Energieanwendungstechnik
Manfred Rudolph · Ulrich Wagner
Energieanwendungstechnik Wege und Techniken zur effizienteren Energienutzung
123
Dr.-Ing. habil. Manfred Rudolph Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik Technische Universität München 80290 München
[email protected]
ISBN 978-3-540-79021-1
Prof. Dr.-Ing. Ulrich Wagner Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik Technische Universität München 80290 München
[email protected]
e-ISBN 978-3-540-79022-8
DOI 10.1007/978-3-540-79022-8 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. c 2008 Springer-Verlag Berlin Heidelberg Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen. Satz: Digitale Vorlage des Autors Herstellung: le-tex publishing services oHG, Leipzig Einbandgestaltung: WMX Design, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 987654321 springer.de
Vorwort Wenn heute das Thema Energie mehr denn je im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit steht, hat das seine guten Gründe: Dazu gehört die nicht prognostizierbare Entwicklung der Energiepreise vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Reserven, aber auch der vermutete Treibhauseffekt. Zu Recht treibt uns die Sorge um, wie wir künftig unseren Energiebedarf decken können, ohne an unserem erreichten Wohlstand allzu große Abstriche machen zu müssen. Die Frage nach der Herkunft der Energie beleuchtet das Problem aber nur von einer Seite. Genauso wichtig ist die Frage: Was tun wir mit der Energie, die wir verbrauchen? Und welche Möglichkeiten haben wir, sparsam mit dieser mittlerweile als kostbar erkannten Ressource umzugehen? Vor mehr als 60 Jahren hat H.F. Mueller, der Begründer der Forschungsstelle für Energiewirtschaft, das Feld abgesteckt, das danach von unserem Lehrer H. Schaefer intensiv bearbeitet und anlässlich der ersten Ölpreiskrise vor nunmehr 35 Jahren auch erstmalig einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Mit diesem Buch unternehmen wir zum ersten Mal den Versuch, das Thema Energieanwendung möglichst umfassend zu behandeln. Dabei stützen wir uns auf die reiche Ansammlung von Fachwissen, die auf diesem Gebiet am Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik der TU München seit der Gründung 1970 gewonnen wurde. In diesem Sinne gilt unser Dank allen gegenwärtigen und früheren Mitarbeitern für die vielfältige Unterstützung. In unseren langen Jahren als Hochschullehrer haben wir gelernt, wie wichtig ! und wie schwierig ! es ist, den richtigen Mix aus Grundlagen und Fakten zusammen zu stellen. Haben wir uns doch das ehrgeizige Ziel gesteckt, Interesse zu wecken, eine klare Sicht zu schaffen und das nötige Detailwissen zu vermitteln. Wenn die Studierenden der einschlägigen Ingenieur- und Naturwissenschaften sowie all jene, die im Beruf mit dem Thema Energie befasst sind, Nutzen daraus ziehen können, dann hätten wir dieses Ziel erreicht. München, im Juni 2008
Manfred Rudolph Ulrich Wagner
Inhalt 1
Einführung und Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Energietechnik in der Menschheitsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Terminologie der Energieanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Energieverbrauch in der Volkswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Rationelle Energieverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Ganzheitliche Bewertung von Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2
Deckung von Prozesswärmebedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.1 2.2 2.3
Struktur und Bedeutung der Prozesswärme in der Industrie . . . . . 19 Industrielle Wärmeprozesse und Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.3.1 Grundsätzlicher Aufbau und Funktionsprinzipien . . . . . . 31 2.3.1.1 Standanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.3.1.2 Durchlaufanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2.3.2 Energetische Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.3.3 Stationäres Betriebsverhalten in Abhängigkeit vom Lastgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 2.3.4 Betriebsverhalten im instationären Zustand . . . . . . . . . . . 45 2.3.4.1 Abkühlung einer Ofenwand . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2.3.4.2 Verhalten bei Betriebsunterbrechung . . . . . . . . . 53 Energetische Analyse von Betriebszeiträumen . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.4.1 Charakteristische Zeitabschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.4.2 Kenngrößen für die Auslastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2.4.3 Bestandteile des Energieverbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2.4.4 Betriebstechnische Kennlinienfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
2.4
3
Raumheizung und Klimatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
3.1 3.2 3.3
Bedeutung und Struktur der Raumwärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Thermische Behaglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Wärmebedarf und Energiehaushalt von Gebäuden . . . . . . . . . . . . 72 3.3.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3.3.2 Spezifische Wärmeverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.3.2.1 Transmission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.3.2.2 Lüftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.3.3 Norm-Heizlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3.3.4 Jahres-Heizwärmebedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Energieeinsparverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Heizungsanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3.5.1 Systematische Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
3.4 3.5
VIII
Inhalt
3.5.2 3.5.3
3.6
Heizkessel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Wärmepumpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3.5.3.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3.5.3.2 Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3.5.3.3 Energetische Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.5.3.4 Wärmequellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3.5.3.5 Betriebsarten und Auslegung . . . . . . . . . . . . . . 107 Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.6.1 Systeme und ihre Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.6.2 Heiz- und Kühllast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3.6.3 Zustandsänderungen der Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3.6.4 Energieverbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
4
Beleuchtung
4.1 4.2
4.3
Lichttechnische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Lampen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4.2.1 Glühlampen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4.2.2 Gasentladungslampen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 4.2.2.1 Niederdruck-Entladungslampen . . . . . . . . . . . . 133 4.2.2.2 Hochdruck Entladungslampen . . . . . . . . . . . . . 138 Anforderungen an die Beleuchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
5
Stationäre Antriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
5.1 5.2
Stationärer Kraftbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Fördern von Fluiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 5.2.1 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 5.2.2 Anwendungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 5.2.3 Arbeitsmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 5.2.4 Betriebsverhalten von Kreiselpumpen . . . . . . . . . . . . . . . 158 5.2.4.1 Hydraulische Förderleistung . . . . . . . . . . . . . . 158 5.2.4.2 Pumpenkennlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 5.2.4.3 Variation der Drehzahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 5.2.4.4 Regulierung des Förderstroms . . . . . . . . . . . . . 166 Zusammenwirken von Arbeitsmaschine und Antriebssystem . . . 169 5.3.1 Allgemeine Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 5.3.2 Drehzahl und Drehmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 5.3.3 Belastung der Antriebsmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Elektrische Antriebssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 5.4.1 Allgemeine Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 5.4.2 Drehstrom-Asynchronmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5.4.2.1 Bauarten, Wirkungsweise, Spezifikationen . . . 180 5.4.2.2 Ersatzschaltbild, Stromortskurve . . . . . . . . . . . 185
5.3
5.4
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
Inhalt
IX
5.4.3 5.4.4 5.4.5 5.4.6
5.4.2.3 Drehzahl und Schlupf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 5.4.2.4 Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 5.4.2.5 Drehmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 5.4.2.6 Anlaufen und Bremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 5.4.2.7 Verhalten im stationären Betrieb . . . . . . . . . . . 197 5.4.2.8 Dimensionierung des Motors . . . . . . . . . . . . . . 199 5.4.2.9 Drehzahlstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Drehstrom-Synchronmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Frequenzumrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Gleichstrommotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Kleinmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 5.4.6.1 Universalmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 5.4.6.2 Kondensatormotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.4.6.3 Permanentmagnet-Synchronmotor . . . . . . . . . . 225 5.4.6.4 Spaltpolmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227
6
Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen) . . . . . . . . 231
6.1
Verkehrsaufkommen und Energieverbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . 231 6.1.1 Entwicklung der Verkehrsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 6.1.2 Entwicklung des Endenergieverbrauchs . . . . . . . . . . . . . 233 Physik der Fortbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 6.2.1 Fortbewegung zu Lande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 6.2.1.1 Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 6.2.1.2 Schienenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 6.2.2 Fortbewegung zu Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 6.2.3 Fliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 6.2.4 Bewegungswiderstand, Antriebsleistung und Transportleistung verschiedener Verkehrsmittel . . . . . . . 241 Technik der Antriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 6.3.1 Straßenfahrzeuge mit Verbrennungsmotor . . . . . . . . . . . 243 6.3.1.1 Energieflüsse im Otto- und im Dieselmotor . . 243 6.3.1.2 Unkonventionelle Kraftstoffe . . . . . . . . . . . . . 247 6.3.2 Straßenfahrzeuge mit Elektromotor . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 6.3.2.1 Antriebsmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 6.3.2.2 Batteriespeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 6.3.2.3 Energieverbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 6.3.2.4 Hybridantriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 6.3.2.5 Brennstoffzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 6.3.3 Schienentriebfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 6.3.3.1 Diesel-Antrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 6.3.3.2 Elektroantrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 6.3.3.3 Vergleich verschiedener Antriebe . . . . . . . . . . 270
6.2
6.3
X
6.4
Inhalt
6.3.3.4 Magnetschwebe-Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 6.3.4 Flugzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Vergleich verschiedener Verkehrssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 6.4.1 Energieverbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 6.4.2 Schadstoff-Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 6.4.3 Lärm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 6.4.4 Sonstige Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287
7
Gewinnen und Verarbeiten von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
7.1
Datenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 7.1.1 Messkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 7.1.1.1 Messgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 7.1.1.2 Messprinzip und Messmethode . . . . . . . . . . . . 293 7.1.1.3 Messort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 7.1.1.4 Planungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 7.1.2 Messeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 7.1.2.1 Messgrößenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 7.1.2.2 Signal- und Messwertverarbeitung . . . . . . . . . 297 7.1.2.3 Messdaten-Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 7.1.3 Genauigkeit von Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 7.1.3.1 Arten von Messabweichungen . . . . . . . . . . . . . 299 7.1.3.2 Fehlergrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 7.1.3.3. Messunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung . . . . . . . . . . . . 302 7.2.1 Dokumentation von Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 7.2.2 Bildung von Verhältniszahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 7.2.3 Bildung von Mittelwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 7.2.4 Häufigkeitsverteilung und Standardabweichung . . . . . . . 308 7.2.5 Zusammenhänge zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 7.2.6 Der t-Test (Student-Test) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 7.2.7 Regressionsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Anwendung für die energietechnische und -wirtschaftliche Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 7.3.1 Statistische Erhebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 7.3.2 Grafische Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 7.3.2.1 Punktdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 7.3.2.2 Liniendiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 7.3.2.3 Flächendiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 7.3.2.4 Säulen- und Balkendiagramme . . . . . . . . . . . . 324 7.3.2.5 Kreis- und Ringdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . 324 7.3.2.6 Flussbilder (Sankey-Diagramme) . . . . . . . . . . 325
7.2
7.3
Inhalt
XI
7.3.3
7.3.2.7 Maßstabswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 Energieverbrauchsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
Anhang: Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Stationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 1.1 Erdgasbeheizter Schmiedeofen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 1.2 Vergleich von zwei Spänetrocknern . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Instationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Heizwärmebedarf von Gebäuden (zu Kap. 3) . . . . . . . . . . . . . . . 345 Luft-Wasser-Wärmepumpe (zu Kap. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Klimaanlage (zu Kap. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 Berechnung einer Beleuchtungsanlage (zu Kap. 4) . . . . . . . . . . . 366 Betriebsverhalten einer Pumpe (zu Kap. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Analyse eines Drehstrom-Asynchronmotors (zu Kap. 5) . . . . . . 376 Energetisches Betriebsverhalten eines PKW (zu Kap. 6) . . . . . . 388 Analyse einer Zeitreihe (zu Kap. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Mittelwertbildung von Beziehungsgrößen (zu Kap. 7) . . . . . . . . 401 Analyse einer Stichprobe (zu Kap. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 12.1 Häufigkeitsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 12.2 Zugehörigkeit von Stichprobe und Grundgesamtheit . . . 405 12.3 Vergleich zweier Teilstichproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 12.4 Vertrauensbereiche für den Mittelwert zugehöriger Grundgesamtheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 12.5 Erwartungsbereich der Einzelwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
1
Einführung und Grundbegriffe
1.1
Energietechnik in der Menschheitsgeschichte
Die Energietechnik ist eine unverzichtbare Grundlage, die Abhängigkeit menschlichen Handelns und Wirkens von den Umweltbedingungen zu lockern und als human empfundene Lebensbedingungen zu schaffen. Die Verfolgung dieses Zieles führte schon immer und führt auch weiterhin zu Eingriffen in die Ökologie. Damit beeinflussen die Auswirkungen dieser Eingriffe wiederum die Lebensgestaltung des Menschen (Schaefer et al. 1995). Das heute oft zitierte ökologische Gleichgewicht der Erde hat im statischen Sinn nie bestanden. Der ständige Wandel von Flora und Fauna schon vor dem Beginn der Menschheitsgeschichte legt davon ebenso beredtes Zeugnis ab, wie auch der mehrfache Klimawechsel in der Geschichte unseres Planeten. Seit der Mensch auf der Erde existiert, hat er aus dem natürlichen Streben nach Arterhaltung mit seinem Handeln in die Umwelt eingegriffen und damit z.B. einen großen Teil der natürlichen Landschaft in eine Kulturlandschaft verwandelt. Diese menschlichen Eingriffe werden zwangsläufig um so gravierender, je größer die Besiedlungsdichte und der Lebensstandard S gekennzeichnet z.B. durch technische Ausstattung, Flächenanspruch, Mobilität u.a.m. S wird. Sie können vielfach zu Auswirkungen führen, die sich langfristig auch für das menschliche Leben als ungünstig erweisen. Schon unsere Vorfahren haben in dieser Hinsicht „Beachtliches“ geleistet; aber wer denkt schon daran, dass z.B. die verkarstete adriatische Küste früher bewaldet war, wer denkt schon daran, dass Karthago, die Kornkammer Roms, durch Menschenhand zur Wüste wurde. Ähnliches gilt für das Schicksal der kleinasiatischen Städte Milet, Priene und Ephesus sowie den Kahlschlag der Wälder in England oder in Spanien, wo vor allem wegen des Bedarfes an Heizmaterial die Umwelt entscheidend verändert wurde. Wenn heute die Fragen des Umweltschutzes in aller Munde sind, ist das vor allem aus berechtigter Sorge über die ökologischen globalen Veränderungen durch vegetations- und klimarelevante Emissionen, den Ressourcenverzehr sowie die Veränderungen im Bereich der Verdichtungsräume zu verstehen, wo nachteilige Wirkungen der optischen, akustischen und stofflichen Belastung schon frühzeitig sicht- und spürbar wurden. Will man die Situation zutreffend analysieren, dann hat man sich vor allem mit den Regionen hohen Energieumsatzes zu befassen. Hier werden geeignete und sinn-
2
1 Einführung und Grundbegriffe
volle Maßnahmen vordringlich notwendig, um die Umweltbedingungen für den Menschen lebenswert zu erhalten. Voraussetzung derartiger Maßnahmen ist, die durch den Menschen verursachten Veränderungen in all ihren Auswirkungen und gegenseitigen Verknüpfungen eingehend zu erforschen und dabei immer zu bedenken, dass vor allem die atmosphärischen Belastungen sich global ausbreiten. Der Erhalt und der Fortbestand der zivilisierten Menschheit hängt von den vier Faktoren Nahrung, Rohstoffe, Energie und technisches Wissen ab. Nahrung ist ein unabdingbarer Faktor, Rohstoffe sind eine Notwendigkeit, beides kann aber nur mit Energie und technischem Wissen heute und in der Zukunft in ausreichendem Maß zur Verfügung gestellt werden. Die heutige und zukünftige menschliche Gesellschaft steht und fällt mit einer leistungsfähigen und gesicherten Energieversorgung. Für die industrielle Güterproduktion ist die Energietechnik unentbehrlich, denn fast alle Stofferzeugungs- und Umwandlungsverfahren sind ohne Energiezufuhr nicht realisierbar. Dasselbe gilt auf den Gebieten des Verkehrs und der Kommunikation. Selbst die Produktion pflanzlicher und tierischer Nahrungsmittel im heutigen Umfang ist nur durch den steigenden Einsatz energietechnischer Anlagen möglich. Keine realisierte und auch keine denkbare Art der Energietechnik ist umweltfreundlich, sondern nur in Art und Umfang der Umweltbelastung unterschiedlich. So erstrebenswert manchem auch eine „Rückkehr zur Natur“ erscheinen mag, so kann sie die Energietechnik nicht ersetzen. Je mehr der Mensch versucht und auch gezwungen ist, die Gestaltung seines Lebens von den Gegebenheiten der Umwelt unabhängig zu machen, um so mehr ist er in allen Lebensbereichen von einer zukunftssicheren, preisgünstigen und umweltschonenden Energieversorgung abhängig. Dabei tritt die Bedeutung der Energiekosten zurück gegenüber der faktischen Unentbehrlichkeit der Energie. Es ist sicher, dass, sofern man eine weitere Entwicklung der Menschheit im Hinblick auf eine ständige Verbesserung der ökonomischen und sozialen Situation zumindest für den Großteil der Weltbevölkerung in der dritten Welt unterstellt, die Anforderungen an die von der Energieversorgung bereitzustellenden Mengen, Leistungen und Qualitäten steigen werden und steigen müssen. Der erste und wichtigste Schritt, um die Auswirkungen des Energieverbrauchs auf Mensch und Umwelt zu reduzieren, ist die rationelle Energienutzung. Dass in dieser Richtung bereits beachtliche Erfolge erzielt wurden, lässt sich mit einigen Beispielen belegen: Binnen 100 Jahren konnten die Wirkungsgrade von thermischen Antriebsmaschinen etwa verdreifacht werden; die Beleuchtungstechnik entwickelte Lampen, die heute das 100-fache der Lichtausbeute erreichen
1.1 Energietechnik in der Menschheitsgeschichte
3
und der spezifische Stromverbrauch bei der Schmelzflusselektrolyse von Aluminium sank auf fast ein Drittel. Derartige Beispiele lassen sich auch für kürzer zurückliegende Zeitbereiche in nahezu allen Teilgebieten der Energienutzung finden. Innerhalb der letzten 30 Jahre verminderte sich in der Bundesrepublik Deutschland bei der Stahlerzeugung der Energieverbrauch pro kg Rohstahl um rd. 25%, bei der Stromerzeugung konnte der Energieaufwand pro kWh um rd. 60% gesenkt werden, und die Umwandlungsverluste bei den Raffinerieprozessen gingen um rd. ein Drittel zurück. Geht man bis ins Mittelalter zurück, so war der Primärenergieverbrauch pro Tonne Roheisen etwa 20 mal höher als heute.
1.2
Terminologie der Energieanwendung
Jeder Bedarf an Energie hat seine Ursache in bestimmten Zielen, Wünschen und Bedürfnissen eines Nutzers: • Raumkonditionierung ist das Schaffen von Bedingungen in Aufenthaltsräumen, die hinsichtlich der thermischen Behaglichkeitskriterien (Temperaturen von Luft und Raumumschließungsflächen, Luftfeuchte, Luftströmungsverhältnisse) als angenehm empfunden werden. Die „Raumheizung“ beschränkt sich dabei auf die Wärmezufuhr in den betreffenden Raum, während die „Klimatisierung“ die Herstellung und Einhaltung bestimmter Luftzustände zum Gegenstand hat. • Brauchwarmwasserbereitung ist das Bereitstellen von Warmwasser, wie es nach Menge, Temperatur, Zeit und Ort gewünscht ist. Gegebenenfalls müssen darüber hinaus auch noch Qualitätsanforderungen an das Wasser durch geeignete Aufbereitung erfüllt werden. Eine Abgrenzung zu den technologischen Prozessen der Wassererwärmung ist nicht eindeutig zu ziehen. • Technologische Prozesse führen eine gewünschte Veränderung eines Stoffes oder eines Werkstücks herbei bzw. halten einen bestimmten Zustand aufrecht, verbunden mit der Zufuhr (oder auch der Abführung) von Prozessenergie, die auch die Nutzenergie darstellt. Entsprechend der Art der wirksamen Nutzenergie lassen sich unterscheiden: S Wärmeprozesse, Kälteprozesse (thermische Prozesse), S Arbeitsprozesse (mechanische Prozesse) und S Elektrotechnologische Prozesse der Galvanik und Elektrolyse. Der Betrag an Energie, der bei einem technologischen Prozess die gewünschte Veränderung des Stoffes oder Werkstückes unmittelbar bewirkt,
4
1 Einführung und Grundbegriffe
wird auch als Aktivenergie bezeichnet. • Transport ist das Befördern von Personen oder Gütern von einem Ort zu einem anderen, unter Maßgabe vielfach variierbarer Randbedingungen wie Transportgeschwindigkeit, Transportflexibilität, Sicherheit und vieles mehr. • Beleuchtung ist das Schaffen günstiger Sehbedingungen durch Erhöhen von Beleuchtungsstärken dort, wo sie nur aufgrund des natürlichen Lichts nicht ausreichen, um das physische und psychische Wohlbefinden des Menschen sowie seine Leistungsfähigkeit zu fördern und Unfälle verhüten zu helfen. • Information und Kommunikation ist das Abfassen, Gestalten, Übermitteln und Empfangen von immateriellen Botschaften. Die Befriedigung solcher Bedürfnisse kann Energiedienstleistung genannt werden, da hierfür der Einsatz von Energie notwendig ist. Die wichtigsten Zusammenhänge (Rudolph u. Wagner 1997) sind in Abb. 1.1 dargestellt.
E n d e n e rg ie
S o n s tig e ve rfü g b a re E n e rg ie
Betrieb
Nutzen
N u tz e r Bedürfnisse Parameter
B e tre ib e r
2 6 1 2 4 -B -0 7 2 6 1 2 4 -B -0 7
N u tz e n e rg ie
E n e rg ie w a n d le r Verluste
Bezug
V e rb ra u c h e r
E n e rg ie d ie n s tle istu n g
E n e rg ie a n w en d u n g
Abb. 1.1. Begriffe der Energieanwendung
Diejenige Form von Energie, die unmittelbar die Energiedienstleistung bewirkt, heißt Nutzenergie. Üblicherweise werden folgende Nutzenergieformen unterschieden: • Arbeit (oft auch als „Kraft“ oder „Mechanische Energie“ bezeichnet), • Wärme (hierzu wird üblicherweise auch elektromagnetische Wärmestrahlung gezählt); auch „Kälte“ gehört hierher, da sie ein umgekehrt gerichteter Wärmestrom ist, • Licht,
1.2 Terminologie der Energieanwendung
5
• Nutzelektrizität, • Schall. Diejenige Menge an Nutzenergie, die für eine bestimmte Energiedienstleistung unter gegebenen Parametern und Randbedingungen unmittelbar erforderlich ist, wird als Nutzenergiebedarf 1 bezeichnet. Die Nutzenergie wird oft im Zuge der Energiedienstleistung dissipiert, d.h. thermodynamisch abgewertet. Jedoch kann nichts davon verschwinden, da nach dem Energieerhaltungssatz die Gesamtsumme an Energie gleich bleibt. So wird z.B. die Antriebsarbeit eines Fahrzeugs vollständig in thermische Energie verwandelt. Andere Beispiele für den Verbleib der Nutzenergie sind die Wärmeabgabe über die Außenoberfläche eines beheizten Gebäudes oder eines abkühlenden Werkstücks nach erfolgter Wärmebehandlung, oder der Zuwachs chemisch gebundener Energie bei der Erzeugung von Roheisen. Da die Nutzenergie in der benötigten Form normalerweise nicht direkt verfügbar ist, muss sie mit Hilfe eines Energiewandlers2 durch einen Betreiber zum Zeitpunkt und am Ort des Bedarfs hergestellt werden. Die Zuordnung von Energiewandlern zu den entsprechenden Nutzenergieformen und Energiedienstleistungen geht anhand von Beispielen aus Tabelle 1.1 hervor. Um die benötigte Nutzenergie herzustellen, muss im Energiewandler eine ausreichende Menge geeigneter Energie eingesetzt werden, die bei dieser Umwandlung verbraucht wird. Wird diese Energie von einem Verbraucher aus den energiewirtschaftlichen Versorgungssystemen bezogen, spricht man von Endenergie (z.B. Heizöl, Erdgas, Kraftstoff, elektrische Energie usw.). Hinzu kann die Ausnutzung anderer verfügbarer Energien kommen, wie z.B. Solarstrahlung zur Warmwasserbereitung oder Umgebungswärme für eine Wärmepumpe. Die angesprochenen drei Elemente, nämlich • der gezielte Einsatz von Endenergie (zuzüglich sonstiger verfügbarer Energie), • deren Umwandlung in Nutzenergie mittels des Energiewandlers • zum Zweck der Energiedienstleistung ergeben zusammen den Begriff der Energieanwendung.
1
bei technologischen Prozessen auch als Aktivenergiebedarf
2
Das kann auch ein komplexes technisches System sein
Lampe Monitor
Information und Kommunikation
Lokomotive Pumpe
Transport Stoffförderung
kurzwell. Strahler
Licht
Beleuchtung
Drehmaschine Schmelzofen Kühlaggregat
Technologische Prozesse
Durchlauferhitzer
Brauchwarmwasserbereitung
Wärme Heizkessel; Heizkörper
Arbeit
Prozessorbaustein
Galvanikbad
Nutzelektrizität
Nutzenergieform
Lautsprecher
Ultraschallwandler
Schall
Tabelle 1.1.
Raumkonditionierung
Art der Energiedienstleistung
6 1 Einführung und Grundbegriffe
Energiewandler zur Erfüllung von Energiedienstleistungen (Beispiele)
1.2 Terminologie der Energieanwendung
7
An einem Vorgang der Energieanwendung hat der Mensch in drei unterschiedlichen Funktionen Anteil: • Als Nutzer ist er Ursache des Bedarfs und Auslöser des Vorgangs der Bedarfsdeckung sowie deren Nutznießer, • als Betreiber ist er Bediener von Geräten und evtl. darüber hinaus Gestalter der technischen Prozesse, • als Verbraucher ist er Käufer von Energien. Diese Funktionen müssen nicht notwendigerweise in einer Person vereint sein.
1.3
Energieverbrauch in der Volkswirtschaft
Mit jedem Energieanwendungsfall geht eine Nachfrage nach Endenergie durch Verbraucher einher. Damit diese Nachfrage gedeckt werden kann, muss die Endenergie • aus Primärenergie, d.h. aus in der Natur vorkommenden (erschöpflichen oder regenerativen) Ressourcen erzeugt werden, und • unter Zuhilfenahme von Systemen der Speicherung, des Transportes und der Verteilung an den Verbraucher geliefert werden. Dies sind die Aufgaben der Energieversorgung. Dieser Bereich ist von der Energieanwendung wohl zu unterscheiden. Die Energiewirtschaft ist jener Teil einer Volkswirtschaft, der sich der Energieversorgung, also dem Einsatz der technischen, wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Mittel zur Deckung des auf den verschiedenen Teilmärkten auftretenden Energiebedarfs, widmet. Die Teilmärkte können durch die Art des gehandelten Energieträgers ! also die Endenergien ! gekennzeichnet sein. Entsprechend diesen „Versorgungssparten“ werden als Energiewirtschaftszweige unterschieden: Steinund Braunkohle-, Mineralöl-, Gas-, Elektrizitäts- und Fernwärmewirtschaft. Weitere Unterscheidungsmöglichkeiten sind durch die Art der Energiedienstleistung (z.B. „Raumwärmemarkt“) gegeben oder durch die Klassifizierung der Endenergieverbraucher in die Verbrauchssektoren. • • • •
Industrie Verkehr Haushalte Kleinverbraucher.
8
1 Einführung und Grundbegriffe
Der Verbrauchssektor Industrie umfasst den Bergbau und die Gewinnung von Steinen und Erden sowie das Verarbeitende Gewerbe, soweit die einzelnen Wirtschaftszweige nicht Teil des Energiesektors sind. Entsprechend den internationalen Gepflogenheiten ist auch das „Produzierende Handwerk“ einbezogen. Ab einer Beschäftigtenzahl von 20 zählt ein produzierendes Unternehmen zur Industrie. Die Strukturierung basierte bis zum Bilanzjahr 1994 auf der vom Statistischen Bundesamt festgelegten „Systematik der Wirtschaftszweige im Produzierenden Gewerbe“ (SYPRO). Das Verarbeitende Gewerbe war dort in vier Hauptgruppen gegliedert: Grundstoff- und Produktionsgütergewerbe, Investitionsgüter produzierendes Gewerbe, Verbrauchsgüter produzierendes Gewerbe, Nahrungs- und Genussmittelgewerbe. Inzwischen wurde im Zuge der Harmonisierung der Wirtschaftszweigklassifikationen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union die deutsche Systematik der Wirtschaftszweige an die europäische angepasst. Als Folge davon richtet sich die Strukturierung vom Bilanzjahr 1995 an nach der vom Statistischen Bundesamt festgelegten „Klassifikation der Wirtschaftszweige“, Ausgabe 1993 (WZ 93). Durch Veränderungen bei der Zuordnung statistischer Einheiten sind die Angaben für die Abschnitte und Unterabschnitte nach WZ 93 mit denen für die Industriehauptgruppen und -zweige der bisherigen Systematik nach SYPRO nicht mehr vergleichbar. Der Sektor Verkehr umfasst die Gesamtheit aller Transportleistungen mit mobilem Energiewandler (also z.B. unter Ausschluss von Seilbahnen), deren Endenergieverbrauch dem Inland zuzuordnen ist. Gegliedert ist er in die Teilsektoren Schienenverkehr, Straßenverkehr, Luftverkehr sowie Küsten- und Binnenschiffahrt. Maßgebend für die inländische Verbrauchszuordnung ist nicht der Ort der Transportleistung, sondern der Ort der Endenergieaufnahme durch das jeweilige Transportmittel. Der Sektor Haushalte umfasst sämtliche Privathaushalte. Aus erfassungstechnischen Gründen waren in den Energiebilanzen früher „Haushalte“ und „Kleinverbraucher“ zu einem Sektor zusammengefasst. Die ab 1995 vorgenommene generelle Trennung in die beiden neuen Sektoren „Haushalte“ und „Gewerbe, Handel, Dienstleistungen“ (GHD) ist nur mit Hilfe zahlreicher Abschätzungen und Rückrechnungen - z.T. unter Verwendung von Marktforschungsergebnissen - möglich. Der seither bestehende Verbrauchssektor „Gewerbe, Handel, Dienstleistungen“ (GHD) geht aus dem vormaligen Teilsektor „Kleinverbraucher“ unter Einbezug der „Militärischen Dienststellen“ hervor. Außer dem letztgenannten Bereich sind folgende Gruppen enthalten: Anstaltshaushalte,
1.3 Energieverbrauch in der Volkswirtschaft
9
öffentliche Einrichtungen, Wasserwerke, produzierende Gewerbe- und Handwerksbetriebe mit weniger als 20 Beschäftigten, Wäschereien, Chemischreinigungen, Bauhauptgewerbe, Handelsunternehmen, Geschäftsgebäude und Räume gewerblicher Art und Landwirtschaft. In Abb. 1.2 ist die zeitliche Entwicklung des Endenergieverbrauchs in der BRD dargestellt. Neben einem generellen Anstieg hat sich der Verbrauch erheblich umstrukturiert, insbesondere zu Lasten der festen Brennstoffe. Heizöl verzeichnete bis Mitte der 70er Jahre einen rasanten Zuwachs, büßt aber seit den 80er Jahren wieder an Bedeutung ein. Ungebrochen ist dagegen der Verbrauchsanstieg von Gas, Strom und Kraftstoffen. Zugleich hat sich der Anteil der Verbrauchssektoren erheblich geändert. Während bis 1960 die Industrie fast die Hälfte der gesamten Endenergie verbrauchte, geht ihr Anteil seither kontinuierlich zurück; mittlerweile liegt er bei weniger als einem Drittel. Die Sektoren Haushalt und Kleinverbrauch haben ihre Anteile am Endenergieverbrauch in den letzten dreißig Jahren nur sehr wenig verändert. Der Sektor Verkehr dagegen verzeichnete einen stetigen Zuwachs und hat bereits im Jahre 1993 die Industrie mengenmäßig überholt.
Abb. 1.2.
Entwicklung des Endenergieverbrauchs in der BRD (alte Bundesländer)
Aus Abb. 1.3 ist ersichtlich, wo die Verbrauchsschwerpunkte insgesamt bzw. innerhalb der einzelnen Verbrauchssektoren in Deutschland liegen. Vom gesamten Endenergieverbrauch in Deutschland entfällt knapp ein Drittel auf die „Raumheizwärme“, gut ein Viertel auf die „Prozesswärme“, fast 40 % auf den Bedarf für „mechanische Energie“, rd. 2 % auf die „Beleuchtung“ und rd. 1,4 % auf „Information und Kommunikation“, worin auch der Aufwand bei leittechnischen Anlagen eingeschlossen ist.
10
1 Einführung und Grundbegriffe
Industrie
Verkehr
Beleuchtung
Prozeßwärme
Haushalte
Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD)
Mechanische Energie
Raumheizwärme
Mechanische Energie 39,2
Raumheizwärme 30,9 3000 PJ
2,4
2500
21,3
28,4
2644 2459
2632
1,6%
1,7%
0,4% Beleuchtung
16,5%
2000
Endenergie 9181 PJ = 100
3,1 1,6
17,4 4,8
2,1% 6,7%
0,1
98,8%
19,7%
1000 4,1
22,8%
1500
7,1
6,1
Beleuchtung 2,1
Information & Kommunikation
65,3%
74,1% 25,8%
Information & Kommunikation 0 1,5 Prozeßwärme 26,3
Information & Kommunikation 0,3% Raumheizwärme 0,5%
2,6%
500
1,4%
45,2%
8,8%
Industrie Haushalt 26,8%
28,8%
GHD
Verkehr
15,7%
28,7%
Alle Angaben in %
Quelle: AG Energiebilanzen, VDEW-Projektgruppe Nutzenergiebilanzen, IfE/TU München
Copyright
2007, IfE/TU München, 00-820-B-06
Aufteilung des Endenergieverbrauchs auf Verbrauchersektoren und Bedarfsarten in Deutschland 2005
00820B 06
Abb. 1.3. Struktur des Endenergieverbrauchs in Deutschland 2005
Bei der Raumheizung dominieren die Haushalte, bei der Prozesswärme die Industrie und bei der mechanischen Energie der Verkehr. Der letztgenannte Anteil stellt mit mehr als einem Viertel den größten Einzelposten dieser Anwendungsbilanz dar. Wie die Säulendiagramme im rechten Bildteil zeigen, dominiert bei der Industrie der Bedarf für Prozesswärme, bei den Haushalten und im GHDSektor der Bedarf für die Raumheizung und beim Verkehr die mechanische Energie. Den verbrauchsintensivsten Einzelsektor bilden die privaten Haushalte, gefolgt von Verkehr und Industrie. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Energie hängt sehr stark vom Wohlstandsniveau einer Volkswirtschaft ab. Abb. 1.4 (Daten nach IEA 2006) zeigt hierzu den Verbrauch an Endenergie über dem Bruttoinlandsprodukt (umgerechnet nach Kaufkraftparität) für eine Reihe von Ländern, jeweils bezogen auf die Bevölkerungszahl. Die „Energieintensität“, also der Energieverbrauch bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, liegt in wohlhabenden Ländern im Schnitt eher etwas niedriger. Ermöglicht wird dies durch die im Vergleich zu den ärmeren Ländern höher entwickelten Systeme der Energieversorgung sowie durch die besseren Voraussetzungen für eine rationelle Energieverwendung.
1.3 Energieverbrauch in der Volkswirtschaft
11
In allen Wohlstandsbereichen gibt es eine Spannweite der Energieintensität von etwa einer Zehnerpotenz. Die hauptsächlichen Einflussfaktoren hierfür sind • die klimatischen Verhältnisse (Heiz- und Kühlbedarf) • Ausmaß und Struktur der Industrialisierung • die Größe des Landes und seine Besiedelungsdichte (Personen- und Güterverkehr) 100000
Einwohnerzahl [Mio] 1
10
100
26528A07 26528A07
Kontinent
1 ,0
Energieintensität [kg OE/US$]
1000
0, 5
Endenergieverbrauch je Einw. in kg OE
Afrika Amerika ARAB EM
Australien
TRIN
Europa
1000
RUS LIBY
UZBE
SER CHIN
NIG ECU TAN ETH YEM
100 100
IND
KEN SUD
0 ,2
QAT
Asien
10000
GHA
EGY
KOR CZE
POL BUL ROM SAF MEX BRAZ
ICE
FIN SWE GER
CAN USA NOR AUS
LUX
0 ,1 0,0
5
SWI ITA FRA UK JAP HOKO
SPA
MALT
TUN COL
MOR
SEN
ERIT
BANG 1000
10000
100000
BIP je Einw. in US$
Abb. 1.4. Energieverbrauch und Bruttoinlandsprodukt ausgewählter Länder (umgerechnet nach Kaufkraftparität)
1.4
Rationelle Energieverwendung
Aus der Sicht des Energieverbrauchers basiert eine rationelle Energieverwendung grundsätzlich auf einer Abwägung von Aufwand und Nutzen beim Verbrauchen von Energie. Hinsichtlich Bewusstseinsgrad und Detailtiefe kann diese Abwägung im Einzelfall sehr unterschiedlich ausfallen. Beim Aufwand richtet sich die Betrachtung häufig auf die verbrauchte Endenergie, selten auf die Nutzenergie (z.B. bei Fensterlüftung). Werden hingegen Kosten betrachtet, so können über den Energieverbrauch hinaus auch andere Formen des Aufwandes, z.B. für die Anschaffung effizienterer Energiewandler, berücksichtigt werden.
12
1 Einführung und Grundbegriffe
Beim Nutzen steht die Erfüllung der betreffenden Energiedienstleistung im Mittelpunkt der Betrachtung. Kennzeichnende Bezugsgrößen für Energiedienstleistungen sind z.B. die zurückgelegte Wegstrecke oder auch die „Personenkilometer“ bei Verkehrsmitteln, Massen oder Stückzahlen der in einer Fertigungsanlage produzierten Güter, oder die von einer Heizungsanlage pro Jahr beheizte Wohnfläche. Falls eine einzige Kenngröße zur hinreichenden Quantifizierung nicht ausreicht, müssen eine oder mehrere Randbedingungen mit einbezogen werden. Die meist verwendete Kenngröße zur Charakterisierung des Verhältnisses von Aufwand zu Nutzen ist der spezifische Energieverbrauch, also die für einen bestimmten Energieanwendungsfall verbrauchte Menge an Endenergie, bezogen auf eine Größe, welche die bewirkte Energiedienstleistung kennzeichnet. Die Bezeichnung „spezifischer Energiebedarf“ wird z.T. synonym verwendet. Wird die Energiedienstleistung durch die verwendete Bezugsgröße nur unvollständig charakterisiert, so ist der spezifische Energieverbrauchswert nur aussagekräftig in Verbindung mit zusätzlichen Angaben, welche die für die Energiedienstleistung geltenden Randbedingungen näher beschreiben. Vielfach sind Angaben zum spezifischen Energiebedarf auch insofern unvollständig, als sie nicht den gesamten Endenergieverbrauch für die betreffende Energiedienstleistung berücksichtigen, sondern nur den dominanten Verbrauchsposten. So wird z.B. bei Heizungssystemen oft nur der Brennstoffverbrauch berücksichtigt, zusätzliche Energieverbrauchsbestandteile wie der Stromverbrauch für periphere aber gleichwohl notwendige Anlagen- oder Systemkomponenten wie z.B. Umwälzpumpen aber vernachlässigt. Gelegentlich wird der Kehrwert des spezifischen Energieverbrauchs als Energieproduktivität bezeichnet. Sowohl für die Interpretation der Kenngröße „spezifischer Energieverbrauch“, als auch für die Schlussfolgerungen, die daraus gezogen werden, spielen Kenntnis- und Informationsstand sowie persönliche Meinungen, Gewohnheiten und Wertvorstellungen eine wichtige Rolle. Das Streben nach rationeller Energieverwendung kann sich nicht auf die bloße Minimierung des Quotienten Aufwand:Nutzen beschränken. Wem es primär um das Einsparen von Energie geht, wird um eines Minderverbrauchs von Energie willen u.U. auch eine Erhöhung des Quotienten Aufwand zu Nutzen in Kauf nehmen (z.B. bedingt durch hohe Anschaffungskosten oder überproportionale Abstriche bei der Energiedienstleistung). Andererseits kann rationelle Energieverwendung auch einen Mehrverbrauch an Energie bedeuten, wenn dadurch andere Ressourcen in wertmäßig größerem Ausmaß
1.4 Rationelle Energieverwendung
13
eingespart werden. Ein Beispiel hierfür ist der Energieaufwand für die Rauchgasreinigung zur Reduktion der Emission von Luftschadstoffen. Unter den Begriff „Energiesparen“ fallen alle Maßnahmen, die zu einer Verringerung des Endenergieverbrauchs für einen bestimmten Fall der Energieanwendung führen (oder auch das Ergebnis solcher Maßnahmen). In analoger Weise kann der Begriff darüber hinaus auch auf Prozesse im Umwandlungsbereich angewendet werden. Solche Maßnahmen, die direkt auf das Ziel der Einsparung von Energie gerichtet sind, lassen sich mit Blick auf die Zusammenhänge in Abb. 1.1 in folgender Weise systematisch einteilen: • • • • • •
Reduzieren der Energiedienstleistung Reduzieren des spezifischen Nutzenergiebedarfs Vermeiden unnötigen Verbrauchs Erhöhung der Wirkungs- bzw. Nutzungsgrade von Energiewandlern Energierückgewinnung Nutzung von Umweltwärme bzw. regenerativen Energiequellen
In Tabelle 1.2 sind hierfür Beispiele aus den verschiedenen Anwendungsbereichen zusammengestellt. Ein Reduzieren der Energiedienstleistung ist grundsätzlich mit einem Verzicht oder einer Einschränkung verbunden. Das kann den quantitativen Umfang der Energiedienstleistung betreffen, oder aber Randbedingungen, die mehr qualitativer Natur sind. Ein Reduzieren des Nutzenergiebedarfs bei ungeschmälerter Energiedienstleistung beruht auf einer geschickten Ausnutzung energietechnischer Gesetzmäßigkeiten. Solche Maßnahmen haben allerdings oft auch Einfluss auf die Randbedingungen der betreffenden Energiedienstleistung. Insofern ist eine Abgrenzung zur ersten Maßnahmengruppe manchmal schwierig. Ein Vermeiden unnötigen Verbrauchs ist in zweierlei Hinsicht möglich: • Abschalten von leer laufenden Energiewandlern, d.h. in Zeiten, in denen sie keine Nutzenergie abgeben müssen • Vermeiden der Erzeugung überschüssiger, d.h. den jeweiligen Bedarf übersteigender Nutzenergie. Die effektiv erzielte Energieersparnis ist in solchen Fällen oft geringer als der durch das Abschalten vermiedene Verbrauch, da namentlich bei wärmetechnischen Anlagen das Wiederanheizen mit einem gewissen Mehrverbrauch verbunden ist. Eine Erhöhung des Wirkungs- bzw. Nutzungsgrades von Energiewandlern liegt dann vor, wenn bei gleicher abgegebener Nutzenergie eine Verringerung des Energieeinsatzes erreicht wird.
Wärmedämmung; saubere Heizflächen; wenig Luftüberschuss niedere Vorlauftemp.; am Brenner Brennwertkessel
Luftvorwärmung; Abwärmenutzung; Wärmekaskaden
Wärmepumpe; solarthermische Warmwasserbereitung
Erhöhung der Wirkungs- bzw. Nutzungsgrade
Energierückgewinnung
Nutzung von Umweltwärme bzw. regenerativen Energiequellen
Richtige Auswahl und Dimensionierung des Motors
kein Leerlauf von Maschinen
Drehen statt Schleifen
Stationäre Antriebe
Passive Solarenergienutzung
Nutzung von Wind oder Wasserkraft
Wärmerückgewinnung Nutzbremsung; aus Abluft Rückspeisung bei Hebezeugen
Nachtabsenkung; richtig lüften; Thermostatventile
nicht durchheizen; keine überhöhten Prozesstemperaturen
Vermeiden unnötigen Verbrauchs
Absenken der Raumtemperatur Wärmedämmung von Gebäuden
mechanisch statt therm. Trocknen
Raumheizung
Wände mit hohem Reflexionsgrad
Verringerung der Beleuchtungsstärke; Tageslichtnutzung
Beleuchtung
Abluftleuchten
Leuchtstofflampen statt Glühlampen
Versorgung von Systemen durch Solarzellen
vorausschauend fahren; Nutzbremsung beim Elektrofahrzeug
niedertourig fahren; Diesel- statt Ottomotor; Kennfeldregelung
Vermeiden von Staus; keine Beleuchtung Motor aus bei Stillstand; unbenutzter Räume; Zylinderabschaltung Dimmen nach Bedarf
Autos mit geringerem Gewicht und cW-Wert
Fahrrad statt Auto; Fahrgemeinschaften; langsamer fahren
Transport
Tabelle 1.2.
Reduzieren des spezif. Nutzenergiebedarfs
Reduzieren der Energiedienstleistung
Prozesswärme
14 1 Einführung und Grundbegriffe
Beispiele zum Energiesparen
1.4 Rationelle Energieverwendung
15
Eine Erhöhung des Wirkungs- bzw. Nutzungsgrades von Energiewandlern liegt dann vor, wenn bei gleicher abgegebener Nutzenergie eine Verringerung des Energieeinsatzes erreicht wird. Energierückgewinnung bedeutet das Ausnutzen von Energie, die sonst als Verlust anzusehen wäre, für die Bedarfsdeckung. Finden innerhalb eines Energiewandlers interne Energiekreisläufe statt, so kommt das einer Erhöhung des Wirkungsgrades gleich. Wird ein Bedarfsdeckungsvorgang ganz oder teilweise aus Umweltwärme oder regenerativen Energiequellen gespeist, so wird dadurch der Einsatz von Endenergie substituiert. Allerdings sind solche Konzepte meist mit einem Zusatzverbrauch verbunden, wodurch sich die effektiv erzielte Energieersparnis verringert. Neben dem Energiesparen gibt es auch Maßnahmen, die primär einem anderen Zweck dienen, die aber direkt oder indirekt ebenfalls eine rationellere Energienutzung zur Folge haben. Hierzu zählt eine Substitution von Energieträgern, also der Ersatz eines oder mehrerer Energieträger durch einen oder mehrere andere. Im Zuge der Energiebedarfsdeckung geht damit meist eine Änderung bei der Energieversorgungskette einher. Als Motive für solche Substitutionen kommen in erster Linie in Frage: • der Ersatz des Verbrauchs knapper oder unsicher verfügbarer Energieressourcen durch den Verbrauch solcher, die sicher und in ausreichender Menge verfügbar sind; • der Ersatz des Verbrauchs von erschöpflichen Energieressourcen (z.B. fossiler Brennstoffe) durch die Nutzung regenerativer Energiequellen (z.B. über Solarkollektoren); • Substitutionen im Bereich der Endenergie aus Gründen einer Verringerung der Umweltbelastung, einer verbesserten Handhabbarkeit oder wegen anwendungstechnischer Vorteile. Ebenfalls in diese Kategorie fällt eine Einsparung oder Substitution von Werkstoffen oder Produkten, sowie der Übergang auf andere Fertigungsverfahren. Hier stehen oft konstruktions- oder fertigungstechnische Erwägungen, oder auch das Streben nach Verbesserung der Produktqualität im Vordergrund. Gleichsam als Nebenwirkung können solche Maßnahmen den Aufwand an Endenergie insgesamt mindern, es kann sich aber auch die Energiedienstleistung wesentlich ändern.
16
1.5
1 Einführung und Grundbegriffe
Ganzheitliche Bewertung von Systemen
Eine ganzheitliche Betrachtung sucht nach Möglichkeiten, Maßnahmen und Verhaltensweisen, die nach dem ökonomischen Prinzip für einen optimalen Faktoreinsatz der genutzten volkswirtschaftlichen Ressourcen förderlich sind. Neben den Ressourcen Kapital, Arbeit, Boden und Rohstoffe ist dabei auch die Ressource Umwelt mit einzubeziehen. Die Unterschiedlichkeit dieser Ressourcen wirft das Problem auf, eine geeignete Größe zu finden, mit deren Hilfe sich der Verzehr an Ressourcen insgesamt zutreffend ausdrücken lässt, um einen aussagekräftigen Vergleich mit Alternativen zu ermöglichen. Monetäre Größen sind dafür gut geeignet, da sich jeglicher Aufwand grundsätzlich in Geld umrechnen lässt. Für eine ganzheitliche Betrachtung ist jedoch die „Internalisierung externer Kosten" notwendig, eine betriebswirtschaftlich orientierte Kostenrechnung reicht hierfür also nicht aus. Eine andere, häufig angewandte Möglichkeit ist die Untersuchung des Aufwandes an Primärenergie, die ja selbst eine Ressource darstellt und darüber hinaus eine Schlüsselfunktion bei den verschiedensten Arten produktiver Wertschöpfung hat. Seit die Bedeutung der „Klimagase" für die globale Erwärmung erkannt wurde, dient zunehmend auch der Ausstoß von CO2 als Indikatorgröße im Rahmen ganzheitlicher Betrachtungen. Das untersuchte System kann von einem einzelnen Anwendungsfall bis hin zu einer gesamten Volkswirtschaft reichen. In jedem Fall sind aber dabei alle relevanten Auswirkungen einer betrachteten Maßnahme zu berücksichtigen. Ein Konzept, das dieser Erfordernis Rechnung trägt, ist der Kumulierte Energieaufwand (KEA). Es handelt sich dabei um die Gesamtheit des primärenergetisch bewerteten Aufwandes, der im Zusammenhang mit der Herstellung, der Nutzung sowie der Beseitigung eines ökonomischen Gutes (Produkt oder Dienstleistung) entsteht bzw. diesem ursächlich zugewiesen werden kann (VDI 1997). Die Bilanzgrenze für die Ermittlung des KEA eines ökonomischen Gutes erstreckt sich von den Rohstoffen in der Lagerstätte bis hin zur Endlagerung bzw. Deponierung aller Materialien und Stoffe nach Beendigung der Nutzung (Lebenszyklusanalyse). Der KEA für einen Gegenstand oder eine Dienstleistung setzt sich somit aus drei Bestandteilen zusammen: • dem Primärenergieaufwand, der sich bei der Herstellung selbst sowie bei der Gewinnung, Verarbeitung, Herstellung und Entsorgung der Fertigungs-, Hilfs- und Betriebsstoffe und Betriebsmittel einschließlich der
1.5 Ganzheitliche Bewertung von Systemen
17
Transportaufwendungen insgesamt ergibt, • dem Primärenergieaufwand, der beim Betrieb oder der Nutzung auftritt. Neben dem direkten Betriebsenergieverbrauch beinhaltet dies auch den KEA für die Herstellung und Entsorgung von Ersatzteilen, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie von Betriebsmitteln, die für Betrieb und Wartung erforderlich sind. • dem Primärenergieaufwand, der im Zuge des endgültigen Ausschleusens des betrachteten Gegenstandes aus dem Nutzungskreislauf entsteht. Bei der Ermittlung des durch die Herstellung bedingten KEA wird meist das Mittel der Prozesskettenanalyse angewandt: • Materialstammbäume geben die Arten und Mengen der erforderlichen Materialien an. Das betrifft in erster Linie die in das Produkt eingehenden Fertigungsstoffe in den verschiedenen Fertigungsebenen, vom Endprodukt bis hin zu den hierfür eingesetzten Rohstoffen. Darüber hinaus sind auch Betriebsmittel, wie bei der Herstellung zum Einsatz kommende Maschinen, Anlagen, Gebäude usw. anteilig zu berücksichtigen. • Für die einzelnen Produktionsprozesse, die im Zuge der Herstellung auf den verschiedenen Fertigungsebenen zum Tragen kommen, muss der spezifische Endenergieverbrauch bekannt sein. • Aus der Verknüpfung dieser beiden Informationen erhält man den Endenergieaufwand. Für jeden beteiligten Endenergieträger ist dann eine Rückrechnung auf Primärenergie mit Hilfe des „Bereitstellungsnutzungsgrades" erforderlich, um die energetischen Aufwendungen in den verschiedenen Stufen von Energiegewinnung, -transport und -umwandlung zu berücksichtigen. Die Ermittlung des KEA für Produkte und Dienstleistungen ist die Basis für die Berechnung bzw. für Hinweise auf • die damit verbundenen Materialaufwendungen • die Wahl der Werkstoffe und der Prozesstechnik unter energetischen Gesichtspunkten • die energetische Bedeutung der Behandlung benutzter Güter durch Teil-, Komponenten- oder Stoffrückführung, energetische Nutzung und Entsorgung • den Einfluss der Nutzungsdauer Energie verbrauchender oder umwandelnder ökonomischer Güter unter energetischen Gesichtspunkten • mit Energieumwandlungen bei Herstellung, Betrieb und Beseitigung verbundene Emissionen. In Abb. 1.5 ist als Beispiel für das Ergebnis einer ganzheitlichen Betrachtung der KEA verschiedener Einfamilienhäuser wiedergegeben (Geiger u.
18
1 Einführung und Grundbegriffe
Schaefer 1994). Bei der zugrundegelegten Nutzungsdauer von 50 Jahren macht der Betriebsenergieverbrauch bei konventionellen Wohngebäuden durchweg mindestens drei Viertel des KEA aus, mit abnehmender Tendenz infolge der steigenden Wärmeschutzanforderungen im Verlauf der letzten 30 Jahre. Bei sog. „Niedrigenergiehäusern“ geht dieser Anteil auf weniger als die Hälfte zurück, wobei der Herstellungsaufwand nur unwesentlich ansteigt. Anders ist es bei einem sog. „energieautarken“ Gebäude. Hier ist der Energieverbrauch zur Herstellung der äußerst aufwändigen bau- und gebäudetechnischen Ausstattung so groß, dass der gesamte KEA trotz entfallenden Betriebsenergieverbrauchs größer ist als beim Niedrigenergiehaus.
Bauperiode 1900-1929
72 %
1973-1982
82 %
1983-1992
76 %
Niedrigenergiehaus
47 %
Energieautarkes Haus Freiburg 10-320-C-04
0
20
40
60
GJ/m²
80
Kumulierter Primärenergieaufwand
Herstellung, Ersatzbedarf u. Wartung Betriebsenergie Abriss u. Entsorgung
Abb. 1.5. Kumulierter Primärenergieaufwand bei vollbeheizten Wohngebäuden
2
Deckung von Prozesswärmebedarf
2.1
Struktur und Bedeutung der Prozesswärme in der Industrie
Die Prozesswärme verursachte in Deutschland im Jahre 2005 einen Endenergieverbrauch von insgesamt 2.415 PJ, das sind 26,3 % des Gesamtverbrauchs aller Sektoren (vgl. Abb.1.3). Abbildung 2.1 zeigt, dass fast die Hälfte davon auf Gas entfällt. Feste Brennstoffe und Strom liegen mit jeweils einem Fünftel etwa gleichauf. Der Einsatz fester Brennstoffe ist nur in der Industrie von Bedeutung, hauptsächlich in Form von Koks bei der Stahlerzeugung. Die Bedeutung des Stroms als Energieträger für Wärmeprozesse (Elektrothermie) ist in den einzelnen Sektoren abgestuft, von 42 % Anteil in den Haushalten über 30 % im Sektor GHD bis hin zu 14 % in der Industrie. Der Grund für ihre durchweg wichtige Rolle liegt in der universellen Verfügbarkeit, verbunden mit einer technologischen Überlegenheit in vielen Anwendungsfällen . Da die Industrie im Bereich der Prozesswärme dominiert, wird im Folgenden näher auf die Gegebenheiten in diesem Sektor eingegangen. Für einen Überblick über die zeitliche Entwicklung stehen Daten des Energieverbrauchs für Prozesswärme nicht zur Verfügung. Deshalb wird hier auf 1800 20%
22%
Endenergieverbrauch für Prozesswärme in PJ
1600 Strom
Strom 1400
Feste Brennstoffe 2%
Heizöl
1200 Gas
9%
Gas
1000 26529-A-07 26529-A-07
800 47%
Insgesamt
600 Heizöl 400
200
Feste Brennstoffe
0 Industrie
GHD
Haushalte
Abb. 2.1. Endenergieverbrauch für Prozesswärme (Deutschland 2005)
Fernwärme
20
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
den gesamten industriellen Brennstoff- und Stromverbrauch zurückgegriffen. Die Differenzierung nach Brennstoffen und Strom erweist sich wegen der unterschiedlichen Entwicklungstendenzen als sinnvoll und notwendig. Da bei den Brennstoffen die Wärmeprozesse für rd. 87 % des industriellen Gesamtverbrauchs verantwortlich sind, kann letzterer auch ohne weiteres als repräsentativ angesehen werden. Anders verhält es sich beim Strom. Elektrische Energie eignet sich als einziger Energieträger für sämtliche Anwendungen. Gliedert man den industriellen Stromverbrauch von insgesamt rd. 200 TWh auf nach Anwendungsarten, so dominieren die stationären Antriebe mit einem Anteil von fast zwei Dritteln. Der zweitwichtigste Posten ist die Elektrothermie: Etwa jede vierte Kilowattstunde wird in der Industrie für Prozesswärme verbraucht. Das bedeutet aber, dass die Entwicklung des gesamten industriellen Stromverbrauchs nur zu einem entsprechenden Teil durch die Trends auf dem Gebiet der Elektrowärme geprägt ist. Neben den Strukturveränderungen ist die Entwicklung der Fertigungsmengen als dominierende Einflussgröße für den industriellen Energieverbrauch anzusehen. Da es kaum eine aussagekräftige Möglichkeit gibt, die Fertigungsleistungen in einer physikalischen Einheit zusammenzufassen, bleibt nur die Möglichkeit, die Fertigung monetär zu bewerten und sie dann als „Nettoproduktionswert“ oder ! unter Bezug auf ein Basisjahr ! als „Nettoproduktionsindex“ anzugeben. In Abb. 2.2 ist dessen zeitliche Entwicklung zusammen mit den Verbrauchsindizes für Brennstoff und Strom aufgetragen (Wagner 1996). Ergänzend dazu gibt Abb. 2.3 die längerfristige Entwicklung des spezifischen, d.h. auf den Nettoproduktionsindex bezogenen Endenergieverbrauchs an Brennstoffen und an elektrischer Energie der Industrie in den Alten Bundesländern wieder. Von 1965 bis 1993 sank der spezifische Brennstoffverbrauch um über 60 %, weil • die Struktur der Produktionspalette sich gewandelt hat (Trend zu Produkten mit höherer Wertschöpfung), • Teile der Grundstoffproduktion (vor allem energieintensive) in andere Länder verlagert wurden, • gasförmige und flüssige Brennstoffe die festen substituiert haben, • elektrothermische Verfahren teilweise den Einsatz von Brennstoffen substituiert haben, • die Fertigungsanlagen leistungsfähiger geworden sind, was bei üblicher Auslastung in der Regel zu kleinerem spezifischen Energieverbrauch führt, • die gesamte Steuerungs-, Regelungs- und Leittechnik und damit die Temperatur- und Prozessführung verbessert wurden.
2.1 Struktur und Bedeutung der Prozesswärme in der Industrie
21
Angaben in % (Basis 1995 = 100)
150
125
100
75
50 Brennstoffe
25
Strom Produktionsindex
0 1990
1992
10-538-A-03
1994
1996
1998
2000
2002
Jahr
Abb. 2.2. Entwicklung des Endenergieverbrauchs des übrigen Bergbaus und verarbeitenden Gewerbes in Deutschland
*) ohne Brennstoffeinsatz zur Stromeigenerzeugung
200
30062-B-99
Prozent (Basis 1965 = 100)
180 160 Nettoproduktionsindex (NPI)
140 120
spezifischer Stromverbrauch (bezogen auf NPI)
100 spezifischer Brennstoffverbrauch*) (bezogen auf NPI)
80 60 40 20 0 1965
1970
1975
1980
1985
1990
1995
2000
Jahr
Abb. 2.3. Entwicklung des Nettoproduktionsindex (NPI) und des spezifischen Strom- und Brennstoffverbrauchs in der Industrie (alte Bundesländer)
Dagegen hat der spezifische Stromverbrauch in der Tendenz eher zugenommen. Die hier ebenfalls vorhandenen ! allerdings viel kleineren !
22
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
Einsparungserfolge sind hier dadurch überdeckt, dass • der Mechanisierungs- und Automatisierungsgrad erheblich gestiegen ist, • der Hilfsenergiebedarf für die Mess-, Steuerungs- und Regelungsaufgaben erheblich zugenommen hat, wodurch erst die Voraussetzung für die entsprechenden Brennstoffeinsparungen geschaffen wurden, • elektrothermische Verfahren vermehrt zum Einsatz kommen, und • Umweltschutztechniken einen zusätzlichen Strombedarf hervorrufen. Die Bedeutung einzelner Branchen bzw. Industriehauptgruppen für den Bedarf an industrieller Prozesswärme ist aus Abb. 2.4 ersichtlich (Rudolph 2001). Die Rolle des Stroms stellt sich hier sehr unterschiedlich dar. Auffallend sind die großen Posten in der NE-Metallindustrie (Gewinnung von Aluminium) sowie in der Chemie (Chlorherstellung). In beiden Fällen handelt es sich um Elektrolyseprozesse. Eisenschaffende Industrie
NE-Metalle
Chemie
Brennstoffe
Strom
Sonst. Grundstoffe u. Produktionsgüter 30026-B-05 30026-B-05
Investitionsgüter
Verbrauchsgüter
Nahrungs- u. Genussmittel
Übriger Bergbau 0
2
4
6
8
10
12
14
16
Endenergieverbrauch in Mio. t SKE
Abb. 2.4. Endenergieverbrauch für industrielle Prozesswärme nach Branchen Deutschland (alte Bundesländer) 1992
In Abb. 2.5 wird der Stromverbrauch für Prozesswärme auf die einzelnen Branchen der Industrie heruntergebrochen (Rudolph 2001). Die Elektrolyseprozesse machen davon fast die Hälfte aus. Der größte Einzelposten bei den nicht-elektrolytischen Prozessen liegt in der Investitionsgüterindustrie. Es folgen mit etwa gleichen Anteilen die Eisen- und Stahlherstellung, die NE-Metalle und die chemische Industrie.
2.1 Struktur und Bedeutung der Prozesswärme in der Industrie
23
Abb. 2.5. Strom für Prozesswärme und Elektrolyse, nach Branchen (Deutschland 1998)
In Abb. 2.6 ist die geschätzte Aufteilung des industriellen Brennstoffverbrauchs für Prozesswärmeerzeugung zum einen auf Prozesstemperaturen in Intervallen von 100 K und zum anderen auf einzelne Industriebranchen bzw. -gruppen wiedergegeben (Wagner 1997). Der Bereich bis 200 EC kann auch aus KWK-Anlagen versorgt werden. Er macht knapp 30 % des gesamten Prozesswärmebedarfs aus, mit Schwerpunkten in folgenden Branchen: • Nahrungs- und Genussmittelindustrie (z.B. Koch- und Eindampfprozesse), • Chemische Industrie, • Zellstoff- und Papierindustrie (Trockenpartien der Papiermaschinen und Zellstoffkocher), • Textilindustrie (Färben, Auswaschen, Trocknen usw.), • Investitionsgüterindustrie (z.B. Reinigungsbäder, Lackierkabinen und Lacktrockner). Im Temperaturbereich von 1400 bis 1500 EC werden rd. 22 % des gesamten äquivalenten Brennstoffverbrauchs für Prozesswärme umgesetzt,
24
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
26441-B-05 26441-B-05
Übrige
100
Nahrungsmittel Investitionsgüter Textilgewerbe
Brennstoffverbrauch in TWh
80
Glas und Feinker. Zellst., Papier Chemische Ind.
60
EST-Gießereien NE-Metalle 40
Eisenschaffende Steine und Erden Mineralölverarb.
20
0 0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Prozesstemperaturniveau in °C
Abb. 2.6. Brennstoffverbrauch für industrielle Prozesswärme nach Branchen und Temperaturniveau (Deutschland 1990)
davon über 80 % in der Eisenschaffenden Industrie, der Rest im wesentlichen in den Branchen Glas und Feinkeramik sowie Steine und Erden. In Abb. 2.7 ist in analoger Weise die Aufteilung des Stromverbrauchs für elektrothermische Prozesse angegeben. Rd. ein Drittel entfällt auf Prozesstemperaturen bis 100 EC; davon macht der Verbrauch für die Chlor-Alkali14 Übrige
26442-B-05 26442-B-05
Nahrungsmittel 12
Investitionsgüter Textilgewerbe Glas und Feinker.
Stromverbrauch in TWh
10
Zellst., Papier Chemische Ind. 8
EST-Gießereien NE-Metalle Eisenschaffende
6
Steine und Erden Mineralölverarb.
4
2
0 0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Prozesstemperaturniveau in °C
Abb. 2.7. Stromverbrauch für industrielle Prozesswärme nach Branchen und Temperaturniveau (Deutschland 1990)
2.1 Struktur und Bedeutung der Prozesswärme in der Industrie
25
Elektrolyse fast 90 % aus. Der zweite Schwerpunkt liegt mit einem Anteil von über 40 % im Temperaturbereich zwischen 900 und 1000 EC und ist fast ausschließlich bedingt durch die Schmelzflusselektrolyse zur Herstellung von Primäraluminium.
2.2
Industrielle Wärmeprozesse und Verfahren
Ein Wärmeprozess hat zur Aufgabe, den inneren Energieinhalt eines stofflichen Objektes nach örtlicher und zeitlicher Bestimmung zu beeinflussen, um dadurch an oder in diesem Objekt eine gewünschte Veränderung herbeizuführen (Rudolph 1995). Diese Veränderung kann in einem oder mehreren der folgenden Ziele bestehen: • Temperaturerhöhung bzw. Temperaturhaltung, bei Kühlprozessen auch Temperaturabsenkung, • Änderung des Phasenzustandes durch Schmelzen oder Verdampfen, • Änderung des Stoffgefüges (Kristallstruktur, Korngröße), • Änderung der Materialzusammensetzung durch Diffusionsvorgänge, deren Geschwindigkeit i.a. mit der Temperatur zunimmt, • chemische Reaktionen, deren Abläufe ebenfalls durch die Temperatur bestimmt sind. Der Differenzbetrag an gespeicherter Energie, der diese Veränderungen bewirkt, wird auch als Aktivenergie EA bezeichnet:
EA = m ΔhA
(2.1)
Die Aktivenergie ist proportional zur Masse m des Erwärmungsgutes. Bei dem Zuwachs an spezifischer Enthalpie ΔhA kann es sich handeln um: • fühlbare thermische Energie: ΔhA,fü = c Δh bei Erwärmung um Δh • latente thermische Energie ΔhA,lat als Schmelz- bzw Verdampfungsenthalpie bei Änderungen des Phasenzustandes (wie z.B. bei Trocknungsprozessen) oder als Umwandlungsenthalpie bei Änderungen des Stoffgefüges • chemisch gebundene Energie ΔhA,ch, falls der Prozess chemische Stoffumsetzungen beinhaltet, die mit einer Zunahme von Brennwerten verbunden sind. Der Zweck eines Wärmeprozesses besteht in der Regel darin, einen Beitrag zur Herstellung eines Produktes zu erbringen. Dieser Beitrag stellt generell die eigentliche Energiedienstleistung dar. Die Energiedienstleistungen, die mit Wärmeprozessen erbracht werden,
26
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
anwendung und entziehen sich weitgehend einer schlüssigen Systematik. Neben dem charakteristischen Ziel des Fertigungsverfahrens ! nach DIN 8580 zählen dazu das Urformen, Umformen, Trennen, Fügen, Beschichten und Stoffeigenschaftändern ! sind auch noch Faktoren von Bedeutung wie die Höhe des Temperaturniveaus, auf dem sich der Prozess abspielt, die Art der beteiligten Stoffe (Metalle, Kunststoffe, Keramik, wässrige Substanzen usw.), die Unterscheidung zwischen volumetrischer, spalt- und oberflächenorientierter Bearbeitung sowie die Zusammenhänge mit vor- und nachgeschalteten Fertigungsschritten. Einige technisch wichtige Prozesstypen sind nachstehend aufgezählt: • Gewinnen von anorganischen Grundstoffen (Eisen und NE-Metalle, Glas) durch endotherme Reduktion bzw. organischen durch Umwandlung von CH-Verbindungen • Schmelzen von Metallen und Kunststoffen zum anschließenden Vergießen, bei Metallen und Halbleitern auch zur Reinigung von unerwünschten Bestandteilen, zur gezielten Beigabe von Zuschlagstoffen und zum Erreichen einer gewünschten Kristallstruktur • Durchgreifendes Erwärmen von Nichtmetallen auf hohe Temperaturen zur Erzielung von Gefügeumwandlungen, teilweise verbunden mit chemischen Umsetzungen (Brennen, Kalzinieren, Rösten, Graphitieren) • Durchgreifendes Erwärmen hauptsächlich von Metallhalbzeug auf Erweichungstemperatur zum anschließenden Warmumformen • Wärmebehandeln von Metallteilen zur Erzielung bestimmter Materialeigenschaften durch Änderung der Gefügestruktur und teilweise auch der Zusammensetzung: Jeweils verschiedene Arten des Glühens und des Härtens sowie Anlassen • Oberflächenmodifikation von Metallteilen zur Erfüllung ähnlicher Zwecke wie beim Wärmebehandeln, durch Aufschmelzen ohne Zusatzwerkstoff, Auftragschweißen, thermisches Spritzen, chemische oder physikalische Gasphasenabscheidung oder Ionenimplantation • Schweißen von Metallen bzw. auch Kunststoffen durch lokales Aufschmelzen mit oder ohne Zusatzwerkstoff (Schmelzschweißen) oder durch lokales Erwärmen und Zusammenpressen (Preßschweißen) • Löten von Metallen durch Vernetzen mit einem zu schmelzenden Zusatzmetall • Thermisches Abtragen (z.B. Schneiden, Bohren) durch lokales Aufschmelzen und z.T. Verdampfen von Metall, Keramik oder Kunststoff, mit Entfernung der abzutragenden Teilchen durch strömendes Fluid • Thermisches Trennen zur Entfernung flüssiger Substanzen aus Lösungen, Suspensionen oder Emulsionen (Verdampfen, Rektifizieren, Destillieren, Extrahieren)
2.2 Industrielle Wärmeprozesse und Verfahren
27
• Trocknen zur Entfernung flüssiger Substanzen von der festen Oberfläche oder aus dem Inneren kolloider und/oder kapillarporöser Güter • Thermische Behandlung hauptsächlich von Lebensmitteln im Zuge der Herstellung und Zubereitung (z.B. Auftauen, Garen, Backen, Haltbarmachen usw.) • Erwärmen von Wasser, Laugen usw. für Wasch- und Spülvorgänge Für die Prozesswärme als Gegenstand des eigentlichen Energiebedarfs gilt ebenso wie für die übrigen Nutzenergien (also Raumwärme, Arbeit, Licht und Nutzelektrizität), dass für die Deckung dieses Bedarfs zwei sehr unterschiedliche Produktionsmittel erforderlich sind, nämlich Energieträger und Energiewandler. Als Energieträger kommen die verschiedenen Brennstoffe sowie elektrische Energie, in manchen Fällen auch Fernwärme in Frage. Der Anwender bezieht sie in der Regel als Endenergie von einem Versorger. Unter dem Begriff des Energiewandlers sind alle apparativen Einrichtungen subsumiert, die dazu dienen, aus der eingesetzten Endenergie die Nutzenergieform Wärme in der benötigten Qualität und Quantität zur rechten Zeit am gewünschten Ort wirksam zu machen. Bei Wärmeprozessen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, Energie auf das zu erwärmende Gut zu übertragen. Je nachdem ob es sich dabei um Wärme handelt oder um elektrische Energie, ist die Klassifizierung in mittelbare und unmittelbare Erwärmungsverfahren üblich, s. Abb. 2.8 (Rudolph u. Schaefer 1989), wobei es auch Mischformen gibt. Für die mittelbare Erwärmung ist eine Wärmeübertragung auf das Erwärmungsgut durch Wärmeleitung, Konvektion oder Temperaturstrahlung kennzeichnend. Die Wärme kann erzeugt werden • durch Einsatz von Brennstoffen in Wärmeerzeugern (auch mit KraftWärme-Kopplung), Öfen bzw. Brennern, • durch Einsatz elektrischer Energie in Heizleitern, Strahlern der verschiedenen Wellenlängenbereiche, im Lichtbogenerzeuger, Plasmabrenner oder Laser. Wird die Nutzwärme auf dem Umweg über Zwischenwärmeträger wie Dampf, oder Heißwasser erzeugt, so kommen wärmeübertragende Energiewandlerkomponenten wie Heizregister, Kalander, Reaktoren u.a.m. hinzu. In solchen Fällen spricht man auch von „indirekter Erwärmung“. Bei mittelbaren Erwärmungsverfahren muss in der Regel die gesamte Wärme von der Gutsoberfläche aus über Wärmeleitung oder Konvektion an den Wirkort transportiert werden, wo sie als Aktivenergie wirksam wird. (Ausnahmen hiervon sind die IR-Bestrahlung eines Gutes, das für diese
28
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
Strahlung eine Durchlässigkeit aufweist, oder Verfahren mit Rieselfilm bzw. Dampfinjektion, bei denen sich das fluide Erwärmungsgut mit dem Wärmeträger innig vermischt). Bei der unmittelbaren Erwärmung wird dem Erwärmungsgut elektrische Energie zugeführt, meist über elektromagnetische Felder, die induktiv, konduktiv, kapazitiv oder über Resonatoren bzw. Antennen übertragen werden. Die Umwandlung in thermische Energie vollzieht sich im Inneren des Erwärmungsgutes durch Leitungsströme (Elektronen- oder Ionenleitung), bei orientierungspolarisierten Stoffen auch durch Verschiebungsströme. Im Falle von Elektronen- bzw. Ionenstrahlen erfolgt die Energieübertragung durch schnelle geladene Teilchen, deren kinetische Energie in einer Abfolge von Wechselwirkungen mit den Molekülen des Erwärmungsgutes abgebaut wird. Unmittelbare Erwärmung erfordert naturgemäß den Einsatz elektrischer Energie. Energiewandler sind zum einen alle Arten von Generatoren, Umrichtern etc., die dazu dienen, die eingesetzte elektrische Energie hinsichtlich Frequenz und Spannung entsprechend den Erfordernissen des Prozesses umzuwandeln, jedoch gehören dazu auch die Komponenten zur Energieübertragung auf das Erwärmungsgut, wie Induktoren, Konduktoren, Kondensatoren, Mikrowellen-Resonatoren bzw. Antennenstrahler. Das Erwärmungsgut selbst ist prinzipiell ebenfalls als Teil des Energiewandlersystems anzusehen. Bei unmittelbaren Verfahren ist die Wärme nur noch innerhalb des Erwärmungsgutes vom Ort ihres Entstehens an den Wirkort zu transportieren. Gelingt es, durch zweckmäßige Konzeption eines solches Verfahrens Prinzip: Mittelbare Erwärmung
Versorg.netz
El. En.
Energiewandlung
Wärme Zuführung
Erwärmungsgut
Übertragung
Therm. Energie
Aktivenergie
Energieverluste
Prinzip: Unmittelbare Erwärmung
Versorg.netz
El. En.
Äußere Energiewandlung
Elektrische Energie Zuführung
Erwärmungsgut Innere Energiewandlung
Therm. Energie
Energieverluste
Abb. 2.8. Prinzipien der Energieübertragung in der Elektrothermie
26291-A-03 26291-A-03
Aktivenergie
2.2 Industrielle Wärmeprozesse und Verfahren
29
Entstehungsort und Wirkort der Wärme hinreichend miteinander in Übereinstimmung zu bringen, so erwachsen aus dem Prinzip der unmittelbaren Erwärmung zwei wichtige Vorteile: • Wegen der kleineren zum Wärmetransport erforderlichen Temperaturunterschiede kommt man mit geringeren Übertemperaturen aus. • Da jegliche Wärmefortpflanzung Zeit braucht, kann die Erwärmung auch rascher vor sich gehen. In den meisten Fällen gibt es Wahlmöglichkeiten hinsichtlich des für einen bestimmten Wärmeprozess einzusetzenden Verfahrens. Hierbei stehen für den Anwender folgende Kriterien im Vordergrund: 1. Technisch-betriebliche Eignung: Ein Verfahren soll den prozess- und betriebstechnischen Erfordernissen gerecht werden. Die Ziele dabei sind das Erreichen und Einhalten einer gewünschten Produktqualität mit möglichst geringen Fertigungstoleranzen und Ausschussraten, sowie eine hohe Produktivität. Dabei soll das Verfahren flexibel und betrieblich „unauffällig“ sein, worunter zu verstehen ist: Sofort betriebsbereit, robust und fehlertolerant, zuverlässig, einfach und für das Personal angenehm handhabbar, nach Möglichkeit automatisierbar, vom Platzbedarf und von den Bearbeitungszeiten her in die Fertigungsabläufe einpassbar. Es gibt auch Fälle, in denen die Wahl eines Prozesswärmeverfahrens Auswirkungen hat, die über den betreffenden Fertigungsschritt hinausreichen. So können sich Unterschiede ergeben in der Quantität oder auch der Qualität des einzusetzenden Materials, oder es können Veränderungen bei vor- oder nachgelagerten Produktionsschritten eintreten. Das kann bis zum Erschließen neuer Konstruktionsweisen gehen, indem z.B. bestimmte hochbeanspruchte Teile nicht mehr aus Sondermetallen, sondern aus billigeren Grundwerkstoffen gefertigt und dann erst mit Hilfe geeigneter Verfahren beschichtet werden. 2. Wirtschaftlichkeit: Ein Verfahren soll unter den gegebenen Umständen wirtschaftlich sein. Freilich gibt es dafür keinen allgemeinverbindlichen Maßstab. Zu unterschiedlich sind die individuellen Möglichkeiten und Erwartungen, sowohl was die Höhe von Investitionen als auch was die Dauer von deren Bindung bzw. Amortisation angeht. Darüber hinaus gibt es in der Regel Wechselwirkungen mit dem vorgenannten Komplex, so dass Entscheidungen meistens aus einer Abwägung heraus getroffen werden müssen zwischen den Ansprüchen an die prozess- und betriebstechnische Leistungsfähigkeit eines Verfahrens und den Kosten, die der Anwender dafür zu tragen bereit ist. 3. Umwelt- und ressourcenbezogene Aspekte erlangen ! auch für den einzelnen Anwender ! zunehmende Bedeutung. Das reicht von der
30
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
Verbesserung der Arbeitsplatzqualität durch geringere Emission von schadstoffbelasteten Abgasen, Abwärme und Lärm bis hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung von Prozessalternativen. Dabei erfordert das Ziel einer ökologisch bzw. volkswirtschaftlich orientierten Gesamtbilanzierung das Verfolgen von Produktions- und Versorgungsketten und -bäumen, um Aussagen über Treibhausgas- und Schadstoffemissionen, Material- und Primärenergieaufwand etc. unter Einbezug der sonst oft nicht berücksichtigten externen Effekte zu erhalten. Dabei kann es aber auch wichtig sein, neben den rein quantitativen auch die qualitativen Gegebenheiten gebührend zu beachten. Hier sei vor allem auf den Primärenergiemix zur Stromerzeugung hingewiesen, der auf dem Wege über elektrothermische Verfahren den Einsatz von Kohle und Kernenergie, aber auch von regenerativen Energiequellen für alle Arten von Wärmeprozessen eröffnet. In dem äußerst heterogen strukturierten Bereich der industriellen Wärmeprozesse gibt es eine Vielzahl technischer Entwicklungen, die in den dafür in Frage kommenden Anwendungssegmenten entscheidende Verbesserungen bringen können: • gezielter Energieeintrag ins Innere des Erwärmungsgutes, nach Möglichkeit unmittelbar an den Wirkort (z.B. beim Durchwärmen fester Güter oder beim Trocknen) • Konzentration und Beschränkung der Energiezufuhr auf die am Prozess beteiligten Zonen oder Schichten des Werkstücks (z.B. beim Oberflächenhärten oder bei Verfahren zum Schweißen und Schneiden) • genaue zeitliche Dosierung der Leistungszufuhr bzw. der Leistungsaufnahme des Erwärmungsgutes wie für den Prozess erforderlich (z.B. bei Trocknungsverfahren) • Substitution der Nutzenergieart „Arbeit“ durch die Nutzenergieart „Wärme“ (z.B. bei Verfahren zum thermischen Abtragen) • integrierter Einsatz von Prozesswärme zur Verbesserung mechanischer Prozesse (z.B. Umformen durch Isothermschmieden, Thermoschleifen zur Herstellung von Holzschliff) • positive prozessspezifische Nebenwirkungen chemischer oder physikalischer Art (z.B. Einrühr- oder Entgasungseffekte, Vermeiden oder inhärentes Abfangen problematischer Prozessprodukte) • Umgestaltung von Prozessen zur Mehrfachnutzung von Energie in Kreisläufen und Kaskaden (z.B. innerer Wärme- und Stoffverbund bei Destillationsprozessen, mehrstufige Verdampfungsprozesse, Brüdenverdichtung) • Änderung von Prozessparametern und/oder Modifikation von Anlagen-
2.2 Industrielle Wärmeprozesse und Verfahren
31
komponenten zur Anpassung an das Versorgungsumfeld (Abwärmenutzung, äußerer Wärmeverbund)
2.3
Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
2.3.1
Grundsätzlicher Aufbau und Funktionsprinzipien
Als wärmetechnische Anlage sollen die Teile des Energiewandlers verstanden werden, in denen die Nutzwärme erzeugt und auf das Erwärmungsgut übertragen wird. Die wesentlichen Funktionseinheiten einer wärmetechnischen Anlage sind: • der Innenraum, in dem sich das zu erwärmende Gut während der Dauer seines Aufenthaltes befindet und dessen Atmosphäre hinsichtlich Druck, Zusammensetzung, Austausch und Strömung den Erfordernissen des Prozesses genügen muss; • das Gehäuse, das den Innenraum umgibt und damit in erster Linie den Energiehaushalt prägt, jedoch in manchen Fällen auch für physikalische bzw. chemische Wirkungen wichtig sein kann; • der Objektträger für Beschickung, Lagerung bzw. Transport des zu erwärmenden Gutes im Innenraum; • die Beheizungseinrichtung, die der Erzeugung der Nutzwärme dient (z.B. Brenner, Strahler, Heizregister). In den Fällen einer unmittelbaren Erwärmung, d.h. wenn die Wärme im Gut selbst erzeugt wird, tritt an die Stelle der Beheizungseinrichtung eine elektrische Einrichtung zur Übertragung der elektrischen Energie auf das Gut. Der Energie- bzw. Leistungsbedarf einer wärmetechnischen Anlage wird im wesentlichen von folgenden Faktoren bestimmt: • von der Art, der Größe, der Funktionsweise und dem technischen Zustand der Anlage, • von den für den Betrieb der Anlage erforderlichen Betriebszuständen (Temperaturen, Fördergeschwindigkeiten), • von den Umwelteinflüssen, insbesondere dem Umgebungszustand, • vom Lastgrad, • vom zeitlichen Ablauf des Einsatzes und der Art der Betriebsführung.
32
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
• vom zeitlichen Ablauf des Einsatzes und der Art der Betriebsführung. Hinsichtlich der Beschickung und Führung des Erwärmungsgutes in der Anlage unterscheidet man zwei grundsätzlich unterschiedliche Funktionsweisen: • Standanlagen und • Durchlaufanlagen. 2.3.1.1 Standanlagen
Eine Standanlage wird zu Beginn des Prozesses mit einer gewissen Menge m des zu erwärmenden Gutes beschickt, das während der Aufenthaltsdauer TG in der Regel an der gleichen Stelle in der Anlage verbleibt und danach entnommen wird. Anschließend kann sich dieser Vorgang wiederholen (periodischer Chargenbetrieb). Abbildung 2.9 (Rudolph u. Schaefer 1989) zeigt einige Beispiele für die möglichen Bauformen von Standanlagen. Statt der hier angedeuteten elektrischen Heizelemente kann die Beheizung z.B. auch durch heiße Verbrennungsgase erfolgen.
26-166-A-01 26-166-A-01
Abb. 2.9. Einige Bauformen von Standöfen
Feste, stapelbare Erwärmungsgüter werden oft auf einer Herdplatte (meist aus Stahl) in der Anlage gelagert. Um die Beschickung zu erleichtern, kann der Herd auch horizontal oder vertikal beweglich sein (z.B. Herdwagenofen, Hubherdofen). Zur Aufnahme flüssiger Güter dienen Behälter in Tiegel-, Wannen- oder Trommelform. Die Erwärmungsdauer TA, in der dem Erwärmungsgut die Aktivenergie zugeführt wird, kann auch kleiner sein als die gesamte Aufenthaltsdauer TG. Das ist dann der Fall, wenn sich an die eigentliche Erwärmung des Gutes noch eine Warmhalte- bzw. Abkühlphase innerhalb der Anlage anschließt. Abbildung 2.10 gibt qualitativ den typischen zeitlichen Verlauf der
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
33
energetischen Größen wieder. Um einen gewünschten Enthalpieverlauf hG(t) des Gutes zu erreichen, muss zeitlich dosiert ein entsprechender Betrag an Aktivleistung
PA ( t ) = mhG ( t )
(2.2)
auf das Erwärmungsgut übertragen werden. Hierfür muss der Anlage insgesamt eine Leistung zugeführt werden, welche die Aktivleistung und die Summe der Verlustleistungen deckt:
Pzu (t) = PA (t) + ∑ PV (t) + E Sp
(2.3)
In diese Bilanz geht auch eine etwaige Veränderung der in der Anlage gespeicherten Energie, ESp, mit ein. Das betrifft nicht nur die Phasen des Anheizens und Abkühlens der Anlage. Wird z.B. kaltes Erwärmungsgut in eine Anlage eingebracht, deren Wände bereits auf Betriebstemperatur P Pzu(t)
PA(t)
Pzu,LB EA
0 t
TA h 26100-A-99 26100-A-99
hG(t)
ΔhA
Aufheizende
t
TG Beschickung
Abb. 2.10. Zum Funktionsprinzip einer Standanlage
Entnahme
34
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
gebracht sind, so wird ein Teil der Aktivleistung aus einer Abkühlung dieser Wände gedeckt. Vorübergehend kann dann PA(t) > Pzu(t) sein. In vielen Fällen erfolgt die Energiezufuhr diskontinuierlich, z.B. durch taktweisen Betrieb eines Gas- oder Ölbrenners mit lastabhängigem TaktPause-Verhältnis. Die Aktivenergie ergibt sich aus der Integration der Aktivleistung zu
EA =
∫ P dt = m Δh A
A
(2.4)
TA
2.3.1.2 Durchlaufanlagen
In der Durchlaufanlage wandert das Erwärmungsgut während seiner Aufenthaltsdauer TG stetig oder schubweise vom Eingang zum Ausgang der Anlage. Im Gegensatz zur Standanlage finden Beschickung und Entnahme des Erwärmungsgutes hier an unterschiedlichen Stellen der Anlage statt. Dieser Sachverhalt ist in Abb. 2.11 qualitativ skizziert. Beschickung und Entnahme erfolgen kontinuierlich oder partienweise. Bei gegebener Anlagenlänge L und Durchlaufgeschwindigkeit v ist die Aufenthaltsdauer des Gutes
TG =
L . v
(2.5)
sowohl am Eingang als auch am Ausgang als Wird der Gutsdurchsatz m zeitlich konstant angenommenen, so befindet sich im stationären Zustand eine Gutsmenge
G m = mT
(2.6)
in der Anlage. Die „Aktivzone“ der Länge LA, in der dem Gut die Aktivenergie zugeführt wird, ist in manchen Fällen kleiner die Gesamtlänge L der Anlage. Neben der Aktivzone können auch Halte- und Abkühlzonen enthalten sein, in denen dem Gut keine Aktivenergie zugeführt wird. Der gewünschte zeitliche Enthalpieverlauf hG(t) des Erwärmungsgutes kommt durch einen örtlichen Enthalpiezuwachs
MhG hG ( x) = Mx v
(2.7)
während des Durchlaufes durch die Aktivzone der Anlage zustande. hG ( x ) ist die zeitliche Enthalpiezunahme des Gutsteiles am Ort x.
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
35
Pzu 26101-A-99 26101-A-99
PA
PKühl
m
Beschickung
Entnahme
v
Aktivzone Gesamtlänge
h
hG(x) ΔhA
0
x
LA
L
Abb. 2.11. Zum Funktionsprinzip einer Durchlaufanlage
Um diese Enthalpiezunahme zu bewirken, muss die Zufuhr von Aktivenergie örtlich dosiert werden: MPA Mh ( x) m m G =m = hG ( x ) = hG ( x ) Mx Mx v L
(2.8)
Die gesamte Aktivleistung
PA =
∫
LA
MPA ΔhA dx = m Mx
(2.9)
ist im stationären Fall zeitlich konstant. Das bedeutet normalerweise auch eine konstante zugeführte Leistung Pzu.
36
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
Aufgrund dieser Charakteristik eignet sich die Durchlaufanlage vor allem zur (quasi-)kontinuierlichen Erwärmung größerer Mengen von Gütern mit hinreichend kleinen, nicht zu sperrigen Abmessungen. Für den Transport des Gutes zwischen Eingang und Ausgang gibt es eine Reihe unterschiedlicher Lösungen, wie Abb. 2.12 (Rudolph u. Schaefer 1989) an einigen Beispielen zeigt. Stückige Güter oder Schüttgüter in Behältern können auf Förderband, Rollengang, Hubbalken, Herdwagen oder Drehherd durch den Ofen wandern. Für die Förderung loser Schüttgüter eignet sich der Schüttelherd oder die Trommel mit Förderschnecke. 26-167-A-01 26-167-A-01
Abb. 2.12. Einige Bauformen von Durchlauföfen
2.3.2
Energetische Bilanzierung
In Abb. 2.13 ist der Energiefluss in einer wärmetechnischen Anlage in allgemeiner Form qualitativ skizziert. Als erster Schritt der energetischen Bilanzierung einer wärmetechnischen Anlage ist zur räumlichen Abgrenzung der Bilanzkreis festzulegen. Alle über die Bilanzgrenzen eintretenden Energien E zu sind zugeführte, alle austretenden Eab sind abgeführte Energien. Die Bilanzgleichung lautet:
∑E
zu
=∑ Eab + ΔESp .
(2.10)
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
37
Σ Εzu 29126-B-05 29126-B-05
ΕΑ Aktivenergie
Ε rück Εüb Εaus
Εein Eab, Nutz
Δ Ε Sp
Σ Εab,Verl
Σ Εab
Abb. 2.13. Allgemeines Schema der Energieflüsse in einer wärmetechnischen Anlage
Ein Teil der insgesamt zugeführten Energie ΣEzu wird im Sinne des Prozesszieles als Aktivenergie EA wirksam. Soweit diese beim Verlassen der Anlage noch an das Erwärmungsgut gebunden ist, stellt sie den Posten Eab,Nutz 3 dar. Eüb ist der Teil der Aktivenergie, der innerhalb der Anlage weitergegeben wird, z.B. an Luft oder Anlagenwände. Diejenigen Teile der insgesamt abgeführten Energie ΣEab, die nicht dem Posten Eab,Nutz angehören, sind im Verlustposten ΣEab,Verl zusammengefasst. Dazu gehören in erster Linie • die Wärmeabgabe durch Konvektion, Strahlung und Leitung über die Umschließungsflächen der Anlage • die thermische Energie der Verbrennungsabgase einer brennstoffbeheizten Anlage
3
Bei einem Trocknungsprozess kann das verdampfte Wasser als (ursprünglicher) Teil des Erwärmungsgutes angesehen werden. Seine Verdampfungsenthalpie, welche die Aktivenergie darstellt, ist daher Bestandteil des Postens Eab,Nutz, soweit nicht innerhalb der Anlage wieder Kondensation stattfindet.
38
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
• Abluftverluste einer von Luft (oder einem anderen Gas) durchströmten Anlage Rückgeführte Energieflüsse Erück sind dadurch gekennzeichnet, dass sie zumindest teilweise Bestandteil der Aktivenergie werden können. Beispiele dafür sind: • Gutsvorwärmung durch gegenströmende Luft, die das Gut vor Verlassen der Durchlaufanlage abkühlt. Ein solcher rückgeführter Energiefluss stammt aus dem Posten Eüb; • Vorwärmung der Verbrennungsluft im Abgaswärmetauscher. ΔESp ist die Veränderung (per saldo) von in der Anlage thermisch, mechanisch oder auch chemisch gespeicherter Energie, entweder als Zuwachs durch Einspeicherung einer Energiemenge Eein, oder als Abnahme durch Austrag einer Energiemenge Eaus. ΔESp kann also positives oder negatives Vorzeichen haben. Meist handelt es sich dabei um eine Erwärmung oder Abkühlung von Anlagenbauteilen. Diese steht oft in Wechselwirkung mit einer Abkühlung oder Erwärmung des Gutes, also mit dem Posten der Aktivenergie. Als weitere Dimension tritt zur räumlichen Abgrenzung die zeitliche Abgrenzung hinzu. Alle Energieströme sind über einen einheitlichen Betrachtungszeitraum T0 zu bilanzieren. Die zweckmäßige Wahl dieses Betrachtungszeitraumes hängt von der Fragestellung ab. Betrachtet man die Energieflüsse zu irgendeinem Zeitpunkt, so nimmt Gl.(2.10) die Form einer Leistungsbilanz an, vgl. Gl.(2.3). Aus dieser energetischen Leistungsbilanz lassen sich in der Momentanbetrachtung zwei Arten von Betriebszuständen einer Anlage unterscheiden: • E Sp = 0 : Stationärer, d.h. unveränderlicher Zustand der Anlage; • E Sp ≠ 0 : Instationärer, d.h. veränderlicher Zustand der Anlage. Ein exakt stationärer Zustand während des Erwärmungsbetriebes ist nur in Einzelfällen bei Durchlaufanlagen anzutreffen, wenn der Lastgrad sich nicht ändert und dementsprechend die Leistungen Pzu und Pab zeitlich konstant sind. Die Dauer des Betrachtungszeitraumes kann in einem solchen Fall grundsätzlich beliebig gewählt werden; praktisch ist sie hauptsächlich durch messtechnische Aspekte bestimmt. Bei Standanlagen ist ein exakt stationärer Zustand allenfalls im Leerbetrieb möglich, nicht aber, wenn ein Gut erwärmt wird. Bei der Betrachtung eines Erwärmungszyklus kann man hingegen von "quasistationären" Verhältnissen sprechen, wenn der Zustand der Anlage am Anfang und am
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
39
Ende der gleiche ist und sich dazwischen nicht wesentlich geändert hat, wenn also die Anlage nicht stark abgekühlt und wiederaufgeheizt wurde ( ΔESp ≈ 0 ). Ein quasistationärer Fall liegt auch vor, wenn eine Anlage durch getaktete Energiezufuhr auf Betriebstemperatur gehalten wird, vorausgesetzt, die Anlage hat bereits einen thermischen Beharrungszustand erreicht. Die Resultate einer Bilanzierung unter stationären oder quasistationären Bedingungen dienen in erster Linie der energietechnischen Beurteilung einer Anlage in dem betreffenden Zustand. Enthält der Betrachtungszeitraum dagegen Aufheiz- und/oder Abkühlphasen, also instationäre Betriebszustände der Anlage, so können die Resultate einer Bilanzierung nicht mehr in direkten Zusammenhang mit einem bestimmten Zustand der Anlage gebracht werden. Dafür geht nun die Art und Weise des zeitlichen Einsatzes und die Art der Betriebsführung ein, so dass die möglichen Aussagen mehr auf der betriebstechnisch/wirtschaftlichen Seite liegen. Dementsprechend wird der Betrachtungszeitraum meist betriebsorganisatorisch (z.B. Fertigungszyklus, Schicht) oder kalendarisch (Tag, Woche, Monat, Jahr) bestimmt sein (s. hierzu Kap. 2.4). Energieströme oder Energieumwandlungen, die sich ausschließlich innerhalb oder ausschließlich außerhalb des Bilanzkreises abspielen, treten in Bilanzgleichung (2.10) nicht in Erscheinung. Das ist bei der Aufstellung einer Energiebilanz manchmal von Vorteil. Oft interessieren jedoch auch die energetischen Vorgänge innerhalb einer Anlage. Dann muss die Energiebilanz zur Analyse der Energieflüsse weiter detailliert werden. Der Grad der Detaillierung hängt wiederum von der Fragestellung und auch von der Art und der Größe der Anlage sowie nicht zuletzt von den messtechnischen Möglichkeiten der Erfassung von relevanten Größen ab. Als Beispiel für die Möglichkeiten zur Energiebilanzierung zeigt Abb. 2.14 schematisch die Energieflüsse eines gasbeheizten Ofens, bei dem zur Wärmerückgewinnung ein rekuperativer Wärmeaustauscher eingesetzt ist. Aufgabe des Rekuperators ist es, unter Ausnutzung der Enthalpie des heißen Ofenabgases im kontinuierlichen Betrieb die Verbrennungsluft vorzuwärmen. Je nach Fragestellung können drei unterschiedliche Bilanzräume festgelegt werden: • Ofen, • Rekuperator, und • Ofen + Rekuperator. In der Gesamtbilanz werden die in den Einzelbilanzen erscheinenden Energieströme H Abgas,1 und HLuft,2 nicht mehr erfasst, da sie nun gänzlich
40
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
innerhalb des Bilanzraumes liegen. In der messtechnischen Praxis schließen sich Bilanzen infolge der unver meidlichen Messunsicherheiten in der Regel nur durch Hinzufügen eines Restgliedes, das die Messabweichungen saldiert.
H Abgas,1
26438-A-05 26438-A-05
Q Reku H Luft,1
Rekuperator
H Abgas,1 Q Ofen
Ofen
H Gut,zu
Gutsdurchlauf
H Gut,ab
H Luft,2
Pel
H Brennstoff
Abb. 2.14. Bilanzschema eines Ofens mit Rekuperator
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
2.3.3
41
Stationäres Betriebsverhalten in Abhängigkeit vom Lastgrad
Die momentane Auslastung einer wärmetechnischen Anlage wird beschrieben durch den Lastgrad
l=
m , N m
(2.11)
also den Quotienten aus der aktuellen Produktionsleistung und der Produktionskapazität im Nennbetrieb. Der Nennbetrieb entspricht meist den N = m max . Bedingungen maximaler Produktionskapazität, d.h. m Die Produktionsleistung einer wärmetechnischen Anlage wird durch ihren an Erwärmungsgut charakterisiert. Bei Standanlagen handelt Durchsatz m es sich hierbei um eine diskretisierte Größe, nämlich den Quotienten aus der Chargenmenge m und der Aufenthaltsdauer4 TG der Charge im Ofen, analog Gl.(2.6):
= m
m TG
(2.12)
Für jede wärmetechnische Anlage gibt es eine maximal mögliche max . Darunter soll die höchstmögliche Menge an Produktionskapazität m Erwärmungsgut verstanden werden, die je Zeiteinheit oder in einem zu betrachtenden Zeitraum in der Anlage dem wärmetechnischen Prozess unterzogen werden kann. Die maximale Produktionskapazität kann durch räumliche oder durch energetische Kriterien bestimmt sein. Welche Faktoren darin eingehen, hängt auch davon ab, ob es sich um eine Stand- oder um eine Durchlaufanlage handelt. Tabelle 2.1 zeigt die entsprechenden Zusammenhänge. Bei Standanlagen wirken begrenzend: • das maximale Fassungsvermögen mmax in Verbindung mit der minimalen Aufenthaltsdauer TG,min bzw. der minimalen Erwärmungsdauer TA,min ; • die maximal auf das Gut übertragbare Aktivleistung PA,max (im zeitlichen Mittel über die Erwärmungsdauer TA); Bei Durchlaufanlagen wirken begrenzend:
4
Die notwendigen Zeiten für das Einbringen und das Entnehmen des Gutes seien hier als vernachlässigbar klein angenommen.
42
2 Deckung von Prozesswärmebedarf ⎛ ∂m ⎞
• die maximale Packungsdichte des Gutes je Längeneinheit, ⎜⎝ ∂x ⎟⎠max , in Verbindung mit der maximalen Durchlaufgeschwindigkeit vmax ; ⎛ ∂PA ⎞
• die maximal übertragbare Aktivleistung je Längeneinheit, ⎜⎝ ∂x ⎟⎠max (im örtlichen Mittel über die Aktivlänge LA), zusammen mit deren maximal möglichem Wert. Diese beiden Größen multipliziert ergeben wiederum die maximale Aktivleistung. Generell ist ferner die Produktionskapazität einer Anlage gegebener Aktivleistung umso größer, je kleiner der erforderliche Betrag der spezifischen Aktivenergie ΔhA ist. Tabelle 2.1
Begrenzendes Kriterium Räumlich
Energetisch
Begrenzende Faktoren für die Produktionskapazität einer wärmetechnischen Anlage Standanlage
max = m
max = m
mmax TG,min
Durchlaufanlage
∂m ⎞ max = ⎛⎜ m ⎟ vmax ⎝ ∂x ⎠ max
PA,max ΔhA,min
max m
⎛ ∂PA ⎞ LA,max ⎜ ⎟ ⎝ ∂x ⎠max = ΔhA,min
Die räumlichen und energetischen Kriterien stehen miteinander in Verbindung. So ist die minimale Aufenthaltsdauer des Gutes in einer Standanlage einerseits durch den Prozess bestimmt, andererseits aber auch abhängig von der Aktivleistung, die in der Anlage auf das Erwärmungsgut übertragen werden kann. Entsprechendes gilt für den Zusammenhang zwischen der Durchlaufgeschwindigkeit des Gutes in einer Durchlaufanlage und deren längenspezifischer Aktivleistung. Zwischen dem Energieverbrauch je Zeiteinheit einer wärmetechnischen Anlage unter stationären bzw. quasistationären Bedingungen, Pzu, und ihrem Lastgrad l besteht in aller Regel ein linearer Zusammenhang:
Pzu = Pzu,LB + ( Pzu,N − Pzu,LB ) l
(2.13)
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
43
Hierbei ist Pzu,LB der Energieverbrauch je Zeiteinheit, den die Anlage im Leerbetrieb hat. Der Leerbetrieb ist durch einen Lastgrad von Null gekennzeichnet. Das bedeutet, dass die Anlage kein Gut erwärmt, jedoch in Betriebsbereitschaft gehalten wird. Hierzu ist es insbesondere erforderlich, dass die äußeren Wärmeverluste durch Energiezufuhr ausgeglichen werden; Pzu,N der Energieverbrauch je Zeiteinheit der Anlage im Nennbetrieb. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass namentlich bei Standanlagen die zugeführte Leistung ! soweit es sich nicht um den Leerbetrieb handelt ! normalerweise nicht konstant ist. Kann ein solcher Betriebsbereich als „quasistationär“ angesehen werden, so stellt die Leistung Pzu den Mittelwert der zugeführten Leistung über den Betrachtungszeitraum dar, der die Behandlungszeit einer oder mehrerer Chargen beinhalten kann. Der in Gl. (2.13) formulierte Zusammenhang lässt sich als energetische Kennlinie für das stationäre Betriebsverhalten darstellen. Abb. 2.15 zeigt im oberen Teil eine solche Kennlinie für einen elektrischen Durchlauf-Trockner, mit zusätzlicher Unterteilung in die einzelnen Posten, die bei der abgeführten Leistung unterschieden werden können. Prinzipiell liegt also für jeden Lastgrad eine Energiebilanz nach dem Schema von Abb. 2.13 zugrunde. Jeder der einzelnen Leistungsposten hängt ebenfalls linear vom Lastgrad ab. Der Bedarf an Aktivenergie je Zeiteinheit ist proportional zum Lastgrad:
PA = l PA,N ,
(2.14)
wobei für den Nennbetrieb
N ΔhA PA,N = m
(2.15)
ist. Der (energetische) Wirkungsgrad der Anlage im stationären bzw. quasistationären Betrieb ergibt sich als Verhältnis von Nutzen zu Aufwand, also P η= A . (2.16) Pzu Er steigt mit wachsendem Lastgrad stets an, wie beispielhaft im unteren Teil von Abb. 2.15 zu sehen ist. Bezeichnet man den Wirkungsgrad bei einem Lastgrad von Eins als Nennwirkungsgrad ηN, so erhält man
44
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
200
26439-A-05 26439-A-05
Leistung in kW
ie e rg En
Erwärmen von Gut und Transporteinrichtung
e hrt efü Zug
150
Aktivenergie
100
50
Fortluft-Verlust Oberflächen-Verlust
0 0
50
100 Verdampfungsleistung in kg/h
150
200
2 26440-A-05 26440-A-05
Spezifischer Energieverbrauch in kWh/kg 1,5
1
d Wirkungsgra 0,5
0 0
50
100
150
200
Verdampfungsleistung in kg/h
Abb. 2.15. Elektrischer Durchlauftrockner im stationären Betrieb
η=
1 P ⎛1 ⎞ 1 + zu,LB ⎜ − 1 ⎟ Pzu,N ⎝ l ⎠
ηN
(2.17)
Dieser Zusammenhang zwischen Wirkungsgrad und Lastgrad ist in Abb. 2.16 dargestellt. Eine andere Möglichkeit, die Effizienz der Anlage zu quantifizieren, bietet die Größe des spezifischen Energieverbrauchs
e=
Pzu = m
∑E
zu
m
(2.18)
Wie ebenfalls in Abb. 2.15 zu erkennen ist, geht der spezifische Energieverbrauch mit steigendem Lastgrad zurück, weist also die gegenläufige Tendenz zum Wirkungsgrad auf. Ist eN der spezifische Energieverbrauch bei einem Lastgrad von Eins, so erhält man
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
1
0 Normierter Leerbetriebsverbrauch:
0,9
0,1
0,8
0,2
0,7
0,4
0,6
0,6
26517-A-06 26517-A-06
Normierter Wirkungsgrad
45
0,8
0,5
1
0,4 0,3 0,2 0,1 0 0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
Lastgrad
Abb. 2.16. Wirkungsgrad einer wärmetechnischen Anlage in Abhängigkeit vom Lastgrad
⎡ P ⎛1 ⎞⎤ e = ⎢1 + zu,LB ⎜ − 1 ⎟ ⎥ eN . Pzu,N ⎝ l ⎠ ⎥⎦ ⎣⎢
(2.19)
Zwischen dem Wirkungsgrad und dem spezifischen Energieverbrauch gilt bei jedem beliebigen Lastgrad der Zusammenhang
eη = ΔhA . 2.3.4
(2.20)
Betriebsverhalten im instationären Zustand
Ein instationärer Zustand liegt vor, wenn die Temperaturen in den Wänden einer Anlage sich zeitlich ändern. Das kann folgende Ursachen haben: • Die Anlage wird angeheizt, um sie betriebsbereit zu machen • Die Anlage kühlt ab, weil sie nicht mehr benutzt wird • Die Anlage wird mit kaltem Erwärmungsgut beschickt. Da die Dicke der Anlagenwände meist klein ist gegen die sonstigen Abmessungen, kann man sich für die wärmetechnische Beschreibung instationärer Vorgänge in vielen Fällen auf die eindimensionale Betrachtung von Temperaturgradienten und Wärmeströmen längs einer Koordinate
46
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
senkrecht zu den Umschließungsflächen beschränken. Den nachfolgenden Beschreibungen des instationären Betriebsverhaltens liegen zwei fundamentale Vereinfachungen zugrunde: • Es handelt sich um eine einschichtige, ebene und homogen aufgebaute Wand. • Die Stoffgrößen sowie die Wärmeübergangskoeffizienten sind temperaturunabhängig. In der Praxis liegen die Verhältnisse allerdings meist komplizierter: • Die Anlagenwände sind oft mehrschichtig aufgebaut (meist temperaturbeständige Ausmauerung innen und Wärmedämmung außen); • Teile der Umhüllung, wie z.B. die Unterseite, sind anders aufgebaut und weisen auch andere Wärmeübergangsverhältnisse nach außen auf; • Sowohl die Wärmekapazität als auch die Wärmeleitfähigkeit der meisten Baustoffe ist von der Temperatur abhängig; • Es gibt konstruktiv bedingte Wärmebrücken in den Anlagenwänden; • An den Ecken und Kanten einer Anlage verläuft der Wärmefluss in den Wänden mehrdimensional; • Der äußere Wärmeübergang hängt von der Temperatur an der äußeren Oberfläche ab. Das betrifft zum einen den konvektiven Anteil und wird verstärkt durch die andersartigen Gesetze des strahlungsbedingten Wärmeübergangs. • In vielen Anlagen wird die Innenatmosphäre umgewälzt und teilweise ausgetauscht. Um solche Gegebenheiten zu berücksichtigen, werden numerische Berechnungsmethoden herangezogen, z.B. (Roth 2003). 2.3.4.1 Abkühlung einer Ofenwand
Zunächst soll die Temperatur ϑ ( x, t ) beim Abkühlen einer Anlagenwand analysiert werden. Diese Wand besteht aus einer homogenen Schicht der Dicke d mit den temperaturunabhängigen Stoffgrößen • Wärmeleitfähigkeit λ [W/m/K] • Spezifische Wärmekapazität c [kJ/kg/K] • Dichte ρ [kg/dm3] Die Ortskoordinate x beginnt an der Wandinnenseite. Zu Beginn des Abkühlvorgangs (t = 0) befinde sich die Anlage in einem stationären Zustand (s. Abb. 2.17). Dann fließt vom Innenraum der Anlage mit der Temperatur ϑi in die äußere Umgebung mit der Temperatur ϑa ein stationärer Wärmestrom der Dichte
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
47
d
26406-A-05 26406-A-05
ϑi ϑ0
ϑ ( x ,0 )
ϑ
ϕstat
ϑa
0
x
d
Abb. 2.17. Stationärer Wärmedurchgang durch eine Ofenwand
ϕstat = k ⋅ (ϑi − ϑa ) = α i ⋅ (ϑi − ϑ0 )
(2.21)
mit dem Wärmedurchgangskoeffizienten
k=
1
αi
+
1 d
λ
+
1
.
(2.22)
αa
Hierin sind αi bzw. αa die Wärmeübergangskoeffizienten (bedingt durch Konvektion und Strahlung) an der Innen- bzw. Außenseite der Wand. Aus der Wärmeleitungsgleichung
ϕ ( x) = − λ
Mϑ ( x ) Mx
(2.23)
folgt, dass das Temperaturprofil in der Wand im stationären Zustand linear ist: x ϑ ( x, 0 ) = ϑ0 − k (ϑi − ϑa ) . (2.24)
λ
Aus Gl.(2.21) lässt sich der Anfangswert der Temperatur an der Innenseite der Wand errechnen:
48
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
ϑ0 = ϑi −
k
αi
⋅ (ϑi − ϑa ) = ϑ ( 0, 0 ) .
(2.25)
Mündet ein Wärmestrom in eine Senke, so führt dies an der betreffenden Stelle zu einer Temperaturzunahme (und vice versa eine Wärmestromquelle zu einer Temperaturabnahme). Im ebenen eindimensionalen Fall heißt dies:
Mϑ ( x ) 1 Mϕ ( x) =− Mt c ρ Mx
(2.26)
Aus der Verknüpfung der beiden Gleichungen (2.23) und (2.26) geht die allgemeine Differentialgleichung für instationäre thermische Vorgänge ohne innere Wärmequellen (FOURIERsche Wärmeleitungsgleichung) im ebenen eindimensionalen Fall hervor:
Mϑ ( x, t) M2ϑ ( x, t) =a , Mt Mx 2
(2.27)
mit der „Temperaturleitfähigkeit“ [m²/s]
a=
λ cρ
(2.28)
Für die Analyse des instationären Vorgangs werden folgende Normierungen vorgenommen: • Für die Ortskoordinate (beginnend an der Wandinnenseite):
ξ=
x d
• Für die Zeitkoordinate 5: a τ = 2 ⋅t d • Für die Temperatur:
Θ=
ϑ − ϑa ϑ0 − ϑa
(2.29)
(2.30)
(2.31)
Durch Einsetzen der (abgeleiteten) Gleichungen (2.28 bis -31) in Gl. (2.27) ergibt sich die Differenzialgleichung
5
In der wissenschaftlichen Literatur wird dafür häufig die FOURIER-Zahl Fo = 4 τ benutzt.
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
MΘ M 2 Θ = . Mτ Mξ 2
49
(2.32)
Durch Trennung der Variablen erhält man die allgemeine Lösung
Θ(ξ ,τ ) = M exp(− μ 2τ ) cos(μξ ) + N exp(−ν 2τ ) sin(νξ ) .
(2.33)
Wenn während des Abkühlvorgangs die Wandinnenseite als adiabatisch6 angenommen wird, d.h.
MΘ(0,τ ) =0, Mξ
(2.34)
so sind die Sinusglieder irrelevant, d.h. in Gl. (2.33) ist N = 0. Das örtliche Temperaturprofil setzt sich also nur aus cos-Gliedern zusammen, die im Zeitverlauf umso rascher abklingen, je größer ihr Eigenwert μj ist. Die Gesamtheit der Eigenwerte ist durch die stets gültige Randbedingung des Wärmeübergangs an der Außenoberfläche (ξ = 1) festgelegt:
ϕ=−
λ ∂Θ = αa Θ . d ∂ξ
(2.35)
Durch Einsetzen in Gl.(2.33) gelangt man zu folgender transzendenten Bestimmungsgleichung für die Eigenwerte:
μ Bi
= cot μ .
Hierin ist die sog. BIOT-Zahl α d Bi = a
λ
(2.36)
(2.37)
Abbildung 2.18 zeigt das geometrische Zustandekommen der unbeschränkten Folge von Lösungen der Eigenwertgleichung, Gl.(2.36). Damit lautet die vollständige Lösung der Differenzialgleichung:
6
Diese Annahme ist an folgende Voraussetzungen gebunden: • vernachlässigbar kleine Wärmespeicherfähigkeit im Ofeninneren. Dies trifft zu, wenn der Abkühlvorgang bei leerem Ofen, also ohne Erwärmungsgut betrachtet wird. • vernachlässigbar kleiner Wärmeaustrag durch innere Auskühlung infolge eines Austausches der Innenatmosphäre.
50
2 Deckung von Prozesswärmebedarf ∞
Θ(ξ ,τ ) = ∑ M j exp(− μ 2j τ ) cos(μ jξ ) ,
(2.38)
j =1
mit den aus der Anfangsbedingung
Θ (ξ ,0 ) = 1 −
ξ 1+
(2.39)
1 Bi
errechenbaren Konstanten
Mj =
2 tan μ j 1 ⋅ . 1 + Bi μ j + sin μ j cos μ j
0
(2.40)
B
5
2B
26053-B-05 26053-B-05
4
3
2 i
t co
t co
µ/B
t co
µ
µ
µ
1
0 0
1
2
µ1
3
µ2
4
5
6
Eigenwert μ
7
8
µ3
Abb. 2.18. Geometrische Darstellung der Eigenwertgleichung
Abbildung 2.19 zeigt, wie sich das Temperaturprofil in einer Wand aus dem stationären Zustand (τ = 0) heraus entwickelt. Der zugrundegelegte Wert von 5 für die BIOT-Zahl entspricht etwa einer 10 cm dicken Wand aus porösen Leichtbausteinen bei ruhender Außenluft. Der örtliche Verlauf ergibt sich aus der Superposition sämtlicher Einzelglieder nach Gl.(2.38). Infolge des raschen Abklingens der höheren Glieder erreicht das Temperaturprofil recht bald (ab etwa τ = 0,2) die charakteristische cos-Form. Die Randbedingung gemäß Gl.(2.35) tritt zu jeder Zeit als geometrische Bedingung für die Steigung des Temperaturprofils bei ξ = 1 in Erscheinung. Abbildung 2.20 zeigt die zeitlichen Verläufe der normierten Temperaturen an der Innenseite (ξ = 0) und an der Außenseite (ξ = 1) der Wand. Die
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
51
Innentemperatur fällt zu Beginn des Abkühlvorgangs wesentlich steiler ab als später, da anfangs die höheren Glieder noch wirksam sind, die wegen des Exponentialterms in Gl. (2.35) rasch abklingen. Danach bleibt praktisch nur noch das erste Glied (j = 1) übrig. Die Außenwandtemperatur sinkt mit Verzögerung ab. Ihr Verlauf lässt sich durch die Übergangsfunktion eines Verzögerungsgliedes 2. Ordnung annähern. Die normierte Dauer der entsprechenden Totzeit
τ T,1 =
1
μ
2 1
⋅ ln
2sin μ1 μ1 + sin μ1 cos μ1
(2.41)
bewegt sich zwischen 0,10 und 0,17 (je nach der Größe der BIOT-Zahl). Danach mündet auch dieser Verlauf in das exponentielle Abklingen aufgrund des ersten Gliedes. 1
26403-A-05 26403-A-05
0
0,9
0,01 0,02
0,8 0,05
Normierte Differenztemperatur
0,7 0,1
0,6
0,2
0,5
0,4
0,3
Zeitpunkt: τ =
0,5
0,2
1
0,1 BIOT-Zahl: Bi = 5 0 0 innen
1
Normierter Ort
1/Bi außen
Abb. 2.19. Temperaturprofil in einer Ofenwand zu verschiedenen Zeitpunkten
52
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
1 26404-A-05 26404-A-05
0,9
M1
Innenseite
Normierte Differenztemperatur
0,8
M1cosµ1 1 1 + Bi
BIOT-Zahl: Bi = 5
0,7 0,6 0,5 0,4
1. Glied 0,3
Totzeit 0,2 0,1
Außenseite 0 0
0,2
0,4
0,6
Zeitkonstante des 1. Gliedes
0,8
1
1,2
1,4
1,6
1,8
2
Normierte Zeit
Abb. 2.20. Temperaturverläufe einer Ofenwand beim Abkühlen aus dem stationären Zustand
Die normierte Zeitkonstante des ersten Gliedes,
τ K,1 =
1
(2.42)
μ12
ist an einer realen Anlage anhand eines Auskühlversuchs durch die Messung der Innen- oder der Außenübertemperatur zu zwei Zeitpunkten t1 und t2 näherungsweise bestimmbar:
τ K,1 ≈
a ⋅ d2
t2 − t1
. ⎛ ϑ (t1 ) − ϑa ⎞ ln ⎜ ⎟ ⎝ ϑ (t2 ) − ϑa ⎠ Bei einer solchen Ermittlung sollte darauf geachtet werden, dass
(2.43)
• der Zeitpunkt t1 um eine normierte Zeitspanne von mindestens 0,2 nach dem Auskühlbeginn liegt • beide Zeitpunkte in einem Bereich liegen, in dem die gemessene Temperatur noch deutlich höher ist als ihr stationärer Endwert ϑa • der Zeitpunkt t2 so weit vom Zeitpunkt t1 entfernt ist, dass die Differenz der gemessenen Temperaturen genügend groß ist gegenüber den Messunsicherheiten. Aus dem Abkühlverhalten einer Ofenwand lässt sich unter den getroffenen Voraussetzungen ein sehr einfacher Symmetrieschluss für deren
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
53
Aufheizverhalten ziehen. Wird der Wand vom kalten Anfangszustand aus über ihre Innenseite eine konstante Leistung zugeführt, die gleich dem durchgehenden Wärmestrom im Beharrungszustand ist, so stellen sich die inversen Zeitverläufe der Temperaturen ein, wie Abb. 2.21 für die beiden Temperaturen an der Innen- und der Außenseite der Wand zeigt. 1
26405-A-05 26405-A-05
0,9 0,8 Normierte Differenztemperatur
Innenseite 0,7 0,6 0,5
BIOT-Zahl: Bi = 5
0,4 0,3 0,2
Außenseite
0,1 0 0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
1,8
2
Normierte Zeit
Abb. 2.21. Temperaturverläufe einer Ofenwand beim Aufheizen mit Leerbetriebsleistung aus dem kalten Zustand 2.3.4.2 Verhalten bei Betriebsunterbrechung
Die bisherigen Betrachtungen bezogen sich auf das Auskühlen einer Anlage aus dem stationären Beharrungszustand bis zum völligen Erkalten, sowie auf das Anheizen aus dem kalten Zustand bis zum Erreichen des stationären Beharrungszustandes. Die Gültigkeit dieser Betrachtung lässt sich in hinreichend guter Näherung auch auf Zwischenzustände ausweiten. Das ist deshalb wichtig, da das Wiederaufheizen oft schon beginnt, bevor die Anlage völlig erkaltet war. Von praktischer Bedeutung ist insbesondere der Fall einer längeren Produktionsunterbrechung, in der die Anlage auskühlt, z.B. über Nacht oder am Wochenende. Hier stellt sich meist die Aufgabe, die Anlage gegen Ende der Unterbrechungszeit durch Anheizen rechtzeitig wieder in den betriebsbereiten Zustand zu bringen. Abbildung 2.22 zeigt hierzu die Zeitverläufe der Wärmeströme an der
54
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
Betriebsunterbrechung TU
innen
außen
Pi
Pa
Anheizen TAn Pi,An
Wärmefluss
26102-C-05 26102-C-05
Pi Pstat
Ersatztotzeit TT,1
TT,1
Pa
TAn
TT,1
0 Zeit
Abb. 2.22. Wärmeflüsse an einer Ofenwand bei Betriebsunterbrechung
Innenseite der Anlagenwand, Pi, und an der Außenseite, Pa. Für t < 0, also vor Beginn der Unterbrechung, seien die beiden Wärmeströme gleich groß und zeitlich unveränderlich (stationärer Zustand). Der Auskühlbeginn bei t = 0 sei dadurch gekennzeichnet, dass der Wärmestrom Pi von der Innenseite in die Wand hinein schlagartig auf Null geht. Der Verlauf von Pa wird hier nicht durch ein Verzögerungsglied 2. Ordnung angenähert, sondern vereinfachend durch ein Verzögerungsglied 1. Ordnung in Verbindung mit einer Ersatztotzeit. Um diese Totzeit TT,1 versetzt, beginnt Pa mit der für die Wand typischen Zeitkonstante TK,1 abzuklingen. Ebenso verhält sich die Übertemperatur an der Außenseite der Wand. Die Dauer des Unterbrechungszeitraums sei TU. Damit die Anlage nach Ablauf dieser Zeitspanne wieder produktionsbereit ist, muss sie für eine gewisse Zeit TAn angeheizt werden. Dieses Anheizen am Ende der Unterbrechungszeit geschieht oft mit einer erhöhten Leistung, so dass ein gegenüber dem stationären Wärmestrom Pstat erhöhter Wärmestrom
Pi,An = FAn Pstat
(2.44)
in die Wand eintritt. Am Ende der Anheizzeit wird der Wärmestrom Pi schlagartig wieder auf den stationären Wert Pstat abgesenkt. Zu diesem Zeitpunkt, also genau am Ende der Betriebsunterbrechung, soll die Anlage wieder betriebsbereit sein. Die Anheizzeit, die dies gewährleistet, kann analytisch berechnet werden.
2.3 Betriebsverhalten wärmetechnischer Anlagen
55
Dazu wird der weitere Verlauf des Wärmestroms Pa an der Außenseite der Wand betrachtet. Der Beginn seines Wiederanstiegs ist um die Totzeit TT,1 verschoben gegenüber dem Anheizbeginn und vollzieht sich wieder mit der gleichen Zeitkonstante TK,1 wie beim Abkühlen, jedoch gegen einen um den „Anheizfaktor“ FAn erhöhten Beharrungswert Pi,An, s. Gl.(2.44). Nach der Anheizdauer erreicht Pa gerade den Wert Pstat. Es lässt sich zeigen, dass zu diesem Zeitpunkt innerhalb der Wand wieder die gleiche Energiemenge gespeichert ist wie im stationären Zustand 7. Unter den getroffenen Voraussetzungen ergibt sich für die erforderliche Anheizzeit folgende Beziehung (Rudolph 1985):
TAn = TK,1
⎡ ⎤ ⎢ ⎥ FAn ⎢ ⎥ ln ⎢ ⎛ ⎞⎥ ⎢ FAn − 1 + exp ⎜ − TU ⎟ ⎥ ⎜ T ⎟⎥ ⎢⎣ ⎝ K,1 ⎠ ⎦
(2.45)
Der Anteil der Anheizdauer an der jeweiligen Unterbrechungsdauer, also ⎛T ⎞ T der Quotient An = f ⎜⎜ U ; FAn ⎟⎟ , ist in Abb. 2.23 dargestellt. TU ⎝ TK,1 ⎠ Um die Anheizzeit zu ermitteln, müssen also folgende Größen bekannt sein: • die charakteristische Zeitkonstante TK,1, die nach Gl.(2.43) zu messen ist • die vorgegebene Unterbrechungsdauer TU • der Anheizfaktor FAn kann nach Gl.(2.44) errechnet werden, wenn die Anheizleistung und die stationäre Verlustleistung bekannt sind. Die Ersatztotzeit geht in die Berechnung nicht ein und braucht deshalb nicht bekannt zu sein! Bei einer brennstoffbeheizten Anlage, in der sich kein Erwärmungsgut befindet, ist der Zusammenhang zwischen dem in die Anlagenwände eintretenden Wärmestrom Pi und der zugeführten Leistung Pzu durch den feuerungstechnischen Wirkungsgrad ηf gegeben. Es gilt also für den stationären Leerbetrieb
Pstat = ηf,LB Pzu,LB
(2.46)
und für das Anheizen 7
Hierbei soll unberücksichtigt bleiben, dass das örtliche Temperaturprofil in der Wand noch nicht das gleiche ist wie im stationären Zustand.
56
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
1
1,01
26035-B-05 26035-B-05
1,05 1,1
Zeitanteil des Anheizens an gesamter Unterbrechungsdauer
0,8
Anheizfaktor FAn =
1,25
0,6
1,5
0,4
2
3
0,2
5 10 0 0,1
1
10
100
Unterbrechungsdauer : Zeitkonstante
Abb. 2.23. Anteil der Anheizzeit an der Unterbrechungsdauer
Pi,An = ηf,An Pzu,An .
(2.47)
Es soll nun untersucht werden, wie sich bei einer Anlage, die während einer Unterbrechung abgeschaltet und wieder angeheizt wird, der Energieverbrauch verringert gegenüber dem Fall, dass die Anlage während der Dauer der Betriebsunterbrechung im stationären Zustand leer weiterbetrieben würde. Der entsprechende Quotient
FU =
Pzu,An TAn Pzu,LB TU
=
η f,LB T FAn An ηf,An TU
(2.48)
hängt wiederum vom Verhältnis TU/TK,1 sowie vom Anheizfaktor ab. Dies ist in Abb. 2.24 gezeigt unter der Annahme, dass der feuerungstechnische Wirkungsgrad beim Anheizen der gleiche ist wie im stationären Leerbetrieb.
2.4
Energetische Analyse von Betriebszeiträumen
Um einen rationellen Energieeinsatz für eine gegebene Produktionsaufgabe ! unter Berücksichtigung der in der betrieblichen Praxis herrschenden Randbedingungen (z.B. hinsichtlich Fertigungstechnik und Betriebsorganisation) ! zu erreichen, muss berücksichtigt werden, dass das reale Betriebsgeschehen an einer einzelnen Anlage sich aus einer Abfolge von vielerlei
2.4 Energetische Analyse von Betriebszeiträumen 1
57
1,01
26036-B-05 26036-B-05
1,05
Reduzierter Energiebedarf (normiert)
1,1 0,8
1,25 1,5 2 3 5 Anheizfaktor FAn = 10
0,6
0,4
0,2
0 0,1
1
10
100
Unterbrechungsdauer : Zeitkonstante
Abb. 2.24. Reduktion des Energiebedarfs durch Abschalten in einer Betriebsunterbrechung
Zuständen zusammensetzt, die zum Teil instationär sind. Zur allgemeinen Beschreibung des realen Betriebsgeschehens an einer wärmetechnischen Anlage sind eine Reihe von Vereinfachungen notwendig. Das betrifft zum einen die Analyse des instationären Betriebsverhaltens und daraus folgende Näherungen bei den verwendeten Modellen (s. Kap. 2.3.4), zum anderen aber auch die generelle Klassifizierung von Betriebszuständen und ihre zeitliche Rangierung. Für die Zwecke einer quantitativen Analyse wird von Begriffen und Zusammenhängen Gebrauch gemacht, die ursprünglich für den elektrizitätswirtschaftlichen Bereich aufgestellt wurden (VDEW 1990). Sie lassen sich auch für Belange der Energieanwendungstechnik verwenden. 2.4.1
Charakteristische Zeitabschnitte
Es werde der Energieverbrauch einer wärmetechnischen Anlage über einen Betrachtungszeitraum TGes untersucht. Dieser Zeitraum ist normalerweise kalendarisch bzw. betriebsorganisatorisch bestimmt. Er umfasst z.B. einen Bearbeitungszyklus, die Dauer einer Arbeitsschicht, einen Tag, eine Woche, einen Monat, ein Quartal oder ein Jahr.
58
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
Der Betrachtungszeitraum lässt sich in folgender Weise zeitlich untergliedern:
TGes = TH + TLB + TU
(2.49)
Dabei ist: TH = Σ TH,i
die Summe aller Hauptnutzungszeiten. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die Anlage im Sinne ihrer Zweckbestimmung betrieben wird, dass sich also Erwärmungsgut in der Anlage befindet;
TLB = Σ TLB,i
die Summe aller Leerbetriebszeiten. Darunter sind alle Zeiten außerhalb der Hauptnutzungszeiten zu verstehen, in denen die Anlage durch Warmhalten in sofortiger Betriebsbereitschaft gehalten wird. Darunter fallen meist die Zeiten für die Beschickung der Anlage und sonstige "Nebennutzungen", für ablaufbedingte und z.T. auch für störungsbedingte Nutzungsunterbrechungen sowie Bereitschaftszeiten;
TU = Σ TU,i
die Summe aller Unterbrechungszeiten, das sind alle Zeiten außerhalb der Betriebszeiten. Dabei handelt es sich z.B. um die Nachtzeit zwischen den Arbeitsschichten bei Einschichtoder Zweischichtbetrieb, sowie um die Wochenenden. In Unterbrechungszeiten kühlt die Anlage aus und wird vor Beginn des nächsten Einsatzes wieder angeheizt. Die Anheizvorgänge liegen also nach dieser Definition innerhalb der Unterbrechungszeiten (vgl. Kap. 2.3.4).
Meist setzt sich der Betrachtungszeitraum aus einer Folge i = 1… n einzelner Teilabschnitte von Hauptnutzung, Leerbetrieb und Unterbrechung zusammen. Hauptnutzungs- und Leerbetriebszeiten lassen sich zur Betriebszeitspanne zusammenfassen:
TB = TH + TLB
(2.51)
Die durch die Anlage im Betrachtungszeitraum (genauer: in den Hauptnutzungszeiten) gefertigte Produktmenge wird mit mGes bezeichnet. (Bei thermischen Trocknungsprozessen bezeichnet mGes die Menge des insgesamt entfernten Wassers oder Lösungsmittels). Vorauszusetzen ist meistens Gleichartigkeit hinsichtlich der Produktionsweise (z.B. Erwärmungstemperatur) und hinsichtlich der Art des Produktes (z.B. Material).
2.4 Energetische Analyse von Betriebszeiträumen
59
Das maximale Fertigungsvermögen der Anlage im Nennbetrieb wird wie in Kap. 2.3.3 mit mN bezeichnet. 2.4.2
Kenngrößen für die Auslastung
Mit Hilfe der vorgenannten Begriffe lassen sich folgende den Betrieb der Anlage charakterisierende Auslastungs-Kenngrößen definieren: • Die Leistungsausnutzung
nP =
1 TH
mGes H mN
∫ l dt = T
TH
(2.51)
ist das Verhältnis der von der Anlage gefertigten Produktmenge zu der Menge, die bei ständigem Nennbetrieb in der Hauptnutzungszeit hätte gefertigt werden können. Die Leistungsausnutzung gibt also den mittleren Lastgrad der Anlage während der Hauptnutzungszeit an. • Die Arbeitsausnutzung
nA =
1 TGes
mGes Ges mN
∫ l dt = T
TH
(2.52)
ist das Verhältnis der von der Anlage gefertigten Produktmenge zu der Menge, die bei ständigem Nennbetrieb in der gesamten Betrachtungszeit hätte gefertigt werden können. Die Arbeitsausnutzung gibt also die integrale Auslastung der Anlage bezogen auf die Betrachtungszeit an. • Die Zeitausnutzung
TH (2.53) TGes ist der Anteil der Hauptnutzungszeit an der gesamten Betrachtungszeit. nT =
Zwischen diesen drei Ausnutzungsgrößen besteht folgender Zusammenhang:
nA = nP nT .
(2.54)
Außerdem lässt sich eine Betriebsausnutzung
nB =
TB T + TLB = H TGes TGes
definieren, als Verhältnis aus Betriebszeit und Betrachtungszeit.
(2.55)
60
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
2.4.3
Bestandteile des Energieverbrauchs
Während der Hauptnutzungszeiten wird ein quasistationärer Zustand angenommen; es sollen also keine nennenswerten Änderungen bei den Energien auftreten, die in den Anlagenbauteilen gespeichert sind. Unter dieser Voraussetzung lässt sich der Energieverbrauch Ezu,H der Anlage mit Hilfe der stationären Betriebskennlinie beschreiben:
Ezu,H =
∫P
zu
TH
dt = ⎡⎣ Pzu,LB + ( Pzu,N − Pzu,LB ) nP ⎤⎦ TH .
(2.56)
Hier entspricht also die Leistungsausnutzung dem Lastgrad in Gl.(2.13). In der Leerbetriebszeit verbraucht die Anlage die Energie
Ezu,LB = Pzu,LB TLB .
(2.57)
Jeder Abschnitt TU,i der Unterbrechungszeit ist dadurch gekennzeichnet, dass die Anlage erst auskühlt und dann wieder aufgeheizt wird, so dass sie am Ende der Unterbrechung betriebsbereit ist (siehe Kap. 2.3.4). Für das Anheizen am Ende eines Unterbrechungszeitabschnittes ergibt sich der Energieverbrauch somit zu
Ezu,U,i = Pzu,An TAn,i = FU,i Pzu,LB TU,i .
(2.58)
Über die Gesamtheit aller Unterbrechungszeiten summiert sich der Energieverbrauch zu
Ezu,U = ∑ Ezu,U,i = Pzu,LB ∑ FU,i TU,i = FU Pzu,LB TU . i
(2.59)
i
Der mittlere Faktor FU ergibt sich aus der zeitanteiligen Gewichtung der Einzelwerte. Der Energieverbrauch der Anlage im gesamten Betrachtungszeitraum setzt sich aus den drei genannten Anteilen zusammen:
Ezu,Ges = Ezu,H + Ezu,LB + Ezu,U . 2.4.4
(2.60)
Betriebstechnische Kennlinienfelder
Bezieht man den gesamten Energieverbrauch auf die Dauer des gesamten Betrachtungszeitraums, so erhält man die mittlere Leistungsaufnahme:
2.4 Energetische Analyse von Betriebszeiträumen
Ezu,Ges TGes
= Pzu,LB ⎡⎣ FU (1 − nB ) + nB ⎤⎦ + ( Pzu,N − Pzu,LB ) nA .
61
(2.61)
Dargestellt über der Arbeitsausnutzung nA als unabhängige Variable, liegen die möglichen Werte in einem Kennfeldbereich, wie in Abb. 2.25 dargestellt. Die Arbeitsausnutzung nA entspricht dem Parameter der Anlagenauslastung l im stationären Fall. Die Betriebsausnutzung nB ist als Parameter eingetragen. Auf einer Linie konstanter Betriebsausnutzung bewegt man sich bei gleichbleibendem Anteil der Unterbrechungszeiten an der Gesamtzeit. Dabei spielt es für den Energieverbrauch keine Rolle, wie sich die Betriebszeit auf Hauptnutzungsund Leerbetriebszeit aufteilt, oder wie hoch die Leistungsausnutzung während der Hauptnutzungszeit ist. Hat die Betriebsausnutzung den Wert Eins, so bedeutet das nach Gln.(2.55 und 2.50), dass die Anlage über den gesamten Betrachtungszeitraum warm gehalten wird. Dies führt zum größtmöglichen Energieverbrauch bei einer gegebenen Produktionsmenge:
⎛ Ezu,Ges ⎞ = Pzu,LB + ( Pzu,N − Pzu,LB ) nA . ⎜ ⎟ ⎝ TGes ⎠nB =1
(2.62)
Diese Kennlinie ist identisch mit der stationären Betriebskennlinie über der Anlagenauslastung l. Sie stellt die obere Begrenzung des Betriebskennfeldes dar. Der kleinstmögliche Energieverbrauch tritt dagegen dann auf, wenn der Betrachtungszeitraum keine Leerbetriebszeiten enthält (TLB = 0) und außerdem die Produktion mit maximaler Anlagenauslastung (nP = 1) durchgeführt wird. Nach Gln. (2.50, 2.53, 2.54 und 2.55) bedeutet das, dass Betriebsausnutzung und Arbeitsausnutzung gleich groß sind. Der auf die Hauptnutzungszeit entfallende Energieverbrauch ist unter dieser Voraussetzung proportional zur Arbeitsausnutzung:
⎛ Ezu,H ⎞ = Pzu,N nA . ⎜ ⎟ ⎝ TGes ⎠ nB = nA
(2.63)
Der auf die Unterbrechungszeit entfallende Energieverbrauch für das Anheizen der Anlage,
62
2 Deckung von Prozesswärmebedarf
⎛ Ezu,U ⎞ = Pzu,LB FU (1 − nA ) , ⎜ ⎟ ⎝ TGes ⎠ nB = nA
(2.64)
ist in nichtlinearer Weise von der Arbeitsausnutzung abhängig. Das hat seinen Grund darin, dass der Faktor FU wegen seiner Abhängigkeit von der Länge der Unterbrechungszeitabschnitte nicht mehr konstant ist, sondern sich mit der Betriebsausnutzung nB ändert. Dementsprechend ist die untere Begrenzungslinie des möglichen Betriebsbereiches keine Gerade, sondern gewölbt. Der (energetische) Nutzungsgrad der Anlage ergibt sich als Quotient von Aktivenergie zu verbrauchter Energie im Betrachtungszeitraum:
ζ =
EA,Ges Ezu,Ges
.
(2.65)
Analog zum Wirkungsgrad drückt also auch der Nutzungsgrad das Verhältnis von Nutzen zu Aufwand aus, jedoch nicht für einen Momentanzustand, sondern über den Betrachtungszeitraum TGes. Setzt man 1
Normierte mittlere Leistungsaufnahme
26057-A-98 26057-A-98
nB = 0
Pzu,LB / Pzu,N
1 8 0, ,6
4 0,
nB = nA
2 0,
FU·Pzu,LB / Pzu,N
0 0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
Arbeitsausnutzung n A
Abb. 2.25. Betriebstechnisches Kennfeld einer wärmetechnischen Anlage
2.4 Energetische Analyse von Betriebszeiträumen
63
auch hier den Nennwirkungsgrad ηN beim stationären Lastgrad von Eins als Referenzgröße an, so erhält man für den Nutzungsgrad:
ζ =
P 1 + zu,LB Pzu,N
1 ηN . ⎡ nB + FU (1 − nB ) ⎤ − 1⎥ ⎢ nA ⎣ ⎦
(2.66)
Man beachte die Analogie zu Gl. (2.17)! Dass der Nutzungsgrad über einen Betrachtungszeitraum mindestens gleich oder größer als der Wirkungsgrad im stationären Zustand ist, mag zunächst überraschen. Der Grund dafür liegt in der Äquivalenz der beiden Parameter Arbeitsausnutzung nA und Anlagenauslastung l bei diesem Vergleich. Daher stellt in Abb. 2.25 die stationäre Betriebskennlinie die obere Begrenzung des Betriebskennfeldes dar. Ebenso wie für den stationären Zustand lässt sich auch für Betriebszeiträume der spezifische Energieverbrauch definieren:
eGes =
Ezu,Ges mGes
.
(2.67)
Setzt man diese Größe wieder ! analog Gl. (2.19) ! in Bezug zum spezifischen Energieverbrauch bei einem Lastgrad von Eins, so erhält man
⎡ P ⎛ n + FU (1 − nB ) ⎞⎤ eGes = ⎢1 + zu,LB ⎜ B − 1 ⎟ ⎥ eN . Pzu,N ⎝ nA ⎢⎣ ⎠ ⎥⎦
(2.68)
Wie in Gl. (2.20) gilt auch hier wieder der grundsätzliche Zusammenhang zwischen Effizienz und spezifischem Energieverbrauch:
eGes ζ = ΔhA .
(2.69)
3
Raumheizung und Klimatisierung
3.1
Bedeutung und Struktur der Raumwärme
Der große energiewirtschaftliche Stellenwert der Raumheizwärme wird daraus deutlich, dass auf sie rd. ein Drittel des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland entfällt, vgl. Abb. 1.3. Dies ist der größte einheitliche Bedarfsposten, wenn man den Bedarf an mechanischer Energie für mobile und für stationäre Anwendungen getrennt betrachtet. Die zeitliche Entwicklung des Endenergieverbrauchs für Wohnungsbeheizung nach Energieträgern ist in Abb. 3.1 am Beispiel der Jahre 1975 (nach der ersten Ölkrise), 1989 (vor der Wiedervereinigung) sowie 2003 dargestellt. Heizöl und Strom haben sich in ihrem Umfang wenig verändert, dagegen verzeichneten Gas und Fernwärme auf unterschiedlichem Niveau jeweils einen starken Zuwachs. Der Einsatz fester Brennstoffe, also Kohle, Koks und Holz, ist im ersten Zeitintervall stark zurückgegangen. Der seit 1990 wieder größere Umfang des Einsatzes fester Brennstoffe ist auf die andersartigen Beheizungsstrukturen in den neuen Bundesländern zurückzuführen. 2500 26-448-A-05 26-448-A-05
Strom
Endenergieverbrauch in PJ
2000
Fernwärme 1500
Gas 1000
Heizöl 500
Feste Brennstoffe 0 1975
1989
2003
Jahr
Abb. 3.1. Endenergieverbrauch für Wohnungsbeheizung nach Energieträgern
Dass der Gesamtverbrauch im Jahre 2003 wesentlich höher liegt als noch 1989, hat seinen Grund in der Erweiterung durch die neuen Bundesländer.
66
3 Raumheizung und Klimatisierung
Abbildung 3.2 zeigt, dass verglichen mit dem Jahr vor der Wiedervereinigung, sich der Gesamtverbrauch etwa um die Hälfte erhöht hat. Jedoch hat sich der mittlere Verbrauch je Wohneinheit seit 1975 in einer recht engen Bandbreite von ± 3 % bewegt. Bezogen auf 1 m² Wohnfläche ging der Verbrauch zwischen 1975 und 1989 um mehr als ein Viertel zurück, um danach wieder leicht anzuwachsen. Entsprechend uneinheitlich ist die Entwicklung der mittleren Wohnfläche: Während sie in den alten Bundesländern beträchtlich zunahm, wirkte der hinzukommende Wohnungsbestand in den neuen Bundesländern gegenläufig. Waren 1975 noch fast die Hälfte der Wohnungen mit Einzelofenheizung ausgerüstet, so ging dieser Anteil bis 2003 auf weniger als 10 % zurück. 140%
26-449-A-05 26-449-A-05
130% 120% 110%
EEV je WoE; 2002 = 100 %
EEV je m²; 2002 = 100 % Mittl. Wohnfläche; 2002 = 100 %
100% 90%
Endenergieverbrauch (EEV); 2002 = 100 % 80%
Bestandsanteil Zentralheizung
70% 60% 50% 40% 1975
1980
1985
1990
1995
2000
2005
Jahr
Abb. 3.2. Entwicklung einiger Strukturdaten für die Wohnungsbeheizung
Für das Verständnis dieser Entwicklungen sind folgende Punkte wichtig: 1. Der Übergang von der Einzelofenheizung auf die Zentralheizung wirkt sich zunächst verbrauchserhöhend aus. Die Ergebnisse einer Studie (Tzscheutschler, 2004) weisen aus, dass bei gleicher Gebäudeart und gleichem Brennstoff der spezifische Verbrauch je m² Wohnfläche bei Zentralheizungen im Durchschnitt um 20 % höher ist, da hierbei normalerweise die ganze Wohnung beheizt wird (Vollraumheizung), wogegen bei der Einzelofenheizung häufig einzelne Räume unbeheizt bleiben. 2. Die Ansprüche der Bewohner im Hinblick auf die gewünschte Raumlufttemperatur haben sich erheblich erhöht. Dies gilt zum einen für das Niveau der Temperatur, zum anderen aber auch für die Konstanz sowohl über den Tag als auch über das Jahr hinweg. Letzteres hat zur Folge, dass
3.1 Bedeutung und Struktur der Raumwärme
67
sich die Betriebszeiten der Heizungsanlagen beträchtlich verlängert haben. Vielfach wird heute auch in kühleren Witterungsperioden während des Sommers geheizt. 3. Die unter 2. aufgeführten Trends wurden nur möglich durch den hohen Bedienungskomfort moderner Heizanlagen. Auf der anderen Seite ist die technische Entwicklung der Wärmeerzeuger mit einer ständigen Steigerung der Wirkungsgrade verbunden. So ist bei der Erneuerung eines 12 bis 15 Jahre alten Heizkessels mit einem Rückgang des Verbrauchs unter sonst unveränderten Bedingungen von im Mittel etwa 10 % zu rechnen (Geiger, 2001). Gleichzeitig haben sich auch Möglichkeiten zur Verbrauchsreduzierung eröffnet, da mit den heutigen Einrichtungen zur Steuerung und Regelung der Heizanlagen ein Überheizen von Räumen weitgehend vermieden werden kann. Zudem ist auch ein bewusst sparsames Heizen leichter möglich. 4. In Richtung einer Reduzierung des Wärmebedarfs für die Raumheizung wirken die Maßnahmen zur besseren Wärmedämmung von Gebäuden. Das betrifft nicht nur die Neubauten, sondern auch den Gebäudebestand. Unterstützt und vorangetrieben wird dieser Trend von gesetzlicher Seite durch zunehmend anspruchsvollere Wärmeschutzverordnungen. 5. Der Gebäudebestand in den Neuen Bundesländern war zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung sowohl vom Wärmeschutz als auch von der heizungstechnischen Ausstattung her weitaus schlechter gestellt. Trotz aller Modernisierungsbemühungen in den vergangenen 15 Jahren haben sich die Verhältnisse noch nicht an das Niveau der alten Bundesländer angeglichen. Einen Überblick über die strukturellen Zusammenhänge zwischen Beheizungsart und Gebäudeart gibt Abb. 3.3 (Tzscheutschler, 2004). Die erdgasgefeuerte Zentralheizung dominiert sowohl in Ein- als auch in Mehrfamilienhäusern gegenüber der Ölzentralheizung, in Zweifamilienhäusern ist sie praktisch gleichauf. Die Ölzentralheizung hat ihren Einsatzschwerpunkt eindeutig im Einfamilienhausbereich. Dagegen kommt die Fernwärmeversorgung bei Ein- und Zweifamilienhäusern fast nicht vor. Da die Einzelheizungen insgesamt einen geringen Verbrauchsanteil haben, sind sie in der Darstellung nicht weiter aufgeschlüsselt. Gaseinzelöfen spielen in Ein- und Zweifamilienhäusern nur eine untergeordnete Rolle, sind aber in Mehrfamilienhäusern relativ stark vertreten. Genau umgekehrt verhält es sich mit Öleinzelöfen. Der Strom für Elektrospeicherheizungen macht ungefähr ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs in Einzelheizungen aus und verteilt sich gleichmäßig auf alle Gebäudearten.
68
3 Raumheizung und Klimatisierung
26-450A-05 26-450-A-05
140
Energieverbrauch in TWh
120
100
80 60 40 20
EFH ZFH
0 Erdgas
Heizöl
Zentralh eizung
MFH Fernwärme Einzelhzg.
Abb. 3.3. Endenergieverbrauch für die Wohnungsbeheizung (Deutschland, 2002)
3.2
Thermische Behaglichkeit 8
In Wohn- und Arbeitsräumen sollten äußere Bedingungen herrschen, die von den sich darin aufhaltenden Menschen als behaglich empfunden werden. Was als behaglich empfunden wird, ist naturgemäß stark abhängig von der subjektiven Wahrnehmung des Individuums. Dennoch lassen sich ! ausgehend von der Physiologie des Menschen in Verbindung mit Erfahrungswerten ! bestimmte unerlässliche Voraussetzungen für die Behaglichkeit angeben, die sich nach dem Kriterium der Sensorik einteilen lassen: • • • •
thermisch lufthygienisch optisch akustisch
Die zentrale Aufgabe der Raumheizung bzw. -klimatisierung besteht im Herstellen und Aufrechterhalten thermisch behaglicher sowie lufthygienisch einwandfreier Zustände.
8
Einzelne Passagen entnommen aus (Rouvel, 1978)
3.2 Thermische Behaglichkeit
69
Die thermische Behaglichkeit hängt vom augenblicklichen Wärmehaushalt des Körpers ab, der von der Art der Tätigkeit, der Bekleidung und dem Zustand der Umgebung bestimmt wird. Die Wärmeabgabe erfolgt durch • • • • •
Konvektion an die Umgebungsluft, Wärmeleitung an berührenden Flächen, Wärmestrahlung an Umgebungsflächen, Atmungsluft (fühlbar und latent), Verdunstung von Wasser an der Haut (Transpiration).
In Abb. 3.4 ist die Wärmeabgabe eines normal bekleideten Menschen bei sitzender, leichter Beschäftigung wiedergegeben (Eickenhorst, 1998). Im klimatechnisch wichtigen Bereich zwischen 20 und 30 EC bleibt die Wärmeabgabe insgesamt annähernd konstant. Der Latentanteil infolge Verdunstung (in erster Linie über die Hautoberfläche) nimmt mit steigender Temperatur stark zu. Die Abgabe fühlbarer Wärme teilt sich etwa hälftig auf die beiden Hauptposten Strahlung und Konvektion auf, beeinflusst durch die Emissionsgrade von Bekleidung und Wänden sowie die Luftbewegung. Ab etwa 34 °C Umgebungstemperatur findet überhaupt keine fühlbare Wärmeabgabe mehr statt. Mit der Intensität körperlicher Tätigkeit steigt die Wärmeabgabe (hauptsächlich in latenter Form) stark an. 160 26-458-A-05 26-458-A-05
140
gesamt
Wärmeabgabe in W
120
100
80
fühlbar 60
40
20
latent
0 10
15
20
25
30
Lufttemperatur in °C
Abb. 3.4. Wärmeabgabe des Menschen (normal bekleidet, sitzende Bürotätigkeit)
70
3 Raumheizung und Klimatisierung
Wesentliche Bestandteile des Raumklimas sind also: 1. die Lufttemperatur und ihre örtliche und zeitliche Verteilung, 2. die Temperatur der Raumumschließungsflächen und der Innenausstattung sowie der Einstrahlwinkel der einzelnen Flächen, 3. die Luftfeuchte sowie 4. die Luftgeschwindigkeit und die Anströmrichtung. Diese Größen wirken abhängig voneinander auf das Behaglichkeitsempfinden ein. Sie beeinflussen sich gegenseitig entsprechend der jeweils optimalen Aufteilung der Entwärmung des menschlichen Körpers. Zu einer bestimmten Lufttemperatur sind daher bestimmte Wandtemperaturen, Feuchtewerte und Luftgeschwindigkeiten erforderlich, um ein Behaglichkeitsgefühl zu erreichen. In der Praxis versucht man, diese Zusammenhänge durch die Aufstellung von Behaglichkeitsfeldern aufzuzeigen, wobei man bestimmte Wertepaare bei Konstanz der anderen Parameter stufenweise verändert und durch die Befragung einer Vielzahl von Personen eine repräsentative Aussage zu erreichen trachtet. Der Zusammenhang zwischen der Lufttemperatur und der Temperatur der Raumschließungsflächen ist entscheidend für die empfundene Temperatur. Diese Größe wird als Raumtemperatur ϑR , oder auch (in diversen Normen) als Operative Temperatur bezeichnet. Ihr Wert bestimmt sich ! normale Bekleidung und nicht zu große Luftbewegung (< 0,2 m/s) vorausgesetzt ! näherungsweise als arithmetisches Mittel aus der Temperatur der Raumluft, ϑL , und der mittleren Temperatur der Raumumschließungsflächen, ϑU :
ϑR =
ϑL + ϑU 2
(3.1)
In Abb. 3.5 ist das Feld der überwiegend als behaglich empfundenen Temperatur über der Raumlufttemperatur und der Temperatur der Raumumschließungsflächen eingezeichnet. Die strichpunktierte Diagonale trennt dabei die beiden Bereiche vorwiegend konvektiver bzw. strahlungsorientierter Wärmeabgabe. Wie sich aus der Darstellung zeigt, kann eine niedrige Lufttemperatur bis zu einem gewissen Grad ausgeglichen werden durch eine höhere Wandtemperatur und umgekehrt. Dies gilt jedoch nur begrenzt. Als physiologisch günstiger wird meist ein leichtes Übergewicht des Strahlungsanteils angesehen. In Innenräumen wird eine Luftbewegung mit Strömungsgeschwindigkeiten über 0,5 m/s fast durchweg als unangenehm empfunden. Zwischen 0,1 und 0,5 m/s steigt mit der Strömungsgeschwindigkeit die mindestens er-
3.2 Thermische Behaglichkeit
71
30 26-459-A-05 26-459-A-05
27
23
19
Raumtemperatur
°C
°C
°C
20 15 °C
Oberflächentemperatur in °C
25
15 St
un hl ra
g
ü
rw be
on K
gt ie
io kt ve
n
ü
rw be
gt ie
10 10
15
20
25
30
Lufttemperatur in °C
Abb. 3.5. Behaglichkeitsfeld der Temperaturen von Luft und Raumumschließungsflächen
forderliche Lufttemperatur, damit nicht der unangenehme Eindruck von Zugluft aufkommt. Dabei wird eine Anströmung von vorne eher toleriert als von der Seite oder von hinten. Grundsätzlich sollen die Ausblasöffnungen von Heiz- und Kühlgeräten immer so weit von der Aufenthaltszone entfernt sein, dass eine Mischung und Beruhigung der Luft möglich ist. Hinsichtlich der relativen Luftfeuchte wird vom Menschen eine recht große Spanne als behaglich toleriert. Zwischen rund 35 und rund 70 % relativer Luftfeuchte bei 20 EC Lufttemperatur und leichter Tätigkeit werden subjektiv kaum Unterschiede spürbar. Innerhalb dieser Grenzen wird die Behaglichkeit praktisch nicht beeinflusst. Trockene, auch sehr trockene Luft, wie z.B. in der Sauna, wird im allgemeinen nicht als unbehaglich empfunden. Allerdings kann bei trockener Luft und hoher Lufttemperatur eine Schleimhautaustrocknung hervorgerufen werden. Treten dagegen in beheizten Räumen Schleimhautreizungen auf, sind sie meist nicht auf zu trockene Luft, sondern eher auf einen zu hohen Staubgehalt zurückzuführen. Zu hohe Luftfeuchte in beheizten Räumen hat den Nachteil, dass an kalten Wänden und Gegenständen Schwitzwasserbildung auftritt, da die Taupunkttemperatur nur wenig unter der Raumlufttemperatur liegt.
72
3 Raumheizung und Klimatisierung
Durch die Raumheizung werden die Lufttemperaturen sowie die Temperaturen der Raumumschließungsflächen und der im Raum befindlichen Gegenstände angehoben. Die sich dabei einstellenden relativen Feuchten sind ausschließlich vom Zustand der Außenluft abhängig und können durch die Heizung direkt nicht beeinflusst werden. Dagegen hängen die Luftgeschwindigkeiten im beheizten Raum ab von der Art des Heizsystems und der Art und Position der wärmeabgebenden Heizkörper. Bei der Klimatisierung geht es dagegen um die Herstellung und Erhaltung bestimmter Luftzustände. Dabei werden vornehmlich die Lufttemperatur, die relative Luftfeuchte und die Luftgeschwindigkeit verändert.
3.3
Wärmebedarf und Energiehaushalt von Gebäuden
3.3.1
Grundbegriffe
Der Heizwärmebedarf wird in seinem tages- und jahreszeitlichen Verlauf vor allem von den meteorologischen Größen, von der Art, Größe und Bauweise des Gebäudes, von der Art, Auslegung und Betriebsweise der Heizanlage sowie vom Verhalten der Gebäudebenutzer bestimmt. Der Energiehaushalt für die Beheizung eines Gebäudes ist qualitativ in Abb. 3.6 in Form eines Flussbildes dargestellt. Es handelt sich dabei nicht um die Beschreibung eines momentanen Zustandes, sondern um die Zusammenfassung der Energieflüsse über einen längeren Zeitraum, z.B. ein Jahr. Auf der rechten Seite sind die Wärmeverluste, auf der linken Seite die Herkunft der Wärme dargestellt. Die Wärmeverluste des Gebäudes setzen sich zusammen • aus dem Wärmedurchgang durch sämtliche Gebäudeumschließungsflächen (also Außenwände, Fenster, Dach und Keller); diesen Teil bezeichnet man als Transmissionswärmeverlust, • aus dem Wärmeverlust durch Luftaustausch über Fensterfugen, Türspalte sowie durch gezielte Lüftung. Die Transmissionswärmeverluste werden vom Wärmedurchlasswiderstand bzw. seinem Kehrwert, dem Wärmedurchgangskoeffizienten der Gebäudeumschließungsflächen, bestimmt. Zusätzliche Wärmedämmung senkt den Heizenergiebedarf. Da die Energiegewinne aus der Sonneneinstrahlung und aus den inneren Wärmequellen dabei weitgehend unverändert bleiben, wird deren Deckungsanteil mit steigender Wärmedämmung größer.
3.5 Heizungsanlagen
73
Wärmespeicherung in raumumschließenden Bauteilen Solare Wärmegewinne
Abgasverlust Transmission Dach
Nicht nutzbarer äußerer Wärmeeintrag Außenwand
Lüftung Transmission Fenster
Reflexion Fenster Innere Wärmequellen: - Beleuchtung - elektr. Geräte - Personen
Transmission Außenwand
Transmission Keller
Heizwärmebedarf 26538-A-08
Verlust bei Wärmeerzeugung und -verteilung
Energieeinsatz: Öl, Gas, Fernwärme, Strom, feste Brennstoffe
Abb. 3.6. Energiehaushalt eines beheizten Gebäudes (qualitativ)
Je mehr die Transmissionswärmeverluste verringert werden, desto größeres Gewicht kommt den Lüftungswärmeverlusten zu, besonders bei unsachgemäßen Lüftungsgewohnheiten, die häufig anzutreffen sind. In Zukunft werden Systeme für die kontrollierte Führung von Zu- und Abluft wachsende Bedeutung erlangen, zumal damit neue Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung erschlossen werden. Dies wird z.B. in Schweden ! wo der Wärmeschutzstandard schon seit jeher höher ist als in Deutschland ! auch in Ein- und Zweifamilienhäusern angewendet. Ein weiterer Bilanzposten geht als Speicherwärme in die verschiedenen Bauteile des Gebäudes. Dieser Posten erscheint in gleicher Größe, jedoch zu anderen Zeiten wieder als Entspeicherung, tritt also erst mit zeitlicher Verzögerung als Energiestrom nach außen.
74
3 Raumheizung und Klimatisierung
Die Wärmespeicherfähigkeit von Gebäudeteilen ist für den Energiehaushalt des Gebäudes von erheblicher Bedeutung, denn sie wirkt dämpfend und verzögernd auf Temperaturschwankungen, die z.B. durch eingestrahlte Sonnenenergie, freie Wärmequellen im Haus, Fensterlüftung und ungenügend geregelte Heizwärmeabgabe entstehen können. Die Energie zur Deckung der Wärmeverluste stammt • zum überwiegenden Teil von der Heizanlage, • zu einem weiteren Teil aus inneren Wärmequellen wie Haushaltsgeräten, Beleuchtung und nicht zuletzt den Bewohnern selbst, • zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil aus zugestrahlter Sonnenenergie (passive Solarenergienutzung). Die Sonneneinstrahlung auf die Außenwände des Gebäudes wird zum Teil reflektiert, der Rest wird absorbiert und in fühlbare Wärme umgewandelt. Davon wird der größte Anteil über Wärmestrahlung und Konvektion direkt wieder an die Umgebung abgegeben, nur maximal 10 % gelangen durch Wärmeleitung ins Innere des Gebäudes. Wesentlich anders sehen die Relationen beim Fenster aus. Hier kommen typischerweise etwa 50 bis 70 % der Einstrahlung in den Raum und werden dort thermisch wirksam. Das Fenster mit dem dahinter liegenden Raum ist also ein Sonnenkollektor, dessen Nutzungsgrad recht hoch sein kann. Eine wichtige Ergänzung zu den Wärmeschutzmaßnahmen bildet daher die passive Solarenergienutzung in Form einer geeigneten Gebäudegestaltung und -ausführung. Im Winter und in der Übergangszeit sollen die Heizung und ihre Regelung, in Verbindung mit dem Speicherverhalten des Gebäudes, in der Lage sein, die entstehende freie Wärme weitgehend nutzbar zu machen. Die auf diese Weise erreichbare Verminderung des Heizwärmebedarfs hängt von der Fassadengestaltung und der Verglasungsart ab. Fensterflächen verursachen also nicht nur Wärmeverluste, sondern bewirken auch Wärmegewinne für die Energiebilanz des Gebäudes. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass nicht im Sommer durch solche Maßnahmen unkomfortable Raumluftzustände (zu hohe Temperaturen) eintreten. Darüber hinaus kommen der natürlichen Beleuchtung und dem Sichtkontakt zur Außenwelt, den große Fensterflächen ermöglichen, unter dem Aspekt der Wohnqualität eine besondere Bedeutung zu. Über das ganze Jahr gesehen ist somit von der Heizungsanlage nur ein Teil der Wärme zu liefern, die durch Transmission und Lüftung nach außen abgeführt wird. Die Berechnungsmethoden zum Energiehaushalt von beheizten Räumen bzw. Gebäuden sind in einer Anzahl von Normen festgelegt. Hier sind insbesondere zu nennen:
3.3 Wärmebedarf und Energiehaushalt von Gebäuden
75
• DIN EN ISO 13789: „Spezifischer Transmissionswärmeverlustkoeffizient“ • DIN EN ISO 6946: „Wärmedurchlasswiderstand und Wärmedurchgangskoeffizient“ • DIN EN 12831: „Heizungsanlagen in Gebäuden - Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast“ • DIN EN 832 und DIN V 4108-6: „Berechnung des Jahreheizenergiebedarfs“ Dazu kommen noch andere Normen für spezielle Teilthemen. Die nachfolgenden Ausführungen sind an den jeweiligen Normen orientiert, jedoch auf die wichtigsten Grundzüge beschränkt und daher stark vereinfacht. 3.3.2
Spezifische Wärmeverluste
Zugrundeliegende Normen: DIN EN ISO 13789 und DIN EN ISO 6946. Hier soll vereinfachend ein Gebäude betrachtet werden, dessen Räume auf einer einheitlichen Soll-Heiztemperatur ϑi gehalten werden, sofern sie beheizt sind. Daneben gibt es in einem Gebäude normalerweise unbeheizte Teile, wie z.B. Keller oder Dachräume. Bei einer Außenlufttemperatur ϑe (der Index „e” steht für „external”) beträgt der stationäre Verlustwärmestrom
Φ = H (ϑi − ϑe ) .
(3.2)
Der „spezifische Wärmeverlustkoeffizient“ H ist der Wärmestrom je Kelvin Temperaturdifferenz zwischen innen und außen, hat also die Dimension eines Wärmeleitwertes [W/K]. Er setzt sich aus den Anteilen der Transmission und der Lüftung zusammen:
H = HT + H V .
(3.3)
(Der Index „V“ steht für „Ventilation“). 3.3.2.1 Transmission
Der „spezifische Transmissionswärmeverlustkoeffizient“
HT = LD + LS + LU setzt sich zusammen aus • dem Wärmeleitwert LD zwischen beheizten Räumen und Außenluft,
(3.4)
76
3 Raumheizung und Klimatisierung
• dem Wärmeleitwert LS der an das Erdreich grenzenden Teile der Gebäudehülle (Der Index „S“ steht für „soil“), sowie • dem Wärmeleitwert LU (in den Normen mit HU bezeichnet), der für den Wärmestrom zwischen beheizten Räumen und der Außenumgebung mit dazwischen liegenden unbeheizten Räumen kennzeichnend ist. Soweit es sich um ebene und plattenförmige Bauteile handelt, die zwischen einem beheizten Innenraum und der Außenluft liegen (wie Außenwände und Fenster), wird die Fläche Aj des Bauteils mit seinem Wärmedurchgangskoeffizienten Uj 9 multipliziert: LD = ∑ A jU j .
(3.5)
j
Der Wärmedurchgangskoeffizient U ist der Kehrwert des (flächenbezogenen) Wärmedurchlasswiderstandes:
U=
1 . RT
(3.6)
Der Wärmedurchlasswiderstand ist also der Widerstand, den der je m² fließende Wärmestrom auf seinem Weg vom beheizten Raum bis zur Außenluft überwinden muss. Tabelle 3.1 zeigt am Beispiel einer Ziegelwand mit vorgesetzter Wärmedämmschicht, wie sich der Wärmedurchlasswiderstand aus den einzelnen Teilwiderständen zusammensetzt:
RT = Rs,i + Rλ + Rs,e .
(3.7)
• Für den inneren Wärmeübergangswiderstand
Rs,i =
1 hi
(3.8)
ist bei senkrechten Wänden ein Wert von Rs,i = 0,13 m²K/W, entsprechend einem Wärmeübergangskoeffizienten 10 hi = 7,7 W/m²/K anzusetzen (Strahlungsanteil inbegriffen). • Für den äußeren Wärmeübergangswiderstand
9
Das Formelzeichen U wird in den einschlägigen Normen anstelle des ansonsten bei wärmetechnischen Berechnungen üblichen k verwendet.
10
Das Formelzeichen h wird in den einschlägigen Normen anstelle des ansonsten bei wärmetechnischen Berechnungen üblichen α verwendet.
3.3 Wärmebedarf und Energiehaushalt von Gebäuden
Rs,e =
77
1 he
(3.9)
ist generell ein Wert von Rs,e = 0,04 m²K/W, entsprechend he = 25 W/m²/K anzusetzen (Strahlungsanteil inbegriffen). • Der Wärmedurchlasswiderstand Rλ = ∑ l
dl
(3.10)
λl
setzt sich bei mehrschichtigen Wandteilen aus den Teilwiderständen der einzelnen Schichten additiv zusammen. Für jede Wandschicht ist d: die Schichtdicke in m und λ: die Wärmeleitfähigkeit in W/K/m Tabelle 3.1.
Wärmedurchlasswiderstand einer Außenwand (Beispiel)
Schicht
d [m]
λ [W/m/K]
R [m²K/W]
Außenoberfläche
-
-
0,040
3
Außenputz
0,015
1,40
0,011
1
Glasfasermatte
0,030
0,04
0,750
55
Ziegelmauer
0,24
0,58
0,414
30
Innenputz
0,015
0,70
0,021
2
Innenoberfläche
-
-
0,130
9
1,366
100
Gesamt
R [%]
Der Einfluss von dreidimensionalen Strukturen, Ecken und Kanten der Gebäudehülle sowie von Wärmebrücken wird S soweit erforderlich S gesondert berücksichtigt (DIN EN ISO 10211). Für die Berechnung des Wärmeleitwertes LS der an das Erdreich grenzenden Teile der Gebäudehülle (Kellerfußboden, Kellerseitenwände) muss nach DIN EN ISO 13370 die von der jeweiligen Außenlufttemperatur unterschiedliche Erdreichtemperatur berücksichtigt werden. Im Unterschied zur konvektiven Wärmeübertragung an die Außenluft handelt es sich hier um einen ausschließlichen Wärmeleitungsvorgang. Liegen zwischen beheizten Räumen und der Außenluft noch unbeheizte
78
3 Raumheizung und Klimatisierung
Räume (wie z.B. Wintergärten), so wird der dafür gültige Gesamtleitwert zwischen beheiztem Raum und Außenluft, LU, prinzipiell aus den Teilleitwerten zwischen beheiztem und unbeheiztem Raum, Liu, und dem zwischen unbeheiztem Raum und Außenluft, Lue, ermittelt:
LU =
Liu Lue Liu + Lue
(3.11)
Für vereinfachte Berechnungen kann sowohl LS als auch LU in Analogie zu Gl.(3.5) unter Verwendung eines (z.B. in DIN 4108-6 angegebenen) Korrekturfaktors Fx ermittelt werden:
Lx = Fx ∑ A jU j
(3.12)
j
3.3.2.2 Lüftung
Der Lüftungswärmeverlust kommt dadurch zustande, dass ein Luftvolumenstrom VL nach außen mit der Temperatur ϑi abgegeben und in gleicher Größe von außen mit der Temperatur ϑe zugeführt wird. Der „spezifische Lüftungswärmeverlustkoeffizient“ [W/K] ist
H V = VL ρ L cp L .
(3.13)
ρ L = 1, 2 kg/m 3 ist die Dichte der Luft und
cp L = 1000 J/kg/K ihre spezifische Wärmekapazität. Der Luftvolumenstrom VL wird meist durch die Luftwechselrate n mit dem Volumen VR der beheizten Räume in Beziehung gesetzt: VL = n VR
(3.14)
Die Luftwechselraten eines Gebäudes bei geschlossenen Fenstern bzw Lüftungsöffnungen hängen ab von der Bauausführung und dem dadurch erreichten Niveau der Luftdichtheit, von der Größe und Form des Gebäudes, seiner Lage sowie den Windverhältnissen. Sie können etwa in einem Bereich zwischen 0,5 und 1,5 liegen. Werden Fenster geöffnet oder gekippt, so können sich die Luftwechselraten beträchtlich erhöhen. Aus hygienischen Gründen ist für Daueraufenthaltsräume ein Luftwechsel von mindestens 0,5 h-1 erforderlich, d.h. innerhalb von jeweils zwei Stunden sollte das gesamte Luftvolumen des Raumes ausgewechselt sein. Bei fensterlosen Räumen mit erhöhtem Lüftungsbedarf (z.B. Versammlungsräume) werden die erforderlichen Austauschraten meist durch Systeme mit mechanischer Führung von Zuluft und Abluft sichergestellt.
3.3 Wärmebedarf und Energiehaushalt von Gebäuden
3.3.3
79
Norm-Heizlast
Die Regeln für die Berechnung der Heizlast 11 von Räumen bzw. Gebäuden sind in der Norm DIN EN 12831 niedergelegt. Ihr Zweck ist die Schaffung der Grundlage für die Auslegung des Heizungssystems (Wärmeerzeuger, Heizflächen), so dass dieses von seiner Leistung her für die Beheizung des Gebäudes ausreicht, aber auch nicht überdimensioniert ist. Der erste Schritt besteht in der Bestimmung des Norm-Wärmeverlustes. Die Berechnung erfolgt nach den in Abschn. 3.3.2 dargelegten Grundsätzen. Als Norm-Innentemperatur ϑi wird für die Berechnung sowohl des NormTransmissionswärmeverlustes als auch des Norm-Lüftungswärmeverlustes im Normalfall die Raumlufttemperatur herangezogen. In Sonderfällen kann es vorkommen, dass die mittlere Strahlungstemperatur der Raumumschließungsflächen um mehr als 3 K unter der Raumlufttemperatur liegt. Dann wird für die Berechnung des Norm-Transmissionswärmeverlustes das arithmetische Mittel aus der Raumlufttemperatur und der mittleren Temperatur der Raumumschließungsflächen herangezogen. Diese Größe wird in den Normen auch als „Operative Temperatur“ bezeichnet, s. Gl.(3.1). Die Anhaltswerte für die Norm-Innentemperatur sind je nach der Nutzungsart des Raumes verschieden und liegen z.B. für Wohn- und Schlafräume bei 20 EC, für geheizte Nebenräume bei 15 EC und für Badräume bei 24 EC. Die Norm-Außentemperatur richtet sich an den niedrigsten Zweitagesmittelwerten der Lufttemperatur aus, die im Zeitraum von 20 Jahren mindestens zehnmal gemessen wurden. Für München ist dies beispielsweise ein Wert von ! 16 EC. Der zweite Schritt besteht in der Bestimmung der Norm-Heizlast. Diese ergibt sich aus dem Norm-Wärmeverlust durch Addition eines Zuschlages für die notwendige Aufheizleistung nach einer Heizungsunterbrechung während der Nachtstunden. Die Höhe dieses Zuschlages richtet sich nach dem Abfall der Innentemperatur während der Nachtabsenkung, nach der veranschlagten Wiederaufheizdauer sowie nach der Schwere der Bauweise. Für ein mittelschweres Wohngebäude, dessen um 2 K abgesenkte Raum-
11
In Anlehnung an die in den neuen europäischen Normen üblichen Sprachgepflogenheiten wird der bisherige Begriff des Wärmebedarfs für eine Leistung ersetzt durch den Begriff der Heizlast. Der Begriff Bedarf wird künftig nur noch für Energiegrößen verwendet, und zwar beschränkt auf rechnerisch ermittelte Größen. Hingegen bezeichnet der Begriff des Verbrauchs eine tatsächlich verbrauchte Energiemenge.
80
3 Raumheizung und Klimatisierung
temperatur binnen 2 Stunden wieder auf den Sollwert gebracht werden soll, ist eine zusätzliche Aufheizleistung von 11 W je m² Wohnfläche anzusetzen. Wärmegewinne werden bei der Bestimmung der Norm-Heizlast nicht angesetzt. 3.3.4
Jahres-Heizwärmebedarf
Die Normen DIN EN 832 und DIN (V) 4108-6 beschreiben ein Berechnungsverfahren zur Ermittlung des Heizwärmebedarfs für die Raumheizung in Wohngebäuden. DIN (V) 4108-6 geht dabei speziell auf die in Deutschland anzuwendenden Randbedingungen ein. Die Berechnung geht in drei aufeinander aufbauenden Stufen vor sich: 1. Berechnung des Wärmeverlustes eines Gebäudes, das auf eine konstante Soll-Innentemperatur beheizt wird; 2. Berechnung der solaren und inneren Wärmegewinne; 3. Berechnung des Heizwärmebedarfs, der unter Berücksichtigung der Wärmegewinne benötigt wird, um die festgelegte Soll-Innentemperatur aufrechtzuerhalten. Der Berechnungszeitraum kann entweder eine bestimmte Heizperiode (ohne sommerliche Heizung) oder der monatliche Zeitraum sein. Die monatliche Berechnung (gekennzeichnet durch den Index "M"), ist das normalerweise anzuwendende Verfahren. Die monatlichen Wärmeverluste Ql,M (der Index l steht für loss)
Ql,M = H (ϑi − ϑe,M ) tM
(3.15)
werden auf der Basis des spezifischen Wärmeverlustkoeffizienten H gemäß Gl.(3.3) für alle Monate ermittelt, in denen die mittlere Außenlufttemperatur ϑe,M kleiner ist als die Heizgrenztemperatur. Darunter wird in DIN (V) 4108-6 diejenige Außentemperatur verstanden, ab der ein Gebäude bei einer vorgegebenen Raumtemperatur nicht mehr beheizt werden muss. tM ist die Zeitdauer des jeweils betrachteten Monats. Die monatlichen Wärmegewinne Qg,M (der Index g steht für gain) setzen sich aus den solaren und den inneren Wärmegewinnen zusammen: Qg,M = Qsol,M + Qint,M (3.16) Die monatlichen inneren Wärmegewinne Qint,M werden bei Wohngebäuden ! sofern keine besonderen Angaben vorliegen ! auf der Basis einer durchschnittlichen Leistung von 5 W je m2 Nutzfläche errechnet. In Büros und Verwaltungsgebäuden sind während der Bürozeiten 15 W/m² und au-
3.3 Wärmebedarf und Energiehaushalt von Gebäuden
81
ßerhalb der Bürozeiten 5 W/m² angesetzt. Die in das Gebäude gelangenden solaren Wärmegewinne
Qsol,M =
(∑
j
)
Isol,M ∑ i FF FS FC gAi tM
(3.17)
resultieren in erster Linie aus der direkten Strahlungstransmission durch Fenster und andere transparente Bauteile wie Wintergärten, daneben aus der Strahlungsabsorption an den Oberflächen nicht transparenter (d.h. opaker) Bauteile. In der Gleichung werden zum einen die verschiedenen Bauteile (i) separat betrachtet. So werden z.B. für jedes Fenster folgende Faktoren berücksichtigt: • die Fensterfläche A (brutto, d.h. einschließlich Rahmen) • der wirksame Gesamtenergiedurchlassgrad g = 0, 85 g⊥ . Der Durchlassgrad g⊥ bei senkrechtem Strahlungseinfall auf die Glasfläche ist in Tabellen festgelegt (bei einem einfachverglasten Fenster beträgt sein Wert beispielsweise 0,85; bei mehrfach verglasten Fenstern weniger); der Abminderungsfaktor von z.B. 0,9 berücksichtigt, dass bei dem üblicherweise gegebenen nicht senkrechten Strahlungseinfall weniger Energie transmittiert wird. • Der Rahmenfaktor FF entspricht dem Verhältnis der durchsichtigen Fläche zur Gesamtfläche der verglasten Einheit, berücksichtigt also den Rahmenanteil. Sofern keine genaueren Werte bekannt sind, wird ein Wert von 0,7 angesetzt. • Der Verschattungsfaktor FS stellt die Abminderung der auf die Oberfläche auftreffenden Sonnenstrahlung als Folge dauerhafter Verschattung durch andere Gebäude, Hügel, Bäume sowie Bauteilüberstände dar. • Der Abminderungsfaktor FC für Sonnenschutzvorrichtungen wird nur dann kleiner als eins gesetzt, wenn solche Vorrichtungen unabhängig von der Sonneneinstrahlung in Betrieb sind. Sodann wird nach der Ausrichtung (j) der einzelnen Bauteilgruppen unterschieden, da die Einstrahlung hiervon wesentlich abhängt. Differenziert nach • Himmelsrichtung, nach der das betreffende Fenster ausgerichtet ist, in 8facher Unterteilung (N, NW, W, SW, S, SO, O, NO), und • Neigung der betreffenden Fläche gegen die Horizontale (senkrecht stehende Fensterflächen haben eine Neigung von 90 °), ist die im Monatsmittel herrschende solare Einstrahlungsdichte Isol,M,j [W/m²] (direkt und diffus) tabelliert. Zur Berücksichtigung der klimatischen Ein-
82
3 Raumheizung und Klimatisierung
flüsse gibt es eine weitere Unterteilung in 15 Referenzregionen in Deutschland, für die jeweils ein Referenzort die Datengrundlage liefert. Für die südbayerische Region 14 gilt Weihenstephan als Referenzort. Abbildung 3.7 gibt hierfür die Monatsmittelwerte der Strahlungsintensität aus den vier Haupthimmelsrichtungen (Neigung jeweils 90 °) sowie für die Neigung 0 ° wieder. 250
26-324-A 26-324-A 20.11.03 20.11.03
Durchschnittliche Strahlungsintensität in W/m²
200
Orientierung der bestrahlten Fläche:
horizontal
Ost (vertikal) West (vertikal)
150
Süd (vertikal) 100
50
Nord (vertikal)
0
Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Abb. 3.7. Durchschnittliche Strahlungsintensität für den Referenzort Weihenstephan (Region 14)
Aufgegliedert entsprechend der Orientierungsrichtung sind also die Fensterflächen mit ihren Transmissionsgraden und Abminderungsfaktoren sowie mit den entsprechenden Werten der Strahlungsintensität zu multiplizieren, über j aufzusummieren und schließlich mit der Dauer tM des betreffenden Monats zu multiplizieren. Der monatliche Heizwärmebedarf wird aus den Wärmeverlusten und den Wärmegewinnen bestimmt:
Qh,M = Ql,M − ηM Qg,M
(3.18)
Der Ausnutzungsgrad ηM bezeichnet für den betreffenden Monat den Anteil der Wärmegewinne, der für die Beheizung des Gebäudes wirksam wird und damit zu einer Verringerung des Heizwärmebedarfs führt. Die Berechnungsvorschrift lautet:
3.3 Wärmebedarf und Energiehaushalt von Gebäuden
ηM =
1 − γ Ma 1 − γ Ma+1
83
(3.19)
oder, falls γM = 1 ist:
ηM = lim γ →1
1 − γ Ma a = a +1 a+1 1 −γM
(3.19a)
Ein wichtiger Parameter ist das Verhältnis aus Wärmegewinnen und Wärmeverlusten in dem betreffenden Monat: ⎛ Qg ⎞ ⎟ ⎝ Ql ⎠M
γM = ⎜
(3.20)
Der Exponent a ist eine Funktion der Zeitkonstante des Gebäudes und ist bei monatlicher Berechnung folgendermaßen definiert:
a =1+
τ 16 h
(3.21)
Die Zeitkonstante τ des Gebäudes ist hierbei in Stunden einzusetzen. Sie errechnet sich als Quotient aus der wirksamen Wärmespeicherfähigkeit und dem spezifischen Wärmeverlustkoeffizienten nach Gl.(3.3):
τ=
Cwirk , H
(3.22)
und ist kennzeichnend dafür, ob ein Gebäude in „leichter“ oder in „schwerer“ Bauweise ausgeführt ist. Die wirksame Wärmespeicherfähigkeit
Cwirk = ∑ i ci ρ i di Ai [ Wh/K ]
(3.23)
ergibt sich aus der Summation über alle Bauteilflächen i des Gebäudes, die mit der Raumluft in Berührung kommen. Schwanken die Temperatur und die Strahlungsintensität im Tagesrhythmus, so ist als wirksame Schichtdicke di für die Wärmespeicherung jeweils die halbe Wandstärke von Innenwänden, höchstens jedoch eine Schichtdicke von 10 cm anzusetzen. Tiefer liegende Wandschichten spielen für die Zyklen der Wärmeaufnahme und -abgabe keine Rolle. Für vereinfachte Berechnungen wird die wirksame Wärmespeicherfähigkeit proportional zum Bruttovolumen des Gebäudes angesetzt. Als Proportionalitätsfaktor ist für Gebäude mit leichter Bauweise ein Wert von 15 Wh/K/m³ und bei schwerer Bauweise (Gebäude mit massiven Innen- und Außenbauteilen) ein Wert von 50 Wh/K/m³ zu verwenden.
84
3 Raumheizung und Klimatisierung
Abbildung 3.8 zeigt im oberen Diagramm den Ausnutzungsgrad ηM nach Gl.(3.19), also in Abhängigkeit vom Gewinn-/Verlustverhältnis γ. In den kalten Wintermonaten, d.h. für Qg Ql , ist auch tagsüber der Wärmeverlust des Gebäudes so groß, dass nahezu die gesamten Wärmegewinne auch in einem Gebäude von leichter Bauweise sofort nutzbar sind. Im Gegensatz dazu besteht im Hochsommer ein solches Überangebot an Sonneneinstrahlung, dass nur ein sehr kleiner Teil davon nutzbar ist, der Ausnutzungsgrad also sehr klein ist. Je größer die Wärmespeicherfähigkeit des Gebäudes, desto besser werden die Wärmegewinne genutzt. Im unteren Diagramm ist der Heizwärmebedarf, bezogen auf den Wärmeverlust, über γ aufgetragen. Generell bedeutet eine kleinere Zeitkonstante des Gebäudes einen höheren Heizwärmebedarf, da sich die Ausnutzung der Wärmegewinne verschlechtert. Je schwerer die Bauweise, desto weiter reicht Zeitkonstante des Gebäudes τ=
1,0
Ausnutzungsgrad ηΜ
0,8
24
0,7
8
0,6
26-325-A-03 26-325-A-03
4
h
h
8 16
48
0,9
h
h 0
h
0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
2,5
3,0
3,5
4,0
1,0
Bezogener Heizwärmebedarf Qh / Ql
0,9 0,8 0,7 0,6
Zeitkonstante des Gebäudes τ= 0h
0,5 0,4
8h
0,3
24 h
0,2
48 h
0,1
168
4
0,0 0,0
0,5
1,0
h 1,5
2,0
Gewinn-/Verlustverhältnis γ = Qg / Ql
Abb. 3.8. Ausnutzungsgrad und bezogener Heizwärmebedarf
3.3 Wärmebedarf und Energiehaushalt von Gebäuden
85
der quasi-lineare Rückgang des bezogenen Heizwärmebedarfs im Bereich kleiner Wärmegewinne. Im Extremfall eines „unendlich schwer ausgeführten“ Gebäudes (t 6 4) sind die Wärmegewinne voll nutzbar, sofern sie kleiner sind als die Wärmeverluste (γ ≤ 1) ; andernfalls wird der Heizwärmebedarf zu Null. Die überschüssige eingestrahlte Energie wird ebenfalls im Gebäude als Wärme frei und führt dort zu einem Anstieg der Raumtemperaturen über den gewünschten Wert ϑi hinaus. Um also zu hohe Raumtemperaturen zu vermeiden, muss diese Energie durch gezielten Luftaustausch abgeführt werden. Eine andere Möglichkeit besteht in der gezielten Kühlung der Räume durch Klimaanlagen. Auf der Basis der so erstellten monatlichen Energiebilanzen des Gebäudes wird der jährliche Heizwärmebedarf durch Aufsummieren der Monatswerte ermittelt: Qh = ∑ Qh,M . HP
(3.24)
Für die Festlegung der Heizperiode (HP) gibt es verschiedene Möglichkeiten. Im einfachsten Fall werden die Monate ausgewählt, deren Mitteltemperatur unterhalb der Heizgrenztemperatur von üblicherweise 15 °C liegt. Da sich das Temperaturkriterium für die Heizgrenze aber eigentlich auf Tagesmitteltemperaturen bezieht, kann eine höhere zeitliche Auflösung des saisonalen Temperaturverlaufes erforderlich sein. Genauere Ergebnisse erhält man z.B. durch lineare Interpolation zwischen den Monaten im Frühjahr und im Herbst, in denen der saisonale Temperaturverlauf die Heizgrenztemperatur schneidet. In DIN V 4108-6 ist eine Berechnungsvorschrift für eine variable Heizgrenztemperatur angegeben, um den Einfluss von Wärmedämmung und Wärmespeicherfähigkeit eines Gebäudes auf dessen individuelle Heizgrenze zu berücksichtigen. Die anschließende Berechnung des Heizenergiebedarfs, der unter Berücksichtigung der Verluste der Heizungsanlage (vgl. Abschn. 3.5) jährlich zur Raumheizung des Gebäudes benötigt wird, ist in den erwähnten beiden Normen nur kurz angesprochen.
3.4
Energieeinsparverordnung
Die im Jahre 2002 in Kraft getretene und 2004 novellierte „Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden“, die sog. „Energieeinsparverordnung“ (EnEV) löst sowohl die Wärmeschutzverordnung als auch die Heizungsanlagen-Verordnung ab. Sie
86
3 Raumheizung und Klimatisierung
stellt Anforderungen an Gebäude einschließlich ihrer heizungs- und raumlufttechnischen sowie zur Warmwasserbereitung dienenden Anlagen. Dabei wird unterschieden zwischen zu errichtenden Gebäuden und bestehenden Gebäuden. Zu errichtende Wohngebäude sind danach so auszuführen, dass • der spezifische, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche A bezogene Transmissionswärmeverlust HT sowie • der auf die Gebäudenutzfläche AN bezogene Jahres-Primärenergiebedarf QP gewisse Höchstwerte nicht überschreiten. Diese Werte sind in Abhängigkeit vom Oberflächen-Volumen-Verhältnis A/Ve in der Verordnung festgelegt. Ve ist das von der Umfassungsfläche umschlossene Gebäudevolumen. In die Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs,
QP = ( Qh + QW ) eP ,
(3.25)
geht ein: • der Nutzwärmebedarf Qh für Heizung gemäß Gl.(3.24). Die Berechnung erfolgt auf der Basis der DIN EN 832 nach dem Monatsbilanzverfahren. Für Gebäude mit einem Fensterflächenanteil von nicht mehr als 30 % kann die Berechnung auch nach einem vereinfachten Nachweisverfahren erfolgen. • der Nutzwärmebedarf für Brauchwarmwasser; hierfür wird ein pauschaler Wert von QW / AN = 12,5 kWh/m²/a angesetzt; • Die Anlagenaufwandszahl eP beschreibt das Verhältnis der von der Anlagentechnik benötigten Primärenergie in Relation zu der von ihr abgegebenen Nutzwärme, entspricht also im Prinzip dem Kehrwert eines Nutzungsgrades. Die Anlagenaufwandszahl wird nach DIN V 4701-10 ermittelt. Je nach Planungsstand und Datenlage stehen dafür verschiedene Verfahren über Diagramme, Tabellen sowie detaillierte Berechnung zur Auswahl. Berücksichtigt werden dabei im einzelnen: - die Verluste infolge Trägheit und Regelungenauigkeit des Wärmeübergabesystems - die Verluste bei der Wärmeverteilung - die Verluste evtl. vorhandener Wärmespeicher - die Verluste bei der Wärmeerzeugung. Sind mehrere Wärmeerzeuger vorhanden, so werden deren Deckungsanteile berücksichtigt. - der Hilfsenergieverbrauch, z.B. für Umwälzpumpen - der Aufwand und die Verluste bei Förderung, Aufbereitung, Umwandlung, Transport und Verteilung der jeweiligen Energieträger im Zuge
3.4 Energieeinsparverordnung
87
der Bereitstellung der notwendigen Primärenergie. Die entsprechenden Primärenergiefaktoren werden durch Modellierung von Prozessketten ermittelt und betragen nach den Stammdatensätzen von GEMIS: - für öl- und gasgefeuerte Zentralheizungsanlagen: 1,1 - für Nah-/Fernwärme aus KWK mit fossilen Brennstoffen: 0,7 - für Strom: 3,0 Die wesentlichen Ergebnisse der Berechnungen für ein Gebäude sind in einem „Energiebedarfsausweis“ zusammenzustellen. Dies betrifft insbesondere die spezifischen Werte des Transmissionswärmeverlustes, den Endenergiebedarf sowie den Jahres-Primärenergiebedarf. Dieser Energiebedarfsausweis ist den nach Landesrecht zuständigen Behörden auf Verlangen vorzulegen und Käufern, Mietern und sonstigen Nutzungsberechtigten der Gebäude auf Anforderung zur Einsichtnahme zugänglich zu machen. Bestehende Gebäude sind in zweifacher Hinsicht von der EnEV betroffen: 1. Soweit bei beheizten Räumen Änderungen an Außenwänden, Fenstern, Außentüren, Decken, Dächern und sonstigen, den Wärmehaushalt beeinflussenden Bauteilen vorgenommen werden, darf deren Wärmedurchgangskoeffizient gewisse vorgegebene Höchstwerte nicht übersteigen. 2. Nachrüstungsvorschriften gibt es für alte Heizkessel, für die Wärmedämmung von Wärmeverteilungs- und Warmwasserleitungen und für die obersten Geschossdecken beheizter Räume.
3.5
Heizungsanlagen
Die Norm DIN V 4701-10 „Energetische Bewertung heiz- und raumlufttechnischer Anlagen“ beinhaltet eine Reihe von Berechnungsanleitungen und Richtwerten für die Kenngrößen von Heizungsanlagen. 3.5.1
Systematische Einteilung
Die wesentlichen Bestandteile einer Heizungsanlage sind die Komponenten zur • • • •
Wärmeerzeugung (z.B. Heizkessel) Wärmespeicherung (z.B. Heizwasserspeicher) Wärmeverteilung (z.B. Rohrnetz) Wärmeübergabe (z.B. Heizkörper)
Hinzu kommen Einrichtungen zur Steuerung bzw. Regelung der Anlage. Je
88
3 Raumheizung und Klimatisierung
nach Heizsystem können auch einzelne Komponenten entfallen. Hinsichtlich der Zentralisation des Wärmeerzeugers unterscheidet man: • Einzelheizungen: Hier befindet sich der Wärmeerzeuger in den zu beheizenden Räumen selbst. Die Wärmeerzeuger sind Einzelöfen, die die Wärme direkt über ihre äußere Oberfläche und z.T. auch über inneren Wärmetausch an durchströmende Raumluft abgeben. Je nach der Art der zugeführten Energie kann es sich um Festbrennstoff-, Öl- oder Gasöfen handeln, oder aber um elektrische Heizgeräte. Bei letzteren wird zwischen Direktheizgeräten (Heizlüfter oder Strahler) unterschieden, die die erzeugte Wärme praktisch unverzögert an den Raum abgeben, und zwischen Speicherheizgeräten, bei denen die Speichermasse die durch billigen Nachtstrom erzeugte Wärme aufnimmt und untertags dosiert je nach Bedarf an den Raum abgibt. • Zentralheizungen: Sämtliche Räume eines Hauses werden von einem zentralen Wärmeerzeuger versorgt. Bei größeren Objekten ist die erforderliche Gesamtleistung der Wärmeerzeugung meist auf mehrere Einheiten oder Module aufgeteilt. Zusätzlich zu der damit vorhandenen Ausfallreserve hat das den Vorteil, dass die kleineren Einheiten in den vorherrschenden Schwachlastzeiten besser ausgelastet sind und damit ökonomischer betrieben werden können. Als Einheiten zur Wärmeerzeugung kommen neben dem normalerweise verwendeten Heizkessel (Kap. 3.5.2) auch Wärmepumpen (Kap. 3.5.3) in Betracht, sowie Module mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die nicht nur Heizwärme sondern auch Strom erzeugen. Diese „Blockheizkraftwerke“ (BHKW) bestehen meist aus einem Verbrennungsmotor mit angeschlossenem Stromgenerator. Die erzeugte Wärme stammt in erster Linie aus dem Abgas und aus der Abwärme des Motorblocks. Zum Transport der Wärme in die zu beheizenden Räume dient normalerweise Wasser(Warmwasserheizung). Die Verwendung von Dampf oder von Luft als Wärmeträger ist nur noch vereinzelt anzutreffen. Teilweise übernimmt der Wärmeerzeuger auch die Aufgabe der Brauchwarmwassererwärmung (zentrale Warmwasserversorgung). • Fernheizungen: Hier wird eine mehr oder weniger große Gebäudegruppe, eine Siedlung oder ein Stadtteil aus einem Heizwerk oder einem Heizkraftwerk mit Wärme versorgt. Als Wärmeträger wird auch hier meist Wasser verwendet, allerdings mit höheren Vorlauftemperaturen (teilweise Heißwasser von über 120°C), selten Dampf.
3.5 Heizungsanlagen
89
Bei allen Warmwasserheizungen, sei es als Zentral- oder als Fernheizung, wird das Heizwasser in einem Rohrleitungssystem zwischen dem Wärmeerzeuger und den zu beheizenden Räumen im geschlossenen Kreislauf geführt. Die dabei auftretenden Wärmeverluste hängen (neben der Wärmedämmung der Rohre) davon ab, zu welchen Anteilen die Leitungen außerhalb der thermischen Gebäudehülle liegen, also z.B. im Kellerbereich oder in Außenwänden. Meist erfolgt die Umwälzung durch Pumpen, selten geworden ist die „Schwerkraftheizung“, die die Auftriebswirkung des wärmeren Vorlaufwassers zur Umwälzung nutzt. Zur Wärmeabgabe in den zu beheizenden Raum dient der Heizkörper. Das durchlaufende Wasser erwärmt ihn und kühlt dabei von der Vorlauftemperatur auf die Rücklauftemperatur ab. Aus dem Produkt dieser Temperaturdifferenz, der sog. „Temperaturspreizung“, und dem Wasserdurchsatz ergibt sich die an den Raum abgegebene Wärmeleistung. Je nach der Bauart (Radiatoren, Konvektoren) und Ausführungsform (Glieder-, Rippenrohr-, Flachheizkörper) erfolgt der Wärmeeintrag in den Raum in Kombination der Mechanismen Konvektion und Wärmestrahlung. Die Wärmeleistung eines Heizkörpers kann bei gegebener Vorlauftemperatur durch Verstellen des Wasserdurchsatzes mittels eines Ventils reguliert werden. Wegen der starken Nichtlinearität der Kennlinie ist jedoch bei handbetätigten Ventilen oft keine befriedigende Regulierung erreichbar. Die heute üblichen Thermostatventile regeln den Durchfluss entsprechend der vom Fühler erfassten Raumtemperatur automatisch und ermöglichen damit eine Dosierung der Wärmeabgabe an den zu beheizenden Raum. Trotzdem kann es auch hier zu einer überschüssigen Wärmeabgabe kommen, z.B. infolge der thermischen Trägheit des Heizkörpers. 3.5.2
Heizkessel
Zentralheizkessel stellen die am meisten verbreitete Technik zur Bereitstellung von Raumwärme dar. Zusätzlich dienen sie in aller Regel auch zur Brauchwassererwärmung, entweder als Speicherkessel mit integriertem Warmwasserspeicher oder in Kombination mit separatem Beistellspeicher. Die Wärmeleistung eines Heizkessels kann normalerweise nicht stufenlos reguliert werden. Vor allem für kleinere Heizkessel ist nur der Ein-AusBetrieb möglich. Ein Grund dafür ist, dass der Verbrennungsluftstrom über ein Gebläse gefördert wird und eine Regulierung hier einen beträchtlichen technischen Aufwand erfordern würde. Hinzu kommt bei Verwendung von Heizöl, dass die heute in aller Regel eingesetzten Zerstäubungsbrenner in ihrer Durchsatzleistung nach unten begrenzt sind.
90
3 Raumheizung und Klimatisierung
Über den größten Teil der Heizperiode liegt jedoch die Heizlast weit unter ihrem Maximalwert. Bei kleineren Anlagen mit nur einem Heizkessel muss dieser auf die Deckung der Norm-Heizlast ausgelegt sein. Dies führt zu • Brennerlaufzeiten von nur wenigen Minuten Dauer, • ähnlich kurzen Stillstandszeiten dazwischen, sowie • häufigen Startvorgängen. Abbildung 3.9 (Mühlbacher et al. 2002) zeigt dies am Beispiel eines neuen Öl-Niedertemperaturkessels in einem Einfamilienhaus. Eine Verringerung der Taktfrequenz und Verlängerung der Brennerlaufzeiten würde die Installation eines Wärmespeichers erfordern, was aber wegen des baulichen und anlagentechnischen Aufwandes normalerweise nicht in Betracht kommt.
Abb. 3.9. Betriebsdaten der Raumwärmeversorgung mit einem Öl-Niedertemperaturkessel, Baujahr 2000, Nennwärmeleistung 21 kW
Abbildung 3.10 (Mühlbacher 2003) zeigt, dass zu Beginn des Startvorganges eines Öl-Gebläsebrenners aufgrund der Brennraumdurchspülung die Emissionen von Kohlenwasserstoffen (HC) und Kohlenmonoxid (CO) stark ansteigen, jedoch nach wenigen Sekunden unter etwa 20 ppm zurückgehen. Nach dem Stopp des Brenners ist wegen des Schließens der Abgasklappe wieder ein erhebliches und länger dauerndes Ansteigen der Konzentrationen von HC und CO zu beobachten. Da der Luftdurchsatz in dieser Phase auf einen Bruchteil reduziert ist, sind die Emissionsmengen freilich gering.
3.5 Heizungsanlagen
91
Abb. 3.10. Emissionen der einzelnen Betriebsphasen eines Brennerzyklus am Beispiel eines Öl-Gebläsebrenners
Die Energieverluste von Heizkesseln treten im wesentlichen in folgender Form auf: • Abgasverluste: Fühlbarer, latenter und chemisch gebundener Energieinhalt, • Oberflächenverluste, sowie • innere Auskühlverluste. Die fühlbaren Abgasverluste lassen sich angenähert nach der SIEGERTschen Formel ermitteln 12:
qA = σ ⋅
ϑA − ϑL CO2
(3.26)
In dieser Zahlenwertgleichung ist: qA
ϑA ϑL
12
der bezogene Abgasverlust als Prozentwert der mit dem Brennstoffheizwert zugeführten Feuerungsleistung, die Abgastemperatur, die Temperatur der dem Kessel zugeführten Verbrennungsluft,
Der Fehler dieser Formel liegt bei etwa ± 5 %. Eine in der BImSchVO angegebene Formel auf der Basis von zwei brennstoffspezifischen Parametern reduziert den Fehler auf rd. ± 1 %.
92
3 Raumheizung und Klimatisierung
CO2 σ
der CO2-Gehalt im Abgas in Vol.-%, ein brennstoffspezifischer Parameter („Siegert-Faktor“).
Abbildung 3.11 gibt die Ergebnisse für die Verbrennung von Heizöl EL wieder. Für diesen Brennstoff liegt der Wert von σ bei rd. 0,59. Der bezogene Abgasverlust ist umso größer, je höher die Abgastemperatur und je kleiner der im Abgas gemessene CO2-Gehalt ist. CO2-Gehalt im Abgas:
20%
26-326-A 26-326-A 28.11.03 28.11.03
8% 9%
Verbrennungslufttemperatur: 20 °C
Bezogener fühlbarer Abgasverlust in %
10
%
11 %
15%
12 % 13 % 14 % 15 %
10% 15,5
%=
) m ax (CO 2
5%
0% 20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
220
240
260
280
300
Abgastemperatur in °C
Abb. 3.11. Bezogener Fühlbarer Abgasverlust von Ölkesseln
Günstig für einen Kessel mit geringen Verlusten ist also zum einen eine möglichst niedrige Abgastemperatur. Hierauf hat das Temperaturniveau des Wassers im Kessel entscheidenden Einfluss. Die modernen Niedertemperaturkessel sind dank spezieller Materialien und Bauweisen in der Lage, mit gleitenden Kesselwassertemperaturen zu fahren, entsprechend den Temperaturerfordernissen des Heizungssystems bei der jeweils herrschenden Außentemperatur. Allerdings sind einer Senkung der Abgastemperaturen namentlich bei Ölfeuerungen Grenzen gesetzt, und zwar im wesentlichen durch den Schwefelsäuretaupunkt. Bei den Schwefelgehalten, die heute im Heizöl EL noch zugelassen sind (max. 0,2 Gew.-%), liegt dieser Taupunkt bei etwa 120°C. Unterschreitet das Abgas diese Temperatur, so greift die entstehende Schwefelsäure die Flächen an, an denen sie kondensiert (Tieftemperatur-Korrosion). Da dies im gesamten Abgasweg, also bis zum Austritt aus dem Schornstein, vermieden werden muss, ist die niedrigste zulässige Abgastemperatur am Kesselaustritt entsprechend höher.
3.5 Heizungsanlagen
93
Der zweite anzustrebende Faktor, nämlich ein hoher CO2-Gehalt, ist gleichbedeutend mit einem möglichst geringen Luftüberschuss. Das Luftverhältnis λ, als Quotient aus der tatsächlich der Feuerung zugeführten Verbrennungsluftmenge zu der für stöchiometrische Verbrennung erforderlichen, hängt mit dem CO2-Gehalt reziprok zusammen 13:
λ≈
( CO2 )max CO2
(3.27)
Der maximal mögliche CO2-Gehalt ist der bei stöchiometrischer Verbrennung. Bei der Verbrennung von Heizöl EL sind das rd. 15,5 Vol.-%. Der in Abb. 3.10 ersichtliche Wert von ungefähr 13 % während der Brennerlaufzeit bedeutet somit ein Luftverhältnis von rd. 1,2, also einen Luftüberschuss von 20 %. Das entspricht etwa dem Richtwert für kleine Anlagen mit einem Öldurchsatz bis 2 kg/h, d.h. einer Feuerungswärmeleistung bis ca. 25 kW. Größere Anlagen können für kleineren Luftüberschuss ausgelegt bzw. eingestellt werden. Eine zu starke Reduzierung des Luftüberschusses muss jedoch vermieden werden, da sonst die Emission von CO und HC stark ansteigt. Als latenter Abgasverlust wird der Energieinhalt in Form der Verdampfungsenthalpie des bei der Verbrennung entstandenen Wasserdampfes 14 verstanden. Im Heizwert, mit dem üblicherweise der Energieinhalt von Brennstoffen angegeben wird, ist dieser Posten nicht enthalten. Der latente Anteil wird bedeutsam, wenn es gelingt, einen Teil des Wasserdampfes im Kessel zu kondensieren und damit für die Heizwärmeerzeugung nutzbar zu machen. Ein solcher „Brennwertkessel“ kann u.U. Wirkungsgrade von über 100 % erreichen, wenn ! wie es üblich ist ! der Heizwert als Bemessungsgrundlage herangezogen wird. Die Brennwerttechnik wird fast ausschließlich für Erdgas angewendet, da dieser Brennstoff praktisch schwefelfrei ist und somit keine Korrosion durch kondensierende Schwefelsäure im Abgasweg auftreten kann. Die Verluste durch un- oder teilverbrannte Abgasbestandteile entsprechen deren Heizwert und sind selbstverständlich proportional zu der Konzentration dieser Bestandteile im Abgas. Wie aus Abb. 3.10 ersichtlich, liegen
13
Dieser vereinfachte Zusammenhang weist gegenüber den exakten, aber auch komplizierten Formeln z.B. bei Heizöl EL für CO2-Gehalte über 9,5 % einen Fehler von weniger als 2 % auf.
14
Zuzüglich des in feuchten Festbrennstoffen in flüssiger Phase enthaltenen Wassers
94
3 Raumheizung und Klimatisierung
bei Ölkesseln nach heutigem technischen Stand die HC- und die CO-Konzentrationen in einer Größenordnung von jeweils 10 ppm. Der hieraus resultierende Abgasverlust liegt in der Summe unter 0,1 % und ist somit aus energetischer Sicht bedeutungslos. Die Oberflächenverluste durch Strahlung und Konvektion an die Umgebung sind wegen des A/V-Verhältnisses prozentual umso kleiner, je größer der Wärmeerzeuger ist. Dank guter Wärmedämmung und niedriger Kesselwassertemperaturen erreichen auch kleine Heizkessel heute Werte von weniger als 3 % der Feuerungsleistung. Bei großen Einheiten sind es etwa 0,5 %. Innere Auskühlverluste entstehen dadurch, dass nach dem Stopp des Brenners der Brennraum noch von Luft durchströmt und dabei abgekühlt wird. Diese Verluste lassen sich verringern durch Abgasklappen, die sich bei Brennerstopp automatisch schließen. Eine gewisse Luftdurchspülung des Brennraums muss aus Sicherheitsgründen jedoch gewährleistet bleiben. Die dargestellte Verluststruktur ist bestimmend für das energetische Betriebsverhalten von Kesseln über einen Betriebszeitraum wie z.B. eine Heizperiode oder ein Jahr. Vor allem im letztgenannten Fall ist zu beachten, dass der Kessel normalerweise nicht nur die Energie zur Raumheizung bereitstellt, sondern auch zur Brauchwarmwasserversorgung. Der Nutzungsgrad
g=
QNutz QBS
(3.28)
als Verhältnis der vom Kessel nutzbar abgegebenen Energie zu der mit dem Brennstoff zugeführten ist stark abhängig vom Lastgrad. Wie messtechnische Untersuchungen (Mühlbacher 2003) gezeigt haben, lässt sich der saisonale Einfluss auf das energetische Betriebsverhalten sehr gut anhand von Tageswerten beschreiben. Hierzu zeigt Abb. 3.12 den Vergleich zwischen zwei ölgefeuerten Heizkesseln über der jeweils pro Tag für Heizung und Warmwasserbereitung abgegebenen Wärmemenge. Deutlich tritt der Vorteil eines neuen Niedertemperaturkessels gegenüber einem älteren Standardheizkessel 15 zu Tage. Die Verbesserungen betreffen sowohl die Abgasverluste (und damit den feuerungstechnischen Wirkungsgrad), als
15
Als Standardkessel werden Wärmeerzeuger bezeichnet, die aus technischen Gründen mit einer festen Kesselwassertemperatur (mindestens 70°C) betrieben werden müssen, ungeachtet der erforderlichen Vorlauftemperatur, die meist niedriger ist.
3.5 Heizungsanlagen
50-191-B-02
100
95
80
Öl-Niedertemperaturheizkessel (Baujahr 2000) Jahresnutzungsgrad 91,3%
Sommertag
40
20
Übergangstag trüb
Übergangstag heiter
60
Wintertag trüb Wintertag heiter
Nutzungsgrad in %
Öl-Standardheizkessel (Baujahr 1979) Jahresnutzungsgrad 70,1%
0 0
20
40 60 80 100 120 Vom Wärmeerzeuger abgegebene Wärmemenge in kWh/d
140
160
Abb. 3.12. Nutzungsgradverlauf eines alten und neuen Öl-Niedertemperaturkessels für den Einsatz in einem Einfamilienhaus
auch die Bereitschaftsverluste. Die geringeren Abgasverluste des Niedertemperaturkessels sind in erster Linie verantwortlich für das deutlich höhere Wirkungsgradniveau über den größten Teil des Betriebsbereiches. Dass in der Übergangszeit das Nutzungsgradniveau des älteren Standardkessels stärker abfällt als beim Niedertemperaturkessel, ist auch auf die Unterschiede bei den Bereitschaftsverlusten zurückzuführen. In der warmen Jahreszeit geht der Energiebedarf der Raumheizung bis auf Null zurück. An einem typischen „Sommertag“ ist nur noch der Energiebedarf für die Brauchwarmwasserbereitung zu decken. Generell weisen die Wärmeerzeuger in solchen Betriebsbereichen sehr niedrige Nutzungsgrade auf, da die Bereitschaftsverluste bestimmend für die Energiebilanz sind. Jedoch ist auch hier der Niedertemperaturkessel deutlich überlegen. Der um 10 Prozentpunkte höhere Tagesnutzungsgrad am typischen Sommertag bedeutet einen um 20 % reduzierten Brennstoffverbrauch. Betrachtet man das ganze Jahr, so liegen die Verluste des Niedertemperaturkessels unter 10 % der verbrauchten Endenergie (Jahresnutzungsgrad: 91,3 %). Im Vergleich zu dem älteren Standardkessel (Jahresnutzungsgrad: 70,1 %) bedeutet das eine Brennstoffeinsparung von fast einem Viertel.
96
3 Raumheizung und Klimatisierung
In Abb. 3.13 ist das komplette Energieflussbild für einen realen Einsatzfall dargestellt. Als Wärmeerzeuger ist hier ein älterer Ölkessel eingesetzt. In dieser Betrachtung sind auch die Posten des Stromverbrauchs, z.B. für den Betrieb der Pumpen, mit berücksichtigt. Außerdem sind alle Energieverbrauchswerte auf Primärenergie zurückgerechnet, d.h. es sind die Verluste und der Eigenverbrauch bei Förderung, Umwandlung und Transport im Energiesektor mit einbezogen.
Abb. 3.13. Primärenergiebilanz der Heizungs- und Warmwasserversorgung in einem Altbau
3.5 Heizungsanlagen
3.5.3
97
Wärmepumpen 16
3.5.3.1 Grundbegriffe
Durch die Sonneneinstrahlung werden Luft, Boden, Grund- und Oberflächenwasser erwärmt. Die Wärmepumpe ermöglicht die Nutzung dieser auf einem niedrigen Temperaturniveau in Form von Umgebungswärme gespeicherten Sonnenenergie zur Wärmeversorgung. Entsprechendes gilt für die Abwärme aus industriellen Prozessen auf niedrigem Temperaturniveau. Eine Wärmepumpe ist eine Anlage, die es ermöglicht, aus einer Wärmequelle geringwertige (d.h. auf niedrigem Temperaturniveau befindliche) thermische Energie zu entnehmen und, unter Zufuhr von hochwertiger Treibenergie, in höherwertige (d.h. auf einem höheren Temperaturniveau befindliche) thermische Energie umzuwandeln. Dem oberen Temperaturniveau sind hierbei aus technischen und aus wirtschaftlichen Gründen Grenzen gesetzt. Deshalb liegt das Einsatzpotential der Wärmepumpe dort, wo Raumwärme, Warmwasser oder auch Prozesswärme in einem Temperaturbereich von etwa 35 bis 65EC (in besonderen Fällen auch bis zu 110EC) benötigt werden. Wärmepumpen bestehen aus mehreren Komponenten, die durch Rohrleitungen zu einem geschlossenen System verbunden sind, in dem ein Arbeitsmedium (meist ein Kältemittel) zirkuliert. Dabei findet ein linksläufiger thermodynamischer Kreisprozess statt. Je nach der Art dieses Prozesses unterscheidet man zwischen Kaltdampfkompressions-, Thermokompressions- und Absorptionswärmepumpen. Bei den am häufigsten eingesetzten Kompressionswärmepumpen wird dem Kreisprozess die Treibenergie in Form von mechanischer Arbeit zur Verdichtung des gasförmigen Arbeitsmediums zugeführt. Im Fall des Antriebs durch einen Elektromotor spricht man von einer Elektro-Wärmepumpe, es gibt aber auch den Antrieb durch Verbrennungsmotor oder sonstige thermische oder hydraulische Kraftmaschinen. Als Wärmequelle kommen hauptsächlich in Betracht: • Außenluft • Erdreich • Grundwasser
16
Teilweise übernommen aus: Bressler et al (1996)
98
3 Raumheizung und Klimatisierung
• Oberflächengewässer • gefasste Abwärmeströme aus industriellen Prozessen. Die wichtigsten Kriterien für die Nutzbarkeit einer Wärmequelle sind der Aggregatzustand des Trägermediums, Höhe und tages- bzw. jahreszeitliche Schwankungen seiner Temperatur, die mengenmäßige Verfügbarkeit sowie eventuelle durch die Nutzung entstehende Rückwirkungen auf die Umwelt. Zur Charakterisierung eines Wärmepumpensystems wird oft die Bezeichnung der Wärmequelle sowie des Heizwärmeträgers vorangestellt. Eine “Luft/Wasser-Wärmepumpe” nutzt also Luft als Wärmequelle und dient als Wärmeerzeuger für eine Warmwasserheizung. Die Wärmepumpe wird entweder allein ("monovalent") oder mit einem ergänzenden Wärmeerzeuger ("bivalent") im Alternativ-, Parallel- oder Mischbetrieb betrieben. Die Beschreibung der energetischen Effizienz von Wärmepumpen kann über verschiedene Kenngrößen erfolgen, die jeweils den Ertrag in Relation zum Aufwand setzen, und die somit dem Wirkungsgrad konventioneller Heizungsanlagen entsprechen. Grundsätzlich ist es für die energetische Effizienz einer Wärmepumpe von Vorteil, wenn das Temperaturniveau des Heizwärmeträgers möglichst wenig über dem der Wärmequelle liegt. Günstig ist also eine niedrige Vorlauftemperatur und eine hohe Wärmequellentemperatur. 3.5.3.2 Funktionsweise
Kompressionswärmepumpe Bei der Kompressionswärmepumpe handelt es sich meist um eine Kaltdampfkompressionsmaschine mit geschlossenem Kältemittelkreislauf und mechanischem Verdichter. Sie ist am Wärmepumpenmarkt am weitesten verbreitet; das prinzipielle Anlagenschema zeigt Abb. 3.14a. Als Arbeitsmedium kommen Flüssigkeiten mit niedrigen Siedepunkten, wie z.B. das Kältemittel R122 oder Propan in Frage. Eine Reihe von FluorChlor-Kohlenwasserstoffen (FCKW), die bis vor einigen Jahren in Kältemaschinen und Wärmepumpen verbreitet eingesetzt wurden, dürfen mittlerweile nicht mehr verwendet werden, da ihre schädlichen Wirkungen sowohl hinsichtlich des Ozonabbaues in der Erdatmosphäre als auch hinsichtlich der Absorption langwelliger Strahlung (Treibhauseffekt) erkannt worden sind. Der Kreisprozess ist aus dem lgp/h-Diagramm des jeweils als Arbeitsmedium verwendeten Kältemittels ersichtlich, s. Abb. 3.15. Die dem Kreisprozess zu- bzw. abgeführten Energiemengen stellen sich als Differen-
3.5 Heizungsanlagen
99
a) Kompressions - Wärmepumpe Verflüssiger
3
b) Absorptions - Wärmepumpe Verflüssiger
2
• Q2
“Arme Lösung”
• Q2
Austreiber
• QB
Wärmeaustauscher Drosselorgan
• W
Verdichter
Drosselorgan
Pumpe
• W
“Reiche Lösung”
• QAb Absorber Verdampfer
Verdampfer
1
4 • Q1
• Q1
Abb. 3.14. Anlagenschema von Wärmepumpen
zen der spezifischen Enthalpie auf der Abszisse des Diagramms dar. Die Verdampfungstemperatur des Kältemittels im Verdampfer liegt, bedingt durch den niedrigen Druck, unter der Temperatur der Wärmequelle.
Abb. 3.15. Kreisprozess der Kompressions-Wärmepumpe im logp/h-Diagramm
100
3 Raumheizung und Klimatisierung
Die Verdampfung mit anschließender Überhitzung läuft zwischen den Punkten 4 und 1 ab und ist mit einer Wärmeaufnahme verbunden. Der Druck bleibt dabei näherungsweise konstant. Der Verdichter saugt den Dampf an und verdichtet ihn auf den Punkt 2. Dabei steigen Druck und Temperatur des Arbeitsmediums an, und es wird die Treibenergie aufgenommen. Der anschließende Teilprozess zwischen den Punkten 2 und 3 ist mit Wärmeabgabe verbunden. Der Kältemitteldampf wird dabei zunächst von der Verdichtungsendtemperatur (auch Heißgastemperatur genannt) im Punkt 2 auf die Sattdampftemperatur im Punkt 2a abgekühlt. Während der Kondensation zwischen den Punkten 2a und 3a bleibt diese Temperatur (Kondensationstemperatur) dann konstant. Wird dem flüssigen Kältemittel (von 3a nach 3) noch weiter Wärme entzogen, so spricht man von Unterkühlung. Ein kleiner Teil der insgesamt abgegebenen Wärme wird ! hauptsächlich über die heiße Rohrleitung zwischen Verdichter und Kondensator ! an die Umgebung abgeführt und ist somit nicht für die Heizung nutzbar. Durch die Drosselung (Expansion) von Punkt 3 nach 4 werden Druck und Temperatur des Kältemittels auf den Ausgangszustand abgesenkt. Dieser Vorgang ist nicht mit einem Energieaustausch verbunden. Als Verdichter werden, je nach Durchsatzleistung und Druckverhältnis, Tauchkolben-, Drehkolben-, Schrauben- und Turbomaschinen eingesetzt. Je nach Art des mechanischen Antriebs kann unterschieden werden nach elektromotorischen und verbrennungsmotorischen Kompressionswärmepumpen. Ebenfalls möglich, jedoch selten im Einsatz sind Dampfmotoren, Gas-, Dampf- und Entspannungsturbinen. Eine Regulierung der Leistung ist bei einer Kompressionswärmepumpe nur möglich über eine Veränderung des Kältemitteldurchsatzes. Die hierfür in erster Linie in Betracht kommende Veränderung der Verdichterdrehzahl wird bei kleineren Elektro-Wärmepumpen aus Kostengründen nur vereinzelt angewendet. Ansonsten wird die Wärmeerzeugung an den jeweiligen Bedarf durch taktweisen Ein-Aus-Betrieb angepasst, wofür meist die Rücklauftemperatur im Heizungssystem als Regelgröße dient. Je geringer der Wärmebedarf der Heizungsanlage gerade ist, desto kürzer sind die Einschaltdauern des Wärmepumpenantriebs. Dabei wirkt sich zusätzlich ungünstig aus, dass bei diesen Teillastbedingungen normalerweise die Heizwassertemperaturen niedriger und gleichzeitig die Wärmequellentemperaturen höher sind als im Auslegungsfall des größten Wärmebedarfs. Dadurch vergrößern sich die Wärmeflüsse in Verdampfer und Kondensator mit der Folge, dass die stationäre Leistung der Wärmepumpe sogar größer ist als im Auslegungspunkt, so dass die Einschaltdauern sich dadurch noch zusätzlich verkürzen. Kurze Einschaltdauern wirken sich jedoch ungünstig auf die Lebensdauer des Ag-
3.5 Heizungsanlagen
101
gregates aus. Dies ist mit ein Grund dafür, weshalb man Kompressions-Wärmepumpen häufig mit einem Pufferspeicher im Heizwasserkreis ausstattet. Des weiteren dient diese Maßnahme zur Vergleichmäßigung der Wärmelieferung in die zu beheizenden Räume. Bei der Thermokompressionswärmepumpe wird die Verdichtung des Arbeitsmediums (Wasserdampf) durch Injektion eines Dampfstrahls von hohem Druck bewirkt. Dieses System kommt hauptsächlich zur industriellen Wärmerückgewinnung zum Einsatz und wird auch als Brüdenverdichtung bezeichnet. Absorptionswärmepumpe Die Absorptionswärmepumpe, s. Abb. 3.14b, besitzt ebenfalls einen geschlossenen Kältemittelkreislauf. Die Druckerhöhung des Kältemittels wird hier jedoch nicht in einem Verdichter bewerkstelligt, sondern durch einen Lösungsmittelkreislauf. Die meistverwendete Stoffpaarung ist Ammoniak als Kältemittel und Wasser als Lösungsmittel. Beide Kreisläufe werden durch die Pumpe umgewälzt, die im Gegensatz zum Verdichter der Kompressionswärmepumpe kein Gas verdichten muss, sondern nur die flüssige „reiche Lösung“ vom unteren auf das obere Druckniveau zu bringen hat. Der Energieverbrauch dieser Pumpe spielt für die Energiebilanz des Systems folglich keine nennenswerte Rolle. Die den Prozess treibende Energie wird nämlich nicht in Form von mechanischer Arbeit zugeführt, sondern in Form von Wärme im Austreiber. Dies kann mittels direkter Befeuerung, meist durch einen Gasbrenner geschehen, oder durch Wärmezufuhr auf relativ hohem Temperaturniveau, z. B. von einem Abwärmeträger. Mit dieser Energie wird das Kältemittel verdampft und somit aus der kochenden Lösung ausgetrieben. Die restlichen Teilprozesse des Kältemittels, nämlich die Kondensation unter Wärmeabgabe im Verflüssiger, die isenthalpe Drosselung im Drosselorgan und die Verdampfung unter Wärmeaufnahme, sind prinzipiell gleich wie bei der Kompressionswärmepumpe. Die aus dem Austreiber kommende „arme Lösung“ befindet sich auf Siedetemperatur und wird daher über einen Wärmeaustauscher geleitet, um die reiche Lösung vorzuwärmen. Anschließend wird die „arme Lösung“ ebenfalls über ein Drosselorgan geführt und geht danach in den Absorber. Dort wird der aus dem Verdampfer kommende Kältemitteldampf absorbiert, wobei die Lösungswärme freigesetzt und ebenfalls an den zu beheizenden Wärmeträger abgegeben wird. Der Anlagenaufbau ist komplizierter als bei Kompressionswärmepumpen, allerdings weniger verschleißträchtig. Daher ist nach (VDI 2067, Blatt 6) für die durchschnittliche Lebensdauer von Absorptionswärmepumpen ein Wert von 20 Jahren anzunehmen.
102
3 Raumheizung und Klimatisierung
Es gibt ein- und mehrstufige Anlagen. Einstufige Absorptionsanlagen finden ihren Einsatz im Bereich hoher Abwärmetemperaturen (z.B. Prozesswärme mit Temperaturen von 150 bis 200EC) und kleinen Temperaturspreizungen bis ca. 15 K sowohl der Wärmequelle als auch der Wärmesenke. Die Senkenaustrittstemperatur liegt im Bereich von 40 bis 60EC, in einigen Fällen auch bei 90EC. Mehrstufige Absorptionsanlagen werden bei großen Temperaturspreizungen von Wärmequelle und Wärmesenke und großen Schwankungen in der Wärmebereitstellung oder im Wärmebedarf eingesetzt. Sie ermöglichen eine Senkenaustrittstemperatur bis zu 100EC. Absorptionswärmepumpen werden derzeit im Leistungsbereich von 20 bis 40 kWth in Serie gefertigt. Die Jahresheizzahlen (s. Abschn. 3.5.3.3) von gasbetriebenen Absorptionswärmepumpen liegen zwischen 1,1 und 1,4. 3.5.3.3 Energetische Effizienz
Die energetische Effizienz von Wärmepumpen wird durch Kenngrößen beschrieben, wie sie analog auch bei Kältemaschinen verwendet werden. Tabelle 3.2 gibt die gebräuchlichsten Bezeichnungen und Definitionen wieder. Tabelle 3.2.
Energetische Kenngrößen bei linksläufigen Kreisprozessen Wärmepumpe
CARNOTLeistungszahl
ε C,W =
TKond TKond − TVerd
ProzessLeistungszahl
ε P,W =
h2 − h3 h2 − h1
AnlagenLeistungszahl
ε A,W =
Q Heiz PZu
(System-) Arbeitszahl
β S,W =
QHeiz WZu
17
Kältemaschine
ε C,K = ε P,K =
TVerd (3.29) TKond − TVerd
h1 − h4 h2 − h1
)
ε A,K =
Q Kühl PZu
)
β S,K =
QKühl WZu
17
17
(3.30)
17
)
17
)
(3.31)
(3.32)
Zugeführte Leistung bzw. Energie einschließlich Zusatzverbraucher (z.B. Solepumpe, Steuerung)
3.5 Heizungsanlagen
103
Bei der Wärmepumpe liegt der Ertrag auf der „warmen“ Seite, bei der Kältemaschine auf der „kalten“ Seite. Leistungszahlen setzen Leistungen zueinander ins Verhältnis und beziehen sich somit auf einen momentanen Zustand. Man unterscheidet folgende Arten: • Die CARNOT-Leistungszahl bezeichnet die Effizienz des entsprechenden CARNOT-Prozesses, d.h. unter idealen Bedingungen zwischen zwei festen Temperaturniveaus. Hierfür werden die Verdampfungs- und die Kondensationstemperatur des Arbeitsmediums eingesetzt. • Die Prozess-Leistungszahl ergibt sich aus den Enthalpieänderungen des Arbeitsmediums unter Berücksichtigung der tatsächlichen Zustandspunkte 1 bis 4. Wegen des einheitlichen Massenstroms ist eine einfache Bestimmung aus dem lgp/h-Diagramm (vgl. Abb. 3.15) möglich. • Die Anlagen-Leistungszahl basiert auf den Energien, die mit der Wärmequelle und der Wärmesenke (Heizkreislauf) tatsächlich je Zeiteinheit ausgetauscht werden, sowie der dem Motor bzw. dem Austreiber zugeführten Leistung. Außerdem wird der Leistungsbedarf von Zusatzverbrauchern wie Solepumpe, Luftgebläse und Steuerung berücksichtigt. Bei Wärmepumpen spricht man in diesem Zusammenhang auch von der Heizleistungszahl (bei Kältemaschinen von der Kälteleistungszahl). Dagegen ist die Arbeitszahl (Heiz- bzw. Kältearbeitszahl) der Quotient zweier Energiemengen, so dass sich damit die Verhältnisse über einen Betrachtungszeitraum, wie z.B. eine Heizperiode oder ein Jahr beschreiben lassen. Als System-Arbeitszahl wird sie analog zur Anlagen-Leistungszahl berechnet. 3.5.3.4 Wärmequellen
Außenluft Ein Vorteil der Außenluft als Wärmequelle ist ihre universelle Verfügbarkeit und leichte Erschließbarkeit. Die Luft wird entweder über Luftkanäle zu der im Heizungskeller stehenden Wärmepumpe mittels Ventilator angesaugt und nach der Abkühlung im Verdampfer wieder nach draußen geleitet, oder der Verdampfer wird samt Ventilator im Freien aufgestellt und über Kältemittelleitungen mit der Wärmepumpe im Heizungskeller verbunden („Split-Gerät“). Der beim Abkühlen der Luft im Verdampfer erzielte Wärmegewinn stammt zum Teil aus der Kondensation des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes (latente Wärme). Je nach Temperatur, Feuchte und Abkühlspanne der Luft kann dieser Anteil etwa zwischen 10 und 30 % liegen.
104
3 Raumheizung und Klimatisierung
Ein Nachteil sind die starken jahres- und tageszeitlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen der Außenluft sowie ihre geringe spezifische Wärmekapazität. Mit sinkender Außentemperatur steigt einerseits der Wärmebedarf der zu beheizenden Räume, andererseits gehen die Leistungszahl und die Heizleistung einer Luft/Wasser-Wärmepumpe zurück. Ein weiterer Nachteil bei der Nutzung von Außenluft ist die Vereisung am Verdampfer bei niedrigen Außentemperaturen. Infolge des Eisansatzes nimmt der Luftstrom bei lamellenberippten Verdampfern ab, außerdem erhöht sich der Wärmedurchgangswiderstand. Beides führt zu einer Verschlechterung der Leistungs- bzw. Heizzahl der Wärmepumpe. Bis herab zu einer Temperatur von +5 °C reichen normalerweise die Stillstandszeiten der Wärmepumpe noch aus, um das Eis abzutauen. Bei tieferen Temperaturen tritt eine Abtauvorrichtung (elektrisch, Heißgas-Bypass, Kreislaufumkehr) in Funktion. Aufgrund dieser Nachteile werden Luftwärmepumpen in der Regel bivalent, d.h. mit einer Zusatzheizung für Außentemperaturen unterhalb von 0 bis 3 °C, betrieben. Einige Hersteller bieten dafür Kombigeräte mit integriertem Heizkessel an. Erdreich Als Erdreich wird üblicherweise die Verwitterungszone an der Erdoberfläche mit einer Dicke von 3 bis 5 m bezeichnet. Im Jahresmittel liegt die Temperatur in unseren Breiten zwischen 9 und 11°C. Das Erdreich speichert Wärme durch Sonnenstrahlung und Feuchtigkeit und gibt sie bei kälterer Luft wieder an diese ab. Daraus resultiert eine jahreszeitliche Schwankung der Erdreichtemperaturen, die in oberflächennahen Schichten deutlich über 10 K liegt. In Tiefen von mehreren Metern geht diese Schwankung rasch bis auf Null zurück. Ein Gefrieren des Erdreichs kommt hierzulande normalerweise nur bis zu einer Tiefe von etwa 1 m vor. Die Speicherfähigkeit und somit die mögliche Wärmeabgabe des Erdreichs hängen außer von der Bodenbeschaffenheit auch ab von den meteorologischen Gegebenheiten (Außenlufttemperaturen, Niederschläge). Die Nutzung der Erdreichwärme erfolgt über Wärmetauscher, die geometrisch nach horizontalen (ein- oder zweilagigen) und vertikalen Wärmetauschern (Erdsonden) sowie Grabenkollektoren unterschieden werden können. In tieferen Schichten herrschen niedrigere Temperaturen. Da dort die Wiederaufheizung des Bodens nach einem Wärmeentzug länger dauert, kann dies sogar zu Dauerfrost führen. Die Arbeits- und Leistungszahlen sind deshalb im allgemeinen niedriger als bei der Nutzung der Wärme aus den höheren Erdreichschichten. Allerdings sind die Bedingungen des Wärmeentzuges konstanter und daher das Wärmepumpensystem leichter optimierbar.
3.5 Heizungsanlagen
105
Horizontale Wärmetauscher werden in 1,2 bis 1,5 m Tiefe im unbebauten Boden verlegt. Dabei gilt als Faustregel, dass die genutzte Erdfläche etwa das Ein- bis Zweifache der zu beheizenden Fläche beträgt. Die Ausführung erfolgt als Rohrregister oder in Form von einzelnen Rohren aus Kunststoff in möglichst unmittelbarer Nähe des zu beheizenden Gebäudes. Dabei ist ein Mindestabstand von 1 m zwischen Wärmetauscher und Gebäude vorgeschrieben, damit im Winter keine Bauschäden durch den auftretenden Frost entstehen. Die Rohre bestehen meist aus Polyethylen (PE) oder Polybutylen (PB). Diese Kunststoffe weisen eine gute Wärmeleitfähigkeit auf und erfüllen die Forderungen nach Alterungs- und Korrosionsbeständigkeit sowie Druckfestigkeit (wichtig wegen der Belastung durch Eismäntel). Meist werden die Rohre in eine Sandschicht von 5 bis 10 cm eingebettet, um Beschädigungen (z.B. Quetschen) der Leitungen zu vermeiden. Aus 1 m2 Erdreich können während der Heizsaison rund 100 kWh Wärme entzogen werden, die Jahresarbeitszahlen liegen zwischen 2,4 und 2,8 (inkl. des Energiebedarfs der Soleumwälzpumpe) bei richtig konzipierten Wärmetauschern. Vertikale Erdsonden zeichnen sich durch extrem geringen Flächenbedarf aus, sind jedoch durch die aufwendige Verlegetechnik teuerer. Die Wärmetauscher aus Kunststoff- oder Metallrohren werden vertikal bis zu Tiefen von 30 bis 100 m und mehr verlegt. Voraussetzung für die Planung und Einbringung einer Erdsonde ist eine umfassende Kenntnis der Bodenbeschaffenheit, der Schichtenfolge, des Bodenwiderstandes sowie der hydrogeologischen Gegebenheiten (Vorhandensein von Grund- oder Schichtenwasser mit Wasserstands- und Fließrichtungsbestimmung). Reicht die Sonde in eine Zone mit fließendem Grundwasser, so kann dadurch eine laufende Nachlieferung der entzogenen Wärme stattfinden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die den tieferen Schichten entzogene Wärme im Sommer nicht mehr regeneriert werden kann, so dass sich permanent „kalte Zonen“ bilden. Dies führt zu einer schlechteren energetischen Effizienz der Wärmepumpe. Bei der Wärmenutzung über Grabenkollektoren werden die Rohre mit geringem Abstand zueinander in einem ca. 3 m tiefen und rund 3 m breiten Graben verlegt. Hiermit kann der Wärmebedarf bei richtiger Auslegung das ganze Jahr über gedeckt werden. Jahresarbeitszahlen zwischen 2,5 und 2,8 sind erreichbar. Die Wärmenutzung aus dem Erdreich erfolgt entweder über eine umweltverträgliche, nicht einfrierende Sole. Ein Durchsatz von mindestens 0,5 m3/h je kW Wärmeentzugsleistung hält die Temperaturspreizung unterhalb von 2 K. Die Sole transportiert die aufgenommene Wärme zum
106
3 Raumheizung und Klimatisierung
Verdampfer im Wärmepumpenaggregat. Als Sole eignet sich z.B. Wasser, das mit einem Zusatz bis !20 EC frostsicher gemacht ist. Die andere Möglichkeit der Wärmenutzung aus dem Boden ist die „Direktverdampfung“. Das Kältemittel wird hierbei direkt durch den im Erdreich befindlichen Verdampfer geführt. Der Verdampfer kann vertikal, horizontal oder schräg ins Erdreich eingesetzt werden. Durch den Wegfall des Solekreislaufs ist unter sonst gleichen Bedingungen eine höhere Verdampfungstemperatur erreichbar. Dadurch und wegen der Einsparung des Energieverbrauchs der Sole-Umwälzpumpe, erhöht sich bei dieser Technik die Arbeitszahl um 10 bis 15 %. Um das Grundwasser nicht zu gefährden, müssen spezielle Verdampferrohre eingesetzt werden. Außerdem muss bei der Wahl des Kältemittels darauf geachtet werden, dass bei einer evtl. doch auftretenden Undichtigkeit keine Gefahr für das Grundwasser besteht. Negative Umweltauswirkungen sind bei der Wärmenutzung aus dem Erdreich nicht zu erwarten, wenn die im Boden verlegten Wärmetauscher genügend groß ausgelegt werden. Die Erfahrungen aus über 30 Jahren zeigen, dass die Erdreichnutzung eine zuverlässige Wärmeversorgung gewährleistet und dabei kaum negative Auswirkungen auf die Vegetation hat. Zwar kann es vorkommen, dass der Schnee länger liegen bleibt als in der Umgebung und die Frühjahrsvegetation zeitlich leicht verzögert ist, in der Sommervegetation sind allerdings keine Unterschiede festzustellen. Über eine notwendige wasserrechtliche Erlaubnis beim Einsatz von Erdreichwärmepumpen informiert die zuständige Wasserbehörde. Wasser stellt durch seine hohe spezifische Wärme und die gute Wärmeleitfähigkeit eine hervorragende Wärmequelle für Wärmepumpen dar. Zu unterscheiden ist nach Grund- und Oberflächenwasser. Die Temperatur des Grundwassers unterliegt ähnlichen Einflüssen wie das Erdreich. In 10 m Tiefe liegt die Grundwassertemperatur je nach Jahreszeit zwischen rd. +8 bis +12 EC. Ab einer Tiefe von 15 m gibt es keine jahreszeitlichen Schwankungen mehr. Die Temperatur des abgekühlten Wassers sollte ca. 5 EC nicht unterschreiten. Für die Grundwassergewinnung und -rückführung sind ein Förderbrunnen sowie ein Schluck- oder Sickerbrunnen erforderlich. Eventuell besteht auch die Möglichkeit, das Wasser in das Abwassernetz einzuleiten. Dafür sind jedoch Kanalgebühren zu entrichten. Für die Effizienz der Wärmepumpe ist die Höhe des Grundwasserspiegels ausschlaggebend. Je höher der Wasserspiegel, umso geringer ist die notwendige Förderarbeit der Wasserpumpe der Wärmequellenanlage und umso
3.5 Heizungsanlagen
107
höher die Arbeitszahl. Die Nutzung von Grundwasser ist in jedem Fall genehmigungspflichtig. Geeignete Grundwasserströme sind oft nur schwer zu finden; ihre Erschließung ist meist mit hohen Kosten verbunden. Eine Wasseranalyse ist unabdingbar. Ist der Anteil an Eisen, Mangan oder die Leitfähigkeit zu hoch, ist wegen der zu erwartenden Korrosion des Wärmetauschers und Verockerung des Schluckbrunnens von einer Nutzung abzusehen. Auch die Ergiebigkeit des Grundwassers sollte im Vorfeld durch einen Pumpversuch abgeklärt werden. Bei der Nutzung von Oberflächenwasser fallen hohe Kosten an für Ein- und Auslaufbauwerke sowie den Transport von Rohwasser oder Sole zur Heizzentrale. Da dieser Aufwand nur wenig von der Leistungsgröße der Anlage abhängt, stellen Oberflächengewässer trotz ihres großen Potentials an nutzbarer Wärme nur in Fällen dichter Bebauung in Gewässernähe eine brauchbare Wärmequelle für Wärmepumpenheizungen dar. 3.5.3.5 Betriebsarten und Auslegung
Die Betriebsart einer Wärmepumpe hat maßgeblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit. Folgende Betriebsarten können unterschieden werden: Monovalenter Betrieb Die Wärmepumpe deckt den gesamten Wärmebedarf ohne zusätzlichen Wärmeerzeuger. Als Wärmequellen sind Grundwasser und Erdreich geeignet, da sie im Jahresverlauf kaum Temperaturschwankungen aufweisen. Bei der Nutzung von Außenluft ist eine monovalente Betriebsweise im allgemeinen unwirtschaftlich, da wegen der großen Temperaturdifferenz zwischen Wärmequellen und Heizwasser im Winter sehr niedrige Leistungszahlen auftreten. Bivalent-Alternativer Betrieb Bei dieser Betriebsart deckt die Wärmepumpe den Wärmebedarf bis zu einem bestimmten, durch die Außentemperatur bestimmten Umschaltpunkt („Bivalenzpunkt“), bei tieferen Temperaturen übernimmt der Zusatzkessel die Bedarfsdeckung allein. Die Umschaltung kann auch automatisch durch ein Rundsteuersignal des EVU erfolgen. In Abb. 3.16 sind die Betriebsanteile von Wärmepumpe und Zusatzkessel in der Jahresdauerlinie der Heizleistung dargestellt. Die Teilflächen geben die Anteile der erzeugten Heizwärmemenge wieder. Üblicherweise wird beim alternativen Betrieb die Wärmepumpe auf eine Heizleistung von etwa der Hälfte der maximal erforderlichen Heizleistung dimensioniert. Der Zu-
108
3 Raumheizung und Klimatisierung
satzheizkessel muss auf die maximal erforderliche Heizleistung ausgelegt sein. Wie aus Abb. 3.17 hervorgeht, kann die Wärmepumpe bei halber Leistungsdimensionierung bereits mehr als 80 % der Heizwärme liefern. Der Rest wird durch die Zusatzheizung aufgebracht. Diese Betriebsart hat sich bei der Nutzung der Wärmequelle Außenluft allgemein durchgesetzt. Bivalent-Alternativ
Bivalent-Parallel 26-451-A-05 26-451-A-05
Zusatzkessel Bivalenzpunkt
Heizleistung
Heizleistung
Bivalenzpunkt
ZusatzKessel Wärmepumpe
0
Wärmepumpe
0
Zeit
0
Zeit
0
Abb. 3.16. Bivalente Betriebsarten von Wärmepumpen 1 26-452-A-05 26-452-A-05
0,9 0,8
Leis
0,7
Deckungsanteil für Betriebsart: bivalent … … parallel
tung s a nt eil
… alternativ
0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 -10
-9
-8
-7
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
Bivalenzpunkt in °C
Abb. 3.17. Leistungs- und Deckungsanteil bei bivalentem Wärmepumpenbetrieb (nach DIN V 4701-10)
5
3.5 Heizungsanlagen
109
Bivalent-Paralleler Betrieb Beim parallelen Betrieb wird unterhalb einer bestimmten, festgelegten Temperatur („Bivalenzpunkt“) der Wärmebedarf gleichzeitig durch die Wärmepumpe und ein Zusatzsystem gedeckt. Der Wärmepumpenvorlauf wird dabei in den Kesselrücklauf eingespeist, im Kessel wird das Heizungswasser weiter erwärmt und danach über ein Dreiwege-Mischventil dem Heizungsnetz zugeführt. Der Rücklauf der Heizung geht direkt zum Kondensator der Wärmepumpe. Bei dieser Betriebsweise muss darauf geachtet werden, dass • die maximal zulässige Kondensationstemperatur nicht überschritten wird (infolge zu hoher Rücklauftemperatur des Heizwassers), und • die minimale Verdampfungstemperatur nicht unterschritten wird (infolge zu niedriger Temperatur der Wärmequelle), da in beiden Fällen die Wärmepumpe abschaltet. Die Deckungsrate der Wärmepumpe am Jahreswärmebedarf ist bei gleicher Umschalttemperatur noch bedeutend höher als im alternativen Betrieb, wie ebenfalls aus Abb. 3.17 hervorgeht. Allerdings ist die Jahresarbeitszahl niedriger, da die Wärmepumpe auch an kalten Tagen in Betrieb ist, an denen sie wegen der größeren notwendigen Temperaturanhebung geringere Leistungszahlen erreicht. Damit ist auch ein Rückgang der Heizleistung der Wärmepumpe verbunden, was in Abb. 3.16 am Abfallen der Grenzlinie zwischen den beiden Flächenteilen links vom Umschaltpunkt ersichtlich ist.
3.6
Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung
3.6.1
Systeme und ihre Anwendung
Bei der Raumheizung kann die Raumtemperatur nur während der Heizperiode auf dem geforderten Sollwert gehalten werden. Dagegen ermöglicht die Klimatisierung durch raumlufttechnische (RLT-) Systeme, • die Raumlufttemperatur während des gesamten Jahres innerhalb der vorgegebenen Grenzen zu halten, und darüber hinaus • einen aus hygienischen Gründen erforderlichen Luftaustausch im Raum zu gewährleisten, • die Luft zu reinigen, • die Luftfeuchte zu regulieren, und • die Luftbewegung zu steuern.
110
3 Raumheizung und Klimatisierung
Daher müssen für die Klimatisierung die Fragen sowohl des Wärme- und Kältebedarfs als auch der Zustandsänderungen der Luft betrachtet werden. Die Klimatisierung ist bereits heute auch in gemäßigten Breiten für Großbauten wegen der Entwicklung freier Wärme durch Personen, Beleuchtung und Maschinen und wegen der Forderung an die Luftreinheit und den Schallschutz vielfach unumgänglich. Im Wohnbereich dagegen hat sie bis heute keinen wesentlichen Einfluss. Klimaanlagen finden im wesentlichen auf zwei Gebieten Verwendung: Komfort-Klimaanlagen (auch als "Human-Klimaanlagen" bezeichnet), dienen zur Erzeugung günstiger Luftzustände für Aufenthaltsräume aller Art, wie Theater, Versammlungsräume, Schulen, Krankenhäuser, Verkaufsräume usw. Industrie-Klimaanlagen haben die Aufgabe, den für die Fabrikation bzw. die Lagerung von Gütern günstigsten Luftzustand herzustellen. Zu den Branchen, in denen das besonders wichtig ist, zählen die Nahrungsmittel-, Textil- und Papierindustrie sowie eine Vielzahl anderer Zweige, in denen hygroskopische Materialien verarbeitet werden. Hinsichtlich des technischen Konzeptes zentraler Klimaanlagen gibt es eine Reihe unterschiedlicher Systeme, wie in Abb. 3.18 gezeigt ist. Gemeinsames Merkmal ist die Klimazentrale, deren wichtigste Funktionen (Filterung, Vorwärmung, Kühlung, Befeuchtung, Nachwärmung sowie Förderung der Luft) schematisch in Abb. 3.19 dargestellt sind. Zum Zweck der Energieeinsparung gibt es in der Klimazentrale zwei Möglichkeiten: RLT-Anlage
Nur-Luft
Einkanal
Luft-Wasser
Terminale Zuluftbehandlung
Zweikanal
Individuelle Raumluftbehandlung
26453-A-05 26453-A-05
Einzonen
mit variablem Vol.-strom (VVS)
Mehrzonen
mit zentraler Nachwärmung
mit Wechselklappen
Abb. 3.18. Technische Konzepte von RLT-Anlagen
InduktionsGerät
VentilatorKonvektor
3.6 Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung
111
Fortluft 26454-A-05 26454-A-05
Wärmerückgewinnung Abluftventilator
Abluftkanal Frischluft
Nachwärmer
Befeuchter
Kühler
Filter
Klappe
Vorwärmer
Umluft
vom Raum
Zuluftventilator
Zuluftkanal
zum Raum
Abb. 3.19. Schema einer Klimazentrale
• Umluftbeimischung, soweit unter lufthygienischen Aspekten möglich, • Wärmerückgewinnung, rekuperativ (basierend auf Wärmedurchgang durch die Wände des Wärmeaustauschers) oder regenerativ (basierend auf der periodischen Aufnahme und Abgabe von Wärme und z.T. auch Feuchte durch Speichermassen, entweder in der Form eines langsam drehenden Rades oder als zirkulierender Flüssigkeitskreislauf, letzteres z.T. unter zusätzlicher Integration einer Wärmepumpe). Nur-Luft-Klimaanlagen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Luft zentral aufbereitet und dann durch Kanäle in die zu klimatisierenden Räume gefördert wird, wo keine weitere Nachbehandlung stattfindet. Somit sind für die versorgten Räume keine weiteren Heiz- oder Kühlwasserinstallationen erforderlich, sofern nicht zusätzlich statische Heizkörper vorgesehen werden. Der hohe Platzbedarf für die Luftkanäle kann verringert werden durch die sog. „Hochgeschwindigkeits“- oder „Hochdruck“-Anlagen. Diese arbeiten gegenüber den „Niederdruck“-Anlagen mit höheren Luftgeschwindigkeiten (heute 10 bis 14 m/s) in den Kanälen sowie meist auch mit größeren Temperaturspreizungen (heute 10 bis 12 K) zur Raumluft, und kommen dadurch für gleichen Luftmengenstrom mit geringeren Kanalquerschnitten aus. Dafür müssen die Ventilatoren wesentlich höhere Drücke erzeugen (1000 bis 2000 Pa), was den Stromverbrauch in die Höhe treibt. Für den Übertritt der Luft vom Hochdruck-Kanal in den Raum sind besondere Luftauslässe mit Entspannungseinrichtungen erforderlich, um Geräuschprobleme zu vermeiden.
112
3 Raumheizung und Klimatisierung
Bei der Zweikanal-Anlage gibt es eine separate Warmluft- und Kaltluftverteilung. Jeder einzelne Raum bzw. jeder Luftauslass erhält über einen Mischkasten Anschluss an beide Kanäle. Entsprechend der jeweiligen Anforderung wird jedem Raum eine dosierte Mischung aus Warm- und Kaltluft zugeführt. Dadurch ist dieses Konzept besonders geeignet für die Klimatisierung großer Gebäude mit unterschiedlichen Heiz- bzw. Kühlanforderungen der einzelnen Räume (z.B. wegen der Orientierung nach verschiedenen Himmelsrichtungen). Bei der Einkanal-Anlage ist dagegen jeder Raum an nur einen Kanal angeschlossen, so dass sich der Aufwand für das Zuluftverteilnetz halbiert. Nachteil dabei ist der einheitliche Zustand der den Räumen zur Verfügung stehenden Zuluft. Die einfachste Form als Einzonen-Anlage mit konstantem Volumenstrom der Zuluft kommt in erster Linie für Großräume wie Versammlungssäle, Kinos, Theater usw. in Frage. Für eine individuellere Versorgung einzelner Räume bzw. Bereiche mittels Einkanalanlagen gibt es zwei Möglichkeiten: • Anlagen mit variablem Volumenstrom (Variable Volume Systems) halten das Niveau der Zulufttemperatur auf üblicherweise 15 °C konstant, unabhängig von der Außentemperatur. Bei steigenden Kühllasten, etwa durch Beleuchtung oder Personen, wird der Zuluftstrom vergrößert; bei fallender Kühllast verringert. Regelgröße ist dabei die Raumtemperatur. Aus hygienischen Gründen soll der Zuluftstrom einen bestimmten Mindestwert nicht unterschreiten. Ein etwaiges Defizit an Heizwärme, das bei kleinen Zuluftströmen auftreten kann, muss durch statische Heizung im Raum ausgeglichen werden. Für eine stromsparende Betriebsweise muss die Drehzahl der Ventilatoren über Frequenzumrichter angepasst werden. • Bei Mehrzonen-Anlagen wird das gesamte Zuluftnetz in mehrere Stränge aufgeteilt, deren Luftzustände vor dem Austritt aus der Klimazentrale je nach Bedarf individuell variiert werden. Das kann entweder durch zentrale Nachwärmung (1 Heizregister je Strang) geschehen, oder aber durch ein Paar thermostatisch gesteuerter Wechselklappen je Strang. Hierbei wird, analog zum Zweikanalsystem, der für die jeweilige Zone erforderliche Zuluftzustand durch Mischung aus warmer und kalter Luft hergestellt. Bei den Luft-Wasser-Klimaanlagen gibt es außer der zentral aufbereiteten und verteilten „Primärluft“ auch Wasserkreisläufe, die einen Teil des Energietransportes zum Heizen bzw. Kühlen übernehmen. Bei der terminalen Zuluftbehandlung geschieht das in einem Wärmetauscher (üblicherweise nur als Nachwärmer) am Auslass der Zuluft in den Raum. Dagegen findet bei der individuellen Raumluftbehandlung der Wärmeaustausch in dezentralen Klimageräten statt. Diese werden außer von der Primärluft auch von Raum-
3.6 Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung
113
luft („Sekundärluft“) durchströmt. Im Induktionsgerät wird die Primärluft durch eine Düse geleitet und reißt durch ihre hohe Geschwindigkeit einen Sekundärluftstrom mit. Im Ventilatorkonvektor wird der Sekundärluftstrom durch einen eingebauten Ventilator erzeugt. Während es bei der terminalen Zuluftbehandlung nur einen Vor- und Rücklauf für das Heizwasser gibt (Zweileitersystem), kann die individuelle Raumluftbehandlung als Zweileiter- oder als Vierleitersystem gestaltet sein. Letzteres beinhaltet getrennte Kreisläufe für Heiz- und Kühlwasser und gewährleistet so ein Höchstmaß an Flexibilität hinsichtlich der individuellen Temperatureinstellung. Neben den Systemen mit zentraler Luftaufbereitung gibt es auch Konzepte, bei denen dezentrale Klimageräte die Raumluft im einzelnen Raum kühlen und z.T. auch entfeuchten. Es handelt sich dabei im Prinzip um eine Kältemaschine, die Abwärme wird entweder an die Außenluft oder an ein Wassernetz abgegeben. Häufig ist auch durch Umschaltung ein Betrieb als Wärmepumpe zur Heizung möglich. In Verbindung mit einem Vierleitersystem (Kühl- und Heizwasser) kann mit Hilfe solcher „Kleinwärmepumpen“ auch Energie zwischen verschiedenen Zonen eines Gebäudes verschoben werden. 3.6.2
Heiz- und Kühllast
Bei der Klimatisierung muss man unterscheiden zwischen den Heiz- und Kühllasten eines Raumes und dem Wärme- und Kältebedarf für die Zustandsänderungen der Luft. Im folgenden werden die Fragen der Heiz- und Kühllasten eines Raumes behandelt, während der Wärme- bzw. Kältebedarf für die Luftzustandsänderungen in 3.6.3 erörtert wird. Der Normwärmebedarf des Raumes bei Klimatisierung ist analog zum Normwärmebedarf bei der Raumheizung und wird nach DIN EN 12831 berechnet, vgl. Abschn. 3.3.3. Allerdings wird dabei kein Lüftungswärmebedarf durch die Fenster berücksichtigt, da dieser Wärmebedarf bei der Ermittlung der Luftzustandsänderungen mit erfasst wird. Die Kühllast eines Raumes wird nach VDI-Richtlinie 2078 ermittelt. Bei der Berechnung wird zwischen einer inneren und einer äußeren Kühllast unterschieden. Die innere Kühllast fällt durch die Abwärme von Maschinen, Beleuchtungskörpern u. ä. im Raum, aber auch durch die Wärmeabgabe von Menschen, an. Die äußere Kühllast entsteht durch das Außenklima, also Sonneneinstrahlung, Außentemperatur etc.. Während die innere Kühllast relativ einfach zu berechnen ist, gehorcht die äußere komplexen Zusammenhängen. Durch Addieren aller Wärmeströme erhält man die Gesamtkühllast
114
3 Raumheizung und Klimatisierung
zu einer bestimmten Zeit. Im Normalfall wird der Maximalwert im Juli liegen. Als maximale Auslegungstemperatur wird die höchste im Durchschnitt auftretende Außenlufttemperatur im Juli angesetzt. Für Deutschland sind dies • 32 EC bei Binnenklima und • 29 EC bei Küstenklima. Für die maximal auftretende Wasserbeladung wird ein Wert von 12 g/kg angenommen. 3.6.3
Zustandsänderungen der Luft
h,x-Diagramm nach MOLLIER Bei der Klimatisierung wird die Raumluft nicht nur in ihrer Temperatur, sondern auch bezüglich des Wasserdampfgehaltes verändert. Daher muss die Raumluft für die Berechnung von Zustandsänderungen als Zweistoffgemisch betrachtet werden. Feuchte Luft ist ein Gemisch aus Luft und Wasserdampf, auf das mit hinreichender Genauigkeit die Gesetze für ideale Gase Anwendung finden können. Der Gesamtdruck p des Gemisches setzt sich nach dem DALTONschen Gesetz zusammen aus dem Teildruck der trockenen Luft, pL,tr und dem Teildruck des Wasserdampfes, pW:
p = pL,tr + pW .
(3.33)
Für die rechnerische Betrachtung der Zustandsänderungen von feuchter Luft wählt man als Bezugsgröße die trockene Luft und definiert den Feuchtigkeitsgehalt der Luft durch die Wasserbeladung (verschiedentlich auch als „absolute Feuchte“ bezeichnet):
x=
mW , mL,tr
(3.34)
wobei mW die Feuchtigkeitsmenge und mL,tr die trockene Luftmenge jeweils in kg ist. Die Größe x ist das Maß für die Feuchtigkeitsmenge je kg trockener oder je (1 + x) kg feuchter Luft. Die Dimension von x ist also kg/kg; jedoch wird sie in h,x-Diagrammen wegen der günstigeren Größenordnung in g/kg angegeben. Aus dem Zustandsgesetz für ideale Gase
pV = mRT
(3.35)
3.6 Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung
115
ergibt sich
x=
pW pW RL ⋅ = 0, 622 ⋅ RW p − pW p − pW
(3.36)
mit RL = 287,1 J/kg/K: Gaskonstante der Luft; RW = 461,5 J/kg/K: Gaskonstante des Wasserdampfes. Bei gegebenem Gesamtdruck p besteht also ein fester Zusammenhang zwischen dem Partialdruck des Wasserdampfes, pW, und der Beladung x. Die Aufnahmefähigkeit der Luft für Wasserdampf ist begrenzt. Eine Luftmenge kann bei gegebener Temperatur maximal so viel Wasserdampf enthalten, dass dessen Teildruck gleich dem Sättigungsdruck (auch: Sattdampfdruck) pW,S ist. Dieser hängt mit der Temperatur über die Dampfdruckkurve pW,S(h) zusammen. Als (relative) Feuchte n bezeichnet man das Verhältnis zwischen Wasserdampfteildruck und Sättigungsdruck bei der betrachteten Temperatur h. Mit Gl.(3.36) wird
ϕ=
pW x p = ⋅ pW,S 0, 622 + x pW,S
(3.37)
berechenbar aus dem Gesamtdruck p, der Wasserbeladung x sowie dem Sättigungsdruck pW,S. Für völlig trockene Luft ist n = 0; für gesättigte Luft ist n = 1 (100 %). Zur Aufstellung und Auswertung von Energiebilanzen benötigt man die spezifische Enthalpie h der feuchten Luft in kJ/kg18. Mit 0 EC als Bezugspunkt errechnet sie sich für die Temperatur h aus
h = hL + xhW,vap ,
(3.38)
mit der spezifischen Enthalpie der trockenen Luft:
hL = cp, Lϑ
(3.39)
und der spezifischen Enthalpie des Wasserdampfes:
hW,vap = r0 + cp, W,vapϑ 18
(3.40)
Man beachte, dass die spezifische Gesamtenthalpie h genauso wie die Wasserbeladung x auf 1 kg trockener Luft bezogen ist.
116
3 Raumheizung und Klimatisierung
Hierin ist cp,L = 1,00 kJ/kg/K die isobare spezifische Wärmekapazität für trockene Luft, cp,W,vap = 1,86 kJ/kg/K die isobare spezifische Wärmekapazität für Wasserdampf, r0 = 2500 kJ/kg die spezifische Verdampfungsenthalpie des Wassers bei einer Temperatur von 0 EC. Die Werte der Wärmekapazitäten können im Temperaturbereich zwischen !60 und +100 °C konstant angesetzt werden. Trägt man in einem linearen Koordinatennetz die Enthalpie h auf der Ordinate und die Wasserbeladung x auf der Abszisse auf, so können die Temperatur h und die relative Feuchte n als Parameterwerte eingetragen werden. Um die Ablesegenauigkeit zu verbessern, wählt man ein schiefwinkliges Koordinatensystem, in welchem die h-Achse so geneigt ist, dass die Isotherme für h = 0 EC waagerecht wird. Diese Art der Darstellung des h,xDiagramms (s. Abb. 3.20) geht auf MOLLIER zurück. Für einen bestimmten Gesamtdruck p ist durch zwei der Veränderlichen h,
h, x, n der Zustand eines Wasserdampf-Luftgemisches eindeutig bestimmt. Die beiden anderen Größen lassen sich aus den Gln.(3.36 bis 40) berechnen. Mit zunehmender Temperatur vergrößert sich die Steigung der Isothermen gegenüber der Horizontalen. Oft findet man im MOLLIER-Diagramm noch einen Randmaßstab, der für Zustandsänderungen den jeweiligen Wert der Steigung dh/dx angibt. Das ist hilfreich für die Betrachtung von Vorgängen, bei denen sich Enthalpie und Wasserdampfgehalt ändern. Die Sättigungslinie (n = 1), auch Taupunktlinie genannt, trennt das ungesättigte Gebiet vom Nebelgebiet, in dem Wasser außer in dampfförmiger auch in flüssiger Phase existiert. Ein h,x-Diagramm ist immer für einen bestimmten Gesamtdruck spezifiziert (oft p = 1013 mbar, in Abb. 3.20: p = 1000 mbar). Bei geändertem Gesamtdruck ergeben sich andere Sättigungslinien und Linien gleicher relativer Feuchte. Auch der Zusammenhang zwischen Wasserdampfteildruck und Wasserbeladung ändert sich gemäß Gl.(3.36). Unverändert bleibt hingegen die Lage der Isothermen. Als Gesamtdruck ist der tatsächliche Luftdruck zu verwenden, der je nach Wetter und Höhenlage unterschiedlich sein kann. In München ist der Luftdruck beispielsweise um 6 % niedriger als auf Meereshöhe. Einem Luftdruck
3.6 Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung
117
26-455-A-05 26-455-A-05
Abb. 3.20. h,x-Diagramm nach MOLLIER (Quelle: FH Ulm)
von 1013 mbar in Hamburg entspricht also ein Luftdruck von 952 mbar in München bei gleichen Wetterbedingungen. Das h,x-Diagramm ist ein sehr praktisches Hilfsmittel, um sich rasch einen Überblick über die Zustandsänderungen zu verschaffen, die in der Klimatechnik vorkommen. In Abb. 3.21 sind die wichtigsten Luftzustandsänderungen in ihrem tendenziellen Verlauf dargestellt. Erwärmung Wird Luft erwärmt (z.B. durch Kontakt mit einer Heizfläche), so verläuft die Zustandsänderung senkrecht nach oben, da die Wasserbeladung sich nicht ändert. Die Temperatur wird größer und die relative Feuchte kleiner. Abkühlung, Entfeuchtung Bei einer Abkühlung von Luft geht der Zustandsverlauf senkrecht nach unten (konstante Wasserbeladung). Die Temperatur nimmt ab und die relative Feuchte wird größer, bis der Taupunkt erreicht wird. Hier herrscht der Zustand der Sättigung (n = 100 %), die entsprechende Temperatur heißt “Taupunkttemperatur”. Kühlt die Luft unter die Taupunkttemperatur ab, so verläuft die weitere Abkühlung entlang der Sättigungslinie, wobei Wasserdampf kondensiert und als Wasser ausfällt. Die Wasserbeladung nimmt also dann ab, die Luft wird entfeuchtet.
118
3 Raumheizung und Klimatisierung
Sorptive Entfeuchtung
Erwärmung
Dampfbefeuchtung
Sprühbefeuchtung Abkühlung Entfeuchtung
26-455-B-05 26-456-B-05 26-455-B-05
Abb. 3.21. Zustandsänderungen von Luft im h,x-Diagramm
Erfolgt die Abkühlung der Luft an einer Kühlfläche, deren Temperatur unter der Taupunkttemperatur liegt, so kommt es dort auf jeden Fall zu einer lokalen Kondensation. Dies verringert die Wasserbeladung der Luft, auch wenn die Lufttemperatur insgesamt noch oberhalb der Taupunkttemperatur liegt (gestrichelter Verlauf). Sorptive Entfeuchtung Wird die Luft in Kontakt mit einem Sorptionsmittel gebracht, so bindet dieses einen Teil der Luftfeuchte in flüssiger Phase. Bei hygroskopischen Feststoffen (Salze, Silikagel, Molekularsiebe) handelt es sich um eine Oberflächenbindung (Adsorption), bei wässrigen Salzlösungen (LiCl, KCl) geht das Wasser in Lösung (Absorption). Zusätzlich zu der Verdampfungswärme wird auch noch Bindungsenergie freigesetzt, wodurch sich die Enthalpie der entfeuchteten Luft leicht erhöht. Die Temperatur steigt deutlich an. Die Regeneration des Sorptionsmittels (Desorption) erfolgt in der Regel durch Erhitzen. Dadurch wird das Wasser wieder ausgetrieben. Befeuchtung Beim Befeuchten verläuft die Zustandsänderung in einer Richtung, die durch die Verbindungsgerade zwischen dem Ordinatennullpunkt und dem zugehörigen Wert auf dem Randmaßstab für Δh/Δx gegeben ist.
3.6 Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung
119
Erfolgt die Befeuchtung durch Einspritzen von nicht erhitztem Wasser, so liegt dieser Wert bei weniger als 0,1 MJ/kg. Eine Wasserbefeuchtung ist also nahezu isenthalp, d.h. sie verläuft parallel zu den Linien konstanter Enthalpie in Richtung auf die Sättigungslinie. Die Temperatur der Luft sinkt, da die Verdampfungswärme für das zugeführte Wasser der Luft entzogen wird. In der Praxis lässt sich durch Wassereinspritzung eine relative Feuchte von maximal rd. 95 % erreichen. Bei einer Befeuchtung mit Dampf wird hingegen eine Enthalpie von rd. 2,7 MJ je kg Dampf zugeführt. Das hat zur Folge, dass sich die Temperatur dabei nur wenig ändert. Ausgleichsvorgänge Zwischen zwei unterschiedlichen Luftzuständen A und B kann ein Ausgleich auf folgende Arten stattfinden, s. Abb. 3.22: • Vermischung • Rekuperativer Wärmeaustausch • Regenerativer Wärmeaustausch
B Rekuperativer Wärmeaustausch
M A
Regenerativer Wärmeaustausch Vermischung
26-455-B-05 26-457-B-05 26-455-B-05
Abb. 3.22. Ausgleichsvorgänge zwischen unterschiedlichen Luftzuständen im h,x-Diagramm
Bei der Vermischung zweier Luftmengen liegt der Zustandspunkt M des Gemisches auf der Verbindungsgeraden der Zustandspunkte A und B. Die Position bestimmt sich aus dem Streckenverhältnis:
120
3 Raumheizung und Klimatisierung
AM ⋅ mA = BM ⋅ mB .
(3.41)
mA und mB sind hierbei die Massen trockener Luft. Die Mischungsgesetze lauten für die Enthalpie
mA hA + mB hB mA + mB
hM =
(3.42)
und für die Wasserbeladung
mA xA − mB xB . mA + mB
xM =
(3.43)
Für die Temperatur hM ist der analoge Zusammenhang nur angenähert gültig:
mAϑA − mBϑB . mA + mB
ϑM ≈
(3.44)
Beim rekuperativen Wärmeaustausch sind die beiden Medien durch eine Wärmeaustauscherfläche getrennt, durch die der Wärmestrom übertragen wird. Daher werden nur fühlbare thermische Energien ausgetauscht. Die Wasserbeladungen ändern sich dabei nicht, außer wenn bei der Abkühlung von B aus eine Kondensation an der Wärmeaustauscherfläche stattfindet. Bei Vernachlässigung äußerer Wärmeverluste gilt:
A ∆hA = m B ∆hB . m
(3.45)
Die sog. „Rückwärmzahl“ Φ drückt das Verhältnis der tatsächlichen Erwärmung bzw. Abkühlung zu dem theoretisch erreichbaren Wert aus, also
∆ϑA ϑB − ϑA
(3.46a)
∆ϑB . ϑB − ϑA
(3.46b)
ΦA = bzw.
ΦB =
A =m B ) sind Aufwärm- und Im Falle gleicher Luftmassenströme ( m Abkühlspanne angenähert gleich ( ∆ϑA ≈ ∆ϑB ) 19, und damit auch die Rückwärmzahlen. 19
Vorausgesetzt, dass im Luftstrom B keine Kondensation stattfindet
3.6 Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung
121
Beim regenerativen Wärmeaustausch werden Speichermassen abwechselnd in Kontakt mit den beiden Luftströmen gebracht. Der zur Wärmerückgewinnung vielfach verwendete Rotationswärmeaustauscher nach dem System LJUNGSTRÖM besitzt ein sich langsam drehendes Rad mit einer wabenförmigen Struktur aus hygroskopischem Material. Dadurch wird ein Teil der Wasserbeladung ausgetauscht:
A ∆ xA = m B ∆xB . m
(3.47)
Somit ist ein solches System in der Lage, zusätzlich zu den fühlbaren auch latente thermische Energien auszutauschen. Die Aussagen nach Gln.(3.45 und 46) gelten auch in diesem Fall. 3.6.4
Energieverbrauch
Durch die Klimatisierung wird der Energiebedarf umschlossener Räume gegenüber dem reinen Heizbetrieb beträchtlich erhöht. Dabei gibt es, abhängig vom Anlagenkonzept und der Betriebsweise einer Klimaanlage, verschiedene Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu beeinflussen. Günstig für den Energieverbrauch ist es grundsätzlich, den Frischluftanteil möglichst gering zu halten. Dies kann in gewissem Umfang dadurch bewirkt werden, dass ein Teil der Abluft nicht als Fortluft abgeführt wird, sondern der Frischluft beigemischt wird und so als Zuluft erneut in den Raum gelangt. Selbstverständlich muss dabei den lufthygienischen Erfordernissen Rechnung getragen werden. Für eine aktive Wärmerückgewinnung aus der Abluft werden heute verbreitet Rotationswärmetauscher eingesetzt. Da alle Klimaanlagen mit Kältemaschinen arbeiten, kann man diese auch als Wärmepumpe zur Wärmerückgewinnung nutzen. Der Jahresenergiebedarf für die Klimatisierung einer sowohl nach Süden als auch nach Norden orientierten Bürogruppe ist in Abb. 3.23 (Rouvel 1977) dargestellt. Dabei wird nach vier Bereichen der Energienutzung unterschieden, nämlich • • • •
Heizung Kühlung Ventilatoren, Maschinen u.ä. Beleuchtung.
Zugrundegelegt ist eine Klimatisierung mit Vierleiter-Induktions-Anlage. Zur Energierückgewinnung wird ein Regenerativ-Wärmetauscher in Verbin
122
3 Raumheizung und Klimatisierung
Abb. 3.23. Jahresflussdiagramm des Energiebedarfs (ohne Verluste) für einen Südund Nordraum, Klimatisierung durch Vierleiter-Induktionsanlage
dung mit dem Einsatz der Kältemaschine (KM) als Wärmepumpe (WP) verwendet. Eine Energierückgewinnung ist nicht nur beim Heizen, sondern auch beim Kühlen möglich, allerdings nur in sehr geringem Umfang. Bei der Kühlung ist vor allem die Reduzierung der maximalen Kühlleistung durch eine Energierückgewinnung interessant. Anders verhält es sich bei der Heizung. Nur 35 % des Nutzwärmebedarfs müssen durch Energiezufuhr gedeckt werden, davon 28 % in Form von Wärme und 7 % als elektrische Energie für die Kältemaschine im Wärmepumpenbetrieb. Ein Drittel des Nutzwärmebedarfs wird mit dem Regenerativwärmetauscher (RWT) zur Vorwärmung der Zuluft bis zur Taupunktenthalpie (vor Befeuchtung) gedeckt. In der Übergangszeit wird bei vollem Ausschöpfen der Wärmerückgewinnungsmöglichkeiten des RWT die Zuluft jedoch stärker als bis zur Taupunktenthalpie erwärmt. Dieses Problem wird durch Gegenkühlung gelöst: Die Überschusswärme in Höhe von 24 % wird in den Verdampfer der Kältemaschine eingespeist, welche somit als Wärmepumpe betrieben wird. Eine entsprechend der Wärmepumpen-Leistungszahl vergrößerte Menge Energie steht dann am Kondensator der Kältemaschine zur Verfügung. Das Tempera-
3.6 Raumlufttechnische Systeme, Klimatisierung
123
turniveau reicht aus für eine Einspeisung ins Warmwassernetz zur Nachheizung der Sekundärluft im Raum. Weitere 8 % des Nutzwärmebedarfs (der Nordräume) werden durch Ausnutzung der Abwärme der Kältemaschine im Kühlbetrieb (der Südräume) gedeckt. Die Energierückgewinnung führt dazu, dass die Bedeutung der Wärmebedarfsdeckung innerhalb des gesamten Energiehaushalts eines klimatisierten Gebäudes erheblich zurückgeht. Dafür steigt der elektrische Energiebedarf stark an.
4
Beleuchtung
Beleuchtung als Energiedienstleistung bezieht ihre Bedeutung in erster Linie aus der besonderen Rolle, die der Nutzenergieform Licht in den Wechselbeziehungen zwischen dem Menschen und seiner Umwelt zukommt. Licht vermittelt nicht nur optische Informationen, sondern übt auf den Menschen unmittelbar psychologische, ästhetische und physiologische Wirkungen aus (Hentschel 1994). Dem gegenüber ist die energiewirtschaftliche Bedeutung eher gering. Knapp 10 % des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland werden für Beleuchtung verwendet. Große Unterschiede bestehen dabei zwischen den einzelnen Verbrauchersektoren. Entfallen in der Industrie nur rd. 5 % des Stromverbrauchs auf die Lichterzeugung, so sind es in den Haushalten rd. 8 % und im Sektor GHD gut 20 %. Betrachtet man die zeitliche Entwicklung des Stromverbrauchs für Beleuchtung, so stellt man ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen den Verbrauchersektoren fest. Innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren lag das Wachstum in der Industrie bei 2,4 %p.a., im Sektor GHD bei 1,8 %p.a., in den privaten Haushalten dagegen lediglich bei 0,7 %p.a. Die generell steigenden Ansprüche an die Quantität und die Qualität der künstlichen Beleuchtung wurden vor allem im Haushaltssektor überlagert durch den Trend zu Lampen mit höheren Lichtausbeuten. Andere Endenergieträger als Strom werden zur Lichterzeugung nicht in nennenswertem Umfang eingesetzt.
4.1
Lichttechnische Grundlagen
Licht ist elektromagnetische Strahlung, die, wenn sie von einer Ausgangsfläche auf eine Empfängerfläche abgestrahlt wird, durch die physikalische Strahlungsleistung Φe beschrieben wird. Der Index e besagt, dass es sich dabei um eine energetische Größe handelt. Ihre Einheit ist Watt (W). Umfasst die Empfängerfläche den gesamten umgebenden Raum einer punktförmigen Lichtquelle, so entspricht die Strahlungsleistung der gesamten abgegebenen Strahlung dieser Lichtquelle über sämtliche Wellenlängen:
Φe =
∞
∫ Φ λ ⋅ dλ λ e
=0
[W]
(4.1)
126
4 Beleuchtung
Für die Definition der lichttechnischen Grundgrößen muss die spektrale Hellempfindlichkeit des menschlichen Auges berücksichtigt werden. Das Auge hat für die verschiedenen Wellenlängen unterschiedliche Hellempfindlichkeiten, abhängig zudem noch von der Adaption auf Hell- oder Dunkelsehen. Die höchste Hellempfindlichkeit der für das Tagsehen verantwortlichen farbempfindlichen Zapfen der Netzhaut liegt bei einer Wellenlänge von 555 nm. Für die Stäbchen, die bei geringer Helligkeit Schwarzweiß-Sehen ermöglichen, liegt die höchste Empfindlichkeit bei 507 nm. Normiert man diese Werte jeweils auf 100 % so ergeben sich für verschiedene Wellenlängen die relativen spektralen Hellempfindlichkeiten V(λ) für das Tagsehen und V'(λ) für das Nachtsehen, s. Abb. 4.1). Relative spektrale Empfindlichkeit
1,0 Tagsehen V(λ ) Nachtsehen V'(λ )
0,8
0,6
0,4
0,2 38150a07
0,0 380 400
480 500
580 600
680 700
780
Wellenlänge [nm]
Abb. 4.1. Spektrale Hellempfindlichkeit des menschlichen Auges
Die lichttechnischen Größen ergeben sich folglich durch die Bewertung der energetischen Strahlungsgrößen (die allgemein für elektromagnetische Strahlung gelten) mit der V(λ)-Abhängigkeit. Aus dem Strahlungsfluss oder der Strahlungsleistung Φe einer elektromagnetischen Quelle ergibt sich somit der Lichtstrom 780 nm
Φ = Km ⋅
∫
Φeλ ⋅ V ( λ ) ⋅ dλ [lm]
(4.2)
380 nm
Die Einheit des Lichtstroms ist Lumen (lm). Der konstante Faktor Km ist der Maximalwert des photometrischen Strahlungsäquivalents, bezogen auf die Wellenlänge des Maximums der relativen spektralen Hellempfindlichkeit. Wenn er nicht explizit angegeben ist gilt allgemein, dass eine Bewertung für das hell adaptierte Auge (Tagsehen) erfolgt. Für diesen Fall beträgt der Wert
4.1 Lichttechnische Grundlagen
127
von Km = 683 lm/W. Das heißt, dass eine elektromagnetische Strahlung der Wellenlänge von 555 nm und der Leistung von 1 Watt einen Lichtstrom von 683 lm erzeugt. Bei Bezug auf V'(λ), also für das Nachtsehen, gilt: K'm = 1699 lm/W. Das Verhältnis aus dem Lichtstrom Φ zu der für seine Erzeugung aufgewendeten Leistung P bezeichnet man als Lichtausbeute η:
η=
Φ P
[lm/W]
(4.3)
Nimmt man idealisiert an, dass die einem Strahler zugeführte elektrische Leistung P vollständig in elektromagnetische Strahlung Φe umgewandelt wird, so besitzt eine Lichtquelle, die nur Licht mit der Wellenlänge von 555 nm, dem Maximum des photometrischen Strahlungsäquivalents des Auges, ausstrahlt, die maximal überhaupt mögliche Lichtausbeute von 683 lm/W, also den Wert von Km. Für einen Strahler, der perfekt weißes Licht erzeugt (d.h. der eine gleichmäßige elektromagnetische Strahlungsleistung über das ganze sichtbare Spektrum aufweist), liegt der entsprechende Wert bei 225 lm/W. Bei einem PLANCKschen Strahler mit einer Temperatur von 7000 K wird der größte Teil der Strahlung nicht im sichtbaren Bereich abgegeben, wodurch die Lichtausbeute auf 95 lm/W zurückgeht. Bei 3650 K, dem Schmelzpunkt von Wolfram, beträgt die Lichtausbeute nur noch 54 lm/W. Die Lichtausbeute einer realen Lichtquelle (also einer Lampe) ist im Vergleich zu diesen Werten stets geringer, da die obige Voraussetzung nicht zutrifft. Ein Teil der zugeführten elektrischen Leistung wird als Verlustwärme über Konvektion und Wärmeleitung nach außen abgegeben. Die Strahlung einer Lichtquelle ist normalerweise nicht in alle Richtungen gleich intensiv. Der von einer punktförmigen Lichtquelle in eine bestimmte Richtung ausgesandte Lichtstrom wird als Lichtstärke I bezeichnet:
I=
dΦ [cd] dΩ
(4.4)
Der Raumwinkel Ω mit der Einheit Steradiant (sr) ist analog dem ebenen Winkel ein Maß für die Öffnung bezogen auf den Abstand der von einem Punkt ausgehenden Begrenzungen. Ist AK die Fläche einer Kugelkalotte aus einer Kugel mit dem Radius r, so ergibt sich der Raumwinkel Ω zu
Ω=
AK [sr] r2
Der Raumwinkel einer ganzen Kugel beträgt demnach 4π sr.
(4.5)
128
4 Beleuchtung
Die Einheit für die Lichtstärke nach Gl.(4.4) heißt Candela (cd). Es gilt: 1 cd = 1 lm/sr. Zur Beurteilung der räumlichen Lichtstärkeverteilung von Lampen und Leuchten wird die Lichtstärke in mehreren Richtungen gemessen. Durch einen ebenen Schnitt durch die Verteilung erhält man eine Lichtstärkeverteilungskurve (LVK), wie sie beispielhaft für eine Doppelwendelglühlampe in Abb. 4.2 dargestellt ist. Je nach Bauform einer Lampe und vorhandenen Symmetrien in der Lichtverteilung werden von Herstellern eine oder mehrere LVK angegeben. Zur besseren Vergleichbarkeit sind Lichtverteilungskurven üblicherweise auf einen Gesamtlichtstrom von 1 klm (10³ lm) normiert. Bezieht man die Lichtstärke einer beleuchteten oder selbst leuchtenden Fläche auf das, was der Betrachter davon sieht, so erhält man die Leuchtdichte L:
L=
dI [cd/m²] dA cos ε
Abb. 4.2. Lichtstärkeverteilungskurve einer Doppelwendelglühlampe
(4.6)
4.1 Lichttechnische Grundlagen
129
Der Winkel ε ist dabei der Winkel zwischen der Flächennormalen der Fläche A und der Betrachtungsrichtung. Die Leuchtdichte ist für den Menschen ein Maß für den Helligkeitseindruck, den das Auge von der Fläche hat. Neben dem Lichtstrom, der Lichtstärke und der Leuchtdichte ist die Beleuchtungsstärke E die vierte lichttechnische Grundgröße:
E=
dΦ [lx] dA
(4.7)
Die Beleuchtungsstärke ist ein Maß für den auf eine Fläche auftreffenden Lichtstrom und wird in Lux (lx) angegeben. Sie wird vor allem zur Beurteilung des Beleuchtungsniveaus herangezogen, das für das menschliche Sehen bei verschiedenen Tätigkeiten erforderlich ist. Die natürlichen Beleuchtungsstärken bei klarem Himmel gibt Abb. 4.3 wieder. Die Maximalwerte in mittäglicher Sommersonne liegen bei rd. 80.000 lx; selbst im Schatten eines dichten Laubbaumes werden dann Beleuchtungsstärken von etwa 10.000 lx erreicht. Bei diffusem Lichteinfall infolge bedeckten Himmels reduziert sich die Beleuchtungsstärke auf rund 5.000 lx. Im Gegensatz dazu beleuchtet ein mitternächtlicher Vollmond nur mit etwa 0,25 lx. 100000
Jun Mai Apr Mär
Jul Aug Sep Okt Jan
Nov
10000 Dez
1000
100
38157a07
Beleuchtungsstärke [lx]
Feb
2
4
6
8
10
12
14
16
Tagesstunde
Abb. 4.3. Natürliche Beleuchtungsstärken bei klarem Himmel
18
20
22
130
4.2
4 Beleuchtung
Lampen
Das Gerät welches den Lichtstrom aus elektrischer Energie erzeugt, wird als Lampe bezeichnet. Dagegen versteht man unter dem Begriff Leuchte ein Gerät, das der geeigneten Verteilung des von der Lampe ausgesandten Lichtstroms und z.B. vor Blendung schützen soll. Ferner enthält die Leuchte die zur Befestigung, zum Schutz und zur Energieversorgung der Lampe notwendigen Bestandteile. Für die künstliche Lichterzeugung werden vorwiegend zwei Arten von Lichtquellen verwendet, die Temperaturstrahler und die Entladungslampen. Dabei standen über Jahrhunderttausende hinweg der Menschheit nur Temperaturstrahler zur Verfügung und erst seit wenigen Jahrzehnten haben Gasentladungslampen in die Beleuchtungstechnik Eingang gefunden. Einige Anhaltswerte der charakteristischen Daten heute gebräuchlicher Lampen gibt Tabelle 4.1 wieder (Wemmer u. Schurig 2005). 4.2.1
Glühlampen
Das Licht erzeugende Element in der Glühlampe ist eine Wendel aus Wolframdraht, die als Temperaturstrahler ein kontinuierliches Spektrum abstrahlt. Je höher die Temperatur der Wendel, umso größer ist der Anteil des sichtbaren Lichts an der Gesamtstrahlung und umso besser sind sowohl die Lichtausbeute als auch die Farbwiedergabe. Allerdings steigt mit der Temperatur auch die Verdampfungsrate des Wolframs, was sich ungünstig auf die Lebensdauer der Lampe auswirkt. Die Optimierung der Eigenschaften von Glühlampen geht über die Beeinflussung einer Reihe technologischer Parameter: • Durch geeignete Füllgase wie N2, Ar oder Kr lässt sich die Verdampfungsrate des Wolframs senken und gleichzeitig die Wärmeabgabe des Glühdrahtes reduzieren • Aus Gründen der mechanischen Festigkeit wird für den Durchmesser des Glühdrahtes meist ein Wert von mindestens 50 µm gewählt. • Die Wahl der Länge des Glühdrahtes ist durch die Leistung der Lampe bestimmt. • Eine Doppel- oder sogar Dreifachwendelung des Glühdrahtes verringert aufgrund des LANGMUIR-Effektes die WärmeabfuhrIm Ergebnis sind bei Lampen größerer Leistung eine höhere Lichtausbeute und bessere Farbwiedergabe erreichbar.
4.2 Lampen Tabelle 4.1.
131 Charakteristische Daten von Lampen Leistung [W] 20
AllgebrauchsGlühlampe
Lichtausbeute [lm/W] 21
Lebensdauer [h]
Farbtemp. [K]
1000
2400
15
6
200
16
5
9
2000
3000
150
20
3500
3100
Leuchtstofflampe (Stabform)
14
43
7500 ...
2700 ...
58
95
22
KompaktLeuchtstofflampe
5
20
42
70
50
27
1000
56
35
55 ...
2000 ...
3000 ...
24
... 10000 24
... 6100 24
18
72
16000
185
145
20000
monochrom.
35
42
12000
1850
1000
140
24000
2200
bis 10000
20 ... 25
Halogen-Glühlampe 12 V
Hg-DampfHochdruckEntladungslampe Halogen-MetalldampfEntladungslampe Na-DampfNiederdruckEntladungslampe Na-Dampf-HochdruckEntladungslampe Xe-Hochdrucklampe
3500
... 98
2850
... 12000
10000
... 6500
23
3000 ... ... 5400 23
6000
4200 3000
6000
Wird die an einer Glühlampe anliegende Spannung um 5 % erhöht, so steigt die Leistungsaufnahme um gut 10 %, der Lichtstrom aber aufgrund der
20 21 22 23 24
Aufgenommene Leistung, ohne Vorschaltgerät Mit Vorschaltgerät Je nach Vorschaltgerät und mittlerer Einschaltdauer Je nach Leuchtstoff Je nach Gas-Zusatzsubstanzen
132
4 Beleuchtung
höheren Temperatur um rd. 20 %. Somit vergrößert sich die Lichtausbeute um etwa 10 %. Die Lebensdauer der Lampe geht dabei auf etwa die Hälfte zurück! Glühlampen haben den Vorteil der unkomplizierten Lichtstromsteuerung. Sie sind für Gleich- und Wechselstrom verwendbar, in vielen Sonderbauformen und Leistungen lieferbar, für große Schalthäufigkeiten geeignet und haben eine als angenehm empfundene „warme“ Lichtfarbe. Bei Halogenglühlampen ist dem Füllgas ein kleiner Anteil (zwischen 30 und 1000 ppm) Jod oder Brom zugesetzt. Diese Halogene verbinden sich bei den Temperaturen, die in einer gewissen Entfernung vom Glühdraht herrschen, zu Wolfram-Halogenid, und binden in diesen Zonen das abgedampfte Wolfram. Somit kann praktisch kein Wolfram an die Kolbenwand gelangen und diese schwärzen. Das Wolfram-Halogenid ist bei Temperaturen oberhalb etwa 250 °C dampfförmig und lagert sich daher nicht im laufenden Betrieb am Lampenkolben ab, sofern dessen Temperatur höher ist. Um dies sicherzustellen, baut man Halogenglühlampen mit hinreichend kleinen und damit heißen Lampenkolben. In unmittelbarer Nähe des Glühdrahtes herrschen dagegen so hohe Temperaturen, dass dort das Halogen sich nicht mit dem Wolfram verbindet bzw. dass rückdiffundierte Teilchen von Wolfram-Halogenid dort wieder dissoziieren. Das führt hier zu einem so hohen Dampfdruck des Wolframs, dass die Verdampfungsrate sehr viel geringer ist als bei einer normalen Glühlampe gleicher Glühdrahttemperatur. Halogenglühlampen können daher für deutlich höhere Strahlertemperaturen ausgelegt werden, womit die Vorteile der höheren Lichtausbeute und der besseren Farbwiedergabe einhergehen. Dazu erhöht sich die Lebensdauer wegen der geringen Wolfram-Abdampfung auf ein Mehrfaches. Zur Erreichung der hohen Strahlertemperaturen ist ein Glühdraht größeren Durchmessers zweckmäßig, was zur Verwendung von Niederspannung (üblicherweise 12 V) führt. 4.2.2
Gasentladungslampen
Befindet sich ionisiertes Gas bzw. Metalldampf in einem elektrischen Feld, wird durch die (neben elastischen Stößen auch auftretenden) unelastischen Stöße zwischen freien Elektronen und Gasatomen das Energieniveau des Atoms um bestimmte Energiebeträge erhöht, indem ein Elektron des Atoms auf eine weiter außen liegende Bahn gehoben wird. Dieser angeregte Zustand ist instabil und in Zeiträumen von 10-8 s stellt sich der Grundzustand
4.2 Lampen
133
wieder ein. Die beim Übergang in den Grundzustand freiwerdende Energie wird als elektromagnetische Schwingung abgegeben. Da diese Energieänderung nur in diskreten Sprüngen möglich ist und die Frequenz der Strahlung vom Betrag der Energieänderung abhängt, treten nur bestimmte Frequenzen oder Banden auf, die zum Teil im sichtbaren Bereich liegen. Auch bei der Rekombination eines positiven Ions und eines Elektrons werden die kinetische Energie des Elektrons und die freiwerdende Ionisierungsarbeit als elektromagnetische Schwingung ausgestrahlt. Handelt es sich allerdings um eine „Dreierstoß-Rekombination“, bei der als drittes Reaktionspartikel ein anderes Gasatom oder die Gefäßwand beteiligt sind, können diese die ganze oder einen Teil der freiwerdenden Energie als kinetische Energie oder Wärme übernehmen. Aufgrund des charakteristischen Zusammenhangs zwischen Strom und Spannung bei einer Gasentladung ist für die Stabilisierung der Entladung eine Begrenzung des Stromes notwendig. Dies geschieht durch Vorschaltgeräte, die bei einigen Lampen auch den Spannungsstoß erzeugen, der für die Zündung erforderlich ist. Bei den heute technisch verwendeten Entladungslampen unterscheidet man zwischen Niederdruck- und Hochdrucklampen. 4.2.2.1 Niederdruck-Entladungslampen
Der Druck in Niederdruck-Entladungslampen liegt im Bereich von 101 bis 103 Pa. Die am weitesten verbreitete Gasentladungslampe ist heute die Niederdruckleuchtstofflampe. Sie wird in stab-, ring- und U-förmiger Ausführung geliefert. Darüber hinaus gibt es sog. Kompakt-Leuchtstofflampen mit integriertem Vorschaltgerät und Schraubsockel, die bei entsprechender lichttechnischer Eignung der Leuchte, direkt gegen Glühlampen ausgetauscht werden können. An den Röhrenenden der Leuchtstofflampe sind beheizbare Elektroden eingeschmolzen. Die Lampe ist mit Quecksilberdampf, entsprechend einem Dampfdruck von ca. 0,5 Pa und einem Hilfsgas zur Erhöhung des Gesamtdruckes auf 100 bis 500 Pa gefüllt. Das Hilfsgas (Ar oder ein Gemisch aus Ar und Kr) bewirkt ein leichteres Zünden der Entladung des Quecksilberdampfes sowie eine Herabsetzung der unerwünschten Diffusions- und Verdampfungsprozesse. Die Entladung setzt infolge des niedrigen Druckes vornehmlich Strahlung im ultravioletten Bereich frei. Durch die Verwendung von Leuchtstoffen, die auf der Innenseite der Kolben bzw. Röhren aufgeschlämmt werden, kann die Frequenz der Strahlung im UV-Bereich in eine Strahlung des sichtbaren Bereiches gewandelt
134
4 Beleuchtung
werden. Bei einer theoretischen Quantenausbeute von 1 würde einem desorbierten Lichtquant ein emittiertes Lichtquant entsprechen. Je nach Leuchtstoff beträgt die Quantenausbeute bis zu 0,8. Durch entsprechende Wahl der Leuchtstoffe können weitgehend beliebige Lichtfarben erzielt werden. Die konventionelle Form des Vorschaltgerätes besteht in einer Drossel zur Strombegrenzung. Nachteilig sind die hohen Stromwärme- und Eisenverluste sowie die induktive Blindleistung. Stand der Technik sind elektronische Vorschaltgeräte (EVG), die die Lampen mit einer Betriebsfrequenz zwischen 30 und 35 kHz speisen. In Abb. 4.4 ist im oberen Bildteil eine Leuchtstofflampe in der konventionellen Verschaltung mit Glimmstarter, Drossel und Kompensations-Kondensator dargestellt. Der untere Bildteil zeigt den prinzipiellen Aufbau einer mit einem elektronischen Vorschaltgerät beschalteten Leuchtstofflampe. Vorteile der hohen Betriebsfrequenz des EVG sind u.a.: • eine um ca. 10% höhere Lichtstromausbeute aufgrund gleichbleibender Elektronendichte im Plasma und Wegfall der Schwierigkeiten beim Wiederzünden je Halbwelle; der von der Lampe ausgesandte Lichtstrom ist jedoch im Vergleich zum Betrieb mit 50 Hz um 3 bis 5 % kleiner, • geringere Lichtwelligkeit (kein sichtbares Flackern), Netz 230 V L1 N
Drossel Lampe 38152a07
Starter
Netz 230 V
HFFilter
Stromversorgung
Lampenansteuerung
FunkEntstörung
Gleichrichter mit OberwelleBegrenzung
HFGenerator mit Strombegrenzung
38152a07
Abb. 4.4. Leuchtstofflampenschaltungen
(25...40 kHz)
Lampe
4.2 Lampen
135
• flackerfreier Start in kürzerer Zeit, • von der Schalthäufigkeit weitgehend unabhängige hohe Lebensdauer der Lampe, • selbsttätiges Abschalten defekter Lampen (keine Zündversuche), • Lichtstromsteuerung der Leuchtstofflampen möglich. Neben verbesserten Betriebseigenschaften liegt der Vorteil von elektroischen Vorschaltgeräten in der erheblichen Reduzierung der Verluste gegenüber herkömmlichen Vorschaltgeräten. In Abb. 4.5 ist die Leistungsbilanz einer Leuchtstofflampe mit herkömmlichem bzw. mit elektronischem Vorschaltgerät dargestellt. Beim Vergleich der Prozentwerte ist zu beachten, dass diese auf eine unterschiedliche zugeführte Leistung bezogen sind. Elektronisches Vorschaltgerät (EVG)
Konventionelles Vorschaltgerät (KVG) ^ 71 W 100 % =
^ 55 W 100 % =
Wärmeverluste durch:
Wärmeverluste durch:
Licht 2,4 %
Vorschaltgerät 18,3 %
UV-Strahlung 53,9 %
Licht 2,9 %
Vorschaltgerät 9,9 %
UV-Strahlung 66,5 %
Gasentladung 20,7 % Gasentladung 25,4 %
Umsetzung der UV-Strahlung im Leuchtstoff 33,8 %
20,1 %
Umsetzung der UV-Strahlung im Leuchtstoff 41,6 %
24,9 % 38156a07
38155a07
Licht 22,5 % =^ 16,0 W
Licht 27,8 % =^ 15,4 W
Abb. 4.5. Leistungsbilanz einer Leuchtstofflampe mit herkömmlichem bzw. mit elektronischem Vorschaltgerät
Verbesserungen in der Leuchtstofftechnik machten neben den geraden Röhren auch andere Bauformen möglich. Kleinere Abmessungen der Entladungsrohre und mehrfache Biegungen bis hin zu einseitigem Sockel zeichnen die Kompakt-Leuchtstofflampen aus. Durch die damit fast beliebige Formgebung, das im Sockel integrierte Vorschaltgerät und die Kombination mit einem Standard-Schraubsockel sind sie in fast jeder Leuchte einsetzbar und verdrängen hier zunehmend die herkömmlichen Glühlampen. Die Lebensdauer von Entladungslampen liegt heute durchweg bei über 7500 h. Im Falle konventioneller Vorschaltgeräte sind dabei Schaltrhythmen von drei Betriebsstunden pro Einschaltung zugrunde gelegt. In Anwendungsfällen, die in Bezug auf die Schalthäufigkeit günstigere Betriebsbedingungen darstellen, sind Lebensdauern (d.h. die Zeit, in der 50% der Lampen ausge
136
4 Beleuchtung
fallen sind) bis zu 12.000 h durchaus zu erreichen. Allerdings ist zu berück sichtigen, dass nach dieser Betriebszeit der Lichtstrom gegenüber dem Neuzustand um mehr als 15% nachgelassen hat. In Abb. 4.6 sind für verschiedene Typen und Größen von Glühlampen und Leuchtstofflampen die Lichtausbeute und Farbwiedergabe aufgeführt. Leuchtstofflampen mit "3-Banden-Spektrum" haben zum Grundspektrum erhöhte Anteile der Spektralbereiche Blau, Gelb und Rot. Diese Lampen erreichen eine Lichtausbeute bis zu 96 lm/W (1,20 m Länge, 36 W ohne Vorschaltgerät) bei guter Farbwiedergabe. 100
80
1A 1B
60
2 A/B, 3
40 Verbesserung durch elektronisches Vorschaltgerät
"De-Luxe"Lampe
Dreibandenlampe
Standardlampe
Kompaktleuchtstofflampe 15 W
erste Leuchtstofflampe (1936)
Halogenlampe 12 V, 50 W
Glühlampe 230 V, 100 W
WolframGlühlampe (1910)
Gasglühlicht (1890)
Petroleumlampe (1880)
0
38153a07
20
Öllampe (seit Altertum)
Systemlichtausbeute [lm/W]
Farbwiedergabestufe:
Leuchtstofflampen 58 W, Stabform
Abb. 4.6. Lichtausbeuten historischer und heutiger Lampensysteme
Der Lichtstrom von Niederdruckleuchtstofflampen ist, abgesehen von der Lampengröße und der Lichtfarbe, in starkem Maße von der Umgebungstemperatur abhängig, wie Abb. 4.7 am Beispiel einer 58 W-Leuchtstofflampe zeigt. Die Natriumdampf-Niederdrucklampe besteht aus einem haarnadelförmig gebogenen oder auch gestreckten Glasrohr, an dessen Ende je eine Elektrode eingeschmolzen ist. Eine dieser Elektroden ist außerdem mit einem Zündstreifen verbunden. Die Röhre ist mit einem Edelgas niedrigen Drucks (vornehmlich Neon) gefüllt und enthält eine bestimmte Menge Natrium, das bei normaler Temperatur in Tropfen erstarrt ist. Beim Anlegen einer Spannung, die die Höhe der Zündspannung erreicht,
4.2 Lampen
137
Relativer Lichtstrom [%]
100
80
60
40
Leuchtstofflampe, 58 W, EVG
0
38158a07
20
-10
Leuchtstofflampe, 58 W, KVG 0
10
20
30
40
50
60
70
80
Lampen-Umgebungstemperatur [°C]
Abb. 4.7. Temperaturabhängigkeit des Lichtstroms von Leuchtstofflampen
wird das Füllgas zunehmend ionisiert, bis eine Gasentladung eintritt und die Lampe anfänglich das für Neon typische rote Licht ausstrahlt. Wegen der negativen Widerstandskennlinie der Gasentladung muss der Strom sofort nach der Zündung begrenzt werden, die Temperatur des Gases steigt an, so dass auch Natriumdampf entsteht, der ebenfalls ionisiert wird und seinerseits durch Entladungsvorgänge Lichtstrahlung ! fast ausschließlich mit einer Wellenlänge von 589 nm (orange-gelb) ! aussendet. Bei den heutigen Natriumdampflampen sind auf der Innenseite des Außenkolbens infrarot reflektierende Metalloxydschichten aufgedampft, die durch Reflexion der Wärmestrahlung zum Brenner hin eine weitere Erhöhung der Lichtausbeute ermöglichen. Man erreicht mit diesen Lampen bei 180 W Leistungsaufnahme einen Lichtstrom von 33.000 lm, also eine Lichtausbeute von 133 lm/W. Die maximal mögliche Lichtausbeute für die monochromatische Lichtaussendung mit 589 nm Wellenlänge beträgt 524 lm/W. Die Lebensdauern von Natriumdampflampen liegen bei 5000 bis 6000 h. Vorteilhaft ist, dass sie nach einem Spannungsausfall direkt wieder gezündet werden können. Als Strombegrenzer werden Streufeldtransformatoren oder Drosseln verwendet, die einerseits die über der normalen Netzspannung liegende Zündspannung von mehr als 400 V liefern und andererseits den Lampenstrom begrenzen. Der Leistungsfaktor liegt bei der Verwendung von Streufeldtransformatoren bei etwa 0,3, bei der Verwendung von Drosseln bei etwa 0,5. Natriumdampf-Niederdrucklampen eignen sich wegen der hohen Lichtausbeute zur Beleuchtung von Außenanlagen, sofern keinerlei Ansprüche
138
4 Beleuchtung
hinsichtlich der Farbwiedergabe gestellt werden. Die vorzugsweise in der Reklamebeleuchtung verwendeten Leuchtröhren werden bei Spannungen von 300 bis 1000 V je m Länge betrieben. Die Röhren sind mit Neon, Helium oder Argon gefüllt und leuchten bei der Verwendung von Klarglas rot, hellrosa oder blau. Neben den verschiedenen Füllungen kann durch gefärbte Gläser und aufgeschlämmte Leuchtstoffe die Lichtfarbe variiert werden. Die höchstzugelassene Betriebsspannung ist auf 7500 V festgelegt. Die Lichtausbeute liegt zwischen 6 und 35 lm/W, die Lebensdauer bei über 10.000 h. 4.2.2.2 Hochdruck Entladungslampen
In den Hochdruck-Entladungslampen haben die hohen Drücke (3·106 Pa) eine hohe Temperatur im Gasplasma zur Folge. Dadurch finden mehr Übergänge zwischen den Energiestufen statt, es werden mehr Spektrallinien emittiert. Man spricht dabei von einer Linienverbreiterung bzw. von einem Kontinuum. In der Quecksilberdampf-Hochdrucklampe verlaufen die Vorgänge ähnlich wie bei der Natriumdampf-Niederdrucklampe. Der Widerstand und damit die Brennspannung der noch kalten Quecksilberdampf-Hochdrucklampe sinkt nach dem Beginn der Entladung im Quecksilberdampf auf so niedrige Werte, dass die Atome des Hilfsgases nicht mehr angeregt werden. Obwohl beim weiteren Betrieb der Lampe die Temperatur, der Dampfdruck und der Widerstand ansteigen, bleibt die Brennspannung unter den Werten, die für eine Anregung des Hilfsgases notwendig werden. Eine Quecksilberdampflampe liefert daher innerhalb des sichtbaren Spektrums nur das für Quecksilber typische Linienspektrum mit den Wellenlängen 405 nm (violett), 435 nm (blau), 546 nm (grün) und 578 nm (gelb). Bei Quecksilberdampflampen befindet sich der eigentliche Brenner in einem Innenkolben aus Quarzglas und der Zwischenraum zum Außenkolben ist evakuiert, um die Wärmeverluste zu verringern. Wegen der hohen Temperaturen wird das Entladungsrohr aus Quarz hergestellt. Der Außenkolben wird mit Leuchtstoffen beschichtet. Die Lichtausbeute von Quecksilberdampf-Hochdrucklampen beträgt bis zu 58 lm/W. Sie werden in der Verkehrs- und Werkhallenbeleuchtung eingesetzt. Die Zündung einer Quecksilberdampflampe läuft in drei Phasen ab: 1. Glimmentladung 2. Niederdruck-Bogenentladung 3. Hochdruck-Bogenentladung mit kontrahiertem Bogen.
4.2 Lampen
139
Da im heißen Gas eine Zündung nicht möglich ist, muss eine Lampe vor der Wiederzündung erst abkühlen. Der Leistungsfaktor der Quecksilberdampflampen liegt bei Verwendung von Drosselspulen (für Spannungen von 230 V und darüber) bei 0,5 und bei der Verwendung von Streufeldtransformatoren (für Spannungen unter 230 V) bei 0,3. Werden Quecksilberdampf-Hochdrucklampen mit Zusätzen von Metalljodiden (z.B. Natrium-, Indium- und Thalliumjodid) und anderen Halogenverbindungen versehen, so spricht man von Halogen-Metalldampflampen. Im Bogenzentrum der eingebrannten Lampe dissoziieren bei der dort herrschenden hohen Temperatur die Metallhalogenide und sie strahlen in den kühleren Bogenrandzonen. In der Nähe der Brennerwand rekombinieren sich die Metall- und Halogenatome, so dass chemische Verbindungen zwischen den Metallatomen und der Quarzwand verhindert werden. Bei diesen Lampen ist die Farbwiedergabe erheblich besser, so dass keine Leuchtstoffe benötigt werden. Die Lichtausbeute liegt bei 70 bis 95 lm/W. Wegen der guten Farbwiedergabe können sie sowohl zur Innen-, als auch zur Außenbeleuchtung verwendet werden. Bei der Natriumdampf-Hochdrucklampe wird durch die Linienverbreiterung (im Unterschied zur Natriumdampf-Niederdrucklampe) auch farbiges Sehen möglich. Wegen der hohen Temperaturen und Drücke wird für das Entladungsrohr lichtdurchlässiges keramisches Sintermaterial auf der Basis von Aluminiumoxid verwendet, das gegen den Natriumdampf beständig ist. Mit Natriumdampf-Hochdrucklampen wird eine Lichtausbeute bis zu 130 lm/W erreicht. Sie wird bei Außenanlagen und !sofern nur geringe Ansprüche an die Qualität der Farbwiedergabe bestehen ! auch zur Innenbeleuchtung z.B. in Werkhallen der Schwerindustrie verwendet. Hochdruck-Xenonlampen arbeiten mit einer Bogenentladung im Xenon bei Drücken von etwa 1 bis 30 bar. Sie besitzen bei einer Lichtausbeute von 20 bis 25 lm/W ein im sichtbaren Bereich fast tageslichtgleiches Strahlungsspektrum. Wegen ihrer hervorragenden Farbwiedergabe werden sie unter anderem zu Farbprüfzwecken und zur Bildprojektion verwendet.
4.3
Anforderungen an die Beleuchtung
Das Ziel der künstlichen Beleuchtung von Innenräumen ist es, für die dort befindlichen Menschen günstige Sehbedingungen schaffen. Damit kann ein Beitrag geleistet werden zur • Förderung des physischen und psychischen Wohlbefindens des Menschen
140
4 Beleuchtung
• Steigerung der Leistungsfähigkeit • Verringerung der Ermüdung • Verhütung von Unfällen. Sehen ist das Erkennen von • • • • •
Helligkeitsunterschieden Farben Formen Entfernungen und Bewegungen.
Das menschliche Auge erfüllt alle diese Funktionen. Dies setzt drei spezielle physiologische Grundfähigkeiten voraus: 1. die Unterscheidung verschiedener Leuchtdichten und Farben, 2. Sehschärfe, d.h. die Fähigkeit, sehr kleine eng benachbarte Objekte getrennt wahrzunehmen, 3. die Wahrnehmungsgeschwindigkeit, das betrifft die Mindestzeit, die sich ein Objekt im Gesichtsfeld aufhalten muss, um gesehen zu werden. Diese genannten Grundfähigkeiten steigen generell mit wachsenden Leuchtdichten an. Zudem hat für 1. und 3. eine zunehmende Größe der gesehenen Fläche bzw. des Objektes und für 2. und 3. ein zunehmender Kontrast einen erheblichen positiven Einfluss. Neben der direkten Wirkung guter Beleuchtung auf die Sehfunktionen des Auges wird auch die Psyche beeinflusst. Ein Lichtreiz wird über die Sehnerven des Auges nämlich nicht nur zum Sehzentrum im zentralen Nervensystem, sondern auch zum vegetativen Nervensystem geleitet, das den gesamten Kreislauf und die Empfindungszustände, Leistungsbereitschaft und die Erholung des menschlichen Organismus steuert. Für die Beleuchtungsgüte sind folgende die Wahrnehmung beeinflussenden Faktoren wichtig: • • • •
Beleuchtungsniveau, Helligkeitsverteilung und Blendungsbegrenzung, Lichtrichtung und Schattigkeit, Lichtfarbe und Farbwiedergabe.
Für das Beleuchtungsniveau ist im wesentlichen die Beleuchtungsstärke maßgebend. Hohe Beleuchtungsstärken und weißes Licht fördern die Leistungsfähigkeit, geringe Beleuchtungsstärken und Lichtfarben mit hohem Gelb-Rot-Anteil führen zu Empfindungszuständen der Entspannung und Erholung. Die allgemeine Beleuchtung sollte nach der Art der Tätigkeiten
4.3 Anforderungen an die Beleuchtung
141
orientiert sein und bei Räumen mit Flächen unterschiedlicher Zweckbestimmung gegebenenfalls unterschiedlich gestaltet sein. In Tabelle 4.2 sind die in DIN 5035 empfohlenen Beleuchtungsstärken für allgemeine Beleuchtung und Arbeitsplatzbeleuchtung für verschiedene Ansprüche wiedergegeben. Die Werte beziehen sich bei der Allgemeinbeleuchtung auf Messungen in einer waagerechten Ebene, die 0,85 m über dem Fußboden liegt, und bei Platzbeleuchtung auf Messungen direkt auf der Arbeitsfläche. Bei der Auslegung von Beleuchtungsanlagen wird die gewünschte Beleuchtungsstärke mit einem Zuschlag von 25 % versehen, um einen Rückgang des Lichtstroms durch Verschmutzung und Alterung zu kompensieren. Tabelle 4.2.
Empfohlene Beleuchtungsstärken für Sehaufgaben
Beleuchtungsstärke [lx]
Sehaufgabe
20 bis 50
Orientierung, vorübergehender Aufenthalt
100 bis 200
Leichte Sehaufgaben, grobe Details, hohe Kontraste
500 bis 750
Normale Sehaufgaben, mittlere Details und Kontraste
1000 bis 1500
Schwierige Sehaufgaben, kleine Details und Kontraste
2000
Sehr schwierige Sehaufgaben, sehr kleine Details und Kontraste
Für die Helligkeitsempfindung ist die Leuchtdichte entscheidend. Beim Wechsel der Blickrichtung von Flächen hoher auf Flächen niederer Leuchtdichte muss das Auge von hell auf dunkel und beim Wechsel der Blickrichtung von Flächen niederer auf Flächen hoher Leuchtdichte von dunkel auf hell umadaptieren. Für die Anpassung des Auges an veränderte Leuchtdichten wird eine bestimmte Zeit benötigt, während der die Sehfunktion beeinträchtigt ist. Diese Zeit ist bei der Umadaption von hell auf dunkel erheblich länger als umgekehrt. Ein häufiges Umadaptieren führt zu einer relativ raschen Ermüdung des Auges und zu einem Absinken der Sehleistung. Eine harmonische Helligkeitsverteilung ist gewährleistet, wenn das Verhältnis der Leuchtdichten von Arbeitsfeld zu Umfeld etwa 3:1 beträgt. Eine gute Beleuchtung muss blendungsfrei sein, da starke Blendung die Sehfunktion und selbst schwache Blendung bei längerer Dauer das Wohlbefinden beeinträchtigt. Man unterscheidet zwei Arten von Blendung. Absolut-
142
4 Beleuchtung
blendung tritt auf, wenn die Leuchtdichte über 104 cd/m² hinausgeht. Die Absolutblendung ist physikalisch bedingt und kann nur durch Herabsetzen der Leuchtdichte vermieden werden. Die Relativblendung entsteht durch Lampen, Leuchten oder Spiegelung, die zu hohe Leuchtdichtekontraste im Sehfeld erzeugen. Sie hängt ab von der Leuchtdichte der Blendquelle und ihrem Verhältnis zur Leuchtdichte der Umgebung, von der Größe der gesehenen leuchtenden Fläche und von der Entfernung und Lage der Blendquelle. Zur Vermeidung der Blendung muss die Leuchtdichte von Lichtquellen in Blickrichtung möglichst gering und die Umgebung der Lichtquelle möglichst aufgehellt sein. Flächen von Leuchten oder Lampen in Arbeitsräumen, die in einem Winkelbereich von 0 bis 30° oberhalb der horizontalen Blickrichtung gesehen werden, sollen Leuchtdichten von 0,4 cd/cm² nicht überschreiten. Leuchtstofflampen mit ihrer Längsachse parallel zur Blickrichtung haben gegenüber quer zur Blickrichtung montierten den Vorteil kleiner gesehener Flächen und sind deshalb auch im Hinblick auf die Vermeidung von Blendung günstig. Bei Materialien, die in hohem Maße gerichtet reflektieren, tritt eine Blendung auf, wenn das reflektierte Licht das Auge des Beobachters trifft. Die Lichtquellen sollen daher so angeordnet sein, dass bei horizontaler Arbeitsfläche das Licht von links oben einfällt und unerwünschte Reflexe nicht auftreten. Bei Bildschirmarbeitsplätzen setzt man heute sog. „dark-light“Leuchten ein, deren Ausstrahlungswinkel auf 50° beschränkt ist. Durch die Lichtrichtung wird auch die Schattigkeit beeinflusst. Das Erkennen von Körpern (man denke z.B. an das Erkennen einer Zirkelspitze) wird durch Schattenbildung unterstützt und zum Teil erst durch Schatten möglich. Allerdings sollten harte abgegrenzte Schatten vermieden und weiche Schatten geringerer Schattigkeit angestrebt werden. Da die Arbeitsplätze oft in ihrer Anordnung nach dem Tageslichteinfall orientiert werden, ist bei künstlicher Beleuchtung ein möglichst ähnlicher Lichteinfall anzustreben. Neben der Beleuchtungsstärke wirkt sich auch die Lichtfarbe auf die Stimmung des Menschen aus. Sie wird durch die spektrale Zusammensetzung des Lichtes der Lampen bestimmt. Für Niederdruck-Leuchtstofflampen zur allgemeinen Beleuchtung sind folgende Lichtfarben üblich: • Tageslicht entspricht der Farbe des mittleren nördlichen Tageshimmels, Farbtemperatur um 6000 K. • Weiß entspricht etwa dem Mittelwert zwischen der Tageslichtfarbe und dem Glühlampenlicht. Solche Lampen können gemeinsam mit Glühlampen verwendet werden. Sie werden vor allem in Arbeitsräumen angewendet, Farbtemperatur um 4000 K.
4.3 Anforderungen an die Beleuchtung
143
• Warmton entspricht etwa der Lichtfarbe von Glühlampen. Diese Lampen finden in Wohnräumen, Restaurants usw. Verwendung, Farbtemperatur um 3000 K. Da das Auge über das gesamte sichtbare Spektrum integriert, macht die Lichtfarbe einer Lampe keine Aussage über deren Farbwiedergabeeigenschaft. Die Farbwiedergabeeigenschaft einer Niederdruck-Leuchtstofflampe ist jedoch abhängig davon, ob die gewünschte wiederzugebende Farbe ausreichend im Bandenspektrum der Lampe vertreten ist. Im allgemeinen ist der Reflexionsgrad einer beleuchteten Oberfläche nicht konstant, sondern abhängig von der Wellenlänge. Eine solche „farbige“ Oberfläche zeigt dann bei Bestrahlung mit weißem Licht eine Farbe, die von weiß bzw. grau abweicht. Eine rote Oberfläche z.B. reflektiert Strahlung mit größeren Wellenlängen besser als kurzwellige. Daher wird überwiegend langwellige Strahlung, also rotes Licht, reflektiert und somit vom Betrachter gesehen. Werden Flächen mit weißem Licht, das alle Spektralbereiche gleichmäßig enthält, beleuchtet, ergibt die spektrale Zusammensetzung des reflektierten Lichts die natürliche Farbe dieser Flächen. Bei Beleuchtung mit farbigem Licht wird dagegen der Farbeindruck gegenüber der natürlichen Farbe verändert. Während in Werkräumen und -hallen i.a. geringe Ansprüche an die Farbwiedergabe bestehen, wird man in Arbeitsräumen bevorzugt eine weiße Lichtfarbe wählen, da sie ein neutrales Farbklima erzeugt und Zwielichterscheinungen bei Tageslichteinfall vermeidet. Für gute Farbwiedergabe am Tage sind dann allerdings hohe Beleuchtungsstärken erforderlich. In Räumen, die der Entspannung dienen oder bei denen es auf ein vorteilhaftes Aussehen der menschlichen Haut, von Nahrungsmitteln und anderem ankommt, wird man Glühlampen oder Warmton-Leuchtstofflampen mit bevorzugter Wiedergabe der roten Farbtöne verwenden, wobei dann hier die Beleuchtungsstärken i.a. 500 lx nicht überschreiten.
5
Stationäre Antriebe
5.1
Stationärer Kraftbedarf
Viele Energiedienstleistungen, namentlich in der Fertigungs- und Verfahrenstechnik, basieren auf einem Bedarf an mechanischer Arbeit als Nutzenergie. Der entsprechende Betrag an „Aktivenergie“ wird von einer Arbeitsmaschine geliefert, welche ihrerseits von einer Kraftmaschine (= Motor) angetrieben wird. Während es im Kapitel 6 um mobile Kraft- und Arbeitsmaschinen in Verkehrs- oder Transportmitteln geht, ist der Gegenstand des Kapitels 5 die Gesamtheit derjenigen Antriebe, bei denen Kraft- und Arbeitsmaschine grundsätzlich ortsfest sind. Hierunter fallen auch einige Verkehrs- oder Transportmittel wie z.B. Seilbahnen oder Aufzüge. Die energetische Bedeutung dieses Bereiches der Energieanwendung kann man daran ermessen, dass auf sein Konto fast die Hälfte des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland geht. In der Industrie sind es sogar fast zwei Drittel, in den Haushalten knapp 30 % und im Sektor GHD ca. 40 %. Tabelle 5.1 gibt ! ohne Anspruch auf Vollständigkeit ! einen Überblick über die Vielfalt der Energiedienstleistungen für die verschiedensten Zwecke, sowie die dafür eingesetzten Arbeitsmaschinen.
5.2
Fördern von Fluiden
Aus der Vielfalt der in Tabelle 5.1 genannten Energiedienstleistungen wird im folgenden das Fördern von Fluiden (d.h. von Flüssigkeiten und Gasen) herausgegriffen25. Von der sektoralen Verbreitung wie auch von der mengenmäßigen Bedeutung her handelt es sich dabei um den wichtigsten Bereich des stationären Kraftbedarfs. Zunächst wird die Aufgabenstellung der Fluidförderung systematisch betrachtet und die Anwendungsfelder beschrieben. Danach wird auf die Bauformen, Funktionsweise und Eigenschaften der einschlägigen Arbeits25
Auch Komprimieren und Evakuieren werden meist zum Fördern gezählt
146 Tabelle 5.1.
5 Stationäre Antriebe Arbeitsmaschinen für Energiedienstleistungen
Energiedienstleistung Komprimieren
Arbeitsmaschine
Objekt
Anwendungsbeispiel
Verdichter
Evakuieren Fördern
Vakuumpumpe Gebläse, Ventilator, Pumpe
Gas, Dampf Gas Gas
Druckluftversorgung Kälteaggregat Vakuumkammer Saugzug, Lüftung Heizsystem, Wasserkühlung, Pipeline Bandförderer, Aufzug, Kran, Spannvorrichtung, Vorschubeinheit, Roboter Walzwerk, Strangpresse, Freiformschmiede Backenbrecher, Kugelmühle, Holzschliff-Anlage
Flüssigkeit
Transportieren, Rolle, Seilzug, Bewegen, Spindel, Schnecke, Manipulieren Greifarm
Feststoffe aller Art
Plastisches Um- Walze, formen Pressstempel, Hammer Zerkleinern Brecher, Mühle, Schleifer Zerteilen Schere, Stanze Spanendes Drehwerk, Trennen Bohrwerk, Fräse, Hobel, Säge, Schleifwerk Mechanisches Schraubwerk, Fügen Hammer, Nietwerk Mech. Trennen Zentrifuge, disperser Stoffe Presswalze und Entwässern Mischen Knet-, Rührwerk, Homogenisator
Metall, Kunststoff Gestein, Zement, Getreide, Holz, usw. Metall, Papier, Textil, usw. Feststoffe aller Art
Werkzeugmaschinen
Mechanische Teile
Montage
Suspension, Emulsion, nasse Feststoffe feste, flüssige Stoffe
Milchentrahmung, Pressenpartie der Papiermaschine Nahrungsmittel-, Chemieindustrie
5.2 Fördern von Fluiden
147
maschinen eingegangen. Schließlich wird die Kreiselpumpe als ein typischer Vertreter dieser Gattung hinsichtlich des Betriebsverhaltens untersucht. 5.2.1
Aufgabenstellung
Das Fördern eines Fluids ist in jedem Fall mit einer Druckerhöhung verbunden, die meist durch das Druckverhältnis gekennzeichnet wird:
Ψ =
p2 . p1
(5.1)
Bezogen auf die Masseneinheit des Fluids, ist dazu die technische Arbeit
dwt = vdp
(5.2)
mittels einer Arbeitsmaschine dem Fluid zuzuführen.
vom Eintrittsdruck p1 auf den Austrittsdruck p2 Soll der Massenstrom m gebracht werden, so ist dafür die Nutzleistung p2
∫ dwt PNutz = m
(5.3)
p1
erforderlich. Flüssigkeiten sind inkompressibel, ihr spezifisches Volumen
v=
1
ρ
=
V m
(5.4)
ist also konstant. Damit lässt sich die Nutzleistung zur Förderung einer Flüssigkeit als Produkt aus dem Volumenstrom und seiner Druckerhöhung ausdrücken: (inkompr) PNutz = ( p2 − p1 ) V = (Ψ − 1 ) p1V .
(5.5)
Für die Förderung eines kompressiblen Mediums (Gas oder Dampf) ist die Veränderung des spezifischen Volumens zu berücksichtigen. Unter den Annahmen • dass es sich um ein ideales Gas handelt, so dass die thermische Zustandsgleichung
pv = RT gilt, sowie
(5.6)
148
5 Stationäre Antriebe
• dass die Förderung reversibel und adiabatisch, somit isentropisch abläuft, lassen sich Druck und spezifisches Volumen unter Verwendung des Isentropenexponenten κ = c p cv auf die Anfangswerte zurückführen:
p vκ = p1 v1κ .
(5.7)
Damit ergibt sich im Falle eines kompressiblen Fluids die Nutzleistung26 in Abhängigkeit von Druck und Volumenstrom am Eintritt in die Fördermaschine zu
(kompr) PNutz
⎛ ⎛⎜ 1− κ1 ⎞⎟ ⎞ ⎜Ψ ⎝ ⎠ − 1 ⎟ ⎜ ⎟ ⎝ ⎠ p V = 1 1 . 1 1−
(5.8)
κ
In Abb. 5.1 sind die Zusammenhänge zwischen Nutzleistung, Druckverhältnis und Volumenstrom dargestellt. Bei einem Eintrittsdruck von 1 bar 1000 26137-B-00
100
1 kW
10 kW
100 kW
1 MW
10 MW
Nutzleistung
Pumpe
Druckverhältnis
Medium inkompressibel kompressibel
Verdichter
10
0,1 kW
1 0,001
Gebläse Ventilator
0,01
0,1
1
10
100
1000
Volumenstrom in m³/s
Abb. 5.1. Nutzleistung für die Fluidförderung in Abhängigkeit von Druckverhältnis und Volumenstrom 26
Teilweise wird bei kompressiblen Medien die Nutzleistung unter der Voraussetzung konstant bleibender Temperatur ermittelt. Dabei ergeben sich deutlich geringere Werte. Allerdings entspricht diese Voraussetzung meist nicht den realen Verhältnissen; bei der Verdichtung von Dämpfen scheidet sie von vornherein aus.
5.2 Fördern von Fluiden
149
(das entspricht ungefähr dem atmosphärische Druck) entspricht der Austrittsdruck in der nämlichen Einheit zahlenmäßig dem Druckverhältnis. Inkompressible Medien, also Flüssigkeiten, werden durch Pumpen gefördert; der Druckbereich erstreckt sich von wenigen mbar Druckerhöhung bis in den kbar-Bereich. Bei kompressiblen Medien, also Gasen und Dämpfen, hängt die Bezeichnung der Fördermaschine ab vom Austrittsdruck. Bis 1,3 bar spricht man von Ventilatoren oder Lüftern, während die Maschinen mit Austrittsdrücken zwischen 1,3 und 3 bar Gebläse genannt werden. Oberhalb von 3 bar beginnt das Gebiet der Verdichter. Für eine bestimmte Förderaufgabe, die durch die Werte von Volumenstrom und Druckverhältnis gegeben ist, ist für ein kompressibles Medium eine geringere Nutzleistung erforderlich als für ein inkompressibles Medium. Die Erklärung dafür liegt in Gl.(5.2): Die spezifische technische Arbeit hängt ab vom spezifischen Volumen, welches dank der Kompression während der Druckerhöhung bei Gasen (und Dämpfen) kleiner wird. Aus der Darstellung ist ersichtlich, dass dieser Unterschied erst merkbar wird für Austrittsdrücke über etwa 1,3 bar. Das bedeutet, dass bei der Gasförderung durch Ventilatoren sich die Gasdichte nicht wesentlich ändert. Eine Sonderaufgabe der Gasförderung besteht in der Erzeugung eines Unterdrucks. Der Bereich des zu erzielenden Vakuums erstreckt sich von einer leichten Absenkung des atmosphärischen Druckniveaus bis hin zu Drücken von weniger als 1 mPa. In einem solchen „Hochvakuum“ befinden sich in 1 cm³ immerhin noch 1011 Moleküle. Eine Evakuierung erfolgt im allgemeinen gegen den Atmosphärendruck, das bedeutet, dass der Austrittsdruck knapp darüber liegt. Dementsprechend reichen die Druckverhältnisse solcher Förderaufgaben zwischen wenig über Eins bis hin zu vielen Zehnerpotenzen. Die Arbeitsmaschinen hierfür werden üblicherweise als „Vakuumpumpen“ bezeichnet, obwohl es sich um die Förderung von Gas handelt. 5.2.2
Anwendungsbereiche
Die Fluidförderung ist eine universelle „Querschnittstechnologie“. Das heißt, dass es sich sowohl beim Pumpen von Flüssigkeiten als auch beim Fördern und Verdichten von Gasen und Dämpfen um Grundanwendungen (Unit Operations) handelt, die für viele Zwecke in allen möglichen Sektoren zur Anwendung kommen. Die Anwendungsbereiche von Pumpen sind in Tabelle 5.2, von Maschinen zur Gasförderung in Tabelle 5.3 wiedergegeben.
150
5 Stationäre Antriebe
Tabelle 5.2.
Anwendungsbereiche von Pumpen
Aufgabe
Anwendungsbeispiel
Fördern, Transportieren
Erdöl, Chemikalien in Pipelines
Umwälzen, Umpumpen
Kreisläufe in Heiz- und Kühlsystemen in der Gebäudetechnik; Kühl- und Schmiersysteme in der Maschinentechnik
Befüllen, Entleeren
Getränkeabfüllanlagen in der Lebensmittelindustrie; Entleerung von Klärschlammbehältern
Zuteilen, Dosieren
Analysetechnik; chemische Industrie; Einspritzung von Brenn- und Kraftstoffen in Ölbrenner bzw. Verbrennungsmotor
Druckerhöhung, Energieübertragung
Brauchwasserversorgung in Hochhäusern; Druck- und Materialprüfung im Maschinen- und Anlagenbau; Wasserstrahlschneiden; Hydraulikantriebe
5.2.3
Arbeitsmaschinen
Die Systematik der Bauformen zeigt Abb. 5.2. Verdrängermaschinen nehmen einen Volumenstrom auf, der etwa proportional zur Drehzahl ist. Die sehr gebräuchliche Hubkolbenmaschine (s. Abb. 5.3) findet meist als Gasverdichter Verwendung. Das Ansaugen und Verdichten erfolgt periodisch durch die Bewegung eines mit Kolbenringen abgedichteten und in der Regel ölgeschmierten Kolbens in einem liegenden oder stehenden, luft- oder wassergekühlten Zylinder. Der gasdicht abschließende Zylinderdeckel ist mit selbsttätig arbeitenden Saug- und Druckventilen versehen. Wegen des unvermeidlichen „schädlichen Raumes“ (das ist das eingeschlossene Volumen am oberen Totpunkt des Kolbens) wird das tatsächlich angesaugte Volumen mit zunehmendem Druckverhältnis kleiner. Deshalb geht man für Druckverhältnisse Ψ > 8 auf mehrstufige Maschinen ! meist mit doppelt wirkenden Kolben ! über. Beim Überströmen von einem Verdichtungsraum zum nächsten wird das Gas für gewöhnlich mit Wasser zwischengekühlt. Dadurch verringert sich, ebenso wie durch die Kühlung des Verdichters selbst, die notwendige Antriebsleistung des Verdichters. Mit bis zu 8-stufigen Maschinen sind Gesamt-Druckverhältnisse bis 4000 erreichbar.
5.2 Fördern von Fluiden Tabelle 5.3.
151
Anwendungsbereiche von Verdichtern, Gebläsen, Ventilatoren und Vakuumpumpen
Aufgabe
Anwendungsbeispiel
Erzeugen hoher Prozessdrücke
Luftzerlegung, Gasverflüssigung und Gasreaktionen in der chemischen Industrie
Fördern, Transportieren
Erdgasversorgung
Verdichten von Arbeitsmedien für linksläufige Kreisprozesse
Wärmepumpen; Kältemaschinen
Druckluftversorgung
Pneumatische Antriebe und Manipulatoren; Rohrpostanlagen
Erzeugen von Druckpolstern
Luftkissen in Papierindustrie, Druckereien, Textilindustrie; Traglufthallen;
Evakuieren
Verpackungsmaschinen; Umschmelz- und Gießverfahren; Elektronenstrahltechnik
Zu- oder Abfuhr von Wärme
Luftkühlung von Maschinen; Rückkühlanlagen; Heizlüfter
Zu- oder Abfuhr von Feuchtigkeit und Dämpfen
Gebläse zum Trocknen von Holz, Erntegütern usw.; Absauganlagen in Lackierereien
Zu- oder Abfuhr von festen Partikeln
Lackzerstäuber; Absauganlagen in Gießereien, Keramik-, Holz- und Papierindustrie; Staubsauger
Zufuhr von Frischluft und Abfuhr von Abgasen
Verbrennungsluft- und Rauchgasgebläse; Tunnelbelüftung
Zufuhr von Frischluft und Klima- und Lüftungsanlagen für Menschen und Abfuhr der verbrauchten Luft Tiere Erzeugung eines Luftstroms
Windkanal; Luftschleieranlage; „Air Knife“
Nachteilig sind die Verschleißanfälligkeit sowie die Lärmentwicklung. Außerdem wird der Volumenstrom nicht kontinuierlich, sondern gepulst gefördert. Zur Flüssigkeitsförderung werden Hubkolbenpumpen oder auch Membranpumpen für relativ kleine Fördermengen bei hohen Drücken oder größeren Saughöhen eingesetzt.
152
5 Stationäre Antriebe Arbeitsmaschine zur Fluidförderung Verdrängungsmaschine Oszillierender Verdränger Hubkolben (-verdichter, -pumpe) Membran (-verdichter, -pumpe)
Rotierender Verdränger Durchströmung meridional (z.B. Flüssigkeitsring-Verdichter; ROOTS-Gebläse; Zahnradpumpe)
Durchströmung axial (Schraubenverdichter) 26138-A-00 26138-A-00
Strömungsmaschine (Turboverdichter; Kreiselpumpe) Durchströmung axial Durchströmung diagonal Durchströmung radial
Abb. 5.2. Systematik der Bauformen von Maschinen zur Fluidförderung
Einlassventil
Auslassventil
26535-A-08 26535-A-08
Abb. 5.3. Luftgekühlter einfach wirkender Tauchkolbenverdichter
5.2 Fördern von Fluiden
153
Maschinen mit rotierendem Verdränger gibt es in ein- oder zweiwelliger Ausführung, wobei der Strom des zu fördernden Fluids meridional (also in Umfangsrichtung) oder axial gerichtet sein kann. Von den einwelligen Maschinen wird der Flüssigkeitsringverdichter (Abb. 5.4) zur Erzeugung von Vakuum (bis herab zu 80 mbar) verbreitet eingesetzt. In einem zylindrischen Gehäuse dreht sich ein exzentrisch gelagertes Schaufelrad. Das im Gehäuse befindliche Wasser wird ebenfalls in Drehung versetzt und bildet infolge der Zentrifugalkraft einen Flüssigkeitsring. Die Schaufeln tauchen darin ein, wodurch sich eine wirksame und dabei wenig verschleißanfällige Abdichtung ergibt. Das Druckverhältnis stellt sich aufgrund der unterschiedlichen Größe der Kammern in der Eintritts- und der Austrittszone ein. Ventile werden nicht benötigt.
Abb. 5.4. Flüssigkeitsring-Vakuumpumpe (Quelle: Busch Vakuumpumpen und Systeme)
Zweiwellige Maschinen mit meridionalem Förderstrom werden z.B. in der Bauform nach ROOTS als Gebläse für Druckverhältnisse bis etwa 2,5 und Förderleistungen bis 20 m³/s verwendet (Abb. 5.5). Es handelt sich dabei um eine ventillose Verdrängermaschine ohne interne Verdichtung. Zwei formidentische zwei- oder dreiflügelige Kolben rotieren, verbunden über ein Synchrongetriebe, gegeneinander in einem zylindrischen Gehäuse. Dadurch entstehen umlaufende Förderräume. Der Druck des darin eingeschlossenen Gases erhöht sich erst, sobald ein Förderraum in Verbindung mit der Aus-
154
5 Stationäre Antriebe
trittsöffnung kommt und von dort eine Rückströmung einsetzt. Dies führt zu starker Lärmentwicklung und einem relativ niedrigen Wirkungsgrad.
Abb. 5.5. ROOTS-Gebläse, dreiflügelig (Quelle: Wikipedia)
Der häufig verwendete Schraubenverdichter ist eine zweiwellige Maschine mit axialem Förderstrom (bis 50 m³/s möglich). Ein schraubenförmiger Hauptläufer und ein komplementär geformter Nebenläufer stehen miteinander in Eingriff (Abb. 5.6) und drehen sich über ein Synchrongetriebe gegeneinander. Aufgrund der Geometrie der beiden Läufer wird das angesaugte Gas beim axialen Voranschieben zwischen Eintritts- und Austrittsseite kontinuierlich verdichtet. Das Druckverhältnis liegt konstruktiv fest; erreicht werden bis 22 bei Öleinspritzung im Saugstutzen (Vorteile: verbesserte Abdichtung sowie Wärmeabfuhr). Trockenlaufende Schraubenverdichter können dagegen nur für Druckverhältnisse bis etwa 4,5 gebaut werden.
Abb. 5.6. Läuferpaar eines Schraubenverdichters (Quelle: RKR)
5.2 Fördern von Fluiden
155
In Strömungsmaschinen wird ein kontinuierlich strömendes Fluid von einem mit Schaufeln bestückten Rotor beschleunigt. Der entsprechende Zuwachs an kinetischer Energie stellt den Hauptanteil der primär übertragenen Energie dar. Je nach den konstruktiven Gegebenheiten und den damit zusammenhängenden Strömungsverhältnissen wird danach sekundär ein mehr oder weniger großer Teil der kinetischen Energie in potenzielle Energie (gekennzeichnet durch den statischen Fluiddruck) umgewandelt. Bei gegebener Drehzahl hängt das erzielte Druckverhältnis von dem durchgesetzten Volumenstrom in anderer Weise ab als bei einer Kolbenmaschine, s. Abb. 5.7.
Druckverhältnis Ψ
Kolbenmaschine
Strömungsmaschine
26139-A-00 26139-A-00
1 0
Volumenstrom
Abb. 5.7. Druckverhältnis in Abhängigkeit vom Volumenstrom bei Strömungs- und Kolbenmaschinen (qualitativ)
Aufgrund des rascheren Durchsatzes des Fluids ist die interne Wärmeabgabe an die Maschine deutlich geringer als bei Verdrängungsmaschinen. Zum Ansaugen aus dem Unterdruck sind Strömungsmaschinen nur sehr begrenzt in der Lage Von der Bauweise her werden je nach Durchströmrichtung zwei Grundtypen unterschieden (s. Abb. 5.8): 1. Axialmaschinen und 2. Radialmaschinen Als Zwischenform gibt es Diagonalmaschinen, die auch hinsichtlich ihrer Eigenschaften zwischen den beiden Idealtypen liegen.
156
5 Stationäre Antriebe Bauform: axial
radial
Abb. 5.8. Grundtypen von Strömungsmaschinen (Quelle: Wikipedia)
Bei den Axialmaschinen wird das Fluid nur in axialer sowie in tangentialer Richtung beschleunigt. Meist wird die tangentiale Bewegung anschließend in feststehenden Leitschaufeln umgelenkt und teilweise zugunsten der sekundären Druckerhöhung abgebremst. Mit einer solchen Stufe, bestehend aus Laufrad und Leitrad, lassen sich nur niedrige Druckverhältnisse (bei Flüssigkeiten bis etwa 2, bei Gasen unter 1,1) erreichen. Dafür haben Axialmaschinen den Vorteil, dass mehrere Stufen unmittelbar aneinander anschließen können. Vielstufige Axial-Turboverdichter erreichen auf diese Weise Druckverhältnisse von mehr als 10. Dabei ist die gesamte Beschaufelung aus Lauf- und Leitschaufeln in einem einzigen sich verjüngenden Ringraum angeordnet, den das Fluid axial durchströmt, so dass es nicht umgelenkt werden muss. Axialmaschinen eignen sich besonders gut für große Volumenströme (bis zu etwa 10³ m³/s bei großen Kühlturmventilatoren). Bei den Radialmaschinen strömt das Fluid in axialer Richtung ein und wird in radialer Richtung umgelenkt. Durch die Rotordrehung erfolgt eine Beschleunigung sowohl in tangentialer als auch in radialer Richtung nach außen. Bei dieser Bewegung wirkt auf das Fluid eine zusätzliche Zentrifugalkraft, die einen zusätzlichen Druckanstieg zur Folge hat. Beim Abströmen wird das Fluid ! manchmal über ein Leitgitter ! in einem sich erweiternden Spiralgehäuse geführt, wodurch ein Teil der kinetischen Energie in potenzielle Energie umgewandelt wird. Mit diesem Wirkprinzip lassen sich in einer Radialstufe sehr viel höhere Druckverhältnisse (bei Flüssigkeiten bis über 10, bei Gasen bis zu etwa 1,6) erreichen als in einer Axialstufe. Dafür ist die Hintereinanderschaltung mehrerer Stufen aufwändiger, da hier das
5.2 Fördern von Fluiden
157
Fluid prinzipbedingt nach jeder Stufe umgelenkt werden muss. Andererseits ergibt sich damit bei mehrstufigen Radialverdichtern die Möglichkeit der Zwischenkühlung nach jeder Stufe, womit dann ebenfalls Druckverhältnisse von mehr als 10 erreicht werden. Die Energieverluste von Fluidfördermaschinen entstehen als: • Mechanische Verluste durch Reibung bewegter Maschinenteile wie Lager, Kolben u.ä. • Strömungsverluste durch Reibung von Fluidteilen, entweder beim Strömen entlang mechanischer Teile (z.B. Schaufeln) oder infolge von Verwirbelung • Spaltverluste durch Rückströmung von der Druckzone in die Saugzone verringern den effektiv geförderten Fluidstrom. Das rückströmende Fluid wird wieder vom Austrittsdruck auf den Eintrittsdruck durch Drosselung entspannt und gibt dabei seine Energie durch Reibung ab. Das Ausmaß dieser Verluste drückt sich im Wirkungsgrad der Arbeitsmaschine aus:
ηArb =
PNutz . Pmech
(5.9)
Dementsprechend ist die zum Antrieb einer Arbeitsmaschine aufzubringende mechanische Leistung Pmech stets größer als die Nutzleistung. Die höchsten Wirkungsgrade von ca. 90 % besitzen langsam laufende Hubkolbenmaschinen sowie große Strömungsmaschinen im Bestpunkt. Bei Strömungsmaschinen kann sich der Wirkungsgrad beträchtlich verschlechtern, wenn der Betriebspunkt vom Auslegungspunkt abweicht. Besonders niedrige Wirkungsgrade von teilweise unter 40 % sind bei gewissen rotierenden Verdrängungsmaschinen wie ROOTS-Gebläsen anzutreffen, außerdem kommen sie bei sehr kleinen Ventilatoren und Pumpen vor. Die Verluste werden in Wärme umgesetzt. Bei Verdrängungsverdichtern wird diese soweit wie möglich durch Maschinenkühlung abgeführt, was sich wegen der Kompressibilität des zu verdichtenden Fluids vorteilhaft auf den Nutzleistungsbedarf auswirkt. Hinzu kommt bei mehrstufigen Kolben- und Radialverdichtern die Möglichkeit der Zwischenkühlung. Der nicht abgeführte Teil der Verluste erhöht den thermischen Energieinhalt des geförderten Fluids.
158
5.2.4
5 Stationäre Antriebe
Betriebsverhalten von Kreiselpumpen
5.2.4.1 Hydraulische Förderleistung
Das Erhöhen des Druckes einer Flüssigkeit kann je nach Aufgabenstellung verschiedenen Zwecken dienen: • Wird von einem drucklosen Behälter in einen anderen gefördert, dessen Flüssigkeitsspiegel um die geodätische Höhendifferenz Hgeo höher liegt (sog. „Freispiegelförderung“), so ist dazu eine „geodätische“ Druckerhöhung Δpgeo = ρ g Hgeo
(5.10)
erforderlich. • Soll Flüssigkeit in einen Behälter gebracht werden, der gegenüber der Umgebung einen Überdruck aufweist, so bedarf es einer entsprechenden Erhöhung Δpstat des statischen Druckes. • Soll Flüssigkeit mit einer erhöhten Geschwindigkeit c2 z.B. aus einer Düse austreten, so ist dafür der dynamische Druck
Δpdyn =
ρ 2
(c
2 2
− c12 ) ≡ Δekin
(5.11)
aufzubringen. Diese Größe ist identisch mit dem volumenspezifischen Inhalt an kinetischer Energie. • Jegliche Strömung von Fluiden ist wegen der Reibung (Dissipation) mit einem Druckabfall verbunden. In einem glatten Rohr der Länge L und der Innenweite D beträgt er unter der Voraussetzung turbulenter Strömung einer inkompressiblen Flüssigkeit
Δpdiss =
8ρλ L 2 V . π 2 D5
(5.12)
Die Rohrreibungszahl λ ist dimensionslos, ihr Wert liegt für ein mit 1 m/s durchströmtes 1"-Wasserrohr bei rd 0,025. Die insgesamt für eine Förderaufgabe notwendige Druckerhöhung Δpges kann sich aus den genannten Anteilen zusammensetzen:
Δpges = Δpgeo + Δpstat + Δpdyn + Δpdiss .
(5.13)
Während der geodätische, der statische und der dynamische Anteil nicht
5.2 Fördern von Fluiden
159
vom Volumenstrom abhängen, besteht für den durch die Strömungswiderstände bedingten Druckabfall eine quadratische Abhängigkeit. In dem sehr häufig vorkommenden Fall, dass ein Fluidstrom in einem Rohrnetz umgewälzt wird (wie bei allen Heiz- und Kühlwasserkreisen), stellt der dissipative Druckabfall den einzigen Posten dar.
Druckerhöhung
Die aufzubringende Druckerhöhung in Abhängigkeit vom Volumenstrom ist qualitativ in Abb. 5.9 dargestellt. Sie wird als „hydraulische Kennlinie“ oder „Rohrnetzkennlinie“ bezeichnet.
Arbeitspunkt
Phy; diss
Δpdiss
Δpgeo+stat+dyn
Phy; geo+stat+dyn 0
26140-A-00 26140-A-00
Volumenstrom
Abb. 5.9. Widerstandskennlinie für eine Förderaufgabe (qualitativ)
Häufig wird anstelle der Druckerhöhung die äquivalente Förderhöhe verwendet:
H=
Δp . ρg
(5.14)
Im Falle einer inkompressiblen Flüssigkeit ist eine hydraulische Förderleistung erforderlich, die nach Gl. (5.5) gleich dem Produkt aus dem geförderten Volumenstrom und der Druckerhöhung ist:
Phy = Δp V .
(5.15)
Für einen gegebenen Betriebspunkt auf der Kennlinie stellt sich die hydraulische Leistung folglich als Fläche dar. Die Aufteilung ist entsprechend den Anteilen der einzelnen Druckdifferenzen möglich.
160
5 Stationäre Antriebe
5.2.4.2 Pumpenkennlinien
Im Folgenden wird der entsprechende Zusammenhang zwischen Druckerhöhung und Volumenstrom für eine Kreiselpumpe hergeleitet. In einer ersten Betrachtungsstufe kann man hierfür von der idealisierten Annahme einer eindimensionalen reibungs- und wirbelfreien „Fadenströmung“ ausgehen. Abb. 5.10 zeigt im oberen Teil einen Querschnitt durch ein Pumpenlaufrad mit den zugehörigen Geschwindigkeitsvektoren des Fluids G am Eintritt (Index 1) und am Austritt (Index 2). Die Absolutgeschwindigkeit c des Fluids (von einem festen Beobachtungspunkt aus gesehen) Glässt sich in zwei Komponenten unterteilen: die Umfangsgeschwindigkeit u des Lauf-
1
β1
G r1
G1 u
β2
2
wG
G c1
26265-A-02 26265-A-02
G w2
rG
2
G2 c
Laufschaufeln Strömungsfaden Laufradausschnitt: uG
ω
Geschwindigkeitsdreieck am Austritt:
G u2
β2
Gw 1 G2 c G c2m
vergrößert Volumenstrom: verringert
G c2u Abb. 5.10. Strömungsgeschwindigkeiten im Laufrad einer Kreiselpumpe (qualitativ)
5.2 Fördern von Fluiden
161
G
rades und die Relativgeschwindigkeit w des Fluids von einem Beobachtungspunkt auf dem Laufrad aus gesehen: G G G c = u+ w. (5.16) Außerdem lässt sich die Absolutgeschwindigkeit in die tangentiale Umfangskomponente (u) und die radiale „Meridial“-Komponente (m) zerlegen: G G G (5.17) c = cu + cm Im unteren Teil von Abb. 5.10 sind die entsprechenden Geschwindigkeitsdreiecke für den Laufradaustritt wiedergegeben. Aus den geometrischen Verhältnissen dieser Dreiecke geht hervor:
c2u = u2 −
c2m . tan β 2
(5.18)
Wird der Volumenstrom V variiert, bei konstanter Drehzahl und damit auch G gleich bleibender Umfangsgeschwindigkeit u des Laufrades, so ergibt sich die Verschiebung des oberen Eckpunktes der Geschwindigkeitsdreiecke aus folgenden Überlegungen: • Da der Schaufelwinkel β als konstruktive Größe festliegt, bleibt die RichG tung der Relativgeschwindigkeit w gleich. • Die Meridialgeschwindigkeit hängt mit dem Volumenstrom über die Größe der Durchtrittsfläche A zusammen:
c2m =
V A2 .
(5.19)
Damit verändert sich der Betrag der Meridialgeschwindigkeit proportional zum Volumenstrom; ihre Richtung ist immer senkrecht zur Umfangsbewegung. Eine Aussage über die Energieumsetzungen erhält man mit Hilfe der EULERschen Hauptgleichung der Strömungsmaschinen. Sie besagt, dass das vom Laufrad an das Fluid übertragene Schaufelmoment unter den oben genannten idealisierten Annahmen gleich dem Produkt aus dem Massenstrom des Fluids und dessen Dralländerung ist: GG Δ ( r cu ) = m ( r2 c2u − r1 c1u ) . (5.20) MSch,id = m Der Drall bei der Einströmung ist im allgemeinen sehr gering ( c1u ≈ 0 ), so dass nur der Term für den Laufradaustritt zu berücksichtigen ist. Mit
u=ωr und
(5.21)
162
5 Stationäre Antriebe
P =ω M
(5.22)
erhält man für die vom Laufrad an das Fluid übertragene ideale Schaufelleistung:
2 c2u . PSch,id = mu
(5.23)
Dies ist eine hydraulische Leistung, so dass sich über Gl. (5.15) für die vom Laufrad der Pumpe bewirkte Druckerhöhung des Fluids im behandelten Idealfall ergibt:
⎛ ⎞ V ΔpSch,id = ρ u22 ⎜ 1 − ⎟. A u tan β 2 2 2 ⎝ ⎠
(5.24)
Hierbei ist die Dichte ρ der Flüssigkeit gemäß Gl.(5.4) eingesetzt. Kreiselpumpen werden gewöhnlich mit flacher, rückwärts gekrümmter Beschaufelung gebaut, so dass der Schaufelwinkel β2 am Austritt des Laufrades deutlich kleiner als 90° ist. Unter dieser Voraussetzung ist tan β 2 > 0 , und damit wird ΔpSch,id am größten für V = 0 , d.h. wenn die Pumpe gegen geschlossenen Schieber fördert. Mit wachsendem Volumenstrom geht die Druckerhöhung linear zurück. In Abb. 5.11 ist der Verlauf von ΔpSch,id in Abhängigkeit vom Volumenstrom qualitativ aufgetragen. Die von einer Pumpe tatsächlich aufgebrachte Druckerhöhung in Abhängigkeit vom Volumenstrom wird in aller Regel durch Messungen auf dem ( )
ΔpSch,id V
(Ideale Druckerhöhung)
Druckerhöhung
Minderleistung infolge endlicher Schaufelzahl
( )
ΔpPu V
Hydraulische Kanalströmungs-Verluste
(Drosselkennlinie)
Stoßverluste Auslegungspunkt
26266-B-06 26266-B-06
Volumenstrom
Abb. 5.11. Entstehung der Drosselkennlinie einer Kreiselpumpe (qualitativ)
5.2 Fördern von Fluiden
163
Prüfstand ermittelt, indem man den Volumenstrom durch Drosselung variiert. Aus diesem Grund werden die realen Kennlinien ΔpPu V einer Pumpe oft als „Drosselkennlinien“ bezeichnet.
( )
Die Unterschiede zwischen der Idealkennlinie ΔpSch,id und der Drosselkennlinie ΔpPu sind im wesentlichen durch drei Einflüsse begründet (s. Abb. 5.11): a. Minderleistung infolge endlicher Schaufelzahl: Die eingangs getroffenen Annahmen implizieren einen „schaufelkongruenten“ Strömungsverlauf, der jedoch nur für unendlich dicht beieinander liegende Schaufeln zutreffen würde. In Wirklichkeit hat der Raum zwischen zwei Schaufeln eine gewisse tangentiale Ausdehnung; außerdem haben die Schaufeln selbst auch eine gewisse Dicke. Das führt zu einer Veränderung der Strömungsverhältnisse mit der Folge, dass sich die mit einer Pumpe erreichbare Druckerhöhung verringert. Diese Verminderung hängt in erster Näherung linear vom Volumenstrom ab. b. Hydraulische Kanalströmungs-Verluste: Die Fluidreibung an den Schaufelwänden und an den sonstigen Flächen von Saug- und Druckstutzen sowie infolge von Verwirbelung äußert sich in einer weiteren Verringerung der erreichbaren Druckerhöhung und hängt quadratisch vom Volumenstrom ab, vgl. Gl. (5.12). c. Stoßverluste: Weicht der Betriebspunkt vom Auslegungsfall ab, d.h. wird die Pumpe mit einem anderen als dem Nenndurchsatz VN betrieben, so stimmen die Anström- bzw. Abströmwinkel des Fluids nicht mehr mit den Schaufelwinkeln am Eintritt bzw. Austritt des Laufrades überein. Das führt zu Verzögerungs- oder Beschleunigungsstößen mit der Folge zusätzlicher Reibungsverluste, hauptsächlich durch Verwirbelung. Der daraus resultierende weitere Rückgang der erreichbaren Druckerhöhung hängt quadratisch von der Abweichung des Volumenstroms vom Nenn2 wert, V − VN ab. Zusätzlich treten noch Spaltverluste auf, da die Zwischenräume zwischen Laufrad und Gehäuse nicht vollkommen abgedichtet werden können. Dieser Posten ist aber ebenso wie andere Verlustarten (Radreibung, Lager- und Stopfbuchsenreibung) von untergeordneter Bedeutung. Der Verlauf der tatsächlichen Pumpenkennlinie (Drosselkennlinie) kann je nach Bauart und Gestaltung der Schaufeln unterschiedlich aussehen. Dies betrifft insbesondere den Bereich kleiner Durchsätze; hier kann ΔpPu auch ein Maximum für V > 0 aufweisen. Aus der Drosselkennlinie der Pumpe ergibt sich gemäß Gl. (5.15) der Verlauf der hydraulischen Förderleistung über dem Volumenstrom. Wie aus
164
5 Stationäre Antriebe
Abb. 5.12 ersichtlich, weist die hydraulische Förderleistung ein ausgeprägtes Maximum auf, das normalerweise rechts vom Auslegungspunkt liegt. Die Nullwerte liegen zum einen bei dem Volumenstrom, der einer Druckerhöhung von Null entspricht, und zum anderen beim Volumenstrom von Null, also beim Betrieb gegen geschlossenen Schieber.
en mp Pu
k w ir
gra gs un
d
eb ntri h. A Mec
H
0
rl rde Fö . r yd
t eis
n stu slei
g
g un
26142-A-02 26142-A-02
Volumenstrom
Abb. 5.12. Leistung und Wirkungsgrad einer Kreiselpumpe bei Nenndrehzahl (qualitativ)
Die Leistung, die mechanisch über die Antriebswelle der Pumpe zugeführt werden muss, beinhaltet zusätzlich zu der hydraulischen Förderleistung noch den Aufwand zur Deckung der Verluste infolge Reibung und Verwirbelung des Fluids sowie der übrigen Reibungsanteile. Auch der Betrieb gegen geschlossenen Schieber ( V = 0 ) erfordert wegen intensiver Rezirkulationsströmung etwa die Hälfte der Antriebsleistung im Auslegungspunkt. Mit zunehmendem Volumenstrom werden die Verluste zunächst absolut kleiner; der Bedarf an mechanischer Antriebsleistung steigt etwas stärker als linear an. Der Pumpenwirkungsgrad ergibt sich gemäß Gl. (5.9) als Quotient aus der hydraulischen Förderleistung (= Nutzleistung) und mechanischer Antriebsleistung (= Aufwand). Es ergeben sich die gleichen Nullwerte wie bei der hydraulischen Förderleistung. Das Optimum des Pumpenwirkungsgrades liegt normalerweise etwa beim Auslegungspunkt.
5.2 Fördern von Fluiden
165
5.2.4.3 Variation der Drehzahl
Die Drosselkennlinie einer Kreiselpumpe bei einer veränderten Läuferdrehzahl n geht aus der Drosselkennlinie bei der Auslegungsdrehzahl n0 punktweise durch folgendes Abbildungsgesetz hervor:
n V ( n ) = ⋅ V ( n0 ) ; n0
(5.25)
2
⎛ n⎞ Δp ( n ) = ⎜ ⎟ ⋅ Δp ( n0 ) . ⎝ n0 ⎠
(
(5.26)
)
Zu jedem Punkt Δp ( n0 ) ; V ( n0 ) der Drosselkennlinie bei der Auslegungsdrehzahl gibt es somit einen Äquivalenzpunkt Δp ( n ) ; V ( n ) der Drosselkennlinie bei der veränderten Drehzahl. Die Äquivalenzpunkte liegen jeweils auf einer Parabel.
(
)
Abbildung 5.13 zeigt die Schar der Drosselkennlinien bis herab zur halben Auslegungsdrehzahl. Der Pumpenwirkungsgrad ηPu verändert sich entlang der jeweils zueinander gehörigen Äquivalenzpunkte nur wenig. Angenähert gilt:
Druckerhöhung
Relative Drehzahl n/n0 =
80 %
1
0,9
0,8 0,7
40 % 60 % 70 % 75 %
0,5
78 %
0,6
% 75 0 % % 7 60 % Pumpenwirkungsgrad ηPu = 40
0
26141-B-07 26141-B-07
Volumenstrom
Abb. 5.13. Drosselkennlinien einer Kreiselpumpe bei verschiedenen Drehzahlen (qualitativ)
166
5 Stationäre Antriebe
1 − ηPu ( n )
1 − ηPu ( n0 )
⎛ n⎞ ≈⎜ ⎟ ⎝ n0 ⎠
−0,1
.
(5.27)
Dieser Zusammenhang ist in Abb. 5.14 dargestellt. Je höher der Wirkungsgrad bei der Auslegungsdrehzahl ist, desto weniger geht er bei Drehzahlreduzierung zurück. 100% 26523-A-07 26523-A-07
90%
80%
Pumpenwirkungsgrad
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0% 0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1
Normierte Drehzahl
Abb. 5.14. Veränderung des Pumpenwirkungsgrades mit der Drehzahl
5.2.4.4 Regulierung des Förderstroms
Eine häufig gestellte Aufgabe lautet: In einem gegebenen Rohrnetz (z.B. Gebäudeheizung, Kühlwassersystem) soll der Volumenstrom V variiert werden. Wie im oberen Teil von Abb. 5.15 schematisch skizziert, kann dies auf dreierlei Arten realisiert werden. Im unteren Teil ist im Δp, V - Diagramm dargestellt, wie sich im Falle einer Reduzierung des Volumenstroms von V1 auf V2 der jeweilige Arbeitspunkt von 1 nach 2a, 2b bzw. 2c verlagert.
5.2 Fördern von Fluiden
1
167
2a
1
2b
1
Drosselung
Drehzahlstellung
2c
Bypass
26143-B-02 26143-B-02
Druckerhöhung
Widerstandskennlinien:
Rohrnetz + Drossel Rohrnetz
2b 1 P2,hy;Drossel hy;Drossel
Rohrnetz mit Bypass 2a
2c Pumpenkennlinien:
P2,hy;Rohrnetz
für n1 für n2a
P2,hy;Bypass
0
V2
V1
Volumenstrom
Abb. 5.15. Veränderung des Arbeitspunktes bei Reduzierung des Volumenstroms in einem Rohrnetz (qualitativ)
a. Drehzahlstellung: Der hydraulische Gesamtwiderstand der Anordnung bleibt gleich. Daher wandert der Arbeitspunkt auf der ursprünglichen Rohrnetzkennlinie bis zum Schnittpunkt mit der Pumpenkennlinie für die veränderte Drehzahl (Punkt 2a). Die von der Pumpe abzugebende hydraulische Leistung P2,hy,Rohrnetz ist als Fläche ersichtlich. b. Drosselung: Hier wird die Verringerung des Volumenstroms durch einen zusätzlichen hydraulischen Widerstand im Fließweg erreicht. Die resultie-
168
5 Stationäre Antriebe
rende Kennlinie „Rohrnetz + Drossel“ verläuft somit steiler. Der Schnittpunkt mit der Pumpenkennlinie ergibt den Arbeitspunkt 2b. An hydraulischer Leistung ist hierbei zusätzlich der Betrag P2,hy,Drossel aufzubringen, da der Volumenstrom einen erhöhten Strömungswiderstand überwinden muss. c. Bypass: Die dritte Möglichkeit besteht in der hydraulischen Parallelschaltung eines Strömungswiderstandes, was zu einer flacheren resultierenden Kennlinie „Rohrnetz mit Bypass“ führt. Der Schnittpunkt mit der Pumpenkennlinie ergibt den Arbeitspunkt 2c. Die Pumpe hat die gleiche Druckerhöhung aufzubringen wie im Fall a, so dass durch das Rohrnetz der Volumenstrom V2 gefördert wird. Jedoch ist im Fall c noch ein zusätzlicher Volumenstrom durch den Bypass zu fördern, wodurch sich die hydraulische Leistung gegenüber dem Fall a um P2,hy,Bypass erhöht. Der Verlauf der hydraulischen Förderleistung sowie der mechanischen Antriebsleistung ist für die drei Methoden in Abb. 5.16 über dem Volumen140% 26527-A-07 26527-A-07
120%
Methode: Bypass 100%
Leistungen
Drosselung 80%
Mechanische Leistung
60%
40%
Hydraulische Leistung Drehzahlstellung
20%
0% 0%
20%
40%
60%
80%
100%
Volumenstrom
Abb. 5.16. Mechanische Antriebsleistung und hydraulische Leistung einer Kreiselpumpe bei Reduzierung des Volumenstroms
5.2 Fördern von Fluiden
169
strom gezeigt. Der Volumenstrom ist auf den Auslegungswert normiert, der bei etwa 2/3 der Maximalförderung der Pumpe angesetzt ist. Die Leistungen sind normiert auf die mechanische Antriebsleistung der Pumpe im Auslegungsfall. Die für eine bestimmte Reduzierung des Volumenstroms zusätzlich notwendige hydraulische Leistung ist bei Drosselung durchweg höher als bei der Bypass-Methode. Wegen der sehr unterschiedlichen Pumpenwirkungsgrade kommt jedoch die Methode der Drosselung mit deutlich geringerer Antriebsleistung für die Pumpe aus. Bei einem Volumenstrom von Null (d.h. Förderung gegen geschlossenen Schieber) liegt die Antriebsleistung noch etwa bei der Hälfte des Wertes im Auslegungspunkt. Dagegen erhöht sich bei der Bypass-Methode die mechanische Leistung mit der Reduzierung des Volumenstroms bis auf maximal etwa 4/3 des Auslegungswertes. Der hohe Energiebedarf disqualifiziert die Bypass-Methode in den meisten Fällen, zumal bei starker Reduzierung des Volumenstroms die Gefahr einer Überlastung des Antriebssystems besteht. Die Methode der Drehzahlstellung schneidet bei weitem am besten ab; in erster Näherung verläuft die mechanische Antriebsleistung über dem Volu3 menstrom hier gemäß Pmech ∝ V . Um einen Vergleich des Aufwandes an Endenergie zu erhalten, müssen noch zusätzlich die Verluste im Antriebssystem berücksichtigt werden. Hier büßt die Methode der Drehzahlstellung einige Prozentpunkte ein (Näheres hierzu in Kap. 5.4.2.8).
5.3
Zusammenwirken von Arbeitsmaschine und Antriebssystem
5.3.1
Allgemeine Zusammenhänge
In Abb. 5.17 ist der Verbund aus Antriebssystem und Arbeitsmaschine schematisch dargestellt. Die Kraftmaschine (Motor) als Kernstück des Antriebssystems liefert an ihrer Abtriebswelle mechanische Leistung, die ! ggfs. unter Zwischenschaltung eines Getriebes ! den Bedarf der Arbeitsmaschine deckt. In einigen wenigen Fällen erfolgt der Antrieb der Arbeitsmaschine durch eine thermische Kraftmaschine. Ein Antrieb über Dampf- oder Gasturbine
170
5 Stationäre Antriebe Äußere Vorgaben
Antriebssystem
Schutz, Steuerung, Regelung, Führung
Prozesszustände (z.B. Druck)
U, I, P, f
ϑ
n, α
Stell- und Steuereinheit
Motor
Getriebe
Arbeitsmaschine
26267-A-02 26267-A-02
Abb. 5.17. Komponenten eines elektrischen Antriebssystems
kommt bei sehr großen, dauernd betriebenen Systemen wie Speisewasserpumpen oder Hochofenwindgebläsen in Frage. Der Verbrennungsmotor kommt vorwiegend in Betracht bei mobilen Anwendungen, bei denen eine leitungsgebundene Stromversorgung schwierig und der Einsatz von Akkumulatoren nicht wirtschaftlich ist (z.B. Erdräummaschinen, Straßenbaumaschinen usw.). Ferner kann ein Antrieb durch Verbrennungsmotor dort vorteilhaft sein, wo sich dessen Abwärme günstig verwerten lässt. Des weiteren gibt es verschiedene Bereiche (Hand-Werkzeuge, Baumaschinen, Positionier- und Vorschubantriebe), in denen hydraulische (Arbeitsmedium meist Öl) bzw. pneumatische (Arbeitsmedium Druckluft) Antriebe eine wichtige Rolle spielen. Von den erwähnten Fällen abgesehen, werden für stationäre Antriebe durchweg elektrische Antriebssysteme verwendet. Diese weisen somit eine außerordentlich große Bedeutung auf und sind deshalb alleiniger Gegenstand der folgenden Ausführungen. Ein elektrisches Antriebssystem besteht aus folgenden Hauptbestandteilen (s. Abb. 5.17): 1. Motor als Kraftmaschine, die elektrische Energie in mechanische Arbeit umwandelt; bei elektrischer Bremsung auch umgekehrt 2. Stell- und Steuerglied zwischen der elektrischen Maschine und dem Netz. Das kann im einfachsten Fall ein Schalter zum Ein- und Ausschalten des Motors sein, oder eine Einrichtung zum Anlassen mittels variabler Spannung, oder ein Umrichter zur Erzeugung variabler Frequenz und
5.3 Zusammenwirken von Arbeitsmaschine und Antriebssystem
171
Spannung, um damit die M,n-Kennlinie verstellen zu können. 3. Schutz-, Steuerungs-, Regelungs- und Führungskomponenten, je nach Komplexität des Antriebs. 5.3.2
Drehzahl und Drehmoment
Aufgrund der Energieerhaltung gilt folgende Bilanzgleichung:
PMot = PArb + E kin .
(5.28)
Die vom Motor an der Abtriebswelle abgegebene Leistung deckt den Leistungsbedarf der Arbeitsmaschine27; ein etwaiger Überschuss führt zu einer Erhöhung der im System sämtlicher bewegter Teile gespeicherten kinetischen Energie. Besteht dagegen ein Defizit an gelieferter Leistung, so wird dieses durch Abbau kinetischer Energie ausgeglichen. Die kinetische Energie eines rotierenden Systems hängt vom Trägheitsmoment J sowie von der Winkelgeschwindigkeit ω = 2πn ab:
Ekin =
1 Jω 2 . 2
(5.29)
Folglich ist eine Änderung der kinetischen Energie verbunden mit einer gleichsinnigen Änderung der Drehzahl:
E kin = Jω ω .
(5.30)
Wird eine starre Kopplung zwischen Motor und Arbeitsmaschine vorausgesetzt, so hängen die Drehzahlen beider Teilsysteme zu jedem Zeitpunkt über das Übersetzungsverhältnis i des dazwischen liegenden Getriebes zusammen:
nMot = i nArb .
(5.31)
Das Getriebe dient häufig dazu, einen schnell laufenden Motor an eine langsamer drehende Arbeitsmaschine anzupassen. Da ein Getriebe in aller Regel mit festen Übersetzungsverhältnissen ! ggfs. schaltbar ! arbeitet, ziehen Drehzahlschwankungen der Arbeitsmaschine entsprechende Drehzahlschwankungen des Antriebsmotors nach sich. Die auf einer Welle übertragene mechanische Leistung ergibt sich als Produkt aus Winkelgeschwindigkeit und Drehmoment:
27
Zuzüglich der Verlustleistung eines dazwischen befindlichen Getriebes
172
5 Stationäre Antriebe
Pmech = ω M .
(5.32)
Damit entspricht die Energiebilanz in Gl.(5.28) einer Momentenbilanz (motorseitig gesehen):
MMot =
1 MArb + Mdyn . i
(5.33)
Das dynamische Moment ist die Reaktion der Änderung kinetischer Energie und ergibt sich folglich zu
Mdyn =
E kin
1 ⎛ ⎞ = ⎜ JMot + 2 J Arb ⎟ ω Mot . i ω ⎝ ⎠
(5.34)
Das Trägheitsmoment der Arbeitsmaschine wird dabei mit dem Quadrat des Übersetzungsverhältnisses auf die Motorseite umgerechnet. Statt auf die Motorseite kann die Bilanzierung auch auf die Eingangsseite der Arbeitsmaschine (d.h. auf der anderen Seite des Getriebes) gelegt werden. Das ist dann sinnvoll, wenn das Getriebe eine bauliche Einheit mit dem Motor bildet, wie es bei Getriebemotoren der Fall ist. Dann müssen Drehzahl und Moment des Motors entsprechend umgerechnet werden. Gibt es kein Getriebe (i = 1), so ist eine Unterscheidung irrelevant. Sowohl für den Motor als auch für die belastete Arbeitsmaschine gibt es aufgrund ihres jeweiligen Systemverhaltens eine Abhängigkeit zwischen Drehmoment und Drehzahl. Aus der Bilanzgleichung (5.28) folgt, dass der stationäre Arbeitspunkt sich aus dem Schnittpunkt der beiden Charakteristiken ergibt, s. Abb. 5.18 (motorseitig gesehen). Die Bedingung für die Stabilität eines Arbeitspunktes lautet:
∂MMot 1 ∂MArb < 2 . ∂nMot i ∂nArb
(5.35)
Bezogen auf die Motorabtriebsseite, muss bei einer differenziellen Erhöhung der Motordrehzahl das von der Arbeitsmaschine ausgeübte Widerstandsmoment stärker wachsen als das vom Motor aufgebrachte Antriebsmoment. Dann stellt sich gemäß Gl. (5.33) ein negatives dynamisches Moment ein, das zu einer Abbremsung und damit zu einer Rückkehr auf den stationären Arbeitspunkt führt. Analoge Überlegungen gelten für eine Unterschreitung der Drehzahl. Ferner erklärt sich daraus auch die Instabilität des Betriebspunktes, für den die Ungleichung (5.35) nicht erfüllt ist. Für die stationäre Charakteristik einer belasteten Arbeitsmaschine lassen sich drei Grundtypen unterscheiden, s. Abb. 5.19:
173
26268-A-06 26268-A-06
Drehmoment (motorseitig)
5.3 Zusammenwirken von Arbeitsmaschine und Antriebssystem
Charakteristik des Motors
MMot
Stabiler Arbeitspunkt Instabiler Arbeitspunkt Lastcharakteristik der Arbeitsmaschine
MArb i2
Drehzahl (motorseitig)
Abb. 5.18. Stabilität von Arbeitspunkten im motorseitigen M,n-Kennfeld (qualitativ) M
Typ 1
M % n2
0
n 26269-A-02 26269-A-02
M M % n1 Typ 2
0
n M b) M % n0 a) M % n0·sgn(n)
Typ 3
0
n
Abb. 5.19. Typische Lastcharakteristiken von Arbeitsmaschinen
174
5 Stationäre Antriebe
1. Quadratischer Momentenverlauf: M % n2 , d.h. P % n3. Zugrundeliegende Erscheinung: Fluidreibung bei turbulenter Strömung mit hoher Geschwindigkeit. Tritt auf bei Fluidförderung mit Pumpen, Gebläsen oder Lüftern durch Rohrleitungen oder Kanäle. 2. Linearer Momentenverlauf: M % n1 d.h. P % n2. Zugrundeliegende Erscheinung: Laminare Strömung, z.B. eines Schmiermittels, wird auch als viskose oder Flüssigkeitsreibung bezeichnet. Tritt hauptsächlich in gut geschmierten Lagern bei höheren Drehzahlen auf, daneben auch bei Kalandern für Papier und Textilien. Auch Wirbelstrombremsen, die auf konstanten Lastwiderstand arbeiten, besitzen diese Charakteristik. 3. Konstanter Momentenverlauf: M % n0 , d.h. P % n1. Zugrundeliegende Erscheinungen: a. COULOMBsche (= „trockene“) Reibung, deren Widerstandskraft von der Geschwindigkeit unabhängig ist und die stets der Bewegung entgegen gerichtet ist (durchgezogene Linie). Tritt auf an der Hauptspindel bei allen Arten von Werkzeugmaschinen für spanende Bearbeitung (z.B. Drehen, Fräsen, Bohren, Schleifen), ferner bei Wickelmaschinen, die in der Regel gegen konstanten Zug arbeiten. b. Fördern unter der Wirkung einer konstanten Potenzialkraft, deren Richtung unabhängig von der Drehrichtung ist (gestrichelte Linie). Daher ändert der Leistungsfluss sein Vorzeichen mit der Drehrichtung. Tritt auf bei Hebezeugen aller Art, sowie bei Förderung von Flüssigkeiten in ein höher gelegenes Reservoir oder von Gasen in einen Druckbehälter konstanten Überdruckes. Die drei beschriebenen Charakteristiken sind idealtypisch. In einer realen Arbeitsmaschine treten häufig unterschiedliche Belastungsarten zusammen auf. So ist z.B. eine Drehmaschine nicht frei von Lagerreibung (Kombination der Charakteristiken 3a und 2); oder eine Pumpe, die in einen Hochbehälter fördert, muss auch den Druckabfall in der Leitung kompensieren, der quadratisch vom Volumenstrom und damit von der Pumpendrehzahl abhängt (Kombination der Charakteristiken 3b und 1). In den meisten Fällen ist aber ein Belastungstyp dominant. Die Lastcharakteristik gibt Auskunft darüber, wie sich das Lastmoment der Arbeitsmaschine verhält, wenn die Drehzahl des Antriebssystems geändert wird. Wird dagegen primär ein Betriebsparameter der Arbeitsmaschine geändert, wie z.B. die Beladung bei einem Bandförderer, die Spanungsdicke bei einer Werkzeugmaschine oder die zu überwindenden
5.3 Zusammenwirken von Arbeitsmaschine und Antriebssystem
175
hydraulischen Widerstände in einem Rohrleitungssystem, so ist das zunächst einmal mit einer Änderung der Lastcharakteristik der Arbeitsmaschine verbunden. Ob sich als Folge davon die Drehzahl ändert, ist durch das Antriebssystem (Charakteristik des Antriebsmotors und eventuell wirksame Regelkreise) bestimmt. Es gibt auch Fälle, bei denen sich im Verlauf eines Fertigungsprozesses ein oder mehrere Parameter zwangsläufig ändern. Das betrifft z.B. Haspelantriebe, die Bänder mit konstanter Vorschubgeschwindigkeit und gegen konstante Zugkraft aufwickeln. Mit wachsendem Durchmesser des Haspels nimmt die Drehzahl ab und das Drehmoment zu, die Leistung bleibt konstant. Es wäre jedoch nicht richtig, daraus auf eine hyperbolische M,nCharakteristik ( M % n!1 ) zu schließen; diese ist vielmehr vom Typ 3. Allgemein ergibt sich durch die Berücksichtigung des Einflusses zusätzlicher Parameter eine Schar von M,n-Charakteristiken. Generell müssen die Charakteristiken von Motor und Arbeitsmaschine aufeinander abgestimmt sein (vgl. Abb. 5.18). Dies gilt sowohl für den gewünschten stationären Betriebspunkt als auch für den Anlauf. 5.3.3
Belastung der Antriebsmaschine
Die Kraftmaschine (Antriebsmaschine) muss so bemessen sein, dass sie in allen vorkommenden Situationen stets in der Lage ist, den Leistungsbedarf der Arbeitsmaschine zu decken. Als Nennbetrieb wird der Betriebszustand bezeichnet, bei welchem sich die Antriebsmaschine im stationären Dauerbetrieb aufgrund der dabei herrschenden Verlust- und Kühlungsbedingungen gerade bis an die zulässige Grenze erwärmt. Der Nennbetrieb ist durch die Nenngrößen Drehzahl nN [min-1], Drehmoment MN [Nm] und mechanische Leistung PN [W] an der Abtriebswelle des Motors gekennzeichnet:
PN [ W ] = 2π
nN ⎡⎣ min −1 ⎤⎦ MN [ Nm ] . 60
(5.36)
Hinsichtlich der Kühlung wird unterschieden zwischen • Freier Kühlung, bei der die Verlustwärme der Maschine nur über Konvektion (Kühlrippen) und Strahlung über die Oberfläche nach außen abgegeben wird, • Eigenkühlung, bei der die Verlustwärme an ein strömendes Kühlmittel (meist Luft) abgegeben wird. Die Förderung des Kühlmittels wird dabei durch die Läuferdrehung bewirkt, d.h. entweder durch einen mit dem
176
5 Stationäre Antriebe
Läufer rotierenden Lüfter oder aber durch die zugehörige Arbeitsmaschine (Ventilator oder Pumpe). Die Kühlwirkung ist bei dieser Kühlungsart abhängig von der Drehzahl! • Fremdkühlung, bei der der Lüfterantrieb unabhängig vom Betrieb der Hauptmaschine ist, oder bei der ein anderes fremdbewegtes Kühlmittel am Motor vorbei bewegt wird. Die zulässige Erwärmung einer elektrischen Maschine wird durch die Temperaturbeständigkeit der verwendeten Isolierstoffe bestimmt. Nach VDE 0530 werden mehrere Isolierstoffklassen unterschieden mit jeweils höchstens zulässigen Dauertemperaturen, die von 90 °C bis über 180 °C reichen. Mit Rücksicht auf die Lebensdauer der Maschine ist es sehr wichtig, ein Überschreiten dieser Temperaturen zu vermeiden. Außer dem stationären Dauerbetrieb gibt es auch Arten der Belastung, bei denen das Lastmoment nicht zeitlich konstant ist, sondern zyklisch oder stochastisch variiert. Hier kommen also zu den Phasen konstanter Last die Anlauf-, Beschleunigungs-, Brems- und Stillstandsintervalle hinzu, die mit ihren andersartigen Betriebsbedingungen den zeitlichen Verlauf der Wicklungstemperaturen des Motors entscheidend beeinflussen und deshalb bei der Motorauswahl berücksichtigt werden müssen. In der Norm VDE 0530.1 sind insgesamt neun Betriebsarten (S1 bis S9) aufgeführt, die eine systematische Kombination der verschiedenen Intervallarten beinhalten. Ist die Zeitdauer der Belastungsabschnitte so kurz, dass der thermische Beharrungszustand der Maschine nicht erreicht wird, so kann in diesen Zeiten der Maschine sogar eine höhere Wellenleistung abverlangt werden als es der Nennleistung entspricht, ohne dass damit eine thermische Überlastung verbunden wäre. Bei eigengekühlten Maschinen macht es dabei einen Unterschied, ob in den belastungslosen Intervallen die Maschine im Leerlauf bzw. im Leerbetrieb weiter läuft oder aber abgeschaltet ist. Andererseits sind die Zustände des Anlaufs sowie des elektrischen Abbremsens (und damit auch eine Drehrichtungsumkehr) mit einer gegenüber dem stationären Betrieb erhöhten thermischen Belastung verbunden. Je größer die Schwungmassen sind, die ein Antriebssystem enthält, desto kritischer sind diese Zustände zu bewerten. Um bei einem Motor gegebener Nennleistung eine thermische Überlastung zu vermeiden, können zwei Arten von Einschränkungen erforderlich sein: • eine Reduktion der während der Intervalle konstanter Last abgebbaren Wellenleistung • eine Begrenzung der Häufigkeit von Lastspielen (insbesondere der Abfolge von Anlauf- und Bremsvorgängen).
5.4 Elektrische Antriebssysteme
5.4
Elektrische Antriebssysteme
5.4.1
Allgemeine Übersicht
177
Elektromotoren wandeln elektrische Energie in mechanische Energie um. Die wesentlichen Gründe für ihre weite Verbreitung sind: • der Leistungsbereich umfasst etwa 14 Zehnerpotenzen, nämlich von 10!6 W in elektronischen Armbanduhren bis über 108 W in Pumpspeicherkraftwerken • der Bereich lieferbarer Drehmomente reicht bis über 107 Nm (z.B. für Erzmühlen) • der Bereich lieferbarer Drehzahlen reicht bis über 105 min!1 (z.B. für eine Gaszentrifuge) • die möglichen Betriebsbedingungen sind äußerst vielseitig, z.B. Eigenoder Zwangsbelüftung, vollständige Kapselung, Betrieb unter Flüssigkeit, in explosibler oder radioaktiver Umgebung • sofortige Betriebsbereitschaft und volle Belastbarkeit, da keine Notwendigkeit zum Auftanken oder zum Warmlauf • geringer Wartungsbedarf • hohe Lebensdauer • geringe Beeinträchtigung der Umgebung, da keine Abgase, verhältnismäßig geringe Wärmeabgabe und Lärmentwicklung • vielseitig anpassbares Lastverhalten, z.B. Betrieb in allen vier Quadranten des M,n-Feldes (Drehrichtungsumkehr, Nutzbremsung), unterschiedliche Kennlinienformen, große Überlastfähigkeit, Drehmoment auch im Stillstand • hervorragende Steuerungs- und Regelungsmöglichkeiten (flink, exakt), hinsichtlich Drehmoment, Drehzahl, Rotorlage; direkter Linearantrieb möglich Die hauptsächlich verwendeten Bauarten sind in Tabelle 5.4 aufgeführt. Als speisende Stromsysteme werden Gleichstrom, Einphasen-Wechselstrom sowie Drehstrom verwendet. Dabei sind dem eigentlichen Motor in vielen Fällen noch umformende Komponenten vorgeschaltet, wie Transformator, Gleichrichter, Spannungssteller, Frequenzwandler bzw. eine Kombination aus mehreren dieser Elemente.
KommutatorMotor
Gattung
Art
Motor - Systematik
permanenterregt fremderregt Reihenschluss Einphasen- KommutatorReihenschluss Wechsel- Motor (Universalmotor) strom Reihenschluss (Bahnmotor) Asynchron-Motor Spaltpolmotor Kondensatormotor Synchron-Motor Hysteresemotor Reluktanzmotor Drehstrom KommutatorNebenschluss Motor Asynchron-Motor Käfigläufer Schleifringläufer Linearmotor Synchron-Motor permanenterregt Schenkelpol Vollpol
Gleichstrom
Stromsystem Feinwerktechnik, Kfz-Elektrik, Servoantriebe Werkzeugmaschinen, Hebezeuge, Walzwerke Kfz-Anlasser, Fahrmotor in Bahnen Werkzeuge, Haushaltsgeräte
Haushaltsgeräte, Lüfter, Pumpen Haushaltsgeräte, Pumpen, Gebläse, Werkzeuge Uhrwerke, Feinwerktechnik, Hilfsantriebe Gruppenantriebe in der Textilindustrie, Extruder Druck- und Papiermaschinen, Textilmaschinen Standard-Industrieantriebe, Fahrmotor in Bahnen Hebezeuge, Pumpen, Verdichter Fördertechnik, Schnellbahn Servo-, Gruppenantriebe langsamlaufende Industrieantriebe Verdichter, Mühlen
5 W bis 150 W 50 W bis 2 kW < 1 W bis 20 W 100 W bis 10 kW 1 kW bis 150 kW 100 W bis 50 MW 10 kW bis 10 MW 100 W bid 100 kW 100 W bis 10 kW 10 kW bis 10 MW 100 kW bis 10 MW
Tabelle 5.4.
100 kW bis 1 MW Vollbahnantrieb (16 2/3 und 50 Hz)
< 1 W bis 10 kW 10 kW bis 10 MW 300 W bis 1 MW 50 W bis 2 kW
Leistungsbereich Haupteinsatzgebiete
178 5 Stationäre Antriebe
Arten von Elektromotoren und ihre Anwendungsbereiche
5.4 Elektrische Antriebssysteme
179
Von der Gattung her wird unterschieden zwischen Kommutator-, Asynchron- und Synchronmaschinen. Weitere spezifische Unterscheidungsmerkmale betreffen im wesentlichen die Art und Schaltung der Erregung sowie die konstruktiven Eigenarten des Leitersystems, das sich in dem durch die Erregung hergestellten Magnetfeld bewegt und so die treibende Kraft erzeugt. Spezielle Kommutatormotoren sind der Wechselstrom-Bahnmotor und der Universalmotor, die eine abgewandelte Form des Gleichstrom-Reihenschlussmotors darstellen. Die Vorteile der Reihenschlussmaschine, hohes Anzugsmoment und hohe Drehzahlen, bleiben dabei erhalten. Heute werden als Bahnmotoren jedoch meist Drehstrommotoren unter Einsatz geeigneter Stromrichter verwendet. Die zunehmende Automatisierung und Rationalisierung in der industriellen Produktion und Fertigung stellt ständig steigende Anforderungen an Dynamik, Kostenstruktur, Zuverlässigkeit und Wartungsfreiheit elektrischer Antriebe. In den letzten Jahren ergab sich z.B. in den Bereichen Werkzeugmaschinen, Industrieroboter, Petrochemie u.a. ein hoher Bedarf an elektrischen Servo- und Stellantrieben. Insbesondere im Leistungsbereich < 10 kW haben sich elektrische Servoantriebe gegenüber hydraulischen oder pneumatischen Antrieben aufgrund von Vorteilen des Regelverhaltens, der Genauigkeit, des Wirkungsgrades, der Anpassbarkeit etc. durchgesetzt. Ein elektrisches Servoantriebssystem besteht im wesentlichen aus folgenden Komponenten: • • • • •
Antriebsmotor (Gleichstrom, Synchron, Asynchron), Servoverstärker, Übersetzungsglieder (Getriebe, Hebelarme, Gelenke), Sensoren (Lage/Winkel, Drehzahl, Strom, Moment etc.), Steuerung bzw. Regelung.
Bis vor wenigen Jahren wurden elektrische Servoantriebe ausnahmslos in Gleichstromtechnik ausgeführt (permanent erregte Gleichstrommotoren mit Gleichspannungsstellern in Thyristor- oder Transistortechnik). Aufgrund der Fortschritte bei den Leistungshalbleitern, Mikroprozessoren und Permanentmagneten werden dafür heute in zunehmendem Maße bürstenlose Drehstrommotoren (in erster Linie permanent erregte Synchronmotoren) mit Pulswechselrichtern und hochdynamischen Regelungen eingesetzt.
180
5.4.2
5 Stationäre Antriebe
Drehstrom-Asynchronmotor
5.4.2.1 Bauarten, Wirkungsweise, Spezifikationen
Als Bauarten der Asynchronmaschinen sind der Käfigläufer- und der Schleifringläufer-Motor zu unterscheiden. Nach einer Untersuchung des Zentralverbandes der Elektrotechnischen Industrie besitzt die Drehstrom-Asynchronmaschine mit Käfigläufer (s. Abb. 5.20) einen Anteil von mehr als zwei Drittel aller in Deutschland produzierten Elektromotoren. Der Käfigläufermotor benötigt keine Ankerwicklung und weder Kollektor noch Schleifringe. Durch diesen einfachen und robusten Aufbau begründet, ist die Maschine kostengünstig, betriebssicher und nahezu wartungsfrei. Zudem sind hohe Drehzahlen, ein vergleichsweise geringes Gewicht sowie kleine Trägheitsmomente realisierbar.
Abb. 5.20. Schnitt durch einen Drehstrom-Asynchronmotor (Quelle: SIEMENS)
Das Anzugs- und Drehmoment sowie auch die Drehzahl sind in so weiten Bereichen variierbar, dass sie dem Bedarf vieler Arbeitsmaschinen angepasst werden können. Die Betriebsdrehzahl von Asynchronmotoren ist nach oben durch die Speisefrequenz und die Polzahl, die Leistung im wesentlichen durch den Kühlungsaufwand begrenzt. Gängige Möglichkeiten der Drehzahlverstellung
5.4 Elektrische Antriebssysteme
181
sind die Polumschaltung und die Veränderung der speisenden Frequenz. Dabei wird in zunehmendem Maße moderne Leistungselektronik eingesetzt, so dass sich der Anwendungsbereich von Drehstrom-Asynchronmotoren in der Industrie in den letzten Jahren erheblich erweitert hat. Beim Anschluss eines Käfigläufer-Motors an das öffentliche Niederspannungsnetz sind die Bedingungen der Energieversorgungsunternehmen hinsichtlich der Motorgrößen zu beachten. Größere Motoren dürfen nur mit herabgesetzter Spannung eingeschaltet werden, um den dabei auftretenden Stromstoß zu mildern. Im einfachsten Fall genügt hierzu der Stern-Dreieckschalter. Die Anwendung des Motors mit Käfigläufer findet ihre Grenze dort, wo häufig und unter Last angefahren werden muss, da sich der Rotor durch den Anlaufstrom erheblich erwärmt. Auch das Anlaufmoment reicht für manche Antriebe nicht aus. Diese Nachteile werden vermieden, wenn der Läufer mit einer Drehstromwicklung ausgestattet ist, die über Schleifringe an einen Anlasser geführt wird. Derartige Schleifringläufermotoren eignen sich gut zur Einstellung von Betriebskennlinien, sind aber teurer in Anschaffung und Betrieb. Asynchronmaschinen werden für 230 V, 400 V, 500 V und 690 V Anschlussspannung im Bereich Niederspannung, sowie für 3, 6 und 10 kV im Hochspannungsbereich gebaut. Sehr große Motoren im MW-Bereich, wie sie beispielsweise in der Industrie für Turboverdichter oder Kesselspeisepumpen Verwendung finden, sind üblicherweise als Hochspannungsmotoren konzipiert. Die synchrone Drehzahl liegt i.a. zwischen 3.000 und 500 U/min, je nach der Polzahl. In Abb. 5.21 ist der Nennwirkungsgrad von Käfigläufer-Asynchronmotoren für Niederspannung über der Nennleistung mit der Polzahl als Parameter dargestellt. Auf der Grundlage der bisher üblichen Ausführungsstandards (Effizienzklasse „eff3“) unterscheiden sich die Nennwirkungsgrade von Motoren unterschiedlicher Hersteller um kaum mehr als einen Prozentpunkt. Grundsätzlich erhöht sich mit der Nennleistung eines Motors auch sein Nennwirkungsgrad. Nach den Wachstumsgesetzen nehmen die Eisen- und die Kupferverluste etwa mit der 3. Potenz und das Drehmoment (und damit die Leistung) mit der 4. Potenz der linearen Abmessungen zu. Daher steigen die Maschinenverluste zwar mit der Nennleistung eines Motors an, jedoch weniger als proportional, woraus sich die genannte Grundtendenz erklärt.
182
5 Stationäre Antriebe
100% 26279-A-02 26279-A-02
95%
90%
85%
Nennwirkungsgrad
Polzahl: 2p = 2
80%
4 8
75% 12
70%
65%
60%
55%
50% 0,1
1
10
100
1000
Nennleistung in kW
Abb. 5.21. Nennwirkungsgrade von Drehstrom-Asynchronmotoren in Standardbauweise (Quelle: Forschungsstelle für Energiewirtschaft, München)
Ein weiterer Grund für den Wirkungsgradanstieg über der Nennleistung liegt darin, dass sich mit steigender Motorgröße das Luftspaltvolumen im Verhältnis zum Motorvolumen reduziert. Daher ist bei größeren Motoren der Magnetisierungsstrom, bezogen auf den Nennstrom, geringer. Bei Maschinen mit größerer Polzahl sind auch das Volumen und die Masse größer. Dies führt zu einer Erhöhung der Eisenverluste sowie der magnetischen Streuung und damit zu einem geringeren Wirkungsgrad. Am stärksten wirkt sich das im Bereich kleiner Nennleistungen aus. Bei den Niederspannungsmotoren besteht kein merklicher Unterschied zwischen den einzelnen Spannungsstufen. Im Vergleich dazu ist der Nennwirkungsgrad von Hochspannungsmotoren um 1 bis 2 Prozentpunkte geringer. Der deutlich höhere Isolationsaufwand von Hochspannungsmotoren
5.4 Elektrische Antriebssysteme
183
führt zu einer Vergrößerung des spezifischen Volumens trotz geringerer Stromstärken und folglich zu einer größeren magnetischen Streuung. Daraus resultiert ein höherer Magnetisierungsstrom. Infolge der verschlechterten Wärmeabfuhr durch die dickeren Isolationsschichten hindurch muss das Kühlmittel intensiver umgewälzt werden, wodurch sich die Ventilationsverluste erhöhen. Standardmäßige, ab Lager lieferbare Drehstrom-Asynchronmotoren waren in der Vergangenheit nicht auf besten Wirkungsgrad, sondern auf günstigste Herstellkosten ausgelegt. Somit besteht ein nennenswertes Energiesparpotenzial darin, das Auslegungsziel stärker an der Minimierung des Energieverbrauchs auszurichten. Folgende Maßnahmen können zu einer Reduzierung der Energieverluste von Drehstrom-Asynchronmotoren beitragen: • • • • • •
Dünnere Kernbleche aus verlustärmerem Material Größere Cu-Querschnitte der Ständerwicklung Verwendung von Cu statt Al für den Läuferkäfig Reduzierung des Luftspaltes Verkleinerung des Lüfters Verbesserte Lager
Das europäische Sektorkomitee für elektrische Antriebstechnik, CEMEP, hat mit der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission vereinbart, dass alle 2- und 4-poligen Niederspannungs-Drehstrommotoren von 1 bis 100 kW in Standardausführung nach ihrem Wirkungsgrad klassifiziert werden: • eff3 entspricht der bisher auf dem Markt üblichen Bauweise • eff2 entspricht einem verbesserten Wirkungsgrad • eff1 ist die Klasse der hocheffizienten Motoren Für die Klasseneinteilung wurden Grenzen des Wirkungsgrades bei Volllast festgelegt, s. Abb. 5.22. Die Obergrenze für die Klasse eff3 entspricht etwa den in Abb. 5.21 dargestellten Werten. Damit ein Motor der Klasse eff1 angehören kann, muss sein Volllastwirkungsgrad die eff3-Grenze um einen Betrag übersteigen, der • im untersten Leistungsbereich bei mehr als 5 Prozentpunkten, • im mittleren Leistungsbereich bei etwa 2 Prozentpunkten und • im oberen Leistungsbereich bei etwa 1 Prozentpunkt liegt. Zwischen diesen beiden Festlegungen ist die Klasse eff2 angesiedelt. Die Wirkungsgradklasse wird künftig auf dem Typenschild des Motors ausgewiesen.
184
5 Stationäre Antriebe 100%
26487-A-06 26487-A-06
Nennwirkungsgrad
95%
ff1 se: e Klas
90%
4-polig
f2 : ef sse Kla
85%
s Kla
: se
eff
3
2-polig
80%
75% 1
10
100
Nennleistung in kW
Abb. 5.22. Wirkungsgradklassen von Elektromotoren (nach CEMEP)
Auch betriebswirtschaftlich zahlt sich der Übergang auf einen Motor mit höherer Effizienz in vielen Fällen aus. Das wird schon daran deutlich, dass die Anschaffungskosten eines Drehstrom-Asynchronmotors gemessen an den Stromkosten während seines Betriebes in aller Regel verschwindend gering sind. Durch die Reduzierung des Stromverbrauchs eines eff1-Motors amortisiert sich sein (typischerweise um ein Viertel) höherer Anschaffungspreis umso rascher, je größer die jährliche Betriebsdauer ist. Bei 4000 h/a kann das zu Amortisationsdauern von wenigen Monaten führen. Angesichts der typischen Lebensdauern von 12 Jahren für kleine und 20 Jahren für große Motoren bedeutet das eine große Kosteneinsparung. Die Einsparung an Stromverbrauch und damit Kosten kann sich allerdings dadurch reduzieren, dass sich bei einem Motor mit einem Läuferkäfig aus Kupfer zwar die Läuferverluste verringern, aber gleichzeitig auch der Schlupf. Insbesondere wenn ein quadratischer Verlauf der Drehmomentkennlinie der Arbeitsmaschine vorliegt, führt das zu einer Erhöhung der abgegebenen Leistung, die natürlich auf die Leistungsaufnahme durchschlägt und so die erreichte Einsparung bei den Läuferverlusten mehr oder weniger aufzehren kann.
5.4 Elektrische Antriebssysteme
185
5.4.2.2 Ersatzschaltbild, Stromortskurve
Abbildung 5.23 zeigt im oberen Teil das Ersatzschaltbild (ESB) je Phase für eine Drehstrom-Asynchronmaschine mit Kurzschlussläufer. Die angelegte Klemmenspannung ruft in der Ständerwicklung den Strom I1 mit der primären Kreisfrequenz ω1 hervor (primäre Maschengleichung). Die im Läufer induzierte Spannung hat dagegen eine andere Kreisfrequenz ω2, entsprechend der Bewegung der Läuferstäbe relativ zum Ständerdrehfeld (sekundäre
Abb. 5.23. ESB und Systemgleichungen der Drehstrom-Asynchronmaschine
186
5 Stationäre Antriebe
Maschengleichung). Das Verhältnis der beiden Frequenzen wird als Schlupf s bezeichnet. Die Frequenztransformation führt dazu, dass man im Sekundärkreis des Ersatzschaltbildes den Läuferwiderstand durch den Schlupf dividieren muss. Die Impedanz Z(0) an den (fiktiven!) Klemmenpunkten 0-0´,
Z (0) = R(0 ) + j X (0 )
⎛ ⎞ ⎜ 1 −σ ⎟ = ⎜ ρ1 + j + ⎟ X1 , ρ 2 ⎜ + j⎟ s ⎝ ⎠
(5.37)
lässt sich in Abhängigkeit von der Leerlauf-Reaktanz X1 und den konstruktiven Größen der bezogenen Primär- und Sekundär-Widerstände sowie des Streugrades ausdrücken; ferner geht der Schlupf ein, der bestimmend für den Betriebszustand der Maschine ist. Für die Impedanz Z(1) an den Klemmen 11´ ist noch ein vom Strom IFe durchflossener Querwiderstand RFe zu berücksichtigen, in dem die (lastunabhängigen) Eisenverluste der Maschine umgesetzt werden. Einen Überblick über die möglichen Betriebszustände der DrehstromAsynchronmaschine erhält man am einfachsten durch die Stromortskurve, s. Abb. 5.24. Man erhält sie mit Hilfe der Admittanz −1
Y (1) = Z (1) = Y (0) + GFe
(5.38)
aufgrund der Beziehung
I 1 + I Fe = U 1 Y (1) .
(5.39)
Unter Voraussetzung konstanter Werte für die ESB-Komponenten ist die Stromortskurve ein Kreis. Der OSSANNA-Kreis28 berücksichtigt als Stromortskurve im Gegensatz zum ebenfalls oft verwendeten HEYLAND-Kreis den von Null verschiedenen Ständerwiderstand R1 und gibt damit die Betriebsbereiche prinzipiell richtig wieder. Zwischen dem Leerlaufpunkt L29 und dem Nennpunkt N liegt der normale
28
Benannt nach dem Urheber Johann Ossanna, von 1901-1935 Professor an der Technischen Hochschule München
29
Wegen der mechanischen Verluste hat der Motor tatsächlich auch im Leerlauf einen von Null verschiedenen, allerdings sehr geringen Schlupf.
5.4 Elektrische Antriebssysteme U
187
Zeiger der Klemmenspannung U1
KM
Ströme, bezogen auf Leerlaufstrom IL
S ∝ Pi,mech
ie sl i n ng istu Le
∝M
N 1
−1 ρ Fe
∝ PV2
L 0
ρ1
1
∝ PV1
I
nie omentli Drehm M
∝ PV,Fe
26271-C-06 26271-C-06
≈
ρ1 σ2
≈ σ −1
KG
Markante Betriebspunkte: Bezeichnung L N KM S I KG
Leerlaufpunkt Nennpunkt Kipp-Punkt, motorisch Stillstandspunkt Ideeller Kurzschlusspunkt Kipp-Punkt, generatorisch
Schlupf s= 0 sN + sK 1 "4 - sK
Drehzahl n= n1 nN (1 - sK) n1 0 "4 (1 + sK) n1
Abb. 5.24. Ortskurve des Ständerstroms der Drehstrom-Asynchronmaschine
stationäre Betriebsbereich der Maschine als Motor. Rechts davon erstreckt sich der Anlaufbereich, der vom Stillstandspunkt S aus instationär durchlaufen wird. Zwischen Stillstandspunkt und Ideellem Kurzschlusspunkt I liegt der Bereich der Gegenstrombremsung. Der generatorische Betriebsbereich beginnt unterhalb des Leerlaufpunktes, wo der Schlupf negativ wird, der Rotor also übersynchron läuft und somit mechanisch angetrieben werden muss (negatives Drehmoment). Unterhalb der imaginären Achse hat dann der Strom eine negative Wirkkomponente, die Maschine gibt also über ihre Klemmen elektrische Wirkleistung ab. 5.4.2.3 Drehzahl und Schlupf
Im Leerlaufpunkt L hat der Läufer die gleiche Drehzahl wie das umlaufende Ständerdrehfeld, die Relativbewegung zwischen beiden ist Null. Die Maschine dreht mit synchroner Drehzahl. Dann werden keine Ströme mehr induziert, so dass auch kein Drehmoment auf den Läufer wirkt.
188
5 Stationäre Antriebe
Generell hängen die Drehzahlen von Ständerdrehfeld n1, Läuferdrehfeld n2 und der Läuferdrehung n in folgender Weise zusammen:
n1 = n + n2 .
(5.40)
Der Schlupf s bezeichnet das Verhältnis zwischen der sekundären und der primären Speisefrequenz und folglich auch die normierte Abweichung zwischen der synchronen Drehzahl n1 des Drehfeldes und der Läuferdrehzahl n des Motors:
s=
ω2 n =1− . ω1 n1
(5.41)
Folglich ist die Drehzahl des Läufers:
n ⎡⎣ min −1 ⎤⎦ =
60 ⋅ f1 [ Hz ] p
⋅ (1 − s )
(5.42)
5.4.2.4 Leistungen
Die Stromortskurve hat den großen Vorteil, dass man unter gewissen Vereinfachungen30 für jeden Betriebspunkt sehr einfach die Leistungsbilanz ersehen kann:
Pzu,el = Pi,mech + PV2 + PV1 + PV,Fe .
(5.43)
Die für die Aufteilung maßgebenden Linien heißen „Leistungslinie“ und „Drehmomentlinie“. Sie verlaufen zwischen den Punkten L und S bzw. L und I näherungsweise als Gerade. Die über den Luftspalt übertragene Leistung heißt Drehfeldleistung:
PD = Pi,mech + PV2 .
(5.44)
Sie wird im ESB in dem Sekundärwiderstand R2′ s umgesetzt und lässt sich daher mit Hilfe von Gl.(5.37) ausdrücken:
PD =
30
(1 − σ ) ρ 2 s 3U 2 . ⋅ X1 (σ s − ρ1 ρ 2 )2 + ( ρ 2 + ρ1 s )2
(5.45)
In dieser Bilanz sind die sog. „Zusatzverluste“ nicht eigens ausgewiesen. Da diese vom Quadrat des Stromes abhängen, kann man sie im wesentlichen den StänderKupferverlusten PV1 zuschlagen.
5.4 Elektrische Antriebssysteme
189
Für ihre Aufteilung in die innere mechanische Leistung und Läuferverluste gilt:
PV2 = s PD ;
(5.46)
Pi,mech = (1 − s ) PD .
(5.47)
Von der inneren mechanischen Leistung des Motors subtrahieren sich noch die durch Luft- und Lagerreibung bedingten mechanischen Verluste PV,mech. Somit ergibt sich die an der Welle abgegebene mechanische Leistung des Motors:
Pab,mech = Pi,mech − PV,mech .
(5.48)
5.4.2.5 Drehmoment
Die dreiphasige Ständerwicklung baut aufgrund ihres Stromes ein Magnetfeld auf, dessen Umlaufdrehzahl
n1 ⎡⎣ min -1 ⎤⎦ =
60 ⋅ f1 [ Hz ] p
(5.49)
abhängt von von der Speisefrequenz f1 und der Polpaarzahl p der Maschine. Durch das Ständerdrehfeld werden im Käfigläufer Kurzschlussströme induziert, die ebenfalls ein Drehstromsystem bilden. Die induzierten Läuferströme ergeben im Zusammenwirken mit dem resultierenden Ständerdrehfeld die LORENTZsche Kraftwirkung auf die Läuferstäbe. Daraus ergibt sich das innere Drehmoment Mi, welches im motorischen Betrieb in Umlaufrichtung des Drehfeldes wirkt. Bei Stillstand des Motors bewirkt dieses Drehmoment den Anlauf des Läufers. Der Zusammenhang des inneren Drehmomentes mit der Drehfeldleistung ergibt sich aus Gln. (5.47&49) zu
Mi =
p
ω1
PD .
(5.50)
Damit erhält man unter Verwendung von Gl.(5.37) für das innere Drehmoment folgenden Zusammenhang mit dem Schlupf:
Mi =
(1 − σ ) ρ 2 s 3U 2 p ⋅ . ω1 X1 (σ s − ρ1 ρ2 )2 + ( ρ2 + ρ1 s )2
(5.51)
190
5 Stationäre Antriebe
In Abb. 5.25 ist dieser Zusammenhang in Abhängigkeit von der Läuferdrehzahl für einen 4-poligen 11-kW-Motor dargestellt. Charakteristisch für den Asynchronmotor ist der Kipp-Punkt K, bei dem das innere Drehmoment ein Maximum aufweist. Der sog. „Kippschlupf“ ergibt sich aus der Bedingung ∂Mi ∂s = 0 zu
sK =
ρ2 1 + ρ12 , σ 1 + ( ρ1 σ )2
(5.52)
und das Kippmoment zu
MK =
3U 2 p ⋅ 2ω1 X1
(1 + ρ )(σ 2 1
1 −σ 2
.
+ ρ12 ) + (1 − σ ) ρ1
(5.53)
240 26522-A-06 26522-A-06
230 220 210 200 190
K
180 170 160 Drehmoment in Nm
150 140
Vereinfachung: R1 = 0
130 120
Exakte Gleichung
110 100 90 80
N
70 60
S
Gute Näherung für Kippmoment; KLOSSsche Gleichung
50 40 30 20 10
L
0 0
500
1000
1500
Drehzahl in U/min
Abb. 5.25. Drehmoment/Drehzahl-Verlauf eines 11-kW-Drehstrom-Asynchronmotors
5.4 Elektrische Antriebssysteme
191
Setzt man in den Systemgleichungen (5.51 bis -53) den Ständerwiderstand ρ1 zu Null, so erhält man die „KLOSSsche Gleichung “:
Mi 2 ≈ . s sK MK + sK s
(5.54)
Diese Gleichung wird wegen ihrer Einfachheit häufig verwendet. Jedoch können bei unkritischem Gebrauch beträchtliche Fehler entstehen, wie die rote Kurve in Abb. 5.25 zeigt. Sie stellt den Momentenverlauf nach Gl.(5.51) für ρ1 = 0 dar. Das Kippmoment wird hier um fast 30 % zu groß ausgewiesen. Im normalen Betriebsbereich zwischen Leerlauf und Nennpunkt liefert diese Beziehung aber eine akzeptable Näherung. Eine bessere Näherung für den Momentenverlauf zwischen Nennpunkt und Stillstandspunkt erhält man, indem man die näherungsweisen Beziehungen für den Kippschlupf
sK ≈
ρ2 , σ
(5.52Nä)
und für das Kippmoment
MK ≈
3U 2 p 1 − σ , ⋅ 2ω1 X1 σ + ρ1
(5.53Nä)
in die KLOSSsche Gleichung einsetzt. Die so erhaltene blaue Kurve in Abb. 5.25 bildet den exakten Verlauf bei größeren Schlupfwerten besser ab. Allerdings ist sie für den stationären Betriebsbereich wenig geeignet. So wird das Nennmoment um rd. 13 % zu gering ausgewiesen. Generell gelten im wesentlichen folgende Tendenzen: 2
⎛U ⎞ • Für das Kippmoment: MK ∝ ⎜ ⎟ ; ⎝ f1 ⎠ • für den Kippschlupf: sK =∝ f 1−1 . Die Werte für den Kippschlupf ausgeführter Maschinen reichen von 5 % bei großen Leistungen bis herauf zu etwa 30 % bei sehr kleinen Maschinen. Für mittlere Größen (z.B. 11 kW Nennleistung) kann man mit einem Kippschlupf zwischen 15 % und 20 % rechnen. Das Drehmoment für den Nennpunkt N liegt üblicherweise in einem Bereich zwischen 1/3 und 1/2 des Kippmomentes. Gemäß Gl.(5.54) liegt
192
5 Stationäre Antriebe
dann der Nennschlupf zwischen 1/6 und 1/4 des Kippschlupfes. Entsprechend der Drehmomentreserve zwischen Nennmoment und Kippmoment hat der Drehstrom-Asynchronmotor eine dynamische Überlastbarkeit von 100 bis 200 %. Allerdings darf er einer größeren Überlast nur über hinreichend kurze Zeiten ausgesetzt werden, um nicht thermisch überlastet zu werden (s. Kap. 5.3.3). Für den Anstieg der Drehmomentkurve im Leerlaufpunkt (L) erhält man
3U 2 p (1 − σ ) M ⎛ ∂Mi ⎞ ≈2 K . ⎜ ⎟ = 2 sK ⎝ ∂s ⎠ s =0 ω1 X1 (1 + ρ1 ) ρ2
(5.55)
Die Drehzahlsteifheit des Motors ergibt sich daraus unter Zuhilfenahme von Gl.(5.42) zu
∂Mi ∂n
2
s =0
3U 2 p2 (1 − σ ) ⎛U p⎞ ∂s ⎛ ∂Mi ⎞ =⎜ ⋅ = ∝⎜ 1 ⎟ . ⎟ 2 2 ⎝ ∂s ⎠ s =0 ∂n 2π f1 X1 (1 + ρ1 ) ρ2 ⎝ f1 ⎠ (5.56)
Für das Stillstandsmoment im Punkt S, also bei der Drehzahl Null bzw. dem Schlupf Eins, lässt sich anhand der genannten Relationen aus der KLOSSschen Gleichung herleiten:
MS ≈ 2 sK . MK
(5.57)
Das heißt, dass das Stillstandsmoment, bezogen auf das Kippmoment, umso kleiner ist, je größer die Nennleistung des Motors ist. 5.4.2.6 Anlaufen und Bremsen
Läuft der Motor aus dem Stillstand (S) bis zu einem stationären Betriebspunkt hoch, so wird die Drehmoment/Drehzahl-Kennlinie in Abb. 5.25 vom Punkt S aus bis zum Betriebspunkt (normalerweise zwischen N und L gelegen) durchlaufen. Für den Anlauf des Motors ist es sehr vorteilhaft, den Effekt der Stromverdrängung im Läufer auszunutzen. Da die Kreisfrequenz ω2 der elektrischen Größen im Läufer proportional zum Schlupf ist, s. Gl.(5.41), kann man durch geeignete Gestaltung des Läuferkäfigs ! entweder als Hochstabläufer oder als Doppelkäfigläufer ! erreichen, dass im Bereich kleiner Drehzahlen und damit hoher Schlupfwerte eine Stromverdrängung zur Außenseite der Käfigstäbe bzw. zum äußeren der beiden Käfige stattfindet. Damit erhöht
5.4 Elektrische Antriebssysteme
193
3 26276-B-07 26276-B-07
2,5 Rundstab (ohne Stromverdrängung)
Normiertes Drehmoment M /M N
2 Hochstab
1,5 Doppelkäfig
1
0,5
0 0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
Normierte Drehzahl n /n 1
Abb. 5.26. Momenten-Kennlinie eines 11-kW-Drehstrom-Asynchronmotors bei verschiedenen Ausführungen des Kurzschlusskäfigs
sich der Läuferwiderstand und mit ihm nach Gl.(5.51) auch das Drehmoment, wie Abb. 5.26 zeigt. Die Stromortskurve hat in diesen Fällen nicht mehr die Form eines Kreises. Mit steigender Motordrehzahl sinkt der Schlupf und damit auch die Frequenz ω2. Wegen der abnehmenden Stromverdrängung steht dem Läuferstrom ein immer größerer Teil des gesamten Leiterquerschnitts der Käfigstäbe zur Verfügung, somit geht ρ2 auf den Auslegungswert zurück. Da der Strom teilweise in größerer Entfernung von der Ständerwicklung fließt, erhöht sich dabei allerdings der Streugrad σ, verglichen mit einem Einfachkäfigläufer ohne Stromverdrängung (Rundstabläufer). Bei entsprechender Bemessung des gesamten Käfigquerschnitts eines Stromverdrängungsläufers bleibt im stationären Betriebsbereich die Drehmo-
194
5 Stationäre Antriebe
mentkennlinie praktisch unverändert gegenüber dem Referenzfall des Rundstabläufers, wie aus Gl.(5.51) zu ersehen ist. Allerdings ist das Kippmoment gemäß Gl.(5.53) reduziert. Ein zusätzlicher Vorteil dieses Konzeptes liegt darin, dass der erhöhte Läuferwiderstand beim Anlauf einen geringeren Strom sowie eine kleinere Verlustleistung ! sowohl im Ständer als auch im Läufer ! zur Folge hat. Eine andere Möglichkeit besteht darin, durch Vorschalten von Zusatzwiderständen den Läuferwiderstand künstlich zu vergrößern. Die hierfür erforderliche Schleifringläufer-Maschine wird jedoch wegen des baulichen Aufwandes heute kaum mehr verwendet. Ist der Motor starr an die Arbeitsmaschine gekuppelt, so ergibt sich die Beschleunigung nach Gln. (5.33 und 5.34) aus dem dynamischen Moment, also dem Überschuss des Antriebsmomentes über das stationäre Lastmoment bei der jeweils herrschenden Drehzahl. Je nach der M/n-Charakteristik der Arbeitsmaschine kann es zu kritischen Bedingungen führen, wenn ein zu geringes dynamisches Moment keine ausreichende Beschleunigung ermöglicht. Kurzschlussläufermotoren können auf folgende Weise angelassen werden: • • • • •
durch direktes Einschalten über Stern-Dreieck-Umschaltung der Ständerwicklung über Anlasstrafo über Vorwiderstände zur Ständerwicklung über elektronischen Anlasser
Die Auswahl des Verfahrens wird durch die Belastbarkeit des Netzes, die technischen Gegebenheiten des Motors, von der Arbeitsmaschine herrührende Randbedingungen, sowie die mit der jeweiligen Maßnahme verbundenen Kosten beeinflusst. Direktes Einschalten Das direkte Einschalten des Motors ist nur dann möglich, wenn die hiermit verbundenen hohen Anlaufströme vom Netz zur Verfügung gestellt werden können. Da der Anlaufstrom ein Mehrfaches des Nennstroms beträgt, befindet sich der Motor während des Anlaufs in einem thermischen Überlastungszustand. Die Motorschutzschalter sprechen im Allgemeinen nicht an, da sie auf länger dauernde Überlastung ausgelegt sind und somit auf die nur kurzzeitig auftretenden, hohen Anlaufströme nicht reagieren. Bei großen Motoren darf die Zahl der vom Hersteller angegebenen, maximal zulässigen Anläufe innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht überschritten werden. Da bei häufigen Anläufen die Pausenzeiten entsprechend klein werden, ist es in
5.4 Elektrische Antriebssysteme
195
solchen Fällen auch unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung vorteilhaft, den Antrieb nicht abzuschalten, sondern in den Pausen leer laufen zu lassen. Da beim direkten Einschalten das Anlaufmoment nicht reduziert ist, ergeben sich hierbei die kürzestmöglichen Anlaufzeiten. Stern-Dreieck-Umschaltung Bei kleinen bis mittleren Leistungsklassen und schwachen Netzen sowie immer dann, wenn die anzutreibende Anlage empfindlich gegen zu große Drehmomentenstöße ist, bietet sich als einfachste Möglichkeit das Anlassen des Asynchronmotors über eine Stern-Dreieck-Umschaltung der Ständerwicklung mit Hilfe eines Walzenschalters oder von Schützen an. Voraussetzung hierfür ist, dass die Eingangs- und Ausgangsklemmen aller drei Ständerwicklungen frei zugänglich sind. Bei Sternschaltung liegt an jedem Wicklungsstrang nur die 1 3 fache Spannung. Daher reduzieren sich Anlaufmoment, Anlaufstrom, Kippmoment, Nennleistung und insbesondere die Blindleistung auf 1/3. Das führt zu einer Verlängerung der Anlaufzeit auf mindestens das Dreifache. Für ein gutes Anlaufen des Motors in Sternschaltung ist ein durchgängiger, genügend großer Überschuss an Antriebsmoment gegenüber dem jeweiligen Widerstandsmoment der Arbeitsmaschine bis über den Kipp-Punkt hinweg wichtig. Das ist normalerweise dann gegeben, wenn in der Charakteristik des Widerstandsmomentes die quadratische Drehzahlabhängigkeit dominiert. In diesen Fällen ist es vorteilhaft, die Umschaltung von Stern auf Dreieck auf einen Zeitpunkt zu legen, zu dem das Gleichgewicht zwischen Motormoment und Widerstandsmoment bereits erreicht ist. Auf diese Weise kann man die unvermeidliche sprunghafte Erhöhung von Strom und Drehmoment auf den kleinstmöglichen Wert reduzieren. Für den Fall, dass die Belastung des Motors im betreffenden Betriebspunkt bei 1/3 der Nennlast oder darunter liegt, kann die Umschaltung entfallen. Dann kann nämlich die Sternschaltung auch als Betriebsschaltung verwendet werden, was mit einer nennenswerten Energieeinsparung verbunden ist. Dagegen ist für ein Hochlaufen von Hebezeugen und Wickelmaschinen, bei denen die Charakteristik des Lastmoments durch einen hohen Konstantanteil geprägt ist, die Sternschaltung zum Anfahren aufgrund von Stabilitätsproblemen meist nicht geeignet. Anlasstrafo Eine andere Möglichkeit zum Anlauf mit reduzierter Spannung bietet der dreisträngige Anlasstrafo (meist als Spartrafo ausgeführt). Während bei der Stern-Dreieck-Umschaltung das Verhältnis der Spannungen festliegt, kann es beim Anlasstrafo durch Wahl des Übersetzungsverhältnisses bestimmt werden. Auf diese Weise lässt sich der unvermeidliche Stromstoß verringern; auch ein mehrstufiger Anlauf lässt sich realisieren.
196
5 Stationäre Antriebe
Vorwiderstände Dreisträngige oder auch einsträngige Vorwiderstände vor der Ständerwicklung bewirken ebenfalls eine Reduzierung von Drehmoment und Anlaufstrom. Die Investitionen für diese Lösung sind relativ gering, allerdings werden durch die Vorwiderstände zusätzliche Verluste während des Anlaufvorgangs verursacht. Elektronischer Anlasser Beim Anlassen des Motors über einen elektronischen Anlasser (Drehstromsteller) wird die Ständerspannung ! ausgehend von einem wählbaren Anfangswert ! über eine Rampe mit einstellbarer Zeit auf die Nennspannung hochgefahren. Durch geeignete Wahl der Anlaufspannung in Verbindung mit einem unterlagerten Stromregelkreis wird erreicht, dass auch bei Anlauf mit hohem Lastmoment der zulässige Stromgrenzwert nicht überschritten wird. Der weitgehende Wegfall von Drehmomentsprüngen bedeutet einen sanften Anlauf, was z.B. für Förderbandantriebe ein wichtiger Vorteil ist. Der elektronische Anlasser kann darüber hinaus auch zur Reduzierung von Verlusten im längeren Leerlaufbetrieb eingesetzt werden. Bei den Bremsschaltungen von Asynchronmaschinen lässt sich zwischen Verlust- und Nutzbremsung unterscheiden, je nachdem ob die mechanische Energie in Form von Wärme an Widerstände abgegeben oder als elektrische Energie ins Netz zurückgespeist wird. Eine Nutzbremsung ist möglich, wenn • die Ständerwicklung polumschaltbar ausgeführt ist, oder • der Läufer mit Wicklung und Schleifringen ausgestattet ist und so den Einsatz einer untersynchronen Stromrichterkaskade ermöglicht, oder • der Motor über einen Umrichter mit Spannung von variabler Frequenz und Amplitude gespeist wird. Bei der verlustbehafteten Gleichstrombremsung wird die Asynchronmaschine vom Netz getrennt und durch Anlegen einer Gleichspannung an die Ständerklemmen ein Bremsmoment erzeugt, das einen ähnlichen Verlauf wie die Momentenkennlinie im motorischen Betrieb aufweist. Durch Läufervorwiderstände kann das einer bestimmten Drehzahl zugeordnete Bremsmoment beeinflusst werden. Bei der ebenfalls verlustbehafteten Gegenstrombremsung erfolgt durch Umpolen zweier Strangzuleitungen während des Motorbetriebs eine Drehrichtungsumkehr des Drehfeldes. Die zuvor belastete Maschine bremst nun mit einem hohen Bremsmoment ab. Bei Erreichen des Stillstandes muss der Motor abgeschaltet werden, da er sonst in entgegengesetzter Richtung wieder anläuft. Für die direkt nach dem Umschalten auftretenden Schlupfwerte von ca. 2 liegt der Ständerstrom über dem Stillstandsstrom. Bei häufigem
5.4 Elektrische Antriebssysteme
197
Einsatz der Gegenstrombremsung muss der Ständerstrom durch Absenken der Ständerspannung oder durch einen Läufervorwiderstand verringert werden. Zum Einsatz kommt die Gegenstrombremsung beispielsweise bei Hebezeugen zum Absenken einer Last mit konstanter Geschwindigkeit. 5.4.2.7 Verhalten im stationären Betrieb
Zur Charakterisierung des stationären Betriebsverhaltens werden die kennzeichnenden Größen meist in Abhängigkeit von der abgegebenen Leistung dargestellt. Diese wird dabei zweckmäßig auf die Nennleistung zum Lastgrad normiert. Die folgenden Darstellungen gelten für einen Kurzschlussläufermotor mit einer Nennleistung von 11 kW. Abbildung 5.27 zeigt die elektrisch aufgenommene Wirkleistung sowie die Blindleistung, welche sich im unteren Lastbereich kaum ändert. Aus dem Abstand zwischen der Wirkleistungsaufnahme und der zusätzlich eingetragenen Leistungsabgabe ist der Verlauf der Gesamtverluste ersichtlich. Der in Abb. 5.28 gezeigte Leistungsfaktor liegt im Leerlauf bei rd. 0,1 und steigt mit zunehmender Last stetig an. Dagegen erreicht der Wirkungsgrad 16 26273-A-02 26273-A-02
15 14
Elektrisch aufgenommene Leistung Mechanisch abgegebene Leistung
13 12
Nennleistung
Leistungen in kW bzw. kvar
11 10
9 8 7 Blindleistung 6 5 4 3 2 1 0 0%
25%
50%
75%
100%
125%
Lastgrad
Abb. 5.27. Leistungen eines 11-kW-Drehstrom-Asynchronmotors
198
5 Stationäre Antriebe 120%
26274-A-02 26274-A-02
110%
η
100%
(Wirkungsgrad)
90%
80%
cos ϕ
70%
(Leistungsfaktor) 60%
I IN
(Normierter Strom)
50%
40%
30%
20%
10%
0% 0%
25%
50%
75%
100%
125%
Lastgrad
Abb. 5.28. Kennlinien eines 11-kW-Drehstrom-Asynchronmotors
bei etwa drei Viertel der Nennlast sein Maximum von fast 90 % und geht danach wieder leicht zurück. Bis herab zu etwa einem Drittel der Nennlast ist er größer als 85 %. Die Stromaufnahme des Motors beträgt schon im Leerlauf mehr als 40 % des Nennstroms. Aus Abb. 5.29 sind die Verläufe der einzelnen Verlustarten ersichtlich. Während die Verluste im Eisen (durch Ummagnetisierung und Wirbelströme) sowie die mechanischen Verluste durch Lagerreibung und Ventilation konstant bleiben, sind die Stromwärmeverluste im Rotor etwa quadratisch von der Belastung abhängig. Die Stromwärmeverluste im Stator steigen von ihrem Leerlaufwert (rd. 1 % der Nennleistung) ausgehend etwas stärker als quadratisch mit der Belastung an.
5.4 Elektrische Antriebssysteme
199
1000 26275-B-04 26275-B-04
900
800
Stromwärme, Stator
Verlustleistungen in W
700
600
500
400
Eisen
300
200
Stromwärme, Rotor
100
Mechanisch 0 0%
25%
50%
75%
100%
125%
Lastgrad
Abb. 5.29. Verluste eines 11-kW-Drehstrom-Asynchronmotors 5.4.2.8 Dimensionierung des Motors
Für die richtige Dimensionierung eines Motors sind hauptsächlich zwei Aspekte von Bedeutung: • Vermeiden unzulässig hoher Wicklungstemperaturen, vgl. Abschn. 5.3 • Sparsamer Energieverbrauch durch Betrieb in einem günstigen Lastbereich Für den letztgenannten Punkt sind zwei gegenläufige Tendenzen zu beachten, die am Beispiel von zweipoligen Niederspannungs-Drehstrom-Asynchronmotoren mit Kurzschlussläufer in Abb. 5.30 ersichtlich sind: • Das Wirkungsgradniveau steigt generell mit der Nennleistung des Motors deutlich an
200
5 Stationäre Antriebe
• Das Teillastverhalten ist dadurch gekennzeichnet, dass der höchste Wirkungsgrad stets unterhalb der Nennlast auftritt. Dieser Optimalpunkt liegt fast durchweg etwa bei 3/4-Last, nur für kleine Motoren mit Nennleistungen unter 1 kW rückt er näher an den Nennlastpunkt heran. Je kleiner der Motor, desto stärker geht der Wirkungsgrad bei geringer Auslastung zurück. 100% 95% 90%
Nennleistung: 1000 kW 132 kW 37 kW
85%
11 kW
80%
4 kW
75%
5 0,7
70% 65%
5 0,2
55%
kW
9 0,0
50%
kW 26386-A-05 26386-A-05
Wirkungsgrad
60%
kW
45% 40% 35% 30%
U = 400 V p=1
25% 20% 15% 10% 5% 0% 0%
25%
50%
75%
100%
125%
Lastgrad
Abb. 5.30. Wirkungsgrade von Drehstrom-Asynchronmotoren abhängig vom Lastgrad
Der Optimierungscharakter des Problems ist anhand von Abb. 5.31 erkennbar. Hier sind die Wirkungsgradkurven über der abgegebenen Leistung aufgetragen. Allerdings sind hier die Nennleistungen der betrachteten Motoren sehr grob abgestuft, weil sonst diese Art der Darstellung unübersichtlich wird. Damit lassen sich aber keine Schlüsse für die optimale Wahl der Motorgröße treffen. Oft stellt sich die Frage, ob ein Motor für einen gegebenen Antriebsfall richtig dimensioniert ist. Meist wird in solchen Fällen der Übergang auf einen Motor mit geringerer Nennleistung erwogen. Für die Nennleistungen
5.4 Elektrische Antriebssysteme
100%
201 132 kW 75 kW
37 kW
26387-A-05 26387-A-05
11 kW 90%
Wirkungsgrad
80%
Nennleistung ( ):
7,5 kW
0,75 kW 0,25 kW
70% 60%
4 kW 1,1 kW
400 kW 1000 kW 250 kW
0,09 kW U = 400 V p=1
50% 40% 30% 20% 0,01
0,1
1
10
100
1000
Abgegebene Leistung in kW
Abb. 5.31. Wirkungsgrade von Drehstrom- Asynchronmotoren abhängig von der abgegebenen Leistung
sind Vorzugsreihen festgelegt31, deren Abstufung mit wachsender Motorengröße immer feiner wird. Die entsprechenden Stufenfaktoren betragen in den Nennleistungsbereichen • • • •
0,06 ... 1,1 kW durchschnittlich rd.1,44 1,1 ... 11 kW durchschnittlich rd.1,39 11 ... 315 kW durchschnittlich rd.1,25 315 ... 1000 kW durchschnittlich rd.1,06
Abbildung 5.32 zeigt die relative Änderung der Leistungsaufnahme für den Übergang auf den nächst kleineren Motor in Abhängigkeit vom Lastgrad des ursprünglichen (größeren) Motors. Es zeigt sich, dass etwa oberhalb der halben Nennlast ein solcher Übergang sogar mit einer Erhöhung der Leistungsaufnahme verbunden ist. Gleichzeitig geht der verfügbare Bereich der Dauerbelastung zurück. Generell sind die relativen Änderungen umso größer, je kleiner die Nennleistung des ursprünglichen Motors ist. Für große Motoren von 90 kW und darüber liegen die Änderungen bis herab zu 1/4Last unter 1 %. Im Leerlauf ist der relative Rückgang der Leistungsaufnahme naturgemäß
31
Nennleistungsreihe nach CENELEC-Harmonisierungsdokument 321
202
5 Stationäre Antriebe 10%
26388-A-05 26388-A-05
Veränderung der Leistungsaufnahme
5% 0%
75 kW 90 kW Y kW Y 11 ,5 kW W k 1 15 Y W kW 5k 2,5 0,1 Y W 5k 0,2
-5% -10%
Nennleistung
-15% -20%
U = 400 V p=1
-25% -30% 0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Lastgrad
Abb. 5.32. Relative Veränderung der Leistungsaufnahme bei Substitution durch den nächst kleineren Motor
am größten. Etwas anders verhält es sich mit den absoluten Änderungen der Leistungsaufnahme. Diese sind aber entscheidend, wenn ein Antrieb mit wechselnden Belastungen untersucht wird, bei dem man Phasen des Mehrund des Minderverbrauchs gegeneinander abzuwägen hat. In Abb. 5.33 ist das Beispiel eines Motors mit einer Nennleistung von 4 kW dargestellt, der durch Motoren kleinerer oder größerer Nennleistung substituiert wird. Aufgrund der Nichtlinearität der Zusammenhänge kann gesagt werden, dass selbst bei einer mittleren Auslastung von 50 % (entsprechend einer Leistungsabgabe von 2 kW) der Austausch durch einen 3-kW-Motor (nächstkleinere Motorgröße) noch nicht eindeutig zu empfehlen ist. Es kann im Gegenteil der Austausch durch einen größeren Motor durchaus sinnvoll sein. Hierbei liegt der break-even-point jeweils links von dem Schnittpunkt der betreffenden Kurve mit der Null-Linie. Der Ersatz durch einen 5,5-kW-Motor kann also bei einer mittleren Last von über 2,5 kW Energie sparen. Das entspricht einer mittleren Auslastung von 62,5 %. Das weithin übliche Prinzip, grundsätzlich eine möglichst hohe Auslastung des Motors anzustreben, bedarf somit einer kritischen Revision. Auch der Punkt des höchsten Wirkungsgrades stellt in diesem Sinne nicht das Optimum dar (vgl. Abb. 5.30). Andererseits weist das Argument, dass bei einer abgegebenen Leistung von 4 kW selbst ein 11-kW-Motor noch
5.4 Elektrische Antriebssysteme
26389-A-05 26389-A-05
4 kW
150
Y 7,
5 kW
100
kW
kW
4 kW Y 5,5
4
50
Y 11 kW
Änderung der aufgenommenen Leistung in W
200
203
0
Nennleistung
-50
4 kW Y 3 kW
-100
4 kW -150
W 4k
-200 0
Y 2,2
kW
U = 400 V p=1
W ,5 k Y1
0,5
1
1,5
2
2,5
3
3,5
4
Abgegebene Leistung in kW
Abb. 5.33. Veränderung der Leistungsaufnahme bei Substitution eines 4-kWMotors
etwa 50 W weniger Leistung aufnimmt als der dann voll ausgelastete 4-kWMotor, ebenfalls nicht den richtigen Weg. Als ungefährer Anhalt für das Auslegungsziel kann eine mittlere Auslastung von etwa 55 bis 60 % gelten. Bei diesen Überlegungen ist allerdings noch nicht berücksichtigt, dass ein größerer Motor auch eine größere Schwungmasse besitzt, die bei jedem Anlauf beschleunigt werden muss. In den meisten Fällen dürfte dies aber nur einen geringen Einfluss auf das Ergebnis haben. Hinzu kommt freilich auch noch der für die Herstellung eines größeren Motors notwendige höhere Aufwand an Energie und Material. Ob sich bei einer solchen ganzheitlichen Betrachtungsweise die Relationen nennenswert verändern, wurde noch nicht untersucht. 5.4.2.9 Drehzahlstellung
Die Läuferdrehzahl eines Asynchronmotors kann bei gegebener Belastung gemäß Gl. (5.42) grundsätzlich durch folgende Parameter beeinflusst werden: • Schlupf s • Polpaarzahl p oder • Speisefrequenz f1
204
5 Stationäre Antriebe
Für die Auswahl eines technischen Konzeptes zur Drehzahlstellung sind ! neben der Frage des anlagentechnischen Aufwandes ! folgende Kriterien von Bedeutung: • Stellcharakteristik (gestuft bzw. kontinuierlich; möglicher Drehzahlbereich) • Änderung des Motorwirkungsgrades • Änderung der Belastbarkeit des Motors 32 • Änderung der Drehmoment/Drehzahl-Charakteristik (Steifheit) Vergrößern des Schlupfes ist möglich durch: • Einschalten von Vorwiderständen in den Läuferkreis von Schleifringläufermaschinen (s. Abb. 5.34, oberes Diagramm). Diese Methode der Drehzahlreduzierung ist jedoch mit hohen Stromwärmeverlusten in den Läufervorwiderständen verbunden und daher für Dauerbetrieb wenig geeignet. Die Verläufe der Nennpunkte über der abgesenkten Drehzahl entsprechen dabei denen im Grundstellbereich bei Frequenzänderung. • Energierückspeisung aus dem Läufer in das Netz ist ebenfalls nur bei Schleifringläufermaschinen möglich. Anstatt die Schlupfenergie in den Läuferwiderständen umzusetzen, wird sie mittels eines Umrichters in das speisende Netz zurückgeführt (untersynchrone Stromrichterkaskade). Diese Energie sparende Schaltung eignet sich besonders für große Leistungen (ca. 0,5 bis 25 MW) im niedrigen Drehzahlbereich. • Absenken der Klemmenspannung durch Drehstromsteller (s. Abb. 5.34, mittleres Diagramm). Durch Variation des Zündwinkels bei Drehstromstellern kann die am Motor anliegende Spannung zwischen Null und dem vollen Wert der Netzspannung verändert werden. Die Momentenkennlinie wird dabei quadratisch mit der Klemmenspannung verkleinert. Für diese Art der Drehzahlstellung kommen spezielle Maschinen mit einem sog. Widerstandsläufer zum Einsatz. Durch den höheren Widerstand des Käfigs tritt das Kippmoment erst bei Schlupfwerten nahe bei Eins, d.h. bei sehr geringen Drehzahlen auf. Damit wird der Stellbereich entsprechend vergrößert, aber auch die Drehzahlsteifheit des Motors verringert. Dieses Konzept ist stark verlustbehaftet (vor allem auch bei voller Spannung!) und eignet sich daher nur zur Drehzahlstellung in einem beschränkten
32
Ein wesentlicher Einfluss ist die Kühlungsart des Motors. Die zulässige Verlustwärme ist bei einer fremdgekühlten Maschine unabhängig von der Drehzahl und bei einer eigengekühlten Maschine angenähert proportional zur Drehzahl. Über den Zusammenhang zwischen Motorstrom und Drehmoment ergibt sich daraus die zulässige Belastung.
5.4 Elektrische Antriebssysteme
205
Bereich bei kleinen Lüfter- und Pumpenantrieben. Zudem geht die zulässige Momentenbelastung bei Verringerung der Spannung erheblich zurück. Für einen bei voller Spannung gut ausgelasteten Antrieb kann das selbst im Falle eines quadratischen Drehzahlverlaufs des Lastmomentes zu einer Überbelastung des Motors führen.
1
Verläufe der Nennpunkte FB: bei fremdbelüfteter Maschine EB: bei eigenbelüfteter Maschine
Normiertes Drehmoment M /M 0
Schlupfänderung durch Läufervorwiderstände
26371-B-07 26371-B-07
0,9
Kipp-Punkt
0,8 0,7
R2V/R2L =
0,6
8
6
4
2
0 Nenn-Punkt
0,5 0,4
FB
0,3
EB
0,2 0,1 0 0
0,5
1
1,5
Normierte Drehzahl n /n 1,0
Kipp-Punkt 1
Normiertes Drehmoment M /M 0
Spannungsänderung bei Motor mit Widerstandsläufer
0,9
U/U0 =
1
0,8
0,9
0,7 0,6
0,8
0,5 0,4
0,7
0,3
0,6 Nenn-Punkt
0,5
0,2
FB
0,1
EB
0 0
0,5
1
1,5
Normierte Drehzahl n /n 1,0
Kipp-Punkt
1
f/f1,0 = 0,5
0,9 Normiertes Drehmoment M /M 0
Frequenzänderung durch Umrichter
0,8
0,8
0,7 0,6 0,5
1,0
0,4
FB
0,3
1,5 EB FB
EB
0,2
1,2
0,1
Nenn-Punkt
0 0
0,5
1
1,5
Normierte Drehzahl n /n 1,0
Abb. 5.34. Momenten-Kennlinien für verschiedene Arten der Drehzahlstellung beim Asynchronmotor
206
5 Stationäre Antriebe
Änderung der Polpaarzahl ist möglich durch polumschaltbare Wicklungen (Dahlanderschaltung) oder durch getrennte Ständerwicklungen mit unterschiedlicher Polpaarzahl. Damit ist die Drehzahl allerdings nur stufenweise verstellbar. Durch die aufwendigere Ständerwicklung wird die Maschine teurer. Eine Verringerung der Drehzahl durch Übergang auf höhere Polpaarzahl ist verbunden mit einer Erhöhung der Drehmomente des Motors, da die Nennleistung sich nicht wesentlich verändert. Frequenzänderung Die Speisefrequenz kann - zusammen mit der Speisespannung - durch den Einsatz eines Frequenzumrichters verändert werden, s. Abb. 5.34 (unteres Diagramm). Hinsichtlich des Stellbereiches der Speisefrequenz f1 sind zwei Bereiche zu unterscheiden, die voneinander durch die sog. Eckfrequenz33 f1,0 getrennt sind: • Der Grundstellbereich geht von der Eckfrequenz f1,0 aus nach unten. In der Abbildung sind außer der Kennlinie für die Eckfrequenz zwei Kennlinien für 80 und 50 % der Eckfrequenz eingezeichnet. Gemäß Gl. (5.49) reduziert sich die synchrone Drehzahl (d.h. für s = 0) entsprechend. Das Kippmoment bleibt nach Gl.(5.53) in diesem Bereich konstant, wenn gilt: U/f = const., d. h. wenn die Speisespannung proportional zur Frequenz reduziert wird34. Nach Gl.(5.55) bleibt auch die Steifheit der Drehzahlcharakteristik, d.h. der Drehzahlabfall in Abhängigkeit vom Drehmoment, unverändert erhalten. Gemäß Gl.(5.52) vergrößert sich der Kippschlupf, da der bezogene Sekundärwiderstand ρ2 umgekehrt proportional zur Speisefrequenz ist. Das Stillstandsmoment bei der Drehzahl Null erhöht sich etwa reziprok zur Verringerung der Speisefrequenz. Bei einer eigenbelüfteten Maschine geht das zulässige Nennmoment angenähert mit der Quadratwurzel der Speisefrequenz zurück, da die mögliche Verlustwärmeabfuhr von der Drehzahl abhängt. Nur im Falle eines fremdbelüfteten Motors bleibt der Nennpunkt N auf gleicher Höhe, was bedeutet, dass die mechanisch abgebbare Leistung als Produkt aus Drehzahl und Drehmo-
33
Diese Eckfrequenz entspricht häufig der Netzfrequenz, sie kann aber auch auf einen höheren Wert eingestellt werden.
34
Diese Beziehung gilt streng genommen nur bei Vernachlässigung des OHMschen Widerstandes der Ständerwicklung, was bei Maschinen mittlerer und großer Leistung hier zulässig ist. Bei kleinen Motoren (d.h. mit Nennleistungen in der Größenordnung 1 kW) wird die Spannung weniger als proportional reduziert, also z.B. linear bis zu einem Grundanteil von 20 % der Nennspannung, um den speziell bei kleinen Frequenzen stärker wirksamen OHMschen Spannungsabfall an der Ständerwicklung zu kompensieren.
5.4 Elektrische Antriebssysteme
207
ment in diesem Fall etwa proportional mit der Speisefrequenz zurückgeht. • Der Feldstellbereich geht von der Eckfrequenz aus nach oben. In Abb. 5.34 sind dafür die zwei Kennlinien für 120 und 150 % der Eckfrequenz eingezeichnet. Geht man davon aus, dass der Motor bei der Eckfrequenz mit der maximal möglichen Spannung gespeist wird, so wird diese bei Erhöhung der Frequenz konstant gehalten. Entsprechend Gl.(5.53) geht das Kippmoment um den Faktor (f1/f1,0)!2 zurück. Auch die Steifheit der Drehzahlcharakteristik nimmt ab. Das Nennmoment des Motors fällt weniger stark ab als das Kippmoment, nämlich nur um den Faktor (f1/f1,0)!1 bei einer fremdbelüfteten Maschine, das bedeutet eine konstant bleibende abgebbare Leistung. Soweit man bei einer eigenbelüfteten Maschine eine proportionale Zunahme der zulässigen Verluste mit der Drehzahl annehmen kann, geht das zulässige Moment sogar nur um den Faktor (f1/f1,0)!0,5 zurück. Eine Drehzahlreduzierung im Grundstellbereich ist unproblematisch, wenn das Lastmoment stärker absinkt als das Nennmoment des Motors, was normalerweise der Fall ist. Dagegen verlangt bei einer Erhöhung der Drehzahl in den Feldstellbereich hinein die Einhaltung der zulässigen Motorbelastung besondere Aufmerksamkeit. Die Drehzahlstellung mit Hilfe eines Frequenzumrichters ist heute eine weithin angewendete Methode, um den Förderstrom von Pumpen und auch Ventilatoren einem wechselnden Bedarf anzupassen (vgl. Abschn. 5.2.4.4). Aus der 7. Übungsaufgabe (s. Anhang) geht hervor, dass die Wirtschaftlichkeit stark von den herrschenden Randbedingungen abhängt. Unter günstigen Verhältnissen sind Amortisationsdauern von weniger als 3 Jahren erreichbar. 5.4.3
Drehstrom-Synchronmotor
Die Synchronmaschine ist im Ständer ähnlich aufgebaut wie die Asynchronmaschine, der Läufer besitzt jedoch ein Polrad mit einer Gleichstromerregung bzw. mit Permanentmagneten. Das hat zur Folge, dass die Drehzahl fest mit der Speisefrequenz gekoppelt ist. Zum Anlauf von Synchronmotoren sind je nach Ausführung zusätzliche Maßnahmen erforderlich, wie beispielsweise ein separater Anlaufmotor oder eine Frequenzsteuerung über Stromrichter. Synchronmotoren werden verwendet, wenn eine unveränderliche Betriebsdrehzahl oder eine über die Speisefrequenz regulierbare Betriebsdrehzahl erwünscht ist, z.B. bei langsam laufenden Kolbenverdichtern, bei Pumpen oder Turbogebläsen. Eine zunehmende Verbreitung finden perma-
208
5 Stationäre Antriebe
nenterregte Synchronmotoren in Servo- oder Stellantrieben. Abbildung 5.35 zeigt das vereinfachte Ersatzschaltbild je Phase (d.h. alle Größen sind Stranggrößen) für den Synchronmotor mit Vollpol-Läufer. In der meist gebräuchlichen Form der Innenpolmaschine wird im Läufer durch einen Gleichstrom bzw. durch eingebaute Permanentmagnete ein Magnetfeld erregt. Der dadurch verursachte Induktionsfluss Φ läuft mit der Läuferdrehzahl n um und induziert dabei in der Ständerwicklung die Polradspannung
U P = cA jωΦ . I
(5.57)
R
Xd
26-381-A-04 26-381-A-04
U
M
UP
Φ
n
Abb. 5.35. Ersatzschaltbild des Synchronmotors mit Vollpolläufer
Die elektrische Kreisfrequenz der (vereinfacht als sinusförmig angenommenen) Wechselgrößen ! und damit auch die Speisefrequenz ! hängt mit der Läuferdrehzahl über die Polpaarzahl p der Ständerwicklung zusammen:
ω ⎡⎣s ⎤⎦ = 2π −1
n ⎡⎣ min −1 ⎤⎦ 60
p.
(5.58)
Die Synchronmaschine hat also keinen Schlupf, vgl. Gl.(5.42). Die Speisespannung an den Motorklemmen entspricht der Polradspannung zuzüglich der Spannungsabfälle im Ankerkreis aufgrund des OHMschen Widerstandes R sowie der synchronen (Längs-)Reaktanz Xd:
U = ( R + jX d ) I + U P
(5.59)
Das dieser Gleichung entsprechende Zeigerdiagramm zeigt Abb. 5.36. Die Polradspannung eilt gegenüber der Klemmenspannung um den Polradwinkel
5.4 Elektrische Antriebssysteme
209
ℜ jX dI
U
U
P
RI
α
I
θ
ϕ 26382-B-06 26382-B-06
ℑ
Abb. 5.36. Zeigerdiagramm des Synchronmotors mit Vollpolläufer
θ nach. Der Polradwinkel ist kennzeichnend für den Lastzustand der Maschine. Die über den Luftspalt vom Ständer auf den Läufer übertragene Drehfeldleistung ist
PD [ W ] = 2π
n ⎡⎣ min −1 ⎤⎦ 60
(
)
∗ MD [ Nm ] = m ⋅ ℜ U P I ,
(5.60)
wobei Spannung und Strom durch ihre Effektivwerte ausgedrückt sind. Für ein dreiphasiges System (m = 3) ergibt sich daraus für das über den Luftspalt übertragene Drehmoment
MD = −
3 pUP
ω R2 + X d2
⎡⎣U sin (θ − α ) + UP sin α ⎤⎦ .
(5.61)
Vom Luftspaltmoment subtrahieren sich innerhalb des Synchronmotors lediglich die Widerstände durch Lagerreibung und Ventilation. Der Rest
210
5 Stationäre Antriebe
steht als treibendes Drehmoment an der Motorwelle zur Verfügung. Betrachtet man die Abhängigkeit des Drehmoments vom Polradwinkel, so ergibt sich ein Maximum für θ = & π/2 + α. Man beachte, dass θ negativ ist! Die statische Stabilitätsgrenze liegt also bei einem (elektrischen) Nachlaufwinkel des Polrades von nahezu 90 °, da der Ständerverlustwinkel α namentlich bei größeren Maschinen recht klein ist. Der Maximalwert des Momentes (Kippmoment) beträgt angenähert
MK ≈
3 pUUP . ω Xd
(5.62)
Aus Gründen der dynamischen Stabilität, d.h. um ein Außertrittfallen des Läufers bei Belastungsänderungen zu vermeiden, sollten Vollpolmotoren höchstens mit 3/4 des Kippmomentes belastet werden. Aus Gl.(5.59) ist die Stromortskurve erhältlich. Abb. 5.37 zeigt die sich ergebenden Kreisabschnitte im stabilen Bereich für einen Motor kleinerer Leistung (d.h. mit nicht vernachlässigbarem Ständerverlustwinkel α) und konstanter Erregung durch Permanentmagneten. Variiert ist hierbei die Speisefrequenz und damit die Drehzahl, vom jeweiligen Maximalwert abwärts. Proportional zur Frequenz ist auch die Speisespannung abgesenkt. Damit ist es - zumindest bei Fremdkühlung des Motors - möglich, auch im Bereich stark reduzierter Speisefrequenzen den Motor mit dem Nennmoment zu belasten, ohne dass er durch zu großen Strom thermisch überlastet würde. 1,1
Normierte Frequenz: ff/f /f0 = 1 0,
26383-C07 26383-C07
1
U f0 ⋅ U0 f
0,9
0,2 0,5
0,8
1
0,7
I
0,5
) Xd +j /(R P –U
0,6
2α
Stabilitätsbereich: -π π/2 /2 + α
0,4 0,3 0,2 0,1
U/(R+jX d)
0 0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
α
0,9 α 1
1,1
Abb. 5.37. Stromortskurven des Synchronmotors mit Vollpolläufer
5.4 Elektrische Antriebssysteme
211
Eine solche stufenlose Drehzahlsteuerung der Synchronmaschine ist, wie bei der Asynchronmaschine, durch Speisung über Frequenzumrichter möglich. Ansonsten gibt es noch die Möglichkeit der Veränderung der Polpaarzahl, sofern eine solche Umschaltung konstruktiv vorgesehen ist. Der Anlauf des Synchronmotors ist bei Verwendung eines Frequenzumrichters durch Hochfahren der Speisefrequenz problemlos möglich. Wird hingegen der Synchronmotor mit konstanter Netzfrequenz gespeist, so bedarf es zum Anlauf spezieller Verfahren: • Hochlauf über einen eigenen Anwurfmotor, bis die synchrone Drehzahl näherungsweise erreicht ist. Die elektrische Kopplung des Synchronmotors an das Netz erfolgt dann in gleicher Weise wie bei Generatoren unter Einhaltung der Synchronisierungsbedingungen. Dieses aufwendige Verfahren lässt sich nur zum Anlauf ohne Last anwenden, da sonst der Anwurfmotor unwirtschaftlich groß dimensioniert werden müsste. • Der asynchrone Selbstanlauf ist das in den meisten Fällen angewendete Verfahren. Bei Vollpolmaschinen ist hierfür in den Läufernuten zusätzlich eine kurzgeschlossene Stabwicklung eingebracht, bei Schenkelpolmaschinen liegt diese Käfigwicklung in den Polschuhen. Im synchronen Betrieb dient der Kurzschlusskäfig auch dazu, Drehschwingungen infolge von Belastungsstößen zu dämpfen. Während des Hochlaufs ist die Erregerwicklung zunächst über einen Widerstand kurzgeschlossen, damit sie vor zu hohen induzierten Spannungen geschützt ist. Nach Erreichen der maximalen Drehzahl wird dann auf Gleichstromerregung umgeschaltet, wodurch der Läufer unter mehr oder weniger starken Pendelungen in den Synchronismus gezogen wird. Der asynchrone Anlauf ist nur dann problemlos möglich, wenn am Ende des Hochlaufs ein Schlupf von weniger als 5 % erreicht wird und wenn die zu beschleunigenden Massen (Schwungmomente) nicht zu groß sind. Das Lastmoment darf ebenfalls nicht zu groß sein, damit das Motordrehmoment ausreicht, um die Maschine in den synchronen Lauf zu ziehen. Durch besondere Ausführungsformen des Käfigs lässt sich wie beim Asynchronmotor während des Hochlaufs eine Erhöhung des Drehmomentes bei gleichzeitiger Reduzierung des Stromes erreichen. 5.4.4
Frequenzumrichter
Im Bereich der Drehstrom-Antriebstechnik hat der Frequenzumrichter die Aufgabe, die nach Amplitude und Frequenz konstante Netzspannung in ein dreiphasiges Spannungssystem variabler Frequenz und Amplitude zur Speisung des Asynchron- bzw. Synchronmotors umzusetzen. Prinzipiell unter-
212
5 Stationäre Antriebe
scheidet man zwei Techniken: • Direktumrichter (vorzugsweise bei langsam laufenden Antrieben großer Leistung eingesetzt) • Zwischenkreisumrichter mit Gleichgrößenzwischenkreis Zwischenkreisumrichter mit Gleichgrößenzwischenkreis gliedern sich wiederum abhängig von der Art ihrer Glättungsglieder in zwei Techniken: • Stromzwischenkreisumrichter (I-Umrichter) mit Stromverstellung durch netzgeführten Gleichrichter (induktive Glättung) • Spannungszwischenkreisumrichter (U-Umrichter) mit Spannungsverstellung durch Pulsen (kapazitive Glättung) Spannungszwischenkreisumrichter gewinnen zunehmend an Bedeutung und beherrschen, bezogen auf die verkauften Stückzahlen, heute die Drehstromantriebstechnik. Das wesentliche Merkmal eines U-Umrichters ist ein Zwischenkreiskondensator zur Einprägung der Zwischenkreisspannung. Die Kapazität bewirkt eine Entkopplung zwischen dem Eingangsgleichrichter und dem Ausgangswechselrichter (WR). Die im Zwischenkreis anliegende Spannung ändert sich im normalen Betriebsbereich nur geringfügig. U-Umrichter verhalten sich daher nahezu wie eine ideale Konstantspannungsquelle. Neben der Motorfrequenz wird auch die Motorstrangspannung vorgegeben, wobei sich der Strom lastabhängig ausbildet. Im Gegensatz zum I-Umrichter ist der U-Umrichter leerlauffest. Beim U-Umrichter lassen sich wiederum zwei prinzipiell unterschiedliche Techniken unterscheiden: • konstante Zwischenkreisspannung und Pulssteuerung des WR (Pulsumrichter) • variable Zwischenkreisspannung und Blocksteuerung des WR Die größere Bedeutung kommt hierbei dem Pulsumrichter zu. Der eingangsseitige Gleichrichter besteht aus einer ungesteuerten, netzgeführten Diodenbrücke, über die eine konstante Zwischenkreisgleichspannung erzeugt wird. Sollte Nutzbremsbetrieb erwünscht sein, muss eine zusätzliche steuerbare Brücke antiparallel zu der Diodenbrücke geschaltet werden. Ist eine Netzrückspeisung nicht lohnend, kann die Bremsenergie über einen Widerstand im Zwischenkreis abgeführt werden. Ausgangsseitig wird durch pulsartiges Zuschalten der Zwischenkreisspannung über einen selbstgeführten Wechselrichter auf die Motorklemmen eine Wechselspannung mit variabler Frequenz und Amplitude erzeugt (Pulsweitenmodulation). Für die Generierung der entsprechenden Pulsmuster kommen ! abhängig vom Hersteller, der Umrichterleistung sowie der Art
5.4 Elektrische Antriebssysteme
213
und Verschaltung der Brückenbausteine (Halbleiterventile) ! unterschiedliche Verfahren zum Einsatz. Um ein zufrieden stellendes Betriebsverhalten der Maschine hinsichtlich der Zusatzverluste, Pendelmomente und Geräusche zu erhalten, sollte der Wechselrichter mit einer möglichst hohen Schaltfrequenz arbeiten. Die heute dafür verwendeten Leistungshalbleiter (IGBT oder MOSFET) ermöglichen Schaltfrequenzen im Ultraschallbereich. Die Motorströme bilden sich aus den im jeweiligen Betriebspunkt des Motors herrschenden Impedanz- und Spannungsverhältnissen. Eine mögliche Regelung für die Einstellung der Ströme entsprechend den gewünschten Verläufen stellt beispielsweise eine Stromregelung dar. Dazu werden die Istwerte der Motorströme erfasst und zusammen mit den Sollwerten je einem Regler zugeführt. Bei einer Abweichung werden die Ausgangsspannungen des WR im Sinne einer Angleichung der beiden Werte verändert. Die Stromsollwertbildung erfordert Rechenoperationen, die in analoger Technik nur mit hohem Aufwand realisierbar sind. Deshalb ist eine Signalverarbeitung über Mikroprozessor vorteilhaft. Der Istwert für die Drehzahlregelung wird durch zyklisches Abtasten des Rotorpositionswinkels in kurzen Abständen, d.h. mit hoher Auflösung gebildet, so dass ein separater Drehzahlgeber überflüssig wird. Durch Anwendung der Blockstromtechnik lässt sich der erforderliche Aufwand für die Stromsollwertbildung ohne funktionelle Einbußen maßgeblich reduzieren. Das Grundkonzept dabei ist, den Statorstrombelag nicht wie bei der Sinusstromspeisung kontinuierlich, sondern in sechs Schritten umlaufen zu lassen. Die Umlaufgeschwindigkeit des Strombelages bestimmt dabei die Drehzahl. Häufig werden an einen Zwischenkreis mit einer Einspeisebrücke mehrere Wechselrichter angeschlossen, so dass neben Einzel- auch Gruppenantriebe (Mehrmotorenantriebe) möglich sind. Durch die zusätzlich benötigte steuerbare Brücke zur Netzrückspeisung ist ein Vierquadrantenbetrieb allerdings mit hohem Aufwand verbunden. In diesen Fällen wird daher besonders bei Antrieben mit hohen Leistungen und Trägheitsmomenten der I-Umrichter bevorzugt. U-Umrichter mit variabler Zwischenkreisspannung werden überwiegend für Anwendungen im hohen Drehzahlbereich eingesetzt (z.B. Textilindustrie, Schleifmaschinen). Hierbei muss auch der eingangsseitige Gleichrichter steuerbar ausgeführt sein. Dafür kann der Wechselrichter jedoch einfacher aufgebaut werden, da ähnlich wie beim I-Umrichter nur relativ lange Spannungsblöcke und keine kurzen Spannungspulse auf die Maschinenklemmen geschaltet werden müssen. Heute sind die verfügbaren Leistungshalbleiter aber so kostengünstig, dass die U-Umrichter meist mit konstanter Zwischen-
214
5 Stationäre Antriebe
kreisspannung und pulsweitenmodulierendem Wechselrichter ausgeführt sind. Der Wirkungsgrad eines U-Umrichters im Nennbetrieb, d.h. bei einer Ausgangsfrequenz von 50 Hz und Volllast, liegt je nach Anlagengröße zwischen etwa 92 % (für Nennleistungen unter 100 W) und 97 % (für Nennleistungen über 100 kW), jeweils bei 400 V Netzspannung. Bei 230 V Netzspannung liegen die Wirkungsgrade um bis zu 3 Prozentpunkte niedriger, vor allem bei kleinen Geräten. Die Verluste treten in erster Linie als Durchlass- und Schaltverluste in den Leistungshalbleitern auf. Abbildung 5.38 zeigt die Systemwirkungsgrade einer Kombination von Asynchronmotor mit vorgeschaltetem U-Umrichter (Pulswechselrichter) zur Drehzahlstellung. Hierbei ist die typische Belastungscharakteristik von Pumpen oder Ventilatoren zugrundegelegt, bei denen das Moment quadra100%
Umrichter-Wirkungsgrade UmrichterNennleistung: 97,8 kVA
90%
2-polig
11,6 kVA
80%
1,6 kVA MotorNennleistung:
70%
Systemwirkungsgrad
75 kW 60%
4-polig 50%
7,5 kW
System-Wirkungsgrade
40%
30%
0,75 kW 20%
Belastung: M - n² 10%
26278-B-07 26278-B-07
0% 0%
20%
40%
60%
80%
100%
Normierte Drehzahl n /n 0
Abb. 5.38. Systemwirkungsgrade von Asynchronmotoren mit U-Umrichter (Quelle: Forschungsstelle für Energiewirtschaft, München)
5.4 Elektrische Antriebssysteme
215
tisch und die Last kubisch mit der Drehzahl zurückgeht. Bei der Hälfte der Eckdrehzahl liegt die Belastung also nur noch bei 12,5 %. Daraus erklärt sich in erster Linie der Wirkungsgradabfall bei kleineren Drehzahlen. Bedingt durch die Wirkungsweise des Pulswechselrichters weist die Speisespannung des Motors einen beträchtlichen Oberwellengehalt auf. Dadurch entstehen zusätzliche Wirbelstromverluste (hauptsächlich im Eisen des Motors). Die daraus resultierende Verschlechterung des Wirkungsgrades ist umso ausgeprägter, je größer die Polpaarzahl der Maschine ist. Zusätzlich sind in dem Diagramm auch noch die Wirkungsgrade der entsprechenden Umrichter eingetragen. Hieraus ist erkennbar, dass der Abfall des Systemwirkungsgrades bei kleinen Lasten nicht nur vom Motor herrührt, sondern auch vom Umrichter. 5.4.5
Gleichstrommotor
Der Gleichstrommotor ermöglicht eine weitgehend stufenlose und verlustfreie Einstellung und Regelung der Drehzahl, entweder über den Ankerstrom oder über das Erregerfeld. Je nach der Art der Zusammenschaltung von Anker- und Erregerwicklung wird unterschieden in Reihenschluss-, Fremdschluss-, Nebenschluss-, Doppelschluss- und Wendepolmaschinen oder Kombinationen davon. Außerdem kann die Erregung mit Permanentmagneten erfolgen. Das Ersatzschaltbild und die wichtigsten Systemgleichungen für die Gleichstrommaschine zeigt Abb. 5.39. Es lassen sich folgende normierte Systemgleichungen aufstellen: • Für die Abhängigkeit des Drehmomentes von Ankerstrom und Felderregung:
m = iAϕ
(5.63)
• Für die Abhängigkeit des Drehmomentes von der Drehzahl mit den Parametern Speisespannung, Vorwiderstand und Felderregung:
m=
u − nϕ ⋅ϕ sN (1 + rV )
(5.64)
Der Begriff des Schlupfes wird hier in Analogie zu der bei der Asynchronmaschine üblichen Definition gebraucht. Somit gibt der Wert des Nennschlupfes Aufschluss über die Steifheit der Drehmomentcharakteristik über der Drehzahl.
216
5 Stationäre Antriebe
Abb. 5.39. Ersatzschaltbild und Systemgleichungen des Gleichstrommotors
In Abb. 5.40 ist das Kennfeld m(n) eines Gleichstrom-NebenschlussMotors angegeben. Da sich hierbei die Ankerspannung und die Felderregung unabhängig voneinander variieren lassen, gibt es, ähnlich wie bei der Drehzahlstellung der Drehstrom-Asynchronmaschine mittels Frequenzänderung, zwei Bereiche:
5.4 Elektrische Antriebssysteme
217
• Im Grundstellbereich ist die Ankerspannung gegenüber der Nennspannung reduziert (Ankerstellbereich). Dies kann entweder durch einen zusätzlichen Vorwiderstand im Ankerkreis erreicht werden, oder aber durch Reduzieren der Speisespannung. In jedem Fall ist dabei vorausgesetzt, dass die Erregung konstant auf ihrem maximalen Wert gehalten wird. Das Zuschalten eines Vorwiderstandes macht die Drehmomentcharakteristik weicher, ist jedoch verbunden mit erheblichen Stromwärmeverlusten im Vorwiderstand, weshalb diese Methode der Drehzahlstellung heute kaum mehr angewendet wird. Dagegen bleibt beim Herabsetzen der Ankerstellbereich (mit ϕ = 1) 2
Feldstellbereich (mit u = 1)
26105-D-07 26105-D-07
1,8 Nenn-Punkt
1,6
12
1,2 16
Rel. Ankerstrom i2A,:0 1, 8
1
1, 6
20
Rel. Drehmoment
4
8
0
Rel. Vorwiderstand rV: (mit u = 1)
1,4
0,8
1,4 1 ,2
0,6
1,0
Rel. Erregung ϕ:
0,4
0,6
0,8
0,6
0,4 1,0
0,6
0,4
0,2
0,8
0,2
1,0
Rel. Speisespannung u: (mit rV = 0)
0,8 0,5
(mit u = 1)
0,2
0
0
0,5
1
1,5
2
Rel. Drehzahl
Abb. 5.40. Momenten-Kennlinien des Gleichstrom-Nebenschluss-Motors
218
5 Stationäre Antriebe
Speisespannung in einem leistungselektronischen Stellglied die Steifheit der Drehmomentcharakteristik unverändert, und die Verluste erhöhen sich nur unwesentlich. Bei einem fremdgekühlten Motor ist auch bei verkleinerter Drehzahl der volle Ankerstrom zulässig, daher kann er stets mit dem Nennmoment belastet werden. Nimmt man im Falle eines eigengekühlten Motors an, dass die zulässige Verlustwärme proportional zur Drehzahl ist, so geht das zulässige Lastmoment mit der Wurzel der Drehzahl zurück. • Im Feldstellbereich wird bei voller Ankerspannung das Erregerfeld geschwächt. Nimmt man, unabhängig von der Drehzahl, den Nennstrom als höchstens zulässig an (Fremdkühlung), so bleibt das Produkt aus Drehzahl und Drehmoment, mithin also die abgebbare Leistung, konstant. Die Drehzahlsteifheit des Motors wird im Feldstellbereich etwas kleiner. Die maximal zulässige Drehzahl liegt im allgemeinen beim 2- bis 4-fachen der Nenndrehzahl und ist in erster Linie durch die Fliehkräfte im Anker, des weiteren durch Probleme bei der Kommutierung begrenzt. Nebenschlussmotoren besitzen eine hohe Drehzahlsteifheit auch bei größeren Laständerungen und sind damit für Antriebe geeignet, die unabhängig vom Grad der Belastung eine möglichst konstante Drehzahl erfordern, z. B. als Antrieb für Werkzeugmaschinen. Zum Anlauf ist meist eine Strombegrenzung erforderlich. Der Gleichstrom-Reihenschluss-Motor weist ein andersartiges Kennfeld auf, s. Abb. 5.41. Da der Ankerstrom auch die Erregerspule durchfließt, wird durch ihn das Erregerfeld bestimmt. Bei größeren Strömen macht sich gemäß der Magnetisierungskennlinie eine Sättigung bemerkbar, cE ist also nicht mehr konstant (vgl. Abb. 5.39). Zwischen dem Drehmoment und dem Motorstrom besteht ein fester Zusammenhang. Das resultierende typische „Reihenschluss-Verhalten“ zeichnet sich aus durch hohes Anzugsmoment und eine „weiche“ Charakteristik (geringe Drehzahlsteifheit) im stationären Betriebsbereich. Damit verbunden sind besonders günstige Bedingungen hinsichtlich einer vorübergehenden Überlastbarkeit. Reihenschlussmotoren sind daher geeignet für Schwerlastanlauf, z. B. für Fahrzeuge, Bahnbetrieb, Hebezeuge oder Lüfter. Sie sollten wegen der Gefahr des „Durchgehens“ nicht für Antriebe verwendet werden, die betrieblich entlastet werden können. Der Doppelschlussmotor besitzt sowohl eine Nebenschlusswicklung zur Begrenzung der Leerlaufdrehzahl als auch eine Reihenschlusswicklung zur Erhöhung des Anzugsmoments. Er wird für Antriebe wie beispielsweise Walzstraßen, Förderanlagen, Pressen, Scheren, Stanzen eingesetzt.
5.4 Elektrische Antriebssysteme
219
2
26372-B-07 26372-B-07
1,8 1,4 1,6
1,2
1,2
Nenn-Schlupf sN Nenn-Punkt
1
1
0,8
0,8
0,2
0,4
0 ,6
0,6
0,4
0,8
1
Rel. Speisespannung u:
Rel. Strom
Rel. Drehmoment
1,4
0,6
0,2
0,4
0
0,2 0
0
0,5
1
1,5
2
Rel. Drehzahl
Abb. 5.41. Momenten-Kennlinien des Gleichstrom-Reihenschluss-Motors
5.4.6
Kleinmotoren 35
Tabelle 5.5 gibt eine Übersicht über die Bauarten von Kleinmotoren, ihre technischen Daten und die wichtigsten Anwendungen. 5.4.6.1 Universalmotor
Beim Universalmotor handelt es sich um eine Kommutator-Reihenschlussmaschine, die zur Verringerung der Wirbelstromverluste im Stator bei Wechselstrombetrieb im Unterschied zur Gleichstrom-Reihenschlussmaschine auch einen geblecht ausgeführten Stator aufweist. 35
Nach (Langgaßner 2001)
220
5 Stationäre Antriebe
Hauptvorteile sind die variable und von der Netzfrequenz unabhängige Drehzahl, die bis zu 40000 U/min erreichen kann (Staubsauger) und die leichte Drehzahlverstellmöglichkeit über einfache Phasenanschnittsteuerung (Triacsteller). Aufgrund des Reihenschlussverhaltens entwickeln Universalmotoren ein hohes Anlaufmoment. Tabelle 5.5.
Kleinmotoren (Übersicht)
Motorart Universalmotor
Leistung [W] Wirkungsgrad Anwendung (Haushalt) bis 2000
45 bis 70 %
Staubsauger; Handwerksmaschinen; Waschmaschinentrommel
Kondensatormotor
30 bis 1000
35 bis 70 %
Rasenmäher; Kühlaggregate; größere Pumpen; Wäschetrocknertrommel; Heizungsumwälzpumpe
PermanentmagnetSynchronmotor
4 bis 30
45 bis 60 %
kleine Pumpen
100 bis 300 bis 100
bis 40 % bis 25 %
Spaltpolmotor, symmetrisch unsymmetrisch
Wäscheschleuder; Dunstabzug kleine Pumpen
Nachteile sind der Verschleiß der Kohlebürsten des Kommutators, die vom Kommutator ausgehenden Funkstörungen, die zusätzliche Entstörmaßnahmen erfordern und der durch den Kommutator bedingte erhöhte Herstellungsaufwand. Das Schaltungsschema des Universalmotors ist in Abb. 5.42 (oben) mit einer möglichen Triacschaltung zur Drehzahlveränderung gezeigt. Die Triacschaltung übernimmt dabei die Aufgabe der effektiven Spannungsreduktion. Über den variablen Widerstand kann die Aufladungszeit des Kondensators eingestellt werden. Bei Überschreiten einer Schwellenspannung am Kondensator schaltet der Diac die Kondensatorspannung an den Triac durch, der dadurch in den leitenden Zustand versetzt wird und somit um den sog. Zündwinkel phasenverzögert den Stromfluss im Motorkreis zulässt. Der Triac geht beim nächsten Stromnulldurchgang wieder in den Sperrzustand über und wird in der folgenden Halbwelle über die Steuerspannung in der Gegenrichtung gezündet. Der Triacsteller eignet sich somit zur Ansteuerung der positiven und der negativen Halbwelle.
5.4 Elektrische Antriebssysteme
221
Schaltungsschema
L N Triacschaltung Ständer Läufer
30092A01
Kennlinien (Beispiel) 400
0,7
350
Leistung P in W
η
0,6
M
300
0,5
250 0,4 200 0,3
Pmech
150
0,2
100 30093A01
50 0 0
5000
10000
15000
0,1
Wirkungsgrad , Drehmoment M in Nm
Pel
0 20000
Drehzahl n in U/min
Abb. 5.42. Schaltungsschema und Kennlinien eines Universalmotors
Neben dem Triacsteller werden auch pulsweitenmodulierte Schaltungen zur Drehzahlstellung eingesetzt. Hauptvorteil dieser Schaltung liegt im ruhigeren Motorlauf aufgrund der sinusförmigen resultierenden Spannung. Universalmotoren werden in Geräten mit Leistungen bis etwa 2 kW eingesetzt und kommen überall dort zum Einsatz, wo variable Drehzahlen oder besonders hohe Drehzahlen erforderlich sind. Im Hausgerätebereich werden sie daher insbesondere in Waschmaschinen wegen der großen Drehzahlbandbreite für Waschen-Schleudern und in Staubsaugern aufgrund der für die Effizienz des Lüfterrades günstigen hohen Drehzahlen von weit über 10000 U/min eingesetzt. Daneben befinden sich Universalmotoren in zahlreichen Klein- und Hausgeräten (z.B. Nähmaschine). Das typische Betriebsverhalten eines Universalmotors bei Wechselstrombetrieb ist in Abb. 5.42 (unten) dargestellt. Charakteristisch ist das Reihenschlussverhalten des Drehmomentes, wobei aufgrund des Wechselstromes die elektrische Leistungsaufnahme im Bereich niedriger Drehzahlen abweichend vom Verhalten der Gleichstromreihenschlussmaschine wieder sinkt.
222
5 Stationäre Antriebe
5.4.6.2 Kondensatormotor
Der Kondensatormotor, ein Einphasen-Asynchronmotor mit Hilfswicklung, zeichnet sich durch robuste wartungsarme Bauart, geringe Drehzahlabhängigkeit bei Belastung und gutes Anlaufdrehmoment bei entsprechender Kondensatordimensionierung (Anlaufkondensatorschaltung) aus. Im Gegensatz zur Drehstrom-Asynchronmaschine mit ihrer symmetrischen dreisträngigen Wicklung arbeitet die Einphasen-Asynchronmaschine mit einer Haupt- und einer Hilfswicklung, deren Funktionen bei identischer Ausführung durch externe Verschaltung beliebig vertauschbar sind, z.B. zur Drehrichtungsumkehr. Während bei der Drehstrom-Asynchronmaschine durch die Phasenverschiebung in den drei Phasen und die symmetrische räumliche Anordnung der drei Wicklungen ein räumlich umlaufendes konstantes Drehfeld erzeugt werden kann, erhält man beim einphasigen Wechselstrom nur ein Wechselfeld. Um daraus ein zur kontinuierlichen Drehmomentbildung notwendiges Drehfeld erzeugen zu können, bedient man sich einer Hilfswicklung die, wie in Abb. 5.43 (oben) gezeigt, idealerweise räumlich um 90° versetzt zur Hauptwicklung angeordnet und mit einem zusätzlichen Element zur Phasenverschiebung versehen ist. Die günstigsten Ergebnisse werden mit einem Kondensator erzielt, woraus sich die Bezeichnung Kondensatormotor ableitet; es können aber auch Widerstände oder Spulen verwendet werden. Analog zur geometrisch versetzten Anordnung der Hilfsspule erreicht man bei Phasenverschiebung der Ströme zwischen der Hauptund Hilfswicklung von ebenfalls 90° ein Kreisdrehfeld, welches jedoch wegen der nicht variablen Kondensatorkapazität nur für einen Betriebspunkt erreichbar ist. Bei Abweichung vom Auslegungspunkt ergibt sich ein elliptisches Drehfeld, welches zu Drehmomentschwankungen während des Rotorumlaufes und zu sinkendem Wirkungsgrad führt. Man unterscheidet bei Kondensatormotoren drei Funktionsweisen: • Am häufigsten wird die Betriebskondensatorschaltung ausgeführt. Dabei ist der Kondensator im Hilfszweig fest verschaltet und in der Regel so dimensioniert, dass sowohl ausreichendes Anzugsdrehmoment als auch annähernd symmetrischer Betrieb im Betriebspunkt erreicht wird. Bei nicht zu großen Anforderungen an das Anzugsdrehmoment stellt diese Schaltung einen günstigen Kompromiss zwischen Schaltungsaufwand und Wirkungsgrad dar. • Da der Wirkungsgrad bei deutlicher Abweichung von der symmetrischen Auslegung im Betriebspunkt sinkt, wird für Einsatzbereiche mit hohem erforderlichen Anzugsmoment die Anlaufkondensatorschaltung bevorzugt. Bei dieser Schaltung wird der Kondensator wegen des maximalen
5.4 Elektrische Antriebssysteme
223
Schaltungsschema mit Betriebs- und Anlaufkondensator
L 30094B01
N
Betriebskondensator
Hauptwicklung
Käfigläufer
Anlaufkondensatorschaltung
Hilfswicklung
700 600 Leistung P in W
1
Pel
0,8
M
500 400
0,6
η
300 Nennleistung
0,4
200
Pmech
0,2
100 0
30134B01
0
Wirkungsgrad η , Drehmoment M in Nm
Kennlinienbeispiel eines Kondensatormotors mit Betriebskondensator
1000 2000 Drehzahl n in U/min
0 3000
Abb. 5.43. Schaltungsschema und Kennlinien eines Kondensatormotors
Anzugsmoments überdimensioniert; er wird nach Erreichen der Betriebsdrehzahl (z.B. durch Fliehkraftschalter oder Zeitschalter) weggeschaltet. Der Motor läuft dann als einsträngiger Wechselstrommotor weiter. Nachteile dieser Schaltung sind der Aufwand für die Kondensatorabschaltung und der einsträngige Betrieb mit Wechselfeld. • Die Vorteile beider Schaltungen verbindet der Doppelkondensatormotor. Bei ihm sind zwei Kondensatoren im Hilfszweig parallel geschaltet, wobei einer als Anlaufkondensator zur Drehmomentsteigerung dient und nach Erreichen der Betriebsdrehzahl weggeschaltet wird. Der zweite Kondensator ist als Betriebskondensator fest verschaltet und kann optimal auf den Betriebspunkt abgestimmt werden, weil das Anlaufdrehmoment zum Großteil vom Anlaufkondensator bereitgestellt wird. Diese Lösung stellt das Optimum hinsichtlich des Anlauf- und Wirkungsgradverhaltens dar, ist aber auch mit dem höchsten Schaltungsaufwand verbunden.
224
5 Stationäre Antriebe
Neben der konstruktiven Gestaltung hat die Dimensionierung der Kapazität(en) im Hilfszweig entscheidenden Einfluss auf das Betriebsverhalten und den Wirkungsgrad des Kondensatormotors. Am Beispiel eines Umwälzpumpenmotors sollen diese Zusammenhänge in Abb. 5.44 näher erläutert werden. 0,75
Drehmoment M in Nm
20 µF 0,5
10 µF
0,25
0 µF
30095C01
0 0
1000
2000
3000
Drehzahl n in U/min
Abb. 5.44. Drehmoment/Drehzahl-Kennlinien eines Kondensatormotors bei Variation der Kondensatorkapazität
Ausgehend vom offenen Hilfszweig, zeigt die Kennlinie (0 μF) das typische Verhalten eines Asynchronmotors bei einphasigem Betrieb mit einem Wechselfeld. Da dieses Wechselfeld in zwei gegensinnig umlaufende Drehfelder halber Amplitude zerlegt werden kann, liefert der Motor im Stillstand kein Drehmoment, ein Eigenanlauf ist somit nicht möglich. Sobald der Motor in einer Richtung dreht, überwiegt die jeweils mitlaufende Komponente des Drehfeldes die gegenlaufende und der Motor liefert ein treibendes Drehmoment in Drehrichtung. Der Verlauf des Drehmomentes weist dabei typisch asynchronen Charakter auf. Befindet sich im Hilfszweig ein Kondensator, so entwickelt der Motor zunächst mit zunehmender Kapazität ein steigendes Anlauf- und Betriebsdrehmoment, weil nun aufgrund der räumlichen Anordnung der Wicklungen und der Phasenverschiebung zwischen den Wicklungen ein umlaufendes Drehfeld gebildet wird. Bei klein dimensioniertem Kondensator handelt es sich zunächst um ein elliptisches Feld mit Übergewicht in Richtung Hauptwicklung. Vergrößert man die Kapazität, dann bildet sich bei einer bestimmten Kapazität und Belastung wie bei der Drehstrommaschine ein Kreisdrehfeld, d.h. die gegenlaufende Komponente des Wechselfeldes mit ihrem schwächenden Einfluss auf das Drehmoment entfällt. Wird die Kondensator-
5.4 Elektrische Antriebssysteme
225
kapazität weiter erhöht, nimmt das Drehfeld wieder elliptische Form an, jedoch nun mit Übergewicht in Richtung Hilfswicklung. Der asynchrone Charakter geht dabei, wie die Kennlinie für 20 μF in Abb. 5.44 zeigt, sukzessive zugunsten eines nebenschlussähnlichen Verhaltens verloren. Aufgrund der hohen Ströme im Hilfszweig ist in diesem Bereich kein Dauerbetrieb mehr möglich. Diese Schaltung kommt wegen des hohen Anlaufmoments lediglich als Anlaufkondensatorschaltung mit kurzer Überlastung des Motors in Frage. Je kleiner der ohmsche Widerstand in den Leitern des Kurzschlussläufers ist, desto geringer ist der Läuferschlupf bei gegebener Motorbelastung. Das bedeutet geringere Stromwärmeverluste im Läufer und somit besseren Wirkungsgrad. Eine möglichst widerstandsarme Läuferauslegung ist somit aus energetischer Sicht anzustreben, hat jedoch den Nachteil eines geringeren Anlaufmoments. Kondensatormotoren werden heute insbesondere für drehzahlkonstante Anwendungen eingesetzt. Im Haushaltsbereich sind dies leistungsstärkere Pumpenantriebe (z.B. Umwälzpumpe einer Spülmaschine) drehzahlkonstante Trommelantriebe (Wäschetrockner) und vor allem die Kompressorantriebe in Kühl- und Gefriergeräten. Aufgrund des hohen Energieverbrauchs für den Bereich Kühlen und Gefrieren kommt diesen Antrieben die größte Bedeutung auch beim möglichen Einsparpotenzial zu. Der Leistungsbereich dieser Motoren reicht von rund 30 W in Heizungsumwälzpumpen bis über 1000 W im elektrischen Rasenmäher. Die Betriebsdrehzahlen der üblicherweise zweipolig ausgeführten Motoren variieren schlupfabhängig zwischen 2100 und 2900 U/min. Die erreichten Wirkungsgrade (gemessene Bestwerte) hängen stark von der Anwendung ab: • • • • •
Bis zu 70 % bei Kühlaggregatantrieben, Lüfterantriebe in Wäschetrocknern mit 45 bis 69 %, Trommelantriebe in Wäschetrocknern mit bis zu 64 %, Umwälzpumpenantriebe in Geschirrspülern mit ca. 60 % und Heizungsumwälzpumpen mit lediglich maximal etwa 35 %.
5.4.6.3 Permanentmagnet-Synchronmotor
Permanentmagnet-Synchronmotoren ersetzen heute immer mehr die wirkungsgradschwachen Spaltpolmotoren. Aufgrund des Wegfalls der Läuferinduktion erreichen Permanentmagnet-Synchronmotoren relativ hohe Wirkungsgrade (maximal zwischen 45 und 60 %).
226
5 Stationäre Antriebe
Aufbau und Funktionsweise sind, wie im Motorschema in Abb. 5.45 (oben) ersichtlich, sehr einfach und kommen daher einer Massenfertigung sehr entgegen. Der mit einem Permanentmagnet erregte Läufer liegt im Wechselfeld des von der Primärspule umschlossenen Eisenjochs. Schaltungsschema L 30096A01
N
N
Läufer permanenterregt
S
Spule
Kennlinien (Beispiel) 18
60 η
50 Pmech
12
40
9
30
6
20
3
Wirkungsgrad η in %
Leistung Pmech in W
15
10 30097A01
0 0
5
10
15
20 25 Leistung Pel in W
30
35
0
40
Abb. 5.45. Schaltungsschema und Kennlinien eines Permanentmagnet-Synchronmotors
Das Betriebsverhalten des permanenterregten Synchronmotors ist aufgrund der synchronen Drehzahl nicht als Drehzahl-Drehmomentkurve darstellbar. Eine charakteristische Kurve liefert bei konstanter Drehzahl der Zusammenhang von elektrisch aufgenommener Leistung zu abgegebenem Drehmoment bzw. mechanischer Leistung. In Abb. 5.45 (unten) ist die mechanische Leistung über der elektrischen Leistung aufgetragen. Aufgrund der relativ hohen Reibungsverluste des Gesamtsystems (Motor und Arbeitsmaschine) ist eine beträchtliche elektrische Mindestleistung für den Leerbetrieb erforderlich. Mit steigender Belastung verhält sich der Verlauf der Belastungskurve annähernd proportional zum Sinus des Polradwinkels im Bereich 0 bis 90°, wobei die mechanische Leistungsabgabe bereits vor dem Erreichen der Stabilitätsgrenze bei 90° bereits wieder leicht zurückgeht. Nach Überschreiten des Grenzwinkels reißt die mechanische Leistungsabgabe abrupt ab, d.h. der Motor fällt außer Tritt. Die Stabilitätsgrenze ist im Beispiel am Ende der Kennlinie bei Pel = 40 W erreicht.
5.4 Elektrische Antriebssysteme
227
Nachteil dieses Motortyps ist das schlechte Anlaufverhalten unter Last, weil der Läufer im günstigsten Fall innerhalb einer halben Umdrehung auf Synchrondrehzahl beschleunigt werden muss. Ist aufgrund der Stellung des Rotors der Anlaufwinkel zu klein oder das Trägheitsmoment zu groß, dann gelangt der Rotor nicht rechtzeitig vor dem Wechsel der Polarität des Ständerpoles aus dem Wirkungsbereich dieses Poles und wird dann wieder abgebremst und in Gegenrichtung beschleunigt. Der Anlauf erfolgt nun in Gegenrichtung, weil jetzt der gesamte Anlaufwinkel zur Verfügung steht. Bei zu großem Trägheitsmoment wiederholt sich der Beschleunigungs- und Bremsvorgang, d.h. der Motor schwingt lediglich hin und her. Da sich die Auslegung somit nach den Anlaufmöglichkeiten richten muss, lässt sich im stationären Betrieb nur eine relativ geringe Ausnutzung des Motormoments erreichen. Eine Verbesserung des Anlaufverhaltens erhält man durch Einbau eines Freilaufes der Motorwelle mit den Permanentmagneten gegenüber dem Pumpenrad. Dadurch kann die Belastung im günstigsten Fall um nahezu eine Umdrehung verzögert werden, erfolgt aber dann schlagartig. Permanentmagnet-Synchronmotoren werden im Leistungsbereich von 4 bis 30 W eingesetzt und arbeiten mit synchroner Drehzahl von 3000 U/min. Sie werden insbesondere für kleine Pumpenantriebe, wie z.B. Laugenpumpen in Waschmaschinen und Geschirrspülern oder Kondensatpumpen in Wäschetrocknern eingesetzt. Die Möglichkeit des Anlaufs in beiden Richtungen ist bei Verwendung in Laugenpumpen sogar erwünscht, da Fasern oder Haare bei Drehrichtungsumkehr wieder freigespült werden können und somit ein Selbstreinigungseffekt eintritt. 5.4.6.4 Spaltpolmotor
Der Spaltpolmotor ist eine Sonderbauform der Einphasenasynchronmaschine mit Hilfswicklung, bei der die zur Erzeugung des Phasenversatzes dienende Hilfswicklung in Form von Kurzschlussringen um Teilbereiche der Hauptpole ausgeführt ist. Durch die Induktion eines Stromes im Kurzschlussring verzögert sich der Flussaufbau im Bereich des vom Kurzschlussring umfassten Polbereiches und liefert somit die zur Drehfelderzeugung notwendige Phasenverschiebung. Der Name Spaltpolmotor leitet sich aus dieser Teilung des Hauptpoles in zwei Bereiche her. Der geometrische Winkel ist allerdings aufgrund der Bindung der Spaltpole an die Ausdehnung der Hauptpole deutlich kleiner als 90°, wodurch kein Kreisdrehfeld, sondern lediglich ein stark elliptisches Drehfeld erreichbar ist. Da zudem die Ströme im Läufer ! einem symmetrisch aufgebauten Kurzschlussläufer mit Aluminiumkäfig ! hohe Stromwärmeverluste verursachen, bleibt der Wirkungsgrad bei Spaltpolmotoren deutlich hinter dem aller anderen Motortypen zurück.
228
5 Stationäre Antriebe
Man unterscheidet beim Spaltpolmotor zwischen symmetrischer und unsymmetrischer Bauform. Der Aufbau des unsymmetrischen Spaltpolmotors in Abb. 5.46 (oben links) zeigt den in einer Nut, dem namensgebenden „Spalt“, um jeweils einen kleinen Teilbereich des Hauptpoles gelegten Kurzschlussring aus massivem Kupfer und die unsymmetrische Anordnung der Ständerwicklung, die aufgrund der luftspaltfernen Lage zudem erhöhte Streuflüsse aufweist. In modernen Spaltpolmotoren findet man heute meist zwei Nuten mit Kurzschlussringen, die im Winkel des jeweiligen Polbereiches angeordnet sind. Charakteristisches Merkmal der Spaltpolmotorkennlinie, s. Abb. 5.46 (unten), ist das von der dritten Oberwelle verursachte Sattelmoment, das insbesondere bei älteren Konstruktionen zu einer deutlichen Einsattelung des Drehmomentverlaufs im Bereich um 1000 U/min führt. Durch konstruktive Maßnahmen (mehrere Kurzschlussringe, geometrische Anordnung) konnte eine weitgehende Unterdrückung dieser Einsattelung in Verbindung mit einer Wirkungsgradsteigerung von früher üblichen maximal 15 % auf etwa 25 % erreicht werden.
Schema eines unsymmetrischen und eines symmetrischen Spaltpolmotors
L N
Spulen
30100A01
Käfigläufer
30098A01
Kurzschlussringe
90
Pel
25 20
60
15 M
30
10 η 5
Pmech 0
30101B01
0
1000
2000
Abb. 5.46. Schema und Kennlinien des Spaltpolmotors
0 3000
Wirkungsgrad η in %
Leistung P in W, Drehmoment M in mNm
Kennlinien (Beispiel)
5.4 Elektrische Antriebssysteme
229
Der unsymmetrische Spaltpolmotor wird vor allem als Pumpenantrieb in Wasch- und Geschirrspülmaschinen zum Abpumpen des Wassers in den Abfluss und als Lüfterantrieb im unteren Leistungsbereich bis 100 W eingesetzt. Der Aufbau des symmetrischen Spaltpolmotors unterscheidet sich von der unsymmetrischen Ausführung, wie in Abb. 5.46 (oben rechts) gezeigt, durch die direkt an den Polen angebrachten Ständerwicklungen und die symmetrische Gestaltung der Flussführung im Ständereisen. Die Kurzschlussringe sind in der Regel heute je Pol doppelt ausgeführt. Die Ausführung mit Streunuten findet man nur bei Motoren kleinerer Leistung zur Verbesserung des Drehfeldes. Wegen der besseren Flussführung und aufgrund der meist größeren Leistungen erreichen symmetrische Spaltpolmotoren deutlich bessere Wirkungsgrade bis knapp 40 %. Der Kennlinienverlauf unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der unsymmetrischen Bauform. Symmetrische Spaltpolmotoren werden hauptsächlich im Leistungsbereich zwischen 100 bis etwa 300 W gebaut und beispielsweise als Lüfterantriebe für Dunstabzughauben und in Wäscheschleudern eingesetzt.
6
Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
6.1
Verkehrsaufkommen und Energieverbrauch
Maßgebend für die Entwicklung des Endenergieumsatzes im Verkehr sind die Verkehrsleistungen im betrachteten Zeitraum sowie der spezifische Energiebedarf der einzelnen Verkehrsmittel. 6.1.1
Entwicklung der Verkehrsleistung
In Abb 6.1 ist die Entwicklung der Verkehrsleistungen im binnenländischen Personen- und Güterverkehr der BRD über einen längeren Zeitraum dargestellt.
Straßenfernverkehr
Eisenbahnen Binnenschifffahrt
1960 196
0
1965 1970 1970 1975 1975 1965
1980 1985 1985 1980 Jahr
1990 1990
1995 1995
Abb. 6.1. Verkehrsleistungen im Personen- und Güterverkehr der Bundesrepublik Deutschland (alte Bundesländer)
Die Verkehrsleistung im Personenverkehr ist seit 1960 fast durchweg gestiegen. Nur in den Jahren der beiden Ölpreiskrisen sind leichte Rückgänge zu beobachten. Der Anstieg von 250 Mrd. Pkm im Jahr 1960 auf etwa 750 Mrd. Pkm im Jahr 1993 entspricht einem Faktor 3, dabei ist die Zunahme bis 1970 besonders ausgeprägt, aber auch von 1970 bis 1993 ist noch eine Steigerung der Verkehrsleistung um 70% erkennbar. Die bedeutendste Rolle im Personenverkehr spielt der PKW, dessen Anteil
232
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
an der Verkehrsleistung sowohl absolut auch relativ zugenommen hat. Dieselbe Entwicklung lässt sich beim Flugverkehr beobachten, wenn auch der Anteil trotz beträchtlicher Zuwachsraten noch klein ist. Bei Bussen, Straßenbahnen und Eisenbahnen kann zwar ein leichter Anstieg der Absolutwerte der Verkehrsleistung verzeichnet werden, ihr prozentualer Anteil am Gesamtwert ist jedoch beträchtlich gesunken. Im Güterverkehr ist die Entwicklung deutlich unstetiger und bei weitem nicht so steil wie im Personenverkehr. Die Steigerung der Verkehrsleistung konzentriert sich vor allem auf den Straßenverkehr und die Fernleitungen, der Anteil des Flugverkehrs am gesamten Gütertransport ist vernachlässigbar. Bezieht man die Verkehrsleistung im Personenverkehr auf die Bevölkerungszahl, so ergibt sich für den „Durchschnittsbürger“ 1993 eine insgesamt zurückgelegte Strecke von 11.400 km, davon 9.350 km im „motorisierten Individualverkehr“, 1.000 km mit dem öffentlichen Straßenpersonenverkehr, 700 km mit der Eisenbahn und 350 km mit dem Flugzeug, s. Abb 6.2 . Interessant ist der Vergleich mit Abb 6.3, in dem die Personenkilometer pro Einwohner aufgegliedert sind nach Verkehrszweck. Der „Durchschnittsbürger“ verfuhr 1992 2.280 km (etwa 20%) für den Beruf, 513 km (4,5%) für die Ausbildung, 1.881 km (16,5%) für geschäftliche Zwecke, 1.254 km (11%) für Einkäufe, 4.503 km (39,5%) für Freizeit und 969 km (8,5%) für 16 1000 km Personenkilometer pro Einwohner
14 12
© IfE, 52-122-C-08
Luftverkehr Eisenbahnen öffentl. Straßenpersonenverkehr Motorisierter Individualverkehr
10 8 6 4 2 0 1965
1970
1975
1980
1985 Jahr
1990
1995
2000
2005
Quelle: Verkehr in Zahlen 2007/2008
Abb. 6.2. Verkehrsleistung je Einwohner im deutschen Personenverkehr
6.1 Verkehrsaufkommen und Energieverbrauch
233
Urlaub. Auf Einkäufe, Freizeit und Urlaub zusammen entfallen somit etwa 60% der gefahrenen Kilomter. 4500 4000 2653 26532-A 2-A--07 07
Kilometer je Einwohner
3500 3000 2500 2000 1500 1000
Summe mot. Verkehr Mot. Indiv.verkehr Straßenbahn & Bus Eisenbahn Flugzeug
500
rt
hr sa
ke
Ve r
b Ur lau
tu ng
it
szweck
Be gle i
au f Verkehr
Fr eiz e
Ei nk
Be ru f Au sb ild un g
0
Abb. 6.3. Struktur der Verkehrsleistung im motorisierten Personenverkehr (Deutschland, 2004)
6.1.2
Entwicklung des Endenergieverbrauchs
Qualitativ ähnelt die Entwicklung des Endenergieverbrauchs, s. Abb 6.4 sehr stark jener der Verkehrsleistung, allerdings weist sie einen stärkeren Zuwachs auf. Gründe dafür liegen vor allem im Trend zu schwereren Fahrzeugen und größeren Motorleistungen. Der spezifische Endenergieverbrauch bezogen auf die Verkehrsleistung erhöhte sich sowohl im Straßenverkehr (individual und öffentlich) als auch im Flugverkehr. Die Bundesbahn dagegen zeigt sowohl absolut als auch spezifisch einen eindeutigen Rückgang des Endenergieverbrauchs, obwohl in der Verkehrsleistung sehr wohl ein Zuwachs zu vermerken war. Besonders groß ist die Senkung bis etwa 1975, danach bleibt der Wert ungefähr konstant. Verantwortlich dafür ist die um 1975 abgeschlossene Umstellung von Dampf auf Diesel und Strom. Die sowohl in der Verkehrleistung als auch im Endenergieverbrauch beobachtete Verschiebung der Anteile der Verkehrsträger am Gesamtaufkommen geht Hand in Hand mit einer erheblichen Verschiebung des Anteils
234
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
900 TWh 800
© IfE, 52-121-C-08
Endenergieverbrauch
700 600
Motorisierter Individualverkehr Straßengüterverkehr Luftverkehr Busse Schienenverkehr
500 400 300 200 100 0 1965
1970
1975
1980
1985
1990
Jahr
1995
2000
2005
Quelle: Verkehr in Zahlen 2007/2008
Abb. 6.4. Endenergieverbrauch im Verkehr nach Verkehrsarten
der festen und flüssigen Brennstoffe und der elektrischen Energie an der Energiebedarfsdeckung im Verkehrssektor, s. Abb 6.5. Bedingt durch die Umstellung von Kohle auf flüssige Brennstoffe und elektrische Energie bei der Bahn, ist der Einsatz fester Brennstoffe seit etwa 3000 PJ
Endenergieverbrauch
2500
2000
© IfE, 52-315-A-08
Biokraftstoffe Dieselkraftstoffe Vergaserkraftstoffe Flugkraftstoffe Strom Kohle
1500
1000
500
0 1960
1965
1970
1975
1980
1985 Jahr
1990
1995
2000
2005
Quelle: Verkehr in Zahlen 2007/2008
Abb. 6.5. Endenergieverbrauch im Verkehr nach Energieträgern
6.1 Verkehrsaufkommen und Energieverbrauch
235
Mitte der 70er Jahre praktisch völlig verschwunden. Durch diese Umstellung und durch die Zunahme des Dieselantriebs im Straßenverkehr erhöhte sich der Anteil von Dieselkraftstoff (aus Mineralöl)im betrachteten Zeitraum von 25% auf fast 43 % des gesamten Endenergieverbrauchs. Absolut ist der Dieselverbrauch auf fast das Fünffache des Wertes von 1960 angewachsen. Hinzu kommt ein zunehmender Anteil an Biodiesel, der den größten Anteil der Biokraftstoffe ausmacht. Der Verbrauch an Vergaserkraftstoffen verzeichnete Anfang der 90er Jahre seinen Höhepunkt mit über 50% des gesamten Endenergieverbrauchs und ist seitdem rückläufig.
6.2
Physik der Fortbewegung
Unabhängig von den verschiedenen Antriebsarten kann die Nutzenergie, die zur Fortbewegung notwendig ist, als diejenige Energie definiert werden, die zur Überwindung der Fortbewegungswiderstände aufzubringen ist. Der Fortbewegungswiderstand setzt sich im Wesentlichen aus vier Komponenten zusammen: • Rollwiderstand • Luftwiderstand (Durchdringungswiderstand) • Steigungswiderstand (Hangabtriebskraft) • Beschleunigungswiderstand. Diese Widerstände sollen nun im Folgenden speziell für die Fortbewegung zu Lande, zu Wasser und in der Luft näher betrachtet werden. Diese Widerstände sollen nun im Folgenden speziell für die Fortbewegung zu Lande, zu Wasser und in der Luft näher betrachtet werden. 6.2.1
Fortbewegung zu Lande
6.2.1.1 Straßenverkehr
Bei der Fortbewegung zu Lande spricht man beim Fortbewegungswiderstand meist vom Fahrwiderstand. Deshalb soll auch hier diese Bezeichnung verwendet werden. Der Rollwiderstand wird beim Abrollen des Rades auf einem Untergrund wirksam:
FR = fR m g cos α S
(6.1)
236
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Er berechnet sich aus der Normalkraft des Fahrzeugs zum Untergrund (unter Berücksichtigung des Steigungswinkels αS) und dem Rollreibungsbeiwert fR, der sowohl vom Straßenbelag als auch von der Bereifung abhängt. Den größten Anteil haben im Allgemeinen die Formänderungsverluste der Reifen, die durch die Walkarbeit entstehen und im Reifen sowie dem Straßenbelag in Wärme übergehen. Der Einfluss der Plastizität der Fahrbahn ist auf hartem Untergrund gering. Auf fester, trockener Fahrbahn liegt der Rollreibungsbeiwert typischerweise zwischen 0,015 und 0,020. Bei sehr weichen Böden, Schnee oder losem Sand nimmt er beträchtlich zu, so dass die Widerstandskraft bis zu 15% des Fahrzeuggewichtes betragen kann. Der Luftwiderstand errechnet sich aus:
FL = AQ cW pS
(6.2)
und ist proportional zu • der Querspantfläche AQ als projiziertes Schattenprofil des Wagens in Fahrtrichtung, • dem Luftwiderstandsbeiwert cW, der von der aerodynamischen Formgebung der Karosserie abhängt, • dem Staudruck pS, der mit dem Quadrat der Relativgeschwindigkeit vrel wächst: 1 2 pS = ρL vrel (6.3) 2 Maßgeblich für den Staudruck ist die Geschwindigkeit des Fahrzeugs relativ zur Umgebungsluft. Die Relativgeschwindigkeit vrel ergibt sich also aus der Fahrtgeschwindigkeit vF und der Windgeschwindigkeit vW (beide in Fahrtrichtung positiv gezählt):
vrel = vF − vW
(6.4)
Somit hängt der Luftwiderstand quadratisch von der Geschwindigkeit ab:
FL =
1 2 ρ L AQ cW vrel 2
(6.5)
Bei höheren Geschwindigkeiten stellt der Luftwiderstand den dominierenden Anteil am Fahrwiderstand dar. Der Steigungswiderstand resultiert aus der Hangabtriebskraft:
FS = m g sin α S
(6.6)
Im Gegensatz zu Rollreibungs- und Luftwiderstand kann der Steigungs-
6.2 Physik der Fortbewegung
237
widerstand auch negativ sein, nämlich wenn bei Gefälle der Steigungswinkel αS negativ ist. Der Beschleunigungswiderstand resultiert daraus, dass die Trägheit einer Masse ihrer Beschleunigung entgegenwirkt. Dabei unterscheidet man zwei Komponenten: • den translatorischen Widerstand FB,t = m vF ,
(6.7)
mit m: Fahrzeugmasse in kg vF : translatorische Beschleunigung in m/s² • den rotatorischen Widerstand
FB,rot =
J R + i2 JM J + i2 J ω = R 2 M vF , r r
(6.8)
mit JR: JM: i: r:
Massenträgheitsmoment der Räder, Massenträgheitsmoment des Motors, Gesamtübersetzung zwischen Motor und Antriebsrädern, dynamischer Antriebsradius = Abstand zwischen Radachse und Fahrbahn, ω : Winkelbeschleunigung des Antriebsrades
Zur überschlägigen Berechnung wird der rotatorische Anteil in Form eines dimensionslosen Zuschlags bei der translatorischen Komponente berücksichtigt:
FB = m (1 + frot ) vF .
(6.9)
Der Zuschlagterm frot liegt beim PKW je nach Gang etwa zwischen 0,05 im vierten und 0,6 im ersten Gang. Bei einem LKW liegt er im ersten Gang bei etwa 2,0. Der gesamte Fahrwiderstand ergibt sich somit zu
FF = FR + FL + FS + FB .
(6.10)
Eine entsprechende Vortriebskraft muss über die Antriebsräder aufgebracht werden. Dabei liefert der Antrieb eine Fortbewegungsleistung PF.
238
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
6.2.1.2 Schienenverkehr
Im wesentlichen entsprechen die physikalischen Gegebenheiten auf der Schiene denen auf der Straße. Einige Unterschiede sind durch das System (Rad/Schiene) sowie die Traktionsart (Lokomotive/Waggon) bedingt. Bei der Bahn wird begrifflich zwischen Beschleunigungswiderstand und Bewegungswiderstand unterschieden. Der Bewegungswiderstand setzt sich aus dem Laufwiderstand und dem Streckenwiderstand zusammen. Der Laufwiderstand besteht seinerseits aus drei Anteilen: • Der Rollwiderstand (s. Gl. (6.1)) wird beim Abrollen des Rades auf der Schiene wirksam und ist nur wenig abhängig von der Fahrtgeschwindigkeit. Hinzu kommt der Reibungswiderstand in den Lagern der Laufachsen. • Der Luftwiderstand ergibt sich nach Gl. (6.2) aus der Relativbewegung des Fahrzeugs zur umgebenden Luft. Er ist von der Querspantfläche, der aerodynamischen Formgebung und der Länge des Zuges abhängig. • Eine zusätzliche Komponente ist der Impulswiderstand der Luftmassenströme durch das Fahrzeug zur Fahrmotorenkühlung, Klimatisierung etc. Der hierdurch bedingte Widerstand ist sehr klein gegenüber den anderen Komponenten. Zur Berechnung des Laufwiderstandes von Reisezügen wird bei der Deutschen Bahn i.a. die Formel nach Sauthoff verwendet. Diese Zahlenwertgleichung lautet in vereinfachter Schreibweise:
FLauf = 1,9 ⋅ m ⋅ g + 0, 0025 ⋅ m ⋅ g ⋅ vF 2 + 0,06828 ⋅ ( n + 2,7 ) ⋅ ( vF + 15 ) .
(6.11)
In dieser Zahlenwertgleichung bedeutet n die Anzahl der Wagen, die Zugmasse m ist in t und die Fahrgeschwindigkeit vF in km/h einzusetzen; den Laufwiderstand erhält man in N. Der Streckenwiderstand besteht aus dem Neigungswiderstand, der gemäß Gl. (6.6) dem Steigungswiderstand im Straßenverkehr entspricht, und dem Bogenwiderstand, der vom Kurvenradius und der Fahrzeugbauart abhängt. Der Beschleunigungswiderstand ergibt sich analog zum Straßenverkehr aus der translatorischen Beschleunigung sowie der Beschleunigung der rotierenden Massen (Motoren, nichtangetriebene und angetriebene Radsätze, etc.).
6.2 Physik der Fortbewegung
6.2.2
239
Fortbewegung zu Wasser
Bei der Fortbewegung eines Wasserfahrzeugs sind nach (Eck 1974) Zähigkeitswiderstand und Wellenwiderstand zu überwinden. Der „Zähigkeitswiderstand“ setzt sich aus dem Reibungswiderstand (von ca. 25 % bei langsamen Schleppkähnen bis ca. 75% bei Schnellbooten) und dem Ablösungswiderstand in Höhe von ca. 10% zusammen. Der „Wellenwiderstand“ resultiert aus der Wasserverdrängung und entspricht dem Integral des Normaldrucks durch Wellenbildung, der auf die Schiffsoberfläche wirkt, über diese Fläche. Bei Schnellbooten kann er bis zu zwei Drittel des gesamten Fortbewegungswiderstandes ausmachen. Wegen der komplexen Abhängigkeit von der Geschwindigkeit wird der Wellenwiderstand meist experimentell ermittelt. 6.2.3
Fliegen
Im Horizontalflug ist zusätzlich zum Strömungswiderstand der Luft die Gewichtskraft des Flugzeugs zu überwinden. Es wirken zwei aerodynamische Kräfte: entgegen der Bahnrichtung der Strömungswiderstand und senkrecht dazu der Auftrieb. Der Auftrieb eines Tragflügels entsteht durch die Druckdifferenz zwischen der Saugseite (oben) und der Druckseite (unten) und errechnet sich nach
FA = ca ρ L
vF2 A, 2
(6.12)
mit ρL: Dichte der Luft vF: Fluggeschwindigkeit A: Fläche des Tragflügels (von oben gesehen). Der Auftriebskoeffizient ca ist praktisch im gesamten zulässigen Betriebsbereich linear abhängig vom „Anstellwinkel“, also dem Winkel zwischen der Flügelsehne und der Bewegungsrichtung des Flugzeugs (s. Abb 6.6). Dabei darf der Anstellwinkel einen gewissen Wert von z.B. 12° nicht überschreiten, da sonst die Strömung an der Oberseite des Tragflügels abreißt und damit der Auftrieb zusammenbricht. Für horizontale Flugrichtung muss der Auftrieb genau die Gewichtskraft des Flugzeugs kompensieren. Unter dieser Voraussetzung muss also folgen-
240
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen) Tragflächenprofil
StrömungsWiderstand
FW
Profilsehne
Anstellwinkel α
Bewegungsrichtung Strömungswiderstand
26328-C-08 26328-C-08
Auftrieb FA Auftriebskoeffizient ca
1
Gesamter Strömungswiderstand FW = FW,0 + FW,i
FW,min FW,i ∝
FW,0 ∝ vF2
1 vF2
(Druckwiderstand)
(Induzierter Widerstand)
0 vF,opt
Fluggeschwindigkeit vF
0 -6°
6°
12 °
Anstellwinkel
Abb. 6.6. Auftrieb und Stömungswiderstand beim Horizontalflug
der Zusammenhang zwischen Auftriebskoeffizient und Fluggeschwindigkeit -2 gelten: ca ∝ vF . Je kleiner also die Fluggeschwindigkeit, desto größer muss also der Anstellwinkel sein. Der Strömungswiderstand FW setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: • Der Reibungs- bzw. Druckwiderstand FW0 des gesamten Flugzeugs entspricht dem Durchdringungswiderstand der Fortbewegung zu Lande gemäß Gl. (6.2) und hängt somit im Wesentlichen wiederum proportional 2 vom Quadrat der Fluggeschwindigkeit ab: FW,0 ∝ vF . • Der induzierte Widerstand FW,i der Tragflügel entsteht durch die Wirbelbildung an den Flügelenden: v2 FW,i = cW,i ρ L F A . (6.13) 2 Der Koeffizient des induzierten Widerstandes, cW,i, hängt nach Prandtl 2 -4 quadratisch vom Auftriebsbeiwert ab: cw,i ∝ ca ∝ vF . Daraus folgt, dass bei Horizontalflug der induzierte Widerstand Fw,i umgekehrt proportional zum Quadrat der Fluggeschwindigkeit ist: FW,i ∝ vF-2 .
6.2 Physik der Fortbewegung
241
Wie aus Abb 6.6 zu ersehen, gibt es daher für den gesamten Strömungswiderstand FW ein Minimum bei einer bestimmten Geschwindigkeit, die unter dem Aspekt des streckenspezifischen Energiebedarfs somit als "optimale" Fluggeschwindigkeit anzusehen ist. Natürlich hängt der Wert dieser optimalen Geschwindigkeit bei einem bestimmten Flugzeug auch noch von diversen Einflussparametern wie Beladung und Flughöhe ab. Im Steigflug muss der Schub gegenüber dem Wert bei Horizontalflug vergrößert werden, um die in Bahnrichtung wirkende Komponente der Schwerkraft zu kompensieren. Der resultierende Steigwiderstand kann analog zur Fortbewegung zu Lande nach Gl. (6.6) definiert werden. Der Steigwinkel der Flugbahn darf nicht mit dem Anstellwinkel verwechselt werden! 6.2.4
Bewegungswiderstand, Antriebsleistung und Transportleistung verschiedener Verkehrsmittel
Bezieht man den Widerstand eines Körpers auf seine Masse und trägt ihn über der Geschwindigkeit auf, so ergibt sich eine Darstellung wie in Abb 6.7 (Fiala 1987), in der auch die zur Widerstandsüberwindung und damit zur Fortbewegung erforderlichen Leistungen abgelesen und verschiedene Verkehrsmittel diesbezüglich verglichen werden können. Außerdem gehen daraus die Geschwindigkeitsbereiche der einzelnen Verkehrsmittel hervor. 10 26534-A-08 26534-A-08
Fuß
1
gän
g er
ö r st Ze
fahr Rad
Verk ehrs flug ze rer
ug (P
rope ll
W PK
er
m Ka
je pf
t
oo t UB
e Ei s
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Verkehrsflugzeug (Jet)
10 0
n ah nb
iff ch lss de
1
10
Flussschlepper
0,01 10
10 00
er)
tzug Las
Pferd
0,1
0,1
Kleinflugzeug
100
Fortbewegungsleistung in W/kg
Fortbewegungswiderstand in N/kg
Hubschrauber
1000
10000
Geschwindigkeit in km/h
Abb. 6.7. Fortbewegungswiderstand und Fortbewegungsleistung verschiedener Verkehrsmittel
242
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Zur Fortbewegung muss die gesamte Widerstandskraft FF überwunden werden, die Fortbewegungsleistung PF als Nutzleistung ergibt sich damit im Zeitpunkt t zu
PF ( t ) = FF ( t ) vF ( t ) .
(6.14)
Der Energieverbrauch pro Zeiteinheit, Pzu, des Systems ergibt sich aus der Fortbewegungsleistung PF und dem Systemwirkungsgrad ηSys (siehe hierzu Kap. 6.3.1):
Pzu =
PF
ηSys
.
(6.15)
Mit dem Energieverbrauch als Integral der zugeführten Leistung Pzu über der Zeit t: t
Wzu = ∫ Pzu (τ ) dτ
(6.16)
0
und der zurückgelegten Wegstrecke t
s = ∫ vF (τ ) dτ
(6.17)
0
ergibt sich der mittlere spezifische Energieverbrauch zu
wzu =
Wzu . s
(6.18)
Der Momentanwert des spezifischen Energieverbrauchs ist
wzu ( t ) =
Pzu ( t ) vF ( t )
=
FF ( t )
ηSys
(6.19)
Da die Nutzlast mN ! wie auch der Transportweg s ! eine bestimmende Größe der Energiedienstleistung "Transport" ist, kann man den Energieverbrauch auch auf Weg und Nutzlast beziehen: wzu mN . Der Kehrwert dieser doppelt bezogenen Kenngröße kann als Transporteffizienz bezeichnet werden. Diese Größe ist für ein gegebenes Verkehrsmittel unter sonst gleichen Bedingungen näherungsweise proportional zum Nutzlastverhältnis mN/m.
6.3 Technik der Antriebe
243
6.3
Technik der Antriebe
6.3.1
Straßenfahrzeuge mit Verbrennungsmotor
6.3.1.1 Energieflüsse im Otto- und im Dieselmotor
Der Antrieb muss die mechanische Fortbewegungsleistung zur Verfügung stellen und außerdem den Leistungsbedarf der Nebenverbraucher decken. In Abb 6.8 ist der Energiefluss eines Pkw der unteren Mittelklasse mit Ottomotor bei Konstantfahrt mit 80 km/h dargestellt. Kraftstoffleistung: 60 kW (100 %)
Verluste: 51,3 kW (85,5 %)
Pzu Entstehung
Abführung vom Motor
26103-A-00 26103-A-00
20 kW (33,3 %)
Pi
41 kW (68,3 %) PV,th (Motor: thermisch)
(Abgas)
21 kW (35 %) (Wasserkühler)
6 kW (10 %)
PMot 3 kW (5 %)
PV,mech PNV
(Motor: Nebenverbraucher)
PZV PF
1,3 kW (2,2 %)
PV,Ü
(Motor: mechanisch)
9 kW (15 %) (diffus)
(Zusatzverbraucher)
(Kraftübertragung)
Fahrleistung: 8,7 kW (14,5 %)
Abb. 6.1. Energieflüsse in einem PKW mit Ottomotor (Konstantfahrt mit 80 km/h)
Die Kette der Energieflüsse ist durch folgende Glieder beschreibbar: PF
Fortbewegungsleistung oder Fahrleistung, wirksam an den Naben der Antriebsräder zur Überwindung der Fortbewegungswiderstände
244
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
PV,Ü
Übertragungsverluste durch Reibung im Antriebsstrang (Lager, Differential, Getriebe) PMot = PF + PV,Ü Leistung am Motorabtrieb (üblicherweise an der Kupplung) Leistungsbedarf der Nebenverbraucher, d.h. der Aggregate, die zum PNV Betrieb des Motors notwendig sind (Pumpen für Kraftstoff, Öl und Kühlwasser, Kühlergebläse, Lichtmaschine) PV,mech Mechanische Verlustleistung im Motor durch Reibung, in erster Linie zwischen Kolben und Zylinderwänden sowie in den Kurbelwellenlagern Pi = PMot + PN,V + PV,mech „Innere“ oder „indizierte“ Leistung des Motors durch den Saldo der Kraftübertragung zwischen Arbeitsgas und Kolbenböden PV,th Verlustleistung durch Wärmeübertragung vom Arbeitsgas an die Wandungen sowie durch die Abgasenthalpie (fühlbare, latente und chemische Anteile) Pzu = Pi + PV,th Zugeführte Leistung in Form chemisch gebundener Energie des Kraftstoffs. Die Verluste des Motors werden hauptsächlich über den Kühler sowie über das Abgas abgeführt. Etwa zwei Drittel der Abgasverluste sind fühlbarer Natur, der überwiegende Rest ist die Verdampfungsenthalpie des im Abgas enthaltenen Wasserdampfes, sowie ein geringer Anteil an chemisch gebundener Energie, hauptsächlich in Form von CO. Dagegen fallen die Anteile kinetischer Energie (aufgrund der Abgasströmung) und potenzieller Energie (aufgrund des Überdruckes im Abgaskrümmer) nicht ins Gewicht. Die drei Posten Abgas, Wasserkühler und diffuse Verluste beziehen sich auf den Motor (einschließlich Hilfsaggregate) als Bilanzraum. Betrachtet man hingegen das ganze Fahrzeug, so ändern sich die Relationen wesentlich, da das Abgas aus der Auspuffmündung mit viel geringerer Temperatur austritt und somit der Anteil der diffusen Wärmeabgabe insgesamt größer wird. Folgende Wirkungsgrade sind gebräuchlich: • Der „innere“ oder „indizierte“ Wirkungsgrad
ηi =
Pi Pzu
(6.20)
ist jeweils am größten bei mittleren Werten des Drehmoments und steigt mit wachsender Drehzahl. Bei einem modernen Pkw-Ottomotor erreicht er Werte bis etwa 45 % im Bestpunkt.
6.3 Technik der Antriebe
245
• Der „mechanische“ Wirkungsgrad
ηmech =
PMot Pi
(6.21)
wird kleiner mit wachsender Drehzahl, da hiermit die Reibungsverluste überproportional ansteigen. Da ferner die Reibungsverluste bei konstanter Drehzahl ebenfalls praktisch konstant sind, erhöht sich der mechanische Wirkungsgrad mit steigendem Drehmoment. Im unteren Drehzahlbereich werden von heutigen Pkw-Ottomotoren bei maximalem Drehmoment Werte bis etwa 85 % erreicht. Im praktischen Fahrbetrieb liegen die Werte üblicherweise zwischen 40 und 60 %. • Der Gesamtwirkungsgrad des Motors
ηMot =
PMot = ηi ηmech Pzu
(6.22)
entspricht dem Produkt aus beiden Teilwirkungsgraden und wird häufig auch als „effektiver Wirkungsgrad“ ηe bezeichnet. Die besten Werte von etwa 34 % bei modernen Pkw-Ottomotoren erreicht er bei mittlerer Drehzahl und nahezu maximalem Drehmoment. • Der „Übertragungswirkungsgrad“ des Antriebsstrangs
ηü =
PF PMot
(6.23)
liegt bei einem Pkw mit Schaltgetriebe üblicherweise zwischen 85 und 90 %, bei Automatikgetriebe wegen der höheren Verluste im hydraulischen Wandler etwas darunter. • Der „Systemwirkungsgrad“
ηSys =
PF = ηMot ηü Pzu
(6.24)
kennzeichnet die Effizienz des Gesamtsystems. Die Abhängigkeit des Wirkungsgrades eines Antriebs von den Betriebsparametern Drehzahl und Drehmoment kann in sogenannten „Muscheldiagrammen“ verdeutlicht werden. Abb 6.9 zeigt ein entsprechendes Beispiel für ein Fahrzeug mit 1,8-Liter-Ottomotor, Abb 6.10 für das gleiche Fahrzeug mit 1,7-Liter-Turbo-Dieselmotor.
246
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Motormoment in Nm
kW
kW
90
26469A05 26469A05 19.12.2005 19.12.2005
kW
an G V.
g
34 %
η Mot
100
kW
ent om x. M a M
80
70
60
kW
120
50
kW 20
W 10 k
140
kW 30
160
kW 40
180
= 33 %
32 % 31 %
80
30 %
I V.
28 %
60
ng Ga
25 % ang III. G
40
20 %
15 %
20
II. Gang 10 %
I. Gang
0 0
1000
Min
2000
3000
4000
5000
6000
Motordrehzahl in min-1
Max
Abb. 6.9. Motorkennfeld und Fahrwiderstände eines PKW mit Ottomotor
Die Nenndrehzahl ist die zur Nennleistungsabgabe gehörige Drehzahl, bei der eine sichere Motorschmierung und Motorkühlung gewährleistet sein muss.
Motordrehzahl in min-1
Abb. 6.10. Motorkennfeld und Fahrwiderstände eines PKW mit Dieselmotor
6.3 Technik der Antriebe
247
Die Mindestdrehzahl für ruckfreien Motorlauf liegt meist bei etwa 600 bis 700 min!1. Zur Verbesserung der strömungsabhängigen Gemischbildung wird die Leerlaufdrehzahl bei modernen Einspritzmotoren meist auf einen etwas höheren Wert geregelt. Der Dieselmotor ist generell für geringere Drehzahlen ausgelegt. Das liegt zum einen an der schwereren Bauweise, zum anderen an der trägeren Verbrennungscharakteristik eines Motors mit Selbstzündung. Das maximale Motormoment ist abhängig von der Drehzahl. Beim Ottomotor ist dieser Verlauf wesentlich flacher als beim Dieselmotor, bei dem dafür mit sinkender Drehzahl die zur Verfügung stehende Leistung deutlich weniger zurückgeht. Dies ist das Kennzeichen einer als „elastisch“ empfundenen Motorcharakteristik. Die Linien gleichen Motorwirkungsgrades weisen mit 34 bzw. 35 % fast gleiche Werte für den Bestwirkungsgrad aus. Berücksichtigt man, dass der Dieselmotor für eine geringere Leistung ausgelegt ist, so liegt das Wirkungsgrad-Optimum in demselben Teillastbereich, nämlich etwas über der Hälfte der Nennlast. Ebenfalls eingetragen sind die Linien des Widerstandsmomentes des betreffenden Pkw bei stationärer Fahrt in den Gängen I bis V. Unter Berücksichtigung der immer wieder erforderlichen Beschleunigungsphasen kommen im durchschnittlichen Verkehrsgeschehen Betriebszustände in einem Leistungsbereich zwischen 10 und 20 kW besonders häufig vor. Infolge der unterschiedlichen Auslegungen des Antriebsstranges liegt dabei der bevorzugte Drehzahlbereich beim Dieselfahrzeug niedriger (etwa zwischen 2.000 und 3.000 min!1) als beim Fahrzeug mit Ottomotor (etwa zwischen 3.000 und 4.000 min!1). In diesem Betriebsbereich reichen die Wirkungsgrade des Dieselantriebs von etwa 22% bis gut über 30%, während im Falle des Ottomotors lediglich Wirkungsgrade von unter 20% bis maximal 28% erreichbar sind. 6.3.1.2 Unkonventionelle Kraftstoffe
Ottomotor mit Erdgasantrieb CNG (Compressed Natural Gas) Weltweit werden heute mehrere Millionen. CNG-Fahrzeuge betrieben. Das gasförmige Erdgas wird dabei in Druckflaschen mitgeführt. Wegen seiner relativ geringen Energiedichte ergeben sich bei Tankdrücken von ca. 300 bar Reichweiten von knapp unter 300 km. Bei der Betankung unterscheidet man zwei Varianten:
248
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
• Slow-Fill, das mit einem kleinen Kompressor arbeitet und bis zu 6 Stunden braucht, sowie • Fast-Fill, das durch eine Vorkomprimierung auf 200 bar wesentlich schneller ist. Derzeit werden Fahrzeuge mit Benzinmotor meist nachträglich für den Kraftstoff Erdgas um- bzw. nachgerüstet, wobei zusätzlich zu dem bereits bestehenden Kraftstoffsystem für Benzin ein weiteres für Erdgas installiert wird. Die Komponenten des Umrüstsatzes sind im Wesentlichen eine Druckflasche, der Druckminderer, Einspritzdüsen und die Regelelektronik. Man spricht dann von einem Fahrzeug im bivalenten Betrieb (s. Abb 6.11). Die Umrüstung eines Dieselfahrzeuges auf Erdgasbetrieb ist im Vergleich wesentlich aufwendiger. Benzintank (ca. 12 kg) Inhalt ca. 80 l Reichweite ca. 650 km
Förderpumpe ca. 3 bar Absperrventil
Einspritzdüsen
Für Ergasbetrieb nachgerüstete Komponenten
Druckflasche (ca. 83 kg) 80 l, 200 bar (16...20 Nm³) Reichweite ca. 150 km
2-stufiger Druckminderer 200 bar / 7 bar / 1 bar
Druck
r h fu u z in z n e B
Lambdasonde
u /zf u a n e b a rg o v tr e w ll o S
Regelelektronik
Auspuff
Gasverteiler und Einspritzdüsen g n l u ts h i a z le r h e to rD o M Luftzahl
Abb. 6.11. Kraftstoffsystem eines bivalenten Erdgasfahrzeuges
Heute für den Individualverkehr eingesetzte Erdgas-Fahrzeuge werden fast ausschließlich bivalent mit Ottomotoren betrieben, d. h. ein Umschalten zwischen Erdgas- und Benzinbe-trieb ist jederzeit möglich. Dadurch ist ihre Reichweite, die im reinen Gasbetrieb etwa 200 - 250 km beträgt, gegenüber konventionellen Fahrzeugen nicht eingeschränkt. Im Erdgasbetrieb ergibt sich dabei eine Leistungsminderung von rd. 10 % gegenüber dem Benzinbetrieb und auch der Energieverbrauch liegt um wenige Prozentpunkte höher (Abb 6.12). Durch einen für den Einsatz von Erdgas optimierten Motor können diese Werte jedoch erheblich verbessert werden, dann jedoch momentan noch mit einer Einschränkung der Reichweite durch monovalenten Betrieb.
6.3 Technik der Antriebe
249
60 4. Gang auf dem Rollenprüfstand
kW 50
Radleistung im Benzinbetrieb
Leistung
40 30 Radleistung im Erdgasbetrieb
20 10
Fahrwiderstandsleistung zur Überwindung von Rollreibungs- u. Luftwiderstand
0 40
60
80
100
Geschwindigkeit
120
km/h 140
Abb. 6.12. Bibalentes Erdgasfahrzeug VW Caravelle T4: Maximale Radleistung und Fahrwiderstandsleistung
LNG (Liquified Natural Gas) Die flüssige Form von Erdgas (LNG) hat den Vorteil einer großen Energiedichte und Reichweite. Diesem Vorteil steht allerdings ein erhöhter Energieaufwand bei der Bereitstellung entgegen. LNG wird daher kaum angewandt. LPG (Liquified Petrolium Gas) Die weltweite Zahl von mit LPG (auch unter den Namen Flüssiggas oder Autogas bekannt) betriebenen Pkw liegt bei ca. 9 Mio., davon 3,5 Mio. in Europa. Demnach ist Autogas momentan der führende Alternativ-Kraftstoff auf dem Pkw-Sektor, gefolgt von Erdgas. Flüssiggas ist ein flexibel einsetzbarer Energieträger, der bei der Erdgasund Erdölförderung sowie bei der Verarbeitung von Rohöl gewonnen wird. Rund 60 % des heutigen Flüssiggasabsatzes in der EU stammt aus Öl- und Gasfeldern und wird dort direkt gewonnen, die restlichen 40 % stammen größtenteils aus der Erdölverarbeitung in Raffinerien als Koppelprodukt. Diese unterschiedlichen Bereitstellungspfade für Flüssiggas bieten auch die Möglichkeit, veränderten Marktanforderungen kurzfristig Rechnung zu tragen. Während ein CNG-Tank (Druckgasflaschen mit Betriebsdrücken von über 200 bar) in der Regel eine zylindrische Form aufweisen, gestattet der Flüssiggastank durch den geringeren Betriebsdruck von etwa 8 bar eine relativ individuelle Formgebung sowie eine schnelle Betankung. Die Reichweite pro Liter Tankvolumen liegt bei LPG knapp 30 % unter Benzin und damit weit höher als die von CNG. Diese Tatsache in Verbindung mit der relativ weit vorangeschrittenen und weiter zunehmenden Dichte des Tankstellennetzes für Autogas, führt zu einer hohen Alltagstauglichkeit von LPG-Systemen.
250
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Das Potenzial, das der Kraftstoff Autogas ! bei entsprechenden finanziellen Anreizen ! bietet, zeigt die Häufigkeit von Autogastankstellen in anderen Teilen Europas. Gegenwärtig beläuft sich die Anzahl der europäischen Tankstellenstandorte, die Autogas anbieten, auf rund 11.300. Die meisten davon befinden sich in Italien, Polen, den Benelux-Ländern, England und Frankreich sowie der Türkei, also vorwiegend in EU-Mitgliedsstaaten wie auch in direkten Nachbarländern Deutschlands. Ottomotor mit Wasserstoff Moderne, für bleifreies Benzin ausgelegte Otto-Motoren sind nach entsprechender Umrüstung auch für Wasserstoff einsetzbar. Modifiziert werden müssen die Gemischbildungsanlage, das Zündsystem und die Ladungswechseleinrichtungen. Ein großer Vorteil des Wasserstoffantriebs besteht darin, dass bei der Umsetzung im Fahrzeugmotor keinerlei CO2-Emissionen auftreten, sondern nur Wasserdampf, der unbedenklich in den atmosphärischen Kreislauf zurückgeführt werden kann. Die Bildung von Stickoxiden als Reaktionsprodukte im Zylinderraum ist bei geeigneter Führung des Verbrennungsprozesses durch das Motormanagement wesentlich reduziert im Vergleich zur Verwendung herkömmlichen Vergaserkraftstoffes. Die Versorgung eines Fahrzeugs mit Wasserstoff kann entweder in der gasförmigen (GH2) oder in der flüssigen (LH2) Phase erfolgen. Diese beiden Konzepte unterscheiden sich wesentlich in den Techniken sowohl der Betankung als auch der Speicherung im Fahr-zeug. Gasförmiger Wasserstoff (GH2) Ein wesentliches Problem bei der Speicherung gasförmigen Wasserstoff ist die geringe volumetrische Energiedichte. Der volumenbezogene Heizwert von Wasserstoff liegt mit 3,3 kWh/m³ i.N. um 2/3 niedriger als bei Erdgas, wenn jeweils der gleiche Druck zugrunde gelegt wird. Die Entwicklung bei Wasserstoff-Druckspeichern geht von den bisher verwendeten Druckflaschen aus Stahl über Aluminium/GFK-Behälter hin zu leichteren Verbundwerkstoffbehältern. Die Tankinhalte reichen von 50 bis etwa 400 Liter, je nach Anwendungsfall sind meist mehrere Einzelbehälter zu einer Speicherbatterie zusammen geschaltet. So wurden beispielsweise die am Flughafen München eingesetzten wasserstoffbetriebenen Vorfeldbusse mit Druckspeichern ausgerüstet, die sich aus 15 auf dem Dach montierten Einzelbehältern mit je 172 Litern zusammensetzen. Mit verbesserten Materialien konnte auch der Betriebsdruck von mobilen Speichern von ursprünglich 200 bar auf 250 bar und bis zu Spitzenwerten von über 300 bar erhöht werden. Zukünftig werden Werte bis zu 700 bar
6.3 Technik der Antriebe
251
angestrebt. Mit optimierten Drucktanks aus Verbundwerkstoffen lassen sich derzeit maximale Speicherdichten von rund 2,7 kWh/kg bzw. 0,5 kWh/l realisieren (Schindler 1997). Der Aufbau einer GH2-Tankstelle ist vergleichbar mit dem von ErdgasTankstellen, allerdings ergeben sich Unterschiede in der technischen Ausführung aufgrund der unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff und Erdgas. Die Versorgung einer GH2-Tankstelle kann über H2-Transportfahrzeuge, über einen lokalen Erdgas- oder Biomassereformer oder eine Elektrolyseanlage vor Ort erfolgen, sofern nicht eine Leitungsanbindung an eine zentrale Wasserstofferzeugung sinnvoll möglich ist. Hauptkomponenten einer GH2-Tankstelle sind der Verdichter, der Druckspeicher und die eigentliche Zapfsäule. Zusätzlich sind eventuell Filter- und Reinigungsanlagen zur Gaskonditionierung notwendig. Der Verdichter ist üblicherweise mehrstufig ausgeführt und muss aufgrund der geringen Dichte von Wasserstoff (0,089 kg/m³ i.N.) erhöhten Dichtigkeitsanforderungen genügen. Die Druckspeicher sind üblicherweise in mehreren Speicherbänken ausgeführt, so dass der Verdichter kontinuierlich in die Speicher einspeisen kann, während aus einer anderen Speicherbank GH2 entnommen wird. Die Kompression des Wasserstoffs erfolgt auf einen Druck von über 350 bar, damit der Wasserstoff zur Betankung der Fahrzeuge in deren Druckbehälter auf einen Druck von 250 bar entspannt werden kann. Der eigentliche Betankungsvorgang geht dann sehr rasch vor sich; so dauert die Befüllung des 2500-Liter-Druckspeichers eines Busses etwa 10 Minuten. Eine weitere Methode der Wasserstoffspeicherung besteht darin, Wasserstoff mit Hilfe von speziellen Metalllegierungen, die ein Hydrid bilden, chemisch zu speichern. Wenn der Wasserstoff unter dem dafür notwendigen Druck vorliegt, spalten sich die Wasserstoffmoleküle auf und die Atome können sich an Zwischengitterplätzen dieser Metallhydride einlagern. Diese Einlagerung ist ein Vorgang, bei dem Wärme frei wird, die abgeführt und eventuell gespeichert werden kann. Der umgekehrte Vorgang, das Entladen des Speichers, ist nur möglich, wenn der Speicher wieder erwärmt wird. Bei Zufuhr von Wärme zerfällt das Hydrid in seine ursprünglichen Komponenten Metall und Wasserstoff. Wesentlicher Nachteil dieser Speichertechnologie ist das hohe Gewicht der Speichermaterialien. Ein Vorteil von Hydridspeichern besteht darin, dass der Speichervorgang selbst nicht verlustbehaftet ist. Energetische Aufwendungen fallen nur für die Temperierung an, wenn zum Entladen Wärme zuzuführen ist. Diese Verluste lassen sich reduzieren, wenn die beim Laden anfallenden Wärme zwischengespeichert oder Verlustwärme (beispielsweise Motorabwärme) zum Entladen des Speichers genutzt wird.
252
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Seit den 80er Jahren werden Hydridspeicher für den Fahrzeugeinsatz entwickelt, deren Fahrzeugtauglichkeit grundsätzlich nachgewiesen ist. Aufgrund der geringen massenbezogenen Speicherdichte werden die Chancen von Metallhydridspeichern für den mobilen Einsatz ! abgesehen von Nischenanwendungen, z.B. für Gabelstapler ! derzeit eher als gering angesehen. Ein sehr weites Einsatzgebiet für diese Speichertechnologie könnte sich jedoch bei Informations- und Kommunikationsgeräten ergeben, da bei Kombination mit einer Brennstoffzelle deutlich längere Betriebsdauern als mit herkömmlichen Batteriespeichern erreicht werden können. Eine noch nicht ausreichend erforschte Technologie ist die Verwendung von Nanostrukturen aus Graphit zur Speicherung von Wasserstoff. Nanofasern sind Materialien, die hergestellt werden, indem kohlenstoffhaltige Gase zur Reaktion mit metallischen Oberflächen gebracht werden. Dabei entstehen geometrische Strukturen etwa in Röhren- oder Plattenform, die sich durch ihre gleichartige Schichtstruktur mit Abständen im Nanometerbereich auszeichnen. Werden diese Materialien unter bestimmten Druck- und Temperaturbedingungen in Verbindung mit Wasserstoff gebracht, so kann eine reversible Einspeicherung von gasförmigem Wasserstoff beobachtet werden. Sobald die Wasserstoffmoleküle in die Struktur aufgenommen werden, finden starke Wechselwirkungen mit den Graphitwänden und anderen Nachbarmolekülen statt, die zu Phasenübergängen und Kapillareffekten führen, wie sie mit den Methoden der klassischen Thermodynamik nicht befriedigend erklärt werden können. Es wird angenommen, dass aufgrund dieser Prozesse Wasserstoff eine flüssigkeitsähnliche Charakteristik annimmt, die eine sehr hohe Konzentration erlaubt, womit sich die hohe Speicherdichte von Nanostrukturen erklärt. Die Ein- und Ausspeicherung des Wasserstoffs ergibt sich aus den vorliegenden Druck- und Temperaturbedingungen, wobei je nach verwendeten Materialien sehr große Bandbreiten der erforderlichen Werte auftreten können. Viele Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit der Suche nach geeigneten Metallen und Legierungen, auch finden seit den 90er Jahren Versuche mit verschiedenen geometrischen Anordnungen der Strukturen statt (Rodriguez 1998). Ziel ist dabei eine hohe Speicherdichte unter Druck- und Temperaturverhältnissen, die nahe an den üblichen Umgebungsbedingungen liegen (Liu et al. 1999). Diese Technologie befindet sich noch im Bereich der Grundlagenforschung. Heute gelten Werte von etwa 5 % Masse Wasserstoff pro Masse Speichermedium als gesichert, es werden Zielwerte von bis zu 20% genannt. Flüssigwasserstoff (LH2) Flüssigwasserstoff hat mit rd. 2,4 kWh/l zwar einen niedrigeren volumenbezogenen Heizwert als flüssiges Erdgas (5,8 kWh/l) oder Vergaserkraftstoff (8,5 kWh/l), die gravimetrische Energiedich-
6.3 Technik der Antriebe
253
te liegt mit etwa 33 kWh/kg jedoch um den Faktor 3 über konventionellen Kraftstoffen. Dieser Vorteil kommt besonders bei Speicherung in flüssiger Phase (d.h. bei gleichzeitig hoher volumetrischer Energiedichte) zum Tragen und ist bei mobilen Anwendungen in Fahrzeugen, vielleicht eines Tages auch in Flugzeugen, von Bedeutung. LH2 verdampft unter atmosphärischem Druck bei einer Temperatur von rd. ! 253°C. Daher stellt die Handhabung von flüssigem Wasserstoff sowohl beim Betanken als auch bei der Speicherung hohe Anforderungen an Sicherheit und Isolationstechnik von Rohrleitungen und Behältern. Die Hauptkomponenten einer LH2-Tankstelle sind, analog zu konventioneller Technik, der LH2-Speicher, die Zapfsäule sowie die erforderlichen Armaturen und Leitungen. Alle Komponenten einer LH2-Tankstelle sind mit einer besonderen Wärmeisolierung versehen. Das Umfüllen des flüssigen Wasserstoffs vom Speicher in den Fahrzeugtank kann entweder durch Pumpen erfolgen oder durch die Nutzung eines Druckgefälles zwischen Tankstellenspeicher und Fahrzeugtank. Das anfänglich aufgetretene Problem hoher H2-Verluste (Boil-Off) rührte daher, dass es während des Betankungsvorgangs beim Vorkühlen der Leitungen und der Tankkupplung zur Verdampfung von Wasserstoff kam, der dann über eine Rückleitung aus dem Fahrzeugtank an die Umgebung abgeblasen wurde. Bei Tankstellen nach dem Stand der Technik 1999 wird das LH2 vor der Befüllung auf so tiefe Temperatur gebracht, dass es kälter ist als der LH2-Inhalt des Fahrzeugtanks. Durch das Einsprühen des Wasserstoffs in die Gasphase des Fahrzeugtanks wird ein Verdampfen vermieden, vielmehr kommt es infolge der Abkühlung eher zu einer Kondensation von Teilen der Gasphase. Zur Verflüssigung muss der Wasserstoff auf mindestens !253 °C abgekühlt werden. Hierbei wird das zu verflüssigende Gas in mehreren Stufen z.B. mit flüssigem Stickstoff bis auf etwa 80 K (etwa !190 °C) vorgekühlt. Anschließend wird die Temperatur über den Joule-Thomson-Effekt mittels Drosselung weiter reduziert. Die Abkühlung bis zur Verflüssigungstemperatur erfolgt in mehreren Stufen durch abwechselnde Verdichtung und Drosselung. Bei der letzten Entspannung auf Verflüssigungstemperatur wird nur ein Teil des Gasstromes flüssig. Das Restgas wird zur Kühlung einer vorgelagerten Stufe verwendet und anschließend wieder komprimiert. Die Verflüssigung von Wasserstoff erfordert einen sehr hohen Energieaufwand. Üblicherweise wird mit einem Stromverbrauch von rd. 10 kWh je kg LH2 gerechnet, das entspricht etwa einem Drittel des Heizwertes des Wasserstoffs. Die Herstellung von Wasserstoff kann aus fossilen oder aus regenerativen Energieträgern erfolgen. Die Erzeugungsform spielt für die energetische
254
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
und ökologische Bewertung die entscheidende Rolle. Heute wird Wasserstoff überwiegend aus Erdgas-Dampfreformierung oder die partielle Oxidation von Erdöl erzeugt, grundsätzlich wäre auch der Weg über die Kohlevergasung denkbar. Langfristig sind jedoch Wege auf Basis erneuerbarer Energien oder ggf. der ebenfalls CO2-freien Kernenergie erforderlich; diskutiert wird der Einsatz von Windenergie oder Wasserkraft für die elektrolytische Wasserzerlegung, oder die Vergasung von Biomasse zu einem wasserstoffreichen Gas. Abb 6.13 zeigt den kumulierten Energieaufwand (KEA) ausgewählter Prozessketten für die Wasserstoff-Bereitstellung aus verschiedenen konventionellen und erneuerbaren Primärenergien (FfE 2004). 6 kWh/kWhH2 5
Verteilung Ferntransport Verflüssigung
4
H2 -Erzeugung
KEA
Energieträger
1999 2025
3
2
1
R ef o
rm ie ru Er ng dg - L as H El S 2 ek tr tro om lys m e ix -L D P H El hot 2 ek ov tro olt ly aik se ( - L D) H El 2 ek tro Wi n ly d se kr - L aft H El W 2 ek a tro ss Pa e l ys rk H ra G bo e ra Ü lr - L ft - E in H 2 le ne kt (N ro - A E. P ly f l y ar se rik se ab - L a) - G olr H H inn 2 2- e Pi (N p Pa el -A in fri E. ra e ka lys bo -L ) e lri H - L nn 2 e H 2- ( N Sc -A hi fri ff ka -L ) H El 2 ek St t r o ro m ly m se i -G xD H 2
0
Abb. 6.13. KEA von Bereitstellungspfaden für mobile Anwendungen
Der energetische Nutzungsgrad der Erdgas-Dampfreformierung liegt bei optimistischen Annahmen unter 75 %. Damit ist aus Gründen der Ressourcenschonung ! wie auch aus Kostengründen ! der direkte Einsatz von Erdgas im Fahrzeug vorzuziehen. Ein anderes Bild ergibt sich für die Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse mit Strom aus regenerativen Energiequellen (incl. für die Verflüssigung). Hier macht der Einsatz erschöpflicher Energie einen sehr kleinen Anteil aus, auch die CO2-Emissionsbilanz ist sehr günstig. Allerdings sind solche Konzepte mit Kosten verbunden, die erheblich über denjenigen einer konventionellen Kraftstoffversorgung liegen.
6.3 Technik der Antriebe
255
Biomasse-Kraftstoffe Der Wunsch nach Unabhängigkeit von fossilen Ressourcen ist einer der Hauptgründe für die Suche nach geeigneten biogenen Kraftstoffen. In Europa, insbesondere in Deutschland, setzt man dabei auf Kraftstoffe auf Ölsaatenbasis, vor allem auf Raps, aber auch auf Sonnenblumen oder importiertem Palmöl. Aus Rapssaat lässt sich in dezentralen Ölmühlen zu etwa 40 % Öl gewinnen, industrielle Anlagen erreichen Ausbeuten bis zu 50 %. Pflanzenöl Für die Verwendung von Rapsöl als Kraftstoff gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: die direkte Verwendung des Pflanzenöls unter Anpassung der Dieselmotoren an den Kraftstoff oder die Anpassung des Rapsöls an konventionelle Dieselmotoren. Vorteile für die Verwendung von reinem Pflanzenöl als Kraftstoff sind seine einfache Herstellung, die relativ günstige Energiebilanz, sowie die dezentrale Gewinnung in landwirtschaftlichen Ölmühlen mit geschlossenen Stoffkreisläufen. Nach Anbau und Ernte fällt nur noch Pressung und Reinigung des Produktes an. Nachteilig sind die relativ aufwendigen und kostenintensiven Änderungen am Motor, die begrenzte Wintertauglichkeit des Kraftstoffes und die immer noch ausstehende Normung des Kraftstoffs. Trotzdem ist eine stetige Zunahme der direkten Ölnutzung erkennbar. Biodiesel Die Anpassung des Pflanzenöls an den Dieselmotor erfolgt durch einen Umesterungsprozess mit Methanol. Dabei entstehen Pflanzenölmethylester, der sogenannte Biodiesel und Glyzerin. Die Eigenschaften von Rapsölmethylester (RME) sind denen von Dieselkraftstoff sehr ähnlich. RME kann in allen Dieselmotoren ohne große Veränderung eingesetzt werden. Lediglich Kunststoffteile (Dichtungen und Schläuche) können von Biodiesel angegriffen werden und sollten deshalb durch entsprechend resistente Materialien ersetzt werden. Außerdem löst Biodiesel Rückstände im Tank, so dass nach einer Umstellung der Filter gewechselt werden muss. Im Übrigen lässt sich Biodiesel in beliebigem Verhältnis mit konventionellem Diesel mischen. Die europäische Kraftstoffnorm lässt maximal 5 Vol.% kennzeichnungsfrei zu. Energieinhalt und Heizwert von Biodiesel liegen nur geringfügig unter dem von Diesel. Der Kraftstoffverbrauch ist dadurch zwar leicht erhöht, es muss aber weder das Tankvolumen vergrößert werden noch ist die Reichweite pro Tankfüllung merklich reduziert. Im Vergleich zu Dieselkraftstoff sind Pflanzenöl und Biodiesel biologisch besser abbaubar. Sie eignen sich deshalb besonders für den Einsatz in sensiblen Umweltbereichen (Wasserschutzgebieten, Landwirtschaft und Schifffahrt). Ethanol Der Einsatz von Alkoholen als Kraftstoff für Verbrennungsmotoren
256
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
ist seit langem erprobt, aber erst die Erdölkrisen von 1973 und 1979 haben zur verstärkten Entwicklung von Alkoholkraftstoffen als Alternative zu Benzin und Diesel geführt. Der bedeutendste Alkohol ist dabei Ethanol, das aus zucker-, stärke-, oder zellulosehaltigen Pflanzen fermentativ gewonnen werden kann. Technisch ausgereift und in industriellem Maßstab eingesetzt werden physikalisch-biologische Verfahren zur Ethanolerzeugung aus Zuckerrohr (z. B. Brasilien) und aus Mais (z. B. USA). Weltweit werden die Produktionskapazitäten derzeit rasch ausgebaut, wobei ausschließlich Anlagen für Getreide bzw. Zuckerrohr gebaut werden. Die Verfahren zur Nutzung der wesentlich preiswerteren Lignocellulosen werden bislang noch kaum eingesetzt. Diese Verfahren sind aufgrund des vorgelagerten enzymatischen Aufschlusses und des Einsatzes von rekombinanten letalen Bakterien wesentlich anspruchsvoller und erst in Pilotanlagen erprobt. Die Anlagentechnik scheint jedoch zwischenzeitlich ausgereift, und erste Großanlagen werden bereits angeboten. Vorteil von Ethanol ist die positive Energie- und CO2-Bilanz, der hohe Flächenertrag, die Variabilität in den Rohstoffen, sowie die hohe Oktanzahl. Der Sauerstoffgehalt führt zudem zu einer deutlichen Reduktion der Emissionen. Nachteilig wirken sich motortechnisch der hohe Dampfdruck, die niedrige Energiedichte und das stark hygroskopische Verhalten aus. Ethanol wird deshalb bis zu 5 Vol.% entweder direkt oder als Ethyltertiärbutylether (ETBE) dem Vergaserkraftstoff zugemischt, oder in FFVs (Flexible Fuel Vehicles) in beliebigen Mischungsverhältnissen eingesetzt. Reine Ethanolfahrzeuge sind nur in Brasilien in größerer Stückzahl vertreten. Ethanol aus Lignocellulose weist eine besonders gute Energiebilanz und einen sehr hohen Flächenertrag auf, allerdings sind hier Fragen zur Verwendung von gentechnisch veränderten Mikroorganismen noch nicht abschließend geklärt. Methanol und Fischer-Tropsch-(FT-)Kraftstoffe Methanol (CH3OH) und höherwertige Fischer-Tropsch-Kraftstoffe können aus vielen Grundstoffen gewonnen werden, die teilweise langfristig verfügbar sind, wie z. B. Kohle, Biomasse, Erdgas oder auch Müll. Für die Bereitstellung aus Biomasse muss zunächst der Ausgangsstoff vergast werden, deshalb sind trockene Rohstoffe insbesondere Holz und aschearmes pelletiertes Stroh gut geeignet. Feuchte Biomasse muss vorgetrocknet werden. Nach Vergasung und aufwendigem Reinigungsverfahren folgt die Fischer-Tropsch-Synthese und gegebenenfalls weitere Aufbereitungsstufen bis zum FT-Diesel. Die Verfahren hierzu befinden sich im Entwicklungsstadium, derzeit werden erste Technikums- und Pilotanlagen gebaut.
6.3 Technik der Antriebe
257
Vorteil der FT-Kraftstoffe ist die Einsetzbarkeit als Dieselsubstitut, sowie die Schwefelfreiheit und die Beeinflussbarkeit der Zusammensetzung der Kohlenwasserstoffe. Nachteilig sind die begrenzte Rohstoffbasis, der Wasserstoffbedarf, sowie die im Vergleich zum direkten Einsatz von Holz zur Heizölsubstitution halbierte Ausbeute. Trotzdem ist die Energie- und CO2-Bilanz deutlich positiv. Sobald eine verbindliche Kraftstoffzusammensetzung festgelegt ist und gegebenenfalls genormt worden ist, steht zu erwarten, dass FT-Kraftstoffe sowohl als Zumischung zu Mineraldiesel als auch in Reinform genutzt werden können. Die Kosten belaufen sich nach ersten Schätzungen auf etwa 60 bis 80 ct je Liter, langfristig könnten etwa 50 ct je Liter erreicht werden. Der Markteintritt könnte in einem positiven Umfeld etwa um 2010 erfolgen. Methanol wird grundsätzlich nach dem gleichen Verfahrensprinzip produziert. Sein Einsatzbereich könnte die Zumischung zu Mineraldiesel oder die Verwendung in portablen Brennstoffzellengeräten sein. Momentan wird Methanol für chemische Prozesse meist noch aus Erdgas gewonnen. In Tabelle 6.1 sind einige wichtige Eigenschaften von Biokraftstoffen zusammenfassend dargestellt (FfE 2007). Tabelle 6.1. Erntefaktor Ertrag [m³/ha] Preis [ct/l] Rohstoff
Eigenschaften von Biokraftstoffen Pflanzenöl RME Ethanol
ETBE
Methanol/FT
400 %
270 %
200 ... 400 %
100 %
400 %?
1,2
1,3
3 ... 7
5 ... 10
2 ... 4
50 ... 60
80 ... 90
wie Benzin
Ölpflanzen Ölpflanzen
wie Benzin wie Diesel
alle
alle
trockene Biomasse
Anlagengröße [t/a]
100 ... 10.000
ca. 100.000
100.000 ... 500.000
??
Technikum
Reinkraftstoff
ja
ja
ja
nein
ja
Beimischung
nein
ja
ja
ja
ja
Rohstoffbasis Energiebilanz Anwendung, Flächenertrag
Oktanzahl, MTBEErsatz, Energiedichte
Flexibler Einsatz, schwefelfrei, konditionierbar
Vorteile
einfach, billig, dezentral, Energiebilanz
Nachteile
teure KFZ- teurer Umrüstung Kraftstoff
Energiebilanz, Anwendung
Energiedichte, teuer, hygroskopisch Energiebilanz
teuer, keine Erfahrung
258
6.3.2
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Straßenfahrzeuge mit Elektromotor
Angesichts der ständig steigenden Immissionsbelastung der Ballungsräume gewinnen Elektroantriebe wieder an Bedeutung. Bereits vor hundert Jahren hat die Elektrotraktion die Anfänge des motorisierten Straßenverkehrs mit begründet, wurde aber bald von den, dem Bedürfnis nach höherer Fahrleistung und größerem Komfort besser gerecht werdenden, Verbrennungsmotoren verdrängt. Unter neuen technischen Voraussetzungen sind Elektroantriebe vor allem durch den Aspekt der lokalen Null-Emission wieder zur vieldiskutierten Alternative geworden. 6.3.2.1 Antriebsmaschinen37
Bis Ende der 80er Jahre wurden in Elektro-Straßenfahrzeugen überwiegend Gleichstrommaschinen (Reihen- und Nebenschluss) als Antriebsmotoren eingesetzt, da die Kosten von Gleichstromstellern erheblich unter denen von Wechselrichtern lagen. Durch den Fortschritt der Leistungselektronik, der in den letzten Jahren zu sehr leistungsfähigen und kostengünstigen Wechselrichtern geführt hat, ist der Einsatz von Asynchron- und Synchron-Drehfeldmaschinen in Elektro-Straßenfahrzeugen heute technisch und wirtschaftlich als Standard anzusehen. Drehfeldmaschinen sind bei gleicher Leistung im Allgemeinen wesentlich leichter und weisen auch einen höheren Wirkungsgrad auf als Gleichstrommaschinen. Die Regelung der Fahrgeschwindigkeit und des Drehmoments vom Anfahren bis zur Höchstgeschwindigkeit erfolgt durch eine verlustarme Spannungs- und Stromregelung, um die in der Batterie gespeicherte Energie optimal zu nutzen. Nutzbremsung im gesamten Geschwindigkeitsbereich ist heute üblich. Aufgrund ihrer günstigen Drehmoment-/Drehzahlcharakteristik und der kurzzeitigen Überlastbarkeit können elektrische Antriebe für den Einsatz im Straßenverkehr mit deutlich niedrigerer Nennleistung als Verbrennungsmotoren ausgelegt werden. Das maximale Drehmoment und ein hoher Nutzungsgrad sind über einen weiten Drehzahlbereich gegeben und gewährleisten ähnlich gute Beschleunigungswerte wie ein deutlich stärker motorisiertes Diesel- oder Ottomotor-Fahrzeug.
37
Nach (Burkner et al. 1992)
6.3 Technik der Antriebe
259
6.3.2.2 Batteriespeicher
Während der Elektromotor dem Verbrennungsmotor in vielerlei Hinsicht überlegen ist, hat die Batterie als Energiespeicher gegenüber dem Benzinoder Dieseltank gravierende Nachteile, wie geringere Energie- und Leistungsdichte, um ein Vielfaches längere Ladezeiten, höheres Gewicht, hohe Anschaffungskosten usw. Für diejenigen Batteriesysteme, die für Elektrofahrzeuge in Betracht kommen, ist in Abb 6.14 das sog. Ragone-Diagramm wiedergegeben. Es zeigt die entnehmbare Energie in Abhängigkeit von der Entnahmeleistung (jeweils bezogen auf das Batteriegewicht). 120 40270B03 40270B03
Li/Ion 2h
5h dauer:
80
1
h
Na/NiCl2 0,5
Entlad e
Spezifische Energie [Wh/kg]
100
60
h
Ni/MH 40
Pb 20
0 0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
Spezifische Leistung [W/kg]
Abb. 6.14. Gravimetrisches Ragone-Diagramm für Traktionsbatterien
International werden seit einigen Jahren verstärkte Anstrengungen bei der Weiter- bzw. Neuentwicklung von Batteriesystemen unternommen. Hauptziel sind höhere Energie- und Leistungsdichten, verbesserte Betriebstauglichkeit (Wartungsfreiheit, Verfügbarkeit, Lebensdauer, Ladezeit) und niedrigere Kosten, ein hoher energetischer Nutzungsgrad und die Umweltverträglichkeit bei Herstellung, Betrieb und Nutzung. Die Bleibatterie (Pb/PbO2) weist von den betrachteten Systemen den höchsten Entwicklungsstand auf. Seit einigen Jahren ist mit der Gel-Batterie eine Version der Blei-Batterie verfügbar, die im Gegensatz zu den üblichen mit wässrigem Elektrolyt wartungsfrei ist. Der Bereich der Betriebstemperatur liegt zwischen !10 und +60 °C, die Standverluste betragen nur 3 bis 15%
260
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
pro Monat. Allerdings hat sie die geringste Energiedichte, mit den Folgen geringer Reichweite und hohen Systemgewichts. Die Nickel-Cadmium-Batterie (Ni/Cd) mit alkalischem Elektrolyten hat einen fast ebenso hohen Entwicklungsstand wie die Bleibatterie. Die Energiedichte liegt etwas, die Leistungsdichte beträchtlich höher als bei der Bleibatterie. Aufgrund der Selbstentladung sind die Standverluste aber sehr hoch (20 bis 30% pro Monat). Von Nachteil in der Umweltdiskussion ist das hochtoxische Element Cadmium. Eine Weiterentwicklung der NiCd-Batterie stellen Nickel-Metallhydridspeicher (Ni/MH) dar, bei denen die negative Cadmium-Elektrode durch eine Metalloxid-Elektrode ersetzt wird, die Wasserstoff in Form von Hydriden speichert. Die erzielbaren Energiedichten liegen ca. 50% höher als bei Ni/Cd, bei vergleichbaren Leistungsdichten. Die Lithium-Ionen-Batterie befindet sich Traktionsanwendungen noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Vielversprechend sind die hohen Werte von Energie- und Leistungsdichten mit Werten von bis zu 100 Wh/kg bzw. über 1000 W/kg. Entwicklungsbedarf besteht noch hinsichtlich der Anfälligkeit bei Überladung und der damit einhergehenden Sicherheitsprobleme, die eine Überwachung jeder Einzelzelle erforderlich machen. Die Natrium-Schwefel-Batterie (Na/S) und die Natrium-NickelchloridBatterie (Na/NiCl2) sind Hochtemperaturbatterien. Sie haben erheblich größere Energie- und Leistungsdichten als die o.g. Systeme. Da sie jedoch im üblichen Einsatz auf hoher Betriebstemperatur (ca. 300°C) gehalten werden müssen, ergeben sich beträchtliche thermische Verluste, die nur in der Betriebs- und Ladephase zum Teil durch ohmsche Verluste gedeckt werden. Weitere prinzipiell geeignete, wenn auch noch nicht in größerem Maßstab für Traktionsanwendungen erprobte Speichersysteme sind Metall-LuftBatterien, wie z.B. Zn/Luft, die den Vorteil aufweisen, nur die halbe Menge an Elektrodenmaterialien mitführen zu müssen, da der zweite Reaktand Luftsauerstoff ist. Die Energiedichten liegen entsprechend hoch, nämlich deutlich über 150 Wh/kg, bei allerdings geringen Leistungsdichten im Bereich von 50 W/kg. Die verbrauchten Zink-Platten erfordern beim Austausch ein aufwändiges Handling und müssen in zentralen Stationen zu Zink reduziert werden; der Nutzungsgrad für die Regenerierung beträgt kaum mehr als 50%. Zur Klasse der Redoxionen-Batterien zählt die ZnBr2-Batterie, die einen ähnlichen Aufbau wie eine Brennstoffzelle mit einer Zelleneinheit aufweist, die von externen Zn- bzw. Brom-Suspensionen versorgt wird. Der periphere
6.3 Technik der Antriebe
261
Aufwand ist entsprechend hoch, für mobile Anwendung ist die Verwendung von Brom wegen des Geruchs und der Toxizität problematisch. Die Energiedichte liegt bei rund 60 Wh/kg. Tabelle 6.2 zeigt die wesentlichen Kenndaten und Eigenschaften von Batteriesystemen zur elektrischen Traktion im Straßenverkehr. 6.3.2.3 Energieverbrauch
Abbildung 6.15 zeigt das Energieflussbild eines Elektrostraßenfahrzeugs für den Einsatz im Stadtverkehr. Im Vergleich zum Leistungsflussbild des Verbrennungsmotors kommen hier periphere Komponenten wie Steuerung, Antriebsbatterie und Bordladegerät als zusätzliche Energieverbraucher hinzu. Allerdings ist durch die elektrische Nutzbremsung im Gegensatz zum Verbrennungsmotor eine Energierückspeisung möglich. Der Endenergiebedarf eines Elektroautos lässt sich in einen von der Wegstrecke und einen von der Standzeit abhängigen Anteil aufgliedern. Der streckenabhängige Anteil wird von fahrzeugtechnischen Daten wie cW-Wert, Fahrzeugmasse, Antriebswirkungsgrad, Fahrweise, usw. bestimmt. Der standzeitabhängige Anteil ist abhängig von der Stillstandzeit zwischen zwei Fahrzyklen. Er resultiert im Wesentlichen aus den energetischen Aufwendungen zur Ladungserhaltung und Temperierung der Batterie. Durch diesen standzeitabhängigen Energieverbrauch sinkt der fahrstreckenbezogene Energiebedarf mit steigender Wegstrecke. Für Fahrzeuge mit Hochtemperaturbatterie liegt wegen deren hoher thermischer Verluste der standzeitabhängige Anteil deutlich über dem von Fahrzeugen mit Bleibatterien. Erst bei Wegstrecken oberhalb von 60 km nähern sich die Kurven einander an. 6.3.2.4 Hybridantriebe
Eine Variante des batteriebetriebenen Elektrofahrzeugs stellt das um eine Verbrennungskraftmaschine ergänzte Hybridfahrzeug dar. Es verbindet die Eigenschaften beider Systeme, nämlich • die hohe Energiedichte der flüssigen Kraftstoffe und • den emissionsfreien Betrieb des Elektroautos. Im Stadtverkehr bewegt sich das Fahrzeug abgasfrei und hat auf Langstrecken den nötigen Energievorrat und die entsprechende Leistung zur Verfügung. Nachteilig sind das höhere Leergewicht und der dadurch höhere spezifische Energieverbrauch, sowie höhere Anschaffungskosten, bedingt durch das duale Antriebskonzept.
2,0
30
60
10
V
Wh/kg
%/d
%
Vollzyklen Jahre
°C
Max. Energiedichte
Max. Leistungsdichte W/kg
h
Zellspannung
Min. Ladedauer
Selbstentladung
Zyklusnutzungsgrad
Lebensdauer
Betriebstemperatur
* bis zu max. 5 % Gesamtverlust
Heizung, Kühlung
Blei, Cadmium Kalilauge Na-Brand, Schwefel- Kalilauge Recycling Temperatur säure Recycling
Lüftung
290 ... 350
Umwelt- und Sicherheitsprobleme
Lüftung
! 20 ... + 50
bis 500 0,5 ... 2
65 ... 90
0 ... 20
4
100
100
2,0
Na/S
Temperierung
! 20 ... + 50
! 20 ... + 60
1000 ... 1500 >5
65 ... 85
2 ... 10
1
175
60
1,2
Ni/MH
Hilfsenergie nötig für
1000 ... 1500 10
65 ... 85
100 ... 600 10 ... 15
70 ... 90
2 ... 10
0,5
200
40
1,2
Ni/Cd
Kühlung Strippen
+ 7 ... 40
bis 1000 >3
50 ... 70
1*
4
60
60
1,5
Zn/Br2
Na-Brand, Brom, Temperatur Säure
Heizung, Kühlung
260 ... 370
500 ... 1000 >3
65 ... 85
0 ... 20
5
100
80
2,58
Na/NiCl2
Kalilauge
Luftzufuhr
! 20 ... + 95
<5
?
40 ... 50
ÜberladeReaktion
Kühlung
! 10 ... + 50
1000 ... ?
60 ... 80
<1
1
! < 0,25
200
150
3,5
Li/Ion
100
180
1,2
Zn/Luft
Tabelle 6.2.
< 0,5
Pb/Gel
Batteriesystem
262 6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Kenngrößen und Eigenschaften von Traktions-Batteriesystemen
6.3 Technik der Antriebe
263
©IfE, 40-286-B-04
Abb. 6.15. VW Golf CitySTROMer A3: Energieflussdiagramm im Stadtverkehr
Mit Blick auf die Antriebskonfiguration werden Hybridfahrzeuge nach Serien- bzw. Parallelhybriden unterschieden, s. Abb 6.16. Beim Serienhybrid sind drei Maschinen (Verbrennungsmotor, Generator und Elektromotor) in Serie geschaltet, wobei die vom Verbrennungsmotor erzeugte mechanische Energie im Generator erst in elektrische und im Elektromotor wieder in mechanische Energie umgewandelt wird. Jeder Umwandlungsprozess ist verlustbehaftet, so dass sich insgesamt ein relativ niedriger Wirkungsgrad ergibt. Ein weiterer Nachteil ist das hohe Gewicht. Beim Parallelhybrid sind der Verbrennungsmotor und der Elektromotor,
264
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
G
+
+
-
M/G
+
leistungsverzweigt
parallel
seriell
M/G
M/G
©IfE, 40-219-B-03
-
Abb. 6.16. Strukturen hybrider Antriebe
wenn man den Fluss ihrer Leistungen betrachtet, parallel angeordnet. Die von den beiden Maschinen abgegebenen Leistungen können also zum Antrieb des Fahrzeugs addiert werden. Das bedeutet eine Einsparung bei der insgesamt im Fahrzeug zu installierenden Maschinenleistung. Während der Serien-Hybrid zwei Elektromaschinen benötigt, ist im Parallel-Hybrid nur noch eine Elektromaschine vorhanden. Trotzdem ist auch beim ParallelHybrid Nutzbremsung oder auf das Laden der Batterie während der Fahrt möglich; der Elektromotor arbeitet dann als Generator, z.B. wenn nicht die gesamte Leistung des Verbrennungsmotors zum Antrieb der Achse benötigt wird. Eine allerdings sehr komplexe Mischform ist der leistungsverzweigte Hybridantrieb. Wie beim parallelen Hybrid ist es auch möglich entweder kurzzeitig durch den Einsatz des Elektromotors die Spitzenleistung zu erhöhen oder rein elektromotorisch zu fahren. Der Verbrennungsmotor ist im leistungsverzweigten Hybrid vom Antrieb über ein spezielles Getriebe (Planetengetriebe oder CVT-Getriebe) mechanisch entkoppelt. Dieses Getriebe ermöglicht es, nur einen Teil der Verbrennungsmotorleistung direkt mechanisch auf die Antriebsräder zu übertragen, die restliche Leistung kann über die Elektromotor-/Generatoreinheit der Batterie zugeführt werden. Daneben kann der Energiefluss auch ausschließlich über die elektrischen Komponenten geführt werden. In speziellen Ausführungen mit getrenntem Elektromotor und Generator ist somit eine Vielzahl von Leistungsflüssen möglich. Einen interessanten Lösungsansatz stellen neue Antriebskonzepte für Busse mit elektrischer Kraftübertragung dar, wie sie seit langem aus Bahnan-
6.3 Technik der Antriebe
265
wendungen oder Sonderfahrzeugen bekannt sind. Dabei treibt der Verbrennungsmotor einen Generator an, und der Antrieb der Räder erfolgt über elektrische Radnabenmotoren. Die Kopplung zwischen dem Verbrennungsmotor und den Antriebsachsen erfolgt demnach allein durch elektrische Komponenten. Dadurch ist der Einbauort des Verbrennungsmotors frei wählbar. Trotz des niedrigeren Wirkungsgrades einer elektrischen Kraftübertragung im Vergleich zu einem konventionellen Antriebsstrang kann mit einem niedrigeren Kraftstoffverbrauch und geringeren Emissionen gerechnet werden, da die stufenlose Leistungsanpassung des Motors an das spezielle Anforderungsprofil eines Fahrbetriebs im Linienverkehr einen Betrieb des Verbrennungsmotors in seinem verbrauchsoptimierten Kennfeldbereich ermöglicht. Als Kraftstoff für den Verbrennungsmotor kommen neben Benzin und Diesel auch die oben erwähnten alternativen Kraftstoffe wie Erdgas usw. in Frage. Dadurch ergibt sich eine Vielzahl von möglichen Kombinationen, die eine Optimierung des Antriebs nach unterschiedlichsten Gesichtspunkten ermöglichen. 6.3.2.5 Brennstoffzellen
Brennstoffzellen sind genauso wie Batterien in der Lage, chemisch gebundene Energie direkt in elektrische Energie umzuwandeln. Im Gegensatz zu Batterien findet jedoch in der Brennstoffzelle lediglich die Energiewandlung statt und nicht die Energiespeicherung. Die Reaktanden müssen von außen zugeführt werden. Brennstoffzellen dienen der direkten Umwandlung chemischer in elektrische Energie. Damit entfallen also die von den Wärmekraftmaschinen bekannten Zwischenstufen der thermischen und der mechanischen Energie. Es handelt sich dabei um den Umkehrprozess der Elektrolyse: Wasserstoff und Sauerstoff werden getrennt voneinander in die Brennstoffzelle geführt. Der Wasserstoff gibt an der Anode je ein Elektron ab, welches über den äußeren Stromkreis zur Kathode fließt und dort dem Sauerstoff zur Bildung negativer Ionen zur Verfügung steht. Diese wandern durch den Elektrolyten zur Anode, wo sie sich mit den positiv geladenen Wasserstoffteilchen zu Wasser verbinden und damit den Kreis schließen. Für den Aufbau von Brennstoffzellen werden besondere, häufig teure Werkstoffe benötigt, um eine hohe Katalysatoraktivität bei geringen Korrosionserscheinungen zu gewährleisten. Leistungsfähige Elektroden sind daher schwierig und nur unter Einsatz teurer Edelmetallkatalysatoren herstellbar. Darüber hinaus ist die Peripherie der Brennstoffzelle (Nebenaggregate zur
266
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Kühlung und Luftversorgung, elektrische Leistungskonditionierung) für das Funktionieren des gesamten Systems von erheblicher Bedeutung. Es gibt heute fünf Entwicklungslinien von Brennstoffzellentypen, die nach der Betriebstemperatur und der Art des ionenleitenden Elektrolyten unterschieden werden: • • • • •
Alkalische Brennstoffzelle (AFC) Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzelle (PEFC) Phosphorsaure Brennstoffzelle (PAFC) Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle (MCFC) Oxidkeramische Brennstoffzelle (SOFC)
Die wichtigsten Eigenschaften der verschiedenen Brennstoffzellensysteme sind in Tabelle 6.3 kurz zusammengefasst. Tabelle 6.3.
Kenngrößen und Eigenschaften von Brennstoffzellen Niedertemperatursysteme Mittel-/Hochtemperatursysteme
Typ
AFC
PEFC
PAFC
MCFC
SOFC
Betriebstemp. [°C]
ca. 80
50 ... 80
ca. 200
600 ... 700 800 ... 1000
Wirkungsgrad Zelle [%]
60 ... 70
50 ... 65
ca. 55
50 ... 60
60 ... 65
Wirkungsgrad System [%]
ca. 60
30 ... 45
ca. 40
ca. 50
50 ... 60
Brenngas
reinst H2
H2
H2
Erdgas, Erdgas, Kohlegas, Kohlegas, Biogas, H2 Biogas, H2
Oxydans
reinst O2
O2, Luft
O2, Luft
O2, Luft
O2, Luft
Leistungsbereich <1...150 kW <1...150 kW 200 kW
250 kW
1... 250 kW
Anwendung
Raumfahrt, El. Antriebe BHKW BHKW BHKW Militär BHKW StromStromStromBatt.-ersatz erzeugung erzeugung erzeugung
bevorzugt für
dynamische Last
kontinuierliche Last
Die Niedertemperaturbrennstoffzellen eignen sich aufgrund günstiger elektrischer Wirkungsgrade, schnellen Lastwechselverhaltens, hoher Leistungsdichte und ihres niedrigen Temperaturniveaus besonders für den mobilen Einsatz. Aufgrund der CO2-Empfindlichkeit der AFC muss jedoch
6.3 Technik der Antriebe
267
bei Einsatz dieses Systems zusätzlich ein Sauerstofftank mitgeführt werden, wodurch Kosten, Aufwand und Gewicht weiter erhöht werden. Aufgrund dieses prinzipbedingten Nachteils und des als gering eingeschätzten Kostenreduktionspotentials gibt man heute der PEM-Brennstoffzelle im praktischen Einsatz und in der Entwicklung meist den Vorzug. Die PAFC kommt aus heutiger Sicht nur für den stationären Einsatz in Frage, da nur relativ große Zelleinheiten zur Verfügung stehen, die nicht für einen Einsatz im PKW geeignet sind. Außerdem führen die hohen Temperaturen bei kleinen Einheiten, wie sie im PKW benötigt werden, in Verbindung mit der diskontinuierlichen Betriebsweise, zu hohen thermischen Verlusten, sofern die Brennstoffzelle in Fahrzeugstillstandszeiten betriebsbereit gehalten werden soll, oder zu langen Vorwärmzeiten von mehreren Stunden, sofern die Brennstoffzelle vor Fahrtantritt erst auf Betriebstemperatur gebracht werden muss. Die Hochtemperaturbrennstoffzellen eignen sich, wegen der hohen Temperaturen und der fehlenden Abwärmenutzungsmöglichkeiten im Fahrzeug, nur bedingt für den mobilen Einsatz (ggf. für Schienenfahrzeuge). Die Kombination von Brennstoffzelle und Elektroantrieb bietet die Möglichkeit, die Eigenschaften batteriebetriebener Fahrzeuge, wie Null-Emissionen vor Ort, hohe Effizienz, geräuscharmer Betrieb und lange Lebensdauer (Ausnahme Brennstoffzellenstack), mit der Reichweite und der kurzen Betankungszeit konventioneller Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu vereinen. Brennstoffzellenfahrzeuge können Wirkungsgrade bis zu 40 % erreichen, während dieser Wert bei Fahrzeugen mit Ottomotor heute zwischen 10 und 20% liegt, was mindestens eine Verdoppelung der energetischen Ausnutzung des Kraftstoffs bedeutet. Herausforderungen an Forschung und Entwicklung bestehen vor allem in Verlängerung der Lebensdauer und Erhöhung des Wirkungsgrades bei gleichzeitiger Reduzierung der Kosten. Neue Materialien, insbesondere Membrane, sowie Recycling-Möglichkeiten müssen entwickelt und optimiert werden, ebenso wie die Entwicklung von Fertigungsanlagen für Großserien ansteht und eine geeignete Typisierung und Standardisierung einzuführen ist. Prozessperipherie und Brennstoffinfrastruktur bedürfen einer optimierten Systemintegration. Die Brennstoff-Erzeugung, -Verteilung, -Speicherung und -Aufbereitung befinden sich ebenfalls noch in einem frühen Entwicklungsstadium.
268
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
6.3.3
Schienentriebfahrzeuge
6.3.3.1 Diesel-Antrieb
Abgesehen von einigen Sonderformen wie der pneumatischen Kraftübertragung (ein Kompressor erzeugt Druckluft, die eine Dampfmaschine antreibt) haben sich bei der Kraftübertragung von Lokomotiven und Triebwagen mit Verbrennungsmotor zwei Prinzipien durchgesetzt: die hydraulische und die elektrische Kraftübertragung. Hydraulische Kraftübertragung Bei der hydraulischen Kraftübertragung (Kernchen u. Kögel 1997) wird die Leistung des Dieselmotors über eine drehelastische Kupplung und Gelenkwelle auf das Primärsystem des Strömungsgetriebes übertragen. Dieses bildet den Leistungsübertrager zwischen Dieselmotor und Achsgetriebe. Es besteht in der Regel aus mehreren Wandlerkreisläufen und einem integrierten Wendegetriebe, die Gangschaltung erfolgt in Abhängigkeit von Antriebs- und Abtriebsdrehzahl des Getriebes automatisch ohne Unterbrechung der Leistungsübertragung. Das Strömungsgetriebe bietet zudem mittels zweier Hilfsabtriebe die Möglichkeit zum Antrieb einer Hydrostatikpumpe und einer Lichtmaschine. Elektrische Kraftübertragung Bei der elektrischen Kraftübertragung (Mohr 1997) treibt der Dieselmotor einen Generator an, der den Strom für die Fahrmotoren erzeugt, s. Abb 6.17.
Generator
Dieselmotor
Gleichrichter
26536A08 26536A08
Wechselrichter
Fahren
Wechselrichter
Bremsen Fahrtrichtung Mehrfachtraktion
Zentrales Steuergerät
M1
M2
Antriebssteuerung 1
M3
M4
Antriebssteuerung 2
Abb. 6.17. Schematische Darstellung der Steuerung einer modernen dieselelektrischen Lok
6.3 Technik der Antriebe
269
Ein Nachteil des dieselelektrischen Antriebs liegt in der Tatsache, dass die bislang eingesetzten Gleichstromgeneratoren und Gleichstrommotoren 50% schwerer sind als hydraulische Systeme. Der Ersatz der Gleichstrom- durch Drehstromgeneratoren und Traktionsgleichrichter stellte eine erste Verbesserung dar, aber erst die Umstellung auf leichtere Asynchronmotoren verhalf der elektrischen Kraftübertragung zum Durchbruch. Durch die höheren möglichen Drehzahlen (keine Begrenzung durch den Kollektor) können bei gleicher Leistung kleinere Motoren eingesetzt werden. Die Regelung von Drehmoment und Drehzahl ist mit der modernen Leistungselektronik einfach möglich. Während weltweit etwa 70% der Diesellokomotiven nach dem dieselelektrischen Prinzip arbeiten, ist in Deutschland bisher noch die Dieselhydraulik weitverbreitet. 6.3.3.2 Elektroantrieb
In den Anfangszeiten der elektrischen Triebfahrzeuge wurde sowohl mit 3-Phasen-Drehstrom als auch mit Gleich- und Einphasenwechselstrom experimentiert. Da die Umrichtertechnik damals aufwendig war und die mehrphasige Energieübertragung mehrere Fahrdrähte benötigte, setzte sich der Einphasen-Reihenschlussmotor durch. Reihenschlussmotoren können prinzipiell sowohl mit Gleichstrom als auch mit Einphasenwechselstrom betrieben werden. Ein kennzeichnendes Merkmal ist die Anpassung des Drehmoments an die Drehzahl. Bei geringer Drehzahl hat der Motor ein großes Drehmoment, bei steigender Drehzahl nimmt dieses Moment ab. Aufgrund dieser Charakteristik steht die volle Leistung des Antriebs auch bei niedrigen Drehzahlen zur Verfügung. Das ermöglicht hohe Anfahrzugkräfte. Die Spannungssteuerung kann über eine Amplitudensteuerung oder bei stromrichtergespeisten Antrieben über eine Phasenanschnittsteuerung erfolgen. Die fortgeschrittene Entwicklung der Thyristorumrichter ermöglicht heute die Verwendung von Drehstrommotoren bei einphasiger Stromzufuhr. Dies bringt folgende Vorteile mit sich: • Die Motoren können mit Hilfe der Umrichtertechnik spannungs- und frequenzgesteuert stufenlos an alle Betriebsfälle angepasst werden. • Asynchronmotoren sind durch den einfachen Aufbau (kein Kommutator erforderlich) sehr robust, dementsprechend wartungsarm und haben zudem ein deutlich geringeres Leistungsgewicht.
270
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
• Die mechanischen Drehzahlgrenzen liegen durch das Fehlen des Kommutators höher, d.h. die durch die freie Frequenzwahl möglichen höheren Drehzahlen können tatsächlich gefahren werden. • Die Möglichkeit der Ausnutzung hoher Drehzahlen senkt zusätzlich das Motorgewicht. • Es können hohe Zugkräfte bei geringen Geschwindigkeiten aufgebracht werden. 6.3.3.3 Vergleich verschiedener Antriebe
Das Traktionsvermögen von Schienentriebfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren oder mit elektrischem Antrieb wird üblicherweise in einem Zugkraft-Geschwindigkeits-Diagramm dargestellt, und zwar als Kurzzeit- bzw. Dauerzugkraft in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit. In Abb 6.18 (Bauermeister u. Jaelek 1994) sind die Dauerzugkraft-Geschwindigkeits-Kennlinien von vier verschiedenen vierachsigen und einer sechsachsigen Lokomotivbaureihen dargestellt. Diese Kennlinien stellen die Begrenzung des Betriebsbereiches, also der möglichen Paarungen von Zugkraft und Geschwindigkeit dar.
Abb. 6.18. Dauerzugkraft einiger Lokomotivbaureihen der Deutschen Bahn
6.3 Technik der Antriebe
271
Die Triebfahrzeuge mit Verbrennungsmotor sind repräsentiert durch die Diesellokomotive BR 218 mit hydraulischem Antrieb. Der Betriebsbereich ist im wesentlichen begrenzt durch die maximale Leistung des Antriebs. Die konventionellen elektrischen Lokomotiven mit Einphasen-Wechselstrommotoren sind dargestellt anhand der Lokomotivbaureihen • 103: Sechsachsige Schnellzuglok für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h; Nennleistung: 7.080 kW; • 111: Vierachsige Schnellzuglok für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h; Nennleistung: 3.620 kW; • 181.2: Vierachsige Zweifrequenzlok für gemischten Betrieb; Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h; Nennleistung: 3.200 kW. Bei diesen Triebfahrzeugen ist im oberen Geschwindigkeitsbereich die Zugkraftgrenze durch die höchstmögliche Motorspannung gegeben. Bei Schnellzuglokomotiven ist dieser Bereich verhältnismäßig eng gefasst, damit die Nennleistung in der Nähe der Höchstgeschwindigkeit aufgebracht werden kann. Bei der Baureihe 103 liegt der entsprechende „Nennpunkt“ beispielsweise bei 181 km/h. Für darüber liegende Geschwindigkeiten nimmt die zur Verfügung stehende Leistung wieder ab (bei der BR 103 bis 200 km/h um knapp 8 %). Hingegen kommt es bei den Lokomotiven, die zur Traktion von Güterzügen geeignet sind, in erster Linie auf die erforderliche hohe Zugkraft an. Aus diesem Grund liegt bei der BR 181.2 der Nennpunkt etwa bei der Hälfte der Höchstgeschwindigkeit. Durch eine Shunt-Einrichtung zur Feldschwächung wird der Anwendungsbereich der Nennleistung etwa bis 140 km/h ausgedehnt. Im unteren Geschwindigkeitsbereich, also zwischen Stillstand und der dem Nennpunkt entsprechenden Geschwindigkeit, ist der Betriebsbereich begrenzt durch die maximale Zugkraft, die wiederum durch den maximalen Motorstrom gegeben ist. Allerdings hängt der Wert dieser Größen davon ab, wie lange der betreffende Betriebszustand dauern soll. Für kurzzeitige Anfahrvorgänge kann die Zugkraft bis zum Doppelten des Nennwertes betragen, um einen Zug möglichst rasch zu beschleunigen. In diesen Betriebsfällen muss darauf geachtet werden, dass die Haftreibungsgrenze nicht überschritten wird, da es sonst zu einem Durchdrehen der Antriebsräder kommen würde. Eine typische Charakteristik für ein Triebfahrzeug der heutigen Generation ist die der Baureihe 120. Es handelt sich hier um eine vierachsige Lokomotive mit Vierquadrantensteller und Drehstromasynchronfahrmotoren. Obgleich die Nennleistung mit 5.600 kW wesentlich kleiner ist als bei der BR 103, gerät die BR 120 erst bei Geschwindigkeiten ab etwa 150 km/h hinsichtlich der maximalen Zugkraft ins Hintertreffen. Dagegen steht bei der BR 120 bis herab zu einer Geschwindigkeit von 80 km/h die volle Nenn-
272
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
leistung zur Verfügung, und auch bei noch geringeren Geschwindigkeiten zeichnet sich die BR 120 durch ein weiteres Anwachsen der möglichen Zugkräfte aus. Diese konkurrenzlos gute Ausnutzung des Rad-SchieneKraftschlusses macht dieses Antriebskonzept für die universelle Anwendung bei allen Traktionsaufgaben von schweren Güterzügen bis zu Schnellzügen tauglich. 6.3.3.4 Magnetschwebe-Technik38
Das Trag- und Führsystem der Magnetschnellbahn arbeitet nach dem Prinzip des elektromagnetischen Schwebens, wie in Abb 6.19 dargestellt. Es beruht auf den anziehenden Kräften zwischen den in der Bodengruppe des Fahrzeugs angeordneten einzeln geregelten Elektromagneten und den ferromagnetischen Reaktionsschienen (Statorpaketen), die unterhalb des Fahrweges installiert sind, s. Abb 6.20. Dabei ziehen die Tragmagnete das Fahrzeug von unten an den Fahrweg heran, die Führmagnete halten es seitlich in der Spur. Die Trag- und Führmagnete sind beidseitig über die gesamte Fahrzeuglänge angeordnet.
2910698B 2910698B
Rad und Schiene Führen
Magnetschwebetechnik Führen
Antreiben
Tragen
Tragen
Antreiben
Abb. 6.19. Systemvergleich zwischen Rad/Schiene- und Magnetschwebetechnik (Quelle: Thyssen Transrapid System GmbH)
Ein elektronisches Regelsystem stellt sicher, dass das Fahrzeug in einem stets gleichbleibenden Abstand von 10 mm zu seinem Fahrweg schwebt, s. Abb 6.21. Das Trag- und Führsystem wird wie auch die Bordeinrichtungen berührungsfrei über Lineargeneratoren in den Tragmagneten mit Energie versorgt. Als Antrieb und zugleich als Bremse dient der Magnetschnellbahn ein synchroner Langstatormotor, s. Abb 6.22. Die Funktion dieses ebenfalls
38
Nach (Ernst-Cathor u. Muders 1997)
6.3 Technik der Antriebe
273
Führschiene
Transrapid
Statorpaket Antriebswicklung Tragmagnet Führmagnet 2910798B 2910798B
Abb. 6.20. Anordnung der Magnetsysteme beim Transrapid (Quelle: Thyssen Transrapid System GmbH)
2910398B 2910398B Spalt Regler
Bordbatterie
Steller
Spaltsensor Magnetstrom
Lineargenerator
Abb. 6.21. Regelungsschema für das elektromagnetische Schweben (Quelle: Thyssen Transrapid System GmbH)
berührungsfreien Systems lässt sich aus der Wirkungsweise eines rotierenden Elektromotors ableiten, dessen Stator aufgeschnitten und beidseitig längs unterhalb des Fahrweges gestreckt wird. Er erzeugt so ein lineares Wanderfeld. Die Tragmagnete am Fahrzeug entsprechen dem Rotor (Erregerteil) des Motors und werden durch das elektromagnetische Wanderfeld des Stators im Fahrweg mitgezogen. Im Gegensatz zum klassischen Antriebsprinzip konventioneller Verkehrssysteme ist der primäre Antriebsteil ! die ferromagnetischen Statorpakete mit der dreiphasigen Wanderfeldwicklung ! im Fahrweg und nicht im Fahrzeug installiert. Die Schubkraft wird mit Hilfe von Umrichtern durch Veränderung der Amplitude und der Frequenz des Drehstromes vom Stillstand bis zur Betriebsgeschwindigkeit stufenlos geregelt. Polt man die Richtung des Wanderfeldes um, wird der Motor zum Generator. Die Bremsenergie wird in das Stromnetz zurückgespeist.
274
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen) 2910498B 2910498B
Abb. 6.22. Prinzip des Langstator- Linearmotors (Quelle: Thyssen Transrapid System GmbH)
Der Langstator-Linearmotor im Fahrweg ist in Einzelabschnitte unterteilt, von denen immer nur derjenige eingeschaltet und mit Strom versorgt wird, in dem sich das Fahrzeug befindet, s. Abb 6.23. Der Abstand der Unterwerke und der installierten Leistung richtet sich jeweils nach den streckenspezifischen Gegebenheiten. So wird der Motor in Abschnitten mit hohen Schubanforderungen wie z.B. Steigungen und auf Beschleunigungsstrecken stärker ausgelegt als auf ebenen Strecken, die mit gleichbleibender Geschwindigkeit befahren werden. Entsprechend können bei der Magnetschwebetechnik wesentliche größere Steigungen (10% im Vergleich zu 4% bei der konventionellen Eisenbahn) überwunden werden. Transrapid
Antrieb im Fahrweg
S te
ig
10 g( un
%)
Energieversorgung
Eisenbahn
Stromabnehmer Steigu
Antrieb im Fahrzeug
ng (m
) ax 4%
2910898B 2910898B
Abb. 6.23. Schema der Energieversorgung bei Eisenbahn und Transrapid (Quelle: Thyssen Transrapid System GmbH)
Die berührungsfreie Schwebe- und Antriebstechnik ermöglicht Betriebsgeschwindigkeiten im Bereich von 300 bis 500 km/h. Der Transrapid kann innerhalb von nur 95 s, bzw. auf einer Strecke von 5 km aus dem Stand auf 300 km/h beschleunigen. Moderne Hochgeschwindigkeitsbahnen nach dem Rad-Schiene-Prinzip benötigen dafür die vierfache Zeit und die sechsfache Strecke.
6.3 Technik der Antriebe
6.3.4
275
Flugzeuge
Während bei Landfahrzeugen die Kraftübertragung durch die Haftreibung zwischen Rad und Fahrweg erfolgt, kann ein Körper in der Luft nur durch Impulswirkung vorangetrieben werden. Der Antrieb in der Luft basiert also darauf, dass Luft entgegengesetzt zur Flugrichtung beschleunigt wird, wodurch nach dem Reaktionsprinzip eine Schubkraft entsteht. Die Schubkraft FS dient zur Überwindung des Strömungswiderstandes FW (s. Abschn. 6.2.3) und ist im stationären Fall daher mit diesem betragsgleich. Die Schubkraft ergibt sich bei „luftatmenden“ Flugtriebwerken aus der Differenz von Austritts- und Eintrittsimpulsstrom, d.h. sie ist gleich dem Produkt aus Luftdurchsatz und Schlupf (das ist hier die Differenz zwischen Ausströmgeschwindigkeit c und Einströmgeschwindigkeit v):
L ( c − v) . FS = m
(6.25)
Bei den „luftatmenden Triebwerken“ kann man zwei Antriebsarten unterscheiden: • Luftschraubentriebwerke arbeiten mit mechanischer Beschleunigung: Schräg zur strömenden Luft angeordnete umlaufende Flächen einer Luftschraube drücken die in ihrer Drehebene liegenden Luftmassen weg und beschleunigen sie damit. Die Luftschraube wird gewöhnlich durch eine Verbrennungskraftmaschine angetrieben. • Luftstrahltriebwerke arbeiten mit thermischer Beschleunigung: Hier erzeugt der thermodynamische Kreisprozess unmittelbar im Triebwerk (welches die Funktionen von Kraftmaschine und Arbeitsmaschine in sich vereint) einen Gasstrahl mit hoher Austrittsgeschwindigkeit. Ein und derselbe Schub kann nach Gl. (6.25) entweder durch einen großen Luftdurchsatz bei geringem Schlupf (typisch für das Luftschraubentriebwerk) erreicht werden, oder aber durch einen großen Schlupf bei kleinem Luftdurchsatz (wie beim Luftstrahltriebwerk). In Abb 6.24 (Müller u. Bretschneider 1986) ist der Unterschied der beiden Triebwerksarten bei der Erzeugung der Schubkraft qualitativ angedeutet. Um beurteilen zu können, welche der beiden Größen in Hinblick auf Wirtschaftlichkeit zu steigern ist, muss der Wirkungsgrad der reaktiven Antriebe als Verhältnis von Nutzen zu Aufwand betrachtet werden.
276
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Abb. 6.24. Prinzip der luftatmenden Triebwerke
Der Nutzen ist die Schubleistung PS als Produkt von Schub FS und Fluggeschwindigkeit v:
L ( c − v) v PS = m
(6.26)
Die Schubleistung entspricht der Fortbewegungsleistung bei den landgebundenen Verkehrsmitteln. Der Aufwand ist die vom Triebwerk aufzubringende Strahlleistung PT zur Erhöhung der kinetischen Energie der durchströmenden Luft: 1 L c2 − v2 PT = m (6.27) 2
(
)
Daraus ergibt sich der „Schubwirkungsgrad“ ηS (oft auch als „äußerer Wirkungsgrad“ ηa bezeichnet) aller Luftschrauben- und Luftstrahlantriebe:
ηS =
PS 2 = PT 1 + c v
(6.28)
Bei einem Schlupf von Null (d.h. c = v) würde zwar der Schubwirkungsgrad 100 % betragen, jedoch ist in diesem Fall wegen der Proportionalität von Schlupf und Schubleistung nach Gl.(6.26) auch kein Nutzen vorhanden. Bei konstanter Fluggeschwindigkeit wird mit steigendem Schlupf der Schubwirkungsgrad kleiner. Luftschraubentriebwerke arbeiten mit großem Luftdurchsatz bei kleinem Schlupf und besitzen daher einen günstigen äußeren Wirkungsgrad. Sie sind jedoch in der Leistung und vor allem hinsichtlich der erreichbaren Geschwindigkeiten beschränkt.
6.3 Technik der Antriebe
277
Luftstrahltriebwerke dagegen arbeiten mit großem Schlupf und dementsprechend kleinerem Schubwirkungsgrad. Durch die Entwicklung von Luftstrahltriebwerken in Zweistrombauart konnte der Luftdurchsatz so weit gesteigert werden, dass damit leistungsstarke Triebwerke mit kleinem Schlupf und damit ähnlich günstigem Schubwirkungsgrad wie bei Luftschraubentriebwerken zur Verfügung stehen. Der Schubwirkungsgrad des Flugzeugtriebwerks entspricht dem Übertragungswirkungsgrad des Antriebsstranges bei Landfahrzeugen, s. Abschn. 6.3.1.1. Dem dort definierten „Motorwirkungsgrad“ entspricht beim Flugzeug der Wirkungsgrad der Umwandlung der Kraftstoffenergie in die Strahlleistung. Dieser „Triebwerkswirkungsgrad“ ist bei Luftstrahltriebwerken wesentlich höher als bei Luftschraubentriebwerken. Der Grund ist, dass beim Luftschraubentriebwerk die Energieumwandlungskette den Umweg über die Erzeugung mechanischer Leistung zum Antrieb der Luftschraube nehmen muss. Beim Luftstrahltriebwerk entfällt dies; vielmehr muss hier nur die potentielle Energie des verdichteten Gases mittels der Düsen in kinetische Energie umgewandelt werden. Betrachtet man beim Flugzeug analog zu Gl. (6.24) wiederum den „Systemwirkungsgrad“ als Quotient von Schubleistung und Kraftstoffleistung, so sind zivile Flugzeuge mit Luftstrahltriebwerk mit Werten bis ca. 40 % (bei der Concorde waren es bis nahe an 50 %!) deutlich besser als Propellerflugzeuge, deren Systemwirkungsgrad in aller Regel unter 30 % liegt. Wenn trotzdem der spezifische Verbrauch von Propellerflugzeugen bezogen auf die Flugstrecke geringer ist als bei Jets, so liegt dies an den unterschiedlichen Fluggeschwindigkeiten, was beim Jet einen höheren Bedarf an Schubenergie je Streckeneinheit zur Folge hat.
6.4
Vergleich verschiedener Verkehrssysteme
6.4.1
Energieverbrauch
Der Vergleich des Energieverbrauchs unterschiedlicher Verkehrssysteme hängt von einer Vielzahl von Parametern ab, je nach Festlegung. Daher vergleicht man normalerweise spezifische Verbrauchswerte. Im Personenverkehr wird hierfür als Bezugsgröße meist das Produkt von Fahrleistung (in einem betrachteten Zeitraum von einem Fahrzeug zurückgelegte Strecke) und Fahrgastbesetzung verwendet:
278
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Verkehrsleistung [P*km] = Fahrleistung [km] * Fahrgastzahl [P] Die Verkehrsleistung wird oft auch als Beförderungsleistung39 bezeichnet. Analog dazu gibt es im Güterverkehr die Transportleistung mit der Einheit Tonnenkilometer (t*km) als Produkt aus Fahrleistung und transportierter Nutzlast. Damit ergibt sich in diesem Kontext für den spezifischen Energieverbrauch: Spezifischer Energieverbrauch = Energieverbrauch / Verkehrsleistung in kWh/(P*km) für den Personenverkehr; in kWh/(t*km) für den Güterverkehr. In anderen Zusammenhängen wird der Begriff des spezifischen Energieverbrauchs auch anders verwendet. So wird normalerweise der Energieverbrauch nur auf die Fahrleistung, d.h. auf die zurückgelegte Wegstrecke eines Fahrzeugs bezogen, wenn Fahrzeuge miteinander verglichen werden oder die Einflüsse von Verkehrssituation oder Fahrweise quantifiziert werden sollen. Um einen möglichst objektiven Vergleich zwischen den mit Kraftstoffen und den elektrisch betriebenen Verkehrsmitteln zu ermöglichen, sollte der Verbrauch auf der Ebene der Primärenergie quantifiziert werden. Außerdem ist wegen der teilweise unterschiedlichen Konzeption der Verkehrsmittel eine Unterscheidung in Nah- und Fernverkehr erforderlich. Wegen des Einflusses der Auslastung ist eine Darstellung des spezifischen Primärenergieverbrauchs über der Anzahl der jeweils beförderten Personen zweckmäßig. Abb 6.25 stellt dies für den Personennahverkehr dar. Ein vollbesetzter Linienbus im Stadtverkehr z.B. liegt bei 1/10 eines durchschnittlich besetzten PKW, aber ein vollausgelasteter PKW braucht je Person nur halb so viel Energie wie ein Bus, in dem nur 10 Personen sitzen. Bei einem vollbesetzten PKW ergibt sich ein spezifischer Primärenergieverbrauch von rd. 200 Wh/Pkm, das entspricht dem spezifischen Verbrauch • eines Stadtbusses mit 20 Personen • einer Straßenbahn mit 40 Personen • einer U-Bahn mit 65 Personen und • einer S-Bahn mit 120 Personen
39
Die Verwendung des Leistungsbegriffes in diesem Zusammenhang ist aus physikalisch-technischer Sicht nicht korrekt, sie hat sich jedoch eingebürgert.
6.4 Vergleich verschiedener Verkehrssysteme
279
spez. Primärenergieverbrauch
Wh/Pkm Straßenbahn
U-Bahn S-Bahn
Mittelklasse PKW Kleinbus
Stadtbus
10-433-C-96
Besetzung
Personen
Quelle: Verkehrswissenschaftliches Institut, RWTH Aachen
Abb. 6.25. Spezifischer Primärenergieverbrauch im Personennahverkehr
Wenn weniger als 65 Personen in der U-Bahn sitzen, wäre der Transport über die gleiche Strecke in vollbesetzten PKW energetisch sinnvoller. Gemessen an der durchschnittlichen Besetzung eines PKW mit 1,5 Personen ergeben sich für energetischen Gleichstand folgende Mindestzahlen an Fahrgästen: • • • •
Stadtbus ab 6 Straßenbahn ab 10 U-Bahn ab 20 und S-Bahn ab 50 Fahrgästen.
Bei jeweils gleicher Fahrgastzahl liegt wegen der unterschiedlichen Leergewichte zwischen den spezifischen Primärenergieverbrauchswerte von Stadtbus, Straßenbahn und U-Bahn jeweils ungefähr der Faktor 2. Die SBahn liegt noch um einen Faktor 2 bis 3 höher als die U-Bahn und lohnt sich daher energetisch erst ab größeren Fahrgastzahlen. Für den Personenfernverkehr gibt Abb 6.26 die entsprechenden Relationen wieder. Für den vollbesetzten PKW ergibt sich ein spezifischer Primärenergieverbrauch von 80 Wh/Pkm, also ein etwas geringerer Wert als im Nahverkehr. Das entspricht dem spezifischen Verbrauch • eines Reisebusses mit 15 Insassen • eines E-Triebwagens mit 130 oder • eines D- bzw. IC-Zuges mit etwa 200 Fahrgästen.
280
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
spez. Primärenergieverbrauch
Wh/Pkm Boeing 737-500 Boeing 747-400 A310-200 Mittelklasse PKW
E-Triebwagen Kleinbus
D-Zug u. Intercity
Reisebus
10-432-C-96
Besetzung
Personen
Quelle: Verkehrswissenschaftliches Institut, RWTH Aachen
Abb. 6.26. Spezifischer Primärenergieverbrauch im Personenfernverkehr
Die in den Vergleich einbezogenen Verkehrsflugzeuge liegen selbst bei Vollauslastung ungünstiger. Bei der Gegenüberstellung mit dem durchschnittlich besetzten PKW mit 1,5 Personen ergibt sich der primärenergetische Gleichstand von 500 Wh/Pkm • für den Reisebus bei 5 Personen • für den E-Triebwagen bei 40 • für den D- bzw. IC-Zug bei 70 und • für die B 737 ebenfalls bei etwa 70 Passagieren. Bei der B 747 und der A 310 liegt der spezifische Energieverbrauch auch bei Vollbesetzung darüber. Für ein Beförderungsvolumen von 50 bis 100 Personen ist die B 737 zu 50-100% ausgelastet, der D-Zug nur zu 10-20%. Trotzdem weisen beide Verkehrsmittel etwa den gleichen spezifischen Primärenergieverbrauch auf. Der E-Triebwagen liegt im selben Bereich nur bei rd. 50 % und der Reisebus bei nur 10 % des Energieverbrauchs. 6.4.2
Schadstoff-Emissionen
Um die in Abschn. 6.3 beschriebenen Antriebsalternativen bezüglich ihrer Emissionen vergleichen zu können, muss ein einheitlicher Einsatzfall definiert werden. Der im Folgenden zitierten Untersuchung (Dreier 1998), (Wagner et al. 1998), liegt ein Mittelklasse-PKW mit 1060 kg Fahrzeugge-
6.4 Vergleich verschiedener Verkehrssysteme
281
wicht zugrunde. Die Motorisierung entspricht der eines Otto-Motors mit 40 kW Leistung aus 1,4 l Hubraum. Es wird der „Neue Europäische Fahrzyklus“ (NEFZ, Teil 1 und Teil 2) betrachtet. Berücksichtigt werden dabei nicht nur die Emissionen beim Fahrbetrieb selbst, sondern auch die Werte für die Kraftstoffverteilung und -gewinnung sowie für die Bereitstellung der Rohstoffe. Zu diesem Zweck sind die Emissionen der einzelnen Prozessschritte zusammengefasst und auf die zurückgelegte Wegstrecke bezogen. Die in den Diagrammen verwendeten Kurzbezeichnungen für die verglichenen Antriebskonzepte stehen für folgende Varianten: • • • • • • • • • •
Diesel: herkömmlicher Dieselmotor mit Dieselkraftstoff Benzin: herkömmlicher Ottomotor mit Vergaserkraftstoff Erdgas: Einsatz eines für Erdgas optimierten Ottomotors Elektro: Elektromotor und Benzin-Standheizung (zu beachten hinsichtlich der Vor-Ort-Emissionen) Hybrid: Diesel-Elektro-Hybrid BZ-GH2-Erdgas: Nutzung von komprimiertem Wasserstoff, der via Dampfreformierung aus Erdgas erzeugt wird, in einer PEM-Brennstoffzelle Rapsöl: Nutzung von vollraffiniertem Rapsöl in einem Duothermmotor RME: Nutzung von RME in einem konventionellen Dieselmotor Ethanol: Nutzung von Ethanol aus Zuckerrüben in konventionellem Ottomotor Biogas: Nutzung von Biogas in einem konventionellen Ottomotor mit Slow-Fill-Betankung.
Zur generellen Orientierung wird in Abb. 6.27 zunächst der Primär- und Endenergiebedarf der einzelnen Konzepte betrachtet. Bei den biogenen Kraftstoffen liegt der Bereitstellungsnutzungsgrad zwischen etwa 36 % und 47 %, am besten bei Rapsöl und am schlechtesten bei Ethanol. Einflussgrößen sind zum einen die Umwandlungswirkungsgrade, zum anderen die Bewertungsverfahren der Nebenprodukte und Reststoffe. Der auffallend große Anteil vorgelagerter Prozesse am Primärenergieverbrauch von Elektrofahrzeugen und mit biogenen Kraftstoffen betriebenen Fahrzeugen schlägt sich auch deutlich in deren Emissionsverhalten nieder. Abb 6.28 zeigt die CO2-Emissionen der untersuchten PKW-Antriebe. Während beim Einsatz von Diesel, Benzin und Erdgas die Emissionen im Betrieb dominieren, sind diese beim Elektrofahrzeug verschwindend gering und allein auf die Heizung zurückzuführen. Durch die vorgelagerten Emissionen bei letzterem ergeben sich jedoch für Diesel-, Erdgas-, Elektro- und
282
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
160
Primärenergie 140
Endenergie
120
kWh/100 km
100
80
60
40
20
0 Diesel
Benzin
Erdgas
Elektro
Hybrid
BZGH2Erdgas
Rapsöl
RME
Ethanol
Abb. 6.27. Primär- und Endenergieverbrauch verschiedener Antriebskonzepte
250 CO2 wird in der Aufwuchsphase Pflanzen gebunden
Emissionen im Betrieb vorgelagerte Emissionen 200
g/km
150
100
50
0 Diesel
Benzin
Erdgas
Elektro
Hybrid
BZGH2Erdgas
Rapsöl*
RME*
Abb. 6.28. Spezifische CO2-Emissionen verschiedener Antriebskonzepte
Ethanol*
6.4 Vergleich verschiedener Verkehrssysteme
283
Hybridfahrzeuge in etwa gleich hohe kumulierte CO2-Emissionen. Aufgrund der CO2-Neutralität der biogenen Kraftstoffe treten während der Nutzungsphase bei diesen Prozessketten keine zu berücksichtigenden CO2-Emissionen auf. Zur besseren Verständlichkeit wurden die Werte dennoch in der Grafik angedeutet. Vergleicht man die Ergebnisse der biogenen Kraftstoffe mit dem möglichen Einsatz von Wasserstoff auf der Basis von Erdgas in PEM-Brennstoffzellen, liegen die CO2-Emissionen für die Biokraftstoffe tendenziell niedriger. Abb 6.29 zeigt die SO2-Emissionen. Die SO2-Emissionen der biogenen Kraftstoffe resultieren zum Großteil aus energieintensiven vorgelagerten Prozessen. Bei der Berechnung der Emissionswerte aus der Verbrennung wurde zur Berücksichtigung der Rauchgasentschwefelungsanlagen ein Reduktionsfaktor von 90 % angesetzt. 0,16
Emissionen im Betrieb 0,14
vorgelagerte Emissionen
0,12
g/km
0,10
0,08
0,06
0,04
0,02
0,00 Diesel
Benzin
Erdgas
Elektro
Hybrid
BZGH2Erdgas
Rapsöl*
RME*
Ethanol*
* Emissionswerte aus der Verbrennungsrechnung, mit Be Rauchgasentschwefelungsanlagen mit einem Reduktion
Abb. 6.29. Spezifische SO2-Emissionen verschiedener Antriebskonzepte
Abb 6.30 zeigt die CO-Emissionen. Hierbei schneidet das Brennstoffzellen-System am besten ab, die Vor-Ort-Emissionen sind Null und auch die vorgelagerten Emissionen sind bei der Verwendung von gasförmigem Wasserstoff auf der Basis von Erdgas gering. Für die verbrennungsmotorischen Konzepte ergeben sich mit den biogenen Kraftstoffen im Vergleich zu den
284
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen) 0,8
Emissionen im Betrieb 0,7
vorgelagerte Emissionen
0,6
g/km
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0 Diesel
Benzin
Erdgas
Elektro
Hybrid
BZGH2Erdgas
Rapsöl*
RME*
Ethanol*
Abb. 6.30. Spezifische CO-Emissionen verschiedener Antriebskonzepte
fossilen keine signifikanten Veränderungen. Die Minderemissionen während der Nutzungsphase werden durch die Mehremissionen in den vorgelagerten Ketten ausgeglichen oder sogar übertroffen. Abb 6.31 zeigt die CH-Emissionen. Auffallend hoch sind die CH-Emissionen beim Erdgasantrieb. Dabei hat Methan den allergrößten Anteil und resultiert vor allem aus stofflichen Verlusten beim Transport. Dasselbe gilt für den Brennstoffzellenantrieb mit Wasserstoff aus Erdgas. Ansonsten sind die Methanemissionen bei biogenen Kraftstoffen, aufgrund der höheren spezifischen Emissionen zur Bereitstellung, Gewinnung und Verteilung, tendenziell höher als bei konventionellen. Die Emissionen der Nichtmethankohlenwasserstoffe dagegen sind bei den alternativen Antriebskonzepten durchwegs niedriger als beim benzinbetriebenen Ottomotor. In Summe ergeben sich damit CH-Emissionen die für Rapsöl, RME und Ethanol etwas über jenen von Diesel, und für Biogas etwas höher als jene von Benzin liegen. Elektro- und Brennstoffzellenantrieb liegen wegen der emissionsfreien Nutzungsphase naturgemäß relativ niedrig. Abb 6.32 zeigt die NOX-Emissionen. Das Elektro- und das brennstoffzellenbetriebene Fahrzeug weisen dank der Nullemission in der Nutzungsphase die geringsten Stickoxidemissionen der untersuchten Varianten auf.
6.4 Vergleich verschiedener Verkehrssysteme
285
1,4
Emissionen im Betrieb vorgelagerte Emissionen
1,2
1,0
g/km
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0 Diesel
Benzin
Erdgas
Elektro
Hybrid
BZGH2Erdgas
Rapsöl*
RME*
Ethanol*
Abb. 6.31. Spezifische CH-Emissionen verschiedener Antriebskonzepte
0,9
Emissionen im Betrieb
0,8
vorgelagerte Emissionen
0,7
g/km
0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 Diesel
Benzin
Erdgas
Elektro
Hybrid
BZGH2Erdgas
Rapsöl*
RME*
Abb. 6.32. Spezifische NOx-Emissionen verschiedener Antriebskonzepte
Ethanol*
286
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
Bei den verbrennungsmotorischen Prozessketten ergeben sich für die biogenen Kraftstoffe höhere kumulierte NOX-Emissionen. Dies liegt vor allem an den höheren Emissionen in den vorgelagerten Prozessketten. Für die Pflanzenölkraftstoffe ergeben sich jedoch auch in der Nutzungsphase leicht erhöhte spezifische Emissionswerte im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug. 6.4.3
Lärm
Lärm ist unerwünschter Schall, der zu Störungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Schäden führen kann. Wann Schall als Lärm empfunden wird, hängt neben der Charakteristik des Schalls in hohem Maß auch von subjektiven Beurteilungen und Einstellungen des Betroffenen ab. Deshalb lässt sich die Belästigung durch Schall nicht messen, sondern lediglich die Intensität und sonstige physikalische Größen zur Beschreibung von Schallemissionen. Bei den Maßnahmen zur Verminderung des Verkehrslärms wird unterschieden zwischen • Primärmaßnahmen, die an der Schallquelle selbst angreifen, und • Sekundärmaßnahmen, welche auf eine verminderte Schallausbreitung abzielen. Im Straßenverkehr wird der äquivalente Dauerschallpegel in einer Entfernung von 7,5 m zur Fahrbahnmitte gemessen. Der Straßenverkehrslärm hängt zum einen vom LKW-Anteil auf dem entsprechenden Streckenabschnitt, zum anderen in beträchtlichem Maß von der Geschwindigkeit der Fahrzeuge ab. Mögliche Lärmminderungsmaßnahmen können deshalb z.B. bei der Höchstgeschwindigkeit ansetzen. Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von schallschluckendem Straßenbelag. Sog. „Flüsterasphalt“ wirkt durch seine Poren lärmdämpfend, allerdings nur solange diese nicht verstopft sind. Eine Maßnahme, die am Fahrzeug selbst angreift (aktive Geräuschbekämpfung), kann die Kapselung des Motors sein. Groß ist auch der Einfluss der Fahrweise: ein Auto im 2.Gang produziert die gleiche Schalleistung wie vier Autos im 3.Gang (bei gleicher Geschwindigkeit). Fluglärm entsteht durch Luftverwirbelungen, in erster Linie hervorgerufen durch das Triebwerk. Günstig ist ein möglichst großer Triebwerksquerschnitt. Mantelstromtriebwerke können die Schallleistung um zwei Zehner-
6.4 Vergleich verschiedener Verkehrssysteme
287
potenzen reduzieren, das bedeutet eine Pegelreduzierung von 20dB. Ein steiler Abflug und ein Anflug aus großer Höhe mit kleiner Klappenstellung und eingefahrenem Fahrwerk wirken sich sehr günstig auf die Lärmbelastung der Umgebung eines Flughafens aus. Im Schienenverkehr erfolgt die Messung des äqivalenten Maximal- bzw. Dauerschallpegels in 25 m Entfernung von der Schienenstrangmitte. Die Maximalschallpegel verschiedener Schienenfahrzeuge in Abhängigkeit von ihrer Fahrgeschwindigkeit zeigt Abb 6.33. Die Pegelstreuungen bei den herkömmlichen Schienenfahrzeugen sind durch den Zustand der Schienen bedingt. Dieser Einfluss fällt bei der Magnetschnellbahn weg. 2010999B 2010999B
Abb. 6.33. Schallpegel im Schienenverkehr (Quelle: Thyssen Transrapid System GmbH)
Die Lärmentwicklung im Schienenverkehr lässt sich zum einen durch optimierte dynamische Formgebung vermindern (beim ICE3 rechnet man mit einer Senkung des äquivalenten Dauerschallpegels von 2-3 dB), zum anderen durch Vermeiden von Verwirbelungen zwischen Untergrund und Fahrzeugboden durch dessen möglichst glatte Gestaltung. 6.4.4
Sonstige Faktoren
Die in den vorangegangenen Abschnitten genannten Kriterien gestatten einen quantitativen Vergleich zwischen den einzelnen Varianten von Verkehrssystemen. Für den Nutzer spielen diese Kriterien bei fallweisen Entscheidungen (z.B. Fahrzeugkauf) oder täglichen Entscheidungen (z.B. Wahl
288
6 Energieanwendung im Verkehr (Transportwesen)
des Verkehrsmittels) eine eher untergeordnete Rolle. Viel bedeutender sind hier Kriterien wie Fahrkomfort, Reisezeiten etc. Abb 6.34 zeigt hierzu eine Abschätzung (vgl. hierzu Raschbichler 1981) der ungefähren Haus-zu-HausReisezeiten für ausgewählte Verkehrssysteme, in Abhängigkeit von der Reisestrecke. Der gesamte Zeitbedarf wird bei dieser Betrachtungsweise von zwei Parametern bestimmt: • Reisegeschwindigkeit des betrachteten Verkehrsmittels: Sie liegt z.T. deutlich unter der stationären Fortbewegungsgeschwindigkeit auf freier Strecke. Gründe dafür sind z.B. Rastpausen bei Autofahrten, Aufenthalte an Eisenbahnhaltestellen und die Start- und Landephasen bei Flügen. • Die Zeit, die nicht im betrachteten Verkehrsmittel zugebracht wird, ist z.B. bei Bahnreisen notwendig, um vom Startpunkt aus den nächsten Bahnhof zu erreichen, und um vom Zielbahnhof bis zum Reiseziel zu gelangen. Beim Flugzeug kommen dazu noch Zeiten für das Einchecken. Beide Parameter können beträchtlich variieren, abhängig von individuellen Standort-Gegebenheiten, der Verkehrslage und auch der mit dem Verkehrsmittel zurückzulegenden Entfernung. Dadurch sind auch Aussagen über die Entfernungsbereiche, für die ein Verkehrsmittel den anderen überlegen ist, mit großen Unsicherheiten behaftet. Beim Faktor „Reisezeit“ muss als qualitativer Aspekt auch berücksichtigt werden, ob diese Zeit mit dem Steuern eines Fahrzeugs verbracht werden muss, oder ob diese Zeit für andere Tätigkeiten genutzt werden kann. Hier bestehen auch Zusammenhänge mit dem Komfortkriterium.
km/ h) (75
tsc
e hn
ll b
0k
h) m/
Flug
zeug
) km/h (800
IC E
Aut o
e gn Ma
40 n( ah
Reisezeit in h
2
(15 0k m/ h)
3
1
26537-A-08 26537-A-08
0 0
200
400
600
800
1000
Reisestrecke in km
Abb. 6.34. Haus-zu-Haus-Reisezeiten verschiedener Verkehrsmittel
1200
6.4 Vergleich verschiedener Verkehrssysteme
289
Berechenbarkeit und Exaktheit der Verkehrsleistung können ein starkes Argument sein, speziell wenn es um die Einhaltung von Terminen geht. In diesem Zusammenhang sei außerdem der Aspekt der kurzfristigen Verfügbarkeit genannt. Zum Beispiel kann es sein, dass das Auto in der Garage steht, der nächste Zug dagegen unter Umständen erst in zwei Stunden fährt. Allerdings hat der Zug klar definierte Abfahrts- und Ankunftszeiten, während beim Auto eine Vielzahl von Faktoren hineinspielen, wie Wetter, Verkehrsverhältnisse usw. Sofern der Reisende die Lage seines Zieles bzw. den Weg dorthin nicht genau kennt, gewinnt der Aspekt der „Zielführung“ an Bedeutung. So kann es im Nahverkehr einen großen Unterschied machen, ob ein Fahrgast sich mit dem Taxi an sein Ziel bringen lässt, oder ob er sich der Hilfe öffentlicher Verkehrsmittel bedient. In diesem Fall ist er u.U. auf Navigationshilfen in Form von Linienplänen, Stadtplänen etc. angewiesen und muss darüber hinaus mit den z.T. unübersichtlichen Tarifsystemen zurechtkommen. Aber auch wer selbst mit dem Auto fährt, hat in einer größeren Stadt oft Schwierigkeiten, sein Ziel ohne Navigationshilfe zu finden. Ein weiteres Kriterium ist die Sicherheit eines Transportmittels, sowohl im Personenverkehr als auch im Güterverkehr (Gefahrguttransporte). Hinsichtlich der Anzahl der Verunglückten bezogen auf die jeweilige Verkehrsleistung schneidet der Straßenverkehr mit Abstand am schlechtesten ab, liegt er doch um den Faktor 25 über dem entsprechenden Wert der Eisenbahn, für den Vergleich mit dem Luftverkehr ergibt sich sogar ein Faktor von mehr als 30.
7
Gewinnen und Verarbeiten von Daten
Die exakte analytische Bestimmung von energietechnischen Vorgängen oder Abläufen an einer Anlage anhand von Kenndaten und Algorithmen ist in geschlossener Form nicht möglich. Dazu sind die Verknüpfungen der energetischen Bestimmungsgrößen mit fertigungstechnischen und betriebswirtschaftlichen Bedingungen sowie mit den beispielsweise von der Umwelt, vom Bedienungspersonal etc. herrührenden Einflüssen zu komplex. Hinreichend gesicherte Informationen erhält man mit Hilfe einer Vorgehensweise, wie sie in Abb. 7.1 schematisch dargestellt ist. Zielsetzung: •Rationeller Energieeinsatz in der Fertigung •Prozessüberwachung •Prozesssteuerung und -regelung •Energiebilanzierung •Energiekostenermittlung 26-340-A-04 26-340-A-04
Bestandsaufnahme: •Betriebs- und Anlagenschema •Energieverbrauchsmessung und -verrechnung einzelner Kostenstellen und energetisch relevanter Anlagen
Messkonzept: Festlegung und Auswahl von: •Bilanzgrenzen und Messgrößen •Messstellen, Messprinzipien, Messmethoden •Messeinrichtung •Datenverarbeitung
Durchführung: •Installation der Messtechnik •Funktions- und Plausibilitätskontrolle •Messung
Datenauswertung: Prüfen, Selektieren, Strukturieren, Sortieren, Analysieren, Bewerten, Schlussfolgern
Umsetzung der Ergebnisse
Abb. 7.1. Schema der Datenerfassung und -verarbeitung
Die beiden Themenbereiche, auf die im Folgenden eingegangen wird, sind: 1. Das Planen und Realisieren eines Messkonzeptes, das alle relevanten, den Prozess beeinflussenden Daten in einer Form und Art liefert, die für die nachfolgende Verarbeitung und Bewertung notwendig ist. Dabei gilt als oberstes Prinzip so viel und so genau wie nötig, aber nicht so viel wie messtechnisch möglich zu messen.
292
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
2. Das Verarbeiten, Darstellen, Analysieren und Bewerten von Messdaten mit dem Ziel, die den Leistungs- und Energiebedarf beeinflussenden und bestimmenden Parameter zu erkennen, ihre Wirkungen zu quantifizieren und darauf aufbauend den Gesamtprozess technisch und wirtschaftlich zu optimieren. Um diesen Lösungsweg erfolgreich beschreiten zu können, bedarf es eines breitgefächerten Instrumentariums an Know-How und Technik. Zum KnowHow gehört ein gut fundiertes physikalisches und ingenieurtechnisches Grundwissen sowie detaillierte Kenntnisse der Theorie der Energieanwendungstechnik. Von besonderer Bedeutung ist ein solider Wissensstand in Theorie und Praxis der Messtechnik sowie den mathematisch-statistischen Methoden der Datenverarbeitung.
7.1
Datenerfassung
7.1.1
Messkonzept
Ziel und Aufgabe einer Messung ist die Erfassung einer oder mehrerer Messgrößen. Als Messgröße wird die physikalische Größe bezeichnet, die durch eine Messung erfasst werden soll (die zu messende Größe) bzw. erfasst wird (die gemessene Größe). Die beiden sind nicht notwendigerweise identisch. Bei jeder Messaufgabe ist primär die Frage zu stellen, durch welche Messgröße das Messobjekt (das ist der zu beobachtende Vorgang bzw. der zu erfassende Zustand) hinsichtlich der gewünschten Information am besten charakterisiert wird. 7.1.1.1 Messgröße
Zu den Messgrößen, die in der Energietechnik häufig gebraucht werden, gehören: • als elektrische Messgrößen: Spannung, Strom, Wirkleistung und Wirkarbeit; • als nichtelektrische Messgrößen: Mengenströme von Fluiden wie Wasser, Dampf, Luft usw.; Konzentration von Gaskomponenten; Temperatur; Druck und Feuchte. Im Hinblick auf die Zeitabhängigkeit von Messgrößen unterscheidet man: • Momentangrößen, die jeweils für einen Zeitpunkt definiert sind; • Wechselgrößen, die sich periodisch wiederholen und z.B. durch Scheitel-
7.1 Datenerfassung
293
wert und Effektivwert gekennzeichnet sind; • Integralgrößen, die als Summe bzw. Integral über eine Zeitspanne definiert sind. Wichtige integrale Messgrößen sind mechanische und elektrische Arbeit sowie durchgesetzte Stoffmengen. Aus solchen Messgrößen lassen sich Informationen über Momentanzustände nur näherungsweise durch Bildung hinreichend kurzzeitiger Mittelwerte erlangen. Damit eine Messung den gestellten Anforderungen gerecht wird, muss bei der Wahl der Messgröße auf folgende Punkte geachtet werden: 1. Der Messwert muss ein repräsentatives und getreues Abbild der zu messenden Größe im Sinne der gestellten Messaufgabe liefern. Zum einen muss hierfür die Rückwirkung der Messeinrichtung auf die Messgröße so gering sein, dass ihr verfälschender Einfluss vernachlässigt bzw. toleriert werden kann. Ferner gehört dazu, dass Messort und Messzeiten zweckentsprechend gewählt werden. Schließlich ist auch das energetische Verhalten der Anlage zu beachten, an der gemessen wird. 2. Zwischen der Messgröße und der angestrebten quantitativen Aussage, die das Ziel der Messaufgabe darstellt, muss ein eindeutiger reproduzierbarer Zusammenhang bestehen, und dieser muss genügend genau bekannt sein. 7.1.1.2 Messprinzip und Messmethode
Bei der Messung werden in aller Regel charakteristische physikalische Phänomene benutzt, die man als Messprinzip bezeichnet. Je nach der zu erfassenden Messgröße kommen unterschiedliche Messprinzipien in Frage, z.B. im Falle der Messung eines elektrischen Stromes: • die Kraftwirkung eines Magnetfeldes auf stromdurchflossene Leiter, • die Kraftwirkung zwischen magnetisierten Körpern, oder • die Erzeugung JOULEscher Wärme Man unterscheidet ferner zwischen direkten und indirekten Messmethoden, abhängig davon, ob das Ergebnis der zu messenden Größe durch Vergleich mit einem Bezugswert derselben physikalischen Größe oder auf dem Umweg über physikalisch andersartige Größen gewonnen wird. Zu den direkten Messmethoden zählen zum einen die verschiedenen Vergleichs- und Abgleichverfahren (z.B. zur Messung elektrischer Widerstände), zum anderen aber auch diejenigen Verfahren, bei welchen das Messergebnis unmittelbar angezeigt wird, ohne dass eine zusätzliche Umrechnung erforderlich wäre (z.B Temperaturmessung über ein Ausdehnungsthermometer, Strommessung über ein Drehspulmessgerät). Bei solchen „direktanzeigenden“ Messverfahren ist der Vergleich mit dem Normal der Mess-
294
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
größe in der Skala enthalten. Diese stellt den durch Kalibrierung gegebenen Zusammenhang zur Bezugsgröße her. Beispiele für indirekte Messverfahren sind die Messung eines elektrischen Widerstandes oder einer elektrischen Leistung aus Strom und Spannung, die Messung elektrischer Arbeit als Zeitintegral der Leistung, die Temperaturmessung mittels Wider-standsthermometer, die induktive Durchflussmessung usw. 7.1.1.3 Messort
Ebenso wie die Messgröße wird auch der Messort wesentlich von der Aufgabenstellung bestimmt. Verbrauchsmessungen zum Zweck der Energiekostenaufteilung sollen zweckmäßigerweise die Verluste der Übertragungsglieder zwischen Einspeisung und Verbrauchsort mit erfassen, also möglichst nahe am Einspeisepunkt durchgeführt werden. Bei Messungen hingegen, die der energietechnischen Beurteilung einer Anlage dienen, würde eine solche Messortwahl zu Fehlaussagen führen. Hier sollte der Messort an der Anlage liegen. Da sowohl elektrische Arbeiten als auch Mengen strömender Medien immer in Übertragungsgliedern (Kabeln, Rohrleitungen) gemessen werden, ist die hinreichende Kenntnis über den Aufbau der Verteilungsanlagen die Grundlage für eine richtige Wahl des Messortes. Diese Kenntnis ist jedoch in vielen Fällen nicht vorhanden. Es existieren oft keine einwandfreien Kabelund Rohrleitungspläne und häufig stimmen die Bezeichnungen der einzelnen Abgänge nicht mit den Tatsachen überein. Man sollte sich bei derartigen Messungen deshalb zu allererst ein genaues Bild über den Aufbau der Verteilungsanlagen verschaffen. Dies gilt insbesondere bei Maschennetzen und bei Netzen mit mehreren örtlich getrennten Einspeisepunkten. Die Wahl des Messortes bei Mengen, Durchfluss- und Zustandsmessungen wird in entscheidendem Maße von den Bedingungen bestimmt, die vom angewendeten Messverfahren her an den örtlichen Aufbau der Messstrecke zu stellen sind. Da ein Nichteinhalten dieser Bedingungen die Messgenauigkeit sehr stark beeinflusst, ist es oft notwendig, die Auslegung der Leitungen am Messort speziell im Hinblick auf diese Bedingungen zu planen. Das betrifft z.B. die notwendigen Ein- und Auslaufstrecken für die Installation von Wirkdruckaufnehmern. Bei der Analyse von Rauchgasen und auch bei Luftgeschwindigkeitsmessungen sind die örtlichen Bedingungen der Messstelle unter Berücksichtigung des Messverfahrens so zu gestalten, dass die Messergebnisse repräsentativ sind. Eine Reihe von Messgrößen, wie Temperaturen oder Strömungsgeschwin-
7.1 Datenerfassung
295
digkeiten, sind Feldgrößen und als solche mehr oder weniger ortsabhängig. Daher bestimmt die Lage des Messortes den Wert der bei einer Messung erfassten Messgröße. Entsprechend der räumlichen Ausdehnung des Messortes wird die Messgröße dabei auch örtlich gemittelt. 7.1.1.4 Planungsgrundsätze
Bei allen Fragen hinsichtlich der zu verwendenden Messgeräte, der Messwertübertragung und -verarbeitung muss das technisch-wirtschaftliche Kalkül im Vordergrund stehen, also jeweils abgewogen werden zwischen dem Aufwand und dem zu erwartenden Nutzen. Das betrifft vor allem die Frage nach den Forderungen an die Messgenauigkeit. Dies muss zum einen im Zusammenhang mit den gewünschten Aussagen gesehen werden. Bei Messungen zur Erstellung von Energiebilanzen ist z.B. die Erfassung der verschiedenen Bilanzposten mit gleich hohen Anforderungen an die Genauigkeit unsinnig; man sollte auf jeden Fall vorher das Gewicht abschätzen, mit dem die einzelnen Bilanzposten in die Gesamtbilanz eingehen und danach die Anforderung an die Genauigkeit zur Messung der einzelnen Posten orientieren. Wichtig ist ferner das Zusammenspiel der Einzelkomponenten einer Messeinrichtung. Die modernsten Mittel der Messtechnik, Signal- und Datenerfassung und -verarbeitung können keine Garantie für sinnvolle Ergebnisse sein. Die hohe Stellenzahl digitaler Messwertausweisung wird häufig gleichgesetzt mit einer hohen Messgenauigkeit. Vergessen wird dabei, dass die Genauigkeit der Ergebnisse fast ausschließlich von der systemrichtigen Wahl von Messgröße, Messort und Messgerät abhängt. Alle informationstechnischen Mittel bieten, richtig eingesetzt, heute viele Vorteile, die vor allem darin zum Ausdruck kommen, dass • der Kostenaufwand zur Erfassung von Messwerten stetig sinkt, • die Messwertumformung und auch die Messwertverknüpfung in nahezu beliebiger Weise möglich wurde, und • eine computergerechte Datenerfassung eine schnelle Messwertverarbeitung ermöglicht. Ob diese bestehenden Vorteile für eine optimale Lösung der Aufgabe genutzt werden, hängt nicht so sehr vom Umfang der verwendeten Hard- und Software ab, sondern davon, ob ihr Einsatz richtig gewählt, und die Ergebnisse sinnvoll verarbeitet und interpretiert werden. Dafür aber ist der Anwender verantwortlich und nicht das von ihm verwendete Werkzeug. Die Messfehler der eingesetzten Geräte liegen nur dann in den angegebe-
296
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
nen Grenzen, wenn die Messsysteme funktionsrichtig eingebaut und betrieben werden. In der Praxis wird oft die Qualität und damit der Wert von Messungen durch fehlerhaften Einbau, falsche Betriebsweise oder auch (z.B. bei Gasanalysen) durch fehlerhafte Probenahme gemindert. Schließlich sollte bei der Planung eines Messkonzeptes angestrebt werden, die Zahl der verschiedenen Typen von Messgeräten, Messwertumformern und -übertragungseinrichtungen usw., die im Betrieb eingesetzt werden, so gering wie möglich zu halten. Nur ein möglichst einheitlicher Gerätepark kann die Aufwendungen für die Wartung, vor allem in kleineren und mittleren Betrieben, in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen halten. 7.1.2
Messeinrichtung
Die Messeinrichtung umfasst die Gesamtheit aller apparativer Komponenten zur Durchführung einer Messung, z.B. Fühler, Messwerk, Messumformer, Kompensator, Schreiber u.a.m. Wie diese Komponenten im Einzelfall auszuwählen und miteinander zu kombinieren sind und welche Aufgaben sie innerhalb der gesamten Messeinrichtung zu erfüllen haben, hängt von der jeweiligen Messaufgabe ab. Ganz allgemein kann man für die Wahl der Messeinrichtung als oberstes Prinzip setzen, dass alle Anlagenteile nur so genau wie nötig arbeiten und so einfach wie möglich sein sollen. Der Gesamtvorgang, der in einer Messeinrichtung abläuft, lässt sich prinzipiell in drei Funktionsbereiche unterteilen: • Messgrößenerfassung • Signal- bzw. Messwertverarbeitung • Messdatenausgabe. 7.1.2.1 Messgrößenerfassung
Der für die Messgröße sensitive Messfühler (oft auch als Sensor oder Aufnehmer bezeichnet), erfasst die Messgröße quantitativ und gibt als Antwort ein Ausgangssignal, dessen Wert dem Wert der erfassten Messgröße eindeutig zugeordnet sein muss. Der Zusammenhang zwischen Eingangsgröße E und Ausgangsgröße A lässt sich bei analogen Messfühlern als Kennlinie darstellen. Ist diese Kennlinie eine Gerade, so spricht man von einem linearen Messfühler:
A = A0 + K E .
(7.1)
Die Konstante K wird als Übersetzung oder Empfindlichkeit des Messfühlers bezeichnet. Bei den meisten linearen Fühlern ist das Ausgangssignal dem
7.1 Datenerfassung
297
Eingangssignal proportional, d.h. (A0 = 0). Oft findet bereits im Messfühler eine Signalumwandlung statt, wenn nämlich die Ausgangsgröße eines Messfühlers von anderer Art ist als die Messgröße. Auch stellt der Fühler nicht in jedem Fall eine gesonderte apparative Einheit dar, sondern ist oft Teil einer gerätetechnischen Einheit, die auch noch andere Funktionen beinhaltet. Insofern ist die eindeutige Definition und Abgrenzung der Messgrößenerfassung wie auch des Begriffes „Messfühler“ oft schwierig. 7.1.2.2 Signal- und Messwertverarbeitung
Zwischen der Erfassung der Messgröße und der Gewinnung eines Messergebnisses liegen oft mehrere Schritte der Verarbeitung von Signalen und Messwerten. Die wichtigsten Elemente dabei sind: • • • • • • •
Umformung, Verstärkung, Verknüpfung, Rechenoperation, Speicherung, Übertragung, Analyse, Datenverarbeitung.
Die Signalumformung (Messgrößenumformung) beinhaltet das Überführen eines Signals von einer physikalischen Art in eine andere. Eingangs- und Ausgangsgröße eines Signalumformers sind also stets von unterschiedlicher Art. Als Eingangsgröße kommen alle möglichen physikalischen Größen in Frage, seien es Messgrößen oder andere Größen innerhalb der Signalkette der Messeinrichtung. Die Art der Ausgangsgröße bestimmt sich aus den gestellten Anforderungen. In sehr vielen Fällen geht der eigentliche Vorgang des Messens, also der Vergleich mit dem Referenznormal, in der Dimension einer anderen physikalischen Größe als der Messgröße vor sich. Meist ist auch die Übermittlung, Speicherung, Anzeige oder Aufzeichnung des Messwertes in der Art der Messgröße nicht möglich. Schließlich müssen für eine Messung oft unterschiedliche Messgrößen zum Zweck der Verknüpfung vereinheitlicht werden (Beispiel: Wärmemengenmessung aus Durchfluss und Temperaturdifferenz). Im Zuge der Messgrößenumformung ist häufig eine Signalverstärkung erforderlich, sei es im Sinne der Leistungsverstärkung, der Impedanzwandlung oder der Signalpegelanpassung.
298
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
Mit Ausnahme mechanischer Mess- und Zählwerke sowie von Ausdehnungsthermometern kommen als Ausgangsgrößen im wesentlichen elektrische sowie in Einzelfällen pneumatische Größen zur Anwendung. Bei den elektrischen Ausgangsgrößen sind vorherrschend: eingeprägte Spannung (z.B. 0...10 V) mit niedrigem Ausgangswiderstand, eingeprägter Strom (z.B. 0...20 mA) mit hohem Ausgangswiderstand, ferner frequenzvariante und digitale Signale. In vielen Messeinrichtungen finden darüber hinaus arithmetische Verarbeitungsschritte statt. Zum einen besteht oft ein nichtlinearer Zusammenhang zwischen der Eingangsgröße des Messfühlers und dem gewünschten Messergebnis, zum anderen müssen oft mehrere Größen miteinander verknüpft werden. Die höher organisierten Arten der Signalverarbeitung umfassen die Bereiche der Signalanalyse und der Datenverarbeitung. Die Hauptaufgabe der Signalanalyse ist es, den Verlauf von Messsignalen nach bestimmten Gesichtspunkten im Amplituden-, Zeit- und Frequenzbereich zu interpretieren, um Aussagen zu gewinnen, die mit den elementaren Methoden der Signalverarbeitung nicht erhältlich sind, wie Mittelwerte, Verteilungen, Korrelationen, Transformationen und Funktionen, die zur Beschreibung von deterministischen oder stochastischen, von stationären oder auch transienten Vorgängen benötigt werden. Die Datenverarbeitung bezeichnet das weitergehende Aufbereiten und Auswerten anfallender Messdaten. Wegen der kaum standardisierbaren Aufgabenvielfalt kommen hierfür ausschließlich programmierbare Rechner in Frage. Ist der Rechner online mit dem zu erfassenden Geschehen verbunden, wird er als Prozessrechner bezeichnet. Prozessrechner können als Teil einer Messeinrichtung angesehen werden, auch wenn sie darüber hinaus in aller Regel Aufgaben der automatisierten Betriebsführung von Anlagen (Steuerung, Regelung, Überwachung) erfüllen. Erfolgt die Datenverarbeitung offline, so ist durch die notwendige Zwischenspeicherung von Daten eine weitgehende Entkopplung sowohl von dem zu erfassenden Geschehen als auch von der Messeinrichtung gegeben. 7.1.2.3 Messdaten-Ausgabe
Soweit die Messwerte nicht in einem automatischen Prozess weiterverarbeitet oder abgespeichert werden, schließt die Messkette mit der Mitteilung des Messergebnisses durch eine Messdaten-Ausgabe ab. Hierbei gibt es folgende Grundalternativen:
7.1 Datenerfassung
299
• analog oder digital, sowie • anzeigend bzw. registrierend. Bei einer analogen Anzeige sind durch mangelhafte Interpolation und Parallaxe Ablesefehler möglich. Die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Informationsaufnahme hängt wesentlich vom Ablesenden ab Bei einer digitalen Ziffernanzeige kommen subjektive Ablesefehler nur dann mit nennenswerter Wahrscheinlichkeit vor, wenn die Anzeigedauer der Einzelwerte kürzer ist als etwa 1 bis 2 s. Andererseits liegt der große Vorteil der analogen Anzeige in der größeren Übersichtlichkeit. Zeigerinstrumente in einer Schaltwarte sind wesentlich besser zu überwachen als eine entsprechende Anzahl von Ziffernanzeigen. Anzeigende Geräte werden vorwiegend dort eingesetzt, wo ein rasches Erkennen eines Momentanzustandes verlangt wird, ohne dass die Messwerte quantitativ weiterverarbeitet werden sollen. Normalerweise ist jedoch für die Erfassung des zeitlichen Verlaufs von Messgrößen eine kontinuierliche bzw. quasikontinuierliche Aufzeichnung (Registrierung) der Messwerte auf einem Display bzw. mit Punkt- oder Linienschreibern erforderlich. Eine analoge Messwertregistrierung hat den Vorteil, dass sie augenfällig die Veränderung der Messgröße über der Zeit darstellt. Für eine rechnerische Auswertung sind geschriebene Messwertdiagramme aber nur sehr bedingt geeignet. Der große Vorteil der digitalen Messwertregistrierung durch Zählung von Binärsignalen liegt dagegen in der Speicherbarkeit und Übertragbarkeit mit hoher Informationsdichte sowie in der Möglichkeit der direkten Weiterverarbeitung in digitalen Rechenanlagen. 7.1.3
Genauigkeit von Messungen
7.1.3.1 Arten von Messabweichungen
Jede Messung unterliegt einer Vielzahl von Einflüssen, die das Messergebnis verfälschen können. Nach der DIN-Norm 1319 versteht man unter einer Messabweichung e (früher übliche Bezeichnung: Messfehler; das Formelzeichen e kommt von „error“) die Differenz zwischen dem aus Messungen gewonnenen Wert xM und dem richtigen bzw. wahren Wert xW:
e = xM − xW
(7.2)
Der richtige Wert würde bei einer fehlerfreien Messung durch ein fehler-
300
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
freies Messgerät angezeigt. Er ist im Praxisfall einer durchgeführten Messung meist ebensowenig bekannt wie der wahre Wert der Messgröße. In Abb. 7.2 (nach DIN 1319) sind schematisch die Zusammenhänge dargestellt, die für die Beurteilung eines Messergebnisses von Bedeutung sind. Messabweichung Zufällige Messabweichung Systematische Messabweichung Unbekannte systematische Messabweichung Bekannte systematische Messabweichung
Zufällige Messabweichung
Häufigkeit der Messwerte
26341-A-04 26341-A-04
Korrektion = – (Bekannte systematische Messabweichung)
Messgröße Wahrer Wert
Berichtigter Messwert
Erwartungswert
Messwert
Abb. 7.2. Ergebnisse von Messungen (nach DIN 1319-1)
Messabweichungen können systematischer oder zufälliger Natur sein. Zufällige Messabweichungen resultieren jeweils aus einer Kombination mehrerer Einzeleinflüsse (bzw. stochastischer Geschehnisse), deren quantitative Auswirkung nicht eindeutig nachvollziehbar ist. Daher sind Messwertabweichungen aufgrund zufälliger Fehler nicht reproduzierbar. Sie liegen weder nach Betrag noch nach Vorzeichen fest. Wird eine Messung unter möglichst gleichen Bedingungen mehrmals wiederholt, so streuen die Messergebnisse z.B. wie in Abb. 7.2 angedeutet, mit einer GAUSSschen Häufigkeitsverteilung. Aus derartigen Messreihen lassen sich durch Anwendung statistischer Methoden verfeinerte Aussagen bezüglich eines zu erwartenden Messergebnisses (Erwartungswert) gewinnen. Hierauf soll aber erst im Kapitel 7.2 eingegangen werden. Systematische Messabweichungen können ihre Ursache haben in • technischen Unvollkommenheiten oder Einflüssen wie Eigenerwärmung, Abnutzung oder Alterung der Messgeräte, • Rückwirkungen des Messgerätes auf die Messgröße, • Diskrepanzen zwischen den tatsächlichen und den vorausgesetzten Werten der auf das Messergebnis wirkenden Einflussgrößen,
7.1 Datenerfassung
301
• Verwendung einer zum Messergebnis führenden Beziehung, die der tatsächlichen Beziehung der betreffenden Größen nicht entspricht (z.B. unzulässige Linearisierung), • durch den Beobachter verursachte Abweichungen (z.B. parallaxenbedingte Ablesefehler eines Zeigerinstrumentes). Unter gegebenen Einsatzbedingungen liegen die systematischen Messabweichungen nach Betrag und Vorzeichen fest, sie sind also grundsätzlich reproduzierbar. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie zur Gänze quantitativ bekannt sind. Der bekannte Teil der systematischen Messabweichung kann mit umgekehrtem Vorzeichen als Korrektion zum Messwert addiert werden. Damit erhält man den berichtigten Messwert. Dieser weicht vom wahren Wert nur noch um die Summe aus dem unbekannt bleibenden Anteil der systematischen Messabweichung und der zufälligen Messabweichung ab. 7.1.3.2 Fehlergrenzen
Soweit Messabweichungen durch Messgeräte verursacht werden, spielen die gerätespezifischen Fehlergrenzen für die Ermittlung der Messabweichungen eine wichtige Rolle. Die Fehlergrenzen geben für eine bestimmte Messeinrichtung an, innerhalb welcher Bandbreite ein Messergebnis vom „wahren“ Wert abweichen darf. Sie beinhalten die bekannten systematischen Messabweichungen, aber auch unbekannte systematische (bedingt z.B. durch Fertigungstoleranzen und Verschleiß) sowie zufällige Messabweichungen. Die Abweichungsbeiträge, die einer statistischen Streuung unterliegen, gehen dabei unter Verwendung statistischer Gesetze in die Fehlergrenzen ein. Die Fehlergrenzen stellen für eine Messeinrichtung somit die Angabe eines Toleranzbereiches dar, innerhalb dessen sich die angezeigten oder ausgegebenen Messwerte mit einer Wahrscheinlichkeit von üblicherweise 95 % bewegen müssen, sofern die Bedingungen erfüllt sind, die der Festlegung der Fehlergrenzen im jeweiligen Fall zugrunde liegen (z.B. hinsichtlich Umgebungstemperatur). Bei analog anzeigenden elektrischen Messgeräten sind die Fehlergrenzen meist prozentual zum Messbereichsendwert angegeben. Der betreffende Zahlenwert wird als „Klasse“ bezeichnet. Bei einem Spannungsmesser der Klasse 1,5, dessen Messbereich z.B. bis 100 V geht, ist also ein Anzeigefehler von ± 1,5 V maximal zulässig. Diese Fehlergrenze gilt als Absolutwert für den gesamten Messbereich! Daher werden die prozentualen Toleranzen, mit denen man aufgrund der Fehlergrenze bei einer Messung rechnen muss, umso größer, je geringer die Ausnutzung des Messbereiches ist. Deshalb
302
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
sollte man bei solchen Geräten immer versuchen, den Anzeigebereich in die Nähe des Skalenendwertes zu legen. Bei Messgeräten mit kumulierender Anzeige bezieht sich die angegebene prozentuale Fehlergrenze auf einen Bezugswert, der bei elektrischen Messgeräten (z.B. Wirkarbeitszähler) dem jeweiligen tatsächlichen Wert der Messgröße entspricht. Bei anderen Zählern wird als Bezugswert meist ein angegebener Sollwert (z.B. Nenndurchfluss) verwendet. Bei digitalen Messgeräten ist wie bei kumulierenden Geräten zu verfahren. Hinzu kommt meist noch eine konstante Toleranz von 1 Digit aufgrund des unvermeidlichen Fehlers bei der Analog/Digital-Wandlung. 7.1.3.3 Messunsicherheit
Die Messunsicherheit ist ein Maß für die Genauigkeit einer Messung. Sie kennzeichnet die Streuung oder den Bereich derjenigen Werte, die der Messgröße vernünftigerweise als Schätzwerte zugewiesen werden können. Somit kann die Messunsicherheit auch als ein Maß für die Unkenntnis der Messgröße aufgefasst werden. Wie groß die Messunsicherheit im Einzelfall ist, wird auf der Grundlage von Messwerten und Kenntnissen über vorliegende systematische Messwertabweichungen, aber auch von bekannten physikalischen Beziehungen ermittelt. Oft wird die Messunsicherheit durch eine Standardabweichung (s. Abschnitt 7.2.4) ausgedrückt und dann als „Standardmessunsicherheit“ bezeichnet.
7.2
Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
Grundlage und Ausgangspunkt der Informationsgewinnung sind Wertekollektive, die aus Erhebungen, Beobachtungen oder Messungen gewonnen werden. Die anschließenden Schritte der Datengliederung, Datenverarbeitung und Auswertung sollen darauf abzielen, die jeweils gestellten Fragen möglichst präzise und verlässlich zu beantworten. Ein erster Schritt besteht meist in einer zweckdienlichen Strukturierung (Gliedern, Sortieren, und Selektieren) von Daten, gefolgt von einer rechnerischen Bearbeitung. Das Ziel dieser eigentlichen statistischen Arbeiten besteht darin, über die beschreibende Darstellung von Wertekollektiven hinaus weitergehende Zusammenhänge herzustellen. Eine fundierte Sachkenntnis ist hierfür zwin-
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
303
gende Voraussetzung. Mit den Hilfsmitteln der mathematischen Statistik werden dazu aus einem gegebenen Kollektiv, das immer eine begrenzte „Stichprobe“ darstellt, Schlüsse gezogen auf die „Grundgesamtheit“. Darunter versteht man die Gesamtheit aus unendlich vielen Beobachtungen oder Messungen unter gleichen Bedingungen. Grundgesamtheiten sind in der Realität nie vollständig erfassbar, sei es aus zeitlichen, aus wirtschaftlichen oder aus methodischen Gründen. Ihre Betrachtung ist jedoch in vielen Fällen unverzichtbar, weil nur so die Wirkungen eines Ursachenkomplexes genügend detailliert untersucht werden können. 7.2.1
Dokumentation von Daten
Informationen, die man durch Messungen oder Erhebungen erhält, werden heute meist auf automatisierte Weise (Tabellenkalkulation) dokumentiert. Beim Sammeln und Gliedern von Zahleninformationen sind Zahlentafeln in vielen Fällen unerläßlich. Durch einen zweckmäßigen und klaren Aufbau der Zahlentafeln kann das statistische Arbeiten sehr erleichtert werden; außerdem werden dadurch Fehler vermieden. Bei allen Zahlentafeln sollten, soweit durchführbar, Kontrollmöglichkeiten genutzt werden. Bei der Reihung von Zahlen, die sich addieren lassen, unterscheidet man zwischen absoluten und kumulativen Reihen. Während die absoluten Zahlenreihen sehr leicht einen Vergleich der Einzelwerte untereinander gestatten, haben die kumulativ aufgetragenen Reihen den Vorteil, dass jeweils der bis zur letzten Eintragung erreichte Gesamtumfang zu erkennen ist. Beide Arten der Reihung werden für den Vergleich zeitlicher Entwicklungen angewandt. Die herausgearbeiteten Sachverhalte sind meist am besten durch einen optischen Eindruck zu vermitteln. Diesem Zweck dient die grafische Darstellung. Form und Maßstab der Diagramme, sowie ihre Ausgestaltung in Form von Bildunterschriften, Legenden und Kommentaren, müssen auf die wesentlichen Aussagen abgestimmt sein. Nähere Erläuterungen zu den verschiedenen Diagrammarten und ihrer zweckmäßigen Verwendung sind in Abschn. 7.3.2 gegeben. 7.2.2
Bildung von Verhältniszahlen
Für die Deutung und Auswertung von Zahleninformationen haben die Verhältniszahlen eine sehr große Bedeutung. Man unterscheidet dabei nach
304
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
• Gliederungszahlen, • Beziehungszahlen und • Indexzahlen. Gliederungszahlen dienen zur Analyse einer Menge, die nach sachlichen, räumlichen oder zeitlichen Gesichtspunkten in ihre Teile zerlegt wird. Dabei setzt man die Gesamtmenge meist zu 100%. Beziehungszahlen setzen zwei eigenständige Größen zueinander ins Verhältnis und sind dementsprechend meist dimensionsbehaftet. Durch sie werden Verknüpfungen hergestellt (z.B. spezifischer Energieverbrauch je Produkteinheit), mit deren Hilfe sich z.B. Alternativen vergleichen oder zeitliche Entwicklungen analysieren lassen. Vor der Bildung von Beziehungszahlen ist jeweils sorgfältig zu prüfen, ob zwischen den beiden aufeinander zu beziehenden Größen eine sinnvolle technische oder wirtschaftliche Beziehung bestehen kann. Andernfalls werden womöglich Scheinkorrelationen aufgestellt, die dann u.U. zu völlig falschen Schlüssen führen können. Indexzahlen werden verwendet, um die Unterschiede mehrerer Werte der gleichen Größe in normierter Form darzustellen. Damit wird es möglich, z.B. die Veränderungen mehrerer Zeitreihen miteinander zu vergleichen. Indexzahlen werden gebildet, in dem man die Werte einer Zahlenreihe auf einen dieser Werte (die „Basis“) bezieht. Meist werden die Werte in Prozent dieser Basis angegeben. Die Wahl der Basis richtet sich nach dem Zweck, den man mit der Angabe der Indexzahlen verfolgt. Will man z.B. Zeitreihen von Fertigungsmengen und von Energieverbrauch analysieren, so wird man als Basis die Werte eines Zeitpunktes wählen, der entweder durch betriebliche Umstellungen gekennzeichnet ist oder der bei anderen zum Vergleich heranzuziehenden Indexreihen bereits als Basiszeitpunkt benutzt wird. Handelt es sich dagegen um den Vergleich von Alternativen, z.B. Kosten von untersuchten Versorgungsvarianten, so wird man je nach Zweckmäßigkeit als Basis den niedrigsten oder den höchsten Wert wählen, oder aber eine nach sachlogischen Gesichtspunkten bestimmte Referenzvariante. Bei abgeschlossenen Zahlenreihen ist es oft günstig, den arithmetischen Mittelwert als Basis zu benutzen. Unter Umständen kann es jedoch auch zweckmäßig sein, anstelle einer fixen Basis eine bewegliche Basis zu verwenden. Dies erreicht man z.B. durch die Wahl der jeweiligen vorhergehenden Zahl als Basis der nächstfolgenden. Diese Art der Wahl einer beweglichen Basis wird auch mit Kettenindex bezeichnet, und findet z.B. als Indexzahl zur Darstellung volkswirtschaftlicher Entwicklungen Anwendung. Beim
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
305
Kettenindex ist die Problematik des Basiseffekts zu beachten, besonders dann, wenn als Basis nicht der unmittelbar vorangegangene Wert verwendet wird, sondern z.B. der entsprechende Monatswert des Vorjahres. Als „Basiseffekt“ wird dabei die Tatsache bezeichnet, dass die Indexwerte nicht nur von der aktuellen Entwicklung der zu betrachtenden Größe abhängen, sondern auch von deren Verlauf zum jeweiligen Basiszeitpunkt. Zu jeder Zahlenangabe in Form von Indexzahlen gehört immer die Angabe der verwendeten Basis, sofern nicht Absolutwerte der Geheimhaltung unterliegen. In solchen Fällen kann man mit Hilfe der Indexdarstellung die Relationen zwischen den Einzelwerten aufzeigen, ohne dass daraus auf die Absolutwerte geschlossen werden kann. 7.2.3
Bildung von Mittelwerten
Will man eine Wertemenge in konzentrierter Form durch einen Zahlenwert charakterisieren, so wird man hierzu die Angabe eines Mittelwertes verwenden. Am häufigsten wird hierbei das arithmetische Mittel benutzt, das zu der Gruppe der errechneten Mittelwerte gehört. Mathematisch gekennzeichnet ist der arithmetische Mittelwert x durch die Eigenschaft, dass die Summe aller Abstandsquadrate zwischen den Einzelwerten xi und dem Mittelwert x ein Minimum wird, d.h.
∑ ( xi − x ) = Min . 2
(7.3)
Zur Errechnung des arithmetischen Mittelwertes summiert man alle Einzelwerte und teilt die Summe durch die Anzahl der n Einzelwerte:
x=
1 n ∑ xi . n i=1
(7.4)
Der arithmetische Mittelwert findet auch bei der Bestimmung sog. gleitender Mittel Verwendung. Gleitende Mittel werden angewandt, wenn man Schwankungen, die innerhalb einer festliegenden Zahlenfolge (z.B. einer zeitlichen Messreihe) auftreten, in mehr oder minder großem Umfang aus( m) gleichen will. Hierbei wird für eine Position j der Mittelwert x j aus einer Anzahl m aufeinander folgender Einzelwerte gebildet. Erstreckt sich der Bereich m, über den gemittelt wird, symmetrisch zu beiden Seiten der betrachteten Position, so lautet das Bildungsgesetz:
306
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
( m)
xj
j+
m−1
2 1 = ∑ xi . m i= j − m−1
(7.5)
2
Bei einer solchen symmetrischen Mittelung sollte der Mittelungsbereich vorzugsweise eine ungerade Anzahl von Elementen umfassen, also m = 3, 5 usw.40 Es gibt auch Fälle, in denen man den Mittelungsbereich asymmetrisch um den betreffenden Mittelwert legt. So bildet man zur Ermittlung von Außentemperaturen, mit denen der Tageswärmebedarf zur Raumheizung von Gebäuden eng korrelieren soll, gleitende Mittelwerte unter gewichteter Berücksichtigung von Vortagestemperaturen. Die gleitende Mittelwertbildung ist mit einer Einbuße in der Datenmenge verbunden. Entsprechend der Ausdehnung des Mittelungsbereiches reduziert sich nämlich die Anzahl der erhaltenen Mittelwerte im Vergleich zu den n insgesamt vorhandenen Einzelelementen um m-1 Werte. Im Falle symmetrischer Mittelung verteilt sich die Einbuße hälftig auf die beiden Ränder des Wertekollektivs. Je größer der Mittelungsbereich m gewählt wird, desto mehr werden die Schwankungen der Einzelwerte nivelliert. Man sollte darauf achten, dass strukturelle oder saisonale Schwankungen noch sichtbar bleiben, besonders wenn deren Herausarbeiten das eigentliche Ziel der gleitenden Mittelwertbildung war. Die bisher betrachtete Art der ungewichteten arithmetischen Mittelung ist nur anwendbar, wenn es sich bei den Einzelelementen um gleichgewichtige Absolutgrößen handelt. Andernfalls muss die Mittelwertbildung gewichtet durchgeführt werden (z.B. zum Ausgleich unterschiedlicher Anzahl von Tagen der Kalendermonate). Soll z.B. ein Gesamtmittelwert x aus m Teilmittelwerten x j gebildet werden, so ist zur Gewichtung der jeweilige Werteumfang nj der Teilkollektive heranzuziehen:
40
Die Wahl einer geraden Anzahl von Einzelwerten zur gleitenden Mittelwertbildung ist ebenfalls möglich, jedoch bei symmetrischer Mittelung nicht zu empfehlen, da die Zuordnung der so gebildeten Mittelwerte innerhalb der ursprünglichen Zahlenfolge Schwierigkeiten bereiten kann.
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
307
m
x=
∑ nj xj
j =1 m
.
∑ nj
(7.6a)
j =1
Dieser Gesamtmittelwert ergibt sich auch, wenn man sämtliche n Einzelwerte xi aller Teilkollektive arithmetisch mittelt: n
x=
∑ xi
i =1
.
(7.6b)
n
Will man für eine Gruppe von Beziehungszahlen ξ = A/B das arithmetische Mittel ermitteln, so dürfen hierzu nicht etwa wie sonst üblich die Einzelwerte ξi = Ai/Bi addiert werden. Vielmehr ergibt sich der Mittelwert ξ als Quotient der Mittelwerte jeweils von Zähler und Nenner zu
ξ =
A ∑ Ai ∑ Biξ i = = . B ∑ Bi ∑ Bi
(7.7)
Der Mittelwert einer Beziehungszahl ξ kann also auch dadurch korrekt gebildet werden, dass die Einzelwerte ξi, mit ihrem Nenner Bi gewichtet, gemittelt werden. Als weiterer errechneter Mittelwert ist noch das quadratische Mittel zu nennen: n
xq =
2
∑ xi
i =1
n
.
(7.8)
Das quadratische Mittel wird im Bereich des statistischen Arbeitens kaum verwendet. Es ist aber in der Elektrotechnik von Bedeutung, weil hier die Energiegrößen quadratisch von den elektrischen Größen Spannung bzw. Strom abhängen. Daher bildet man den Effektivwert z. B. eines zeitvarianten Stromes in der Form
Ieff =
1T 2 ∫ i dt . T0
(7.9)
Im Fall eines sinusförmigen Wechselstromes entspricht T der Periodendauer. Neben den errechneten Mittelwerten haben im Rahmen des statistischen Arbeitens auch die natürlichen oder lagebestimmten Mittelwerte eine gewis-
308
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
se, jedoch im Ingenieurwesen nicht sehr große Bedeutung. Man unterscheidet hierbei zwischen • dem sogenannten „dichtesten Wert“, auch Modus genannt, das ist die in der Folge am häufigsten vorkommende Zahl und • dem Median, auch Zentralwert genannt. Der Median ist der in der Mitte der nach Größe geordneten Zahlenreihe liegende Wert und genügt der mathematischen Bedingung, dass die Aufsummierung der Beträge des Abstands zwischen dem Zentralwert xM und jedem Einzelwert ein Minimum wird, also
∑ xi − xM = Min . i
(7.10)
Ergänzt werden die Mittelwerte oft durch die Angabe der Spannweite, das ist die Differenz zwischen dem größten und dem kleinsten in einer Zahlenreihe vorkommenden Wert. 7.2.4
Häufigkeitsverteilung und Standardabweichung
Mittelwerte allein liefern nur eine sehr unvollkommene und in den meisten Fällen unbefriedigende Charakterisierung eines Wertekollektivs. Weitergehende Analysen basieren auf der Untersuchung, wie die Einzelwerte einer solchen „Stichprobe“ verteilt sind. Der erste Schritt dazu besteht meist in der Aufnahme einer Häufigkeitsverteilung. Um herauszufinden, in welcher Weise die Werte einer Stichprobe verteilt sind, bildet man Merkmalsklassen und ordnet jedes Elemente der Stichprobe der betreffenden Klasse zu. Durch Auszählen der Anzahl von Einzelwerten in jeder Klasse gelangt man zur Häufigkeitsverteilung der Stichprobe. Diese kann entweder absolut angegeben werden, oder aber relativ, indem die jeweilige Anzahl an Werten auf die Gesamtzahl der Stichprobenelemente normiert wird. Handelt es sich um eine durch Zählen oder Messen erfasste quantitative Merkmalsgröße X (in der Statistik als „ordinale Skalierung“ bezeichnet), so sind bei der Klassenbildung folgende Regeln bzw. Empfehlungen zu beachten: • Alle Klassen müssen gleiche Intervallbreite aufweisen. • Insgesamt müssen die Klassen die gesamte Spannweite der Merkmalsgröße umfassen. • Für die anzustrebende Anzahl der Klassen kann als ungefährer Richtwert die Quadratwurzel der Anzahl der Einzelwerte gelten, aus denen die Stichprobe besteht.
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
309
• Die Klassengrenzen sollten nach Möglichkeit auf runde Zahlenwerte gelegt werden. • Die Lage der untersten bzw. der obersten Klassengrenze muss nicht mit dem unteren bzw. oberen Rand der Spannweite zusammenfallen. Ebensowenig muss der arithmetische Mittelwert auf einer Klassengrenze oder in der Mitte eines Klassenintervalls liegen. • Gibt es Werte, die auf einer Klassengrenze liegen, so muss einheitlich festgelegt werden, welcher der beiden durch die Grenze getrennten Klassen der Wert jeweils zuzuordnen ist. Durch schrittweises Summieren der Häufigkeiten entlang der ordinalen Werteskala x erhält man die Werte für die „Häufigkeitssumme“. Für Kollektive, die aus einer begrenzten Anzahl n von Einzelwerten xi bestehen, ist die Standardabweichung in folgender Weise definiert: n
s=
∑ ( xi − x )
i =1
n −1
n
2
=
i =1
( )
1 n ∑ xi n i=1 n −1
2 ∑ xi −
2
n
=
2 2 ∑ xi − nx
i =1
n −1
(7.11)
x ist der arithmetische Mittelwert des Kollektivs. Der Ausdruck (n - 1) wird auch als Freiheitsgrad f bezeichnet:
f = n −1.
(7.12)
Je größer die Anzahl n an Einzelwerten xi ist, aus denen ein Wertekollektiv der Merkmalsgröße X besteht, umso kleiner kann nach den vorgestellten Regeln die Breite des Klassenintervalls gewählt werden; gleichzeitig enthalten die einzelnen Intervalle mehr Einzelwerte. Das führt in der Regel dazu, dass die Häufigkeitsverteilung zunehmend geglättet und verstetigt wird. Betrachtet man als Grenzfall eine unendlich große Zahl von Einzelwerten bei unendlich fein gestufter Intervallteilung, so wird aus der Häufigkeitsverteilung normalerweise eine stetige Funktion; diese nennt man dann Wahrscheinlichkeitsdichte oder kurz „Dichte“ der Verteilung. Den Verlauf der aufsummierten Häufigkeit über der Merkmalsgröße nennt man dann Verteilungsfunktion. In vielen Fällen nähert sich die Häufigkeitsverteilung einer symmetrischen glockenförmigen Kurve an, die als GAUSS-Verteilung oder Normalverteilung bezeichnet wird; ihre Dichte ist
⎛ ( x − μ )2 ⎞ 1 f ( x) = exp ⎜ − ⎟. 2 ⎜ ⎟ σ 2 σ 2π ⎝ ⎠
(7.13)
310
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
Die Merkmalsgröße X wird bei stetiger Verteilung auch als „Zufallsgröße“ bezeichnet. Die beiden anderen Größen sind sog. „Zufallsparameter“, die eine stetige Verteilung charakterisieren: • μ ist der (arithmetische) Mittelwert und • σ die Standardabweichung der Verteilung. Zu beachten ist, dass die Dimension einer Wahrscheinlichkeitsdichte immer dem Kehrwert der Dimension der jeweiligen Zufallsgröße entspricht, wie aus Gl.(7.13) zu ersehen ist. Die meist verwendete standardisierte Form der Normalverteilung ist durch folgende Festlegungen bestimmt: • Die Zufallsgröße ist unter Verwendung von Mittelwert und Standardabweichung normiert:
z=
x−μ
σ
;
(7.14)
• Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist durch Multiplikation mit der Standardabweichung normiert:
f ( z) = σ ⋅ f ( x ) .
(7.15)
In Abb. 7.3 ist im oberen Diagramm die Dichtefunktion der standardisierten Normalverteilung,
⎛ z2 ⎞ 1 exp ⎜ − ⎟ , 2π ⎝ 2⎠
f ( z) =
(7.16)
und im unteren Diagramm ihre Verteilungsfunktion z
Φ ( z ) = ∫ f ( ζ ) dζ −∞
(7.17)
dargestellt. Die Dichtefunktion ist nicht elementar integrierbar. Somit kann die Verteilungsfunktion nicht durch einen geschlossenen Ausdruck dargestellt werden. Für Berechnungen greift man daher auf vertafelte Werte zurück. Die Gesamtfläche unter der Kurve der Verteilungsdichte (oberes Diagramm) hat den Wert Eins, denn es gilt: +∞
Φ ( ∞ ) = ∫ f ( ζ ) dζ = 1 . −∞
(7.18)
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
311
0,4 26350-A-04 26350-A-04
Dichtefunktion
0,3
0,2
0,1
0 -4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
2
3
4
Normierte Zufallsgröße 1 0,9 0,8
Verteilungsfunktion
0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 -4
-3
-2
-1
0
1
Normierte Zufallsgröße
Abb. 7.3. Dichte und Verteilungsfunktion der standardisierten Normalverteilung
Allgemein gibt der Wert der Verteilungsfunktion Φ(z) an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Wert der Zufallsgröße den Wert z nicht übersteigt. Der betreffende Wert von z wird in der Statistik auch als „Quantil“ bezeichnet. Unter Beachtung der Symmetrieeigenschaften lassen sich für die GAUSSsche Normalverteilung folgende Aussagen für die Streuung der Einzelwerte um den Mittelwert μ treffen: • 68,3 % liegen innerhalb des Intervalls μ ± σ • 90 % liegen innerhalb des Intervalls μ ± 1,64 σ • 99 % liegen innerhalb des Intervalls μ ± 2,58 σ. 7.2.5
Zusammenhänge zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit
Ein Wertekollektiv, das aus einer begrenzten Anzahl von Einzelwerten besteht, wird als Stichprobe bezeichnet. Um eine Stichprobe zu charakteri-
312
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
sieren, sucht man meist nach einer stetigen Verteilungsfunktion 41, welche die Streuung der Einzelwerte der Stichprobe möglichst gut widerspiegelt. Eine stetige Verteilung setzt sich notwendigerweise aus unendlich vielen Einzelwerten zusammen, diese werden „Grundgesamtheit“ genannt. In Tabelle 7.1 sind Stichprobe und Grundgesamtheit einander gegenüber gestellt. Im Unterschied zu den Zufallsparametern μ und σ einer Grundgesamtheit werden die Werte x und s einer Stichprobe als Zufallsvariable bezeichnet, weil sie bei verschiedenen Stichproben unterschiedliche Werte annehmen und auch vom Stichprobenumfang n abhängen. Folglich ist es nicht ohne weiteres möglich, anhand dieser Schätzwerte Aussagen zu treffen über Wahrscheinlichkeiten, mit denen beispielsweise einzelne Werte zu erwarten sind. Tabelle 7.1.
Charakterisierung von Stichprobe und Grundgesamtheit Stichprobe
Grundgesamtheit
Merkmal:
Merkmalsgröße X
Zufallsgröße X
Einzelwerte:
xi
xi
Werteumfang:
n
4
Verteilung:
Häufigkeitsverteilung (diskret)
Dichtefunktion (stetig)
Summierung:
Häufigkeitssumme
Verteilungsfunktion
Mittelwert:
x
μ
Standardabweichung:
s
σ
Generell gründet sich der Übergang von der konkreten Beschreibung eines vorgefundenen Sachverhalts zu allgemeineren Schlussfolgerungen auf statistische Gesetze. Es handelt sich dabei also um das Auffinden und Quantifizieren von Zusammenhängen zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit. Solche Schlüsse können im Sinne der klassischen Logik nie zwingend sein. Die Aufgabe der analytischen Statistik liegt nicht in der Beseitigung dieser Ungewissheit, sondern in ihrer Quantifizierung. Hierzu wurden verschiedene Testverfahren entwickelt, die je nach der Art der Fragestellung angewendet werden. Zunächst wird eine Beziehung zwischen der betrachteten Stichprobe und
41
In der Energietechnik geht es dabei in aller Regel um eine GAUSSsche Normalverteilung.
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
313
einer als „passend“ vorgeschlagenen Grundgesamtheit postuliert (sog. „Nullhypothese“). Unter dem Begriff „passend“ sei hier verstanden, dass angenommen werden kann, die Stichprobe sei ein Ausschnitt aus der Grundgesamtheit und damit dieser zugehörig. Es liegt im Wesen des statistischen Tests, Unterschiede festzustellen. Die Aussage des Tests bezieht sich also nicht auf die Übereinstimmung zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit, sondern auf die Unterschiede zwischen ihnen. Mit Hilfe des Tests wird also an der Nullhypothese „gerüttelt“, um festzustellen, ob sie standhält oder aber erschüttert wird. Als Ergebnis erhält man eine Aussage über die statistische Signifikanz der betrachteten Unterschiede. Hierfür gelten allgemein die folgenden Vereinbarungen: • Ein Unterschied, der mit einer statistischen Sicherheit P von weniger als 95% erschlossen ist, gilt als zufällig. Der Unterschied ist statistisch nicht gesichert, und damit die Nullhypothese nicht erschüttert, sondern gestützt. • Ein Unterschied, der mit einer statistischen Sicherheit P zwischen 95 und 99% erschlossen ist, lässt zwar vermuten, dass er nicht auf Zufall beruht. Jedoch muss diese Vermutung durch weitere Untersuchungen geprüft werden (z.B. durch Erhöhung des Stichprobenumfangs, Änderung des Gültigkeitsbereiches der Nullhypothese o.ä.). Dieser Bereich stellt also eine Grauzone dar. • Ein Unterschied, der mit einer statistischen Sicherheit P von mehr als 99% erschlossen ist, gilt nicht als zufällig, sondern statistisch gesichert, oder „signifikant“. Somit ist die Nullhypothese erschüttert, und es ist die komplementäre „Alternativhypothese“ zu akzeptieren. • In speziellen Fällen, die eine besonders hohe statistische Sicherheit der Aussage erfordern, wird ein Unterschied erst dann als signifikant angesehen, wenn er mit einer Sicherheit von mehr als 99,9% erschlossen ist. Je nach Aufgabenstellung wird in der Praxis der Energietechnik im Zusammenhang mit Stichprobenmessungen meist eine der folgenden Fragenstellungen quantitativ zu beurteilen sein: 1. Kann eine zufällig gezogene Stichprobe mit dem Mittelwert x und der Standardabweichung s einer hypothetischen Grundgesamtheit mit dem Mittelwert μ entstammen? 2. Wie groß ist der „Vertrauensbereich“
V = μ−x
(7.19)
314
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
des Stichprobenmittelwertes, d.h. innerhalb welcher Grenzen um den Stichprobenmittelwert x ist der wahre Mittelwert μ der zugehörigen Grundgesamtheit zu erwarten? 3. Stammen zwei Stichproben aus derselben Grundgesamtheit (die dabei nicht bekannt sein muss)? Aussagen zu diesen Fragen sind durch die Anwendung des „t-Tests“ erhältlich. 7.2.6
Der t-Test (Student-Test)
Eine Prüfgröße, welche die beiden Zufallsvariablen x und s einer Stichprobe vom Umfang n berücksichtigt, wurde im Jahre 1908 von W.S. GOSSET (unter dem Pseudonym „Student“) formuliert:
t=
x−μ s
n.
(7.20)
μ ist der Mittelwert der hypothetischen normalverteilten Grundgesamtheit. Die Wahrscheinlichkeitsdichte dieser Prüfgröße ist −
n
t2 ⎞ 2 ⎛ n⎞ ⎛ Γ ⎜ ⎟ ⎜1 + ⎟ n −1⎠ 2⎠ ⎝ ⎝ g ( t, n ) = ⋅ . ⎛ n −1⎞ n 1 π − ( ) Γ⎜ ⎟ ⎝ 2 ⎠
(7.21)
Für n → ∞ ist der Verlauf der Dichte identisch mit der GAUSSschen Normalverteilung:
lim g ( t, n ) = n →∞
⎛ t2 ⎞ 1 exp ⎜ − ⎟ . 2π ⎝ 2⎠
(7.22)
In Abb. 7.4 ist die Wahrscheinlichkeitsdichte für einige kleine Stichprobenumfänge wiedergegeben. Für größere Stichprobenumfänge unterscheidet sich der Verlauf von der ebenfalls eingezeichneten GAUSSschen Normalverteilung nur noch in den weiter außen liegenden Bereichen. Die Fläche unter der gesamten Glockenkurve ist ! unabhängig vom Stichprobenumfang n ! immer Eins: +∞
∫ g ( t, n )dt = 1 .
−∞
(7.23)
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
0,4
315
Zahl der Einzelelemente: n=4
26351-A-04 26351-A-04
n=5 n=3
Dichte der t -Verteilung
0,3
n=2
0,2
Flächen einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %
0,1
Flächen einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %
0 -7
-6
-5
-4
-3
-2
-1
0
1
2
3
4
5
6
7
t
Abb. 7.4. Dichte der t-Verteilung mit Integralgrenzen zu P = 90 %
Zwischen den Integralgrenzen ! t und + t liegt der Flächenanteil, welcher der statistischen Sicherheit P entspricht. Die außen liegenden beiden Restflächen entsprechen dann jeweils der halben „Irrtumswahrscheinlichkeit“ (1 - P). Allgemein lautet der Zusammenhang zwischen der statistischen Sicherheit P und der Integralgrenze t: +t
P = ∫ g (τ , n )dτ . −t
(7.24)
Auf der Grundlage dieses Zusammenhangs enthält Tabelle 7.2 die Werte t(P,f) der Integralgrenzen der t-Verteilung für verschiedene statistische Sicherheiten P in Abhängigkeit vom Freiheitsgrad f. In Abb. 7.4 sind die Integralgrenzen für eine statistische Sicherheit P = 90% eingetragen. Die außen liegenden Teilflächen machen also je 5 % der Gesamtfläche aus. Während die Integralgrenzen für n = 2 noch bei ± 6,31 liegen, verringern sie sich für n = 5 auf ± 2,13 und erreichen ihren minimalen Wert für n 6 4 mit ± 1,64, wie dies bereits bei der Normalverteilung erwähnt wurde. Mit steigendem Stichprobenumfang kann also mit ein und derselben statistischen Sicherheit eine präziser gefasste Aussage, bzw. ein und dieselbe Aussage mit größerer statistischer Sicherheit getroffen werden. Durch Umformung von Gl.(7.20) erhält man für den Vertrauensbereich des Mittelwertes:
316
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
Tabelle 7.2.
f 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 40 50 60 80 100 200 500
4
Integralgrenzen t (P; f)
0,6 1,376 1,061 0,978 0,941 0,920 0,906 0,896 0,889 0,883 0,879 0,876 0,873 0,870 0,868 0,866 0,865 0,863 0,862 0,861 0,860 0,859 0,858 0,858 0,857 0,856 0,856 0,855 0,855 0,854 0,854 0,851 0,849 0,848 0,846 0,845 0,843 0,842 0,842
0,8 3,078 1,886 1,638 1,533 1,476 1,440 1,415 1,397 1,383 1,372 1,363 1,356 1,350 1,345 1,341 1,337 1,333 1,330 1,328 1,325 1,323 1,321 1,319 1,318 1,316 1,315 1,314 1,313 1,311 1,310 1,303 1,298 1,296 1,292 1,290 1,286 1,283 1,282
Statistische Sicherheit P 0,9 0,95 0,99 6,314 12,706 63,657 2,920 4,303 9,925 2,353 3,182 5,841 2,132 2,776 4,604 2,015 2,571 4,032 1,943 2,447 3,707 1,895 2,365 3,499 1,860 2,306 3,355 1,833 2,262 3,250 1,812 2,228 3,169 1,796 2,201 3,106 1,782 2,179 3,055 1,771 2,160 3,012 1,761 2,145 2,977 1,753 2,131 2,947 1,746 2,120 2,921 1,740 2,110 2,898 1,734 2,101 2,878 1,729 2,093 2,861 1,725 2,086 2,845 1,721 2,080 2,831 1,717 2,074 2,819 1,714 2,069 2,807 1,711 2,064 2,797 1,708 2,060 2,787 1,706 2,056 2,779 1,703 2,052 2,771 1,701 2,048 2,763 1,699 2,045 2,756 1,697 2,042 2,750 1,684 2,021 2,704 1,676 2,009 2,678 1,671 2,000 2,660 1,664 1,990 2,639 1,660 1,984 2,626 1,653 1,972 2,601 1,648 1,965 2,586 1,645 1,960 2,576
0,999 636,619 31,599 12,924 8,610 6,869 5,959 5,408 5,041 4,781 4,587 4,437 4,318 4,221 4,140 4,073 4,015 3,965 3,922 3,883 3,850 3,819 3,792 3,768 3,745 3,725 3,707 3,690 3,674 3,659 3,646 3,551 3,496 3,460 3,416 3,390 3,340 3,310 3,291
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
V ( P, n ) =
t ( P, n ) n
317
s.
(7.25)
In Abb. 7.5 ist der auf die Standardabweichung bezogene Vertrauensbereich in Abhängigkeit vom Stichprobenumfang und von der angesetzten statistischen Sicherheit dargestellt. Je kleiner der Stichprobenumfang, desto weiter spannt sich der Vertrauensbereich, d.h. desto unpräziser wird die mit einer bestimmten Sicherheit zu treffende Aussage. Anhand der Darstellung wird der fundamentale Widerstreit deutlich zwischen der Präzision einer statistischen Aussage und dem Grad ihrer Gewissheit. Es gilt der Grundsatz: • Sichere Aussagen sind unpräzise • Präzise Aussagen sind unsicher 10
Normierter Vertrauensbereich
26352-A-04 26352-A-04
1
Statistische Sicherheit:
60 %
80 %
90 %
9 9 95 % 9 % 9,9 %
0,1 1
10
100
1000
Stichprobenumfang
Abb. 7.5. Normierter Vertrauensbereich für den Mittelwert
Des weiteren kann mit Hilfe des t-Tests überprüft werden, ob zwei Stichproben signifikant voneinander abweichen, die jeweils durch ihre Mittelwerte x1 und x2 sowie die Standardabweichungen s1 und s2 charakterisiert sind (sog. „doppelter t-Test“). Hierzu wird die Berechnung der Prüfgröße t in folgende Form abgewandelt:
t=
x1 − x2 sd
n1 n2 , n1 + n2
wobei die gewogene Standardabweichung
(7.26)
318
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
sd =
s12 f1 + s22 f2 f1 + f2
(7.27)
ist. Freiheitsgrad f und Umfang n der beiden Stichproben hängen gemäß Gl.(7.12) zusammen. Mit dem erhaltenen Wert der Prüfgröße t verfährt man dann in gleicher Weise wie bereits dargestellt. Für den Wert des Gesamtfreiheitsgrades sind die beiden Einzelwerte zu addieren. Unter der Voraussetzung, dass die gezogene Stichprobe einer normalverteilten Grundgesamtheit entstammt, kann mit Hilfe der t-Verteilung analog zum Vertrauensbereich des Mittelwertes auch ein „Erwartungsbereich der Einzelwerte“ E ermittelt werden in der Form
E = s t ( P, n ) = V ( P, n ) n .
(7.28)
Der Erwartungsbereich umfasst näherungsweise den Anteil P an Einzelwerten der aktuellen Stichprobe. Dieser „Streubereich der Stichprobe“ kann auch als Anhalt für den ! unbekannten ! Streubereich der Grundgesamtheit verwendet werden. Die statistische Sicherheit P gibt also an, welcher Anteil von Einzelwerten innerhalb des Bereiches x − E ≤ x ≤ x + E zu erwarten ist. 7.2.7
Regressionsrechnung
Werden zwei oder mehr Messgrößen gleichzeitig erfasst, so will man oft wissen, ob man mit hinreichender statistischer Sicherheit einen Zusammenhang zwischen diesen Messgrößen annehmen kann. Dieses Problem kann mit Hilfe der Regressionsrechnung (Einflussgrößenrechnung) gelöst werden. Je nach der Art des Zusammenhangs, der zwischen den Messgrößen angenommen werden kann, spricht man von linearer oder nichtlinearer Regression, und je nach Anzahl der Messgrößen, zwischen denen ein Zusammenhang festgestellt werden soll, von „Einfachregression“(bei 2 Messgrößen) oder „Mehrfachregression“. Bei der Einfachregression (s. Abb. 7.6 ) soll der Zusammenhang zweier Größen X und Y ermittelt werden. Gegeben ist dabei eine Anzahl von n Wertepaaren (xi; yi). Wird eine lineare Abhängigkeit der abhängigen Größe Y von der unabhängigen Variablen X vermutet, so besteht die Aufgabe, eine optimale Näherungsgerade der Gleichung
Y = a + bX
(7.29)
zu finden („lineare Regression“). Das Optimum ist durch die Bedingung
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
319
definiert, dass die Summe der Quadrate der Ordinatenabstände zwischen den Einzelpunkten und der Regressionsgeraden ein Minimum ist: 2
n
∑ ( yi − a − bxi ) = Min .
(7.30)
i =1
15
26361-A-04 26361-A-04
Anzahl der Wertepaare: n = 15 Bestimmtheitsmaß: B = 89,28 %
X (Y ) = −0,222 + 1494 , Y
10
Y
Y ( X ) = 1055 , + 0,598 X Schwerpunkt: x = 12,64 y = 8,61
5
0 0
5
10
15
20
X
Abb. 7.6. Beispiel einer linearen Einfachregression
Charakteristische Variable für die Berechnung sind • die Standardabweichungen sX und sY der beiden Größen X und Y; sie werden nach Gl.(7.11) errechnet • die „Kovarianz“ als Maß für den linearen Zusammenhang der beiden Größen:
s XY =
(
n 1 n 1 ∑ ( xi − x )( yi − y ) = ∑ xi yi − nx y n − 1 i=1 n − 1 i =1
)
(7.31)
• die arithmetischen Mittelwerte x und y , nach Gl.(7.4) errechnet. Damit lassen sich die Koeffizienten der Geradengleichung bestimmen. Der „Regressionskoeffizient“ b gibt das Steigungsmaß der Geraden wieder:
b=
s XY . s2X
(7.32)
Aus der Bedingung, dass die Regressionsgerade in jedem Fall durch den
320
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
„Schwerpunkt“der Einzelwertepaare hindurchgeht, der durch das Paar der jeweiligen Mittelwerte ( x , y ) bestimmt ist, also (7.33) y = a + bx , errechnet sich sodann die „Regressionskonstante“durch Auflösen nach a. Die Straffheit der Korrelation zwischen den beiden Größen X und Y aufgrund der gegebenen Wertepaare lässt sich durch das Bestimmtheitsmaß B ausdrücken:
B=
s2XY . s2X sY2
(7.34)
Das Bestimmtheitsmaß ist eine dimensionslose Größe und kann Werte zwischen Null und Eins annehmen, je nachdem, mit welcher statistischen Sicherheit eine Änderung der abhängigen Variablen Y auf eine entsprechende Änderung der unabhängigen Variablen X zurückzuführen ist. Ein Bestimmtheitsmaß von Null bedeutet also, dass Y überhaupt nicht von X beeinflusst wird; es besteht keine Korrelation. Ein Bestimmtheitsmaß von Eins zeigt einen streng funktionalen Zusammenhang an, d.h. alle gegebenen Wertepaare liegen exakt auf der Regressionsgeraden. Teilweise wird in der Literatur anstelle des Bestimmtheitsmaßes B der „Korrelationskoeffizient“ R verwendet:
R= B .
(7.35)
Für die beiden Parameter a und b der Regressionsgleichung Gl.(7.29) lässt sich in Analogie zu Gl.(7.19) jeweils ein Vertrauensbereich Va und Vb ansetzen. Diese halbseitigen Streubandbreiten sind ein Maß dafür, innerhalb welchen Bereiches mit einer angenommenen statistischen Sicherheit P die entsprechenden Koeffizienten der „wahren“ Regressionsgerade der Grundgesamtheit liegen:
Va =
t ( P, n ) sa n
,
(7.36)
.
(7.37)
und
Vb =
t ( P, n ) sb n
Der Wert der Zufallsvariablen t(P,n) ist wieder aus Tabelle 7.2 zu entnehmen.
7.2 Datengliederung, -verarbeitung und -auswertung
321
Das Streuungsmaß sa bezieht sich als Standardabweichung auf den Ordinatenabstand der einzelnen Wertepaare von der Regressionsgeraden:
sa =
1 n 2 ∑ ( yi − a − bxi ) . n − 1 i=1
(7.38)
Das Streuungsmaß sb gibt als Standardabweichung wieder, wie der Anstieg der Verbindungslinie jedes Wertepaares mit dem Punkt (a; 0) abweicht von dem Anstieg der Regressionsgeraden: 2
sb =
⎞ 1 n ⎛ yi − a − b⎟ . ∑⎜ n − 1 i=1 ⎝ xi ⎠
(7.39)
Aus Abb. 7.6 ist übrigens ersichtlich, dass es einen Unterschied macht, welches die unabhängige und welches die abhängige Variable ist. Daher ist die Regressionsgerade X(Y) i.a. nicht identisch mit der für Y(X); beide Geraden schneiden sich im Schwerpunkt ( x , y ) . Nur wenn das Bestimmtheitsmaß gleich Eins ist, fallen die beiden Geraden zusammen. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang, der für den Regressionskoeffizienten der Geraden X = a′ + b′ Y gilt:
bb′ = B .
7.3
(7.40)
Anwendung für die energietechnische und -wirtschaftliche Praxis
Die statistische Analyse gliedert sich in mehrere Abschnitte: • die Gewinnung des Zahlenmaterials im Hinblick auf eine bestimmte Zielsetzung, durch Beobachtung, Erhebung oder Messung der Zielgröße und aller relevanten Einflussfaktoren, • die Strukturierung der Daten zur rechnerischen Verarbeitung und Veranschaulichung durch Tabellen oder grafische Darstellung und • die Plausibilitätskontrolle, Selektion, Auswertung und Interpretation. Alle Phasen des statistischen Arbeitens werden je nach der Zielsetzung oft recht unterschiedlich zu handhaben sein. Immer verlangen sie jedoch kritischen Sinn, Kenntnis der statistischen Methoden und Sachkenntnis der Vorgänge, über die eine Aussage gemacht werden soll.
322
7.3.1
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
Statistische Erhebungen
Die Statistik formt Material zu statistischen Massen. Dabei unterscheidet man zwischen Bestandsmassen, z.B. die Zahl und Größe der vorhandenen Antriebsmotoren an einem bestimmten Stichtag, und Bewegungsmassen, z.B. die Veränderung des Motorenbestandes in einem bestimmten Zeitraum. Wird das Material aus eigenen Erhebungen gesammelt, spricht man von primärstatistischen Erhebungen, wird das Material aus anderen Aufstellungen entnommen, spricht man von sekundärstatistischen Erhebungen. Für die betriebliche Energiewirtschaft sind von Bedeutung: • • • •
Bestandsdateien von Anlagen und Geräten, Charakterisierung der Betriebsweise und der Produktion, Energieverbrauchsdaten und Lastgangdaten.
Bestandsdateien z.B. von energiewandelnden Geräten wie Motoren, Öfen oder Lampen haben nur dann einen Sinn, wenn sie vollständig sind und laufend auf den neuesten Stand ergänzt werden. Sie sollten enthalten: Art, Typ, Nennleistung, Hersteller, Anschaffungszeitpunkt und spätere technische Veränderungen. Wenn die Dateien vollständig geführt werden, können sie wertvolle Aufschlüsse liefern. So kann z.B. die Güte eines bestimmten Fabrikats beurteilt werden, es kann geprüft werden, inwieweit sich ein bestimmter Typ bewährt, und es können Aussagen über den zu erwartenden Energieverbrauch getroffen werden. Zuverlässige Informationen über den Energieverbrauch können nur auf der Basis von Messungen gewonnen werden. Da bei allen leitungsgebundenen Energieträgern die Versorgungsunternehmen Messstellen installieren und den monatlichen Verbrauch registrieren, ist die Erfassung des Gesamtverbrauchs eines Betriebes an leitungsgebundenen Energieträgern ohne Schwierigkeiten möglich. Dagegen ist die Erfassung des Gesamtverbrauchs an festen bzw. flüssigen Brennstoffen wesentlich schwieriger. Vielfach begnügt man sich hier mit einer Saldierung des Einkaufs im Berichtsmonat und den geschätzten Lagerbeständen am Monatsanfang und -ende. Die so ermittelten Werte weichen oft erheblich vom tatsächlichen Verbrauch ab, da die Schätzungen des Bestandes in der Regel sehr ungenau sind. Häufig wird es notwendig und bei größeren Betrieben unerlässlich sein, nicht nur den Gesamtverbrauch an Energieträgern zu erfassen, sondern auch festzustellen, wie sich dieser Gesamtverbrauch auf einzelne Betriebsabteilungen oder Kostenstellen aufteilt. Die hierfür notwendigen Informationen
7.3 Anwendung für die energietechnische und -wirtschaftliche Praxis
323
können nur durch innerhalb des Betriebes installierte Messgeräte gewonnen werden. Energieverbrauchsdateien wie auch Lastgangdateien dienen vielfältigen Zwecken. Sie sind ein Hilfsmittel für die innerbetriebliche Kostenrechnung, die Überwachung von Erzeugungs-, Verteilungs- und Verbrauchsanlagen sowie für die Lastoptimierung. Zudem sind sie eine sehr gute Entscheidungshilfe bei der Planung von Erweiterungen oder Neuinstallationen. Entsprechend ausgewertet zeigen sie auf, mit welcher Entwicklung des Energieträgerverbrauchs zu rechnen ist. Darüber hinaus lassen sich durch Kombination mit anderen Fertigungsfaktoren die energetischen Verbrauchsgleichungen von Fertigungsanlagen oder auch von Fertigungsprozessen ermitteln. 7.3.2
Grafische Darstellungen
Die grafische Darstellung ist ein wichtiges Werkzeug, um eine beabsichtigte Aussage in prägnanter Weise zu vermitteln. Form und Maßstab der Diagramme müssen im Hinblick auf dieses Ziel sorgfältig gewählt werde, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. In allen Grafiken sollen durch geeignete Bildunterschriften, Legenden und Kommentare der Sachverhalt, die Datenart und der Bilanzraum eindeutig charakterisiert werden. Schädlich ist ein Übermaß an Informationen, das erfahrungsgemäß beim Betrachter eher Verwirrung hervorruft. Man unterscheidet im wesentlichen sechs Diagrammarten, und zwar • • • • • •
Punktdiagramme, Liniendiagramme, Flächendiagramme, Säulen- und Balkendiagramme, Kreis- und Ringdiagramme und Sankeydiagramme (Flussbilder).
7.3.2.1 Punktdiagramme
Im Punktdiagramm oder XY-Diagramm werden die Werte durch Punkte, deren Lage durch das Koordinatensystem gegeben ist, dargestellt (vgl. z.B. Abb. 1.4). Für das Aufzeigen der Zusammenhänge (Korrelation) zwischen zwei Größen sind Punktdiagramme sehr gut geeignet. Auch größere Datenmengen lassen sich mit ihrer Streuung anschaulich darstellen.
324
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
7.3.2.2 Liniendiagramme
In einem Liniendiagramm (vgl. z.B. Abb. 2.2) sind einzelne erfasste Punkte miteinander verbunden. Das macht aber nur Sinn, wenn zwischen zwei benachbarten Punkten ein Zusammenhang besteht. Ein Liniendiagramm kann z.B. Trends und Änderungen von Daten über einen bestimmten Zeitraum in gleichmäßigen Intervallen aufzeigen. Es hebt vor allem den zeitlichen Verlauf sowie den Grad der Veränderung, weniger aber die absolute Veränderung hervor. Im Rahmen der Energiewirtschaft werden Liniendiagramme vor allem für die Darstellung einer Größe über der Zeit (Zeitreihe) angewendet. 7.3.2.3 Flächendiagramme
Ein Flächendiagramm hebt die relative Wichtigkeit von Werten über einen bestimmten Zeitraum hervor. Obwohl es in seiner Darstellung dem Liniendiagramm ähnelt, hebt das Flächendiagramm mehr die absolute Veränderung hervor. Dies gilt vor allem im Falle einer Stapelung mehrerer Flächen (vgl. z.B. Abb. 1.2). Strikt untersagt sind hierbei eine Nullpunktunterdrückung oder auch die Wahl eines logarithmischen Ordinatenmaßstabs. 7.3.2.4 Säulen- und Balkendiagramme
Sollen die Unterschiede zwischen den Werten mehrerer Größen mit sachlich gleichen Merkmalen veranschaulicht werden, erreicht man dies durch die Verwendung von Säulendiagrammen (vgl. z.B. Abb. 1.3 rechts). Balkendiagramme unterscheiden sich von Säulendiagrammen nur insofern, als die „Rubriken“ (= unabhängige Variable) vertikal und die „Werte“ (= abhängige Variable) horizontal angetragen werden (vgl. z.B. Abb. 2.4). Bei der Darstellung von Datenmengen als Säulen- oder Balkendiagramm lässt sich der Informationsgehalt weiter erhöhen, wenn jeder Posten des Diagramms weiter untergliedert wird. Soll der Einfluss eines weiteren Parameters dargestellt werden, bietet sich das 3D-Säulendiagramm an (vgl. z.B. Abb. 3.3). 7.3.2.5 Kreis- und Ringdiagramme
Das Kreisdiagramm (vgl. z.B. Abb. 2.5) stellt für die übersichtliche Darstellung von gegliederten Datenmengen eine Alternative zum Flächendiagramm dar. Es zeigt das Verhältnis oder die Anteile von Teilen zum Ganzen auf.
7.3 Anwendung für die energietechnische und -wirtschaftliche Praxis
325
Ein Kreisdiagramm kann mit einem oder mehreren Ringen zum Ringdiagramm erweitert werden (vgl. z.B. Abb. 1.3 links). Damit lassen sich Zusammenhänge in den Aufteilungen darlegen und dabei auch mehrere Datenreihen zusammen darstellen. Die Darstellung von Absolutwerten im Kreisdiagramm mittels unterschiedlich großer Kreise ist meist nicht ratsam, da das menschliche Auge primär Strecken miteinander vergleicht, aber nicht Flächen (vgl. Abb. 1.2 oben). 7.3.2.6 Flussbilder (Sankey-Diagramme)
Sollen Stoff- oder Energiemengen innerhalb einer Prozesskette in einem örtlich und zeitlich definierten Bilanzraum verfolgt und analysiert werden, so bietet sich das Flussbild (auch „Sankey-Diagramm“ genannt) als Darstellungsmöglichkeit an (vgl. z.B. Abb. 3.23). Hierzu werden die Stoff- oder Energiemengen in Form von Streifen aufgezeichnet, deren Breite den jeweiligen Mengen proportional ist. Der Ein- und Austrag stellt sich als Zusammenführung bzw. Verzweigung dar, wobei ein Pfeil die zugehörige Flussrichtung andeutet. Auch Rückführungen können in Form von Schleifen dargestellt werden. 7.3.2.7 Maßstabswahl
Bei allen Kurvendarstellungen beeinflusst der gewählte Maßstab den optischen Eindruck erheblich, und kann sogar eine irreführende Tendenz suggerieren. In Abb. 7.7 sind sechs Funktionen in vier verschiedenen Diagrammen dargestellt. Durch lineare, einfach- bzw. doppellogarithmische Darstellungen der jeweils gleichen quantitativen Tatbestände lassen sich die Tendenzen der Kurvenverläufe optisch sehr unterschiedlich darstellen. Zusätzlich kann der so erzeugte Eindruck durch Stauchung oder Dehnung des Maßstabes sowie durch Nullpunktunterdrückung beeinflusst werden. Punkt- oder Liniendiagramme werden sehr oft zum Vergleich verschiedener Größen benutzt, die über demselben Abszissenmerkmal ! meist der Zeit ! aufgetragen sind. Handelt es sich um Größen der selben Dimension, so reicht eine Ordinatenskala aus. Andernfalls sind unterschiedliche Skalen erforderlich; mehr als zwei sollten es aber nicht sein, da sonst die Darstellung zu unübersichtlich wird. Man sollte immer nur solche Größen gemeinsam in einem Diagramm aufzeichnen, die miteinander in einer technischen oder wirtschaftlichen Beziehung stehen. Die einzelnen in einer solchen Darstellung gezeigten Kurven sollten zeichnerisch gut voneinander unterscheidbar und durch zweckmäßige Beschriftung erläutert sein. Werden zwei
326
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
Ordinatenskalen verwendet, ist eine klare Zuordnung wichtig. Bei der Festlegung der Ordinatenmaßstäbe ist eine lineare Skalierung zwingend, da ein logarithmischer Maßstab für den Vergleich von Werten irreführend ist. Auch Nullpunktunterdrückungen sind in diesem Zusammenhang problematisch. 10
10
8
8
26362-A-04 26362-A-04
A
6
4
C
B
4
D F
E
2
A
6
D
F
E
2
0
C
B
0 0
2
4
6
8
10
10
1
10
10
A
A
C A B C D E F
D F
E
B
1 0
2
4
6
y = 5 + 0,5 x
C D
y = 5 lnx y = 8 (1-exp(-x/3))
B
y = 2 exp(x/5)
E
F
y=x y = 0,1x2 8
1 10
1
10
Abb. 7.7. Einfluss der Maßstabswahl auf den optischen Eindruck einer grafischen Darstellung
Um den Einfluss der Maßstäbe beim Vergleich der zeitlichen Entwicklung mehrerer Größen innerhalb eines Diagramms völlig auszuschalten, kann man sich der Indexdarstellung bedienen (vgl. Abschn. 7.2.2, s. auch Abb. 2.3). Aufgrund der Maßstabsnormierung lassen sich die Entwicklungen der einzelnen Größen klarer vergleichen. Die absoluten Werte der als Basis verwendeten Zahlen sollten dabei angegeben werden, falls die Aussagekraft der Darstellung es erfordert und die Daten nicht vertraulichen Charakter haben. 7.3.3
Energieverbrauchsgleichungen
Im Rahmen betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Überlegungen ist eine Vorschau über die Entwicklung des Energiebedarfs, insbesondere im industriellen Bereich unerlässlich. Dies setzt als Grundlage die Kenntnis der Zusammenhänge zwischen dem Energiebedarf und den ihn bestimmenden bzw. beeinflussenden Größen voraus. Schon vor Jahrzehnten wurde darauf hingewiesen, welche Bedeutung einem Auffinden derartiger Korrelationen zukommt (Mueller 1943). Meist ist die analytische Ermittlung eines funk-
7.3 Anwendung für die energietechnische und -wirtschaftliche Praxis
327
tionalen Zusammenhangs nicht möglich. Stattdessen ist es zweckmäßig, sich hier der Regressionsrechnung zu bedienen. Der Ansatz einer Regressionsgleichung will wohlüberlegt sein, da er das Ergebnis der Rechnung ganz entscheidend beeinflusst. Man wird versuchen müssen, aus der Kenntnis über die technischen Möglichkeiten, die energetischen Betriebseigenschaften und die Entwicklungstendenz der industriellen Fertigungsverfahren, den Ansatz möglichst gut den tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Nur so wird man zu einem Ergebnis gelangen, das die Wirklichkeit in möglichst guter Näherung beschreibt und eine technisch sinnvolle Aussage liefert. Werden verschiedenartige Ansätze durchgerechnet, so sollte nicht allein nach mathematischen Gesichtspunkten, z.B. anhand des höchsten Gesamtbestimmtheitsmaßes, auf die beste Wirklichkeitsnähe geschlossen werden. Es müssen gleichzeitig auch die anlagentechnischen und energetischen Gegebenheiten beachtet und bewertet werden. Ein solcher Ansatz gründet normalerweise auf der Tatsache, dass der industrielle Energiebedarf einer Fertigungsanlage bzw. eines Fertigungsverfahrens in der Regel linear von der Fertigungsmenge abhängt. Er setzt sich zusammen aus dem fertigungsabhängigen und einem fertigungsunabhängigen Anteil, welcher stets positiv ist. Somit lautet die Grundform:
E = E0 + e ⋅ m
(7.41)
mit E0: Fertigungsunabhängiger Energiebedarf (auch als „Grundbedarf“ bezeichnet) e: Spezifischer Energiemehrbedarf je Fertigungseinheit m: Fertigungsmenge Die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen den monatlichen Werten des Stromverbrauchs und der Fertigung eines Schmiedebetriebes (s. Abb. 7.8) führt z.B. zu der Regressionsgleichung W = 15 + 0,35 ⋅ F mit W Monatlicher Stromverbrauch in MWh F Monatliches Einsatzgewicht in t. Die Gleichung besagt, dass der Betrieb einen fertigungsunabhängigen Grundverbrauch von rd. 15 MWh im Monat hat, und dass für eine Produktionserhöhung um eine Tonne zusätzlich 350 kWh aufgewendet werden müssen. Beide Angaben stellen durchschnittliche Werte dar. Die Straffheit dieses statistischen Zusammenhangs wird durch das Bestimmtheitsmaß B = 94 % ausgedrückt. Das bedeutet, dass sich 94 % der
328
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
Veränderungen des Stromverbrauchs durch eine Änderung der Fertigungsmenge innerhalb des Erfahrungsbereiches erklären lassen. 300
MonatlicherStromverbrauch Stromverbrauchin inMWh MWh Monatlicher
26363-A-04 26363-A-04
250
200
150
100
50
0 0
100
200
300
400
Monatliche Fertigung in t
500
600
700
y = 0,3493x + 15,008 R2 = 0,9409
Abb. 7.8. Stromverbrauch und Fertigungsmenge eines Industriebetriebes
Die Bezeichnung „fertigungsunabhängig“ ist nicht ganz korrekt, falls es sich um die Analyse des Energieverbrauchs von Betrieben oder Betriebsgruppen handelt. Selbst bei gleichbleibendem Fertigungsverfahren ändert sich der Grundbedarf mit der Anzahl bzw. der Auswahl der eingesetzten Anlagen. Der fertigungsunabhängige Anteil des Energiebedarfs gilt also immer nur für solche Intervalle der Fertigung, in denen die Anzahl und die Betriebsdauer der an der Fertigung beteiligten Maschinen und Anlagen gleich bleibt. Veränderungen in Anzahl und Art der eingesetzten Fertigungsanlagen wie auch Veränderungen der Fertigungsverfahren bewirken den Übergang auf einen anderen, ebenfalls wieder linearen Zusammenhang zwischen der Fertigung und dem Energieeinsatz, der dann wiederum aus einem fertigungsabhängigen und einem positiven fertigungsunabhängigen Anteil besteht. Grundsätzlich gelten somit die Ansätze und mithin auch die ermittelten Gleichungen, die auch als energetische Kennlinien bezeichnet werden, nur für unveränderte technische Ausrüstung sowie gleichbleibende Art und Parameter der Fertigung. Eine wichtige Aufgabe besteht also darin, die Veränderungen des Zusammenhangs zwischen dem Energiebedarf und seinen Bestimmungs- und Einflussgrößen aufgrund der Veränderungen von maschineller Ausrüstung oder Fertigungsdaten zu bestimmen. Hier ist vor allem der Einfluss der Mechanisierung auf den Energiebedarf von Interesse.
7.3 Anwendung für die energietechnische und -wirtschaftliche Praxis
329
Verbrauchsgleichungen können grundsätzlich auf allen Ebenen aufgestellt werden, angefangen von einer einzelnen Maschine oder Anlage, über eine Fertigungsgruppe hin zu einem Betrieb, aber auch darüber hinaus für Industriezweige, bis hin zur gesamten Industrie einer Volkswirtschaft. Je höher aggregiert die Betrachtungsebene ist, desto vielfältiger und schwieriger fassbar sind die Einflüsse auf den Zusammenhang zwischen Energieverbrauch und Produktion. Wieweit das Ergebnis einer Regressionsrechnung durch die Wahl von Jahres-, Monats- oder Tageswerten beeinflusst wird, ist eine weitere Frage bei der Aufstellung von Verbrauchsgleichungen. Der Vorteil der Verwendung von Jahreswerten liegt vor allem in dem damit zwangsläufig gegebenen Ausgleich saisonaler Schwankungen. Nachteilig ist jedoch, dass die berechneten Zusammenhänge sehr häufig zu technisch und logisch nicht mehr deutbaren Ergebnissen führen. Werden nämlich Zeiträume zusammengefasst, in denen sich die maschinelle Ausrüstung und u.U. damit auch die Fertigungstechnologie änderte, so sind u.U. wesentliche Einzelheiten der Entwicklung nicht mehr erkennbar. Ein typisches Beispiel hierfür ist der industrielle Stromverbrauch in einer Volkswirtschaft. In Abb. 7.9 sind die Monatsmittelwerte des Stromverbrauchs der gesamten Verarbeitenden Industrie in der Bundesrepublik Deutschland für die Jahre 1960 bis 1994 über dem jährlichen Nettoproduktionsindex aufgetragen. Wie ersichtlich, weist diese Korrelation einen negativen Grundbedarf auf. Ein solcher Zusammenhang ist jedoch technisch nicht erklärbar. Unterzieht man stattdessen die 12 Monatswerte einzelner Jahre einer entsprechenden Regressionsanalyse, so zeigt sich sehr wohl ein positiver Grundbedarf. Der durch Regressionsanalyse errechnete Zusammenhang gilt nur für den Erfahrungsbereich, der durch die Einzelwerte des betrachteten Zeitraums gebildet wird. Eine Extrapolation der Regressionskurve über den Erfahrungsbereich hinaus ist problematisch. Wenn trotzdem die Kennlinien in Abb. 7.9 linear nach links verlängert wurden, so dient das lediglich dem Zweck, den jeweiligen Grundanteil sichtbar zu machen, der ebenso wie das Steigungsmaß ein rechnerischer Parameter für die Beschreibung der Kennlinie ist. Im Gegensatz zu den Kennlinien einzelner Anlagen hat man es bei der Untersuchung hoch aggregierter Bereiche mit ökonometrischen Zusammenhängen zu tun, die ein komplexes Resultat aus den technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Gegebenheiten der Einzelelemente darstellen. Entsprechend muss bei der Interpretation solcher Kennlinien nach anderen Erklärungen gesucht werden.
330
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
So geht aus Abb. 7.9 deutlich hervor, dass der industrielle Stromverbrauch zunehmend höhere Grundanteile hat. Das ist vor allem zurückzuführen auf die steigende Mechanisierung und Automatisierung und den erhöhten Regelungsaufwand der Produktionsvorgänge, da die dazu notwendigen Hilfsenergien weitgehend von der Kapazitätsausnutzung der Anlagen unabhängig sind. Eine Rolle spielt auch das erhebliche Anwachsen des indirekten Verbrauchs z.B. für Beleuchtung und Raumkonditionierung. Im Gegensatz dazu sind die Änderungen bei dem mit dem Nettoproduktionswert verknüpften Steigungsmaß in der Hauptsache auf eine Substitution von Brennstoffen durch Strom zurückzuführen, sei es durch Änderungen in der Verfahrenstechnik (z.B. mechanisches statt thermischem Trocknen) oder in der Anlagentechnik (z.B. elektrische statt brennstoffbeheizte Öfen). 16
14
82 19
Monatlicher Stromverbrauch in TWh
12
75 19 10
19
70
8
65 19 6
6 19
0
26364-A-04 26364-A-04
4
2
0 0%
20%
40%
60%
80%
100%
120%
Nettoproduktionsindex (1985 = 100 %)
Abb. 7.9. Stromverbrauch in der Verarbeitenden Industrie
140%
7.3 Anwendung für die energietechnische und -wirtschaftliche Praxis
331
Die Korrelationsrechnung wird hauptsächlich dort angewendet, wo die Einflüsse von zwei oder mehr Parametern auf den Energieverbrauch analysiert werden sollen. Ein Beispiel hierfür ist die Untersuchung des täglichen Heizwärmebedarfs einer allelektrisch versorgten Siedlung, bestehend aus 52 Einfamilienhäusern mit Direktheizung (Rouvel 1969). Für die Quantifizierung der als relevant vermuteten Einflüsse wurden folgende Einflussgrößen gebildet: • für den Einfluss der Tagesmitteltemperatur: die Differenz zwischen der Innentemperatur ϑi = 20 °C und dem jewei1 ligen Tagesmittelwert ϑa( ) der Außentemperatur, in K; • für den Einfluss der Dreitagesmitteltemperatur: die Differenz zwischen der Innentemperatur ϑi = 20 °C und dem Drei3 tagesmittel ϑa( ) der Außentemperatur aus dem aktuellen Tag und den beiden vorangegangenen Tagen, in K, • für den Einfluss der Luftbewegung:(1) das jeweilige Tagesmittel v ⋅ Δϑ in (m/s)*K der Viertelstundenwerte des Produkts aus der Windgeschwindigkeit v und der Differenz Δϑ zwischen 20 °C Innentemperatur und der Außentemperatur;
(
)
• für den Einfluss der Sonneneinstrahlung: die jeweilige Tagessumme IS in kWh/m² der Sonneneinstrahlung auf eine senkrechte Fläche. Für den täglichen Heizwärmeverbrauch W der Siedlung wurden vier Regressionsansätze aufgestellt, deren Ergebnisse nachstehend miteinander verglichen sind: 1. Ansatz: Berücksichtigung der Tagesmitteltemperatur:
W = W0 + Wϑ( ) 1 = − 691,5 kWh + 337,59 kWh/K ⋅ 20 − ϑa( ) K 1
(
)
2. Ansatz: Berücksichtigung von Tagesmitteltemperatur, Luftbewegung und Sonneneinstrahlung:
W = W0 + Wϑ( ) + Wv;ϑ + WI 1 = − 332, 9 kWh + 304,77 kWh/K ⋅ 20 − ϑa( ) K 1
(
+ 10, 29 kWh/(m/s)/K ⋅ v ⋅ Δϑ − 187,50 kWh/(kWh/m 2 ) ⋅ IS
)
(1 )
(
)
332
7 Gewinnen und Verarbeiten von Daten
3. Ansatz: Berücksichtigung der Dreitagesmitteltemperatur:
W = W0 + Wϑ( ) 3 = − 1100,8 kWh + 364, 58 kWh/K ⋅ 20 − ϑa( ) K 3
(
)
4. Ansatz: Berücksichtigung von Dreitagesmitteltemperatur, Luftbewegung und Sonneneinstrahlung:
W = W0 + Wϑ( ) + Wv;ϑ + WI 1 = − 709,3 kWh + 335,54 kWh/K ⋅ 20 − ϑa( ) K 1
(
)
+ 8,08 kWh/(m/s)/K ⋅ v ⋅ Δϑ − 180,12 kWh/(kWh/m 2 ) ⋅ IS
(1 )
(
)
Bei allen Ansätzen ergibt sich ein negativer Grundanteil W0. Zu erklären ist das damit, dass für Außentemperaturen oberhalb etwa +15 °C kein Wärmebedarf auftritt und somit der Zusammenhang zwischen Wärmebedarf und Außentemperatur dort einen Knick aufweist. Bei einer derartigen Datenanalyse ist es daher wichtig, die Betrachtung auf Tage innerhalb der Heizperiode zu beschränken. Die vergleichbaren Koeffizienten unterscheiden sich zwischen den einzelnen Ansätzen z.T. erheblich voneinander. Das bedeutet, dass die einzelnen Einflussgrößen in den verschiedenen Ansätzen sehr unterschiedlich gewichtet werden. Zur Ermittlung dieser Struktur kann man in die Gleichung des jeweiligen Ansatzes für jeden Parameter den Mittelwert aller betrachteten Elemente einsetzen. Man stellt damit fest, zu welchem Prozentsatz die einzelnen Terme der rechten Seite der Ansatzgleichung am Mittelwert der abhängigen Variablen ! also am mittleren täglichen Heizwärmeverbrauch W ! beteiligt sind. Die Gleichung muss dabei in jedem Fall aufgehen, da definitionsgemäß der Schwerpunkt der Einzelelemente auf der Regressionsgeraden liegt, vgl. Gl.(7.33). Tabelle 7.3 enthält diesen Strukturvergleich. Darüber hinaus sind die Werte des Vertrauensbereichs des Grundanteils, Va nach Gl.(7.36), bezogen auf W wiedergegeben, sowie das Bestimmtheitsmaß. Als Ergebnis zeigt sich im vorliegenden Fall, dass sich mit Hilfe der Dreitagesmitteltemperatur eindeutig bessere Korrelationen herstellen lassen als auf der Basis der Eintagesmitteltemperatur. Das ist plausibel, da durch die Speicherfähigkeit der Gebäudewände Veränderungen der Außentemperatur erst zeitverschoben wirksam werden. Eine weitere Verbesserung der
7.3 Anwendung für die energietechnische und -wirtschaftliche Praxis
333
Korrelation lässt sich durch die Hinzunahme der Einflussfaktoren „Luftbewegung“ und „Sonneneinstrahlung“ erreichen. Derartige Einflussgrößenrechnungen können für Prognosen sehr nützliche Entscheidungshilfen liefern. Tabelle 7.3.
Analyse verschiedener Ansätze für eine lineare Regression
Ansatz Nr. Berücksichtigte Parameter:
1
ϑa(1)
2
3
ϑa(1) ;
ϑa(3)
( v ⋅ Δϑ )
(1 )
4
ϑa(3) ;
( v ⋅ Δϑ )
; IS
(1 )
; IS
W0 W
! 13,9 %
! 6,7 %
! 22,1 %
! 14,2 %
Wϑ W
113,9 %
102,9 %
122,1 %
112,3 %
Wv;ϑ W
WI W
10,2 %
8,0 %
! 6,4 %
! 6,1 %
Summe
100 %
100 %
100 %
100 %
Va W
27,5 %
22,2 %
21,9 %
16,5 %
85,65 %
90,80 %
90,84 %
94,93 %
B
Anhang: Übungsaufgaben Die folgenden Übungsaufgaben enthalten ausgewählte Anwendungen des Stoffes anhand realitätsnaher Rechenbeispiele.
1
Stationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2)
1.1
Erdgasbeheizter Schmiedeofen
Ein erdgasbeheizter Schmiedeofen hat einen Nenndurchsatz von 2000 kg/h. In der nachfolgenden Tabelle sind folgende Energiebilanzdaten aufgeführt: Durchsatz
kg/h
0
1000
Aktivenergie
kWh/h
Ausstrahlungsverluste
kWh/h
60
110
Abgasverluste
kWh/h
240
610
Wandverluste
kWh/h
100
100
Bodenverluste
kWh/h
200
200
Gesamtverbrauch
kWh/h
Spezif. Energieverbrauch
kWh/kg
Wirkungsgrad
2000
220
%
Sämtliche energetischen Einzelposten seien linear vom Durchsatz abhängig. 1. Wie groß ist der spezifische Aktivenergiebedarf?
ΔhA =
PA 220 kWh h kWh = = 0, 22 G m 1000 kg h kg
2. Vervollständigen Sie die obenstehende Tabelle! Die Aktivenergie (mittlere Aktivleistung) ist im Leerbetrieb (d.h. beim Durchsatz 0) gleich Null. Im Nennbetrieb beträgt die Aktivleistung
336
Anhang: Übungsaufgaben
N ⋅ ΔhA = 2000 kg h ⋅ 0, 220 kWh kg PA,N = m = 440 kWh h Aufgrund des linearen Zusammenhanges lässt sich aus den bekannten Leistungen bei den Durchsätzen m 2 die Leistung P beim 1 und m berechnen: Durchsatz m
) = P (m 1 ) − ⎡⎣ P ( m 1 ) − P (m 2 ) ⎤⎦ ⋅ P (m
1 − m m 1 − m 2 m
Auf diese Weise lassen sich für sämtliche Einzelposten der Leistungsbilanz die Werte für den Nennbetrieb errechnen. Auch für die Aktivleistung ist dies eine alternative Berechnungsmöglichkeit. Die gesamte zugeführte Leistung erhält man nach Gl.(2.3) durch Aufsummieren aller Verlustleistungen sowie der Aktivleistung:
Pzu = PA + ∑ PV . Spezifischer Energieverbrauch nach Gl.(2.18): e = Wirkungsgrad nach Gl.(2.16): η =
PA . Pzu
Pzu . m
Damit lautet die vervollständigte Tabelle: Durchsatz
kg/h
0
1000
2000
Aktivenergie
kWh/h
0
220
440
Ausstrahlungsverluste
kWh/h
60
110
160
Abgasverluste
kWh/h
240
610
980
Wandverluste
kWh/h
100
100
100
Bodenverluste
kWh/h
200
200
200
Gesamtverbrauch
kWh/h
600
1240
1880
Spezif. Energieverbrauch
kWh/kg
4
1,24
0,94
%
0
17,7
23,4
Wirkungsgrad
1 Stationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2)
1.2
337
Vergleich von zwei Spänetrocknern
Ein Hersteller von Spanplatten besitzt zwei Spänetrockner mit unterschiedlichem technischem Grundkonzept: Trockner 1 ist ein direkt befeuerter Düsenrohrtrockner. Bei diesem Förderlufttrockner werden die Späne in einem zwischen 300 und 500 °C heißen Gasstrom verwirbelt. Dabei werden sie sehr rasch getrocknet und anschließend in einem Zentrifugalabscheider aus dem Gasstrom entfernt. Ein Teil des noch etwa 120 °C warmen Abgases wird der Verbrennungsluft beigemischt und so zum Brenner rückgeführt. Trockner 2 ist ein Kontakt-Drehröhren-Muldentrockner. In einem Trog mit halbkreisförmigem Querschnitt dreht sich langsam ein mittels Dampf oder Heißwasser beheiztes Röhrenbündel. Eine Anzahl mit drehender Schaufeln streichen an der Trogwand vorbei, heben die Späne immer wieder an und lassen sie auf die Röhren fallen. Dabei werden die Späne langsam in axialer Richtung weitergefördert. Der benötigte Luftdurchsatz ist wesentlich geringer, da er lediglich zur Abfuhr des verdampften Wassers dient. Die wichtigsten technischen Daten sind nachfolgend zusammengestellt:
1 2
Trockner 1
Trockner 2
Maximale Trocknungsleistung 1
6 t/h
4 t/h
dabei: spezif. Energieverbrauch 2
1,5 kWh/kg
1,0 kWh/kg
Ort des Energieeinsatzes
integrierter Brenner
externer Wärmeerzeuger
Energieverbrauch im Leerbetrieb
2000 kW
3000 kW
Mittlere Verweildauer der Späne
1 min.
15 min.
Brandrisiko und Staubemissionen
hoch
gering
Stündliche Wasserverdampfung Bezogen auf verdampfte Wassermenge
Zeichnen Sie die energetischen Betriebskennlinien bzw. -kennfelder für die möglichen Betriebsfälle und geben Sie für den gesamten Betriebsbereich die energetisch günstigste Einsatzweise der beiden Anlagen an! Zeichnen Sie den Verlauf der Aktivleistung ebenfalls ein!
338
Anhang: Übungsaufgaben
An welche Voraussetzungen ist die Gültigkeit des optimalen Fahrplans gebunden? Im Fall eines thermischen Trocknungsprozesses ist für die spezifische Aktiventhalpie die spezifische Verdampfungsenthalpie von Wasser bei Umgebungstemperatur zu setzen. Es ist also: ΔhA = r = 2450 kJ kg . Im Nennpunkt ist die Aktivleistung N ⋅ ΔhA nach Gl.(2.15): PA,N = m der Energieverbrauch N ⋅ eN nach Gl.(2.18): Pzu,N = m
für Trockner 1
für Trockner 2
= 4083 kW
= 2722 kW
= 9000 kW
= 4000 kW
Aus dem nachfolgenden Diagramm ist ersichtlich, dass sich die Kennlinien der beiden Trockner schneiden.
13000 12000
Tr.1:
max
:var /Tr.2
:m Tr .1 :v ar /T r.2
10000
r.2 :L B
9000 8000
Tr .1 :v ar /T
7000 6000
LB/T Tr.1:
ar r.2:v
5000
Tr .1
Leistungsaufnahme in kW
26443-A-05 26443-A-05
ax
11000
Tr.2
4000
S
Ak
3000
lei tiv
ng stu
2000 1000 0 0
1
2
3
4
5
6
7
Verdampfungsleistung in t/h
Energetische Kennlinien zweier Spänetrockner
8
9
10
1 Stationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2)
339
Berechnung des Schnittpunktes S:
Pzu,S = Pzu,LB,1 + ( Pzu,N,1 − Pzu,LB,1 ) ⋅
S m N,1 m
= Pzu,LB,2 + ( Pzu,N,2 − Pzu,LB,2 ) ⋅
S m N,2 m
= 3273 kW S = m
Pzu,LB,2 − Pzu,LB,1 = 1,09 t h Pzu,N,1 − Pzu,LB,1 Pzu,N,2 − Pzu,LB,2 − N,1 N,2 m m
Energetisch günstigste Einsatzweise unter der Voraussetzung, dass jeweils nur einer der beiden Trockner betrieben wird:
≤ 1, 09 t h : 0t h<m ≤4t h : 1, 09 t h < m ≤6t h : 4t h<m
Trockner 1 Trockner 2 Trockner 1
Dieser Fahrplan gilt nur für quasistationären Betrieb im jeweiligen Bereich ohne Berücksichtigung des Anheizverbrauchs. Ein Wechsel zwischen den beiden Trocknern ist somit ausgeschlossen. Das entspricht oft nicht den realen Betriebsbedingungen. Im übrigen ist zu bezweifeln, ob im Bereich kleiner Auslastung speziell bei Trockner 1 noch die Linearität der Kennlinie angenommen werden darf, da der Förderluftstrom nicht beliebig reduziert werden kann. Unter Zugrundelegung des gleichen Leerbetriebsverbrauchs könnte dies zu der gestrichelt gezeichneten Kennlinie führen, die für den Trockner 1 ein günstigeres Bild ergibt. Für den Fall, dass beide Trockner in Betrieb sind, liegen die Betriebspunkte bei beliebiger Aufteilung der Trocknungsleistung auf die beiden Anlagen innerhalb eines Kennfeldes in Form eines Parallelogramms. Der energetisch optimale Fahrplan sieht dann so aus: Betriebsbereich
Trockner 1
Trockner 2
≤4t h 0t h<m
Leerbetrieb
Variable Auslastung
≤ 10 t h 4t h<m
Variable Auslastung
Nennbetrieb
340
2
Anhang: Übungsaufgaben
Instationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2)
In einem gasbeheizten Durchlaufofen werden Stahlteile von 20 auf 770 °C erwärmt. Mittlere spezifische Wärmekapazität von Stahl: c = 630 J/kg/K. Für die Zustände des Leerbetriebs und des Nennbetriebs sind folgende Energiebilanzen gegeben:
Aktiv-Leistung Oberflächenverluste Abgasverluste Zugeführte Leistung 1.
Leerbetrieb
Nennbetrieb
0 kW
42 kW
15 kW
15 kW
3 kW
11 kW
18 kW
68 kW
Wie groß sind Durchsatz, Wirkungsgrad und spezifischer Energieverbrauch im quasistationären Nennpunkt?
ΔhA = c Δϑ = 630 J kg K ⋅ ( 770 − 20 ) K =0,131 kWh kg Nenndurchsatz, nach Gl.(2.15): PA,N
42 kW = 320 kg h ΔhA 0,131 kWh kg Nennwirkungsgrad, nach Gl.(2.16): N = m
ηN =
PA,N Pzu,N
=
=
42 kW = 61, 8 % 68 kW
Spezifischer Energieverbrauch im Nennpunkt, nach Gl.(2.18):
eN = 2.
Pzu,N 68 kW ΔhA = = 0, 2125 kWh kg = N m 320 kg h ηN
Gegeben ist die nachfolgende Abkühlkurve des Ofeninnenraums. Ermitteln Sie daraus die Zeitkonstante des ersten Gliedes der Anlage!
2 Instationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2)
341
800 26444-A-05 26444-A-05
750
Temperatur des Ofeninnenraums in °C
700 650 600 550 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11 12 13 14 Abkühlzeit in h
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
Abkühlkurve des Ofeninnenraums
Für eine reale Anlage ist eine Zeitnormierung nach Gl.(2.30) oft nicht möglich, da der wärmetechnische Aufbau dafür zu komplex ist und die Daten der Bauteile meist auch gar nicht im einzelnen bekannt sind. Dann kann die Zeitkonstante in Anlehnung an Gl.(2.43) nur in nichtnormierter Form ermittelt werden:
TK,1 ≈
t2 − t1
⎛ ϑ ( t1 ) − ϑa ln ⎜⎜ ⎝ ϑ ( t2 ) − ϑa
⎞ ⎟⎟ ⎠
.
Die nachfolgende Abbildung zeigt die entsprechende Auswertung der Abkühlkurve. Um ein möglichst unverfälschtes Ergebnis für die Zeitkonstante zu erhalten, sollte der Zeitpunkt der ersten Messung, also t1, mindestens 4, besser 5 Stunden nach Auskühlbeginn liegen, und der Abstand der beiden Messzeitpunkte, also (t2 - t1), sollte mindestens 2 Stunden betragen. Für t1 = 5 h und t2 = 7 h ergibt sich:
TK,1 ≈
(7 − 5) h ⎛ 558 − 20 ⎞ ln ⎜ ⎟ ⎝ 508 − 20 ⎠
= 20, 5 h
Achtung! Die genannten Regeln können nicht verallgemeinert werden! Es empfiehlt sich deshalb, eine Messreihe über einen
342
Anhang: Übungsaufgaben
genügend langen Zeitraum aufzunehmen und so wie hier auszuwerten. 21 3 1h 2h h4h 5h
20 19 18 17
Abstand der Messzeitpunkte
15 14 13 12
26445-A-05 26445-A-05
Zeitkonstante in h
16
11 10 9 8 7 6 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Zeitpunkt der ersten Messung in h
Zur Ermittlung der Zeitkonstante
3.
Wie groß ist der Anheizfaktor, wenn beim Anheizen der Anlage die gleiche Leistung wie im Nennbetrieb zugeführt wird und die Abgasverluste ebenfalls dem Nennbetrieb entsprechen? Nach Gl.(2.44) ist
FAn = 4.
Pzu,N − PV,Abgas,N PV,Ob
=
( 68 − 11) kW 15 kW
= 3, 8
Ermitteln Sie die erforderlichen Anheizzeiten für eine Pausenzeit von 8, 16 und 24 h, damit am Ende der Pause der Ofen wieder seine stationäre Innentemperatur von 800 EC hat.
Mit Gl.(2.45): TAn = TK,1
⎡ ⎤ ⎢ ⎥ FAn ⎢ ⎥ ln ⎢ , ⎛ TU ⎞ ⎥ ⎢ F − 1 + exp ⎜ − ⎥ ⎜ T ⎟⎟ ⎥ ⎢ An K,1 ⎝ ⎠⎦ ⎣
errechnen sich folgende Anheizzeiten:
2 Instationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2)
Pausendauer Anheizzeit 5.
TU = TAn =
343
8h
16 h
24 h
1,82 h
3,15 h
4,11 h
Ermitteln die energetischen Betriebskennlinien in Abhängigkeit von der Fertigungsmenge für den werktäglichen Betrieb in 1, 2 und 3 Arbeitsschichten von je 8 h Dauer. Der gesamte Betrachtungszeitraum ist ein Werktag: TGes = 24 h. Entsprechend der Anzahl der Schichten teilt er sich auf in die Betriebszeitspanne und die dazwischen liegende Unterbrechungszeit. Während der Betriebszeit muss der Ofen immer auf Betriebstemperatur gehalten werden. In der Unterbrechungszeit kühlt der Ofen ab und muss gegen Ende rechtzeitig angeheizt werden. Anzahl der Schichten Betriebsausnutzung
nB =
1
2
3
1/3
2/3
1
Betriebszeit
TB =
8h
16 h
24 h
Unterbrechungszeit
TU =
16 h
8h
0h
3,15 h
1,82 h
0h
Anheizzeit
TAn =
Der mögliche Produktionsumfang ist durch folgende Bedingungen begrenzt: • Kleinstwert (min): Es wird nichts produziert; in der Betriebszeit findet nur Leerbetrieb statt. • Höchstwert (max): Die maximale Produktion ist nur möglich, wenn während der Betriebszeit kein Leerbetrieb stattfindet, sondern ständig mit 100 % Leistungsausnutzung gefahren wird. Nach Gln.(2.53 bis 55) bedeutet das Gleichheit von Betriebsund Arbeitsausnutzung. Die Fertigungsmenge errechnet sich aus Gl.(2.52): N TGes mGes = nA m Der gesamte Energieverbrauch ergibt sich aus der Summe seiner Bestandteile: • • •
in der Hauptnutzungszeit, nach Gl.(2.56): Ezu,H = Pzu,N TH ;
in der Leerbetriebszeit, nach Gl.(2.57): Ezu,LB = Pzu,LB TLB ; in der Unterbrechungszeit, nach Gl.(2.58): Ezu,U = Pzu,N TAn .
344
Anhang: Übungsaufgaben
Anzahl der Schichten
1
Produktionsumfang
2
min max
3
min
max
min
max
Betriebsausnutzung
nB = 1/3
1/3
2/3
2/3
1
1
Arbeitsausnutzung
nA =
0
1/3
0
2/3
0
1
Hauptnutzungszeit
TH =
0h
8h
TLB =
8h
0 h 16 h
Leerbetriebszeit Fertigungsmenge [t/d]
mGes =
0 2,56
0 h 16 h
0 h 24 h
0 h 24 h
0h
0 5,12
0 7,68
Energieverbrauch gesamt [kWh/d] Ezu,Ges = 358
758
412 1212
432 1632
•
davon in Hauptnutzungszeit
0
544
0 1088
0 1632
•
davon in Leerbetriebszeit
Ezu,LB = 144
0
288
0
432
0
•
davon in Unterbrechungszeit
Ezu,U = 214
214
124
124
0
0
Ezu,H =
Die linearen Kennlinien liegen jeweils zwischen den Punkten minimaler und maximaler Fertigung. Die Kennlinie für den Dreischichtbetrieb ( TU = 0 h ) entspricht der stationären Betriebskennlinie. Der ebenfalls mit eingetragene Extrempunkt eines „Nullschichtbetriebs“ markiert die untere Ecke des vollständigen Betriebskennfeldes. Hierbei ist TB = 0 h und TU = 24 h und somit TAn = 4,11 h; der Ofen wird einmal am Tag angeheizt, um dann sofort wieder abzukühlen. Der Energieverbrauch ist damit Ezu,Ges = Ezu,U = 279 kWh. 6. Wie groß ist der spezifische Energieverbrauch für die drei Betriebsweisen bei jeweils maximalem Produktionsumfang? Nach Gl.(2.67) ist eGes = Anzahl der Schichten TH [h] = eGes [kWh/kg] = eGes / eN =
Ezu,Ges mGes
:
1
2
3
8h
16 h
24 h
0,2963
0,2367
0,2125
1,39
1,11
1,0
2 Instationäre Betriebskennlinien (zu Kap. 2)
345
1800 26446-A-05 26446-A-05
Energieverbrauch gesamt [kWh/d]
1600 1400 1200 Anzahl der Arbeitsschichten: 3
1000 800
2
600 1
400 0
200 0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
Fertigungsmenge [t/d]
Energetische Betriebskennlinien
3
Heizwärmebedarf von Gebäuden (zu Kap. 3)
In Anlehnung an DIN V 4108-6 soll der jährliche Heizwärmebedarf eines Einfamilienhauses ermittelt werden. Zu untersuchen sind dabei zwei in der Bauausführung unterschiedliche Varianten: Haus 1 Mauerwerk: Vollsteine (Dichte: 1400 kg/m³); keine Wärmedämmschicht, Haus 2 Mauerwerk: Voll/Hochlochklinker (Dichte: 2000 kg/m³); Wärmedämmung: Polystyrol-Hartschaum (Dichte: 40 kg/m³) Für die Außenwände sind folgende Werte gegeben: Schichtdicke d [m]
Wärmeleitfähigkeit λ [W/m/K]
Schicht:
Haus 1
Haus 2
Haus 1
Haus 2
Außenputz
0,02
0,03
0,21
0,70
Dämmschicht
0
0,06
Mauerwerk
0,24
0,24
Innenputz
0,015
0,015
0,04
1
0,63 2)
0,96
3
0,7
0,35
) )
346
Anhang: Übungsaufgaben
Die folgenden charakteristischen Daten gelten für beide Ausführungen: Wohnfläche: Innenraumvolumen: Bauwerksvolumen brutto: Luftwechselrate: Innenraumtemperatur: Interne Wärmequellen:
134 m2 VR = 352 m3 441 m3 (aus den Außenmaßen) n = 0,8 h!1 20 °C 5 W je m2 Wohnfläche
1 Berechnen Sie die Wärmedurchlasswiderstände R sowie die Wärmedurchgangskoeffizienten U der Außenwände beider Häuser. Aus den Schichtdicken und den Wärmeleitfähigkeiten berechnet sich der Wärmedurchlasswiderstand nach Gl.(3.10), z.B. für das Mauerwerk von Haus 1:
Rλ =
d
λ
=
0, 24 m = 0, 381 m 2 K W 0,63 W m K
Für die Außen- und Innenoberfläche sind die (unterschiedlichen!) Wärmeübergangswiderstände der Norm zu entnehmen: 2 Rα ,a = 0 ,04 m 2K W ; Rα ,i = 0 ,13 m K/W ; Schichtdicke d [m] Schicht:
Haus 1
Wärmeleitfähigkeit λ [W/m/K]
Wärmedurchlasswiderstand R [m²K/W]
Haus 2 Haus 1 Haus 2
Außenoberfläche 0,21
Haus 1
Haus 2
0,04
0,04
0,70
0,095
0,043
0,04
0
1,500
Außenputz
0,02
0,03
Dämmschicht
0
0,06
Mauerwerk
0,24
0,24
0,63
0,96
0,381
0,250
Innenputz
0,015
0,015
0,7
0,35
0,021
0,043
Innenoberfläche
0,13
0,13
Gesamt
0,668
2,006
1,498
0,499
Wärmedurchgangskoeffizient U [W/m²/K]
Der transmissionsbedingte Wärmedurchlasswiderstand ergibt sich dabei durch Summation gemäß Gl.(3.7): RT = Rα ,i + ∑ Rλ +Rα ,a ;
3 Heizwärmebedarf von Gebäuden (zu Kap. 3)
347
der Wärmedurchgangskoeffizient als sein Kehrwert nach Gl.(3.6):
U=
1 . RT
2 Für die einzelnen Bauteile sind die Flächen sowie die Wärmedurchgangskoeffizienten gegeben: U [W/m²/K] Bauteil
Fläche [m²]
Kellerdecke
84
Außenwand
121
Fenster Dach
27 135
Haus 1
Haus 2
0,9 1,498
0,39 1
)
0,499
3
1,4
0,61
0,23
1
)
Ermitteln Sie die spezifischen Wärmeverlustkoeffizienten für die Wärmetransmission, HT, durch die einzelnen Bauteile, sowie für die Lüftung, HV! Die Wärmeleitwerte lassen sich unter Verwendung von Gl.(3.5) ermitteln, also z.B. für die Fenster von Haus 1:
LD = 27 m 2 ⋅ 3 W m 2 K = 81, 0 W K ; Für das Bauteil “Kellerdecke” ist ein Korrekturfaktor42 von 0,5 aus DIN 4108-6 entnommen, somit ist nach Gl.(3.12)
LU = 84 m 2 ⋅ 0, 90 W m 2 K ⋅ 0, 6 = 45, 4 W K ; Der Wärmeverlustkoeffizient für Transmission ergibt sich nach Gl.(4.4) durch Aufsummieren der Werte für die einzelnen Bauteile. Der lüftungsbedingte Wärmeverlustkoeffizient ist nach Gln.(3.13 & .14): H V = n ⋅ VR ⋅ ρ L ⋅ cp = 0, 8 h-1 ⋅ 352 m 3 ⋅ 1, 2 kg m 3 ⋅ 1000 Ws kg K = 95, 4 W K
42
Mit dem Korrekturfaktor wird berücksichtigt, dass • durch den unbeheizten Kellerraum und seine Umschließungsflächen ein zusätzlicher Wärmewiderstand wirksam wird, und • die Temperaturdifferenz zum Erdreich geringer ist als zur Außenluft
348
Anhang: Übungsaufgaben
U [W/m²/K]
Ergebnisse:
Haus 2
L [W/K]
Bauteil
Fläche [m²]
Haus 1
Haus 1
Haus 2
Kellerdecke
84
0,9
0,39
37,8
16,4
Außenwand
121
1,499
0,499
181,2
60,3
Fenster
27
3
1,4
81,0
37,8
Dach
135
0,61
0,23
82,4
31,1
Transmission gesamt
HT =
382,4
145,6
Lüftung
HV =
95,4
95,4
Summe
H=
477,8
241,0
3 Für den Auslegungsfall ist gegeben: Außentemperatur: Operative Raumtemperatur: Luftwechselrate:
ϑa,N = −16 °C
ϑR,N = 20 °C
nN = 0,5 h −1 .
Ermitteln Sie die Norm-Heizlast! Der Norm-Wärmeverlust für Transmission ist nach Gl.(3.2), z.B. für Haus 1:
Φ T,N = HT (ϑR,N − ϑa,N ) = 382, 4 W K ⋅ ( 20 − ( −16 ) ) K = 13766 W Der Norm-Wärmeverlust für Lüftung, z.B. für Haus 1: Φ V,N = n ⋅ VR ⋅ ρ L ⋅ c p ⋅ (ϑR,N − ϑa,N )
= 0, 5 h-1 ⋅ 352 m 3 ⋅ 1, 2 kg m 3 ⋅ 1000 Ws kg K ⋅ ( 20 − ( −16 ) ) K = 2112 W
Je besser die Wärmedämmung, desto stärker fällt der Lüftungswärmeverlust ins Gewicht! Für die notwendige Aufheizleistung nach einer Heizungsunterbrechung während der Nachtstunden ist noch ein Zuschlag von 11 W je m² Wohnfläche zu berücksichtigen:
3 Heizwärmebedarf von Gebäuden (zu Kap. 3)
349
ΦZus = 11 W m 2 ⋅ 134 m 2 = 1474 W Die gesamte Norm-Heizlast erhält man durch Aufsummieren:
ΦN = Φ T,N + Φ V,N + Φ Zus Ergebnisse:
Haus 1
Haus 2
Transmission
[W]
13766
5240
Lüftung
[W]
2112
2112
Aufheizzuschlag
[W]
1474
1474
Gesamte Norm-Heizlast
[W]
17352
8826
4 Berechnen Sie die monatlichen Brutto-Wärmegewinne, bedingt durch Sonneneinstrahlung sowie innere Wärmequellen! In der folgenden Tabelle sind die monatlichen Mittelwerte der Außentemperatur und der solaren Einstrahlung auf senkrechte Flächen der relevanten Himmelsrichtungen für den Referenzort Weihenstephan (repräsentativ für die südbayerische „Region 14“) aufgeführt, außerdem die Zeitdauer jedes Monats. Himmelsrichtung:
Süd
Ost
Nord
tM
ha,M
Isol,M
Isol,M
Isol,M
Monat
[h]
[°C]
[W/m²]
[W/m²]
[W/m²]
Jan
744
- 2,1
58
25
19
Feb
672
- 0,7
100
49
30
Mar
744
3,0
111
76
46
Apr
720
7,3
117
106
64
Mai
744
11,9
116
127
79
Jun
720
15,0
108
124
86
Jul
744
16,7
116
133
85
Aug
744
16,1
124
117
70
Sep
720
12,9
124
86
50
Okt
744
7,9
107
56
32
Nov
720
2,8
68
29
19
Dez
744
- 0,7
46
20
14
350
Anhang: Übungsaufgaben
Für die Gebäudefenster sind nachfolgend die gegebenen Daten zusammengestellt. Es bedeutet: A Fensterfläche (brutto, d.h. einschließlich Rahmen) gz Gesamtenergiedurchlassgrad bei senkrechtem Strahlungseinfall Abminderungsfaktor infolge nicht senkrechten StrahlungsFW einfalls Abminderungsfaktor für den Rahmenanteil, welcher dem FF Verhältnis der durchsichtigen Fläche zur Gesamtfläche der verglasten Einheit entspricht Abminderungsfaktor für Sonnenschutzvorrichtungen FC Abminderungsfaktor für Verschattung FS Durch Multiplikation erhält man als Rechengröße die in DIN V 4108-6 so genannte „effektive Kollektorfläche“: AS = AFS FC FF FW g⊥ . Himmelsric htung:
Süd
Ost
Nord
Haus 1
Haus 2
Haus 1
Haus 2
Haus 1
Haus 2
A [m²]
11
11
11
11
5
5
gz
0,85
0,55
0,85
0,75
0,85
0,75
FW
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
FF
0,75
0,70
0,75
0,70
0,75
0,70
FC
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
FS
1,0
1,0
0,8
0,8
1,0
1,0
AS [m²]
6,31
3,81
5,05
4,16
2,87
2,36
Gemäß Gl.(3.17) errechnet sich z.B. im Januar für die Südfenster von Haus 1 ein solarer Brutto-Wärmegewinn von
Qsol,Jan,Süd = 744 h ⋅ 58 W m 2 ⋅ 6, 31 m 2 = 272 kWh Im folgenden sind die vollständigen Ergebnisse aufgelistet, ebenso wie die inneren Wärmegewinne unter Annahme einer durchschnittlichen Leistung von 5 W je m2 Nutzfläche, woraus sich z.B. für den Januar ergibt: Qint,Jan = 744 h ⋅ 5 W m 2 ⋅ 134 m 2 = 498 kWh
3 Heizwärmebedarf von Gebäuden (zu Kap. 3)
351
Solare Wärmegewinne (brutto) Süd Monat
Ost
Nord
Haus 1
Haus 2
Haus 1
Haus 2
Haus 1
Haus 2
Qint
Jan
272
164
94
77
41
33
498
Feb
424
256
166
137
58
48
450
Mar
521
315
285
235
98
81
498
Apr
532
321
385
317
132
109
482
Mai
545
329
477
393
169
139
498
Jun
491
296
451
371
178
146
482
Jul
545
329
500
411
181
149
498
Aug
582
352
440
362
149
123
498
Sep
563
340
313
257
103
85
482
Okt
502
303
210
173
68
56
498
Nov
309
187
105
87
39
32
482
Dez
216
130
75
62
30
25
498
Jahr
5503
3323
3502
2884
1247
1027
5869
5 Stellen Sie die monatlichen Energiebilanzen der beiden Häuser auf. Als Beispiel ist die Berechnung der Werte für Haus 1 im Januar vorangestellt. Die Wärmeverluste des Gebäudes sind nach Gl.(3.15):
Ql,Jan = H (ϑi − ϑa,Jan ) tJan = 477, 8 W K ⋅ ( 20 − ( −2, 1) ) K ⋅ 744 h = 7857 kWh Die Brutto-Wärmegewinne errechnen sich nach Gl.(3.16) aus der Summe der solaren und der inneren Wärmegewinne:
Qg,Jan = ( 272 + 94 + 41 + 407 ) kWh = 905 kWh
352
Anhang: Übungsaufgaben
Das Gewinn-/Verlustverhältnis ist nach Gl.(3.20):
γ Jan =
905 kWh = 0, 115 7857 kWh
Zur Ermittlung des Ausnutzungsgrades, mit dem die Wärmegewinne für die Beheizung des Gebäudes wirksam werden, sind zunächst folgende Berechnungsschritte notwendig: •
Die wirksame Wärmespeicherfähigkeit ergibt sich bei vereinfachter Berechnung aus dem für Schwerbauweise anzusetzenden Richtwert und dem Bruttovolumen für jedes der beiden Gebäude zu Cwirk = 50 Wh m 3 K ⋅ 441 m 3 = 22, 05 kWh K
•
Die Gebäude-Zeitkonstante errechnet sich damit nach Gl.(3.22) zu 22, 05 kWh K τ= = 46, 15 h für Haus 1, und 477,8 W K 22, 05 kWh K τ= = 91, 50 h für Haus 2. 241,0 W K
•
Unter Ansatz der Bezugs-Zeitkonstante τ 0 = 16 h ergibt sich der Exponent nach Gl.(3.21) zu a = 1 + 46,15/16 = 3,88 für Haus 1, und a = 1 + 91,50/16 = 6,72 für Haus 2.
Damit erhält man den Ausnutzungsgrad nach Gl.(3.19):
ηJan =
1 − 0, 1153,88 = 1, 000 1 − 0, 1151+3,88
Schließlich ist nach Gl.(3.18) der Heizwärmebedarf zu errechnen:
Qh,Jan = 7857 kWh − 1, 000 ⋅ 905 kWh = 6951 kWh . Die vollständigen Ergebnisse sind nachstehend aufgelistet. (Unstimmigkeiten auf der letzten Stelle der Ergebnisse sind rundungsbedingt).
3 Heizwärmebedarf von Gebäuden (zu Kap. 3) Ql
Mt.
Qg
353
γ
Haus 1
Haus 2
Haus 1
Haus 2
kWh
kWh
kWh
kWh
Haus 1
η Haus 2
Haus 1
Qh Haus 2
Haus 1
Haus 2
kWh]
kWh
Jan
7857
3962
905
774
0,115 0,195
1,000
1,000
6951
3189
Feb
6647
3352
1098
891
0,165 0,266
0,999
1,000
5549
2461
Mar
6043
3048
1403
1129
0,232 0,370
0,997
0,999
4644
1920
Apr
4369
2204
1532
1230
0,351 0,558
0,989
0,991
2855
985
Mai
2880
1452
1689
1359
0,586 0,936
0,944
0,897
1286
233
Jun
1720
868
1602
1296
0,931 1,494
0,823
0,654
403
20
Jul
1173
592
1724
1388
1,470 2,346
0,623
0,425
99
1
Aug
1386
699
1670
1335
1,204 1,909
0,716
0,520
191
4
Sep
2443
1232
1462
1165
0,598 0,946
0,940
0,893
1068
191
Okt
4302
2169
1280
1031
0,297 0,475
0,994
0,996
3030
1142
Nov
5917
2984
936
788
0,158 0,264
0,999
1,000
4982
2196
Dez
7359
3711
819
715
0,111 0,193
1,000
1,000
6540
2996
Jahr
52096 26274
16120 13102
37597 15338
Bezogen auf die Wohnfläche bedeutet das einen spezifischen Jahresheizwärmebedarf von • •
277 kWh/m² für Haus 1, und 114 kWh/m² für Haus 2.
Die Berücksichtigung einer Heizgrenze von 15 °C wirkt sich auf das Jahresergebnis in einer Verringerung des Heizwärmebedarfes von rd. 1 % bei Haus 1 und von weniger als 0,1 % bei Haus 2 aus.
354
Anhang: Übungsaufgaben
4
Luft-Wasser-Wärmepumpe (zu Kap. 3) ϑH,Rück 26461-A-05 26461-A-05
ϑH,Vor Q H
Pel,Pu
Q Ob,DL
H m
3
2a Kältemittel: R134a
Verflüssiger
Q Ob,Verfl
Expansionsventil
Kompressoraggregat
2 Q Ob,Kompr
Q Ob,Verd
M
Verdampfer
1a
KM m
4
VL
Q Ob,SL
1
Pel,Kompr
Pel,Vent
ϑL,aus
ϑL,ein
Q L
Schema einer Luft-Wasser-Wärmepumpe
Für einen stationären Betriebspunkt sind folgende Größen gegeben: El. Leistungsaufnahme: Heizleistung: Vor-/Rücklauftemperatur: Außenlufttemperatur: Oberes Druckniveau:
Pel,ges = 3, 175 kW Q H = 10 kW 37 / 30 °C 0 °C 10 bar
Temperaturen des Kältemittels: Zustandspunkt
1
1a
2
2a
3
4
Temperatur [°C]
-5
-4
72
71
34
- 10
4 Luft-Wasser-Wärmepumpe (zu Kap. 3)
355
Ferner seien folgende Daten gegeben: El. Leistungsaufnahme der Umwälzpumpe: . . . . . . . . . . . . . . . 20 W El. Leistungsaufnahme des Ventilators: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 W Luftförderung des Ventilators: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3300 m³/h Wärmeabgabe über die Oberfläche des Verflüssigers: . . . . . . 150 W Wärmeaufnahme über die Oberfläche des Verdampfers: . . . . 100 W 1. Zeichnen Sie den zugehörigen Kreisprozess im log p/h-Diagramm ein! 26464-A-05 26464-A-05
2.2a
3
1.1a 1b
4
Wärmepumpen-Kreisprozess im log p/h-Diagramm
Aus dem Eintrag kann abgelesen werden: Unteres Druckniveau: Kondensationstemperatur im Verflüssiger: Verdampfungstemperatur im Verdampfer: Spezifische Enthalpien: Zustandspunkt h [kJ/kg]
2 bar
ϑKond = 39, 4 °C ϑVerd = ϑ4 = −10 °C
1
1a
2
2a
3
4
397
398
454
453
248
248
356
Anhang: Übungsaufgaben
2. Berechnen Sie die verschiedenen Arten von Leistungszahlen! Die Carnot-Leistungszahl:
εC =
273 + ϑKond 312, 4 K = = 6, 32 ; 49,4 K ϑKond − ϑVerd
Die Prozess-Leistungszahl:
εP =
h2 − h3 454 − 248 = = 3, 68 ≈ 0, 58 ⋅ ε C ; h2 − h1a 454 − 398
Die Anlagen-Leistungszahl:
εA =
Q H 10, 0 kW = = 3, 15 . Pel,ges 3,175 kW
3. Stellen Sie die Energiebilanz des Verflüssigers auf und errechnen Sie daraus den Massenstrom des Kältemittels! Vom Kältemittel an den Verflüssiger abgegebene Leistung:
Q KM,Verfl = Q H + Q Ob,Verfl − Pel,Pu = 10 kW + 150 W − 20 W = 10, 13 kW Massenstrom des Kältemittels:
KM = m
Q KM,Verfl h2a − h3
=
10, 13 kW ⋅ 3600 s h = 178 kg h ( 453-248 ) kJ kg
4. Wie groß ist die Grädigkeit am Pinch-Point des Verflüssigers? Hierzu sind die Temperaturdifferenzen zwischen wärmeabgebendem und wärmeaufnehmendem Medium zu untersuchen, die an jeder Stelle innerhalb des Verflüssigers für die Wärmeübertragung bestimmend sind. Wo die kleinste Temperaturdifferenz auftritt, ist der „Pinch-Point“. Im folgenden Diagramm sind für den hier vorliegenden Wärmeaustausch im Gegenstrom die Temperaturen der beteiligten Medien über dem (relativen) Enthalpiestrom aufgetragen. Dabei kann man annehmen, dass die Deckung der Oberflächenverluste des Verflüssigers sich gleichmäßig über den gesamten Zustandsverlauf des Kältemittels verteilt. Aus dem Diagramm kann man dann eine Grädigkeit von 3,5 K ablesen. Auch wenn man sich als Extremfall vorstellt, dass das eintretende heiße Kältemittel zunächst die Oberflächenverluste zur Gänze deckt und erst
4 Luft-Wasser-Wärmepumpe (zu Kap. 3)
357
nach einer entsprechenden Abkühlung (hier: auf 68 °C) die Heizleistung überträgt, so ändert das an der Grädigkeit so gut wie nichts. 75 26462-A-05 26462-A-05
70
65
Temperatur °C
60
55
50
45
Kältemittel
40
Grädigkeit 35
r Heizwasse
30 0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Rel. Enthalpiestrom
80%
90%
100%
Pinch-Point
Wärmeaustauschdiagramm des Wärmepumpen-Verflüssigers
5. Stellen Sie die Energiebilanz des Verdampfers auf und errechnen Sie daraus die Temperatur der aus dem Verdampfer austretenden Luft! Im Verdampfer wird auf das Kältemittel folgende Leistung übertragen:
KM ( h1 − h4 ) Q KM,Verd = m = 178 kg h ⋅ ( 397 − 248 ) kJ kg / ( 3600 s h ) = 7356 W Aus der Energiebilanz
Q KM,Verd = Q L + Pel,Vent + Q Ob,Verd errechnet sich der Leistungseintrag aus der Außenluft:
Q L = Q KM,Verd − Pel,Vent − Q Ob,Verd = ( 7356 − 60 − 100 ) W = 7196 W Hierfür gilt auch:
Q L = VL ρ L c p, L (ϑL,ein − ϑL,aus )
358
Anhang: Übungsaufgaben
Die Dichte der Luft ist ρ L = 1, 28 kg m , und ihre spezifische isobare Wärmekapazität beträgt unter Berücksichtigung des Feuchteanteils: 3
c p, L = 1, 22 kJ kg K Somit ergibt sich die Temperatur der aus dem Verdampfer austretenden Luft:
Q
ϑL,aus = ϑL,ein − L VL ρL c p, L = 0 °C −
7196 W ⋅ 3600 s h 3300 m h ⋅ 1, 28 kg m 3 ⋅ 1, 22 kJ kg K 3
= −5, 0 °C 6. Diskutieren Sie die Energiebilanz des Kompressor-Aggregates! Aufgenommene elektrische Leistung des Kompressor-Aggregats:
Pel,Kompr = Pel,ges − ( Pel,Pu + Pel,Vent ) = 3175 W − ( 20 + 60 ) W = 3095 W Vom Kompressor-Aggregat wird an das Kältemittel folgende Leistung übertragen:
KM ( h2 − h1 a ) Q KM,Kompr = m
= 178 kg h ⋅ ( 454 − 398 ) kJ kg / ( 3600 s h ) = 2769 W Es verbleibt somit als Wärmeabgabe über die Oberfläche des KompressorAggregats:
Q Ob,Kompr = Pel,Kompr − Q KM,Kompr = ( 3095 − 2769 ) W = 326 W Die tatsächlich auftretenden thermischen Verluste müssen aber deutlich größer sein! Wenn der Elektromotor einen Wirkungsgrad von 80 % aufweist, entspricht dies bereits einem Verlust von 3095 W ⋅ 0, 8 = 619 W . Hinzu kommen die mechanischen Verluste des Kolbenverdichters (Reibung in Kurbelwellenlagern und an Zylinderlaufflächen). Nimmt man hierfür einen mechanischen Wirkungsgrad von 93,5 % an, so kommt man
4 Luft-Wasser-Wärmepumpe (zu Kap. 3)
359
auf einen Gesamtwirkungsgrad des Kompressor-Aggregats von ηKompr,ges = ηMotηKompr,mech = 0, 8 ⋅ 0, 935 = 0, 75 . Die gesamten thermischen Verluste des Kompressor-Aggregats betragen also
Q Kompr,V = (1 − ηKompr,ges ) Pel,Kompr = 0, 25 ⋅ 3095 W = 773 W . Was davon nicht über die Oberfläche des Kompressor-Aggregats abgegeben wird, muss anderweitig abgeführt werden. Als Wärmesenke kommt nur das kalte Sauggas in Frage. Dieses umspült in der meist ausgeführten „hermetischen “ Bauart sowohl den Elektromotor als auch den Verdichter und nimmt dabei die Wärmeleistung
Q KM,SK = Q Kompr,V − Q Ob,Kompr = 773 W − 326 W = 447 W auf. Durch diese „Sauggaskühlung“ des Kompressor-Aggregats beginnt die eigentliche Verdichtung nicht im Punkt 1a, sondern im Punkt 1b, der durch folgende Zustände charakterisiert ist:
p1b = 2 bar (unteres Druckniveau) h1b = h1a +
Q KM,SK KM m
= 398 kJ kg +
447 W s ⋅ 3600 = 407 kJ kg 178 kg h h
ϑ1b = 7 °C (aus Wärmeaustausch-Diagramm abzulesen) Das Sauggas wird dadurch also um weitere 12 K überhitzt, was auch zur zuverlässigen Verhinderung von Flüssigkeitsschlägen im Verdichter erwünscht ist. 7. Wie groß ist die Wärmeabgabe über die Oberfläche der gesamten Anlage? Die Gesamtanlage beinhaltet sowohl wärmeaufnehmende Komponenten (Verdampfer, Saugleitung) als auch wärmeabgebende (KompressorAggregat, Druckleitung, Verflüssiger). Es gibt also innerhalb der Anlage ausgleichende Wärmeströme. Per saldo wird über die Oberfläche der Gesamtanlage folgende Verlustleistung abgegeben:
360
Anhang: Übungsaufgaben
(
Q Ob,WP = Q Ob,Verfl + Q Ob,DL + Q Ob,Kompr − Q Ob,Verd + Q Ob,SL
)
= Pel,ges + Q L − Q H = 3175 W + 7196 W − 10000 W = 371 W 5
Klimaanlage (zu Kap. 3) Fortluft
6
2
Klimaanlage
5
Ventilator
1 Frischluft
Abluft
Absaugleuchte
Zuluft
3
Raum
4
26-130-A 16.11.00
Schema für die Klimatisierung einer Rauminnenzone
Vorgegebene Daten: • • • • •
geforderte Raumlufttemperatur: 22 °C geforderte relative Raumluftfeuchte: 50 % Belegung des Raumes mit einer Person je 10 m² Nutzfläche Wärmeabgabe je Person: 70 W, davon 40 % als latente Wärme Installierte Leistung der Beleuchtungsanlage: 20 W je m² Nutzfläche, davon werden 60 % direkt mit der Abluft ausgetragen, ohne für das Raumklima wirksam zu werden (Absaugleuchten) • Installierte Ventilatorleistung: 6 W je m² Nutzfläche • Zulufttemperatur: 16 °C (Die Zuluft soll um nicht mehr als 6 K kälter sein als die Raumluft, damit das Empfinden von Luftzug vermieden wird).
5 Klimaanlage (zu Kap. 3)
361
1. Ermitteln Sie aus dem h,x-Diagramm die Werte für die spezifische Enthalpie und die Wasserbeladung der Raumluft!
5 1Va 4 M
3 2 2T
1Vb 26-455-B-05 26-465-B-05 26-455-B-05
1
Luftzustände im h,x-Diagramm
Der Zustand der Raumluft ist gegeben durch die Temperatur und die relative Feuchte: ϑ4 = 22 °C ; ϕ 4 = 50 % . Aus dem h,x-Diagramm sind spezifische Enthalpie und Wasserbeladung abzulesen: h4 = 43 kJ kg ; x4 = 8, 3 g kg . 2. Welcher Massenstrom trockener Luft muss je m² Nutzfläche ausgetauscht werden, um die inneren Wärmelasten abzuführen? Aufgrund der Randbedingung ϑ4 − ϑ3 = 6 K kann man folgende Ansätze machen: Für die Enthalpieänderung zwischen Zuluft und Raumluft :
( h4 − h3 ) m L,tr
= PPers,fü&lat + PBel,Rw ;
Für die Änderung der Wasserbeladung zwischen Zuluft und Raumluft :
( x4 − x3 ) r0 m L,tr
= PPers,lat
Nach Gln.(3.38 bis 40) kann man schreiben:
362
Anhang: Übungsaufgaben
h4 − h3 = ( c p,L + x4 cp,W,vap ) ϑ4 − ( cp,L + x3 cp,W,vap ) ϑ3 + ( x4 − x3 ) r0 ≈ ( c p,L + x4 cp,W,vap ) (ϑ4 − ϑ3 ) + ( x4 − x3 ) r0
Durch Substitution erhält man:
L,tr = m
(c
PPers,fü + PBel,Rw
p,L
+ x4 c p,W,vap ) (ϑ4 − ϑ3 )
( (70 − 28 ) ⋅ 0, 1 + 8 ) W
=
m2
⎛ g J J kg ⎞ + 8, 3 W,vap ⋅ 1, 86 ⋅ 10−3 ⎜⎜ 1,0 ⎟⋅6 K g L,tr ⋅ K kg L,tr g W,vap ⋅ K g ⎟⎠ ⎝ = 2, 0 g L,tr s m 2 3. Wie groß ist die Luftwechselrate bei einer Raumhöhe von 3 m? Aus dem h,x-Diagramm kann man das spezifische Volumen der trockenen Luft ablesen:
v4 = 0, 857 m 3 kg = 0, 857 l g . Damit kann man errechnen:
n=
2, 0 g L,tr s m 2 ⋅ 0, 857 l g L,tr ⋅ 3600 s h 3 m ⋅ 1000 l m
3
= 2, 1 h-1 .
Wegen der Randbedingung für die erforderliche Zulufttemperatur sind bei Klimatisierung deutlich höhere Luftwechselraten nötig als bei der Raumheizung! 4. Ermitteln Sie die übrigen Zustände der Zuluft vor Eintritt in den Raum!
h3 = h4 −
PPers,fü&lat + PBel,Rw L,tr m
= 43 kJ kg −
(70 ⋅ 0, 1 + 8 ) W 2,0 g s m 2
m2
= 36 kJ kg
5 Klimaanlage (zu Kap. 3)
x3 = x4 −
363
PPers,lat L,tr r0 m
= 8, 3 g W kg L,tr −
28 ⋅ 0, 1 W m 2 ⋅ 103 g L,tr kg L,tr 2,0 g L,tr s m 2 ⋅ 2500 J g W
= 7, 8 g W kg L,tr Aus dem h,x-Diagramm erhält man für die Feuchte: ϕ 3 = 68 % . 5. Geben Sie die Zustände der Zuluft vor dem Ventilator an! Es kann angenommen werden, dass die vom Ventilatormotor aufgenommene Energie vollständig in die Zuluft eingetragen wird. Dann ist die Enthalpie:
PVent 6 W m2 h2 = h3 − = 36 kJ kg − = 33 kJ kg L,tr m 2,0 g s m 2 Die Wasserbeladung ändert sich dabei nicht, also ist
x2 = x3 = 7, 8 g kg Aus dem h,x-Diagramm erhält man für die Temperatur: ϑ2 = 13, 1 °C , und für die relative Feuchte: ϕ 2 = 82 % . 6. Mit welchen Zustandswerten erreicht die Abluft die Klimaanlage? Beim Abströmen durch die Absaugleuchten nimmt die Raumluft noch die Abwärme der Beleuchtung auf, also ist
PBel,Abl 20 − 8 ) W m 2 ( h5 = h4 + = 43 kJ kg + = 49 kJ kg . L,tr m 2,0 g s m 2
Die Wasserbeladung ändert sich dabei nicht, also ist x5 = x4 = 8, 3 g kg . Aus dem h,x-Diagramm erhält man für die Temperatur: ϑ5 = 27, 9 °C , und für die relative Feuchte: ϕ 5 = 35 % . 7. Welche Wärmeleistung je m² Nutzfläche ist durch die Heizregister der Klimaanlage (Vorwärmer und Nachwärmer) zuzuführen, wenn die Frischluft eine Temperatur von - 5 °C und eine relative Feuchte von 95 % aufweist: a) bei Befeuchtung durch Wassereindüsung; b) bei Vorwärmung der Frischluft auf 0 °C und anschließender
364
Anhang: Übungsaufgaben
Beimischung von Abluft in einem solchen Verhältnis, dass durch die nachfolgende Wassereindüsung gerade die für die Zuluft geforderte spezifische Wasserbeladung erreicht wird. Aus dem h,x-Diagramm erhält man für die spezifische Enthalpie:
h1 = 1 kJ kg
und für die Wasserbeladung:
x1 = 2, 5 g kg . a)
bei Befeuchtung durch Wassereindüsung:
F,a = m zu = 2 g s m 2 durchläuft Der Frischluft-Massenstrom m nacheinander folgende Zustandsänderungen: • Vorwärmung, bis die Taupunktenthalpie der Zuluft erreicht ist • isenthalpe Befeuchtung • Nachwärmung auf den Zustand 2. Für den Taupunkt 2T gilt: x2T = x2 = 7, 8 g kg . Aus dem
h,x-Diagramm erhält man aus der Bedingung
ϕ 2T = 100 %
für die spezifische Enthalpie: h2T = 30 kJ kg und für die Temperatur: ϑ2T = 10, 1 °C . Der Vorwärmzustand 1Va ist gekennzeichnet durch seine Wasserbeladung x1Va = x1 = 2, 5 g kg , und seine Enthalpie h1Va = h2T = 30 kJ kg . Aus dem h,x-Diagramm erhält man für die Temperatur: ϑ1Va = 23, 3 °C und für die relative Feuchte: ϕ1Va = 14 % . Der Heizleistungsbedarf ist für die Vorwärmung:
F,a PVa = ( h1Va − h1 ) m = ( 30 − 1) J g ⋅ 2 g s m 2 = 58 W m 2 und für die Nachwärmung:
zu PNa = ( h2 − h2T ) m = ( 33 − 30 ) J g ⋅ 2 g s m 2 = 6 W m 2 insgesamt also Pa = PVa + PNa = 64 W m 2 .
5 Klimaanlage (zu Kap. 3)
b)
365
bei Befeuchtung durch Abluftbeimischung: Der Vorwärmzustand 1Vb ist gekennzeichnet durch seine Wasserbeladung x1Vb = x1 = 2, 5 g kg , und seine Temperatur ϑ1Vb = 0 °C . Aus dem h,x-Diagramm erhält man für die spezifische Enthalpie:
h1Vb = 6 kJ kg . Für den Mischungspunkt M gilt die Bedingung:
hM = h2T = 30 kJ kg . Aus der Energieerhaltung bei der Mischung folgt:
zu = h1Vb m F,b + h5 ( m zu − m F,b ) . hM m Daraus erhält man für den Frischluft-Massenstrom:
F,b = m =
h5 − hM zu m h5 − h1Vb
49 − 30 ⋅ 2 g s m 2 = 0, 91 g s m 2 49 − 6
Der Heizleistungsbedarf ist jetzt für die Vorwärmung:
F,b PVb = ( h1Vb − h1 ) m = ( 6 − 1) J g ⋅ 0, 91 g s m 2 = 5 W m 2 und für die Nachwärmung:
PNb = PNa = 6 W m 2 , insgesamt also Pa = PVa + PNa = 64 W m 2 . 8. Genügen die Verhältnisse im Falle der Abluftbeimischung den lufthygienischen Erfordernissen? Hierzu ist die Frischluftrate je Person zu ermitteln:
0, 91 g s m 2 ⋅ 0, 857 l g = 7, 8 l s Pers 0,1 Pers m 2 Für einen Büroraum, in dem nicht geraucht wird, gilt nach (Rietschel 1994) eine Frischluftrate von mindestens 7 l/s/Pers als akzeptabel.
366
6
Anhang: Übungsaufgaben
Berechnung einer Beleuchtungsanlage (zu Kap. 4)
Für einen 7 m langen, 6 m breiten und 3 m hohen Büroraum ist nach der „Wirkungsgradmethode“ die Beleuchtungsanlage auszulegen. Die Wirkungsgradmethode ist ein viel verwendetes Näherungsverfahren, um den in einem Raum erforderlichen Lichtstrom auf einfache Weise zu ermitteln. Das Schema dieser Methode ist nachfolgend abgebildet. Raum Leuchte Lampe
Φ La
η Le =
Φ Le Φ La
ηR =
ΦN Φ Le
Φ Le
ΦN
ηB =
ΦN = η Le ⋅η R Φ La
Schema der Wirkungsgradmethode
Gegeben seien folgende Anforderungen und Spezifikationen: • Auf den 80 cm hohen Schreibtischen soll an allen Stellen des Raumes eine Beleuchtungsstärke von 750 lx gewährleistet sein. • Die Reflexionsgrade der Raumumschließungsflächen betragen für die Decke 80 % sowie für Wände und Fußboden jeweils 30 %. • Für die vorgesehene Leuchte sind in der nachstehenden Tabelle die vom Hersteller angegebenen Beleuchtungswirkungsgrade aufgeführt.
6 Berechnung einer Beleuchtungsanlage (zu Kap. 4)
367
• Jede Leuchte ist für die Bestückung mit je einer 36-W-Leuchtstofflampe (Nennlichtstrom 3350 lm) vorgesehen; einschließlich konventionellem Vorschaltgerät ergibt sich eine Leistungsaufnahme von 46 W. Beleuchtungswirkungsgrade einer Deckenanbau-Spiegelrasterleuchte Reflexionsgrad k = Decke: Wände: Boden:
80 % 50 % 30 %
10 %
70 % 30 %
30 %
10 %
50 %
0%
50 %
50 %
30 %
0%
20 %
30 %
30 %
0%
Beleuchtungswirkungsgrad ηB =
k= 0,60
0,33
0,32
0,29
0,28
0,32
0,32
0,28
0,25
0,80
0,41
0,39
0,36
0,35
0,39
0,39
0,35
0,31
1,00
0,49
0,46
0,43
0,42
0,46
0,46
0,42
0,38
1,25
0,52
0,49
0,46
0,45
0,49
0,49
0,45
0,41
1,50
0,55
0,51
0,49
0,48
0,52
0,51
0,48
0,43
2,00
0,61
0,56
0,55
0,53
0,57
0,57
0,54
0,49
2,50
0,63
0,57
0,57
0,54
0,58
0,58
0,55
0,50
3,00
0,64
0,58
0,58
0,55
0,59
0,59
0,56
0,51
4,00
0,64
0,58
0,59
0,55
0,59
0,59
0,56
0,51
5,00
0,64
0,58
0,61
0,55
0,59
0,59
0,56
0,51
1. Wie groß ist der erforderliche „Nutzlichtstrom“? Der Nutzlichtstrom ergibt sich daraus dass auf der gesamten Grundfläche des Raumes die geforderte Beleuchtungsstärke herrschen soll:
Φ N = E ⋅ AN = 750 lx ⋅ 7 m ⋅ 6 m = 31500 lm . 2. Berechnen Sie den „Raumindex“ k! In den Raumindex gehen die geometrischen Verhältnisse des Raumes ein, da diese zusammen mit den Reflexionsgraden der Raumumschließungsflächen bestimmend sind für den Beleuchtungswirkungsgrad:
368
Anhang: Übungsaufgaben
k=
a⋅b 7 m ⋅6 m = = 1, 47 . h ⋅ ( a + b) ( 3, 0 − 0, 8 ) m ⋅ ( 7 + 6 ) m
a und b sind die Länge und Breite des Raumes; h bezeichnet den Abstand zwischen der Nutzebene (Schreibtischfläche und der Austrittsebene des Lichtstroms aus den Leuchten. 3. Ermitteln Sie den zu erwartenden Beleuchtungswirkungsgrad! Für einen Wert von k = 1,50 ist aus der Tabelle unter Berücksichtigung der angesetzten Reflexionsgrade ein Beleuchtungswirkungsgrad von ηB ( 80 / 30 / 30 ) = 0, 49 abzulesen. 4. Welcher Anteil des Nutzlichtstroms kommt direkt aus den Leuchten? Der Direktanteil lässt sich mit Hilfe des Beleuchtungswirkungsgrades unter der Annahme ermitteln, dass an den Raumumschließungsflächen keine Reflexion stattfinden würde:
Φ N,direkt ηB ( 0 / 0 / 0 ) 0, 43 = = = 88 % . Φ N,gesamt ηB ( 80 / 30 / 30 ) 0, 49 Der hohe Anteil rührt daher, dass die Spiegelraster der Leuchte den Lichtstrom gezielt senkrecht nach unten richten. 5. Welcher Lichtstrom muss insgesamt installiert werden und welche Anschlussleistung ist für die Beleuchtung des Raumes erforderlich? Mit dem Beleuchtungswirkungsgrad errechnet sich ein von den Lampen abzugebender Gesamtlichtstrom von
Φ La =
ΦN
ηB ( 80 / 30 / 30 )
=
31500 lm = 64290 lm . 0,49
Die rechnerische Anzahl von Leuchten ergibt sich somit zu
64290 lm = 19,1 . 3350 lm Für die tatsächlich zu wählende Anzahl an Leuchten sind zwei Gesichtspunkte wichtig: • Zum Ausgleich der Lichtstromminderung infolge Lampenalterung und Staubablagerung ist ein Aufschlag bis zu 25 % üblich • Regelmäßige und gleichmäßige Verteilung der Leuchten im Raum Im vorliegenden Fall wären drei Reihen zu je 7 Leuchten sinnvoll.
6 Berechnung einer Beleuchtungsanlage (zu Kap. 4)
369
Das ergibt eine Anschlussleistung für die Beleuchtungsanlage von 21 ⋅ 46 W = 966 W . Bezogen auf die Grundfläche des Raumes ergibt sich damit eine innere Wärmelast von rd. 23 W/m².
7
Betriebsverhalten einer Pumpe (zu Kap. 5)
Für eine Radial-Kreiselpumpe seien gegeben: • die Förderkennlinie (erste Abbildung) und • die mechanische Wellenleistung (zweite Abbildung) jeweils in Abhängigkeit vom geförderten Volumenstrom (Wasser) für 100 % und 80 % der Nenndrehzahl. Für das angeschlossene Rohrnetz seien folgende Daten gegeben: • Rohrdurchmesser innen: 150 mm; • Äquivalente Rohrlänge: 179 m; • Hydraulischer Widerstandskoeffizient (Rohrreibungszahl): λ = 0,02; 1. Ermittlung der Rohrnetzkennlinie und des Betriebspunktes bei Nenndrehzahl: Im vorliegenden Fall ist für die Förderaufgabe weder eine geodätische noch eine statische oder dynamische Druckerhöhung aufzubringen. Die Druckerhöhung ist nach Gl.(5.12) allein durch den Strömungswiderstand des Rohrnetzes bedingt:
Δpdiss = λρ ⋅
8 l 2 ⋅ ⋅V π 2 D5
Bei hydraulischen Berechnungen verwendet man statt der Druckerhöhung Δp oft die Förderhöhe H. Unter Verwendung von Gl.(5.14) erhält man den Zusammenhang:
Hdiss =
8⋅λ ⋅l ⋅ V 2 5 π ⋅ g⋅D 2
Die Rohrnetzkennlinie hängt also quadratisch vom geförderten Volumenstrom ab. Zur Ermittlung des Betriebspunktes zeichnet man die Parabel der Rohrnetzkennlinie Hdiss V in das Diagramm der Förder-
( )
370
Anhang: Übungsaufgaben
Förderkennlinien der Pumpe ein. Der sich einstellende Betriebspunkt ergibt sich als Schnittpunkt mit der Förderkennlinie der Pumpe, HPu V , bei Nenndrehzahl, er liegt bei einem Volumenstrom von
( )
V = 100 m 3 h und einer Förderhöhe von:
Hdiss =
8 ⋅ 0,02 ⋅ 179 m π2 ⋅ 9,81 m s2 ⋅ ( 0,15 m )
5
⎛ 100 m 3 ⎞ ⋅⎜ ⎟ ⎝ 3600 s ⎠
2
= 3,0 m ( WS ) 4 26-111-B-06 26-111-B-06
Rohrnetzkennlinie
Pumpenkennlinie Drehzahl 100 %
3,5
Förderhöhe in m WS
3
Pumpenkennlinie Drehzahl 80 %
2,5
2
1,5
1
0,5
0 0
20
40
60
80
100
120
140
160
3
Volumenstrom in m /h
Pumpen- und Rohrnetzkennlinien
2. Ermittlung der hydraulischen Förderleistung der Pumpe: Mit Hilfe von Gl.(5.15):
Phy = Δp ⋅ V = Hg ρ V , lässt sich aus der Pumpenkennlinie die hydraulische Förderleistung in Abhängigkeit vom Volumenstrom darstellen (s. nächste Abbildung). Für den Betriebspunkt mit V = 100 m 3 h (also bei Nenndrehzahl) ergibt sich:
Phy = 3,0 m ⋅ 9,81 m s2 ⋅ 103 kg m 3 ⋅
100 m 3 = 817,5 W 3600 s
7 Betriebsverhalten einer Pumpe (zu Kap. 5)
371
1300 26-112-C-06 26-112-C-06
1200 1100 1000
Leistung in W
900
Drehzahl:
800
100 %
700 600 500
Mechanische Wellenleistung
400
80 % Hydraulische Förderleistung
300 200 100 0 0
20
40
60
80
100
120
140
160
3
Volumenstrom in m /h
Mechanische Wellenleistung und hydraulische Förderleistung
3. Zeichnen Sie den Pumpenwirkungsgrad in Abhängigkeit vom Volumenstrom. Bei welchem Volumenstrom erreicht er sein Maximum und wie hoch ist dieses? Der Pumpenwirkungsgrad ist das Verhältnis von hydraulischer Förderleistung zu mechanischer Wellenleistung:
ηPu =
Phy Pme
Für den Betriebspunkt kann man eine mechanische Wellenleistung von Pme = 1022 W ablesen. Damit beträgt der Pumpenwirkungsgrad :
ηPu =
817,5 W = 80 % 1022 W
Entsprechend lässt sich der Wirkungsgrad für andere Werte des Volumenstroms ermitteln und somit im folgenden Diagramm eintragen. Daraus ersieht man, dass bei einem Volumenstrom von 86 m³/h der Pumpenwirkungsgrad sein Maximum von 83,1 % erreicht.
372
Anhang: Übungsaufgaben
90%
26-113-A-06
Drehzahl:
80%
80 %
100 %
70%
Wirkungsgrad in %
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0% 0
50
100
150
200
Volumenstrom in m3/h
Wirkungsgrad einer Kreiselpumpe
4. Der geförderte Volumenstrom soll nun um 20 % reduziert werden. Wie groß ist dann die mechanische Wellenleistung der Pumpe a) bei zusätzlicher hydraulischer Drosselung, b) bei Schaffung eines entsprechenden hydraulischen Bypasses, c) bei entsprechender Reduzierung der Drehzahl? Bei einem reduzierten Volumenstrom von 80 m³/h ist für das Rohrnetz folgende Förderhöhe erforderlich:
Hdiss =
2
8 ⋅ 0, 02 ⋅ 179 m π2 ⋅ 9,81 m s2 ⋅ ( 0,15 m )
5
⎛ 80 m 3 ⎞ ⋅⎜ ⎟ = 1, 92 m ( WS ) 3600 s ⎝ ⎠
Das entspricht einer hydraulischen Leistung von
80 m 3 Phy = 1, 92 m ⋅ 9,81 m s ⋅ 10 kg m ⋅ = 418 W . 3600 s 2
3
3
7 Betriebsverhalten einer Pumpe (zu Kap. 5)
373
a. Bei zusätzlicher hydraulischer Drosselung wird die Pumpe von dem reduzierten Volumenstrom durchflossen. Gemäß der Pumpenkennlinie bei Nenndrehzahl erzeugt die Pumpe dann eine Druckerhöhung entsprechend einer Förderhöhe von 3,42 m WS. Die Differenz 3,42 m WS ! 1,92 m WS = 1,50 m WS muss in einem zusätzlichen Strömungswiderstand abgebaut werden. Dort wird also eine hydraulische Leistung von
Phy = 1, 50 m ⋅ 9,81 m s2 ⋅ 103 kg m 3 ⋅
80 m 3 = 326 W 3600 s
dissipiert. Für die mechanische Wellenleistung ist für diesen Fall aus dem entsprechenden Diagramm ein Wert von 902 W abzulesen. b. Beim hydraulischen Bypass muss die Pumpe nur die dem Druckabfall im Rohrnetz entsprechende Förderhöhe von 1,92 m WS aufbringen. Dabei muss jedoch gemäß der Pumpenkennlinie bei Nenndrehzahl ein Volumenstrom von insgesamt 125,5 m³/h gefördert werden. Die Differenz von 125,5 ! 80 = 45,5 m³/h wird durch den Bypass geleitet. Dort wird eine hydraulische Leistung von
45, 5 m 3 Phy = 1,92 m ⋅ 9,81 m s ⋅ 10 kg m ⋅ = 237 WS 3600 s 2
3
3
dissipiert. Für die mechanische Wellenleistung ist für diesen Fall aus dem entsprechenden Diagramm ein Wert von 1183 W abzulesen. c. Bei Drehzahlreduzierung ist die Drehzahl der Pumpe angenähert proportional zum Volumenstrom zu reduzieren. Es gilt also die Pumpenkennlinie für 80 % der Nenndrehzahl. Für den geänderten Pumpenwirkungsgrad erhält man aus Gl.(5.27):
ηPu = 1 − (1 − 0,799 ) ⋅ 0, 8−0,1 = 79,5 % Die Verschlechterung beträgt also 0,5 Prozentpunkte. Für die mechanische Wellenleistung ergibt sich:
Pme =
Phy
ηPu
=
418 W = 526 W . 0,795
374
Anhang: Übungsaufgaben
Zusammenstellung der Ergebnisse: Methode der Reduzierung: Phy [W]
Drossel
Bypass
Red. Drehzahl
Rohrnetz
418
418
418
zusätzlich
326
237
0
Gesamt
744
655
418
902
1183
526
Pme [W]
5. Die Pumpe wird von einem Drehstrom-Asynchronmotor mit 1,1 kW Nennleistung angetrieben. Innerhalb der gesamten Betriebszeit der Pumpe seien auch Zeiten mit reduziertem Volumenstrom enthalten. Unter welchen Voraussetzungen ist die Anschaffung eines Frequenzumrichters zur Drehzahlreduzierung wirtschaftlich? Die Bypass-Methode scheidet wegen des hohen Energieaufwandes aus den weiteren Überlegungen aus. Zu vergleichen sind also die Drosselung und die Drehzahlreduzierung mit Hilfe eines Frequenzumrichters. Die nachfolgende Abbildung zeigt hierzu die elektrische Leistungsaufnahme für die beiden Konzepte, abhängig vom geförderten Volumenstrom. Im Auslegungspunkt gibt es keinen Unterschied in der mechanischen Pumpenleistung. Somit ist die Drehzahlregelung wegen der zusätzlich anfallenden Umrichterverluste etwas ungünstiger. Bereits ab wenigen Prozent Reduzierung des Volumenstroms wird die elektrische Leistungsaufnahme beim Umrichterkonzept geringer als beim Drosselkonzept. Durch Multiplikation der elektrischen Leistung mit dem Arbeitspreis (hier angenommen: 15 ct/kWh) ergeben sich folgende stündliche Betriebskosten k: Volumenstrom:
m³/h
20
40
60
80
100
Drosselregelung
ct/h
12,32
14,02
15,98
18,17
20,59
Drehzahlregelung
ct/h
1,26
2,51
5,81
12,10
22,13
Differenz Δk
ct/h
- 11,06 - 11,51 - 10,17
- 6,07
1,54
7 Betriebsverhalten einer Pumpe (zu Kap. 5) 1500
375
26526-A-07 26526-A-07
Elektrische Leistungsaufnahme: Umrichter Motor
Regelung durch Drosselung
Leistung in W
1000
Mechanische Leistung
500
Hydraulische Leistung
Regelung durch Drehzahlstellung 0 0
20
40
60
80
100
Volumenstrom in m³/h
Leistungen bei Variation des Förderstroms einer Kreiselpumpe
Es sei nun angenommen, dass die Pumpe während eines variablen Teils τred ihrer gesamten jährlichen Betriebszeit (TB = 2000 h/a) einen reduzierten Volumenstrom fördern soll, und während der restlichen Betriebszeit den vollen Volumenstrom von 100 m³/h = 100 %. Dann errechnet sich die statische Amortisationszeit des Umrichters:
TAm =
⎡⎣ −Δkredτ red
K Umr − Δk100 (1 − τ red ) ⎤⎦ TB
Es seien noch folgende Annahmen getroffen: 1. Arbeitspreis: 15 Ct/kWh 2. Anschaffungskosten des Umrichters: 500 €
376
Anhang: Übungsaufgaben
Die nächste Abbildung zeigt die Ergebnisse der statischen Amortisationszeiten in Abhängigkeit vom • Reduktionsgrad des Volumenstroms gegenüber dem Auslegungswert • Zeitanteil des Betriebs mit reduziertem Volumenstrom (in der restlichen Betriebszeit wird die Pumpe im Auslegungspunkt betrieben). 10
26519-A-06 26519-A-06
9 8
Betriebszeitanteil mit reduziertem Volumenstrom
Amortisation in Jahren
7
40 %
6 5
50 %
4
60 % 70 %
3
80 % 90 % 100 %
2 1 0 20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Reduzierter Volumenstrom
Statische Amortisation eines Frequenzumrichters beim Antrieb einer Kreiselpumpe
8
Analyse eines Drehstrom-Asynchronmotors (zu Kap. 5)
Eine vierpolige 11 kW - Drehstrom-Asynchronmaschine in Δ-Schaltung wird an einem Netz mit einer Dreieck-Spannung von 380 V und einer Frequenz von 50 Hz betrieben. • • • •
Gegeben sind die folgenden Maschinenparameter: ρFe = 17,29 (Normierter Querwiderstand für Eisenverluste) ρ1 = 0,0215 (Normierter Primärwiderstand) ρ2 = 0,0136 (Normierter Sekundärwiderstand) σ = 0,0764 (Gesamt-Streugrad)
8 Analyse eines Drehstrom-Asynchronmotors (zu Kap. 5)
377
Zur weiteren Untersuchung sollen vorab folgende Zusammenhänge hergestellt werden: Strang- und Leiterströme bei Δ-Schaltung:
I L1 = − I S1 + I S3
Knotengleichung z.B. für Leiter L1:
L3 IL3
IS
2
I S3
S2 S3 S1
IL
I L2
Zugehöriges Zeigerdiagramm (bei Phasensymmetrie):
1
IS1
L2 IL
L1 Zusammenhang zwischen Leiterstrom und Phasenstrom: IL = 3 ⋅ IS .
1
I S3
Ströme werden normalerweise immer als Leiterströme angegeben!
IS1
IL3
IS
2
I L2
Es gilt also für Impedanzen:
Z=
UΔ 3 UΔ = , IS IL
und für (Schein-)Leistungen: S = 3 U Δ IS = 3 U Δ IL = 3 U Δ2 Y
378
Anhang: Übungsaufgaben
Übergang vom Trafo-ESB (s. Abb. 5.23) zum Parallel-ESB:
1
0
GFe
G(0)
1'
B(0)
0'
Impedanz:
Z( 0 ) = R( 0 ) + j X ( 0 )
Admittanz:
Y( 0 ) = Z ( 0 ) = G( 0 ) + j B( 0 )
−1
Klemmen 0-0'
Klemmen 1-1'
Wirkleitwert:
G( 0 ) =
G(1) = G( 0 ) + GFe
Blindleitwert:
B( 0 ) =
R( 0 ) Z(20 )
− X (0)
B(1) = B( 0 )
Z(20 )
1. Analyse des Leerlaufpunktes (sL . 0): Es wird ein Leerlaufstrom (Leiterstrom!) von 9,17 A Wirkleistungsaufnahme von 577 W gemessen.
sowie eine
Berechnen Sie 1.1
die Leerlaufreaktanz X1 Die Klemmen-Admittanz erhält man unmittelbar aus Strom und Spannung:
Y(1) =
I 3 ⋅U
Der Zusammenhang mit der Leerlaufreaktanz lässt sich so herstellen:
Y(1) = G(21) + B(21) =
(
G( 0 ) + GFe
)
2
+ B(20 )
8 Analyse eines Drehstrom-Asynchronmotors (zu Kap. 5)
B( 0 ) =
mit
G( 0 ) =
− X (0) 2 (0)
R
(ρ
+X
=
2 (0)
ρ1 X1
2 1
+ 1) X
2 1
(ρ
2 1
379
− X1
+ 1) X
2 1
≈ − X1−1 ;
≈ ρ1 X1−1 ;
GFe = ( ρ Fe X1 ) . −1
Aufgelöst nach X1 ergibt sich: 2 3 ⋅U −1 1 + ( ρ1 + ρ Fe ) I 2 3 ⋅ 380 V = ⋅ 1 + ( 0,0215 + 17, 29 −1 ) = 72, 0 Ω 9,17 A
X1 ≈
1.2
den OHMschen Widerstand der Ständerwicklung, R1
R1 = ρ1 X1 = 0,0215 ⋅ 72, 0 Ω = 1, 55 Ω . 1.3
die Verlustleistungen: Im Eisen:
3 ⋅ ( 380 V ) 3U 2 = = = 348 W ; ρ Fe X1 17, 29 ⋅ 72,0 Ω 2
2
PV,Fe = 3 U GFe
Stromwärmeverluste im Ständer: Damit erhält man für die mechanischen Verluste:
PV,Cu1 = 3 U 2G( 0 ) ≈
3 U 2 ρ1 X1
3 ⋅ ( 380 V ) ⋅ 0,0215 2
=
PV,mech
72, 0 Ω = Pzu − PV,Fe − PV,Cu1
= 129 W
= ( 577 − 348 − 129 ) W = 100 W 2. Analyse des Nennbetriebspunktes: Die Nenndrehzahl beträgt nN = 1452,6 min-1.
380
Anhang: Übungsaufgaben
Berechnen Sie 2.1
den Nennschlupf sN
sN = 1 − 2.2
nN 1452,6 min −1 ⋅ 2 = 0, 0316 p=1− f1 60 s ⋅ min −1 ⋅ 50 Hz
den Wirk- und Blindwiderstand zwischen den Klemmen 0-0´ sowie die entsprechenden Leitwerte
R( 0)
⎛ ⎞ ρ2 ⎜ σ 1 − ( )⎟ sN ⎜ ⎟ = ⎜ ρ1 + 2 ⎟ X1 ⎛ ⎞ ρ ⎜ ⎟ 2 ⎜ ⎟ +1 ⎟ ⎜ s ⎝ N⎠ ⎝ ⎠ ⎛ ⎞ 0,0136 ⎜ (1 − 0,0764 ) ⎟ 0,0316 ⎟ ⋅ 72,0 Ω = ⎜ 0,0215 + 2 ⎜ ⎟ ⎛ 0,0136 ⎞ ⎜ ⎟ 1 + ⎜ 0,0316 ⎟ ⎜ ⎟ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ = 25,69 Ω 2
X (0)
2 ⎛ ρ2 ⎞ ⎛ 0,0136 ⎞ + σ ⎜ ⎟ ⎜ 0,0316 ⎟ + 0,0764 sN ⎠ ⎝ ⎝ ⎠ = ⋅ 72,0 Ω X1 = 2 2 ⎛ ρ2 ⎞ ⎛ 0,0136 ⎞ ⎜ ⎟ +1 ⎜ ⎟ +1 ⎝ 0,0316 ⎠ ⎝ sN ⎠
= 15,89 Ω G( 0 ) = B( 0 ) =
R( 0 ) 2 (0)
R
+X
2 (0)
− X (0) 2 (0)
R
+X
2 (0)
=
=
25, 69 Ω
( 25, 69 (
2
)
= 28,16 mS
)
= −17, 41 mS
+ 15, 892 Ω
−15, 89 Ω
25, 692 + 15, 892 Ω
8 Analyse eines Drehstrom-Asynchronmotors (zu Kap. 5)
2.3
381
die Wirk- und Blindleitwerte zwischen den Klemmen 1-1´
GFe = ( ρ Fe X 1 )
−1
= (17, 29 ⋅ 72, 0 Ω )
−1
= 0, 803 mS
B(1) = B( 0 ) = −17, 41 mS G(1) = G( 0 ) + GQu = ( 28,16 + 0, 80 ) mS = 28,96 mS 2.4
den Nennstrom (als Leiterstrom!)
I = 3 UY(1) = 3 U G(21) + B(21) = 3 ⋅ 380 V ⋅ 0, 028962 + 0, 017412 S = 22, 24 A 2.5
die elektrisch zugeführte Wirkleistung
Pzu = 3 U 2G(1) = 3 ⋅ ( 380 V ) ⋅ 0, 02896 S = 12545 W 2
2.6
die Aufteilung der Verlustleistung Die gesamte Verlustleistung beträgt
PV,ges = Pzu − Pab = 12545 W − 11000 W = 1545 W . Die Stromwärmeverluste im Ständer lassen sich folgendermaßen berechnen:
PV,Cu1 = 3 R1 IS,2 ( 0 ) . Dieser Strom ist ein Strangstrom im ESB und lässt sich durch die Phasenspannung ausdrücken:
I1 = U G(20 ) + B(20) . Für den Nennpunkt erhält man so:
(
PV,Cu1 = 3U 2 R1 G(20 ) + B(20 )
)
2 2 2 = 3 ⋅ ( 380 V ) ⋅ 1, 55 Ω ⋅ ⎡( 28,16 mS ) + ( −17, 41 mS ) ⎤ ⎣ ⎦ = 735 W
Die Eisen- und die mechanischen Verluste werden als konstant
382
Anhang: Übungsaufgaben
angesetzt43. Damit ergibt sich für die Stromwärme-Verlustleistung im Läufer:
PV,Cu2 = PV,ges − ( PV,Fe + PV,Cu1 + PV,mech ) = (1545 − 348 − 735 − 100 ) W = 362 W 2.7
Wirkungsgrad ηN und Leistungsfaktor cos nN
ηN =
Pab,N Pzu,N
cos ϕ N = 2.8
=
11000 W = 87,7 % 12545 W
G(1) G(21) + B(21)
=
28,96 mS 28,962 + 17, 412 mS
= 0, 857
das an der Antriebswelle verfügbare Drehmoment MN
MN =
Pab,N 2πnN
=
11000 W s ⋅ 60 = 72, 31 Nm −1 2π ⋅ 1452, 6 min min
3. Analyse des Kipp-Punktes: Berechnen Sie 3.1
den Kippschlupf sK
sK = =
ρ2 1 + ρ12 σ 1 + ( ρ1 σ )2 0,0136 1,00046 ⋅ = 0,1714 0,0764 1, 079
Näherung: sK ≈
43
ρ 2 0,0136 = = 0,1780 σ 0, 0764
Die mechanischen Verluste hängen in Wirklichkeit von der Drehzahl ab: PV,mech - n1 ... 2 ; die Diskrepanz bei unserer Berechnung beträgt aber im Nennpunkt weniger als 6 W und vergrößert die Stromwärmeverluste im Läufer um den entsprechenden Betrag
8 Analyse eines Drehstrom-Asynchronmotors (zu Kap. 5)
3.2
383
die Drehzahl nK
f1 (1 − sK ) p 50 Hz s = ⋅ 60 ⋅ (1 − 0,1714 ) = 1243 min −1 2 min
nK =
3.3
das Kippmoment M K Aus Gln.(5.52&53) erhält man:
MK =
3U 2 p 1−σ ⋅ 4 π f1 X1 1 + ρ 2 ⋅ ρ 2 + ρ 1 − σ ( 1 ) σs 1( ) K 3 ⋅ ( 380 V ) ⋅ 2 2
=
4 π ⋅ 50 Hz ⋅ 72,1 Ω
1 − 0,0764 0, 0136 1,000462 ⋅ + 0, 0215 ⋅ (1 − 0, 0764 ) 0, 0764 ⋅ 0,1714 = 178, 2 Nm ⋅
Näherung hierfür:
MK ≈
3U 2 p 1 − σ ⋅ 4 π f1 X1 σ + ρ1 3 ⋅ ( 380 V ) ⋅ 2 2
1 − 0, 0764 4 π ⋅ 50 Hz ⋅ 72,1 Ω 0,0764 + 0,0215 = 180,7 Nm =
⋅
Es handelt sich hier um das innere Moment, einschließlich des Anteils zur Überwindung der Reibungs- und Lüfterverluste. Diese liegen unter 1 Nm.
384
Anhang: Übungsaufgaben
3.4
die abgegebene mechanische Leistung Pab,K
Pab,K = 2πnK MK − PV,mech 1243 min −1 ⋅ 180,7 Nm − 100 W 60 s min = 23,10 kW = 2π ⋅
4. Analyse des Stillstandspunktes (sS = 1): Berechnen Sie 4.1
das (innere) Drehmoment MS (Anlaufmoment) Mit Gl.(5.51) ergibt sich
ρ 2 (1 − σ ) 3U 2 p ⋅ MS = 2π f1 X1 (σ − ρ1 ρ 2 )2 + ( ρ1 + ρ2 )2 3 ⋅ ( 380 V ) ⋅ 2 2
= ⋅
2π ⋅ 50 Hz ⋅ 72,1 Ω 0,0136 ⋅ (1 − 0, 0764 )
( 0, 0764 − 0, 0215 ⋅ 0, 0136 )
2
+ ( 0, 0215 + 0, 0136 )
= 68,5 Nm 4.2
den Anlaufstrom IS Hierzu muss erst der Leitwert berechnet werden:
⎛ 1−σ ⎞ R( 0 ) ( sS ) = ℜ ( Z 0 ) = ⎜ ρ1 + ρ 2 ⎟ X1 1 + ρ 22 ⎠ ⎝ 1 − 0,0764 ⎞ ⎛ = ⎜ 0,0215 + 0, 0136 ⋅ ⎟ ⋅ 72, 0 Ω 1 + 0, 01362 ⎠ ⎝ = 2, 452 Ω
X ( 0) ( sS ) = ℑ ( Z 0 ) =
ρ 22 + σ X1 1 + ρ22
0,01362 + 0,0764 = ⋅ 72,0 Ω = 5, 513 Ω 1 + 0,01362
2
8 Analyse eines Drehstrom-Asynchronmotors (zu Kap. 5)
G( 0 ) =
R( 0 ) 2 (0)
R
+X
2 (0)
=
385
2, 452 Ω
( 2, 452 Ω )
2
+ ( 5, 513 Ω )
2
= 67, 35 mS B( 0 ) =
− X (0) 2 (0)
R
+X
2 (0)
=
−5,513 Ω
( 2, 452 Ω )
2
+ ( 5, 513 Ω )
2
= −151, 43 mS G(1) = G( 0 ) + GFe = ( 67,35 + 0, 80 ) mS = 68,15 mS
B(1) = B( 0 ) = −151, 43 mS
IS = 3 UY(1) = 3 U G(21) + B(21) = 3 ⋅ 380 V ⋅ 0, 068152 + 0,151432 S = 109,3 A Dies entspricht etwa dem fünffachen Nennstrom! 4.3
die aufgenommene Wirkleistung Pzu,S
Pzu,S = 3 U 2G(1) = 3 ⋅ ( 380 V ) ⋅ 0, 06815 S = 29, 53 kW 2
Diese Leistung wird gänzlich in Wärme umgesetzt; sie entspricht etwa dem 20-fachen der gesamten Verlustleistung im Nennpunkt! 5. Analyse des Ideellen Kurzschlusspunktes (sI = 4): Berechnen Sie die Leitwerte!
R( 0 ) ( sI ) = ρ1 X1 = 0, 0215 ⋅ 72,0 Ω = 1,548 Ω X ( 0 ) ( sI ) = σ X1 = 0,0764 ⋅ 72, 0 Ω = 5, 501 Ω
G( 0 ) = =
R( 0 ) R(20 ) + X (20 ) 1, 548 Ω
(1,548 Ω )
2
+ ( 5,501 Ω )
2
= 47, 40 mS
386
Anhang: Übungsaufgaben
− X (0)
B( 0 ) =
R(20 ) + X (20 ) −5,501 Ω
=
(1,548 Ω )
2
+ ( 5,501 Ω )
2
= −168, 45 mS
G(1) = G( 0 ) + GFe = ( 47, 40 + 0, 80 ) mS = 48, 20 mS
B(1) = B( 0 ) = −168, 45 mS 6. Tragen Sie im normierten Admittanzdiagramm die berechneten Punkte ein und konstruieren Sie daraus den OSSANNA-Kreis! Im nachfolgenden Admittanzdiagramm sind alle Größen auf den Kehrwert von X1 normiert:
g = G(1) X1 ; b = B(1) X1 ; Es errechnen sich folgende Werte: Punkt:
L
N
K
S
I
g=
0,079
2,085
6,085
4,907
3,471
b=
!1
! 1,254
! 5,251
! 10,903
! 12,129
7 26-130-C-07 26-130-C-07
K 6
S •
Nornierter Wirkleitwert
5
4
I 3 “ linie ngs istu e L „
N 2
m hmo „Dre
ie“ entlin
•
1
M
L
0 0
-1
-2
-3
-4
-5
-6
-7
Normierter Blindleitwert
Admittanzdiagramm
-8
-9
-10
-11
-12
-13
8 Analyse eines Drehstrom-Asynchronmotors (zu Kap. 5)
387
Der OSSANNA-Kreis mit seinem Mittelpunkt M kann geometrisch aus drei Punkten (z.B. L, S und I) konstruiert werden. 7. Die Netzspannung wird von 380 V auf 400 V umgestellt. 7.1
Wie wirkt sich die Spannungsänderung auf den Nennschlupf aus? Aus der KLOSSschen Gleichung für den Nennpunkt,
MN 2 , ≈ sK sN MK + sN sK lässt sich unter der Annahme
sK sN
sN vereinfachen: sK
sK M ≈2 K . sN MN 2
Für die Spannungsabhängigkeiten der Momente gilt: MK ∼ U ; sowie näherungsweise: MN = const. Da sich der Kippschlupf mit der Spannung nicht ändert, bedeutet das: sN ∼ MK−1 ∼ U −2 ; daraus erhält man: 2
⎛ 380 ⎞ sN ≈ 0, 03162 ⋅ ⎜ ⎟ = 0, 02853 . ⎝ 400 ⎠ Der exakte Wert gemäß Gl.(5.51) liegt demgegenüber bei sN = 0, 02797 . 7.2
Diskutieren Sie, ob der Motor bei der erhöhten Netzspannung noch die gleiche Nennleistung im Dauerbetrieb abgeben kann. Die Verlustleistung im Eisen nimmt quadratisch mit der Spannung zu: PV,Fe ∼ U 2 . Unter Voraussetzung konstanter Leistung gilt für die Stromwärmeverluste im Ständer angenähert PV,Cu1,N ∼ IN2 ∼ U −2 und für die Stromwärmeverluste im Läufer näherungsweise ebenfalls:
PV,Cu2,N =
sN PN ∼ U −2 . 1 − sN
Damit ändern sich die Verluste bei 11 kW Nennleistung wie folgt:
388
Anhang: Übungsaufgaben
Verluste
U = 380 V
U = 400 V
Änderung
mechanisch & Lüfter
100 W
100 W
0W
Eisen
348 W
386 W
+ 38 W
Stomwärme im Ständer
735 W
663 W
! 72 W
Stromwärme im Läufer
362 W
327 W
! 35 W
1545 W
1476 W
! 69 W
Summe
Die genaue Berechnung analog zu 2.6 ergibt nur geringfügig abweichende Kupferverluste:
PV,Cu1 = 676 W ; PV,Cu2 = 319 W . Für die thermische Belastung sind in erster Linie die Kupferverluste kritisch, die bei Erhöhung der Netzspannung abnehmen. Da die Verluste insgesamt ebenfalls kleiner werden, kann die gleiche Nennleistung problemlos abgegeben werden.
9
Energetisches Betriebsverhalten eines PKW (zu Kap. 6)
Von einem PKW mit 1,8 l - Ottomotor (4 Ventile pro Zylinder) sind folgende Daten bekannt: • • • • • •
• •
Masse des Fahrzeugs einschließlich Fahrer: m = 1278 kg; Radreibungskoeffizient: fR = 0,015; Querspantfläche mal Widerstandsbeiwert: A * cW = 0,68 m2; Durchmesser der Antriebsräder: dRad = 0,562 m; Massenträgheitsmoment eines Rades: JRad = 0,93 kg*m2; Übersetzungsverhältnisse i = nMot/nRad: Gang
I
II
III
IV
V
i
12,67
7,71
5,28
4,03
3,18
Wirkungsgrad des Antriebsstranges: ηÜ = 0,90; Massenträgheitsmoment des Motors: JMot = 0,15 kg*m2.
9 Energetisches Betriebsverhalten eines PKW (zu Kap. 6)
389
Für den verwendeten Ottokraftstoff (Super unverbleit) sind folgende Daten gegeben: • Dichte: kKr = 0,75 kg/l; • (Unterer) Heizwert: hKr = 12,14 kWh/kg. Die Luftdichte sei kL = 1,22 kg/m3. Als Lösungen sind die Berechnungen jeweils für einen Beispielfall angegeben. Sämtliche Ergebnisse sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst. Außerdem geben die Diagramme die Ergebnisse in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit wieder. 1. Berechnen Sie für 40, 80 und 160 km/h Fahrgeschwindigkeit (vorausgesetzt: Konstantfahrt in der Ebene bei Windstille) jeweils 1.1 die Fahrwiderstandskraft Von den Fahrwiderstandskräften sind zu Null zu setzen: • •
die Beschleunigungskraft (wegen der Konstantfahrt) und der Steigungswiderstand (wegen Fahrt in der Ebene)
Der Rollwiderstand FR = fR mg cos α S = 0, 015 ⋅ 1278 kg ⋅ 9,81 m s2 ⋅ 1 = 188 N ist in allen Fällen der gleiche. Der Luftwiderstand ist aufgrund von vW = 0 :
1 ρL AQ cW vF2 . 2 Er beträgt bei vF = 80 km h : FL =
FL =
2
⎛ 80 ⋅ 103 m ⎞ 1 ⋅ 1, 22 kg m 3 ⋅ 0, 68 m 2 ⋅ ⎜ ⎟ = 205 N 3 2 ⎝ 3,6 ⋅ 10 s ⎠
Der gesamte Fahrwiderstand ergibt sich als Summe seiner wirksamen Bestandteile, also bei vF = 80 km h :
FF = FR + FL = (188 + 205 ) N = 393 N . 1.2
die Fahrwiderstandsleistung und die vom Motor abzugebende Leistung Bei vF = 80 km h ist die Fahrwiderstandsleistung
80 ⋅ 103 m PF = FF vF = 393 N ⋅ = 8,73 kW , 3,6 ⋅ 103 s und die Motorleistung
390
Anhang: Übungsaufgaben
PMot = 1.3
PF
=
ηÜ
8,73 kW = 9,70 kW . 0,90
die spezifische Fahrenergie je km zurückgelegter Strecke Bei vF = 80 km h ist die spezifische Fahrenergie:
WF FF s = = FF s s 1h m = 393 N ⋅ ⋅ 103 = 0,109 kWh km 3 3,6 ⋅ 10 s km
wF =
2. Tragen Sie folgende (stationären) Lastpunkte im Motorkennfeld ein: • • •
für 40 km/h im II., III. und im IV. Gang, für 80 km/h im III., IV. und im V. Gang, für 160 km/h im IV. und im V. Gang!
Berechnen Sie jeweils den spezifischen Kraftstoffverbrauch in kWh/km und l/100 km! Ein Lastpunkt ist durch Drehmoment und Drehzahl des Motors bestimmt. Das Drehmoment
MMot =
PMot
ω Mot
=
FF vF πdRad FF dRad = ηÜ 2πivF 2iηÜ
hängt ab vom Fahrwiderstand und der Übersetzung und ist bei vF = 80 km h im IV. Gang:
MMot =
393 N ⋅ 0,562 m = 30 Nm . 2 ⋅ 4,03 ⋅ 0,9
vF hängt ab von Fahrgeschwinπ dRad digkeit und Übersetzung und ist bei vF = 80 km h im IV. Gang: Die Drehzahl nMot = i ⋅ nRad = i ⋅
nMot = 4, 03 ⋅
80 ⋅ 103 m = 3043 min -1 . 60 min ⋅ π ⋅ 0, 652 m
Die Lastmomentkurven über der Drehzahl für die einzelnen Gänge sind ebenso Parabeln wie die Fahrwiderstandskurve über der Geschwindigkeit.
9 Energetisches Betriebsverhalten eines PKW (zu Kap. 6)
391
Die je Streckeneinheit zuzuführende Energie ist
wzu =
Wzu wF . = s ηMotηÜ
Hierfür muss also der Motorwirkungsgrad bekannt sein. Er lässt sich für jeden Lastpunkt aus dem Motorkennfeld ermitteln.
Motormoment in Nm
kW
ent om x. M Ma
80
70
kW
120
60
130
kW
W 10 k
140
kW 20
150
50
160
kW 30
170
kW 40
180
kW
90
26469B07 26469B07 05.01.2007 05.01.2007
kW
an G
V.
g
34 %
3%
η Mot = 3
110
32 %
100
31 %
90 80
30 %
I V.
28 %
70 60
ng Ga
25 %
50
ang III. G
40
20 %
30
15 %
20
II. Gang
10
10 %
I. Gang
0 0
500
1000
Min
1500
2000
2500
3000
3500
4000
4500
5000
Motordrehzahl in min-1
5500
6000
6500
Max
Motorkennfeld und Fahrwiderstände eines PKW mit Ottomotor
Für vF = 80 km h im IV. Gang ist aus dem Motorkennfeld ein Motorwirkungsgrad von 20,2 % abzulesen. Damit ergibt sich:
0,109 kWh km = 0,60 kWh km , und 0,202 ⋅ 0,9 für den spezifischen Kraftstoffverbrauch: wzu =
wzu VKr 0, 60 kWh km l . = = = 6, 59 s 100 km ρ Kr hKr 0,75 kg l ⋅ 12,14 kWh kg In der folgenden Abbildung des spezifischen Energieverbrauchs in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit sind auch noch die Daten des gleichen Fahrzeugs mit Dieselmotor aufgenommen.
392
Anhang: Übungsaufgaben 3
26466-A-05 26466-A-05
Spezifischer Energieverbrauch in kWh/km
2,5
Motor: OTTO 1,8 l 16V DIESEL 1,7 l Turbo
I
I
2
V
1,5
II II
IV IV V
III III
1
0,5
nergie Fahre 0 0
20
40
60 80 100 120 140 160 Fahrgeschwindigkeit in km/h
180
200
Spezifischer Energieverbrauch eines PKW bei stationärer Fahrt in den verschiedenen Gängen
3. Welche Maximalgeschwindigkeiten können in den einzelnen Gängen gefahren werden? Die Lastmomentkurven enden entweder bei der maximal zulässigen Motordrehzahl von 6200 min-1 (für die Gänge I bis IV), oder beim maximal möglichen Motormoment. Dieses wird im V. Gang bei 6000 min-1 erreicht. Die entsprechenden Maximalgeschwindigkeiten erhält man aus
nMot πdRad z.B. für den IV. Gang: i 6200 min −1 ⋅ 60 min h ⋅ π ⋅ 0, 562 m ⋅ 10-3 km m vF,IV,max = 4, 03 = 163 km h vF =
9 Energetisches Betriebsverhalten eines PKW (zu Kap. 6)
393
4. Berechnen Sie den Zuschlag für den rotatorischen Anteil am Beschleunigungswiderstand! Aus Gln.(6.8&9) erhält man: frot =
4 JRad + i2 JMot m ⋅ ( dRad 2 )
2
,
z.B. für den IV. Gang:
frot,IV =
4 ⋅ 0,93 kg m 2 + 4, 032 ⋅ 0,15 kg m 2 1278 kg ⋅ ( 0,562 m 2 )
2
= 0, 061 .
5. Welche Beschleunigungsreserve gibt es bei 80 km/h im III., IV. und im V. Gang? Das maximal für die Beschleunigung zur Verfügung stehende Motormoment erhält man im Kennfeld aus der Differenz des stationären Widerstandsmomentes im jeweiligen Fahrzustand zum maximal möglichen Motormoment bei der betreffenden Drehzahl, also z.B. bei vF = 80 km h im IV. Gang:
ΔMB,max = MMot,max − MMot,stat = (159 − 23 ) Nm=136 Nm . Aus den Gleichungen für die Beschleunigungsleistung, nämlich
PB = ΔMB ⋅ 2πnMot ⋅ ηÜ = FB vF , kann man den Beschleunigungswiderstand FB errechnen, aus welchem man über Gl.(6.9) die Geschwindigkeitszunahme erhält:
vF =
FB . m (1 + frot )
vF kürzt sich beim π dRad Einsetzen die Geschwindigkeit gegen die Motordrehzahl heraus, und es ergibt sich: ΔMB i ηÜ , oder z.B. bei vF = 80 km h im IV. Gang: vF = m (1 + frot ) ⋅dRad 2 Wegen der Beziehung nMot = i ⋅ nRad = i ⋅
vF =
129 Nm ⋅ 4, 03 ⋅ 0, 90 1278 kg ⋅ (1+0,061) ⋅ 0, 562 m 2
= 1, 22
m 3600 s h km h ⋅ = 4, 4 2 s 1000 m km s
Nach einer Sekunde maximaler Beschleunigung im IV.Gang beträgt die Geschwindigkeit also 84,4 km/h.
394
Anhang: Übungsaufgaben 15
26467-A-05 26467-A-05
Motor: OTTO 1,8 l 16V DIESEL 1,7 l Turbo
14 13 12
I
Beschleunigungsreserve in (km/h)/s
11
I
10 9 8
II
II
7
III
6 5
III
4 3
IV
2
IV V
V
1 0 0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
Fahrgeschwindigkeit in km/h
Beschleunigungsreserve eines PKW bei stationärer Fahrt in den verschiedenen Gängen
6. Welche maximale Straßensteigung kann bei 80 km/h im III., IV. und V. Gang überwunden werden? Das zusätzlich verfügbare Motormoment kann statt zur Beschleunigung auch zur Überwindung von Steigungen dienen. Analog zu Pkt.5 kann man aus den Gleichungen für die Steigungsleistung
PS = ΔMS ⋅ 2πnMot ⋅ ηÜ = FS vF den Steigungswiderstand FS errechnen, aus welchem man über Gl.(6.6) den Steigungswinkel erhält:
km/h m/s Radreibungswiderstand N Durchdringungswiderstand N Fahrwiderstand gesamt N Fahrwiderstandsleistung kW Motorleistung kW Spezif. Fahrenergie kWh/km Gang Übersetzungsverhältnis Rotationszuschlag Motormoment Nm Motordrehzahl min-1 Motorwirkungsgrad % Spezif. Energieverbrauch kWh/km l/100km Max. Motormoment Nm Drehmomentreserve Nm Beschleunigungsreserve m/s² km/h/s Max. Steigfähigkeit °
Fahrgeschwindigkeit
I 12,67 0,275 6 4784 5,5 1,343 14,75 163 157 3,91 14,1 3,06
40 11,11 188 51 239 2,66 2,95 0,066 II III 7,71 5,28 0,125 0,078 10 14 2911 1994 10,5 12,7 0,703 0,581 7,72 6,39 158 139 148 125 2,55 1,53 9,2 5,5 17,0 9,7
80 22,22 188 205 393 8,73 9,70 0,109 IV II III IV 4,03 7,71 5,28 4,03 0,061 0,125 0,078 0,061 19 16 23 30 1522 5822 3987 3043 14,8 11,0 16,2 20,2 0,499 1,102 0,794 0,600 5,48 12,11 8,22 6,59 127 149 159 159 108 133 136 129 1,03 2,29 1,67 1,22 3,7 8,2 6,0 4,4 6,4 15,2 10,6 7,6
160 44,44 188 819 1007 44,77 49,75 0,280 V IV V 3,18 4,03 3,18 0,052 0,061 0,052 39 78 99 2401 6087 4803 23,0 26,3 30,0 0,527 1,182 1,036 5,79 12,98 11,38 150 141 163 111 63 64 0,84 0,60 0,49 3,0 2,2 1,7 5,2 3,7 3,0
9 Energetisches Betriebsverhalten eines PKW (zu Kap. 6)
Berechnungsergebnisse zum energetischen Betriebsverhalten eines PKW
395
396
Anhang: Übungsaufgaben
α S = arcsin
ΔMS iηÜ . m g ⋅ dRad 2
Das ergibt für vF = 80 km h im IV. Gang eine maximal überwindbare Steigung
129 Nm ⋅ 4, 03 ⋅ 0, 90 1278 kg ⋅ 9,81 m s2 ⋅0, 562 m 2 = arcsin 0,133 = 7, 6° ohne dass das Fahrzeug langsamer wird.
α S = arcsin
10
Analyse einer Zeitreihe (zu Kap. 7)
Es sollen die Eigenschaften einer Zeitreihe untersucht werden, welche die Monatswerte des gesamten Stromverbrauchs aus der öffentlichen Versorgung in Deutschland über einen Zeitraum von fünf Jahren beinhaltet: Jahr
1996
1997
1998
1999
2000
Jan
45,176
46,275
43,614
43,608
46,512
Feb
42,365
39,239
39,706
41,434
43,512
Mrz
42,363
39,668
42,822
43,192
45,227
Apr
36,723
39,292
38,314
38,218
39,705
Mai
36,076
35,791
36,824
36,859
40,159
Jun
33,691
35,338
35,774
36,101
37,049
Jul
34,564
35,915
37,020
36,562
38,569
Aug
34,388
34,802
36,010
36,513
37,784
Sep
36,464
36,375
38,096
37,774
40,044
Okt
39,649
40,761
41,423
41,228
43,083
Nov
40,960
42,138
43,308
43,629
44,292
Dez
43,246
42,988
44,140
45,424
44,995
Summe
465,665
468,582
477,051
480,542
500,940
10 Analyse einer Zeitreihe (zu Kap. 7)
397
Die Abfolge der 60 Werte dieser Zeitreihe wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Aus der grafischen Darstellung sind folgende charakteristische Einflüsse zu erkennen: (M) Monatslänge: die unterschiedliche Anzahl der Tage pro Monat führt zu typischer Zackenbildung; (S) Saisonale Einflüsse: bedingt durch Außentemperatur und Ferienzeit schwanken die Werte in einem jährlich wiederkehrenden Zyklus; (L) Längerfristige Wachstumstrends: konjunkturelle und strukturelle Einflüsse führen vielfach zu einem überlagerten Wachstumstrend.
Monatlicher Stromverbrauch in TWh
50
26365-A-04
Originalwerte Bereinigte Werte (30 d/Mt) Trendgerade
40
30 1
4
7
1996
10
1
4
7
1997
10
1
4
7
1998
10
1
4
7
1999
10
1
4
7
10
2000
Originale und bereinigte Daten; Trendgerade
Bei der Analyse einer Zeitreihe kommt es in der Regel darauf an, die Einflüsse der verschiedenen Faktoren zu separieren. Handelt es sich um eine Gegenwartsanalyse, so wird die Aufgabe dadurch erschwert, dass einerseits aktuelle Aussagen gewünscht sind, andererseits aber nur Daten aus der Vergangenheit für die Analyse zur Verfügung stehen. Der erste Schritt besteht vielfach darin, den Faktor (M) zu eliminieren. Das geschieht am einfachsten durch Normierung auf eine Standard-Monatslänge von 30 Tagen. In der Grafik ist die so bereinigte Zeitreihe eingetragen. Der Vergleich mit den Originalwerten zeigt, dass z.B. die für den Februar typische Einsattelung verschwunden ist; außerdem verlagert sich das Jahresminimum vom Juni hin zum Juli und August. Trendlinien Die in der Grafik gestrichelt eingetragene Trendgerade kommt durch lineare Regression aller Einzelwerte über der Zeitachse zustande. Ihr
398
Anhang: Übungsaufgaben
Anstieg weist für die betrachteten 5 Jahre ein durchschnittliches Wachstum von etwa 1,5 % p.a. aus. Die Verwendung einer solchen Trendlinie ist jedoch problematisch: Um Verfälschungen hinsichtlich Lage und insbesondere Anstieg der Trendgeraden im vertretbaren Rahmen zu halten, muss nämlich der Zeitbereich für die Regression sich über mehrere Jahre erstrecken. Das führt aber zu recht undifferenzierten Aussagen. Die konjunkturellen und strukturellen Einflüsse sind bekanntlich nicht langzeitstabil, woraus sich ein Auf und Ab und sogar unstetige Brüche beim Stromverbrauch ergeben können. Das geht schon aus dem Vergleich der Jahressummen des Stromverbrauchs hervor. Deren relative Veränderungen betragen: 1996 - 1997: 1997 - 1998: 1998 - 1999: 1999 - 2000:
+ 0,6 % + 1,8 % + 0,8 % + 4,2 %
Gleitende Mittelwerte Die Ergebnisse verschiedener Arten von retrospektiver ! also vorangehende Monatswerte einschließender ! Mittelwertbildung zeigt die nachfolgende Grafik. Mit zunehmender Ausdehnung des Mittelungsbereiches (Vormonat, Halbjahr, Jahr) wird der Verlauf immer stärker geglättet. Im Vergleich zu den Einzelwerten macht sich außerdem eine zunehmende Phasenverschiebung es Verlaufs der Schwankungen bemerkbar. Gänzlich zu eliminieren sind die Saisonalschwankungen, wenn über ein Jahr, d.h. über die jeweils letzten 12 Monate gemittelt wird. Von diesem saisonbereinigten Verlauf weichen die aktuellen Werte im Sommerhalbjahr
Monatlicher Stromverbrauch in TWh
50
26366-A-04
Bereinigte Einzelwerte Glt. Mittelwerte (Vormonat) Glt. Mittelwerte (Halbjahr) Trendgerade Glt. Mittelwerte (Jahr)
40
30 1
4
7
10
1
1996
Gleitende Mittelwerte
4
7
1997
10
1
4
7
1998
10
1
4
7
1999
10
1
4
7
2000
10
10 Analyse einer Zeitreihe (zu Kap. 7)
399
nach unten und im Winterhalbjahr nach oben ab. Die Summe der Abweichungen nach oben ist dabei meist etwas größer als die Summe der Abweichungen nach unten. Das liegt in der retrospektiven Betrachtung begründet, die dazu führt, dass der Mittelwert eines Kalenderjahres dem Dezember zugeordnet wird und nicht der Jahresmitte. Gleichwohl kann eine retrospektive gleitende Jahresmittelwertbildung einen guten Indikator für Veränderungen des längerfristigen Trends liefern. Das aus den genannten Jahreswerten ersichtliche Auf und Ab des Wachstums spiegelt sich im Verlauf deutlich wieder. Man beachte insbesondere den kräftigen Aufschwung in den ersten drei Quartalen des Jahres 2000. Vergleicht man hiermit den Verlauf der Trendgeraden, so wird deren irreführender Informationsgehalt erkennbar. Bei der hier beschriebenen Mittelwertbildung über 12 Monate kann übrigens bequemerweise sogar auf eine Bereinigung der Monatslängen verzichtet werden. Allerdings ist diese elegante Methode nicht frei von einem „Basiseffekt“. Da beim Übergang von einem Monat zum nächsten jeweils der entsprechende Vorjahresmonat aus dem Mittelungszeitraum herausfällt, können sich außerordentliche Schwankungen aufeinander folgender Monatswerte ein Jahr danach auf den gleitenden Jahresmittelwert auswirken, wenn auch in stark gedämpfter Weise. Besonders deutlich erkennbar ist der Basiseffekt, der vom ungewöhnlich niedrigen Monatswert des März 1997 ausgeht. Sein Wegfall ist mitverantwortlich dafür, dass das retrospektive Jahresmittel für März 1998 deutlich erhöht ist. Dazu trägt freilich der hohe Monatswert vom März 1998 ebenso bei. Indexdarstellung Die folgende Grafik gibt die prozentuale Abweichung der bereinigten Monatswerte von einer festen Basis wieder. Bei dieser Art der Darstellung kommen die saisonalen Schwankungen besonders deutlich zum Ausdruck. Wird als einheitliche Basis der Mittelwert des ersten Jahres (1996) verwendet, so sind die Einflüsse (S) und (L) nicht separiert; der Wachstumstrend zieht den Verlauf mit der Zeit nach oben. Eine Verbesserungsmöglichkeit besteht darin, dass man als Basis den Mittelwert des jeweiligen Jahres wählt. Dann stellen sich die Abweichungen Jahr für Jahr in gleicher Weise dar. Es muss aber beachtet werden, dass der Wachstumstrend innerhalb eines Jahres nicht eliminiert ist. Das führt zu einem Bruch der Verläufe an den Jahresübergängen: Am Anfang eines Jahres sind die Werte zu klein und am Ende eines Jahres zu groß. Allerdings treten die Auswirkungen dieses Effektes hinter den monatlichen Schwankungen zurück. Nachteilig ist, dass diese Analysemethode erst durchgeführt
400
Anhang: Übungsaufgaben
25%
26367-A-04
20%
Jahresmittel 96 = 100 %
15% 10% 5% 0% -5% -10% Aktuelles Kalender-Jahresmittel = 100 % -15% 1
4
7
10
1
4
1996
7
10
1
4
1997
7
10
1
4
1998
7
10
1
4
1999
7
10
2000
Abweichungen der Monatswerte vom Jahresmittelwert (Indexdarstellung)
werden kann, wenn der Jahresmittelwert bekannt ist. Kettenindex Die folgende Abbildung gibt die prozentuale Abweichung der bereinigten Monatswerte von einer variablen Basis wieder. Wird jeweils der Vormonat als Basis verwendet, so wird das Ansteigen des Verbrauchs im Herbst und der Rückgang im Frühjahr deutlich. 20%
26368-A-04
Gleitendes Jahresmittel = 100 %
15% Vorjahresmonat = 100 % 10%
5%
0%
-5%
-10%
Vormonat = 100 %
-15% 1
4
7
1996
10
1
4
7
1997
10
1
4
7
1998
10
1
4
7
1999
10
1
4
7
10
2000
Abweichung der Monatswerte von gleitenden Referenzwerten (Kettenindizes)
10 Analyse einer Zeitreihe (zu Kap. 7)
401
Der jeweils gleiche Vorjahresmonat wird häufig als Basis verwendet, wenn es um Trendaussagen im volkswirtschaftlichen Bereich geht. Der sehr unruhige Verlauf mit den vielen Zacken ist nicht allein durch die Schwankungen der aktuellen Werte bedingt, sondern ebenso durch die Schwankungen des jeweiligen Vorjahresmonats. Da diese, ein ganzes Jahr zurückliegenden, Schwankungen meist wenig mit der aktuellen Situation zu tun haben, kann der „Basiseffekt“ leicht zu Fehlinterpretationen führen. Naturgemäß macht es bei dieser Analysemethode keinen Unterschied, ob man die Originaldaten oder monatslängen-bereinigte Werte heranzieht. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Mittelwert der jeweils letzten 12 Monate (gleitendes Jahresmittel) als Basis zu verwenden. Hierdurch werden die längerfristigen Trendeinflüsse eliminiert, so dass man ein getreues Abbild der saisonalen Schwankungen erhält. Wegen der monatlich gleitenden Mittelwertbildung treten auch keine Brüche beim Jahreswechsel auf, wie das bei der Indexdarstellung auf der Basis des jeweiligen KalenderJahresmittels der Fall ist.
11
Mittelwertbildung von Beziehungsgrößen (zu Kap. 7)
In der folgenden Tabelle sind die in einem Kleinbetrieb installierten Elektromotoren aufgelistet. Der Gesamtbestand von 9 Motoren ist in zwei Kollektive unterteilt. Kollektiv I umfasst die 4 Motoren mit einer Nennleistung bis zu 5,5 kW, Kollektiv II die 5 größeren Motoren. Kollektiv I PN [kW]
Kollektiv II
3
4
4
5,5
7,5
11
Pel,N [kW]
3,6
4,7
4,8
6,4
8,7
Wel [kWh]
223
829
321
1461
nA [%]
8,6 24,5
9,3
31,7
15
22
50
12,6
17,3 25,0
55,5
1315
2087
3712 1116 11988
21,0
23,0
29,8
Für jeden Motor sind die elektrische Nennaufnahmeleistung
Pel,N =
PN
ηN
,
6,2
30,0
402
Anhang: Übungsaufgaben
der monatliche Stromverbrauch Wel sowie als daraus gebildete Beziehungsgröße die Arbeitsausnutzung
nA =
Wel Pel,N T0
angegeben. T0 ist hierbei der monatliche Betrachtungszeitraum von 720 h. (Standard-Monatslänge: 30 d/Mt). Bestimmt werden soll die mittlere Arbeitsausnutzung für jedes der beiden Kollektive und für beide Kollektive zusammen. Nach Gl.(7.7) wird die mittlere Arbeitsausnutzung als Quotient der Mittelwerte (oder der Summen) jeweils von Zähler und Nenner ermittelt:
nA =
∑W ∑ P ⋅T el
el,N
=
0
∑(P ⋅ n ) . ∑P el,N
A
el,N
Aus den Einzelwerten der Arbeitsausnutzung geht der korrekte Mittelwert also durch Gewichtung mit der jeweils zugehörigen Nennaufnahmeleistung hervor. Das gilt in gleicher Weise für die Bildung des Mittelwertes über beide Kollektive zusammen. Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse. Eine ungewichtete Mittelwertbildung führt zu falschen Resultaten, die ebenfalls mit aufgeführt sind. Kollektiv I
Kollektiv II
Gesamt
Pel,N [kW]
4,9
23,8
15,4
nA
[%]
20,2
23,6
23,1
Falsch [%]
18,5
22,0
20,5
12
Analyse einer Stichprobe (zu Kap. 7)
Bei den Werten der nachfolgend angegebenen Stichprobe handelt es sich um die mittlere Verformungsleistung eines Walzgerüstes, auf dem Bänder aus unlegiertem SM-Stahl der ersten Kaltverformung unterzogen wurden. Die Breite der Bänder betrug 73 mm, ihre Anfangsdicke 2,5 mm, ihre Enddicke 1,8 mm. Für den Durchlauf jedes einzelnen Bandes wurde die mittlere abgegebene mechanische Leistung des Antriebsmotors ermittelt. Die
12 Analyse einer Stichprobe (zu Kap. 7)
403
Verformungsleistung ergab sich aus diesen Werten durch Abzug der im Leerbetrieb abgegebenen mechanischen Leistung des Motors. Die Untersuchung wurde an insgesamt 51 Bändern durchgeführt. Der arithmetische Mittelwert der aufgeführten Daten beträgt 15,0 kW. Die kleinste Leistung liegt bei 13,5 und die höchste bei 16,9 kW. Die Spannweite beträgt also 3,4 kW oder - bezogen auf den Mittelwert - rd. 22,5%. Mittlere Verformungsleistung (in kW) von 51 Bändern Nr.
0_
1_
2_
3_
4_
5_
_0
.
14,55
14,55
15,70
14,80
14,60
_1
15,73
14,55
13,60
16,65
14,55
14,60
_2
15,47
14,65
15,20
16,01
15,67
.
_3
15,24
13,50
14,20
15,30
16,30
.
_4
15,82
15,10
14,55
15,80
15,20
.
_5
16,90
15,97
14,15
15,10
15,13
.
_6
14,35
14,97
15,25
15,20
15,01
.
_7
14,55
15,25
15,15
14,80
15,01
.
_8
14,23
15,40
13,85
14,90
14,05
.
_9
13,95
14,62
16,43
14,65
14,30
.
12.1
Häufigkeitsverteilung
Für die Einteilung in Klassen bietet sich eine Intervallbreite von 0,5 kW an. Jede Klasse soll ihre obere Grenze mit beinhalten. In der folgenden Tabelle ist zunächst angegeben, wie viele Einzelwerte auf jede Klasse entfallen. Bezieht man diese absolute Häufigkeit auf die Gesamtheit der 51 Werte (entsprechend 100 %), so erhält man die relative Häufigkeit. Durch schrittweises Summieren der relativen Häufigkeiten gelangt man zur Häufigkeitssumme.
404
Anhang: Übungsaufgaben Obere Klassengrenze
Einzelhäufigkeit absolut
Häufigkeitssumme
relativ
kW
%
%
13,5
1
1,9
1,9
14,0
3
5,9
7,8
14,5
6
11,8
19,6
15,0
15
29,4
49,0
15,5
15
29,4
78,4
16,0
6
11,8
90,2
16,5
3
5,9
96,1
17,0
2
3,9
100,0
Summe
51
100,0
Nachfolgend die relative Häufigkeit (oben) und die Häufigkeitssumme (unten) der mittleren Verformungsleistung in graphischer Darstellung: 30%
20%
15% 26370-B-05 26370-B-05
Relative Häufigkeit
25%
10%
5%
0%
13
14
15
16
13
14
15
16
100%
kW
17
60%
40%
26370-B-05 26370-B-05
Häufigkeitssumme
80%
20%
0%
kW
17
12 Analyse einer Stichprobe (zu Kap. 7)
12.2
405
Zugehörigkeit von Stichprobe und Grundgesamtheit
Es soll geprüft werden, ob die vorliegende Stichprobe einer Grundgesamtheit mit dem (als bekannt vorausgesetzten) Mittelwert (a) μ = 15,20 kW (b) μ = 15,25 kW entstammt. Die Angreifbarkeit dieser Hypothese wird mit Hilfe des t-Tests quantifiziert. Hierzu benötigt man die Standardabweichung der Stichprobe nach Gl.(7.11): n
s=
∑ ( xi − x )
n
∑(x
2
i =1
n −1
=
i =1
i
− 15,0 kW ) 51 − 1
2
= 0,749 kW .
Prüfgröße t nach Gl.(7.20): t= = =
x−μ
n s 15,0 − 15, 20 kW 0,749 kW 15,0 − 15, 25 kW 0,749 kW
⋅ 51 = 1,859
(a )
⋅ 51 = 2,372
(b)
Anhand von Tabelle 7.2 bestimmt man nun die statistische Sicherheit zu diesem Wert der Zufallsvariablen, unter Berücksichtigung des Freiheitsgrades f = 50. Es ergibt sich für die beiden Fälle (a) 90 % < P < 95 %: Nullhypothese gestützt, d.h. die Stichprobe dürfte der Grundgesamtheit mit dem Mittelwert 15,20 kW entstammen (b) 95 % < P < 99 %: Abweichung von Nullhypothese zu vermuten, aber nicht gesichert: Es kann bezweifelt, aber nicht widerlegt werden, dass die Stichprobe der Grundgesamtheit mit dem Mittelwert 15,25 kW angehört. 12.3
Vergleich zweier Teilstichproben
Es soll geprüft werden, ob die Teilstichprobe der ersten zehn Werte und die der zweiten zehn Werte signifikant voneinander abweichen. Das könnte einen Hinweis auf verändert geben, ob sich Betriebsparameter des Prozesses liefern.
406
Anhang: Übungsaufgaben
Zunächst werden der Freiheitsgrad, der Mittelwert und die Standardabweichung ermittelt: Lfd. Nr. der Werte
f
x [kW]
s [kW]
1 bis 51
50
15,001
0,749
1 bis 10
9
15,079
0,916
11 bis 20
9
14,856
0,657
Gewogene Standardabweichung nach Gl.(7.27):
sd =
s12 f1 + s22 f2 0, 9162 ⋅ 9 + 0, 6572 ⋅ 9 = = 0,797 f1 + f2 9+9
.
Prüfgröße nach Gl.(7.26):
t= =
x1 − x2
n1 n2 sd n1 + n2 15, 079 − 14,856 0,797
10 ⋅ 10 = 0, 625 10 + 10
Aus Tabelle 7.2 geht hervor, dass bei einem resultierenden Freiheitsgrad von fres = 18 eine systematische Abweichung der beiden Teilstichproben mit einer statistischen Sicherheit von weit weniger als 60% erschlossen ist. Es kann daher angenommen werden, dass die beiden Teilstichproben ein und derselben Grundgesamtheit entstammen. Letztere muss für eine solche Überprüfung nicht bekannt sein. 12.4
Vertrauensbereiche für den Mittelwert zugehöriger Grundgesamtheiten
Für die Gesamtstichprobe aus allen 51 Werten wie auch für die erste Teilstichprobe (Werte Nr. 1 bis 10) soll untersucht werden, innerhalb welchen Bereiches der wahre Mittelwert der zugehörigen Grundgesamtheit mit einer statistischen Sicherheit von 95 % bzw. von 99 % zu erwarten ist. Auch diese Frage kann mit Hilfe des t-Tests geklärt werden. Aus Tabelle 7.2 entnimmt man für die entsprechenden Freiheitsgrade sowie für die angesetzten statistischen Sicherheiten folgende Werte der Prüfgröße t:
12 Analyse einer Stichprobe (zu Kap. 7)
407
Lfd. Nr. der Werte
f
P=
95 %
99 %
1 bis 51
50
t=
2,009
2,678
1 bis 10
9
t=
2,262
3,250
11 bis 20
9
t=
2,262
3,250
Aus Gl.(7.25) erhält man für den Vertrauensbereich
V ( P, n ) =
t ( P, n ) n
s
folgende Werte: Lfd. Nr. der Werte
n
P=
95 %
99 %
1 bis 51
51
V=
± 0,211 kW
± 0,281 kW
1 bis 10
10
V=
± 0,655 kW
± 0,942 kW
11 bis 20
10
V=
± 0,470 kW
± 0,676 kW
12.5
Erwartungsbereich der Einzelwerte
In entsprechender Weise kann der Erwartungsbereich der Einzelwerte um den Mittelwert nach Gl.(7.28) ermittelt werden:
E = s t ( P, n ) = V ( P, n ) n . Man erhält folgende Werte: Lfd. Nr. der Werte
n
P=
95 %
99 %
1 bis 51
51
E=
± 1,505 kW
± 2,006 kW
1 bis 10
10
E=
± 2,072 kW
± 2,978 kW
11 bis 20
10
E=
± 1,487 kW
± 2,136 kW
Literatur
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Sachverzeichnis Abgasenthalpie 244 Abgasverlust 91ff., 244, 335f., 340, 342 Ablesefehler 299, 301 Abluftbeimischung 365 Abluftverlust 38 Absaugleuchte 360, 363 Absorptionswärmepumpe 97, 101f. Aktivenergie 4f., 25, 28, 33ff., 37f., 42ff., 63, 145, 335f. Alkalische Brennstoffzelle 266 Amortisation 29, 184, 207, 375f. Anheizzeit 55f., 342f. Ankerstellbereich 216f. Ankerstrom 215, 217f. Anlauf 175f., 181, 187, 189, 192, 194ff., 203, 207, 210f., 218f., 221ff., 384 Anlaufstrom 181, 194ff., 384 Anstellwinkel 239ff. Antriebsmoment 172, 194f. Antriebsstrang 244, 247, 265, 277, 382 Anzugsmoment 179, 218, 223 Arbeit 3ff., 15, 27, 30, 97, 101, 145, 170 -, elektrische 293ff. -, technische 147, 149 -, Walk- 236 -, Wirk- 292 Arbeitsausnutzung 59, 61ff., 343f., 396 Arbeitsmedium 97f., 100f., 103, 170 Arbeitspreis 374f. Arbeitszahl 102f., 105ff., 109 asynchroner Selbstanlauf 211 Auftrieb 89, 239f.
Außenluft als Wärmequelle 97, 103f., 107f., 113, 348, 357 Außenlufttemperatur 75, 77, 80, 104, 114, 348 Autogas 249f. Axial-Turboverdichter 156 Balkendiagramm 323f. Basiseffekt 305, 393ff. Befeuchtung 110, 118f., 122, 363ff. Beförderungsleistung 278 Beharrungszustand 39, 53f., 176 Beleuchtung 4, 6, 9f., 14, 73f., 110, 112, 121, 125-143, 330, 363, 368 Beleuchtungsgüte 140 Beleuchtungsstärke 4, 14, 129, 140-143, 366f. Beleuchtungswirkungsgrad 366ff. Bereitschaftsverluste 95 Beschleunigungswiderstand 235, 237f., 387 Bestimmtheitsmaß 319-321, 327, 332 Betriebsausnutzung 60ff., 343f. Betriebskennlinie 181 -, instationäre 61f., 340-345 -, stationäre 60f., 63, 335-339, 344 Betriebsunterbrechung 53-57 Beziehungszahl 304, 307 Bilanzgrenze 16, 37, 291 Biodiesel 235, 255 Biomasse 251, 254-257 BIOT-Zahl 49-53 Bivalenzpunkt 107-109 Bleibatterie 259-261 Blockheizkraftwerk 88
414
Blockstromtechnik 213 Boil-Off 253 Brauchwarmwasser 86 Brauchwarmwasserbereitung 3, 6, 95 Brenner 14, 27, 31, 34, 89-91, 92f., 101, 137ff., 150, 337 Brennstoffverbrauch 12, 20f., 23f., 95 Brennstoffzelle 252, 257, 260, 265-267, 283f. Brennwertkessel 14, 93 Bruttoinlandsprodukt 10f. Bypass-Methode 169, 374 CO2 (als Treibhausgas) 16, 254 CO2-Bilanz 254, 256f. CO2-Emission 250, 281-283 CO2-Gehalt (im Abgas) 91-93 Dampfinjektion 28 Datenverarbeitung 291f., 297f., 302 Dieselkraftstoff 234f., 255, 281 Diesellokomotive 269, 271 Dieselmotor 243, 245-247, 255, 268, 281, 391 Doppelkäfigläufer 192 Doppelschlussmotor 218 Drehfeld 196, 222-224, 227, 229 -, Läufer- 188 -, Ständer- 185, 187ff. Drehfeldleistung 188f., 208 Drehmaschine 6, 174 Drehmoment 171-181, 189-196, 204-206, 209, 211, 215, 223ff., 244f., 258, 269, 382, 384, 390, 395 -, inneres 189f., 209 - charakteristik 215ff. - kennlinie 184, 193, 219, 221f.
Sachverzeichnis
- linie 187f., 386 Drehrichtungsumkehr 176f., 196, 222, 227 Drehstromsteller 196, 204 Drehzahlsteifheit 192, 204, 218 Drehzahlstellung 167-169, 203ff., 207, 214f., 217, 220, 375 Drosselkennlinie 162f., 165 Druckverhältnis 100, 147-150, 153-157 Durchgehen 218 Durchlassgrad 81, 350 Durchlaufanlage 32, 34-36, 38f., 41f. dynamisches Moment 172, 194 Eigenkühlung 175 Einfachregression 318f. Einphasen-Asynchronmotor 221 Einspritzmotor 247 Einzelofenheizung 66 Eisenverluste 134, 182, 186, 376 Elektrofahrzeug 14, 259ff., 281 Elektrolyse 3, 22f., 25, 251, 254, 265 elektronischer Anlasser 196 elektronisches Vorschaltgerät 135f. Elektrospeicherheizung 67 Elektrothermie 19f., 28 Elektrotraktion 258 Emissionen 1, 17, 30, 256, 265, 267, 280f. -, CO 90f., 283f. -, CO2 91, 250, 281ff. -, HC 90f., 284f. -, Methan 284 -, NOX 91, 284f. -, SO2 283 -, Staub 337
Sachverzeichnis
Energetische Bilanzierung 36 Energie - bedarf 5, 7, 12-15, 22, 27, 57, 72, 75, 84ff., 95, 105, 121ff., 169, 231, 234, 240, 261, 281, 292, 326-328, 335 - - ausweis 87 - bilanz 8, 39, 43, 74, 84, 95f., 101, 115, 172, 255-257, 291, 295, 335, 340, 351, 356ff. - dienstleistung 4-7, 11-15, 25f., 125, 145f., 242 - einsparverordnung 84 -, End- 4f., 7-13, 15, 17, 19-22, 27, 65f., 67, 87, 95, 125, 169, 231, 233-235, 261, 281f. - kosten 2, 291, 294 - rückgewinnung 13f., 121ff. - sparen 12, 14f., 84 - träger 7, 15, 17, 19f., 27, 65, 86, 125, 234, 249, 253f., 322f. - verbrauch, spezifischer 3, 1013, 17, 20f., 44f., 63, 233, 242, 261, 278-280, 282, 304, 335-337, 340, 344, 391f., 395 - verbrauchsgleichung 326 - versorgung 2, 7, 10, 15, 130, 274 - wandler 4-6, 8, 11, 13, 27-29, 31 - wirtschaft 5, 7, 65, 322, 324 Entfeuchtung 117f. -, sorptive 118 Erdgas 5, 67f., 93, 151, 247ff., 256f., 265f., 335 Erdgasantrieb 247-252, 254, 281-285 Erdreichwärme 104-106 Erregerwicklung 211, 215 Ersatzschaltbild -, Asynchronmaschine 185f.
415
-, Gleichstrommaschine 215f. -, Synchronmaschine 207f. Erwartungswert 300 Ethanol 255-257, 281-285 EULERsche Hauptgleichung 161 Fadenströmung 160 Fahrwiderstand 235-237, 246, 249, 383-385, 389 Fahrzyklen 261, 281 Farbwiedergabe 130, 132, 136f., 139f., 142f. Fehlergrenzen 301 Felderregung 215 Feldstellbereich -, Drehstrommaschine 206f. -, Gleichstrommaschine 217f. Fensterfläche 74, 81f., 86, 350 Fensterlüftung 11, 74 Fernverkehr 231, 278-280 Fernwärme 7, 19, 27, 65, 67f., 73, 87 Fertigungsverfahren 15, 26, 327f. Feuchte (relative) 3, 70-72, 93, 103, 109, 111, 114-119, 292, 360f., 363f. Flächendiagramm 323f. Fluglärm 286 Flugtriebwerk 275 Flugverkehr 232 Fluidförderung 145, 148f., 152, 174 Flussbild 72, 95, 261, 323, 325 Flüssigkeitsringverdichter 153 Flüssigwasserstoff 252 Förderhöhe 159, 369f., 372f. Förderleistung 153 -, hydraulische 158f., 163f., 168, 370f. FOURIER-Zahl 48
416
Freiheitsgrad 309, 315, 318, 405f. Freispiegelförderung 158 Fremdkühlung 176, 210, 218 Frequenzumrichter 112, 206f., 210f., 374, 376 GAUSSsche Normalverteilung 309-315 Gebäudehülle 76f., 89 Gebläse 89, 103, 146, 148f., 151154, 157, 170, 174, 178, 207, 244 Gefügeumwandlung 26 Gegenstrombremsung 187, 196f. Gewerbe -, Handel, Dienstleistung 8-10 -, verarbeitendes 8-10, 21, 24 Gleichstrommotor 179, 215f., 269 gleitende Mittelwertbildung 306, 398f. Gliederungszahl 304 Glühlampe 14, 128, 130-132, 135f., 142f. Grundgesamtheit 303, 311-314, 318, 320, 405f. Grundstellbereich 204, 206f., 216 Grundwasserwärme 104-107 Güterverkehr 11, 231f., 234, 278, 289 Haftreibung 271, 275 Halogen-Metalldampflampe 139 Halogen-Glühlampe 131f. Häufigkeitssumme 309, 312, 403f. Häufigkeitsverteilung 300, 308f., 312, 403 Hauptnutzungszeit 58-62, 343f.
Sachverzeichnis
Haushalt 7-10, 19, 125, 145 - geräte 74, 178, 220, 225 Hebezeuge 14, 174, 178, 195, 197, 218 Heizgrenze 80, 84, 353 Heizkessel 6, 67, 87-91, 94f., 104, 108 Heizkörper 6, 72, 87, 89, 111 Heizlast 75, 79f., 90, 348f. Heizleiter 27 Heizlüfter 88, 151 Heizöl 5, 9, 19, 65, 67, 89, 92f., 257 Heizperiode 80, 84, 90, 94, 103, 109, 332 Heizungssystem 12, 79, 92, 100 Heizwärmebedarf 72-74, 80, 82, 83f., 90, 331, 345, 352f. Hellempfindlichkeit 126 HEYLAND-Kreis 186 Hochstabläufer 192 Hubkolbenmaschine 150, 157 h,x-Diagramm 114, 116-119, 361-365 Hybridantrieb 261, 264 I-Umrichter 212f. ideales Gas 114, 147 Indexdarstellung 20, 305, 326, 329f., 399-401 Indexzahl 304 Industrie 7-10, 19-25, 30, 110, 125, 139, 145f., 150f., 178181, 213, 255f., 326-330 Information und Kommunikation 4, 6, 9, 252 Innenpolmaschine 207 instationärer Zustand 38f., 45f., 57, 187 Isentropenexponent 148
Sachverzeichnis
Käfigläufer 178, 180f., 189, 192f., 222, 228 Kalibrierung 294 Kältemaschine 98, 102f., 113, 121-123, 151 Kältemittel 97-101, 103, 106, 348, 356-358 Kanalströmungsverluste 162f. Kapazitätsausnutzung 330 KEA 16-18, 254 Kettenindex 304f., 400 Kippmoment 190-192, 194f., 204, 206f., 210, 383 Kippschlupf 190-192, 206, 382, 387 Kleinverbraucher 7f. Klimaanlage 84, 110-112, 121, 360, 363 Klimagerät 113 Klimatisierung 3, 65, 67, 72, 109-114, 121-123, 238, 360ff. Klimazentrale 110-112 KLOSSsche Gleichung 190f., 387 Kommutator 178f., 219f., 269f. Kommutierung 218 Kompakt-Leuchtstofflampe 131, 133, 135 Kompressionswärmepumpe 97f., 100f. Kondensation 37, 100f., 103, 109, 118, 120, 253, 355 Kondensatormotor 178, 220-225 Konvektion 27f., 38, 47, 69, 71, 74, 89, 94, 127, 175 Korrelationskoeffizient 320 Kosten 11, 16, 30, 100, 107, 194, 254, 267, 322 -, Anschaffungs- 12, 184, 258f., 261, 375 -, Betriebs- 374
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-, Energie- 2, 291-295, 304 -, Herstell- 183 -, Kraftstoff- 257 -, Strom- 184 - rechnung 323 - stellen 322 Kovarianz 319 Kraftmaschine 97, 145, 169f., 175, 275 -, Verbrennungs- 261, 275 -, Wärme- 265 Kraftstoff 150, 234, 243, 244, 249, 261, 265, 278 -, Bio- 235, 255-257, 281-286 -, Diesel- 235, 255, 257, 281 -, Vergaser- 235, 250, 252, 256, 281, 389 - verbrauch 5, 9, 265, 390f. Kreisdiagramm 324f. Kreiselpumpe 147, 152, 158168, 369-376 Kühllast 112-114 Kumulierter Energieaufwand 16, 18, 254 Kupferverluste 181, 188, 388 Kurzschlussläufer 185, 194, 197, 199, 225, 227 Lagerreibung 174, 189, 198, 209 Lärm 30, 151, 154, 177, 286f. Laser 27, 138 Lastgrad 32, 39, 41, 43-45, 59f., 63, 94, 197-202 Läuferverluste 184, 189 Laugenpumpe 227 Lebensdauer 100f., 176f., 184, 267 -, Batterie- 259, 262 -, Lampen- 130-132, 135, 137f., Leerbetrieb 39, 43-45, 56f., 176, 226, 335, 337, 339f., 343
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Leerbetriebsleistung 53, 403 Leerbetriebszeit 58-61, 343f. Leerlauf 14, 176, 191, 196ff., 202 - drehzahl 218, 247 - punkt 186f., 192, 378 - reaktanz 186, 378 - strom 378 Leistungs- abgabe 197, 203, 226, 246 - aufnahme 30, 131, 137, 184, 201 197, 221, 338, 348f., 367, 374f., 378 - ausnutzung 59-61, 343 - bedarf 31, 103, 157, 171, 175, 243f., 292, 364f. - bereich 102, 177-179, 183, 200, 225, 227-229, 247, 266 - bilanz 38, 135, 188, 336 - dichte 259f., 262, 266 - faktor 137f., 197f., 382 - fluss 174, 261, 264 - gewicht 269 - halbleiter 179, 212ff. - linie 187f., 386 - zahl 102-104, 107, 109, 122, 356 Leuchtdichte 128f., 140-142 Leuchtstofflampe 14, 131, 133137, 142f., 367 Licht 4, 6, 14, 27, 125ff. Lichtausbeute 2, 125, 127, 130132, 136-139 Lichtfarbe 132, 134, 136, 138, 140, 142 Lichtstärke 127-129 Lichtstrom 126-131, 134-137, 141, 366-368 lineare Regression 318, 333, 397 Linearmotor 178, 274 Liniendiagramm 323-325
Sachverzeichnis
Lithium-Ionen-Batterie 260 Löten 26 Lüftungswärmeverlust 73, 78f., 348 Luft- feuchte 3, 70-72, 109, 118, 360 - geschwindigkeit 70, 72, 111, 294 - schraubentriebwerk 275, 277 - spaltmoment 209 - strahltriebwerk 275, 277 - überschuss 14, 93 - vorwärmung 14 - wechselrate 78, 346, 348, 362 - widerstand 235f., 238, 249, 389 Luft-Wasser- Klimaanlage 112f. - Wärmepumpe 98, 104 Magnetisierungskennlinie 218 Magnetisierungsstrom 182f. Magnetschnellbahn 272-275, 287f. Median 308 Mehrfachregression 318 Mehrmotorenantrieb 213 Merkmalsgröße 308-310, 312 Mess- abweichung 41, 299-301 - fehler 295, 299 - fühler 296-298 - genauigkeit 294f. - gerät 293, 295f., 300-302, 323 - größe 291-297, 299f., 302, 318 - methode 291, 293 - objekt 292 - unsicherheit 41, 53, 302 - wert 293, 295-302 Metall-Luft-Batterie 260 Methanol 255-257 Mikrowelle 28
Sachverzeichnis
Mittelwert 79, 142, 298, 332, 399 Mittelwert, arithmetischer 304307, 309-320, 403-407 -, gewichteter 401f. -, gleitender 306, 398 -, jährlicher 104, 399-401 -, lagebestimmter 308 -, monatlicher 82, 329, 349 -, quadratischer 307 -, zeitlicher 43, 293 Modus 308 Muscheldiagramm 245 Nachtabsenkung 14, 79 Nahverkehr 278f., 289 Natrium-Nickelchlorid-Batterie 259f. Natrium-Schwefel-Batterie 260 Natriumdampf-Niederdrucklampe 136-139 Nenn- betrieb 41, 43, 59, 175, 213, 335f., 339f., 342, 379 - drehzahl 164, 218, 246, 369f., 373, 379 - durchsatz 163, 302, 335, 340 - leistung 90, 176, 181f., 184, 191f., 195, 197-203, 206, 213f., 222, 246, 258, 271f., 278, 322, 374, 387f., 401 - lichtstrom 367 - moment 191f., 206f., 210, 217 - schlupf 192, 215, 219, 380, 387 - strom 182, 194, 198, 218, 381, 385 - spannung 196, 206, 216 - wirkungsgrad 44, 63, 181f., 184, 340 Nettoproduktionsindex 20f., 329f.
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Nickel-Metallhydridspeicher 259f. Nickel-Cadmium-Batterie 260 Niedertemperaturkessel 90, 92, 94f. Normalverteilung 309-312, 314f. Nullhypothese 313, 405 Nullpunktunterdrückung 324326 Nutz- bremsung 14, 177, 196, 258, 261, 264 - elektrizität 5, 6, 27 - energie 3-6, 11, 13, 27, 30, 125, 145, 235 - - bedarf 5, 12-14 - last 242, 278 - leistung 147-149, 157, 164, 241 Nutzungsgrad 13f., 17, 63, 74, 86, 94f., 254, 258-260, 262, 281 Oberwellen 214 Ölzentralheizung 67 OSSANNA-Kreis 186, 386f. Ottomotor 14, 243-248, 250, 258, 267, 281, 284, 388, 391 Permanentmagnet 179, 215 - Synchronmotor 207ff., 220, 225 Personenverkehr 231-233, 278, 289 Phasenanschnittsteuerung 219, 269 PLANCKscher Strahler 127 Polpaarzahl 189, 203, 205f., 208, 210, 215 Polradspannung 208 Polradwinkel 208f., 226
420
Primärenergie 3, 7, 16-18, 30, 86f., 96, 254, 278-282 Produktionskapazität 41f., 256 Produktqualität 15, 29 Prozessrechner 298 Prozesstemperatur 14, 23f. Prozesswärme 9f., 14, 19-31, 97, 102 Pulsumrichter 212 Pumpenkennlinie 160, 163, 167f., 370, 373 Punktdiagramm 323 Quantil 311 Quecksilberdampflampe 133, 138f. Radialverdichter 157 Radnabenmotor 265 Ragone-Diagramm 259 Rapsöl 255, 281-285 rationelle Energieverwendung 2, 10-12, 15 Raum heizung 3, 10, 14, 66-68, 72, 80, 84, 94f., 109, 113, 306, 362 Raum- heizwärme 9f. - index 367 - klima 70, 360 - konditionierung 3, 6, 330 - lufttemperatur 66, 70f., 79, 109, 360 - temperatur 14, 70f., 80, 84, 89, 109, 112, 346, 348 Reaktanz, -, Leerlauf- 186, 378 -, synchrone 208 Reflexionsgrad 14, 143, 366-368 Regenerativ-Wärmetauscher 121
Sachverzeichnis
regenerative Energiequellen 7, 13-15, 30, 253f. Regressions- koeffizient 319, 321 - konstante 320 - rechnung 318, 327, 329 Reisebus 280 Ressourcen 1, 7, 12, 15, 30, 254f. Ringdiagramm 323-325 RME 255, 257, 281-285 Rohrnetzkennlinie 159, 167, 369f. Rohrreibungszahl 158, 369 Rollwiderstand 235, 238, 389 ROOTS-Gebläse 152, 154, 157 Rotationswärmeaustauscher 121 Rückwärmzahl 120 Rundstabläufer 193 S-Bahn 279 Sankey-Diagramm 325 Sättigung 117, 218 Sättigungs- druck 115 - linie 116f., 119 Säulendiagramm 10, 324 Schall 5f., 110, 286f. Schaufelwinkel 161-163 Schienenverkehr 8, 234, 237ff., 287 Schleifringläufermotor 181 Schlupf 184, 186-193, 196, 203206, 208, 211, 215, 219, 225, 275-277, 380, 382, 387 Schmelzen 25f. Schraubenverdichter 152, 154 Schwefelsäuretaupunkt 92 Schweißen 26, 30 Schwerkraftheizung 89 Sensor 179, 273, 296
Sachverzeichnis
Servoantrieb 178f. SIEGERT-Formel 91f. Signalumformung 297 Skalierung -, lineare 326 -, logarithmische 324-326 -, ordinale 308 Solarenergienutzung -, passive 14, 74 Solarstrahlung 5 Sonneneinstrahlung 72, 74, 81, 84, 97, 113, 331-333, 349 Spaltpolmotor 178, 220, 225, 227-229 Spaltverluste 157, 163 Spannweite 10, 308f., 403 Speicherheizgerät 88 Speicherwärme 73 Speisefrequenz 180, 188f., 203, 206-208, 210f. Speisespannung 206, 208, 210, 214-217, 219 Stabilitätsgrenze 209, 226 Stadtbus 279 Standanlage 32-34, 39, 41-43 Standardabweichung 302, 308310, 312f., 317, 319, 321, 405f. Ständerdrehfeld 185, 187-189 stationärer Zustand 34, 38-45, 47, 50, 52-57, 60, 63, 175 statistische Sicherheit 313, 315318, 405 statistische Signifikanz 313 Staubsauger 151, 219-221 Steifheit der Drehzahl 192, 204, 206f., 215, 217f. Steigungswiderstand 235-238, 389, 394 Stern-Dreieck-Umschaltung 194f.
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Stichprobe 303, 308, 311-315, 318, 402, 405f. Stickoxid 250, 284 Stillstandsmoment 192, 206 stöchiometrische Verbrennung 93 Stoßverluste 162f. Strahler 6, 27f., 31, 88, 127, 130 Strahlungs- absorption 81, 98 - intensität 82f. - leistung 125-127 Straßenbahn 232f., 279 Straßenfahrzeug 243ff., , 258ff. Straßenverkehr 8, 232f., 235238, 258, 261, 289 Straßenverkehrslärm 286 Streubandbreite 320 Streubereich 318 Stromkosten 184 Stromortskurve 185-188, 193, 210 Strömungsmaschine 152, 155ff. Strömungsverluste 157 Stromverbrauch 3, 12, 20-22, 24, 96, 111, 125, 145, 184, 253, 327-330, 396-398, 402 Stromverdrängungsläufer 193 Stromwärmeverluste 198, 204, 225, 227, 379, 381f., 387 Student-Test 314ff. synchrone Drehzahl 181, 206, 211 Synchronmotor 179, 207-211, 220, 225-227 t-Test 314ff. Tauchkolbenverdichter 152 Taupunkt 116f., 364 - enthalpie 122, 364 - linie 116
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-, Schwefelsäure- 92 - temperatur 71, 117 technische Arbeit 147, 149 technologische Prozesse 3, 6 Teillast -, (Asynchronmotor) 199 -, (Verbrennungsmotor) 247 -, (Wärmepumpe) 100 Temperatur- leitfähigkeit 48 - profil 47, 49-51, 55 - strahlung 27 thermische Kraftmaschine 169 Thermostatventil 14, 89 Tragflügel 239ff. Transmissionswärmeverlust 72f., 75, 79, 86f., 348f. Transrapid 272-275, 287 Triacsteller 219f. Trocknen 14, 23, 27, 30, 151, 330 Trockner 337ff. Trocknungsleistung 337ff. Trocknungsprozess 25, 30, 37, 59, 338 U-Bahn 279 U-Umrichter 212-214 Umgebungstemperatur 69, 136f., 301, 338 Umgebungswärme 5, 97 Umluftbeimischung 111 Umrichter 28, 170, 196, 204207, 210-215, 269, 274, 374376 Umwälzpumpe 12, 86, 105f., 220, 223, 225, 355 Umweltbelastung 2, 15 Umweltwärme 13-15 Universalmotor 178f., 219-221
Sachverzeichnis
Unterbrechungszeit 54f., 58, 6062, 343f. Vakuumpumpe 146, 149, 151, 153 Ventilator 103, 110-113, 121, 146, 148f., 151, 156f., 176, 207, 214, 355, 360, 363 Verbrauchssektor 7-9 Verbrennungsabgas 38 Verbrennungsmotor 88, 97, 150, 170, 243ff., 263-265, 267, 268-271, 283ff. Verdampfungsenthalpie 25, 37, 93, 116, 244, 338 Verdichter 98-101, 146, 148157, 178, 181, 207, 251, 358f. Vergaserkraftstoff 234f., 250, 252, 256, 281 Verhältniszahl 303f. Verkehr (als Verbrauchssektor) 2, 7-12, 231-235 - leistung 231-233 - mittel 145, 231-235 Verteilungsfunktion 309-312 Vertrauensbereich 313, 315, 317f., 320, 332, 406f. Vierleitersystem (Klimatisierung) 113, 121f. Vierquadrantenbetrieb 213, 272 Vollpol-Läufer 178, 207-211 Vorwärmung 14, 38, 110, 122, 363-365 Vorwiderstand 194-197, 204f., 215-217 Wahrscheinlichkeitsdichte 309f., 314 Wandtemperatur 51, 70
Sachverzeichnis
Wärme (Nutzenergie) 4-6, 30f. -, fühlbare 25, 69, 74, 91, 120f., 244 -, latente 25, 69, 91, 93, 103, 121, 244, 360 - austausch 101, 111f., 119ff., 356f. - behandlung 5, 26 - brücke 46, 77 - dämmung 14, 46, 67, 72, 84, 87, 89, 345, 348 - durchgangskoeffizient 47, 72, 75f., 87, 346f. - durchlasswiderstand 72, 75-77, 346 - erzeuger 27, 67, 79, 86, 87ff., 107, 337 - gewinne 74, 80, 82-85, 349ff. - -, innere 80, 350f. - -, solare 74, 80f., 351f. - kapazität 46, 78, 104, 116, 340, 358 - leitfähigkeit 46, 77, 105f., 345f. - leitung 27f., 45ff., 69, 74f., 127 - prozess 3, 19f., 25-31 - pumpe 5, 14, 97ff., 121f., 151, 354ff. - quelle 48, 72ff., 97ff., 103ff. - rückgewinnung 14, 40, 73, 101, 111, 121f. - schutzverordnung 17, 67, 84f. - speicherfähigkeit 49, 73, 83-85, 352 - strahlung 4, 69, 89, 137 - strom 4, 46ff., 53-56, 75f., 120 - träger 28, 88, 98, 101 - transport 29, 87f. - übergangskoeffizient 46f., 76f. - verbund 31 - verlustkoeffizient 75, 80, 83, 347
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Warmumformen 26 Warmwasserbereitung 3, 5f., 14, 86, 94f. Warmwasserheizung 88f., 98 Wäschetrockner 220, 225, 227 Waschmaschine 220f., 227 Wasserbeladung 114-118, 120f., 361, 363-365 Wassereindüsung 363f. Wasserstoff -, flüssig 252 -, gasförmig 250-252 - Antrieb 250ff. - Druckspeicher 250 - Herstellung 253ff. Wellenlänge 125-127, 137f., 143 Widerstandsmoment 172, 195, 247, 393 Wirkungsgrad 2, 13, 43-45, 63, 98, 157, 335f., 340 -, Beleuchtungs- 366-368 -, Brennstoffzellen- 266f. -, effektiver 245 -, feuerungstechnischer 56f., 94 -, Gebläse- 154, 157 -, innerer 244 -, Kessel- 67, 93, 95 -, mechanischer 244f., 358 -, Motor(Elektromotor) 197-204, 213f., 220-229, 258 (Verbrennungsmotor) 245247, 391, 395 -, Nenn- 44, 63, 181ff., 340, 382 -, Pumpen- 164-166, 169, 371373 -, Schub- 275f. -, System- 214f., 242, 245, 266, 277 -, Triebwerk- 277 -, Übertragungs- 245, 265, 388
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-, Umwandlungs- 281 Wirkungsgradklassen von Elektromotoren 183f. Wirkungsgradmethode 366 Wohnungsbeheizung 65-68 Xenonlampe 139 Zeitausnutzung 59 Zeitkonstante 52, 54-57, 83f., 340-342, 352
Sachverzeichnis
Zentralheizung 66-68, 87f. Zentralwert 308 Zufallsgröße 310-312 Zufallsparameter 310, 312 zulässige Erwärmung 176 Zuluft 77, 110-113, 121f., 360364 Zwischenkreisspannung 212f. Zwischenkreisumrichter 211f. Zwischenkühlung 157