer Materialismus; b) historischer Materialismus; c) marxistische Wirtschaftstheorie, durch die die unterstellte geschichtliche Entwicklungsgesetzmäßigkeit (Zusammenbruch des Kapitalismus und seine revolutionäre Umwandlung in den Sozialismus bzw. Kommunismus) bewiesen werden soll ( tendenzieller Fall der Profitrate, Krisentheorie) 2. Marxismus-Leninismus bzw. Bolschewismus: Entsprechend den praktischpolitischen Erfordernissen der sozialistischen Revolution sowie des Aufbaus des Sozialismus/Kommunismus modifizierte Form des
nachhaltige Ernte; maximale Menge, die von einer erneuerbaren Ressource ( Umweltund Ressourcenökonomik) dauerhaft geerntet werden kann. Eine Maximum Sustainable Yield ist biologisch gleichgewichtig, wenn sie sich auf die Ausnutzung des natürlichen Ressourcenzuwachses beschränkt und damit den Ressourcenbestand unangetastet lässt. Mc Kelvey Box, Darstellung der Ressour-
cenvorräte ( Umwelt- und Ressourcenökonomik) in Matrixform. Die Vorräte werden nach dem Grad der Gewissheit über ihre Existenz und ihrer wirtschaftlichen Abbaubarkeit geordnet. Measurement-Theorie der Unternehmung, Team-Theorie der Unternehmung. Medien-Substitution. 1. Begriff: Erset-
zung eines bestimmten Umweltbereiches (z. B. Luft) als Aufnahmemedium für Schadstoffe durch einen anderen Umweltbereich (z. B. Wasser). 2. Umweltökonomische Be-
275
Mehrprodukt-Unternehmung Jahre erweiterter Planungshorizont, da das erste Jahr der mehrjährigen Finanzplanung das laufende Kalenderjahr, ihr zweites das des nächsten jährlichen Haushaltsplans ist. Die mehrjährige Finanzplanung wird im Gegensatz zu Haushaltsgesetz und Haushaltsplan nicht parlamentarisch festgestellt, sondern von der Bundes-/Landesregierung bzw. der Kommunalverwaltung dem jeweiligen Parlament nur zur Information vorgelegt; sie ist nicht vollzugsverbindlich. Zweck: Mit Hilfe der mehrjährigen Finanzplanung soll Mängeln der Einjahresbudgetierung die gleichwohl ihre Existenzberechtigung behält ( Haushaltsfunktionen) entgegengewirkt werden. Insbesondere soll sie die Entscheidungen über längerfristige Prioritäten konkretisieren, Folgekosten aufdecken und zur frühzeitigen Koordination geplanter Maßnahmen verschiedener Planträger beitragen.
deutung: Beim Einsatz medienspezifischer umweltpolitischer Instrumente entziehen sich Verursacher der Regulierung u. U. durch die Medien-Substitution. Um dies zu vermeiden, ist eine medienübergreifende Konzeption der Umweltpolitik erforderlich. Mehraufwands-Wintergeld,
Winter-
geld. mehrgliedrige Steuer. 1. Begriff: Die
Gliederung eines ökonomischen Vorgangs (z. B. der Einkommensentstehung) und die darauf aufbauende (Einkommens-)Steuer aus erhebungstechnischen Gründen in mehrere selbstständige Steuern, die als Gliedsteuern bezeichnet werden. 2. Erkennungsmerkmal für das Gliedverhältnis der einen zur anderen Steuer ist die Anrechenbarkeit von Steuern. Im Steuersystem der BRD sind die Lohnsteuer, die Kapitalertragsteuer, die Körperschaftsteuer auf ausgeschüttete Gewinne sowie bestimmte Abzugsteuern Gliedsteuern zur veranlagten Einkommensteuer.
Mehrleistungen, soziale Sicherung.
Mehrheitsregel, absolute Mehrheitsregel, einfache Mehrheitsregel, qualifizierte Mehrheitsregel. Vgl. auch Neue Politische Ökonomie.
Mehrphasenumsatzsteuer, Umsatzsteuersystem, bei dem auf mehreren, aber nicht allen Phasen der Leistungskette Umsatzsteuer erhoben wird. Gegensätze: Allphasenumsatzsteuer, Einphasenumsatzsteuer. Vgl. auch Umsatzbesteuerung.
mehrjährige Finanzplanung, mittelfristige Finanzplanung (fünfjährige Finanzplanung). Seit 1967 für Bund und Länder, seit 1974/75 für die kommunalen Gebietskörperschaften gesetzlich vorgeschriebene Ergänzung des traditionellen jährlichen Haushaltsplans. Gegenüber der jährlichen Haushaltsplanung ergibt sich ein um drei
Eine Mehrprodukt-Unternehmung stellt grundsätzlich mehrere Produkte her ( Theorie der Mehrproduktunternehmung). Die nachfolgende Abbildung stellt die unterschiedlichen Produktionsbeziehungen in einer Mehrprodukt-Unternehmung dar. Preisbildung: Im Falle der Parallelproduktion laufen die Pro-
Mehrprodukt-Unternehmung.
Mehrprodukt-Unternehmung Mehrprodukt-Unternehmung: Produktbeziehungen
Unverbundene Produktion (Parallelproduktion)
Verbundene Produktion
Kuppelproduktion
Alternativproduktion
strikt
simultan
fest
flexibel
Mehrwert duktionsprozesse technisch getrennt voneinander ab, so dass sich im Hinblick auf die Preisbildung Konsequenzen nur für Preisuntergrenzen ergeben (wegen der Gemeinkosten). Bei der Alternativproduktion konkurrieren die Produkte um gemeinsame Produktionskapazitäten und zwar entweder im Sinne des Entweder-Oder (strikte Alternativproduktion) oder der Aufteilung (simultane Alternativproduktion). Beides hat Konsequenzen für die Preisbildung, da das hergestellte Produkt mindestens den Gewinn erwirtschaften muss, der bei der Produktion der nicht gewählten Produkte entstünde, d. h., es müssen die Opportunitätskosten berücksichtigt werden ( Transformationskurve). Bei der Kuppelproduktion fallen die Produkte zwangsläufig zusammen an, wobei das Mischungsverhältnis fest (fixe Kuppelproduktion) oder in Grenzen gestaltbar sein kann (flexible Kuppelproduktion). In beiden Fällen kann sich die Kuppelproduktion nur auf einen Teil des Produktionsprozesses beziehen (partielle Kuppelproduktion). Deshalb spielen hier die Marktpreise, letztlich die Nachfrage, eine besondere Rolle für die Preisbildung. Grund für die gemeinsame Produktion ist das Auftreten von Economies of Scale oder Verbundvorteilen ( Economies of Scope) technischer und/oder organisatorischer Art (Synergieeffekte). Mehrwert, Mehrwerttheorie. Mehrwertrate, Begriff der Wirtschaftstheorie des Marxismus für das Verhältnis von Mehrwert ( Mehrwerttheorie) bzw. Profit zu variablem Kapital (der Lohnsumme). Da der Arbeitswertlehre zufolge nur die menschliche Arbeitskraft wertschöpfend ist (Mehrwert schaffen kann), dieser jedoch von den Unternehmern durch Ausbeutung der Arbeiter diesen vorenthalten wird, soll die Mehrwertrate das Ausmaß dieser unterstellten Ausbeutung messen. Angenommen wird, dass aufgrund des tendenziellen Falls der Profitrate die Ausbeutung, die Mehrwertrate, so lange ansteigen muss, bis es zu einer revolutionären Überführung des Kapitalismus in den Sozialismus kommt ( historischer Materialismus, Klassentheorie). Mehrwertsteuer, im Allgemeinen Sprach-
gebrauch und von der EU verwendete Bezeichnung für die seit dem 1.1.1968 einge-
276 führte Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug, eine nicht-kumulative Allphasennettoumsatzsteuer ( Allphasenumsatzsteuer, Nettoumsatzsteuer). Vgl. auch Umsatzbesteuerung, Umsatzsteuer, Kumulativwirkung. Mehrwerttheorie. Von K. Marx entwickelte Lehre, mit der er den Ursprung des Unternehmergewinns ( Profit) aus der Ausbeutung der lohnabhängigen Arbeiter nachzuweisen versucht. Das der Arbeitswertlehre zugrunde liegende Preisbestimmungsprinzip wird hierfür auf den Lohn der Arbeitskraft übertragen: Der Preis (Tauschwert) der Arbeit entspricht demjenigen Aufwand, der zu ihrer Wiederherstellung (Reproduktion) gesellschaftlich durchschnittlich notwendig ist. Entlohnt der Unternehmer die Arbeiter so, dass diese ihre notwendigen Ausgaben (u. a. für Ernährung, Kleidung, Miete, für Erziehung und Ausbildung der Kinder) bestreiten können, bezahlt er sie definitionsgemäß zum Wert der Arbeitskraft. Sie müssen jedoch während ihres Arbeitstags länger arbeiten und damit entsprechend der Arbeitswertlehre mehr Tauschwerte produzieren, als ihrem eigenen Wert und damit Lohn entspricht. Die Differenz zwischen Tauschwert der Arbeit und Tauschwert der von den Arbeitern produzierten Güter wird als Mehrwert bezeichnet. Ihn kann sich der Unternehmer als Eigentümer der Produktionsmittel aneignen. Das Verhältnis von Mehrwert zu Lohnkosten ( variables Kapital) wird als Mehrwertrate bezeichnet. Als Reaktion auf den tendenziellen Fall der Profitrate versucht der Unternehmer Marx zufolge den Mehrwert zu erhöhen: (1) Er lässt die Arbeiter bei gleichem Lohn länger arbeiten und so mehr Tauschwerte produzieren (absoluter Mehrwert) oder (2) er steigert die Arbeitsproduktivität, so dass in der gleichen Arbeitszeit mehr Produkte bei gleichzeitig sinkendem Wert der Arbeitskraft hergestellt werden (relativer Mehrwert). Beurteilung: Die Mehrwerttheorie wird deswegen kritisiert, weil die einzelnen Elemente des Reproduktionsaufwands der Arbeitskraft nicht eindeutig bestimmt sind. Meistbegünstigung, Meistbegünstigungsprinzip, l. Begriff: Eine Meistbegünstigungsklausel verpflichtet einen Staat, alle handelspolitischen Vergünstigungen, insbesondere Zollvorteile, die einem Staat eingeräumt
277 wurden, auch allen anderen Staaten einzuräumen, mit denen Meistbegünstigung vereinbart ist. 2. Arten: a) Unbedingte und unbeschränkte Meistbegünstigung: Das Diskriminierungsverbot erstreckt sich auf alle Einfuhrwaren, Länder und Arten der Handelserschwerung. b) Beschränkte Meistbegünstigung: Nur vertraglich vereinbarte Waren sind betroffen oder ausdrücklich ausgenommen. c) Bedingte Meistbegünstigung: Gewährung eines Vorteils verlangt eine entsprechende Gegenleistung (Reziprozität). 3. Rechtliche Grundlagen: Meistbegünstigung wurde erstmals 1860 zwischen England und Frankreich vertraglich fixiert. Sie gehört zu den Grundpfeilern des GATT, das (abgesehen von Ausnahmen) alle Mitglieder zur Meistbegünstigung verpflichtet. Meister-BAföG, Aufstiegsfortbildungs-
förderung. Mengenanpasserverhalten, Polypol,
polypolistische Preisbildung.
Mengenkonjunktur, Zunahme der realen Produktion im Aufschwung eines Konjunkturzyklus ( Konjunkturphasen). Gegensatz: Preiskonjunktur. Mengensteuer, Steuer, deren Bemessungsgrundlage die physische Einheit des besteuerten Gutes ist. Gegensatz: Wertsteuer. Mengentender, spezielle Form eines
Wertpapierpensionsgeschäftes, bei dem die Zentralbank den Pensionssatz selbst festlegt und die Kreditinstitute in ihren Geboten nur die Beträge nennen, für die sie Wertpapiere an die Zentralbank zu verkaufen wünschen. Mengenzoll, Handelssteuer, die auf Men-
genbasis berechnet wird, z. B. EUR pro Tonne. Die wertmäßige Belastung eines Gutes durch einen Mengenzoll sinkt mit zunehmendem Preis. Vgl. auch Wertzoll, tarifäre Handelshemmnisse.
Merkantilismus Menu Costs, Menukosten; 1. Arten: Der
Begriff Menu Costs ist metaphorisch zu verstehen. Er bezieht sich i. e. S. auf die Kosten, die für ein Unternehmen im Zuge von Preisveränderungen anfallen (Menu Costs). In einem Restaurant sind das z. B. die Kosten, die für das Neudrucken der Speisekarte anfallen. I. w. S. gehören hierzu aber auch Organisations- und Informationskosten, die Kosten für das Drucken und Versenden von Preislisten und Katalogen, die Verärgerung von Konsumenten usw. 2. Bedeutung: Obwohl die Menu Costs insgesamt nur gering sind, wird behauptet, dass sie gleichwohl große gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben können. Kommt es z. B. aufgrund einer Verringerung der Geldmenge zu einem Rückgang der monetären Gesamtnachfrage, würden die Unternehmen in einem klassischen Modell mit einer proportionalen Preissenkung reagieren, so dass der Output unverändert bleibt. Wird die Existenz von Menu Costs berücksichtigt, kann es für die einzelnen Unternehmen optimal sein, auf die Preissenkung zu verzichten. Menu Costs stellen im Rahmen des Neuen Keynesianismus insofern eine Begründung für Preisstarrheiten als Ergebnis mikroökonomischen Optimierungsverhaltens dar. Menukosten, Menu Costs. Merit Goods, meritorische Güter. meritorische Güter, Merit Goods. 1. Begriff: Auf Musgrave zurückgehender Begriff für grundsätzlich private Güter, deren Bereitstellung durch den Staat damit gerechtfertigt wird, dass aufgrund verzerrter Präferenzen der Bürger/Konsumenten deren am Markt geäußerte Nachfragewünsche zu einer nach Art und Umfang gemessen am gesellschaftlich wünschenswerten Versorgungsgrad (Merit Wants) suboptimalen Allokation dieser Güter führen. Beispiele: Ausbildung, Gesundheits-, Kulturwesen. 2. Derart legitimierte Eingriffe des Staates in die individuellen Präferenzen sind umstritten (Legitimationsproblematik).
Menschenrechte, ein Bündel von grundle-
genden Rechten (Persönlichkeitsrechte, Freiheitsrechte, justizielle und soziale Rechte), die dem Menschen als Menschen, nach verbreiteter Auffassung von Natur aus, zukommen. Vgl. Wirtschaftsethik.
Merit Wants, meritorische Güter. Merkantilismus. 1. Begriff: Sammelname
für die vom 16. bis 18. Jh. durch ausgeprägten Interventionismus und Dirigismus gekennzeichneten wirtschaftspolitischen Ein-
Merkmalsbesteuerung griffe des Staates in den Wirtschaftsprozess. Diese praktisch-politischen Ansätze mit dem Ziel der Steigerung der nationalen Wirtschafts- und Handelskraft basieren auf keiner in sich geschlossenen wirtschaftstheoretischen und -politischen Konzeption. 2. Ziele/Mittel: Merkantilistische Wirtschaftspolitik unterscheidet sich von Land zu Land. a) Französischer Merkantilismus (u. a. Sully, insbes. Colbert): intensive Förderung der gewerblichen Wirtschaft unter Vernachlässigung der Landwirtschaft; Mittel sind u. a. Schaffung eines einheitlichen Zoll- und Marktgebiets, straffe Zentralisierung der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungskompetenzen, Steuerreform zur Sanierung der Staatsfinanzen unter Ludwig XIV., Schaffung einer gewerbefördernden Infrastruktur und staatlicher Manufakturen, Anwendung von Preistaxen und Produktionsvorschriften und Ausfuhrverbot für Nahrungsgüter (Das inländische Angebot soll hierdurch steigen mit der Folge fallender Preise und dadurch sinkender Löhne und Lohnkosten). b) Englischer Merkantilismus (Bullionismus, Bullion = Goldbarren; Vertreter: u. a. Malynes, Misselden, Hales): Schwerpunktmäßige Förderung des Außenhandels mit dem Ziel einer permanenten Aktivierung der Zahlungsbilanz. Zugrunde liegt die Annahme, dass die durch Außenhandelsüberschüsse anwachsenden Edelmetallreserven gleich bedeutend mit nationalem Wohlstand sind. Das wirtschaftspolitische Mittel ist ein ausgeprägter Handelsprotektionismus u. a. durch die Beschränkung des Imports auf Rohprodukte, Förderung des Exports von Fertigwaren, Exportverbote für Edelmetalle, Devisenbewirtschaftung und Importzölle. 3. Deutscher Merkantilismus (Kameralismus; Vertreter: u. a. Klock, Becher, v. Seckendorf, v. Sonnenfels, insbes. Justi): Ziel ist die Mehrung des fürstlichen Schatzes (camera principi) und das Wiederanwachsen der Bevölkerung nach dem 30-jährigen Krieg (Peuplierung), da angenommen wird, dass der Reichtum eines Landes von der Bevölkerungszahl und der Größe des Staatsschatzes abhängt. Während die praktische Wirtschaftspolitik des Kameralismus der des französischen Merkantilismus gleicht, werden daneben verwaltungstechnische Verfahrensgrundsätze aufgestellt und systematisiert, die einen bleibenden Einfluss auf die deutsche Finanzwissenschaft
278 erlangt haben. Vgl. auch lismus.
Neomerkanti-
Merkmalsbesteuerung, Ertragsbesteue-
rung. Messbarkeit, Operationalisierbarkeit. Metaethik, Ethik. Metatheorie, Methodologie. Methodenstreit. 1. Älterer Methodenstreit: Kontroverse zwischen Schmoller und Menger über die Berechtigung und Notwendigkeit theoretischer Forschung. Als Vertreter der jüngeren historischen Schule vertrat Schmoller die historische Methode ( Induktion), Menger die theoretische Forschung ( Deduktion). Menger unterschied zwischen Wissenschaften, die das Individuelle, und solchen, die das Generelle erklären sollen. Die historische Methode sei nur im ersten Fall, die theoretische Methode nur im zweiten Fall anzuwenden. Die Ansicht Mengers setzte sich zunehmend seit den 20er Jahren auch auf dem Kontinent durch. 2. Jüngerer Methodenstreit (Werturteilsstreit): Zwischen M. Weber und W. Sombart als Hauptvertreter der einen Richtung und A. Wagner, E. Philippovich und G. Schmoller als Hauptvertreter der anderen Richtung ausgetragene Kontroverse über die Zulässigkeit von Werturteilen in den Sozialwissenschaften, insbesondere der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Weber und Sombart vertraten den Standpunkt, Werturteile seien nicht wissenschaftlich beweisbar, mit objektiver Wissenschaft deshalb unvereinbar. Demgegenüber wandten Philippovich, Schmoller und ihre Anhänger ein, dass der Werturteilsverzicht den Verzicht auf Wirtschafts- und Sozialpolitik als Wissenschaft bedeute. Weber und Sombart behielten im Wesentlichen Recht. Methodologie, Wissenschaftstheorie, Metatheorie. 1. Begriff: Methodologie bezeichnet die wissenschaftstheoretische Grundlage und Methodik der Erkenntnisgewinnung. 2. Wissenschaftstheoretische Aufgabe: Jede Theorie beruht in ihrer Entstehung auf der Anwendung einer bestimmten Methode der Erkenntnisgewinnung. Die Wissenschaftstheorie als Wissenschaft von der Wissenschaft systematisiert die Methodenvielfalt und versucht, eine allgemein gültige und verbindli-
279 che Methode zu entwickeln. 3. Gliederung: Die verschiedenen Methodologien lassen sich in drei Gruppen einteilen: die beiden klassischen Gruppen der empiristischen und rationalistischen und synthetischen Methodologie. a) Die rationalistische Methodologie stützt sich auf die Vernunft (ratio) als Quelle der Erkenntnis. Rationalistische Theorien müssen widerspruchsfrei, präzise, berechenbar und beweisbar sein. Dementsprechend können sie nur durch logische Deduktion aus vorgegebenen Definitionen und Ableitungsregeln ( Axiome) gebildet und nur durch den Nachweis des Verstoßes gegen eine der logischen Ableitungsregeln widerlegt werden. b) Die empiristische Methodologie reduziert alle theoretischen Aussagen auf empirisch erfassbare Tatbestände. Empiristische Theorien werden auf induktivem Wege gewonnen, in dem durch Schlussfolgerungen von Einzelbeobachtungen auf die Gesamtheit der Realität allgemein gültige Sätze gebildet werden. Diese Theoriensätze können, wenn sie objektiv überprüfbar sind, durch widersprechende Beobachtungen widerlegt werden. Bei subjektiv empiristischer Methodologie kann nur der Beobachter selbst seine Erkenntnisse revidieren (Phänomenologie) oder die Gültigkeit durch einen historischen Wandel aufgehoben werden (Hermeneutik). c) Die gegenseitige Widersprüchlichkeit der klassischen Methodologie versuchen die synthetischen Methodologie aufzuheben. Zu diesen zählt beispielsweise die Hegel'sche Methode der Dialektik, die eine Aussage (These) mit einer Gegenaussage (Antithese) konfrontiert. In der dialektischen Verarbeitung beider Thesen wird die ausschließliche Gültigkeit jeder Einzelnen verworfen und aus den gemeinsamen Elementen eine neue These (Synthese) entwickelt. Diese besitzt so lange Gültigkeit, bis ihr eine neue Antithese entgegengestellt wird und ein neuer dialektischer Prozess beginnt. Die bedeutsamste synthetische Methodologie ist die Methode des kritischen Rationalismus, die eine Vereinigung von rational entwickelter Hypothese und empirischen Beobachtungssätzen anstrebt. Die kritisch rationale Variante der Verifikation erhebt die Hypothese zur gültigen Theorie, wenn ihre empirische Bestätigung einmal erfolgt ist. Die von Popper entwickelte Gegenvariante der Falsifikation fordert die ständig erneute Überprüfung der Hypothese anhand empirischer Beobachtungen, um sie zu Fall zu bringen. So lange dies
Methodologischer Kollektivismus nicht gelingt, darf die Hypothese als vorläufig gültige Theorie gelten. 4. Bedeutung: Da es keine alleingültige Methodologie zur Theoriengewinnung gibt, kann mit beliebiger Wahl der Methodologie auch eine entsprechende Zahl von (teilweise sich widersprechenden) Theorien entwickelt werden. Damit wird die Möglichkeit der Dogmatik und Schulenbildung im Wissenschaftsbetrieb eröffnet und die Grenze zwischen Theorie und Ideologie verwischt. Daraus folgt das Problem der Akzeptanz von Theorien. Bei der wirtschaftspolitischen Verwendung wirtschaftlicher Theorien ( allgemeine Wirtschaftspolitik) entsteht dadurch eine Verbindung zwischen dem Träger der Wirtschaftspolitik, der die Anwendung einer bestimmten Theorie akzeptiert, seiner Legitimierung zur Entscheidung darüber und der methodologischen Theoriegrundlage, die sich letztlich auf das Problem der Auswahl einer bestimmten Ideologie reduziert. Vgl. methodologischer Individualismus, methodologischer Kollektivismus. Methodologischer Individualismus. 1.
Wissenschaftstheorie: Forschungsleitend ist die Idee, dass die Grundbestandteile der sozialen Welt Individuen sind (Individualismus), so dass soziale Prozesse und Institutionen unter Rückgriff auf theoretische Aussagen über individuelles Verhalten bzw. Handeln erklärt werden müssen. 2. Wirtschaftstheorie/Neue Politische Ökonomie: Das Verhalten von Gruppen leitet sich aus dem Zusammenwirken des jeweils selbstinteressierten Handelns der einzelnen Gruppenmitglieder ab. Die Gruppe (der Staat) wird nicht als eine die Summe der Gruppenmitglieder übersteigende Größe mit eigenen Interessen und Handlungen ( Kollektivismus) aufgefasst. Vgl. auch Methodologie, Neue Politische Ökonomie. Gegensatz: Methodologischer Kollektivismus (Holismus). Methodologischer Kollektivismus, Ho-
lismus; forschungsleitende These, die in der Regel damit begründet wird, das Ganze (griech.: holos) sei mehr als die Summe seiner Teile (Kollektivismus). Spielarten des methodischen Kollektivismus innerhalb der Sozialwissenschaften sind der Marxismus und der Funktionalismus. Ausgangspunkt der Analyse ist das soziale System, dem (v. a. vom Funktionalismus) ein allgemeines Über-
Metzler-Paradoxon lebensziel zugeschrieben wird, im Gegensatz zum methodologischen Individualismus. Metzler-Paradoxon. Wenn ein Land als
Importeur oder Exporteur auf dem Weltmarkt von Bedeutung ist, dann wird die Einführung eines Zolles den Weltmarktpreis des importierten Gutes verringern ( Optimalzoll). Dieser Terms of Trade-Effekt kann so stark sein, dass sogar der Inlandspreis dieses Gutes inklusive Zoll sinkt. Man spricht dann vom Metzler Paradoxon Vgl. auch Handelspolitik.
280 ( Wirtschaftsethik), bieten Vorschläge, die Auswanderungsländer zwecks Realisierung von wechselseitigen Kooperationsgewinnen stärker in die internationale Arbeitsteilung zu integrieren und ihre Entwicklung zu demokratisch verfassten Marktwirtschaften zu fördern. Dadurch könnten die Anreize zur Migration abgeschwächt und das Migrationspotenzial durch eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums gesenkt werden. Dazu müssen in diesen Ländern jedoch die institutionellen Voraussetzungen geschaffen werden. Vgl. auch internationale FaktorWanderungen.
Midijob, Gleitzonenbeschäftigung. Mietzuschuss, soziale Sicherung. Migration. 1. Begriff: Unter Migration versteht man Wanderungen zwischen Nationen oder administrativen Untereinheiten eines Staates ( Binnenwanderung), die zu einem längerfristigen oder dauernden Wechsel des ständigen Aufenthaltsortes der daran beteiligten Personen führen. 2. Probleme: Migration, insbes. die durch massive Wohlstandsunterschiede induzierte Armutsmigration, ist eines der zentralen Probleme in der immer mehr zu einer Weltgesellschaft zusammenwachsenden Welt. Schätzungen lassen ein deutliches Ansteigen des Potenzials an migrationswilligen Menschen durch das Anwachsen der Weltbevölkerung erwarten. 3. Bei der Entwicklung von Lösungsstrategien greifen primär normativ inspirierte Ansätze zu kurz. Die häufig geforderte Öffnung der Grenzen würde schnell zu einer Erosion der öffentlichen Güter in den Zuwanderungsländern und damit zu einem Ausgleich von Reich und Arm auf niedrigem Niveau führen; zudem stellt sich das Problem, dass die Abwanderung von besonders leistungsfähigen Teilen der Bevölkerung ( Brain Drain) zu weiterem Zurückbleiben der Auswanderungsländer führen kann. Die entgegengesetzte Strategie einer Abschottung der Zuwanderungsländer erscheint wegen der damit verbundenen unmittelbaren Kosten (Schutz der Grenzen) und darüber hinaus gehenden Wohlfahrtsverluste (Einschränkung der internationalen Arbeitsteilung, armutsbedingte Zerstörung der Umwelt in den Auswanderungsländern) ebenfalls nicht sinnvoll. Einen Ansatzpunkt für eine normativ befriedigende Lösung des Problems, die auf einer ökonomischen Analyse der Anreize basiert
Mikroökonomik, Mikroökonomie, Die Mikroökonomik analysiert die Koordinationsvorgänge, die aufgrund der Arbeitsteiligkeit des Produktionsprozesses notwendig werden. Sie setzt grundsätzlich an den Individualitäten des Wirtschaftsprozesses an, nämlich den Wirtschaftssubjekten (Haushalte, Unternehmen, Staat) einerseits und den einzelnen Gütern andererseits, und zwar im Gegensatz zur Makroökonomik, die sich auf Aggregate bezieht (z. B. Haushaltssektor, Unternehmenssektor bzw. Sozialprodukt). Die Mikroökonomik gliedert sich in Partialund Totalanalyse. In der Partialanalyse wird untersucht, wie das einzelne Wirtschaftssubjekt (Haushalt oder Unternehmen) sich in den über Märkte vermittelten Tauschprozess einfügt ( Haushaltstheorie und Theorie der Unternehmung) bzw. wie solche Wirtschaftssubjekte auf einem einzelnen Produktmarkt zusammenwirken. Bei der Partialanalyse wird notwendigerweise von der ceteris-paribus-Annahme Gebrauch gemacht. In der Totalanalyse wird das simultane Zusammenwirken aller am Wirtschaftsprozess beteiligten Wirtschaftssubjekte betrachtet. Sowohl bei der Partial- als auch bei der Totalanalyse steht die Rolle der Preise und des Preissystems im Zentrum der Überlegungen ( Preistheorie). Zunehmend werden auch das arbeitsteilige Geschehen innerhalb von Unternehmen und Haushalten und die Konsequenzen der Art und Weise dieser internen Koordination für die Marktvorgänge analysiert (Institutionentheorie). Methodisch kann Mikroökonomik als Gleichgewichts- oder als Marktprozesstheorie ( Wettbewerbstheorie) sowie als positive oder als normative Theorie ( Wohlfahrtsökonomik) betrieben werden.
281
Mindestlohn-Arbeitslosigkeit
mikroökonomische Inzidenz, Inzidenz
Milch-Garantiemengenabgabe, Milch-
auf einem einzelnen Markt; Interdependenzen der Einzelmärkte bleiben unberücksichtigt. Gegensatz: makroökonomische Inzidenz.
Garantiemengenregelung.
mikroökonomische Theorie der Unternehmung. 1. Gegenstand: Sie dient insbe-
sondere im neoklassischen Theoriegebäude ( neoklassische Theorie der Unternehmung) der deduktiven Ableitung der Branchenangebotsfunktion, die gemeinsam mit der Marktnachfrage unter Annahme vollkommener Konkurrenz den Marktpreis bestimmt. Für diesen Zweck reiche es aus, von einer stilisierten, fiktiven Unternehmung auszugehen, die ohne Organisationsstruktur wie ein Wirtschaftssubjekt das Gewinnmaximierungsziel verfolgt. Dieses mentale Konstrukt (Machlup) dient lediglich als Vehikel, um Veränderungen in den Bedingungen in qualitative Voraussagen von Preisund Mengenänderungen zu transformieren. 2. Stabilitätsproblem: Bei vollkommener Konkurrenz lautet die Gewinnmaximierungsbedingung Preis gleich Grenzkosten. Diese ist aber nur dann mit einem stabilen Gleichgewicht vereinbar, wenn die Grenzkosten der einzelnen Unternehmung steigen (Sraffa), so dass die Anwendbarkeit der Marginalanalyse stark eingeschränkt wird. Um die relevanten Fälle, insbesondere diejenigen sinkender Grenzkosten behandeln zu können, könnte die vollkommene Konkurrenz durch das Monopol ersetzt werden. Dieser Angriff Sraffas auf die Branchenangebotsfunktion und letztlich auf die neoklassische Werttheorie wurde mit der Theorie des unvollkommenen Wettbewerbs (J. Robinson) bzw. der monopolistischen Konkurrenz (Chamberlin) pariert. Im Kern wird das von Marshall aufgeworfene Problem der Bestimmung des gewinnmaximierenden Angebots durch die Einführung einer fallenden individuellen Preis-Absatz-Funktion und die Gewinnmaximierungsbedingung Grenzerlös gleich Grenzkosten gelöst. Offen bleibt das Problem der Bestimmung einer Branchenangebotsfunktion und der dazu erforderlichen Marktabgrenzung ( Markt) sowie der Nachweis der Stabilität des Branchengleichgewichts. mikroökonomische Verteilungstheorien, Verteilungstheorie.
Für den Milchmarkt in der Europäischen Union ( EU) gilt seit 1984 eine Garantiemengenregelung, nach der zur Vermeidung von Überproduktionen der durch die Agrarmarktordnung abgesicherte Preis für den Produzenten auf eine Höchstmenge begrenzt wird. Seit 2004 wird jedem Mitgliedland eine einzige nationale Referenzmenge für die Lieferung von Milch an Abnehmer und für den Direktverkauf an Verbraucher zugeteilt. Diese Aufteilung wird jährlich von der EUKommission den Gegebenheiten angepasst. Deutschland verfügt derzeit über eine Referenzmenge von 28 Mio. Tonnen, wovon 94 Tsd. Tonnen in den Direktverkauf fließen dürfen. Die Überschreitung der jedem Betrieb zugeteilten einzelbetrieblichen Referenzmenge (Milchquote) ist zwar nicht verboten, wird aber durch die Erhebung einer Milch-Garantiemengenabgabe geahndet Als planwirtschaftliches Instrument der Agrarpolitik der EU wird die Garantiemengenregulierung heftig kritisiert. Milch-Garantiemengenregelung.
Milchquote, Milch-Garantiemengenrege-
lung. Mindestlohn-Arbeitslosigkeit, Hochlohn-Arbeitslosigkeit, 1. Begriff: Arbeitslosigkeit, die nach neoklassischer Arbeitsmarkttheorie dadurch verursacht wird, dass der Reallohn bzw. der Nominallohn bei gegebenem Preisniveau im Vergleich zum Gleichgewichtsreallohn zu hoch ist. 2. Begründung: Nach neoklassischer Theorie hängt die Arbeitskräftenachfrage nd negativ vom Reallohn ab, so dass bei einem höheren Reallohn / P weniger Arbeitskräfte, bei niedrigerem Reallohn mehr Arbeitskräfte nachgefragt werden. (Vgl. in der nachfolgenden Abb. die von links oben nach rechts unten fallende Arbeitsnachfragekurve nd . Dies gilt, wenn die Arbeitgeber nach Gewinnmaximierung streben, auf ihrem Arbeits- und Gütermarkt vollkommene Konkurrenz herrscht und das Grenzprodukt der Arbeitskräfte mit zunehmendem Arbeitskräfteeinsatz abnimmt. Bei gegebenem Arbeitskräfteangebot ns n s existiert ein Gleichgewichtsreallohn und bei gegebenem Preisniveau Po auch ein gleichgewichtiger Nominallohn , bei dem im Schnittpunkt G
Mindestlohn
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Mindestlohn-Arbeitslosigkeit
Reallohn
Arbeitkräftenachfrage
Arbeitskräfteangebot
ns
nd
min
Arbeitslose Mindestlohn
Po Po
G
n1
n
Arbeitskräfte n
der Arbeitskräftenachfrage- und Arbeitsangebotskurve im Gleichgewicht ist, so dass es weder Arbeitslose noch offene Stellen gibt. Im Arbeitsmarktgleichgewicht herrscht zugleich Vollbeschäftigung. Bei einem im Vergleich hierzu zu hohen Nominallohn ( ) sorgt ein Überangebot von Arbeitskräften (Arbeitslosigkeit) bei vollkommener Konkurrenz dafür, dass der Nominallohn herunterkonkurriert wird (Vollbeschäftigungsmechanismus). Das umgekehrte gilt für einen niedrigeren Nominallohn ( ): Bei Übernachfrage (offenen Stellen) wird der Nominallohn von den Arbeitgebern auf den Gleichgewichtsnominallohn heraufkonkurriert. Sind also die Nominallöhne nach unten und oben flexibel, stellt sich automatisch Arbeitsmarktgleichgewicht ein. Die Einführung eines (gesetzlichen oder auch tariflichen) Mindestlohnes min , der (bei gegebenem Preisniveau Po ) höher ist als der gleichgewichtige Nominallohn ( min ), setzt den oben beschriebenen Vollbeschäftigungsmechanismus, d.h. die Anpassung des Nominallohnes nach unten, außer Kraft. Es entsteht eine Mindest- oder Hochlohn-Arbeitslosigkeit (vgl. Abb.). Diese Erkenntnis verdanken wir übrigens Keynes, der in seiner Kritik am klassischen Vollbeschäftigungsmechanismus die in der Realität festzustellende Inflexibilität der Nominallöhne nach unten als Ursache für Arbeitslosigkeit hervorgehoben hat. Dass anderseits in der Realität die Flexibilität der Nominallöhne nach oben gegeben ist, lässt sich auf Arbeitsmärkten mit knappem Arbeitskräfteangebot daran erkennen, dass die gezahlten Effektlöhne höher sind als die herrschenden Tariflöhne
(Lohndrift). Daraus ergibt sich, dass Mindestlöhne aus Sicht ihrer Befürworter auch nur dann wirksam und erforderlich sind, wenn sie höher angesetzt werden als der für zu niedrig gehaltene Gleichgewichtslohn. Damit taucht aber unweigerlich das Problem des negativen Beschäftigungseffektes auf. Im Makroökonomischen Totalmodell der sog. Neoklassischen Synthese, das die keynesianische Geld- und Gütermarkttheorie mit der neoklassischen Arbeitsmarkt- und Produktionstheorie verknüpft, werden diese mikroökonomischen Ergebnisse bestätigt. Hier führen (zu hohe) Mindestlöhne zum Unterbeschäftigungsgleichgewicht mit Geld- und Gütermarkt im simultanen Gleichgewicht, aber mit einem Ungleichgewicht und mit Arbeitslosigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Mindestlohn. 1. Begriff: Lohn (Arbeitsent-
gelt) für Arbeitnehmer, der (das) aufgrund gesetzlicher oder (tarif-)vertraglicher Normen von Arbeitgebern nicht unterschritten werden darf oder soll. Welchen persönlichen, sachlichen, räumlichen und zeitliches Geltungsbereich eine Mindestlohnnorm hat, hängt vom Geltungsbereich des betreffenden Gesetzes oder (Tarif-)Vertrages ab. 2. Gesetzlicher Mindestlohn: a) Möglichkeiten: (1) allgemeiner Mindestlohn: Ein Gesetzgeber setzt auf unbestimmte Zeit, für seinen gesamten Hoheitsraum und für alle Arbeitgeber einen Mindestlohn fest. (2) spezielle Mindestlöhne: Davon abweichend kann er einzeln oder in Kombination (a) befristete Mindestlöhne (z. B. in Krisenzeiten), (b) regionale Mindestlöhne (z. B. in Problemregionen), (c) arbeitgeberspezifische Mindestlöhne (z. B. in bestimmten Branchen) oder (d) arbeitnehmerspezifische Mindestlöhne (z. B. für Frauen oder Heimarbeiter) festlegen. b) Gesetzliche Mindestlöhne in Deutschland: In Deutschland gelten Mindestlöhne auf der Grundlange des (a) Mindestarbeitsbedingungsgesetzes (MiArbG), (b) ArbeitnehmerEntsendegesetzes (AEntG) und (c) von Allgemeinverbindlichkeitserklärungen nach dem Tarifvertragsgesetz (TVG) ( Mindestlohngesetze). 3. Tariflicher Mindestlohn: a) Tarifbindung: In Tarifverträgen festgelegte Mindestlöhne gelten grundsätzlich nur für die tarifgebundenen Arbeitgeber eines regionalen Arbeitgeberverbandes als Tarifvertragspartei und für die Laufzeit des Tarifvertrages. b) Allgemeinverbindlichkeit: Durch eine im Antragsverfahren (auch gegen das
283 Vetorecht jeder der Tarifvertragsparteien) erfolgreich durchgesetzte Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Bundesministers für Arbeit und Soziales kann ein tarifvertraglicher Mindestlohn (wenn die Tarifbindung für mindestens 50 % der Beschäftigten galt) auch für die nicht tarifgebundenen Arbeitgeber des Tarifbereichs und -bezirks verbindlich gemacht werden. In diesem Fall wirkt der Tariflohn (im eingeschränkten Tarifbereich) wie ein gesetzlicher Mindestlohn. 4. Wirkung von Mindestlöhnen: a) Politische Kontroverse: (1) Befürworter sehen als Interessensvertreter der Arbeitnehmer oder in sozialpolitischer Verantwortung Mindestlöhnen als ein Instrument gegen Armut, Ausbeutung und Lohndumping und umgekehrt für mehr Beschäftigung, Gerechtigkeit, Kaufkraft und sozialen Frieden an. (2) Gegner sehen als Interessensvertreter der Arbeitgeber oder der freien Marktwirtschaft Mindestlöhne Arbeitsplatzvernichter und als ordnungspolitischen Verstoß gegen das Markt- und Wettbewerbprinzip. b) Arbeitsmarkttheorie: Als herrschende Lehre ist in diesem Zusammenhang die neoklassische Theorie der Mindestlohn-Arbeitslosigkeit anzusehen, die eine breite wissenschaftliche Ablehnungsfront gegenüber Mindestlöhnen begründet. Mindestlohn-Gesetze, 1. Begriff: Gesetze,
die allgemein oder bestimmten Arbeitgebern oder Branchen gesetzliche Mindestlöhne oder Mindestarbeitsentgelte für ihre Arbeitnehmer vorschreiben. 2. Zielsetzungen gesetzlicher Mindestlöhne sind u. a. (a) Sicherung des selbst erarbeiteten Lebensunterhalts (fairer Löhne), (b) Schutz der Arbeitnehmer vor Lohndumping (insbesondere auch aus dem Ausland), (c) Sicherung von Arbeitsplätzen, (d) Kaufkraftstärkung und (e) Sicherung einer ausreichenden Altersversorgung. 3. Mindestlohngesetze in Deutschland: a) Mindestarbeitsbedingungengesetz (MiArbG): (1) Geltungsbereich: Das Gesetz über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen vom 11.01.1952 (zuletzt geändert am 13.2.2009) ermöglicht die Festsetzung von Mindestarbeitsentgelten für die Wirtschaftszweige, in denen die tarifgebundenen Arbeitgeber bundesweit weniger als 50 % der unter den Geltungsbereich aller Tarifverträge fallenden Arbeitnehmer/ innen beschäftigen. (2) Verfahren: Ein dauerhaft einzurichtender Hauptausschuss prüft, ob in einem
Mindestlohn-Gesetze Wirtschaftszweig soziale Verwerfungen vorliegen und entscheidet, ob in diesem Wirtschaftszweig Mindestarbeitsentgelte festgesetzt, geändert oder aufgehoben werden. Ein Fachausschuss, der sich aus Vertretern des Wirtschaftszweigs, kann dann die konkrete Höhe des jeweiligen Mindestlohnes anhand vorgegebener Kriterien durch Beschluss festlegen. Auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) kann die Bundesregierung die vom Fachausschuss beschlossenen Mindestentgelte als Rechtsverordnung erlassen. (3) Wirkung: Die Mindestarbeitsentgelte sind für alle in- und ausländischen Arbeitnehmer/innen zwingend und unabdingbar. Aus Gründen des Vertrauensschutzes geht ein zu einem Stichtag bestehender Tarifvertrag für die Zeit seines Bestehens den festgesetzten Mindestarbeitsentgelten vor. Ein Folgetarifvertrag, mit dem die Tarifvertragsparteien ihren am Stichtag bestehenden ablösen bzw. ersetzen, genießt ebenfalls Vorrang. b) Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG): (1) Geltungsbereich: Das Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen vom 26.02.1996 (zuletzt geändert am 13.2.2009) legt fest, dass die in einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag vereinbarten Mindestentgeltsätze einschließlich der Überstundensätze oder die Dauer des Erholungsurlaubs, das Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinem im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages beschäftigten Arbeitnehmer zwingend Anwendung finden. Das Gesetz gilt für Arbeitgeber aller Branchen, soweit es sich um Arbeitsbedingungen handelt, die in Gesetzen geregelt sind. Soweit sie in Tarifverträgen geregelt sind, galt es zunächst nur für Arbeitgeber der Baubranche (Bauhaupt- und Baunebengewerbe), 2007 kamen das Gebäudereinigungshandwerk und der Bereich Briefdienstleistungen dazu. Am 13.2.2009 wurden sechs weitere Branchen dem Gesetz unterstellt: (a) Pflegebranche (Alten- und häusliche Krankenpflege), (b) Sicherheitsdienstleistungen, (c) Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken, (d) Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft, (e) Abfallwirtschaft (einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst) und (f) Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem zweiten und dritten Sozialgesetzbuch
mindestoptimale technische Betriebs- bzw (SGB II und III). Damit werden insgesamt rd. 3 Millionen Arbeitskräfte unter den Schutz des Gesetzes gestellt. c) Allgemeinverbindlichkeitserklärung gem. § 5 Tarifvertragsgesetz: (1) Geltungsbereich und Wirkung: Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung hat zur Rechtsfolge, dass die tariflichen Vereinbarungen auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer innerhalb des sachlichen und räumlichen Geltungsbereiches eines Tarifvertrages verbindlich werden. Dadurch wirken tarifliche Mindestlöhne wie gesetzliche Lohnuntergrenzen. (2) Verfahren: Der Bundesminister für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag auf Antrag einer Tarifvertragspartei im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenverbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss für allgemeinverbindlich erklären, wenn (a) die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 % der in den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und (b) die Allgemeinverbindlichkeitserklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. d) Zusammenwirken der Gesetze: Die Anwendung des Arbeitsentsendegesetzes setzt für Bereiche mit Tarifbindung für mindestens 50 % der Beschäftigten eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung voraus, während das Mindestarbeitsbedingungengesetz ergänzend auch für eine Tarifgebundenheit unter 50 % gilt. mindestoptimale technische Betriebsbzw. Unternehmensgröße, Economies
of Scale. Mindestpreis, Preisfunktionen. Mindestreserve, Deutsche Bundesbank,
Mindestreservepolitik.
Mindestreservepolitik, Ausgestaltung der
Verpflichtung der Geschäftsbanken (Mindestreservepflicht), einen bestimmten Prozentsatz (Mindestreservesatz) ihrer Verbindlichkeiten als Guthaben auf einem Zentralbankkonto (Mindestreservekonto) zu halten. Träger der Mindestreservepolitik ist die Europäische Zentralbank ( EZB). Instrumente: Festlegung der (1) der mindestreservepflichtigen Bankinstitute, (2) des Mindestreservesatzes und (3) der mindestreservepflichtigen Bankverbindlichkeiten. Die Mindestreservepolitik dient traditionell der Grobsteuerung der
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Geldpolitik, da sie (abgesehen von der Bargeldnachfrage der Nichtbanken) den Zentralbankgeldbedarf und damit die Kreditschöpfungsmöglichkeiten des Geschäftsbankensystems bestimmt. Vgl. auch Deutsche Bundesbank.
Mindestreservesatz, Deutsche Bundesbank, Mindestreservepolitik. Mindestsicherungssysteme, Asylbewerberleistungen, Grundsicherung für Arbeitssuchende, Kriegsopferfürsorge, Soziale Sicherung, Sozialhilfe. Mineralölsteuer. 1. Begriff: eine von der
Bundeszollverwaltung erhobene und dem Bund zufließende Verbrauchsteuer auf eingeführte und im Erhebungsgebiet hergestellte Mineralöle. 2. Rechtsgrundlage: Nach Auslaufen des Mineralölsteuergesetzes am 31.7.2006 gilt für die Besteuerung von Mineralöl das Energiesteuergesetz (EnergieStG) vom 15.7.2006. 3. Steuergegenstand: Energieerzeugnisse aus Mineralöl im Erhebungsgebiet. 4. Steuerbefreiungen und ermäßigungen: abhängig von der Erfüllung besonderer Bedingungen bezüglich des Verwendungszwecks (z. B. Heizölsteuer), im Rahmen der ökologischen Steuerreform wesentlich erweitert. 5. Steuerberechnung: differenzierte Steuersätze je nach Mineralölerzeugnis (gem. EU-Warennomenklatur). 6. Steuerschuldner: Hersteller. 7. Steuervergütung unter gewissen Voraussetzungen beim echten Export zulässig. Minijobs, geringfügige Beschäftigung. Minijob-Zentrale, 1. Begriff: Zentraler Träger für die abgabenrechtliche Bearbeitung geringfügiger Beschäftigung (sog. Minijobs), der 2003 im Zuge der Hartz-Reform (mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) errichtet wurde, um die Transaktionskosten der Unternehmen mit mehr als 350 Krankenkassen und ca. 700 Finanzämtern zu senken. Vom 1.4.2003 bis 1.10.2005 wurden die Minijobs von der Bundesknappschaft, seitdem von der Deutschen Rentenversicherung KnappschaftBahn-See mit Standorten in Cottbus, Essen, Gelsenkirchen bearbeitet. 2. Aufgaben: (1) das Meldeverfahren und der Einzug von Pauschalabgaben bei allen geringfügig Beschäftigten; (2) die Durchführung des Haus-
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Mischsystem
haltsscheckverfahrens; (3) die Weiterleitung der Beiträge an die zuständigen Stellen; (4) die Prüfung der Versicherungspflicht bzw. der Versicherungsfreiheit; (5) die Überwachung der Zahlungseingänge; (6) die Bearbeitung von Rückstands- und Insolvenzfällen; (7) die Durchführung der Lohnfortzahlungsversicherung nach dem Lohnfortzahlungsgesetz für Arbeitgeber mit bis zu maximal 30 Beschäftigten; (8) der Einzug der Pauschsteuer für das Bundesamt für Finanzen; (9) die Beratung der Arbeitgeber und Beschäftigten. Minimalkostenkombination, Faktorkombination, die bei gegebenen Faktorpreisen zu minimalen Kosten führt. Sie wird realisiert, wenn gemäß dem Wirtschaftlichkeitsprinzip entweder a) eine gegebene Menge x zu minimalen Kosten hergestellt wird oder b) bei gegebenem Kostenbudget die hergestellte Menge x maximiert wird. Im Falle a muss die kostenminimierende Budgetgerade die vorgegebene Isoquante ( Produktionstheorie), im Falle b die outputmaximierende Isoquante die vorgegebene Budgetlinie tangieren. Bei anderen Budgetlinien bzw. Isoquanten kommt es entweder zur Verschwendung oder die vorgegebene Menge ist nicht realisierbar. Minimalkostenkombination
Minimalprinzip, Wirtschaftlichkeitsprin-
zip. Ministererlaubnis, Fusionskontrolle,
Kartellrecht. Ministerfusion, Kartellrecht. Ministerialprinzip, Ressortprinzip; Prinzip der (institutionellen) Gliederung des Haushaltsplans nach den einzelnen Ministerien (Ressorts). In der BRD angewandt ( Haushaltssystematik). Das Ministerialprinzip dient v. a. der administrativen Kontrollfunktion. Mit dieser Gliederung eng verknüpft ist die Problematik des Inkrementalismus. Anders: Funktionenplan. Ministerkartell, Kartellrecht. Ministerrat, Europäischer Rat. Miguelsche Finanzreform, Finanzreform
1891/93, in deren Rahmen erstmals in Preußen eine progressive, veranlagte Einkommensteuer, ergänzt durch eine Vermögensteuer, eingeführt wurde. Misalignment, über längere Perioden gehende Fehlanpassung des Wechselkurses in dem Sinne, dass der reale Wechselkurs durch die Veränderung des nominellen Wechselkurses von seinem Gleichgewichtswert abweicht. Theoretisch ist dies jener Wert, der zu einem Gleichgewicht auf den internationalen Gütermärkten führt. Bei empirischen Betrachtungen wird als Vergleichsmaßstab meist die Kaufkraftparität verwendet. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie.
T
Die Tangentialbedingung impliziert die Übereinstimmung von Grenzrate der Substitution (Produktionstheorie) und Steigung der Budgetlinie. A und B stellen die im Produktionsprozess eingesetzten Faktormengen dar. Die Minimalkostenkombination ist eine Voraussetzung für eine langfristige Gewinnmaximierung.
Mischfinanzierung, die bei der Regelung der Finanzierungshoheit für eine öffentliche Aufgabe getroffene Vereinbarung, nach der die anfallenden Kosten der Aufgabenerfüllung von mehreren Aufgabenträgern gemeinsam getragen werden. Die Mischfinanzierung ergibt sich nach dem Konnexitätsprinzip als Folge der Teilung von Gesetzgebungshoheit und Verwaltungshoheit. Vgl. auch Gemeinschaftsaufgaben, Politikverflechtung. Mischsystem, Gruppe von Regelungsfor-
men der Steuerertragshoheit zwischen öffentlichen Aufgabenträgern im aktiven
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung Finanzausgleich. Formen: Zuschlagssystem, Verbundsystem. Gegensatz: Trennsystem.
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Mitgliedschaftsrecht, Verfügungsrech-
te. Mitläufereffekt, bezeichnet in der Haus-
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, Ausbeutungsmissbrauch,
Behinderungsmissbrauch,
Kartellrecht.
Missbrauchsaufsicht, Ausbeutungsmissbrauch, Behinderungsmissbrauch, Kartellrecht. Vgl. auch Wettbewerbstheorie. Mitbestimmung. 1. Begriff: Forderung
nach Teilhabe aller in einer Organisation vertretenen Gruppen am Willensbildungs- und Entscheidungsprozess; i. S. wirtschaftlicher Mitbestimmung, die institutionelle Beteiligung der Arbeitnehmer(vertreter) am Willensbildungs- und Entscheidungsprozess in Unternehmen und Betrieb. Abstufungen der Teilhabe (nach der Intensität der Einwirkungsmöglichkeit): a) Mitentscheidung: Stärkste Form der Mitbestimmung. Durch Veto- oder Initiativrecht ist die Gültigkeit von Beschlüssen von der Zustimmung der Arbeitnehmer abhängig; sie beschränkt die eigenverantwortliche Entscheidung des nach dem Gesellschaftsrecht zuständigen Organs. b) Mitwirkung (Mitberatung gemeinsamer Erörterungen; Informations-, Anhörungsund Vorschlagsrechte): Beeinflussung von Entscheidungen, aber keine Bindung der Entscheidungsträger an die Stellungnahme der Mitwirkenden. c) Paritätische oder qualifizierte Mitbestimmung: Paritätische Besetzung des Aufsichtsrates und der Vertretung der Arbeitnehmer im Vorstand (z. B. gem. Montan-Mitbestimmungsgesetz). 2. Gründe für Mitbestimmung im wirtschaftlichen Bereich: (1) Übertragung des Demokratieprinzips auf die Wirtschaft, (2) Gleichstellung von Arbeit und Kapital, (3) Kontrolle wirtschaftlicher Macht, (4) Würde des Menschen (sozialethisches Postulat). Gegenargumente: (1) ordnungspolitischer Natur im Zusammenhang mit Fragen des Eigentums, der Tarifautonomie und der Rolle der Gewerkschaften; (2) befürchtete ökonomische Konsequenzen in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit, Kapitalbeschaffung und funktionsfähiges Management. Mitchell-Zyklus, Konjunkturzyklus.
haltstheorie das Auftreten einer Nachfragesteigerung nach einem Gut aufgrund der Tatsache, dass das Gut auch von anderen Personen konsumiert wird ( Nachfrageinterdependenz). Der Mitläufereffekt beruht auf dem Bestreben von Haushalten, die Mitglieder einer bestimmten Bezugsgruppe nachzuahmen. Der Mitläufereffekt ist bedeutend für die Marktdynamik aufgrund seiner positiven Wirkung auf Diffusionsprozesse. Mitnahmeeffekt, häufig kritisierter Effekt der Inanspruchnahme von finanziellen Anreizen, bei denen auch ohne zusätzlichen Anreiz teilweise oder in vollem Umfang die gewünschte Verhaltensänderung bereits vorgelegen hätte. Die staatliche Förderung kann sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach mitgenommen worden sein. Die Intention der Anreizmaßnahme, zusätzliche Verhaltensänderungen hervorzurufen, wird also nicht erfüllt. Das Ausmaß der Mitnahmeeffekte lässt sich empirisch nicht exakt ermitteln. Mittel der Wirtschaftspolitik, wirtschaftspolitische Instrumente, wirtschaftspolitische Maßnahmen. 1. Begriff: Maßnahme des wirtschaftspolitischen Trägers, um bestimmte wirtschaftspolitische Ziele zu erreichen. 2. Systematische Gliederung: a) In Anlehnung an Gliederungssysteme der allgemeinen Wirtschaftspolitik wird beispielsweise zwischen ordnungspolitischen ( Ordnungsökonomik) und prozesspolitischen Mitteln unterschieden. Die Grenzen verschwimmen jedoch, wenn ordnungspolitische Mittel den Wirtschaftsprozess beeinflussen oder prozesspolitische Mittel die Wirtschaftsordnung aushöhlen. Zu den ordnungspolitischen Mitteln zählen insbesondere die Eigentumspolitik und die Wettbewerbspolitik. b) Eine andere Systematik setzt beim institutionellen Träger an und unterscheidet z. B. zwischen Mitteln der Finanzpolitik und der Geldpolitik. Zu den finanzpolitischen Mitteln zählen im Einzelnen die Einnahmenpolitik (Steuern, Zölle), die Ausgabenpolitik und die Fiscal Policy (Budgetpolitik, Staatsverschuldung). Die geldpolitischen Instrumente umfassen die Zinspolitik, Geld-
287 mengenpolitik und Währungspolitik. c) Weitere Systeme der wirtschaftspolitischen Mittel bilden die Instrumente der Marktintervention (Preis- und Mengeninterventionen) und der Verteilungspolitik (Einkommensund Vermögenspolitik). 3. Formelle Charakteristik: Für den praktischen Einsatz der Mittel der Wirtschaftspolitik ist, ebenso wie bei den wirtschaftspolitischen Zielen die Operationalisierbarkeit der Mittelvariablen entscheidend. Je genauer ein Mitteleinsatz numerisch festgelegt und auch realisiert werden kann, umso sicherer ist seine Wirksamkeit ( Ziel-Mittel-Zusammenhang). Jedoch ist auch die Übereinstimmung zwischen dem Charakter des eingesetzten Mittels und der vorgegebenen Charakteristik von Bedeutung. So kann z.B. ein als ordnungspolitisch klassifiziertes Mittel der Anordnung bestimmter Auflagen durch die Notwendigkeit einer genauen numerischen Festlegung seinen ordnungspolitischen Charakter verlieren und faktisch zu einem Instrument der Prozesspolitik werden. 4. Zwischenziel: Eine weitere Charakteristik des wirtschaftspolitischen Mittels resultiert aus seiner Funktion als Zwischenziel. Häufig sind bestimmte wirtschaftspolitische Mittelsätze selbst das Ergebnis eines bestimmten Einsatzes anderer Instrumente der Wirtschaftspolitik. Beispielsweise kann das geldpolitische Mittel einer Geldmengenausweitung nur durch die Festlegung anderer Mittel (Zinssätze) erreicht werden. Für das Zwischenziel Geldmenge gelten dann die gleichen Anforderungen und Einschränkungen wie für die Endziele ( Ziel der Wirtschaftspolitik). 5. Nebeneffekte: Von besonderer Bedeutung sind die möglichen Nebeneffekte wirtschaftspolitischer Mittel. Sie bezeichnen den meist unerwünschten Einfluss des Mitteleinsatzes auf andere wirtschaftliche Größen, die nicht zu den angestrebten Zielgrößen gehören. So kann beispielsweise ein überzogener Einsatz fiskalpolitischer Mittel zum Zwecke der Konjunktur- und Wachstumssteuerung zu Inflationseffekten führen. mittelfristige Finanzplanung, mehr-
jährige Finanzplanung. Mittelstand, gewerblicher Mittelstand, mittelständische Unternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU); Für die Abgrenzung des Mittelstandes gegenüber großen Unternehmen wird auf die Höhe des Umsat-
Mittelstandsförderung zes und/oder die Beschäftigtenzahl der Unternehmen, teils auch die Bilanzsumme Bezug genommen. Neben diesen quantitativen Merkmalen werden aber auch qualitative Aspekte wie die Einheit von Eigentum und unternehmerischer Verantwortung als charakteristisch für den Mittelstand angesehen (Eigentümer-Unternehmer). Allgemein akzeptierte Kriterien zur Abgrenzung des Mittelstandes existieren nicht. Herrschend für die Mittelstandsforderung ist jedoch die KMU-Abgrenzung der EU von 2005: (a) kleinste Unternehmen: Beschäftigtenzahl bis 9, Umsatz bis 2 Mio. EUR/Jahr oder Bilanzsumme bis 2 Mio. EUR, (b) kleine Unternehmen: Beschäftigtenzahl bis 49, Umsatz bis 10 Mio. EUR/Jahr oder Bilanzsumme bis 10 Mio. EUR, b) mittlere Unternehmen: Beschäftigtenzahl bis 249, Umsatz bis 50 Mio. EUR/Jahr oder Bilanzsumme bis 43 Mio. EUR und d) große Unternehmen: Beschäftigtenzahl 250 und mehr, Umsatz bis 50 Mio. EUR/Jahr und mehr oder Bilanzsumme mehr als 43 Mio. EUR. Vgl. auch Unternehmensgrößenstruktur. Mittelstandsförderung. 1. Begriff: Maß-
nahmen der Wirtschaftsförderung zugunsten von Unternehmen des gewerblichen Mittelstandes. Teil der Mittelstandspolitik. 2. Ziele: Weithin übereinstimmend werden die Ziele der Mittelstandsförderung darin gesehen, bestimmte Nachteile in der Wettbewerbsposition mittelständischer gegenüber großen Unternehmen auszugleichen (Nachteilsausgleichskonzept), die sich aus der geringeren Unternehmensgröße und Marktmacht ( Macht) ableiten lassen. Die Mittelstandsförderung in Deutschland zielt insbes. auf eine Verbesserung der Markttransparenz durch Unterstützung bei der Gewinnung und Verarbeitung entscheidungsrelevanter Informationen sowie auf Verbesserungen der Finanzierungssituation insbesondere bei Investitionen ab. 3. Träger: Mittelstandsförderung wird auf Bundes- und Landesebene betrieben, zuständig sind überwiegend die Wirtschaftsministerien. Häufig sind, vor allem bei Beratungsleistungen, auch Organisationen der Wirtschaft (z. B. Verbände, Kammern) eingeschaltet. Maßnahmen zur finanziellen Förderung werden in erheblichem Umfang von öffentlichen Kreditinstituten mit Sonderaufgaben wahrgenommen ( Kreditanstalt für Wiederaufbau). Auch auf der Ebene der EU hat die Mittelstandsför-
Mittelstandskartelle
288
derung in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. 4. Instrumente: Mittelstandsförderung wird in erster Linie als Investitionsförderung betrieben und hier überwiegend mit zinsgünstigen, langfristigen Investitionskrediten aus öffentlichen Mitteln oder aus Eigenmitteln öffentlicher Kreditinstitute mit Sonderaufgaben. Daneben spielen Bürgschaftsprogramme sowie die Beratungsförderung eine Rolle, z. B. in Form von Zuschüssen für die Kosten der Inanspruchnahme von Beratungsleistungen.
Mobilität Nachhaltigkeitsindikatoren.
Mittelstandskartelle, Kartellrecht.
teilung.
Mittelstandspolitik. 1. Begriff: Maßnah-
Modell. I . A l l g e m e i n e s : 1. Die Modellbildung spielt in nahezu allen Wissenschaften eine Rolle. Auf der Basis von Funktions-, Struktur- oder Verhaltensähnlichkeiten bzw. analogien zu einem Original werden Modelle zum Zwecke speziell solcher Problemlösungen benutzt, deren Durchführung am Original nicht möglich oder zu aufwendig wäre. 2. Grundlegende Bedeutung kommt der Unterscheidung zwischen ikonischen oder materialen Modellen (Beispiel: Globus als Modell der Erde; Nachbildung der äußeren Form eines Automobils für Windkanalversuche) und sprachlich-semantischen Modellen (Beispiele: Modelle des Marktverhaltens von Wirtschaftssubjekten; Modelle verschiedener Entscheidungssituationen) zu. Innerhalb der Wirtschaftswissenschaften spielt nahezu ausschließlich der zweite Modell-Typus eine Rolle. I I . M o d e l l i n d e n Wi r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n : 1. Um den verschiedenen Aufgaben der Wirtschaftswissenschaften Rechnung zu tragen, empfiehlt es sich, grundlegend zwischen drei Modelltypen zu unterscheiden, die ihrerseits allesamt zur Klasse der sprachlich-semantischen Modelle gehören. a) Beschreibungsmodelle, mit deren Hilfe reale Objekte deskriptiv erfasst werden. Hierunter fallen u. a. das volkswirtschaftliche und das betriebliche Rechnungswesen, Instrumente also, die gewisse ökonomische Vorgänge selektiv abzubilden erlauben. Der Zweck besteht in der Erfassung bestimmter Größen (Erfassungsmodelle). Ferner geht es häufig darum, durch bestimmte Rechenoperationen zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen (z. B. über die Preisuntergrenze eines Produkts). Dann liegt es nahe, von sog. Ermittlungsmodellen zu sprechen. b) Erklärungsmodelle sind als Anwendung von Theorien auf mehr oder
Mobilitätshilfen, früheres Instrument der
Arbeitsmarktpolitik zur Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung, das durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 5.12.2008 mit Wirkung ab 1.1.2009 formal abgeschafft wurde. Die Agenturen für Arbeit können jedoch Mobilitätshilfen im Rahmen des neu geschaffenen Vermittlungsbudgets gewähren. Modalwert, personelle Einkommensver-
men zur Unterstützung des gewerblichen Mittelstandes bzw. mittelständischer Unternehmen, überwiegend synonym zur unternehmensgrößenbezogenen Strukturpolitik verstanden. 2. Ziele: a) Bestandspflege: Erhaltung mittelständischer Strukturen z. B. durch Schutz vor Verdrängungskonkurrenz der Großunternehmen. b) Ausgleich unternehmensgrößenbedingter Wettbewerbsnachteile: Die Marktposition kleiner und mittlerer Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager ist aufgrund ihres geringen wirtschaftlichen Gewichts häufig schwach im Vergleich zur Marktposition großer Unternehmen (fehlende Marktmacht). c) Schaffung günstiger Bedingungen für ein kontinuierliches Nachwachsen kleiner Unternehmen (Erneuerung des Unternehmensbestandes). 3. Instrumente: a) Wettbewerbs- und ordnungspolitische Instrumente, die die Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen verbessern: Die Instrumente der Wettbewerbspolitik, insbes. Zulassung von Mit telstandskartellen Schutz vor Ausbeutungsmissbrauch, Behinderungsund missbrauch ( Kartellrecht) Fusionskontrolle, können auch für Ziele der Mittelstandspolitik eingesetzt werden. Differenzierte Systeme der Unternehmensbesteuerung zur syste matischen Steuerentlastung kleiner und mittlerer Unternehmen. Ausnahmebestimmungen oder vereinfachte Verfahren bei Regulierungstatbeständen (z. B. Vorschriften der Gewerbeordnung, Erleichterungen beim Vollzug von Umweltschutzauflagen). b) Spezifische Fördermaßnahmen zur Erleichterung unternehmerischer Entscheidungs- und Anpassungsprozesse: Mittelstandsförderung. c) Existenzgründungsförderung.
289 weniger typische Tatbestände zu interpretieren. Wegen der Strukturidentität von Erklärung und Prognose lassen sich derartige Modelle zudem auch für prognostische Zwecke verwenden ( Konjunkturprognose). Eine spezielle Ausprägung solcher Prognosemodelle sind Simulationsmodelle ( Simulation), mit deren Hilfe die Wirkungen alternativer Bedingungskonstellationen durchgespielt werden können. c) Entscheidungsmodelle, in die ggf. hypothetisch eingeführte Zielvorstellungen von ModellBenutzern eingehen: Hier sind erstens die verschiedenen Verfahren der (mathematischen) Entscheidungsforschung (Operations Research) einzuordnen (z. B. lineare Programmierung), die zur Lösung von gut strukturierten Entscheidungsproblemen herangezogen werden (geschlossene Entscheidungsmodelle). Die zweite Kategorie bilden sog. heuristische Verfahren ( Heuristik) (z. B. Entscheidungsbaumverfahren), die bei der Lösung von schlecht strukturierten Problemen zur Anwendung kommen können (offene Entscheidungsmodelle). Der Zweck aller Entscheidungsmodelle besteht darin, den Wirtschaftssubjekten Informationen dahingehend zu liefern, wie sie den Erreichungsgrad ihrer Ziele optimieren können. Zu ökonometrischen Modellen vgl. auch Ökonometrie. Modellplatonismus, Modell. moderner Sektor, formeller Sektor. Möglichkeiten staatlicher Wachstumspolitik Wachstumspolitik. monetäre Anpassung, Begriff der Volkswirtschaftslehre für eine Politik der Anpassung der Geldmenge. Beispiel: Monetäre Anpassung an expansive Fiscal Policy mit dem Ziel der Stabilisierung des Zinsniveaus, um negative Nachfrageeffekte aufgrund von Zinsniveauerhöhungen ( Crowding-Out) zu vermeiden. monetäre Außenwirtschaftstheorie. 1.
Begriff: Teilbereich der Außenwirtschaftstheorie, in dem die Rolle des Geldes im Zentrum des Interesses steht. Die monetäre Außenwirtschaftstheorie widmet sich im Sinne einer wissenschaftlichen Arbeitsteilung genau jenen Problemen, die in der realen Außenwirtschaftstheorie ausgeklammert
monetäre Basis werden. Die explizite Berücksichtigung des Geldes rückt nun die Existenz unterschiedlicher Währungen ins Zentrum der Analyse. Damit zusammenhängend wird die Betrachtung über den internationalen Handel von Gütern und Dienstleistungen auch auf den internationalen Kapitalverkehr ausgedehnt. 2. Problembereiche: Die wichtigsten Probleme, denen sich die monetäre Außenwirtschaftstheorie widmet, sind: a) Erklärung von unausgeglichenen Handelsbilanzen über makroökonomische Zusammenhänge, sowie deren Beziehung zum internationalen Kapitalverkehr und dem Geschehen auf dem Devisenmarkt. b) Detaillierte Analyse der Bestimmungsgründe des internationalen Kapitalverkehrs. c) Definition des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts sowie die Analyse der entsprechenden Anpassungsmechanismen bei unterschiedlichen Wechselkurssystemen. d) Wirksamkeit der Stabilitätspolitik in Ökonomien mit internationaler Verflechtung auf den Güter- und Kapitalmärkten bei unterschiedlichen Wechselkurssystemen. e) Die Wechselkurstheorie als Teilbereich der monetären Außenwirtschaftstheorie untersucht die Bestimmungsgründe des Wechselkurses im System flexibler Wechselkurse. f) Schließlich will die monetäre Außenwirtschaftstheorie die Vor- und Nachteile der Wechselkursflexibilität aufzeigen, um so Hinweise für die Gestaltung des internationalen Währungssystems zu gewinnen. 3. Methoden: Bei der Analyse dieser Fragen verwendet die monetäre Außenwirtschaftstheorie weitgehend einen makroökonomischen Ansatz. Damit verschwinden zwangsläufig die von der realen Außenwirtschaftstheorie untersuchten Fragen der Allokation und Verteilung aus dem Blickfeld. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Stabilitätspolitik in offenen Volkswirtschaften, Wechselkurstheorie. monetäre Basis, Geldbasis. 1. Begriff: Von der Verwendungsseite definiert ist die monetäre Basis das aus Sichteinlagen und Banknoten (einschließlich Münzen) bestehende Zentralbankgeld in Händen des Publikums und der Geschäftsbanken. 2. Funktion: Das Produkt aus monetärer Basis und Geldmultiplikator ( Geldtheorie) ergibt die Geldmenge. Das Zentralbankgeld in Händen der Geschäftsbanken bildet die Basis der multiplen Geldschöpfung sowie die durch die Zentralbank als Niveaugröße beeinflussbare
monetäre Indikatoren Komponente der Geldmengenentwicklung ( Theorie des Geldangebots). 3. Bedeutung: Aus Sicht der Monetaristen (Friedman, Brunner, Meltzer u. a.): Die monetäre Basis ist die zentrale monetäre Größe zur Geldmengensteuerung, die wiederum die monetäre Haupteinflussgröße auf das nominale Sozialprodukt darstellt. monetäre Indikatoren, Zwischenziele der
Geldpolitik.
290 monetärer Prozess. Die Geldmengenveränderung als Resultat einer unausgeglichenen Leistungsbilanz ergibt sich aus der bei fixem Wechselkurs erforderlichen Devisenmarktintervention. Ihre Rückwirkung auf die Leistungsbilanz ergibt sich durch die Abhängigkeit der Absorption von der Geldmenge. Gemäß dem monetären Ansatz zur Zahlungsbilanztheorie ist die Geldmenge also langfristig endogen bestimmt. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Sterilisierung, Devisenmarktgleichgewicht.
monetäre Inflationstheorie, Inflation. monetäre Wachstumsmodelle, Sammelmonetäre Konjunkturtheorien, Kon-
junkturtheorien, die Konjunkturschwankungen einer Volkswirtschaft allein oder maßgeblich durch monetäre Effekte verursacht sehen: 1. Rein monetäre Konjunkturtheorien: Konjunkturschwankungen werden nur durch monetäre Effekte verursacht. Nach Hawtrey werden die Zyklen durch Mehroder Minderproduktion von Gold oder (hauptsächlich) durch Zu- und Abnahme der Geldmenge infolge von Kreditexpansion und -kontraktion erklärt ( Inflation, Deflation). Wicksell sieht die Ursache in Abweichungen des natürlichen Zinses vom Geldzinsfuß ( Zinsspannentheorie). 2. Monetäre Konjunkturtheorien i. w. S.: Konjunkturtheorien, die Konjunkturschwankungen unter Einbeziehung des Geldmarktes erklären. 3. Kritik: Umstritten ist die Frage, ob Konjunkturschwankungen allein durch monetäre Faktoren bewirkt werden, ob die monetären Auswirkungen nur Folgeerscheinung realer Vorgänge sind oder ob eine Kombination realer und monetärer Ursachen die Schwankungen bestimmt. Wegen ihres monokausalen Charakters ist die reine monetäre Konjunkturtheorie als allgemeiner Erklärungsversuch der Konjunktur abzulehnen. monetärer Ansatz zur Zahlungsbilanztheorie, Ansatz zur Erklärung eines Anpas-
sungsprozesses, der im Falle eines fixen Wechselkurses zum Leistungsbilanzausgleich führt. Ursprünglich entwickelt für Situationen ohne internationale Kapitalmobilität. Die Bezeichnung monetär soll andeuten, dass unausgeglichene Leistungsbilanzen zu Veränderungen der heimischen Geldmenge führen, die ihrerseits auf die Leistungsbilanz zurückwirken, und zwar mit der langfristigen Konsequenz des Leistungsbilanzausgleichs. Der Leistungsbilanzausgleich ist also hier ein
bezeichnung für unterschiedliche Ansätze, in denen versucht wird, nicht nur mengenmäßige (reale) Größen zu berücksichtigen, sondern auch monetäre (nominale), seien es Preise, sei es das Geld (die Geldmenge). In der neoklassischen Wachstumstheorie analysieren die monetären Wachstumsmodelle die Bedeutung des Geldes als Produktionsfaktor (Geld erleichtert die Tauschvorgänge und erhöht das Produktionspotenzial) und als Konsumgut im Sinne eines Vermögenstitels, der den Haushalten Nutzen stiftet. Mit dem Geld findet auch das Inflationsproblem ( Inflation) Eingang in die neoklassische Wachstumstheorie. Als Ergebnis ist hervorzuheben, dass die Einführung des Geldes die Wachstumsraten der realen Größen nicht verändert, wohl aber deren Niveau. monetäre Zwischenziele, Geldpolitik. Monetarisierung von Umweltschäden,
ökonomische Bewertung von Umweltschäden, Umwelt- und Ressourcenökonomik. Monetarismus. I . B e g r i ff u n d E i n -
o r d n u n g : Lehre, die insbes. aus der Kritik der geldtheoretischen Vorstellung der Keynesschen Lehre entstanden ist. Der Monetarismus kann als moderne Version der Quantitätstheorie ( Geldtheorie) betrachtet werden, die die Trennung vom geld- und güterwirtschaftlichen Bereich aufhebt. Neben geldtheoretischen Aussagen macht der Monetarismus aber auch solche zur Einkommens- und Beschäftigungstheorie, zur Verteilungstheorie usw. Er ist also mehr als reine Neoquantitätstheorie und stellt ein geschlossenes wirtschaftstheoretisches System dar, das den Anspruch erhebt, eine bessere Erklärung der ökonomischen Realität anzubieten als der Keynesianismus (monetaristische
291
Monetarismus
Gegenrevolution). Die bekanntesten Vertreter des traditionellen Monetarismus sind M. Friedman und K. Brunner. I I . I n h a l t : 1. Der Monetarismus knüpft an die Gleichgewichts- und Harmonieidee von Klassik und Neoklassik an. Ein grundlegendes Postulat des Monetarismus ist die Annahme der relativen Stabilität des privaten Sektors. 2. Unterscheidung: a) Die naive Quantitätstheorie behauptete einen strikt proportionalen Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preisniveau. Sie greift dabei auf die Quantitätsgleichung zurück, die in der Einkommensform MV=PY
lautet (M = Geldmenge, V = Umlaufgeschwindigkeit, P = Preisniveau, Y = Realeinkommen). Die naive Quantitätstheorie postulierte, dass das Realeinkommen unabhängig von monetären Größen im realen Bereich der Volkswirtschaft bestimmt wird (klassische Dichotomie) und die Umlaufgeschwindigkeit eine institutionell gegebene, konstante Größe sei. Diese Hypothese basiert auf der Vermutung, dass Geld nur aus Transaktionsgründen gehalten wird, was durch die Keynessche Geldtheorie widerlegt wurde. b) Die Neoquantitätstheorie hingegen begreift die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes als vom Geldnachfrageverhalten bestimmt. Sie geht davon aus, dass Geld eine von mehreren Vermögensformen ist und mit den übrigen in Substitutionsbeziehungen steht. Die Portfoliozusammensetzung wird durch die Ertragsraten der einzelnen Vermögensarten bestimmt. Neben der Höhe des Gesamtvermögens und den Präferenzen der Geldnachfrager beeinflussen folglich auch die verschiedenen Ertragsraten das Ausmaß der Geldnachfrage. Unter bestimmten Annahmen kann man zeigen, dass die gleichen Argumente die Umlaufgeschwindigkeit beeinflussen. Aufgrund empirischer Untersuchungen vermuten die Monetaristen, dass die Geldnachfrage und damit die Umlaufgeschwindigkeit weitgehend zinsunelastisch sind, zumindest aber eine stabile Funktion der oben aufgeführten Argumente ist. 3. Eine Steuerung der Geldmenge erlaubt es unter diesen Umständen den geldpolitischen Instanzen, das Nominaleinkommen zu beeinflussen. Die Zentralbank kann jedoch nicht die Geldmenge direkt steuern, da diese Größe auch vom Verhalten der Geschäftsbanken und des Publikums abhängt. Als primärer
Ansatzpunkt der Geldmengensteuerung werden daher die von der Zentralbank kontrollierbaren Konzepte des Zentralbankgeldes bzw. der monetären Basis angesehen. Die Verbindung zwischen monetärer Basis und Geldmenge wird durch den Geldangebotsmultiplikator (Geldmengenmultiplikator) hergestellt. Aufgrund der Annahme, dass der Geldangebotsmultiplikator durch die Zentralbank dominiert wird, ergibt sich die Vermutung einer Kontrollierbarkeit der Geldmenge. 4. Der von Keynes entwickelte kredittheoretische Transmissionsmechanismus wird von den Monetaristen als zu eng angesehen und durch einen vermögenstheoretisch orientierten Transmissionsmechanismus der relativen Preise ersetzt. Bei dieser Sicht werden im Prinzip Substitutionsbeziehungen zwischen allen Aktiva vermutet, so dass eine Störung des Portfoliogleichgewichts etwa durch eine Erhöhung der Geldmenge zu Anpassungsvorgängen bei sämtlichen Aktiva führt. 5. Aus der Analyse des Transmissionsmechanismus lässt sich nicht ohne Weiteres ersehen, inwieweit reale Effekte auftreten, die auch dauerhaft wirken. Die Monetaristen gehen jedoch davon aus, dass eine einmalige Erhöhung des Geldmengenwachstums nur vorübergehend reale Effekte auf Produktion und Beschäftigung hat (Temporaritätsannahme). Langfristig führt die höhere Wachstumsrate der Geldmenge lediglich zu einer erhöhten Inflationsrate. Dies wird so begründet: Ausgangspunkt sei ein Wachstumsgleichgewicht. Die bei diesem Gleichgewicht herrschende Unterbeschäftigung wird von den Monetaristen als natürliche Arbeitslosigkeit bezeichnet, weil davon ausgegangen wird, dass diese der eines Walrasschen Gleichgewichts entspricht, falls Marktunvollkommenheiten ( unvollkommener Markt), unvollständige Informationen usw. berücksichtigt werden. Durch eine einmalige monetäre Akzeleration kommt es via Transmissionsmechanismus zu Portfolioumstrukturierungen, die nach monetaristischer Auffassung zunächst reale Effekte haben. Die Outputerhöhung wird mit einer (wohlfahrtsvermindernden) Verkürzung der Sucharbeitslosigkeit erklärt, bei der die Arbeitnehmer einer Lohnillusion erliegen, weil sie die Preissteigerungsraten falsch antizipieren. Im Laufe der Zeit erfolgt eine Erwartungsanpassung, in deren Verlauf die Arbeitnehmer merken, dass ihre Reallöhne weniger stark gestiegen sind als erwartet.
monetaristisches Wechselkursmodell Demzufolge dehnen sie ihre Suchzeit wieder aus. Im Endeffekt hat die Arbeitslosigkeit ihren alten natürlichen Stand erreicht, und das reale Wachstum entspricht wieder der ursprünglichen Rate. Die Lücke zwischen höherer Wachstumsrate der Geldmenge und der wieder auf dem alten Stand befindlichen Wachstumsrate der Produktion wird durch eine erhöhte, aber voll antizipierte Preissteigerungsrate geschlossen. Eine dauerhafte Erhöhung der Beschäftigung lässt sich nach dieser Auffassung nur durch eine permanente Akzeleration des Geldmengenwachstums erreichen (Akzelerationstheorem). Die Phillips-Kurve hat aus dieser Sicht nur kurzfristig eine negative Steigung, langfristig verläuft sie senkrecht. 6. Damit stimmen die Aussagen des Monetarismus in der langen Frist mit denen der naiven Quantitätstheorie überein. Im Gegensatz zum Keynesianismus wird der Fiscal Policy im Vergleich zur Geldpolitik keine große Wirksamkeit unterstellt (Dominanz der monetären Entwicklung). Falls die fiskalpolitischen Maßnahmen über Steuern oder Kredite beim Publikum finanziert werden, kommt es nach monetaristischer Auffassung in großem Umfang zur Verdrängung privater Ausgaben ( Crowding Out), die im Extremfall vollständig sein kann. Werden die Ausgaben über Geldschöpfung finanziert, dann liegt in Wirklichkeit keine Fiskal-, sondern Geldpolitik vor. Aber auch die Geldpolitik hat nur vorübergehende reale Wirkungen. Zudem sind ihre Wirkungen weder im Umfang noch hinsichtlich des Zeitpunktes genau absehbar. I I I . Wi r t s c h a f t s p o l i t i s c h e K o n s e q u e n z e n : 1. Aus den monetaristischen Positionen ergibt sich die Forderung nach dem Verzicht auf jede diskretionäre Konjunktur- oder Beschäftigungspolitik (Vgl. auch Konjunkturpolitik). Wird in der Ausgangslage eine bestimmte Höhe der Unterbeschäftigung diagnostiziert, so lässt sich nicht ohne Weiteres feststellen, ob diese unfreiwilliger Natur ist. Nach monetaristischer Auffassung ist der allergrößte Teil der statistisch gemessenen Arbeitslosigkeit freiwillig und beruht auf falschen Reallohnvorstellungen, Informationsmängeln und Marktstörungen, wie etwa der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe. Insoweit die beobachtete Arbeitslosigkeit freiwilliger Natur ist, lässt sich durch beschäftigungspolitische Maßnahmen nur eine vorübergehende Minderung der Arbeitslosenquote erreichen, und
292 zwar nur, solange die Marktteilnehmer in ihren Erwartungen getäuscht werden. Sobald sich die Erwartungen vollständig angepasst haben, wird sich auch die ursprüngliche Unterbeschäftigung wieder einstellen. Beschäftigungspolitische Maßnahmen sind in diesem Fall auf Dauer gesehen nicht nur unwirksam, sondern sie wirken auch wohlfahrtsmindernd, weil sie nur durch Täuschung und gegen die Präferenzen der Betroffenen durchgeführt werden können. 2. Sollte die Arbeitslosigkeit jedoch tatsächlich unfreiwillig sein, dann führen diskretionäre beschäftigungspolitische Maßnahmen tendenziell zu einer Verschlechterung der Situation, weil das Marktsystem schneller zum Gleichgewicht zurückfindet, wenn es sich selbst überlassen bleibt. Daher wird empfohlen, lediglich eine kontinuierliche trendorientierte Geldmengenpolitik zu betreiben, die für die monetäre Alimentierung des realen Wachstums sorgt. Eine solche Politik, die die Ankündigung des Geldmengenziels impliziert, sorgt für die Verstetigung der Erwartungen und die Stabilisierung des Preisniveaus. 3. Das Ziel der Preisniveaustabilität genießt deswegen Vorrang, weil diese als Voraussetzung für das Funktionieren des marktwirtschaftlichen Anpassungsprozesses angesehen wird. 4. Das Beschäftigungsziel wird von selbst erreicht, wenn dem freien Spiel des Marktes Raum geschaffen wird. 5. Von Bedeutung sind daher auch Ordnungsund Wettbewerbspolitik, die dafür zu sorgen haben, dass die Unvollkommenheiten des Marktsystems beseitigt werden. Verkürzt heißt dies, dass der staatliche Bereich minimiert werden soll. Die gesellschaftlichen Lebensverhältnisse sind zu reprivatisieren, damit sie wieder durch den Markt reguliert werden können. Der Staat wird im Wesentlichen auf ordnungspolitische Aufgaben beschränkt. Er sorgt für innere und äußere Sicherheit, setzt Spielregeln für den privaten Wettbewerb, definiert und überwacht Verfügungsrechte und schafft einen monetären Rahmen. Interventionen können beim Vorliegen von externen Effekten angezeigt sein, müssen aber in jedem Einzelfall unter Abwägung der Vor- und Nachteile begründet werden, wobei die Gefährdung der individuellen Freiheit durch den Staatseingriff in jedem Fall auf der Passivseite zu verbuchen ist. monetaristisches Wechselkursmodell,
spezielles Modell zur Erklärung des nominel-
293 len Wechselkurses zwischen zwei Währungen. Annahmen: Es unterstellt perfekte Preisflexibilität, perfekte Kapitalmobilität, sowie Kaufkraftparität. Erläuterung: Wächst die Geldmenge des Inlandes unter sonst gleich bleibenden Bedingungen stärker als jene des Auslandes, so muss die heimische Währung abwerten, es sei denn, es wächst auch die reale Geldnachfrage im Inland stärker als im Ausland. Determinanten: Die reale Geldnachfrage hängt aus der Sicht des monetaristischen Wechselkursmodells vom Realeinkommen und vom Zinssatz ab. Dadurch hängt der Wechselkurs von dem Verhältnis der beiden Geldmengen, dem Verhältnis der beiden Realeinkommen und von der Zinsdifferenz zwischen dem Inland und dem Ausland ab. Die Zinsdifferenz ist jedoch über die ungedeckte Zinsparität (perfekte internationale Kapitalmobilität) mit der Abwertungserwartung für die heimische Währung verknüpft. Berücksichtigt man dies, so wird das monetaristischen Wechselkursmodell zu einer einfachen Variante des Vermögenspreisansatzes zur Wechselkursbestimmung. Die Abwertungserwartung kann über die Kaufkraftparität auch in die Differenz zwischen den Inflationserwartungen im In- und Ausland übergeführt werden. Danach würde die heimische Währung sofort eine Abwertung erfahren, wenn die Wirtschaftssubjekte unter sonst gleich bleibenden Bedingungen in Zukunft im Inland eine höhere Inflationsrate erwarten als im Ausland. Vgl. auch Wechselkurstheorie. monetaristische Theorie der Geldnachfrage, Theorie der Geldnachfrage. Monitoring, alle Aktivitäten mit dem Ziel
festzustellen, ob ein Vertragspartner seine Verpflichtungen erfüllt; in der AgencyTheorie ein Mittel zur Verringerung von Informationsasymmetrien. Die MonitoringMethode wird heute auch in der Politik zur Überprüfung der Zielerfüllung angewandt. Monopol. 1. Begriff: Marktform, bei der auf der Seite des Angebots und/oder der Nachfrage nur ein Verkäufer oder Käufer vorhanden ist (Angebotsmonopol, Nachfragemonopol oder auch Monopson oder bilaterales Monopol). Der Monopolist steht als alleiniger Anbieter einer Preis-AbsatzFunktion gegenüber, die gleichzeitig die Gesamtnachfragefunktion des Marktes ist. Sein
monopolistische Konkurrenz Aktionsparameter ist entweder der Preis oder die Menge. Die notwendige Gewinnmaximierungsbedingung lautet: Grenzerlös = Grenzkosten (Cournotscher Punkt, monopolistische Preisbildung). 2. Arten: a) Natürliches Monopol b) Rechtliches Monopol durch den Staat (z. B. früher die Post oder noch heute das Branntweinmonopol) oder durch Gesetze (z. B. Patentrecht). c) Wirtschaftliches Monopol durch Vertrag (sog. Kollektivmonopole) oder originär (z. B. Kunstwerke oder schöne Seegrundstücke). 3. Beurteilung: a) Bei einem Vergleich der Marktversorgung zwischen dem Monopol und vollkommener Konkurrenz wird oft behauptet, der Monopolpreis liege über dem bei vollständiger Konkurrenz. Dies ist aber nur unter der Prämisse gleicher Kostenfunktionen richtig. b) Temporäre Monopolstellungen sind als Incentive in einer dynamischen Wirtschaft notwendig und erwünscht. Jedoch besteht die Gefahr, dass Unternehmen versuchen, aus der temporären eine dauerhafte Monopolstellung zu machen ( Wettbewerbstheorie). Monopolgrad, Maß zur Ermittlung der Abweichung der tatsächlichen Wettbewerbsintensität von der vollkommenen Konkurrenz. Der Begriff geht auf Lerner zurück. Monopolgradtheorie: Verteilungstheorie. Monopolgradtheorie der Verteilung,
Verteilungstheorie. monopolistische Konkurrenz. 1. Modell: Von Chamberlin entwickelte Theorie, die Monopolelemente in der Marktform des heterogenen Polypols berücksichtigt. Im Gegensatz zum homogenen Polypol sind die Anbieter hier in der Lage, den Preis alleine zu variieren, da die individuelle PreisAbsatz-Kurve bei konstantem Konkurrenzpreis (wegen der Präferenzen der Nachfrager) nicht mehr waagrecht verläuft, wie im homogenen Polypol, sondern nach rechts unten geneigt, wie im Monopol bzw. im heterogenen Oligopol. 2. In der Literatur finden sich zwei Lösungsvorschläge für diese Marktform: Die gewinnmaximale PreisMengen-Kombination liegt jeweils für jeden Anbieter in dessen Cournotschen Punkt C. a) Chamberlinsche Tangentenlösung: Durch den möglichen Marktzutritt anderer Anbieter verschieben sich die individuellen PreisAbsatz-Funktionen (bei gleich hohen Prei-
monopolistische Preisbildung sen) der einzelnen Anbieter so weit nach links, bis die Stückkostenkurve die PreisAbsatz-Kurve nicht mehr schneidet, sondern nur noch berührt. Es herrscht dann Gewinnund Verlustlosigkeit (vgl. Abb. Chamberlinsche Tangentenlösung). Chamberlinsche Tangentenlösung
294 genitätsgrade (Anbieterentfernungen) vorstellen lässt. In der Konsequenz ergibt sich ein Kettenoligopol mit aus der Sicht eines Anbieters direkten Konkurrenten (im engeren Umkreis seines Standortes) und indirekten Konkurrenten dahinter bzw. im weiteren Umfeld. Die intensive Konkurrenz mit den umliegenden Anbietern beinhaltet aber eine besonders starke oligopolistische Interdependenz und demzufolge AktionsReaktionsverbundenheit, die eine polypolistische Denk- und Verhaltensweise gar nicht zulässt. Dies würde bedeuten, dass die monopolistische Konkurrenz keine eigenständige Marktform darstellt, sondern dem heterogenen Oligopol zuzuordnen wäre. Gutenbergsche Lösung
b) In der Gutenbergschen Lösung wird davon ausgegangen, dass infolge des Fehlens schwacher Präferenzen (Präferenzenleerraum) und Intransparenz die individuelle Preis-Absatz-Funktion doppelt geknickt ist, weil die Nachfrager aufgrund starker Präferenzen erst bei deutlichen Preisunterschieden den Anbieter zu wechseln bereit sind. Gutenberg spricht vom monopolistischen Bereich der polypolistischen Preis-Absatz-Funktion (vgl. Abb. Gutenbergsche Lösung), innerhalb dessen ein Unternehmen (bei gegebenem Konkurrenzpreis) seinen Preis autonom festsetzen kann, ohne Nachfragerfluktuationen und damit Konkurrenzreaktionen befürchten zu müssen. Im Falle eines Schnittpunktes der Grenzerlöskurve des monopolistischen Bereiches mit der Grenzkostenkurve kann der Polypolist (wie im Monopol) den gewinnmaximalen Cournotpunkt realisieren ( monopolistische Preisbildung). 3. Kritik: Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Marktform des sog. heterogenen Polypols nicht eine theoretische Fiktion darstellt, da sich in einem begrenzten Angebotsmerkmalsraum (z. B. im geographischen Raum) strikte Heterogenität (unterschiedliche Standorte) mit einer Vielzahl von Angebotspositionen (Standorten) nur mit dem Ergebnis mehr oder weniger großer bilateraler Hetero-
monopolistische Preisbildung. Monopolistische Preisbildungsmodelle unterscheidet man danach, ob es sich um einen homogenen (einfaches Monopol) oder um einen heterogenen Markt handelt (Verbund-Monopol), ob die potenzielle Konkurrenz berücksichtigt wird oder nicht, ob Preiseinheitlichkeit vorausgesetzt oder von Preisdifferenzierung ausgegangen wird. 1. Monopolistische Preisbildung ohne Berücksichtigung der potenziellen Konkurrenz: a) Geht man davon aus, dass der Monopolist seine Preis-AbsatzFunktion und seine Kostenfunktion genau kennt, lässt sich die Preisbildung im EinProdukt-Fall durch das Cournot-Modell (Index c) darstellen. Da in deterministischen Preisbildungsmodellen Gewinnmaximierung vorausgesetzt wird, hat wegen Gewinn (G) = Erlös (E) Kosten (K) die Gewinnmaximierungsbedingung Grenzerlös = Grenzkosten G(x) E(x) K(x) max G'(x c ) = E'(x c ) - K'(x c ) = 0 E'(x c ) = K'(x c )
295
monopolistische Preisbildung
zu gelten. Der Schnittpunkt von Grenzkostenkurve (GK) und Grenzerlöskurve (GE) bezeichnet die gewinnmaximale Menge xc (vgl. Abb.). Ihr ist auf der Preis-AbsatzFunktion der Cournot-Preis pc zugeordnet. Man kann diese Preisbildung auch anhand der Totalerlös- und der Totalkostenfunktion darstellen (vgl. Abb.). Hervorzuheben ist, dass selbst bei hohen Gewinnen vom Zustrom potenzieller Konkurrenten abgesehen wird. b) Die Prinzipien der vorstehenden Preisbildung lassen sich auf den heterogenen Markt übertragen für den Fall, dass die heterogenen Produkte alle vom gleichen Verkäufer angeboten werden (Verbundmonopol). Der Monopolist berücksichtigt bei der Preisbildung, dass die von ihm angebotenen Güter miteinander konkurrieren: Preise und Mengen werden so festgelegt, dass der Gesamtgewinn maximiert wird. 2. Monopolistische Preisbildung unter Berücksichtigung der potenziellen Konkurrenz: Die Preisbildung nach 1. führt im Allgemeinen zu überdurchschnittlichen Gewinnen, was neue Anbieter auf den Markt lockt. Der dies antizipierende Monopolist besitzt grundsätzlich zwei Reaktionsstrategien: (1) Er kann einmal an dem hohen Preis festhalten und entsprechende Gewinne einfahren und den Markteintritt grundsätzlich hinnehmen. Dies wird sich dann empfehlen, wenn potenzielle Anbieter aus bestimmten Gründen am sofortigen Markteintritt (z. B. wegen eines Patents des Monopolisten) gehindert sind. (2) Die andere Strategie besteht darin, Marktzutrittsschranken ( potenzieller Wettbewerb) zu ergreifen. Beide Strategien sind auf Gütermärkten beobachtbar. Nach der Theorie des marktzutrittsverhindernden Preises wird der Monopolist den aktuellen Preis auf ein
list den aktuellen Preis auf ein solches Niveau absenken, dass dem potenziellen Anbieter zum herrschenden Preis nur eine mengenmäßige Restnachfrage verbleibt, die unterhalb der mindestoptimalen Betriebsgröße liegt (Limit-Pricing). Die Strategie des Monopolisten, durch eine entsprechend niedrige Preissetzung den Markteintritt zu verhindern, ist jedoch unglaubwürdig. Der Monopolist wird nämlich im Falle des Marktzutritts im eigenen Interesse die eigene Absatzmenge reduzieren, um ein zu starkes Absinken des Preises zu verhindern. Diesen Sachverhalt aber wird der potenzielle Konkurrent antizipieren, so dass er nicht wirklich abgeschreckt wird. Nimmt der Monopolist dies seinerseits vorweg, wird er bei der ursprünglichen Preissetzung (pc) bleiben. Abschrecken kann der Monopolist glaubwürdig hingegen durch versunkene Kosten (Sunk Costs), z. B. indem er Reservekapazitäten aufrechterhält, die beim Markteintritt mobilisiert werden können (Preiskampf). Hierdurch entsteht eine Marktzutrittsschranke. 3. Monopolistische Preisdifferenzierung: Preisdifferenzierung liegt vor, wenn ein Anbieter von seinen Kunden für das gleiche Gut unterschiedliche Preise verlangt. Sie tritt auf, wenn ein Anbieter bei einem Preisvorstoß nach unten zunächst nicht alle seine Kunden zu dem niedrigen Preis bedient oder ein nachstoßender Konkurrent nur bei einzelnen Kunden Preisreduktionen gewährt. Neben solchen eher temporären, marktprozessbedingten Preisdifferenzierungen bzw. diskriminierungen gibt es auf längere Dauer angelegte Varianten, insbesondere im Falle des Monopols. Preisdifferenzierung setzt in jedem Falle an der unterschiedlichen Zah-
Monopolistische Preisbildung
Monopolkapitalismus lungsbereitschaft der Nachfrager an. Diese wird Grundlage der Marktspaltung (deglomerative Preisdifferenzierung), welche zu unterschiedlichen Teilmärkten mit jeweils unterschiedlicher Preisforderung führt. An praktischen Merkmalen setzen die Typen und Techniken der Preisdifferenzierung an. Man unterscheidet personelle, sachliche, räumliche und zeitliche Preisdifferenzierung. Im ersten Falle werden Personen je nach vermuteter Zahlungsbereitschaft unterschiedliche Preise abverlangt. Im zweiten Falle versucht man, Preisdifferenzierung über Produktdifferenzierung (z. B. Luxus- versus Normalausstattung) zu realisieren. Bei der zeitlichen Preisdifferenzierung wird zunächst ein hoher Preis verlangt, um die höhere Zahlungsbereitschaft auszunutzen, und erst später werden die anderen Nachfrageschichten bedient. Schließlich werden Preise auch in räumlich getrennten Märkten unterschiedlich gesetzt. Gelegentlich werden die Techniken der Preisdifferenzierung miteinander kombiniert. Zu beachten bleibt, dass die Aufrechterhaltung der Marktspaltung mit Kosten verbunden ist. Werden bereits getrennt vorliegende Märkte bei der Preisbildung zusammengefasst und auf den Teilmärkten unterschiedliche Preise gesetzt, so spricht man von agglomerativer Preisdifferenzierung. Im MarxismusLeninismus ( Marxismus) Phase des Kapitalismus, die seit etwa 1870 dem Konkurrenzkapitalismus folgen soll. Beschrieben wird sie durch eine ausgeprägte Zentralisation des Kapitals, d. h. durch eine zunehmende Monopolisierung und Kartellierung, und durch die Verschmelzung des Bank- mit dem Industriekapital durch gegenseitige Beteiligung. Innerhalb dieser Unternehmen erlangten die angestellten Manager eine wachsende Selbstständigkeit, wodurch die Eigentümer (Kapitalisten) zu funktionslosen und ökonomisch überflüssigen Geldkapitalisten degradiert würden. Dieser Funktionsverlust des privaten Kapitaleigentums sowie die durch die Zentralisation verursachte umfassende Vergesellschaftung der Produktion werden als unmittelbare Vorstufe zum Sozialismus angesehen. 2. Beurteilung: Die nachträgliche Einführung der Monopolkapitalismus-Theorie in das Marx'sche Entwicklungsschema ( historischer Materialismus) ist als Ad-hoc-Hypothese zu werten, durch die es trotz zuwiderMonopolkapitalismus.
296 laufender Erfahrungen gestützt werden soll (vgl. auch Imperialismus, Staatsmonopolkapitalismus, Spätkapitalismus). Monopolkommission, durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 3.8.1973 nach dem Vorbild des deutschen Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR) und der britischen Monopolkommission gebildetes unabhängiges Sachverständigengremium mit fünf Mitgliedern. 2. Aufgaben: Gesetzlicher Auftrag der Monopolkommission ist die Beurteilung des jeweiligen Stands der Unternehmenskonzentration in der BRD sowie deren absehbare Entwicklung unter wirtschafts-, insbesondere wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten und die Würdigung der Kartellrechtspraxis ( Kartellrecht) der Kartellbehörden und der Gerichte zur Missbrauchsaufsicht und zur Fusionskontrolle. Darüber hinaus notwendige Änderungen der einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) aufzuzeigen. Monopolmissbrauch. 1. Begriff: Sittenwidrige Ausnutzung eines Monopols durch Vorschreiben unbilliger und unangemessener Bedingungen (vgl. § 826 BGB). 2. Wettbewerbs- und Kartellrecht: Im deutschen und europäischen Kartellrecht wird der Monopolmissbrauch über die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen nach § 19 GWB und Art. 86 EGV erfasst. Vgl. auch Wettbewerbspolitik. Monopolpreis, Tauschwert von Monopolgütern, den ein Monopolist aufgrund seiner Marktstellung erzielen kann ( monopolistische Preisbildung). Da der Monopolist i. d. R. einen Maximalgewinn erstrebt (Cournotscher Punkt), wird der Monopolpreis im Allgemeinen über dem Konkurrenzpreis liegen. Er kann aber auch auf lange Sicht unter dem Konkurrenzpreis liegen, wenn der monopolistische Betrieb aufgrund seiner größeren Kapitalbasis größere Rationalisierungsmöglichkeiten besitzt ( Skalenertrag). Monopolsteuer, Finanzmonopol. Monopson. Ein Monopson als Markt-
form liegt vor, wenn nur ein Nachfrager einer großen Zahl von Anbietern gegenübersteht,
297 z.B. ein Unternehmen, das auf einem lokalen Arbeitsmarkt als alleiniger Nachfrager nach Arbeitsleistungen auftritt. Montanindustrie, Gesamtheit der auf dem Bergbau aufbauenden Kohlen-, Eisenhüttenund Stahlindustrie. Vgl. auch Montanunion ( EGKS). Montanunion, Europäische Gemeinschaft
für Kohle und Stahl, EGKS. Moral, von lat. mos, pl. mores = Sitte, Sit-
ten. Moral bezeichnet im Unterschied zur Ethik als Theorie der Moral die normativen Regeln, die das Handeln von Menschen faktisch bestimmen oder doch bestimmen sollen, wobei Menschen auf den Verstoß gegen diese Regeln mit Schuldgefühlen reagieren. Die mores umfassten traditionell das ganze Spektrum von den Konventionen einerseits bis zu sanktionsbewehrten Rechtsregeln andererseits. Es hat nie einen ernsthaften Zweifel an der überragenden Bedeutung von Moral für das friedliche, geordnete und gedeihliche Zusammenleben der Menschen gegeben: Moral spart Transaktionskosten durch die Verlässlichkeit wechselseitiger Verhaltenserwartungen. Die wirtschaftsethische Frage ist, in welchem Ausmaß individuelle Moral dies unter Bedingungen des Wettbewerbs leisten kann ( Wirtschaftsethik).
Moral Hazard, moralisches Risiko. 1. Beg-
riff: a) Moral Hazard i. w. S.: Nachvertragliche Informationsasymmetrien zwischen Transaktionspartnern führen zum Risiko des Moral Hazard. Ursache für dieses Risiko ist Hidden Information (versteckte Information) oder Hidden Action (versteckte Aktion) oder eine Kombination beider ( Informationsasymmetrie). Das Problem besteht darin, dass das Verhalten des besser informierten Partners die Payoffs (Auszahlungen) des schlechter Informierten beeinflusst. Der schlechter Informierte kann sich nur unvollständig über das Verhalten des Transaktionspartners informieren bzw. dieses evaluieren. Es tritt das Problem der Negativauslese ( Adverse Selection) auf. b) Moral Hazard i. e. S.: Von der Versicherungswirtschaft geprägter Begriff, der ursprünglich im Zusammenhang mit Feuerversicherungen verwendet wurde. Moral Hazard bezeichnet den Anreiz z. B. eines feuerversicherten Gebäudeeigentümers,
Moral Suasion weniger Sorgfalt bei der Schadensvermeidung bzw. -begrenzung aufzuwenden. Im Extremfall kann Moral Hazard dazu führen, dass die private Bereitstellung einer Versicherungsleistung unterbleibt, weil die Vertragspartner das Risiko antizipieren. 2. Als Instrumente zur Verringerung dieses Risikos bieten sich neben versicherungsvertraglich fixierten Sorgfaltspflichten in Verbindung mit einer Kontrolle der Einhaltung dieser Pflichten im Schadensfall oder einer Selbstbeteiligung des Versicherten alle Instrumente an, die zu einer Interessenangleichung der Vertragspartner führen, wie z. B. Gewinn- oder Kapitalbeteiligungen, Prämiensysteme, Akkordlöhne oder Bonussysteme. Vgl. auch Agency-Theorie, Team-Theorie der Unternehmung. moralische Norm. Normen sind Regulative, die Handeln in Bezug auf die sittliche Unterscheidung von Gut und Böse geoder verbieten. Moralische Normen treten mit Verbindlichkeitsanspruch auf. Da Normensysteme von Menschen geschaffen bzw. verändert oder beibehalten werden, gibt es neben der Verantwortung vor Normen auch eine Verantwortung für Normen. Vgl. auch Moral, Normativität. moralisches Risiko, Moral Hazard. moralisches Risiko in Teams. Begriff
der Agency-Theorie zu erläutern am Problem der Teamproduktion, bei dem lediglich die Gesamtausbringung eines Teams von dritter Seite beobachtet wird, nicht jedoch die Ausbringung der einzelnen Teammitglieder. Es kann gezeigt werden, dass eine Aufteilung der Gesamtausbringung unter den Teammitgliedern derart, dass jedes Teammitglied in vollem Umfang für seinen marginalen Beitrag entlohnt wird, nicht möglich ist. Daher leisten die eigennützigen Teammitglieder nicht jenen Beitrag zur Gesamtausbringung, der aus der Sicht des Teams optimal wäre. Dieses unmoralische Verhalten wird als moralisches Risiko in Teams ( Moral Hazard) bezeichnet. Moralphilosophie, Ethik. Moral Suasion, gütliches Zureden, Seelenmassage, wirtschaftspolitisches Instrument in Form von an die Öffentlichkeit oder be-
Morbidität
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stimmte Gruppen gerichteten Appellen (z.B. Maßhalteappellen).
werden. Vgl. im Einzelnen theorie.
Morbidität, Risikostrukturausgleich.
Multiplikatorprozess, Prozess der Einkommenszunahme infolge der Erhöhung autonomer Ausgaben. Vgl. auch Multiplikator, Wachstumstheorie.
Motiv. In der Handlungstheorie stellt das Motiv den Ansporn zu Handlungen dar. In der ökonomischen Theorie wird demgegen über der Begriff Präferenz (Präferenzmaximierung) verwendet, in der Institutionentheorie spricht man eher von Interessen. Multifaserabkommen (MFA), Welttextilabkommen. Das Abkommen regelte bis Ende 2004 durch weltweite Quotenregelungen den internationalen Handel mit Textilien zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern. Es ersetzte 1974 das Baumwolltextilabkommen, das mehrfach verlängert wurde und durch die Uruguay-Runde ( GATT) in die Welthandelsorganisation ( WTO) integriert wurde. Mit Abschluss der Uruguay-Runde wurde die Abschaffung aller MFAQuoten über vier Liberalisierungsstufen bis zum 1.1.2005 beschlossen. Ziele: fortschreitende Liberalisierung und Expansion des Welthandels.
Konjunktur-
makroökonomisches Modell zur Analyse der Wirksamkeit von nachfrageorientierter Geldpolitik und Fiscal Policy in Ländern mit hoher internationaler Kapitalmobilität und unterschiedlichen Wechselkurssystemen. Vgl. auch Stabilitätspolitik in offenen Volkswirtschaften. Mundell-Fleming-Modell,
Mundell-Theorem, Aussage über die Wir-
kung eines Zolls bei Heckscher-Ohlin Handel mit internationaler Kapitalmobilität. Letztere führt am Ende trotz des Zolls zu genau derselben Situation, zu der auch Freihandel geführt hat; das heimische Preisverhältnis entspricht den Terms of Trade, und die Faktorpreise sind international ausgeglichen (vorausgesetzt die Bedingungen des Faktorpreisausgleichstheorems sind erfüllt). Vgl. auch Handelstheorie.
multilaterale Liberalisierung, Han-
delsliberalisierung.
Münzen, Geld, Münzumlauf.
multilaterale Zusammenarbeit, Entwicklungshilfe, die von internationalen Organisationen oder mehreren Staaten an ein oder mehrere Entwicklungsländer geleistet wird.
Münzgewinn, Geldtheorie.
multinationale Unternehmung, inter-
nationale Direktinvestition. Multiplikator. Begriff der Makroökonomik;
gibt an, um welches Vielfache das Volkseinkommen wächst, wenn autonome Größen z. B. Investitionen ( Investitionsmultiplikator), Staatsausgaben ( Staatsausgabenmultiplikator), Exporte ( Exportmultiplikator), Steuern ( Steuermultiplikator) oder Transferleistungen ( Transfermultiplikator) steigen. Vgl. Keynessche Lehre.
Münzhoheit, Recht des Staates, das Münzwesen zu regeln. Die Münzhoheit umfasst im Zusammenhang mit der Prägung von Münzen: (1) Recht der Währung: Recht zur Festlegung von Form und Deckung des gesetzlichen Zahlungsmittels; (2) Recht des Münzfußes: Recht zur Festlegung von Größe und Einteilung des Nennwertes; (3) Prägerecht: Recht zur Festlegung der äußeren Kennzeichen des Zahlungsmittels; (4) Münzrecht: Recht zur Festlegung von Münzorganisation und Recht auf den Münzgewinn. Münzumlauf, Umlauf von Münzen in ei-
nem Land, die als gesetzliches Zahlungsmittel dienen; neben dem Notenumlauf Teil des Bargeldumlaufs.
Multiplikator-Akzelerator-Modelle,
meist in Form von Differenzengleichungen dargestellte mathematische Konjunkturmodelle, in denen Konjunkturschwankungen durch das Zusammenwirken von Multiplikator und Akzelerator verursacht
Mustervoraussage,
konstitutioneller
Wissensmangel. Mutterschaftsgeld, Mutterschutz.
299 Mutterschaftslohn, Mutterschutz. Mutterschutz, Teil des Arbeitsschutzes ( Arbeitsrecht) sowie der Sozialen Sicherung der Familie und: 1. Rechtsgrundlagen: Mutterschaftsgesetz und Reichversicherungsordnung; 2. Arbeitschutzregelungen: a) Kündigungsschutz: Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis der Betroffenen grundsätzlich nicht kündigen, während sie selbst ein Recht zur fristlosen Kündigung besitzt. Der Kündigungsschutz verlängert sich ab dem Zeitpunkt, ab dem Elternzeit verlangt worden ist und während der Elternzeit. b) allgemeine Beschäftigungsverbote: Grundsätzlich dürfen werdende und stillende Mütter u. a. nicht schwer körperlich arbeiten, nicht im Akkord oder am Fließband mit vorgeschriebenem Arbeitstempo arbeiten, nicht mehr als maximal 8,5 Stunden pro Tag, nicht nachts (zwischen 20 und 6 Uhr) und nicht an Sonn- und Feiertagen arbeiten; c) ein individuelles Beschäftigungsverbot (z.B. mit der Folge eines Arbeitsplatzwechsels oder einer Arbeitszeitverringerung) kann ein Arzt bei Gefährdung von Mutter oder Kind verordnen. Dieses Beschäftigungsverbot stellt keine Krankschreibung dar, sondern eröffnet einen Anspruch auf Mutterschaftslohn in Höhe des bisherigen durchschnittlichen Arbeitsentgeltes. d) Schutzfrist: Sechs Wochen vor der Entbindung darf eine Schwangere nur noch beschäftigt werden, wenn sie es ausdrücklich selbst wünscht, wobei diese Entscheidung jederzeit rückgängig gemacht werden kann. Ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot besteht dagegen acht Wochen nach der Entbindung (bei Früh- oder Mehrlingsgeburten zwölf Wochen). Ausnahme: Im Falle des Kindtodes kann die Mutter auf eigenen Wunsch frühestens ab der dritten Woche nach der Entbindung vorzeitig wieder arbeiten, wenn nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht. e) Entgeltersatzleis-
Mutterschutz tung: Während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung besteht ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld der gesetzlichen Krankenversicherung, dessen Höhe sich im Falle eines Arbeitsverhältnisses nach dem durchschnittlichen Netto-Arbeitsentgelt der letzten drei Kalendermonate bzw. der letzten 13 Wochen vor Beginn der Schutzfrist bemisst, höchstens jedoch 13 EUR pro Kalendertag beträgt. Voraussetzung hierfür ist die eigenständige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung bei Beginn der Schutzfrist und ein Anspruch auf Krankengeld. Wer (z. B. als Selbstständiger) in keinem Arbeitsverhältnis steht, aber in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist und Anspruch auf Krankengeld besitzt, erhält Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes. Gleiches gilt für eine Bezieherin von Arbeitslosengeld I nach dem Dritten Sozialgesetzbuch. Für eine Bezieherin von Arbeitslosengeld II dagegen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung ohne Krankengeldanspruch versichert ist, besteht der Anspruch auf Arbeitslosengeld II auch während der Arbeitsunfähigkeit (hier wg. Schwangerschaft) weiter, sodass kein zusätzlicher Anspruch auf Entgeltersatz durch Mutterschaftsgeld entsteht. Mutterschaftsgeld zu Lasten des Bundes von höchstens 210 EUR insgesamt erhält vom Bundesversicherungsamt, wer privat, gar nicht krankenversichert ist oder in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert ist, jedoch zu Beginn der Schutzfrist in einem Arbeitsverhältnis steht oder in Heimarbeit beschäftigt ist. f) Sonstige Sozialleistungen: Für diejenigen (werdenden) Mütter, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder mitversichert sind, besteht außerdem Anspruch auf ärztliche Betreuung und Hilfe durch eine Hebamme, Arznei-, Verband- und Heilmittel, stationäre Entbindung und Pflege in einem Krankenhaus oder Entbindungsheim sowie auf häusliche Pflege und Haushaltshilfe.
N Nachfragefunktion des Haushalts, Nachfragestruktur, aggregierte Nachfragekurve, Haushaltstheorie.
Nachfrage,
Nachfragefunktion
des
Nachfragetheorie, Haushaltstheorie.
Nachfrageüberschuss; Preisfunktionen, Totalanalyse.
Nachfrageüberhang,
Haushalts,
Preiskonsumkurve; gibt in der Haushaltstheorie die Mengen eines Gutes an, die ein Haushalt zu unterschiedlichen Preisen ceteris paribus nachfragt. Durch Aggregation aller individuellen Nachfragefunktionen der Haushalte gelangt man zur Gesamtnachfragefunktion für ein bestimmtes Gut. Nachfrageinterdependenz, tritt in der Haushaltstheorie dann auf, wenn der Nutzen, den ein Gut einem Haushalt stiftet, nicht nur von diesem Gut selbst, sondern auch vom Verhalten der übrigen Haushalte abhängt. Das Nachfrage- und Konsumverhalten bringt somit externe Effekte (z. B. Neid) hervor. Die Nachfrager agieren dann nicht mehr unabhängig voneinander, sondern unter sozialem Einfluss auf ihre Präferenzen, der sich auf die Lage und Gestalt der Nachfragefunktion auswirkt. Als Nachfrageinterdependenz werden gewöhnlich der Mitläufereffekt, der Snobeffekt und der Vebleneffekt aufgefasst. Nachfragemonopol, Monopson. Nachfrageoligopol, Oligopol. Nachfragepolypol, Polypol. Nachfrageschock, Inflation. Nachfragesoginflation, Inflation. Nachfragestruktur. Volkswirtschaftliche Nachfragestruktur: Zusammensetzung der Gesamtnachfrage in einer Volkswirtschaft bzw. Verwendung des Sozialprodukts. Vgl. auch Konsumstruktur, Staatsverbrauch, Exportstruktur.
Entwicklung, Sustainable Development. 1. Begriff und Leitbild: Seit dem 1987 erstatteten Bericht der Brundtland-Kommission der Vereinten Nationen einer der populärsten Begriffe in der öffentlichen Umweltdiskussion. Er bezeichnet eine Verbesserung der gesellschaftlichen Wohlfahrt (Entwicklung), die nicht nur für die Gegenwart, sondern auch für alle kommenden Generationen eintreten soll ( Nachhaltigkeit). In Deutschland wurde ausgehend von der Maxime der Brundtland-Kommission durch die Enquete-Kommission Schutz des Menschen und der Umwelt in dem 1998 vorgelegten Abschlussbericht Konzept Nachhaltigkeit vom Leitbild zur Umsetzung festgestellt: In Deutschland reift allmählich die Erkenntnis, dass mit dem Leitbild der nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung wichtige Entwicklungslinien auch jenseits der ökologischen Dimension angesprochen werden. Aufgrund der komplexen Zusammenhänge der drei Dimensionen bzw. Sichtweisen von Ökologie, Ökonomie und Sozialem müssen sie integrativ behandelt werden.
Die Diskussion tendiert dahin, Nachhaltigkeitspolitik als Gesellschaftspolitik zu interpretieren, die im Prinzip und auf lange Sicht alle genannten Dimensionen gleichberechtigt behandelt. Damit wurde in Deutschland das Leitbild des Nachhaltigkeitsdreiecks etabliert, das ein nachhaltiges gesellschaftliches Gleichgewicht mit den drei gleichberechtigten Zielen Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit und Sozialem Ausgleich anstrebt. nachhaltige
Nachhaltigkeit, Zentraler Begriff für die langfristige Politik einer nachhaltigen Entwicklung von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft ( Nachhaltigkeitsdreieck), die
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_14, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Nachhaltigkeitsdreieck sich national und global an der Wohlfahrt zukünftiger Generationen mit dem absoluten Ziel einer Erhaltung der Lebensgrundlagen auf der Erde orientiert. Zum ersten Mal wird der Begriff der Nachhaltigkeit 1713 nachweislich von Hans von Carlowitz in seiner Silviacultura Oeconomica (noch ohne volkswirtschaftlichen oder globalen Bezug nur) auf die Forstwirtschaft angewendet nach dem alten Sprichwort: Man solle keine alte Kleider wegwerffen, bis man neue hat; also soll man den Vorrath an ausgewachsenen Holz nicht eher abtreiben, bis man siehet, dass dagegen genugsamer Wiederwachs vorhanden.
Wird derhalben die größte Kunst; Wissenschaft, Fleiß, und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen, wie eine sothane Conservation und Anbau des Holzes anzustellen, dass es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe. Die UN-Brundtland-Kommission für Umwelt und Entwicklung definierte 1987 Nachhaltigkeit als eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen. Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung bildete hier nach Auffassung der Enquetekommission Globalisierung der Weltwirtschaft Herausforderungen und Antworten von 2002 zum ersten Mal die Grundlage einer integrativen globalen Politikstrategie im Sinne des Nachhaltigkeitsdreiecks. Nachhaltigkeitsdreieck, Zieldreieck für
eine gleichgewichtige nachhaltige Entwicklung, die die drei Dimensionen (1) Ökologie Ökologie (Umweltschutz)
Nachhaltige Entwicklung Ökonomie (Wirtschaftlichkeit)
ion
Soziales (sozialer Ausgleich)
(Umweltschutz), (2) Ökonomie (Wirtschaftlichkeit) und Soziales (soziale Gerechtigkeit und Kohäsion) integriert.
302 Demographiefaktor, Faktor in der Rentenanpassungsformel zur Anpassung des Rentenniveaus an die demographische Entwicklung.
Nachhaltigkeitsfaktor,
RQ t 1 Nachhaltigkeitsfaktor 1 RQ t 2
1
RQ = Rentnerquotient, t im Jahr, α = 0,25 Gewichtungsparameter
Für den Nachhaltigkeitsfaktor bestimmend ist die Entwicklung der Rentnerquotienten (Anzahl der Äquivalenzrentner dividiert durch die Anzahl der Äquivalenzbeitragszahler eines Jahres) Der Anpassungsfaktor wurde 2003 von der Kommission zur nachhaltigen Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme (Rürup-Kommission) vorgeschlagen, im Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz von 2004 in die Rentenanpassungsformel übernommen und ist seit dem 1.1.2005 wirksam ( Rentenversicherung). Nachhaltigkeitsindikatoren, 1. Begriff: Indikatoren für eine nachhaltige Entwicklung, die für die verschiedenen Bereiche des Nachhaltigkeitskonzepts (1) Generationengerechtigkeit, (2) Lebensqualität und (3) Sozialer Zusammenhalt und (4) internationale Verantwortung den Erfüllungsgrad für die einzelnen Nachhaltigkeitspostulate feststellen lassen. Sie konkretisieren und operationalisieren den breit gefächerten Zielkatalog der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie und machen die nachhaltige Entwicklung messbar. 2. Nachhaltigkeitsindikatoren in Deutschland: a) Indikatorbericht des Statistischen Bundesamtes: Die Bundesregierung hat in der 2002 formulierten Nachhaltigkeitsstrategie 21 Indikatoren festgelegt, die die Nachhaltigkeit der Entwicklung von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft beobachten. Mit dem alle zwei Jahre erscheinenden Indikatorenbericht dokumentiert das Statistische Bundesamt im Auftrag der Bundesregierung, welche Richtung die nachhaltige Entwicklung in Deutschland einschlägt. Der Indikatorenbericht 2008 ist wesentlicher Teil des Fortschrittberichts 2008 der Bundesregierung Für ein nachhaltiges Deutschland. Darin wird der in vier Erfolgsstufen untergliederte Status jedes einzelnen Indikators ins Verhältnis zu der von der Bundesregierung formulierten Zielen gesetzt. Die amtliche Indikatorensystematik gliedert grob in die oben genannten vier Nachhaltigkeitsbereiche, nummeriert die 21 Indikatoren aber
303 durch. Weitere Untergliederungen erfolgen alphabetisch. Jedem Indikator ist ein Nachhaltigkeitspostulat zugeordnet, das Aktionsziel jedes (Teil-)Indikators, an dem sich die Statuseinstufung orientiert, ist in (Klammern) gesetzt. b) Indikatoren der Generationengerechtigkeit: (1) Ressourcenschonung [Ressourcen sparsam und effizient nutzen!]: (1a) Energieproduktivität (Verdopplung von 1990 bis 2020); (1b) Rohstoffproduktivität (Verdopplung von 1994 bis 2020); (2) Klimaschutz [Treibhausgase reduzieren!]: Treibhausgasemissionen (Reduktion um 21 % gegenüber 1990 bis 2008/ 2012); (3) Erneuerbare Energien [Zukunftsfähige Energieversorgung ausbauen!]: (3a) Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch (Anstieg von 4,2 % bis 2010 und 10 % bis 2020); (3b) Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch (Anstieg von 12,5 % bis 2010 und mindestens 30 % bis 2020); (4) Flächeninanspruchnahme [Nachhaltige Flächennutzung!]: Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche (Reduzierung des täglichen Zuwachses auf 30 ha bis 2020); (5) Artenvielfalt [Arten erhalten und Lebensräume schützen!]: Artenvielfalt und Landschaftsqualität (Anstieg auf den Indexwert 100 bis 2015); (6) Staatsverschuldung [Haushalt konsolidieren, Generationengerechtigkeit schaffen!]: Staatsdefizit (strukturell ausgeglichener Staatshaushalt; Bundeshaushalt spätestens ab 2011 ohne Nettokreditaufnahme); (7) Wirtschaftliche Zukunftsvorsorge [Gute Investitionsbedingungen schaffen und Wohlstand dauerhaft erhalten!]: Verhältnis der Bruttoanlageinvestitionen zum Bruttoinlandsprodukt (Steigerung des Anteils); (8) Innovation [Zukunft mit neuen Lösungen gestalten!]: Private und öffentliche Ausgaben für Forschung und Entwicklung (Steigerung auf 3 % des Bruttoinlandsprodukts bis 2010); (9) Bildung [Bildung und Qualifikation kontinuierlich verbessern!]: (9a) 18- bis 24-jährige ohne Abschluss (Verringerung des Anteils auf 9 % bis 2010 und 4,5 % bis 2020; (9b) 25-jährige mit abgeschlossener Hochschulausbildung (Steigerung des Anteils auf 10 % bis 2010 und 20 % bis 2020); (9c) Studienanfängerquote (Erhöhung auf 40 % bis 2010, anschließend weiterer Ausbau und Stabilisierung auf hohem Niveau); c) Indikatoren der Lebensqualität: (10) Wirtschaftlicher Wohlstand [Wirtschaftsleistung umwelt- und sozialverträglich steigern!]: Bruttoinlands-
Nachhaltigkeitsindikatoren produkt je Einwohner (Wirtschaftliches Wachstum); (11) Mobilität: [Mobilität sichern, Umwelt schonen!]: (11a) Gütertransportintensität (Absenkung auf 98 % gegenüber 1999 bis 2010 und auf 95 % bis 2020); (11b) Personentransportintensität (Absenkung auf 90 % gegenüber 1999 bis 2010 und auf 80 % bis 2020); (11c) Anteil des Schienenverkehrs an der Güterbeförderungsleistung (Steigerung auf 25 % bis 2015); (11d) Anteil der Binnenschifffahrt an der Güterbeförderungsleistung (Steigerung auf 14 % bis 2015); (12) Landbewirtschaftung [In unseren Kulturlandschaften umweltverträglich produzieren!]: (12a) Stickstoffüberschuss (Verringerung bis auf 80 kg/ha landwirtschaftlich genutzter Fläche bis 2010, weitere Absenkung bis 2020); (12b) Ökologischer Landbau (Erhöhung des Anteils des ökologischen Landbaus an der landwirtschaftlich genutzten Fläche auf 20 % in den nächsten Jahren); (13) Luftqualität [Gesunde Umwelt erhalten!]: Schadstoffbelastung der Luft (Verringerung auf 30 % gegenüber 1990 bis 2010); (14) Gesundheit und Ernährung [Länger gesund leben!]: (14a) Vorzeitige Sterblichkeit Männer (Rückgang auf 190 Fälle pro 100.000 Einwohner bis 2015); (14b) Vorzeitige Sterblichkeit Frauen (Rückgang auf 115 Fälle pro 100.000 Einwohner bis 2015); (14c) Raucherquote von Jugendlichen von 12 bis 17 Jahren (Absenkung auf unter 12 % bis 2015); (14c) Raucherquote von Erwachsenen ab 15 Jahre (Absenkung auf unter 22 % bis 2015); (14d) Anteil der Menschen mit Adipositas (Rückgang der Fettleibigkeit bei Erwachsenen ab 18 Jahren); (15) Kriminalität [Persönliche Sicherheit weiter erhöhen!]: Wohnungseinbruchsdiebstahl: (Rückgang der Fälle auf unter 100.000 pro Jahr bis 2015); d) Indikatoren der Sozialen Zusammenarbeit: (16) Beschäftigung [Beschäftigungsniveau steigern!]: (16a) Erwerbstätigenquote insgesamt (15 bis 64 Jahre) (Erhöhung auf 73 % bis 2010 und 75 % bis 2020); (16b) Erwerbstätigenquote Ältere (55 bis 64 Jahre) (Erhöhung auf 55 % bis 2010 und 57 % bis 2020); (17) Perspektiven für Familien [Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern!]: (17a) Ganztagsbetreuung für 0- bis 2-jährige Kinder (Anstieg auf 30 % bis 2010 und 35 % bis 2020); (17b) Ganztagsbetreuung für 3bis 5-jährige Kinder (Anstieg auf 30 % bis 2010 und 60 % bis 2020); (18) Gleichberechtigung [Gleichberechtigung in der Ge-
Nachhaltigkeitspolitik sellschaft fördern!]: Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern (Verringerung des Abstandes auf 15 % bis 2010 und auf 10 % bis 2020); (19) Integration [Integrieren statt ausgrenzen!]: Ausländische Schulabgänger mit Schulabschluss (Erhöhung des Anteils der ausländischen Schulabgänger mit mindestens Hauptschulabschluss und Angleichung an die Quote deutscher Schulabgänger bis 2020); e) Indikatoren der internationalen Verantwortung: (20) Entwicklungszusammenarbeit [Nachhaltige Entwicklung unterstützen!]: Anteil öffentlicher Entwicklungsausgaben am Bruttonationaleinkommen (Steigerung auf 0,51 %bis 2010 und 0,7 % bis 2015); (21) Märkte öffnen [Handelschancen der Entwicklungsländer verbessern!]: Deutsche Einfuhren aus Entwicklungsländern (Weiterer Anstieg). Nachhaltigkeitspolitik, 1. Begriff: Ge-
samtheit der Ziele, Träger und Instrumente zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung. Sie besteht aus dem Nachhaltigkeitsdreieck als integrativem Leitbild, einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie mit einem differenzierten System von Nachhaltigkeitsindikatoren einschließlich der Formulierung von Indikatorzielen und einem kontinuierlichen Monitoring. 2. Nachhaltigkeitspolitik in Deutschland: a) Leitprinzip: (1) Nachhaltige Entwicklung ist als Ziel und Maßstab des Regierungshandelns auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene bei Maßnahmen in sämtlichen Politikfeldern zu beachten. b) Leitbild: Nachhaltigkeit zielt auf die Erreichung von (1) Generationengerechtigkeit, (2) sozialem Zusammenhalt, (3) Lebensqualität und (4) Wahrnehmung internationaler Verantwortung. c) Nationale Nachhaltigkeitsstrategie: (1) Maßgebend ist die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung von 2002 in der durch die nachfolgenden Berichte, insbesondere durch den Fortschrittsbericht 2008, weiterentwickelten Form. (2) Die strategischen Handlungsfelder ergeben sich aus den 21 Nachhaltigkeitspostulaten, die den zur Zeit verwendeten Nachhaltigkeitsindikatoren zugeordnet sind, und den konkreten Indikatorzielen, an denen der Status der nachhaltigen Entwicklung in Deutschland gemessen wird. d) Verantwortlichkeiten: (1) Beim Bundeskanzleramt liegt die federführende Zuständigkeit für nachhaltige Entwicklung auf nationaler Ebene. Damit soll die Bedeutung
304 für alle Politikbereiche betont und eine ressortübergreifende Steuerung sichergestellt werden. (2) Länder und Kommunen: Zwischen Bund und Ländern findet ein regelmäßiger Austausch zu Nachhaltigkeit im Rahmen der geeigneten Gremien mit dem Ziel statt, Aktivitäten und Ziele besser aufeinander abzustimmen. Einbezogen werden auch kommunale Spitzenverbände. (3) Zivilgesellschaft (Bürger, Unternehmen und Gewerkschaften, Wissenschaft, Kirchen und Verbände): Die Akteure der Zivilgesellschaft sind in vielfältiger Weise bei der Verwirklichung von Nachhaltigkeit gefordert. So tragen zum Beispiel Unternehmen für ihre Produktion und Produkte Verantwortung. Die Information der Verbraucher, auch über gesundheits- und umweltrelevante Eigenschaften der Produkte sowie über nachhaltige Produktionsweisen ist Teil dieser Verantwortung. Verbraucher leisten individuelle Beiträge durch die Auswahl des Produkts und dessen sozial und ökologisch verträgliche sowie ökonomisch sinnvolle Nutzung. (4) Europäische Ebene: Der Bund setzt sich für eine Stärkung von Nachhaltigkeit auf europäischer Ebene, insbesondere der europäischen Nachhaltigkeitsstrategie sowie für die Verknüpfung zwischen ihr und nationalen Strategien ein. Er arbeitet eng mit anderen europäischen Ländern in Fragen der nachhaltigen Entwicklung zusammen. (5) Internationale Ebene: Deutschland setzt sich im Rahmen der Vereinten Nationen (insbesondere im Rahmen der Kommission für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen CSD) und bilateral für Fortschritte bei Nachhaltigkeit ein. e) Nachhaltigkeitsregeln: (1) Grundregel: Jede Generation muss ihre Aufgaben selbst lösen und darf sie nicht kommenden Generationen aufbürden. Zugleich muss sie Vorsorge für absehbare zukünftige Belastungen treffen. (2) Erneuerbare Naturgüter (wie z. B. Wald oder Fischbestände) dürfen auf Dauer nur im Rahmen ihrer Fähigkeit zur Regeneration genutzt werden. (4) Nicht erneuerbare Naturgüter (wie z.B. mineralische Rohstoffe oder fossile Energieträger) dürfen auf Dauer nur in dem Umfang genutzt werden, wie ihre Funktionen durch andere Materialien oder durch andere Energieträger ersetzt werden können. (5) Die Freisetzung von Stoffen darf auf Dauer nicht größer sein als die Anpassungsfähigkeit der natürlichen Systeme z. B. des Klimas, der Wälder und der Ozeane. (6) Gefahren und
305 unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit sind zu vermeiden. (7) Der durch technische Entwicklungen und den internationalen Wettbewerb ausgelöste Strukturwandel soll wirtschaftlich erfolgreich sowie ökologisch und sozial verträglich gestaltet werden. Zu diesem Zweck sind die Politikfelder so zu integrieren, dass wirtschaftliches Wachstum, hohe Beschäftigung, sozialer Zusammenhalt und Umweltschutz Hand in Hand gehen. (8) Energie- und Ressourcenverbrauch sowie die Verkehrsleistung müssen vom Wirtschaftswachstum entkoppelt werden. (9) Die öffentlichen Haushalte sind der Generationengerechtigkeit verpflichtet. Dies verlangt die Aufstellung ausgeglichener Haushalte durch Bund, Länder und Kommunen. In einem weiteren Schritt ist der Schuldenstand abzubauen. (10) Eine nachhaltige Landwirtschaft muss nicht nur produktiv und wettbewerbsfähig, sondern gleichzeitig umweltverträglich sein sowie Anforderungen an eine artgerechte Nutztierhaltung und den vorsorgenden, insbesondere gesundheitlichen Verbraucherschutz beachten. (11) Um den sozialen Zusammenhalt zu stärken, sollen Armut und soziale Ausgrenzung soweit wie möglich vorgebeugt werden, allen Bevölkerungsschichten Chancen eröffnet werden, sich an der wirtschaftlichen Entwicklung zu beteiligen, notwendige Anpassungen an den demografischen Wandel frühzeitig in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erfolgen, alle am gesellschaftlichen und politischen Leben teilhaben. (12) Die internationalen Rahmenbedingungen sind gemeinsam so zu gestalten, dass die Menschen in den Ländern ein menschenwürdiges Leben nach eigenen Vorstellungen und im Einklang mit ihrer regionalen Umwelt führen und an den wirtschaftlichen Entwicklungen teilhaben können. Umwelt und Entwicklung bilden eine Einheit. Nachhaltiges globales Handeln orientiert sich an den Millenniums-Entwicklungszielen der Vereinten Nationen. In einem integrierten Ansatz ist die Bekämpfung von Armut und Hunger mit der Achtung der Menschenwürde, wirtschaftlicher Entwicklung, dem Umweltschutz sowie verantwortungsvollem Regierungshandeln zu verknüpfen. f) Institutionen: (1) Das Bundeskabinett beschließt Änderungen und Fortentwicklungen der Nachhaltigkeitsstrategie. (2) Im Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung sind alle Ressorts vertreten. Die Leitung liegt beim Chef des Bundeskanzleramts. Der Aus-
Nachhaltigkeitspolitik schuss (a) entwickelt die nationale Nachhaltigkeitsstrategie inhaltlich fort, (b) überprüft regelmäßig die Entwicklung der Nachhaltigkeitsindikatoren, (c) ist Ansprechpartner für den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, (d) berät über aktuelle Themen aus der Arbeit der Bundesregierung mit Nachhaltigkeitsbezug. (3) Eine Arbeitsgruppe, in der alle Ressorts auf Ebene der fachlich zuständigen Unterabteilungsleiter vertreten sind, bereitet die Sitzungen des Staatssekretärsauschusses unter Leitung des Bundeskanzleramtes vor. (4) Der interministerielle Arbeitskreis Nachhaltigkeitsindikatoren leistet unter Federführung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und unter Beteiligung des Statistischen Bundesamtes fachliche Vorarbeiten für die Überprüfung und Weiterentwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren. (5) Der Rat für Nachhaltige Entwicklung ( Nachhaltigkeitsrat) (a) berät die Bundesregierung in Fragen der nachhaltigen Entwicklung, (b) erarbeitet Beiträge zur Fortentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie, (c) veröffentlicht Stellungnahmen zu Einzelthemen, (d) trägt vor allem zur Bewusstseinsbildung und zum gesellschaftlichen Dialog zur Nachhaltigkeit bei. (6) Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung im Deutschen Bundestag: Der Beirat hat kraft Einsetzungsbeschluss die Aufgaben (a) parlamentarische Begleitung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie und der Europäischen Nachhaltigkeitsstrategie; (b) Beratung selbst gewählter Schwerpunkte und Überweisung daraus resultierender Berichte und Empfehlungen dem jeweils federführenden Ausschuss des Deutschen Bundestages; (c) Erstellung gutachterlicher Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen oder anderen parlamentarischen Vorlagen; (d) Kontaktpflege und Beratungen mit anderen Parlamenten, insbesondere der Europäischen Union, zur Entwicklung gemeinsamer Positionen zur nachhaltigen Entwicklung; (e) Unterstützung der gesellschaftlichen Diskussion zur nachhaltigen Entwicklung, Wahrnehmung einer Scharnierfunktion für gesellschaftliche Gruppen. g) Monitoring: (1) Indikatorenbericht: Alle zwei Jahre veröffentlicht das Statistische Bundesamt in eigener fachlicher Verantwortung einen Bericht zum Stand der Nachhaltigkeitsindikatoren (zuletzt 2008). (2) Fortschrittsberichte: Einmal pro Legislaturperiode (zuletzt 2008) erfolgt durch die Bundesregierung eine Be-
Nachhaltigkeitsrat richterstattung zur Nachhaltigkeitsstrategie. Die Fortschrittsberichte bewerten den Stand der Umsetzung der Strategie, enthalten konkrete Maßnahmen zur Erreichung der gesetzten Ziele und entwickeln die Strategie in einzelnen Schwerpunktfeldern fort. Die Berichte werden dem Deutschen Bundestag zur Kenntnis übermittelt. Nachhaltigkeitsrat, Rat für Nachhaltige
Entwicklung, Erstmals 2001 berufenes 13köpfiges Beratungsgremium der Bundesregierung in allen Fragen der nachhaltigen Entwicklung Deutschlands, insbesondere bei Formulierung, Weiterentwicklung und Umsetzung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Die Mitglieder des Rats werden von der Bundesregierung für drei Jahre ernannt; eine Wiederernennung ist möglich. Die Ratsmitglieder repräsentieren nach ihrem fachlichen und persönlichen Hintergrund ökologische, ökonomische, soziale und globale Belange. Der Rat nimmt mit dieser Kompetenz eine wichtige Funktion im gesellschaftlichen Dialog zur Nachhaltigkeit wahr. Zu Einzelfragen, insbesondere zur Zielformulierung und Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsindikatoren hat der Rat gesonderte Empfehlungen veröffentlicht. Seine Jahreskonferenzen haben sich zum Forum der Nachhaltigkeitspolitik in Deutschland entwickelt. Der Rat ist Mitglied des Netzwerks Europäischer Umwelt- und Nachhaltigkeitsräte (EEAC) und nimmt dort aktiv an den Beratungen der Arbeitsgruppe Nachhaltige Entwicklung teil. Im Auftrag der Bundesregierung hat der Nachhaltigkeitsrat u. a. im Juni 2006 eine europäische Nachhaltigkeitskonferenz im Kontext der EU-Ratspräsidentschaft durchgeführt, auf der seine Äußerung zur Überprüfung der Europäischen Nachhaltigkeitsstrategie vom Europäischen Rat verabschiedet wurde. Weitere Informationen unter www.Nachhaltigkeitsrat.de. Nachhaltigkeitsstrategie, Nachhaltig-
306 geführt wird. Vgl. auch Ergänzungshaushalt, Eventualhaushalt. Nachtwächterstaat, polemische Bezeich-
nung für die Rolle des Staates zu Zeiten des Laissez-faire- bzw. Manchester-Liberalismus ( Liberalismus), als der Wirtschaftsprozess durch keinerlei wirtschaftspolitische Eingriffe beeinträchtigt wurde und der Staat sich auf den Schutz des Eigentums beschränkte. NAFTA, North American Free Trade Agreement, Nordamerikanische Freihandelsvereinbarung. Am 12.8.1992 zwischen Kanada, USA und Mexiko vereinbarte Freihandelszone, am 1.1.1994 in Kraft getreten. 1. Ziele: Alle Zölle, Quoten und Einfuhrlizenzen sollen graduell im Lauf der nächsten 10 bis 15 Jahre zwischen den drei Partnern aufgehoben werden. 2. Bewertung: Die NAFTA schafft die weltweit größte Freihandelszone mit 360 Mio. Verbrauchern. Die NAFTA kann als Vorläufer einer interamerikanischen Freihandelszone dienen und die regionale Protektion stärken. Weitere Informationen unter www.nata-sec-alena.org Nahrungsmittelhilfe, Nahrungsmittellieferungen zu Vorzugsbedingungen an Entwicklungsländer. Sie wird oft als Sofort- oder Katastrophenhilfe geleistet. Gelegentlich wird versucht, sie entwicklungswirksam einzusetzen, z. B. als Teil des Arbeitsentgeltes für Beschäftigte in Entwicklungsprojekten (Food for Work). Oft dient sie als Budgethilfe, wenn durch ihren Verkauf Staatseinnahmen (meist auf sog. Gegenkonten) geschaffen werden. National Bureau of Economic Research (NBER), Wirtschaftsinstitut in den
USA, Sitz in New York, gegründet 1920. Das NBER stützt sich größtenteils auf die Zusammenarbeit mit Universitäten. NBERIndikatoren: Vgl. Konjunkturindikatoren. Weitere Informationen unter www.nber.org
keitspolitik.
Nationaleinkommen, Sozialprodukt.
Nachtragshaushalt, Haushaltsplan, der
Nationalitätsprinzip,
die Positionen, die in einem bereits verkündeten Haushalt geändert werden sollen, umfasst. Der Nachtragshaushalt ist nicht als Haushaltsüberschreitung anzusehen, sondern als originärer Haushalt, der im beschleunigten Verfahren aufgestellt, beraten und durch-
internationales
Steuerrecht. Nationalökonomie, Volkswirtschafts-
lehre. Naturalismus, Ethik.
307 Naturalwirtschaft, Bezeichnung für eine geldlose Volkswirtschaft. Soweit innerhalb der Naturalwirtschaft Tauschbeziehungen existieren, spricht man von Naturaltauschwirtschaft: Tausch von Ware direkt gegen Ware. Die Naturalwirtschaft ist Gegenstand der allgemeinen Gleichgewichtstheorie; es gilt das Saysche Theorem. Gegensatz: Geldwirtschaft.
Nebenfiskus natürliches Monopol. Natürliche Monopole sind durch Subadditivität der Kosten gekennzeichnet: ein Anbieter ist in der Lage, die Marktnachfrage langfristig zu niedrigeren Kosten zu produzieren als mehrere Unternehmen. Dabei spielen Größenvorteile ( Economies of Scale), die sich durch eine Produktionsfunktion mit zunehmenden Skalenerträgen (increasing returns to scale) ergeben, eine große Rolle.
Naturalzins, die in einer Naturaltausch-
wirtschaft ( Naturalwirtschaft) für die zeitweilige Überlassung einer Gütermenge bezahlte Vergütung (Zins von griech. tiktein = gebären). Gegensatz: Geldzins. Naturdeterminismus, Wirtschaftsgeo-
graphie. Nature of the Firm, Verfügungsrechte. natürliche Arbeitslosigkeit, Vollbeschäf-
tigungsarbeitslosigkeit. Begriff der Makroökonomie für ein Arbeitslosigkeitsniveau, das bei unvollkommenem Arbeitsmarkt als mit Vollbeschäftigung vereinbar angesehen wird, so dass sie auch nicht bekämpft zu werden braucht. Da die Höhe der natürlichen Arbeitslosigkeit nicht exakt zu bestimmen ist, besteht Gefahr zur Interpretation jeder Höhe der Arbeitslosigkeit als natürliche Arbeitslosigkeit. Vgl. auch Arbeitslosigkeit, Stabilisierungspolitik, Geldtheorie, Neue Klassische Makroökonomik.
Naturrecht. Das Naturrecht spielt in der Begründung ethischer Normen ( Ethik) eine Rolle: Recht und Moral sollen aus natürlichen Vorgegebenheiten abgeleitet werden können. Naturrechtliche Begründungsformen verlieren gegenwärtig vor allem aus zwei Gründen an Bedeutung: Zum einen können sie, da die Natur immer dieselbe ist, mit historischen Entwicklungen von Recht und Moral nur schwer umgehen, zum anderen wird eine entsprechende Naturauffassung von immer weniger Menschen bzw. Wissenschaftlern geteilt. Naturschutz-Ökonomie, Teilgebiet der Volkswirtschaftslehre, in dem Probleme des Arten- und Biotopschutzes analysiert werden. Sie gibt eine ökonomische Deutung der Naturschutzproblematik und erarbeitet Konzeptionen für staatliche Eingriffe. Die Naturschutz-Ökonomie ist mit der Umwelt- und Ressourcenökonomik eng verbunden. Naturzustand, Konsensethik.
natürliche Ressource, Umwelt- und
Ressourcenökonomik.
NBER-Indikator, Konjunkturindikatoren,
natürlicher Preis, im Gegensatz zum
National Bureau of Economic Research (NBER).
Marktpreis ein allein durch die Höhe der Aufwendungen bei der Produktion von Gütern bestimmter Preis. natürlicher Zins, originärer Zins; Begriff
von Wicksell für die Zinsrate, die ein Investor als Nettorendite aus einer Investition erzielt. Jede Abweichung des Geldzinses vom natürlichen Zins stellt eine Gleichgewichtsstörung und damit eine wesentliche Determinante des Konjunkturverlaufes dar (Zinsspannentheorem); vgl. Wicksellscher Prozess. Nur wenn natürlicher Zins und Geldzins übereinstimmen, befindet sich die Wirtschaft im Gleichgewicht.
NEA, Nuclear Energy Agency. KernenergieAgentur der OECD, gegründet am 1.2.1958 von den Mitgliedern der OEEC, Sitz Paris. Mitglieder: Sämtliche OECDMitgliedsstaaten mit Ausnahme von Neuseeland. Hauptziel: Förderung und Entwicklung der Atomenergie zu friedlichen Zwecken. Weitere Informationen unter www.nea.fr Nebeneffekt, Mittel der Wirtschaftspoli-
tik. Nebenfiskus, Parafisci.
Nebenwirkungen
308
Nebenwirkungen. Unter Nebenwirkungen versteht man die nicht beabsichtigten Wirkungen einer Handlung. Es gibt erwünschte und unerwünschte Nebenwirkungen; die Ökonomik diskutiert die Problematik z. T. unter externen Effekten. negative Einkommensteuer, ein von Milton Friedman vorgeschlagenes Steuersystem, das im unteren Einkommensbereich Einkommensteuer und Transfers integriert. Ursprungsmodell für das Bürgergeld. Jeder Bürger, der kein ausreichendes Grundeinkommen erzielt, erhält vom Staat eine Unterstützungszahlung (Transferleistung). Das Finanzamt zahlt den Betrag, der im Vergleich zum steuerpflichtigen Einkommen am Grundeinkommen (als soziales Existenzminimum) fehlt, ohne weitere Bedürftigkeitsprüfung als negative Einkommensteuer aus. Diese nimmt also in dem Maße ab, wie der Bürger eigenes Einkommen erzielt. Ab Erreichung der politisch festgelegten Armutsgrenze beginnt die positive Einkommensteuer, d. h. die steuerliche Belastung. Vor-/Nachteil: Der negativen Einkommensteuer wird eine erhebliche Einsparung an Verwaltungskosten, aber auch der Verlust des Arbeitsanreizes nachgesagt. Neid. Neid ist das Missgönnen der geistigen,
körperlichen oder materiellen Vorzüge eines anderen. In der Ethik herrscht Einigkeit darüber, dass Neid im Rahmen der Begründung und Beurteilung gerechter Regeln bzw. Ergebnisse keine Rolle spielen darf. Neo-Faktorproportionen-Theorie,
Heckscher-Ohlin-Handel. Neoklassik. I . B e g r i ff u n d E i n o r d n u n g : Als Neoklassik bezeichnet man die Weiterentwicklung der klassischen Lehre. Die Neoklassik folgt dem Gleichgewichtsansatz der Klassik. Die bedeutendsten Veränderungen gegenüber der Klassik liegen im Übergang von der objektiven zur subjektiven Wertlehre und der damit verbundenen Betonung des Marginalkalküls. Darüber hinaus treten bei der Neoklassik nun Probleme der Allokation und Verteilung gegenüber denen der Produktion und des Wachstums in den Vordergrund. Wichtigste Vertreter der Neoklassik sind Jevons, Menger und Walras. I I . I n h a l t : Im Zentrum der Neoklassik steht die Analyse der Verteilung der Güter
auf die Konsumenten bei gegebener Faktormenge und das Problem der Allokation. Dabei wird insbes. auf die Marginalanalyse zurückgegriffen, die von der Produktionsauch auf die Nachfragesphäre ( Grenznutzenschule) ausgedehnt wird. Während in der Klassik der Arbeitslohn durch die Lohnfondstheorien und die Güterpreise über die Produktionskosten erklärt werden, wird in der Neoklassik die Bedeutung des Marktpreises betont, der sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergibt. Angebots- bzw. Nachfrageverhalten werden dabei aus Grenzproduktivitäts- bzw. Grenznutzenüberlegungen abgeleitet. Die Nachfrage spielt nicht nur bei der Bestimmung der Zusammensetzung der Produktion eine Rolle, sondern auch bei der Festlegung der relativen Preise. Die Frage, ob das Volumen der Gesamtnachfrage ausreicht, um die Produktion zu absorbieren, wird auch von der Neoklassik nicht beachtet, sondern weiterhin die Gültigkeit des Saysches Theorem vorausgesetzt, aber die Bedeutung des flexiblen Preismechanismus besonders unterstrichen. Zentrales Modell der Neoklassik ist Walras' Modell des allgemeinen Gleichgewichts, das auf den Annahmen vollkommene Konkurrenz, vollständige Voraussicht und völlig flexible Preise basiert. Es handelt sich um ein zeitloses, statisches Modell, mit dem keine Anpassungsprozesse analysiert werden können. Alle Größen des Systems werden simultan bestimmt, so dass alle Marktteilnehmer die für alle optimale Lösung kennen. Walras veranschaulicht dies mit dem Bild des Auktionators, dem alle Angebote und Nachfragen gemeldet werden. Anhand dieser Informationen bestimmt der Auktionator den Preisvektor, bei dem alle Märkte geräumt werden und somit die optimale Allokation der Ressourcen sichergestellt ist. Erst nachdem die Gleichgewichtspreise festgelegt wurden, kommt es zum eigentlichen Tauschvorgang. I I I . W ü r d i g u n g : Mit der Entwicklung der subjektiven Werttheorie und des Marginalkalküls hat die Neoklassik einen kaum zu überschätzenden Beitrag zur Entwicklung der volkswirtschaftlichen Theorie geleistet. Walras gelang die erste Darstellung eines geschlossenen mathematischen Totalmodells, das auch heute noch für die ökonomische Forschung von zentraler Bedeutung ist. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Ergebnisse der neoklassischen Theorie auf sehr restriktiven Annahmen beruhen.
309 Fundamentale Kritik an der Neoklassik übte Keynes. Er bezog sich dabei v. a. auf die Rolle, die das Geld in der Neoklassik spielt, auf die Behandlung des Arbeitsmarktes und die Annahme der vollständigen Voraussicht ( Keynessche Lehre). neoklassische Arbeitsmarkttheorie,
Arbeitsmarkt. neoklassisches Verteilungsgesetz. Das neoklassische Verteilungsgesetz wird im Rahmen neoklassischer Wachstumsgleichgewichte ( Wachstumstheorie) abgeleitet. Dort sind unter Einbeziehung der KaldorVerteilung ( Verteilungstheorie) und bei gleichzeitiger Verwendung der Grenzproduktivitätstheorie die Kapitalproduktivität, die Wachstumsrate des Kapitalstocks und die Lohnquote konstant. Die Anpassungsprozesse laufen so lange, bis im Gleichgewicht die Kaldor-Verteilung und die Grenzproduktivitätsverteilung übereinstimmen. Die konstante Lohnquote könnte theoretisch als eine Art Verteilungsgesetz interpretiert werden. neoklassische Theorien der Unternehmung. Gemeinsamer Kern der als neo-
klassisch bezeichneten Unternehmenstheorien ist die Orientierung an partiellen und totalen Gleichgewichtszuständen ( Gleichgewicht), das Ausblenden von endogenen Innovationen, die Voraussetzung einer gegebenen Menge von Handlungsalternativen, die für Wahlhandlungen zur Verfügung stehen sowie die Annahme des Prinzips der marginalen Substitution. Diese Ansätze sind trotz erheblicher Unterschiede auf die statische Allokation bezogen. Dabei bildet das allgemeine Gleichgewicht den Referenzzustand der optimalen Allokation ( Wohlfahrtsökonomik). Die optimale Allokation kann durch die Unternehmung entweder gestört oder verbessert werden. Im ersten Fall beeinträchtigt das (marktformenab hängige) Verhalten den Markt als Allokationsmechanismus. Im zweiten Fall verringern Unternehmungen (und andere Institutionen) Funktionshemmnisse der marktlichen Koordination und verbessern die Allokation. neoklassische Verteilungsmodelle,
Verteilungstheorie.
Nettoanpassung Neokolonialismus, direkte Beherrschung der Länder der Dritten Welt ( Entwicklungstheorie) über Spielregeln des kapitalistischen Weltmarktes. Die vom Kolonialismus befreiten Entwicklungsländer konnten allenfalls eine de-jure-Unabhängigkeit erreichen; die direkte Beherrschung wurde durch eine indirekte abgelöst. Militärische, politische, kulturelle, technologische, finanzielle und wirtschaftliche Abhängigkeiten stellen Mechanismen des Neokolonialismus dar. Vgl. auch Dependencia-Theorien, Entwicklungshilfe. Neomalthusianismus, Bevölkerungs-
politik. Neomerkantilismus, Bezeichnung für die seit dem Ende des 19. Jh. sich abzeichnende interventionistische Wirtschaftspolitik ( Interventionismus) mancher Staaten, die durch ihre einseitig auf Exportförderung ausgerichtete Handelspolitik bzw. ihre Autarkiebestrebungen an den Merkantilismus erinnert. Neo-Schumpeter-Hypothese, behauptet
einen Zusammenhang zwischen der absoluten Unternehmensgröße bzw. der relativen Unternehmensgröße und dem technischen Fortschritt. Neuere empirische Forschungen in den 80er Jahren haben jedoch gezeigt, dass eine allgemeine kausale Verknüpfung von technischem Fortschritt und absoluter bzw. relativer Unternehmensgröße nicht haltbar ist. Net Barter Terms of Trade, Kehrwert der
Commodity-Terms of Trade.
Nettoanpassung, Prinzip der Anpassung der Altersrenten in der gesetzlichen Rentenversicherung an die Lohnentwicklung, die sich an den Nettolöhnen orientiert. Die Nettoanpassung gleicht die gesetzlichen Renten an die Veränderung des Nettoeinkommens an. Steigt aber die Abgabenlast der Versicherten (z. B. weil die Zahl der Rentner steigt), so vermindert sich die Anpassungsrate der Renten. Damit sollte die dynamischen Rente und der Generationenvertrag gesichert werden Das Nettoprinzip galt bis zum Jahre 2000. Ab 2001 wurde eine modifizierte Bruttoanpassung eingeführt, die 2004 durch einen Nachhaltigkeitsfaktor ergänzt wurde.
Nettoäquivalenzeinkommen
310
Nettoäquivalenzeinkommen, Äquiva-
Nettoumsatzsteuer, Mehrwertsteuer;
lenzeinkommen, Armutsgrenze.
Umsatzsteuer, die in einem bestimmten Prozentsatz vom umsatzsteuerlichen Entgelt ohne Umsatzsteuer geschuldet wird. Die seit 1968 erhobene Umsatzsteuer ist eine Nettoumsatzsteuer, die wegen der Möglichkeit, die auf den Vorleistungen lastende Umsatzsteuer abzuziehen (Vorsteuerabzug), regelmäßig nicht kumulativ wirkt ( Kumulativwirkung), d. h. es entsteht keine Steuer auf die Steuer. Gegensatz: Bruttoumsatzsteuer. Vgl. auch Umsatzbesteuerung.
Nettoauslandsaktiva, Nettobestand an Forderungen des Inlandes gegenüber dem Ausland. Erhöht durch Kapitalexporte, verringert durch Kapitalimporte. Vgl. auch Auslandsverschuldung, Zahlungsbilanz. Nettoauslandsposition, VGR. Nettoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit, Bruttoeinkommen aus unselbst-
ständiger Arbeit abzüglich Lohnsteuer und Sozialbeiträge der Arbeitnehmer. Nettoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen, Bruttoeinkommen
aus Unternehmertätigkeit und Vermögen abzüglich öffentlicher Abgaben auf Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen (direkte Steuern, Lohnausgleichsabgaben, Pflichtbeiträge der Selbstständigen) zuzüglich sonstiger Zu- und Abrechungen. Nettoinvestition, Differenz zwischen Bruttoinvestition und Reinvestition bzw. Abschreibung. Eine positive Differenz bedeutet eine Vergrößerung des Realkapitalbestandes, eine negative Differenz entsprechend eine Verminderung. Vgl. auch Investition. Nettokreditaufnahme, Netto-Neuverschuldung, Schuldenaufnahme am Kreditmarkt ( öffentliche Kreditaufnahme) abzüglich Schuldentilgung. Kennziffer der Nettokreditaufnahme: Kreditfinanzierungsquote. Gegensatz: Bruttokreditaufnahme. Nettoleistung, Nettoproduktion. Nettonationaleinkommen (NNE), So-
zialprodukt. Nettoneuverschuldung, Nettokredit-
aufnahme. Nettoleistung, Saldo zwischen wertmäßigem Produktionsausstoß (Output) und dem zugehörigen Verbrauch an Vorleistungsgütern (Input) eines Sektors.
Nettoproduktion,
Nettosozialprodukt, Sozialprodukt.
Nettovermögen, Reinvermögen. Nettovermögensposition, VGR. Nettoverteilung, zeigt die Verteilung des
Nettoeinkommens auf die an seiner Erstellung beteiligten Produktionsfaktoren ( Nettoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit, Nettoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen). Die Nettoverteilung ist unter verteilungspolitischen Gesichtspunkten interessant, da sie die tatsächlich zur Verfügung stehenden Einkommen berücksichtigt, die letztlich Grundlage der Konsum- und Investitionsentscheidungen sind. Nettoverteilungsquoten, Nettovertei-
lung, Gewinnquote, Lohnquote, bereinigte Lohnquote, Arbeitseinkommensquote. Im Gegensatz zu diesen werden jedoch bei der Betrachtung der Nettorelationen die Nettoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit und Nettoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen bzw. das gesamtwirtschaftliche Nettoeinkommen zur Quotenbildung verwandt. neue Bundesländer, Föderales Konso-
lidierungsprogramm, Fonds Deutsche Einheit, Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost. Neue Handelstheorie. Im Unterschied zur
traditionellen Handelstheorie, die von der Annahme vollkommener Konkurrenz auf allen Güter- und Faktormärkten ausgeht, werden in der neuen Handelstheorie die Marktprozesse in oligopolistisch strukturierten internationalen Märkten analysiert. Die Politikimplikationen unterscheiden sich von denen der traditionellen Handelstheorie insbesondere dadurch, dass Freihandel
311 nicht zwangsläufig zum gesamtwirtschaftlichen Optimum führt. Neue Institutionenökonomik. Die Neue Institutionenökonomik (NIÖ) befasst sich mit Entstehen und Funktion von Institutionen in Ökonomien und mit deren Wandel im Zeitablauf. Dabei sind unter Institutionen Normen zu verstehen, die als Randbedingungen auf das Sozialverhalten der Individuen einwirken. Zu den so verstandenen Institutionen gehören einmal formlose Beschränkungen wie Sitten und Gebräuche, formgebundene Regelungen wie Gesetze, Eigentumsrechte oder Verträge sowie Instrumente, die zur Durchsetzung institutioneller Vorgaben eingesetzt werden können (z. B. Austausch von Sicherungsleistungen oder glaubhafte Zusicherungen). Institutionen sind entweder das nicht bewusst herbeigeführte und schwer zu beeinflussende Resultat kultureller Evolution oder das Ergebnis von Gestaltungswillen. Die NIÖ erkennt im Gegensatz zum amerikanischen Institutionalismus die Leistungen der Neoklassik an und baut auf ihnen auf. So wird das Konzept des methodologischen Individualismus von der neoklassischen Theorie übernommen. Den Individuen wird grundsätzlich rationales Verhalten unterstellt (entweder als vollkommene Rationalität oder in der abgeschwächten Form der begrenzten Rationalität). Die NIÖ strebt eine Weiterentwicklung der technologisch orientierten neoklassischen Theorie an, weil diese die Institutionen vollkommen vernachlässigt und sich damit im ökonomischen Nirwana (Demsetz) bewegt. Obwohl die Notwendigkeit einer Analyse der Institutionen bereits von den amerikanischen Institutionalisten und von der Historischen Schule in Deutschland erkannt wurde, gelang erst der NIÖ die Integration institutioneller Fragestellungen in die ökonomische Theorie. Neue Keynesianische Makroökonomik,
Erweiterung der theoretischen Grundlagen der Keynesianischen Analyse, da die Verkürzung der Keynesschen Lehre auf Rigiditätsfälle zur Erklärung der Realität mit andauernden Ungleichgewichten nicht befriedigen konnte. Der Rigiditätsfall ist nur eine von mehreren Ursachen für Ungleichgewichte und z. T. nur Folge der wahren Ursachen, wie Unsicherheit, Monopolisierung. Ausgangspunkt der hier anknüpfenden Neuen Keynesianischen Makroökonomik (Un-
Neue Politische Ökonomie gleichgewichtstheorie) ist das PatinkinModell, ein Gleichgewichtssystem, in dem anhaltende Abweichungen vom Gleichgewicht möglich und wahrscheinlich sind, wenn die Trägheit der Anpassungsmechanismen ( Realkassenhaltungseffekt) die Erreichung des Gleichgewichts verzögern und es daher zu Rückwirkungen auf dem Arbeitsmarkt kommt. Damit führt auch der Lohn-/Preismechanismus nicht zu einem grundsätzlich bestehenden Gleichgewicht zurück. Reallohnsenkungen vermindern in solchen (wahrscheinlichen) Situationen die Arbeitslosigkeit nicht. Der patinkinsche Ungleichgewichtsansatz wurde dann Ausgangspunkt einer Reihe weiterer Ungleichgewichtstheorien. Vgl. auch Postkeynesianismus. Neue
Klassische
Makroökonomik.
Während zu Beginn der 70er Jahre die makroökonomische Debatte entscheidend durch die Kontroverse zwischen Keynesscher Lehre und Monetarismus geprägt wurde, hat sich seit Mitte dieser Dekade der Schwerpunkt der Diskussion auf die Auseinandersetzung zwischen Neuer Keynesianischer Makroökonomik und Neuem Keynesianismus einerseits und Neuer Klassischer Makroökonomik andererseits verlagert. Die Neue Klassische Makroökonomik geht im Gegensatz zur neuen Keynesianischen Makroökonomik davon aus, dass Märkte prinzipiell ständig geräumt werden (Markträumungsansatz). Eines der Hauptziele der Neuen Klassischen Makroökonomik ist die gleichgewichtstheoretische Erklärung von Konjunkturschwankungen. Die Einordnung der Neuen Klassischen Makroökonomik ist umstritten. Viele Ökonomen betrachten sie als moderne Spielart des Monetarismus; für andere ist die Entfernung zwischen Neuer Klassischer Makroökonomik und Monetarismus größer als die zwischen Monetarismus und Keynesianismus. Neue Politische Ökonomie, ökonomische
Theorie der Politik, Public Choice. Unter der Neuen Politischen Ökonomie versteht man die systematische Anwendung der ökonomischen Paradigmen des Rationalprinzips und des Gleichgewichts auf die Sphäre des politischen Handelns. Dieses wird also mit dem gleichen Verhaltensmodell untersucht wie privates Handeln. Damit stellt sie sich bewusst gegen die traditionelle Wohl-
Neuer Keynesianismus fahrtsökonomik, die staatliche Eingriffe in Marktstrukturen und Marktprozesse damit rechtfertigt, dass unbefriedigende Marktergebnisse ( Marktversagen) im Hinblick auf Effizienz-, Verteilungsgerechtigkeitsoder Stabilisierungsziele korrigiert werden sollen. Im Rahmen dieser Theorie werden staatliche Handlungsträger typischerweise als dem Gemeinwohl verpflichtete Diktatoren modelliert: Politiker wollen das, was für die Bürger das Beste ist, und sie haben dabei vollkommene Handlungsfreiheit. Beides sind unrealistische Idealvorstellungen, denen die Neue Politische Ökonomie eine positive, also erklärende Analyse politischen Handelns entgegensetzt. Der wohlwollende Diktator wird durch den egoistischen Demokraten ersetzt: Rationales Verhalten egoistischer Politiker und rationales Verhalten der Wähler bei ihrer Wahlentscheidung bilden die Grundlage der Neuen Politischen Ökonomie, die das Ziel hat zu erklären, warum bestimmte wirtschaftspolitische Maßnahmen ergriffen werden. Zum einen wird also staatliches Handeln endogenisiert, zum anderen kann man anhand des oben skizzierten Wertesystems untersuchen, ob es ein dem Marktversagen vergleichbares Staatsversagen gibt. Neuer Keynesianismus, New Keynesian Economics (NKM); in den 80er Jahren entstandene makroökonomische Schule, die im Gegensatz zur Neuen Klassischen Makroökonomik davon ausgeht, dass sich Schwankungen in fundamentalen makroökonomischen Variablen ( Einkommen, Beschäftigungsgrad) nur erklären lassen, wenn Unvollkommenheiten auf Mikroebene existieren. Solche mikroökonomischen Unvollkommenheiten sind z. B. starre Löhne und Preise. Der Neue Keynesianismus steht insoweit in der Tradition der Keynesschen Lehre ( Keynesianismus). Im Unterschied zu dieser sieht der Neue Keynesianismus seine Hauptaufgabe in der mikroökonomischen Fundierung von Lohn- und Preisstarrheiten. In naiven Keynesianischen Ansätzen wurden Lohnstarrheiten z. B. mit Nominallohnillusion der Arbeitnehmer begründet. Der Neue Keynesianismus versucht zu zeigen, warum es auch bei Rationalverhalten der Individuen zu Starrheiten kommen kann. Als mögliche Ursachen für Preisstarrheiten bei mikroökonomischem Rationalverhalten werden diskutiert: Menu Costs, gestaffelte Preissetzung, Hysterese-Effekt.
312 Neue Weltwirtschaftsordnung, seit Anfang der 70er Jahre von Entwicklungsländern auf internationaler Ebene ( UN, UNCTAD) geforderte Änderung der Weltwirtschaftsordnung mit dem Ziel einer Reduzierung der Benachteiligung der Entwicklungsländer bei der Integration in die Weltwirtschaft. Neutralisierung, Sterilisierung. Neutralität einer Abstimmungsregel verlangt, dass alle Alternativen gleichberechtigt behandelt werden. Neutralität ist z. B. bei der qualifizierten Mehrheitsregel verletzt. Neutralität der Besteuerung, ordnungspolitischer Besteuerungsgrundsatz ( Besteuerungsprinzipien), mit Steuern keine allokativen Verzerrungen herbeizuführen. In dieser Allgemeingültigkeit ist die Neutralität der Besteuerung heute überholt, da Steuern auch nichtfiskalische Ziele zu Grunde liegen ( nichtfiskalische Besteuerung, Ordnungssteuer). Abgesehen von gewollten Eingriffen in die Produktions- und Konsumstrukturen soll die Besteuerung jedoch möglichst neutral auf den Wettbewerb wirken. Renaissance des Grundsatzes im Konzept der Angebotsökonomik. Neutralität des Geldes, Begriff der
Geldtheorie. Nach klassischen und neoklassischen Vorstellungen ist das Geld hinsichtlich der realwirtschaftlichen Größen neutral, da es lediglich Tauschmittelfunktionen erfüllt. Die Höhe des realen Volkseinkommens und die relativen Preise (Preisverhältnisse) der Güter und Faktoren werden ausschließlich durch reale Vorgänge determiniert. Durch das Geld werden lediglich die absolute Preishöhen und das nominelle Volkseinkommen bestimmt. Die Hypothese der Neutralität des Geldes setzt Freiheit von Geldillusion ( Geldtheorie) voraus und wurde insbes. durch Keynes überwunden, der neben der Kassenhaltung zu Transaktionszwecken als weiteres Motiv die spekulative Geldhaltung einführte. Vgl. auch Theorie der Geldnachfrage, klassische Lehre. Newcomer, potenzieller Wettbewerb. New Keynesian Economics, Neuer
Keynesianismus.
313 New Orthodoxy Approach, theoretische Erklärung für die Unmöglichkeit der zeitlichen Lastenverschiebung durch die öffentliche Verschuldung ( Last der Staatsverschuldung). Jede öffentliche Kreditaufnahme erfolgt aus dem derzeitigen Sozialprodukt, hat Crowding-out-Effekte ( Crowding Out) zur Folge, und damit muss allein die heutige Generation eine geringere private Investitions- oder Konsumnachfrage hinnehmen. Eine generative Lastverschiebung ist unmöglich. Gegensatz: Aggregate Investment Approach. Vgl. auch Pay-as-you-usePrinzip. Nichtbanken, Unternehmen, Privatper-
sonen, öffentliche Haushalte. Nichterwerbspersonen, Personen, die (1) im erwerbsfähigen Alter weder erwerbstätig noch erwerbslos sind, oder (2) noch nicht oder nicht mehr im erwerbsfähigen Alter sind. Vgl. Arbeitslosenstatistik. nichtfiskalische Besteuerung, Gesamtheit aller steuerlichen Maßnahmen des Staates, die neben der Einnahmeerzielung primär andere wirtschaftspolitische Ziele verfolgen, z. B. zur Lenkung von Produktionsfaktoren, zur Diskriminierung oder Förderung bestimmter Produkte, zur Einkommensumverteilung. Die unter die nichtfiskalische Besteuerung fallenden Steuern werden Zwecksteuern genannt. Ungeachtet ihrer Absichten hat jede Steuer fiskalische ( fiskalische Besteuerung) und nichtfiskalische Wirkungen. nichthandelbare Güter, Güter, die nicht
international gehandelt werden können, und deswegen in verschiedenen Ländern auch unterschiedliche Preise aufweisen können. Diese Preise werden allein durch die nationalen Angebots- und Nachfragebedingungen bestimmt. Vgl. auch handelbare Güter. Nichtneutralität des Geldes, Geldthe-
orie, Neutralität des Geldes. Nicht-Preiswettbewerb, Sammelbegriff für alle Formen des Wettbewerbs, die auf den Einsatz des Preises als Aktionsparameter verzichten und insbes. auf Qualitätswettbewerb, Servicewettbewerb und Werbung ausweichen. Nicht-Preiswettbewerb ist typisch für Oligopole mit hoher preispoli-
Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften tischer Interdependenz. Vgl. auch bewerbstheorie.
Wett-
nichtrivalisierender Konsum, Nichtri-
valitätsaxiom. Nichtrivalitätsaxiom, Konzept zur Charakterisierung öffentlicher Güter. Ein Gut erfüllt das Nichtrivalitätsaxiom, wenn dieses von allen Haushalten ohne Rivalität in gleichem Umfang konsumiert werden kann (nichtrivalisierender Konsum); z. B. Preisstabilität, Rundfunksendungen. nichttarifäre Handelshemmnisse, alle Arten von Handelshemmnissen, die nicht die Form von tarifären Handelshemmnissen haben. Dies können zum einen mengenmäßige Beschränkungen sein ( Importquoten, freiwillige Exportbeschränkungen), aber zum anderen auch indirekt wirkende Barrieren, wie z. B. administrative Vorschriften (Sicherheitsstandards). Nichttarifäre Handelshemmnisse führen zu Verzerrungen zwischen den Weltmarktpreisen ( Terms of Trade) und den heimischen Güterpreisen. Vgl. auch Handelspolitik. Niedriglohn-Beschäftigung, Gleitzo-
nenbeschäftigung. Displacement-Effekt, finanzsoziologische Erklärung für den langfristigen Anstieg der Staatsquote. Während in normalen Zeiten die Staatsquote relativ konstant bleibt, sinkt in Krisenzeiten (z. B. Krieg) der Steuerwiderstand ( Steuerabwehr); Steuer- und Staatsquote können erhöht werden. Durch die Gewöhnung an die Steuerbelastung sinkt der Staatsanteil nach Beendigung der Krise nicht wieder auf das alte Niveau ab. Niveauverschiebungseffekt,
Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften, von der Schwedischen Reichsbank im
Einvernehmen mit der Nobelstiftung gestifteter Preis. Er wird seit 1969 von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften (Stockholm) verliehen (vgl. die folgende Liste der Nobelpreisträger). Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 1969 Frisch, Ragnar (Norwegen) Tinbergen, Jan (Niederlande)
Nominallohnpolitik 1970 Samuelson, Paul A. (USA) 1971 Kuznets, Simon (USA) 1972 Arrow, Kenneth J. (USA) Hicks, John R. (GB) 1973 Leontief, Wassily (USA) 1974 Myrdal, Gunnar (Schweden) Hayek, Friedrich A. v. (Österreich) 1975 Kantarowitsch, Leonid V. (UDSSR) Koopmans, Tjalling C. (USA) 1976 Friedman, Milton (USA) 1977 Ohlin, Bertil (Schweden) Meade, James E. (GB) 1978 Simon, Herbert A. (USA) 1979 Schultz, Theodore W. (USA) 1980 Klein, Lawrence R. (USA) 1981 Tobin, James (USA) 1982 Stigler, George J. (USA) 1983 Debreu, Gerard (USA) 1984 Stone, Richard (GB) 1985 Modigliani, Franco (USA) 1986 Buchanan, James M. (USA) 1987 Solow, Robert (USA) 1988 Allais, Maurice (Frankreich) 1989 Haavelmo, Trygve (Norwegen) 1990 Markowitz, Harry M. (USA) Miller, Merton H. (USA) Sharpe, William F. (USA) 1991 Coase, Ronald H. (GB) 1992 Becker, Gary S. (USA) 1993 Fogel, Robert W. (USA) 1994 North, Douglass C. (USA) 1995 Lucas, Robert E. Jr. (USA) 1996 Mirrlees, James A. (GB) Vickrey, William (USA) 1997 Merton, Robert C. (USA) Scholes, Myron S. (USA) 1998 Sen, Amyrta (GB) 1999 Mundell, Robert A: (USA) 2000 Heckman, James J. (USA) Mc Fadden, Daniel L. (USA) 2001 Ackerlof, George A. (USA) Spence, Michael A. (USA) Stiglitz, Joseph E. (USA) 2002 Kahneman, Daniel (USA) Smith, Vernon L. (USA) 2003 Engle, Robert (USA) Granger, Clive (GB) 2004 Kydland, Finn E. (Norwegen) Prescott, Edward C. (USA) 2005 Aumann, Robert (Israel) Schelling, Thomas (USA) 2006 Phelps, Edmund S. (USA)
314 2007 Hurwicz, Leonid (USA) Maskin, Eric S. (USA) Myerson, Roger B. (USA) 2008 Krugman, Paul (USA)
Nominallohnpolitik, Verteilungsdilem-
ma. Nominalzoll, effektive Protektion. Nonaffektationsprinzip. 1. Begriff: Fi-
nanzwirtschaftlicher Grundsatz der Unzulässigkeit einer Zweckbindung öffentlicher Einnahmen: Sämtliche Einnahmen sind als Deckungsmittel für den gesamten Ausgabenbedarf bereitzuhalten bzw. keine Ausgabenleistung darf von dem tatsächlichen Aufkommen irgendeiner Steuer abhängig gemacht werden. Ausnahmen bedürfen ausdrücklicher Bestimmung in den einzelnen Steuergesetzen. 2. Finanzpolitische Bedeutung: Hinter dem Nonaffektationsprinzip steht die Auffassung von der Gleichwertigkeit aller Staatszwecke und die Vorstellung, sich die Freiheit des politischen Handelns durch die Möglichkeit der Bildung von Ausgabeprioritäten von Fall zu Fall zu erhalten. Vgl. auch Haushaltsplan, Haushaltsgrundsätze, Fondswirtschaft. Nordamerikanische Freihandelsvereinbarung, North American Free Trade Ag-
reement ( NAFTA). Nord-Süd-Gefälle, bezeichnet das Einkom-
mensgefälle zwischen den Industrieländern des Nordens und den Entwicklungsländern des Südens. Vgl. auch Entwicklungspolitik. Nord-Süd-Konflikt, Bevölkerungspoli-
tik. Norm, moralische Norm. Normalarbeitsverhältnisse, atypische
Beschäftigungsverhältnisse. derjenige Auslastungsgrad des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials, welcher im langfristigen Durchschnitt oder aufgrund von Unternehmensbefragungen als normal angesehen wird. Normalauslastungsgrad,
315
Nutzentheorie
Normaldefizit, Normalverschuldung; Teil des Gesamtdefizits öffentlicher Haushalte, an den sich die Privaten langfristig (als normal) gewöhnt haben; abgeleitet aus der potenzialorientierten Verschuldung. Das Normaldefizit wird bei der Ermittlung des strukturellen Defizits berücksichtigt. Normativität. Normativität dient gelegent-
lich als Abstraktum für men.
moralische Nor-
North American Free Trade Agreement, Nordamerikanische Freihandelsver-
einbarung ( NAFTA). Notenbank, anderer Name für Zentralbank, der auf ihr Notenmonopol hinweist. Notenbankautonomie, Unabhängigkeit
der Zentralbank, Geldtheorie. Notenbankfunktion, Deutsche Bundes-
bank. Notenmonopol, alleiniges Recht, die Wäh-
rung eines Landes bzw. Währungsraumes auszugeben. Das Recht zur Ausgabe des Euro steht allein der Europäischen Zentralbank ( EZB) zu. Notenumlauf. Umlauf von Banknoten, die in einem Land unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel sind; neben dem Münzumlauf Teil des Bargeldumlaufs. Notgeld, in wirtschaftlichen Krisen beim
Versagen der Währungspolitik ausgegebenes Geld.
Notlagen. Persönliche Notlagen, von Familien oder anderen Personengruppen können vielfältig gegeben und begründet sein, z. B. durch körperliche und/oder geistige Behinderungen, persönliche Schicksalsereignisse, natürliche, technische und politische Katastrophen, gesellschaftliche Diskriminierung oder durch gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturbrüche. Vgl. Armut, empirische Lebenslagenforschung, Lebenslage, Sozialhilfe. Nuclear Energy Agency, NEA.
Nullhypothese, bei statistischen Testverfahren die Hypothese, deren Prüfung durchgeführt werden soll. Numéraire, Standardgut. Nutzen, bezeichnet in der Haushaltstheorie bzw. der Nutzentheorie das Maß für die Fähigkeit eines Gutes, ein bestimmtes Konsumbedürfnis des Haushalts befriedigen zu können. Vgl. auch Utilitarismus. Nutzenfunktion, gibt in der Haushaltstheorie den Zusammenhang zwischen dem (erwarteten) Nutzen und den Verbrauchsmengen einzelner oder mehrerer Konsumgüter an. Vgl. auch Nutzenindexfunktion. Nutzenindexfunktion, in der Haushaltstheorie und Nutzentheorie ein mathematischer Ausdruck für die Präferenzordnung eines Haushaltes, der durch die Kennzeichnung der Indifferenzkurven mit sukzessiv größer werdenden Nutzenindices abgeleitet werden kann. Auf der Grundlage der Nutzenindexfunktion kann für jedes Gut eine ordinale Nutzenfunktion aufgestellt werden. Nutzen-Kosten-Analyse, Kosten-Nut-
zen-Analyse. Nutzentheorie. 1. Begriff: Teilbereich der
mikroökonomischen Haushaltstheorie. 2. Unterscheidung: a) Die ältere kardinale Nutzentheorie ordnet jeder Gütermenge eine Nutzengröße zu, so dass Nutzeneinheiten analog den Gütereinheiten auf einer extensiven Skala kardinal quantifiziert werden können. Aufgrund der damit bestimmbaren Nutzendifferenzen wird auch der Grenznutzen messbar. Niederschlag findet die kardinale Nutzentheorie in den Gossenschen Gesetzen. b) Die ordinale Nutzentheorie fasst den Nutzen dagegen als eine Größe auf, die nur darüber Auskunft geben kann, ob ein bestimmter Zustand einem anderen vorgezogen wird. Durch die Zuordnung von Nutzenindices können die Güterkombinationen in eine Rangfolge gebracht werden ( Nutzenindexfunktion), die Widerspruchsfreiheit und Transitivität der Präferenzen voraussetzt. Güterkombinationen mit gleichem Nutzenindex gelten als gleichwertig und werden durch Indifferenzkurven dargestellt. Vgl. auch Wohlfahrt.
Nutzenvergleich Nutzenvergleich, interpersoneller Nut-
zenvergleich. Nutzungskosten, User Costs. Zeitliche Opportunitätskosten der Nutzung einer erschöpflichen Ressource ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Wird eine Einheit einer erschöpflichen Ressource abgebaut, so steht sie in der Zukunft nicht mehr zur Verfügung. Die Nutzungskosten geben den abdiskontierten Wert der damit verbundenen Nutzeneinbuße an. Die Existenz der Nutzungskosten weist Probleme der erschöpfli-
316 chen Ressourcen als intertemporale Allokationsprobleme aus. Nutzwertanalyse, Scoring-Modell, Rang-
folge-Modell. Verfahren zur Alternativenbewertung, wobei Alternativen auch an solchen Bewertungskriterien gemessen werden, die nicht in Geldeinheiten ausdrückbar sind. Berücksichtigt werden bei der Nutzwertanalyse z. B. technische, psychologische und soziale Bewertungskriterien, die sich an quantitativen und qualitativen Merkmalen orientieren (multiattributive Nutzenbetrachtung). Anders: Kosten-Nutzen-Analyse.
O objektbezogene Verschuldung, De-
ckungsgrundsatz. objektbezogene
Verschuldungsregel,
Haushaltssystematik, verschuldung.
Last der Staats-
Objektivität, Operationalisierbarkeit. OECD, Organization for Economic Co-
Operation and Development, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; seit 30.9.1961 Nachfolgeorganisation der OEEC (Organization for European Economic Cooperation) mit Sitz in Paris. Ihr gehören 30 Industrieländer (2009) an. Ziele: Koordinierung der Wirtschaftspolitik, insbes. der Konjunktur- und Währungspolitik der freien Welt; Koordinierung und Intensivierung der Entwicklungshilfe der Mitgliedsstaaten mit dem Ziel, ein angemessenes Wirtschaftswachstum in den Entwicklungsländern zu verwirklichen; Förderung und Ausweitung des Welthandels, ein stetiges Wachstum und steigende wirtschaftliche Produktivität. Auf der Grundlage eigener Studien und Forschungsaktivitäten entwickelt sie Leitlinien und Modelle für die Lösung zukunftsweisender Problemstellungen. Analyseschwerpunkte liegen bei der Wirtschafts- und Konjunkturpolitik durch die Erarbeitung jährlicher Länderberichte über die Wirtschaftslage der einzelnen Mitgliedsstaaten. Bedeutung: Die OECD stellt das Forum für eine permanente internationale Regierungskonferenz dar, die zu einem intensiven Informations- und Meinungsaustausch über aktuelle gemeinsame wirtschaftsund währungspolitische Probleme und einer besseren Abstimmung nationaler wirtschaftspolitischer Maßnahmen beiträgt. Weitere Informationen unter www.oecd.org OEEC, OECD. offenbarte Präferenzen, Präferenz.
offene Stellen, in betrieblichen Stellenplänen vorhandene, aber nicht mehr oder noch nicht besetzte Stellen (nicht unbedingt identisch mit physischen Arbeitsplätzen). Die monatliche Statistik der gemeldeten offenen Stellen ist ein wichtiger Arbeitsmarktindikator, der Aufschluss über den Umfang und die Entwicklung der ungedeckten Arbeitskräftenachfrage bzw. über kurzfristige Beschäftigungspotenziale gibt. offene Volkswirtschaft, Volkswirtschaft, die außenwirtschaftliche Beziehungen unterhält. Offenheit kann auf den Güter- und Kapitalmärkten ( internationaler Kapitalverkehr) gegeben sein. Vgl. auch Außenwirtschaftstheorie. Offenmarktgeschäfte mit Rückkaufsvereinbarung, Wertpapierpensionsge-
schäfte. Offenmarktpolitik, Deutsche Bundes-
bank. öffentliche Abgaben, Abgaben. öffentliche Aufgaben, von öffentlichen
Aufgabenträgern nach planwirtschaftlichen Methoden zu erfüllende Aufgaben. In der Marktwirtschaft ergibt sich die Begründung öffentliche Aufgaben aus der Existenz bestimmter Gütermerkmale ( Nichtrivalitätsaxiom, Nichtanwendbarkeit des Ausschlussprinzips, Grenzkosten von Null), die eine privatwirtschaftliche Aufgabenerfüllung nicht bzw. nur mit gesamtwirtschaftlich suboptimalem Ergebnis erlaubt ( öffentliche Güter, Marktversagen) bzw. bei denen eine privatwirtschaftliche Aufgabenerfüllung aus politisch-meritorischen Gründen nicht erwünscht ist ( meritorische Güter). öffentliche Aufgabenträger, die Träger öffentlicher Aufgaben in einem gegliederten Gemeinwesen: a) Gebietskörperschaften
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_15, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
öffentliche Aufträge (Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände), die jeweils eine Vielzahl öffentlicher Aufgaben erfüllen; b) die Parafisci (v. a. die Sozialversicherungsträger); c) öffentliche Unternehmen, Kirchen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände u. ä. öffentliche Aufträge, von Bund, Ländern,
Gemeinden, Gemeindeverbänden und sonstigen Personen des öffentlichen Rechts zu vergebende Aufträge zur Beschaffung von Gütern. Die Vergabe erfolgt nach den Verdingungs- und Preisverordnungen und Richtlinien für die Bevorzugung bestimmter Bewerber. Vgl. auch Ausschreibung. öffentliche Auftragsvergabe, öffent-
liche Aufträge, Ausschreibung. öffentliche Ausgaben. Ausgaben der öffentlichen Hand zur Verwirklichung der öffentlichen Aufgaben; über Art und Ausmaß entscheiden die politischen Vertretungen. Vgl. auch öffentlicher Haushalt. Anders: Staatsausgaben. Gegensatz: öffentliche Einnahmen. öffentliche Ausschreibung, Ausschrei-
bung, öffentliche Aufträge. öffentliche Einnahmen. Einnahmen der Gebietskörperschaften (u. U. auch der Sozialversicherungsträger), d. h. die Summe aller Arten von Einnahmen in den öffentlichen Haushalten. Vgl. auch Staatseinnahmen. Gegensatz: öffentliche Ausgaben. öffentliche Finanzwirtschaft, Finanz-
wirtschaft. öffentliche Hand, Bezeichnung für Kör-
perschaften des öffentlichen Rechts, im Hinblick auf ihre Tätigkeit als Unternehmer (öffentliche Unternehmen) oder auf ihr Vermögen ( Fiskus). öffentliche Kreditaufnahme, öffentliche Schulden. 1. Begriff: Die von der öffentlichen Hand aufgenommenen und normalerweise mit einer Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht verbundenen Kredite. Im Gegensatz zur zwangsweise erhobenen Steuer handelt es sich bei der öffentlichen Kreditaufnahme um Einnahmen, die aus der Beteiligung am marktwirtschaftlichen Prozess resultieren. Vgl. auch Staatsschulden. 2.
318 Schuldenarten: a) Nach dem Dokument: (1) Briefschulden: Sie werden über eine gesonderte Schuldenurkunde dokumentiert; (2) Buchschulden: Sie werden in ein Schuldbuch eingetragen. b) Nach der Fristigkeit: (1) Geldmarktpapiere: kurzfristige Verschuldung am Geldmarkt (unverzinsliche Schatzanweisungen, Finanzierungsschätze und Schatzwechsel); (2) Kapitalmarktpapiere: langfristige Verschuldung am Kapitalmarkt (Kassenobligationen, Bundesobligationen, Bundesschatzbriefe, Anleihen, Schuldscheindarlehen sowie Sozialversicherungs- und Versicherungsdarlehen. 3. Ziele: a) Fiskalisches Ziel: Die öffentliche Kreditaufnahme dient primär der Einnahmeerzielung zur Finanzierung der staatlichen Aufgabenerfüllung (Deckungskredit) oder zur kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen (Kassenverstärkungskredit). b) Im Rahmen der Fiscal Policy hat die öffentliche Kreditaufnahme als Instrument der Konjunkturpolitik und Stabilisierungspolitik eine wichtige Funktion ( Deficit Spending). Auch für die Verfolgung allokations-, insbes. wachstumspolitischer Ziele ist die öffentliche Kreditaufnahme von Bedeutung, da mit ihrer Hilfe auf die volkswirtschaftliche Kapitalbildung ( Aggregate Investment Approach) und auf die intergenerative Aufteilung der Finanzierungslast zukunftswirksamer Investitionen Einfluss genommen werden kann ( Pay-as-you-Use-Prinzip). 4. Wirkungen: a) Allokative Wirkungen: (1) Intratemporal: Insbes. die in der Auseinandersetzung um das sog. Crowding Out diskutierten Verdrängungseffekte auf den Geld- und Kapitalmärkten ( Fontänentheorie, Quellentheorie), aber auch auf den Gütermärkten (Direct Crowding Out). Von diesen allokativen Wirkungen hängt auch der Erfolg des Einsatzes der öffentlichen Kreditaufnahme für die Ziele der Stabilisierungspolitik ab. (2) Intertemporal: In der sog. Lastverschiebungsdiskussion kontrovers diskutiert; vgl. Last der Staatsverschuldung. b) Distributive Wirkungen: (1) Intratemporal: Transferansatz, stellt die These auf, dass eine steigende Staatsverschuldung zu einer Vermögens- und Einkommenskonzentration und daher einer Umverteilung führe, da die Aufbringung der Zins- und Tilgungslast über das Steueraufkommen je nach Steuerart regressiv, zu Lasten der Armen wirke, während die Rendite den Beziehern höherer Einkommen zufließe, da v. a. diese die staatlichen Anlei-
319 hen zeichnen. (2) Intertemporal: Grundsätzlich die gleichen Überlegungen wie zu den intratemporalen Wirkungen. Die intertemporalen Verteilungswirkungen hängen aber zusätzlich von Veränderungen des Steuersystems zwischen den betrachteten Perioden ab. 5. Grenzen: Verschuldungsgrenzen. Vgl. auch Nettokreditaufnahme, Bruttokreditaufnahme, Finanztheorie, Kommunalverschuldung. öffentliche Kredite, Sammelbegriff für die Kreditgewährung und -aufnahme der öffentlichen Hand. Vgl. auch öffentliche Kreditaufnahme, Finanzierungssaldo. öffentliche Lasten. 1. I. w. S.: Sammelbegriff für alle öffentlich-rechtlichen Pflichten zu einer Leistung oder Duldung. Beispiel: Abgaben. 2. I. e. S.: Öffentlich-rechtliche Pflicht, die als dingliches Recht auf einer Sache, v. a. auf einem Grundstück ruht, und zwar als Leistungspflicht (Hypothekengewinnabgabe), Haftungspflicht (Verwertungsrecht) oder Duldungspflicht. Haushalt. 1. Begriff: a) I. w. S.: Der Befriedigung von Kollektivbedürfnissen dienende Einrichtungen aller Gebietskörperschaften, die zu diesem Zweck öffentliche Güter anbieten. Die Produktionskosten der öffentlichen Güter finden im öffentlichen Haushalt zahlenmäßigen Niederschlag. b) I. e. S.: Das Rechnungswerk von Bund, Ländern und Gemeinden. Solleinnahmen und -ausgaben werden im Haushaltsplan ( Budget) im Voraus für ein Rechnungsjahr festgesetzt; nachträgliche Zusammenstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben erfolgen in der Haushaltsrechnung. 2. Kontrollsystem: Das Parlament hat das Recht, den Haushaltsplan für jeden Posten zu bewilligen und damit die Regierung sowie die Verwaltung streng an die angesetzten Summen zu binden; Ausnahmen sind möglich. Daneben v. a. nachträgliche Haushaltskontrolle durch den Bundesrechnungshof.
Ökoinlandsprodukt Theorie der öffentlicher Güter mit der Theorie der öffentlichen Ausgaben und des Marktversagens identifiziert. 2. Charakteristische Merkmale (Musgrave): a) Nichtanwendbarkeit des Ausschlussprinzips: Die Nutzung des öffentlichen Guts kann nicht von der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht werden, da der Nutzungsausschluss z. B. aus technischen Gründen nicht durchsetzbar ist. b) Nichtrivalisierender Konsum: ( Nichtrivalitätsaxiom): Der den Individuen aus der Nutzung des öffentlichen Guts zufließende Nutzen ist unabhängig von der Zahl der Nutzer (kein Überfüllungsproblem). c) Zusammenhang der beiden Gründe und externe Effekte: Während die Entscheidung über Art, Umfang und Verteilung privater Güter durch die dezentrale Abstimmung der individuellen Präferenzen über den Marktmechanismus erfolgt, ist die Entscheidung über die Erstellung öffentlicher Güter das Ergebnis einer Kollektiventscheidung. Die genannten Merkmale verhindern eine effiziente Allokation dieser Güter über den Marktmechanismus ( Marktversagen). Vgl. auch meritorisches Gut.
öffentlicher
öffentliche Schulden, öffentliche Kre-
ditaufnahme. öffentliches Gut, Social Good, Kollektivgut; 1. Begriff: a) I. e. S.: Begriff zur Abgrenzung von privaten Gütern mit Hilfe bestimmter Merkmale. b) I. w. S. wird die
öffentlich unterstützte Exportkredite,
staatliche Kreditfinanzierung von Ausfuhrgeschäften, bei denen die Finanzierungskonditionen (Zinssätze, Laufzeiten) günstiger sind als bei einer rein kommerziellen Exportfinanzierung; Instrument der Exportförderung. Die Unterstützung kann durch Zinszuschüsse oder vorteilhafte Kreditkonditionen gewährt werden ( ERP-Programme). Offer Curve, Tauschkurve. Offset-Geschäfte, Kompensationshan-
del. Ökodiktatur, zentrale Institution, die das Diktat der Ökologie autoritär durchsetzt. Angesichts der hochkomplexen Umweltproblematik ( Kausalität, Komplexität), wäre eine Ökodiktatur nicht Erfolg versprechend. Ökoinlandsprodukt, in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ( VGR) wird die Berechnung des Nettoinlandsprodukts als Wertgröße vorgenommen, die den Produktionswert bei Erhaltung des reproduzierbaren Sachvermögens wiedergibt. In Analogie dazu wird gefordert, auch die Wertminderung des nichtproduzierten Naturvermögens entspre-
Ökologie-Konzept
320
chend in Rechnung zu stellen, die sich aufgrund des Abbaus von nichtregenerierbaren Ressourcen, der Übernutzung der regenerierbaren Ressourcen sowie der Verwendung der Umwelt als Auffangbecken für die Abfallstoffe der Wirtschaftstätigkeit ergibt. Die hieraus resultierende Größe ist je nach Berechnungsansatz für die genannte Wertminderung des Naturvermögens unterschiedlich. So kann ein Schadenskostenansatz gegenüber einem Vermeidungskostenansatz zu stark abweichendem Ergebnis (und in der Öffentlichkeit zu Fehlinterpretationen) führen.
schen Abbau kompensiert werden kann (Nettoentropieüberschuss). Daneben existiert die qualitative ökologische Knappheit die trotz insgesamt ausreichend verfügbarer Materie temporär oder lokal (z. B. lokale Bodenverunreinigungen, Tankerkatastrophen) auftreten kann. Vgl. auch Entropie, Syntropie, Umweltpolitik.
Ökologie-Konzept, Leitbild der Um-
ökologische Krise, Begriff zur Beschrei-
weltpolitik. Das Ökologie-Konzept untersucht auf idealtypische Weise die Beziehungen zwischen den Realbereichen der Ökonomie und der Ökologie. Die Wirtschaft wird dabei als ein Subsystem der Biosphäre betrachtet, das in die ökologischen und evolutorischen Zusammenhänge eingebunden ist. Das Konzept fordert eine interdisziplinäre ( Interdisziplinariät) Brückensprache, die es ermöglicht, Metatheorien in die Ökonomie zu integrieren und von ökologischen Mustern zu lernen. Das alternative Umwelt-Konzept betrachtet demgegenüber Ökologie und Ökonomie als sachlich getrennte Sphären. Vgl. auch Systemmanagement, Umwelt- und Ressourcenökonomik.
bung des Prozesses einer nachhaltigen und irreversiblen Gefährdung der natürlichen Umwelt durch kurzfristig orientiertes Denken und global wirkendes Handeln. Als Symptome der ökologischen Krise gelten z. B. Treibhauseffekt, Ozonloch, sog. saurer Regen, Verschmutzung von Luft, Boden und Wasser, Artenverluste und der beschleunigte Abbau nichtregenerierbarer Ressourcen. Vgl. auch Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltpolitik.
ökologische Effizienz, Bewertungskriterium, um die Zielkonformität eines umweltpolitischen Instrumentes zu beurteilen. Ökologische Effizienz liegt vor, wenn der Mitteleinsatz den gewünschten Umwelteffekt auch faktisch hervorruft. Vgl. auch Umweltpolitik, Umweltund Ressourcenökonomik. ökologische
Folgekosten, externe
Kosten. ökologische Innovation, produkt- bzw. prozessbezogene Neuerungen, die die ökologische Kompatibilität erhöhen. Wachsendes Umweltbewusstsein, Wertewandel und eine Anreize setzende Umweltpolitik erhöhen ihr Potenzial. ökologische Knappheit, entsteht, wenn es
durch anthropogene Handlungen zu einem schnelleren und umfangreicheren Aufbau von Entropie kommt, als durch biologi-
ökologische Kompatibilität, Vereinbar-
keit menschlicher Lebens- und Wirtschaftsweisen mit der dauerhaften Erhaltung der natürlichen Umwelt. Vgl. auch Entropie, Ökologie-Konzept, Umweltpolitik.
ökologische Ökonomie, Teilgebiet der
Volkswirtschaftslehre, bei dem eine Integration der Lehre vom menschlichen Haushalt (Ökonomie) und der Lehre vom Naturhaushalt (Ökologie) angestrebt wird ( nachhaltige Entwicklung). Die ökologische Ökonomie ist der Umwelt- und Ressourcenökonomik eng verbunden. ökologische
Reproduktionsdynamik,
Fähigkeit der Biosphäre, lebensnotwendige Funktionen wie Assimilation, Nährstoffaufnahme und Abbau von Ausscheidungen durch miteinander verzahnte Stoff-, Wasser-, Energie- und Nährstoffkreisläufe aufrechtzuerhalten und so der Knappheit zu begegnen. Vgl. auch Biozönose, Entropie. ökologischer Komplex, Bevölkerungs-
ökologie. ökologische Steuerreform, Überarbeitung des Steuersystems, mit dem erklärten Ziel der Bundesregierung zum Energiesparen anzuregen, erneuerbare Energien zu fördern sowie Arbeitsplätze zu schaffen. Zu diesem Zweck wurde mit dem Gesetz zum Einstieg in die ökologischen Steuerreform durch (1)
321 Erhöhung der Mineralölsteuer, (2) Einführung einer Stromsteuer und (3) Senkung der Beitragssätze zur Rentenversicherung (um 0,8 Prozentpunkte) ab dem 1.4.1999 eine aufkommensneutrale Verlagerung der Steuerlast vom Faktor Arbeit auf den Faktor Umweltverbrauch vorgenommen. Das am 11.11.1999 verabschiedete Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform sah in vier weiteren Schritten eine ansteigende Besteuerung bis 2003 und eine ebenfalls schrittweise weitere Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge vor. Die ökologische Steuerreform soll sowohl dem globalen Klimaschutz dienen als auch einen ersten Schritt in Richtung nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development) darstellen. Vgl. auch Umweltpolitik. ökologisches Wohlstandsmodell, zu-
kunftorientiertes Bild der Evolution der Gesellschaft als Antwort auf das Diktat der Ökologie und das wettbewerbliche und ökologische Diktat. Das Modell orientiert sich am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development) und wird annähernd konkretisiert im Zielsystem des ökolomagischen Achtecks. Vgl. auch Globalisierung, Interdisziplinarität, ökologische Kompatibilität, Umweltpolitik. ökologische Treffsicherheit, Genauigkeit, mit der ein umweltpolitisches Ziel mit einem umweltpolitischen Instrument erreicht werden kann. Die ökologische Treffsicherheit ist neben der ökologischen Effizienz und der dynamischen Anreizwirkung ein wichtiges Kriterium bei der ökonomischen Beurteilung umweltpolitischer Instrumente ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). ökolomagisches Achteck, Bezeichnung
für ein erweitertes Zielsystem. Zu den klassischen wirtschaftspolitischen Zielen des magischen Vierecks ( magisches Vieleck) Preisniveaustabilität, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht und angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum kommen die vier neuen Ziele Umweltschutz, technische und soziale Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Elastizität der Volkswirtschaft hinzu. Gelegentlich wird auch vom magischen Neuneck gesprochen, wenn das Ziel der gerechten Einkommens- und Vermögensverteilung mit berück-
ökonomische Effizienz sichtigt wird. Vgl. auch magisches Vieleck, Umweltpolitik, Umweltqualität. 1. Begriff: Ökonometrie bezeichnet eine Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaften. Darunter werden heute sowohl theoretische Beiträge, d. h. Arbeiten aus der mathematischen Statistik und der ökonomischen Theorie, als auch empirische Analysen ökonomischer Phänomene unter Verwendung von Modellen aus der ökonomischen Theorie, von wirtschaftsund sozialstatistischen Daten und statistischen Methoden subsumiert. Die empirischen Analysen bilden jedoch den Schwerpunkt dieser Disziplin. 2. Ökonometrische Modelle: Die zentrale Aufgabe der Ökonometrie ist die numerische Konkretisierung ökonomischer Modelle. Ein ökonomisches Modell ist ein abstrahierendes und vereinfachendes Abbild ökonomischer Phänomene und ist immer eine mehr oder weniger gute Approximation des realen ökonomischen Geschehens. Die Konstruktion eines Modells ist dabei an den beabsichtigten Verwendungszweck gebunden. In der ökonomischen Theorie und in der Ökonometrie wird für die Abbildung eine analytische Darstellung bevorzugt. Bei einem ökonometrischen Modell ist zwischen variierenden und nichtvariierenden Charakteristika zu unterscheiden. Aus den variierenden Charakteristika des betrachteten und zu analysierenden ökonomischen Phänomens ergeben sich im Laufe des zum Modell führenden Abstraktionsprozesses die Variablen des resultierenden Modells. Alle anderen Modellelemente wie die Beziehungen zwischen den Variablen, die Annahmen über Parameter dieser Funktionalbeziehungen oder die Klassifikation der Variablen ( endogene Variable, exogene Variable) bilden die nichtvariierenden Charakteristika. Ökonometrie.
ökonometrische Modelle, Ökonome-
trie. Ökonomik der Entwicklungsländer,
Entwicklungstheorie. ökonomische Effizienz, Entscheidungs-
kriterium, das von mehreren ökologisch gleich wirksamen Maßnahmen ( ökologische Effizienz) die mit den geringsten volkswirtschaftlichen Kosten auswählt. ( Wirt-
ökonomisches Prinzip
322
schaftlichkeitsprinzip). Vgl. auch weltpolitik.
Um-
ökonomisches Prinzip, Wirtschaft-
lichkeitsprinzip. Vgl. auch ten-Kombination.
Minimalkos-
ökonomisches Raumsystem, Wirt-
schaftsgeographie. ökonomische Theorie der Bürokratie,
Ansatz zur Erklärung des Verhaltens bürokratischer Instanzen. Der Ansatz konstruiert analog zum Modell des bilateralen Monopols eine Tauschbeziehung zwischen der Budget bewilligenden Instanz (Wahlbeamte) und den sog. Büros, die die eigentlichen Produzenten der öffentlichen Dienstleistungen sind. In dieser Tauschbeziehung haben die Büros aufgrund ihres Informationsstandes und ihrer Fähigkeit, den Informationsfluss zu beeinflussen, eine starke Stellung. Tauschobjekte sind die von den Büros angebotenen Dienstleistungen und die Budgetmittel. Als Verhaltenshypothese für die Bürokratie in den Büros ergibt sich eine Strategie der Budgetmaximierung über eine Erhöhung des Dienstleistungsangebots. Die Budgetmaximierungsstrategie findet ihre Grenzen dort, wo Diskrepanzen zwischen angebotenen und tatsächlich realisierten Dienstleistungen zu Budgetkürzungen führen könnten. Vgl. auch Neue Politische Ökonomie.
gen Versorgung mit solchen Gütern liegt, für die das Ausschlussprinzip nicht gilt ( öffentliche Güter). Das Individuum hat so lange ein Interesse an der Ausdehnung der Kollektivgröße, wie sich daraus eine Verbesserung der Nettonutzensituation des Individuums ergibt. 2. Anwendung: Die ökonomische Theorie des Clubs wurde insbes. in der ökonomischen Diskussion des Föderalismus angewandt ( ökonomische Theorie des Föderalismus). ökonomische Theorie des Föderalismus, Ansätze zur Würdigung der volkswirt-
schaftlichen Bedeutung des Föderalismus: 1. Fiskalische Standorttheorie: Ansätze, die sich v. a. mit den Kriterien, Verhaltensweisen und Mechanismen bei der Wahl von Standorten durch Wirtschaftssubjekte (Standortwahl) befassen. Dabei spielen Fragen der Finanzierung von und der Versorgung mit öffentlichen Gütern eine wichtige Rolle. 2. Ansätze, die sich mit der Aufgabenverteilung, Zusammenarbeit und den Finanzbeziehungen ( Finanzausgleich) zwischen autonomen Körperschaften befassen. Im Mittelpunkt stehen die Analyse von räumlichen externen Effekten (Spillover-Effekten) und die Möglichkeiten ihrer Internalisierung. 3. Ansätze, die sich mit den Beziehungen zwischen Körperschaften unterschiedlicher hierarchischer Ebenen befassen. Dabei geht es u. a. um Probleme des optimalen Zentralisierungs- bzw. Dezentralisierungsgrads.
ökonomische Theorie der Demokratie,
Neue Politische Ökonomie.
ökonomische Theorie der öffentlichen Haushalte, Finanzwissenschaft. ökonomische Theorie der Politik,
Neue Politische Ökonomie. ökonomische Theorie des Clubs, Klub-
theorie, Clubtheorie, zur Bestimmung der aus der Sicht des Individuums optimalen Mitgliederzahl eines Kollektivs; v. a. von J.A. Buchanan entwickelt. Die ökonomische Theorie des Clubs ist Bestandteil der ökonomischen Theorie der Politik ( Neue Politische Ökonomie). 1. Charakterisierung: Die ökonomische Theorie des Clubs setzt bei der Überlegung an, dass aus der Sicht des rational handelnden Individuums der Zweck eines Zusammenschlusses in der für das Individuum möglichst kostengünsti-
Ökoschäden, Schäden in den Bereichen
der Natur, für die keine Eigentumsrechte existieren. Ökosteuer, ökologische Steuerreform,
Umweltpolitik, CO2-/Energiesteuer. Ökosystem, komplexes Wirkungsgefüge
verschiedener Lebewesen und deren anorganischer Umwelt. Das Ökosystem ist auf Energiezufuhr angewiesen und stellt somit ein offenes System dar. Bei Störungen ist das Ökosystem bis zu einem gewissen Grad zur Selbstregulation fähig. Die Wechselbeziehungen in einem Ökosystem basieren auf Lebensgemeinschaften ( Biozönose) mehrerer Organismenarten. Die trophischen Ebenen (Nahrungsebenen) garantieren den Energietransfer durch Auf- und Abbau von Stoffen und damit den ökologischen Kreislauf ( Fließgleichgewicht).
323 ökozentrischer Ansatz, Begriff aus der Umweltdiskussion, nach dem der Mensch gegenüber anderen Arten keine vorrangigen Rechte an der Natur genießt. Aus der Sicht der auf dem methodologischen Individualismus beruhenden Umwelt- und Ressourcenökonomik ist der ökozentrische Ansatz schwer operationalisierbar. Gegensatz: anthropozentrischer Ansatz. Okunsches Gesetz, nach M. Okun benannter Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und dem Auslastungsgrad des Produktionspotenzials. Die Zunahme der Arbeitslosenquote um einen Prozentpunkt führt danach zu einer Verringerung des realen Bruttoinlandsproduktes um ca. 2 % und zu einer Reduzierung des Auslastungsgrades um ebenfalls ca. 2 %. Dieser Zusammenhang ist jedoch kein ökonomisches Gesetz, sondern nur eine empirisch beobachtete Regelmäßigkeit. Ölflecktheorie, Dirigismus. Oligopol. 1. Begriff: Marktform, bei der auf der Seite des Angebots und/oder der Nachfrage nur wenige relativ große Anbieter bzw. Nachfrager auftreten (Angebotsoligopol, Nachfrageoligopol oder Oligopson bzw. bilaterales Oligopol). Bei nur zwei Anbietern spricht man von Dyopol. Da eine Abgrenzung zwischen vielen und wenigen Anbietern nicht möglich ist, wird das Vorliegen einer oligopolistischen Interdependenz bzw. Reaktionsverbundenheit als Abgrenzungskriterium verwendet. Insofern gehen in die Gewinnfunktion des einzelnen Oligopolisten Größen ein, auf die er selbst keinen Einfluss ausüben kann. D. h., er muss seinen Gewinn unter Berücksichtigung der Aktionsparameter und der Reaktionen seiner Konkurrenten ( Aktions-Reaktions-Verbundenheit) maximieren. 2. Modelle: Oligopolmodelle unterscheiden sich durch die Zahl der Akteure, Angebotsbeschaffenheit (Homogenität oder Heterogenität) und durch die zugrundegelegten Hypothesen über Verhaltens- und Reaktionsweisen der Konkurrenten. Vgl. oligopolistische Preisbildung. Preisbildung. Oligopolpreisbildungsmodelle unterscheiden sich zunächst danach, ob man einen homogenen oder heterogenen Markt unterstellt. 1. Oligopolpreisbildung auf dem homogenen Markt:
oligopolistische
oligopolistische Preisbildung Im Grundsatz lässt sich die Oligopolpreisbildung für den Fall n = 2 (Dyopol oder Duopol) darstellen, da das Problem der Aktions-Reaktions-Verbundenheit bereits hier auftritt. Die Preisbildungsmodelle werden nach der unterstellten Verhaltensweise unterschieden: a) Die polypolistische Verhaltensweise lässt sich auf die Aktionsparameter Menge oder Preis beziehen: Im ersten Fall gelangt man zum Cournotschen, im zweiten Falle zum Bertrandschen Dyopol- bzw. Oligopol-Modell. (1) Lowrotsches Modell: Polypolistische Verhaltensweise bezüglich der Menge bedeutet, dass der einzelne Dyopolist seinen Gewinn maximiert unter der Annahme, dass der Konkurrent seine bisherige Absatzmenge beibehält. Daraus lassen sich zwei Mengen-Reaktionsgeraden R1 für Anbieter 1 und R2 für Anbieter 2 ableiten, deren Schnittpunkt C die Gleichgewichtslösung ( x1, x 2 ) des Modells darstellt. Mit Hilfe der Marktnachfragefunktion lässt sich dann auch das Preisniveau P bestimmen. Wenn beide Anbieter das gleiche Grenzkostenniveau haben, kommt die so genannte ZweiDrittel-Lösung zu Stande, d. h., es gilt 2 x1 x2 x w , 3 wobei xw für die Menge steht, die im Mengenanpasserfall (vgl. polypolistische Preisbildung) zustande kommt (vgl. die folgende Abbildung). Oligopolistische Preisbildung nach Cournot
Menge x2
R2
x2
C R1 x1
Menge x1
(2) Im Bertrand-Modell wird die polypolistische Verhaltensweise auf den Preis bezogen. Dies bedeutet, dass die Anbieter ihren Gewinn jeweils unter der Voraussetzung maximieren, dass der Konkurrent den bisherigen
oligopolistische Preisbildung Preis beibehalten wird. Wegen des unterstellten homogenen Marktes impliziert dies die Annahme, man könne durch eine Preissenkung den gesamten Markt erobern. Gegenüber (1) ist diese Strategie in der Wirkung wesentlich aggressiver. Nicht überraschend ist daher, dass die Gleichgewichtslösung mit derjenigen des Mengenanpasserverhaltens übereinstimmt. b) Im homogenen Markt ist im Gleichgewicht von einer Gleichverteilung der Absatzmenge auf die Anbieter auszugehen, da wegen der Abwesenheit von Präferenzen bei einem einheitlichen Preis kein Grund für eine andere Aufteilung gegeben ist. Wird dieser Sachverhalt von den Anbietern antizipiert, kommt es zu einem Lernprozess, aus dem die oligopolistische Verhaltensweise resultiert. Im Falle n = 2 bedeutet dies, dass bei der Gewinnmaximierung jeder der Anbieter bereits ex ante von der Voraussetzung x1 = x2 ausgeht (Chamberlin-HeußModell). Für den Fall einer linearen Nachfragefunktion und konstanten sowie übereinstimmenden Grenzkosten ergibt sich die Monopollösung x x1 x 2
1 xw. 2
Bei unterschiedlichen Grenzkosten kommt es zum Konflikt, der durch Preisführerschaft gelöst wird. Preisführer wird der Anbieter mit den niedrigeren Grenzkosten. Der Preisfolger wird gezwungen, Preis und Menge des Preisführers zu übernehmen (vgl. die nachfolgende Abbildung) c) Der unter b) geschilderte Lernprozess muss bei den Akteuren nicht gleichzeitig auftreten. Erkennt zunächst nur ein Anbieter die Zusammenhänge, so kann er das Verhalten des anderen
324 in Form seiner Mengen-Reaktions-Funktion berücksichtigen. Er realisiert dann diejenige Menge auf der Reaktionsgerade, bei der er in der sog. Unabhängigkeitsposition seinen Gewinn maximiert, während der Konkurrent in die Abhängigkeitsposition gedrängt wird. Dieses asymmetrische Modell (v. Stackelberg) kann als die Erfassung einer Zwischenstufe zur oligopolistischen Verhaltensweise angesehen werden. d) Der Übergang von der poly- zur oligopolistischen Verhaltensweise führt zu einem höheren Preis- bzw. Gewinn-Niveau. Dies kann Veranlassung zum Markteintritt neuer Anbieter sein ( Monopol). Die oligopolistische Verhaltensweise ist aber nicht nur hierdurch, sondern auch von den aktuellen Anbietern prinzipiell bedroht, weil der einzelne Anbieter durch (geheime) Preisnachlässe Vorteile realisieren kann, vorausgesetzt die anderen halten sich an die bisherige spontane Verabredung. Auf der anderen Seite müssen die Akteure auf Dauer miteinander auskommen, was die Neigung zu Ausbrüchen aus der spontanen Kollusion begrenzt, denn die Preisbrecher müssen auf Preiskämpfe oder Bestrafungen seitens der übrigen Konkurrenten gefasst sein ( Spieltheorie). 2. Oligopolpreisbildung auf dem heterogenen Markt: Stellt man der Einfachheit halber wieder auf zwei Anbieter ab, so kann der Markt durch die Preis-Absatz-Funktionen x1 x1(P1, P2 ) und x 2 x 2 (P2,P1 ) dargestellt werden, wobei x1 und x2 die Angebotsmengen der Anbieter 1 und 2 darstellen. Die Preis-Absatz-Funktionen beider Anbieter hängen somit von beiden Güterpreisen P1 und P2 ab. Auch hier
Oligopolistische Preisbildung nach Chamberlin/Heuß
325 kann die Aktions-Reaktions-Verbundenheit von der polypolistischen oder der oligopolistischen Verhaltensweise bestimmt sein. a) Die polypolistische Verhaltensweise wird hier bezüglich des Aktionsparameters Preis definiert. Sie bedeutet, dass die einzelnen Anbieter ihren Gewinn unter der Voraussetzung maximieren, dass der Konkurrent seinen Preis konstant hält. Dies führt dann zu PreisReaktions-Funktionen R1 und R2 der Anbieter 1 und 2. Der Schnittpunkt der beiden Reaktions-Kurven definiert die Gleichgewichtspreise P1 und P2, womit zugleich die Mengen x1 und x2 der beiden Anbieter bestimmt sind (Cournot-Modell des heterogenen Oligopolmarktes). b) Auch auf dem heterogenen Markt treten mit der Zeit Lernprozesse auf. Zwar gilt für den Gleichgewichtszustand (P1, P2) gemäß a), dass dort die gemachten Voraussetzungen dass nämlich der Preis des jeweils anderen Anbieters konstant bleibt erfüllt werden. Außerhalb dieses Zustandes jedoch also beispielsweise auf dem Wege zum Gleichgewicht gilt dies nicht. Mit anderen Worten, das polypolistische Verhalten beruht auf dem Irrtum der beteiligten Anbieter. Bei Anpassungen der Preise an neue Daten werden die Anbieter daher irgendwann bemerken, dass der Preis des Konkurrenten ebenfalls gesenkt wird, wenn eine eigene Preissenkung vorgenommen wird. Es liegt deshalb nahe, letztere zu antizipieren. E. Heuß hat dies zu der Annahme der Politik der festen Preisrelation verdichtet, womit gemeint ist, dass die Anbieter im Rahmen ihrer Gewinnmaximierung bei eigenen Preisänderungen immer von gleichen prozentualen Preisänderungen des (der) Konkurrenten ausgehen. Es lässt sich zeigen, dass diese Variante der oligopolistischen Verhaltensweise im Gleichgewichtszustand durchweg zu höheren Preisen und Gewinnen als im Falle der polypolistischen Verhaltensweise führt. c) Auch im Falle des heterogenen Oligopolmarktes lassen sich StackelbergVarianten bestimmen, die wiederum als Zwischenstufen des Lernprozesses gedeutet werden können. d) Das Problem des Marktzutritts ist ebenso zu beachten, wirft jedoch im Vergleich zum homogenen Oligopolmarkt keine grundsätzlich neuen Probleme auf. Gleiches gilt für die Beziehungen
Operationalisierbarkeit zwischen den aktuellen Wettbewerbern. e) Auf dem heterogenen Markt können neben dem Preis auch andere Aktionsparameter eingesetzt werden. Auch in Bezug auf sie können analog die poly- und die oligopolistische Verhaltensweise formuliert werden. Allgemein besteht die Tendenz, dass die oligopolistische Verhaltensweise begünstigt wird, wenn der Markt in seine reifen Phasen gelangt, wenn also die Momente der Iteration diejenigen der Mutation (Heuß) überwiegen. Weiterhin besteht eine Tendenz im Wettbewerbsprozess, auf andere Aktionsparameter verstärkt auszuweichen, wenn bestimmte Aktionsparameter insbesondere der Preis von der oligopolistischen Verhaltensweise erfasst werden (z. B. auf Werbung, NichtPreiswettbewerb). OPEC, Organisation der Erdöl exportierenden Länder, Organization of the Petroleum Exporting Countries; im September 1960 in Bagdad gegründeter Zusammenschluss Erdöl exportierender Länder (Irak, Iran, Kuweit, Saudi-Arabien, Venezuela) mit Sitz in Wien. Mitglieder: neben den 5 Gründungsländern noch Algerien, Angola, Ecuador, Indonesien, Kartar, Libyen, Nigeria und die Vereinigten Arabischen Emirate. Die OPEC steht für Netto-Ölexportländer mit ähnlichen politischen Interessen offen. Ziel: Gemeinsame Preis- und Mengenpolitik gegenüber den multinationalen Erdölgesellschaften zur Exporterlössteigerung. Weitere Informationen unter www.opec.org Operationalisierbarkeit. 1. Begriff: Allgemein die Möglichkeit, Erscheinungsgrößen der Realität, denen eine eindeutige und widerspruchsfreie Definition zugrunde liegt, als Variable mathematischer Operationen zu verwenden. Die Operationalisierbarkeit dient in der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Charakterisierung wirtschaftspolitischer Ziele und Mittel hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit für gezielte wirtschaftspolitische Maßnahmen. 2. Repräsentationskonflikt: Die Operationalisierbarkeit steht in der Regel im Konflikt mit dem Repräsentationsgehalt einer wirtschaftspolitischen Zielvariablen. Je genauer eine Zieldefinition der Zielvorstellung entspricht, um so geringer ist ihre Operationalisierbarkeit. Dies gilt auch bei Mittelvariablen. 3. Systematik: Die Opera-
Opfertheorien tionalisierbarkeit lässt sich stufenweise klassifizieren. a) Zunächst ist über die Quantifizierbarkeit einer wirtschaftspolitischen Größe zu entscheiden. Quantifizierbar ist eine Größe, wenn empirisch belegte, numerische Werte existieren, die ihrer verbalen Definition entsprechen. b) Bei gegebener Quantifizierbarkeit ist als Nächstes die Messbarkeit festzustellen. Eine Größe gilt als messbar, wenn die numerischen Werte nicht nur existieren, sondern auch feststellbar sind. Hinsichtlich der Feststellbarkeit müssen drei Kriterien erfüllt sein: Objektivität (intersubjektive Messungen führen zum gleichen Ergebnis), Reliabilität (wiederholte Messungen unter gleichen Bedingungen führen zum selben Ergebnis) und Validität (der gemessene Wert entspricht sicher dem nach der Definition zu messenden Wert).
326 und dass Nutzen messbar und interindividuell vergleichbar sei, ist brüchig. Alternativkosten; entgangene Erträge oder Nutzen im Vergleich zu einer besseren Handlungsalternative. Vgl. auch Kosten.
Opportunitätskosten,
optimale Besteuerung, Optimal Taxation; ein formales Verfahren, um das ökonomische Optimum der Besteuerung zu ermitteln. Im Rahmen des neoklassischen Gleichgewichtsmodells soll die Besteuerung so vorgenommen werden, dass ein volkswirtschaftliches Allokationsoptimum erreicht wird (Allokationsoptimierung) oder in erweiterten Modellen die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt (Allokation mit Verteilungsziel) maximiert wird (Wohlfahrtsmaximierung).
Opfertheorien, Pflichttheorien, theoreti-
optimale Faktorallokation, Wettbe-
sche Grundlage der Besteuerung ( Steuerrechtfertigungslehre). Opfertheorien werden in der Finanzwissenschaft kontrovers diskutiert. 1. Charakterisierung: Versuch einer theoretischen Grundlegung des Leistungsfähigkeitsprinzips, basierend auf Annahmen über den Verlauf der Gesamt- und Grenznutzenkurven der Individuen ( Nutzenfunktion). Die Belastung der Individuen durch Steuern soll sich nach ihrer Fähigkeit richten, Steueropfer (d.h. Verzicht auf private Bedürfnisbefriedigung bzw. individuelle Wohlfahrtseinbuße) zu tragen. Dabei sollen die Opfer im Vergleich zwischen den Individuen gemäß der Auffassung von der horizontalen Gerechtigkeit gleich sein (Gleichbehandlung). 2. Opferkonzepte: a) Konzept des absoluten Opfers: Die Steuern sollen so bemessen werden, dass der absolute Nutzenentgang für alle Besteuerten gleich ist. b) Konzept des relativen Opfers (Konzept des proportionalen Opfers): Die Steuern sollen so bemessen werden, dass die individuellen Opfer in einer festen und gleichen Relation zu den individuellen Gesamtnutzen stehen. c) Konzept des Grenzopfers (Konzept des marginalen Opfers): Die Steuern sollen so bemessen werden, dass das Opfer der letzten besteuerten Einkommenseinheit bei allen Individuen gleich ist. 3. Kritik: Die nutzentheoretische Annahme, dass für alle Individuen identische Gesamt- und Grenznutzenkurven Geltung hätten, dass die Grenznutzenkurve einen nach rechts fallenden Verlauf bei steigenden Einkommen nehmen müsse
werbsfunktionen. optimaler Währungsraum. Die Theorie
optimaler Währungsräume betont, dass die Abwägung der Vor- und Nachteile der Wechselkursflexibilität nur unter Bezugnahme auf konkrete Besonderheiten der jeweils in Frage stehenden Länder erfolgen kann, und sie kommt auf diese Weise zum Schluss, dass es Regionen mit gemeinsamer Währung bzw. intern fixierten Kursen geben soll, während zwischen diesen Regionen die Wechselkurse flexibel sein sollen. Dies scheint genau jener Weg zu sein, der auch in der Praxis beschritten wird, zweifelhaft aber scheint, ob die Praxis dabei die Kriterien für einen optimalen Währungsraum. beachtet. Vgl. auch Wechselkurspolitik, internationales Währungssystem. optimales Budget, dasjenige Volumen des
öffentlichen Budgets, bei dem der Grenznutzen der bereitgestellten öffentlichen Leistungen mit den Grenzkosten übereinstimmt, die durch den erforderlichen Verzicht auf private Güter ( Einkommen) anfallen. Vgl. auch Lindahl-Modell. optimale Verteilung, Verteilungsdilem-
ma, Verteilungspolitik. Optimalzoll, jener Zollsatz, der den positi-
ven Terms of Trade-Effekt des Zolls für ein großes Land auf optimale Weise ausnützt. Die Terms of Trade-Verbesserung für das
327 importierende Land ist natürlich eine Terms of Trade-Verschlechterung für das Ausland. Die Optimalzollpolitik geht also zu Lasten des Auslandes. Vgl. auch Zoll, Handelspolitik.
Ordnungsökonomik zwar Resultat menschlicher Handlungen, aber nicht menschlicher Absichten. Vgl. auch Synergetik, Systemmanagement, spontane Ordnung, Ordnungsökonomik. Ordnungsethik, Wirtschaftsethik.
Optionswert, Begriff aus dem Bereich der
ökonomischen Bewertung von Umweltressourcen ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Der Optionswert ergibt sich als Differenz zwischen der Zahlungsbereitschaft von Individuen für die Erhaltung einer bestimmten natürlichen Ressource und dem Erwartungswert künftiger Nutzung. Er stellt damit eine Prämie für die Möglichkeit dar, die Ressource in der Zukunft zu nutzen. Mit dem Optionswert wird ein nicht-nutzungsabhängiger Bestandteil des Wertes von natürlichen Ressourcen erfasst. Vgl. auch Existenzwert, Vermächtniswert anthropozentrischer Ansatz. ordentlicher Haushalt, der Haushaltsplan, in dem die ordentlichen (regelmäßigen) und ordentlichen (planbaren) Ausgaben zusammengestellt sind. Vgl. auch außerordentlicher Haushalt. Order-Capacity-Index, AuftrageingangsKapazitäts-Index, von der EZB als Frühindikator (etwa vier Monate voraus) für die industrielle Produktion genutzter Index, bei dem die Auftragseingänge (Order) ins Verhältnis zur Produktionskapazität (Capacity) gesetzt werden (Order-Capacity-Ratio). ordinaler Nutzen, Nutzentheorie. Ordnung, Voraussetzung für die Wahrnehmung und Beschreibung eines Systems, seiner Struktur oder Hierarchie. Ordnung ist immer von der Wahrnehmung der ein System beobachtenden Person abhängig ( Kognition). Sie zeigt sich in belebten Systemen in einer wahrnehmbar koordinierten Funktionsweise der Systemelemente. Ordnung ist ein syntropischer Zustand und setzt in lebenden Systemen dauerhaft die thermodynamische Offenheit eines Systems voraus. Aus systemtheoretischer und ökologischer Sichtweise ( Umweltpolitik) sind insbes. Prozesse der Ordnungsentstehung relevant, die sich in einem System ohne eine von außen kommende Ordnungsfestlegung vollziehen (Selbstorganisationstheorie). Ordnung in sozialen Systemen ist nach F. A. v. Hayek
Ordnungskonformität, Systemkonfor-
mität. 1. Ökonomische Analyse von Ordnungen: Gegenstand der Ordnungsökonomik sind Ordnungen im Sinne von Mustern, die als Folge einer Koordination von ökonomischen Handlungen individueller Akteure entstehen. 2. Bedeutung von Institutionen: Zentrale Vermutung der Ordnungsökonomik ist, dass Ordnungen institutionengestützt sind. Institutionen sind sanktionsbewährte Regeln, welche die Handlungsmöglichkeiten der Akteure in der einen oder anderen Form beschränken. Je nach Beschaffenheit der Regeln entstehen unterschiedliche Arten der Ordnung. Die Einhaltung der Regeln durch die Handelnden, die funktionale Qualität der einzelnen Regeln und die Konsistenz des eine Ordnung prägenden Regelsystems haben Folgen für den Prozess arbeitsteiligen Wirtschaftens. Daraus ergibt sich eine weitere Konkretisierung des Gegenstandes der Ordnungsökonomik: Sie beschäftigt sich mit dem Entstehen, der Durchsetzbarkeit und der Koordinationsqualität von Regeln und Regelsystemen vor allem im Hinblick auf den Prozess arbeitsteiligen Wirtschaftens. 3. Politische Willensbildung: Soweit die Regeln aus gesetztem Recht bestehen, wird die politische Willensbildung des Gesetzgebers von Erkenntnisinteresse für die Ordnungsökonomik. Die politische Willensbildung wird selbst wiederum von den für sie geltenden Regeln beeinflusst. Daher hat auch der Prozess der Entwicklung und Durchsetzung von Regeln eine bedeutende Dimension. 4. Wertebezug der Regeln: Regeln kommen in ihren zu erwartenden Auswirkungen den Wertvorstellungen der davon betroffenen Akteure in unterschiedlichem Maße entgegen. Der Wertebezug der Regeln und das ihnen konforme Gesellschaftsverständnis sind für die Akzeptanz und damit für die Regelbefolgung bedeutsam. Für die Ordnungsökonomik hat dies zur Folge, dass die Beschäftigung mit Wertvorstellungen im Sinne von Aussagen über Werte mit zu ihren analytischen AufOrdnungsökonomik.
Ordnungspolitik
328
gaben gehört. 5. Internationale Dimension: Die Ordnungsökonomik hat schließlich auch eine internationale Dimension ( internationale Ordnungsökonomik). Institutionentheoretisch gesehen findet der Austausch zwischen unterschiedlichen Rechtssystemen statt. Da Regierungen aus internen Erwägungen Interesse an der Manipulation grenzüberschreitender Tauschmöglichkeiten haben können, entsteht die Notwendigkeit, ein Regelsystem für den zwischenstaatlichen Verkehr zu entwickeln. 6. Ordnungstheorie und -politik: In der Ordnungsökonomik kann zwischen Ordnungstheorie und Ordnungspolitik unterschieden werden. Zur Ordnungstheorie gehören die Beschreibung, die Erklärung und Prognose der Entstehung und Wirkung von Regeln im Hinblick auf die Interaktion von Individuen. Ordnungspolitik bezieht sich auf die Möglichkeiten und Grenzen zielorientierter Gestaltung von Ordnungen, im Extremfall auf die Transformation von Wirtschaftssystemen dar. Vgl. auch Neue Institutionenökonomik, Neue Politische Ökonomie. Ordnungspolitik, Ordnungsökonomik,
Wirtschaftsethik.
Ordnungsregeln, Ordnungsökonomik. Ordnungssteuer, Lenkungssteuer; Steuer,
die einem bestimmten ordnungspolitischen Zweck dient. Vgl. auch Steuerzweck, nichtfiskalische Besteuerung, Zwecksteuern, Wertzuwachssteuer. Ordoliberalismus, Freiburger Schule,
Wettbewerbstheorie. Organisation der Erdöl exportierenden Länder, OPEC. Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,
OECD. Organisationskosten, Transaction Cost
Economies. Organisationsreform, Verwaltungsre-
form. organische Zusammensetzung des Kapitals, in der Wirtschaftstheorie des
Marxismus das Verhältnis von
konstantem
Kapital für den Kauf von Anlage- und Umlaufgütern zu variablem Kapital für Lohnzahlungen in der Produktion ( Arbeitswertlehre). Diese Relation drückt damit die Kapital- bzw. Arbeitsintensität der Gütererstellung aus. Marx nimmt an, dass durch den technischen Fortschritt, der sich lediglich auf Arbeitskräfte sparend auswirke, die organische Zusammensetzung des Kapitals zwangsläufig steigt. Hieraus leitet er das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate ab, das für ihn Basisargument seiner Lehre über den unvermeidlichen Zusammenbruch des Kapitalismus ist. Organization for Economic Cooperation and Development, Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD. Organization of the Petroleum Exporting Countries, Organisation der Erdöl
exportierenden Länder, OPEC. Finanzausgleich, primärer Finanzausgleich, bei der Einnahmenverteilung (aktiver Finanzausgleich) gebräuchliche, bei der Aufgabenverteilung (passiver Finanzausgleich) weniger eingeführte Bezeichnung für die grundsätzlichen Regelung staatlicher Kompetenzen. Gegensatz: ergänzender Finanzausgleich. Vgl. auch Finanzausgleich. originärer
örtliche Steuern, Gemeindesteuern. Originärnachfrage, Quasimonopolnachfrage, Nachfrage, die ein Oligopolist erzielen würde, wenn er alleine wäre, also in einer Quasimonopolsituation. Im homogenen Oligopol entspricht diese der Marktnachfrage, im heterogenen Oligopol hat jeder Anbieter seine eigene Originärnachfrage, d.h. einen eigenen originären Abnehmerkreis, der bei Wegfall seines Angebotes auch die Marktnachfrage mindern würde. Österreichische
Grenznutzenschule,
Wiener Schule; Bezeichnung für die vor allem durch Menger, Wieser und Böhm-Bawerk repräsentierte Richtung der Nationalökonomie, deren Hauptverdienst in der Entwicklung der Theorie des Grenznutzens und einer darauf basierenden Preis- und Verteilungstheorie beruht. Die durchweg deduktive Forschung der Österreichischen Grenznut-
329
Overshooting
zenschule stand zu der gleichzeitig in Deutschland vorherrschenden jüngeren historischen Schule in diametralem Gegensatz.
ausgedrückt wird. Vgl. auch turschwankungen.
Osteuropabank, EBRD.
Outright-Offenmarktgeschäfte.
Oszillation, Schwankung einer Variablen um einen Mittelwert oder Trend. Die Stärke der Abweichung wird durch die Amplitude, die Häufigkeit von Oszillation in einem Referenzzeitraum durch die Frequenz
Konjunk-
Output Gap, Produktionslücke.
Käufe und Verkäufe von langfristigen Wertpapieren durch die Zentralbank.
Overshooting, Überschießen des nominellen Wechselkurses.
P Paasche-Index, Indexzahl, bei der die Gewichte die (hypothetischen) relativen Wertgrößen (Umsätze) sind, welche durch Multiplikation von aktuellen Mengen mit Preisen der Basiszeit (Preisindex) bzw. von aktuellen Preisen mit Mengen der Basiszeit (Mengenindex) zustande kommen. Problematisch ist, dass die Gewichte mit jeder Berichtsperiode neu ermittelt werden müssen. Deshalb wird in der amtlichen Statistik der Laspeyres-Index bevorzugt. Vgl. auch Inflation. Parafisci, Nebenfisci, intermediäre Finanz-
gewalten; in der Güterversorgung der Bürger Bereich zwischen privatem (Individualgüter, Marktprozess) und öffentlichem Bereich ( öffentliche Güter) 1. a) Begriffsmerkmale: Rechtlich oft in der Form der öffentlichrechtlichen Körperschaft; organisatorische Selbstverwaltung; finanziell weitgehende Autonomie mit kollektiver Finanzierung, z. B. über Zwangsabgaben oder weitgehend autonom verwaltete staatliche Zuschüsse (diagonaler Finanzausgleich). b) Wichtigstes Merkmal: Neben Produktion kollektiver Güter für die Mitglieder der Parafisci stets als gruppenexterner Effekt auch Wahrnehmung von im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben. 2. Beispiele: Als Parafisci gelten unstreitig die klassischen Parafisci, wie Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Sozialfisci (Kranken-, Unfall-, Renten- und Arbeitslosenversicherung), sowie die Ständefisci, wie die berufsständischen Vertretungen des Handels, des Handwerks, der Industrie, der Landwirtschaft, der freien Berufe in speziellen Kammern und Verbänden. Daneben gelten als internationale Parafisci, z. B. die EU, Euratom und die Weltbank. 3. Finanzwissenschaftliche Beurteilung: V. a. die klassischen Parafisci werden oft kritisiert. Es geht dabei insbes. um die Umgehung bestimmter Haushaltsgrundsätze. Viele selbstständige Fonds machen die Haushaltswirtschaft der öffentli-
chen Hand unübersichtlich und unkontrollierbar. Parallelforschung, Technologiepolitik. Parallelgeschäft, Kompensationshandel. Parallelpolitik, Begriff für einen unerwünschten Effekt staatlicher Politik, wenn sie sich nicht antizyklisch verhält ( Fiscal Policy, antizyklische Finanzpolitik). Im Abschwung werden die staatlichen Nachfrageimpulse schwächer, im Boom dagegen stärker. Der Grund liegt z. B. in der Befolgung des Haushaltsgrundsatzes der Ausgeglichenheit ohne Berücksichtigung einer möglichen Schuldenaufnahme (vgl. Haushaltssystematik); bei sinkenden Steuereinnahmen müssen die Ausgaben zurückgeführt werden bzw. umgekehrt. Aktuell ist dieses Problem v. a. bei den nicht so stark in die konjunkturelle Pflicht genommenen Gemeinden. Parallelprozess, Ordnungsökonomik. paretianische
Wohlfahrtsökonomik.
Von Pareto entwickelte Theorie der Wohlfahrtsökonomik. Kennzeichnend sind die Verwendung des ordinalen Nutzenkonzepts ( Nutzentheorie) sowie der darauf aufbauenden Herleitung eines Wohlfahrtsoptimums mit Hilfe des Pareto-Optimums. Pareto-Effizienz, Pareto-Optimum. Pareto-Kriterium, Pareto-Optimum. Pareto-Optimum. Von dem italienischen Wohlfahrtsökonomen A. Pareto definierte gesellschaftliche Situation, in der es nicht möglich ist, die Wohlfahrt eines Individuums durch eine Reallokation der Ressourcen zu erhöhen, ohne gleichzeitig die eines anderen Individuums zu verringern. Anders formuliert: Eine Situation, in der A besser gestellt
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_16, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Pareto-Prinzip
332
werden kann und B nicht gleichzeitig schlechter gestellt werden muss, zeigt, dass sich das System noch nicht im Optimum befindet. Das Pareto-Optimum stellt im Rahmen der paretianischen Wohlfahrtsökonomik das Kriterium für das Wohlfahrtsoptimum dar. Dabei wird unterstellt, dass die Individuen in ihren Nutzenvorstellungen voneinander unabhängig sind ( Nachfrageinterdependenzen in Form von Demonstrativkonsum ( Vebleneffekt), Mitläufereffekte u. a. werden ausgeschlossen) und der Nutzen mit steigendem Güter- und Faktormengenbesitz zunimmt. Pareto-Prinzip, schwaches Pareto-Prin-
zip. Pareto-Verteilungsgesetz. Die ungleiche
Verteilung der Haushalte nach Einkommensklassen lässt sich, wie die nachfolgende Abbildung zeigt, als linkssteile (rechtsschiefe) Dichtefunktion darstellen (stärkere Besetzung der unteren Einkommensklassen, vgl. auch personelle Einkommensverteilung): Pareto-Einkommensverteilung Zahl der Haushalte
Parkinsonsche Gesetze. 1. Erstes Par-
kinsonsches Gesetz: Die in eine ironisierende mathematische Formel gefasste Erfahrung des englischen Geschichtsforschers und Soziologen Parkinson, dass die bürokratische Verwaltung in Behörden und in Unternehmungen mit einer angeblich mathematisch errechenbaren Rate wächst, gleich, ob die Arbeit zunimmt, abnimmt oder ganz verschwindet. 2. Zweites Parkinsonsches Gesetz: Die Zuwachsrate der Ausgaben des Staates ist stets größer als die seiner Einnahmen. Partei, Organisation von Politikern, die sich in einer indirekten Demokratie mit einem gemeinsamen Wahlprogramm bei den Wählern um die Stimmen zur Wahl ins Parlament bewirbt. Ziel einer Partei ist es nach der Neuen Politischen Ökonomie, (allein oder mit anderen Parteien) die Regierung zu bilden, um ihre egoistischen Ziele verfolgen zu können. Parteien-Wettbewerb, Wettbewerb mehrerer Parteien um Wählerstimmen vor einer Parlamentswahl. Im Modell der Neuen Politischen Ökonomie ist der ParteienWettbewerb der einzige Mechanismus, der sicherstellt, dass die Politiker die Interessen der Bürger vertreten. Partialanalyse, Mikroökonomik.
Nettoeinkommen
Club, informeller Zusammenschluss der Regierungen westlicher Länder zur Abstimmung der Vorgehensweise bei Insolvenzkrisen verschuldeter Staaten der Dritten Welt ( Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer). Pariser
Parität, offizielles, d. h. staatlich fixiertes
Austauschverhältnis nationaler Währungen. Die Bezugsgröße ist bei der Goldparität der gesetzlich festgelegte Goldgehalt der Währungseinheiten ( Goldstandard), bei der Währungsparität eine andere Währung ( Leitwährung) oder Sonderziehungsrechte.
Pasinetti-Ansatz. Der italienische Ökonom Luigi L. Pasinetti erweitert den KaldorAnsatz der Verteilung ( Verteilungstheorie), indem er unterstellt, dass die Arbeitnehmer wegen ihrer Ersparnis auch Kapitaleinkommen beziehen. Das gesamte Gewinneinkommen besteht aus Kapitaleinkommen der Kapitalisten und der Arbeitnehmer. Damit ist Pasinetti in der Lage, die Verbindung zwischen funktioneller Einkommensverteilung und institutioneller Verteilung zu formalisieren. passive Arbeitsmarktpolitik, relative Arbeitsmarktpolitik; Arbeitsmarktpolitik. Gegensatz: aktive Arbeitsmarktpolitik. passiver Finanzausgleich, Unterform des Finanzausgleichs, der die Einnahmenverteilung zwischen öffentlichen Aufgabenträgern regelt. Gegensatz: aktiver Finanzausgleich.
333
personelle Einkommensverteilung
Patentrennen, Technologiepolitik.
gaben erzielten Erfolg geben soll. Vgl. Haushaltssystematik.
Pauperismus, Armut. Periodizitätsprinzip, PeriodizitätstheoPay-as-You-Earn-Prinzip, Steuererhebung
rie.
im Quellenabzugsverfahren. Pay-as-You-Use-Prinzip, intertemporales Äquivalenzprinzip. Finanzwissenschaftlicher Begriff für die intergenerative Lastenverschiebung öffentlicher Verschuldung ( Last der Staatsverschuldung). Die Ausgabenspitzen für langfristige Objekte sollen durch Anleihen finanziert werden, deren Tilgung von den nachfolgenden Generationen über Steuerzahlungen entsprechend dem aus diesen Objekten erlangten Nutzen aufgebracht wird. Vgl. auch New Orthodoxy Approach, Aggregate Investment Approach.
Peak Load Pricing, Preisbildungsregel für
die Inanspruchnahme von Leistungen der Infrastruktur, die die Nachfrage auf das (meist) wenig flexible Angebot abstimmen soll. Bei zeitlich wechselnder Nachfrage (z. B. öffentlicher Nahverkehr) werden in Spitzenzeiten höhere Preise erhoben als in Talzeiten. Die Preise sollen die Knappheitsverhältnisse signalisieren. Verfahren zur Schätzung des Produktionspotenzials einer Volkswirtschaft. Annahme: Im Konjunkturhoch sind keine Kapazitätsreserven vorhanden, so dass die Produktion dem Produktionspotenzial entspricht. Methode: Zwei nebeneinander liegende obere Umkehrpunkte des Konjunkturzyklus werden miteinander verbunden, so dass ihre Verbindungslinie die Entwicklung des Produktionspotenzials angibt. Für den Zeitraum jenseits des letzten konjunkturellen Hochpunkts wird das Produktionspotenzial durch Extrapolation berechnet.
Peak-to-Peak-Methode,
Wachstumstheorie der Unternehmung von Penrose. Penrose-Prozess,
Periodizitätstheorie, Theorie, nach der die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer lediglich durch periodisch fließende Quellen bestimmt wird (Periodizitätsprinzip). Wesentlicher Bestandteil der Quellentheorie. Periphere Substitution, Substitution. permanente Einkommenshypothese,
Konsumfunktion. permanentes Einkommen. Das perma-
nente Einkommen bezeichnet das durchschnittliche, vom Haushalt mittel- bzw. langfristig erzielbare verfügbare Realeinkommen. Gemäß der permanenten Einkommenshypothese Friedmans orientieren Haushalte ihren Konsumplan vorwiegend am permanenten Einkommen und weniger am laufenden Einkommen. Kurzfristige Schwankungen des laufenden Einkommens wirken sich also kaum auf die Höhe des Konsums aus. Vgl. auch Konsumfunktion, Theorie der Geldnachfrage. permanente Steuerreform, Steuerre-
form. Per-se-Regeln, Per Se Rule; Wettbewerbstheorie, Wettbewerbspolitik. persistierende Zyklen, dauerhafte Konjunkturschwankungen. In der Konjunkturtheorie spricht man von persistierenden Zyklen, wenn ein Konjunkturmodell endogene Schwingungen erzeugt. Personalsteuern, Personensteuern.
Pensionssatz, Zuteilungssatz. perfekte Kapitalmobilität, internatio-
nale Kapitalmobilität. Performance Budget, Leistungsbudget;
Gliederungssystem für öffentliche Haushaltspläne, das Auskunft über den durch die Aus-
personelle Einkommensverteilung, 1. Begriff: Im Gegensatz zur funktionalen oder funktionellen Einkommensverteilung, welche die Verteilung des Volkseinkommens auf die Produktionsfaktoren untersucht, fragt die personelle Verteilung nach dem Einkommen (oder Vermögen, Vermögensverteilung), das bestimmten Personen und Personengruppen innerhalb einer Zeitperiode zufließt, unabhängig davon, aus welchen
personelle Einkommensverteilung
lungsindikatoren: (1) Überblick: Die Darstellung und Analyse der personellen Einkommensverteilung erfolgt traditionell mit Hilfe von Ungleichheitsindikatoren oder Verteilungsmaßen, die graphisch oder numerisch die Abweichung von der Gleichverteilung der Referenzeinkommen (Markt- oder Nettoäquivalenzeinkommen) anzeigen. Die bekanntesten sind (a) die Lorenzkurve, (b) der Ginikoeffizient, (c) die Theil-Koeffizienten und verschiedene (d) Quantile und Quantilsverhältniszahlen. Ergänzend sind einfache statistische Kennziffern wie Durchschnittswerte, Zentralwerte und Modalwerte heranzuziehen. 3. Verteilungsergebnisse in Deutschland: a) Datenquelle: Die nachfolgend dargestellten empirischen Daten über die Entwicklung der personellen Einkommensverteilung in Deutschland sind dem Jahresgutachten 2007/2008 (JG) des Sachverständigenrates (SVR), Ziff. 714 ff. entnommen. b) Lorenzkurven: (1) Interpretationshilfe: Der sachliche, regionale oder intertemporale Vergleich von Lorenzkurven ist anhand der Referenzsituation der Gleichverteilung zu beurteilen. Bei Gleichverteilung aller Referenzeinkommen verläuft die Lorenzkurve (bei gleicher Achsenskalierung des Einkommensanteilsdiagramms) gradlinig als 45º-Linie (vgl. Abb. 1) nach rechts oben ansteigend (Egalitätsgerade). Abb.1: Lorenzkurven für Deutschland Primärverteilung, Sekundärverteilung und Umverteilung 2005 100
90
80
kumulierte Einkommensanteile in %
funktionellen Kategorien (Lohn-, Pacht- oder Zinseinkommen) es sich zusammensetzt. Die persönliche Einkommensverteilung muss also zum einen das Phänomen der Querverteilung berücksichtigen, womit die Tatsache gemeint ist, dass den Wirtschaftseinheiten Einkünfte aus unterschiedlichen funktionellen Kategorien zufließen können, zum anderen soll sie mit Hilfe von Verteilungsmaßen die Ungleichheiten zwischen den einzelnen Personen erkennen lassen. 2. Verteilungserfassung: a) Grundlagen: Die Multidimensionalität des Verteilungsproblems erfordert vorab eine Präzisierung der Fragestellung, ob nämlich der Gesichtspunkt der Leistungsgerechtigkeit oder jener der Bedarfsgerechtigkeit im Vordergrund stehen sollte, was Konsequenzen sowohl für den adäquaten Einkommensbegriff als auch für die geeignete personelle Bezugsgröße hat. Damit tut sich das verteilungspolitische Spannungsfeld zwischen einer (fiktiven) primären Einkommensverteilung gemessen am leistungsbezogenen Markteinkommen vor Umverteilungsmaßnahmen und der sekundären Einkommensverteilung gemessen am Nettoeinkommen der Bezugspersonen nach Umverteilungsmaßnahmen oder -wirkungen auf. Das analytische und politische Entscheidungsproblem zwischen dem Individuum als marktbezogene Leistungseinheit und dem Haushalt als Bedarfseinheit ist in der neueren Verteilungsstatistik durch das überbrückende Konstrukt des Äquivalenzeinkommens gelöst worden. Nach diesem verteilungsanalytischen Einkommenskonzept wird das Pro-Kopf-Einkommen eines Haushalts äqivalenzgewichtet, wodurch einerseits Haushaltsgrößenersparnisse und andererseits der unterschiedliche Bedarf von Erwachsenen und Kindern berücksichtigt werden. Im Sinne der Primär- und Sekundärverteilung werden so in der gleichen Einkommensperiode persönliche Marktäquivalenzeinkommen (ohne Umverteilung) und Nettoäquivalenzeinkommen (mit Umverteilung) gegenübergestellt. b) Statistische Erhebungen: Ein weiteres Problem stellt sich mit der Frage nach der geeigneten Datenbasis. In Deutschland werden in der Verteilungsstatistik die seit 1984 jährlichen durchgeführten Sozioökonomischen Panels ( SOEP) verwendet. Im Jahre 2006 (für die Einkommensperiode 2005) nahmen an dieser repräsentativen Stichprobe 12.499 Haushalte mit 22.665 Einzelpersonen teil. c) Vertei-
334
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Gleichverteilung 50
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Sekundärverteilung 30
Primärverteilung 20
Umverteilung 10
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kumulierte Bevölkerungsanteile in %
Eigene Darstellung, Datenquelle: SVR, JG 2007/2008
Im Extremfall völliger Ungleichheit (eine Person vereinigt das gesamte VolksEinkommen auf sich) verläuft die Lorenzkurve rechtwinklig. Zwischen diesen Ex-
335
personelle Einkommensverteilung
tremkurven liegt die Realität mit von links unten nach rechts oben ansteigenden LorenzKurven. Eine Lorenzkurve, die durchgängig weiter rechts (links) liegt, bedeutet, dass die Ungleichheit zugenommen (abgenommen) hat. Bei Überschneidungen von Lorenzkurven hilft u. U. der Gini-Koeffizient in der Beurteilung weiter. (2) Vergleich der Primärund Sekundärverteilung 2005: Wie die vorstehende Abb. 1 zeigt, hat die Ungleichverteilung der Marktäquivalenzeinkommen (Primärverteilung) in Deutschland im Vergleich zur Ungleichverteilung der Nettoäquivalenzeinkommen (Sekundärverteilung) durch Linksverschiebung der Lorenzkurven in Richtung Gleichverteilung deutlich abgenommen. Die Umverteilungsmaßnahmen des Staates (vgl. den Pfeil in Abb. 1) sind also signifikant wirksam. Abb. 2.a Lorenzkurven für Deutschland Primärverteilungen 1993 und 2005
Abb. 3.a Lorenzkurven für das frühere Bundesgebiet und die neuen Bundesländer Primärverteilungen 2005 100
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kumulierte Einkommensanteile in %
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kumulierte Einkommensanteile in %
(3) Vergleich der Einkommensverteilungen 1993 2005: Vergleicht man die Lorenzkurven intertemporal, lässt sich bei der Primärverteilung (Verteilung der Marktäquivalenzeinkommen) deutlich eine größere Ungleichverteilung im Jahre 2005 gegenüber 1993 (vgl. Abb. 2.a) erkennen. Der Vergleich der Sekundärverteilungen (vgl. Abb. 2.b) zeigt ergänzend, dass Umverteilungsmaßnahmen diese Verteilungsentwicklung zwar nicht umkehren konnten, aber dennoch abgeschwächt haben.
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Früheres Bundesgebiet
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Abb. 3.b Lorenzkurven für das frühere Bundesgebiet und die neuen Bundesländer Sekundärverteilungen 2005
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Abb. 2.b Lorenzkurven für Deutschland Sekundärverteilungen 1993 und 2005
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Eigene Darstellung, Datenquelle: SVR, JG 2007/2008
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Eigene Darstellung, Datenquelle: SVR, JG 2007/2008
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(3) Vergleich der Einkommensverteilungen zwischen dem früheren Bundesgebiet und den neuen Bundesländern: Der Vergleich der
personelle Einkommensverteilung Lorenzkurven zwischen dem früheren Bundesgebiet und den neuen Bundesländern zeigt, dass die Einkommensverteilung sowohl primär (Abb. 3.a) als auch sekundär (Abb. 3.b) im Osten ungleicher ist als im Westen. c) Gini-Koeffizienten: (1) Interpretationshilfe: Der Gini-Koeffizient (GIK) transformiert die Informationen der Lorenzkurve in eine Maßzahl, indem er die Fläche zwischen der Egalitätsgeraden und der Lorenzkurve zur gesamten Fläche des Dreiecks unter der Egalitätsgeraden ins Verhältnis setzt. Infolgedessen nimmt er bei Gleichverteilung der Einkommen den Wert 0 und bei völliger Ungleichverteilung den Wert 1 an. In der Realität liegt der GiniKoeffizient im Wertebereich von 0 GIK 1 . Im Normalfall sich nicht überschneidender Lorenzkurven bedeutet ein höherer oder steigender GIK, dass die Ungleichheit der individuellen Einkommen größer ist oder zugenommen hat. (2) GiniKoeffizienten für Deutschland: Wie Tab. 1 zeigt, spiegeln die GIK-Werte die Ergebnisse der Lorenz-Kurven-Darstellungen im Vergleich zwischen Primär- und Sekundärverteilung ebenso wider wie im intertemporalen und interregionalen Vergleich. Ein exakter Vergleich der Koeffizientendifferenzen offenbart dabei, dass die Verteilungseffekte in den neuen Bundesländern stärker sind. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Umverteilungswirkung als auch in Bezug auf die Zunahme der Ungleichverteilung. Tab. 1. Gini-Koeffizienten für Deutschland Deutschland insgesamt 1. primär 2. sekundär Differenz früheres Bundesgebiet 1. primär 2. sekundär Differenz
1993 0,430
2005
+0,074 +0,049
0,267
0,316
-0,163
-0,188
1993
2005
0,422
0,504
0,492
+0,070
0,270
0,322
+0,052
-0,152
-0,170
neue Bundesländer
1993
2005
1. primär
0,429
0,539
+0,110
0,217
0,257
+0,150
-0,212
-0,282
2. sekundär Differenz
Quelle: SVR, JG 2007/2008
d) Theil-Koeffizienten: (1) Interpretationshilfe: Während der Theil 0-Koeffizient aus der
336 durchschnittlichen Abweichung der logarithmierten Einkommen vom logarithmierten Mittelwert berechnet wird, werden beim Theil 1-Koeffizienten die individuellen Abweichungen zusätzlich mit ihrem Einkommensanteil gewichtet. Auch die Theil-Koeffizienten nehmen bei Gleichverteilung den Wert 0 an, nach oben sind sie jedoch nicht begrenzt. (2) Theil 1-Koeffizienten für Deutschland: Wie die in Tab. 2 zusammengefassten Theil 1-Koeffizienten für Deutschland zeigen, bestätigen sie (nur) die bisher festgestellten Ergebnisse. Tab. 2: Theil 1-Koeffizienten für Deutschland Deutschland insgesamt 1. primär 2. sekundär Differenz früheres Bundesgebiet 1. primär 2. sekundär Differenz
1993 0,335
2005
+0,131 +0,064
0,126
0,190
-0,209
-0,276
1993
2005
0,325
0,466
0,446
+0,121
0,128
0,198
+0,070
-0,197
-0,248
neue Bundesländer
1993
2005
1. primär
0,336
0,518
+0,182
0,086
0,113
+0,027
-0,250
-0,405
2. sekundär Differenz
Quelle: SVR, JG 2007/2008
e) Dezilverhältnisse: (1) Interpretationshilfe: Dezile sind zunächst spezielle Quantile und diese wiederum ein statistisches Streuungsmaß. Sie teilen eine nach Rang oder Größe geordnete Häufigkeitsverteilung in zehn (oder n) gleiche Teile mit dem Ergebnis, dass unterhalb des 1. Dezils (D10) 10 % aller Werte (hier Personen) liegen, unterhalb des 5. Dezils (D50) 50 % und unterhalb des 9. Dezils (D90) 90 % aller Werte. Dezilverhältnisse setzen den Schwellenwert (hier ein bestimmtes Markt- oder Nettoeinkommen) eines höheren Dezils zu dem Schwellenwert eines niedrigeren Dezils ins Verhältnis, das Dezilverhältnis D90/D10 also die höchste Einkommensschwelle zur niedrigsten Einkommensschwelle. Ein Verhältniswert von 4,5 besagt dann, dass die obere Einkommensschwelle das 4,5-fache der unteren Einkommensschwelle beträgt und die Einkommen im Verhältnis zu einem niedrigeren (höheren) Vergleichswert weniger (mehr) auseinanderklaffen. Neben dem Dezilver-
337
Personensteuern
hältnis der Verteilungsränder D90/D10 werden üblicherweise die Dezilverhältnisse D90/D50 und D50/D10 (also auf den Median) bezogen verwendet. (2) Dezilverhältnisse in Deutschland: Der Vergleich der ausgewählten Dezilverhältniszahlen zwischen den Jahren 1993 (Tab. 3.a) und 2005 (Tab. 3.b) zeigt zunächst, dass die Streuung oder Ungleichheit sowohl der Primäreinkommen als auch der Sekundäreinkommen im Zeitablauf größer geworden ist, da sämtliche Tabellenwerte 2005 größer sind als 1993. Darüber hinaus zeigt sich in beiden Jahren, dass die Einkommensumverteilung sehr stark auf die Randgruppen wirkt, insbesondere das Dezilverhältnis D90/D10 von der Primär- zur Sekundärverteilung hin drastisch abnimmt. Tab. 3.a Dezilverhältnisse für Deutschland 1993 Deutschland insgesamt 1. primär 2. sekundär Differenz früheres Bundesgebiet 1. primär 2. sekundär Differenz neue Bundesländer 1. primär 2. sekundär Differenz
D90/D10
D90/D50
D50/D10
26,50
2,16
12,28
3,25
1,79
1,81
-23,25
-0,37
-10,47
D90/D10
D90/D50
D50/D10
23,22
2,15
10,81
3,30
1,78
1,86
-19,92
-0,37
-8,95
D90/D10
D90/D50
D50/D10
71,17
2,07
34,46
2,59
1,57
1,65
-68,58
-0,50
-32,81
Tab. 3.b Dezilverhältnisse für Deutschland 2005 Deutschland insgesamt 1. primär 2. sekundär Differenz früheres Bundesgebiet 1. primär 2. sekundär Differenz neue Bundesländer 1. primär 2. sekundär Differenz
D90/D10
D90/D50
D50/D10
48,93
2,75
17,82
4,14
1,95
2,13
-44,79
-0,8
-15,69
D90/D10
D90/D50
D50/D10
30,79
2,62
11,73
4,24
1,97
2,15
-26,55
-0,65
-9,58
D90/D10
D90/D50
D50/D10
214,98
2,85
75,56
3,25
1,67
1,95
-211,73
-1,18
-73,61
Quelle: SVR, JG 2007/2008
4. Erklärungsansätze: Theorien zur Erklärung der primären personellen Einkommensverteilung ( Verteilungstheorie) versuchen die Rechtssteilheit der Einkommensverteilung zu erklären. Solche Ansätze greifen die verschiedensten Faktoren auf, wie z. B. die Verteilung von angeborenen Faktoren, die unterschiedliche Ausstattung mit Vermögen ( Vermögensverteilung), die Altersstruktur, unvollkommene Arbeitsmärkte und institutionelle Einflüsse. Die Modelle selbst beschränken sich i. d. R. auf einen der genannten Faktoren und sind insofern nur begrenzt aussagefähig. So wird im Humankapitalansatz als Ergebnis einzelwirtschaftlichen Entscheidungskalküls unterstellt, dass Aufwendungen für Humankapital (z. B. Kosten für Schul- und Hochschulbildung, Weiterbildung, Ortswechsel, Informationen etc.) die Möglichkeiten der zukünftigen Einkommenserzielung erweitern; die Rendite für Humankapital schlägt sich in einem höheren Lebenseinkommen nieder. Institutionelle und soziale Rahmenbedingungen werden weitgehend ausgeblendet. Ähnliches gilt auch für die sog. Vererbungsmodelle und Hierarchieansätze. Dagegen müsste ein befriedigender Ansatz zur Theorie der personellen Einkommensverteilung in einer Verknüpfung mit der makroökonomischen Theorie der funktionellen Einkommensverteilung liegen. Außerdem müssten Querverteilungsansätze, Vermögensbildungs- und Vererbungsprozesse integriert werden. Vgl. auch Verteilungstheorie. personelle Zusammenarbeit, personelle
Hilfe, Entsendung von Fachkräften (Entwicklungsexperten) in Entwicklungsländer und Aus- und Fortbildung von Fachkräften aus Entwicklungsländern. Ziel ist die Vermittlung von Know-how in den verschiedensten Bereichen (Landwirtschaft, Bildung usw.). Vgl. auch Entwicklungshilfe. Personensteuern, Subjektsteuern, Perso-
nalsteuern; 1. Begriff: Steuern, mit denen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ( Leistungsfähigkeitsprinzip) von natürlichen und juristischen Personen erfasst werden soll. Aus steuerjuristischer Sicht gelten Einkommen- einschl. Lohnsteuer, Körperschaft- und Kirchensteuer, aus finanzwissenschaftlicher Sicht Einkommen- (einschl. Lohnsteuer), Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie persönliche Ausgabensteuer (nicht Körper-
Personentransportintensität schaftsteuer) als Personensteuer. Gegensatz: Realsteuern. 2. Merkmale: (1) Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, z. B. Familienstand und Kinderzahl; (2) Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, z. B. durch einen progressiv gestalteten Einkommensteuer-Tarif, Steuerermäßigung bei außergewöhnlichen Belastungen. Im Gegensatz zu den Realsteuern sind die Personensteuern nicht abzugsfähige Steuern. Ausnahme: Die gezahlte Kirchensteuer, die als Sonderausgabe abzugsfähig ist. Personentransportintensität, Teilindika-
tor des Nachhaltigkeitsindikators Mobilität: Personenbeförderungsleistung (in Personenkilometern/ Bruttoinlandsprodukt (real). Bei dem Index mit dem Basisjahr 1999 geht es um jegliche Beförderung von Personen und alle Nebenleistungen im Inland. Neben der Personenbeförderungsleistung wird ergänzend die Energieeffizienz betrachtet (absoluter Energieverbrauch und Energieverbrauch je Personenkilometer). Angestrebt wird eine Absenkung auf 90 % gegenüber 1999 bis 2010 und auf 80 % bis 2020. Vgl. auch Gütertransportintensität. Personifikationssystem, Träger der
Wirtschaftspolitik. persönliche Entgeltpunkte, Renten-
formel. Abhängigkeit der Wachstumsrate einer Volkswirtschaft von der historisch gewachsenen Wirtschaftsstruktur.
Pfadabhängigkeit,
Pflegegeld, Gesetzliche Unfallversiche-
rung. Pflegeversicherung, Soziale Pflegeversi-
cherung. 1. Begriff: 1995 hat der Gesetzgeber als neuen eigenständigen Zweig der Sozialversicherung (als sog. fünfte Säule) die Pflegeversicherung zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (§1, Abs. 1, SGB XI) errichtet. Ihre Leistungen wurden in zwei Stufen eingeführt: die Leistungen bei häuslicher Pflege vom 1.4.1995, die Leistungen bei stationärer Pflege vom 1.7.1996 an. 2. Rechtsgrundlage ist das elfte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) vom 26.5.1994, das am
338 1.1.1995 in Kraft getreten ist. In den Schutz der sozialen Pflegeversicherung sind kraft Gesetzes alle einbezogen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Wer gegen Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist, muss eine private Pflegeversicherung abschließen (§1, Abs. 2, SGB XI). 3. Aufgabe der Pflegeversicherung ist es, Pflegebedürftigen Hilfe zu leisten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind (§1, Abs. 4, SGB XI). 4. Träger der Pflegeversicherung sind (nach § 46, SGB XI) die Pflegekassen. Bei jeder Krankenkasse (gem. § 4 Abs. 3, SGB V) wird eine Pflegekasse errichtet. Sie sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Organe der Pflegekassen sind die Organe der Krankenkasse. Arbeitgeber der für die Pflegekasse tätigen Beschäftigten ist die Krankenkasse. Die Verwaltungskosten einschließlich der Personalkosten werden von den Pflegekassen in Höhe von 3,5 v. H. des Mittelwertes von Leistungsaufwendungen und Beitragseinnahmen erstattet. Außerdem übernehmen die Pflegekassen 50 v. H. der umlagefinanzierten Kosten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Die Aufsicht über die Pflegekassen führen die für die Aufsicht der Krankenkassen zuständigen Stellen. Zuständig für die Durchführung der Pflegeversicherung ist jeweils die Pflegekasse, die bei der Krankenkasse errichtet ist, bei der eine Pflichtmitgliedschaft oder freiwillige Mitgliedschaft besteht. 5. Grundsätze der Pflegeversicherung: a) Selbstbestimmung (§ 2 SGB XI): Die Leistungen der Pflegeversicherung sollen den Pflegebedürftigen helfen, trotz ihres Hilfsbedarfs ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Pflegebedürftigen können zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger wählen. Angemessenen Wünschen zur Gestaltung der Hilfe soll im Rahmen des Leistungsrechts entsprochen werden. Wünsche nach gleichgeschlechtlicher Pflege sollen nach Möglichkeit Berücksichtigung finden. Auch auf religiöse Bedürfnisse ist Rücksicht zu nehmen. b) Vorrang häuslicher Pflege (§3 SGB XI): Die Pflegeversicherung soll mit ihren Leistungen vorrangig die häusliche und die Pflegebereitschaft der Angehörigen und Nachbarn unterstützen, damit die Pflegebe-
339 dürftigen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben können. Leistungen der teilstationären Pflege und der Kurzzeitpflege gehen den Leistungen der vollstationären Pflege vor. c) Leistungsart und -umfang: (1) Die Leistungen der Pflegeversicherung sind Dienst-, Sach- und Geldleistungen für den Bedarf der Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung sowie Kostenerstattung. (2) Bei häuslicher und teilstationärer Pflege ergänzen die Leistungen der Pflegeversicherung die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung. Bei teil- und vollstationärer Pflege werden die Pflegebedürftigen von Aufwendungen entlastet, die für ihre Pflege nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit erforderlich sind. (3) Die Pflegekassen, Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftigen haben darauf hinzuwirken, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. d) Vorrang von Prävention und Rehabilitation (§5 SGB XI): Die Pflegekassen wirken bei den zuständigen Leistungsträgern darauf hin, dass frühzeitig alle geeigneten Leistungen der Prävention, der Krankenbehandlung und zur medizinischen Rehabilitation eingeleitet werden, um den Eintritt der Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. e) Eigenverantwortung (§ 6 SGB XI): (1) Die Versicherten sollen durch gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an Vorsorgemaßnahmen und durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation dazu beitragen, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. (2) Nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit haben die Pflegebedürftigen an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und der aktivierenden Pflege mitzuwirken, um die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhindern. f) Aufklärung und Beratung: (1) Die Pflegekassen haben die Eigenverantwortung der Versicherten durch Aufklärung und Beratung über eine gesunde, der Pflegebedürftigkeit vorbeugenden Lebensführung zu unterstützen und auf die Teilnahme an gesundheitsfördernden Maßnahmen hinzuwirken. (2) Die Pflegekassen haben die Versicherten und ihre Angehörigen und Lebenspartner in den mit der Pflegebedürftigkeit zusammenhängenden Fragen, insbesondere über die Leistungen der Pflegekassen sowie über die Leistungen und Hilfen
Pflegeversicherung anderer Träger, zu unterrichten und zu beraten. 6. Pflegebedürftigkeit a) Begriff: Pflegebedürftig im Sinne des SGB XI sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höheren Maße der Hilfe bedürfen (§ 14, Abs. 1). Krankheiten oder Behinderungen sind (1) Verluste, Lähmungen oder andere Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat, (2) Funktionsstörungen der inneren Organe oder der Sinnesorgane, (3) Störungen des Zentralnervensystems wie Antriebs-, Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen sowie endogene Psychosen, Neurosen oder geistige Behinderungen. Hilfe besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der selbstständigen Übernahme der Verrichtungen. 7. Pflegestufen nach § 15 SGB XI: a) Pflegebedürftige der Stufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. b) Pflegebedürftige der Stufe II (Schwerpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. c) Pflegebedürftige der Stufe III (Schwerstpflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität täglich rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. d) Bei Kindern ist für die Zuordnung der zusätzliche Hilfsbedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. e) Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen, hiervon
Pflicht müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen, in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden, davon mindestens zwei Stunden Grundpflege und in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden, davon mindestens vier Stunden Grundpflege. 8. Leistungen: a) Leistungen bei häuslicher Pflege: (1) Pflegesachleistungen für Pflegebedürftige der Pflegestufe I bis zu einem Gesamtwert von 420 EUR seit dem 1.7.2008 (440 EUR ab 1.1.2010, 450 EUR ab 2012), für Pflegebedürftige der Stufe II bis zu einem Gesamtwert von 980 EUR seit dem 1.7.2008 (1.040 EUR ab 1.1.2010, 1.100 EUR ab 2012) und für Pflegebedürftige der Pflegestufe III bis zu einem Gesamtwert von 1.470 EUR seit dem 1.7.2008 (1.510 EUR ab 1.1.2010, 1.550 EUR ab 2012). (2) Pflegegeld: Pflegebedürftige können anstelle der häuslichen Pflege unter der Voraussetzung ein Pflegegeld beantragen, dass damit die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sichergestellt wird. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat für Pflegebedürftige der Pflegestufe I 215 EUR seit dem 1.7.2008 (225 EUR ab 1.1.2010, 235 EUR ab 2012), für Pflegebedürftige der Stufe II 420 EUR seit dem 1.7.2008 (430 EUR ab 1.1.2010, 440 EUR ab 2012) und für Pflegebedürftige der Pflegestufe III 675 EUR seit dem 1.7.2008 (685 EUR ab 1.1.2010, 700 EUR ab 2012). b) Leistungen bei teilstationärer Pflege: (1) Anspruch auf teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tages- oder Nachtpflege haben Pflegebedürftige, wenn häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt werden kann oder wenn dies zur Ergänzung oder Stärkung der häuslichen Pflege erforderlich ist. Die teilstationäre Pflege umfasst auch die notwendige Beförderung des Pflegebedürftigen von der Wohnung zur Einrichtung der Tages- oder Nachtpflege und zurück. (2) Leistungsumfang: Die Pflegekasse übernimmt die Aufwendungen für die teilstationäre Pflege je Kalendermonat für Pflegebedürftige der Pflegestufe I bis zu einem Gesamtwert von 420 EUR seit dem 1.7.2008 (440 EUR ab 1.1.2010, 450 EUR ab 2012), für Pflegebedürftige der Stufe II bis zu einem Gesamtwert von 980 EUR seit dem 1.7.2008 (1.040 EUR ab 1.1.2010, 1.100 EUR ab 2012) und für Pflegebedürftige der Pflegestufe III bis zu einem Gesamtwert von 1.470 EUR seit dem 1.7.2008 (1.510 EUR ab 1.1.2010, 1.550 EUR ab 2012). Pflegebe-
340 dürftige können die Ansprüche auf Tagesund Nachtpflege, Pflegegeld und Pflegesachleistung nach ihrer Wahl miteinander kombinieren. c) Leistungen bei Kurzzeitpflege: (1) Anspruch auf kurzzeitige Pflege in einer vollstationären Einrichtung haben Pflegebedürftige dann, wenn die häusliche Pflege zeitweise nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann und auch teilstationäre Pflege nicht ausreicht. Dies gilt für eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung oder in sonstigen Krisensituationen. Der Anspruch ist auf vier Wochen pro Kalenderjahr beschränkt. (2) Leistungsumfang: Die Pflegekasse übernimmt die Aufwendungen für die Kurzzeitpflege bis zu dem Gesamtbetrag von 1.470 EUR seit dem 1.7.2008 (1.510 EUR ab 1.1.2010, 1.550 EUR ab 2012) im Kalenderjahr. d) Leistungen bei vollstationärer Pflege: (1) Anspruch auf Pflege in vollstationären Einrichtungen haben Pflegebedürftige, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des einzelnen Falls nicht in Betracht kommt. (2) Leistungsumfang: Die Pflegekasse übernimmt die Aufwendungen für die vollstationäre Pflege je Kalendermonat für Pflegebedürftige der Pflegestufe I in Höhe von 1.023 EUR, für Pflegebedürftige der Pflegestufe II in Höhe von 1.279 EUR, für Pflegebedürftige der Stufe III in Höhe 1.470 EUR seit dem 1.7.2008 (1.510 EUR ab 1.1.2010, 1.550 EUR ab 2012) und für Pflegebedürftige, die als Härtefall anerkannt sind, in Höhe 1.750 EUR seit dem 1.7.2008 (1.825 EUR ab 1.1.2010, 1.550 EUR ab 2012). Als Härtefall gilt außergewöhnlich hoher und intensiver Pflegeaufwand, z.B. bei Apallikern, schwerer Demenz oder im Endstadium von Krebserkrankungen. 9. Finanzierung: Die Ausgaben der Pflegeversicherung werden durch Beiträge der Mitglieder und der Arbeitgeber finanziert. Die Beiträge richten sich nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder. Für versicherte Familienangehörige und eingetragene Lebenspartner werden Beiträge nicht erhoben (§1, Abs. 6, SGB XI). Übersteigen Pflegekosten die Leistungen der Pflegeversicherung und das laufende Einkommen eines Pflegebedürftigen, übernimmt die Sozialhilfe die Restkosten (Hilfe zur Pflege). Pflicht, für I. Kant die Nötigung zu einer
Handlung durch die Vernunft und ihr objek-
341
Pigou-Dalton-Bedingung
tives sittliches Gesetz. Sie tritt mit Allgemeinverbindlichkeitsanspruch auf und verlangt unbedingte Befolgung. Mit Pflichtverletzung oder -übertretung sind i. d. R. innere Sanktionen verbunden. Pflichttheorien, Opfertheorien. Phänomenologie, Methodologie. Phase. 1. Allgemein: Teilabschnitt einer Entwicklung. 2. Wirtschaftlich: Vgl. Konjunkturphasen. Phillips-Kurve. 1. Charakterisierung: Die ursprüngliche Phillips-Kurve geht auf den britischen Ökonometriker A. W. Phillips (1958) zurück und beschreibt die Beziehung zwischen Arbeitslosenquote und Geldlohnsteigerungen. P. A. Samuelson und R. M. Solow unterstellen eine feste Beziehung zwischen Nominallohn- und Preisniveauveränderung. Dadurch wird aus der ursprünglichen die modifizierte Phillips-Kurve in der heute üblichen Form (vgl. Abb.: Zusammenhang zwischen Inflationsrate Π und Arbeitslosenquote u) die heute allgemein übliche.
Π
Philips-Kurve
Π
2. Bedeutung: Der modifizierten PhillipsKurve käme wirtschaftspolitisch eine ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn sie einerseits quantitativ annähernd exakt bestimmbar und andererseits im Zeitablauf nachweislich stabil wäre. Vielfältige Modifikation, Alternativtheorien und Tests machen zwar deutlich, dass der Zusammenhang zwischen Inflationsrate und Arbeitslosenquote sicher vorhanden ist, jedoch wegen anderer Einflussfaktoren (Struktur der Wirtschaft, Produktionstechnik, Präferenzen und Ver-
haltensweisen, außenwirtschaftliche Zusammenhänge, Wettbewerbs- bzw. Machtverhältnisse, Erwartungen über die zukünftige Entwicklung u. a.) nicht als stabil angenommen werden darf. Form und Gestalt der Phillips-Kurve werden insbes. im Konjunkturablauf ständig variieren. Wirtschaftspolitische Empfehlungen auf der Basis bestimmter Phillips-Kurven sind deshalb kritisch zu beurteilen. Vgl. auch Geldtheorie. Physiokratie, in der zweiten Hälfte des 18.
Jh. in Frankreich entstandene gesellschaftsund wirtschaftstheoretische Schule, die maßgeblich von ihrem Begründer F. Quesnay (16941774) geprägt wurde. 1. Die Gesellschaftstheoretische Konzeption: beruht auf der Annahme, dass sich aus den Prinzipien des Naturrechts eine unabhängige und objektiv gegebene Norm ableiten lässt, deren Beachtung die größtmögliche Wohlfahrt für alle Menschen bewirkt (ordre naturel). Anders als im klassischen Liberalismus wird davon ausgegangen, dass das spontane und selbstinteressierte Handeln der Gesellschaftsmitglieder keine dieser natürlichen Ordnung entsprechende Gesellschaftsverfassung hervorbringt. Daher wird gefordert, dass durch einen aufgeklärten Herrscher eine Ordnung zu konstituieren und zu gewährleisten ist (ordre positif), die weitestgehend der natürlichen Ordnung entspricht. 2. Wirtschaftspolitische Konzeption: Im wirtschaftlichen Bereich wird gefordert, dass der Staat Eingriffe in den Wirtschaftsprozess auf ein Mindestmaß begrenzt (Reaktion auf den Merkantilismus mit umfangreichem und zumeist konzeptionslosem Dirigismus) sowie Privateigentum an den Produktionsmitteln und eine freie wirtschaftliche Betätigung der Menschen gewährleistet. Aus der Annahme, dass alleine die Landwirtschaft wertschöpfend ist, zieht die Physiokratie die wirtschaftspolitische Folgerung, dass primär diese zu fördern ist. 3. Entwicklung: Die physiokratische Schule ist sehr bald, nicht zuletzt wegen ihrer unrealistischen Wertschöpfungstheorie und der daraus gezogenen wirtschafts- und steuerpolitischen Konsequenzen, in ihrem Einfluss von den sich rasch ausbreitenden Theorien der Klassiker ( klassische Lehre) zurückgedrängt worden. Pigou-Dalton-Bedingung, personelle
Einkommensverteilung.
Pigou-Effekt Pigou-Effekt, einer der Vermögenseffekte des Geldes. Nach A. C. Pigou werden die Wirtschaftssubjekte bei sinkendem (steigendem) Preisniveau zur Wiederherstellung ihres Portfoliogleichgewichtes ( PortfolioSelection) insbes. ihre Konsumnachfrage erweitern (vermindern), wodurch Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage, Produktion und Beschäftigung sowie gegebenenfalls das Preisniveau ausgelöst werden. Der Pigou-Effekt ist insofern ein Teilaspekt des Realkassenhaltungseffekts. Der Pigou-Effekt stellt vorwiegend auf die Konsumnachfrage ab, während beim Keynes-Effekt die Investitionsgüternachfrage im Vordergrund steht.
342 geerweiterung nicht mehr gesteigert werden kann. 2. Unterer Plafond: Makroökonomisch jene Einkommenshöhe, bei der das ganze Einkommen verbraucht bzw. die Ersparnis gleich Null wird. Planwirtschaft, gängige Bezeichnung für
eine Wirtschaftsordnung, in der der Wirtschaftsprozess von einer Zentralinstanz auf der Grundlage ihres Planes koordiniert wird. Dies impliziert jedoch, dass das Wirtschaften in anders gearteten Wirtschaftsordnungen nicht auf Plänen beruht, was logisch falsch ist. Daher sind zur Beschreibung der gemeinten Wirtschaftsordnungen Bezeichnungen wie z. B. Zentralverwaltungswirtschaft (Eucken) vorzuziehen.
Pigou-Steuer. 1. Begriff: Instrument der
Internalisierung externer Effekte. Nach A.C. Pigou sollen die einzelwirtschaftlichen Kosten mit den volkswirtschaftlichen Kosten dadurch zur Deckung gebracht werden, dass die Verursacher negativer externer Effekte besteuert werden. Der Pigou-Steuersatz liegt bei dem im pareto-optimalen Zustand veranschlagten marginalen externen Kosten. 2. Ökonomische Bedeutung: Eine vollkommene Umsetzung der Pigou-Steuer ist insbesondere wegen der bei der ökonomischen Bewertung der externen Effekte auftretenden Informationsprobleme kaum möglich. Die Idee der Pigou-Steuer bildete jedoch die Grundlage bei der Entwicklung praxisnäherer Besteuerungsvarianten, insbesondere der Emissionsabgabe i. S. des Preis-Standard-Ansatzes. Außerdem dient sie für die Ökosteuer als Leitbild. Pioniergewinne, Wettbewerbstheorie.
pluralistische Theorien, Konjunktur-
theorien, die Konjunktur als Ergebnis zahlreicher Faktoren erklären. Gegensatz: Kausalmonismus. Pluralitätsregel, einfache Mehrheitsre-
gel. Policy Mix, in der Makroökonomik die gleichzeitige Durchführung verschiedener Varianten der Wirtschaftspolitik, z.B. kombinierter Einsatz von Geldpolitik und Fiscal Policy. So würde z.B. im Rahmen des ISLM-Modells ( Keynessche Lehre) eine expansive Fiskalpolitik alleine über eine Rechtsverschiebung der IS-Kurve nicht voll zu der erwünschten Erhöhung von Einkommen und Beschäftigung führen, da sie mit einer Zinsniveauerhöhung und einem Nachfrageverdrängungseffekt ( Crowding Out) verbunden wäre (Punkt B). Diese ließe sich jedoch durch die Kombination oder eine sog.
Pionier-Unternehmer, Unternehmer.
Policy Mix
PKV, Abk. für private Krankenversiche-
rung.
r
IS1
IS 2
Plafond. I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t : Steu-
erpolitik: Spitzensteuersatz, der die progressive Steuerbelastung nach oben begrenzt (steuerlicher Plafond). Der Plafond sollte so gewählt werden, dass keine Disincentives auftreten. Schuldenpolitik: Betrag, bis zu dem sich die öffentliche Hand am Kapitalmarkt verschulden darf. II. Wirtschaftstheorie: 1. Oberer Plafond: Produktionsniveau, das wegen Vollausnutzung aller Produktionsfaktoren (Vollbeschäftigung) trotz Nachfra-
LM1
LM2
B rB r1 r2
E2
E1
COE Y1
YB
Y2
Y
343 konzertierte Aktion mit einer expansiven Geldpolitik (Rechtsverschiebung der LMKurve) vermeiden (Punkt E2). political economy, allgemeine Wirt-
schaftspolitik. Politikverflechtung, die insbes. im Zuge des kooperativen Föderalismus seit Mitte der 60er Jahre in der BRD beobachtbare Tendenz zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung durch Bund, Länder und Gemeinden ( Gemeinschaftsaufgaben) sowie zur nicht kongruenten Verteilung von Gesetzgebungskompetenz, Verwaltungshoheit, und Finanzierungshoheit einer Aufgabe. Folgen der Politikverflechtung: Kompetenzstreitigkeiten, verminderte Effizienz der öffentlichen Aufgabenerfüllung, fehlende politische Sanktionierbarkeit politischer Entscheidungen, Machtverlagerung von der Legislative zur Exekutive u. a. Als Konsequenz werden eine striktere Trennung und eine Dezentralisierung von Kompetenzen gefordert. politische Effizienz, Kriterium für die Durchsetzbarkeit eines Instrumentes der Umweltpolitik im politischen Raum. Determinanten der politischen Effizienz sind Konsensfähigkeit, Imagewirkung, Operationalität, politische Rationalität, Verbandsinteressen und Werteverträglichkeit. Vgl. Neue Institutionenökonomik. politische Kontrollfunktion, Teilfunktion
der Haushaltsfunktionen. Durch die regelmäßige Beratung und ggf. Beeinflussung der ausgabenwirksamen Regierungstätigkeit ermöglicht das Budget eine vorherige und nachträgliche politische Kontrolle des Regierungshandelns. politische Ökonomie der Protektion.
Forschungsprogramm der realen Außenwirtschaftstheorie, das die real existierenden Formen der Protektion bzw. Handelspolitik durch eigennütziges Verhalten politischer Akteure im Rahmen bestimmter politischer Systeme zu erklären versucht. So erklärte Protektion wird auch endogene Protektion genannt, im Unterschied zur traditionellen Betrachtung der Auswirkungen von exogen gegebenen handelspolitischen Maßnahmen. Die Theorie der Handelspolitik kennt zwar eine Reihe von möglichen Be-
politische Programmfunktion gründungen für gezielte Abweichungen vom Freihandel, aber es scheint sehr fraglich, ob die empirisch vorgefundenen protektionistischen Politiken in Art und Ausmaß als Ergebnis der Anwendung solcher Überlegungen erklärbar sind. Die Theorie der politischen Ökonomie der Protektion stellt die Vorstellung von Regierungen, die an der Gesamtwohlfahrt ganzer Länder interessiert sind (wohlwollender Diktator), aus diesem Grunde fundamental in Zweifel. Sie stellt dem die Vorstellung von eigennützig handelnden politischen Akteuren gegenüber ( Neue Politische Ökonomie). Die konkrete Gestaltung der Handelspolitik wie im Prinzip auch beliebiger anderer Bereiche der Wirtschaftspolitik wird nicht über deren Gesamtwohlfahrtswirkung erklärt, sondern über deren Einkommensverteilungswirkung, in Verbindung mit Besonderheiten des politischen Prozesses, die der einen oder anderen Gruppe von Nutznießern einer bestimmten Politik zum Durchbruch verhilft. politische Ökonomie der Umwelt, Anwendung der Neuen Politischen Ökonomie auf die Umweltpolitik. Charakteristika der Umweltpolitik, etwa die Auswahl umweltpolitischer Instrumente oder die Festlegung von Umweltqualitätsstandards werden aus dem Zusammenspiel der Interessen der am politischen Prozess beteiligten Gruppen erklärt. Hierbei treten Produzenten und Konsumenten (Wähler) als Nachfrager umweltpolitischer Maßnahmen, Politiker und Angehörige der Bürokratie als deren Anbieter auf. Die Besonderheit der politischen Ökonomie der Umwelt besteht im Vergleich zur traditionellen Umwelt- und Ressourcenökonomik darin, dass sie davon ausgeht, Politiker und leitende Angehörige der Verwaltung verfolgten nicht das Ziel der Maximierung des Gemeinwohls. Vielmehr wird ein Streben nach Wählerstimmen- bzw. Budgetmaximierung unterstellt. Dadurch ergeben sich Unterschiede zu einer dem Gemeinwohl verpflichteten Umweltpolitik. politische Programmfunktion, Teilfunktion der Haushaltsfunktionen. Im Etat sollen politische Ziele in konkrete Ausgabenprogramme umgesetzt werden, so dass der Haushaltsplan den monetären Ausdruck des politischen Handlungsprogramms der Regierung darstellt.
politischer Konjunkturzyklus politischer Konjunkturzyklus. Auf und Ab von Arbeitslosenquote und Inflationsrate etc., das durch die Sequenz der Wahltermine künstlich erzeugt oder verstärkt wird. Rechtzeitig vor einem Wahltermin erzeugt die Regierung einen kurzfristigen Boom, dessen inflationäre Wirkungen sie später jedoch durch kontraktive Maßnahmen bekämpfen muss. Die dadurch ausgelöste Rezession muss sie vor dem nächsten Wahltermin wieder expansiv bekämpfen. Politische Konjunkturzyklen setzen adaptive Erwartungsbildung bei den Wirtschaftssubjekten voraus, bei rationalen Erwartungen entsteht Inflation ohne Dämpfung der Arbeitslosigkeit (Stagflation). Vgl. auch Neue Politische Ökonomie. politischer Unternehmer, in der Neuen Politischen Ökonomie das Bild eines Politikers, der seine Wahlchancen dadurch zu erhöhen versucht, dass er Unzufriedenheit unter vernachlässigten Wählergruppen aufspürt und ihre Interessen in sein Programm aufnimmt. Der politische Unternehmer spielt eine wichtige Rolle bei der Frage, ob der politische Wettbewerb zu einer angemessenen Vertretung der Interessen aller Bürger führt. Vgl. auch Staatsversagen. politisches Gleichgewicht. Situation, in der eine Menge von Wahlprogrammen der Parteien die Eigenschaft besitzt, dass unter der Voraussetzung rationalen Verhaltens der Wähler keine Partei durch Abänderung ihres eigenen Programms eine bessere Erfüllung ihrer Ziele erreichen kann. Vgl. auch Neue Politische Ökonomie. politökonomischer Konjunkturzyklus,
politischer Konjunkturzyklus.
Polypol. 1. Begriff: Marktform, die durch viele Anbieter und/oder Nachfrager charakterisiert ist (Anbieterpolypol, Nachfragerpolypol bzw. Polypson oder bilaterales Polypol). Das Polypol ist durch das Fehlen einer fühlbaren Interdependenz bzw. Reaktionsverbundenheit zwischen den Anbietern und/oder Nachfragern charakterisiert. 2. Unterscheidung: a) Auf einem vollkommenen Markt (vollkommene Konkurrenz) können Anbieter oder Nachfrager aufgrund ihres geringen Marktanteils durch ihr Verhalten den Preis nicht beeinflussen; sie verhalten sich daher als Mengenanpasser (Preis = Datum, Men-
344 ge = Aktionsparameter; vollkommene Konkurrenz). b) Auf unvollkommenen Märkten herrscht monopolistische Konkurrenz. Preisbildung, bezieht sich auf die Situation des beiderseitigen Polypols, d. h., es werden zahlreiche Anbieter und Nachfrager vorausgesetzt. Je nachdem, ob der Markt homogen oder heterogen ist, ergeben sich unterschiedliche Preisbildungsmodelle. 1. Preisbildung im homogenen Polypol: Die Preisbildung im homogenen Polypol wird meist am Beispiel der vollkommenen Konkurrenz mit einer auf beiden hohen Zahl von Teilnehmern (Tropfenangebot bzw. Tropfennachfrage) lediglich den Grenzfall des homogenen Polypols markiert. Bei einer solchen atomistischen Struktur sind die Marktanteile so gering, dass der einzelne Anbieter (oder Nachfrager) praktisch keinen Einfluss auf die Höhe des Marktpreises besitzt, der folglich als Datum betrachtet wird. Aktionsparameter ist demnach die angebotene bzw. nachgefragte Menge, weshalb auch von Mengenanpassern gesprochen wird. Institutionell bedeutet dies, dass ein Börsenauktionator ( Totalanalyse) vorhanden sein muss, der den Preis bewegt. (Fehlt ein solcher, müssen Anbieter und Nachfrager ihn selbst verändern, d. h., sie sind dann keine strikten Mengenanpasser mehr. Außerdem ist dann im Allgemeinen der Preis nicht mehr einheitlich, so dass ein temporär unvollkommener Markt vorliegt. Näherungsweise kann das Mengenanpasser-Modell jedoch auch hier angewendet werden). Wie Anbieter und Nachfrager auf wechselnde Preise mengenmäßig reagieren, hängt von den individuellen Angebots- und Nachfragefunktionen ab. Letztere ergeben sich aus den Wirtschaftsplänen der Haushalte und zeigen, dass die mengenmäßige Nachfrage ceteris paribus bei steigendem Marktpreis abnimmt. Umgekehrt steigt die angebotene Menge eines Unternehmer-Mengenanpassers, wenn der Marktpreis steigt. Gewinnmaximierung führt in diesem Fall zu der Bedingung Grenzkosten = Marktpreis, d. h., der Mengenanpasser passt sich entlang seiner Grenzkostenkurve an. Steigen die Grenzkosten nicht an, sind sie etwa konstant, so wird bis zur Kapazitätsgrenze produziert. (Im Fall abnehmender Grenzkosten kommt es zu Ausscheidungsprozessen in Richtung Oligopol oder Monopol). Da ein homopolypolistische
345
polypolistische Preisbildung
Polypolistische Preisbildung (1)
Polypolistische Preisbildung (2)
gener Markt vorliegt, können Angebots- und Nachfragemengen der Anbieter bzw. Nachfrager addiert werden, kann also zur aggregierten oder Marktbetrachtung übergegangen werden (Horizontaladdition). Damit ergeben sich folgende Konstellationen (für steigende bzw. konstante Grenzkosten; die Stufenlänge im zweiten Falle bezeichnet die jeweiligen Kapazitäten (vgl. Abb. (1)). Man sieht, dass sich Marktpreis und -menge aus dem Schnittpunkt von Angebots- und Nachfragefunktion ergeben. Mengenanpasser, die gerade noch zum Zuge kommen, werden als Grenzanbieter bzw. Grenznachfrager bezeichnet. Die intramarginalen Anbieter produzieren mit Gewinn (Differenzialgewinne). Deutlich wird, dass die Höhe des sich bildenden Marktpreises abhängig ist von den Präferenzen der Nachfrager, der Produktivität bzw. den Kosten und den Kapazitätsentscheidungen der Anbieter. 2. Preisbildung im heterogenen Polypol: Sie vollzieht sich ganz analog zum heterogenen Oligopol bei polypolistischer Verhaltensweise, nur dass
hier die Zahl der Anbieter größer ist. Auch die hier dargestellten Preisbildungsmodelle der monopolistischen Konkurrenz (Chamberlin) einerseits und des Ansatzes von Gutenberg andererseits, lassen sich mit dem dort benannten Instrumentarium angehen. In der Bezeichnung monopolistische Konkurrenz kommt zunächst ähnlich wie im Begriff unvollkommene Konkurrenz (J. Robinson) die Heterogenität der gehandelten Produkte zum Ausdruck: Die PreisAbsatz-Funktion verläuft nicht wie im Mengenanpasser-Fall des homogenen Markts parallel zur Abszisse, sondern wie beim Monopol fallend. Zum anderen besteht aber gerade kein echtes Monopol, sondern heftige Konkurrenz (freier Marktzutritt, zahlreiche Anbieter). Da die Produkte heterogen sind, verbietet sich eine Aggregation wie unter 1.; außerdem sind die Preise selbst im Gleichgewicht i. A. verschieden. Dennoch kann man unter bestimmten Annahmen den Sachverhalt graphisch erfassen; vgl. Abb. (2). Senkt Anbieter i seinen Preis, steigt die
Popitzsches Gesetz Nachfrage entlang der Preis-Absatz-Funktion dd an, wenn alle übrigen Anbieter ihren Preis nicht verändern. Senken jedoch alle Anbieter ihren Preis im gleichen Ausmaß, steigt die nachgefragte Menge schwächer an, nämlich entlang der Funktion DD. Die Preissetzung der Firma i als der repräsentativen Firma orientiert sich im Falle der monopolistischen Konkurrenz an der Kurve dd. Kommt es dabei zu Gewinnen, so werden zusätzliche Anbieter angelockt, und zwar so lange, bis Gewinnlosigkeit eintritt. Dann ergibt sich der Chamberlinsche Tangentenfall, d. h. die Kapazitäten werden suboptimal genutzt. Diese Argumentation lässt sich jedoch nicht halten, weil die Produktionsprozesse der Unternehmen und die Kosten bei Heterogenität der Produkte ebenso unterschiedlich ausfallen werden wie die in einer solchen Situation notwendigen Werbekosten, so dass ganz unterschiedliche Gewinne bei den Anbietern entstehen können. Außerdem kommen schon wegen der Werbekosten Sunk Costs ins Spiel, die den Markteintritt abbremsen. Schließlich hat E. Heuß zu Recht darauf hingewiesen, dass für Übersetzung und Typeninflation in einer Branche nicht die Heterogenität des Marktes, sondern die oligopolistische Verhaltensweise verantwortlich ist. Eine gewisse Verwandtschaft mit Chamberlins dd-Kurve weist die doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion Gutenbergs auf ( monopolistische Preisbildung). Popitzsches Gesetz. Vom Finanzwissenschaftler und -politiker Johannes Popitz 1926/27 aufgestellte These der Anziehungskraft des Zentralen Haushalts, die dazu führe, dass sich im Zeitablauf immer mehr Zuständigkeiten von den Gliedstaaten, sekundär auch von den Gemeinden, auf den Zentralstaat verlagerten. Der behauptete Zusammenhang ist z. T. aus den politischen Besonderheiten der Weimarer Zeit abgeleitet, Gesetzescharakter kann er nicht beanspruchen, wenngleich viele der von Popitz behaupteten Zusammenhänge hohe Plausibilität besitzen und auch heute noch gelten dürften. In der BRD ist sie gemessen an den Ausgabenanteilen der Ebenen nicht feststellbar; sie bestätigt sich hingegen bezüglich der Verteilung der Gesetzgebungshoheit ( Finanzverfassung, Finanzausgleich). Population Trap, Bevölkerungsfalle.
346 Portefeuilletheorie, Portfolio-Selection. Portfolio-Ansatz, theoretischer Ansatz zur Wechselkursbestimmung für Situationen mit hoher, aber nicht perfekter internationaler Kapitalmobilität. Resultiert aus der bestandsgrößenorientierten Betrachtung des Devisenmarktes. Darstellung: Der gleichgewichtige nominelle Wechselkurs ist nach dem Portfolio-Ansatz jener Kurs, bei dem renditeorientierte Anleger die gegebenen Bestände der in verschiedenen Währungen notierten Finanzaktiva, die annahmegemäß als imperfekte Substitute betrachtet werden, zu halten bereit sind (Portfoliogleichgewicht). Dies erfordert in Abhängigkeit vom Grad der internationalen Kapitalmobilität ganz bestimmte Risikoprämien. Diese wiederum hängen bei gegebenen Zinssätzen und gegebenen Wechselkurserwartungen vom Wechselkurs ab, so dass ein Portfoliogleichgewicht nur bei einem ganz bestimmten Wechselkurs erreicht wird. Simultan mit dem Wechselkurs werden auch die Zinssätze endogen bestimmt. Ein charakteristisches Merkmal des Portfolio-Ansatz ist, dass der momentane Wechselkurs u. a. von dem für die Zukunft erwarteten Wechselkurs abhängt und dass ein bestimmter Wechselkurs je nach Gestaltung der Geldpolitik kurzfristig durchaus mit verschiedenen heimischen Zinssätzen vereinbar ist. Die Geldpolitik hat also bei imperfekter Kapitalmobilität auch im Falle eines fixen Wechselkurses zumindest kurzfristig nicht die gesamte Souveränität verloren. Die im Portfoliogleichgewicht bestimmten Zinssätze und Wechselkurse fließen als Bestimmungsgründe in das darauf folgende Stromgleichgewicht ein, welches die Stromgrößen Produktion (Einkommen) und Absorption, und damit auch die Leistungsbilanz bestimmt. Eine unausgeglichene Leistungsbilanz bedingt ihrerseits eine Veränderung des Bestandes an Nettoauslandsaktiva, verändert also die Bestandsangebote für das darauf folgende Portfoliogleichgewicht. Das Stromgleichgewicht verbindet also zwei aufeinander folgende Portfoliogleichgewichte. Ein langfristiges Gleichgewicht (steady state) ist erreicht, wenn das Stromgleichgewicht zu einer ausgeglichenen Leistungsbilanz führt. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, Vermögenspreisansatz zur Wechselkursbestimmung,
347 monetaristisches Wechselkursmodell, Wechselkurstheorie.
Postkeynesianismus
Portfoliogleichgewicht, Portfolio-An-
satz, Devisenmarktgleichgewicht, Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Devisenmarkt. Portfolioinvestitionen, indirekte Investitionen, Form der Auslandsinvestitionen. Portfolioinvestitionen sind Übertragungen inländischen Kapitals ins Ausland zum Zweck des Erwerbs von Forderungen, die keine direkten Eigentumsrechte begründen, z. B. von Anteilen an Immobilienfonds. Portfolio-Selection, Portefeuilletheorie, Portfoliotheorie; 1. Charakterisierung: Theorie über die optimale Zusammensetzung von Risikopapieren (Aktien) in einem Portefeuille Ausgangspunkt der Überlegung ist ein bestimmter zu Investitionszwecken zur Verfügung stehender Betrag. Im Vergleich zu einer Investition des gesamten Betrags in ein einziges Risikopapier, lässt sich durch breite Streuung des Betrags auf mehrere verschiedene Titel (Diversifikation) das Risiko der Anlage vermindern. Voraussetzung hierfür ist, dass die Renditen der Wertpapiere nicht perfekt positiv miteinander korreliert sind. 2. Bedeutung: a) theoretisch: Die Portfoliotheorie bildet die Grundlage für die Kapitalmarkttheorie; b) praktisch: Der Gedanke der Risikovernichtung durch Diversifikation führte zur Bildung und Verbreitung von Aktienfonds, die ein breites Portefeuille an Risikopapieren halten; c) Übertragung der Grundidee der Risikodiversifikation auf internationale Unternehmenspolitik. Portfoliotheorie, Portfolio-Selection. positive Anpassungspolitik, Positive Adjustment Policy, von der OECD entwickeltes Konzept der sektoralen Strukturpolitik (1983). Ziele: (1) Die positive Anpassungspolitik zielt auf eine Beschleunigung des sektoralen Strukturwandels durch Beseitigung von Anpassungshemmnissen. (2) Zudem wird eine Erhöhung der mikroökonomischen Flexibilität, insbesondere der Faktormobilität gefordert. (3) Weiterer Ansatzpunkt ist die Wettbewerbspolitik, die sich darauf ausrichten soll, die Märkte für potenzielle Konkurrenz offen zu halten. (4) Auch hat die Innovationsförderung eine wichtige Rolle zu
spielen. Sie zielt im Konzept der positiven Anpassungspolitik aber überwiegend auf die Herstellung allgemein innovationsfreundlicher Rahmenbedingungen und nicht auf eine staatliche Technologiepolitik in Sinne eines Industrial Targeting ( Industriepolitik). (5) Für Erhaltungs- oder Stützungsmaßnahmen zugunsten solcher Wirtschaftszweige, die im Strukturwandel bedroht sind, sieht die positive Anpassungspolitik nur einen engen Spielraum. Zusammenfassend kann das Konzept der positiven Anpassungspolitik als ein strukturpolitischer Ansatz bezeichnet werden, der den Unternehmen Hilfe zur Selbsthilfe vermittelt. positive Strukturanpassung, industriepolitisches Konzept, das auf eine Umstrukturierung der heimischen Wirtschaft auf überdurchschnittlich wachsende, zukunftsträchtige Branchen abstellt ( Industriepolitik). Vgl. auch positive Anpassungspolitik. postindustrielle Gesellschaft, Dienst-
leistungsgesellschaft. postkeynesianische Theorie der Geldnachfrage, Theorie der Geldnachfrage. postkeynesianische Verteilungstheorie, Verteilungstheorie. postkeynesianische Wachstumstheorie, Wachstumstheorie. Postkeynesianismus. I . A l l g e m e i n e s : Weiterentwicklung der Keynesschen Lehre. Während für die Neue Keynesianische Makroökonomik die allgemeine Gleichgewichtstheorie Bezugspunkt der Analyse blieb, verzichten postkeynesianische Theorien auf das geschlossene Gerüst der Gleichgewichtstheorie, wenn es um die Erklärung der sich permanent ändernden Realität geht. Gleichgewichte sind dann Zustände, die aus sich heraus (endogen) für einige Zeit keine Tendenz zur Änderung zeigen (temporäre Gleichgewichte). Der langfristige Trend wird von Postkeynesianern als Abfolge temporärer Gleichgewichte bzw. Ungleichgewichte verstanden. Die postkeynesianische Sicht ist noch nicht abgeschlossen, weil aus vielen Richtungen und Blickwinkeln an ihr gearbeitet wird. Sie will aber auch grundsätzlich nie endgültig geschlossen sein, da sie offen sein muss für (neue) historische und empirische
Postkeynesianismus Entwicklungen (insbes. struktureller und gesellschaftlicher Art). Insofern muss das postkeynesianische System laufend fortgeschrieben werden. Einig sind sich Postkeynesianer in der Ablehnung des neoklassischen ( Neoklassik) bzw. monetaristischen ( Monetarismus) Paradigmas und der daraus abgeleiteten wirtschaftspolitischen Strategie (Abbau jeglichen staatlichen Stabilisierungsinterventionismus und Reprivatisierung aller Lebensbereiche). I I . E r w e i t e r u n g e n g e g e n ü b e r d e r K e y n e s s c h e n L e h r e : 1. Zur Investitions- und Wachstumstheorie betonen Postkeynesianer den autonomen Charakter der Investitionen für Konjunktur, Wachstum und Einkommensverteilung. Dies folgt aus der Grundannahme, dass in wachsenden Wirtschaften die Einkommenseffekte bzw. Mengeneffekte die Substitutionseffekte überwiegen. Postkeynesianische Wachstumsmodelle basieren insofern auf Ansätzen vom Harrod-Typ, die prinzipiell die Wahrscheinlichkeit instabiler Investitionsprozesse nachweisen. Durch die Trennung von Sparen und Investieren tritt die Rolle des Investorenverhaltens bei Unsicherheit in den Vordergrund der Konjunkturerklärung. 2. Bezüglich der Verteilungstheorie lehnen Postkeynesianer die traditionelle Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung zur endgültigen Erklärung von Verteilungsgesetzen ab. Sie betonen den Einfluss der Investitionen auf Preise, Beschäftigung und damit Verteilung ( Verteilungstheorie), aber auch die Bedeutung der Preissetzung für Investitionen und Beschäftigung (Kalecki). Die Verteilung ist in Grenzen (in Richtung Verteilungsgerechtigkeit) beeinflussbar, ohne dass ökonomische Widerstände auftreten. Da der Markt allein nicht in der Lage ist, Verteilungsfragen zu lösen und die Wechselwirkungen zwischen Verteilung, Beschäftigung, Investitionen und Wachstum bestehen, ist für Postkeynesianer eine umfassende und allgemeine Einkommenspolitik von essenzieller Bedeutung. Voraussetzung für deren Erfolg ist ein Konsens der Gruppen über die Verteilung (Sozialkontrakt). 3. Zum Komplex Preisbildung, Preismechanismus und Allokation ( Preistheorie) unterteilen Postkeynesianer die Wirtschaft in einen sog. Wettbewerbsbereich mit flexiblen Preisen und in einen konzentrierten Oligopolbereich mit autonomer (verteilungsorientierter) Preissetzung. Im letzteren sind die Funktionen des Preismechanismus (Koordination, Lenkung
348 und Allokation) z. T. außer Kraft gesetzt. Zudem werden auf Oligopolmärkten alternative Gewinnverwendungsstrategien, Neigung zu Überkapazitäten und Konzentration diagnostiziert. 4. Die postkeynesianische Analyse des Arbeitsmarktes folgt auf der Nachfrageseite den Vorstellungen von Keynes und auf der Angebotsseite den Segmentationstheorien. Weder die Nachfrage nach noch das Angebot an Arbeit werden nach diesen Überlegungen in nennenswertem Umfang durch den Reallohn bestimmt. Der Arbeitsmarkt ist folglich kein Markt im üblichen Sinn, da der Preis (der Lohnsatz) nicht in der Lage ist, für eine Markträumung zu sorgen. Arbeitslosigkeit lässt sich demnach i. d. R. nur über Maßnahmen zur Stimulierung der Arbeitsnachfrage beseitigen. 5. Der Postkeynesianismus befasst sich mit dem dynamischen Verhalten konkreter ökonomischer Systeme, lehnt insofern die Beschränkung neoklassischer Modelle auf kompetitive Marktprozesse ab. Preisrigiditäten, Mengenungleichgewichte, Erwartungen und Verhalten bei Unsicherheit spielen für die postkeynesianische Dynamik eine entscheidende Rolle. 6. Nach postkeynesianischer Meinung ist eine realitätsbezogene Wirtschaftspolitik nur im Rahmen einer Ungleichgewichtsanalyse möglich, die angesichts der sich laufend ändernden historischen Abläufe, institutionellen Bedingungen und technischen Gegebenheiten, angesichts vielfältiger und dauerhafter sozialer Interessenkonflikte eine Theorie permanenter Ungleichgewichte ist. Im Gegensatz zur neoklassischen Gleichgewichtstheorie versucht sie, die Realität der Unsicherheiten, Oligopole, neuer Technologien und sozialer Konflikte einzufangen. Die wirtschaftspolitischen Strategien der Postkeynesianer sind daher naturgemäß vielfältig und flexibel. 7. Geldtheorie: Weiterentwicklung der Keynesschen Lehre auf Basis des IS-LM-Modells, das ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht von Geld- und Gütermarkt aufzeigt. Durch die Einbeziehung portfoliotheoretischer Überlegungen ( Portfolio-Selection) wird die Keynessche Theorie um einen zweiten Übertragungsmechanismus monetärer Impulse auf den realen Sektor ergänzt. Eine expansive Geldpolitik, die auf eine Verminderung des Nominalzinses abzielt, lässt danach die Ertragssätze aller im Portefeuille befindlichen finanziellen Aktiva sinken. Dies veranlasst die Wirtschaftssubjekte, Finanzanlagen durch reale
349
potenzieller Wettbewerb
Anlagen zu ersetzen, deren Rentabilität c. p. dann über denen der Finanzanlagen liegt, da zuvor Portfoliogleichgewicht herrschte. Der sinkende Marktzins regt die Unternehmer zu einer höheren Investitionstätigkeit an. Daraus resultiert eine Erhöhung der Gesamtnachfrage über den Multiplikatoreffekt der Investitionsausweitung. Steigende Realeinkommen bewirken dann eine höhere Nachfrage nach Transaktionskasse. Dies und die Reduzierung der realen Geldmenge infolge einer möglichen Preisniveauerhöhung bringen den ursprünglichen Expansionsprozess wieder zum Stillstand, bis neue geldpolitische Maßnahmen ergriffen werden. Potenzialerwerbsquote, potenzielle Erwerbsquote. 1. Begriff der Arbeitsmarktforschung für das Verhältnis des gesamtwirtschaftlichen Erwerbspersonenpotenzials a) zur gesamten Bevölkerung (allgemeine Potenzialerwerbsquote) oder b) zur Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren (spezifische Potenzialerwerbsquote). 2. Abgrenzung zur Erwerbsquote: Im Unterschied zu der von der amtlichen Bevölkerungs- und Erwerbstätigkeitsstatistik registrierten Erwerbsquote umfasst die Potenzialerwerbsquote im Zähler nicht nur die Zahl der registrierten Erwerbspersonen, sondern zusätzlich eine geschätzte Zahl versteckter Arbeitsloser (stille Reserve des Arbeitsmarktes) und damit insgesamt die Zahl potenzieller Erwerbspersonen; außerdem nach dem Beschäftigungsortkonzept und nicht nach dem Wohnsitzkonzept ermittelt. 3. Bedeutung: Die Potenzialerwerbsquote wird als eine nur in der Hochkonjunktur tatsächlich erreichbare Erwerbsquote geschätzt. potenzialorientierte
Geldpolitik.
Geldpolitik, bei der die Geldmenge parallel zum gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial ausgedehnt wird. Falls nötig, ist das Geldmengenwachstum um die Änderung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes zu korrigieren. Vgl. auch Möglichkeiten staatlicher Wachstumspolitik. potenzialorientierte Verschuldung, vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR) entwickeltes Verschuldungskonzept. Die Verschuldungspolitik ist nicht an eine Beeinflussung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage ( Deficit Spending) gebunden,
sondern orientiert sich am Wachstum des Produktionspotenzials.
potenzieller Wettbewerb. 1. Begriff: Das Konzept des potenziellen Wettbewerbs stellt darauf ab, dass das wettbewerbliche Verhalten von Unternehmen nicht nur durch die Existenz tatsächlicher Konkurrenten auf dem relevanten Markt beeinflusst wird, sondern auch durch einen möglichen Markteintritt potenzieller Konkurrenten. Ein solcher Markteintritt kann erfolgen durch: räumliche Erweiterung (Market Extension); produktmäßige Erweiterung (Product Extension) durch etablierte Unternehmen in Form externer bzw. interner Diversifikation in einen anderen Markt oder Neugründung eines Unternehmens. Von Neugründungen dürfte dabei der geringste Wettbewerbsdruck auf etablierte Unternehmen ausgehen. Der Markteintritt potenzieller Konkurrenten hängt von deren Gewinnerwartungen nach erfolgtem Marktzutritt ab, die insbesondere von der Höhe der Marktzutrittsschranken bestimmt werden. 2. Marktzutritts- (MZS) und Marktaustrittsschranken (MAS): a) MZS stellen aus der Sicht der potenziellen Konkurrenten (von den etablierten Unternehmen bereits investierte) Kosten dar, die ihre Gewinnerwartungen im Hinblick auf einen möglichen Marktzutritt schmälern. b) Potenzielle Konkurrenten können jedoch auch durch MAS (Barriers to Exit) vom Marktzutritt abgehalten werden 3. Die Bedeutung des potenziellen Wettbewerbs wird in dem Konzept der Contestable Markets hervorgehoben. Danach zwingt die potenzielle Konkurrenz die etablierten Unternehmen zu einem Marktverhalten, das unabhängig von der Marktstruktur pareto-optimale Marktergebnisse erwarten lässt. Dies setzt allerdings voraus, dass Marktzutritt und Marktaustritt frei und damit kostenlos sind und dass die Nachfrager auf einen Markteintritt schneller reagieren als die etablierten Unternehmen mit Abwehrstrategien. Diese Annahmen ermöglichen es potenziellen Konkurrenten, die über profitable Preisunterbietungsmöglichkeiten verfügen, jederzeit auf den Markt zu drängen und kurzfristig hohe Gewinne zu erzielen, um dann nach erfolgter Reaktion der etablierten Unternehmen den Markt wieder kostenlos zu verlassen (Hit-and-RunStrategie). Vgl. auch Wettbewerbstheorie und -politik.
Präferenz Präferenz, in der Nutzentheorie ein Aus-
druck der subjektiven Bewertung zweier Güterbündel A und B durch den nachfragenden Haushalt im Hinblick auf ihre jeweilige erwartete Bedürfnisbefriedigung. Die Präferenzen eines Wirtschaftssubjektes gelten als das Ergebnis eines Entscheidungsund Bewertungsprozesses unter hinreichender Information, das zumindest über einen gewissen Zeitraum Bestand hat. Unter der Annahme ihrer Transitivität, Reflexivität und Vollständigkeit, die zur Sicherung der Widerspruchsfreiheit eingeführt wird, können sie zu einer Präferenzordnung zusammengefasst werden. Ein Instrumentarium zur Ermittlung der Präferenz versucht die Theorie der offenbarten Präferenzen zu geben, die aus den beobachtbaren Wahlhandlungen bei gegebenen Preisen schließt, dass ein Haushalt ein bestimmtes Güterbündel gegenüber anderen vorzieht. Wiederholt man die Beobachtung bei variierten Preisen, lassen sich sukzessive Indifferenzkurven als Ausdruck der Präferenz-Ordnung auf empirischen Weg ableiten. Arten: Normalerweise gelten die Präferenzen eines Wirtschaftssubjektes als gegeben und interpersonell unabhängig. Werden allerdings externe Effekte des Verhaltens der Menschen zugelassen, gewinnt die gesellschaftliche Umwelt Einfluss auf die Präferenzordnung bzw. auf die dahinter stehenden Bedürfnisse. Sachliche Präferenzen: Die Präferenzen manifestieren sich in den beobachtbaren Wahlhandlungen des Haushaltes aus dem Konsumgüterangebot nach Güterarten und -mengen mit dem Ziel der maximalen Bedürfnisbefriedigung und nehmen entweder die Form der echten Präferenzen (A wird B strikt vorgezogen) oder der schwachen Präferenzen (A wird mindestens genauso hoch geschätzt wie B) bzw. es stellt sich im Grenzfall eine Indifferenzsituation ein. Spezielle Präferenzen beeinflussen das Marktgeschehen wegen persönlicher Eigenschaften oder Bindungen, als standortbedingte räumliche Präferenzen sowie wegen unterschiedlicher Liefer- oder Abnahmefristen (zeitliche Präferenz). widerspruchsfreie, d. h. transitive und reflexive Anordnung der gesamten Präferenzen eines Haushalts, die kurzfristig als nicht oder nur wenig veränderlich sowie von den Präferenzen anderer Haushalte unabhängig angenommen wird. Anhand der Präferenzordnung# können die
Präferenzordnung,
350 zur Wahl stehenden Güterbündel bewertet werden und lassen sich dann unter bestimmten Bedingungen durch eine Schar von Indifferenzkurven wiedergeben. Bei ordinaler Nutzenmessung ist diese in eine Nutzenindexfunktion überführbar, die bis auf eine streng monoton wachsende Transformation bestimmt ist. Somit kann bei Nutzenmaximierung unter gegebener Budgetrestriktion für jedes Gut eine Nachfragefunktion aus der Präferenzordnung abgeleitet werden. Werden externe Effekte des Konsumverhaltens ( Nachfrageinterdependenz) zugelassen, sind die Präferenzordnungen der Haushalte nicht mehr autonom und im Zeitablauf stabil, sondern durch die gesellschaftliche Umwelt beeinflusst. Dabei können von der Angebotsseite aus die Präferenzen einerseits durch Werbung beeinflusst werden, anderseits können durch den ständigen Strom neuer Güter im wirtschaftlichen Entwicklungsprozess neue Bedürfnisse geweckt werden bzw. gegebene Bedürfnisse auf andere Weise befriedigt werden. Die gegenseitige Beeinflussung der Präferenzen durch die Haushalte wird für bestimmte Fälle durch den Mitläufereffekt, Snobeffekt sowie den Vebleneffekt (Demonstrativkonsum) beschrieben. Schließlich können sich die Präferenzordnungen durch Konsumakte selbst ändern, indem Konsumenten im Zeitablauf Erfahrungen sammeln, aus diesen lernen und Gewohnheiten bilden ( Erfahrungsgut). Präferenzrelation, kollektive Präferenz-
relation. Praktikanten-BAföG, Schulausbildungs-
förderung. praktische Philosophie. Praktische Philosophie ist die Lehre vom richtigen Handeln und umfasst im Unterschied zur Ethik neben dieser auch die politische Philosophie und die Ökonomik. Prämisse. 1. Umgangssprachlich: Voraus-
setzung bzw. Annahme. 2. Im logischen Sinn: Vordersatz eines logischen Schlusses. Bei dem Spezialfall des Syllogismus wird aus zwei Prämissen eine Folgerung (Konklusion) abgeleitet. Vgl. auch Theorem. präventiver Umweltschutz, strategische
Orientierung im Rahmen des
Umwelt-
351
Preis-Absatz-Funktion
schutzes, die versucht, zukünftige relevante Anforderungen an die ökologische Kompatibilität ökonomischer Aktivitäten in die aktuelle Entscheidungsfindung einzubeziehen und damit kosten- und zeitintensive nachträgliche Anpassungen zu vermeiden (z. B. integrierter Umweltschutz). Vgl. auch additiver Umweltschutz, ökologische Innovation, Umweltpolitik, Umwelttechnologie. Prebisch-Singer-These. 1. Aussage: Die Commodity-Terms of Trade entwickeln sich zuungunsten der Entwicklungsländer, wodurch sich ein Realtransfer in die Industrieländer ergibt. 2. Analytische Begründung und Annahmen: a) Die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Primärgütern (Exporte der Entwicklungsländer) ist vergleichsweise niedrig. b) Die Einkommenselastizität der Nachfrage nach Industrieprodukten (Exporte der Industrieländer) ist vergleichsweise hoch. c) Auf den Märkten für Güter der Entwicklungsländer herrscht ein intensiverer Wettbewerb als für Produkte der Industrieländer (wegen des hohen Homogenitätsgrades der Rohstoffe). d) Der Wettbewerbsgrad auf den Arbeitsmärkten der Entwicklungsländer ist höher als bei denen der Industrieländer (wegen des geringen gewerkschaftlichen Organisationsgrades und wegen der geringeren Qualifikations-Differenzierung). Die folglich sinkenden CommodityTerms of Trade führen zu einem Realtransfer aus Entwicklungsländern in Industrieländer. Wirtschaftspolitisch ist mit einer Differenzierung der Angebotspalette in Richtung Industrieprodukte zu antworten.
Preis, bezeichnet den in Geldeinheiten ausgedrückten Tauschwert je Mengeneinheit eines Gutes. Er wird auch als absoluter Preis bezeichnet, im Gegensatz zum relativen Preis, der den Tauschwert eines Gutes in Einheiten eines anderen Gutes ausdrückt. In der Totalanalyse werden häufig alle Preise und Werte in Einheiten eines Gutes, des sog. Numéraire, ausgedrückt. Vgl. auch natürlicher Preis, Marktpreis. Preis-Absatz-Funktion, bezeichnet im einfachsten Fall den Zusammenhang zwischen dem Preis und der zu diesem Preis absetzbaren Menge:
x x(p) .
Im linearen Fall hat sie bei Normalreaktion der Nachfrager (höherer Preis bewirkt geringeren Absatz) die Form dx x = a - bp mit a, b > 0 und b 0 . dp Die Preis-Absatz-Funktion ist eine subjektive Erwartungs- oder Vermutungsgröße des Preisakteurs, so dass man auch von der konjekturalen Preis-Absatz-Funktion spricht. Handelt es sich um einen Mehr-ProduktMarkt, hängt die Preis-Absatz-Funktion des Gutes 1 auch von den Preisen der Konkurrenzgüter 2 bis n ab: x1 x1(P1,P2 ,..., Pn ) .
Preis-Absatz-Kurven im heterogenen Oligopol P1
Originärnachfrage
Konkurrenzzone
Kernnachfrage
x1
Diese Preis-Absatz-Funktion wird auch als Konkurrenz-Nachfrage-Funktion bezeichnet. Im heterogenen Dyopol oder Duopol (ZweiProdukt-Fall) existiert für jedes Niveau eines gegebenen Konkurrenzpreises P2 eine andere Konkurrenz-Nachfrage-Funktion (PreisAbsatz-Funktion bei konstantem Konkurrenzpreis). Beim niedrigsten Konkurrenzpreis von P2 0 wird mit x1 x1(P1, P2 = 0) .
die geringste (aufgrund der Nachfragerpräferenzen aber auch trotz schärfsten Preiswettbewerbs noch verbleibende) Kern-Nachfrage erzielt. Analog lautet die KonkurrenzNachfrage-Funktion des Anbieters 2: x 2 x 2 (P2 ,P1) .
Berücksichtigt man den Fall, dass Anbieter 2 wegen einer (aus Sicht der Nachfrager abso-
Preis-Beschaffungs-Funktion
lut oder in Relation zum Konkurrenzpreis) zu hohen Preisforderung gar keinen Absatz mehr erzielt, kann Anbieter 1 als Alleinverkäufer (oder Quasi-Monopolist) mit der sog. Originär-Nachfrage sein gesamtes individuelles Absatzpotential ausschöpfen. In der Abbildung sind diese Zusammenhänge für den Fall linearer Preis-Absatz-Funktion veranschaulicht. Die Fläche zwischen der (maximalen) Originär-Nachfrage und der (minimalen) Kern-Nachfrage wird auch als Konkurrenzzone bezeichnet. Preis-Beschaffungs-Funktion, Zusammenhang zwischen dem Faktorpreis und der zu diesem Faktorpreis kaufbaren Produktionsfaktormenge. Aus der Perspektive der Marktgegenseite handelt es sich um die Faktorangebotsfunktion. Preisbildung, Preistheorie, Preisbil-
dungsmodelle. Preisbildungsmodelle. Preisbildungsmo-
delle versuchen unter Rückgriff auf die in der Preistheorie herausgestellten Einflussfaktoren die Preisbildung für typische Marktkonstellationen zu erfassen. Sie lassen sich klassifizieren nach den Annahmen, die man hinsichtlich des Informationsstandes der beteiligten Wirtschaftssubjekte trifft. 1. Deterministische Preisbildungsmodelle setzen vollständige Information sowie Nutzenmaximierung der Haushalte und Gewinnmaximierung der Unternehmen voraus. Sie bauen auf Modellvorstellungen auf, die sich auf das Verhalten der einzelnen Unternehmung ( Mikroökonomische Theorie der Unternehmung) oder des Haushalts ( Haushaltstheorie) beziehen, betrachten jedoch prinzipiell das Zusammenspiel dieser Einheiten auf dem einzelnen Produkt- oder Faktormarkt oder die Vorgänge zwischen verschiedenen Marktstufen ( abgeleitete Nachfrage) oder über alle Märkte hinweg ( Totalanalyse). Bezüglich des Einzelmarktes lassen sich hier die klassischen Preisbildungsformen im Monopol, Oligopol, Polypol, Monopson, bilaterales Monopol usw. nennen, die über zwei Marktstufen hinweg auch in kombinierter Form auftreten (vgl. polypolistische, oligopolistische und monopolistische Preisbildung). Unterscheidungsmerkmale: Diese an Marktformen und Verhaltensweisen anknüpfenden Preisbildungsmodelle lassen sich wiederum danach klassi
352
fizieren, ob man einen homogenen oder heterogenen Markt zu Grunde legt. Ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal dieser Modelle ergibt sich daraus, dass man unterschiedliche Größen als Aktions- bzw. Erwartungsparameter fixieren kann. Schließlich resultieren unterschiedliche Preisbildungsmodelle, je nachdem ob nur aktueller oder auch potenzieller Wettbewerb einbezogen wird ( Monopol). 2. Stochastische Preisbildungsmodelle: Besitzen die Akteure lediglich die Kenntnis statistischer Verteilungen bezüglich der relevanten Variablen und setzt man Maximierungsstreben voraus, so erhält man stochastische Preisbildungsmodelle. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang explizit Informationskosten, ergibt sich die Möglichkeit, dass es selbst auf ansonsten homogenen Märkten nicht zu einem einheitlichen Preis kommen muss (Suchmodelle; Mehrpreis-Modelle). 3. Auf Routinen fußende Modelle: Besitzen die Akteure auf beiden Marktseiten nicht einmal statistische Informationen, handeln sie in echter Ungewissheit ( Unsicherheit), so dass Maximierungsstrategien ihren Sinn verlieren. Die Preisbildung ergibt sich in solchen Fällen eher aus Routinen bzw. Daumenregeln, die auf Erfahrungen der Vergangenheit (Extrapolationsprinzip) basieren und im Licht des jeweils Erreichten angepasst werden, indem so genannte Anspruchsniveaus ( Satisficing) nach oben oder unten korrigiert werden. 4. Je nach dem Grad der Komplexität werden Preisbildungsmodelle in mathematisch geschlossener Form oder als Simulation dargestellt. Preisdifferenzierung,
Preisdifferenzierung, Preisbildung.
monopolistische monopolistische
Preiselastizität. Die Preiselastizität misst im Falle der direkten Preiselastizität der Nachfrage das Verhältnis der relativen Nachfrageveränderung eines Gutes und der sie auslösenden relativen Veränderung des Preises dieses Gutes: x x p ( 1) x ( 1) p p x p
oder (1)
dx p dp x
353
preisniveauneutrale Lohnpolitik
Oft wird sie negativ definiert, um für den Regelfall positive Werte zu erhalten: Die Preiselastizität gibt an, ob der Umsatz bei einer Preissenkung steigt ( > 1), konstant bleibt ( = 1) oder fällt ( < 1). Bei einer linearen Nachfragefunktion werden alle Werte von unendlich bis 0 durchlaufen (Abb. a). Bei = 0 ist die Nachfrage vollkommen preisunelastisch, bei = vollkommen preiselastisch. Darüber hinaus existieren (isoelastische) Nachfragefunktionen mit durchweg konstanter Preiselastizität. Neben dieser direkten Preiselastizität gibt es die Kreuzpreiselastizität, bei der die relative Veränderung der Absatzmenge xi des Gutes i ins Verhältnis gesetzt wird zur relativen Veränderung des Preises pj des Gutes j: x i ,p j
x i p j p j x i
Aufgrund des Vorzeichens dieses Koeffizienten lässt sich feststellen, ob zwischen den Gütern i und j eine Substitutions- oder Komplementärbeziehung oder eine neutrale Beziehung besteht, und zwar wenn entsprechend ( > 0, < 0). oder = 0 gilt. Preisflexibilität, Neue Klassische Ma-
len Preise jedoch nur dann, wenn sie sich frei bilden können. Dies ist nicht der Fall, wenn behördlicherseits ein effektiv werdender Mindestpreis gesetzt wird, weil der dann entstehende Angebotsüberschuss nicht abgebaut werden kann. Umgekehrt kann der Nachfrageüberhang nicht abgebaut werden, wenn ein Höchstpreis effektiv wird. Das Gleiche gilt, wenn ein Festpreis die Eigenschaft eines Mindest- oder Höchstpreises annimmt. In allen Fällen neigen die Wirtschaftssubjekte zu Umgehungen, was graue oder schwarze Märkte hervorruft, auf denen sich tendenziell markträumende Preise geltend machen. Preise können ihre Funktionen insbesondere dann nicht erfüllen, wenn zahlreiche oder alle Preise behördlicherseits festgesetzt werden, z. B. durch allgemeinen Preisstopp. Vorstehende Bemerkungen beziehen sich auf eine Situation, in der die Wirtschaftssubjekte daran gehindert werden, gewünschte Preisanpassungen vorzunehmen. Freiwillige Preisstarrheiten, verbunden mit Anpassung über die Produktmengen, können hingegen Informationskosten senken und insofern die Koordination begünstigen. Preisindex für die Lebenshaltung,
kroökonomik.
Verbraucherpreisindex.
Preisfolger, Anbieter, der der Preissetzung des Preisführers folgt ( Oligopol).
Preisindices, Inflation, Harmonisierter Verbraucherpreisindex, Laspeyres-Index Paasche-Index, Verbraucherpreisindex.
Preisführer, Anbieter, der bei einer Preis-
änderung vorangeht. Preisführerschaften kommen in der Marktform des Teilmonopols vor, wo das große Unternehmen diese Rolle übernimmt, und auf Oligopolmärkten ( Oligopol). Preisfunktionen, Funktionen, welche die Preise im Koordinationsprozess des Marktes erfüllen. Hier sind zu nennen die Funktionen der Orientierung bzw. der Information (Wirtschaftssubjekte orientieren ihre Konsumoder Produktionsentscheidungen an Preisen), der Allokation (Güter und Faktoren fallen tendenziell demjenigen zu, der den höchsten Preis zahlen kann, man spricht daher auch von der Rationierungs- oder Verteilungsfunktion) und des Anreizes (hohe Preise provozieren eine höhere Produktion oder neue Einfälle, die zu Substitutionsmöglichkeiten oder technischen Alternativen führen, d. h., Preise fungieren als Knappheitsindikatoren). Voraussetzung: Die genannten Funktionen erfül-
Preiskonjunktur, stark ansteigende Preise im Aufschwung des Konjunkturzyklus ( Konjunkturphasen). Hiermit verbundene Gefahren: akzelerierende Inflation, Fehlallokationen in Form von Fehlinvestitionen, da die Preise falsche Knappheitssignale geben. Gegensatz: Mengenkonjunktur. Preis-Konsum-Kurve, Nachfragefunk-
tion des Haushalts. Preislücke, Geldtheorie. Preismechanismus, konstitutioneller
Wissensmangel, Tâtonnement. Preisniveau, Inflation. preisniveauneutrale
Lohnpolitik,
kostenniveauneutrale Lohnpolitik.
Preisniveaustabilität Stabilisierung des Binnenwerts, Geldtheorie.
Preisniveaustabilität,
Preisrigiditäten, Keynessche Lehre,
Preisfunktionen. Preis-Standard-Ansatz, Form der Emissionsabgabe, die der Erreichung eines außerökonomisch bestimmten Emissionszielwertes (Standard) dienen soll und damit ein aus wirtschaftstheoretischer Sicht weniger anspruchsvolles Ziel als die der Internalisierung externer Effekte verpflichtete Pigou-Steuer verfolgt. Dies hat den Vorteil, dass eine Monetarisierung externer Effekte nicht erforderlich ist. Vgl. auch Umweltund Ressourcenökonomik.
354 Prozess-Betrachtung zugrunde legt. Während Letztere in der Wettbewerbstheorie dominiert, argumentiert die Preistheorie primär mit Bezug auf Gleichgewichtszustände. Dabei wird zunehmend auch auf Gleichgewichtskonzepte der Spieltheorie zurückgegriffen.
Preiswettbewerb gewährleistet im Gegensatz zu anderen Formen des Wettbewerbs ( Nicht-Preiswettbewerb) in weitem Maße die Ausrichtung aller wirtschaftlichen Tätigkeit nach dem ökonomischen Prinzip ( Wirtschaftlichkeitsprinzip). Ein wirksamer Preiswettbewerb wird in der Wettbewerbstheorie in der Regel als notwendige Voraussetzung zur Erreichung des Zielkatalogs des Wettbewerbs angesehen. Preiswettbewerb.
Preisstopp, Preisfunktionen.
Verfahren zur Begrenzung der Preisentwicklung in regulierten oder zu deregulierenden Wirtschaftssektoren. Die Entwicklung eines Bündels von Produktpreisen wird angebunden an die Inflationsentwicklung abzüglich einer Produktivitätsfortschrittsrate (daher reale Preissenkung). Verbindliche Festlegung des Preispfades für einen Zeitraum von i. d. R drei, vier oder fünf Jahren im Voraus. Ursprünglich entwickelt für die Kontrolle regionaler Telefontarife der British Telecom. Vorzüge: Hohe Anreize zu Effizienzsteigerungen (Allokationseffekt) durch langfristige Festlegung zulässiger Tarife und die Möglichkeit, erzielte Gewinne voll einzubehalten; relativ verringerter Verwaltungsaufwand gegenüber Kosten-Plus-Regulierung. Nachteile: Möglichkeit zur zwischenzeitlichen Erzielung hoher Gewinne (Verteilungseffekt) bei Übererfüllung des Produktivitätsziels. Price-Cap-Regulierung.
Preistheorie. Die Preistheorie versucht die
Preisbildung auf Märkten zu erklären. Hierzu greift sie auf das Verhalten der am Preisbildungsprozess beteiligten Wirtschaftssubjekte zurück ( Haushalte, Unternehmen). Dieses Verhalten wird als durch zahlreiche Faktoren bedingt eingeschätzt, wobei sich je nach Ausprägung und Gewichtung dieser Faktoren unterschiedliche Preisbildungsmodelle ergeben. (1) Ein zentraler Faktor stellt die Zielsetzung der Wirtschaftssubjekte dar (Nutzenmaximierung versus gewohnheitsmäßiges Verhalten, z. B. Routinen, beim Haushalt; Gewinnmaximierung versus Aufschlagskalkulation oder Umsatzmaximierung bei der Unternehmung). (2) Weiterhin ist von Bedeutung, welcher Informationsstand bei den Beteiligten vorausgesetzt wird (vollkommene Markttransparenz bis hin zu lediglich partieller Marktinformation). (3) Des Weiteren ist zu unterscheiden, ob es sich um einen homogenen oder heterogenen (Produkt-) Markt handelt. (4) Darüber hinaus ist von Belang, welche Marktform auf dem betrachteten Markt selbst sowie auf den vor- und nachgelagerten Märkten gegeben ist. Hiervon hängt u. a. die AktionsReaktions-Verbundenheit zwischen den Akteuren auf derselben Marktseite ab, die sich wiederum auf das Verhalten gegenüber der anderen Marktseite auswirkt. Analytisch wird die seitens der Akteure wahrgenommene Reaktionsverbundenheit über das Konzept der Verhaltensweise erfasst. Schließlich ist für die Erfassung der Preisbildungsvorgänge relevant, ob man eine Gleichgewichts- oder
primäre Einkommensverteilung, Primärverteilung. Die primäre Verteilung erfasst im Rahmen der personellen Einkommensverteilung alle neu geschaffenen Einkommen einer Periode, wie sie unmittelbar durch den Marktprozess verteilt werden, also die persönlichen Markteinkommen. In funktionaler Betrachtung fällt jedem der Produktionsfaktoren je nach seinem Beitrag Einkommen zu (Arbeit: Lohneinkommen, Boden: Pachteinkommen; Kapital: Zinseinkommen). Werden alle Produktionsfunktionsfaktoren leistungsgerecht mit ihrem Grenzprodukt entlohnt, ergibt sich daraus die Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung. Ist
355
private Krankenversicherung (PKV)
Primäreinkommen, Sozialprodukt.
nen Ziele verfolgen kann. Es bedarf daher einer Kontrolle des Agenten bzw. der Schaffung anreizkompatibler Arrangements mit anreizkompatiblen Zahlungen. Kontrolle verursacht Kosten und ist nur dann ökonomisch effizient, wenn die Grenzerlöse größer als die Grenzkosten der Kontrolle sind. Das Ausmaß des Agency-Problems hängt von der Ausgestaltung des Anreiz- und Kontrollmechanismus bzw. von der Vertragsgestaltung ab. Gegenstand der Prinzipal-Agent-Theorie der Unternehmung ist die (positive) Analyse dieser Arrangements sowie die Empfehlung ökonomisch effizienter Vertragsstrukturen (normative Theorie).
Primärenergieträger, Energieträger.
Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit,
abweichend davon das gesamte Volkseinkommen größer als die Summe der Faktoreinkommen, entsteht ein Unternehmergewinn. Die relativen Anteile dieser Einkommensarten bilden die funktionelle Einkommensverteilung. Wird aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit die ungerechte primäre Einkommensverteilung durch staatliche Verteilungspolitik korrigiert, bewirkt dies durch Umverteilung die sekundäre Einkommensverteilung. Primäreffekt, regionale Strukturpolitik.
primärer Sektor, zusammenfassend für die Wirtschaftszweige Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei. Vgl. auch Sektoren der Volkswirtschaft, Drei-Sektoren-Hypothese, sektoraler Strukturwandel.
Primärverteilung, primäre Einkom-
mensverteilung. Principals of Political Economy, all-
gemeine Wirtschaftspolitik. Prinzipal, Agency-Theorie. Prinzipal-Agent-Modelle, treten Prinzipal
und Agent einmal in Beziehung, liegt ein statisches Prinzipal-Agent-Modell vor. Die Analyse langfristiger Prinzipal-Agent-Beziehungen ist Gegenstand dynamischer Prinzipal-Agent-Modelle ( Agency-Theorie). Prinzipal-Agent-Theorie, Agency-The-
orie. Prinzipal-Agent-Theorie der Unternehmung. Die Prinzipal-Agent-Theorie der
Unternehmung hat sich aus der Managertheorie der Unternehmung entwickelt, wobei das Problem der Trennung zwischen Eigentümer und Manager auf alle Verträge ausgedehnt wird ( Agency-Theorie), in denen das Verhalten des Beauftragten die Vermögensposition des Auftraggebers negativ beeinflussen kann. Das Anreizschema des Agenten muss nicht mit dem des Auftraggebers kompatibel sein, sodass seine Interessen nicht automatisch vollständig verfolgt werden, wenn der Agent seine eige-
Verkehrspolitik.
private Arbeitsvermittlung, Dienstleistung von Privatpersonen und -gesellschaften zur Vermittlung von Arbeitnehmern bzw. Auszubildenden in Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisse, die nach Aufgabe des staatlichen Vermittlungsmonopols (1994 für die Arbeitsvermittlung und 1998 für die Ausbildungsvermittlung) zulässig sind und durchgeführt werden. Gesetzlich geregelt ist sie im geringen Umfang (Vertrag, Vergütung und Datenbehandlung) im Dritten Sozialgesetzbuch in §§ 296 ff. SGB III. Daneben wird als vorrangige Aufgabe der Agenturen für Arbeit nach wie vor die staatliche Arbeitsund Ausbildungsvermittlung betrieben, die private Arbeitsvermittlung jedoch durch Vermittlungsgutscheine gezielt in Anspruch genommen. Dadurch werden staatliche und private Vermittler zur Verbesserung der Vermittlungsergebnisse bewusst in eine Wettbewerbssituation gebracht. privates Gut, Individualgut. Privateigentum, Verfügungsrechte. private Kosten, Kosten wirtschaftlicher Aktivität, die vom Entscheidungsträger bei der Optimierung von Ausmaß und Qualität der Aktivität berücksichtigt werden. Gegensatz: Externe Kosten. private
Krankenversicherung
(PKV),
Versicherung oder Zusatzversicherung gegen Krankheit ( Krankenversicherung), die von einem privaten Versicherungsunternehmen für diejenigen angeboten wird, die grundsätz-
privater Verbrauch
lich oder auf Antrag von der Pflichtmitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) befreit sind. Dies geschieht in der Regel freiwillig, wenn von den Beamten und Pensionären absieht, die zwar nicht Pflichtmitglied der GKV sind, seit 2009 aber verpflichtet sind, den nicht durch die staatliche Beihilfe übernommenen Teil (zwischen 25 und 50 %) der Gesundheitsleistungen ( Sicherung im öffentlichen Dienst) für sich und ihre beihilfeberechtigten Familienmitglieder durch eine private Ergänzungsversicherung abzudecken. Da die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung zum Teil erst ab einer bestimmten Einkommenshöhe möglich ist, suchen vor allem Personen aus höheren Einkommensklassen Versicherungsschutz in der PKV, was zu dem Vorwurf der Zwei-Klassen-Medizin beiträgt. Faktisch ist die PKV Teil der sozialen Sicherung (teil der sog. privaten Säule). Die Vertragsgestaltung unterliegt der freien Vereinbarung der Beteiligten, wobei allerdings eine Einschränkung aufgrund rechtlicher Regelungen und der Kontrolle des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen gegeben ist.
356
rung von Staatsbeteiligungen an Industrieunternehmen. Privatisierung der Staatsschuld, Übertragung von Privatvermögen auf den Staat mit Hilfe der Vermögenssubstanzsteuer ( Vermögensbesteuerung). Aus den Vermögenserträgen wird der Schuldendienst aufgebracht. Privatrechtsgesellschaft, Ordnungs-
ökonomik, Freiburger Schule. Probebeschäftigung,
Teilhabeförde-
rung (am Arbeitsleben). Product Extension Merger, Wettbe-
werbspolitik. Produktabgabe, Umweltpolitik. Produktdifferenzierung, Handelstheo-
rie, Wettbewerbstheorie. Produktinnovation, wirtschaftliche Um-
setzung eines völlig neuen oder wesentlich geänderten Produktes, das einen bisher ungedeckten Bedarf befriedigt.
privater Verbrauch, Teil der Verwen-
dungsseite des Sozialprodukts: Waren- und Dienstleistungskäufe der inländischen privaten Haushalte für Konsumzwecke und der Eigenverbrauch der privaten Organisationen ohne Erwerbscharakter. Die Käufe der privaten Haushalte umfassen auch die Käufe langlebiger Gebrauchsgüter (z. B. Haushaltsgeräte und Kraftfahrzeuge), obwohl diese zumeist in der Berichtsperiode nicht verbraucht werden. Nicht enthalten sind jedoch Grundstücks-, Gebäude- oder Wohnungskäufe, die zu den Anlageinvestitionen der Unternehmen gerechnet werden. Privatisierung. 1. Begriff: Verlagerung bestimmter bisher staatlicher Aktivitäten in den privaten Sektor der Volkswirtschaft, um die Allokation der Ressourcen durch den (als effizienter eingestuften) Markt erfolgen zu lassen. Vgl. auch Regulierung, Deregulierung. 2. Arten: a) Formale Privatisierung: Verselbstständigung öffentlicher Aufgabenträger in privater Rechtsform (GmbH, AG). b) Materielle Privatisierung: Übertragung von bisher öffentlich wahrgenommenen Aufgaben auf Private. c) Privatisierung von Industriebeteiligungen: Veräuße-
Produktion, bezeichnet die Kombination von Produktionsfaktoren (Arbeitskraft, Rohstoffe, Energie, etc.) zur Herstellung von Gütern ( Produktionstheorie, Mikroökonomik). Produktionsauflage, gehört zusammen mit der Emissionsauflage und den Auflagen für Produktionsverfahren zu den Umweltauflagen und bildet zusammen mit der Umwelthaftung ( Umwelthaftungsgesetz) ein ordnungsrechtliches Instrument der staatlichen Umweltpolitik. Die Produktionsauflage wird in Form von Verboten und Geboten durchgesetzt. Man unterscheidet im Wesentlichen drei Arten: (1) Mengenlimitierung, (2) Produktionseinstellung und (3) Ansiedlungsverbot. Die Produktionsauflage ist relativ schnell wirksam, meistens ursachen- und zielgenau, da sie sich direkt auf die Anlage bezieht, und lässt sich politisch leicht durchsetzen (hohe Akzeptanz). Jedoch bewirkt sie bei den Betroffenen keinerlei Anreiz zur Übererfüllung.
Darstellungseinheit der Input-Output-Rechnung (im Gegensatz
Produktionsbereich,
357
Produktionsfunktion
zum Wirtschaftsbereich, der bei der Entstehungsrechnung des Sozialprodukts zugrundegelegt wird). Ein Produktionsbereich wird gebildet, indem man jedes Unternehmen in einzelne, technisch homogene Produktionseinheiten zerlegt und die gleichartigen Einheiten neu zusammenfasst. Ein Produktionsbereich produziert alle Güter einer Gütergruppe und nur diese. (Dagegen ist die Produktion von Wirtschaftsbereichen, in denen die Unternehmen nach ihrem Schwerpunkt, aber als Ganze zusammengefasst sind, gütermäßig heterogen.) Quotient von relativer Veränderung der Outputmenge x und relativer Veränderung eines der Inputfaktoren Ai: Produktionselastizität,
x,Ai
x A i A i x i
Sie ist damit auf die partielle Faktorvariation ( Produktionstheorie) zugeschnitten (im Grenzfall existiert nur ein einziger Faktor). Je nach dem Wert der Produktionselastizität steigt die Produktionsmenge gegenüber dem Faktoreinsatz proportional ( = 1), überproportional ( > 1) oder unterproportional ( < 1). Wird der Koeffizient Null oder negativ, stagniert die Produktion bzw. nimmt trotz höheren Faktoreinsatzes ab. Produktionsfaktor, Bezeichnung der zur Produktion verwendeten Güter materieller und immaterieller Art, deren Einsatz für das Hervorbringen anderer wirtschaftlicher Güter aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen notwendig ist; in der Volkswirtschaftslehre ohne Vorleistungen. 1. Klassik: Arbeit, Boden und Kapital, denen die Einkommensarten Lohn, Bodenrente und Profit entsprechen. Say fügte als weiteren Faktor die unternehmerische Tätigkeit hinzu. 2. Sozialistische Theorie: Alleiniger Produktionsfaktor sei Arbeit. 3. Moderne Theorie: a) Die Dreiteilung und Koordination der Produktionsfaktoren ist gegeben im naturalwirtschaftlichen Bereich, d. h. zur Produktion sind Arbeit, Boden und dem Kapital ein Ertragsanteil zuzurechnen. b) Im sozialwirtschaftlichen Bereich ist allein der Arbeiter notwendig, weil die Arbeit nicht vom Arbeiter getrennt werden kann. Sozialwirtschaftlich ist deshalb die (sozialistische) Lehre von dem einen Produktionsfaktor, der Arbeit, richtig: Boden und Kapital
sind Produktionsmittel (Preiser). 4. In einigen Ansätzen wird heute der Produktionsfaktor Boden durch den Produktionsfaktor Umwelt mit der Begründung ersetzt, dass Umweltleistungen in modernen Industriegesellschaften für die Produktion bedeutsamer seien als Boden. Vgl. auch Produktionsfunktion, Produktionstheorie. Produktionsfunktion. I . M i k r o ö k o n o m i s c h e P r o d u k t i o n s f u n k t i o n : 1. Charakterisierung: Funktionale Beschreibung des Zusammenhangs zwischen Einsatz an Produktionsfaktoren und Produktionsoutput bei gegebener Technologie. 2. Arten: a) substitutionale und limitationale Produktionsfunktion ( Produktionstheorie). b) (1) Produktionsfunktion vom Typ A: Funktionsverlauf gemäß Ertragsgesetz. (2) Produktionsfunktion vom Typ B: Gutenberg-Produktionsfunktion. (3) Produktionsfunktion vom Typ C: Von E. Heinen entwickelt (entsprechend auch als Heinen-Produktionsfunktion bezeichnet). Die Produktionsfunktion vom Typ C stellt auf eine momentane Betrachtung der betrieblichen Teilprozesse der Leistungserstellung und einer anschließenden Zusammenfassung ab. (4) Produktionsfunktion vom Typ D: Weiterentwicklung der Produktionsfunktionen vom Typ B und C unter dynamischen Aspekten; es handelt sich um ein Betriebsmodell (Input-Output-Modell einer Unternehmung). (5) Produktionsfunktion vom Typ E: Weiterentwicklung der Produktionsfunktion vom Typ D: Es werden zusätzlich Kapazitäts-, Belegungs- und Umrüstbedingungen berücksichtigt. (6) Produktionsfunktion vom Typ F: Zusätzlich werden (Entscheidungs-)Ziele berücksichtigt. c) Produktionsfunktionen werden weiterhin nach dem Grade ihrer Homogenität (Homogenität vom Grade r) unterschieden ( Produktionstheorie). I I . M a k r o ö k o n o m i s c h e P r o d u k t i o n s f u n k t i o n : 1. Charakterisierung: Produktionsfunktion, die für einzelne Industrien, Branchen und für die gesamte Volkswirtschaft aufgestellt werden. Der Output wird als homogenes Produkt ( Wertschöpfung) aller Industrien oder als Produkt einzelner Industrien (oder Industriezweige) definiert, z. B. Investitions-, Konsumgüter, landwirtschaftliche Produkte. Inputfaktoren sind Arbeit, Realkapital ( Kapital) und bei dynamischer Betrachtungsweise der technische Fortschritt. 2. Algebraische Darstellung: Y = Y(K, A, F); mit
Produktionsgewinn aus internationalem Handel
Y = Output, K = Kapitaleinsatz, A = Arbeitseinsatz und F = Wirkungsgrad des technischen Fortschritts. 3. Das Problem der Limitationalität bzw. Substitutionalität stellt sich in der volkswirtschaftlichen Produktionstheorie anders als in der betriebswirtschaftlichen. Unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten werden ständig neue Investitionsentscheidungen getroffen, die zu einer kontinuierlichen Veränderung der Produktionstechnik führen. 4. Kategorien: a) Substitutionale Produktionsfunktionen: Sie sind vorwiegend hochaggregiert und untersuchen die Technologie der gesamten Volkswirtschaft. Die bekanntesten und am häufigsten verwandten sind die CES-Funktion und die Cobb-Douglas-Funktion, die einen Spezialfall der CES-Funktion (Substitutionselastizität gleich eins) darstellt. Die partiellen Ertragskurven dieser Funktionen weisen abnehmende Ertragszuwächse ( Ertragsgesetz), die partiellen Grenzertragsfunktionen fallende Verläufe auf. Der technische Fortschritt kann in diesen Funktionen auf verschiedene Weise wirken; entsprechend kann sich die funktionelle Einkommensverteilung ändern, wenn die Entlohnung der Produktionsfaktoren nach der Grenzproduktivität erfolgt. b) Limitationale Produktionsfunktionen: Sie finden in der postkeynesianischen Wachstumstheorie und v. a. in der Input-Output-Analyse, die als spezielle Produktionstheorie angesehen werden kann, Verwendung. Diese Funktionen können als Spezialfall der CES-Funktion mit einer Substitutionselastizität von Null angesehen werden. Vgl. auch Determinanten des Wachstums. Produktionsgewinn aus internationalem Handel. Wenn die verfügbaren Pro-
duktionsfaktoren für die Erzeugung mehrerer Güter verwendbar sind, kann eine Volkswirtschaft immer dadurch mehr von einem bestimmten Gut erhalten, dass sie von einem anderen Gut weniger erzeugt (Reallokation). Das Verhältnis, in dem dies möglich ist, nennt man die Grenzrate der Transformation ( Transformationskurve). Wenn das Tauschverhältnis im internationalen Handel ( Terms of Trade) von der bei Autarkie relevanten Grenzrate der Transformation abweicht, dann kann eine Ökonomie durch Reallokation immer eine Erhöhung ihres gesamten Outputwertes erzielen. Dies bezeichnet man als Produktionsgewinn aus internati-
358
onalem Handel. Vgl. auch rie.
Handelstheo-
Produktionskonten, VGR. Produktions-Lag, Lundberg-Lag. Produktionslücke, Output Gap, Differenz zwischen Produktionspotenzial und tatsächlicher Produktion. Produktionsmittel. 1. Im engeren Sinn: Realkapital ( Kapital) und Boden im Unterschied zum originären Produktionsfaktor Arbeit. 2. Im weiteren Sinn: Synonym für Produktionsfaktor. Produktionsmöglichkeitenkurve,
Transformationskurve. produktionsorientierte Dienstleistungen, unternehmensorientierte Dienstleistun-
gen; Finanzdienstleistungen, Dienstleistungen.
technische
Produktionspotenzial. 1. Begriff: Ge-
samtwirtschaftliche Produktion, die bei Vollbeschäftigung aller volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren hergestellt werden könnte. 2. Bedeutung: a) Das Produktionspotenzial ermöglicht zusammen mit der tatsächlichen Produktion die Bestimmung des konjunkturellen Zustands einer Wirtschaft. b) Die Entwicklung des Produktionspotenzials im Zeitverlauf wird als Indikator für das Wachstum verwendet; c) Das Produktionspotenzial führt zusammen mit dem Auslastungsgrad zum Konzept des konjunkturneutralen Haushalts und des strukturellen Defizits. d) Das Produktionspotenzial findet in der potenzialorientierten Geldpolitik Anwendung. Vgl. auch Konjunkturpolitik und Stabilisierungspolitik. 3. Berechnungsmethoden: a) Peakto-Peak-Methode; b) Hochrechnungen aus Unternehmensbefragungen über die Kapazitätsauslastung. c) Schätzungen mit Hilfe einer Produktionsfunktion, mit Ein-Faktor( SVR früher) oder Mehr-Faktor-Ansätzen ( Deutsche Bundesbank). Vgl. auch Wachstumstheorie. Produktionsschwelle,
mum.
Betriebsmini-
359 Produktionsstruktur, Gliederung der volkswirtschaftlichen Produktion nach sektoralen oder regionalen Merkmalen. Vgl. auch sektorale und regionale Wirtschaftsstruktur.
Produktionstheorie
Leontief-Produktionsfunktion vor ( Substitutionselastizität). Abbildung 1: Produktionstheorie
Produktionstheorie. Die Produktionstheo-
rie analysiert die Zusammenhänge zwischen Faktoreinsatz (Input) und Güterausstoß (Output) und legt die Grundlagen für die Kostentheorie. Grundlegend ist der Begriff der Produktionsfunktion: Durch sie werden die Input- und Outputgrößen funktional miteinander verknüpft. 1. Substitutionalität versus Limitationalität der Faktoren: a) Substitutive Produktionsfaktoren können einander im Produktionsprozess ersetzen, so dass Isoquanten bzw. Isoprodukt-Kurven wie in Fall a oder b entstehen (vgl. Abb. 1). Sie sind definiert als Kurven gleichen Produktions- (Output-) Niveaus bei unterschiedlichen Faktoreinsatz-Kombinationen (sie unterscheiden sich nach dem Grad der Substituierbarkeit). b) Der Schwierigkeitsgrad im Hinblick auf die Substituierbarkeit lässt sich durch den Begriff der Grenzrate der Substitution erfassen. Abbildung 2 zeigt, dass man bei gleicher Produktmenge x x den Faktoreinsatz um B reduzieren kann, wenn dafür A Faktoreinheiten zusätzlich eingesetzt werden. Der Quotient B/A, in infinitesimaler Formulierung dB/dA, also die Steigung der Isoquante, wird als Grenzrate der Substitution (in der Produktion) bezeichnet. Man sieht, dass sie (absolut) abnimmt, wenn B sinkt und A steigt. Das spiegelt die zunehmende Schwierigkeit wider, bei wachsendem Einsatzniveau von A eine zusätzliche Substitution in gleicher Richtung vorzunehmen. Im Fall a existiert diese Schwierigkeit nicht, da die Grenzrate der Substitution konstant ist. Der Faktor B kann dann aus der Produktion sogar vollkommen verdrängt werden (vollkommene Substituierbarkeit, z. B. wenn x = A + B gilt). Dies ist im Fall b nicht möglich, weil hier immer alle Faktoren, wenn auch in unterschiedlicher Zusammensetzung, benötigt werden. Es liegt somit Komplementarität der Faktoren vor. Im Fall c gibt es aus technischen Gründen keine Substitution der Produktionsfaktoren (strikte Komplementarität), so dass der jeweils knappste Faktor die Produktion begrenzt. Daher spricht man auch von limitationalen Produktionsfaktoren. Es liegt dann eine
2. Partielle versus totale Faktorvariation: a) Gibt man unterschiedliche Produktionsniveaus vor, erhält man definitionsgemäß unterschiedliche Isoquanten. Sie zeigen eine umso höhere Produkt- menge an, je weiter sie vom Ursprung entfernt sind (vgl. Abb. 3). Sie schneiden sich auch nicht. Isoquanten, die eine größere Menge repräsentieren, werden durch höheren Einsatz von A und/oder B erreicht, falls die Faktoren substituierbar sind. Ausgehend vom Faktoreinsatz ( A, B )
Produktionstheorie
360
Abbildung 2: Grenzrate der Substitution
das Faktorpreisverhältnis sich ändert ( Minimalkostenkombination). b) Formal lässt sich bei partieller Faktorvariation die Produktmenge x allein in Abhängigkeit vom variierten Faktoreinsatz (zum Bsp. A) darstellen x x(A, B, C, ...) wird zu x = x(A, B, C , ...) = x(A)
Im Falle proportionaler Faktorvariation kann die Produktmenge x als Funktion des Einsatzniveaus dargestellt werden: Aus und der Produktmenge x können Isoquanten mit höherem Produktionsniveau erreicht werden, wenn entweder eine partielle Faktorvariation (Erhöhung von A bei Konstanz von B) oder umgekehrt (Erhöhung von B bei Konstanz von A) oder eine totale Faktorvariation vorgenommen wird. Im letzteren Fall werden beide Faktoreinsatzmengen zugleich verändert. Wichtig sind hier die beiden Unterfälle der proportionalen und der isoquanten Faktorvariation (vgl. Abb. 3). (1) Bei der ersteren werden die Faktoren im gleichen Verhältnis erhöht (oder vermindert). Bei limitationalen Produktionsfaktoren kommt nur diese Art der Faktorvariation in Betracht. Isoquante Faktorvariation bedeutet eine Bewegung entlang einer Isoquante, woraus die Bezeichnung resultiert. (2) Die partielle Faktorvariation wird vorgenommen, wenn der (die) andere(n) Faktor(en) nicht beschafft werden kann (können) oder man z. B. abwartet, ob der Anstieg der Nachfrage auch dauerhaft ist, zwischenzeitlich behilft man sich etwa mit Überstunden. Proportionale Faktorvariation praktisch eine Variation der Betriebsgröße wird bei steigender Nachfrage vorgenommen, wenn die (erwarteten) Faktorpreise unverändert bleiben. Eine isoquante Faktorvariation wird realisiert, wenn
A A und B = B folgt x = x(A, B) = x(A, B) = x() . Daraus können einerseits der Grenzertrag (Grenzprodukt) der Faktoren x x bzw. A B
( Ertragsgesetz) und anderseits das Niveaugrenzprodukt x bestimmt werden. Der partiellen Faktorvariation ist die Produktionselastizität, der proportionalen die Skalenelastizität und der isoquanten Faktorvariation die Substitutionselastizität zugeordnet. Bei letzterer ergibt sich aus der Produktionsfunktion die Gleichung der Isoquante: x x x(A, B) B x(A) . Sie lässt sich auch mit Hilfe der Formel für das totale Grenzprodukt, x x dA dB A B (diese gilt für alle Faktorvariationen), beschreiben, und zwar durch die Bedingung dx = 0, was zu
Abb. 3 Faktorvariationen
dx
361
Produktionsverflechtungstabelle
x dB A dA x B führt ( Minimalkostenkombination), d. h., die Grenzrate der Substitution ist als das Verhältnis der Grenzerträge darstellbar. 3. Homogene Produktionsfunktionen: Wenn das Niveau des Faktoreinsatzes erhöht wird, kann sich der Output proportional, unteroder überproportional verändern, d. h., es liegen konstante, abnehmende oder steigende Skalenerträge vor: Dieser Zusammenhang kann auch mit Hilfe der Skalenelastizität beschrieben werden. Ist diese durchweg konstant, liegen homogene Produktionsfunktionen vor. Letztere werden definiert durch die Bedingung x( A,lB) r x(A, B). Dabei bezeichnet r den Homogenitätsgrad. Man unterscheidet linear- (r=1), unterlinear(r < 1) und überlinear-homogene (r > 1) Produktionsfunktionen (vgl. Abb. 4). Im Fall r = 1 bedeutet dies, dass z. B. eine Verdoppelung aller eingesetzten Produktionsfaktormengen zu einer Verdoppelung des Outputs führt; ist r > 1, wächst der Output stärker an, während sich im Falle r < 1 der Output weniger als verdoppelt.
telbar ersichtlich ist, dass ein Zusammenhang mit dem Verlauf der Kostenfunktion besteht ( Kostentheorie). Abbildung 5: Produktionstheorie
Abbildung 4: Produktionstheorie
Man kann diesen Zusammenhang auch anhand des Isoquantensystems darstellen (vgl. Abb. 5). Erhöht man sukzessive das OutputNiveau jeweils um eine Einheit, so benötigt man das gleiche (r = 1), ein kleineres (r > 1) oder ein größeres (r < 1) Faktorpäckchen. Im Übrigen stimmt r mit der Skalenelastizität x, überein. Welcher Fall tatsächlich eintritt, ist eine (empirische) Frage der Produktionstechnik bzw. der Organisation. Unmit-
Produktionsverflechtungstabelle,
VGR.
Produktionswert Produktionswert. I . K o s t e n r e c h n u n g : Summe der Herstellkosten aller im Abrechnungszeitraum erzeugten Güter. II. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen ( VGR) : Begriff der Produktionsstatistik (früher auch Bruttoproduktionswert): a) Bei Produktionsunternehmen: Wert der Verkäufe von Waren und Dienstleistungen aus eigener Produktion sowie von Handelsware an andere Wirtschaftseinheiten, vermehrt um den
Wert der Bestandsveränderungen an halbfertigen und fertigen Erzeugnissen aus eigener Produktion und um den Wert der selbsterstellten Anlagen. b) Bei Kreditinstituten: Wert der Einnahme aus Gebühren u. Ä., vermehrt um den Saldo zwischen Ertragszinsen und Kreditprovisionen und anderen Vermögenseinkommen der Kreditinstitute einerseits und ihren Aufwandszinsen andererseits. c) Bei Versicherungsunternehmen: Saldo aus Beitragseinnahmen und Erträgen aus Vermögensanlagen einerseits und den in derselben Periode fälligen Leistungen andererseits. d) Beim Staat und den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck: Summe der Aufwandsposten Einkommen aus unselbstständiger Arbeit, geleistete Produktionssteuern, Abschreibungen und Vorleistungen ( Staatsverbrauch). Vgl. auch Sozialprodukt. Produktivgüter, diejenigen Betriebsmittel, Werkstoffe und sonstigen materiellen Güter, aber auch diejenige Arbeitskraft, die im Zuge einer wirtschaftlichen Betätigung Erträge schafft. Im wissenschaftlichen Sozialismus gelten nur produzierte Produktionsmittel ( Produktionsmittel) als Produktivgüter. Produktivität, Messzahl für die technische Effizienz der Produktionsstruktur einer Volkswirtschaft. 1. Totale Produktivität: Verhältnis zwischen den Einsatzmengen aller Faktoren und dem Produktionsergebnis (Bruttoinlandsprodukt). Da die Faktoren heterogene, nicht-addierbare Größen sind, werden sie mit ihren Faktorpreisen bewertet und zum monetären Bruttoinlandsprodukt in Beziehung gesetzt: PY p1r1 p2 r2 ... pn rn
(P = Preisindex; Y = reales Bruttoinlandsprodukt; pi = Faktorpreise; ri = Faktoreinsatz-
362
mengen mit i=1, ..., n). Die totale Produktivität wird daher auch als Wert-Produktivität bezeichnet. Häufige Anwendung bei internationalen Effizienzvergleichen. Die Aussagefähigkeit ist bei unterschiedlichem Preisindex und unterschiedlichen Faktorpreisen stark eingeschränkt. 2. Partielle Produktivitäten werden hauptsächlich für die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital ermittelt. Der gesamte physische oder monetäre Ertrag wird dem physischen oder wertmäßigen Einsatz eines Faktors zugerechnet (z. B. Ertrag pro eingesetzte Arbeitsstunde, Ertrag pro eingesetzte Kapitaleinheit). Vgl. auch Arbeitsproduktivität, Kapitalproduktivität. produktivitätsorientierte
Lohnpolitik,
Produktivitätsregeln.
Produktivitätsparadoxon. Als Produktivitätsparadoxon der Informationstechnik bezeichnet man das empirisch umstrittene Phänomen, dass trotz zunehmendem Einsatzes von Informationstechnik, steigender Rechnerleistungen und auch steigender Investitionen in die informationstechnische Ausstattung von Unternehmungen die Produktivität nicht analog steigt. Produktivitätsregeln, produktivitätsorientierte Lohnpolitik; 1. Begriff: Der Kern der produktivitätsorientierten Lohnpolitik besteht in der Forderung nach Befolgung der Produktivitätsregeln, d. h., dass das Lohnniveau mit derselben Rate steigen soll, mit der die durchschnittliche Arbeitsproduktivität wächst. Die Befolgung dieser Regel soll dann das Ziel der Preisstabilität erfüllen (sog. preisniveauneutrale Lohnpolitik). Eine Verfeinerung der Grundregel ist die kostenniveauneutrale Lohnpolitik des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR). Dieser liegt aber prinzipiell dasselbe Vorgehen wie der kostentheoretischen Ableitung der Produktivitätsregeln zugrunde. 2. Begründungen: Für die Produktivitätsorientierung werden unterschiedliche Begründungen angegeben, die zum Teil auf einfachen gesamtwirtschaftlichen Kreislaufzusammenhängen beruhen (kreislaufmäßige und verteilungstheoretische Begründung) und zum Teil Ergebnisse der mikroökonomischen Preisbildung auf die Gesamtwirtschaft übertragen (kostenniveauneutrale Lohnpolitik). a) Die
363
kreislaufmäßige Begründung beruht auf der einfachen Vorstellung, dass das Preisniveau dann konstant bleibt, wenn die gesamtwirtschaftliche Nachfrage (ausgehend von einem Gesamtgleichgewicht) mit derselben Rate wächst wie das reale Gesamtangebot. b) Die verteilungstheoretische Begründung der Produktivitätsregeln geht von der Definition der gesamtwirtschaftlichen Lohnquote aus. Es gilt L lA l 1 , Y pR p R A oder in Wachstumsraten w L/Y w l w p (w R w A ),
mit L (Lohneinkommen), l (Lohnniveau), A (Beschäftigung), Y (Nominaleinkommen), R (Realeinkommen), p (Preisniveau). Folgende Aussagen sind möglich: Bleibt die Lohnquote konstant (Verteilungskonstanz), dann ist bei Verfolgung der Produktivitätsregeln auch Preisstabilität gewährleistet, bzw. ist Preisstabilität bereits gewährleistet, dann folgt bei Verfolgung der Produktivitätsregeln Konstanz der Lohnquote. Oder anders ausgedrückt: Soll die Regel die Konstanz der Lohnquote gewährleisten, muss anderweitig die Preisstabilität gesichert werden, bzw. soll die Regel die Konstanz des Preisniveaus gewährleisten, muss anderweitig die Konstanz der Lohnquote gesichert sein. Glaubt man an die langfristige Konstanz der Lohnquote, wäre es sinnvoll (insbes. mit dem Ziel der Konjunkturstabilisierung), die Lohnquote auch kurzfristig zu stabilisieren. Die zu verfolgende Regel lautet: w l w p (w R w A ) Dabei würde das Ziel der Preisniveaustabilisierung allerdings völlig vernachlässigt, und das geht am bisherigen Sinn der Produktivitätsregeln vorbei. Die verteilungstheoretischen Begründungen der Produktivitätsregeln zur Preisstabilisierung sind also nicht haltbar, es sei denn, man glaubt an ein Marktgesetz, das die Lohnquote konstant hält, und zwar nicht nur im langfristigen Trend, sondern auch kurzfristig. Produktivitätsrente, Begriff der Rentenreform, der zum Ausdruck bringen soll, dass die Sozialrentner an dem wirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt durch Rentenanpassung beteiligt werden. Vgl. auch dynamische Rente.
Produzentenrente Produktivvermögen. Derjenige Teil des reproduzierbaren Sachvermögens ( Vermögen), der der Leistungserstellung im Rahmen der Produktion dient: reproduzierbares Anlagevermögen (Ausrüstungen und Bauten), auch als Kapitalstock bezeichnet, Vorratsbestände und Wert des Grund und Bodens. Vgl. auch volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen ( VGR). Produktzyklushypothese, Produktzy-
klus-Theorie. Produktzyklus-Theorie. Die Produktzyklus-Theorie betont die Veränderung komparativer Vorteile für einzelne Güter im Zeitverlauf. In der Einführungsphase ist das technische Know-how hierfür entscheidend. Die Produkteinführung solcher Güter erfordert gute Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Produzenten und Nachfragern, und diese sind im Inland eher gegeben als international (Linder-Hypothese). Nach der erfolgreichen Einführung solcher Produkte entsteht in der Reifephase die Möglichkeit des Exports in Länder mit ähnlicher Nachfragestruktur. Elemente der Produktdifferenzierung und Größenvorteile können diesen Effekt noch verstärken. Nach einer gewissen Zeit wird das Produkt standardisiert, und die erwähnten Kommunikationserfordernisse verlieren ihre Bedeutung. An deren Stelle bestimmen Kostenüberlegungen die komparativen Vorteile. Je nach Faktorausstattung der einzelnen Länder kann dann die Produktion solcher Güter in der Stagnationsphase in das Ausland wandern, und das Gut wird in weiterer Folge zu einem Importgut ( Heckscher-Ohlin-Handel, Heckscher-OhlinChamberlin-Modell). Schließlich kann das Gut durch die Einführung neuer Güter im Inland vollständig ersetzt werden (Degeneration). Vgl. auch Handelstheorie, Marktphase, Wirtschaftsgeografie. Produzentenlohn, der gesamte Lohn, den
Unternehmer über den kontrahierten Lohn (i. d. R. den Tariflohn) hinaus einschließlich aller Lohnnebenkosten, insbesondere der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherungen zahlen müssen. Produzentenrente. Differenz zwischen dem Preis, zu dem ein Anbieter auf Grund seiner Kostensituation noch bereit wäre, ein Gut herzustellen und anzubieten, und dem
Profit
Marktpreis: Im Gegensatz zu der psychologischen Größe der Konsumentenrente ist die Produzentenrente in der Mikroökonomik ein Ausdruck für die anfallenden Differenzialgewinne ( polypolistische Preisbildung) der intramarginalen Anbieter.
364
abgeleitet wird. Vgl. auch Wachstumstheorie.
Gewinnrate,
Profit Shifting, strategische Handelspoli-
tik. Profitumlenkung, strategische Handels-
Profit. 1. Klassik: Bezeichnung für Unter-
nehmergewinn. 2. Marxismus: Der Mehrwert ( Mehrwerttheorie), den sich der Unternehmer im Kapitalismus als Eigentümer der Produktionsmittel durch Ausbeutung der Arbeiter unentgeltlich aneignen kann. Das Verhältnis von Mehrwert zu insgesamt eingesetztem Kapital ist die Profitrate; ein tendenzieller Fall der Profitrate wird unterstellt. Der marxistische Begriff des Profits impliziert wegen der zugrunde liegenden Ausbeutungstheorie den Vorwurf der Verwerflichkeit gegenüber dem Gewinnstreben der Unternehmer in einer privatwirtschaftlichen Marktwirtschaft ( Kapitalismus). Wichtige Funktionen, die der Gewinn in einer solchen Wirtschaftsordnung erfüllt (u. a. Finanzierung wachstumsinduzierender und fortschrittsfördernder Investitionen sowie risikovermindernder Rücklagen; Erfolgsindikator im Wettbewerbsprozess), bleiben dabei einseitig unberücksichtigt. Vgl. auch Gewinneinkommen. Aufteilung einer Unternehmung in einzelne ergebnisverantwortliche Einheiten, die für bestimmte Produkte oder Produktgruppen zuständig sind. In der Profit-Center-Organisation wird den Teileinheiten ein relativ hohes Maß an Selbstständigkeit zugewiesen, was die Motivation der leitenden Manager fördern und zum Abbau von Hierarchienachteilen beitragen soll. Profit-Center-Organisation.
Profitquote, Gewinnquote. Profitrate, Begriff der Wirtschaftstheorie des Marxismus zur Kennzeichnung der Kapitalrentabilität. Die Profitrate wird definiert als das Verhältnis von Profit zur Summe aus eingesetztem konstantem Kapital und variablem Kapital. Die durch technischen Fortschritt bedingte Zunahme der organischen Zusammensetzung des Kapitals führt zu einem tendenziellen Fall der Profitrate, woraus die zwangsläufige zeitliche Begrenztheit des Kapitalismus
politik. Prognose, Status-quo-Prognose, WirkungsPrognose, Situationsanalyse, Konjunkturprognose. Prognosefehler, der Unterschied zwischen
dem prognostizierten Wert und dem tatsächlich eingetroffenen Wert. Nur im Nachhinein bestimmbar. Prognoseverfahren, Konjunkturprog-
nose. Programmhilfe, Ausrichtung der Ent-
wicklungshilfe auf die Durchführung umfassender Entwicklungsprogramme anstelle einzelner, selbstständiger Projekte ( Projekthilfe). Oft auch als eine ungebundene Zahlungsbilanz- bzw. Budgethilfe verstanden. programmorientierte Haushaltsplanung. Ausgehend von überministeriell fi-
xierten politischen Programmen erfolgt die Haushaltplanung von oben nach unten. Gegensatz: Inkrementalismus. Vgl. auch Haushaltsplan. Progression, Steuerprogression, steckte Progression.
ver-
Prohibitivpreis. Prohibitivpreis nennt man den (niedrigsten) Preis, zu dem keine Nachfrage mehr erfolgt. In der (Markt)-Nachfragefunktion ( Preis-Absatz-Funktion) ist ihm die Menge x = 0 zugeordnet. Prohibitivzoll, jener Zollsatz, bei dem die
Importe des betreffenden Gutes zum Erliegen kommen. Vgl. auch Zoll. Projektförderung, Technologiepolitik. Projekthilfe, Bindung der Vergabe von
Entwicklungshilfe an ein bestimmtes Entwicklungsprojekt.
365
Prozess der Wirtschaftspolitik
pro-kompetitive Vorteile aus internationalem Handel, positive Wohlfahrts-
Protektionsinzidenz, Industriepolitik.
wirkungen des internationalen Handels, die durch eine Verringerung von Marktmacht und damit durch eine Verringerung von Preis-Grenzkosten-Margen zustande kommen. Handel verringert deswegen Marktmacht, weil er zu größeren Märkten und/oder einer größeren Zahl von Konkurrenten führt. Vgl. auch Handelstheorie.
Prozess der Wirtschaftspolitik, Ablauf
1. Statistische Durchschnittsgröße, die das Volkseinkommen oder das Bruttosozialprodukt ( Sozialprodukt) eines Landes zu seiner Bevölkerungszahl ins Verhältnis setzt. Die Zahl erlaubt es, die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung eines Landes im Zeitablauf oder in verschiedenen Ländern zu vergleichen. 2. Im Sinne von Produktivität: Quotient aus Bruttoinlandsprodukt ( Sozialprodukt) und Bevölkerungszahl. Ein geeigneteres Maß für die gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität ist jedoch das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen. Pro-Kopf-Einkommen.
Property Right, Verfügungsrechte. Property-Rights-Theorie, Verfügungs-
rechte. Property Rule, Verfügungsrechte. prophylaktische Sozialpolitik, vorsor-
gende Sozialpolitik. Prosperität. 1. Allgemeiner Sprachgebrauch: Periode allgemein guten Geschäftsgangs, charakterisiert durch hohen Beschäftigungsgrad und durch tendenziell steigende Preise und Gewinne. 2. Konjunkturtheorie: Phase des Aufschwungs oder Hochkonjunktur ( Konjunkturphasen). Protektion, Begriff für verschiedene han-
delspolitische Maßnahmen ( tarifäre oder nichttarifäre Handelshemmnisse) mit dem Zweck, einzelne Sektoren einer Volkswirtschaft vor Importkonkurrenz zu schützen. Vgl. auch Zoll, Handelspolitik, Industriepolitik.
Protektionismus, handelspolitische Kon-
zeption, die durch eine ausgeprägte Neigung zu Protektion geprägt ist. Vgl. auch Handelspolitik, Industriepolitik.
der Wirtschaftspolitik. 1. Begriff: Der Prozess der Wirtschaftspolitik bezeichnet den Handlungsablauf einer oder mehrerer wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Er ist Analyseobjekt der allgemeinen Wirtschaftspolitik, die insbesondere die Struktur des wirtschaftspolitischen Prozesses beschreibt und erklärt und damit häufig eine Erklärung des Misslingens wirtschaftspolitischer Maßnahmen liefert. 2. Struktur: Der Wirtschaftspolitikprozess lässt sich in eine zeitliche Folge von Ablaufphasen unterteilen. Diese beziehen sich entweder auf die Behandlung der wirtschaftspolitischen Ziele oder auf die Handhabung der wirtschaftspolitischen Mittel und bestehen aus Variationen der Standardphasen der Information, Entscheidung, Durchführung, Kontrolle und Modifikation. a) Zielorientierte Ablaufphasen: Am Beginn des Prozesses steht eine zielorientierte Informationsphase, in der mögliche Zielgrößen ( Ziel der Wirtschaftspolitik) erfasst werden (z. B. die Preisniveauentwicklung). In einer nachfolgenden zielorientierten Entscheidungsphase werden die erwünschten Zielgrößenwerte (Ziel-Soll) festgelegt (z. B. eine gewünschte Inflationsrate von 2 %). Danach wird in einer zielorientierten ex-anteDurchführungsphase eine Prognose des künftigen Zielwertes (ex-ante-Ziel-Ist) vorgenommen (z. B. Prognose der kommenden Inflationsrate mit 3,5 %) und der Prognosewert mit dem Soll-Wert in einer ex-anteKontrollphase verglichen. Ist eine über einen Toleranzwert hinaus gehende Differenz feststellbar, beginnt der mittelorientierte Prozessabschnitt. Andernfalls (z. B. Prognose der kommenden Inflationsrate von 2,1 %) wird eine zielorientierte ex-post-Durchführungsphase zur Erfassung des tatsächlich eingetretenen Zielwertes (ex-post-Ziel-Ist) vorgenommen und in der zielorientierten expost-Kontrollphase mit dem Soll-Zielwert verglichen. Bei Übereinstimmung ist der Prozess der Wirtschaftspolitik erfolgreich abgeschlossen in diesem Falle ohne Nebeneffekte. Bei Nichtübereinstimmung ist eine zielorientierte Modifikationsphase einzuleiten, die alle bisher durchlaufenen Prozessphasen betrifft und schließlich zum Neubeginn der anfänglichen Informationsphase führt. b) Mittelorientierte Ablaufphasen: Wird aufgrund der zielorientierten ex-
Prozesspolitik
ante-Kontrolle eine nicht tolerierbare Differenz festgestellt, beginnt der mittelorientierte Prozessabschnitt. Am Beginn steht die mittelorientierte Informationsphase, in der die möglichen wirtschaftspolitischen Instrumente ( Mittel der Wirtschaftspolitik) erfasst und ihre Einwirkungen auf den Zielwert analysiert werden ( Ziel-Mittel-Zusammenhang). Zu der mittelorientierten Informationsphase zählt aber auch die Lösung der entsprechenden Ziel-Mittel-Zusammenhänge. In der anschließenden Entscheidungsphase wird das wirtschaftspolitische Mittel (z. B. Begrenzung der Geldmengenausweitung) festgelegt und der Wert der einzusetzenden Mittelvariablen (Mittel-Soll) fixiert (z. B. Begrenzung der Geldmengenausweitung auf 5 %). Die mittelorientierte Durchführungsphase beinhaltet die Realisation dieser Mitteleinsatzwerte (Mittel-Ist). Ob dies mit Erfolg geschehen ist, wird in der nachfolgenden mittelorientierten Kontrollphase überprüft. Ist der Mitteleinsatz nicht im vorgegebenen Umfang realisiert worden, muss eine mittelorientierte Modifikationsphase eingeleitet werden, in der die vorangegangenen mittelorientierten Ablaufphasen überprüft werden. Kann dort kein Fehler festgestellt werden, ist eine zielorientierte Modifikation vorzunehmen. Erst ein erfolgreicher Mitteleinsatz kann zum erfolgreichen Ende des wirtschaftspolitischen Prozesses führen. Dazu ist jedoch zunächst eine Rückkehr zum zielorientierten Prozessteil notwendig. Wie bereits zuvor beschrieben ist eine zielorientierte expost-Durchführungsphase vorzunehmen, um den mit einem erfolgreichen Mitteleinsatz tatsächlich erreichten Zielwert festzustellen. Erst der nachfolgende Kontrollabschnitt kann die erfolgreiche Zielerreichung endgültig bestätigen. Prozesspolitik, Teilgebiet der allgemeinen Wirtschaftspolitik, das die Einflussmöglichkeiten des Staates auf den wirtschaftlichen Ablauf (Wirtschaftsprozess) analysiert (vgl. Prozess der Wirtschaftspolitik). Gegenstück ist die Ordnungspolitik ( Ordnungsökonomik).
366
schaftspolitischer Maßnahmen ( Konjunkturpolitik). Gegensatz: antizyklisch. psychologisches Gesetz, von Keynes formulierte These, nach der bei steigendem Einkommen ein immer größerer Teil des Einkommens gespart, bzw. ein immer kleinerer Teil des Einkommens konsumiert wird. Für die langfristige Konsumfunktion konnte diese Hypothese allerdings nicht bestätigt werden. Public-Choice-Theorie, Neue Politi-
sche Ökonomie. Public Private Partnership (PPP), Zusammenarbeit (joint venture) von privaten und öffentlichen Trägern bei der Erstellung und beim Betrieb von Einrichtungen der Infrastruktur. Pump Priming, Initialzündung; Begriff der
Finanzwissenschaft für den expansiven Impuls (Erhöhung der privaten Investitionstätigkeit und des privaten Konsums), den eine Volkswirtschaft durch Erhöhung der Staatsausgaben im Zustand der Unterbeschäftigung erhält. Der Begriff ist abgeleitet vom Angießen einer Wasserpumpe vor der Inbetriebnahme. Pump Priming ist abhängig von der Höhe der zusätzlichen Staatsausgaben sowie von der Finanzierung i. d. R. durch Schuldaufnahme ( Deficit Spending). Auch die Reaktionen der Wirtschaftssubjekte sind von entscheidender Bedeutung für die Wirkungsweise dieses Effekts.
punktuelle Anreize. Selbstständige Trans-
aktionspartner sind auf Märkten punktuellen Anreizen in Form von Preisen oder Umsatzprovisionen ausgesetzt, die vom Erfolg einer einzelnen Transaktion abhängen und aggressives Umsatz- und Marktverhalten stimulieren. Das Gegenstück zu punktuellen Anreizen sind Sammelanreize, die bei hierarchischer Koordination von Transaktionen zur Geltung kommen. pure conglomerates, Wettbewerbspoli-
tik. prozyklisch. 1. Mit dem Konjunkturverlauf
( Konjunkturschwankungen, Konjunkturzyklus) gleichgerichtete Bewegung ökonomischer Größen. 2. Mit dem Konjunkturverlauf gleichgerichtete Wirkung wirt-
Putty-Putty-Modelle,
theorie.
Wachstums-
Q qualifizierte Mehrheitsregel, Quorum-
Regel; Abstimmungsregel, bei der ein Beschluss einen bestimmten Mindestanteil aller abgegebenen Stimmen erfordert. Dieses Quorum muss immer größer sein als 50 %; es kann z. B. bei zwei Dritteln oder drei Vierteln liegen. qualitatives Wachstum, Wachstum der Wirtschaft unter Verzicht auf Ausbeutung und Zerstörung natürlicher Ressourcen. Umweltpolitischer Gegenbegriff zum traditionellen wirtschaftspolitischen Ziel des durch die Veränderung des Sozialprodukts gemessenen quantitativen Wachstums. Problematisch ist die Operationalisierung des Begriffes. Qualitätseffekt, tritt bei Berücksichtigung der Güterqualität in der Nutzenfunktion des Haushalts auf und führt bei einer Veränderung des Güterpreises zu einer gleichgerichteten Nachfrageveränderung. Der Qualitätseffekt tritt zusammen mit dem Substitutionseffekt und dem Einkommenseffekt auf. Qualitätsrente, Form der Grundrente, die (im Unterschied zur Lagerente) von der Voraussetzung ausgeht, dass die Böden bei der Besiedlung nach ihrer Qualität urbar gemacht und bestellt würden: zuerst die besten, welche gegenüber den später besiedelten und weniger ergiebigen Böden dann eine Qualitätsrente abwerfen bzw. als Grenzböden keine Qualitätsrente mehr abwerfen.
ein vorstoßender Qualitätswettbewerb um so wahrscheinlicher, je größer die preispolitische Interdependenz der Marktteilnehmer ist, d.h. im Polypol weniger zu erwarten als im Oligopol. Hier ist zur Reduzierung der oligopolistischen Aktions-Reaktions-Verbundenheit bzw. der Intensität des Preiswettbewerbs Qualitätswettbewerb mit dem Ergebnis von Produktdifferenzierung (differenzierte Qualitätsanforderungen der Nachfrager vorausgesetzt) stark verbreitet. Bei Vorliegen relativ einheitlicher Qualitätsanforderungen der Nachfrager und von Qualitätstransparenz kann jedoch insbesondere der innovatorische Qualitätswettbewerb ähnlich wie der Preiswettbewerb zur Verdrängung von Konkurrenten führen bzw. im Falle imitatorischen Qualitätswettbewerbs Vorsprungsgewinne aufzehren. Vgl. auch Wettbewerbstheorie, Nicht-Preiswettbewerb. Quantil, Streuungsmaß in der Statistik: Das So-und-so-vieltel eines der Größe nach sortierten Datenbündels. Die wichtigsten Quantile sind die Dezile ( Personelle Einkommensverteilung) und Quartile. Dezile (Quartile) teilen dieses Datenbündel in 10 (4) gleich große Teile. Das 1. Dezil (Quartil) umfasst 10 % (25 %) der untersten Werte des Datenbündels. Das 2. Quartil ist der Median, der mittlere Wert des Datenbündels und erfasst genau seine untere Hälfte. Quantitätstheorie, Geldtheorie. Quartil, Quantil.
Qualitätswettbewerb kann die Entwicklung neuer Erzeugnisse (Produktinnovation) oder die Veränderung bereits vorhandener Erzeugnisse (Produktvariation) umfassen. Dabei wird der Begriff der Qualität sehr weit gefasst; er bezieht alle qualitativen Elemente des Produkts wie Größe, Aufmachung, Gestalt usw. mit ein. Qualitätswettbewerb kann sich als Prozess von Vorstoß und Verfolgung äußern, dabei ist Qualitätswettbewerb.
Quasi-Monopolnachfrage, Originär-
nachfrage. Quasirente, spezifische Investition. Quellenabzug, Steuerabzug. Quellenabzugsverfahren, Pay-as-YouEarn-Prinzip; Verfahren, nach dem die Erhe-
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_17, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Quellenbesteuerung bung der Steuern am Ort und zur Zeit des Entstehens der steuerpflichtigen Vergütung erfolgt (Quellenbesteuerung). Vgl. auch Abzugsteuern, Abgeltungssteuer. Quellenbesteuerung, Quellensteuern. Quellensteuern. I . A l l g e m e i n e s St e u -
e r r e c h t : Synonym für Abzugsteuern. Vgl. als Beispiel die Abgeltungsteuer. I I . A u ß e n s t e u e r r e c h t : 1. Begriff: a) Quellensteuern i. w. S. sind alle Steuern, die vom Quellenstaat von Steuerausländern im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht direkt vom Ertrag erhoben werden; b) Quellensteuern i. e. S. sind alle Steuern, die vom Quellenstaat im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht von den Einnahmen ohne Veranlagung durch Steuerabzug einbehalten werden, in den meisten Staaten auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren. 2. Im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen werden die Quellensteuersätze für Dividenden i. d. R. gesenkt, die für Zinsen und Lizenzgebühren dagegen häufig aufgehoben. Vgl. auch Steuerharmonisierung.
368 gensveräußerungen, Vermögenswertsteigerungen) und (2) alle jene Einkommensteile, die für die Kapitalreproduktion verwendet werden. Die Quellentheorie kommt so zu einem extrem engen Einkommensbegriff, der an den makroökonomischen Einkommensbegriff erinnert. 3. Bedeutung: Die Quellentheorie hat zu gewissen Teilen Eingang in die Einkommensdefinition der deutschen Einkommensteuer gefunden, ohne dass hierfür eine allgemeine theoretische Einkommensdefinition formuliert wurde. Querschnittsdaten, Daten.
von Querverteilung spricht man, wenn Lohnempfänger auch Kapital- und/oder Gewinnempfänger auch Arbeitseinkommen beziehen. Die Verteilungsaussagen der funktionellen Einkommensverteilung müssen bei Vorliegen von Querverteilung modifiziert werden. Vgl. auch institutionelle Verteilung, Verteilungstheorie. Querverteilung,
Quorum-Regel, qualifizierte Mehrheits-
regel. Quellentheorie. Theorie der Besteuerung
als theoretische Grundlage des steuerrechtlichen Einkommens. 1. Charakterisierung: Neben der Reinvermögenszugangstheorie der bedeutsamste Versuch, für das steuerliche Einkommen ( Einkommensbesteuerung) eine theoretische Basis zu bestimmen. 2. Einkommensabgrenzung: Die Quellentheorie definiert als Einkommen nur jene ökonomischen Verfügungsgrößen, die aus dauerhaften Quellen der Gütererzeugung dem Einzelnen zur Bestreitung seines persönlichen Lebensunterhaltes zufließen. a) Damit betont die Quellentheorie die Regelmäßigkeit des Zuflusses, allerdings allein aus der Gütererzeugung. b) Die Quellentheorie schließt folgende ökonomische Verfügungsechte, obwohl sie den Einzelnen zugehen, aus: (1) die aperiodisch zugehenden (z. B. Erbschaften, Schenkungen, Glücksgewinne, Vermö-
Quotenrente, Importquote. Quotensystem, Verbundsystem. Quotitätsprinzip, Prinzip zur Gestaltung
von Steuer- ( Quotitätssteuern) bzw. Subventionstarifen, bei dem nur die Tarife festgelegt werden. Die Höhe der Gesamtsteuerschuld (-subvention) kann erst nach erfolgter Besteuerung (Subventionierung) ermittelt werden. Gegensatz: Repartitionsprinzip. Quotitätssteuern, Steuern, bei denen die Steuersätze festgelegt sind, während das Aufkommen in Abhängigkeit von der Bemessungsgrundlage schwankt. Gegensatz: Repartitionssteuern.
R Rahmenordnung, Wirtschaftsethik. ratchet effect, Sperrklinkeneffekt; Begriff
der Volkswirtschaftslehre: 1. In der Konsumforschung beobachtetes Phänomen, nach dem bei Einkommenserhöhungen eine proportionale Zunahme der Konsumausgaben eintritt, während bei Einkommensrückgängen eine nur unterproportionale Einschränkung der Konsumausgaben erfolgt. ( Konsumfunktion). 2. Analoge Erscheinung bei der sektoralen und gesamtwirtschaftlichen Preisentwicklung: Preissteigerungen bei Nachfrageerhöhungen, keine Preissenkung bei Nachfragerückgängen ( Inflation).
Sobald das individuelle Anspruchsniveau erreicht ist, wird die weitere Informationssuche abgebrochen. Die Beschränkung der Rationalität ergibt sich ferner auf natürliche Weise aus Kapazitätsgrenzen bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung (vgl. auch Informationsökonomik). 4. Subjektive Rationalität: Wirtschaftssubjekte werden ebenfalls als nach Nutzenmaximierung strebende Wesen betrachtet; es wird allerdings berücksichtigt, dass sie ggf. unterschiedliche Motiv- bzw. Bedürfnisstrukturen besitzen und ihr Informationsstand i. d. R. ungleich ist (z. B. aufgrund ungleich verteilter kognitiver Fähigkeiten, unterschiedlicher Zugangsmöglichkeiten zu Informationsquellen).
rationale Erwartung, Erwartung,
Geldtheorie. rationales Verhalten, Haushaltstheorie. rationalistische Methodologie, Me-
thodologie. Rationalität. 1. Begriff und Verwendungs-
weisen: Der Begriff Rationalität bezieht sich auf das Verhalten von Wirtschaftssubjekten (Produzenten, Konsumenten) in Entscheidungssituationen. Angenommen wird ein allgemeines Nutzenstreben. Eine normative Verwendungsweise liegt vor, wenn den Wirtschaftssubjekten der Weg zu rationalem Verhalten gewiesen werden soll (normative Entscheidungstheorie); eine deskriptive Verwendungsweise, wenn Rationalität als Merkmal handelnder Personen interpretiert wird. 2. Objektive Rationalität: Es wird vollkommene Voraussicht bzw. Transparenz der Wirtschaftssubjekte (dem Homo oeconomicus verliehene Eigenschaft) angenommen; das Nutzenstreben wird allerdings auf Maximierung des monetären Vorteils beschränkt, insbes. Gewinnmaximierung des Unternehmers. 3. Begrenzte Rationalität: Wirtschaftssubjekte werden nicht als Maximierer, sondern als Satisfizierer interpretiert.
Rationalprinzip, allgemeiner Grundsatz für
das Verhalten von Wirtschaftssubjekten in Entscheidungssituationen ( Rationalität). Das Rationalprinzip wird befolgt, wenn die bezüglich eines Ziels optimale Alternative gewählt wird. Räuber-Beute-Modelle, Lotka-VolterraModelle; aus der Biologie übernommener Ansatz der Konjunkturtheorie. Eine Variable (Räuber) kann nicht existieren ohne ausreichenden Bestand der zweiten Variablen (Beute). Steigt die Anzahl der Räuber, so sinkt der Bestand an Beute und vermindert somit die zukünftige Zahl der Räuber. Das zyklische Verhalten von Räuber-Beute-Modellen v. a. in Klassenkampfmodellen untersucht worden (Räuber: Lohnquote, Beute: Beschäftigungsquote). räumliche
Mobilität,
Wirtschafts-
geographie. Raumschiff-Ökonomie, Betrachtung der
Wirtschaft als geschlossenes System, das mit den begrenzten Ressourcen der Erde auskommen muss (Ausnahme: Zufuhr von Sonnenenergie). Nach dem Konzept der Raumschiff- Ökonomie ist es daher nötig, sie von
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_18, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Rawlsche Wohlfahrtsfunktion
370
einer Durchfluss- zur Kreislaufökonomie umzugestalten. Dazu müssen insbesondere alle Abfälle in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Vgl. auch Naturschutz-Ökonomie, ökologische Ökonomie, Umwelt- und Ressourcenökonomik.
tatsächlich oder in der Erwartung des Anbieters i reagiert, wenn letzterer eine Preis- oder Mengenänderung vornimmt ( Oligopol).
Rawlsche Wohlfahrtsfunktion, formale
beitsmarktpolitik.
Reaktionsverbundenheit, Oligopol. reaktive
Darstellung des Rawlschen Maximin-Kriteriums, wonach der Nutzen des am schlechtesten gestellten Individuums unter Gerechtigkeitsaspekten maximiert werden soll. Die Rawlsche Wohlfahrtsfunktion steht damit im Gegensatz zur Formulierung des Pareto-Optimums.
Arbeitsmarktpolitik,
Ar-
Realausgaben, Transformationsausga-
ben. Real Balance Effect, Realkassenhal-
tungseffekt. Real-Business-Cycle-Modelle, RBC-Mo-
RBC-Modelle, Real-Business-Cycle-Mo-
delle. RCA-Wert, Revealed Comparative Advan-
tage, das Verhältnis der Ausfuhr-EinfuhrRelation einer Warengruppe zur AusfuhrEinfuhr-Relation eines Landes. Ein RCAWert von 1 bedeutet, dass die Warengruppe an den Exporten des Landes einen größeren Anteil hat als an den Importen und deutet auf einen komparativen (Kosten-)Vorteil hin. Reagibilität, Begriff in der Finanzwissenschaft für die Schwankungen des Steueraufkommens in Abhängigkeit von der Bemessungsgrundlage. Das Ausmaß der Reagibilität ist entscheidend für die Wirksamkeit der Built-in-Flexibility. Reagonomics, Chicago School, An-
gebotsökonomik. Reaktionsfunktion, Bertrand-Oligopol,
Cournot-Oligopol.
Reaktionsgeschwindigkeit, bezieht sich
auf die Geschwindigkeit, mit der Wirtschaftssubjekte (insbesondere Anbieter) auf Preissignale der Marktgegenseite oder Änderungen der Preise der Konkurrenten reagieren. Entsprechendes gilt für andere Aktionsparameter. Einflussgrößen sind die Markttransparenz, Anzahl der Anbieter, Marktphase etc. Vgl. auch Preistheorie, Preisbildungsmodelle. Reaktionskoeffizient, nennt man die Ausdrücke dpjj/dpi oder dxj/dxi, welche angeben, mit welcher Preisänderung (dpj) oder Mengenänderung (dxi) der Anbieter j
delle, Modelle der Konjunkturtheorie, in denen exogene Schocks, insbes. Technologieschocks, zusammen mit Ausbreitungsund Verstärkermechanismen, wie z. B. intertemporale Substitution von Arbeitszeit und Freizeit, zu Konjunkturschwankungen führen. Vgl. auch Neue Klassische Makroökonomik. reale Außenwirtschaftstheorie, reine Außenwirtschaftstheorie. 1. Begriff: Teilbereich der Außenwirtschaftstheorie, in dem von der Existenz des Geldes abstrahiert wird. Auch reine oder güterwirtschaftliche Theorie genannt, zur Unterscheidung von der monetären Außenwirtschaftstheorie. 2. Problembereiche: Die reale Außenwirtschaftstheorie behandelt folgende Problembereiche: a) Erklärung der Handelsstruktur. b) Untersuchung der Wohlfahrtswirkungen des internationalen Handels, wie auch der internationalen Faktorbewegungen. c) Erklärung der internationalen Tauschverhältnisse ( Terms of Trade) und deren Bedeutung für die Wohlfahrtswirkungen des internationalen Handels. d) Untersuchung der Beziehungen zwischen Güterhandel und internationalen Faktorwanderungen. e) Analyse der Wirkung von wirtschaftspolitisch motivierten Beeinflussungen des internationalen Handels durch künstliche Handelshemmnisse ( Handelspolitik). f) Untersuchung der Konsequenzen des internationalen Güterhandels bzw. internationaler Faktorwanderungen, sowie deren wirtschaftspolitischer Beeinflussung, für die Einkommensverteilung innerhalb eines Landes. g) Erklärung der empirisch beobachtbaren Formen der Protektion durch eine ökonomische Analyse des politischen Prozesses ( politische Ökono-
371 mie der Protektion). 3. Methoden: Bei der Beschäftigung mit diesen Problemen setzt die reale Außenwirtschaftstheorie mikroökonomische Methoden ein, und dabei wiederum vorwiegend die Theorie des allgemeinen Gleichgewichts (auch Totalanalyse). Diese unterscheidet sich von der Partialanalyse durch die Berücksichtigung der für die gesamte Volkswirtschaft gegebenen Knappheit der Produktionsfaktoren. Nachdem die reale Außenwirtschaftstheorie sich vorwiegend den Fragen der effizienten Allokation von knappen Faktoren widmet, abstrahiert sie ferner weitgehend von Problemen der Preisstarrheit, die ihrerseits oft Ursache von Unterbeschäftigung sind. Aus der Abstraktion von der Existenz des Geldes ergibt sich zwangsläufig, dass die reale Außenwirtschaftstheorie den internationalen Tausch von Finanzaktiva nicht betrachtet. Der internationale Kapitalverkehr wird vorwiegend in der monetären Außenwirtschaftstheorie untersucht. Vgl. auch Handelstheorie, Handelspolitik.
Realsteuern disposition vom Realwert ihrer Geldbestände als Vermögensbestandteil abhängig. Bei sinkendem Preisniveau und damit bei steigendem Realwert ihrer Kassenbestände werden die Wirtschaftssubjekte aus ihrem Einkommen weniger sparen und stattdessen mehr Güter nachfragen. Dadurch entsteht eine Übernachfrage am Gütermarkt mit der Folge steigender Produktion und Beschäftigung und/oder steigenden Preisniveaus (analog bei steigendem Preisniveau). Patinkin versuchte, mit Hilfe des Realkassenhaltungseffektes die klassische These von der Neutralität des Geldes zu stützen, die klassische Theorie gegen den Vorwurf der Inkonsistenz zu verteidigen und durch eine Integration von Geld- und Werttheorie die klassische Dichotomie zu überwinden. Vgl. auch Geldtheorie. Reallohn, Nominallohn dividiert durch einen Preisindex ( Inflation) (z. B. Preisniveau der Konsumgüter). Der Reallohn ist Indikator für die reale Kaufkraft des Nominallohns.
Realeinkommen, Nominaleinkommen di-
vidiert durch einen Preisindex (z. B. Preisniveau der Konsumgüter). Das Realeinkommen ist Indikator für die reale Kaufkraft des Geldes. Realeinkommenseffekt, Einkommens-
Reallohnlücke, Indikator für die Differenz
zwischen tatsächlichem und vollbeschäftigungskonformem Reallohnniveau. Die Bestimmung des vollbeschäftigungskonformen Niveaus ist praktisch nicht möglich ( vollbeschäftigungskonforme Lohnpolitik).
effekt. Realsplitting, Möglichkeit nach § 10, Abs. realer Wechselkurs, Wechselkurs,
Inflation. reales Sozialprodukt. Umfassender Begriff für die von Preisänderungen bereinigte, periodisch abgegrenzte wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft (vgl. Sozialprodukt). Gegensatz: das in jeweiligen Preisen ausgedrückte nominale Sozialprodukt. Realignment, Anpassung des im Rahmen
eines internationalen Währungssystems angestrebten fixen Wechselkurses an veränderte Fundamentaldaten. Vgl. auch Bretton Woods System. Realkapital, Kapital. Realkassenhaltungseffekt, real balance
effect; Vermögenseffekt des Geldes auf Patinkin zurückgehend. Die Wirtschaftssubjekte machen ihre Angebots- und Nachfrage-
1, Nr. 1 EStG, Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten bis zu 13.805 EUR im Jahr als Sonderausgaben geltend zu machen, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt. Die Steuerentlastung des Realsplittings (im Jahr 2007 insgesamt 420 Mio. EUR) zählt zu den ehebezogenen Leistungen des Staates. Vgl. auch Ehegattensplitting, Familiensplitting. Realsteuern, Objektsteuern, Sachsteuern;
1. Begriff: Steuern, die an Steuerobjekte anknüpfen, ohne Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Eigentümers oder sonstigen Berechtigten. Die Realsteuern stellen deshalb im Grundsatz nicht auf die persönliche Leistungsfähigkeit ( Leistungsfähigkeitsprinzip) des Berechtigten ab. Realsteuern sind Grundsteuer und Gewerbesteuer. Steuerklassifikation nach dem Kriteri-
Realtransfer
372
um der Verknüpfung von Steuersubjekt und -objekt. Vgl. auch Ertragsbesteuerung. Gegensatz: Personensteuern oder Subjektsteuern. Realtransfer, Sonderform des Transfers,
bei der die Leistung der öffentlichen Hand in der unentgeltlichen Bereitstellung von Gütern besteht. Realwissenschaft,
Volkswirtschafts-
lehre. Recheneinheit, Geld. Rechnungshof, oberste und unabhängige
Behörde, der die Ordnungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung des Staatshaushalts nach dessen Vollzug obliegt. In der BRD besteht für den Bund der Bundesrechnungshof, für jedes Bundesland ein Landesrechnungshof. Bei den Gemeindeverbänden führt das Rechnungsprüfungsamt die örtlichen Prüfungen durch. Rechnungswesen, VGR. Recht. 1. Begriff: Recht als Gesamtheit der Rechtsnormen einer Gesellschaft dient der sozialen Steuerung durch die Etablierung von normativen Erwartungen in Form von Regeln, die Erwartungssicherheit begründen und dadurch produktive Interaktionen erleichtern bzw. erst ermöglichen. Somit eröffnet das Recht (neue) Freiheitsräume für die Akteure. Diese Funktion kann das Recht erfüllen, weil es an bestimmte Betätigungen Folgen knüpft, die von den Akteuren als Belohnung oder Abschreckung empfunden werden. Das Recht erweist sich so als ein System von formalisierten Anreiz- und Sanktionsmechanismen. Das Recht zielt auf das Verhalten der Akteure ab und schreibt keine Gesinnungen vor. 2. Begründung von Recht liegen im Naturrecht, im Verfahren der Rechtsetzung (Rechtspositivismus) oder in der Demokratie ( Konsensethik). Rechte an Informationen. Nach der The-
orie der Verfügungsrechte sind nicht die Informationen selbst, sondern die mit ihnen verbundenen Nutzungsrechte von wirtschaftlichem Interesse. Um diese Rechte zu schützen und handelbar zu machen, gibt es neben vertraglichen Sicherungsformen eine Anzahl
von Rechtsinstitutionen, wie Patent- und Lizenzrecht. Rechtstaatlichkeit, rule of law. Als Recht-
staat wird ein Staat bezeichnet, in dem politische Herrschaft nur aufgrund und im Rahmen des Rechts ausgeübt wird. Hierbei werden an eine Anerkennung hoheitlichen Handelns als legitimes Recht formelle und inhaltliche Voraussetzungen geknüpft, die dazu dienen, den Einzelnen vor Übergriffen des Staates in seine individuellen Freiheitsrechte zu schützen. Wenn auch der Begriff des Rechtsstaates eng mit spezifisch deutschen Rechtstraditionen verbunden ist, so weist er doch einige deutliche Entsprechungen mit Grundelementen des angelsächsischen Verständnisses von Rule of Law bzw. Government under the Law auf. Nach der Ausdifferenzierung einer Rechtslehre, Ökonomik und Staatsdenken verbindenden Disziplin der Staatswissenschaften nimmt die Bedeutung der Rechtstaatlichkeit für wirtschaftliches Handeln des Staates und der Privaten nur mehr im Rahmen der Ordnungsökonomik einen breiteren Raum ein. Recycling, Rückführung von Produktionsund Konsumabfällen (auch: Abwärme) in den Wirtschaftskreislauf. Redeflation, Reflation. Redistribution, Umverteilung. Redistributionspolitik, staatliche Ver-
teilungspolitik. Redistribution with Growth, Entwick-
lungspolitik. Referenzzyklus, Konjunkturindikatoren. Refinanzierungskredite,
Deutsche
Bundesbank. Reflation, Redeflation; finanzpolitische Anhebung des durch Deflation unter Kostendeckung gefallenen Preisniveaus infolge wirtschaftlichen Aufschwungs bis zur Höhe der langfristigen Grenzkosten. Anders: Inflation. Regelbindung, Regelbindung der Geld-
politik,
Geldtheorie;
regelgebundene
373 Finanzpolitik, satz.
regionale Fördergebiete
regelgebundener Mittelein-
regelgebundene Finanzpolitik, Alternative zur diskretionären Finanzpolitik, v. a. im Blick auf die bei der diskretionären Finanzpolitik auftretenden zeitlichen Verzögerungen. Die regelgebundene Finanzpolitik soll diese Lags durch institutionalisierte Entscheidungsabläufe beim Vorliegen bestimmter Indikatorenwerte verkürzen ( regelgebundener Mitteleinsatz). Problematisch sind die Wahl der Indikatoren, die mangelnde Vergleichbarkeit einzelner Situationen sowie die tendenzielle Ausschaltung des Parlaments. regelgebundener Mitteleinsatz, Regel-
mechanismus; durch Formulierung verbindlicher Regeln bestimmte Mittelwahl und -dosierung, die in Form von Handlungsanweisungen bei Auftreten bestimmter Zielabweichungen automatisch zur Anwendung kommen. Im Vergleich zum diskretionären Mitteleinsatz können zeitraubende parlamentarische Beratungen vermieden werden; außerdem wird die Vorhersehbarkeit wirtschaftspolitischen Handelns erhöht, die Wirtschaftspolitik verstetigt. Gegensatz: diskretionärer Mitteleinsatz. Regelleistungen, soziale Sicherung. Regeln. Regeln spielen in der modernen Wirtschaftsethik eine bedeutende Rolle. Es sind folgende Regeln zu unterscheiden: Regeln im Sinne von Faustregeln geben die Empfehlung, bestimmte typische Entscheidungen gemäß solchen Regeln zu treffen; die Begründung liegt darin, dass dieses Verfahren per Saldo zu besseren Ergebnissen führt als die kostspielige Einzelfallkalkulation oder Zufallsentscheidung (obwohl Zufallsentscheidung selbst eine brauchbare Faustregel sein kann). Wichtiger für die Wirtschaftsethik sind jene Regeln, die ein Spiel, also eine soziale Beziehung, allererst konstituieren; man spricht daher von Spielregeln: Hier geht es um die ethisch höchst bedeutsame Verfassung i. w. S., nach der Menschen miteinander umgehen wollen und die erst ein Handeln im Rahmen verlässlicher wechselseitiger Verhaltenserwartungen möglich macht; gemäß der Konsensethik haben darüber die Betroffenen selbst und gemeinsam zu befinden. Vgl. auch Ordnungsökonomik, Per-se-
Regeln, Wettbewerbsregeln ( Kartellrecht), Wettbewerbstheorie. Regelutilitarismus, Utilitarismus. Regenerationsfähigkeit, Begriff aus der Umwelt- und Ressourcenökonomik. 1. Fähigkeit natürlicher Ressourcen zu autonomem Bestandswachstum. Ressourcen, die über eine Regenerationsfähigkeit verfügen, werden als erneuerbare oder regenerierbare Ressourcen bezeichnet. Gegensatz: erschöpfliche Ressourcen. 2. Fähigkeit eines Umweltmediums, z. B. eines Gewässers, nach einer externen Störung, z. B. durch anthropogen bedingte Verschmutzung, zum ökologischen Gleichgewicht zurückzufinden. Überschreitet eine Verschmutzung die natürliche Aufnahmekapazität eines Umweltmediums, so wird die Regenerationsfähigkeit zerstört. 3. Die Erhaltung der Regenerationsfähigkeit in beiden o. a. Bedeutungen ist ein zentrales Element des Konzepts der nachhaltigen Entwicklung. regenerierbare Ressource, Umwelt-
und Ressourcenökonomik. Regiebetrieb, öffentliche Verwaltungseinheit ohne institutionalisierte Selbstständigkeit, die aufgrund der Art der Aufgabe, insbes. der wirtschaftlich, technisch und sozial abgrenzbaren Einheit von der übrigen Verwaltung getrennt ist ( kostenrechnende Einrichtungen, Gebührenhaushalte). Für den Regiebetrieb werden alle Einnahmen und Ausgaben im Trägerhaushalt ausgewiesen. Im gemeindlichen Bereich kennt man den Regiebetrieb nur noch bei Versorgungsbetrieben kleiner Gemeinden und bei solchen Einrichtungen, die nicht in Eigenbetriebsform geführt werden (z. B. Schlachthöfe, Bäder) sowie für Kleinbetriebe wie etwa Kantinen oder Reklamebetriebe. Faktisch wurde der Regiebetrieb auf kommunaler Ebene durch den Eigenbetrieb verdrängt. regionale Beschäftigungsstruktur,
Beschäftigungsstruktur, schaftsstruktur.
regionale Wirt-
regionale Fördergebiete. 1. Begriff: Ausweisung bestimmter Regionen eines Landes als regionale Fördergebiete nach einheitlichen Kriterien der EU (strukturschwache Regionen oder Gebiete). 2. Hauptarten: a)
regionale Produktionsstruktur Regionen mit Entwicklungsrückstand, deren Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung unter 75 % des EU-Durchschnitts liegt. b) Regionen, die besonders schwer von rückläufiger industrieller Entwicklung betroffen sind (Hauptkriterien sind Struktur der Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit im Vergleich zu benachbarten Regionen). c) Regionen mit hoher landwirtschaftlicher Beschäftigung, aber unterdurchschnittlicher Wertschöpfung. d) In Deutschland erfolgt die Fördergebietsabgrenzung auf Gemeindeoder Kreisebene (Schwerpunktorte). regionale Produktionsstruktur, regio-
nale Wirtschaftsstruktur. regionaler Strukturwandel, im Zeitablauf
auftretende Veränderungen in der regionalen Wirtschaftsstruktur. Regionaler Strukturwandel ist Ausdruck unterschiedlich hohen Wirtschaftswachstums in einzelnen Regionen einer Volkswirtschaft. Ursachen solcher Wachstumsunterschiede können in der Ausschöpfung natürlicher Standortvorteile (z. B. Rohstoffvorkommen) liegen, häufig stellt sich regionaler Strukturwandel aber auch als Folge eines sektoralen Strukturwandels dar, wenn einzelne Produktionszweige, die aufgrund geänderter Angebots- oder Nachfragebedingungen in ihrer Entwicklung stagnieren oder gar schrumpfen, in bestimmten Regionen konzentriert sind. Es ist u. a. Aufgabe der regionalen Strukturpolitik, derartigen räumlichen Ungleichgewichtsentwicklungen entgegenzuwirken. regionale Strukturpolitik. 1. Begriff: Re-
gionale Wirtschaftspolitik, Regionalpolitik. Zusammenfassend für wirtschaftspolitische Maßnahmen, die auf die regionale Wirtschaftsstruktur und den regionalen Strukturwandel Einfluss nehmen. Die regionale Strukturpolitik ist insofern von dem umfassenderen Begriff der Raumordnungspolitik zu unterscheiden. Zwischen diesen beiden Politikfeldern gibt es gleichwohl enge Beziehungen. 2. Ziele: Allgemeines Ziel ist die Förderung der Wirtschaftskraft und die Stärkung des Wirtschaftswachstums in einzelnen Regionen eines Landes. In Deutschland ist die regionale Strukturpolitik anders als etwa die sektorale Strukturpolitik in einen gesetzlichen Rahmen eingebunden. So ist u. a. durch das Raumordnungsgesetz das Ziel des regionalen Ausgleichs, d. h. die
374 Herstellung weitgehend einheitlicher Wirtschafts- und Lebensbedingungen in allen Regionen, festgelegt. Im Sinne der regionalen Strukturpolitik geht es dabei um eine Verringerung regionaler Disparitäten, die auf einer unterschiedlichen Ausstattung an wirtschaftlichem Produktionspotenzial beruhen. Die Identifikation strukturschwacher Regionen erfolgt in der Praxis durch die Ausweisung regionaler Fördergebiete. 3. Träger: In Deutschland ist die regionale Strukturpolitik eine der Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern. Im Zuge der wirtschaftlichen und (teilweisen) politischen Integration Europas hat die EU zunehmend Rahmenkompetenzen, aber auch konkrete Zuständigkeiten für die Gestaltung der regionalen Strukturpolitik an sich gezogen. Andererseits unterstützt die EU aber auch die nationale regionale Strukturpolitik durch Bereitstellung von finanziellen Mitteln für Fördermaßnahmen aus verschiedenen Strukturfonds, insbes. dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ( EFRE), dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zwar hier zur Förderung von Investitionen zur Umstrukturierung ländlicher Räume ( Agrarpolitik). Auf der Ebene der Bundesländer, der Gebietskörperschaften sowie der Kommunen werden Aufgaben der regionalen Strukturpolitik. häufig an Wirtschaftsförderinstitute übertragen (Landesentwicklungsgesellschaften, Landesaufbaubanken; vgl. auch kommunale Wirtschaftsförderung). 4. Formen: Im Wesentlichen können zwei Ansatzpunkte unterschieden werden: a) Eine Ausweitung und/oder Verbesserung öffentlicher Vorleistungen, um günstige Voraussetzungen für privatwirtschaftliche Aktivitäten zu schaffen. Hier geht es v. a. um eine Anhebung der Standortqualitäten einer Region durch den Ausbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur, z. B. Verbesserung der Verkehrsanbindung, der Energieversorgung oder der Effizienz von Kommunikationseinrichtungen. Ebenso kann dazu die Unterstützung bei der Einrichtung von Gewerbeparks, Gründerzentren, Technologiezentren zählen. b) Gezielte Unterstützung privater Unternehmen, die sich in strukturschwachen Regionen (regionalen Fördergebieten) niederlassen oder vorhandene Produktionsstandorte ausbauen. Hierfür kommen die folgenden Instrumente in Frage. 5. Instrumente: Finanzielle Förderung, überwiegend aus Mit-
375 teln des Bundes- und der Länderhaushalte, sowie der EU, daneben aus Mitteln des ERP-Sondervermögens. a) Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Die Gemeinschaftsaufgabe steht allen Unternehmen offen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen vorwiegend überregional absetzen. Theoretische Grundlage dieses Förderansatzes ist das Exportbasis-Konzept aus der Raumforschung. Das Kriterium des überregionalen Absatzes wird auch als Primäreffekt bezeichnet. Unterstützt werden die Investitionen gewerblicher Unternehmen ( Investitionsförderung). In Abhängigkeit von der Einstufung des Fördergebietes (Einteilung in Schwerpunktorte) und der Art der Investition (Errichtung oder Erweiterung, Umstellung oder Rationalisierung eines Betriebs) werden derzeit Investitionszuschüsse zwischen 10 % und 23 % gezahlt. Die höchsten Fördersätze kommen für Errichtungen oder Erweiterungen in den neuen Bundesländern in Frage. Aus der Gemeinschaftsaufgabe werden im Übrigen auch finanzielle Hilfen für die Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur vergeben. b) Investitionskredite aus dem ERPRegionalprogramm (alte Bundesländer) oder dem ERP-Aufbauprogramm (neue Bundesländer). Diese Förderung kann nur von kleinen und mittleren Unternehmen (Jahresumsatz weniger als 50 Mio. EUR), die in einem regionalen Fördergebiet investieren, in Anspruch genommen werden. Merkmale dieser Förderkredite: Lange Laufzeiten (10 bis 20 Jahre), tilgungsfreie Anlaufjahre (2 bis 5 Jahre), günstige (jeweils unter dem Kapitalmarktniveau liegende) Festzinsen für die gesamte Laufzeit. Die Regionalförderung aus Mitteln des ERP-Sondervermögens wird von der Kreditanstalt für Wiederaufbau wahrgenommen. c) Vergleichbare regionale Fördermaßnahmen (Investitionszuschüsse und/oder -darlehen) werden auch von zahlreichen Bundesländern angeboten. d) Regionalförderung der EU: Sie ist überwiegend eingebunden in die nationale Regionalförderung. Die Mittel aus dem Europäischen Regionalfonds gehen in die Gemeinschaftsaufgabe ein. Mittel des Agrarfonds fließen teilweise in die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes ein. Aus dem Sozialfonds ( ESF) werden arbeitsmarktpolitische Förderprogramme des Bundes und der Länder unterstützt. e) Neben diesen Formen
Regionalpolitik der Investitionsförderung setzt die regionale Strukturpolitik auch noch andere Instrumente ein, insbes. Bürgschaften, Beratungsleistungen und Unterstützung bei Unternehmenskooperationen (im Rahmen der EU etwa das Kooperationsbörse für kleine und mittlere Unternehmungen Europartenariat). regionale Wachstums- und Entwicklungstheorien, Wirtschaftsgeographie. regionale Wirtschaftspolitik, regionale
Strukturpolitik. regionale Wirtschaftsstruktur, regionale Verteilung der Wirtschaftskraft eines Landes, gemessen als Beitrag einzelner Regionen zum Bruttoinlandsprodukt (regionale Produktionsstruktur) oder anhand der Verteilung der Erwerbstätigkeit (regionale Beschäftigungsstruktur). Eine differenziertere Analyse berücksichtigt zugleich die sektorale Wirtschaftsstruktur in den Regionen, außerdem die Ausstattung mit Einrichtungen der Infrastruktur. Die Diagnose der regionalen Ausgangslage setzt zunächst die Identifikation räumlicher Untersuchungseinheiten voraus. Zudem ist ein Indikatorensystem festzulegen, anhand dessen Unterschiede der Wirtschaftskraft quantifiziert werden können. Das in Deutschland als Grundlage für Maßnahmen der regionalen Strukturpolitik entwickelte Analyseraster benutzt als unterste räumliche Einheit eine Abgrenzung nach Schwerpunktorten (Städte und Gemeinden). Das Indikatorensystem besteht aus dem realen Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, der Arbeitslosenquote, einer Prognose der Entwicklung der Arbeitskräftereserven, der Bruttolohn- und -gehaltssumme je beschäftigten Arbeitnehmer sowie einem zusammenfassenden Infrastrukturindikator. Vgl. auch regionale Fördergebiete. Regionalförderung, Maßnahmen der Wirtschaftsförderung zugunsten der gewerblichen Wirtschaft, die im Rahmen der regionalen Strukturpolitik eingesetzt werden. Regionalförderung der EU, regionale
Strukturpolitik. Regionalpolitik, regionale Strukturpoli-
tik.
Regionalreihen wirtschaftsstatistische Reihen, die auf eine Region beschränkt sind.
Regionalreihen,
registrierte Arbeitslosigkeit, Arbeits-
losenstatistik. Regression. Sinkender Durchschnittssteu-
ersatz bei steigender Bemessungsgrundlage (vgl. auch Steuerregression). Ein regressiver Tarif kommt heute auf Grund des allgemein anerkannten Leistungsfähigkeitsprinzips kaum mehr vor; er ist möglicherweise bei Zolltarifen anzutreffen. Gegensatz: Progression. regulative Idee, Ideal. regulierende Prinzipien, Freiburger
Schule. Regulierung. 1. Begriff: Einschränkungen der Gewerbefreiheit (Vertragsfreiheit), die für bestimmte Märkte oder für Gruppen von Unternehmen gelten. Regulierung ist insofern von allgemeinen ordnungsrechtlichen Rahmensetzungen (z. B. Gewerbeordnung) abzugrenzen. Aus wettbewerbspolitischer Sicht handelt es sich um Ausnahmebereiche des Wettbewerbsrechts ( Kartellrecht), da für die regulierten Sektoren oder Märkte Sonderordnungen geschaffen werden. 2. Begründungen: Die Einrichtung von Sonderordnungen wird entweder damit begründet, dass auf einem bestimmten Markt oder in einem Wirtschaftsbereich Wettbewerb nicht funktionieren kann, weil Bedingungen eines natürlichen Monopols vorliegen, oder dass ein unbeschränkter Wettbewerb zu volkswirtschaftlich oder gesellschaftspolitisch unerwünschten Konsequenzen führen könnte. Im ersten Fall (z. B. leitungsgebundene Energieversorgung) dient die Regulierung dem Schutz vor missbräuchlicher Ausnutzung der monopolistischen Anbieterposition. Im zweiten Fall kann es z. B. darum gehen, ruinöse Konkurrenz zwischen Anbietern auf einem Markt mit beschränkter Nachfrage zu verhindern oder den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten, wenn die Nachfrageseite gegenüber der Angebotsseite (praktisch) nicht behebbare Informationsdefizite aufweist. 3. Formen: a) Regulierung des Marktzutritts, z. B. Konzessionsvergabe im Güterfernverkehr (Ziel ist hier die Vermeidung ruinöser Konkurrenz); Zulassung zum Geschäftsbetrieb bei Banken und Versiche-
376 rungen (Ziel ist hier die Gewährleistung von Sachkunde und einer verantwortlichen Unternehmensleitung). b) Preisregulierungen, z. B. Tarif- oder Gebührenordnungen, Höchstpreisverordnungen. c) Verhaltensregulierungen zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs, z.B. Vorschriften seitens der Banken- und Versicherungsaufsicht, die im Interesse des Verbraucherschutzes erlassen werden. 4. Träger der Regulierung: Regulierung wird durch Fachbehörden auf Bundes- oder Landesebene ausgeübt (Beispiel: Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen). 5. Umfang und Bedeutung. Traditionell stark regulierte Wirtschaftsbereiche sind die Energie- und Verkehrswirtschaft, die Telekommunikation, die Finanzdienstleistungen und die Landwirtschaft. Das heute erreichte Ausmaß der Regulierung wird zunehmend kritisch beurteilt und teilweise als effizienzmindernd angesehen. Die Praxis hat zudem gezeigt, dass die Aufhebung von Regulierung ( Deregulierung), z. B. im Telekommunikationsbereich, zu Produktivitätssteigerungen führen kann, ohne die möglichen negativen Effekte auszulösen, deren Vermeidung der ursprüngliche Anlass für die Einführung einer Regulierung war. Rehabilitation, im Rahmen der sozialen
Sicherung unterschiedlich definierter Begriff. Im Wesentlichen soll eine Verschlimmerung von Krankheiten vermieden werden und/oder ein Ausscheiden aus der Erwerbstätigkeit verhindert werden. Rehabilitation gibt es in der Alterssicherung, Krankenversicherung, gesetzlichen Unfallversicherung und in der Sozialhilfe. Reichsbank, Zentralnotenbank des Deutschen Reiches von 18751945. Die Reichsbank war eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, deren Grundkapital in ReichsbankAnteile zerlegt war, die sich überwiegend in privaten Händen befanden. 1924 wurde die Reichsbank ein unabhängiges Institut. 1937 wurde sie direkt dem Kanzler unterstellt und 1939 verstaatlicht. Sie hatte das Notenmonopol und regelte vornehmlich den nationalen und internationalen Zahlungsverkehr. Nachfolger der Reichsbank wurden die Landeszentralbanken und die Bank deutscher Länder. Reichsvermögen, Eigentum und sonstige
Vermögensrechte, die dem Deutschen Reich
377 zustanden. Das Reichsvermögen ist grundsätzlich Vermögen der BRD (Art. 134 GG) geworden. Reichweite, Indikator für die Verfügbarkeit einer erschöpflichen Ressource ( Umweltund Ressourcenökonomik). Die Reichweite errechnet sich als Quotient aus vorhandenem Bestand und Jahresverbrauchsmenge. Als Bestand können die zum Bezugszeitpunkt bekannten und wirtschaftlich rentabel abbaubaren Rohstoffmengen (Reservenreichweite) oder die in Zukunft womöglich rentabel abbaubaren Rohstoffmengen (Ressourcenreichweite) angesehen werden. Die Jahresverbrauchsmenge kann aufgrund des aktuellen Verbrauchs (statische Reichweite) oder unter Berücksichtigung einer vermuteten Wachstumsrate des Verbrauchs (dynamische Reichweite) angesetzt werden. reine Außenwirtschaftstheorie, reale
relevanter Markt Gewinnermittlungsmethode ( Einkommensermittlung) über den Vermögensvergleich im Einkommensteuergesetz zu verankern. Reisekostenmethode, Transportkosten-
ansatz. Rektifikationsetat, spezielle Form des Nachtragshaushalts, bei dem statt eines Nachtragshaushalts ein berichtigter Hauptetat geschaffen wird. relative Armut, zeitliche Entwicklung der absoluten Armut als Prozentsatz am unteren Ende der Einkommenspyramide. Vgl. auch Armut.
relative
Einkommenshypothese,
Konsumfunktion. relativer Preis, Quotient aus einem absolu-
Reinigungskrise, Stabilisierungskrise.
ten Einzelpreis und dem allgemeinen Preisniveau; Transmissionstheorie der relativen Preise: Geldtheorie.
Reinvermögen, Nettovermögen; Saldo aus
Relativismus, Ethik.
Gesamtvermögen (Sachvermögen und Forderungen) und Verbindlichkeiten. Vgl. Volksvermögen.
relevanter Markt. 1. Begriff der Wettbe-
Außenwirtschaftstheorie.
Reinvermögenszugangstheorie. 1. Charakterisierung: Neben der Quellentheorie der bedeutsamste Versuch, für das steuerliche Einkommen ( Einkommensbesteuerung) eine theoretische Basis zu bestimmen; 1896 von G. von Schanz entwickelt. 2. Begriff des Einkommens: Die Reinvermögenszugangstheorie definiert als Einkommen alles, was im Laufe eines Jahres in die rechtliche Verfügungsgewalt eines Einkommensempfängers eingeht, d. h. alles, was dem Reinvermögen (Differenz zwischen Vermögen und Schulden) eines Steuerpflichtigen zugewachsen ist, unabhängig von Entstehungsquelle und Regelmäßigkeit (Periodizität) 3. Kritik: Gegenstand der Kritik ist die mikroökonomische Ausrichtung; z. B. preisbedingte Vermögenswerterhöhungen bedeuten aufgrund der Erhöhung der ökonomischen Dispositionsfähigkeit für den einzelnen, nicht aber für die Gesamtwirtschaft einen Einkommenszugang. 4. Bedeutung: Die Reinvermögenszugangstheorie hat teilweise Eingang in die deutsche Einkommensteuer gefunden; sie trug erheblich dazu bei, die
werbstheorie zur Abgrenzung einer Gruppe von Anbietern bzw. Nachfragern derart, dass von den nicht zur Gruppe gehörenden Anbietern bzw. Nachfragern keine oder nur zu vernachlässigende Einflüsse auf das wettbewerbliche Verhalten innerhalb der Gruppe ausgehen. 2. Methodisch sind verschiedene Ansätze zur Abgrenzung einer derartigen Tauschgruppe entwickelt worden: a) Das Industriekonzept von A. Marshall stellt auf die physikalisch-technische Homogenität (wie z. B. in Produktionsstatistiken) ab und vernachlässigt den für Preisbildungsprozesse maßgeblichen Gesichtspunkt der subjektiven Substituierbarkeit von Gütern. b) Im Rahmen des Substitutions-Konzept sind methodisch verschiedene Ansätze entwickelt worden, um die Grenzen einer Tauschgruppe zu bestimmen: (1) Die Theorie der Substitutionslücke (J. Robinson) sieht alle Güter in totaler Konkurrenz um die Kaufkraft der Konsumenten. Diese Kette von Substituten werde jedoch durch sog. Substitutionslücken unterbrochen, die zu eigenen relevanten Märkten führen. (2) Die Theorie der Marktbeziehungen (v. Stackelberg) geht von vollkommenen Elementarmärkten i. S. der Ho-
rentabilitätsorientierte Verschuldungsregel mogenitätsbedingung aus. Ein solcher Elementarmarkt wird als größter vollkommener Teilmarkt eines unvollkommenen Gesamtmarktes gesehen. Zwischen den vollkommenen Teilmärkten bestehen jedoch Substitutionsbeziehungen, die zum Entstehen eines größeren unvollkommenen Gesamtmarktes führen. (3) Das Bedarfsmarktkonzept von H. Arndt und L. Abbot stellt auf Güter ab, die nach der subjektiven Auffassung der Nachfrager dazu geeignet sind, einen bestimmten gesellschaftlichen Bedarf zu decken. (4) Das Konzept der externen Interdependenz (R. Triffin) ordnet alle Unternehmen einem Markt zu, die gemessen an der Kreuzpreiselastizität durch gegenseitige Abhängigkeit beim Verkauf verbunden sind. (5) Das Konzept der Wirtschaftspläne (E. Schneider, W. Eucken und F. Machlup) stellt auf die subjektive Interpretation des Marktes aus der Sicht der Unternehmen ab. Damit liegt eine Konkurrenzbeziehung und ein relevanter Markt vor, wenn ein Anbieter in seinem Wirtschaftsplan damit rechnet oder weiß, dass sein Absatz nicht nur von den eigenen Aktionsparametern und dem Verhalten der Käufer, sondern auch von den Aktionsparametern anderer Anbieter abhängt. Die verschiedenen Substitutionskonzepte haben alle als gemeinsame Wurzel die Substitutionsbeziehung der von Unternehmen erzeugten Güter, wobei die Abgrenzung teils aus der Sicht der Nachfrager, teils aus der Sicht der Anbieter vorgenommen wird. c) Die räumliche Marktabgrenzung findet man insbesondere bei transportintensiven Gütern (z. B. Baustoffe) oder im Dienstleistungsgewerbe; dort entstehen sog. Kettenoligopole, d. h., jeder Anbieter steht unter Berücksichtigung der räumlichen Präferenzen mit anderen Anbietern in Konkurrenz. Der räumlich relevante Markt ist insofern zum Teil sehr eng (Einzelhandel) abzugrenzen oder kann angesichts der geringen Bedeutung der Transportkosten den Weltmarkt umfassen (z. B. Schiffs- oder Flugzeugbau). d) Die zeitliche Marktabgrenzung besagt, dass Anbieter und Nachfrager einem relevanten Markt angehören, wenn sie zum selben Zeitpunkt zum Leistungsaustausch bereit sind. rentabilitätsorientierte Verschuldungsregel, Haushaltssystematik, Last der
Staatsverschuldung.
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Rente. 1. Rente als Einkommensersatz:
Regelmäßige Zahlung an Anspruchsberechtigte aus privater oder betrieblicher Altersvorsorge sowie im Rahmen der sozialen Sicherung. Beispiel: Alterssicherung, Kriegsopferversorgung, Lastenausgleich. 2. Rente als Produktionsfaktorentlohnung: Grundrente, Qualitätsrente. Anders: Konsumentenrente, Produzentenrente. Rentenabfindung, Gesetzliche Unfall-
versicherung. Rentenabgabe, Abgabe auf die Knapp-
heitsrente aus dem Abbau einer erschöpflichen Ressource ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Rentenanleihe, Staatsanleihe, bei der
kein Tilgungszwang besteht. Bei unechten Rentenanleihen hat sich der Staat Kündigungsrecht vorbehalten oder nimmt Tilgungen vor, ohne dem Gläubiger gegenüber feste Bindungen einzugehen. Rentenanpassungsformel, Formel zur
Anpassung des aktuellen Rentenwertes in der gesetzlichen Rentenversicherung, der in die Rentenformel zur Berechnung der persönlichen Altersrente eingeht. Die Rentenanpassung wird u. a. durch den Nachhaltigkeitsfaktor bestimmt.
Rentenanwartschaften, Begriff der gesetzlichen Rentenversicherung. Aufgrund von Beitragszahlungen (Beitragszeit), Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten (Anrechnungszeiten) entsteht eine Rentenanwartschaft auf eine spätere Rente. Rentenartfaktor, gesetzliche Rentenver-
sicherung. Rentenformel. In der gesetzliche Rentenversicherung werden die monatlichen Renten ( MR ) als Produkt von (a) Zugangsfaktor ( Z ), (b) persönlichen Entgeltpunkten ( E ), (c) Rentenartfaktor ( A ) und (d) aktuellem Rentenwert ( AR t ) bei Rentenbeginn berechnet: MR Z E A AR t . Anders jährliche Rentenanpassungsformel. Renten nach Mindesteinkommen, Beg-
riff der gesetzlichen Rentenversicherung. Um vergangene Lohndiskriminierung (insbesondere von Frauen) auszugleichen, werden
379
Residualtheorie
Beitragszahlungen unter bestimmten Umständen so bewertet, als ob der Versicherte 75 % des Durchschnittsentgelts aller Versicherten verdient hätte. Rentenversicherung, Alterssicherung,
Gesetzliche Rentenversicherung.
Renten wegen Alters, Gesetzliche
Rentenversicherung.
tung die Aufteilung der Gesamtsumme auf die einzelnen Steuer- bzw. Subventionssubjekte. Gegensatz: Quotitätsprinzip. Repartitionssteuern, Steuern, bei denen die Steuersätze nach dem Repartitionsprinzip festgesetzt werden. Repatriierung, Rückführung des Einkommens von im Ausland tätigen Produktionsfaktoren in das Land der Faktoreigner.
Renten wegen Todes, Gesetzliche
Rentenversicherung, Waisenrenten.
Witwenrenten,
Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Gesetzliche Rentenversiche-
rung. Rentenwert, Gesetzliche Rentenversi-
cherung. Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeitsrente, Er-
werbsunfähigkeitsrente, tenversicherung.
Repräsentationskonflikt, Operationali-
sierbarkeit.
Gesetzliche Ren-
Rentnerhypothese, Verteilungswirkung
der Inflation. Rentnerquotient, Maßzahl in der Rentenversicherung, die den Nachhaltigkeitsfaktor in der Berechnungsformel des aktuellen Rentenwerts mitbestimmt: Anzahl der Äquivalenzrentner eines Jahres dividiert durch die Anzahl der Äquivalenzbeitragszahler desselben Jahres.
Rent Seeking. Versuche der Erschließung, Sicherung oder Verbesserung von Einkommenserzielungschancen im Marktbereich mit Hilfe politisch erwirkter Privilegien. Ziel: dauerhafte Rente im Marktbereich. Beispiel: Errichtung von Zollschranken auf Betreiben inländischer Produzenten. Rent Shifting, strategische Handels-
politik. Repartitionsprinzip, Prinzip zur Gestal-
tung von Steuer- ( Repartitionssteuern) bzw. Subventionstarifen, bei dem am Anfang die Beschlussfassung über den erwünschten Umfang der Gesamtsteuerschuld (des gesamten Subventionsbetrages) steht. Danach erfolgt durch eine entsprechende Tarifgestal-
Reprivatisierung, Rückführung von in Staatseigentum übergegangenen Unternehmungen in Privateigentum ( Privatisierung). Reptilienfonds, Dispositionsfonds des Bundeskanzlers, den der Präsident des Bundesrechnungshofes kontrolliert. Begriff aus der Zeit des Kaiserreichs: Bismarck verfügte über einen Fonds zur Bestechung von Journalisten (Reptilien). Reputation. Reputation ist das auf Erfah-
rungen gestützte Ansehen und Vertrauen, das ein Individuum oder eine Organisation bei anderen Individuen hat. Reputation spielt eine wesentliche Rolle bei der Einschätzung künftiger Verhaltensweisen, die vertraglich nur unvollständig bzw. gar nicht erfasst werden (können) ( Agency-Theorie). Vgl. Theorie der Reputation einer abhängigen Zentralbank: Geldtheorie. Reservewährung, Währung, die als Devisenreserve verwendet wird. Der Status als Reservewährung kann einer Währung über besondere Bestimmungen eines internationalen Währungssystems in Bezug auf Devisenmarktinterventionen erwachsen, oder er kann sich im Laufe der Zeit rein faktisch ergeben. Residualtheorie. 1. Residualtheorie des Profits: Von Ricardo vertretene Profittheorie; nach ihr ergibt sich der Profit als eine Restgröße, die nach Abzug des Lohnes und der Grundrente vom Volkseinkommen noch übrig bleibt. 2. Residualtheorie des Lohnes: Von F. A. Walker entwickelte Lohntheorie, nach welcher der Lohn eine Restgröße ist, die vom Ertrag einer Industrie nach Abzug
Resonanz der Kapitalkosten übrig bleibt. 3. Residualtheorie der Dividenden: Theorie über die optimale Gestaltung der Dividendenpolitik einer Aktiengesellschaft. Gewinne sollen nur dann thesauriert werden, wenn die damit im Unternehmen erzielbare Rendite über derjenigen liegt, die die Aktionäre selbst durch Anlage des entsprechenden Betrags erhalten. Vgl. auch Schütt-AusHol-Zurück-Politik. Resonanz, Begriff aus der Systemtheorie:
Fähigkeit eines Systems, nach Maßgabe seiner Struktur auf Umweltereignisse reagieren zu können. Diese ist in Bezug auf Umweltentwicklungen selektiv, d. h. es wird nicht von allen Umweltentwicklungen in Schwingungen versetzt. Die Selektivität der Resonanzfähigkeit nimmt mit dem Grad der Ausdifferenzierung des Systems zu. Ein nicht oder nur unzureichend resonanzfähiges System ist in einer dynamischen Umwelt existenziell gefährdet. Vgl. Rückbetroffenheit, umweltbewusstes Verhalten, Wirtschafts- und Sozialkybernetik.
380 vereinbarte Meistbegünstigung nur bei entsprechender Gegenleistung des betreffenden Landes gilt. Vgl. auch Entwicklungshilfe. Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Sitz in
Essen, gegründet 1926 als des Instituts für Konjunkturforschung, seit 1943 selbstständige, unabhängige und gemeinnützige Einrichtung der wissenschaftlichen Forschung. Arbeitsgebiete: Beobachtung und Analyse der konjunkturellen und strukturellen Entwicklung in der BRD ( Wirtschaftsforschungsinstitute). Weitere Informationen unter www.rwi-essen.de Ricardianisches Modell. D. Ricardo war
der Erste, der auf komparative Vorteile als Grundlage für internationalen Handel hinwies (1817). Er betonte insbesondere, dass derartige Vorteile auch bei technologisch rückständigen Ländern vorliegen können. Zahlenbeispiel: Arbeitsinput pro Outputeinheit
Ressortprinzip, Ministerialprinzip. Ressource, Bezeichnung für Produk-
tionsfaktoren (Arbeit, Kapital, Boden) bzw. natürlich vorkommende Rohstoffe und Boden(schätze). Information als Ressource: Informationsproduktion, Informationsmärkte, Rechte an Informationen. Ressourcenökonomik, Umwelt- und
Ressourcenökonomik. schwindende Verfügbarkeit wirtschaftlich notwendiger natürlicher Ressourcen. Vgl. auch Umwelt- und Ressourcenökonomik. Ressourcenverknappung,
Restemission, Emissionsmenge, die nach der Durchführung einer umweltpolitischen Maßnahme bzw. nach Erreichen des umweltpolitischen Ziels noch verursacht wird. Retorsionszoll, Vergeltungszoll. Returns to Scale, Skalenelastizität,
Skalenertrag. Rezession, Konjunkturphasen. Reziprozitätsprinzip, Grundsatz im internationalen Handelsverkehr, nach dem eine
Tuch Wein
Großbritannien 3 6
Portugal 2 3
In Großbritannien ist die Arbeitsproduktivitität in beiden Sektoren geringer als in Portugal, es ist das rückständige Land. Für komparative Vorteile sind aber die technischen Transformationsraten relevant. Großbritannien muss für eine zusätzliche Einheit Wein immer 2 Einheiten Tuch aufgeben, während diese Transformationsrate in Portugal 3/2 beträgt. Bei konstanten Arbeitsproduktivitäten verändern sich diese Transformationsraten nicht, d. h., die marginalen sind gleich den durchschnittlichen Transformationsraten. Wenn man unterstellt, dass Arbeit der einzige Produktionsfaktor ist, dann würde der relative Preis für Wein bei Autarkie in Großbritannien 2 und in Portugal 3/2 betragen. Gemäß der obigen Definition hätte Großbritannien einen komparativen Vorteil bei Tuch, und Portugal einen komparativen Vorteil bei Wein. Solange das Preisverhältnis Wein/Tuch im internationalen Handel ( Terms of Trade) zwischen 3/2 und 2 liegt, kann Großbritannien durch eine Spezialisierung auf Tuch und anschließenden Handel von Tuch gegen Wein insgesamt mehr Güter
381 erlangen, als bei Autarkie. In der Außenwirtschaftstheorie werden Situationen, in denen die technischen Transformationsraten konstant sind (auch wenn neben Arbeit andere Produktionsfaktoren berücksichtigt werden) und international aufgrund von Technologieunterschieden divergieren, als Ricardianisch bezeichnet. In solchen Fällen existiert eine Tendenz zur vollständigen Spezialisierung. Vgl. auch Handelstheorie. Ricardo-Theorem, komparative Vortei-
le. Ricardo-Viner-Modell, Modell des internationalen Handels, in dem unterstellt wird, dass installiertes Sachkapital ein sektorspezifischer Faktor ist, während die Arbeit zwischen verschiedenen Sektoren frei beweglich ist. Kapital kann dann von Sektor zu Sektor unterschiedliche Renditen erwirtschaften, während der Lohnsatz im Gleichgewicht in allen Sektoren derselbe ist. Vgl. auch Handelspolitik. Riesterrente, privat finanzierte, aber staat-
lich subventionierte Altersrente, deren Einführung auf den früheren Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Riester zurückgeht. Die Riesterrente soll die im Zuge der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung von 2001 vorgenommene Kürzung der Regelaltersrente von 70 % auf 67 % und die dadurch eine entstandene Versorgungslücke durch eine ergänzende private Altersvorsorge ausgleichen. Rechtsgrundlage ist das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz AVmG) vom 26.6.2001. Förderberechtigt sind alle in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherte Personen. Die staatliche Förderung besteht aus Zulagen (Grundzulage für Ledige 154 Euro, für Verheiratete 308 EUR und Kinderzulage 185 EUR, 300 EUR für jedes neu geborene Kind, erhöhte Grundzulage von 200 EUR im ersten Jahr für Berufseinsteiger) und Einkommensteuervergünstigungen (Sonderausgabenabzug von Altersvorsorgebeiträgen nach § 10 EStG bis 2.100 EUR). Gefördert wird ein breites Spektrum an Vermögensanlagen (u. a. private Rentenversicherungen, fondsgebundene Renten, Eigenheimrente, Bank und Fondssparplan, Pensionsfonds und Pensionskassen, Direkt-
Risikostrukturausgleich versicherungen). Die Zahl der bisher abgeschlossenen Riesterverträge liegt bei über 12 Millionen. Rio-Konferenz, Umweltkonferenz. Risiko, Unsicherheit, Erwartung. Risikoaversion, Risikoprämie, lungsbilanzausgleichstheorie.
Zah-
Risikoneutralität, Risikoprämie, Zahlungsbilanzausgleichstheorie.
Risikoprämie, in der Außenwirtschaftstheorie die Differenz zwischen der erwarteten Rendite einer Kapitalanlage in Auslandswährung und der Rendite einer vergleichbaren Anlage in Inlandswährung. Risikoscheue Anleger verlangen Risikoprämien für das Halten von Finanzaktiva, die mit einem Wechselkursrisiko verbunden sind. Je größer die Risikoaversion (Risikoscheu), umso größer die erforderliche Risikoprämie für das Portfoliogleichgewicht ( PortfolioAnsatz). Bei Risikoneutralität ignorieren die Anleger Risikounterschiede zwischen verschiedenen Anlagen, und das Gleichgewicht erfordert dann eine Übereinstimmung der erwarteten Renditen verschiedener Anlagen; die Risikoprämie muss gleich null sein. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Zinsparität, Portfolio Ansatz. Risikoscheu, Risikoprämie. Risikosteuerung, Unternehmenskon-
zentration. Risikostrukturausgleich. 1. Begriff: Im
Rahmen des Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung angewandtes Verfahren zum Finanzausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen, die mit ihren individuellen Mitgliedschaften (Risikopopulationen) im Rahmen ihrer Pflichtleistungen ganz unterschiedliche Krankheitsrisiken und Versorgungsbedarfe abdecken müssen. 2. Rechtsgrundlage: Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V): Gesetzliche Krankenversicherung, §§ 266 ff.. 3. Verfahren: a) Grundprinzip: Jede Krankenkasse erhält zunächst für jeden Versicherten eine Grundpauschale. Für eine Kasse mit relativ vielen alten und kranken Versicherten reicht dieser Betrag naturgemäß nicht aus, während
Rivalität im Konsum eine Krankenkasse mit relativ vielen jungen und gesunden Mitgliedern zuviel Geld erhielte. Daher wird diese Grundpauschale durch ein System von Zu- und Abschlägen an den Versorgungsbedarf angepasst. b) Altersund geschlechtsspezifische Zu- und Abschläge: Durch die Zu- und Abschläge nach Alter und Geschlecht, wird die Zahlung (in 40 Alters- und Geschlechtsgruppen) an den Betrag angepasst, den ansonsten ein gesunder Versicherter gleichen Alters und Geschlechts benötigt. Außer bei Neugeborenen und sehr alten Menschen wird dieser Betrag unterhalb der Pauschale liegen, so dass es nach den Risikomerkmalen Alter und Geschlecht in der Regel einen Abschlag geben wird. c) Erwerbsminderungszuschläge: Das besondere Krankheits- und Kostenrisiko von erwerbsgeminderten Versicherten wird durch Einstufung in 6 Erwerbsminderungsgruppen berücksichtigt. d) Krankheitsbedingte Zuschläge: Für kranke Versicherte erhalten die Krankenkassen für 80 ausgewählte Krankheiten sog. Morbiditätszuschläge, die aufgrund einer bestimmten Krankheitswahrscheinlichkeit (Morbidität) erhöhte Ausgaben für diese Krankheiten widerspiegeln. Gibt es für eine Krankheit mehrere nach Schweregrad differenzierte Morbiditätsgruppen, so werden die in eine Hierarchie gebracht (106 hierarchisierte Morbiditätsgruppen). Ist ein Versicherter anhand seiner Diagnosen mehreren Morbiditätsgruppen derselben Hierarchie zuzuordnen, so wird nur für die in der Hierarchie am höchsten stehende Morbiditätsgruppe ein Zuschlag gewährt. Die Zuordnung eines bestimmten Versicherten zu einer Morbiditätsgruppe erfolgt über die ärztliche (ambulante und stationäre) Diagnose, die nach einem vorgegebenem Klassifikationssystem (ICD-10) verschlüsselt werden. Etwa 3.800 ICD-10-Codes stehen mit einer der 80 ausgewählten Krankheiten in Verbindung und können daher einer Morbiditätsgruppe zugeordnet werden. Bei der Ermittlung der Zuschläge wird berücksichtigt, dass nicht nur die laufenden Behandlungskosten, sondern auch die mit der Krankheit verbundenen Folgekosten abgedeckt werden können. Für jede Morbiditätsgruppe wird daher geprüft, welche Ausgaben ein Versicherter mit der entsprechenden Diagnosestellung im Jahr danach durchschnittlich verursacht. e) Durchführungsverantwortung: Verantwortlich für den Risikostrukturausgleich ist gem. § 266 SGB V das Bundesversicherungsamt. Es
382 setzt aufgrund des beschriebenen Verfahrens für jede Kasse auf der Basis der aktuellsten Versicherungszahlen den Zuweisungsbetrag fest. Im März und September jeden Jahres findet eine Aktualisierung hinsichtlich der durch Kassenwechsel veränderten Versichertenstrukturen der Krankenkassen statt. Im Herbst 2010 findet nach Vorlage der Rechnungsergebnisse der Kassen ein Jahresausgleich statt, in dem mit den Daten der Jahre 2008 und 2009 die Zuschlagshöhen neu ermittelt werden. Rivalität im Konsum, Gegensatz zu nicht-
rivalisierendem Konsum ( Nichtrivalitätsaxiom). Robertson-Lag, Konsum-Lag, nach D.
Robertson benannter Verzögerungszusammenhang ( Lag) zwischen Konsum und Einkommen: Ct cYt 1, wobei 0 < c < 1, mit Ct = Konsum in der Periode t; Yt-1 = Einkommen der Vorperiode; c = marginale Konsumquote. Rohstoffabkommen, internationale Ab-
kommen zur Regulierung des Weltrohstoffhandels. 1. Ziele: Sicherung der Versorgung mit Rohstoffen und Stabilisierung der Rohstoffmärkte bzw. -preise und damit der Exporterlöse der Entwicklungsländer. 2. Instrumente: Marktausgleichslager ( Buffer-Stocks), Abnahmegarantien sowie Quotenregelungen. Bisherige Abkommen scheiterten an der ablehnenden Haltung der Industrieländer, ausreichende Finanzmittel bereitzustellen. Vgl. Neue Weltwirtschaftsordnung. Rohstoffökonomik, Umwelt- und Res-
sourcenökonomik. Rohstoffproduktivität, Teilindikator des
Nachhaltigkeitsindikators Ressourcenschonung: Bruttoinlandsprodukt/Einsatz von abiotischem Primärmaterial. Die Rohstoffproduktivität drückt aus, welche Menge abiotischen Primärmaterials (in Tonnen) eingesetzt wurde, um eine Einheit Bruttoinlandsprodukt (in Mrd. Euro, preisbereinigt) zu erwirtschaften. Zum abiotischen Primärmaterial zählen die im Inland entnommenen Rohstoffe, ohne land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, sowie alle importierten
383
Rürup-Rente
EAG.
sachende System selbst. Beispiel: Auswirkungen von Umweltbeeinträchtigungen, die auf ihre Ursachen (menschliche Aktivitäten) zurückwirken. Vgl. auch ökologische Krise, Umweltpolitik.
Rostowsche Stadien-Theorie, bekann-
Rückerstattungen, Wiedergutmachung.
abiotischen Materialien (Rohstoffe, Halbund Fertigwaren) Römische Verträge, EG, EWG,
teste Wirtschaftsstufentheorie, die mit historisch deskriptivem Ansatz eine regelhafte Aufeinanderfolge von Wirtschaftsstufen mit evolutionärer Höherentwicklung beschreibt. Der Stufenübergang erfolgt, ohne ökonomische Entwicklungsgesetze zu beachten. Rostow unterscheidet 5 Stadien: (1) Traditionelle Gesellschaft, die vornehmlich agrarisch-hierarchisch geprägt ist mit geringer vertikaler Mobilität; (2) Übergangsgesellschaft, in der die Voraussetzungen für das Wirtschaftswachstum durch Verhaltensänderungen, insbesondere durch ansteigende Investitionstätigkeit gelegt wird; (3) Take-off: Bei einer Mindestinvestitionsquote von 10 %, einer Entwicklung einiger führender Wirtschaftsbranchen mit hohem Wachstum und hinreichend entwickeltem politischen, sozialen und institutionellen Rahmen, als Voraussetzungen für dynamisches Unternehmertum, kommt es zu schnellem wirtschaftlichen Wachstum; (4) Reifestadium: Mit Hilfe moderner Technologien werden Ressourcen effizient genutzt; (5) danach entwickelt sich die Gesellschaft entweder zum Wohlfahrtsstaat mit hohem Massenkonsumniveau dauerhafter Konsumgüter, zu einer Freizeit- und Bildungsgesellschaft, oder zum militärische Macht entwickelnden Staat (Diktatur). Außerökonomische und ökonomische Erklärungsfaktoren werden von der Rostowsche Stadien-Theorie vor historischem Hintergrund behandelt. Nicht jede Nation muss alle Wirtschaftsstufen durchlaufen. Royalty, Rente der Anbieter von natürlichen
Ressourcen (vgl. auch Produzentenrente). Im Konkurrenzgleichgewicht entspricht die Royalty den bei der Ausbeutung der Ressource entstehenden Nutzungskosten. Der Preis einer geförderten Einheit der Ressource enthält neben den Abbaukosten die Royalty als Prämie für die Nutzung des begrenzten Ressourcenbestandes. Rückbetroffenheit, Bezeichnung für die
Auswirkungen von systemverhaltensinduzierten Umweltentwicklungen auf das verur-
Rückkehrförderungsgesetz für ausländische Arbeitnehmer. Vgl. auch Arbeitsmarktpolitik.
Rückkehrförderungsgesetz,
Rückkopplung, Verfahren der Selbststeue-
rung in bzw. durch den Aufbau von Regelkreisen. Der Zustand des Systems wird überprüft (Ist-Größe) und bei Abweichungen von einer Soll-Größe wird gegengesteuert. Rückkopplungen, die ein selbsttätiges Einpendeln eines Systems innerhalb von Grenzwerten sichern, werden als negative Rückkoppelung bezeichnet; ein Überwiegen positiver Rückkoppelung führt zum Explodieren oder zum Einfrieren des Systems. Vgl. auch Biokybernetik, Wirtschafts- und Sozialkybernetik. Rückwärtsverknüpfung, Verkettungs-
effekte. Ruhestand, Alterssicherung. Rule of Law, Rechtsstaatlichkeit. Rule of Reason, Wettbewerbspolitik. Rules of just Conduct, Verfügungs-
rechte. Rürup-Kommission, eine nach ihrem Vorsitzenden Bert Rürup benannte Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme, die am 21.11.2002 von der Bundesregierung einberufen wurde. Sie beendete ihre Arbeit mit der Übergabe des sog. Rürup-Berichts am 28.8.2003. Die Kommission schlug u. a. die Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre vor und bewirkte die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors in der Rentenanpassungsformel der gesetzlichen Rentenversicherung. Rürup-Rente, eine staatliche subventionierte Rente, die vom Wirtschaftswissenschaftler und Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
RWI Entwicklung ( SVR), Bert Rürup, initiiert und im Jahre 2005 eingeführt wurde. Es handelt sich dabei um eine aus privaten Beiträgen bediente Rentenversicherung, die in der Ansparphase gestaffelt steuerlich begünstigt wird, während die Renten voll zu versteuern sind. Die Rürüp-Rente ist eine Leibrente, d. h. sie kann (ohne Kapitalwahlrecht) nur verrentet werden. Damit hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass die angesparten Beiträge ausschließlich der Altersvorsorge dienen. Angeboten wird die Rürup-Rente als konventionelle Kapitalrenten-Versicherung oder fondsgebundene Rentenversicherung. Die Rürup-Rente eignet sich besonders für Angestellte und Selbstständige mit real hoher Steuerbelastung. Vgl. auch Riesterrente. RWI, Rheinisch-Westfälisches Institut für
Wirtschaftsforschung. Rybczynski-Theorem, Aussage über die Auswirkung von Faktorausstattungsveränderungen auf die produzierten Gütermengen eines Landes unter der Annahme konstanter Güter- und Faktorpreise. Die Annahme kon-
384 stanter Güterpreise kann als Annahme des kleinen Landes interpretiert werden, und die gleich bleibenden Faktorpreise folgen dann unter den Bedingungen des Faktorpreisausgleichstheorems. Das Rybczinski-Theorem unterstellt die Welt des HeckscherOhlin-Theorems. Theorem für den zweidimensionalen Fall: Wenn ein Land eine xprozentige Zunahme seiner Kapitalausstattung, und eine geringere y-prozentige Zunahme seiner Arbeitsausstattung erfährt, so steigt bei unveränderten Güter- und Faktorpreisen die Produktionsmenge des kapitalintensiven Gutes um mehr als x Prozent, und die Produktionsmenge des arbeitsintensiven Gutes um weniger als y Prozent (magnification effect). Eine Vermehrung des Kapitalbestandes bei konstanter Arbeitsausstattung ist mit einer absoluten Verringerung der Produktion des arbeitsintensiven Gutes verbunden, da die Vollbeschäftigung des vermehrten Kapitals auch Arbeitseinsatz erfordert, der nur durch eine Verringerung der Produktion des arbeitsintensiven Gutes verfügbar wird. Vgl. auch Handelstheorie.
S Sachverständigenrat gen, SRU.
für
Umweltfra-
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, SVR. saisonale Arbeitslosigkeit, Arbeitslo-
sigkeit. Saison-Kurzarbeitergeld, Kurzarbei-
tergeld. säkulare Stagnation. Von Keynes und v. a.
A. Hansen vertretene Hypothese, nach der das kapitalistische Wirtschaftssystem langfristig in einen stationären Zustand, d. h. einen Zustand ohne wirtschaftliches Wachstum, übergeht. Die säkulare Stagnation entsteht bei relativ hohem Pro-Kopf-Einkommen, bei dem infolge zu hoher durchschnittlicher Sparquote die geplante Ersparnis die geplante Investition übersteigt. Dadurch wird ein langfristiger Kontraktionsprozess ausgelöst, der erst bei einem so niedrigen Sozialprodukt zum Stillstand kommt, bei dem geplante Ersparnis und geplante Investition wieder einander angeglichen sind. Die Wirtschaft verharrt dann auf diesem Niveau. Satisficing, alternative Verhaltensannahme
der Haushaltstheorie gegenüber dem Postulat der Nutzenmaximierung. Haushalte streben nur ein befriedigendes Nutzenniveau an. Sättigungsmenge, diejenige Menge, bei der Nachfrager eines bestimmten Gutes ihre Bedürfnisse vollständig befriedigen können. In der Nachfragefunktion ( Preis-AbsatzFunktion) ist ihr der Preis p = 0 zugeordnet. Saysches Theorem, von Say aufgestellter
Satz der klassischen Lehre, nach dem eine allgemeine Überproduktion in einer Volks-
wirtschaft unmöglich sei, da jedes Angebot in demselben Umfang kaufkräftige Nachfrage schaffe, die durch Faktoreinkommen und Gewinne dem Wert der erstellten Produkte entspreche. Jede Produktion schaffe sich also ihre eigene Nachfrage. Das Geld sei nur ein Schleier, der den eigentlichen Tatbestand verhülle, dass die Produkte immer nur mit Produkten gekauft werden. Das Saysche Theorem gilt nur in einer Naturaltauschwirtschaft. Schadensdiskontierung, Veranschlagung
eines Umweltschadens durch den Verursacher zu einem geringeren als dem tatsächlichen Wert. Die Schadensdiskontierung führt dazu, dass die schädigende Aktivität auf einem zu hohen Niveau ausgeübt wird. Schadenskosten, externe Kosten. Schadenskostenansatz, Umweltöko-
nomische Berichterstattung. Schadstoffinteraktion, Synergismus; Zusammenwirken von Emissionen bei der Verursachung von Umweltschäden. Bei Schadstoffinteraktion können umweltpolitische Ziele nicht für einzelne Schadstoffe unabhängig voneinander verfolgt werden. Schadstoffsubstitution. Ersetzung der Emission eines bestimmten Schadstoffes durch die eines anderen. Die Regulierung eines bestimmten Schadstoffs kann zu technisch-wirtschaftlichen Anpassungsprozessen führen, nach denen der Ausstoß eines nichtregulierten Schadstoffs steigt. Die Umweltpolitik erfordert daher ein schadstoffübergreifendes Konzept. Schattenwirtschaft. Ökonomische Aktivitäten, die zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung beitragen, jedoch nicht in der offiziellen Wirtschaftsstatistik ausgewiesen werden: (1) Transaktionen von Gütern und
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_19, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Schatzanweisungen Dienstleistungen, für die offizielle Märkte existieren, die aber auf schwarzen Märkten gehandelt werden; (2) grundsätzlich marktfähige, d. h. bewertbare Wertschöpfung im Bereich der bedarfsorientierten Selbstversorgung oder Nachbarschaftshilfe privater Haushalte; (3) freiwillige soziale Leistungen ohne Erwerbsabsicht.
386 tungen der Wirtschaftssubjekte. b) PreisSchock: plötzliche Preisänderung mit nachfolgenden Anpassungsprozessen. c) Angebots-Schock oder technologischer Schock, plötzliche Änderung der Angebotsbedingungen v. a. durch Änderungen der Produktionstechnologie. 3. Bedeutung: Schocks sind in der Konjunkturtheorie mögliche Auslöser von Konjunkturschwankungen.
Schatzanweisungen, Unverzinsliche
Schatzanweisungen.
Schenkungsteuer, Erbschaftsteuer.
Scholastik, die auf Aristoteles aufbauende christliche Philosophie des Mittelalters (fortgeführt als Neuscholastik), die sich unter dem Aspekt der göttlichen Weltordnung auch mit den Grundfragen des Wirtschaftslebens befasst, so v. a. mit dem Eigentumsbegriff (privates Eigentum zu treuen Händen), der Arbeit, der harmonischen Ordnung der Wirtschaft (Rangordnung der Stände), der Verteilung des Sozialprodukts (justitia distributiva = standesgemäße Nahrung), dem Tauschverkehr (aequalitas dat et accepti), dem Preis (justum pretium), dem Kredit und Wucher. Bedeutendster Vertreter: T. von Aquino.
Schlechtwettergeld, Arbeitsmarktpoli-
Schulausbildungsförderung, 1. Begriff:
tik.
Förderung der Berufsausbildung diverser Träger mit verschiedenen Zielgruppen und Instrumenten, hier insbesondere die individuelle Förderung der Ausbildung durch den Staat. 2. Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG): a) Allgemeines: (1) Zielsetzung: Individuelle Förderung eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechenden Ausbildung für Auszubildende, denen die für ihren Lebensunterhalt und ihre Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. (2) Ausbildungsstätten: Ausbildungsförderung wird geleistet für (a) weiterführende allgemeinbildende Schulen und Berufsfachschulen ohne abgeschlossene Berufsausbildung als Voraussetzung, (b) Berufsfachschul- und Fachschulklassen ohne abgeschlossene Berufsausbildung als Voraussetzung, wenn sie in einem zumindest zweijährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln, (c) Fach- und Fachoberschulklassen mit abgeschlossener Berufsausbildung als Voraussetzung, (d) Abendhauptschulen, Berufsaufbauschulen, Abendrealschulen und Abendgymnasien und Kollegs, (e) Höhere Fachschulen und Akademien, (f) Hochschulen. (3) Staatsangehörigkeit: Neben Deutschen sind Ausländer BAföG-berechtigt, die
Schaukelstuhlmodell, Vorstellung, dass
die Wirtschaft ein schwingungsfähiges Gebilde sei, das durch exogene Schocks zu Konjunkturschwankungen angeregt wird. Ohne Auftreten neuer Schocks würden diese verschwinden, so wie ein Schaukelstuhl nach einem Anstoß wieder zur Ruhe kommt. Schaumweinsteuer, Verbrauchsteuer mit reinem Finanzcharakter auf Schaumweinherstellung oder -einfuhr.
Schlüsselzuweisung, nach einem festen Schlüssel verteilte Zuweisung. Zur Schlüsselzuweisung gehören die im Länderfinanzausgleich übertragenen Beiträge und Zuweisungen zwischen Geber- und Nehmerländern, Ergänzungszuweisungen des Bundes und der größte Teil der im kommunalen Finanzausgleich gewährten Zuweisungen (letztere sind Schlüsselzuweisungen i. e. S.). schmutziges Floaten, Floating. Schnelltender, spezielle Form des Wertpapierpensionsgeschäfts, über das die Deutsche Bundesbank bei unvorhergesehenen Verspannungen am Geldmarkt kurzfristige Liquiditätshilfen gibt. Schock. 1. Begriff: Ein Schock liegt vor,
wenn exogene Einflussfaktoren eine erhebliche Änderung von Parametern oder exogenen Variablen in einem ökonomischen Modell bewirken. 2. Arten: Man unterscheidet v. a. folgende Arten: a) Monetärer Schock: Zentralbank ändert plötzlich das Geldangebot und damit die Inflationserwar-
387 eine Bleibeperspektive in Deutschland haben und bereits gesellschaftlich integriert sind. (4) Eignung: Erforderlich sind Leistungen, die erwarten lassen, dass das Ausbildungsziel erreicht wird. (5) Alter: Grundsätzlich können nur Auszubildende gefördert werden, wenn sie die zur Förderung beantragte Ausbildung vor Vollendung des 30. Lebensjahres beginnen. (6) Umfang: Ausbildungsförderung wird für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet (Bedarf). (6) Einkommens- und Vermögensabhängigkeit: Auf den Bedarf sind Einkommen und Vermögen des Ausbildenden sowie Einkommen seines (nicht dauernd getrennt lebenden) Ehegatten und seiner Eltern in dieser Reihenfolge anzurechnen. Das Einkommen der Eltern bleibt jedoch (a) außer Betracht, wenn deren Aufenthalt nicht bekannt ist oder sie rechtlich oder tatsächlich gehindert sind, im Inland Unterhalt leisten zu können, oder (b) wenn der Auszubildende ein Abendgymnasium oder Kolleg besucht, bei Beginn des Ausbildungsabschnitts das 30. Lebensjahr vollendet hat oder nach Vollendung des 18. Lebensjahres fünf Jahre erwerbstätig war oder nach Abschluss einer vorhergehenden, zumindest dreijährigen berufsqualifizierenden Ausbildung drei Jahre oder im Falle einer kürzeren Ausbildung entsprechend länger erwerbstätig war (und sich während dieser Erwerbstätigkeitszeiten selbst unterhalten konnte). b) Schüler-BAföG: (1) Schüler erhalten BAföGLeistungen grundsätzlich als Vollzuschuss, müssen sie also nicht zurückzahlen. (2) Schüler an Ausbildungsstätten unter (a) können Ausbildungsförderung nur erhalten, wenn sie nicht bei den Eltern wohnen und notwendig auswärts untergebracht sind. Letzteres sind sie dann, wenn eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte von der Wohnung aus nicht erreichbar ist, wenn sie einen eigenen Hausstand führen und verheiratet sind oder waren oder einen eigenen Hausstand führen und mit mindestens einem Kind zusammenleben. Als monatlicher Bedarf gilt in diesem Fall ein Satz von 383 EUR. (3) Schüler der Ausbildungsstätten unter (b) haben bei den Eltern wohnend einen Bedarfssatz von 212 EUR bzw. von 383 EUR nicht bei den Eltern wohnend. (4) Schüler von Abendhaupt- und Abendrealschulen, Berufsaufbauschulen und Fachoberschulklassen mit abgeschlossener Berufsausbildung als Voraussetzung haben Bedarfssätze von 383 EUR bzw. 459 EUR. (5) Bei
Schulausbildungsförderung Schülern von Fachschulklassen mit abgeschlossener Berufsausbildung als Voraussetzung, Abendgymnasien und Kollegs gelten Bedarfssätze von 389 EUR bzw. 487 EUR. (5) c) Studenten-BaföG: (1) Auszubildende an höheren Fachschulen und Akademien und Studierende an Hochschulen erhalten BAföG-Leistungen grundsätzlich zur Hälfte als Vollzuschuss und zur Hälfte als zinsloses Staatsdarlehen. (2) Die Bedarfssätze betragen 414 EUR für bei den Eltern bzw. 512 EUR für nicht bei den Eltern wohnende Studenten. (3) Die Förderungshöchstdauer entspricht der Regelstudienzeit. Für eine Ausbildung im Ausland wird die Förderung längstens für die Dauer eines Jahres geleistet, für drei weitere Semester jedoch für den Besuch einer Ausbildungsstätte, die den im Inland gelegenen Hochschulen gleichwertig ist, wenn er für die Ausbildung von besonderer Bedeutung ist. (4) Darlehensrückzahlung: Das Darlehen kann in monatlichen Mindestraten von 105 EUR in einer Frist bis zu 20 Jahren zurückgezahlt werden. Staatsdarlehen müssen nur bis zu einem Gesamtbetrag von 10.000 EUR zurückgezahlt werden. Mit der Rückzahlung muss erst fünf Jahre nach Ende der Förderungshöchstdauer begonnen werden. Bei Einkommen bis zu 1.040 EUR monatlich kann die Rückzahlung auf Antrag ausgesetzt werden. (5) Darlehenserlass: Zwischen 15 und 25 % des geleisteten Darlehens können auf Antrag Studenten erlassen werden, die in einem Examensjahrgang zu den 30 % der Besten gehören. Wenn das Studium zwei bzw. vier Monate vor der Förderungshöchstdauer abgeschlossen wurde, werden 1.025 bzw. 2.560 EUR erlassen. Wird ein Darlehen vor Fälligkeit ganz oder teilweise getilgt, können zwischen 8 und 50,5 % der Ablösesumme erlassen werden. Die Erlassmöglichkeiten können grundsätzlich nebeneinander geltend gemacht werden. d) Praktikanten-BAföG: Für Praktikanten gelten die monatlichen Bedarfe, die für Schüler und Studenten der Ausbildungsstätten geleistet werden, mit deren Besuch das Praktikum im Zusammenhang steht. e) Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungszuschlag: Für kranken- und pflegeversicherungspflichtige Auszubildende (Schüler und Studenten) erhöht sich der monatliche Bedarf um 59 EUR. f) Wohnzuschlag nachweisabhängig 72 EUR monatlich. g) Kinderbetreuungszuschlag: Für Auszubildende, die mit mindestens einem eigenen
Schulausbildungsförderung Kind, das das zehnte Lebensjahr nicht vollendet hat, in einem Haushalt leben, erhöht sich der Bedarf um monatlich 113 EUR für das erste und um 85 EUR für jedes weitere Kind. Dieser Zuschlag bleibt bei Sozialleistungen unberücksichtigt. h) Auslandszuschläge: Bei einem Ausbildungsaufenthalt im Ausland werden Bedarfszuschläge geleistet (a) für notwendige Studiengebühren bis zu 4.600 EUR für maximal ein Jahr; (b) für Reisekosten innerhalb Europas bei Studierenden (Schülern) eine (zwei) Hin- und Rückfahrt(en) je Fahrt 250 EUR, bei Studierenden außerhalb Europas eine Hin- und Rückfahrt je Fahrt 500 EUR; (c) für höhere Lebenshaltungskosten bei Studierenden außerhalb der EU und der Schweiz je nach Land zwischen 50 und 315 EUR monatlich; (d) für eventuelle Zusatzkosten der Krankenversicherung bei Studierenden. d) BAföGTräger sind die für jeden Kreis und jede kreisfreie Stadt einzurichtenden (1) Ämter für Ausbildungsförderung. Für Auszubildende, die eine im Inland gelegene Hochschule besuchen, können die Länder auch bei Hochschulen oder bei Studentenwerken solche Ämter errichten. Außerdem können die Länder (auch gemeinsam) (2) Landesämter für Ausbildungsförderung errichten. Für Auszubildende, die eine im Ausland gelegene Ausbildungsstätte besuchen, können bei Hochschulen, Studentenwerken und Landesämtern für Ausbildungsförderung Ausbildungsförderungsämter eingerichtet werden. (3) Die Darlehen werden durch das Bundesverwaltungsamt verwaltet und eingezogen. e) Finanzierung: Die zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlichen Mittel tragen der Bund zu 65 % und die Länder zu 35 %. Das Bundesverwaltungsamt führt 35 % des in einem Jahr eingezogenen Darlehensbetrages an die Länder ab. 3. Bildungskreditprogramm: a) Begriff: Mit dem Bildungskredit wird ein zeitlich befristeter, zinsgünstiger Kredit zur Unterstützung von Studierenden und Schülern in fortgeschrittenen Ausbildungsphasen angeboten, der neben oder zusätzlich zu BAföGLeistungen als weitere Ausbildungsfinanzierung zur Verfügung steht. b) Zielsetzung: Er dient (1) bei nicht nach BAföG geförderten Auszubildenden der Sicherung und Beschleunigung der Ausbildung und (2) bei BAföG-Geförderten der Finanzierung von außergewöhnlichem Aufwand, wie z. B. besonderen Studienmaterialien, Exkursionen
388 oder Schulgebühren. c) Vergabevoraussetzungen: (1) Auf die Kreditvergabe besteht kein Rechtsanspruch. (2) Voraussetzung ist (a) die Volljährigkeit, (b) wird der Kredit nur bis zur Vollendung des 36. Lebensjahres geleistet. (3) Der Kredit wird Deutschen und BAföG-berechtigten Ausländern gewährt. (4) Die Inanspruchnahme ist nur bis zum Ende des 12. Studiensemesters möglich, darüber hinaus nur bei Zulassung zur Abschlussprüfung und Bescheinigung der Prüfungsstelle, dass die Ausbildung innerhalb des möglichen Förderzeitraumes abgeschlossen werden kann. d) Konditionen: (1) Die Auszahlung des Bildungskredits erfolgt monatlich im Voraus in Raten von 300 EUR durch die Deutsche Ausgleichsbank. Innerhalb eines Ausbildungsabschnittes können bis zu 24 Monatsraten ausbezahlt werden. Im Einzelfall kann auch ein Abschlag bis zur Höhe von 6 Raten ausbezahlt werden. (2) Der Bund übernimmt gegenüber der Deutschen Ausgleichsbank eine Ausfallbürgschaft (Bundesgarantie), sodass Einkommen und Vermögen des Auszubildenden oder seiner Eltern als Sicherheit keine Rolle spielen. (3) Als günstigen Zinssatz verlangt die Deutsche Ausgleichsbank die European Interbank Offered Rate (EURIBOR) plus ein Prozent Aufschlag. (4) Die Verzinsung des Kredites beginnt mit der Auszahlung des Kredites, bis zur Rückzahlung werden die Zinsen jedoch gestundet. 4. Begabtenförderung im Hochschulbereich: Studierende, deren Begabung und Persönlichkeit besondere Leistungen im Studium und Beruf erwarten lassen, können über ein Auswahlverfahren eine Begabtenförderung durch elf Begabtenförderungswerke erhalten. Neben überdurchschnittlichen Leistungen in Schule und Studium wird auch gesellschaftliches Engagement erwartet. Die Sätze und die Laufzeit sind an das BAföG angelehnt. Das Stipendium muss nicht zurückgezahlt werden. Eine Doppelförderung nach BAföG und Begabtenförderung ist nicht möglich. 5. Aufstiegsstipendium: Das Programm Aufstiegsstipendium richtet sich an beruflich besonders Begabte, die ihre Hochschulzugangsberechtigung durch mehrjährige Berufserfahrung, Anerkennung einer besonderen fachlichen Begabung (Begabten- oder Eignungsprüfung) bzw. eine berufliche Fortbildung (Techniker, Meister oder vergleichbare Abschlüsse) erworben haben. Die Stipendien werden altersunabhängig gewährt. Sie geben einen zusätzlichen Anreiz zur
389 Aufnahme eines Studiums und verbessern die Aufstiegschancen. Die Aufstiegsstipendien sollen die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung fördern und bieten Fachkräften die Möglichkeit zur beruflichen Entwicklung. Die Gewährung eines Aufstiegsstipendiums schließt eine andere Studienförderung aus öffentlichen Mitteln aus.
Schweinezyklus Schuldenstandsquote, Verschuldungsgrenzen, Verschuldungsquote. Schuldenstrukturpolitik, Debt Mana-
gement. Schuldverschreibung, Anleihe. Schüler-BAföG, Schulausbildungsförde-
rung. Schuldbuchforderungen, Ausgleichs-
forderungen.
Schülerförderung, Schulausbildungs-
förderung. Schuldenbremse, Verschuldungsgren-
zen.
Schulpolitik, Bildungspolitik.
Schuldendeckel, Verschuldungsgren-
Schumanplan, EGKS.
zen. Schumpetersche Konjunkturtheorie, Schuldendienstquote, Kennziffer für das
Maß der Belastung eines Staatshaushalts, das durch die Bedienung eines Schuldenstandes (Zinsen, Tilgung) entsteht. Deren Grenze ist erreicht, wenn der Schuldendienst schneller wächst als die laufenden Einnahmen. Schuldenerlass, Forderung der Entwick-
Konjunkturtheorie. Schumpeters Theorie der Unternehmung, dynamisch-evolutorische Theorien
der Unternehmung, Unternehmer. Schutz von Informationen, Rechte an
Informationen.
lungsländer nach einem Verzicht auf die Rückzahlung ihrer (öffentlichen) Auslandsschulden durch die Gläubiger. a) Differenzierter Schuldenerlass: Den am wenigsten entwickelten Entwicklungsländern sollte ein genereller S. gewährt werden, anderen dagegen lediglich ein mehrjähriges Schuldendienstmoratorium. Problematisch ist ein Schuldenerlass, weil er nicht ursachenadäquat wirkt und evtl. schlechte Wirtschaftspolitik belohnt wird. Schulenerlasse sollten deshalb nur mit Auflagen getätigt werden. b) Genereller Schuldenerlass: Ein genereller Schuldenerlass wird abgelehnt, da den Ursachen der Verschuldung nicht Rechnung getragen wird und jene Entwicklungsländer dadurch begünstigt werden, die sich am stärksten verschuldet und die Kredite am wenigsten entwicklungswirksam verwendet haben.
Schwarzer Freitag, Kurszusammenbruch (Börsenkrach), der sich an einem Freitag ereignet, einem seit 1873 als besonders kritisch angesehenen Wochentag. Der Schwarze Freitag vom 9.5.1873 leitete den Krach der Gründerjahre ein; bekannte Schwarze Freitage aus neuerer Zeit sind der 13.5.1927 und der 25.10.1929, die den Zusammenbruch der New Yorker Börse bedeuteten und die Weltwirtschaftskrise (19291931) auslösten.
Schuldenpolitik, planvoller Einsatz der
Schwarzmarkt, Preisfunktionen.
staatlichen Schuldenaufnahme zur Finanzierung der Staatstätigkeit und Umsetzung von allokativen und stabilisierungspolitischen Zielen der Wirtschaftspolitik. Maßnahmen: Debt Management, Deficit Spending.
Schutzzollpolitik, Entwicklungspolitik. schwaches Pareto-Prinzip, Anforderung
an Abstimmungsregeln, die sicherstellt, dass, wenn alle Mitglieder der Gruppe eine Alternative A gegenüber einer Alternative B vorziehen, dies auch für die kollektive Präferenzrelation gilt. Vgl. Arrow-Paradoxon.
Schweinezyklus, vom Institut für Kon-
junkturforschung festgestellter regelmäßiger drei- bis vierjähriger Schweinepreiszyklus verbunden mit einer entsprechenden Variation der Schweinebestände. Hervorgerufen wird der Schweinezyklus durch eine verzö-
Schwellenländer gerte Anpassung des Angebots an den Marktpreis ( Lag). Ein hoher Preis für Schweinefleisch führt zu gesteigerter Aufzucht; das größere Angebot erscheint nach etwa 18 Monaten (3 Monate Reaktionszeit der Landwirte, 15 Monate zwischen Ferkelzeugung und Schlachtreife) auf dem Markt, kann aber nun nur zu niedrigen Preisen abgesetzt werden. Darauf sinkt das Angebot, und die Preise steigen, bis ein neuer Schweinezyklus beginnt. Klassisches Beispiel für das Spinnwebtheorem. Schwellenländer, Newly Industrializing Countries, nicht exakt definierte Bezeichnung von Ländern auf dem Wege zur Industrialisierung. regionale Wirtschaftsstruktur, regionale Fördergebiete.
Schwerpunktorte,
Schwerstbeschädigtenzulage, Kriegs-
opferversorgung. Second Best, Theorie des Zweitbesten. Seigniorage, Münzgewinn. Das Monopol der Basisgeldschöpfung ( Theorie des Geldangebots) sichert dem Staat einen realen Monopolgewinn, der dem privaten Sektor Ressourcen entzieht. Sektor, Wirtschaftssektor, Sektoren der Volkswirtschaft. sektorale
Beschäftigungsstruktur,
sektorale Wirtschaftsstruktur. sektorale Investitionsstruktur, sekt-
orale Wirtschaftsstruktur. sektorale Produktionsstruktur, sekt-
orale Wirtschaftsstruktur. sektoraler Strukturwandel. 1. Begriff: Verschiebungen in der sektoralen Wirtschaftsstruktur als Folge unterschiedlich starken Wachstums der einzelnen Wirtschaftszweige. Ein sektoraler Strukturwandel vollzieht sich längerfristig und zeichnet sich durch weitgehend stabile Grundtendenzen aus. Strukturelle Verschiebungen sind deshalb überwiegend dauerhaft. 2. Messung. Der sektorale Strukturwandel wird üblicherweise anhand der Veränderungen in den prozentualen Anteilen (Sektoranteilen) der
390 Wirtschaftszweige am Sozialprodukt oder an den Gesamtbeschäftigten beschrieben. sektorale Strukturpolitik, sektorale Wirt-
schaftspolitik, Sektorpolitik. 1. Begriff: Sektorale Strukturpolitik bezeichnet die Gesamtheit aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die auf die Entwicklung der sektoralen Wirtschaftsstruktur Einfluss nehmen. 2. Ziele: Allgemeines Ziel der sektoralen Strukturpolitik ist es, die Richtung und/oder das Tempo des sektoralen Strukturwandels zu verändern. Im Unterschied zur Globalsteuerung zielt die sektorale Strukturpolitik somit auf die Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten einzelner Wirtschaftszweige. Dabei kann es darum gehen, den marktgesteuerten Strukturwandel aufzuhalten oder zumindest abzubremsen. Dieses Ziel kennzeichnet man als Erhaltungspolitik oder auch als konservierende Strukturpolitik. Geht es umgekehrt darum, den Strukturwandel voranzutreiben und den Unternehmen die Anpassung an veränderte Marktgegebenheiten zu erleichtern, so spricht man von Anpassungspolitik. Eine Gestaltungspolitik besteht darin, den Strukturwandel, u. U. auch gegen die endogenen Kräfte des Marktes, in eine bestimmte Richtung zu lenken. In Deutschland sind Ziele und Aufgaben der sektoralen Strukturpolitik nicht gesetzlich geregelt. Im Jahr 1968 wurden allerdings von der Bundesregierung Grundsätze der sektoralen Strukturpolitik formuliert, die weitgehend mit dem später von der OECD entwickelten Leitbild einer positiven Anpassungspolitik übereinstimmen. 3. Träger: Auf Regierungsseite liegen die Kompetenzen für sektorale Strukturpolitik überwiegend bei den Wirtschaftsministerien, teilweise aber auch bei speziellen Ressorts wie Landwirtschaft, Verkehr, Technologie. Sektorale Strukturpolitik wird sowohl auf Bundes- wie auch Landesebene betrieben, daneben hat die Europäische Union ( EU) zunehmend strukturpolitische Kompetenzen an sich gezogen. Die EU nimmt insbes. Einfluss auf die sektorale Strukturpolitik über die Agrarpolitik, die Handelspolitik sowie bei Maßnahmen zugunsten sensibler Wirtschaftsbereiche (Kohle, Eisen, Stahl, Textilien u. Ä.). Generell überwacht die EU nationale sektorale Strukturpolitik im Rahmen ihrer Beihilfenkontrolle. Andererseits beteiligt sich die EU an der nationalen sektoralen Strukturpolitik durch Bereitstellung finanzieller Mittel für Fördermaßnahmen aus
391 verschiedenen Strukturfonds. Hier kommen insbes. Teile des Agrarfonds (Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft) zur Förderung von Investitionen zur Umstrukturierung ländlicher Räume sowie Mittel des Europäischen Sozialfonds ( ESF) für Umschulungsmaßnahmen bei Beschäftigten aus schrumpfenden Industrien in Frage. 4. Instrumente: a) ordnungspolitische Instrumente: (1) Eingriffe in die Wettbewerbsordnung, z. B. Schutz vor ausländischer Konkurrenz durch Importbeschränkungen, zeitlich befristete Tolerierung kartellartiger Absprachen zwischen Unternehmen eines unter Strukturproblemen leidenden Wirtschaftszweigs (Strukturkrisenkartelle). Schaffung von wettbewerblichen Ausnahmebereichen durch Regulierung. (2) Eingriffe in die Eigentumsordnung, z. B. Verstaatlichung notleidender, nicht mehr wettbewerbsfähiger Unternehmen. b) Prozesspolitische Instrumente: (1) Festlegung von Produktionsmengen, Preisen oder auch Beschränkung von Produktionskapazitäten. Als direkte Eingriffe in die unternehmerische Entscheidungsautonomie mit marktwirtschaftlichen Prinzipien an sich unvereinbar, werden solche Instrumente im Zusammenhang mit anderen marktlenkenden Maßnahmen dennoch eingesetzt (z. B. garantierte Absatzmengen in der Agrarpolitik, Gewährung staatlicher Beihilfen an die Stahlindustrie innerhalb der EU nur bei Einhaltung nationaler Produktionsquoten). (2) Begünstigung einzelner Sektoren durch Verbesserung der Absatzbedingungen. Dies kann durch die Nachfrage des Staates geschehen (z. B. Förderung der Bauwirtschaft durch staatliche Bauaufträge). Die volkswirtschaftliche Nachfragestruktur kann durch selektive steuerliche Maßnahmen (z. B. Reduzierung bestimmter Verbrauchsteuern) beeinflusst werden. Förderung des Absatzes inländischer Produzenten durch Schutz vor Importkonkurrenz über die Erhebung von Zöllen (innerhalb der EU i. d. R. nicht möglich, nach den Regeln des GATT auch gegenüber sonstigen Staaten nur noch sehr begrenzt einsetzbar); Förderung des Auslandsabsatzes ( Exportförderung). (3) Verbesserung der Angebotsbedingungen, insbes. durch Entlastung der Unternehmen bei den Produktions- und/oder Investitionskosten ( Wirtschaftsförderung). Eine Verbesserung der Angebotsbedingungen kann auch durch die Infrastrukturpolitik des
sekundäre Einkommensverteilung Staates oder andere staatliche Vorleistungen, z. B. in der Forschung und Entwicklung, bewirkt werden. sektorale Wirtschaftspolitik, sektorale
Strukturpolitik. sektorale Wirtschaftsstruktur, Betrachtung volkswirtschaftlicher Merkmale in ihrer sektoralen Zusammensetzung. 1. Zusammensetzung der gesamtwirtschaftlichen Produktion ( Sozialprodukt) aus den Bruttowertschöpfungsbeiträgen einzelner Sektoren: Sektorale Produktionsstruktur. Auf hoher Aggregationsstufe werden drei Sektoren unterschieden (primärer Sektor, sekundärer Sektor, tertiärer Sektor). Stärker disaggregierte Betrachtung auf der Ebene der Wirtschaftszweige (60 Sektoren). 2. Verteilung der Erwerbstätigkeit auf die verschiedenen Sektoren: Sektorale Beschäftigungsstruktur. 3. Verteilung der Investitionen auf die Sektoren: Sektorale Investitionsstruktur. Sektoren der Volkswirtschaft. 1. Zu-
sammenfassung wirtschaftlicher Institutionen im Rahmen Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen ( VGR) zur kontenmäßigen Darstellung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit: a) Unternehmen: Unternehmenssektor (erwerbswirtschaftliche Betriebe sowie von öffentlichen Körperschaften betriebene oder kontrollierte Organisationen und Einrichtungen, die Güter für den Markt erzeugen und zu einem Preis anbieten, der zumindest die Herstellkosten decken soll); b) Staat: öffentlicher Sektor (einschl. Sozialversicherung, neben Verwaltung und Gerichtsbarkeit auch Schulen, Militär und Gesundheitspflege); c) private Haushalte sowie private Organisationen ohne Erwerbszweck: privater Sektor (Einzelpersonen und Familien, die Inländer sind, sowie Organisationen, deren Leistungen vorwiegend privaten Haushalten dienen und die sich überwiegend aus freiwilligen Zahlungen von privaten Haushalten finanzieren). 2. Entwicklungstheoretische Gliederung: primärer Sektor, sekundärer Sektor und tertiärer Sektor. Einer tieferen Gliederung bedient sich die Systematik der Wirtschaftszweige. sekundäre Einkommensverteilung, Sekundärverteilung, personelle Einkommensverteilung, die von der primären Einkommensverteilung, d.h. von der Verteilung
Sekundärenergieträger
392
der Markteinkommen ausgehend, durch staatliche Umverteilungsmaßnahmen ( Verteilungspolitik) als neue Verteilung der Nettoeinkommen (= Markteinkommen abzüglich aller direkten Abgaben plus staatliche Transferleistungen) resultiert. Sekundärenergieträger, Energieträger. sekundärer Sektor, industrieller Sektor, entspricht in der institutionellen Abgrenzung der Statistik der Wirtschaftszweige dem produzierenden Gewerbe: Energie-, Wasserwirtschaft, Bergbau, Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe. Vgl. auch sektoraler Strukturwandel, Drei-Sektoren-Hypothese, Sektoren der Volkswirtschaft. Sekundärverteilung, sekundäre Ein-
kommensverteilung. Selbstbeschränkungsabkommen,
Branchenabkommen, Umweltpolitik. versicherungstechnisches Instrument, um das moralische Risiko ( Moral Hazard) bei Versicherungen durch Überinanspruchnahme zu minimieren. Selbstbeteiligung in den Sozialversicherungen: Lohnersatzquote.
Selbstbeteiligung,
Selbstverstärker, Begriff der Konjunk-
turtheorie. Exogen verursachte Störungen des Gleichgewichts werden durch die endogenen Kräfte einer Wirtschaft verstärkt ( Akzelerator). Senioritätsprinzip, Begriff der Umwelt-
und Ressourcenökonomik für ein Verfahren, bei dem über eine Zuteilung von Ressourcen bzw. Emissionsrechten nach der Dauer entschieden wird, für die die Interessenten eine Anspruchsberechtigung besitzen. Das Senioritätsprinzip impliziert in Belastungsgebieten eine Diskriminierung von Neuanlagen bzw. Neuemittenten und ist daher wachstums- und strukturpolitisch bedenklich. Separationstheorem, Kapitalmarktthe-
orie. Separationstheorie, Körperschaftsteu-
er. Servicewettbewerb. Unter Service versteht man Dienstleistungen eines Herstellers
oder Händlers, die er seinem Abnehmer entweder im Zusammenhang mit dem Kauf eines Produktes oder davon unabhängig als eigenes Gut anbietet. Service (z. B. Verkaufsberatung, Garantieleistungen) kann im Zusammenhang mit dem Kauf eines Produktes gesehen werden (Bundle Theory). Insoweit steht der Service in engem Zusammenhang mit der Produktqualität und wirft im Hinblick auf die Steuerung des Wettbewerbsprozesses die gleichen Probleme wie der Qualitätswettbewerb auf (Transparenz, Rechenbarkeit und Verzögerungen bei der Anpassung). Davon unterschieden werden muss der Service, der unabhängig von dem Kauf eines Produktes vom Verkäufer oder von selbstständigen Serviceunternehmen angeboten wird (z. B. technischer Kundendienst). Insoweit ist Service unabhängig von der Produktqualität. Service bekommt dann den Charakter eines selbstständigen Gutes, für welches mit Preis, Qualität und Werbung Wettbewerb betrieben werden kann. Vgl. auch Preis-, Nicht-Preiswettbewerb, Wettbewerbstheorie. Sicherheit, Ordnungsökonomik. Sicherung der Familie und von Kindern. 1. Begriff: Nach dem Grundgesetz
stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz des Staates. Leistungen der sozialen Sicherung sind deshalb so ausgestaltet, dass sie der besonderen Lage von Familien und Kindern Rechnung tragen. Die Abgrenzung dieses Sicherungsbereichs hängt entscheidend vom Familien- und Kinderbegriff ab, wobei unstrittig ist, dass zur Familie (im Sinne einer nicht nur Hausgemeinschaft, sondern auch Unterhaltsgemeinschaft) mindestens zwei Personen unterschiedlicher Generationen gehören und dass zu unterhaltende Kinder auch älter als 18 Jahre sein können. Dementsprechend sind kinderlose Ehepaare, die selbst volljährig sind und z. B. durch das Ehegattensplitting in den Genuss von ehebezogenen Leistungen kommen, konsequenterweise hier auszunehmen. (Streiten lässt sich allerdings darüber, ob ehebezogene Leistungen an Ehepaare mit Kindern zur Sicherung von Familien gehören oder nicht. Da sie auch kinderlosen Ehepaaren zugutekommen, sollte man sie sinnvollerweise ausklammern.) Dagegen zählen eine alleinerziehende Mutter oder ein Ehepaar mit Adoptiv- oder Pflegekind(ern) zweifellos zur
393
situationsbezogene Verschuldungsregel
Sicherung von Familien, ebenso aber auch ein Kind, das (unterstützt durch Leistungen der staatlichen Jugendhilfe) in einem Kinderheim aufwächst, zur Sicherung von Kindern. 2. Leistungsbereiche der sozialen Sicherung von Familien und Kindern umfassen aufgrund der obigen Abgrenzung sowohl (1) alle familienbezogenen Leistungen, insbesondere die Grundsicherung von Familien im Rahmen der Sozialen Mindestsicherung, den Familienlastenausgleich und die Familienförderung, als auch die (2) Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe.
Signalwirkungen, veränderte Verhaltensweise der Wirtschaftssubjekte schon während der Diskussion einer Steuerrechtsänderung bzw. einer Neueinführung mit dem Ziel, die Steuerzahlung durch zeitliche, räumliche oder sachliche Substitutionsprozesse zu vermeiden oder zu mindern. Beispiel: Vorziehen von Käufen bei drohender Erhöhung spezieller Verbrauchssteuern.
Sicherung im öffentlichen Dienst. 1.
dell Prognose der Veränderung der endogenen Variablen bei einer Änderung der exogenen Variablen.
Begriff: Sozialleistungen öffentlicher Arbeitgeber (Bund, Länder und Kommunen) an ihre Beamten, Angestellte und Arbeiter; Teilsystem der sozialen Sicherung (Arbeitgebersäule). 2. Leistungen für Beamte, Richter und Soldaten: a) Grundsatz: Der Dienstherr hat seine Beamten und dessen Familie verfassungsgemäß nach dem Alimentationsprinzip zu besolden und zu versorgen. b) Besoldungsrechtliche Leistungen: (1) Verheiratetenzuschlag, (2) Kinderzuschlag, (3) Ortszuschlag, (4) Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall, (5) Beihilfe für Krankheitskosten (Erstattung zwischen 50 % und 70 %, der Rest ist durch eine private Krankenversicherung abzudecken) und (6) Beitragserstattung für Kranken- und Pflegeversicherung nach der Elternzeitverordnung. c) Versorgungsrechtliche Leistungen: (1) Verheiratetenzuschlag, (2) Kinderzuschlag, (3) Kindererziehungszuschlag (4) Ortszuschlag (5) Beihilfe für Krankheitskosten (Erstattung 70 %, der Rest ist durch eine private Krankenversicherung abzudecken), (6) Witwen/Witwergeld und (7) Waisengeld. 3. Leistungen für Angestellte und Arbeiter: a) Grundlage sind für die Angestellten und Arbeiter des Bundes und der Kommunen der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und der Länder der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Für Hessen und Berlin gilt weiter BAT. b) Tarifliche und gesetzliche Leistungen: (1) Ortzuschlag mit Ehegatten/Partnerzuschlag und Kinderzuschlag; (2) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Sichteinlagen, Einlagen auf Girokonten, über die auf Sicht, d. h. ohne vorherige Kündigung, verfügt werden kann.
Siebener-Gruppe, Siebener-Club, G 7.
Simulation, in einem ökonometrischen Mo-
Sitten. Sitten, lat. mores, bezeichnen Ge-
bräuche, Konventionen, Regeln, die das Handeln leiten oder leiten sollen. Sitten sind oft mit Moral äquivalent ( Ethik). Sittlichkeit. Im Unterschied zu der auf individueller Autonomie und Gewissen (allein) gegründeten Moralität bezeichnet Sittlichkeit seit G. W. F. Hegel die in Recht und historisch-kulturell bestimmten Institutionen inkorporierte Normativität. Situationsanalyse, Begriff der Theorie der Wirtschaftspolitik. Elemente: 1. Diagnose: Beschreibung und Erklärung der jeweiligen wirtschaftlichen Lage sowie Aufzeigen und Erklären von Abweichungen zwischen dem erwünschten Zustand (wirtschaftspolitisches Ziel) und der realen Situation. Vgl. Konjunkturdiagnose, Jahresgutachten (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR)). 2. Status-quo-Prognose: Vorhersage über die Fortentwicklung der Situation, wenn keine wirtschaftspolitischen Eingriffe vorgenommen werden. 3. Wirkungsprognose, Entscheidungsprognose: Vorhersage möglicher Wirkungen der in der jeweiligen Wirtschaftslage zur Zielerreichung vorgeschlagenen wirtschaftspolitischen Instrumente oder Programme ( Konjunkturprognose). situationsbezogene Verschuldung,
Deckungsgrundsatz. situationsbezogene Verschuldungsregel, Haushaltssystematik, Last der
Staatsverschuldung.
Skalenelastizität Skalenelastizität, Verhältnis zwischen relativer Änderung des Outputs und der sie auslösenden relativen Änderung des Faktoreinsatzniveaus bei proportionaler Faktorvariation ( Produktionstheorie). Skalenertrag, Niveaugrenzprodukt, Returns to Scale, Änderung des Outputs (Produktionsertrags) bei gegebener Produktionstechnik und proportionaler Faktorvariation. Wächst die Produktionsmenge proportional/überproportional/unterproportional zum zusätzlichen Faktoreinsatz, spricht man von konstanten/steigenden/sinkenden Skalenerträgen (Constant/Increasing/Decreasing Returns to Scale). Vgl. auch Skalenelastizität.
394 körperliche und mentale Gesundheit, Erwerbs- und Familienbiographien, Kinderbetreuung und Bildungsbeteiligung, Erwerbsbeteiligung und berufliche Mobilität, Einkommensverläufe, Haushaltszusammensetzung, Wohnsituation, gesellschaftliche Partizipation und Zeitverwendung und Lebenszufriedenheit. In jährlich wechselnden Schwerpunktthemen werden darüber hinaus Informationen bereitgestellt über Familie und soziale Dienste, Weiterbildung und Qualifikation, soziale Sicherung sowie Energie und Umweltverhalten. SOEP-Daten dienen z. B. auch der Analyse der personellen Einkommensverteilung, der Ermittlung von Äquivalenzeinkommen und Armutsquoten. Solidarität. Der Begriff Solidarität fand
Slutsky-Hicks-Gleichung, teilt im Rah-
men der mikroökonomischen Haushaltstheorie die Nachfragereaktion eines Haushalts auf eine Preisänderung für ein Gut in einen Einkommenseffekt und einen Substitutionseffekt auf. Dabei kann der Einkommenseffekt je nach Einkommenselastizität der Nachfrage des Gutes den Substitutionseffekt verstärken ( superiore Güter), abschwächen ( inferiore Güter) oder im Falle des Giffen-Paradoxons auch überkompensieren. Snobeffekt, bezeichnet in der Haus-
haltstheorie eine Nachfrageinterdependenz und stellt als Gegenteil des Mitläufereffektes das Ausmaß dar, in dem die Nachfrage nach einem Gut aufgrund des Konsums durch andere Personen abnimmt. Social Fiscal Policy, Ergänzung der tradi-
tionellen fiscal policy unter expliziter Berücksichtigung der finanzpolitischen Allokations- und Distributionsfunktion. social goods, öffentliche Güter. SOEP, Sozio-ökonomisches Panel, repäsentative Längsschnittstudie privater Haushalte in Deutschland auf Stichprobenbasis, das für die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Grundlagenforschung Mikrodaten zur Verfügung stellt. Die jährliche Befragung von Deutschen, Ausländern und Zuwanderern wird seit 1984 vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin durchgeführt. Das SOEP liefert jährlich Informationen u. a. über Persönlichkeitsmerkmale,
ursprünglich im Recht als Solidarhaftung wechselseitig für das Ganze haftend Verwendung und ist seit dem 19. Jh. in die Sozialphilosophie, Ökonomik und in den öffentlichen Sprachgebrauch eingegangen. In der Arbeiterbewegung galt Solidarität als Leitbegriff, als Losungswort, unter dem sich die Arbeiter in sozialen Auseinandersetzungen sammelten. Heute wird Solidarität darüber hinaus auf andere Gruppen angewendet: Man spricht von der Solidarität mit Armen, Schwachen, Entrechteten, mit der Dritten Welt etc. In der Katholischen Soziallehre ( christliche Soziallehre) gilt Solidarität als Sozialprinzip, das auf dem grundlegenden Aufeinander-angewiesen-Sein der Menschen als Faktum beruht und daraus die Verpflichtung wechselseitiger Hilfe ableitet. Solidaritätszuschlag. Finanzpsychologisch geschickt gewählte Bezeichnung für eine Steuer, die als Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer als Bundessteuer erhoben werden darf. Entgegen der Bezeichnung, die auf eine Zweckbindung zugunsten der neuen Länder hindeuten könnte, gehört das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag (5,5 v. H. der o. a. Steuerschuld) zu den allgemeinen Deckungsmitteln. Sollertragsbesteuerung, finanzwissenschaftlicher Begriff für Steuern, die auf solche Vermögens- oder Kapitalbestände erhoben werden, bei denen lediglich unterstellt wird, sie würden Erträge abwerfen ( Sollsteuern). Sollertragsteuern, Sollsteuern.
395 Sollsteuern, Sollertragsteuern; Steuern, die an das Halten von Vermögens- oder Kapitalbeständen unabhängig von tatsächlich erzielten Erträgen anknüpfen ( Sollertragsbesteuerung). Fehlen Erträge, führen Sollsteuern zur Aufzehrung der Vermögens- und Kapitalsubstanz und werden in diesem Fall auch als Substanzsteuern bezeichnet. Sonderabgaben. Abgaben, die nur einer Gruppe auferlegt werden; i. d. R. erhoben als Ausgleichsabgabe (z. B. Abwasserabgabe, Ausbildungsplatzabgabe, Schwerbehindertenabgabe), Branchenabgaben oder Fondbeiträge. Das Abgabenaufkommen ist gruppennützig zu verwenden, d. h. die Gelder müssen der gleichen Gruppe wieder zufließen. Sonderabgaben dürfen nicht wie die Steuer zur Finanzierung allgemeiner Staatsausgaben herangezogen werden; das Nonaffektationsprinzip gilt nicht. Sonderabschreibungen. 1. Begriff: Die begriffliche Bestimmung von S. ist umstritten. Bei Sonderabschreibungen i. e. S. handelt es sich um Bewertungsfreiheiten, d. h. es können alternative gesetzlich zulässige Bewertungen vorgenommen werden. Sonderabschreibungen i. w. S. sind erhöhte Absetzungen, die vom Gesetzgeber ausdrücklich erlaubt sind. 2. Wirtschaftspolitische Bedeutung: Der Gesetzgeber benutzt die Sonderabschreibungen als wirtschafts- und sozialpolitisches Steuerungsinstrument und räumt dem Steuerpflichtigen das Wahlrecht ein, Teile der zu aktivierenden Anschaffungsbzw. Herstellungskosten, die eigentlich erst in späteren Perioden durch die Leistungserstellung verzehrt werden, sofort in Abzug zu bringen und somit die ertragssteuerliche Bemessungsgrundlage zu mindern. Die Vorverlagerung vorhandenen Aufwandspotentials stellt eine erhebliche Liquiditätshilfe für den Betrieb dar, da mit der Gewinnverschiebung auf spätere Perioden auch Steuerzahlungen nachverlagert werden. Die vorerst eingesparten Steuerbeträge können damit solange anderweitig zinsbringend angelegt werden. Durch diesen sog. Zinseffekt erhöht sich die Rentabilität, wobei der Zinsvorteil umso größer ist, je länger die Nutzungs- und damit die Abschreibungsdauer ist. Bezieht man den progressiven Steuertarif in seine bilanzpolitischen Überlegungen mit ein, so erreicht man die größtmögliche Steuerminderung dann, wenn das Abschreibungspotenzial
Sonderziehungsrechte (SZR) entsprechend dem jeweiligen Steuersatz eingesetzt wird, d. h. bspw. dass bei steigendem Steuersatz die Sonderabschreibungen in späteren Perioden geltend gemacht werden sollte. Dieser sog. Steuersatzeffekt, der mit dem Zinseffekt konkurrieren, diesen aber auch ergänzen und damit verstärken kann, übt ebenso wie dieser einen wesentlichen Einfluss auf Liquidität und Rentabilität des Unternehmens aus und ist bei einem gegebenen Abschreibungspotential umso stärker, je höher der Steuersatz des Steuerpflichtigen ist. Sonderausgaben. Bestimmte, in §§ 10,
10 a EStG aufgezählte Aufwendungen, die, soweit sie nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen sind, als Kosten der Lebensführung anzusehen sind, aber aus bestimmten Erwägungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgesetzt werden können. Sondervermögen des Bundes, wirt-
schaftlich verselbstständigte, rechtlich unselbstständige Vermögensteile, die aus dem Bundesvermögen getrennt und mit eigenem Haushalt versehen sind, um Aufgaben zu erfüllen, die sonst das Budget hätte übernehmen müssen. Bestandteile: ERPSondervermögen, Ausgleichsfonds, Lastenausgleichsfonds, Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, Ufa-Abwicklungserlös (Filmförderungsfonds entstanden durch die Liquidation der Filmgesellschaft Ufa), Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes, Ausgleichsfonds zur Eingliederung Schwerbehinderter, Fonds Deutsche Einheit, Erblastentilgungsfonds, Entschädigungsfonds. Sonderziehungsrechte (SZR), von den Mitgliedsländern des IWF 1967 durch Vereinbarung geschaffene und erstmals 1970 zugeteilte internationale Währungsreserven. SZR stellen einen Buchkredit dar, den der IWF den Mitgliedern im SZR-System entsprechend ihrer IWF-Quoten einräumt. 1. Handhabung: Bei Finanzbedarf wendet sich ein Mitglied an den IWF, der ein anderes Mitglied mit starker Zahlungsbilanz auffordert, seine SZR in konvertierbare Währung umzutauschen. Anfänglich durften nur 70 %, später 85 % der Quote im 5-JahresDurchschnitt langfristig verwendet werden. SZR-annehmende Länder haben nur die
Sonnenflecken Pflicht, bis 200 % der eigenen Zuteilung anzunehmen. SZR stellen internationale Liquidität dar, die nicht durch Exporte verdient werden müssen. Sie ermöglichen einen Kredit ohne Auflagen. Seit 1970 wurden in 6 Raten bis 1981 insgesamt 21,4 Mrd. SZR ausgegeben, was ca. 3 % aller Währungsreserven der Fonds-Mitglieder entspricht. Im September 1997 verabschiedete das Exekutivdirektorium des IWF eine Entschließung zur Änderung des IWF-Übereinkommens, um eine besondere einmalige Zuteilung von SZR vornehmen zu können. 2. Bewertung: Anfänglich entsprach das SZR 1 US-Dollar. Ab 1.7.1974 wurde nach einer Korbbewertung verfahren (16 wichtigste Währungen). Seit Januar 1981 enthält der Korb nur noch die Währungen von fünf Ländern (Frankreich, Deutschland, Japan, Vereinigtes Königreich und USA). Mit der Einführung des Euro am 1.1.1999 wurden die Währungsbeträge der DM und des FF durch den Euro ersetzt. Der Wert des SZR in US-Dollar wird täglich auf der Grundlage der auf dem Londoner Markt notierten Wechselkurse ermittelt. 3. Probleme und Bedeutung: Um Inflation zu vermeiden, blieb die Schaffung von SZR begrenzt, so dass sie als internationale Zahlungsmittel keine große Bedeutung haben. Entwicklungsländern verschaffen sie Kreditmöglichkeiten, daher setzen sie sich für eine Erhöhung der SZR-Zuteilungen ein, wobei sie den Entwicklungsländern als Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt werden sollen. Eine Zuteilung von SZR bedarf der Zustimmung von 85 % der Quoten des IWF. Sonnenflecken, Sunspots. Souveränitätsprinzip, internationales
Steuerrecht. Sozialbeiträge, Lohneinkommen. Sozialbeitragsquote, Sozialbeiträge in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt; finanzpolitische Kennziffer zur Quantifizierung der relativen Belastung mit Sozialbeiträgen. Zusammen mit der Steuerquote bildet sie die Abgabenquote. Vgl. auch Sozialleistungsquote. Sozialberichterstattung. 1. Begriff: Meist
periodische Berichterstattung von Trägern der staatlichen Sozialpolitik, Statistischen
396 Ämtern und sozialpolitischen Institutionen und Verbänden, welche den Zustand und Veränderungen der Lebensbedingungen der Bevölkerung anhand von Statistiken und Befragungen misst, beschreibt, analysiert und bewertet. Ziele der Sozialberichterstattung sind die kontinuierliche Beobachtung des sozialen Wandels, die Aufklärung der Öffentlichkeit und die Bereitstellung quantitativer Informationen für Politik und Gesellschaft. 2. Entwicklung: (1) Zunächst bediente sich die Sozialberichterstattung in der BRD ausschließlich objektiver Sozialindikatoren über Bevölkerung, Bildung, Erwerbstätigkeit und Einkommen. (2) Mit der in den 70er-Jahren aufkommenden Meinungsforschung fand eine methodische Erweiterung durch subjektive Indikatoren statt, wodurch auch Wahrnehmungen und Einstellungen der Bevölkerung (z.B. deren Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen) gemessen und analysiert wurden. (3) In den 80er-Jahren entwickelte das Konzept der Sozialberichterstattung vom Klassen- und Schichtmodell weiter hin zum mehrdimensionalen Lebenslagenlagenkonzept, in dem z.B. Armut nicht nur auf einen Mangel an finanziellen Ressourcen, sondern auch auf einen Mangel an Verwirklichungs- und Teilhabechancen bezogen wurde. Pioniere der Armutsberichterstattung als Teil der Sozialberichterstattung waren die Kommunen. Die kommunale Armutsberichterstattung bildet die Grundlage der örtlichen Sozialplanung. (4) Im Jahre 1990 wurde erstmals die soziale Lage der Bevölkerung in der DDR analysiert und die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ab Mitte der 90er-Jahre begannen die Länder damit, Sozialberichte zu erarbeiten und zu veröffentlichen. Dabei handelte es sich überwiegend um Armutsberichte oder Berichte zur sozialen Lage der Bevölkerung, die in der Regel auf Forschungsaufträgen basierten. Auch die statistischen Landesämter sind häufig an der Erarbeitung der Landessozialberichte beteiligt. (5) Im Jahr 2000 erteilte der Deutsche Bundestag der Bundesregierung den Auftrag, in jeder Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht vorzulegen. Der erste Bericht Lebenslagen in Deutschland wurde 2001 veröffentlicht, der zweite Bericht folgte im März 2005 und der dritte im Juli 2008. Mit diesen jeweils mehreren hundert Seiten umfassenden Berichten wurde erstmals eine detaillierte Analyse der sozialen Lage in ganz
397 Deutschland mit national vergleichbaren Standards vorgelegt. Zielsetzung einer regelmäßigen Armuts- und Reichtumsberichterstattung sind laut Bundesregierung u. a. die Bestandsaufnahme und Analyse der sozialen Realität auf der Basis von empirisch-statistischem Material und wissenschaftlichen Untersuchungen sowie die Darstellung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. (6) Die Anbindung der nationalen Armuts- und Reichtumsberichterstattung an die Sozialschutzaktivitäten auf EU-Ebene zeigt sich in der Verwendung der sog. Laeken-Indikatoren ab dem zweiten Bericht. Dabei handelt es sich um 18 soziale Indikatoren, die 2001 vom Europäischen Rat verabschiedet wurden und seitdem eine zentrale Rolle bei der regelmäßigen Sozialberichterstattung auf europäischer Ebene spielen. 3. Standardwerke auf Bundesebene sind neben dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung die amtlichen Sozialberichterstattungen einzelner Bundesministerien, auf nichtamtlicher Ebene solche von Wohlfahrtsverbänden, die sich auf die Armutsberichterstattung konzentrieren, und von Sozialforschungsinstituten, die verschiedene Themenbereiche in die Berichterstattung einbeziehen. Ein weiteres Standardprodukt der Sozialberichterstattung ist der erstmals 1985 publizierte Datenreport als Gemeinschaftsveröffentlichung von Statistischem Bundesamt, dem Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen Mannheim (ZUMA), dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und der Bundeszentrale für politische Bildung. Ziel des Reports ist, eine Brücke zwischen amtlicher Statistik und empirischer Sozialforschung zu schlagen und die im zweijährigen Rhythmus erscheinende Sozialberichterstattung in Form einer umfassenden Darstellung der Lebensbedingungen und dem subjektiven Wohlbefinden in Deutschland und Europa zu etablieren. Der jüngste Datenreport ist 2008 erschienen. Sozialbudget. Das Sozialbudget der Bundesregierung gibt einen jährlichen quantitativen Überblick über die 1. Sozialleistungen (1) nach Arten: Sozialschutzleistungen (Einkommensleistungen, Sachleistungen), Verwaltungsausgaben und Sonstige Ausgaben, (2) nach Funktionen (Krankheit, Invalidität, Alter, Hinterbliebene, Kinder, Ehegatten, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit, Wohnen, All-
Soziale Frage gemeine Lebenshilfen) und (3) nach Institutionen (Sozialversicherungssysteme, Sondersysteme, Systeme des öffentlichen Dienstes, Arbeitgebersysteme, Entschädigungssysteme, Förder- und Fürsorgesysteme, Steuerliche Leistungen) sowie über die 2. Finanzierung (1) nach Arten (Sozialbeiträge der Arbeitgeber und Versicherten, Zuschüsse des Staates und sonstige Einnahmen) und (2) nach Quellen (Unternehmen, Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherung, Private Organisationen, Private Haushalte, Übrige Welt). Außerdem wird die Sozialleistungsquote ausgewiesen. Sozialcharta, Sozialcharta der EU: Der Europäische Rat hat 1989 hat gegen die Stimme Großbritanniens eine Gemeinschaftscharta der Sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer beschlossen. Darin wurde zum Ausdruck gebracht, dass der wirtschaftliche Integrationsprozess auch von einer Weiterentwicklung der gemeinschaftlichen Sozialpolitik begleitet sein soll. Die Sozialcharta hat keine rechtlichen Bindungswirkungen und stellt lediglich eine politische Absichtserklärung dar.
soziale Bewegungen. Soziale Bewegungen wie Gewerkschaften, Umwelt- und Frauengruppen spielen in der Wirtschaftsethik im Prozess der Ausbreitung moralischer Innovationen eine zentrale Rolle. soziale Entschädigung, Kriegsopfer-
fürsorge, Kriegsopferversorgung, soziale Rechte, soziale Sicherung, Wiedergutmachung. Soziale Frage, Frage nach ausgewogenen Verhältnissen zwischen verschiedenen wirtschaftlichen Berufsgruppen (z. B. Agrar-, Handwerker-, Arbeiterfrage). Im 19. und 20. Jh. galt als Soziale Frage die Integration der neuzeitlich entstandenen Arbeiterklasse in ein geordnetes Gesamtsystem und die Bekämpfung der ökonomischen Verelendung breiter Bevölkerungsschichten; auch heute gilt z. T. dies als Anliegen der Sozialpolitik (insbes. Institution und Qualität des freien Arbeitsvertrages). Das Problem einer sozial schwachen Arbeiterklasse erscheint allerdings als nicht mehr gegeben (u. a. wegen der staatlich geschützten Entstehung von Interessenverbänden, Gewerkschaften und Parteien); andere soziale Schichten sind
soziale Gerechtigkeit dagegen notleidend geworden oder gefährdet (z. B. alleinstehende Mütter, alte Menschen, Behinderte; sog. neue Soziale Frage). soziale Gerechtigkeit, Gerechtigkeit. Indikatoren. Messziffern, die Aussagen über Zustand und Entwicklung gesellschaftlicher Anliegen ermöglichen sollen. Der Begriff wird unterschiedlich weit gefasst; Abhängigkeit von der Zielsetzung eines Systems von sozialen Indikatoren: Wohlfahrtsmessung (Lebensqualität), Dauerbeobachtung des sozialen Wandels sowie Prognose und Steuerung gesellschaftlicher Prozesse. Soziale Indikatoren haben in vielen Ländern mit der Publikation von entsprechenden Datenhandbüchern und Berichten eine Verbesserung der Sozialberichterstattung gebracht.
soziale
soziale Kosten, volkswirtschaftliche Kos-
ten. 1. Summe aus privaten Kosten und externen Kosten. 2. Bisweilen wird der Begriff jedoch auch als Synonym für externe Kosten verwendet. Soziale Marktwirtschaft. 1. Charakterisierung: Von A. Müller-Armack und L. Erhard konzipiertes wirtschaftspolitisches Leitbild, das ab 1948 in der BRD verwirklicht worden ist. Es greift die Forderung des Ordoliberalismus ( Freiburger Schule) nach staatlicher Gewährleistung einer funktionsfähigen Wettbewerbsordnung auf, ergänzt jedoch den Katalog wirtschaftspolitischer Staatsaufgaben unter Betonung sozialpolitischer Ziele. Mit diesem Leitbild wird versucht, Ziele und Lösungsvorschläge des Liberalismus, der christlichen Soziallehre und der sozialdemokratischen Programmatik miteinander zu verbinden. Sie ist kein streng in sich geschlossenes Konzept, wodurch der Gestaltungsauftrag an die Träger der Wirtschaftspolitik umfassender und elastischer als beim Ordoliberalismus ist. 2. Aufgaben/Instrumente: Neben der Gewährleistung einer freiheitlichen Wettbewerbsordnung wird eine soziale Ausrichtung der Wirtschaftspolitik gefordert. Die Kennzeichnung als sozial erhält diese Konzeption vorrangig nicht durch eine staatliche Umverteilung von Vermögen oder Einkommenschancen, vielmehr wird eine sozialpolitisch motivierte Verteilung der Einkommenszuwächse, die durch eine sinnvolle Ordnungspolitik erst
398 ermöglicht werden, sowie eine sozialorientierte Beeinflussung der Marktprozesse bei Gewährleistung der Marktkonformität der Instrumente angestrebt. Sozial erwünschte Marktergebnisse sollen durch Beschränkung oder indirekte Beeinflussung der privatwirtschaftlichen Initiative korrigiert werden, tief greifende strukturelle Umbrüche werden mittels staatlicher Anpassungsinterventionen in ihren sozialen Folgen gemildert. Die ordoliberale These der prinzipiellen Stabilität des privatwirtschaftlichen Sektors wird nicht vollkommen geteilt und hieraus die Notwendigkeit einer maßvollen staatlichen Konjunkturpolitik abgeleitet. In den sozialpolitisch relevanten Bereichen, in denen Marktversagen zu befürchten ist (Soziale Versicherungssysteme), hat der Staat unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips unterstützend einzugreifen oder die Bereitstellung entsprechender Güter und Dienstleistungen selbst zu organisieren. Weitere Aufgaben des Staates sind eine aktive Arbeitsmarkt-, Vermögens-, Wohnungsbau- und Bildungspolitik, Gewährleistung einer sozialen Ausgestaltung der Unternehmensverfassung sowie Bereitstellung der für die soziokulturelle und wirtschaftliche Entwicklung notwendigen materiellen und immateriellen Infrastruktur. 3. Entwicklung: Seit Mitte der 60er Jahre wurde die Ordnungs- zunehmend von der Prozesspolitik verdrängt, die Fiskalpolitik erhielt Vorrang vor geldpolitischen Instrumenten und eine weitgehend paternalistische Politik der Einkommens- und Vermögensumverteilung trat an die Stelle der das Subsidiaritätsprinzip betonenden freiheitlichen Sozialordnung. soziale Mindestsicherung, Grundsiche-
rung. Die Systeme der Grund- oder Mindestsicherung dienen als Subsysteme der sozialen Sicherung in Deutschland mit ihren Leistungen nur der Sicherung des grundlegenden Lebensunterhalts. Sie umfassen die (1) Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld), (2) Sozialhilfe nach SGB XII: (a) Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen, (b) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, (3) Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und die (4) Asylbewerberleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Ende 2006 waren in Deutschland rd. 8,3 Mill. Menschen, also
399 rund 10 % der Bevölkerung auf existenzsichernde finanzielle Leistungen des Staates angewiesen, davon 94 % auf die Grundsicherung nach SGB II. Insgesamt sind 2006 für die sozialen Mindestsicherungssysteme Kosten in Höhe von 45,6 Mrd. EUR entstanden. soziale Rechte, 1. Gesetzliche Grundlage: Das Sozialgesetzbuch (SGB) der Bundesrepublik Deutschland definiert im Ersten Buch (SGB I) die sozialen Rechte, aus denen jedoch (gem. § 2 SGB I) ausdrücklich Ansprüche (auf Sozialleistungen) nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden können, als deren Voraussetzungen und Inhalte im Einzelnen durch die Vorschriften des Sozialgesetzbuches bestimmt sind. 2. Rechtsinhalte (in der Reihenfolge des SGB): a) Bildungs- und Arbeitsförderung (§3 SGB I): (1) Wer an einer Ausbildung teilnimmt, die seiner Neigung, Eignung und Leistung entspricht, hat ein Recht auf individuelle Förderung seiner Ausbildung, wenn ihm die hierfür erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stehen. (2) Wer am Arbeitsleben teilnimmt oder teilnehmen will, hat ein Recht auf 1. Beratung bei der Wahl des Bildungswegs und des Berufs, 2. individuelle Förderung seiner beruflichen Weiterbildung, 3. Hilfe zur Erlangung und Erhaltung eines angemessenen Arbeitsplatzes und 4. wirtschaftliche Sicherung bei Arbeitslosigkeit und bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. b) Sozialversicherung (§4 SGB I): (1) Jeder hat im Rahmen dieses Gesetzes ein Recht auf Zugang zur Sozialversicherung. (2) Wer in der Sozialversicherung versichert ist, hat im Rahmen der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Unfall-, und Rentenversicherung ein Recht auf 1. die notwendigen Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit und 2. wirtschaftliche Sicherung bei Krankheit, Mutterschaft, Minderung der Erwerbsfähigkeit und Alter. c) Soziale Entschädigung bei Gesundheitsschäden (§5 SGB I): Wer einen Gesundheitsschaden erleidet, für dessen Folgen die staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einsteht, hat ein Recht auf, 1. die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit und 2. angemessene
soziale Rechte wirtschaftliche angemessene Versorgung haben auch die Hinterbliebenen eines Beschädigten. d) Minderung des Familienaufwands (§6 SGB I): Wer Kindern Unterhalt zu leisten hat oder leistet, hat ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen. e) Zuschuss für eine angemessene Wohnung (§7 SGB I): Wer für eine angemessene Wohnung Aufwendungen erbringen muss, die ihm nicht zugemutet werden können, hat ein Recht auf Zuschuss zur Miete oder zu vergleichbaren Aufwendungen. f) Kinder- und Jugendhilfe (§8 SGB I): Junge Menschen und Personensorgeberechtigte haben im Rahmen dieses Gesetzbuchs ein Recht, Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen. Sie sollen die Entwicklung junger Menschen fördern und die Erziehung in der Familie unterstützen und ergänzen. g) Sozialhilfe (§9 SGBI): Wer nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt zu bestreiten oder in besonderen Lebenslagen sich selbst zu helfen, und auch von anderer Stelle keine Hilfe erhält, hat ein Recht auf persönliche und wirtschaftliche Hilfe, die seinem besonderen Bedarf entspricht, ihn zur Selbsthilfe befähigt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht und die Führung eines menschenwürdigen Lebens sichert. Hierbei müssen Leistungsberechtigte nach ihren Kräften mitwirken. h) Teilhabe behinderter Menschen (§ 10 SGB I): Menschen, die körperlich, geistig oder seelisch behindert sind oder denen eine solche Behinderung droht, haben unabhängig von der Ursache der Behinderung zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe ein Recht auf Hilfe, die notwendig ist, um 1. die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern, 2. Einschränkungen ihrer Erwerbstätigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern, 3. ihnen einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern, 4. ihre Entwicklung zu fördern und ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu
soziale Sicherung erleichtern sowie 5. Benachteiligungen auf Grund der Behinderung entgegenzuwirken. soziale Sicherung. 1. Begriff: Die soziale Sicherung in Deutschland als Summe aller tatsächlichen oder möglichen Sozialleistungen bildet die im Grundgesetz (Art. 20 und 28) verankerte sozialstaatliche Komponente unserer Wirtschaftsordnung, d.h. der sozialen Marktwirtschaft. Sie dient der Herstellung von Chancengleichheit und der Vorsorge und Absicherung von Menschen gegenüber Risiken und Ungewissheit. Dabei geht die soziale Sicherung in Deutschland (auf der Grundlage der Bismarckschen Sozialreformen) traditionell über eine soziale Mindestsicherung und bloße Sozialhilfe weit hinaus. Einen systematischen Überblick nach verschiedenen Gliederungsansätzen für Sozialleistungen (Arten, Funktionen, Institutionen und Quellen) bietet das jährliche Sozialbudget. Wir folgen hier der sog. Säulensystematik, welche die Sozialleistungen nach Institutionen und Finanzierungsquellen ordnet. 2. Säulen der Sozialen Sicherung: a) BeveridgeSäule: (1) Nach dem britischen Wirtschaftswissenschaftler und Sozialreformer William Beveridge (1879-1963) ( Beveridge-Kurve) benanntes Sozialmodell, in dem Sozialleistungen aus Steuermitteln finanziert werden. (2) Gestaltungsgrundsätze: (a) Fürsorgeprinzip: Danach werden den Betroffenen nach dem Eintritt eines Schadensfall oder einer Notlage nach einer Bedürftigkeitsprüfung (unabhängig von der Schuldfrage) staatliche Leistungen gewährt. (b) Subsidiaritätsprinzip: Bedürftigkeit setzt jedoch voraus, dass der Betroffene zunächst alle Möglichkeiten zur privaten Selbsthilfe ausschöpft. (c) Solidaritätsprinzip: Die Finanzierung aus Steuereinnahmen setzt die Solidarität der Steuerzahler zur Umverteilung zugunsten der Hilfsbedürftigen voraus. (3) Anwendung in Deutschland: (a) Entschädigungsleistungen: soziale Entschädigung von Gewaltopfern ( Kriegsopferversorgung), Lastenausgleich, Wiedergutmachung und sonstige Entschädigungen; (b) Fürsorgesysteme: Sozialhilfe, Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II und Sozialgeld), Kinder- und Jugendhilfe, Kriegsopferfürsorge, Sicherung der Familie und von Kindern (Elterngeld, Kindergeld und -zuschlag), Wohngeld; (c) Fördersysteme ( Ausbildungsförderung, Vermögensbildungsförderung); (d) Zuschüsse zur Sozialversi-
400 cherung; b) Bismarcksäule: (1) In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts legte Bismarck das Fundament für das moderne, überwiegend durch die Pflichtbeiträge der Zwangsmitglieder finanzierte Sozialversicherungssystem, indem er 1883 die gesetzliche Krankenversicherung, 1884 die Unfallversicherung und 1889 die Rentenversicherung einführte. 1927 kam die gesetzliche Arbeitslosenversicherung als vierter und 1995 als fünfter Baustein die gesetzliche Pflegeversicherung hinzu. Zur BismarckSäule zählen auch Absicherungen gegen spezielle Risiken, die durch Umlagen finanziert werden, z.B. das Wintergeld und das Insolvenzgeld. (2) Gestaltungsgrundsätze: (a) Sozialversicherungsprinzip: Die Versicherungsbeiträge orientieren sich nicht an individuellen Risikowahrscheinlichkeiten und die Versicherungsleistungen (von der Arbeitslosen- und Rentenversicherung abgesehen) nicht an den individuellen Versicherungsbeiträgen. (b) Vorsorgeprinzip: Das ex post-orientierte Fürsorgeprinzip der Beveridge-Säule wird durch das ex ante-orientierte Vorsorgeprinzip ersetzt. (c) Solidaritäts- und Äquivalenzprinzip: Zumindest in der Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung orientieren sich die Pflichtbeiträge nicht an der individuellen Risikowahrscheinlichkeit und die zu beanspruchenden Versicherungsleistungen nicht an den Beiträgen. Im Schadensfalle werden die Leistungen nach dem Solidaritätsprinzip durch die Versichertengemeinschaft (und u. U. als Teil der Beveridge-Säule durch staatliche Zuschüsse) getragen. Individuelle Risiko- und Leistungsausschlüsse sind ausgeschlossen. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung dagegen hängen die Versicherungsleistungen (Bezugsdauer und Höhe des Arbeitslosengeldes bzw. Rentenhöhe) von der Höhe des Arbeitsentgeltes bzw. von der Beitragsleistung und der Versicherungszeit ab. Insoweit kommt auf der Leistungsseite auch das Äquivalenzprinzip zum Tragen. c) Arbeitgeber-Säule: (1) Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung: Alle Arbeitgeber mit versicherungspflichtigen Beschäftigten finanzieren durch ihre Beiträge zur Sozialversicherung zunächst die Bismarck-Säule entscheidend mit. (2) Öffentlicher Dienst: Der Staat (Bund, Länder und Gemeinden) trägt darüber hinaus zur sozialen Sicherung seiner Beamten, die (von der Pflegeversicherung abgesehen) nicht sozialversicherungs-
401 pflichtig sind, wesentlich bei, indem er (a) Familienzuschläge, (b) Pensionen zahlt und (c) Beihilfen für Beamte, Pensionäre und deren Familienmitglieder im Krankheitsfalle leistet. Hinzu kommen (d) Zusatzversorgungen für Angestellte im öffentlichen Dienst. (2) Private Arbeitgeber leisten über die Sozialversicherungsbeiträge hinaus durch (a) Entgeltfortzahlungen an gesetzlichen Feiertagen und im Krankheitsfalle, (b) Betriebliche Altersversorgung, (c) Zusatzversorgungen und (d) sonstige Arbeitgeberleistungen einen eigenen Beitrag zur sozialen Sicherung ihrer Arbeitnehmer. d) Private Vorsorge-Säule: (1) Privatversicherungen: Für Personen, die keinen Zugang zur Sozialversicherung haben, nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen oder sich von dieser haben befreien lassen, bieten sich zur alternativen oder zusätzlichen Absicherung gegen verschiedenste Risiken private Versicherungen an, z.B. Krankenversicherungen, Lebensversicherungen, Pensions- und Sterbekassen und Unfall- und Invaliditätsversicherungen. Zum Teil werden die Beitragsleistungen steuerlich oder durch staatliche Zuschüsse gefördert, z.B. die Riester-Rente. (2) Private Vermögensbildung: Gleiches gilt für die Bildung privater Geldvermögen (Spareinlagen, Bausparguthaben, Wertpapiere) und Sachvermögen (Immobilien und sonstige Wertgegenstände) als Risikovorsorge und insbesondere Altersvorsorge. (3) Gestaltungsgrundsätze: (a) Freiwilligkeit und Eigenverantwortung: Anders als die BismarckSäule beruht die private Vorsorge nicht auf dem Zwangscharakter der Pflichtversicherung, sondern auf Freiwilligkeit und Eigenverantwortung. (b) Individualäquivalenz: Im Bereich der Privatversicherung besteht außerdem gegenüber der Sozialversicherung der grundlegende Unterschied, dass sich die Beiträge an der individuellen Risikowahrscheinlichkeit und nicht am Solidaritätsprinzip orientieren. Risiko- und Leistungsausschlüsse sind normale Bestandteile des Versicherungsvertrages. e) Bürger- und zivilgesellschaftliche Säule: Zwischen der staatlichen und privaten Sphäre ist der bürger- und zivilgesellschaftliche öffentliche Raum angesiedelt, in denen insbesondere Selbsthilfegruppen, Vereine, Stiftungen, gemeinnützige Unternehmungen, Genossenschaften, Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und sonstige Organisationen mit ehren- und hauptamtlichem Personal soziale
soziale Sicherung Aufgaben übernehmen. Das Fürsorge- und Freiwilligkeitsprinzip sind die beherrschenden Grundsätze für diese auf unzähligen Schultern ruhende Säule der sozialen Sicherung. f) Familien-Säule: Auch die Familien und familienähnlichen Bedarfs-, Lebens- und Wohngemeinschaften tragen eine wichtige private Säule der sozialen Sicherung. In der traditionellen Großfamilie mit drei Generationen unter einem Dach bildet der fiktive Generationenvertrag die Grundlage für die soziale Sicherung in der Familie. Die mittlere Generation sorgt in der Erwerbsphase des Lebens für den Lebensunterhalt und die Betreuung und Pflege der Kinder und Alten. Auch wenn der auf zwei Generationen beschränkte Kleinfamilienhaushalt (nicht zuletzt aufgrund der ausreichenden privaten Altersvorsorge und staatlichen Alterssicherung) heute vorherrscht, lebt dieses Solidaritätsprinzip in der gegenseitigen gesetzlichen Unterhaltspflicht von Ehegatten, Eltern und Kindern noch fort. Die staatliche Grundsicherung hilfsbedürftiger Personen klagt diese Familiensolidarität nach dem Subsidiaritätsprinzip auch nach wie vor ein. Der Grundsatz Hilfe zur (solidarischen) Selbsthilfe von Bedarfsgemeinschaften wird z. B. auch bei der Grundsicherung von Arbeitssuchenden verfolgt. Auf der anderen Seite tragen der Familienlastenausgleich und der an den Generationenvertrag anknüpfende Familienleistungsausgleich wesentlich zur Erleichterung dieser Solidarfunktion der Familie bei. 3. Rechtliche Grundlagen der sozialen Sicherung: a) Sozialgesetzgesetzbuch: Die wesentlichen Regelungen des deutschen Sozialrechts sind in den zwölf Büchern des Sozialgesetzbuchs (SGB) kodifiziert. Hier sind neben allgemeinen Vorschriften insbesondere die sozialen Rechte (SGB I) festgelegt sowie die gesetzlichen Grundlagen für die Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II), die Sozialversicherungen (SGB IIIVII und XI), die Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII), die Rehabilitation und Teilhabe Behinderter (SGB IX) und die Sozialhilfe (SGB XII). b) Bundesversorgungsgesetz (BVG): Entscheidendes Gesetz für die soziale Mindestsicherung ( Kriegsopferfürsorge) und soziale Entschädigung der Kriegsopfer und Opfer sonstiger Gewalttaten ( Kriegsopferversorgung); c) Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für die soziale Mindestsicherung von Asylbewerbern. d) Wiedergutmachungsgesetze: (1) Bundesentschä-
Sozialethik digungsgesetz (BEG), (2) Entschädigungsrentengesetz (ERG), (3) Israel- und Globalabkommen ( Wiedergutmachung), (4) Vermögensgesetz, (5) Allgemeines Kriegsfolgengesetz (AKG) etc.; e) Sonstige Rechtsgrundlagen: (1) Bundeskindergeldgesetz (BKGG), (2) Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG), (3) Wohngeldgesetz (WoGG) und Wohngeldverordnung (WoGV), (4) Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG), (5) Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) 4. Gesamtumfang der sozialen Sicherung: Die jährlichen Gesamtleistungen der sozialen Sicherung sind im Sozialbudget erfasst, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erstellt wird. Für das Jahr 2007 werden die Sozialleistungen auf insgesamt 707 Mrd. EUR geschätzt. Dies bedeutet eine Sozialleistungsquote von 29,2 % des Bruttoinlandsprodukts. Davon entfallen auf die (1) Sozialversicherungssysteme (BismarckSäule) allein 429 Mrd. EUR (61,4 %), (2) Sondersysteme (Alterssicherung der Landwirte, Versorgungswerke) 6,5 Mrd. EUR (0,9 %), (3) Arbeitgebersysteme (Arbeitgeber-Säule) 108,4 Mrd. EUR (14,6 %, davon 6,9 % auf Systeme des öffentlichen Dienstes und 7,7 % auf private Arbeitgebersysteme), (4) Entschädigungssysteme (soziale Entschädigung, Lastenausgleich, Wiedergutmachung und sonstige Entschädigungen) 4,1 Mrd. EUR (0,5 %), (5) Förder- und Fürsorgesysteme (Kindergeld und Familienlastenausgleich, Elterngeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende, Ausbildungsförderung, Sozialhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, Wohngeld) 130,4 Mrd. EUR (17,6 %) und (6) Steuerliche Leistungen 36,1 Mrd. EUR (4,9 %). Dabei bilden die Positionen (4) (6) mit insgesamt 170,6 Mrd. EUR (24,1 %) die Beveridge-Säule. Die übrigen Säulen sind im Sozialbudget nicht erfasst. Sozialethik, Ethik. Sozialfonds, ESF. Sozialgeld, Grundsicherung für Arbeits-
suchende. Sozialgesetzbuch (SGB). 1. Begriff und
Aufgaben: Das Sozialgesetzbuch fasst das gesamte Sozialrecht der Bundesrepublik Deutschland in einem einzigen Gesetzbuch zusammen. Es soll zur Verwirklichung so-
402 zialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen gestalten. Es soll dazu beitragen, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen zu fördern, den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden und auszugleichen.
Das Recht des Sozialgesetzbuch soll auch dazu beitragen, dass die zur Erfüllung
genannten Aufgaben erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. (§1, SGB I). 2. Gliederung des SGB in zwölf Büchern: Erstes Buch (SGB I): Allgemeiner Teil vom 11.12.1975, in Kraft seit dem 1.1.1976) enthält die Aufgaben des SGB, definiert die sozialen Rechte, Sozialleistungen und Leistungsträger und gibt gemeinsame Vorschriften für alle Leistungsbereiche des SGB; Zweites Buch (SGB II) vom 24.12.2003, in Kraft seit 1.1.2004 regelt die Grundsicherung für Arbeitssuchende ( Arbeitslosengeld II); Drittes Buch (SGB III) vom 24.3.1997, in Kraft seit 1.1.1998, gesetzliche Grundlage der staatlichen Arbeitsförderung, legt zugleich die Ziele, Mittel und Träger der Arbeitsmarktpolitik fest; Viertes Buch (SGB IV) vom 23.12.1976, in Kraft seit 1.7.1977, Gemeinsame Vorschriften der Sozialversicherung; Fünftes Buch (SGB V) vom 20.12.1988, in Kraft seit 1.1.1989, Gesetzliche Krankenversicherung; Sechstes Buch (SGB VI) vom 18.12.1989, in Kraft seit 1.1.1992, Gesetzliche Rentenversicherung; Siebtes Buch (SGB VII) vom 20.12.1988, in Kraft seit 1.1.1989, Gesetzliche Unfallversicherung; Achtes Buch (SGB VIII) vom 26.06.1990, in Kraft seit 1.1.1991, regelt die öffentliche Kinder- und Jugendhilfe ( Sicherung der Familie und von Kindern); Neuntes Buch (SGB IX) vom 19.6.2001, in Kraft seit 23.6.2001, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen; Zehntes Buch (SGB X) vom 18.8.1980, gesetzliche Grundlage für Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz; Elftes Buch (SGB XI) vom 26.05.1994, in Kraft seit 1.1.1995, Soziale Pflegeversicherung; Zwölftes Buch (SGB XII) vom 27.12.2003, in Kraft seit 1.1.2004, regelt die öffentliche Sozialhilfe.
403 Sozialhilfe. 1. Begriff: Die staatliche Sozi-
alhilfe hat 1962 das traditionell von den Kommunen durchgeführte Armenwesen und die Wohlfahrtspflege abgelöst. Die Sozialhilfe ist neben der freien Wohlfahrtspflege ist eine wesentlicher Baustein des heutigen Systems der sozialen Sicherung. Das Sozialhilferecht wurde 2003 grundlegend reformiert und als zwölftes Buch in das Sozialgesetzbuch eingegliedert. Aufgabe der am 1.1.2005 in Kraft getretenen neuen Sozialhilfe ist es den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht (§1, Satz1, SGB XII). Bei unzureichendem Einkommen und Vermögen deckt die Sozialhilfe den kulturellen Mindestbedarf, um eine Lebensführung auf gesellschaftlich akzeptablem Niveau zu ermöglichen. 2. Träger der Sozialhilfe: Örtliche Träger sind die kreisfreien Städte und Kreise, überörtliche Träger werden durch die Länder bestimmt. 3. Grundsätze der Sozialhilfe: a) Einzelfallorientierung: Die Leistungen richten sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls. b) Leistungserbringung: Die Leistungen werden als Dienst-, Geld- oder Sachleistung erbracht. c) Beratung, Unterstützung und Aktivierung: Die Leistungsberechtigten werden persönlich beraten, unterstützt und zur Selbsthilfe und aktiven Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und Überwindung der Notlage befähigt. d) Leistungsabsprache: Vor Beginn fortlaufender Leistungen sollen die Situation, die Wege aus der Notlage und die gebotenen Möglichkeiten der aktiven Teilnahme in der Gemeinschaft gemeinsam schriftlich festgelegt und unterzeichnet, im Bedarfsfall auch ein Förderplan erstellt werden. e) Vorrang ambulanter Leistungen vor teilstationären oder stationären Leistungen (außer bei unverhältnismäßigen Mehrkosten); f) Vorrang von Prävention und Rehabilitation vor anderen Leistungen; g) Vorbeugende und nachgehende Leistungen, um die drohende Notlage abzuwenden und die Wirksamkeit erbrachter Leistungen zu sichern; h) Familiengerechte Leistungen: Die Leistungen sollen die besonderen Familienverhältnisse berücksichtigen, die Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und deren Zusammenarbeit festigen. 4. Leistungsbereiche gem. SGB XII: a) Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27-40): Die Unterhaltshilfe bezieht sich überwiegend auf in Privathaushalten lebende Personen, wobei zusam-
Sozialhilfe menwohnende Partner und im Haus lebende minderjährige Kinder als Einstandsgemeinschaft betrachtet werden. Der notwendige Lebensunterhalt umfasst nach § 27 insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des Lebens, zu denen in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben gehören. Die Sozialhilfe soll also nicht nur ein physisches Existenzminimum, sondern einen soziokulturellen Mindeststandard sichern. Die Unterhaltshilfe wird vorrangig als Geldleistung erbracht, wobei zunächst der Bedarf bestimmt und dann Einkommen und Vermögen angerechnet werden. Der Bedarf setzt sich zusammen aus (1) den Regelsätzen (Der Eckregelsatz beträgt seit dem 1.7.2007 für ganz Deutschland 347 EUR. Der Regelsatz für den Haushaltsvorstand beträgt 100 %, für Kinder unter 14 Jahren 60 % und für die übrigen Haushaltsmitglieder 80 % des Eckregelsatzes); (2) der Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Mietkosten (Bei unangemessen hoher Miete, sind diese so lange zu erbringen, wie ein Wechsel in eine günstigere Wohnung nicht möglich oder zumutbar ist, regelmäßig maximal 6 Monate.); (3) den Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit angemessen; (4) Mehrbedarf für bestimmte Personengruppen (z.B. Alleinerziehende) als prozentualer Zuschlag zum Regelsatz; (5) Einmalige Leistungen für Erstausstattung des Haushalts und an Bekleidung (auch Sonderbedarf bei Schwangerschaft und Geburt) sowie für mehrtätige Klassenfahrten; (6) Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie Altersvorsorge; (7) Mietschulden zur Vermeidung von Wohnungsnotfällen. Die Hilfe zum Lebensunterhalt für Bewohner von Einrichtungen umfassen neben den Sachleistungen der Einrichtung in der Regel Kleidung und einen Barbetrag zur persönlichen Verwendung (für Erwachsene 27 % des Eckregelsatzes). Im Ausland lebende Deutsche können nur dann Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, wenn sie sich in einer außergewöhnlichen Notlage befinden und ihnen eine Rückkehr aus bestimmten Gründen nicht möglich ist. b) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41-46): Personen ab 65 Jahren sowie dauerhaft, allein aus medizinischen Gründen voll erwerbsgeminderte Personen ab 18 Jahren mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundes-
Sozialismus republik Deutschland haben einen Anspruch auf Grundsicherung, wenn sie bedürftig sind. Die Leistungen werden in gleicher Höhe bemessen wie bei der Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen, sind aber im Unterschied zu diesen zu beantragen und werden regelmäßig für ein Jahr bewilligt. Eigenes Einkommen (z.B. Renten) und Vermögen des Leistungsberechtigten, des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft werden wie bei der Unterhaltshilfe angerechnet, jedoch wird gegenüber unterhaltspflichtigen Kindern bzw. Eltern mit einem Jahreseinkommen unterhalb von 100.000 EUR kein Unterhaltsrückgriff genommen. c) Hilfen zur Gesundheit (§§ 47-52): Die Leistungen der Gesundheitshilfe entsprechen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. In der Regel übernehmen die gesetzlichen Krankenversicherungen die Krankenbehandlung der nicht krankenversicherten Sozialhilfeempfänger gegen Kostenerstattung durch das zuständige Sozialamt: Der Sozialhilfeempfänger sucht eine Krankenkasse im Bereich des für die Hilfe zuständigen Sozialhilfeträgers aus, diese stellt ihm eine Krankenversichertenkarte zur Inanspruchnahme der erforderlichen Gesundheitsleistungen aus. Bei Ärzten tritt der Betroffene damit wie ein Kassenpatient auf und muss wie dieser die im Krankenversicherungsrecht vorgesehenen Zuzahlungen im Rahmen vorgesehener Belastungsgrenzen leisten. d) Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53-60): Sie wirkt präventiv, rehabilitativ und integrativ, da es ihre Aufgabe ist, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 53, Abs. 3, SGB XII). Leistungsberechtigt sind alle Personen, die nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind. Neben den bisher üblichen Formen der Behindertenhilfe können Behinderte nun auch mit einem trägerübergreifenden Persönlichen Budget eigenständig bestimmen, welche Dienstleistungen sie in welcher Form und von welchem Anbieter in Anspruch nehmen. e) Hilfe zur Pflege (§§ 61-66): Die Sozialhilfe unterstützt auch pflegebedürftige Personen, indem sie die Pflegekosten ganz oder teil-
404 weise übernimmt. Durch Einführung der vorrangigen Pflegeversicherung (SGB XI) werden seit 1995 Leistungen für ambulante, teilstationäre und Kurzeitpflege und seit 1996 Leistungen für stationäre Pflege erbracht, so dass die Belastung der Sozialhilfe in diesem Bereich erheblich reduziert wurde. Die Sozialhilfe ist jedoch vor allem zuständig für Pflegebedürftige, die das Kriterium der erheblichen Pflegebedürftigkeit (Stufe I nach § 15 SGB XI) nicht erfüllen, in Fällen kostenintensiver Schwerstpflege mit Leistungsbegrenzung und für die Finanzierung der nicht von der Pflegeversicherung übernommenen Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten bei der Pflege in Einrichtungen und nicht zuletzt für nicht pflegeversicherte Personen. f) Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67-69): Sie richtet sich an Personen, bei denen besonders belastende Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind (z.B. von Obdachlosen) g) Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70-74): Hierzu gehören die Hilfe zur Weiterführung des Haushalts, die Altenhilfe, Blindenhilfe, Bestattungskosten und als Auffangnorm, die Hilfe in sonstigen Lebenslagen. 5. Beitrag zur Mindestsicherung: Die Sozialhilfe zählt mit den Leistungsbereichen (1) Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen (2006 mit 82 Tsd. Leistungsempfängern und Leistungen von 0,5 Mrd. EUR und (2) der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (2006 mit 682 Tsd. Leistungsempfängern und Leistungen von 3,2 Mrd. EUR) neben den Asylbewerberleistungen und der Kriegsopferfürsorge zum System der sozialen Mindestsicherung in Deutschland. Sozialismus. 1. Sammelbegriff für zahlrei-
che Gesellschaftsentwürfe bzw. Lehren zu deren Verwirklichung, die seit Ende des 18. Jh. entstanden sind, mit dem Ziel, eine Gesellschaftsordnung, in der Gleichheit, Solidarität und Gerechtigkeit zwischen allen Menschen gewährleistet ist, anstelle der kritisierten individualistisch-liberalen Marktwirtschaft (privatwirtschaftliche Marktwirtschaft) zu errichten. Art und Umfang der angestrebten Umgestaltung sowie der Weg zu ihrer Realisierung unterscheiden sich je nach sozialistischer Schule z. T. erheblich. Sozialismus und Kommunismus werden oft synonym verwandt. 2. Bezeichnung für
405 Gesellschaftsordnungen (z.B. ehemalige Ostblockländer), die sich (unter Berufung auf die marxistische Geschichtsphilosophie) nach dem Verständnis der dort herrschenden Parteien auf der Entwicklungsstufe zwischen Kapitalismus und Kommunismus befinden. Sozialkapital. Mit dem 1977 von G. Loury
in die Ökonomik eingeführten Begriff soll dem Phänomen Rechnung getragen werden, dass die Realisierung produktiver Interaktionen systematisch von der Struktur der sozialen Beziehungen, den bestehenden institutionellen Arrangements, Organisationsstrukturen und sozialen Spielregeln ( Regeln), abhängt. S. ist von physischem Kapital und Humankapital unterschieden und hat normative Implikationen. Soziallehre, christliche Soziallehre. Sozialleistungen, soziale Sicherung. Sozialleistungsarten, Sozialleistungen als
Gegenstand der sozialen Rechte erfolgen nach dem Sozialgesetzbuch (§ 11, SGB I), von den Sozialleistungsträgern als Dienst-, Geld- oder Sachleistungen erbracht. Kennziffer der Sozialstatistik: Verhältnis der Sozialleistungen zum Bruttoinlandsprodukt (2007 in der BRD 29,2 %).
Sozialleistungsquote,
Sozialleistungsträger. 1. Begriff: Das Sozialgesetzbuch legt im ersten Buch (§§ 1829 SGB I) die für die einzelnen Sozialleistungsarten und -bereiche zuständigen Anstalten, Behörden und Körperschaften fest. 2. Leistungsträger im Überblick: a) Ämter für Ausbildungsförderung zuständig für die Leistungen der Ausbildungsförderung; b) Bundesagentur für Arbeit (Agenturen für Arbeit und sonstige Dienststellen) zuständig für Leistungen der (1) Arbeitsförderung, (2) Grundsicherung für Arbeitssuchen (zusammen mit kreisfreien Städten und Kreisen und u. U. durch Landesrecht bestimmte anderer Träger), (3) bei gleitendem Übergang älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand; c) Krankenkassen (Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, landwirtschaftliche Krankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung, Knappschaft-Bahn-See und Ersatzkassen) für die Leistungen der gesetzlichen Kranken-
Sozialpolitik der EU versicherung und Leistungen bei Schwangerschaftsabbrüchen; d) Pflegekassen (bei den Krankenkassen errichtet) für die soziale Pflegeversicherung; f) Gewerbliche und landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften, Gemeindeunfallversicherungsverbände, Feuerwehr-Unfallkassen, die EisenbahnUnfallkasse, die Unfallkasse Post und Telekom, die Unfallkassen der Länder und Gemeinden, die gemeinsamen Unfallkassen für den Landes- und kommunalen Bereich und die Unfallskasse des Bundes für die Gesetzliche Unfallversicherung;. g) Deutsche Rentenversicherung Bund, Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Regionalträger in der allgemeinen Rentenversicherung; Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in der knappschaftlichen Rentenversicherung; Landwirtschaftliche Alterskassen in der Alterssicherung der Landwirte; h) Versorgungsämter, Landesversorgungsämter, orthopädische Versorgungsstellen, Kreise und kreisfreie Städte und Hauptfürsorgestellen (unter Mitwirkung der gesetzlichen Krankenkassen) für Versorgungsleistungen bei Gesundheitsschäden; i) Familienkassen für Kindergeld, Erziehungsgeld und Elterngeld, j) Landesbehörden für Wohngeld; k) Kreise und kreisfreie Städte (in Zusammenarbeit mit der freien Jugendhilfe) für Kinder- und Jugendhilfe; l) Kreise, kreisfreie Städte, überörtliche Träger und Gesundheitsämter (für besondere Aufgaben) für die Sozialhilfe (in Zusammenarbeit mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege); k) Integrationsämter und alle unter b) bis h) und k) bis l) genannten Träger für Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Sozialpolitik, Sozialpolitik der EU, soziale Sicherung, internationale Sozialpolitik, vorsorgende Sozialpolitik. Sozialpolitik als Umverteilungspolitik,
Verteilungspolitik.
Sozialpolitik der EU, 1. Rechtsgrundla-
gen: Sozialpolitische Zielsetzungen enthält bereits der 1952 in Kraft getretene Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ( EGKS). Der Vertrag über die Gründung der EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ( EWG)) bezeichnete sowohl in seiner Präambel als auch in den Art. 2 und 3 die Verbesse-
Sozialprodukt rung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft als Integrationsziel. Heute bilden insbesondere die Art. 117-127 EG-Vertrag ( EU) die Rechtsgrundlage für sozialpolitische Aktionen der EU. 2. Grundsätzlich liegt die Zuständigkeit für die Sozialpolitik jedoch vorläufig auch weiterhin bei den einzelnen Mitgliedstaaten; die Rolle der Union im Bereich der Sozialpolitik besteht gegenwärtig primär darin, auf eine möglichst enge Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in sozialen Fragen hinzuwirken und ergänzende finanzielle Hilfestellungen zu gewähren. Zentrales sozialpolitisches Finanzinstrument der Gemeinschaft ist der Europäische Sozialfonds ( ESF). 3. Entwicklung: Den faktischen Beginn einer EG- (EU-) Sozialpolitik stellt das vom Ministerrat ( Europäischer Rat) 1974 verabschiedete erste Soziale Aktionsprogramm dar. In der Folgezeit kam es auf der Basis allgemeiner Kompetenzermächtigungen zu verschiedenen punktuellen Aktivitäten (z. B. Aktionsprogramm zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen oder zur Sicherheit am Arbeitsplatz) sowie (1984) zu einem zweiten Sozialen Aktionsprogramm. Durch das Inkrafttreten der EEA (Einheitliche Europäische Akte) sind die sozialpolitischen Zuständigkeiten der Gemeinschaft nur sehr begrenzt ausgeweitet worden. Seitdem kann der Ministerrat auf Vorschlag der Europäischen Kommission mit qualifizierter Mehrheit und im Zusammenwirken mit dem EP ( Europäisches Parlament) Mindestvorschriften zum Schutz der Sicherheit und der Gesundheit am Arbeitsplatz erlassen (Art. 118a EG-Vertrag). Im Dez. 1989 wurde vom Europäischen Rat die sog. Sozialcharta der Gemeinschaft beschlossen. Diese wird von Großbritannien nicht mitgetragen; für die übrigen Mitgliedsländer stellt sie eine politische Absichtserklärung ohne rechtliche Verbindlichkeit dar. Weil sich Großbritannien auch im Zuge der Aushandlung des Vertrags über die Europäische Union weigerte, die Etablierung einer echten gemeinsamen Sozialpolitik zu akzeptieren, beschloss der Europäische Rat vom Dez. 1991 (Maastricht), die bereits im Gemeinschaftsrecht existierenden sozialpolitischen Bestimmungen fortbestehen zu lassen und dem EU-Vertrag ein Protokoll über die Sozialpolitik hinzuzufügen, das es den übrigen Mitgliedstaaten erlaubt, die Institutionen und Verfahren der Union für eine gemein-
406 schaftliche Sozialpolitik unter Ausklammerung Großbritanniens zu nutzen. Sozialprodukt, unterschieden werden nach dem 1995 eingeführten Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) folgende Sozialprodukt-Begriffe: I. B r u t t o i n l a n d s p r o d u k t ( B I P ) u n d E n t s t e h u n g s r e c h n u n g : Das BIP misst als periodenbezogener Produktionsindikator die gesamte Produktion von Waren und Dienstleistungen im Inland nach Abzug der Vorleistungen. Zur Entstehungsrechnung vgl. die vorstehenden Übersicht des Sachverständigenrates (SVR) über die drei Arten der Sozialproduktberechnung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR). Das BIP wird in jeweiligen Preisen und konstanten Preisen (von 2000) berechnet. Im 1. Fall spricht man vom nominalen oder nominellem Bruttoinlandsprodukt, im 2. vom realen Bruttoinlandsprodukt. I I . B r u t t o i n l a n d s p r o d u k t i n d e r Ve r w e n d u n g s r e c h n u n g : vgl. Übersicht. I I I . Bruttonationaleinkommen (BNE): Das BNE (In der früheren VGR entsprach dieses in etwa dem Bruttosozialprodukt BSP.) erhält man, indem man zum BIP die von der übrigen Welt empfangenen Primäreinkommen (Arbeitnehmerentgelte, Vermögenseinkommen, Subventionen) hinzuzählt und die an die übrige Welt geleisteten Primäreinkommen (Arbeitnehmerentgelte, Vermögenseinkommen, Produktions- und Importabgaben) abzieht. Dies entspricht den Güterwerten, die allen Inländern bzw. der Nation brutto als Sozialprodukt zur Verfügung stehen. I V. N e t t o n a t i o n a l e i n k o m m e n ( N N E ) : Zieht man vom BNE die Abschreibungen ab, erhält man das NNE als nationales Primäreinkommen (in der früheren VGR vergleichbar mit dem Nettosozialprodukt (NSP) zu Marktpreisen.). V. Vo l k s e i n k o m m e n u n d Ve r t e i l u n g s r e c h n u n g : Vom NNE gelangt man durch den Abzug der Produktions- und Importabgaben an den Staat und durch Hinzurechnung der Subventionen vom Staat zum Volkseinkommen als Summe aller Erwerbs- und Vermögenseinkommen, die Inländern während der betrachteten Periode letztlich zugeflossen sind. Dieses lässt sich in der Verteilungsrechnung in das von Inländern empfangene Arbeitnehmerentgelt und die Selbständigen oder Arbeitnehmern zufließenden Unternehmens-
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Sparen Sozialproduktberechnung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen
I. Entstehungsrechnung Produktionswert Vorleistungen = Bruttowertschöpfung (unbereinigt) unterstellte Bankgebühr = Bruttowertschöpfung (bereinigt) + Gütersteuern Gütersubventionen
II. Verwendungsrechnung Private Konsumausgaben + Konsumausgaben des Staates + Ausrüstungsinvestitionen + Bauinvestitionen + Sonstige Anlagen + Vorratsveränderungen und Nettozugang an Wertsachen + Exporte von Waren und Dienstleistungen - Importe von Waren und Dienstleistungen = Bruttoinlandsprodukt (BIP) + Saldo der Primäreinkommen mit der übrigen Welt = Bruttonationaleinkommen (BNE) Abschreibungen III. Verteilungsrechnung = Nettonationaleinkommen (Primäreinkommen) Produktions- und Importabgaben an den Staat + Subventionen vom Staat = Volkseinkommen Arbeitnehmerentgelt = Unternehmens- und Vermögenseinkommen Quelle: SVR, Jahresgutachten 2001/2002
und Vermögenseinkommen aufteilen (vgl. die Übersicht).
Rentenversicherung und Unfallversicherung und Hauptsäule der sozialen Sicherung.
soziokulturelles Existenzminimum,
Existenzminimum. Sozio-ökonomisches Panel, SOEP. Sozialstaat. Der Sozialstaat stellt ein histo-
risch gewachsenes Grundmodell der Sozialpolitik in der Sozialen Marktwirtschaft dar. Dabei geht die Sozialpolitik vom Grundsatz der Eigenständigkeit und Selbstverantwortung des Menschen aus (Individualprinzip) und knüpft in der Regel an seiner Stellung im Arbeits- und Erwerbsleben an. Leistungsbeiträge des einzelnen begründen lebensstandardsichernde sozialpolitische Leistungen. Das Menschenrecht auf eine gesellschaftliche (Fremd-) Hilfe zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums wird nur subsidiär berücksichtigt ( Subsidiaritätsprinzip). Vgl. auch Ordnungsökonomik. Sozialstaatlichkeit, Rechtsstaatlichkeit. Sozialversicherung, Sammelbegriff für
die im Sozialgesetzbuch geregelte gesetzliche Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung,
Sparförderung,
Vermögensumver-
teilungspolitik. Spareinlagen, Einlagen auf Sparkonten, die der Ansammlung oder Anlage von Geldvermögen dienen. Spareinlagen dürfen nicht dem Zahlungsverkehr dienen und auch nicht von vornherein befristet sein. Sparen, bezieht sich in der Haushaltstheorie auf den Teil des verfügbaren laufenden Einkommens eines Haushalts, der nicht für Konsumzwecke verausgabt wird. Bietet eine Volkswirtschaft keine Möglichkeit, zum Konsum bestimmte Einkommensteile zu verausgaben, spricht man vom Zwangssparen. Freiwilliges Sparen kann entweder Vermögensanlage oder Zwecksparen, z. B. für dauerhafte Konsumgüter, sein. Im Falle des Zweck-Sparens muss zwischen heutigem und zukünftigem Konsum abgewogen werden. Aufgrund der Unsicherheit der Zukunft haben die Haushalte i. d. R. eine Zeitpräferenz zugunsten der Gegenwart, sie schätzen den gegenwärtigen Konsum also höher als den zukünftigen. Ist die Höherschätzung des Gegenwartskonsums sehr
Sparerfreibetrag
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ausgeprägt, kann auch Entsparen Platz greifen, indem der Gegenwartskonsum höher angesetzt wird als das laufende Einkommen. In Höhe der Differenz muss dann ein Kredit aufgenommen werden, der in späteren Perioden zu Lasten von Konsummöglichkeiten getilgt wird. Die Minderschätzung zukünftiger Bedarfe kann durch die Zahlung eines Zinses auf den Sparbetrag ausgeglichen werden. Weiterhin wird angenommen, dass die Höhe des Sparens. nicht nur vom Zins (Klassiker) und dem laufenden Einkommen (Keynes) abhängt, sondern auch vom permanenten Einkommen (Friedman). Vgl. auch Ersparnis. Sparerfreibetrag, Kapitalertragsteuer. Sparförderung,
Vermögensumver-
teilungspolitik. Sparfunktion, Begriff für die funktionale
Abhängigkeit der Ersparnis (S) von verschiedenen Einflussfaktoren, wie Einkommen, Preise, Vermögen, Zinsniveau. Wegen der Aufteilung des Einkommens (Y) auf Ersparnis und Konsum (C), Y = C + S bzw. S = Y C, stellen Hypothesen über das Konsumverhalten ( Konsumfunktion) auch Sparhypothesen dar. Sparquote, Anteil der Ersparnis der
privaten Haushalte am verfügbaren Einkommen dieses Sektors. Spätaussiedler, Aussiedler, Nachkommen
deutscher Siedler u. a. aus Russland, Kasachstan und Rumänien (Volksdeutsche), die wieder nach Deutschland gezogen sind. Diese Aussiedler, seit dem 1.1.1993 nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) Spätaussiedler genannt, sind keine Ausländer, sondern Deutsche gem. Art. 116, Abs. 1 des Grundgesetzes. Nach dem BVFG haben diese Aussiedler einen Anspruch auf Einbürgerung, der aber keineswegs immer wahrgenommen wurde. Bis Ende 2008 wurden in Deutschland 4,4 Mio. Spätaussiedler aufgenommen. Zuständig für das Verfahren zur Aufnahme und Verteilung von Spätaussiedlern ist das Bundesverwaltungsamt (BVA). Spätkapitalismus, Begriff der Historischen Schule und der neomarxistischen Theorie ( Sozialismus) zur Beschreibung des Endstadiums des Kapitalismus.
Spekulationsgeschäfte, 1. Allgemein: mit
der Absicht und Erwartung getätigte Geschäfte, intertemporale Preisdifferenzen von Vermögensgegenständen (z. B. Devisen, Gold, Kunstgegenstände, Immobilien und Wertpapiere) mit Spekulationsgewinn ausnutzen zu können; auf Devisenmärkten werden z.B. (a) heute auf dem Devisenkassamarkt US-Dollar gekauft, um sie später aufgrund einer erwarteten Aufwertung des Dollar mit Kursgewinn wieder zu verkaufen (Kassamarktspekulation) oder (b) heute auf dem Drei-Monats-Devisenterminmarkt USDollar verkauft, die man in drei Monaten auf dem Devisenkassa günstiger kaufen zu können erwartet (Terminmarktspekulation). Wenn die Erwartungen enttäuscht werden, treten mehr oder weniger große Spekulationsverluste ein. 2. Steuerlich: früherer Begriff des Steuerrechts, der durch das Steuerentlastungsgesetz abgeschafft und durch den Begriff private Veräußerungsgeschäfte ersetzt wurde. Gleichwohl unterliegen Veräußerungsgewinne in der Regel der Besteuerung. Spekulationsmotiv der Kassenhaltung,
Theorie der Geldnachfrage.
Sperrklinkeneffekt, Ratchet Effect. Spezialisierung, dynamische komparative Vorteile, Handelstheorie. spezifische Ausbildung, Bildungspo-
litik. spezifische Investitionen. Investitionen
sind für bestimmte Transaktionen dann spezifisch, wenn sie die Bindung von Kapital erfordern, deren Ertrag von der Fortsetzung dieser Transaktionsbeziehungen abhängt. Zu unterscheiden sind physische und räumliche Spezifität von Anlagen, die Spezifität von Humankapital. Spezifische Investitionen können glaubhafte Zusicherungen im Rahmen langfristiger Verträge bestärken. Vgl. auch Team-Theorie der Unternehmung. spezifische Inzidenz, Form der Inzidenz, welche die durch eine einzelne isolierte staatliche Maßnahme bedingte Einkommensverteilungsänderung bei sonst konstant gehaltenem Budget angibt. Gegensatz: differentielle Inzidenz.
409
Spinwebtheorem
spezifisches Humankapital, Human-
kapitaltheorie. Spezifität, Team-Theorie der Unterneh-
mung, spezifische Investitionen. Spielregeln, Regeln. Spieltheorie. Die Spieltheorie versucht, das
rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen abzuleiten, in denen der Erfolg des einzelnen nicht nur vom eigenen Handeln, sondern auch von den Aktionen anderer abhängt. Der Begriff Spieltheorie beruht darauf, dass am Anfang der mathematischen Spieltheorie den Gesellschaftsspielen wie Schach, Mühle, Dame usw. große Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Frühe ökonomische Beiträge zur Spieltheorie sind Cournot (1838) und Edgeworth (1881) zuzuschreiben. Als Meilenstein für die Entwicklung der Spieltheorie erwies sich das Buch von v. Neumann und Morgenstern (1944). Danach hat sich die Spieltheorie erst allmählich und seit 1970 überaus stürmisch als die beherrschende Methodik in den traditionell normativ ausgerichteten Wirtschaftswissenschaften sowie mehr und mehr auch in den sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen durchgesetzt. Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften des Jahres 1994, der an John C. Harsanyi, John F. Nash und Reinhard Selten in Anerkennung ihrer Verdienste um die Weiterentwicklung der Spieltheorie vergeben wurde, verdeutlicht die überragende Bedeutung der Spieltheorie für die moderne Wirtschaftstheorie. Spinngewebe-Theorem,
Cobweb-Theo-
rem, Spinweb-Theorem. Spinngewebetheorem, Cobweb-Theorem, Ansatz zur Erklärung oszillatorischer Preis- und Mengenbewegungen, die auf verzögerten Angebotsanpassungen ( Lag) beruhen. Das Modell geht von der Prämisse aus, dass sich das Angebot der Unternehmer nach den Preisen der Vorperiode richtet, die Nachfrage jedoch vom Preis der laufenden Periode abhängt. Die Periodenlänge wird dabei durch die Produktionsdauer des herzustellenden Gutes bestimmt. Kommt es ausgehend von einer Gleichgewichtslage zu einer Nachfrageverschiebung, so wird der neue Gleichgewichtspreis wegen der Zeitverzögerung nicht sofort, Spinwebtheorem,
unter Umständen auch gar nicht erreicht. Besonders markant ist das Spinwebtheorem beim sog. Hopfen- oder Schweinezyklus in Erscheinung getreten. Je nach Lage der Angebots- zur Nachfragekurve sind verschiedene Fälle denkbar. In den nachfolgenden Darstellungen soll AL die langfristige Angebotskurve, N die ursprüngliche Nachfragekurve kennzeichnen. 1. Ist die auf die Mengenachse bezogene Steigung der Angebotskurve größer als die der Nachfragekurve, ergibt sich ein langfristig stabiles Gleichgewicht (vgl. Abb. 1). Spinweb-Theorem (1)
Unterstellt man, dass im Zeitpunkt der Gleichgewichtslage S eine dauerhafte Verschiebung der Nachfrage von N nach N′ eintritt, wird unter der Voraussetzung einer kurzfristigen Unelastizität des Angebots der Preis auf p′ steigen (kurzfristige Gleichgewichtslage S′). Der hohe Preis p′ und die daran geknüpften Erwartungen werden die Unternehmer zu Produktionsausweitungen veranlassen. Wird jedoch nach Abschluss der Anpassung (z. B. in einem Jahr) die Menge M′ zum Preis p′ im zweiten Jahr angeboten, ist die Nachfrage nur noch bereit, die Menge zum Preis p′′ anzukaufen. Der Preissturz auf p′′ wird die Unternehmer wiederum zu erneuter Anpassung veranlassen, so dass in der nächsten Periode zum Preis von p′′ nur noch die Menge M′′ angeboten wird. Diese Menge wird bei gegebener Nachfrage eine Preiserhöhung hervorrufen und kann sogar zum Preise p′′′ abgesetzt werden. Der Anpassungsprozeß wiederholt sich von Periode zu Periode, bis der langfristige stabile Gleichgewichtszustand S1 erreicht ist, d. h. die Menge M1 zum Preis p1 angeboten wird. Es kommt zur Bewegung zum neuen Gleichgewicht hin, wobei das typische Spinngewebe entsteht. 2. Ist die Steigung der Angebotskurve absolut kleiner als die der Nach-
Splitting-Verfahren fragekurve (vgl. Abb. 2), liegt ein labiles Gleichgewicht vor mit immer stärkeren Abweichungen vom Gleichgewicht (explodierender Fall). Die jeweiligen Angebotsanpassungen setzen hier eine Preis- und Mengenentwicklung in Bewegung, die sich immer weiter vom Gleichgewichtszustand entfernt und schließlich negative Werte annimmt. Spinweb-Theorem (2)
3. Ist die Steigung der Angebotskurve gleich der der Nachfragekurve, führt die Preis- und Mengenentwicklung weder zum Gleichgewichtszustand hin noch von diesem weg, sondern pendelt zyklisch um den Gleichgewichtspunkt S1 (vgl. Abb. 3). Spinweb-Theorem (3)
Splitting-Verfahren, Form der Ehegattenbesteuerung bei der Einkommensteuer. Das gemeinsam zu versteuernde Einkommen der Ehegatten wird halbiert. Die tarifliche Einkommensteuer wird dann ermittelt, indem der auf die Hälfte des zu versteuernden Einkommens entfallende und nach der Einkommensteuer-Grundtabelle ermittelte Steuerbetrag verdoppelt wird. spontane Ordnung. 1. Begriff: Ordnung
wird von Hayek definiert als das Bestehen von Beziehungen zwischen wiederkehrenden
410 Elementen . . ., die es für uns möglich macht, aufgrund der Kenntnis eines (räumlich oder zeitlich) beschränkten Teils eines Ganzen Erwartungen bezüglich des Restes zu bilden, die gute Aussicht auf Erfüllung haben. Die spontane Ordnung ist dabei abzugrenzen von der geplanten Ordnung, die auch Organisation genannt wird. Der Begriff spontane Ordnung bezieht sich dabei auf die Genese dieser Ordnungsart: Sie ist entstanden, ohne dass irgendjemand sie bewusst geplant hätte, sondern sie hat sich spontan gebildet. Beispiele für spontane Ordnungen sind der Markt, Sprache, Moral, Gesetz, Schrift und Geld. Der Begriff Ordnung wird von Hayek jedoch nicht nur als das einem externen Beobachter zugängliche Muster von Koordinationshandlungen genutzt, sondern auch zur Beschreibung des Systems von Regelmäßigkeiten bzw. Regeln, die ein solches Muster hervorbringen. (2) Eine Organisation wird von Hayek definiert als eine Ordnung, die erzielt wird, indem die Teile nach einem vorgefassten Plan in Beziehung zueinander gebracht werden. Beispiele hierfür sind Betriebe, Armeen, aber auch Regierungen. 2. Status des Konzepts: In der Ordnungstheorie hat das Konzept der spontanen Ordnung nicht nur einen positiven, sondern auch einen normativen Status. Die Entdeckung, dass Ordnungen entstehen können, selbst wenn Individuen ihr Wissen für ihre eigenen Zwecke nutzen und sie nur durch so genannte Regeln des gerechten Verhaltens in ihrem Handeln beschränkt werden, bietet in Hayeks Augen die Grundlage eines systematischen Arguments für die persönliche Freiheit. Folgerung: Für die Wirtschaftspolitik bedeutet dies den weitgehenden Verzicht auf interventionistische und ergebnisorientierte Eingriffe. Neues Wissen wird in der spontanen Ordnung Markt durch den Wettbewerb hervorgebracht. SRU, Sachverständigenrat für Umweltfragen; vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit am 10.8.1990 ins Leben gerufenes unabhängiges Expertengremium zur Begutachtung der Umweltsituation und der Umweltbedingungen in der BRD. Der SRU besteht aus sieben Mitgliedern, die über besondere wissenschaftliche Kenntnisse oder über besondere Erfahrungen im Umweltschutz verfügen müssen und vom Bundesminister für vier Jahre berufen werden. Eine Wiederberufung
411 ist möglich. Der SRU erstellt mindestens alle zwei Jahre ein Gutachten, das der Bundesregierung zugeleitet und veröffentlicht wird. Weitere Informationen unter www.umwelt rat.de
Staatseinnahmen Staatsanleihe, von Bund, Ländern oder
fremden Staaten ausgegebene Schuldverschreibung ( Anleihe). Sonderform: Rentenanleihe. Staatsanteil, Anteil des öffentlichen Sek-
staatliche Verteilungspolitik, Redistribu-
tionspolitik, Finanzpolitik als Verteilungspolitik. 1. Begriff: Finanzpolitische Umverteilungsmaßnahmen gehen davon aus, dass die Einkommensunterschiede zwischen Personen oder Haushalten ( personelle Einkommensverteilung) vermindert werden sollen. Welches Ausmaß der Umverteilung anzustreben ist, lässt sich nicht allgemeingültig bestimmen (Verteilungsgerechtigkeit), sondern muss wohl politisch festgelegt werden. Allgemeine Grenzen werden aus wachstumspolitischen Gründen diskutiert, wenn durch die Umverteilung Leistungsanreize vermindert werden. 2. Ansatzpunkt der Umverteilung ist vornehmlich das verfügbare Einkommen. Die unabhängig von der Verwendung erhobene direkte Einkommensteuer belastet die höheren Einkommen prozentual stärker als die niedrigen Einkommen ( Steuerprogression), baut insofern grundsätzlich die Einkommensunterschiede ab. Ob die gewünschte Umverteilung gelingt, hängt davon ab, inwieweit es den Betroffenen gelingt, dieser Steuer auszuweichen (durch Ausnutzung der Absetzungsmöglichkeiten bzw. Nichtangabe von Einkommensteilen) oder sie zu überwälzen. Durch Sozialabgaben mit proportionalem Tarif wird i. d. R. (je nach Ausgestaltung des Gesamttarifs) ein Nivellierungseffekt nicht erreicht, Abgabenhöchstgrenzen bewirken eher das Gegenteil. Indirekte Steuern (z. B. Umsatzsteuer, Verbrauchsteuern) werden i. d. R. auf die Nachfrager überwälzt. Wenn die unteren Einkommensschichten einen relativ größeren Teil ihres Einkommens zum Güterkauf verwenden, wirken indirekte Steuern nicht einkommensnivellierend. Bei den Unterstützungszahlungen ( Transferleistungen) in Form von z. B. Wohngeld, Sozialhilfe, Kindergeld) wird die angestrebte Verteilungswirkung i. d. R. erreicht. Mit Konzepten der negativen Einkommensteuer, die bereits seit langem diskutiert werden, sollen zahlreiche Transferzahlungen systematisch mit der Einkommensteuer verknüpft werden, um ein einheitliches System von Steuern und Transfers zu schaffen.
tors an den gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten (vgl. auch Staatsquote). Zu den Entscheidungshilfen zur Bestimmung des optimalen Staatsanteils vgl. öffentliche Güter, optimales Budget. Teil der öffentlichen Ausgaben des Staates, wobei unter Staat verstanden wird: (1) Bund und Länder, (2) Bund, Länder sowie Gemeinden und Gemeindeverbände, d. h. sämtliche Gebietskörperschaften, oder (3) Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände sowie die Träger der Sozialversicherung. Im letzteren Fall sind Staatsausgaben und öffentliche Ausgaben identisch. Arten: öffentliche Ausgaben. Gegensatz: Staatseinnahmen. Staatsausgaben,
Staatsausgabenmultiplikator, Maßzahl, die anzeigt, um wie viel sich das Volkseinkommen (Y) verändert, wenn der Staatssektor seine Ausgaben für Güter und Dienstleistungen (ST) variiert. Typische Form des Staatsausgabenmultiplikators: dY/dSt = 1/(1 b+bT) mit b = marginale Konsumneigung und T = Steuersatz einer (hier unterstellten) proportionalen Einkommensteuer. Der Staatsausgabenmultiplikator ist um 1 größer als der Transfermultiplikator oder Steuermultiplikator, da die Käufe von Gütern und Dienstleistungen unmittelbar nachfragewirksam werden. Vgl. auch Haavelmo-Theorem, Multiplikator, öffentliche Ausgaben. Staatsausgabenquote, Staatsquote. Staatsbankrott. Zahlungsunfähigkeit des
Staates, d. h. teilweise oder völlige Nichterfüllung der von einer öffentlichen Körperschaft eingegangenen Verpflichtung zur Zinsund/oder Kapitalzahlung. In jüngster Zeit v. a. liegen bei den hoch verschuldeten Entwicklungsländern de facto Staatsbankrotte vor, die bisher (zumeist über Umschuldungsabkommen) aufgefangen werden konnten. Staatseinnahmen, Teil der öffentlichen
Einnahmen, der dem Staat zugeht, wobei
Staatshaushalt unter Staat verstanden wird: (1) Bund und Länder, (2) Bund, Länder sowie Gemeinden und Gemeindeverbände, d. h. sämtliche Gebietskörperschaften, oder (3) Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände sowie die Träger der Sozialversicherung. Arten: vgl. öffentliche Einnahmen. Gegensatz: Staatsausgaben. Gegenüberstellung von Solleinnahmen und Sollausgaben des Staatssektors in einem Haushaltsplan, getrennt aufgestellt von Bund, Ländern und Gemeinden. Staatshaushalt,
Staatsmonopolkapitalismus, Stamokap.
Von Lenin geprägte Bezeichnung für die von ihm beobachtete Verquickung von Staat und (Rüstungs-) Industrie in Deutschland während des Ersten Weltkriegs; der Begriff wurde seit den 50er Jahren von Vertretern des Marxismus-Leninismus in der (ehemaligen) UdSSR und (ehemaligen) DDR sowie von Teilen der westdeutschen Jungsozialisten wieder aufgegriffen. Staatsquote, Staatsausgabenquote. Verhältnis der öffentlichen Ausgaben der Gebietskörperschaften zu einer Sozialproduktgröße. Je nach Abgrenzung der öffentlichen Ausgaben ergeben sich unterschiedlich große Staatsquote (nach Finanzstatistik oder Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung ( VGR) erfolgt Ausklammerung oder Einbeziehung der Parafisci). Als allgemeine Staatsquote wird das Verhältnis der öffentlichen Ausgaben einschl. Sozialversicherung zum Bruttonationaleinkommen ( Sozialprodukt) bezeichnet. Bedeutung: Die Staatsquote drückt den Grad der Inanspruchnahme der gesamten Volkswirtschaft durch den Staat aus. Staatsschuldbuch, bei der Bundes-
schuldenverwaltung (BSV) geführtes Schuldbuch, in dem die Buchschulden des Staates (Namen der einzelnen Berechtigten) registriert sind. Vgl. auch öffentliche Kreditaufnahme. Staatsschulden, Teil der öffentlichen Schulden ( öffentliche Kreditaufnahme), der vom Staat aufgenommen wird. Theorie der Staatsschulden: Vgl. Finanztheorie.
412 Staatstätigkeit, Aktivitäten der öffentli-
chen Hand zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben. Vgl. auch Staatsanteil. Staatsverbrauch. 1. Begriff: Teilgröße der
Verwendungsseite des Sozialprodukts. Der Staatsverbrauch umfasst den Wert der der Allgemeinheit ohne spezielles Entgelt zur Verfügung gestellten Dienstleistungen der Gebietskörperschaften und der Sozialversicherung (z. B. Sicherheits-, Unterrichts-, Verwaltungsleistungen, Gesundheitsbetreuung). 2. Berechnung: Abzug des Wertes der Verkäufe des Staates (hauptsächlich Benutzungsgebühren) und der von ihm selbst erstellten Anlagen vom Produktionswert des Staates: Summe der laufenden Aufwendungen der Institutionen des Staatssektors; dazu rechnen die Einkommen aus unselbständiger Arbeit der beim Staat Beschäftigten, die von Behörden und Einrichtungen des Staates gezahlten Produktionssteuern (z. B. Kraftfahrzeugsteuer), die Abschreibungen sowie die laufenden Käufe des Staates von Waren und Dienstleistungen. Staatsversagen, Politikversagen. 1. Begriff: Durch staatliches Handeln oder Unterlassen von Handlungen hervorgerufene Fehlallokationen. 2. Begründung für die Vermutung von Staatsversagen: a) Mängel beim Entwurf und der Koordination wirtschaftspolitischer Entscheidungen; b) im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren angelegte Anreize für politische Unternehmer, korrigierend in Marktabläufe einzugreifen; c) Beeinflussungen wirtschaftspolitischer Entscheidungen durch Interessenvertreter ( Interessengruppen, Rent Seeking); d) Ineffizienzen bei der Ausführung wirtschaftspolitischer Entscheidungen (ökonomische Theorie der Bürokratie). Anders: Marktversagen. Vgl. auch Neue Politische Ökonomie, Konjunkturpolitik. Staatswirtschaft, derjenige Teil der
Volkswirtschaft, in der wirtschaftlich relevante Entscheidungen von solchen Institutionen getroffen werden, deren Aufgaben überwiegend darin bestehen, Dienstleistungen eigener Art für die Allgemeinheit zu erbringen und die sich hauptsächlich aus Zwangsabgaben finanzieren. Im Unterschied zur Marktwirtschaft wird die Entscheidung über den Einsatz knapper Güter nicht von privaten, sondern von staatlichen Stellen getrof-
413 fen, d. h. nichtmarktliche Bedürfnisbefriedigung unter Einsatz hoheitlicher Gewalt. Der Begriff der Staatswirtschaft ist weitgehend deckungsgleich mit dem Begriff der Finanzwirtschaft. Stabilisierung des Außenwerts. Wenn die Zentralbank als (Neben-) Ziel ihrer Geldpolitik versucht, den Außenwert der heimischen Währung zu stabilisieren, geht es nicht darum, die Wechselkurse konstant zu halten. Vielmehr soll die Kaufkraft der eigenen Währung in anderen Ländern erhalten bleiben. Anders: Stabilisierung des Binnenwerts. Vgl. auch Stabilisierungspolitik, Stabilitätspolitik in offenen Volkswirtschaften. Stabilisierung des Binnenwerts. Die
binnenwirtschaftliche Stabilität als Element der Aufgaben der Geldpolitik wird im Allgemeinen mit Preisniveaustabilität gleichgesetzt. Dabei sieht die Geldpolitik nicht eine Rate der Inflation von null, sondern von null bis etwa zwei Prozent pro Jahr als stabilitätskonform an. Der Hauptgrund für diese flexible Interpretation liegt in der großen Zahl der einzelnen Preisbewegungen in marktwirtschaftlichen Systemen und in der schwierigen und häufig unzureichenden Erfassung von Qualitätsverbesserungen. Werden die Preise einzelner Güter erhöht, weil sie qualitativ verbessert wurden, so ist dies nicht als Zeichen von Inflation zu werten. Anders: Stabilisierung des Außenwerts. Stabilisierungskrise, Reinigungskrise, eine Rezession bzw. Depression, die vermeintlich notwendig bzw. unvermeidbar einer Erholung der Wirtschaft vorausgeht. Begründung: Im Boom ändern sich Erwartungen und Verhaltensweisen. Bspw. steigt das Anspruchsverhalten der Gewerkschaften, Arbeitgeber sind wegen der guten Überwälzungsmöglichkeiten eher zu Lohnzugeständnissen bereit, alle Wirtschaftssubjekte erwarten steigende Inflationsraten. Einige Ökonomen sind der Ansicht, dass sich diese Inflations- und Anspruchsmentalität nur durch eine tiefe Rezession brechen lässt, um so die Voraussetzungen für eine Rückkehr auf den gleichgewichtigen Wachstumspfad zu schaffen. Stabilisierungspolitik, Stabilization Poli-
cy. 1. Begriff: Im weitesten Sinne umfasst
Stabilisierungspolitik Stabilisierungspolitik alle staatlichen Maßnahmen zur Erreichung eines makroökonomischen Gleichgewichts mit hohem Beschäftigungsstand und stabilem Preisniveau. Mitunter werden sowohl ordnungs- als auch prozesspolitische Maßnahmen unter Stabilisierungspolitik subsumiert. Im folgenden wird einer engeren Begriffsauffassung gefolgt: Stabilisierungspolitik umfasst danach alle prozesspolitischen Maßnahmen zur Beeinflussung des Wirtschaftsablaufs, ordnungspolitische Aktivitäten, die das Regelwerk der Wirtschaft verändern und eher langfristige Wirkungen haben, werden der Wachstumspolitik und der Angebotspolitik ( Angebotsökonomik) zugeordnet. Stabilisierungspolitik stimmt in dieser Definition weitgehend mit dem im englischen Sprachraum üblichen Konzept der Makropolitik (Macro Policies) überein. Wachstumspolitik setzt dagegen auch auf mikroökonomischer Ebene an und enthält somit Elemente der Mikropolitik (Micro Policies). Abzugrenzen ist Stabilisierungspolitik auch von Stabilitätspolitik, die i. e. S. lediglich auf Maßnahmen zur Sicherung des Binnenwertes und des Außenwertes der Währung abstellt ( Geldpolitik, Grenzen der Geldpolitik). 2. Ziele: Rationale Stabilisierungspolitik setzt die Auswahl und die qualitative, quantitative und zeitliche Konkretisierung der Stabilisierungsziele voraus. Gemäß § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes (StWG) haben Bund und Länder bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen. Diese Zielformulierung wird im allgemeinen als das magische Viereck der Stabilisierungspolitik bezeichnet. 3. Zur Konkretisierung der Ziele: a) Preisniveaustabilität: Als Indikatoren für das gesamtwirtschaftliche Preisniveau werden die Deflatoren des Bruttoinlandsproduktes und des privaten Verbrauchs, am häufigsten aber der Preisindex der Lebenshaltung ( Inflation, Laspeyres-Index) für alle privaten Haushalte verwendet. Dem Preisindex für die Lebenshaltung kommt aus lohn- und sozialpolitischer Sicht besondere Bedeutung zu. Operatio-
Stabilitätsanalyse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nalisierung: Umstritten ist, wann Preisniveaustabilität erreicht ist. Abweichend von der Höchstnorm eines absolut stabilen Preisniveaus (Inflationsrate von null) wird in der stabilitätspolitischen Praxis eine mehr oder weniger große positive Inflationsrate als relative Preisniveaustabilität toleriert (z.B. von der EZB bis 2 %). b) Hoher Beschäftigungsstand: Hierunter wird allgemein das Ziel verstanden, einen möglichst hohen Ausnutzungsgrad der in der Volkswirtschaft vorhandenen Produktionsfaktoren zu erreichen. Zumeist wird auf die Beschäftigung des Arbeitskräfteangebots abgestellt. Erfassung: Als Maßstab für die Beschäftigungssituation wird in der Regel die Arbeitslosenquote herangezogen. Operationalisierung: Es besteht kein Konsens darüber, was unter hoher Beschäftigungsstand oder Vollbeschäftigung zu verstehen ist. Vollbeschäftigung lässt sich zwar theoretisch leicht definieren, als ein Zustand, bei dem jeder, der zum gegebenen Reallohn Arbeit sucht, auch Arbeit finden kann, aber es ist sehr schwer, diese Vorstellung eines Gleichgewichts auf dem Arbeitsmarkt empirisch zu operationalisieren. Unbestritten ist, daß Vollbeschäftigung nicht mit einer Arbeitslosenquote von null gleichzusetzen ist. Es wird immer freiwillige Arbeitslosigkeit geben, und es muss, im Sinne eines effizienten Ausgleichs von Nachfrage und Angebot am Arbeitsmarkt auch Sucharbeitslosigkeit geben. c) Außenwirtschaftliches Gleichgewicht: Zur Zeit der Gesetzesformulierung wurde unter außenwirtschaftlichem Gleichgewicht vor allem ein in Relation zum Bruttoinlandsprodukt ( Sozialprodukt) möglichst geringer Saldo in der Leistungsbilanz ( Zahlungsbilanz) verstanden. Nach neuerem Verständnis kann auch ein Leistungsbilanzüberschuss Ausdruck einer ungleichgewichtigen Situation sein. Das wäre etwa dann der Fall, wenn im Inland eine Investitionslücke vorliegt (wie es in der BRD in den achtziger Jahren zu beobachten war), also die interne Ersparnis wesentlich höher als die interne Investition ist, Kapital und Arbeitsplätze also exportiert werden müssen. Eine eindeutige Definition des außenwirtschaftlichen Gleichgewichtes, etwa als einprozentiger Anteil des Außenbeitrages am Bruttoinlandsprodukt (Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung 1968), wäre beim heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand also als problematisch anzusehen. d) Stetiges und angemessenes Wirt-
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schaftswachstum: Die Stabilisierungspolitik soll ein stetiges Wirtschaftswachstum ermöglichen. Angemessenheit des Wachstums gehört dagegen nicht direkt zu den Zielen der Stabilisierungspolitik, sondern ist Kernaufgabe der längerfristig angelegten Wachstumspolitik. Das Wirtschaftswachstum, das mit Hilfe des Konzepts des Produktionspotenzials erfasst werden kann, ist allerdings nicht unabhängig vom Erfolg der Stabilisierungspolitik. Gelingt es der Stabilisierungspolitik nicht, starke Schwankungen der Produktion und ein Auf und Ab der Inflation zu vermeiden, so verschlechtern sich die Investitions- und Angebotsbedingungen in der Wirtschaft. Die Folge wären mittelfristig ein niedrigeres Investitionsniveau und ein langsameres Wachstum der Wirtschaft. 4. Entscheidungsträger der Stabilisierungspolitik: Entscheidungsträger der Stabilisierungspolitik sind die öffentlichen Haushalte (Fiskalpolitik), die Notenbank (Geld- und Währungspolitik), die Tarifparteien (Lohn- und Tarifpolitik). Eine theoretisch wie praktisch umstrittene Frage ist, wie die Entscheidungen dieser Politikbereiche aufeinander abgestimmt werden können. In der keynesianischen Konzeption der Stabilisierungspolitik ist es bei gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichtslagen erforderlich, Geld-, Finanzund Lohnpolitik in einer bestimmten Weise zu koordinieren ( Policy Mix), um zum Gleichgewicht zurückzukommen. Wie diese Koordination im Einzelnen aussieht, hängt sehr stark vom Wechselkursregime ab ( Konjunkturpolitik). Die neoklassische Konzeption der Stabilisierungspolitik sieht dagegen eine andere Rollenzuweisung (Assignment) vor. Jeder Politikbereich hat danach das Ziel zu verfolgen, auf das er den größten Einfluss hat (Kriterium der relativen Effizienz). So liegt es in der Hauptverantwortung der Geldpolitik, für stabile Preise zu sorgen, die Lohnpolitik hat bei einer stabilitätsorientierten Geldpolitik die Hauptverantwortung für die Beschäftigung, und der Staat hat neben der Allokationsfunktion der öffentlichen Haushalte für einen stetigen Wirtschaftsablauf zu sorgen. 5. Zu den Instrumenten der Stabilisierungspolitik: Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG), Konjunkturpolitik. Stabilitätsanalyse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, Wachs-
tumstheorie.
415
Stabilitätspolitik in offenen Volkswirtschaften
Stabilitätsgesetz (StabG), Stabilitäts-
und Wachstumsgesetz (StWG). gesellschaftliche Akzeptanz des Ziels der Währungsstabilität bzw. der Geldwertstabilität.
Stabilitätskultur,
Stabilitätspolitik, Stabilisierungspolitik,
Geldpolitik.
Stabilitätspolitik in offenen Volkswirtschaften. 1. Begriff: Eines der zentralen
Erkenntnisziele der monetären Außenwirtschaftstheorie betrifft die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen der Stabilitätspolitik in offenen Volkswirtschaften, insbesondere von Volkswirtschaften mit hoher internationaler Kapitalmobilität. Die Prozesse der Anpassung an das außenwirtschaftliche Gleichgewicht können die Wirksamkeit solcher Maßnahmen in einzelnen Fällen erhöhen, in anderen mindern oder gar zunichte machen. 2. Geldpolitik: Eine expansive Geldpolitik beruht in ihrer Wirksamkeit im Falle einer geschlossenen Ökonomie auf einer Verringerung des Zinssatzes und einer zinselastischen Investitionsnachfrage. Aus der Zahlungsbilanzausgleichstheorie ergibt sich, daß eine Zinssenkung bei perfekter Kapitalmobilität und glaubhaft fixem Wechselkurs gar nicht stattfinden kann. Dasselbe gilt bei stationären Wechselkurserwartungen auch für einen flexiblen Kurs. Die Wirksamkeit der Geldpolitik muss also bei offenen Volkswirtschaften über einen anderen Wirkungskanal erfolgen. a) Im Regime des flexiblen Wechselkurses besteht dieser in einer über die Abwertung zustande kommende Veränderung der relativen Preise. Daraus folgt bei starren nominellen Güterpreisen eine Umlenkung der Konsum- und Investitionsausgaben in Richtung der heimischen Güter, und bei perfekt elastischem Güterangebot eine Expansion der Produktion. Die Abwertung selbst folgt bei kurzfristiger Betrachtung direkt aus dem Portfoliogleichgewicht. Eine Erhöhung des Geldangebots ist bei gleich bleibendem Zinssatz nur dann mit einer Aufrechterhaltung des Gleichgewichts vereinbar, wenn der Wert der ausländischen Zinstitel zunimmt, und dies erfordert eine Abwertung der heimischen Währung (vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie). Diese führt allerdings bei gegebenen nominellen Güterpreisen zu einer Erhöhung des heimischen Preisniveaus, und
mithin zu einer Erhöhung der Geldnachfrage aus dem Transaktionsmotiv, die für sich genommen dämpfend auf die reale Expansion wirkt. b) Für den Fall eines fixen Wechselkurses erkennt man (wieder aus der Zahlungsbilanzausgleichstheorie) schnell, dass die Geldpolitik nicht einmal kurzfristig wirksam sein kann. Die Geldmenge ist dann ja letztlich immer endogen, und jeder Versuch der Zentralbank, eine vom Portfoliogleichgewicht abweichende Geldmenge anzusteuern, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. 3. Fiskalpolitik: Eine expansive Fiskalpolitik tangiert das momentane Portfoliogleichgewicht nicht, da sie nur an einer Stromgröße ansetzt, nämlich der Güternachfrage. Es entsteht zunächst ein Stromgleichgewicht mit erhöhter Nachfrage und erhöhtem Output. Die Leistungsbilanz verschlechtert sich gemäß der marginalen Importneigung, und der Bestand an Nettoauslandsaktiva fällt. a) Bei flexiblem Wechselkurs ergeben sich für das sich anschließende Portfoliogleichgewicht zwei Effekte. Die reale Expansion erhöht die Geldnachfrage (Transaktionsmotiv), und dies erfordert für sich genommen eine Aufwertung. Damit sinkt nämlich unter sonst gleichen Bedingungen der in heimischer Währung gemessene Gesamtwert der Nettoauslandsaktiva und damit des Vermögens insgesamt, und dies wirkt der Erhöhung des Transaktionsmotivs zur Kassenhaltung entgegen. Der Bestand an Nettoauslandsaktiva nimmt aber aufgrund des Leistungsbilanzdefizits ohnehin ab, so dass nicht von vornherein klar ist, in welche Richtung sich der Wechselkurs zur Aufrechterhaltung des Portfoliogleichgewichts bewegen muss. Das einfache Mundell-Fleming-Modell, welches die Portfoliozusammenhänge nur rudimentär betrachtet, betont hier den ersteren Effekt und kommt so zu einer Aufwertung, welche die Wirksamkeit der Fiskalpolitik unterminiert. Es findet hier ein wechselkursinduziertes CrowdingOut statt. Gelegentlich wird hier eine völlige Wirkungslosigkeit der Fiskalpolitik konstatiert. b) Bei fixem Wechselkurs kann ein wechselkursinduziertes Crowding Out nicht stattfinden. Die Zentralbank ist gezwungen, über Devisenmarktinterventionen die für den gerade realisierten Output erforderliche Geldmenge auch anzubieten. Damit konstatiert das einfache Mundell-Fleming-Modell eine sehr hohe Wirksamkeit der Fiskalpolitik bei fixem Kurs und hoher Kapitalmobilität.
Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) Die Zahlungsbilanzausgleichstheorie weist allerdings auf einen dabei zunächst vernachlässigten Effekt hin, nämlich die auch hier eintretende Verringerung des Gesamtvermögens aufgrund der defizitären Leistungsbilanz, die ja langfristig wieder verschwinden muss. Dieser Vermögenseffekt wirkt kontraktiv und lässt erwarten, daß die Wirksamkeit der Fiskalpolitik langfristig schwindet. Stabilitätsund Wachstumsgesetz (StWG), Stabilitätsgesetz (StabG). I . B e g -
r i ff / C h a r a k t e r i s i e r u n g : Kurzbezeichnung für das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft von 1967. Rechtliche Regelung der Bund und Ländern obliegenden Pflicht, bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten (Art. 109 GG); Kodifizierung der keynesianischen Wirtschaftspolitik in der BRD. Maßnahmen gem. StWG sollen so getroffen werden, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand, zum außenwirtschaftlichen Gleichgewicht und zu einem stetigen und angemessenen Wirtschaftswachstum beitragen ( magisches Viereck). Vgl. auch Stabilisierungspolitik, Konjunkturpolitik. I I . M a ß n a h m e n : 1. Erstellung eines Jahreswirtschaftsberichts durch die Bundesregierung, der eine Stellungnahme zu dem Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR), eine Darlegung der für das laufende Jahr von der Bundesregierung angestrebten wirtschafts- und finanzpolitischen Ziele (Jahresprojektion) und eine Darlegung der für das laufende Jahr geplanten Wirtschafts- und Finanzpolitik enthalten soll. 2. Bildung des Konjunkturrats für die öffentliche Hand zur Beratung der Bundesregierung. 3. Im Falle der Gefährdung der Ziele des StWG ist eine Orientierungshilfe in Form der Konzertierten Aktion vorgesehen; sie soll der Absicherung der gesellschaftspolitischen Flanke der Konjunkturpolitik dienen. 4. Bei außenwirtschaftlichen Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, deren Abwehr durch binnenwirtschaftliche Maßnahmen nicht oder nur unzureichend möglich ist, hat die Bundesregierung alle Möglichkeiten der internationalen Koordination zu nutzen. 5. Zur
416 Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung steuerliche Maßnahmen zu ergreifen. I I I . Regelungen für Bundes- und Länd e r h a u s h a l t e : 1. Im Bundeshaushaltsplan ( Bundeshaushalt) sind Umfang und Zusammensetzung der Ausgaben und der Ermächtigungen zum Eingehen von Verpflichtungen zu Lasten zukünftiger Rechnungsjahre so zu bemessen, wie es zur Erreichung der Ziele des StWG erforderlich ist. 2. Bei einer die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigenden Nachfrageausweitung sollen Mittel des Bundes zur zusätzlichen Tilgung von Schulden bei der Deutschen Bundesbank oder zur Zuführung an die Konjunkturausgleichsrücklage veranschlagt werden. Außerdem kann die Bundesregierung den Finanzminister ermächtigen, die Verfügung über bestimmte Ausgabemittel, den Beginn von Baumaßnahmen und das Eingehen von Verpflichtungen zu Lasten künftiger Rechnungsjahre von seiner Einwilligung abhängig zu machen. 3. Bei einer die Ziele des StWG gefährdenden Abschwächung der allgemeinen Wirtschaftstätigkeit sollen zusätzliche Ausgaben aus öffentlichen Mitteln geleistet werden, v. a. aus der Konjunkturausgleichsrücklage. Auch ist die Planung geeigneter Investitionsvorhaben so zu beschleunigen, daß mit ihrer Durchführung kurzfristig begonnen werden kann. 4. Die Kreditaufnahme im Rahmen der in den Haushaltsgesetzen oder Haushaltssatzungen ausgewiesenen Kreditermächtigungen durch Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände sowie der öffentlichen Sondervermögen und Zweckverbände kann die Bundesregierung zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts beschränken. I V. B e d e u t u n g : Mit dem Vordringen ideologischer und/oder theoretisch begründeter Kritik an einer keynesianischen Wirtschaftspolitik ist auch das StWG nach kurzer Zeit aus dem Brennpunkt der konjunkturpolitischen Diskussion verschwunden; seine Instrumente werden kaum noch benutzt. Stackelbergsches
Dyopol-Modell,
oligopolistische Preisbildung. Stadientheorie, Rostowsche Stadien-
Theorie.
417 Stagflation, Inflation. Stagnation, Konjunkturphasen, säku-
lare Stagnation. Stamokap, Staatsmonopolkapitalismus. Standardgut, numéraire, in der Mikroöko-
nomik das Gut, dessen Preis auf 1 normiert wird, um die relativen Preise der übrigen Güter in Einheiten des Standardgutes auszudrücken. Standard-Preis-Ansatz, Umweltabga-
be. Stand der Technik, Begriff in der Umweltgesetzgebung (z. B. Bundes-Immissionsschutzgesetz, Wasserrecht); hier umfasst Stand der Technik fortschrittliche Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, die in der Praxis geeignet erscheinen, die bestmögliche Begrenzung von Gefahren zum Schutz der Allgemeinheit zu sichern, ohne die Umwelt zu beeinträchtigen. Zur näheren Bestimmung sind mit Erfolg erprobte Maßnahmen heranzuziehen. Vgl. auch Stand von Wissenschaft und Forschung. Standortmarketing. 1. Werbung für gewerbliche Produktionsstandorte vornehmlich im kommunalen Bereich. 2. Förderung von Gewerbeansiedlungen (Neuansiedlungen) als Instrument kommunaler Wirtschaftsförderung. Standorttheorie, Wirtschaftsgeographie. Stand von Wissenschaft und Forschung, wird bei einem Produktionsprozess
Sterilisierung selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers des Inneren mit Sitz in Wiesbaden. 2. Rechtsgrundlage: Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz BstatG) vom 22.1.1987. Für die Durchführung einer Bundesstatistik ist grundsätzlich eine spezielle gesetzliche Grundlage (Gesetz oder Rechtsverordnung) erforderlich. Diese Vorschriften regeln die wesentlichen Inhalte der Einzelstatistik, Periodizität der Erhebungen, den Kreis der zu Befragenden und ob Auskunftspflicht besteht 3. Zusammenarbeit mit den statistischen Landesämtern: Dem föderalen Aufbau der Bundesrepublik entsprechend werden die bundesweiten Statistiken in Zusammenarbeit mit den Statistischen Ämtern der 16 Länder durchgeführt, so dass die Bundesstatistik weitgehend dezentral organisiert ist. Aufgabe des Bundesamtes ist es, dafür zu sorgen, dass sie überschneidungsfrei, nach einheitlichen Methoden und termingerecht durchgeführt werden. 4. Aufgaben: (1) Die Methodische und technische Vorbereitung der einzelnen Statistiken, (2) die Weiterentwicklung des Programms der Bundesstatistik, (3) die Koordinierung der Statistiken untereinander und (4) die Zusammenstellung und Veröffentlichung der Bundesergebnisse. 5. Statistische Hauptthemen: (1) Arbeitsmarkt, (2) Bevölkerung, (3) Preise, (4) Verdienste und Arbeitskosten und (5) Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. 6. Hauptindikatoren: (1) Konjunkturindikatoren, (2) Strukturindikatoren und (3) Nachhaltigkeitsindikatoren Weitere Informationen unter www.destatis.de Steady State, stetiger Entwicklungspfad,
der Stand von Wissenschaft und Forschung vorgeschrieben, so müssen die fortschrittlichsten Umweltschutz- und Sicherheitstechniken eingehalten werden. Vgl. Stand der Technik.
Zustand einer Wirtschaft, bei dem alle ökonomisch relevanten Größen, wie Konsum, Investitionen, Bruttoproduktion, Arbeitsmenge, im Zeitablauf relativ zueinander konstant sind oder mit derselben Rate wachsen. Sonderfall: stationäre Wirtschaft.
starker Staat, Freiburger Schule.
Sterbegeld, Gesetzliche Unfallversiche-
statische Analyse, Analyse-Methoden. Statistisches Amt der Europäischen Union, EUROSTAT. Statistisches Bundesamt Deutschland,
1. Begriff: Träger der amtlichen Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistik) als
rung. Sterilisierung, Neutralisierung, Versuch der Zentralbank, die Geldmengenwirkung einer im Zuge von Devisenmarktinterventionen entstehenden Zu- oder Abnahme der Devisenreserven durch eine kompensierende Offenmarktpolitik ganz oder teilweise zu neutralisieren. Tritt bei der Aufrechterhaltung
Steuerabwehr
418
eines Systems mit fixen Wechselkursen auf, wenn die Zentralbank Devisenreserven verkaufen muss, zugleich aber eine monetäre Kontraktion vermeiden will. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Stabilitätspolitik in offenen Volkswirtschaften.
Steuerbelastungsgefühl,
Steuerabwehr. 1. Begriff: Sammelbegriff für alle Formen der sich an verschiedenen Stellen des Wirtschaftskreislaufs abspielenden Bemühungen von Steuerpflichtigen, einer ihnen auferlegten Steuer wirksam zu begegnen. 2. Formen: a) Rechtswidrige Formen: Steuerhinterziehung, Steuerumgehung. b) Rechtlich zulässige Formen: Steuerausweichung (Steuervermeidung), Steuereinholung, Steuerüberwälzung.
Steuerbemessungsgrundlage,
Steuerabzug, Quellenabzug, besondere Er-
hebungsform der Abzugssteuern. Steueranspannung, Intensität, mit der die
öffentlichen Aufgabenträger die ihnen zugewiesenen Steuerquellen ausschöpfen. Steuerarten, die einzelnen Steuern, die insgesamt das Steuersystem bilden. In der BRD gibt es ca. fünfzig verschiedene Steuern.
subjektives Maß der Steuerlast, das sich aus den objektiven Einkommenseinbußen und aus den subjektiv empfundenen Nutzeneinbußen zusammensetzt. Beeinflussungsfaktor des Steuerwiderstands.
Be-
messungsgrundlage. Steuereinholung, rechtlich zulässige Form
der Steuerabwehr: Erhöhte Leistung des Steuerbetroffenen, um einen Ausgleich (Einholung) der Belastung aus Steuerzahlungen zu erzielen. Anders: Steuerausweichung. Steuereinmaleins, eine von J. Swift 1728
formulierte Erkenntnis, daß bei einer Verdoppelung des Steuersatzes sich die Einnahmen keineswegs verdoppeln müssen (Swiftsches Steuereinmaleins). Heute als Steuerertragsgesetz bezeichnet. Es besagt, daß bei einer prozentualen Erhöhung des Steuersatzes der Steuerreinertrag durch Steuerausweichung mit einem geringeren Prozentsatz wächst oder sogar zurückgeht. Vgl. auch Laffer-Kurve. Steuerertragsgesetz, Steuereinmaleins.
Steueraufkommen. 1. Begriff: Summe der
Steuerertragshoheit, Steuerertragskompe-
Einnahmen der öffentlichen Hand aus den einzelnen Steuern in einer bestimmten Periode (Rechnungsjahr, Kalenderjahr o. ä.). Steueraufkommen in Deutschland: Vgl. einzelne Steuerarten. 2. Verteilung der Steueraufkommen: Nach Art. 106 GG besteht in der BRD eine Mischung aus gebundenem Trennsystem (bestimmte Steuern stehen einzelnen Ebenen zu) und Mischsystem (das Aufkommen einzelner Steuern steht mehreren Ebenen gemeinsam zu), wobei der Verteilungsschlüssel im GG festgeschrieben ist oder einfach gesetzlich verändert werden kann.
tenz. Teil der Steuerhoheit. 1. Begriff: Recht auf das Steueraufkommen. Die Steuerertragshoheit ist geteilt. Verteilung des Steueraufkommens auf Bund, Länder und Gemeinden festgelegt in Art. 106 GG.
Steuerausweichung, Steuervermeidung, Steuerevasion rechtlich zulässige Form der Steuerabwehr durch bewusste Unterlassung der Verwirklichung steuerbegründender oder -erhöhender Sachverhalte sowie durch Erfüllung steuermindernder Tatbestände. Beispiel: Unternehmer passen ihr Erzeugnis der Steuerbemessungsgrundlage an (z.B. Hubraum bei der Herstellung von Kraftfahrzeugen). Anders: Steuerumgehung.
Steuerertragskompetenz,
Steuerer-
tragshoheit. Steuergegenstand, Steuerobjekt. Steuergerechtigkeit, Forderung nach einer gerechten Verteilung der Abgabenlast auf die Gesamtheit der Steuerpflichtigen, die den gesellschaftspolitischen Gerechtigkeitsvorstellungen entspricht. Das Postulat der Steuergerechtigkeit ist in einem Rechtsstaat das systemtragende und -bestimmende Prinzip des Steuerrechts, das widerspruchslos über den einzelnen konkret formulierten Besteuerungsprinzipien steht. Steuergerechtigkeit hat dem sozialpolitischen Grundsatz einer gerechten Einkommensverteilung zu entsprechen; auch finanzpolitische (Ergiebigkeit) und wirtschaftspolitische ( Kon-
419
Steuerklassifikation
junktur und Wachstum) Aspekte, die jeglicher Steuergerechtigkeit eine Grenze setzen, sind zu beachten. Steuergesetzgebungskompetenz, Teil der Steuerhoheit. 1. Begriff: Das Recht zur Gesetzgebung im Bereich des Steuerrechts schließt das Steuererfindungsrecht ein. 2. Arten: a) Steuergesetzgebungshoheit des Bundes: (1) ausschließliche Gesetzgebung für Zölle und Finanzmonopole (Art. 105 I GG); (2) konkurrierende Gesetzgebung für die übrigen Steuern, deren Aufkommen ( Steueraufkommen) dem Bund ganz oder teilweise zustehen und für die ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht (Art. 105 II GG). b) Steuergesetzgebungshoheit der Länder: (1) ausschließliche Gesetzgebung für örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind (Art. 105 II a GG); (2) konkurrierende Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht keinen Gebrauch macht (Art. 105 II i. V. m. Art. 72 I GG). Steuergesetzgebungshoheit,
Steuergesetzgebungskompetenz,
Steuergesetzgebungshoheit. Steuergrundsätze, Besteuerungsprin-
zipien. Steuerharmonisierung. 1. Begriff: Inter-
nationale Vereinheitlichung der Steuersysteme, d. h. Abbau des Steuergefälles bzw. der unterschiedlichen Steuerquoten auf internationaler Ebene, die technische Angleichung einzelner Steuern zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und Angleichung des Gewichts der einzelnen Steuern (Verhältnis von direkten zu indirekten Steuern) im jeweiligen Steuersystem. 2. Steuerharmonisierung in der EU: Die Bemühungen des Europäischen Rates richten sich v. a. darauf, zur Herstellung des Binnenmarkts die zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten divergierenden Steuersätze bei der Mehrwertsteuer, verschiedenen Verbrauchsteuern (z.B. auf Tabak, Spirituosen und Treibstoffe), der Einkommensteuer und den Unternehmenssteuern einander anzunähern. Art. 90 bis 93 des EG-Vertrages ( EG) enthalten zwar einschlägige Bestimmungen über die direkten und indirekten Steuern, die Annahme gemeinsamer Steuervorschriften
gemeinsamer Steuervorschriften ist jedoch durch das Einstimmigkeitserfordernis bei den Abstimmungen des Rates erheblich behindert worden. Gleichwohl konnten ein Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung (1997), eine Richtlinie über die grenzüberschreitende Besteuerung von Zinserträgen (2003) und eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlung von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen (2003) verabschiedet werden. Steuerhäufung, Konzentration mehrerer Steuern auf ein Steuersubjekt infolge Steuerüberwälzung.
Steuerhinterziehung, Zollhinterziehung, rechtswidrige Form der Steuerabwehr (Steuerstraftat). Steuerhinterziehung begeht, wer vorsätzlich: a) den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht; b) die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt; c) pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder stemplern unterlässt. Versuch ist strafbar (Freiheitsstrafe oder Geldstrafe). Straffreiheit kann durch rechtzeitige Selbstanzeige erlangt werden. Hinterzogene Steuern sind zu verzinsen. Steuerhoheit. Das einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zustehende Recht, Steuern zu erheben. Teil der Finanzhoheit, die das gesamte staatliche Finanzwesen mit der Einnahmen- und Ausgabenseite umfasst. Arten: Steuergesetzgebungshoheit, Steuerertragshoheit und Steuerverwaltungshoheit. Steuerinzidenz, Form der Inzidenz, die
Einkommensverteilungsänderungen angibt, die von einer Änderung im Steuersystem ohne Änderung des Budgetvolumens ausgehen. Steuerklassen, Lohnsteuerklassen. Steuerklassifikation, Einteilung von Steuern nach bestimmten Gesichtspunkten. Die Wahl der Einteilungskriterien ist von dem Untersuchungszweck abhängig, daher gibt es eine große Zahl mehr oder weniger unterschiedlicher Steuerklassifikationen. Beispielhafte Steuerklassifikation: 1. Di-
Steuerkraft rekte Steuern und indirekte Steuern: Einteilungsmerkmal ist a) die Veranlagungs- und Erhebungstechnik, b) die Überwälzbarkeit, c) die steuerliche Leistungsfähigkeit. 2. Marktsteuern und Maßsteuern: Auch hier ist die Möglichkeit der Überwälzung ein Gliederungskriterium (Schmölders). 3. Personensteuern (bzw. Personal- oder Subjektsteuern) und Realsteuern (bzw. Objektoder Sachsteuern): Gliederungskriterium ist die Verknüpfung von Steuersubjekt und Steuerobjekt. 4. Besitzsteuern, Verkehrsteuern, Verbrauchssteuern, Zölle: Abgestellt auf die Besteuerung des Objekts. 5. Veranlagungssteuern und Fälligkeitssteuern: Unterscheidung ist insbesondere im Rahmen des Steuerstrafrechts erheblich. Steuerkraft, die von Gebietskörperschaften bei normaler bzw. durchschnittlicher Anspannung ihrer zugewiesenen Steuerquellen ( Steueranspannung) erzielbaren Steuereinnahmen; gemessen durch die Steuerkraftmesszahl. Steuerkraftmesszahl, Größe, mit der die Höhe der originären Steuerkraft eines öffentlichen Aufgabenträgers gemessen werden soll: Summe der mit fiktiven, landeseinheitlichen Hebesätzen modifizierten Steuereinnahmen der Gemeinden. Im Rahmen des kommunalen (ergänzenden) Finanzausgleichs wird die Steuerkraftmesszahl zur Berechnung der Schlüsselzuweisungen der Ausgleichsmesszahl (relativer Finanzbedarf) gegenübergestellt. Steuerlastquote, Steuerquote. steuerliche Beziehungslehre, Teilgebiet der finanzwissenschaftlichen Steuerlehre ( Finanzwissenschaft), die die wechselseitige Abstimmung der einzelnen Steuerarten eines Systems herstellen soll. Die Einzelsteuern sollen sich in ihren Zwecken und Zielen ergänzen und kontrollieren. Steuerliches Existenzminimum, Exis-
420 ren geprägt ist (Nord-Süd-Gefälle in Europa). Vgl. auch Steuermoral. Steuermoral, Einstellung des Steu-
erpflichtigen zum Steuerdelikt. Mangelnde Steuermoral führt zu illegalem Steuerwiderstand. Vgl. auch Steuermentalität. Steuermultiplikator, Maßzahl, die anzeigt, um wie viel sich das Volkseinkommen verändert, wenn der Staatssektor die Steuerbelastung der privaten Haushalte variiert. Vgl. auch Haavelmo-Theorem, Multiplikator. Steuern. Öffentliche Abgaben, die ein
Gemeinwesen kraft Zwangsgewalt in einseitig festgesetzter Höhe und (anders als bei Gebühren und Beiträgen) ohne Gewährung einer Gegenleistung von natürlichen und juristischen Personen seines Gebietsbereichs erhebt. Entsprechend der heute gültigen Steuerrechtfertigungslehre werden eine unbeschränkte staatliche Steuerhoheit und steuerliche Unterwerfung als unbestrittene, weil gemeinschaftsbedingte Normen, anerkannt; dem entsprechen Begriffsumschreibungen in der Finanzwissenschaft als Zwangsabgaben ohne Anspruch auf Gegenleistung und in der Abgabenordnung (§ 3 I AO) als Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein. Eine Steuerklassifikation ist nach unterschiedlichen Gesichtspunkten möglich. Steuerobjekt, Steuergegenstand, Tatbestand, dessen Vorhandensein Grundlage der Besteuerung ( Steuern) ist. Inbegriff der sachlichen Voraussetzungen zur Entstehung der Steuerschuld. Steuerobjekt kann ein Wirtschaftsgut oder ein wirtschaftlicher Vorgang sein.
tenzminimum. Steuerordnung, Steuersystem. Steuermentalität, Begriff zur Kennzeich-
nung der allgemeinen Einstellung zum Abgabewesen bzw. zur Besteuerung, wobei diese durch die soziokulturelle und politische Einschätzung der Staatsautorität allgemein und seiner Leistungserbringung im Besonde-
Steuerpflichtiger, derjenige, der eine Steuer schuldet (Steuerschuldner), für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit
421
Steuertarifformen
zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat. Zu unterscheiden: beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtiger. Steuerpolitik. 1. Begriff: Einsatz steuerli-
cher Maßnahmen im Dienste der Finanz- und Wirtschaftspolitik (vgl. auch Finanzpolitik). 2. Ziele: a) Fiskalische Ziele: Steigerung des Steueraufkommens. b) Nichtfiskalische Ziele: Die Steuerpolitik kann jegliche staatspolitische Ziele verfolgen: Allokative Ziele (z. B. durch differenzierte Umsatzsteuersätze), wachstumspolitische Ziele (z. B. durch erhöhte Abschreibungen), distributive Ziele (z. B. durch einen progressiven Einkommensteuertarif) und konjunkturpolitische Ziele (z. B. durch eine Builtin-Flexibility). 3. Ansätze: a) Auswahl der Steuerobjekte, z. B. Neueinführung oder Abschaffung von Steuern. b) Steuertechnik, diesbezüglich vielfältige Eingriffsmöglichkeiten, z. B. Ausdehnung oder Einschränkung der Bemessungsgrundlage, Steuerbefreiungen, Steuersatzänderungen. 4. Wirkungen: In allen Bereichen der Volkswirtschaft zeigen sich Wirkungen. Für den Politiker ist die Kenntnis der Wirkungen seiner Maßnahmen unerlässlich, doch nie umfassend erreichbar, so daß man beabsichtigte und unbeabsichtigte Wirkungen unterscheiden muss. 5. Grenzen: Liegen in den ökonomischen und psychischen Grenzen der Besteuerung i. a., insbes. jedoch in den Vorstellungen vom Sinn und Zweck der einzelnen Steuern. Steuerprogression, Steuertariftypen. Steuerproportionalität,
Steuer-
tariftypen. Steuerpsychologie, Teilbereich der Finanzpsychologie, deren Erklärungsobjekt die psychologischen Grenzen der Besteuerung sind. Ziel ist es, die Steuerzwecke besser zu verwirklichen. Zu den steuerpsychologischen Maßnahmen gehören z. B. Informationsvermittlung über die mit Steuern finanzierten staatlichen Leistungen, geschickte Namensgebung (z. B. Pfennigabgaben) oder unmerkliche Ausgestaltung der Steuern.
Steuerquelle, Güter- bzw. Geldstrom oder -bestand, aus dem die Steuer letztlich gezahlt wird. Steuerquote, Steuerlastquote: Steuern in
Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt; finanzpolitische Kennziffer zur Quantifizierung der relativen Steuerbelastung. Zusammen mit der Sozialbeitragsquote bildet sie die Abgabenquote. Steuerrechtfertigungslehre, Lehre zur Begründung der Erhebung von Steuern. Die Steuerechtfertigungslehre geht von den Funktionen des Gemeinwesens aus. Arten: (1) Äquivalenztheorie, (2) Assekuranztheorie, (3) Opfertheorie. Steuerrechtfertigungslehre und Steuertheorie werden i. d. R. synonym verwendet. Steuerreform, ökologische Steuerre-
form. Steuerregression, Steuertariftypen. Steuersatz, Prozent- oder Promillesätze auf die Bemessungsgrundlage einer Steuer. Der Steuersatz bestimmt somit neben anderen Faktoren die Höhe der Steuerbelastung. Vgl. auch Steuertarif. Steuerschuldner, Steuerpflichtiger. Steuersubjekt. Die zur Besteuerung heran-
gezogene Person. Steuersystem, Steuerordnung. Gesamtheit der in einem Land erhobenen bzw. mit einem bestimmten Sinngehalt zu erhebenden Steuern. 1. I. e. S.: Darstellung der Vielzahl der gleichzeitig erhobenen Steuern (deskriptiver Aspekt). 2. I. w. S.: Forderung nach einem logischen Zusammenhang aller Steuern (gestalterischer Aspekt). Steuersystemtheorie, Finanztheorie. Steuertarif, gesetzlich festgelegte funktionale Beziehung zwischen der Bemessungsgrundlage einer Steuer und der Steuerschuld. Vgl. auch Steuertariftypen.
Ausprägungen der Steuertariftypen: Stufen-
Steuertarifformen,
verschiedenen tarif.
Steuertariftypen Steuertariftypen, Gestaltung des Verlaufs des Steuertarifs bei steigender Bemessungsgrundlage. Arten: Steuertariftypen mit Proportionalität (proportionaler Steuertarif), Progression (progressiver Steuertarif) und Regression (regressiver Steuertarif), wobei zwischen beschleunigter, linearer und verzögerter Progression bzw. Regression unterschieden wird. Steuertheorie. 1. Begriff: a) I. w. S.: Sam-
melbezeichnung für die Steuerrechtfertigungslehre, die Lehre vom Steuersystem, die Lehre von den Steuerwirkungen, die Lehre von den Steuergrundsätzen ( Besteuerungsprinzipien) und die Lehre von den Grenzen der Besteuerung. Begriff i. d. S. hat sich in der Literatur nicht durchgesetzt. b) I. e. S.: Synonyme Bezeichnung für die Steuerrechtfertigungslehre. 2. Charakterisierung: Vgl. Finanztheorie. Steuerträger, Steuern. Steuerüberwälzung. Rechtlich zulässige Form der Steuerabwehr. Prozess der Übertragung der Steuerlast vom Steuerpflichtigen ( Steuerzahler) auf den Steuerträger. Maßgeblich für die Steuerüberwälzung ist die Elastizität von Angebot und Nachfrage nach einem Gut. Möglichkeit und Grad der Steuerüberwälzung hängen auch vom Einkommen ab, da mit höherem Einkommen die Elastizität der Nachfrage steigt. Am Ende dieses Prozesses der Steuerüberwälzung steht die endgültige Steuerbelastung ( Steuerinzidenz). Steuerumgehung, rechtswidrige Form der Steuerabwehr. Steuerumgehung ist der Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts zur Umgehung oder Minderung öffentlicher Abgaben. Nur bei Grenzfällen kann Steuerumgehung als Steuerhinterziehung strafbar oder als Steuerordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet werden.
Steuerverbund. 1. Begriff: Steuerarten,
deren Steuerertragshoheit sich gemäß dem Verbundsystem auf mehrere öffentliche Aufgabenträger verteilt. 2. Arten: a) Einzelverbund: Das Aufkommen einer einzelnen Steuer wird aufgeteilt; Gesamtverbund: Das Aufkommen mehrerer Steuern wird aufgeteilt. b) Kleiner Steuerverbund: Steuer-
422 verbund zwischen Bund und Ländern, in der BRD Körperschaft- und Umsatzsteuer; großer Steuerverbund: Steuerverbund zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, z. B. Einkommen- und Gewerbesteuer. 3. Messzahl: Steuerverbundquote. Vgl. auch Finanzverfassung, Finanzausgleich. Steuerverbundquote, Verbundquote, die
bei Verbundsteuern ( Gemeinschaftssteuern) den beteiligten öffentlichen Aufgabenträgern zugewiesenen Aufkommensanteile. Vgl. auch Finanzausgleich, Steuerverbund. Steuervergünstigungen, steuerliche Vor-
teile, die aus wirtschaftspolitischen, sozialen oder sonstigen Gemeinwohlgründen gewährt werden und daher nicht im Leistungsfähigkeitsprinzip wurzeln, sondern vorrangig der Verwirklichung wirtschafts- und sozialpolitischer Lenkungsziele dienen. Arten: a) Abschreibungsvergünstigungen, b) steuerfreie Rücklagen, c) Investitionszulagen und -zuschüsse, d) Steuerabzugsbeträge. Steuerverwaltungshoheit, Teil der
Steuerhoheit. 1. Begriff: Das Recht zur Verwaltung der Steuern; nach Art. 108 GG festgelegte Kompetenz zum Gesetzesvollzug der Steuergesetze durch die Bundes- und Landesfinanzbehörden. 2. Ausprägungen: a) Verwaltung vom Bund: Zölle, Finanzmonopol, bundesgesetzlich geregelte Verbrauchssteuern, Einfuhrumsatzsteuer und Abgaben im Rahmen der EG. b) Verwaltung vom Land im Auftrage des Bundes: Steuern, die ganz oder teilweise dem Bund zufließen, wie Versicherung-, Einkommen-, Körperschaft-, Umsatzsteuer. c) Verwaltung vom Land: Erbschaft-, Kraftfahrzeug-, Grunderwerb-, Feuerschutz-, Rennwett- und Lotterie-, Gewerbe-, Grundsteuer und Spielbankabgabe. Steuerwiderstand, Gesamtheit der psychologisch bedingten Gegenreaktionen, die die Besteuerung bei den von ihr Betroffenen hervorruft. Je stärker der Steuerwiderstand, desto eher versucht der Steuerpflichtige, der Steuer auszuweichen, sie zu umgehen oder auf die finanzpolitische Willensbildung Einfluss zu nehmen ( Steuerabwehr). Der Steuerwiderstand wird bestimmt durch Steuermentalität, Steuermoral und das subjektive Belastungsgefühl.
423 Steuerwirkungen. 1. Begriff: Effekte der
Steuern oder Änderungen des Steuerrechts auf volkswirtschaftliche Größen. Steuerwirkungen umfassen Steuerausweichreaktionen in der Ankündigungsphase ( Signalwirkungen), Überwälzungsprozesse bei der Steuerauferlegung und Sekundärwirkungen beim Steuerträger. 2. Arten: a) Sachliche, räumliche, zeitliche Substitutionsprozesse der potentiell Betroffenen, um der Steuer legal auszuweichen. b) Steuerüberwälzung; c) Steuereinholung. Vgl. auch Steuerabwehr. 3. Einfluss auf die Einkommensverteilung: Alle aufgezeigten Effekte schlagen sich in veränderten Einkommenspositionen nieder und enden in der Steuerinzidenz.
Steuerwissenschaften, Gesamtheit der
rechts-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit der Besteuerung und ihren Auswirkungen beschäftigen: (1) Steuerrechtswissenschaft (Steuerrecht), (2) Staats- bzw. Verfassungsrechtslehre, (3) Finanzwissenschaft und (4) betriebswirtschaftliche Steuerlehre. Steuerzahler, i. d. R. identisch mit dem Steuerpflichtigen; nur in den Fällen des Quellenabzugsverfahrens fallen Steuerzahler (z. B. bei der Lohnsteuer das Unternehmen) und Steuerschuldner auseinander ( Steuern).
Streik Hand in wachsendem Umfang. 4. Heute wird die Besteuerung zur Erreichung jeglicher staatspolitischer Zwecke (fiskalische Besteuerung, nichtfiskalische Besteuerung) eingesetzt. stille Reserve, Teil des Erwerbspersonenpotentials, Gesamtheit der Personen, die arbeitslos sind, aber nicht als solche registriert sind. Vgl. Arbeitslosenstatistik. strategische Allianzen, Wettbewerbs-
politik. strategische
Exportpolitik,
strate-
gische Handelspolitik. strategische Handelspolitik. Besondere Form der Handelspolitik, die sich auf Märkte konzentriert, in denen heimische Firmen mit ausländischen Firmen in oligopolistischem Wettbewerb stehen: strategische Importpolitik auf heimischen und strategische Exportpolitik auf ausländischen Märkten. Die Grundidee besteht darin, die Bedingungen des oligopolistischen Wettbewerbs so zu verändern, daß die heimischen Anbieter höhere Gewinne erzielen. strategische
Importpolitik,
strate-
gische Handelspolitik. strategische Industriepolitik, neben der
Strukturerhaltungspolitik und der Strukturanpassungspolitik Teilbereich der Industriepolitik. Ausgangspunkt der strategischen Industriepolitik ist die Vermutung, daß in bestimmten Industriezweigen höhere Gewinne zu erzielen sind als in anderen. Diese Gewinne seien das Ergebnis einer Monopolisierung, die auf der Ausnutzung von statischen (Fixkosten) oder dynamischen Skalenerträgen (Learning-by-Doing) beruhen. Ein Land, das sich erfolgreich auf derartige strategische Industrien spezialisiert, könne im internationalen Wettbewerb höhere Einkommen erzielen als andere Länder. Aufgabe der strategischen Industriepolitik sei es, diese Industrien gezielt zu fördern, um einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Ausland zu erzielen. Als theoretische Grundlage dafür wird oftmals auf die neue Handelstheorie verwiesen.
Steuerzweck, oberste Zweckbestimmung
von Steuern, abhängig von der historischen Entwicklung der staatlichen Aktivität. 1. Rein fiskalischer Zweck im europäischen Mittelalter; erweiterte fiskalische Zwecksetzung durch die Merkantilisten: Ausbau der Verbrauchsbesteuerung zur finanziellen Sicherung einer aktiven Handelsbilanz ( Merkantilismus). 2. Sozialpolitischer Zweck tritt mit aufkommendem Hochkapitalismus neben den fiskalischen: Einkommensungleichheiten beschleunigen die Einführung der Einkommensbesteuerung als nachträgliche Korrektur der Verteilung des Sozialprodukts. 3. Steuerpolitik rückt seit den 30er Jahren ins Zentrum der Volkswirtschaft, sie wird Instrument zur Stärkung von Konsum oder Investition; einzelne Steuern oder Steuerparagraphen lenken die Aktivität der Individuen in volkswirtschaftlich gebotene bzw. erwünschte Richtung ( Zwecksteuer). Eigene Investitionen der öffentlichen
Streik. 1. Begriff: Kampfmaßnahme der Ar-
beitnehmerseite im Arbeitskampf; gemein-
Stromeinspeisungsgesetz same und planmäßige Arbeitsniederlegung durch eine größere Anzahl von Arbeitnehmern mit dem Ziel, einen bestimmten Kampfzweck zu erreichen und nach Erreichung des Kampfzweckes die Arbeit wieder aufzunehmen. 2. Rechtmäßigkeit: Das Grundgesetz garantiert verfassungsrechtlich den Streik als Arbeitskampfmittel (Art. 9 III GG). Ohne das Druckmittel des Streiks könnte die Freiheit der Tarifpartner zum Abschluss von Tarifverträgen ( Tarifautonomie) nicht wirksam werden. Streik von Beamten (Beamtenstreik) laufen der Treuepflicht der Beamten zuwider und sind, soweit sie gegen das Beamtenrecht verstoßen, rechtswidrig. Stromeinspeisungsgesetz, früheres Ge-
setz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energieträgern in das öffentliche Netz (1990), am 1.4.2000 durch das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG) abgelöst. Mit dem Stromeinspeisungsgesetz wurde die beibehaltene Verpflichtung für die Energieversorgungsunternehmen eingeführt, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu festgelegten Konditionen anzukaufen ( Einspeisevergütung). Stromgleichgewicht, im Rahmen makro-
ökonomischer Modelle verwendeter Gleichgewichtsbegriff, der sich auf die Stromgrößen der Güter- und Faktormärkte bezieht. Ein Stromgleichgewicht liegt vor, wenn das Güter- bzw. Faktorangebot der Güter- bzw. Faktornachfrage entspricht. Stromgrößen, volkswirtschaftliche Größen, die zeitraumbezogen gemessen werden, z. B. Sozialprodukt, Konsumausgaben. Gegensatz: Bestandsgrößen. Strukturanpassungspolitik, Teilbereich der Industriepolitik. 1. Begründung: Im Zentrum der Strukturanpassungspolitik steht die Unterstützung schrumpfender Wirtschaftszweige. In erster Linie geht es darum, den Abbau von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Branchen zu verlangsamen. Dafür werden zeitlich befristete Subventionsprogramme aufgelegt und oftmals auch außenhandelspolitische Schutzmaßnahmen ergriffen. Daneben werden häufig staatlich geförderte Umschulungsprogramme angebo-
424 ten, um die Wiedereingliederung freigesetzter Arbeitskräfte in anderen Wirtschaftszweigen zu erleichtern. 2. In den Bereich der Strukturanpassung fallen auch jene Maßnahmen, mit denen die Wettbewerbsfähigkeit gefährdeter Branchen wiederhergestellt werden soll. Diese Unterstützung wird in der Regel in Form von Investitionshilfen für Rationalisierungsmaßnahmen, für eine Neugestaltung der Produktpalette oder für eine Modernisierung der Produktionsanlagen gewährt. Oftmals sind derartige Beihilfen an Auflagen zum freiwilligen Kapazitätsabbau der geförderten Unternehmen geknüpft. Vgl. auch strategische Industriepolitik. Strukturberichterstattung, seit 1978 im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums von führenden Wirtschaftsforschungsinstituten durchgeführt. Die Strukturberichterstattung. soll die Ursachen und Entwicklungslinien des sektoralen Strukturwandels in der deutschen Volkswirtschaft, insbes. auch die Wirkungen der sektoralen Strukturpolitik untersuchen. strukturelle Arbeitslosigkeit, Arbeits-
losigkeit. struktureller Wandel. Die Veränderung der Wirtschaftsstruktur bzw. der relativen Gewichte einzelner Sektoren während des Entwicklungsprozesses wird als struktureller Wandel bezeichnet. Im Entwicklungsprozess nimmt der primäre Sektor im Laufe der Zeit ab, der sekundäre und tertiäre Sektor ( Dienstleistungssektor) nehmen an Bedeutung zu, wobei schließlich der tertiäre Sektor den Industriebereich überflügelt ( DreiSektoren-Hypothese). Als Indikatoren dienen der Anteil der Sektoren am Volkseinkommen, an der Zahl der Beschäftigten und evtl. Export- und Importquoten. Vgl. auch sektoraler Strukturwandel, regionaler Strukturwandel, Wachstumstheorie. strukturelles Defizit, Konzept des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR); dient der Ermittlung des Konsolidierungsbedarfs der öffentlichen Haushalte. Das strukturelle Defizit steht in einem engen Zusammenhang mit dem konjunkturneutralen Haushalt und dem konjunkturellen Impuls. Das strukturelle Defizit entspricht jenem Teil des Gesamtdefizits, der bei Nor-
425 malauslastung des Produktionspotentials die dauerhaft akzeptable Neuverschuldung überschreitet. Teilbereich der Industriepolitik. Begründung: Im Zentrum der Strukturerhaltungspolitik stehen in nahezu sämtlichen Industrieländern die Landwirtschaft, der Bergbau und die Eisenund Stahlindustrie (strukturschwache Branchen). In diesen drei Branchen sei, ein gewisses Mindestmaß an Autarkie unverzichtbar, um in einem möglichen Krisenfall nicht völlig von Lieferungen des Auslandes abhängig zu sein. Die Landwirtschaft stelle die Ernährung der Bevölkerung sicher, der Bergbau bewahre die nationalen Energiereserven, und die Eisen- und Stahlindustrie sei aus militärstrategischen Gesichtspunkten unverzichtbar. Ein gemeinsames Merkmal der Konservierungspolitiken ist ihre Beharrungstendenz. Die Landwirtschaft in der EU produziert mittlerweile weit mehr als zur Existenzsicherung der Bevölkerung nötig, die energiewirtschaftliche Bedeutung der Steinkohle ist stark geschrumpft, und für die Rüstung ist die Stahlerzeugung längst kein Schlüsselbereich mehr. Dennoch wird die Unterstützung für Landwirtschaft, Kohle und Stahl weitgehend unvermindert fortgesetzt. Diese drei Branchen zählen weltweit zu den am höchsten subventionierten Bereichen der Wirtschaft. Vgl. auch strategische Industriepolitik, Strukturanpassungspolitik. Strukturerhaltungspolitik,
Strukturfonds der EU. 1. Vier Strukturfonds: Das Gemeinschaftsrecht beinhaltet spezielle, aus dem Budget der Europäischen Kommission gespeiste sog. Strukturfonds: (1) den ESF (Europäischer Sozialfonds), (2) den EFRE (Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung) sowie (3) die Abteilung Ausrichtung des EAGFL (Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft). Diese drei Fonds bildeten bis 1993 die Hauptinstrumente der Strukturpolitik der Europäischen Gemeinschaften (EG). (4) Seit 1994 ist in Form des durch den Vertrag über die Europäische Union (EU) errichteten Kohäsionsfonds ein vierter Strukturfonds hinzugekommen. 2. Aufgaben und Zielsetzungen: Zu den zentralen Zielsetzungen der EU (Art. 2 und 3 EG-Vertrag) gehört u. a. die Absicht, eine nachhaltige Verringerung des innergemeinschaftlichen Gefälles bezüglich der regiona-
Stufentarif len wirtschaftlichen und sozialpolitischen Leistungskraft (insbesondere zwischen den zentralen und den periphären Regionen) zu bewirken. Die Strukturfonds haben die Aufgabe, im Wege der Gewährung von Finanzierungshilfen zur Verbesserung der Standortbedingungen und der Erwerbsmöglichkeiten in den zurückgebliebenen Gemeinschaftsregionen beizutragen und dadurch den inneren Zusammenhalt der Gemeinschaft (Kohäsion) zu stärken. Gemeinschaftliche Strukturanpassungshilfen gelten als Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Union. Vgl. auch sektorale Strukturpolitik, regionale Strukturpolitik. Strukturforschung, Strukturberichter-
stattung. Strukturhilfe, im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit seit 1987 zur Verfügung stehendes Instrument der Bundesregierung, mit dessen Hilfe Strukturanpassungsmaßnahmen der Entwicklungsländer unterstützt werden können. Devisen für den Import von Waren und Dienstleistungen sollen im Zusammenhang mit Strukturanpassungsprogrammen der Weltbank ( IBRD) zur Verfügung gestellt werden ( Warenhilfe). Strukturpolitik, zusammenfassend für verschiedene Aufgabenfelder der Wirtschaftspolitik, die auf Änderungen der Wirtschaftsstruktur abzielen. Vgl. sektorale Strukturpolitik, regionale Strukturpolitik, Infrastrukturpolitik, unternehmensgrößenbezogene Strukturpolitik, Industriepolitik. Strukturpolitik der EU, Strukturfonds der EU, regionale Strukturpolitik, sektorale Strukturpolitik, EU. Strukturwandel, struktureller Wandel. Studenten-BAföG, Schulausbildungs-
förderung. Studienförderung, Schulausbildungs-
förderung. Stufentarif, Steuertarifform, bei der die Bemessungsgrundlage in Tarifstufen, denen jeweils ein bestimmter Steuersatz (Steuerzusatztarif) oder Steuerbetrag (Steuerbetragstarif) zugeordnet wird.
Subadditivität der Kosten Subadditivität der Kosten, natürliches
Monopol. Subjektsteuern, Personensteuern. Subsidiaritätsprinzip. 1. Begriff: Der ka-
tholischen Soziallehre entstammendes gesellschaftsethisches Prinzip, das auf die Entfaltung der individuellen Fähigkeiten, der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung abstellt. Nur dort, wo die Möglichkeiten des Einzelnen bzw. einer kleinen Gruppe (Familie, Gemeinde) nicht ausreichen, die Aufgaben der Daseinsgestaltung zu lösen, sollen staatliche Institutionen subsidiär eingreifen. Dabei ist der Hilfe zur Selbsthilfe der Vorrang vor einer unmittelbaren Aufgabenübernahme durch den Staat zu geben. Es entspricht dem Subsidiaritätsprinzip, daß der Staat die materiellen Grundlagen für die Entfaltung der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung gewährleistet. Der individuelle Aspekt der Subsidiarität (Selbstverantwortung) und der gesellschaftliche Aspekt (Schaffung der materiellen Voraussetzungen hierfür durch den Staat) lassen sich nicht scharf voneinander abgrenzen: je nach Akzentuierung entsprechen sowohl marktwirtschaftliche als auch wohlfahrtsstaatliche Konzepte ( Sozialstaat) dem Subsidiaritätsprinzip. 2. Finanzwissenschaft: Subsidiarität wird als Grundsatz für die Aufgabenverteilung zwischen Privaten und Staat sowie innerhalb des privaten und öffentlichen Sektors angewandt. Die Verantwortung für eine Aufgabe ist der jeweils kleinsten dafür geeigneten Einheit zu übertragen. Zuständigkeiten der einzelnen Verwaltungsebenen: Die übergeordnete Ebene greift erst dann ein, wenn die untergeordnete überfordert ist. 3. Im Rahmen der Sozialpolitik bedeutet der Grundsatz der Subsidiarität, daß eine Wahrnehmung von sozialen Aufgaben durch den Staat nur dann erfolgen soll, wenn diese von nichtstaatlichen Einrichtungen (z. B. freie Wohlfahrtspflege, Kirchen) nicht erfüllt werden können. 4. Mit dem am 1.11.1993 erfolgten Inkrafttreten der sog. Maastrichter Verträge zur Gründung der Europäischen Union ( EU) ist ein spezifisch gemeinschaftsrechtliches Subsidiaritätsprinzip formal etabliert worden. Art. 3 b EG-Vertrag besagt, daß Angelegenheiten, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen, vorrangig von der jeweils untersten geeigneten Ebene (z. B. Gemeinde, Kreis, Departement,
426 Region, Provinz, Mitgliedsland) entschieden bzw. wahrgenommen werden und die EU nur dann und nur insoweit tätig werden soll, wie es zu einer besseren Erfüllung der jeweiligen öffentlichen Aufgabenstellung erforderlich ist. Der Subsidiaritätsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts entspricht also dem föderalen Prinzip und dient dem Zweck, daß in der Gemeinschaft staatliche Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden und die nationale Identität der Mitgliedstaaten gewahrt bleibt. Vgl. auch Steuerharmonisierung. Landwirtschaftliche Produktion, die primär der Eigenversorgung dient. Vgl. auch Entwicklungstheorie. Subsistenzlandwirtschaft,
Substanzsteuern, Sollsteuern. Substituierbarkeit, Produktionstheorie. Substitution, Haushaltstheorie a) alter-
native, periphere. Substitutionale
Produktionsfunktion,
Produktionstheorie.
Teileffekt der Slutsky-Hicks-Gleichung; beschreibt in der Haushaltstheorie die Reaktion eines Haushaltes auf eine Preisänderung für ein Gut. Der Substitutionseffekt bewirkt im Falle einer Preissenkung eine Verstärkung der Nachfrage nach dem relativ billiger gewordenen Gut zu Lasten der relativ teureren Güter. Ihm steht der Einkommenseffekt gegenüber. Substitutionseffekt,
Substitutionselastizität, Quotient aus der
relativen Veränderung des Faktoreinsatzverhältnisses und der relativen Veränderung des Faktorpreisverhältnisses. Substitutionskonzept,
relevanter
Markt. Substitutionslücke, relevanter Markt. Subvention. 1. Charakterisierung: Finanzwissenschaftlicher Begriff für Transferleistungen an Unternehmen, d. h. Geldzahlungen oder geldwerte Leistungen der öffentlichen Hand, denen keine marktwirtschaftliche Gegenleistung entspricht. Instrument der Wirt-
427 schaftspolitik; gefördert oder erwartet werden bestimmte Verhaltensweisen der Empfänger, die dazu führen sollen, die marktwirtschaftlichen Allokations- und/oder Distributionsergebnisse nach politischen Zielen zu korrigieren. Ansatzpunkte der Subvention: Strom- oder Bestandsgrößen. Der Subventionskontrolle dient der Subventionsbericht. 2. Arten: a) Nach Auflagenbindung: Subvention mit oder ohne Empfangsund/oder Verwendungsauflagen. b) Nach der Erteilung: direkte oder indirekte Subvention ( Steuervergünstigungen). c) Nach den Zielen (z. B. Ziele des Stabilitätsgesetzes): Erhaltungs-subvention, Anpassungssubvention und Förderungssubvention (auch Produktivitätssubvention bzw. Wachstumssubvention). 3. Kritik: Vor allem das gestiegene Volumen der Erhaltungssubventionen, mangelnde Beherrschbarkeit und Mitnahmeeffekte. Subventionsbericht, nach § 1 StWG alle
zwei Jahre von der Bundesregierung vorzulegender Bericht über Höhe und Entwicklung der Subventionen, gegliedert nach Aufgabenbereichen, Subventionsarten und Subventionsgebern; Instrument der Subventionskontrolle.
SVR Sunk Costs, versunkene Kosten, poten-
tieller Wettbewerb, bildung.
monopolistische Preis-
Sunspots, Sonnenflecken; Begriff der Konjunkturtheorie. Mit Hilfe von Sunspots lässt sich das Zustandekommen von Konjunkturschwankungen in der folgenden Weise erklären: Ein beliebiges Phänomen, anschaulich Sunspots genannt, habe keinerlei realen Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen, aber die Wirtschaftssubjekte glauben fälschlicherweise, es hätte. Sie ändern daraufhin ihre Wirtschaftspläne mit der Konsequenz, dass reale Auswirkungen auftreten, die sie nun als Ergebnis der Sunspots interpretieren. superiores Gut, in der Haushaltstheorie ein Gut, dessen Einkommenselastizität der Nachfrage größer Eins ist, dessen Konsum folglich mit steigendem Einkommen überproportional zur Einkommenssteigerung zunimmt. Unter superioren Gütern versteht man zumeist Luxusgüter. Supermultiplikator, Hicksscher Super-
multiplikator. Superneutralität des Geldes, Geld-
Subventionswettlauf, gegenseitiges Über-
theorie.
bieten der Regierungen verschiedener Länder bei der Subventionierung ihrer Exportindustrien.
ökonomik.
Sucharbeitslosigkeit, Form freiwilliger Arbeitslosigkeit. Ein Teil der Arbeitslosen betreibt solange Arbeitsplatzerkundung, wie die zusätzlichen Kosten der Arbeitslosigkeit (entgangene Löhne minus Arbeitslosenunterstützung, Verlust an Sozialprestige, usw.) kleiner sind als eine mögliche höhere und diskontierte Zukunftsentlohnung als Folge weiterer Suche. Vgl. auch Akzeptanzlohn, Arbeitsmarkt, Stabilisierungspolitik. Suchgut, in der Haushaltstheorie ein Gut, bei dem der Haushalt durch Informationssuche schon vor dem Kauf Kenntnisse über die Qualität erlangen kann. Vgl. auch Informationseigenschaften von Gütern. Suchkosten, Informationsökonomik.
Supply Side Economics, AngebotsSustainable Development, nachhaltige
Entwicklung. SVR, Sachverständigenrat zur Begutachtung
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung; gem. dem Gesetz über die Bildung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVG) 1963 gebildetes Gremium, das sich aus fünf unabhängigen Mitgliedern (Fünf Weisen) zusammensetzt. Die Mitglieder sollen über besondere wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse und volkswirtschaftliche Erfahrungen verfügen. Die Mitglieder werden auf Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten für die Dauer von fünf Jahren berufen Aufgaben: 1. Periodische Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage und deren absehbarer Entwicklung (Jahresgutachten). In den Gutachten soll untersucht werden, wie die wirtschaftspolitischen
Swapgeschäfte
428
Ziele, Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht sowie stetiges und angemessenes Wachstum ( magisches Vieleck) im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung ( Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG)) gleichzeitig erfüllt werden können. Dabei sollen Fehlentwicklungen, die diese Ziele gefährden, aufgedeckt werden sowie alternative Möglichkeiten gezeigt werden, um Spannungen zwischen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und dem gesamtwirtschaftlichen Angebot zu vermeiden oder zu beseitigen, ohne dass dabei Empfehlungen für bestimmte wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen ausgesprochen werden. 2. Dadurch soll der SVR zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen und in der Öffentlichkeit beitragen (wirtschaftswissenschaftliche Politikberatung). 3. Der SVR hat Sondergutachten zu erstatten, wenn Entwicklungen erkennbar werden, die die genannten wirtschaftspolitischen Ziele gefährden, oder wenn ihn die Bundesregierung mit der Erstattung eines zusätzlichen Gutachtens beauftragt. Die Bundesregierung ist zur Stellungnahme zum Jahresgutachten verpflichtet. Diese ist Teil des Jahreswirtschaftsberichts. Der Deutsche Bundestag erörtert das Jahresgutachten des SVR und die Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutachten im Rahmen seiner Beratungen über den Jahreswirtschaftsbericht. Weitere Informationen unter www.sachverstaendigenratwirtschaft.de Swapgeschäfte, Devisenswapgeschäfte. Swapsatz, relative Differenz zwischen dem Terminkurs und dem Kassakurs. Positiver Swapsatz wird auch Terminaufschlag (Report) genannt, negativer Swapsatz Terminabschlag (Deport). Vgl. auch Devisenterminmarkt, Wechselkurs. Swiftsches Steuereinmaleins, Steuer-
Synergetik, Lehre vom Zusammenwirken. Anfang der 70er Jahre begründeter Ansatz zu einer allgemeinen Theorie der Selbstorganisation. Gegenstand ist die Untersuchung von strukturellen raumzeitlichen Selbstorganisationsprozessen in wechselwirkenden Vielkomponentensystemen ( System). Die Synergetik schöpft ihre interdisziplinäre Bedeutung ( Interdisziplinarität) aus der Tatsache, daß unabhängig von der (physikalischen, chemischen, ökonomischen usw.) Natur der Mikroebene strukturell ähnliche Bewegungsgleichungen auf der Makroebene hergeleitet werden können. Die Synergetik kann in gewisser Hinsicht als der naturwissenschaftlich-formale Hintergrund für die Hayeksche Erklärung der spontanen Ordnung gelten. Vgl. auch Umweltpolitik. Synergismus, Schadstoffinteraktion. Synthese, Methodologie. synthetische
Methodologie,
Me-
thodologie. System, ganzheitlicher Zusammenhang von
Einheiten (Elementen), deren Beziehungen untereinander sich quantitativ (höhere Anzahl von Interaktionen) und qualitativ (größere Ergiebigkeit von Interaktionen) von ihren Beziehungen zu anderen Entitäten abheben. Diese Unterschiedlichkeit in den Beziehungen konstituiert eine Systemgrenze, durch die sich das System gegenüber seiner Umwelt abgrenzt. Die Systemgrenzen von Sozialsystemen oder psychischen Systemen sind nicht physikalisch-räumlich, sondern durch Symbol- und Sinnzusammenhänge bestimmt ( Kognition, Konstruktivismus). Komplexe Systeme sind selbstorganisatorisch und selbstreferentiell. Eingriffe in komplexe Systeme sind aus diesen Gründen problematisch und rufen häufig überraschende und unerwünschte Wirkungen hervor. Vgl. auch Komplexität, Systemmanagement, Umweltpolitik.
einmaleins. Symmetrietheorem,
Lerner'sches
Symmetrietheorem. Synchronisation, Gleichlauf verschiedener nationaler Konjunkturzyklen.
Systemkonformität, Ordnungskonformität. 1. Begriff: Auswahl- und Beurteilungskriterium für wirtschaftspolitische Maßnahmen. Beurteilt wird im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit des in der wirtschaftspolitischen Konzeption vorherrschenden Koordinationsverfahrens (Koordination). 2. Grade der Systemkonformität: a) systemnot-
429 wendig (z. B. rechtliche Ausgestaltung der Privatautonomie), b) systemfördernd (z. B. Allokationspolitik), c) systemadäquat, d) systemverschlechternd (z. B. wettbewerbsbehindernde Konzessionsvergabe) und e) systemzerstörend (z. B. Preis- und Lohnkontrollen). Anders: Marktkonformität. Vgl. auch Ordnungsökonomik. Systemmanagement. 1. Begriff: Methodik zur Erhaltung der Existenz und Entwicklungsfähigkeit von komplexen Systemen durch Lernen von der Biosphäre und ihrer Evolution. Systemmanagement basiert auf der Grundidee der Bionik, in der Technik aus biologischen Vorbildern zu lernen, und dehnt diese Idee auf die Erforschung und Umsetzung der evolutionär gefundenen Prinzipien im Umgang mit hochkomplexen
System of Resource Accounts (SRA) Systemen aus. Ausgehend davon, daß das sozioökonomische System Teil der Biosphäre ist, daß es auf effiziente Formen der Selbstorganisation angewiesen ist und dazu von biologischen Mustern ( Bionik) lernen kann, wird mittels Systemtheorie ( System), Chaostheorie und Komplexitätstheorie ( Komplexität) sowie Kognitionstheorie ( Kognition) versucht, technische, soziale und ökonomische Strukturen so zu gestalten, daß sie überleben, sich entwickeln und weiter lernen, z. B. aus dem zwischenartlichen Zusammenwirken von Organismen. Vgl. auch Umweltpolitik, Vernetzung. System of Resource Accounts (SRA),
Umweltökonomische Berichterstattung.
T Tabaksteuer, eine von der Zollverwaltung
Tarifaufhebungsgesetz, Verkehrspoli-
des Bundes erhobene und verwaltete Verbrauchsteuer auf Tabakherstellung oder -einfuhr in Form der Banderolensteuer. Die Tabaksteuer fließt dem Bund zu. Die Tabaksteuer ist nach der Mineralölsteuer die zweitergiebigste der Verbrauchsteuern.
tik.
tableau économique, von Quesnay 1758 entwickeltes erstes makroökonomisches Kreislaufmodell einer Volkswirtschaft auf der Basis der produktivitätstheoretischen Überlegungen der Physiokratie. Vgl. Kreislaufanalyse.
Tarifautonomie, Recht der Koalitionen, unabhängig von staatlicher Einflussnahme, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu regeln. Die Tarifautonomie ist in ihrem Kernbereich durch die Koalitionsfreiheit (Art. 9 III GG) verfassungsrechtlich mitgeschützt. Gesetzlich konkretisiert ist die Tarifautonomie im Tarifvertragsgesetz (TVG). Tarifpolitik, Verteilungspolitik. Tarifverhandlungen, Verteilungsdilem-
Tagesgeld, Zentralbankguthaben, das unter
den Banken für einen Geschäftstag (über Nacht) verliehen wird und am darauf folgenden Geschäftstag zurückzuzahlen ist. Tagesgeldmarkt, Teil des Geldmarktes, auf dem Tagesgeld gehandelt wird. Take-off, Rostowsche Stadientheorie. Tangentenlösung, Haushaltstheorie, monopolistische Konkurrenz.
tarifäre Handelshemmnisse, Sammelbe-
griff für steuerliche handelspolitische Maßnahmen. Die grenzüberschreitenden Gütertransaktionen werden einer indirekten Steuer unterworfen (Importsteuer, Exportsteuer). Eine Importsteuer nennt man Importzoll. Sind die Steuern negativ, dann entstehen Subventionen, d. h. Importsubventionen oder Exportsubventionen. Die Steuern können auf Mengenbasis eingeführt werden (Mengenzoll, spezifischer Zoll), oder auf Wertbasis ( Wertzoll, ad-valorem-Zoll). Tarifäre Handelshemmnisse führen zu einer Verzerrung zwischen den Weltmarktpreisen ( Terms of Trade) und den im Inland relevanten Güterpreisen. Vgl. auch Handelspolitik.
ma. Tâtonnement, Ausgleichsfunktion des Preises, Preismechanismus, Invisible Hand, Interpretation des Marktmechanismus als Auktionsverfahren. Dabei wird gedanklich unterstellt, es gäbe einen Auktionator (unsichtbare Hand), der Preise für Güter und Faktoren bekannt gibt und dem die von den Konsumenten und Unternehmungen angebotenen und nachgefragten Mengen mitgeteilt werden. Stimmen Angebot und Nachfrage zu diesen Preisen nicht überein, ändert der Auktionator die Preise so lange, bis sich ein Marktgleichgewicht im Sinne einer Markträumung einstellt. Vgl. auch Totalanalyse. Tauschhandel, Kompensationshandel. Tauschkurve, geometrische Darstellung der Tauschwünsche (Exporte, Importe) eines Landes bei unterschiedlichen Terms of Trade, die der gesamtwirtschaftlichen Budgetbeschränkung ( Bilanzgerade) unterliegen. Importe und Exporte sind also bei den jeweils betrachteten Terms of Trade immer wertgleich ( ausgeglichener Handel). Vgl. auch Handelstheorie; Kontraktkurve.
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_20, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Tauschmittel Tauschmittel, Geld. Tauschwert. I .
Klassik/Neoklassik: 1. Objektiver Tauschwert: Identifizierung mit dem Preis. Der objektive Tauschwert führt zu dem klassischen Wertparadoxon. Zu unterscheiden sind: a) der spezifische Seltenheitswert ( Monopolpreis); b) der Tauschwert der (unter der Bedingung des Aufwands von Kosten und Zeit) beliebig vermehrbaren Güter, der eine Unterscheidung erforderlich macht zwischen (1) Marktpreis und (2) natürlichem Preis. 2. Subjektiver Tauschwert: Die klassische Gleichsetzung von Tauschwert und Preis wird in Frage gestellt mit der Einführung der subjektiven Bewertung eines Gutes als Tauschobjekt für die bewertende Person durch die Grenznutzenschule. Nach den Gossenschen Gesetzen ist der Tauschwert der Güter keine ein für allemal feststehende Größe, sondern je nach der wirtschaftlichen Konstellation verschieden. Der Wert wird objektiv bestimmt durch die anerkannte Brauchbarkeit eines Gutes zur Herbeiführung eines gewollten Erfolges (Heizwert der Kohle). Ein Tauschwert kommt jedoch nur zustande, wenn ein Wirtschaftssubjekt den Heizwert der Kohle für wertvoller hält als die Tauschgüter, die es dafür abgeben muss (Waren oder Geld). Demnach ergibt sich der Preis nicht durch die Kosten, die für die Anbieter mit der Herstellung der Güter verbunden waren, sondern durch die subjektive Bewertung des Nachfragers, also den subjektiven Tauschwert I I . Wi r t s c h a f t s t h e o r i e d e s M a r x i s m u s : Der Marktpreis eines Gutes, der sich der Arbeitswertlehre zufolge nach der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit zur Gütererstellung bemisst. Team-Theorie der Unternehmung, Ko-
alitions-, Measurement-Theorie. Die TeamTheorie der Unternehmung ist mit der Governance-Structure- sowie der PrinzipalAgent-Theorie der Unternehmung verwandt und ist der volkswirtschaftlichen Theorie der Unternehmung zuzuordnen (hier der neoklassischen Theorie der Unternehmung). Ein Unterschied besteht darin, dass die Austausch- und Produktionsperspektive in stärkerem Maße vereint werden und die Existenz der Unternehmung nicht (allein) auf Transaktionskosten, sondern die Teamproduktion zurückgeführt wird. Im Kern definiert dieser Ansatz die Unternehmung (genauer: Firma
432 als legales Konstrukt) als Vertragsnexus i. S. einer Koalition von Mitgliedern. Die Koalition besitzt wechselseitig spezifische Ressourcen gemeinsam und entlohnt dabei einige Eigentümer unspezifischer oder allgemeiner Ressourcen, deren Grenzprodukte ökonomisch nicht ermittelbar sind, nach Hilfsmaßstäben. technische Dienstleistungen, in institu-
tioneller Abgrenzung Teil des Dienstleistungssektors, der Tätigkeiten umfasst wie Datenverarbeitung, Forschung und Entwicklung, technische Planung und Beratung, Entsorgungs- sowie Wartungs- und Inspektionsleistungen. technischer Fortschritt, Technologie-
politik. technische Zusammenarbeit, technische
Hilfe, Know-how-Transfer im Rahmen der Entwicklungshilfe, der i. d. R. im Wege der unentgeltlichen Entsendung von Fachkräften und der für bestimmte Projekte und Programme benötigten Materialien erfolgt. Vgl. auch Entwicklungshilfe. Technologieabgabe, Umweltpolitik. technologieorientierte Unternehmensgründungen, Existenzgründungsförde-
rung, Innovationsförderung. Technologiepolitik, Technologiepolitik ist die Gesamtheit der Maßnahmen, mit denen der Staat auf die Erhöhung des technischen Fortschritts in der Wirtschaft abzielt. Dazu zählen: Subventionen und Steuervergünstigungen zur Förderung privater Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten; die Bereitstellung wirtschaftlich verwertbaren technischen Wissens durch staatliche Forschungseinrichtungen; die Förderung des Absatzes und der Verwendung technologieintensiver Produkte; der gewerbliche Rechtsschutz, insbes. der Patentschutz; die Festsetzung von Normen und Standards, soweit damit eine raschere Verbreitung moderner Technologien bezweckt wird; die Bereitstellung einer innovationsfördernden Infrastruktur; die staatliche Beschaffungspolitik, soweit sie gezielt technologieintensive Güter nachfragt, um die Entwicklung und Verbreitung neuer Technologien zu fördern. Ausschlaggebend für die Zuordnung ist die Ziel-
433 setzung staatlichen Handelns. Die Technologiepolitik steht in enger Beziehung zur Wissenschaftspolitik, da Wissenschaft und Technologie in enger Wechselwirkung zueinander stehen. Enge Verbindungen bestehen auch zur Industriepolitik. D i e s taatlichen Markteingriffe der Technologiepolitik sind nur bei Marktversagen theoretisch begründbar. Technologietransfer, Transfer von technischem Wissen zwischen Entstehung (Technik als Artefakt, Forschungs- und Entwicklungsergebnisse, Patente usw.) und Verwendung im Kombinationsprozess der Produktionsfaktoren. Die Übertragung erfolgt i. a. durch Rechtsakt (Lizenz-, Know-how-Vertrag usw.). Der Technologietransfer erfolgt z. B. innerhalb eines internationalen Unternehmens zwischen Unternehmen oder zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Technologietransferförderung. 1. Begriff: Maßnahmen zur Förderung des Technologietransfers. Adressaten der Technologietransferförderung sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen, denen auf diese Weise der Zugang zu neuem technischen Wissen erleichtert werden soll. 2. Instrumente der Technologietransferförderung sind u. a. finanzielle Unterstützung von Innovations- und Technologieberatungen oder bei der Vergabe von Forschungs- und Entwicklungsaufträgen an externe Einrichtungen. Auch die Unterstützung von Technologiezentren ist als eine Form der Technologietransferförderung anzusehen. Technologiezentren, Technologie- und Innovationszentren, als Standortgemeinschaft meist junger, technologieorientierter Unternehmen oder Betriebe verstanden. Das Ziel besteht darin, Unternehmen (auch Einzelpersonen), die sich auf verschiedenen, mehr oder weniger benachbarten, Gebieten der Forschung und Entwicklung betätigen, in räumlicher Nähe zueinander Produktionsstandorte zur Verfügung zu stellen, auch Zugang zu externen Forschungseinrichtungen (z. B. Universitäten) zu verschaffen, um nach Möglichkeit Synergieeffekte auszulösen. Vorbild der Technologiezentren war Silicon Valley. Technologiezentren dienen u. a. auch der regionalen Strukturpolitik, mit denen regionale Entwicklungsschwerpunkte in technologisch anspruchsvollen und
Teilhabe (Behinderter) zukunftsweisenden Produktionsbereichen entstehen sollen. Träger von Technologiezentren sind überwiegend Gesellschaften, an denen die öffentliche Hand (Kommunen), Industrie- und Handelskammern, Banken und Sparkassen beteiligt sind. Diese Gesellschaften verfolgen i. d. R. keinen Erwerbszweck. technologische Lücke, Gap. technologischer Umweltschutz, inte-
grierter Umweltschutz, gie.
Umwelttechnolo-
Teilarbeitslosengeld, Arbeitslosengeld. Teilarbeitslosigkeit. Als teilarbeitslos anzusehen sind Personen, die unfreiwillig in einem geringeren Umfange beschäftigt sind als sie dies möchten, weil sie (1) als Kurzarbeiter im Vergleich zur Vollarbeitszeit (zum Teil) unterbeschäftigt sind oder (2) neben einem bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnis zusätzliche (Teil-)Arbeit suchen. Im ersten Fall steht ihnen für den Entgeltausfall u. U. Kurzarbeitergeld zu, im zweiten u. U. Teilarbeitslosengeld ( Arbeitslosengeld). Teilarbeitslose werden in der amtlichen Arbeitslosenstatistik nicht als Arbeitslose registriert, allenfalls Kurzarbeiter mit ihrem Vollzeitäquivalent als verdeckt Arbeitslose. Teilarbeitsmarkt, Arbeitsmarkt. (Behinderter), Partizipation, nach der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der WHO (Stand Oktober 2005) das Einbezogensein in eine Lebenssituation. Teilhabebeeinträchtigung ist das Problem, das ein Mensch im Hinblick auf sein Einbezogensein in allen Lebensbereichen (beim Lernen, der personellen Interaktion, bei der Arbeit) erleben kann. Die Teilhabeförderung versucht, die Partizipationsprobleme behinderter Menschen abzubauen. Dazu dienen verschiedene Leistungen im Sozialgesetzbuch, insbesondere das Neunte Buch (SGB IX): Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Eine besondere Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben ist im Dritten Sozialgesetz (SGB III): Arbeitsförderung ( Teilhabeförderung), vorgesehen. Teilhabe
Teilhabeförderung (am Arbeitsleben) Teilhabeförderung (am Arbeitsleben),
1. Begriff: Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zum Abbau der Teilhabeschwierigkeiten behinderter Menschen am Arbeitsleben bzw. zu ihrer Integration in den Arbeitsmarkt. Zu unterscheiden sind Leistungen an Arbeitnehmer und Leistungen an Arbeitgeber. 2. Rechtsgrundlage: Drittes Sozialgesetzbuch (SGB III): Arbeitsförderung 3. Leistungen an Arbeitnehmer (§§ 97 ff.): a) Leistungsgrundsatz: (1) Behinderten Menschen können Leistungen zur Förderung der Teilhabe erbracht werden, die wegen Art und Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. (2) Bei der Auswahl der Leistungen sind Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen. b) Allgemeine Leistungen umfassen (1) vermittlungsunterstützende Leistungen ( Arbeitsund Ausbildungsvermittlung) auch ohne Arbeitslosigkeit, (2) Leistungen zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, (3) Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung (Verlängerung und Wiederholung der Ausbildung) und (4) Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (auch für nicht arbeitslose Behinderte). c) Besondere Leistungen (anstelle allgemeiner Leistungen) zu Teilhabe am Arbeitsleben werden nur erbracht, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe erreicht werden kann. Die besonderen Leistungen umfassen (1) Übergangsgeld, (2) Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht werden kann, und (3) die Kostenübernahme für die Teilnahme an einer Maßnahme. 4. Leistungen an Arbeitgeber (§§ 236 ff. SGB III): a) Ausbildungszuschüsse: (1) Arbeitgeber können durch Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für die betriebliche Ausoder Weiterbildung von behinderten Menschen in Ausbildungsberufen gefördert werden, wenn die Aus- und Weiterbildung sonst nicht zu erreichen ist. (2) Die Zuschüsse sollen regelmäßig 60 % (in begründeten Ausnahmefällen 100 %) der monatlichen Ausbildungsvergütung für das letzte Ausbildungsjahr nicht übersteigen. b) Zuschüsse zu Arbeitshilfen: Arbeitgebern können Zuschüsse für eine behindertengerechte Ausgestaltung von Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen
434 erbracht werden, soweit dies erforderlich ist, um die dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen. c) Probebeschäftigung: Arbeitgebern können die Kosten für eine befristete Probebeschäftigung behinderter, schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Personen bis zu einer Dauer von drei Monaten erstattet werden. Teilhabersteuer, Unternehmensbesteue-
rung. teleologische Ethik, Ethik. temporäres
Gleichgewicht,
Post-
keynesianismus. Tendenzbefragung, Interview zur zukünf-
tigen konjunkturellen Entwicklung ( Konjunkturprognose). In Deutschland werden Tendenzbefragungen vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführt (ifoKonjunkturtest). tendenzieller Fall der Profitrate. 1. Cha-
rakterisierung: Ricardo und Marx zufolge verschlechtern sich die Gewinnerzielungsmöglichkeiten und damit die Profitrate (Kapitalrentabilität) in einer privatwirtschaftlichen Marktwirtschaft im Zeitverlauf zwangsläufig. 2. Ursachen: a) Für Ricardo ist Ursache der Bevölkerungszuwachs und der dadurch steigende Nahrungsgüterbedarf. Zu dessen Deckung müssen immer mehr und damit vermehrt Böden mit geringerem Ertrag bearbeitet werden. Hierdurch sinken die landwirtschaftlichen Durchschnittserträge und steigen die Lebensmittelpreise. Deswegen müssen die Arbeitslöhne, die dem Existenzminimum entsprechen, angehoben werden. Unter der Annahme, dass die Löhne schneller steigen als die Arbeitsproduktivität, bewirkt dies eine Schmälerung der Unternehmergewinne und damit ein Sinken der Profitrate. b) Marx sieht als Ursache den ausschließlich Arbeitskräfte sparenden technischen Fortschritt an, der zu einer steigenden Kapitalintensität (bzw. Zunahme der organischen Zusammensetzung des Kapitals) führt. Da der Marx'schen Arbeitswertlehre zufolge nur die menschliche Arbeit wertschöpfend ist ( Mehrwerttheorie), sinkt bei zunehmender Kapitalintensität und (unterstellter) konstanter Mehrwertrate die Profitrate (definiert als das Verhältnis von Mehrwert, Profit, zu insgesamt eingesetztem
435 konstantem Kapital und variablem Kapital). Der Profitratenfall zwingt die Unternehmer zu einer Erhöhung der Ausbeutung (Anstieg der Mehrwertrate), zu verstärktem Kapitaleinsatz, um die geringere Kapitalrentabilität durch eine größere Gewinnsumme zu kompensieren sowie zur Anwendung der fortschrittlichsten (Arbeitskräfte sparenden) Technologie. Dadurch lässt sich der tendenzielle Fall der Profitrate jedoch nicht aufhalten, sondern verstärkt sich weiter. Terminabschlag, Deport, Swapsatz. Terminaufschlag, Report, Swapsatz. Termineinlagen, befristete Einlagen mit einer Laufzeit von mindestens einem Monat, die den Kreditinstituten entweder als Festgelder mit einem bestimmten Ablauftermin oder als Kündigungsgelder mit einer vereinbarten Kündigungsfrist zur Verfügung gestellt und auf besonderen Termingeldkonten gebucht werden. Termingelder, Zentralbankgeld, das unter Banken für eine bestimmte Zeit (i. d. R. 13 Monate) verliehen wird.
Theorie der Geldnachfrage Teufelskreise der Armut, Entwick-
lungshilfe. Thatcherismus, Angebotsökonomik. Theil-Koeffizienten, neuere Verteilungsmaße zur Quantifizierung von Ungleichheiten z.B. in der personellen Einkommensverteilung (oder Vermögensverteilung). Der Theil 0-Koeffizient (auch mean logarithmic deviation) wird aus der durchschnittlichen Abweichung der logarithmierten Einkommen vom logarithmierten Mittelwert berechnet. Der Theil 1-Koeffizient gewichtet die individuellen Abweichungen zusätzlich mit ihrem Einkommensanteil. Beide Koeffizienten nehmen bei Gleichverteilung den Wert 0 an, sind aber nach oben offen, d.h. bei maximaler Ungleichheit nicht (wie der Gini-Koeffizient) auf den Wert 1 normiert. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Koeffizienten ist, dass der Theil 1Koeffizient weniger stark auf Änderungen im unteren Einkommensbereich reagiert. Theorem, Satz, der aus einer allgemeineren Aussage ( Axiom) abgeleitet ist. Logischdeduktive Operation der Informationsübertragung von Prämissen auf Konklusionen.
Terminkurs, Wechselkurs, Devisenter-
minmarkt. of Trade, Austauschverhältnis, Tauschbedingungen im internationalen Handel, gegeben durch die relativen Preise der handelbaren Güter. Die Terms of Trade werden im zweidimensionalen Fall meist als das Verhältnis zwischen dem Preis des exportierten und dem Preis des importierten Gutes angegeben ( Commodity-Terms of Trade). Diese Größe gibt an, wie viel Importgüter man für ein Exportgut erhält. Eine Erhöhung der Terms of Trade ist aus der Sicht der heimischen Ökonomie eine Verbesserung. Im mehrdimensionalen Fall werden Export- und Importpreisindizes einander gegenübergestellt. Vgl. Income-Terms of Trade, Handelstheorie, Handelspolitik, Optimalzoll. Terms
Territorialitätsprinzip, internationales
Steuerrecht. tertiärer Sektor, Dienstleistungssektor,
Sektoren der Volkswirtschaft.
Theorie. 1. Mit Hilfe eines einheitlichen Begriffsapparates formuliertes sprachliches System, dessen Mittelpunkt Gesetzesaussagen bilden. Theorien gelten als Hauptinformationsträger wissenschaftlicher Erkenntnis. 2. Verwendungsmöglichkeiten: a) Erklärung von Tatbeständen, b) Prognose von künftigen Ereignissen, c) Gestaltung der Realität, d) Sozial- und Ideologiekritik, e) Prüfung ihrer eigenen Richtigkeit und f) Hervorbringung neuer Theorien. 3. Formalisierung von Theorien führt zu axiomatisch-deduktiven Systemen mit Axiomen als Gesetzesaussagen und Theoremen als daraus abgeleiteten Sätzen. Theorie der direkten Demokratie,
Neue Politische Ökonomie. Theorie der Eigentumsrechte, Verfü-
gungsrechte. Theorie der Geldnachfrage. 1. Gegenstand: Die Theorie der Geldnachfrage ist darauf gerichtet zu erklären, welche einzelund gesamtwirtschaftlichen Variablen die
Theorie der indirekten Demokratie Höhe der Kassenhaltung von privaten Nichtbanken bestimmen. 2. Optimale Kassenhaltung: Weil die mit Einnahmen und Ausgaben verbundenen Zahlungen nicht synchronisiert werden können, bedarf es einzelwirtschaftlicher Vorhaltung von Zahlungsmitteln. Die optimale Höhe der Kassenhaltung wird einerseits bestimmt durch Erwartungen über Zahlungseingänge und Zahlungsverpflichtungen und die Höhe des Vermögens, andererseits durch die erwarteten Kosten der Kassenhaltung. 3. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Geldnachfragetheorie ergibt sich daraus, dass in einem staatlichen Geldsystem die Zentralbank die Höhe der umlaufenden Geldmenge und damit die über alle Haushalte und Unternehmen aggregierte Kassenhaltung steuern kann ( Theorie des Geldangebots). Jede Änderung der Höhe der Geldmenge zwingt die Nichtbanken zu Anpassungsreaktionen, die sich in Form veränderter Nachfragen und Angebote an Finanzund Gütermärkten zeigen. 4. Es gibt verschiedene Ansätze zur Erklärung der aggregierten Geldnachfrage. Jeder Ansatz ist zugleich als eine Theorie der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes darstellbar. So spiegelt eine Zunahme der Umlaufgeschwindigkeit wider, dass die Nichtbanken bei unverändertem Nominaleinkommen weniger Kasse zu halten wünschen als zuvor. Theorie der indirekten Demokratie,
Neue Politische Ökonomie. Theorie der Kollektiventscheidungen,
Zweig der Neuen Politischen Ökonomie, bei dem die logische Möglichkeit der Gewinnung von widerspruchsfreien Gruppenpräferenzen aus den individuellen Präferenzen der Gruppenmitglieder im Vordergrund steht. Theorie der komparativen Kostenvorteile, komparative Vorteile. Theorie der Mehrproduktunternehmung. Gegenstand sind Unternehmungen,
die mehrere Endprodukte am Markt anbieten, wobei der Verwandtschaftsgrad der Produkte zu der Unterscheidung von diversifizierten und konglomeraten Unternehmungen führt. Die mikroökonomische Theorie der Mehrproduktunternehmung (Preisbildung) untersucht, wie eine Unternehmung ihren Produktionsplan aufstellt, wenn sie mehrere Güter
436 herstellt. Die institutionelle Theorie der Mehrproduktunternehmung fragt dagegen zunächst einmal danach, weshalb Unternehmungen überhaupt mehrere Güter produzieren sollten bzw. weshalb diese nicht von jeweils spezialisierten Anbietern hergestellt werden. Theorie der multinationalen Unternehmung. Die Theorie der multinationalen
Unternehmung befasst sich u. a. mit der Frage, weshalb Unternehmungen im Ausland eigene Betriebe unterhalten, anstatt Lizenzen, Franchise-Verträge, Subunternehmer oder Joint Ventures zu verwenden, bzw. von welchen Bedingungen die Wahl dieser Arrangements abhängt. Es existieren verschiedene Erklärungsansätze, in denen strategisches Verhalten (unvollkommener Wettbewerb), insbesondere im Zusammenhang mit der Ausnutzung von Wissen und Transaktionskosten, eine grundlegende Bedeutung besitzt. Theorie der öffentlichen dung, Finanztheorie.
Verschul-
Theorie der Staatsschulden, Finanz-
theorie. Theorie der Umweltpolitik. Umwelt-
politik, mik.
Umwelt- und Ressourcenökono-
Theorie der Unternehmung, Unternehmenstheorie. 1. Gegenstand: Die Theorie der Unternehmung befasst sich mit der speziellen Wirtschaftseinheit Betrieb im System der Marktwirtschaft, der als Unternehmung bezeichnet wird (Gutenberg). Betriebe und Unternehmungen produzieren durch den Einsatz von (originären und derivativen) Produktionsfaktoren Leistungen für Dritte (Fremdbedarfsdeckung). Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit und das des finanziellen Gleichgewichts stellen systemindifferente Funktionsvoraussetzungen dar. Für das System der Marktwirtschaft sind das Autonomieprinzip, das erwerbswirtschaftliche Prinzip sowie das Prinzip des Privateigentums spezifisch. Die Unternehmung trifft zielgerichtete Entscheidungen über knappe Güter unter Berücksichtigung der obigen Prinzipien. Unternehmungen können entsprechend der Gestaltung der Eigentumsrechte ( Verfügungsrechte) kapitalisti-
437 sche Unternehmungen oder arbeitergeleitete Unternehmungen sein. 2. Zuordnung: Entsprechend der in Deutschland üblichen Aufteilung der Wirtschaftswissenschaften in Betriebs- (BWL) und Volkswirtschaftslehre (VWL) ist die BWL als Theorie der Unternehmung von der volkswirtschaftlichen Theorie der Unternehmung zu unterscheiden. Insbesondere die angelsächsische Unternehmungstheorien (Theories of the Firm) werden i. d. R. in der VWL behandelt, weil sie mit volkswirtschaftlichen Ansätzen ( Gleichgewicht) und Fragestellungen verknüpft sind ( Allokation, Wettbewerb). Die Ansätze lassen sich u. a. in neoklassische Theorie der Unternehmung (institutionelle Ansätze eingeschlossen) und dynamisch-evolutorische Theorien der Unternehmung teilen. Vgl. auch Betriebswirtschaftslehre als Theorie der Unternehmung, neoklassische Theorie der Unternehmung, mikroökonomische Theorie der Unternehmung, Manager-Theorie der Unternehmung, Verhaltens-Theorie der Unternehmung, Team-Theorie der Unternehmung, Theorie der Mehrproduktunternehmung, Theorie der multinationalen Unternehmung, Prinzipal-Agent-Theorie der Unternehmung, TransaktionskostenTheorie der Unternehmung WachstumsTheorie der Unternehmung von Penrose.
Thünensche Kreise betrachtet Banknoten und Einlagen nur im Austausch gegen andere Finanzaktiva, wie Anleihen, aufgenommene Kredite oder Aktien, bereitgestellt. Deshalb spricht man auch von Kreditgeld. (2) Lediglich bei den Münzen handelt es sich nicht um Kreditgeld. In allen Staaten liegt das Münzregal nicht bei den Zentralbanken, sondern bei den Regierungen. Die Münzemission dient der monetären Finanzierung des Staatshaushalts und damit dem Bezug von Gütern und Dienstleistungen von Unternehmen und privaten Haushalten. c) Zusammenhang: Jede Emission oder Schöpfung von Geld verändert nicht nur die umlaufende Geldmenge, sondern zugleich das Bestandsangebot an Bankkrediten in verbriefter und unverbriefter Form sowie die entsprechenden Preise dieser Finanzaktiva. Die Analyse des Geldangebotsprozesses muss daher diesen Gesamtzusammenhang berücksichtigen.
meine Wirtschaftspolitik.
Theorie des Zweitbesten. Die Theorie des Zweitbesten wird im Rahmen der Wohlfahrtsökonomik relevant, wenn das Erstbeste in Form des Pareto-Optimums nicht erreichbar ist. Das Optimierungsproblem des Zweitbesten bezieht sich auf eine gesellschaftliche Situation, in der von n Bedingungen für das gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsoptimum mindestens eine nicht erfüllt ist. Tritt diese Situation ein, ist es möglich, dass es bei Erfüllung von n-1 Optimalbedingungen nicht zu einer Annäherung an die optimale Situation, sondern zu einer weiteren Verschlechterung der Marktergebnisse kommt.
Theorie des Geldangebots, Geldange-
Thünensche Kreise. Von H. von Thünen
botstheorie. Die Theorie des Geldangebots ist darauf gerichtet zu erklären, wie das Niveau der Geldmenge im interdependenten Zusammenspiel von Finanzaktivamärkten bestimmt ist, und welchen Einfluss geldpolitische Instrumente auf die Entwicklung der Geldmenge haben. Unterscheidung: (1) Im Unterschied zum früheren Warengeld handelt es sich beim modernen Geld um finanzielle Verbindlichkeiten der geldschaffenden Zentralbanken und Kreditinstitute in den Erscheinungsformen von Banknoten und Bankeinlagen ( Geld). Während das einzelne Wirtschaftssubjekt Bankeinlagen, Banknoten und auch Münzen im Austausch gegen Güter, Dienstleistungen oder andere Finanzaktiva erhalten kann, werden gesamtwirtschaftlich
(1783-1850) entwickelte Theorie des verkehrswirtschaftlichen Standortes landwirtschaftlicher Betriebe sowie der Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Betriebssysteme (Anbauweise, Viehhaltung und deren Auswirkung auf die Arbeitsverfassung) von der räumlichen Entfernung der Produktionsstätte zum Markt. Dazu entwickelte er die sog. Thünenschen Kreise, Ringe abnehmender Intensität der landwirtschaftlichen Produktion mit zunehmender Entfernung vom Markt, unter der Voraussetzung einer um den Markt sich geometrisch ausbreitenden ebenen Fläche auf einem durchaus gleichen Boden, der überall kulturfähig ist. In großer Entfernung von einer Stadt gehe die Ebene in eine unkultivierte Wildnis über, wodurch diese Region
Theorie der Verfügungsrechte, Ver-
fügungsrechte. Theorie der Wirtschaftspolitik, allge-
Time Lag von der übrigen Welt gänzlich getrennt werde. Aus dieser Standorttheorie folgt eine Analyse der Lagerente und die Grundlegung der Grenzproduktivitätstheorie.
438 stehende Gesamtzeit ausschließlich als Arbeitszeit verwenden würde. Totalitätsprinzip, internationales Steuer-
recht. Time Lag, Lag. Träger der Wirtschaftspolitik. Als KernTime Preference, Zeitpräferenz, Gegen-
wartspräferenz, Bezeichnung für die Bevorzugung der Gegenwart (bzw. gegenwärtiger Güter, Bedürfnisse) gegenüber der Zukunft (Gesetz der Höherschätzung von Gegenwartsbedürfnissen). Vgl. auch Agiotheorie. Titel, kleinste Einheit eines Haushaltsein-
zelplans ( Haushaltsplan). Totalanalyse. Die Totalanalyse beschäftigt sich mit der Gesamtheit der über Märkte vermittelten Interaktionen zwischen konsumierenden und produzierenden Einheiten (Unternehmungen, Haushalte). Allgemein geht es um Totalanalyse immer dann, wenn die Interdependenz der Handlungen aller Wirtschaftssubjekte zur Debatte steht. In aller Regel wird die Betrachtung jedoch vereinfacht, da man nicht auf den anhaltenden Interaktionsprozess also einen Wettbewerbsprozess in der Zeit abstellt, in den die Wirtschaftssubjekte in kreativer Weise grundsätzlich immer auch Neuerungen einspeisen können und in dem daher nicht nur auf Gegebenheiten reagiert wird. Vielmehr geht man von bestimmten Daten (gegebene Vermögensbestände, Faktoren, Präferenzen, Produktionsfunktionen) und fixierten Verhaltensweisen aus, d. h., man reduziert das Problem auf eine preistheoretische Analyse, und zwar in dem Sinne, als man die Bewegung auf Gleichgewichtszustände hin thematisiert. Deshalb wird die Totalanalyse oft auch mit der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts identifiziert. In jedem Falle geht es um die Analyse des horizontalen und vertikalen Preiszusammenhanges über die verschiedenen Stufen des Produktionsprozesses hinweg. Totaleinkommen, in der Haushaltstheorie die Restriktion der Nutzenmaximierung durch den Haushalt, die sowohl monetäre Gesichtspunkte als auch die Konsumzeit berücksichtigt. Es handelt sich um jenes Einkommen, das der Haushalt erwerben könnte, wenn er die ihm zur Verfügung
strukturelement der allgemeinen Wirtschaftspolitik bezeichnen die Träger der Wirtschaftspolitik die Institutionen und Personen, die den Prozess der Wirtschaftspolitik vollziehen. Die Auswahl und die Funktion des wirtschaftspolitischen Trägers ist im Wesentlichen durch das allgemeine politische System bestimmt , in dem der wirtschaftspolitische Träger operiert. Seine Definition berührt deshalb auch Fragen der Wirtschaftsordnung und der Staatsverfassung. Transaction Cost Economies, Transaktionskostenersparnisse. Transaction Cost Economies können entstehen, wenn bisher über Märkte abgewickelte Transaktionen, d. h. gegenseitige Übertragungen von Verfügungsrechten, in ein Unternehmen verlagert werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Institution Unternehmung als Produktionsstätte Faktormärkte vor- und Absatzmärkte nachgelagert sind, wobei drei Arten der Koordination unterschieden werden können: Koordination, die über den Markt abläuft; Koordination innerhalb eines Unternehmens und Koordination durch Kooperation. Alle drei Arten der Koordination von Faktoren bzw. Gütern sind für die Unternehmen mit Kosten verbunden. Diese Kosten können i. w. S. als Transaktionskosten verstanden werden. Ist nun eine hierarchische Koordination innerhalb einer Unternehmung (transaktions-) kostengünstiger durchzuführen als über den Markt, wird das eine Verlagerung ökonomischer Aktivitäten in das Unternehmen zur Folge haben. Die Einsparmöglichkeit von (Transaktions-) Kosten wird zu einem wesentlichen Motiv für die vertikale Integration, bzw. für Unternehmenskonzentration, die damit organisationstheoretisch und nicht produktionstechnisch oder marktstrategisch erklärt wird. Vgl. auch Transaktionskostenökonomik. Transaktion. Nach Williamson findet eine
Transaktion dann statt, wenn ein Gut oder eine Dienstleistung über eine technologisch separierbare Schnittstelle transferiert wird. Transaktionen laufen in der Realität nicht
439
Transfereinkommen
ohne Reibungsverluste ab, die als Transaktionskosten bezeichnet werden. Im Rahmen der Transaktionskostenökonomik wird die effiziente institutionelle Einbettung von Transaktionen unter Berücksichtigung der jeweiligen Transaktionskosten analysiert. Im Gegensatz zu Williamsons Definition versteht Picot unter einer Transaktion den vertraglich vereinbarten Austausch von Verfügungsrechten. Diese Definition ist jedoch sehr eng, da Transaktionen auch unfreiwillig erfolgen können (zum Beispiel in Form von Diebstahl). Transaktionskasse, Zahlungsmittelmenge, die erforderlich ist, um die laufenden Transaktionen (Kauf von Gütern, Dienstleistungen) im Geschäftsverkehr durchführen zu können. In der klassischen Lehre einziges Motiv der Nachfrage nach Geld; bei Keynes zusammen mit dem Vorsichts- und dem Spekulationsmotiv bestimmend für die Gesamtnachfrage nach Geld. Vgl. auch Theorie der Geldnachfrage. Transaktionskostenökonomik, Verfügungsrechte, Ordnungsökonomik.
Transaktionskosten,
Transaktionskostenersparnisse,
Transaction Cost Economies. Transaktionskostenökonomik. In ihren
Grundzügen von Williamson entwickelte und der Neuen Institutionenökonomik zugerechnete Forschungsrichtung. In der Transaktionskostenökonomik wird die Effizienz unterschiedlicher institutioneller Arrangements verglichen, in deren Rahmen wirtschaftliche Transaktionen abzuwickeln sind. Dabei sind bestimmte Eigenschaften der betrachteten Transaktionen von Bedeutung (etwa ihre Häufigkeit und Unsicherheit sowie die Spezifität der erforderlichen Investitionen). Ziel der Transaktionskostenökonomik ist es, alternative Formen der institutionellen Einbettung von Transaktionen zu untersuchen und auf ihre relative Effizienz zu prüfen.
Kosten können mit dem Koordinationsmechanismus Hierarchie vermieden oder eingespart werden, wobei im Gegenzug Organisationskosten entstehen. Der Vorteil der Unternehmung resultiert aus einer Verringerung der Zahl der Verträge, und zwar zu einem bestimmten Zeitpunkt und/oder über einen bestimmten Zeitraum. Die Unternehmung spart zwar Marktbenutzungskosten ein, verursacht aber uno actu Organisationskosten, die mit steigender Zahl von Transaktionen zunehmen. Die abnehmenden Erträge des Managements begründet Coase erstens mit Effizienzverlusten. Mit zunehmender Unternehmensgröße werden Fehlentscheidungen des Managements wahrscheinlicher auftreten. Zweitens könnten mit steigender Unternehmensgröße und zunehmender Faktornachfrage die Faktorpreise steigen. Die Größe der Unternehmung ist dann optimal, wenn die Organisationskosten der letzten Transaktion gleich den Marktbenutzungskosten oder den Organisationskosten einer anderen Unternehmung sind (Prinzip der marginalen Substitution). Diese zunächst auf die Einproduktunternehmung angewendete Formel überträgt Coase auch auf die Mehrproduktunternehmung, um die Unternehmensgröße zu erklären. Die Arbeit von Coase bildet einen zentralen Bestandteil der Governance-Structure-Theorie und der Teamtheorie der Unternehmung. Transaktionsmotiv, Theorie der Geld-
nachfrage. transaktionsspezifische Investitionen,
spezifische Investitionen.
Transferansatz, Ansatz zur Erklärung der personalen intratemporalen Verteilungswirkung der öffentlichen Schuldenpolitik. Die Hypothese lautet: Vorwiegend Reiche zeichnen öffentliche Anleihen ( Staatsanleihen) und erhalten damit die Zinserträge. Die Last der Verschuldung wird folglich von den Einkommensstärkeren auf die Einkommensschwächeren abgewälzt. Vgl. auch öffentliche Kreditaufnahme.
Transaktionskosten-Theorie der Unternehmung. Coase begründet die Existenz
Transferausgaben, Transfers.
und Grenzen der Unternehmung mit dem Vorhandensein von Marktaustauschkosten bzw. Kosten der Benutzung des Preismechanismus sowie der Unsicherheit. Diese
Transferbilanz, Zahlungsbilanz.
Übertragungseinkommen. 1. Begriff: Summe der einem Wirt-
Transfereinkommen,
Transferkurzarbeitergeld, schaftssubjekt ohne gleichzeitige ökonomische Gegenleistung zufließenden Einkommen. Transfereinkommen beziehen neben den privaten Haushalten (z. B. Renten und Pensionen, Kindergeld, Sozialhilfe) auch der Staat (v. a. direkte Steuern und Sozialbeiträge) und die Unternehmen (u. a. Schadenversicherungsbeiträge und -leistungen, Sozialbeiträge). Gezahlt werden Transfereinkommen ebenfalls von allen Sektoren, und zwar z. T. aus dem Primäreinkommen, z. T. aus den empfangenen Transfereinkommen. 2. Die Zahlung von Transfereinkommen ist Bestandteil der staatlichen Umverteilungspolitik (Sekundärverteilung), durch die Ungerechtigkeiten der primären Einkommensverteilung (Einkommen aus direkter Teilnahme am Wirtschaftsprozess) ausgeglichen werden sollen (vgl. im Einzelnen Verteilungspolitik). Zusammen mit dem Volkseinkommen bilden die Transfereinkommen das private Einkommen (vor Steuerabzug). 3. Die Darstellung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) umfasst üblicherweise nur Geldleistungen. Weiter gehende Ansätze berücksichtigen jedoch auch die Realtransfers, d. h. die insbes. vom Staat den privaten Haushalten unentgeltlich bereitgestellten Waren und Dienstleistungen (v. a. Bildungs- und Gesundheitsleistungen). Transferkurzarbeitergeld, Kurzarbei-
tergeld. Transferleistungen, direkt vom Staat gezahlte Sozialleistungen, denen keine vorherige Zahlung von Beiträgen vorangeht. Daneben gibt es Sozialleistungen, die von der Sozialversicherung nach vorheriger Zahlung von Beiträgen geleistet werden.
440 Subventionen) ohne marktliche Gegenleistung. Vgl. auch internationale Transfers. Transferzahlungen, Transfers.
Leistungsentgelte, Realausgaben, staatliche Zahlungen für Güter und Faktorleistungen, zu unterteilen in Personal- und Sachausgaben; Teil der öffentlichen Ausgaben. Transformationsausgaben,
Transformationskurve. Die Transformationskurve ist der Ausdruck für die produktionstechnisch möglichen Güterkombinationen, die bei einem gegebenen Produktionsfaktorenbestand maximal hergestellt werden können ( Produktionstheorie). Ihr entspricht einzelwirtschaftlich die Kapazitätslinie. In der Volkswirtschaftslehre wird die Transformationskurve auch als Kurve der Produktionsmöglichkeiten bezeichnet. Transformation von Wirtschaftsordnungen. Die Transformation von Wirt-
schafts- und Gesellschaftssystemen, wie sie in Mittel- und Osteuropa seit einigen Jahren angestrebt bzw. vollzogen wird, kann interpretiert werden als ein Grenzfall des langfristigen Wandels von Wirtschaftssystemen. Während der langfristige Wandel sich in der Regel graduell vollzieht, wird mit der Transformation von Wirtschaftsordnungen ein radikaler Systemwechsel intendiert, mit dem ein gesellschaftliches Regelsystem ( Ordnungsökonomik) gegen ein anderes praktisch vollständig ausgetauscht werden soll. Transmissionsmechanismus, Geld-
theorie. Reisekostenmethode, Methode der ökonomischen Bewertung von Umweltressourcen ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Der Transportkostenansatz findet insbesondere bei der Quantifizierung des Freizeit- und Erholungsnutzens von öffentlichen Gütern Anwendung. Dabei werden die von den Nutzern eines Erholungsgebiets aufgewendeten Transportkosten als Zahlungsbereitschaften für den Erholungsnutzen interpretiert. Unter bestimmten Bedingungen lässt sich auf dieser Grundlage eine Nachfragekurve für das betreffende öffentliche Gut konstruieren. Sein Wert wird dann durch die Konsumentenrente approximiert. Transportkostenansatz,
Multiplikator, der angibt, um wie viel sich das Volkseinkommen verändert, wenn die Transferleistungen des Staatssektors variiert werden.
Transfermultiplikator.
Transfers, Transferausgaben, Transferzahlungen. 1. Transfers i. e. S. (Sozialtransfers): Zahlungen der öffentlichen Hand an private Haushalte ohne marktliche Gegenleistung; sie erhöhen das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte und dienen so der Einkommensumverteilung. 2. Transfers i. w. S.: Zahlungen der öffentlichen Hand an private Haushalte und an Unternehmen (
441 Teilindikator des Nachhaltigkeitsindikators Ressourcenschonung: Der Index mit dem Basisjahr 1990 misst gem. Kyoto-Protokoll die Treibhausgase Kohlendioxid ( CO 2 ), Methan ( CH4 ), Distickstoffoxid ( N2O ), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe ( H FKW / HFC ), perfluorierte Kohlenwasserstoffe ( FKW / PFC ) und Schwefelhexafluorid ( SF6 ). Berechnung auf Basis der Datenbank ZSE (Zentrales System Emissionen) des Umweltbundesamtes unter Berücksichtigung weiterer energiestatistischer Informationen. Treibhausgasemissionen,
Trend, Komponente einer Zeitreihe, von der
angenommen wird, dass sie evolutionär, längerfristig und nachhaltig wirkt. Trennsystem, Regelungsform der Steuerer-
tragshoheit zwischen öffentlichen Aufgabenträgern im aktiven Finanzausgleich. Beim T. sind die jedem Aufgabenträger zustehenden Einnahmequellen vorgegeben, so dass ein unkoordinierter (Mehrfach-) Zugriff auf Einnahmequellen vermieden wird (anders: Konkurrenzsystem). Gegensatz: Mischsystem. durch Beschluss der Regierung Modrow vom 1.3.1990 errichtet. Ihre Tätigkeit endete zum 31.12.1994. Die Treuhandanstalt erhielt nach den ersten freien Volkskammerwahlen mit dem Treuhandgesetz vom 17.6.1990 die Aufgabe, das volkseigene Vermögen nach den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft zu reorganisieren und zu privatisieren. Seit der deutschen Vereinigung galt das Treuhandgesetz mit geänderter Aufgabenstellung weiter (Einigungsvertrag Art. 25). Nun wurde die Treuhandanstalt eine rechtsfähige bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts. Ihre Aufgabe war es weiterhin, nach den Bestimmungen des Treuhandgesetzes die früher volkseigenen Betriebe durch Veräußerung von Geschäfts- oder Vermögensanteilen zu privatisieren. Sie sollte Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sichern, sanierungsfähige Betriebe zu wettbewerbsfäTreuhandanstalt,
Two-Gap-Modell higen Unternehmen entwickeln, durch Entflechtung marktfähige Unternehmen herausbilden, nicht sanierungsfähige Unternehmen (steile) stilllegen und das Vermögen verwerten. Nach Auflösung der Treuhandanstalt gingen deren Aufgaben zum 1.1.1995 auf Nachfolger über: (1) Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) überwacht insbesondere die Einhaltung der Treuhandverträge, um u. a. sicherzustellen, dass die in den Privatisierungsverträgen zugesagten Investitionen getätigt und die für rund 1,5 Mio. Arbeitsplätze gegebenen Garantien eingehalten werden. Ferner wickelt sie die rund 3.500 stillgelegten Betriebsstätten ab. (2) Die Beteiligungs-ManagementGesellschaft Berlin mbH (BMGB) übernahm rund 100 noch nicht sanierte und privatisierte Unternehmen (insbes. Bergbau, Kernenergie) sowie Minderheitsbeteiligungen der Treuhandanstalt zur weiteren Abwicklung. (3) Die Liegenschaftsgesellschaft der Treuhandanstalt mbH (TLG) verwertet land- und forstwirtschaftliches Grundeigentum. Einziger Gesellschafter der TLG und BMGB ist die Bundesregierung (Bundesministerium der Finanzen). TRIPS, Abkommen über außenhandelsrelevante Aspekte des geistigen Eigentums. Vgl. auch Uruguay-Runde. Trittbrettfahrerverhalten, Free-Rider-
Verhalten. auf kreislauftheoretischen Überlegungen aufbauendes Kapitalbedarfsmodell, das aufzeigt, in welchem Umfang einzelne Entwicklungsländer auf Auslandshilfe angewiesen sind, um bestimmte entwicklungspolitische Ziele zu realisieren. Zur Ersparnislücke kommt eine handelsbilanzinduzierte Devisenlücke, die nur mit Hilfe von Kapitalhilfe geschlossen werden kann. Two-Gap-Modelle werden zur Unterstützung von Entwicklungshilfe herangezogen und modellieren die entwicklungspolitische Relevanz von Finanzhilfen. Vgl. auch Entwicklungshilfe. Two-Gap-Modell,
U Übergangsgeld, Sonderleistung der Bundesagentur für Arbeit zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben ( Teilhabeförderung), wenn sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen ihrer Behinderung erforderlichen Grundausbildung teilnehmen. Voraussetzung ist die Erfüllung der Vorbeschäftigungszeit, d.h. (1) ein mindestens zwölfmonatiges Versicherungspflichtverhältnis innerhalb der letzten drei Jahre vor der Teilnahme oder (2) die Erfüllung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Bei Nichterfüllung der Vorbeschäftigungszeit kann das Übergangsgeld auch erhalten, wer innerhalb des letzten Jahres vor der Teilnahme einen anerkannten Berufsausbildungsabschluss erworben hat. Überinvestitionstheorien. 1. Begriff: Auf
hoch industrialisierte Wirtschaften bezogene Erklärungen des Konjunkturzyklus. Kapitalgüterindustrien werden kräftiger von den Konjunkturschwankungen betroffen als die Industrien kurzlebiger Konsumgüter ( Konjunkturtheorie). Das vertikale Ungleichgewicht der Produktionsstruktur entsteht während des Aufschwungs: Kapitalgüterproduktion wird hier weiter ausgedehnt, als dem späteren Dauerbedarf entspricht. Der Aufschwung bricht wegen Überentwicklung der Kapitalgüterindustrien zusammen. Monetäre Maßnahmen können den Abschwung nur hinauszögern. 2. Erklärung: Eine Überinvestition lässt sich durch das Akzelerationsprinzip erklären. Überleitungsvertrag,
Wiedergutma-
chung. Überproduktionstheorie, marxistische Konjunkturtheorie; ausgehend von der fortlaufenden Technisierung der kapitalistischen Wirtschaft, so dass fortlaufend menschliche Arbeitskraft freigesetzt wird. Die wachsende
Produktion könne angesichts der schrumpfenden Zahl ausbeuterisch entlohnter Arbeitskräfte nicht abgesetzt werden. Kritik: Arbeitskräfte werden nicht dauerhaft freigesetzt, sondern im Zuge des strukturellen Wandels umgesetzt. Der mit der irreführenden Bezeichnung Überproduktion gemeinte Sachverhalt ist Unterkonsumtion ( Unterkonsumtionstheorien). Überschießen des nominellen Wechselkurses, Overshooting. Der Wechselkurs
reagiert kurzfristig auf einen exogenen Schock (z. B. Geldpolitik) stärker als langfristig. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Wechselkurstheorie. Überschusspolitik, Maßnahme der anti-
zyklischen Fiscal Policy zur Bekämpfung von Inflation und Überbeschäftigung. Durch bewusste Überschussbildung im Staatshaushalt und Stilllegung der Überschüsse bei der Zentralbank wird dem Wirtschaftskreislauf Geld und damit kaufkräftige Nachfrage entzogen (vgl. auch Konjunkturausgleichsrücklage). Gegensatz: Deficit Spending. Überschussreserve, frei verfügbares Zentralbankgeld in Händen von Geschäftsbanken, das über die Mindestreserve hinaus gehalten wird. Überseeische Länder und Gebiete (ÜLG), außereuropäische Länder oder Ho-
heitsgebiete, die mit einem der Mitgliedstaaten der EU besondere Beziehungen unterhalten (d. h. ehemalige Kolonien, Treuhandgebiete oder Übersee-Departements) und der EU assoziiert ( Assoziierungsabkommen) sind. Übertragbarkeit von Ausgaben, Ausnahme von dem Haushaltsgrundsatz der zeitlichen Spezialität ( Haushaltsgrundsätze). Die Übertragbarkeit muss zugelassen sein: a)
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_21, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Übertragung
444
kraft Gesetzes als geborene Übertragbarkeit für Investitionen und für Ausgaben aus zweckgebundenen Einnahmen; b) kraft Erklärung im Haushaltsplan als gekorene Übertragbarkeit, wenn sie für Ausgaben bestimmt ist, die sich auf eine mehrere Jahre umfassende Maßnahme beziehen und die sparsame Mittelverwendung fördern. Übertragung, internationale Transfers. Übertragungsbilanz, Zahlungsbilanz. UGR, umweltökonomische Gesamtrech-
nung. ÜLG, überseeische Länder und Gebiete. Ultimogelder, Zentralbankgeld, das von Banken zur Überbrückung der am Monatsbzw. Jahresende auftretenden Liquiditätsengpässe von anderen Banken aufgenommen wird. Umlagen, früher: Matrikularbeiträge, spezielle Form der Zuweisungen, die zwischen öffentlichen Aufgabenträgern geleistet werden. Vgl. auch Finanzausgleich, Finanzverfassung. Umlageverfahren, Beiträge, Genera-
tionenvertrag. Umlaufgeschwindigkeit
des
Geldes.
Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes gibt an, wie häufig eine Geldeinheit innerhalb einer Periode durchschnittlich verwendet wird, um Gütertransaktionen zu finanzieren. Vgl. auch Theorie der Geldnachfrage, Geldtheorie, Inflation. Umsatzbesteuerung. Die Umsatzbesteuerung ist eine grundlegende Besteuerungsweise, die auf der Einkommensverwendungsseite des Leistungskreislaufs einer Wirtschaft neben der Verbrauchsbesteuerung durchgeführt wird. Die Umsatzbesteuerung erfasst den Markteintritt von Gütern und Leistungen, die Verbrauchsbesteuerung die Marktentnahme. Beide Besteuerungsweisen sollen den Verbrauch belasten, indem ihnen unterstellt wird, dass sie vollständig überwälzt werden können. Derzeitige Umsatzbesteuerung in der BRD: Vgl. Umsatzsteuer.
Umsatzgrößenklassen, Unternehmens-
größenstruktur. Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer, Steuer, die
alle Verkehrsakte von Leistungen erfasst, die ein Unternehmer durchführt. Grundsätzliches: Vgl. Umsatzbesteuerung. I . Rechtsgrundlagen: Umsatzsteuergesetz (UStG) vom 26.11.1979 (BGBl I 1953). I I . St e u e r b a r e Vo rg ä n g e : 1. Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. 2. Eigenverbrauch im Inland. 3. Gesellschafterverbrauch im Inland. 4. Einfuhr von Gegenständen in das Zollgebiet (Einfuhrumsatzsteuer). I I I . St e u e r b e f r e i u n g e n : 1. Mit Recht auf Vorsteuerabzug: Ausfuhrlieferungen und Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr; Lieferung, Vermietung, Reparatur und Umbauten von Seeschiffen sowie internationaler Gütertransport; Vermittlung der vorgenannten Umsätze. 2. Ohne Recht auf Vorsteuerabzug: a) Leistungen, die überwiegend Endverbrauchern zugute kommen, z. B. Umsätze von Ärzten, Krankenanstalten und Sozialversicherungsträgern und kulturelle Leistungen. b) Leistungen, für die u. U. auf die Steuerbefreiung verzichtet und damit der Vorsteuerabzug auf die entsprechenden Vorleistungen erlangt werden kann. I V. St e u e r b e r e c h n u n g : 1. Bemessungsgrundlage a) für Lieferungen und sonstige Leistungen: Grundsätzlich das vereinbarte Entgelt ohne Umsatzsteuer; b) bei Eigen- und Gesellschafterverbrauch in Form unentgeltlicher Gegenstandsentnahme bzw. -lieferung: Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten oder mangels Einkaufspreis die Selbstkosten jeweils im Zeitpunkt des Umsatzes; c) bei Eigen- und Gesellschafterverbrauch in Form sonstiger Leistungen: Die bei Leistungsausführung entstandenen Kosten; d) bei Eigenverbrauch in Form nichtabziehbarer Ausgaben: die Aufwendungen. Die Umsatzsteuer gehört nicht zur Bemessungsgrundlage. In besonderen Fällen greift eine Mindestbemessungsgrundlage. 2. a) Allgemeiner Steuersatz: 19 %; b) ermäßigter Steuersatz für überwiegend Produkte der Land- und Forstwirtschaft, Bücher und Zeitschriften, Kunstgegenstände: 7 %). V. Vo r s t e u e r a b z u g : 1. Abzugsfähig: a) von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen; b) (entrichtete) Einfuhrumsatzsteuer für eingeführte
445 Gegenstände; durch den Vorsteuerabzug wird die auf der Vorumsatzstufe eingetretene umsatzsteuerliche Belastung rückgängig gemacht und Steuerkumulierung vermieden. 2. Nicht abzugsfähig: Steuerbeträge für Leistung und Einfuhr von Gegenständen sowie sonstige Leistungen, die zur Ausführung bestimmter steuerfreier Umsätze verwendet werden. 3. Vorsteuerberichtigung und weitere Einzelheiten: Vgl. Vorsteuerabzug. V I . St e u e r s c h u l d n e r : Bei Leistungen, Eigen- und Gesellschafterverbrauch der Unternehmer. V I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t l i c h e B e u r t e i l u n g : 1. Kernpunkt der Reform von 1967 ist der Übergang von der Brutto- zur Nettoallphasensteuer (= Mehrwertsteuer), die durch den Vorsteuerabzug realisiert wird (zur Charakterisierung und Steuersystematik der Mehrwertsteuer vgl. Umsatzbesteuerung). 2. Fiskalische Bedeutung und Ertragshoheit: Zweitbedeutendste Steuereinnahme nach der Lohn- und Einkommensteuer. 3. Ziele/Wirkungen: a) Allokative Sicht: Mit dem Übergang zur Nettoallphasen-Umsatzsteuer wurde die konzentrationsfördernde und wettbewerbsbehindernde Wirkung der Bruttoallphasen-Umsatzsteuer beseitigt. Steuervergünstigungen für Land- und Forstwirtschaft und Kleinunternehmer sind struktureinkommens- und mittelstandspolitische Fremdkörper in der Umsatzsteuer; sie sind mit einer objektiven Besteuerung nicht vereinbar. Mit dem für Exporte durchgeführten Grenzausgleich, der einer Steuerbefreiung gleichkommt, soll das für die EUMitgliedsländer geltende Bestimmungslandprinzip realisiert werden; nicht die Begünstigung der Exportwirtschaft ist das Ziel, sondern das Herbeiführen einer Belastung für importierte Güter. b) Verteilungspolitische Sicht: Die Einführung des halben Umsatzsteuersatzes für eine große Zahl von Nahrungsmitteln nimmt der Umsatzsteuer ihre regressive Wirkung; solche sozialpolitischen Maßnahmen sind jedoch ein Fremdkörper in einer objektiven Steuer. Andere Steuersatzermäßigungen, z. B. für die Land- und Forstwirtschaft, für Bücher und Kunstgegenstände, verfolgen struktur- und kulturpolitische Ziele. Die Nichtbesteuerung der Mieten wirkt einer Regressionswirkung ebenfalls entgegen. 4. EU-Steuerharmonisierung: EU-Länder finanzieren zu äußerst unterschiedlichen Anteilen ihre Staatsausgaben aus der Umsatzsteuer; die Steuersätze
Umweltbeitrag reichen von 19 % (Deutschland) bis 25 % (Dänemark), zudem zahlreiche ermäßigte Steuersätze. Nach Einführung des Mehrwertsteuersystems mit Vorsteuerabzug in allen EU-Ländern gilt eine Angleichung der Steuersätze in Struktur und Niveau als Fernziel der Harmonisierung, so dass ganz Europa auch umsatzsteuerlich einen einzigen Binnenmarkt darstellt, d. h. Beseitigung von Ausfuhrlieferungen und Wegfall der Einfuhrbesteuerung für innergemeinschaftliche Lieferungen. Vgl. auch Steuerharmonisierung. Umsatzsteuerverteilung, Aufteilung des
Aufkommens aus der Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern. Die Umsatzsteuerverteilung ist Steuerungsparameter des vertikalen Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern zur Korrektur erheblicher und nachteiliger Veränderungen der Deckungsrelationen von Bund und Ländern. Umschulung, Arbeitsmarktpolitik. Umschwung, der höchste (niedrigste) Punkt eines Konjunkturzyklus, der den Übergang von Auf- und Abschwung kennzeichnet. Vgl. auch Konjunkturphasen. Umverteilung, Redistribution, Sozialpolitik
als Umverteilungspolitik, ( Verteilungspolitik), Verteilungswirkung der Inflation, staatliche Verteilungspolitik, Vermögensumverteilungspolitik. Umweltabgabe, Steuern, Gebühren
oder Zölle, die für die Nutzung der natürlichen Umwelt und Ressourcen zu entrichten sind. Die Umweltabgaben sollen gemäß dem Verursacherprinzip Anreize für umweltgerechtes Verhalten geben. Vgl. auch Emissionsabgabe, Emissionsauflage, ökologische Steuerreform, Umweltpolitik, Umwelt- und Ressourcenökonomik. Umweltauflage, Umweltpolitik, welt- und Ressourcenökonomik.
Um-
Umweltbeitrag, Form der Umweltab-
gabe, durch die die Aufwendungen der öffentlichen Hand für Versorgungs- und Entsorgungsleistungen an die Benutzer weitergegeben werden. Vgl. auch Umweltpolitik.
umweltbewusstes Verhalten umweltbewusstes Verhalten, Ausrich-
tung des wirtschaftlichen Verhaltens bzw. der Lebenseinstellung an den Kriterien ökologische Kompatibilität und Umweltschutz. Das Umweltbewusstsein zeigt auf der konkreten Verhaltensebene z. T. erhebliche Defizite. Ziel der Umweltpolitik sollte es u. a. sein, die Mitglieder der Gesellschaft zu umweltbewusstem Verhalten zu bewegen. Umweltbundesamt, 1974 gegründete Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Zu den Aufgaben des Umweltbundesamt gehören u. a. die wissenschaftliche Unterstützung und Beratung des BMU und der Bundesregierung in Fragen des Immissionsschutzes (z. B. im Bereich Luft), der Wasser- und der Abfallwirtschaft. Das Amt besitzt selbst keine Vollzugsbefugnisse. Umwelteffekte der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft nutzt und beeinflusst die Umwelt und damit die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen. Die Vermeidung negativer Umwelteffekte der Landbewirtschaftung gehört heute zu den wesentlichen Zielen der Agrarpolitik, während andererseits die landschaftspflegende und umwelterhaltende Funktion der Landwirtschaft betont wird. a) Landwirtschaft kann insbesondere das Ausmaß und die Qualität natürlicher Ressourcen beeinträchtigen: Zurückdrängung von Wald, Degradierung von Böden und insbesondere Bodenerosion, Einbringung von Pflanzenschutzmitteln und Nitrat in das Grundwasser, Eutrophierung des Oberflächenwassers. Die Landwirtschaft ist Hauptverursacherin der Zerstörung der Artenvielfalt und trägt zum Verbrauch von Energievorräten und zum Treibhauseffekt bei. b) Die Landwirtschaft prägt wesentlich die Qualität von Lebensmitteln. c) Die Landwirtschaft beeinflusst ferner andere Umweltgüter (Kulturlandschaft, Landschaftspflege, artgerechte Tierhaltung). Umweltethik. Die allmähliche Entwicklung einer Umweltethik geht zurück auf das in den letzten Jahrzehnten gewachsene Bewusstsein der Reichweite ökologischer Probleme des heutigen Wirtschaftens. Dabei ist gegenwärtig noch nicht geklärt, ob Umweltethik lediglich eine Anwendung traditioneller ethischer Normen darstellt oder die Ethik auch verändert. Hinsichtlich der Frage nach dem
446 Maßstab, an dem sich umweltethisches Handeln orientieren sollte, werden die Prinzipien der Personalität (Anthropozentrik), der Leidensfähigkeit (Pathozentrik), des Lebens (Biozentrik) und der Natur schlechthin (Physiozentrik) unterschieden. Zusammenschluss von Kommunen und Industrieunternehmen zur Wahrung gemeinsamer Umweltschutzinteressen. Als Vorbilder gelten die Wasserverbände in Nordrhein-Westfalen und die Berufsgenossenschaften.
Umweltgenossenschaften,
umweltgerechtes Handeln, umweltbe-
wusstes Verhalten. Umwelthaftpflichtversicherung, gewährt
dem Versicherungsnehmer im Rahmen der Gefährdungshaftung für Umweltschäden (z. B. Anlagenhaftung) Versicherungsschutz, vorausgesetzt, die Schäden sind kalkulierbar. Ziele der Umwelthaftpflichtversicherung sind die Schadensvermeidung sowie die größere Sicherheit bei der Schadensregulierung. Vgl. auch Umwelthaftungsgesetz, Vorsorgeprinzip. Bundesgesetz vom 10.12.1990, das Umweltschadensfälle mit Ausnahme von Distanz- und Summationsschäden (z. B. Waldschäden) regeln soll, die verschuldensunabhängig vom Betreiben betrieblicher Anlagen ausgehen. Ziel des Gesetzes ist es, die durch Umweltschäden betroffenen Personen und Einrichtungen in ihrer Rechtsstellung zu schützen bzw. zu stärken. Vgl. auch Umwelthaftpflichtversicherung, Umweltpolitik, Umweltund Ressourcenökonomik. Umwelthaftungsgesetz,
Umweltindikatoren. An die Stelle einer Vielzahl von Einzelinformationen sollen Parameter oder Wertgrößen treten, die als leicht überschaubare Angaben den Zustand der Umwelt bzw. ihre spezifischen Belastungen darstellen und Entwicklungstrends aufzeigen können. Eine treffsichere Beurteilung auf Grund verdichteter Informationen ist Voraussetzung auch für die Wahl umweltpolitischer Strategien ( Umweltpolitik). Umweltinformationen,
formationsgesetz.
Umweltin-
447 Umweltinformationsgesetz. 1. Begriff:
Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie 90/313/EWG des Rates der EU von 1990 (wirksam seit 1992) über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt in nationales Recht. Damit wird das Recht des Bürgers auf Zugang zu den Umweltdaten begründet und der Staat zur Umweltberichterstattung verpflichtet. 2. Ziele des Umweltinformationsgesetzes sind der freie Zugang zu behördlichen Umweltinformationen sowie deren Verbreitung, unabhängig vom Nachweis eines Interesses oder von laufenden Verwaltungsverfahren. Als Umweltinformationen gelten im Sinne der Richtlinie alle vorliegenden Informationen über den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen Lebensräume sowie über Tätigkeiten oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder schützen können, einschließlich verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme. Vgl. auch umweltbewusstes Verhalten, Umweltpolitik. Umweltkonferenz. Form internationaler Zusammenkünfte auf politischer Ebene zur Erörterung globaler Umweltprobleme. Umweltökonomik, Umwelt- und Res-
sourcenökonomik. umweltökonomische Berichterstattung. 1. Begriff: Systeme einer umweltöko-
nomischen Berichterstattung haben die Aufgabe, ein quantitatives Rahmenwerk für die Abbildung der Wechselbeziehungen zwischen wirtschaftlichen Vorgängen und dem Zustand bzw. den Veränderungen der Umwelt bereitzustellen. Während eine ökologisch ausgerichtete Betrachtungsweise naturbezogene Entwicklungen in den Mittelpunkt stellt, gehen ökonomisch zentrierte Systeme von wirtschaftlichen Prozessen oder Ergebnissen aus, innerhalb derer die Natur nur als Produktionsfaktor und Konsumelement gesehen wird, Kosten-Nutzen-Kalküle daher auch eine wichtigere Rolle spielen ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Diese Sichtweise hat zur Folge, dass ökonomische Denk- und Analysemodelle für den Aufbau und die Benutzung einer umweltökonomischen Berichterstattung in vielfältiger Weise herangezogen werden ( Umweltpolitik). 2. Zielsetzung: Ein zentrales Anliegen in dieser Hinsicht zielte in den vergangenen
Umweltpolitik Jahren auf die Entwicklung so genannter Satellitensysteme ab ( Umweltsatellitensysteme), die eine Ergänzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ( VGR) durch zusätzliche Angaben, im vorliegenden Fall mit ökonomisch-ökologischem Bezug, ermöglichen. umweltökonomische Gesamtrechnungen (UGR). Ziel der UGR als zentraler
Bestandteil der umweltökonomischen Berichterstattung in der BRD ist ein umfassendes Rechenwerk mit der wesentlichen Aufgabe einer statistischen Darstellung der Wechselbeziehungen zwischen Wirtschaft und Umwelt sowie des Umweltzustandes selbst. Die Konzeption steht in engem Zusammenhang mit dem weiteren Ausbau der Umweltstatistik, der Ergänzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) durch das Satellitensystem UGR sowie dem System einer Integrierten Umwelt- und ökonomischen Gesamtrechnung (System of Integrated Environmental and Economic Accounting, SEEA) der Vereinten Nationen. Das UGR besteht aus den Modulen (a) Umweltzustand (Beanspruchung der Bodenfläche als Naturvermögensbestandteil), (b) Umweltschutzmaßnahmen (umweltbezogene Steuern, Umweltschutzinvestitionen und (c) sektorale Berichtsmodule (zu den Themen Verkehr, Landwirtschaft, Wald und Private Haushalte). Die UGR steht in enger Verbindung zur Berichterstattung über die Nachhaltige Entwicklung in Deutschland ( Nachhaltigkeitsindikatoren). Umweltoptimum, idealtypische Formulie-
rung des Ziels der Umweltpolitik aus ökonomischer Sicht. Das Umweltoptimum. ist durch die Maximierung der Differenz zwischen dem Nutzen und den Kosten umweltqualitätsverbessernder Maßnahmen charakterisiert. Die Bestimmung des Umweltoptimums setzt voraus, dass es möglich ist, alle relevanten Größen in ein und derselben Dimension zu erfassen. In der Umweltund Ressourcenökonomik wird dies durch den Einsatz von ökonomischen Bewertungsverfahren ( Monetarisierung von Umweltschäden) angestrebt. Umweltpolitik. 1. Begriff und Problemstellung: Umweltpolitik umfasst die Gesamtheit politisch formulierter Ziele ( Umweltziele), die Diagnostik ( Resonanz) sowie Maß-
Umweltpolitik nahmen und Entscheidungsträger zur Gestaltung und Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Angesichts ökonomischer Entwicklungen (globaler Wettbewerb, Verschärfung des Nord-Süd-Gefälles, Festhalten am quantitativen Wachstum etc.) und realökologischer Zuspitzungen (zunehmende Globalisierung der Umweltprobleme) ist davon auszugehen, dass sich die Schere zwischen ökologischem Problemdruck und zivilisatorischen Problemlösungsfähigkeiten immer mehr auseinander entwickelt. Angesichts dieser Perspektiven wird in der umweltpolitischen Diskussion häufig die Forderung nach einer ökologischen Marktwirtschaft erhoben. Solange aber ein systematisches Ökologie-Konzept nicht etabliert ist, bedarf es weiterhin einzelner Verordnungen, Gesetze und Verbote, obwohl das System Natur Erkenntnispotenziale für eine effiziente Umweltpolitik liefern könnte ( Systemmanagement, Effizienz). 2. Leitbilder: a) Verursacherprinzip und Gemeinlastprinzip: Wer das Gut Umwelt beansprucht, wird gemäß dem Verursacherprinzip belangt, indem ihm einerseits die Umweltkosten in Form von Steuern, Abgaben oder Gebühren angelastet werden, um durch Kostenüberwälzung auf die Preise die Nachfrage und somit den Umweltverbrauch zurückzudrängen (Internalisierung), oder indem andererseits der Verursacher für die entstandenen Schäden haftet. Beim Gemeinlastprinzip werden die Kosten von der Allgemeinheit getragen. Dahinter steht die Auffassung, dass der Umweltschutz allen dient. Dieses Prinzip greift, wo das Verursacherprinzip nicht durchsetzbar ist, z. B. bei Altlasten, bei denen kein haftbarer Verursacher mehr ermittelt werden kann. b) Vorsorgeprinzip und Feuerwehrprinzip: Am wirkungsvollsten ist präventiver Umweltschutz, d. h. wenn Schäden gar nicht erst entstehen. Die Bundesregierung hat sich auf dieses Prinzip verpflichtet, praktisch ist es aber eher eine Absichtserklärung. Dem Feuerwehrprinzip entspricht eine reagierende und kurative Umweltpolitik. Sie ist kostspielig, kommt aber einem wählerstimmenmaximierenden Verhalten von Politikern entgegen und ist daher in gewisser Weise werbewirksam: das aktive Bekämpfen von Schäden und Fehlentwicklungen ist für die Wähler spektakulärer, als Präventivmaßnahmen es sind. c) Kooperationsprinzip und Konfliktprinzip: Das Kooperationsprinzip zielt auf die Ein-
448 sicht der Unternehmen und Bürger. Es umfasst freiwillige Vereinbarungen oder Selbstbeschränkungsabkommen zwischen staatlichen und wirtschaftlichen Einrichtungen (z. B. Verhandlungslösungen zwischen Behörden und Unternehmen, Branchenabkommen). Lobbyismus und mangelnde Durchsetzungs- bzw. Konfliktfähigkeit des Staates bergen die Gefahr, dass aus dem Kooperations- ein Kollaborationsprinzip wird. 3. Bewertungskriterien und Systematik umweltpolitischer Instrumente: a) Marktwirtschaftliche versus staatszentrierte Ansätze: Das Spektrum reicht von rein marktmäßigen Instrumenten wie z. B. einer Zuordnung von Eigentumsrechten an Umweltgütern bis zu rein staatlichen interventionistischen Maßnahmen. Gerade marktmäßige Lösungen setzen eine innovative Ordnungspolitik voraus. Nach der Art der Auswirkungen des Instrumenteneinsatzes auf das staatliche Budget werden nichtfiskalische Instrumente, solche mit öffentlichen Ausgaben und solche mit öffentlichen Einnahmen unterschieden. b) Ökologische Effizienz: Ein Instrument ist ökologisch wirksam, wenn es die Umweltbelastung verhindert oder im angestrebten Ausmaß verringert. Bedingung für ökologische Effizienz ist die zielgenaue, präventive, schnelle und nachhaltige Wirkung. c) Ökonomische Effizienz: Von ökologisch gleich wirksamen Maßnahmen ist die volkswirtschaftlich kostengünstigste auszuwählen. Dieser Kerngedanke der Umweltökonomie differenziert zwischen den beiden wichtigen Kriterien der statischen Effizienz und der dynamischen Effizienz. Ein Instrument ist statisch effizient, wenn es so wirkt, dass der angestrebte ökologische Effekt kostenminimal realisiert wird. Ein Instrument ist dynamisch effizient, wenn es eine Anreizwirkung hat. d) Politische Effizienz: Determinanten der tatsächlichen Durchsetzbarkeit eines Instruments sind die Operationalität (praktische Umsetzbarkeit, administrative Handhabbarkeit und Kontrollierbarkeit), die Verbandsinteressen (effiziente Mittel werden auf Grund des Widerstandes von Interessengruppen nicht eingesetzt), die politische Rationalität (Wiederwahlchancen), die Konsensfähigkeit und die Werteverträglichkeit (Ein Instrument ist nur akzeptabel, wenn es mit dem Wertesystem vereinbar ist). In einem demokratischen System ist die politische Durchsetzbarkeit, die nicht immer mit Kriterien der ökonomischen oder ökologischen
449 Rationalität zu messen ist, unbedingt zu beachten. 4. Einzelne umweltpolitische Instrumente: a) Starre Auflagen: Umweltauflagen sind Gebote oder Verbote in Form von direkten umweltbezogenen Verhaltensvorschriften. Anknüpfungspunkte von Auflagen sind Emissionen, Produktionsprozesse oder die Produktion. b) Umwelthaftungsrecht: Dient ebenfalls der Internalisierung externer Effekte. Umweltschädiger müssen für bestimmte Schäden haften, bspw. für Gesundheitsschäden. c) Steuern und Abgaben: Die externen sozialen Zusatzkosten sollen dem Verursacher zugerechnet werden (Externalitätenkonzept). Internalisierungstechniken sind der idealtypische Pigou-Steuer-Ansatz und der eher pragmatische Standard-PreisAnsatz. Grundgedanke ist, durch eine ökologische Korrektur des Preissystems marktwirtschaftlich zum sparsamen Umgang mit Umweltgütern anzuregen. Zu dieser Lenkungsfunktion kommt die Finanzierungsfunktion, d. h. es wird angestrebt, öffentliche umweltverbessernde Maßnahmen durch Umweltabgaben zu finanzieren. Bei extremer Dominanz der Finanzierungsfunktion gelangt man zu einer Gemeinlastpolitik, bei der alle, nicht nur die Schadensverursacher, mit einer Abgabe belegt werden. d) Zertifikatslösung: (1) Konzept: Die Emissionsmenge von Schadstoffen wird politisch festgelegt. Die Inanspruchnahme wird gemäß PropertyRights-Ansatz ( Verfügungsrechte) über Märkte geregelt. Dazu werden die Nutzungsansprüche in Form von Umweltnutzungslizenzen verbrieft. Der Staat ist der Eigentümer der Umwelt und vergibt Nutzungsrechte in Form von Lizenzen an die Marktteilnehmer. Die Lizenzen sind frei handelbar. Auf Grund der konkurrierenden Nutzungsansprüche wird sich auf dem Markt für Lizenzen ein Preis einspielen, der unter den Bedingungen eines funktionierenden Wettbewerbs allokationstheoretisch optimal ist. In bilateralen Verhandlungen werden Rechte auf eine Umweltnutzung gehandelt. Der Staat hat die Funktion, den Ordnungsrahmen in Form der Gestaltung von Property-Rights zu setzen. Der Ansatz hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Standard-Preis-Ansatz, bei dem politisch eine erwünschte Emissionsmenge festgesetzt wird. f) Kooperationslösungen: Außer freiwilligen Vereinbarungen bzw. Selbstverpflichtungen sind auch Abkommen zwischen ganzen Branchen (Branchenabkommen) und den Behörden möglich. Der
Umweltpolitik Vorteil kooperativer Lösungen liegt darin, dass ein Konsens gefunden wird und der Interessengegensatz durch die Formulierung gemeinsamer Ziele teilweise überwunden wird. Ferner besteht Erwartungssicherheit und Berechenbarkeit der Umweltpolitik, da die Ziele, Maßnahmen und Zeiträume miteinander abgesprochen werden. g) Weitere Instrumente: (1) Bei der Informationspolitik geht es um eine Stärkung des Umweltbewusstseins, Aufklärung über Umweltgefahren und Motivation zur Eigeninitiative (Schaffung von Akzeptanz). (2) Der Staat kann direkt über öffentliche Umweltschutzausgaben aktiv werden. Umweltschutzbelange werden auch bei umweltplanerischen Maßnahmen berücksichtigt, die nicht primär ökologischen Zwecken dienen. Beispiele sind Gesamtplanungen (z. B. Pläne zur Landes- und Regionalentwicklung) sowie Fachplanungen (z. B. Verkehrswegebau, Wasserund Abfallplanung, Flächennutzungspläne). 5. Träger der Umweltpolitik: a) Bundesrepublik Deutschland: Der wichtigste Träger mit demokratischer Legitimation auf Bundesebene ist die Bundesregierung, bestehend aus Bundeskanzler mit Richtlinienkompetenz und Bundesministern mit Ressortkompetenz. Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ist für die meisten Gesetzgebungsbereiche zuständig, die direkt umweltrelevant sind. Darüber hinaus besitzt er die zentrale Planungs- und Koordinierungskompetenz in vielen indirekt umweltrelevanten Gesetzesbereichen und vertritt die Bundesregierung in der internationalen umweltpolitischen Zusammenarbeit. Weitere Bundesminister mit großer umweltpolitischer Bedeutung sind die Bundesminister für Forschung und Technologie; Verkehr; Ernährung, Landwirtschaft und Forsten; Raumordnung, Bauwesen und Städtebau; Wirtschaft; Gesundheit. Der Umweltausschuss des Bundestages ist das wichtigste parlamentarische Beratungsgremium in der Umweltpolitik auf Bundesebene. Der Bundesrat als Vertretung der Bundesländer übt im Gesetzgebungsverfahren bei allen zustimmungspflichtigen Gesetzen und bei den meisten Rechtsverordnungen einen erheblichen Einfluss aus. Die wichtigste Umweltbehörde des Bundes ist das Umweltbundesamt, die beiden wichtigsten offiziellen Beratungsgremien der Bundesregierung in der Umweltpolitik sind der Sachverständigenrat für Umweltfragen ( SRU) und der wissenschaftliche Beirat
umweltpolitische Instrumente der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen. In den letzen Jahren hat die Bundesumweltstiftung bzgl. der Finanzierung von Forschungs- und konkreten Naturschutzprojekten deutlich an Bedeutung gewonnen. Die Ausführung der Bundesgesetze ist nach dem Grundgesetz Sache der Bundesländer. Eine erfolgreiche Umweltpolitik des Bundes setzt somit eine gute Zusammenarbeit mit den Bundesländern sowie effiziente Länderverwaltungen voraus. Den Kommunen kommt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung eine wichtige Rolle in der konkreten Umweltpolitik vor Ort zu, insbes. in den Bereichen Verkehr, Energie, Abwasser, Abfall, Naturschutz, Gewerbeansiedlungen, Städtebau etc. Trotz ihres Mangels an demokratischer Legitimation üben die zahlreichen Interessengruppen einen entscheidenden Einfluss auf die Umweltpolitik aus, in erster Linie sind hier die Wirtschaftsverbände, die Gewerkschaften, die Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen zu nennen. b) Europäische Union ( EU): Mit Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte am 1.7.1987 ist Umweltpolitik eine eigenständige Aufgabe der EU. Die wichtigsten Organe der Umweltpolitik in der EU sind der Rat der Umweltminister, das Europaparlament sowie der Umweltkommissar der Europäischen Kommission. Umweltpolitik soll in der EU als Querschnittspolitik betrieben und von sämtlichen Politikbereichen berücksichtigt werden. I.d.S. haben z. B. Rahmenprogramme für Forschung und technologische Entwicklung einen großen Stellenwert in der Umweltpolitik der EU. c) Globale Institutionen der Umweltpolitik: Hier sind vor allem das 1972 von der UN-Vollversammlung gegründete Umweltprogramm der Vereinten Nationen ( UNEP) als Sonderorgan der UN sowie der gemeinsam von Weltbank, UNEP und dem Entwicklungsprogramm der UN ( UNDP) verwaltete Umweltfonds zu erwähnen. 6. Grenzen der Umweltpolitik und Notwendigkeit einer Neuorientierung: a) Kritik an der herkömmlichen Umweltpolitik: In der Umweltpolitik hat es bislang nur punktuelle, vorwiegend symptomatische Therapieansätze gegeben. Gründe für die bislang bruchstückhafte Umweltpolitik sind Politikversagen (Einfluss der Verbände, Stimmenmaximierungsverhalten, Ressortstatt Querschnittspolitik), Theorieversagen (Ansatz, Denkgewohnheiten, Paradigma) und Grenzen der Problemlösungsfähigkeit (ange-
450 borene Verhaltensdispositionen, biologische Erkenntnisgrenzen). b) Interdisziplinäre Ansätze zu einem Systemmanagement. (1) Überblick: Die Evolution hat ein hohes Maß an Komplexität auf dem System Erde und zugleich sehr effiziente Strategien und Organisationsprinzipien hervorgebracht, nach denen die Energie- und Materieaustauschprozesse, die natürlichen Wechselbeziehungen zwischen Systemen aufgebaut sind ( Vernetzung). Es liegt deshalb nahe, Methoden zu entwickeln, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Art des Wirtschaftens im System Biosphäre und ihrem Subsystem Wirtschaft herausarbeiten, um Anforderungen an ein ökologieverträgliches Wirtschaften formulieren zu können. Ein aus dieser Erkenntnis zu forderndes Ökologie-Konzept stellt darauf ab, die geschlossenen Stoffkreisläufe in der Biosphäre und die natürliche Selbstregulierung bzw. Selbstorganisation als Vorbilder für ökonomische Prozesse heranzuziehen und daraus abgeleitete wirtschaftsund umweltpolitische Maßnahmen zu entwickeln. (2) Folgerungen: Der Versuch, sich mit Strategien der Biosphäre (Mehrfachnutzung, Energiekopplung, umweltkompatible Energieproduktion, Selbstregulierung von Wasserläufen etc.) zu befassen, um daraus Rückschlüsse für eine originär präventive Umweltpolitik zu gewinnen, ist Gegenstand des Systemmanagements. Hierbei handelt es sich um eine Methodik, Gestaltungs- und Eingriffsregeln durch das Lernen aus der Biosphäre zu gewinnen und auf die Ökonomie des menschlichen Handelns (Produktion, Konsumtion) zu übertragen. Um einer am Systemmanagement orientierten Umweltpolitik stärker zum Durchbruch zu verhelfen, bedarf es noch vieler Anstrengungen, insb. eines verstärkten Einbaus interdisziplinärer Ansätze ( Interdisziplinarität) in die ökonomische Theorie und Politik. Aus wissenschaftlicher Sicht sind hier die Erkenntnisse insbes. folgender Bereiche in eine neue Umweltstrategie einzubauen: Bionik, Biokybernetik, dissipative Strukturen, Evolutionstheorie, Informationsverarbeitung, künstliche Intelligenz, Synergetik, etc. Wachstumspolitik, UmweltVgl. auch und Ressourcenökonomik. umweltpolitische Instrumente, Um-
weltpolitik.
451 umweltpolitische
Umwelt- und Ressourcenökonomik Leitbilder,
Um-
Umweltstatistik, umweltökonomische
weltpolitik.
Gesamtrechnungen.
Umweltproduktivität, Indikator der Umweltökonomischen Gesamtrechnung zur Messung der Effizienz von Umwelteinsatzfaktoren einer Volkswirtschaft. Er setzt verschiedene Umweltfaktoren a) Umwelt als Ressourcenquelle: Fläche, Energie Rohstoffe, Wasserentnahme und b) Umwelt als Senke von Rest- und Schadstoffen: Treibhausgase, Luftschadstoffe, Wasserabgabe und Abfall in Beziehung zum realen Bruttoinlandsprodukt:
Umweltsteuer, ökologische Steuerre-
Umweltproduktivität =
Bruttoinlandsprodukt Umwelteinsatzfaktor
Umweltprogramm der Vereinten Nationen, UNEP. Umweltqualität, Maß für die Beschaffenheit der natürlichen Umwelt. Qualitätskriterien können aus umweltpolitischen Leitbildern, rechtlichen Normen (z. B. Grenzwert) und politischen Willenserklärungen (z. B. Umweltziele) abgeleitet werden. Daneben sollen u. a. Umweltindikatoren (z. B. Bioindikatoren) oder das Ökosozialprodukt über die Umweltqualität Auskunft geben. Vgl. auch Umweltpolitik. Umweltsatellitensysteme. Satellitensys-
teme sind Datensysteme, die die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen ( VGR) um gesellschaftlich wichtige Informationsbereiche ergänzen sollen. Bei einem Umweltsatellitensystem stehen ebenso wie bei dem in der BRD übergeordneten System der umweltökonomischen Gesamtrechnungen die Wechselbeziehungen zwischen Wirtschaft und natürlicher Umwelt im Mittelpunkt, jedoch liegt der Akzent und der analytische Ausgangspunkt bei den wirtschaftlichen Aktivitäten, die mit ihren Konsequenzen für die verschiedenen Formen der Umweltnutzung zu verzeichnen sind. Sammelbegriff für alle Bestrebungen und Maßnahmen, die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen zu erhalten. Vgl. auch Ökologie-Konzept, Umweltpolitik, Umwelt- und Ressourcenökonomik. Umweltschutz,
Umweltschutzmärkte, branchenübergreifende Märkte für Waren und Dienstleistungen der Umwelttechnologie.
form, Umweltpolitik, Ressourcenökonomik.
Umwelt- und
umwelttechnischer Fortschritt, Entwicklung und Einführung ressourcenschonender Produktionsverfahren. Vgl. auch Umwelt- und Ressourcenökonomik. Umwelttechnologie, Wissenspotenzial und technische Verfahren zur Verringerung des Belastungsgrades der ökologischen Umweltsysteme im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Leistungserstellung. Auf der Basis mittelbar entlastender Informationstechnologien setzen direkte Problemlösungen präventiv ( präventiver Umweltschutz), additiv ( additiver Umweltschutz) oder integriert ( integrierter Umweltschutz) unmittelbar an Emissionsquellen i. w. S. an ( Umweltpolitik). Vgl. auch ökologische Innovation. Umwelt- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, UNCED. Umwelt- und Ressourcenökonomik. I .
B e g r i ff : Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft, das sich mit den Interdependenzen zwischen Wirtschaft und Umwelt beschäftigt. Die Umwelt- und Ressourcenökonomik entstand in den 60er Jahren als Spezialdisziplin der Volkswirtschaftslehre. In jüngerer Zeit bildet sich auch eine betriebliche Umweltökonomik heraus. Grundlegend für den Ansatz der Umwelt- und Ressourcenökonomik als volkswirtschaftliche Disziplin ist die Einsicht, dass menschliches Leben nicht möglich ist, ohne dass Stoffe und Energie aus der Natur entnommen und in durch wirtschaftliche Aktivität veränderter Form an sie zurückgegeben werden. Die Ressourcenökonomik beschäftigt sich vorwiegend mit der Entnahmeseite dieses Kreislaufs, die Umweltökonomik mit der Abgabeseite. Eine ganzheitliche Betrachtung des Raumschiffs Erde (vgl. Raumschiff-Ökonomie) erfordert daher eine simultane Berücksichtigung umwelt- und ressourcenökonomischer Aspekte. I I . U m w e l t ö k o n o m i k : 1. Ökonomische Deutung des Umweltproblems: Die Umweltökonomik deutet Umweltprobleme als Probleme negativer externer Effekte. Der Emittent eines Schadstoffs verursacht
Umwelt- und Ressourcenökonomik bei Dritten Opportunitätskosten, ohne sie in seinem Optimierungskalkül über das Ausmaß und die Qualität seiner wirtschaftlichen Aktivität zu berücksichtigen. Werden externe Effekte verursacht, so erreicht der unkorrigierte Marktmechanismus auch unter ansonsten günstigen Bedingungen (insbesondere vollständige Konkurrenz, Verzicht des Staates auf effizienzmindernde Eingriffe) keine volkswirtschaftlich optimale Allokation der knappen Ressourcen ( Marktversagen). 2. Internalisierung externer Effekte: Ökonomischer Ansatz, mit dem die Fähigkeit des Marktsystems, volkswirtschaftlich optimale Gleichgewichte zu erzeugen, dadurch wiederhergestellt werden soll, dass externe Effekte monetarisiert und den Verursachern angelastet werden (sog. Verursacherprinzip). 3. Strategien der Internalisierung externer Effekte: a) Verhandlungen: Nach R. Coase verhandeln die an einem externen Effekt Beteiligten unter verschiedenen Rahmenbedingungen miteinander über das Niveau dieses Effektes. Den Verhandlungen vorauszugehen hat eine ordnungspolitische Grundsatzentscheidung des Staates, mit der dieser einer der beiden Parteien das Eigentumsrecht ( Verfügungsrechte) an der knappen Ressource (hier: Umwelt) zuweist. Die hiermit zum Eigentümer gewordene Seite kann die Ressource dann der anderen Marktseite anbieten. Coase zeigt, dass unter bestimmten Bedingungen das allokative Ergebnis nicht von der Verteilung der Eigentumsrechte abhängt ( Coase-Theorem). b) Haftungsrecht (Umwelthaftung): Bei dieser Internalisierungsstrategie werden die Bedingungen, unter denen der Verursacher schadensersatzpflichtig ist, durch die Haftungsregel festgelegt. Insbesondere ist die Regel der Gefährdungshaftung von der Verschuldenshaftung zu unterscheiden. Einer ungebrochenen Internalisierungswirkung des Haftungsrechts stehen Probleme bei der Kausalitätsfeststellung und Monetarisierung der Schäden entgegen. Außerdem wird der Verursacher externer Effekte häufig durch die Existenz von Haftungsbegrenzungen und Versicherungen vor dem Zugriff des Haftungsrechts geschützt. c) Pigou-Steuer: Nach Pigou soll der Staat das Verhalten der Verursacher von negativen externen Effekten durch eine Besteuerung der schädigenden Aktivität beeinflussen ( Emissionsabgabe). 4. Standardorientierte Instrumente der Umweltpolitik: Wegen der Schwierigkeiten, eine
452 vollständige Internalisierung externer Effekte praktisch durchzuführen, hat die Umweltökonomik standardorientierte Instrumente analysiert. Diese unterscheiden sich von den Internalisierungsstrategien dadurch, dass mit ihnen keine Wiederherstellung der von den externen Effekten gestörten Optimalität des Marktgleichgewichts angestrebt wird. Vielmehr soll ein exogen vorgegebener Emissionszielwert erreicht werden. Als standardorientierte Instrumente gelten Auflagen, Abgaben (im Sinne des Preis-Standard-Ansatzes) und Zertifikate. Weil die Emissionen bei Abgaben und Zertifikaten über einen preisanalogen Hebel gesteuert werden, werden diese als marktorientierte Instrumente bezeichnet. Die Umweltökonomik untersucht die Eignung standardorientierter Instrumente mit Hilfe verschiedener Kriterien und arbeitet damit ein Eigenschaftsprofil heraus. Damit werden Informationen darüber gewonnen, welche Instrumente bei spezifischen Umweltproblemen vorrangig eingesetzt werden sollen. Zentrale umweltökonomische Beurteilungskriterien sind die Effizienz, die dynamische Anreizwirkung und die ökologische Treffsicherheit. Unter Effizienz ist hier die Fähigkeit des Instruments zu verstehen, das vorgegebene umweltpolitische Ziel der Emissionssenkung mit minimalem volkswirtschaftlichem Aufwand zu erreichen. Die dynamische Anreizwirkung bezeichnet die Eignung des Instruments, umwelttechnischen Fortschritt zu induzieren. Unter ökologischer Treffsicherheit ist die Genauigkeit zu verstehen, mit der das umweltpolitische Ziel realisiert wird. Außerdem spielen die Kriterien der Wettbewerbskonformität, politischen Durchsetzbarkeit und Administrierbarkeit eine wichtige Rolle bei der ökonomischen Bewertung umweltpolitischer Instrumente. Die Analyse ergibt, dass kein ideales umweltpolitisches Instrument existiert, das alle Alternativen dominiert und daher allein zur Erreichung des Ziels einer Emissionssenkung verwendet werden sollte. Allerdings weisen die marktorientierten Instrumente, insbesondere bezüglich der Effizienz und der dynamischen Anreizwirkung Vorteile auf. 5. Ökonomische Bewertung von Umweltschäden: a) Begriff und Bedeutung: Mit der ökonomischen Bewertung wird versucht, das Ausmaß von Umweltschäden (oder Umweltqualitätsverbesserungen) in Geldeinheiten zu erfassen. Eine Internalisierung externer Effekte setzt ihre Monetarisierung voraus. Außerdem
453 kann die ökonomische Bewertung Entscheidungshilfe bei der umweltpolitischen Zielfindung leisten, da sie die Gegenüberstellung von Nutzen und Kosten umweltrelevanter Maßnahmen (etwa dem Bau einer Autobahn oder der Festlegung eines Emissionsgrenzwertes) in derselben Dimension ( KostenNutzen-Analyse) ermöglicht. Schließlich kann die Monetarisierung zur Integration von Umwelteffekten in die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ( VGR) beitragen. b) Bewertungskonzept: Da der Nutzen einer Umweltqualitätsveränderung nicht unmittelbar gemessen werden kann, behilft sich die ökonomische Bewertung mit einer Näherungsgröße. Als Nutzenmaß gilt die aggregierte Zahlungsbereitschaft der betroffenen Individuen für eine Umweltqualitätsveränderung. Analog wird auch die aggregierte Kompensationsforderung verwendet. c) Bewertungsmethoden: Für die Erfassung und Quantifizierung von Zahlungsbereitschaften stehen folgende Methoden zur Verfügung: (1) Analyse individuellen Anpassungsverhaltens: Hier bieten die Ausgaben, die von Individuen getätigt werden, um Schäden abzuwenden, Aufschluss über den Wert, den diese Individuen der Schadenssenkung beimessen. (2) Analyse von Preisänderungen ( hedonischer Ansatz): Bisweilen können Unterschiede in den Marktpreisen für Güter auf Umweltqualitätsunterschiede zurückgeführt werden. Sie bergen damit einen impliziten Preis der Umweltqualitätsdifferenz. Lässt sich etwa feststellen, welcher Teil der Preisdifferenz zwischen verschiedenen Häusern auf die unterschiedliche Umweltqualität ihrer Nachbarschaft zurückzuführen ist, so kann diese Differenz als offenbarte Zahlungsbereitschaft für die Verbesserung der Umweltsituation interpretiert werden. Allerdings lassen sich globale Umweltqualitätsänderungen so nicht erfassen. (3) Befragungstechniken (kontingenter Bewertungsansatz, Contingent Valuation): Hier wird gefragt, wie hoch eine Zahlung an die Betroffenen sein müsste, um sie für eine bestimmte Umweltbeeinträchtigung zu kompensieren oder wie viel sie zu zahlen bereit wären, um diese zu verhindern. 6. Internationale Umweltprobleme: Seit Ende der 80er Jahre tritt die Analyse internationaler, insbesondere globaler Umweltprobleme in den Vordergrund der umweltökonomischen Diskussion. Hierin spiegelt sich die große Aufmerksamkeit wider, die Probleme wie der Treibhauseffekt
Umwelt- und Ressourcenökonomik und die Zerstörung der Ozonschicht in der öffentlichen (und naturwissenschaftlichen) Diskussion erfahren haben. In der traditionellen umweltökonomischen Modellbildung wurde die Existenz einer Umweltpolitik treibenden Institution als selbstverständlich vorausgesetzt. Für die supranationale Ebene ist jedoch die Abwesenheit eines umweltpolitischen Entscheidungsträgers charakteristisch. Maßnahmen zum Schutz der internationalen (insbesondere globalen) Umweltressourcen müssen freiwillig zwischen souveränen Staaten vereinbart werden. Hierbei befindet sich jeder einzelne Staat in der Situation des Gefangenendilemmas (Prisoner's Dilemma). Gegenstand der umweltökonomischen Forschung ist die Konstruktion von anreizkompatiblen Mechanismen (Design internationaler Umweltschutzverträge). Damit sollen Staaten veranlasst werden, trotz zunächst unterschiedlicher Interessen Anstrengungen im Dienste des gemeinsamen Anliegens der Reduktion grenzüberschreitender (globaler) Schadstoffemissionen zu unternehmen. Vgl. auch Umweltpolitik. I I I . R e s s o u r c e n ö k o n o m i k : 1. Erschöpfliche Ressourcen: a) Wesen: Die erschöpflichen Ressourcen sind dadurch charakterisiert, dass ihr in der Erde enthaltener Gesamtbestand in dem für menschliche Planungen relevanten Zeitraum konstant ist. Eine in der Gegenwart abgebaute Einheit einer erschöpflichen Ressource mindert also den künftig verfügbaren Bestand genau um eine Einheit. Hier rivalisieren Gegenwart und Zukunft vollständig um die Nutzung der Ressourcen. Zur Gruppe der erschöpflichen Ressourcen gehören z. B. traditionelle Energieträger (wie Öl, Kohle oder Erdgas) sowie mineralische Rohstoffe. Für bestimmte erschöpfliche Ressourcen, z. B. Metalle, kann die Rivalität zwischen gegenwärtiger und zukünftiger Nutzung durch Recycling abgemildert werden. b) Ökonomische Theorie erschöpflicher Ressourcen: In der Ressourcenökonomik wird ein Leitbild der paretooptimalen Aufteilung eines gegebenen Ressourcenbestandes auf verschiedene Perioden entwickelt ( Allokation). Die wohlfahrtsökonomische Analyse ergibt, dass der paretooptimale Zeitpfad des Ressourcenabbaus dadurch charakterisiert ist, dass der Nettogrenznutzen aus der Ressource im Laufe der Zeit mit einer Rate wächst, die der sozialen Diskontrate gleichkommt ( HotellingRegel). Der pareto-optimale Zeitpfad des
Umweltverträglichkeit Ressourcenabbaus wird mit dem marktgleichgewichtigen Abbaupfad verglichen. Es zeigt sich, dass der marktwirtschaftliche Abbau im Modell zu pareto-befriedigenden Ergebnissen führt. Hierzu müssen allerdings eine Reihe restriktiver Voraussetzungen erfüllt sein, z. B. vollständige Konkurrenz, Existenz eines vollständigen Systems von Zukunftsmärkten, Abwesenheit von externen Effekten, Übereinstimmung von sozialer Diskontrate und Marktzinssatz. c) Ressourcenpolitik: Unter weniger restriktiven Modellbedingungen (und in der realen Welt) weicht der gleichgewichtige Abbaupfad vom pareto-optimalen (bzw. wirtschaftspolitisch erwünschten) Pfad ab. Um die Möglichkeiten staatlicher Korrekturen auszuleuchten, untersucht die Ressourcenökonomik eine Reihe von ressourcenpolitischen Instrumenten. Insbesondere werden die Allokations- und Verteilungswirkungen von mengen-, zins-, steuer-, eigentums- und informationspolitischen Maßnahmen analysiert. 2. Erneuerbare Ressourcen (Regenerierbare Ressourcen): Diese Ressourcen vermehren sich in dem für die menschliche Planung relevanten Zeitraum. Die Wachstumsrate des Bestandes hängt von vielen Determinanten ab, insbes. von der Größe des Bestandes selbst. Der Zusammenhang zwischen gegenwärtiger Nutzung und zukünftiger Nutzungsmöglichkeit ist daher bei erneuerbaren Ressourcen komplexer als bei erschöpflichen. Wichtige Beispiele dieser Ressourcenkategorie sind Wald- und Fischbestände. Der Frage nach dem optimalen und gleichgewichtigen Abbaupfad in der Ökonomik erschöpflicher Ressourcen entspricht in der Ökonomik erneuerbarer Ressourcen die Frage nach dem optimalen und gleichgewichtigen Erntepfad. Im Vordergrund der Betrachtung stehen hierbei bio-ökonomische Gleichgewichte, bei denen in jedem Zeitpunkt eine dem Regenerationszuwachs des Bestandes entsprechende Menge geerntet wird. Bei dieser Lösung bleibt der Ressourcenbestand auf Dauer unangetastet. 3. Das Konzept der Nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development): Es geht darum, einen Pfad der wirtschaftlichen Entwicklung zu finden, der die Wohlfahrt nachfolgender Generationen nicht beeinträchtigt. Es handelt sich also um eine Frage der intertemporalen Allokation, bei deren Beantwortung sich Ressourcenökonomik und Wachstumstheorie verbinden. Für eine Operationalisierung des Konzepts der
454 nachhaltigen Entwicklung müssen Indikatoren für die einzelnen Aspekte der gesellschaftlichen Wohlfahrt, wie wirtschaftliche und politische Situationen oder Umweltqualität, gefunden werden. Eine wesentliche Forschungsaufgabe der Umwelt- und Ressourcenökonomik liegt darin, einen Beitrag dazu zu leisten, dass aus der Idee der nachhaltigen Entwicklung ein operables wissenschaftliches und politisches Konzept wird. Umweltverträglichkeit, ökologische Kompatibilität, Umweltverträglichkeitsprüfung, Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. Umweltverträglichkeitsprüfung, Ermitt-
lung und Bewertung (insbes.) betrieblicher Aktivitäten hinsichtlich ihrer Umweltauswirkungen. Vgl. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG), Umsetzung der EU-Richtlinie von
1985 in ein Bundesgesetz (1990). Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz hat die Ermittlung von Umweltwirkungen bestimmter Vorhaben im Rahmen von Planfeststellungsverfahren zum Gegenstand. Deren Ergebnisse dienen als Grundlage für behördliche Entscheidungen. Vgl. Umweltverträglichkeitsprüfung. Umweltziele, Umweltpolitik, Umwelt-
und Ressourcenökonomik. UN, United Nations, Vereinte Nationen. 1. Entstehung: UN trat die Nachfolge des 1919 mit Sitz in Genf gegründeten Völkerbundes an, der 1946 formell aufgelöst wurde; Hauptsitz in New York. Die Charta der UN wurde auf der Gründungskonferenz in San Francisco (1945) ausgearbeitet, am letzten Tag von 50 teilnehmenden Staaten unterzeichnet und trat mit der Ratifizierung durch die Mehrheit der Unterzeichnerstaaten am 24.10.1945 in Kraft. Die Bundesrepublik Deutschland wurde am 18.9.1973 Mitglied. 2. Ziele: Gem. Art. 1 der Charta verfolgen die UN folgende Hauptziele: Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Staaten, Zusammenarbeit bei der Lösung internationaler wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Aufgaben und Probleme sowie Durchsetzung der
455 Menschenrechte. Weitere Informationen unter www.un.org Unabhängigkeitsposition, oligopolisti-
sche Preisbildung. Unabhängigkeit der Zentralbank. Zur
Durchführung ihrer Aufgaben der Geldpolitik sind die Zentralbanken in einzelnen Ländern in unterschiedlichem Maß unabhängig von Entscheidungen anderer staatlicher Stellen. Die Deutsche Bundesbank genießt gem. BBankG bei der Ausübung ihrer geldpolitischen Befugnisse vollständige Weisungsfreiheit von der Bundesregierung, wenngleich die Bank unter Wahrung ihrer Aufgabe die allgemeine Wirtschaftspolitik der Regierung unterstützen soll. unausgewogenes Wachstum, Unbalanced Growth, Entwicklungsstrategie zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Dritten Welt. Unterstellt wird, dass Unternehmer in Entwicklungsländern zur Überwindung des Investitionsdefizits nur auf starke Anreize reagieren. Unternehmerische Sachzwänge sind vom Staat durch die Schaffung von Ungleichgewichtssituationen (z. B. heftige Preisausschläge) künstlich herbeizuführen. Durch den Abbau dieser Ungleichgewichte kann es zu Investitionssequenzen kommen, so dass schließlich alle Sektoren des Entwicklungslandes erreicht werden. Vgl. auch Entwicklungspolitik. Unbalanced Growth, unausgewogenes
Wachstum.
UNESCO Entwicklung. Verabschiedet wurden mehrere Konventionen (Klimakonvention, Artenschutzvielfaltkonvention) sowie ein internationaler Aktionsplan für das nächste Jahrtausend (Agenda 21). UNCTAD, United Nations Conference on Trade and Development, Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, durch Beschluss der UN-Vollversammlung vom 30.12.1964 als ständiges Organ der UN institutionalisierte Weltwirtschaftskonferenz; Sitz: Genf. Ziele: Förderung der Umstrukturierung des Welthandels zu Gunsten der Entwicklungsländer und des Handels zwischen den Entwicklungsländern. Wegen Überschneidung mit Aufgaben des GATT erfolgt Zusammenarbeit, insbes. durch das ITC. UNCTAD hat sich auf den Handel mit Rohstoffen spezialisiert. Weitere Informationen unter www.unctad.org UNDP, United Nations Development Programme, Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, Zentralorgan für technische Hilfeleistung, hervorgegangen 1965 aus einer Fusion des erweiterten Programms der UN für technische Hilfeleistung und des UNSonderfonds für technische Hilfe. Sonderorgan der UN mit Sitz in New York. Ziele: Seit 1970 generelle Zuständigkeit für die technische Zusammenarbeit des UNSystems, wobei es in erster Linie als Finanzierungs- und Koordinierungsstelle fungiert. Projekte werden durch andere Organisationen durchgeführt, z. B. FAO, ILO, UNESCO. Weitere Informationen unter www.undp.org
UNCED, United Nations Conference on
Environment and Development, Umwelt- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, 1972 in Stockholm abgehaltene Konferenz über das Verhältnis von Umwelt und Entwicklung, wobei bereits die Definition von Umwelt umstritten war. Entwicklungsländer bestanden auf einer Einbeziehung des Hungers und Elends in den Entwicklungsländern. Verabschiedet wurde eine Deklaration zur menschlichen Umwelt, gegründet wurde zur kontinuierlichen Befassung mit Umweltfragen das UNEP. Nach einigen Vorkonferenzen fand 1992, 20 Jahre nach Stockholm, in Rio de Janeiro die zweite Umweltkonferenz statt), die insbes. durch den Brundtland-Bericht angeregt wurde. Betont wurde die Notwendigkeit einer nachhaltigen
UNEP, United Nations Environment Pro-
gramme, Umweltprogramm der Vereinten Nationen, am 15.12.1972 gegründet, Sitz in Nairobi; veranlasst durch die Welt- und Entwicklungskonferenz von Stockholm 1972. Aufgaben: Koordinierung umweltrelevanter Tätigkeiten verschiedener UN-Organisationen (z. B. FAO, ILO, UNDP, UNESCO, WHO,). Weitere Informationen unter www.unep.org UNESCO, United Nations Educational Scientific and Cultural Organization, Erziehungs-, Wissenschafts- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen, 1945 gegründet; Sitz: Paris. Ziele: Als universale Stätte der Kultur soll sie einen wesentlichen Beitrag
Unfallrente
456
zur Erhaltung des Friedens leisten, indem sie den freien Gedankenaustausch und ein besseres gegenseitiges Verständnis der Völker anregt, den Sinn für Gerechtigkeit und Respektierung der Menschenrechte und der Grundrechte im weltweiten Rahmen ungeachtet von Rasse, Geschlecht, Sprache oder Religion weckt und fördert, die soziologischen und naturwissenschaftlichen Forschungen durch Zusammenarbeit auf allen Gebieten der Kultur anregt, die Voraussetzungen für eine Verbreitung allgemeiner und wissenschaftlicher Informationen verbessert und Fragen der Erziehung sowie der Ausweitung und Verbesserung der Schul- und Erwachsenenbildung ihre besondere Aufmerksamkeit schenkt. Weitere Informationen unter www.unesco.org Unfallrente, gesetzliche Unfallversiche-
rung. Unfallversicherung, Private oder ge-
setzliche Unfallversicherung gegen das Risiko von Unfällen im Privatbereich oder am Arbeitsplatz. unfundiertes Einkommen, nicht auf Vermögen beruhendes, sondern aus Arbeit und Dienstleistungen stammendes Einkommen. Gegensatz: fundiertes Einkommen. Ungewissheit, Unsicherheit. Ungleichgewichtsgleichgewicht,
Neue Keynesianische Makroökonomik.
mus). Daneben werden noch unorthodoxe Ansätze ( Chaos-Theorie) diskutiert. Ungleichheiten, Verteilungspolitik. UNIDO, United Nations Industrial Development Organization, Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung, rechtlich selbstständige Sonderorganisation der UN (gegründet 21.6.1985); Sitz: Wien. Aufgaben: Förderung und Beschleunigung des industriellen Wachstums in Entwicklungsländern und Koordinierung der UN-Organisationen auf diesem Gebiet. Die UNIDO dient als internationales Forum für den industriepolitischen Dialog zwischen Entwicklungsländern und Industrieländern. Aktivitäten: Beratung der Entwicklungsländer in industriepolitischen Fragen, Durchführung von Projekten der technischen Hilfe, Technologietransfer, Veranstaltung von Expertentagungen. Weitere Informationen unter www.unido.org unilaterale
Liberalisierung,
Han-
delsliberalisierung. United Nations, Vereinte Nationen, UN. United Nations Conference on Environment and Development, Umwelt- und
Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, UNCED. United Nations Conference on Trade and Development, Welthandels- und
Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, UNCTAD.
Ungleichgewichtsmodelle. Da die Annahme permanent geräumter Märkte nicht immer den tatsächlichen Beobachtungen entspricht, wurden Modelle entwickelt, in denen immer die kürzere Marktseite das Marktergebnis bestimmt.
Vereinten Nationen, UNDP.
Ungleichgewichtstheorien, seit Keynes'
Wissenschafts- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen, UNESCO.
Kritik an der allgemeinen Gleichgewichtstheorie in der Wirtschaftstheorie entstandene zahlreiche Ansätze zur Erklärung von Entstehen und Beharrungstendenz von Ungleichgewichten. Unterschieden werden mindestens drei verschiedene Ausprägungen von U.: a) neoklassische ( Neue Klassische Makroökonomik), b) keynesianische ( Neue Keynesianische Makroökonomik) und c) postkeynesianische ( Postkeynesianis-
United Nations Development gramme, Entwicklungsprogramm
Pro-
der
United Nations Educational Scientific and Cultural Organization, Erziehungs-,
United Nations Environment Programme, Umweltprogramm der Vereinten
Nationen, UNEP. United Nations Industrial Development Organization, Organisation der Vereinten
Nationen für industrielle Entwicklung, UNIDO.
457 Universalisierung,
Unternehmensbesteuerung
Verallgemeine-
rungsprinzip. Universalismus. Der Universalismus setzt der atomistischen (individualistischen) Betrachtungsweise die ganzheitliche entgegen. Das Individuum ist lediglich als Glied der Gesellschaft sinnvoll existent. Dem einzelnen Gesellschaftsmitglied sind demzufolge Rechte und Pflichten auferlegt. Die unbeschränkte Handlungsfreiheit liberaler Prägung ( Liberalismus) wird als der Gesellschaft, dem Ganzen, schädlich bezeichnet. Der Universalismus fand in der Volkswirtschaftslehre, vor allem in der katholischen sozialökonomischen Literatur Eingang. Universalitätsprinzip, internationales
Steuerrecht. UNO, Vereinte Nationen, UN. Unsicherheit. Oberbegriff für Risiko und Ungewissheit. Risiken lassen sich im Gegensatz zu Situationen, in denen Ungewissheit vorliegt, mit Eintrittswahrscheinlichkeiten belegen. Statistische Unsicherheit liegt vor, wenn man die objektiven Zustände der Welt nicht genau kennt. Durch empirische Untersuchungen lässt sich diese einschränken. Daneben gibt es die strategische Unsicherheit, welche aus der Möglichkeit des opportunistischen Verhaltens von Transaktionspartnern entspringt. Diese Form von Unsicherheit lässt sich durch die Gestaltung effizienter Institutionen wirkungsvoll einschränken ( Neue Institutionenökonomik). Vgl. auch Erwartung, konstitutioneller Wissensmangel. unständige Beschäftigung, sozialversicherungsrechtlicher Begriff (§ 27, Abs. 3, Nr.1 SGB III) für eine berufsmäßig ausgeübte Beschäftigung, die der Natur der Sache nach auf weniger als eine Woche beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist. Unständig Beschäftigte sind grundsätzlich sozialversicherungspflichtig, ausgenommen in der Arbeitslosenversicherung, wo sie Versicherungsfreiheit begründet. Unterbeschäftigungsgleichgewicht,
Keynessche Lehre.
Unterhaltsgeld, 2005 ersetzt durch das Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung. Unterhaltsvorschuss, Sicherung der
Familie und von Kindern. Unterkonsumtionstheorien. Sammelbezeichnung für diejenigen Theorien, die die Entstehung des Abschwungs eines Konjunkturzyklus mit einer unzureichenden Nachfrage nach Konsumgütern erklären ( Konjunkturtheorie).
I. Begr i ff : Besteuerung bestimmter, im wirtschaftlichen Organisationsgebilde Unternehmung festzustellender Tatbestände. Die Unternehmensbesteuerung erstreckt sich auf Unternehmungen jeglicher Rechtsform. Gegensatz: Haushaltsbesteuerung. I I . T h e o r e t i s c h e A n s ä t z e : 1. Darstellung: a) Integrationstheorie: Dieser Ansatz postuliert die Überflüssigkeit einer eigenen Unternehmensbesteuerung, da letztlich alle Unternehmenserträge durch Entnahme oder Ausschüttung zu persönlichen Einkommen der Anteilseigner würden. Zur Verwirklichung ist die Comprehensive Tax Base erforderlich. Auch die nicht entnommenen bzw. nicht ausgeschütteten Gewinne müssten persönliches Einkommen sein, wie von der Teilhabersteuer gefordert. Soweit aber Gewinne von den Körperschaften einbehalten werden, würde die Integrationstheorie eine Körperschaftsteuer als zweitbeste Lösung akzeptieren, um diese Gewinne nicht der Besteuerung endgültig vorzuenthalten. b) Separationstheorie: Dieser Ansatz fordert eine eigene Körperschaftsteuer, weil sie in den Körperschaften eigenständige Wirtschaftseinheiten, Macht- und Einflussfaktoren und Institutionen mit besonderer Leistungsfähigkeit sieht, die einer Sondersteuer bedürfen. Vgl. auch Körperschaftsteuer. 2. Kritik: a) Die Integrationstheorie unterschlägt den Umstand, dass nach der wirtschaftstheoretischen Grundanschauung Einkommen nur natürliche Personen haben können, und dass dazu eine tatsächliche ökonomische Verfügungsgewalt über den Einkommenszugang vorliegen muss. b) Gegen die Separationstheorie lässt sich vorbringen, dass allein die Rechtsform und die besondere Ertragskraft einer Unternehmung nicht eine Sondersteuer rechtfertigen. 3. Folgerung: Die Unter-
Unternehmensbesteuerung.
Unternehmenseinkommen nehmensbesteuerung fordert steuerliche Allokationsneutralität. Unter rationalem Aspekt soll eine Sonderbesteuerung einer höheren Ertragskraft unterbleiben, da sie die Motivation zur betrieblichen Leistung hemmt und höhere Erträge steuerlich bestraft. I I I . St e u e r s y s t e m d e r B R D : Es besteht mit der gleichzeitig erhobenen Einkommensteuer für die Einzel- und Personengesellschaftsunternehmen und der Körperschaftsteuer für Kapitalgesellschaften und andere juristische Personen eine dualistische Unternehmensbesteuerung. Dadurch ist die Unternehmensbesteuerung rechtsformenneutral, aber in bestimmten Fällen wegen der Steuersatzunterschiede von Einkommen- und Körperschaftsteuer zwischen Unternehmen gleichen Ertrags oder Gewinns, jedoch unterschiedlicher Gesellschafterzahl, nicht wettbewerbsneutral. Unternehmenseinkommen, Einkommen aus Unternehmertätigkeit. 1. Zusammenfassender Begriff für die von privaten Haushalten aus Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit (einschl. der Wohnungsvermietung durch private Haushalte) entnommenen Gewinne und die nicht entnommenen Gewinne aller Unternehmen. 2. Ermittlung in den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen: Vom Volkseinkommen werden abgesetzt die Einkommen aus unselbstständiger Arbeit und von den verbleibenden Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen (Unternehmens- und Vermögenseinkommen) die Vermögenseinkommen. 3. Zu unterscheiden sind die Einkommen von Selbstständigen bzw. Selbstständigenhaushalten, denen weitere Einkommensarten (Einkommen aus unselbstständiger Arbeit, Transfereinkommen, Vermögenseinkommen) zufließen und denen die nicht entnommenen Gewinne der Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit nicht zugerechnet werden können. Unternehmensethik. Die Unternehmens-
ethik wendet Ethik und Wirtschaftsethik auf Unternehmen an. Unternehmensethik befasst sich mit der Frage, wie moralische Normen und Ideale unter modernen Wirtschaftsbedingungen von den Unternehmen zur Geltung gebracht werden können. Grenzen der Transaktionskostentheorie
Unternehmensgröße,
Unternehmung,
458 der Unternehmung, Wachstumstheorie der Unternehmung von Penrose. unternehmensgrößenbezogene Strukturpolitik, Wirtschaftspolitische Einfluss-
nahme auf die Unternehmensgrößenstruktur einer Volkswirtschaft. Eine optimale Unternehmensgrößenstruktur lässt sich aber nicht normativ bestimmen. In Deutschland wird das Ziel der unternehmensgrößenbezogene Strukturpolitik überwiegend darin gesehen, eine ausgewogene Mischung aus Klein-, Mittel- und Großbetrieben herzustellen bzw. zu erhalten, wobei die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen im Vordergrund steht. Vgl. auch Mittelstandspolitik, Mittelstandsförderung. Gliederung der Unternehmen einer Volkswirtschaft in Größenklassen. Gliederungsmerkmale sind überwiegend der Umsatz oder die Beschäftigten. Vgl. auch Mittelstand.
Unternehmensgrößenstruktur,
Unternehmenskonzentration, Art der ökonomischen Konzentration. 1. Formen der Unternehmenskonzentration: a) Unterscheidung nach der Art des Wachstums von Betrieben oder Unternehmen. Unternehmenskonzentration durch internes Wachstum ergibt sich, wenn ein Betrieb oder Unternehmen im Markt schneller wächst als seine Mitbewerber. Unternehmenskonzentration durch externes Wachstum erfolgt z. B. durch Beteiligungen (Konzernbildung) oder Fusionen (vgl. die Zusammenschlusstatbestände im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), Kartellrecht). Während Betriebe nur intern wachsen können, kann das Wachstum von Unternehmen sowohl intern als auch extern vor sich gehen. b) Nach der Richtung bzw. der Produktionsstufe kann in drei Formen der Unternehmenskonzentration unterschieden werden: (1) Horizontale Unternehmenskonzentration als Vereinigung von Betrieben oder Unternehmen, die auf der gleichen Produktionsstufe und demselben relevanten Markt tätig sind; (2) Vertikale Unternehmenskonzentration als Vereinigung von Betrieben oder Unternehmen, die auf aufeinander folgenden Produktionsstufen tätig sind und in einem Käufer-/Verkäuferverhältnis stehen. Vertikale Unternehmenskonzentration wird auch als Integration bezeichnet; (3) Diagonale Unternehmenskonzentration als Vereinigung von Betrieben
459 und Unternehmen, deren Erzeugnisse sowohl produktions- als auch absatzmäßig nichts oder fast nichts miteinander zu tun haben. c) Nach dem Wirtschaftsraum wird zwischen drei Formen unterschieden: (1) Regionale Unternehmenskonzentration, wenn die Unternehmenskonzentration in einem bestimmten Teil eines Staates gemeint ist (z. B. Kohle, Stahl oder Werften); (2) Nationale Unternehmenskonzentration, wenn die Unternehmenskonzentration innerhalb eines Landes gemeint ist; (3) Internationale Unternehmenskonzentration, wenn auf die Ausdehnung von Unternehmensverflechtungen über mehrere Volkswirtschaften Bezug genommen wird (z. B. multinationale Unternehmen, strategische Allianzen). 2. Messung der Unternehmenskonzentration: a) Ziel der Konzentrationsmessung ist es, konzentrationsrelevante Tatbestände quantifizierend zu erfassen und in einem numerischen Ausdruck zu vereinigen (Konzentrationsgrad). Die Messung der Unternehmenskonzentration ist dabei die Umkehrung des eigentlichen Zieles der (quantitativ nicht möglichen) Messung des Wettbewerbs. Die statistische Konzentrationsmessung beruht auf zwei Grundannahmen: (1) Der Wettbewerb wird umso schwächer, je geringer die Anzahl der Marktteilnehmer wird (absolute Unternehmenskonzentration). (2) Der Wettbewerb wird umso schwächer, je ungleichmäßiger die Verteilung des Gesamtmerkmalsbetrages auf die Marktteilnehmer wird (relative Konzentration oder Disparität). b) Im Einklang mit diesen Annahmen wird zwischen relativen und absoluten Konzentrationsmaßen unterschieden. (1) Relative Konzentrationsmaße: Die relative Unternehmenskonzentration wird vor allem durch die sog. Lorenzkurve angezeigt, bei deren grafischer Darstellung in einem Koordinatensystem den prozentualen Anteilen der Merkmalsträger (Unternehmen) die prozentualen Anteile der auf sie entfallenden Merkmalsbeträge (Umsätze) kumulativ zugeordnet werden. Aus der Lorenzkurve kann abgelesen werden, wie viel Prozent der gesamten Umsätze auf eine bestimmte Prozentzahl der Unternehmen entfallen (z. B. 50 % der kumulierten Umsätze entfallen auf 80 % der Unternehmen). (2) absolute Konzentrationsmaße: (a) Die Konzentrationsraten (concentration ratios) beziehen nur die Marktanteile der größten (3, 4, 6 oder 8) Unternehmen in den Index ein. Diese Konzentrationsraten können mit Hilfe der sog.
Unternehmenskonzentration Konzentrationskurve auch grafisch dargestellt werden. (b) Der HirschmannHerfindahl-Index (HHI) ist definiert durch die Summe der quadrierten Marktanteile aller Unternehmen, wobei die Bedeutung der Zahl der Unternehmen für den Wettbewerbsgrad dadurch zum Ausdruck kommt, dass die relative Größe der Unternehmen noch einmal genau mit dem relativen Anteil der Wirtschaftseinheit am gesamten Merkmalsbetrag gewichtet wird, wobei die Gewichte von der kleinsten zur größten Wirtschaftseinheit zunehmen. c) Die wettbewerbspolitische Aussagekraft von Konzentrationsindizes ist begrenzt. Die Notwendigkeit und Berechtigung einer Analyse der Tatbestände des externen und internen Unternehmenswachstums ergibt sich daraus, dass der Wettbewerbsdruck, dem die Wirtschaftseinheiten ausgesetzt sind und der zu einer tendenziellen Realisierung der vorgegebenen wettbewerbspolitischen Zielfunktionen führt, durch eine zunehmende Unternehmenskonzentration beeinträchtigt werden kann. Der Wettbewerbsprozess wird mit Hilfe einer Kombination von Struktur- und Verhaltensnormen erfasst ( Wettbewerbstheorie und -politik). Dabei kommt im Rahmen des Strukturansatzes dem morphologischen Faktor eine besondere Bedeutung zu. Dieser Aspekt der Marktstruktur wird mit Hilfe der statistischen Konzentrationsmessung quantifiziert. 4. Unternehmenskonzentration und Wettbewerb: Unternehmenskonzentration kann positive und/ oder negative Auswirkungen in gesamtwirtschaftlicher Sicht haben. a) Die positiven Auswirkungen der Unternehmenskonzentration können in folgenden Punkten gesehen werden: Effizienzsteigerung i. w. S. durch die Realisierung von Economies of Scale, Transaction-cost Economies oder Economies of Scope; Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. b) Diesen möglichen positiven Effekten der Unternehmenskonzentration die auftreten können, aber nicht auftreten müssen stehen tendenziell negative Auswirkungen auf die Intensität des Wettbewerbs gegenüber: Zunehmende horizontale Unternehmenskonzentration führt ceteris paribus zu monopolistisch überhöhten Preisen und Gewinnen und damit einer Verschlechterung der Marktversorgung; zudem besteht eine Tendenz zur Kostenüberhöhung, da die Kostenkontrollfunktion des Wettbewerbs eingeschränkt wird ( X-Ineffizienzen i. S. von Lei-
Unternehmensteuer benstein); zunehmende vertikale Integration führt zu Marktschließungseffekten gegenüber der potenziellen Konkurrenz und erschwert die Wettbewerbsbedingungen der tatsächlichen Konkurrenten; konglomerate Zusammenschlüsse eröffnen Möglichkeiten zur Mischkalkulation, die den Marktausleseprozess beeinträchtigen und Tochtergesellschaften den Marktzwängen entziehen; zunehmende Unternehmenskonzentration von Verfügungsmacht kann zudem zu einem politischen Problem werden. Diesen wettbewerbspolitischen Gefahren versucht die Wettbewerbspolitik durch Einführung einer Fusionskontrolle Rechnung zu tragen. Unternehmensteuer, Unternehmensbe-
steuerung. Unternehmenswachstum, Unternehmenskonzentration, Wettbewerbspolitik. Unternehmer. Es wird zwischen dem Pionier-Unternehmer und Nichtpionier-Unternehmer unterschieden. Letzterer wird auch als Wirt (Schumpeter) bezeichnet. Die Figur des Unternehmers ist ein zentraler Bestandteil von volkswirtschaftlichen Entwicklungstheorien. Der Pionier-Unternehmer richtet seine Aktivitäten nicht auf die Allokation seiner Mittel in einem gegebenen ZielMittel-Rahmen aus, sondern verändert ihn. Die Existenz dieser Gelegenheiten und damit das Betätigungsfeld des Unternehmers setzt unvollkommenes Wissen voraus. Nur wenn das Wissen unvollkommen ist, gibt es etwas zu entdecken. Vorteile können nur aus dem Wissen gezogen werden, das nicht von allen Marktteilnehmern besessen bzw. genutzt wird. Mit diesem Wissen hofft der Unternehmer, Vorsprungs- oder Pioniergewinne zu erzielen. Die Nutzung des Unternehmerwissens erfolgt unter Unsicherheit. Unternehmer experimentieren und stellen wie Forscher Hypothesen über Marktgelegenheiten auf, die sie im Markt testen ( Wettbewerb). Der Schumpetersche Pionier-Unternehmer ist ein Gleichgewichtszerstörer, der Neuerungen, seien es technische oder organisatorische Innovationen, neue Ressourcenkombinationen oder neue Ressourcennutzungen, durchsetzt. Er muss selbst kein Inventor sein. Seine durch die Neuerungen bedingte, allerdings nur temporäre, Monopolstellung mitsamt ihren Vorsprungsgewinnen wird durch das Auftreten von Imitatoren erodiert. In der
460 Theorie Schumpeters bringen die Imitatoren das ökonomische System wieder in ein (neues) Gleichgewicht. Unternehmerlohn, statisches Einkommen des Unternehmers, das sich ein (Mit-)Inhaber von Anteilen am Eigenkapital der Unternehmung für seine Unternehmertätigkeit anrechnet. Unternehmung, Theorie der Unterneh-
mung, Betrieb. Unverzinsliche Schatzanweisungen, U-
Schätze, Geldmarktpapiere, die vom Bund, den Sondervermögen des Bundes und den Bundesländern regelmäßig emittiert werden. Unverzinsliche Schatzanweisungen haben eine Laufzeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren. Mit der etwas irreführenden Kennzeichnung unverzinslich wird angedeutet, dass es sich bei U-Schätzen um Diskontpapiere handelt, bei denen der Zinsbetrag vorweg abgezogen (und nicht während der Laufzeit ausgezahlt) wird. unvollkommene Konkurrenz, mono-
polistische Konkurrenz, rie.
Wettbewerbstheo-
unvollkommener Markt, im Gegensatz
zum vollkommenen Markt ( vollkommene Konkurrenz) durch nicht-homogene (heterogene) Güter und/oder unvollkommene Markttransparenz gekennzeichnet. unvollkommener Wettbewerb, Wett-
bewerbstheorie. unvollständige Information, Haus-
haltstheorie, nomik.
Neue Klassische Makroöko-
unvollständige
moWettbewerbs-
Konkurrenz,
nopolistische Konkurrenz, theorie.
Ursprungslandprinzip, internationales
Steuerrecht. finanzwissenschaftliches Prinzip, um eine regionale Doppelbesteuerung zu vermeiden, wobei die Steuererträge demjenigen Land zufließen, in dem das Steuerobjekt seinen Ursprung (Betriebsstätten, Arbeitgeber) hat. Gegensatz: Wohn-
Ursprungsprinzip,
461 sitzprinzip. Anders: Ursprungslandprinzip. Vgl. auch internationales Steuerrecht. Uruguay-Runde, 1. Begriff: 8. Verhand-
lungsrunde im Rahmen des GATT; 1986 durch die Erklärung von Punta del Este (Uruguay) eröffnet und nach langjährigen Verhandlungen 1994 in Marrakesch (Marokko) zum Abschluss gebracht. 117 Staaten verständigten sich auf eine 550-seitige Schlussakte, die gemeinsam mit dem GATTVertrag des Jahres 1947 die Grundlage einer neuen Welthandelsordnung bildet. 2. Inhalt: a) Globale Verhandlungsziele: (1) Verbesserung des Marktzutritts; (2) Verbesserung der Spielregeln des Welthandels (Stärkung der Funktionsfähigkeit des GATT). b) Zentrale Elemente: (1) Abkommen über die Errichtung einer Welthandelsorganisation ( WTO); (2) Abkommen über den internationalen Dienstleistungshandel (GATS); (3) Abkommen über handelsrelevante Aspekte geistigen Eigentums (TRIPS); (4) Abkommen zur weiteren Liberalisierung und Regelbindung des internationalen Güterhandels. Im Rahmen der Uruguay-Runde wurde ein entscheidender Durchbruch in Richtung Liberalisierung des Welthandels erreicht: So wurden erstmals die Sektoren Landwirtschaft und Textilien in das Güterabkommen des
utilitaristische Wohlfahrtsfunktion GATT einbezogen; die Nichtdiskriminierung ( Meistbegünstigung und Inländerprinzip) wurde bestätigt; die WTO erhält wirksame Durchsetzungsmechanismen bei Regelverletzungen gegen GATT-Abkommen; es gilt eine einheitliche Mitgliedschaft in der WTO (Single-Package-Ansatz). U-Schätze, Unverzinsliche Schatzanwei-
sungen. User Costs, Nutzungskosten. Utilitarismus. Unter Utilitarismus (von lat.
utilis = nützlich) versteht man eine Konzeption, die ethische Urteile über Handlungen und/oder Regeln auf den Nutzen stützt, den sie stiften: Erwünschte nicht-moralische Güter (z. B. Glück, Reichtum) qualifizieren jene Handlungen bzw. Regeln, die diese Güter maximieren, als moralisch gut. Es handelt sich beim Utilitarismus daher um eine teleologische Ethikauffassung ( Ethik). utilitaristische Wohlfahrtsfunktion, in
der Wohlfahrtsökonomik verwendete Aggregation individueller Nutzenfunktionen zu einer gesellschaftlichen Wohlfahrtsfunktion.
V Value Added, Wertschöpfung. variables Kapital, Bezeichnung der Wirt-
schaftstheorie des Marxismus für die Lohnkosten der Produktion. Im Gegensatz zum konstanten Kapital erbringe es durch die ausschließliche Produktivität der Arbeitskraft eine zusätzliche Wertschöpfung ( Mehrwerttheorie, Ausbeutung). Vebleneffekt, Demonstrativkonsum, Presti-
geeffekt; in der Haushaltstheorie eine Nachfragereaktion, bei der durch ein Bestreben nach auffälligem und aufwendigem Konsum die Nachfrage nach einem Gut steigt, wenn dessen Preis zunimmt. Verallgemeinerungsprinzip. Prinzip der
modernen Ethik, wonach eine moralische Norm nur dann als begründet gelten kann, wenn die Resultate ihrer allgemeinen Befolgung (Testfrage: Was geschieht, wenn alle so handeln würden?) gerechtfertigt sind. Veranlagung, Steuerfestsetzung für einen Veranlagungszeitraum (bei der Einkommensteuer das Kalenderjahr) mittels eines förmlichen Verfahrens. Veranlagungssteuern, veranlagte Steuern, Steuern, bei denen die Steuerfestsetzung durch Veranlagung vorgenommen wird, z. B. Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Anders: Fälligkeitssteuern. Verantwortung. Mit Verantwortung wird
der Umstand bezeichnet, dass jemand für etwas gegenüber einer Instanz für sein Handeln Rechenschaft abzulegen hat. Der Begriff Verantwortung entstammt ursprünglich dem Rechtsbereich und wurde dann im christlichen Sprachgebrauch auch als Rechenschaftspflicht des Menschen gegenüber Gott oder dem eigenen Gewissen ausgelegt. Heute wird Verantwortung i. d. R. entweder im engeren Sinne als pflichtgemäße Erfüllung
übertragener Aufgaben oder im weiteren (ethischen) Sinne als Berücksichtigung der von der eigenen Handlung Betroffenen verstanden ( Ethik, Freiheit). Verantwortungsethik, Ethik. Verbände, Interessengruppen. Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, Rahmenplan der Bundes-
regierung, regionale Fördergebiete. Verbrauch, Verzehr von Gütern zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. 1. Verbrauch für private Bedürfnisbefriedigung: Vgl. privater Verbrauch. 2. Verbrauch als Verwendung von Gütern und Dienstleistungen für Produktionszwecke, z. B. Einsatz von Rohmaterial zur Herstellung eines Endproduktes: Vgl. Produktion, Investition. Verbraucherpreisindex (VPI), 1. Begriff: Preisindex ( Laspeyres-Index), der die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen in Deutschland misst, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden. Der VPI liefert eine Gesamtbild der Teuerung, bei dem alle Haushaltstypen (Single-Haushalte ebenso wie Rentnerehepaare und Großfamilien), alle Regionen von Deutschland und sämtliche dort nachgefragten waren und Dienstleistungen einbezogen sind: Mieten, Nahrungsmittel, Bekleidung oder Dienstleistungen wie Friseur, Reinigung oder Reparaturen. 2. Bedeutung: Der VPI ist der zentrale Indikator zur Beurteilung der Geldwertentwicklung in Deutschland und wird als Orientierungsmaßstab etwa bei Lohnverhandlungen oder vertraglichen Vereinbarungen über die Höhe von wiederkehrenden Zahlungen (Wertsicherungsklauseln) verwendet. Er dient weiter zur Deflationierung in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR), beispielsweise bei der Berechnung des realen
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_22, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Verbrauchsbesteuerung Wachstums. In seiner international angepassten Form, als Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI), dient er insbesondere der Europäischen Zentralbank ( EZB) zur Beurteilung der Inflation in Deutschland. 3. Berechnung: Der bei der Berechnung verwendete Warenkorb wird laufen aktualisiert. Für die Messung der Preisentwicklung notieren rund 600 Preiserheber in 188 Städten Monat für Monat die Preise der gleichen Produkte in denselben Geschäften. Monatlich werden so über 300.000 Einzelpreise von 700 Güterarten erfasst. Verbrauchsbesteuerung. Grundlegende Besteuerungsweise, die neben der Einkommensbesteuerung und der Ertragsbesteuerung durchgeführt wird; sie belastet die Einkommensverwendung durch Verbrauchsteuern. Historisch älteste Form der Besteuerung. Eine Veranlagung findet in der Verbrauchsbesteuerung nicht statt. Nach ökonomischer Auffassung werden Verbrauchsteuern anlässlich der Marktentnahme von Gütern erhoben. Demnach ist eine Verbrauchsteuer etwas grundlegend anderes als eine Umsatz- und Verkehrsteuer. Verbrauchs-lag, Robertson-lag. Verbrauchsteuern. 1. Begriff: Steuern, die
an die Einkommensverwendung durch Verbrauch anknüpfen. Vgl. Verbrauchsbesteuerung. 2. Arten (nach dem Steuermaß): a) Mengensteuern: (in der Rangfolge des Aufkommens) Mineralöl-, Branntwein- und Essigsäure-, Bier-, Kaffee-, Zucker-, Schaumwein-, Salz-, Leuchtmittel-, Tee-, Spielkartensteuer. b) Wertsteuern: Vergnügungs-, Rennwett- und Lotterie-, Getränke-, Versicherungs-, Feuerschutz-, Jagd- und Fischereisteuer. c) Kombinierte WertMengen-Steuer: Tabaksteuer.
464 der BRD werden danach die Gemeinschaftssteuern verteilt. Vgl. auch Steuerverbund. Verbundvorteile, Economies of Scope,
Unternehmenskonzentration.
Arbeitslosigkeit, versteckte Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit, Arbeitslosenstatistik.
verdeckte
Verdrängungsprozess, Phänomen, dass Arbeitskräfte unterschiedlicher Qualifikation einander im Beschäftigungssystem verdrängen. Der Verdrängungsprozess verläuft vertikal, wenn Personen mit höherem Bildungsniveau die Arbeitsplätze von Personen mit niedrigerem Bildungsniveau einnehmen, horizontal, wenn sich Personen desselben Bildungsniveaus, aber mit unterschiedlichem Beruf oder Studium, gegenseitig die Arbeitsplätze streitig machen ( Bildungsökonomie). Verein für Socialpolitik, ein Zusammen-
schluss von Wirtschaftswissenschaftlern und Praktikern zur wissenschaftlichen Erörterung wirtschaftlicher und sozialer Fragen; 1872 in Eisenach gegründet. Zu den Gründern gehörten Schmoller, Brentano und Wagner. Ursprünglich war der Verein an der Historischen Schule orientiert und um eine Reform der Sozialpolitik bemüht. Deshalb wurden die Mitglieder des Vereins als Kathedersozialisten bezeichnet. Nach der Jahrhundertwende befasste sich der Verein zunehmend mit Fragen der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik. Der Verein für Socialpolitik ist heute die maßgebliche wirtschaftswissenschaftliche Vereinigung von Hochschullehrern im deutschsprachigen Raum. Vereinte Nationen, UN. Verelendungswachstum,
Verbundquote, Steuerverbundquote. Verbundsystem. Regelungsform der Steuerertragshoheit zwischen öffentlichen Aufgabenträgern im aktiven Finanzausgleich; Form des Mischsystems. Beim Verbundsystem werden die Gesamteinnahmen einer Einnahmequelle (Einzelverbund) oder mehrerer Einnahmequellen (Gesamtverbund) als Anteilsätze (Quoten) zwischen mehreren Aufgabenträgern aufgeteilt. In
Entwick-
lungshilfe, Entwicklungstheorie. Verfahrensgerechtigkeit, Gerechtig-
keit. Verfahrensinnovation. Einführung neuer oder verbesserter Produktionsverfahren. Sie können dazu dienen, neue bzw. verbesserte Produkte zu produzieren oder die Produktionseffizienz vorhandener Produkte zu verbessern.
465 verfügbares Einkommen. Einkommens-
betrag, der Wirtschaftseinheiten nach der Verteilung der Erwerbseinkünfte und Vermögenseinkommen und nach der Umverteilung über empfangene und geleistete Transfereinkommen für den letzten Verbrauch und die Ersparnis zur Verfügung steht. Verfügbarkeitsindikatoren, Indikatoren der Verfügbarkeit erschöpflicher Ressourcen ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Die wichtigsten Indikatoren sind die geologische Inventur, die Reichweite, die Abbaukosten und die Nutzungskosten. Verfügungsrechte, Property Rights. 1. Ursprung und Definition von ökonomischen Verfügungsrechte: a) Allgemein: Solange er als einziges menschliches Individuum auf seiner Insel lebt, muss sich Robinson Crusoe allein auf seine Kenntnisse und Einfälle, seine Fähigkeiten und physischen Kräfte verlassen, um die Auseinandersetzung mit den Knappheiten der Natur zu bestehen und die selbstgesteckten Ziele zu verwirklichen. Mit dem Eintritt von Freitag in Robinsons Lebensraum stellt sich beiden unvermeidlich die Frage nach den Handlungsmöglichkeiten (synonym: Entscheidungsspielräumen), die sie gegeneinander behaupten können. Eine Antwort kann ein von (der Drohung mit) physischer Aggression und ihrer Abwehr geprägter Hobbesscher Zustand des (latenten) Krieges, Versklavung oder gar Tötung eines der Kontrahenten sein. Eine andere Antwort geht im Lockeschen Geist von den Menschenrechten auf Freiheit, Leben und körperliche Integrität, dem natürlichen Recht auf die Aneignung des zuerst Gefundenen und Erarbeiteten sowie der moralischen Pflicht aus, zwangs- und betrugsfrei gegebene Versprechen einzuhalten. Auf diesem Fundament für Kooperation können beide dem Prinzip des komparativen Vorteils und ihrer natürlichen Neigung zum Tausch (A. Smith) folgend durch Vereinbarung einander wechselseitig Rechte zugestehen, in bestimmter Weise über Personen- und Sachleistungen zu verfügen, um auf friedliche Art ihre Handlungsspielräume zu erweitern. In einer auf Frieden gerichteten Ordnung gehören individuelle Verfügungsrechte und Kontrakt aufs Engste zusammen. b) Aus ökonomischer Sicht sollen Verfügungsrechte die einem bestimmten Individuum zugeord-
Verfügungsrechte nete Fähigkeit (Property Right) im Sinne der Chance heißen, eine bestimmte Entscheidung bezüglich eines bestimmten (knappen) Gutes im Rahmen einer anerkannten sozialen Beziehung durchsetzen zu können. Der Begriff Gut umfasst sowohl materielle Güter (Personen- und Sachleistungen) als auch immaterielle Güter, nämlich Rechte (z. B. Forderungen, Urheber- und Patentrechte) und Verhältnisse (z. B. den Kundenstamm eines Unternehmens). 2. Exklusive Verfügungsrechte, speziell Privateigentum, Mitgliedschaftsrechte, Gemeineigentum: Ein Individuum besitzt ein exklusives Verfügungsrecht, wenn es die betreffende Handlungsmöglichkeit praktisch sicher durchsetzen kann. Als Prototyp eines komplexen Bündels exklusiver ökonomischer Verfügungsrechte kann das dingliche Vollrecht des Eigentümers einer Sache gelten, der mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann (§ 903 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]). Dieses Eigentumsrecht ist umfassend und beinhaltet das Recht: (1) die Sache zu benützen, auch sie zu zerstören; (2) aus der Sache Früchte zu ziehen, z. B. Einkommen durch Vermietung oder Verpachtung zu erzielen; (3) Besitz und Eigentum an der Sache zu übertragen, insbes. sich ihren Marktwert im Wege der Veräußerung anzueignen. Ungleich dem Einzeleigentümer kann der einzelne Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft, OHG oder KG, über die einzelnen Gegenstände des der Personengesellschaft zweckbestimmt gewidmeten Sondervermögens nicht exklusiv verfügen, denn dieses Vermögen gehört allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zur gesamten Hand. Während sich damit einerseits der gegenständliche Bereich der Verfügungsrechte des einzelnen Gesellschafters erweitert, kann er sie andererseits nur mehr geteilt ausüben, nämlich vermöge seines Mitgliedschaftsrechts und gegebenenfalls einer ihm durch den Organisationsvertrag zugewiesenen Rolle als Agent der Mitgesellschafter. Diese Transformation von Teilhaberechten an Vermögensgütern in gleichförmige Mitgliedschaftsrechte sowie in funktionsspezifische Verfügungsrechte, also Handlungsmöglichkeiten des Managements von Agenten im Auftrag der Prinzipale einer Organisation ( Agency-Theorie), ist kennzeichnend für juristische Personen des privaten wie des öffentlichen Rechts; denn derartige Personen können zwar juristisch, aber nicht faktisch
Verfügungsrechte handeln wie Individuen, sondern nur durch Individuen. Die das exklusive oder Privateigentum kennzeichnenden Befugnisse sind bei sog. Gemeineigentum, das beispielsweise an lokalen Gemeingütern ( Allmenderessourcen) wie der Dorfweide oder an Nationalgütern wie einer Staatseisenbahn besteht, mit Absicht ausgeschaltet. Das hat ökonomische Konsequenzen: Allmenderessourcen unterliegen der Tendenz zur Übernutzung, der man durch traditionelle und reglementierende Mengenbeschränkung individueller Nutzung der Berechtigten gegenzusteuern strebt. 3. Verfügungsrechte und Haftung: Die einem Individuum zuerkannten exklusiven Verfügungsrechte gewähren ihm einerseits Freiheitsspielräume i. S. der Autonomie, frei zwischen Alternativen wählen und sich derart als (sittliche) Person entfalten zu können, und bürden ihm andererseits moralisch die Verantwortung für jede von ihm getroffene Entscheidung auf. Dieser Verantwortung entspricht ökonomisch-instrumental das Prinzip unbeschränkter individueller Haftung: Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen (W. Eucken). Doch gibt es einige gute Gründe für beschränkte Haftung und der Haftungsanspruch, den eine Schadenhaftungsregel dem Geschädigten zubilligt, findet abgesehen von allen Schwierigkeiten konsensfähiger Schadensermittlung seine Grenze jedenfalls in der Zahlungsfähigkeit des Schädigers bzw. der für ihn haftbar zu machenden Person(en) oder Organisation. 4. Staatliche Beschränkung privater Verfügungsrechte: Dass über den Erlaubnisvorbehalt privat verfügt werden kann, ist freilich die Ausnahme gegenüber der säkular im Vordringen begriffenen Praxis staatlicher Genehmigungsvorbehalte, welche private durch politische Verfügungsrechte verdrängt, die in Repräsentativorganen und vor allem in bürokratischen Gremien ausgeübt werden. Auf diesem Wege hat man angeleitet durch den Verfassungsgrundsatz, dass Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll (Art. 14 II Grundgesetz [GG]) das private Vollrecht des Eigentümers je nach seinem Gegenstand mehr oder weniger zahlreichen, regelmäßig mit einem bestimmten öffentlichen Interesse begründeten Beschränkungen und Eingriffen, also hoheitlicher Regulierung, unterworfen. So darf der Eigentümer eines Pkw denselben im öffentlichen Verkehr nur benutzen, wenn der Fahrer durch einen
466 gültigen Führerschein qualifiziert und der Pkw den technischen Sicherheits- sowie den Abgasvorschriften genügt; auch muss der Fahrer die Regeln der Straßenverkehrsordnung einhalten, die man als eine durchschnittlich für alle Verkehrsteilnehmer verkehrspolitisch nützliche Koordinationsvorleistung des Staates betrachten kann. 5. Verfügungsrechte als Institutionen: a) Allgemein: Ein bestimmtes Arrangement individueller Verfügungsrechte, dem die auf Dauer angelegte Funktion zugeschrieben wird, in regelhafter Weise bestimmte Probleme der Koordination und Motivation individueller Handlungen zu lösen, soll Institution genannt werden ( Neue Institutionenökonomik). Die nachhaltige Regelhaftigkeit, mit der eine Institution individuelles Handeln anleitet, erzeugt normative Erwartungen verlässlichen Verhaltens bei denjenigen, deren individuelle Handlungsmuster vom Vertrauen in diese Institution geprägt sind. b) Unterscheidung in äußere und innere Institutionen: Marktwirtschaft bedarf, um zu funktionieren, zum einen äußerer Institutionen, nämlich eines staatlich erlassenen und von den Gerichten interpretierten Regelwerks, das insbes. die zwingenden Gesetze der Eigentumsordnung, ferner die überwiegend zur Disposition der Parteien gestellten Vorschriften des Vertragsrechts und Normen der Haftungsverteilung bereitstellt. Diese Privatrechtsordnung umfasst im Wesentlichen allgemeine und abstrakte, also für alle in gleicher Weise sowie für unbestimmte Zwecke geltende Regeln; Hayek nennt sie Rules of Just Conduct zur freiheitssichernden Gewährleistung der konstituierenden Prinzipien (W. Eucken) einer Marktwirtschaft, namentlich Eigentum, Vertragsfreiheit und Haftung. Im Schatten der äußeren Institutionen bilden die Teilnehmer an funktionstüchtigen Märkten zum anderen in der Praxis ihrer Geschäftsbeziehungen innere Institutionen heraus. Dabei handelt es sich insbes. um Regeln, welche gute Sitten, Fairness und Loyalität im Geschäftsverhalten festlegen. 6. Verfügungsrechte und Transaktionskosten: Innere und äußere Institutionen konstituieren eine Handelnsordnung (Hayek) der Marktteilnehmer, indem sie Handlungsmöglichkeiten und Interessen der Beteiligten ex ante abgrenzen und ex post verteilen. Sie entlasten ferner von andernfalls aufzuwendenden Transaktionskosten. Allgemein kann man darunter solche Kosten verstehen, welche die an einer
467 ökonomischen Transaktion beteiligten Individuen aufwenden, um die transaktionsspezifischen Verfügungsrechte zu definieren, auszuüben, zu übertragen und zu schützen. Auf eine bestimmte Institution bezogen sind Transaktionskosten diejenigen Kosten, die aufgewandt werden (müssen), damit diese Institution im Sinne der ihr zugedachten Koordinations- und Motivationsaufgaben befriedigend funktioniert (vgl. Transaktionskostenökonomik). Verfügungssumme, Dispositionsfonds.
Verkehrspolitik Verhältnismäßigkeit,
Rechtsstaat-
lichkeit. Verhandlungsstrategie,
Wettbe-
werbspolitik, Kartellrecht. Verifikation, Methodologie. Verkehrsgleichung, Inflation. Verkehrsinfrastruktur, Verkehrspolitik. Verkehrsinfrastrukturpolitik,
Ver-
kehrspolitik. Vergabeverfahren, öffentliche Auf-
tragsvergabe. Vergeltungszoll, Zoll, der in Erwide-
rung auf eine Optimalzollpolitik eines anderen Landes eingeführt wird. Dieser Zoll wirkt (bei gegebenem Zollsatz des anderen Landes) wie ein Optimalzoll, also wohlfahrtsverbessernd zu Lasten des anderen Landes, welches darauf seinerseits wieder mit einer Vergeltung in Form einer weiteren Zollerhöhung reagieren kann (Zollkrieg). Das Endergebnis ist im Vergleich mit Freihandel zumindest für ein Land, u. U. aber auch für beide Länder, eine Wohlfahrtsverschlechterung. Deshalb wurde durch GATT ein Rahmen für multilaterale Liberalisierung geschaffen. Vgl. auch Handelspolitik. Vergleichsmarktkonzept, Kartellrecht. Vergnügungsteuer, Gemeindesteuer (z.B. auf Glückspielautomaten erhoben), die zum Kreis der Verbrauchsteuern gerechnet wird (in einigen Bundesländern nicht erhoben). Begründet im 19. Jh. als Mittel zur Eindämmung von Lustbarkeiten (Lustbarkeitsteuer), heute vorwiegend fiskalisch, wenn auch als Bagatellsteuer angesehen. Verhaltens-Theorie der Unternehmung.
Die Verhaltens-Theorie der Unternehmung versucht das Verhalten realer Unternehmungen, insbes. deren Entscheidungsprozesse zu erfassen und zu erklären. Ihr liegt die induktive Methode zu Grunde: Erfassung der Ziele, Erwartungen, Entscheidungswahl und Kontrolle der Organisation. Verhaltensweise, Markttransparenz, Aktions-Reaktions-Verbundenheit, Marktform, Preistheorie.
Verkehrspolitik. 1. Begriff: spezielle Wirtschaftspolitik, die den in einem gegebenen politischen Verantwortungsraum (Land-, Luft-, und Seeraum) aufkommenden Verkehr (räumliche Bewegung von Personen, Gütern und Nachrichten) durch ordnungs-, prozessund strukturpolitische Maßnahmen mit dem Hauptziel der Mobilitätssicherung gestaltet. 2. Begründung der staatlichen Einflussnahme: Für den Staat ist das Vorhandensein eines leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur als Voraussetzung für eine funktionierende Militärlogistik und damit den Auf- und Ausbau seiner militärischen Macht historisch von je her von besonderer Bedeutung gewesen. Volkwirtschaftlich ergibt sich die Wichtigkeit der Sicherung von Mobilität von Gütern und Personen als Voraussetzung für eine optimale räumliche Allokation der Faktoren (Arbeit und Kapital) und der örtlichen Verfügbarkeit von arbeitsteilig hergestellten Gütern, die ein Teil des Knappheitsproblems darstellt. Während die Eingriffsrechte des Staates zur Herstellung von Verkehrssicherheit, d.h. die Überwachung der technischen Sicherheit von Verkehrsmitteln und Verkehrswegen und die Setzung und (polizeiliche und rechtliche) Überwachung einer Verkehrsordnung unbestritten ist, bedarf es für die frühere und heutige staatliche Regulierung der Märkte für Verkehrsleitungen einer besonderen Begründung der Verkehrspolitik als Ausnahmebereich, die nur mit irgendeiner Form des Marktversagens begründet werden kann. Die Notwenigkeit der Einführung einer gesetzlichen Haftpflichtversicherung für die Halter von Verkehrsmitteln wegen der bei Versicherungen gegebenen Problematik der Informationsasymmetrie sind ein Beispiel für Marktversagensgründe. Bezüglich der Planung und Bereitstellung von Verkehrsinfra-
Verkehrspolitik struktur (Verkehrswege, Flughäfen und Umschlagplätze) als klassischem öffentlichen Gut ist Marktversagen gegeben, weil es hoheitlicher (im Grundgesetz insbesondere zu diesem Zweck verankerter) Enteignungsrechte bedarf, um zum Allgemeinwohl effiziente Verkehrswege gegen private Eigentumsrechte durchzusetzen. Aus diesem Grunde sind im Staatseigentum befindliche Verkehrswege, also das staatliche Verkehrswegemonopol auf dem Land, Wasser und im Lauftraum (mit Überflug- sowie Start und Landerechten) ebenfalls begründbar. Allerdings sind, wie aktuelle Beispiele im Straßenbau zeigen, langfristige private Ausbauund Nutzungsrechte einer im Staatseigentum befindlichen Autobahntrasse nicht nur eine denkbare Möglichkeit, die ebenso gut auf Schienenverkehrswege übertragen werden könnte; weniger allerdings auf Wasserverkehrswege, da Flüsse und Gewässer wesentlich mehr als nur eine Verkehrsfunktion besitzen. Die Frage allerdings, warum ganze Verkehrswege durch ein Staatsmonopol betrieben werden mussten (wie das Schienennetz früher durch die Deutsche Bundesbahn) oder Märkte für sonstige Verkehrsleistungen (z.B. im Güternah- und Fernverkehr und im öffentlichen Personennahverkehr) eine so hohe Regulierungsdichte haben mussten, lässt sich mit Marktversagen kaum beantworten, wie die inzwischen eingetretenen Liberalisierungsergebnisse beweisen. Die staatlichen Eingriffe in den Nichtschienen-Verkehr hatten offenkundig vor allem den Zweck, das Staatsunternehmen Bahn im Wettbewerb um Transportleistungen zu schützen. Dagegen ist wiederum unbestritten, dass dem Staat die Aufgabe zukommt, für die Vermeidung und Internalisierung der externen Effekte, nämlich der Umweltbelastungen (einschließlich Gesundheitsfolgen) zu sorgen, die vom Verkehr u. a. durch Verkehrsunfälle, Luftschadstoffe, Verkehrslärm, klimaschädliche CO2-Emissionen sowie Flächeninanspruchnahme und Landschaftszerschneidung ausgehen. 2. Träger der Verkehrspolitik: a) Träger können neben dem Staat (Bund, Länder und Gemeinden) und supranationalen Institutionen (EU) auch verkehrspolitische Verbände sein (Auf letztere wird hier nicht eingegangen). 3) Bereiche der staatlichen Verkehrspolitik lassen sich nach dem räumlichen Geltungs- und Hoheitsbereich eine nationale und eine europäische Verkehrspolitik unterscheiden.
468 Die nationale Verkehrspolitik in Deutschland gliedert sich nach dem föderalen Aufbau in Bundesverkehrspolitik, Landesverkehrspolitik und Kommunalverkehrspolitik. Im Bereich der nationalen Verkehrspolitik konzentrieren wir uns auf die Bundesverkehrspolitik. Sachlich sind Verkehrsordnungspolitik, Verkehrsprozesspolitik und Verkehrsstrukturpolitik zu unterscheiden. 4. Verkehrspolitik des Bundes: a) Verkehrsordnungspolitik: (1) Die verkehrsbezogene Ordnungspolitik, die sich in der gesamten Verkehrsgesetzgebung niederschlägt, lässt sich gliedern in den Gestaltungsgegenstand Verkehrsordnung, welche das allgemeine Verhalten und die Teilnahme am Verkehr regelt, und den Gestaltungsgegenstand Verkehrsmarktordnung, welche den Zutritt und den Wettbewerb auf den Märkten für Transportleistungen (Personen- und Güterbeförderung) ordnet. (2) Die Verkehrsordnung betrifft (a) das Verhalten im Verkehr (Verkehrsverhaltensordnung oder Verkehrsordnung i. e. S. ) in der Regel differenziert nach den genutzten Verkehrswegen (z.B. Straßenverkehrsordnung incl. Bußgeldkatalog, Binnenschifffahrtsverordnung, Seeschifffahrtsverordnung, Bodenseeschifffahrtsordnung, Eisenbahn-Signalordnung, Luftfahrtordnung und Bußgeldkatalog), (b) die Zulassung und technische Überwachung von Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen (Zulassungsordnung und TÜV-Vorschriften), (c) Erlaubnis zum Führen eines Verkehrsmittels (Kfz- und Schiffsführerschein, Pilotenschein) und (d) Regelungen zur Haftung im Verkehr (von Verkehrsteilnehmern, Haltern Verkehrsmitteln und Verkehrseinrichtungen. Zielsetzungen dieser Ordnungspolitik ist in erster Linie die Verkehrssicherheit und Absicherung gegenüber Verkehrsrisiken. (2) Die Verkehrsmarktordnungspolitik in Deutschland hat im Vergleich zur historischen Ausganglage eines staatlichen Schienentransportmonopols der Bundesbahn und zu dessen Schutz organisierten Systems staatlicher Wettbewerbsbeschränkungen auf dem deutschen Güter- und Personenbeförderungsmarkt inzwischen einen relativ hohen Liberalisierungsgrad erreicht. Getrieben wurde diese Entwicklung auf der einen Seite von dem steigenden Defiziten der Bahn, die sich immer mehr zu einem Haushaltsrisiko entwickelten und die Bahnreform erzwangen, andererseits durch die Anforderungen der EU, die eine radikale Öffnung der Verkehrsmärkte verlangte. Bereits umgesetzt ist die
469 Abtrennung der Bahnnetze (DB-Netze Fahrweg, Personenbahnhöfe und Energie) unter dem Dach der Deutschen Bahn AG, deren Eigentümer zu 100 % der Bund bleibt, von dem Transport- und Dienstleistungsgeschäft unter dem Dach der Deutschen Bahn Mobility Logistics AG (DB ML AG), deren Börsengang und Teilprivatisierung (bis 24,9 %) vorbereitet wird. Der Zugang zum Bahnnetz wird bereits von 310 konzernexternen Wettbewerbern genutzt, die 2007 bereits einen Marktanteil von 16,3 % im Schienenpersonennahverkehr und von 19,7 % im Schienengüterverkehr erringen konnten. Im Personenfernverkehr ist die DB jedoch unangefochtener Marktführer geblieben. Auf den sonstigen Güterverkehrsmärkten herrscht in ganz Europa ansonsten weitgehende Kabotagefreiheit, d.h. ein Verkehrsmittelanbieter hat in jeden der alten EU-Mitgliedstaaten das Recht, gegen Entgelt Transportleistungen anzubieten. Das Recht wird durch eine auf den Namen des Transportunternehmens ausgestellte fünfjährige (zu verlängernden) EU-Gemeinschaftslizenz erteilt. Für die neuen Beitrittsländer gilt jedoch eine Übergangsfrist. Auch die für die Bundesrepublik wichtigsten Luftverkehrsmärkte (Europa und USA) sind durch EG-Vereinbarungen seit 1993 und durch das Open-Sky-Abkommen mit den USA im Mai 1996 liberalisiert. Sie machen ca. 80 % am gesamten Passagiervolumen in Deutschland aus. Die restlichen 20 v. H. fallen auf mehr oder weniger regulierte Märkte in anderen für den Luftverkehr wichtigen Regionen, deren Öffnung durch bioder multilaterale Abkommen Ziel der deutschen Luftverkehrspolitik ist. b) Verkehrspozesspolitik: (1) Die Steuerung von Verkehrsprozessen kann zum einen im technischen Sinne mit dem Ziel eines optimalen Verkehrsflusses durch elektronisch und durch Satelliten gesteuerte Verkehrslenkungssysteme geschehen, zum anderen aber auch die Lenkung des sog. Modal Splits, d.h. die Verteilung des Transportaufkommens auf die verschiedenen Verkehrsträger (Modi). Die Modal-Split-Beeinflussung in Richtung der verkehrspolitisch bevorzugten Verkehrsträger geschieht durch die in der Prozesspolitik üblichen Instrumente, nämlich durch die positive und negative Sanktionierung des mehr oder weniger erwünschten Verkehrsverhaltens über eine entsprechende Senkung oder eine Erhöhung der entscheidungsrelevanten Transportmerkmale (insbesondere
Verkehrspolitik relative Kosten, Erreichbarkeit, Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Bequemlichkeit des Transportmittels). Dabei kann der Staat, wenn er nicht selbst die Qualität des Transportmittels beeinflussen kann, im Regelfall am Kostenhebel ansetzen, z.B. durch direkte oder indirekte Subventionierung (Zuschuss zum Job-Ticket oder Erhöhung der Pendlerpauschale) oder durch direkte oder indirekte Erhöhung der Nutzungskosten eine Verkehrsträgers (z.B. durch pauschale Nutzungsgebühren oder eine gezielte Energiebesteuerung). Zielsetzungen für die modale Verkehrsprozesspolitik (z. B. die Umlenkung des Individualverkehrs auf den öffentlichen Personennahverkehr) werden insbesondere aus Zielen der Umweltpolitik und der Nachhaltigkeitspolitik abgeleitet. So gehören die Anteile des Schienenverkehrs und die Anteile der Binnenschifffahrt an der Güterbeförderungsleistung (mit dem Ziel der Steigerung auf 25 % bzw. 14 % bis zum Jahre 2015) zu den deutschen Nachhaltigkeitsindikatoren. d) Verkehrsstrukturpolitik: (1) Gestaltungsgegenstand der Verkehrsstrukturpolitik ist die für den Verkehr zur Verfügung stehende Infrastruktur. Sie umfasst Planung, Umsetzung, Bereitstellung, Betrieb, Instandhaltung, Modernisierung und Finanzierung der verschiedenen Verkehrsnetze. (2) Zuständigkeiten: In der Bundesrepublik sind die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten für die Verkehrsinfrastruktur ganz unterschiedlich verteilt. Für die Schieneninfrastruktur der Bundesbahn ist der Bund zuständig, der auch Alleineigentümer der sie betreibenden DB Netz AG ist. Der Bund investiert jährlich 2,5 Mrd. EUR in das Schienennetz. Daneben existieren aber auch landeseigene und private Eisenbahnnetze, die in die Zuständigkeit der jeweiligen Länder fallen. Es ist erklärtes Ziel der Bundesregierung, mit dem weiteren Ausbau der Schieneninfrastruktur und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bahn durch die Bahnreform, die vorhersehbaren Zuwächse sowohl im nationalen als auch internationalen Personen- und Güterverkehr zu einem großen Teil auf die Schiene zu bringen. Dazu bezuschusst sie Gleisanschlüsse privater Unternehmen mit 50 %. Die Wasserstraßen gehören, soweit es sich um Bundeswasserstraßen handelt, auch in die Verantwortung des Bundes. Das Netz der Bundeswasserstraßen umfasst 7.300 Kilometer Binnenwasserstraßen, von denen 75 % auf Flüsse und 25 % auf Kanäle fallen.
Verkehrsteuern Zu den Anlagen an den Bundeswasserstraßen zählen 400 Schleusen und 320 Wehre, drei Schiffshebewerke, zwei Talsperren und etwa 1.600 Brücken. Sie sind wesentlicher Bestandteil des nassen Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN) und sind entsprechend leistungsfähig zu gestalten und zu erhalten. Über die 751 Kilometer Seewasserstraßen sind Nord- und Ostsee erreichbar. Die volkswirtschaftlichen Vorteile der Schifffahrt liegen in den unvergleichlich niedrigen gesamtwirtschaftlichen Kosten je Tonnen-km und in der Mehrzweck-Funktion der Wasserstraßen als Lebens- und Erholungsraum. Die Bundesregierung setzt ebenso wie die EU auf den Schiffsverkehr, um die bevorstehenden Verkehrszuwächse umweltverträglich und kostengünstig bewältigen zu können. Im Bereich der Straßeninfrastruktur ist der Bund für die Bundesfernstraßen (Bundesautobahnen und -straßen) zuständig. Entsprechend ihrer räumlich abgestuften Bedeutung fallen die Landstraßen in die Kompetenz der Länder, die Kreisstraßen in die der Kreise und die Gemeindestraßen in die der Kommunen. Die Bundesrepublik Deutschland verfügt zur Zeit über ein Straßennetz für den überörtlichen Verkehr von 231.000 km Länge. Davon entfallen rd. 53.400 km auf Bundesfernstraßen (12.550 km Bundesautobahnen und 40.700 km Bundesstraßen). Den Bundesfernstraßen kommt in Deutschland mit seiner zentralen Lage in Europa (Deutschland ist das Transitland Nr. 1 in Europa) eine sehr hohe und ständig wachsende Bedeutung zu. Sie nehmen mit 23 % Anteil am überörtlichen Straßennetz mehr als die Hälfte der Jahresfahrleistungen aller Kraftfahrzeuge auf, die Bundesautobahnen mit einen Netzanteil von 5 % sogar fast ein Drittel. Damit die Bundesfernstraßen auch in Zukunft den Anforderungen an eine moderne, leistungsfähige Infrastruktur gerecht werden, sind Lücken zu schließen, ihre Substanz und Nutzungsfähigkeit dauerhaft zu erhalten und die Verknüpfungspunkte mit den anderen Verkehrsträgern zu optimieren. Mit seiner zentralen Lage in Europa ist Deutschland ein Knotenpunkt im internationalen Luftverkehr. Von Deutschland aus besteht mit dem Flugzeug Anschluss an alle Regionen der Welt. Ein bedeutender Anteil des internationalen Umsteigeverkehrs in Europa wird über deutsche Flughäfen abgewickelt. Der Luftverkehrsstandort Deutschland konnte sich in den letzten Jahren dynamisch entwickeln. Die
470 Bundesrepublik Deutschland verfügt über 17 internationale Verkehrsflughäfen, 21 Regionalflughäfen, von denen 14 regelmäßig (auch international) angeflogen werden. Außerdem gibt es 150 Verkehrslandeplätze und rd. 200 Sonderlandeplätze. Die Flughäfen und Landeplätze werden in privaten Rechtsformen der AG (nur Frankfurt) oder GmbH (alle anderen) geführt. Für die von Flugplatzgesellschaften beantragte Genehmigung und Planfeststellung von Flugplätzen sind die Länder zuständig. Der Bund berücksichtigt aber die zu erwartenden oder abzusehenden Aus- und Neubaumaßnahmen von Flugplätzen in der Bundesverkehrswegeplanung. 5. Europäische Verkehrspolitik: (1) Die Verkehrspolitik der Europäischen Gemeinschaft umfasst inzwischen nahezu alle Felder, die auch Gegenstand der nationalen Verkehrspolitik sind, insbesondere (1) das Wirtschaftsrecht für den Verkehr, (2) die Sozialgesetzgebung für den Verkehr, (3) die Verkehrssicherheit und (4) den Umweltschutz. Zunehmend aber auch (5) die Verkehrswege, (6) den Verbraucherschutz und (7) die Beziehungen zu den Drittländern. Eine Begrenzung der verkehrspolitischen Aktivität der Gemeinschaft ergibt sich nur durch das Subsidiaritätsprinzip: Die Gemeinschaft soll (nach Art. 5 EG-Vertrag) nur handeln, soweit dies bessere Ergebnisse verspricht als nationales Handeln. Verkehrsteuern. I .
St e u e r r e c h t : Zusammenfassende Bezeichnung für die Steuern, die an Vorgänge des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs anknüpfen. Steuergegenstand ist ein Verkehrsakt, also ein Vorgang im Rahmen einer Tauschbeziehung. Im Gegensatz zu den Besitzsteuern ist für ihre Entstehung die Erfolgserzielung aus dem volkswirtschaftlichen Güter- und Leistungsverkehr ohne Bedeutung. Im Einzelnen rechnet man zu Verkehrsteuern: Umsatzsteuer (allgemeine Verkehrsteuern) sowie die große Gruppe der speziellen Verkehrsteuern, z. B. Kapitalverkehrsteuern (Gesellschaftsteuer und Börsenumsatzsteuer), Grunderwerbssteuer, Kraftfahrzeugbesteuerung, Beförderungssteuer, Rennwett- und Lotteriesteuer, Versicherungs- und Feuerschutzsteuer. Anders: Ertragsteuern, Besitzsteuern und Verbrauchsteuern. I I . F i n a n z w i s s e n s c h a f t : Benutzt einen anderen Verkehrsteuerbegriff. Der Finanzwissenschaft erscheint der Verkehrsbegriff der Steuer-
471 rechtswissenschaft unpräzise, da (1) wenn nach steuerrechtlicher Auffassung Rechtsverkehrs- und Tauschakte die Steuergegenstände der Verkehrsteuern sind, das Halten und Nutzen eines Gebrauchs- und Vermögensgegenstandes (z. B. des Kraftfahrzeugs) nicht zu den Verkehrsteuern gerechnet werden darf; (2) die Akte der Ertrags- und Einkommenserzielung, die von eigenen Steuern erfasst werden, zugleich immer Rechtsverkehrsakte und somit alle Steuerarten als Verkehrsteuern aus der rechtlichen Sicht zu verstehen sind. Vgl. auch Verbrauchsbesteuerung. Verkehrsträger, Verkehrspolitik.
freie Verkehrswirtschaft, Bezeichnung (W. Eucken) für eine idealtypische Wirtschaftsordnung mit dezentraler Planung und Koordination der einzelwirtschaftlichen Aktivitäten gleichberechtigter Planträger mittels des Markt-PreisMechanismus (pluralistisches Planen), für eine Marktwirtschaft. Der Verkehrswirtschaft wird der Idealtypus der Zentralverwaltungswirtschaft gegenübergestellt. Verkehrswirtschaft,
Verkettungseffekte, geben an, wie sich wirtschaftliche Aktivitäten eines Sektors auf andere Sektoren auswirken. Unterschieden wird zwischen Vorwärtsverknüpfungen (Forward Linkages), die die Effekte der OutputVerwendung aufzeigen, und Rückwärtsverknüpfungen (Backward Linkages), die die Effekte der Input-Beschaffung bezeichnen. Verlag, Produktionsorganisation, in der die Herstellung bestimmter Güter durch (formal) selbstständige Gewerbetreibende durch einen Dritten (Verleger) mehr oder weniger umfassend organisiert ist. Verlaufsanalyse, Methode der Wirtschafts-
theorie zur Untersuchung eines wirtschaftlichen Prozesses im Zeitablauf. Verletztengeld, gesetzliche Unfallversi-
cherung. Vermächtniswert, Wertbegriff der Um-
welt- und Ressourcenökonomik. Der Vermächtniswert bezeichnet die Zahlungsbereitschaft von Individuen dafür, dass eine bestimmte natürliche Ressource mit Sicherheit für künftige Generationen erhalten wird. Mit
Vermittlungsmonopol dem Vermächtniswert wird ein Teil des nichtnutzungsabhängigen Nutzens natürlicher Ressourcen erfasst. Existenzwert, Optionswert. Vgl. auch anthropozentrischer Ansatz. Vermeidungskosten. 1. Kosten, die der Verursacher eines negativen externen Effekts zur Schadenssenkung aufwendet. Beispiel: Bei der Vermeidung von Emissionen entstehende Kosten ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). 2. Kosten, die der von einem negativen externen Effekt Betroffene bei Anpassungsmaßnahmen zur Schadensbegrenzung aufwendet. Beispiel: Einbau von Schallschutzfenstern. Vermittlungsbudget, Arbeits- und Aus-
bildungsvermittlung. Vermittlungsgutschein, Arbeits- und
Ausbildungsvermittlung. Vermittlungsmonopol, 1. Begriff: Alleiniges, gesetzlich verankertes Recht einer Institution zur Vermittlung von Arbeitnehmern in ein Arbeitsverhältnis und von Auszubildenden in ein Ausbildungsverhältnis ( Arbeits- und Ausbildungsvermittlung). Bis 1994 stand dieses Recht (neben dem Berufsberatungsmonopol) den Arbeitsämtern als örtlichen Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit zu. 1994 wurde das Arbeitsvermittlungsmonopol durch die Zulassung der privaten Arbeitsvermittlung beseitigt, während das Ausbildungsvermittlungsmonopol und das Berufsberatungsmonopol zunächst bestehen blieben. Mit der Integration der Arbeitsförderung in das Dritte Sozialgesetzbuch (SGB III) wurden aber auch diese Monopole aufgegeben, wobei die verbliebene Vermittlungsaufgabe der Bundesagentur für Arbeit in § 35 ff. SGB III und die (private) Vermittlung durch Dritte (Vertrag, Vergütung und Datenbehandlung) in § 291 ff. (heute in § 296 ff.) SGB III geregelt wurde (wird). Im Bereich der Auslandsvermittlung ermöglicht § 292 SGB III jedoch dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Vermittlung für eine Beschäftigung außerhalb der EU bzw. des EWR sowie die Vermittlung und Anwerbung aus diesem Ausland für bestimmte Tätigkeiten und Berufe nur von der Bundesagentur durchgeführt werden dürfen.
Vermögen Vermögen. In den Volkswirtschaftlichen
Gesamtrechnungen ( VGR) wird die Summe der bewerteten Vermögensgegenstände als Bruttovermögen bezeichnet (Sachvermögen und Forderungen). Die Differenz zwischen Bruttovermögen und Verbindlichkeiten bzw. die Summe aus Sach- und Geldvermögen (Geldvermögen ist die Differenz von Forderungen und Verbindlichkeiten) wird als Reinvermögen bzw. Nettovermögen bezeichnet. Vermögen der öffentlichen Hand,
Finanzvermögen. Vermögensänderungskonten, Kreis-
laufanalyse, VGR. Vermögensbesteuerung. I . G r u n d s ä t z l i c h e s : 1. Charakterisierung: Frühere Hauptsteuer, die in modernen Steuersystemen durchweg als Ergänzungssteuer neben der Einkommensbesteuerung beibehalten ist. Die Vermögenssteuer ist eine direkte Steuer auf die Gesamtheit der im Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person stehenden Sachgüter und wirtschaftlich bewertbaren Rechte. 2. Formen: a) Echte Vermögensbesteuerung, reelle Vermögensbesteuerung, Vermögenssubstanzsteuer ( Substanzsteuer): Greift der Absicht nach oder faktisch die Substanz, d. h. den Vermögensbestand, an. Allokations- und wachstumspolitisch unerwünscht, da Lähmung von Sparwillen, Kapitalbildung und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit; nur als einmalige Notsteuer (Vermögensabgabe) diskutabel. b) Nominelle Vermögensbesteuerung (Vermögensertragsteuer): Will man nur die Erträge treffen, die der Pflichtige aus dem Vermögen bezieht (Mehrbelastung fundierten Einkommens); bei Ertraglosigkeit wird jedoch den Pflichtigen in der Mehrzahl der Fälle zugemutet, die Steuer aus dem Arbeitseinkommen zu entrichten, wobei die persönlichen Verhältnisse des Schuldners zu berücksichtigen sind. 3. Besondere Probleme: Allokative und distributive Probleme werden aufgeworfen, wenn die Vermögensbesteuerung inflationsbedingte Aufblähung der Vermögenswerte mit erfasst. Sofern die Vermögensbesteuerung als reine Besteuerung der Bestände an Vermögen ausgestaltet ist, kann es beim Ausbleiben von Erträgen zur Substanzbesteuerung kommen. Diese Grundproblematik hat in der BRD (1997) zur
472 Abschaffung der Vermögensteuer geführt. Vgl. auch Reinvermögenszugangstheorie, Einkommensbesteuerung. Vermögenseffekt des Geldes, Begriff der Geldtheorie und der Makroökonomik, der die Auswirkungen von Mengen- und/oder Wertveränderungen der Geldbestände der Wirtschaftssubjekte des privaten Sektors auf die gesamtwirtschaftlichen Größen Produktion, Beschäftigung, Zins und Preisniveau beschreibt. Grundlage der theoretischen Ansätze über Vermögenseffekte des Geldes ist die Annahme, die Wirtschaftssubjekte ließen sich bei ihren Ausgabeentscheidungen vom Realwert ihrer Vermögensbestände leiten. Am bekanntesten: Keynes-Effekt Pigou-Effekt, und Realkassenhaltungseffekt. Vgl. Geldtheorie, Konsumfunktion. Vermögenseinkommen, Entgelt für die
zeitweise Überlassung von Finanzkapital, Boden und immateriellen Werten zur Nutzung durch andere Wirtschaftseinheiten. In den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR) umfassen die Vermögenseinkommen im Einzelnen: Zinsen, Nettopachten und Einkommen aus immateriellen Werten sowie Gewinnausschüttungen der Unternehmen. Vgl. auch fundiertes Einkommen, Gewinneinkommen. Vermögensertragsteuer,
Vermö-
gensbesteuerung. Vermögensgesetz, Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen, Wiedergutmachung. Vermögenshaushalt, Teil des Haus-
haltsplans kommunaler Gebietskörperschaften, der alle das Vermögen oder die Schulden verändernden Ausgaben und Einnahmen enthält. Vermögens- und Verwaltungshaushalt bilden den Haushaltsplan von Gemeinden und Gemeindeverbänden. Vermögenspolitik, Verteilungspolitik,
vorsorgende Sozialpolitik. Vermögenspreisansatz zur Wechselkursbestimmung, Bezeichnung für alle
Wechselkursmodelle, in denen der aktuelle Kassakurs durch die Fundamentaldaten und die Erwartungen über den künftigen Kassa-
473
Verschuldenshaftung
kurs bestimmt wird. Vgl. auch Wechselkurstheorie, Devisenmarkteffizienz.
Gains; Wertzuwachssteuer.
Vermögensrechnung, Nebenrechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ( VGR).
vermögenswirksame Leistungen, Geldleistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer anlegt.
Vermögensteuer, Besteuerung des Vermö-
Vernetzung, typisches Merkmal komplexer Systeme (Komplexität). Die Vernetzung beschreibt die Verknüpfungen zwischen einzelnen Elementen und Variablen in einem System. Bei einem Eingriff in das System bzw. bei Veränderung einer Variablen kann an anderen und z. T. weit entfernten Stellen des Systems eine unerwartete und in ihrer Intensität nicht zu beeinflussende Rückkopplung entstehen, so dass die Tragweite von Handlungen und Entscheidungen nicht immer vorhersehbar ist. Der Akteur agiert mit Hilfe von Annahmen und Hypothesen und schafft sich damit ein eigenes Realitätsmodell, das nicht immer der Situation angemessen sein muss ( Kognition, Konstruktivismus). Die Vernetzung führt immer wieder zu typischem Fehlverhalten im Umgang mit komplexen Systemen. Vgl. auch Interdisziplinarität, Systemmanagement, Wirtschafts- und Sozialkybernetik.
gens (Gesamt- bzw. Inlandsvermögen); in der BRD 1997 abgeschafft. Vgl. Vermögensbesteuerung. Ansatzpunkte einer Umverteilung von Vermögen sind das vorhandene Vermögen (z.B. Enteignungen oder Privatisierung von Staatsvermögen) oder aber die Vermögenszuwächse. 1. Das Enteignungsverfahren ist rechtlich unzulässig. 2. Der Weg der Privatisierung von Staatsvermögen wurde in Deutschland beschritten (z. B. Preussag, VW, Veba). Die Erfolge dieses Konzepts der Volksaktien sind umstritten und schon wegen der endlichen Verfügungsmasse begrenzt. 3. Deshalb konzentriert sich die Vermögensumverteilungspolitik auf Ansätze einer Umverteilung von Vermögenszuwächsen. a) Sparförderungskonzepte enthalten vor allem finanzielle Sparanreize aus öffentlichen Mitteln (Arbeitnehmersparzulagen nach dem Vermögensbildungsgesetz, Wohnungsbauprämien, Steuervergünstigungen nach dem Einkommensteuergesetz). b) Bei den Investivlohnkonzepten wird dem Lohnempfänger ein bestimmter Prozentsatz seines Lohnes vom Unternehmen zusätzlich vermögenswirksam gutgeschrieben und für eine gewisse Zeit (meist 5 Jahre) gesperrt. c) Gewinnbeteiligungskonzepte: Die Vermögensbildungsanteile errechnen sich demgegenüber nach der Gewinnhöhe des Beschäftigungsbetriebs, des Branchengewinns oder des gesamtwirtschaftlichen Gewinns. Vgl. auch Verteilungspolitik, Umverteilung. Vermögensumverteilungspolitik.
Vermögensverteilung, anteilige Zurech-
nung des Vermögens auf die Haushalte oder Bevölkerungsgruppen einer Volkswirtschaft. Theorien der Erklärung der ungleichen Vermögensverteilung basieren einerseits auf dem Vererbungssystem und andererseits auf Lebenszyklus-Hypothesen des Sparens, finden insgesamt aber wenig Beachtung. Vgl. auch Vermögensumverteilungspolitik.
Vermögenswertzuwächse,
Capital
Verpflichtungsermächtigung, Ausnahmeregelung für den Grundsatz der zeitlichen Spezialität ( Haushaltsgrundsätze) im Rahmen des Haushaltsplans, in der Haushaltsreform von 1969 neu geregelt. Die Verpflichtungsermächtigung ist die quantifizierte Vorbelastung einzelner Titel in künftigen Jahren. Verpflichtungsermächtigungen dürfen nur bei Verträgen über Bauten und größeren Rüstungsaufträgen erteilt werden, die im Laufe mehrerer Haushaltsjahre erfüllt werden müssen. Ihr gesonderter Ausweis erleichtert die Kontrolle über die Vorausbelastung künftiger Haushaltsjahre. Verrechnungspreis, Preis, der nicht durch Gütertausch auf Märkten entsteht, sondern in einem Optimierungsansatz berechnet wird. Auch als Schattenpreis bezeichnet. Im Marktgleichgewicht stimmen die Verrechnungspreise mit den Marktpreisen überein. Verschuldenshaftung, Schadensersatzpflicht, bei der Wirtschaftsubjekte auf Grund pflichtwidrigen zurechenbaren Verhaltens haftbar gemacht werden. Vgl. auch
Verschuldungsgrenzen Umwelthaftungsgesetz, Umweltpolitik, Umwelt- und Ressourcenökonomik.
474
Grenzen der Staatsverschuldung. 1. Ökonomische Grenzen: Exakt definierbare Verschuldungsgrenzen ex ante nicht begründbar. I. d. R. zeigen sich die Grenzen erst in den Folgewirkungen der staatlichen Schuldenaufnahme auf den Geld- und Kapitalmärkten ( Quellentheorie) sowie an makroökonomischen Zielverletzungen; eine zu weit gehende Verschuldung kann das Konjunkturstabilisierungsziel ( Crowding Out) und/oder das Preisniveaustabilisierungsziel ( Deficit Spending) gefährden. 2. Juristische Grenzen: a) Kreditaufnahme des Bundes: Die Finanzverfassung (insbes. Art. 115 GG) beschränkt die Netto-Einnahmen aus Krediten im Normalfall auf die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen. Ausnahmen sind nur zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zulässig. Der Vertrag von Maastricht setzt zwar keine Verschuldungsgrenzen fest, er postuliert jedoch maximal 3 % jährlichen Zuwachs der Nettokreditaufnahme und maximal 60 % des Schuldenstandes bezogen auf das Brutto-Inlandsprodukt als Maßstäbe für eine geordnete Haushaltsführung bzw. als Eintrittskriterien für die Europäische Währungsunion ( Konvergenzkriterien). b) Kreditaufnahme der Kommunen: Nach den Gemeindehaushaltsverordnungen der Länder durch die Höhe der Zuführungen aus dem Verwaltungshaushalt in den Vermögenshaushalt begrenzt; übersteigen diese Zuführungen den Schuldendienst für bereits aufgenommene Kredite, besteht Spielraum für eine Neuverschuldung. Vgl. auch Kommunalverschuldung. Verschuldungsgrenzen,
Schuldenstandsquote, Größe, die den Anteil des Schuldenstandes an den Gesamtausgaben des Staatshaushaltes bzw. am Bruttosozialprodukt misst. Vgl. auch öffentliche Kreditaufnahme.
Verschuldungsquote,
Deckungsgrundsatz, Last der Staatsverschuldung.
Verschuldungsregel,
Versicherungsteuer, Aufwand- bzw.
Verbrauchsteuer (finanzwissenschaftlich) bzw. Verkehrsteuer (steuerrechtlich) auf die entgeltliche Einräumung von Versiche-
rungsschutz. Die Versicherungsteuer wird zusammen mit der Prämie in allen Zweigen der Sachversicherung von den Versicherungsträgern im Abrechnungsverfahren erhoben und an die sie verwaltende Bundeszollverwaltung abgeführt. Steuergegenstand: Die Entgegennahme von Versicherungsentgelten. Versorgungsbetriebe, Versorgungsunter-
nehmen; Betriebe, die der Aufrechterhaltung des Lebens in modernen Gesellschaften dienen, wie z. B. Betriebe der Wasser-, Elektrizitäts-, Fernwärme-, Gasversorgung. Häufig werden auch Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge wie Krankenhäuser, in die Versorgungsbetriebe einbezogen. Die Versorgungsbetriebe sind in überwiegend öffentlicher, insbes. kommunaler Trägerschaft. Bei diesen besteht Anschluss- und Versorgungspflicht. Die kommunalen Versorgungsbetriebe werden als Eigenbetrieb oder als Eigengesellschaft geführt. Häufig bilden sie mit den kommunalen Verkehrsbetrieben einen Querverbund und tragen die Bezeichnung Stadtwerke. Versorgungskrankengeld, Kriegsop-
ferfürsorge. Versorgungssicherheit, Energiesiche-
rung. Verstärkereffekte, konjunkturelle Ver-
stärkereffekte. versteckte
verdeckte Arbeitslosenstatistik,
Arbeitslosigkeit,
Arbeitslosigkeit, Arbeitslosigkeit.
versteckte Progression, kalte Progression. Die versteckte Progression tritt bei progressivem Tarifverlauf ( Steuerprogression) einer Steuer ein, wenn die Steuerbemessungsgrundlage im Zeitablauf durch Inflation ansteigt, ohne dass der Steuertarif entsprechend angepasst wird. Trotz gleich bleibenden realen Wertes der Bemessungsgrundlage steigt die Steuerlast überproportional an. versteckter öffentlicher Bedarf, die von Privaten auf Grund gesetzlicher Bestimmungen und Verwaltungsverordnungen unentgeltlich zu erbringenden Leistungen, die zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben benötigt
475
Verteilungsnormen
werden. Beispiele: Wehr- und Ersatzdienst, Schöffentätigkeit.
lungspolitik, Gerechtigkeit.
Verteilungsgerechtigkeit,
Vertei-
Verstromungsgesetz, Kohlepolitik,
Verteilungsgesetz, neoklassisches Ver-
Energiepolitik.
teilungsgesetz, Pareto-Verteilungsgesetz.
versunkene Kosten, Sunk Costs, monopolistische Preisbildung, potenzieller Wettbewerb.
lungstheorie.
Verteilungsgleichgewicht,
Vertei-
Verteilungsinflation. Neben den bekannVerteilung, personelle Einkommensver-
teilung, funktionelle Einkommensverteilung, institutionelle Verteilung, Vgl. auch Verteilungstheorie. Verteilungsdilemma. Unter Berufung auf Ergebnisse modelltheoretischer Ableitungen wird immer wieder die Frage nach der Zweckmäßigkeit verteilungspolitischer Aktivitäten gestellt (vgl. auch staatliche Verteilungspolitik). Den lohnpolitischen Aktivitäten der Gewerkschaften z. B. wird entgegengehalten, dass die Einkommensverteilung durch ökonomische und/oder gesellschaftliche Sach- und Wirkungszusammenhänge vorgegeben sei, wodurch sie zumindest langfristig unveränderbar wäre. Jeder Versuch zur Umverteilung (Verteilungskampf) sei damit sinnlos, für die gesamtwirtschaftliche Stabilität (Preisstabilität und/oder Vollbeschäftigung und/oder angemessenes Wachstum) aber gefährlich ( Verteilungspolitik). Verteilungsebenen, Verteilungspolitik. Verteilungsentwicklung. In der wirtschaftspolitischen Diskussion wird vornehmlich auf die Entwicklung der Lohn- bzw. Gewinnquoten als Maß für Verteilungsänderungen zurückgegriffen. Auch wenn die Höhe der Lohnquote keine Auskunft über die Verteilung unter Haushalten ( personelle Einkommensverteilung) gibt, lässt sie dennoch unter einigen Vorbehalten Schlüsse in Form von Änderungstendenzen zu. Sie ist das einfachste und zugleich bekannteste Maß für die Entwicklung der funktionellen Einkommensverteilung und misst den Anteil des Bruttoeinkommens aus unselbstständiger Arbeit am Volkseinkommen. Da sie sich mit der Gewinnquote zu Eins addiert, kann damit auch auf die Entwicklung des Anteils aus Unternehmertätigkeit und Vermögen geschlossen werden.
ten Inflationsursachen (z. B. Nachfrage- und Kosteninflation, importierte Inflation) taucht immer häufiger die (unbestrittene) These der Verteilungsinflation auf, nach der das Anspruchsverhalten der Gruppen (insbes. der Tarifparteien) eine selbstständige Inflationsursache darstellt. Kontrovers bleibt, wie viele Prozentpunkte der Gesamtinflation auf den Verteilungskonflikt zurückgehen. Vgl. auch Phillips-Kurve, Inflation. Verteilungskampf, Verteilungspolitik. Verteilungskonstanz, Verteilungsstabilität. Wenn über eine gewisse Zeit eine relative Verteilungskonstanz eintritt, so ist das nicht notwendigerweise systembedingt (Gesetz der Verteilungskonstanz), sondern kann auch Folge ausgeglichener Machtverhältnisse sein. Verteilungskonzepte, Verteilungstheo-
rie. Verteilungsmaße, Ungleichheitsindikatoren. Mit Hilfe von Verteilungsmaßen werden in der Ökonomie quantitative Aussagen über das Ausmaß der personellen WohlstandsUngleichheit im Hinblick auf ausgewählte Wohlstandsindikatoren, z.B. Einkommen ( Einkommensverteilung) und Vermögen ( Vermögensverteilung) getroffen. Dabei bildet die Gleichverteilung im Regelfall die analytsche Referenzsituation. Die bekanntesten Verteilungsmaße sind die Lorenzkurve, die z.B. bei Gleichverteilung der Einkommen im Diagramm die 45º-Linie bildet, der GiniKoeffizient und die Theil-Koeffizienten, die alle bei Gleichverteilung den Wert Null annehmen. Verteilungsmaße und deren interregionaler und intertemporaler Vergleich dienen der Verteilungspolitik als empirische Grundlage zur Begründung einer Umverteilung von Einkommen und Vermögen. Verteilungsnormen, Verteilungspolitik.
Verteilungspolitik Verteilungspolitik. I . Vo r b e m e r k u n g e n : 1. Zielsetzung der Verteilungspolitik ist die Schaffung einer größeren Verteilungsgerechtigkeit. Eine quantitativ exakt bestimmbare, allgemein anerkannte Norm für Verteilungsgerechtigkeit ist jedoch nicht ableitbar. Grundsätzlich ist Verteilungsgerechtigkeit nicht mit Verteilungsgleichheit gleichzusetzen. 2. Ebenen der Verteilungspolitik: Der Kampf um die Anteile am Sozialprodukt (Verteilungskampf) wird in einer privatkapitalistischen, dezentralisiert organisierten Volkswirtschaft im Wesentlichen auf drei Ebenen geführt: a) auf den Gütermärkten, b) in den Einkommensverhandlungen (meist kollektiver Art), c) bei der Festlegung der Höhe von Staatseinnahmen und -ausgaben und deren Struktur. I I . Ve r t e i l u n g s g e r e c h t i g k e i t : 1. Begriff: Übereinstimmend wird von allen Seiten und Gruppen eine möglichst gerechte Verteilung gefordert. Umstritten ist die Festlegung von Verteilungsgerechtigkeit. Die kontroversen Leitbilder reichen von der Forderung nach dem unkorrigierten Leistungsprinzip bis zur Empfehlung der absoluten Gleichverteilung. 2. Konflikte: a) Das Ziel Verteilungsgerechtigkeit ist in mehrerer Hinsicht umstritten. Nach Meinung vieler Liberaler ist es aus dem Katalog der gesamtwirtschaftlichen Ziele zu streichen. Dagegen sehen viele Postkeynesianer gerade die Verletzung des Ziels Verteilungsgerechtigkeit als eine der Hauptursachen für anhaltende Instabilitäten an. Die ökonomische Analyse liefert jedoch keine Verteilungsnorm. Wirtschaftspolitik und Verteilungspolitik müssen sich demnach auf anderweitig gewonnene Leitbilder bzw. Normen berufen. Die Leitbilder der Wirtschaftpolitik, Liberalismus (Leistungsgesellschaft) und Egalitarismus ( Gleichheitsprinzip), beinhalten gemeinsam die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Hierunter nimmt Freiheit den zentralen Platz ein, denn in diesem Wert sind die beiden anderen Grundwerte mit enthalten. Freiheit kann nicht einfach (und nur) Verzicht der staatlichen und gesellschaftlichen Organe auf Eingriffe ins wirtschaftliche Geschehen bedeuten, denn dann profitieren die einzelnen Wirtschaftsubjekte auf Grund unterschiedlicher ökonomischer und sozialer Ausgangsbedingungen höchst unterschiedlich von den so geschaffenen Verhältnissen. Diese Ungleichheit ist zugleich Ungerechtigkeit und eine Beeinträchtigung der konkreten
476 materiellen Freiheit vieler. b) Aufgabe der Gesellschaft (des Staates) ist es, solche sozialen, ökonomischen und politischen Verhältnisse zu schaffen, dass jeder Mensch seine persönlichen (unterschiedlichen) Anlagen frei entfalten kann. Die Gerechtigkeit der freien Entfaltung setzt (mindestens) voraus: (1) Angemessene Bildungs- und Erziehungsmöglichkeiten für alle; (2) Abbau persönlicher Abhängigkeiten auf Grund unterschiedlicher ökonomischer und politischer Macht oder zumindest deren demokratische Kontrolle. Der Begriff der Gleichheit bleibt in der Praxis solange formal, solange die Chancengleichheit durch unzulängliche Bildung und Armut der einen nicht gewährleistet ist. Die Gleichheitsforderung hat nicht eine Nivellierung der Individuen zum Ziel, sondern will Chancengleichheit für alle, damit die unterschiedlichen Anlagen frei zur Entfaltung kommen. I I I . U m v e r t e i l u n g s p o l i t i s c h e I n s t r u m e n t e : 1. Tarifpolitik: Tarifpolitische Auseinandersetzungen zwischen Produzenten und Arbeitnehmern (Lohn- und Lohnstrukturpolitik) versuchen, sowohl die vom Markt bestimmte funktionelle Verteilung zwischen Lohn- und Gewinneinkommen zu korrigieren, als auch die vom Markt determinierte Lohn- und Gewinnstruktur zu beeinflussen. Diese Korrekturversuche setzen also an der Primärverteilung an und sind von jeher stark umstritten. 2. Finanzpolitik: Viele finanzpolitische Maßnahmen setzen ebenfalls an der ungleichen Primärverteilung ( primäre Einkommensverteilung) an und versuchen, diese in eine gleichmäßigere sekundäre Verteilung ( sekundäre Einkommensverteilung) zu überführen. 3. Sozialpolitik: Unbestritten zur Verteilungspolitik gehören die umfangreichen Maßnahmen der Sozialpolitik. Im Mittelpunkt der Bemühungen um soziale Sicherheit stehen die in der BRD umfassend ausgebauten Sozialversicherungssysteme und zahlreiche weitere Maßnahmen der Sozialgesetzgebung ( soziale Sicherung). Hier ist sicher von verteilungspolitischen Erfolgen zu sprechen, obwohl die Bemühungen nicht ausreichten, um das Armutsproblem völlig zu beseitigen. 4. Bildungspolitik: Unverkennbar ist auch die verteilungspolitische Relevanz von bildungspolitischen Maßnahmen, insbes. dann, wenn sie gezielt auf einzelne Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sind. Dahinter steckt der Gedanke, dass eine gleichmäßigere Verteilung der Bildungschancen zu
477 gleichmäßigeren Einkommensansprüchen unter den Arbeitnehmern führt. 5. Vermögenspolitik: a) Allgemeine Instrumente: Richtig ist, dass ein Teil der Ungleichheit der Einkommensverteilung auf die einseitige Vermögensverteilung zurückzuführen ist. Unter dem Aspekt Vermögensumverteilung werden daher fünf grundsätzliche Alternativen diskutiert: (1) Umverteilung bestehender Vermögen, (2) staatliche Umverteilung von Vermögen durch Vermögens- und Erbschaftssteuern, (3) Reprivatisierung von öffentlichen Vermögenswerten z. B. durch Volksaktien, (4) Überführung von Teilen des Privatvermögens in öffentliches Vermögen und schließlich (5) Umverteilung von Vermögenszuwächsen im privaten Bereich. b) Die praktische und konkrete vermögenspolitische Diskussion beschränkt sich nahezu ausschließlich auf die Alternative (5), also auf eine Beeinflussung der Vermögensbildung für mittlere und untere Einkommensschichten. IV. U m v e r t e i l u n g s z i e l e i m Konflikt mit anderen gesamtwirts c h a f t l i c h e n Z i e l s e t z u n g e n : Grundsätzlich ist das Verteilungsziel im Sinne von Abbau sozialer und ökonomischer Ungleichheiten unbestritten. Erst wenn Umverteilungsbemühungen im Zusammenhang (meist wohl im Konflikt) mit den anderen gesamtwirtschaftlichen Zielen (Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung, Wachstum, außenwirtschaftliches Gleichgewicht) diskutiert und bewertet werden, tauchen kaum überwindbare Meinungsverschiedenheiten auf. Umverteilungsmaßnahmen werden wegen ihrer negativen Folgen für die anderen Ziele häufig abgelehnt und verhindert. Erst unter diesem Blickwinkel wird der Verteilungskonflikt explizit deutlich, besonders im Rahmen der lohnpolitischen Diskussionen. V. N o m i n a l l o h n p o l i t i k : Die Verteilungspolitik der Gewerkschaften richtet sich zum einen auf die Erhöhung der Lohnquote mit Hilfe einer expansiven (Nominal-) Lohnpolitik und zum anderen auf den Abbau von Lohndifferenzialen durch die Lohnstrukturpolitik (z. B. Sockelbeträge, Streichung von Niedriglohngruppen). Sollen durchgesetzte Nominallohnerhöhungen auf Dauer eine Verteilungsverbesserung (höhere Lohnquote) bewirken, dürfen die Nominallohnerhöhungen nicht durch entsprechende Preisanhebungen kompensiert werden. Dieser Position der verteilungsaktiven Lohnpolitik der Gewerkschaften steht die neoklassische
Verteilungsrechnung Marktposition entgegen. Nach dieser gibt es eine sich langfristig sowieso einstellende Marktverteilung, die jede autonome Verteilungspolitik sinnlos macht; die Lohnpolitik kann nur die Aufgabe haben, die sich wegen bestimmter Marktunvollkommenheiten verzögert einstellende Marktverteilung zu reproduzieren, um damit die Anpassungsprozesse zu beschleunigen. Lohnpolitik ist eine Variante der Stabilisierungspolitik. V I . E i n k o m m e n s p o l i t i k : Der neoklassischmonetaristische Ansatz geht davon aus, dass anhaltende Arbeitslosigkeit immer und überall auf ein zu hohes Reallohnniveau zurückzuführen ist. Bei Vollbeschäftigung dagegen führen Lohnerhöhungen über die Produktivitätsentwicklung hinaus zu Kostensteigerungen und damit Inflation ( Inflationstheorie). Konsequenterweise werden je nach Lage kostenniveauneutrale Lohnregeln (vgl. kostenniveauneutrale Lohnpolitik) bzw. vollbeschäftigungskonforme Richtlinien ( vollbeschäftigungskonforme Lohnpolitik) empfohlen. Aktive Umverteilungsbemühungen werden abgelehnt, weil der Marktmechanismus auch das Ziel der verteilenden Gerechtigkeit erfüllt. V I I . S o z i a l p o l i t i k a l s U m v e r t e i l u n g s p o l i t i k : Das Leistungsangebot kann privatwirtschaftlich organisiert sein, wobei sich der Staat darauf beschränkt, die Bürger zu einer Versicherung gegen soziale Risiken (Krankheit, Unfall, Alter, Invalidität, Arbeitslosigkeit) zu zwingen (etwa das Verfahren der USA). Das Ziel der sozialen Sicherheit lässt sich auch durch ein umfassendes staatliches Versorgungswerk regeln, innerhalb dessen die Finanzierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen erfolgt. Einen Mittelweg geht die eigenständige und beitragsfinanzierte Sozialversicherung in Deutschland mit weitgehenden Verteilungs- und Allokationszielen. Leitbilder einer gerechten Einkommensverteilung ( Verteilungspolitik). Zu nennen sind hier v. a. das Bedarfsprinzip Gleichheitsprinzip und das Leistungsprinzip. Verteilungsprinzipien,
Verteilungsquoten, Maßzahlen zur Beurteilung der funktionellen Einkommensverteilung, bzw. deren zeitlichen Entwicklung (vgl. Verteilungsentwicklung). Verteilungsrechnung, im Rahmen der Berechnung des Sozialprodukts Darstellung
Verteilungstheorie des Volkseinkommens nach Einkommensarten (Einkommen aus unselbstständiger Arbeit, Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen usw.). Vgl. im Einzelnen Sozialprodukt. Verteilungstheorie. 1. Produktionsprozess
und Einkommensverteilung: In einer marktwirtschaftlich organisierten Wirtschaft ist die primäre Einkommensverteilung quasi ein Nebenprodukt des dezentralisierten ökonomischen Produktionsprozesses. Damit wird nicht geleugnet, dass Gruppen, Institutionen und Organisationen durch Ausübung von Macht (im weitesten Sinne) auf die Einkommensverteilung Einfluss nehmen. Jede Erklärung der tatsächlichen Einkommensverteilung und jede Analyse von Ansätzen einer Verteilungspolitik (solange sie im Rahmen des vorhandenen Wirtschaftssystems bleibt) muss aber ausgehen von der Einkommensentstehung, d. h. von einer Analyse des Produktionsprozesses, der gleichzeitig den primären Verteilungsprozess darstellt. Einkommen entsteht aus produktiven Beiträgen zur Produktion. Wenn man von produktiven Beiträgen spricht, sollte man nicht allein von Arbeitsleistung, sondern mindestens von Arbeits-, Kapital- und Unternehmerleistungen sprechen. Fragen nach der Art und Weise der Festsetzung dieser Beiträge zur Produktionserstellung müssen diskutiert werden, wenn man sich mit dem Komplex Verteilungspolitik beschäftigt. Auf dieser Verbindung zwischen Produktion und Verteilung beruht die mikroökonomische Verteilungstheorie (bekannt als Grenzproduktivitätstheorie) einerseits, und andererseits die makroökonomischen Ansätze zur Wachstumsund Verteilungstheorie, die unter Annahme einer gesamtwirtschaftlichen Produktionsfunktion die Ergebnisse der mikroökonomischen Verteilungstheorie auf die Gesamtwirtschaft übertragen. 2. Arten der Einkommensverteilung: a) Personelle Einkommensverteilung: Die Erklärung der Einkommensunterschiede zwischen Personen ist das Problem der personellen Verteilungstheorie im engen Sinne. Die Überlegung, dass es für die Wohlfahrt des Einzelnen nicht auf sein persönliches Einkommen, sondern auf das Gesamteinkommen seiner Familie ankommt, führt zur Frage, wie die Unterschiede in den Haushaltseinkommen (personelle Verteilung im weiteren Sinne) zustande kommen. b) Institutionelle und funktionelle Einkommens-
478 verteilung: Sozialpolitische Überlegungen führen weiter zu der Frage, wie die Aufteilung der Einkommen auf bestimmte soziale Gruppen (Arbeiter, Angestellte, Beamte, Landwirte, Selbstständige, Nichterwerbstätige) erklärt werden kann. Unterscheidet man bei der Betrachtung sozialer Gruppen nur noch die Klassen unselbstständig Beschäftigter (Arbeitnehmer) und Selbstständiger, so wird von der sog. institutionellen Einkommensverteilung gesprochen. Davon abzugrenzen ist die Frage nach der funktionellen Verteilung, welche die Einkommen nach ihrer ökonomischen Herkunft aus dem Produktionsprozess einteilt in Lohneinkommen (Bruttoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit) und Profiteinkommen (Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen), wobei man letzteres auch weiter differenzieren kann in Entgelt für den Kapitaleinsatz (Zinseinkommen, Mieten und Pachten) und Gewinneinkommen (Entgelt für Unternehmertätigkeit plus Gewinne im engeren Sinne). Fragen der funktionellen Verteilung stehen seit Ricardo im Vordergrund der Verteilungstheorie. c) Querverteilung: Die Verbindung zwischen funktioneller und institutioneller Verteilung stellt die sog. Querverteilung her, die berücksichtigt, dass einzelne Haushalte Einkommen aus verschiedenen ökonomischen Funktionen beziehen können. d) Sektorale und regionale Einkommensverteilung: Statt in gesellschaftliche Gruppen kann die Gesamtwirtschaft auch in Branchen, Wirtschaftszweige und Regionen aufgeteilt werden, und es können deren Beiträge zum Gesamteinkommen dargestellt und analysiert werden. Fragen und Probleme dieser sektoralen und regionalen Einkommensverteilung werden üblicherweise nicht in der Verteilungstheorie behandelt. e) Primäre und sekundäre Einkommensverteilung: Innerhalb der personellen und funktionellen Verteilungstheorie ist in primäre und sekundäre Verteilung zu unterscheiden. Als primäre Einkommensverteilung bezeichnet man die durch den Produktions-, Markt- und Machtprozess bestimmte funktionelle und personelle Verteilung. Diese wird durch private und staatliche Übertragungen (insbes. Umverteilung durch Steuern und Transfers) überführt in die sekundäre Einkommensverteilung (Umverteilung des privaten bzw. persönlich verfügbaren Einkommens). Die Faktoren und Parameter der staatlichen Redistribution sind
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Vertrag
weitgehend politisch festgelegt oder festzulegen, sie können insofern zunächst als Daten betrachtet werden, wenn es um die ökonomischen Bestimmungsfaktoren der Einkommensverteilung geht. 3. Aspekte der Verteilungstheorie: Die Verteilungstheorie beschäftigt sich vornehmlich mit den folgenden Aspekten: a) Wie kann das Ziel Verteilungsgerechtigkeit ( Verteilungspolitik) oder nach Friedman verteilende Gerechtigkeit bestimmt werden (normative Frage)? Hier wird die Frage nach den Leitbildern der Verteilungspolitik behandelt. Man kann dieser Problematik nicht mit dem Hinweis, dass es sich um ethische Fragen handelt, ausweichen und gleichzeitig die Status-quooder die Marktverteilung als Verteilungsnorm akzeptieren. Das übliche Festhalten an der sog. Marktverteilung ist wohl eher interessenbedingt als Ausdruck ethischer Abstinenz. Diejenigen, die es ablehnen, über Verteilungsgerechtigkeit zu diskutieren, haben in aller Regel nicht unter der Verteilungsungleichheit zu leiden. Spätestens bei der Behandlung wirtschaftspolitischer Fragen ist die Festlegung bestimmter Verteilungsnormen unumgänglich. Dabei ist es nicht erforderlich, dass diese Normen quantitativ exakt erfassbar sind. b) Wie ist die konkrete Verteilungssituation aufgrund des Zusammenwirkens des ökonomischen und politischen Systems zustande gekommen (positive Theorie)? c) Schließlich analysiert die Verteilungstheorie die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten einer Verteilungspolitik, weil etwa gemäß der (gerechten) Norm die bestehende Verteilung als ungerecht empfunden wird, oder auch weil die überwiegende Mehrheit die bestehende Verteilung ändern will und man diesem Wunsch nachzukommen gedenkt, um das System zu erhalten. Verteilungswirkungen
der
Inflation.
Neben den nicht unbestrittenen negativen Inflationsfolgen für Wachstum und/oder optimale Faktorallokation werden insbes. die Wirkungen der Inflation auf die Einkommens- und Vermögensverteilung analysiert. Nach gängiger Argumentation bewirkt die Inflation eine willkürliche Änderung der Einkommens- und Vermögensverteilung und zwar insbes. wegen des (allerdings bestrittenen) Lohnlags zuungunsten der Lohn- und Gehaltsempfänger (Lohnlaghypothese), zuungunsten der Bezieher fester Einkommen (Rentnerhypothese) und zuungunsten der
Gläubiger bzw. zugunsten der Schuldner, wenn die Preissteigerungen nicht bereits in den Zinsen berücksichtigt sind (Gläubiger/Schuldner-Hypothese). Diese Umverteilung trifft insbes. Besitzer niedrig verzinslicher Wertpapiere und Sparkontenbesitzer. Vgl. auch Inflation. Verteilungsziele, Verteilungspolitik. vertikale Gerechtigkeit, Leistungsfä-
higkeitsprinzip. vertikale Integration, Kartellrecht,
Unternehmenskonzentration. vertikale Unternehmenskonzentration,
Unternehmenskonzentration.
vertikale
Wettbewerbsbeschränkung,
Wettbewerbsbeschränkung zwischen Produktionsstufen (vor- und/oder nachgelagert). Gegensatz: horizontale Wettbewerbsbeschränkung. Vertrag, zentrales Untersuchungsobjekt der Transaktionskostenökonomik. Man unterscheidet drei verschiedene Vertragsformen: a) Der Neoklassik liegt die Auffassung vom sog. klassischen (Standard-)Vertrag zugrunde. Dieser ist punktuell, d. h. er dient als Grundlage für den einmaligen Kauf. Der klassische Vertrag ist vollständig formuliert und deckt alle Eventualitäten ab. Wird er nicht eingehalten, so werden die Gerichte rasch und kostenlos einschreiten. Die Identität des Partners ist belanglos. b) Der sog. neoklassische Vertrag dient dagegen als Grundlage einer längerfristigen Transaktionsbeziehung. Insofern können sich Probleme aufgrund veränderter Rahmenbedingungen oder transaktionsspezifischer Abhängigkeiten ergeben, die im Rahmen des klassischen Standardvertrages nicht abzudecken sind. Charakteristisches Merkmal des neoklassischen Vertrages ist im Falle von Streitigkeiten eine unabhängige dritte Partei als Schlichter. c) Relationale Verträge sind häufig von vorneherein unvollständig formuliert, da die später angemessenen Entscheidungen aufgrund unvorhersehbarer Konstellationen bei Vertragsschluss nicht festzuschreiben sind. Viele Vertragsnormen bleiben implizit. Prominentes Beispiel eines relationalen Vertrages ist der Arbeitsvertrag. Im Gegensatz zum neoklassischen Vertrag kann
Vertragstheorie sich im Laufe der Zeit auch der Geist eines relationalen Vertrages ändern. Anknüpfungspunkt bei Streitigkeiten ist folglich nicht unbedingt der ursprüngliche Vertragstext. Vielmehr müssen sämtliche formellen wie informellen Regeln der entstandenen Beziehung herangezogen werden, unabhängig davon, ob sie anfangs vertraglich fixiert wurden oder nicht. Die Gerichte werden ungern bemüht, da ein Gerichtsverfahren das Klima und damit die Möglichkeit zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zerstören würde. Vgl. auch Konsensethik. Vertragstheorie, Verteilungspolitik,
Konsensethik. Vertragstheorien der Unternehmung,
Transaktionskostentheorie der Unternehmung, Team-Theorie der Unternehmung. Vertrauen bezeichnet einen Mechanismus, der in menschlichen Interaktionen, sofern sie systematisch durch unvollständige Verträge gekennzeichnet sind, wechselseitig vorteilhafte Interaktionen erleichtert bzw. erst ermöglicht. Vertrauen stellt somit ein transaktionskostensenkendes, funktionales Äquivalent zu vertraglichen bzw. institutionellen Sicherungs- und Kontrollmechanismen dar. Funktionierende Vertrauensbeziehungen erhöhen das Sozialkapital einer Gesellschaft. Vertrauen.
Vertrauensgut, in der Haushaltstheorie ein Gut, dessen Qualität selbst nach dem Kauf durch den Haushalt nicht sicher festgestellt werden kann (z. B. Medikamente, Therapien). Vgl. auch Informationseigenschaften von Gütern.
480 wirtschaftlicher Aktivitäten zur Realisierung des volkswirtschaftlichen Allokationsoptimums (Pareto-Effizienz) erforderlich. 3. Das Verursacherprinzip ist nur eingeschränkt realisierbar: a) konzeptionelle und kontrolltechnische Schwierigkeiten, konkrete Umweltschäden einzelnen Verursachern zuzurechnen; b) Durchsetzungsprobleme des Anspruchs auf Nichtbeeinträchtigung Dritter gemäß Haftungsrecht; c) Souveränität von Staaten (grenzüberschreitende Umweltbelastungen). 4. Aufgrund der unter 3. angeführten Probleme erfolgte eine pragmatische Umformulierung des Verursacherprinzips, nach dem dem Verursacher von Umweltbeeinträchtigungen diejenigen Vermeidungsund Beseitigungskosten angelastet werden, die bei der Realisierung eines staatlich fixierten Beeinträchtigungsniveaus anfallen (Vermeidungskostenansatz). Gegensatz: Gemeinlastprinzip. Vgl. auch Umweltund Ressourcenökonomik. eigentumsrechtliche Regelung als Rahmenbedingungen für Verhandlungen zwischen dem Verursacher eines externen Effekts und dem Betroffenen ( Coase-Theorem). Bei der Verursacherregel besitzt der Geschädigte das Recht an der Umweltressource, um deren Nutzung er mit dem Geschädigten konkurriert. Will der Verursacher unter dieser Regel die betreffende Aktivität ausüben, so muss er dem Geschädigten die Zustimmung hierfür abkaufen. Vgl. auch Umwelt- und Ressourcenökonomik. Verursacherregel,
Verwaltung der Währungsreserven,
Deutsche Bundesbank. Verwaltungsgebühr, Gebühr, die für die
Verursacherprinzip. 1. Grundsatz der
Umweltpolitik, nach dem die gesamten sozialen Kosten einer ökonomischen Aktivität von denjenigen Wirtschaftssubjekten zu tragen sind, die sie verursacht haben. Das Verursacherprinzip fordert eine Internalisierung sozialer Kosten: Im Falle einer mit sozialen Kosten verbundenen Nutzung ist das Nutzungsrecht von der Zahlung für den Umweltschaden abhängig (Polluter-PaysPrinciple); die Zahlung muss nicht an den Geschädigten (Entschädigung) erfolgen. 2. Theoretische Begründung: Aus allokationsund wohlfahrtstheoretischer Sicht ist eine Internalisierung der externen Effekte
Amtshandlung einer Behörde erhoben wird, z. B. für die Ausstellung eines Reisepasses. Vgl. auch Benutzungsgebühr. Verwaltungshaushalt, derjenige Teil des
Haushaltsplans kommunaler Gebietskörperschaften, der die vermögensunwirksamen Posten enthält; auf der Einnahmenseite alle laufenden Einnahmen wie Steuern, Zuweisungen, Gebühren, Entgelte; auf der Ausgabenseite alle laufenden Ausgaben wie Personalausgaben, sachliche Verwaltungs- und Betriebskosten, Zinsen, Umlagen. Im Normalfall enthält der Verwaltungshaushalt einen Überschuss der Einnahmen über die
481 Ausgaben, der an den Vermögenshaushalt überführt wird. Verwaltungshaushalt und Vermögenshaushalt bilden den Haushaltsplan von Gemeinden und Gemeindeverbänden. Bedeutung: Verschuldungsgrenzen. Verwaltungshoheit, Befugnis im Rahmen
der Finanzhoheit zur Durch-/Ausführung öffentlicher Aufgaben und zur Erhebung öffentlicher Einnahmen. Verwaltungsreform, Sammelbegriff für organisatorische, personelle, verfahrensmäßige und instrumentelle Reformen und Anpassungsmaßnahmen öffentlicher Verwaltungen mit der Zielsetzung der Schaffung von leistungsfähigen Verwaltungseinheiten, der Institutionalisierung klarer verwaltungsmäßiger Zuständigkeiten, der Verwaltungsvereinfachung, des Abbaus von Verwaltungsaufgaben, eines effizienten Verwaltungsmanagements (Public Management) und der Bürgernähe der Verwaltung. Verwendungsrechnung, Berechnung und
Darstellung des Sozialprodukts nach Art der Verwendung der erzeugten Güter. Verzerrung, wohlfahrtstheoretisches Konzept zur Beschreibung von verschiedenen Verletzungen der Marginalbedingungen für die optimale Allokation von Ressourcen. Diese Bedingungen besagen, dass die beiden Grenzraten der Transformation (Reallokation und internationaler Tausch) den Grenzraten der Substitution entsprechen müssen. Dazu kommt die Bedingung, dass die Grenzraten der Faktorsubstitution in der Produktion bei verschiedenen Verwendungsrichtungen übereinstimmen. Vgl. auch Theorie des Zweitbesten, Handelspolitik. Vetomacht, die mit der Anwendung der Einstimmigkeitsregel verbundene Macht jedes einzelnen Abstimmungsteilnehmers, mit seiner Gegenstimme eine Entscheidung zu verhindern. VGR, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnun-
gen, volkswirtschaftliches Rechnungswesen. I . B e g r i ff : Die VGR sind die quantitative Darstellung des wirtschaftlichen Geschehens einer Volkswirtschaft in einer abgelaufenen Periode. Einbezogen werden die zu Sektoren ( Sektoren der Volkswirtschaft) zusammengefassten Wirtschaftseinheiten mit
VGR ihren für die Beschreibung des Wirtschaftsgeschehens wesentlichen Tätigkeiten und Transaktionen. Die VGR lassen sich gliedern in die VGR i. e. S., in der Entstehung, Verwendung und Verteilung (einschl. Umverteilung) des Sozialprodukts bzw. Volkseinkommens dargestellt werden, und in die Nebenrechnungen. Die Nebenrechnungen der VGR ergänzen die VGR i. e. S. um die Angaben über die Finanzierungsströme zwischen den Sektoren in der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung, die Produktionsverflechtung in der Input-Output-Rechnung, die Bestände an Sach- und Geldvermögen in der gesamtwirtschaftlichen Vermögensrechnung sowie die Transaktionen zwischen Inländern und Ausländern in der Außenwirtschaftsrechnung. Die VGR bauen auf den Konzepten der Kreislaufanalyse auf und füllen dieses Gerüst mit Daten. I I . Z w e c k : Die VGR bilden als umfassendes statistisches Instrument der Wirtschaftsbeobachtung eine unentbehrliche Grundlage für gesamtwirtschaftliche Analysen und Prognosen und finden insbes. im Rahmen der Konjunktur-, Wachstums- und Strukturpolitik Verwendung, zunehmend aber auch in der Einkommens- und Sozial-, Finanz- sowie Geld-, Kredit- und Zahlungsbilanzpolitik. Herangezogen werden sie ferner für internationale Vergleiche und Probleme der Regionalpolitik. Eingeschränkten Aussagewert besitzen die VGR allerdings für die Messung des wirtschaftlichen Wohlstands im umfassenden Sinne (vgl. Soziale Indikatoren). I I I . V G R i . e . S . : 1. Inhaltliche Größen: a) Um das in den VGR dargestellte Bild des Wirtschaftsgeschehens überschaubar zu halten, werden die Wirtschaftseinheiten nach der Art ihres wirtschaftlichen Verhaltens zu den Sektoren (1) nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, (2) finanzielle Kapitalgesellschaften, (3) private Haushalte, (4) private Organisationen ohne Erwerbszweck, (5) Staat und (6) übrige Welt zusammengefasst. b) Die einbezogenen wirtschaftlichen Vorgänge: Güter-, Einkommens- und Finanzierungsströme sowie daraus abgeleitete Größen werden so gruppiert, dass ein möglichst aussagefähiges Bild entsteht über (1) Produktion, Verteilung und Verwendung der Güter, (2) Entstehung, Verteilung, Umverteilung und Verwendung der Einkommen, (3) Vermögensbildung und ihre Finanzierung. 2. Darstellung der Ergebnisse: Die Ergebnisse der VGR können in Form von (1) Konten,
VGR (2) Tabellen, (3) Kreislaufdiagrammen oder (4) Gleichungssystemen dargestellt werden ( Kreislaufanalyse). Vom Statistischen Bundesamt werden die Ergebnisse der Sozialproduktsberechnung in Form eines geschlossenen Kontensystems mit doppelter Buchung aller gezeigten Vorgänge und in einer Reihe von Standardtabellen dargestellt. IV. I n p u t - O u t p u t - R e c h n u n g ( I O R ) : 1. Wichtigstes Ziel der IOR ist die detaillierte quantitative Darstellung der güter- und produktionsmäßigen Verflechtungen zwischen den Sektoren einer Volkswirtschaft und mit der übrigen Welt. Die IOR bildet die zahlenmäßige Basis für Input-Output-Analysen, mit deren Hilfe z. B. die Wirkungen von Nachfrageveränderungen für die Beschäftigungssituation abgeschätzt werden können. 2. Für die Darstellung der Verflechtungen werden im Allgemeinen Input-OutputTabellen (IOT) verwendet. IOT lassen sich aus sektoralen Produktionskonten ableiten mit funktioneller oder institutioneller Sektorenbildung. Die meisten für die BRD aufgestellten IOT folgen dem funktionellen Gliederungsprinzip. Aufbau: In den Spalten wird für die einzelnen Produktionsbereiche gezeigt, wie sich ihre Vorleistungen nach Gütergruppen zusammensetzen und welche Einkommen bei der Produktion entstehen. Die Zeilen der IOT weisen nach, wie das Güteraufkommen aus inländischer Produktion oder aus der Einfuhr verwendet wird. Spalten- und Zeilensummen müssen dabei übereinstimmen. V. Ve r m ö g e n s r e c h n u n g : 1. Begriff: Als gesamtwirtschaftliche Vermögensrechnung bezeichnet man das Teilgebiet der VGR, das Aussagen über Höhe, Zusammensetzung und Verteilung des Vermögens einer Volkswirtschaft und ihrer Sektoren macht. 2. Zweck: Die Vermögensrechnung will u. a. die Grundlagen für eine rationale Verteilungspolitik legen; die erfassten Daten ergeben auch Anhaltspunkte über die Größe des Kapitalstocks und werden zu Schätzungen von Produktionsfunktionen sowie des Produktionspotenzials herangezogen. 3. Inhalt: Der Vermögensrechnung liegt eine Hierarchie von Vermögensbegriffen zugrunde: a) Der breiteste Vermögensbegriff ist der des Gesamtvermögens. Dieses setzt sich aus dem Geldvermögen, dem Sachvermögen und dem immateriellen Vermögen zusammen. Als Geldvermögen bezeichnet man alle Forderungen, die einen auf Euro lautenden Nomi-
482 nalwert aufweisen. Forderungen, denen Verbindlichkeiten gegenüberstehen, fallen bei der Aggregation weg. Wird bis zur nationalen Ebene aggregiert, bleiben nur die Nettoforderungen an das Ausland übrig (Nettoauslandsposition). Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene stellt ausschließlich die Nettoauslandsposition volkswirtschaftlichen Reichtum dar. Die Summe aus Nettoauslandsposition, Sachvermögen und immateriellen Vermögen heißt Reinvermögen. Das Reinvermögen der Volkswirtschaft bezeichnet man auch als Volksvermögen. (Die Terminologie ist uneinheitlich; gelegentlich Gleichsetzung von Geldvermögen und Nettoauslandsposition). b) Das Sachvermögen lässt sich in reproduzierbares und nicht reproduzierbares Sachvermögen (z. B. natürliche Ressourcen, Kunstwerke, Antiquitäten) unterscheiden. Das reproduzierbare Sachvermögen setzt sich aus dem Gebrauchsvermögen und dem Produktivvermögen zusammen. c) Die letzte große Gruppe an Vermögensobjekten, aus denen sich das Gesamtvermögen zusammensetzt, bildet das immaterielle Vermögen. Hierzu zählt man das Humankapital sowie die sonstigen vermögenswerten Rechte. d) In der amtlichen Sachvermögensstatistik der BRD werden nur das Produktivvermögen und seine Bestandteile regelmäßig erfasst. Die Geldvermögensbestände werden von der Deutschen Bundesbank im Zusammenhang mit der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung ermittelt. Für alle anderen Vermögenskomponenten existiert keine fortlaufende Erfassung. 4. Beurteilung: Die Vermögensrechnung stellt als Bestandsgrößenrechnung eine wichtige Ergänzung der Stromgrößenrechnungen der VGR i. e. S. dar. Größtes Problem der Vermögensrechnung sind die enormen Schwierigkeiten, die mit der Erfassung und Bewertung von Vermögensgegenständen verbunden sind. Daher wird nur ein Teil des Gesamtvermögens systematisch durch die amtliche Statistik erfasst. Daraus ergibt sich eine entsprechende Relativierung der vermögenspolitischen Aussagekraft. V I . F i n a n z i e r u n g s r e c h n u n g : 1. Begriff und Zielsetzung: Die gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung schließt an die sektoralen Finanzierungssalden an, wie sie sich aus dem Kreditänderungs- bzw. Finanzierungskonten des Kontenrahmens der VGR ergeben. Die Hauptaufgabe der Finanzierungsrechnung besteht darin, die mit den
483 sektoralen Finanzierungssalden verbundenen Veränderungen der Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Sektoren nach Arten zu spezifizieren. Hieraus lassen sich dann Informationen über die finanzielle Verflechtung zwischen den Sektoren gewinnen. Die Finanzierungsrechnung befasst sich mit Stromgrößen und stellt eine Ergänzung zu den Informationen aus der VGR i. e. S. dar. 2. Darstellung: In der BRD wird die Finanzierungsrechnung von der Deutschen Bundesbank erstellt. Im gleichen Berichtssystem veröffentlicht die Bundesbank neben den Finanzierungsströmen auch Angaben zu den Beständen an Forderungen und Verbindlichkeiten. Letzteres ist streng genommen ein Teil der Vermögensrechnung. Die Zielsetzung der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung legt es hierbei nahe, insbesondere bei den Unternehmen zwischen den finanziellen Bereichen und den nichtfinanziellen Bereichen zu unterscheiden. Zu den finanziellen Bereichen zählen Banken (Bundesbank und Kreditinstitute), Bausparkassen und Versicherungen, zu den nichtfinanziellen Bereichen die Produktionsunternehmen und die Wohnungswirtschaft. V I I . A u ß e n w i r t s c h a f t s r e c h n u n g : 1. Begriff: Als Außenwirtschaftsrechnung wird die Nebenrechnung der VGR bezeichnet, die eine detaillierte Darstellung der Transaktionen zwischen Inländern und der übrigen Welt vornimmt. Die Außenwirtschaftsrechnung wird in der BRD von der Deutschen Bundesbank erstellt. 2. Übersicht: Den größten Teil der Außenwirtschaftsrechnung nimmt die Zahlungsbilanz ein, in der im Wesentlichen die Güter- und Kapitalströme aufgezeichnet werden. Die Zahlungsbilanz ist damit eine Stromgrößenrechnung. Sie wird ergänzt durch die Betrachtung der Nettovermögensposition (Auslandsposition) der Inländer gegenüber den Ausländern. Innerhalb der Auslandsposition der Inländer kommt den Währungsreserven der Zentralbank aus währungspolitischen Gründen besondere Bedeutung zu. Als weiteren Bestandteil umfasst die Außenwirtschaftsrechnung die Aufzeichnung der Wechselkurse der inländischen Währungen gegenüber Fremdwährungen sowie unter Berücksichtigung der Preisveränderungen im Inland und im Ausland die Berechnung des Außenwerts der inländischen Währung. Ebenfalls erfasst wird in der Außenwirtschaftsrechnung die Entwicklung der Export- und der Import-
Vintage-Modelle preise, aus deren Verhältnis sich die Entwicklung der Terms of Trade ergibt. V I I I . Q u e l l e n : Die derzeit aufgestellten VGR basieren im Wesentlichen auf Systemen der internationalen Organisationen. 1. So liegt den VGR der marktwirtschaftlich orientierten Länder i. d. R. das SNA (A System of National Accounts) der Vereinten Nationen bzw. das hieraus abgeleitete ESVG (Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen, Luxemburg 1984) zugrunde. 2. In der BRD werden die VGR vom Statistischen Bundesamt aufgestellt. Sie umfassen Jahres-, Halbjahres- und Vierteljahresergebnisse, ergänzt um Angaben über das Anlagevermögen, die Erwerbstätigen sowie um Input-Output-Tabellen. Die gesamtwirtschaftliche Finanzierungsrechnung einschl. der Geldvermögensrechnung wird von der Deutschen Bundesbank aufgestellt und halbjährlich in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlicht. IX . B e u r t e i l u n g : Die VGR haben sich für die Beschreibung des Wirtschaftsablaufs und vor allem des Marktgeschehen gut bewährt, insbes. für die Analyse konjunktureller und struktureller Entwicklungen sowie für gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen. Für andere Verwendungszwecke, z. B. für Wohlfahrtsuntersuchungen, ist ihr Aussagewert wegen der Nichtberücksichtigung wichtiger wohlfahrtsrelevanter Tatbestände eingeschränkt ( soziale Indikatoren). Die Pläne zur Weiterentwicklung der VGR u. a. bei den internationalen Organisationen richten sich daher auf ergänzende Berechnungen, mit denen beispielweise auch die unbezahlten Produktionsleistungen im eigenen Haushalt, Auswirkungen der Schattenwirtschaft, soziale Kosten etwa im Zusammenhang mit Umweltschäden und der Abbau von Bodenschätzen berücksichtigt werden. Hierbei treten jedoch erhebliche Erfassungs- und Bewertungsprobleme auf. Vierte Welt, Bezeichnung für rohstoff-, kapital- und exportschwache Entwicklungsländer ( Entwicklungstheorie). Vintage-Modelle, Jahrgangsmodelle. Wachstumsmodelle, die berücksichtigen, dass investitionsgebundener technischer Fortschritt sich immer nur in noch nicht fertig gestellten Kapitalgütern niederschlagen kann. Der Vintage-Ansatz geht von der Vorstellung aus, dass alle Kapitalgüter den je-
Volatilität
484
weils neuesten Stand der Technik enthalten, so dass die Produktivität von Kapitalgütern bei gleich hohem Arbeitseinsatz um so höher ist, je jünger sie sind. Da der technische Fortschritt immer an die zuletzt getätigten Investitionen gebunden ist, ist das Tempo seiner Durchsetzung von der Höhe der Bruttoinvestitionen abhängig. Volatilität, Ausmaß der kurzfristigen Fluk-
tuation einer Zeitreihe um ihren Mittelwert oder Trend, vor allem bei Schwankungen von Wechsel- und Aktienkursen sowie in der Konjunkturforschung angewandt. Volkseinkommen, Sozialprodukt. Volksvermögen, VGR. Volkswirtschaft, Gesamtheit aller auf die Wirtschaft einwirkenden Kräfte, sämtliche Beziehungen und Verflechtungen der Einzelwirtschaften innerhalb eines durch Grenzen deutlich von anderen Gebieten abgegrenzten Gebietes (meist durch Staatsgrenzen) mit einheitlicher Währung. Volkswirtschaftliche gen, VGR.
Gesamtrechnun-
volkswirtschaftliche Kosten, soziale
Kosten. volkswirtschaftliche Lenkungsfunktion, Teilfunktion der Haushaltsfunktionen. Volkswirtschaftliches sen, VGR.
Rechnungswe-
Volkswirtschaftslehre, Allgemeine Volkswirtschaftslehre, Nationalökonomik. 1. Begriff: Volkswirtschaftslehre ist eine zusammenfassende Bezeichnung für einzelne Gebiete der Wirtschaftswissenschaften, deren Erkenntnisobjekt generell wirtschaftliche Vorgänge und Zusammenhänge sind. Abgrenzung: Die Ansichten über die Weite des Begriffs weichen voneinander ab. So ist im deutschsprachigen Raum anders als im angelsächsischen Sprachgebrauch die Volkswirtschaftslehre neben der Betriebswirtschaftslehre Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften. Weitere Teilgebiete sind z. B. die Wirtschaftsgeschichte und die Wirtschaftsgeografie. Unterteilt man die Wirtschaftswissenschaften in Real- und Formalwissenschaften, so gehört die Volkswirtschaftslehre unstreitig zu den Realwissenschaften, die wie die Natur-, Sozial- und Geschichtswissenschaften über Erfahrungen mit der Wirklichkeit informieren. Formalwissenschaften wie die Logik, reine
Zentrale Fragen der Volkswirtschaftslehre Gebiet 1. Warum und in welcher Menge werden bestimmte Güter nach gefragt? 2. Nach welchen Kriterien werden Güter angeboten und wovon hängt die Wahl des Produktionsverfahrens ab? 3. In welcher Menge werden Güter zu einem bestimmten Preis oder zu welchem Preis bestimmte Mengen gekauft bzw. ver kauft und wovon hängt die Zusammensetzung der gesamt wirtschaftlichen Produktion ab? 4. Was bestimmt die Verteilung des Produktionsergebnisses auf die Anbieter von Produktionsfaktoren (Arbeit, Boden, Kapital)? 5. Welche Aufgaben kann das Geld übernehmen und welche Wirkungen gehen von ihm aus? 6. Welche Einflüsse gehen von der Staatstätigkeit aus?
Haushaltstheorie
7. Wovon wird die Beschäftigungsmenge bzw. Arbeitslosigkeit bestimmt? 8. Welche Größen beeinflussen die gesamtwirtschaftliche Aktivi tät wie z.B. Produktion und Beschäftigung? 9. Welches sind die Gründe und Bedingungen für das gesamt wirtschaftliche Wachstum? 10. Zu welchen Besonderheiten führt die Existenz autonomer Wirtschaftsräume und Währungseinheiten?
Beschäftigungstheorie
Unternehmenstheorie Preistheorie
Verteilungstheorie Geldtheorie Finanztheorie
Konjunkturtheorie Wachstumstheorie Außenhandelstheorie
485 Mathematik und Methodologie bieten Denkformen und Verfahrensregeln, die häufig der Erkenntnisgewinnung in den Realwissenschaften dienen. Die Volkswirtschaftslehre ist, wie die Wirtschaftswissenschaften insgesamt, ein Teil der Sozialwissenschaften (Erkenntnisobjekt: soziale Wirklichkeit), zu der man u. a. die Soziologie, Sozialpsychologie und Politikwissenschaft rechnet. 2. Gegenstand: Die Aussage, Erkenntnisobjekt der Volkswirtschaftslehre seien wirtschaftliche Vorgänge und Zusammenhänge, ist abstrakt und vage. a) Ein erster und der wohl am meisten beschrittene Weg zur Konkretisierung sind mehr oder weniger umfangreiche Definitionen des Objekts der Volkswirtschaftslehre. Angesichts der unbefriedigend großen Zahl von Definitionsversuchen kann man der resignierenden, wenn auch übertreibenden Schlussfolgerung nur zustimmen: Volkswirtschaftslehre ist das, was Wirtschaftswissenschaftler tun. b) Ein zweiter Weg zur Konkretisierung sind mehr oder weniger systematische Beschreibungen des Objekts der Volkswirtschaftslehre. Am Beginn dieses Weges stehen Fragen zu Problemen des Faches. Der deutsche Nationalökonom Eucken hat alle Fragen mit fünf WWörtern so zusammengefasst: Was wird wofür, wann, wie und wo produziert? Diese Kurzfassung verdeutlicht Fachunkundigen allerdings nicht hinreichend, womit sich die Volkswirtschaftslehre befasst. Deshalb werden in der folgenden Übersicht die Gebiete der Volkswirtschaftslehre durch jeweils zentrale Fragen erschlossen, wobei die Gesamtheit der Gebiete das Erkenntnisobjekt des Faches umschreibt. (1) Fragestellung der Teilgebiete und Abgrenzung: Erstens versteht es sich, dass man die Fragen auch anders stellen kann; die Formulierungen der Fragen in der Übersicht dienen allein dem Zweck, die zentralen Probleme jener Gebiete zu umreißen, die nach dem vorherrschenden Verständnis zur Volkswirtschaftslehre gehören. Zweitens ist es möglich, neue Gebiete oder solche kleineren Zuschnitts in gleicher Weise zu erschließen; beispielsweise ist die Entwicklungstheorie im Kern mit der Frage befasst, warum sich die Volkswirtschaften unterschiedlich entwickeln. (2) Mikro- und Makroökonomik: Im Schrifttum werden die Gebiete 1 bis 4 als Mikroökonomik, die Gebiete 5 bis 10 als Makroökonomik bezeichnet. In der Mikroökonomik werden einzelwirtschaftliche Fragen (der Haushalte
Volkswirtschaftslehre und Unternehmen sowie ihre Abstimmung am Markt), in der Makroökonomik gesamtwirtschaftliche Sachverhalte analysiert. Diese Zusammenfassung ist zwar vereinfachend, aber auch problematisch, weil es Gebiete gibt, die mikro- und makroökonomische Aspekte haben (z. B. Verteilungstheorie, Außenhandelstheorie). (3) Zur Stellung der Betriebswirtschaftslehre: Anhand der Übersicht wird auch deutlich, dass die Betriebswirtschaftslehre (Gebiete 2 und 3) wissenschaftssystematisch ein Teil der Volkswirtschaftslehre ist, was für die Identität von Economics im angelsächsischen Verständnis und Volkswirtschaftslehre spricht. Unbestritten gehört zu den wesentlichen Teilen der Volkswirtschaftslehre auch die Theorie der Unternehmen und des Marktes, also das Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre. Aus verschiedenen historischen Gründen hat sich die Betriebswirtschaftslehre im deutschsprachigen Raum gleichwohl zu einer selbstständigen Disziplin entwickelt. Zwar gab und gibt es Versuche, die wissenschaftssystematische Einheit auch in der Ausbildungspraxis herzustellen, z. B. in der Ersetzung der Studienabschlüsse Diplom-Volkswirt und Diplom-Kaufmann durch DiplomÖkonom. Ein durchschlagender Erfolg ist solchen Versuchen, die eine inhaltliche Integration im Lehrbetrieb voraussetzen, bisher versagt geblieben. 3. Dogmengeschichte: a) Die Volkswirtschaftslehre ist eine vergleichsweise junge Wissenschaft. Zwar lassen sich schon bei Philosophen des Altertums wie Aristoteles wirtschaftswissenschaftliche Überlegungen ausfindig machen, ebenso bei Theologen des Mittelalters, vor allem bei Thomas von Aquin. b) Zu einer systematischen Behandlung wirtschaftswissenschaftlicher Fragen kommt es jedoch erst in der Neuzeit, mit dem Aufkommen der Nationalstaaten im 17. und 18. Jahrhundert. Die Erste gesamtwirtschaftliche Betrachtung stammt von Quesnay, der in seinem Tableau économique den wirtschaftlichen Kreislauf schematisiert. Die Grundlagen der heutigen Volkswirtschaftslehre legte Smith in seinem Hauptwerk Wealth of Nations. Die Volkswirtschaftslehre von Smith ist im 19. Jahrhundert zur klassischen Theorie ausgebaut und verfeinert worden, insbesondere von Ricardo, Malthus und John Stuart Mill ( Klassische Lehre). In dieser Tradition steht auch die Analyse von Marx, der seine Arbeitswertlehre von den Klassikern übernahm
Vollbeschäftigung und dessen unhaltbare Prognosen von der Volkswirtschaftslehre nicht gedeckt sind. Die Klassische Lehre hatte einen ersten Schwerpunkt in der Angebotstheorie ( Angebotsökonomik), einen zweiten in der Mikroökonomik. Um 1870 entwickelte sich zeitgleich, aber unabhängig voneinander in Wien (Menger), Cambridge (Jevons, Marshall) und Lausanne (Walras) die subjektive Wertlehre der Neoklassik, die eine theoretisch konsistente Angebots- und Nachfragetheorie ermöglichte. c) Zur makroökonomischen Abrundung der klassischen Volkswirtschaftslehre haben vor allem Ökonomen dieses Jahrhunderts beigetragen, zum geldtheoretischen Ausbau Fisher und Friedman, zur Analyse der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage Keynes ( Keynesianismus). Neuere Entwicklungen haben die Methoden verbessert (Aktivitätsanalyse, Ökonometrie) oder alternative Sichtweisen eingeführt ( Spieltheorie), den traditionellen Bestand der Volkswirtschaftslehre jedoch unverändert gelassen. Die auffälligste Änderung der letzten Jahrzehnte ist, dass in der Volkswirtschaftslehre die mathematische Ausdrucksweise erheblich zugenommen hat. 4. Methodik: a) Begriff: Die Methodik ist die Bezeichnung für Erkenntnisverfahren, mit denen ein Fach in die Lage versetzt wird, wissenschaftliche Aussagen zu treffen. Nach dem traditionellen und herrschenden Wissenschaftsverständnis sollen Aussagen der Wissenschaft objektiv (d. h. frei von persönlichen Meinungen) und intersubjektiv überprüfbar (d. h. logisch nachvollziehbar und empirisch testbar) sein. b) Abgrenzung zwischen Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik: In der Volkswirtschaftslehre entzündet sich der Streit häufig an der letztlich unnützen Unterscheidung zwischen Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik. Dabei hätten sich verbreitete Missverständnisse vermeiden lassen, wenn entsprechend der Vorgehensweise in anderen Disziplinen sprachlich stärker zwischen reiner und angewandter Volkswirtschaftslehre differenziert worden wäre. Die Volkswirtschaftslehre ist ein System genereller Aussagen (Modelle), die Erkenntnisse und Kausal- bzw. Ursache-Wirkungszusammenhänge vermitteln. Die praktische Wirtschaftspolitik greift solche Erkenntnisse bei der Verfolgung bestimmter Ziele auf (Zweck-Mittel-Zusammenhänge). Die theoretische Wirtschaftspolitik unterscheidet sich insofern von der Volkswirt-
486 schaftslehre in den Motiven oder Verwendungsabsichten der Erkenntnisgewinnung, nicht im Verfahren selbst. Vollbeschäftigung, 1. Vollbeschäftigung i. w. S.: Zustand, in dem alle volkswirtschaftlichen Produktionsfaktoren vollständig und optimal eingesetzt sind. Das bei Vollbeschäftigung produzierbare Gütervolumen stellt das gesamtwirtschaftliche Produktionspotenzial dar. Insofern ist Vollbeschäftigung identisch mit der Vollauslastung des Produktionspotenzials. 2. Vollbeschäftigung i. e. S. wird nur auf den originären Produktionsfaktor Arbeit bezogen und liegt im strengen Sinne vor, wenn keine Arbeitslosigkeit herrscht und das gesamtwirtschaftliches Arbeitsvolumenpotenzial voll ausgelastet ist. Ohne Rücksicht auf das individuelle Arbeitzeitpotenzial wird häufig auch nur eine Vollauslastung des Arbeitskräftepotenzials ( Erwerbspersonenpotenzials) gefordert, wobei aber theoretisch Kurzarbeit ( Kurzarbeitergeld) geleistet werden könnte. Im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) wird das Vollbeschäftigungsziel im Rahme des magischen Vierecks ( magisches Vieleck) durch einen hohen Beschäftigungsstand umschrieben, wodurch als Zielsetzung der Stabilisierungspolitik indirekt eine bestimmte Vollbeschäftigungsarbeitslosigkeit ( natürliche Arbeitslosigkeit) von vorneherein toleriert wird. Vollbeschäftigungsarbeitslosigkeit,
natürliche Arbeitslosigkeit. vollbeschäftigungskonforme Lohnpolitik. Am Vollbeschäftigungsziel orientierte
Lohnempfehlung, die vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ( SVR) seit 1974 vertreten wird. Sie tritt in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit an die Stelle der produktivitätsorientierten Lohnpolitik ( Produktivitätsregeln) bzw. kostenniveauneutralen Lohnpolitik. Danach ist bei hoher Arbeitslosigkeit ein Abschlag vom mittelfristigen Produktivitätsfortschritt und der erwarteten Inflationsrate vorzunehmen, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. vollkommene Konkurrenz, vollständige
Konkurrenz. Die vollkommene Konkurrenz fußt i. S. des stationären Gleichgewichtsmodells, in welchem die behauptete Harmonie
487 von Einzel- und Gesamtinteressen gewährleistet ist, auf zwei Gruppen von Annahmen: 1. Stationärer Zustand der Wirtschaft: gegebene Technik und damit gegebene Produktions- und Ertragsfunktion; gegebene Bevölkerung und Ausstattung mit Produktionsfaktoren; gegebene Güterpalette, gegebene Bedürfnisstruktur und gegebenes Einkommen u. gegebene Nachfrage. 2. Merkmale der vollkommenen Konkurrenz: a) Marktstruktur i. w. S.: (1) Unternehmer und Verbraucher verhalten sich rational i. S. der Gewinn- und Nutzenmaximierung; der Preisbildungsprozess wird auch durch traditionelle Verhaltensweisen nicht gehemmt. (2) Es bestehen keine sachlichen, persönlichen, räumlichen oder zeitlichen Präferenzen der Anbieter oder Nachfrager; die Güter sind daher homogen. (3) Es bestehen keine Friktionen auf dem Markt, d. h. völlige Transparenz des Marktes, völlige Voraussicht der Marktteilnehmer, volle Teilbarkeit und Beweglichkeit der Produktionsfaktoren und produzierten Güter. (4) Es fehlen rechtliche oder tatsächliche Zutrittsbeschränkungen für Anbieter und Nachfrager. (5) Die Reaktionsgeschwindigkeit der Verhaltensänderung von Anbietern und Nachfragern auf Änderung der Marktdaten ist unendlich groß. (6) Es erfolgen keine Eingriffe in den freien Preisbildungsprozess durch den Staat (z. B. Preiskontrollen) oder die Wirtschaftssubjekte (z. B. Kartelle). (7) Externe Effekte werden ausgeklammert bzw. markwirtschaftlich abgegolten. (8) Die Zahl der Anbieter und Nachfrager ist sehr groß, es besteht ein atomistischer Markt. b) Marktverhalten: Anbieter und Nachfrager können aufgrund ihres geringen Marktanteils durch ihr Verhalten den Preis nicht beeinflussen; sie verhalten sich daher als Mengenanpasser (Preis = Datum, Menge = Aktionsparameter). c) Marktergebnis: Im Modell des totalen Konkurrenzgleichgewichts determiniert die Marktstruktur in obigem Sinne das Marktverhalten und zugleich das Marktergebnis, das durch eine marktleistungsgerechte Einkommensverteilung, optimale Faktorallokation (Produktionseffizienz) und Angebotssteuerung gemäß den Käuferpräferenzen charakterisiert (Tauscheffizienz) ist. Im totalen Konkurrenzgleichgewicht ist es nicht möglich, dass durch eine Veränderung der Tausch- bzw. Produktionsverhältnisse wenigstens eine Person ein höheres Versorgungsniveau erreicht, ohne dass dadurch das
vorsorgende Sozialpolitik Versorgungsniveau wenigstens einer anderen Person niedriger wird (sog. ParetoOptimum). 3. Beurteilung: Das derart charakterisierte Pareto-Optimum bei vollkommener Konkurrenz stellt einen Zustand maximaler wirtschaftlicher Effizienz i. S. der Allokation (unter Ausschluss des Distributionsaspektes) und die Begründung dafür dar, dass die vollkommene Konkurrenz lange Zeit als Leitbild der Wettbewerbspolitik angesehen wurde ( Wettbewerbstheorie); dieser Leitbildcharakter ist jedoch nach dem 2. Weltkrieg (in Deutschland seit Anfang der 60er Jahre) zunehmend angezweifelt worden. Die vollkommene Konkurrenz wird daher nur noch als theoretische Referenzsituation benutzt. vollkommener Markt, vollkommene
Konkurrenz. vollständige Konkurrenz, vollkomme-
ne Konkurrenz. vollständiger Wettbewerb, vollkom-
mene Konkurrenz. vollständige Spezialisierung, Situation, in der ein Land einzelne handelbare Güter nicht mehr im Inland erzeugt, sondern zur Gänze aus dem Ausland importiert. Vgl. Handelstheorie. vollständige Voraussicht, Neue Klas-
sische Makroökonomik. Vollzugsbudget, Gliederung des Budgets nach den Wirkungen auf den marktwirtschaftlichen Ablauf. Gegensatz: Ressortprinzip. Vorleistungen, Sozialprodukt. Vorruhestandsgeld.
Arbeitsmarkt-
politik. Vorsichtsmotiv der Kassenhaltung,
Theorie der Geldnachfrage. vorsorgende Sozialpolitik, prophylaktische Sozialpolitik. Sozialpolitik wird als Politik zur Lösung sozialer Probleme, die zumeist in gesellschaftlicher Schwäche der Lebenslagen von Individuen gegeben sind, verstanden. Neben einer Behebung bereits eingetretener sozialer Probleme bemüht sich
Vorsorgeprinzip die vorsorgende Sozialpolitik v. a. um eine entsprechend ausgestaltete Bildungspolitik und Vermögenspolitik ( Verteilungspolitik). Vorsorgeprinzip, Umweltpolitik.
488 vorzeitige Sterblichkeit, Nachhaltigkeitsindikator im Hauptbereich Lebensqualität und Unterbereich Gesundheit und Ernährung: Todesfälle pro 100.000 Einwohner unter 65 Jahren unterschieden nach Männern und Frauen.
Vorsteuerabzug, Umsatzbesteuerung. VPI, Verbraucherpreisindex (VPI). Vorwärtsverknüpfung, Verkettungsef-
fekte.
W 1. Bevölkerungswachstum: Zahlenmäßige Zunahme von Populationen von Lebewesen. 2. Wirtschaftswachstum: a) Begriff: Wirtschaftliches Wachstum kann ganz allgemein als Zunahme der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft bezeichnet werden. b) Indikatoren des Wirtschaftswachstums: Die Leistungsfähigkeit wird meistens durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP), Bruttonationaleinkommen (BNE) oder das Volkseinkommen ausgedrückt. Wirtschaftliches Wachstum bedeutet somit eine Steigerung, d. h. eine positive Wachstumsrate der gesamtwirtschaftlichen Produktion bzw. des Volkseinkommen. Dabei sind zwei Möglichkeiten zu unterscheiden: eine Steigerung aufgrund einer verbesserten Auslastung des Produktionspotenzials durch vermehrten Einsatz der Produktionsfaktoren (Auslastungseffekt) oder durch Ausweitung des Produktionspotenzials (Kapazitätseffekt), wobei oftmals nur bei Kapazitätseffekten von Wachstumseffekten gesprochen wird. Das Interesse gilt dabei häufig den Pro-Kopf-Größen: Ist z. B. die Wachstumsrate der Bevölkerung höher als die Wachstumsrate etwa des BNE, dann sinkt das BNE pro Kopf. c) Das Sozialprodukt als Wachstumsmaßstab wird aus zwei Gründen kritisiert: (1) Nichterfassung aller innerhalb von Haushalten erbrachten Leistungen sowie aller Leistungen, die nicht auf offiziellen Märkten getauscht werden, sondern der sog. Schattenwirtschaft zugerechnet werden müssen. (2) Unzureichende Berücksichtigung von qualitativen Eigenschaften der wirtschaftlichen Entwicklung: Diskussion quantitatives versus qualitatives Wachstum. Die Forderung nach einem qualitativen wirtschaftlichen Wachstum bezieht sich dabei auf verschiedene wünschenswerte Eigenschaften der Entwicklung. Im Vordergrund stehen eine Verringerung der Ungleichheit der personellen Einkommensverteilung und eine möglichst geringe Beeinträchtigung der Umwelt. d) Das Wachstum Wachstum.
als politisches Ziel ist in der BRD seit 1967 mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) rechtlich vorgegeben ( Stabilitäts- und Wachstumsgesetz). Darin wird von wirtschaftspolitischen Maßnahmen gefordert, dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wachstum beitragen sollen. Vgl. auch Wachstumstheorie, Wachstumspolitik. Wachstumsgrenze, Beschränkung der Menge eines für wirtschaftliches Wachstum notwendigen Faktors. Prominentes Beispiel für (vermutete) Wachstumsgrenzen sind die Verfügbarkeit erschöpflicher Ressourcen und die Aufnahmekapazität der Umwelt für Abfallprodukte wirtschaftlicher Aktivität ( Umwelt- und Ressourcenökonomik). Die Diskussion über die Grenzen des Wachstums wurde stark durch die gleichnamige Veröffentlichung des Club of Rome geprägt. Wachstumspolitik. Wachstumspolitik ist kein selbstständiger und in sich geschlossener Teil der Wirtschaftspolitik ( allgemeine Wirtschaftspolitik). Als Wachstumspolitik können vielmehr die jeweils langfristigen Aspekte in verschiedenen Bereichen der Wirtschaftspolitik bezeichnet werden, die darauf abzielen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes zu erhöhen und allgemein formuliert, den Wohlstand der Bürger in einem Land zu steigern. Da eine exakte Einteilung von kurz- und langfristigen Aspekten wirtschaftspolitischer Maßnahmen grundsätzlich schwierig ist, besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass es hier nicht auf eine eindeutige systematische Einordnung ankommt, sondern vielmehr auf das Erkennen und Benennen von dynamischen, auf die Zukunft gerichteten Aspekten für die praktische Wirtschaftspolitik. Somit müssen (1) die
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_23, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Wachstumsrate
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Faktoren ausfindig gemacht werden, die die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes fördern oder behindern ( Determinanten des Wachstums, Wachstumstheorie). Zu folgen hat (2) die Analyse der Möglichkeiten staatlicher Wachstumspolitik in den als relevant erachteten Bereichen der Wirtschaftspolitik sowie (3) eine kritische Bewertung der Erkenntnisse der Wachstumspolitik aus Sicht der Neuen Politischen Ökonomie ( Grenzen des Wachstums). Wachstumsrate, Veränderungsrate eines Indikators für Wachstum. 1. Diskrete Wachstumsrate: bei einer Zeitreihe von diskreten Beobachtungswerten einer Variablen x, z. B. des Bruttoinlandsproduktes ( Sozialprodukt), die auf den Wert der vorhergehenden Periode (t-1) bezogene Änderung in der aktuellen Periode (t), also x x t 1 . gx t x t 1
2. Stetige Wachstumsrate: Wird x als eine stetige (differenzierbare) Funktion der Zeit x = x(t) betrachtet, dann ist die Wachstumsrate im Zeitpunkt t definiert durch die Steigung der Funktion bezogen auf den momentanen Funktionswert: wx
dx / x( t ) . dt
1. Begriff: Die Wachstumstheorie beschäftigt sich mit der Erklärung der zeitlichen Veränderung des Sozialproduktes (pro Kopf) sowie seiner Bestandteile. Dabei steht nicht die kurzfristige, d. h. jährliche oder vierteljährliche Vermehrung der Produktion im Vordergrund, sondern vielmehr die langfristige Veränderung der Produktionsmöglichkeiten bzw. des Produktionspotenzials (d. h. des bei Normalauslastung der in einer Volkswirtschaft vorhandenen Produktionsfaktoren produzierbaren Produktionsvolumens); vgl. auch Wachstum. Wächst das Produktionspotenzial pro Kopf, so spricht man von intensivem Wachstum. Entwickeln sich dagegen Produktionspotenzial und Bevölkerung in gleichem Ausmaß, liegt extensives Wachstum vor. Eng mit der Wachstumstheorie verknüpft ist die Konjunkturtheorie. Ebenso enge Verknüpfungen bestehen auch zur Entwicklungstheorie, die nicht nur die ökonomischen Veränderungen innerhalb einer Gesellschaft betrachtet, sondern auch die sozialen, instituWachstumstheorie.
tionellen, kulturellen sowie politischen Entwicklungsprozesse. 2. Die zentrale Frage, auf die mit Hilfe der Wachstumstheorie eine Antwort gefunden werden soll, gilt den Wachstumsfaktoren oder den Triebkräften des Wachstums. Auf der Suche nach einer Antwort wird häufig ein zweistufiges Vorgehen gewählt: (1) In einem ersten Schritt wird untersucht, ob es einen gleichgewichtigen Wachstumspfad (ein dynamisches Gleichgewicht) gibt, auf dem alle Größen mit gleicher, konstanter Rate wachsen, und welche Faktoren das Wachstumstempo auf diesem Pfad bestimmen. (2) In einem zweiten Schritt wird analysiert, ob der gleichgewichtige Wachstumspfad stabil oder instabil ist. Das bedeutet: Es wird gefragt, ob es Kräfte gibt, die die tatsächliche Wachstumsrate an die gleichgewichtige Wachstumsrate annähern (stabiles dynamisches Gleichgewicht) oder ob bestimmte Kräfte die tatsächliche Wachstumsrate immer weiter vom dynamischen Gleichgewicht entfernen (instabiles dynamisches Gleichgewicht). Nur im ersten Fall erlaubt der dynamische Gleichgewichtspfad eine Erklärung des tatsächlichen Verlaufs des Wachstumsprozesses. Wachstums-Theorie der Unternehmung von Penrose, Vorläufer dyna-
misch-evolutorischer Theorien der Unternehmung, insbes. der Theorie dynamischer Unternehmensfähigkeiten ( Grenze der Unternehmung). Im Mittelpunkt steht die Entwicklung des Unternehmenswissens, wobei die Unternehmung als Bündel von Ressourcen aufgefasst wird. Zusammen mit immer wiederkehrenden Unteilbarkeiten der Ressourcen, die einen permanenten Anreiz für Wachstum stiften, vollzieht sich der Wachstumsprozess in historischer Zeit (PenroseProzess). Im Endeffekt bleiben Größe und Grenzen der Unternehmung unbestimmt, weil sie endogen bestimmt werden. Wagnersches Gesetz, von A. H. G. Wag-
ner 1863 formuliertes Gesetz der wachsenden Staatsausgaben, nach dem sich absolut und relativ zum Sozialprodukt eine deutliche Tendenz zur Ausdehnung der öffentlichen bzw. Staatstätigkeiten mit dem Fortschritt der Volkswirtschaft und Kultur zeige. Ähnlich wie das Popitzsche Gesetz beruht das Wagnersche Gesetz auf Beobachtungen einer historischen Situation, aus der
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Wechselkurs
eine Allgemeingültigkeit i. S. eines Gesetzes nicht beansprucht werden kann. Wahrnehmung, evolutionäre Erkennt-
nistheorie, mus.
Kognition,
Konstruktivis-
Währungsarbitrage, Zinsparität. Währungsausgleichsfonds,
Aus-
gleichsfonds. Währungsreform. Gesetzliche Neuordnung des Geldwesens zur Überwindung offener oder zurückgestauter Inflation. Nach dem 2. Weltkrieg wurden Währungsreformen in zahlreichen Ländern durchgeführt. Schärfste Eingriffe brachte die deutsche Währungsreform am 20./21.6.1948. Währungsreserven. Eigentum eines Lan-
des an kurzfristig mobilisierbaren, international anerkannten Aktiva. Die Verwaltung der Währungsreserven. Deutschlands liegt in den Händen der Deutschen Bundesbank. Zusammensetzung: Goldbestände, international frei verfügbare Devisen (und Sorten), Reserveposition im Internationalen Währungsfonds ( IWF) sowie zugeteilte und erworbene Sonderziehungsrechte (SZR). Währungsunion, unwiderrufliche Fixierung des Wechselkurses zwischen zwei oder mehreren Währungen oder Übernahme einer (neuen) gemeinsamen Währung. Analyse in der Theorie des optimalen Währungsraumes. Vgl. auch internationales Währungssystem, Wechselkurspolitik, EU. Waisenbeihilfe, Kriegsopferversorgung. Waisenrente. Hinterbliebene Kinder eines
in der gesetzlichen Rentenversicherung und gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Verstorbenen und von verstorbenen rentenberechtigten Geschädigten nach dem Bundesversorgungsgesetz ( Kriegsopferversorgung) erhalten eine Waisenrente bis zur Volljährigkeit (bei Ausbildung bis zum vollendeten 27. Lebensjahr). Waisenversorgung, Kriegsopferversor-
gung Walras' Modell des allgemeinen Gleichgewichts, Neoklassik.
Wanderung, Bevölkerungswissenschaft. Warenhilfe, nicht projekt- oder programmgebundene Hilfe im Rahmen der finanziellen Zusammenarbeit, die zur laufenden Finanzierung von Importen ziviler Güter für die Instandhaltung bestehender Produktionsanlagen verwendet wird. Ziel ist die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit der Produktionskapazitäten der Entwicklungsländer. Wartetheorie, von Cassel vertretene Zins-
theorie. Der Kapitalist ermöglicht durch sein Warten die Kapitaldisposition. Da dieses Warten knapp ist, wird ein Preis ( Zins) erzielt. Wechsel. Durch schriftliche Abtretungserklärung (Indossament) übertragbares, schuldrechtliches Wertpapier, das ein Versprechen darstellt, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Geldsumme zu zahlen. Bei Nichterfüllung haben die Inhaber des Wechsels vereinfachte Zugriffsrechte auf das Vermögen des Schuldners. Vgl. auch Handelswechsel. Wechselkurs. 1. Nomineller Wechselkurs:
Wertverhältnis zweier Währungen. Üblicherweise angegeben als in heimischen Währungseinheiten ausgedrückter Preis einer bestimmten Menge ausländischer Währungseinheiten. Der Kehrwert dieser sog. Preisnotierung (z. B. EUR/US-Dollar) ergibt die Mengennotierung. Eine Erhöhung des nominellen Wechselkurses in der Preisnotierung entspricht einer Abwertung der heimischen Währung. Fallen Geschäftsabschluss und Durchführung eines Devisengeschäftes (Währungstausches) zusammen, so spricht man vom Kassakurs; wird hingegen heute ein Währungstausch für die Zukunft vereinbart, kommt der Terminkurs zur Anwendung. Erklärung des Wechselkursverhaltens: Wechselkurstheorie. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, Wechselkurspolitik. 2. Realer Wechselkurs: Preisverhältnis zweier Güter in unterschiedlichen Währungsräumen. Schreibt man w für den nominellen Wechselkurs, dann ist der reale Wechselkurs: wP * / P
Dabei können P* und P z. B. die in ausländischer bzw. heimischer Währung angegebe-
Wechselkurshysterese nen Preise ein- und desselben Gutes sein. Ohne Berücksichtigung von Transportkosten würde dieser reale Wechselkurs bei Freihandel gleich eins sein (Law of One Price). Sind jedoch P* und P die Preise zweier verschiedener Güter, etwa eines im Ausland erzeugten bzw. eines anderen im Inland erzeugten Gutes, dann ist der reale Wechselkurs im Grunde dasselbe, wie die von der realen Außenwirtschaftstheorie analysierten Terms of Trade. Der reale Wechselkurs wird gelegentlich auch unter Verwendung von Preisindizes definiert, so dass er das Kaufkraftverhältnis zweier Währungen widerspiegelt. Vgl. auch Kaufkraftparität. 3. Effektiver Wechselkurs: Gewichtetes Mittel aus allen n 1 bilateralen Wechselkursen einer Währung. Mit Hilfe des effektiven Wechselkurses können Veränderungen des gesamten Außenwertes einer Währung ermittelt werden. Wechselkurshysterese. Allgemein ver-
steht man unter einem Hysterese-Effekt jede Art von bleibender Wirkung eines an sich vorübergehenden Phänomens. Wechselkurshysterese entsteht bei flexiblem Wechselkurs dann, wenn die Firmen auf den Exportmärkten hohe Markteintritts- und Marktaustrittskosten haben, und deswegen bei Wechselkursveränderungen relativ lange warten, bis sie in einen Exportmarkt eintreten bzw. diesen Markt wieder verlassen. Wechselkurspolitik. Unter Wechselkurspolitik versteht man die Festlegung eines anzustrebenden Grades an Wechselkursflexibilität für die Währung eines Landes, und die hierfür ergriffenen Maßnahmen. Wichtigste Frage im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des internationales Währungssystems. Vgl. auch optimaler Währungsraum, Zielzonen-System, Bretton-WoodsSystem. Wechselkurstheorie. 1. Begriff: Teilbe-
reich der monetären Außenwirtschaftstheorie. Sie versucht, das Verhalten von Wechselkursen zu erklären. Aus verschiedenen Modellen der monetären Außenwirtschaftstheorie lassen sich durch Konzentration auf die Bestimmungsgründe des Wechselkurses verschiedene Ansätze zur Wechselkurskurstheorie ableiten. Den verschiedenen Modellen der modernen Wechselkurskurstheorie liegt immer die eine oder andere
492 Variante der Zahlungsbilanzausgleichstheorie zugrunde. Es wird dabei lediglich die Perspektive auf das Wechselkursverhalten eingeengt. 2. Rolle der Erwartungsbildung: Die große Bedeutung der Erwartungen für die Wechselkursbestimmung ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der modernen Wechselkurstheorie, deren hervorstechendes Merkmal die bestandsgrößenorientierte Sichtweise ist. Unter den verschiedenen Erwartungsbildungshypothesen betont die Wechselkurstheorie in erster Linie die rationalen Erwartungen. Mit rationaler Erwartungsbildung ist gemeint, dass die Wirtschaftssubjekte zum Zwecke der Erwartungsbildung die ihnen verfügbaren Informationen unter Zuhilfenahme des gerade betrachteten ökonomischen Modells verarbeiten. Die bestandsgrößenorientierte Sichtweise der Zahlungsbilanzausgleichstheorie ( Portfolio-Ansatz) betont, dass der momentane Wechselkurs auch von dem für die Zukunft erwarteten Wechselkurs abhängt. 3. Überschießende Wechselkurse: Dornbusch hat Mitte der 70er Jahre aufgezeigt, dass Wechselkurse unter bestimmten Bedingungen zu überschießenden Reaktionen (Overshooting) auf exogene Störungen neigen. Damit ist gemeint, dass die kurzfristige Reaktion der Richtung der langfristigen Veränderung entspricht, aber ein höheres Ausmaß annimmt. Der entscheidende Punkt ist hier eine Asymmetrie in den Anpassungsgeschwindigkeiten. Vgl. auch ZielzonenSystem, internationales Währungssystem. Offenmarktgeschäfte zwischen der Zentralbank und Kreditinstituten mit rediskontierbaren Wechseln. Die Ausgestaltung entspricht der bei Wertpapierpensionsgeschäften.
Wechselpensionsgeschäfte,
Weiterbildung, alle Aktivitäten, die von einem gegebenen Bildungsstand ausgehend, einer Erneuerung, Vertiefung oder Erweiterung persönlicher Fähigkeiten und Kenntnissen dienen. Es wird üblicherweise zwischen einer (1) allgemeinen, (2) beruflichen und (3) politischen Weiterbildung unterschieden. Bildungspolitik.
1. Begriff: Förderung (i. e. S.) der beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmern durch die Bundesagentur für Arbeit durch Übernahme der Weiterbildungskosten; Instrument der Weiterbildungsförderung.
493 aktiven Arbeitsmarktpolitik. 2. Rechtsgrundlage: Drittes Sozialgesetzbuch (SGB III, §§ 77 ff.; 3. Grundsatz: Die Kosten einer beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmern können übernommen werden, wenn (1) diese notwendig sind, um sie (a) bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, (b) eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder (c) weil bei ihnen wegen fehlenden Bildungsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, (2) vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und (3) die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind. 4. Weiterbildungskosten: Zu den Kosten der Weiterbildung zählen (1) die Lehrgangskosten, (2) Fahrkosten, (3) Kosten für auswärtige Unterbringung und Verpflegung und (4) Kosten für die Betreuung von Kindern. 5. Anforderungen an Träger: Zur Förderung zugelassen sind Träger, bei denen eine fachkundige Stelle (1) die erforderliche Leistungsfähigkeit festgestellt hat, (2) der Träger in der Lage ist, durch eigene Vermittlungsbemühungen die Eingliederung von Teilnehmern zu unterstützen, (3) die Aus- und Fortbildung sowie die Berufserfahrung des Leiters und der Lehrkräfte eine erfolgreiche berufliche Weiterbildung erwarten lassen und (4) der Träger ein Qualititätssicherungssystem anwendet. 6. Anforderungen an Maßnahmen: Zur Förderung zugelassen sind Maßnahmen, bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, dass die Maßnahme (1) zweckmäßig ist, (2) angemessene Teilnahmebedingungen bietet, (3) mit einem Zeugnis abschließt, das Auskunft über den vermittelten Lehrstoff gibt, und (4) nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt wird. 7. Qualitätsprüfung: Die Agentur für Arbeit kann durch geeignete Maßnahmen die Durchführung der Maßnahme überwachen sowie den Erfolg beobachten. Weiterbildungspolitik, Bildungspolitik. weites Oligopol, Wettbewerbstheorie. Welfare Economics, Wohlfahrtsöko-
nomik. Welfare Function, Wohlfahrtsfunktion. Welfare Theory, Wohlfahrtsökonomik.
Weltwirtschaftsgipfel Weltbank, Internationale Bank für Wie-
deraufbau und Entwicklung, IBRD. Weltbankgruppe, Begriff für die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ( IBRD) und ihre Schwesterorganisationen, der Internationalen Entwicklungsorganisation ( IDA), der internationalen Finanz-Korporation ( IFC), der multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA) und des internationalen Zentrums für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID). Gemeinsames Ziel ist die wirtschaftliche und soziale Entwicklung wenig entwickelter Mitgliedsländer. Welternährungsorganisation, FAO. Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, WFP. Weltgesundheitsorganisation, WHO. Welthandelsordnung, Allgemeines Zollund Handelsabkommen, GATT. Welthandelsorganisation, WTO. Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen, UNC-
TAD. Welthungerhilfe, FAO. Weltorganisation für geistiges Eigentum, WIPO. Welttextilabkommen,
Multifaserab-
kommen. Weltwährungsfonds, IWF. Weltwirtschaftsgipfel. Begriff: Ökonomische und politische Schocks in den 70er Jahren führten zur Einsicht der Notwendigkeit einer stärkeren wirtschaftspolitischen Kooperation und zum Informationsaustausch auf höchster Ebene. Der deutsche Regierungschef und der französische Präsident setzten sich für ein Gipfeltreffen der wichtigsten Industrieländer ein ( G 7). Der erste Weltwirtschaftsgipfel fand in Rambouillet 1975 statt. Seitdem treffen sich jährlich die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Japans, Kanadas und der USA sowie seit 1977
Weltwirtschaftskrise der Präsident der Kommission der Europäischen Gemeinschaft.
494 Werbewettbewerb, Wettbewerbstheorie. Werkverkehr, Verkehrspolitik.
Weltwirtschaftskrise. 1. Begriff: Weitge-
hender Zusammenbruch der industriellen Produktion und des internationalen Handels in der Weltwirtschaft. 2. Weltwirtschaftskrise von 19291931/32: a) Ausmaß: Das Volkseinkommen sank z. B. in Deutschland um ca. 40 v. H., in den USA um über 50 v. H. Die Industrieproduktion Deutschlands ging um ca. 43 v. H. und die der USA um über 45 v. H. zurück. Die Exporte der großen Industrieländer gingen auf ca. ein Drittel ihres vorherigen Wertes zurück, und die Arbeitslosigkeit erreichte in Deutschland im Jahre 1932 einen Höchststand mit fast 5,6 Mio. Arbeitslosen. b) Ursachen: Die wichtigsten Ursachen waren: industrielle Überproduktion; überzogene Börsenspekulationen (v. a. in den USA); Behinderung des internationalen Handels durch nationalen Zollprotektionismus; Reparationsleistungen Deutschlands an die Siegermächte des 1. Weltkriegs. 3. Weltwirtschaftskrise 2008/2009: Ausgelöst durch die globale Finanzkrise von 2008, die auf dem US-Immobilienmarkt ihren Ausgang nahm, kam es in weltweit zu starken Einbrüchen insbesondere der Industrieproduktion bis zu 25 %, z. T. aber auch nur zur Halbierung positiver Wachstumsraten. Daher sollte man besser nur von einer Weltwirtschaftsrezession sprechen. Werbung. Werbung ist in der Marktwirt-
schaft primär ein absatzpolitisches Instrument der Unternehmen. Die Information der Nachfrager ist folglich nicht als Aufgabe, sondern nur als mögliche Folge der Werbung zu betrachten. Es wird daher zwischen der informativen und der suggestiven Form der Werbung unterschieden. Erstere gibt Auskunft über Produkteigenschaften bzw. Preise und erhöht dadurch die Markttransparenz hinsichtlich neuer und schon am Markt etablierter Produkte. Letztere nimmt Einfluss auf die Präferenzstrukturen der Nachfrager und versucht, eine z. T. nicht auf den objektiven Eigenschaften des Gutes basierende Produktdifferenzierung zu erreichen. Der suggestiven Werbung wird häufig eine Vergeudung volkswirtschaftlich knapper Ressourcen vorgeworfen. Eine eindeutige Trennung beider auftretenden Werbeformen ist allerdings kaum möglich.
Wert. I . A l l g e m e i n : Werte sind Struktu-
ren normativer Erwartungen, die sich im Zuge reflektierter Erfahrung (Tradition, Sozialisation, Entwicklung einer Weltanschauung) herausbilden. Werte strukturieren das Erkennen, Erleben und Wollen, indem sie Orientierungsmaßstäbe für die Bevorzugung von Gegenständen oder Handlungen bilden. Zu unterscheiden sind Werte, die sich aus der Funktion des Bewerteten für einen übergeordneten Zweck ergeben, und Werte, die den Zweck selbst darstellen. Ökonomik betrachtet Werte üblicherweise aus der ersten, Ethik aus der zweiten Perspektive. I I . M i k r o ö k o n o m i e : Ausdruck der Bedeutung eines Gutes, die es für die Befriedigung der subjektiven Bedürfnisse besitzt, wie sie sich etwa in der betreffenden Präferenzordnung widerspiegelt. Wirtschaftlichen Wert können nur Güter besitzen, die dem Sachverhalt der Knappheit unterworfen sind. Der Wert von Kapitalgütern ist eine abgeleitete Größe aus dem Werte der mit ihrer Hilfe produzierten Konsumgüter. Wertaufbewahrungsmittel, Geld. Wertewandel. Prozess tief greifender und langfristiger Gewichtungsveränderungen von Werten. Ein Beispiel ist die kritische Hinwendung zu Fragen des ökologischen, politischen und soziokulturellen Wandels. Die beobachtbare Werteerosion geht einher mit einer Verhaltensinkonsistenzen verursachenden Pluralisierung der Wertesysteme. Vgl. auch umweltbewusstes Verhalten. Wertfreiheit, von Max Weber geforderte Wissenschaftsethik, die sich auf den Verzicht von intersubjektiv nicht überprüfbaren Werturteilen verpflichten soll. Ursprünglich wurde in der Wohlfahrtsökonomik versucht, die Forderung nach Wertfreiheit der ökonomischen Theorie dadurch sicherzustellen, dass die allgemein akzeptierten Wertprämissen erkundet werden, um unter Berücksichtigung der für die Analyse dadurch exogen vorgegebenen gesellschaftlichen Zielsetzungen ein positives Theoriegebäude zu entwickeln. In der Erkundung allgemeiner Wertprämissen liegt jedoch das Problem. Hier wird es in pluralistischen Gesellschaften
495 immer Unstimmigkeiten geben. Deshalb umgeht die Wohlfahrtsökonomik dieses Problem mit der Beschränkung auf die Verwendung des Nutzens als Ausdruck für die ökonomische Wohlfahrt. Das wertfreie Kriterium des Nutzenzuwachses als Ausdruck für die Wohlfahrtssteigerung verlagert das Problem jedoch auf die Nutzendefinition sowie die Problematik interpersoneller Nutzenvergleiche. Wertgrenzprodukt, mit dem Güterpreis (Mengenanpasserfall, Polypol) oder dem Grenzerlös ( Monopol, Oligopol) bewertetes physisches Grenzprodukt ( Grenzproduktivitätssätze). Wertpapierpensionsgeschäfte. Geschäfte, bei denen die Zentralbank von Kreditinstituten Wertpapiere unter der Bedingung erwirbt, dass die Verkäufer die Wertpapiere gleichzeitig per Termin zurückkaufen. Wertpapierpensionsgeschäfte werden üblicherweise im Wege der Ausschreibung angeboten, entweder zu vorgegebenem Zuteilungssatz als Mengentender oder unter Nennung von Geboten durch die Kreditinstitute als Zinstender. Wertschöpfung. Die in einzelnen Wirt-
schaftsbereichen erbrachte wirtschaftliche Leistung. a) Die Wertschöpfung wird i. d. R. als Differenz zwischen den Produktionswerten und den Vorleistungen der einzelnen Wirtschaftsbereiche bestimmt (Bruttowertschöpfung) und misst insofern das Nettoergebnis der Produktionstätigkeit (Nettoproduktionswert). b) Eine Ausnahme von dieser subtraktiven Berechnungsmethode gilt für die Wirtschaftsbereiche Staat und private Organisationen ohne Erwerbszweck, deren Leistungen überwiegend ohne spezielles Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Ermittlung der Bruttowertschöpfung durch Addition der Aufwandposten. c) Auch für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen gilt besondere Berechnungsmethode, weil Zinsen und Versicherungsprämien nicht als Verkäufe von Dienstleistungen angesehen werden. Vgl. auch Sozialprodukt. Wertsteuer, eine Verbrauchsteuer, deren
Bemessungsgrundlage der Preis des besteuerten Gutes ist. Inflation führt bei konstanten Steuersätzen zu einer Steigerung des
wettbewerbliches und ökologisches Diktat Steueraufkommens. Gegensatz: gensteuer.
Men-
Werttheorie, Wert. Werturteil, eine Aussage, die die persönli-
che Einstellung, eine Meinung, wiedergibt, z. B. Das Wetter ist heute schön oder Diese Einkommensverteilung ist ungerecht. Im Gegensatz zu Werturteilen sind wissenschaftliche Aussagen (Ist-Aussagen) intersubjektiv überprüfbar, das heutige Wetter z. B. durch Temperatur, Luftfeuchte und Bewölkung oder eine bestimmte Einkommensverteilung durch Verteilungsmaße. Nach dem herrschenden, auf einer langen Tradition basierenden Wissenschaftsverständnis sollte die Wissenschaft Werturteile ausschließen (Werturteilsstreit) bzw. als solche kenntlich machen. Werturteilsstreit, Methodenstreit. Wertzoll, tarifäres Handelshemmnis, das
auf Wertbasis, d. h. ad valorem (in Prozent des Warenwertes), berechnet wird. Vgl. Mengenzoll. Wertzuwachssteuer. Steuer auf die gegenüber einem Vergangenheitsstichtag in Geldeinheiten ermittelte positive Wertdifferenz bei Beständen an Kapital bzw. Vermögen (anders: Steuer auf Einkommenszuwächse, die als Einkommensdifferenzsteuer bezeichnet wird). Western European Union, Westeuropäi-
sche Union, WEU. Westeuropäische Union, WEU. Wettbewerb, Wettbewerbstheorie. Wettbewerb der Parteien, Parteien-
Wettbewerb. wettbewerbliches und ökologisches Diktat. These, nach der Unternehmungen
und Volkswirtschaften immer stärker gezwungen sind, ihre wettbewerblichen Strategien an ökologischen Aspekten und umweltpolitischen Erfordernissen (Gesetzen, Auflagen, etc.) auszurichten. Vgl. auch Diktat der Ökologie.
wettbewerbsbeschränkende Strategien wettbewerbsbeschränkende gien, Wettbewerbspolitik.
Strate-
Wettbewerbsbeschränkungen Wett-
bewerbspolitik. Wettbewerbsfunktionen, Aufgaben bzw. Ziele, die der Wettbewerb erfüllen soll. Die Funktionen bzw. Ziele des Wettbewerbs lassen sich wie folgt systematisieren: (1) Verteilungsfunktion i. S. einer funktionellen Einkommensverteilung nach der Marktleistung; (2) Konsumentensouveränität i. S. einer Steuerung der Zusammensetzung des Warenangebots gemäß den Käuferpräferenzen; (3) optimale Faktorallokation i. S. einer Lenkung der Produktionsfaktoren in ihre produktivsten Einsatzmöglichkeiten; (4) Anpassungsflexibilität i. S. einer laufenden flexiblen Anpassung von Produkten und Produktionskapazität an sich ständig ändernde Daten (z. B. Nachfragestruktur oder Produktionstechnik); (5) Förderung des technischen Fortschrittes in Form neuer Produkte oder Produktionsmethoden; (6) Gewährleistung der wirtschaftlichen Handlungs- und Entschließungsfreiheit (Kontrolle wirtschaftlicher Macht als außerökonomische bzw. metaökonomische Wettbewerbsfunktion). Vgl. auch Wettbewerbstheorie. Wettbewerbspolitik. 1. Begriff und Einordnung: a) Wettbewerbspolitik ist ein wesentlicher Teil der Ordnungspolitik, mit welcher die Rahmenbedingungen für das Marktverhalten der Wirtschaftssubjekte (sog. Marktverfassung) gesetzt werden. Die Wettbewerbspolitik umfasst alle staatlichen Maßnahmen, die der Aufrechterhaltung des Wettbewerbs dienen. Dies geschieht einmal durch eine aktive Gestaltung der Wettbewerbsvoraussetzungen, indem die Märkte offen gehalten und Marktschranken beseitigt werden, zum anderen durch eine defensive Bekämpfung der verschiedenen wettbewerbsbeschränkenden Strategien. b) Begründung der Wettbewerbspolitik: Schon Adam Smith hat klar gesehen, dass der von dem Erfolgs- und Gewinnstreben der Wirtschaftssubjekte ausgehende anonyme Wettbewerbsdruck, der zu einer tendenziellen Realisierung der vorgegebenen wettbewerbspolitischen Zielfunktionen (vgl. Wettbewerbsfunktionen) führt, durch Versuche der Wirtschaftssubjekte gefährdet ist, sich dem Wettbewerbsrisiko durch wettbewerbsbeein-
496 trächtigende Strategien zu entziehen. Insofern tendiert ein Wirtschaftssystem, in welchem den Wirtschaftssubjekten die Entscheidung über die Wettbewerbspraktiken überlassen bleibt, zur Selbstzerstörung. Daher muss die Dispositionsfreiheit der Unternehmen durch staatliche Rahmenbedingungen eingegrenzt und gegen Missbrauch gesichert werden. Die Schaffung bzw. Erhaltung eines institutionellen Ordnungsrahmens soll das freie Spiel der Kräfte möglichst wenig stören und die Beachtung der Spielregeln für den Wettbewerb durch die Wirtschaftssubjekte gewährleisten. c) Entwicklung: Wettbewerbspolitik in dem beschriebenen Sinne existiert in Deutschland erst seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (1958) ( Kartellrecht). Die Zeit davor war durch ein ausgeprägtes Laissez-faire geprägt, nachdem das Reichsgericht im Jahre 1897 im Falle des Sächsischen Holzstoff-Fabrikanten-Verbandes entschieden hatte, dass die Kartellbildung im Rahmen der Vertragsfreiheit allgemein zulässig sei. Die Folge dieser Entscheidung war eine weitgehende Durchkartellierung der deutschen Wirtschaft in den folgenden Jahrzehnten; Deutschland wurde das klassische Land der Kartelle. Ihre Zahl wurde in Deutschland gegen Ende der Weimarer Zeit auf drei- bis viertausend geschätzt. Die Nationalsozialisten hatten 1933 das Zwangskartellgesetz erlassen, um ein Instrument zur Lenkung der Wirtschaft zu gewinnen. Während des Zweiten Weltkrieges wurden Kartelle als Instrument der Wirtschaftspolitik benutzt. Die Wende wurde 1947 durch die von den westlichen Alliierten erlassenen Dekartellierungsgesetze bzw. verordnungen eingeleitet ( Kartellrecht), die schließlich 1958 zu dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (und zeitgleich zu den Artikeln 85 und 86 EWGV) führte. 2. Aufgaben und Ziele der Wettbewerbspolitik: Die Wettbewerbspolitik soll sowohl die Handlungs- und Entschließungsfreiheit der Marktbeteiligten (sog. Individualschutz) als auch den Wettbewerb als anonymen Kontroll- und Steuerungsmechanismus im Interesse der Realisierung der vorgegebenen ökonomischen Wettbewerbsfunktionen (sog. Institutionenschutz) sichern. Der Schutz der Handlungsfreiheit der Marktbeteiligten wird dabei als Bestandteil der allgemeinen Handlungsfreiheit i. S. von Art. 2 GG angesehen. 3. Träger der Wettbewerbspolitik und Verfahren: a) Träger
497 der Wettbewerbspolitik ist der Staat. In der BRD ist das Bundeskartellamt in Berlin für nationale wettbewerbsbeschränkende Strategien zuständig, während für rein regionale Wettbewerbsbeschränkungen die Zuständigkeit bei den Landeskartellbehörden (bei den Wirtschaftsministerien der Länder) liegt. Für die sog. Ministererlaubnis gem. § 42 GWB im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle ist die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie gegeben. In der Europäischen Union (EU) ist Träger der Wettbewerbspolitik die Europäische Kommission (Generaldirektion IV). b) Verfahren: Die Entscheidungen der deutschen und europäischen Kartellbehörden unterliegen einer gerichtlichen Kontrolle. Dafür sind in der BRD die Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof zuständig, in der EU der Europäische Gerichtshof ( EuGH). Vgl. auch Kartellrecht. 4. Instrumente der Wettbewerbspolitik: Nach den Ursachen der Wettbewerbsbeschränkung können drei Strategien unterschieden werden, das sind die Verhandlungs-, Behinderungs- und Konzentrationsstrategie. Die Wettbewerbspolitik steht vor der Aufgabe, horizontale und vertikale Absprachen (Kartelle i. w. S.), die Behinderung dritter Unternehmen sowie die Unternehmenskonzentration zu kontrollieren. Dabei lassen sich verschiedene mögliche Kontrollansätze darstellen: (1) Per Se Rule versus Rule of Reason (d. h. das Verbot bestimmter als besonders gefährlich angesehener Formen der Wettbewerbsbeschränkung ohne genauere ökonomische Untersuchung oder eingehende Abwägung des ökonomischen Pro und Kontra im Einzelfall); (2) ex ante- versus ex post-Kontrolle und (3) Verteilung der Beweislast (bei den Kartellbehörden oder den Unternehmen). 5. Kontrolle wettbewerbsbeschränkender Strategien: a) Verhandlungsstrategie: Unter Verhandlungsstrategie i. w. S. sind alle Formen der Zusammenarbeit rechtlich selbstständig bleibender Unternehmen zu verstehen, die die wettbewerbsrelevante Handlungs- und Entschließungsfreiheit in Bezug auf einen oder mehrere Aktionsparameter einschränken und auf Vertrag, Beschluss oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen beruhen. Die Erfassung der Verhandlungsstrategie findet ihre Berechtigung darin, dass einerseits durch Absprachen i. w. S. die Marktergebnisse direkt bzw. durch eine Verminderung der Zahl der wettbewerbspolitischen Entschei-
Wettbewerbspolitik dungsträger indirekt mehr oder minder stark beeinträchtigt werden können. Kartelle können z. B. den wettbewerbspolitischen Zielkatalog durch Steigerung der Marktmacht beeinträchtigen. Andererseits können Mittelstandskartelle (Freistellungsmöglichkeiten nach § 3 GWB) auch eine neutrale oder positive Auswirkung auf den Wettbewerb haben, wenn die materiale Entschließungsfreiheit kleiner und mittlerer Unternehmen gegenüber Großunternehmen gefördert und der Wettbewerb nicht wesentlich beeinträchtigt wird. b) Behinderungsstrategie: Unter Behinderungsstrategie i. w. S. sind alle Verhaltensweisen von Einzelunternehmen oder Unternehmensgruppen zu verstehen, die dazu geeignet sind, tatsächliche oder potenzielle Mitwettbewerber (horizontal) sowie Lieferanten oder Abnehmer (vertikal) in ihrer formalen Handlungs- und/oder Entschließungsfreiheit in Bezug auf einen oder mehrere Aktionsparameter rechtlich oder faktisch zu beschränken und/oder die Wirksamkeit des Wettbewerbsmechanismus zu beeinträchtigen. (1) Bei dem Schutz der Handlungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte als einem Ziel der Wettbewerbspolitik muss zwischen den zwei Grundtypen einer formalen (Handlungs-) und einer materiellen (Entschließungs-) Freiheit unterschieden werden. Formale Freiheit stellt die Gleichheit vor dem Gesetz und den Schutz vor staatlicher Willkür dar. Materiale Freiheit umfasst dagegen die Möglichkeit, im Rahmen formaler Freiheit und sozialer Normen selbstgesetzte Ziele zu verfolgen. Sie entspricht damit ökonomischer Macht; denn nur wer Macht hat, kann die Möglichkeiten, die sich aus der formalen Freiheit ergeben, auch nutzen. (2) Die wettbewerbspolitische Notwendigkeit und Berechtigung einer Analyse von Tatbeständen des Behinderungswettbewerbs ergibt sich aus den Versuchen der Wirtschaftssubjekte, den Wettbewerbsdruck durch verschiedene Formen der Behinderungsstrategie zu mindern, indem dominierende Marktstellungen einzelner Unternehmen oder von solidarisch handelnden Unternehmensgruppen (sog. engen Oligopolen) aufgebaut bzw. zementiert werden. Die Möglichkeiten, den Wettbewerb durch Behinderungsstrategien i. w. S. zu beschränken, sind sehr zahlreich; als Haupttypen sind Boykott und Lieferverweigerung, Preisdiskriminierung sowie Ausschließlichkeits- und Kopplungsbindungen zu nennen. c) Kon-
Wettbewerbspolitik zentrationsstrategie: Die wettbewerbspolitische Notwendigkeit und Berechtigung einer Analyse des externen Unternehmenswachstums ergibt sich daraus, dass der Wettbewerbsdruck, dem die Wirtschaftssubjekte ausgesetzt sind und der zu einer tendenziellen Realisierung der vorgegebenen wettbewerbspolitischen Zielfunktionen führt, durch eine zunehmende Konzentration beeinträchtigt werden kann. Dabei sind drei Hauptformen des externen Unternehmenswachstums zu unterscheiden: (1) Unter horizontalen Zusammenschlüssen sind solche Zusammenschlüsse zu verstehen, die zwischen vormals selbstständigen Wirtschaftssubjekten, die auf dem gleichen sachlich und räumlich relevanten Markt tätig sind, stattfinden (z. B. die Fusion von zwei Automobilherstellern). Mit zunehmendem Marktanteil wächst ceteris paribus die Gefahr einer Beschränkung des Wettbewerbs durch das Entstehen von dominierenden Marktstellungen einzelner Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen. (2) Unter vertikalen Zusammenschlüssen sind Zusammenschlüsse vormals selbstständiger Wirtschaftssubjekte zu verstehen, die auf verschiedenen Wirtschaftsstufen tätig sind und in einer Tauschbeziehung stehen (z. B. ein Automobilhersteller gliedert sich ein Stahlwerk als Zulieferer oder ein großes Autohaus als Vertrieb ein). Derartige Zusammenschlüsse dienen der Sicherung von Bezugs- und Absatzwegen und werfen Probleme im Hinblick auf den Marktzutritt vertikal nicht integrierter Konkurrenten auf. (3) Diagonale oder konglomerate Zusammenschlüsse können negativ definiert werden als Zusammenschlüsse vormals selbstständiger Wirtschaftseinheiten, die weder auf dem gleichen relevanten Markt (horizontal) tätig sind noch in einem Tausch-Verhältnis (vertikal) stehen (z. B. ein Automobilhersteller kauft einen Computer- oder Flugzeughersteller). Bei konglomeraten Zusammenschlüssen können drei Untergruppen unterschieden werden: (a) Markterweitungszusammenschlüsse, (b) Marktverkettungszusammenschlüsse und (c) Marktdiversifikationszusammenschlüsse. Die wettbewerbspolitischen Gefahren derartiger konglomerater Zusammenschlüsse sind in der wirtschaftlichfinanziell marktstrategischen Überlegenheit des aufnehmenden Unternehmens gegenüber tatsächlichen oder potenziellen Konkurrenten auf dem Markt des erworbenen Unternehmens zu sehen, die die Chancengleichheit
498 und Leistungsfähigkeit am Markt als Auslesekriterium verletzen können. Darüber hinaus bestehen gesellschaftspolitische Bedenken hinsichtlich der Konzentration von Verfügungsmacht. (4) Eine Sonderform des externen Unternehmenswachstums stellen sog. Gemeinschaftsunternehmen dar, worunter gemeinsame Tochtergesellschaften von zwei oder mehr Muttergesellschaften zu verstehen sind, die durch Gründung einer neuen Produktionseinheit, die Ausgliederung vorhandener Produktionskapazitäten oder den gemeinsamen Erwerb eines schon bestehenden dritten Unternehmens entstehen. (5) Die Zahl der selbstständigen Entscheidungsträger im Wettbewerb kann nicht nur durch externes Unternehmenswachstum, sondern auch durch überproportionales internes Unternehmenswachstum vermindert werden, wenn die im Wachstum zurückbleibenden Unternehmen keinen Wettbewerbsfaktor mehr darstellen. d) Das deutsche und das europäische Kartellrecht kennen in § 19 GWB bzw. Art. 82 EGV lediglich eine Missbrauchsaufsicht über u. a. durch überproportionales Wachstum entstandene marktbeherrschende Unternehmen, wonach derartigen Unternehmen ein Behinderungs- oder Ausbeutungsmissbrauch untersagt werden kann. D.h. eine Entflechtung und damit Wiederherstellung einer kompetitiven Marktstruktur ist im Kartellrecht nicht vorgesehen. 6. Zielkonflikte zwischen Wettbewerb und Effizienzsteigerung: Im wettbewerbstheoretischen Beitrag ( Wettbewerbstheorie) ist dargelegt worden, dass im Regelfall von der Überlegenheit des Marktmechanismus sowohl im Hinblick auf Effizienzsteigerungen als auch auf die Realisierung des technischen Fortschritts und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auszugehen ist; wenn im konkreten Einzelfall ein Zielkonflikt seitens der Unternehmen geltend gemacht wird, fällt diesen die Beweislast für das Vorliegen eines solchen Zielkonfliktes zu. Der Möglichkeit solcher Zielkonflikte kann man im Rahmen der Fusionskontrolle damit begegnen, dass die Eingriffsschwelle relativ hoch angesetzt wird. Sowohl die deutsche als auch die europäische Fusionskontrolle setzen erst bei der Marktbeherrschungsschwelle an, womit die Gefahr eines Zielkonfliktes zwischen der Aufrechterhaltung kompetitiver Marktstrukturen und Effizienzsteigerungen i. w. S. sehr gering ist. Sollte dennoch ein solcher Zielkonflikt auftreten, kann dieser im Rahmen
499
Wettbewerbstheorie
der Ministerfusion nach §42 GWB aufgefangen werden ( Fusionskontrolle). wettbewerbspolitische
Leitbilder,
Wettbewerbstheorie. Wettbewerbsrecht, Kartellrecht. Wettbewerbstheorie. Die Wettbewerbs-
theorie hat die Aufgabe, Ursache-WirkungsZusammenhänge von wettbewerblichen Marktprozessen zu erklären und damit die wissenschaftliche Grundlage für staatliche Wettbewerbspolitik zu schaffen. 1. Die Begriffe Wettbewerb und wettbewerbspolitisches Leitbild. a) Allgemein: Unter Wettbewerb ist das Streben von zwei oder mehr Personen bzw. Gruppen nach einem Ziel zu verstehen, wobei der höhere Zielerreichungsgrad des einen i. d. R. einen geringeren Zielerreichungsgrad des(r) anderen bedingt (z. B. sportlicher, kultureller oder wirtschaftlicher Wettkampf). b) Wirtschaftlich: Überträgt man diese allgemeine Wettbewerbsvorstellung auf das Wirtschaftsleben, so ist Wettbewerb begrifflich durch folgende Merkmale charakterisiert: (1) Existenz von Märkten mit (2) mindestens zwei Anbietern oder Nachfragern, (3) die sich antagonistisch (im Gegensatz zu kooperativ) verhalten, d. h. durch den selbstständigen Einsatz eines oder mehrerer Aktionsparameter ihren Zielerreichungsgrad zu Lasten anderer Wirtschaftssubjekte verbessern wollen; (4) damit ist eine Komplementarität von Anreiz- und Ordnungsfunktion gegeben, die im sog. sozialistischen Wettbewerb (sozialistische Marktwirtschaft) fehlt. c) Um den so skizzierten Wettbewerb inhaltlich auszufüllen, sind in der Literatur verschiedene wettbewerbspolitische Leitbilder bzw. Konzeptionen entwickelt worden, worunter ein geschlossener und in sich widerspruchsfreier Zusammenhang von wettbewerbspolitischen Zielen sowie zielkonformen Instrumenten und Trägern der Wettbewerbspolitik zu verstehen ist. 2. Entwicklung der Wettbewerbstheorie von der Klassik bis heute: a) Klassische Wettbewerbstheorie: Adam Smith und die klassische Lehre haben das Wettbewerbssystem vorwiegend zum Angriff gegen die feudal-merkantilistischen Fesseln ( Merkantilismus) der Wirtschaftsfreiheit benutzt. Das klassische System lässt sich charakterisieren als die Freiheit zum Wettbewerb unter Konkurrenten, d. h. Freiheit für vorstoßende und nach-
ahmende Wettbewerbshandlungen, sowie Freiheit der Konsumenten, unter den von der Marktgegenseite gebotenen Alternativen zu wählen (Auswahlfreiheit). Wettbewerb im Sinne der Klassik ist ein dynamischer Prozess aus Aktion und Reaktion, der jedem Marktteilnehmer einen begrenzten Freiheitsbereich gibt. Das Ausnutzen der Wettbewerbsfreiheit unter Verfolgung des Eigeninteresses führt über den Marktmechanismus dazu, dass jedes Wirtschaftssubjekt das erhält, was ihm nach seiner Leistung für den Markt zusteht. Durch dieses freie Spiel der Kräfte entsteht wie durch eine Invisible Hand eine allgemeine Harmonie der Interessen, die durch den Eingriff des Staates nur gestört werden kann. Das klassische Wettbewerbskonzept lässt sich daher als Koordinationsprozess ohne staatliche Lenkung verstehen. b) Neoklassik: Die von Smith behauptete Harmonie der Interessen hat in der Folgezeit zu dem Versuch geführt, die Bedingungen für die totale Übereinstimmung von Einzel- und Gesamtinteressen herauszuarbeiten. Ergebnis dieser Bemühungen war das Gleichgewichtsmodell der vollkommenen Konkurrenz: Die dynamische Wettbewerbsanalyse der Klassik wird durch eine statische Betrachtungsweise ersetzt, bei der die klassische Wettbewerbstheorie auf eine Analyse von preistheoretischen Gleichgewichtszuständen ( Preistheorie) reduziert wird. Aus einer Vielzahl (von mehr oder minder unrealistischen) Annahmen über die Marktstruktur und das Marktverhalten werden Gleichgewichtspreise und -mengen abgeleitet. Der Wettbewerbsprozess, der zu diesen pareto-optimalen Gleichgewichten führt ( Pareto-Optimum), wird durch die Dominanz der statischen Betrachtung vernachlässigt. c) Die Theorie des unvollkommenen bzw. monopolistischen Wettbewerbs (Sraffa, Robinson, Chamberlin) hat in den 20er und 30er Jahren versucht, die bisher vertretene Dichotomie zwischen reinem Monopol und vollkommener Konkurrenz zu überwinden ( monopolistische Konkurrenz). Im Mittelpunkt der Bemühungen standen die Berücksichtigung heterogener Güter, das Oligopolproblem ( Oligopol) und die Ergänzung des Preiswettbewerbs durch Formen des Nicht-Preiswettbewerbs (z. B. Werbung). Das Konzept des unvollkommenen oder monopolistischen Wettbewerbs ist als eine dritte Kategorie zwischen den beiden Grenzfällen der vollständigen Konkurrenz
Wettbewerbstheorie und des Monopols zu sehen. Abweichungen von den Bedingungen der vollständigen Konkurrenz werden als Unvollkommenheitsfaktoren (Market Imperfections) oder Monopolelemente (Monopolistic Elements) angesehen. Mit dieser erweiterten Analyse beginnt sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass die vollständige Konkurrenz niemals realisiert werden kann. d) Workable bzw. Effective competition: (1) Die Entwicklung zu einer modernen Wettbewerbstheorie wird eingeleitet durch John Maurice Clark (1940). Mit seiner so genannten Gegengiftthese, wonach auf einem Markt vorhandene Unvollkommenheiten durch das Vorliegen anderer Unvollkommenheiten geheilt werden können, bahnt sich der entscheidende Wandel in der wettbewerbspolitischen Beurteilung von Marktunvollkommenheiten an. So kann z. B. die eine Marktunvollkommenheit einer zu geringen Zahl von Anbietern im Oligopol durch die andere Unvollkommenheit einer beschränkten Markttransparenz oder einer Produktheterogenität im Hinblick auf die Wettbewerbsbedingungen ausgeglichen werden, da die anderen Unvollkommenheiten die preispolitische Interdependenz im Oligopol mindern und damit erfolgreiche Wettbewerbshandlungen möglich werden. (2) Die weitere Entwicklung der Wettbewerbstheorie ist stark durch die Schumpeterschen Thesen zur Konkurrenz der neuen Ware, der neuen Technik, der neuen Versorgungsquelle, des neuen Organisationstyps sowie durch die industrieökonomische Forschung in den USA (Industrieökonomik) beeinflusst worden. In seinem Buch Competition as a Dynamic Process (1961) versucht Clark, die Schumpetersche Theorie der Innovationen in die allgemeine Wettbewerbstheorie zu integrieren. Danach sind Pioniergewinne aufgrund einer temporären Vorzugsstellung sowohl Folge als auch Voraussetzung für den Wettbewerb; sie sollen nicht sofort wieder abgebaut werden, sondern allmählich verschwinden, was für den initiativ handelnden Unternehmer eine reaktionsfreie Zeit voraussetzt, um dem Unternehmen einen Anreiz zur Innovation zu geben. Die Geschwindigkeit, mit der Vorsprungsgewinne jeglicher Art aufgezehrt werden, kann als Ansatzpunkt für die Bestimmung der Intensität des Wettbewerbs benutzt werden. Nach Clark bemisst sich daher die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs danach, inwieweit vorgegebene (gesamtwirtschaftliche) Ziele im Sinne sin-
500 kender Preise, verbesserter Qualitäten und rationeller Produktionsverfahren realisiert werden. Zentrales Problem der Theorie des wirksamen Wettbewerbs (auch: funktionsfähiger Wettbewerb, Effective oder Workable Competition) ist es, die wettbewerbspolitisch wünschenswerten von den unerwünschten Marktunvollkommenheiten zu unterscheiden, um damit zu Konstellationen von Unvollkommenheitsfaktoren zu kommen, die als notwendige und/oder hinreichende Bedingung für die Wirksamkeit des Wettbewerbs anzusehen sind. 3. Leitbilder der Wettbewerbspolitik: a) Ordoliberalismus der Freiburger Schule, Leitbild der vollständigen Konkurrenz: Der Ordoliberalismus der sog. Freiburger Schule (Walter Eucken, Franz Böhm, Müller-Armack u. a.) kann als eine Art dritter Weg zwischen einer vermachteten Laissez-faire-Wirtschaft und einer zentral geplanten Verwaltungswirtschaft verstanden werden. Wettbewerb wird dabei als ein Entmachtungsinstrument verstanden, was die Marktform der vollkommenen Konkurrenz voraussetzt. In dieser ist der Marktpreis ein gegebenes Datum für die Wirtschaftssubjekte, das von ihnen nicht beeinflusst werden kann (Mengenanpasser). Konstituierende und regulierende Prinzipien: Der Ordoliberalismus fordert einen starken Staat, der die Rahmenbedingungen im Sinne von Spielregeln einer Wettbewerbswirtschaft setzen muss. Zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Wettbewerbsordnung postuliert Eucken sieben sog. konstituierende und drei regulierende Prinzipien. Die sieben konstituierenden Prinzipien sind: (1) Preissystem der vollständigen Konkurrenz; (2) Schaffung einer die Geldwertstabilität sichernden Währungsverfassung; (3) Privateigentum an den Produktionsmitteln; (4) Gewährleistung der Vertragsfreiheit; (5) volle Haftung der Marktteilnehmer; (6) freier Zugang zu den Märkten (Gewerbefreiheit) und (7) Konstanz der Wirtschaftspolitik. Diese sieben konstituierenden Prinzipien werden durch drei regulierende Prinzipien ergänzt: (1) Aktive Monopol- und Oligopolpolitik; (2) Einkommens- und Konjunkturpolitik, die bestimmte Funktionsschwächen der Marktwirtschaft korrigieren soll, und (3) Sozialpolitik. Das Leitbild der vollständigen Konkurrenz soll gesichert werden durch ein striktes Kartellverbot, eine präventive Fusionskontrolle sowie eine staatliche Strukturpolitik und die Entflechtung von Monopolen im Hinblick auf
501 die Erhaltung bzw. Überführung von Märkten in die Marktform der vollständigen Konkurrenz. Natürliche Monopole sollen nicht verstaatlicht, sondern einer Missbrauchsaufsicht durch ein staatliches Monopolamt unterstellt werden (sog. Als-ob-Konkurrenz), wodurch ein Marktergebnis wie bei vollständiger Konkurrenz realisiert werden soll. b) Konzept des weiten Oligopols, Konzept des funktionsfähigen Wettbewerbs: Das von Kantzenbach entwickelte Konzept eines funktionsfähigen Wettbewerbs geht von den Aufgaben (Zielfunktionen) des Wettbewerbs aus, die dieser zu erfüllen hat: (1) Auf den Faktormärkten soll der Wettbewerb die funktionelle Einkommensverteilung nach der Marktleistung steuern (leistungsgerechte Einkommensverteilung), wodurch eine Ausbeutung auf Grund von Marktmacht ( Macht) verhindert wird. (2) Der Wettbewerb soll die Zusammensetzung des laufenden Angebots an Waren und Dienstleistungen gemäß den Käuferpräferenzen (Konsumentensouveränität) steuern, wodurch sich bei gegebener Einkommensverteilung und gegebenem Produktionsvolumen eine optimale Befriedigung der individuellen Bedürfnisse ergibt. (3) Der Wettbewerb soll die Produktionsfaktoren in ihre produktivsten Einsatzmöglichkeiten (optimale Faktorallokation) lenken. (4) Der Wettbewerb soll die laufende flexible Anpassung von Produkten und Produktionskapazitäten an außenwirtschaftliche Daten, insbesondere an die sich ständig ändernde Nachfragestruktur und Produktionstechnik (Anpassungsflexibilität) ermöglichen. (5) Der Wettbewerb soll die Entstehung, Einsatz und Verbreitung des technischen Fortschritts in Gestalt neuer Produkte und Produktionsmethoden (technischer Fortschritt durch Produkt- und Prozessinnovation) beschleunigen. Folgerungen: Nach Kantzenbach ist ein Wettbewerb dann funktionsfähig, wenn er die fünf qua Werturteil vorgegebenen ökonomischen Zielfunktionen bestmöglich erfüllt. Das ist seines Erachtens im Bereich weiter Oligopole mit optimaler Interdependenz, d. h. mit mäßiger Produktheterogenität und begrenzter Transparenz der Fall, da in dieser Marktform Gewinnchancen, Existenzrisiken und Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen besonders günstig kombiniert seien. Dagegen sei das enge Oligopol durch eine überoptimale Interdependenz gekennzeichnet, die entweder zu funktionslosen Oligopolkämpfen oder zu
Wettbewerbstheorie einer faktischen Beschränkung des Wettbewerbs durch spontan-solidarisches Parallelverhalten führen. Das Polypol sei durch eine unteroptimale Interdependenz charakterisiert, die mangels ausreichender Selbstfinanzierungsmöglichkeiten, geringer absoluter Unternehmensgrößen und traditioneller Verhaltensweisen nicht die im Hinblick auf strukturelle Anpassung und technischen Fortschritt notwendigen Investitionen erlaube; im Polypol herrsche daher ruinöser Wettbewerb. Wettbewerbspolitische Empfehlungen: Im Hinblick auf das Leitbild des weiten Oligopols sollten enge Oligopole nach Möglichkeit entflochten und Polypole mit unteroptimaler Interdependenz durch eine Legalisierung von Kartellen und Förderung von Zusammenschlüssen in weite Oligopole überführt werden. c) Konzept des freien Wettbewerbs der sog. Neuklassik: Hoppmann knüpft mit seinem als neuklassisch bezeichneten Wettbewerbskonzept an die klassische Wettbewerbstheorie an. Er unterscheidet zwei Zielkomplexe der Wettbewerbspolitik: (1) Sicherung der Wettbewerbsfreiheit i. S. der Abwesenheit von Zwang durch Dritte (sog. Entschließungsfreiheit) und der Abwesenheit von Beschränkungen des Tauschverkehrs durch Marktteilnehmer (sog. Handlungsfreiheit); (2) ökonomische Vorteilhaftigkeit des Wettbewerbsprozesses im Hinblick auf niedrigere Preise, bessere Qualitäten oder Einführung des technischen Fortschritts. Wettbewerbsfreiheit wird als notwendige, jedoch nicht als hinreichende Bedingung für gute Marktergebnisse angesehen; vielmehr müsse ein entsprechender Wettbewerbsgeist (Spirit of Competition) hinzukommen, damit Wettbewerbsfreiheit zu ökonomischer Vorteilhaftigkeit führe. Bei Wettbewerbsfreiheit führe der Marktmechanismus auf Grund ökonomischer Anreize und Sanktionen zu einer Koordination der Pläne und Handlungen der Wirtschaftsobjekte, die für alle Marktteilnehmer vorteilhaft sei (sog. systemtheoretischer Ansatz). Wettbewerbspolitische Empfehlungen: Die Handlungs- und Entschließungsfreiheit der Marktteilnehmer soll durch das Verbot bestimmter Verhaltensweisen (z.B. Monopolisierung, Diskriminierung, Behinderung oder Fusionen) geschützt werden, wobei die von der Wettbewerbspolitik zu setzenden per-se-Regeln folgender Maßen ausgestaltet sein sollen: (1) Den Wirtschaftsobjekten darf kein positiv definiertes Verhalten vorgeschrieben werden, vielmehr dürfen
Wettbewerb und Moral Verhaltensweisen nur negativ durch Verbot ausgeschlossen werden. (2) Dieses Verbot muss allgemein-abstrakt erfolgen. (3) Die Wettbewerbsregeln müssen für alle Wirtschaftsobjekte gleichermaßen gelten.
502 warndienst, Standardisierung von Heilmitteln, internationale medizinische Forschung, Ausrottung von Massenkrankheiten (Malaria), Ausbildungshilfe für medizinisches Personal, Tagungen medizinischer Experten. Weitere Informationen unter www.who.int
Wettbewerb und Moral, Wirtschafts-
ethik. WEU, Western European Union, Westeuropäische Union, 1955 errichtet; Mitglieder mittlerweile: Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien. Sechs weitere Länder sind assoziierte Mitglieder und sieben sind assoziierte Partner. Die WEU ist auf eine kollektive Selbstverteidigung ihrer Mitgliedstaaten sowie deren wirtschaftliche, politische und kulturelle Integration gerichtet. Sie besitzt jedoch keine eigene militärische Organisation, sondern erkennt die militärische Zuständigkeit des NATO-Oberkommandos an. Im Zusammenhang mit dem im Rahmen der EU verfolgten Ziel einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) könnte die WEU künftig als Basis einer gemeinsamen Verteidigungspolitik verstärkte Bedeutung erlangen. WFP, World Food Programme, Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, durch Resolutionen der UN und der FAO aus dem Jahre 1961 gegründet; Tätigkeitsbeginn: Januar 1963; Sitz in Rom; Mitglieder: 36 Staaten (2009). Ziele: Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung durch Nahrungsmittelhilfe, Ernährungssicherungsprogramme und Be kämpfung des Hungers in Notstandsgebieten über Katastrophenhilfen. Weitere Informationen unter www.wfp.org WHO, World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation, gegründet 1948; Sitz: Genf; 193 Mitglieder (2009), BRD seit 1961; Sonderorganisation der UN. Ziele: Bekämpfung von Krankheiten und Gebrechen, Herbeiführung des völligen, körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens der Völker (lt. Satzung); Zusammenarbeit aller auf diesem Gebiet tätigen Personen und Dienststellen; Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der Berufsausbildung; Ausbau des Gesundheitsdienstes. Arbeitsgebiete: Rauschmittelbekämpfung Seuchen-
Wicksellscher Prozess, von Wicksell beschriebene kumulative Entwicklung im Wirtschaftsprozess: Bei einem Sinken des Geldzinses (d. h. des Marktzinses) infolge der Kreditschöpfung der Banken unter den natürlichen Zins wird ein größeres Kapital vorgetäuscht, als tatsächlich vorhanden ist. Daraufhin werden Investitionen vorgenommen, und zwar mehr, als der realen Kapitalbasis entspricht. Da Wicksell von einem Zustand der Vollbeschäftigung ausgeht, müssen die Preise und später auch die Löhne kumulativ steigen. Ein Zwangssparprozess wird hervorgerufen ( Sparen), der aber den Umschwung nicht verhindern kann, weil sich die Unzulänglichkeit der realen Kapitalbasis herausstellt und das Banksystem nicht fähig und/oder nicht willig ist, weitere Kreditexpansion zuzulassen. Bedeutung: Die Gedanken des Wicksellschen Prozesses liegen der monetären Überinvestitionstheorie zugrunde. Ihr Schwachpunkt ist die Hypothese einer Vollbeschäftigung als Ausgangssituation. Wiedergutmachung, 1. Begriff: Problema-
tischer Begriff für die Gesamtheit der Bemühungen, durch materielle Leistungen an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen die Schäden durch Verfolgung, Beraubung, Versklavung, Gefangenschaft und Ermordung wieder gut zu machen. Besonders betroffen waren Personen, die aus Gründen der Rasse, des Glaubens, der Weltanschauung oder der politischen Gegnerschaft zum Nationalsozialismus körperlich, seelisch und materiell geschädigt wurden. Eine umfangreiche Wiedergutmachungs- und Kriegsfolgengesetzgebung, zahlreiche internationale Abkommen sind Ausdruck dieser speziellen sozialen Entschädigung, die sich auch heute noch im Sozialbudget Deutschlands als staatlich finanzierte Sozialleistung niederschlägt. Die Wiedergutmachung ist Teil der sozialen Sicherung von Geschädigten in und außerhalb Deutschlands. 2. Rückerstattungen: (1) Die Wiedergutmachung begann nach Besatzungsrecht, indem die drei Westmächte für ihre Besatzungszo-
503 nen und die Westsektoren Berlins 1947 und 1949 Rückerstattungsgesetze erließen, in denen die Rückgewährung und Entschädigung für Vermögensgegenstände geregelt wurde, die zwischen 1933 und 1945 aus Gründen rassischer, religiöser oder politischer Verfolgung ungerechtfertigt entzogen wurden. (2) Nach Gründung der Bundesrepublik wurden diese Rückerstattungsansprüche gegen das Deutsche Reich durch das Bundesrückerstattungsgesetz (BRüG) von 1957 geregelt. (3) Nach der Wiedervereinigung wurden für die neuen Bundesländer mit dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) und dem NS Verfolgtenentschädigungsgesetz entprechende Regelungen erlassen. (4) Die Rückerstattungen im Umfang von 2 Mrd. EUR sind durch Ablauf der Antragsfristen und Beendigung der Verwaltungsverfahren inzwischen abgeschlossen. 3. Überleitungsvertrag und Israel-Abkommen: Zur moralischen und finanziellen Wiedergutmachung als vorrangige Aufgabe hat sich die Bundesrepublik bereits 1952 in dem mit den drei westlichen Besatzungsmächten geschlossenen Überleitungsvertrag sowie im Abkommen mit Israel (Israel-Abkommen) und der Conference on Jewish Material Claims Against Germany oder kurz Jewish Claims Conference JCC (dem Interessensverband nicht in Israel lebender Juden) verpflichtet. 4. Bundesentschädigungsgesetze: Das erste bundeseinheitliche Entschädigungsgesetz wurde mit dem Bundesergänzungsgesetz (BErgG) von 1953 erlassen, das sich jedoch als nicht ausreichend erwies. 1956 wurde es durch das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der NS-Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz BEG) ersetzt, das rückwirkend am 1.10.1953 in Kraft trat. Zum BEG ergingen insgesamt sechs Durchführungsverordnungen. Das BEG-Schlussgesetz von 1965 sollte den endgültigen Abschluss der Gesetzgebung auf diesem Gebiet bilden. Darin wurde bestimmt, dass nach dem 31.12.1969 keine Ansprüche mehr angemeldet werden konnten. Jedoch können Leistungen für erlittene Gesundheitsschäden im Rahmen von Verschlimmerungsverfahren angepasst und im Wege von Zweitverfahren auch Erstverfahren noch revidiert werden. Die Entschädigungsgesetze wurden ergänzt durch Gesetze zur Wiedergutmachung im öffentlichen Dienst und im Bereich des Versicherungsund Versorgungsrechts. Nach dem BEG
Wiedergutmachung wurden bis Ende 2007 über 45 Mrd. EUR Entschädigungsleistungen gezahlt. 5. Allgemeines Kriegsfolgengesetz: Die in den Wiedergutmachungsgesetzen vorgesehenen Leistungen sind nur typischen NS-Opfern aus rassischen, religiösen und politischen Gründen vorbehalten. Für sonstiges Staatsunrecht, das zu einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit und der Freiheit geführt hat, wird Entschädigung nach dem Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz AKG) von 1957 gewährt. Danach können auch heute noch Renten und einmalige Schadensersatzleistungen zuerkannt werden. Ergänzende AKGHärterichtlinien sollen Härten mildern, die trotz der gesetzlichen Entschädigungsregelung nach dem AKG wegen Versäumung gesetzlicher Antragsfristen oder aus anderen Gründen verblieben sind. 6. Globalabkommen mit europäischen Staaten: Mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Schweden und der Schweiz wurden in den Jahren 1959 bis 1964 Globalabkommen zugunsten von durch NS-Verfolgungen geschädigten Staatsbürgern geschlossen. Die Bundesrepublik hat auf dieser Basis insgesamt 496 Mio. EUR zur Verfügung gestellt, die von den Regierungen an die Opfer verteilt wurden. 7. US-Globalabkommen: Im Jahre 1995 wurde ein deutsch-amerikanisches Globalabkommen zur Wiedergutmachung für NSOpfer über eine Entschädigung von 1,5 Mio. EUR abgeschlossen, das 1999 durch eine abschließende Vereinbarung über einen zusätzlichen Pauschalbetrag von 17,6 Mio. EUR ergänzt wurde. Die US-Regierung hat sich darin verpflichtet, alle in Betracht kommenden US-Bürger aus dieser Globalsumme zu entschädigen. 8. Vereinbarungen mit osteuropäischen Staaten: Im Zuge des Wiedervereinigungsprozesses und der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes hat die Bundesrepublik Deutschland mit verschiedenen Staaten Vereinbarungen über die Entschädigung von NS-Opfern getroffen: (1) Mit der Republik Polen wurde in Polen eine Stiftung Deutsch Polnische Aussöhnung nach polnischem Recht errichtet, die mit einem einmaligen Beitrag von 256 Mio. EUR ausgestattet wurde. (2) In gleicher Weise wurden 1993 mit der Russischen Föderation in Moskau,
Wiedergutmachung der Republik Weissrussland in Minsk und der Ukraine in Kiew Stiftungen gegründet und mit 0,51 Mrd. EUR ausgestattet, aus denen auch 15.000 Berechtigte aus Estland, Lettland und Litauen entschädigt wurden. Da einzelne Berechtigte sich weigerten an die Stiftungen in Moskau oder Minsk zu wenden, wurde mit den baltischen Staaten eine zusätzliche Infrastrukturhilfe von 1 Mio. Euro vereinbart, aus denen soziale Einrichtungen speziell für NS-Geschädigte gefördert wurden. (3) Für NS-Opfer aus Tschechien wurden 1997 im Rahmen des Deutsch Tschechischen Zukunftsfonds von deutscher Seite rd. 70 Mio. EUR zur Verfügung gestellt. (4) Zur Durchführung vergleichbarer Maßnahmen wurden im Haushalt 1998 Mittel in Höhe von 41 Mio. EUR für die sonstigen mittel- und osteuropäischen Länder Albanien, Bosnien, Bulgarien, Jugoslawien, Kroatien, Mazedonien, Rumänien, Slowakei, Slowenien und Ungarn bereitgestellt. 9. Osteuropa-Fonds: Zum Ausgleich der besonderen Leiden jüdischer Verfolgter in den mittelund osteuropäischen Staaten hat die Jewisch Claims Conference einen Fonds eingerichtet, in den die Bundesregierung für die Jahre 1999 bis 2007 Beiträge von rd. 256 Mio. EUR gezahlt hat und zur Fortführung des Fonds weitere Beiträge zahlen wird. Der Fonds gewährt daraus monatliche Leistungen in Höhe von 216 EUR für Verfolgte in den EU-Staaten Osteuropas, in den übrigen Staaten von 178 Euro. 10. Entschädigung von Zwangsarbeitern: Zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter wurde 2002 per Gesetz (EVZStiftG) die Stiftung Erinnerung, Verantwortung Zukunft errichtet, die der Bund und deutsche Unternehmen mit einem Vermögen von 5,2 Mrd. EUR ausgestattet haben. Bis Ende 2006 haben aus den Stiftungsmitteln rund 1,66 Mio. Menschen Leistungen erhalten. 11. Rückgabe von Kulturgut: Im Jahre 1998 hat die Bundesrepublik Deutschland auf der Washingtoner Konferenz über Holocaustvermögen ihre Bereitschaft erneuert, nach weiterem NS verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut zu suchen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, gerechte und faire Lösungen beim Wiederauftauchen solcher Kulturgüter zu finden. Zur Umsetzung haben die Bundesregierung, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände eine sog. Gemeinsame Erklärung verabschiedet. Darin verpflichten sie sich, bei den öffentlichen Trägern darauf hinzuwirken,
504 dass Kulturgüter, die als NS verfolgungsbedingt entzogen identifiziert und Geschädigten zugeordnet werden können, zurückgegeben werden. 12. Außergesetzliche Regelung für jüdische Verfolgte: Für gesundheitlich schwer geschädigte jüdische NS-Verfolgte hat die Bundesregierung in den Richtlinien für die Vergabe von Mitteln für jüdische Verfolgte zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen im Rahmen der Wiedergutmachung von 1980 eine außergesetzliche Regelung gefunden, die von der Jewish Claims Conference durchgeführt wird. Diese ermöglicht, einmalige Beihilfen bis zu 2.556 EUR zu gewähren. 13. Fonds für Nichtglaubensjuden: Durch Kabinettsbeschluss wurde 1952 ein von der Bundesregierung zu verwaltender Fonds in Höhe 25 Mio. EUR für Verfolgte nicht jüdischen Glaubens, sog. Nichtglaubensjuden, eingerichtet, für die sich die Jewish Claims Conference als nicht zuständig ansah. Daraus können individuelle Beihilfen und Eingliederungshilfen sowie Zuschüsse an jüdische Institutionen gewährt werden. 14. Regelung für Verfolgte nicht jüdischer Abstammung: Durch die Richtlinien für die Vergabe von Mitteln für Verfolgte nicht jüdischer Abstammung zur Abgeltung von Härten in Einzelfällen von 1981 hat, können Verfolgten nicht jüdischer Abstammung, die aus formellen Gründen keine gesetzlichen Entschädigungsleistungen erhalten können, einmalige Beihilfen bis zu 2.556 EUR gewährt werden. Darüber hinaus können in Ausnahmefällen zusätzlich laufende Beihilfen aus dem sog. WiedergutmachungsDispositionsfonds gezahlt werden. 15. Regelung für die neuen Bundesländer: Zur Regelung der Entschädigung für Berechtigte in den neuen Bundesländern wurde 1992 das Gesetz über Entschädigungen für Opfer des Nationalsozialismus im Beitrittsgebiet erlassen. Artikel 1 dieses Gesetzes enthält das Entschädigungsrentengesetz (ERG), das die Zahlung von Ehrenpensionen und Hinterbliebenenpensionen für NS-Verfolgte der ehemaligen DDR neu regelt. Auf der Grundlage des ERG wurde ergänzend durch Richtlinien der Bundesregierung auch für Personen, die Verfolgte im Sinne von § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) sind, jedoch keinen Anspruch auf Entschädigungsrente nach dem ERG haben, eine außergesetzliche Bezugsmöglichkeit für eine monatliche Rente von 715,80 EUR für Verfolgte und 410 EUR für Witwen und Witwer ge-
505 schaffen. 16. Vermögensrechtliche Regelung im Beitrittsgebiet: Zunächst trat mit dem Einigungsvertrag das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) von 1990 in Kraft, das auch auf Ansprüche von Bürgern und Vereinigungen anzuwenden ist, die in der Zeit vom 30.1.1933 bis zum 8.5.1945 verfolgt wurden und deshalb ihr Vermögen verloren haben. Die Ansprüche mussten bis Ende 1992 (Immobilien) bzw. bis Ende Juni 1993 (bewegliches Vermögen) angemeldet werden. Für erbenlose oder nicht angemeldete jüdische Vermögensverluste sieht das Gesetz die Jewish Claims Conference (JCC) als Rechtsnachfolger vor. Nach Angaben der JCC wurden aus dem Verkauf restituierten Vermögens bis Ende 2001 mehr als 724 Mio. EUR erlöst. Im Übrigen sind für nicht mögliche oder nicht gewählte Rückübertragungen aus dem Sondervermögen Entschädigungsfonds bis Ende 2007 Entschädigungsleistungen von 1,45 Mrd. EUR ausgezahlt worden. 17. Leistungen an Opfer der NS-Militärjustiz: Nach dem Erlass zur abschließenden Regelung der Rehabilitierung von während des Zweiten Weltkrieges aufgrund der Tatbestände Wehrkraftzersetzung, Kriegsdienstverweigerung und Fahnenflucht Verurteilter vom 17.12.1997 konnten Betroffene ohne Anrechnung auf andere Entschädigungen eine Einmalleistung von 3.834,68 EUR erhalten. Die Antragsfrist ist bis zum 31.12.1999 abgelaufen, in 500 Fällen wurde positiv entschieden. 18. Anerkennungsleistung für Arbeit ohne Zwang im Ghetto: Das Bundessozialgericht hat 1997 entschieden, dass eine im Ghetto während des zweiten Weltkrieges verrichtete Tätigkeit die Voraussetzungen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erfüllen kann. Aufgrund dessen hat der Bundestag 2002 das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) verabschiedet. Dies hat zu ca. 70.000 Anträgen auf Ghettorenten geführt, die aber zu mehr als 90 % abgelehnt wurden, weil das Vorliegen eines rentenpflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Einzelfall nicht nachgewiesen werden konnte. Es kam zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten und großem Unmut der Betroffenen. Die Bundesregierung hat daher 2007 eine Richtlinie beschlossen, nach der NS-Verfolgte mit Zwangsaufenthalt in einem Ghetto im Falle eines beschäftigungsähnlichen Arbeitsverhältnisses möglichst unbüro-
Wintergeld kratisch eine Einmalzahlung von 2.000 Euro erhalten können. 19. Gesamtleistung für Wiedergutmachung: Die Leistungen der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Wiedergutmachung haben bis Ende 2007 insgesamt 65 Mrd. EUR betragen, im Jahre 2007 wurden davon knapp 1 Mrd. EUR geleistet. Nach dem erklärten Willen der Bundesregierung sollen die zuerkannten laufenden Entschädigungen den Verfolgten des NaziRegimes bis an deren Lebensende zugute kommen. Das Bundesministerium der Finanzen geht nach vorsichtigen Schätzungen von weiteren Leistungen in zweistelliger Milliardenhöhe aus. Wiener Schule, österreichische Grenz-
nutzenschule. Willensfreiheit, Freiheit. Winterbeschäftigungs-Umlage, Win-
tergeld. Wintergeld, 1. Begriff: Ergänzungsleistung zum Saison-Kurzarbeitergeld ( Kurzarbeitergeld) nach § 175a SGB III für Arbeitnehmer des Baugewerbes, deren Arbeitsverhältnis in der Schlechtwetterzeit nicht aus witterungsbedingten Gründen gekündigt werden kann. 2. Anspruchsvoraussetzung: Arbeitnehmer haben Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und MehraufwandsWintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden. 3. Leistungen: a) Zuschuss-Wintergeld wird in Höhe von bis zu 2,50 EUR je ausgefallene Arbeitsstunde gewährt, wenn zu deren Ausgleich Arbeitszeitguthaben aufgelöst und die Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld vermieden wird. b) Mehraufwands-Wintergeld wird in Höhe von 1 EUR für jede in der Zeit vom 15. Dezember bis zum letzten Kalendertag des Monats Februar geleistete berücksichtigungsfähige Arbeitsstunde gewährt, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind. Berücksichtigungsfähig sind im Dezember bis zu 90, im Januar und Februar jeweils bis zu 180 Stunden. c) Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen: Die von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für Bezieher von Saison-Kurzarbeitergeld werden auf
WIPO Antrag erstattet. Damit werden die Arbeitgeber von dem Großteil der Kosten für die Weiterbeschäftigung ihrer Arbeitnehmer in den Wintermonaten entlastet. 3) Finanzierung (§§ 354-357 SGB III): Die Mittel für das Wintergeld einschließlich der Verwaltungskosten und sonstigen Kosten werden durch eine Umlage (WinterbeschäftigungsUmlage) unter Berücksichtigung von Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien der Wirtschaftszweige von Arbeitgebern oder Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam aufgebracht und getrennt nach Zweigen des Baugewerbes und weiteren Wirtschaftszweigen abgerechnet. Die Umlage ist monatlich nach einem Prozentsatz der Bruttoarbeitsentgelte der dort beschäftigten und anspruchsberechtigten Arbeitnehmer zu erheben. WIPO, World Intellectual Property Organization, Weltorganisation für geistiges Eigentum, gegründet 26.4.1970 aufgrund einer im Juni 1967 in Stockholm unterzeichneten Konvention. Seit Dezember 1974 hat sie den Rang einer Sonderorganisation der UN; Sitz: Genf. Ziele: Förderung des weltweiten Schutzes des geistigen Eigentums durch Zusammenfassung der auf diesem Gebiet tätigen und auf multilateralen Verträgen beruhenden Organisationen. Zwei Hauptrichtungen: Firmenrechte (Erfindungen, Handelsmarken, Patente, gewerbliche Muster) und Urheberrechte (Berner Konvention). Weitere Informationen unter www.wipo.int wirksamer Wettbewerb, funktionsfähiger
Wettbewerb, Effective oder Workable Competition, Wettbewerbstheorie. Wirkungszwecksteuer, Steuer, die be-
reits durch Ankündigung oder Auferlegung der Steuer nichtfiskalische Zwecke erreichen soll, so daß im Modellfall der Besteuerungsgegenstand mit einer gewissen Zeitverzögerung entfällt. Vgl. auch Steuerklassifikation. Wirtschaftlichkeitsprinzip, ökonomisches
Prinzip, Grundsatz, dass ein bestimmter Erfolg mit dem geringstmöglichen Mitteleinsatz (Minimalprinzip) bzw. mit einem bestimmten Mitteleinsatz der größtmögliche Erfolg (Maximalprinzip) erzielt werden soll. Anders: Erwerbswirtschaftliches Prinzip.
506 Wirtschaftsethik. Wirtschaftsethik wendet
die allgemeine Ethik auf Probleme der Wirtschaft an. Beschränkt man die Überlegungen auf den relevanten Fall demokratisch verfasster Marktwirtschaften des westlichen Typs, kann man die Aufgabe von Wirtschaftsethik so umschreiben: Wirtschaftsethik befasst sich mit der Frage, wie moralische Normen und Ideale unter den Bedingungen der modernen Wirtschaft zur Geltung gebracht werden können (Implementationsproblematik). Neuere Ansätze verstehen Wirtschaftsethik als ökonomische Theorie der Moral, womit auch die Begründung von Normen, z. B. von Menschenrechten, und die ökonomischen Folgen moralischen Verhaltens Gegenstand von Wirtschaftsethik sind. Wirtschaftsförderinstitute. Institutionen,
die Aufgaben der Wirtschaftsförderung wahrnehmen. Wirtschaftsförderinstitute sind i. d. R. nicht erwerbswirtschaftlich orientiert. Sie handeln überwiegend in öffentlichem Auftrag, teils auch als (gemeinnützige) Selbsthilfeeinrichtungen der Wirtschaft. Wirtschaftsförderung. Maßnahmen der Wirtschaftspolitik zur selektiven Begünstigung bestimmter wirtschaftlicher Tatbestände oder Verhaltensweisen. Wirtschaftsförderung ist insofern abzugrenzen von anderen, gesamtwirtschaftlich wirkenden Maßnahmen, etwa zur Konjunktur- oder Wachstumsbelebung ( Globalsteuerung). Hauptformen: a) Sektoral oder branchenbezogen, z. B. Bergbau, Schiffbau, Wohnungswirtschaft ( sektorale Strukturpolitik, Industriepolitik). b) Regionale Wirtschaftsförderung ( regionale Strukturpolitik). c) Fördermaßnahmen zugunsten bestimmter Unternehmensgruppen oder wirtschaftlicher Tätigkeiten. Beispiele: Existenzgründungsförderung, Mittelstandsförderung, Förderung des Fremdenverkehrs, Filmförderung, Forschung und Entwicklung, Forschungs- und Entwicklungs-Förderung, Umweltschutz, betriebliche Ausbildung u. a.). Begründungen: Die Notwendigkeit der Wirtschaftsförderung wird i. a. damit begründet, dass die begünstigten wirtschaftlichen Tatbestände oder Verhaltensweisen unter den Funktionsbedingungen des Marktes allein nicht zu den volkswirtschaftlich oder gesellschaftlich erwünschten Ergebnissen führen. Es wird m. a. W. von der Notwendigkeit einer Kor-
507 rektur der Marktmechanismen ausgegangen. ( Marktversagen). Wirtschaftsforschungsinstitute, private und öffentliche Institutionen, die weitgehend die Einzelarbeit im Bereich der empirischen Wirtschaftsforschung bzw. Konjunkturforschung abgelöst haben. Früher häufig auch als Konjunkturforschungsinstitute bezeichnet. Bekannteste Wirtschaftsforschungsinstitute in der BRD: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung, Hamburg, ifo-Institut für Wirtschaftsforschung, München, Institut für Weltwirtschaft (IfW), Universität Kiel, Institut für Wirtschaftsforschung Halle ( IWH), Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen. Diese Institute veröffentlichen im Frühjahr und Herbst eine gemeinsame Einschätzung und Beurteilung der Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft, die sog. Gemeinschaftsdiagnose. Wirtschaftsgeografie. 1. Definition: Nach
heute vorherrschender Lehrmeinung lässt sich Wirtschaftsgeografie definieren als die Wissenschaft von der räumlichen Ordnung und der räumlichen Organisation der Wirtschaft. Ihr Objekt sind ökonomische Raumsysteme unterschiedlicher Größe. Ein ökonomisches Raumsystem besteht aus drei Systemelementen: (1) der Verteilung ökonomischer Aktivitäten (Produktion, Konsum) innerhalb eines Raumsystems auf Standorte (Standortstruktur) bzw. Regionen (Regionalstruktur); (2) der Bewegung von mobilen Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital, technisches Wissen), Gütern und Dienstleistungen zwischen den Standorten bzw. Regionen (Interaktion); (3) der Dynamik eines Raumsystems als Folge der Veränderung standortbzw. regionsinterner Wachstumsdeterminanten sowie der Wirkung räumlicher Interaktionen (Prozess). 2. Gliederungsmöglichkeiten: Es ist Aufgabe der Wirtschaftsgeografie, Beiträge zur Erklärung, Beschreibung und Gestaltung ökonomischer Raumsysteme zu leisten. Demzufolge wird das Fach in (1) Raumwirtschaftstheorie, (2) empirische Raumwirtschaftsforschung und (3) Raumwirtschaftspolitik gegliedert. Wirtschaftsgeschichte. Der Begriff Wirt-
schaftsgeschichte bezeichnet a) die Gesamt-
wirtschaftspolitische Instrumente heit der planvollen Handlungen und Einrichtungen der Menschen zur Deckung ihres wirtschaftlichen Bedarfs in der Vergangenheit, b) die wissenschaftliche Beschreibung und Analyse dieses Prozesses (Wissenschaftsdisziplin). Als solche untersucht Wirtschaftsgeschichte als Teil der Wirtschaftsund Geschichtswissenschaften den Zeitraum, für den Informationen über das Wirtschaften der Menschen überliefert sind. Wirtschaftskreislauf. Gesamtheit aller volkswirtschaftlichen Transaktionen, bei denen Wirtschaftsobjekte (Güter, Forderungen) mit (Tausch) oder ohne (Transfer, Schenkung) Gegenleistung von einem Wirtschaftssubjekt (Unternehmen, private und öffentliche Haushalte) auf ein anderes übergehen. Der Wirtschaftskreislauf ist Folge der Arbeitsteilung und in seinem Umfang von deren Ausmaß abhängig. Die theoretische Untersuchung des Wirtschaftskreislaufs ist Gegenstand der Kreislaufanalyse. Wirtschaftskriminalität. Wirtschaftskriminalität bezeichnet ein Verhalten, das die zum Schutz der Funktionsfähigkeit eines Wirtschaftssystems aufgestellten Normen des positiven Rechts verletzt. Die relevanten Normen des Wirtschaftsstrafrechts zur Verhinderung der Wirtschaftskriminalität finden sich in einer Vielzahl von Gesetzestexten (z. B. Strafgesetzbuch, Steuergesetze, Kartellgesetze, Banken- und Börsengesetze, usw.). Wirtschaftskrisen, Finanzkrise Krise,
Krisengeschichte.
Wirtschaftsordnung, in der Realität zu findende Variante eines Wirtschaftssystems (Realtypus); Rahmenordnung, innerhalb derer die Prozesse einer Volkswirtschaft ablaufen. Vgl. auch Ordnung, Ordnungsökonomik. Wirtschaftspolitik, allgemeine Wirtschaftspolitik, Mittel der Wirtschaftspolitik, Ziele der Wirtschaftspolitik, Prozess der Wirtschaftspolitik, Träger der Wirtschaftspolitik. wirtschaftspolitische Instrumente,
Mittel der Wirtschaftspolitik.
wirtschaftspolitische Konzeption
508
wirtschaftspolitische Konzeption. 1. Begriff: Richtschnur oder Leitbild für wirtschaftspolitische Aktivitäten. 2. Erscheinungsbild: Eine wirtschaftspolitische Konzeption entspricht dem Rationalitätsprinzip (rationale Wirtschaftspolitik), wenn sie ein System von grundlegenden gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Zielen, ordnungspolitischen Grundsätzen sowie eine zielkonforme Instrumentenauswahl (Zielkonformität) aufweist. Kontinuität in der praktischen Wirtschaftspolitik erfordert einen permanenten politischen Konsens über die wirtschaftspolitische Konzeption. 3. Beispiele: Liberalismus, Sozialismus und Soziale Marktwirtschaft. wirtschaftspolitische
Maßnahme,
Mittel der Wirtschaftspolitik. wirtschaftspolitischer Prozess, Pro-
zess der Wirtschaftspolitik. wirtschaftspolitischer Ziel-Mittel-Zusammenhang, Ziel-Mittel-Zusammen-
hang. wirtschaftspolitische Ziele, Ziel der
Wirtschaftspolitik. Wirtschaftssektor, Sektoren der Volks-
wirtschaft, Wirtschaftszweige. Wirtschaftsstruktur, Betrachtung (Analyse) volkswirtschaftlicher Sachverhalte unter strukturellen Merkmalen. Die (statistische) Analyseebene liegt zwischen einzelwirtschaftlicher (mikroökonomischer) und gesamtwirtschaftlicher (makroökonomischer) Ebene. Beispiele: sektorale Wirtschaftsstruktur, regionale Wirtschaftsstruktur, Nachfragestruktur, Konsumstruktur, Investitionsstruktur, Beschäftigungsstruktur. Struktur der außenwirtschaftlichen Beziehungen: Exportstruktur, Importstruktur, Unternehmensgrößenstruktur. Wirtschaftsstufentheorie, Entwicklungstheorie, Rostowsche Stadientheorie. Wirtschaftssubjekt, selbstständiges Sozi-
algebilde mit einheitlichem Wirtschaftsplan, wie Haushalte und Unternehmungen. Gegenstand der Haushaltstheorie und Theorie der Unternehmung bzw. Produktionstheorie.
Wirtschaftssystem. Uneinheitliche Verwendung des Begriffes Wirtschaftssystem und Abgrenzung zur Wirtschaftsordnung in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur. Definitionen: 1. Nach Sombart ( Historische Schule der Nationalökonomie): Wirtschaftsweise einer Gesellschaft, determiniert durch Wirtschaftsgesinnung (Zwecksetzung und Verhalten der Wirtschaftssubjekte), Ordnung und Organisation des Wirtschaftslebens (Rechts-, Sitten- und Konventionalordnung) und realisierte Produktionstechnologien. 2. Nach Eucken ( Ordoliberalismus): Idealtypische Art und Weise der Lenkung des Wirtschaftens. Klassifikationskriterium ist für ihn, ob die Planung des Wirtschaftsgeschehens dezentral von den einzelnen privaten und öffentlichen Haushalten (Verkehrswirtschaft) oder von einer Zentralinstanz ( Zentralverwaltungswirtschaft) durchgeführt wird. Zusammen mit den Marktformen ( vollständige Konkurrenz, Teiloligopol, Oligopol, Teilmonopol, Monopol), den Formen der Geldentstehung (Warengeld, Kreditgeld) und den Hauptformen der Geldwirtschaft (die Geldfunktionen der Recheneinheit, des Zahlungsmittels und der Wertaufbewahrung werden gemeinsam von einer Geldart oder von verschiedenen Geldarten getrennt erfüllt) determiniert das Wirtschaftssystem (Form der Planung) die (marktwirtschaftliche) Wirtschaftsordnung. Wirtschaftsordnung ist für Eucken Oberbegriff seiner Systematik, definiert als die Gesamtheit der jeweils realisierten Formen (Realtypen), in denen Haushalte und Unternehmen miteinander verbunden sind. Sie setzt sich aus verschiedenen Teilordnungen zusammen: Ordnung der Landwirtschaft, der gewerblichen Wirtschaft, des Verkehrswesens, der Arbeitsverhältnisse und des Geldwesens. Spätere Begriffserweiterung um die sittlichen und rechtlichen Determinanten des Wirtschaftsgeschehens (Hensel). 3. Im Rahmen des heute vorherrschenden systemtheoretischen Ansatzes der Sozialwissenschaften bildet das Wirtschaftssystem den analytischen Oberbegriff. Unter einem System werden eine Menge von Elementen, die in einem System- und Sinnzusammenhang stehen, die zwischen ihnen bestehenden Interdependenzen und die hieraus folgenden Abläufe verstanden. Das Wirtschaftssystem ist ein Teil des Gesellschaftssystems und von anderen Teilsystemen mittels der Unterscheidungskriterien Systemzweck und die zu
509
Wohlfahrt
seiner Erfüllung eingesetzten Mittel abzugrenzen. Wirtschaftstheorie, Volkswirtschafts-
lehre. Wirtschafts- und Sozialkybernetik. Die Wirtschafts- und Sozialkybernetik ist eine fachbereichsbezogene Kybernetik. Die Kybernetik (vom griech. Wortstamm kybernetes = Steuermann) ist eine Theorie aller dynamischen Systeme. Sie beschäftigt sich insbes. mit der Informationsverarbeitung in dynamischen Systemen und mit deren Regelung und Steuerung. Wirtschafts-
und
Währungsunion,
Europäische Union ( EU), schaftsunion, Währungsunion.
Wirt-
Wirtschaftsunion, Zusammenschluss von selbstständigen Staaten zu einem gemeinsamen Wirtschaftsgebiet mit binnenmarktgleichen Verhältnissen (multinationale, gemeinschaftliche Volkswirtschaft; gemeinsamer Markt; in der EU: Einheitlicher Binnenmarkt). Die Verwirklichung einer Wirtschaftsunion erfolgt im Wege einer stufenweisen Harmonisierung der Außen- und Binnenwirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten sowie ihrer Sozialpolitik.
Der Begriff stammt aus der jüngeren Historischen Schule und wurde dort meist gleichbedeutend mit verwandten Begriffen wie Wirtschaftsstil, Wirtschaftsstufe, Wirtschaftssystem oder Wirtschaftsordnung gebraucht. Der deskriptive Wirtschaftsverfassungsbegriff umfasst alle durch den Gesetzgeber erlassenen Rechtsregeln (Ge- und Verbote), die die ökonomischen Aktivitäten der Rechtssubjekte beeinflussen. Der funktionale Wirtschaftsverfassungsbegriff bezieht sich auf diejenigen Rechtsregeln, die für ein bestimmtes Wirtschaftssystem, z.B. die Marktwirtschaft, als konstitutiv gelten. Wirtschaftsverfassung.
Wirtschaftswachstum, Wachstum. Wirtschaftswissenschaft, Volkswirt-
schaftslehre. Wirtschaftszweige, Gliederungsprinzip in der Wirtschaftsstatistik. Bildung homogener Klassen wirtschaftlicher Tätigkeiten. Die Zu-
ordnung einzelner Produktionseinheiten zu einem Wirtschaftszweige erfolgt nach dem Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit. Die amtliche Statistik in Deutschland beruht auf der sog. Systematik der Wirtschaftszweige. Sozialismus, auf Marx und Engels zurückgehende Bezeichnung für den Marxismus, mit der der eigene theoretisch-methodische Anspruch in Abgrenzung zum utopischen Sozialismus der Frühsozialisten hervorgehoben werden soll. Unter wissenschaftlich wird dabei verstanden, dass mit dem eigenen Ansatz des dialektischen Materialismus bzw. historischen Materialismus zwingende Zukunftsaussagen über den unvermeidlichen Zusammenbruch des Kapitalismus und seine notwendige revolutionäre Umwandlung in den Sozialismus sowie über dessen Gesellschaftsordnung möglich seien. Wissenschaftlicher
wissenschaftliche Wirtschaftspolitik,
allgemeine Wirtschaftspolitik. Wissenschaftsrat, Bildungspolitik. Wissenschaftstheorie, Methodologie. Wissenschaft von der Sozialpolitik,
Sozialpolitik. Witwen- und Witwerausgleichsrente,
Kriegsopferversorgung. Witwen- und Witwerbeihilfe, Kriegs-
opferversorgung. Witwen-
und
Witwergrundrente,
Kriegsopferversorgung. Witwen-/Witwerrente, Rente der gesetz-
lichen Rentenversicherung, die dem hinterbliebenen Ehegatten als Unterhaltsersatz gezahlt wird. Wohlfahrt. Begriff der Wohlfahrtsöko-
nomik, auf dessen Basis das gesellschaftliche Wohlfahrtsoptimum abgeleitet wird. Bei Verwendung des Wohlfahrtsbegriffs muss geklärt werden, aus welchen materiellen und ggf. immateriellen Elementen (d. h. Gütern, Einkommen, Prestige u. a.) die Wohlfahrt besteht. Zur exakten Quantifizierung des Begriffs Wohlfahrt ist außerdem ein einheit-
Wohlfahrtsfunktion licher Bewertungsmaßstab notwendig. Es ist der Wohlfahrtsökonomik bis heute nicht gelungen, ein eindeutiges, allgemein verwendetes Maß für die Wohlfahrt zu entwickeln. Die je nach verwendetem materiellen Wohlfahrtsbegriff in Gütern ( LeontiefLerner-Wohlfahrtsfunktion) oder Nutzeneinheiten ( utilitaristische Wohlfahrtsfunktion; Rawlssche Wohlfahrtsfunktion) ausgedrückte Wohlfahrt repräsentiert zudem einen heterogenen Strom und Bestand von Gütern. Vgl. auch Wohlfahrtsfunktion. Wohlfahrtsfunktion, formale Darstellung
der Aggregation individueller Wohlfahrtsvorstellungen. 1. Arten: In der Wohlfahrtsökonomik sind eine Reihe von Wohlfahrtsfunktionen entwickelt worden, um das Verteilungsproblem zu lösen, das mit Hilfe der pareto-optimalen Punkte, die die Kontraktkurve ergeben, nicht gelöst werden kann. Zu nennen sind z.B. die Leontief-Lerner Wohlfahrtsfunktion sowie die Rawlssche Wohlfahrtsfunktion. 2. Beurteilung: Grundsätzliche Probleme der Verwendung von Wohlfahrtsfunktionen ergeben sich immer dann, wenn diese nicht einstimmig entsprechend dem Postulat der Konsumentensouveränität vereinbart werden, wenn die Möglichkeit interpersoneller Nutzenvergleiche abgelehnt wird und wenn kardinale Nutzenmessungen als nicht möglich erachtet werden. Arrow hat darüber hinaus nachgewiesen, dass die theoretische Ableitung einer auf demokratischen Mehrheitsentscheidungen basierenden Wohlfahrtsfunktionen unmöglich ist ( Arrow-Paradoxon). Wohlfahrtskriterien, Kriterien zur Ermitt-
lung des gesellschaftlichen Wohlfahrtsoptimums. In der Wohlfahrtsökonomik sind eine Reihe von Wohlfahrtskriterien entwickelt worden, z.B. das Pareto-Optimum. Wohlfahrtsökonomik. Teilgebiet der Volkswirtschaftslehre, das aus den Ansätzen zur Entwicklung und Beurteilung von Wohlfahrtskriterien, mit denen ein gesellschaftliches Wohlfahrtsoptimum abgeleitet werden soll, besteht. Dazu greift die Wohlfahrtsökonomik auf den Erkenntnisstand der Mikroökonomik zurück. Erklärungsziele der Wohlfahrtsökonomik sind kurz zusammengefasst: (1) Definition des Begriffs Wohlfahrt; (2) Bereitstellung eines theoretischen Apparates zur Ermittlung des Wohl-
510 fahrtsoptimums; (3) Einordnung der wohlfahrtstheoretischen Untersuchungen als positive Theorie, d. h. Anstreben der Wertfreiheit. Vgl. Sozialpolitik. Wohlfahrtstheorie, Wohlfahrtsökono-
mik. Wohlfahrtsverlust. Marshall definiert Wohlfahrtsverlust als Verringerung der Konsumentenrente, die sich ergibt, wenn die Optimalitätsbedingungen der vollkommenen Konkurrenz verletzt sind. Wohlfahrtsverluste bilden im Rahmen der Wohlfahrtsökonomik die Grundlage für die Theorie des Zweitbesten. Wohlfahrtswirkungen des internationalen Handels, Wohlfahrtsvergleich zwi-
schen der Situation des Freihandels und der Autarkie. Der Unterschied kann mit Hilfe eines so genannten Äquivalenzmaßes zum Ausdruck gebracht werden. Das ist jenes Ausmaß an Einkommenskompensation, das die Konsumenten bei Autarkiepreisen in eine Lage brächte, die sie gleich bewerten würden wie Freihandel (Equivalent Variation), bzw. jene Einkommenskompensation, die sie bei Freihandelspreisen erhalten müssten, um in eine Lage zu kommen, die sie gleich bewerten wie die Autarkie (Compensating Variation). Die Wohlfahrtswirkungen des internationalen Handels hängen entscheidend von den Terms of Trade ab. Vgl. auch Handelstheorie, Handelspolitik. Wohlstandsmodell, ökologisches Wohl-
standsmodell. Wohlstandsverteilung, die Verteilungs-
politik (und damit auch die Verteilungstheorie) beschäftigt sich mit Problemen der Wohlstandsverteilung auf Wirtschaftssubjekte bzw. Haushalte. Dabei wird üblicherweise die Einkommensverteilung als ein Hauptindikator für die Verteilung des Wohlstands gewählt, auch wenn ein nicht geringer Teil von Gütern nicht über den Markt an die Haushalte verteilt wird. Dabei handelt es sich vornehmlich um die so genannten öffentlichen Güter und Lasten (Parks, Freibäder etc., aber auch Verkehrslärm, Luftverschmutzung etc.) und um unentgeltliche öffentliche Leistungen (insbes. im Rahmen der Sozialgesetzgebung).
511 Wohngeld, 1. Begriff: Teil der sozialen
Sicherung, der einkommensschwachen Personen zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens dient. Wohngeld wird als Zuschuss zur Miete (Mietzuschuss) oder zur Belastung (Lastenzuschuss) für den selbst genutzten Wohnraum geleistet. Mit der Wohngeldreform zum 1.1.2009 werden bei der Wohngeldermittlung erstmals auch Heizkosten berücksichtigt. 2. Rechtsgrundlagen sind das Wohngeldgesetz (WoGG) vom 24.9.2008 und die Wohngeldverordnung (WoGV) vom 21.12.1971. 3. Wohngeldberechtigte a) für Mietzuschuss sind natürliche Personen, die Wohnraum gemietet haben und ihn selbst nutzen, sowie unter bestimmten Voraussetzungen gleichgestellte Personen (z.B. mit Dauerwohnrecht). b) für Lastenzuschuss sind natürliche Personen, die Eigentum an selbst genutztem Wohnraum haben und gleichgestellte Personen (z.B. mit Erbbau-, Dauerwohn-, Wohnungs- oder Nießbrauchrecht). 4. Berechnungskriterien: Das Wohngeld richtet sich nach (1) der Zahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder, (2) der zuschussfähigen Miete bzw. Belastung und (3) nach dem Gesamteinkommen. 5. Beantragungsverfahren: Wohngeld wird nur auf Antrag bei der örtlichen Wohngeldbehörde gezahlt, die einen schriftlichen Wohngeldbescheid erteilt. Wohngeld wird in der Regel für zwölf Monate ab dem 1. des Monats der Antragstellung gezahlt, danach ist ein neuer Antrag zu stellen. 6. Zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder sind seit dem 1.1.2009 nicht nur Familienangehörige, sondern alle Personen, die miteinander verwandt sind oder in einer sonstigen Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft leben. 7. Zu Berücksichtigende Miete und Belastung: (1) Von der vertraglich vereinbarten Miete sind die Betriebskosten für Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen und Zuschläge für Untermiete, andere Nutzungen als für Wohnzwecke oder Möbelüberlassungen abzuziehen. (2) Belastung sind Kosten für den Kapitaldienst und der Bewirtschaftung von Wohnraum. (3) Darüber hinaus sind in beiden Fällen die Heizkosten zu berücksichtigen. 8. Mietund Belastungshöchstbeträge: Für den Wohngeldbezug sind monatliche Höchstbeträge für Miete und Belastung festgesetzt, die mit der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der Mietenstufe zunehmen. Die Zugehörigkeit einer Gemeinde
Wohngeld zu einer Mietenstufe von I bis VI richtet sich nach dem vom Statistischen Bundesamt festzustellenden Mietniveau und ist in der Wohngeldverordnung zu finden. Der Höchstbetrag für 1 Haushaltsmitglied (5 Haushaltsmitglieder) beträgt z. B. bei Mietenstufe I 292 EUR (561 EUR) und bei Mietenstufe VI 407 EUR (787 EUR). Der Mehrbetrag für jedes weitere Haushaltsmitglied beträgt 66 EUR in der Mietenstufe I und 99 EUR in der Stufe VI. 9. Zu berücksichtigende Heizkosten: Monatliche Heizkosten sind in Abhängigkeit von der zu berücksichtigen Haushaltsmitgliederzahl zu berücksichtigen. Bei einem Haushaltsmitglied (zwei Haushaltsmitgliedern) betragen diese 24 EUR (31 EUR). Der Mehrbetrag für jedes weitere Haushalsmitglied beträgt 6 EUR. 10. Gesamteinkommen: Das Gesamteinkommen ist die Summe der Jahreseinkommen der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder abzüglich der Freibeträge (z.B. für Schwerbehinderte und Kinder) und der Abzugsbeträge für gesetzliche Unterhaltsleistungen. Das monatliche Gesamteinkommen ist ein Zwölftel des Gesamteinkommens. Das Jahreseinkommen sind die positiven Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz zuzüglich in § 14 Abs. 2 WoGG definierter Einnahmen abzüglich der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Zum Jahreseinkommen zählen nicht Einkommen aus Vermietung oder Verpachtung eines Teils des Wohnraums, für den Wohngeld beantragt wird. 11. Höhe des Wohngeldes: Gem. § 19, Abs. 1 WGG berechnet sich das ungerundete monatliche Wohngeld (W) für bis zu zwölf zu berücksichtigende Haushaltsmitglieder nach der Formel W=1,08(M(a+bM+cY))EUR. Darin sind M die gerundete zu berücksichtigende monatliche Miete in Euro, Y das gerundete monatliche Gesamteinkommen in EUR sowie a, b und c von der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder abhängige Werte, die in Anlage 1 des WoGG tabelliert sind. Ein Alleinstehender mit einem Monatseinkommen von 587,50 EUR und einer Monatsmiete von 299 EUR erhält danach ein Wohngeld von 97 EUR. Kein Wohngeldanspruch entsteht, wenn das Wohngeld weniger als 10 EUR monatlich betragen würde. 12. Ausschluss vom Wohngeld: Vom Wohngeld ausgeschlossen sind insbesondere Empfänger von sonstigen Sozialleistungen, wenn bei deren Berechnung Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden sind, insbesondere
Wohnsitzprinzip von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach SGB II, der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB XII, im Rahmen der Kriegsopferfürsorge und von Asylbewerberleistungen. 13. Finanzierung: Finanziert wird das Wohngeld aus Steuermitteln zur Hälfte von den Ländern, zur anderen Hälfte vom Bund. Wohnsitzprinzip, finanzwissenschaftliches Prinzip, um eine regionale Doppelbesteuerung zu vermeiden, wobei die Steuererträge demjenigen Land oder derjenigen Region zufließen, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat. Gegensatz: Ursprungsprinzip. Vgl. auch internationales Steuerrecht. Workable Competition, Effective Competition, funktionsfähiger oder wirksamer Wettbewerb, Wettbewerbstheorie.
Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, WFP. World
Food
Programme,
World Health Organization, Weltgesund-
heitsorganisation, WHO.
512 World Intellectual Property Organization, Weltorganisation für geistiges Eigen-
tum, WIPO. World Trade Organization, Welthandels-
organisation, WTO. WTO, World Trade Organization, Welthandelsorganisation, 1.1.1995 in Genf gegründete Sonderorganisation der UN zur Gestaltung zwischenstaatlicher Handelsbeziehungen. Sie übernimmt u. a. Aufgaben der ITO, zusätzlich die Regelung grenzüberschreitender Dienstleistungen und geistigen Eigentums. Aufgaben: Handelspolitisch führt die WTO die vom GATT verfolgte Politik fort, Wachstum und Wohlstand über eine Förderung der internationalen Arbeitsteilung zu unterstützen. Weitere Informationen unter www.wto.org Wucher. Unter Wucher versteht man heute
ein Rechtsgeschäft, das durch Ausnutzung einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Urteilsmangels oder einer Willenschwäche eines anderen zu Vermögenszuwächsen führt, die in keinem Verhältnis zur eigenen Gegenleistung stehen. Entgegen dem Alten Testament, das für Zins und Wucher nur ein Wort kennt, gelten Zinsen heute als ethisch gerechtfertigt, Wucher aber nicht.
XYZ X-Ineffizienz. 1. Allgemein: Die X-Ineffizienz bezeichnet die nicht-allokative Ineffizienz, die durch fehlenden Wettbewerbsdruck und mangelnde Motivation des Managements und der Mitarbeiter eines Unternehmens hervorgerufen wird. Unter Kostenaspekten lässt sich die X-Ineffizienz als Differenz zwischen den tatsächlichen und den mindestens anfallenden (Produktions-) Kosten auffassen. 2. Empirische Relevanz: Die Diskussion um die Lean Production verdeutlicht die Bedeutung der Kostenkontrollfunktion des Wettbewerbs. Young-Plan, zur Regelung der deutschen Reparationen nach dem 1. Weltkrieg von einer Sachverständigenkommission (eingesetzt aufgrund der Pariser Konferenz) unter Vorsitz von Young ausgearbeiteter Plan, in Kraft getreten ab Mai 1930 in Ablösung des Dawes-Plans. Die Verpflichtungen aus dem Young-Plan wurden 1932 durch das Lau-
sanner Abkommen für hinfällig erklärt. Zahlungsbereitschaft. Betrag, den ein Individuum aus seinem gegebenen Einkommen für die Bereitstellung öffentlicher Güter zu zahlen bereit wäre. Da die Zahlungsbereitschaftsanalyse wahrscheinlich die tatsächliche Zahlungsbereitschaft systematisch unterschätzt ( Free-Rider-Verhalten), wird statt der Zahlungsbereitschaft auch der Betrag ermittelt, den das Individuum als Ausgleich für den Nutzenentgang bei Wegfall der öffentlichen Leistung akzeptieren würde. Zahlungsbilanz. 1. Begriff: Zahlungsbilanz
ist die systematische Darstellung aller außenwirtschaftlichen Transaktionen eines Landes innerhalb einer Periode. Diese werden kontenartig erfasst. Verbuchungsregel: Transaktionen, die zu Zahlungseingängen führen, werden im Credit (Haben) verbucht,
Zahlungsbilanz (1) Leistungsbilanz (Bilanz der Laufenden Posten) (1.a) Handelsbilanz Güterexporte
Güterimporte (1.b) Dienstleistungsbilanz
Dienstleistungsexporte Dienstleistungsimporte (1.c) Bilanz der Erwerbs- und Vermögenseinkommen Erwerbs- und Vermögenseinkommen Erwerbs- und Vermögenseinkommen aus dem Ausland an das Ausland (1.d) Bilanz der laufenden Übertragungung einseitige Zahlungen aus dem Ausland sowie einseitige Zahlungen an das Ausland (2) Vermögensübertragungsbilanz Übertragungen aus dem Ausland Übertragungen an das Ausland (3) Kapitalverkehrsbilanz Kapitalverkehrsbilanz im engeren Sinne Private Kapitalimporte = = Private Kapitalexporte Zu(Ab-)nahme von Ab(Zu-)nahme von Auslandsverbindlichkeiten(-forderungen) Auslandsverbindlichkeiten(-forderungen) (4) Devisenbilanz Abnahme der Währungsreserven Zunahme der Währungsreserven
von Prof. Dr. D. Piekenbrock, GABLER KOMPAKT-LEXIKON VOLKSWIRTSCHAFTSLEHRE, DOI 10.1007/978-3-8349-8774-7_24, © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Zahlungsbilanzausgleichstheorie Transaktionen, die zu einem Zahlungsausgang führen, im Debet (Soll). Bei Erfassung aller Transaktionen und korrekter Verbuchung muss die Zahlungsbilanz insgesamt immer ausgeglichen werden. 2. Teilbilanzen: (Vgl. die nebenstehende Übersicht): (1) Leistungsbilanz mit (a) Handelzbilanz, (b) Dienstleistungsbilanz, (c) Bilanz der Erwerbs- und Vermögenseinkommen und (d) Bilanz der laufenden Übertragungen; (2) Bilanz der (einmaligen) Vermögensübertragungen, (3) Kapitalverkehrsbilanz im engeren Sinne (ohne Devisenbilanz) und (4) Devisenbilanz. Im Vergleich zur amtlichen Zahlungsbilanzsatistik sind in der Übersicht nicht ausgewiesen: die statistisch nicht aufgliederbaren Transaktionen (Restposten) sowie die Untergliederung der Kapitalverkehrsbilanz in Direktinvestitionen, Wertpapiere, Finanzderivate und übrigen Kapitalverkehr. 3. Zusammenhang zwischen Leistungs- und Kapitalverkehrsbilanz: Jedes Land tätigt genau im Umfang eines Leistungsbilanzüberschusses (-defizites) Kapitalexporte ( Kapitalimporte). Wenn privater Kapitalverkehr aus irgendwelchen Gründen (z. B. durch internationale Kapitalverkehrskontrollen) nicht stattfinden kann, dann erfolgt der Ausgleich ausschließlich in der Devisenbilanz, wo die Veränderungen der Auslandspositionen der Notenbank ( Währungsreserven) verbucht werden. Im Falle eines Leistungsbilanzüberschusses ergibt sich eine Zunahme von Währungsreserven. Es besteht eine enge Verbindung zwischen Zahlungsbilanzsalden und dem Devisenmarkt. Vgl. auch Zahlungsbilanzausgleichstheorie, außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
514 aus marginaler Spar- und Importquote bestimmte Messzahl, die angibt, um wie viel sich die Leistungsbilanz eines Landes verbessert (verschlechtert), wenn seine Exporte um eine Geldeinheit steigen (sinken). Zahlungsfähigkeitsprinzip, Ability to
Pay Principle. Zahlungsmittel, Medium, das zur Erfüllung von Geldforderungen verwendet wird. Annahmepflicht besteht bei gesetzlichen Zahlungsmitteln. In modernen Volkswirtschaften werden in weit größerem Umfang Sichteinlagen bei Banken als Zahlungsmittel verwendet. Vgl. auch Geld. Zehner-Gruppe, Zehner Club, G 10,
Group of Ten. Zeitpräferenz, Time Preference. Zentralbank, Eigenständige staatliche In-
stitution, die mit der Wahrung der Aufgaben der Geldpolitik betraut ist. Vgl. Deutsche Bundesbank, EZB. Zentralbankautonomie, Unabhängig-
keit der Zentralbank. Zentralbankfunktionen, Deutsche Bun-
desbank. Zentralbankgeld, Bargeld und Sichtgutha-
ben der Banken und Nichtbanken bei der Zentralbank (die jederzeit in Bargeld umgetauscht werden können). Vgl. auch Theorie des Geldangebots. Zentralbankgeldbedarf
Zahlungsbilanzausgleichstheorie,
Kernbereich der monetären Außenwirtschaftstheorie, in dem die Zusammenhänge zwischen dem Güterhandel, dem internationalen Kapitalverkehr und dem Devisenmarkt untersucht werden. Ziel ist die Erfassung jener Mechanismen, die unter verschiedenen Voraussetzungen ( fixer Wechselkurs, flexibler Wechselkurs, Grad der internationalen Kapitalmobilität) die Erreichung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts gewährleisten können.
der
Zentralbankguthaben,
Zentralbank-
geld. Zentralbankrat Deutschen Bundesbank. Zentralbankrat,
bilanzmultiplikator, durch den Quotienten aus marginaler Sparquote und der Summe
der
Zentralplanwirtschaft. Wirtschaftsordnung, in der die Wirtschaftsprozesse von einer staatlichen Zentralinstanz geplant und koordiniert werZentralverwaltungswirtschaft,
Zahlungsbilanzmultiplikator, Leistungs-
Banken.
Die Banken benötigen Zentralbankgeld zur Befriedigung der Bargeldabhebungen ihrer Kunden und zur Erfüllung ihrer Mindestreserveverpflichtungen ( Mindestreservepolitik).
515 den. Gegensatz: Verkehrswirtschaft.
Zinsen
Marktwirtschaft,
Zertifikate, Umweltpolitik, Umwelt-
und Ressourcenökonomik. Ziel der Wirtschaftspolitik. 1. Begriff:
Soll-Zustand einer real erfassbaren wirtschaftlichen Größe, dessen Ist-Zustand von den wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern als erwünscht angesehen und dessen Erreichung über den Einsatz geeigneter Mittel der Wirtschaftspolitik angestrebt wird. 2. Systematische Gliederung: Die spezielle Ausformulierung der Ziele der Wirtschaftspolitik leitet von der allgemeinen Wirtschaftspolitik zur speziellen Wirtschaftspolitik über. Die zielorientierte Spezialisierung der Wirtschaftspolitik kann nach dynamischen, sektoralen, regionalen, strukturellen und sozialen Aspekten erfolgen. Im Einzelnen zählen (1) zu den dynamischen Zielorientierungen die Wachstumspolitik und die Konjunkturpolitik ( Stabilisierungspolitik) mit den Einzelzielen Geldwertstabilität und Vollbeschäftigung, (2) zu den sektoralen Zielorientierungen die Agrarpolitik, Industriepolitik und Handelspolitik, (3) zu den regionalen Zielorientierungen die Entwicklungspolitik, früher die Zonenrandpolitik und heute die EU-Politik, (4) zu den strukturellen Zielorientierungen die Energiepolitik, die Verkehrspolitik, die Rohstoffpolitik insgesamt auch der Umweltpolitik untergeordnet und die Kommunikationspolitik (Medienpolitik und Nachrichtentechnik) und schließlich (5) zu den sozialen Zielorientierungen die Gesundheitspolitik, die Sozialhilfepolitik und die Rentenpolitik ( soziale Sicherung). 3. Formelle Charakteristik: Im Hinblick auf eine Steuerung der wirtschaftspolitischen Ziele durch einen geeigneten Instrumenteneinsatz ( Mittel der Wirtschaftspolitik, ZielMittel-Zusammenhang) sind die formellen Eigenschaften von Zielen der Wirtschaftspolitik von Bedeutung: die Operationalisierbarkeit und der Repräsentationsgehalt der Zielvariablen. Daneben besteht das Aggregationsproblem, individuelle Wirtschaftsziele (i. A. die individuelle Nutzenmaximierung) zu einer gesellschaftlich getragenen wirtschaftspolitischen Zielgröße (z. B. gesellschaftliche Wohlfahrt) zusammenzufassen ( Aggregation). 4. Zielinterdependenzen: Die Disaggregation umfassender Gesamtziele
(z. B. die gesellschaftliche Wohlfahrt) in mehrere Unterziele wird in der deutschen Wirtschaftspolitik z. B. als magisches Vieleck bezeichnet, speziell als magisches Viereck (Vollbeschäftigung, Preisstabilität, Zahlungsbilanzgleichgewicht und angemessenes Wachstum). Zwischen diesen und anderen Unterzielen können Zielkonflikte auftreten, die eine gleichzeitige Verfolgung bestimmter Zielkombinationen verhindern. Nach dem Phillips-Theorem ( PhillipsKurve) ist z. B. die gleichzeitige Erreichung von Vollbeschäftigung und Geldwertstabilität (z. B. 1 % Arbeitslosenquote und 0,5 % Inflationsrate) unmöglich. Zielinterdependenzen, Ziel der Wirt-
schaftspolitik. Zielkonflikt, Ziel der Wirtschaftspolitik. Ziel-Mittel-Zusammenhang, Ziel-MittelBeziehung, Ziel-Mittel-Funktion. Der ZielMittel-Zusammenhang bezeichnet die funktionale Verbindung zwischen den wirtschaftspolitischen Mitteln und den damit angestrebten wirtschaftspolitischen Zielen. zielorientierter Prozessablauf, Pro-
zess der Wirtschaftspolitik. Zielzonen-System. Ein internationales Währungssystem, das sowohl Elemente des flexiblen Wechselkurses, wie auch Elemente des fixen Wechselkurses beinhaltet. Die nominellen Wechselkurse sind innerhalb eines bestimmten Bandes (Zielzone) frei beweglich, sollen jedoch durch Devisenmarktinterventionen daran gehindert werden, dieses Band zu verlassen. Zinsabschlagsteuer,
Kapitalertrags-
steuer, Abzugssteuern. Zinsausgabenquote, Zinsendienstquo-
te, Verschuldungsgrenzen. Zinsen. 1. Begriff: Preis für die Überlassung von Kapital bzw. Geld. In diesem Sinn werden auch Mieten und Pacht gelegentlich als Zinsen angesehen. 2. Höhe: Der Zinssatz bildet sich nach marktmäßigen Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Die Höhe variiert je nach der Länge der Leihfristen; dadurch existieren unterschiedliche Zinssätze am Geld- und Kapitalmarkt. Durch geldpoliti-
Zinsendienstkoeffizient
516
sche Maßnahmen kann die Höhe des Zinssatzes beeinflusst werden ( Deutsche Bundesbank). 3. Wirtschaftstheoretische Behandlung des Zinsproblems: Vgl. Zinstheorie, Abstinenztheorie, Agiotheorie, Ausbeutungstheorie, dynamische Zinstheorie, Liquiditätstheorie des Geldes. Zinsendienstkoeffizient,
Verschul-
dungsgrenzen. Zinsausgabenquote, Maß für die Belastung eines Staatshaushaltes durch den Zinsendienst: Zinsausgaben ohne Tilgung bezogen auf die Gesamtausgaben.
Zinsendienstquote,
Zinstheorie, verschiedene Ansätze, die das Wesen des Zinses sowie seine Höhe zu erklären versuchen. Vorangestellt ist die ethische Frage nach der Rechtfertigung des Zinses (z. B. bei Aristoteles, Th. von Aquin, K. Marx). Kategorien: a) Reale Zinstheorie: Auf der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals sowie der Time Peference bei der Wahl zwischen Gegenwarts- und Zukunftsgütern basierende Zinserklärungen. b) Monetäre Zinstheorie.: Ansätze, bei denen der Zins als Entschädigung für die Aufgabe von Liquidität im Vordergrund steht. Einzelansätze: (1) Abstinenztheorie, (2) Agiotheorie, (3) Loanable Funds Theory und (4) Wartetheorie.
Zinsparität. Die (internationale) Zinsparität
besagt, dass in inländischer und in ausländischer Währung notierte Anlagen unter Berücksichtigung von Wechselkursveränderungen dieselbe Rendite aufweisen. Zinspolitik, zinspolitische Instrumente.
Zoll, tarifäres Handelshemmnis, meist ist damit eine Importsteuer gemeint ( Mengenzoll, Wertzoll). Die Wohlfahrtswirkung eines Zolls hängt auf entscheidende Weise von der Größe eines Landes ab, aber auch von der Marktstruktur und dem Marktverhalten. Vgl. auch Handelspolitik.
zinspolitische Instrumente, Instrumente
der Geldpolitik, mit denen die Zentralbank die Menge des den Banken zur Verfügung stehenden Zentralbankgelds indirekt über die Beschaffungskosten beeinflussen kann. Zu den zinspolitischen Instrumenten in der EU vgl. Deutsche Bundesbank. Zinsspannentheorie, von K. Wicksell ent-
wickelte monetäre Konjunkturtheorie. Konjunkturschwankungen werden durch das Auseinanderfallen von natürlichem Zins (Realzins) und Geldzins erklärt, wodurch der Wicksellsche Prozess ausgelöst wird. Zinsstruktur, Zinsstrukturkurve.
Zollkrieg, Vergeltungszoll. Zollunion, spezifisches Konzept zur regio-
nalen Handelsliberalisierung. Im Zuge der Verwirklichung einer Zollunion werden zwischen den beteiligten Volkswirtschaften (schrittweise) alle Zölle und Kontingente beseitigt; parallel hierzu werden gleichzeitig die von den Mitgliedsländern gegenüber Drittstaaten angewendeten Zölle und Kontingente aneinander angeglichen (Entstehen eines gemeinsamen Zolltarifs). Bedeutung: Eine Zollunion (so auch im Fall der EWG) dient i. d. R. als Vorstufe zur Errichtung einer Wirtschaftsunion (gemeinsamer Markt). Vgl. auch Integration.
Zinsstrukturkurve, graphische Darstellung
der geltenden Zinssätze für kurz-, mittel- und langfristige Anlagen. Zinstender, spezielle Form eines Wert-
papierpensionsgeschäftes, bei dem die Kreditinstitute sowohl die Beträge als auch die Zinssätze nennen müssen, zu denen sie Wertpapiere an die Zentralbank zu verkaufen wünschen. Die Zuteilung erfolgt entweder zu einem einheitlichen Zinssatz (holländisches Verfahren) oder zu den individuellen Bietungssätzen der Banken (amerikanisches Verfahren).
Zollverein, Zusammenschluss von Staaten zur Vereinheitlichung des Zollwesens und zum Abbau der Zollschranken, u. U. Vorstufe einer Zollunion. Zumutbarkeit, z. T. gesetzlich fixiertes
Bewertungskriterium für (umwelt-)politische Maßnahmen, das auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip abstellt. So wird z. B. im Abfallgesetz (AbfG) geprüft, ob Anlagenbetreibern die Vermeidung oder Verwertung von Abfällen zumutbar ist.
517
Zyklus
Zündwarenmonopol, früherer Zwangszusammenschluss aller zur Herstellung von Zündwaren berechtigter Hersteller. Seit 1983 aufgehoben. Form des Finanzmonopols.
Deckungsrelationen); b) Lenkungszuweisung (spezielle Zuweisung): Zuweisung zur Beeinflussung der Ausgabenentscheidungen der Zuweisungsempfänger.
Zusammenschlüsse, Unternehmens-
Zuzahlungen, gesetzliche Kankenversi-
konzentration, Fusionskotrolle, recht, Wettbewerbspolitik.
cherung.
Kartell-
Zusammenveranlagung, Form steuerli-
cher Veranlagung, bei der für mehrere Personen eine gemeinsame Bemessungsgrundlage und Steuerschuld festgesetzt wird, z.B. die Zusammenveranlagung von Ehegatten in der Einkommensteuer. Zusatzjobs, Arbeitsgelegenheiten. Zuschlagskalkulation, kostenniveau-
neutrale Lohnpolitik. Zuschlagssystem, Regelungsform der Steuerertragshoheit zwischen öffentlichen Aufgabenträgern im aktiven Finanzausgleich. Beim Zuschlagssystem wird das Recht zur Wahl und Ausgestaltung öffentlicher Einnahmequellen einem i. d. R. dem zentralen Aufgabenträger zugewiesen, anderen Aufgabenträgern aber das Recht eingeräumt, auf die Bemessungsgrundlage oder Abgabeschuld dieser Einnahmequelle einen Zuschlag zu erheben. Zuschuss-Wintergeld, Wintergeld. Zuteilungssatz, Zinssatz, zu dem die Kreditinstitute bei Wertpapierpensionsgeschäften Zentralbankgeld erhalten. Zuweisung, zwischen öffentlichen Aufga-
benträgern, insbes. Gebietskörperschaften, übertragene Finanzmittel. Zuweisungen erfolgen v. a. im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs (zwischen Ländern und ihren Gemeinden/Gemeindeverbänden) und im Rahmen des Länderfinanzausgleichs zwischen den Ländern (horizontal) sowie zwischen Bund und Ländern (vertikal). Ein Finanzierungssystem mit internem Finanzausgleich und Zuweisungen stellt auch der Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Formen: a) Ausgleichszuweisung (allgemeine Zuweisung): Zuweisung im Rahmen des Finanzausgleichs zum Ausgleich von Unterschieden der Finanzkraft/Finanzbedarfs-Relationen (
Zwangsetatisierung, Mittel des Verwaltungszwangs, durch das die Aufsichtsbehörde durch Ersatzvornahme einen Posten in den Haushaltsplan einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft einsetzen kann, wenn die Körperschaft selbst die Einsetzung verweigert. Zwangsversicherungen, Versicherungen mit einer Versicherungspflicht (mit Ausnahmeregelungen für keine oder eine freiwillige Versicherung) und einer unfreiwilligen (und in der Regel durch Umverteilungseffekten betroffene) Solidargemeinschaft wie die gesetzliche Sozialversicherung in Deutschland. Zwecksteuern. 1. Begriff: Steuern, die pri-
mär nicht auf Einnahmeerzielung (fiskalisches Ziel), sondern auf andere wirtschaftspolitische Ziele ausgerichtet sind (nichtfiskalische Besteuerung). 2. Arten: a) Verwendungszwecksteuern: Ihr Aufkommen wird einer bestimmten Verwendung zugeführt; b) Wirkungszwecksteuern: Sie führt zu Substitutionsprozessen, die die Steuer selbst ihres Gegenstands beraubt (vgl. im Einzelnen Wirkungszwecksteuer). c) Ordnungssteuern: Steuern, die einem ordnungspolitischen Zweck dienen. Zweckzuweisung, Lenkungszuweisung, die nur für bestimmte vom Zuweisungsgeber festgelegte Zwecke gewährt werden. Zweckzuweisungen werden von den Ländern an die Gemeinden ( kommunaler Finanzausgleich) und vom Bund an die Länder ( Finanzhilfe, Gemeinschaftsaufgaben) gewährt. zweitbeste Maßnahme, Theorie des
Zweitbesten. Zwischenziel, Mittel der Wirtschaftspo-
litik. Zyklus, Konjunkturzyklus.
zyklusunabhängige Finanzpolitik zyklusunabhängige Finanzpolitik, Ori-
entierung der Finanzpolitik, die am Einzelfall orientierte diskretionäre Finanzpolitik ablehnt, z. B. wegen der bei der diskretionären Finanzpolitik unkalkulierbaren Lags. Die zyklusabhängige Finanzpolitik erhält Auftrieb durch das Vordringen neoklassisch inspirierter Denkrichtungen (Monetaristen,
518 Angebotstheoretiker), die sämtlich eine über das Setzen von ordnungspolitischen Rahmendaten hinausgehende aktive Konjunkturund Finanzpolitik des Staatssektors zugunsten von mehr Markt ablehnen und dabei auf die von ihnen postulierte Stabilität des privaten Sektors abstellen. Vgl. auch Finanzpolitik.