Roland Eller / Markus Heinrich / René Perrot / Markus Reif (Hrsg.) Kompaktwissen Risikomanagement
Roland Eller / Mark...
396 downloads
1800 Views
2MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Roland Eller / Markus Heinrich / René Perrot / Markus Reif (Hrsg.) Kompaktwissen Risikomanagement
Roland Eller / Markus Heinrich René Perrot / Markus Reif (Hrsg.)
Kompaktwissen Risikomanagement Nachschlagen, verstehen und erfolgreich umsetzen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Guido Notthoff Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2082-9
Geleitwort
5
Geleitwort
Das bewusste Steuern von Risiken ist in jeder Marktlage wichtig. In wirtschaftlich turbulenten Zeiten wie in der jüngsten Vergangenheit ist ein professionelles Risikomanagement jedoch unverzichtbar. Ein effektives Risikomanagement unterstützt Unternehmen und Kommunen dabei, die gesetzten Ziele zu erreichen, indem finanzielle Risiken identifiziert, gemessen und gesteuert werden. Oftmals wird jedoch unterschätzt, wie stark Bewegungen an den Kapitalmärkten die eigene Unternehmensfinanzierung beeinflussen. Ob Währungen, Rohstoffnotierungen oder Zinsen: Die Volatilität im Markt verändert die Kalkulationsgrundlagen der Unternehmen und kann diese völlig auf den Kopf stellen. Auch wenn das Bewusstsein für das Risikopotenzial der verschiedenen Kapitalmärkte unterschiedlich ausfällt, so sollte man auf keinen Fall das Potenzial von Währungsrisiken gegenüber anderen Risiken unterschätzen. Verwerfungen an den Devisenmärkten setzen Unternehmen in hohem Maße zu und lassen besonders die Exportwirtschaft unter den starken Schwankungen leiden. Ein vermeintlicher Gewinn kann nach der Umrechnung in die Heimatwährung schnell dahinschmelzen. Ein effektives Treasury gleicht solche Schwankungen aus. Unternehmen, die das Treasury nur als Notwendigkeit erachten, können angesichts der starken Schwankungen schnell an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Die Finanzmanager müssen das Treasury vielmehr als Chance sehen, indem Risiken proaktiv und professionell gemanagt werden. Bei der Optimierung des eigenen Treasury unterstützen Experten der Bank mit kompletten und umfassenden Lösungen sowie maßgeschneiderten Absicherungsstrategien. Professionelles Risikomanagement ist nicht nur für große Unternehmen wichtig – auch kleine und mittelständische Firmen sowie Kommunen sind den gleichen Einflüssen und Risiken unterworfen und sollten intelligente Risikomanagementlösungen nutzen. Diese Lösungen erfordern gerade in sehr volatilen Zeiten den Einsatz von Finanzinstrumenten, die flexible und individuelle Lösungen erlauben, damit bei unerwarteten Entwicklungen die Absicherung der Risiken nicht eine Belastung wird. Der Einsatz der unterschiedlichen Finanzinstrumente erfordert natürlich auch sehr viel Sorgfalt. Falsch eingesetzt, können sie zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Unternehmen und Kommunen sollten daher den Umgang mit ihnen genau regeln. Die Risiken müssen klar identifiziert und definiert werden. Risikomanagement stellt damit hohe Anforderungen an das Management und sollte daher den entsprechenden Stellenwert besitzen. Dabei reicht es nicht, nur Währungen, Zinsen oder Rohstoffpreise abzusichern. Auch Finanzierungssicherheit, Umweltbedingungen oder regulatorische Rahmenbedingungen sind zu berücksichtigen.
6
Geleitwort
Das Spektrum der Finanzinstrumente, die zur erfolgreichen Risikosteuerung eingesetzt werden können, ist heutzutage sehr vielfältig und somit nicht immer gleich auf den ersten Blick überschaubar. Es ist daher sehr wichtig, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, um eine erfolgversprechende individuelle Lösung zu erarbeiten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen mit dem vorliegenden Kompaktwissen Risikomanagement viel Freude beim Nachschlagen und Erfolg bei der Anwendung.
Herzlichst Ihr Stefan Bender Global Head of Capital Market Sales bei der Deutschen Bank
Vorwort
7
Vorwort
„Nachschlagen, verstehen und erfolgreich umsetzen“, so lautet die Philosophie des vorliegenden Kompaktwissens Risikomanagement der Roland Eller Consulting GmbH, das sich an regional tätige Kreditinstitute (z.B. Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, Kirchenbanken, Spardabanken, Förderinstitute), kleine, mittlere und große mittelständische Unternehmen, Kommunen und kommunalnahe Betriebe (z.B. Stadtwerken, Wohnungsbaugesellschaften) wendet. „Kenne deine Position oder: Die Unkenntnis der eigenen Position kann sich als das ultimative Risiko herausstellen!“ Die betriebswirtschaftlich sinnvolle Forderung nach dem Kennen der eigenen Position wird unter anderem auch in den MaRisk gefordert. MaRisk ist die Kurzbezeichnung für die „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“. Sie sind die verbindliche Vorgabe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Ausgestaltung des Risikomanagements in deutschen Kreditinstituten. Der Hauptfokus der Aufsicht lag lange Zeit auf der Eigenkapitalunterlegung von Risiken. Mit den MaRisk wird ein ganzheitliches Risikomanagement angestrebt mit einem Dreiklang aus Strategie, Ertrag und Risikosteuerung. Die MaRisk wollen „kodifizierter gesunder Menschenverstand“ sein: Es ist weniger wichtig, dass bei Berechnungen die letzte Stelle hinter dem Komma stimmt, sondern vielmehr die Qualität und Stimmigkeit des Risikomanagements. Dabei sollen die MaRisk durchgehend von einem flexiblen Ansatz geprägt sein. Der zeigt sich vor allem in den optionalen Öffnungsklauseln. Diese Klauseln ermöglichen, dass die Institute die aufsichtlichen Anforderungen entsprechend ihrer Größe umsetzen können. Die BaFin betont: „One Size fits all“, ist nicht das Ziel. Angemessenheit bedeutet aber auch Individualität hinsichtlich der Größe, der Geschäftsaktivitäten und Schwerpunkte sowie hinsichtlich der Risikosituation des jeweiligen Finanzmarktteilnehmers. Nicht zuletzt besteht eine Wahlfreiheit, welche konkreten Methoden eingesetzt und welche Annahmen dazu herangezogen werden. Deshalb muss bei jeder Prüfung individuell kontrolliert werden, ob der „Geist“ der MaRisk einhalten ist. Die MaRisk sind zwar „nur“ für Kreditinstitute und Versicherungen verbindlich umzusetzen, die Grundprinzipien können jedoch für alle Marktteilnehmer sinnvoll sein, die Risiken eingehen, somit auch für mittelständische Unternehmen, Kommunen und kommunalnahe Unternehmen. Kernelement der MaRisk ist der Risikomanagementprozess: Risikomanagement ist
8
Vorwort
als ein kontinuierlicher Prozess in Form eines Regelkreises zu etablieren und in alle wesentlichen Unternehmensprozesse und Unternehmensbereiche zu integrieren. Währungsschwankungen, Zinsänderungsrisiken, Forderungsausfälle, hochvolatile Aktien- und Rohstoffmärkte, Liquiditätsengpässe, Absatzrisiken in nie gekanntem Ausmaß und hochverzinsliche Kredite sind nur einige der Herausforderungen, denen sich Kreditinstitute, mittelständische Unternehmen, Kommunen und kommunalnahe Unternehmen stellen müssen. Die Finanzmärkte bieten eine Vielzahl von möglichen Lösungsansätzen, aber immer stellt sich die Frage, welche der Alternativen die richtige für die individuelle Situation ist. So können beispielsweise nur noch wenige Unternehmen Währungs- und Rohstoffrisiken uneingeschränkt an ihre Kunden weitergeben. Das Ergebnis ist ein zunehmender Druck auf die operativen Margen bis hin zur Insolvenz. Ein aktives Risikomanagement bedeutet, diesen Ereignissen nicht mehr schutzlos ausgeliefert zu sein, sondern so frühzeitig steuernd einzugreifen, dass Risiken gar nicht erst zum Problem werden können. In diesem Zusammenhang sind die Anforderungen an die handelnden Personen in Unternehmen und Kommunen stark gestiegen. Auch der Gesetzgeber hat erkannt, dass Risikomanagement- und Frühwarnsysteme zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen und Unternehmen und Kommunen zu deren Einrichtung verpflichtet. Dieses Kompaktwissen Risikomanagement liefert Ihnen einen Überblick über häufig verwendete Begriffe im Risiko- und Treasurymanagement von Kreditinstituten, Unternehmen, Kommunen und kommunalnahen Unternehmen. Sie erhalten zu jedem dieser Fachbegriffe eine kurze Erläuterung – ergänzt um zahlreiche anschauliche Abbildungen. Durch den themenorientierten Aufbau haben Sie die Möglichkeit, sich schnell und gezielt Zusatzinformationen zu verschaffen. Im Fokus steht ein gesamtheitliches Treasurymanagement, das alle Risiken, also beispielsweise Marktpreis-, Adress- und Liquiditätsrisiken, aber auch operationelle Risiken und Absatzrisiken gleichwertig berücksichtigt. Dies entspricht auch dem Gesamtkonzept von Roland Eller Consulting. Nur wenn diese Risiken gleichzeitig betrachtet werden, kann der Ertrag bzw. die Verzinsung im Anlagemanagement gesteigert bzw. im Schuldenmanagement verringert werden, aber auch effiziente Absicherungsstrategien umgesetzt werden. Dies gilt sowohl für professionelle Marktteilnehmer als auch für vermögende Privatanleger. Das Buch gibt auf aktuelle Fragen, gemäß dem Motto „aus der Praxis für die Praxis“ Antworten. Sie halten somit einen Navigator in den Händen, der Sie und alle anderen Marktteilnehmer durch die spannende und aufregende Welt des Risikomanagements führt. Das Kompaktwissen Risikomanagement wendet sich an Einsteiger (z.B. Basiswissen, News) als auch an Fortgeschrittene (z.B. Wissensdatenbank, News) und dabei an: das Top-Management wie beispielsweise Geschäftsleiter, Geschäftsführer, Vorstände, CFO, CEO und Führungskräfte, Treasurer, Händler, Mitarbeiter aus dem Rechnungswesen, Finanzen, Controlling, Markt, Marktfolge, Abwicklung, Revision, Kämmerer, Aufsichtsorgane (z.B. Aufsichtsräte, Verwaltungsräte),
Vorwort
9
Teilnehmer von Lehrgängen (z.B. ebs, DVFA), vermögende Privatanleger, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Mitarbeiter im Relationship-Management (z.B. Firmenkundenberater) bzw. Fachspezialisten von Kreditinstituten und Investmentgesellschaften, Studenten an Fachhochschulen, Berufsakademien und Hochschulen, alle, die sich für das Thema Treasury, Finanzmärkte und Risikomanagement interessieren. Weitere Informationen erhalten Sie auf unserem Online-Portal www.treasuryworld.de.
Viel Spaß und Erfolg bei der Arbeit mit diesem Werk wünschen Ihnen die Autoren.
10
Vorwort
Hinweise zur Benutzung des Kompaktwissens Risikomanagement: Das Kompaktwissen Risikomanagement ist in 16 Kapitel unterteilt. In vielen Kapiteln sind die Stichwörter nicht alphabetisch angeordnet, sondern logisch aufgebaut, damit Sie sich thematisch dem „Risikomanagement“ annähern können. Einige wenige Kapitel (z.B. Risikomanagement bei Privatanlegern) sind dagegen alphabetisch angeordnet. Ein Stichwortregister am Ende des Buches zeigt alle definierten Begriffe auf einen Blick.
Inhaltsverzeichnis
11
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ........................................................................................................................................5
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten .....................13 Risikomanagement ....................................................................................................................27 Management der Adressenausfallrisiken...................................................................................47 Management der Marktpreisrisiken ..........................................................................................61 Management der Liquiditätsrisiken.........................................................................................101 Management der operationellen Risiken.................................................................................109 Management der Anlagerisiken...............................................................................................119 Risikomanagement in Kreditinstituten....................................................................................131 Risikomanagement in Unternehmen .......................................................................................147 Risikomanagement in Kommunen und Stadtwerken..............................................................155 Risikomanagement bei Privatanlegern....................................................................................163 Psychologische Aspekte des Risikomanagements: Behavioral Finance ................................169 Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft ........................181 Markttechnische Aspekte des Risikomanagements: die technische Analyse.........................195 Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB ..............................207 Typische Fehler im Risikomanagement ..................................................................................287
Stichwortverzeichnis ...............................................................................................................295 Die Herausgeber ......................................................................................................................307 Die Autoren..............................................................................................................................309
Qualitative Bankenaufsicht und § 25a KWG
13
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten
1.
Qualitative Bankenaufsicht und § 25a KWG
Mit der Einführung der MaRisk ergab sich für die Institute auch ein neues Gewicht bei der Auswahl und Ausgestaltung der Steuerungsinstrumente. Ausgehend vom Risikoprofil und der Risikotragfähigkeit bedarf es nicht nur einer Ausrichtung im Sinne einer Risikostrategie. Letztlich kann die Strategie nur so gut sein, wie deren Umsetzung mit den implementierten Instrumenten, Prozessen und den gesetzten Parametern auch gewährleistet ist. Nur eine professionelle und durchgängige Umsetzung bis in das operative Geschäft hinein stellt die von den MaRisk geforderte Verwirklichung der Proportionalität im Institut sicher. Die MaRisk sind als Interpretation des § 25a KWG zu sehen, auf den im Folgenden noch eingegangen wird. Der § 25a KWG stellt eine wichtige gesetzliche Grundlage einer modernen Gesamtbanksteuerung dar, die alle wesentlichen Risiken eines Kreditinstitutes steuert und deshalb wie andere gesetzliche Vorgaben einer Compliance von den Kreditinstituten umgesetzt werden muss. Insbesondere die Vertrauenskrise an den internationalen Finanzmärkten seit dem zweiten Halbjahr 2007 zeigt, wie wichtig eine funktionsfähige Gesamtbanksteuerung ist. Ziel dieses Kapitels ist, Ihnen einen Überblick über die Einordnung der MaRisk in das DreiSäulen-Modell der Bankenaufsicht zu geben und die Verbindung zum § 25a KWG aufzuzeigen. Eine Aufbaubeschreibung der MaRisk rundet dieses Kapitel ab. Weitere Informationen können Sie unter www.treasuryworld.de abrufen.
1.1
MaRisk im Kontext das Drei-Säulen-Modells nach Basel II
Zum effizienten Controlling und Management von Marktpreis-, Kredit-, Liquiditäts- und operationellen Risiken hat die Bankenaufsicht in den letzten zehn Jahren verschiedene Min-
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
14
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten
destanforderungen entwickelt, so etwa die Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften (MaH), Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der internen Revision (MaIR), die Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MaK) und die neu konzipierten Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Damit setzt die BaFin den Fokus zunehmend auf eine qualitativ ausgerichtete Bankenaufsicht. Die Institute sind aufgefordert, die Leitungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse, die Risikocontrolling- und Risikomanagementsysteme, aber auch das ablauf- und aufbauorganisatorische Umfeld an die individuelle Situation anzupassen. Im Rahmen des Baseler Eigenkapitalakkords (Basel II) unterscheidet die Bankenaufsicht drei Säulen: die Mindestkapitalanforderungen, den bankaufsichtlichen Überprüfungsprozess sowie die Offenlegungsanforderungen (Marktdisziplin). Dabei wurde der ersten Säule mit ihren Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung der Institute lange Zeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Aus dieser werden den Instituten verschiedene Messansätze zur Unterlegung von Risiken mit Haftkapital zur Auswahl gestellt. Dabei sind die relevanten Risikopositionen – hierzu zählen Kreditrisiken, operationelle Risiken und einzelne Marktpreisrisikopositionen – klar vorgegeben. Auch methodisch existieren konkrete Standards, die von allen Instituten gleichermaßen zu berücksichtigen sind. Daher wird auch von quantitativen bankaufsichtlichen Anforderungen gesprochen. Diese standardisierten Vorgaben werden der individuellen strategischen Ausrichtung sowie dem spezifischen Umfang und Risikogehalt der betriebenen Geschäfte jedoch nur zum Teil gerecht. Auch finden in der ersten Säule nicht alle potenziellen Risiken Berücksichtigung, da die einheitliche Messung oft schwer möglich und nicht immer angemessen ist. Eine wirksame Bankenaufsicht benötigt somit ein Instrumentarium, das sich an der Größe, der Risikostruktur und dem Geschäftsvolumen der Institute orientiert. Dieser Aspekt ist in der zweiten Säule verankert, dem bankaufsichtlichen Überprüfungsprozess. Den Instituten wird ein angemessenes Management und die Gewährleistung der Tragfähigkeit aller Risiken auftragen – unabhängig von standardisierten Kapitalanforderungen. In der dritten Säule werden nach Basel II Offenlegungspflichten für Kreditinstitute definiert, damit beispielsweise Aussagen zu den eingegangenen Risiken, den Risikomodellen veröffentlicht werden und der interessierten Allgemeinheit zur Verfügung stehen.
Qualitative Bankenaufsicht und § 25a KWG
15
Basel II
Säule I
Säule II
Säule III
MindestkapitalAnforderungen
Aufsichtliches Überprüfungsverfahren
MarktDisziplin
Regulatorische Anforderungen für • Kreditrisiko • Operationelles Risiko • Handelsbuch
Eingehende bankaufsichtliche Analyse der spezifischen Risikosituation
Förderung der Marktdisziplin durch erweiterte Offenlegungsanforderungen
• ICAAP • SREP
Abbildung 1: MaRisk im Kontext der Säule I Die Ende 2005 veröffentlichten MaRisk, die seit Januar 2008 vollständig umzusetzen sind, konkretisieren die Anforderungen an die interne Ausgestaltung des Risikomanagements. Die deutsche Aufsicht leistet mit der Entwicklung der MaRisk einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Basler und Brüsseler Vorgaben und gibt vor allem den kleineren Instituten in Deutschland eine Richtlinie für die Erfüllung der neuen Anforderungen vor („Supervisory Guidance“). Es ist zu erwarten, dass sich alle betroffenen Gruppen (Revisoren, externe Prüfer, Institute, Verbände, Aufsicht) mit den MaRisk einen wesentlich besseren Überblick über die qualitativen Anforderungen der Aufsicht verschaffen können. Ein großer Vorteil der Integration dürfte sicherlich auch in der einheitlicheren Verwaltungspraxis der BaFin zu sehen sein. Auch hat die Zusammenführung der Mindestanforderungen gezeigt, dass Schnittstellenprobleme zwischen MaH, MaK und MaIR, die in erster Linie auf deren unterschiedliche Entstehungszeitpunkte zurückzuführen sind, ausgeräumt und vor allem Redundanzen abgebaut werden konnten. Die Bankenaufsicht hat in den MaRisk flexible Rahmenbedingungen eingebaut, die abhängig von der Größe der Institute, deren Geschäftsschwerpunkten und deren Risikosituation eine angemessene Umsetzung der Anforderungen ermöglichen. Vor allem kleinere Institute werden diese Entwicklung begrüßen, da ihnen mit den MaRisk nicht das Korsett einer deutschen Großbank angelegt wird. Dies dürfte ganz im Sinne der vielen Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland sein.
16
1.2
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten
Aufbau des allgemeinen Teils (AT) und besonderen Teils (BT)
Der Verlautbarungstext ist modular aufgebaut. Er gliedert sich in einen allgemeinen Teil (AT) und einen besonderen Teil (BT). Im allgemeinen Teil werden die grundsätzlichen Anforderungen an das Risikomanagement ohne einen besonderen Bezug auf bestimmte Geschäfts- oder Risikoarten beschrieben. Übergreifende Anforderungen wie z.B. die Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung finden sich damit im allgemeinen Teil wieder. Demgegenüber werden im besonderen Teil einerseits die aufbau- und ablauforganisatorischen Anforderungen an das Kredit- und Handelsgeschäft und andererseits die Risikosteuerungs- und -controllingprozesse der einzelnen Risikoarten definiert. Komplettiert wird der besondere Teil durch die spezifischen Anforderungen an die Interne Revision. Mit dem modularen Aufbau verfolgt die Aufsicht das Ziel, jederzeit Ergänzungen in einzelnen Teilbereichen vornehmen zu können, ohne dass sich die gesamte Kategorisierung und Systematisierung der MaRisk verändert. Die Quellenverweise in den nachfolgenden Kapiteln beziehen sich immer auf die Abkürzungen in dieser Abbildung, so steht beispielsweise „BT“ für besonderer Teil und „O“ für Anforderungen an die Aufbau- und Ablauforganisation in der Abkürzung „BTO“. „TZ“ verweist immer auf die Textziffer im Text der MaRisk. Im deutschen Aufsichtsrecht füllen die MaRisk den § 25a (Abs.1) KWG aus. Dieser verlangt den Instituten neben einer „ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation“ insbesondere „eine angemessene Strategie, die auch die Risiken und Eigenmittel des Instituts berücksichtigt“, sowie „angemessene interne Kontrollverfahren“ ab. Auf diese wird im Folgenden detailliert eingegangen.
Anwendungsbereich und Risikoarten der MaRisk
2.
17
Anwendungsbereich und Risikoarten der MaRisk
In diesem Abschnitt werden Ihnen sowohl der Anwendungsbereich als auch die wesentlichen Risikoarten der MaRisk vorgestellt.
2.1
Anwendungsbereich der MaRisk
Der Anwendungsbereich der MaRisk bezieht sich auf wesentliche Risiken (z.B. Marktpreisrisiken, Adressenausfallrisiken, Liquiditäts- und operationelle Risiken) und ihre Ausprägungen, die im engen Zusammenhang mit den das Institut prägenden Geschäften stehen: das Kreditund Handelsgeschäft. In Anlehnung an die Definition der MaK bezieht sich das Kreditgeschäft auf alle Bilanzaktiva und außerbilanziellen Geschäfte mit Adressenausfallrisiken (§ 19 Absatz 1 KWG). Damit gelten die im besonderen Teil (BTO 1) genannten Anforderungen sinngemäß auch für das Handelsgeschäft, das ebenso durch Adressenausfallrisiken gekennzeichnet ist. Die den Handelsgeschäften zugrunde liegende Definition erfolgt in AT 2.3 Tz. 3 dagegen stark produktbezogen. Der Katalog ist im Vergleich zu den MaH erweitert worden. Auch wenn Passivprodukte nicht explizit genannt sind, darf nicht davon ausgegangen werden, dass sich die MaRisk nur auf die Aktivseite der Institutsbilanz beziehen. So sind bei den Zinsänderungsrisiken die „Passivprodukte“ berücksichtigt, indem gefordert wird, dass „die mit Marktpreisrisiken behafteten Positionen des Anlagebuches ... zu bewerten“ sind. Hinsichtlich der Liquiditätsrisiken findet die Passivseite ihren Niederschlag, da „eine Liquiditätsübersicht zu erstellen ist, in der die erwarteten Mittelzuflüsse den erwarteten Mittelabflüssen gegenübergestellt werden“. „Handelsgeschäfte sind grundsätzlich alle Abschlüsse, die ein Geldmarkgeschäft, Wertpapiergeschäft, Devisengeschäft, Geschäft in handelbaren Forderungen (z.B. Handel in Schuldscheinen), Geschäft in Waren (z.B. Edelmetallen, Rohwaren, CO2-Handel) oder Geschäft in Derivaten zur Grundlage haben und die im eigenen Namen und für eigene Rechnung abgeschlossen werden. Als Wertpapiergeschäfte gelten auch Geschäfte mit Namensschuldverschreibungen
18
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten
sowie die Wertpapierleihe, nicht aber die Erstausgabe von Wertpapieren. Handelsgeschäfte sind auch, ungeachtet des Geschäftsgegenstandes, Vereinbarungen von Rückgabe- oder Rücknahmeverpflichtungen sowie Pensionsgeschäfte.
(2) Ersterwerb aus einer Emission ist ein Handelsgeschäft im Sinne des Rundschreibens!“
2.2
Risiken im Bankbetrieb
In Abbildung 2 sind Risiken dargestellt, die grundsätzlich in einem Kreditinstitut relevant werden können.
Modul AT: Allgemeiner Teil Modul BT: Besonderer Teil BT 1: Besondere Anforderungen an das interne Kontrollsystem Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation
Kreditgeschäft
Handelsgeschäft
Adressenausfallrisiken Besondere Anforderungen an die Risikosteuerungs- und Controllingprozesse
Marktpreisrisiken Liquiditätsrisiken Operationelle Risiken
BT 2: Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung der Internen Revision
Abbildung 2: Risikoarten in Kreditinstituten Diese Risiken sind auch zu den wesentlichen Risiken der MaRisk zu zählen.
2.2.1
Adressenausfallrisiken
Die Risikoidentifizierung auf Portfolioebene setzt natürlich die richtige Identifikation und Aggregation der Risiken auf Einzelgeschäftsebene voraus. Dazu sind unter anderem die für das Adressenausfallrisiko eines Engagements bedeutsamen Aspekte herauszuarbeiten und zu beurteilen (vgl. BTO 1.2 Tz.3). Dazu zählen die explizit genannten Branchen- und Länderrisiken, die Kontrahentenrisiken sowie das klassische Kreditrisiko. Als Adressenausfallrisiken im engeren Sinne bezeichnet man das Risiko, dass ein Kreditnehmer seinen vertraglichen Zahlungsverpflichtungen nicht oder nicht termingerecht nach-
Anwendungsbereich und Risikoarten der MaRisk
19
kommt. Im weiteren Sinne versteht man unter dem Adressenausfallrisiko das Risiko einer allgemeinen Bonitätsverschlechterung des Kreditnehmers, ohne dass diese Verschlechterung zum Ausfall führen muss (Bonitätsrisiko). Besteht ein Risiko, dass durch den vollständigen oder teilweisen Ausfall einer Gegenpartei (Kontrahent) oder durch die Verschlechterung der Bonität einer Gegenpartei ein Wertverlust aus einem Finanzgeschäft eintritt, wird dies als Kontrahentenrisiko bezeichnet. Der Handel mit Wertpapieren wird in der Regel über einen Kontrahenten wie z.B. eine Landesbank oder einen Broker abgewickelt. Ein Risiko entsteht, wenn der Kontrahent sich nicht vereinbarungsgemäß verhält und es dadurch zu Verlusten kommen kann. Auch für das eigentliche Finanzgeschäft besteht ein Adressenrisiko. In Verbindung mit Handelsgeschäften wird hier häufig der Begriff des Emittentenrisikos verwendet. Strukturrisiken wiederum ergeben sich im Kreditportfolio nicht aufgrund der Bonität einzelner Kreditnehmer, sondern aus der Wirkung von Einzelrisiken in ihrer Gesamtheit. Dazu zählen: Granularität (Größenstruktur des Portfolios): Der Ausfall weniger großer Kreditnehmer kann zu einem erheblichen Schaden führen. Hingegen sind Institute mit vielen kleinen Krediten nicht so gefährdet, da schon zahlreiche Adressen gleichzeitig ausfallen müssten. Branchenkonzentrationen führen zu einer maßgeblichen Abhängigkeit der Risikosituation von einem einzelnen Wirtschaftszweig. Regionale Konzentrationen bestehen, wenn das Institut zahlreiche Darlehen an Kreditnehmer in einer Region ausgereicht hat. Dies ist gerade für regional tätige Sparkassen bzw. Volks- und Raiffeisenbanken ein bedeutendes Risiko, da sich eine ungünstige wirtschaftliche Entwicklung in der Region direkt auf das gesamte Kreditportfolio auswirken kann. Zudem sind oft auch regional erhebliche Abhängigkeiten von Immobilienpreisen gegeben, die sich auf den Wert vereinbarter Sicherheiten auswirken. Das Länderrisiko beschreibt die Gefahr, dass ein ausländischer Schuldner trotz Zahlungsfähigkeit infolge von wirtschaftlichen oder politischen Risiken seine Zins- und Tilgungsleistungen nicht fristgerecht erbringen kann. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Regierung ein Zahlungsverbot für alle ausländischen Schulden verhängt.
2.2.2
Operationelle Risiken
Das operationelle Risiko wird in der Regel definiert als Gefahr von Verlusten, die infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder von externen Ereignissen auftreten können. Im qualitativen Aufsichtsrecht – der zweiten Säule von Basel II, dem Supervisory Review Process – werden derartige Definitionen nicht explizit gegeben, sondern letztlich dem Institut
20
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten
überlassen. Dies setzt sich auch in den MaRisk fort. Trotzdem hat sich diese Definition auch im Rahmen der Umsetzung der MaRisk in vielen Kreditinstituten durchgesetzt. Danach beinhaltet operationelles Risiko z.B. Verluste durch Betrug oder Diebstahl durch Bankangestellte oder Dritte, Verluste aus Irrtum oder Fahrlässigkeit der Angestellten und aus unrechtmäßigen Geschäftspraktiken, durch Naturkatastrophen und andere externe Ereignisse sowie Verluste für die Bank infolge von Systemausfällen oder Fehlern bei der Abwicklung von Geschäften.
2.2.3
Marktpreisrisiken
Das Marktpreisrisiko kann definiert werden als die Gefahr negativer Preisänderungen von beispielsweise Aktien, Anleihen, Rohstoffen und Währungen durch eine allgemeine Marktbewegung bzw. eine allgemeine Veränderung der Renditestrukturkurve. Solche Preisänderungen stehen in keinem spezifischen Zusammenhang mit einzelnen Aktien oder Anleihen und werden z.B. beeinflusst durch Veröffentlichungen von volkswirtschaftlichen Daten oder durch Zinsentscheidungen der Zentralbanken. Unter sonstigen Marktrisiken sind z.B. Marktpreisänderungen infolge von Volatilitäts- oder Spread-Änderungen zu verstehen.
2.2.4
Liquiditätsrisiken
Auch Liquiditätsrisiken stellen eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Kreditinstitute dar und sind daher ebenfalls zu beachten, wie auch die Subprime-Krise seit Juli 2007 gezeigt hat. Liquiditätsrisiken beziehen sich im Allgemeinen auf die Gefahr, dass Zahlungsverpflichtungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht nachgekommen werden kann, weil die dazu erforderlichen Geldmittel („Liquidität“) nicht verfügbar sind. In diesem Zusammenhang wird sehr oft vom „Liquiditätsrisiko im engeren Sinne“ gesprochen. Regelungen hierzu wurden bereits im § 11 KWG und in der Liquiditätsverordnung erlassen. Es gibt jedoch noch weitere Ausprägungen des Liquiditätsrisikos: das Refinanzierungsrisiko und das Marktliquiditätsrisiko. Unter dem Refinanzierungsrisiko wird dabei das Risiko verstanden, dass zum Zeitpunkt des Bedarfs an Geldmitteln diese nicht bzw. nicht zu den erwarteten Konditionen beschafft werden können. Unter dem Marktliquiditätsrisiko versteht man die Gefahr, dass Positionen infolge unzulänglicher Markttiefe oder einer temporären Aussetzung vom Handel nicht oder nur zu entsprechend niedrigeren Kursen glattgestellt werden können.
Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung und des Aufsichtsorgans
3.
21
Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung und des Aufsichtsorgans
Im Folgenden werden die wichtigsten Anforderungen an die Geschäftsleitung und das Aufsichtsorgan eines Kreditinstitutes vorgestellt.
3.1
Aufgaben der Geschäftsleitung am Beispiel der Formulierung der Geschäfts- und Risikostrategie und des Reportings
Eine primäre Aufgabe nach den MaRisk, deren Erfüllung in Zukunft noch stärker von der Geschäftsleitung eingefordert werden wird, ist die Implementierung einer Strategie für die Gesamtbank und eine darauf abgestimmte Risikostrategie. Dies verlangt die intensive Auseinandersetzung mit der derzeitigen Position im Kontext einer dynamischen Umwelt. Zwar haben alle Institute im Zuge aufsichtsrechtlicher Anforderungen eine Kreditrisikostrategie verabschiedet, jedoch besteht nach wie vor Entwicklungsbedarf bei der Integration in das Steuerungs- und Reportingsystem. Während zum Teil mit erheblichem Aufwand und externer Unterstützung mit Einführung der MaK eine Kreditrisikostrategie entwickelt wurde, bereitet die tatsächliche Berücksichtigung der Strategie in der Geschäftsplanung nach wie vor Schwierigkeiten. Zudem führt die anfänglich gewählte Komplexität zu Verzögerungen bei der geforderten jährlichen Überprüfung. Um zu einer konsistenten (Teil-)Strategie zu gelangen, die unter Berücksichtigung der Kapazitäten auch zukünftig eine angemessene Eigenkapitalausstattung gewährleistet, bietet sich die klassische Vorgehensweise an, mit einer Strategie bzw. einer Vision für das gesamte Unternehmen zu beginnen und daraus Teilstrategien abzuleiten. Der umgekehrte Weg, aus einer Vielzahl von Teilstrategien – zumal wenn sie von unterschiedlichen Stellen entwickelt werden – eine Gesamtstrategie zu formulieren, gestaltet sich ungleich schwieriger. Nicht nur aus diesem Grund weisen die MaRisk nochmals darauf hin, dass die strategische Ausrichtung des Unternehmens der Geschäftsleitung obliegt und nicht von dieser delegiert werden kann. Grundsätzlich umfasst eine Unternehmensstrategie die Festlegung der langfristigen Ziele, Politik und Richtlinien des Unternehmens sowie die Mittel und Wege zur Erreichung der Ziele. Teilstrategien konkretisieren diese Ziele. Die eigentliche Arbeit beginnt jedoch erst, nachdem die Strategie formuliert wurde, mit deren Implementierung. Hier bietet sich ein strukturierter Prozess an, der verhindern hilft, dass aus der Strategie lediglich ein Zielvorgabesystem resultiert. Dabei besteht die Aufgabe eines
22
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten
strategischen Controllings darin, den Grad der Implementierung der Strategie zu ermitteln und die Geschäftsleitung darüber zu informieren. Gerade im Kreditgeschäft sollte der Strategieentwicklung eine besondere Aufmerksamkeit zukommen. Nach wie vor ist dem klassischen Kreditgeschäft eine geringere Liquidität eigen. Auch wenn neuere Entwicklungen langsam ihre Wirkung zeigen, verbleibt ein einmal vergebener Kredit in den meisten Fällen auch bis zur Tilgung beim Institut. Wenn Umstände erkennbar werden, die eine Rückzahlung des Kredites gefährden könnten, hat das Kreditinstitut nur wenige Möglichkeiten, das Risiko zu minimieren. Meist ist es dabei auf die Mitwirkung und den guten Willen des Kreditnehmers angewiesen. Aus diesen Gründen kann eine falsche Kredit(risiko)strategie im ungünstigen Fall sogar zu einer Existenzgefährdung des Instituts führen. Abbildung 3 zeigt nochmals sehr deutlich, dass die Strategie ein wesentlicher Bestandteil der MaRisk ist, die immer in Verbindung mit der Risikotragfähigkeit zu stehen hat.
Leitungs-, Steuerungs- und Kontrollprozesse
Risikomanagement (als Teil der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation nach § 25a Abs.1 KWG) MaRisk
Strategie
Risikotragfähigkeit
Interne Kontrollverfahren
AT 4.2
AT 4.1
AT 4.3, 4.4; BT 1; BT 2
Risikotragfähigkeit AT 4.1 Grundlage: Risikoprofil (Risikoinventur) Laufende Gewährleistung der Deckung wesentlicher Risiken Ggf. Berücksichtigung von Wechselwirkungen Nachvollziehbare Begründung bei Nichtberücksichtigung von Risiken Maßgeblichkeit für die Strategieableitung Auswahl und Angemessenheit von Methoden und Annahmen zur Beurteilung der Risikotragfähigkeit und jährliche Überprüfung
Internes Kontrollsystem AT 4.3; BT 1 • Aufbau- und Ablauforganisation AT 4.3.1; BTO • Risikosteuerungs- und -controllingprozesse => Identifizierung, Beurteilung, Steuerung, Überwachung, Kommunikation der Risiken AT 4.3.2; BTR
Interne Revision AT 4.4; BT 2
Schriftliche Fixierung (z. B. in Organisationsrichtlinien)
Quelle: in Anlehnung an BaFin Abbildung 3: Risikomanagement nach den MaRisk Es sind Wachstumsziele für Produkte bzw. Geschäftsbereiche um eine entsprechende Einschätzung der damit verbundenen Risiken zu ergänzen, damit sie der Forderung nach einer Risikostrategie gerecht werden kann. Damit sichergestellt werden kann, dass die Adressenausfallrisiken unter Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit begrenzt werden, müssen potenzielle Risiken identifiziert und quantifiziert werden und einer aus der Gesamtbankrisikotragfähigkeit abgeleiteten Risikotragfähigkeit für Adressenrisiken gegenübergestellt werden. Dank der organisatorischen Trennung von Eigengeschäft und Kundengeschäft kann diese Vorgehensweise für beide Geschäftsfelder separat, jedoch nicht voneinander unabhängig, verfolgt werden. Neben der Begrenzung und Steuerung der Adressenausfallrisiken dient eine
Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung und des Aufsichtsorgans
23
Adressenrisikostrategie1 ebenso der nachhaltigen Sicherung der Ertragssituation, der Früherkennung von Entwicklungstendenzen und Risiken im Kreditportfolio und als Grundlage für ein Managementinformationssystem. Wurden die Risiken identifiziert und beurteilt, schließen sich daran die Risikosteuerung und die Risikokontrolle an. Bei der Risikosteuerung ist zu entscheiden, ob die Risiken vor dem Hintergrund der Risikotragfähigkeit bewusst übernommen werden. Wenn dies nicht der Fall sein soll, muss Risikosteuerung nicht unbedingt bedeuten, dass auf das Geschäft verzichtet werden muss. Daneben bietet der Markt zunehmend mehr Möglichkeiten, die eine Risikoüberwälzung bzw. Risikodiversifikation erlauben. Bei der Risikokontrolle erfolgt die Beurteilung der getroffenen Maßnahmen und der verwendeten Methoden hinsichtlich ihrer Wirksamkeit sowie unter Kosten-Nutzen-Aspekten. Bezogen auf Adressenausfallrisiken bedarf das geplante und bewusste Handeln nach einer ex ante definierten Strategie der Identifizierung von Chancen und Risiken. Diese Analyse geht einher mit einer „Analyse der geschäftspolitischen Ausgangsituation sowie der Einschätzung der mit dem Kreditgeschäft verbundenen Risiken“ (vgl. MaK Tz. 9). Im Gegensatz zu den MaK berücksichtigen die MaRisk jedoch die Tatsache, dass sich das Kreditinstitut unabhängig vom Wortlaut des § 19 Abs. 1 KWG Klarheit über das individuelle Gesamtrisikoprofil verschaffen muss (vgl. AT 2.2). Ob ein Risiko für das Kreditinstitut von wesentlicher Bedeutung ist, kann erst beurteilt werden, wenn Umstände, unter denen das Risiko schlagend werden kann, identifiziert wurden und zumindest in groben Zügen eine Quantifizierung möglich ist. Die Wesentlichkeit des Risikos für ein Kreditinstitut wird unter anderem von dessen Risikotragfähigkeit determiniert. Wann und mit welchem Aufwand eine Risikoanalyse zu erfolgen hat, hängt auch von der Aggregationsstufe ab: Die Strategie auf Gesamtbank- bzw. auf Teilgeschäftsebene ist mindestens jährlich zu überprüfen und ggf. anzupassen (vgl. AT 4.2 Tz. 3). Dabei sollte jedoch weiterhin darauf geachtet werden, dass die Strategie im Unternehmen eine Konstante bildet, die den Mitarbeitern als Fixpunkt und damit als Orientierung in der Hektik des Alltags dient. Der Planungshorizont der Strategie sollte daher – entsprechend der mittel- bis langfristigen Unternehmensplanung – einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren umfassen. Eine jährliche Neuauflage der Strategie würde dagegen eher zur Verunsicherung bei Kunden und Mitarbeitern führen. Bei längeren Zeiträumen gewinnt zudem der spekulative Anteil zunehmend an Bedeutung. Auch auf Einzelgeschäftsebene hat das Kreditinstitut auf der Basis quantitativer und qualitativer Risikomerkmale Indikatoren für eine frühzeitige Risikoidentifizierung zu entwickeln (vgl. BTO 1.3) sowie aussagefähige Risikoklassifizierungsverfahren für die Beurteilung der Adressenausfallrisiken einzurichten (vgl. BTO 1.4). Die Abbildung von Handelsgeschäften im Risikocontrolling (vgl. BTO 2.2.3) verlangt natürlich, dass Risiken, die diesen Geschäften immanent sind, richtig erkannt werden. 1
Die Begriffe „Adressenrisikostrategie“ und „Kreditrisikostrategie“ werden synonym gebraucht. Es soll jedoch zum Ausdruck gebracht werden, dass grundsätzlich alle mit Adressenausfallrisiken behafteten bilanziellen und außerbilanziellen Positionen zu berücksichtigen sind.
24
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten
Bei der Aufstellung des Reportings kann es hilfreich sein, dass die Geschäftsleitung unter Berücksichtigung der aufsichtlichen Mindestanforderungen formuliert, welche Anforderungen sie an die Berichterstattung hat. Dies ist umso wichtiger, da die Geschäftsleitung von mehreren Stellen Berichte erhält. Dies führt häufig dazu, dass eine unüberschaubare Vielfalt von Kennzahlen, Limiten, Strukturen und Volumina berichtet werden. Werden die Berichte zudem in verschiedenen Layouts verfasst, erschwert dies zusätzlich eine Einschätzung der Gesamtsituation und die Ableitung von Steuerungsmaßnahmen. In der Praxis ist hin und wieder zu beobachten, dass die berichteten Kennzahlen nur indirekt Rückschlüsse auf die Risiko- und Ertragssituation zulassen (z.B. Volumina anstelle von Deckungsbeiträgen) und dass Vergleichskennzahlen ermittelt werden, obwohl diese aufgrund von institutsbedingten Sondersituationen keine Aussagekraft besitzen. In gemeinsamer Arbeit von Geschäftsleitung und Controlling könnten Kennzahlen gesucht werden, die in prägnanter Weise Auskunft über die Risiko- und Ertragssituation geben. In Kombination mit einem Ampelsystem kann so auf einen Blick erkannt werden, ob sich die Kennzahlen in die erwartete Richtung entwickeln. Auch hier sollte die Strategie wieder die Grundlage für die Ableitung von Steuerungsmaßnahmen bilden. In einer qualitativen Würdigung der Kennzahlen könnte auf Ursachen und Handlungsvorschläge für Soll-Ist-Abweichungen eingegangen werden. Kam es in der Berichtsperiode zu Limitüberschreitungen, sollte der Risikobericht auch Maßnahmen darstellen, mit deren Hilfe die Limiteinhaltung wieder gewährleistet werden kann. Werden aufgrund des Berichts Maßnahmen eingeleitet, sind diese in geeigneter Weise zu dokumentieren. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist zu kontrollieren und im nächsten Bericht darzustellen. In den Organisationsrichtlinien sollte dokumentiert werden, welche Berichte Bestandteil des Managementinformationssystems sind, welche Inhalte diese haben, wer Ersteller und wer Empfänger ist, auf welcher Datenquelle die Berichte beruhen und an welchen Terminen diese zu erstellen sind.
3.2
Einbindung des Aufsichtsorgans
Rund 20.000 Verwaltungs- und Aufsichtsräte wachen über das Wohlergehen der Kreditinstitute (z.B. Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Privatbanken) in Deutschland. Neben einem kleineren Anteil von Mitarbeitern, wie er in jedem Aufsichtsgremium vertreten ist, sind es überwiegend Personen aus der Kommunalpolitik und der regionalen Wirtschaft. Ihr Rüstzeug: gesunder Menschenverstand gepaart mit allgemeinem wirtschaftlichen Sachverstand – seltener: bankspezifischer Background. Mit den Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute (MaRisk) werden jedoch auch sie mit zunehmend komplexen Informationen konfrontiert. Bestandteil der internen Kontrollverfahren nach § 25a KWG ist auch eine entsprechende Berichterstattung an den Aufsichts- oder Verwaltungsrat: „Die Geschäftsleitung hat das Auf-
Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung und des Aufsichtsorgans
25
sichtsorgan vierteljährlich über die Risikosituation in angemessener Weise schriftlich zu unterrichten.“ Welche Chancen werden gesehen? Welche Risiken werden in Kauf genommen, um diese nutzen zu können? Das sind die entscheidenden Informationen, um den Aufsichtsräten die Risikosituation des Instituts transparent zu machen. In diesem Zusammenhang ist auch von Interesse, inwiefern die bereitgestellten Risikobudgets beispielsweise für das originäre Kundengeschäft oder für das Treasury bereitgestellt werden. Zielsetzung ist es, nachvollziehbar zu vermitteln, welche externen und internen Gegebenheiten das Ergebnis und die Vermögenssituation der Bank oder Sparkasse beeinflussen und unvorhersehbare Entwicklungen verursachen können. Innerhalb des Instituts werden zu diesem Zweck oft komplexe Risikomessverfahren angewendet. Infolge deren Komplexität kann eine Kommunikation an das Aufsichtsgremium nur darin bestehen, elementare Zusammenhänge aufzuzeigen. Bereits bekannte Darstellungsformen liefern hierzu die geeigneten Anknüpfungspunkte. Vorschaurechnungen zur mittelfristigen Unternehmensplanung und kurzfristige Erfolgsprognosen sind schon lange Bestandteil der meisten Aufsichtsratsberichte. Die Ergänzung um mögliche Abweichungen von den erwarteten Werten und das Eingehen auf potenzielle externe Einflussfaktoren verschafft Transparenz zu eingegangenen Risiken und deren Folgen – von der Zinsspanne über das Nettoergebnis aus Finanzgeschäften bis hin zum Betriebsergebnis (siehe hierzu die folgende Abbildung 4). In diesem Zusammenhang ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Risikodarstellungen von Kreditinstituten heutzutage oft sehr extreme Entwicklungen mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit abbilden.
Prognose und Risikoszenarien
in Mio. EUR
GuV-Szenarien im Überblick Prognose
Zinsüberschuss Ordentlicher Ertrag Ordentlicher Aufwand Nettoergebnis aus Finanzgeschäften
83,8
Risiko
80,7
Stress
21,6
21,6
21,6
-67,0
-67,0
-67,0
0,0
0,0
0,0
Betriebsergebnis vor Bewertung
38,4
35,2
33,9
Bewertung Wertpapiergeschäft
-9,4
-45,5
-62,2
Bewertung Kreditgeschäft
-1,6
-22,4
-44,8
0,0
48,5
57,5
27,4
15,8
-15,5
-14,8
-15,8
-16,3
12,6
0,0
-31,8
Nutzung von Vorsorgereserven Betriebsergebnis nach Bewertung Neutrales Ergebnis Ergebnis vor Steuern
-80
-60
-40
-20
0
20
40
60
80
100
79,4
Abbildung 4: Reporting für das Aufsichtsorgan Da die hier angesprochene Risikodarstellung den Gedanken der periodischen Rechnung, also der jährlichen GuV, fortführt, sollten in jedem Fall Auswirkungen in den Folgejahren aufgezeigt werden. Oft entfalten externe Einflüsse wie die Marktzinsentwicklung in der Zinsspan-
26
MaRisk: Mindestanforderungen an das Risikomanagement in Kreditinstituten
ne erst langfristig ihre vollständige Wirkung. Unter Umständen können sich zunächst positive Entwicklungen zu einem zukünftigen Zeitpunkt sogar ins Gegenteil umkehren. Die Gesamtübersicht in Form der Erfolgsvorschau ist auch immer Anknüpfungspunkt für weitere Detaildarstellungen zu den einzelnen Risikobereichen – beispielsweise zur Berichterstattung über das Kreditgeschäft (z.B. Konzentrationsrisiken). Neben diesen schon aus den MaKAnforderungen bekannten Inhalten fügen sich nun oft noch neue Detaildarstellungen hinzu, um dem Anspruch der Angemessenheit gerecht zu werden. Dies können Ausführungen zu Zinsänderungs-, Liquiditäts- und operationellen Risiken sein, die entsprechend der individuellen Risikosituation ebenso bedeutsam sein können. Hieraus ergibt sich in der Summe ein sich erweiterndes Themenspektrum, das von vielfältigsten – und meist erklärungsbedürftigen – Fachbegriffen begleitet wird. Nicht immer können diese Begriffe gleich an der jeweiligen Stelle im Bericht eingehend erläutert werden. In der Praxis gehen Institute deshalb dazu über, den Aufsichtsgremien geeignetes Informationsmaterial an die Hand zu geben. Ein kleines Glossar, in dem häufig verwendete Termini – vom Adressenrisiko bis zum Zinsbuchhebel – kurz erläutert werden, kann die Nachvollziehbarkeit deutlich erhöhen und die Berichterstattung sinnvoll ergänzen. In der Summe ermöglicht eine transparente Berichterstattung nicht nur dem Aufsichtsgremium eine umfassende Einschätzung zur Risiko- und Ertragslage des Instituts, sie gibt auch dem Vorstand die Gelegenheit, Unwägbarkeiten schon frühzeitig aufzuzeigen. Da Erfolge nie ohne unternehmerisches Risiko erzielt werden können, sollte ein Berichtssystem jedoch nicht einzig die Gefahren, sondern auch die Chancen und die vom Management vorgenommenen Abwägungen verdeutlichen.
Chancen und Risiken
27
Risikomanagement
1.
Chancen und Risiken
Kapitalgeber und Kapitalsuchende befinden sich bei ihren Entscheidungen immer im Spannungsfeld zwischen Risiko, Rendite und Liquidität (vgl. Abbildung 1). Unabhängig, ob es sich um Finanzierungen oder Investitionen handelt, sollte die Rendite – also zum Beispiel ein besonders günstiger Darlehenszinssatz – nicht als alleiniges Entscheidungskriterium herangezogen werden. Vielmehr müssen neben den Chancen auch stets die Risiken berücksichtigt werden.
Rendite
Risiko
Liquidität
Abbildung 1: Spannungsfeld bei Investitionen und Finanzierungen Beispielsweise profitiert ein Unternehmen bei der Entscheidung für eine variable Finanzierung in den meisten Fällen von einer im Vergleich zur Festzinsbindung niedrigeren Verzinsung. Zudem hat es die Möglichkeit, jederzeit Sondertilgungen vornehmen zu können. Diesen Vorteilen stehen jedoch die Risiken steigender variabler Zinssätze und ggf. der vorzeitigen Kündigung bzw. Nichtprolongation durch den Kreditgeber gegenüber. Grundsätzlich gilt daher: Je attraktiver die Konditionen auf den ersten Blick erscheinen, desto sorgfältiger muss die Risikoanalyse sein.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
28
2.
Risikomanagement
Risikodefinition und Risikoarten
Ein Risiko entsteht immer dann, wenn Unsicherheit über zukünftige Ereignisse – beispielsweise die Rohstoffpreis-, und Währungsentwicklung – besteht. Die Auswirkung des Risikos ist dann in einer negativen Abweichung von einem Erwartungswert (z.B. Plankostenrechnung) erkennbar. Positive Abweichungen vom Erwartungswert stellen dagegen eine Chance dar. Für das Management der Risiken und der damit verbundenen Risikokonzentrationen ist es wichtig, eine möglichst vollständige und regelmäßige Erfassung aller Risiken durchzuführen, die sich negativ auf die Erreichung der Ziele (z.B. Unternehmensstrategie) auswirken können. Welchen Risiken sich ein Unternehmen ausgesetzt sieht, ist sehr individuell und kann am besten durch eine regelmäßige und möglichst umfassende Risikoidentifikation ermittelt werden. Folgende Abbildung gibt einen ersten Überblick.
Absatzrisiken
Operationelle Risiken
• Kundenabwanderung • veraltete Produkte • Nachfragerückgang • steigender Wettbewerb
• • • • • • •
Maschinenschäden Wetterschäden alternde Lagerbestände Korruption, Diebstahl IT-Ausfall menschliches Versagen Spionage
Finanzrisiken • • • • •
Marktpreisrisiken Kreditrisiken Liquiditätsrisiken Inflationsrisiken Bilanzstruktur
Sonstige Risiken
Unternehmensrisiko
Strategische Risiken • • • • • • •
Management Produktstrategie Reputation Führungsstil Organisationsstruktur Personal F&E
• Streik • Fluktuation • Krankenstand • Lieferantenwechsel
Rechtliche Risiken • • • • •
Steuern und Abgaben Produkthaftung Subventionspolitik Umweltpolitik regulatorische Anforderungen
Abbildung 2: Unternehmensrisiken Abbildung 3 gibt einen Überblick über die Risiken, die allein im Finanzmanagement häufig auftreten. Auch hier tragen eigene Analysen zur Konkretisierung und Vervollständigung bei. Je genauer die Bestimmung der Risikoarten erfolgt, desto leichter lassen sich im Nachgang konkrete Steuerungsmaßnahmen und Kennziffern der Zielerreichung ableiten.
Risikoneigung
29
Risikokategorien Risikoarten
Adressenrisiken
Liquiditätsrisiken
Marktpreisrisiken
Operationelle Risiken
Sonstige Risiken
Kontrahentenrisiko
Refinanzierungsrisiko
Rohwarenrisiko
Infrastruktur
Reputationsrisiko
Kredit- und Bonitätsrisiko
Liquiditätsrisiko i.e.S.
Zinsänderungsrisiko
Mitarbeiter
Strategische Risiken
Spezifisches Kursrisiko
Marktliquiditätsrisiko
Währungsrisiko
Interne Verfahren
Sonstige Risiken
Emittentenrisiko
Aktienkursrisiko
Externe Einflüsse
Strukturrisiko
Immobilienrisiko
(Konzentrationen)
Länderrisiko
Optionspreisrisiko
Abbildung 3: Risiken im Finanzmanagement
3.
Risikoneigung
Die Risikoneigung spiegelt wider, wie Chancen wahrgenommen werden und welche Einstellung die Entscheidungsträger zum Risiko haben. In einem Unternehmen wird die Risikoneigung maßgeblich von der Geschäftsleitung bestimmt. Es wird festgelegt, ob das Unternehmen eher konservativ oder eher risikofreudig agiert. Die Risikoneigung findet ihre Konkretisierung in der Strategie unter anderem durch folgende Festlegungen: Festlegung der Risikohöhe, die maximal tolerierbar ist. Bestimmung der zur Risikodeckung reservierten Kapitalbestandteile (z.B. Jahresüberschuss abzüglich Mindestgewinn). Definition des Risikohorizonts (Wird nur das laufende Jahr betrachtet oder auch Folgeperioden?). Festlegung der Parameter zu Risikoquantifizierung (z.B. Konfidenzniveau, Haltedauer, Worst Case-Szenarien). Gegenüberstellung von Risiken und Risikodeckungskapital. Dabei sollte das Eigenkapital nur im äußersten Notfall zur Risikodeckung herhalten müssen, also nur für den Fall, dass Risiken weit über das bisher übliche Maß schlagend werden.
30
Risikomanagement
Vorgaben für die Implementierung eines Limitsystems (Bis zu welchem Grad werden welche Risiken selbst getragen, wann erfolgt eine Absicherung?). Festlegung, ab welcher Höhe offene Positionen (z.B. Währungspositionen) abgesichert werden müssen. Festlegung, in welchem Umfang neben der reinen Absicherung auch die Umsetzung eigener Markterwartungen möglich ist. Beim Abschluss neuer Geschäfte sollte daher nicht nur der mögliche Gewinn, sondern auch das Risiko beachtet werden. Welcher Verlust könnte maximal ertragen bzw. getragen werden, wenn die Gewinnerwartungen nicht eintreten? Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch im nächsten Jahr noch genügend Reserven vorhanden sein müssen, um potenzielle Verluste auffangen zu können.
4.
Spekulation
Derivate können zum Hedging, zur Optimierung und zur Spekulation eingesetzt werden. Ob es sich um eine Optimierung oder bereits um Spekulation handelt, ist nicht immer einfach zu unterscheiden und sollte im Einzelfall genau untersucht werden. Der Einsatz von Derivaten zur Spekulation ist für Kommunen verboten. Allgemein ausgedrückt ist Spekulation die auf Gewinnerzielung ausgelegte kurzfristige Ausnutzung von Preis- und Wertunterschieden. Ein spekulatives Derivategeschäft ist zum Beispiel anzunehmen, wenn dem Derivat kein Grundgeschäft zugeordnet werden kann oder nur unzureichende Informationen über Wirkungsweise sowie Chancen und Risiken des Finanzgeschäfts vorhanden sind.
5.
Konzentrationsrisiken
Als Konzentrationsrisiken bzw. Klumpenrisiken werden im Allgemeinen Risiken bezeichnet, die aus einer ungleichmäßigen Verteilung eines Risikofaktors resultieren. Für ein Unternehmen kann zum Beispiel ein Risiko daraus resultieren, einen großen Teil der Produkte in USDollar abzurechnen. Steigt der Euro im Kurs, hat dies unmittelbar negative Auswirkungen auf die Gewinnmarge. Konzentrationen bieten aber auch Chancen, beispielsweise bei stärkerem
Korrelation
31
US-Dollar. Eine effektive Steuerung und Begrenzung der Risiken ist daher von großer Bedeutung. Das Gegenteil der Konzentration ist die Diversifikation der Risiken.
Diversifikation innerhalb einer Risikokategorie
Konzentrationsrisiken
Portfoliorisiko
Marktrisiko
Adressenkonzentrationen (Lieferanten, Abnehmer)
z.B. Konzentration in Zinsen
Laufzeitkonzentrationen (Finanzierungen und Anlagen)
z.B. Konzentration in Währungen
Produktkonzentrationen
Diversifikation
Liquiditätsrisiko
Operationelles Risiko
z.B. Konzentration bei Finanzierungsgebern
z.B. Abhängigkeit von Geschäftsprozessen und ITSystemen
innerhalb eines
Risikofaktors
Diversifikation zwischen Risikokategorien
Abbildung 4: Konzentrationsrisiken Konzentrationsrisiken werden häufig unterschätzt oder zu spät erkannt. Kommt es jedoch in einer Risikoklasse, in der überdies auch eine Risikokonzentration besteht, zu einem Schadensfall, kann dies zu existenzbedrohenden Situationen führen (z.B. Wegfall eines großen Kunden, stark fallender EUR/JPY-Wechselkurs bei einer Hausfinanzierung in Japanischen Yen).
6.
Korrelation
Der Korrelationskoeffizient ist ein statistisches Maß für den Zusammenhang zweier Merkmale. Er misst die Richtung und die Stärke des Zusammenhangs und kann Werte zwischen +1 und -1 annehmen. Werte von -1 bedeuten einen perfekt negativen Zusammenhang. Das heißt, wenn ein Wert steigt, fällt der andere. Eine Korrelation von null signalisiert, dass zwischen den Werten kein statistischer Zusammenhang feststellbar ist. Ein perfekt positiver Zusammenhang besteht bei einem Korrelationskoeffizienten von +1. Stehen historische Marktpreise zur Verfügung, ist die Berücksichtigung der Korrelation in der Risikotragfähigkeitsrechnung unproblematisch. Da in den meisten Fällen kein perfekt positi-
32
Risikomanagement
ver Zusammenhang zwischen verschiedenen Risikoklassen (z.B. Rohstoffe und Währungen) besteht, wirkt die Korrelation risikoentlastend. Dies bezeichnet man als Diversifikationseffekt. Etwas schwieriger stellt sich dagegen derzeit noch die Berücksichtigung von Korrelationseffekten dar, wenn keine oder nur wenige historische Informationen zur Verfügung stehen (z.B. zwischen operationellen Risiken und Adressrisiken). Werden Korrelationen in der Risikotragfähigkeitsrechnung berücksichtigt, ist weiterhin zu beachten, dass diese zeitlich nicht stabil sind und gerade in Extremsituationen zum Gleichlauf neigen.
7.
Risikomanagementprozess
Alle Marktteilnehmer, die Finanzinstrumente professionell einsetzen wollen, sollten immer auf ein angemessenes Risikomanagement und die Einrichtung interner Kontrollverfahren achten. Dazu gehört auch, dass sich die verantwortlichen Personen einen Überblick über die Risikosituation verschaffen. Eine angemessene Vorgehensweise bedeutet in diesem Zusammenhang, dass unter Berücksichtigung der Risikotragfähigkeitssituation die Anforderungen mit steigender Komplexität und relativer Größe der Grundgeschäfte und Derivatepositionen zunehmen.
Kontrolle
Steuerung
Analyse
Reporting
Risikomessung
operativ Strategie(n)
Risikobewertung
Risikoidentifikation
strategisch
Abbildung 5: Strategisches und operatives Risikomanagement Der Risikomanagement-Prozess beinhaltet einen strategischen und einen operativen Teil. Im Rahmen des strategischen Risikomanagements erfolgt in zeitlich größeren Abständen die Identifikation und Bewertung von Risiken sowie die Ableitung und Überprüfung der Strategie. Es werden vorbehaltlos alle Risiken identifiziert, die in irgendeiner Form schlagend werden können. Bei der Risikobewertung wird festgestellt, ob das Risiko als unwesentlich eingestuft und somit vernachlässigt werden kann oder ob es ins operative Management aufzunehmen ist. Auch der operative Risikomanagement-Prozess stellt einen Regelkreis dar. Er basiert auf den strategischen Zielgrößen und den daraus abgeleiteten Limiten, Budgets und Zielen.
Risikocontrolling
8.
33
Risikocontrolling
Das Bestreben, Betriebsmittel wirtschaftlich und sparsam einzusetzen, setzt voraus, dass Geschäfte nur dann abgeschlossen werden, wenn die mit diesen Geschäften verbundenen Risiken verstanden und beurteilt werden können. Dies beginnt damit, dass vor Geschäftsabschluss Kontrahenten- und Produktlimite eingerichtet werden. Deren Höhe wird unter Risikogesichtspunkten und in Übereinstimmung mit Strategie und Risikotragfähigkeit festgelegt. Die Berechnung von Risikokennzahlen gestattet eine Aussage darüber, in welcher Höhe das Unternehmen Risiken ausgesetzt ist. Im Rahmen des Risikocontrollings ist zu gewährleisten, dass jederzeit die Risikoposition des Unternehmens bekannt ist und diese sich mit strategischen Vorgaben deckt. Zu den Aufgaben des Risikocontrollings gehören das Berichtswesen und die Erarbeitung von Maßnahmen, die zur Bewältigung der Risiken geeignet sind.
9.
Analyse der Ausgangssituation
Die Ausgangssituation bildet den Startpunkt aller Optimierungsmaßnahmen. Erst wenn der Status quo bekannt ist, lassen sich darauf aufbauend Ziele und Strategien entwickeln. Schwerpunkt der Ist-Analyse ist eine auf die äußeren Rahmenbedingungen gerichtete Umweltanalyse und eine auf die internen Potenziale gerichtete Unternehmensanalyse. Beispielhaft seien einige Analyseschwerpunkte im Treasury genannt: Analyse der Risikoarten: Welche Finanzrisiken existieren im Unternehmen? Wie ist deren zeitliche und monetäre Verteilung (z.B. regelmäßiger Rohstoffeinkauf, Fälligkeitsstruktur der Anlagen und Aufnahmen)? Weitere Unternehmensrisiken, sofern sie Auswirkungen auf das Treasury haben können. Analyse der Wettbewerbssituation: Lieferanten- und Kundenstruktur sowie Struktur, Aktualität usw. der Produktpalette haben ebenfalls Auswirkungen auf zukünftige Treasuryaktivitäten. Marktanalyse: Der Analyse der aktuellen Marktsituation kommt eine wichtige Bedeutung zu. Diese bezieht sich auf das unmittelbare Marktumfeld und auf die allgemeinen Marktbedingungen aller Risikoarten (Zinsen, Währungen, Rohstoffe). Die Marktmeinungsbildung wird unterstützt durch Konkurrenzbeobachtung, Analyse der historischen Preisentwicklung, Auswertung volkswirtschaftlicher Analysen, …).
34
10.
Risikomanagement
Strategie
Nach der Analyse der Ausgangssituation werden die daraus gewonnenen Erkenntnisse in eine Strategie umgesetzt. Dabei geht es darum, unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken sowie der Stärken und Schwächen festzulegen, welche Ziele vordergründig verfolgt und welche Produkte an welchen Märkten gehandelt werden sollen. Generell soll eine Strategie ein planvolles Vorgehen ermöglichen, um von den Stärken der Organisation weiterhin zu profitieren und Chancen zu nutzen. Gleichzeitig sind Schwächen zu reduzieren und Risiken zu begrenzen. Aussagen in der Strategie müssen so konkret verfasst werden, dass eine Kontrolle auf Zielerreichung möglich ist. Das heißt, sie müssen klar definiert, messbar, erreichbar, bedeutsam und terminiert sein.
Analyse der Ausgangssituation und Zielformulierung Geschäftsstrategie
Risikoprofil Risikotragfähigkeit Risikosteuerungs- und Controllingprozesse Aufbau- und Ablauforganisation Investition
Einkauf
Vertrieb
Kapital
…
Marktpreisrisiken Adressrisiken Risikostrategie
Liquiditätsrisiken Operationelle Risiken Sonstige Risiken
Abbildung 6: Geschäfts- und Risikostrategien Die Orientierung an einem langfristigen Ziel gibt allen beteiligten Personen Orientierung und Sicherheit bei der Entscheidungsfindung und deren Umsetzung. Mit Hilfe einer Strategie werden Sinn und Zweck des Treasurymanagements auch für Dritte transparent.
Marktmeinung
11.
35
Marktmeinung
Jede Entscheidung zugunsten oder gegen eine Absicherung von Rohstoffpreisrisiken ist implizit immer mit einer Marktmeinung verbunden. Wichtig ist, sich dieser Meinung bewusst zu werden und diese strategiekonform umzusetzen. Beispielsweise ist der Verzicht auf eine Absicherung künftiger Bezugspreise von Rohstoffen nur dann sinnvoll, wenn erwartet wird, dass dadurch ein gegenüber einer Preisabsicherung günstigerer Bezugspreis erzielt würde. Ziel sollte es sein, diese „implizite“ Marktmeinung transparent zu machen und mit der tatsächlichen Erwartung der zukünftigen Preisentwicklung abzustimmen. Die Markterwartung sollte daher regelmäßig überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. In größeren Organisationen ist es empfehlenswert, ein Gremium zur Marktmeinungsbildung einzurichten (z.B. Treasurykomitee). Wichtig ist, dass jederzeit der Nachweis möglich ist, dass zwischen der Marktmeinung und den getroffenen Absicherungsmaßnahmen ein konsistenter Zusammenhang besteht.
12.
Maßnahmen des Risikomanagements
Wurde im Rahmen des Risikomanagementprozesses ein Handlungsbedarf erkannt, so stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Risikovermeidung: Bestimmte risikobehaftete Geschäfte werden nicht abgeschlossen bzw. in ihrer Höhe durch Limite begrenzt. Zur Risikovermeidung gehört es auch, nur „kalkulierbare“ Risiken einzugehen, das heißt z.B., sich nur in Produkten und Märkten zu engagieren, deren Funktionsweise und Einflussparameter bekannt sind. Risikoverminderung: Risiken lassen sich durch aktive Maßnahmen verringern. Die Wahrscheinlichkeit des Risikoeintritts oder die Folgen des Risikos werden gemindert. So schützt beispielsweise eine regelmäßige Datensicherung vor dem Risiko des Datenverlustes (Folgenminderung). Die redundante Speicherung wichtiger Daten an verschiedenen Orten reduziert die Wahrscheinlichkeit des vollständigen Datenverlustes. Risikoüberwälzung: Durch zusätzliche Absicherungsgeschäfte können die Risiken aus dem Grundgeschäft auf Dritte übertragen werden. Dies geschieht häufig durch den Abschluss von Versicherungen oder Derivaten. Versicherungen werden in der Regel für Risiken abgeschlossen, die zwar selten eintreten, bei Eintritt aber einen großen Schaden verursachen können (z.B. Feuer, Haftpflicht).
36
Risikomanagement
Risikodiversifikation: Getreu dem Spruch, nicht alle Eier in einem Korb zu transportieren, bedeutet Diversifikation, Risiken zu streuen. Ziel dieser Variante der Risikosteuerung ist es, das Schadensmaß bei Eintritt eines Risikos zu reduzieren. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass nicht alle Risiken gleichzeitig eintreten, das heißt, die Risiken nicht miteinander korrelieren. Häufig kommt es sogar vor, dass sich Märkte entgegengesetzt entwickeln. Durch Streuung der Risiken wird dieser Diversifikationseffekt ausgenutzt. Im Idealfall werden negative Entwicklungen in einem Marktsegment durch positive Entwicklungen in einem anderen Marktsegment kompensiert. Belegt eine bestimmte Risikoart einen verhältnismäßig hohen Anteil, spricht man auch von einem Konzentrationsrisiko. Risikoübernahme: Während die bisher genannten Strategien auf die Verringerung des Risikopotenzials abzielen, liegt hier das Ziel in einem bewussten Eingehen der Risiken, um die damit verbundenen Chancen zu nutzen (nicht zu verwechseln mit Spekulation). Beispielsweise liegt dem Abschluss einer variablen Finanzierung die Erwartung zugrunde, dass die kurzfristigen Zinsen auch in Zukunft mehrheitlich unter den langfristigen Zinsen liegen werden. Das Risiko stark steigender Geldmarktzinsen wird bewusst in Kauf genommen oder durch Zahlung einer Prämie mit einem Cap abgesichert. Diese Strategie kann nur dann zum Einsatz kommen, wenn auch das dafür erforderliche Risikodeckungskapital vorhanden ist.
13.
Neue-Produkte-Märkte-Prozess
Die Einführung eines Finanzmanagements unter der Verwendung von Derivaten wird in der Regel in einem mehrstufigen Prozess erfolgen, wobei mit einem Derivat und wenigen Geschäften begonnen wird. Erst, wenn dieses Produkt von allen Beteiligten sicher beherrscht wird, kann mit dem laufenden Handel begonnen werden. Eine solch strukturierte Vorgehensweise, bei der von Anfang an alle betroffenen Mitarbeiter einbezogen werden, sorgt dafür, dass auch komplexe Produkte sicher beherrscht werden. Gerade bei Geschäften, die nicht unerhebliche finanzielle Verpflichtungen nach sich ziehen können, hat es sich in der Praxis bewährt, im Rahmen der Produkteinführung die Zusammenarbeit zwischen Handel, Abwicklung, Risikomanagement und Überwachung an einem Testgeschäft zu simulieren. Je nach Umfang und Risikogehalt kann ein Testgeschäft intern bzw. in Zusammenarbeit mit dem (zukünftigen) Geschäftspartner erfolgen. Von einem neuen Produkt spricht man, wenn das beabsichtigte Geschäft mit dem vorhandenen Know-how der Mitarbeiter, mit der gegenwärtigen technischen Ausstattung,
Risikotragfähigkeit
37
im Rahmen der bisherigen Prozessabläufe oder auf Basis der vorhandenen rechtlichen Vereinbarungen
Start des Projekt
nicht im Katalog
Behebung von Problemen
Genehmigung der Aufnahme der laufenden Geschäftstätigkeit durch den Geschäftsleiter
Gegebenfalls Durchführung einer Testphase
Genehmigung des Konzepts durch den Geschäftsleiter
Erstellung eines Fachkonzepts unter Mitwirkung aller später beteiligten Einheiten.
Neues Produkt / neuer Markt
Produktbeschreibung und geschäftspolitische Zielsetzung
nicht professionell gehandhabt werden kann. In diesem Fall ist die Durchführung eines NeueProdukte-Prozesses (NPP) erforderlich. Um den Einführungsprozess weitgehend zu standardisieren, ist es sinnvoll, alle im Finanzmanagement verwendeten Produkte in einem Produktkatalog zusammenzufassen, zu definieren und zu beschreiben. Für Produkte, die nicht in diesem Katalog aufgelistet sind, ist dann das Durchlaufen eines entsprechenden Prozesses obligatorisch. Die Abbildung 7 zeigt den idealtypischen Ablauf eines NPP unter Verwendung eines Produktkatalogs.
Handhabbares Produkt/ Markt
Schwach -stellenanalyse
Produkte-Märkte-Katalog
in Katalog aufnehmen
Entscheidung, ob ein neuer Markt oder ein neues Produkt vorliegt, trifft ein vom Handel unabhängiger Bereich.
Abbildung 7: Ablauf eines Produkteinführungsprozesses
14.
Risikotragfähigkeit
Risikotragfähigkeit ist grundsätzlich gegeben, wenn durch die Risikodeckungsmasse alle wesentlichen Risiken laufend abgedeckt sind. Mit anderen Worten: Risikotragfähigkeit ist dann gegeben, wenn man sich alle Risiken, die eintreten können, auch leisten kann. Bis zu welcher Höhe man sich Risiken leisten kann und will, hängt von der Risikoneigung und den finanziellen Reserven ab.
38
Risikomanagement
Die Risikotragfähigkeitsrechnung beschreibt, welche potenziellen Deckungsmassen zur Risikodeckung zur Verfügung stehen. Im Rahmen dieser Möglichkeiten wird von der Organisationsleitung entsprechend ihrer Risikoneigung festgelegt, welcher Anteil der Deckungsmasse für welche Risikofälle tatsächlich zur Verfügung gestellt wird (Budgetierung). Diese Risikobudgets werden dann in Form von Limiten auf die relevanten Risikoarten verteilt. Risikodeckungsmassen sind zum Beispiel: Für Unternehmen: Jahresüberschuss vor Steuern (EBT) gegebenenfalls abzüglich eines Mindestgewinns, stille Reserven, Eigenkapital. Für Kommunen: der für Kapitaldienst und Risikodeckung bereitgestellte Anteil des Haushaltsbudgets, Risikovorsorge gebildet aus den Einsparungen des Zins- und Schuldenmanagements, Eigenkapital, Steueraufkommen. Für Privatpersonen: frei verfügbares Haushaltseinkommen oder Anteil des freien und liquiden Vermögens nach Abzug der Schulden. Die Risikoneigung der Entscheidungsträger zeigt sich bei der Gegenüberstellung von Risiken und Risikodeckungsmassen. Die Inanspruchnahme von Eigenkapitalpositionen zur Risikodeckung sollte den selten eintretenden, schweren Risiken vorbehalten bleiben. Ebenfalls von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist die Frage, wie oft hintereinander ein schwerer Risikofall ausgehalten werden könnte. Die Risikoneigung bestimmt auch, wie groß ungesicherte Positionen sein dürfen und in welchem Umfang Mitarbeiter eigene Markterwartungen umsetzen dürfen.
15.
Limitsystem
Limite dienen der Einhaltung getroffener Entscheidungen zur Zielerreichung. Weiterhin sind sie Mittel zur Risikoverteilung und -begrenzung. Sie sind somit ein Instrument zur Strategieumsetzung und Überwachung. Folgende Limite kommen häufig zum Einsatz: Gesetzliche Limite: Zum Beispiel Begrenzung der kommunalen Kreditaufnahme auf die in der Haushaltssatzung festgelegte Höhe (Kreditermächtigung und Höhe der Kassenkredite), Höhe und Laufzeit von Zinsderivaten für Kassenkredite im Rahmen der Haushaltssicherung. Bei Kreditinstituten muss das Eigenkapital mindestens acht Prozent der risikogewichteten Aktiva und der operationellen Risiken betragen. Kontrahentenlimite: Die ratingabhängige Volumenbegrenzung dient der Diversifizierung auf mehrere Kontrahenten und damit der Begrenzung des Kontrahentenrisikos sowie der Verbesserung der Informationslage.
Reporting / Berichterstattung
39
Produktlimite: Begrenzung der handelbaren Produkte (z.B. Begrenzung von Volumen, Anteil, Laufzeit von Derivaten). Marktlimite: Begrenzung der Märkte, auf denen gehandelt werden darf (z.B. Fremdwährungslimite, Länderlimite). Strukturlimite: Zum Beispiel Begrenzung des Anteils aller variabel verzinslichen Positionen am gesamten Kreditportfolio. Risikolimite: Direkte Begrenzung der Risiken (z.B. Höhe des Zinsänderungsrisikos, Adressrisikos, …). In Zusammenhang mit der Bereitstellung von Limiten sind Meldegrenzen zu definieren, die je nach Limitauslastung die Abarbeitung eines festgelegten Maßnahmenkatalogs erfordern (z.B. Information der Geschäftsleitung, Maßnahmen zur Verringerung der Limitauslastung, sofortige Glattstellung der Position).
16.
Reporting / Berichterstattung
Ein Reportingsystem hat die Aufgabe, die Entscheidungsträger und Aufsichtsorgane in angemessenen Abständen mit relevanten Informationen zu versorgen. Ein Reportingsystem kann immer nur so gut sein, wie die vorhergehenden Prozesse (Risikoidentifikation, Strategie, Limite usw.). Es muss adressatengerecht und entscheidungsorientiert sein und unterstützt die Risikoanalyse und Maßnahmenableitung.
40
Risikomanagement
strategisch Risikoidentifikation
Chancen
Risiken
Risikobewertung
Risikotragfähigkeit Ressourcen Markt und Portfolio
Strategie
Strategie(n)
Planwerte, Ziele, Limite, Benchmarks, Dokumentation
operativ
Adressatengerechtes Reporting
Risikomessung
(Bereichsleitung, Geschäftsleitung, Aufsichtsrat, …) Risikoreporting
Steuerung
Analyse
Reporting
Kontrolle
Einkauf, Vertrieb, Liquidität, … • • • •
Marktpreisrisiko
Adressrisiko
Liquiditätsrisiko
OpRisk
Portfoliostruktur, Aufwands- und Ertragskennzahlen, Prognose Risikokennzahlen, Sicherungsgeschäfte, Marktüberblick und -erwartung Limiteinhaltung, Stellungnahme zu Limitüberschreitungen Abweichungsanalyse, Handlungsempfehlungen, …
Ein Reportingsystem schafft Transparenz, enthält Soll-Ist-Abgleich und ist entscheidungs- und prozessorientiert.
Abbildung 8: Einordnung des Reportings in das Risikomanagement Abhängig von den eingegangenen Risiken und je nach Empfänger können Reportings sehr unterschiedlichen Zyklen unterliegen – von täglich (beispielsweise bei Derivatepositionen) bis zu jährlich (beispielsweise für operationelle Risiken). In manchen Fällen – wenn außergewöhnliche Risikosituationen auftreten und umgehendes Handeln gefragt ist – sollte eine sofortige Berichterstattung („ad hoc“) erfolgen.
17.
Cashflow
Unter dem Cashflow wird die Summe aller zahlungswirksamen Erträge minus aller Aufwendungen verstanden, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem operativen Geschäft eines Unternehmens stehen. Etwas formaler ist der Cashflow eine erwartete zukünftige Zahlung, die durch einen Betrag, eine Richtung (Ein- oder Auszahlung) und einen Zeitpunkt gekennzeichnet ist. Jede Investition und Finanzierung weist eine spezifische Cashflowstruktur auf. Eine Finanzierung ist gekennzeichnet durch eine unmittelbare Einzahlung und zukünftige Auszahlungen. Um eine Investition handelt es sich, wenn einer unmittelbaren Auszahlung zukünftige Einzahlungen folgen. Cashflows verschiedener Risikopositionen können durch Addition zu einem einzigen Cashflow zusammengefasst werden. Dieser Summen-Cashflow ist Grundlage für die Risikoberechnung und für Absicherungsmaßnahmen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass
Barwert
41
nicht nur Cashflows erfasst werden, die bereits buchhalterisch erfasst sind, sondern auch solche, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eintreten werden. Die Struktur und das damit verbundene Risiko des Summen-Cashflows können durch gezielte Maßnahmen beeinflusst werden und so an die Struktur bzw. das Risiko eines Benchmark-Cashflows angenährt werden.
18.
Barwert
Der Barwert entspricht dem auf den heutigen Tag abgezinsten (diskontierten) Wert zukünftiger Zahlungsströme. Beeinflusst wird der Barwert durch Anzahl, Höhe und Zeitpunkt der zukünftigen Zahlungen und durch den Diskontierungszinssatz, also dem Zins für die entsprechende Laufzeit des Zahlungsstromes. Abbildung 9 zeigt beispielhaft den Zahlungsstrom (Cashflow) eines endfälligen Kredits mit einer ursprünglichen Laufzeit von neun Jahren und einer Restlaufzeit von fünf Jahren. Während der Darlehenszins 5,0 Prozent beträgt, liegt der aktuelle Finanzierungszinssatz für diese Laufzeit nur noch bei 4,5 Prozent. Der Kreditnehmer könnte sich also derzeit günstiger finanzieren. Die Berechnung des Barwerts macht diesen Zinsnachteil sichtbar und gibt Auskunft über den „fairen“ Wert des Darlehens (hier -102,2 Prozent). Grundsätzlich gilt, dass der Barwert von Cashflows, die weiter in der Zukunft liegen, stärker auf Zinsänderungen reagiert. Die Cashflows haben somit in der Barwertbetrachtung ein höheres Zinsänderungsrisiko.
42
Risikomanagement
+100%
Nominal
Parameter: Festzins: Restlaufzeit: Tilgung: aktueller Marktzins:
-3
-2
-1
-5% Zins
-5% Zins
-5% Zins
5,0% 5 Jahre endfällig, 100% 4,5%
heute
-4,8%
1
2
3
4
5
-5% Zins
-5% Zins
-5% Zins
-5% Zins
-5% Zins
Laufzeit
-4,6%
-80,2%
-4,2% -4,0%
Barwert
-102,2%
Nominal
-4,4%
-100%
Abbildung 9: Cashflow und Barwert eines Kredits Gerade für Geldaufnahmen mit einem festen Zinssatz besteht das Risiko bzw. die Chance, dass sich deren Barwert aufgrund der Zinsfestschreibung und des einhergehenden Zinsänderungsrisikos während der Laufzeit ändert. Ein bestehendes Darlehen kann dann als vorteilhaft bezeichnet werden, wenn der Barwert niedriger als die momentane Restschuld ist. Der Barwert spielt auch bei festverzinslichen Anlagen z.B. in Form von Anleihen eine wichtige Rolle. Lässt man andere Einflussfaktoren wie Liquidität und Bonität unberücksichtigt, symbolisiert der Barwert den Wert der Anleihe, zu dem andere Marktteilnehmer bereit sind, diese zu kaufen oder zu verkaufen. Steigende Zinssätze führen bei festverzinslichen Aktiva zu einem Kursverlust und damit zu einer Vermögensminderung.
19.
Benchmark / aktives und passives Management
Entsprechend der Risikoeinstellung und der Renditeforderung der Kapitalgeber wird unter Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit ein Alternativportfolio definiert, dessen Wertentwicklung nachvollzogen (passives Management) bzw. übertroffen werden soll (aktives Management). Benchmarks werden häufig bei der Steuerung der Kapitalanlagen eingesetzt, können aber auch der unternehmensinternen Ertrags- und Risikosteuerung dienen. Benchmarks sind strategische Zielgrößen und damit Basis für die Steuerung des Portfolios und Messlatte für den Erfolg. Beispielsweise sollte die Wertentwicklung einer Anlage (z.B. Inves-
Hedging
43
tition in deutsche Aktien) nicht ausschließlich anhand ihrer absoluten Wertentwicklung, sondern relativ zur Entwicklung einer Benchmark (z.B. Dax®) beurteilt werden. Damit Benchmarks als Maßstab verwendet werden können, müssen sie folgende Voraussetzungen erfüllen: Die Benchmark sollte eine real erwerbbare Anlagealternative darstellen. Sie sollte gut diversifiziert und somit schwer zu schlagen sein. Der Erwerb der Benchmark sollte zu geringen Kosten durchführbar sein. Der Index sollte für den jeweiligen Markt repräsentativ sein. Die Berechnung und Zusammensetzung sollte jederzeit nachvollziehbar sein. Es sollte sich um einen Performanceindex handeln, da in dem Portfolio ebenfalls Dividenden- und Zinserträge anfallen. Benchmarks können zum Beispiel sein: Ein Index, zum Beispiel Aktienindizes wie Dax® und EuroStoxx®, Rentenindizes (iBoxx®, RexP®), Rohstoffindizes (DJAIGCI®, GSCI®, RICI®). Maximaler Durchschnittszins in Verbindung mit realistischer Risikovorgabe (z.B. Duration, Value at Risk, Cashflow at Risk). Gleitender Durchschnitt eines Zinssatzes (beispielsweise symbolisiert dieser gleitend fünf Jahre die gleichmäßige und fortdauernde Finanzierung mit fünfjähriger Zinsbindung),
20.
Hedging
Als Hedge oder Absicherungsgeschäft bezeichnet man eine Strategie zum Schutz vor Marktpreisrisiken. Die Absicherung wird erreicht, indem zu einer bereits bestehenden bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit geplanten Position (Grundgeschäft) ausgleichend wirkende Risiken hinzugenommen werden (Absicherungsgeschäft). Dies geschieht in der Regel durch Einsatz von Derivaten. Beim geplanten Einkauf von Rohstoffen kann zum Beispiel der sofortige Kauf eines Futures auf diesen Rohstoff Schutz vor steigenden Preisen bieten. Der Wertverlust der einen Position wird durch den Wertzuwachs der Gegenposition ausgeglichen. Ergebnis ist ein von der Marktentwicklung unabhängiger Festpreis. Wird ein einzelnes Grundgeschäft abgesichert, bezeichnet man dies als Micro Hedge. Werden dagegen mehrere Grundgeschäfte oder ein ganzes Portfolio abgesichert, ist dies ein Macro Hedge.
44
Risikomanagement
Als „Natural Hedging“ bezeichnet man die Risikoabsicherung ohne Derivateeinsatz. Unternehmen können sich beispielsweise vor Währungsrisiken schützen, indem sie die Einkaufswährung der Rohstoffe an die Verkaufswährung der Produkte anpassen oder die Produktion in das Absatzland verlagern. Dies ist jedoch nicht immer ohne Weiteres möglich und mit hohen Kosten verbunden.
21.
Proxy Hedge
Die direkte Absicherung, beispielsweise eines Rohstoffs, wird häufig dadurch erschwert, dass für das abzusichernde Produkt kein liquider Terminmarkt besteht. Um sich dennoch gegen Preisänderungen schützen zu können, kann auf Produkte ausgewichen werden, für die ein Terminmarkt existiert und von denen eine ähnliche Preisentwicklung erwartet wird. Beim Proxy Hedge ist das höhere Basisrisiko zu beachten. Eine perfekte Absicherung kann also nicht erwartet werden. Beispielsweise möchte ein Unternehmen Tankstellendiesel absichern. Da hierfür jedoch kein liquider Terminmarkt existiert, wird zur Absicherung der zukünftigen Kraftstoffpreise auf die Notierungen für schwefelarmes Diesel am Großhandelsplatz Rotterdam (ULSD 10 ppm fob RDM) zurückgegriffen. Unbeachtet des bestehenden Währungsrisikos (Tankstellendiesel notiert in Euro und ULSD in US-Dollar) entstehen Preisdifferenzen. Tankstellenpreise werden z.B. beeinflusst durch die lokale Wettbewerbssituation, Steuern und Transportkosten. Das Unternehmen muss also damit rechnen, dass trotz einer Preisabsicherung ein gewisses Restrisiko bestehen bleibt. Dieses Basisrisiko ist jedoch bedeutend geringer, als ungeschützt der Preisentwicklung ausgesetzt zu sein.
22.
Risikohorizont
Der Risikohorizont ist der Zeitraum, in dem die zur Verfügung gestellte Risikodeckungsmasse (z.B. Jahresgewinn und Anteil des Eigenkapitals) im Risikofall aufgebraucht sein kann. Innerhalb des Risikohorizonts wird sichergestellt, dass die Risikotragfähigkeit gewährleistet ist. Der Risikohorizont erstreckt sich in der Regel mindestens auf das Geschäftsjahr, wobei eine Betrachtung von mehreren Perioden zu empfehlen ist. Die Festlegung des Risikohorizonts sollte nicht mit der Haltedauer für die Berechnung des Value at Risk verwechselt wer-
Dokumentation
45
den. Die Haltedauer hängt im Wesentlichen davon ab, wie schnell Risiken als solche erkannt und wie schnell Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet werden können.
23.
Dokumentation
Eine klare und nachvollziehbare Dokumentation der Geschäftsprozesse, Ziele, Rahmenbedingungen und Handlungen ist der unverzichtbare Rahmen einer nachhaltigen und risikobewussten Geschäftsorganisation. Die Dokumentation dient der Reduzierung operationeller Risiken, erhöht die Transparenz, ist Bestandteil der Ablauforganisation, manifestiert die Aufbauorganisation, regelt Kompetenzen, dient der Nachweisbarkeit. Die Masse der zu dokumentierenden Sachverhalte sollte jedoch nicht zu Redundanzen und Widersprüchen führen.
Adresse
47
Management der Adressenausfallrisiken
1.
Adresse
Als Adresse wird in der Finanzbranche ein Geschäftspartner oder Marktteilnehmer bezeichnet. Die Bonität des Marktteilnehmers hat Einfluss auf das Adressenausfallrisiko und auf die Preise und Konditionen, die mit diesem Marktteilnehmer vereinbart werden.
2.
Bonität
Die Bonität beschreibt die Solvenz eines Kunden oder Geschäftspartners und somit seine Fähigkeit und Willigkeit, Zins- und Tilgungszahlungen vollständig und termingerecht zu leisten.
3.
Rating / Scoring
Das Rating gilt als aggregierte Kennzahl, welche das Ausfallrisiko eines Kunden zum Ausdruck bringt. Während im gewerblichen Kreditgeschäft unzählige qualitative und quantitative Aspekte einfließen, erfolgt die Bonitätseinschätzung im Privatkundengeschäft in weiten Teilen maschinell. Dies wird als Scoring bezeichnet.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
48
4.
Management der Adressenausfallrisiken
Ausfall / Kreditereignis
Sofern der Kunde oder Geschäftspartner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, wird er als ausgefallen betrachtet. In diesem Fall wird auch von einem „Kreditereignis“ gesprochen. Indikationen für einen Ausfall sind unter anderem: Überziehungen über einen längeren Zeitraum, Insolvenzanmeldung, ausgebliebene Zins- und Tilgungszahlungen.
5.
Wertberichtigung
Zur Vorsorge für Kreditausfälle werden in der GuV Wertberichtigungen gebildet. Diese können konkret für einen Kunden gebildet werden (Einzelwertberichtigungen), wenn für diesen ein Ausfall als wahrscheinlich begründet wird. Wertberichtigungen können aber auch für latente – allgemein bestehende – Risiken im Kreditportfolio gebildet werden (Pauschalwertberichtigungen). Diese Vorsorge wird mit Erfahrungswerten – z.B. durchschnittliche Ausfälle der letzten Jahre – untermauert.
6.
Kontrahent / Emittent
Kontrahenten sind Geschäftspartner im Eigengeschäft, beispielsweise der Geschäftspartner, mit dem ein Termingeld oder ein Derivat abgeschlossen wird, oder von dem ein Wertpapier erworben wird. Emittent ist derjenige, welcher ein Wertpapier oder einen Schuldtitel begibt. Im Handel mit Wertpapieren fallen Emittenten und Kontrahenten oft auseinander, beispielsweise wenn die Sparkasse über ihre Landesbank (Kontrahent) eine Unternehmensanleihe von VW (Emittent) erwerben würde.
Gesamt- / einzelgeschäftsbezogen
7.
49
Gesamt- / einzelgeschäftsbezogen
Das Management von Adressrisiken kann sowohl einzel- als auch gesamtgeschäftsbezogen erfolgen. Einzelgeschäftsbezogenes Management bezieht sich immer auf einen einzelnen Kredit oder auf einen einzelnen Kreditnehmer. Das gesamtgeschäftsbezogene Management stellt hingegen immer auf ein Portfolio ab, also eine Vielzahl von Krediten und Kreditnehmern. Hierbei steht die Steuerung von Konzentrationen im Portfolio im Vordergrund.
8.
Konzentrationsrisiken
Als Konzentrationsrisiken bei Kreditinstituten werden im Allgemeinen Risiken bezeichnet, die aus einer ungleichmäßigen Verteilung der Geschäftspartner in Kredit- oder sonstigen Geschäftsbeziehungen bzw. aus sektoraler oder geografischer Geschäftsschwerpunktbildung entstehen und geeignet sind, so große Verluste zu generieren, dass die Solvenz eines Instituts gefährdet sein kann. Für Spezialbanken und regional tätige Kreditinstitute kann es sinnvoll sein, Kreditkonzentrationen bewusst einzugehen, um Informationsvorteile, zum Beispiel aufgrund der Ortsnähe, nutzen zu können. Allerdings hatten in den letzten 25 Jahren auch mehrfach Schieflagen von Banken ihren Ausgangspunkt in erhöhten Konzentrationsrisiken. Eine effektive bankeigene Steuerung und Begrenzung dieser Risiken ist daher von großer Bedeutung.2
2
Vgl. Monatsbericht der Deutschen Bundesbank (Juni 2006).
50
Management der Adressenausfallrisiken
Diversifikation innerhalb einer Risikokategorie
Konzentrationsrisiken
Kreditrisiko
Marktrisiko
Adressenkonzentrationen
z.B. Konzentration in Zinsen
Sektorkonzentrationen
z.B. Konzentration in Aktien
Konzentration in wirtschaftlich verbundenen Unternehmen
Diversifikation
Liquiditätsrisiko
Operationelles Risiko
z.B. Konzentration bei Finanzierungsgebern
z.B. Abhängigkeit von Geschäftsprozessen und ITSystemen
innerhalb eines
Risikofaktors
Diversifikation zwischen Risikokategorien Quelle: in Anl. an Deutsche Bundesbank, eigene Darstellung
Abbildung 1: Konzentrationsrisiken In der Praxis des Adressrisikomanagements werden insbesondere unterschieden: Größenkonzentrationen, also die Abhängigkeit von wenigen Kreditnehmern (bzw. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen) mit großem Geschäftsvolumen; Branchenkonzentrationen, also die Abhängigkeit von einzelnen Branchen, welche im eigenen Kreditportfolio übermäßig vertreten sind und regionale Konzentrationen, also die indirekte Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung einer Region in welcher die Kreditnehmer schwerpunktmäßig beheimatet sind.
9.
Großkredit
Man spricht von einem Großkredit, wenn das Kreditengagement einer Kreditnehmereinheit (gemäß § 19 Abs. 2 KWG) eines Kreditinstitutes zehn Prozent des haftenden Eigenkapitals bei Nichthandelsbuchinstituten bzw. zehn Prozent der Eigenmittel bei Handelbuchinstituten erreicht bzw. übersteigt. Die Großkrediteinzelobergrenze pro Kreditnehmereinheit und Institut beträgt 25 Prozent des haftenden Eigenkapitals bei Nichthandelsbuchinstituten bzw. 25 Prozent der Eigenmittel bei Handelsbuchinstituten. Die Summe aller Großkredite pro Kreditinstitut darf
Millionenkredit
51
das Achtfache des haftenden Eigenkapitals bei Nichthandelsbuchinstituten bzw. das Achtfache der Eigenmittel bei Handelsbuchinstituten nicht übersteigen (Großkreditgesamtobergrenze).
10.
Millionenkredit
Man spricht von einem Millionenkredit, wenn einem Kreditnehmer ein Kredit in Höhe von mindestens 1,5 Millionen Euro gewährt wurde. Die Millionenkreditvorschriften haben das Ziel, die Verschuldung von Kreditnehmern, die 1,5 Mio. EUR oder mehr beträgt, zu erfassen, um einerseits der Aufsicht einen Einblick in die Kreditstruktur der Anzeigepflichtigen (Institute) und andererseits den Anzeigepflichtigen (Institute) über die Verschuldung ihrer möglichen Kreditnehmer Transparenz zu verschaffen (ÆGroMiKV).
11.
Erwartete / unerwartete Verluste
Die Übernahme von Risiken erfolgt mit dem Ziel, Chancen zu realisieren, beinhaltet aber auch die Gefahr von Verlusten. Sind diese Ausfälle bereits mit einer hohen Wahrscheinlichkeit absehbar, stellen sie kein Risiko mehr dar. Sie werden daher auch als erwartete Verluste (expected loss) bezeichnet. Das eigentliche Risiko besteht darin, dass der tatsächliche Ausfall über dem bereits erwarteten Verlust liegen wird. Dieser zusätzliche Ausfall wird als unerwarteter Verlust (unexpected loss) bezeichnet.
12.
Probability of Default (PD)
Die Probability of Default ist die Ausfallwahrscheinlichkeit, die angibt, in welcher Wahrscheinlichkeit der Kreditnehmer ausfällt. Diese Kennzahl wird aus historischen Ausfällen für jede definierte Ratingklasse ermittelt.
52
13.
Management der Adressenausfallrisiken
Loss Given Default (LGD)
Der Loss Given Default ist die prozentuale Verlustquote bei Ausfall. Dies beinhaltet sowohl die Verwertung von Sicherheiten als auch eine mögliche Insolvenzquote. Diese Größe kann erst nach einem Ausfall konkret bestimmt werden und wird meist daher in Abhängigkeit von der Produktart aus historischen Ausfällen geschätzt.
14.
Exposure at Default
Das Exposure at Default (EAD) ist die gesamte Inanspruchnahme an Krediten eines Kreditnehmers zum Zeitpunkt des Ausfalls. Sofern ein Einzelkredit betrachtet wird, ist dies der Darlehensaldo zum Zeitpunkt des Ausfalls. Sofern allerdings auch Kreditlinien betrachtet werden, ist die Höhe der Ausnutzung der Kreditlinie zu schätzen, um das Exposure at Default zu erhalten.
15.
Verwertungs- und Einbringungsquoten
Wenn ein Kreditnehmer ausfällt, hängt der für die Bank tatsächlich auftretende Verlust davon ab, wie viel an Erlösen im Lauf der Abwicklung noch erzielt werden. Dabei muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen den Erlösen bei der Verwertung von Sicherheiten und sonstigen Zahlungseingängen auf das nach Sicherheitenverwertung noch ausstehende Volumen. Die Verwertungsquote gibt das Verhältnis des Erlöses aus Verwertung einer Sicherheit zu dem letzten Wert der Sicherheit als lebendes Geschäft an. Bei zu konservativer Neubewertung bei EWB-Bildung ist der Wertansatz vor EWB-Bildung zu benutzen. Dagegen gibt die Einbringungsquote an, wie viel von dem nach Sicherheitenverwertung noch ausstehenden Betrag durch sonstige Zahlungseingänge abgedeckt wird. Dabei werden die Verwertungserlöse und sonstigen Zahlungseingänge barwertig zum Zeitpunkt der Übergabe an die Rechtsabteilung betrachtet. Es empfiehlt sich, mehrere sinnvolle Verwertungs- und Einbringungsklassen zu definieren und für diese die Quoten zu erheben. Sinnvoll heißt in dem Zusammen-
Migrationsmatrix
53
hang, dass die Klassen möglichst homogen und untereinander heterogen sind und dass eine hinreichend große Stichprobe erhoben werden kann.
16.
Migrationsmatrix
Eine Migrationsmatrix gibt die Wahrscheinlichkeit für den Ausfall eines Kunden in Abhängigkeit von seiner Ratingnote und die Wahrscheinlichkeit für eine Änderung dieser Ratingnote an. Sie stellt das Kernstück der Messung bzw. der Bewertung des Risikos von gerateten Kreditnehmern dar.
17.
Adressenausfallrisiko / Credit Value at Risk
Als Adressenausfallrisiko wird das Risiko bezeichnet, dass durch Kreditausfälle Verluste entstehen, welche die erwarteten Verluste übersteigen. Diese schlagen sich in der periodischen Sicht im Bewertungsergebnis für das Kreditgeschäft nieder. In der wertorientierten Sichtweise wird ein unerwartet hoher Wertverlust des Kreditportfolios als Credit Value at Risk bezeichnet. Anders als in der periodischen Sicht wirken sich in diesem auch Bonitätsveränderungen, Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Situation und der Besicherung aus. Adressenausfallrisiken werden auf Portfolioebene, also gesamtgeschäftsbezogen, ermittelt.
18.
Kreditportfoliomodelle
Die Modelle stellen die Basis für die Messung des Adressenausfallrisikos dar. So werden etwa die Risikokosten mit Kreditrisikomodellen berechnet, um so eine risikoadäquate Preisgestaltung zu ermöglichen. Die relevanten Modellparameter werden regelmäßig etwa auf der Basis des historischen Ausfallverhaltens des Kreditportfolios aktualisiert.
54
Management der Adressenausfallrisiken
Grundsätzlich lassen sich bei der Modellierung des Adressrisikos zwei Ausprägungen unterscheiden: Ausfallrisiko: Das Risiko, dass ein Kreditnehmer ausfällt. Bonitätsänderungsrisiko: Das Risiko, dass sich die Bonität eines Kreditnehmers verschlechtert. Der Ausfall ist dann ein Spezialfall des Bonitätsrisikos. Entsprechend gibt es Portfoliomodelle, die das Ausfallrisiko modellieren (z.B. CreditiRisk+), und Modelle, die das Bonitätsänderungsrisiko modellieren (z.B. CreditMetrics und CPV).
0.6
Erwartungswert
Ausfallwahrscheinlichkeit
0.5 0.4 0.3 0.2 99,9% 0.1
0,1% Verluste durch Kreditausfälle Unerwarteter Verlustl = CVaR (Credit Value at Risk)
Abbildung 2: Portfoliogrundmodell (Quelle: Reuters) Man sieht, dass die Risiken mit einer deutlich asymmetrischen Verteilungsfunktion modelliert werden, die vom verwendeten Risikomodell abhängt. Der Gesamtverlust, der innerhalb einer definierten Zeitspanne (meist ein Jahr) auftritt, kann durch die stochastische Modellierung mithilfe eines Konfidenzniveaus vernünftig angegeben werden. In Abbildung 2 wäre dies ein Konfidenzniveau von 99,9 Prozent, das heißt, nur in 0,1 Prozent aller Fälle tritt ein höherer Verlust als der im Modell berechnete Verlust auf.
19.
Risikoadjustiertes Pricing (RAP)
Das risikoorientierte Pricing verfolgt die Zielstellung, jeden Kredit zu einer fairen Kondition abzuschließen, in welcher auch die Bonität des Kunden und gestellte Sicherheiten angemessen Berücksichtigung finden. Es soll vermieden werden, dass Kunden guter Bonität übermäßig belastet und Kunden mit niedrigerer Bonität subventioniert werden. Denn dies würde
Kreditstrategie
55
dazu führen, dass gute Kunden zu Wettbewerbern mit fairer Preisgestaltung abwandern und schlechtere Kunden im Portfolio verbleiben. Dieser Effekt wird auch als adverse Selektion oder „Zitronentheorie“ bezeichnet.
20.
Kreditstrategie
Alle Kreditinstitute sind dazu aufgefordert, eine Geschäftsstrategie und dazu konsistente Teilstrategien, zum Beispiel für das Kreditgeschäft, zu implementieren. Um der Forderung nach einer Risikostrategie gerecht zu werden, sind Wachstumsziele für Produkte bzw. Geschäftsbereiche um eine entsprechende Einschätzung der damit verbundenen Risiken zu ergänzen.
Planungszeitraum
Regelmäßige Überprüfung
Klumpenrisiken
Geschäftspolitische Ausgangssituation
Geografische Verteilung
Risikotragfähigkeit
RatingVerteilung Adressrisikostrategie
Verteilung der Kreditarten
GrößenKlassenVerteilung
DVAusstattung Mitarbeiterkapazitäten
Branchenverteilung
Portfoliostruktur
Institutsstruktur
Art und Umfang der Geschäfte
Abbildung 3: Aspekte einer Kredit- bzw. Adressrisikostrategie Die Risikoidentifizierung auf Portfolioebene setzt die richtige Identifikation und Aggregation der Risiken auf Einzelgeschäftsebene voraus. Dazu sind unter anderem die für das Adressen-
56
Management der Adressenausfallrisiken
ausfallrisiko eines Engagements bedeutsamen Aspekte herauszuarbeiten und zu beurteilen: dazu zählen die Branchen- und Länderrisiken, Kontrahentenrisiken sowie das klassische Kreditrisiko. Abbildung 3 zeigt Aspekte, die bei der Entwicklung einer Kreditrisikostrategie zu berücksichtigen sind. Diese bieten im weiteren Verlauf die Basis für Kennzahlen, die im Rahmen eines Risikomanagements und Reportings die Zielerreichung manifestieren.
21.
Kreditentscheidung / Votierung
Eine Kreditentscheidung ist jede Entscheidung über Neukredite, Krediterhöhungen, Beteiligungen, Limitüberschreitungen, die Festlegung von kreditnehmerbezogenen Limiten sowie von Kontrahenten- und Emittentenlimiten, Prolongationen und Änderungen risikorelevanter Sachverhalte, die dem Kreditbeschluss zugrunde lagen (z.B. Sicherheiten, Verwendungszweck). Die MaRisk unterscheiden zwischen risikorelevanten Geschäften, für die bei Kreditentscheidungen zwei unabhängige Voten erforderlich sind und nicht risikorelevanten Geschäften, bei denen ein Votum ausreichend sein kann. Beim risikorelevanten Kreditgeschäft müssen Markt und Marktfolge voneinander unabhängige Voten abgeben. Welches Kreditgeschäft als risikorelevant angesehen wird, liegt grundsätzlich im Ermessen des jeweiligen Kreditinstituts und sollte sich am Risikogehalt der Geschäfte, deren Umfang und der Institutsgröße – also letztlich am Risikobeitrag der Geschäfte, orientieren. Die Beurteilung der Risikorelevanz hat unmittelbar Auswirkungen auf den Votierungsprozess bei Kreditentscheidungen. Ein Votum bezeichnet eine Stellungnahme von Markt oder Marktfolge zu einer Kreditvorlage. Eine Kreditentscheidung ist dagegen die Entscheidung über die Gewährung bzw. Nichtgewährung eines Kredites. Votum und Kreditentscheidung werden in den meisten Fällen durch eine Person ausgeübt, können aber auch getrennt erfolgen. Kontrahenten- und Emittentenlimite für Handelsgeschäfte sind durch eine Votierung aus dem Bereich Marktfolge festzulegen. Für jedes Kreditgeschäft muss im Vorfeld auf Basis eines Kreditbeschlusses ein Limit eingeräumt werden (kein Geschäft ohne Limit). Vor jeder Limiteinräumung muss grundsätzlich eine Bonitätsprüfung vorgenommen werden, da sich die Limithöhe an der Bonität orientieren muss. Abbildung 4 fasst die Votierungsmöglichkeiten im Sinne der MaRisk noch einmal zusammen.
Prozesse im Kreditgeschäft
57
Votierung im Kreditgeschäft Nichtrisikorelevantes Geschäft (BTO 1.1 Tz. 4). •In Abhängigkeit von Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt nur ein Votum erforderlich. •Trennung zwischen Markt und Marktfolge ist nicht erforderlich.
Risikorelevantes Geschäft
(BTO 1.1 Tz. 2). • zwei zustimmende Voten der Bereiche Markt und Marktfolge erforderlich. (BTO 1.1 Tz.6) • Bei voneinander abweichenden Voten Ablehnung oder Verlagerung auf höhere Kompetenzstufe (Eskalationsverfahren).
(BTO 1.1 Tz. 2) •Soweit die Entscheidungen in einem Ausschuss getroffen werden, sind die Mehrheitsverhältnis se so festzulegen, dass der Bereich Marktfolge nicht überstimmt werden kann.
(BTO 1.1 Tz. 1) • Jeder Geschäftsleiter kann eigenständig Kreditentscheidungen treffen. • Trotzdem Votierung durch Markt und Marktfolge erforderlich.
Abbildung 4: Votierung im Kreditgeschäft
22.
Prozesse im Kreditgeschäft
In Anlehnung an die MaRisk hat jedes Kreditinstitut die folgenden Prozesse einzurichten: Kreditgewährung (alle erforderlichen Arbeitsabläufe bis zur Bereitstellung des Kredits, zur Vertragserfüllung oder Einrichtung einer Linie). Kreditweiterbearbeitung (Kreditverwendungskontrolle, laufende Beurteilung des Adressenausfallrisikos und turnusmäßige Überprüfung der Werthaltigkeit von Sicherheiten). Kreditbearbeitungskontrolle (Einrichtung von prozessunabhängigen Kontrollen für die Kreditgewährung und die Kreditweiterbearbeitung). Intensivbetreuung (besondere Beobachtung von Engagements nach vorher festgelegten Kriterien). Problemkreditbearbeitung (Festlegung von Kriterien, ab wann ein Kredit abzugeben ist, Prüfung der Sanierungswürdigkeit und –fähigkeit in einem Sanierungskonzept und ggf. Sanierung). Risikovorsorge (zeitnahe Ermittlung und Fortschreibung der Risikovorsorge nach vorher festgelegten Kriterien).
58
23.
Management der Adressenausfallrisiken
Risikofrüherkennung
Die MaRisk fordern, dass alle wesentlichen Risiken im Kreditgeschäft frühzeitig erkannt, vollständig erfasst und in angemessener Weise dargestellt und überwacht werden. Das Verfahren zur Früherkennung von Risiken dient insbesondere der rechtzeitigen Identifizierung von Kreditnehmern, bei deren Engagements sich erhöhte Risiken abzuzeichnen beginnen. Damit sollen die Kreditinstitute in die Lage versetzt werden, in einem möglichst frühen Stadium Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Die dafür zu entwickelnden Frühwarnindikatoren müssen in der Lage sein, das sich abzeichnende Risiko möglichst frühzeitig identifizieren zu können. Ein System zur Früherkennung von Risiken muss also in der Lage sein, potenzielle Risiken permanent und frühzeitig sowohl für Einzelengagements als auch auf Portfolioebene richtig zu erkennen.
Kreditrisikostrategie Fixierung entsprechender Limite und Ziele
Risikoreport
Risikofrüherkennung
Intensivbetreuung, Sanierung oder Abwicklung
Abgleich der tatsächlichen Entwicklung mit den Zielen, Festlegung von Steuerungsmaßnahmen
Ermittlung eines eventuellen Wertberichtigungsbedarfes
Abgleich mit den Risikotragfähigkeitspotenzialen
Abbildung 5: Integration der Risikofrüherkennung in die Steuerung Lange bevor es in einem Unternehmen tatsächlich zur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung kommt, sind bereits Signale erkennbar, die auf ein erhöhtes Risikopotenzial hindeuten. Je eher Signale erkannt werden, desto besser ist es möglich, wirksame Steuerungsmaßnahmen zu ergreifen. Erst durch eine funktionierende Risikofrüherkennung kombiniert mit einer vorausschauenden Risikosteuerung ist eine zeitnahe Erkennung und Steuerung der Risiken möglich.
Problemkreditbearbeitung und Intensivbetreuung
24.
59
Problemkreditbearbeitung und Intensivbetreuung
Der Problemkreditbearbeitung wird eine Intensivbetreuung vorgeschaltet, die sich mit der besonderen Beobachtung von Engagements mit latenten Risiken beschäftigt. Darunter ist zu verstehen, dass ein Kreditengagement bereits vor dem tatsächlichen Ausfall von Zahlungen in den Zustand der Gefährdung geraten kann. Die Intensivbetreuung ist für diese Zwecke mit einem Frühwarnsystem zur Identifizierung von Risikopotenzialen zu verknüpfen. Selbst bei einem sehr ausgereiften Verfahren zur Risikofrüherkennung lassen sich Schieflagen einzelner Kreditengagements nicht vollständig verhindern. Durch intensive Betreuung eines in die Krise geratenen Unternehmens lassen sich jedoch die Ausfallkosten der Bank minimieren. Werden im Rahmen der Risikofrüherkennung bzw. laufenden Überwachung der Kreditengagements Warnsignale festgestellt, ist zu entscheiden, ob das entsprechende Engagement einer intensiveren Betreuung bedarf bzw. der Problemkreditbearbeitung zu übertragen ist.
25.
Sanierung
In der Sanierungsabteilung geht es dann entweder um die Wiederherstellung der Kapitaldienstfähigkeit oder um die schnelle Beendigung des Kreditengagements bei Minimierung des eigenen Abschreibungsaufwands. Demzufolge beginnt die Aufnahme der Intensivbetreuung und der Problemkreditbearbeitung mit einer Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen Situation und der Liquidität des Kreditnehmers. Wird dem Unternehmen die Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit attestiert, folgt die Erstellung eines Sanierungskonzepts. Sofern einzelne Maßnahmen nicht zu dem erwarteten Ziel geführt haben, ist zeitnah zu prüfen, ob die Sanierung trotzdem fortgeführt werden kann.
Marktpreisrisiko
61
Management der Marktpreisrisiken
1.
Marktpreisrisiko
Das Marktpreisrisiko kann definiert werden als der potenzielle Verlust aufgrund von nachteiligen Veränderungen von Marktpreisen oder auch den Preis beeinflussenden Parametern (z.B. Volatilitäten). Bedeutende Marktpreisrisiken sind das Rohstoffpreisrisiko, das Zinsänderungsrisiko, das Währungsrisiko sowie das Aktienkurs- und Immobilienrisiko. Der Marktpreis drückt in einem funktionierenden Markt das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage aus. Es daher wird angenommen, dass der Marktpreis dem Fair Value des Gutes entspricht. Veränderungen der Marktpreise haben Auswirkungen auf den Vermögenswert (Bilanz) und auf den zukünftigen Cashflow (GuV). Als Beispiel sei ein Investor genannt, der bereits seit einigen Jahren monatlich Geld in Aktien investiert. Fallende Aktienkurse führen zu einem Vermögensverlust. Dafür können zukünftige Käufe zu günstigeren Preisen getätigt werden. Bei steigenden Kursen ist es umgekehrt.
2.
Optionspreisrisiken
Das Optionspreisrisiko beschreibt die Veränderung von Optionspreisen. Dabei sind maßgeblich: Der Wert des zugrunde liegenden Vermögensgegenstandes (Basiswert). Kaufoptionen steigen im Wert, wenn der Preis des Basiswerts steigt, Verkaufsoptionen fallen entsprechend. Dabei wirkt ein steigender Optionspreis dann positiv, wenn das Unternehmen selbst Inhaber des Optionsrechts ist, also eine Long-Position einnimmt. Ist es hingegen Stillhalter (short), wirkt sich ein steigender Optionspreis negativ aus. Weitere preisbeeinflussende Faktoren: Ebenso wirken auf den Wert der Option die Volatilität des Basiswertes, also die Intensität von Kursschwankungen, der risikolose Zinssatz sowie die Restlaufzeit der Option.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
62
3.
Management der Marktpreisrisiken
Basisrisiken
Das auch als Korrelationsrisiko bezeichnete Basisrisiko beschreibt das Risiko, dass die Wertentwicklung eines Absicherungsinstruments (z.B. eines Futures) von der Wertentwicklung des abzusichernden Gutes (z.B. dem Aluminiumpreis) abweicht. Dies kann seine Ursache darin haben, dass sich das Absicherungsinstrument nicht auf den gleichen Ort, das gleiche Produkt oder die gleiche Zeit bezieht wie das abzusichernde Produkt. Bei der Absicherung von Rohstoffpreisrisiken ist die Verwendung eines Absicherungsinstruments mit einem abweichenden Basiswert oft unvermeidbar, da der großen Anzahl an Rohstoffen nur wenige wirklich liquide Absicherungsinstrumente gegenüberstehen. Beispielsweise wird als Basiswert für die Absicherung des Metallpreisrisikos bei Aluminium häufig die Notierung des entsprechenden Futures der London Metal Exchange (LME) verwendet. Sowohl die Sorte als auch der Lieferort des Futures stimmen jedoch in der Regel nicht mit dem im Unternehmen tatsächlich verwendeten Rohstoff (z.B. Aluminiumlegierung) überein, gleichwohl besteht ein großer Zusammenhang. Formal ergibt sich die Basis aus der Differenz zwischen dem aktuellen Preis des abzusichernden Rohstoffs und dem Terminpreis des Absicherungsgeschäfts. Je nach Ursache für die Preisdifferenz wird differenziert zwischen Produktbasis, Zeitbasis und Ortsbasis. Die Basis kann im Zeitverlauf schwanken und sowohl negative als auch positive Werte annehmen. Am Ende der Laufzeit des Absicherungsinstruments beträgt sie Null (Basiskonvergenz). Im Hinblick auf die Preisabsicherung ist es wichtig, die eigene Basis zu kennen. Nur so kann letztlich der absicherbare Preis abgeschätzt werden.
4.
Volatilität
Die Volatilität bezeichnet die durchschnittliche Schwankungsbreite von Marktpreisen bzw. Marktpreisveränderungen. Um Vergleiche zu ermöglichen, wird sie in der Regel in Prozent pro Jahr angegeben. Basis für die empirische Berechnung der Volatilität ist die Standardabweichung. Die Volatilität erlaubt somit einen Rückschluss auf die mit einem Finanzinstrument verbundenen Risiken.
Normalverteilung
5.
63
Normalverteilung
Die auch als Gauß-Verteilung oder Gauß’sche Glockenkurve bekannte Normalverteilung ist eine theoretische Verteilung, für die bekannt ist, mit welcher Häufigkeit (Wahrscheinlichkeit) Variablen über- oder unterschritten werden bzw. mit welcher Häufigkeit Variablen in einem bestimmten Werteintervall liegen. Viele reale Variablen sind annähernd normal verteilt. Dies gilt insbesondere für „natürliche“ Phänomene wie Temperaturen, Niederschläge oder Körpergrößen. Viele statistische Verfahren basieren auf der Annahme, dass die untersuchten Größen normal verteilt sind. Jede Normalverteilung wird durch die Parameter Mittelwert (Erwartungswert) und Standardabweichung bestimmt. Unterstellt man (wie dies in der Optionsbewertung angenommen wird), dass die Kursveränderungen einer Normalverteilung gehorchen, dann lässt sich der Standardabweichung (Volatilität) eine Eintrittswahrscheinlichkeit zuordnen.
68,4% 15,8%
+/ 1xVolatilität
15,8%
Abbildung 1: Normalverteilung Die Verteilungsfunktion verschiedener mit Marktpreisrisiken behafteter Positionen sieht einer Normalverteilung zumindest ähnlich, so dass eine einfache Berechnung des Value at Risks möglich ist, indem vereinfachend eine Normalverteilung unterstellt wird (Varianz-KovarianzAnsatz). Genauer sind jedoch Konzepte, welche die tatsächliche Verteilung abbilden, beispielsweise die historische Simulation. Insbesondere für Preisänderungen von Rohstoffen und Aktien wurde bereits nachgewiesen, dass die vereinfachte Annahme der Normalverteilung zu einer Unterschätzung des Risikos führt.
64
6.
Management der Marktpreisrisiken
Value at Risk (VaR)
Der Value at Risk (VaR) ist eine Kennzahl in Euro und bezeichnet die geschätzte Barwertänderung, die durch die Veränderung von Marktpreisrisikofaktoren hervorgerufen, innerhalb einer festgelegten Haltedauer, mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit (Konfidenzniveau) nicht überschritten wird. Häufig verwendete Verfahren zur Bestimmung des Value at Risks sind der Varianz-Kovarianz-Ansatz, die historische Simulation und die Monte-CarloSimulation. Im Anlagemanagement stellt ein fallender Barwert des Portfolios eine ungünstige Entwicklung dar. Fallende Barwerte bei festverzinslichen Anlagen werden hervorgerufen durch steigende Zinssätze. Beispielsweise bedeutet ein VaR in Höhe von 100.000 Euro bei einem Konfidenzniveau von 95 Prozent und einer Haltedauer von 63 Handelstagen (entspricht drei Monaten), dass der Barwertverlust des Portfolios mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent nicht größer als 100.000 Euro sein wird. Die Aussagekraft dieser Kennzahl wird entscheidend von der Wahl der Eingangsparameter beeinflusst. Beispielsweise sollte die Historie zur Berechnung des Zinsänderungsrisikos mindestens einen vollständigen Zinszyklus enthalten. Der VaR gibt also das Risiko von Barwertschwankungen einer Vermögens- oder Schuldenposition an. Da bei der Barwertberechnung alle zukünftigen Cashflows berücksichtigt werden, kann der Value at Risk auch als potenzieller Minderertrag bzw. Mehraufwand der Gesamtperiode bezeichnet werden.
7.
Cashflow at Risk (CaR)
Der Value-at-Risk ist aus dem Bedürfnis entstanden, Auswirkungen von Marktpreisrisiken auf Vermögenspositionen zu quantifizieren (Bilanzwirkung). Unternehmen benötigen jedoch auch Risikomodelle, in denen das operative Geschäft berücksichtigt und die Unsicherheit über zukünftige Cashflows zum Ausdruck gebracht werden kann (GuV-Wirkung). Der Cashflow at Risk (CaR) ist die für eine bestimmte Sicherheitswahrscheinlichkeit (z.B. 95 Prozent) maximale Abweichung des tatsächlichen Cashflows vom erwarteten zukünftigen Cashflow gemessen in Geldeinheiten (z.B. 100.000 Euro). Das Ziel besteht darin, die Auswirkungen von Marktpreisänderungen nicht nur auf den Barwert, sondern auch auf Kosten und Erlöse abzubilden. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich finanzielle Risiken auf die Ertragslage (den Cashflow) eines Unternehmens auswirken.
Erwartungswert
65
Eine ungünstige Wechselkursentwicklung kann zum Beispiel zu Exportrückgängen führen. Durch die Berechnung des Cashflow-Risikos wird sichtbar, dass mit dem operativen Geschäft ein Risiko verbunden ist, welches sich unmittelbar auf das Jahresergebnis auswirken kann. Der CaR beschreibt daher den potenziellen Mehraufwand einer Periode (z.B. das Geschäftsjahr). Er beantwortet die Frage, wie groß die Abweichung des tatsächlichen Cashflows von einem geplanten oder budgetierten Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von z.B. 95 Prozent auf Jahressicht ist. Die Ursachen dieser Schwankungen liegen in den zugrunde gelegten Risikofaktoren begründet. Ist nun bekannt, welchen Risiken das Jahresergebnis ausgesetzt ist, kann durch regelmäßige Soll-Ist-Vergleiche gezielt eingegriffen werden. Zur Verfügung stehen Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung, Überwälzung oder Diversifikation des Risikos. Steuerungsmaßnahmen können sein: Vorziehen von geplanten Beschaffungsmaßnahmen, Preissicherung durch Derivate, Vereinbarung von Preisbindungen und Preisgleitklauseln, Heben von Reserven.
8.
Erwartungswert
Der Erwartungswert ist statistisch eine Maßzahl zur Charakterisierung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung. Er gibt beispielsweise die im Durchschnitt zu erwartende Wertentwicklung (Mittelwert) eines Portfolios an. Ebenso kann ein Erwartungswert subjektiver Natur sein, also auf Einschätzungen des Investors beruhen. Der statistisch ermittelte oder subjektiv festgelegte Erwartungswert spielt eine wichtige Rolle bei Risikotragfähigkeitsberechnungen. Bereits in der Jahresplanung geht der Preis (und die Menge) für im Laufe des Geschäftsjahres zu beschaffende Rohstoffe (z.B. Dieselkraftstoff) mit einem Erwartungswert ein, der im Idealfall durch einen strukturierten Marktmeinungsbildungsprozess zustande gekommen ist. Das Risiko besteht nun darin, dass der tatsächliche Bezugspreis im Laufe des Geschäftsjahres stärker steigt als erwartet. Anhand der historischen Preisentwicklung kann für ein bestimmtes Konfidenzniveau ermittelt werden, mit welchem Preisanstieg innerhalb einer bestimmten Laufzeit maximal gerechnet werden kann. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung 2 dargestellt.
66
Management der Marktpreisrisiken
Preisänderung mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% bezogen auf das Jahresende
Planungshorizont: Geschäftsjahr
Planungssatzes
Erwartungswert laut Marktmeinung
Dichtefunktion des
aktueller Marktpreis
Preisänderungsrisiko
Abbildung 2: Erwartungswert und Risiko
9.
Haltedauer
Die Haltedauer beschreibt den Horizont, auf welchen ein Risiko bestimmt werden soll. In der Praxis kommen abhängig von der Absicht sehr unterschiedliche Haltedauern zum Einsatz. Die Haltedauer hängt im Wesentlichen davon ab, wie schnell Risiken als solche erkannt und wie schnell Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Grundsätzlich sind bei der Festlegung der Haltedauer drei Erwägungen relevant: Die Reaktionsgeschwindigkeit: Wie schnell liegen Informationen zu entstandenen Risiken vor und wie lange dauert es, die Risikoposition zu schließen, also glattzustellen? Die Rechnungslegung: Wann werden Risiken erfolgswirksam – beispielsweise im Jahresabschluss? Die Halteabsicht: Wie lange möchte oder muss das Unternehmen eine Risikoposition offen- oder aushalten? Oft werden Haltedauern auch in Handelstagen zum Ausdruck gebracht. In der Praxis werden zur Risikomessung häufig 1 Handelstag, 10 (2 Wochen), 21 (1 Monat), 63 (3 Monate), 126 (6 Monate) und 250 Handelstage (1 Jahr) eingesetzt. Weiterhin ist oft auch das aktuelle Kalenderjahresende als Risikohorizont von Interesse. Grundsätzlich steigen natürlich mit zunehmendem Horizont auch die Ungewissheit über mögliche Entwicklungen und damit auch das Risiko.
Konfidenzniveau
10.
67
Konfidenzniveau
Durch das Konfidenzniveau wird die sogenannte Vertrauenswahrscheinlichkeit beschrieben. Ein Konfidenzniveau von 95 Prozent beschreibt, dass in 95 Prozent der Fälle ein Schaden oder Verlust nicht größer als der ausgewiesene Wert sein wird. Im Konfidenzniveau kommt auch immer die Risikofreude zum Ausdruck. Ein sehr sicherheitsorientierter Marktteilnehmer wird tendenziell ein hohes Konfidenzniveau wählen. Dies zieht die Bereitstellung höherer Risikodeckungsmassen bereits in der Planungsphase nach sich.
11.
Historische Simulation
Die Historische Simulation ist ein Verfahren zur Risikoquantifizierung im Rahmen der Value at Risk- oder Cashflow at Risk-Berechnung. Bei diesem Verfahren werden aus den Daten der Vergangenheit Wertänderungen ohne Verwendung statistischer Parameter generiert. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass Wertänderungen, die in der Vergangenheit nicht vorgekommen sind, auch für die Zukunft nicht erwartet werden. Abbildung 3 zeigt die Wertentwicklung des Aluminiumpreises an der London Metal Exchange umgerechnet in Euro. Relative Preisänderungen, die in der Vergangenheit innerhalb von drei Monaten eingetreten sind, sind auf der rechten Skala abgetragen. Der größte Preisrückgang innerhalb von drei Monaten lag im beobachteten Zeitraum bei -43 Prozent, der größte Preisanstieg betrug 27 Prozent. Ein Vorteil der historischen Simulation ist, dass tatsächliche historische Wertenwicklungen verwendet werden. Somit müssen keine Annahmen zum Erwartungswert und zur Verteilungsfunktion getroffen werden.
68
Management der Marktpreisrisiken
2.500
40,0%
2.300
30,0% 20,0%
Preis in EUR/MT
2.100
10,0%
1.900
0,0% 1.700 -10,0% 1.500
-20,0%
1.300
-30,0%
3-Monats-Änderung (r.S.)
Okt. 08
Dez. 08
Jun. 08
Aug. 08
Apr. 08
Feb. 08
Okt. 07
Dez. 07
Jun. 07
Aug. 07
Apr. 07
Feb. 07
-50,0% Okt. 06
-40,0%
900 Dez. 06
1.100
Aluminium Spot LME
Abbildung 3: Preisentwicklung und relative Preisänderung Werden die Preisänderungen aufsteigend sortiert, kann der Value at Risk unmittelbar abgelesen werden. Bei insgesamt 511 Werten symbolisiert der 26. Wert ein Konfidenzniveau von 95 Prozent (511 x 1-0,95).
40% 30% 20% 10% 0% -10% -20% -30% -35,0%
-40% -50% 1
33
65
97
129 161 193 225 257 289 321 353 385 417 449 481
Abbildung 4: VaR aus historischen Marktpreisveränderungen Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent wird der Aluminiumpreis innerhalb eines Zeitraums von drei Monaten nicht mehr als 35 Prozent verlieren (siehe Abbildung 4).
Derivate in der Absicherung
12.
69
Derivate in der Absicherung
Derivate bezeichnen Finanzinstrumente, denen andere Vermögensgegenstände wie zum Beispiel Aktien, Zinsen, Währungen oder Rohstoffe als Basiswerte zugrunde liegen. Mit Finanzderivaten können Marktpreisrisiken gezielt abgesichert werden. Beispielsweise erlauben Zinsderivate ein Zinsmanagement, das vom Liquiditätsmanagement weitgehend unabhängig ist. So lassen sich zum Beispiel langfristige Zinsbindungen in kurzfristige Zinsbindungen umwandeln, um von niedrigeren kurzfristigen Zinsen oder von generell fallenden Zinsen am Kapitalmarkt zu profitieren. Umgekehrt lassen sich bei Erwartung steigender Zinsen auch kurzfristige Zinsbindungen in langfristige umwandeln. Genauso lässt sich mithilfe derivativer Finanzinstrumente das aktuelle Zinsniveau für künftige Kreditaufnahmen und Umschuldungen sichern. Tritt man als Käufer von Derivaten auf, wird dies auch als Long-Position bezeichnet. Die Positionierung als Verkäufer bezeichnet man dagegen als Short-Position.
13.
Kassamarkt und Terminmarkt
Geschäfte können per Kasse, also heute (Kassageschäfte) oder per Termin, also mit zukünftiger Erfüllung (Termingeschäfte) abgeschlossen werden. Kassageschäfte werden dabei sofort bzw. innerhalb der üblichen Valutierungsfristen erfüllt. In Europa beträgt die Zeitspanne zwischen Geschäftsabschluss und Buchung üblicherweise zwei Tage. Von Termingeschäften wird hingegen gesprochen, wenn der Abschluss des Geschäftes und die Erfüllung zeitlich weiter auseinanderfallen. Termingeschäfte können darüber hinaus noch nach Art der Erfüllung in bedingte und unbedingte Geschäfte unterschieden werden.
Lieferung und Bezahlung des Basiswertes Zeit Geschäftabschluss
Abbildung 5: Trennung von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft
70
Management der Marktpreisrisiken
Während die sofortige Aufnahme und Auszahlung eines Darlehens ein klassisches Kassageschäft darstellt, handelt es sich um ein Termingeschäft, wenn Darlehensaufnahme und Zinsvereinbarung sofort erfolgen, die Auszahlung aber erst zu einem späteren Termin stattfindet. Termingeschäfte sind zum Beispiel Forwarddarlehen, Swaps, Caps und Floors.
14.
OTC (Over the Counter)
Am OTC-Markt stehen dem Handelspartner andere Marktteilnehmer (z.B. Banken) gegenüber und es werden individuell gestaltete Verträge über den Austausch von Finanzprodukten geschlossen. Der außerbörsliche Handel ist keinen speziellen gesetzlichen Regeln unterworfen. Er verläuft aber nach einheitlichen, von allen Marktteilnehmern akzeptierten Handelsusancen (Handelsbräuchen), die in Rahmenverträgen festgehalten werden. So erfolgt der Handel mit Swaps, Forwards, Caps und Floors ausschließlich am OTC-Markt. Zins- und Rohstoff-Futures werden dagegen an einer Börse gehandelt. Der OTC-Markt bietet den Vorteil, dass durch individuelle Abreden zwischen den Vertragspartnern jederzeit maßgeschneiderte Problemlösungen möglich sind. Nachteilig ist das gegenüber dem Börsenhandel höhere Kontrahentenrisiko. Geschäftsabschlüsse am OTC-Markt werden häufig telefonisch oder über eine Handelsplattform getätigt und anschließend schriftlich bestätigt. Der Eingangsüberwachung und Kontrolle der Auftragsbestätigungen kommt damit eine besondere Bedeutung zu.
15.
Unbedingte Termingeschäfte
Zu den meist gehandelten unbedingten Termingeschäften gehören Swaps und Financial Futures. Im Gegensatz zu Optionen ist die Ausübung des Termingeschäfts nicht an eine Bedingung geknüpft. Der Käufer eines unbedingten Termingeschäfts ist somit verpflichtet, eine festgelegte Menge eines bestimmten Basiswerts, zu einem bestimmten Termin, zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis,
Bedingte Termingeschäfte
71
abzunehmen und zu bezahlen. Der Verkäufer hat die Pflicht, den Basiswert zum vereinbarten Preis und Termin zu liefern. Mit dem Abschluss eines unbedingten Termingeschäfts gehen sowohl der Käufer als auch der Verkäufer eine Verpflichtung ein. Im Gegensatz zu bedingten Termingeschäften fließt bei Abschluss kein Geld. Die Bezahlung des Basiswerts erfolgt erst bei dessen Lieferung zum bereits im Vorfeld vereinbarten Preis. Für Käufer und Verkäufer liegt der Vorteil solcher Geschäfte darin, dass sich beide Parteien einen festen Verkaufs- bzw. Einkaufspreis sichern und sie somit zwischen Geschäftsabschluss und Lieferung des Basiswerts gegen Änderungen des Marktpreises immun sind. Unbedingte Termingeschäfte besitzen also ein symmetrisches Risikoprofil, wobei Chancen und Risiken von Käufer und Verkäufer genau entgegengesetzt wirken.
16.
Bedingte Termingeschäfte
Besteht für den Inhaber ein Wahlrecht, das Termingeschäft verfallen zu lassen, handelt es sich um ein bedingtes Termingeschäft. Typische Vertreter bedingter Termingeschäfte sind Optionen und optionsähnliche Instrumente wie Preisbegrenzungsverträge (Caps und Floors). Bedingte Termingeschäfte sind durch ein asymmetrisches Risikoprofil gekennzeichnet. Damit besitzen sie für den Käufer den Charakter einer Versicherung.
17.
Future und Forward
Futures gehören zu der Gruppe der unbedingten Termingeschäfte. Mit dem Abschluss eines Futures gehen sowohl der Käufer als auch der Verkäufer eine Verpflichtung ein. Im Gegensatz zu bedingten Termingeschäften (z.B. Optionen) fließt bei Abschluss kein Geld. Die Bezahlung des Basiswerts erfolgt erst bei dessen Lieferung zum bereits im Vorfeld vereinbarten Preis. Der Vorteil solcher Geschäfte für Käufer und Verkäufer liegt darin, dass sich beide Parteien einen festen Verkaufs- bzw. Einkaufspreis sichern und sie somit zwischen Geschäftsabschluss und Lieferung des Basiswerts gegen Änderungen des Marktpreises immun sind. Unbedingte Termingeschäfte besitzen also ein symmetrisches Risikoprofil, wobei Chancen und Risiken von Käufer und Verkäufer genau entgegengesetzt wirken.
72
Management der Marktpreisrisiken
Gewinn Basispreis Gewinnzone Basispreis
Verlustzone Verlust
Abbildung 6: Gewinn- und Verlustprofil bei Kauf eines Futures Futures werden an Terminbörsen gehandelt und sind hinsichtlich Kontraktgröße, Fälligkeit, Erfüllung usw. standardisiert. Werden solche Termingeschäfte nicht über eine Börse, sondern zwischen zwei Vertragspartnern (OTC) abgeschlossen, können die Spezifikationen individuell ausgehandelt werden. Diese Produkte bezeichnet man als Forward.
18.
Margin
Alle an einer Terminbörse gehandelten Produkte, deren Risiko über den Kapitaleinsatz hinausgeht, sind mit der Zahlung von Sicherheitsleistungen (Margins) gegenüber der Clearingstelle verbunden. Dies betrifft den Kauf und Verkauf von Futures sowie den Verkauf von Optionen. Eine Margin ist eine in Geld oder Wertpapieren zu leistende Absicherung gegen ungünstige Preisentwicklungen, die der Käufer oder Verkäufer eines Kontrakts zu erbringen hat. Die Höhe der Margin wird von der Terminbörse in Abhängigkeit vom Termingeschäft und dem damit verbunden Risiko festgelegt und für jeden Marktteilnehmer täglich neu berechnet. Auch im OTC-Handel ist die Vereinbarung von Margins zur Reduzierung des Kontrahentenrisikos nicht unüblich (Bilateral Margining).
Option
19.
73
Option
Der Käufer einer Option besitzt das Recht, jedoch nicht die Verpflichtung, einen vorab bestimmten Basiswert zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt und zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Basispreis zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put). Für dieses Recht bezahlt der Käufer eine Prämie an den Verkäufer. Während der Verlust damit auf die Optionsprämie beschränkt ist, bestehen quasi unbegrenzte Gewinnchancen bei steigenden Preisen des Basiswerts.
Grundpositionen in Optionen Kaufoption (Call)
Verkaufoption (Put)
Long Call
Short Call
Long Put
Short Put
Kauf einer Kaufoption
Verkauf einer Kaufoption
Kauf einer Verkaufsoption
Verkauf einer Verkaufsoption
Erwartung steigender Preise
Erwartung unveränderter Preise
Erwartung fallender Preise
Erwartung unveränderter Preise
Abbildung 7: Grundpositionen in Optionen Der Verkäufer einer Option wird auch als Stillhalter bezeichnet. Er erhält die Prämie für die Verpflichtung, den Basiswert zum vereinbarten Basispreis zu kaufen (Put) bzw. zu verkaufen (Call), wenn der Inhaber der Option dies verlangt. Dadurch ist das Risiko des Stillhalters theoretisch unbegrenzt. Insgesamt bestehen vier mögliche Grundpositionen in Optionen (siehe Abbildung 7).
20.
Zinsänderungsrisiken
Das Zinsänderungsrisiko ist eines der wesentlichsten Risiken, das es bei jeder Geldaufnahme und Geldanlage zu berücksichtigen gilt. Es resultiert aus der Ungewissheit über die zukünftige Entwicklung des Zinsniveaus und wirkt auf alle verzinslichen Positionen und deren Derivate. Dabei ist zwischen einer Erfolgswirkung und einer Vermögenswirkung zu unterscheiden.
74
Management der Marktpreisrisiken
Eine unmittelbare Wirkung auf die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) hat das variable Zinsänderungsrisiko. Steigende Zinsen führen zu einem höheren Zinsaufwand bei variabel verzinslichen Positionen (Kontokorrentkredite, variabel verzinsliche Darlehen). Fallende Zinsen haben bei variabel verzinslichen Aktiva (z.B. Tagesgeldern) einen geringeren Zinsertrag zur Folge. Betrachtet man das gesamte Geschäftsjahr, so sind auch geplante Aufnahmen und Anlagen in die Risikobetrachtung zu integrieren. Mit welcher Dynamik sich kurzfristige Zinsen entwickeln können, zeigt die folgende Abbildung. Der Zinsaufwand einer variablen Finanzierung aus dem Jahr 2005 hätte sich bis zum Jahr 2008 mehr als verdoppelt.
6% 5% 4% 3% 2% 1%
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
0%
Abbildung 8: Historische Entwicklung des Drei-Monats-Euribor Vermögenswirksam wirken sich fallende Zinsen negativ auf Festzinsdarlehen aus (Festzinsrisiko). Zwar resultiert aus einem Festzinsdarlehen auf den ersten Blick kein Zinsänderungsrisiko, anders verhält sich die Sache jedoch, wenn sich die Darlehenskonditionen innerhalb kurzer Zeit verringern. Aufgrund des Festzinsdarlehens hat das Unternehmen keine Möglichkeit, von den nun wesentlich günstigeren Konditionen zu profitieren. Die Berechnung des Barwerts wird diesen Refinanzierungsnachteil unmittelbar sichtbar machen. Genau entgegengesetzt ist die Wirkung bei festverzinslichen Aktiva (z.B. Schuldverschreibungen). Hier haben steigende Zinsen eine negative Wirkung auf den Barwert. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass handelsrechtliche Bewertungsspielräume in einem internen Risikomanagementsystem nur eine untergeordnete Rolle spielen sollten.
Zinsbindung und Kapitalbindung
21.
75
Zinsbindung und Kapitalbindung
Bei einer Finanzierung bezeichnet die Zinsbindung den Zeitraum, für den ein konstanter Zinssatz zu zahlen ist. Die Zinsbindungsdauer kann von einem Tag (Tagesgeld) bis zu vielen Jahren betragen. Die klassische Kreditfinanzierung basiert in der Regel auf einer an der Nutzungsdauer des Investitionsobjekts orientierten Zinsfestschreibung. Im modernen Zins- und Risikomanagement erfolgt eine Portfoliobetrachtung, und es werden Kapitalbindung und Zinsbindung voneinander getrennt, wenn die ursprünglich vereinbarte Zinsfestschreibung nicht mehr den aktuellen Vorstellungen und Erwartungen entspricht. Wie die Abbildung 9 zeigt, hätte in der Vergangenheit eine kürzere Zinsbindung in den meisten Fällen unmittelbar zu einem geringeren Zinsaufwand geführt.
100%
12% Volatilität 3-M-Zins Volatilität 10-J-Zins 3-Monats-Zins 10-Jahres-Zins
10%
90% 80%
Zinsen
60% 50%
6%
40% 4%
Volatilität
70%
8%
30% 20%
2%
10% 2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
1992
1991
0% 1990
0%
Abbildung 9: Historische Entwicklung des Drei-Monats-Euribor Kürzere Zinsanpassungsfristen bedeuten jedoch zwangsläufig, dass die Zinsen häufiger an das aktuelle Zinsniveau angepasst werden und die Zinsbelastung somit größeren Schwankungen unterworfen wird. Für welche Zinsbindung sich eine Organisation entscheidet, hängt somit von der Risikotragfähigkeit, der Steilheit der Zinsstrukturkurve und dem aktuellen sowie erwarteten Zinsniveau ab. Es ist abzuwägen zwischen Kostenminimierung und Budgetsicherheit. Mithilfe von Derivaten kann jederzeit die gewünschte Zinsbindung erzielt werden. Eine Veränderung der Zins- und Tilgungsstruktur sollte jedoch immer in überschaubaren Schritten vorgenommen werden.
76
22.
Management der Marktpreisrisiken
Zinsstrukturkurve
mittel
invers flach normal
niedrig
Zinsniveau
hoch
Die Zinsstrukturkurve ist eine grafische Darstellung von zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegenden effektiven Zinssätzen unterschiedlicher Laufzeiten an Geld-, Kredit- und Kapitalmärkten. Die Höhe der Zinssätze unterliegt vielfältigen Einflüssen wie beispielsweise der Bonität, Angebot und Nachfrage oder der Notenbankpolitik. Innerhalb einer Zinsstrukturkurve ist die Bonität der Schuldner nahezu gleich.
Laufzeit
Abbildung 10: Zinsstrukturkurven Eine Zinsstrukturkurve wird als normal bezeichnet, wenn die Zinssätze mit zunehmender Laufzeit ansteigen. Liegen dagegen die kurzfristigen über den langfristigen Zinsen, handelt es sich um eine inverse Zinsstrukturkurve. Besteht kein Unterschied, liegt eine flache Kurve vor. Die Steilheit der Zinskurve – also der Unterschied zwischen kurz- und langfristigen Zinssätzen – kann folgendermaßen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden: Bei einer flachen Kurve auf niedrigem Niveau wird häufig eine langfristige Zinsbindung eingegangen. Bei einer steilen Zinskurve, und damit hohen langfristigen Zinssätzen, erfolgt die Entscheidung in der Regel zugunsten einer kurzfristigen Zinsbindung. Bei bestimmten Derivaten, wie zum Beispiel bei Caps und Floors, wirkt sich die Steilheit der Zinskurve auf den Preis des Derivats aus.
Zinsmanagement
23.
77
Zinsmanagement
Das Zinsmanagement hat unter anderem die Aufgabe, das Ergebnis der verzinslichen Anlagen und Finanzierungen einer Organisation zu steuern. Durch ein aktives Zinsmanagement soll beispielsweise der Zinsaufwand planbar bzw. reduziert und unabhängig von der Beschaffung der Liquidität gemacht werden. Dazu gehört, das Zinsänderungsrisiko bei allen Entscheidungen im Blick zu haben und stets zu analysieren, welche Chancen und Risiken damit verbunden sind. Deshalb sind Maßnahmen zur Begrenzung der Risiken und zur Nutzung der Chancen zu ergreifen. Solche Maßnahmen können beispielsweise der Einsatz von Derivaten oder die Anpassung der Laufzeitstruktur des Schuldenportfolios sein. Erfolgt die Kreditaufnahme mit einer kurzen Kapitalbindung (z.B. variabel verzinsliches Darlehen) und die Anpassung an die gewünschte Zinsbindung mit Derivaten (z.B. Swaps, Optionen), sichert dies zu jedem Zeitpunkt die nötige Flexibilität, um auf Marktänderungen reagieren zu können.
24.
Zinssätze am Geldmarkt
Der Euribor (Euro Interbank Offered Rate) ist ein Zinssatz, zu dem Banken guter Bonität innerhalb der Eurozone untereinander bereit sind, Geld zu verleihen. Er gehört zu den wichtigsten Zinssätzen des europäischen Geldmarkts und wird täglich einmal veröffentlicht. Notiert werden Zinssätze von einer Woche bis zu einem Jahr. Die meiste Beachtung finden Euribor-Zinssätze für die drei- und sechsmonatige Laufzeit. Diese finden häufig als Referenzzinssätze für Geldmarktkredite und Terminprodukte (z.B. Futures, Swaps, Caps) Verwendung. Eonia ist die Abkürzung für Euro Overnight Index Average, also dem Durchschnittssatz für unbesichertes Tagesgeld im europäischen Interbankenhandel. Referenzbanken melden täglich Zinssätze und Volumina an die Europäische Zentralbank, die daraus einen umsatzgewichteten Durchschnittszinssatz ermittelt. Im Verlauf der Finanzkrise hat sich der Eonia als alternativer Referenzzinssatz etabliert. Der Eurepo ist ein Zinssatz, zu dem Banken in Europa untereinander bereit sind, Geld gegen Sicherheiten (in der Regel Staatsanleihen) zu verleihen. Auch für den Eurepo werden täglich einmal Zinssätze von einer Woche bis zu einem Jahr veröffentlicht.
78
25.
Management der Marktpreisrisiken
Zinskonventionen
Für Marktteilnehmer ist es wichtig zu wissen, in welchem Teilmarkt man sich bewegt (Geldoder Kapitalmarkt), da häufig unterschiedliche Marktkonventionen zur Anwendung kommen. Konventionen sind allgemein akzeptierte Standards. Sie werden einmalig vereinbart (z.B. in Rahmenverträgen) und gelten dann für alle weiteren Geschäftsabschlüsse. Abbildung 11 gibt einen Überblick über typische Konventionen am europäischen Geld- und Kapitalmarkt.
Konventionen am Geld und Kapitalmarkt Tageszählmethoden
Feiertagskalender
Roll-Konventionen
(Day Count Conventions)
(Market Holidays)
(Business Day Conventions)
Grundlage für die Bestimmung der Länge von Zinszahlungsperioden
Einheitliche Regelung an welchen Tagen keine Zahlungen erfolgen
Vorgehensweise wenn Zahlungstermin auf einen Feiertag fällt
act/360 (Eurozinsmethode) • Die tatsächliche Anzahl der Tage wird durch 360 geteilt • Übliche Methode im Geldmarkt (z.B. Euribor)
TARGET • Trans-European Automated Realtime Gross Settlement Express Transfer • Echtzeit-Bruttozahlungssystem der Zentralbanken der EU für den Euro
30/360 • Das Jahr wird mit 360 Tagen angesetzt. Monate haben einheitlich 30 Tage • z.B. bei der Zinsberechnung auf Girokonten und bei der festen Seite von Swaps
TARGET-Feiertage sind • Neujahr • 1. Mai • Karfreitag • Ostermontag • 1. und 2. Weihnachtsfeiertag • alle Samstage und Sonntage
act/act • Sowohl Monate als auch das Jahr werden mit der genauen Tagesanzahl berücksichtigt. • häufig bei Papieren des Kapitalmarkts
Weitere Methoden • 30/365 • act/365 • 30E/360
Following • Fällt ein Zinstermin auf einen Feiertag/Wochenende, wird der folgende Bankarbeitstag gewählt
Preceding • Fällt ein Zinstermin auf einen Feiertag/Wochenende, wird der vorhergehende Bankarbeitstag gewählt Modified Following • Es wird auf den folgenden Bankarbeitstag hin angepasst, sofern dieser im selben Monat liegt. Ansonsten wird der vorhergehende Bankarbeitstag verwendet. Modified Preceding • Es wird auf den vorhergehenden Bankarbeitstag hin angepasst, sofern dieser im gleichen Monat liegt. Ansonsten findet der folgende Bankarbeitstag Verwendung.
(act = actual)
Abbildung 11: Konventionen am Geld- und Kapitalmarkt
26.
Basispunkt
Als Basispunkt (BP) bezeichnet man eine wertmäßige Größe, die dem Hundertstel eines Prozents entspricht (1 BP = 0,01 Prozentpunkte). Der Begriff Basispunkt findet häufig Anwendung, um kleine Abweichungen einer Rendite zu bezeichnen.
Duration
27.
79
Duration
Die Duration wurde 1938 das erste Mal erwähnt und ist eine Kennzahl zur Veranschaulichung des Zinsänderungsrisikos. Ihr liegt die Beobachtung zugrunde, dass der Barwert von Cashflows mit einer langen Restlaufzeit stärker auf Zinsänderungen reagiert als der Barwert kürzer laufender Cashflows. Die Duration eines Kredites gibt an, wie lange das Geld dem Unternehmen unter Berücksichtigung von Zins- und Tilgungszahlungen durchschnittlich zur Verfügung steht. Sie ist eine Kennzahl, die in Jahren angegeben wird und die die zeitliche Struktur der Cashflows erfasst. Verwendung findet die Duration heutzutage, um die Einzelpositionen eines Portfolios zu einer Kennzahl zu aggregieren. Außerdem ist sie Rechengrundlage für weitere Kennzahlen des Zinsänderungsrisikos wie beispielsweise dem PVBP.
28.
PVBP
Price Value of a Basis Point. Manchmal findet man auch die Abkürzungen PV01 oder BPV (Basis Point Value). Der PVBP gibt die Barwertänderung eines Finanzinstruments an, wenn sich der Bewertungszins um einen Basispunkt (0,01 Prozentpunkte) ändert. Der Vorteil des PVBP gegenüber der Duration ist die Angabe in Euro. So ist schnell eine Aussage über das mit einem Portfolio verbundene Zinsänderungsrisiko möglich. Einzel-PVBPs können durch Addition zu einem Portfolio-PVBP aggregiert werden.
29.
Forward-Zinssätze
Die auch als Zinsterminkurs oder Forward Rate bezeichneten Zinssätze geben die Verzinsung an, die bereits heute für ein Geschäft in der Zukunft vereinbart wird. Forward Rates finden bei allen Finanzderivaten Anwendung, bei denen es um die Vereinbarung zukünftiger ZinsCashflows geht (z.B. Forward Rate Agreements, Swaps, Forward Swaps, Caps, Floors, Swaptions).
80
Management der Marktpreisrisiken
Die Ermittlung der Forward Rates erfolgt aus der aktuellen Zinsstrukturkurve. Dabei liegt die Annahme zugrunde, dass eine Anlage/ Aufnahme und die bereits heute vereinbarte Prolongation wirtschaftlich zu genau demselben Ergebnis führen muss, wie der sofortige Abschluss für die gesamte Periode.
30.
Forward Rate Agreement
Ein Forward Rate Agreement (FRA) ist eine Vereinbarung, durch die zwei Vertragsparteien feste Zinssätze für Einlagen oder Ausleihungen vereinbaren, die erst in einigen Monaten vorgenommen werden sollen. Sie finden üblicherweise im Laufzeitbereich von 4 bis 24 Monaten Gesamtlaufzeit Anwendung. Beim FRA handelt es sich um einen reinen Terminkauf (Kreditaufnahme) bzw. -verkauf (Geldanlage) von Geldern, jedoch ohne Austausch von Kapitalbeträgen und damit ohne Liquiditätseffekt. FRAs bieten den Vorteil, dass bereits per heute erkennbare Liquiditätsdefizite in der Zukunft exakt gemanagt werden können. Die Entscheidung über die tatsächliche Mittelaufnahme muss dabei erst zum Zeitpunkt des Kapitalbedarfs getroffen werden. Zudem können eigene Zinserwartungen effektiv umgesetzt werden. Ein FRA setzt sich zusammen aus Vorlaufzeit, abgesicherter Periode, Gesamtlaufzeit und dem vereinbarten FRA-Zinssatz. Besteht beispielsweise in drei Monaten (Vorlaufzeit) ein Kreditbedarf für sechs Monate (Sicherungsperiode) ergibt dies eine Gesamtlaufzeit von neun Monaten. Der FRA-Zinssatz wird am Anfang der Vorlaufzeit vereinbart, gilt jedoch für die abgesicherte Periode. Damit handelt es sich um einen Forward-Zinssatz.
Gesamtlaufzeit 9 Monate t
0
Vorlaufzeit 3 Monate
t1
abgesicherte Periode 6 Monate
t2
t0 = Vertragsabschluss t1 = Ausgleichszahlung (Cash settlement) t2 = Ende der abgesicherten Periode
Abbildung 12: Forward Rate Agreement Der Käufer des FRA erhält eine Ausgleichszahlung, wenn der Marktzinssatz am Fälligkeitstag (Euribor) über dem vereinbarten Zinssatz liegt. Liegt der Marktzinssatz darunter, zahlt der Käufer eine Ausgleichszahlung an den Verkäufer des FRA. Der Käufer eines FRAs kann demzufolge einen zukünftigen Kreditbedarf gegen steigende Zinsen absichern.
Zinsswap
31.
81
Zinsswap
Ein Swap (engl.: tauschen) ist ein Vertrag zwischen zwei Vertragspartnern (OTC-Geschäft) über den Austausch von Zahlungsströmen für einen bestimmten Zeitraum. Bei diesem Geschäft verpflichtet sich ein Vertragspartner (Payer) zur Zahlung eines festen Zinssatzes für eine bestimmte im Vorfeld festgelegte Periode. Der Receiver ist Empfänger des Festsatzes und zahlt im Gegenzug einen variablen Zinssatz (z.B. den Sechs-Monats-Euribor oder Eonia). Der Vertrag definiert die Termine, an denen die Cashflows gezahlt werden und die Art und Weise, wie die Cashflows berechnet werden. Auf den Austausch von Nominalbeträgen wird verzichtet.
SwapVerkäufer/ Receiver
zahlt den Festpreis
zahlt den variablen Preis
Empfänger des Festpreises
SwapKäufer/ Payer Zahler des Festpreises
Abbildung 13: Payer- und Receiver Swap Der Einsatz von Swaps erfolgt in Kombination mit langfristigen Kreditaufnahmen oder Kapitalanlagen. Die Wirkung von Swaps ist immer zusammen mit dem Grundgeschäft zu sehen (einzelner Kredit oder Kreditportfolio). Kombiniert man beispielsweise ein variabel verzinsliches Darlehen mit einem Payer Swap, ergibt dies in Summe einen Zahlungsstrom, der dem eines Festzinsdarlehens entspricht. Davon unabhängig sollte die Barwertentwicklung von Swaps nicht vernachlässigt werden. Abbildung 14 zeigt grafisch die Umwandlung einer variablen Finanzierung zum Drei-Monats-Euribor in eine synthetische Festsatzverbindlichkeit durch Kombination mit einem zweijährigen Payer Swap. Der Abschluss des Payer Swaps erfolgt zum Briefkurs von 4,10 Prozent.
82
Management der Marktpreisrisiken
vari abler Kredit
heute
3M
6M
9M
12M
15M
18M
21M
4,8 55 %
3 ME
3ME
3ME
3ME
3 ME
3ME
24M
Laufzeit
Nominal
Nominal
100%
+ 3ME
4,8 55 %
Payer Swap
3ME
3M E
3ME
3ME
3ME
3ME
3ME Laufzeit
heute 4 ,10 %
4,1 0%
3M
6M
9M
12M
15M
18M
21M
24M
Laufzeit
heute 4,10%
Nominal
synthetischer Festzinskredit
Nominal
100% =
4,10%
Abbildung 14: Euribordarlehen plus Payer Swap
32.
Cap
Ein Cap (engl.: Deckel, Kappe) ist ein eigenständig handelbarer Zinsbegrenzungsvertrag. Caps bieten Inhabern einer variablen Finanzierung Schutz gegen steigende Zinsen, indem sie dem Käufer einen Höchstzinssatz garantieren. Der Inhaber des Caps erhält für eine bestimmte Laufzeit und für einen festgelegten Betrag eine Ausgleichszahlung vom Verkäufer, wenn der Referenzzinssatz (z.B. Drei-, Sechs-, Zwölf-Monats-Euribor) eine festgelegte Grenze überschreitet. Die Höhe der Ausgleichszahlung bestimmt sich aus der Differenz zwischen dem Referenzzinssatz und der festgelegten Zinsobergrenze.
Floor
83
Referenzzins
Ausgleichszahlung, wenn Referenzzins zum Fixingzeitpunkt über Zinsobergrenze Zinsobergrenze
Laufzeit
Abbildung 15: Funktionsweise eines Caps Ein Cap ist ein Bündel von Optionen, die auch als Caplets bezeichnet werden. Für die Versicherung gegen Zinssteigerungen erhält der Verkäufer vom Käufer eine einmalige oder laufende Prämie. Das Risiko des Käufers ist auf die Prämie begrenzt.
33.
Floor
Ein Floor (engl.: Fußboden) ist ein eigenständig handelbarer Zinsbegrenzungsvertrag. Somit bieten Floors eine Absicherung gegen fallende Zinsen, indem sie dem Käufer einen Mindestzinssatz garantieren. Der Inhaber des Floors erhält für eine bestimmte Laufzeit und für einen festgelegten Betrag eine Ausgleichszahlung vom Verkäufer, wenn der Referenzzinssatz eine festgelegte Grenze unterschreitet. Die Höhe der Ausgleichszahlung bestimmt sich aus der Differenz zwischen dem Referenzzinssatz und der festgelegten Zinsuntergrenze. Für die Versicherung gegen Zinssenkungen erhält der Verkäufer vom Käufer eine einmalige oder laufende Prämie. Der Verkäufer eines Floors verpflichtet sich, dem Käufer die Differenz zwischen der vereinbarten Zinsuntergrenze (Basispreis) und dem jeweils aktuell gefixten Referenzzinssatz zu zahlen, wenn der gefixte Satz die vereinbarte Zinsuntergrenze unterschreitet. Der Floor ist also das genaue Spiegelbild zum Cap.
84
34.
Management der Marktpreisrisiken
Collar
Durch einen Collar kann der variable Zinssatz einer Verbindlichkeit auf eine Bandbreite zwischen Ober- und Untergrenze festgelegt werden. Der Käufer eines Collars tritt implizit als Käufer eines Caps und Verkäufer eines Floors auf. Ziel dieser Konstruktion ist es, dass durch die Prämie, die man durch den Verkauf des Floors erhält, die Kosten für den Kauf des Caps subventioniert werden.
Referenzzins
Einzahlung, wenn Referenzzins zum Fixingzeitpunkt über Zinsobergrenze
Zinsobergrenze Zinskorridor Zinsuntergrenze
Auszahlung, wenn Referenzzins zum Fixingzeitpunkt unter Zinsuntergrenze
Laufzeit
Abbildung 16: Zinskorridor eines Collars
35.
Swaption
Eine Swaption (Swaption = Swap + Option) ist eine Option auf einen Swap, also eine Vereinbarung, die dem Käufer der Option gegen Zahlung einer entsprechenden Prämie das Recht einräumt, an dem bei Vertragsschluss festgelegten Ausübungstag in einen Swap eintreten zu können. Der Erwerb einer Swaption bietet die Möglichkeit, sich für die Zukunft die Position des Festsatzzahlers in einem Swap (Payer Swap) zu sichern. Der Käufer zahlt hierfür die Optionsprämie. Er wird also mit Ablauf der Festzinsbindung eines Darlehens die Anschlussfinanzierung auf jeden Fall über ein variabel verzinsliches Darlehen darstellen. Ob durch den zusätzlichen Abschluss eines Payer Swaps eine Festzinsbindung hergestellt wird, entscheidet sich erst bei Ablauf der Festzinsbindung in Abhängigkeit vom dann gültigen Zinssatz.
Doppelswap
36.
85
Doppelswap
Durch Kombination eines Receiver Swaps und eines Forward Payer Swaps (daher die Bezeichnung Doppelswap) ist es möglich, eine bestehende kürzere Zinsbindung eines Festzinsdarlehens gegen eine neue, längere Zinsbindung einzutauschen und gegebenenfalls sofort von einer niedrigeren Zinsbelastung zu profitieren. Abbildung 17 demonstriert die Funktionsweise eines Doppelswaps an einem Beispiel. Eine vor einigen Jahren zu einem relativ hohen Zinssatz abgeschlossene Festzinsbindung läuft in zwei Jahren aus. Die sofortige Zinsverbilligung und die zukünftige Zinssicherung gelingen durch den Abschluss zweier Swaps. In zwei Jahren erfolgt die Anschlussfinanzierung durch ein variabel verzinsliches Darlehen.
Ausgangssituation:
Receiver Swap:
In 2 Jahren:
fix
fix
Cashflows aus der ursprünglichen Festzinsbindung
fix
fix
Swapsatz für 2 Jahre
Euribor
Euribor
Anschlussfinanzier ung über variabel verzinsliches Darlehen
Neue Zinsbindung in 2 Jahren für 10 Jahre über Forward Payer Swap
fix
Gesamt:
Euribor
Euribor
Euribor
Euribor
Euribor
Euribor
…
Euribor
Euribor
Euribor
Euribor
Euribor
Euribor
Euribor
…
Euribor
fix
fix
fix
fix
fix
fix
…
fix
fix
fix
fix
fix
fix
fix
…
fix
fix
Abbildung 17: Cashflow-Struktur bei Doppelswaps
86
37.
Management der Marktpreisrisiken
Währungsrisiken
Als Währungsrisiko gilt ganz allgemein die Gefahr einer negativen Abweichung zwischen tatsächlichem und erwartetem Erfolg aus Geschäften, die auf fremde Währung lauten. Es können drei Formen des Währungsrisikos unterschieden werden: Das Umrechnungsrisiko (Translationsrisiko) besteht in der Umrechnung von originär in Fremdwährung ausgewiesenen Aktiva oder Passiva zum Bilanzstichtag in die Bilanzwährung. Das ökonomische Risiko beinhaltet auch die unsicheren, noch nicht kontrahierten, zukünftigen Zahlungsströme sowie die allgemeinen wirtschaftlichen Risiken aus Wechselkursveränderungen. Untersucht wird die Auswirkung von Wechselkursveränderungen auf die Wettbewerbssituation. Das Transaktionsrisiko entsteht durch fest kontrahierte und mit hoher Wahrscheinlichkeit einzugehende Positionen, deren Zahlungsströme sich durch Wechselkursveränderungen in der Zukunft verändern können. Dieses Risiko ist relativ genau bestimmbar und zentraler Gegenstand des operativen Währungsmanagements. Bei Finanzierungen und Anlagen in Fremdwährung ist zusätzlich zu beachten, dass Wechselkursveränderungen im weiteren Verlauf auch zu einem höheren Zins- und Tilgungsaufwand führen können. Fremdwährungs-Aktiva verlieren an Wert, wenn der Euro im Kurs steigt, Fremdwährungs-Passiva verhalten sich entgegengesetzt. In Verbindung mit dem Rohstoffrisiko ist implizit immer auch ein Währungsrisiko verbunden, da entweder die Rohstoffe direkt in US-Dollar gehandelt werden oder der Preis in Euro vom US-Dollar-Kurs beeinflusst wird. Das folgende Beispiel zeigt, dass auch die Entwicklung der Wechselkurse sehr schnell zu einer bedrohlichen Situation führen kann: Angenommen, ein Unternehmen hat Produktionskosten von zehn Millionen Euro und kann die Ware für 13,5 Millionen US-Dollar verkaufen. Abbildung 18 zeigt, wie sich der Gewinn des Unternehmens in Abhängigkeit vom Wechselkurs entwickelt, wenn alle anderen Faktoren unverändert bleiben und keine Wechselkurssicherung erfolgt.
Währungsmanagement
87
Marge
8,0
1,70
EUR/USD
2008
2007
2006
2005
0,70 2004
-2,0 2003
0,90
2002
1,10
0,0
2001
2,0
2000
1,30
1999
1,50
4,0
1998
6,0
1997
Marge in Mio. EUR
EUR/USD
Abbildung 18: Marge in Abhängigkeit vom Wechselkurs Ab einem Wechselkurs von 1,35 Euro/US-Dollar wäre eine kostendeckende Produktion nicht mehr möglich. Einsparungen in anderen Bereichen (z.B. Personal, Forschung und Entwicklung, Investitionen) können zwar eine kurzfristige Entlastung der Ertrags- und Liquiditätssituation bewirken, stellen jedoch keine dauerhaft tragfähige Lösung dar. Die Höhe des Währungsrisikos hängt maßgeblich von der Schwankungsintensität (Volatilität) des Wechselkurses ab.
38.
Währungsmanagement
In einem international tätigen Unternehmen gibt es nur wenige Bilanz- und GuV-Positionen, die nicht einem Währungsrisiko ausgesetzt sind. Um Risiken aus Währungspositionen in Bilanz bzw. GuV fristenkongruent betrachten und zwischen Aktiv- und Passiv-Positionen ausgleichen zu können, ist es sinnvoll, Laufzeitbänder zu bilden und jede Fremdwährungsposition einem Laufzeitband zuzuordnen. Die Positionen werden zwischen der Aktiv- und Passiv-Seite saldiert, sodass der Währungsüberhang oder eine Währungsunterdeckung pro Währung und pro Laufzeitband sichtbar wird und gegebenenfalls abgesichert werden kann. Die Wahl der Laufzeitbänder wird sich an der Anzahl der Positionen pro Währung und den möglichen Absicherungsgeschäften pro Laufzeitband orientieren (z.B. Devisentermingeschäfte, Cross-Currency-Swaps, Optionen). Das Unternehmen ist mit dieser Laufzeitstaffelung in der Lage, die Währungsrisiken in jedem Laufzeitband, gegebenenfalls über eine definierte Quote abzusichern. Sofern keine Vollabsicherung der Risiken vorgenommen wird, ist es wichtig, das offene Risiko in Form eines Value at Risk (VaR) zu quantifizieren, um das Risiko einschätzen und limitieren zu können.
88
39.
Management der Marktpreisrisiken
Mengennotierung / Preisnotierung
Bezüglich der Notierung von Währungen unterscheidet man zwei Möglichkeiten: Mengennotierung: z.B. 1 Euro kostet 1,5175 US-Dollar. Wie viele Einheiten der ausländischen Währung sind für eine Einheit inländischer Währung zu zahlen (indirekte Notierung)? Preisnotierung: z.B. 1 US-Dollar kostet 0,6590 USD. Wie viele Einheiten inländischer Währung sind für 1, 100 oder 1000 Einheiten der fremden Währung zu zahlen (direkte Notierung)? Bis Ende 1998 wurde die DEM in der Preisnotierung gezeigt. Mit der Euro-Umstellung wurde die Quotierung des Euro auf Mengennotierung umgestellt. Als PIP bezeichnet man die kleinste mögliche Einheit zur Angabe eines Wechselkurses. Dies ist in der Regel das Tausendstel eines Cents, das heißt die vierte Dezimalstelle bei Devisenquotierungen.
40.
Cross Rate
Viele Währungspaare werden im Markt nicht direkt quotiert, sondern bei Bedarf als sogenannte Cross Rates ermittelt, indem die eine Währung nicht direkt gegen eine andere getauscht wird, sondern die eine Währung erst gegen eine dritte Währung und diese wiederum dann in die andere Währung getauscht wird. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass z.B. der US-Dollar oder der Euro gegen sehr viele Währungen quotiert werden, wohingegen (aufgrund der Vielzahl der möglichen Währungspaare) z.B. Ungarische Forint nicht direkt gegen Südafrikanische Rand quotiert werden. Die Berechnung erfolgt dabei „über Kreuz“, das heißt, der Briefkurs der einen Währung wird durch den Geldkurs der anderen Währung bei Preisnotierung dividiert und umgekehrt. Folgendes Beispiel demonstriert die Ermittlung einer Cross Rate: USD gegen GBP EURUSD: 1,3511 – 1,3512
EURGBP: 0,9250 – 0,9252
Geldkurs EURUSD : Briefkurs EURGBP = 1,3511 : 0,9252 = 1,4603 Briefkurs EURUSD : Geldkurs EURGBP = 1,3512 : 0,9250 = 1,4607 Das heißt, 1 GBP kostet 1,4603 – 1,4607 USD.
Devisentermingeschäft
41.
89
Devisentermingeschäft
Devisentermingeschäfte bzw. sogenannte Outright-Geschäfte sind Geschäfte in Devisen, die mit einer längeren Valuta als zwei Tage abgeschlossen werden. Das Devisentermingeschäft ist damit ein zwischen zwei Vertragsparteien abgeschlossenes Geschäft, in dem sich beide Parteien gegenseitig verpflichten, an einem bestimmten Tag (Erfüllungstag) in der Zukunft, einen bestimmten Währungsbetrag, zu einem im Vorhinein festgelegten Kurs, gegen eine andere Währung zu tauschen. Durch die Nachbildung des Termingeschäfts erhält man den Terminpreis. Die Abbildung 19 zeigt an einem Beispiel die notwendigen Zahlungsströme in den beiden Währungen.
1500Dollar
Getauschtmit 1,50EURUSD
+1045Euro Geldanlage inUSD zu3%p.a.
heute
1000Euro
in1Jahr
Ergibteffektiven TerminKursvon 1,4704EURUSD =1545/1045
Geldaufnahme inEUR zu4,5%p.a. 1545Dollar
Abbildung 19: Ermittlung des Devisenterminkurses
42.
Devisen-Swapsatz
Für viele Währungen werden die Swap-Sätze direkt quotiert, sodass eine Berechnung des Devisenterminkurses nicht notwendig ist. Diese Swapsätze sind nicht zu verwechseln mit den Sätzen bei Zinsswaps. Es handelt sich dabei lediglich um Aufschläge (Report, Premium) oder Abschläge (Deport, Discount) auf den aktuellen Kassakurs. Auf- und Abschlag auf den Kassakurs spiegeln das Zinsgefälle der beiden Währungen wider. Dabei gilt, dass Währungen mit einem höheren Zins mit einem Report und Währungen mit einem im Vergleich zum Inland niedrigerem Zinsniveau mit einem Deport gehandelt werden.
90
43.
Management der Marktpreisrisiken
Devisenswap
Devisenswaps entsprechen dem Wunsch, die Fälligkeit eines Devisengeschäfts auf einen Termin in der Zukunft zu verlegen. Dahinter steht gedanklich nichts anderes als der Kauf (oder Verkauf) einer Währung in der Kasse und der gleichzeitige Verkauf (oder Kauf) auf Termin. Es entspricht einem zeitlich begrenzten Umtausch in eine andere Währung. Devisenswaps lassen sich also zerlegen in ein Kassageschäft und ein Termingeschäft. Neben den normalen Devisenswaps werden auch Devisen-Forward-Swaps gehandelt, das heißt, der Swap beginnt nicht in der Kasse, sondern zu einem späteren Zeitpunkt in der Zukunft. Es wird also Termin gegen Termin gehandelt.
44.
Non Deliverable Forward (NDF)
In einigen Ländern, in denen Währungsbeschränkungen gelten, sind klassische Devisentermingeschäfte nicht möglich. Um hier dennoch Absicherungsgeschäfte vornehmen zu können, lassen sich Devisentermingeschäfte anstelle des Währungstausches auch mit einem Barausgleich in der Heimatwährung ausstatten. Das heißt, je nach Entwicklung des Wechselkurses erhält oder zahlt der Händler eine Ausgleichszahlung in Euro, welche rechnerisch dem Gewinn bzw. Verlust eines klassischen Termingeschäfts entspricht, sofern es hätte durchgeführt werden können. Der tatsächliche Umtausch der Währung erfolgt davon unabhängig bei Fälligkeit zum Kassakurs.
45.
Devisen-Futures
Devisen-Futures sind normierte, börslich gehandelte, zweiseitig bindende Verträge. Hierin verpflichtet sich jeweils eine Partei, eine genau bestimmte, normierte Menge einer bestimmten fremden Währung zu einem fixierten zukünftigen Zeitpunkt zu einem bei Kontraktschluss festgelegten Wechselkurs (dem Devisen-Futureskurs) anzukaufen (Long-Position). Die Gegenpartei verpflichtet sich wiederum dazu, das genannte Volumen an Fremdwährung der anderen Seite zu den festgelegten Konditionen zu verkaufen (Short-Position). Demnach las-
Cross Currency Swap
91
sen sich Devisen-Futures gleichsam als standardisierte Devisentermingeschäfte verstehen. Wie bei allen Börsengeschäften in Futures wird mit Geschäftsabschluss für beide Parteien die Terminbörse zur unmittelbaren Gegenpartei. Devisen-Futures lauten stets auf eine genau fixierte Menge an Währungseinheiten in der jeweiligen unterliegenden Basiswährung eines Futures („underlying"). Beispielsweise liegt dem an der Chicago Mercantile Exchange (CME) gehandelten Euro FX Future ein fester Währungsbetrag von 125.000 Euro zugrunde. Die Quotierung der Futures erfolgt über die Kursnotiz in Bezug auf den US-Dollar: eine bestimmte Menge an US-Dollar je unterliegender ausländischer Währungseinheit. Futurekurse im Euro FX Futures etwa notieren an der Börse als Menge an USD je 1 EUR, also aus Sicht der USA in Form der Preisnotierung und aus Sicht der übrigen Länder in Form der Mengennotierung. Wer beispielsweise an der CME einen Euro FX Futures kauft, übernimmt damit automatisch die unbedingte Verpflichtung, bei Fälligkeit des Futures 125.000 Euro abzunehmen und mit US-Dollar im Gegenwert von „125.000 x [EDSP]" zu bezahlen. Der EDSP („exchange delivery settlement price") bezeichnet hierbei den an der Terminbörse offiziell festgestellten Schlussabrechnungspreis.
46.
Cross Currency Swap
Währungsswaps dürfen nicht mit Devisenswaps verwechselt werden, sondern sind eine Sonderform des Zinsswaps. Ein Währungsswap ist eine Vereinbarung zwischen zwei Geschäftspartnern, Zahlungen in verschiedenen Währungen zu tauschen. Die Laufzeit reicht dabei von 1 bis 30 Jahren. Im Regelfall wird dazu der vereinbarte Nominalbetrag zu Beginn und am Ende der Laufzeit des Swaps getauscht. Während der Laufzeit erfolgt ein Tausch der auf den Nominalbetrag bezogenen Zinszahlungen. Abbildung 20 verdeutlicht die Zahlungsströme eines Currency Coupon Swaps.
92
Management der Marktpreisrisiken
Nominalbetrag in USD
Bei Abschluss
Partei 1
Partei 2 Nominalbetrag in EUR
fester/ variabler Zins in EUR
Während der Laufzeit
Partei 1
Partei 2 fester/ variabler Zins in USD
Nominalbetrag in USD
Bei Fälligkeit
Partei 1
Partei 2 Nominalbetrag in EUR
Abbildung 20: Zahlungsströme eines Währungsswaps
47.
Rohstoffpreisrisiken
Risiken aus der Entwicklung von Rohstoffpreisen bestehen für Unternehmen aus der Ungewissheit zukünftiger Zahlungsströme aus dem Ein- und Verkauf von Rohstoffen sowie aus Wertänderungen fest kontrahierter oder sich im Bestand befindlicher Rohstoffe. Das Rohstoffpreisrisiko hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf Umsatz und Gewinn eines Unternehmens. Eine besondere Rolle spielen häufig Energie- und Metallpreise sowie die Preise von Agrarprodukten. Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Preisvolatilität an den Rohstoffmärkten hoch bleiben wird. Da es zusätzlich schwieriger werden dürfte, Preiserhöhungen an Kunden weiterzugeben, wachsen die Anforderungen an die Steuerung der Preisrisiken. Instrumente zur Preissicherung sind zum Beispiel Derivate wie Swaps und Optionen. Wie wichtig ein Risikomanagement auch bei Rohstoffen ist, zeigt das folgende Beispiel: Ein Unternehmen benötigt für die Unterhaltung des Fuhrparks 1,2 Million Liter Dieselkraftstoff pro Jahr. In der Jahresplanung für 2008, die im Oktober 2007 abgeschlossen wurde, kalkuliert das Unternehmen aus Vorsichtsgründen mit einem Preis von 1,25 Euro je Liter. In der ersten Hälfte des Jahres 2008 muss das Unternehmen jedoch durchschnittlich 1,36 Euro je Liter bezahlen. In der zweiten Jahreshälfte reduzierte sich der Aufwand zwar auf durchschnittlich 1,31 Euro je Liter, lag aber immer noch über dem Planwert (siehe Abbildung 21). Mit jedem Cent, den der tatsächlich realisierte Einkaufspreis über dem Planwert liegt, verringert sich die Marge des Unternehmens um 12.000 Euro.
Mengenrisiken
93
160 150 Cent/Liter
140 130 120 110 Jul. 08
Okt. 08
A pr. 08
Jan. 08
Jul. 07
Okt. 07
A pr. 07
Jan. 07
Jul. 06
Okt. 06
A pr. 06
Jan. 06
100
Abbildung 21: Verbraucherpreisentwicklung für Dieselkraftstoff (Quelle: Mineralwirtschaftsverband) Durch den rechtzeitigen Abschluss eines Preissicherungsgeschäfts (z.B. Swap oder Option) für eine monatliche Lieferung von 100.000 Liter hätte sich das Unternehmen einen festen Kalkulationspreis sichern können. Dies führt zu einer realistischeren Planung und trägt dazu bei, die Unternehmensziele zu erreichen.
48.
Mengenrisiken
Mengenrisiken entstehen dadurch, dass Rohstoffe nicht in der geplanten Menge beschafft oder abgesetzt werden können. Letzteres wird auch als Absatzrisiko bezeichnet. Es entsteht durch ein unerwartetes Nachfrageverhalten und beschreibt die Summe aller Verlustgefahren, die bei der Veräußerung der Produkte auftreten. Beschaffungsrisiken treten beim Bezug der für die Leistungserstellung notwendigen Güter auf. Eine weitere Unterteilung ist möglich in Transport-, Lager- und Lieferrisiko. Das Lieferrisiko entsteht dadurch, dass die für die Produktion notwendigen Rohstoffe in einer bestimmten Qualität und Menge zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbar sein müssen.
94
49.
Management der Marktpreisrisiken
Rohstoffmanagement
Der Aufwand für Material und Energie bestimmt in deutschen Industrieunternehmen zu rund einem Drittel den Angebotspreis. Steigen die Rohstoffpreise – wie bis Mitte 2008 geschehen – stark an, geraten Unternehmen unter immensen Kostendruck, der im Zeichen globalisierter Märkte nicht immer in gleichem Umfang an die Kunden weitergegeben werden kann. Zum Teil begegnen die Unternehmen diesem Kostendruck durch rohstoff- und energiesparende Innovationen. Dass auch die Mitwettbewerber gleichermaßen mit steigenden Rohstoffpreisen konfrontiert werden, mildert das Risiko zwar etwas ab, trägt aber nicht dazu bei, einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Dies ist erst möglich, wenn trotz steigender Einkaufspreise die Gewinnmargen konstant gehalten werden können. Heute sichern sich bereits viele Unternehmen mit Erfolg gegen Zins- und Währungsrisiken ab. Der Absicherung von Rohstoffrisiken wird dagegen nach wie vor nur wenig Beachtung geschenkt. Um Risiken aus der Veränderung von Rohstoffpreisen rechtzeitig absichern zu können, ist eine enge Kooperation zwischen Einkauf bzw. Verkauf und dem Treasury notwendig. Je eher das Treasury von potenziellen Transaktionen in Kenntnis gesetzt wird, desto eher kann es reagieren. Ähnlich dem Zins- und Währungsmanagement stehen auch für das Rohstoffpreismanagement Derivate zur Verfügung, mit denen zahlreiche Absicherungsstrategien umgesetzt werden können. Die Entscheidung für oder gegen eine Absicherung wird von den eigenen Markterwartungen und der Form der entsprechenden Terminkurve (Contango oder Backwardation) beeinflusst. Ein aktives Preis- und Risikomanagement von Rohstoffen birgt unter anderem folgende Vorteile: Unternehmen, die Rohstoffpreise absichern, können mit festen Preisen kalkulieren und die Planungssicherheit verbessern. Unternehmen, die Rohstoffpreise absichern, können ihren Kunden langfristige Festpreise anbieten. Feste Einkaufspreise bei steigenden Rohstoffpreisen führen zu stabilen Finanzierungskosten und zu einem Wettbewerbsvorteil. Strategisch wichtige Investitionen müssen nicht verschoben werden, Ausgaben für Forschung und Entwicklung können getätigt werden. Das Ausnutzen kurzfristiger Preisschwankungen trägt zur Optimierung der Einkaufspreise bei.
Rohstoffmärkte
50.
95
Rohstoffmärkte
Da Rohstoffe jeglicher Art einen Bestandteil des täglichen Lebens darstellen, ist es ein aussichtsloses Unterfangen, den Markt in seiner Gänze zu erfassen. Beschränkt man sich jedoch auf industriell gehandelte Güter und akzeptiert eine starke Aggregation der Märkte, so gibt die Abbildung 22 einen guten Überblick.
ROHSTOFFE (Commodities)
Hard Commodities
Energie • Fossile Energie, Kernenergy • Erneuerbare Energie
Metalle • Edelmetalle • Industriemetalle • Ferro Metalle
Moderne Rohstoffe
Soft Commodities
Nahrungs- und Genussmittel • Getreide • Öl, Ölsaaten • Genussmittel
Industrielle Agrar-Rohstoffe • Baumwolle • Wolle • Holz • Kautschuk • Zellstoff
tierische AgrarRohstoffe • Federvieh • Lebendrind • Mastrind • Schwein
• Strom • Wetter • CO2 • Fracht
Abbildung 22: Klassifizierung des Rohstoffmarktes Rohstoffe sind im Gegensatz zu abstrakten Finanzprodukten Naturprodukte und damit in der Regel nur in geringem Maße standardisiert. Der Rohstoffmarkt wird daher unterteilt in einen physischen Markt (Spotmarkt) und einen Markt für Rohstoffderivate. Auf dem physischen Markt werden an vielen Orten alle Sorten von Rohstoffen in verschiedenen Qualitäten, Zusammensetzungen und Mengen gehandelt. Der Derivatemarkt beschränkt sich dagegen nur auf einige standardisierte Rohstoffe. Dies dient der Verbesserung der Marktliquidität, führt jedoch dazu, dass für die Absicherung von Preisrisiken physischer Produkte nur selten die gleichen Basiswerte zur Verfügung stehen (Basisrisiko).
51.
Terminkurven
Unter „normalen“ Umständen ist eine Ware umso teurer, je später ihr Liefertermin ist, da für den Verkäufer zwischenzeitlich weiterhin Lager-, Versicherungs- und Finanzierungskosten anfallen. Zusätzlich werden häufig weitere Faktoren (in wechselnder Intensität) wirksam, die den physischen Besitz gegenüber einem Erwerb in Form von Terminprodukten (z.B. Futures) attraktiver erscheinen lassen. Zu diesen Faktoren zählen zum Beispiel:
96
Management der Marktpreisrisiken
Knappheit bzw. Entwicklung der Lagerbestände, Lagerfähigkeit des Rohstoffs, Reproduktionszeit, Produktionskosten und Wetter. Je nach Verlauf der Terminkurve unterscheidet man zwischen Backwardation und Contango. Zu beachten ist, dass diese Strukturen zeitlich nicht stabil sind.
52.
Backwardation
Liegen die Preise länger laufender Terminkontrakte unter denen mit einer kürzeren Fälligkeit, bezeichnet man dies als Backwardation. Diese Situation herrschte in der Vergangenheit meist bei Energierohstoffen vor.
3.15 0
Terminpreis
3.10 0 3.05 0 3.00 0 2.95 0 2.90 0 2.85 0 Mai 10
Aug 10
Feb 10
Laufzeit
Nov 0 9
Ma i 09
Aug 09
Feb 09
Nov 08
Aug 0 8
Mai 08
2.80 0
Abbildung 23: Backwardation
53.
Contango
Als Contango bezeichnet man eine Marktsituation, in der die Preise länger laufender Futurekontrakte teurer sind, als solche mit einer kürzeren Fälligkeit. Dies trifft zum Beispiel auf Rohstoffe zu, die überwiegend in der Vermögensanlage Verwendung finden (z.B. Gold) bzw. bei denen der Rohstoff leicht verderblich ist (z.B. Agrarrohstoffe).
Convenience Yield
97
8.600
Terminpreis
8.400 8.200 8.000 7.800 7.600 7.400 Mai 10
Aug 1 0
Feb 10
Laufzeit
No v 09
Mai 09
Aug 09
Feb 0 9
Nov 08
Aug 08
Ma i 08
7.200
Abbildung 24: Contango
54.
Convenience Yield
Convenience Yield ist die Rendite, die dem Besitzer aus dem Halten eines physischen Lagerbestands entsteht, jedoch nicht dem Besitzer eines Kontrakts für zukünftige Lieferung. Sie verbrieft den Wert, das physische Produkt unmittelbar verfügbar zu haben. Je knapper ein Rohstoff bei hoher Nachfrage verfügbar ist, desto größer wird in der Regel die Convenience Yield. Ist die Convenience Yield größer als Finanzierungs- und Lagerkosten, führt dies zu Spotpreisen, die über den Terminpreisen liegen; die Terminkurve notiert in Backwardation.
55.
Öl- und Ölprodukte
Brent: Brent ist die für Europa wichtigste Rohölsorte. Brent ist leichtes, süßes Rohöl (niedriger Schwefelgehalt). Da es sich hierbei um einen Mix aus mehreren Ölfeldern in der Nordsee handelt, wird es auch als „Brent Blend“ bezeichnet. Brent wird in US-Dollar/Barrel gehandelt. Fuel Oil: Allgemeine Bezeichnung für verschiedene Petroleum-Destillate, z.B. Diesel, Kerosin, schweres Heizöl. Gasoil: Eine Bezeichnung für leichtes Heizöl, wie sie vor allem in Europa gebräuchlich ist. In den USA wird die Bezeichnung „heating oil“ bevorzugt.
98
Management der Marktpreisrisiken
HEL: leichtes Heizöl mit 0,1 Prozent Schwefelgehalt. Referenzquelle für Heizölnotierungen in EUR/hl ist das Statistische Bundesamt. HSL: schweres Heizöl mit 1 Prozent Schwefelgehalt. Referenzquelle für Heizölnotierungen in EUR/MT ist die monatliche Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden, Fachserie 17, Reihe 2. WTI: West Texas Intermediate. Amerikanisches Rohöl, das als Benchmark bei der Preisbildung eines Großteils der weltweiten Rohölproduktion herangezogen wird. Futures auf WTI werden an der Nymex gehandelt. ULSD: Ultra Low Sulfur Diesel ist Dieselkraftstoff mit sehr geringem Schwefelgehalt. Der Schwefelgehalt wird in ppm (parts per million) angegeben.
56.
Produktspezifikationen
Jedes Ölprodukt ist exakt spezifiziert in Bezug auf: Schwefelanteil (je geringer der Schwefelanteil um so höher ist die Qualität des Ölproduktes). Bezahlung von Frachtkosten und Versicherung (FOB – Free On Board; CIF – Cost, Insurance, Freight). Schiffsgröße: Barges (kleines bis mittelgroßes Schiff) und Cargoes (großer Tanker). Bestimmungshafen: RDM (Rotterdam), NWE (NorthWestEurope), ARA (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen), MED (Mediterranean). Die Spezifikationen wie Frachtkosten, Versicherung, Schiffsgröße und Bestimmungshafen verändern nicht die physischen Eigenschaften des Ölproduktes.
57.
Industriemetalle
Zu den – auch als Basismetalle bezeichneten – am meisten gehandelten Industriemetallen zählen Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zinn und Zink. Der Markt für Stahl und Stahllegierungen ist sehr heterogen, sodass bisher kein liquider Terminhandel zustande kam. Aufgrund gestiegener Nachfrage nach solchen Produkten bieten Terminbörsen zunehmend auch Futures auf Stahl an.
Maßeinheiten
58.
Maßeinheiten
59.
Commodity Swap
99
Der Käufer eines Commodity Swaps zahlt den Festpreis (z.B. den Fixpreis für Rohöl oder Heizöl) und erhält den variablen Preis (beispielsweise den aktuellen Rohöl- oder Heizölpreis am Spotmarkt oder den Durchschnittspreis des letzten Monats). Der Verkäufer empfängt den Festpreis und zahlt den variablen Preis. Ein Commodity Swap weist charakteristische Merkmale auf, die jedoch aufgrund der OTCEigenschaft von Swaps individuell verhandelt werden können: Nominalvolumen: Dies ist die Menge, die an jedem Fixingtermin geliefert wird. Ein Nominalvolumen von 10.000 Barrel und eine Swaplaufzeit von fünf Monaten beinhaltet also ein Gesamtvolumen von 50.000 Barrel.
100
Management der Marktpreisrisiken
Laufzeit: Die Laufzeit wird individuell vereinbart und beträgt in der Regel zwischen drei Monaten und drei Jahren. Preisbasis: Die Preisbasis dient zur Berechnung der variablen Preise und damit der Differenz zum vereinbarten Swapsatz. Basis kann ein bestimmter Index oder ein bestimmter Rohstoff in einer definierten Qualität an einem bestimmten Ort sein. Der Differenzausgleich erfolgt in der Regel durch Cash Settlement. Settlement: Bei Commodity Swaps errechnet sich die variable Zahlung häufig aus Durchschnittspreisen der Abrechnungsperiode (täglich, wöchentlich usw.).
60.
MASP
Der Monthly Average Settlement Price wird häufig in Verbindung mit der Absicherung von Rohstoffpreisrisiken verwendet. Er ist das arithmetische Mittel der täglichen Abrechnungspreise des Referenzwertes im vergangenen Monat. Der variable Preis ist damit nicht mehr von einem Stichtag abhängig, sondern repräsentiert einen Monatsdurchschnitt. Dies erlaubt eine bessere Absicherung, wenn auch der Bezug laufend, zum Beispiel durch Entnahme aus einer Pipeline, erfolgt.
Liquiditätsrisiko
101
Management der Liquiditätsrisiken
1.
Liquiditätsrisiko
Unter Liquiditätsrisiko im engeren Sinne wird das Risiko verstanden, Zahlungsverpflichtungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht nachkommen zu können, weil die dazu erforderlichen Geldmittel („Liquidität“) nicht verfügbar sind. Grundsätzlich ergeben sich Liquiditätsrisiken aus der Inkongruenz von Ein- und Auszahlungen. Das Liquiditätsrisiko lässt sich nach verschiedenen Ursachen systematisieren: Unter dem Refinanzierungsrisiko wird das Risiko verstanden, dass zum Zeitpunkt des Bedarfs an Geldmitteln diese nicht bzw. nicht zu den erwarteten Konditionen beschafft werden können. Unter dem Marktliquiditätsrisiko wird die Gefahr verstanden, dass Positionen aufgrund unzulänglicher Markttiefe oder temporärer Aussetzungen des Handels nicht oder nur zu entsprechend schlechteren Kursen glattgestellt oder veräußert werden können. Ein Markt besitzt Tiefe, wenn viele Kauf- und Verkaufsaufträge in der Nähe des aktuell gehandelten Preises vorhanden sind. Da unzureichende Liquidität trotz guter Ertragslage schnell zur Insolvenz eines Unternehmens führen kann, kommt der Steuerung der Liquidität eine herausragende Rolle innerhalb des Unternehmens zu. In kleineren Unternehmen liegt die Verantwortung häufig direkt bei der Geschäftsleitung, in größeren Unternehmen werden eigene Stellen bzw. Abteilungen geschaffen (Cash Management).
2.
Liquiditätsmanagement
Da mangelhafte Liquidität (Zahlungsunfähigkeit) zwangsläufig zur Insolvenz führt, ist dem Liquiditätsmanagement besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Unterschieden werden kann hier zwischen einer kurzfristigen und langfristigen Liquiditätssteuerung.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
102
Management der Liquiditätsrisiken
Die Aufgabe der auch als Cash-Management oder Liquiditätsplanung bezeichneten kurzfristigen Liquiditätssteuerung ist die (gegebenenfalls unternehmensweite) Disposition aller Kontobestände inklusive Fremdwährungen. Ziel ist es, Zahlungsmittel rechtzeitig am Ort der Verwendung zur Verfügung zu stellen und nicht benötigte Zahlungsmittel zu bündeln und ertragreich anzulegen. Das längerfristig orientierte Liquiditätsmanagement (Finanzplanung) hat ebenfalls zum Ziel, jederzeit die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten. Es beinhaltet die Steuerung aller zukünftigen Ein- und Auszahlungen. Eventuell bestehende Unterdeckungen müssen rechtzeitig identifiziert und geschlossen werden. Ein professionelles Liquiditätsmanagement umfasst analog zu jedem RisikomanagementProzess sämtliche Maßnahmen zur Identifizierung, Steuerung und Kontrolle der unternehmens- oder konzernweiten Liquiditätsrisiken. Im Rahmen eines Liquiditätsrisikomanagements werden Vorkehrungen getroffen, um die Zahlungsfähigkeit auch in Krisensituationen (z.B. Wegfall einer Kreditlinie) zu gewährleisten. Die Abbildung 1 zeigt den Regelkreis des Liquiditätsmanagements.
Finanz Status Liquiditäts Status Liquiditäts Planung Liquiditäts Reserve
Abbildung 1:
3.
Maßnahmen,sofern LiquiditätsStatus < LiquiditätsReserve
Regelkreis des Liquiditätsmanagements (Quelle: in Anlehnung an Ceglarek/Zehnder)
Finanzstatus
Der Finanzstatus besteht in einer tagesaktuellen, valutarischen Betrachtung sämtlicher liquider Mittel aller Konten, der frei verfügbaren Kreditlinien sowie den erwarteten Ein- und Auszahlungen des Betrachtungstages. Grundlage ist die mindestens tägliche Abfrage aller Banksalden und Buchungsposten. Die Auszahlungen und Einzahlungen des jeweiligen Tages
Liquiditätsplanung
103
müssen dafür bekannt sein. Bei den Auszahlungen ist dies in der Regel unproblematisch, da in der Verantwortung des Unternehmens. Die Zahlungseingänge sind demgegenüber sehr viel schlechter kalkulierbar. Unternehmen versuchen, mithilfe von Kreditkartenzahlungen oder Lastschriften eine bessere Steuerung der Zahlungseingänge zu erreichen, sofern dies möglich ist. Im Fall von Barzahlungen oder Überweisungen werden historische Analysen des Zahlungsverhaltens der Kunden eingesetzt, die regelmäßig hinterfragt und optimiert werden. Dies bedingt bei einer hohen Volatilität der Zahlungseingänge einen entsprechenden Puffer, der entweder im Finanzstatus oder in der Liquiditätsreserve berücksichtigt werden muss. Einen wesentlichen Beitrag zu einem einfacheren Finanzstatus liefert ein Cash-Pooling-System, da hierdurch die Liquidität auf wenigen Hauptkonten konzentriert wird und damit die Abfragemöglichkeiten erheblich vereinfacht werden.
4.
Liquiditätsplanung
Auf Grundlage des Finanzstatus ist eine Liquiditätsplanung notwendig, um die zukünftige Entwicklung der Liquidität auf Basis erwarteter Ein- und Auszahlungen abschätzen und planen zu können. Durch eine Prognose der Ein- und Auszahlungen wird die zukünftige Liquiditätsentwicklung prognostiziert. Dies ermöglicht eine aktive Gelddisposition und die Vermeidung von plötzlich auftretenden Liquiditätsengpässen. In vielen Unternehmen erfolgt die Planung wöchentlich oder monatlich rollierend auf Basis eines Planungshorizonts von zwölf Monaten. Voraussetzung der Liquiditätsplanung sind die Absatz- und Umsatzplanung sowie die Debitorenplanung. Die Liquiditätsplanung sollte sichere und unsichere Zahlungsströme unterscheiden. Dies erlaubt die Definition von verschiedenen positiven und negativen Szenarien und der Simulation dieser Szenarien auf den Liquiditätsstatus und eventuell einzuleitende Maßnahmen. Die Zusammenführung des Finanzstatus und der Liquiditätsplanung führt zu einem Liquiditätsstatus, der eine möglichst frühzeitig Identifizierung von Über- oder Unterdeckungen innerhalb des Planungszeitraums erlaubt. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für einen einfachen Liquiditätsplan auf Monatsbasis.
104
Abbildung 2:
Management der Liquiditätsrisiken
Liquiditätsplan (Beispiel) (Quelle: www.kfw-mittelstandsbank.de)
Liquiditätsreserve
5.
105
Liquiditätsreserve
Die Liquiditätsreserve ist eine Untergrenze, die der Liquiditätsstatus nicht unterschreiten sollte. In Abhängigkeit von den im Rahmen der Liquiditätsplanung definierten Szenarien kann die Liquiditätsreserve aus verschiedenen Grenzen bestehen, die je nach Szenario nicht unterschritten werden dürfen. Die Zielsetzung einer solchen Liquiditätsreserve wird von Unternehmen zu Unternehmen variieren. In manchen Unternehmen wird eine Liquiditätsreserve vorgehalten, um sich bei bietenden Chancen bei Übernahmen von anderen Unternehmen handlungsfähig zu sein, ohne allzu sehr von Banken oder den Kapitalmärkten abhängig zu sein. Vor allem zielt die Liquiditätsreserve aber darauf ab, Liquiditätsschwankungen aus dem operativen Geschäft und aus eintretenden Ausnahmensituationen auffangen zu können. Aufgabe der Liquiditätsreserve ist es beispielsweise, saisonale Schwankungen aufzufangen, Zahlungsfähigkeit (Gehälter, Lieferanten, Tilgungen,…) zu gewährleisten und jederzeit Anforderungen der Kapitalgeber an die Liquiditätssituation zu erfüllen. Ein dauerhaftes Unterschreiten der Liquiditätsreserve kann als Krisensignal interpretiert werden.
6.
Cash Pooling
Unter Cash Pooling versteht man die Konzentration von Buchgeldbeständen mehrerer Konten eines oder mehrerer (verbundener) Unternehmen, unabhängig von der Motivlage, der weiteren Verwendung der Mittel oder der technischen Abbildung. Die Bündelung der liquiden Mittel erhöht die Transparenz der Liquiditätsdisposition eines Unternehmens und ist ein wichtiger Baustein der kurzfristigen Unternehmensfinanzierung. Konditionsunterschiede zwischen Geldaufnahmen und -anlagen führen zu der Überlegung, externe Geldaufnahmen und -anlagen auf ein Minimum zu beschränken und primär auf interne Reserven zurückzugreifen. In der Praxis werden zwei Formen des Cash Pooling unterschieden, das Target Balancing und das Notional Pooling.
106
7.
Management der Liquiditätsrisiken
Target Balancing
Beim Target Balancing werden die Kontosalden der beteiligten Konten real ausgeglichen. Dazu wird ein Hauptkonto (= Zielkonto oder Masterkonto) definiert, zu dessen Gunsten Guthaben von den Cash-Pool-Konten (= Abräumkonten oder Nebenkonten) übertragen werden bzw. zu dessen Lasten Soll-Salden der Cash-Pool-Konten ausgeglichen werden. Für die Cash-Pool-Konten ist dabei jeweils ein Zielsaldo („Target“) definiert, der nach den erfolgten Umbuchungen erreicht werden soll. Dieser Zielsaldo kann positiv sein, meist wird der Zielsaldo bei 0 sein; man spricht dann auch von Zero-Target-Balancing. Der Ausgleich der Salden erfolgt in den meisten Fällen täglich am Ende des Arbeitstages. Abbildung 3 zeigt den Vorteil des Target Balancings.
Habenzins Sollzins
1,50% 7,50%
ohne Target Balancing Konto Hauptkonto Tochter 1 Tochter 2 Gesamt
Kontosaldo 100.000 -50.000 200.000 250.000
Zins 1.500 -3.750 3.000 750
mit Target Balancing Kontosaldo vor Konto Pooling Hauptkonto 100.000 Tochter 1 -50.000 Tochter 2 200.000 Gesamt 250.000
Kontosaldo nach Pooling 250.000 0 0 250.000
Zins 3.750 0 0 3.750
Abbildung 3: Target Balancing Ohne Target Balancing hätte das Unternehmen einen Zinsertrag von 750 Euro, mit Target Balancing einen Zinsertrag von 3.750 Euro, der nun zwischen der Muttergesellschaft und den Tochtergesellschaften aufgeteilt werden kann. Anhand des Beispiels wird auch deutlich, dass das Cash Pooling für jede Währung mindestens ein eigenes Hauptkonto notwendig macht. Da bei Kontoüberträgen immer auch Prozesskosten entstehen, kann es sinnvoll sein, eine Mindesthöhe für den Übertrag mit der Cash-Pool-Bank zu vereinbaren. Bei manuellen Überträgen zwischen verschiedenen Banken entstehen in jedem Fall Transaktionskosten, sodass hier Mindesthöhen für die Überträge in jedem Fall geboten sind.
Notional Pooling
8.
107
Notional Pooling
Das Notional Pooling (auch fiktives Cash Pooling oder unechtes Cash Pooling) ist eine transferfreie Alternative zum Target Balancing. Hier werden die Salden nur fiktiv saldiert, um anhand des fiktiven Saldos die Zinsrechnung vornehmen zu können. In der Praxis werden den einzelnen Konten die Soll- und Habenzinsen einzeln belastet bzw. gutgeschrieben und der Ertrag aus der fiktiven Saldierung dem Masterkonto gutgeschrieben. Der wesentliche Vorteil ist, dass die beteiligten Tochtergesellschaften finanziell eigenständig bleiben und der marktgerechte Zinsaufwand oder Zinsertrag den Tochtergesellschaften direkt zugerechnet werden kann. Das beteiligte Kreditinstitut benötigt aber für alle Konten des Notional Pools Kreditlinien, sodass der Umfang der Kreditlinien höher und der Ertrag etwas geringer sein wird als beim Zero Balancing.
9.
Szenarioanalysen
Damit auch in Krisensituationen eine Insolvenz durch Liquiditätsmangel verhindert werden kann, sollte die Liquiditätsreserve auch unter Berücksichtigung negativer Szenarien durchgeführt werden. Solche Szenarien können zum Beispiel sein: Annahme geringerer bzw. späterer Zahlungsmittelzuflüsse sowie höherer bzw. früherer Zahlungsmittelabflüsse als im Normalfall. Wegfall der größten Forderungen aus Lieferung und Leistung, der größten Kunden. Ungünstige Zins-, Währungs- und Rohstoffpreisentwicklungen. Ratingherabstufung zwischen ein bis drei Ratingklassen. Kreditlinien werden nicht bzw. zu schlechteren Konditionen prolongiert. Geldanlagen sind nicht bzw. nur zu schlechten Preisen realisierbar.
108
10.
Management der Liquiditätsrisiken
Notfallpläne und Limitsystem
Für die Liquiditätsreserve unter Berücksichtigung des Risikos werden Limitgrenzen festgelegt, deren Überschreiten Maßnahmen auslöst. Solche Maßnahmen können in einem Notfallplan definiert werden. Dies schafft Sicherheit bei den Verantwortlichen, schützt vor übereilten Entscheidungen und reduziert die Reaktionszeit. Solche Notfallpläne enthalten: Verantwortlichkeiten und Zusammensetzung von Krisengremien, interne und externe Kommunikationswege (z.B. Geschäftsleitung, Aufsichtsorgane, Kapitalgeber), gegebenenfalls Eskalationsverfahren nach Schwere der Krise (Frühwarnstufe, Liquiditätskrise, Notfall), gegebenenfalls Festlegung auslösender Ereignisse (z.B. Ratingverschlechterung, Gewinnwarnung, negative Gerüchte, interne oder externe technische Probleme), Maßnahmen zur Liquiditätssicherung, z.B. Nutzung der freien Kreditlinien, Investitionsstopp, besicherte Mittelaufnahme, verstärktes Forderungsmanagement und Nutzung von Zahlungszielen.
Operationelles Risiko
109
Management der operationellen Risiken
1.
Operationelles Risiko
Als operationelles Risiko bezeichnet man die Gefahr von Verlusten, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen und in Folge externer Ereignisse eintreten.
Operationelle Risiken Ursache
Ereignis
Geschäftsfeld
Interne Verfahren
Interner Betrug
Unternehmensfinanzierung und -beratung
Menschen
Externer Betrug
Handel
Systeme
Beschäftigungspraxis u. Arbeitsplatzsicherheit
Privatkundengeschäft
Externe Ereignisse
Kunden, Produkte, Geschäftsgepflogenheiten
Firmenkundengeschäft
Sachschäden
Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung
Geschäftsunterbrechung und Systemausfälle
Depot- und Treuhandgeschäft
Abwicklung, Vertrieb und Prozessmanagement
Vermögensverwaltung
Wertpapierprovisionsgeschäft
Abbildung 1: Systematisierung operationeller Risiken Ursachen können demnach etwa fahrlässiges Handeln, unzureichende Qualitätskontrollen, der Ausfall von IT-Systemen oder die Beschädigung von Betriebspotenzialen durch Katastrophen sein. Potenzielle operationelle Risiken eines Instituts werden durch eine Risikoinventur oder Risikolandkarte festgestellt (ex ante). Es erfolgt eine Beurteilung der Risiken nach Eintrittswahr-
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
110
Management der operationellen Risiken
scheinlichkeit sowie durchschnittlichem und maximalem Verlust. Dies wird auch als Selfoder Risk Assessment bezeichnet. Eingetretene Schadensfälle werden in einer Schadensfalldatenbank gesammelt und systematisiert (ex post). Der Abgleich zwischen diesen eingetretenen und den ex ante ermittelten Risiken ermöglicht weiterhin eine ständige Verbesserung der Instrumente zur Risikoschätzung.
Instrumente
1
Risiko-Messung 3 z.B. mit MonteCarlo-Simulation Key-RiskIndicators
Was könnte passieren?
Experten 2
SchadensfallDatenbank
Risikoinventur, 2 Risikolandkarte, Risk-Assessment
4
Was ist passiert?
3
filtern
1
Szenarien und Risikokennzahl
skalieren
Sammlung von internen und externen VerlustDaten
variieren
4 Frühwarnsystem
simulieren
„Erfahrung“
„Schätzung“
5 Reporting 5
laufender Abgleich
Abbildung 2: Quantifizierung operationeller Risiken Da operationelle Risiken erfahrungsgemäß recht selten eintreten, dann aber zu sehr großen Verlusten führen können, ist es unerlässlich, einerseits externe Informationen heranzuziehen und auch selbst zu bewerten, welche Risikopotenziale existieren. Auch dieser Schritt, der durch Expertenschätzungen untermauert wird, ist Bestandteil der Risikomessung. Zudem wird davon ausgegangen, dass andere Indikatoren, sogenannte Key Risk Indicators, über Risikopotenziale Aufschluss geben können. Als Key Risk Indicators werden Kennzahlen bezeichnet, die regelmäßig erhoben werden können und in einem Zusammenhang zu risikorelevanten Aspekten stehen. Hierzu können beispielsweise der Krankenstand, Kassendifferenzen oder Fehlerquoten genutzt werden. Wenngleich hier regelmäßig meist keine bedeutenden Schäden entstehen, lassen diese Indikatoren Rückschlüsse auf mögliche Schwachstellen zu und werden als Hinweise im Rahmen eines Frühwarnsystems herangezogen.
Risikoinventur
2.
111
Risikoinventur
Die Risikoinventur bezeichnet eine interviewbasierte Analyse der Risiken in den einzelnen Organisationseinheit eines Institutes durch Beurteilung der Prozessqualität und Einschätzung von Verlustpotenzialen.
3.
Risikolandkarte
Eine Möglichkeit zur Einschätzung und Quantifizierung operationeller Risiken stellt die qualitativ ausgerichtete Szenarioanalyse dar. Hierbei wird versucht, mögliche Zukunftsentwicklungen anhand von vorher definierten Szenarien zu prognostizieren und daraus resultierende Schäden betragsmäßig abzubilden. In Zusammenarbeit mit Experten diverser Abteilungen versucht das Risikomanagement der Bank mithilfe gegebener Informationen zukünftige Entwicklungen der Unternehmensbereiche darzustellen. Hierzu werden unterschiedliche Rahmenbedingungen unterstellt, um eine umfassende Prognose generieren zu können. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, werden durch die Experten sowohl Verlusthöhe als auch Eintrittswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Szenarien geschätzt. Die Ergebnisse werden anschließend aggregiert in der Risikolandkarte zusammengefasst und dargestellt. Ein Vorteil dieser Methodik besteht in der Distanz zu historischen Daten. Zudem werden mithilfe der Szenarioanalyse vorwiegend selten auftretende Verlustereignisse betrachtet, die oftmals hohe Schadenspotenziale in sich tragen.
4.
Schadensfalldatenbank
Als Schadensfalldatenbank bezeichnet man eine Datenbank zur Erfassung von Daten über Verlustvorfälle (Schadensfälle). Die Sammlung von Verlustdaten dient auf der einen Seite als Datenbasis für eine spätere Quantifizierung der Eigenkapitalunterlegung nach einem fortgeschrittenen Ansatz (AMA) und auf der anderen Seite stellt sie eine qualitative Anforderung an das Management operationeller Risiken dar.
112
5.
Management der operationellen Risiken
Steuerung operationeller Risiken
Aus der Eigenschaft operationeller Risiken, kein direktes Ertragspotenzial zu besitzen, folgt unmittelbar das Ziel des Risikomanagements in diesem Bereich, die Risiken zu vermeiden, zu vermindern oder zumindest die Schäden (Verluste) zu begrenzen, sofern dies aus KostenNutzen-Aspekten gerechtfertigt ist. Somit kann grundsätzlich zwischen einer aktiven und passiven Steuerung unterschieden werden.
Aktive Steuerung Werden wesentliche operationelle Risiken im Institut erkannt, so sollten auf der Basis der Ursachenanalyse Maßnahmen ergriffen werden, welche die Eintrittswahrscheinlichkeit senken und/oder die Verluste im Schadensfall begrenzen. In Abhängigkeit von der Art des Risikos können im Rahmen der aktiven Steuerung beispielhaft folgende aktive Risikosteuerungsmaßnahmen aufgezählt werden: Neustrukturierung interner Prozesse oder Verfahren Einrichtung von Ersatzverfahren (Notfallpläne bzw. -konzepte) Neuausrichtung von Aktivitäten Vorsorgemaßnahmen (z. B. Arbeitsschutz, Brandprävention, Schutzmaßnahmen) Abschluss bzw. Umgestaltung von Versicherungsverträgen gegebenenfalls Outsourcing Um eine aktive Steuerung operationeller Risiken sachgerecht und effizient durchführen zu können, muss die vorangehende Analyse und Beurteilung hinreichend differenzierte Ergebnisse liefern.
Passive Steuerung Bei einigen operationellen Risken sind (Gegen-)Steuerungsmaßnahmen im Sinne eines aktiven Managements nicht möglich oder unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten unrentabel. In diesen Fällen wird das Institut auf aktive Steuerungsmaßnahmen verzichten (passiv im Sinne von Maßnahmenergreifung bleiben) und die Verluste im Falle des Schadeneintritts in voller Höhe tragen.
Wesentliche operationelle Risiken
113
Gerade für eine passive Steuerung ist es notwendig, dass die entsprechenden Risiken identifiziert, bewertet und überwacht werden, um die Konsequenzen eines Maßnahmenverzichts aufzuzeigen. Darüber hinaus können bestimmte operationelle Risiken gegebenenfalls in Szenarien der Risikotragfähigkeitskonzeption untersucht werden, ohne entsprechende aktive Steuerungselemente auszulösen. Die Passivität bezieht sich also lediglich auf die Einleitung von Gegensteuerungsmaßnahmen.
6.
Wesentliche operationelle Risiken
Die MaRisk verlangen von den Instituten, dass wesentliche operationelle Risiken mindestens jährlich identifiziert und beurteilt werden. Weiterhin ist die Geschäftsleitung mindestens jährlich über wesentliche operationelle Risiken des Instituts zu unterrichten. Die Definition wesentlicher operationeller Risiken sollte sich daher an der Definition bedeutender Schadensfälle orientieren (z. B. wesentliche operationelle Risiken sind Ereignisse, die zu bedeutenden Schadensfällen führen können). Bei der Ausgestaltung der Grenze kann im Sinne von Mindestanforderungen auf das jährliche Verlustpotenzial in Euro und gegebenenfalls auf den realistischen Maximalverlust in Euro abgestellt werden. Im Gegensatz zur Ex-postBewertung von Schadensfällen muss das jährliche Verlustpotenzial im Allgemeinen von den entsprechenden Stellen im Institut in Zusammenarbeit mit dem OR-Verantwortlichen über eine sachgerechte Schätzung ermittelt werden. Bei Risiken, für die noch keine Erfahrungswerte (Schadensfälle) vorliegen, sollte die Eintrittswahrscheinlichkeit bei der Beurteilung unbedingt berücksichtigt werden. Nur so ist es möglich, aus der Vielzahl von denkbaren operationellen Risiken die für das Institut wirklich wesentlichen zu identifizieren. Die Grenze für wesentliche operationelle Risiken muss in jedem Institut individuell festgelegt werden. Hier ist grundsätzlich zu beachten, dass bei der Beurteilung von Risiken anders als bei eingetretenen Schadensfällen auch die Eintrittshäufigkeit sowie die Bandbreite möglicher Schadenshöhen zu berücksichtigen sind. Zur Entscheidung über die Wesentlichkeit eines Risikos können die Parameter Eintrittshäufigkeit p. a. durchschnittlicher Verlust sowie realistischer Maximalverlust herangezogen werden. Als Produkt aus Eintrittshäufigkeit p. a. und durchschnittlichem Verlust ergibt sich das jährliche Verlustpotenzial. Als wesentliche operationelle Risiken könnten z.B. solche Risikoszenarien festgelegt werden, bei denen das jährliche Verlustpotenzial oberhalb von x Euro oder der realistische Maximalverlust oberhalb von y Euro liegen. Genauso wäre z.B. auch eine Abgrenzung über Bedingungen an Eintrittshäufigkeit und realistischen Maximalverlust denkbar.
114
7.
Management der operationellen Risiken
Bedeutende Schadensfälle
Laut MaRisk müssen bedeutende Schadensfälle erfasst und unverzüglich hinsichtlich ihrer Ursachen analysiert werden. Weiterhin ist die Geschäftsleitung mindestens jährlich über bedeutende Schadensfälle zu unterrichten. Aus Sicht der MaRisk ist es sachgerecht, für die Abgrenzung bedeutender Schadensfälle den Bruttoschaden auf Einzelfallebene in Euro heranzuziehen. Bruttoschaden bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Schadenshöhe ohne Berücksichtigung eventueller Schadensminderungsaspekte (z.B. Erstattungen der Versicherung) betrachtet wird. Die meisten Schadensfälle können in Euro quantifiziert werden. Schäden, die sich einer unmittelbaren Quantifizierung entziehen, müssen vom fachlich Verantwortlichen abgeschätzt und dahingehend beurteilt werden, ob es sich in diesen Fällen um bedeutende Schadensfälle handelt. Die Festlegung der Grenze für bedeutende Schadensfälle muss in jedem Institut individuell festgelegt werden.
8.
Reporting operationeller Risiken
Die MaRisk stellen Kommunikationsanforderungen auch für den Bereich der operationellen Risiken auf. Alle Geschäftsleiter sind – unabhängig von der internen Zuständigkeitsregelung – für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und deren Weiterentwicklung verantwortlich. Sie werden dieser Verantwortung nur gerecht, wenn sie alle Risiken beurteilen können und die erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Begrenzung treffen. Die hierzu notwendigen Kommunikationswege können in das Ad-hoc-Reporting und die turnusmäßige Berichterstattung unterschieden werden.
Ad-hoc-Reporting Das Ad-hoc-Reporting dient in erster Linie der unverzüglichen Information aller zuständigen Entscheidungsträger und Organisationseinheiten. Adressaten sind neben den zuständigen Geschäftsleitern gegebenenfalls der Gesamtvorstand, die Interne Revision und der ORVerantwortliche. Das Auftreten von bedeutenden Schadensfällen sollte immer eine Ad-hocMeldung zumindest an den zuständigen Bereichsleiter, die Interne Revision und den ORVerantwortlichen auslösen. Für den OR-Verantwortlichen ist diese Meldung insofern zwingend notwendig, da er zusammen mit der Führungskraft der entsprechenden Organisationseinheit unverzüglich die Ursachenanalyse anstoßen muss. Ad-hoc-Meldungen können – so-
Reporting operationeller Risiken
115
weit möglich – Vorschläge für Gegenmaßnahmen oder die Information über bereits eingeleitete Maßnahmen enthalten. Diese Möglichkeit sollte jedoch nicht zu einer Verzögerung der Information führen. Im Mittelpunkt der Ad-hoc-Meldung steht immer die schnellstmögliche Information.
Berichterstattung Im Gegensatz zur anlassbezogenen Ad-hoc-Meldung hat die turnusmäßige Berichterstattung das Ziel, die Entscheidungsträger (Gesamtvorstand, Aufsichtsorgan) umfassend zu informieren. Die Risikoberichterstattung hat mindestens einmal im Jahr schriftlich zu erfolgen und muss die Lage des Instituts in Bezug auf bedeutende Schadensfälle der Berichtsperiode und operationelle Risiken darstellen. Die Berichterstattung zu den operationellen Risiken geht in geeigneter Form in den Risikobericht ein, den der Vorstand jährlich dem Aufsichtsorgan vorlegen muss. Der OR-Risikobericht muss folgende Informationen beinhalten: Bedeutende Schadensfälle der Berichtsperiode Art, Ursachen, Ausmaß der Schadensfälle; bereits eingeleitete Gegensteuerungsmaßnahmen (gegebenenfalls Informationen über deren Effektivität); weitergehender Entscheidungsbedarf (z. B. Vorstandskompetenz notwendig). Wesentliche operationelle Risiken des Instituts Art, potenzielle Auslöser und gegebenenfalls erwartetes Ausmaß von operationellen Risiken oder bereits eingeleitete Gegensteuerungsmaßnahmen (gegebenenfalls Informationen über deren Effektivität); weitergehender Entscheidungsbedarf bezüglich operationeller Risiken (z. B. Vorstandskompetenz notwendig). Gegensteuerungsmaßnahmen (der Vergangenheit) Informationen über Wirksamkeit der Maßnahmen; Änderungs- und Anpassungsbedarf (z.B. Aktualisierung von Versicherungsverträgen etc.), gegebenenfalls Entscheidungsvorschläge. Der Bericht muss so ausgestaltet sein, dass auf Basis der Inhalte der Vorstand Maßnahmen ergreifen kann. Soweit sich im Hinblick auf bereits in vorangegangenen OR-Risikoberichten dargestellte Sachverhalte keine relevanten Änderungen ergeben haben, kann im Rahmen der aktuellen Berichterstattung auf diese Informationen verwiesen werden.
116
9.
Management der operationellen Risiken
Basisindikatoransatz (BIA)
Der Basisindikatoransatz ist der einfachste Ansatz zur Ermittlung der Eigenkapitalunterlegung für operationelle Risiken. Er kann von allen Banken bis auf international tätige oder solche mit signifikanten operationellen Risiken angewendet werden. Die Kapitalbelastung errechnet sich als Alphafaches des Bruttoertrags des Instituts. BIA = Bruttoertrag x Alpha Der Bruttoertrag wird hierbei als Dreijahresdurchschnitt der Summe von Zinsüberschuss und Nicht-Zinsergebnis (Provisionsüberschuss, Handelsergebnis, Finanzanlageergebnis sowie sonstige ordentliche Erträge) definiert. Der Faktor Alpha wurde von der Aufsicht einheitlich festgelegt, er beträgt 15 Prozent.
10.
Standardansatz (StA)
Aufbauend auf dem BIA müssen Banken bei Anwendung des Standardansatzes ihre Geschäftsfelder auf vom Baseler Ausschuss definierte, einheitliche Bereiche abbilden. Die Bruttoerträge der einzelnen Sparten werden mit unterschiedlichen Faktoren multipliziert. Entscheidend für die Fixierung der jeweiligen Gewichtungsfaktoren war das Verhältnis der jeweiligen tatsächlichen Verluste aus operationellen Risiken zu den Bruttoerträgen der einzelnen Geschäftsbereiche. Um den Wert der notwendigen Eigenkapitalunterlegung berechnen zu können, müssen die einzelnen Produkte der Sparten summiert werden. StA = Summe(Bruttoerträge der einzelnen Sparten x Gewichtungsfaktor) Der Baseler Ausschuss hat für die einzelnen Geschäftsbereiche folgende Gewichtungsfaktoren vorgegeben: Geschäftsfeld
Gewichtungsfaktor
Unternehmensfinanzierung, -beratung (Corporate Finance)
18 %
Handel (Trading and Sales)
18 %
Privatkundengeschäft (Retail Banking)
12 %
Firmenkundengeschäft (Commercial Banking)
15 %
Ambitionierte Messansätze (AMA)
117
Geschäftsfeld
Gewichtungsfaktor
Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung
18 %
Depot- und Treuhandgeschäfte (Agency Services)
15 %
Vermögensverwaltung
12 %
Wertpapierprovisionsgeschäft
12 %
Um den Standardansatz einführen zu können, muss die Bank ihrer Aufsichtsbehörde die Erfüllung folgender grundsätzlicher Anforderungen nachweisen: Risikosensitivität der Geschäftsleitung und Einbindung in die Überwachung der operationellen Risiken. Die Bank muss über ein funktionsfähiges Risikomanagementsystem verfügen. Vorhandensein entsprechender Ressourcen für die Berechnung des StA.
11.
Ambitionierte Messansätze (AMA)
Im Unterschied zum Basisindikator sowie zum Standardansatz erfolgt die Modellierung und Eigenkapitalermittlung auf Basis der internen Geschäftsstruktur. Ferner wird eine Unterteilung der operationellen Risiken nach Risikokategorien vorgenommen. Die Kapitalunterlegung bezieht sich grundsätzlich auf die Summe von erwarteten und unerwarteten Verlusten. Sofern nachgewiesen werden kann, dass die erwarteten Verluste im Rahmen von Budgetierung bzw. Standardrisikokosten in der Produktkalkulation Berücksichtigung finden, können die entsprechende Beträge von der Kapitalunterlagen abgezogen werden. Beispiele für AMA-Modelle sind der Verlustverteilungsansatz (Loss Distribution Approach LDA), der szenariobasierte Ansatz sowie der Risk Drivers and Controls Approach.
Anlagestrategie
119
Management der Anlagerisiken
1.
Anlagestrategie
Eine Anlagestrategie beschreibt die strukturierte, regelbasierte oder situative Vorgehensweise bei der Anlage in Anleihen, Aktien, Zertifikate oder andere Anlageformen. Ein Investor sollte seine Anlagestrategie in Form einer Anlagerichtlinie schriftlich formulieren oder formulieren lassen, um im Nachhinein die Einhaltung der Anlagestrategie überprüfen zu können. Häufig wird dabei zwischen aktiven und passiven Anlagestrategien unterschieden. Von einer passiven Anlagestrategie spricht man, wenn der Investor eine Benchmark, z.B. einen Aktien- oder Rentenindex, vorgibt und die Anlagen möglichst exakt dieser Benchmark entsprechen. Ziel ist also, den Ertrag und das Risiko der gewählten Benchmark möglichst exakt nachzubilden und nur geringe Abweichungen davon zu akzeptieren. Eine aktive Anlagestrategie versucht, durch von einer Benchmark abweichende Anlagen eine bessere Performance als die Benchmark zu erzielen („die Benchmark zu schlagen“). Hier ist darauf zu achten, dass die höhere Performance nicht durch zusätzliche Risikonahme erzielt wird, sondern durch eine alternative Anlagewahl bei gleichem Risiko die Zusatzperformance erreicht wird.
2.
Anlagerichtlinie
Eine Anlagerichtlinie beschreibt alle wesentlichen Aspekte, die Unternehmen oder Kommunen bei der Anlage von Vermögen betrachten und beachten sollten. Dazu gehören insbesondere Anlagepolitik und grundsätzliche Anlageziele, z.B. hohes Wachstum, Kapitalerhalt, jährliche Ausschüttungsmöglichkeit.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
120
Management der Anlagerisiken
Zulässige Instrumente; hier wären zumindest die Assetklassen, aber auch die innerhalb der Assetklassen zulässigen Produkte zu nennen. Limite, z.B. Maximalvolumina für einzelne Assetklassen, Adressen oder Branchen, maximale Laufzeiten. Kompetenzen, z.B. die Beschlussfassung durch einen Anlageausschuss oder die Einzelkompetenzen eines Händlers. Risikostrategie: Festlegung von maximalen Verlusthöhen oder Value At Risk-Werten für die gesamte Anlage oder für einzelne Assetklassen.
3.
Assetklassen
Unter Assetklassen versteht man die Einteilung von Anlageprodukten in verschiedene Segmente. Die wichtigsten Assetklassen sind Renten Aktien Immobilien Geldmarkt strukturierte Anlagen. Innerhalb dieser Assetklassen wird häufig noch weiter unterschieden: Renten: nach Ländern oder Währungen, nach Emittentengruppen (Staatsanleihen, Bankanleihen, Pfandbriefe, Unternehmensanleihen), nach der Qualität der Anlagen (Rating). Aktien: nach Indizes (z.B. DAX®, MDAX®, TecDAX®, SDAX®), nach Ländern, nach Währungen, nach Branchen. Immobilien: nach Art der Nutzung (privat genutzt, Gewerbeimmobilien). Strukturierte Anlagen: z.B. Hedgefonds, Private Equity, Rohstoffe, Unternehmensbeteiligungen.
Asset Allocation
4.
121
Asset Allocation
Unter Asset Allocation versteht man die möglichst optimale Investition eines Anlagebetrages in verschiedene Assetklassen über einen definierten Anlagehorizont unter Ertrags- und Risikogesichtspunkten entsprechend der persönlichen Risikoneigung. Entscheidend dabei ist, dass Assetklassen gefunden werden, die nicht sehr stark miteinander korrelieren, das heißt, deren Kursbewegungen im Zeitablauf möglichst unabhängig voneinander sind. Die folgende Abbildung zeigt den indexierten Kursverlauf von Gold und dem DAX. Man sieht, dass die beiden Zeitreihen nur geringe gemeinsame Kursbewegungen aufweisen und sich daher für eine Asset Allocation gut eignen.
400 DAXINDX(PI) GOLDBLN(P)
350 300 250 200 150 100 50
Mrz.09
Mrz.08
Mrz.07
Mrz.06
Mrz.05
Mrz.04
Mrz.03
Mrz.02
Mrz.01
Mrz.00
Mrz.99
0
Abbildung 1: Kursverlauf von Gold und DAX® Es gibt eine Reihe von Verfahren, mit denen der Anlagebetrag nach quantitativen oder qualitativen Kriterien auf die Assetklassen verteilt („allokiert“) wird. Ein häufig verwendetes Verfahren ist das Verfahren von Markowitz.
122
5.
Management der Anlagerisiken
Benchmark
Eine Benchmark ist ein Maßstab für den Erfolg (und das Risiko) einer Anlage. Meist werden hierfür Indizes (z.B. DAX® oder iBoxx®) verwendet. Nach Sharpe (1992) muss eine Benchmark folgende Voraussetzungen erfüllen: real erwerbbare Anlagealternative, gut diversifiziert, schwer zu schlagen (risikoadjustiert), Erwerb zu marktüblichen Transaktionskosten, ex ante festgelegt. Die Benchmark dient zur Steuerung des Portfolios und ist insbesondere Messlatte für den Anlageerfolg bei Delegation des Portfoliomanagements an einen Dritten.
6.
Betafaktor und Alpha-Strategie
Der Betafaktor misst die Preissensitivität eines Titels (z.B. einer Aktie) bzw. eines Portfolios zu einem Referenzindex (z.B. DAX®). Verfügt der Titel oder das Portfolio über ein Beta von 1, bedeutet dies, dass sich Titel oder Portfolio im gleichen Verhältnis wie der Index wertmäßig verändern. Bei einem Beta von 1 darf man erwarten, dass eine Indexveränderung von fünf Prozent auch eine Veränderung des Titels oder Portfolios von fünf Prozent bedeutet. Liegt der Betafaktor über 1, wird sich bei einer Indexänderung der Wert des Titel bzw. des Portfolios stärker verändern, liegt er unter 1 wird die wertmäßige Veränderung geringer ausfallen.
Dax®
123
0,1 y=1,1832x 0,0004 0,08 0,06 0,04 0,02 0 0,1
0,08
0,06
0,04
0,02 0 0,02
0,02
0,04
0,06
0,08
0,1
0,04 0,06 0,08 0,1
Abbildung 2: Renditeänderungen von Daimler und DAX® Die Abbildung zeigt die Veränderungen der Aktien von Daimler und des DAX® mit einem Betafaktor von 1,18, das heißt, die Veränderung des Index um einen Prozent führt im Durchschnitt zu einer Veränderung der Aktie von 1,18 Prozent. Sie verdeutlicht zudem, dass die Veränderungen im Einzelfall deutlich davon abweichen können. Die Qualität des Betafaktors ist somit davon abhängig, wie nah die einzelnen Punkte an der eingezeichneten Ideallinie liegen.
7.
Dax®
Der deutsche Aktienindex DAX® ist ein gewichteter Durchschnitt der 30 umsatzstärksten und größten Aktien an der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Gewichtung erfolgt dabei auf Basis des Streubesitzes. Der DAX® wird gewöhnlich als sogenannter Performanceindex berechnet, das heißt, Dividendenzahlungen werden in den Index reinvestiert und wirken dadurch indexerhöhend. Daneben gibt es auch einen weit weniger bekannten Kursindex, bei dem nur die Kurse der Aktien gewichtet werden und keine Reinvestition vorgenommen wird. Der DAX® wird sekündlich berechnet und aktualisiert. Über die Veränderung der Indexzusammensetzung entscheidet die Deutsche Börse einmal jährlich im September. Der DAX® ist eine Schutzmarke der Deutschen Börse AG. Als Benchmark sollte nur der Performanceindex verwendet werden, da bei einer AlternativAnlage gewöhnlich auch der Performancebeitrag der Ausschüttungen berücksichtigt wird.
124
8.
Management der Anlagerisiken
Euro Stoxx®
Der Dow Jones Euro Stoxx ist, wie auch der DAX®, ein Aktienindex, der die größten europäischen Aktien beinhaltet. Neben einem breiten Index, in dem 600 europäische Aktien enthalten sind, spielt vor allem der DJ Euro Stoxx 50® eine wichtige Rolle, in dem die 50 größten europäischen Aktien nach Marktkapitalisierung zusammengefasst sind. Analog zum DAX® wird auch bei den DJ Euro Stoxx®-Indizes ein Kurs- und ein Performanceindex berechnet. Hier ist allerdings der Kursindex der bekanntere, was eine direkte Vergleichbarkeit von DAX® und DJ Euro Stoxx erschwert.
9.
iBoxx®
Im Bereich der festverzinslichen Anleihen ist die iBoxx-Indexfamilie eine wichtige Benchmark. Die iBoxx-Indizes sind mit dem Emissionsvolumen gewichtete Kurse der in den jeweiligen Indizes enthaltenen Anleihen. Die Indizes stehen für alle wichtigen Währungen zur Verfügung. Im Bereich des Euro gibt es einen globalen Index, der aus vier Teilen besteht: Staatsanleihen (iBoxx® EUR Sovereigns), staatsgarantierte Anleihen (iBoxx® EUR SubSovereigns), besicherte Anleihen (iBoxx® EUR Collateralized) und Investment Grade geratete Corporate Bonds (iBoxx® EUR Corporates). Die Indizes werden monatlich neu gewichtet und um auslaufende und neu emittierte Anleihen korrigiert. Für den Einsatz als Benchmark sind hier ebenfalls Performanceindizes verfügbar, bei denen die Kuponzahlungen der Anleihen wieder in den Index reinvestiert werden, um eine realistische Performanceaussage zu erhalten. Abbildung 3 zeigt den Kurs- und Performanceindex des iBoxx® EUR Corporates im Vergleich.
Tracking Error
125
150
IBOXXEUROCORP.ALL MATS PRICEINDEX
140
IBOXXEUROCORP.ALL MATS TOTRETURN IND
130 120 110 100 90
25.03.2009
25.03.2008
25.03.2007
25.03.2006
25.03.2005
25.03.2004
25.03.2003
25.03.2002
25.03.2001
25.03.2000
25.03.1999
80
Abbildung 3: Kurs- und Performanceindex des iBoxx® EUR Corp.
10.
Tracking Error
Mit der Kennzahl Tracking Error lässt sich die Stärke des aktiven Managements beurteilen und damit aufzeigen, wie stark von einer vorgegebenen Benchmark abgewichen wird. Der Tracking Error wird als Standardabweichung der Differenz zwischen Portfolio- und Benchmarkrendite ermittelt. Der Tracking Error lässt keine Qualitätsaussagen über das aktive Management zu, da nicht ersichtlich ist, ob die Abweichungen sich positiv auf die Performance des Vermögens ausgewirkt haben. Der Tracking Error gibt nur darüber Auskunft, ob das Management überhaupt und in welcher Stärke eine aktive Steuerung betreibt. Im Aktienbereich z.B. kann von einem passiven Management gesprochen werden, wenn der Tracking Error kleiner 0,5 Prozent ist. Ein semiaktives Management im Aktienbereich liegt vor, wenn sich der Tracking Error zwischen 0,5 Prozent und 3,5 Prozent bewegt. Von einem aktiven Management im Aktienbereich spricht man, wenn der Tracking Error größer als 3,5 Prozent ist. Im Rentenbereich (Staatsanleihen AAA) z.B. kann von einem passiven Management gesprochen werden, wenn der Tracking Error kleiner 0,2 Prozent ist. Ein semiaktives Management im Rentenbereich liegt vor, wenn der Tracking Error zwischen 0,2 Prozent und 0,4 Prozent pendelt. Von einem aktiven Management im Rentenbereich spricht man, wenn der Tracking Error größer als 0,4 Prozent ist.
126
11.
Management der Anlagerisiken
Sharpe Ratio
Das Sharpe Ratio gehört als zweidimensionale Kennzahl zur Risikomessung zu den Standardkennzahlen. Dabei wird die Überrendite (im Vergleich zur Anlage im Geldmarkt) in Relation zum eingegangenen Risiko dargestellt. Bei der Interpretation des Sharpe Ratio wird sowohl Rendite als auch Risiko berücksichtigt, das heißt, der Trade Off zwischen Rendite und Risiko wird quantifiziert. Dadurch ist es möglich, verschiedene Anlagen miteinander zu vergleichen und in eine Rangfolge zu bringen. Hierbei gilt: Je höher das Sharpe Ratio, desto besser das Investment. Wird das Sharpe Ratio des Portfolios mit dem seiner Benchmark verglichen, sollte das Portfolio überwiegend ein höheres Sharpe Ratio als die Benchmark aufweisen. Dadurch wird sichergestellt, dass der Mehrertrag nicht mit einem überhöhten Risiko erkauft wurde. Problematisch erweist sich die Interpretation des Sharpe Ratios, wenn die Überrendite negativ wird. In diesem Fall sollte auf die Analyse des Sharpe Ratios verzichtet werden.
12.
Information Ratio
Zur Beurteilung der Qualität der eingegangenen Abweichungsrisiken, gemessen über den Tracking Error, eignet sich die Information Ratio. Sie setzt die Differenz zwischen der Rendite des Fonds und der Benchmark (Überrendite) in Relation zum Tracking Error. Eine positive Information Ratio signalisiert somit, dass die eingegangenen Abweichungsrisiken erfolgreich genutzt wurden.
13.
Maximum Drawdown
Eine weitere Kennzahl, das Risiko innerhalb der Vermögensanlage zu beschreiben, ist der Drawdown. Mit dieser Größe wird der maximale Vermögensverlust, mit dem ein Anleger während der Anlagedauer im Worst Case rechnen sollte (bzw. den er in der Vergangenheit bereits erlitten hätte), dargestellt.
Markowitz-Ansatz
127
Der Drawdown gibt den maximalen Wertverlust an, den das Portfolio erlitten hätte, wenn das Portfolio einem definierten Zeitpunkt aufgelegt worden wäre. Außerdem verdeutlicht der Drawdown, mit welchem Kapitalverlust ein Kapitalgeber im schlimmsten Falle rechnen muss. Bei Absolut Return Ansätzen sollte der Drawdown nur ganz geringe Ausmaße annehmen.
14.
Markowitz-Ansatz
Die Arbeiten von Harry Markowitz und William Sharpe haben die Optimierung von Anlageportfolios in einer zweidimensionalen Sicht nach Risiko und Ertrag beschrieben. Dabei wird unterstellt, dass alle betrachteten Assetklassen nicht perfekt miteinander korreliert sind und dadurch das Gesamtrisiko bei der Mischung von Assetklassen nicht additiv ansteigt, sondern sich zumindest teilweise reduziert. Abbildung 4 zeigt den Zusammenhang, wenn man zwei Anlagen mischt.
6,5% 6,0%
100%AnlageB
Ertrag
5,5%
verschiedeneMischungen zwischen AnlageAundB
5,0% 4,5% 4,0%
56%AnlageA 44%AnlageB 100%AnlageA
3,5% 3,0% 8,00%
8,50%
9,00%
9,50%
10,00%
10,50%
11,00%
11,50%
Risiko
Abbildung 4: Risiko-Ertrags-Diagramm Abbildung 4 verdeutlicht, dass sich durch die Mischung der Einzelanlagen das Risiko von zehn Prozent bei Anlage A und elf Prozent bei Anlage B auf ca. 8,4 Prozent reduziert. Wie weit die Reduktion des Risikos möglich ist, hängt von der Höhe der Korrelation ab: Je niedriger die Korrelation, desto niedriger wird das Gesamtrisiko aus der Mischung der Anlagen. Alle Anlagen oberhalb des minimalen Risikopunktes werden als effizient bezeichnet, die Linie dieser effizienten Anlagen entsprechend als Efficient Frontier.
128
15.
Management der Anlagerisiken
MiFiD
Die Markets in Financial Instruments Directive (kurz: MiFiD) ist eine seit 2007 geltende europäische Regelung, die zum Ziel hat, die Anlegerinteressen zu verbessern und die Transparenz der Kapitalmärkte zu erhöhen. Folgende Schwerpunkte sind dabei umgesetzt worden: Best Execution bezeichnet die Verpflichtung für Wertpapierfirmen, die Ausführung von Kaufund Verkaufsaufträgen so auszuwählen, dass für die Kunden das beste Ergebnis hinsichtlich der Kosten, der Ausführungswahrscheinlichkeit und der Schnelligkeit der Ausführung erzielt wird. Gewährt oder empfängt eine Wertpapierfirma Vorteile bei der Vermittlung eines Geschäfts, handelt sie gemäß der Richtlinie dann unredlich, wenn sie diese Vorteile dem Kunden gegenüber nicht offenlegt. Betroffen sind in erster Linie Bestandsprovisionen und RetroProvisionen (sogenannte Kick-backs).
16.
Performancemessung
Die Performancemessung dient dazu, den Anlageerfolg zu ermitteln. Dabei ist zu beachten, dass Zu- und Abflüsse während der Betrachtungsperiode die absolute Performance beeinflussen können. Daher werden mehrere Verfahren zur Bestimmung der Performance unterschieden. Die wertgewichtete Performance ist auch als „Return on Investment“ (ROI) bekannt. Ihr liegt die Berechnung des internen Zinsfußes zugrunde, wobei die erzielten Renditen mit den jeweiligen Kapitalvolumina gewichtet werden. Beim ROI wird der Diskontierungszins ermittelt, bei dem der Barwert aller Einzahlungen dem Barwert der Auszahlungen entspricht. Dabei wird eine Wiederanlage der Erträge zum internen Zins unterstellt. Die sogenannte zeitgewichtete Performance (diese Berechnungsmethode wird auch als BVIMethode bezeichnet) arbeitet mit Anteilswerten und gewährleistet somit, dass tatsächlich aufgetretene Kapitalbewegungen nicht mit in die Performancerechnung einbezogen werden. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Beispiel: Bis zum 30.06.08 steigt der Wert eines Fondsanteils von ursprünglich 120 auf 122 an. Am 01.07.08 kommt es zu einer Kapitalentnahme in Höhe von 6, wobei ein Anteilswert von 116
Spezialfonds
129
verbleibt. Die Kapitalentnahme entspricht (6/122 =) 0,04918 Anteilen. Damit hält der Investor noch (1-0,04918 =) 0,95082 Anteile. Die Performance bei einem Anteilswert von 118,45 am 31.12. kann wie folgt errechnet werden: Performance
17.
§ 118,45 · 1¸ u100 3,81% ¨ © 0,95082 u 120 ¹
Spezialfonds
Der Spezialfonds ist grundsätzlich sehr ähnlich aufgebaut wie der Publikumsfonds. Publikums- und Spezialsondervermögen unterliegen dem Anwendungsbereich des Investmentgesetzes (InvG). Es gelten die gleichen Grundprinzipien, Anlagemöglichkeiten und Anlagegrenzen. Daneben regelt § 91 bis § 95 InvG die Sonderregelungen für Spezialfonds. Anders als bei Publikumsfonds dürfen die Anteile an einem Spezial-Sondervermögen von nicht mehr als 30 Anlegern, die keine natürlichen Personen sind, gehalten werden. Zielgruppe sind institutionelle Investoren wie Versicherungen, Banken, Pensions-, Unterstützungs-, Krankenkassen, Unternehmen, Stiftungen und Verbände. Spezialfonds dürfen weiterhin nur von Kapitalanlagegesellschaften aufgelegt werden. Weitere Abweichungen resultieren aus den engen, in wesentlichen Punkten einzelvertraglich geregelten Beziehungen zwischen Anleger und Kapitalanlagegesellschaft sowie dem kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen den Parteien. Anders als beim Publikumsfonds kann der Anleger bei seinem Spezialfonds direkt auf die Anlagerichtlinien, etwa bei der vertraglichen Ausgestaltung der Fondsbedingungen, Einfluss nehmen und hat ein direktes Mitspracherecht bei der Gestaltung des Anlagerahmens, der Ertragsstruktur und der Ausschüttungspolitik.
18.
Termingeschäftsfähigkeit
Termingeschäfte (z.B. Futures, Optionen oder Optionsscheine) sind nur dann verbindlich, wenn beide Vertragsparteien termingeschäftsfähig sind. Termingeschäftsfähig ist grundsätzlich jeder Kaufmann im Sinne des HGB. Privatpersonen erhalten die Termingeschäftsfähigkeit, wenn sie (von der Bank) schriftlich über die Risiken aufgeklärt worden sind.
130
19.
Management der Anlagerisiken
Total Return-Strategie
Im Gegensatz zu einer Benchmark-Strategie, bei der Performance und Risikovorgabe einer Benchmark erreicht oder übertroffen werden sollten, zielt eine Total Return-Strategie darauf ab, einen absoluten Ertrag zu erzielen, möglichst unabhängig davon, ob die zugrunde liegenden Assetklassen steigen oder fallen. Die Benchmark einer Total Return-Strategie wird meist als absoluter Ertrag gekoppelt an einen Referenzzins festgelegt, z.B. Sechs-Monats-Euribor + 150 Basispunkte. Bei Total Return-Strategien ist es wichtig, dem Manager der Strategie neben der Performanceerwartung auch ein Risikobudget, gemessen durch den Value at Risk, vorzugeben.
Basel II
131
Risikomanagement in Kreditinstituten
1.
Basel II
Basel II versteht sich als internationales Rahmenwerk, welches die Angemessenheit der Kapitalausstattung von Instituten und eine Stabilität des Finanzmarktes durch allgemeingültige Regelungen gewährleisten soll. Es ist in drei Säulen aufgebaut.
Basel II
Säule I
Säule II
Säule III
MindestkapitalAnforderungen
Aufsichtliches Überprüfungsverfahren
MarktDisziplin
Regulatorische Anforderungen für • Kreditrisiko • Operationelles Risiko • Handelsbuch
Eingehende bankaufsichtliche Analyse der spezifischen Risikosituation
Förderung der Marktdisziplin durch erweiterte Offenlegungsanforderungen
• ICAAP • SREP
Abbildung 1: Basel II
2.
Mindestkapitalanforderungen
Die Mindestkapitalanforderungen fordern eine Unterlegung verschiedener Risiken mit haftendem Eigenkapital. Diese Unterlegung soll gewährleisten, dass typische Risiken durch ein Mindestmaß an Eigenkapital aufgefangen werden können und die Solvenz der Kreditinstitute
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_8, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
132
Risikomanagement in Kreditinstituten
hinreichend gewährleistet ist. Zu diesen Risiken gehören insbesondere die Adressenausfallrisiken, operationelle Risiken und Risiken im Handelsbuch. Die Umsetzung dieser internationalen Regelungen erfolgt in Deutschland in der Solvabilitätsverordnung, dem früheren Grundsatz I.
3.
Aufsichtliches Überprüfungsverfahren
Da sich die erste Säule einerseits nur auf ausgewählte Risiken bezieht und quantitativ geprägt ist, werden diese Regelungen in der Säule II, dem aufsichtlichen Überprüfungsverfahren (SRP) durch qualitative Grundsätze ergänzt (Abbildung 2). Wesentliche Bestandteile sind der ICAAP, welcher die Institute auffordert Risiken gegebenenfalls auch über die Mindestkapitalanforderungen mit Risikodeckungsmassen zu unterlegen (Risikotragfähigkeit) und ein angemessenes Risikomanagementsystem einzurichten. Insbesondere sollen auch Risiken sachgerecht berücksichtigt werden, wenn sie durch die Mindestkapitalanforderungen nicht ausreichend abgedeckt werden. Der ICAAP wird durch § 25a Abs. I KWG und die MaRisk in deutsches Recht umgesetzt.
SRP – Supervisory Review Process: Aufsichtliches Überprüfungsverfahren
ICAAP
RAS
SREP
ICAAP - Internal Capital Adequacy Assessment Process: bankinternes Verfahren zur Beurteilung der Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung Æ Konkretisierung durch die MaRisk
RAS – Risk Assessment System: von der Aufsicht implementiertes Risikobeurteilungssystem
SREP - Supervisory Review and Evaluation Process: Evaluierung des bankinternen Prozesses zur Risikoinventur und Kapitaladäquanz sowie des internen Steuerungs- und Überwachungsprozesses durch die Aufsicht
Abbildung 2: Aufsichtliches Überprüfungsverfahren Um die Umsetzung des ICAAP in den Instituten zu beurteilen, bedient sich die Aufsicht eines Risikobeurteilungssystems (RAS), welches eine Ersteinschätzung zur Risikolage in den Instituten liefert und auch die Relevanz des einzelnen Instituts für den deutschen Finanzmarkt berücksichtigt. Entsprechend dieser Einschätzung werden im Rahmen des SREP die aufsichtlichen Prüfungsaktivitäten ausgerichtet.
Offenlegungsanforderungen
4.
133
Offenlegungsanforderungen
Offenlegungsanforderungen sollen im Rahmen der dritten Säule von Basel II die Marktteilnehmer durch eine hohe Transparenz nach außen disziplinieren. Zahlreiche risikorelevante Informationen sind – beispielsweise im Rahmen von Jahresabschlüssen – zu publizieren. Dies ermöglicht Marktteilnehmern und Kunden eine Grundeinschätzung zur wirtschaftlichen Situation und zum Risikomanagement der Kreditinstitute.
5.
§ 25 a Abs. 1 KWG
Der § 25 a Abs. 1 des KWG dient der Umsetzung des ICAAP im Rahmen des aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens in deutsches Recht. Mit seinen Anforderungen nach einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation und einem angemessenen Risikomanagement ist er auch der Anker für die MaRisk im KWG.
6.
Liquiditätsverordnung
Der frühere Grundsatz II erhält seine Legitimation durch den § 11 KWG. Er hilft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bei der Beurteilung, ob die Liquidität eines Instituts ausreichend ist. Zu diesem Zweck wird eine Liquiditätskennzahl berechnet, die grundsätzlich das Verhältnis zwischen Zahlungsmitteln und abrufbaren Zahlungsverpflichtungen angibt. Die Liquidität des Instituts gilt als ausreichend, sofern dessen Liquiditätskennzahl den Wert eins nicht unterschreitet. Aufgrund der Neufassung des KWG und zur Umsetzung der Richtlinien des Europäischen Parlaments wurde der vormalige Grundsatz II ersetzt durch die Verordnung über die Liquidität der Institute (Liquiditätsverordnung).
134
7.
Risikomanagement in Kreditinstituten
GroMiKV
Hierbei handelt es sich um eine durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für Kreditinstitute sowie Finanzdienstleistungsinstitute verbindliche Vorgabe zur Erfassung, Bemessung, Gewichtung und Anzeige von Krediten im Bereich der Groß- und Millionenkreditvorschriften des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG). Grundsätzliche Zielsetzung der Großkreditvorschrift ist die Begrenzung bzw. Überwachung von „Klumpenrisiken“ (Konzentrationsrisiken auf einen Kreditnehmer bzw. eine Kreditnehmereinheit). Generell sollen dadurch Zahlungsschwierigkeiten und eine eventuelle Gefährdung der Einlagen verhindert werden, welche durch den Ausfall großer Kreditengagements bei Instituten verursacht werden können.
8.
MaRisk
Im Dezember 2005 erfolgte die Zusammenführung der Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute (MaH) mit den Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MaK) und den Mindestanforderungen an die Interne Revision (MaIR) zu den Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Kreditinstitute (MaRisk). Diese verpflichten die Kreditinstitute dazu, nicht mehr nur für Handelsgeschäfte, sondern für das gesamte risikorelevante Geschäft ein Risikomanagementsystem und angemessene organisatorische Rahmenbedingungen einzurichten. Grundidee der MaRisk ist eine prinzipienorientierte Regelung. Elementares Grundprinzip ist die Gewährleistung der Risikotragfähigkeit. Diese soll sicherstellen, dass eingegangene Risiken angemessen durch Risikodeckungsmassen unterlegt sind. Um dies zu gewährleisten, beinhalten die MaRisk Regelungen zur Identifikation, Beurteilung, Steuerung, Überwachung und Kommunikation der Risiken sowie ein aussagekräftiges Dokumentationssystem (Risikomanagementprozess). Weiterhin existieren Anforderungen zur Aufbau- und Ablauforganisation und zur Internen Revision. Die MaRisk sind in einer modularen Struktur gehalten (siehe Abbildung 3).
Return on Equity (ROE) und Cost Income Ratio (CIR)
135
Modul AT: Allgemeiner Teil Modul BT: Besonderer Teil BT 1: Besondere Anforderungen an das interne Kontrollsystem Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation
Kreditgeschäft
Handelsgeschäft
Adressenausfallrisiken Besondere Anforderungen an die Risikosteuerungs- und Controllingprozesse
Marktpreisrisiken Liquiditätsrisiken Operationelle Risiken
BT 2: Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung der Internen Revision
Abbildung 3: Struktur der MaRisk Nach allgemeinen Regelungen, welche als Grundprinzipien für das gesamte Risikomanagement gelten, folgen für risikorelevante Teilbereiche der Aufbau- und Ablauforganisation sowie für die Risikosteuerungs- und Controllingprozesse besondere Anforderungen. In diesem Modul sind ebenfalls besondere Anforderungen an die Ausgestaltung der Internen Revision verankert. In Folge der Finanzmarktkrise erfolgte im Jahr 2009 eine Novellierung der MaRisk. Hierbei wird unter anderem die Erfordernis von Stresstests und Szenarioanalysen, welche die Schwächen rein statistischer Verfahren ausgleichen sollen, noch stärker betont. Ebenso wird die Notwendigkeit der angemessenen Berücksichtigung von Konzentrationsrisiken deutlicher herausgestellt.
9.
Return on Equity (ROE) und Cost Income Ratio (CIR)
Auf Gesamtbankebene werden oftmals zentrale Kennzahlen als strategische Zielgrößen fixiert. In der Bankenlandschaft haben sich insbesondere die Eigenkapitalrendite, auch Return on Equity (ROE) genannt, und die Kosten-Ertrags-Relation, die Cost Income Ratio (CIR) etabliert. Vorzug dieser Kennzahlen ist eine zweidimensionale Bewertung des Erfolges. Der ROE zeigt, welche Rendite das verfügbare Eigenkapital verdient und wie wirtschaftlich mit diesen Mitteln umgegangen wurde.
136
Risikomanagement in Kreditinstituten
In der CIR spiegelt sich wider, welcher Aufwand für das Erwirtschaften eines bestimmten Ertrags betrieben werden muss. Eine CIR von 0,60 bedeutet beispielsweise, dass einem Ertrag von 100 Euro ein Aufwand von durchschnittlich 60 Euro gegenübersteht.
10.
Benchmark / aktives und passives Management
Entsprechend der Risikoeinstellung und Renditeanforderungen der Geschäftsleitung wird unter Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit ein Alternativportfolio definiert, dessen Wertentwicklung nachvollzogen (passives Management) bzw. übertroffen werden soll (aktives Management). Die Benchmark ist als Zielgröße der strategischen Asset Allocation Basis für die Steuerung des Portfolios und Messlatte für den Anlageerfolg. Benchmarks werden häufig in der Zinsbuchsteuerung, aber auch für andere Portfolien (z.B. Spezialfonds) oder für die Gesamtbank, eingesetzt. In der Zinsbuchsteuerung dienen oft Rentenindizes (z.B. RexP®) oder gleitende Durchschnitte als Benchmarks.
11.
Wesentliche Risiken / wesentliche Risikofaktoren
Um einem angemessenen Risikomanagement gerecht werden zu können, spielt der Begriff der wesentlichen Risiken eine besondere Rolle. In den MaRisk werden Adressrisiken, Marktpreisrisiken, Liquiditätsrisiken und operationelle Risiken als wesentlich angenommen und mit Anforderungen an die Risikosteuerungs- und Controllingprozesse unterlegt. Grundsätzlich hat jedoch jedes Institut für sich zu beurteilen, welche Risiken als wesentlich anzusehen sind und diesen Risiken in der Ausgestaltung des Risikomanagement-Systems und bei der Entwicklung von Risikostrategien entsprechende Beachtung zu schenken. Zur Beurteilung der Wesentlichkeit von Risiken erstellen die Institute ein Risikoprofil, welches meist im Risikohandbuch verankert wird. Um ein ursachengerechtes Riskomanagement zu ermöglichen, rücken neben den Risiken die auslösenden Risikofaktoren stärker in den Mittelpunkt. Ein Risikofaktor kann auch als Treiber eines Risikos bezeichnet werden. Zu unterscheiden sind hierbei interne und externe Risikofaktoren. Wird beispielsweise das Adressrisiko als wesentliches Risiko bewertet, kommen unter anderem Größenklassenstruktur, Branchenstruktur und dergleichen als interne Risikofaktoren in Frage. Extern können beispielsweise die Konjunkturentwicklung, Beschäftigungsgrad oder Auftragslage relevant sein.
Risikoidentifikation und -bewertung, Risikoprofil
12.
137
Risikoidentifikation und -bewertung, Risikoprofil
Im Rahmen des strategischen Risikomanagementprozesses stellt die Risikoidentifikation und Risikobewertung den ersten Schritt, der oft auch als Risikoinventur bezeichnet wird, dar. Er verfolgt die Zielsetzung, das Risikomanagementsystem möglichst angemessen auf Umfang und Charakter der Risiken zuschneiden zu können. Für die identifizierten Risiken werden bestehende Verlustpotenziale und Eintrittswahrscheinlichkeiten abgeschätzt. Oftmals wird in diesem Zusammenhang auch die Beherrschbarkeit – die Möglichkeit der gezielten Einflussnahme – als Parameter einbezogen. Aktuell zeigt sich der Bedarf, qualitative Aspekte noch stärker in der Risikoinventur zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere das systematische Aufzeigen von UrsacheWirkungs-Zusammenhängen für die vorhandenen Risiken (vgl. wesentliche Risiken / wesentliche Risikofaktoren). Vorteil ist, dass sowohl Risikostrategie als auch Risikomanagementsystem noch zielgerichteter und schlüssiger auf die sehr unterschiedlichen Charaktere verschiedener Risiken abgestellt werden können.
Risikoprofil
Ausgestaltung Risikomanagement
• Quantitativ: wesentliche Risiken im Bezug zur Tragfähigkeit; Eintrittswahrscheinlichkeit und Verlustpotenzial
• Risikostrategie
• Qualitativ: wesentliche Ausprägungen der Risiken; Ursache-WirkungsZusammenhänge
• Risikocontrolling und -Steuerung
• Risikotragfähigkeitsrechnung • Ressourcen
• Aufbau- und Ablauforganisation • Interne Revision
Abbildung 4: Risikoprofil unter Berücksichtigung qualitativer Aspekte Im Ergebnis erlaubt das Risikoprofil dem Institut eine Identifikation der wesentlichen Risiken und liefert Anknüpfungspunkte für notwendige strategische und organisatorische Maßnahmen.
138
13.
Risikomanagement in Kreditinstituten
Risikohandbuch
Vision Umweltanalyse
Unternehmensanalyse
Risikoprofil
Geschäftsstrategie
Risikostrategie
Strategische Optionen Auswahl Strategie
Umsetzung
Kontrolle
Planung / Limite / Budgets Organisationsrichtlinien Prozesse
GesamtbankReporting
Risikohandbuch
Stärken/ Schwächen Chancen/Risiken
RisikoReporting
Abbildung 5: Risikohandbuch und strategisches Management Das Risikohandbuch versteht sich als Dokumentationswerk, das den strategischen sowie aufbau- und auch ablauforganisatorischen Rahmen für das Risikomanagement absteckt. Die konkrete Ausgestaltung dieses Handbuches kann von Institut zu Institut sehr unterschiedlich sein. Möglich ist eine offene Form, welche systematische Einordnung von bestehenden Einzeldokumenten vornimmt oder aber auch ein vollständiges, in sich geschlossenes Werk. Übliche Inhalte sind Aussagen zum Risikoprofil, zur Risikostrategie, zur organisatorischen Umsetzung (Aufbau- und Ablauforganisation, Risikosteuerungs- und Controllingprozesse) und zur Ausgestaltung des Risikoreportings.
14.
Mittelfristige und operative Unternehmensplanung
In der mittelfristigen Unternehmensplanung werden die Erwartungen aus den Geschäftsaktivitäten der kommenden Jahre dargelegt. Der Horizont beträgt dabei etwa zwei bis fünf Jahre. In der Regel werden insbesondere die nächsten ein bis zwei Planjahre recht detailliert geplant und die zu erwartenden Entwicklungen dann weiter in die Zukunft fortgeschrieben.
Prognose
139
strategische Planung (über 5 Jahre hinaus)
mittelfristige Planung (zwischen 2 bis 5 Jahre)
Fibu
operative Planung (1 Jahr)
ex post
ex ante t0
RoE Betriebsergebnis CIR Bewertungserg. Limite/Budgets
Abbildung 6: Strategie und Unternehmensplanung Im Rahmen einer fundierten Planung sollten unter Risikogesichtspunkten auch alternative Entwicklungen als Szenarien in Betracht gezogen werden. Dies ermöglicht dem Management, auch diese Varianten bewusst in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und gegebenenfalls rechtzeitig zu reagieren. Aus der Planung werden für das erste Planjahr auch Limite, Budgets und konkrete unterjährige Zielgrößen (beispielsweise für die Vertriebseinheiten oder das Treasury) abgeleitet. Dieser Vorgang kann als Operationalisierung der Planung bezeichnet werden. Im Vergleich zur Prognose zeichnet sich die Planung durch ein sehr bewusstes Vorwegnehmen der Erfolge aus den beabsichtigten Aktivitäten aus.
15.
Prognose
Die Prognose besitzt im Vergleich zur Planung einen kürzerfristigen Horizont. Sie liefert auf Basis der aktuellen Ist-Situation aus der Finanzbuchhaltung (Fibu) und sich abzeichnenden Trends eine Art „Hochrechnung“ der Entwicklungen bis zum Ultimo des Geschäftsjahres. Im Zusammenspiel kann eine Abweichungsanalyse zwischen der ursprünglichen Planung und der Prognose erfolgen. Somit ist dem Management bei unvorhergesehenen Entwicklungen eine frühzeitige Reaktion möglich.
140
16.
Risikomanagement in Kreditinstituten
Risikotragfähigkeit in Kreditinstituten
Die Risikotragfähigkeit beschreibt, welche potenziellen Deckungsmassen einem Institut zum Abdecken von Risiken zur Verfügung stehen. Im Rahmen dieser Möglichkeiten wird vom Vorstand im Rahmen seiner Risikoneigung festgelegt, welche dieser Deckungsmassen für welche Risikofälle tatsächlich zur Verfügung gestellt werden (Budgetierung). Diese Risikobudgets werden dann in Form von Limiten auf die relevanten Risikoarten verteilt. Unter MaRisk-Gesichtspunkten sollten hierbei in jedem Fall die für das Institut wesentlichen Risiken abgedeckt werden. Eine weitere Unterscheidung kann nach periodischer, barwertiger und regulatorischer Risikotragfähigkeit getroffen werden (siehe Abbildung 7).
Perspektiven
handelsrechtlich Deckungsmasse
• Laufender Ertrag • Eigenkapitalpositionen • Nachrangmittel
betriebswirtschaftlich • Realisierbarer Teil des Unternehmenswertes (veräußerbare Substanz)
regulatorisch • Kernkapital • Ergänzungskapital • Nachrangmittel
Abbildung 7: Risikodeckungsmassen Elementar ist insbesondere die Risikotragfähigkeit in der GuV-Perspektive, da hier sichergestellt wird, dass ein erforderliches Mindestbetriebsergebnis nicht unterschritten wird. In den letzten Jahren hat aber auch die barwertige Risikotragfähigkeitsrechnung zunehmend an Bedeutung gewonnen, da in dieser Betrachtung nicht nur die unmittelbar bevorstehenden Perioden, sondern die gesamte Vermögenssituation der Bank in der Totale im Fokus steht.
Vorsorgereserven
17.
141
Vorsorgereserven
Zur Vorsorge für allgemeine Bankrisiken dürfen Kreditinstitute nach § 340f Handelsgesetzbuch besondere Positionen des Aktivvermögens niedriger bewerten, als dies die üblichen Bewertungsvorschriften verlangen. Die dadurch entstehenden Reserven können einerseits auf das haftende Eigenkapital angerechnet werden und stehen andererseits auch zur Risikodeckung zur Verfügung.
18.
Schwebende Gewinne
Das bei der Bewertung von Bilanzpositionen gebotene Vorsichtsprinzip führt dazu, dass Werte in der Bilanz häufig nicht mit den tatsächlichen Marktwerten übereinstimmen. Während Wertminderungen gegebenenfalls nach dem Niederstwertprinzip zu Abschreibungen führen, ist eine Zuschreibung bei Wertsteigerungen nur bedingt möglich. Die dadurch entstehenden schwebenden Gewinne können zur Risikodeckung verwendet werden.
19.
Nettoergebnis aus Finanzgeschäften
Durch den Kauf und Verkauf von Positionen des Handelsbestands entstehen Gewinne und Verluste, die nur saldiert in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden. Laufende Erträge und Aufwendungen wie Zins- und Dividendenzahlungen aus diesen Positionen werden hingegen dem Zinsergebnis zugerechnet.
142
20.
Risikomanagement in Kreditinstituten
Bewertungsergebnis
Wertberichtigungen und Direktabschreibungen im Kundenkreditgeschäft sowie Kursverluste im Wertpapiergeschäft führen zu Wertminderungen der entsprechenden Positionen. Sofern eine Abschreibung vorzunehmen ist, wird diese in der Position „Bewertungsergebnis“ erfolgswirksam. Werden Zuschreibungen vorgenommen, ist auch ein positives Bewertungsergebnis vorstellbar. Neben Abschreibungen im Wertpapier und Kreditgeschäft fließen auch Veränderungen der Vorsorgereserven in das Bewertungsergebnis ein – Zuführungen als Aufwandsposition (negativ) und Auflösungen als Zufluss (positiv).
21.
Verantwortung der Geschäftsleitung
Die Analyse historischer Unternehmenskrisen hat gezeigt, dass diese erst dadurch möglich wurden, dass wesentliche Anforderungen an einen risikobewussten Geschäftsbetrieb vollkommen außer acht gelassen wurden. Durch ein rechtzeitiges Eingreifen der Entscheidungsträger hätte Schlimmeres häufig verhindert werden können. Zu diesen wesentlichen Anforderungen, die auch durch die MaRisk wieder aufgegriffen werden, zählen im Allgemeinen: Trennung der Bereiche Markt- und Marktfolge (Funktionstrennung), Verantwortung der Geschäftsleitung, unabhängige und leistungsfähige Interne Revision und ein zeitnahes und vollständiges Risikomanagementsystem. Alle Geschäftsleiter sind, unabhängig von der internen Zuständigkeitsregelung, für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und deren Weiterentwicklung verantwortlich. Diese Verantwortung umfasst die Festlegung angemessener Strategien und die Einrichtung angemessener interner Kontrollverfahren und somit die Verantwortung für alle wesentlichen Elemente des Risikomanagements. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müssen die Geschäftsleiter in der Lage sein, den Risikogehalt der Geschäfte zu beurteilen sowie die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zur Begrenzung der Risiken zu treffen.
Funktionstrennung
22.
143
Funktionstrennung
Eine durchgängige organisatorische Funktionstrennung von Geschäftsabschluss, Abwicklung und Risikoüberwachung gehört zu den zentralen Aspekten einer risikobewussten Organisationsgestaltung. Die Trennung dieser Verantwortungsbereiche vermindert die Entstehung von Fehlerquellen insbesondere bei den direkt mit dem Geschäftsabschluss beauftragten Personen. Allgemein ist unter einer funktionalen Trennung eine Verteilung von nicht zu vereinbarenden Aufgaben und Tätigen auf Abteilungen, Stellen und Personen unter Beachtung des Vier-Augen-Prinzips zu verstehen. Eine Funktionstrennung trägt dazu bei, Interessenkonflikte zu reduzieren und dadurch existenzbedrohende Situationen zu vermeiden. Maßgeblicher Grundsatz für die Ausgestaltung der Prozesse im Kreditgeschäft ist die klare aufbauorganisatorische Trennung der Bereiche Markt und Marktfolge. Der Markt ist der Bereich, der Geschäfte initiiert und bei den Kreditentscheidungen über ein Votum verfügt. Der Marktfolgebereich verfügt bei Kreditentscheidungen über ein weiteres vom „Markt“ unabhängiges Votum. Die Prozesse im Handelsgeschäft sind aufbauorganisatorisch von den Funktionen des Risikocontrollings sowie der Abwicklung und Kontrolle zu trennen. Die Funktionen des Marktpreisrisikocontrollings sind auch im Vertretungsfall bis einschließlich der Ebene der Geschäftsleitung von Bereichen zu trennen, die Positionsverantwortung tragen.
23.
Handelsgeschäft
Handelsgeschäfte sind grundsätzlich alle Abschlüsse, die ein Geldmarktgeschäft, Wertpapiergeschäft, Devisengeschäft, Geschäft in handelbaren Forderungen (z.B. Handel in Schuldscheinen), Geschäft in Waren oder Geschäft in Derivaten zur Grundlage haben und die im eigenen Namen und für eigene Rechnung abgeschlossen werden. Maßgeblicher Grundsatz für die Ausgestaltung der Prozesse im Handelsgeschäft ist die klare aufbauorganisatorische Trennung des Bereichs Handel von den Funktionen des Risikocontrollings sowie der Abwicklung und Kontrolle bis einschließlich der Ebene der Geschäftsleitung.
144
24.
Risikomanagement in Kreditinstituten
Assetklasse und Asset Allocation
Asset ist die englische Bezeichnung für Vermögensgegenstand, also einer Positionen auf der Aktivseite der Bilanz. Gleichartige Vermögensgegenstände lassen sich zu Klassen zusammenfassen. Zur Steuerung werden für die wichtigsten Assetklassen „Bücher“ definiert (z.B. Zinsbuch, Aktienbuch, Immobilienbuch). Als Asset Allocation wird eine strategisch möglichst optimale Investition von Kapital bzw. Risikokapital in die einzelnen Assets verstanden. Ein Soll-Portfolio beschreibt die angestrebte Allocation als Benchmark. An dieser werden Maßnahmen ausgerichtet und Erfolge relativ bemessen.
25.
Treasury
Treasury beschreibt eine Tätigkeit (bzw. Stelle), die im Rahmen der Gesamtbanksteuerung das Management der Marktpreis- und Adressrisiken wahrnimmt. Das Ziel ist die Optimierung des Rendite-Risiko-Profils des Kreditinstituts unter Berücksichtigung der Strategien und Limite. Bei der Steuerung des Zinsbuchs eines Kreditinstiutes übernimmt das Treasury die Steuerung der Fristentransformation. Im Rahmen einer passiven Steuerung besteht die Aufgabe, den Cashflow und das Risiko des Zinsbuchs laufend an einer Benchmark auszurichten. Wird ein aktiver Steuerungsansatz verfolgt, besteht zusätzlich die Möglichkeit, gezielt Maßnahmen zu ergreifen, die eine im Vergleich zur Benchmark bessere Entwicklung des Zinsbuchs erwarten lassen. Begrenzt wird der Handlungsspielraum einerseits durch die Risikotragfähigkeit und Ergebnisanforderungen andererseits.
26.
Handelsbuch
Dem Handelsbuch eines Instituts sind alle Finanzinstrumente zuzuordnen, die mit dem Ziel des kurzfristigen Wiederverkaufs erworben wurden oder die gekauft wurden, um von kurz-
Anlagebuch
145
fristigen Schwankungen der Marktpreise zu profitieren (Trading). Für Positionen, die dem Handelsbuch zuzuordnen sind, gelten andere Anforderungen an die Eigenkapitalhinterlegung. Der § 1a Kreditwesengesetz enthält daher detaillierte Regelungen, unter welchen Bedingungen Finanzinstrumente dem Handelsbuch bzw. dem Anlagebuch zuzuordnen sind. Hält das Institut Positionen mit Handelsabsicht, muss es besondere Anforderungen erfüllen. Dazu gehört eine von der Geschäftsleitung genehmigte Handelsstrategie.
27.
Anlagebuch
Das Anlagebuch ist gemäß § 1a Abs. 2 Kreditwesengesetz eine Residualgröße; ihm sind alle Geschäfte und Bestände zuzuordnen, die nicht dem Handelsbuch zuzuordnen sind. Es enthält also Finanzinstrumente, die vom Institut nicht zum Zweck des kurzfristigen Wiederverkaufs erworben wurden. Innerhalb des Anlagebuchs ist zu unterscheiden, ob die Wertpapiere in der Bilanz als Umlaufvermögen oder als Anlagevermögen ausgewiesen werden. Für Wertpapiere des Anlagevermögens müssen bei Bilanzierung nach Handelsgesetzbuch (HGB) außerplanmäßige Abschreibungen nur vorgenommen werden, wenn von einer dauerhaften Wertminderung ausgegangen werden muss. Es gilt das so genannte gemilderte Niederstwertprinzip.
28.
Liquiditätsreserve
Werden Wertpapiere mit dem Ziel der Liquiditätsvorsorge gehalten und besteht dadurch eine relative hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese Wertpapiere in naher Zukunft wieder veräußert werden, sind sie bilanziell dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Im Gegensatz zum Anlagevermögen bestehen hier strengere Bewertungsvorschriften. Es gilt das so genannte strenge Niederstwertprinzip, wonach auch dann auf den geringeren beizulegenden Wert abzuschreiben ist, wenn keine dauerhafte Wertminderung vorliegt.
146
29.
Risikomanagement in Kreditinstituten
Depot A
Das Depot A enthält alle Wertpapiere, die für den Eigenhandel des Kreditinstitutes bestimmt sind. Diese Papiere sind das Eigentum des Kreditinstitutes. Damit haften sie auch für deren Verbindlichkeiten. Das Depot A kann weiter unterteilt werden in Handelsbuch und Anlagebuch. Das Depot B enthält dagegen die Wertpapiere der Kunden. Durch den Abschluss eines Depotvertrags beauftragt der Kunde des Kreditinstitutes mit der Verwahrung der Wertpapiere.
Verantwortung der Geschäftsleitung
147
Risikomanagement in Unternehmen
1.
Verantwortung der Geschäftsleitung
Von der Geschäftsleitung gehen Impulse aus und es laufen Informationen wieder bei ihr zusammen. Sie ist verantwortlich für eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation. Dazu gehören die Festlegung von Strategien und die Einrichtung angemessener interner Kontrollverfahren. Sie trägt somit die Verantwortung für alle wesentlichen Elemente des Risikomanagements. Dieser Verantwortung kann sie nur gerecht werden, wenn sie die Risiken beurteilen kann und die erforderlichen Maßnahmen zu deren Begrenzung trifft. Dazu gehört auch die Einrichtung eines Systems zur Risikofrüherkennung.
Geschäftsleitung
Risikostrategie
Rechnungswesen
Reporting
Strategie Geschäftsstrategie
internes Reporting
Kontrolle
Revision
Risikocontrolling
Risikofrüherkennung
Erfolgscontrolling
Organisation
Personal
Infrastruktur
Vermögen / Kapital
Risikomanagementprozess
Abbildung 1: Verantwortung der Geschäftsleitung In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass sich die Geschäftsleitung über ihre Risikoneigung im Klaren ist.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
148
2.
Risikomanagement in Unternehmen
Compliance
Compliance bedeutet im weitesten Sinne die Einhaltung relevanter Gesetze und Vorschriften. Sie ist damit ein Instrument der Geschäftsleitung, um zu gewährleisten, dass Gesetze und sonstige Vorschriften, Codes und Standards sowie interne Richtlinien von allen Mitarbeitern eingehalten werden. Die Compliance-Funktion unterstützt die Geschäftsleitung dabei, laufend über den aktuellen Stand bezüglich relevanter, geltender und zukünftiger Vorschriften informiert zu sein, sowie die möglichen Auswirkungen von Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen auf das Unternehmen zu evaluieren. Aufgabe der Compliance-Funktion ist darüber hinaus die Schaffung einer Compliance-Kultur im Unternehmen sowie die Schulung der Mitarbeiter. Compliance dient somit auch der Reduzierung des Reputationsrisikos.
3.
Interne Revision
Die Interne Revision ist ein Instrument der Geschäftsleitung, insbesondere zur prozessunabhängigen Überwachung des Risikomanagementsystems. Ihr obliegt es, bestehende Grundsätze und Verfahren laufend auf ihre Adäquanz und Einhaltung zu überprüfen, sowie die Beseitigung festgestellter Mängel zu überwachen.
4.
Corporate Governance
Unter dem Begriff Corporate Governance werden Regeln zusammengefasst, die zwischen den Eigentümern eines Unternehmens (z.B. Aktionär, Gesellschafter) und jenen gelten, die in ihrem Auftrag arbeiten (z.B. Vorstand). Interessenkonflikte zwischen Anteilseignern und Unternehmensleitung sollen verringert werden, eine verantwortungsvolle und auf langfristige Wertschöpfung ausgerichtete Unternehmensführung und Kontrolle soll etabliert werden. Im Dezember 2001 hat eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission einen Vorschlag für einen deutschen Corporate Governance Kodex (DGCK) unterbreitet. Er enthält neben der Darstellung wesentlicher gesetzlicher Vorschriften zur Unternehmensführung und Publizität zahlreiche Empfehlungen und Anregungen zur Leitung und Überwachung börsennotierter
KonTraG
149
Gesellschaften. Es finden sich auch eine Reihe von Regelungen, die sich auf das Risikomanagement beziehen, so beispielsweise: Ziffer 3.4. „Der Vorstand informiert den Aufsichtsrat regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für das Unternehmen relevanten Fragen der Planung, der Geschäftsentwicklung, der Risikolage, des Risikomanagements und der Compliance. Er geht auf Abweichungen des Geschäftsverlaufs von den aufgestellten Plänen und Zielen unter Angabe von Gründen ein.“ Ziffer 4.1.4. „Der Vorstand sorgt für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling im Unternehmen.“ Die Befolgung der Empfehlungen und Anregungen steht den Unternehmen frei. Börsennotierte deutsche Gesellschaften sind allerdings nach § 161 AktG gesetzlich verpflichtet, in einer jährlichen Entsprechenserklärung darzulegen, welche Empfehlungen sie nicht anwenden.
5.
KonTraG
Mit Verabschiedung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) im April 1998 und hier insbesondere der Änderung des § 91 Abs. 2 Aktiengesetzes (AktG) wurde deutlich gemacht, welche allgemeinen Anforderungen der Gesetzgeber an ein Risikomanagementsystem stellt. Die Geschäftsleitung ist demnach verpflichtet, für ein angemessenes Risikomanagement und eine angemessene interne Revision zu sorgen. Dies verlangt von der Geschäftsleitung die Auseinandersetzung mit den Risiken des Geschäftsbetriebs. Im Sinne eines umfassenden Risikomanagements gehören dazu die Identifizierung, Beurteilung, Bewertung, Steuerung und Kontrolle der Risiken. Ein Frühwarnsystem muss so eingerichtet sein, dass den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen zu einem Zeitpunkt erkannt werden, in dem noch geeignete Maßnahmen zur Sicherung ergriffen werden können. Beim KonTraG handelt es sich nicht um ein eigenständiges Gesetz, sondern um die Änderung anderer Gesetze, insbesondere des Aktiengesetzes und des Handelsgesetzbuches (HGB).
150
6.
Risikomanagement in Unternehmen
Risikofrüherkennung
Ein Risikofrüherkennungssystem wird vom Gesetzgeber gefordert und hat sicherzustellen, dass diejenigen Risiken und deren Veränderungen erfasst werden, die die Einhaltung der Strategie gefährden können. Hierzu gehört auch die Einschätzung, ob Einzelrisiken, die isoliert betrachtet von nachrangiger Bedeutung sind, in ihrem Zusammenwirken oder durch Kumulation im Zeitablauf zu einem wesentlichen Risiko führen können. Ein Frühwarnsystem muss in der Lage sein, Risiken so frühzeitig zu erkennen, dass noch genug Zeit für die Vorbereitung und Umsetzung von Gegenmaßnahmen bleibt, um eine Krisensituation abzuwenden. Berichtswege und Kompetenzstufen sind hierbei zu berücksichtigen.
7.
Treasurymanagement
Die Aufgabe eines professionellen Treasurymanagements besteht in einem umfassenden und integrierten Aktiv-Passiv-Management für die gesamte Bilanz. Hierzu gehören alle Aspekte des Liquiditäts-, Zins-, Rohstoff, Aktien- und Währungsmanagements und darüber hinaus auch ein umfassendes Kapitalstrukturmanagement. Das Treasurymanagement beinhaltet also das Management finanzwirtschaftlicher Risiken und hat darüber hinaus auch eine Optimierung des Chance-Risiko-Verhältnisses zum Ziel. Entscheidend für die wirksame Gestaltung eines Treasurymanagements ist die Frage, wann Risiken im Unternehmen erfasst werden. Geschieht dies erst bei Rechnungsstellung, greift dies zu kurz. Finanzwirtschaftlichen Risiken ist ein Unternehmen bereits bei Auftragserteilung (bzw. schon in der Planungsphase) ausgesetzt. Beispielsweise dürfte in vielen Unternehmen bereits im Vorfeld bekannt sein, wie groß in etwa der monatliche Treibstoffbedarf zur Unterhaltung des Fuhrparks sein wird. Die Absicherung vor steigenden Benzinpreisen ist daher schon sehr frühzeitig möglich. Wird jedoch das Risiko erst mit Rechnungserstellung sichtbar, ist keine Absicherung mehr möglich. Beim Treasurymanagement handelt es sich um einen permanenten Prozess der Analyse und Anpassung des Portfolios an Markterwartung bzw. Benchmark unter Berücksichtigung der Risiken und der Risikotragfähigkeit.
Treasuryrichtlinie
8.
151
Treasuryrichtlinie
Eine schriftliche Dokumentation der Strategien, Verantwortlichkeiten und Rahmenbedingungen des Risikomanagements ist Ausdruck der Erwartungen und der Risikoneigung der Geschäftsleitung und gibt den Mitarbeitern den Rahmen vor, in dem sie sich bewegen können. Richtlinien unterstützen die Zielerreichung und reduzieren operationelle Risiken. Eine Richtlinie des Risikomanagements ist immer Ausdruck der individuellen internen und externen Rahmenbedingungen, der Risikotragfähigkeit und des Umfangs und des Risikogehalts der (geplanten) Geschäftsaktivitäten. Beispielhaft könnte eine einfache Treasuryrichtlinie folgendermaßen strukturiert werden. 1.
Geschäfts- und Risikostrategie
2.
Ziele und Aufgaben des Treasury
3.
Risikomanagement
3.1
Risikoidentifikation und -bewertung
3.2
Liquiditätsrisiken
3.2.1
Risikomessung
3.2.2
Risikosteuerung
3.3.
Marktpreisrisiken (Zinsen, Währungen, Rohstoffe)
3.3.1
Risikomessung
3.3.2
Risikosteuerung
4.
Risikoberichterstattung
5.
Neue Produkte und Märkte
6.
Qualifikation und Verhalten der Mitarbeiter
7.
Aufbau- und Ablauforganisation, Kompetenzen, Verantwortlichkeiten
8.
Limitsystem
9.
Produktkatalog
152
9.
Risikomanagement in Unternehmen
Grundgeschäft
Der Einsatz von Derivaten kann losgelöst oder gekoppelt an ein Grundgeschäft erfolgen. Ein Grundgeschäft kann z.B. eine variable Finanzierung oder ein geplanter Rohstoffeinkauf sein. Derivate können dazu eingesetzt werden, das Grundgeschäft gegen Preisänderungsrisiken zu immunisieren. Wird ein einzelnes Grundgeschäft abgesichert, bezeichnet man dies als Micro Hedge, werden dagegen ein oder mehrere Grundgeschäfte oder ein ganzes Portfolio abgesichert, ist dies ein Macro Hedge. Der Einsatz von Derivaten ohne zurechenbares Grundgeschäft ist spekulativ, da eine Sicherungsbeziehung nicht hergestellt werden kann.
10.
Funktionstrennung
Eine durchgängige organisatorische Funktionstrennung von Geschäftsabschluss, Abwicklung und Risikoüberwachung gehört zu den zentralen Aspekten einer risikobewussten Organisationsgestaltung. Die Trennung dieser Verantwortungsbereiche vermindert die Entstehung von Fehlerquellen, insbesondere bei den direkt mit dem Geschäftsabschluss beauftragten Personen. Allgemein ist unter einer funktionalen Trennung eine Verteilung von nicht zu vereinbarenden Aufgaben und Tätigkeiten auf Abteilungen, Stellen und Personen unter Beachtung des Vier-Augen-Prinzips zu verstehen. Eine Funktionstrennung trägt dazu bei, Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Prozesse im Handelsgeschäft sind aufbauorganisatorisch von den Funktionen des Risikocontrollings sowie der Abwicklung und Kontrolle zu trennen. Die Funktionen des Marktpreisrisikocontrollings sind auch im Vertretungsfall von Bereichen zu trennen, die Positionsverantwortung tragen.
11.
Händlerzettel
Die Daten aller Finanztransaktionen sind unmittelbar nach Geschäftsabschluss zu erfassen und der Kontrolle durch eine nicht am Geschäftsabschluss beteiligte Abteilung zuzuführen. Dieser Händlerzettel sollte mindestens die folgenden Daten beinhalten:
Händlerzettel
fortlaufende Nummer, Datum, Uhrzeit, genaue Bezeichnung, Art, Betrag und Währung, Kontrahent, Gebühren, Prämien, Zinssätze, Preise, Laufzeitbeginn und -ende, Wertstellung, Abrechnungsmodalitäten.
153
Zins- und Schuldenmanagement
155
Risikomanagement in Kommunen und Stadtwerken
1.
Zins- und Schuldenmanagement
Das Zinsmanagement ist ein Teilbereich des Zins- und Schuldenmanagements. Es hat unter anderem die Aufgabe, die Zinsbelastung aus dem Schuldenbestand der Kommune zu steuern. Durch ein aktives Zinsmanagement soll der Zinsaufwand planbar gemacht bzw. reduziert werden und unabhängig von der Beschaffung der Liquidität erfolgen. Dazu gehört, das Zinsänderungsrisiko bei allen Entscheidungen im Blick zu haben und stets zu analysieren, welche Chancen und Risiken damit verbunden sind. Deshalb sind Maßnahmen zur Begrenzung der Risiken und zur Nutzung der Chancen zu ergreifen. Solche Maßnahmen können beispielsweise der Einsatz von Derivaten oder die Anpassung der Laufzeitstruktur des Schuldenportfolios sein. Aufgabe des Schuldenmanagements ist die Steuerung des Schuldenportfolios. Dies umfasst auch das Liquiditätsmanagement sowie die Messung und Steuerung der weiteren Risiken. Es beschäftigt sich mit der Frage, wie die Kreditaufnahme sowie die Verwaltung und Anpassung des Schuldenbestands einschließlich der Tilgung effizient zu organisieren ist. Beim Zins- und Schuldenmanagement handelt es sich um einen permanenten Anpassungsprozess des Schuldenportfolios an die Markt- und Zinserwartung unter Berücksichtigung der Risiken und der Risikotragfähigkeit.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_10, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
156
2.
Risikomanagement in Kommunen und Stadtwerken
Anforderungen an das Risikomanagement mit Derivaten
Damit das Zins- und Schuldenmanagement zu den gewünschten Ergebnissen führt und böse Überraschungen vermieden werden, ist auch in Kommunen ein systematischer Risikomanagementprozess zu etablieren. Dazu ein Auszug aus dem Krediterlass des Landes Niedersachsen: „Soweit Finanzderivate eingesetzt werden, setzt dies einschlägige, in der Regel durch Schulung bzw. Qualifizierung erworbene Kenntnisse bei den mit diesen Aufgaben betrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern voraus. Es ist ein adäquates Finanz- und Schuldenmanagement aufzubauen, welches Informationen über die aufgenommenen Kredite mit den Fälligkeitsterminen der Zins- und Tilgungsleistungen sowie eine Zeittafel der Zinsanpassungstermine, eine Analyse des Zinsänderungsrisikos bzw. der Auswirkungen einer zu erwartenden Zinsänderung auf bestehende Finanzpositionen der Kommune (Kredite und Geldanlagen) sowie eine Übersicht über die Entwicklung der für die kommunalen Finanzpositionen entscheidenden Zinsen (z.B. EURIBOR, LIBOR) enthält. Des Weiteren ist ein Kontroll- und Berichtssystem festzulegen, welches den spekulativen Einsatz von Derivaten verhindert und umfassende interne Dokumentationspflichten vorsieht. Inhalte, Organisation und Verfahren sind in geeigneter Form verbindlich zu regeln.“ In einer internen Richtlinie für den Einsatz von Derivaten im Zins- und Schuldenmanagement einer Kommune sollten mindestens die folgenden Rahmenbedingungen fixiert werden: Art, Umfang, rechtliche Gestaltung und Dokumentation der Derivategeschäfte, Festlegung der einzusetzenden Produkte und deren Ergebnis-Risiko-Profil im Zusammenhang mit der Kreditaufnahme, Kontrahentenkreis, mit dem gehandelt werden darf, Festlegung des Kontrahentenlimits, Verwendung von Rahmenverträgen, internes Kontroll- und Überwachungssystem zur Messung, Analyse und Überwachung der Zinsänderungs- und Kreditrisiken, Höhe der zulässigen Limite für Zinsänderungs- und Kreditrisiken, Verfahren, wie bei Limitüberschreitungen und extremen Marktsituationen zu reagieren ist, Verfahren zur Prognose und Steuerung von Ergebnissen und Risiken, Funktionen und Verantwortung der einzelnen Mitarbeiter und Abteilungen, personelle und technische Ausstattung, Verfahren der Erfolgskontrolle, internes Berichtswesen und Vertraulichkeit bei Geschäftsabschlüssen.
Derivaterlass
3.
157
Derivaterlass
Als Derivaterlass werden landesrechtliche Regelungen bezeichnet, die den gesetzlichen Handlungsrahmen für den Einsatz derivativer Finanzinstrumente im Rahmen des Zins- und Schuldenmanagements konkretisieren. Auch wenn nicht in allen Bundesländern solche Regelungen getroffen wurden, erleichtert die Kenntnis der Derivaterlasse den Umgang mit diesen Produkten und die Schaffung entsprechender organisatorischer Voraussetzungen. Neben allgemeinen Definitionen und einer haushaltsrechtlichen Einordnung von Zinsderivaten enthalten die Derivaterlässe in der Regel Anforderungen an die Organisation, die Dokumentation, das Berichtswesen und das Risikomanagement. Sie sind damit bestens als Grundlage für die Formulierung eigener Rahmenbedingungen für das Zins- und Risikomanagement mit Derivaten geeignet. Da die Derivaterlasse der Bundesländer nur im erlassenden Land gültig sind, entfalten sie keine bundesweite Wirkung. Diese Heterogenität nahm die Arbeitsgruppe „Finanzmanagement/Treasury“ des Deutschen Städtetags zum Anlass, eine „Muster-Dienstanweisung für den Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten im kommunalen Zins- und Schuldenmanagement“ zu veröffentlichen, die die in allen Derivaterlassen enthaltenen Gemeinsamkeiten zusammenführt. Diese regelt zum Beispiel Anforderungen an die Aufbau- und Ablauforganisation, personelle und technische Anforderungen, Grundsätze der Angebotseinholung, Anforderungen an das Risikomanagement und die Risikosteuerung. Die Musterdienstanweisung soll den Kommunen als Grundlage für die Entwicklung einer eigenen, die jeweilige Rechtslage berücksichtigende, Dienstanweisung dienen.
4.
Konnexität
Finanzderivate dürfen in der Regel nur zur Zinsabsicherung und nur im Rahmen des abgeschlossenen Kreditgeschäfts genutzt werden. In Verbindung mit dem Zins- und Risikomanagement bei Kommunen besagt das Konnexitätsprinzip, dass zwischen dem Derivategeschäft und einem Grundgeschäft (Kredit oder Kreditportfolio) ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Zinsbezogene Derivate für erst künftig geplante, noch nicht abgeschlossene Kreditgeschäfte ohne Kreditermächtigung kommen danach nicht in Betracht. Beispielsweise kann Konnexität dadurch gewährleistet werden, dass Betrag und Laufzeit der Derivate die des Kredits bzw. Portfolios nicht überschreiten und die Laufzeit der Derivate auch nicht vor der des Grundgeschäfts beginnt.
158
5.
Risikomanagement in Kommunen und Stadtwerken
Spekulationsverbot
Derivate können zur Zinssicherung, Zinsoptimierung und zur Spekulation eingesetzt werden. Der spekulative Einsatz ist für alle Kommunen verboten. Ob es sich um eine Optimierung oder bereits um Spekulation handelt, ist nicht immer einfach zu unterscheiden und sollte im Einzelfall genau untersucht werden. Allgemein ausgedrückt ist Spekulation die auf Gewinnerzielung ausgelegte kurzfristige Ausnutzung von Preis- und Wertunterschieden. Dementsprechend sind Geschäfte mit Derivaten, die unabhängig vom Kreditgeschäft oder zur Erwirtschaftung separater Gewinne dienen sollen, unzulässig. Ein spekulatives Derivategeschäft ist zum Beispiel anzunehmen, wenn: dem Derivat kein Grundgeschäft zugeordnet werden kann, wenn ein Finanzderivat ohne Definition oder ohne Begrenzung auf einen maximalen Verlust abgeschlossen oder gehalten wird, nur unzureichende Informationen über Wirkungsweise sowie Chancen und Risiken des Finanzgeschäfts vorhanden sind, Derivate für die Vermögensverwaltung eingesetzt werden, in einer sonstigen Weise Derivate zur spekulativen Gewinnerzielung eingesetzt werden oder vom Grundsatz der Konnexität abweichen. Wird ein spekulatives Geschäft vorgenommen oder wird ein zulässiges Geschäft nachträglich spekulativ, ist es aufzulösen.
6.
Wirtschaftlichkeit
Die Gemeindeordnungen der Länder verpflichten Kommunen zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung. Vor dem Einsatz derivativer Finanzinstrumente ist daher abzuwägen, ob der damit verbundene Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum erwarteten Nutzen steht. Einzelgeschäfte und damit auch das gesamte Schuldenportfolio sollten also bereits eine gewisse Größe erreicht haben. Es kann jedoch festgestellt werden, dass mit zunehmender Verbreitung von Derivaten auch eine Reduzierung der handelbaren Größen einhergeht.
Produkteinführungsprozess
159
Ob der Einsatz von Finanzderivaten tatsächlich wirtschaftlich war, ist vielfach erst in einer Ex post-Analyse feststellbar. Hierbei ist zu untersuchen, in welchem Maß die beabsichtigten Ziele erreicht wurden. Neben einer reinen Ergebnisbetrachtung (Reduzierung der Ausgaben) sollte auch die Risikokomponente (Stabilisierung der Ausgaben) in die Beurteilung einfließen.
7.
Produkteinführungsprozess
Wird der Einsatz von Derivaten für erforderlich oder zweckmäßig gehalten, ist es sinnvoll, der zuständigen Stelle (z.B. Kämmerer, Bürgermeister, Parlament) einen Handlungsvorschlag mit folgendem Inhalt vorzulegen: Aktuelle Übersicht des betroffenen Schuldenportfolios und der in ihm enthaltenen Kredite und Derivate. Die genaue Identifizierung der zu sichernden bzw. zu optimierenden Kredite, verbunden mit einer Begründung, zu welchem Zweck das empfohlene Derivat abgeschlossen werden soll. Aussage über die Einhaltung bestehender Limite. Aktuelle Einschätzung der Finanzmärkte, insbesondere die Entwicklung der Zinsmärkte, soweit möglich verbunden mit Zinsszenarien und ihre jeweiligen Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt. Beschreibung von Art, Laufzeit, Volumen und weiteren Modalitäten des einzusetzenden Derivats, insbesondere der mit seinem Einsatz verbundenen Risiken. Indikativer Rahmen für die Kosten und die Finanzierung des Derivats, soweit erforderlich und möglich über die erkennbare Wirtschaftlichkeit seines Einsatzes im Schuldenportfolio.
8.
Haushaltsgrundsätzegesetz
Für Gesellschaften mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung gilt § 53 Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz, HGrG). Zum Schutz des öffentlichen Interesses wird den Kommunen ermöglicht, eine tief greifende
160
Risikomanagement in Kommunen und Stadtwerken
Einsicht in die Geschäftstätigkeit von privatwirtschaftlichen Unternehmen zu nehmen, an denen sie mehrheitlich oder zumindest wesentlich beteiligt sind (z.B. Stadtwerke). Sie haben das Recht, den Abschlussprüfer damit zu beauftragen, im Rahmen der Abschlussprüfung die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und die wirtschaftlichen Verhältnisse zu prüfen. Konkretisiert wird dieses Recht durch den im Prüfungsstandard IDW PS 720 des Instituts der Wirtschaftsprüfer enthaltenen Fragenkatalog. Dieser, aus 16 Fragenkreisen bestehende Fragenkatalog, gibt bereits wichtige Hinweise, wie Prozesse und Organisationsstrukturen zu gestalten sind und was ein Risikomanagement- und Reportsystem leisten muss.
9.
Referenzprodukte des Ölpreismanagements
Die hohe Volatilität an den Rohstoffmärkten in Verbindung mit einer steigenden Energiebeschaffung der kommunalen Energieversorger an den Spotmärkten führt zu steigendem Interesse an Absicherungsprodukten. Abbildung 1 zeigt für die Rohstoffe Diesel und Heizöl typische Referenzprodukte und deren Ausstattungsmerkmale. Die Preisentwicklung dieser Produkte dient häufig als Referenz für Derivate (z.B. Swaps, Optionen). Die Verwendung von Referenzpreisen (Proxy Hedge) ist notwendig, da für Tankstellendiesel und Heizöl kein liquider Terminmarkt vorhanden ist. Es ist zu beachten, dass dadurch jedoch ein Basisrisiko entsteht.
Rheinschiene
161
Abzusicherndes Produkt
Diesel
schweres Heizöl (HSL), an den Preis von schwerem Heizöl gekoppelter Gaspreis
leichtes Heizöl (HEL), an den Preis von leichtem Heizöl gekoppelter Gaspreis
Fuel Oil
ICE Gasoil
PLATTS
Intercontinental Exchange (ICE;
ULSD Referenzprodukt
(Ultra Light Sulfur Diesel; Dieselkraftstoff mit sehr geringem Schwefelgehalt)
Preisquelle
(Handelsplattform und Datenabieter)
PLATTS
Terminbörse)
Weitere Spezifikationen zur genauen Bestimmung des Referenzpreises, sofern erforderlich Preisbasis
Je nach Vereinbarung ein bestimmter Kalendertag oder monatlicher Durchschnitt aus den Tagespreisen (MASP; Monthly Average Settlement Price)
Schwefelanteil Bezahlung der Frachtkosten und Gefahrenübergang
10 ppm (parts per million)
FOB (Free on Board)
1 Prozent
FOB
Barges Schiffsgröße
Bestimmungshafen
(kleines bis mittelgroßes Schiff)
RDM (Rotterdam)
Barges
Basis ist der von der ICE veröffentlichte Tagespreis des nächstfälligen Kontrakts.
RDM
Frachtkosten, Schiffsgröße und Bestimmungshafen beeinflussen nicht die physischen Eigenschaften des Produkts, können aber einen Einfluss auf den Preis haben.
Abbildung 1: Referenzprodukte und Spezifikationen
10.
Rheinschiene
Beim Bezug von Erdgas in der kommunalen Energieversorgung wird der zu entrichtende Gaspreis häufig über eine im Gasvertrag festgelegte, individuelle Gaspreisformel an den Preis bestimmter Ölprodukte gekoppelt. Als Referenz für den Ölpreis werden in Deutschland vielfach die monatlich vom Statistischen Bundesamt in Fachserie 17, Reihe 2 veröffentlichten Durchschnittspreise für extra leichtes Heizöl (HEL) und schweres Heizöl (HSL) veröffentlicht. Dabei ist der Preis für Verbraucher in Düsseldorf, Frankfurt am Main und Mannheim/Ludwigshafen bei Tankkraftwagen-Lieferung, 40 bis 50 hl pro Auftrag, einschließlich Mineralölsteuer und Abgabe für Erdölbevorratung (EBV) heranzuziehen.
162
11.
Risikomanagement in Kommunen und Stadtwerken
Preisgleitklausel
Mittels sogenannter Preisgleitklauseln erfolgt die zeitverzögerte und geglättete Anpassung des Arbeitspreises für Erdgas (in Cent/kWh) an den Ölpreis. Preisgleitklauseln kommen sowohl zwischen Gasversorgern und Stadtwerken als auch zwischen Stadtwerken und Verbrauchern zum Einsatz.
Apr08 Mai08 Jun08 Jul08 Aug08 Sep08 Okt08 Nov08 Dez08 Jan09 Feb09 Mär09 Pricing Zeitraum
Verzögerung
Lieferzeitraum
Abbildung 2: Preisgleitklausel 6-3-3 Im Beispiel in Abbildung 2 wird der Bezugspreis des Erdgases für die drei Monate Januar, Februar und März beeinflusst vom durchschnittlichen Ölpreis der Monate April bis September. Entsprechend der Dauer der jeweiligen Zeiträume (Pricing, Verzögerung, Lieferung) bezeichnet man solch eine Vereinbarung auch als Preisgleitklausel 6-3-3. Bei der Ausgestaltung der Preisgleitklauseln sind auch andere Zeiträume für Pricing, Verzögerung und Lieferung üblich (z.B. 6-1-3 oder 3-1-3). Je länger Pricing-Zeitraum und Verzögerungsphase sind, desto träger erfolgt die Anpassung der Gasbezugspreise an Marktveränderungen.
Abgeltungsteuer
163
Risikomanagement bei Privatanlegern
1.
Abgeltungsteuer
Dem Beispiel mehrerer anderer europäischer Staaten folgend, wurde auch in Deutschland ab dem Jahr 2009 eine Abgeltungsteuer auf private Kapitalerträge eingeführt. Diese Steuer zeichnet sich dadurch aus, dass bereits bei der Gutschrift der Kapitalerträge, in der Regel durch das auszahlende inländische Kreditinstitut, die (endgültige) Steuer erhoben wird, sodass die Einkommensteuer durch den Steuerabzug abgegolten ist. Im Idealfall entfällt die Angabe der Kapitalerträge in der persönlichen Steuererklärung des Anlegers. Insoweit liegt ein wesentlicher Unterschied zum Zinsabschlag vor, der lediglich eine Vorauszahlung auf die im Rahmen der Veranlagung zu erhebende Einkommensteuer darstellt. Mit der Einführung der Abgeltungsteuer ist zugleich eine grundlegende Neuordnung (und Vereinfachung) der als Kapitalertrag zu erfassenden Erträge verbunden: Neben den Früchten aus der Vermögensanlage (Zinsen, Dividenden, Ausschüttungen usw.) zählen künftig generell auch die Wertveränderungen aus der Kapitalanlage (z.B. Kurssteigerungen aus Wertpapieren einschließlich der aus Aktien und Zertifikaten) zu den Kapitalerträgen. Ebenso gehören dazu vereinnahmte Stillhalterprämien sowie der Bar- oder Differenzausgleich aus Termingeschäften (wie Futures, Forwards, Optionen, Swaps). Die Unterscheidung der Besteuerung nach Kapitalerträgen im klassischen Sinne (wie Zinsen, Dividenden, Ausschüttungen, § 20 EStG) und privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG) wird damit seit 2009 aufgehoben. Es erfolgt seit 2009 eine einheitliche Versteuerung der Erträge aus Kapitalerträgen mit einem Abgeltungssatz von 25 Prozent (zuzüglich 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag auf den Steuerabzug, gegebenenfalls zuzüglich Kirchensteuer). Der individuelle Werbungskostenabzug (z.B. für Depotpreise, Entgelte für Vermögensverwaltung, Schuldzinsen) fällt weg. Schlimmer jedoch ist der Wegfall der privaten Veräußerungsfrist von einem Jahr für nach dem 31.12.2008 erworbene Kapitalanlagen, einschließlich Termingeschäfte. Das bedeutet: Alle Erträge, die über dem SparerPauschbetrag von 801 Euro bzw. 1.602 Euro (Stand 2008) bei zusammen veranlagten Ehegatten liegen, sind der Besteuerung unterworfen.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_11, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
164
2.
Risikomanagement bei Privatanlegern
Altersvorsorge
Die staatliche Grundversorgung wird in Zukunft in den meisten Fällen nicht mehr ausreichen. Deshalb muss neben die staatliche und betriebliche Rente zunehmend die private Vorsorge treten. Die Planung der privaten Altersvorsorge verläuft in drei Schritten: Am Anfang steht die nüchterne Bestandsaufnahme. Worauf kann der Anleger zu Beginn seiner Rente bauen, und welche Ausgaben erwarten ihn im Alter? In einem zweiten Schritt wird die Versorgungslücke ermittelt. In den meisten Fällen wird sich eine mehr oder weniger große Unterdeckung ergeben, das heißt, die monatlichen Einkünfte reichen nicht aus, den persönlichen Lebensstandard und eventuell noch anfallende Belastungen aus Verbindlichkeiten zu decken. In einem dritten Schritt erfolgt eine Ausarbeitung der Umsetzungsmöglichkeiten. Diese beinhaltet die Auswahl verschiedener Kapitalanlagemöglichkeiten.
3.
Anlagegrundsätze
Anlagegrundsätze sind nützliche Daumenregeln und Hinweise für die persönliche Finanzanlage. Im Folgenden werden einige aufgeführt: Risiko und Rendite: Risiko und Rendite sind untrennbar miteinander verknüpft. Es gibt keine hohen Renditen ohne hohe Risiken und keine Sicherheit ohne entsprechend niedrige Rendite. Eine Faustregel besagt, dass man im Durchschnitt mindestens zehn Prozent des Nettoeinkommens fürs Alter zurücklegen soll. Der Anteil an sicheren Anlageformen sollte in etwa dem Alter des Anlegers entsprechen; ein 20-jähriger würde demnach also 20 Prozent in Anleihen und 80 Prozent in Aktien bzw. risikoreicheren Investments investieren. Eine etwas konservativere Variante lautet 80 Prozent minus Lebensalter. Die finanzielle Notreserve sollte mindestens so groß sein, dass die laufenden Ausgaben für drei bis sechs Monate durchaus gedeckt werden können. Dann ist der Anleger in der Regel gut gerüstet für alle Unwägbarkeiten des Lebens. Lege niemals alle Eier in einen Korb: Diversifikation ist das vermutlich wichtigste Instrument zur Senkung von Rendite- und Wertschwankungen bei Wertpapieranlagen überhaupt. Wichtig ist folglich eine Verteilung des Vermögens in Titel oder Anlageformen, deren Kursschwankungen sich möglichst gegensätzlich oder neutral zueinander verhalten.
Asset Allocation
4.
165
Asset Allocation
Das Wort Allocation stammt vom lateinischen „allocare“ (platzieren). In der Finanzwelt ist damit die Aufteilung eines Vermögens auf verschiedene Anlageklassen (z.B. Aktien, Renten, Immobilien) gemeint. Auch die Aufteilung in Sub-Assetklassen z.B. bei Aktien auf unterschiedliche Branchen, Länder oder Wertpapiertypen fällt unter den Begriff Asset Allocation. Auf diese Weise wird versucht, das Verhältnis von Gewinnchancen und Verlustrisiken zu optimieren. Auf die Einzelrisiken verschiedener Anlagen hat ein Privatanleger keinen Einfluss. So verbleibt nur der Weg, das mit mehreren Anlagen verbundene Gesamtrisiko durch geschickte Kombination der einzelnen Assetklassen zu verringern. Dazu sollten die einzelnen Anlagen möglichst verschieden sein. So gleichen sich gegenläufige Ausschläge in der Wertentwicklung aus und der Verlauf der Wertentwicklung des Portfolios ist im Vergleich zu den Einzelanlagen geglättet. Im Resultat hat damit das Anlageportfolio ein geringeres Risiko als die Summe der Risiken der Einzelanlagen. Das Auffinden von optimalen Portfolios geschieht auf der Basis der Modernen Portfoliotheorie, die Markowitz bereits Ende der Fünfzigerjahre entwickelte. Nach dieser Theorie sollte jeder Anleger nur in effizienten Portfolios anlegen. Ein Portfolio gilt dann als effizient, wenn sich kein anderes Portfolio finden lässt, das bei gleichem Ertrag ein geringeres Risiko aufweist oder bei gleichem Risiko einen höheren Ertrag erwarten lässt. Mit anderen Worten lässt sich bei gegebenem Ertrag das Risiko noch weiter verringern, oder bei gegebenem Risiko sind die Ertragsmöglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft.
5.
Cost-Average-Effekt (Durchschnittskosteneffekt)
Verteilung einer Investition in eine Anlage über einen längeren Zeitraum. In diesem Fall werden bei fallenden Kursen mehr Anteile und bei steigenden Kursen weniger Anteile erworben, so dass die Anteile zu einem Durchschnittspreis erworben werden, der zwar über dem günstigsten Preis der Betrachtungsperiode, aber auch unter dem ungünstigsten Preis liegt.
166
6.
Risikomanagement bei Privatanlegern
Crash
Wirtschaftlicher Absturz oder Zusammenbruch. Der Begriff kommt ursprünglich aus der Börsensprache im Sinne eines unerwarteten Kursverfalls der Börsenwerte, der beispielsweise beim Platzen einer Spekulationsblase auftritt. Der „Herdentrieb“ der Investoren, der diese Blase aufbaut und platzen lässt wird meist durch die Medien gesteuert. In Zusammenhang mit der Konjunktur wird das Wort „Crash“ oft mit dem Ausdruck „Depression“ gleichgesetzt. Beide bezeichnen dann einen tieferen volkswirtschaftlichen Zusammenbruch als die bei üblichen Konjunkturwellen auftretenden Rezessionen, der mit hoher Arbeitslosigkeit, zurückgehendem Volkseinkommen, sozialen Verwerfungen und häufig auch mit Erschütterungen der Währungsordnung (ganzer oder teilweiser Währungsreform) einhergeht. Wenn auch die meisten Crashs mit einem Börsencrash beginnen und sich zuerst im monetären Bereich abspielen, besteht doch Einigkeit in der Literatur darüber, dass ein echter Crash nicht nur den monetären Sektor betrifft, sondern ebenso den güterwirtschaftlichen. Er wirkt sich inzwischen wegen der Globalisierung weltweit als Gesamtabsturz von Börsen, Währungen, Nachfrage, Produktion, Kapazitäten, Investitionen und Wohlstand aus. Er geht sogar meist über die wirtschaftlichen Bereiche hinaus und reißt auch die gesellschaftliche, soziale, politische Ordnung mit sich in den Absturz, häufig sogar mit der Folge von Bürger- oder Regionalkriegen.
7.
MiFiD
Rechtliche Basis für Privatanleger sind die MiFID. Am 01. November 2007 trat die MiFID in Kraft. Mit der Markets in Financial Instruments Direktive (Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente, kurz Finanzmarktrichtlinie genannt) verfolgt die Europäische Union gleich mehrere Ziele, wobei der zentrale Kernpunkt die Stärkung des Anlegerschutzes ist. Künftig müssen Banken und bankunabhängige Vermögensberater auf Nachfrage des Kunden detailliert offenlegen, was sie am Verkauf eines bestimmten Produktes verdienen. Bisher konnten Privatanleger, beispielsweise bei einem Fondskauf, nur schwer den Dschungel aus Ausgabeaufschlag, Managementfee, Performancefee und Provisionsvermittlung durchblicken. Die Investoren erhalten zukünftig eine erhöhte und vereinheitlichte Transparenz bei Wertpapier- oder Fondskäufen. Diese sollte im Nebeneffekt natürlich auch zu mehr Fairness und Wettbewerb führen.
Risikodefinition für Privatanleger
167
Die Finanzmarktrichtlinie verpflichtet Banken und Sparkassen dazu, „ehrlich“, „redlich“ und „professionell“ im besten Interesse eines Kunden zu handeln. Die Bank ist dazu verpflichtet, ihren Kunden nach Höhe und Herkunft des Einkommens, nach Verbindlichkeiten und dem Beruf oder Bildungsstand, zu fragen. Weiterhin muss sie über Risiken aufklären und entsprechende Warnungen geben. Die Einführung einer Risikotragfähigkeitsrechnung für Privatpersonen ist für Kreditinstitute eine wichtige Voraussetzung dieser gesetzlichen Regelung nachzukommen. Denn Basis einer privaten Risikotragfähigkeitsrechnung ist die Darstellung der aktuellen Vermögenssituation des Kunden. Im nächsten Schritt entscheidet sich der Privatanleger bewusst, welchen Teil seines Vermögens er bereit ist, für die Abdeckung von Risiken einzusetzen. Der Kunde willigt insofern in ein vertraglich vereinbartes Limitsystem ein, die Bank „warnt“ den Kunden bei Überschreitungen und gibt Handlungsempfehlungen. Für beide Seiten bietet diese Konzeption also Vorteile und sollte daher von wirtschaftlichem Eigeninteresse sein.
8.
Risikodefinition für Privatanleger
Unter dem allgemeinen Begriff Risiko verbergen sich diverse Gefahren, die einem Anleger drohen. Beispielsweise das Kursrisiko bei Aktien und Renten, das Bonitätsrisiko als Gefahr eines Zahlungsausfalls oder das Währungsrisiko bei Geldanlagen in Fremdwährung etc. Bringt man diese Gefahren auf einen Nenner, so beschreibt das Risiko die Gefahr einer negativen Abweichung vom erwarteten Ertrag.
9.
Risikotragfähigkeit bei Privatanlegern
Die Idee der Risikotragfähigkeit kommt ursprünglich aus dem Bereich des institutionellen Risikomanagements. Die Mindestanforderungen für das Risikomanagement (MaRisk) schreiben beispielsweise Banken und Sparkassen vor, dass auf der Grundlage des Gesamtrisikoprofils sicherzustellen ist, dass die wesentlichen Risiken des Instituts durch das Risikodeckungspotenzial laufend abgedeckt sind und damit die Risikotragfähigkeit gegeben ist. Dabei unterscheiden Kreditinstitute eine Risikotragfähigkeitsrechnung für das aktuelle Geschäftsjahr (Gewinn- und Verlustrechnung) und eine für ihre bestehenden Vermögenswerte (Bilanz). Die Idee, die dahinter steht, ist einfach zu verstehen:
168
Risikomanagement bei Privatanlegern
Für gewinnorientierte Anleger, die auf Dauer mehr als die sichere Verzinsung erzielen wollen, ist eine Übernahme von Risiken unumgänglich. Selbst in Zeiten der Bankenkrise ist eine absolute „risk aversion“ fraglich. Entscheidend ist jedoch der kontrollierte Umgang mit Risiken. Ein Grundsatz lautet: Man sollte stets nur so viele Risiken eingehen, wie auch verkraftet werden können. Warum? Weil man immer damit rechnen muss, dass – wie man sagt – die Risiken schlagend werden. Daher hat es keinen Zweck, Risiken auf sich zu nehmen, die im Ernstfall die gesamte Existenz bedrohen. Man versucht daher im ersten Schritt herauszufinden, wie viel Risiko tragbar oder, anders ausgedrückt, wie hoch das Risikobudget ist. In einem zweiten Schritt wird ein Anteil des Risikodeckungsbudgets zur Abdeckung der Risiken in der Vermögensbilanz und entsprechend in der Gewinn- und Verlustrechnung festgelegt. Im Rahmen der privaten Risikotragfähigkeit gilt es herauszufinden, welchen Anteil seines Vermögens der Privatanleger im Extremfall bereit ist, zu verlieren, bzw. welchen jährlichen Mindestüberschuss er, trotz Eintritt des Risikoszenarios, erwirtschaften möchte. Eine Risikotragfähigkeit beschäftigt sich nicht mit normalen Marktbedingungen. Sie soll garantieren, dass in einem Stressszenario (11. September, Bankenkrise) das Vermögen des Kunden nur soweit abschmilzt, wie es seiner Risikobereitschaft entspricht. Danach wird überprüft, inwieweit die bereits vorhandenen Anlageformen das erlaubte Budget auslasten. Ist es überoder unterschritten, erfolgen im vierten Schritt entsprechende Anpassungsmaßnahmen. Das monatliche Monitoring wird mithilfe einer Ampel dargestellt. „Grün“ bedeutet dabei, dass keine Maßnahmen zur Verringerung des Risikos zu ergreifen sind. Die Risiken entsprechen der persönlichen Risikoneigung. Bei „gelb“ sollte in naher Zukunft ein Termin mit dem Vermögensberater erfolgen, um eventuell eine andere Vermögensverteilung bzw. Überprüfung der Einnahmen und Ausgaben im Rahmen des Szenarios (z.B. zusätzlicher Versicherungsschutz) zu beschließen oder mehr Risikokapital zu allokieren. Bei „rot“ sollte umgehend eine Lösung angestoßen werden. Der Privatanleger beschäftigt sich intensiv mit den Verlustmöglichkeiten, die in seiner Vermögensanlage stecken. Die Risikotragfähigkeit garantiert ihm, dass er nur soviel Risiken eingeht, wie er dazu bereit ist und es sich auch leisten kann – eben einen kontrollierten Umgang mit Risiken.
10.
Sicherungsstrategien
Absichern beutet im Englischen „hedgen“ und ist gleichbedeutend mit der Anwendung einer Strategie zur Verringerung von Risiken, die durch ungünstige Zins- oder Kursentwicklungen entstehen können. Dabei sollen Verluste an den Basismärkten durch Gewinne in beispielsweise Derivaten kompensiert werden.
Anlegertypen
169
Psychologische Aspekte des Risikomanagements: Behavioral Finance
1.
Anlegertypen
Generell unterscheidet die Behavioral Finance drei Typen von Anlegern. Es gibt den Bauchmenschen, der seine Entscheidungen nach Instinkt fällt, den Herzmenschen, der aus dem Gefühl heraus handelt und den Kopfmenschen, dessen Entscheidungen von einem starken Streben nach Vernunft gekennzeichnet sind. Jeder Anlegertyp ist anderen psychologischen Anomalien unterworfen. Der Bauchmensch: Das Leben eines intuitiven Menschen besteht aus vielen Routinen und schnell verfügbaren Handelsmustern. Übertragen auf die Finanzmärkte glauben intuitive Menschen, dass sie eine Spürnase für profitable Geschäfte und günstige Situationen haben. Sie sind ganz auf Gewinne programmiert. Der Bauchmensch handelt intuitiv, ohne viel zu überlegen und ist dabei eher risikofreudig eingestellt. Er wird immer dort zu finden sein, wo intuitive Entscheidungen benötigt werden, in einem Umfeld, das beispielsweise intensives Handeln in einem kurzfristigen Zeithorizont erfordert. Der Herzmensch: Er zeigt stark menschliche Emotionen. Ein Herzmensch versucht positive Gefühle zu verstärken und negative zu unterdrücken. Zudem ist er bestrebt, andere Menschen massiv in seinem Sinne zu beeinflussen. Ein emotionaler Marktteilnehmer trifft seine Handelsentscheidungen nicht gerne allein und übernimmt ungern die Verantwortung. Der Kopfmensch: Er handelt nach der Devise: „Wissen ist Macht und an der Börse auch Geld.“ Darum ist ein Kopfmensch auch sehr wissbegierig. Seine größte Angst ist, dass sein Wissen nicht ausreichen könnte, um Gefahren zu kontrollieren. Er versucht die Zusammenhänge und Wirkungsweisen seiner Handlungen zu verstehen. Der Kopfmensch ist darauf bedacht, seine Erträge dauerhaft und langfristig zu sichern. Ihm geht es nicht um den schnellen, sondern um den möglichst risikolosen Gewinn. Er tätigt nur Investments, die er auch kontrollieren kann.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_12, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
170
2.
Psychologische Aspekte des Risikomanagements: Behavioral Finance
Behavioral Finance
Behavioral Finance (auch Behavioral Economics) ist ein junge Forschungsrichtung, die die moderne Kapitalmarkttheorie und den Homo oeconomicus in Frage stellt. Anlageentscheidungen basieren nicht selten auf spärlichen oder sogar veralteten Informationen. Aber auch Emotionen, wie Gier, Zeitdruck oder Verlustangst spielen eine wichtige Rolle und führen dazu, dass unvernünftige Entscheidungen getroffen werden. All diese Verhaltensmuster, auch als psychologische Anomalien bezeichnet, kommen auf dem Börsenparkett vor und werden von der Behavioral Finance beschrieben. Die Begründer dieser Theorie, Daniel Kahneman und Prof. Dr. Vernon Lomax Smith, erhielten für ihre Arbeiten 2002 sogar den Nobelpreis.
3.
Börsenweisheiten
Bei Börsenweisheiten, wie z.B. „Kaufen bei Angst, verkaufen bei Hoffnung“, handelt es sich zumeist um Aussagen erfolgreicher Spekulanten. Sie reflektieren die zusammengefassten Erfahrungen und wiederkehrenden Entwicklungen am Aktienmarkt. Letztendlich sind Börsenweisheiten nichts anderes als eine Ausprägung der Repräsentativitätsheuristik. Manche erinnern stark an die Erkenntnisse der Behavioral Finance und können durchaus dabei behilflich sein, psychische Fallen zu umgehen
4.
Dispositionseffekt
Das Phänomen ist eng verzahnt mit der Verlustaversion. Demnach werden Verluste meist stärker wahrgenommen als Gewinne in gleicher Höhe. Die Wahrnehmung und Bewertung von Gewinnen und Verlusten ist bezugspunktabhängig. Weitaus wichtiger, um den Dispositionseffekt zu erklären, ist jedoch die Tatsache, dass Menschen Ereignisse und Ergebnisse mit einer abnehmenden Sensitivität bewerten, je weiter diese vom Bezugspunkt entfernt liegen. Die abnehmende Sensitivität führt dazu, dass man sich im Gewinnbereich über den ersten Euro Gewinn mehr freut als über den zweiten, über den zweiten mehr als über den dritten etc. Im Verlustbereich hingegen ärgert sich ein Anleger
Fad
171
über den ersten Euro Verlust am meisten, beim zweiten wird es schon weniger, etc. Die folgende Abbildung verdeutlicht diesen Zusammenhang.
Abbildung 1: Dispositionseffekt Folge: Gewinneraktien werden häufig zu früh abgestoßen, an Verliereraktien wird hingegen festgehalten und Verluste werden zu spät realisiert. Anleger sagen dann häufig: Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an. Die verkauften Gewinneraktien entwickeln sich jedoch meist besser als die behaltenen Verliereraktien. Der Anleger orientiert sich zu stark am Einstandskurs.
5.
Fad
Anlageentscheidungen, die nicht aufgrund von Fundamentaldaten getroffen werden, sondern aufgrund einer Modeerscheinung.
172
6.
Psychologische Aspekte des Risikomanagements: Behavioral Finance
Framing
Tendenz des Menschen, Informationen nach ihrer Einordnung und dem Umfeld ihrer Wahrnehmung zu beurteilen. So hat beispielsweise die Reihenfolge der Darstellung von verschiedenen Informationen oder deren Darstellungsweise einen Einfluss darauf, welche Entscheidungen wir als Folge auf die Information treffen. Generell gehen wir davon aus, dass das zuerst bzw. das prominent Erwähnte das Wichtigste ist, was nicht immer der Fall ist.
7.
Herdentrieb
Unter dem Herdentrieb (engl. Herding) versteht man die Tatsache, dass Menschen ihr Verhalten an dem ihrer Artgenossen orientieren und auf diese Weise Übergewichte entstehen. Menschen neigen dazu, Referenzgruppen oder Meinungsführern zu folgen. Meinungen werden dabei oft auch entgegen der eigenen (bisherigen) Überzeugung übernommen, um im Falle einer negativen Entwicklung des Investments nicht als „Versager“ dazustehen. Durch dieses Verhalten entledigt sich der Investor mental der Verantwortung des eigenen Handelns, obwohl er die Verluste der Fehlinvestition selbst zu tragen hat. Besonders in Boomphasen investieren viele Anleger auf diese Weise an den Aktienmärkten. Die Börsenbarometer steigen dann innerhalb kurzer Zeit in nicht mehr nachvollziehbare Höhe. Analystenempfehlungen und Analysen diverser Börsenmagazine werden als Geheimtipps gehandelt und besonders von unerfahrenen Kleinanlegern blind in Form von Wertpapierkäufen umgesetzt. Klassische Kennzahlen, wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis und die Dividendenrendite, werden vernachlässigt. Selbst Altmeister André Kostolany wusste: Wenn die Schuhputzer anfangen, Börsentipps zu geben, ist es höchste Zeit, sich aus dem Markt zu verabschieden. Gleiches gilt, wenn eine kleine Internetfirma an der Börse mehr wert ist als ein Konzern wie Lufthansa. Man muss sich dann die Börse als grasende Herde vorstellen, die durch Stimmungen in Bewegung gesetzt wird. Fallen die Kurse, kommt die Herde in Panik und alle flüchten in die gleiche Richtung. Die Spekulationsblase platzt!
Heuristiken
8.
173
Heuristiken
Unter Heuristiken versteht man Regeln oder Strategien der Informationsverarbeitung, die mit geringem Aufwand zu einem schnellen, aber nicht garantiert optimalen Ergebnis kommen, kurz Faustregeln. Heuristiken werden dann benutzt, wenn Menschen mit Informationen überflutet werden oder keine Zeit haben, diese eingehend zu verarbeiten. Heuristiken werden aber auch gerne verwandt, wenn ein Problem nicht besonders wichtig erscheint oder man bisher noch keine Erfahrung mit der Lösung einer bestimmten Problemstellung hat. Dementsprechend gibt es Heuristiken zur Komplexitätsreduzierung, wie beispielsweise Vereinfachung, selektive Wahrnehmung, Verfügbarkeitsheuristiken und das Prinzip der mentalen Konten und Heuristiken der schnellen Urteilsfindung, z.B. Verankerungsheuristik und Repräsentativität. Heuristiken können bewusst und unbewusst angewendet werden, wobei unbewusst ablaufende Heuristiken weit weniger transparent ablaufen und daher größere Risiken mit sich bringen.
9.
Home-Bias-Effekt
In ihrer Annahme, sich an den Märkten auszukennen, setzen Anleger trotz aller Bekenntnisse zu internationaler Diversifikation (Streuung) der Vermögenswerte weltweit vorwiegend auf heimische Aktien. Dies bezeichnet man als den Home-Bias-Effekt. Untersuchungen haben gezeigt, dass Anleger dadurch auf Rendite verzichten; sie senken allerdings das Risiko nicht.
10.
Homo oeconomicus
Die Vertreter der modernen Kapitalmarkttheorie gehen von Marktteilnehmern aus, die sich wie ein Homo oeconomicus (Mr. Spock) verhalten. Dieser ist ausschließlich rational ausgerichtet, das heißt, er trifft Transaktionsentscheidungen an spekulativen Kapitalmärkten auf der Basis der Verarbeitung aller relevanten Informationen sowie einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzenanalyse. Er ist frei von Gefühlsregungen und Vorurteilen, ständig umfassend informiert und hält ein diversifiziertes Portfolio (passives Management). Bei dem normalen Anle-
174
Psychologische Aspekte des Risikomanagements: Behavioral Finance
ger, wie ihn die Behavioral Finance beschreibt, tritt das Motiv Gewinnmaximierung oft in den Hintergrund. Er ist gefühlsbetont, verhält sich irrational und gewichtet seine persönlichen „Favoriten“ zu hoch (mangelnde Diversifikation). Er handelt aktiv und schichtet sein Vermögen in kürzeren Abständen um (aktives Management).
11.
Kognitive Dissonanz
Kognitive Dissonanz sind mentale Konflikte, die beim Entstehen von Zweifeln über die Richtigkeit der eigenen Entscheidung auftreten. Aufgrund starker mentaler Bindung zu getroffenen Entscheidungen versucht der Mensch, die Informationen, die diese in Frage stellen, zu ignorieren bzw. Gegenargumente zu finden, was zu einer Reaktionsverzögerung führt. Wissenschaftlich ausgedrückt liegt eine Dissonanz vor, wenn Bewusstseinsprozesse (Kognitionen) eines Menschen in einem widersprüchlichen Verhältnis zueinander stehen. Der Widerspruch ergibt sich für Anleger meist dadurch, dass sie Gewinne erwirtschaften möchten, sich aber so verhalten haben, dass Verluste entstanden sind. Das Eingeständnis einer früheren Fehlentscheidung geht häufig einher mit einer Minderung des Selbstwertgefühls.
12.
Konditionierung
Bestimmte Erwartungen können beeinflusst – konditioniert – werden. Bei Anlegern wird die Konditionierung durch wiederholte Erfolge oder soziale Bestätigung ausgelöst (immer wenn ich das getan habe, habe ich Erfolge verbucht). Der Anleger ist dann darauf konditioniert, dass bestimmte Scheinzusammenhänge wirken, obwohl ihm sein Verstand eigentlich das Gegenteil sagt. Ein solcher Aberglaube ist an der Börse weit verbreitet und kann zu Fehleinschätzungen führen.
Kontrollillusion
13.
175
Kontrollillusion
Ein weiteres Phänomen ist die Kontrollillusion als Ursache der Selbstüberschätzung. Menschen haben ein starkes Bedürfnis, sich nicht ausgeliefert zu fühlen. Sie suchen ständig nach Möglichkeiten, Kontrolle über eine Situation zu erlangen. Dies geht soweit, dass sie auch in Situationen, in denen sie tatsächlich keine oder nur eine geringe Kontrolle haben, dazu tendieren, sich eine entsprechende Kontrolle einzureden. Die Folge: Der Anleger läuft Gefahr, an seinen Prognosen bzw. Investitionsentscheidungen zu lange festzuhalten. Er hat in der Regel nur eine geringe Portfoliodiversifizierung und viel Kapital in einige wenige Wertpapiere investiert, von deren Erfolg er absolut überzeugt ist. Häufig agiert dieser Anleger, aus Selbstüberschätzung, in einem einzigen Marktsegment, denn sein vorrangiges Ziel ist es, vor aller Welt gut dazustehen und so schnell wie möglich reich zu werden.
14.
Menschliche Emotionen
Angst: Angst ist ein schlechter Ratgeber. Die Angst lähmt. Sie schränkt die Wahrnehmung ein. Informationen werden gefiltert. Der Druck steigt. Irgendwann wird in Panik verkauft. Gier/Euphorie: „Gier frisst Hirn“. Die Sucht, immer die höchste Rendite einzufahren, und die Gier, jedem Tipp hinterherzulaufen, führt in den allermeisten Fällen nicht zu Reichtum, sondern zu Misserfolg. Denn Gier macht blind, blind für drohende Warnsignale und blind für mögliche Chancen. Optimismus: Diese Stimmung steht im Allgemeinen für den Glauben an ein gutes Ende. In dieser Phase ist der Anleger besonders empfänglich für Selbstüberschätzung. Hoffnung: Die der Angst und Verzweiflung entgegengesetzte Grundempfindung des Menschen, seine Fähigkeit, sich durch eine Vergegenwärtigung möglichen zukünftigen Geschehens in seinem aktuellen Empfinden und Verhalten zu bestimmen und zu steuern. Depression: Ein Zustand von Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Antriebslosigkeit und Passivität von unterschiedlicher Dauer (Tage bis viele Wochen). In dieser Phase ist dem Anleger alles egal, er reagiert einfach nicht.
176
15.
Psychologische Aspekte des Risikomanagements: Behavioral Finance
Mentale Konten
Menschen haben nicht etwa die Gesamtheit aller Projekte und deren Folgen im Kopf, sondern führen für jedes Vorhaben ein gesondertes geistiges, mentales Konto. In seinen Überlegungen konzentriert sich der Mensch zu einem Zeitpunkt jeweils nur auf ein Konto, Abhängigkeiten zu anderen Engagements oder Konten werden weitgehend ignoriert. Durch das separate Führen zweier Konten ohne Berücksichtigung von Abhängigkeiten wird das Entscheidungsverhalten in einer ökonomisch eindeutigen Situation beeinflussbar.
16.
Moderne Kapitalmarkttheorie
Wichtiger Bestandteil dieser Theorie ist die Markteffizienzhypothese (E. Fama), die davon ausgeht, dass Kapitalmärkte weitgehend dem Idealbild effizienter Märkte entsprechen. Vollkommene Konkurrenz und vollkommene Informationseffizienz seien durch die Vielzahl der Marktteilnehmer und durch die Schnelligkeit der Informationsverarbeitung gegeben.
17.
Psychologische Anomalien
Die Behavioral Finance versucht psychologischen Anomalien in Bezug auf die Informationswahrnehmung, Informationsverarbeitung und Informationsbewertung des Anlegers zu erklären. Diese liegen in der Natur des Menschen begründet, eben nicht wie ein Homo oeconomicus zu agieren, beruhen auf ererbten Faktoren und sind damit in weiten Teilen unveränderlich. Daraus resultieren Anlagefehler, die den Börsianer oftmals viel Nerven und leider auch Geld kosten. Psychologische Anomalien sind beispielsweise selektive Wahrnehmung, Herdentrieb, Selbstüberschätzung oder Heuristiken.
Regretaversion
18.
177
Regretaversion
Beschreibt die Tendenz, im Zweifelsfall eher untätig zu bleiben, da die Enttäuschung über eine aktiv getroffene Fehlentscheidung stärker ist als die über Passivität verursachten Konsequenzen mit dem gleichen ökonomischen Ausmaß. Die Gefahr einer möglichen Enttäuschung durch das Eingeständnis der Fehlentscheidung wird dabei höher eingeschätzt als die negativen Konsequenzen der Untätigkeit. Folglich neigen Menschen bei unsicheren Entscheidungssituationen eher zur Passivität als zum Aktionismus.
19.
Repräsentativität
Denkmuster bzw. Schema. Eine hohe Repräsentativität ist gegeben, wenn eine Beobachtung gut in ein bestimmtes Schema passt. Wie sich dabei ein Denkmuster ursprünglich gebildet hat, ist irrelevant. Wenn es sich im Nachhinein sogar noch bestätigt, verfestigt es sich unabhängig davon, ob es zutrifft oder nicht. Als Folge können systematische Verzerrungen in den Entscheidungen entstehen.
20.
Selektive Wahrnehmung
Anleger neigen dazu – bewusst oder unbewusst – Informationen zu vernachlässigen, die nicht in ihr persönliches Gedankengebäude passen und mit ihrer Informationserwartung nicht übereinstimmen. Für diese Verhaltensanomalie ist die beschränkte Aufnahmekapazität des Gehirns verantwortlich, und Informationen werden ignoriert. Selbst Finanzanalysten begehen, trotz ihrer Professionalität, bei der Bewertung von Informationen systematisch Fehler. Neue Informationen werden in manchen Situationen unterbewertet, in anderen wird ihnen ein zu großes Gewicht beigemessen. Wenn sich Investoren erst einmal eine Meinung gebildet haben, folgen typische Informationsverarbeitungsfehler. Wer fallende Kurse erwartet, nimmt negative Nachrichten viel stärker wahr. Dagegen überhören optimistisch eingestellte Anleger negative Informationen.
178
21.
Psychologische Aspekte des Risikomanagements: Behavioral Finance
Selbstüberschätzung
Wie zahlreiche Untersuchungen gezeigt haben, schätzen sich Investoren klüger und kompetenter ein, als sie es in der Realität sind. Sie glauben, den Markt besser zu kennen als andere Anleger und überschätzen dabei häufig ihre Fähigkeit, den Kurs einer Aktie richtig einstufen zu können. Dieses Phänomen der Selbstüberschätzung – Overconfidence Bias – ist an den Märkten von immenser Bedeutung. Es ist Untersuchungen zufolge bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen.
22.
Sunk-Cost-Effekt
Der Sunk-Cost-Effekt beschreibt die Tatsache, dass bei einem Engagement bereits angefallene Kosten die Bereitschaft zur Beendigung des Projekts vermindern bzw. die Bereitschaft zu weiteren Investitionen in dieses Projekt erhöhen. Insofern sind die Sunk-Costs sozusagen die versunkenen Kosten, die schon in ein Projekt geflossen sind und nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Dieser Effekt bewirkt, dass an erfolglosen Projekten unverhältnismäßig lange festgehalten wird.
23.
Verankerung
Anleger orientieren sich in ihren Urteilen und Schätzungen stark an einem Ausgangswert (Anker); eine Anpassung an vorliegende Informationen ist meist unzureichend. Das Phänomen der Verankerung führt häufig zu Unterreaktionen, nicht nur auf der Ebene des Anlegers, sondern auch auf Gesamtebene, wenn sich eine große Zahl von Marktteilnehmern an einem ähnlichen Ausgangswert orientiert.
Vereinfachung
24.
179
Vereinfachung
Der erste Schritt zur Verringerung der Komplexität von Entscheidungssituationen ist Vereinfachung. Eine Vereinfachung besteht bereits darin, krumme Beträge auf- oder abzurunden oder auch nur geringe Unterschiede bei der Beurteilung von Informationen schlicht und einfach zu vernachlässigen. Die Vernachlässigung geringer Unterschiede vereinfacht zwar Entscheidungssituationen und auch deren Bewältigung, unachtsames Vorgehen hierbei kann aber durchaus vernünftigen Entscheidungen entgegenstehen.
25.
Verfügbarkeit
Bestimmte Eindrücke und Informationen sind im Gedächtnis leichter und schneller verfügbar, werden so bei der Meinungs- und Entscheidungsbildung übergewichtet und können daher zu vorschnellen Urteilen führen. Untersuchungen haben herausgefunden, dass auf unbewusster Ebene die Schätzungen von Wahrscheinlichkeiten und Häufigkeiten von Ereignissen durch folgende Faktoren verzerrt werden: Aktualität: Aktuelle, neue Nachrichten sind im Gedächtnis noch leicht verfügbar und werden überbewertet. Auffälligkeit: Übergewichtung auffälliger Informationen. Anschaulichkeit: Gut vorstellbare, emotional gefärbte Informationen werden stärker gewichtet.
Mikroökonomie
181
Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft
1.
Mikroökonomie
Die Mikroökonomie ist der Zweig der Volkswirtschaft, der sich mit den Entscheidungen und dem Verhalten einzelner Wirtschaftseinheiten und deren Interaktionen beschäftigt. Sie untersucht die Verhaltensweisen in Haushalten und Unternehmen sowie das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage auf einzelnen Märkten und die dort stattfindende Preisbildung.
2.
Makroökonomie
Die Makroökonomie ist die Lehre von der Wirtschaft als Ganzes. Sie beschäftigt sich auf aggregierter Ebene mit dem gesamtwirtschaftlichen Zusammenhang. Einzelwirtschaftliche Kategorien werden hierbei zu globalen Größen zusammengefasst. Die Makroökonomie untersucht unter anderem das allgemeine Niveau der Wirtschaftsleistung, die gesamtwirtschaftliche Beschäftigung, das gesamtwirtschaftliche Einkommen, das Preisniveau und das Wirtschaftswachstum.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_13, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
182
3.
Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft
Volkswirtschaftliche Gesamtrechung (VGR)
Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ist die systematische rechnerische Aufzeichnung und Darstellung der wirtschaftlichen Tätigkeiten von inländischen Wirtschaftseinheiten für eine abgelaufene Periode. Die volkswirtschaftliche Gesamtrechung hat die Aufgabe, ein möglichst umfassendes, übersichtliches Gesamtbild des makroökonomischen Geschehens einer Volkswirtschaft zu geben, in dem die wirtschaftlichen Zusammenhänge sichtbar werden. Weiterhin stellt die VGR eine wesentliche Informationsgrundlage für wirtschaftspolitische Entscheidungen dar. Jede Wirtschaftspolitik bedarf nämlich einer Datenbasis, die zum einen aufzeigt, wo die Wirtschaft gegenwärtig steht, inwieweit also die wirtschaftspolitischen Ziele (Preisniveaustabilität, Wachstum etc.) erreicht sind und ob gegebenenfalls wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf besteht. Zum anderen soll sie den wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern, wie z.B. Regierung und Zentralbank, Ansatzpunkte für wirtschaftspolitische Maßnahmen aufzeigen und zugleich auch erkennen lassen, ob in der Vergangenheit ergriffene wirtschaftspolitische Maßnahmen zum Erfolg führten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Gesamtheit der in einem Jahr in einer Volkswirtschaft produzierten und statistisch erfassten Sachgüter, Dienstleistungen, Rechte und Informationen zu Marktpreisen. Es hat eine wichtige Bedeutung als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft und den Wohlstand eines Volkes. Die drei Berechnungsarten zur Ermittlung der statistischen Größen Bruttoinlandsprodukt, Nationaleinkommen und Volkseinkommen werden in der folgenden Abbildung kurz dargestellt.
Wirtschaftspolitik
183
Abbildung 1: Berechnungsarten BIP
4.
Wirtschaftspolitik
Unter Wirtschafspolitik versteht man die Summe aller staatlichen Maßnahmen, durch die der Wirtschaftsprozess mit geeigneten Mitteln im Sinne bestimmter Zielsetzungen beeinflusst werden soll. Zur Steuerung der Wirtschaft, um das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu verwirklichen, kann der Staat entweder die Nachfrage- oder die Angebotsseite bevorzugen. Entsprechend werden zwei unterschiedliche wirtschaftspolitische Konzeptionen diskutiert und angewandt. Die Wirtschaftspolitik greift dabei nicht direkt in die Einzelentscheidungen der privaten Haushalte oder der Unternehmen ein. Die Beeinflussung von Angebot und Nachfrage erfolgt durch umfassende Maßnahmen, die die gesamte Volkswirtschaft betreffen, z.B. durch Senkung der Steuern oder der Zinsen.
184
Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft
Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik Die nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik oder auch antizyklische Fiskalpolitik nennt man auch nach der der gleichnamigen ökonomischen Theorie Keynesianismus. Dieser geht auf den britischen Nationalökonomen John Maynard Keynes (1883 bis 1946) zurück. Sie geht davon aus, dass die Auf- und Abschwünge in der Wirtschaft durch Schwankungen der privaten Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern hervorgerufen werden. Die Stabilisierungspolitik des Staates soll diesen Konjunkturausschlägen entgegenwirken, indem sie die Nachfrage im Boom drosselt oder im Abschwung belebt. Die Eingriffe erfolgen fallweise je nach der Konjunktursituation und antizyklisch, das heißt, sie sind dem Konjunkturverlauf entgegengesetzt. Die antizyklischen Eingriffe der Regierung und der Notenbank sollen die Konjunkturausschläge glätten und die Gesamtnachfrage stabilisieren, um das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu verwirklichen.
Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik Die Vertreter der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik stellen den Monetarismus und die allgemeinen Wettbewerbsbedingungen in den Mittelpunkt. Der Monetarismus geht im Wesentlichen auf Milton Friedman zurück. Er geht von der These aus, dass die kurzfristigen Geldschwankungen durch die staatlichen Eingriffe nur zu weiteren Komplikationen führen und sich nur in höheren Inflationsraten ausdrücken. Bei der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik liegt der Schwerpunkt auf der Angebotsseite. Der Staat schafft langfristig günstige Rahmenbedingungen vor allem für private Investitionen, z.B. durch Senkung der Steuern, Förderung des technischen Fortschritts. Diese Verstetigung der Wirtschaftspolitik ohne dauernde staatliche Eingriffe soll das Wachstum ankurbeln und dauerhafte Arbeitsplätze schaffen und dadurch die Bedingungen für ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht schaffen. Fiskalpolitik ist ein wirtschaftspolitisches Instrument des Staates. Sie beabsichtigt mittels der Beeinflussung von Steuern und Staatsausgaben die konjunkturellen Schwankungen auszugleichen und damit ein stabiles wirtschaftliches Wachstum zu erhalten, wobei auch ein hoher Beschäftigungsstand und eine gleichmäßig geringe Inflation Ziel sind. Expansive (nachfragesteigernde) fiskalpolitische Instrumente sind z.B.: Senkung der Einkommensteuer und der Verbrauchsteuern, Vergabe von öffentlichen Aufträgen, Ausbau von Sozialleistungen, Förderung von Beschäftigungsprogrammen.
Wirtschaftspolitik
185
Restriktive (nachfragesenkende) fiskalpolitische Instrumente sind z.B.: Erhöhung von Einkommen- und Verbrauchsteuern, Verringerung öffentlicher Aufträge, Abbau von Sozialleistungen. Geldpolitik bezeichnet zusammenfassend alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die eine Zentralbank ergreift, um ihre Ziele zu verwirklichen. In der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion nimmt die Europäische Zentralbank die Geldpolitik wahr. Oberstes Ziel der EZB ist die Wahrung der Preisniveaustabilität. Sofern das Ziel der Preisstabilität nicht beeinträchtigt wird, ist es weiterhin die Aufgabe des ESZB, die allgemeine Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft zu unterstützen. Für die Einhaltung der Ziele sowie zur Umsetzung der geldpolitischen Maßnahmen stehen der EZB verschiedene geldpolitische Instrumente zur Verfügung: ständige Fazilitäten (Spitzenrefinanzierungs- bzw. Einlagenfazilität), Mindestreserven (Zentralbankguthaben von Kreditinstituten), Offenmarktgeschäfte (Hauptrefinanzierungs- und längerfristige Refinanzierungsgeschäfte). Die EZB kann ihre geldpolitischen Mittel mit restriktiver Wirkung (Aufschwung, Boom) oder mit expansiver Wirkung (Abschwung, Depression) einsetzen. Dadurch sollen die wirtschaftlichen Aktivitäten (Investitionen, Konsum) gedämpft oder belebt werden. Die Strukturpolitik ist ein Oberbegriff für die Gesamtpolitik der wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Gestaltung der Struktur der Volkswirtschaft eines Staates. Ziel der Strukturpolitik ist die Vermeidung bzw. Überwindung von Strukturkrisen, die das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht stören. Mit Strukturpolitik werden Veränderungen in der Wirtschaft, die durch neue Produkte, Globalisierung oder Strukturwandel hervorgerufen werden, abgeschwächt oder sozial verträglich gestaltet. Strukturpolitik wird in folgenden Formen umgesetzt: Als regionale Strukturpolitik, die durch Maßnahmen der Investitionsförderung die Ansiedlung von Industrien in Fördergebieten unterstützt. oder als sektorale Strukturpolitik, die durch Subventionen und Steuervergünstigungen bestimmte Wirtschaftszweige aus politischen Gründen erhält (Erhaltungspolitik), Anpassungen an den Strukturwandel erleichtert (Anpassungspolitik) oder bestimmte zukunftsträchtige Technologien und Wirtschaftszweige und unter anderem besonders den Einsatz von künstlicher Intelligenz in modernen Industrieregionen bewusst fördert (Gestaltungspolitik).
186
5.
Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft
Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht
In der Bundesrepublik Deutschland gilt das „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“ vom 8. Juni 1967 als das Grundgesetz der Wirtschaftspolitik. Es verpflichtet Bund und Länder „bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten“ (§ 1). Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gilt als realisiert, wenn die folgenden im § 1 aufgezählten Einzelziele gleichzeitig und vollständig verwirklicht werden:
Abbildung 2: Magisches Viereck „Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht“ Neben diesen vier Zielen werden häufig weitere wirtschaftspolitische Ziele genannt, z.B. gerechte Einkommens- und Vermögensverteilung und Umweltschutz. Da es an Zauberei grenzt, alle angestrebten Ziele stets gleichzeitig zu verwirklichen, spricht man auch von einem magischen Viereck bzw. Fünfeck, Sechseck.
Stabilität des Preisniveaus Ein stabiler Geldwert ist eine wichtige Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft, für ein gedeihliches Wirtschaftswachstum und für eine hohe Beschäftigung. Der Wert des Geldes bleibt stabil, wenn im Durchschnitt die Preise einer Volkswirtschaft unverändert bleiben. Dabei können einzelne Preise steigen oder fallen. Um den Grad der Zielerreichung festzustellen, wird das Preisniveau mit dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessen. Er spiegelt die Entwicklung der Konsumgüterpreise wider.
Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht
187
Hoher Beschäftigungsstand Im umfassenden Sinn versteht man darunter die Vollbeschäftigung aller Produktionsfaktoren. Als Maßstab dient der Auslastungsgrad des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials. Im engeren Sinn geht es um die Vollbeschäftigung des Produktionsfaktors Arbeit. Als Maßstab der Zielerreichung werden die Arbeitslosenquote (Zahl der Arbeitslosen in Prozent der Erwerbspersonen insgesamt) und das Verhältnis der Zahl der offenen Stellen zur Zahl der Arbeitslosen genommen.
Außenwirtschaftliches Gleichgewicht Im Wirtschaftsverkehr mit dem Ausland wird ein Gleichgewicht zwischen Zahlungseingängen und Zahlungsausgängen angestrebt. Das Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts wird im Außenbeitrag gemessen. Er bezeichnet die Differenz zwischen dem Export und dem Import von Waren und Dienstleistungen. Bei einem positiven Außenbeitrag liegt ein NettoGüterexport vor. Das Inland hat dann mehr Güter produziert, als es selbst verbraucht hat. Bei einem negativen Außenbeitrag liegt ein Netto-Güterimport vor. Die Volkswirtschaft hat dann mehr Güter konsumiert und investiert, als im Inland hergestellt wurden.
Stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Gesamtwirtschaftliches Wachstum bedeutet eine Zunahme des Angebots an Gütern und Dienstleistungen pro Kopf der Bevölkerung. Als Maßstab des Wachstums gilt die jährliche Zuwachsrate zum realen Bruttoinlandsprodukt. Das realisierbare Wachstum einer Volkswirtschaft hängt von der Quantität und der Qualität der Wachstumsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital ab. Eine bestimmte Ziffer als allgemein anerkannte Norm gibt es nicht. Wenn der Staat Maßnahmen ergreift, um ein Ziel zu erreichen, ergeben sich daraus in der Regel Nebenwirkungen, die die anderen Ziele beeinflussen. Die wirtschaftspolitischen Einzelziele können also zueinander passen oder untereinander unvereinbar sein. Bei einer Vereinbarkeit der Ziele (Zielharmonie) begünstigt die Verwirklichung eines Zieles zugleich auch die Erreichung eines anderen. Bei Zielkonflikten konkurrieren die Ziele miteinander: Die Annäherung an ein Ziel ist mit der Entfernung von einem oder mehreren anderen Zielen verbunden. Um die Problematik der Zielkonflikte zu lösen, strebt die praktische Wirtschaftspolitik Kompromisse an: Priorität für das am stärksten gefährdete Ziel unter Beachtung der anderen Ziele.
188
6.
Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft
Konjunktur und volkswirtschaftliche Indikatoren
Unter Konjunktur versteht man mittelfristige Schwankungen der wirtschaftlichen Aktivität in der gesamten Wirtschaft. Konjunkturelle Phasen dauern länger als ein Jahr und schwanken um den langfristigen Trend. Das wirtschaftliche Wachstum vollzieht sich nicht gleichmäßig, sondern Phasen mit hohen, geringen und negativen Wachstumsraten folgen aufeinander. Der Auslastungsgrad des Produktionspotenzials dient als wichtiger Indikator für die wirtschaftliche Aktivität in einer Volkswirtschaft. Unter Produktionspotenzial versteht man die Gütermenge, die bei Vollbeschäftigung aller vorhandenen Produktionsfaktoren in einer Volkswirtschaft hergestellt werden kann. Durch einen Vergleich des Produktionspotenzials (mögliche Produktion) mit dem Bruttoinlandsprodukt (tatsächliche Produktion) kann man den konjunkturellen Zustand (Auslastungsgrad des Produktionspotenzials) einer Wirtschaft bestimmen.
Abbildung 3: Konjunkturelle Phasen Um den Stand und die Entwicklung der Konjunktur analysieren zu können, werden aussagefähige Konjunkturindikatoren benötigt. Frühindikatoren liefern Hinweise über die zukünftige Wirtschaftsentwicklung. Beispiele sind: ifo-Geschäftsklimaindex, Auftragseingänge und Einzelhandelsumsätze, Aktienkurse, Geldmengenwachstum.
Wettbewerb und Wettbewerbspolitik
189
Als Präsensindikatoren, die den aktuellen Stand der Konjunktur beschreiben, dienen die Entwicklung der Produktion bzw. der Kapazitätsauslastung, die Einzelhandelsumsätze sowie die Vierteljahreswerte der BIP-Berechnung. Spätindikatoren geben Aufschluss darüber, wie sich die Wirtschaft in der Vergangenheit entwickelt hat. Beispiele sind unter anderem: Zinsniveau, Inflationsrate, Arbeitslosenquote, Steuereinnahmen des Staates.
7.
Wettbewerb und Wettbewerbspolitik
Wettbewerb ist der Dreh- und Angelpunkt einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Auf dem Markt rivalisieren Anbieter und Nachfrager unter- und gegeneinander, um ihre Ziele (z.B. höhere Gewinne) zulasten ihrer Konkurrenten durchzusetzen. Der im Wettbewerb gebildete Preis übernimmt die Ordnungsfunktion. Die Ursache des Wettbewerbs ist allgemein der Wunsch, andere zu übertreffen. Bei der Rivalität auf Märkten geht es um Geschäftsabschlüsse und Marktanteile. Wettbewerb ist ein dynamischer Prozess, der zu einer besseren Versorgung des Marktes mit Gütern führt, z.B. durch Produktinnovationen oder Prozessinnovationen. Als Mittel im Wettbewerb, um die eigene Marktposition zu verbessern, dienen unter anderem Produktqualität, Preis, Service, Liefer- und Zahlungsbedingungen. Wettbewerb klärt in einer Marktwirtschaft die Fragen, was (Güterangebot), wie (Verfahrensweise) und für wen (Einkommensverteilung) produziert werden soll. Der Wettbewerb erfüllt somit folgende Funktionen in einer Marktwirtschaft: Steuerungsfunktion, Antriebsfunktion, Verteilungsfunktion, Kontrollfunktion. Die Wettbewerbspolitik hat dafür zu sorgen, dass der Wettbewerb seine Aufgaben erfüllen kann.
190
Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft
Wettbewerbspolitik bezeichnet politische Maßnahmen, die das Ziel haben, einen funktionsfähigen unternehmerischen Wettbewerb zu erhalten oder zu fördern. Aufgrund der grundlegenden Bedeutung des Wettbewerbs für die Marktwirtschaft ist die Wettbewerbspolitik gleichzeitig marktwirtschaftliche Ordnungspolitik. Die beiden zentralen Grundlagen der Wettbewerbspolitik in Deutschland sind zum einen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und zum anderen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Ersteres dient dazu, fairen Wettbewerb und faire Marktpraktiken zu garantieren; letzteres hat den Zweck, Kartelle, Absprachen, Preisbindungen etc. zu unterbinden und der Konzentration der Wirtschaft entgegenzuwirken.
8.
Volkswirtschaftliche Modelle – Wirtschaftskreislauf
In der Volkswirtschaftslehre werden zur Untersuchung von Themen und Themenkomplexen meistens vereinfachte Modelle benutzt, um die grundlegenden Erkenntnisse verständlich zu machen. Modelle sind zweckdienliche Vereinfachungen der Realität. Sie können die Realität niemals vollkommen abbilden. Ein Modell sollte die zentralen Elemente der Realität abbilden und von den weniger zentralen Elementen abstrahieren. Im Modell des Wirtschaftskreislaufs werden die vielen Vorgänge, die sich ständig im Zusammenhang von Produktion und Konsum wiederholen, in vereinfachter Form dargestellt. Für das Modell des einfachen Wirtschaftskreislaufs gelten folgende Voraussetzungen: Es bestehen nur zwei Wirtschafsakteure: Private Haushalte und Unternehmen. Der Staat greift nicht in den Wirtschaftsprozess ein. Beziehungen zum Ausland bestehen nicht. Das gesamte Einkommen der Haushalte wird konsumiert. Der Kapitalstock ist dauerhaft nutzbar, es finden weder Netto- noch Ersatzinvestitionen statt. Der Güterkreislauf besteht aus den Faktorleistungen der Haushalte und der Güterbereitstellung durch die Unternehmen. Der Geldkreislauf bewegt sich gegenüber dem Güterkreislauf gegenläufig und umfasst die Einkommen und Konsumausgaben der Haushalte, die zu Erlösen der Unternehmen werden.
Märkte, Marktformen und Teilnehmer
191
Abbildung 4: Einfacher Wirtschaftskreislauf
9.
Märkte, Marktformen und Teilnehmer
Am Markt findet der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage statt. Das Ergebnis dieses ökonomischen Marktgeschehens ist der Preis. Die Anbieter wollen am Markt ihre Güter verkaufen, ihre Absatzpläne erfüllen und streben dabei nach einem möglichst hohen Gewinn (Gewinnmaximierungsprinzip). Da jeder Anbieter mit dieser Absicht am Markt agiert, kommt es zum Wettbewerb zwischen den Anbietern. Die Nachfrager wollen am Markt Güter einkaufen und ihre Konsumpläne mit einem möglichst hohen Nutzen realisieren (Nutzenmaximierungsprinzip). Der Ausgleich der Interessen erfolgt über den Preis, der sich auf dem Markt durch Angebot und Nachfrage bildet. Der Preis stimmt Angebot und Nachfrage aufeinander ab und ergibt sich als Kompromiss aus den Preisvorstellungen der Anbieter und Nachfrager. Auf dem Markt treffen Angebot und Nachfrage aufeinander. Das Marktgleichgewicht wird durch den Schnittpunkt von Angebot und Nachfrage bestimmt. Beim im Marktgleichgewicht herrschenden Preis stimmen das geplante Angebot und die geplante Nachfrage überein. Kommt es zu Verschiebungen bei Angebot oder Nachfrage, so kommt es über Preisanpassungen zu einem neuen Gleichgewicht.
192
Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft
Das Marktgeschehen spielt sich auf unterschiedlichen meist unvollkommenen Märkten ab. Nach dem Tauschgegenstand unterscheidet man Faktormärkte und Gütermärkte.
Abbildung 5: Modell Faktor- und Gütermärkte Bei dem Modell eines vollkommenen Marktes wird unterstellt, dass alle Marktteilnehmer ausschließlich nach dem ökonomischen Prinzip handeln. Außerdem müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Homogenität der Güter: Sachlich gleichartige Güter in Bezug auf Qualität, Aufmachung, Verpackung. Fehlen von Präferenzen räumlicher, sachlicher, zeitlicher und persönlicher Art: Die Wettbewerbsbedingungen müssen für alle Anbieter und Nachfrager gleich sein. Vollständige Markttransparenz: Anbieter und Nachfrager müssen eine vollständige Übersicht über den Markt besitzen. Unendlich schnelle Reaktion der Marktteilnehmer: Anbieter und Nachfrager können unverzüglich auf Marktveränderungen reagieren. Die Börse kommt den Bedingungen des vollkommenen Marktes am Nächsten, da sie in etwa alle Anforderungen erfüllt. Wird eine oder mehrere Bedingungen des vollkommenen Marktes nicht erfüllt, handelt es sich um einen unvollkommenen Markt. Die Faktormärkte sind von den Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital abgeleitet. Die Konsumenten kaufen auf den Konsumgütermärkten die Güter des täglichen Bedarfs. Auf den Investitionsgütermärkten treffen sich die Unternehmen, um Produktionsmittel zu beschaffen. Weiterhin werden Märkte nach der Anzahl der Marktteilnehmer, deren Zielsetzungen und Verhaltensweisen unterschieden.
Angebot und Nachfrage
193
Anbieter Nach-
Viele
Wenige
Einer
Viele
Polypol
Angebotsoligopol
Angebotsmonopol
Wenige
Nachfrageoligopol
Zweiseitiges Oligopol
Beschränktes Angebotsmonopol
Einer
Nachfragemonopol
Beschränktes Nachfragemonopol
Zweiseitiges Monopol
frager
10.
Angebot und Nachfrage
Das Angebot bezeichnet eine Menge von Gütern oder Leistungen, die ein Anbieter zu einem bestimmten Preis anzubieten bereit ist. Dabei kann er als Preis Geld, andere Güter (im Tausch) oder bestimmte Leistungen verlangen. Gesamtwirtschaftlich meint Angebot die gesamte Menge am Markt verfügbarer Gütern oder Leistungen. Die angebotene Menge eines Gutes ist von folgenden Einflussgrößen abhängig: dem Preis des angebotenen Gutes, der Anzahl der Anbieter und die Preise der übrigen Güter, den Preisen der Produktionsfaktoren, dem Stand des technischen Wissens, den Gewinnerwartungen. Mit Nachfrage wird die Absicht von (privaten und öffentlichen) Haushalten und Unternehmen bezeichnet, bestimmte Mengen an Gütern und Leistungen zu erwerben. Die Höhe der Nachfrage hängt unter anderem von folgenden Einflüssen ab: dem Preis des nachgefragten Gutes, den Preisen anderer Güter, dem verfügbaren Einkommen, der Bedarfsstruktur, den Erwartungen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung.
194
11.
Makroökonomische Aspekte des Risikomanagements: Die Volkswirtschaft
Volkswirtschaftliche Produktionsfaktoren
Ausgangspunkt der ökonomischen Theorie sind die menschlichen Bedürfnisse nach materiellen und immateriellen Gütern. Diese sind zum Teil bereits vorhanden, können aber auch produziert werden. Arbeit, Kapital (= Realkapital) und Boden sind die drei Produktionsfaktoren, die am Anfang des Produktionsprozesses stehen. Weiterhin ist noch das zur Verfügung stehende (technische) Wissen sowie im zunehmenden Maß auch der Produktionsfaktor Umwelt zu berücksichtigen. Der Produktionsprozess kann durch eine Produktionsfunktion dargestellt werden, die angibt, in welchem Zusammenhang „Inputs“ zu „Outputs“ stehen. Um Güter herstellen zu können, müssen vorher Güter (Produktionsfaktoren) eingesetzt werden, die im Produktionsprozess zusammenwirken. Den Prozess der Umwandlung von Produktionsfaktoren in Güter nennt man Produktion. Die in der Produktion benötigten Menschen und Güter bezeichnet man als Produktionsfaktoren (Inputs): Arbeit: Arbeit ist jede Art von körperlicher und geistiger Tätigkeit des Menschen, um Einkommen für die Bedarfsdeckung zu erzielen. Boden: Zum Produktionsfaktor Boden gehören Naturkräfte, die zur Produktion von Gütern für die Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen. Kapital: Kapital ist von Anfang an ein abgeleiteter Produktionsfaktor, der durch die Kombination der Produktionsfaktoren Arbeit und Boden entstanden ist. Unter Kapital versteht die VWL dauerhaft existierende Produkte (z.B. Maschinen, Werkzeuge) und Gebäude. Technisches Wissen: Das technische Wissen gibt die Menge der möglichen Verfahren an, die in einer Volkswirtschaft existieren. Eine Erhöhung dieser Menge bezeichnet man als Fortschritt.
Technische Analyse
195
Markttechnische Aspekte des Risikomanagements: die technische Analyse
1.
Technische Analyse
Die reine technische Analyse befasst sich mit der Analyse von historischen Kursverläufen von beispielsweise Aktien, Indizes, Zinsen und Währungen. Der technischen Analyse liegt die Annahme zugrunde, dass alle Informationen in den Kursen enthalten sind. Der Börsenkurs reflektiert die Hoffnungen, Befürchtungen, Vermutungen und Stimmungen – rationale und irrationale – von Tausenden von potenziellen Käufern und Verkäufern. Er reflektiert ihre Bedürfnisse und ihr Kapital – insgesamt Faktoren, die sich jeder exakten Einzelanalyse entziehen und für die keine statistischen Unterlagen erhältlich sind. Dennoch werden all diese Faktoren zusammengefasst, gewogen und schließlich in jener einen präzisen Zahl ausgedrückt, zu der ein Käufer und Verkäufer sich zusammenfinden und eine Transaktion tätigen. Dies ist die einzige Zahl, die zählt. Die technische Analyse kann in drei Bereiche aufgeteilt werden: klassische Chartanalyse, Indikatorenanalyse und Spezialanalysen (siehe Abbildung 1).
Analysearten im Rahmen der Technischen Analyse Klassische Chartanalyse • Trendlinien • Widerstände und Unterstützungen • Chartformationen
Indikatorenanalyse • Trendmesser • Trendfolger • Oszillatoren • Usw.
Spezialanalysen • Fibonacci • Elliot Wave • Gann • Usw.
Abbildung 1: Unterteilung der technischen Analyse Ziel der technischen Analyse ist das Verbessern des Timings bei der Investition durch rechtzeitiges Erkennen des Kursverlaufs. Es wird die Prämisse unterstellt, dass sich bestimmte Verhaltensmuster immer wieder wiederholen.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_14, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
196
Markttechnische Aspekte des Risikomanagements: die technische Analyse
Den Grundstein der technischen Analyse legte Charles Dow, der Gründer des Wall Street Journal. Dow fand heraus, dass Hausse- und Baissebewegungen immer auf ähnliche Weise verlaufen. Diese Prämisse ist heute allerdings nicht mehr unumstritten. Die Dow-Theorie bezieht sich immer auf einen Index. Dieser weist scheinbar zufällige Zacken auf, die kurzfristige Kursschwankungen um einen Primärtrend darstellen. Diese Schwankungen müssen eliminiert werden, um den Primärtrend zu ermitteln, der sich als Aufoder Abwärtstrend herausstellen kann. Der Aufwärtstrend zeichnet sich dadurch aus, dass jedes Hoch über dem vorherigen Hoch liegt. Umgekehrt liegt beim Abwärtstrend jedes neue Tief unterhalb des vorangegangenen Tiefs. Abbildung 2 zeigt den Abwärtstrend (1. Tief > 2. Tief > 3. Tief > 4. Tief) seit 2008 im Dow Jones Industrial.
Abbildung 2: Abwärtstrend im Dow Jones
2.
Chartanalyse
In der technischen Analyse werden verschiedene Charttypen verwendet. Nachfolgend sind drei Charttypen aufgeführt, die sehr häufig in der technischen Analyse zum Einsatz kommen.
Chartanalyse
197
Linienchart Für die Darstellung des Liniencharts wird in der Regel nur der Schlusskurs (Closing) des zu analysierenden Wertes (z.B. Aktien, Rohstoffe) verwendet. Diese Schlusskurse werden in Form eines Linienverlaufs dargestellt.
Barchart Der Barchart ist sicherlich die gebräuchlichste Form der Darstellung eines Kursverlaufs. Zur Darstellung eines Barcharts werden in der Regel vier Angaben benötigt: Eröffnungskurs (Opening) Höchstkurs (High) Tiefstkurs (Low) Schlusskurs (Closing) Durch die Länge der einzelnen Bars kann die Schwankungsintensität wesentlich besser wahrgenommen werden als bei einem Linienchart. Zusätzlich kann über die Markierung des Eröffnungs- und Schlusskurses die Kursbewegung innerhalb der Zeitspanne des Bars erkannt werden. Die einzelnen Bars können die unterschiedlichsten Zeitfenster darstellen. Je nach dem welche Zeitspanne erfasst wird kann ein Bar beispielsweise die Kursbewegung innerhalb zehn Minuten, 60 Minuten, einem Tag oder auch einer Woche ausdrücken.
Candelstick Chart Der Candelstick Chart erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Der Charttyp stammt aus Japan und wurde schon im Jahre 1600 verwendet, um Reis-Kontrakte zu handeln. Er benötigt die gleichen Informationen, wie sie zur Darstellung des Barcharts notwendig sind: Eröffnungskurs (Opening) Höchstkurs (High) Tiefstkurs (Low) Schlusskurs (Closing) Seinen Namen verdankt der Charttyp seinem Aussehen, das an Kerzen erinnert. Wird diese Darstellungsart mit dem Barchart verglichen, so erkennt man schnell, dass Candelstick Charts eine zusätzliche Information verstärkt vermitteln. Eine positive Kursbewegung wird nämlich durch weiße Kerzen dargestellt und eine negative Kursbewegung durch schwarze Kerzen.
198
Markttechnische Aspekte des Risikomanagements: die technische Analyse
Arithmetische versus logarithmische Skalierung Die meisten Verfahren der technischen Analyse geben keine Indikation im Hinblick auf die Dauer eines Trends. Preismuster bilden hier eine Ausnahme, da ihr Ablauf eine begrenzte Vorhersagemöglichkeit bietet. Es existieren zwei alternative Methoden, um Kurse aufzuzeichnen. Die Wahl der Skala bestimmt die Möglichkeiten für weitergehende Prognosen. Man benutzt entweder eine arithmetische oder logarithmische Darstellung. Arithmetische Skalierung: Ein arithmetischer Chart weist sowohl auf der horizontalen als auch auf der vertikalen Achse eine arithmetische Skalierung auf. Alle Maßgrößen werden dabei mit derselben Distanz dargestellt: Der Abstand zwischen zwei und vier ist identisch mit dem Abstand zwischen 20 und 22. Diese Darstellung ist nicht besonders zufriedenstellend im Hinblick auf eine Darstellung der Kursentwicklung, denn ein Anstieg von zwei auf vier repräsentiert eine Preisverdoppelung, während einer von 20 auf 22 einem zehnprozentigen Anstieg entspricht. Beide Bewegungen werden jedoch auf der arithmetischen Skala durch denselben Abstand repräsentiert. Dies führt bei längerfristigen Betrachtungen zu Problemen. Trendlinien und Trendkanäle können als Analyseinstrumente nicht verwendet werden, da sich eine falsche Steigung ergibt. Aus diesem Grund werden längerfristige Bewegungen logarithmisch dargestellt. Logarithmische Skalierung: Kursverläufe, die logarithmisch dargestellt werden, weisen identische Kursabstände für identische prozentuale Bewegungen auf. Ein vertikaler Abstand auf dem Chart repräsentiert immer dieselbe prozentuale Veränderung im Kursverlauf, unabhängig vom Kursniveau. Erreicht wird dies durch eine logarithmische Verteilung der Zahlen auf der vertikalen Achse, während die horizontale Achse (Zeitachse) weiterhin arithmetisch skaliert wird. Deshalb wird oftmals auch von einer semilogarithmischen Skalierung gesprochen.
3.
Trendlinien
Bei einem fallenden Kursverlauf wird eine Trendlinie bei den Höchstkursen angelegt: Es werden mehrere Hochpunkte miteinander verbunden. Der zeitlich letzte Berührungspunkt der Trendlinie muss nochmals durch ein neues Tief bestätigt sein. Je mehr Hochpunkte die Trendlinie berühren, desto signifikanter ist die Trendlinie. Analog werden bei einem steigenden Kursverlauf die Tiefpunkte miteinander verbunden. Eine Verletzung der Trendlinie muss in jedem Fall als Alarmsignal aufgefasst werden und kann im schlimmsten Fall eine Trendumkehr bedeuten. Um die Verletzung der Trendlinie zu beurteilen, ist in jedem Fall eine Strukturanalyse der Marktverfassung durchzuführen. In der
Unterstützungen und Widerstände
199
Literatur wird von einem Trendbruch gesprochen, wenn die Trendlinie von einer Kursbewegung um ca. drei Prozent durchbrochen wurde. Idealerweise sollte der Durchbruch mit einem erhöhten Umsatzvolumen bestätigt werden.
Abbildung 3: Trendlinie im Abwärtstrend des DAX
4.
Unterstützungen und Widerstände
Unterstützungen und Widerstände sind horizontale Linien, die möglichst viele Berührungspunkte an Hoch- oder Tiefpunkten haben. Unterstützungen und Widerstände sollen hier als horizontale Trendlinien verstanden werden. Analog der Definition von Trendlinien sind Unterstützungen und Widerstände umso signifikanter je mehr Berührungspunkte mit dem Kursverlauf bestehen. Wird eine Unterstützung oder ein Widerstand gebrochen, so kommt es oftmals vor, dass im späteren Kursverlauf die gebrochene Unterstützung zum Widerstand und umgekehrt der gebrochene Widerstand zur Unterstützung wird. Analog dem Einsatz von Trendlinien können Unterstützungen und Widerstände auf allen Zeitebenen (Tages-, Wochen- oder Monatschart) verwendet werden. Die Signifikanz eines Durchbruchs bei Unterstützungen und Widerständen wird analog dem von Trendlinien behandelt. Die Verletzung des Widerstandes oder der Unterstützung sollte ca. drei Prozent betragen und möglichst mit einer erhöhten Umsatztätigkeit bestätigt werden.
200
Markttechnische Aspekte des Risikomanagements: die technische Analyse
Abbildung 4: Widerstand und Unterstützung im Kupfer
5.
Chartformationen
In der klassischen Chartanalyse können viele Formationen unterschieden werden. Alle bekannten Formationen zu behandeln, würde den Rahmen der Abhandlung sprengen. Im Folgenden werden einige bekannte Formationen vorgestellt.
Dreiecke Symmetrische Dreiecke bestehen aus zwei oder mehreren Kursanstiegen und nachfolgenden Reaktionsphasen, wobei die Hochpunkte jeweils fallen und die Tiefpunkte steigen. Rechtwinklige Dreiecke stellen einen Spezialfall des symmetrischen Dreiecks dar, bei dem eine der beiden Begrenzungslinien horizontal verläuft. Während das symmetrische Dreieck keinen Hinweis darauf beinhaltet, in welche Richtung ein Ausbruch erfolgen wird, deutet das rechtwinklige Dreieck durch die Existenz einer Widerstands- bzw. Unterstützungslinie und die enger werdenden Preisschwankungen die Ausbruchsrichtung an.
Chartformationen
201
Abbildung 5: Rechtwinkliges Dreieck bei Silber
Abbildung 6: Symmetrisches Dreieck bei Silber
Schulter-Kopf-Schulter Die Schulter-Kopf-Schulter-Formation besteht aus einer Schlussralley – dem Kopf – der zwei kleinere, aber nicht unbedingt identische Aufwärtsbewegungen trennt. Die erste Schulter ist dabei die vorletzte Aufwärtsbewegung in einem Bullmarkt, während die zweite im Endeffekt
202
Markttechnische Aspekte des Risikomanagements: die technische Analyse
bereits die erste Stufe einer Bearmarktralley darstellt. Die Volumenentwicklung ist ein kritischer Punkt, wenn man die Gültigkeit der Formation bestätigen will. Das Volumen ist normalerweise am größten, während die linke Schulter ausgebildet wird und auch noch ziemlich stark, wenn die Preise sich dem Top nähern. Danach, im Bereich der rechten Schulter, ist das Volumen gering und steigt erst wieder an, nachdem die sogenannte Nackenlinie, die Verbindungslinie der beiden Schultern, durchbrochen wurde. Die Schulter-Kopf-Schulter-Formation ist eine Trendumkehrformation, das heißt, ein Bullmarkt dreht in einen Bearmarkt. Analog kann auch eine umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation definiert werden, welche ein positives Signal für den Markt ist. Die Schulter-Kopf-Schulter-Formation stellt mit Abstand die verlässlichste Kursformation dar. Ein Durchbruch der Nackenlinie stellt ein positives bzw. negatives Signal dar, je nachdem, ob es sich um normale oder umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formationen handelt. Es ist aber unbedingt notwendig, den dreiprozentigen Rückgang unter die Nackenlinie zu beachten, um die Formation zu vollenden. Das Abwärtspotenzial dieser Formation kann ermittelt werden, indem man den Abstand zwischen dem Spitzenwert am Kopf und der Nackenlinie nach unten oder nach oben unter bzw. über die Nackenlinie projiziert. Daraus folgt: Je größer die Schwankungsbreite innerhalb der Formation ist, desto größer ist die abwärts bzw. aufwärts gerichtete Indikation nach ihrer Vollendung. Schulter-Kopf-Schulter-Formationen können sich innerhalb einer Periode von drei bis vier Wochen ebenso entwickeln, wie über mehrere Jahre. Abbildung 7 zeigt eine umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation.
Abbildung 7: Schulter-Kopf-Schulter bei Siemens
Indikatorenanalyse
6.
203
Indikatorenanalyse
Ein weiteres Anwendungsgebiet innerhalb der technischen Analyse stellt die Indikatorenanalyse dar. Diese Art der Analyse hat mit zunehmender Computerisierung eine immer stärkere Bedeutung gewonnen. Heute bieten die verschiedenen Softwareprodukte in der technischen Analyse eine kaum überschaubare Anzahl von Indikatoren zur Analyse an. Für den weniger erfahrenen Analysten stellt sich deshalb das Problem, eine sinnvolle Kombination von Indikatoren zusammenzustellen. Im Anschluss an die Begriffserklärung werden in einem weiteren Schritt aus diesem Grunde die Indikatoren in verschiedene Gruppen eingeteilt. Diese Strukturierungsmaßnahme erleichtert es, sinnvolle Indikatorenkombinationen zu finden, um die größtmöglichen Synergieeffekte zwischen den verschiedenen Indikatoren auszunutzen. Indikatoren sind eine Ableitung aus Preisinformationen3, welche versuchen, die aktuelle Marktsituation aus analytischer Sicht besser zu beschreiben als es der reine Kursverlauf kann. Ziel von Indikatoren ist es, Irritationen innerhalb der Marktbewegungen (Noise) herauszufiltern, um eine bessere Analyse zu ermöglichen. Die häufigste Darstellungsart von Indikatoren ist der Linienchart oder das Histogramm. Die einzelnen Indikatoren versuchen, dem technischen Analysten eine Vielzahl von Fragestellungen zu beantworten. Hierbei sind die nachfolgenden Fragestellungen am häufigsten anzutreffen: Befindet sich der Markt in einer Trendphase? In welche Richtung werden sich die Kurse mit hoher Wahrscheinlichkeit bewegen? Befindet sich der Markt in einer Widerstands- oder Unterstützungszone? Welche Positionen (Long oder Short) haben die größere Erfolgsaussicht? Welches Kurspotenzial kann bei einer Marktbewegung erwartet werden? Welche Dynamik kann bei den zukünftigen Kursbewegungen erwartet werden? Welche Anlagealternativen innerhalb eines Marktsegments sind am attraktivsten? In welcher emotionalen Verfassung befindet sich der Markt? Die vorgeschlagenen Kategorien orientieren sich zum einen an den oben aufgeführten Fragestellungen und zum anderen an den Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Indikatoren. Bei der Zusammenfassung aller Aspekte der Indikatorenanalyse lassen sich bis zu acht Kategorien für die am häufigsten in den Softwarepaketen angebotenen Indikatoren definieren. Nachfolgend sind diese acht Kategorien aufgeführt, sodass sich fast jeder Indikator einer bestimmten Kategorie zuordnen lässt. 3
Unter Preisinformationen sind hier der Eröffnungskurs, Hochkurs, Tiefkurs, Schlusskurs, Volumen und Open Interest zu verstehen.
204
Markttechnische Aspekte des Risikomanagements: die technische Analyse
Kategorien der Indikatoren Kategorie 1: Trendmesser. Die Indikatoren aus dieser Gruppe eignen sich besonders, um festzustellen, ob ein Trend im zu analysierenden Markt besteht. Oftmals liefern diese Indikatoren auch Informationen über die Trendintensität. Außerdem gibt der Einsatz von Indikatoren aus diesem Bereich Aufschluss, welche Indikatoren aus den beiden Kategorien, Trendfolgern oder Oszillatoren, bei weiterführenden Analysen die besseren Ergebnisse liefern werden. Zur Ableitung von Kauf- bzw. Verkaufssignalen eignen sich diese Indikatoren jedoch nicht. Kategorie 2: Trendfolgern. In diesem Bereich sind Indikatoren eingruppiert, die besonders gute Analyseergebnisse liefern, wenn sich der Markt in einer Trendphase befindet. Ein charakteristisches Zeichen für Indikatoren aus dieser Kategorie ist, dass sie eine offene Werteskala bei der Berechnung aufweisen und deshalb auch in starken Trendmärkten mitlaufen können. Ziel dieser Indikatoren ist es, kleinere Kursausschläge herauszufiltern, meist durch Glättungskomponenten. Dadurch verhalten sich diese Indikatoren in der Regel etwas träger als viele andere Indikatorentypen und benötigen größere Kursbewegungen, bevor sie drehen. Kategorie 3: Oszillatoren. Diese Art von Indikatoren hat ihre Stärke im Einsatz von Seitwärtsbewegungen und Konsolidierungsphasen, wenn der Markt sich in einer nahezu festen Handelsspanne bewegt. Charakteristisch für diesen Indikatorentyp ist, dass er sich in der Regel in einem festen Wertebereich bewegt, z.B. zwischen 0 und 1 oder 0 und 100. Ziel dieser Indikatoren ist es zu erkennen, ob sich der Markt aktuell im oberen oder unteren Bereich einer Handelsspanne befindet. Der Oszillator signalisiert dies, wenn er sich ebenfalls in den Extremzonen seines festen Wertbereichs aufhält. Lässt die Schwungkraft des Marktes nach, verlässt der Oszillator die Extremzone wieder und signalisiert eine Korrekturbewegung. Kategorie 4: Volatilitätsorientierung. Diese Variante von Indikatoren versucht, die Schwankungsintensität des Marktes zu messen und zu quantifizieren. Starke Volatilitätsveränderungen signalisieren oftmals gute Handelschancen. Die Erkenntnisse aus der Analyse von Volatilitätsindikatoren kann deshalb für Handelsstrategien verwendet werden, die auf Volatilitätsausbrüchen beruhen. Kategorie 5: Vergleichende Indikatoren. Bei dieser Gruppe von Indikatoren wird bei der Berechnung mehr als eine Zeitreihe von historischen Kursen verwendet. Ziel dieser Indikatorenart ist die Ermittlung einer relativen Beurteilung von Einzelinstrumenten im Rahmen eines gesamten Marktsegments. Durch ihren Einsatz können Einzelinstrumente herausgefiltert werden, mit denen es z.B. möglich ist, eine vorgegebene Benchmark relativ zu schlagen. Kategorie 6: Volumen- und Open Interest-Orientierung. In diesem Indikatorenbereich wird versucht weitere Dimensionen bei der Analyse zu erfassen. Werden die Einflussgrößen bei der Analyse in eine Rangfolge gebracht, so spielt die Kursbewegung sicherlich die wichtigste Rolle, Volumen liegt an zweiter und Open Interest (Gesamtzahl aller Futures-
Indikatorenanalyse
205
Kontrakte oder Options-Kontrakte, welche nicht ausgeübt oder verfallen sind) an dritter Stelle. Volumen und Open Interest dienen bei der Analyse primär als Bestätigungsindikatoren, um eventuelle Fehlsignale anderer Indikatoren erkennen zu können. Kategorie 7: Marktbreiteorientierung. Indikatoren, welche die Marktbreite erfassen, dienen zur Beurteilung der Gesamtmarktsituation. Ziel dieser Indikatoren ist es, Strukturveränderungen innerhalb des Gesamtmarktes sichtbar zu machen, um daraus Rückschlüsse auf die Gesamtmarktentwicklung zu ziehen. Kategorie 8: Sentimentmessung. Mit diesen Indikatoren wird versucht, das Stimmungsbild an den Märkten zu erfassen. Die Verwendung von Stimmungsindikatoren basiert auf dem Prinzip der konträren Meinung. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Masse der Anleger niemals richtig liegen kann. Die Interpretation von Stimmungsindikatoren beruht deshalb auf einer psychologischen Analyse. Befindet sich der Stimmungsindikator in seinen Extremzonen (sehr positive bzw. sehr negative Marktstimmung), so lässt sich aus dem Indikator ableiten, dass der Markt mit hoher Wahrscheinlichkeit genau das gegenteilige Verhalten zeigen wird. Die Indikatorenanalyse ist der Versuch einer objektiven Beurteilung der Märkte, durch verschiedene mehr oder weniger komplexe Berechnungsverfahren. Die technische Analyse mittels Indikatoren kann deshalb als stark wissenschaftlich geprägt bezeichnet werden. Am Beispiel des einfachen gleitenden Durchschnitts, welcher als Indikator in die Gruppe der Trendfolger gehört, sollen die Einsatzmöglichkeiten, aber auch die Grenzen beschrieben werden.
Abbildung 8: Gleitender Durchschnitt als Indikator Gleitende Durchschnitte eignen sich als Trendfolger nur in ausgeprägten Trendphasen. In volatilen Seitwärtsmärkten wie zum Beispiel in der Zeit von Oktober 2008 bis Januar 2009
206
Markttechnische Aspekte des Risikomanagements: die technische Analyse
ist ihr Einsatz problematisch. Bei der Analyse mit gleitenden Durchschnitten werden meistens mehrere Durchschnitte mit unterschiedlicher Länge berechnet. Die Analyse konzentriert sich oftmals auf die Bewegungsrichtung und das Verhältnis der unterschiedlichen Durchschnitte zueinander. Die folgenden Aussagen können bei der Analyse der Abbildung 8 mittels gleitender Durchschnitte getätigt werden: Beide Durchschnitte fallen in der aktuellen Situation, dies lässt auf einen klaren Abwärtstrend schließen. Der kurze Durchschnitt (dünne Linie) befindet sich unter dem langen Durchschnitt (fette Linie) in der aktuellen Situation, dies lässt auf einen klaren Abwärtstrend schließen. Zur Ermittlung eines exakten Ein- und Ausstiegszeitpunkt in einem Markt eignen sich gleitende Durchschnitte in der Regel nicht, da sie durch die Glättung der Kursbewegung häufig zu spät Signale liefern. Hier müssen andere Instrumente aus der technischen Analyse eingesetzt werden.
Einleitung
207
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
1.
Einleitung
Die folgenden Ausführungen basieren auf dem – verpflichtend nach EU-Recht anzuwendenden – Rechtsstand Juni 2009. Zum Veröffentlichungszeitpunkt des vorliegenden Glossars ist bereits bekannt bzw. abzusehen, dass sich die für das Geschäftsjahr 2009 geltenden – und im vorliegenden Buch beschriebenen – Rechnungslegungsvorschriften mit Blick auf die Zukunft (zum Teil bereits ab Geschäftsjahr 2010) ändern werden (BilMoG, IFRS für KMU, Überarbeitung IAS 39). Einen Überblick über diese zukünftigen Änderungen enthält der vorliegende Beitrag bereits. HGB-Sachverhalte sind am Anfang des jeweiligen Textes durch einen entsprechenden Klammerzusatz gekennzeichnet. Beziehen sich zitierte Paragraphen auf die neue, durch BilMoG geänderte, HGB-Version, so wird dies durch den Zusatz „n.F.“ (neue Fassung) kenntlich gemacht. Insbesondere durch die Finanzkrise aber auch durch eine Vielzahl von Rechnungslegungsprojekten sind verstärkt Themen zur Rechnungslegung von Finanzinstrumenten Gegenstand der aktuellen Diskussion und von (potenziellen) Änderungen der Rechnungslegungsvorschriften. Die Thematik der Finanzinstrumente im Allgemeinen und die ihrer Bilanzierung im Speziellen hat in der Zwischenzeit einen relativ hohen Komplexitätsgrad erreicht, der durch die Vielzahl der in den letzten Monaten veröffentlichten Stellungnahmen zu dieser Thematik nicht geringer geworden ist. Das für die Thematik benötigte Wissen soll im vorliegenden Glossar zielgerichtet nachgeschlagen werden können. Der Fokus der aktuellen Diskussion bei der Rechnungslegung von Finanzinstrumenten – und daher auch des nachfolgenden Glossars – liegt auf IFRS-Bewertungsfragen. Teile dieser Diskussion haben allerdings eine gewisse Auswirkung auf die HGB-Bilanzierung, sodass diese insofern auch dargestellt werden. Das Dargestellte gilt unmittelbar für privatrechtliche Unternehmen, wird sukzessive aber auch für die öffentliche Verwaltung von Interesse. So stellt eine Vielzahl von Gebietskörperschaften sukzessive von der Kameralistik auf die Doppik um, die sich in der Regel an den HGBVorschriften orientiert. Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen haben hier als erste umge-
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_15, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
208
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
stellt und wenden die Doppik seit Jahresbeginn 2009 an. Auf Ebene der internationalen Rechnungslegung gibt es für die öffentliche Verwaltung einen eigenen Standard IPSAS. Die Basis der International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) bilden die IFRS, die für die Belange der öffentlichen Einrichtungen weiterentwickelt werden.
2.
Abgesichertes Risiko
Im Rahmen von Hedge Accounting kann grundsätzlich jede Risikoart, für die ein wirksames Sicherungsinstrument gehandelt wird, Gegenstand einer Sicherungsbeziehung sein. So z.B. (1) Marktpreisrisiko (z.B. Festzins, Aktien), (2) Fremdwährungsrisiken (FX), (3) Adressenausfallrisiko (Bonität). Es können einzelne oder mehrere Risiken des Grundgeschäfts vollumfänglich oder teilweise abgesichert werden, z.B. 50 Prozent des Nominalvolumens eines Bonds oder aber nur bestimmte Zinszahlungen eines Bonds.
3.
Absicherung einer Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb
Siehe Cashflow Hedge (CFH) auf eine Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb.
4.
Absicherung von Zahlungsströmen
Siehe Cashflow Hedge (CFH).
Absicherung des beizulegenden Zeitwertes
5.
209
Absicherung des beizulegenden Zeitwertes
Siehe Fair Value Hedge (FVH).
6.
Adressenausfallrisiko
Siehe Bewertungsmethoden. Eine von drei Hauptrisikoarten, die Gegenstand der Bewertung von Finanzinstrumenten in der Rechnungslegung sind.
7.
AFS-Impairment
Als Impairment-Betrag (Verlustbetrag) ist gemäß IAS 39.67 der direkt im Eigenkapital angesetzte kumulierte Verlust aus dem Eigenkapital zu entfernen. Die Höhe des ImpairmentBetrages entspricht somit der Differenz zwischen den Fortgeführten Anschaffungskosten (FAK) bzw. Anschaffungskosten und dem aktuellen Fair Value (FV) (z. B. Börsenkurs), abzüglich etwaiger bereits früher ergebniswirksam erfasster Wertberichtigungen dieses finanziellen Vermögenswertes (IAS 39.69). Der Impairment-Betrag ist ergebniswirksam zu erfassen.
8.
Agio (Aufgeld)
Der Unterschiedsbetrag zwischen den Anschaffungskosten und dem Nominalwert wird als Agio bzw. Disagio bezeichnet. Ein Agio (Disagio) liegt vor, wenn die Anschaffungskosten
210
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
über (unter) dem Nominalwert liegen. Im Rahmen der Ermittlung der Fortgeführten Anschaffungskosten (FAK) sind Agien / Disagien nach IAS 39 und IAS 18 unter Anwendung der Effektivzins-Methode über die Restlaufzeit GuV-wirksam aufzulösen (und nicht en bloc bei Vertragsabschluss oder am Ende der Laufzeit).
9.
Aktiver Markt
Dem Begriff des aktiven Marktes kommt bei dem Fair Value (FV)-Konzept des IAS 39 eine zentrale Bedeutung zu. Zum einen beeinflusst er, auf welcher Stufe der Fair ValueHierarchie ein Finanzinstrument zu bewerten ist. Zum anderen hat er Einfluss auf die IAS 39 Bewertungskategorien, da der Kategorie Loans and Receivables (LAR) lediglich Fremdkapitalpapiere zugeordnet werden können, die nicht auf einem aktiven Markt notiert werden. Nicht immer ist ganz klar, ob es für ein Finanzinstrument einen aktiven Markt gibt oder nicht. Hier ist es hilfreich, sich die relevanten Teilmärkte anzuschauen und zu beurteilen, für welche es einen aktiven Markt gibt und für welche nicht. Eine Orientierung gibt hier auch die IDW-Stellungnahme IDW RS HFA 9 v. 12.04.2007.4
10.
Aktien
Siehe Finanzinstrument.
11.
Amortised Cost
Siehe Fortgeführte Anschaffungskosten (FAK). 4
WPg Supplement (2/2007), S. 83ff.
Anhangsangaben (Disclosures, Notes)
12.
211
Anhangsangaben (Disclosures, Notes)
Siehe IFRS 7 und Finanzkrise.
13.
Anschaffungskosten
Im Rahmen der Zugangsbewertung werden die Finanzinstrumente mit ihren Anschaffungskosten bilanziert. Als Anschaffungskosten ist der Fair Value (FV) anzusetzen (IAS 39.43). Normalerweise stellt der Kaufpreis die beste Approximation des Fair Value zum Zugangszeitpunkt dar (IAS 39.AG64 S. 1). Im Rahmen der Zugangsbewertung kann es bei bestimmten Eigenkapitalpapieren der Kategorie Available for Sale (AFS) sein, dass ein Fair Value nicht (bzw. noch nicht oder nicht mehr) verlässlich ermittelbar ist. Dann sind solche Finanzinstrumente weiterhin mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen, ohne eine Marktbewertung durchzuführen (IAS 39.46c). In der Praxis kann dies z. B. bei kleineren Beteiligungen an Personengesellschaften oder nicht notierten Kapitalgesellschaften der Fall sein.
14.
Antizipativer Hedge
Eine Erwerbsvorbereitung stellt wirtschaftlich einen antizipativen Hedge dar. Beispiel: Umsetzung eines Kaufbeschlusses durch Erwerbsvorbereitung eines Kassatitels durch einen Long Call (Kauf einer Kaufoption). Nach HGB wird ein solcher antizipativer Hedge – anders als nach IFRS – nicht als Bewertungseinheit anerkannt. Nach IFRS würde dieser Sachverhalt als Planned Future Transaction im Rahmen eines Cashflow Hedge (CFH) abgebildet.
212
15.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Asset Backed Securities (ABS)
Siehe Structured Credit Products (SCP).
16.
At Cost
Siehe Anschaffungskosten.
17.
Aufgelaufene Zinsen
Siehe Clean Price.
18.
Ausbuchungsvorschriften
Die Ausbuchungsvorschriften (Abgangsvorschriften) stellen im IAS 39 einen der umfangreichsten und komplexesten Bereiche dar. Insbesondere kommen sie bei der bilanziellen Beurteilung von Verbriefungstransaktionen zur Anwendung. Die Grafik im IAS 39.AG36 gibt einen guten Überblick über die insgesamt neun Prüfungsschritte.
Available for Sale (AFS)
19.
213
Available for Sale (AFS)
Eine von mehreren IAS 39 Bewertungskategorien. Nach IAS 39.9 wird ein finanzieller Vermögenswert der Kategorie Available for Sale (AFS) zugeordnet, wenn er weder der Kategorie Loans and Receivables (LAR), Held to Maturity (HTM) oder Fair Value through Profit and Loss (FVTPL) zugeordnet wird. AFS stellt somit eine Residualgröße dar. Finanzinstrumente der Kategorie AFS sind mit dem Fair Value (FV) zu bilanzieren, wobei die Fair Value-Veränderung GuV-neutral im Eigenkapital (Neubewertungsrücklage) auszuweisen ist. Bei AFS-Fremdkapitalpapieren sind zunächst die Fortgeführten Anschaffungskosten (FAK) zu ermitteln und dann ist die Differenz zwischen den fortgeführten Anschaffungskosten und dem Fair Value in die Neubewertungsrücklage zu buchen. Eigenkapitalpapiere, für die der Fair Value nicht verlässlich ermittelbar ist, sind innerhalb der Kategorie AFS zu Anschaffungskosten zu bilanzieren.
20.
Basis Adjustment
Siehe auch Cashflow Hedge (CFH). Verrechnung der am Ende der Hedge-Beziehung aufgelaufenen (positiven oder negativen) Fair Value (FV)-Veränderungen des Hedging Derivats mit den Anschaffungskosten des zu bilanzierenden Grundgeschäfts.
21.
Barwert
Siehe Dirty Price.
214
22.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Beizulegender Wert
(HGB) Vermögensgegenstände des Anlagevermögen (Umlaufvermögen) können (müssen) gem. § 253 Abs. 2 S. 3 HGB (§ 253 Abs. 3 S. 2 HGB) auf den niedrigeren sogenannten beizulegenden Wert abgeschrieben werden (bei dauerhaften Wertminderungen besteht allerdings auch im Anlagevermögen eine Abschreibungspflicht). Es gibt keine Legaldefinition des Begriffes „beizulegender Wert“. Er ist anhand der GoB zu ermitteln, wobei dem Grundsatz vorsichtiger Bewertung eine besondere Bedeutung zukommt. Der beizulegende Wert ist nicht zu verwechseln mit dem Beizulegenden Zeitwert (Fair Value (FV)), auch wenn diese beiden Wertansätze oft identische sind.
23.
Beizulegender Zeitwert
(HGB) Siehe Fair Value (FV).
24.
Bewertung (HGB)
Grundprinzipien: Die für die HGB-Bilanzierung/-Bewertung wichtigsten Grundprinzipien sind Gegenstand der Abbildung 1.
Bewertung (HGB)
Grundprinzip Einzelbewertung
Realisationsprinzip
Imparitätsprinzip
215
HGBParagraph § 252 Abs. 1 Nr. 3
§ 252 Abs. 1 Nr. 4 letzter Teilsatz § 252 Abs. 1 Nr.4
Periodenabgrenzungs- § 252 Abs. 1 prinzip Nr. 5
Anschaffungskosten als Wertobergrenze
§ 253 Abs. 1 S.1
Erläuterung Grundsätzlich keine Portfoliobewertung i.S.d. des Treasury, sondern jeder Vermögensgegenstand aus einem Portfolio ist losgelöst von den anderen zu behandeln (Ausnahme: Bewertungseinheiten). Gewinne dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie realisiert wurden (also Verbot der Vereinnahmung von unrealisierten Gewinnen). Anders als bei den Gewinnen, sind unrealisierte Verluste in der Bilanz und GuV zu berücksichtigen. Insofern besteht aufgrund des Vorsichtsprinzips handelsrechtlich eine unterschiedliche Behandlung von unrealisierten Gewinnen und Verlusten. Realisierte Gewinne und Verluste werden dahingegen gleich behandelt und müssen beide berücksichtigt werden (Realisationsprinzip). Erträge und Aufwendungen sind unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung wirtschaftlich gerecht zu berücksichtigen. Daher ist z.B. eine Zinsabgrenzung zu berücksichtigen. Keine „ fair value“ -Bewertung über Anschaffungskosten hinaus möglich.
Abbildung 1: Grundprinzipien der Bewertung (HGB) Zugangsbewertung: Finanzinstrumente stellen im HGB-Sprachgebrauch Vermögensgegenstände (Aktiva) oder Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen (Passiva) dar. Vermögensgegenstände sind grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten (inklusive Anschaffungsnebenkosten) zu aktivieren (§ 253 Abs. 1 HGB i.V.m. § 255 Abs. 1 HGB). Verbindlichkeiten sind mit ihrem Rückzahlungsbetrag zu passivieren (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Rückstellungen werden mit dem Betrag passiviert, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Kreditinstitute können abweichend vom Anschaffungskostenprinzip bei den Vermögensgegenständen die Buchforderungen gemäß § 340e Abs. HGB mit ihrem Nominalwert (= Rückzahlungsbetrag) bilanzieren, wenn die Bestände grundsätzlich bis zur Endfälligkeit gehalten werden sollen (sogenannte Nominalwertbilanzierung). Der Unterschiedsbetrag zwischen Anschaffungskosten und Nominalwert hat dann Zinscharakter und wird als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten RAP (über-pari-Erwerb) bzw. als passiver RAP (unter-pari-Erwerb) bilanziert. Die Auflösung erfolgt dann pro rata temporis in das Zinsergebnis. Folgebewertung: Gemäß dem Einzelbewertungsgrundsatz (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) ist grundsätzlich jeder Vermögensgegenstand einzeln zu bewerten (Ausnahme: Bewertungseinheiten (BWE)). Die Folgebewertung betrifft (in der Praxis) insbesondere die Vermögensgegenstände. Die HGB-Bewertungsmethoden ergeben sich anhand der HGB-Bewertungskategorien. Abbildung 1 enthält eine Zuordnung von Bewertungskategorien zu den Bewertungsmethoden. Für die Kategorisierung nach HGB sind Finanzinstrumente einerseits nach Wertpapieren und Forderungen und zum anderen nach Anlagevermögen und Umlaufvermögen zu differenzieren. Unter den Wertpapieren sind Orderpapiere (z.B. Namensaktien) und Inhaberpapiere (z.B. Inhaberschuldverschreibungen) auszuweisen; Wertpapiere besitzen in der Regel eine ISIN und sind meistens börsengängig bzw. -fähig. Finanzielle Vermögensgegenstände, die keine Wertpapiere sind, werden als Forde-
216
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
rungen (Ausleihungen) bezeichnet. Jedes Finanzinstrument muss bei Zugang, abhängig von seiner Zweckbestimmung, dem Umlauf- oder Anlagevermögen zugeordnet werden. Im Anlagevermögen sind die Finanzinstrumente auszuweisen, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Diese Bestimmung ist durch Geschäftsleiterbeschluss zu dokumentieren. Bei Kreditinstituten geht der Gesetzgeber in § 340e Abs. 1 Satz 2 HGB davon aus, dass Forderungen und Wertpapiere in einer Bankbilanz Gegenstand des Umlaufvermögens sind. Das Thema der Umklassifizierung, also der Wechsel der Kategorien während der Laufzeit, war einer von mehreren Diskussionspunkten im Rahmen von Rechnungslegungsthemen zur Finanzkrise (HGB). Neuerungen: Bezüglich Neuerungen in der HGB-Bilanzierung siehe Abbildung 2.
Bewertungskategorien
Bewertungsmethoden
1. Anlagevermögen (AV)
gemildertes Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 2 S. 3 HGB)
1.1. Forderungen 1.2. Wertpapiere (AV)
Keine marktzinsinduzierte Bewertung. Ggf ist eine Einzel- oder Pauschalwertberichtigung einzustellen. Wenn Marktkurs bzw. beizulegender Wert dauerhaft niedriger als der Buchwert, Pflicht zur Abschreibung. Ansonsten Wahlrecht, ob bei vorübergehender Wertminderung
2. Umlaufvermögen (UV)
strenges Niederstwertprinzip (§ 253 Abs. 3 S. 1 HGB)
2.1. Forderungen
Keine marktzinsinduzierte Bewertung. Ggf ist eine Einzel- oder Pauschalwertberichtigung einzustellen. Sobald Marktkurs bzw. beizulegender niedriger als Buchwert, Pflicht zur Abschreibung .
2.2. Wertpapiere des / der…. Nicht-Banken
Banken
...Umlaufvermögen (UV)
...Liquiditätsreserve (LR) ...Handelsbestand (HB)
s.o. s.o.
Abbildung 2: Bewertungskategorien und Bewertungsmethoden (HGB)
25.
Bewertung
Gegenstand des finanziellen Risikomanagements ist die Steuerung der Marktpreisrisiken (insbesondere Zinsänderungsrisiken, Rohstoffrisiken, Aktienkursrisiken, Fremdwährungsrisiken) und Adressenausfallrisiken. Genau diese Risiken sind auch Gegenstand der bilanziellen Bewertung, jedoch sind hierfür die bilanziellen Fachbegriffe andere. Bilanziell ist zwischen
Bewertung
217
der Einzelbewertung (Normalfall) und dem Hedge Accounting, also der zusammengefassten Bewertung von Grund- und Sicherungsgeschäft, zu unterscheiden.
ModellR
Risikoarten
AdressenausfallR (KreditR)
MarktR
LiquiditätsR OperationelleR
FremdwährungsR
ZinsänderungsR / AktienR/ RohstoffR
AdressausfallR (Impairment)
;
;
;
- Fair Value Hedge
;
;
;
- Cash-flow Hedge
;
;
;
Bilanzierung
Einzelbewertung
Hedge Accounting
Abbildung 3: Arten von Risiko (R) in der Bilanzierung Der Zugang erfolgt stets mit dem Fair Value (FV) (siehe Anschaffungskosten). Die Folgebewertung basiert grundsätzlich auf dem Prinzip der Einzelbewertung, das heißt, jeder Vertrag ist einzeln zu bilanzieren und zu bewerten. Im Rahmen der Einzelbewertung ist zunächst die so genannte Bewertungskategorie gem. IAS 39 zu ermitteln. Ihr kommt eine zentrale Bedeutung für die Bewertung zu, da sie die marktpreisinduzierte (ohne FX) Bewertungsmethode bestimmt. Das Fremdwährungsrisiko wird in IFRS durch einen eigenständigen Standard geregelt (IAS 21). Die Abbildung des Adressenausfallrisikos in der IFRSRechnungslegung wird als Impairment bezeichnet. Unter bestimmten Voraussetzungen können nach IAS 39 allerdings Grundgeschäft und Sicherungsinstrument – abweichend von der Einzelbewertung – zusammen bewertet werden. Hier spricht man dann vom sogenannten Hedge Accounting. IAS 39 kennt zwei HedgeArten: den sogenannten Fair Value Hedge und den Cashflow Hedge (CFH). Beide können jeweils zur Absicherung von Marktpreisrisiken (ohne FX), Adressenausfallrisiken und/oder Fremdwährungsrisiken eingesetzt werden.
218
26.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Bewertungseinheiten (BWE)
(HGB) Die Bewertungseinheiten (BWE) stellen im Handelsgesetzbuch (HGB) das Pendant zum Hedge Accounting in der IFRS-Rechnungslegung dar. Ziel bei der Bildung von Bewertungseinheiten ist es, das Auseinanderlaufen des handelsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Ergebnisses zu reduzieren. Bei anerkannten Bewertungseinheiten können z.B. unrealisierte Gewinne des Derivats mit unrealisierten Verlusten eines Wertpapiers maximal bis zur Höhe des unrealisierten Verlustes miteinander verrechnet werden.
27.
Bewertungskategorien
Der Standard definiert im IAS 39.9 vier Kategorien von Finanzinstrumenten, wovon eine aus zwei Unterkategorien besteht. Datenmodelltechnisch sind daher fünf Ausprägungen vorzuhalten. Die Kategorie Fair Value through Profit and Loss (FVTPL) mit den beiden Unterkategorien Trading (TRD) und Fair Value by Designation (FVBD). Des Weiteren die Kategorien Held to Maturity, Loans and Receivables (LAR) und Available for Sale (AFS). Einige Kategorien gelten nur für die Aktiva (HTM, LAR und AFS), andere dahingegen für Aktiva und Passiva (TRD, FVBD).
Bewertungsmethoden
219
„Grund“-Bew ertungs-Kategorien nach IAS 39
Fair Value through P&L
Held-toMaturity
Trading: TRD Gewinnerzielung aus kurzfristigen Wertänderungen oder aus der Händlermarge FVTPL FVBD Fair Value by Designation: Fair Value Freiwillige Fair Value Bewertung von assets und liabilities Option
HTM
Fälligkeitstermin; feste/bestimmbare Zahlungen; Absicht und Fähigkeit, das Finanzinstrument bis zum Ende der Laufzeit zu halten
Loans and Receivables
LAR
Nicht-derivative assets mit festen / bestimmbaren Zahlungen, für die es keinen aktiven Markt gibt und die nicht freiwillig der Kategorie FVBD oder AFS zugeordnet wurden
Availablefor-Sale
AFS
Alle übrigen finanziellen Vermögenswerte
Abbildung 4: Überblick über die IAS-39-Bewertungskategorien Für die Passiva gibt es zwei weitere Kategorien, die im Standard zwar nicht explizit als solche genannt sind, aber für eine Abbildung der Geschäfte in den Büchern und DV-Systemen benötigt werden. Dies sind die Sonstigen Verbindlichkeiten (L) und gegebene Finanzgarantien (FG). Zudem ist zu beachten, dass diese IAS-39-Kategorien keine Hedgingsachverhalte beinhalten. Einige dieser IAS-39-Kategorien können auch im Zusammenhang mit Hedge-Arten auftreten, sodass hier noch entsprechend mehr Ausprägungen möglich sind.
28.
Bewertungsmethoden
Siehe auch Bewertung. Bezüglich der bilanziellen Berücksichtigung des Marktpreisrisikos (ohne FX) gibt es nach IAS 39 grundsätzlich zwei unterschiedliche Bewertungsmethoden. Entweder eine Bewertung zum Fair Value (FV) oder keine marktpreisinduzierte Bewertung, das heißt, eine Bilanzierung zu den Fortgeführten Anschaffungskosten (FAK) (amortised cost AC). Welche von den beiden Bewertungsmethoden anzuwenden ist, hängt von den IAS 39 Bewertungskategorien ab. Aufgrund der unterschiedlichen Bewertungsmethoden wird auch vom sogenannten „Mixed Model“ gesprochen. Das Adressenausfallrisiko wird nach IAS 39 im Rahmen eines gesonderten Werthaltigkeitstests (Impairment-Test) berücksichtigt. Bei den Fremdwährungsrisiken (FX) werden die
220
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Transaktions-Exposures grundsätzlich mit dem Stichtagskurs umgerechnet und bewertet. Das FX-Bewertungsergebnis wird – bis auf eine Ausnahme (AFS-Fremdwährungsaktien) – in der GuV gezeigt.
ohne
Risikoart
FVTPL
AFS
HTM
LAR
Bewertungsmaßstab
(Full) Fair Value
(Full) Fair Value
Amortised Cost
Amortised Cost
Markt-
Verteilung1
Verteilung1
Verteilung1
preis-
Diff. Nominalwert zu AK Behandlung Wertänderung Impairment Test Fremdwährungsbewertung
Abbildung 5:
Hedging
IAS 39 Kategorie
1
Erfolgswirksam
Nein (implizit durch FV)
Die Verteilung erfolgt stets erfolgswirksam (i.d.R. Zinsergebnis)
Erfolgsneutral
./.
./.
Ja
Ja
Ja
(ausbuchen aus dem Eigenkapital)
„Fair Value“ (Stichtagskurse) – Erfolgswirksam-2 2
risiko
Adressenausfallrisiko Fremdwährungsrisiko
AFS FW-Aktien: Erfolgsneutral
Überblick Bewertungsmethoden Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an PwC, IAS für Banken, 2. Auflage 2002, S. 158.
Abbildung 5 stellt die vier (aktivischen) Grund-Bewertungskategorien dar, wobei die Kategorie FVTPL sowohl aktivisch als auch passivisch vorkommen kann. Bei den sonstigen Verbindlichkeiten (L) entspricht die marktpreisinduzierte Bewertungsmethode der bei HTM und LAR. Bezüglich der Bewertungsmethode bei gegebenen Finanzgarantien (FG) siehe separates Schlagwort.
29.
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)
(HGB) Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) vom 03.04.20095 soll das HGB unter anderem für IFRS „fit gemacht“ werden. Die Änderungen betreffen auch die Rechnungslegung von Finanzinstrumenten.
5
BR-Drucks. 270/09 vom 27.03.2009.
Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG)
221
Mit den für Finanzinstrumente relevanten Vorschriften zur „Fair Value Bewertung von Handelsbeständen bei Kreditinstituten“, „Bildung von Bewertungseinheiten“ und „Fremdwährungsumrechung“ erhalten die bisher bereits als GoB in der Praxis angewendeten Regelungen nun Gesetzescharakter, sodass sich an der bisherigen Bilanzierungspraxis jedoch materiell kaum etwas ändert. Die Neuerung zur Fair Value-Bewertung gem. § 340e Abs. 3 HGB n.F. sieht vor, dass Kreditinstitute ihre Handelsbestände zum beizulegenden Zeitwert (Fair Value)6 – und damit auch über die Anschaffungskosten hinaus – zu bewerten haben. Ursprünglich war die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert auch für Nichtkreditinstitute vorgesehen, wurde im Rahmen der Gesetzesberatungen u.a. aufgrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise (HGB) wieder fallen gelassen. Die Vorschriften zur Währungsumrechnung befinden sich nun im § 256a HGB n.F. und die zur Bildung von Bewertungseinheiten in § 254 HGB. Abbildung 6 gibt einen Überblick über die anzuwendenden Bewertungsmethoden für Finanzinstrumente nach den neuen Vorschriften. Sowohl bei Derivaten als auch originären Finanzinstrumenten ist zunächst zu differenzieren, ob diese Gegenstand einer Bewertungseinheit sind. Stand Alone-Derivate sind bei Kreditinstituten Gegenstand des Handelsbestandes und unterliegen damit der neu eingeführten Fair Value-Bewertung des § 340e Abs. 3 HGB n.F. Bei Nichtkreditinstituten werden Stand Alone-Derivate – wie bisher – imparitätisch bewertet. Sind die Derivate Gegenstand einer Bewertungseinheit, so können – wie bisher im Rahmen von Mikro-, Makro oder Portfolio-BWE schon praktiziert – die unrealisierten Gewinne und Verluste gem. § 254 HGB n.F. innerhalb der Bewertungseinheit verrechnet werden und lediglich der Saldo ist imparitätisch zu behandeln. Bei den originären Finanzinstrumenten, die nicht Gegenstand einer Bewertungseinheit sind, ist zunächst zu unterscheiden, ob sie zu Handelszwecken erworben wurden oder nicht (non-trading). Bei Kreditinstituten sind die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente nach der neu eingeführten Fair Value-Methode zu bewerten (§ 340e Abs. 3 HGB n.F.). Dies war ursprünglich auch für Handelsbestände von Nichtkreditinstituten, die auf einem aktiven Markt gehandelt werden, vorgesehen. Diese Absicht wurde dann aber doch nicht umgesetzt. Somit werden die zu Handelszwecken erworbenen Finanzinstrumente von Nichtkreditinstituten genauso wie die Non-trading-Bestände gemäß den für das Anlagevermögen bzw. Umlaufvermögen geltenden Bewertungsmethoden bewertet. Im Rahmen der Fremdwährungsbewertung von Finanzinstrumenten sind diese gem. § 256a HGB n.F. grundsätzlich mit dem Stichtagskurs imparitätisch zu bewerten: Unrealisierte Verluste aus der Fremdwährungsbewertung sind zu berücksichtigen, wohingegen unrealiserte Gewinne aus der Fremdwährungsbewertung nicht berücksichtigt werden dürfen. Bei Fremdwährungsbewertungseinheiten werden unrealisierte Gewinne und Verluste aus der Fremdwährungsbewertung miteinander verrechnet (kompensatorische Bewertung). Lediglich die verbleibende „Spitze“ ist imparitätisch zu behandeln. Ausnahmen von der imparitätischen Behandlung stellen Fremdwährungsbestände mit einer Restlaufzeit von unter einem Jahr
6
Gemäß § 340e Abs. 3 HGB n.F. ist von dem Fair Value ein Value at Risk (VaR) – Abschlag abzuziehen. Zusätzlich ist vom „Nettoertrag aus Finanzgeschäften“ mindestens zehn Prozent in einen Sonderposten innerhalb des Fonds für allgemeine Bankrisiken (340g-Reserven) zuzuführen (§ 340e Abs. 4 HGB n.F.).
222
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
sowie „besonders gedeckte“ Fremdwährungsbestände (nur Kreditinstitute) dar. Hier werden auch die unrealisierten Fremdwährungsgewinne vereinnahmt. Bei Kreditinstituten sind zu Handelszwecken gehaltene Finanzinstrumente mit dem Fair Value zu bilanzieren. Dieses gilt auch bezogen auf das Fremdwährungsrisiko. Somit sind sowohl unrealisierte Verluste als auch unrealisierte Gewinne GuV-wirksam zu erfassen.
Finanzinstrumente (FI) Derivate
Originäre FI
Handel (Spekulation)
Nicht-Handel
Handel (Spekulation)
Bank (Kreditinstitut)? Ja
FI des Handelsbestandes
Stand Alone
Bewertungseinheiten
Stand Alone
Bank (Kreditinstitut)?
Nein
Ja
FI des Handelsbestandes
Off-Balance
Marktpreis R (ohne FX)
Fair Value GuV
Imparit. Bew. (Drohverl. RS)
Kompensat. Bew.; Spitze imparitätisch
Fair Value GuV
FX
FV (ST) GuV
§ 256a n.F.
Spitze = § 256a n.F.
FV (ST) GuV
Legende
Nicht-Handel
§ 256a: St ichtagskurs (ST), imparitätisch GuV. Ausnahmen von imparitätischer Behandlung: a) Laufzeiten < 1 Jahr und b) besonders gedeckte Bestände (nur Banken, § 340 h n.F.)
AV = Anlagevermögen UV = Umlauf vermögen LR = Liquiditätsreserve (nur Banken) NWP = Niederstw ertprinzip
Nein
AV / UV (LR)
AV: gemilderter NWP UV (LR): strenges NWP § 256a n.F. FV = Fair Value ST = Stichtagskurs FX = Fremdw ährung (srisiko) R = Risiko
Abbildung 6: BilMoG: Neuerungen für Finanzinstrumente
30.
Bilanzrichtlinie, EG, 4. und 7.
(HGB) Mit dem am 26.02.2009 von der EU-Kommission vorgelegtem „Consultation paper on review of the accounting directives“ haben auf europäischer Ebene Beratungen zur Vereinfachung der 4. EG-Bilanzrichtlinien (Einzelabschluss) und 7. EG-Bilanzrichtlinien (Konzernabschluss) für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) begonnen. Zeitgleich hat die Kommission vorgeschlagen, Mitgliedstaaten ein Wahlrecht einzuräumen, Kleinstunternehmen (Micro-Unternehmen) aus der 4. Richtlinie ganz herauszunehmen.
Bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen
31.
223
Bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen
Siehe Held to Maturity (HTM).
32.
Bonds
Siehe Finanzinstrument.
33.
Buchungskonventionen
Gleichgültig, ob nach der HGB-, IFRS oder IPSAS-Rechungslegung bilanziert wird, Rechnungslegungssachverhalte münden letztendlich immer in Buchungssätzen, die aus Soll- und Haben-Buchungen bestehen. Nachfolgend werden die Buchungskonventionen zur Bildung dieser Buchungssätze dargestellt. Da „Soll“ (per) und „Haben“ (an) in den Buchhaltungssystemen mit Plus bzw. Minus abgebildet werden, geht es nachfolgend letztendlich um die Frage nach dem „richtigen“ Vorzeichen beim Buchen. Ausgangslage sind die Bilanzkonten, auf denen gebucht wird. Hier unterscheidet man zwischen Aktivkonten und Passivkonten. Die Aktivkonten sind die Bestandskonten, die sich in der Bilanz auf der Aktivseite (Mittelverwendung) befinden. Entsprechend sind die Passivkonten die Bestandskonten, die sich in der Bilanz auf der Passivseite (Mittelherkunft) befinden. Diese Konten erfahren durch Buchungen einen Zugang (Mehrung) oder aber einen Abgang (Minderung). Aus der Multiplikation (des Vorzeichens) des Bilanzkontos mit (dem Vorzeichen) der Bewegungsart ergibt sich als Ergebnis (das Vorzeichen) des Buchungsschlüssels. Hierbei sind Aktivkonten mit einem „+“ und Passivkonten mit einem „-“, ein Zugang mit einem „+“ und ein Abgang mit einem „-“ sowie eine Sollbuchung mit einem „+“ und eine Habenbuchung mit einem „-„ zu versehen (siehe Abbildung 7). Zu berücksichtigen ist, dass GuV-Konten Unterkonten des Passivkontos Eigenkapital sind, und daher immer mit „-“ multipliziert werden (siehe Abbildung 7: Buchungskonventionen
224
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
(I)). Dies erklärt auch das „Phänomen“, warum bei GuV-Zahlen die Vorzeichen bei Auswertungen aus den Buchungssystemen immer genau umgekehrt zu der ökonomischen Sicht sind. Ökonomisch reduzieren Aufwendungen den Ertrag und werden daher mit einem „-“ versehen. Buchhalterisch sind Aufwendungen mit einem „+“ versehen, da sie Abgänge (-) auf einem Unterkonto des Passivkontos Eigenkapital (-) darstellen, und Minus mal Minus plus ergibt. Verprobung: Bei jedem Buchungssatz muss die Summe der Soll-Buchungen gleich der Summe der Haben-Buchungen sein.
Aktiva
Passiva
+
-
Zugang
+
Abgang
-
Zugang Aktivkonto Passivkonto
+
*
+
=
+ +
+
*
-
=
-
Abgang Aktivkonto Passivkonto
-
*
+
=
--
-
*
-
=
+
Die Frage nach dem „richtigen“ Vorzeichen ?!
+
SOLLBuchung
-
=
HABENBuchung
Abbildung 7: Buchungskonventionen (I)
Besonderheit: GuV-Konten 1) GuV-Konten sind Unterkonten des Passivkontos " Eigenkapital" 2) In der Regel werden die GuV-Konten nur einseitig bebucht 3) Alle Abgänge des Eigenkapitals werden auf den Aufwandskonten gebucht 4) Alle Zugänge des Eigenkapitals werden auf den Ertragskonten gebucht
ERTRAGS-Konto Zugang Passivkonto " Eigenkapital"
+
*
-
=
-
AUFWANDS-Konto Abgang Passivkonto " Eigenkapital"
-
*
-
=
+
Abbildung 8: Buchungskonventionen (II)
=
Buchwert
225
Beispiel: In der Buchhaltung gehen 100 Euro an Zinsen für eine Ausleihung ein. Dieser Sachverhalt stellt einen Zugang (+) auf dem Aktiv-Konto „Kasse“ (+) dar und damit die SollBuchung (+ * + = +). Zudem findet ein Zugang (+) auf den Ertragskonto „Zinsertrag“ statt, welches wie alle GuV-Konten ein Unterkonto des Passiv-Kontos „Eigenkapital“ geführt wird. Dies bildet die Haben-Buchung (+ * - = -). Dementsprechend lautet der Buchungssatz: Per „Kasse“ 100 Euro an „Zinsertrag“ 100 Euro
34.
Buchwert
Der Buchwert eines Finanzinstrumentes ist der Wert, mit dem das Finanzinstrument gebucht und entsprechend in der Bilanz ausgewiesen wird. Der Buchwert ergibt sich zunächst aus dem im Rahmen der Zugangsbewertung ermittelten Wert (Fair Value (FV)). Dieser wird fortgeschrieben um die im Rahmen der Folgewertung zum jeweiligen Bilanzstichtag durchzuführende bilanzielle Bewertung des Marktpreisrisikos (ohne Fremdwährungsrisiko), Adressenausfallrisikos und Fremdwährungsrisikos. Die Höhe des Fortschreibungsbetrages hängt von den anzuwendenden Bewertungsmethoden ab (siehe hierzu Bewertungsmethoden).
35.
Cashflow Hedge (CFH)
Der Cashflow Hedge (IAS 39.86b) stellt eine von zwei Hedge-Arten des Hedge Accounting dar und dient dazu, Grundgeschäfte gegen zukünftige Schwankungen der Zahlungsströme abzusichern. Bei einem CFH werden die Fair Value-Veränderungen des Sicherungsinstruments nicht in der GuV, sondern unmittelbar im Eigenkapital erfasst. Bezüglich eines Zahlenbeispieles siehe Hedge Accounting. Das Handelsgesetzbuch (HGB) kennt diese Art der Absicherung grundsätzlich nicht. Beim CFH auf Firm Commitment bzw. Planned Future Transaction gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, wie mit dem am Ende der Hedge-Beziehung aufgelaufenen (positiven oder negativen) Fair Value des Hedging-Instrumentes umgegangen wird: (1) Verrechnung mit den Anschaffungskosten (Buchwert) des Vermögenswertes oder der Verbindlichkeit. Diese Art der Verrechnung wird auch als Basis Adjustment bezeichnet. (2) Ausweis in der
226
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Neubewertungsrücklage und sukzessive Verrechnung mit der GuV, wenn Gewinne oder Verluste aus dem eingebuchten Vermögenswert oder Verbindlichkeit die GuV beeinflussen.
36.
Cashflow Hedge (CFH) auf eine Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb
Die Fremdwährungsabsicherung einer Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb stellt einen Sondersachverhalt des Cashflow Hedge (CFH) dar. Fremdwährungseffekte aus einer Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb sind im Eigenkapital auszuweisen; entsprechende Fremdwährungsabsicherungsgeschäfte dahingegen als in der Regel Monetäre Posten (monetary items) GuV-wirksam mit dem Stichtagskurs. Daraus resultierende Verwerfungen in der GuV können durch die Bildung eines CFH vermieden werden.
37.
Cash-Strukturen
Siehe Structured Credit Products (SCP).
38.
Clean Price
Subtrahiert man von dem Dirty Price die Stückzinsen und die Zinsabgrenzung, so erhält man den Clean Price. Stückzinsen sind aufgelaufene Zinsansprüche, die vom Käufer einer kupontragenden Anleihe an den Verkäufer gezahlt werden müssen. Beim Kauf einer Anleihe ist dem Vorbesitzer also nicht nur der Kurs, sondern auch sein noch ausstehender Anteil am Kupon zu bezahlen. Als Zinsabgrenzung werden in diesem Buch am Bilanzstichtag noch ausstehende Zinszahlungen verstanden, die wirtschaftlich der Berichtsperiode zuzuordnen sind, aber cashmäßig noch nicht geflossen sind, da der Kupontermin noch aussteht. Anders als Stückzinsen sind die Zinsabgrenzungen GuV-wirksam zu erfassen.
Clean Price
227
Hinweis: In der Praxis werden unter Zinsabgrenzung auch Stückzinsen (so wie definiert) subsumiert und vice versa, das heißt unter Stückzinsen auch Zinsabgrenzungen (wie oben definiert). Als Synonym für Stückzinsen und/oder Zinsabgrenzung (wie definiert) wird manchmal auch der Begriff der „aufgelaufenen Zinsen“ verwandt. Im Rahmen der Fair Value-Bewertung eines Finanzinstrumentes für Rechnungslegungszwecke ist der Clean Price heranzuziehen. Der gesamte Buchwert des Finanzinstrumentes zum Bilanzstichtag ergibt sich aus dem Clean Price plus der Zinsabgrenzung und plus Stückzinsen. Somit entspricht der gesamte Buchwert dem Dirty Price (Barwert). In der Praxis und auch im vorliegenden Buch werden die Begriffe Fair Value, Full Fair Value, beizulegender Zeitwert und Markwert abwechselnd und synonym verwandt. Sie entsprechen alle dem Clean Price. Beispiel: Kauf einer Anleihe zum 1.11.2009 (Nominal 100 Euro). Der Kupontermin sei jeweils am 30.06. eines Jahres. Der Kaufkurs (Clean Price) am 1.10.2009 sei 101 Prozent und am 31.12.2009 103 Prozent. Der Jahreskupon mache 10 Euro (10 Prozent) p.a. aus. Wie hoch ist der Dirty Price jeweils zum 1.11.2009 (Kauftag) und am 31.12.2009 (Bilanzstichtag)?
1.11.09 Clean Price (1.11.) (gezahlte) Stückzinsen (1.11.) Zinsabgrenzung (1.11.) Dirty Price (1.11.) 31.12.09 Clean Price (31.12.) (gezahlte) Stückzinsen (31.11.) Zinsabgrenzung (31.12.) Dirty Price (31.12.)
+ + = + =
101,00 Euro 3,33 Euro
(Kursnotierung) (= 10 %*4/12) n.r.
104,33 Euro 103,00 Euro 3,33 Euro 1,66 Euro 108,00 Euro
(Kursnotierung) (= 10 % *2/12)
228
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Barwert = Dirty Price = Clean Price + Zinsabgrenzung (ZABGR) + Stückzinsen (STKZ)
Fair Value = Clean Price = Full Fair Value = beizulegender Zeitw ert = Marktw ert = Kursnotierung bei Anleihen Beispiel: * Kauf einer festzverzinslichen Anleihe zum 1.11. zum Kus von 101% * Nominal 100, Zinssazt 10% * Kupontermin 30.06. rückw irkend für die letzten 12 Monate * Zum Bilanzstichtag ist der Kurs der Anleihe auf 103% gestiegen
30.06. letzter Kupontermin
STKZ 3,33 € (100 € * 10% * 4/12)
Kus: 101%
Kurs: 103%
1.11. Erw erbZeitpunkt
31.12. Bilanzstichtag
30.06. nächster Kupontermin
ZABGR 1,66 € (100 € * 10% * 2/12)
Abbildung 9: Barwert, Dirty Price, Clean Price, Fair Value
39.
Collateralized Debt Obligation (CDO)
Siehe Structured Credit Products (SCP).
40.
Collateralized Loan Obligation (CLO)
Siehe Structured Credit Products (SCP).
Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS)
41.
229
Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS)
Siehe Structured Credit Products (SCP).
42.
Day one profit or loss
Bei der Zugangsbewertung ist der Fair Value (FV) anzusetzen. Normalerweise stellt der Kaufpreis die beste Approximation des Fair Value zum Zugangszeitpunkt dar (IAS 39.AG64 Satz 1). Bei Finanzinstrumenten, für die kein Aktiver Markt existiert, ist im Rahmen der Folgebewertung der Fair Value gemäß der Fair Value-Hierarchie mit einem Bewertungsverfahren zu ermitteln (Level 2 oder 3). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob bereits am Ende des ersten Handelstages (Erwerbszeitpunkt) ein Gewinn (Verlust) aus dem Finanzinstrument entstehen kann, weil aufgrund der Verwendung von zwei unterschiedlichen Fair Value-Werten ein (rechnerischer) Gewinn (Verlust) entsteht. Ein solcher Gewinn (Verlust) wird „day one profit (loss)“ genannt. Der Bewertungsunterschied ist nur dann als Gewinn (Verlust) zu erfassen, wenn die bei dem Bewertungsverfahren verwendeten Input-Parameter ausschließlich am Markt beobachtbar sind (IAS 39.AG78). Ansonsten ist der Unterschiedsbetrag im Zugangszeitpunkt GuV-neutral in der Bilanz zu erfassen und über die Laufzeit zu amortisieren.
43.
Derecognition
Siehe Ausbuchungsvorschriften.
230
44.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Derivat
Nach IFRS liegt ein Derivat vor, wenn alle drei nachfolgend genannten Merkmale des IAS 39.9 erfüllt sind: a) Der Wert des Derivats ändert sich infolge einer Änderung eines genannten Zinssatzes, Wertpapierkurses, Rohstoffpreises, Wechselkurses, Preis- oder Zinsindexes, Bonitätsratings oder Kreditindexes oder einer anderen Variablen. (b) Es erfordert keine Anschaffungsauszahlung oder eine, die im Vergleich zu anderen Vertragsformen, von denen zu erwarten ist, dass sie in ähnlicher Weise auf Änderungen der Marktbedingungen reagieren, geringer ist und (c) es wird zu einem späteren Zeitpunkt beglichen. Ein Derivat ist gemäß IAS 39.9 immer der Bewertungskategorie Trading (TRD) zuzuordnen. Die klassischen Derivatearten – wie Forward Rate Agreement (FRA), Futures, Optionen und Swaps – sind Derivate i.S.d. IAS 39.9. Bezüglich Warentermingeschäfte siehe separates Schlagwort.
45.
Dirty Price
Der Dirty Price (Barwert) entspricht dem auf den heutigen Tag abgezinsten (diskontierten) Wert zukünftiger Zahlungsströme (Discounted Cashflow-Methode, DCF). Beeinflusst wird der Barwert durch Anzahl, Höhe und Zeitpunkt der zukünftigen Zahlungen und durch den Diskontierungszinssatz, also den Zins für die entsprechende Laufzeit des Zahlungsstromes. Siehe Clean Price.
46.
Disagio (Abgeld)
Siehe Agio (Aufgeld).
Discounted Cashflow Methode (DCF)
47.
231
Discounted Cashflow Methode (DCF)
Gemäß der Fair Value-Hierarchie hat unter bestimmten Voraussetzungen die Fair-ValueErmittlung anhand der Discounted-Cashflow-Methode (DCF) zu erfolgen. Bei Fremdkapitalpapieren ist hierbei zwischen Kapitalmarkt- und Retail-Geschäften zu differenzieren. Bei Kapitalmarktgeschäften werden die ausstehenden Cashflows (CFt) mit den jeweiligen Zinssätzen der (risikolosen) Zinsstrukturkurve und den jeweiligen Credit Spreads (cs) diskontiert. Beim Retail-Geschäft (Kundengeschäft) ist darüber hinaus noch der Kundenkonditionsbeitrags-Spread (ks) vom Tage des Geschäftsabschlusses zu berücksichtigen. Dieser wird in der Folge konstant gehalten. Welche Parameter beim Diskontieren im Einzelnen zu berücksichtigen sind, ist in IAS 39.AG76A bzw. IAS 39.AG82 geregelt. Zum Folgebilanzstichtag werden bei der Ermittlung des Full Fair Value (FFV) dann die noch ausstehenden Cashflows mit den neuen, aktuellen Zinssätzen und Credit Spreads (plus gegebenenfalls konstanten Kundenkonditionsbeitrags-Spread) diskontiert. Anders als der FFV beinhaltet der Hedge Fair Value (HFV) nicht alle Risiken, sondern nur die Wertveränderung bezogen auf das im Rahmen des Hedge Accounting abgesicherte Risiko. Bei der Ermittlung des Hedge Fair Value (HFV) werden alle Diskontierungsfaktoren bis auf den das abgesicherte Risiko widerspiegelnden Faktor konstant gehalten. Bei der Absicherung gegen das Zinsänderungsrisiko z. B. werden bis auf den Zins (it) alle anderen Faktoren konstant gehalten (siehe Abbildung 10).
FFV (Marktpreis)
Falls vorhanden und valide ermittelbar, ist der Marktpreis der FV-Bewertung zugrunde zu legen.
Legende: • CFt: • it:
T
FFV (Kapitalmarktgeschäft)
FVV(K)
FFV (Retailgeschäft)
FVV(R)
CFt ZABGR STKZ (1 i t cs t ) t
¦ t 0
T
¦ (1 i t 0
T
HFV (Kapitalmarktgeschäft)
FVH(K)
HFV (Retailgeschäft)
FVH(R)
¦ t 0
T
¦ t 0
t
CFt ZABGR STKZ cs t ks const. ) t
CFt ZABGR STKZ (1 i t cs const. ) t
CFt ZABGR STKZ (1 i t cs const. ks const. ) t
Abbildung 10: DCF – Bewertungsparameter
• cst : zum
• ks.: •const.:
•FFV •HFV •ZABGR •STKZ
Cash Flow zum Zeitpunkt t Zins der Zinsstrukturkurve t für Laufzeit i Credit Spread Zeitpunkt t für Laufzeit i gemäß Rating-Tabelle Kundenkonditionsbeitrag Spread vom Tag des Geschäftsabschlusses t0 wird wird konstant gehalten Full Fair Value Hedge Fair Value Zinsabgrenzung Stückzinsen (für die Cash, geflossen ist)
232
48.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Dollar-Offset-Methode
Siehe Effektivitätstest.
49.
Effektivitätstest
Grundvoraussetzung für Hedge Accounting ist, dass die Hedgebeziehung effektiv ist. Zentrale Bedeutung kommt dabei dem prospektiven und retrospektiven Effektivitätstest zu. Für den gemäß IAS 39.AG105 erforderlichen prospektiven Effektivitätstest (PET) ist einmalig am Abschlussstichtag nachzuweisen, dass sich die Änderungen der Fair Values bzw. Cashflows aus Grundgeschäft und Sicherungsinstrument in der Zukunft kompensieren werden. Prospektive Effektivität liegt vor, wenn sich die Fair Value-Veränderung des Grundgeschäftes im Verhältnis zur Fair Value-Veränderung des Sicherungsinstrumentes (oder vice versa) in einer Bandbreite von 90 Prozent bis 110 Prozent bewegt. Hierzu werden in der Praxis entweder ein historischer Abgleich oder Sensitivitätsanalysen angewendet. Zu jedem Bilanzstichtag ist zu dem im Rahmen des retrospektiven Effektivitätstest die Effektivität ex post nachzuweisen. Die retrospektive Effektivität ist innerhalb der Range von 80 Prozent bis 125 Prozent gegeben. Hierzu werden in der Praxis entweder die Dollar-OffsetMethode oder aber Regressionsanalysen eingesetzt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch das vereinfachte Verfahren Anwendung finden.
50.
Effektivzins
Bei der Ermittlung der Fortgeführten Anschaffungskosten (FAK) ist das Agio (Aufgeld) / Disagio (Abgeld) unter Verwendung des effektiven Zinssatzes zu verteilen. Als effektiver Zinssatz gilt der Kalkulationszinssatz, mit dem der erwartete künftige Zahlungsmittelfluss bis zum Endfälligkeitstermin oder zum nächsten Zinsanpassungstermin auf den gegenwärtigen Buchwert des finanziellen Vermögenswerts oder einer finanziellen Verbindlichkeit abgezinst wird.
Eigenkapital-Papiere
51.
233
Eigenkapital-Papiere
Siehe Finanzinstrument.
52.
Eingebettete Derivate
Siehe Embedded Derivatives (ED).
53.
Einzelabschluss
(HGB/IFRS) Nach den Rechnungslegungsvorschriften unterliegen Unternehmen einer Rechnungspflicht, nach der sie verpflichtend einen Einzelabschluss aufzustellen haben, und zwar nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB). Dieser HGB-Einzelabschluss dient grundsätzlich allen drei Funktionen eines Abschlusses: der Information, der Kapitalerhaltung (Ausschüttungsbemessung) sowie der Grundlage für die Steuerbilanz (Maßgeblichkeitsprinzip). Für Informationszwecke kann der Bilanzierende freiwillig zusätzlich einen IFRSEinzelabschluss erstellen (§ 325 Abs. 2a HGB).
54.
Einzelbewertung
Grundsätzlich gilt in der Rechnungslegung der Grundsatz der Einzelbewertung, das heißt, jedes Finanzinstrument (jeder Vertrag) ist einzeln zu bilanzieren und zu bewerten. Siehe Bewertung.
234
55.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Einzel-Impairment
Siehe LAR- und HTM-Impairment.
56.
Embedded Derivatives (ED)
Nach IAS 39 sind alle Derivate GuV-wirksam mit dem Marktwert zu bilanzieren, da sie der Bewertungskategorie Trading (TRD) zuzuordnen sind (siehe Abbildung 6). Was ist aber, wenn ein Derivat in einem Strukturierten Finanzistrument eingebettet ist, welches nicht zum Marktwert bewertet wird? Dann ist dieses unter bestimmten Voraussetzungen abzutrennen, um so eine Gleichbilanzierung von Stand Alone-Derivat und eingebettetem Derivat sicherzustellen. Ein eingebettetes Derivat i. S. d. IAS 39.10 ff. – mit der Konsequenz seiner Abspaltung vom Grundvertrag – liegt aber nur dann vor, wenn die in IAS 39.11 genannten drei Voraussetzungen a) bis c) kumulativ erfüllt sind (siehe Abbildung 11). Alternativ kann von dem Wahlrecht der sogenannten Fair Value Option – zur Vermeidung einer Trennungspflicht von eingebetteten Derivaten – gemäß IAS 39.11A Gebrauch gemacht werden. Während die Prüfung von a) und b) in der Regel eindeutig ist, stellt die Prüfung von c) in der Praxis die eigentliche Herausforderung dar. Hilfreich können in diesem Zusammenhang die im IAS 39.AG30 genannten Beispiele für „nicht eng verbunden“ bzw. die IAS 39.AG33 genannten Beispiele für „eng verbunden“ sein.
Aufspaltungspflicht, Aufspaltungspflicht, wenn wenn alle alle folgenden folgenden Voraussetzungen Voraussetzungen erfüllt erfüllt sind: sind:
a) a)
Keine erfolgswirksame Bewertung des hybriden Instruments zum Fair Value
b) b)
Embedded Derivative erfüllt die Definition eines Derivates
c) c)
Risiken und Charakteristika des Embedded Derivative sind nicht eng mit dem Host Contract verbunden
Abbildung 11: Aufspaltungsvoraussetzungen für Embedded Derivatives
Endorsement
57.
235
Endorsement
Für Bilanzierer in der EU sind die International Financial Reporting Standards (IFRS) anzuwenden, die offiziell in EU-Recht übernommen wurden. Dieser Übernahmeprozess der IFRS in europäisches Recht wird als Endorsement bezeichnet.
58.
Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet
Siehe Fair Value through Profit and Loss (FVTPL).
59.
Erwerbsvorbereitung
Siehe Antizipativer Hedge.
60.
Fair Value (FV)
Fair Value (beizulegender Zeitwert) ist der Betrag, zu dem ein Vermögenswert zwischen vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftpartnern gehandelt werden würde. Bezüglich der möglichen Ausprägungen des Fair Values siehe Fair Value-Hierarchie. Der Fair Value entspricht dem Full Fair Value (FFV), das heißt, er berücksichtigt – anders als der Hedge Fair Value (HFV) – alle Risikoarten. Die Zugangsbewertung erfolgt bei allen Finanzinstrumenten zum Fair Value. Im Rahmen der Folgebewertung werden nur die Finanzinstrumente der Kategorien Available for Sale (AFS) und Fair Value through Profit and Loss (FVTPL) mit dem Fair Value bilanziert.
236
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Siehe auch Clean Price.
61.
Fair Value by Designation (FVBD)
Im allgemeinen Sprachgebrauch oft auch als sogenannte Fair Value-Option (FVO) bezeichnet. Eine von mehreren IAS 39 Bewertungskategorien. Neben Finanzinstrumenten der Unterkategorie Trading (TRD), die zwingend der Unterkategorie TRD und damit der Kategorie Fair Value through Profit and Loss (FVTPL) zuzuordnen sind, können nach IAS 39.9 auch grundsätzlich alle anderen Finanziellen Vermögenswerte und Finanziellen Verbindlichkeiten bei ihrer erstmaligen Erfassung der Kategorie „freiwillig erfolgswirksam zum Fair Value bewertet“ zugeordnet werden (also so wie Trading-Bestände, nur dass die TradingAbsicht nicht gegeben ist). Dies ist allerdings nur möglich, wenn durch die Anwendung der Fair Value-Option die Relevanz der veröffentlichten Abschlussinformationen erhöht wird. Dies ist dann der Fall, wenn durch Anwendung der Fair Value-Option Ansatz- oder Bewertungsinkongruenzen vermieden bzw. signifikant reduziert werden oder aber ein ansonsten notwendiges Split Accounting (Abspaltung) im Rahmen von Embedded Derivatives (ED) vermieden werden kann.
62.
Fair Value Hedge (FVH)
Der Fair Value Hedge stellt eine von zwei Hedge-Arten dar. In der Regel werden im Rahmen eines FVH festverzinsliche Bilanzpositionen durch ein Derivat gegen das Marktpreisrisiko abgesichert. Der Fair Value Hedge entspricht grundsätzlich der Mikro-BWE nach HGB.
Fair Value-Hierarchie
63.
237
Fair Value-Hierarchie
Wie der Fair Value zu ermitteln ist, ergibt sich aus der Fair Value-Hierarchie (IAS 39.AG71 bis 81). Der IAS 39 differenziert zwischen einer Marktbewertung mit und ohne Aktiven Markt und konkretisiert diese durch insgesamt sechs Einzelstufen. In der Praxis wurden bisher die Bewertungshierarchien allerdings auch häufig in Anlehnung an die nach US-GAAP übliche dreiteilige Level-Einordnung bezeichnet (SFAS 157). Letztere wurde nun auch in den IFRS 7 übernommen (siehe Finanzkrise). Abbildung 12 gibt einen Überblick über die jeweiligen Hierarchiestufen und wie diese im Verhältnis zueinander stehen. Level 1 (Mark to Market) Das Vorhandensein öffentlich notierter Marktpreise (Marktwert) auf einem aktiven Markt ist der bestmögliche objektive Hinweis für den beizulegenden Zeitwert und wird (falls existent) für die Bewertung des finanziellen Vermögenswertes oder der finanziellen Verbindlichkeit verwendet (Stufe 1). Wenn das Unternehmen nachweisen kann, dass der letzte Transaktionspreis nicht dem beizulegenden Zeitwert entspricht, wird ein adäquaterer Kurs von kurz vor dem Abschlussstichtag genommen (Stufe 2). Level 2 (Mark to Model mit Marktparameter) Wenn kein aktiver Markt für ein Finanzinstrument besteht, bestimmt ein Unternehmen den beizulegenden Zeitwert mithilfe einer Bewertungsmethode. Zu den Bewertungsmethoden gehören die Verwendung der jüngsten Geschäftsvorfälle zwischen sachverständigen, vertragswilligen und unabhängigen Geschäftspartnern (Stufe 3), der Vergleich mit dem aktuellen beizulegenden Zeitwert eines anderen, im Wesentlichen identischen Finanzinstruments (Stufe 4), die Verwendung der Discounted Cashflow Methode (DCF) sowie Optionspreismodellen (Stufe 5a). Der beizulegende Zeitwert wird auf Grundlage der Ergebnisse einer Bewertungsmethode geschätzt, die im größtmöglichen Umfang Daten aus dem Markt verwendet und so wenig wie möglich unternehmensspezifische Daten verwendet. Level 3 (Mark to Model ohne Marktparameter) Wie bei Stufe 5a, nur dass die Bewertungsmethode auch nicht am Markt beobachtbare Parameter verwendet. Der IAS 39 nennt diesen Sachverhalt explizit für Eigenkapitalinstrumente, die über keinen auf einem aktiven Markt notierten Preis verfügen und entsprechende Eigenkapitalderivate darauf (Stufe 5b). Bezogen auf die Level 3-Systematik gilt dies aber auch für Fremdkapitalpapiere.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Aktiver Markt
238
(= SFAS 157l)
AG71-73
Notierter Preis am Abschlussstichtag
1
Abschlusstichtag
2
2
Geschäftsvorfälle zwischen sachverständigen, vertragswilligen und unabhängigen Geschäftspartnern Vergleich mit dem aktuellen fair value eines anderen
4
im Wesentlichen identischen Instruments Bewertungsmodelle: Analyse von diskontierten Cashflows und
Optionspreismodellen
AG80-81
5b
Bewertungsmethoden mit am Markt beobachtbaren Inputparametern Verwendung der jüngsten
3
5a
1
kurz vor dem
AG74-79
Kein aktiver Market
IFRS 7 - Level
IAS 39 - Stufen
Bewertungsmethoden mit nicht am Markt beobachtbaren Inputparametern
3
Eigenkapitalinstrumente, die über keinen auf einem aktiven Markt notierten Preis verfügen und entsprechende Derviate darauf:
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Eckes/Flick, in KoR 7-8/2008, S. 465. Abbildung 12: Fair Value-Hierarchie
64.
Fair Value-Option
Siehe Bewertungskategorien gem. IAS 39 Fair Value by Designation (FVBD).
65.
Fair Value Portfolio Hedge auf Zinsänderungsrisiken (FVPH)
Grundsätzlich schreibt IAS 39 vor, dass ausschließlich Mikro-Hedges (Mikro-BWE) im Hedge Accounting berücksichtigt werden dürfen. Eine Ausnahme von der Beschränkung auf Mikro-Hedges bildet die Möglichkeit der Absicherung von Zinsrisiken auf Portfoliobasis im Rahmen eines Fair Value Hedge (FVH) (IAS 39.81A, IAS 39.AG114), die einer Makro-BWE
Fair Value through Profit and Loss (FVTPL)
239
im HGB-Sprachgebrauch entspricht. Ziel bei der Etablierung des FVPH war es, die Rechnungslegung für die moderne Risikosteuerungspraxis (bei Kreditinstituten) von Zinsänderungsrisiken (insbesondere GAP-Steuerung) – unter Beibehaltung der Grundprinzipien des Hedge Accounting (wie z. B. Effektivitätsmessung) – zu ermöglichen.
66.
Fair Value through Profit and Loss (FVTPL)
Eine von mehreren IAS 39 Bewertungskategorien. Ein Finanzieller Vermögenswert bzw. eine Finanzielle Verbindlichkeit ist gemäß IAS 39.9 der Bewertungskategorie „erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet“ (fair value through profit and loss FVTPL) zuzuordnen, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt sind: (a) „zu Handelszwecken“ Trading (TRD) gehalten eingestuft oder (b) beim erstmaligen Ansatz vom Unternehmen als erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten eingestuft (Fair Value by Designation (FVBD)). Die Kategorie FVTPL stellt somit eine Oberkategorie dar. Finanzinstrumente der Kategorie FVTPL sind mit dem Fair Value zu bilanzieren, wobei die gesamte Fair Value-Veränderung im Vergleich zum letzten Bilanzstichtag in der GuV auszuweisen ist.
67.
Feste Verpflichtung
Siehe Firm Commitment.
68.
Festverzinsliche Wertpapiere
Siehe Finanzinstrument.
240
69.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Financial Asset
Siehe Finanzinstrument.
70.
Financial Instrument
Siehe Finanzinstrument.
71.
Financial Liability
Siehe Finanzinstrument.
72.
Finanzgarantie
Gemäß IAS 39.9 ist eine Finanzgarantie ein Vertrag, bei dem der Garantiegeber zur Leistung bestimmter Zahlungen verpflichtet ist, die den Garantienehmer für einen Verlust entschädigen, der entsteht, weil ein bestimmter Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen gemäß den ursprünglichen oder geänderten Bedingungen eines Schuldinstruments nicht fristgemäß nachkommt. Der Finanzgarantiegeber hat die Finanzgarantie nach IAS 39 zu passivieren (siehe Bewertungskategorie Finanzgarantien, gegebene).
Finanzgarantien, gegebene
73.
241
Finanzgarantien, gegebene
Eine von mehreren IAS 39 Bewertungskategorien. Im IAS 39 werden die gegebenen Finanzgarantien (financial guarantee contracts, FG) nicht explizit als eigene Kategorie geführt. Allerdings sind sie zu passivieren und unterliegen auch einer gesonderten Bewertung. Daher sind sie im Datenmodell der Bilanzierung als eigene Kategorie mit zu berücksichtigen. Erhaltene FG sind nach IAS 39 nicht zu bilanzieren. Gemäß IAS 39.47 c) und d) ist bei der Bewertung von gegebenen FG der höhere der beiden folgenden Beträge zugrunde zu legen: (i) den gemäß IAS 37 (Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen) bestimmten Betrag und (ii) den ursprünglich erfassten Betrag abzüglich, soweit zutreffend, der gemäß IAS 18 (Erträge) erfassten kumulierten Amortisationen.
74.
Finanzielle Verbindlichkeit
Siehe Finanzinstrument.
75.
Finanzieller Vermögenswert
Siehe Finanzinstrument.
242
76.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Finanzinstrument
Gemäß IAS 32.11 ist ein Finanzinstrument (financial instrument) ein Vertrag, der gleichzeitig bei dem einen Unternehmen zu einem finanziellen Vermögenswert (financial asset) und bei dem anderen Unternehmen zu einer finanziellen Verbindlichkeit (financial liability) oder einem Eigenkapitalinstrument führt. Finanzinstrumente in diesem Sinne umfassen grundsätzlich die gesamte Palette an Geld-, Kredit- und Kapitalmarktgeschäften. Hierunter fallen sowohl originäre Finanzinstrumente (Kassageschäfte), wie z. B. festverzinsliche Wertpapiere (Bonds) und Aktien als auch derivative Finanzinstrumente (Derivate), wie z.B. Zinsswaps, Aktienoptionen. Sie können sowohl plain vanilla Fremdkapitalpapiere (z.B. Festverzinsliche Wertpapiere, Schuldscheindarlehen) und plain vanilla Eigenkapitalpapiere (Aktien, Fondsanteile) umfassen als auch sogenanntes Mezzanine-Kapital (z.B. Wandelanleihen, Genussrechte, Nachrangverbindlichkeiten). Sie können auf die Berichtswährung (z.B. Euro) als auch auf Fremdwährung (z.B. US-Dollar) lauten und können die Aktivseite der Bilanz (Investorsicht, long positions) genauso betreffen wie die Passivseite (Emissionssicht, short positions). Alle diese genannten Geschäfte mit ihrer Vielzahl von konkreten Ausprägungen fallen grundsätzlich unter den Begriff des Finanzinstrumentes i. S. d. IAS 32.
77.
Finanzkrise
Die im Jahre 2007 in den USA ausgelöste Subprime-Krise führte in den Jahren 2008 / 2009 zu einer weltweiten Finanzkrise. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass auch im Bereich der Rechnungslegung eine Reihe von Defiziten zu verzeichnen ist. Insbesondere im Laufe des Jahres 2008 hat in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von inter- und nationalen Institutionen zu diesem Themenkomplex Berichte mit Empfehlungscharakter veröffentlicht, die zum Teil in die – aus der Finanzkrise resultierenden – Gesetzesänderungen bzw. -vorhaben eingegangen sind. Die Rechnungslegungsänderungen betreffen die beiden Themenkomplexe „Zweckgesellschaften“ sowie „Fair Value (FV)-Bilanzierung von Finanzinstrumenten in einem nicht Aktiven Markt“ (siehe Abbildung 13). Unter dem Themenkomplex „Zweckgesellschaften“ fallen zwei IASB-Vorhaben, die bereits vor der Finanzkrise begonnen und aufgrund der Finanzkrise hoch priorisiert wurden. Zum einen betrifft dies den Standardentwurf ED 10 „Consolidated Financial Instruments“ und zum anderen das IASB Agenda Projekt „Derecognition“ (Ausbuchung). Bei dem Themenkomplex
Umklassifizierung (neu)
243
„Fair Value-Bilanzierung von Finanzinstrumenten in einem nicht aktiven Markt“ ist zu differenzieren zwischen Änderungen bei der „Bewertung“ (IAS 39) und bei den „Anhangsangaben (Disclosures, Notes)“ (IFRS 7). Im Fokus der Rechnungslegungsänderung der „Bewertung“ stehen zum einen die „Umklassifizierungen (Kategorisierung)“ und zum anderen die „Fair Value-Hierarchie (DCF-Verfahren)“.
Finanzkrise: Lehren und Konsequenzen für die Rechnungslegung
Konsolidierungspflicht von Zweckgesellschaften (SPV)
Bewertung von Finanzinstrumenten in einem nicht aktiven Märkten
Bewertung
Umklassifizierung (Bewertungskategorien)
Anhangsangaben
Fair Value Hierarchie (DCF-Methode)
Abbildung 13: Finanzkrise: Lehren und Konsequenzen für die Rechnungslegung
78.
Umklassifizierung (neu)
Die Hauptänderung bei der Umklassifizierung ergibt sich aus der IAS 39 / IFRS 7-Änderung „Reclassification of Financial Assets“ vom Oktober/November 2008, mit der neue Umklassifizierungen zugelassen werden. Abbildung 14 gibt einen Überblick über die bisherigen und die neu hinzugekommenen Umklassifizierungsmöglichkeiten nach IFRS (bezüglich HGBUmklassifizierungen siehe Finanzkrise (HGB)). Ausgelöst durch die Umklassifizierungsneuerungen im IAS 39 hat das IDW am 5.12.2008 den Entwurf der Stellungnahme IDW ERS
244
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
HFA 26 veröffentlicht7. Zudem geht das IASB mit der Änderung zum IAS 39 / IFRIC 9 vom März 2009 auf die Auswirkungen der neuen Umklassifizierungsvorschriften bei „Embedded Derviatives“ ein und stellt klar, dass bei einer Umklassifizierung aus der Bewertungskategorie Trading (TRD) der bisher nicht durchzuführende Test auf eine mögliche Abspaltung eines Embedded Derivatives (ED) nachzuholen ist. Bei dieser Prüfung sind allerdings die Verhältnisse zum Zugangszeitpunkt (und nicht zum Umklassifizierungszeitpunkt) relevant.
von
1 2
F V
A C
FVTPL TRD FVTPLFVBD
3
AFS
4
HTM
5
AMORTISED COST (AC) 4 5 HTM LAR
FAIR VALUE (FV) 1 2 3 FVTPL - FVTPLAFS TRD FVBD
nach
; 1)
; 1)
; 1)
; 3) ; 4)
; 2)
; 5) ; 6)
LAR
Legende
; neu (ab Oktober 2008)
1) IAS 39. 50c) 2) IAS 39. 50e) Absicht und Fähigkeit, das Finanzinstrument * Änderung der Halteabsicht auf absehbare Zeit oder bis zur Endälligkeit zu halten * Wahlrecht; kann pro Geschäft nur 1x in Anspruch genommen w erden 3) IAS 39. 54 Änderung der Halteabsicht / -fähigkeit *
; bisher schon gültige
Umgliederung darf nur unter " außergew öhnlichen" Umständen erfolgen (z.B. Finanzkrise)
4) IAS 39. 54 5) IAS 39. 52
Tainting beendet Änderung der Halteabsicht / -fähigkeit
6) IAS 39. 52
Tainting
Fallkonstellation nich möglich
Abbildung 14: Umklassifizierungen IFRS neu
79.
Fair Value-Hierarchie
Bei dem IAS 39-Bewertungsthema „Fair Value Hierarchie (DCF-Verfahren)“ geht es zum einen um die Fragestellung, unter welchen Voraussetzungen ein Markt inaktiv ist, also um die Eingangsvoraussetzungen für einen inaktiven Markt. Zum anderen geht es um die Frage, mit welchen Diskontierungsparametern die ausstehenden Cashflows zu diskontieren sind (Diskontierungsfaktoren), wenn ein Markt inaktiv ist und daher der Fair Value mit dem DCFVerfahren ermittelt wird.
7
IDW-Stellungnahme zur Rechnungslegung (2008).
Fair Value-Hierarchie
245
Mit dem FASB Mitarbeiter Positionspapier „FSP 157-3“8 wurden erstmals Eingangskriterien für einen inaktiven Markt konkretisiert. Das IASB-Expertengremium (IASB EAP) hat im Rahmen seiner Veröffentlichung vom Oktober 20089 die grundsätzliche Konformität der IFRS-Bewertungsvorschriften mit denen der US-GAAP bestätigt und stellt eine Vielzahl von Beispielen zum Thema Bewertung und Anhangsangaben in inaktiven Märkten dar. Der Thematik der zu verwendenden „Diskontierungsfaktoren“ hat sich erstmalig das IDW in seinen Schreiben an das IFRIC im Oktober und Dezember 2008 10 angenommen. Bei der Inanspruchnahme der neuen Umklassifizierungen sind zu diesen Beständen gemäß der IFRS 7-Änderungen11 vom Oktober 2008 Zusatzangaben im Anhang anzugeben. Mit der im März 2009 veröffentlichten Änderung des IFRS 712 sind zudem Anhangsangaben zum Fair Value (FV) gemäß der neu eingeführten dreistufigen Fair Value-Hierarchie zu veröffentlichen. Die Fair Value-Hierarchie nach IFRS 7 entspricht nun der US-amerikanischen Regelung im SFAS 157. So sind nun die in der Bilanz zum Fair Value bewerteten Finanzinstrumenten eine der drei Fair Value-Level zuzuordnen. Für die Level 3-Finanzinstrumente ist die Entwicklung des Buchwertes im laufenden Geschäftsjahr detailliert aufzureißen. Nachdem bis zum ersten Quartal 2009 die oben beschriebenen Änderungen als Lehren und Konsequenzen für die Rechnungslegung umgesetzt wurden, gab das IASB im zweiten Quartal 2009 bekannt, den IAS 39 umfassend – mit dem Ziel der Komplexitätsreduktion – zu überarbeiten. Die Überarbeitung erfolgt in drei Stufen: 1. Überarbeitung der Vorschriften zur Kategorisierung und Bewertung 2. Überarbeitung der Vorschriften zum Impairment und 3. Überarbeitung der Vorschriften zum Hedge Accounting.
8
FSP 157-3 „Determining the Fair Value of Financial Asset when the Market for that Asset is not active“ vom 10.10.2008. 9 Expert Advisory Panel (EAP) „Measuring and disclosing the fair value of financial instruments in markets that are no longer active“ vom 31.10.2008. 10 IDW-Schreiben an IFRIC vom 27.10.2008 „Bewertung von Finanzinstrumenten auf inaktiven Märkten zum beizulegenden Zeitwert: Ermittlung des Abzinsungszinssatzes für Barwertberechnungen (IAS 39)“. IDW-Schreiben an IFRIC vom 23.12.2008 bezüglich Klarstellungen zum Schreiben vom 27.10.2008. 11 IAS 39 / IFRS 7-Änderung „Reclassification of Financial Assets“ vom Oktober/November 2008. 12 IFRS 7 „Improving Disclosures about Financial Instruments“ March 2008 (09_118).
246
80.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Finanzkrise (HGB)
Die im Rahmen der Finanzkrise diskutierten Fragestellungen zur IFRS-Rechnungslegung haben auch eine gewisse Auswirkung auf die HGB-Bilanzierung. So hat das IDW am 9. Januar 2008 einen Rechnungslegungshinweis zur „Umwidmung und Bewertung von Forderungen und Wertpapieren nach HGB“ (IDW RH HFA 1.014) veröffentlicht. Anders als nach IFRS wurden die Umklassifizierungen im HGB nicht geändert, der Rechnungslegungshinweis stellt allerdings noch einmal klar, wie die im IFRS-Umfeld diskutierte Thematik zur Umklassifizierung nach dem geltenden HGB geregelt ist (siehe Abbildung 15). Das IDW weist in dem Rechnungslegungshinweis darauf hin, dass bei einer Umklassifizierung aus dem Umlaufvermögen in das Anlagevermögen auf einen Gleichlauf in den HGBund IFRS-Rechenwerken zu achten ist, da der verfolgte Geschäftszweck unabhängig von der Rechnungslegungssystematik sei (Tz. 24 des IDW RH). So zieht eine Umklassifizierung von der Bewertungskategorie Trading (TRD) nach Held to Maturity (HTM) nach IFRS eine korrespondierende Umklassifizierung im HGB-Abschluss nach sich. Vice versa muss dies allerdings nicht so sein, da – anders als nach HGB – die Umklassifizierung nach IFRS ein Wahlrecht darstellt. Auch nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) bleiben die bisherigen Umklassifizierungsmöglichkeiten bestehen. Bei Kreditinstituten wurde im § 340e Abs. 3 Satz 4 HGB n.F. klar gestellt, dass Stand Alone-Derivate in eine Bewertungseinheit (BWE) umklassifiziert werden können und vice versa. Zudem können Finanzinstrumente des Handelsbestands umklassifiziert werden, wenn durch außergewöhnliche Umstände die ursprüngliche Handelsabsicht der Bank aufgegeben wird.
Umlaufvermögen (UV) 1 ) Anlagevermögen (AV) 2 ) 3 ) 1 2 Wertpapiere 3 4 Handels- Liquiditäts- Forderungen Wertpapiere Forderungen bestand reserve
nach
AV
2) 3)
Umlaufvermögen 1 )
von
1
2 Wertpapiere
;
Forderungen
Handelsbestand
;
Liquiditätsreserve
3
Forderungen
4
Wertpapiere
; ;
;
; ;
Legende 1) strenges Niederstw ertprinzip 2) gemildertes Niederstw ertprinzip 3) Schriftliche Dokumentation, dass Finanzinstrument dauernd dem Geschäftsbetrieb dient = Fallkonstellation nicht möglich
Abbildung 15: Umklassifizierungen HGB
;
Finanzkrise und IPSAS
247
Unter dem Punkt 4 der Stellungnahme IDW RH HFA 1.1014 nimmt das IDW auch Stellung zur Bewertung in illiquiden Märkten. Die Erfahrungen aus der Finanzkrise haben dazu geführt, dass die im Rahmen des BilMoG für Kreditinstitute eingeführte Fair Value-Bewertung für Nichtkreditinstitute – anders als ursprünglich geplant – nicht umgesetzt wurde.
81.
Finanzkrise und IPSAS
Die International Public Sector Accounting Standards (IPSAS) sind hinsichtlich der Rechnungslegung von Finanzinstrumenten nicht besonders gut aufgestellt, zumal der einzige Finanzinstrumente-Standard IPSAS 15 veraltet ist (2001) und ein Standard für die Bilanzierung und Bewertung auf Basis von IAS 39 ganz fehlt. Deshalb und auch in Anbetracht der globalen Finanzkrise hat das IPSAS-Board auf dem Meeting vom Oktober 2008 beschlossen, das bereits seit Frühjahr 2008 laufende Projekt „Finanzinstrumente“ zu priorisieren13. Im ersten Quartal 2009 soll ein Exposure Draft präsentiert werden. Der IAS 39 soll dabei nicht groß verändert übernommen werden. Etwas mehr Anpassungen sind möglicherweise bei der Übernahme des IFRS 7 erforderlich.
82.
Firm Commitment
Firm Commitments (feste Verpflichtungen) sind nach IFRS nicht zu bilanzieren. Beispielsweise wird der Terminkauf (eines Euro-Bilanzierers) von Öl in US-Dollar in einem Jahr zum heutigen Terminkurs für die Nutzung für die eigene Produktion (sogenannte Own-UseKontrakte) während der Einjahreslaufzeit nicht als Vermögenswert bilanziert. Der Ansatz eines Vermögenswertes erfolgt erst in einem Jahr, wenn das Öl geliefert wird. Eine feste Verpflichtung kann aber Gegenstand eines Fair Value Hedge sein. Dann ist der auf die feste Verpflichtung entfallende Hedge Fair Value (HFV) sehr wohl zu aktivieren oder zu passivieren. Beispielsweise schließt das Unternehmen zur Absicherung des Fremdwährungsrisikos aus dem in einem Jahr in US-Dollar zu zahlenden Ölpreis (Fortsetzung des Beispiels oben) ein Devisentermingeschäft ab, welches es als Hedging-Instrument im Rahmen eines Fair Value Hedges der festen Verpflichtung zuordnet. Die feste Verpflichtung selber, also der 13
Bergmann (Oktober 2008), S. 2,http;//www.ipsas.ch Æ newsletter.
248
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Terminkauf des Öls, ist weiterhin nicht zu bilanzieren, sehr wohl aber der auf die feste Verpflichtung entfallende Hedge Fair Value, der die Fair Value-Veränderung der Wechselkursentwicklung US-Dollar zu Euro widerspiegelt. Die Absicherung eines Firm Commitments gegen Währungsrisiken kann alternativ auch im Rahmen eines Cashflow Hedge erfolgen (IAS 39.97).
83.
Fondsanteile
Siehe Finanzinstrument.
84.
Fortgeführte Anschaffungskosten (FAK)
Fremdkapital-Finanzinstrumente der Kategorien Loans and Receivables (LAR), Held to Maturity (HTM) und Sonstige Verbindlichkeiten (L) werden im Rahmen der Folgebewertung mit den fortgeführten Anschaffungskosten bewertet. Dies ist der Betrag, mit dem ein finanzieller Vermögenswert oder eine finanzielle Schuld bei der erstmaligen Erfassung (Zugangsbewertung) bewertet wurde, abzüglich Tilgungen, abzüglich (zuzüglich) der Auflösung von Agio (Aufgeld) / Disagio (Abgeld) gemäß der Effektivzins-Methode sowie abzüglich etwaiger außerplanmäßiger Abschreibungen. Bezüglich Eigenkapital-Finanzinstrumente siehe At Cost.
85.
Framework
Siehe Rahmenkonzept.
Fremdkapital-Papiere
86.
249
Fremdkapital-Papiere
Siehe Finanzinstrument.
87.
Fremdwährungsrisiken (FX)
Eine von drei Hauptrisikoarten, die Gegenstand der Bewertung von Finanzinstrumenten in der Rechnungslegung sind. Die bilanzielle Abbildung des Fremdwährungsrisikos regelt IAS 21.
88.
Full Fair Value (FFV)
Siehe Fair Value (FV).
89.
FX
Abkürzung Fremdwährungsrisiken (FX).
250
90.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Geplanter und höchstwahrscheinlicher Geschäftvorfall
Siehe Planned Future Transaction.
91.
Grundgeschäft
Grundgeschäfte (hedged item), die im Rahmen des Hedge Accounting abgesichert werden können, sind: (1) ein bilanzierter Vermögenswert oder eine bilanzierte Verbindlichkeit (also originäre Finanzinstrumente der Kategorien LAR, HTM, AFS, L), (2) eine bilanzunwirksame feste Verpflichtung (Firm Commitment), (3) ein geplanter und höchstwahrscheinlicher Geschäftvorfall (Planned Future Transaction) oder (4) eine Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb.
92.
Haben-Buchung
Siehe Buchungskonventionen.
Handelsgesetzbuch (HGB)
93.
251
Handelsgesetzbuch (HGB)
(HGB) Das HGB kodifiziert die deutsche Rechnungslegung. Für Finanzinstrumente gibt es keine speziellen Vorschriften, so wie dies nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) der Fall ist. Nach HGB gelten für Finanzinstrumente die allgemeinen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften. (1) Vorschriften für alle Kaufleute (§ 238 ff. HGB) und (2) Ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften (§ 264 ff. HGB). Es sind unter anderem für Kreditinstitute darüber hinaus die branchenspezifischen Vorschriften der §§ 340 ff HGB zu beachten sowie die Rechnungslegungsverordnung für Kreditinstitute (RechKredV).
94.
Hedge Accounting
Unter bestimmten Voraussetzungen können nach IAS 39 Grundgeschäft (hedged item)- und Sicherungsgeschäft (hedging instrument / hedging derivat) abweichend von dem Prinzip der Einzelbewertung zusammen bewertet werden. Hier spricht man dann vom sogenannten Hedge Accounting. Bis auf eine Ausnahme (Absicherung von Fremdwährungsrisiken) benötigt man für Hedge Accounting ein Derivat (als Sicherungsinstrument). Ohne Derivate stellt sich daher grundsätzlich die Frage nach Hedge Accounting nicht. Die Notwendigkeit zum Hedge Accounting ergibt sich aus der unterschiedlichen bilanziellen Behandlung in den verschiedenen Kategorien von Finanzinstrumenten nach IAS 39 (Mixed Model). Beispiel (1): Kauf eines Schuldscheindarlehens (SSD), der mit einem Payer-Swap gegen steigende Zinsen abgesichert wird. Beispiel (2): Kauf einer Floating Rate Note (FRN). Da in der Zukunft aber ein fester Zinszahlungsstrom benötigt wird, werden die aus der FRN erhaltenen variablen Zinsen im Rahmen eines Receiver-Swaps durchgereicht und dafür Festzins erhalten.
252
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
LAR
1
KassaG
TRD
Derivat F
F
Payer-SWAP
Schuldscheindarlehen (SSD)
V
Marktentwicklung: Zinsen steigen Æ Markwert fällt to: 100 GE F = feste Zinsen
to:0 GE + 1,7
AFS
2
t1: 1,7 GE t1: 98,3GE
-1,7
KassaG
TRD
Derivat V
V
Receiver-SWAP
Floating Rate Note (FRN)
F
Marktentwicklung: Zinsen fallen Æ Zins-Cashflow-Reihe wird volatil to: 100 GE t1: 1,7 GE t1: 99,99GE -/+0
to:0 GE + 1,7
Abbildung 16: Beispiel zum Hedge Accounting (I) Würde man jeweils die beiden Finanzinstrumente streng einzeln bewerten, hätte man eine volatile GuV und dadurch ein volatiles Eigenkapital, obwohl ökonomisch eine geschlossene Position vorliegt. In t0 würde das Kassageschäft mit den Anschaffungskosten von 100 Euro aktiviert. Der Swap wäre zwar in der Buchhaltung zu erfassen, aber mit einem Netto-Fair-Value von 0 Euro nicht in der Bilanz sichtbar. In t1 hätte man in beiden Fällen einen Ertrag in Höhe von 1,7 Euro aus der Fair Value-Bewertung des Zinsswaps. Aus den Kassageschäften sind allerdings keine gegenläufigen Effekte zu erfassen, da im Fall 1 das Schuldscheindarlehen der Kategorie Loans and Receivables (LAR) zugeordnet ist und daher keine Marktbewertung erfolgt und im Fall 2 die FRN zwar mit dem Marktwert zu bilanzieren ist, dieser bei dem Floater aber annähernd bei 100 Prozent ist.
Hedge Accounting
253
to: Ausgangslage A
t1: kein Hedge A
P
P
100
+
(Kreditinstitute)
Zinsüberschuss (ZÜ) Provisionsüberschuss (PÜ) Hedge-Ergebnis (HedgeE)
100
0
GuV
1,7
Handels-Ergebnis (HandelsE)
EK
+ 1,7
.....
+
JÜ
LEGENDE:
+ 1,7
GuV (Nicht-Kreditinstitute)
Grundgeschäft
EBIT
= SSD bzw. FRN
Finanzergebnis
+
1,7
+
1,7
..... JÜ
Derivat = Volatilität = keine Volatilität (mehr)
Abbildung 17: Beispiel zum Hedge Accounting (II)
t1: Cash Flow Hedge A
P
t1: Fair Value Hedge GuV
(Kreditinstitute)
ZÜ PÜ HedgeE
99,99
(-)
HandelsE .....
+ 1,7 EK
A
+
JÜ
GuV
(Kreditinstitute)
ZÜ PÜ
100 1,7
HedgeE
1,7
HandelsE .....
EK
+
1,7 1,7
0,0
JÜ
0,0
+ 1,7 GuV (Nicht-Kreditinstitute)
LEGENDE:
P
GuV (Nicht-Kreditinstitute) EBIT
EBIT Finanzergebnis .....
Finanzergebnis
JÜ
..... JÜ
+
1,7 1,7 0,0
Grundgeschäft = SSD bzw. FRN
Derivat = Volatilität
Abbildung 18: Beispiel zum Hedge Accounting (III) Im Beispiel 2 könnte das Derivat im Rahmen eines sogenannten Cashflow Hedge (CFH) gem. IAS 39.95 ff. als Sicherungsinstrument designiert werden. Als bilanzielle Konsequenz erfolgt ein Ausweis der Fair Value-Veränderung des Derivats nicht mehr in der GuV, sondern direkt im Eigenkapital in der Cashflow-Hedge-Rücklage. Somit wäre die Volatilität aus der GuV eliminiert, die im Eigenkapital würde aber bleiben. Im Beispiel 1 könnte das Derivat im Rahmen eines sogenannten Fair Value Hedge (FVH) gem. IAS 39.89 ff. als Sicherungsinstrument designiert werden. In diesem Fall bleibt die Bilanzierung des Derivates im Grunde unverändert, aber die Bilanzierung des Grundgeschäf-
254
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
tes würde sich ändern. Anstatt der Fortgeführten Anschaffungskosten (FAK) würde nun hier der Hedge Fair Value (HFV) bilanziert, also die zinsinduzierte Fair-Value-Veränderung würde auf die FAK gebucht werden. Dies sind im vorliegenden Fall -1,7 Euro. Diese werden in die GuV gebucht und ergeben dort mit den +1,7 Euro aus dem Derivat ein ausgeglichenes GuV-Ergebnis. Beim Fair Value Hedge wird die Volatilität in der GuV und im Eigenkapital reduziert oder – wie im vorliegenden Beispiel 2 – eliminiert.
95.
Hedge Adjustment
Das Hedge Adjustment stellt den Betrag dar, um den der Buchwert (ohne Hedge Accounting) angepasst werden muss, um den Hedge Fair Value (HFV) als Buchwert abzubilden.
96.
Hedge Fair Value (HFV)
Anders als der Full Fair Value (FFV) beinhaltet der Hedge Fair Value (HFV) nicht alle Risiken, sondern nur die Wertveränderung bezogen auf das im Rahmen einer Hedge-Beziehung abgesicherte Risiko. Zur Ermittlung siehe die Discounted Cashflow Methode (DCF).
97.
Hedge-Arten
Durch Hedge Accounting kann eine ansonsten verzerrende IFRS-Bilanzierung reduziert oder eliminiert werden. Buchungstechnisch erfolgt dies bei einem Fair Value Hedge (FVH) dadurch, dass sich das Grundgeschäft der Bilanzierung des Derivats anpasst und somit die – auf das abgesicherte Risiko entfallende – Fair Value (FV)-Veränderung aus dem Grundgeschäft ebenfalls in die GuV gebucht wird und dort auf die gegenläufige Wertentwicklung des Derivat trifft. Bei einem Cashflow Hedge (CFH) hingegen dadurch, dass die Gegenbuchung
Hedged item
255
zur Fair-Value-Erfassung des Derivates in der Bilanz nicht gegen die GuV, sondern gegen das Eigenkapital ausgesteuert wird. Diese beiden Techniken des Hedge Accountings können nun in verschiedenen Konstellationen vorkommen. Abbildung 19 gibt einen Überblick über die Hedgearten und ordnet ihnen auch die in der HGB-Welt gebräuchlichen Begriffe von Bewertungseinheiten (BWE) zu.
Fair Fair value value Hedge Hedge
Technik: Technik: Delta Delta Hedge Hedge Fair Fair Value Value von von Grundgeschäft Grundgeschäft wird wird in in der der GuV GuV gezeigt gezeigt
Fair Fair value value Hedge FVH Hedge FVH
Risiko von Veränderungen des Fair Values
Mikro-BWE
Portfolio Portfolio FV FVPH FV Hedge Hedge FVPH
Risiko von Veränderungen des Fair Values (nur Zins)
Makro-BWE
Cash Cash Flow Flow Hedge Hedge
Technik: Technik: Delta Delta Fair Fair Value Value des des Absicherungsinstruments Absicherungsinstruments (i.d.R. (i.d.R. Derivat) Derivat) wird wird im im Eigenkapital Eigenkapital gezeigt gezeigt
Cash Cash Flow Flow Hedge CFH Hedge CFH Hedge Hedge of of net net investment investment
CFH CFH Nettoinvestition Nettoinvestition
Risiko von Schwankungen zukünftiger Zahlungsströme
Währungsrisiko aus einer Nettoinvestition
Abbildung 19: Hedge-Arten/-Techniken
Somit kennt der IAS 39 mit dem Fair Value Hedge Accounting und dem Cashflow Hedge Accounting zwei Haupt-Hedge-Arten, bei denen es jeweils neben der eigentlichen Hedge-Art noch eine besondere Ausprägung gibt, sodass es insgesamt vier Hedge-Arten (Ausprägungen) gibt (FVH, FVPH, CFH und CFH einer Nettoinvestition). Im IAS 39 selbst wird rein formal nur von drei Hedge-Arten gesprochen, da der FVPH dort nicht als eigene Hedge-Art aufgeführt ist.
98.
Hedged item
Das hedged item ist das Grundgeschäft einer Sicherungsbeziehung. Siehe Hedge Accounting.
256
99.
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Hedging-Instrument
Siehe Sicherungsinstrument.
100. Held to Maturity (HTM)
Eine von mehreren IAS 39 Bewertungskategorien. Bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen (held-to-maturity investments) sind gem. IAS 39.9 wie folgt definiert. (1) nicht derivative finanzielle Vermögenswerte (2) mit festen oder bestimmbaren Zahlungen sowie einer festen Laufzeit, (3) die das Unternehmen bis zur Endfälligkeit halten will und kann, mit (4) Ausnahme von denjenigen, die das Unternehmen beim erstmaligen Ansatz der Kategorie Fair Value by Designation (FVBD), Available for Sale (AFS) oder Loans and Receivables (LAR) zuordnet und (5) kein sogenanntes Tainting vorliegt.
101. IAS 1
IAS 1 „Darstellung des Abschlusses“ enthält Mindestangaben zum Bilanz- und GuVAusweis, die auch Finanzinstrumente betreffen.
102. IAS 12
IAS 12 „Ertragsteuern“ beschäftigt sich unter anderem mit den sogenannten latenten Steuern. Da die IFRS- und Steuerbilanzierung temporär auseinanderlaufen können und dadurch in der IFRS-Bilanz – wirtschaftlich gesehen – temporär zu viel oder zu wenig ausgewiesen werden kann, wird in der IFRS-Bilanz so getan, als ob die Besteuerung so wie in der IFRS-Bilanz
IAS 21
257
dargestellt erfolgen würde. Die anhand dieser Simulation ermittelten „Korrekturbeträge“ werden in der Bilanz und der GuV unter latenten Steuern gebucht. Auch bzw. gerade bei Finanzinstrumenten treten solche temporären Differenzen auf, die dann Gegenstand von latenten Steuern sind. Zum Beispiel dürfen unrealisierte Gewinne aus einer Marktbewertung eines Zinsswaps in der IFRS-Bilanz wegen des Realisationsprinzips nicht in der Steuerbilanz gezeigt werden. Gegen diesen unrealisierten Ertrag von z.B. 100 GE in der IFRS-GuV ist dann ein Aufwand aus latenten Steuern in Höhe von -30 GE (bei angenommener Konzernsteuerquote von 30 Prozent) gebucht, sodass mit netto 70 GE genau der Betrag ausgewiesen wird, der dann bei einer Realisierung ceteris paribus tatsächlich so auch endgültig in die Bücher gehen würde
103. IAS 21
IAS 21 „Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse“ behandelt die Fremdwährungsumrechnung und -bewertung und ist insofern hinzuziehen, wenn es um die Bilanzierung von Fremdwährungs-Exposure (sowohl Transaktions- als auch Translations-Exposure) geht. Die Bilanzierung von Fremdwährungsgeschäften (Transaktions-Exposure) hängt davon ab, ob sie als sogenannte monetäre oder nicht monetäre Posten einzustufen sind. Gemäß IAS 21.23 sind Fremdwährungsgeschäfte wie folgt zu bewerten: (1) Monetäre Posten (monetary items) in einer Fremdwährung sind unter Verwendung des Stichtagskurses umzurechnen; (2) Nicht monetäre Posten (non monetary items), die zu historischen Anschaffungsoder Herstellungskosten in einer Fremdwährung bewertet werden, sind mit dem Kurs am Tag des Geschäftsvorfalles umzurechnen und (3) nicht monetäre Posten, die mit ihrem beizulegenden Zeitwert in einer Fremdwährung bewertet werden, sind mit dem Kurs umzurechnen, der am Tag der Ermittlung des Wertes gültig war. Beispiel dazu: (1) Sämtliche Fremdkapitalpapiere (Forderungen, Verbindlichkeiten, Bonds, Schuldscheindarlehen etc.) unabhängig von der IAS-39-Kategorie. (2) Beteiligungen, die zu Anschaffungskosten bewertet werden. (3) Aktien der Kategorien Available for Sale (AFS), Trading (TRD) und Fair Value by Designation (FVBD). Die Währungsumrechnung eines (selbstständigen) ausländischen Tochterunternehmens stellt sich in der Regel als Transformationsvorgang von der Fremdwährungsbilanz in die EuroBilanz der Mutter dar (Translations-Exposure). Gemäß IAS 21.39 erfolgt diese Transformation nach der sogenannten Qualifizierten Durchschussmethode.
258
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
104. IAS 30
IAS 30 „Angaben im Abschluss von Banken und ähnlichen Finanzinstitutionen“ war der einzige branchenspezifische IFRS-Standard im Umfeld der Rechnungslegung von Finanzinstrumenten. Der IAS 30 wurde durch Inkrafttreten des IFRS 7 abgelöst (2007).
105. IAS 32
Der IAS 32 „Finanzinstrumente: Darstellung“ enthält eine Vielzahl von Definitionen zu dem Themenkomplex Finanzinstrumente und regelt die Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital auf der Passivseite.
106. IAS 39
IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“ stellt das „Herz“ der Bilanzierungsvorschriften für Finanzinstrumente dar, da er die materiell wichtigen Vorschriften zum Ansatz und insbesondere zur Bewertung (Mixed Model, Hedge Accounting) beinhaltet.
107. IFRS 7
Der IFRS 7 „Finanzinstrumente: Angaben“ gibt vor, welche Anhangsangaben zu Finanzinstrumenten zu machen sind. Dies betrifft Zusatzangaben zur Bilanz, zur GuV und zu Marktwerten genauso wie eine Vielzahl von Risikoangaben.
IFRS for Small and Medium Sized Entities (SME)
259
108. IFRS for Small and Medium Sized Entities (SME)
Die aktuellen IFRS berücksichtigen zurzeit nicht die Besonderheiten von mittelständischen Unternehmen (kleine und mittelgroße Unternehmen, KMU). Daher hat das IASB für diese Unternehmensgruppe einen Entwurf eines eigenen Standards veröffentlicht, der zwar grundsätzlich auf den allgemeinen IFRS-Standards aufbaut, aber für bestimmte Bereiche teilweise erhebliche Vereinfachungen im Vergleich zum vollständigen IFRS-Regelwerk vorsieht. Der Standard firmierte zwischenzeitlich unter „IFRS for Non-publicly Accountable Entities“ (NPAEs), nachdem er zunächst „IFRS for small and medium sized entities“ (SME) und dann „IFRS for private entities“ hieß, um nun endgültig doch wieder unter SME zu firmieren. Die Vereinfachungen betreffen auch den Bereich der Finanzinstrumente. Den für Finanzinstrumente relevanten Teil in dem IFRS for SME stellen der Abschnitt 11 „BasisFinanzinstrumente“ und der Abschnitt 12 „Weitere Finanzinstrumente-Sachverhalte“ dar. Gegenstand von Abschnitt 11 sind einfache Fremdkapitalpapiere, wohingegen Abschnitt 12 sich mit komplexeren Instrumenten und einfachen Hedging-Strukturen beschäftigt. Da die IFRS for SMEs unter anderem in Deutschland sehr kontrovers diskutiert werden, soll das durch das BilMoG modernisierte HGB hierzu eine Alternative darstellen. Bezüglich der Modernisierungsüberlegungen auf EU-Ebene siehe Bilanzrichtlinie, EG, 4. und 7.
109. IFRS-Standards
Die für die Bilanzierung von Finanzinstrumenten relevanten IFRS-Vorschriften verteilen sich über mehre Einzelstandards. Die Hauptstandards sind der IAS 32, IAS 39 und IFRS 7. Das „Herz“ der Bilanzierungsvorschriften für Finanzinstrumente ist der IAS 39; er regelt unter anderem die Bewertung. Vier weitere IFRS-Vorschriften – IAS 12, IAS 21, IAS 1, Rahmenkonzept – regeln nicht explizit nur Sachverhalte zu Finanzinstrumenten, beeinflussen aber auch deren Bilanzierung.
260
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Framework IAS 12 Ertragsteuern
IAS 1 Darstgellung des Abschlusses Ausweis in der Bilanz und der GuV
IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben
9Anhangsangaben
IAS 32 Finanzinstrumente: Darstellung 9
Ansatz und Ausw eis in der Bilanz * Definitionen * Abgrenzung EK / FK
Latente Steuer
IAS 21 Auswirkungen von Änderungen der Wechselkurse Fremdwährungsbewertung
IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung 9Ansatz in der Bilanz 9 Bew ertung
Abbildung 20: Für Finanzinstrumente relevante Standards
110. Impairment
Anders als bei der Fair Value (FV)-Bewertung geht es beim Impairment-Test um die Ermittlung einer gegebenenfalls vorhandenen dauerhaften Wertminderung von Finanzinstrumenten. Gemäß IAS 39.58 Satz 1 ist an jedem Bilanzstichtag zu ermitteln, ob objektive Hinweise auf eine dauerhafte Wertminderung schließen lassen. Liegen objektive Hinweise für ein Impairment vor, so ist der Impairmentbetrag als Aufwand in der GuV zu erfassen. Bei Finanzinstrumenten der Kategorie Fair Value through Profit and Loss (FVTPL) wird über die GuV-wirksame Erfassung der Fair Value-Veränderung indirekt auch bereits eine mögliche dauerhafte Wertminderung in der GuV erfasst, sodass für Finanzinstrumente dieser Kategorie ein separater Impairmenttest nicht erforderlich ist. Bei Finanzinstrumenten der Kategorien Loans and Receivables (LAR) und Held to Maturity (HTM) ergibt sich der Impairmentbetrag aus der Differenz der Fortgeführten Anschaffungskosten (FAK) und dem niedrigeren sogenannten Recoverable Amount. Bei Finanzinstrumenten der Kategorie Available for Sale (AFS) ergibt sich der Impairmentbetrag aus der Differenz der fortgeführten Anschaffungskosten und dem Fair Value. Der Impairmentbetrag ist ergebniswirksam zu erfassen.
Intercompany Geschäfte
261
111. Intercompany Geschäfte
Siehe Interne Geschäfte.
112. International Financial Reporting Standards (IFRS)
Zum einen stellen die IFRS den Oberbegriff für alle vom International Accounting Standards Board (IASB) veröffentlichten Rechnungslegungsvorschriften dar. Beispiel: In Deutschland existiert neben der nationalen Rechnungslegung HGB die internationale IFRSRechnungslegung. Zum anderen wird der Begriff IFRS für alle vom IASB seit 2003 neu verabschiedeten Rechnungslegungsvorschriften verwendet. Die bis 2002 verabschiedeten Vorschriften werden weiterhin unter den Bezeichnungen International Accounting Standards (IAS) veröffentlicht Beispiel: Der IFRS 1 beschäftigt sich mit der „erstmaligen Anwendung der IFRS“, der IAS 1 hingegen mit der „Darstellung des Abschlusses“.
113. International Public Sector Accounting Standards (IPSAS)
IPSAS stellt den internationalen Rechnungslegungsstandard für die öffentliche Verwaltung dar, der sich an den International Financial Reporting Standards (IFRS) orientiert. Ein weiterer Schritt für die öffentliche Verwaltung nach der Umstellung auf nationaler Ebene von der Kameralistik auf die (HGB-)Doppik (siehe Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF)) könnte die Umstellung auf die internationalen Rechnungslegungsvorschriften für die öffentliche Verwaltung IPSAS sein. Auf Deutschland bezogen könnten die Gebietskörperschaften wie Bund, Länder und Kommunen IPSAS anwenden. Bei den IPSAS handelt es sich derzeit lediglich um Empfehlungen. Rechtsverbindlich würden diese Empfehlungen erst, wenn sie in nationales Recht umgesetzt werden. Dies ist in Deutschland bislang nicht der Fall und daher finden die IPSAS zurzeit in Deutschland keine und in der EU erst in wenigen
262
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Staaten Anwendung. Anders dahingegen in der Schweiz sowie der EU-Kommission14 OECD und NATO, die bereits IPSAS anwenden. Von den zurzeit 26 IPSAS-Standards regelt lediglich der IPSAS 15 („Darstellung und Angaben von Informationen über alle Arten von Finanzinstrumenten“) als Pendant zum IAS 32 Sachverhalte zu Finanzinstrumenten. Für die nicht von IPSAS abgedeckten Sachverhalte werden alternativ nationale Vorschriften oder aber die IFRS herangezogen, mit Blick auf Finanzinstrumente also der IAS 39 und IFRS 7. Siehe auch Finanzkrise und IPSAS.
114. Interne Geschäfte
IFRS verbietet explizit (anders als HGB) die Bilanzierung von internen Geschäften (IAS 39.73, IAS 39.IG F1.4). Unter internen Geschäften werden in diesem Zusammenhang in der Regel Geschäfte zwischen Organisationseinheiten ein und derselben Unternehmung (Rechtsform) verstanden (sogenannte Intra-Office-Geschäfte). Sie betreffen somit die Meldedaten des Einzelabschlusses. Interne Geschäfte nach IFRS können nicht Gegenstand einer Sicherungsbeziehung sein; diese müssen nach IFRS generell extern am Markt abgeschlossen werden. Gleiches gilt für konzerninterne Geschäfte (sogenannte Inter-Company-Geschäfte) auf Ebene des Konzernabschlusses (sogenannte Konzernhedges).
115. Intra-Office Geschäfte
Siehe Interne Geschäfte.
14
Den Jahresabschluss 2007 hat die EU-Kommission veröffentlicht unter: ec.europa.eu/budget/library/publications/fin_manag_account/fin_annual_acc_2007_en.pdf .
Kassageschäfte
263
116. Kassageschäfte
Siehe Finanzinstrument.
117. Kategorien
Siehe Bewertungskategorien.
118. Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU)
Siehe IFRS for Small and Medium Sized Entities (SME).
119. Kommunen
Die Rechnungslegungspflichten von (Teilbereichen der) Kommunen hängen davon ab, wie diese organisiert sind; z.B. ob die Teilbereiche verselbstständigt sind oder nicht. Als ein Beispiel für die Rechnungslegungspflichten eines verselbstständigten Teilbereichs siehe die Ausführungen zu Stadtwerke. Der nicht verselbstständigte Teil der Kommunen stellt die – in der Regel durch Beamte geleitete – Kernverwaltung (Regiebetriebe) dar. Aktuell erfolgt in vielen Kernverwaltungen eine Umstellung von der – zurzeit noch dominierenden – Kameralistik auf die kaufmännische Buchführung. Da die Rechnungslegung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland den Bundesländern obliegt, gibt es hier allerdings nicht eine einheitliche Rechnungslegung für gesamt Deutschland (so wie dies z.B. beim HGB der Fall ist). Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland, welches ab 2009 für seine kommunalen Verwaltungen die Aufstellung eines Jahresabschlusses nach der kaufmännischen Buchführung fordert
264
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
(Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF)). Die NKF-Rechnungslegungsvorschriften basieren im Wesentlichen auf den Bilanzierungsvorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) für große Kapitalgesellschaften. Insofern sind die hier dargestellten HGB-Regelungen auch für bilanzierende Kommunen relevant. Weitere Informationen zur Rechnungslegung in der öffentlichen Verwaltung enthält die IDW-Stellungnahme ERS ÖFA 1 von 30.10.2001 zur „Rechnungslegung der öffentlichen Verwaltung nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung“. Bezüglich der internationalen Rechnungslegung der öffentlichen Verwaltung siehe International Public Sector Accounting Standards (IPSAS).
120. Komplexitätsreduktion
Aufgrund der Komplexität der IFRS-Bilanzierung von Finanzinstrumenten plant das IASB im Rahmen eines Konvergenzprojekts mit dem US-amerikanischen Standardsetzer (FASB) eine komplette Neustrukturierung der Bilanzierung von Finanzinstrumenten. Dazu hat das IASB im März 2008 das Diskussionspapier „Reduzierung der Komplexität der Berichterstattung über Finanzinstrumente“ (reducing complexity in reporting financial instruments) vorgelegt. Das IASB strebt danach als langfristiges Ziel eine einheitliche Bewertung aller Finanzinstrumente zum Fair Value an. Als Übergangslösung hin zu diesem langfristigen Ziel stellt der Standardsetzer folgende mögliche Zwischenlösungen dar: 1) Veränderung der aktuellen Bewertungsregelungen z.B. durch Reduzierung der Anzahl von Bewertungskategorien, 2) Veränderung der aktuellen Bewertungsregelungen durch prinzipienbasierte Fair-ValueBewertungsregelung bzw. 3) Vereinfachung des Hedge Accountings. Im Rahmen der Diskussionen über die Finanzkrise beschloss das IASB im November 2008 dieses Projekt zur umfassenden Überprüfung der Bilanzierung von Finanzinstrumenten auf die aktive Agenda des IASB zu nehmen (Financial Instruments – Comprehensive Project).
121. Konzernabschluss
(HGB / IFRS) Besitzt ein Unternehmen Beteiligungen, so ist zu prüfen, ob es – zusätzlich zu dem verpflichtend aufzustellenden Einzelabschluss – einen Konzernabschluss aufzustellen hat. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Mutterunternehmen entweder rechtlich15 oder 15
Control-Konzept gem. § 290 Abs. 2 HGB.
Kredite und Forderungen
265
aber wirtschaftlich16 das andere Unternehmen beherrscht. Beispiel: Rechtliche Kontrolle besteht z.B. bei Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter oder bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrages. Wirtschaftliche Kontrolle besteht, wenn neben dem Beteiligungsverhältnis das Mutterunternehmen originäre Leitungsaufgaben für den gesamten Konzern übernimmt und damit eine einheitliche Leitung tatsächlich ausübt. Bezüglich der Frage, ob ein Konzernabschluss nach HGB oder IFRS zu erstellen ist, siehe Rechnungslegung.
122. Kredite und Forderungen
Siehe Loans and Receivables (LAR).
123. Kreditinstitute
Für Zwecke der Rechnungslegung sind Unternehmen nach Nichtkreditinstituten und Kreditinstituten (Banken) zu differenzieren. Grundsätzlich gelten die IFRS branchenunabhängig für alle Unternehmenstypen. Allerdings differenziert IAS 1 bei den Gliederungsvorschriften zwischen Kreditinstituten und Nichtkreditinstituten. Die HGB-Bilanzierung kennt dahingegen explizit branchenspezifische Vorschriften, so unter anderem für Kreditinstitute. Die Abgrenzung zwischen Bank und Nichtbank ergibt sich aus § 1 des Kreditwesengesetzes (KWG).
124. LAR- und HTM-Impairment
Bei der Impairment-Ermittlung ist ein zweistufiger Impairment-Prozess zu durchlaufen. Abbildung 21 gibt einen Überblick über diesen Prozess. Gemäß IAS 39.64 S.1 ist zunächst für signifikante (Pflicht) und nicht signifikante (Wahl) finanzielle Vermögenswerte festzustellen, 16
Konzept der einheitlichen Leitung gem. § 290 Abs. 1 HGB.
266
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
ob auf individueller Basis ein objektiver Hinweis auf Wertminderung vorliegt (EinzelImpairment). Finanzielle Vermögenswerte, bei denen im Rahmen eines durchgeführten Einzel-Impairments kein objektiver Hinweis auf eine Wertminderung besteht, sowie nicht signifikante finanzielle Vermögenswerte, für die kein Einzel-Impairment durchgeführt wurde, sind in Gruppen finanzieller Vermögenswerte (Portfolien) mit vergleichbaren Ausfallrisikoprofilen aufzunehmen und dann gemeinsam auf objektive Hinweise bezüglich einer Wertminderung (bezogen auf das jeweilige Portfolio) zu untersuchen (Portfolio-Impairment).
Quelle: IDW ERS HFA 9 n.F. S. 20 Abbildung 21: Überblick über Einzel- und Portfolio-Impairment
125. Latente Steuer
Siehe IAS 12.
126. Level 1 bis 3
Siehe Fair Value Hierarchie.
Loans and Receivables (LAR)
267
127. Loans and Receivables (LAR)
Eine von mehreren IAS 39 Bewertungskategorien. „Kredite und Forderungen“ (Loans and Receivables) sind gemäß IAS 39.9 (1) nicht derivative finanzielle Vermögenswerte, (2) mit festen oder bestimmbaren Zahlungen, (3) die nicht in einem Aktiven Markt notiert sind, mit Ausnahme von denjenigen, die das Unternehmen der Kategorie (4a) Trading (TRD) bzw. Fair Value by Designation (FVBD) oder (4b) Available for Sale (AFS) zuordnet oder (4c) diejenigen, für die der Inhaber seine ursprüngliche Investition infolge anderer als einer Bonitätsverschlechterung nicht mehr nahezu vollständig wiedererlangen könnte und die dann als AFS einzustufen sind. Gegenstand von LAR können nur Kassageschäfte (siehe 1) und Fremdkapitalpapiere (also keine Aktien, siehe 2) sein, deren Nominale (außer bei einer Bonitätsverschlechterung) wieder zurückgezahlt werden (4c). Diese Fremdkapitalpapiere dürfen nicht auf einem sogenannten aktiven Markt notiert sein (3). Der Definition des aktiven Marktes kommt an dieser Stelle große Bedeutung zu.
128. Makro-BWE
(HGB) Eine Makro-BWE stellt eine von drei Arten von Bewertungseinheiten (BWE) dar, die meistens bei Kreditinstituten Anwendung findet. Im Rahmen von Makro-Hedges werden Derivate eingesetzt, die zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos des gesamten Bankbuches abgeschlossen werden, z.B. Zinsswaps, die bestimmte Aktiv-/Passivüberhänge bestimmter Laufzeitbänder absichern. In der IFRS-Welt entspricht der Fair Value Portfolio Hedge auf Zinsänderungsrisiken (FVPH) dem Grundgedanken der Makro-BWE.
129. Marktpreisrisiko
Eine von drei Hauptrisikoarten, die Gegenstand der Bewertung von Finanzinstrumenten in der Rechnungslegung sind. Bezüglich der bilanziellen Berücksichtigung des Marktpreisrisikos (ohne FX) gibt es nach IAS 39 grundsätzlich zwei unterschiedliche Bewertungsmethoden: entweder eine Bewertung
268
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
zum Fair Value (FV) oder keine marktpreisinduzierte Bewertung, sondern eine Bilanzierung zu den Fortgeführten Anschaffungskosten (FAK). Welche von den beiden Bewertungsmethoden anzuwenden ist, hängt von der IAS-39 Bewertungskategorien ab. Bezüglich der bilanziellen Abbildung von FX-Risiken siehe Fremdwährungsrisiken (FX).
130. Marktwert
Siehe Fair Value-Hierarchie und Clean Price.
131. Mikro-BWE
(HGB) Eine Mikro-BWE stellt eine von drei Arten von Bewertungseinheiten (BWE) dar. Unter Mikro-BWE i. e. S. wird eine 1:1-Beziehung von Grund- und Sicherungsgeschäft verstanden (z.B. 1 Bond long gegen 1 Payer-Swap). Unter Mikro-Hedges i. w. S. wird eine 1:n- oder n:1- oder aber auch n:m-Beziehung zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft verstanden (z.B. 1 Bond long gegen mehrere Payer-Swaps ähnlicher Ausprägung bzw. mehrere Bonds ähnlicher Ausprägung long gegen 1 Payer-Swap). Bei Kreditinstituten können Mikros sowohl im Bankbuch als auch im Handelsbestand vorkommen. Das Pendant zur Mikro-BWE stellt der Fair Value Hedge (FVH) bei den IFRS dar.
132. Mittelstand
Siehe IFRS for Small and Medium Sized Entities (SME).
Mixed Model
269
133. Mixed Model
Unter Mixed Model versteht man eine Bewertungssystematik, die ein Nebeneinander unterschiedlicher Bewertungsmethoden vorsieht. Das Mixed Model des IAS 39 sieht z.B. bei der Bewertung des Marktpreisrisikos (ohne FX) entweder eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder aber zum Fair Value vor.
134. Monetäre Posten (monetary items)
Die Bilanzierung von Fremdwährungsgeschäften gemäß IAS 21 hängt davon ab, ob sie als sogenannte monetäre oder nicht monetäre Posten einzustufen sind. Monetäre Posten sind gem. IAS 21.8 i. V. m. IAS 21.10 im Besitz befindliche Währungseinheiten sowie Vermögenswerte und Schulden, für die das Unternehmen ein feste oder bestimmbare Anzahl von Währungseinheiten erhält oder bezahlen muss. Mit Blick auf Finanzinstrumente kann man stark vereinfacht sagen, dass alle Fremdkapitalpapiere (z.B. Bonds) monetäre Posten i. S. d. IAS 21 darstellen und (gehaltene) Eigenkapitalpapiere (z.B. Investments in Aktien) nicht monetäre Posten.
135. Neubewertungsrücklage
Fair Value (FV)-Veränderungen von Finanzinstrumenten der Kategorie Available for Sale (AFS) werden GuV-neutral direkt im bilanziellen Eigenkapital erfasst, in der sogenannten Neubewertungsrücklage.
270
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
136. Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF)
Zurzeit vollzieht sich in der deutschen öffentlichen Verwaltung ein Paradigmenwechsel von der Kameralistik zur Doppik. Sukzessive stellen in der nächsten Zeit diverse Gebietskörperschaften ihre Buchhaltung von der zahlungsorientierten einfachen Rechnungslegung (Kameralistik) auf die ressourcenverbrauchsorientierte doppelte Rechnungslegung (Doppik) um. Da die Rechnungslegung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland den Bundesländern obliegt, gibt es hier allerdings keine einheitliche Rechnungslegung für gesamt Deutschland (so wie dies z.B. beim Handelsgesetzbuch (HGB) der Fall ist). Das Land Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland, welches ab 2009 für seine Kommunen – im Rahmen des sogenannten „Neuen Kommunalen Finanzmanagements“ (NKF17) - die Aufstellung eines Jahresabschlusses nach der Doppik fordert.
137. Nicht monetäre Posten (non monetary items)
Siehe Monetäre Posten (monetary items).
138. Objektive Hinweise
Liegen objektive Hinweise vor, die darauf schließen lassen, dass eine dauerhafte Wertminderung gegeben ist, so ist ein Impairment zu buchen. IAS 39.59 nennt einige Beispiele für das Vorliegen eines objektiven Hinweises, wie z.B. erhebliche finanzielle Schwierigkeiten des Emittenten oder des Schuldners oder aber ein Vertragsbruch (z.B. Ausfall oder Verzug von Zins- oder Tilgungszahlungen). Objektive Hinweise bei Eigenkapitalinstrumenten (z.B. Aktien) sind unter anderem signifikante oder länger anhaltende („prolonged“) Abnahme des beizulegenden Zeitwertes unter die Anschaffungskosten. Größenordnungen für „signifikant“ können 20 Prozent und für „länger anhaltend“ sechs Monate sein.
17
www.neues-kommunales-finanzmanagement.de.
Optionspreismodelle
139. Optionspreismodelle
Siehe Fair Value-Hierarchie.
140. Originäre Finanzinstrumente
Siehe Finanzinstrument.
141. Other Comprehensive Income (OCI)
Ist nach US-GAAP das Pendant zu der IFRS-Neubewertungsrücklage.
142. Own-Use-Kontrakte
Siehe Warentermingeschäfte.
143. Plain Vanilla-Finanzinstrument
Standard-Finanzinstrument ohne irgendwelche Besonderheiten.
271
272
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
144. Planned Future Transaction
Planned Future Transactions (geplante und höchst wahrscheinliche Geschäftvorfälle) sind nicht zu bilanzieren. Gleiches Beispiel wie bei Firm Commitment, nur dass nun keine feste Verpflichtung, sondern ein geplanter und höchst wahrscheinlicher Geschäftsvorfall vorliegt. Bezogen auf das beim Firm Commitment genannte Beispiel mit der Öl-Lieferung ist in diesem Fall kein Kaufvertrag für die Lieferung von Öl auf Termin (so wie beim Firm Commitment) unterschrieben worden, sondern es ist geplant, in einem Jahr – mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit – das Öl zu erwerben. Planned Future Transactions können im Rahmen eines Cashflow Hedge (CFH) abgesichert werden.
145. Portfolio-BWE
(HGB) Eine Portfolio-BWE stellt eine von drei Arten von Bewertungseinheiten (BWE) dar. Bei Portfolio-BWE nach HGB werden bestimmte Handelsbestände zusammengefasst und als Einheit bewertet. Entweder werden gleiche Produkte gleicher Risikoart (z.B. Zinsswapbuch) oder unterschiedliche Produkte gleicher Risikoart (z.B. öffentliche Anleihen plus Schuldscheindarlehen plus Zins-Futures) zusammen bewertet. Eines solchen Portfolio-Hedges bedarf es nach IFRS nicht, da sämtliche Handelsbestände der Kategorie Trading (TRD) zuzuordnen sind und daher schon per se einheitlich bewertet werden. Der Begriff des PortfolioHedges nach IFRS wird eher im Sinne einer Mikro-BWE i.w.S. verstanden.
146. Portfolio-Impairment
Siehe LAR- und HTM-Impairment.
Prospektiver Effektivitätstest (PET)
273
147. Prospektiver Effektivitätstest (PET)
Siehe Effektivitätstest.
148. Qualifizierte Durchschnittsmethode
Die Währungsumrechnung eines (selbstständigen) ausländischen Tochterunternehmens stellt sich in der Regel als Transformationsvorgang von der Fremdwährungsbilanz in die EuroBilanz der Mutter dar (Translations-Exposure). Gemäß IAS 21 erfolgt diese Transformation nach der sogenannten qualifizierten Durchschnittsmethode (IAS 21.39): 1) Vermögenswerte und Schulden sind zum Stichtagskurs, 2) Eigenkapital zum historischen Kurs und 3) GuVPositionen zum Periodendurchschnittskurs umzurechen. Die sich aus dieser Umrechnung ergebende Differenz ist GuV-neutral im Eigenkapital auszuweisen (Unterschiedsbetrag aus Währungsumrechnungen). Eine Realisierung der im Eigenkapital „geparkten“ Währungsumrechnungsgewinne oder -verluste erfolgt erst bei Verkauf oder Liquidation des ausländischen Tochterunternehmens und erhöht oder verringert entsprechend das Verkaufsergebnis.
149. Rahmenkonzept
Über allen Standards steht das sogenannte Rahmenkonzept (Framework), welches die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) der IFRS darstellt und alle wesentlichen Grundprinzipien der internationalen Rechnungslegung regelt. Kommt man bei der bilanziellen Beurteilung einer konkreten Transaktion mit den gegebenen Standards nicht weiter, so kann das Rahmenkonzept hier gegebenenfalls weiterhelfen.
274
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
150. Rechnungslegung
(HGB/IFRS) Kreditinstitute und Nichtkreditinstitute des Privatrechts haben verpflichtend einen HGB-Abschluss aufzustellen. Zusätzlich kann ein IFRS-Einzelabschluss erstellt werden (§ 325 Abs. 2a HGB). Ob neben dem HGB-Einzelabschluss noch ein Konzernabschluss zu erstellen ist, hängt davon ab, ob ein Mutterunternehmen i.S.d. § 290 HGB vorliegt. Nimmt ein solches Mutterunternehmen den Kapitalmarkt (durch Aktien- und/oder Fremdkapitalemissionen) in Anspruch, so ist der Konzernabschuss nach IFRS aufzustellen (§ 315a Abs. 1 HGB). Relevant sind allerdings die IFRS, die im Rahmen des sogenannten EndorsementVerfahrens in EU-Recht übernommen wurden. Nimmt das Mutterunternehmen nicht den Kapitalmarkt in Anspruch, ist grundsätzlich ein HGB-Konzernabschluss gemäß den Vorschriften der §§ 297 HGB ff. zu erstellen. Anstatt eines HGB-Konzernabschlusses kann der Bilanzierende allerdings auch freiwillig einen IFRS-Konzernabschluss erstellen (§ 315a Abs. 3 HGB).
Unternehmenstyp
Konzernabschluss HGB IFRS
Einzelabschluss HGB IFRS*)
Steuerbilanz HGB --> StB
1)
Kapitalmarktorientierter Konzern
./.
;
;
;
;
2)
Kein Kapitalmarktorientierter Konzern, aber freiwillige IFRS-Bilanzierung
./.
;
;
;
;
3)
Kein Kapitalmarktorientierter Konzern
;
./.
;
;
;
4)
Kein Konzern
./.
./.
;
;
;
*) Freiw illig nur zu Informationszw ecken zusätzlich zum HGB-Einzelabschluss
Abbildung 22: Rechnungslegungspflichten
151. Reclassification
Siehe Umklassifizierung.
Recoverable Amount
275
152. Recoverable Amount
Im Rahmen des Impairments für Finanzinstrumente der Kategorien Loans and Receivables (LAR) und Held to Maturity (HTM) ist der Barwert der erwarteten künftigen Cashflows (Recoverable Amount) zu ermitteln. Hierfür sind die erwarteten ausstehenden Cashflows mit dem Effektivzins vom Zeitpunkt des Geschäftsabschluss abzuzinsen (historischer Effektivzins).
153. Reducing Complexity
Bezüglich des IASB-Diskussionspapiers „reducing complexity in reporting financial instruments“ siehe Komplexitätsreduktion.
154. Regressionsanalyse
Siehe Effektivitätstest.
155. Residential Mortgage Backed Securities (RMBS)
Siehe Structured Credit Products (SCP)
276
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
156. Securitization
Siehe Verbriefungstransaktionen.
157. Sensitivitätsanalyse
Siehe Effektivitätstest.
158. Short Cut-Methode
Siehe vereinfachtes Verfahren.
159. SIC 12
Siehe Zweckgesellschaften.
160. Sicherungsinstrument
Im Rahmen von Hedge Accounting sind als Sicherungsinstrument (Hedging Instrument) im Sinne des IAS 39 grundsätzlich nur Derivate zulässig. Lediglich bei der Absicherung von
Soll-Buchung
277
Fremdwährungsrisiken (FX) können auch nichtderivative Finanzinstrumente als Sicherungsgeschäfte eingesetzt werden (z.B. FX-Kredit).
161. Soll-Buchung
Siehe Buchungskonventionen.
162. Sonstige Verbindlichkeiten (L)
Eine von mehreren IAS 39 Bewertungskategorien. Verpflichtungen werden der Kategorie „sonstige Verbindlichkeiten“ (other liability; L) zugeordnet, wenn sie nicht Gegenstand der Kategorie Fair Value through Profit and Loss (FVTPL) oder Finanzgarantien, gegebene sind. Die Kategorie L ist nicht explizit im IAS 39.9 als solche definiert, ergibt sich aber im Umkehrschluss zu den explizit im Standard definierten Kategorien und ist im Datenmodell der Bilanzierung als eigene Kategorie mit zu berücksichtigen.
163. Special Purpose Vehicles (Entities) SPV (SPE)
Siehe Zweckgesellschaften.
278
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
164. Stadtwerke
Stadtwerke befinden sich in der Regel im Eigentum der Kommunen. Sind die Stadtwerke als Unternehmen des Privatrechts organisiert (z.B. GmbH, AG), dann gelten für sie die ganz normalen Vorschriften zur Rechnungslegung wie für alle Unternehmen des Privatrechts. Alternativ können Stadtwerke als ein verselbstständigter Teil der kommunalen Verwaltung ohne eigene Rechtspersönlichkeit als sogenannter Eigenbetrieb organisiert sein. Die Rechtsgrundlage für Eigenbetriebe stellt die Eigenbetriebsverordnung von 1938 dar. Die darin enthaltenen Rechnungslegungsvorschriften basieren weitgehend auf den Regelungen des Handelsgesetzbuches (HGB) für große Kapitalgesellschaften.
165. Structured Credit Products (SCP)
SCP sind ein Strukturiertes Finanzinstrument und als solche auf eine Abspaltungspflicht des eingebetteten Derivates hin zu untersuchen. Beispiele für konkrete SCP-Produktarten sind: Asset Backed Securities (ABS), Collateralized Debt Obligation (CDO), Collateralized Loan Obligation (CLO), Residential Mortgage Backed Securities (RMBS) und Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS). Für die bilanzielle Behandlung der SCP-Bestände ist entscheidend, ob diese als sogenannte „Cash-Strukturen“ oder aber als „Synthetische Strukturen“ einzustufen sind. Bei CashStrukturen findet keine Abspaltung des eingebetteten Derivates statt, bei synthetischen Strukturen dahingegen findet eine Abspaltung statt. Bei Cash-Strukturen („true sale“) befinden sich zur Unterlegung der von den Zweckgesellschaften emittierten Anleihen Forderungen und/oder Wertpapiere im Bestand der Zweckgesellschaft. Bei synthetischen Strukturen hingegen wird das Kreditrisiko des Portfolios von finanziellen Vermögenswerten synthetisch – üblicherweise mit einem Credit Default Swap (CDS) – übertragen. Kombinationen aus Cashund Synthetischen Strukturen werden bilanziell wie synthetische Strukturen behandelt. Diese Abgrenzung zwischen Cash- und synthetischen Strukturen basiert auf dem Positionspapier „Bilanzierungs- und Bewertungsfragen im Zusammenhang mit der Subprime-Krise“ des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) vom 10. Dezember 2007.
Strukturiertes Finanzinstrument
279
166. Strukturiertes Finanzinstrument
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff „strukturierte Finanzinstrumente“ nicht fest definiert und es gibt eine Vielzahl von anderen Begriffen, die Verwendung finden: Produkte mit komplexen Strukturen, Compound Instruments, zusammengesetzte Instrumente, strukturierte Produkte, hybride Finanzinstrumente, hybrid instruments, combined instruments etc. Gemäß IAS 39 sind strukturierte Finanzinstrumente auf sogenannte Eingebettete Derivate hin zu untersuchen.
167. Stückzinsen
Stückzinsen sind aufgelaufene Zinsansprüche, die vom Käufer einer kupontragenden Anleihe an den Verkäufer gezahlt werden müssen. Beim Kauf einer Anleihe ist dem Vorbesitzer also nicht nur der Kurs, sondern auch sein noch ausstehender Anteil am Kupon zu bezahlen. Siehe auch Clean Price.
168. Synthetische Strukturen
Siehe Structured Credit Products (SCP).
169. Tainting
Tainting ist eine Art „Strafvorschrift“ für den Fall, dass man einen Teil der Held to Maturity (HTM)-Bestände, anders als dokumentiert, doch nicht bis zur Endfälligkeit gehalten hat,
280
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
sondern verkauft oder aber umklassifiziert hat. In diesem Fall sind alle restlichen HTMBestände gezwungenermaßen in Available for Sale (AFS) umzuklassifizieren. Ein Unternehmen darf dann keinen Finanziellen Vermögenswert mehr für das laufende Geschäftsjahr sowie die zwei dann noch folgenden Geschäftsjahre zur Kategorie HTM zuordnen. Ist diese Sperrfrist abgelaufen, so ist eine Zuordnung zu HTM wieder möglich. Zu beachten ist, dass IFRS eine Konzernbilanzierungsvorschrift ist und daher Tainting z.B. in einer kleinen Konzerngesellschaft Zwangsumgliederungen im gesamten Teil- oder sogar Gesamtkonzern nach sich ziehen kann. Daher ist die Verwendung der Kategorie HTM mit äußerster Sorgfalt nachzuhalten.
170. Trading (TRD)
Eine von mehreren IAS 39 Bewertungskategorien. Gemäß IAS 39.9 ist ein Finanzieller Vermögenswert oder eine Finanzielle Verbindlichkeit als zu Handelszwecken gehalten einzustufen, wenn er/sie 1) hauptsächlich mit der Absicht erworben oder eingegangen wurde, das Finanzinstrument kurzfristig zu verkaufen oder zurückzukaufen; 2) Teil eines Portfolios eindeutig identifizierter und gemeinsam gemanagter Finanzinstrumente ist, für das in der jüngeren Vergangenheit Hinweise auf kurzfristige Gewinnmitnahmen bestehen; oder 3) ein Derivat ist.
171. Transaktions-Exposure
Siehe IAS 21.
172. Translations-Exposure
Siehe IAS 21.
Treasuryprodukte
281
173. Treasuryprodukte
In der Rechnungslegung fallen Treasuryprodukte unter den Begriff der Finanzinstrumente (Financial Insturments).
174. Umgliederung
Siehe Umklassifizierung.
175. Umklassifizierung
Unter Umklassifizierungen versteht man die Möglichkeit, die beim Zugang erfolgte IAS 39Kategorie nachträglich für die Zukunft zu ändern. Die Umklassifizierungen sind in den Textziffern IAS 39.50 bis IAS 39.54 geregelt. Eine Umklassifizierung war unter bestimmten Voraussetzungen nur zwischen den Kategorien Available for Sale (AFS) und Held to Maturity (HTM) (bzw. vice versa) möglich. Für alle anderen IAS 39-Kategorien ist somit eine nachträgliche Änderung der Kategorie nicht mehr möglich. Im Rahmen der Finanzkrise wurden die Umklassifizierungsmöglichkeiten nach IFRS erweitert.
176. Umwidmung
Siehe Umklassifizierung.
282
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
177. Unwinding
Erfolgswirksame Vereinnahmung der sich im Zeitablauf ergebenden Barwertveränderung der erwarteten zukünftigen Cashflows (Recoverable Amount, Impairment) wertberichtigter Finanzinstrumente. Das Unwinding stellt somit ein Surrogat für die eingestellte Zinszahlungsbuchung wertberichtigter Finanzinstrumente dar.
178. Verbriefungstransaktionen
Bei Verbriefungstransaktionen (securitization) werden Portfolien vorhandener Kredite verkauft (oft an sogenannte Zweckgesellschaften), bei denen oft ein Teil der zukünftigen Ausfälle des verkauften Kreditportfolios noch von dem Verkäufer zu tragen ist.
179. Vereinfachtes Verfahren
Effektivitätstest: Stimmen alle entscheidenden Parameter bei Grundgeschäft und Sicherungsinstrument überein (wie Laufzeit, Fälligkeitsdatum, Zahlungsströme, Nominalwert, Referenzzinssätze), so lässt der IAS 39.AG 108 vermuten, dass in diesem Fall eine vereinfachte Bilanzierung von Sicherungszusammenhängen möglich ist und z.B. auf ein Backtesting des retrospektiven Effektivitätstests RET verzichtet werden kann. Der Standard stellt allerdings auch klar, dass ein Effektivitätstest nicht ganz entfallen kann. Ein „short cut“ im Sinne von US-GAAP ist daher nach IFRS nicht möglich.
Verwaltung, öffentliche
283
180. Verwaltung, öffentliche
Siehe Kommunen.
181. Warentermingeschäfte
Anders als Finanzderivate sehen Warentermingeschäfte (Verträge, die auf Termin nicht finanzielle Vermögenswerte kaufen oder verkaufen) in der Regel keinen Barausgleich vor, sondern die physische Lieferung zum Erfüllungszeitpunkt. Ob Warentermingeschäfte nach IFRS daher als (zu bilanzierendes) Finanzinstrument einzustufen sind, hängt letztendlich von der voraussichtlichen Vertragserfüllung ab. Nur wenn die Abwicklung am Ende der Laufzeit durch ein sogenanntes Net Settlement erfolgt, fallen Warentermingeschäfte gemäß IAS 39.5 in den Anwendungsfall des IAS 39 und sind als Derivat zu bilanzieren. Unter Net Settlement wird in diesem Zusammenhang die Erfüllung in bar oder aber einem anderen Finanzinstrument anstatt der eigentlichen Ware verstanden. Anders hingegen Verträge, die „zum Zweck des Empfangs oder der Lieferung von nicht finanziellen Posten gemäß dem erwarteten Einkaufs-, Verkaufs- oder Nutzungsbedarf des Unternehmens abgeschlossen wurden und in diesem Sinne weiter behandelt werden“ (sogenannte Own-Use-Kontrakte oder NormalPurchase-or-Sale-Kontrakte).
182. Wertberichtigung
Siehe Impairment.
284
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
183. Zinsabgrenzung
Ausstehende Zinszahlungen, die wirtschaftlich der Berichtsperiode zuzuordnen sind, die aber noch nicht cashmäßig geflossen sind, da der Zinszahlungstermin noch aussteht. Der gesamte Buchwert zum Bilanzstichtag ergibt sich aus dem Clean Price plus der Zinsabgrenzung und gezahlter Stückzinsen.
184. Zu Handelszwecken
Siehe Trading (TRD).
185. Zugang
Ein Finanzinstrument kann bei einem Unternehmen nur dann zugehen, wenn es die Ausbuchungsvorschriften bei dem anderen Unternehmen erfüllt hat (IAS 39.AG 34).
186. Zugangsbewertung
Siehe Anschaffungskosten.
Zur Veräußerung verfügbar
285
187. Zur Veräußerung verfügbar
Siehe Available for Sale (AFS).
188. Zweckgesellschaften
Unternehmen gründen für ganz bestimmte Zwecke – wie z.B. für ABSVerbriefungstransaktionen, Leasing, F&E-Aktivitäten, Spezialfonds – sogenannte Zweckgesellschaften, auch als Special Purpose Vehicles (Entities) SPV (SPE) bezeichnet. Die Beurteilung der Konsolidierungspflicht dieser Zweckgesellschaften ist in der Praxis oft schwer, schon alleine aus dem Grund, dass die Zweckgesellschaften keine Stimmrechte im eigentlichen Sinne ausgeben und daher eine Zuordnung anhand der Stimmrechte – wie sonst bei „normalen“ Tochtergesellschaften gemäß IAS 27 üblich – nicht möglich ist. SIC 12 (Konsolidierung von Zweckgesellschaften) schließt diese Lücke und nennt vier für Zweckgesellschaft typische Charakteristika, die alle einzeln zu einer Konsolidierungspflicht führen (SIC 12.10).
189. Zusammenfassung
(Bewertungstechnisches) Kernstück der IFRS-Rechnungslegung von Finanzinstrumenten ist das sogenannte Mixed Model und das Hedge Accounting des IAS 39. Die Bewertung auf Einzelebene bezüglich des Marktpreisrisikos (ohne FX) erfolgt im Rahmen des Mixed Model in Abhängigkeit der Zuordnung zu einer der IAS 39-Bewertungskategorien (FVTPL, HTM, LAR oder AFS). Je nach Kategorisierung erfolgt keine Fair Value-Bewertung (fortgeführte Anschaffungskosten) oder es erfolgt eine Fair Value-Bewertung. Die Bewertung des Adressenausfallrisikos erfolgt nach IAS 39 im Rahmen des Impairment-Tests. Die Fremdwährungsbewertung (sowohl für Transaktions- als auch Translations-Exposure) ergibt sich nach dem separaten Standard IAS 21. Gerade bei (komplexeren) Finanzinstrumente-Transaktionen kann das Mixed Model zu Verwerfungen in der GuV im Vergleich zur betriebswirtschaftlich orientierten Performancerechnung führen. Diese Verwerfungen können (zum Teil) durch die
286
Rechnungslegung von Treasuryinstrumenten nach IFRS/IAS und HGB
Bilanzierungstechnik des Hedge Accountings geheilt werden. IAS 39 kennt zwei HedgeGrundarten: den Fair Value Hedge und den Cashflow Hedge. Damit eine Hedge-Beziehung nach IAS 39 anerkannt wird, sind einige Vorraussetzungen zu erfüllen, wozu die Dokumentation und der Effektivitätstest zählen. Insbesondere durch die Finanzkrise, aber auch durch eine Vielzahl von Rechnungslegungsprojekten sind insbesondere Bewertungsthemen zur Rechnungslegung von Finanzinstrumenten Gegenstand der aktuellen Diskussion und von (potenziellen) Änderungen der Rechnungslegungsvorschriften. Da die Thematik der Finanzinstrumente per se relativ komplex ist, werden die entsprechenden Rechnungslegungssachverhalte naturgemäß auch weiterhin einen hohen Komplexitätsgrad behalten.
Die VaR-Gläubigkeit
287
Typische Fehler im Risikomanagement
1.
Die VaR-Gläubigkeit
Sie messen Ihre Risiken unter Verwendung der Risikokennzahl VaR auf Basis der Modernen Historischen Simulation. Sie betrachten sogar den schlimmsten Fall, nämlich das Konfidenzniveau 100 Prozent, den Ihr Unternehmen ohne Probleme verkraftet.
Fälschliche Annahme: Es kann nichts passieren!
Die interne Ausrichtung von Risikomanagement und auch Frühaufklärungssystemen sowie die häufige Praxis, Trends in Daten der Vergangenheit einfach fortzuschreiben, führt zu blinden Flecken in Risikowahrnehmung und Krisenprävention. Notwendig ist stattdessen ein Verständnis möglicher Entwicklungsszenarien in der Volkswirtschaft, die erhebliche Konsequenzen für Absatz, Kosten oder Bilanzwertansätze eines Unternehmens haben können. Die Annahmen des VaR sind dann richtig, wenn sich die Vergangenheit 1:1 wiederholt und das ist relativ unwahrscheinlich. Der VaR kann nur ein Anhaltspunkt sein, wie risikoreich ein Investment einzuschätzen ist. Er zeigt auf, welche extremen Marktschwankungen in der Vergangenheit auftraten und nimmt diese als Indikator für zukünftige Entwicklungen. Einen 11. September oder die Bankenkrise konnte kein VaR voraussehen. In der Praxis sollte deshalb der VaR durch Extremszenarien ergänzt werden.
2.
Stressszenario oder Normalszenario?
Ein Unternehmer diskutiert mit seinem Risikobeauftragten, mit welcher Entwicklung im schlimmsten Fall zu rechnen ist. Der Risikobeauftragte ist der Meinung, dass man bei der Zinsentwicklung mit einer Erhöhung um 150 Basispunkte in einem Jahr rechnen müsse. Der
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2_16, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
288
Typische Fehler im Risikomanagement
Unternehmer ist der Ansicht, man solle sinnvolle Szenarien finden, die auch wirklich vorkommen können und unter denen man sich etwas vorstellen könne.
Regel: Think the unthinkable!
Bei einem Stressszenario ist es durchaus legitim, ein hypothetisches Szenario durchzuspielen, also ein Szenario, das noch nicht eingetroffen ist. Anhand dieser Szenarien soll herausgefunden werden, wo die maximale Schmerzgrenze des Unternehmens liegt. Naturgemäß haben für Unternehmen gerade „Extremrisiken“, die potenziell außerordentlich hohe Eigenkapitalund Liquiditätsverluste zur Konsequenz haben, einen hohen Stellenwert, da sie bestandsbedrohend sein können. Es sind gerade diese Extremrisiken, die das zukünftige Rating bedrohen, die Insolvenzwahrscheinlichkeit maßgeblich bestimmen und potenziell den Bestand des Unternehmens gefährden. Es verwundert sicherlich nicht, dass neben möglichen schwerwiegenden Managementfehlern gerade starke Veränderungen des makroökonomischen Umfelds in die Kategorie dieser Extremrisiken fallen. Unternehmensführung, Controlling und Risikomanagement beschäftigen sich hauptsächlich mit den „typischen“ Risikoauswirkungen, dem Umfang normaler Planabweichungen, die im Rahmen des eigenen Erlebens- und Erfahrungshorizonts bereits aufgetreten sind – also beispielsweise Eintrittswahrscheinlichkeiten von fünf bis 20 Prozent aufweisen. Aus solchen Krisen sollte ein Unternehmen möglichst unbeschadet hervorgehen. Das heißt, das normale Risikodeckungskapital sollte hierfür ausreichen. Bei dem Zinsänderungsszenario um 1,5 Prozent handelt es sich eher um ein Normal-CaseSzenario. Wenn man die Vergangenheit betrachtet, gab es in den letzten Jahrzenten schon Anstiege der Referenzzinssätze von mehr als fünf Prozent in zwei Jahren.
Die Risikotragfähigkeit passend machen Viele Controller kennen folgende Situation: Die Risikotragfähigkeit wird aufgestellt und man kommt schnell zu der Erkenntnis, dass die Risikodeckungsmassen nicht ausreichen. Was tun?
Regel: Machen Sie auf keinen Fall die Risikoszenarien passend!
Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen kann mehr Risikodeckungsmasse bereitgestellt werden oder die Risiken werden systematisch abgesichert. Controller kommen jedoch schnell in Versuchung, den ein oder anderen Parameter zu verändern, beispielsweise an den Risikoparametern (Höhe, Konfidenzniveau oder Haltedauer) herumzuschrauben.
Das Reporting: Ein Berg voller Zahlen
3.
289
Das Reporting: Ein Berg voller Zahlen
Der Risikobeauftragte erstellt monatlich einen Geschäfts- und Risikobericht. In den wenigsten Fällen erhält dieser ein Feedback von der Geschäftsleitung. Er wundert sich, dass nie Rückfragen kommen.
Regel: KISS – Keep it straight and simple
Mitarbeiter im Controlling sind meist zahlenlastige Menschen. In vielen Unternehmen wird das Risiko-Reporting nicht verstanden, sondern einfach zur Kenntnis genommen. Das liegt häufig daran, dass man sich ungern mit Dingen beschäftigt, die man nicht versteht. Stellen Sie sicher, dass das Risiko-Reporting keinen Berg von Zahlen berichtet, sondern einfach und verständlich ist. In einem Management-Summary sollten wichtige Punkte zusammengefasst und grafisch dargestellt werden. Die Geschäftsleitung sollte auf einen Blick Steuerungsimpulse erkennen. Für eine stärkere Akzeptanz könnte der Risikobeauftragte beispielsweise regelmäßig wichtige Parameter erklären und stets seine Bereitschaft signalisieren, den Risiko-Report gemeinsam durchzugehen. Risiken zu überwachen und zu steuern bedeutet nichts anderes, als die richtigen Informationen zur richtigen Zeit an die richtigen Personen zu liefern, sodass diese die optimalen Informationen für ihre Entscheidungen besitzen.
4.
War die Testphase erfolgreich?
Der Risikobeauftragte stellt fest, dass die Bewertung eines im Bestand befindlichen Finanzinstruments so komplex ist, dass der Marktwert nicht festgestellt werden kann und die Risiken schwer abschätzbar sind. Zudem hat der Finanzchef keine Ahnung, wie er das Instrument bilanzieren soll.
Regel: Kaufen Sie ein Finanzinstrument nur, wenn Sie es verstanden haben und alle Beteiligten es „händeln“ können.
Bevor Risiken eingegangen werden, muss überprüft werden, ob das neue Produkt ohne Probleme in das strategische bzw. operative Risikomanagement integriert werden kann. Ein Zins-,
290
Typische Fehler im Risikomanagement
Währungs- und Rohstoffpreismanagement unter der Verwendung von Derivaten sollte von allen Beteiligten sicher beherrscht werden. Eine strukturierte Vorgehensweise, bei der von Anfang an alle betroffenen Mitarbeiter einbezogen werden, sorgt dafür, dass auch komplexe Produkte sicher beherrscht werden. Gerade bei Geschäften, die nicht unerhebliche finanzielle Verpflichtungen nach sich ziehen können, hat es sich in der Praxis bewährt, im Rahmen der Produkteinführung die Zusammenarbeit zwischen Handel, Abwicklung, Risikomanagement und Überwachung an einem Testgeschäft zu simulieren. Je nach Umfang und Risikogehalt kann ein Testgeschäft intern bzw. in Zusammenarbeit mit dem (zukünftigen) Geschäftspartner erfolgen.
5.
Können Ihre Kontrollinstanzen mitreden?
Zitat aus der Wirtschaftswoche Nr. 19 (02/2009) zu Kontrollinstanzen bei Sparkassen: „Für die Vorstände ist die fachliche Unbelecktheit ihrer Kontrolleure einerseits sehr bequem. „Ich kann denen erzählen, was ich will“, gibt der Vorstand einer rheinischen Sparkasse zu. Wie andere Vorstandschefs ist er aber auch reichlich genervt. „Bei jeder Sitzung komme ich mir vor wie ein Lehrer, der zum ersten Mal vor seiner neuen Klasse steht. Wir fangen jedes Mal wieder bei null an.“ Ähnliches berichten die Vorstände einiger Volksbanken. Hier sitzen in den Kontrollgremien meist Handwerksmeister und Geschäftsleute kleiner Unternehmen. „Ich könnte auch Grimms Märchen vorlesen“, lästert ein Volksbanker. „Es würde keiner merken.“
Regel: Schaffen Sie eine einheitliche Wissensbasis!
Sehen Sie Kontrolle als eine Art Geschenk an. Es ist immer besser, jemanden zu involvieren, der über die getroffenen Entscheidungen, Planungen und Reportings Bescheid weiß und diese kritisch hinterfragt. Das gilt sowohl im Großen, beispielsweise für Aufsicht- oder Verwaltungsräte, aber auch im Kleinen, wenn es um eine Funktionstrennung, z.B. eine Vertretung im Rahmen des Vieraugenprinzips geht. Die Kontrollinstanz sollte auf gleicher Ebene mitdiskutieren können. Nur dann kann diese ihre Kontrollfunktion wahrnehmen.
Die Rolle des Risikomanagers
6.
291
Die Rolle des Risikomanagers
Der Risikobeauftragte ist im Unternehmen als chronischer Pessimist bekannt. Er hat manchmal das Gefühl gegen Windmühlen zu kämpfen. Der Risikobeauftragte hat nur schwer Zugang zu relevanten Zahlen, zudem ist seine Akzeptanz bei Mitarbeitern und Geschäftsleitung nicht die beste.
Regel: Risikomanagement bedeutet, keine Stoppschilder zu setzen, sondern Leitplanken zu definieren! Risikomanagement ist Chefsache!
Risikomanager gelten oftmals als Bremser und Pessimisten. Der Risikomanager ist jedoch eine Fachperson, die mit dem „Werkzeugkasten“ des Risikomanagements vielseitig, interdisziplinär, funktionsübergreifend, kommunikativ, analytisch und vernetzt arbeitet. Ein Unternehmer wird den Risikomanager nur akzeptieren, wenn Letzterer die Geschäftsvorfälle versteht. Er muss in der Lage sein, zu wichtigen Managemententscheidungen eine zweite Meinung aus der Perspektive der Chancen und Risiken zu bilden und diese zu vertreten. Die Rolle des Risikomanagers ist nicht die einer unabhängigen Kontrollinstanz, wie es Rechnungsrevisoren bzw. die Finanzkontrolle ist. Der Risikomanager gehört eng in die Organisation und in die Entscheidungsprozesse integriert. In der Praxis ist das Risikomanagement direkt der obersten Leitung zu unterstellen oder zumindest einer „neutralen“ Position in der obersten Leitung, beispielsweise dem Finanzvorstand. Der Risikomanager ist eine Persönlichkeit, deren Erfahrung und Kompetenz in Sachen Risiko gefragt sind. In einer Organisation mit offener Risikokultur schätzt der Unternehmer diese Fähigkeiten und nutzt sie auch immer mehr. So findet der Risikomanager Akzeptanz und Wertschätzung, was die Grundlage für eine wirksame Zusammenarbeit darstellt.
7.
Haben Sie einen Schritt vergessen?
Ein einzelnes Risiko ist bei einem Unternehmen aufgetreten. Der Geschäftsleitung wurde berichtet. Sie beschließt eine Absicherung dieses Risikos. Welche wichtigen Prozessschritte in einem integrierten Risikomanagement wurden vergessen?
292
Typische Fehler im Risikomanagement
Regel: Risikomanagement besteht aus einem geschlossenen strategischen und operativen Regelkreis, mit dem Ziel, Risiken möglichst frühzeitig zu identifizieren und zu steuern, bevor sich das Risiko im Ergebnis niederschlägt.
Das Risiko wirkt sich bereits in der GuV aus. Mit der Absicherung wurde lediglich reagiert. Im Rahmen eines strategischen Risikomanagements erfolgt zuerst eine Risikoidentifikation und Bewertung aller wesentlichen Risiken (Welche Risiken ist das Unternehmen eingegangen? Welche sind wesentlich?). Auf den Erkenntnissen aufbauend sollte eine Risikostrategie aufgesetzt werden (Wie geht das Unternehmen generell mit Risiken um? Welche Richtlinien sollten beachtet werden? Welche Risiken kann sich das Unternehmen leisten (Risikotragfähigkeit), welche möchte es eingehen?). Der operative Risikomanagementprozess basiert auf den strategischen Zielgrößen und den daraus abgeleiteten Limiten, Budgets und Zielen. Die Maßnahme zur Absicherung ist Resultat aus dem laufenden, vorgelagerten Prozess der Risikomessung, des Reportings und der Risikoanalyse. Danach erfolgt die Risikoüberwachung und Kontrolle (Überwachung des Prozesses und der Wirksamkeit der getroffenen Maßnahme sowie fortlaufende Beobachtung der Positionen, um aktiv einzugreifen).
Kontrolle
Steuerung
Analyse
Reporting
Risikomessung
operativ Strategie(n)
Risikobewertung
Risikoidentifikation
strategisch
Abbildung 1: Risikomanagementprozess
8.
Die zehn größten Fehler einer Risikostrategie
Schwierigkeiten, die bei der Entwicklung und Implementierung einer Strategie entstehen, resultieren oftmals daraus, dass die Strategieentwicklung delegiert wird und letztendlich bei der Geschäftsleitung nicht die erforderliche Unterstützung findet;
Auf Korrelationen ist Verlass?
293
lediglich eine Zustandsbeschreibung ohne Bewertung und ohne Formulierung klarer Zielvorstellungen erfolgt; eine mangelhafte Konsistenz zwischen Analyse, Zielplanung und Reporting besteht; Aussagen getroffen werden, die nicht kontrollierbar sind. Es erfolgt kein laufendes Controlling und Reporting der Zielerreichung; die Ressourcenbindung bei der erstmaligen Formulierung so hoch ist, dass eine laufende Aktualisierung nur noch schwer möglich ist; keine Verknüpfung mit anderen Teilstrategien untereinander und mit der Gesamtstrategie erfolgt; teilweise Redundanzen bzw. Widersprüche zwischen den Strategien und Organisationsrichtlinien auftauchen; keine Verbindung zur mittelfristigen Unternehmensplanung und zur Risikotragfähigkeitsrechnung hergestellt wird; keine Steuerungsimpulse generiert werden, die wirksame Anpassungsmaßnahmen erlauben; von denjenigen, die die Unternehmensstrategien eigentlich umsetzen müssten, werden diese häufig nicht verstanden und schon gar nicht gelebt. Probleme gibt es häufig schon bei der Kommunikation der Unternehmensvisionen und -strategien.
9.
Auf Korrelationen ist Verlass?
Das Risikocontrolling einer Bank berechnet ein Worst Case-Szenario unter Berücksichtigung von Korrelationen. Die Risikoentlastung entspricht drei Millionen Euro.
Regel: In der Krise können Sie sich nicht auf die positive Wirkung von Korrelationen verlassen. Sie sollten die Risiken im Worst Case-Fall immer addieren.
In der Praxis wurde bereits rege diskutiert, ob Korrelationen in Krisenzeiten überhaupt risikomindernde Wirkung entfalten. Im Zuge der Finanzkrise ist eines deutlich geworden: Bitte nicht auf Korrelationen in Krisenzeiten verlassen. Ende des Jahres 2008 traten sowohl Aktien, Rohstoffe, Hedge Fonds und Unternehmensbeteiligungen die Talfahrt an. Anleihen wirkten erst später risikoentlastend.
294
10.
Typische Fehler im Risikomanagement
Risiken durch Absicherung?
Bisher war ein Unternehmer der Meinung, dass ein Ausfallrisiko nur bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bestehe.
Regel: Vernachlässigen Sie nicht das Gegenparteirisiko bei Absicherungsmaßnahmen!
Unternehmen versäumen oft, dass auch die Gegenmaßnahmen selbst risikobehaftet sein können. Aber auch Privatpersonen staunten nicht schlecht, als ihr vermeintlich risikoloses Garantiezertifikat von Lehman Brothers nichts mehr wert war. Absicherungsinstrumente werden bilateral mit der Bank vereinbart. Gerade wenn das Derivat einen positiven Barwert aufweist, schuldet Ihnen die Bank diesen Betrag. Im Falle einer Insolvenz der Gegenpartei gehen Sie leer aus. Grundsätzlich sollte eine Absicherungsmaßnahme regelmäßig bewertet und unter Berücksichtigung von Bewertungseinheiten richtig bilanziert werden können.
11.
Reagieren Sie schon, oder messen Sie noch?
Das Risiko-Reporting einer Bank weist erhebliche Mängel auf. Viele Limite sind weit überschritten. Andere wiederum sind kaum ausgelastet.
Regel: Setzen Sie sich Leitplanken. Handeln Sie konsequent bei Überschreitungen. Sie machen sich sonst unglaubwürdig!
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Entweder die Geschäftsleitung definiert keine Leitplanken und Limite oder sie setzt sich Grenzen und zeigt eine konsequente Vorgehensweise. Fall 1 ist ein Verstoß gegen die MaRisk, Fall 2 ist ein gefundenes Fressen für jeden Prüfer.
Stichwortverzeichnis
295
Stichwortverzeichnis
A Abgeld 230, 232, 248 Abgeltungsteuer 163 Absatzrisiko 8, 93 Abschwung 188 Absicherung 69, 291, 292, 294 Absicherung des beizulegenden Zeitwertes 209 Absicherung einer Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb 208 Abwärtstrend 196 Abwicklung 143 Ad-hoc-Reporting 114 Adresse 47 Adressenausfallrisiko 18, 47, 53, 209 AFS-Impairment 209 Agio 209, 230, 232, 248 AktG 149 Aktie 119, 120, 210, 293 Aktienbuch 144 Aktienkurs 188 Aktualität 179 Alpha-Strategie 122 Altersvorsorge 164 Aluminium 98 Amortised Cost 210 Analyse, technische 195 Anbieter 191 Angebot 193 Angebotsmonopol 193 Angebotsoligopol 193 Angst 175 Anhangsangabe 211, 243
Anlage, strukturierte 120 Anlagebuch 145 Anlageform 119 Anlagegrundsatz 164 Anlagerichtlinie 119 Anlagerisiko 119 Anlagestrategie 119 Anlegertyp 169 Anleihen 119 Anomalie, psychologische 176 Anschaffungskosten 211 Anschaffungskosten, fortgeführte 210, 248 Anschaulichkeit 179 ARA 98 Arbeit 194 Arbeitslosenquote 189 Asset Allocation 121, 136, 144 Asset Backed Securities 212 Assetklasse 120, 144 At Cost 212 Auffälligkeit 179 Aufgeld 209, 230, 232, 248 Aufschwung 188 Aufsichtsorgan 24 Auftragseingang 188 Ausbuchungsvorschrift 212 Ausfall 48 Ausfallrisiko 54 Ausschüttungspolitik 129 Available for Sale 211, 213, 218, 236, 256, 257, 260, 267, 269, 280, 281, 285
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
296
Stichwortverzeichnis
B Backwardation 94, 96 BaFin 7 Barchart 197 Barge 98 Barwert 41, 79, 213, 294 Basel II 13, 131 Basis Adjustment 213 Basisindikatoransatz 116 Basismetall 98 Basispreis 83 Basispunkt 78 Basisrisiko 62 Basiswert 61 Bauchmensch 169 Behavioral Economics 170 Behavioral Finance 169, 170 Benchmark 42, 122, 123, 126, 136 Berichterstattung 40 Beschaffungsrisiko 93 Beschäftigungsstand 187 Betafaktor 122 Bewertung 216, 289, 292, 293 Bewertungseinheit 215, 218, 255, 267, 268, 272 Bewertungsergebnis 142 Bewertungskategorie 218 Bewertungsmethode 219 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG ) 220 Bilanzrichtlinie 222 BIP 182 Blei 98 Boden 194 Bonds 223 Bonität 47 Bonitätsänderungsrisiko 54 Boom 188 Börsenweisheit 170 BPV 79 Branchenkonzentration 19 Brent 97
Bruttoinlandsprodukt 182 Buchungskonvention 223 Buchwert 225
C Candelstick Chart 197 Cap 70, 82 Cargo 98 Cash Pooling 105 Cashflow 40, 81, 144, 208 Cashflow at Risk 43, 64 Cashflow Hedge 208, 211, 213, 217, 225, 226, 253, 254, 272 Cashflow Hedge (CFH) auf eine Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb 226 Cash-Management 102 Cash-Struktur 226 Chancen und Risiken 178, 195, 291, 292 Chartanalyse 196 Chartformation 200 Chicago Mercantile Exchange 91 Clean Price 226 Collar 84 Collateralized Debt Obligation 228 Collateralized Loan Obligation 228 Commercial Mortgage Backed Securities 229 Commodity Swap 99 Compliance 148 Contango 94, 96 Controllingprozess 136 Convenience Yield 97 Corporate Governance 148 Corporate Governance Kodex 148 Cost Income Ratio 135 Cost-Average-Effekt 165 Crash 166 Credit Value at Risk 53, 54 Cross Currency Swap 91 Cross Rate 88 Cross-Currency-Swap 87
Stichwortverzeichnis
D Dax 123 Day one profit or loss 229 Deckungsmasse 38 Deport 89 Depot A 146 Depot B 146 Depression 175 Derecognition 229 Derivat 30, 65, 69, 143, 156, 230, 242, 294 Derivat, eingebettetes 233 Derivaterlass 157 Devisen-Future 90 Devisengeschäft 143 Devisenswap 90 Devisen-Swapsatz 89 Devisentermingeschäft 87, 89 Dirty Price 230 Disagio 230, 232, 248 Disclosure 211, 243 Discount 89 Discounted Cashflow Methode 231, 237, 254 Dispositionseffekt 170 Dissonanz, kognitive 174 Diversifikation 31, 164, 173 Dokumentation 45 Dollar-Offset-Methode 232 Doppelswap 85 Doppik 207 Dow, Charles 196 Dow-Theorie 196 Dreieck, rechtwinkliges 200 Dreieck, symmetrisches 200 Drei-Monats-Euribor 74 Duration 43, 79 Durchschnitt, gleitender 136 Durchschnittskosteneffekt 165 Durchschnittsmethode, qualifizierte 273
297
E EBV 161 Effektivitätstest 232 Effektivitätstest, prospektiver 273 Effektivzins 232 Efficient Frontier 127 Eigenkapital 44 Eigenkapitalpapiere 233 Eigenkapitalrendite 135 Einbringungsquote 52 Einzelabschluss 233 Einzelbewertung 233 Einzelhandelsumsatz 188, 189 Einzel-Impairment 234 Embedded Derivatives 233, 234, 236, 244 Emittent 48 Emotion 175 Endorsement 235 Eonia 77 Erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet 235 Eröffnungskurs 197 Ertrag, absoluter 130 Erwartungswert 65 Erwerbsvorbereitung 235 Eurepo 77 Euribor 77, 80 Euro Stoxx 124 expected loss 51 Exposure at Default 52 Extremfall 168 Extremrisiko 288 Extremszenario 287 EZB 185
F Fad 171 Fair Value 209, 210, 211, 213, 214, 217, 219, 225, 229, 235, 242, 245, 249, 254, 260, 268, 269
298
Fair Value by Designation 218, 236, 238, 239, 256, 257, 267 Fair Value Hedge 236, 238, 253, 254, 268 Fair Value Portfolio Hedge auf Zinsänderungsrisiken 238, 267 Fair Value through Profit and Loss 213, 218, 235, 236, 239, 260, 277 Fair Value-Hierarchie 237, 244 Fair Value-Option 238 Feiertagskalender 78 Festzinsrisiko 74 Financial Asset 240 Financial Instrument 240 Financial Liability 240 Finanzgarantie 240, 241, 277 Finanzgeschäft, Nettoergebnis 141 Finanzierung 86 Finanzinstrument 242 Finanzinstrument, originäres 271 Finanzinstrument, strukturiertes 279 Finanzinvestition, bis zur Endfälligkeit gehaltene 223 Finanzkrise 216, 221, 242, 243, 246, 247, 262 Firm Commitment 247 Floor 70, 83 Folgebewertung 215 Fondsanteil 248 Forward 70, 71 Forward Rate Agreement (FRA) 80 Forward-Zinssatz 79 Frachtkosten 98 Framework 248 Framing 172 FRA-Zinssatz 80 Fremdkapital-Papiere 249 Fremdwährungsrisiko 208, 219, 249, 268, 277 Friedman, Milton 184 Frühindikator 188 Fuel Oil 97 Full Fair Value 231, 249, 254
Stichwortverzeichnis
Funktionstrennung 143, 152, 290 Future 71, 129 FX 249
G Gasoil 97 Gasversorger 162 Gauß’sche Glockenkurve 63 Geld- und Kapitalmarkt, Konventionen 78 Geldmarkt 77 Geldmarktgeschäft 143 Geldmengenwachstum 188 Geldpolitik 185 Gesamtbanksteuerung 144 Gesamtlaufzeit 80 Gesamtverantwortung 21 Geschäftsabschluss 143 Geschäftsleitung 147, 289, 291, 292 Geschäftsorganisation, ordnungsgemäße 16 Geschäftsstrategie 21 Geschäftvorfall, geplanter und höchstwahrscheinlicher 250 Gewinn- und Verlustrechnung 74, 167 Gewinn, schwebender 141 Gewinnmaximierungsprinzip 191 Gier 175 Gleichgewicht, außenwirtschaftliches 187 Gleichgewicht, gesamtwirtschaftliches 186 Granularität 19 GroMiKV 134 Großkredit 50 Grundgeschäft 152, 250 Grundposition in Option 73 Grundsatz I 132 Grundsatz II 133 GuV 292
Stichwortverzeichnis
299
H Haben-Buchung 250 Haltedauer 66, 288 Handelsbuch 144 Handelsgeschäft 143 Handelsgesetzbuch 251 Handelszweck 284 Händlerzettel 152 Haushalt, privater 190 Haushaltsgrundsätzegesetz 159 Hedge Accounting 251 Hedge Adjustment 254 Hedge Fair Value 231, 235, 247, 254 Hedge, antizipativer 211 Hedge-Art 254 Hedged item 255 Hedging 30, 43 Hedging-Instrument 256 HEL 98, 161 Held to Maturity 213, 223, 246, 248, 256, 260, 275, 279, 281 Herdentrieb 172, 176 Herding 172 Herzmensch 169 Heuristik 173, 176 HGB 145, 207 Hinweis, objektiver 270 Höchstkurs 197 Höchstzinssatz 82 Hoffnung 175 Home-Bias-Effekt 173 Homo oeconomicus 170, 173, 176 HSL 98, 161 HTM-Impairment 265
I IAS 1 256 IAS 12 256 IAS 21 257 IAS 30 258 IAS 32 258 IAS 39 258
iBoxx 124 iBoxx® EUR Collateralized 124 iBoxx® EUR Corporates 124 iBoxx® EUR Sovereigns 124 iBoxx® EUR Sub-Sovereigns 124 ICAAP 132 ifo-Geschäftsklimaindex 188 IFRS 207 IFRS 7 258 IFRS for Small and Medium Sized Entities 259, 263, 268 IFRS-Standards 259 Immobilie 120 Immobilienbuch 144 Impairment 260, 270 Indikator, vergleichender 204 Indikatorenanalyse 203 Industriemetall 98 Inflationsrate 189 Information Ratio 126 Instrument, geldpolitisches 185 Intensivbetreuung 57, 59 Intercompany Geschäft 261 International Financial Reporting Standards 235, 251, 261 International Public Sector Accounting Standards 247, 261, 264 Intra-Office Geschäft 262 Investmentgesetz 129 IPSAS 247
J Jahresüberschuss vor Steuern 38
K Kameralistik 207 Kapazitätsauslastung 189 Kapital 194 Kapitalbindung 75 Kapitalmarkttheorie, moderne 176 Kassageschäft 263 Kassamarkt 69
300
Stichwortverzeichnis
Kategorie 263 Key Risk Indicator 110 Keynes, John Maynard 184 Keynesianismus 184 Kick-back 128 Kommune 38, 263 Komplexität 179 Komplexitätsreduktion 264 Konditionierung 174 Konfidenzniveau 67, 287, 288 Konflikt, mentaler 174 Konjunktur 188 Konnexität 157 Konto, mentales 173, 176 KonTraG 149 Kontrahent 48 Kontrahentenlimit 38 Kontrollillusion 175 Konzentration, regionale 19 Konzentrationsrisiko 30, 31, 49, 135 Konzernabschluss 264 Kopfmensch 169 Korrelation 31, 127, 293 Kredit und Forderung 265 Kreditbearbeitungskontrolle 57 Kreditentscheidung 56 Kreditgewährung 57 Kreditinstitut 265 Kreditportfoliomodelle 53 Kreditstrategie 55 Kreditweiterbearbeitung 57 Kupfer 98 KWG 13
L Länderrisiko 19 LAR-Impairment 234, 265, 272 Level 1 237 Level 2 237 Level 3 237 Limit, gesetzliches 38 Limitsystem 38, 108
Linienchart 197 Liquidität 27 Liquiditätsmanagement 101, 102 Liquiditätsplanung 102, 103 Liquiditätsreserve 105, 145 Liquiditätsrisiko 20, 101 Liquiditätsverordnung 133 Loans and Receivables 210, 213, 218, 248, 252, 256, 260, 265, 267, 275 Long-Position 90 Loss Given Default 52
M Macro Hedge 43, 152 MaH 14 MaIR 14 MaK 14 Makro-BWE 267 Makroökonomie 181 Management, aktives 42, 125, 136 Management, passives 42, 125, 136 Management, semiaktives 125 Marge 87 Margin 72 MaRisk 7, 14, 128, 132, 133, 134 MaRisk, Anwendungsbereich 17 Markowitz-Ansatz 127 Markt 143, 191 Markt, aktiver 210 Marktanalyse 33 Marktbreiteorientierung 205 Marktdisziplin 14 Markteffizienzhypothese 176 Marktfolge 143 Marktform 191 Marktlimit 39 Marktliquiditätsrisiko 20, 101 Marktmeinung 35 Marktpreisrisiko 20, 61, 267 Marktwert 268, 289 MASP 100 Maßeinheit 99
Stichwortverzeichnis
Maximum Drawdown 126 MED 98 Mengennotierung 88 Mengenrisiko 93 Messansatz, ambitionierter 117 Metallpreisrisiko 62 Micro Hedge 43, 152 MiFiD 128, 166 Migrationsmatrix 53 Mikro-BWE 268 Mikroökonomie 181 Millionenkredit 51 Mittelstand 268 Mixed Model 269 Modeerscheinung 171 Moderne Kapitalmarkttheorie 173 Monetarismus 184 Monthly Average Settlement Price 100 Muster-Dienstanweisung 157
N Nachfrage 193 Nachfrager 191 Neubewertungsrücklage 269 Neue-Produkte-Märkte-Prozess 36 Neues Kommunales Finanzmanagement 270 Nickel 98 Non Deliverable Forward 90 Normalszenario 287 Normalverteilung 63 Note 211, 243 Notfallplan 108 Notional Pooling 107 Notreserve, finanzielle 164 Nutzenmaximierungsprinzip 191 NWE 98
O Offenlegungsanforderung 133 Ölpreismanagement 160 Open Interest 204
301
Optimierung 30 Optimismus 175 Option 87, 129 Optionspreismodell 271 Optionspreisrisiko 61 Optionsschein 129 Oszillator 204 OTC 70 Other Comprehensive Income 271 Outright-Geschäft 89 Own-Use-Kontrakt 271
P Payer 81 Payer Swap 84 Performanceindex 123 Performancemessung 128 Plain Vanilla-Finanzinstrument 271 Planned Future Transaction 272 Polypol 193 Portfolio 49 Portfolio-BWE 272 Portfoliogrundmodell 54 Portfolio-Impairment 272 Posten, monetärer 226, 257, 269, 270 Posten, nicht monetärer 270 Präsensindikator 189 Preisgleitklausel 162 Preisniveau, Stabilität 186 Preisnotierung 88 Premium 89 Pricing, risikoadjustiertes 54 Privatanleger 167 Privatperson 38 Probability of Default 51 Problemkreditbearbeitung 57, 59 Produkteinführungsprozess 159 Produktion 189 Produktionsfaktor, volkswirtschaftlicher 194 Produktkatalog 37 Produktlimit 39
302
Stichwortverzeichnis
Prognose 139 Proxy Hedge 44 Publikumsfonds 129 PV01 79 PVBP 79
R Rahmenkonzept 273 Rahmenvertrag 70 RAS 132 Rating 47, 288 RDM 98 Receiver 81 Rechnungslegung 207, 274 Reclassification 274 Recoverable Amount 275 Reducing Complexity 275 Refinanzierungsrisiko 20, 101 Regressionsanalyse 275 Regretaversion 177 Rendite 27, 164 Rente 120 Report 89 Reporting 39, 289, 293 Repräsentativität 173, 177 Repräsentativitätsheuristik 170 Reputationsrisiko 148 Residential Mortgage Backed Securities 275 Return on Equity 135 Revision, interne 142, 148 Rezession 188 Rheinschiene 161 Risiko 27, 164, 291, 292, 293 Risiko im Bankbetrieb 18 Risiko im Finanzmanagement 29 Risiko, abgesichertes 208 Risiko, ökonomisches 86 Risiko, operationelles 19, 109 Risiko, wesentliches 136, 292 Risikoart 17, 33, 38 Risikobudget 130
Risikocontrolling 33, 293 Risikodeckungsmasse 37, 44, 140, 288 Risikodiversifikation 36 Risikofrüherkennung 58, 147, 150 Risikohandbuch 138 Risikohorizont 44 Risikoidentifikation 137 Risikoinventur 111 Risikokultur 291 Risikolandkarte 111 Risikolimit 39 Risikomanagement 27, 35, 147, 155, 287, 288, 289, 291, 292 Risikomanagement der Kreditinstitute, Mindestanforderung 134 Risikomanagement nach den MaRisk 22 Risikomanagementprozess 32, 292 Risikomanager 291 Risikomessung 292 Risikoneigung 29, 38 Risikoprofil 136 Risikosteuerungsprozess 136 Risikostrategie 21, 292 Risikotragfähigkeit 37, 132, 140, 167, 288, 292 Risikotragfähigkeitsrechnung 167 Risikoübernahme 36 Risikoüberwachung 143 Risikoüberwälzung 35 Risikovermeidung 35 Risikoverminderung 35 Risikovorsorge 57 ROE 135 Rohstoffmanagement 94 Rohstoffmarkt 95 Rohstoffpreisrisiko 92 Roll-Konvention 78
S Sanierung 59 Säule I 131 Säule II 131
Stichwortverzeichnis
Säule III 131 Schadensfall, bedeutender 114 Schadensfalldatenbank 110, 111 Schlusskurs 197 Schuldenmanagement 155 Schulter-Kopf-Schulter 201 Schwefelanteil 98 Scoring 47 Securitization 276 Selbstüberschätzung 175, 176, 178 Sensitivitätsanalyse 276 Sentimentmessung 205 Sharpe 122 Sharpe Ratio 126 Short Cut-Methode 276 Short-Position 90 SIC 12 276 Sicherungsinstrument 277 Sicherungsperiode 80 Sicherungsstrategie 168 Simulation, historische 67 Skalierung, arithmetische 198 Skalierung, logarithmische 198 Soll-Buchung 277 Solvabilitätsverordnung 132 Spätindikator 189 Special Purpose Vehicles 277 Spekulation 30 Spekulationsverbot 158 Spezialfonds 129 SREP 132 SRP 132 Stadtwerke 162, 278 Stahl 98 Standardansatz 116 Steuer, latente 266 Steuereinnahme 189 Strategie 34, 144, 292 Stressszenario 287 Stresstest 135 Structured Credit Products 212, 226, 228, 229, 275, 278, 279 Struktur, synthetische 279
303
Strukturlimit 39 Strukturpolitik 185 Stückzins 279 Sun-Cost-Effekt 178 Swap 70 Swaption 84 Szenarioanalyse 107, 135
T Tageszählmethode 78 Tainting 279 Target Balancing 106 Teil, allgemeiner 16 Teil, besonderer 16 Teilnehmer 191 Termingeschäft, bedingtes 71 Termingeschäft, unbedingtes 70 Termingeschäftsfähigkeit 129 Terminkurve 94, 95 Terminmarkt 69 Testphase 289 Tiefstkurs 197 Total Return-Strategie 130 Tracking Error 125 Trading 218, 230, 234, 236, 239, 244, 246, 257, 267, 272, 280, 284 Transaktions-Exposure 280 Transaktionsrisiko 86 Translations-Exposure 280 Translationsrisiko 86 Treasury 33, 144 Treasuryinstrument 207 Treasurymanagement 8, 150 Treasuryprodukt 281 Treasuryrichtlinie 151 Trendfolger 204 Trendlinie 198, 199 Trendmesser 204
U Überprüfungsverfahren, aufsichtliches 132
304
Stichwortverzeichnis
Überrendite 126 ULSD 44, 98 Umgliederung 281 Umklassifizierung 243, 281 Umrechnungsrisiko 86 Umwidmung 281 unexpected loss 51 Unternehmen 38, 190 Unternehmen, kleine und mittelgroße 263 Unternehmensplanung 139 Unternehmensrisiko 28 Unternehmensstrategie 293 Unterstützung 199 Unwinding 282
V Value at Risk (VaR) 43, 64, 87, 130, 287 Verankerung 178 Verankerungsheuristik 173 Verantwortung der Geschäftsleitung 142 Verbindlichkeit, finanzielle 241 Verbindlichkeit, sonstige 277 Verbriefungstransaktion 282 Vereinfachung 179 Verfahren, vereinfachtes 282 Verfügbarkeit 179 Verfügbarkeitsheuristik 173 Verlust, erwarteter 51 Verlust, unerwarteter 51 Vermögenswert 167 Vermögenswert, finanzieller 241 Verpflichtung, feste 239 Vertrauenswahrscheinlichkeit 67 Verwaltung 283 Verwertungsquote 52 Volatilität 62 Volatilitätsorientierung 204 Volkswirtschaft 181 Volkswirtschaftliche Gesamtrechung 182 Vorlaufzeit 80 Vorsorgereserve 141
Votierung 56
W Wahrnehmung, selektive 173, 176, 177 Wahrscheinlichkeit 63 Währungsmanagement 87 Währungspaar 88 Währungsrisiko 86 Warentermingeschäft 283 Wert, beizulegender 214 Wertberichtigung 48 Wertpapier, festverzinslich 239 Wertpapiergeschäft 143 Wettbewerb 189 Wettbewerbspolitik 189 Wettbewerbssituation 33 Widerstand 199 Wirtschaftlichkeit 158 Wirtschaftskreislauf 190 Wirtschaftspolitik 183 Wirtschaftspolitik, angebotsorientierte 184 Wirtschaftspolitik, nachfrageorientierte 184 Wirtschaftswachstum 187 Wissen, technisches 194 Worst Case 126, 293 WTI 98 www.treasuryworld.de 9
Z Zahlungsstrom 41, 208 Zahlungsunfähigkeit 101 Zeitwert, beizulegender 214 Zertifikat 119 Zink 98 Zinn 98 Zins, abgelaufener 212 Zinsabgrenzung 284 Zinsänderungsrisiko 73, 79 Zinsänderungsrisiko, variables 74 Zinsbindung 75
Stichwortverzeichnis
Zinsbuch 144 Zinskonvention 78 Zinskurve, Steilheit 76 Zinsmanagement 77, 155 Zinsniveau 189 Zinsoptimierung 158 Zinssicherung 158 Zinsstrukturkurve 76
305
Zinsswap 81 Zinsuntergrenze 83 Zugang 284 Zugangsbewertung 215, 284 zur Veräußerung verfügbar 285 Zusammenfassung 285 Zweckgesellschaft 285
306
Stichwortverzeichnis
Quellenangabe Als Quelle für das Kompaktwissen Risikomanagement wurde das re|sume Kompaktlexikon sowie die re|venue – Einführungs- und Umsetzungsleitfäden (Herausgeber: Roland Eller Consulting GmbH in Kooperation mit und exklusiv für den Bereich Capital Market Sales der Deutsche Bank AG) herangezogen.
Stichwortverzeichnis
Die Herausgeber
Diplom Betriebswirt (FH) Roland Eller ist Trainer, Managementberater und freier Publizist. Er ist unabhängiger RiskConsultant bei Banken, Sparkassen, Kommunen, Stadtwerken, Unternehmen und Kapitalanlagegesellschaften sowie Seminartrainer zu Techniken und Methoden der Analyse, Bewertung und dem Risikomanagement von Zinsinstrumenten, Aktien, Währungen, Rohstoffen und Derivaten.
Diplom-Wirtschaftsmathematiker Markus Heinrich trainiert Banken, Sparkassen, Unternehmen und Versicherungen in den Bereichen derivative Finanzinstrumente sowie Risikosteuerung und -management. Er berät Kreditinstitute bei der Implementierung der quantitativen Institutssteuerung und des Markt- und Kreditrisikocontrolling wie auch in der Umsetzung der MaRisk.
Dipl. Kaufmann René Perrot ist Trainer und Berater von Banken, Sparkassen, Fondsgesellschaften und Versicherungen und deckt für Roland Eller den Bereich Anleihe- und Aktienmanagement, Aufbau und Prüfung des Investmentprozesses, Überwachung der Performance von Anlagestrategien, Entwicklung von strukturierten Anlagestrategien sowie Tradingmethodik ab.
Dipl. Betriebswirt Markus Reif ist Trainer und Berater von Banken, Sparkassen, Fondsgesellschaften und Versicherungen in den Bereichen derivative Finanzinstrumente, Risiko- und Bilanzstrukturmanagement. Darüber hinaus ist er Autor zahlreicher Fachartikel und Herausgeber mehreren Standardwerke. Zuvor war er bei M.M. Warburg & CO in Hamburg als Leiter des Bereiches Fixed Income tätig. Davor bei Sal. Oppenheim jr. & Cie. in Frankfurt verantwortlich für die Konstruktion und das Risikomanagement strukturierter Kapitalmarktprodukte.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
307
308
Die Herausgeber
Treasury Know-how auf den Punkt gebracht „Reinklicken, entdecken, verstehen und erfolgreich umsetzen“, so lautet die Mission von TREASURYWORLD, dem Onlineportal der Roland Eller Consulting GmbH. TREASURYWORLD ist die Tür zur faszinierenden Welt eines modernen Treasury. Es ist verständlich, praxisorientiert und umsetzungsorientiert. TREASURYWORLD wurde für Einsteiger und Professionals als Navigator für das immer komplexer werdende Umfeld einer modernen Treasury konzipiert. TREASURYWORLD dient als Plattform für den Erfahrungsaustausch zwischen TreasuryInteressierten. TREASURYWORLD sammelt Informationen, schreibt eigene Artikel und Zusammenfassungen, wertet andere Internetseiten aus und stellt diese in einer umfangreichen Wissensdatenbank allen Interessenten zur Verfügung. Hierbei werden primär folgende Wissensbereiche unterschieden:
Gesetze und Standards (z.B. KWG, MaRisk, HGB, IFRS/IAS) Professionelles Risikomanagement von Finanzrisiken (z.B. Marktpreisrisiken) Cash- und Liquiditätsmanagement Finanzierungs- und Anlagemanagement Bilanzierung und Steuern Finanzmärkte und Produkte Derivate – Grundlagen und Analyse Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen
TREASURYWORLD steht für das Gesamtkonzept, die Philosophie bzw. die Vision der Roland Eller Gruppe. Im Fokus steht ein ganzheitliches Treasury-Management, das alle Risiken, also beispielsweise Marktpreis-, Adress- und Liquiditätsrisiken, aber auch operationelle Risiken und Absatzrisiken gleichwertig berücksichtigt. TREASURYWORLD will allen Treasury-Interessierten auf die aktuellen Herausforderungen und Fragen auch Antworten nach der Philosophie „aus der Praxis für die Praxis“ geben: Ein Navigator oder Kompass, der Marktteilnehmer durch die spannende und aufregende Welt der Treasury-Produkte und Treasury-Märkte führt. Treasury Know-how auf den Punkt gebracht bedeutet für TREASURYWORLD die wichtigsten Trends, Entwicklungen, News, aber auch Basis- und Expertenwissen zielgruppengerecht zusammenzufassen, treffend zu formulieren und auf TREASURYWORLD zu präsentieren. Genauso wie Roland Eller und sein Team dies bereits seit über 20 Jahren in den zahlreichen Trainings und Publikationen bereits praktizieren. Die auf TREASURYWORLD verfügbaren Informationen sollen dem Treasury-Interessierten helfen, seine tägliche Arbeit besser durchführen zu können.
www.treasuryworld.de
Stichwortverzeichnis
Die Autoren
Dipl. Kaufmann Knut Henkel ist seit 1994 im Rechnungswesen der Konzernzentrale einer großen deutschen Geschäftsbank tätig und seit 2009 Lehrbeauftragter der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Nach Tätigkeiten als Referent und als Leiter „Rechnungswesen Treasury“ arbeitet er als Spezialist für Bilanzierungsgrundsätze in der Rechnungswesen-Grundsatzabteilung. Zuvor studierte er Volks- bzw. Betriebswirtschaftslehre in Bonn und Siegen und war anschließend zunächst als freiberuflicher Dozent bei einem großen Bildungsträger sowie als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Frankfurt am Main tätig.
Dipl. Betriebswirt (FH) Jan Kühne ist Berater der Roland Eller Consulting GmbH. Er berät Kreditinstitute, Kommunen und Unternehmen bei der Einführung und Umsetzung von Risikomanagement- und Risikocontrollingsystemen. Darüber hinaus ist er als Referent zu den Themen Bondresearch, Bond-PortfolioManagement und derivative Finanzinstrumente im Anlage-, Schulden und Rohstoffmanagement tätig.
Daniel Storch ist Berater und Trainer bei der Roland Eller Consulting GmbH. Zuvor war er mehrere Jahre als Risikocontroller in einer Sparkasse mit Schwerpunkt Adressrisiken und operationelle Risiken tätig. Seit August 2008 ist er bei der Roland Eller Consulting GmbH verantwortlich für die Redaktion des re|peat-Jahrbuches Treasury und Private Banking sowie für die Redaktion des Internetportals www.treasuryeworld.de. Daniel Storch studiert berufsbegleitend Volkswirtschaftslehre an der Fernuniversität in Hagen.
R. Eller et al. (Hrsg.), Kompaktwissen Risikomanagement, DOI 10.1007/ 978-3-8349-8894-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010
309
310
Die Autoren
Daniela Waitz, Dipl.-Betriebswirtin (FH) mit Schwerpunkt Controlling und Steuern, ist Senior-Beraterin, Autorin und Trainerin bei der Roland Eller Consulting GmbH. Zuvor war sie mehrere Jahre als Risikocontrollerin in der Kreis- und Stadtsparkasse Hof mit Schwerpunkt Treasury/Gesamtbanksteuerung tätig. Seit Oktober 2008 ist Daniela Waitz bei der Roland Eller Consulting GmbH verantwortlich für das Risikomanagement von kleinen und mittleren Unternehmen, Kommunen und vermögenden Privatpersonen. Sie ist Verfasserin von zahlreichen Veröffentlichungen und Artikeln zu Themen aus dem Bereich Bankenaufsicht, Gesamtbanksteuerung, Risikotragfähigkeit, Börse und Kapitalanlagen an den internationalen Finanzmärkten. Gemeinsam mit dem Team von Roland Eller entwickelt Frau Waitz Fernlehrgänge und Seminarkonzepte zum Thema Risikomanagement.