Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Kapitalmarkt
Helmut Laux
Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Kapitalmarkt Fundierung finanzwirtschaftlicher Entscheidungskriterien und (Anreize für) deren Umsetzung
Zweite, vollständig neu bearbeitete Auflage mit 62 Abbildungen und 10 Tabellen
123
Professor Dr. Dr. h.c. Helmut Laux Johann Wolfgang Goethe-Universität Lehrstuhl für Organisation und Management Mertonstraße 17 60054 Frankfurt am Main E-mail:
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ISBN 3-540-26126-5 2. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-44202-2 1. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2003, 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner Herstellung: Helmut Petri Druck: Strauss Offsetdruck SPIN 11493389
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Für Uta
Vorwort zur zweiten Auflage Die Arbeit befaßt sich mit den theoretischen Grundlagen wertorientierter Untemehmenssteuerung bzw. - viel allgemeiner - mit Grundfi-agen der Betriebswirtschaftslehre, nämlich der FundierungfinanzwirtschafthcherUntemehmensziele vor dem Hintergrund der Kapitalmarkttheorie, der Analyse der Eigenschaften damit kompatibler Entscheidungskriterien und zielkonformer hivestitionsentscheidungen sowie der Gestaltung erfolgsorientierter Anreizsysteme fiir das Management, die dazu motivieren, solche Entscheidungen zu treffen. Das Buch wurde gegenüber der ersten Auflage in allen Teilen wesentlich überarbeitet, hisbesondere wurden didaktische Verbesserungen vorgenommen, indem ausfiihrlicher als bisher Querbezüge zwischen verschiedenen Problemstellungen und Lösungsansätzen gezeigt und Zusammenhänge mit Hilfe von Zahlenbeispielen verdeutlicht werden. Außerdem werden praktischen Methoden der Untemehmensbewertung sowie der Ermittlung von Kapitalkosten, steuerlichen Aspekten und Kontrollproblemen mehr Raum als bisher gewidmet. Die Verbindungen zwischen den Kapiteln werden vor allem durch allgemeine Prinzipien der „Anreizkompatibilität" ermöglicht, die in enger Beziehung zum Prinzip „pareto-effizienter" Risikoteilung stehen. Diese Prinzipien bilden durchgehend die Grundlage fiir die Analyse finanzwirtschaftlicher Entscheidungskriterien und von Anreizsystemen fiir deren praktische Umsetzung. Die vorliegende Arbeit steht thematisch in engem Zusammenhang zu meinem ebenfalls im SPRINGER-Verlag erschienenen Buch „Untemehmensrechnung, Anreiz und Kontrolle", in dem wesentlich ausfiihrlicher als dem vorliegenden Probleme der Untemehmensrechnung unter dem Gesichtspunkt der Entscheidungssteuerung untersucht werden, und zwar insbesondere die Ermittlung und Zurechnung von Periodenerfolgen, die Erfolgsbeteiligung und kontroUe und die Gewährung von Anreizen fiir eine wahrheitsgemäße Berichterstattung über Erfolgspotentiale. Durch häufige Querverweise werden Verbindungen zwischen den Fragestellungen der beiden Bücher angezeigt. Hans-Joachim Böcking, Inga Braun, Robert Gillenkirch, Michael Hommel, Christian Laux, Matthias Schabel, Christian Schlag und Louis Velthuis verdanke ich viele wertvolle Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Ruth Löhmann, Jan Majer-Leonhard, Carolin Poloczek, Tekin Rangette, Kay Weinhold und Nicole Wettemann haben das druckfertige Manuskript erstellt. Matthias Schabel hat die abschließende Textverarbeitung „organisiert". Auch hierfür danke ich herzlich. Dank schulde ich auch der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft, die die Neuauflage durch eine großzügige finanzielle Unterstützung gefördert hat.
Frankfurt am Main, im Oktober 2004
Helmut Laux
VIII
Vorwort
Vorwort zur ersten Auflage Die Arbeit befaßt sich mit theoretischen Grundlagen und praktischen Konzepten wertorientierter Untemehmensfiihrung. Besondere Beachtung wird der Theorie der Preisbildung und der Risikoteilung auf dem Kapitalmarkt gewidmet. Sie liefert die Grundlage ßXr die Fundierung finanzwirtschaftlicher Unternehmensziele, die Analyse von Eigenschaften damit kompatibler Entscheidungen und die Gestaltung von erfolgsorientierten Anreizsystemen für das Management, solche Entscheidungen zu treffen. Schließlich wird exemplarisch gezeigt, wie vor dem Hintergrund der theoretischen Darstellungen in der Praxis verbreitete Konzepte (markt-) wertorientierter Untemehmensfiihrung diskutiert und beurteilt werden können. Betrachtet werden die Bewertungs- und Planungskonzeption des Shareholder Value Ansatzes sowie erfolgsorientierte Bonussysteme und Stock Options, die dem Management Anreize bieten sollen, den Shareholder Value Ansatz praktisch umzusetzen. Sehr ausfuhrlich wird untersucht, unter welchen Bedingungen zwischen den Gesellschaftem eines Untemehmens Einmütigkeit besteht. Bei Einmütigkeit ist es möglich, simultan den finanziellen Nutzen aller Gesellschafter zu maximieren. Es wird geprüft, inwieweit in verschiedenen Kapitalmarktzusammenhängen die Bedingungen der Einmütigkeit erfüllt sind und welche Ziele jeweils in Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung stehen. Es wird sich zeigen, daß die Maximierung des Marktwertes der Aktien des Untemehmens oft nicht im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung steht. Die vorliegende Arbeit steht thematisch in enger Beziehung zu meinem ebenfalls im SPRINGER-Verlag erschienenen Buch „Untemehmensrechnung, Anreiz und Kontrolle", in dem Probleme der Unternehmensrechnung unter dem Gesichtspunkt der Entscheidungssteuerung untersucht werden (insbesondere die Ermittlung und Zurechnung von Periodenerfolgen, die Erfolgsbeteiligung und -kontrolle, die Gewährung von Anreizen für eine wahrheitsgemäße Berichterstattung). Burkhard Eisele, Robert Gillenkirch, Leonard Knoll, Hugo Kossbiel, Christian und Volker Laux, Wemer Neus, Bemd Rudolph, Matthias Schabel, Klaus Schäfer und Louis Velthuis verdanke ich viele wertvolle Anregungen und Verbesserungsvorschläge. Martin Dommermuth, Rene Fle, Iveta Grozeva, Claudia Karypidis, Matthias Mann, Svetlozar Nikolov, Milena Popovic, Kerstin Schüler und Nicole Wettemann haben das druckfertige Manuskript erstellt. Burkhard Eisele hat über Jahre hinweg die Textverarbeitung „organisiert". Auch dafür danke ich herzlich.
Frankfurt am Main, im August 2002
Helmut Laux
Inhaltsverzeichnis Vorwort Überblick und theoretische Einordnung
VII 1
TEIL A: ENTSCHEIDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN I. 1. 2. 3. 3.1. 3.2. 3.2.1 3.2.2 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.4. 3.5. 3.6. 4. *5. 6. 6.1. 6.2. 6.2.1. 6.2.2. 7 8.
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung bei Risiko Problemstellung Grundstruktur von Entscheidungsmodellen Kriterien subjektiver Nutzenmaximierung Dominanzprinzip als Vorentscheidungskriterium BERNOULLI-Prinzip Charakteristik Eigenschaften der Nutzenfunktion Klassische Entscheidungskriterien ^i-Regel (|Li,a)-Prinzip Sicherheitsäquivalent ARROW-PRATT-Maß für die absolute Risikoaversion Risikoabschlag und ARROW-PRATT-Maß Verbundeffekte und Koordinationsbedarf Zustandsabhängige Nutzenfunktionen Flexible Planung Konzept Beispiel Die Entscheidungssituation Flexible Planung mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes Subjektive Nutzenmaximierung und finanzwirtschaftliche Entscheidungskriterien Notwendigkeit der Komplexitätsreduktion und Problematik der Ermittlung eines „optimalen" Komplexionsgrades
9 9 10 12 12 13 13 15 16 16 17 21 23 24 26 29 32 32 34 34 35 40 42
Inhaltsverzeichnis
TEIL B: PARETO-EFFIZIENTE UND ANREIZKOMPATIBLE ERFOLGSTEILUNG: GRUNDZUSAMMENHÄNGE II.
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
45
1. 2. 3. 3.1. 3.2. 3.3.
45 46 48 48 49
*6. 6.1. 6.1.1. 6.1.2. 6.2. 6.2.1. 6.2.2.
Problemstellung Vorteile der Erfolgsteilung Ermittlung pareto-effizienter Teilungsregeln Pareto-Programm Grundbedingung pareto-effizienter Erfolgsteilung Ermittlung pareto-effizienter Teilungsregeln auf der Basis exogen vorgegebener X,-Werte Gestalt pareto-effizienter Teilungsregeln Allgemeine Darstellung Lineare Teilungsregeln Exponentielle Nutzenfunktionen Quadratische Nutzenfunktionen Andere Nutzenfunktionen Nichtlineare Teilungsregeln Verallgemeinerung: Heterogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen und zustandsabhängige Nutzenfunktionen Graphische Analyse pareto-effizienter Teilungsregeln Erfolgsteilung bei zwei möglichen Zuständen Präferenzfunktionen in einem EDGE WORTH-Diagramm Menge der pareto-effizienten Teilungsregeln Erfolgsteilung unter ()Li,a)-Entscheidern Quadratische Nutzenfunktionen Exponentielle Nutzenfunktionen
III.
Anreizkompatible Erfolgsteilung
69
1. 2. 3. 4. 4.1. 4.2. 4.3. 4.3.1. 4.3.2. 4.3.3. 4.3.4. 5. 5.1. 5.2. 5.3.
Problemstellung Bedeutung der Bedingung der Anreizkompatibilität Entscheidungssituation Strenge Anreizkompatibilität Bedingung der (strengen) Anreizkompatibilität Ermittlung anreizkompatibler Teilungsregeln Gestalt anreizkompatibler Teilungsregeln Grundform Risikoneutralität beider Entscheider Risikoaversion eines Entscheiders Risikoaversion beider Entscheider Anreizkompatible versus pareto-effiziente Erfolgsteilung Pareto-Effizienz linearer anreizkompatibler Teilungsregeln Anreizkompatibilität linearer pareto-effizienter Teilungsregeln Implikationen
69 70 72 72 72 75 77 77 79 80 82 84 84 85 86
4. 4.1. 4.2. 4.2.1. 4.2.2. 4.2.3. 4.3. *5.
51 53 53 55 55 56 58 58 59 60 60 60 63 65 65 67
Inhaltsverzeichnis
6. 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5.
Partielle Anreizkompatibilität Bedingungen der partiellen Anreizkompatibilität Beweis der partiellen Anreizkompatibilität Konflikte bei pareto-inferiorer Erfolgsteilung Konflikte bei nichtproportionaler Erfolgsteilung Konflikte bei veränderlichen Grenznutzenwerten
XI
88 88 90 91 93 94
TEIL C: PREISBILDUNG UND RISIKOTEILUNG AUF DEM KAPITALMARKT IV.
Grundzüge der Portefeuilletheorie
1. 2. 3.
95
Problemstellung Der Residualgewinn als Zielgröße für die Portefeuilleplanung Portefeuilleplanung unter expliziter Berücksichtigung der möglichen Umweltzustände 3.1. Modell 3.2. Eigenschaften des optimalen Portefeuilles 4. Portefeuilleplanung auf der Grundlage des (|Li,a)-Prinzips 4.1. Modell 4.2. Strukturgleichheit aller effizienten Portefeuilles 4.3. Auswahl des optimalen Portefeuilles 4.4. Struktureigenschaften der effizienten Portefeuilles 4.5. Höhe und Interpretation von A,* 4.6. Eigenschaften des optimalen Portefeuilles 4.6.1. Allgemeine Charakteristik 4.6.2. Umfang des optimalen Portefeuilles
97 97 99 101 101 103 106 108 111 113 113 113
V.
117
1. 2. 3.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
Problemstellung Charakteristik des vollkommenen Kapitalmarktes Arbitragefreiheit als notwendige Bedingung für ein Kapitalmarktgleichgewicht 3.1. Grundlagen 3.2. Grundbedingung der Arbitragefreiheit 3.3. Marktwerte neuer Wertpapiere und neuer Investitionsprojekte 3.4. Explizite Berücksichtigung der Anlage und Aufnahme von Kapital zum Zinssatz r 3.5. Bewertung von Terminkontrakten und Optionen 3.5.1. Terminkontrakte 3.5.2. Optionen 4. State Preference Ansatz (SPA) 4.1. Charakteristik 4.2. Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen am vollständigen Kapitalmarkt
95 96
117 119 120 120 123 127 129 129 129 130 134 134 136
XII
Inhaltsverzeichnis
4.3. 4.3.1. 4.3.2. 4.3.3. 4.4. 5. 5.1. 5.2. 5.2.1.
Höhe der Preise Tis für zustandsbedingte Zahlungsansprüche Arbitrageüberlegungen Grenznutzenbetrachtung Zustandsbezogene Diskontfaktoren Zur Relevanz des SPA Capital Asset Pricing Model (CAPM) Charakteristik Individualportefeuilles im Gleichgewicht Individualportefeuilles als proportionale Anteile am Marktportefeuille 5.2.2. Höhe der individuellen Anteile 5.3. Marktwerte riskanter Wertpapiere 5.3.1. Ermittlung der Marktwerte 5.3.2. Höhe der Marktwerte 6. Modifizierter SPA 6.1. Charakteristik 6.2. Marktwerte riskanter Wertpapiere 7. CAPM und (modifizierter) SPA als theoretische Grundlage für weitere Analysen
VI.
139 139 141 143 145 145 145 146 146 148 149 149 152 154 154 157 158
Der Kapitalmarkt als Institution der (pareto-effizienten) Risikoteilung
161
1. 2. 2.1. *2.2. 2.2.1. 2.2.2. 3. 4.
Problemstellung Pareto-effiziente Risikoteilung im SPA Allgemeine Darstellung Graphische Veranschaulichung Optimaler Bestand an zustandsbedingten Zahlungsansprüchen Pareto-effiziente Risikoteilung Risikoteilung im CAPM Pareto-effiziente Risikoteilung im modifizierten SPA
161 161 161 163 163 165 167 168
VII.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
169
1. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.4.1. 2.4.2. 2.5. 3. 3.1.
Problemstellung Capital Asset Pricing Model (CAPM) Höhe des Marktpreises des Risikos Erwartete Renditen von riskanten Wertpapieren Abhängigkeiten zwischen (Über-) Renditen Höhe des Marktwertes MQ^ Bewertung auf der Basis eines risikoangepaßten Zinssatzes Bewertung auf der Basis der Kovarianz zwischen M^^ und VQ CAPM, nicht voll diversifizierte Portefeuilles und empirische Überprüfung State Preference Ansatz (SPA) Marktwertanalyse auf der Basis der Kovarianz zwischen M^^ und dem zustandsabhängigen risikoangepaßten Diskontfaktor
169 170 170 173 176 178 ..178 179 180 181 181
Inhaltsverzeichnis
Marktwertanalyse auf der Basis der Kovarianz zwischen M|j^ und dem zustandsabhängigen Grenznutzen eines beliebigen Anteilseigners 3.2.1. Homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen 3.2.2. Heterogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen 3.3. („Risikoneutrale") Bewertung mit MartingalWahrscheinlichkeiten 4. Vergleich von SPA und CAPM 4.1. Vom SPA zum CAPM 4.2. Vom CAPM zum SPA 5. Wertadditivität
XIII
3.2.
184 184 187 188 190 190 191 193
TEIL D: ANALYSE VON UNTERNEHMENSZIELEN UND ZIELKONFORMEN ENTSCHEIDUNGEN VIII. Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
197
1. 2.
197
Problemstellung Unveränderliche Anteile am Marktportefeuille bei Änderung der homogenen Erwartungen 2.1. NE-Variante 2.2. BQ-Variante 2.3. Möglicher Handel in der NB-Variante 3. Investitionsplanung und CAPM-Gleichgewicht 3.1. Entscheidungssituation 3.2. Simultane Maximierung aller Nutzenerwartungswerte 3.2.1. NE-Variante 3.2.2. BQ-Variante 4. Implikationen 4.1. Bedeutung von Marktwerten für die Planung 4.2. Informationsbedarf von Anteilseignern 4.3. Verallgemeinerung 5. Zielkonflikte in der NB-Variante
199 199 200 201 202 202 203 203 204 207 207 210 211 211
IX.
Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung bei pareto-effizienter Risikoteilung bzw. Spanning, proportionaler Erfolgsteilung und unveränderlichen Grenznutzenwerten 213
1. 2.
Problemstellung Kompatibilität bei Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu unveränderlichen Preisen Tis Vorüberlegung: Maximierung des Marktwertes des privaten Vermögens eines einzelnen Investors Maximierung des Marktwertes der Aktien des Unternehmens „Competitivity" und „Spanning" als Grundbedingungen der Anreizkompatibilität
2.1. 2.2. 2.3.
213 215 215 219 222
XIV
Inhaltsverzeichnis
3.
Problematik der Annahme eines Handels zu unveränderlichen Preisen Tis Identität von Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung bei partieller Anreizkompatibilität Zwei mögliche Zustände Mehr als zwei mögliche Zustände Implikationen konstanter Grenznutzenwerte Begründungen der Kompatibilität von Marktwert- und Nutzenmaximierung im Vergleich Zur Relevanz von Informationen Verallgemeinerung: Spanning als Bedingung der Identität von Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung bei unveränderlichen Grenznutzenwerten Beweis der Identität Bedeutung und Grenzen der Spanning-Bedingung Spanning und pareto-effiziente Risikoteilung im Vergleich
4. 4.1. 4.2. 4.3. 5. 6. 7. 7.1. 7.2. 7.3. X.
223 227 227 231 233 233 235 236 236 240 242
Zielkonflikte bei pareto-inferiorer Risikoteilung, nichtproportionaler Erfolgsteilung und/oder veränderlichen Grenznutzenwerten
245
1. 2. 3. 3.1. 3.2. 3.2.1. 3.2.2. 4.
Problemstellung Pareto-inferiore Risikoteilung: Ein Rückblick Nichtproportionale Erfolgsteilung und Finanzierung Gegebenes Investitionsprogramm Variables Investitionsprogramm Konflikte zwischen Anteilseignem Konflikte zwischen Anteilseignern und Gläubigern Veränderliche Grenznutzenwerte
245 245 247 247 248 248 251 263
XI.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM: Darstellung und Vergleich
265
1. 2. 3. 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.2. 3.3.
Problemstellung Die betrachteten Finanzierungsarten Kriterien der Marktwertmaximierung im Überblick Individuelle Marktwertmaximierung Bewertung auf der Basis eines Sicherheitsäquivalents (Variante 1) Bewertung mit einem risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß Bewertung auf der Basis eines Sicherheitsäquivalents (Variante 2) Maximierung des Marktwertes aller Aktien Problematik einer Vernachlässigung des Einflusses zusätzlicher Projekte auf die Marktwerte der Aktien anderer Unternehmen 4. Marktwertmaximierung im Licht subjektiver Nutzenmaximierung bei gegebenem Marktgleichgewicht 4.1. Nutzenmaximierung als Referenzziel 4.2. Individuelle Marktwertmaximierung 4.2.1. Exaktes Entscheidungskriterium
265 268 269 269 269 275 277 277 280 282 282 283 283
Inhaltsverzeichnis
4.2.2. 4.3. 4.4. 5.
Vereinfachtes Entscheidungskriterium Maximierung des Marktwertes aller Aktien Reale vs. virtuelle Marktwertmaximierung Marktwertmaximierung im Licht subjektiver Nutzenmaximierung bei einem Übergang in ein neues Marktgleichgewicht 5.1. Entscheidungssituation 5.2. Simultane Maximierung des Nutzens der Anteilseigner, die weder Aktien kaufen noch verkaufen 5.3. Simultane Maximierung des Nutzens der Anteilseigner, die (fast) alle Aktien verkaufen 5.4. Verallgemeinerung: Simultane Maximierung des Nutzens der Anteilseigner, die ihren Anteil am Marktportefeuille im gleichen Verhältnis ändern 5.4.1. „Exakte" Nutzenmaximierung 5.4.2. Maximierung eines gewichteten Marktwertes als Approximation 5.4.3. Zielkonflikte zwischen Anteilseignern, die ihren Anteil am Marktportefeuille in unterschiedlichem Verhältnis ändern: Ein Fazit 5.5. Marktwertmaximierung und (fehlende) Bindung 5.6. Bedeutung von Informationen 6. Marktwertänderungen im Licht veränderlicher Preise Tis 6.1. Problematik der Hypothese unveränderlicher Preise TCS 6.2. Einfluß der Projektgewinne auf die Preise Tis 6.3. Ermittlung von AMQJ^ unter expliziter Berücksichtigung der Preisänderungen 7. Resümee und Implikationen für die weiteren Darstellungen
XV
285 285 286 288 288 290 291
291 291 294
296 296 297 298 298 299 300 302
TEIL E: PREISBILDUNG AUF DEM KAPITALMARKT, INVESTITIONSPLANUNG UND UNTERNEMENSBEWERTUNG IM MEHRPERIODEN-FALL XII. 1. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie Problemstellung Grundlagen: Beziehungen zwischen Untemehmensbewertung und Bewertung einzelner Investitionsprojekte Erfolgs- und Restriktionsverbund als Gründe für eine ganzheitliche Bewertung Zur Abgrenzung von Leistungs-, Finanz- und neutralem Bereich Entity- und Equity- Ansatz als Konzepte der Untemehmensbewertung Bewertung durch Duplizierung der Überschüsse vs. direkte Anwendung einer (Markt-) Bewertungsfunktion Grundformen von (Markt-) Bewertungsfunktionen: Sicherheitsäquivalent- und Risikozuschlags-Methode
305 305 307 307 311 312 315 319
XVI
Inhaltsverzeichnis
3. 3.1. 3.2.
State Preference Ansatz (SPA) Entscheidungssituation Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen und Höhe ihrer Preise Direkter Handel mit reinen Wertpapieren Indirekter Handel mit „normalen" Wertpapieren und Vollständigkeit des Kapitalmarktes Preisanalyse auf der Basis des stochastischen Grenznutzens des Endvermögens eines beliebigen Anteilseigners Marktwert der Aktien des Unternehmens Bewertung mit Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche („Risikoneutrale") Bewertung mit Martingalwahrscheinlichkeiten Bewertung von Investitionsprojekten Modifizierter SPA Capital Asset Pricing Model (CAPM) Entscheidungssituation Bewertung auf der Basis von Sicherheitsäquivalenten Bewertung mit zustandsabhängigen risikoangepaßten Zinssätzen Bedingungen für einen einheitlichen risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes und deren Implikationen Bedingung der Periodeneinheitlichkeit und Bedingung der Projekteinheitlichkeit Allgemeine Darstellung Beispiel Bedeutung für Theorie und Praxis Allgemeine Implikationen für die Sicherheitsäquivalente Implikationen im CAPM) Betrachtung von Renditen des Marktportefeuilles Explizite Betrachtung von Endvermögenswerten Implikationen im SPA Allgemeine Implikationen für die Unternehmensbewertung Diskontierung von Sicherheitsäquivalenten bei Existenz eines (perioden-) einheitlichen risikoangepaßten Zinssatzes kj^ Problematik der Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen mit einem einheitlichen Kalkulationszinsfuß Änderungen risikoangepaßter Zinssätze in Abhängigkeit vom Bewertungszeitpunkt Flexible Investitionsplanung Bedeutung Einführung: Flexible Planung und subjektive Nutzenmaximierung Flexible Planung auf der Basis des SPA Flexible Planung auf der Basis des CAPM Bewertung mit zustandsabhängigen risikoangepaßten Zinssätzen Bewertung mit Sicherheitsäquivalenten Realoptionen, Finanzoptionen und Optionspreistheorie Grundkonzeption Optionsbewertung mit Hilfe eines risikoangepaßten Zinssatzes
3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 4. 5. 5.1. 5.2. 5.3. 6. 6.1. 6.1.1. 6.1.2. 6.1.3. 6.2. 6.3. 6.3.1. 6.3.2. 6.4. 6.5. 6.6. *6.7. 6.8. 7. 7.1. 7.2. 7.3. 7.4. 7.4.1. 7.4.2. 7.5. 7.5.1. 7.5.2.
320 320 322 322 325 327 327 327 329 330 332 333 333 335 337 341 341 341 348 349 350 352 352 354 357 358 359 360 365 366 366 368 372 375 375 376 377 377 381
Inhaltsverzeichnis
XVII
7.5.3. Optionsbewertung mit Hilfe von Duplikationsportefeuilles 7.5.4. Integration von Realoptionsansatz und Entscheidungsbaumverfahren 8. Subjektive individuelle Unternehmensbewertung 8.1. Bewertung ohne Kapitalmarkt 8.2. Bewertung und Kapitalmarkt 8.3. Problematik der Ertragswertverfahren 9. Problematik der Bewertung bei beschränkter Rationalität
383 384 384 386 388 392
XIII. Prognose der Überschüsse und Ermittlung eines risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes im Shareholder Value Ansatz
399
1. 2. 3. 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.2. *4. 4.1. 4.2. 4.2.1. 4.2.2. 4.3. 5. 6. 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.4.1. 6.4.2. 6.4.3. 6.5. 6.6. 6.6.1. 6.6.2. 6.7. 6.8. *6.9.
Problemstellung Prognose der Überschüsse Ermittlung des Kalkulationszinsfußes k^ Ermittlung von kj^ im Shareholder Value Ansatz Die WACC-Formel als Grundlage Problematik einer konsistenten Erfassung der Kapitalstruktur in der WACC-Formel Direkte Ermittlung von k^^ mit Hilfe der CAPM-Renditegleichung Entity- und Equity-Ansatz im Vergleich Zur Einheitlichkeit des Eigenkapitalkostensatzes für den Entityund den Equity-Ansatz im Einperioden-Fall Bedingungen der Einheitlichkeit des Eigenkapitalkostensatzes k^ für den Entity- und den Equity-Ansatz im Mehrperioden-Fall Allgemeine Darstellung Beispiel Vergleich mit dem Theorem von MODIGLIANI und MILLER Risikobehaftetes Fremdkapital Zum Einfluß von Ertragsteuern auf Wert und Bewertung des Unternehmens und einzelner Investitionsprojekte Bedeutung für die wertorientierte Unternehmensführung und Charakteristik der Problemstellung Cashflow-Komponenten und Steuern Bewertung im Licht der Kapitalmarkttheorie Entity-Ansatz auf der Basis divergierender risikoangepaßter Zinssätze für unterschiedliche Risikokategorien von Cashflow-Komponenten Cashflow-Besteuerung Zinsbereinigte Einkommensteuer Gewinnsteuer Total Cash Flow-Ansatz APV-und WACC-Ansatz APV-Ansatz WACC-Ansatz Equity- (Ertragswert-)Ansatz und risikoangepaßter Eigenkapitalkostensatz Vergleich und Fazit Exkurs: Einmütigkeit und persönliche Steuern
382
399 402 407 407 407 413 418 419 419 420 420 427 429 433 434 434 435 436 437 437 439 441 448 449 449 450 453 454 456
XVIII
XIV.
Inhaltsverzeichnis
Unternehmensbewertung und Investitionsplanung auf der Basis von Periodengewinnen
1. 2.
Problemstellung Problematik des Reinvermögenszuwachses als Bewertungsgrundlage 3. Gewinn als Reinvermögenszuwachs nach kalkulatorischen Zinsen: Residualgewinn 3.1. Allgemeine Charakteristik 3.2. Barwert der Residualgewinne und Barwert der Ausschüttungen im Vergleich: Das Prinzip der Barwertidentität 3.3. Barwert der Residualgewinne und Barwert der Reinvermögenszuwächse im Vergleich 3.4. Residualgewinn des Leistungsbereichs 3.5. Beispiel 4. Untemehmensbewertung und Investitionsplanung auf der Basis von Residualgewinnen 4.1. Unternehmensbewertung 4.1.1. Bewertung mit dem risikolosen Zinssatz r 4.1.2. Bewertung mit einem risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß *4.1.3. Bewertung mit Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche 4.1.4. Bewertung mit Sicherheitsäquivalenten 4.2. Investitionsplanung
457 457 459 461 461 462 466 467 470 473 473 473 474 486 487 488
TEIL F: STEUERUNG VON ENTSCHEIDUNGEN DURCH ERFOLGSBETEILIGUNG XV. 1. 2. 3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5. 3.5.1. 3.5.2. 3.5.3. 3.5.4. 3.5.5.
Grundlagen: Ziele und Probleme der Motivation, Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung und Kapitalmarkt Problemstellung Zielkonformität und Zielkonflikte im Licht der Bedingungen der Anreizkompatibilität Erfolgsbeteiligung als Steuerungsinstrument: Allgemeine Charakteristik Ziele der Anreizgestaltung: Ein Überblick Anreiz und Kontrolle Basiselemente eines Belohnungssystems Grenzen der Ermittlung eines „optimalen" Belohnungssystems und Bedingung der Anreizkompatibilität Weitere Gestaltungsprinzipien für Belohnungssysteme Inter subjektive Überprüfbarkeit Angemessenheit der Vergütung Stabilität Einfachheit Effizienz
491 491 493 495 495 497 499 502 507 507 508 509 509 510
Inhaltsverzeichnis
3.5.6. Die Ermittlung eines Belohnungssystems als Entscheidungsproblem bei Zielkonflikt 3.6. Mangementvergütung und Deutscher Corporate Governance Kodex 3.7. Bedeutung des Kapitalmarktes 3.8. Grenzen der Ermittlung des „Wertes" und der „Kosten" eines Anreizsystems vor dem Hintergrund der Kapitalmarkttheorie 4. Mögliche Irrelevanz der Erfolgsbeteiligung 4.1. Zur Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung 4.1.1. Die Irrelevanzbedingungen 4.1.2. Entscheidungsproblem des Entscheidungsträgers 4.1.3. Charakteristik des Marktgleichgewichts 4.1.4. Irrelevanz einer Übertragung von Aktien (Belegschaftsaktien) 4.1.5. Irrelevanz alternativer Anreizversuche 4.1.6. Irrelevanztheorem und Reichtumseffekte 4.2. Irrelevanz beliebiger (Anreiz-) Maßnahmen, die der Entscheidungsträger privat realisieren kann 4.3. Implikationen 5. Erfolgsbeteiligung im State Preference Ansatz (SPA) 5.1. Bewertung der Erfolgsanteile 5.2. Irrelevanztheorem und SPA 5.3. Anreizkompatible Teilungsregeln in Abhängigkeit des Handels mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen 5.3.1. Uneingeschränkter Handel im privaten Bereich 5.3.2. Ausschluß eines Handels im privaten Bereich für den Entscheidungsträger 5.3.3. Verpachtung oder Verkauf des Unternehmens als Anreizinstrument 6. Möglichkeiten und Grenzen der Kontrolle 6.1. Grundlagen 6.1.1. Grundformen und Grundprobleme der Kontrolle 6.1.2. Kontrolle bei subjektiver Nutzenmaximierung 6.2. Kontrolle im State Preference Ansatz 6.3. Kontrolle auf der expliziten Basis von Duplikationsportefeuilles 6.4. Kontrolle im modifizierten SPA 6.5. Kontrolle im Mehrperioden-Fall 6.6. Kontrolle der Ausschöpfung von Erfolgspotential 6.7. Grenzen der Kontrolle und Bedeutung von positiven Leistungsanreizen
XIX
511 511 513 514 516 516 516 517 518 519 522 525 525 527 528 528 530 531 531 533 535 536 536 536 541 543 544 547 548 548 554
XVI.
Anreizkompatible Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
555
1. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4.
Problemstellung Grundlagen Entscheidungssituation Marktwert des Investitionsprogramms Problematik einer Beteiligung am Marktwert MPQ Problematik von Belegschaftsaktien
555 557 557 560 561 562
XX
Inhaltsverzeichnis
*2.5. 3.
Problematik der Beteiligung an Ausschüttungen (Dividenden) Erfolgsbeteiligung ohne Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche 3.1. Vorüberlegung: Die Problematik linearer Erfolgsbeteiligung bei nur störtermbedingtem Risiko 3.2. Problematik zustandsunabhängiger Erfolgsbeteiligung bei zustandsbedingtem Risiko 3.3. Anreizkompatible, zustandsabhängige Erfolgsbeteiligung 3.3.1 Ermittlung anreizkompatibler Belohnungsfunktionen 3.3.2. Eigenschaften der Belohnungsfunktionen 4. Erfolgsbeteiligung mit Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche im Unternehmen *5. Riskante Einkünfte des Entscheidungsträgers im privaten Bereich 6. Möglichkeiten und Grenzen der Risikoreduktion durch Risikomanagement 6.1. Zustandsbedingtes Risiko 6.2. Störtermbedingtes Risiko 7. Möglichkeiten praktischer Umsetzung eines Anreizsystems mit zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen 7.1. Implizite Vereinbarung einer Belohnungsfunktion 7.2. Bindung der Belohnung an einen Aktienindex oder eine Benchmarkrendite (Indexierung)
563
XVII. Anreizkompatible Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
585
1. 2. 3.
585 586
3.1. 3.2. 3.3. 3.3.1. 3.3.2. 3.3.3. 3.3.4. 3.4. 4. 5. 5.1. *5.2. 5.3.
Problemstellung Entscheidungssituation Lineare zustandsunabhängige Prämiensysteme bei (Quasi-) Risikoneutralität Bewertungsfunktionen und allgemeine Bedingung der Anreizkompatibilität Ausschüttungsdiskriminierende nichtanreizkompatible Prämiensysteme Ausschüttungsneutrale anreizkompatible Prämiensysteme Direkte Beteiligung an den Ausschüttungen Beteiligung an den residualen Marktwertänderungen Beteiligung an den Überschüssen des Leistungsbereichs Beteiligung an den Residualgewinnen Fazit Anreizkompatible Erfolgsbeteiligung bei Risikoaversion des Entscheidungsträgers und systematischem Risiko: Das Grundmodell Varianten des Grundmodells Äquivalente Bemessungsgrundlagen Prämien vor dem Zeitpunkt T Anreizproblematik für den Fall, daß der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt t* < T ausscheidet
564 564 565 567 567 570 573 573 575 575 577 580 580 582
588 588 589 590 590 590 592 594 594 595 599 599 600 603
Inhaltsverzeichnis
XXI
XVIII. Anreizkompatible Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und Fehlanreize bei EVA-Bonussystemen
607
1. 2. 3. 3.1. 3.2. 4. 4.1. 4.1.1. 4.1.2. 4.2. 4.3. 5. 5.1. 5.1.1. 5.1.2. 5.2. 5.2.1. 5.2.2. 5.2.3.
Problemstellung Entscheidungssituation Überschußbeteiligung Tendenz zur Unterinvestition bei konstantem Prämiensatz Anreizkompatible, im Zeitablauf steigende Prämiensätze Problematik des Residualgewinns als Bemessungsgrundlage Konstanter Prämiensatz Allgemeine Darstellung Beispiel Im Zeitablauf steigender Prämiensatz Verallgemeinerung Fehlanreize beim EVA-Bonussystem Darstellung des Bonussystems Charakteristik des Economic Value Added (EVA) Bonusformel und Bonusbank Gefahren von Fehlentscheidungen Mit Verlustbeteiligung Ohne Verlustbeteiligung Problematik der Beteiligung an Gewinnänderungen
607 609 611 611 613 616 616 616 618 620 622 623 623 623 629 633 633 638 639
XIX.
Verhaltensimplilcationen und Felilanreize von Optionen auf Prämien
641
1. 2. 2.1. 2.2.
Problemstellung Ausschluß einer Verlustbeteiligung im Einperioden-Fall Allgemeine Problematik Uneingeschränkter Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen 2.2.1. Zwei mögliche Zustände 2.2.2. Mehr als zwei mögliche Zustände 2.2.3. Vom Investitionsprogamm unabhängiger Kapitalbetrag 2.3. Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nur im privaten Bereich 2.4. Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nur im Unternehmen 2.5. Überhaupt kein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen 3. Aktienoptionen im Mehrperioden-Fall 3.1. Charakteristik 3.2. Marktwert der Aktien des Unternehmens 3.3. Uneingeschränkter Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen 3.4. Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nur im Unternehmen 3.5. Kein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen
641 643 643 645 645 652 654 656 657 660 660 660 666 667 669 671
XXII
Inhaltsverzeichnis
3.6. Varianten „traditioneller" Aktienoptionen 3.6.1. Ausübungsmöglichkeit vor dem Zeitpunkt t* 3.6.2. Überschreitung einer Kursschwelle als Vorbedingung für die Ausübung des Optionsrechts 3.6.3. Überschreitung einer Benchmark als Vorbedingung für die Ausübung des Optionsrechts 3.6.4. Bindung des Sollwertes an eine Benchmarkrendite 4. Optionen im Licht anreizkompatibler Prämienfunktionen im modifizierten SPA 4.1. Charakteristik der Prämienfunktionen 4.2. Erfolgsbeteiligung 4.2.1. Vorüberlegungen: Ohne systematisches Risiko 4.2.2 Mit systematischem Risiko 4.3 Aktienoptionen 5. Erfolgsbeteiligung und Bedingung der Finanzierungsneutralität
Symbolverzeichnis Literaturverzeichnis Sachverzeichnis
672 672 673 675 678 679 679 680 680 681 684 687
689 693 713
Überblick und theoretische Einordnung Die Arbeit befaßt sich mit theoretischen Grundlagen wertorientierter Unternehmenssteuerung (Value Based Management), wobei sowohl der Schaffung von Anreizen zu konformen Entscheidungen als auch den Konflikten zwischen den am Untemehmenserfolg beteiligten Personen (Anteilseigner, Gläubiger und Entscheidungsträger) besondere Beachtung gewidmet wird. Im Kern geht es allgemein um Grundfragen der Betriebswirtschaftslehre, nämlich zum einen um die Fundierung finanzwirtschaftlicher Untemehmensziele, die Deduktion damit kompatibler Entscheidungskriterien und die Analyse der Eigenschaften optimaler Entscheidungen (optimaler Investitionsprojekte bzw. -programme). Zum anderen wird untersucht, wie die Entscheidungen durch Erfolgsbeteiligung und Kontrolle der Entscheidungsträger zieladäquat gesteuert werden können. Als Grundlage der Betrachtungen dienen die Kapitalmarkttheorie, (darauf aufbauend) die Theorie der Bewertung von Investitionsprojekten oder ganzen Unternehmen und die Agency-Theorie. Ausflihrlich betrachtet werden auch diejenigen vereinfachenden Bewertungskonzepte, die für die wertorientierte Untemehmenssteuerung in der Praxis charakteristisch sind. Dabei wird die Bewertung häufig nicht auf der Grundlage von finanziellen Überschüssen, sondern von Periodenerfolgen vorgenommen. Bewertungen auf der Basis von Periodenerfolgen finden - wie in der Arbeit immer wieder deutlich wird - insbesondere auch in der Praxis wertorientierter Untemehmenssteuerung zunehmend Beachtung und Anerkennung. Es wird untersucht, unter welchen Bedingungen die Bewertung und entsprechend die Entscheidungssteuerung auf der Basis von Periodenerfolgen im Einklang mit den Kriterien der Investitionsrechnung stehen. Der Begriff „Untemehmenssteuerung" wird in der Literatur sehr weit gefaßt. Neben der Festlegung des Untemehmensziels zählen zu ihren Hauptaufgaben Planung (insbesondere die Koordination von Entscheidungen mit langfristigen Auswirkungen), Kontrolle, Gestaltung des Informationssystems (Festlegung von Regeln zur Steuerung von Kommunikationsentscheidungen), Personalfiihrung und Organisation. ^) Der Motivation der Entscheidungsträger durch positive Leistungsanreize wird dabei besondere Bedeutung beigemessen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf einen Teil der genannten Steuerungsmaßnahmen (oder Führungsaufgaben), wobei eine enge Verbindung zwischen den betrachteten Aufgaben und der Kapitalmarkttheorie bzw. der Theorie der Untemehmensbewertung angestrebt wird. Die Abbildung 1 gibt einen Überblick. Das Attribut „wertorientiert" soll in dieser Arbeit wie in Literatur und Praxis üblich zum Ausdruck bringen, daß sich die Untemehmenssteuerung explizit an den finanzwirtschaftlichen Interessen des Eigentümers oder der Gesellschafter orientiert oder zumindest daran orientieren soll. Es stellt sich das Pro-
1)
Vgl. KÜPPER (2001, S. 13-29) und die dort diskutierten Abgrenzungen in der Literatur.
2
Überblick und theoretische Einordnung
blem, wie der zu maximierende finanzwirtschaftliche „Wert" gemessen werden soll. Gehört das Unternehmen einem einzelnen Eigentümer, so brauchen bei der Fundierung von Untemehmenszielen nur seine subjektiven (Risiko-)Präferenzen berücksichtigt zu werden. Der Fall eines einzigen Eigentümers ist charakteristisch für kleinere Untemehmen, in denen die Entscheidungen weitgehend zentral getroffen werden. Ist der Eigentümer zugleich oberste Leitungsinstanz und folgt er dem BERNOULLI-Prinzip (Kapitel I, Abschnitt 3.2), so ist in der Maximierung seines erwarteten (BERNOULLI-) Nutzens eine geeignete Zielsetzung für die Untemehmensplanung und die Steuerung von Entscheidungen zu sehen. Dies gilt auch dann, wenn der Eigentümer die Entscheidungskompetenz an einen Entscheidungsträger (einen Geschäftsführer) delegiert hat.
Wertorientierte lUntemehmenssteuerung
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt
Fundierung von Untemehmenszielen und Deduktion damit kompatibler finanzwirtschaftlicher Entscheidungskriterien
1
Untemehmensplanung Delegation von Entscheidungen Gestaltung (und Vorgabe expliziter und Steuerung durch anreizkompatibler Verhaltensnormen für die Vorgabe bzw. Vereinbarung Realisation der getroffenen Belohnungssysteme finanzwirtschaftlicher Entscheidungen) Entscheidungskriterien Abb. 1: Grundprobleme der Arbeit Hier muß allerdings der Eigentümer seine (Risiko-) Präferenzen mehr oder weniger präzise offenlegen, damit in seinem Sinn entschieden werden kann. Für größere Untemehmen besteht die Tendenz, daß der Erfolg und somit das entsprechende Risiko zwischen mehreren - möglicherweise sehr vielen Gesellschaflem bzw. Anteilseignem geteilt wird. Durch Risikoteilung können Gesellschafter schon bei gegebenen Investitionen (bei gegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg) Vorteile erzielen. Darüber hinaus können Vorteile realisiert werden, indem Investitionen durchgeführt werden, die ohne Risikoteilung aus Sicht eines Einzelnen zu riskant gewesen wären. Je größer die Zahl der Gesellschafter, zwischen denen das Risiko geteilt wird, desto größer ist tendenziell die Zahl der aus ihrer Sicht vorteilhaften Projekte.
Überblick und theoretische Einordnung
3
Bei Erfolgsteilung stellt sich das Problem, inwieweit Zielkonflikt oder Zielkonformität (Einmütigkeit) besteht, wenn Maßnahmen erwogen werden, die die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg verändem. Dieses Problem soll insbesondere vor dem Hintergrund der Kapitalmarkttheorie untersucht werden. Dabei wird gezeigt, welche Ziele ßxr die Untemehmensplanung im Einklang mit den finanziellen Zielen aller Anteilseigner oder einer „homogenen" Gruppe von Anteilseignem stehen und welche finanzwirtschaftlichen Entscheidungskriterien aus den maßgeblichen Untemehmenszielen abgeleitet werden können. Außerdem wird untersucht, welche Eigenschaften diejenigen riskanten Investitionen haben, die im Licht der betreffenden Ziele bzw. Kriterien optimal sind. Den populären Konzepten wertorientierter Untemehmenssteuerung liegt der ..Shareholder Value Ansatz" zugrunde, in dem als Zielgröße flir die Planung und Steuerung der Marktwert der Aktien des Untemehmens (der individuelle Marktwert) zugrunde gelegt wird. Jedoch ist dieser Marktwert kein selbstverständlicher Wertindikator. Das gilt auch im Rahmen des CAPM, aus dem i. a. im Rahmen des Shareholder Value Ansatzes die Bewertungsfimktionen flir den Marktwert hergeleitet werden. Die Popularität dieses Ansatzes ist vermutlich darauf zurückzufllhren, daß zum einen die Marktwertmaximierung als ein flir alle Anteilseigner geeignetes Ziel propagiert wird und zum anderen relativ einfache Konzepte der Ermittlung des Marktwertes empfohlen und in der Praxis befolgt werden. Die Analyse von Indikatoren, mit denen der „Wert" des Untemehmens oder einzelner Investitionsobjekte in unterschiedlichen Kapitalmarktzusammenhängen sinnvoll gemessen werden kann, stellt einen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit dar. Ein einheitlicher Wertindikator kann nur dann flir alle Anteilseigner des Untemehmens maßgeblich sein, wenn zwischen ihnen kein Zielkonflikt besteht. Es wird untersucht, unter welchen (Kapitalmarkt-)Bedingungen dies der Fall ist. Wie gezeigt wird, sind bei Zielkonflikt flir verschiedene Gruppen von Anteilseignem unterschiedliche Untemehmensziele relevant, wobei dann die Maximierung des Marktwertes der Aktien des Untemehmens nur eine der möglichen Kompromißzielfunktionen darstellt. Bei Zielkonformität bzw. Einmütigkeit steht jedoch Marktwertmaximierung zumindest „näherungsweise" im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Es wird eingehend untersucht, wie der reale bzw. potentielle Marktwert der Aktien erklärt bzw. prognostiziert werden kann und wie er von seinen Determinanten abhängt. Die Kenntnis der bewertungsrelevanten Zusammenhänge ist nicht nur bei Kauf und Verkauf eines Untemehmens von Bedeutung, sondem auch generell flir eine marktwertorientierte Untemehmenssteuerung. Zielkonflikte können natürlich auch zwischen (den) Anteilseignem und anderen Personengmppen bestehen. Die direkte Orientiemng an den finanzwirtschaftlichen Zielen der Anteilseigner (Eigenkapitalgeber) des Untemehmens bedeutet jedoch nicht, daß keine anderen Interessen als die der Eigenkapitalgeber zur Geltung kommen. In einer Marktwirtschaft ist auch auf die Interessen anderer Gmppen Rücksicht zu nehmen, um ihre Kooperation zu erreichen
4
Oberblick und theoretische Einordnung
(FRANKE/HAX, 2004, S. 1-9). Die Entscheidungen im Unternehmen hängen eben nicht nur von den maßgeblichen Zielen ab, sondern auch von den Nebenbedingungen für die möglichen Alternativen sowie den Konsequenzen der Alternativen, die wesentlich von den Zielen und Verhaltensweisen anderer Gruppen abhängen. Wenn zum Beispiel bei Entscheidungen die Interessen von Abnehmern nicht berücksichtigt werden, so kann das Ergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit darin bestehen, daß der Absatz zurückgeht. Die Beziehung der anderen betroffenen Gruppen zum Untemehmen wird vor allem durch Verträge gestaltet, in denen die jeweiligen Rechte und Pflichten vereinbart werden, zum Beispiel Lieferverträge, Kaufverträge, Arbeitsverträge, Kreditverträge. „Hierbei werden Literessen in den dem Vertragsabschluß vorausgehenden Verhandlungen geltend gemacht. Inwieweit die Durchsetzung gelingt, hängt von der Stärke der Verhandlungsposition, insbesondere auch vom Vorhandensein konkurrierender Anbieter bzw. Nachfrager auf beiden Seiten ab" (FRANKE/HAX, 2004, S. 3). Neben der Fundierung von Untemehmenszielen ist die zieladäquate Steuerung von Entscheidungen der Entscheidungsträger im Untemehmen der zweite Schwerpunkt wertorientierter Untemehmenssteuerung. Das Verhalten eines Entscheidungsträgers hängt u.a. davon ab, welche Verhaltensnormen ihm vorgegeben bzw. mit ihm vereinbart werden. Es lassen sich zwei Typen von Verhaltensnormen unterscheiden: Explizite Verhaltensnormen schreiben ausdrücklich vor, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Sie sind für die Investitionssteuerung vor allem dann relevant, wenn die oberste Leitungsinstanz des Untemehmens selbst Investitionsentscheidungen trifft. Die Planung kann dann eine eigenständige Bedeutung im Rahmen der Untemehmensführung haben, wenn es darum geht, Entscheidungen von „besonderer Tragweite" zu koordinieren. Die expliziten Verhaltensnormen schreiben dann vor, von welchen Aufgabenträgem und in welcher Weise die Entscheidungen in die Wirklichkeit umgesetzt werden sollen. In der Realität ist es - vor allem in größeren Untemehmen und bei hoher Komplexität und Variabilität der zu lösenden Entscheidungsprobleme - für die Untemehmensleitung grundsätzlich nicht möglich bzw. sinnvoll, alle „wesentlichen" Investitionsentscheidungen selbst zu treffen. Auch nachgeordnete Entscheidungsträger müssen mit Entscheidungskompetenzen ausgestattet werden. Dies geschieht durch Delegation von Entscheidungen, wobei implizite Verhaltensnormen angewendet werden: Einem Entscheidungsträger wird nicht explizit für unterschiedliche Situationen vorgeschrieben, was jeweils zu tun ist; ihm wird ein Ziel bzw. ein Entscheidungskriterium vorgegeben, an dem er sich orientieren soll. Wie er im konkreten Einzelfall zu entscheiden hat, „ist durch diese Zielvorgabe nicht explizit, sondem nur implizit bestimmt. Der Entscheidungsträger muß nach freiem Ermessen darüber befinden, welche Aktionen im Hinblick auf das vorgegebene Ziel angezeigt erscheinen" (HAX, 1969, S. 42 f). Eine Delegation von Entscheidungen schließt die Vorgabe expliziter Verhaltensnormen nicht aus. In wohl allen Untemehmen werden die impliziten Verhaltensnormen durch explizite ergänzt und dadurch die Ent-
Überblick und theoretische Einordnung
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Scheidungsspielräume der Entscheidungsträger begrenzt. Die expliziten Verhaltensnormen können u.a. den Ressourceneinsatz begrenzen und Richtlinien für das Vorgehen im Entscheidungsprozeß enthalten. Im Fall der Delegation stellt sich das Problem, die Entscheidungen der verschiedenen Entscheidungsträger zu koordinieren. Wenn eine unmittelbare Selbstabstimmung zwischen ihnen und außerdem auch die zentrale Koordination einen zu hohen Planungsaufwand verursacht, besteht die Aufgabe der Untemehmensleitung darin, zum einen auf Grund ihres relativ guten Gesamtüberblicks über die Untemehmensbereiche Global- oder Umrißpläne zu erarbeiten und zum andern dafür Sorge zu tragen, daß diese Pläne auf nachfolgenden Ebenen der Untemehmenshierarchie vor dem Hintergrund der bereichsspezifischen Informationen zieladäquat konkretisiert werden. Auch hier haben Zielvorgaben oder -Vereinbarungen als Orientierungshilfe besondere Bedeutung. Die Entscheidung darüber, ob die Unternehmensleitung (Investitions-) Entscheidungen selbst trifft oder Entscheidungskompetenzen delegiert, hängt vom Koordinationsbedarf bezüglich der Entscheidungen ab. Je „stärker" die Interdependenzen zwischen ihnen, desto komplexer ist die Koordinationsproblematik und desto mehr wird im allgemeinen die Bildung dezentraler Entscheidungssysteme erschwert. Die Interdependenzen lassen sich auf vier Verbundeffekte zurückfuhren (Kapitel I, Abschnitt 4): „Restriktionsverbund", „Erfolgsverbund", „Risikoverbund" und „Bewertungsverbund". In der Arbeitwird vor allem untersucht, welche Bedeutung Risikoverbund und Bewertungsverbund für die Koordination von Investitionsentscheidungen haben. Bei Risikoverbund hängt die Änderung der Varianz des Untemehmenserfolges bei Durchführung neuer Projekte davon ab, welche Projekte im Unternehmen sonst noch durchgeführt werden. Bei Bewertungsverbund ist die Bewertung einer Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg von der ursprünglichen Verteilung abhängig. Die Vorgabe oder Vereinbarung von Zielen gewährleistet noch nicht, daß sich die Entscheidungsträger auch tatsächhch daran orientieren. Es stellt sich daher das Problem, sie zielorientiert zu motivieren. Gegenstand dieser Arbeit sind finanzielle Anreizsysteme in Form von „Erfolgsbeteiligungen", die sich unmittelbar am Ziel der Maximierung des Marktwertes der Aktien des Unternehmens oder eines Untemehmensbereichs orientieren. Die Problematik der Entscheidungssteuerung durch (Erfolgs-) Kontrolle wird nur kurz behandelt (Kapitel XV, Abschnitt 6), wobei sich insbesondere die Grenzen der Kontrolle und die besondere Bedeutung positiver Leistungsanreize zeigen. Die Motivation durch Erfolgsbeteiligung ist nicht nur für nachgeordnete Entscheidungsträger von Bedeutung, sondem auch für die Untemehmensleitung selbst. Die Ziele, an denen sie sich tatsächlich orientiert, können von denjenigen abweichen, die sie offiziell als Untemehmensziele deklariert. Für die gesamte Arbeit sind zwei allgemeine Prinzipien von grundlegender Bedeutung, zwischen denen enge Beziehungen bestehen, nämlich das der „pareto-effizienten Risikoteilung" (Kapitel II) und das der „Anreizkompatibilität" (Kapitel III). Sie liefern nicht nur die theoretische Basis für die Fundierung fi-
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Überblick und theoretische Einordnung
nanzwirtschaftlicher Entscheidungskriterien, sondern auch für die Gestaltung von Anreizsystemen für deren praktische Umsetzung sowie für die Integration aller wesentlichen Probleme und Ergebnisse zu einer geschlossenen Theorie. Eine Erfolgsbeteihgung zwischen den Anteilseignem und Managem eines Untemehmens ist dann anreizkompatibel, wenn bei beliebigen Entscheidungen für alle Beteiligten der finanzielle Erwartungsnutzen (kurz: der finanzielle Nutzen) simultan steigt, sinkt oder konstant bleibt. Ein Einzelner kann dann nur einen finanziellen Vor- oder Nachteil erzielen, wenn dies zugleich für alle anderen Parteien gilt. In welcher Reichweite Anreizkompatibilität besteht, hängt davon ab, wie der riskante Untemehmenserfolg auf die Beteiligten aufgeteilt wird und (was in engem Zusammenhang damit steht) welche Eigenschaften der Kapitalmarkt aufweist. Wie gezeigt werden wird, sind für die Anreizkompatibilität zwischen Entscheidungsträger und Anteilseignem dieselben Prinzipien bzw. Bedingungen maßgeblich wie für die Anreizkompatibilität zwischen den Anteilseignem untereinander. Das theoretische Konstrukt der Anreizkompatibilität berücksichtigt ausschließlich finanzielle Aspekte. Maximieren die Beteiligten ihren finanziellen Nutzen, so impliziert Anreizkompatibilität Einmütigkeit, alle Parteien sind einstimmig für oder gegen bestimmte Maßnahmen (oder indifferent). Trotz Anreizkompatibilität können sich jedoch dann Zielkonflikte ergeben, wenn sich einige oder alle Parteien auch an nichtfinanziellen Zielgrößen (etwa Prestige, Ansehen, Arbeitsleid oder Arbeitsfreude) orientieren. Zwar garantiert bei immateriellen Zielgrößen eine anreizkompatible Erfolgsbeteiligung keine Einmütigkeit. Jedoch kann hiermit im Vergleich zu einer nicht anreizkompatiblen Teilungsregel der Konfliktbereich erheblich eingeengt werden. In dieser Arbeit wird davon ausgegangen, daß für alle „normalen" Anteilseigner (die nicht zugleich Entscheidungsträger im betrachteten Untemehmen sind) nichtfinanzielle Zielgrößen keine Rolle spielen. Jedoch ist damit zu rechnen, daß sich der (bzw. die) Entscheidungsträger - auch wenn er Anteilseigner ist - bei seinen Investitionsentscheidungen in gewissem Umfang an solchen Zielgrößen orientiert. Es wird daher aus Sicht der anderen Anteilseigner vorteilhaft sein, ihn (verstärkt) am Untemehmenserfolg zu beteiligen, um ihn (zusätzlich) zu motivieren, die Erfolgssituation zu verbessem. Es wird eingehend untersucht, wie anreizkompatible Belohnungs- bzw. Prämiensysteme ermittelt werden können und wie sie von ihren Determinanten abhängen. Darauf aufbauend werden Konstruktionsmängel von Anreizsystemen diskutiert, die in der Praxis weit verbreitet sind und nicht nur von Untemehmensberatem, sondem auch in der betriebswirtschaftlichen Literatur oft kritiklos propagiert werden. Diese Konstruktionsmängel können vor allem daraus resultieren, daß man elementare Grundlagen wertorientierter Untemehmensführung nicht kennt. Die Verstöße der populären Anreiz- und Kontrollsysteme gegen das Prinzip der Anreizkompatibilität können nicht nur gravierende Fehlentscheidungen in dem Sinne auslösen, daß vom Standpunkt der Anteilseigner vorteilhafte Inve-
Überblick und theoretische Einordnung
7
stitionsprojekte unterlassen und nachteilige durchgeführt werden. Auch die skrupellosen Bereicherungen von Managem in den letzten Jahren durch Bilanzmanipulationen wurden dadurch erleichtert, daß kein Anreiz bestand, bei der Gestaltung ihrer Bonussysteme auf Anreizkompatibilität zu achten. Die dargestellten theoretischen Grundlagen können dem Leser helfen, sich ein eigenes Urteil über erwogene oder in der Praxis verbreitete wertorientierte Managementkonzepte zu bilden. Exphzit betrachtet werden u.a. die Bewertungsfunktionen des Shareholder Value Ansatzes auf der Basis von Überschüssen oder von Gewinnen sowie das Economic Value Added (EVA-) Bonussystem und verschiedene Varianten von Aktienoptionen („Stock Options") als Anreize für die praktische Umsetzung des Shareholder Value Ansatzes. Insbesondere vor dem Hintergrund anreizkompatibler Belohnungssysteme wird gezeigt, daß die betreffenden Belohnungssysteme grundsätzlich keinen Anreiz schaffen, den Shareholder Value zu maximieren, und untersucht, welche typischen Verhaltensimplikationen daraus resultieren (können). In Literatur und Praxis werden problematische Planungs- und Steuerungsempfehlungen oft pauschal mit der Notwendigkeit der Vereinfachung gerechtfertigt, wobei offen bleibt, welches theoretische Konzept überhaupt Grundlage der Empfehlung ist, worin im Vergleich dazu die Vereinfachungen bestehen und welche Gefahren für Fehlentscheidungen damit verbunden sind. Auch Konsequenzen von Vereinfachungen werden in dieser Arbeit ausführlich dargestellt. Der Leser, der sich zunächst einen allgemeinen Überblick verschaffen möchte, kann bei der Lektüre die mit einem „Stem" versehenen Abschnitte überspringen. Diese in einer kleineren Schriftgröße gesetzten Abschnitte enthalten Erweiterungen und Vertiefungen, auf denen später im wesentlichen nur in solchen Abschnitten aufgebaut wird, die ebenfalls mit einem Stem gekennzeichnet sind. Die Formeln, Abbildungen, Matrizen und Tabellen werden kapitelweise numeriert. Die römische Zahl kennzeichnet das Kapitel, die arabische die laufende Nummer. Am Ende der Arbeit findet sich ein Verzeichnis häufig verwendeter Symbole.
TEIL A: ENTSCHEIDUNGSTHEORETISCHE GRUNDLAGEN
L
1.
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung bei Risiko Problemstellung
Die Arbeit befaßt sich vor allem mit der Frage, wie bei unterschiedlichen Formen der Risikoteilung Untemehmensziele theoretisch fundiert werden können, wie Investitionsprojekte bzw. -programme zielkonform bewertet und wie finanzielle Anreize fär optimale Entscheidungen geschaffen werden können. Grundlage der Analyse sind stets rationale Entscheidungen von Individuen. Im vorliegenden Kapitel wird ein Überblick über diejenigen Bausteine der normativen Theorie der Individualentscheidung gegeben, auf denen in den nachfolgenden Kapiteln aufgebaut wird.^) Die Darstellungen im vorliegenden Kapitel haben auch direkte Bedeutung flir die Untemehmensplanung. Wie in späteren Kapiteln gezeigt wird, besteht unter bestimmten (Kapital-) Marktbedingungen Einmütigkeit zwischen den Anteilseignem (Gesellschaftem) eines Untemehmens: Wird im Rahmen eines Individualkalküls der subjektive „Nutzen" des Erfolgsanteils fär einen beliebigen Anteilseigner maximiert, so ergibt sich simultan auch ein Optimumflirjeden anderen Anteilseigner. In Abschnitt 2 wird zunächst erläutert, wie ein Entscheidungsproblem bei Risiko in einem Entscheidungsmodell strukturiert werden kann. Ein wesentliches Problem der Individualentscheidung bei Risiko besteht darin, die möglichen Ergebnisse der erwogenen Altemativen zu bewerten. Im Vordergrund der Arbeit steht das BERNOULLI-Prinzip (Abschnitt 3.2), wonach die Ergebnisse derart durch subjektive Nutzenwerte repräsentiert werden, daß sich diejenige Altemative als optimal erweist, mit der der Erwartungswert des Nutzens (kurz: der Erwartungsnutzen oder Nutzen) maximiert wird. Häufig wird das BERNOULLI-Prinzip durch einfache Entscheidungskriterien repräsentiert, die nur unter bestimmten Voraussetzungen mit dem BERNOULLI-Prinzip in Einklang stehen, und zwar die p.-Regel und das (|Li,a)-Prinzip (Abschnitt 3.3). Von der Gestalt der Nutzenfunktion hängt es ab, welches „Sicherheitsäquivalent" ein 1)
Ausführlichere Darstellungen (insbesondere auch Beweise) finden sich zum Beispiel in LAUX (2005a).
10
Kapitell
Entscheider einer ungewissen Zielgröße beimißt (Abschnitt 3.4). In Abschnitt 3.5 wird das ARROW-PRATT-Maß flir die absolute Risikoaversion dargestellt, das im Rahmen der Arbeit vor allem flir die Analyse der Eigenschaften „pareto-effizienter" bzw. „anreizkompatibler" Teilungsregeln und flir die Erklärung von Gleichgewichtspreisen auf dem Kapitalmarkt Bedeutung hat. Li jedem Entscheidungsprozeß - insbesondere auch bei der Untemehmensplanung - geht es darum, voneinander abhängige Entscheidungsvariablen aufeinander abzustimmen, d.h. zu koordinieren. Der Koordinationsbedarf kann auf vier Verbundeffekte zurückgeflihrt werden, die in Abschnitt 4 erläutert werden. Die deduktiven Analysen in dieser Arbeit bauen auf Entscheidungs- bzw. Erklärungsmodellen auf, die in der Weise vereinfacht sind, daß sie nur einen Teil der relevanten Risiken exphzit erfassen. Es gibt jeweils .ßintergrundrisiken'\ die flir die Bewertung der explizit betrachteten Risiken von Bedeutung sein können. Im Rahmen der Modelle zur Erklärung der Preisbildung auf Kapitalmärkten werden zum Beispiel explizit nur die mit den Wertpapieren verbundenen Risiken betrachtet. Die Inhaber dieser Papiere werden darüber hinaus im allgemeinen noch weitere Risiken tragen (etwa aus Sachvermögen, aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit). Ein großer Teil der betreffenden Modelle sind zudem Einperiodenmodelle, wobei die Risiken aus zukünftigen Maßnahmen bzw. Ereignissen ebenfalls nicht explizit berücksichtigt werden. Wenn sich die Modellanalyse auf einen Teil der relevanten Risiken beschränkt, existiert ein ,,modellexterner Bereich", der flir die Bewertung der explizit betrachteten Risiken grundlegende Bedeutung haben kann. Im Abschnitt 5 soll gezeigt werden, wie mit Hilfe zustandsabhängiger Nutzenfunktionen die Risiken des modellextemen Bereichs implizit berücksichtigt werden können, In Abschnitt 6 wird erläutert, wie die Strukturierung mehrperiodiger Entscheidungen nach dem Konzept der flexiblen Planung erfolgen kann. Das BERNOULLI-Prinzip stellt in dieser Arbeit stets das Referenzkriterium flir die Analyse der Vorteilhaftigkeit unternehmerischer Entscheidungen dar. Da jedoch seine explizite Anwendung in der Realität Probleme verursachen kann, wird unter verschiedenen Kapitalmarktbedingungen untersucht, wie relativ einfache und plausible finanzwirtschaftliche Entscheidungskriterien formuliert werden können, denen Markt- statt explizit Nutzenwerte zugrunde liegen und die trotzdem im Einklang mit dem BERNOULLI-Kriterium stehen (Abschnitt 7). Abschnitt 8 befaßt sich mit der Problematik der Vereinfachung bei der Entscheidungsfindung.
2.
Grundstruktur von Entscheidungsmodellen
Wenn eine Entscheidung weder nach irgendeinem Zufallsmechanismus getroffen noch das Verhalten anderer Personen bzw. das eigene Verhalten in früheren Situationen ungeprüft nachgeahmt werden soll, so ergibt sich stets die Notwendigkeit, Alternativen gegeneinander abzuwägen. Die damit verbundenen Überlegungen orientieren sich grundsätzlich an bestimmten Denkmodellen,
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
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auch wenn das jeweihge Modell nicht explizit, aber doch im „Hinterkopf' des Entscheiders angewendet wird. In jedem Entscheidungsmodell sind mehr oder weniger präzise die folgenden Bausteine abzubilden: Handlungsaltemativen, Ergebnisse, Umweltzustände unter Berücksichtigung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten und die Zielfunktion des Entscheiders. Zur Beurteilung der erwogenen Alternativen müssen die damit verbundenen möglichen Konsequenzen im Modell abgebildet werden. Für den Vergleich der zur Wahl stehenden Alternativen sind allerdings nur solche Konsequenzen relevant, die für den Entscheider von Bedeutung sind: Es sind dies die Ausprägungen sogenannter Zielgrößen oder Zielvariablen. Eine Wertekonstellation der relevanten Zielgrößen wird als .Ergebnis" bezeichnet. Welches Ergebnis bei Wahl einer Alternative erzielt wird, hängt von Größen bzw. Ereignissen ab, die der Entscheider im Rahmen der jeweiligen Entscheidungssituation nicht in einer relevanten Weise beeinflussen kann bzw. will. Die Größen, die die Ergebnisse der Altemativen beeinflussen, aber keine Entscheidungsvariablen des Entscheiders darstellen, werden als entscheidungsrelevante Daten bezeichnet. Der Entscheider kennt nur in Ausnahmefällen mit Sicherheit die Ausprägungen dieser Daten. Folglich kennt er auch nicht mit Sicherheit das Ergebnis, das bei Wahl einer Alternative erzielt wird. Im folgenden wird davon ausgegangen, daß er den möglichen Datenkonstellationen, den sogenannten Umweltzuständen bzw. kurz Zuständen, Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen kann; es liegt dann eine sogenannte Risikosituation vor. Die Bildung eines Wahrscheinlichkeitsurteils ist zentraler Bestandteil der Bewertung von Altemativen. Da objektive Wahrscheinlichkeiten in realen Entscheidungssituationen im allgemeinen nicht gegeben sind, muß sich der Entscheider aufgrund seiner allgemeinen Erfahrungen und seiner speziellen Informationen über die konkrete Entscheidungssituation ein subjektives WahrscheinUchkeitsurteil über die Zustände bilden. Subjektive Wahrscheinlichkeiten sind das Ergebnis subjektiver Schätzungen, die lediglich auf ihre logische Widerspruchsfreiheit (etwa mit Hilfe des Theorems von BAYES) hin überprüft werden können, jedoch definitionsgemäß nicht intersubjektiv überprüfbar sind. Es handelt sich um Größen, mit denen die personengebundenen Erwartungen hinsichtlich des Eintretens unsicherer Ereignisse in präziserer Weise ausgedrückt werden können als bei rein verbaler Beschreibung. Ebenso wie subjektive Überzeugungen können auch subjektive Wahrscheinlichkeiten von Person zu Person verschieden sein. Unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsurteile können auftreten, weil die betreffenden Personen unterschiedlich „gut" informiert sind oder weil sie aus gleichen Informationen unterschiedliche Rückschlüsse ziehen. Eine rationale Entscheidung kann nur getroffen werden, wenn Zielvorstellungen existieren, mit deren Hilfe die erwogenen Altemativen bezüglich ihrer Ergebnisse miteinander verglichen werden können. Solche Zielvorstellungen müssen auch bei der Konstruktion eines Entscheidungsmodells mehr oder weniger präzise abgebildet werden. Erst die Formulierung einer entsprechenden Zielfunktion ermöglicht die Bewertung der erwogenen Altemativen. Unter einer Zielfunktion wird die formale oder gedankliche Darstellung einer Ent-
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Kapitel I
Scheidungsregel verstanden. Sie ist gekennzeichnet durch die Menge der Zielgrößen, an denen sich der Entscheider orientiert, die Präferenzfunktion, die den Altemativen A^ Präferenzwerte 0(A^) zuordnet und zum Ausdruck bringt, wie der Entscheider die sicheren Ergebnisse bzw. die Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Ergebnisse bewertet, sowie das Optimierungskriterium, das die angestrebte Ausprägung für den Präferenzwert, etwa das Maximum oder ein bestimmtes Anspruchsniveau, definiert. Die Präferenzfunktion kann in jeder Entscheidungssituation so formuliert werden, daß der Entscheider einen höheren Präferenzwert einem niedrigeren vorzieht. Es erscheint dann sinnvoll, die Zielfunktion des Modells wie folgt darzustellen: (LI)
0(Aa) -> Max! a
In Worten: Gesucht ist die Handlungsaltemative A^ mit dem höchsten Präferenzwert.
3. 3.1.
Kriterien subjektiver Nutzenmaximierung Dominanzprinzip als Vorentscheidungskriterium
Wie erläutert wurde, bestehen in der Realität grundsätzlich mehrwertige Erwartungen über die Ausprägungen der entscheidungsrelevanten Daten; zu welchem Ergebnis eine Alternative führen wird, läßt sich zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mit Sicherheit vorhersagen. Das tatsächliche Ergebnis hängt von dem noch unbekannten Umweltzustand ab. Existiert eine Alternative, die alle anderen Altemativen dominiert, so ergeben sich gegenüber dem Fall sicherer Erwartungen keine zusätzHchen Entscheidungsprobleme. Eine Altemative dominiert dann eine andere, wenn sie im Vergleich zu dieser zweiten Altemative in keinem Zustand ein schlechteres Ergebnis, jedoch in mindestens einem Zustand ein besseres Ergebnis bietet. Nach dem Dominanzprinzip ist eine dominante Altemative den anderen Altemativen vorzuziehen. Bei späteren Altemativenvergleichen wird das Dominanzprinzip oft zugrunde gelegt (zum Beispiel bei der Analyse von Arbitragemöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt). Es bietet den Vorteil, daß man mit relativ schwachen Annahmen über die Präferenzen des Entscheiders auskommt, etwa mit der Annahme, daß er sich nur am finanziellen Überschuß oder am Geldvermögen orientiert und einen höheren Wert einem niedrigeren vorzieht, also „Nichtsättigung" vorliegt. Nur in Ausnahmefällen existiert jedoch eine Altemative, die alle anderen dominiert. Verbleiben nach Ausscheiden der dominierten Altemativen noch mindestens zwei Altemativen, so flihrt das Dominanzprinzip zu keiner eindeutigen Entscheidung. Um eine Auswahl treffen zu können, müssen die mög-
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
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liehen Ergebnisse der verbliebenen Altemativen unter Berücksichtigung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten gegeneinander abgewogen werden. Wenn jedoch die Zahl der möglichen Ergebnisse bzw. der möglichen Zustände groß ist, kann es extrem schwierig werden, eine Entscheidung zu treffen, da dann bei einem Vergleich von Altemativen zahlreiche mögliche Ergebnisse gegeneinander abzuwägen sind. Ein natürliches Lösungskonzept besteht darin, das eigentliche, komplexe Entscheidungsproblem in einfache hypothetische Teilprobleme zu zerlegen. Ein derartiges Konzept stellt das BERNOULLI-Prinzip dar, das auf sehr plausiblen Axiomen rationalen Verhaltens beruht. 3.2.
BERNOULLI-Prinzip
3.2.1 Charakteristik Eine Entscheidung nach dem BERNOULLI-Prinzip wird in zwei Schritten getroffen: Auf der Grundlage relativ einfacher hypothetischer Entscheidungsprobleme wird eine Nutzenfunktion U bestimmt, die den möglichen Ergebnissen E^s reelle Nutzenwerte U(Eas) zuordnet, wobei E^s das Ergebnis bei Wahl der Altemative A^ (a=l,2,...,A) und Eintreten des Zustandes Sg (s=l,2,...,S) bezeichnet. Sodann wird diejenige Altemative gewählt, mit deren Ergebnissen der höchste Erwartungswert des Nutzens (der höchste Erwartungsnutzen oder Nutzen) erzielt wird. Nach dem BERNOULLI-Prinzip ist der Präferenzwert 0(Aa) einer Altemative A^ somit definiert als:^) (1.2)
0 ( A , ) = E[U(E,)]= Xw(S3).U(Eas)
(a=l,2,...,A).
s=l
Hierin bezeichnet w(Ss) die Eintrittswahrscheinlichkeit des Zustandes Sg (s=l,2,...,S) und E[U(Ea)] den Erwartungsnutzen des riskanten Ergebnisses der Altemative A^. Bei dieser Darstellung wird davon ausgegangen, die Zahl der möglichen Zustände sei endlich. Jedoch ist dies keine notwendige Voraussetzung für die Gültigkeit des BERNOULLI-Prinzips. Die Ermittlung einer Nutzenfunktion stellt neben der Bildung eines Wahrscheinlichkeitsurteils über die Zustände das Kemproblem der Entscheidung nach dem BERNOULLI-Prinzip dar. Die Nutzenfunktion kann zum Beispiel auf folgende Weise (bzw. durch folgende BERNOULLI-Befragung) ermittelt werden:^) Aus der Menge der möglichen Ergebnisse wird ein günstigstes Ergebnis E und ein ungünstigstes Ergebnis E ausgewählt, so daß alle anderen mögli2) 3)
Stochastische Größen werden in den Formeln mit einer Tilde (~) versehen. Im laufenden Text wird auf die Tilde verzichtet. Wie in Abschnitt 3.2.2 gezeigt wird, ist die Nutzenfunktion nur bis auf eine positiv lineare Transformation eindeutig bestimmt. Daher gibt es auch verschiedene Möglichkeiten, eine Nutzenfunktion empirisch zu ermitteln. Der hier beschriebene Weg ist besonders einfach und anschaulich.
14
Kapitel I
chen Ergebnisse E^s in der Präferenzordnung des Entscheiders zwischen E und E stehen (E ^ E^s ^ E). Dem Ergebnis E (und allen gleichwertigen Ergebnissen) wird der Nutzenwert 1 zugeordnet, dem Ergebnis E (sowie allen äquivalenten Ergebnissen) der Nutzenwert 0. Zur Ermittlung des Nutzenwertes U(Eas) eines Ergebnisses E^s (E >- E^g ^E) wird dem Entscheider, wenn auch nur hypothetisch, die Wahl angeboten zwischen - dem sicheren Ergebnis E^s und - einer Lotterie, bei der das Ergebnisse E mit der Wahrscheinlichkeit w und das Ergebnis E mit der Gegenwahrscheinlichkeit 1 - w eintritt. Der Entscheider muß nun angeben, bei welcher Wahrscheinlichkeit w* er indifferent ist zwischen dem (sicheren) Ergebnis E^s und der Lotterie {Indifferenzwahrscheinlichkeit w*). Gemäß dem BERNOULLI-Prinzip muß der Nutzenwert des Ergebnisses Eas mit dem Erwartungswert des Nutzens der äquivalenten Lotterie übereinstimmen: U(Eas) = w * •U(E) + (1 - w*) • U(E) = w*4 + (l-w*)-0 = w*. Der Nutzenwert des Ergebnisses E^s stimmt also mit der Indifferenzwahrscheinlichkeit w* überein. Bei der Fixierung der Indifferenzwahrscheinlichkeit finden die subjektiven Risiko- und Präferenzvorstellungen des Entscheiders ihren Niederschlag. Er muß überlegen, welche Vorteile (bzw. Nachteile) sich für ihn ergeben, wenn statt des Ergebnisses E^s das Ergebnis E (bzw. E) eintritt. Je kleiner die Vorteile (bzw. je größer die Nachteile) sind, wenn statt des Ergebnisses E^s das Ergebnis E (bzw. E) eintritt, desto größer ist die Indifferenzwahrscheinlichkeit und demnach auch der Nutzenwert \](E^^. Wird jedem möglichen Ergebnis E^s (E >z E^s ^ E) der jeweihge Nutzenwert U(Eas) zugeordnet, so entsteht eine Nutzenfunktion U. Die Bestimmung einer Nutzenfunktion nach dem BERNOULLI-Prinzip stellt an den Entscheider keine wesentlich höheren Anforderungen als ein Entscheidungsproblem bei Sicherheit: Während bei Sicherheit jeweils einwertige Ergebnisse miteinander zu vergleichen sind, ist bei Anwendung des BERNOULLI-Prinzips jedes Ergebnis Eas ( E ^ E ^ s ^ E ) g^g^^ ^i^^ Wahrscheinlichkeitsverteilung mit zwei möglichen Ergebnissen (und zwar E und E) abzuwägen.^)
4)
Sind allerdings die Ergebnisse E^g nicht einwertig, sondern Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Zielgröße bzw. die Zielgrößen, kann die Ermittlung der Indifferenzwahrscheinlichkeiten w* (= U(E^5)) wesentlich schwieriger sein als der Vergleich der Ergebnisse für den Fall sicherer Erwartungen. Es besteht jedoch stets die Möglichkeit, bei der Bestimmung der Nutzenwerte auf Ergebnissen aufzubauen, die als einwertige Größen (und nicht als Wahrscheinlichkeitsverteilungen) definiert sind (vgl. hierzu LAUX, 1993, S. 3-27).
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
3.2.2.
15
Eigenschaften der Nutzenfunktion
Es gibt nicht nur eine Nutzenfunktion U. Neben ihr existieren unendlich viele andere Nutzenfunktionen, die zu derselben Entscheidung führen: Wird die Nutzenfunktion U positiv linear transformiert, d.h. durch eine Funktion U*=a-U+ß (mit a > 0 und ß behebig) ersetzt, so ergibt sich für die Alternative A^ der folgende Präferenzwert^): (1.3)
0 * ( A J = a . O ( A J -f ß
(a=l,2,...,A).
Hieraus folgt wegen a>0: Entspricht einer Altemative A^ bei der Nutzenfunktion U ein höherer, ein gleich hoher oder ein niedrigerer Erwartungsnutzen (Präferenzwert O) als einer Altemative A^s so gilt das auch für die Nutzenfunktion U*=a-U+ß. Bei positiv linearer Transformation der Nutzenfunktion ändert sich die Rangordnung über die Nutzenerwartungswerte nicht. Nach dem BERNOULLI-Prinzip ist also die Nutzenfunktion nur bis auf eine positiv lineare Transformation eindeutig bestimmt. Der Nullpunkt und die Skaleneinheit der Nutzenfunktion können beliebig fixiert werden. Eine Nutzenfunktion mit dieser Eigenschaft wird als kardinal bezeichnet. Bei der in Abschnitt 3.2.1 dargestellten BERNOULLI-Befragung erfolgt eine spezielle Normierung der Nutzenfunktion: Der Nutzenwert für das beste Ergebnis der Ergebnismatrix wird gleich eins, der für das schlechteste gleich null gesetzt. Auf Grund dieser Normierung stimmt die Indifferenzwahrscheinlichkeit w* mit dem Nutzenwert des Ergebnisses E^s überein, das der Lotterie mit dem besten und dem schlechtesten Ergebnis gegenübergestellt wurde. Auf Grund der Kardinalität der Nutzenfunktion können auch beliebige andere Nutzenwerte als 0 bzw. 1 für E und E gewählt werden (solange die Relation U(E) >- U(E) gilt). Der Nutzenwert eines Ergebnisses E^s (E >- E^s >- E) stimmt dann allerdings nicht mehr mit der Indifferenzwahrscheinlichkeit überein, er kann aber problemlos berechnet werden. Für U(E) = a + ß und U(E) = ß (mit a > 0 und ß beliebig) gilt:
5)
Beweis: Bei Zugrundelegung der Nutzenfunktion U* = b • U + c errechnet sich analog zu (1.2) für die Altemative A^ der folgende Nutzenerwartungswert (Präferenzwert O*):
s
s
cD*(Aa)=Iw(S3).U*(E,3)=i:w(S3).[b.U(E,,) + c]. s=l
s=l
Durch Umformung ergibt sich: cD*(Aa) = b . i w ( S 3 ) . U ( E , , ) + c . i w ( S 3 ) . s=l
s=l =1
S
Hieraus folgt wegen X!w(Ss) = l der Präferenzwert (1.3). s=l
16
Kapitell
U*(Eas) = w*.(a + ß) + (l-w*).ß=
£
.a + ß = a.U(Eas) + ß.
Ordnet man also dem Ergebnis E statt 1 den Nutzenwert a + ß und dem Ergebnis E statt 0 den Nutzenwert ß zu, so erhält man statt der Nutzenfunktion U die Nutzenfunktion a • U + ß , also eine positiv lineare Transformation der Nutzenfunktion U. Fazit: Gemäß dem BERNOULLI-Prinzip gibt es nicht die Nutzenfunktion, sondern unendlich viele Nutzenfunktionen, wobei eine beliebige Nutzenfunktion durch entsprechende positiv lineare Transformationen (durch entsprechende Fixierung der Parameter a und ß) in alle anderen Nutzenfunktionen überfährt werden kann. Es ist gleichgültig aufweiche Weise die Nutzenfunktion in der Ausgangssituation ermittelt wird (welche Nutzenwerte den Ergebnissen E und E zugeordnet werden). Die Eigenschaft, daß die Nutzenfunktion nur bis auf eine positiv lineare Transformation eindeutig bestimmt ist, hat besondere Bedeutung fiir die „pareto-effiziente" bzw. die „anreizkompatible Teilung" des Risikos zwischen verschiedenen Personen (Kapitel II, III, XVI und XVII). Wenn sich der Entscheider nur an einer Zielgröße Z orientiert (etwa seinem Einkommen), läßt sich seine Nutzenfunktion einfach graphisch veranschaulichen. Verläuft der Graph der Nutzenfunktion streng konkav (konvex) - sinkt (steigt) also der Grenznutzen mit steigendem Zielgrößenwert - so wird der Entscheider als risikoscheu (als risikofreudig) bezeichnet. Bei linearer Nutzenfunktion ist er risikoneutral. Bei den Darstellungen in dieser Arbeit wird davon ausgegangen, die kooperierenden Personen seien entweder risikoneutral oder risikoavers. Dabei steht der realistischere Fall der Risikoaversion im Vordergrund. Der Fall der Risikofreude wird nicht betrachtet; er dürfte in der Realität die Ausnahme sein. Wie in Abschnitt 5 gezeigt werden wird, kann die Nutzenfunktion für eine Zielgröße vom eintretenden Zustand Sg abhängen. In der Arbeit wird jedoch stets angenommen, die Nutzenfunktionen seien zustandsunabhängig, sofem diese Annahme nicht explizit aufgehoben wird. Außerdem wird stets davon ausgegangen, die Nutzenfunktionen seien stetig und zweimal differenzierbar. 3.3.
Klassische Entscheidungskriterien
3.3.1. iJrRegel Orientiert sich der Entscheider nur an einer Zielgröße Z, so können unter bestimmten Bedingungen aus dem BERNOULLI-Prinzip relativ einfache Entscheidungs- bzw. Bewertungsprinzipien abgeleitet werden. Für den Präferenzwert 0(Z) einer beUebigen Wahrscheinlichkeitsverteilung über Z gilt: (1.4)
(D(Z) = E[U(Z)] = Z wCSs) -UCZs). s=l
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
17
Hierin bezeichnen Zg (s=l,2,...,S) die Ausprägung der Zielgröße Z bei Eintreten des Zustandes Sg und E[U(Z)] den Nutzenerwartungswert der Zielgröße. Wie bereits erläutert wurde, verläuft bei Risikoneutralität die Nutzenfunktion linear. Da jede Nutzenfunktion beliebig positiv linear transformierbar ist, kann eine lineare Nutzenfunktion (auch) wie folgt dargestellt werden: U(Z) = Z. Hieraus folgt in Verbindung mit (1.4): (1.5)
cD(Z) = E(Z)=Ew(S3).Z3-|^. s=l
In Worten: Ist die Nutzenfunktion linear, besteht also Risikoneutralität, so folgt aus dem BERNOULLI-Prinzip das Erwartungswert-KniQxmm (|Li-Regel): Optimal ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung bzw. die Alternative mit dem höchsten Erwartungswert \x der Zielgröße Z. 3.3.2. (ju, (j)-Prinzip 3.3.2.1. Quadratische Nutzenfunktion Ist der Entscheider risikoavers, so wird bei Anwendung des BERNOULLI-Prinzips über die entsprechende konkave Nutzenfunktion das „Risiko" einer Alternative implizit miterfaßt (vgl. auch Abschnitt 3.5). Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Risiko explizit über ein Risikomaß in der Präferenzfunktion des Entscheiders zu berücksichtigen. In dieser Weise wird nach dem (|Li,a)-Prinzip vorgegangen, wobei die Standardabweichung a als Maß für das Risiko dient. Eine Wahrscheinlichkeitsverteilung über eine Zielgröße wird nun anhand ihres Erwartungswertes \i und ihrer Standardabweichung a beurteilt. Das (^,a)-Prinzip ist allerdings nicht generell kompatibel mit dem BEPINOULLIPrinzip. Falls beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Zielgröße gegeben sein können, folgt das (|Li,a)-Prinzip dann und nur dann aus dem BERNOULLI-Prinzip, wenn die Nutzenfunktion quadratisch ist, also die folgende Gestalt hat (mit b>0): (1.6)
U(Z) = b - Z - c - Z 2 . Quadratische Nutzenfunktion
Bei Risikoaversion ist c>0, wobei die Nutzenfunktion (1.6) konkav verläuft: U(Z) steigt mit wachsendem Z zunächst an und sinkt nach Erreichen eines Maximums wieder. Das Maximum liegt dort, wo der Grenznutzen gleich null ist, d.h. beiz=b/2c>0. Die Implikation, daß der Nutzen von Z=b/2c an mit wachsendem Z wieder fällt, ist allerdings in der Regel wenig sinnvoll. Wenn der Entscheider stets einen höheren Wert der Zielgröße einem niedrigeren vorzieht, ist der Nutzen eine streng monoton steigende Funktion von Z. Das (|Li,a)-Prinzip kann jedoch
18
Kapitell
im konkreten Anwendungsfall auch dann im Einklang mit dem BERNOULLIPrinzip stehen, wenn die Nutzenfunktion nicht durchgehend quadratisch verläuft. Beide Prinzipien sind schon dann kompatibel, wenn die möglichen Zielgrößenwerte innerhalb eines Litervalls liegen, für das die Nutzenfunktion (hinreichend genau) durch ein ansteigendes Parabelstück approximiert werden kann.^) Im folgenden wird bei Zugrundelegung einer quadratischen Nutzenfunktion angenommen, daß bei jeder Handlungsaltemative der maximale Zielgrößenwert kleiner oder gleich b/2c ist. Alle Kombinationen von |i und a bzw. von |LI und cr^, denen derselbe Nutzenerwartungswert entspricht, sind einander äquivalent. Die äquivalenten Kombinationen können mit Hilfe von Indifferenzkurven dargestellt werden. Eine Indifferenzkurve ist der geometrische Ort aller (|a,a)- bzw. (|Li,a2)-Konstellationen, denen der gleiche Nutzenerwartungswert entspricht. In einem (|Li,a)Diagramm haben die Indifferenzkurven die Gestalt konzentrischer Halbkreise, deren Mittelpunkt auf der Abszisse liegt (Abbildung LI). Der Abszissenwert des Mittelpunktes ist gleich b/2c, dem Betrag also, bei dem die entsprechende Nutzenfunktion (1.6) ihr Maximum aufweist. Die ()Li,a)-Kombinationen liegen bei festem |LI und wachsendem a auf Indifferenzkurven mit immer kleinerem Präferenzwert (mit kleinerem Nutzenerwartungswert). Im Bereich |LI< b/2c zieht der Entscheidungsträger bei gegebener Standardabweichung einen größeren Erwartungswert einem kleineren vor. Kann - wie angenommen - bei keiner möglichen Handlungsaltemative der maximale Zielgrößenwert höher als b/2c sein, so gilt dies auch für den maximalen Erwartungswert der Zielgröße. Somit ist nur jener Teil der Indifferenzkurven entscheidungsrelevant, der im Bereich |Li
U*(Z) = Z - - Z ^ . b
Letztlich ist also nur der Quotient c/b bewertungsrelevant.
6)
Es ist dann streng genommen auszuschließen, daß die Zielgröße normalverteilt ist. Bei Normalverteilung geht die Untergrenze gegen -00 und die Obergrenze gegen +00. Da dann die Verteilung nach oben nicht beschränkt ist, reicht sie bei quadratischer Nutzenfunktion zwangsläufig in den Bereich negativer Grenznutzenwerte. Der Bewertungsfehler bei quadratischer Nutzenfunktion kann jedoch dann vernachlässigbar gering sein, wenn die Ergebnisse im Bereich negativer Grenznutzenwerte relativ geringe Wahrscheinlichkeiten bzw. Dichten haben.
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
19
Abb. I.l: Indifferenzkurven bei quadratischer Nutzenfunktion im (|Li,a)-Diagramm Die Abbildung 1.2 bringt den Verlauf der Indifferenzkurven im (|Li,a2)-Diagramm zum Ausdruck. Für die Steigungen der Indifferenzkurven gilt hier: (1.7)
da^
b ^
d|Ll
C
Abb. 1.2: Indifferenzkurven bei quadratischer Nutzenfunktion im (|Li,a^)-Diagranim Die Steigungen sind also für gegebenes [i von a^ unabhängig; allen Punkten mit denselben |i-Wert entspricht derselbe Differentialquotient da^/d|Li.
20
Kapitel I
Die Indifferenzkurven verlaufen somit im (|a,a2)-Diagramm äquidistant zueinander; der senkrechte Abstand zwischen zwei Indifferenzkurven ist für jeden |Li-Wert gleich groß. Die Steigung einer beliebigen Indifferenzkurve ist jedoch eine linear fallende Funktion des Abszissenwertes |LI. Für \i = h/2c ist die Steigung gleich null. 3.3.2.2. Normalverteilung und exponentielle Nutzenfunktion Eine quadratische Nutzenfunktion ist zwar dann notwendige Voraussetzung für die Kompatibilität von (|Li,a)-Prinzip und BERNOULLI-Prinzip, wenn beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen über Z gegeben sein können. Es existieren jedoch spezielle Klassen von Wahrscheinlichkeitsverteilungen, bei denen auch dann mit dem (|i,a)-Prinzip gearbeitet werden kann, wenn die Nutzenfunktion nicht quadratisch ist. Zu ihnen gehört die Normalverteilung, Falls bei allen Handlungsaltemativen die Zielgröße normalverteilt ist, folgt das (ii^a)Prinzip immer dann aus dem BERNOULLI-Prinzip, wenn die Nutzenfunktion konkav ist (RUDOLPH, 1979a, S. 13ff ).^) Die Beziehung zwischen Erwartungsnutzen, |Li und a ist besonders einfach und anschaulich, wenn die Nutzenfunktion die folgende Gestalt hat (exponentielle Nutzenfunktion):
(1.8)
U(Z) =
\- = -e"^*^
mit a > 0.
Exponentielle Nutzenfunktion Diese Nutzenfunktion ist konkav, wobei der Grenznutzen für jeden Z-Wert positiv ist. Sie impliziert den folgenden Erwartungsnutzen E[U(Z)] (SCHNEEWEIß, 1967, S. 146ff): (1.9)
E[U(Z)] = U ( ^ - | . a 2 ) .
Gemäß (1.9) ist der Erwartungsnutzen der Zielgröße Z (mit dem Erwartungswert |Li und der Varianz a^) gleich dem Nutzenwert eines sicheren Zielgrößenbetrags in Höhe von |Li-(a/2)-a^. Der Entscheider ist demnach indifferent zwischen der Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Zielgröße Z und einem 7)
Bei normalverteilter Zielgröße muß die Nutzenfunktion über das Intervall [-oo,+oo] definiert sein. Dies ist bei vielen Typen von Nutzenfunktionen jedoch gar nicht der Fall. Zum Beispiel ist die logarithmische Nutzenfunktion ln(Z) und die Wurzel-Nutzenfunktion \ ^ (n > 2) für negative Zielgrößenwerte nicht definiert. Wenn der Grenznutzen der Zielgröße (etwa des Einkommens) nicht negativ sein soll, sind auch quadratische Nutzenfunktionen ausgeschlossen; bei ihnen ragt die Normalverteilung stets in den Bereich negativer Grenznutzenwerte hinein.
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
21
sicheren Zielgrößenwert in Höhe von |Li-(a/2)-a^. Der Betrag | i - ( a / 2 ) a ^ stellt das ,,Sicherheitsäquivalent" der Verteilung dar (Abschnitt 3.4): (1.10)
SÄ(Z) = ^ - - - a ^ .
Wegen a>0 ist das Sicherheitsäquivalent SÄ(Z) und somit auch der Erwartungswert des Nutzens bei gegebenem Erwartungswert der Zielgröße eine fallende Funktion der Varianz der Zielgröße. Dabei ist der Nutzenerwartungswert für jede (|Li,a2)-Konstellation um so kleiner, je größer a ist. In einem (|i,a2)-Diagramm können wieder Indifferenzkurven dargestellt werden, die zeigen, gegenüber welchen (|i,a2)-Kombinationen der Entscheider indifferent ist. Sie verlaufen nun alle linear mit der Steigung 2/a, also wiederum äquidistant zueinander, wobei a aus der Nutzenfunktion (1.8) stammt. 3.4.
Sicherheitsäquivalent
Für die späteren Analysen ist das theoretische Konstrukt des Sicherheitsäquivalents von großer Bedeutung. Das Sicherheitsäquivalent einer Wahrscheinlichkeitsverteilung über eine Zielgröße Z (im folgenden kurz: das Sicherheitsäquivalent der Zielgröße) ist allgemein definiert als derjenige sichere Zielgrößenwert SÄ(Z), der dieser Verteilung im Urteil des Entscheiders gleichwertig ist. Von zwei beliebigen Wahrscheinhchkeitsverteilungen über die Zielgröße zieht er jene vor, der ein höheres Sicherheitsäquivalent entspricht. Die Höhe des Sicherheitsäquivalents einer Wahrscheinlichkeitsverteilung hängt ab von der Gestalt dieser Verteilung und der Entscheidungsregel, an der sich der Entscheider orientiert. Nach dem BEPINOULLI-Prinzip muß der Nutzenwert des Sicherheitsäquivalents mit dem Erwartungswert des Nutzens übereinstimmen, der der Wahrscheinlichkeitsverteilung entspricht: (1.11)
U[SÄ(Z)] = E[U(Z)].
Wie bereits erläutert wurde, kann bei Risikoneutralität die Nutzenfunktion wie folgt dargestellt werden: U(Z)=Z. Einsetzen in (LI 1) ergibt: SÄ(Z) = E(Z) = |Li. Bei Risikoneutralität stimmt also das Sicherheitsäquivalent mit dem Erwartungswert der Zielgröße überein. Bei Risikoaversion ist die Nutzenfunktion streng konkav. Für jede streng konkave Nutzenfunktion ist das Sicherheitsäquivalent kleiner als der Erwartungswert der Zielgröße: SÄ(Z)<E(Z). Diese Größenrelation resultiert daraus, daß der Nutzenzuwachs, der erzielt wird, wenn die Zielgröße ausgehend von SÄ(Z) um einen bestimmten Betrag steigt, kleiner ist als die Nutzenminderung für den Fall, daß die Zielgröße um denselben Betrag unter SÄ(Z) sinkt. Wie weit SÄ(Z) unter E(Z) liegt, hängt von der Gestalt der Wahrscheinlichkeitsver-
22
Kapitel I
teilung über die Zielgröße Z und der Gestalt der (streng konkaven) Nutzenfunktion ab. Das Sicherheitsäquivalent kann wie folgt dargestellt werden: SÄ(Z) = E(Z)-RA(Z). RA(Z) bezeichnet den Risikoabschlag, den der Entscheider vom Erwartungswert vomimmt. RA(Z) kann auch als Risikoprämie interpretiert werden: Der Entscheider reaHsiert anstelle einer sicheren Zielgröße in Höhe von SÄ(Z) nur dann eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, wenn deren Erwartungswert mindestens um die Risikoprämie über dem sicheren Ergebnis liegt. Nach dem (|Li,a)-Prinzip entspricht allen Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Zielgröße, deren (|J.,a)- bzw. (|Li,a^)-Konstellation auf derselben Indifferenzkurve liegen, dasselbe Sicherheitsäquivalent. Es ist gleich dem Abszissenwert desjenigen Punktes auf der |LI-Achse, in dem die betreffende Indifferenzkurve beginnt; da in diesem Punkt a bzw. a^ gleich null ist, kennzeichnet dieser Abszissenwert einen sicheren Zielgrößenwert. Zur näheren Erläuterung dienen die Indifferenzklurven in Abbildung 1.3, denen eine quadratische Nutzenfunktion U(Z) zugrunde liegt. Da die Indifferenzkurven im relevanten Bereich (|a
Abb. 1.3: Zur Höhe des Sicherheitsäquivalents bei quadratischer Nutzenfunktion Hat der Entscheider eine exponentielle Nutzenfunktion der Gestalt (1.8) und ist die Zielgröße normalverteilt, so kann - wie erläutert wurde - das Sicherheitsäquivalent gemäß (I.IO) dargestellt werden.
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
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Handelt es sich bei der erwogenen Alternative um Maßnahmen, die eine gegebene Verteilung über die Zielgröße verändern, kann es sich als zweckmäßig erweisen, das Sicherheitsäquivalent nicht auf die neue Verteilung als Ganzes zu beziehen, sondern nur auf die Verteilung der Zielgrößenänderungen. Bezeichnet Z den bisherigen stochastischen Zielgrößenwert und Z^ die stochastische Änderung der Zielgröße, so ist das Sicherheitsäquivalent SÄ( Z^) von Z^ gleich derjenigen sicheren Änderung der Zielgröße Z, die der ungewissen Änderung Z^ gleichwertig ist. Das Sicherheitsäquivalent SÄ( Z^) ist im allgemeinen nicht unabhängig vom Status quo. Werden mehrere Alternativen zur Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung erwogen, so ist jene mit dem höchsten positiven Sicherheitsäquivalent SÄ( Z^) optimal. 3.5.
ARROW-PRATT-Maß für die absolute Risikoaversion
Für die Analyse in nachfolgenden Kapiteln hat der folgende .fiisikoaversionskoeffizient" große Bedeutung
Der Koeffizient (1.12) gilt als Maß für die lokale absolute Risikoaversion. und PRATT entwickelten unabhängig voneinander dieses nach ihnen benannte Maß (PRATT, 1964, S. 135f). Wegen U'>0 ist der Risikoaversionskoeffizient bei Risikoaversion (U"<0) stets positiv und bei Risikofreude (Ü'>0) stets negativ. Der Kehrwert des Risikoaversionskoeffizienten wird als ,,Risikotoleranz" bezeichnet. Auch dieser Quotient ist für spätere Analysen von Bedeutung. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit spielen zwei Typen von Nutzenfunktionen eine besondere Rolle, die quadratische und die exponentielle. Für die quadratische Nutzenfunktion U(Z) = b • Z - c • Z^ gilt: ARROW
^.^.^ (1.13)
^„ U (Z) -2c a(Z) = - U'(Z) - b-2c.Z
1 _b^_2 2c
Absoluter Risikoaversionskoeffizient bei quadratischer Nutzenfunktion Bei quadratischer Nutzenfunktion ist somit der Risikoaversionskoeffizient eine monoton steigende Funktion von Z. Geht Z gegen b/2c, so geht a(Z) gegen
24
Kapitel I
unendlich; es besteht steigende absolute Risikoaversion. Der Kehrwert des Risikoaversionskoeffizienten, die Risikotoleranz, beträgt gemäß (1.13): a(Z)
2c
Ein Vergleich mit (1.7) zeigt, daß die Steigung der Indifferenzkurven im (|i,a2)-Diagramm an der Stelle |LI mit der doppelten Risikotoleranz für Z = |LI übereinstimmt. Je größer der Risikoaversionskoeffizient a(Z) für Z = |a , desto geringer ist somit die Indifferenzkurvensteigung im (|Li,a2)-Diagramm an der Stelle i^ = Z. Für die exponentielle Nutzenfunktion U(Z) = -e~^*^ gilt:
(,,4)
.^Z,-.-^,---l^-... U(Z) ae"^'^ Absoluter Risikoaversionskoeffizient bei exponentieller Nutzenfunktion
Der Risikoaversionskoeffizient stimmt also mit dem Exponenten der exponentiellen Nutzenfunktion überein; er ist von Z unabhängig (konstante absolute Risikoaversion). Die entsprechende Risikotoleranz beträgt 1/a. Gemäß den Darstellungen in Abschnitt 3.3.2.2 ist bei exponentieller Nutzenfunktion und Normalverteilung die Steigung der Indifferenzkurven im (|Li,a^)-Diagramm gleich 2/a; sie stimmt somit an jeder Stelle mit der doppelten Risikotoleranz überein. Bei linearer Nutzenfunktion, also bei Risikoneutralität des Entscheiders, gilt U"=0 und mithin auch a(Z)=0. Ist die Nutzenfunktion weder exponentiell noch linear, so ist der Risikoaversionskoeffizient stets von Z abhängig (PRATT, 1964, S. 127). 3.6.
Risikoabschlag und ARROW-PRATT-Maß
(1964, S. 125 f) hat gezeigt, daß bei beliebiger stetiger und differenzierbarer Nutzenfunktion und geringer Varianz der Zielgröße Z der Risikoabschlag wie folgt approximiert werden kann:
PRATT
(1.15)
RA(Z)«^^.a^.
Der Risikoabschlag ist somit von der Höhe des Risikoaversionskoeffizienten an der Stelle Z = |LI abhängig. Ist die Nutzenfunktion weder linear noch exponentiell, so variiert der Risikoabschlag mit |LI. Bei quadratischer Nutzenfunktion ist er wegen der steigenden absoluten Risikoaversion um so höher, je größer der Erwartungswert ist.
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
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Da bei Normalverteilung und exponentieller Nutzenfunktion SÄ(Z) =[i(a/2)-a2 gilt, ist für diesen Fall (1.15) stets als exakte Gleichung erfüllt. Von zwei Entscheiden! X und Y mit exponentieller Nutzenfunktion wird derjenige einen höheren Risikoabschlag vornehmen, dessen Risikoaversionskoeffizient a größer ist. Haben beide Entscheider eine quadratische Nutzenfunktion mit c>0, sind also beide risikoavers, so ist gemäß (1.13) derjenige Entscheider risikoaverser im Sinne des AiiROW-PRATT-Maßes, für den der Quotient b/2c kleiner ist; sein Risikoabschlag ist größer und sein Sicherheitsäquivalent kleiner als der des anderen Entscheiders. Bei exponentieller Nutzenfunktion ist auf Grund der konstanten absoluten Risikoaversion der Risikoabschlag unabhängig vom Erwartungswert der Zielgröße: Wenn bei gegebener Form der Wahrscheinlichkeitsverteilung die Zielgröße um einen sicheren Betrag steigt, ändert sich der Risikoabschlag nicht. Orientiert sich der Entscheider zum Beispiel an der Zielgröße „Vermögen" am Ende des Planungszeitraumes, so ändert sich die Bewertung riskanter Maßnahmen nicht, wenn der Gewinn bzw. das Vermögen vor Durchführung dieser Maßnahmen um einen sicheren Betrag steigt oder sinkt. Der „Reichtum" des Entscheiders hat keinen Einfluß auf seine Risikoaversion. In der Realität ist allerdings eher zu erwarten, daß die Bereitschaft, riskante Maßnahmen durchzuführen, mit steigendem Reichtum zunimmt. Bei quadratischer Nutzenfunktion steigt sogar die Risikoaversion mit steigendem Reichtum: Gemäß (1.13) und (1.15) nimmt der Risikoabschlag zu, wenn das Vermögen des Entscheiders um einen sicheren Betrag steigt. Dies läßt sich auch anhand des Indifferenzkurvensystems im (|j,,a2)-Diagramm verdeutlichen (vgl. Abb. 1.4). Bei gegebenem Wert für a nimmt die Indifferenzkurvensteigung mit steigendem |LI ab. Zusätzliche Risiken werden daher um so eher als nachteilig bewertet, je höher der Erwartungswert des Endvermögens in der Ausgangssituation ist. Zur Erläuterung wird ein Projekt betrachtet, das den Erwartungswert der Zielgröße um Ä|LI und die Varianz um Aa^ erhöht. Ist in der Ausgangssituation diejenige (|Li,a2)-Kombination gegeben, die dem Punkt Pj entspricht, so ist das Projekt vorteilhaft, da mit ihm eine bessere Indifferenzkurvenposition erreicht wird. Dagegen ist das Projekt nachteilig, wenn als Ausgangssituation der Punkt P2 mit demselben Ordinatenwert wie Pj maßgeblich ist. Jedoch ist die Vorteilhaftigkeit der Maßnahme unabhängig von der bereits gegebenen Varianz a^ des Endvermögens. Auch dies verdeutlicht Abbildung 1.4. Dem Punkt P3 entspricht eine höhere Varianz als dem Punkt P^, jedoch ist das Projekt bei P3 ebenso vorteilhaft wie bei Pj. Der Grund für die gleiche Bewertung liegt darin, daß die Indifferenzkurven äquidistant zueinander verlaufen, d.h. der senkrechte Abstand zwischen zwei Indifferenzkurven flir alternative |LI-Werte identisch ist. Ist das Projekt bei der Ausgangssituation P^ nachteilig bzw. weder vorteilhaft noch nachteilig, so gilt dies auch für P3. Wie bei exponentieller Nutzenfunktion und Normalverteilung hat die Varianz des bisherigen Endvermögens bei quadratischer Nutzenfunktion keinen Einfluß auf die Bereitschaft, zusätzliche Risiken einzugehen.
Abb. 1.4: Zur Analyse der Vorteilhaftigkeit eines Projekts Zwar sind die Implikationen quadratischer bzw. exponentieller Nutzenfunktionen nicht unproblematisch; quadratische Nutzenfunktionen implizieren steigende absolute Risikoaversion und exponentielle Nutzenfunktionen konstante, während in der Realität eher abnehmende absolute Risikoaversion zu erwarten ist. Trotzdem werden diese Nutzenflxnktionen bei späteren Analysen oft zugrunde gelegt, da sie eine relativ einfache und anschauliche Analyse grundlegender Zusammenhänge ermöglichen. Wesentliche Ergebnisse gelten jedoch bei Normalverteilung unmittelbar auch für den Fall beliebiger konkaver Nutzenfunktionen, wobei dann wiederum das (|Li,a)-Prinzip aus dem BERNOULLIPrinzip folgt. Darüber hinaus werden später viele Resultate auch in der Weise verallgemeinert, daß die Annahme der Normalverteilung aufgegeben wird und beliebige konkave Nutzenfunktionen zugrunde gelegt werden.
4.
Verbundeffekte und Koordinationsbedarf
Bei der Planung (allgemein: bei der Lösung eines Entscheidungsproblems) stellt sich generell das Problem, den Interdependenzen zwischen verschiedenen Teilen bzw. Bereichen des Entscheidungsfeldes, zum Beispiel zwischen den verschiedenen Bereichen eines Untemehmens, Rechnung zu tragen. Interdependenzen lassen sich auf folgende Verbundeffekte zurückführen: Restriktionsverbund, Erfolgsverbünd, Risiko verbünd und Bewertungsverbünd (LAUX/ LiERMANN, 2005).
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
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Restriktionsverbund zwischen zwei Entscheidungsbereichen liegt vor, wenn die Aktionsmöglichkeiten mindestens eines dieser Bereiche davon abhängen, welche Aktionen in dem anderen durchgeflihrt werden. Erfolgsverbund zwischen zwei Entscheidungsbereichen besteht, wenn zumindest für einen Bereich gilt: Wie weit der Gesamterfolg (allgemein: der gesamte Zielgrößenwert) bei Durchführung bestimmter Aktionen in diesem Bereich steigt oder fällt, hängt davon ab, welche Maßnahmen in dem anderen Bereich realisiert werden. Der Gesamterfolg setzt sich also nicht additiv aus den Erfolgen der Einzelmaßnahmen zusammen, sondern wird von der Gesamtheit der Aktionen in beiden Bereichen bestimmt. Wenn im Fall sicherer Erwartungen zwischen zwei Bereichen weder ein Restriktionsverbund noch ein Erfolgsverbund besteht, ist eine Koordination der Bereichsentscheidungen nicht erforderlich. In Risikosituationen kann sich jedoch - sofern nicht gerade der Spezialfall der Risikoneutralität besteht - auf Grund eines Risikoverbundes die Notwendigkeit der Koordination ergeben. Risikoverbund hegt vor, wenn die Erfolge der verschiedenen Bereiche voneinander stochastisch abhängig sind. Wie weit die Varianz des Gesamterfolges als Maßstab des Risikos steigt bzw. sinkt, wenn in einem Bereich riskante Maßnahmen durchgeführt werden, hängt dann davon ab, welche riskanten Entscheidungen in anderen Bereichen getroffen werden und welche stochastischen Beziehungen zwischen den Bereichserfolgen bestehen. Zur Erläuterung wird von zwei Bereichen A und B mit den riskanten Erfolgen G^ und Gg ausgegangen. Für die Varianz des Gesamterfolges G = G^ + Gg gilt dann: Var(G) = Var(GA) + 2 • KOV(GA ; Gß) -H VarCGß) = Var(GA) + 2p-Sta(GA)-Sta(GB) + Var(GB). Dabei bezeichnet Var(-) die Varianz und Sta(-) die Standardabweichung der betreffenden Größe, p den Korrelationskoeffizienten für G^ und Gß und Kov(-) die Kovarianz für G^ und Gß. Bei stochastischer Abhängigkeit (p=?^0) hängt der Beitrag des Bereichserfolges G^ zur Varianz des Gesamterfolges nicht nur von p, sondern auch von Sta(Gß) ab. Das Analoge gilt für den Beitrag des Bereichserfolges Gß. p und Sta(Gß) bzw. Sta(GA) sind jedoch nicht a priori gegeben; sie hängen vielmehr von den in beiden Bereichen getroffenen Entscheidungen ab. Schließlich kann sich - auch wenn keine anderen Verbundbeziehungen vorUegen, also u.a. eine Korrelation von p = 0 besteht - die Notwendigkeit der Koordination auf Grund eines Bewertungsverbundes ergeben. Bewertungsverbund bezüglich riskanter Maßnahmen liegt vor, wenn das Sicherheitsäquivalent einer gegebenen Veränderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Gesamterfolges bei Durchführung einer Aktion in einem Entscheidungsbereich davon abhängt, welche Wahrscheinlichkeitsverteilungen für andere Bereiche maßgeblich sind. Bei Orientierung am (|Li,a)-Prinzip bedeutet Bewertungsverbund: Die Bewertung der Veränderung der (|Li,a)-Kombination bezüglich des Gesamterfolges bei Durchführung von Maßnahmen in einem Bereich hängt da-
28
Kapitel I
von ab, welche (|Li,a)-Kombinationen in anderen Bereichen realisiert werden. Die Abbildung 1.5 verdeutlicht diesen Zusammenhang im (|Li,a2)-Diagramm fär zwei Bereiche A und B am Beispiel einer quadratischen Nutzenfunktion.
Abb. 1.5: Zur Problematik der isolierten Beurteilung von Handlungsaltemativen bei Bewertungsverbund Entspricht den Aktionen des Bereichs B der Punkt P, so steigt der Nutzen, wenn im Bereich A Maßnahmen ergriffen werden, die den Erwartungswert des Gesamterfolges um ILI^ und die Varianz des Gesamterfolges um a;^ erhöhen. Ist hingegen fllr die Aktionen des Bereichs B der Punkt P' relevant, so führen die Maßnahmen des Bereichs A zu einem Nachteil: Im ersten (zweiten) Fall gelangt man zu einer Indifferenzkurve mit höherem (niedrigerem) Nutzenniveau; das Sicherheitsäquivalent der durch die Aktion im Bereich A bewirkten Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung ist positiv (negativ). Bei der exponentiellen Nutzenfunktion (1.8) besteht kein Bewertungsverbund. Dies wird anschaulich flir den Fall deuthch, daß die Zielgröße normalverteilt ist. Die Indifferenzkurven im (|Li,a^)-Diagramm verlaufen dann linear mit der Steigung 2/a (Abschnitt 3.3.2.2). Bewertungsunterschiede wie in Abbildung 1.5 können dann nicht eintreten; wenn ausgehend vom Punkt P die erwogenen Maßnahmen im Bereich A zu einer „besseren" bzw. „schlechteren" Indifferenzkurve fähren, gilt dies auch für den Ausgangspunkt P'. Bei quadratischer Nutzenfunktion besteht zwar ein Bewertungsverbund, jedoch wird er gemäß den Darstellungen in Abschnitt 3.6 nur über den Erwartungswert verursacht. Ob eine Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Zielgröße (in Abbildung 1.5 also die Aktion im Bereich A) vorteilhaft
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
29
ist, hängt dann allein vom Erwartungswert der Zielgröße in der Ausgangssituation ab und nicht von ihrer Varianz. "^5.
Zustandsabhängige Nutzenfunktionen
Die deduktiven Analysen in dieser Arbeit bauen oft auf Entscheidungs- bzw. Erklärungsmodellen auf, die in der Weise vereinfacht sind, daß sie nur einen Teil der relevanten Risiken explizit erfassen. Es gibt jeweils „Hintergrundrisiken", die für die Bewertung bzw. Beurteilung der explizit betrachteten Risiken zum Beispiel eines Unternehmens von Bedeutung sein können. Wenn sich die Modellanalyse auf einen Teil der relevanten Risiken beschränkt, existiert ein ,,modellexterner Bereich'\ der für die Bewertung der betrachteten Risiken grundlegende Bedeutung haben kann. Im folgenden soll gezeigt werden, wie mit Hilfe zustandsabhängiger Nutzenfunktionen die Maßnahmen des modellextemen Bereichs implizit berücksichtigt werden können; diese Nutzenfunktionen bilden die „Brücke" zwischen dem Modellbereich und dem modellextemen Bereich. Das Konzept zustandsabhängiger Nutzenfunktionen hat Bedeutung für alle nachfolgenden Kapitel. So werden zum Beispiel bei der Erklärung der Preise riskanter Wertpapiere im Kapitalmarktgleichgewicht explizit nur jene Risiken berücksichtigt, die aus den Wertpapieren resultieren. Wenn die Anteilseigner darüber hinaus bewertungsrelevante private Risiken tragen, werden diese über zustandsabhängige Nutzenfunktionen in die Analyse einbezogen. Bei der Konstruktion von Erklärungs- oder Entscheidungsmodellen kommt man nie ohne drastische Vereinfachungen aus, so daß stets ein modellextemer Bereich existiert, für den zusätzliche Risiken relevant sind. Das Konzept zustandsabhängiger Nutzenfunktionen kann dazu beitragen, die Implikationen alternativer Formen der Vereinfachung besser beurteilen zu können und erkannte Probleme einer Lösung näher zu bringen. Das BERNOULLI-Kriterium lautet bei endlicher Zahl von Zuständen in seiner allgemeinsten Form: (1.16)
i:w(S3).U(E,3)-^Max! s=l
a
Dabei bezeichnet E^g das Ergebnis der Alternative A^ (a=l,2,...,A) im Zustand Sg (s = 1,2,..., S) und U( •) die Nutzenfunktion des Entscheiders. Bei der Konstruktion von Entscheidungs- oder Erklärungsmodellen wird oft angenommen, der bzw. die Entscheider orientierten sich nur an einer Zielgröße Z (wie zum Beispiel Rendite, Einkommen, Gewinn oder Geldvermögen am Ende des Planungszeitraumes) und das BERNOULLI-Kriterium in der folgenden Weise angewendet: (1.17)
Iw(S3).U(Z,3)->Max! s=l
a
30
Kapitel I
Z^s bezeichnet den Wert, den die Zielgröße Z bei Wahl der Alternative A^ (a= 1,2,...,A) und Eintreten des Zustandes Sg (s = 1,2,...,S) aufweist. Das Kriterium (1.17) stellt einen sehr restriktiven Spezialfall von (1.16) dar. Es ist offensichtlich dann problematisch, wenn sich ein Entscheider doch nicht nur an einer, sondern an mehreren Zielgrößen orientiert. Das Kriterium (1.17) kann auch dann wenig sinnvoll sein, wenn im Rahmen eines Modells nur eine Zielgröße relevant ist. Es impliziert nämlich, daß der Nutzen des Zielgrößenwertes unabhängig vom eintretenden Zustand ist. Insbesondere bei Zielgrößen wie Geldvermögen, Gewinn oder Einkommen ist jedoch der Nutzenwert in der Regel vom Zustand abhängig. Die Problematik des Kriteriums (1.17) ergibt sich im Prinzip daraus, daß eine Zielgröße im allgemeinen keinen „Wert an sich" besitzt. So resultiert der „Nutzen" des Einkommens vor allem aus dem „Nutzen" jener Güter und Dienstleistungen, die mit diesem Einkommen erworben werden können; der „Nutzen" einer bestimmten Produktionskapazität ergibt sich aus den Gewinnen jener Produkte, die mit dieser Kapazität hergestellt werden können, wobei der „Nutzen" dieser Gewinne wiederum vom „Nutzen" der Gewinnverwendungsmöglichkeiten abhängt. Der Nutzenwert einer Zielgröße resultiert also allgemein aus dem Nutzen der jeweils möglichen Folgemaßnahmen. Diese Folgemaßnahmen und/oder deren Konsequenzen können ihrerseits vom Zustand Sg abhängen. Folglich kann auch der einer bestimmten Zielgrößenausprägung entsprechende Nutzenwert zustandsabhängig sein. Ist die Zielgröße das Geldvermögen V, das am Ende der Planungsperiode zur Verfügung steht (Endvermögen), so lautet das Kriterium (1.17) bei zustandsabhängiger Nutzenfunktion: (1.18)
Iw(S3).U3(V,3)->Max! s=l a
Dabei bezeichnet Us(-) die dem Zustand Sg entsprechende Nutzenfunktion. In LAUX/ SCHNEEWEIß (1972) und in LAUX (1993) wird gezeigt, wie zustandsabhängige Nutzenfunktionen ermittelt werden können. Außerdem wird gezeigt, daß die Nutzenfunktion nur dann zustandsunabhängig ist (Uj = U2 = ... = Ug = U), wenn die Verwendungsmöglichkeiten für das Endvermögen von den Zuständen Sg stochastisch unabhängig sind. Der Fall stochastischer Unabhängigkeit besteht zum Beispiel dann, wenn Aktien gekauft werden mit dem Ziel, sie am Ende der Periode wieder zu veräußern, um mit dem Verkaufserlös ausschließlich Konsumgüter zu erwerben, deren Preise von den Aktienkursen stochastisch unabhängig sind. Im allgemeinen sind indessen die Daten, die den Zustand Sg einerseits und die Verwendungsmöglichkeiten für das Endvermögen andererseits charakterisieren, voneinander abhängig. Wenn zum Beispiel Geld in Aktien investiert wird und die Mittel, die am Ende der Periode zur Verfügung stehen, in Aktien reinvestiert werden, besteht eine sehr enge stochastische Abhängigkeit. Bei Nichtrisikoneutralität des Entscheiders können zustandsabhängige Nutzenfunktionen auch deshalb von Bedeutung sein, weil zusätzlich zu den im Modell erfaßten Maß-
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
31
nahmen zur gleichen Zeit noch weitere riskante Maßnahmen durchgeführt werden.^) Die explizit im Modell erfaßten Aktionsmöglichkeiten werden als Maßnahmen des Modellbereichs bezeichnet, die übrigen als Maßnahmen des externen Bereichs. Für die Nutzenbewertung ist letztlich das Gesamtvermögen W, das am Ende der Periode für beide Bereiche erzielt wird, maßgeblich. Bezeichnet man mit V (VE) das Endvermögen, das den Maßnahmen des Modellbereichs (des externen Bereichs) entspricht, so gilt (1.19)
W = V+VE
und für den Nutzen von W (1.20)
U(W) = U(V+VE),
sofern dieser (Gesamt-) Nutzen zustandsunabhängig ist. Der Nutzen U*(V) des Endvermögens V kann nun interpretiert werden als diejenige Änderung des Nutzens U(W), die aus V resultiert. Bei Risikoaversion (konkave Nutzenfunktion) ist U*(V) davon abhängig, welchen Wert VE aufweist: je größer VE, desto kleiner ist für alternative V-Werte der Nutzen U*(V). Ist nun VE zustandsabhängig, so gilt dies auch für die Nutzenfunktion U*(V), wobei hier die Nutzenfunktion für den Zustand Ss (s = 1,2,...,S) mit Us*(V) bezeichnet wird. Für die Beurteilung einer Alternative im Modellbereich sind dann nicht allein ihre möglichen Endvermögenswerte und deren Wahrscheinlichkeiten relevant. Vielmehr ist von Bedeutung, in welchen Zuständen die betreffenden Vermögenswerte erzielt werden. Ist die Menge der möglichen Endvermögenswerte und deren Wahrscheinlichkeiten für zwei Alternativen A^* und A^** identisch, so ist der Entscheider trotzdem grundsätzlich nicht indifferent, sofern die Ergebnisse in verschiedener Weise über die Zustände streuen. Bietet zum Beispiel die Alternative A^* in solchen Zuständen Sg relativ hohe Endvermögenswerte, für die die Nutzenfunktion Us(V) steil verläuft (weil in den betreffenden Zuständen das Endvermögen im externen Bereich tendenziell niedrig ist), und bietet die Alternative A^** die betreffenden Endvermögenswerte in Zuständen mit flach verlaufender Nutzenfunktion Ug (V), so wird die Alternative A^* vorgezogen. Hat der Entscheider die Wahl zwischen einer riskanten Alternative und einer Alternative mit einem sicheren Endvermögen in Höhe des Erwartungswertes des Endvermögens der riskanten, so wird er nicht unbedingt die sichere vorziehen. Die riskante Alternative kann insbesondere dann vorteilhaft sein, wenn positive (negative) Abweichungen vom Erwartungswert primär in Zuständen mit steil (flach) verlaufender Nutzenfunktion \]\ (V) erzielt werden. Die Kovarianz zwischen dem Endvermögen im Modellbereich und dem im externen Bereich ist dann negativ. In LAUX/SCHNEEWEiß (1972) und LAUX (1993) wird auch gezeigt, wie bei Erfolgen im externen Bereich zustandsabhängige Nutzenfunktionen bestimmt werden können. Außerdem wird gezeigt, daß die Nutzenfunktion U*(V) genau dann zustandsab8)
Zur Wirkung solcher „Hintergrundrisiken" auf die Nutzenfunktionen vgl. auch KiMBALL (1990; 1993).
32
Kapitel I
hängig ist, wenn VE stochastisch vom Zustand Sg abhängt; bei stochastischer Unabhängigkeit ist die Nutzenfunktion U*(V) vom Zustand unabhängig: Ui*(V) = U2*(V) = ... = Us*(V) = U*(V). Es zeigen sich hier auch Grenzen der Anwendung des (|Li,a)-Prinzips, das für die Portefeuille- und Kapitalmarkttheorie besondere Bedeutung hat. Bei diesem Prinzip sind nur der Erwartungswert und die Standardabweichung des Endvermögens (allgemein der Zielgröße) relevant, und nicht die Zustände, in denen die möglichen Endvermögenswerte erzielt werden. Dies impliziert eine zustandsw/^abhängige Nutzenfunktion; bei zustandsabhängigen Nutzenfunktionen kann das (|Li,a)-Prinzip nicht im Einklang mit dem BERNOULLI-Prinzip stehen.
6. 6.1.
Flexible Planung Konzept
Planung bedeutet, daß Aktionen aufeinander abgestimmt werden. Ein Bedarf an Planung entsteht immer dann, wenn die Konsequenzen einzelner Aktionen nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können, sondern die Einzelmaßnahmen koordiniert werden müssen. Abhängigkeiten sind bei Entscheidungen im Unternehmen praktisch immer zu berücksichtigen. So müssen vor allem die Entscheidungen der verschiedenen Teilbereiche im Rahmen einer Planung koordiniert werden. Ein Bedarf an Planung ergibt sich aber nicht nur auf Grund von Interdependenzen zwischen verschiedenen Teilbereichen, sondern auch deshalb, weil die Aktionen verschiedener Zeitpunkte aufeinander abzustimmen sind. Die Interdependenzen zwischen den Entscheidungen verschiedener Zeitpunkte können auf folgende Ursachen zurückgeführt werden: 1. Die zu einem Zeitpunkt durchgeführten Maßnahmen beeinflussen den Handlungsspielraum für spätere Aktionen; es besteht Restriktionsverbund, So hängen zum Beispiel die Produktionsmöglichkeiten späterer Zeitpunkte davon ab, welche Anlagen in den vorhergehenden Zeitpunkten installiert werden. Das zukünftige Absatzpotential eines Unternehmens wird u.a. durch die jetzigen Werbemaßnahmen bestimmt. Die gegenwärtigen Investitions- und Finanzierungsmaßnahmen beeinflussen den zukünftigen Finanzierungsspielraum. 2. Wie weit der Erfolg (allgemein: die Ausprägungen der Zielgrößen) steigt oder sinkt, wenn zu einem Zeitpunkt bestimmte Maßnahmen durchgeflihrt werden, hängt in der Regel auch von den Aktionen anderer Zeitpunkte ab. Der Erfolg wird also nicht allein von Einzelmaßnahmen bestimmt, sondern von der Gesamtheit aller Aktionen, die im Zeitablauf realisiert werden; es besteht Erfolgsverbund, So hängen etwa die Erfolge zukünftiger Werbemaßnahmen im allgemeinen davon ab, welche Werbeaktivitäten gegenwär-
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
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tig erfolgen. Die Einzahlungsüberschüsse zukünftiger Investitionen werden u.a. dadurch bestimmt, welche Investitionen in den vorhergehenden Zeitpunkten durchgeführt werden. 3. Sofern der Entscheider nicht risikoneutral ist, gibt es in Risikosituationen eine dritte Ursache für Interdependenzen zwischen den Einzelmaßnahmen verschiedener Zeitpunkte: Wie die mit den Maßnahmen eines Zeitpunktes verbundenen Risiken bewertet werden, hängt davon ab, welche Risiken den Maßnahmen in anderen Zeitpunkte entsprechen und welcher Risiko- und/ oder Bewertungsverbund zwischen den Maßnahmen besteht. Zur expliziten Erfassung von intertemporalen Interdependenzen sind mehrstufige (sequentielle) Entscheidungsmodelle erforderlich, die simultan mit den gegenwärtigen Maßnahmen mehr oder weniger grob auch die Aktionen für spätere Zeitpunkte erfassen. Wären die Umweltentwicklung - d.h. die im Zeitablauf eintretende Sequenz der entscheidungsrelevanten Daten (etwa die Preisentwicklung) - und die zukünftigen Aktionsmöglichkeiten mit Sicherheit bekannt, könnten alle zukünftigen Aktionen endgültig und unwiderruflich festgelegt werden; es könnten dann keine Ereignisse eintreten, die eine Revision der Pläne erforderlich machen. In Risikosituationen bestehen jedoch zumindest mehrwertige Erwartungen über die Umweltentwicklung, wobei sich grundsätzlich die Wahrscheinlichkeiten für die zukünftigen Entwicklungen der Umwelt im Zeitablauf mit den zwischenzeitlich zugehenden Informationen ändern. Zum Beispiel erhält der Entscheider Informationen über die Entwicklung der Preise seiner Erzeugnisse, über die Anschaffungsauszahlungen für Investitionsprojekte, die Entwicklungen des Kapitalmarktes usw. Da in Zukunft weitere Informationen zugehen, ist es nicht sinnvoll, zukünftige Aktionen vorher schon endgültig festzulegen. Über die in einem zukünftigen Zeitpunkt zu ergreifende Aktion sollte erst dann definitiv entschieden werden, wenn dieser Zeitpunkt tatsächlich eingetreten ist. Nur dann können alle Informationen berücksichtigt werden, die bis dahin vorliegen. Trotzdem darf nicht auf die Planung zukünftiger Maßnahmen verzichtet werden, da sonst die Voraussetzung für eine optimale Entscheidung über die Aktion zu Beginn des Planungszeitraums fehlt. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet das Konzept der flexiblen Planung (HAX/LAUX, 1972; LAUX, 1971b; 2005a, Kapitel IX), bei dem nur die zu Beginn des Planungszeitraums zu ergreifende Aktion endgültig festgelegt wird. Simultan damit wird flir jeden zukünftigen Aktionszeitpunkt ein System von bedingten Plänen (Eventualplänen) erstellt, wobei die oben beschriebenen Interdependenzen zwischen den Aktionen verschiedener Zeitpunkte berücksichtigt werden. Welcher Plan zu einem zukünftigen Zeitpunkt tatsächlich realisiert wird, hängt von der Umweltentwicklung ab, die bis zu diesem Zeitpunkt eintritt. Die flexible Planung fiihrt zu einem gegenwärtigen Aktionsprogramm, das einen optimalen Aktionsraum bzw. eine optimale Elastizität flir zukünftige Anpassungen an die mögUchen Umweltentwicklungen offen läßt: Schon bei der FormuUerung der Eventualpläne wird berücksichtigt, welche zukünftigen Entscheidungsspielräume bestehen und in welcher Weise sie jeweils genutzt werden.
34
Kapitel I
Eine wesentliche Fragestellung der flexiblen Planung besteht auch darin, ob bestimmte Maßnahmen wie etwa ein Investitionsprojekt zu Beginn des Planungszeitraums durchgeflihrt werden sollen, oder in einem zukünftigen Zeitpunkt in Abhängigkeit von der bis dahin eingetretenen Umweltentwicklung bzw. den entsprechenden Erwartungen über die weitere Entwicklung. Es werden dann die Konsequenzen (die Nutzenerwartungswerte) verschiedener Strategien zustandsabhängiger Durchflihrung bzw. Unterlassung mit denen bei definitiver Durchflihrung zu Beginn des Planungszeitraums verglichen. Das Prinzip der flexiblen Planung hat auch grundlegende Bedeutung für die Ermittlung optimaler (bedingter) Bestände an riskanten Wertpapieren. Bei Darstellungen in nachfolgenden Kapiteln wird oft davon ausgegangen, daß die Investoren auf dem Kapitalmarkt bzw. die Anteilseigner des Unternehmens nach diesem Prinzip ihre Portefeuillestrategien rational bestimmen. 6.2.
Beispiel
6.2.1. Die Entscheidungssituation Mit Hilfe eines einfachen Beispiels soll das Grundkonzept der flexiblen Planung erläutert werden. (Vgl. hierzu auch die Berücksichtigung des Kapitalmarktes in Kapitel XII, Abschnitt 7.) Das Beispiel beruht auf folgende Annahmen: 1. Es besteht die Möglichkeit, zur Erledigung bestimmter Aufträge ein Werk aufzubauen. Die zukünftigen Auftragseingänge sind ungewiß. 2. Der Planungszeitraum des Entscheiders umfaßt drei Perioden. Der Beginn der t-ten Periode (t= 1,2,3) wird als Zeitpunkt t - 1 bezeichnet. 3. Lediglich zu den Zeitpunkten 0, 1 und 2 (also zu Beginn der Perioden 1, 2 und 3) können Aufträge eingehen. Zu jedem Zeitpunkt muß sofort entschieden werden, welche der jeweils eingehenden Aufträge angenommen werden. (Es ist also nicht möglich, die Entscheidung aufzuschieben, bis sich der Informationsstand bezüglich zukünftiger Auftragseingänge verbessert hat.) Jeder Auftrag, der zu Beginn einer Periode angenommen wird, muß zum Ende dieser Periode ausgeführt sein. 4. Zur Erledigung der Aufträge werden Produktionsanlagen eines bestimmten Typs benötigt. Mit einer Anlage kann je Periode höchstens ein Auftrag abgewickelt werden. Bisher ist noch keine Anlage vorhanden. Neue Anlagen können zu den Zeitpunkten 0, 1 und 2 angeschafft werden. Jede Anlage kann bis zum Zeitpunkt 3, dem Ende des Planungszeitraums, genutzt werden und ist dann wertlos. Die Anschaffungskosten je Anlage betragen 500 GE. 5. Jeder Auftrag bietet einen Deckungsbeitrag (Differenz aus Erlös und variablen Kosten) von 300 GE. 6. Der Entscheider bewertet zeitverschiedene Zahlungen gleich, der Zinssatz ist also gleich null. 7. Hinsichtlich der Zahl der eingehenden Aufträge zu den einzelnen Zeitpunkten hat der Entscheider Erwartungen, die als Zustandsbaum dargestellt wer-
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
35
den können (Abbildung 1.6): Knoten 1 kennzeichnet die zu Beginn des Planungszeitraums eingehenden Aufträge. Jeder Knoten z (z=2,3,...,7) kennzeichnet eine bestimmte Auftragsentwicklung. So entspricht zum Beispiel dem Knoten 6 die Auftragsfolge: 2 Aufträge in Periode 1 (Zeitpunkt 0), 2 Aufträge in Periode 2, 1 Auftrag in Periode 3. Optimal ist flir den Investor die Strategie, bei der der Erwartungswert des Nutzens des Gewinns maximiert wird. Dabei ist der Gewinn gleich dem gesamten Deckungsbeitrag der im Planungszeitraum angenommenen (und erledigten) Aufträge abzüglich der Anschaffungskosten der erworbenen Produktionsanlagen.
1 Auftrag
Zeitpunkt 0
Zeitpunkt 1
Zeitpunkt 2
Abb. 1.6: Zustandsbaum 6.2.2. Flexible Planung mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes 6.2.2.1. Der Entscheidungsbaum Die optimale Strategie kann auf der Basis eines Entscheidungsbaumes bestimmt werden, in dem nicht nur die möglichen Folgen von Auftragseingängen und die stochastischen Beziehungen zwischen den Auftragseingängen aufeinanderfolgender Zeitpunkte dargestellt sind, sondern auch mögliche Aktionsstrategien. Dabei müssen jedoch nicht alle Strategien berücksichtigt werden. Es kann eine Vorauswahl getroffen werden, so daß sich ein relativ einfacher Entscheidungsbaum ergibt: 1. Da in keiner Periode mehr als zwei Aufträge eingehen können, ist es nicht sinnvoll, mehr als zwei Produktionsanlagen zu beschaffen. Sämtliche Stra-
36
Kapitel I
tegien, bei denen mehr als zwei Anlagen gekauft werden, können daher als suboptimal vemachlässigt werden. 2. Da in jeder Periode mindestens ein Auftrag eingeht, ist es sinnvoll, zum Zeitpunkt 0 mindestens eine Anlage zu beschaffen: Wird eine Anlage gekauft, so kann zu jedem Zeitpunkt t (t=0,l,2) ein Auftrag angenommen werden, wobei im gesamten Planungszeitraum ein Gewinn von 3-300-500 =400 erzielt wird. 3. Es ist nachteilig, zum Zeitpunkt 2 eine Anlage zu beschaffen, da mit ihr allenfalls noch ein Auftrag abgewickelt werden kann, dessen Deckungsbeitrag 300 niedriger ist als die Anschaffungskosten der Anlage, 500. Entsprechend kann es auch nicht vorteilhaft sein, zum Zeitpunkt 1 eine zweite Anlage anzuschaffen, sofem dann nur ein Auftrag eingeht, also Zustand 2 eintritt. 4. Es ist nachteilig, zu einem Zeitpunkt t (t=0,l,2) einen Auftrag abzulehnen, der mit einer bereits vorhandenen Anlage abgewickelt werden kann. Im Entscheidungsbaum der Abbildung 1.7 sind diese Vereinfachungsgesichtspunkte bereits berücksichtigt. Die den Zeitpunkten 0, 1 und 2 zugeordneten eckigen Knoten kennzeichnen Entscheidungssituationen, die dem Zeitpunkt 3 zugeordneten Knoten charakterisieren Ergebnissituationen, bei denen der Gesamtgewinn des Planungszeitraums festliegt. Yg bezeichnet die Zahl der Produktionsanlagen, die in der Entscheidungssituation s (s=l,2,...,15) erworben werden, Xg bezeichnet die Zahl der jeweils angenommenen Aufträge. W^ kennzeichnet als charakterisierende Umweltvariable die Anzahl der zum Zeitpunkt t (t=0,l,2) eingehenden Aufträge. In einer Entscheidungssituation liegt der Gesamtgewinn noch nicht endgültig fest, sondem kann durch Aktionen (Annahme von Aufträgen, Beschaffung von Produktionsanlagen) noch beeinflußt werden. Jeder möglichen Entscheidungssituation des Zeitpunkts 1 bzw. 2 entspricht eine bestimmte Folge von Auftragseingängen - also ein bestimmter Zustand - und bestimmte Aktionen, die bereits vor diesem Zeitpunkt durchgeflihrt worden sind. Für die Entscheidungssituation 10 gilt zum Beispiel: Zustand 4 ist eingetreten, eine Produktionsanlage ist gekauft und zwei Aufträge sind bearbeitet worden. Von jedem Entscheidungsknoten gehen eine oder zwei Kanten aus, von denen jede eine zulässige Aktion kennzeichnet. Jede (Aktions-) Kante, die aus einem dem Zeitpunkt 0 bzw. 1 zugeordneten Entscheidungsknoten herausführt, mündet in einen runden Verzweigungsknoten, der die unsicheren Erwartungen hinsichtlich des folgenden Umweltzustandes repräsentiert. Die entsprechenden (Zustands-) Kanten kennzeichnen den Übergang zu der Entscheidungssituation zum nachfolgenden Zeitpunkt. Die diesen Kanten zugeordneten Übergangswahrscheinlichkeiten sind gleich den entsprechenden ÜbergangswahrscheinUchkeiten des Zustandsbaumes. So ist zum Beispiel die ÜbergangswahrscheinUchkeit, die der in den Entscheidungsknoten 12flihrendenKante zugeordnet ist, gleich der Wahrscheinlichkeit fllr den Zustand 6 unter der Bedingung, daß zum Zeitpunkt 1 der Zustand 3 eintritt. Jede Aktionskante, die aus einem Entscheidungsknoten herausfährt, der dem Zeitpunkt 2 entspricht, mündet in einen Ergebnisknoten. In jeden Ergebnis-
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
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knoten ist der entsprechende Gesamtgewinn eingetragen. So entspricht der Ergebnissituation, die auf die Entscheidungssituation 6 folgt, ein Gesamtgewinn von 4-300-2-500 = 200 (4 Aufträge werden angenommen und zwei Produktionsanlagen gekauft).
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Abb. 1.7: Entscheidungsbaum 6.2.2.2. Erstellung einer Ergebnismatrix Die optimale Strategie kann in der Weise bestimmt werden, daß auf der Basis des Entscheidungsbaumes 1.7 eine Ergebnismatrix konstruiert wird. Hierzu werden zunächst die (drei) Strategien beschrieben, die im Entscheidungsbaum enthalten sind:
38
Kapitel I
Strategie ^y; Li der Entscheidungssituation 1, also zum Zeitpunkt 0, werden zwei Produktionsanlagen angeschafft und beide Aufträge angenommen (Yi=Xi=2). In jeder später noch möglichen Entscheidungssituation 2, 3, 6, 7, 8 bzw. 9 werden keine weiteren Produktionsanlagen gekauft und die jeweils eingehenden Aufträge angenommen. Mit anderen Worten: Zum Zeitpunkt 0 werden zwei Produktionsanlagen angeschafft und zu den Zeitpunkten 0, 1 und 2 werden alle eingehenden Aufträge angenommen. Strategie A2: In der Entscheidungssituation 1 wird eine Produktionsanlage angeschafft und ein Auftrag angenommen (Yi=Xi = l). In den später möghchen Entscheidungssituationen 4 und 5 wird jeweils ein Auftrag angenommen und keine weitere Anlage gekauft. Dasselbe gilt flir die jeweils noch möglichen Folgesituationen 10 und 11 bzw. 12 und 13. Mit anderen Worten: Zum Zeitpunkt 0 wird eine Produktionsanlage angeschafft und zu jedem Zeitpunkt 0, 1 und 2 wird ein Auftrag angenommen. Strategie A^: In der Entscheidungssituation 1 wird eine Produktionsanlage beschafft und ein Auftrag angenommen (Yi=Xi = l). Tritt zum Zeitpunkt 1 der Zustand 2 und damit die Entscheidungssituation 4 ein, so wird keine weitere Produktionsanlage beschafft und ein Auftrag angenommen (¥4=0; X4=l). Dasselbe gilt flir die Entscheidungssituationen 10 und 11. Tritt zum Zeitpunkt 1 der Zustand 3 und damit die Entscheidungssituation 5 ein, so wird eine zweite Produktionsanlage gekauft und es werden beide Aufträge angenommen (¥5 = 1 und X5=2). In den Entscheidungssituationen 14 und 15 werden die jeweils eingehenden Aufträge angenommen und keine Produktionsanlage mehr gekauft. Jeder Strategie entspricht eine Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Gesamtgewinn. Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen werden mit Hilfe der Ergebnismatrix LI dargestellt: Wahrscheinlichkeiten l-0,7-0,8 = 0,56
l-0,7-0,2 = 0,14
l-0,3-0,2 = 0,06
1 •0,3-0,8 = 0,24
Entwicklung der Auftragseingänge Wo = 2,W, = l, W2 = l
Wo = 2,Wi = l, W2 = 2
Wo = 2,W,=2, W2 = l
Wo = 2,W, = l, W2 = 2
(Zustände 1,2,4) (Zustände 1,2,5) (Zustände 1,3,6) (Zustände 1,3,7) Al
200
500
500
800
A2
400
400
400
400
A3
400
400
200
500
\
Matrix I.l: Ergebnismatrix In der Vorspalte werden die Strategien aufgeflihrt, in der Kopfzeile die möglichen Auftragsfolgen, gekennzeichnet durch die entsprechenden Knotenfolgen
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
39
des Zustandsbaumes, und deren Wahrscheinhchkeiten. Jeder Konstellation von Strategie und Auftragsfolge wird der entsprechende Gesamtgewinn zugeordnet. Zur Bestimmung der optimalen Altemative wird zunächst davon ausgegangen, der Investor sei risikoneutral. Auf der Grundlage der Ergebnismatrix LI kannfilrjede Strategie der Erwartungswert des Gewinns bestimmt werden: Al A2 A3
-^ -^ ^
404 400 412.
Optimal ist danach die Strategie A3: Zum Zeitpunkt 0 wird eine Produktionsanlage beschafft. Die endgültige Entscheidung über die zweite Anlage wird um eine Periode „verschoben". Sie wird zum Zeitpunkt 1 genau dann erworben, wenn zwei Aufträge eingehen, d.h. Zustand 3 eintritt. Die Möglichkeit, die Entscheidung über den Kauf der zweiten Anlage um eine Periode zu verschieben (Aufschub-Option), hat einen Wert von (412 - 404 =) 8 GE. Ist der Entscheider nicht risikoneutral, so wird zunächst die Ergebnismatrix LI in eine Entscheidungsmatrix überfiihrt, indem die Gewinne durch Nutzenwerte substituiert werden. Dann werden die Nutzenerwartungswerte der Alternativen Aj, A2 und A3 berechnet. Optimal ist die Altemative mit dem höchsten Nutzenerwartungswert. 6.2.2.3. Roll-Back- Verfahren Die Planungsarbeit kann dadurch vereinfacht werden, daß keine Ergebnismatrix ermittelt, sondem auf dem Entscheidungsbaum aufbauend durch retrogrades bzw. rekursives Aufrollen des Entscheidungsproblems die optimale Strategie bestimmt wird („RoU-Back"-Verfahren). Dabei ist es nicht notwendig, alle Strategien explizit zu beschreiben. Es wird zunächst wieder angenommen, der Investor sei risikoneutral. Ausgangspunkt ftir die Lösung des Entscheidungsproblems ist der Zeitpunkt 2. Jedem der Entscheidungsknoten 6,7,...,15 wird derjenige Gesamtgewinn zugeordnet, der bei Eintreten der entsprechenden Entscheidungssituation erzielt wird (vgl. Abbildung 1.7). Danach wird jedem Entscheidungsknoten, der dem Zeitpunkt 1 entspricht (das sind die Knoten 2,3,4 und 5), der Erwartungswert des Gewinns zugeordnet, der bei Eintreten dieser Entscheidungssituation erzielt wird: In der Entscheidungssituation 2 zum Beispiel ist es optimal, wenn keine Anlage gekauft und der eingehende Auftrag angenommen wird. Bei dieser Entscheidung tritt zum Zeitpunkt 2 mit der Wahrscheinlichkeit 0,8 (bzw. 0,2) die Entscheidungssituation 6 (bzw. 7) ein, der ein Gewinn von 200 (bzw. von 500) entspricht. Somit entspricht der Entscheidungssituation 2 ein Gewinnerwartungswert von 0,8-200+0,2-500=260. Entsprechend sind die Gewinnerwartungswerte ftir die Entscheidungssituationen 3 und 4 zu bestimmen.
40
Kapitel I
Vom Knoten für die Entscheidungssituation 5 gehen zwei Aktionskanten aus. Der Aktion „Y5=0,X5 = 1" entspricht ein Gewinnerwartungswert von 0,2 • 400+0,8-400=400. Der Aktion „Y5 = 1,X5=2" entspricht der Gewinnerwartungswert 0,2 • 200+0,8 • 500=440. Diese zweite Aktion ist somit optimal; dem Knoten für die Entscheidungssituation 5 wird ein Gewinnerwartungswert von 440 zugeordnet. Im Entscheidungsbaum kann diese Auswahl durch Abstreichen des suboptimalen Kantenzuges verdeutlicht werden. Schließlich wird die optimale Aktion für die Entscheidungssituation 1 bestimmt. Bei Wahl der Aktion „Yi=2,Xi=2" ergibt sich zum Zeitpunkt 1 entweder die Entscheidungssituation 2 oder 3; bei Wahl der Aktion „Yi = l, Xi = r ' tritt entweder die Entscheidungssituation 4 oder 5 ein. Jeder der Entscheidungssituationen 2,3,4 und 5 wurde bereits der entsprechende Gewinnerwartungswert zugeordnet. Mit Hilfe dieser Erwartungswerte kann die optimale Aktion für die Entscheidungssituation 1 bestimmt werden: Bei der Aktion „Yi=2,Xi=2" wird ein Gewinnerwartungswert von 0,7•260+0,3-740 =404, bei der Aktion „Yi = l,Xi = r ' ein Gewinnerwartungswert von 0,7-400 +0,3-440=412 erzielt. Die zuletzt genannte Aktion ist somit optimal. Es erweist sich also wieder die Strategie A3 als optimal. Zum Zeitpunkt 0 wird eine Produktionsanlage beschafft. Zum Zeitpunkt 1 wird genau dann eine zweite Produktionsanlage erworben, falls die Entscheidungssituation 5 eintritt, also zwei Aufträge eingehen. In jeder möglichen Entscheidungssituation werden so viele Aufträge angenommen, wie eingehen und abgewickelt werden können. Bei Nichtrisikoneutralität kann die optimale Strategie im Prinzip ebenso bestimmt werden wie bei Risikoneutralität: Anstelle der Gewinne treten die entsprechenden Nutzenwerte. Den Entscheidungssituationen werden keine Gewinnerwartungswerte, sondern die entsprechenden Nutzenerwartungswerte zugeordnet. Optimal ist die Strategie mit dem maximalen Nutzenerwartungswert. Sie hängt von der Gestalt der Nutzenfunktion ab. Der Entscheidungsbaum stellt lediglich ein Instrument zur Strukturierung und Beschreibung von Strategien dar. Er läßt offen wie diese zu bewerten sind. Hier wurde vom Ziel subjektiver Nutzenmaximierang (Maximierung des Erwartungswertes bzw. des Erwartungsnutzens) ausgegangen. Das Roll-BackVerfahren kann jedoch analog auch beim Ziel der Maximierung des Marktwertes des Investitionsprogramms angewendet werden. Daraufkommen wir in Kapitel XII, Abschnitt 7, zurück. Dort wird auch die enge Verbindung zwischen flexibler Planung und der Theorie der Bewertung von Optionen (der Optionspreistheorie) gezeigt.
7.
Subjektive Nutzenmaximierung und finanzwirtschaftliche Entscheidungskriterien
Das Kernproblem dieser Arbeit besteht darin, wie in einem Unternehmen vom Standpunkt der Gesellschafter bzw. der Anteilseigner optimale (Investitions-) Entscheidungen getroffen werden können. Dies setzt voraus, daß bei den An-
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
41
teilseignem gewisse Zielvorstellungen vorhanden sind, mit deren Hilfe die Konsequenzen der Handlungsaltemativen nach ihrer Wünschbarkeit beurteilt werden können. Zudem müssen der oder die Entscheidungsträger im Unternehmen die betreffenden Präferenzen (insbesondere: die Risikoeinstellungen) hinreichend genau kennen. Diese Bedingung kann grundsätzlich nur dann erfüllt sein, wenn die Anteilseigner selbst in der Lage sind, ihre Präferenzen hinreichend genau zu offenbaren. Dies kann entweder explizit erfolgen, indem sie ihre Präferenzen verbal beschreiben, oder implizit durch eigene riskante Entscheidungen, insbesondere durch ihre Transaktionen auf dem Kapitalmarkt. Bei der Analyse der Eigenschaften optimaler Entscheidungen im Unternehmen wird in dieser Arbeit stets davon ausgegangen, daß sich die Anteilseigner am Ziel der Maximierung des Erwartungsnutzens ihrer finanziellen Überschüsse orientieren. Unter anderem wird untersucht, unter welchen Bedingungen Anreizkompatibilität bzw. Einmütigkeit zwischen den Anteilseignem besteht. Bei Einmütigkeit ist jeder Anteilseigner repräsentativ in dem Sinne, daß mit der Maximierung seines Nutzens zugleich auch der Nutzen jedes anderen Anteilseigners maximiert wird. Eine für alle optimale Lösung kann dann im Rahmen eines Individualkalküls ermittelt werden, mit dem der subjektive Nutzen eines beliebigen Anteilseigners bezüglich seines Anteils an den Überschüssen maximiert wird. Dieses Vorgehen setzt allerdings voraus, daß die Nutzenfunktion dieses Anteilseigners bekannt ist. Vielen Personen fällt es jedoch leichter, vertraute Entscheidungsprobleme zu lösen (etwa riskante Wertpapiere zu bewerten), als Fragen nach subjektiven Nutzenfunktionen explizit zu beantworten. Ein altemativer Lösungsweg, der einfacher sein kann als die direkte Nutzenmaximierung, besteht darin, sich an finanzwirtschaftlichen Entscheidungskriterien zu orientieren, die auf Modellen der Preisbildung von Finanztiteln auf dem Kapitalmarkt beruhen. Dabei wird dem Sachverhalt Rechnung getragen, daß die (Markt-)Preise dieser Titel Informationen über die subjektiven Nutzenfunktionen (Risikoeinstellungen) der Anteilseigner enthalten. Ein häufig zugrunde gelegtes Kriterium ist das der Maximierung des Marktwertes der Aktien des investierenden Untemehmens (individuelle Marktwertmaximierung). Das Ziel individueller Marktwertmaximierung findet in der Praxis unter dem Schlagwort „Shareholder Value" immer größere Beachtung. Jedoch ist die (individuelle) Marktwertmaximierung keine selbstverständliche Zielfunktion. Da für einen Anteilseigner letztlich der Nutzen seiner Überschüsse relevant ist, sollte die Marktwertmaximierung mit subjektiver Nutzenmaximierung kompatibel sein. Wie später gezeigt werden wird, steht unter den (Kapitalmarkt-) Bedingungen, unter denen Anreizkompatibilität besteht, Marktwertmaximierung streng oder „näherungsweise" im Einklang mit Nutzenmaximierung für alle Anteilseigner. Bei Marktwertmaximierung werden zwar die subjektiven Präferenzen der Anteilseigner nicht explizit berücksichtigt, wohl aber implizit, da sie sich im Marktwert der Aktien des Unternehmens und in den Marktwerten der anderen bewertungsrelevanten Wertpapieren niederschlagen.
42
Kapitel I
Vor dem Hintergrund verschiedener Kapitalmarktmodelle wird später das Ziel der Marktwertmaximierang präzisiert und es wird gezeigt, wie daraus Operationale Bewertungsregeln fllr einzelne Investitionsprojekte deduziert werden können. Dabei werden die jeweils maßgeblichen Zusammenhänge zwischen Marktwert- und Nutzenmaximierang dargestellt. Die Darstellungen können dazu beitragen, das Verständnis der entscheidungstheoretischen Bedeutung von Marktwerten zu erleichtem. Das Ziel der Marktwertmaximierung kann zwar nur dann (näherungsweise) im Einklang mit der Maximierung des Erwartungsnutzens aller Anteilseigner stehen, wenn zwischen Ihnen Einmütigkeit besteht. Jedoch könnte im Konfliktfall Marktwertmaximierung immerhin als .yKompromißziel" dienen. Bewertungskriterien flir Investitionsprojekte, die sich an Marktwerten orientieren, werden häufig als ..objektiviert' bezeichnet, da sie nicht explizit Bezug nehmen auf die subjektiven Bewertungskalküle von Anteilseignem. Indessen darf nicht übersehen werden, daß Preise auf dem Kapitalmarkt zwar objektiv beobachtbar sind, jedoch ihrerseits aus subjektiven Bewertungskalkülen resultieren: Sie hängen nicht nur von den Nutzenfunktionen (Risikoeinstellungen) der Akteure auf dem Kapitalmarkt ab, sondem auch von ihren subjektiven Wahrscheinlichkeitsvorstellungen über die zukünftigen Überschüsse der Wertpapiere. Gegebene Preise können mit sehr heterogenen Konstellationen aus individuellen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen und individuellen Bewertungsfiinktionen (Risikoeinstellungen) vereinbar sein. Wenn nicht bekannt ist, welche Erwartungen über zukünftige Überschüsse den Wertpapierpreisen zugrunde liegen, können aus diesen Preisen auch keine befriedigenden Rückschlüsse auf die Risikoeinstellungen bzw. die (Markt-) Bewertung neuer Investitionsprojekte gezogen werden. Solche Rückschlüsse können natürlich auch dann nicht gezogen werden, wenn die Akteure auf dem Kapitalmarkt nicht in der Lage sind, rationale Bewertungen vorzunehmen, und ihre Portefeuilleentscheidungen weitgehend zufallsbestimmt sind. Eine an Marktwerten ausgerichtete Investitionsplanung ist dann ebenfalls willkürlich. Wie erläutert wurde, wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, daß alle Individuen dem BERNOULLI-Prinzip folgen. (Zur grundlegenden Bedeutung dieser Annahmen vgl. Kapitel XII, Abschnitt 9.)
8.
Notwendigkeit der Komplexitätsreduktion und Problematik der Ermittlung eines „optimalen" Komplexionsgrades
Bei der Konstruktion eines Entscheidungsmodells kann der Entscheider höchstens diejenigen Aspekte seines jeweiligen Entscheidungsproblems berücksichtigen, die er nach einem mehr oder weniger kreativen Analyseprozeß überhaupt wahrnimmt. Da seine Erkenntnismöglichkeiten begrenzt sind (es werden zum Beispiel objektiv mögliche Handlungsaltemativen nicht entdeckt bzw. nicht erkannt und/oder mögliche Folgen der erwogenen Altemativen übersehen), wäre ein Entscheidungsmodell selbst dann eine vereinfachte Abbildung
Kriterien und Modelle der subjektiven Nutzenmaximierung
43
der Realität, wenn der Entscheider alle subjektiv wahrgenommenen Aspekte des Entscheidungsproblems getreu seiner Wahmehmung im Modell abbilden würde. Die Konstruktion und Lösung eines „vollständigen" Entscheidungsmodells, das alle jene Aspekte originalgetreu abbildet, die der Entscheider wahrnimmt und von denen er glaubt, daß sie für eine optimale Entscheidung von Bedeutung sein könnten, würde einen Planungsaufwand erfordern, der nicht bewältigt werden kann. Unter Berücksichtigung der mit der Formulierung und Lösung eines Modells verbundenen Kosten in Form von Ausgaben und/oder Opportunitätskosten erscheint die Formulierung eines vollständigen Modells zudem unzweckmäßig. Es besteht ein Zwang zur Vereinfachung, zur Komplexitätsreduktion. hl der Realität wird daher das Entscheidungsmodell grundsätzhch nicht vollständig („exakt") formuliert. Die Zielvorstellungen und die (wahrgenommenen) Handlungsmöglichkeiten sowie deren möglichen Konsequenzen werden immer nur in mehr oder weniger grober Weise im Modell erfaßt (LAUX, 2005a, Kapitel XII). Art und Ausmaß der Vereinfachung eines Entscheidungsmodells stellen ihrerseits ein Entscheidungsproblem dar, das dem eigentlichen Entscheidungsproblem (Welche Handlungsaltemative Aa soll gewählt werden?) vorgelagert ist und das deshalb als Vor- oder Meta-Entscheidungsproblem bezeichnet wird. Für die Lösung dieses Problems sind einerseits die Kosten der Formulierung und Lösung des Entscheidungsmodells von Bedeutung und andererseits der Ertrag, der mit der Kenntnis der Modellösung verbunden ist (die „Güte" der Entscheidung, zu der das Modell fuhren wird). Vor allem der Ertrag läßt sich nur schwer abschätzen. Das Problem, in welcher Weise vereinfacht werden soll, stellt sich grundsätzlich für jedes Entscheidungsmodell und jede Planungstechnik: Es wird als das Problem des „optimalen" Komplexionsgrades bezeichnet. Es mag naheliegen, die Lösung dieses Entscheidungsproblems mit Hilfe eines Entscheidungsmodells anzustreben, d.h. ein „Meta-Modell" zur Bestimmung des optimalen Komplexionsgrades des eigentlichen Entscheidungsmodells zu konstruieren. In einem solchen Modell müßten jedoch alle relevanten Gegebenheiten (zum Beispiel Handlungsaltemativen und Umweltzustände) berücksichtigt werden, die im eigentlichen Modell, für das der optimale Komplexionsgrad gesucht wird, enthalten sein könnten. Das Meta-Modell wäre daher mindestens ebenso komplex wie das nicht vereinfachte eigentliche Modell und das Problem der Vereinfachung entstünde analog für das Meta-Modell. Hierzu müßte ein MetaMeta-Modell konstruiert werden, für das sich wieder das Problem der Vereinfachung ergibt, usw. Ein solches Vorgehen führt zu einem infiniten Regreß. Auf diesem Weg ist das Problem des optimalen Komplexionsgrades nicht sinnvoll zu lösen; eine tatsächliche Vereinfachung wird nur dann erreicht, wenn die Auswirkung der Vereinfachung nicht theoretisch „exakt" ermittelt, sondern mehr oder weniger pauschal abgeschätzt wird. Damit man eine Orientierung für sinnvolle Vereinfachungen hat, ist es notwendig zu wissen, von welchen Determinanten optimale Entscheidungen ab-
44
Kapitel I
hängen. Mit dieser Fragestellung befaßt sich die vorliegende Arbeit. (Zur Problematik der Vereinfachung vgl. auch Kapitel XII, Abschnitt 8.) Bei der Lösung eines Entscheidungsproblems geht es im allgemeinen nicht nur um die Problematik der Informationsverarbeitung, sondern auch um die der -beschaffung (LAUX, 2005a, Kapitel XI). Soll die Entscheidung auf der Basis des bisherigen Informationsstandes über Altemativen und deren möglichen Konsequenzen getroffen werden oder erst nach Beschaffung weiterer Informationen? Es kann sinnvoll sein, eine erwogene Alternative zu realisieren, obwohl sie sich im Licht zusätzlicher Informationen möglicherweise als nachteilig bzw. verbesserungsfahig erweist, weil der Wert dieser Informationen niedriger ist als die Informationskosten. Dabei resultiert der Informationswert aus den möglichen - zum Zeitpunkt seiner Ermittlung nicht mit Sicherheit bekannten - Verbesserungen der Altemativenwahl. Kosten entstehen in Form von Ausgaben und durch Einsatz von Arbeit und Zeit.
Ergänzende und vertiefende Literatur: (2002); BITZ (1981); DYCKHOFF (1986); ENGELS (1970); HiRSHLEiFER (1965); KIMBALL (1990; 1993); LAUX (1971b; 1993, S. 3-27; 2005a); LAUX/LIERMANN (2005); LAUX/SCHNEEWEIB (1972); NIGGEMANN (1973); SAVAGE (1954); SCHNEEWEIß (1966); STÜTZEL (1970).
BAMBERG/COENENBERG
TEILB: PARETO-EFFIZIENTE UND ANREIZKOMPATIBLE ERFOLGSTEILUNG: GRUNDZUSAMMENHÄNGE
IL 1.
Pareto-effiziente Erfolgsteilung Problemstellung
Bei den Darstellungen in Kapitel I ging es im Kern um das Problem, wie ein einzelner Entscheider in Risikosituationen rationale Entscheidungen treffen kann. Dabei wurden bei der Beurteilung bzw. der Bewertung der erwogenen Maßnahmen nur die Präferenzvorstellungen dieses Entscheiders berücksichtigt. In der Realität können jedoch Risiken mit anderen Personen geteilt werden. hn Vordergrund dieser Arbeit stehen Risiken, die aus ungewissen Erfolgen resultieren (etwa Erfolgen aus einmaligen Geschäften oder Untemehmenserfolgen). Entsprechend impliziert Risikoteilung Erfolgsteilung. Ein Entscheider kann hiermit möglicherweise schon bei gegebenen Objektmaßnahmen einen Vorteil erzielen. Darüber hinaus können finanzielle Vorteile auch realisiert werden, indem zusätzliche riskante Livestitionen durchgeführt werden, die ohne Risikoteilung, d.h. ohne AUokation des Risikos bzw. des Erfolges auf verschiedene Personen, für einen Einzelnen zu riskant gewesen wären. Risikoteilung erfolgt zum Beispiel dann, wenn der Eigentümer eines Unternehmens neue Gesellschafter aufnimmt, die am Erfolgsrisiko partizipieren. Eine bedeutende Listitution zur Teilung von Erfolgsrisiken ist der Kapitalmarkt, auf dem Anwartschaften auf ungewisse Zahlungen gehandelt werden. Ist ein Unternehmen börsennotiert, so besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sehr viele Gesellschafter (Anteilseigner) am Untemehmensrisiko zu beteiligen. Darüber hinaus können auch Nichtgesellschafter am Risiko partizipieren. Typische Beispiele hierfür sind der Abschluß von Versicherungen und von Termingeschäften. Eine „optimale" Erfolgs- oder Risikoteilung stellt ein komplexes Optimierungsproblem dar. Die Lösung dieses Problems kann wie folgt angestrebt werden: Zunächst wird die Menge der „pareto-effizienten" Teilungsregeln bestimmt und dann aus dieser Menge eine ausgewählt. Eine Teilungsregel ist bei gegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg (oder eine andere finanzielle Zielgröße) dann pareto-effizient, wenn es nicht möglich ist, durch Um-
46
Kapitel II
Verteilung der zustandsabhängigen Erfolge den Erwartungsnutzen mindestens eines der Beteiligten zu erhöhen, ohne gleichzeitig den Erwartungsnutzen mindestens eines anderen zu reduzieren. Im folgenden soll allgemein untersucht werden, wie pareto-effiziente Teilungsregeln für zwei Entscheider ermittelt werden können und wie diese von ihren Risikoeinstellungen sowie von ihren Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg abhängen. Die Darstellungen gelten analog für mehr als zwei Personen. ^) Sie berahen auf der Annahme, daß der zu teilende Erfolg G ex post kostenlos verifiziert (d.h. intersubjektiv überprüft) werden kann. Außerdem wird angenommen, daß beide Parteien neben ihrem Anteil an G im „privaten" Bereich keine riskanten finanzielle Überschüsse (etwa aus Wertpapieren) beziehen, die stochastisch von G abhängen; es stellt sich somit nicht das Problem, einem Risiko verbünd Rechnung zu tragen. In Abschnitt 2 werden mögliche Vorteile einer pareto-effizienten Teilung eines riskanten Erfolges mit Hilfe eines Beispiels gezeigt. In Abschnitt 3 wird allgemein untersucht, wie pareto-effiziente Teilungsregeln ermittelt werden können. In Abschnitt 4 wird deren Gestalt bei homogenen Erwartungen betrachtet. In Abschnitt 5 werden die Darstellungen für den Fall heterogener Wahrscheinlichkeitsvorstellungen über die Zustände und/oder zustandsabhängiger Nutzenfunktionen verallgemeinert. Pareto-effiziente Teilungsregeln sind dann zustandsabhängig. In Abschnitt 6 werden wesentliche Eigenschaften paretoeffizienter Risikoteilung mit Hilfe von EDGEWORTH-Diagrammen verdeutlicht. Die Darstellungen im vorliegenden Kapitel sind für die gesamte Arbeit (allgemein: für das Verständnis der Kapitalmarkttheorie und die Fundierang von Untemehmenszielen) von grandlegender Bedeutung. Mit Hilfe von Bedingungen pareto-effizienter Risikoteilung wird in späteren Kapiteln untersucht, wie der Kapitalmarkt unter verschiedenen Voraussetzungen Erfolgsrisiken teilt und welche Implikationen sich jeweils für die Fundierang von Untemehmenszielen und von finanzwirtschaftlichen Entscheidungskriterien sowie die entsprechende Bewertung von Risiken ergeben.
2.
Vorteile der Erfolgsteilung
Bei zwei Entscheiden!, X und Y, gibt eine Teilungsregel für einen „Erfolg" G (zum Beispiel Gewinn, Einzahlungsüberschuß oder Vermögen am Ende eines Planungszeitraums) an, welchen absoluten Erfolgsanteil B(G) der Entscheider X bei altemativen Erfolgen G erhält; dem Entscheider Y verbleibt das Residuum G-B(G). Dabei kann B(G) auch negativ sein. X zahlt dann den betreffenden Betrag an Y. (Es wird davon ausgegangen, daß X dazu bereit und in der Lage ist.) Analog kann B(G) auch größer als G sein; Y zahlt dann den Betrag B(G)-GanX. 1)
Probleme pareto-effizienter Risikoteilung werden u.a. eingehend im Rahmen der Versicherungstheorie untersucht. Vgl. hierzu zum Beispiel EECKHOUDT/KIMBALL (1991) und den Überblicksartikel SCHLESINGER/DOHERTY (1991).
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
47
Eine pareto-effiziente Teilungsregel liegt definitionsgemäß dann vor, wenn durch Umverteilung der zustandsabhängigen G-Werte, d. h. durch Änderung der Funktion B(G), der Nutzenerwartungswert keiner Partei erhöht werden kann, ohne daß der der anderen sinkt. Zur Erläuterung wird die Matrix II.l betrachtet.
G
1/3 S|
1/3 S2
1/3 S3
-100
200
320
E(G)=140
X
B(G)
-40
110
170
E(B)=80 SÄ(B)=40
Y
G-B(B)
-60
90
150
E(G-B)=60 SÄ(G-B)=60
Teilungsregel B(G) = 0,5 -G +10
Matrix II.l: Mögliche Erfolge und deren Aufteilung auf beide Entscheider (X und Y) Li der Kopfzeile der Matrix sind die möglichen Zustände 81,82 und 83 aufgeführt sowie die Wahrscheinlichkeiten, die beide Entscheider ihnen zuordnen. In der G-Zeile stehen die den Zuständen entsprechenden Erfolge sowie der Erwartungswert E(G) des Erfolges. Zunächst werde die in Matrix II.l dargestellte Teilungsregel B(G)=0,5-G+10 erwogen: X erhält die Hälfte des erzielten Erfolges zuzüghch eines fixen „Erfolgsanteils" von 10; Y erhält das Residuum G-B(G) (bzw. in Kurzschreibweise: G-B). Y sei risikoneutral, so daß er seinem (absoluten) Erfolgsanteil ein 8icherheitsäquivalent in Höhe des Erwartungswertes E(B-G)=60 zuordnet. Dagegen sei X risikoavers, so daß er seinem Erfolgsanteil B ein 8icherheitsäquivalent beimißt, das kleiner ist als der Erwartungswert E(B) = 80. Es wird angenommen, 8Ä(B) sei 40. In einer solchen 8ituation kann eine Teilungsregel, bei der beide Parteien am Risiko partizipieren, nicht pareto-effizient sein. Vielmehr sollte der risikoneutrale Entscheider Y das gesamte Risiko tragen und X ausschließlich einen fixen Betrag F erhalten. Gegenüber der in Matrix II.l dargestellten Teilungsregel kann dabei mindestens eine der Parteien einen Vorteil erzielen, ohne daß für die andere ein Nachteil entsteht. X erzielt dann keinen Nachteil, wenn er statt des unsicheren Erfolgsanteils den sicheren Betrag 40 erhält. Das Fixum wird also von 10 auf 40 erhöht und der variable Erfolgsanteil für X entfällt. Jedoch erzielt Y einen Vorteil, der Erwartungswert seines Erfolgsanteils und mithin auch sein 8icherheitsäquivalent steigt um 40. Erhält X einen sicheren Erfolgsanteil von 80, so erzielt er einen Vorteil; sein 8icherheitsäquivalent steigt von 40 auf 80. Nun erzielt Y aus der Umverteilung weder einen Vorteil noch einen Nachteil; der Erwartungswert seines Erfolgsanteils ändert sich nicht. Erhält X einen sicheren Betrag, der größer als 40 und kleiner als 80 ist, so erzielen beide Parteien einen Vorteil.
48
Kapitel II
3,
Ermittlung pareto-effizienter Teilungsregeln
3.1.
Par eto-Pr ogr amm
Bei gegebenen zustandsabhängigen Erfolgen kann eine pareto-effiziente Teilungsregel allgemein ermittelt werden, indem der erwartete Nutzen einer Partei unter der Nebenbedingung maximiert wird, daß der erwartete Nutzen der anderen einen bestimmten Mindestwert nicht unterschreitet (RAIFFA, 1973; BORCH, 1962; DEMSKI, 1976; REES, 1985a). Wenn beide Parteien dieselben Wahrscheinlichkeitsvorstellungen (homogene Erwartungen) über die möglichen Erfolge G haben, kann das Pareto-Programm wie folgt dargestellt werden:
(ILl)
E(Uv[G-B(G)])-> Max! ^
B(G)
unter der Nebenbedingung (IL2)
E(UJB(G)])>Ü^. Pareto-Programm zur Ermittlung pareto-effizienter Teilungsregeln
Ux[ • ] bezeichnet die Nutzenfunktion von X und Uy[ • ] die von Y. U^ steht flir den Mindestwert des erwarteten Nutzens (kurz: den Mindestnutzen) des Entscheiders X, den er im Rahmen der gesuchten Teilungsregel erzielen soll.^) Da die Nutzenfunktion Uy[ • ] bzw. Ux[ • ] monoton steigend in G-B bzw. in B ist, kann die Zielfunktion (ILl) nur unter der notwendigen Bedingung ein Maximum erreichen, daß die Nebenbedingung (II.2) als Gleichung erfüllt ist. (11.2) kann somit wie folgt dargestellt werden: (IL2a)
E(UJB(G)])-Üx=0.
Man erhält eine Menge pareto-effizienter Teilungsregeln, indem für alternative Ux" Werte jeweils die Zielfunktion (ILl) unter der Nebenbedingung (II.2a) maximiert wird. Welche Teilungsregel ausgewählt wird, hängt von dem Mindestnutzen ab, den der Entscheider X letztlich erzielen soll. Dieser Mindestnutzen kann insbesondere davon abhängen, welchen Nutzen X erzielt, wenn er nicht mit Y kooperiert.
2)
Es wird davon ausgegangen, daß für beide Entscheider der Grenznutzen stets positiv ist und daß jede Nutzenfunktion entweder streng konkav oder linear und zudem stetig und differenzierbar ist.
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
49
Haben beide Parteien bereits eine Vereinbarung darüber getroffen, welchen Mindestnutzen U^ der Entscheider X erzielen soll, muß das Pareto-Programm nur für diesen formuliert und gelöst werden. Die Teilungsregel kann aber auch Gegenstand einer Verhandlung zwischen X und Y sein. Li diesem Fall mag es sinnvoll sein, für altemative U^-Werte die zugehörige pareto-effiziente Teilungsregel zu ermitteln und dann, nachdem beide Parteien einen besseren Überblick über die möglichen Konsequenzen haben, eine dieser Teilungsregeln auszuwählen.
3.2.
Grundbedingung pareto-effizienter Erfolgsteilung
Nach dem Ansatz von LAGRANGE liegt der Maximalwert der Funktion (II.l) unter der Nebenbedingung (n.2a) dort, wo die folgende zusammengesetzte Funktion, die sogenannte LAGRANGE-Funktion (11.3)
L = E(Uy [G - B(G)]) + X • {E(U JB(G)]) - Ü^ }
ihren Maximalwert annimmt. Dafür muß B(G) für jeden möglichen Erfolg G so gewählt werden, daß gilt (notwendige Bedingung): ÖL , ^ , aUy[G-B(G)] aUJB(G)] (11.4) — = w(G) ^+X-w(G) ^*- ^ ^ ' d B dB dB
= w(G).'^y^^-^^^^^.^^^-^(^>^.X.w(G)-^^-^^^^^^ d[G-B(G)] dB dB
= -w(G)
dUy G-B(G) dUvrB(G)l ^- - ^ + ? i w ( G ) - ^ ^ ^ ^^=0 d[G-B(G)] dB
mit w(G) der Eintrittswahrscheinlichkeit (bei stetig verteiltem Erfolg: der Dichte)^) des Erfolges G und außerdem (II.5)
^
= E(UJB(G)])-Ü^=0.
OK
(II.4) ist die gleich 0 gesetzte erste partielle Ableitung der Funktion (IL3) nach B. Die Bedingung (II.5) ist die gleich 0 gesetzte erste partielle Ableitung von (II.3) nach X. Sie ist mit der Nebenbedingung (II.2a) identisch. (II.4) kann nach Division durch w(G)>0 kurz wie folgt dargestellt werden: 3)
Diese Wahrscheinlichkeit (oder Dichte) ist in (II.3) zwar nicht explizit enthalten, wohl aber implizit über die beiden Erwartungswertoperatoren.
50
Kapitel II
(II.4a)
-U'y [G-B(G)] + X-U\[B(G)]
=0
(für jedes G),
wobei U'y [•] den Grenznutzen des (absoluten) Erfolgsanteils von Y bezeichnet und U'x [ • ] den Grenznutzen des (absoluten) Erfolgsanteils von X. Aus (n.4a) folgt die Grundbedingung pareto-effizienter Risikoteilung:
(n.6)
U'y G-B(G) ^ V ^ = ^ (für jedes G).
U'JB(G)] Grundbedingung pareto-effizienter Risikoteilung Für drei mögliche G-Werte, G^, G2 und G3, lautet diese Bedingung: U'y [Gl - B(Gi)] _ U'y [G2 - B(G2)] _ U'y [G3 - B(G3)] U'4B(GI)]
U'4B(G2)]
U'4B(G3)]
= X.
Jeder mögliche Erfolg G wird derart aufgeteilt, daß das Verhältnis aus dem Grenznutzen des Entscheiders Y und dem des Entscheiders X gleich einer Konstanten X ist. Wäre das Verhältnis der Grenznutzenwerte nicht für jeden möglichen Erfolg identisch, könnte durch Umverteilung der möglichen Erfolge der Erwartungsnutzen mindestens einer Partei vergrößert werden, ohne daß der der anderen sinken würde. Von besonderer Bedeutung ist, daß bei homogenen Erwartungen die Gestalt einer pareto-effizienten Teilungsregel unabhängig von den Eintrittswahrscheinlichkeiten der möglichen Zustände bzw. Erfolge ist. Ist eine Teilungsregel pareto-effizient, so gilt dies auch dann, wenn sich die (homogenen) Wahrscheinlichkeitsvorstellungen ändern. Gemäß (11.6) muß wegen U'y[-]>0 und U'x[-]>0 auch A.>0 gelten. Die konkrete Höhe von X hängt bei gegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung über G von Ux sowie den Nutzenfunktionen \]^ • ] und Uy[ • ] ab. X gibt allgemein an, wie weit der Erwartungsnutzen von Y steigt, wenn Ux um eine marginale Einheit reduziert wird. Ist Y risikoneutral, so kann seine Nutzenfunktion wie folgt dargestellt werden: Uy[G-B(G)] = G-B(G). Es gilt dann U'y [G-B(G)] = 1 und aus (II.6) folgt: (11.7)
U'^ [B(G)] = \
(für jedes G).
Gemäß (11.7) ist bei pareto-effizienter Risikoteilung für jeden möglichen Erfolg G der Grenznutzen von X gleich hoch, nämlich 1 /A.. Wenn X risikoavers ist, ist sein Grenznutzen eine streng monoton fallende Funktion von B(G). Ein für alle Erfolge G gleich hoher Grenznutzen U'^ [B(G)] impliziert dann, daß X jeweils
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
51
den gleichen absoluten Erfolgsanteil erhält. Wird dieser Betrag als Fixum F bezeichnet, so folgt: B(G)=F für jedes G. Y erhält das Residuum G - F , trägt also das Erfolgsrisiko allein. Die Höhe des Fixums F hängt von der Höhe des Mindestnutzens U^ ab; je höher U^, desto höher ist der zugehörige F-Wert. Ist auch Xrisikoneutral,so kann seine Nutzenfimktion wie folgt dargestellt werden: Ux[B(G)] = B(G). Es gilt dann U'^ [ • ] = U'y [ • ] = 1, so daß aus (n.6) folgt: (II.8)
UV[G-B(G)]
1
U'JB(G)]
1
- ^
l-^ = X = - = l,
Der LAGRANGE-Faktor ist nun gleich 1. Er bringt zum Ausdruck, daß der Erwartungswert des Erfolgsanteils von Y um eine marginale Einheit steigt, wenn der Mindesterwartungswert flir X um eine marginale Einheit reduziert wird. Die Bedingung (11.8) ist erfällt, wie immer auch die Teilungsregel festgelegt wird. Dies bedeutet, daß bei Risikoneutralität beider Entscheider jede beliebige Teilungsregel B(G) das Risiko pareto-effizient teilt. Dies ist unmittelbar plausibel: Wenn auf Grund einer Umverteilung der zustandsabhängigen Erfolge der Erwartungswert des Erfolgsanteils eines Entscheiders steigt, so sinkt der des anderen um denselben Betrag; es ist nicht möglich, durch Umverteilung den Erwartungsnutzen einer Partei zu erhöhen, ohne daß der der anderen sinkt. Sind beide Entscheider X und Y risikoavers, so fallen beider Grenznutzen streng monoton, wenn ihr (absoluter) Anteil größer wird. Das ParetoProgramm hat dann gemäß (IL6) eine eindeutige Lösung. Im Gegensatz zum Fall, daß ein Entscheider risikoneutral und der andere risikoavers ist, kann nun (IL6) nur erflillt sein, wenn beide am Risiko beteiligt werden. Im folgenden soll nur noch der Fall näher betrachtet werden, daß beide risikoavers sind. 3.3.
Ermittlung pareto-effizienter Teilungsregeln auf der Basis exogen vorgegebener X-Werte
Pareto-effiziente Teilungsregeln können auch ermittelt werden, indem in die Zielfunktion (n.la)
E(UJG-B(G)]) + X.E(Ux[B(G)])-> Max! ^
B(G)
fiir A. (X,>0) altemative Werte eingesetzt werden und jeweils diejenige Funktion B(G) ermittelt wird, die (Il.la) maximiert. Dieses Vorgehen unterscheidet sich von der Anwendung des Pareto-Programms (II.l) und (II.2a) dadurch, daß X nicht mehr Teil einer Optimallösung ist, sondern ein exogen vorgegebener Gewichtungsfaktor für den Erwartungsnutzen des Entscheiders X.^) 4)
Zur graphischen Ermittlung einer pareto-effizienten Teilungsregel bei gegebenem X vgl. LAUX(1998a, S. 69ff.).
52
Kapitel II
Je höher X, desto größer ist das Gewicht für den Erwartungsnutzens des Entscheiders X, desto größer werden seine (absoluten) Anteile an den möglichen Erfolgen und desto kleiner werden entsprechend die Anteile von Y. Dies läßt sich anschaulich an der Bedingung (II.6) erkennen. Da beide Parteien risikoavers sind, ihr Grenznutzen also mit steigendem Erfolgsanteil sinkt, bewirkt eine exogene Erhöhung von X eine Umverteilung jedes möglichen Erfolges G derart, daß der Quotient U'y [G - B(G)] / U'x [B(G)] steigt: B(G) wird erhöht und das Residuum G-B(G) entsprechend reduziert. Dabei sinkt der Grenznutzen U'x [B(G)], während der Grenznutzen U'y [G - B(G)] größer wird. Alternative pareto-effiziente Teilungsregeln können nicht nur ermittelt werden, indem bei gegebenen Nutzenfunktionen Ux und Uy der Faktor X variiert wird. Da die Nutzenfunktionen nur bis auf eine positiv lineare Transformation eindeutig bestimmt sind (Kapitel I, Abschnitt 3.2.2), können bei unveränderlichem X,-Wert auch die Nutzenfunktionen transformiert werden. Werden statt Ux[ • ] und Uy[ • ] die Nutzenfunktionen U;[B(G)] = ax-Ux[B(G)] + ßx und Uy[G-B(G)] = ayUy[G-B(G)] + ßy zugrunde gelegt, erhält man analog zu (11.6) die folgende Bedingung paretoeffizienter Erfolgsteilung: Uy[G-B(G)] _ gy -UyCG-BCG)] ^ ^^ U;'[B(G)]
~
a^-UJB(G)]
Diese Bedingung kann wie folgt dargestellt werden: u'y[G-B(G)]_a^ ^^ UJB(G)]
ay
Somit flihrt die Transformation der Nutzenfunktionen zu derselben Teilungsregel wie die ursprünglichen Nutzenfunktionen Ux und Uy in Verbindung mit dem (ax / ay) -fachen des ursprünglichen X-Wertes; es ist irrelevant, mit welchem Paar von Nutzenfunktionen die Menge der pareto-effizienten Teilungsregeln ermittelt wird.
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
4.
53
Gestalt pareto-effizienter Teilungsregeln
4.1.
Allgemeine Darstellung
Im folgenden werden die Eigenschaften stetiger Teilungsregeln untersucht, die jeden Erfolg G pareto-effizient teilen. Solche Teilungsregeln sind insbesondere dann von Bedeutung, wenn es nicht darum geht, die möglichen Erfolge einer gegebenen diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilung aufzuteilen, sondern Erfolge, die durch beliebige Maßnahmen noch beeinflußt werden. Die den Nutzenfunktionen Uy[G-B(G)] und Ux[B(G)] und dem Faktor X entsprechende pareto-effiziente Teilungsregel B(G) erfüllt gemäß (II.6) die Bedingung: (n.9)
Uy[G-B(G)] = X-UJB(G)]
(für jedes G).
Da (II.9) flir jedes G erfällt sein muß, ändert sich bei Variation von G der Erfolgsanteil B(G) in der Weise, daß jeweils U*y[-] mit A.-U'x[-] übereinstimmt. Folglich muß auch die Ableitung nach G flir beide Seiten von (II.9) identisch sein: (n.lO)
Uy[G-B(G)]-[l-B'(G)] = X.Ux[B(G)]-B'(G)
(flir jedes G).
Erläuterung: Wenn G um eine marginale Einheit steigt, so ändert sich B(G) um den Betrag B'(G). Wird dieser Betrag mit U'^[ •] multipliziert, so ergibt sich die Änderung des Grenznutzens des Entscheiders X. Das Analoge gilt für die Änderung des Grenznutzens von Y. Gemäß (ILIO) muß jede marginale Erhöhung von G derart auf X und Y aufgeteilt werden, daß die Änderung des Grenznutzens von Y mit der mit X gewichteten Änderung des Grenznutzens von X übereinstimmt. Aus (ILIO) folgt in Kurzschreibweise:
(n.ii)
B'(G)-(X-U';+U';)=U';
oder
(n.l2)
B (G)=-
Uy ff
ff
u; Steigung einer pareto-effizienten Teilungsregel B(G) (II.6) kann vereinfachend wie folgt geschrieben werden:
54
Kapitel II
^_U;[G-B(G)]^u'y
(11.13)
U JBCG)] UJB(G)]
U; • U^
Somit kann (11.12) folgendermaßen dargestellt werden: 1 (11.14)
1
1
B(G)=^ ^ • ^ + 1
u'
av(G-B)^'
Steigung einerpareto-effizienten Teilungsregel B(G) Hierin bezeichnet ax(B) den Risikoaversionskoeffizienten des Entscheiders X an der Stelle B und ay(G-B) den des Entscheiders Y an der Stelle G-B. Da beide annahmegemäß risikoscheu sind, sind ihre Risikoaversionskoeffizienten positiv. Aus (11.14) folgt somit die Relation 0 < B'(G) < 1 für jedes G, so daß sowohl B (weil B'(G) > 0) als auch G-B (weil B'(G) < 1) eine streng monoton steigende Funktion von G sind. (11.14) kaim auch so dargestellt werden:^)
B'(G)=
^"^^^
1 . 1 a^(B) ay(G-B)
Der Grenzanteil von X ist somit gleich dem Quotienten aus seiner eigenen Risikotoleranz und der Summe beider Risikotoleranzen. Über das Krümmungsverhalten Qmtr pareto-effizienten Teilungsregel macht (11.14) folgende allgemeine Aussagen: Wird mit dieser Teilungsregel jeder mögHche Erfolg G derart geteilt, daß das Verhältnis der Risikoaversionskoeffizienten ax[B(G)] und ay[G-B(G)] jeweils denselben Wert aufweist, ist die Teilungsregel linear, B'(G) ist unabhängig von G. Wird in einem bestimmten 5)
Die Darstellungen lassen sich ohne weiteres auf den Fall mit I>2 Entscheidem übertragen. Hierzu wird der (absolute) Anteil des Entscheiders i (i=l,2,...,I) am Erfolg mit B^(G) bezeichnet: B|(G) + B2(G) + ...+ Bi(G) = G
für jedes G.
Es gilt dann: 1
«•,(G).Ji5f>L ,t-,aj[Bj(G)J
0=1.2
.).
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
55
Bereich der Erfolg so geteilt, daß das Verhältnis der Risikoaversionskoeffizienten mit wachsendem G steigt bzw. sinkt, so ist in diesem Bereich die Teilungsregel konkav bzw. konvex, Im folgenden wird gezeigt, daß bei exponentiellen bzw. quadratischen Nutzenfunktionen und homogenen Erwartungen das Risiko stets linear geteilt wird. Dieser Sachverhalt hat grundlegende Bedeutung für die Kapitalmarkttheorie. Bei den betreffenden Nutzenfunktionen und homogenen Erwartungen der Livestoren auf dem Kapitalmarkt wird im Gleichgewicht das aus allen Wertpapieren resultierende Risiko ebenfalls linear geteilt. 4.2.
Lineare Teilungsregeln
4.2.1. Exponentielle Nutzenfunktionen Haben beide Entscheider eine exponentielle Nutzenfunktion, so sind ihre Risikoaversionskoeffizienten jeweils konstant. Es gilt: a^(B)=ax für jedes B und ay (G - B) = ay für jedes G - B. Aus (IL 14) folgt dann unmittelbar:
(11.15)
B'(G) = Z =
^
-
^^
ay (Konstante) Steigung einer pareto-effizienten Teilungsregel B(G) bei exponentiellen Nutzenfunktionen Die Steigung der pareto-effizienten Teilungsregel ist somit für jeden Erfolg G identisch; die betreffende Teilungsregel ist linear (RAIFFA, 1973, S. 243f). Wird B'(G) mit z bezeichnet, kann die pareto-effiziente Teilungsregel wie folgt dargestellt werden: (11.16)
B(G) = z G + F
mitz =
^— a^+ay
(0
X erhält hierbei ein Fixum F und den proportionalen Anteil z am Erfolg G. Y erhält den Betrag ( l - z ) - G - F . Dabei kann F auch negativ sein. Im Fall F<0 zahlt X den Betrag |F| an Y. Der pareto-effiziente z-Wert (z=B'(G)) ist gemäß (11.15) bzw. (11.16) nur von den Risikoaversionskoeffizienten abhängig; jedem Mindestnutzen U^^ bzw. jedem exogen vorgegebenen X.-Wert entspricht dieselbe Steigung der paretoeffizienten Teilungsregel. Die pareto-effizienten (z,F)-Konstellationen unterscheiden sich nur in F; F ist eine monoton steigende Funktion von U^ oder eines exogen vorgegebenen A.-Wertes.
56
Kapitel II
Geht der Quotient a^/ay in (11.15) gegen 0, so geht z gegen 1: Je geringer die Risikoaversion von X im Vergleich zu der von Y ist, desto stärker partizipiert X am Erfolgsrisiko. Geht der Ausdruck a^/ay gegen unendhch, so geht z gegen null: Je größer die Risikoaversion von X im Vergleich zu der von Y ist, desto geringer ist der Anteil von X am Erfolgsrisiko, hn Fall ^=^ gilt z=0,5; das Erfolgsrisiko wird gleichmäßig auf beide Parteien aufgeteilt, hn Fall ^>3y (ax
0,5); der Entscheider mit dem größeren Risikoaversionskoeffizienten trägt den kleineren Anteil am Erfolgsrisiko. (11.15) kann auch wie folgt dargestellt werden:
(11.17)
B(G) = z = - j ^ .
Der pareto-effiziente z-Wert ist somit gleich dem Quotienten aus der Risikotoleranz von X und der Summe beider Risikotoleranzen. Bei zwei oder mehr Entscheiden! lautet die Bedingung pareto-effizienter Risikoteilung allgemein:
J_ (11.18)
Zi=-^
(i=l,2,...,I).
Dabei bezeichnet z^ den proportionalen Anteil des Entscheiders i am Erfolg G und I (I >2) die Zahl der Parteien, zwischen denen der Erfolg geteilt wird. Bei den Zj-Werten gemäß (11.18) ist die Teilungsregel unabhängig davon paretoeffizient, welche sicheren Transferzahlungen sie fiir die Beteiligten vorsieht; wird eine pareto-effiziente Teilungsregel nur in der Weise geändert, daß Transferzahlungen verändert werden, bleibt die Pareto-Effizienz erhalten. 4.2.2. Quadratische Nutzenfunktionen Auch bei quadratischen Nutzenfunktionen sind alle pareto-effizienten Teilungsregeln linear, hn Gegensatz zu exponentiellen Nutzenfiinktionen ist jedoch nicht nur F, sondern auch z=B (G) von Ux oder einem exogen vorgegebenen A.-Wert abhängig. Um die Abhängigkeit von F und z von X zu zeigen, ist es zweckmäßig, unmittelbar von der Bedingung (II.9) auszugehen. Die quadratische Nutzenfunktion lautet für X (11.19) und für Y
U^(B)=b^.B-c^.B2
(b^>0, c^>0)
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
(n.20)
Uy(G-B)=by-(G-B)-Cy-(G-B)2
57
(by>0,Cy>0).
Entsprechend gilt für die Grenznutzenwerte: (11.21)
u'^(B)=bx-2cx-B
xind (n.22)
Uy(G-B)=by-2Cy-(G-B).
Aus (11.21) und (11.22) folgt in Verbindung mit (n.9): by - 2cy • (G - B) = X • (bx - 2Cx • B).
(11.23)
Hieraus ergibt sich: (11.24)
2-(X,-Cx+Cy)-B = 2Cy-G + X-bx-by
oder
(11.25)
B=
^
X-C^+Cy
G+-
^
2-(X,-Cx+Cy)
Lineare pareto-effiziente Teilungsregel B(G) bei quadratischen Nutzenfunktionen Somit ist auch bei quadratischen Nutzenfunktionen die pareto-effiziente Teilungsregel B(G) linear. Gemäß (11.25) ist z eine monoton fallende und F eine monoton steigende Funktion von X;^) dabei ist F positiv, wenn X'\ größer ist als by. Interpretation: Je größer X, desto größer ist das Gewicht, das dem Erwartungsnutzen des Entscheiders X beigemessen wird. Entsprechend wächst mit steigendem X der absolute Anteil von X an jedem Erfolg G, während der von Y sinkt. Gleichzeitig sinkt z, der variable Erfolgsanteil von X. Die Ursache hierfiir ist, daß bei quadratischen Nutzenfunktionen steigende absolute Risikoaversion besteht: Je größer die absoluten Erfolgsanteile von X, desto größer ist sei6)
Daß F eine monoton steigende Funktion von X ist, erkennt man, wenn man F in (11.25) wie folgt darstellt: F=^ 2.(C,+ l.Cy) Mit steigendem X wird der Zähler des Quotienten größer, der Nenner kleiner und folglich F größer.
58
Kapitel II
ne Risikoaversion im Verhältnis zu der von Y, und um so geringer ist seine Beteiligung am Risiko. Vgl. hierzu auch die graphischen Darstellungen in Abschnitt 6.2.1. 4.2.3. Andere Nutzenfunktionen Exponentielle bzw. quadratische Nutzenflmktionen sind eine hinreichende, jedoch keine notwendige Bedingung für die Linearität pareto-effizienter Teilungsregeln. WILSON (1969, S. 300) und Ross (1974, S. 223f.) haben gezeigt, daß eine pareto-effiziente Teilungsregel immer dann linear ist, wenn die Nutzenfunktionen beider Entscheider entweder exponentiell, logarithmisch oder eine Potenzfunktion sind; dabei ist eine quadratische Nutzenfunktion eine der Potenzfunktionen. Die genannten Nutzenfunktionen bilden die sogenannte HARAKlasse (Hyperbolic Absolute Risk Aversion). Eine HARA-Nutzenfunktion weist lineare Risikotoleranz (und damit einen hyperbolischen Verlauf der Risikoaversion) auf ^) Daß die Nutzenfunktionen der HARA-Klasse angehören ist wiederum eine hinreichende, jedoch keine notwendige Bedingung für die Linearität pareto-effizienter Teilungsregeln (HUANG/LITZENBERGER, 1985).^) 4.3.
Nichtlineare Teilungsregeln
Ändert sich bei einer pareto-effizienten Teilungsregel B(G) mit steigendem G der Quotient ax(B)/ay(G-B), so ist sie nicht linear. Wenn der Quotient steigt, sinkt gemäß (11.14) B'(G) und die Teilungsregel verläuft streng konkav. Wenn der Quotient sinkt, ist die Teilungsregel streng konvex. Es ist auch möglich, daß eine pareto-effiziente Teilungsregel in einem Bereich linear verläuft, in einem anderen streng konkav und in wieder einem anderen streng konvex. Hat Y eine exponentielle Nutzenfunktion (mit konstanter absoluter Risikoaversion ay), so verläuft eine pareto-effiziente Teilungsregel bei steigender absoluter Risikoaversion von X streng konkav, hn Bereich hoher Erfolge, für die B und mithin auch der Risikoaversionskoeffizient di^(ß) relativ hoch sind, variiert dann B mit G relativ wenig; der Entscheider X partizipiert in diesem Bereich wenig am Erfolgsrisiko, hn Bereich niedriger Erfolge wird er relativ stark am Risiko beteiligt. Steigende absolute Risikoaversion von X ist zum Beispiel dann gegeben, wenn seine Nutzenfunktion quadratisch ist. Gemäß (n.l9) gilt dann für ax(B):
7)
8)
Nutzenfunktionen der HARA-Klasse werden insbesondere in der Kapitalmarkttheorie oft zugrunde gelegt. Zur Bedeutung und Gestalt solcher Nutzenfunktionen vgl. VELTHUIS (2004a). In Kapitel III, Abschnitt 5.3, wird nach entsprechenden Vorarbeiten allgemein gezeigt, unter welcher notwendigen und hinreichenden Bedingung eine lineare Teilungsregel pareto-effizient ist.
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
(11.26)
ax(B) = -
U" 'X
59
- 2^ c^ X,
_
2Cv
Der Quotient bx/2Cx bezeichnet denjenigen Wert für B, bei dem die quadratische Nutzenfunktion von X ihr Maximum aufweist. Geht B gegen bx/2cx, so geht der Risikoaversionskoeffizient a^CB) gegen oo und folglich B'(G) gemäß (11.14) gegen null; je mehr man in den Bereich hoher Erfolge vorstößt, um so weniger steil verläuft die Funktion B(G) und desto weniger wird X am betreffenden Erfolgsrisiko beteiligt. Bei fallender absoluter Risikoaversion von X und konstanter oder steigender absoluter Risikoaversion von Y verläuft die Funktion B(G) streng konvex, wobei jedoch stets B'(G)< 1 gilt. *5.
Verallgemeinerung: Heterogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen und zustandsabhängige Nutzenfunktionen
Haben die beiden Entscheider verschiedene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände (bzw. Erfolge), so ist bei pareto-effizienter Risikoteilung den Unterschieden in den Wahrscheinlichkeiten Rechnung zu tragen. Auch wenn zwei oder mehr Zuständen derselbe Erfolg G entspricht, kann es sinnvoll sein, jeweils unterschiedliche Erfolgsanteile G(B) und G--B(G) zu vereinbaren; die Erfolgsteilung erfolgt dann zustandsabhängig. Bei zustandsabhängiger Teilung ist für die Höhe von B(G) bzw. G-B(G) nicht nur die Höhe des erzielten Erfolges G maßgeblich, sondern auch Zustand Sg, in dem er erzielt wird. Im folgenden wird gezeigt, wie der Erfolg zustandsabhängig pareto-effizient geteilt werden kann. Dabei wird davon ausgegangen, die Zahl S der möglichen Zustände sei endlich und der eintretende Zustand (kostenlos) verifizierbar. Die Wahrscheinlichkeit, die der Entscheider X bzw. Y dem Zustand Sg (s=l,2, ...,S) zuordnet, wird mit Wx(Sg) bzw. mit Wy(Sg) bezeichnet. Für jeden Zustand Sg gelte Wx(Ss)>0 und Wy(Sg)>0. Die einem exogen vorgegebenen X-Wert entsprechende pareto-effiziente Teilungsregel kann nun gemäß folgender Zielfunktion ermittelt werden: (11.27)
s
s
I w (Ss)-Uy[G3-B3(G3)] + X-Iw,(S3)U,[B3(G3)] ^ s=l
s=l
Max! 63(03) (s=l,2,...,S)
Hierin bezeichnet Gg den Erfolg im Zustand S3, Bg(Gs) den (absoluten) Anteil des Entscheiders X daran und G3-B3(Gs) den Anteil von Y. Die notwendige Bedingung für das Maximum von (11.27) lautet nun: (n.28)
-Wy(S3) • U'y[G3 - B3(G3)] + X • w , (S3) • U;[B3(G3)] = 0 (s=l,2,...,S).
60
Kapitel II
(11.28) entspricht der Bedingung (11.4) bis auf die unterschiedlichen WahrscheinHchkeiten, die nun den Zuständen bzw. den zugehörigen Erfolgen zuordnet werden. Aus (n.28) folgt:
Uv[Gs-Bs(Gs)]
(11.29)
-A-^
^1-^
w (S ) = ^ZÄ^^.X
(S=1,2,...,S).
Ux[Bs(Gs)] Wy(Ss) Bedingung pareto-effizienter Risikoteilung bei heterogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen Für jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S) wird der Erfolg derart geteilt, daß das Verhältnis aus dem Grenznutzen des Entscheiders Y und dem des Entscheiders X gleich X • Wx(Ss)/Wy(Ss) ist. Der einem Zustand Sg entsprechende Erfolg kann bei exogen vorgegebenem X-Wert ebenso pareto-effizient geteilt werden wie ein beliebiger Erfolg bei homogenen Erwartungen. Anstelle des Faktors X wird dann der Faktor (11.30)
X:=-^5^c(Ss).;, Wy(Ss)
zugrunde gelegt. Gilt w^CSg) = Wy(Ss), so gilt A.* = A. und für den Zustand Sg wird ein beliebiger Erfolg ebenso geteilt wie für den Fall, daß X und Y homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich aller Zustände haben (vgl. (11.6)). Bei heterogenen Erwartungen erhält ein Entscheider in denjenigen Zuständen relativ hohe (niedrige) Erfolgsanteile, denen er höhere (niedrigere) Wahrscheinlichkeiten zuordnet als der andere Entscheider. Je mehr die Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der beiden Parteien voneinander abweichen, desto mehr unterscheiden sich tendenziell ihre Erfolgsanteile. Sind die Nutzenfunktionen Uy( •) und Ux( • ) zustandsflZ)hängig, so ist eine pareto-effiziente Teilungsregel auch dann zustandsabhängig, wenn beide Parteien homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg haben.
*6. 6.1.
Graphische Analyse pareto-effizienter Teilungsregeln Erfolgsteilung bei zwei möglichen Zuständen
6.1.1. Präferenzfunktionen in einem EDGEWORTH-Diagramm Im folgenden werden Eigenschaften pareto-effizienter Risikoteilung graphisch veranschaulicht, wobei wieder zustandsunabhängige Nutzenfunktionen angenommen werden. Zunächst wird davon ausgegangen, nur die Zustände Sj und S2 seien möglich. Beide Parteien ordnen dem Zustand Sj die Wahrscheinlichkeit w(Sj) zu und dem Zustand S2 die Wahrscheinlichkeit w(S2) (homogene WahrscheinlichkeitsVorstellung). Für den Erwartungsnutzen von X gilt:
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
(11.31)
61
E[U^(B)] = w(Si)-U,(Bi) + w(S2)-U^(B2).
Bg bezeichnet den (absoluten) Anteil des Entscheiders X am Erfolg Gg im Zustand Sg (s= 1,2). Die Kombinationen aus B| und B2, die X denselben Erwartungsnutzen stiften, lassen sich in einem (B|,B2)-Diagramm mit Hilfe von Indifferenzkurven darstellen (Abbildung II.l). Einer Indifferenzkurve entspricht ein um so höherer Erwartungsnutzen, je weiter rechts oben sie verläuft. Da eine Bewegung entlang einer Indifferenzkurve den Erwartungsnutzen nicht ändert, muß gemäß (11.31) in einem Punkt P(Bi,B2 ) gelten (totales Differential): (11.32)
dE[U^(B)]==w(Si)-U;(Bi)-dBi + w(S2)-U;(B2)dB2-0.
Hieraus folgt für die Indifferenzkurvensteigung im Punkt P(B|,B2): (II33)
dBi dB2
w(S2)-U;(B2) w(Si)-U;(B,)'
Wegen w(Si)>0, w(S2)>0 und Ux >0 ist gemäß (11.33) die Indifferenzkurvensteigung stets negativ. Bei Risikoneutralität von X kann seine Nutzenfunktion wie folgt dargestellt werden: Ux(B)=B. Es gilt dann Ux (B)= 1 für jedes B und aus (11.33) folgt: dBL_w(S2) dB2 w(Si) Die Indifferenzkurven verlaufen dann also linear mit der Steigung -w(S2)/w(Si); sie repräsentieren (B|,B2)-Kombinationen mit jeweils demselben Erwartungswert von B. Bei Risikoaversion gilt (11.34) gemäß (11.33) nur für U'x (Bj) = U'x (B2), d.h. für Bj = B2 . Ausgehend von einem Punkt P(Bi,B2 = Bj) führt eine Bewegung entlang der zugehörigen Indifferenzkurve nach links oben zu einem immer kleineren Grenznutzenwert bezüglich Bj und zu einem immer größeren Grenznutzenwert bezüglich B2; der Betrag der Indifferenzkurvensteigung wird gemäß (11.33) immer größer. Eine Bewegung entlang der Indifferenzkurve nach rechts unten bewirkt dagegen, daß der Betrag der Indifferenzkurvensteigung immer kleiner wird (Abbildung II.l). Sämtliche Indifferenzkurven verlaufen somit bei Risikoaversion streng konvex. Im Fall w(S|)=w(S2) = 0,5 ist gemäß (11.33) die Steigung jeder Indifferenzkurve im Schnittpunkt mit der 45°-Achse (B|=B2) gleich - 1 , da für B1-B2 auch Ux(Bj) = Ux(B2) gilt; jede Indifferenzkurve verläuft dann bezüglich der 45°Achse streng symmetrisch. Die Darstellungen gelten analog für den Entscheider Y, der das Residuum Gj - B j oder G2-B2 erhält.
45°-Achse (Bi=B2)
Abb. II.l: Zur Darstellung der Präferenzen des Entscheiders X mit Hilfe von Indifferenzkurven Im folgenden wird mit Hilfe eines EDGEWORTH-Diagramms untersucht, wie paretoeffiziente Teilungsregeln graphisch ermittelt werden können und welche Gestalt sie aufweisen (HiRSHLElFER/RiLEY, 1979). In Abbildung II.2 wird davon ausgegangen, daß der Erfolg für den Zustand S2 höher ist als für S;[ (G2 > Gj). • P(Bi ,B2 ) G2-B2 Gl G2-B2
P(GbG2)
P(Gi,0)
* Gi-Bi
•Gi-Bi P(Bi,B2)
Bi
P(0,G2)
P(O^O) G2
B2
B2 iG,-Bi Abb. II.2: Graphische Darstellung von Teilungsregeln
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
63
Auf der Ordinate (Abszisse) wird der Betrag dargestellt, den X bei Eintreten des Zustandes S^ (S2) erhält. Dem Punkt P(Bi ,82) zum Beispiel entspricht B| = B| für den Zustand S| und B2= B2 für den Zustand S2. Damit kommt zugleich auch zum Ausdruck, welches Residuum der Entscheider Y im Zustand Sj (S2) erhält, nämlich G j - B * (G2-B2). Für die Teilungsregel, die dem Punkt P(Gi,G2) entspricht, gilt G i - B i = 0 und G2-B2=0. Dieser Punkt kann als „Nullpunkt" des Koordinatensystems aus Sicht von Y interpretiert werden. Die durch diesen Punkt verlaufende „senkrechte" Achse entspricht der Ordinate und die „waagrechte" Achse der Abszisse des Koordinatensystems aus Sicht von Y. Auch der Punkt P(B|*,B2*)kennzeichnet eine Teilungsregel. Hier erhält X im Zustand S^ einen Betrag, der höher ist als der Erfolg G^. Das Residuum Gj - B | ist dann also negativ; Y hat den entsprechenden Betrag an X zu zahlen. Zur Vereinfachung der Darstellung werden im folgenden nur Teilungsregeln betrachtet, die durch Punkte repräsentiert werden, die nicht außerhalb des Rechtecks P(0,0) P(0,G2) P(Gi,G2) P(Gi,0), des „Rahmens" des EDGEWORTH-Diagramms, liegen. Die konvexen Indifferenzkurven in Abbildung IL 3 repräsentieren die Präferenzen von X. Einer solchen Indifferenzkurve entsprechen um so bessere (B|,B2)-Konstellationen, je weiter rechts oben sie verläuft, je größer also ihr „Abstand" vom Nullpunkt des Koordinatensystems ist. Wie bereits erläutert wurde, weist jede Indifferenzkurve in ihrem Schnittpunkt mit der durch den Nullpunkt verlaufenden 45°-Achse die Steigung -w(S2)/w(S|) auf. Die Präferenzen von Y werden durch die konkaven Indifferenzkurven dargestellt. Sie verlaufen vom Punkt P(G|,G2) aus gesehen ebenfalls konvex, wobei eine Indifferenzkurve um so günstigere (Gi-Bi,G2-B2)-Konstellationen repräsentiert, je größer ihr „Abstand" von diesem Punkt ist. Jede Indifferenzkurve weist in ihrem Schnittpunkt mit der durch den Punkt P(Gi, G2) verlaufenden 45°Achse ebenfalls eine Steigung von -w(S2)/w(Si) auf. (Annahmegemäß ordnet Y dem Zustand S| bzw. S2 dieselbe Wahrscheinlichkeit w(Si) bzw. w(S2) zu wie X.) 6.1.2. Menge der pareto-efßzienten Teilungsregeln Pareto-effizient sind genau diejenigen Teilungsregeln, die durch die Tangentialpunkte je einer Indifferenzkurve von X mit einer Indifferenzkurve von Y repräsentiert werden. Der geometrische Ort dieser Punkte wird als Kontraktkurve bezeichnet.^) Zur Verdeutlichung wird der Punkt P^ in Abbildung II.3 betrachtet, der nicht auf der Kontraktkurve liegt. Ausgehend von der durch diesen Punkt implizierten Teilungsregel ist es möglich, den Erwartungsnutzen mindestens eines Entscheiders zu erhöhen, ohne den des anderen zu reduzieren. Zum Beispiel erzielt X bei der dem Punkt P2 entsprechenden Erfolgsteilung denselben Erwartungsnutzen wie in P|, jedoch erzielt Y einen höheren Erwartungsnutzen. Bei der dem Punkt P3 entsprechenden Teilung erzielt Y denselben Erwartungsnutzen wie in Pj, wobei nun X einen höheren Erwartungsnutzen erzielt. 9)
In der Abbildung IL3 verläuft die Kontraktkurve linear. Dies ist jedoch nicht zwingend; je nach Verlauf der Indifferenzkurven kami die Kontraktkurve auch nichtlinear sein.
45'^-Achse P(Gi,G2)
iGi-Bi
Abb. II.3: Zur Ermittlung pareto-effizienter Teilungsregeln Punkte auf der Kontraktkurve rechts oberhalb von P2 und links unterhalb von P3 repräsentieren Teilungen, bei denen beide Entscheider gegenüber P| einen höheren Erwartungsnutzen erzielen und die zugleich pareto-effizient sind. Die von Pj und P4 abweichenden Punkte innerhalb der „gestrichelten Linse" in Abbildung II.3 einschließlich ihres Randes, die nicht auf der Kontraktkurve liegen, dominieren zwar P^ in dem Sinne, daß mindestens einer der Entscheider einen höheren und der andere keinen niedrigeren Erwartungsnutzen erzielt. ^^) Trotzdem repräsentieren auch diese Punkte keine pareto-effizienten Teilungsregeln. Sie werden ihrerseits analog zu P| durch Punkte auf der Kontraktkurve dominiert. Wenn in der Ausgangssituation der Erfolg pareto-inferior geteilt ist, können beide Parteien durch pareto-effiziente Umverteilung einen Vorteil erzielen. Welcher Punkt auf der Kontraktkurve dabei realisiert wird, hängt vom gewählten Tauschmechanismus ab. In Kapitel VI, Abschnitt 2.2.2, wird die Umverteilung durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen auf dem Kapitalmarkt zu gegebenen (Gleichgewichts-) Preisen vorgenommen.
10) Im Schnittpunkt P4 erzielen beide Parteien denselben Erwartungsnutzen wie im SclmittpunktPj.
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
6.2.
65
Erfolgsteilung unter (|x,a)-Entscheidern
6.2.1. Quadratische Nutzenfunktionen Orientieren sich beide Entscheider am (|Li,a)-Prinzip, so lassen sich grundlegende Merkmale pareto-effizienter Risikoteilung auch dann im Rahmen eines EDGEWORTHDiagramms analysieren, wenn mehr als zwei Zustände relevant sind. Es geht nun darum, einen ungewissen Erfolg G mit dem Erwartungswert |LL= E ( G ) und der Standardabweichung a = Sta(G) pareto-effizient zu teilen. Besonders einfach und anschaulich lassen sich die Zusammenhänge für homogene Erwartungen und quadratische bzw. exponentielle Nutzenfunktionen darstellen. Die pareto-effizienten Teilungsregeln sind dann linear, so daß mit B = z • G + F gilt: (11.35)
E(B) + E(G - B) = E(G)
und (11.36)
sta(B) + Sta(G - B) = Sta(z • G) + Sta[(l - z) • G] = z. Sta(G) + (1 - z) • Sta(G) = Sta(G),
Somit sind die Voraussetzungen für die Anwendung eines EDGEWORTH-Diagramms im Rahmen einer (|Li,a)-Analyse erfüllt. Es soll nun gezeigt werden, wie pareto-effiziente lineare Teilungsregeln ermittelt werden können und welche (|Li,a)-Kombinationen bezüglich B und G - B ihnen entsprechen. Dabei wird zunächst davon ausgegangen, daß die Nutzenfunktionen quadratisch sind. Im Koordinatensystem der Abbildung 11.4 werden auf der Abszisse der Erwartungswert und auf der Ordinate die Standardabweichung des Erfolgsanteils von X abgetragen. Entsprechend wird ausgehend von Punkt P[Sta(G),E(G)] die Position von Y dargestellt. Jeder Punkt im EDGEWORTH-Diagramm charakterisiert eine bestimmte lineare Aufteilung des Erfolges G, wobei sich die Standardabweichungen von B und (G - B) zu Sta(G) und die Erwartungswerte zu E(G) addieren. Die konkaven Indifferenzkurven bringen zum Ausdruck, welche Kombinationen aus Erwartungswert und Standardabweichung aus Sicht von X gleichwertig sind. Die dargestellten Indifferenzkurven sind Teile konzentrischer Halbkreise mit dem Mittelpunkt M^, dessen Abszissenwert mit demjenigen B-Wert übereinstimmt, bei dem die quadratische Nutzenfunktion Uj^(B) ihr Maximum erreicht (B=b/2c). Einer Indifferenzkurve entspricht ein um so höherer Erwartungsnutzen, je kleiner der zugehörige Radius ist. Analog bringen die konvexen Indifferenzkurven mit dem Mittelpunkt My die Präferenzen von Y zum Ausdruck. My muß nicht mit M^ übereinstimmen. My wird durch den Quotienten b/2c für die Nutzenfunktion von Y bestimmt und M^ durch den Quotienten b/2c für die Nutzenfunktion von X.
P[Sta(G),E(G)]
Kontraktkurve E(B)
t Sta(G-B) Abb. II.4: Pareto-effiziente Risikoteilung bei quadratischen Nutzenfunktionen Die Menge der pareto-effizienten Teilungsregeln wird wiederum durch die Tangentialpunkte je einer Indifferenzkurve von X mit einer Indifferenzkurve von Y repräsentiert. Der geometrische Ort dieser Tangentialpunkte, die Kontraktkurve, ist die Strecke MxMy . Eine Bewegung entlang der Kontraktkurve in Richtung M^ führt zu immer besseren (|a,a)-Positionen aus Sicht von X; zugleich sinkt der Erwartungsnutzen von Y. Eine Bewegung in Richtung My bewirkt das Umgekehrte. Ausgehend von einer durch einen Punkt auf der Kontraktkurve MxMy charakterisierten Teilungsregel ist es nicht möglich, den Erwartungsnutzen einer Partei zu verbessern, ohne den der anderen zu verschlechtem. Wegen Sta(B) / Sta(G) = z gibt der Quotient aus dem Ordinatenabschnitt eines Punktes T auf der Kontraktkurve und Sta(G) den variablen Erfolgsanteil für X bei der betreffenden pareto-effizienten Teilungsregel wieder. Eine Bewegung entlang der Kontraktkurve nach rechts impliziert somit, daß der Erwartungswert E(B) zwar immer größer, jedoch der variable Erfolgsanteil z für X immer kleiner wird; ein geringerer variabler Erfolgsanteil geht mit einem höheren Fixum einher und umgekehrt. Bei der dem Punkt M^^ entsprechenden pareto-effizienten „Risikoteilung" wird X überhaupt nicht am Risiko beteiligt (z=0). Die Tatsache, daß der
Pareto-effiziente Erfolgsteilung
67
variable Erfolgsanteil für den Entscheider X mit steigendem Erwartungswert E(B) sinkt (und entsprechend der variable Erfolgsanteil 1 - z für Y steigt), folgt daraus, daß bei quadratischer Nutzenfunktion die Risikoaversion mit steigendem Reichtum steigt (und mit fallendem Reichtum sinkt); das Risiko wird mit steigendem E(B) immer mehr auf Y verlagert. Die einem Punkt oberhalb oder unterhalb der Kontraktkurve entsprechende (|Li,a)Konstellation kann zwar mit einer linearen Teilungsregel ohne weiteres erreicht werden, jedoch ist die betreffende Teilung nicht pareto-effizient. Zur Erläuterung wird der Punkt P in Abbildung IL 4 betrachtet. Ausgehend von diesem Punkt kann durch Reduktion des variablen Erfolgsanteils z und Variation von F eine (|Li,a)-Position auf dem Teil T1T2 der Kontraktkurve realisiert werden. Beim Übergang von P auf Tj zum Beispiel bleibt der Erwartungsnutzen von X konstant, während der von Y steigt. Beim Übergang von P auf T2 bleibt der Erwartungsnutzen von Y konstant, während der von X steigt. Beim Übergang auf einen Punkt der Kontraktkurve rechts von T| und links von T2 steigt der Erwartungsnutzen beider Parteien. Zwar repräsentiert jeder Punkt auf der Strecke M^My eine pareto-effiziente Teilungsregel. Wenn jedoch kein Entscheider eine Teilungsregel akzeptiert, bei der er sich schlechter stellt als bei Nichtbeteiligung am Erfolg, sind nur jene Teilungsregeln relevant, die durch Punkte auf der Strecke T3T4 repräsentiert werden. T3 (T4) stellt eine pareto-effiziente Teilungsregel dar, bei der X (Y) denselben Erwartungsnutzen erzielt wie für den Fall, daß sein Erfolgsanteil mit Sicherheit gleich null ist. Die Steigung der Strecke M^My und mithin auch die Menge der pareto-effizienten Teilungsregeln ist von den Risikoeinstellungen der beiden Entscheider, ausgedrückt durch die Parameter b und c ihrer quadratischen Nutzenfunktionen, abhängig. Wenn c.p. der Quotient b/2c für X steigt, bewegt sich der Mittelpunkt M^ seines Indifferenzkurvensystems nach rechts und die Kontraktkurve dreht sich entgegen dem Uhrzeigersinn um den Punkt My, so daß für jeden relevanten Abszissenwert der Ordinatenwert der Kontraktkurve steigt; X wird für alternative Erwartungswerte seines Erfolgsanteils stärker am Risiko beteiligt. 6.2.2. Exponentielle Nutzenfunktionen Bei exponentiellen Nutzenfunktionen und Normalverteilung verlaufen die Indifferenzkurven beider Parteien im (|Li,a^)-Diagramm linear und zwar mit der Steigung 2/ax bzw. 2/ay (Kapitel I, Abschnitt 3.3.2.2). Wird für jeden Ordinatenwert die Wurzel gezogen, erhält man die entsprechenden Indifferenzkurven im (|a-,a)-Diagramm. Sie verlaufen streng konkav und haben (wegen der konstanten absoluten Risikoaversion) für alternative a-Werte jeweils dieselbe Steigung. Sie ist um so niedriger, je höher der maßgebliche Risikoaversionskoeffizient ist. Werden die Indifferenzkurven von X und Y im EDGEWORTH-Diagramm dargestellt, ergibt sich als Kontraktkurve
68
Kapitel II
eine Parallele zur Abszisse; die Tangentialpunkte der Indifferenzkurven von X und Y unterscheiden sich nur durch ihren Abszissenwert. Dies wiederum bedeutet, daß Sta(B)=z- Sta(G) und mithin auch z unabhängig davon ist, welcher X-Wert für die Aufteilung des Risikos maßgeblich ist. Soll zum Beispiel X einen größeren Erwartungsnutzen erzielen, so wird nur F erhöht, wobei der Erfolgsanteil von Y um den betreffenden sichern Betrag sinkt. Je größer die Risikoaversion einer Partei, desto flacher verlaufen ihre Indifferenzkurven und desto weniger wird sie bei gegebenem Risikoaversionskoeffizienten der anderen Partei am Erfolgsrisiko beteiligt. Werden zum Beispiel für X flachere Indifferenzkurven zugrunde gelegt, so verschiebt sich die Kontraktkurve in Abbildung IL5 parallel nach unten; für jede pareto-effiziente Teilung sinkt z um denselben Betrag; X wird weniger und Y stärker am Erfolgsrisiko beteiligt. Sta(B)
P[Sta(G),E(G)]
Kontraktkurve
E(B)
i
Sta(G-B)
Abb. II.5: Pareto-effiziente Risikoteilung bei exponentiellen Nutzenfunktionen und Normalverteilung
Ergänzende und vertiefende Literatur: DEMSKI (1976); GILLENKIRCH (1997, S. 29-52); HIRSHLEIFER/RILEY (1979); LAUX (1998a); RAIFFA (1973); REES (1985a); SCHLESINGER/DOHERTY (1991); VELTHUIS
(1998, S. 15-39; 2004a).
III. 1.
Anreizkompatible Erfolgsteilung Problemstellung
Ausgehend von einer pareto-effizienten Erfolgsteilung kann bei gegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg der Erwartungsnutzen keines Entscheiders erhöht werden, ohne daß der eines anderen sinkt. Bei einer Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung auf Grund von Investitionen oder anderer Maßnahmen können jedoch bei der betreffenden Teilungsregel alle einen Vorteil bzw. einen Nachteil erzielen. Möglicherweise erzielen aber auch einige einen Vorteil und andere einen Nachteil. Wenn die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg durch wen auch immer beeinflußt werden kann, können sich dann Konflikte bezüglich der Durchflihrung der betreffenden Maßnahmen ergeben. Um solche Konflikte zwischen Entscheidem zu vermeiden, können sie ein Interesse daran haben, eine anreizkompatible Teilungsregel zu vereinbaren. Eine Teilungsregel erfüllt für zwei Entscheider X und Y die Bedingung der Anreizkompatibilität, wenn sie jeden möglichen Erfolg derart teilt, daß der Erwartungsnutzen des (absoluten) Erfolgsanteils B(G) für X eine monoton steigende Funktion des Erwartungsnutzens des Erfolgsanteils G-B(G) für Y ist. Bei einer Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg kann dann eine Partei nur einen finanziellen Vorteil bzw. Nachteil erzielen, wenn dies zugleich für die andere Partei der Fall ist.^) Im folgenden wird u.a. untersucht, wie anreizkompatible Teilungsregeln ermittelt werden können und welche Gestalt sie aufweisen. Dabei wird wie in Kapitel II stets davon ausgegangen, der Erfolg sei ex post verifizierbar. Es bleibt offen, wer die Entscheidung über jene Maßnahmen trifft, die zu einer Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung führen. Die Überlegungen gelten unabhängig davon, ob einer der Entscheider allein entscheidet oder beide Entscheider gemeinsam entscheiden oder ob sie einen „Entscheidungsträger" einsetzen, der in ihrem Sinne handeln soll. Bei Delegation der Entscheidung stellt sich allerdings das Problem, auch den Entscheidungsträger anreizkompatibel am Erfolg zu beteiligen, um ihn zu motivieren, im Sinne von X und Y die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg zu verbessem. Die folgenden Darstellungen gelten analog für den Fall, daß der Erfolg auf mehr als zwei Personen aufgeteilt wird. Zunächst werden die Bedeutung der Bedingung der Anreizkompatibilität (Abschnitt 2) und die betrachtete Entscheidungssituation (Abschnitt 3) erläutert. Sodann wird die notwendige und hinreichende Bedingung der Anreizkompatibilität in allgemeiner Form dargestellt (Abschnitt 4.1). Darauf aufbauend wird in Abschnitt 4.2 gezeigt, wie anreizkompatible Teilungsregeln ermittelt werden 1)
Die Bedingung der Anreizkompatibilität wird oft anschaulich und schlagwortartig auch als „^m-^m-Bedingung" bezeichnet.
70
Kapitel III
können. Li Abschnitt 4.3 werden das Krümmungsverhalten solcher Teilungsregeln für unterschiedliche Konstellationen von Risikoeinstellungen untersucht und Konflikte bei nicht anreizkompatiblen Teilungsregeln verdeutlicht. In Abschnitt 5 wird gezeigt, daß im allgemeinen ein Konflikt zwischen anreizkompatibler und pareto-effizienter Erfolgsteilung besteht. Nur lineare pareto-effiziente Teilungsregeln B(G) = z-G + F (mit 0
2.
Bedeutung der Bedingung der Anreizkompatibilität
Mit Hilfe der Bedingung der Anreizkompatibilität wird in nachfolgenden Kapiteln vor dem Hintergrund von Modellen der Risikoallokation und Preisbildung auf dem Kapitalmarkt untersucht, ob jeweils Zielkonformität oder Zielkonflikte zwischen den Anteilseignem eines Untemehmens bestehen. Dabei wird stets davon ausgegangen, daß sich die Anteilseigner bei ihren Kapitalmarkttransaktionen und der Bewertung neuer Investitionsprojekte im Untemehmen ausschließlich am Erwartungswert des Nutzens ihrer flnanziellen Überschüsse orientieren. Andere Zielgrößen (wie etwa der Bekanntheitsgrad oder die Umweltfireundlichkeit der Produkte des Untemehmens oder die Bewirtung auf der Jahreshauptversammlung) sind flir die Anteilseigner irrelevant. Anreizkompatibilität zwischen Anteilseignem impliziert dann zugleich Einmütigkeit, entweder sind die betreffenden Anteilseigner einmütig flir oder einmütig gegen bestimmte Maßnahmen im Untemehmen. Zunächst geht es in dieser Arbeit ausschließlich um das Problem, welche Entscheidungen aus Sicht von Anteilseignem optimal sind und welche Kriterien zu diesen Entscheidungen flihren. Dabei bleibt offen, wer die Entscheidungen trifft. Grundsätzlich werden jedoch die Anteilseigner nicht selbst die Entscheidungen im Untemehmen treffen. Sie delegieren die Entscheidungskompetenzen an einen (oder mehrere) Entscheidungsträger. Ist auch der Entscheidungsträger Anteilseigner des Untemehmens und besteht Anreizkompatibilität zwischen allen Anteilseignem, so ist wiederam Einmütigkeit zwischen allen Beteiligten gegeben, sofern sich auch der Entscheidungsträger ausschließlich an 2)
Hierbei wird die Erfolgsänderung linear geteilt, wobei keine Partei mit einem Fixum an der Erfolgsänderung partizipiert.
Anreizkompatible Erfolgsteilung
71
seinem finanziellen Erwartungsnutzen orientiert; indem er seinen eigenen Erwartungsnutzen maximiert, maximiert er zugleich auch den Erwartungsnutzen jedes anderen Anteilseigners. Jedoch besteht in der Realität die Gefahr, daß fär den Entscheidungsträger im Gegensatz zu den (anderen) Anteilseignem auch nichtfinanzielle Zielgrößen wie etwa Arbeitsleid, Arbeitsfreude, Prestige und Macht relevant sind und er Livestitionsprojekte durchfährt bzw. unterläßt, die aus Sicht der (anderen) Anteilseigner nachteilig bzw. vorteilhaft sind. Wenn für den Entscheidungsträger auch nichtfinanzielle Zielgrößen maßgeblich sind, impliziert die Bedingung der Anreizkompatibilität, die definitionsgemäß nur finanzielle Auswirkungen berücksichtigt, keine Einmütigkeit zwischen allen Beteiligten. Konflikte zwischen dem Entscheidungsträger und den anderen Anteilseignem können sich trotz genereller Anreizkompatibilität vor allem dann ergeben, wenn nichtfinanzielle Zielgrößen flir den Entscheidungsträger ein relativ großes Gewicht haben und er als Anteilseigner nur wenig am Untemehmenserfolg beteiligt oder gar kein Anteilseigner ist. Daher wird in Teil F untersucht, wie der Entscheidungsträger direkt am Erfolg beteiligt werden kann, um ihn zu motivieren, die hiteressen der (anderen) Anteilseigner wahrzunehmen. Um die Entscheidungen in die richtige „Richtung" zu lenken, wird dabei angestrebt, das Belohnungssystem so zu gestalten, daß Anreizkompatibilität zwischen dem Entscheidungsträger und den Anteilseignem besteht.^) Dabei wird sich zeigen, daß flir die Analyse von Anreizkompatibilität zwischen dem Entscheidungsträger und den Anteilseignem dieselben Prinzipien relevant sind wie flir die Anreizkompatibilität zwischen den Anteilseignem untereinander. Das theoretische Konstmkt „Anreizkompatibilität" hat flir alle Situationen Bedeutung, in denen Personen im Rahmen von Transaktionen mit finanziellen Auswirkungen miteinander kooperieren. Wenn sich die Analyse auf eine Gmppe von Personen bezieht, flir die nichtfinanzielle Ziele irrelevant sind, impliziert Anreizkompatibilität zugleich Einmütigkeit. Bezüglich dieser Personengruppe sind „Anreizkompatibilität" und „Einmütigkeit" letztlich synonyme Begriffe. Wenn eine Gmppe von Personen betrachtet wird, von denen sich ein Teil auch an nichtfinanziellen Zielen orientiert, garantiert Anreizkompatibilität zwar keine Einmütigkeit. Dies schmälert jedoch nicht die Bedeutung von Anreizkompatibilität. Sie kann dazu beitragen, den Konfliktbereich einzuengen. Wenn zum Bei-
3)
Um MißVerständnissen und Fehlinterpretationen vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, daß die Bedeutung von „Anreizkompatibilität" nicht verwechselt werden darf mit der Bedeutung des Begriffs „incentive compatibility" der Agency-Theorie. Letzterer wird üblicherweise zur Bezeichnung derjenigen Nebenbedingung von Principal-Agent-Modellen verwendet, die das eigennutzenmaximierende Entscheidungsverhalten (in der Regel den Arbeitseinsatz) des Agenten bei gegebener Belohnungsfunktion abbildet („incentive compatibility constraint", vgl. REES, 1985a, S. 19). Anreizkompatibilität entspricht dagegen den Begriffen .similarity'' {Ähnlichkeit) (Ross, 1973; 1974) und ..unanimity'' {Einmütigkeit) (DEANGELO, 1981).
72
Kapitel III
Spiel Maßnahmen durchgeführt werden, die für die Beteiligten mit ausschließhch finanziellen Zielen nachteilig sind, so erzielt auch jeder, der mit den Maßnahmen einen immateriellen Vorteil erhält, QmQn finanziellen Nachteil. Wenn jeweils der Nachteil den immateriellen Vorteil kompensiert, besteht bezüglich der betreffenden Maßnahmen kein hiteressenkonflikt; für alle ist es vorteilhaft, sie zu unterlassen. Inwieweit Konflikte durch Anreizkompatibilität vermieden werden, hängt nicht nur von den Gewichten immaterieller Zielgrößen ab, sondern auch davon, wie hoch die Anteile der Personen mit nichtfinanziellen Zielen an den möglichen Überschüssen bzw. Erfolgen der erwogenen Maßnahmen sind. Daher ist wichtig, daß es nicht nur eine anreizkompatible Teilungsregel gibt, sondern unendlich viele, bei denen die einzelnen Parteien unterschiedlich stark am Erfolg beteiligt werden (Abschnitt 4.2 des vorliegenden Kapitels, Kapitel XVI und XVII).
3.
Entscheidungssituation
Die Darstellungen in diesem Kapitel beruhen auf den folgenden Grundannahmen: 1. X und Y orientieren sich, wie in dieser Arbeit für alle Akteure angenommen wird, am BERNOULLI-Prinzip; sie bewerten die maßgeblichen Alternativen nach dem Erwartungswert des Nutzens ihres jeweiligen Erfolgsanteils. Für die folgenden Darstellungen ist von Bedeutung, daß nach dem BEPINOULLIPrinzip die Nutzenfunktion nur bis auf eine positiv lineare Transformation eindeutig bestimmt ist. 2. Zu teilen ist der Erfolg G der betrachteten Periode. Er hängt von den getroffenen Maßnahmen und dem eintretenden Zustand Sg ab. 3. Beide Parteien kennen a priori, d.h. bei Wahl der Teilungsregel, weder die zukünftigen Aktionsmöglichkeiten noch die entsprechenden zustandsabhängigen Erfolge. Sie halten y^Je beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilung über G für möglich.
4. 4.1.
Strenge Anreizkompatibilität Bedingung der (strengen) Anreizkompatibilität
Zunächst wird die Bedingung der strengen Anreizkompatibilität (im folgenden wird oft auch kurz von „Anreizkompatibilität" gesprochen) betrachtet,^) die für beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen über den Erfolg G gilt. Sie wird hier unter der Voraussetzung zustandsunabhängiger Nutzenfunktionen für die beiden Erfolgsanteile analysiert. Dies impliziert u.a., daß beide Entscheider außerhalb der betrachteten Kooperation, d.h. im „privaten" Bereich, keine riskanten finanziellen Überschüsse (etwa aus Wertpapieren) erzielen, die stocha4)
Zur Bedingung der „partiellen" Anreizkompatibilität vgl. Abschnitt 6.
Anreizkompatible Erfolgsteilung
73
stisch von dem zu teilenden Erfolg G abhängig sind; es stellt sich nicht das Problem, einem entsprechenden Risiko verbünd Rechnung zu tragen. (Vgl. hierzu Teil F.) Außerdem wird davon ausgegangen, daß beide Entscheider homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen über die entscheidungsrelevanten Zustände Sg bzw. die möglichen Erfolge G haben.^) Diese Annahme mag insbesondere dann als problematisch erscheinen, wenn einer der Entscheider als delegierende „Instanz" an den anderen Entscheider als „Entscheidungsträger" die Entscheidungskompetenz übertragen hat. Die Listanz kennt dann grundsätzlich nicht die Wahrscheinlichkeiten, die der Entscheidungsträger bei seinen Entscheidungen den relevanten Zuständen beimißt; es besteht Informationsasymmetrie. Jedoch sind die folgenden Darstellungen für den Fall homogener Erwartungen auch dann gültig, wenn zwar Informationsasymmetrie besteht, aber die Instanz davon überzeugt ist, daß ihr eigenes Wahrscheinhchkeitsurteil mit dem des Entscheidungsträgers übereinstimmen würde, wenn sie dessen Informationen hätte. Die Teilungsregel soll dann einen Anreiz schaffen, Entscheidungen zu treffen, die bei den Wahrscheinlichkeitsvorstellungen des Entscheidungsträgers auch vom Standpunkt der Instanz vorteilhaft sind. Eine Teilungsregel B(G) ist dann (streng) anreizkompatibel, wenn sie der folgenden Grundbedingung genügt:^) Bedingung ULI: Der Erwartungswert des Nutzens des Erfolgsanteils B(G), E(Ux[B(G)]), ist eine streng monoton steigende Funktion des Erwartungswertes des Nutzens des Residuums G~B(G), E(Uy[G ~B(G)]). Grundbedingung der (strengen) Anreizkompatibilitäf) Wird eine anreizkompatible Teilungsregel vereinbart, so erzielt bei einer Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung über G der Entscheider X genau dann einen höheren (niedrigeren) Erwartungsnutzen, wenn auch der Erwartungsnutzen von Y steigt (sinkt). Es ist zu beachten, daß die Bedingung der Anreizkompatibilität nicht einfach nur fordert, daß der Erfolgsanteil B(G) eine mo5)
6)
Zur Berücksichtigung heterogener Wahrscheinlichkeitsvorstellungen und/oder zustandsabhängiger Nutzenfunktionen durch zustandsabhängige Erfolgsteilung vgl. LAUX(1998a, S. 8 7 f ) . Vgl. zur Bedingung ULI sowie III.2 WILSON (1968; 1969); Ross (1973; 1974); L A U X ( 1 9 7 2 ; 1979); VELTHUIS (1998).
7)
Für den Fall sicherer Erwartungen über die den Alternativen entsprechenden Erfolge kann diese Bedingung wie folgt spezifiziert werden: B(G) ist eine streng monoton steigende Funktion von G-B(G). Anreizkompatibilität besteht hier genau dann, wenn die Teilungsregel so festgelegt wird, daß ihr Steigungsmaß B'(G) durchgehend größer als null und kleiner als 1 ist. In diesem Rahmen kann die Teilungsregel B(G) beliebig linear, konkav oder konvex verlaufen.
74
Kapitel III
noton steigende Funktion des Residuums G-B(G) sein soll. Dieses einfache Kriterium induziert grundsätzlich nur bei sicheren Gewinnen bzw. sicheren möglichen Gewinnänderungen Anreizkompatibilität. Für Risikosituationen muß die Bedingung der Anreizkompatibilität auf einem Entscheidungskriterium bei Risiko beruhen. In III.l wird allgemein das BemouUi-Prinzip zugrunde gelegt; wie noch gezeigt wird, hängen anreizkompatible Teilungsregeln B(G) von den Nutzenfunktionen der Parteien ab. Da beide Parteien bei Vereinbarung der Teilungsregel noch nicht wissen, in welcher Weise die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg durch neue Maßnahmen beeinflußt werden kann, wird die Bedingung der Anreizkompatibihtät so konkretisiert, daß sie flir beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen und nicht nur für bestimmte Verteilungstypen gilt. Wie in LAUX (1998a, S.102f) und VELTHUIS (2004a) gezeigt wird, kann bei beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilung die Bedingung III.l nur unter der notwendigen Bedingung erfüllt sein, daß der folgende lineare Zusammenhang besteht, wobei a positiv und ß beliebig ist: Bedingung III.2: Der Nutzen von G-B(G) ist eine linear steigende Funktion des Nutzens von B(G): (ULI)
Uy[G-B(G)]= a.Ux[B(G)] + ß = U* [B(G)]
(für alle möghchen G).
Notwendige (und hinreichende) Bedingung der Anreizkompatibilität Interpretation: Gemäß (III.l) ist die Teilungsregel B(G) nur implizit bestimmt. Sie ist so festzulegen, daß mit steigendem Erfolg G der Nutzen Uy[-] des Entscheiders Y linear mit dem Nutzen Ux[*] des Entscheiders X ansteigt. Nun ist zu beachten, daß gemäß dem BERNOULLI-Prinzip die Nutzenfunktionen beider Parteien nur bis auf ein positiv lineare Transformation eindeutig bestimmt sind (Kapitel I, Abschnitt 3.2.2). Entsprechend bezeichnen Uy und Uy beliebig gewählte Nutzenfunktionen und U;[B(G)]-a.UJB(G)] + ß eine Nutzenfunktion (mit a>0 und ß beliebig), die durch positiv lineare Transformation aus der Nutzenfunktion Ux[-] hervorgeht (für a=l und ß=0 ist die „transformierte" Nutzenfunktion mit Ux[-] identisch). Entsprechend kann die Bedingung (ULI) auch wie folgt interpretiert werden: Jeder mögliche Erfolg G wird derart geteilt, daß der Nutzen Uy[-]mit dem Nutzen Ux[*] übereinstimmt.
Anreizkompatible Erfolgsteilung
75
Bei gegebenen Nutzenfunktionen Ux[-] und Uy[-] können durch Variation von a und/oder ß unendlich viele anreizkompatible Teilungsregeln ermittelt werden. Wie noch deutlich wird, kann durch Variation von a die Steigung und durch Variation von ß insbesondere das „Fixum" für X (die Höhe von B(G) an der Stelle G = 0) gesteuert werden. Ist die Gleichung (ULI) für jedes möghche G erfüllt, so muß auch der Erwartungswert des Ausdrucks auf ihrer linken Seite mit dem auf der rechten übereinstimmen: (III.2)
E(Uy [G - B(G)]) = E(a • U JB(G)] + ß).
Dabei liegen beiden Erwartungswerten wegen der homogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen dieselben Wahrscheinlichkeiten flir die möglichen Erfolge zugrunde. Da a und ß deterministische Größen sind, kann für (III.2) geschrieben werden: (m.3)
E(Uy [G - B(G)]) = a • E(U JB(G)]) + ß.
Unter der Bedingung ni.2 (Gleichung (ULI)) ist somit der Erwartungsnutzen von G-B(G) eine linear steigende Funktion des Erwartungsnutzens von B(G). Die Bedingung in.2 ist folglich nicht nur notwendig, sondern auch hinreichend daflir, daß die Grundbedingung ULI der Anreizkompatibilität erflillt ist. Für jedes Parameterpaar (a,ß) mit a>0 existiert genau eine Teilungsregel B(G), die die Bedingung in.2 erflillt. Im folgenden wird gezeigt, wie die einem beliebigen Parameterpaar (a,ß) entsprechende Teilungsregel ermittelt werden kann und welche Form sie aufweist. 4.2.
Ermittlung anreizkompatibler Teilungsregeln
Wie erläutert wurde, muß gemäß (III.l) jeder möghche Erfolg G derart geteilt werden, daß jeweils der Nutzenwert Uy[G-B(G)] mit dem Nutzenwert Ux (B)=a • Ux(B)+ß übereinstimmt. Die einer beliebigen (a,ß)-Kombination entsprechende Teilungsregel B(G) kann nach dem folgenden ^JJmsetzungsverfahren" ermittelt werden: 1. Zunächst werden in einem Koordinatensystem die Nutzenfunktionen U* (B)=a-Ux(B)+ß und Uy(G-B) dargestellt (Abbildung ULI). 2. Die beiden Nutzenkurven werden nun horizontal addiert: Zur Ermittlung desjenigen Punktes P* der aggregierten (gestrichelt dargestellten) Kurve, der den Ordinatenwert H* aufweist, wird eine Parallele zur Abszisse im Abstand von H* gezeichnet. Der Abszissenwert des Punktes P* ergibt sich dann, indem die Abszissenwerte der Schnittpunkte Sj und S2 addiert werden. 3. Dem Punkt P* ist der Erfolg G* zugeordnet, der wie folgt geteilt wird: X erhält den (absoluten) Anteil B(G*) in Höhe des Abszissenwertes des Punktes
76
Kapitel III
Si. Y erhält den Betrag G* -S2P* = G* -B(G*); auf Grund der Horizontaladdition stimmt die Strecke S2P* mit dem Abszissenwert von Sj überein, der seinerseits mit B(G*) identisch ist. Für die erzielte Zuordnung gilt: Einerseits ist die Summe beider Erfolgsanteile gleich G*, andererseits ist für beide Erfolgsanteile der Nutzen identisch, nämlich H*. 4. Werden analog für altemative Parallelen zur Abszisse der zugehörige Erfolg G und die entsprechende Aufteilung ermittelt, so erhält man diejenige Teilungsregel B(G), die den Nutzenfunktionen Ux und Uy entspricht. Da jeder Erfolg derart geteilt wird, daß jeweils Uy= Ux gilt, ist die Gleichung (III. 1) erfllUt; es besteht Anreizkompatibilität. Ux(B) t Uy(G-B)
Uy(G-B)
G,B,G-E
Abb. III.l: Zur Bestimmung einer anreizkompatiblen Teilungsregel Die den Nutzenkurven Uy und Ux in Abbildung IILl entsprechende Teilungsregel ist in Abbildung ni.2 dargestellt. Der Ordinatenwert der Kurve B(G) gibt flir altemative G-Werte den jeweiligen Erfolgsanteil von X an, der senkrechte Abstand zwischen der 45°-Linie und der Kurve B(G) bezeichnet den jeweiligen Erfolgsanteil G-B(G) von Y. Der Ordinatenwert der Kurve B(G) an der Stelle G=0 kann als Fixum F interpretiert werden, das X unabhängig von G an Y zu zahlen hat. (Ist der Ordinatenwert positiv, so erhält X den betreffenden Betrag von Y.) Die positive bzw. negative Differenz zwischen B(G|G ^ 0) und B(G|G = 0) kann als variabler Erfolgsanteil von X interpretiert werden.
Anreizkompatible Erfolgsteilung
77
45^-Achse
Abb. III.2: Die den Nutzenkurven Uy und Ux in Abbildung ULI entsprechende anreizkompatible Teilungsregel Außer der in Abbildung IIL2 dargestellten Teilungsregel existiert eine unendliche Anzahl anderer Teilungsregeln, die ebenfalls anreizkompatibel sind: Ordnet man mindestens einem der Parameter a und ß (a>0) einen anderen Wert zu, so ergibt sich nach dem beschriebenen Umsetzungsverfahren eine andere Teilungsregel, die ebenfalls die Gleichung (ULI) und mithin die Grundbedingung in.l erflillt. Durch entsprechende positiv lineare Transformation der Nutzenfunktion Ux (B) können sowohl Teilungsregeln erzeugt werden, denen hohe B(G)-Werte entsprechen, als auch solche mit niedrigen B(G)-Werten. Zudem können Teilungsregeln konstruiert werden, bei denen B(G) mehr oder weniger stark mit dem Erfolg G variiert. Werden ausgehend von einer gegebenen anreizkompatiblen Teilungsregel a und/oder ß erhöht, so steigt c.p. für jedes G der Term auf der rechten Seite der Gleichung (III.l). Damit sie für altemative G-Werte wieder erfällt sein kann, muß jeweils Uy[-] steigen und Ux[-] sinken. Dies impUziert eine Reduktion von B(G) und eine entsprechende Erhöhung von G-B(G).
4.3.
Gestalt anreizkompatibler Teilungsregeln
4.3.1. Grundform hn folgenden wird untersucht, welche Form eine anreizkompatible Teilungsregel hat (VELTHUIS, 1998, S. 28 ff). Wie erläutert wurde, wird die einer Nutzenfunktion Ux entsprechende anreizkompatible Teilungsregel derart ermittelt, daß
78
Kapitel III
(nil)
Uy[G-B(G)] = U*[B(G)]
(für jedes G)
gilt. Bei Variation von G ändert sich B(G) so, daß die Nutzenwerte Uy[ • ] und Ux [ • ] stets miteinander übereinstimmen. Mithin sind auch die Ableitungen beider Seiten von (III.l) nach G identisch: (III.4) bzw.
(in.5)
dU^[G-B(G)] dU*[B(G)l —^-^ ^—^ = —2LL_L_Z1 dG dG
(für jedes G)
dUy[G-B(G)] d[G-B(G)] _ dU*[B(G)] dB(G) dB d[G-B(G)] ', dG dG ^u'y
= i - B (G)
=B'(G)
oder (in Kurzschreibweise): (III.6)
Uy • [1 ~ B' (G)] = U*' • B' (G)
(für jedes G)
Interpretation: Wenn G um eine marginale Einheit steigt, so steigt B(G) um den Betrag B'(G). Wird dieser Betrag mit dem Grenznutzen Ux' multiphziert, ergibt sich der entsprechende Nutzenzuwachs des Entscheiders X. Das Analoge gilt für den Nutzenzuwachs des Y. Gemäß (IIL5) bzw. (III.6) muß jede marginale Erhöhung von G derart auf X und Y aufgeteilt werden, daß der Nutzenzuwachs von X mit dem von Y übereinstimmt. Aus (in.6) folgt: B ' ( G ) . ( U ^ + U p = Uy oder
(ni.7)
B'(G)=
Uy
„ ' . =-J—= — i
(für jedes G).
Steigung einer anreizkompatiblen Teilungsregel B(G) Wegen U'x >0, U^ >0 und a>0 folgt die Relation 0
Anreizkompatible Erfolgsteilung
79
Verhältnis zwischen den Grenznutzenwerten Ux [B(G)] und Uy [G-B(G)] konstant ist; B^G) ist dann unabhängig von G. Wenn bei einer anreizkompatiblen Teilungsregel das Verhältnis dieser Grenznutzenwerte mit steigendem G sinkt, so steigt B'(G) mit G und die Teilungsregel verläuft in diesem Bereich streng konvex. Wenn das Verhältnis der Grenznutzenwerte steigt, verläuft die Teilungsregel streng konkav. Es ist auch möglich, daß eine anreizkompatible Teilungsregel in einem Bereich flir G konvex und in einem anderen konkav oder linear verläuft. 4.3.2. Risikoneutralität beider Entscheider Bei Risikoneutralität können die Nutzenfunktionen wie folgt dargestellt werden: Ux[B(G)]=B(G) und Uy[G - B(G)]=G - B(G). Die notwendige und hinreichende Bedingung III.2 bzw. (ULI) für Anreizkompatibilität kann dann wie folgt konkretisiert werden: Bedingung nL2a: (Ill.la)
G-B(G)= a-B(G) + ß
(für jedes G).
Bedingung der Anreizkompatibilität bei Risikoneutralität beider Parteien (III. la) läßt sich wie folgt umformen: (111.8)
a B ( G ) + B(G)= G - ß .
Daraus folgt die Bestimmungsgleichung für eine anreizkompatible Teilungsregel: (111.9)
B(G) = - ^ G - - ^ 1+a 1+a Diese Teilungsregel ist linear. Bei Risikoneutralität beider Parteien sind nur hneare Teilungsregeln anreizkompatibel. Für (III.9) kann man schreiben: (III.IO)
B = z.G + F
mit
z=— ^ 1+a
und
F=— ^ 1+ a
Wegen a>0 gilt 00 ist F negativ und eine steigende Funktion von a. Wie im nächsten Abschnitt gezeigt wird, ist bei konvexer Teilungsregel B(G) der Erwartungswert von B bei gegebenem Erwartungswert des (Brutto-) Erfolges G eine tendenziell steigende Funktion der Varianz des Erfolges. Entsprechend sinkt der Erwartungswert des Residuums G-B. X (Y) zieht somit
80
Kapitel III
bei konvexer Teilungsregel tendenziell Maßnahmen mit hoher (niedriger) Erfolgsvarianz vor. Bei konkaver Teilungsregel verhält es sich umgekehrt; das Residuum G - B ist dann eine konvexe Funktion von G. Ist also die Teilungsregel konvex oder konkav, so kann bei Risikoneutralität beider Parteien keine Anreizkompatibilität bestehen. 4.3.3. Risikoaversion eines Entscheiders Es wird nun der Fall betrachtet, daß nur Y risikoneutral und X risikoavers ist (vgl. hierzu auch Kapitel XVI, Abschnitt 3.3). Bei der Nutzenfunktion Uy(G-B)=G-B gilt U^ =1, so daß (III.7) wie folgt dargestellt werden kann:
(III.11)
B'(G)=:
^ ^ a-Ux + 1 aUx[B(G)] + l
Steigung einer anreizkompatiblen Teilungsregel B(G) bei Risikoneutralität von Y und Risikoaversion von X Da X risikoavers ist, ist sein Grenznutzen Ux [ • ] eine fallende Funktion von B(G). Folglich ist gemäß (III. 11) der Grenzanteil B'(G) von X am Erfolg eine steigende Funktion von B(G). Da B(G) seinerseits eine monoton steigende Funktion von G ist, ist B'(G) auch eine steigende Funktion von G; eine anreizkompatible Teilungsregel B(G) ist streng konvex. (Analog gilt: Ist Y risikoavers und X risikoneutral, erhält Y einen streng konvex steigenden Anteil am Erfolg; die Teilungsregel B(G) ist streng konkav.) Interpretation: Für den risikoneutralen Entscheider Y ist der Grenznutzen des Nettoerfolges konstant. Für X dagegen ist der Grenznutzen eine fallende Funktion von B(G). Zum Ausgleich dieser Bewertungsunterschiede muß die Funktion B(G) konvex verlaufen. Wegen a>0 und Ux [•]>0 folgt aus (III.ll) B'(G)<1. Mit steigendem Erfolg steigt zwar bei einer anreizkompatiblen Teilungsregel der Erfolgsanteil B(G) mit steigender Zuwachsrate, jedoch steigt B(G) stets in geringerem Maße als der Erfolg. Für eine streng konvexe Teilungsregel B(G) ist bei gegebenem Erwartungswert des Bruttoerfolges der Erwartungswert von B(G) eine tendenziell steigende Funktion der Varianz des Erfolges. Besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen einer riskanten Altemative mit dem Erwartungswert E des Erfolges und einer sicheren Altemative mit dem Erfolg G=E , so wird der Erwartungswert von B(G) minimiert, wenn die sichere Altemative gewählt wird. Zur Verdeutlichung dient Abbildung III.3. Bei der riskanten Altemative wird entweder ein Erfolg von null oder von 2E erzielt, und zwar jeweils mit der Wahrscheinlichkeit 0,5. Der entsprechende Erwartungswert des Erfolges beträgt (0,5-0 + 0,5-2E*=)E*.
Anreizkompatible Erfolgsteilung B(G)'
81
i
/B(G) B(2E*)
0,5B(2E*) B(G) = B(E*)
^
^
^
G=E
2E
G
Abb. III.3: Erwartungswert von B(G) bei zwei Altemativen und konvexer anreizkompatibler Teilungsregel Die zweite Altemative bietet einen sicheren Erfolg von G==E*. Ihr entspricht ein sicherer Erfolgsanteil flir X in Höhe von B(G)=B(E*). DerriskantenAltemative entspricht dagegen ein Erwartungswert des Erfolgsanteils flir X in Höhe von 0,5-B(0) + 0,5-B(2E*) = 0,5-B(2E*). Da die Teilungsregel streng konvex ist, ist dieser Erwartungswert höher als der sichere Betrag B(E*) bei Wahl der sicheren Altemative. Für den risikoneutralen Entscheider Y ist bei gegebenem Erwartungswert des (Brutto-) Erfolges die Altemative mit dem minimalen Erwartungswert flir B(G) optimal, hier also die sichere Altemative; ihr entspricht ein höherer Erwartungswert des Nettoerfolges. Da bei anreizkompatibler Erfolgsteilung der Erwartungsnutzen flir X eine streng monoton steigende Funktion des erwarteten Nettoerfolges ist, erzielt auch der Entscheider X einen Vorteil, wenn die sichere Altemative gewählt wird. (Zwar ist der Erwartungswert des Erfolgsanteils B(G) bei derriskantenAltemative höher. Der Entscheider X ist jedoch risikoavers; seine Nutzenfunktion beziiglich B(G) ist konkav.) Allgemein besteht die Tendenz, daß von mehreren Altemativen mit demselben Erwartungswert des Bmttoerfolges jene mit der geringsten Streuung des Bmttoerfolges den höchsten Erwartungswert des Nettoerfolges G~B(G) und somit auch den höchsten Erwartungsnutzen des Erfolgsanteils B(G) stiftet. Wenn eine Altemative eine geringere Erfolgsstreuung aufweist als eine andere, kann sie auch dann aus Sicht beider Parteien vorteilhaft sein, wenn sie einen niedrigeren Erwartungswert des (Bratto-) Erfolges bietet. Dies mag überraschen, denn Y ist ja annahmegemäß risikoneutral. Dieser Sachverhalt resultiert jedoch aus der Wahl einer anreizkompatiblen Teilungsregel: Sie soll letztlich bewirken, daß auch X ein Literesse an der Maximiemng des erwarteten Nettoerfolges hat. Aufgrund der Konvexitätseigenschaft der Teilungsregel B(G) besteht dann die Tendenz, die Streuung des Bmttoerfolges innerhalb ge-
82
Kapitel III
wisser Grenzen auch daim zu reduzieren, wenn dabei der Erwartungswert des Bruttoerfolges sinkt. ^) ^) Der Interessenkonflikt zwischen X und Y bei linearer Teilungsregel B=z-G+F (0
Sta(B) = z-Sta(G).
Aus Sicht von Y ist es bei gegebenem F und gegebenem z (0
Es besteht dann also ein kollektiver Wohlfahrtsverlust. Ideal wäre es, den risikoaversen Entscheidungsträger am Erwartungswert des Erfolges zu beteiligen, wobei jedem Erwartungswert eine sichere Belohnung entspricht. Dieser Lösungsansatz scheidet jedoch deshalb aus, weil dieser Erwartungswert nicht verifizierbar ist. 9) Ist X risikoneutral (verläuft also seine Nutzenfunktion für die Belohnung linear), so präferiert er im Beispiel der Abbildung III.3 die riskante Alternative. Im Vergleich zur sicheren Alternative steigt damit der Erwartungswert seines Erfolgsanteils, während der Erwartungswert des Nettoerfolges sinkt. Es besteht bei konvexen (allgemein: bei nichtlinearen) Belohnungsfunktionen und Risikoneutralität beider Parteien keine Anreizkompatibilität. (Ist die Teilungsregel B(G) konkav, so zieht X die sichere Alternative vor und Y die riskante.) 10) Bei gegebenem Fixum F und Prämiensatz f>0 wird der Erwartungswert der Belohnung maximiert, indem der Erwartungswert des Bruttoerfolges, E(G), maximiert wird. Die Maximierung von E(G) impliziert (wegen f
Anreizkompatible Erfolgsteilung
83
und G-B(G) gleich dem Abszissenwert von 82- Der Quotient aus den zugehörigen Grenznutzenwerten bestimmt gemäß (III.7) den Grenzanteil B'(G) an der Stelle G=G*. Da diese Grenznutzenwerte mit den Steigungen der Nutzenkurven in den Punkten Sj und S2 übereinstimmen, folgt: (111.12)
B'(G|G = G*)
^
Steigung der Nutzenkurve U^ im Punkt Sj Steigung der Nutzenkurve Uy im Punkt S2
.
Wird die Parallele zur Abszisse nach oben verschoben, so wandern die Punkte Sj und S2 nach rechts oben. (Zugleich steigt der Erfolg G, der nach dem beschriebenen Umsetzungsverfahren den entsprechenden Erfolgsanteilen B(G) und G-B(G) zugeordnet wird.) Wenn dabei das Verhältnis der Steigungen in den Punkten Sj und S2 steigt (sinkt), so wird B'(G) kleiner (größer); die Funktion B(G) ist konkav (konvex). Analoge Zusammenhänge gelten für den Fall, daß die Parallele nach unten verschoben wird. Ist fm jeden Ordinatenwert H der Parallele zur Abszisse das Verhältnis der Kurvensteigungen in den Punkten S^ und S2 bzw. das Verhältnis der betreffenden Grenznutzenwerte identisch, so ist gemäß (III. 12) auch B'(G) flir jeden Erfolg G identisch. Es ergibt sich dann eine lineare Teilungsregel des Typs (III.13)
B=z-G+F
(mitO
Das Verhältnis der Kurvensteigungen in den Punkten Sj und S2 ist genau dann für alle Ordinatenwerte H identisch, wenn die Inverse der Nutzenfunktion Ux(B) positiv linear von der Inversen der Nutzenfunktion Uy(G-B) abhängt. ^^) Wird die Nutzenfunktion Ux(B) positiv linear transformiert, so ergibt sich nach dem dargestellten Umsetzungsverfahren eine neue anreizkompatible Teilungsregel, die nicht ebenfalls linear sein muß. Die neue Teilungsregel ist nur dann linear, wenn auch die Inverse der aus der Transformation hervorgehenden Nutzenfunktion positiv linear von der Nutzenfunktion Uy(G-B) abhängt. Eine lineare anreizkompatible Teilungsregel ergibt sich zum Beispiel für den Fall, daß die Nutzenfunktionen Ux(B) und Uy(G-B) identisch sind. Der Erfolg wird dann gleichmäßig auf beide Parteien aufgeteilt (B=0,5 • G) wobei F gleich null ist. Zur Verdeutlichung dient Abbildung III.4. Da beide Nutzenfunktionen identisch sind, stimmen die Schnittpunkte Sj und S2 überein. Der Abszissenwert des Schnittpunktes S2 ist somit gleich B(G*). Addiert man hierzu den Erfolgsanteil B(G*), so erhält man den zugehörigen Bruttoerfolg G*=2-B(G*). Somit gilt allgemein G=2-B(G) und mithin B(G)=0,5G. Dieses Resultat wird auch dann erzielt, wenn die identischen Nutzenfunktionen nicht durch den Ursprung des Koordinatensystems verlaufen. 11) Wie in VELTHUIS (1998, S. 3Iff.) gezeigt wird, ist diese Bedingung ihrerseits genau dann erfüllt, wenn sich die Nutzenfunktionen bis auf eine äußere und innere Transformation entsprechen.
84
Kapitel III *
A
Ux(B)t Uy(G-B) _Ux(B) '=Uy(G-B)
Si=S2 H
? ^ - . . ^ -
B(G ) G =2-B(G ) :G -B(G )
G,B,G-B
Abb. III.4: Zur Ermittlung und Gestalt der anreizkompatiblen Teilungsregel bei identischen Nutzenfunktionen Geht der Graph der Nutzenfunktion Uy(G-B) aus einer Parallelverschiebung der Nutzenfunktion Ux (B) nach rechts (links) hervor, so ergibt sich ein negatives (positives) Fixum, d.h. ein negativer (positiver) Ordinatenwert der Kurve B(G) an der Stelle G=0.
5. 5.1.
Anreizkompatible versus pareto-effiziente Erfolgsteilung Pareto-Effizienz linearer anreizkompatibler Teilungsregeln
Bei den bisherigen Darstellungen in diesem Kapitel ging es darum, Anreizkompatibilität zu erzeugen. Beide Parteien haben indessen ein Interesse daran, zugleich eine /^are^o-effiziente Teilung des ungewissen und noch beeinflußbaren Erfolges vorzunehmen. Wie jedoch im folgenden gezeigt wird, besteht i.a. ein Konflikt zwischen dem Ziel anreizkompatibler Entscheidungssteuerung und dem Ziel pareto-effizienter Risikoteilung. Dabei wird wieder von homogenen Wahrscheinhchkeitsvorstellungen und zustandswnabhängigen Nutzenfunktionen ausgegangen. Die Teilungsregeln sind dann zustandswnabhängig.^^) Der Konflikt zeigt sich anschaulich fiir den Fall, daß X risikoavers und Y risikoneutral ist. Hier können nur konvexe Teilungsregeln B(G) anreizkompatibel sein, bei denen X am Erfolgsrisiko beteiligt wird. Die pareto-effiziente Teilungsregel besteht dagegen darin, daß X ausschließlich ein Fixum F erhält und Y das gesamte Erfolgsrisiko trägt; X hat dann kein Interesse an einer Verbesserung der Erfolgssituation. 12) Zur Erweiterung der Darstellungen auch auf den Mehrperioden-Fall vgl. VELTHUIS (2004a).
Anreizkompatible Erfolgsteilung
85
Wie im folgenden gezeigt wird, ist eine anreizkompatible Teilungsregel genau dann pareto-effizient, wenn sie linear (genauer: mit einem Steigungsmaß kleiner als 1 linear steigend) ist: Die Bedingung (IIL6) der Anreizkompatibilität kann wie folgt dargestellt werden: Rvm
(I°-14)
U
1 U'
U
7 ^ ^ =- ^ =— ^ — - ^ l-B'(G) u aU a u X
X
(fürjedes G). A
Für die lineare Teilungsregel B(G) = z• G + F (mit 0 0 und 1 - B'(G) = 1 - z > 0 für jedes G. Sie ist somit gemäß (111.14) genau dann anreizkompatibel, wenn gilt: (in.l5)
Uy z -4- = OL
(für jedes G).
Jeder möghche Bruttoerfolg G muß also derart auf beide Parteien aufgeteilt werden, daß das Verhältnis aus dem Grenznutzen des Nettoerfolges G-B(G) und dem des Erfolgsanteils B(G) konstant ist. Dies ist zugleich die Bedingung flir eine pareto-effiziente Erfolgsteilung (Kapitel II, Abschnitt 3.2), wobei nun X. = a • z / (1 - z) gilt. Somit bewirkt eine lineare anreizkompatible Teilungsregel zugleich eine pareto-effiziente Risikoteilung. Eine nichtlineare anreizkompatible Teilungsregel kann dagegen das Risiko nicht pareto-effizient teilen: Bei nichtlinearer Teilungsregel ist B'(G) und mithin auch B'(G)/(1~B'(G)) von G abhängig. Folglich kann gemäß der Bedingung (111.14) der Anreizkompatibilität das Verhältnis U'y/U'x der Grenznutzenwerte nicht unabhängig von G sein, so daß die Bedingung der paretoeffizienten Risikoteilung verletzt ist. (Vgl. WILSON, 1969; Ross, 1974; HORST/ SCHMIDT/TERBERGER, 1982; VELTHUIS, 1998, S. 28-31.) 5.2.
Anreizkompatibilität linearer pareto-effizienter Teilungsregeln
Im folgenden wird gezeigt, daß eine pareto-effiziente Teilungsregel genau dann die Bedingung der Anreizkompatibilität erflillt, wenn sie linear ist. Ist die Teilungsregel B(G) = z-G + F (00) existieren, für den gilt:
(III.16)
! U ' [ ( l - z ) . G - F ] U' X=—^, i =- f U^[Z.GH-F]
(für jedes G).
U^
Wegen 0 0 existiert stets ein Gewichtungsfaktor a>0, der folgende Gleichung erflillt:
86
Kapitel III
(in.l7)
X= a - ^ . 1-z
Einsetzen in (III. 16) ergibt: (in.l8)
U'v —^ = a
z
(för jedes G).
Diese Bedingung ist mit der Bedingung (III. 15) der Anreizkompatibilität einer linearen Teilungsregel identisch. Eine lineare pareto-effiziente Teilungsregel ist somit anreizkompatibel. Da bei HARA-Nutzenfunktionen alle pareto-effizienten Teilungsregeln linear sind, sind diese Teilungsregeln zugleich auch anreizkompatibel. Ist eine Teilungsregel zw?iYpareto-effizient, jedoch nicht linear, so ist zwar der Quotient Uy[G--B(G)]/Ux[B(G)] von G unabhängig, jedoch nicht der Quotient B'(G)/(1-B*(G)). Die notwendige und hinreichende Bedingung (III. 14) der Anreizkompatibilität kann dann nicht erfüllt sein. 5.3.
Implikationen
Da eine anreizkompatible (pareto-effiziente) Teilungsregel genau dann paretoeffizient (anreizkompatibel) ist, wenn sie linear ist, folgt: Eine nichtlineare Teilungsregel kann nicht zugleich anreizkompatibel und pareto-effizient sein. Ist eine Teilungsregel sowohl anreizkompatibel als auch pareto-effizient, so ist sie linear. Es kann das folgende Fazit gezogen werden: 1. Eine anreizkompatible Teilungsregel ist genau dann pareto-effizient, wenn sie linear ist. 2. Eine pareto-effiziente Teilungsregel ist genau dann anreizkompatibel, wenn sie linear ist. 3. Ist eine Teilungsregel nicht linear, so kann sie nicht zugleich anreizkompatibel und pareto-effizient sein. 4. Ist eine Teilungsregel pareto-effizient und anreizkompatibel, so ist sie linear, 5. Ist eine lineare Teilungsregel nicht pareto-effizient, kann sie nicht anreizkompatibel sein. Wäre sie nämlich anreizkompatibel, müßte sie zwangsläufig auch pareto-effizient sein. Analog: Ist eine lineare Teilungsregel nicht anreizkompatibel, kann sie das Risiko nicht pareto-effizient teilen. Die Zusammenhänge werden in Abbildung in. 5 verdeutlicht, wobei L für die Bedingung der Linearität, PE für die der Pareto-Effizienz und AK für die der Anreizkompatibilität steht. Sind zwei beliebige mit einer Strecke verbundenen Bedingungen erfüllt, so gilt dies auch für die dritte. Bezüglich einer Teilungsregel sind also nur folgende Fälle möglich: Entweder sind alle drei Bedingungen erfüllt oder nur eine oder gar keine. Ist von zwei mit einer Kante verbundenen Bedingungen genau eine erfüllt, so kann die dritte nicht erfüllt sein;
Anreizkompatible Erfolgsteilung
87
der Fall, daß genau zwei Bedingungen erfüllt sind, ist eben ausgeschlossen. Ist keine der mit einer Kante verbundenen Bedingungen erfüllt, so kann allerdings die dritte Bedingung erfüllt sein, sie muß aber nicht.
Abb. III.5: Zur Beziehung zwischen den Bedingungen PE, AK und L Da eine pareto-effiziente Teilungsregel genau dann linear ist, wenn sie zugleich anreizkompatibel ist, folgt: Eine lineare Teilungsregel ist unter der notwendigen und hinreichenden Bedingung pareto-effizient, daß eine positiv linear transformierte Nutzenfunktion Ux(B) existiert, mit der diese Teilungsregel bei gegebener Nutzenfunktion Uy(G-B) nach dem in Abschnitt 4.2 beschriebenen Umsetzungsverfahren für die Ermittlung einer anreizkompatiblen Teilungsregel erzielt wird. Damit diese Bedingung ihrerseits erfüllt ist, müssen die Liversen der Nutzenfunktionen Ux(B) und Uy(G-B) voneinander positiv linear abhängen, da andernfalls die resultierende Teilungsregel gar nicht linear wäre (Abschnitt 4.3.4). Eine Teilungsregel, bei der zum Beispiel der Erfolg halbiert wird, ist genau dann pareto-effizient, wenn die Nutzenfunktionen beider Parteien in identischer Weise dargestellt werden können. Heterogene Erwartungen oder zustandsabhängige Nutzenfunktionen führen dazu, daß anreizkompatible bzw. pareto-effiziente Teilungsregeln zustandsabhängig sind, also Erfolge in Abhängigkeit davon geteilt werden, welcher Zustand Sg eintritt. Wie in LAUX (1998a, S. 92f) gezeigt wird, können zustandsabhängige Teilungsregeln in keinem Fall sowohl pareto-effizient als auch anreizkompatibel sein. Wenn ein Konflikt zwischen der Bedingung der Anreizkompatibilität und der der Pareto-Effizienz besteht, stellt sich das Problem, welcher Bedingung das „größere Gewicht" beigemessen werden soll. Die Lösung hängt davon ab, welche Möglichkeiten bestehen, Anreize durch Vertragsgestaltung zu setzen. Wenn eine delegierende „histanz" (Person oder Personengruppe) einem „Entscheidungsträger" eine einzelne wohlstrukturierte Aufgabe überträgt, bei der die gegenseitigen Rechte und Pflichten einfach und konkret vertraglich vereinbart und durchgesetzt werden können, liegt es nahe, auf pareto-effiziente Risikoteilung zu achten und entsprechende Verträge zu schreiben. Werden von der
88
Kapitel III
Listanz (etwa den Eigentümern eines Unternehmens) an den Entscheidungsträger (die Unternehmensleitung) auf Dauer unstrukturierte und variable Aufgaben übertragen, die schwer zu kontrollieren sind, liegt es nahe, primär Anreizkompatibilität anzustreben. Wie im Teil F immer wieder deutlich wird, gilt: Auch wenn eine anreizkompatible Teilungsregel nicht dem Ideal der ParetoEffizienz entspricht, bietet sie immerhin die Möglichkeit einer „guten" Risikoteilung über untemehmensinteme Transaktionen auf dem Kapitalmarkt.
6.
Partielle Anreizkompatibilität
6.1.
Bedingungen der partiellen Anreizkompatibilität
Wie gezeigt wurde, ist eine lineare Teilungsregel genau dann anreizkompatibel im strengen Sinne, d.h. für beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen über den Erfolg, wenn sie unbeschränkt den Erfolg pareto-effizient teilt. Da diese Bedingung nur bei homogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen und speziellen Nutzenfunktionen erfüllt ist, jedoch lineare Teilungsregeln in der Realität vorherrschen (zum Beispiel werden im allgemeinen Untemehmenserfolge zwischen mehreren Gesellschaftern entsprechend ihrer Untemehmensanteile proportional geteilt) liegt die Vermutung nahe, daß hiteressenkonflikte die Regel sind. Jedoch besteht auch dann Anreizkompatibilität bezüglich beliebiger erwogener Maßnahmen, wenn simultan die folgenden Bedingungen erfüllt sind („partielle" Anreizkompatibihtät für kleine Erfolgsänderungen): l^) 1. Pareto-effiziente Risikoteilung: Die in der Ausgangssituation möglichen Erfolge G sind bezüglich der entscheidungsrelevanten Zustände Sg pareto-effizient geteilt. 2. Proportionale Teilung der möglichen Erfolgsänderungen'. Die möglichen Erfolge der erwogenen Maßnahmen, d.h. die Änderungen der bisherigen Erfolge, werden proportional und zustandswwabhängig geteilt; X erhält das z-fache der Änderung und Y das (l~z)-fache (mit 0
13) Zur Verallgemeinerung des Konzepts der partiellen Anreizkompatibilität vgl. VELTHUIS (2004a, Teil II, Kapitel 3).
Anreizkompatible Erfolgsteilung
89
Die Bedingung unveränderlicher zustandsabhängiger Grenznutzenwerte ist natürlich bei Risikoaversion nicht streng erfüllt. Wenn von unveränderlichen Grenznutzenwerten ausgegangen wird, kann es sich somit nur um eine Näherung handeln. Sie ist tendenziell um so besser, je kleiner die Erfolgsänderungen sind und je größer die Anzahl der Personen ist, zwischen denen die Änderungen geteilt werden. Ist in der Ausgangssituation das Risiko bereits paretoeffizient geteilt, so bleibt bei Änderungen der individuellen (absoluten) Erfolgsanteile die Pareto-Effizienz erhalten, sofern sich die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte nicht ändern. Die Bedingung der partiellen Anreizkompatibilität setzt im Gegensatz zur Bedingung ULI bzw. III.2 der strengen Anreizkompatibilität nicht voraus, daß die Entscheider im privaten Bereich keine finanziellen Überschüsse erzielen, die stochastisch vom Erfolg G abhängen. ^^) Risikobehaftete Transaktionen im privaten Bereich (insbesondere der Handel mit Wertpapieren) können gerade die Ursache dafür sein, daß der Erfolg G in der Ausgangssituation pareto-effizient geteilt ist. Unterschiedliche Aufteilungen von G sind nicht nur in direkter Weise durch Änderung der Teilungsregel für G möglich. Umverteilungen können auch indirekt erfolgen, indem bei gegebener Teilungsregel für G entsprechende Transferzahlungen (zum Beispiel via Handel mit Wertpapieren) zwischen den Entscheidem vorgenommen werden, die ihre zustandsabhängige Überschüsse verändem. Letztlich fordert die Bedingung 1 (pareto-effiziente Risikoteilung), daß das riskante Gesamtvermögen beider Parteien pareto-effizient über die Zustände Sg geteilt ist. Halten die beiden Parteien privat keine riskanten Positionen, dann müssen die in der Ausgangssituation maßgeblichen Erfolge G direkt pareto-effizient geteilt sein, damit partielle Anreizkompatibilität bestehen kann. Dies imphziert im allgemeinen eine nichtlineare und möglicherweise auch zustandsabhängige Teilung dieser Erfolge. Für die Erfolgsänderungen ist dann eine eigenständige Teilungsregel maßgeblich, damit Anreizkompatibilität besteht; die Änderungen müssen proportional und zustandsunabhängig geteilt werden. Die Bedingung der partiellen Anreizkompatibilität setzt nicht voraus, daß die Beteiligten homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg und zustandswwabhängige Nutzenfunktionen haben; der in Abschnitt 6.2 geführte Beweis der partiellen Anreizkompatibilität gilt auch für heterogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen und zustandsabhängige Nutzenfunktionen. Für diesen Fall besteht zwar bei einer pareto-effizienten Teilungsregel keine (strenge) Anreizkompatibilität bezüglich beliebiger Änderungen der WahrscheinUchkeitsverteilung über den Erfolg; immerhin besteht (partielle) Anreizkompatibilität, wenn die Grenznutzenwerte der Beteiligten quasikonstant sind und die Erfolgsänderungen proportional und zustandsunabhängig geteilt werden. 14) Erzielen sie solche Überschüsse, sind ihre Nutzenfunktionen bezüglich ihrer (absoluten) Anteile am Erfolg zustandsabhängig (Kapitel I, Abschnitt 5). Dagegen liegen der Bedingung III. 1 bzw. III.2 zustandsunabhängige Nutzenfunktionen zugrunde.
90
Kapitel III
6.2.
Beweis der partiellen Anreizkompatibilität
Im folgenden soll die partielle Anreizkompatibilität flir die in Abschnitt 6.1 dargestellten Bedingungen bewiesen werden: Gegeben sei eine behebige Wahrscheinlichkeitsverteilung mit dem Ausgangserfolg G | im Umweltzustand Sg (s=l,2,...,S). Nun werden Maßnahmen erwogen, die im Zustand Sg (s=l,2,...,S) die Erfolgsänderung Äg (bzw. kurz: den Erfolg Äg) bieten und somit zum Gesamterfolg Gg + Agflihren.Dabei wird Ag wie folgt geteilt: X erhält z• Ag und Y erhält (l-z)-As (0
Ewx(Sg)-(U^g[Bg(G;) + z.Ag]-U^g[Bg(Gg)])>0. s=l
Hierin bezeichnet Bg(G|) den Anteil von X am Erfolg Gg in der Ausgangssituation, Wx(Sg) die Wahrscheinlichkeit, die X dem Zustand Sg zuordnet, und Uxs['] seine Nutzenfunktion flir diesen Zustand. Ist flir jeden Zustand Sg (s=1,2,...,S) in dem jeweils relevanten Bereich flir z-Ag der Grenznutzen U'xs konstant, so kann die Vorteilhaftigkeitsbedingung (III. 19) wie folgt dargestellt werden: (in.20)
ZWX(SS)-Z-Ä3-U;S[BS(G;)]>O s=l
bzw. (daz>0) (111.21)
i:Wx(Sg).Ag.Uxg[Bg(G;)]>0. s=l
Dabei werden die möglichen Änderungen z-Ag bzw. Ag mit den entsprechenden subjektiven Wahrscheinlichkeiten von X und den zustandsabhängigen Grenznutzenwerten bei seinen bisherigen Erfolgsanteilen Bg(G|) gewichtet. Analog sind die Maßnahmen flir Y vorteilhaft, wenn gilt: (m.22)
Swy(Ss)-(l-z)-A3-U;s[G;-B3(G*)]>0 S=l
bzw. S
(ni.23)
Zwy(Ss)-A3-U'ys[G;-B3(G;)]>0. s=l
Wenn in der Ausgangssituation das Risiko pareto-effizient geteilt ist, muß im allgemeinen Fall gemäß (11.29) (Kapitel U, Abschnitt 5) gelten:
Anreizkompatible Erfolgsteilung
U ; S [ G : - B S ( G : ) ] = ^ ^ . X . U ; 3 [ B 3 ( G : ) ]
91
(S=I,2,...,S).
Einsetzen in (III.23) und Division durch X>0 führt zur Bedingung (III.21). Die Vorteilhaftigkeitsbedingungen (III.21) und (III.23) für X und Y sind somit äquivalent; es besteht Anreizkompatibilität (q.e.d.). Der Beweis der Anreizkompatibilität gilt analog auch dann, wenn der Erfolg auf mehr als zwei Personen aufgeteilt wird. Die Darstellungen zur partiellen Anreizkompatibilität haben grundlegende Bedeutung auch für die Analyse von Einmütigkeit bzw. von Zielkonflikten zwischen den Anteilseignem eines Untemehmens vor dem Hintergrund der Kapitalmarkttheorie (wie insbesondere in Kapitel IX gezeigt wird): Wenn im Kapitalmarktgleichgewicht das Risiko pareto-effizient geteilt wird und die Anteilseigner proportional an den Erfolgen des Untemehmens beteiligt sind, besteht zwischen ihnen Einmütigkeit bezüglich der Beurteilung riskanter Investitionsprojekte, sofem diese die individuellen (zustandsabhängigen) Grenznutzenwerte nicht verändem. Wie in späteren Kapiteln immer wieder deutlich wird, ist die Armahme unveränderlicher Grenznutzenwerte charakteristisch für die kapitalmarktorientierte Bewertung der Überschüsse von Projekten; die betreffenden Bewertungskalküle sind aus Sicht der einzelnen Anteilseigner Marginalkalküle.
6.3.
Konflikte bei pareto-inferiorer Erfolgsteilung
Sind die Erfolge Gf,G2v^Gg nicht pareto-effizient geteilt, besteht auch bei proportionaler Teilung der Erfolgsänderungen Ag und unveränderlichen Grenznutzenwerten keine Anreizkompatibilität, l^) ^^) Zum Beweis wird ohne Beschränkung der Allgemeinheit vereinfachend davon ausgegangen, daß nur die Zustände S^ und S2 möglich seien. Die Vorteilhaftigkeitsbedingung für X lautet dann gemäß (III.21) in Kurzschreibweise: (ni.24)
w^(Si)-Ai-U;i+w^(S2)-A2-U;2>0
und die für Y: (in.25)
Wy(Si)-Äi-Uyi+Wy(S2)-A2-Uy2>0.
15) Es ist zu beachten, daß sich der Begriff „partielle Anreizkompatibilität" auf beliebige Erfolgsändemngen bezieht, bei denen die Grenznutzenwerte unveränderlich sind. Ist jedoch der Bereich möglicher Erfolgsänderungen beschränkt, kann es auch dann möglich sein, simultan den Erwartungsnutzen aller Beteiligten zu maximieren, wenn die Erfolge G*, G 2 v j G s nicht pareto-effizient geteilt sind. Vgl. hierzu die Darstellungen zur ,,Span«mg-Bedingung" in Kapitel IX, Abschnitt 7. 16) Konflikte bei veränderlichen Grenznutzenwerten werden insbesondere in Kapitel XI gezeigt.
92
Kapitel III
Wenn in der Ausgangssituation das Risiko nicht pareto-effizient geteilt ist, existiert kein einheitlicher X-Wert, für den gilt:
u;3=^:x(Ss).^.u'
(s=i,2).
Vielmehr gilt: (ni.26)
Uyii^^^-Xi-U'^i '
(Xi>0)
Wy(Sl)
und (m.27)
(^2>0)
U'2 =^^^4^-X2 •U'x2
mit
X^^X2.
Wy(S2) f
f
Werden die Grenznutzenwerte Uyi und Uy2 gemäß (III.26) und (III.27) in die Vorteilhaftigkeitsbedingung (III.25) fär Y eingesetzt, ergibt sich: (111.28)
w^(Si).Ai.^i.u'xi+w^(S2)-Ä2-^2-Ux2>0.
Wegen (A^j >0) kann man hierfür schreiben: (111.29)
w^(Si).Ai.u;i+w^(S2)-A2-^-U^2>0.
Wäre A.i=X.2=A., also das Risiko beziighch der Zustände S^ und S2 paretoeffizient geteilt, so würde die Vorteilhaftigkeitsbedingung (111.29) für Y der Vorteilhaftigkeitsbedingung (in.24) für X entsprechen und partielle Anreizkompatibilität bestehen. Wie ein Vergleich der Bedingungen (III.29) und (III.24) zeigt, bewirkt dagegen die Erfolgsänderung A2 im Fall X,2>A.i beim Entscheider Y eine höhere Nutzenänderung als beim Entscheider X. hn Fall A.2 "^ ^l verhält es sich umgekehrt. Hieraus kann allerdings kein Zielkonflikt resultieren, wenn keine der möglichen Erfolgsänderungen Ag negativ ist. Zwar unterscheiden sich für A2>0 und ?ii^X2 die Erwartungswerte in (III.29) und (III.24), jedoch sind beide (für Aj >0) positiv. Beide Parteien erzielen deshalb mit den erwogenen Maßnahmen einen Vorteil, weil die neue Wahrscheinlichkeitsverteilung über B(G) bzw. G-B(G) die ursprüngliche dominiert. Zielkonflikt ergibt sich auch dann nicht, wenn keine der Erfolgsänderungen positiv ist. Theoretisch interessanter und praktisch bedeutsamer ist für S=2 der Fall, daß eine der Erfolgsänderungen positiv und die andere negativ ist. Gilt zum Beispiel A^ <0 und A2 >0, so kann flir 'k,2<^l der Erwartungswert in (111.24) positiv und der in (in.29) negativ sein. Für X sind dann die erwogenen Maßnahmen vorteilhaft und flir Y nachteilig.
Anreizkompatible Erfolgsteilung
93
Konflikte können sich bei fehlender pareto-effizienter Risikoteilung natürlich auch dann ergeben, wenn einander ausschließende Alternativen erwogen werden, die in den beiden Zuständen jeweils unterschiedlich hohe Erfolgsänderungen induzieren. 6.4.
Konflikte bei nichtproportionaler Erfolgsteilung
Werden die Erfolgsänderungen nicht proportional geteilt, können sich auch dann Konflikte ergeben, wenn das Risiko in der Ausgangssituation paretoeffizient geteilt ist. Zum Beweis wird hier wieder davon ausgegangen, daß nur die Zustände Sj und S2 möglich sind, wobei nun X den Teil zj von Ä^ und den Teil Z2 (Z2 ^ Zj) von A2 erhält, wobei 1> z^ >0 und 1> Z2>0 gelte. Die Vorteilhaftigkeitsbedingung für X lautet nun analog zu (111.20): (111.30)
wJSi)-Zi-Ai-U'^l+w^(S2)-Z2-A2-U'x2>0
bzw. (wegen z^ >0): (111.31)
w^(Si)-Ai-U'^i+w^(S2)-^-A2-U'^2>0.
Entsprechend lautet die Vorteilhaftigkeitsbedingung für Y: (111.32)
Wy(Sl)-Al-U'yl+Wy(S2)-^5^-A2-U'y2>0.
Wenn in der Ausgangssituation das Risiko pareto-effizient geteilt wird, gilt Wx(Ss) U ' ys V S~"= ^ ^ ' /c ' T ^ - ^ - U ' X ^s S W y ( S s )\
(S=1,2),
Einsetzen in (III.32) und Division durch A.>0 führt zu der folgenden Vorteilhaftigkeitsbedingung für Y: (III.33)
wJSi).Ai.U'^i+wJS2)-^^^-Ä2-U'^2>0. 1-zi Wie ein Vergleich mit der Bedingung (III.31) zeigt, bewirkt die Erfolgsänderung A2^0 für Z2>zi beim Entscheider X eine höhere Nutzenänderung als bei Y. Im Fall zj >Z2 verhält es sich umgekehrt. Hieraus kann natürhch dann wieder kein Zielkonflikt resultieren, wenn keine der möglichen Erfolgsändemngen Äg negativ oder positiv ist. Gilt jedoch zum Beispiel Äi>0 und A2<0, so kann für zi>Z2 der Erwartungswert in (in.31) positiv und der in (111.33) negativ sein. Für X ist dann das Projekt vorteilhaft und für Y nachteilig. Ein Konflikt ist hier um so eher zu erwarten, je höher zj im Vergleich zu Z2 ist. Eine besondere Konfliktsituation liegt dann
94
Kapitel III
vor, wenn X etwa als Geschäftsführer nur an einem positiven Gewinn beteiligt wird, und mithin zj >0 und Z2=0 gilt. Konflikte bei nichtproportionaler Teilung von Erfolgsändemngen sind insbesondere Gegenstand der Kapitel X (Konflikte zwischen Anteilseignem und Gläubigem) und XIX (Konflikte zwischen Management und Anteilseignem). Konflikte ergeben sich bei pareto-effizienter Risikoteilung im übrigen auch dann, wenn die Erfolgsändemng A zwar proportional geteilt wird, jedoch die Teilung zustandsabhängig ist. Für den Fall unveränderlicher Grenznutzenwerte kann das folgende Fazit gezogen werden: Ist die Teilungsregel für Ä proportional und zustandsunabhängig, so besteht unter der notwendigen Bedingung Anreizkompatibilität, daß in der Ausgangssituation das Risiko pareto-effizient geteilt ist. Umgekehrt: Ist das Risiko pareto-effizient geteilt, so besteht unter der notwendigen Bedingung Anreizkompatibilität, daß A proportional und zustandsunabhängig geteilt wird. Liegt in der Ausgangssituation keine pareto-effiziente Risikoteilung vor, kann Anreizkompatibilität nur erreicht werden, wenn A derart zustandsabhängig proportional geteilt wird, daß Unterschiede in den zustandsabhängigen Verhältnissen der Grenznutzenwerte kompensiert werden.
6.5.
Konflikte bei veränderlichen Grenznutzenwerten
Bei veränderlichen Grenznutzenwerten sind die Bedingungen der paretoeffizienten Teilung der möglichen Ausgangserfolge G und der proportionalen Teilung des Erfolges A nicht hinreichend für Anreizkompatibilität. Jedoch besteht Anreizkompatibilität gemäß den Darstellungen in Abschnitt 5 immerhin dann, wenn G und A gemäß derselben linearen und zustandswwabhängigen Teilungsregel geteilt wird und diese zugleich pareto-effizient ist. (Dies impliziert grundsätzlich homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg und zustandsunabhängige Nutzenfunktionen der gleichen HARA-Klasse.)
Ergänzende und vertiefende Literatur: GiLLENKiRCH (1997; 1999, S. 77ff.); GROSSMAN/HART (1983); HOLMSTRÖM/ MiLGROM (1987); HORST/SCHMIDT/TERBERGER (1982); KIENER (1990); LAUX (1972; 1979, S. 287-309; 1990a, S. 277-294); LAUX/SCHENK-MATHES (1992); PRATT (2000); Ross (1973; 1974); VELTHUIS (1998, S. 15-39; 2004a); WILSON (1968; 1969).
TEIL C:
IV. 1.
PREISBILDUNG UND RISIKOTEILUNG AUF DEM KAPITALMARKT
Grundzüge der Portefeuilletheorie Problemstellung
In den Kapiteln II und III wurde gezeigt, wie pareto-effiziente und anreizkompatible Teilungsregeln ermittelt werden können, welche Eigenschaften sie aufweisen und welche Beziehungen zwischen ihnen bestehen. Die erzielten Ergebnisse gelten im Prinzip unabhängig davon, in welchem Zusammenhang der Erfolg erzielt wird, wie die Teilungsregel zustande kommt und durch welche Kontrakte sie verbrieft wird. Die Risikoteilung wird erheblich erleichtert, wenn ein Markt existiert, auf dem Risiken „gehandelt" werden können. Eine bedeutsame Institution der Risikoteilung ist der Kapitalmarkt, auf dem Anwartschaften auf ungewisse Zahlungen (Finanztitel) gekauft und verkauft werden. In nachfolgenden Kapiteln sollen unter besonderer Berücksichtigung des Kapitalmarktes die Zusammenhänge zwischen Art der Risikoallokation (Risikoteilung) und Einmütigkeit oder Zielkonflikt vertieft und erweitert werden. Die Darstellungen beziehen sich auf die Anteilseigner eines Unternehmens, wobei davon ausgegangen wird, daß diese nicht nur am Risiko des betrachteten Untemehmens beteiligt sind, sondem mehr oder weniger breit gestreute Wertpapierportefeuilles halten, die von den Eigenschaften des Kapitalmarktes abhängen. Ausgangsbasis der Betrachtung ist der State Preference Ansatz (SPA) und das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zur Erklärung der Risikoallokation und der Preisbildung auf dem Kapitalmarkt. Ein Modell zur Erklärung der Risikoallokation und der Preisbildung setzt Annahmen darüber voraus, wie die Investoren auf dem Kapitalmarkt ihre optimalen Portefeuilles bilden. Damit befaßt sich die Portefeuilletheorie, deren Grundzüge im folgenden dargestellt werden. Dabei geht es um die Ermittlung des optimalen Bestandes riskanter Wertpapiere (Finanztitel) flir eine einzelne Periode, wobei dieser Bestand innerhalb der Periode nicht verändert wird. Ein Bestand an riskanten Wertpapieren wird im folgenden als Portefeuille bezeichnet. Mit der Ermittlung eines optimalen Portefeuilles wird simultan auch der Geldbetrag bestimmt, der zumrisikolosenZinssatz r angelegt oder aufgenommen wird; jedoch wird dieser Kapitalbetrag definitionsgemäß nicht zum Portefeuille gerechnet.
96
Kapitel IV
Zielgröße der Modellanalyse in diesem Kapitel ist nicht - wie in der Literatur üblich - die Rendite, die der Investor auf seinen Kapitaleinsatz erzielt, sondern das Vermögen, über das er am Ende der Periode verfügt (Endvermögen) bzw. der entsprechende ,yResidualgewinn'\ Diese Darstellungsform in absoluten Größen ermöglicht (wie in nachfolgenden Kapiteln deutlich wird) eine relativ einfache und anschauliche Erklärung der Preisbildung auf dem Kapitalmarkt und Analyse der Vorteilhaftigkeit neuer Investitionsprojekte in einem Unternehmen. In Abschnitt 2 wird die Bedeutung des Residualgewinns für die Portefeuilleplanung gewürdigt. In Abschnitt 3 wird ein Portefeuillemodell betrachtet, das die möglichen Zustände Ss explizit berücksichtigt (Ausgangsbasis fllr den SPA). Mit Hilfe der dargestellten Eigenschaften des optimalen Portefeuilles wird in späteren Kapiteln gezeigt, daß die Investoren auf dem Kapitalmarkt im Gleichgewicht des SPA Portefeuilles halten, mit denen das Risiko pareto-effizient geteilt wird, und wie die Gleichgewichtspreise von den individuellen Grenznutzenwerten der Investoren abhängen. In Abschnitt 4 wird davon ausgegangen, daß sich die Investoren am (|Li,a)Prinzip orientieren (Ausgangsbasis für das CAPM), wobei sich eine explizite Erfassung der möglichen Umweltzustände Ss und der entsprechenden Endvermögenswerte erübrigt. Es wird untersucht, wie „effiziente" Portefeuilles ermittelt werden können und welche Struktur sie aufweisen. Außerdem wird gezeigt, wie aus der Menge der effizienten Portefeuilles das optimale ausgewählt werden kann und welche Eigenschaften es aufweist. Da im Verlauf der betrachteten Periode das Portefeuille nicht verändert wird, geht es im vorliegenden Kapitel um statische Portefeuilleplanung. Insbesondere im Mehrperioden-Fall kann es jedoch sinnvoll sein, eine dynamische Portefeuilleplanung gemäß dem Prinzip der flexiblen Planung vorzunehmen, bei der simultan für das Portefeuille zum Zeitpunkt 0 zukünftige (bedingte) Portefeuilleanpassungen an alternative Umweltentwicklungen geplant werden. Bei mehrperiodigen Kapitalmarktmodellen (Kapitel XII) wird i.a. unterstellt, daß die Investoren auf dem Kapitalmarkt im Einklang mit solchen Kalkülen ihre Portefeuilleentscheidungen treffen und die riskanten Wertpapiere entsprechend bewerten.
2.
Der Residualgewinn als Zielgröße für die Portefeuilleplanung
Wie bereits erwähnt, dient im folgenden als Zielgröße für die Portefeuilleplanung nicht die Rendite, sondern das Endvermögen bzw. der entsprechende „Residualgewinn". Dieser Gewinn gewinnt auch für die praktische Untemehmensplanung und die wertorientierte Untemehmensfiihrung immer größere Verbreitung (Kapitel XIV bis XVIII). Die Entscheidungen werden erleichtert, wenn dieser Gewinn als einheitliche Zielgröße zugrunde gelegt wird und nicht abweichend flir die untemehmensinteme Portefeuilleplanung die Rendite als
Grundzüge der Portefeuilletheorie
97
Zielgröße verwendet wird. Außerdem wird (wie in späteren Kapiteln immer wieder deutlich wird) die Abstimmung der untemehmensintemen Risiken aus Investitionen mit den privaten Risiken der Anteilseigner (insbesondere aus ihren privaten WertpapierportefeuiUes) erleichtert, wenn die privaten Risiken ebenfalls auf Residualgewinne bezogen werden. Der Residualgewinn wird allgemein definiert als Gewinn nach Abzug kalkulatorischer Zinsen auf das „investierte" Kapital, wobei im Mehrperiodenfall das in einer Periode „investierte" Kapital durch die (Rest-)Buchwerte der bewertungrelevanten Vermögensgüter zu Beginn dieser Periode gemessen wird. Hierbei werden nicht nur Fremdkapitalzinsen erfaßt, sondern auch kalkulatorische Zinsen auf das Eigenkapital. Technisch geschieht das oft in der Weise, daß das investierte Kapital unabhängig von der Kapitalstruktur mit einem einheitlichen Zinssatz multipliziert wird und somit Fremdkapitalzinsen nicht explizit erfaßt werden. hl dem hier betrachteten Einperioden-Fall wird - wie noch näher erläutert wird - das Portefeuille zu Beginn der Periode gekauft und am Ende der Periode wieder verkauft. Der Residualgewinn des Portefeuilles ergibt sich somit als Verkaufserlös des Portefeuilles einschließlich Zinsen und Dividenden (bzw. Erlösen aus Kapitalherabsetzungen und Liquidationen) abzüglich der Anschaffungsauszahlungen als Abschreibung und abzüglich der Zinsen auf die Anschaffungsauszahlung als investiertem Kapital, die hier mit dem risikolosen Zinssatz r ermittelt werden. Man kann den Residualgewinn des Portefeuilles auch als Differenz zwischen dem Verkaufserlös und der mit dem Zinssatz r aufgezinsten Anschaffungsauszahlung definieren. Das Analoge gilt für den Residualgewinn einer einzelnen Wertpapiereinheit. Der Residualgewinn eines Portefeuilles bzw. einer Wertpapiereinheit gibt an, wie weit das Endvermögen gegenüber einer Anlage zum Zinssatz r steigt oder fällt, wenn diese Portefeuille bzw. diese Wertpapiereinheit erworben wird. Der Residualgewinn wird auch als Übergewinn bezeichnet. Sein Erwartungswert kann als Risikoprämie dafür interpretiert werden, daß das Portefeuille bzw. die Wertpapiereinheit erworben und der betreffende Kapitalbetrag nicht risikolos angelegt wird.
3. 3.1.
Portefeuilleplanung unter expliziter Berücksichtigung der möglichen Umweltzustände Modell
Zunächst wird ein Modell der Portefeuilleplanung skizziert, das die Umweltzustände Ss und damit die entsprechenden Vermögenswerte am Ende der Periode explizit berücksichtigt. Das Modell beruht auf folgenden Annahmen: 1. Der risikoaverse Investor kann zum risikolosen Zinssatz r unbegrenzt Geld anlegen und aufnehmen. Außerdem kann er zu Beginn der betrachteten Periode (dem Zeitpunkt 0) riskante Wertpapiere der Typen 1,2,...,N erwerben,
98
Kapitel IV
die er erst am Periodenende, dem Zeitpunkt 1, wieder verkaufen kann.l) Der Investor hat mit seinen Dispositionen keinen wahrgenommenen Einfluß auf die Wertpapierkurse. Mit dem Kauf und Verkauf von Wertpapieren sind keine Transaktionskosten verbunden. Alle Wertpapiere sind beliebig teilbar, so daß keine Ganzzahligkeitsbedingungen beachtet werden müssen. 2. Zum Zeitpunkt 0 hat der Investor einen bereits vorhandenen Wertpapierbestand verkauft und verfügt über das Geldvermögen VQ (VQ >0). Er will nun einen (neuen) optimalen Bestand ermitteln. Die erworbenen Wertpapiere werden zum Zeitpunkt 1 wieder veräußert. Da mit dem Kauf und Verkauf keine Transaktionskosten verbunden sind, schränkt die Veräußerungsannahme die Allgemeinheit der Problemstellung nicht ein; veräußerte Wertpapiere köimen kostenlos zurückgekauft werden. Jedoch vereinfacht diese Annahme einige der formalen Darstellungen. 3. Der Erwerb von Wertpapieren führt zum Zeitpunkt 0 zu Auszahlungen und zum Zeitpunkt 1 zu Einzahlungen in Form von Verkaufserlösen und Dividenden oder Zinsen. Die Anschaffungsauszahlung je Wertpapiereinheit - der Preis des Wertpapiers - ist mit Sicherheit bekarmt. Die Einzahlungen zum Zeitpunkt 1 hängen von dem daim eintretenden Zustand Sg ab. 4. Zielgröße des Investors ist das Endvermögen, über das er am Ende der Planungsperiode, dem Zeitpunkt 1, verfügt. 5. Der Investor kann Wertpapiere auch leerverkaufen. Bei Leerverkaufeines Wertpapiers wird dieses zu Begiim der Periode zum Börsenkurs verkauft, jedoch erst am Ende der Periode zu dem daim geltenden Börsenkurs gekauft und an den (Termin-) Käufer geliefert. Über Geld, das dem Investor aus einem Leerverkauf zufließt, kaim er unbeschränkt verfügen; er muß es zum Beispiel nicht als Sicherheit hinterlegen. 6. Der Investor verfügt außerhalb seines Wertpapierbestandes über keine riskanten Vermögenspositionen, die bei der Ermittlung des optimalen Wertpapierbestandes berücksichtigt werden müssen. Symbole X = Geldbetrag, der im Zeitpunkt 0 zum risikolosen Zinssatz r angelegt (x>0) oder gehehen wird (x<0), Xjj = Zahl der Wertpapiere vom Typ n (n= 1,2,...,N), die zum Zeitpunkt 0 gekauft (xn>0) oder leerverkauft (xn<0) werden, WPis = Einzahlung aus dem Portefeuille zum Zeitpunkt 1 bei Eintreten des Zustandes Sg, Vjs = Vermögen zum Zeitpunkt 1 (Endvermögen) bei Eintreten des Zustandes Sgl Vis = WPis + (1 + r) • X, ^On - Preis des Wertpapiers vom Typ n zum Zeitpunkt 0, Pln,s - P^^i'^ d^s Wertpapiers vom Typ n zum Zeitpunkt 1 im Zustand Sg (s= 1,2,...,S) (einschließhch Dividende oder Zinsen), VQ = Geldvermögen zum Zeitpunkt 0. 1)
Unter bestimmten Kapitalmarktbedingungen ist es übrigens auch gar nicht vorteilhaft, Wertpapiere vor dem Zeitpunkt 1 zu veräußern (Kapitel VIII).
Grundzüge der Portefeuilletheorie
99
Das Modell erfaßt die Umweltzustände explizit, wobei davon ausgegangen wird, deren Anzahl sei endlich. Der Investor maximiert den Erwartungsnutzen seines Endvermögens V^: (IV.l)
E[U(Vi)] = E w(S3).U(Vi3)-> Max! s=l
Das Endvermögen V^g im Zustand Sg hängt ab von dem Geldbetrag x, der zum Zinssatz r angelegt bzw. geliehen wird, und der Anzahl Xj^ der Wertpapiere n, die ins Portefeuille aufgenommen werden. Es gelten die folgenden Bestimmungsgleichungen: (IV.2)
Vis = (H-r).x + WPis = (l + r).x+2:Xn-Pin,s n=l
(s=l,2,...,S). Für den Zeitpunkt 0 gilt die folgende Budgetbedingung: (IV.3)
x+2:x^.Pon=Vo. n=l
Da Leerverkäufe zulässig sind, gelten keine Nichtnegativitätsbedingungen für die Variablen Xj^.
3.2.
Eigenschaften des optimalen Portefeuilles
Im folgenden sollen Eigenschaften der optimalen Lösung betrachtet werden. Unter Berücksichtigung des Gleichungssystems (rv.2) kann die Zielfunktion (IV.l) wie folgt dargestellt werden: (IV.4)
E[U(Vi)]= Sw(Ss)-U[(l + r)-x+ 2:x„-Pin,s]->Max! s=l
n=l
^n'^
Diese Zielfunktion ist unter Beachtung der Budgetbedingung (IV.3) zu maximieren. Wird diese Bedingung nach x umgeformt, N x = V o - Sxn-Pon^ n=l
und in (IV.4) eingesetzt, ergibt sich nach Umstellung die Zielfunktion: (IV.5) E[U(Vi)]=2:w(S3).U[(l + r).Vo+Sxn-(Pin,s-(l + r)-Pon)]->Max! s=l
n=l
x^
100
Kapitel IV
Die Budgetbedingung (IV.3) wird bei dieser Darstellung nicht explizit berücksichtigt; mit der expliziten Ermittlung der Variablenwerte x^, X2v? x^ für das Portefeuille wird implizit zugleich auch x bestimmt: N n=l
Da keine Nebenbedingung relevant ist, lauten die notwendigen (und hinreichenden) Bedingungen für den maximalen Erwartungswert des Nutzens gemäß der Zielfunktion (IV.5): (IV.6)
5E[U(Vi)] ^ S V = I^(Ss>[Pln,s-a+r)-Pon]'U'(Vi3^opt)-Q ^n s=l (n=l,2,...,N).
U'(Vis,opt) bezeichnet den Grenznutzen des Endvermögens, das im Zustand Sg (s= 1,2,...,S) mit dem optimalen Portefeuille erzielt wird. Interpretation: Wird ausgehend vom optimalen Wertpapierportefeuille eine weitere (marginale) Einheit des Wertpapiers n erworben, so ändert sich das Endvermögen im Zustand Sg um den Residualgewinn Pin s""(l "^^)*Pon ^^^ entsprechend der Nutzenwert dieses Endvermögens um den folgenden Term: [Pln,s-(l+r)-P0n]-U'(Vi3.opt).
Gemäß (IV.6) muß im Optimum der Erwartungswert der Nutzenänderung unter Berücksichtigung aller Zustände Ss (S=1,2,...,S) gleich null sein. Nach (IV.6) sind die Variablenwerte Xj^ nicht explizit, sondern implizit bestimmt. (IV.6) kann auch wie folgt dargestellt werden:
(IV.7)
Zw(Ss)-Pi„, s-U'(Vis,opt) = I w ( S 3 ) - ( l + r)-Po„-U •(Vis, opt) s=l s=l = (l + r)-Po„- Z w ( S s ) - U '(Vis, Opt) s=l (n=l,2,. ..,N)
oder in Kurzschreibweise: (IV.8)
E[Pin-U'(Vi, opt)] = a + r)- Pon-E[U'(Vi, opt)] (n=l,2,. ..,N). Bedingungen für das optimale Portefeuille be]i expliziter Berücksichtigung der Zustände
Grundzüge der Portefeuilletheorie
101
E[U'(Vi opt)] bezeichnet den Erwartungswert des Grenznutzens. Interpretation: Wird ausgehend vom optimalen Wertpapierportefeuille eine weitere (marginale) Einheit des Wertpapiers n erworben, so steigt der Nutzen des Endvermögens - vor Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung - im Zustand Sg (s=l,2,...,S) um Pin,s*U'(Vis,opt) Entsprechend steigt der Erwartungswert des Nutzens um den Betrag auf der linken Seite von (IV.7) bzw. von (IV.8). Andererseits ist zum Zeitpunkt 0 der sichere Betrag Pon-^O zu zahlen. Entsprechend sinkt die Anlage oder steigt die Aufnahme von Kapital zum risikolosen Zinssatz r, so daß das Endvermögen c.p. um (l+r)-Pon sinkt. Dies bewirkt flir den Zustand Sg (s=l,2,...,S) eine Nutzeneinbuße in Höhe von (1+r) -PQn'UXVis^opt)- Entsprechend sinkt der Erwartungswert des Nutzens um (l+r)-Pon-E[U'(Vi opt)]- Gemäß (IV.7) bzw. (IV.8) muß dieser Betrag im Optimum mit E[Pin*U'(Vi^opt)]- übereinstimmen. Daraufkommen wir in Kapitel V, Abschnitt 4, bei der Erklärung der Höhe der Gleichgewichtspreise im SPA zurück.
4.
Portefeuilleplanung auf der Grundlage des (|Li5a)-Prinzips
4.1.
Modell
Im folgenden wird ein Modell der Portefeuilleplanung dargestellt, bei dem die Umweltzustände und die zugehörigen Endvermögenswerte nicht explizit betrachtet werden. Es wird davon ausgegangen, daß sich der Investor am (|^,a)Prinzip orientiert, wobei \i den Erwartungswert und a (a^) die Standardabweichung (Varianz) seines Endvermögens bezeichnet. Auch die Endwerte der einzelnen Wertpapiere werden nicht explizit erfaßt; sie werden durch Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen repräsentiert. Im übrigen beruht das Modell auf den gleichen Voraussetzungen wie das in Abschnitt 3. Symbole WPj = (unsichere) Einzahlung aus dem Portefeuille zum Zeitpunkt 1, Vj = Vermögen zum Zeitpunkt 1 {Endvermögen), Pin(PIm) = P^^is des Wertpapiers vom Typ n (m) zum Zeitpunkt 1 (einschließlich Dividende oder Zinsen), Var(-) = Varianzoperator, Kov(-) = Kovarianzoperator. Die übrigen Symbole, die im folgenden verwendet werden, wurden bereits in Abschnitt 3.1 definiert. Das Endvermögen beträgt: (IV.9)
V i = ( l + r)-x + WPi=(l + r ) - x + S x n . P i „ . n=l
102
Kapitel IV
Für den Erwartungswert des Endvermögens gilt entsprechend: (IV.IO)
^ ^ E ( V i ) = (l + r ) - x + S x n - E ( P i „ ) . n=l
Die Varianz des Endvermögens stimmt mit der Varianz des Endwertes des Portefeuilles überein. Sie errechnet sich nach der folgenden Formel:^) (IV.l 1)
a^ = Var(Vi) = Var(WPi) = I x2.Var(Pi„)+ I n=l
IXn.x^.Kov(Pi„;Pin,)
n=lm=l
N N = S ZXn-Xin-Kov(Pin;Pini) n=lm=l
niitKov(Pin;Pin) = Var(Pin)Dabei erfassen die Kovarianzen KOV(PIU;PIQJ) (n7im)den Risiko verbünd zwischen den Wertpapieren. Für N=3 kann mit Km^ = Kov(Piji;Pjiu) und Kjin = Var(Pin) die Gleichung (IV.l 1) wie folgt dargestellt werden: (IV.lla)
a^ = x^-Kii
H-Xj •X2 •K12+Xi-X3-Ki3
+ X2-Xi-K2i+x5-K22
+X2-X3-K23
+ X3-Xi •K31+X3 •X2 •K32+x| •K33 3
3
3
= S X r X i n - K i m + E X2-Xm-K2m+ Sx3-Xin-K3in m=l m=l m=l
n=l m=l
Für den Zeitpunkt 0 gilt wie für das in Abschnitt 3.1 dargestellte Modell die Budgetbedingung (rv.3). Umformung nach x und Einsetzen in (IV.IO) fuhrt zu:
(IV.12)
|Li-E(Vi) = (l + r ) . V o +
N E Xj,.E[Pij^^(H-r).Pon]. n=l = RP
V
^
/
Interpretation: Wenn der Entscheider ein (weiteres) Wertpapier n erwirbt, muß er die Kapitalanlage (die Kapitalaufhahme) zum Zinssatz r um die An2)
Zur Ermittlung von Varianzen und Kovarianzen vgl. zum Beispiel LAUX (2005a, Kapitel V).
Grundzüge der Portefeuilletheorie
103
schaffungsauszahlung PQ^ reduzieren (erhöhen). Sein Endvermögen ändert sich somit um den ungewissen Residualgewinn Pjj^ - (1 + r) • PQ^ • Der Erwartungswert dieses Residualgewinns kann als Risikoprämie interpretiert werden, die eine Einheit des Wertpapiers n bietet. Analog gilt für die Risikoprämie des gesamten Portefeuilles: (IV.13)
RP^ i:x^.E[Pi^-(l + r).Pon]. n=l
Diese Risikoprämie bringt zum Ausdruck, wie weit auf Grund der Portefeuillebildung der Erwartungswert des Endvermögens ansteigt. Das optimale Portefeuille kann wie folgt ermittelt werden: Zunächst wird die Menge der „effizienten" Portefeuilles bestimmt und dann aus dieser Menge das optimale ausgewählt; ein ineffizientes Portefeuille kann nicht optimal sein. Ein Portefeuille ist bei Risikoaversion dann effizient, wenn kein anderes Portefeuille existiert, das bei gegebener Risikoprämie eine kleinere Standardabweichung aufweist, oder bei gegebener Standardabweichung eine höhere Risikoprämie bietet, oder bei höherer Risikoprämie zugleich eine kleinere Standardabweichung aufweist. 4.2.
Strukturgleichheit aller effizienten Portefeuilles
Man erhält (wie in Abschnitt 4.4 näher erläutert wird) ein effizientes Portefeuille, indem in (IV.13) für RP ein beliebiger fester Wert RP* >0 eingesetzt und unter Berücksichtigung dieser Gleichung als Nebenbedingung die Varianz (IV. 11) minimiert wird. (Ein riskantes Portefeuille mit einer nichtpositiven Risikoprämie kann bei Risikoaversion des Investors nicht effizient sein.) Das betreffende Portefeuille wird mit xf ,X|,...,XN und die dazugehörige Varianz mit a*2 bezeichnet. Dem effizienten Portefeuille entspricht demnach der folgende sichere Anlagebetrag: X*=Vo-
N ^ ZXn'Ponn=l
Es soll nun zunächst gezeigt werden, daß alle effizienten Portefeuilles die gleiche Struktur aufweisen. Die Risikoprämie RP(k) des Portefeuilles k-xf, k-X2,...,k-XN beträgt:
(IV.14)
RP(k)= E k - x ; . E [ P i ^ - ( l + r).Pon] n=l
= k. 2:Xn-E[Pin-(l + r).Pon]=k.RP*. n=l
^
= RP des Portefeuilles Xj, ..., x^^
104
Kapitell V
Die Risikoprämie des Portefeuilles ist somit gleich dem k-fachen der Risikoprämie des Portefeuilles xf ,X2 5...,x^. Dem Portefeuille k-xi,k-X2,k-X3, ...,k-XN entspricht folgende Varianz a2(k): (IV.15)
a^(k)= Z ik.x;.k.x*^.Kov(Pi^;Pl^) n=lm=l
= k2.[f; 2x;-x:;,-Kov(P,„;Pi^)] = k2.(T*2. n=lm=l =Varianz des Portefeuilles x*, X2,..., x^
Die Varianz ist somit gleich dem k^-fachen der Varianz des Portefeuilles xi,X2,...,x^. Entsprechend ist die Standardabweichung als Wurzel aus der Varianz das k-fache. Da das Portefeuille X*,X2,...,XN effizient ist, gilt dies auch für das Portefeuille k'xf,k-X2,...,k-XN. Wird ausgehend von einem effizienten Portefeuille bei gleicher Struktur des Portefeuilles der Bestand an Wertpapieren erhöht oder gesenkt, so ergibt sich wieder ein effizientes Portefeuille, wobei sich die Risikoprämie und die Standardabweichung im gleichen Verhältnis ändem wie der Umfang des Portefeuilles. Es gibt somit nur eine einzige effiziente Portefeuillestruktur; die effizienten Portefeuilles unterscheiden sich nur durch ihren Umfang. Beweis: Wie erläutert wurde, entspricht dem Portefeuille k-xi,k-X2, ...,k-XN die Risikoprämie k-RP* und die Standardabweichung k-a*. Es ist genau dann effizient, wenn kein anderes Portefeuille existiert, für das eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: 1. Bei gleicher Risikoprämie k-RP* weist das andere Portefeuille eine kleinere Standardabweichung als k-a* auf 2. Bei gleicher Standardabweichung k-a* bietet es eine höhere Risikoprämie als k-RP*. 3. Bei kleinerer Standardabweichung als k-a* bietet es eine höhere Risikoprämie als k-RP*. Hier soll allgemein nur gezeigt werden, daß die erste Bedingung erfüllt ist: Würde ein Portefeuille x**,X2*,...,xf| mit der Risikoprämie k-RP* und der Standardabweichung a** < k-a* existieren, das eine andere Struktur als das Portefeuille xf ,X2 5...,X]|^ aufweist, so könnte durch ReaUsation dieses Portefeuilles auf dem (l/k)-fachen Niveau die Risikoprämie (l/k)-k-RP* = RP* und die Standardabweichung (l/k)-a** erzielt werden, wobei wegen a** < k-a* die Relation (l/k)-a**
Grundzüge der Portefeuilletheorie
105
Es besteht somit eine proportionale Beziehung zwischen der Standardabweichung und der Risikoprämie der effizienten Portefeuilles. Zur Erläuterung wird die Abbildung IV. 1 betrachtet. Angenommen der Punkt P* kennzeichne ein effizientes Portefeuille. Dann ist das Portefeuille P**, das bei gleicher Struktur den doppelten Umfang und mithin auch die doppelte Standardabweichung und doppelte Risikoprämie aufweist, ebenfalls effizient. Es kann kein Portefeuille existieren, dem ein Punkt entspricht, der bei gleichem Abszissenwert einen kleineren Ordinatenwert, oder bei gleichem Ordinatenwert einen höheren Abszissenwert oder sowohl einen kleineren Ordinatenwert als auch einen höheren Abszissenwert aufweist als der Punkt P**. Wäre dies der Fall, so ergäbe sich ein Widerspruch zu der Aufnahme, daß P* ein effizientes Portefeuille charakterisiert. Würde zum Beispiel das dem Punkt P^ entsprechende Portefeuille existieren, so könnte man dieses bei identischer Struktur auf halbem Niveau realisieren und somit bei einer Risikoprämie von RP* eine Standardabweichung in Höhe des Ordinatenwertes des Punktes P3 erzielen; P* könnte kein effizientes Portefeuille charakterisieren. Würde das dem Punkt P2 entsprechende Portefeuille existieren, so könnte man dieses wiederum bei identischer Struktur auf halbem Niveau realisieren und somit bei einer Standardabweichung von a * eine Risikoprämie in Höhe des Abszissenwertes des Punktes P4 erzielen; wiederum könnte P* kein effizientes Portefeuille darstellen. CT ii
p*
2a'*
•'p,' 1
•
1 1
^^
^^
P3
^^'^
^
RP*
RP** = 2-RP*
RP
Abb. IV. 1: Zur Analyse der Stmktureigenschaft effizienter Portefeuilles Entsprechend kann auch kein Portefeuille existieren, dem ein Punkt rechts unterhalb von P** entspricht. Bei identischer Struktur würde die Hälfte des be-
106
Kapitell V
treffenden Portefeuilles eine Risikoprämie (Standardabweichung) aufweisen die größer (kleiner) ist als die des Portefeuilles P*; P** charakterisiert wie P* ein effizientes Portefeuille; es besteht eine proportionale Beziehung zwischen der Standardabweichung und der Risikoprämie der effizienten Portefeuilles. Unter Berücksichtigung dieser Beziehung kann die Effizienzbedingung vereinfachend wie folgt formuliert werden: Ein Portefeuille ist genau dann effizient, wenn kein anderes existiert, für welches das Verhältnis aus Standardabweichung und Risikoprämie kleiner bzw. das Verhältnis aus Risikoprämie und Standardabweichung (die Risikoprämie je Risikoeinheit) größer ist. Proportionalität zwischen Standardabweichung und Risikoprämie der effizienten Portefeuilles impliziert allerdings, daß überhaupt die Möglichkeit besteht, die Risikoprämie in der Weise zu erhöhen, daß bei der maßgeblichen Struktur der Umfang des Portefeuilles (der Faktor k) vergrößert wird. Bei entsprechend umfangreichem Portefeuille werden jedoch in ihm alle im Markt befindlichen Wertpapiere eines oder mehrerer Typen enthalten sein. Eine weitere Erhöhung der Risikoprämie ist dann nur in der Weise möglich, daß von der ursprünglich effizienten Portefeuillestruktur abgewichen wird, hn Bereich derart umfangreicher Portefeuilles steigt die Standardabweichung mit wachsender Risikoprämie überproportional. Jedoch wird hier von der realistischen Annahme ausgegangen, daß für den Investor ein Portefeuille in diesem Bereich nicht optimal ist.^) Entsprechend ist nur jener Bereich effizienter Portefeuilles relevant, für den eine proportionale Beziehung zwischen Standardabweichung und Risikoprämie besteht. 4.3.
Auswahl des optimalen Portefeuilles
Die Menge aller effizienten (\x,a)- bzw. (|a,a2)-Konstellationen für das Endvermögen läßt sich graphisch mit Hilfe einer Effizienzkurve darstellen, die zeigt, welcher minimale a- bzw. a^-Wert altemativen Risikoprämien RP > 0 des Portefeuilles und somit altemativen Erwartungswerten E(Vi) > (1 + r) • VQ des Endvermögens entspricht. Die Effizienzkurve beginnt stets beim Abszissenwert (l+r)-Vo. Die Effizienzkurve im (|Li,a)-Diagramm ergibt sich, indem für eine beliebige Risikoprämie RP*>0 das effiziente Portefeuille XJ,X2,...,XN ermittelt wird, die entsprechende (|Li,a)-Kombination für das Endvermögen durch einen Punkt P* im (|Li,a)-Diagramm dargestellt und schließlich ausgehend vom Punkt A auf der Abszisse mit dem Abszissenwert (1 +r) • VQ ein Fahrstrahl durch den Punkt P* gezeichnet wird (Abbildung IV.2).
3)
Würde er ein solches Portefeuille erwerben, so wäre im übrigen die Annahme, daß er die Wertpapierpreise nicht spürbar beeinflussen kann, kaum sinnvoll.
Grundzüge der Portefeuilletheorie
107
Sta(V,) = Sta(WPi) Effizienzkurve
Sta(Vi_opt)
•>. (eine) Indifferenzkurve
E(Vi)
(l + r).Vo
Abb. IV.2: Lineare Effizienzkurve im (|Li,a)-Diagramm und optimale (|Li,a)-Kombination bei quadratischer Nutzenfunktion Die subjektive Risikoeinstellung hat zwar keinen Einfluß auf die Struktur des optimalen Portefeuilles, bestimmt aber dessen Umfang. Bei quadratischer Nutzenfunktion U(Vi) und beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilung über das Endvermögen haben die Indifferenzkurven im (|Li,a)-Diagramm die Gestalt von konzentrischen Halbkreisen, deren Mittelpunkt M auf der Abszisse liegt und den Abszissenwert b/2c aufweist (Kapitel I, Abschnitt 3.3.2.1). Das optimale Portefeuille wird durch den Tangentialpunkt der Effizienzkurve mit einem dieser Halbkreise bestimmt. (Vgl. den Punkt T in Abbildung IV.2.) Dabei bezeichnet E(Vi ^p^) dasjenige erwartete Endvermögen, das mit dem optimalen Portefeuille erzielt wird. Die Risikoprämie RPopt des optimalen Portefeuilles ist gleich der Differenz der Abszissenwerte der Punkte T und A. Der Quotient q^RP^p^/RP* aus der Risikoprämie des optimalen und der des eingangs ermittelten effizienten Portefeuilles xf jX^^-^x^ zeigt, wie oft die effiziente Ausgangslösung im optimalen Portefeuille enthalten ist. Entsprechend umfaßt das optimale Portefeuille den Wertpapierbestand q-xf ,q-X2 ,...,q-x]^. Wird jeder Ordinatenwert der Effizienzkurve in Abbildung rV.2 quadriert, so ergibt sich die entsprechende Effizienzkurve im (|Li,a2)-Diagramm. Sie hat die Gestalt einer Parabel (Abbildung IV.3). Bei exponentieller Nutzenfunktion U(Vi) und normalverteiltem Endvermögen^) verlaufen die Indifferenzkurven 4)
Normalverteilung des Endvemiögens bzw. des Endwertes des Portefeuilles impliziert, daß auch die Endwerte aller Wertpapiere normalverteilt sind. Der Endwert eines Wertpapiers ist somit weder nach oben noch nach unten beschränkt. Er kann um einen beliebigen Betrag unter null liegen und eine entsprechende Zahlungsverpflichtung des Inha-
108
Kapitel IV
im (|Li,a2)-Diagramm linear mit der Steigung 2/a (Kapitel I, Abschnitt 3.3.2.2). Das optimale Portefeuille wird dann durch den Tangentialpunkt der konvexen Effizienzkurve mit einer der linearen Indifferenzkurven bestimmt; vgl. den Punkt T in Abbildung IV.3. Effizienzkurve,
Var(Vi)f
(eine) Indifferenzkurve
= Var(WPi) Var(Vi^,pty
E(V,,opt)
E(V,)
opt Abb. IV.3: Effizienzkurve als Parabel im (|Li,a^)-Diagramm und optimale (|u,a^)Kombination bei exponentieller Nutzenfunktion
Bei quadratischer Nutzenfunktion und beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilung über das Endvermögen verlaufen die Indifferenzkurven im (|j,,a^)-Diagramm streng konkav. Der Tangentialpunkt der konvexen Effizienzkurve im (|Li,a2)-Diagramm mit einer dieser Indifferenzkurven repräsentiert bei gegebener quadratischer Nutzenfunktion dasselbe optimale Portefeuille wie der Punkt T in Abbildung IV.2. 4.4.
Struktureigenschaften der effizienten Portefeuilles
Wie in Abschnitt 4.2 gezeigt wurde, haben alle effizienten Portefeuilles dieselbe Struktur. Sie soll im folgenden näher untersucht und interpretiert werden. Da das optimale Portefeuille effizient ist, gelten die Darstellungen zum Teil unmittelbar auch fiir dieses Portefeuille. Die Darstellungen bilden u.a. die Grundlage fiir die Analyse der Höhe der Wertpapierpreise im Gleichgewicht des CAPM (Kapitel V und VII).
bers auslösen, die er auch erfüllen kann (unbeschränkte Haftung). Es ist klar, daß die Voraussetzung der Normalverteilung nur eine vereinfachende Approximation sein kann.
Grundzüge der Portefeuilletheorie
109
Man erhält ein riskantes effizientes Portefeuille, wenn in der Nebenbedingung (IV. 13) für RP ein fester Wert RP*>0 eingesetzt und unter Beachtung dieser Nebenbedingung die Varianz (IV. 11) minimiert wird. Die Nebenbedingung (IV. 13) mit RP=RP* kann wie folgt dargestellt werden: (IV.16)
RP*- 2:Xn-[E(Pin)-(l + r).Pon] = 0. n=l
Nach dem Ansatz von LAGRANGE liegt der Minimalwert der Funktion (IV.l 1) unter der Nebenbedingung (IV.16) dort, wo die folgende zusammengesetzte Funktion L (die sogenannte LAGRANGE-Funktion) (IV.17)
L=i
Zx„.x^.Kov(Pin;Pl^)
n=lm=l
+ ^ . R P * - Z x ^ . [ E ( P i J - ( l + r).Pon]
ihren Minimalwert annimmt. Die notwendigen (und hinreichenden) Bedingungen hierfür lauten: (IV. 18) ÖL = N S2-x^.Kov(Pi^;Pl^)-^.[E(Pi^)-(l-Hr).Pon] = 0 ^ n
m=l
(n=l,2,...,N) und r3l * N (IV.19) — = RP - Z x ^ . [ E ( P i J - ( l + r).Pon] = 0. ö^ n=l Die Gleichung (IV. 18) stellt allgemein die gleich null gesetzte erste partielle Ableitung der Funktion (IV.17) nach x^ dar. Da jeder Variable xi,X2,...X]sj eine solche Gleichung entspricht, gibt es N Gleichungen dieser Art. Der Ausdruck S2.x^.Kov(Pi^;Pl^) = 2. Zx^.Kov(Pin;Pi^) m=l
m=l
in (IV. 18) gibt an, wie weit die Varianz des Endwertes des Portefeuilles und mithin die des Endvermögens steigt, wenn ausgehend von dem Portefeuille xi,X2v.X]sj eine zusätzhche Einheit des Wertpapiers n erworben wird. Dieser
no
Kapitel IV
Ausdruck wird als Grenzvarianz des Portefeuilles bezügUch des Wertpapiers n bezeichnet. Bei drei Wertpapieren (N=3) ergibt sich gemäß (IV.IIa) folgende Grenzvarianz bezüglich des Wertpapiers 1: - — = 2 - X i - K n + SXm*Kini+ E^m-Knii. ^^1 m=2 m=2
Der erste Summenausdruck bezieht sich auf die Kovarianzen K12 und K13 und der zweite auf die Kovarianzen K21 und K31. Wegen Kijn=Kjni kann man für die Grenzvarianz auch schreiben:
aa^ :2-xi-Kn+2. Exin.Kijn=2- Exin-K Im' ^^1
m=2
m=l
wobei Kiin = Kov(Pii;Pijn). Das Analoge gilt für die Grenzvarianzen bezüghch der Wertpapiere 2 und 3. Die Bedingung (IV. 19) ist die gleich null gesetzte erste partielle Ableitung von (IV. 17) nach X; sie ist mit der Nebenbedingung (IV.lö) identisch. (IV.18) (mit n=l,2,...5N) und (IV.19) beschreiben ein Gleichungssystem mit N+1 Gleichungen und N+1 Variablen (xi,X2v..X]sf,A,). Sind alle Gleichungen voneinander linear unabhängig, so existiert eine eindeutige Lösung (und davon wird im folgenden stets ausgegangen). Sie wird mit x*,X2v-^x^,^* bezeichnet. Hierfär muß gemäß (IV. 18) gelten: (IV.2O)
2- i:Xm-Kov(Pi„;Pi^) = A.*{E(Pi„)-(l+r)-PoJ
(n=l,2,...,N).
m=l
Hieraus folgt: N
HC
~
~
2- Zxm-Kov(Pin;Pim) (IV.21) - ^ ^ = X* E ( P i J - ( l + r)-Po„ Für den Summenausdruck in (rv.21) gilt: (IV.22)
(n=l,2,...,N).
Ix;.Kov(Pi„;Pi^) = Kov(Pi„; fx*^.?!^) m=l
m=l V
/
=WP,
= Kov(Pin;WPr),
Grundzüge der Portefeuilletheorie
wobei WPf den Endwert des effizienten Portefeuilles net. Somit läßt sich (IV.21) wie folgt schreiben
2JCov(P,„;WPi) ^ ^ . E(P,„)-(l + r).Po„
XI,X2V-?XN
111
bezeich-
(„=,,2,...,N).
Interpretation: 2 • Kov(Pij^; WPj) gibt an, wie sich die Varianz des Portefeuilles und mithin des Endvermögens ändert, wenn ausgehend vom effizienten Portefeuille xf,X2 5...,XN eine zusätzliche Einheit des Wertpapiers n erworben wird {Grenzvarianz), Gemäß (IV.23) ist beim effizienten Portefeuille für jedes Wertpapier n das Verhältnis aus der Grenzvarianz und der Risikoprämie je Wertpapiereinheit gleich A,*. Der LAGRANGE-Multiplikator X,* bringt zum Ausdruck, wie weit die Varianz des Endwertes des Portefeuilles steigt, wenn ausgehend von dem effizienten Portefeuille x*, x^,..., y-^ die Risikoprämie RP um eine marginale Einheit erhöht und dabei wieder ein effizientes Portefeuille gewählt wird. X* ist positiv und gleich der Steigung der Effizienzkurve im (|Li,a2)-Diagramm an der Stelle E(Vi) = (l + r ) V o + R P * . Aus }^ >0 folgt: Ist die Kovarianz zwischen P^j^ und dem Endwert des Portefeuilles xjf, X2,..., x^ positiv, kann das Wertpapier n nur dann mit einem positiven Bestand in diesem Portefeuille enthalten sein, wenn auch seine Risikoürämie E(Pin) - (1 + r) • PQ^ positiv ist. Die letzte Einheit des Wertpapiers n trägt dann dazu bei, daß die Varianz des Endwertes des Portefeuilles steigt; zum Ausgleich muß die Risikoprämie positiv sein. Bei negativer Kovarianz eines Wertpapiers n kann dieses auch dann mit einem positiven Bestand im Portefeuille xi,X2,...,X|^ enthalten sein, wenn E(Pin)-(l + r)-Pon <0 gilt. Die letzte Einheit des Wertpapiers n trägt dann dazu bei, daß die Varianz des Portefeuilles sinkt. Diese „Versicherungswirkung" des Wertpapiers kann die Inkaufiiahme seiner negativen „Risikoprämie" rechtfertigen. 4.5.
Höhe und Interpretation von A.*
Im folgenden sollen weitere Zusammenhänge gezeigt werden, die vor allem für die Analyse der Gleichgewichtspreise im CAPM (Kapitel V, Abschnitt 5) von Bedeutung sind. Die Effizienzbedingung (IV.23) gilt nicht nur flir einzelne Wertpapiereinheiten, sondern auch für beliebige Teile des Portefeuilles und das Gesamtportefeuille: (,V.24)
^',2.K°v(WPi;WP,)^^Var(WPi) RP* RP*
112
KapitellV
Interpretation von (IV.24): Wie erläutert wurde, verläuft die Effizienzkurve im (|Li,a)-Diagramm linear. Bezeichnet man ihre Steigung allgemein mit x, so gilt für die Menge der effizienten Portefeuilles der folgende Zusammenhang: Sta(WPi) = x-RP bzw. (IV.25)
Var(WPi) = x^ • Rp2.
Aus (IV.25) folgt für die Steigung der Effizienzkurve im (|Li,a2)-Diagramm an der Stelle RP > 0: dVar(WR) . ^^ ^— = 2 • x^ • RP. dRP Die Steigung der Effizienzkurve im (|Li,a^)-Diagramm ist somit eine linear steigende Funktion von RP (geht RP gegen null, so gilt dies auch für die Steigung). Aus (IV.25) folgt außerdem: (IV.26)
Var(WPi) . ^^ Li = x^ • RP. RP Ein Vergleich von (IV.26) mit (IV.27) zeigt, daß die Steigung der Effizienzkurve im (|Li,a2)-Diagramm für eine beliebige Risikoprämie RP>0 doppelt so groß ist wie der zugehörige Quotient Var(WPi)/RP. Da diese Steigung mit dem X -Wert für das betreffende Portefeuille übereinstimmt, ist dieser Wert auch doppelt so groß wie dieser Quotient. Entsprechend gilt für das betrachtete effiziente Portefeuille mit der Risikoprämie RP* und der Varianz Var(WP*) die Gleichung (IV.24). Aus (IV.24) folgt in Verbindung mit (IV.23): (IV.27)
E(Pl)-(l + r)-Pon
RP
2
Für das effiziente Portefeuille XI,X2,...,XN gilt somit: Das Verhältnis der Kovarianz Kov(Pin;WPf) zur Risikoprämie einer Einheit des Wertpapiers n ist gleich dem Verhältnis der Varianz des gesamten Portefeuilles zur Risikoprämie dieses Portefeuilles.
Grundzüge der Portefeuilletheorie
4.6.
113
Eigenschaften des optimalen Portefeuilles
4.6.1. Allgemeine Charakteristik Da das optimale Portefeuille effizient ist, gelten die obigen Darstellungen auch für dieses Portefeuille. Der X-Wert fär das Optimum, A^^p^, ist gleich der Steigung der Effizienzkurve im (|Li,a2)-Diagramm beim Abszissenwert E(Vi Qpt) = (H-r)-Vo+RPopt- Da hier die Effizienzkurve eine Indifferenzkurve tangiert, folgt: A.Qpt ist gleich der Steigung Stg^p^ der Indifferenzkurve im Tangentialpunkt. Gemäß (IV.28) gilt somit:
<"^'''
E(P„)-(l + r).P„„
RP„p,
2-^op, = ^Stg^,
Bedingungen für das optimale Portefeuille bei Orientierung am (ju, a)-Prinzip Die Anschaffungsauszahlung AQ opt des optimalen Portefeuilles xj ^p^, X2^opt ? ••-XN,opt beträgt N Ao,opt = Z Xn,opt • Pon • n=l
Ist dieser Betrag niedriger als VQ, SO wird die Differenz VQ-Ao^opt ^^^ Zinssatz r angelegt. Ist er höher, so wird AQ opt~ VQ zum Zinssatz r geliehen. 4.6.2. Umfang des optimalen Portefeuilles Da bei exponentieller Nutzenfunktion und normalverteiltem Endvermögen die Indifferenzkurven im (|Li,a2)-Diagramm linear mit der Steigung 2/a verlaufen, ist hierbei X^^^ exogen vorgegeben: X^p^ = 2 / a. Somit gilt gemäß (IV.29): (IV.30)
Var(WPiopt) 1 ^ i^opt/^^ RPopt ^
Der Quotient aus Varianz und Risikoprämie des optimalen Portefeuilles ist somit eine proportional steigende Funktion der Risikotoleranz 1/a. Dies wiederum impliziert, daß der Umfang des optimalen Portefeuilles ebenfalls eine proportional steigende Funktion der Risikotoleranz ist: Wird zum Beispiel die Risikotoleranz verdoppelt, so steigt der Umfang des Portefeuilles (bei gegebener Struktur) ebenfalls auf das Doppelte: Die Varianz steigt damit auf das Vierfache, die Risikoprämie auf das Doppelte, so daß sich der Quotient ebenfalls verdoppelt. Jedoch ist auf Grund der Linearität der Indifferenzkurven der
114
KapitellV
Umfang des optimalen Portefeuilles (bzw. RPopt ^nd Var(Vi ^pt)) unabhängig vom Anfangsvermögen VQ. Bei quadratischer Nutzenfunktion U( V^) = b • V^ - c • V^^ ist der Umfang des optimalen Portefeuilles vom Ausgangsvermögen VQ sowie den Parametern b und c abhängig. Die Zusammenhänge lassen sich anschaulich im (|j.,a)-Diagramm zeigen, in dem die Effizienzkurve linear verläuft und die Indifferenzkurven die Form konzentrischer Halbkreise haben. Die Verbindungsstrecke TM zwischen dem Tangentialpunkt T einer beliebigen Effizienzkurve mit einer Indifferenzkurve und dem Mittelpunkt M der Indifferenzkurven bildet einen rechten Winkel mit der Effizienzkurve. Sta(Vi)
Effizienzkurve 1
Effizienzkurve 2
Abb. IV.4.4: Zum Einfluß von VQ auf das optimale Wertpapierportefeuille Wenn bei gegebener Steigung der Effizienzkurve und bei gegebenen Werten für b und c, d.h. bei gegebenem Mittelpunkt M, der Vermögenswert VQ steigt, wandert der Tangentialpunkt der Effizienzkurve mit einer Indifferenzkurve entlang der Strecke TM zum Mittelpunkt M; die Standardabweichung des Portefeuilles ist somit c.p. eine Imcai fallende Funktion von VQ. Dieser Zusammenhang kann wie folgt erklärt werden: Eine quadratische Nutzenfunktion impliziert steigende absolute Risikoaversion. Steigt VQ, wird der Investor reicher und damit risikoaverser. Somit wird für ihn eine geringere Standardabweichung und folglich auch eine niedrigere Risikoprämie optimal. Abbildung IV.4 verdeutlicht diesen Zusammenhang für den Übergang von Vo = Vo auf Vo=VQ* . Im Fall Vo = VQ hält der Investor dasjenige Portefeuille, das dem Tangentialpunkt T^ entspricht. Bei einem Anstieg von VQ auf VQ* hält er dasjenige Portefeuille, das dem Punkt T2 entspricht. Da dessen Stan-
Grundzüge der Portefeuilletheorie
115
dardabweichung kleiner ist als die in der Ausgangsposition, hält nun der Investor ein kleineres Portefeuillevolumen; entsprechend sinkt auch seine Risikoprämie. Wenn sich bei gegebenem VQ-Wert und gegebener Steigung der Effizienzkurve der Mittelpunkt M der Indifferenzkurven nach rechts bewegt, also die Risikoaversion sinkt, wandert der Tangentialpunkt T der Effizienzkurve mit einer Indifferenzkurve entlang der Effizienzkurve nach rechts oben. Die Standardabweichung des optimalen Portefeuilles ist c.p. eine linear steigende Funktion des Abszissenwertes von M. Entsprechend steigt auch die Risikoprämie des Portefeuilles. Abbildung IV.5 verdeutlicht diesen Zusammenhang für den Übergang von M auf M bzw. den Übergang vom Tangentialpunkt T\ auf T2. Da der Abszissenwert des Mittelpunktes M gleich b/2c ist, kann der Zusammenhang auch wie folgt formuliert werden: Die Standardabweichung und die Risikoprämie des optimalen Portefeuilles sind c.p. eine linear steigende Funktion von b und eine fallende von c.
i
' Sta(Vi)
Effizienzkurve
'"'^"-. \ \ \ \
/ 0 (l + r)-Vo
(
\
*f \M
1
b*
b
2c*
2c
** **
^ E(Vi)
Abb. IV.5: Zum Einfluß von b/2c auf das optimale Wertpapierportefeuille Die in den Abbildungen IV.4 und IV.5 dargestellten Beziehungen lassen sich wie folgt verallgemeinem (LAUX, 1998a): Bei gegebener Steigung der Effizienzkurve sind die Standardabweichung und die Risikoprämie bzw. der Umfang des optimalen Portefeuilles eine proportional steigende Funktion von
116
Kapitell V
D = b / 2 c - ( l + r ) - V o . Dabei bezeichnet D die Risikotoleranz bezüglich der quadratischen Nutzenfunktion U(Vi) an der Stelle Vj =(1 +r) • VQ.^) Führt eine Änderung von VQ, b und/oder c dazu, daß die Risikotoleranz D = b / 2 c - ( l + r ) - V o auf das x-fache steigt bzw. sinkt, so ändern sich im gleichem Verhältnis die Risikoprämie und somit die Standardabweichung des optimalen Portefeuilles. Im gleichen Verhältnis ändert sich damit auch der optimale Bestand an Wertpapieren n (n=l,2,...,N) bzw. der optimale Umfang des Portefeuilles.
Ergänzende und vertiefende Literatur: BiTz(1981, S. 110-151); ELTON/GRUBER (1991); FRANKE/HAX (2004, S. 312328); INGERS0LL(1987, S. 65-113); LAUX (2005a); MARKOWITZ (1952; 1959); RUDOLPH (1979, S. 1-59); SCHMIDT/TERBERGER (1997, S. 309-338); SHARPE (1970); TOBIN (1958).
5)
Beweis: Für die quadratische Nutzenfunktion U(V|) = b - V | - c- Vj beträgt die Risikotoleranz an der Stelle V| gemäß den Darstellungen in Kapitel I, Abschnitt 3.5:
r,
V. 1.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen Problemstellung
Die im Kapitel IV dargestellten Modelle der Portefeuilleplanung beruhen auf der Annahme, daß der einzelne Livestor durch seine Transaktionen auf dem Kapitalmarkt die Wertpapierpreise nicht wahrnehmbar beeinflußt. Jedoch hängen die Preise von den Transaktionen aller Livestoren ab, die durch ihre Dispositionen Angebot und Nachfrage an Wertpapieren bestimmen. Wenn die Livestoren gemäß den Darstellungen in Kapitel IV ihre optimalen Portefeuilles bilden, ergeben sich Implikationen für die Preise im Kapitalmarktgleichgewicht, die im folgenden untersucht werden. Dabei wird insbesondere auch gezeigt, wie die Preise von ihren Determinanten abhängen. Die Preisbildung hängt davon ab, welche Eigenschaften der Kapitalmarkt aufweist. Im allgemeinen wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, er sei „vollkommen". Die betreffenden Voraussetzungen werden in Abschnitt 2 beschrieben. Wesentliche Erkenntnisse liber Gleichgewichtspreise lassen sich mit Hilfe einfacher Arbitrageüberlegungen bereits unter der schwachen Annahme gewinnen, daß jeder Investor auf dem Kapitalmarkt eine dominante Wahrscheinlichkeitsverteilung über das Endvermögen einer dominierten vorzieht. Damit befaßt sich Abschnitt 3. Besondere Beachtung findet dabei der „vollständige" Kapitalmarkt, der auch in späteren Kapiteln oft zugrunde gelegt wird. Es wird u.a. gezeigt, daß im Gleichgewicht (in dem keine gewinnbringenden Arbitragemöglichkeiten bestehen) eines vollständigen Kapitalmarktes Preise n^ für zustandsbedingte Zahlungsansprüche existieren, mit denen die Preise sämtlicher Wertpapiere ermittelt bzw. erklärt werden können. Allerdings ist die Höhe dieser Preise ihrerseits erklärungsbedürftig. Zur theoretischen Analyse der Preise n^ und der entsprechenden Preise beliebiger Wertpapiere müssen die Risikopräferenzen und die Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Investoren bezüglich der Zustände Sg berücksichtigt werden. In dem in Abschnitt 4 vorgestellten State Preference Ansatz (SPA) wird davon ausgegangen, daß der Kapitalmarkt (vollkommen und) vollständig ist und die Investoren gemäß den Darstellungen in Kapitel IV, Abschnitt 3, optimale Portefeuilles bilden. Obwohl keine speziellen Annahmen über die Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Investoren und ihre (konkaven) Nutzenfunktionen getroffen werden, lassen sich (wie gezeigt wird) die Preise n^ anschaulich mit Hilfe der Optimalitätsbedingungen fllr ein beliebiges individuelles Portefeuille erklären. Zudem wird die Bedeutung der Eintrittswahrscheinlichkeiten der Zustände und der zustandsabhängigen Grenznutzenwerten der Investoren flir die Höhe der Gleichgewichtspreise verdeutlicht. In Abschnitt 5 wird das Capital Asset Pricing Model (CAPM) erläutert, das einschränkende Annahmen über die Präferenzen der Investoren auf dem Kapitalmarkt macht, aber nicht die Vollständigkeit des Kapitalmarkts voraussetzt.
118
Kapitel V
Es beruht auf der Annahme, daß sich alle Investoren am (|Li,a)-Prinzip orientieren und ihre Portefeuilles gemäß den Darstellungen in Kapitel IV, Abschnitt 4, bilden. Dabei werden die Zustände Sg nicht explizit berücksichtigt, sondern implizit über die Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen der Endwerte der Wertpapiere. Außerdem wird angenommen, daß alle Investoren bezüglich dieser Größen homogene Erwartungen haben. Im Marktgleichgewicht hält dann jeder Anteilseigner einen proportionalen Anteil am Marktportefeuille, das sämtliche Wertpapiere enthält. Dadurch ist es in relativ einfacher Weise möglich, die Optimumbedingungen für ein individuelles Portefeuille in Gleichgewichtspreise zu überführen. Zwar bieten die Prämissen des CAPM (insbesondere die Annahme homogener Erwartungen) Anhaltspunkte zur Kritik. Trotzdem soll es ausführlich diskutiert werden. Zum einen findet es - wie in späteren Kapiteln gezeigt wird - in der Praxis vielfältige Anwendungen (insbesondere bei der Fundierung der Investitionsplanung, der Untemehmensbewertung sowie der Erfolgskontrolle und Erfolgsbeteiligung). Zum anderen vermittelt es (und dies ist ein wesentlicher Grund für seine weite Verbreitung) in kompakter und anschaulicher Weise wertvolle Erkenntnisse und erleichtert das Verständnis und die Einordnung anderer Modelle der Bewertung riskanter Wertpapiere. Dabei ist zu beachten, daß es sich auch bei den anderen Kapitalmarktmodellen wie bei allen ökonomischen Modellen um vereinfachende und abstrahierende Darstellungen der Realität handelt. Bei Rückschlüssen aus der Modellanalyse auf die wirtschaftliche Wirklichkeit ist daher stets Vorsicht geboten. In Abschnitt 6 wird der modifizierte State Preference Ansatz vorgestellt, in dem der Markt zwar unvollständig ist, jedoch trotzdem die Gleichgewichtspreise riskanter Wertpapiere analog zum SPA ermittelt werden können. Wie in Abschnitt 7 erläutert wird, dienen in nachfolgenden Kapiteln der (modifizierte) SPA und das CAPM als theoretische Grundlagen für die Analyse praxisrelevanter Probleme der Investitionsplanung. Der modifizierte SPA hat in dieser Arbeit insbesondere auch Bedeutung für die Analyse anreizkompatibler Erfolgsbeteiligungen für Manager. Die Darstellungen des voriiegenden Kapitels werden in Kapitel VII vertieft und erweitert. Bei der Erklärung der Preisbildung auf dem Kapitalmarkt bleibt zunächst offen, welche Konsequenzen daraus für die Geschäftspolitik eines Unternehmens gezogen werden können bzw. sollen. Auf der Grundlage der diskutierten Modelle wird in nachfolgenden Kapiteln untersucht, ob und gegebenenfalls wie das Risiko im Kapitalmarktgleichgewicht pareto-effizient geteilt wird, wie Ziele für die Untemehmensplanung theoretisch fundiert werden können und welche finanzwirtschaftlichen Entscheidungskriterien damit im Einklang stehen. Die Modelle der Bewertung und der Preisbildung auf dem Kapitalmarkt dienen auch der Ermittlung des Untemehmenswertes und der Prognose des Einflusses zusätzlicher Investitionen auf den Marktwert der Aktien des investierenden Untemehmens.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
119
hn vorliegenden Kapitel werden wie in Kapitel IV stets absolute Größen betrachtet. Zum Beispiel werden für das CAPM die Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen auf die Endwerte der Wertpapiere bezogen und nicht wie in der Literatur üblich auf deren Renditen. Diese Darstellungsform erleichtert die theoretische Analyse von Bedingungen der Vorteilhaftigkeit „zusätzlicher" bzw. „neuer" Investitionsprojekte (Kapitel VIII, XI und XII). Zudem wird unmittelbar ersichtlich, welchen Einfluß zusätzliche Projekte auf die Marktwerte von Aktien und anderen Wertpapieren haben. Bei der in der Literatur üblichen Konzentration auf Renditen werden Informationen von vornherein aggregiert, wodurch das Verständnis wesentlicher Zusammenhänge erschwert wird.
2.
Charakteristik des vollkommenen Kapitalmarktes
Im Vordergrund der folgenden Darstellungen steht der ..vollkommene" Kapitalmarkt. Bei vollkommenem Kapitalmarkt gilt: 1. Es gibt keine Informationskosten. 2. Es gibt keine Transaktionskosten und keine Steuem. 3. Alle Wertpapiere sind beliebig teilbar. 4. Jeder Kapitalgeber (jeder Investor auf dem Kapitalmarkt) handelt rational im Sinne des BERNOULLI-Prinzips und maximiert sdintn finanziellen Nutzen. ^) 5. Es besteht vollkommene Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt: Diejenigen Akteure, die Wertpapiere kaufen oder verkaufen, agieren als Mengenanpasser. Jeder handelt so, als habe er keinen Einfluß auf die Wertpapierpreise (genauer: sein Einfluß ist für seine eigene Entscheidung vemachlässigbar gering). 6. Gleicher Marktzugang: Die Kapitalgeber können auf dem Kapitalmarkt die Transaktionen, die ein Unternehmen durchführen kann, auch privat zu denselben Konditionen durchführen. Jedes Wertpapier, das von einem Unternehmen gehandelt werden kann, kann also auch von jedem individuellen Kapitalgeber zu denselben Bedingungen gekauft und verkauft werden. Die Prämisse gleichen Marktzugangs beinhaltet außerdem, daß jedes Wertpapier (jede Anwartschaft auf stochastische Zahlungen), das von einem Unternehmen emittiert werden kann, von jedem Kapitalgeber auch privat zu denselben Bedingungen auf seinen Namen ausgegeben werden kann. Im folgenden wird stets von einem vollkommenen Kapitalmarkt ausgegangen, wenn nicht einzelne Prämissen aufgegeben werden. Vor allem die Prämisse, daß jeder Kapitalgeber seinen finanziellen Nutzen maximiert, soll in späteren Kapiteln aufgehoben werden (Teil F). Die Annahme, wonach es keine Transaktionskosten gibt, bezieht sich in der vorhegenden Arbeit ausschließhch auf den Handel mit existierenden Wertpapieren. Es entstehen zum Beispiel keine Kosten für die Suche eines Vertragspartners, den Vertragsabschluß und die Erfüllung des Vertrages (keine Bankspesen und Maklergebühren). Es wird jedoch nicht vorausgesetzt, daß es für 1)
Zu Implikationen beschränkter Rationalität vgl. Kapitel XII, Abschnitt 9.
120
Kapitel V
alle kostenlos möghch ist, durch Emission bzw. „Produktion" entsprechender Wertpapiere Risiken bezüglich beliebiger möglicher Ereignisse (auch „privater Ereignisse") pareto-effizient zu teilen.^) Wesenthche praxisrelevante Grundprobleme der Investitions- und Finanzierungstheorie, die analysiert werden, würden sich dann in der dargestellten Form gar nicht stellen.^)
3. 3.1.
Arbitragefreiheit als notwendige Bedingung für ein Kapitalmarktgleichgewicht Grundlagen
Wie in den Abschnitten 4 und 5 für den SPA und das CAPM gezeigt werden wird, hängen Gleichgewichtspreise für Wertpapiere auf Kapitalmärkten von den Risikopräferenzen und den Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Marktteilnehmer ab. Grundlegende Erkenntnisse über Preise lassen sich aber auch gewinnen, ohne daß bestimmte Annahmen über Risikoeinstellungen und Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Anleger getroffen werden, indem man Arbitrageüberlegungen anstellt.^) Dabei geht es um ein allgemeines Grundprinzip der Bewertung ungewisser Zahlungsströme, das wesentlich zum Verständnis von Eigenschaften eines Marktgleichgewichts beiträgt. Die folgenden Darstellungen beruhen auf den in Abschnitt 2 dargestellten Annahmen eines vollkommenen Kapitalmarkts. Darüber hinaus wird angenommen, daß Leerverkäufe ohne weiteres zulässig sind. „Im einfachsten Fall einer Arbitrage kauft jemand (der Arbitrageur) ein Gut von einem Geschäftspartner und verkauft es gleichzeitig zu einem höheren 2) 3)
4)
Analog können im vollkommenen Produktmarkt zwar Güter und Leistungen kostenlos gehandelt, nicht jedoch kostenlos produziert werden. Zum Beispiel wäre ein vollkommener Kapitalmarkt stets „vollständig", sofern eine „Unvollständigkeit" zu Wohlfahrtsverlusten fuhren würde. Auch ein wesentlicher Grund für die Existenz zustandsabhängiger Nutzenfunktionen, mit denen unterschiedhche Portefeuillestrukturen der Akteure auf dem Kapitalmarkt erklärt werden können, würde entfallen. Allerdings wird davon ausgegangen, daß jeder Investor jedem Zustand S^ (s= 1,2,...,S) eine positive Wahrscheinlichkeit beimißt. Außerdem sind alle davon überzeugt, daß nur einer der Zustände S|,S2v,Ss eintreten kann. Würde ein Investor i dem Zustand Sg* beharrlich die Wahrscheinlichkeit null zuordnen, so wäre er bereit, unbegrenzt viele Zahlungsansprüche für diesen Zustand zum „Nulltarif zu verkaufen. Er ist eben davon überzeugt, daß er sein Zahlungsversprechen mit Sicherheit nicht einlösen muß. Ein Investor j , der dem Zustand Sg* eine positive Wahrscheinlichkeit zuordnet, könnte jedoch aus seiner Sicht seinen Erwartungsnutzen unbegrenzt erhöhen, sofern der Grenznutzen seines Endvermögens stets positiv ist, indem er Zahlungsansprüche auf den Zustand Sg* vom Investor i zum Preis von null kauft. Es könnte dann also kein Gleichgewicht existieren. Es muß somit folgende Bedingung erfüllt sein: Wenn einer der Investoren einem Zustand eine positive Wahrscheinlichkeit oder eine Wahrscheinlichkeit von null zuordnet, gilt dies zugleich für alle anderen Investoren; jedoch müssen die WahrscheinlichkeitsVorstellungen nicht homogen sein.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
121
Preis an einen anderen. Die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis ist der Arbitragegewinn. Arbitrage bedeutet gewinnbringendes Ausnutzen von Preisdifferenzen durch simultanen Kauf und Verkauf von Gütern" (FRANKE/HAX, 2004, S. 368). Erzielt jemand einen Arbitragegewinn, so entstehen für andere entsprechende Verluste. Andemfalls wären „free lunches" möglich, wobei alle durch Arbitrage ihr Vermögen erhöhen könnten. „Niemand nimmt freiwillig und bewußt einen Arbitrageverlust in Kauf UnvoUkommenheiten des Marktes können zu unbewußten Arbitrageverlusten fähren. Zum Beispiel weiß jemand nicht, daß er das Gut anderswo billiger einkaufen kann. Bei vollkommenem Markt ist jedoch jeder Akteur über alles informiert. Daher kann es weder Arbitrageverluste noch -gewinne geben. Folglich kostet das Gut überall gleich viel, es gilt das „Gesetz des Einheitspreises". Dieser Preis kann sich natürlich im Zeitablauf ändem" (FRANKE/HAX, 2004, S. 368). Auf dem Kapitalmarkt erfolgt eine Arbitrage durch Kaufund Verkauf einzelner Wertpapiere oder Portefeuilles von Wertpapieren. Ist der Kapitalmarkt wie angenommen vollkommen, so kennen alle Akteure auf dem Kapitalmarkt die Endwerte P^j^g der Wertpapiere (einschUeßUch Zinsen und Dividenden) in den möglichen Zuständen Sg. Zwar kann bei vollkommenem Kapitalmarkt nur dann ein Gleichgewicht vorUegen, wenn keine gewinnbringenden Arbitragemöglichkeiten mehr gegeben sind, d.h. der Markt „arbitragefrei" ist. Trotzdem soll im folgenden untersucht werden, unter welchen Bedingungen (gewinnbringende) Arbitragemöghchkeiten überhaupt bestehen. Die Kenntnis dieser Bedingungen ist Voraussetzung daför, daß Arbitragemöghchkeiten gar nicht erst entstehen oder durch Finanztransaktionen unmittelbar beseitigt werden. Außerdem wird mit diesen Bedingungen untersucht, wie bei Arbitragefreiheit die Preise von Wertpapieren mit Hilfe der Preise anderer Wertpapiere erklärt werden können, ohne die Wahrscheinhchkeiten flir die Zustände und die Nutzenfimktionen der Investoren auf dem Kapitalmarkt explizit berücksichtigen zu müssen. Die Darstellungen haben auch Bedeutung für die Prognose des Marktwertes neuer Wertpapiere oder neuer Investitionsprojekte im Rahmen der Investitions- und Finanzplanung. Es können verschiedene Formen der Arbitrage unterschieden werden, die Differenzarbitrage, die Dominanzarbitrage und Arbitragevarianten, die mögliche Vorteile der Differenz- und der Dominanzarbitrage miteinander verbinden. Bei einer Differenzarbitrage werden in der Weise simultan Wertpapiere gekauft und (leer-) verkauft, daß zum Zeitpunkt 0 ein sicherer Einzahlungsüberschuß bzw. ein sicherer Arbitragegewinn erzielt wird und ohne Berücksichtigung dieses Einzahlungsüberschusses das Vermögen am Ende der Periode in jedem Zustand Sg konstant bleibt. (Legt der Arbitrageur den Uberschuß zum Zinssatz r an, so steigt sein Endvermögen mit Sicherheit um den aufgezinsten Betrag.) Eine Differenzarbitrage kann darin bestehen, daß Wertpapiere zu relativ niedrigen Preisen gekauft und simultan zu höheren Preisen wieder verkauft werden; die Differenz zwischen Verkaufserlösen und Einstandspreisen ergibt den Arbitragegewinn. Zur Erläuterung von (gewinnbringenden) Möglichkeiten einer Differenzarbitrage wird zunächst das Beispiel in Matrix V.l betrachtet.
122
Kapitel V
Wertpapier
Preis zum Zeitpunkt 1 im Zustand Sj S2
Preis zum Zeitpunkt 0
1
100
100
90
2
100
0
60
3
0
100
35
Matrix V.l: Beispiel für eine Arbitragemöglichkeit (Differenzarbitrage) Auf dem Kapitalmarkt werden drei Wertpapiere gehandelt. Das Wertpapier 1 hat zum Zeitpunkt 0 den Preis 90 und am Ende der Periode mit Sicherheit den Preis 100. Die Preise der beiden anderen Papiere zum Zeitpunkt 1 hängen davon ab, welcher der Zustände Sj und S2 eintritt. Will jemand einen Anspruch auf eine Zahlung von 100 GE im Zustand Sj und im Zustand S2 erwerben, also Geld risikolos anlegen, so kann er entweder Wertpapier 1 kaufen oder die Wertpapiere 2 und 3 gemeinsam. Da das Wertpapier 1 90 GE kostet und die Wertpapiere 2 und 3 zusammen 95 GE, zeigt sich eine gewinnbringende Arbitragegelegenheit: Es werden die Wertpapiere 2 und 3 leerverkauft und das Wertpapier 1 gekauft, wobei zum Zeitpunkt 0 ein Einzahlungsüberschuß von (95-90=) 5 GE erzielt wird. Da der Einzahlungsüberschuß des gesamten Portefeuilles am Ende der Periode in jedem Zustand gleich null ist, beträgt der sichere Arbitragegewinn 5 GE. Da „free lunches" möglich sind, kann kein Gleichgewicht vorliegen. Ein Gleichgewicht kann nur dann existieren, wenn die Wertpapiere 2 und 3 zusammen ebensoviel kosten wie das Wertpapier 1; es besteht dann Arbitragefreiheit, Allgemein kann der Kapitalmarkt nur dann arbitragefrei sein, wenn zwei beliebige Portefeuilles, die in jedem Zustand Sg (s=l,2,...,S) denselben Endwert aufweisen, zum Zeitpunkt 0 denselben Marktwert haben. Bei einer Dominanzarbitrage wird zum Zeitpunkt 0 weder ein Arbitragegewinn noch ein -verlust erzielt. Jedoch steigt am Ende der Periode in mindestens einem Zustand Sg das Endvermögen, wobei es in keinem Zustand sinkt; die Arbitrage ist nach dem Dominanzprinzip vorteilhaft. Zur Erläuterung wird die Matrix V.2 betrachtet: Wertpapier
Preis zum Zeitpunkt 1 im Zustand S| S2
Preis zum Zeitpunkt 0
1
105
50
75
2
80
10
60
3
20
40
15
Matrix V.2: Beispiel für eine im Zustand S^ gewinnbringende Arbitragemöglichkeit (Dominanzarbitrage) Hier kann man ohne Einsatz von Kapital 5 GE für den Zustand Sj gewinnen, indem man je eine Einheit der Papiere 2 und 3 leerverkauft und mit dem Erlös
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
123
eine Einheit des Papiers 1 kauft. Bei Eintreten des Zustandes S2 hat die Arbitrage keine Auswirkung. Möglicherweise kann durch Arbitrage schon zum Zeitpunkt 0 ein sicherer Gewinn und in mindestens einem Zustand Sg ein zusätzlicher Gewinn erzielt werden. Im Beispiel der Matrix V.2 besteht diese Arbitragegelegenheit zum Beispiel dann, wenn der Preis des Wertpapiers 3 nur 14 beträgt. Arbitragefi"eiheit setzt zwar voraus, daß die Anleger ein höheres Geldvermögen einem niedrigerem vorziehen. Spezifische Entscheidungsprinzipien wie etwa das BERNOULLI-Prinzip werden jedoch flir die Analyse der Arbitragefreiheit nicht benötigt. Entsprechend ist Arbitragefreiheit auch nur eine notwendige und keine hinreichende Bedingung für ein Marktgleichgewicht. Auch wenn keine Gelegenheiten fllr Arbitragegewinne bestehen, können Investoren möglicherweise durch Transaktionen auf dem Kapitalmarkt Vorteile erzielen. Bei Orientierung am BERNOULLI-Prinzip können sich Käufe und Verkäufe von Wertpapieren deshalb als vorteilhaft erweisen, weil die vorliegende Risikoteilung nicht pareto-effizient ist. Das Prinzip der Arbitragefreiheit hat große Bedeutung in Theorie und Praxis. Arbitrageüberlegungen sind erstmals von MODIGLIANI/MILLER (1958) angestellt worden, um die Konsequenzen von Finanzierungsentscheidungen zu analysieren. Ergebnis der Analyse war das sogenannte Jrrelevanztheorem" der Untemehmensfinanzierung, wonach es auf einem vollkommenem Kapitalmarkt gleichgültig ist, in welchem Umfang ein gegebenes Investitionsprogramm eines Untemehmens mit Eigenkapital oder mit Fremdkapital finanziert wird. Auch die Theorie der Optionspreisbildung, die in der Praxis große Bedeutung erlangt hat, beruht auf der Annahme der Arbitragefreiheit als Gleichgewichtsbedingung filr den Kapitalmarkt. Hierauf kommen wir (insbesondere auch in Kapitel XII, Abschnitt 7, in Verbindung mit flexibler Planung) zurück. 3.2,
Grundbedingung der Arbitragefreiheit
Das Prinzip der Arbitragefreiheit soll nun allgemeiner untersucht werden, wobei zunächst ohne Einschränkung der Allgemeinheit davon ausgegangen wird, daß es nicht möglich sei, explizit bzw. direkt zu einem risikolosen Zinssatz r Kapital anzulegen oder aufzunehmen. (Diese Annahme wird in Abschnitt 3.4 wieder aufgehoben.) Auf dem Kapitalmarkt werden N riskante Wertpapiere gehandelt. P^j^g bezeichnet den Endwert einer Einheit des Wertpapiers n (n=l,2,...,N) zum Zeitpunkt 1 bei Eintreten des Zustandes Sg (s=l,2,...,S) und Pon den Preis zum Zeitpunkt 0. Die Preise PQH sowie die Endwerte P^j^ g i^ den Zuständen Sg sind allen Investoren bekannt; jedoch wird nicht vorausgesetzt, daß die Investoren homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg haben. Die Bedingung der Arbitragefreiheit kann wie folgt formuliert werden: 1. Wenn der Endwert eines (Wertpapiers oder) Portefeuilles A in jedem Zustand Sg (s = 1,2,...,S) mindestens so hoch ist wie der eines (Wertpapiers
124
Kapitel V
oder) Portefeuilles B, ist der Marktwert des Portefeuilles A zum Zeitpunkt 0 mindestens so hoch wie der des Portefeuilles B. 2. Ist der Endwert des Portefeuilles A in jedem Zustand ebenso hoch wie der des Portefeuilles B, so stimmt der Marktwert des Portefeuilles A mit dem des Portefeuilles B überein. Bei abweichenden Marktwerten kann eine Differenzarbitrage vorgenommen werden, wobei das Portefeuille mit dem höheren Marktwert (leer-) verkauft und das mit dem niedrigeren gekauft wird; dabei entsteht im Zeitpunkt 0 ein sicherer Arbitragegewinn. 3. Ist der Endwert des Portefeuilles A in jedem Zustand mindestens so hoch wie der des Portefeuilles B, jedoch in mindestens einem Zustand höher, so ist der Marktwert des Portefeuilles A höher als der des Portefeuilles B. Bei gleichen Marktwerten kann durch (Leer-) Verkauf des Portefeuilles B und Kauf des Portefeuilles A flir die Zustände, in denen der Endwert des Portefeuilles A höher ist, ein Arbitragegewinn erzielt werden. Ist der Marktwert des Portefeuilles A niedriger als der des Portefeuilles B, so kann darüber hinaus ein sicherer Arbitragegewinn zum Zeitpunkt 0 erzielt werden. Bei Arbitragefreiheit kann der Preis eines Wertpapiers mit Hilfe eines Portefeuilles aus anderen Wertpapieren erklärt werden, dessen Endwert in jedem Zustand mit dem des betrachteten Wertpapiers übereinstimmt; der Preis des Wertpapiers ist gleich dem Marktwert des betreffenden Portefeuilles. Bedingung dabei ist allerdings, daß ein solches Portefeuille überhaupt existiert. Die Wertpapiere, deren Preise als gegeben betrachtet und mit denen die Preise anderer Wertpapiere erklärt werden, werden als Basiswertpapiere bezeichnet. Da der Kaufund simultane (Leer-) Verkauf von Aktien als Ganzes ihrerseits eine Portefeuillebildung implizieren, lassen sich in Anlehnung an INGERSOLL (1987, S. 53) zwei Grundtypen von Arbitragefreiheit unterscheiden: Der Kapitalmarkt ist arbitragefrei vom Typ 7, wenn kein Portefeuille XI,X2V.JXN mit positiven oder negativen x-Werten existiert, das folgende Bedingungen erfüllt: (V.l)
N
N
Xxn-Pon^O.^^
Ixn-Pln,s^O fÜr alle s und
n=l
n=l N
S ^n * Pin s ^ '^ für mindestens ein s. n=l
5)
1st der Summenausdruck kleiner als null, so führt das Portefeuille zum Zeitpunkt 0 zu einem positiven Einzahlungsüberschuß.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Gmndlagen
125
Der Kapitalmarkt ist arbitrageifrei vom Typ 2, wenn kein Portefeuille existiert, das folgende Bedingungen erfällt: N
1 (V.2) 1
Zxn-Pon<0 n=l
und
S x n ' P i n , s ^ O für alles. n=l
Typen von Arbitragefreiheit
In Worten: Der Kapitalmarkt ist arbitragefrei vom Typ 1, wenn fär jedes Portefeuille, das zum Zeitpunkt 1 in keinem Zustand einen negativen und in mindestens einem Zustand einen positiven Endwert aufweist, der Marktwert zum Zeitpunkt 0 positiv ist. Der Kapitalmarkt ist arbitragefrei vom Typ 2, wenn für jedes Portefeuille, das mit Sicherheit einen nichtnegativen Endwert aufweist, der Marktwert zum Zeitpunkt 0 ebenfalls nichtnegativ ist. Wie INGERSOLL (1987, S. 57) gezeigt hat, gilt das folgende Theorem: Der Kapitalmarkt ist genau dann arbitragefrei vom Typ 1 und vom Typ 2, wenn mindestens ein Sysitvapositiver Preise Tig (s = 1, 2,..., S) existiert, bei dem das in Matrix V.3 enthaltene Gleichungssystem erflillt ist. Preis zum Zeitpunkt 0
Zustand
Wertpapier n
Si
^2
Ss
3
1
^rPii,!
+ 7l2-Pii,2
+ ^3-Pll,3
+
^ ^S'^lUS
= Poi
2
^rPi2,i
"^ ^2'-^12,2
"^ ^3*^12,3 "^
"*" ^S'^12,S
"^02
3
^rPi3,i
+ 7r2-Pi3,2
+ ^3'Pl3,3
+
"•" ^S*^13,S
""^03
N
^r^iN,! ^ ^2'PlN,2 ^ ^3*PlN,3 ^
^ ^S"PlN,S
""^ON
Matrix V.3: Zur Analyse der Bedingung der Arbitragefreiheit Eine Lösung dieses Gleichungssystems kann überhaupt nicht existieren, wenn sich Gleichungen widersprechen. Dies ist im Beispiel der Matrix V.l der Fall. Das Gleichungssystem lautet hierfür: (V.3)
711-100 + 712-100 = 90, 711.100 + 7C2-0 = 60, TCi'O +712-100 = 35.
Hier existieren keine Preise n^ und 712, mit denen die Preise P Q I = 9 0 , PQ2=60 und Po3=35 mit Hilfe der zustandsbedingten Endwerte ermittelt werden können. Aus der zweiten bzw. dritten Gleichung ergibt sich 71 j =0,6 bzw. 7C2=0,35.
126
Kapitel V
Einsetzen der beiden Werte in die erste Gleichung führt zum Widerspruch; es besteht eine gewinnbringende Arbitragemöglichkeit. Ist die Zahl der Endwertvektoren (V.4)
(Pin,bPln,2,Pln,3.-.Pln,s)
(n=l,2,...,N),
die voneinander linear unabhängig sind, kleiner als die Zahl S der möglichen Zustände, so wird der Kapitalmarkt als unvollständig bezeichnet. Im Fall N<S ist der Kapitalmarkt stets unvollständig. Aber auch für N>S kann er unvollständig sein; das ist dann der Fall, wenn mehr als N - S der Endwertvektoren von den anderen linear abhängen. Im unvollständigen Kapitalmarkt enthält das in Matrix V.3 dargestellte Gleichungssystem weniger linear unabhängige Gleichungen als Variablen Tig. Wenn sich Gleichungen nicht widersprechen, gibt es dann unendhch viele Preisvektoren (7ii,7r2v?7is)' ^i^ dieses Gleichungssystem erflillen; das Preissystem ist nicht eindeutig. Wenn bei mindestens einem dieser Vektoren sämtliche Preise n^ positiv sind, besteht Arbitragefireiheit. Wenn das Preissystem für die zustandsbedingten Ansprüche nicht eindeutig ist, ergeben sich Probleme bezüglich der Prognose des Marktwertes „neuer" Wertpapiere bzw. „neuer" Investitionsprojekte, die in Abschnitt 3.3 erläutert werden. Ist die Zahl der gehandelten Wertpapiere, deren Endwertvektoren (V.4) voneinander linear unabhängig sind, gleich der Zahl S der möglichen Zustände, wird der Kapitalmarkt als vollständig bezeichnet. Der Kapitalmarkt kann nur unter der notwendigen (nicht hinreichenden) Bedingung N > S vollständig sein. Für N=S müssen sämtliche Endwertvektoren voneinander linear unabhängig sein. Da sich dann Gleichungen nicht widersprechen können, kann das in Matrix V.3 dargestellte Gleichungssystem eindeutig nach ni,Ti2^,..,n^ aufgelöst werden, wobei die Lösung unmittelbar ersichtlich macht, ob Arbitragefireiheit besteht; dies ist genau dann der Fall, wenn alle Preise Tig positiv sind. Für N>S können im vollständigen Kapitalmarkt N-S Wertpapiere ausgewählt werden, deren Endwertvektoren als Linearkombinationen der Endwertvektoren der anderen Wertpapiere dargestellt werden können. Die betreffenden N-S Wertpapiere sind in dem Sinne „redundant", daß ihre zustandsabhängigen Endwerte aus den anderen Wertpapieren rekonstruiert werden können und somit im Vergleich zu diesen keine zusätzhchen Möglichkeiten einer Geldanlage bieten. Die Preise Tig können fiir den Fall N>S berechnet werden, indem aus dem Gleichungssystem in Matrix V.3 S beliebige linear unabhängige Gleichungen ausgewählt werden und die Lösung dieser willkürlich gewählten Basis bestimmt wird. Ist mindestens einer der ermittelten Preise n^ nicht positiv, kann keine Arbitragefreiheit bestehen. Sind alle Preise %^ positiv, so besteht allerdings noch keine Garantie fiir Arbitragefreiheit. Es sind eben erst S der N Gleichungen berücksichtigt worden. Arbitragefreiheit liegt nur dann vor, wenn bei den betreffenden Preisen alle Gleichungen in Matrix V.3 erfiillt sind; fiir jedes redundante Wertpapier m, das nicht in der Basis, d.h. dem gelösten Gleichungssystem, enthalten ist, muß gelten:
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
127
S X!^s*Plm,s = P0m • s=l
Die Bedingung kann natürlich dann nicht erfüllt sein, wenn sich Gleichungen in Matrix V.3 mit linear abhängigen Endwertvektoren widersprechen. Besteht Arbitragefreiheit, so können im vollständigen Kapitalmarkt die Preise Pon (n=l,2,...,N) aller Wertpapiere anhand ihrer zustandsbedingten Endwerte Pln,s ^ i ^ f^^gt erklärt werden: S (V.5)
Pon=
l7l3.Pin,s.
s=l Dieses einfache Bewertungsprinzip gilt nicht nur für ein einzelnes Wertpapier, sondern auch für ein Portefeuille beliebig ausgewählter Wertpapiere. Für den Marktwert eines Portefeuilles mit Xj^ Einheiten des Wertpapiers n (n= 1,2,...,N) gilt: (V.6)
Ix^-Pon = i ^ s - ( I x ^ . P l ^ , s ) . . n=l
s=l
n=l
Es ist zu beachten, daß sich die Preise n^ und PQH auf den Informationsstand der Investoren auf dem Kapitalmarkt zum Zeitpunkt 0 beziehen. Sie können sich je nach den zugehenden Informationen im Zeitablauf ändem; jedoch muß bei Arbitragefreiheit auch zu jedem zukünftigen Zeitpunkt das „Gesetz des Einheitspreises" gelten.
3.3.
Marktwerte neuer Wertpapiere und neuer Investitionsprojekte
Wie erläutert wurde, existiert ein eindeutiges Preissystem TTJ, 7i2vj ^ig, mit dem die Preise aller Wertpapiere gemäß (V.5) und die aller Portefeuilles gemäß (V.6) auf Grund ihrer zustandsbedingten Endwerte ermittelt werden können, wenn der Kapitalmarkt arbitragefrei und vollständig ist. Existiert ein Markt, auf dem explizit bzw. direkt für jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S) Zahlungsansprüche gehandelt werden, so können die Preise n^ unmittelbar beobachtet werden. Wenn ein solcher Markt nicht existiert, jedoch der Kapitalmarkt trotzdem vollständig ist, können die Preise n^ (s=1,2,...,S) im Prinzip ermittelt werden, indem das Gleichungssystem in Matrix V.3 gelöst wird. Mit den betreffenden Preisen können auch ex ante die Marktwerte neuer Wertpapiere bzw. neuer Investitionsprojekte ermittelt werden, sofern diese keine Preisänderungen induzieren und keine neuen Umweltzustände relevant werden. Bei Konstanz der Preise n^ sind auch die Marktwerte aller anderen Wertpapiere unveränderlich, wenn sich deren zustandsbedingten Endwerte bei Einflihrung der neuen Wertpapiere bzw. bei Durchführung der entsprechenden Investitionsprojekte nicht ändem.
128
Kapitel V
Ist der Kapitalmarkt wwvoUständig, so existieren bei Arbitragefreiheit unendlich viele Preisvektoren (7Ci,7r2v..?^s)' ^i^ ^^^ Gleichungssystem in Matrix V.3 erfüllen. Es fehlt dann die Basis für die ex ante Ermittlung der Marktwerte neuer Wertpapiere, sofern deren zustandsbedingte Endwerte nicht zufällig durch Bildung eines Portefeuilles mit den bereits vorhandenen Wertpapieren rekonstruiert bzw. dupliziert werden können. Zur Erläuterung wird davon ausgegangen, daß die Wertpapiere 1 und 2 bereits im Umlauf sind die Wertpapiere 3 und 4 neu eingeführt werden. Die zustandsbedingten Endwerte der alten und neuen Wertpapiere zum Zeitpunkt 1 sind in Matrix V.4 dargestellt. Sie zeigt außerdem die bereits gegebenen Preise der alten Wertpapiere (1 und 2) für den Zeitpunkt 0. Endwert zum Zeitpunkt 1 im Zustand Wertpapier n
Preis zum Zeitpunkt 0 Sj
S2
S3
1
400
200
100
190
2
200
100
400
270
3
300
150
250
230
4
10
200
400
?
Matrix V.4:
Zur Problematik der Antizipation des Marktwertes neuer Wertpapiere bei unvollständigem Kapitalmarkt
Es wird davon ausgegangen, daß die Emission der neuen Wertpapiere keinen Einfluß auf die Preise der alten hat. Der Endwert des Wertpapiers 3 läßt sich rekonstruieren, indem ein Portefeuille erworben wird, das aus je einer halben Einheit der Wertpapiere 1 und 2 besteht. Entsprechend kann der Preis des Wertpapiers 3 ohne weiteres antizipiert werden: 0,5-190+0,5-270=230. Dagegen ist der Endwertvektor des Wertpapiers 4 linear unabhängig von den Endwertvektoren der Wertpapiere 1 und 2. Es ist daher nicht möglich, die Endwerte des Wertpapiers 4 durch ein Portefeuille mit den Wertpapieren 1 und 2 ZU rekonstruieren. Die Preise bzw. Marktwerte enthalten hier zu wenig Liformationen über die Präferenzen der Anteilseigner, um den Marktwert des Wertpapiers 4 ex ante zu ermitteln. Wird es eingeflihrt, so ist der Markt ohne und mit dem Wertpapier 3 vollständig. Mit Hilfe des sich einstellenden Marktwertes für das Wertpapier 4 und den bereits gegebenen Marktwerten der anderen Papiere können dann alle Preise n^ (s= 1,2,3) eindeutig ermittelt werden. Mit ihnen lassen sich bei unveränderHcher Zahl möghcher Zustände die Preise behebiger zusätzlicher Wertpapiere ermitteln. Ist der Kapitalmarkt vollständig, so können finanzielle Vorteile nur mit neuen Realinvestitionen erzielt werden. Die Erweiterung der Palette der Finanzkontrakte (etwa durch Derivate) allein kann keine Vorteile mit sich brin-
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
129
gen. Die Endwertvektoren dieser Wertpapiere lassen sich als Linearkombinationen jener der bereits vorhandenen darstellen, so daß die „neuen" Wertpapiere keine zusätzlichen Transaktionsmöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt bieten. Annahmegemäß sind die Transaktionskosten unabhängig von der Art des Handels gleich null. 3.4.
Explizite Berücksichtigung der Anlage und Aufnahme von Kapital zum Zinssatz r
Ist der Kapitalmarkt bezüglich der N riskanten Wertpapiere vollständig, so besteht die Möglichkeit, ein Portefeuille mit einem sicheren Endwert zu bilden, also Kapital zu einem risikolosen Zinssatz r anzulegen. Um am Periodenende einen sicheren Überschuß von x zu erzielen, muß für jeden Zustand Sg (s = 1,2,...,S) ein Zahlungsanspruch von x erworben werden. Hierfür ist insgesamt der Preis xXf=i^s ^^ zahlen. Unter Berücksichtigung dieser Anschaffungsauszahlung lautet die Rendite r auf das investierte Kapital: X
1
^ =—s
l = -s
s=l
s=l
1-
Wenn der Kapitalmarkt bezüglich riskanter Wertpapiere bereits vollständig ist, so erübrigt sich die Möglichkeit einer direkten Anlage oder Aufnahme von Kapital zu einem risikolosen Zinssatz, sofem, wie angenommen, keine Transaktionskosten existieren. Diese Möghchkeit ist jedoch dann von Bedeutung, wenn der Kapitalmarkt zunächst nicht vollständig ist. Ein exogen vorgegebener risikoloser Zinssatz kann auch dazu dienen, für den vollständigen Kapitalmarkt theoretisch Grenzen für die Preise n^ abzustecken. Daraufkommen wir zurück. Wenn auf dem Kapitalmarkt direkt Kapital zum risikolosen Zinssatz r angelegt und aufgenommen werden kann, so kann ein zusätzliches Wertpapier N+1 mit dem Preis PON+1 ^^^ Zeitpunkt 0 und dem sicheren Endwert Pj N+i=(l+r)-Po^N+l definiert werden, das ohne weiteres in die Analyse einbezogen werden kann; die Anlage bzw. Aufnahme von Kapital zum Zinssatz r kann als Kauf bzw. als Leerverkauf von Wertpapieren N+1 interpretiert werden. Unter Berücksichtigung des Wertpapiers N+1 ist der Kapitalmarkt vollständig, wenn die Endwertvektoren für S - 1 riskante Wertpapiere und das risikolose Wertpapier N+1 voneinander linear unabhängig sind. Für S = 2 besteht Vollständigkeit bereits bei einem einzigen riskanten Wertpapier. 3.5.
Bewertung von Terminliontraliten und Optionen
3.5.1. Terminkontrakte Gegenstand von Transaktionen auf dem Kapitalmarkt können nicht nur originäre Finanztitel (Aktien, Gewinnschuldverschreibungen usw.) sein, sondem auch
130
Kapitel V
Kontrakte, die sich darauf beziehen. Diese werden als „Derivate" bezeichnet und die hierfür bestehenden Märkte als derivative Märkte. Praktische Bedeutung haben die Märkte für Terminkontrakte, Swaps und Optionen (FRANKE, 1995; FRANKE/HAX, 2004, S. 355 ff). Auch für die Bewertung dieser Kontrakte haben Arbitrageanalysen grundlegende Bedeutung. Im folgenden sollen die Preise fär Terminkontrakte und Optionen in einem (vollkommenen und) arbitragefreien Markt untersucht werden. Die Darstellungen haben vor allem auch Bedeutung für die flexible Planung (Kapitel XII, Abschnitt 7.5) und das untemehmensinteme Risikomanagement bei Beteiligung von Managem am Untemehmenserfolg (Kapitel XVI, Abschnitt 6). In einem Terminkontrakt verpflichtet sich einer der Vertragspartner, in einem zukünftigen Zeitpunkt bestimmte Finanztitel zu liefem. Der andere verpflichtet sich, in diesem Zeitpunkt den vereinbarten deterministischen Kaufpreis zu zahlen. Zur Erläuterung betrachten wir einen Terminkontrakt auf eine Einheit des Wertpapiers n, der am Ende der Periode (Zeitpunkt 1) zu erfüllen ist. Der zum Zeitpunkt 0 vereinbarte Terminkurs wird mit ?i^ bezeichnet. Bei Erwerb des Terminkontraktes ist somit zum Zeitpunkt 1 die Zahlung P|i^ zu leisten und bei Kauf einer Einheit des Wertpapiers n zum Zeitpunkt 0 sofort die Zahlung Pon- Da in beiden Fällen die Auszahlung deterministisch ist, muß bei Arbitragefreiheit Pin=(l+r)-Pon gelten, sofem die Möglichkeit besteht, zum risikolosen Zinssatz r Geld anzulegen und aufzunehmen. Im Fall Pin>(l+r)-Pon kann durch elementare Transaktionen wie folgt ein Arbitragegewinn erzielt werden: Man kauft zum Zeitpunkt 0 eine Wertpapiereinheit per Kredit und verkauft zugleich eine Wertpapiereinheit per Termin. Zum Zeitpunkt 1 ergibt sich ein sicherer Überschuß von Pln,s-(l+r)-Pon-(Pln,s-Pln) = Pln-(l+r)-Pon>0
(s=l,2,...,S).
Im Fall Pin<(l+r)-Pon wird zum Zeitpunkt 0 eine Wertpapiereinheit leerverkauft, der Erlös zum Zinssatz r angelegt und gleichzeitig eine Wertpapiereinheit per Termin gekauft. Nun wird der Überschuß Pln,s-Pln-[Pln,s-(l+r)-P0n] = (l+r)-P0n-Pln>0 erzielt. 3.5.2. Optionen Der Inhaber einer Option verfügt allgemein über das Recht, vom Vertragspartner, dem sogenannten Stillhalter, zu einem zukünftigen Zeitpunkt oder in einem zukünftigen Zeitraum zu einem festgelegten Preis, dem Basispreis oder Basiskurs, eine bestimmte Menge eines Gutes (Basisgut, Underlying) zu kaufen (Kaufoption oder Call-Option) oder an ihn zu verkaufen (Verkaufsoption
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
131
oder Put-Option). "Finanzoptionen" beziehen sich auf Finanztitel und „Realoptionen" (Kapitel XII, Abschnitt 7.5) auf Sachgüter (zum Beispiel Rohstoffe oder die Durchführung eines Investitionsprojekts). Für das Recht, die Option auszuüben, zahlt der Erwerber der Option bei Vertragsabschluß an den Stillhalter den Optionspreis. Lieferung der Finanztitel bzw. der Sachgüter und Zahlung des Basispreises sind bei Ausübung der Option fällig. Oft wird allerdings nicht tatsächlich geliefert, sondern eine entsprechende Transferzahlung vorgenommen. Eine „europäische" Option darf nur zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeübt werden, eine „amerikanische" Option jederzeit während ihrer Laufzeit. Da die amerikanische Option dem Inhaber mehr Rechte gewährt als die europäische, ist die amerikanische mindestens so wertvoll wie die europäische. Der Inhaber der Option wird diese nur dann ausüben, wenn er einen Gewinn erzielt. Für den Stillhalter entsteht damit ein gleich hoher Verlust. Zur Demonstration der möglichen Gewinne und Verluste wird eine europäische Option auf den Kauf em^r Aktie zum Zeitpunkt 1 betrachtet. Die Kaufoption wird genau dann ausgeübt, wenn zu diesem Zeitpunkt der Börsenkurs höher ist als der Basiskurs. Wird die Aktie gleichzeitig zum höheren Preis verkauft, so erzielt der Inhaber einen sicheren Gewinn von Börsenkurs minus Basiskurs. Dies ist der innere Wert der Option zum Zeitpunkt 1. Da der im Zeitpunkt 0 gezahlte Optionspreis ohnehin angefallen ist, spielt er für die Ausübung der Option keine Rolle. Abbildung V.la zeigt den Ausübungsgewinn des Optionsinhabers und den Ausübungsverlust des Stillhalters in Abhängigkeit vom Aktienkurs zum Zeitpunkt 1; sie sind gleich null, wenn dieser Kurs unter dem Basiskurs liegt. Gewinn •
Inhaber
/45A Basis^\45J kurs
Aktienkurs zum Zeitpunkt 1
Stillhalter T
Verlust
Abb. V.la: Ausübungsgewinne bzw. Verluste ohne Berücksichtigung des Optionspreises bei einer Kaufoption
132
Kapitel V
Analog zeigt die Abbildung V.lb den Ausübungsgewinn des Inhabers und den Ausübungsverlust des Stillhalters bei einer Verkaufsoption; sie sind gleich null wenn zum Zeitpunkt 1 der Börsenkurs über dem Basiskurs liegt. Gewinn Inhaber
Aktienkurs zum Zeitpunkt 1
StilUialter Verlust Abb. V.lb: Ausübungsgewinne bzw. Verluste ohne Berücksichtigung des Optionspreises bei einer Verkaufsoption Bereits mit einem einzigen originären Wertpapier können durch Bildung alternativer Portefeuilles aus Kauf- und Verkaufsoptionen mit jeweils mehreren verschiedenen Basispreisen äußerst vielfältige Zusammenhänge zwischen dem Ausübungsgewinn des Portefeuilles (bzw. dem Ausübungsverlust des Stillhalters oder der Stillhalter) und dem Börsenkurs erzeugt werden. Analog zu den Darstellungen in Abschnitt 3.2 hat bei Vollständigkeit des Kapitalmarktes eine Option auf eine Einheit des Wertpapiers n, die am Ende der Periode zum Basispreis B ausgeübt werden kann, zum Zeitpunkt 0 den Preis: S
,
Poo = Z^s-max{Pin,s-B;Oj. s=l
Hierbei bezeichnet max{.} den inneren Wert der Option zum Zeitpunkt 1 bei Eintreten des Zustands Sg. Die Bewertung folgt dem Prinzip der flexiblen Planung. Es wird antizipiert, daß die Option nur in jenen Zuständen ausgeübt wird, in denen Pin,s >B gi^t. Zwar existiert im vollständigen Markt bei Arbitragefreiheit ein eindeutiger Preisvektor TI^, 7r2v? TTS ^it dem der Optionswert ermittelt werden kann. Jedoch kaim die umfassende Bestimmung dieses Vektors einen prohibitiv hohen Aufwand verursachen. Außerdem ist bei UnvoUständigkeit der Preisvektor auch bei Arbitragefreiheit nicht eindeutig. Andererseits ist es für eine Bewertung im Rahmen von Arbitrageüberlegung i.a. gar nicht nötig, sämtliche Zustände S^
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
133
explizit zu erfassen. Die Menge {S 1,82,.-.,85} aller Zustände kann in Teilmengen von Zuständen zerlegt werden, für die jeweils Pj^^s denselben Wert aufweist. Werden diese Teilmengen mit Mj, M 2,.., M^ bezeichnet und derjenige Zustand, der die Zustände der Teilmenge M2(z = 1,2,...,Z) repräsentiert, mit Z^, so gilt: U,...,Z).
Pln,s=Pln,z für alle s e M ^ (z
Wenn es zusätzlich zum Wertpapier n noch Z -1 Wertpapiere gibt (ohne Berücksichtigung der Option), deren Endwert in jedem Zustand Z^ (z = 1,2,...,Z) ebenfalls deterministisch ist, so ist bei linearer Unabhängigkeit der Endwertvektoren der Markt „vollständig" bezüglich der Zustände Z^ (z = 1,2,...,Z). Bei Arbitragefreiheit existieren dann Preise n^ für diese Zustände, mit denen Gleichgewichtspreise aller Wertpapiere, die in dem Zustand Z^ (z = l,2,...,Z) einen deterministischen Endwert bieten, erklärt werden können. Entsprechend läßt sich auch der Marktwert einer Option auf das Wertpapier n bestimmen. Die Bewertung einer Option auf das Wertpapier n ist besonders einfach, wenn dessen Endwert wie in Matrix V.5 nur zwei Ausprägungen annehmen kann, also nur die Zustände Z^ und Z2 maßgeblich sind. Li Bezug auf diese Zustände ist der Kapitalmarkt bereits dann vollständig, wenn neben dem Wertpapier n die Möglichkeit einer Geldanlage zum risikolosen Zinssatz r besteht. Es wird davon ausgegangen, es gelte r = 0,1, und der Preis einer Option auf eine Einheit des Wertpapiers n mit dem Basiskurs 140 untersucht. Zustand Wertpapier
Preis zum Zeitpunkt 0
Originäres Wertpapier n
200
110
Anlage einer GE zum Zinssatz r = 0,1
1,1
1,1
1
0
7
Kaufoption mit Basispreis 140
60
154
Matrix V.5: Zur Bewertung einer Option Wenn der Markt arbitragefrei ist, existieren Preise n^^ für die gilt: 7ri-200 + 7r2-110 = 154 7li-1,1+712-1,1 = 1. Hieraus folgt: TT^ = 0,6 und 712 = 0,31. Somit gilt für den Preis der Kaufoption: 0,6-60 = 36. Dieser Preis kann auch ohne explizite Berücksichtigung der Preise TT^ direkt ermittelt werden. Hierzu wird zunächst untersucht, wie der Endwert des originären Wertpapiers n durch ein Portefeuille aus risikofreier Geldanlage und Kaufoption dupliziert bzw. rekonstruiert werden kann: Das Wertpapier n bietet
134
Kapitel V
einen minimalen Endwert von 110. Man erzielt diesen auch durch Anlage von 100 GE zum risikolosen Zinssatz r = 0,1. Jedoch ist der Endwert des Papiers n im Zustand Zj um 90 höher als 110. Diese Differenz kann kompensiert werden, indem 1,5 Optionen erworben werden (1,5-60 = 90). Da nun die Kombination aus 1,5 Optionen und der Anlage von 100 GE zum risikolosen Zins zum Zeitpunkt 1 dieselbe Zahlung abwirft wie das Wertpapier n, muß diese Kombination bei Arbitragefreiheit genau so viel wie das Wertpapier n kosten: 100 +1,5 • Preis der Kaufoption =154 bzw. Preis der Kaufoption = 54:1,5 = 36. Zwar bringen die Preise 71^=0,6 und 712=0,31 nicht direkt zum Ausdruck, wie bei unterschiedlichen Optionstypen in Verbindung mit einer risikolosen Geldanlage oder -aufnähme der Endwert des Wertpapiers n dupliziert werden kann. Jedoch kann auf deren Grundlage ohne explizite Duplikationsanalysen unmittelbar die Bewertung beliebiger Optionen vorgenommen werden. Zum Beispiel hat die Kaufoption für einen behebigen Basispreis B (200 > B >110) zum Zeitpunkt 0 den Preis TTJ-(200-6) = 0,6-(200-B) und die Option auf den Verkauf einer Einheit des Wertpapiers vom Typ n zum Zeitpunkt 0 den Preis 7r2-(B-110) = 0,31-(B-100). Sind flir das Wertpapier n mehr als zwei mögliche Zustände Z^ relevant, so kann der Preis einer Option auf dieses Papier nicht mehr aus dem Endwertvektor dieses Papiers und dem für die risikolose Anlage hergeleitet werden, da dann der Endwertvektor der Option nicht als Linearkombination der beiden anderen Endwertvektoren dargestellt werden kann. Existiert jedoch bereits eine Option flir das Wertpapier n, deren Marktpreis zum Zeitpunkt 0 bekannt ist, so können bei drei möglichen Zuständen Z^ die entsprechenden Preise TTJ ,712 und 713 bestimmt werden, mit denen die Preise beliebiger zusätzlicher Optionen ermittelt werden können.
4.
State Preference Ansatz (SPA)
4.1. Charakteristik Bei Arbitrageüberlegungen wird ledighch vorausgesetzt, daß ein höheres Endvermögen einem niedrigerem vorgezogen wird („NichtSättigung"). Ob Livestoren ihren Erwartungsnutzen oder eine andere Präferenzfunktion maximieren, ist unerheblich, wenn nur gezeigt werden soll, welche Beziehungen zwischen Wertpapierpreisen bestehen müssen, wenn bzw. damit keine gewinnbringende Arbitragegelegenheiten existieren, hn folgenden wird stets davon ausgegangen, der Kapitalmarkt sei arbitragefrei. Arbitragefreiheit ist jedoch nur eine notwendige, keine hinreichende Bedingung für ein Kapitalmarktgleichgewicht. Eine weitergehende Erklärung der Höhe der Preise setzt konkretere Annahmen über die Risikopräferenzen der Investoren und ihren Wahrscheinlichkeitsvor-
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
135
Stellungen bezüglich der Zustände voraus. Die Kenntnis der eigentlichen Determinanten der Preise bzw. der maßgeblichen (Markt-)Bewertungsfunktionen von Wertpapieren ist insbesondere fär folgende Fälle von Bedeutung: 1. Änderungen dieser Preise sollen explizit erklärt oder prognostiziert werden und nicht nur implizit über Preisänderungen anderer Wertpapiere, die ihrerseits erklärt oder prognostiziert werden müßten. 2. Auf Grund einer UnvoUständigkeit des Kapitalmarktes können die Überschüsse eines neuen Wertpapiers oder Investitionsprojektes nicht durch Portefeuillebildung rekonstruiert werden, so daß dessen Marktwert nicht auf den bereits beobachtbaren Marktwert eines Duplikationsportefeuilles zurückgeführt werden kann. Vielmehr ist die unter den gegebenen Kapitalmarktbedingungen maßgebliche Bewertungsfunktion direkt anzuwenden. 3. Zwar können die Überschüsse durch Portefeuillebildung rekonstruiert werden. Jedoch ist die direkte Anwendung der maßgeblichen Bewertungsfunktionen technisch einfacher als die Ermittlung des (Marktwertes des) Duplikationsportefeuilles. Dieser Aspekt ist vor allem flir den Mehrperioden-Fall relevant. Daraufkommen wir in Kapitel XII zurück. Im State Preference Ansatz (SPA) (HiRSHLEiFER, 1966; ROBICHEK/MYERS, 1965b; MYERS, 1968) wird davon ausgegangen, daß der Kapitalmarkt vollkommen ist und außerdem flir jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S) zustandsbedingte Zahlungsansprüche („Contingent Claims") gehandelt werden können, so daß der Kapitalmarkt auch vollständig ist. Ein zustandsbedingter Zahlungsanspruch wirft in dem hier betrachteten Einperioden-Fall zum Zeitpunkt 1 genau dann einen bestimmten Geldbetrag ab, wenn der betreffende Zustand eintritt. Ein Anspruch auf eine Geldeinheit (im folgenden GE) im Zustand Sg* zum Beispiel bringt dem Inhaber bei Eintreten dieses Zustandes eine GE; tritt ein anderer Zustand ein, erhält er aus diesem Anspruch keine Zahlung. Im Rahmen des SPA werden die Prämissen des vollkommenen Kapitalmarktes wie folgt konkretisiert: 1. Es gibt keine Informationskosten bezüglich des Preises Tig, zu dem im Zeitpunkt 0 Ansprüche auf 1 GE flir den Zustand Sg (s=l,2,...,S) gehandelt werden. Er ist allen Akteuren bekannt. Das gleiche gilt flir die Preise und die zustandsabhängigen Endwerte aller anderen Wertpapiere. Der eintretende Zustand Sg läßt sich kostenlos verifizieren. 2. Es gibt keine Transaktionskosten und keine Steuem: Die Prämisse gilt im SPA unverändert; auch der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen verursacht keine Kosten. 3. Alle Wertpapiere sind beUebig teilbar: Im SPA wird vorausgesetzt, daß auch die zustandsbedingten Zahlungsansprüche beliebig teilbar sind; zum Beispiel kann man auch Ansprüche auf eine marginale GE kaufen und verkaufen. 4. Jeder Kapitalgeber orientiert sich am BEPINOULLI-Prinzip und maximiert seinenfinanziellenNutzen: Auch diese Annahme gilt im SPA unverändert. 5. Die Akteure, die zustandsbedingte Zahlungsansprüche und andere Wertpapiere kaufen oder verkaufen, agieren als Mengenanpasser.
136
Kapitel V
6. Gleicher Marktzugang: Der Preis n^, zu dem zum Zeitpunkt 0 Ansprüche für den Zustand Sg (s = 1,2,...,S) gehandelt werden können, ist für alle Unternehmen und private Investoren identisch. Die Prämisse gleicher Preise gilt auch für alle anderen Wertpapiere. Alle Untemehmen und private Investoren können außerdem zum risikolosen Zinssatz r Kapital anlegen und aufnehmen. Insolvenz des Untemehmens ist ebenso ausgeschlossen wie Zahlungsunfähigkeit im privaten Bereich. Der SPA setzt nicht voraus, daß die Investoren auf dem Kapitalmarkt Nutzenfunktionen eines bestimmten Typs haben. Es wird lediglich angenommen, alle Nutzenfunktionen seien konkav, wobei sie auch zustandsabhängig sein können. Im SPA wird auch nicht vorausgesetzt, daß die Investoren homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg haben.^) Heterogene Erwartungen können daraus resultieren, daß sich die individuellen Informationsstände unterscheiden (die Investoren haben unterschiedliche private Informationen, die nicht als öffentliche Informationen allen kostenlos zur Verfügung stehen), aber auch daraus, daß aus denselben Informationen unterschiedliche Schlüsse gezogen werden. Unterschiede in den Informationsständen können insbesondere aus unterschiedlichen Informationskosten der Investoren bezüglich der Zustände Sg resultieren.^) Auch wenn die Kosten der Beschaffung von Informationen für die Bildung eines subjektiven Wahrscheinlichkeitsurteils bezüglich der Zustände für alle gleich sind, können Informationsasymmetrien zwischen Investoren bestehen, weil sie Informationen unterschiedliche Werte beimessen; die Beschaffung bestimmter Informationen kann aus Sicht eines Teils der Investoren vorteilhaft sein und aus Sicht der anderen nachteilig. Wie in LAUX (2005a, Kapitel XI) gezeigt wird, hängt der Informationswert für einen Entscheider u.a. von seiner Risikoeinstellung ab. Unterschiede in den Risikoeinstellungen können somit auch Unterschiede in den WahrscheinUchkeitsvorstellungen bewirken und damit auch indirekt die Aktivitäten auf dem Kapitalmarkt beeinflussen.
4.2.
Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen am vollständigen Kapitalmarkt
Wie erläutert wurde, setzt der SPA einen vollständigen Kapitalmarkt voraus. Der Markt ist unabhängig von der Zahl der sonstigen Wertpapiere dann vollständig, wenn für jeden Zustand Sg ein sogenanntes „reines" Wertpapier existiert, das in genau diesem Zustand eine Einzahlung bietet. (Voraussetzung 6)
7)
Jedoch ordnet jeder Investor jedem Zustand Sg (s = 1,2,...,S) eine positive Wahrscheinlichkeit zu. Alle sind davon überzeugt, daß nur einer dieser Zustände eintreten kann. (Zur Bedeutung dieser Annahme vgl. Fußnote 3 dieses Kapitels.) Die Annahme, daß es keine Informationskosten gibt, bezieht sich nur auf die Preise n^ für zustandsbedingte Zahlungsansprüche, die gegenwärtigen Preise und zustandsabhängigen Endwerte aller anderen Wertpapiere und die Überprüfung bzw. Verifikation des eintretenden Zustandes Sg.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
137
hierfür ist, daß der eintretende Zustand Sg ex post verifizierbar ist.) Der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen kann dann explizit bzw. direkt via Kaufund Verkauf reiner Wertpapiere erfolgen. Wenn keine reinen Wertpapiere existieren, ist der Markt - wie gezeigt wurde - dann vollständig, wenn die Zahl der „normalen" Wertpapiere mindestens so groß ist wie die der möglichen Zustände und S der Endwertvektoren dieser Wertpapiere voneinander linear unabhängig sind. Der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen kann dann impHzit bzw. indirekt via Kauf bzw. Verkauf normaler Wertpapiere, also mit entsprechender Portefeuillebildung, erfolgen. hn vollständigen Kapitalmarkt ist es möglich, durch Käufe und (Leer-) Verkäufe eine beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilung 81,62,.--38 über den Endwert des Portefeuilles zu reahsieren. Dazu ist das in Matrix V.6 dargestellte Gleichungssystem zu lösen. Zustand
Wertpapier n 1
2
N
3
Endwert des Portefeuilles
s,
^1*^11,1
^ ^2*^12,1
+
^3*^13,1
+
+
%*PlN,l
= B,
S2
^1*^11,2
"^ ^2*^12,2
+
^3'^13,2
+
+
%*^1N,2
= B2
Sg*
^1*^11,8*
"^ ^2*^12,8*
+
^3*^13,8*
+
+
%'PlN,s*
= Bg,
Ss
^1*^11,8
^ ^2'Pl2,S
+
^3*^13,8
+
+
%*PlN,8
= Bs
Matrix V.6: Zur Ermittlung eines Portefeuilles mit den Endwerten 61,62,...3s Die diesem Gleichungssystem entsprechende Koeffizientenmatrix ist die transponierte Matrix zur Koeffizienteimiatrix, die dem Gleichungssystem in Matrix V.3 entspricht, wobei hier wieder ohne Einschränkung der Allgemeinheit wie im Abschnitt 3.2 davon ausgegangen wird, daß nicht die Möglichkeit besteht, direkt zum risikolosen Zinssatz r Geld anzulegen und aufzunehmen. Bei Vollständigkeit des Kapitalmarktes sind flir S=N sämtliche S Endwertvektoren (V.4) (n=l,2,...,N=S) voneinander linear unabhängig. Es sind daim auch sämtliche Spaltenvektoren ^ln,l
(V.7)
Pln,2
(n=l,2,...,N)
VPln,S des Gleichungssystems in Matrix V.6 voneinander linear unabhängig, so daß eine eindeutige Lösung dieses Gleichungssystems existiert. Dabei kann - je
138
Kapitel V
nach den Elementen des Vektors ( B i 3 2 v 3 s ) - ^^^ Teil der x^-Werte negativ sein (annahmegemäß sind Leerverkäufe unbeschränkt möglich). Auch fllr N>S sind im vollständigen Kapitalmarkt S Endwertvektoren (V.4) voneinander linear unabhängig. Folghch sind auch S Spaltenvektoren (V.7) des Gleichungssystems in Matrix V.6 voneinander linear unabhängig, wobei die übrigen Spaltenvektoren von diesen linear abhängen. Es gibt dann beliebig viele Vektoren (xi,X2,...,x^), die dieses Gleichungssystem erfüllen. Eine Lösung kann ermittelt werden, indem für N-S Variablen Xj^ mit linear abhängigen Spaltenvektoren beliebige Werte vorgegeben werden und dann das Gleichungssystem bezüglich der übrigen Variablen gelöst wird. Es ist auch möglich, durch Portefeuillebildung Wertpapiere zu konstruieren, die in einem Zustand einen positiven Endwert bzw. Zahlungsanspruch aufweisen und in jedem anderen Zustand einen Endwert von null. Dem Vektor (Bi,B2v3s*v3s)'^(0?0vJv?0) zum Beispiel entspricht ein Portefeuille, das im Zustand Sg* den Endwert 1 aufweist. Wird dieses Portefeuille leerverkauft, so gilt Bg* = - 1 . Es ist somit möghch, durch entsprechende Portefeuillebildung zu den Preisen Tig zustandsbedingte Zahlungsansprüche zu kaufen und zu verkaufen; ein direkter Handel mit solchen Ansprüchen erübrigt sich bei Fehlen von Transaktionskosten im vollständigen Kapitalmarkt. In diesem Markt ist der eintretende Zustand auch ohne die direkte Überprüfung der entsprechenden Datenausprägungen verifizierbar. Man kann ein (reales oder fiktives) Wertpapierportefeuille bilden, das in jedem möglichen Zustand einen anderen Endwert aufweist. Aus dem ex post realisierten Endwert kann dann ein sicherer Rückschluß auf den eingetretenen Zustand gezogen werden. Wie in Abschnitt 3.2 gezeigt wurde, existiert bei Vollständigkeit und Arbitragefreiheit des Kapitalmarktes ein Preissystem Tüi,7r2,...,'n;s9 niit dem sich die Preise aller Wertpapiere erklären lassen. Der Preis eines Wertpapiers n kann auch direkt erklärt werden, sofern ein Portefeuille aus anderen Wertpapieren existiert, das in jedem Zustand Sg denselben Endwert aufweist, wie das Wertpapier n (mit dem also der Endwert des Wertpapiers n dupliziert wird). Für N = S kann diese Bedingung jedoch deshalb nicht erfüllt sein, weil dann (bei Vollständigkeit des Kapitalmarktes) sämtUche Endwertvektoren voneinander linear unabhängig sind und mithin der Endvektor eines einzelnen Wertpapiers nicht durch Linearkombination der übrigen Endvektoren dargestellt werden kann. Für N > S läßt sich der Preis eines Wertpapiers mit beliebigem Endwertvektor durch Portefeuillebildung erklären, sofern S der anderen Wertpapiere voneinander linear unabhängig sind. Diese Bedingung ist jedoch selbst im Fall N > S nicht zwingend erfüllt. Ist der Markt vollständig (und arbitragefrei), so lassen sich die Endwerte neuer Wertpapiere bzw. die Überschüsse neuer Projekte stets durch Bildung eines Portefeuilles aus vorhandenen Wertpapieren duplizieren. Haben die neuen Wertpapiere bzw. Überschüsse keinen Einfluß auf den Marktwert des Duplikationsportefeuilles, kann der Marktwert der neuen Wertpapiere bzw. Über-
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
139
Schüsse im voraus angegeben werden; er stimmt mit dem des Duplikationsportefeuilles überein. Dieser Sachverhalt hat große Bedeutung für die Livestitionsplanung. Bei Vollständigkeit des Kapitalmarktes ist es natürlich auch möglich, für Teilmengen von Zuständen jeweils denselben Zahlungsanspruch zu kaufen oder zu verkaufen. Zum Beispiel wird für die Zustände Sj, S2 und S3 der Betrag X gekauft und für die Zustände S4, S5 und S5 den Betrag y verkauft. 4.3.
Höhe der Preise TC^ für zustandsbedingte Zahlungsansprüche
4.3.1. Arbitrageüberlegungen Da der Kapitalmarkt annahmegemäß arbitragefrei ist, lassen sich im SPA mit gegebenen Preisen n^ (s=l,2,...,S) für zustandsbedingte Zahlungsansprüche die Preise aller Wertpapiere herleiten. Ein Wertpapier n, das im Zustand Sg (s=l,2,...,S) den Endwert P^j^g aufweist, kann interpretiert werden als ein Portefeuille aus P^j^ 1 Ansprüchen auf 1 GE im Zustand Sj, Pin,2 Ansprüchen auf 1 GE im Zustand S2, ... und PinS Ansprüchen auf 1 GE im Zustand Sg. Für den Preis dieses Wertpapiers muß gelten: (V.5)
Pon = l:^s-Pln,ss=l
Grundform der SPA-Preisgleichung (Marktwert eines einzelnen Wertpapiers n) Wäre Pon^I]s=i^s*Pln,s ? so könnte man das Wertpapier zum Preis PQH verkaufen, gleichzeitig Pjj^g Ansprüche für den Zustand Sg (s=l,2,...,S) kaufen und hiermit zum Zeitpunkt 0 einen sicheren Arbitragegewinn in Höhe von Pon-Es=l^s-Pln,s>0 erzielen. Wäre dagegen Pon<Sf=:i^s-Pln,s' so könnte man P^^^s Ansprüche auf den Zustand Sg (s=l,2,...,S) verkaufen, gleichzeitig das Wertpapier kaufen und damit einen Arbitragegewinn in Höhe von Ss=l^s-Pln,s-Pon>0 erzielen. Werden beide Seiten von (V.5) mit der Anzahl X^ aller Wertpapiere n multipliziert, erhält man:
s (V.8)
s
X^.Pon = X^.i:7rg.Pi^,g=2:^s-Xn-Pln,s s=l s=l
bzw. die (Markt-) Bewertungsfunktion:
140
Kapitel V
(V.9)
Mon=i:7r3.Mi^^3. s=l
Grundform der SPA-Marktwertgleichung Mon (bzw. M^j^s) bezeichnet den Marktwert aller Wertpapiere n zum Zeitpunkt 0 (bzw. zum Zeitpunkt 1 bei Eintreten des Zustandes Sg). Bei der Ermittlung der Preise gemäß (V.5) und (V.9) wird auf die Präferenzen der Investoren nicht direkt Bezug genommen. In diesem Sinne werden die Preise „präferenzfrei" ermittelt. Jedoch hängen die Preise n^ ihrerseits von den Nutzenfunktionen und Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Investoren ab, so daß die Präferenzen immerhin implizit berücksichtigt werden. Damit befaßt sich Abschnitt 4.3.2. Zunächst wird hier gezeigt, wie bei einem exogen vorgegebenem risikolosem Zinssatz r mit Hilfe von Arbitrageüberlegungen bereits Grenzen für die Preise n^ abgesteckt werden können, wobei den Präferenzen nur insoweit Rechnung getragen wird, daß ein höheres Endvermögen einem kleineren vorgezogen wird. Wird zum Zeitpunkt 0flirjeden Zustand Sg (s = 1,2,...,S) ein Anspruch auf 1 GE gekauft, so wird zum Zeitpunkt 1 mit Sicherheit eine Einzahlung von 1 GE erzielt. Dafür ist der Preis ZLi^s ^^ entrichten. Andererseits kann ein sicherer Zahlungsanspruch auf 1 GE auch dadurch erworben werden, daß (1 +r)~^ GE zum risikolosen Zins r angelegt werden. Daher muß im Gleichgewicht (V.IO)
i:7i3=(l-fr)-^ s=l
gelten. Die Summe der Preise n^ ist somit gleich dem Abzinsungs- bzw. Diskontfaktor für eine Periode, auf der Basis des risikolosen Zinssatzes r. Wäre Zs=i ^s > (1 + ^y^' s^ könnte man für jeden Zustand Sg (s=1,2,...,S) einen Zahlungsanspruch auf 1 GE verkaufen, einen Betrag von (H-r)~l GE zum Zinssatz r anlegen und hiermit zum Zeitpunkt 0 einen sicheren Arbitragegewinn von Es=i^s~(l + ^)~^ ^ ^ erzielen. Wäre Zs=i^s ^(1 + ^)"^' ^^ könnte man einen Betrag von (l+r)~l GE leihen, für jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S) einen Zahlungsanspruch auf 1 GE kaufen und einen sicheren Arbitragegewinn von (1 + r)"^ ~Zs=i^s •^^ erzielen. Wie in Abschnitt 3.2 erläutert wurde, sind im arbitragefreien Markt alle Preise n^ positiv. Somit ist gemäß (V.IO) jeder Preis Tig kleiner als (1 + r)~^.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
141
4.3.2. Grenznutzenbetrachtung Wie im folgenden gezeigt wird, kann die genaue Höhe der Preise n^ erklärt werden, indem explizit die (Grenz-) Nutzenfunktionen der Anteilseigner und ihre Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Umweltzustände berücksichtigt werden. Dabei wird vereinfachend von homogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen ausgegangen. Zur Erweiterung und Vertiefung vgl. Kapitel VII, Abschnitt 3. Ausgangsbasis der Betrachtung sind die Bedingungen (rV.7) flir das optimale Portefeuille eines Investors auf dem Kapitalmarkt (Kapitel IV, Abschnitt 3.2):
s (IV.7)
s
Ew(Ss)-Pin,s-U'(Vi3,opt)=Iw(Ss)-(l + r).Pon-U'(Vi3^opt) s=l
s=l
= (H-r).Pon-E[U(Vi,opt)] (n=l,2,...,N). Vis^opt bezeichnet das Endvermögen des Investors, das seinem optimalen Portefeuille im Zustand Sg entspricht, und U'(-) den entsprechenden Grenznutzen. Aus Vereinfachungsgründen wird im folgenden der Index „opt" vernachlässigt. Für einen Anspruch auf 1 GE im Zustand Sg gilt Pi s^^l ^^ den betreffenden Zustand und Pj g' = 0 für alle anderen Zustände s'?^ s. Da der Preis dieses Anspruches Tig beträgt, gilt gemäß (IV.7) die Bedingung: (V.ll)
w(Ss).l.U(Vis) = (l + r).7is.E[U(Vi)]
(s=l,2,...,S).
Interpretation: Wird ein Anspruch von 1 GE flir den Zustand Sg erworben, so wird in diesem Zustand eine Einzahlung von 1 GE erzielt; der entsprechende Zuwachs des Erwartungsnutzens beträgt w(Sg)-U'(Vig)-1. Andererseits muß zum Zeitpunkt 0 ein Preis von Tig gezahlt werden. Entsprechend sinkt das Endvermögen für jeden Zustand Sg um (1 +r)-7tg. Dies bewirkt flir den Zustand Sg (s=l,2,...,S) eine Nutzeneinbuße von (l+r)-7is-U'(Vig); entsprechend sinkt der Erwartungsnutzen um (1+r)- 7rg-E[U'(Vi)]. Gemäß (V.ll) muß dieser Betrag mit dem Erwartungsnutzen übereinstimmen, der der Einzahlung von 1 GE im Zustand Sg entspricht. (V.l 1) kann wie folgt dargestellt werden: (V.12)
u, = (Ur)-'."^^'>-."(^''> E[U(V,)1
Hierfür kann man schreiben:
(s=l,2
S).
142
Kapitel V f
(V.13)
- ^ = (l^ry'^-^^ w(Ss) E[U (Vi)]
(s=l,2,...,S).
Auf Grund der Risikoaversion des Investors ist U'(Vis) um so kleiner, je größer sein Bestand an Zahlungsansprüchen für den Zustand Sg ist. Je höher der Quotient auf der linken Seite von (V.13) ist, desto kleiner ist somit bei gegebenem r und E[U'(Vi)] dieser Bestand. Ist dieser Quotient für einen Zustand Sg' größer als für einen Zustand Sg", so hält der Investor in seinem optimalen Portefeuille einen Bestand an Zahlungsansprüchen für den Zustand Sgs der kleiner ist als der für den Zustand Sg". Die Darstellungen zeigen zunächst nur, wie sich ein einzelner Investor bei gegebenen Wertpapierpreisen verhält. Sie lassen offen, wie Gleichgewichtspreise zustande kommen, die Angebot und Nachfrage zum Ausgleich bringen, bei denen also für jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S) die Nachfrage der Investoren nach Zahlungsansprüchen mit dem Endwert aller riskanten Wertpapiere übereinstimmt. Die Gleichgewichtsanalyse stellt ein komplexes Problem dar. Sie kann erheblich vereinfacht werden, „indem man von einem repräsentativen Aktionär ausgeht. Wenn z.B. alle Investoren von denselben Wahrscheinlichkeiten ausgehen, ihre Nutzenfunktion und ihre Anfangsvermögen übereinstimmen, dann stimmen auch ihre optimalen Entscheidungen überein. Ein Investor ist dann repräsentativ für alle Investoren. Aber auch unter schwächeren Voraussetzungen existiert ein repräsentativer Investor. Die meisten Gleichgewichtsmodelle unterstellen die Existenz eines repräsentativen Investors" (FRANKE/HAX, 2004, S. 386). Bei identischen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen, Nutzenfunktionen und Anfangsvermögenswerten hält bei I Investoren jeder Investor den Anteil z=1 /I am Bestand aller riskanten Wertpapiere, der als ,J\4arktportefeuille" bezeichnet wird. Für das Endvermögen V^g des repräsentativen Anteilseigners im Zustand Sg (s=l,2,...,S) gilt somit Vis= z-M^Qg, wobei M^Qg den Endwert des Marktportefeuilles im Zustand Sg kennzeichnet. Würde der Anteilseigner für einen Zustand einen größeren Teil des Endwertes MJQ halten als für andere, so müßte das Umgekehrte für mindestens einen anderen Marktteilnehmer gelten. Der Investor wäre dann also nicht repräsentativ. Unter Berücksichtigung von Vig = z-MiG,s folgt aus (V.12): (V.14)
7rg=(l + r)-l.'^^^;^'^^
(s=l,2,...,S).
E[U(Z-MIG)]
Da der Grenznutzen mit wachsendem Endvermögen sinkt, ist der Preis für einen Anspruch von 1 GE im Zustand Sg c.p. um so niedriger, je höher der Endwert des Marktportefeuilles in diesem Zustand ist. Der Preis ist c.p. um so höher, je höher die Wahrscheinlichkeit des Zustandes Sg ist.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
143
(V.14) bezieht sich auf eine gegebene Marktsituation. Wenn sich auf Grund zusätzlicher Informationen die Wahrscheinlichkeiten fär Zustände Sg ändern, ändem sich auch die Preise n^ und gemäß (V.9) die Marktwerte Mon- Preisänderungen können auch aus Änderungen von zustandsabhängigen Grenznutzenwerten resultieren. Diese können ihrerseits aus veränderten Nutzenfunktionen und/oder steigenden bzw. fallenden Endvermögenswerten M ^ Q g resultieren. Die Annahme eines repräsentativen Investors in dem hier beschriebenen Sinne ermöglicht zwar eine einfache und anschauliche Gleichgewichtsanalyse. Jedoch ist diese Annahme wenig realistisch. Grundsätzlich haben die Anteilseigner weder homogene Wahrscheinlichkeitsverteilungen noch dieselben Nutzenfunktionen und Ausgangsvermögenswerte. Je größer die Zahl der Investoren ist, desto größer ist die Zahl der Entscheidungsdeterminanten, die die Gleichgewichtspreise bestimmen und desto schwieriger wird die Gleichgewichtsanalyse. Zur Erweiterung und Vertiefung der Darstellungen vgl. Kapitel VII, Abschnitte 3 und 4, Kapitel IX und Kapitel XII, Abschnitt 3. 4.3.3. Zustandsbezogene
Diskontfaktoren
Ordnen alle Anteilseigner dem Zustand Sg (s=l,2,...,S) dieselbe Wahrscheinlichkeit w(Ss) zu, so beträgt der Erwartungswert des Rückflusses aus einem Zahlungsanspruch von 1 GE im Zustand Sg aus Sicht aller Anteilseigner w(Sg). Da dieser Zahlungsanspruch heute den Preis Ttg hat, beträgt die entsprechende erwartete Rendite (die Rendite im Zustand Sg beträgt (1 /Tig) - 1 , in allen anderen Zuständen -100% bzw. - 1 ) : f 1
(V.15)
rg=w(Sg)
A
- 1 -f[l-W(Sg)].(-l):
w(Sg).l
rg ist der risikoangepaßte Zinsfuß für einen Zahlungsanspruch im Zustand Sg, der in dieser Arbeit vor allem auch Bedeutung für die Gestaltung anreizkompatibler Prämiensysteme hat (Kapitel XVI und XVII). Formt man (V.15) nach Tig um, so erhält man: (V.16)
7rg = w(Sg).(l + r g ) - l - w ( S g ) . d g .
dg bezeichnet den risikoangepaßten Diskontfaktor für den Zustand Sg. Da w(Ss) den Erwartungswert der Einzahlung bei Kauf eines Zahlungsanspruchs von 1 GE im Zustand Sg bezeichnet, kann (V.16) wie folgt interpretiert werden: Man erhält Tig, indem man den betreffenden Erwartungswert mit dem risikoangepaßten Zinssatz rg diskontiert. Hierbei wird ein allgemeines Bewertungsprinzip angewendet, das ausflihrlich in Kapitel VII erläutert wird: Der gegenwärtige Marktwert eines zukünftigen ungewissen Überschusses ergibt sich, wenn man dessen Erwartungswert mit einem von der Risikostruktur des Überschusses abhängigem risikoangepaßtem Zinssatz diskontiert. Wegen
144
Kapitel V
(V.IO)
2:7ts = (H-r)-l s=l
folgt aus (V. 16): (V.17)
Sw(S3)-(l + r3)-l=(l + r ) - ^ s=l =E(d)
Somit ist der Erwartungswert der zustandsbezogenen Diskontfaktoren (l+rs)~l gleich dem Diskontfaktor (l+r)~l für eine sichere Zahlung. Ein Teil der zustandsbezogenen Diskontfaktoren muß folglich kleiner und ein anderer Teil größer sein als (l+r)~l, wobei einzelne Diskontfaktoren auch mit (l+r)~l übereinstimmen können. Denjenigen Diskontfaktoren, die kleiner (größer) sind als (l+r)"l, entsprechen risikoangepaßte Zinssätze x^, die einen positiven (negativen) Risikozuschlag x^-x enthalten. Daß ein Teil der Risikozuschläge negativ ist, mag zunächst überraschen. Dieses Ergebnis wird jedoch plausibel, wenn wiederum bedacht wird, daß es Zustände gibt, in denen die Einzahlungsüberschüsse aus der Gesamtheit aller Livestitionen der Volkswirtschaft relativ niedrig sind. Auf solche Zustände bezogene Zahlungsansprüche haben zum Zeitpunkt 0 einen relativ hohen Preis, weil die Grenznutzenwerte der Investoren flir diese Zustände relativ hoch sind; die entsprechenden Diskontfaktoren sind größer als (l+r)~l. Umgekehrt ist fiir Zustände, in denen die Gesamtheit aller Livestitionen einen relativ hohen Überschuß bietet, ein relativ niedriger Preis flir darauf bezogene Zahlungsansprüche maßgeblich; die entsprechenden Diskontfaktoren liegen unter (l+r)~^ Wären die Investoren auf dem Kapitalmarkt risikoneutral, so wären ihre Grenznutzenwerte unabhängig vom Endvermögen bzw. dem zugrunde liegenden Zustand, so daß rg = r und entsprechend gemäß (V.16) ^s = w(Ss)-(l + r)-l
s=(l,2,...,S)
gelten würde. Für (V.9) würde dann folgen: Mon = Iw(S3).(l + r)-l.Mi^,3 s=l
= (l + r)-1.2:w(S3).Mi^,3=(l + r ) - l . E ( M i J . s=l Mon wäre also gleich dem mit dem risikolosen Zinssatz r diskontierten Erwartungswert von Mjjj. Unter Berücksichtigung von (V.16) kann die Bewertungsfunktion (V.9) allgemein wie folgt dargestellt werden:
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
145
Mon = Zw(S3).(l + r3)-l .Mi^,3 = 2:w(S3).d3 .Mi^^3. s=l
s=l
In Kapitel VII, Abschnitt 3.1, wird gezeigt, daß MQ^ bei gegebenem Erwartungswert für Mjjj um so höher ist, je höher die Kovarianz zwischen Mj^ und dem (stochastischen) risikoangepaßten Diskontfaktor ist. Ist diese Kovarianz gleich null, so gilt: MQ^ =(l + r)-i ECMin)4.4.
Zur Relevanz des SPA
Der dem SPA zugrunde liegende vollkommene und vollständige Kapitalmarkt hat „ideale" Eigenschaften. Zum einen ermöglicht er unabhängig von den Nutzenfunktionen der Investoren auf dem Kapitalmarkt und ihren Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Umweltzustände Sg eine pareto-effiziente Risikoteilung (Kapitel VI, Abschnitt 2). Zum anderen besteht bei proportionaler Teilung des Erfolges bzw. der Überschüsse neuer Investitionsprojekte und unveränderlichen Grenznutzenwerten stets Einmütigkeit zwischen den Anteilseignem des Untemehmens hinsichtlich der Durchführung dieser Projekte, wobei die Maximierung des Marktwertes der Aktien im Einklang mit der Maximierung des finanziellen Nutzens aller Anteilseigner steht (Kapitel IX). Dabei ist es im Rahmen des SPA möglich, den Marktwert neuer Projekte in relativ einfacher Weise zu ermitteln. Natürlich ist der vollkommene und vollständige Kapitalmarkt ein theoretischer Grenzfall. In der Realität ist der Kapitalmarkt u.a. deshalb unvollkommen, weil die Einführung von und der Handel mit Wertpapieren Transaktionskosten verursachen. Jedoch tragen neue bzw. verbesserte Organisationsformen des Kapitalmarktes und der Einsatz neuer Informationstechnologien dazu bei, Transaktionskosten zu senken. Die Reduktion der Transaktionskosten hat auch dazu beigetragen, die Vielfalt der Anlagemöglichkeiten beträchtlich zu erweitem. Gerade Derivate eröffnen reichhaltige Möglichkeiten, dem Ideal der Vollständigkeit des Kapitalmarktes näher zu kommen. Schon ein einziger originärer Finanztitel (etwa eine Aktie) kann ausreichen, um mit darauf basierenden Optionen einen vollständigen Kapitalmarkt zu erhalten.
5. 5.1.
Capital Asset Pricing Model (CAPM) Charakteristik
Das CAPM ist ein einperiodiges Modell zur Erklärung der Preisbildung auf dem Kapitalmarkt, dessen Bewertungsfiinktionen unabhängig davon gelten, ob der Markt vollständig ist oder nicht. Es ermöglicht auch die Bewertung „neuer" Wertpapiere bzw. Überschüsse, die nicht mit bereits vorhandenen Wertpa-
146
Kapitel V
pieren repUziert werden können. Das Modell wurde in den grundlegenden Arbeiten von LiNTNER (1965a), MossiN (1966) und SHARPE (1964; 1970) entwickelt. Es ist auch heute noch das wichtigste Gleichgewichtsmodell. Dies liegt daran, daß es auf Grund strenger Voraussetzungen eine einfache Struktur aufweist. Wie spätere Darstellungen verdeutlichen (zum Beispiel Kapitel XIII und Kapitel XVIII, Abschnitt 5), wird in Literatur und Praxis auch bei der Analyse von Entscheidungs- und Bewertungsproblemen im Mehrperioden-Fall regelmäßig auf das einperiodige CAPM zurückgegriffen. Im CAPM werden die Prämissen des vollkommenen Kapitalmarktes wie folgt konkretisiert: 1. Alle Akteure auf dem Kapitalmarkt kennen die Preise aller Wertpapiere zu Beginn der Periode. Sie haben homogene Vorstellungen über die Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen der Endwerte aller Wertpapiere zum Zeitpunkt 1. Dies impliziert, daß es nur öffentliche Informationen gibt, die allen kostenlos zur Verfügung stehen; es gibt keine privaten Informationen, die zu unterschiedlichen Erwartungen fuhren. (Zur Erweiterung des (Standard-) CAPM um heterogene Erwartungen vgl. LINTNER (1969).) 2. Es gibt keine Transaktionskosten und Steuern: Diese Prämisse gilt unverändert auch im CAPM. 3. Ebenso gilt wieder: Alle Wertpapiere sind beliebig teilbar. 4. Die Investoren auf dem Kapitalmarkt, die Wertpapiere halten, orientieren sich am (|x,a)-Prinzip und sind risikoscheu.^) 5. Es besteht vollkommene Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt: Ein einzelner Investor hat, wie stets im vollkommenen Kapitalmarkt, keinen spürbaren Einfluß auf die Preise der Wertpapiere; jeder verhält sich als Mengenanpasser. 6. Alle privaten Investoren können ebenso wie die Unternehmen Kapital zum risikolosen Zinssatz r aufiiehmen und anlegen.
5.2,
Individualportefeuilles im Gleichgewicht
5.2.1. Individualportefeuilles als proportionale Anteile am Marktportefeuille Da im CAPM sämtliche Investoren homogene Vorstellungen über die Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen der Endwerte der Wertpapiere haben (und zu demselben risikolosen Zinssatz r Kapital anlegen und aufnehmen können), muß für alle die Menge der effizienten Portefeuilles riskanter Wertpapiere identisch sein. Die linearen Effizienzkurven im (|Li,a)-Diagramm weisen somit für alle Investoren dieselbe Steigung auf (Jedoch können sie bei verschiedenen Abszissenwerten (H-r)-Vo ihren Ursprung haben.) Die konvexen Effi8)
Wie in Kapitel I, Abschnitt 5, erläutert wurde, impliziert das ()Li,a)-Prinzip zustandsunabhängige Nutzenfunktionen; für keinen Anteilseigner dürfen außerhalb des Portefeuilles riskante Vermögensänderungen relevant sein, die stochastisch vom Endwert des Portefeuilles abhängen.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
147
zienzkurven im (|Li,a^)-Diagramm weisen für alle Livestoren dieselbe Krümmung auf, wobei jeder Risikoprämie jeweils dieselbe Steigung entspricht. Da die effizienten Portefeuilles aller Livestoren dieselbe Struktur haben, gilt dies auch für die optimalen Portefeuilles; sie können sich nur in ihrem Umfang unterscheiden. Unterschiede im Umfang optimaler individueller Wertpapierportefeuilles können aus unterschiedlichen Verläufen der Indifferenzkurven resultieren, bei nicht-exponentiellen Nutzenfunktionen aber auch aus unterschiedlichen Vermögenswerten VQ. Da im Marktgleichgewicht alle Wertpapiere des Marktes in den Portefeuilles der Livestoren enthalten sein müssen, stellen sich die Wertpapierpreise zum Zeitpunkt 0 so ein, daß die Struktur jedes individuellen Portefeuilles mit der des Marktportefeuilles übereinstimmt. Das Marktportefeuille enthält alle Wertpapiere. Für seinen Endwert gilt entsprechend: MiG= E M i ^ = Z X ^ . P i ^ . n=l
n=l
Jeder Marktteilnehmer hält im Marktgleichgewicht einen proportionalen Anteil am Marktportefeuille und mithin an seinem Endwert, wobei die Summe aller Anteile gleich 1 ist. Die Tatsache, daß im Gleichgewicht alle Livestoren einen Anteil am Marktportefeuille halten, impliziert: Wertpapiere (insbesondere Derivate), die den Endwert des Marktportefeuilles nicht verändern, sondern nur umverteilen, haben keinen Einfluß auf die individuellen Risiken und Nutzenwerte. Außerdem sind Leerverkäufe im Gleichgewicht ausgeschlossen. Wäre der Leerverkauf eines Wertpapiers für einen Livestor vorteilhaft, so würde dies auch für jeden anderen gelten, so daß die Struktur der individuellen Portefeuilles nicht mit der des Marktportefeuilles übereinstimmen könnte. Die Steigung der linearen Effizienzkurve im (|Li,a)-Diagramm bei Vorliegen eines Marktgleichgewichts kann ermittelt werden, indem die Standardabweichung des Endwertes eines beliebigen Anteils z ( 0 < z < l ) am Marktportefeuille durch die Risikoprämie dieses anteiligen Portefeuilles dividiert wird. Als Steigung der Effizienzkurve ergibt sich für jeden Anteilseigner: Z'Sta(MiG)_Sta(MiG) ZRPG
""
RPG
'
wobei Sta(MiG) die Standardabweichung des Endwertes (einschließlich Zinsen und Dividenden) und RPG die Risikoprämie des Marktportefeuilles bezeichnet. Dieser Zusammenhang impliziert: Es gibt kein Portefeuille, für das das Verhältnis aus Standardabweichung und Risikoprämie niedriger bzw. das Verhältnis aus Risikoprämie und Standardabweichung (die Risikoprämie je Risikoeinheit) höher ist als für das Marktportefeuille oder einem Anteil daran. L*-
148
Kapitel V
gendeine Risikoprämie kann mit minimalem Risiko (gemessen durch die Standardabweichung) grundsätzlich nur in der Weise realisiert werden, daß ein entsprechender Anteil am Marktportefeuille gehalten wird. 5.2.2. Höhe der individuellen Anteile Wie in Kapitel IV, Abschnitt 4.6.2, gezeigt wurde, ist bei gegebener Menge der effizienten Portefeuilles und quadratischer Nutzenfunktion der optimale Wertpapierbestand eines Investors auf dem Kapitalmarkt eine proportional steigende Funktion seiner Risikotoleranz D=b/2c-(l + r)-VQ . Da die Menge der effizienten Portefeuilles flir alle Investoren auf dem Kapitalmarkt identisch ist, folgt: Haben alle Marktteilnehmer eine quadratische Nutzenfunktion, so wird das Marktportefeuille im Verhältnis der individuellen Risikotoleranzen D aufgeteilt. Für zwei beliebige Anteilseigner i und j gilt: (V.18) ' '
Zi
Zi
— = --L. Di Dj
Dabei bezeichnet Zj (zj) den Anteil des Investors i (j) am Marktportefeuille und Dj (Dj) seine Risikotoleranz. Aus (V.18) folgt: (V.19)
Zi-Dj=Zj.Di.
Werden beide Seiten von (V.19) über alle j (j = l,2,...,I) addiert, so folgt: Zi-lDj=Di.2:zj. j=l
j=l
I
Wegen ^] ^j = 1 folgt hieraus: j=l
(V.20)
Zi=-^
(i=l,2,...,I).
Die Risikotoleranz Dj stimmt mit dem Kehrwert des ARROW-PRATT-Risikoaversionskoeffizienten an der Stelle (1+r)-Voj überein. Es gilt also: D
1 ^~ai[(l + r).Voi]'
Das Analoge gilt für Dj. Mithin kann (V.20) auch wie folgt dargestellt werden:
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
(V.21)
^ . ^ ^a,[(l+r).VoJ
149
(i = l,2,...,I),
^^^aj[(l+r).Voj]
Der Anteil des Anteilseigners i am Marktportefeuille ist somit gleich dem Verhältnis aus seiner eigenen Risikotoleranz und der Summe aller Risikotoleranzen, wobei hier für jeden Anteilseigner die Risikotoleranz auf dasjenige sichere Endvermögen bezogen wird, über das er verfügt, wenn er keine riskanten Wertpapiere hält. Je geringer die Risikotoleranz des Anteilseigners i im Verhältnis zur Summe der Risikotoleranzen aller Anteilseigner ist, desto kleiner ist gemäß (V.21) sein Anteil Zj am Marktportefeuille. Die (homogenen) Vorstellungen der Anteilseigner über den Endwert M^Q des Marktportefeuilles haben keinen direkten Einfluß auf Zj (i= 1,2,...,!). Bei exponentieller Nutzenfunktion und normalverteiltem Endwert aller Wertpapierportefeuilles ist - wie in Kapitel IV, Abschnitt 4.6.2, erläutert wurde - der optimale Wertpapierbestand eines Livestors eine proportional steigende Funktion der Steigung seiner Lidifferenzkurven im (|Li,a^)-Diagramm, die ihrerseits mit dem Zweifachen seiner Risikotoleranz, also mit 2/a, übereinstimmt. Haben alle Marktteilnehmer eine exponentielle Nutzenfunktion, so wird das Marktportefeuille im Verhältnis der individuellen hidifferenzkurvensteigungen bzw. der Risikotoleranzen aufgeteilt: (V.22)
_2_ J_ Z i = - ^ =^ j=l '
(i = l,2,...,I).
j=l '
Gemäß (V.22) ist der Anteil Zj des Anteilseigners i am Marktportefeuille gleich dem Verhältnis aus seiner Risikotoleranz und der Summe der Risikotoleranzen aller Anteilseigner. Die Bestimmungsgleichung (V.22) entspricht (V.21) für den Fall quadratischer Nutzenfunktionen. Da bei exponentiellen Nutzenfunktionen konstante absolute Risikoaversion besteht, sind jedoch in (V.22) die Risikotoleranzen exogen vorgegeben. 5.3,
Marktwerte riskanter Wertpapiere
5.3.1. Ermittlung der Marktwerte Gemäß (IV.29) (Kapitel IV, Abschnitt 4.6.1) gelten für das optimale Wertpapierportefeuille eines Anteilseigners i (i=l,2,...,I) die Bedingungen: Koy(P„;WPi,op.)^Var(WP,,op.) E(P,„)-(l + r).Po„ RPi,„p,
(„=,, ^, ..„^).
150
Kapitel V
Da der Anteilseigner i (i=l,2,...,I) im Gleichgewicht des CAPM den Anteil Zj am gesamten Marktportefeuilles hält, gilt: (V.24)
Kov(Pin;WPii,opt) = Z.KOV(PI^;MIG) ,
(V.25)
Var(WPii,opt) = zf • Var(MiG)
und (V.26)
RPi^opt = Zi-RPG-
Werden (V.24), (V.25) und (V.26) in (V.23) eingesetzt, ergibt sich: (V27)
Zj •Kov(Pin;MiG) ^ zf • Var(MiG) E(Pi„)-(l + r).Pon Zi-RPo
.^^^ ^. ^ ' '"•' ^'
Diese Bedingungen für das optimale Portefeuille eines Anteilseigners i bilden die Brücke zu den Bewertungsfünktionen des CAPM. Aus (V.27) folgt: (V.28)
_aiffllÄG)_.Var(MiG) E(Pi„)-(l + r).Po„ RPG
(„=i,2,...,N).
Hieraus folgt für den Marktwert einer Einheit des Wertpapiers n im Gleichgewicht: RP Pon = (l + r)-l -[ECPm)-,, ,^, ^ K O V ( P I ^ ; M I G ) ] • Var(MiG) Für den Marktwert aller Wertpapiere des Typs n, Mon=Xj^-Pon (wobei X^ die Zahl dieser Wertpapiere bezeichnet), erhält man (mit M^j^ = Xj^ • P^j^): (V.29)
RP
|(V.30) Mon =(l + r ) - l - [ X n . E ( P i J - — - ^ • X n - K o v ( P i „ . M i G ) ] ' Var(MiG) RP
= (l + r ) - l . [ E ( X „ . P i J - — - | — . K o v ( X ^ . P l „ ; M i G ) ] ^"^T"^ -—^ ' Var(MiG) = (l + r ) - ^ - [ E ( M i J ^Q •KOV(MI„;MIG)], Var(MiG) =SÄ(M,„) CAPM-Marktwertgleichung unter Berücksichtigung des ßdarh-) Sicherheitsäquivalents von Mjfj: Grundform
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
151
Die Differenz in den eckigen Klammem auf der rechten Seite der (Markt-) Bewertungsfunktion (V.30) kann als MarA^-Sicherheitsäquivalent SÄ(Mijj) des riskanten Endwertes Mjj^ interpretiert werden. Es gibt an, welcher sichere Vermögenswert zum Zeitpunkt 1 im Zeitpunkt 0 denselben Marktwert MQ^ aufweist wie die riskanten Wertpapiere n. Gemäß (V.30) ist MQ^ gleich dem mit dem risikolosen Zinssatz r diskontierten Marktsicherheitsäquivalent; je höher der risikolose Zinssatz, desto niedriger ist für ein gegebenes Sicherheitsäquivalent SÄ(Min) der Marktwert MQH. Von grundlegender Bedeutung (insbesondere auch für die Livestitionsplanung, Kapitel XI) ist, daß es für die Beurteilung bzw. Messung des Risikos eines Wertpapiers nicht allein auf die Varianz seines Endwertes ankommt, sondem auf die Kovarianz des Endwertes mit dem Endwert des gesamten Marktportefeuilles. Für die Bewertung eines Wertpapiers spielen daher nicht nur die Informationen bzw. Erwartungen bezüglich dieses Wertpapiers eine Rolle, sondem auch die bezüglich aller anderen Wertpapiere. Im Rahmen des einperiodigen Modells können nur die Werte Pgn bzw. MQ^ erklärt werden; die Wahrscheinlichkeitsverteilungen über Vi^ bzw. M^^ ^nd MiQ werden als gegeben angenommen. Sie können ihrerseits erklärt werden, indem der Mehrperioden-Fall betrachtet wird (Kapitel XII). Es ist zu beachten, daß die Wahrscheinlichkeitsverteilung über MJQ nicht allein durch die Überschüsse derjenigen Investitionsprojekte bestimmt wird, die bereits in den Investitionsprogrammen der Untemehmen „enthalten" sind. Sie wird auch von Projekten abhängen, die mit positiver Wahrscheinlichkeit entdeckt und realisiert werden. Woraus auch immer die Wahrscheinlichkeitsverteilung über MJQ resultiert, gilt im CAPM die Annahme homogener Erwartungen darüber. Diese Erwartungen hängen vom Informationsstand der Investoren auf dem Kapitalmarkt ab. Zusätzliche Informationen führen grundsätzlich zu anderen Marktwerten MQJJ. Für die Risikoprämie RP^ = E(Min)"" (1 + ^)' ^on ^ll^r Wertpapiere n gilt gemäß (V.30): (v^u
pp -
^Q Fnvrvr Var(Mi[Q)
M
X_KOV(MI^,;MIG)
pp
Var(MiQ)
Femer gilt für die Summe aller N Kovarianzen KOV(MIJI;MIQ) (n= 1,2,...,N): XKov(Mi^;MiG) = Kov(i:Min;MiG) = Kov(MiG;MiG) = Var(M n=l
n=l =M IG
Interpretation: Die Summe aller N Kovarianzen Kov(Min;MiG) ergibt die Varianz des Endwertes M^Q des Marktportefeuilles. Folglich kann die Kovarianz KOV(MIJJ;MIQ) als Beitrag des Wertpapiers n zu dieser Varianz interpretiert werden. Gemäß (V.31) wird die Risikoprämie RPQ des Marktportefeuilles im
152
Kapitel V
Verhältnis der Varianzbeiträge auf die Wertpapiere n (n=l,2,...,N) aufgeteilt. Der Quotient RPQ/Var(MiQ) wird als Risikoprämie je Risikoeinheit oder als Marktpreis für Risiko bezeichnet (LiNTNER, 1969, S. 363). Wird dieser Quotient mit dem Varianzbeitrag der Wertpapiere n gewichtet, so ergibt sich die entsprechende Risikoprämie RPj^. Für KOV(MIJ^;MIQ) < 0 gilt RPn<0. Mit Hilfe des Beta-Faktors
^KOV(MI^;MIG)
Var(MiG) Beta-Faktor (auf die Endwerte M^j^ und M^Q bezogen)
kann (V.30) wie folgt dargestellt werden:
(V.32)
Mo„=(l + r)-l-[E(Mi„)-RPG-ßn]-SÄ(Min)
CAPM-Marktwertgleichung unter Berücksichtigung des Marktsicherheitsäquivalents: Beta-Form
5.3.2. Höhe der Marktwerte 5.3.2.1. Abhängigkeit von der Kovarianz Kov(Mj^; Mj^) Wegen Var(MiG) >0 sind die risikoaversen Anteilseigner nur dann bereit, einen Anteil am Marktportefeuille zu halten, wenn sie eine Risikoprämie erzielen. Folglich muß RPQ und mithin auch die Risikoprämie je Risikoeinheit, RPQA^ar(MiG), positiv sein. Somit ist gemäß (V.30) der Marktwert MQ^ bei gegebener Risikoprämie je Risikoeinheit eine linodi fallende Funktion der Kovarianz KOV(MIJ^;MIG). Dabei sinkt MQ^ mit steigender Kovarianz um so mehr, je größer RPGA^ar(MiG) ist. Für Kov(Min;MiG)=0 gilt Mon=(l+r)-^ •E(Min). Ist die Kovarianz Kov(Min;MiG) positiv, so ist MQ^ niedriger als (l+r)-l •E(Min). Da bei positiver Kovarianz das Marktsicherheitsäquivalent in (V.30) kleiner ist als der Erwartungswert E(MIJJ), ergibt sich in diesem Fall MQH auf Grund eines „Marktrisikoabschlages". Bei negativer Kovarianz KOV(MIIJ;MIG) erfolgt ein „Risikozuschlag"; der Marktwert MQ^ ist dann größer als in dem Fall, daß Mjj^ einen sicheren Wert in Höhe von E(Mijj) aufweist. Die Ursache hierflir ist, daß bei negativer Kovarianz die Varianz des Marktportefeuilles und mithin auch die Varianz der indi-
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
153
viduellen Portefeuilles auf Grund der Wertpapiere n sinken. Dieser Vorteil kann auch wie folgt ausgedrückt werden: Bei negativer Kovarianz besteht die Tendenz, daß der Endwert M^j^ gerade dann relativ hoch ist, wenn die Überschüsse aus der Gesamtheit aller Livestitionen relativ niedrig und mithin die individuellen Grenznutzenwerte relativ hoch sind. Da die Kovarianz KOV(MIJJ;MIQ) die Varianz Var(Mijj)>0 enthält, impliziert K O V ( M I J J ; M I Q ) = 0 , daß die Kovarianz Kov(Min;MiQ-Min) zwischen dem Endwert M^j^ der Wertpapiere n und der Summe der Endwerte aller anderen Wertpapiere, M ^ Q - M ^ J ^ , negativ ist. Es gilt der folgende Zusammenhang: (V.33)
Kov(Mi„;MiG) = Kov(Mi„;Min + M i G - M i „ ) = Kov(Min;Mi„) + Kov(Min;MiG - M^n) = Var(Min) + Kov(Min; MiG - Mi J .
Je größer die Varianz Var(Miii), desto mehr muß Kov(Min;MiG-Min) unter null liegen, damit die Kovarianz KOV(MIII;MIG) gleich null sein kann. 5.3.2.2. Abhängigkeit von der Varianz Var(M]„) Aus (V.30) und (V.33) folgt wegen K o v ( M i „ ; M i G - M i „ ) = Kov(Mi„; l M i ^ ) = m=l m?tn
2:KOV(MI„;MU
m=l m?tn
die Bestimmungsgleichung (V.34) üp
Mon=(l+r)-^{E(MiJ-
N Q •[Var(Mi„)+ l K o v ( M i j , ; M i J ] } . Var(MiG) m=l m?tn
Interpretation: Da der Endwert M^^ der Wertpapiere n selbst in M ^ Q enthalten ist, setzt sich K O V ( M I J I ; M I Q ) aus der Varianz Var(Min) und N - 1 „echten" Kovarianzen Kov(Miii;Miji^ (m^^n) zusammen. Diese Kovarianzen können insgesamt eine erheblich größere Bedeutung für den Marktwert MQH haben als die Varianz Var(Miji) als einzelne Größe. Ist diese Varianz niedrig, so kann sie eventuell vernachlässigt und (V.30) wie folgt dargestellt werden: (V.35)
Mon^(l + r)-^.[E(MiJ~
RP .KOV(MI^;MIG-M^n)] > ^ Var(MiG)
Es wird gelegentlich behauptet, daß die Varianz Var(Mij^) dann einen vemachlässigbaren Einfluß auf Mon habe, wenn sie im Vergleich zur Varianz Var(MiQ) des Endwertes aller Wertpapiere sehr niedrig sei. Diese Behauptung
154
Kapitel V
imphziert, daß die Varianz Var(Mijj) um so eher vernachlässigt werden kann, je größer die Varianz Var(MiQ) ist. Jedoch ist zu beachten, daß in (V.34) die Varianz Var(Mijj) nicht mit l/Var(MiQ) gewichtet wird, sondern mit RPQ/Var(MiG). Wie in Kapitel VII, Abschnitt 2.1, gezeigt wird, beeinflußt die Varianz Var(MiQ) die Risikoprämie R P Q i.a. so, daß der Quotient RPQA^ar(MiQ) von Var(MiQ) unabhängig ist. Die Varianz Var(Min) wird somit in (V.34) unabhängig von Var(MiQ) mit demselben Term RPG/Var(MiQ) gewichtet. 5.3.2.3. Abhängigkeit von der Risikoprämie je Risikoeinheit Gemäß (V.30) ist der Marktwert MQH bei gegebenem Erwartungswert E(Min) und gegebener Kovarianz KOV(MII^;MIQ) vom Marktpreis des Risikos, RP(yVar(MiQ), abhängig: Bei positiver (negativer) Kovarianz Kov(Min;MiQ) ist MQJJ eine linear fallende (steigende) Funktion von RP(3A^ar(MiQ). Für KOV(MIJ^;MIQ)=0 ist MQH gleich dem mit dem risikolosen Zinssatz r diskontierten Erwartungswert E(MIJJ); MQ^ ist dann von RP(yVar(MiQ) unabhängig. In Kapitel VE, Abschnitt 2.1, wird untersucht, wie RPQA^ar(MiQ) von den Risikoeinstellungen der Investoren, dem Erwartungswert und der Varianz des Endwertes des Marktportefeuilles und der Zahl der Investoren auf dem Kapitalmarkt abhängt.
6. 6.1.
Modifizierter SPA Charakteristik
Der SPA beruht auf der Annahme eines vollständigen Kapitalmarktes, in dem jedes Wertpapier (jeder Finanztitel) in jedem Zustand Sg (s=l,2,...,S) jeweils einen deterministischen Endwert aufweist. Je größer die Zahl der bewertungsrelevanten ungewissen Daten, desto größer ist die Zahl der möglichen Zustände als Konstellationen von Ausprägungen dieser Daten und desto größer muß die Anzahl der Wertpapiere mit linear unabhängigen Endwertvektoren sein, damit Vollständigkeit garantiert sein kann. Bei gegebener Zahl möglicher Zustände Sg kann zwar durch Einfuhrung neuer Wertpapiere eine Annäherung an das Ideal der Vollständigkeit erreicht werden. Jedoch kann mit neuen Wertpapieren die Zahl der bewertungsrelevanten Daten und mithin der möglichen Zustände wachsen. Dies gilt insbesondere für neue Aktien im Zuge der Gründung neuer Unternehmen. Wenn hierbei Daten mit x möglichen Konstellationen an Ausprägungen hinzukommen, steigt die Zahl möglicher Zustände von S auf x-S. Hinzu kommt, daß für zentrale Risiken (zum Beispiel im Absatzbereich) gar keine verifizierbare und unbeeinflußbare Daten existieren, für die bedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden können (Kapitel XVI, Abschnitt 6). Einerseits stellt der SPA einen theoretischen Grenzfall dar, andererseits ist er eine wichtige theoretische Grundlage für die Analyse von Entscheidungs-
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
155
Problemen, bei der der Kapitalmarktzusammenhang in einfacher und anschaulicher Weise berücksichtigt werden kann. Es ist daher interessant, daß sich der SPA derart modifizieren läßt, daß seine Bewertungsfunktionen in strukturgleicher Form auch bei unvollständigem Kapitalmarkt gelten. Die betreffenden Bewertungsfunktionen lassen sich analog erklären und interpretieren wie die des SPA. Der im folgenden dargestellte „modifizierte" SPA hat nicht nur Bedeutung für die Ermittlung eines aus Sicht der Anteilseigner optimalen Investitionsprogramms, sondern auch für die Gestaltung von Anreizen für das Management, ein solches Programm zu realisieren (Teil F). Der modifizierte SPA beruht auf den folgenden Voraussetzungen: 1. Der Endwert einer Einheit des Wertpapiers n (n=l,2,...,N) hängt vom eintretenden Zustand Sg und von der Ausprägung eines wertpapierspezifischen stochastischen Störterms Si^ ab. Für den Endwert bei Eintreten des Zustandes Sg gilt: (V.36)
Pin|Ss = Win,s + ?ln
(s= 1,2,...,S).
Win s ist eine deterministische Größe. Der Erwartungswert des stochastischen Störterms 8^^ ist gleich null. Es gilt folgHch: E(Pln|Ss) = Win,s
(s=l,2,...,S).
Der Störterm Sj^ ist stochastisch unabhängig vom eintretenden Zustand Sg und nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten verifizierbar. Er resultiert aus spezifischen Daten bzw. Ereignissen, die primär den Endwert des Wertpapiers n beeinflussen und ebenfalls nicht verifizierbar sind. Zum Beispiel kann bei Aktien eines Unternehmens der Störterm aus einer möglichen Krankheit von Mitarbeitern des Unternehmens, aus Diebstahl, Schwund, Feuerschäden, Störungen des Betriebsablaufs oder Zahlungsunfähigkeit eines Kunden resultieren. Die Zustände Sg (s=l,2,...,S) sind Kombinationen aus Ausprägungen von Marktdaten, die simultan die Endwerte aller oder mehrerer Wertpapiere beeinflussen, zum Beispiel des Rohölpreises, des Leitzinses der EZB, der durch bestimmte Indikatoren charakterisierten Konjunkturlage, des Dollarkurses.9) 2. Neben den N Wertpapieren mit störtermbedingtem Risiko gibt es weitere Wertpapiere bzw. Finanzkontrakte, deren Endwert eindeutig durch den Umweltzustand Sg determiniert wird, für die also kein störtermbedingtes Risiko relevant ist. Mit ihnen können für jeden möglichen Zustand Sg (s=l,2,...,S) 9)
Wenn bei großer Zahl von Marktdaten die Überprüfung bzw. Verifikation des eingetretenen Zustandes ex post Schwierigkeiten bereitet, stellt sich das Problem, einen einfachen Indikator zu finden, dessen Erwartimgswert vom Zustand abhängt und dessen Ausprägung für jeden Zustand nur wenig um den bedingten Erwartungswert streut. Dieser Bedingung genügt möglicherweise ein Aktienindex, etwa der DAX. Die möglichen Zustände sind dann als Indexintervalle definiert, wobei P^j^ von dem Intervall, in dem der Aktienindex am Periodenende liegt, und der Realisation des Störterms 8^^^ abhängt.
156
Kapitel V
bedingte Zahlungsansprüche zu einem gegebenen Preis Tis gekauft und verkauft werden. Der Handel kann entweder direkt mit „reinen" Wertpapieren erfolgen, oder indirekt durch Bildung von Portefeuilles aus „normalen" Wertpapieren (deren Endwert in jedem Zustand Ss deterministisch ist). Damit dieser Handel möghch ist, müssen S derartige Wertpapiere mit linear unabhängigen Endvektoren existieren. Für den indirekten Handel kommen vor allem auch Terminkontrakte und Optionen in Betracht, die sich auf solche Marktdaten beziehen, die in den Umweltzuständen Sg enthalten sind, etwa den Marktpreisen von Produktionsfaktoren und den Preisen ausländischer Währungen. Durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen kann das aus den Zuständen Ss resultierende Wertpapierrisiko gehedgt werden. 3. Das aus dem Störterm sj^ (n=l,2,...,N) resultierende Risiko ist dagegen idiosynkratisch, d.h. es besteht nicht die Möghchkeit, dieses Risiko explizit bzw. direkt durch Kauf und Verkauf bedingter Zahlungsansprüche zu handeln. Der Störterm und die Daten bzw. Ereignisse, die ihm zugrunde liegen, sind nicht verifizierbar. Es gibt auch keine anderen Daten, auf deren Grundlage Finanzkontrakte gestaltet werden können, mit denen das störtermbedingte Risiko neutralisiert werden kann. Zum Beispiel gibt es im allgemeinen keine Finanzkontrakte, mit denen das Absatzrisiko gehegt werden kann. Jedoch sind die Störterme fiir die verschiedenen Wertpapiere voneinander stochastisch unabhängig, so daß das betreffende Risiko durch Bildung gut gemischter Portefeuilles für den einzelnen Anteilseigner praktisch eliminiert werden kann. Es wird angenommen, daß die Anteilseigner solche Portefeuilles halten. Für den Preis PQH des Wertpapiers n ist es dann irrelevant, wie dessen Endwert ^i^ im Rahmen eines einzelnen Zustandes Sg um seinen bedingten Erwartungswert E(Pijj|Ss)=Win,s streut.^^) Diese Annahme impliziert: Der Endwert jedes individuellen Portefeuilles streut in jedem Zustand Sg so wenig, daß im jeweiligen Streubereich der zustandsabhängige Grenznutzenwert quasi-konstant ist. Der erwartete Nutzen des Endwertes stimmt dann jeweils mit dem Nutzenwert eines sicheren Endwertes in Höhe des bedingten Erwartungswertes überein. Das aus den wertpapierspezifischen Daten bzw. Ereignissen resultierende Risiko wird als störtermbedingtes oder unsystematisches Risiko bezeichnet, das aus den Zuständen Sg resultierende als zustandsbedingtes oder systematisches Risiko. Bietet ein Wertpapier n in jedem Zustand Sg denselben sicheren Endwert, so gibt es bezüglich dieses Wertpapiers weder störtermbedingtes noch zustandsbedingtes Risiko. Besteht bei einem Wertpapier sowohl störtermbe10) Diese Annahme impliziert: Der Endwert jedes individuellen Portefeuilles streut in jedem Zustand Sg so wenig, daß im jeweiligen Streubereich der zustandsabhängige Grenznutzenwert quasi-konstant ist. (Jedoch können sich die Grenznutzenwerte von Zustand zu Zustand unterscheiden.) Der erwartete Nutzen des Endwertes stimmt dann für jeden Zustand Sg jeweils mit dem Nutzenwert eines deterministischen Endwertes in Höhe des bedingten Erwartungswertes überein.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
157
dingtes als auch zustandsbedingtes Risiko, so ist der Endwert in jedem Zustand Sg ungewiß und der Erwartungswert des Endwertes ist zustandsabhängig. Im Gegensatz zum modifizierten SPA gibt es im SPA (im strengen Sinn) keine stochastischen Störterme; der Endwert jedes Wertpapiers ist eindeutig durch den eintretenden Zustand Sg determiniert. Die Endwerte sind nur von Daten bzw. Ereignissen abhängig, für die explizit oder implizit zustandsbedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden können; der Kapitalmarkt im SPA ist im Gegensatz zum modifizierten SPA vollständig. Es ist zu beachten, daß zwar die Störterme selbst nicht bewertungsrelevant sind, wohl aber die Ereignisse, durch die sie verursacht werden. Angenommen, es werde damit gerechnet, daß im Zustand Sg (s= 1,2,...,S) mit der Wahrscheinlichkeit von 0,1 die Forderung gegenüber einem Kunden in Höhe von 1000 GE ausfällt. Der Erwartungswert der betreffenden Einzahlung beträgt dann statt 1000 nur noch 1000-0,1-1000 = 900. Ausgehend von diesem Erwartungswert wird nun ein Störterm maßgeblich, der entweder die Ausprägung 1000 - 900 = 100 (kein Ausfall) bzw. 0 - 900 = -900 (Ausfall der Forderung) mit der Wahrscheinlichkeit 0,9 bzw. 0,1 und mithin den Erwartungswert 0,9-100 + 0,l-(-900) = 0 aufweist. Zwar ist nun die Ungewißheit des Störterms (die Abweichung der Einzahlung vom Erwartungswert) nicht bewertungsrelevant. Jedoch muß natürlich berücksichtigt werden, daß der Erwartungswert der Einzahlung und mithin der von Pjj^ in jedem Zustand Sg um 100 sinkt. Diese Einbuße kann allerdings so bewertet werden wie ein sicherer Forderungsausfall von 100. 6.2.
Marktwerte riskanter Wertpapiere
Orientieren sich alle Anteilseigner am (|x,a)-Prinzip und haben sie homogene Vorstellungen über die Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen der Endwerte der Wertpapiere (dies imphziert grundsätzlich auch homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg), so halten alle Anteilseigner einen Anteil am Marktportefeuille, wobei die aus den Störtermen s^^ resultierenden unsystematischen Risiken quasi eliminiert werden. Der Endwert MiQ des Marktportefeuilles wird dann linear und zustandswwabhängig geteilt. Eine zustandsabhängige Teilung kann jedoch insbesondere dann optimal sein, wenn die Anteilseigner heterogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg haben und/oder ihre Nutzenfunktionen zustandsabhängig sind. Da zustandsabhängige Differenzierungen in der Weise vorgenommen werden können, daß zusätzHch zu den Wertpapieren n (n=l,2,...,N) zustandsbedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden, kann das Marktgleichgewicht im Rahmen des modifizierten SPA wie folgt charakterisiert werden: Die Anteilseigner halten gut gemischte Portefeuilles aus den N Wertpapieren, so daß die störtermbedingten Risiken praktisch eliminiert werden. Zustandsabhängige Differenzierungen werden primär über den Markt für zustandsbedingte Zahlungsansprüche vorgenommen. Da die stochastischen Störterme im Rahmen der gut gemischten individuellen Portefeuilles quasi
158
Kapitel V
nicht spürbar sind, erzielen die Anteilseigner auch keine Prämien für die Übernahme der störtermbedingten Risiken. Für den Preis einer Einheit des Wertpapiers n (n= 1,2,...,N) zum Zeitpunkt 0 gilt dann im Gleichgewicht: S
(V.37)
Pon=S^s-E(Pin|Ss). s=l
Modifizierte SPA-Preisgleichung (Marktwert einer Einheit des Wertpapiers n) Diese Bewertungsfunktion entspricht der Annahme 3 in Abschnitt 6.1, wonach es für Pon irrelevant ist, daß der Endwert im Zustand Sg um seinen bedingten Erwartungswert E(PIJJ|SS)=WIJIS streut; PQ^ ist ebenso hoch wie für den Fall, daß im Zustand Sg ein sicherer Endwert in Höhe von Wj^^s ei'zielt wird. Die relevanten Erwartungswerte werden mit den Preisen Tig flir zustandsbedingte Zahlungsansprüche gewichtet. Damit wird dem zustandsbedingten Risiko Rechnung getragen, also der Tatsache, daß der Erwartungswert des Endwertes Pjn vom Zustand Sg abhängt.
7.
CAPM und (modifizierter) SPA als tlieoretische Grundlage fiir weitere Analysen
Die Bedeutung des CAPM liegt nicht allein darin, die Preisbildung auf dem Kapitalmarkt zu erklären. Es Uefert eine theoretische Grundlage für die Analyse von Problemen, die für die Investitionsplanung und -Steuerung von grundlegender Bedeutung sind: Wie hängen die Gleichgewichtspreise von den (Risiko-)Präferenzen der Investoren auf dem Kapitalmarkt ab? Wird im Kapitalmarktgleichgev^icht das aus allen Wertpapieren resultierende Risiko pareto-effizient geteilt? Wird durch neue Investitionsprojekte, deren Überschüsse noch nicht in den Gleichgewichtspreisen antizipiert worden sind, ein Handel mit Wertpapieren ausgelöst? Besteht Einmütigkeit zwischen den Anteilseignem eines Untemehmens bezüglich neuer Investitionsprojekte? Steht im Fall der Einmütigkeit Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung? Warum können Zielkonflikte zwischen Anteilseignem eines Untemehmens bestehen und welche Investitionen sind für die verschiedenen Interessengruppen vorteilhaft? Diese Probleme werden in nachfolgenden Kapitebi eingehend analysiert. Bei der Analyse sind die Nutzenfunktionen der BeteiUgten zu berücksichtigen. Dabei ist es zweckmäßig, folgende Varianten des CAPM zu unterscheiden, bei denen das (|Li,a)-Prinzip im Einklang mit dem BERNOULLI-Prinzip steht:
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Grundlagen
159
1. BQ-Variante: Die Endwerte der Wertpapiere bzw. der individuellen Portefeuilles sind beliebig verteilt (B) und alle Investoren haben quadratische Nutzenfunktionen (Q).^^) 2. NE-Variante: Die Endwerte behebiger Portefeuilles (d.h. des Marktportefeuilles sowie aller möglichen individuellen Portefeuilles) sind normalverteilt (N) und alle Investoren haben exponentielle Nutzenfunktionen (E). Modelle mit dieser Annahmenkombination werden als „Hybrid-Modelle" bezeichnet (LINTNER, 1965a; MOSSIN, 1966; BAMBERG, 1986). 3. NB-Variante: Die Endwerte sind normalverteilt (N) und die Investoren haben beliebige konkave Nutzenfunktionen (B). Die NE-Variante stellt einen Spezialfall der NB-Variante dar. Der Geltungsbereich der NE-Variante ist in dem Sinne begrenzt, daß sie sowohl einen bestimmten Verteilungstyp als auch einen bestimmten Typ von Nutzenfunktionen voraussetzt. Andererseits lassen sich mit ihrer Hilfe in anschaulicher und relativ einfacher Weise wichtige Grundzusammenhänge zeigen, l^) Die BQVariante bietet gegenüber der NB-Variante den Vorzug, daß sie keine spezifischen Wahrscheinlichkeitsverteilungen voraussetzt, jedoch müssen die Nutzenfunktionen quadratisch sein. Quadratische Nutzenfunktionen implizieren steigende absolute Risikoaversion, während in der Realität eher damit zu rechnen ist, daß mit steigendem Reichtum die Risikoaversion sinkt. In der NBVariante wird dagegen nur unterstellt, daß die Nutzenfunktionen konkav sind. Dies erfordert nun aber einschränkende Voraussetzungen bezüglich der maßgeblichen Wahrscheinlichkeitsverteilungen; die Endwerte aller Portefeuilles bzw. aller riskanten Wertpapiere sind in der NB-Variante wie in der NEVariante normalverteilt. Da Normalverteilungen von -oo bis +oo reichen, mag die Annahme einer Normalverteilung als verfehlt erscheinen. Insbesondere bei Aktienkursen, die nicht negativ werden können, ist natürlich diese Annahme nicht streng erfüllt. Jedoch ist zu bedenken, daß den „extreme(n) Randbereiche(n) ... im Modell der Normalverteilung ohnehin nur eine verschwindend kleine Wahrscheinlichkeitsmasse zugeordnet" (KRUSCHWITZ, 2003, S. 334) wird, so daß die Normalverteilung trotzdem zugrunde gelegt werden kann. Vgl. hierzu auch FRANKE/ H A X ( 2 0 0 4 , S . 306-311). Obwohl die Geltungsbereiche der maßgeblichen Varianten des CAPM begrenzt sind, lassen sich auf ihrer Grundlage wichtige Ergebnisse herleiten, die für 11) Jedoch dürfen die Verteilungen streng genommen nicht ..ganz'' beliebig sein. Sie müssen nach oben beschränkt sein, weil andernfalls bei quadratischer Nutzenfunktion der Grenznutzen eines Investors negativ sein kann. Zum Beispiel sind Normalverteilungen streng genommen ausgeschlossen. Auch ist im allgemeinen davon auszugehen, daß die Endwerte der Wertpapiere nicht negativ werden können. 12) Die Annahmekombination exponentieller Nutzenfunktionen und Normalverteilungen wird im CAPM oft verwendet und ist in der neueren Literatur beispielsweise Standard als Grundlage der Analyse von Kapitalmarktgleichgewichten bei heterogenen Erwartungen (bei rationalen Erwartungen der Investoren auf dem Kapitalmarkt und unvollständiger Offenlegung privater Informationen). Vgl. den Überblick in GiLLENKiRCH (2004a, Kapitel III).
160
Kapitel V
das Verständnis der komplexeren Zusammenhänge in der Realität von Bedeutung sind. Im übrigen sind Vereinfachungen auch bei anderen Kapitalmarktmodellen geboten. Dabei ist es schwierig, generelle Aussagen darüber zu machen, welche vereinfachenden Annahmen weniger problematisch sind. Das Urteil darüber kann vor allem auch von der untersuchten Fragestellung abhängen. Die aufgeführten Probleme werden später auch vor dem Hintergrund des (modifizierten) SPA untersucht. Dabei ist von Bedeutung, daß kein grundsätzlicher Unterschied zwischen diesem Ansatz und dem CAPM besteht. Für den Fall homogener Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände Sg, homogener Erwartungen über die zustandsabhängigen Endwerte der Wertpapiere und der Orientierung aller Investoren auf dem Kapitalmarkt am (|Li,a)-Prinzip folgt aus dem (modifizierten) SPA das CAPM. (Vgl. hierzu Kapitel VE, Abschnitt 4.)
Ergänzende und vertiefende Literatur (zum SPA und CAPM vgl. auch Kapitel VII): BAMBERG (1986); INGERSOLL (1987, S. 45-64); FRANKE/HAX (2004, S. 365418); GARMAN/OHLSON (1981); GILLENKIRCH (2004a); GILLENKIRCHA^ELTHUIS (1997); HAX (1997); HAX/HARTMANN-WENDELS/V. HINTEN (1988); HIRSHLEiFER(1958; 1965; 1966); KRAUS/LITZENBERGER (1973); KRUSCHWITZ (1999, S. 37-47, 137-153); LAUX (1969; 1971a); LINTNER (1965a; 1965b); MossiN (1966; 1973); MÜLLER (1985); MYERS (1968); ROBICHEK/MYERS (1965b); Ross (1976a; 1976b); RUDOLPH (1979a, 1979b); SAELZLE (1976); SCHALL (1972); SCHLAG (1995, S. 6-29); SPREMANN(1986); WILHELM (1985).
VI.
1.
Der Kapitalmarkt als Institution der (pareto-effizienten) Risikoteilung Problemstellung
In diesem Kapitel wird untersucht, ob und gegebenenfalls wie die aus den Wertpapieren resultierenden Risiken über den Kapitalmarkt pareto-effizient geteilt werden. Die gezeigten Kapitalmarkteigenschaften haben große Bedeutung auch als Grundlage späterer Untersuchungen. Wenn das Risiko pareto-effizient geteilt wird, erübrigen sich Maßnahmen flir eine „bessere" Risikoteilung, etwa die Emission neuer Finanztitel, mit denen die Überschüsse eines Unternehmens über den Kapitalmarkt umverteilt werden können. Wie insbesondere in den Kapiteln VIII bis XII gezeigt wird, ist die Pareto-Effizienz der Risikoteilung eine wichtige Vorbedingung für Einmütigkeit zwischen den Anteilseignem eines Untemehmens; bei pareto-inferiorer Risikoteilung ist es grundsätzlich nicht möglich, simultan den Erwartungsnutzen aller Anteilseigner zu maximieren. In Abschnitt 2 wird gezeigt, daß im Gleichgewicht des SPA unabhängig von den Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Anteilseigner (der Investoren auf dem Kapitalmarkt) bezüglich der Zustände Sg und ihren Nutzenfunktionen das Risiko pareto-effizient geteilt wird. Pareto-effiziente Risikoteilung erfolgt auch im Gleichgewicht der BQ- und die NE-Variante des CAPM, nicht jedoch in jedem Fall in der NB-Variante (Abschnitt 3). In Abschnitt 4 wird gezeigt, daß auch im modifizierten State Preference Ansatz analog zum SPA im strengen Sinn das Risiko pareto-effizient geteilt wird. Die folgenden Darstellungen stehen in enger Beziehung zu denen in Kapitel IL Dort wurde allgemein gezeigt, wie irgend ein riskanter „Erfolg" pareto-effizient zwischen den kooperierenden Parteien geteilt werden kann. Nunmehr geht es um die Teilung des aus allen Wertpapieren resultierenden Risikos. Die „Kooperation" der Parteien (der Investoren auf dem Kapitalmarkt) besteht nun darin, daß sie gemeinsam die umlaufenden Wertpapiere halten. Eine (Um-) Verteilung von Risiken erfolgt nun durch Handel mit Wertpapieren zu den maßgeblichen Marktpreisen.
2. 2.1.
Pareto-effiziente Risikoteilung im SPA Allgemeine Darstellung
Im Gleichgewicht des SPA halten die Anteilseigner optimale Portefeuilles, deren Umfang und Struktur von ihren Nutzenfunktionen und Wahrscheinlichkeitsvorstellungen beziiglich der Zustände Sg abhängen. Wenn keine vereinfachenden Annahmen getroffen werden, stellt zwar die Analyse der Preisbil-
162
Kapitel VI
dung unter expliziter Berücksichtigung aller (möglichen) Transaktionen auf dem Kapitalmarkt ein äußerst komplexes Problem dar. Jedoch kann in einfacher Weise gezeigt werden, daß im Gleichgewicht eine pareto-effiziente Risikoteilung erfolgt (RUBINSTEIN, 1974; INGERSOLL, 1987, S. 190-192). Hierzu wird die allgemeine Bedingung (V.12) (Kapitel V, Abschnitt 4.3.2) fiir ein optimales Portefeuille auf den Investor i (i=l,2,...,I) bezogen: (VLl)
1 Wi(Ss)-U'i(Viis)
7r3 = (l + r)-^.
^^ ' \ L ^'^'' Ei[Ui(Vii)]
(s=l,2,...,S).
Wi(Ss) bezeichnet die Wahrscheinhchkeit, die der Investor i dem Zustand Sg zuordnet und U^ seine (zustandswnabhängige) Nutzenfunktion. Der Index i beim Erwartungswertoperator E soll zum Ausdruck bringen, daß für den betreffenden Erwartungswert die Wahrscheinlichkeitsvorstellungen des Anteilseigners i relevant sind. Im Gleichgewicht muß die Bedingung (VLl) für jeden Anteilseigner erfüllt sein und außerdem die Summe der individuellen Bestände an Ansprüchen fllr jeden Zustand Sg mit M^Q g übereinstimmen. Wird die Bedingung (VLl) durch die analoge Optimumbedingung . W;(Ss)-U'(Vi,-3)
(VL2)
7r3 = (l + r)-^.-i^-^V^f~Üi£^ Ej[Uj(Vij)]
(s=l,2,...,S)
fär das Portefeuille eines Anteilseigners] (j^i) dividiert, ergibt sich nach Umformung:
Wj(S,).Uj(V,j,,) bzw.
Uj(V,j,,)
Wi(S,)
>
'
Ej[Uj(V,j)]
Gleichgewicht im SPA: Die Bedingung derpareto-effizienten Risikoteilung ist für zwei beliebige Anteilseigner i undj erfüllt Für jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S), d.h. für jeden möglichen Endwert M^Q des Marktportefeuilles, ist also das Verhältnis aus dem Grenznutzen U'i(-) und dem Grenznutzen U'j(-) zweier behebiger Anteilseigner i und j gleich A.y •Wj(Ss)/wi(Ss). Dies ist die Bedingung einer pareto-effizienten Risikotei-
Kapitalmarkt als Institution der (pareto-effizienten) Risikoteilung
163
lung (einer pareto-effizienten Aufteilung von M J Q ) . ! ) Für Wj(Ss)=Wi(Ss) (s=l,2,...,S) ist gemäß (VI.4) das Verhältnis der Grenznutzenwerte für jeden Zustand Sg identisch. Je höher dagegen für einen Zustand Sg die WahrscheinUchkeit Wj(Ss) im Vergleich zu Wi(Ss), desto größer ist ceteris paribus gemäß (VI.4) U'i(-) im Vergleich zu U'j(-) und desto kleiner ist entsprechend V^jg im Vergleich zu Vy g. *2.2.
Graphische Veranschaulichung
2.2.1. Optimaler Bestand an zustandsbedingten Zahlungsansprüchen Im folgenden wird für zwei Zustände (S| und S2) und zwei Anteilseigner X und Y graphisch verdeutlicht, wie sich auf dem Kapitalmarkt die Preise für riskante Wertpapiere derart einstellen, daß im Kapitalmarktgleichgewicht der gesamte Wertpapierbestand pareto-effizient geteilt wird. Zunächst wird untersucht, wie ein Anteilseigner durch Kauf und Verkauf von zustandsbedingten Zahlungsansprüchen seinen Erwartungsnutzen maximieren kann, sofern die Preise TCg von seinen Aktivitäten unabhängig sind. In der Ausgangssituation verfügt der Anteilseigner über einen Bestand an zustandsbedingten Zahlungsansprüchen von V|| für den Zustand S| und von V12 für den Zustand 82- Ohne Einschränkung der Allgemeinheit wird davon ausgegangen, daß er zum Zeitpunkt 0 über keinen Zahlungsmittelbestand verfügt. Da die Aufnahme bzw. Anlage von Kapital zum risikolosen Zinssatz r gegenüber einem Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen keinen Vorteil (aber auch keinen Nachteil) mit sich bringen kann, werden explizit nur Kauf und Verkauf solcher Zahlungsansprüche berücksichtigt.^) Wird die Anzahl an Zahlungsansprüchen auf 1 GE, die für den Zustand Sg (s= 1,2) erworben werden, mit Xg bezeichnet, so gilt für den Bestand an zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nach Kauf bzw. Verkauf: (VI.5)
vn
=VH+XI
und (VI.6)
V12 =Vi2+X2.
(VL5) und (VL6) können wie folgt dargestellt werden: 1) 2)
Vgl. hierzu die Bedingung (11.29) (Kapitel II, Absclinitt 5) für die Entscheider X und Y. Die Aufnahme eines Kredits in Höhe von K GE führt zum Zeitpunkt 0 zu einer Einzahlung von K und zum Zeitpunkt 1 zu einer Auszahlung von (l+r)K. Verkauft der Anteilseigner jeweils (l+r)-K Zahlungsansprüche für den Zustand S| und för den Zustand S2, so erzielt er zum Zeitpunkt 0 ebenfalls eine Einzahlung in Höhe von (l + r)-K-7ii+(l + r)-K-7i2 =(l + r)-K-(7ri+7C2) = K, wobei zum Zeitpunkt 1 wiederum eine sichere Auszahlung von (1+r) • K zu leisten ist. Das Analoge gilt für eine Anlage zum Zinssatz r.
164
Kapitel VI
(VL5a)
xi=Vn-Vn
und (VL6a)
X2=Vi2-Vi2.
Für XI und X2 muß folgende Budgetgleichung erfüllt sein (da der Anteilseigner zu Beginn der Periode über keinen Zahlungsmittelbestand verfügt): (VL7)
7ri.Xi+7i2-X2 = 0.
Einsetzen von (VI.5a) und (VL6a) in (VI.7) ergibt nach Umformung: (VI.8)
V „ = V ,11
•(V12-V12). ni
Dies ist die Bestimmungsgleichung einer Marktwertgeraden, die zum Ausdruck bringt, welche (V|i, V12 )-Positionen durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen mit der Ausgangsausstattung V^, V12 realisiert werden können. Alle Punkte auf dieser Geraden repräsentieren (Vji, V|2)-Kombinationen, die zum Zeitpunkt 0 denselben Marktwert haben wie Vj ^, V12 • Für den Anteilseigner ist diejenige (Vii,Vi2)-Kombination optimal, die dem Tangentialpunkt T dieser Geraden mit einer Indifferenzkurve entspricht. Im Beispiel der Abbildung VI. 1 kauft der Anteilseigner ausgehend vom Punkt P V^ ^ ^^- Vj | Ansprüche für den Zustand S^ und verkauft V12 ~Vj2^opt Ansprüche für den Zustand 82-
Marktwertgerade (Steigung—-) V12 (Zustand S2) Abb. VI.l: Zur Ermittlung eines optimalen Bestandes an zustandsbedingten Zahlungsansprüchen
Kapitalmarkt als Institution der (pareto-effizienten) Risikoteilung
165
2.2.2. Pareto-effiziente Risikoteilung Auf den Darstellungen in Abschnitt 2.2.1 aufbauend soll nun mit Hilfe eines EDGEWORTH-Diagramms gezeigt werden, wie sich im Marktgleichgewicht die beiden Preise TI^ und 7C2 so einstellen, daß das Risiko zwischen X und Y pareto-efflzient geteilt wird. Dabei wird der Gesamtbestand an Ansprüchen für den Zustand Sj (S2) mit M|Q 1 (MjQ 2) bezeichnet. M | Q | und M | Q 2 sind im Rahmen der folgenden Darstellungen gegebene Größen; Zahlungsansprüche für die Zustände Sj und S2 werden nicht neu geschaffen, sondern nur gehandelt, also umverteilt.
P(MiG,i;MiG,2)
.^
Marktwertgerade ''\im Gleichgewicht!
4G,2 M2,x
Vi
ii,y
Abb. VI.2: Pareto-effiziente Risikoteilung im Marktgleichgewicht bei zwei Anteilseignem In der Ausgangssituation sei diejenige Aufteilung gegeben, die dem Punkt P in Abbildung VL2 entspricht. Hierbei verfügt X über den Zahlungsanspruch V^ 1 ^ für den Zustand S| und den Zahlungsanspruch V12 x für den Zustand 82- Das Analoge gilt für Y. Da P nicht auf der Kontraktkurve (die natürlich nicht unbedingt linear verläuft) liegt, ist die entsprechende Risikoteilung nicht pareto-effizient. Durch Realisation eines Punktes auf der Kontraktkurve im Bereich P1P2 kann die Position mindestens einer Partei verbessert werden, ohne daß sich die der anderen verschlechtert. Welcher der Punkte in diesem Bereich realisiert wird, in welcher Weise also das Risiko paretoeffizient geteilt wird, hängt davon ab, nach welchen Regeln der Austausch von Zahlungsansprüchen vorgenommen wird. Es wird davon ausgegangen, daß ein Auktionator eingesetzt wird mit der Aufgabe, Preise 71 j und 712 festzusetzen, zu denen dann die beiden Investoren Zahlungsansprü-
166
Kapitel VI
che kaufen bzw. verkaufen. Sie verhalten sich dabei als Mengenanpasser und nicht irgendwie strategisch, um eine bessere Position zu erzielen. Der Auktionator hat die Preise so zu bestimmen, daß der Markt geräumt wird, also die Summe der optimalen individuellen Bestände an Zahlungsansprüchen für den Zustand S| mit MJQ j und für den Zustand S2 mit MJQ 2 übereinstimmt. Der Markt wird genau dann geräumt, wenn die Preise 711 und 7C2 so festgelegt werden, daß die durch P verlaufende Marktwertgerade im Schnittpunkt mit der Kontraktkurve die Indifferenzkurve eines Anteilseigners und folglich auch die des anderen tangiert (vgl. den Tangentialpunkt T in Abbildung VI.2). Das Risiko wird dabei pareto-effizient geteilt. Bei der betreffenden Teilung erzielen beide Investoren gegenüber der Ausgangssituation P einen Vorteil. Beim Übergang von P auf das Marktgleichgewicht T verkauft X Ansprüche für den Zustand Sj (V|i^x sinkt), während Y den gleichen Betrag kauft C^\\j steigt um diesen Betrag). Zugleich kauft X Ansprüche für den Zustand S2, während Y den gleichen Betrag verkauft. Werden die Preise derart fixiert, daß die Marktwertgerade wie in Abbildung VI.3 im Schnittpunkt S mit der Kontraktkurve die durch S verlaufenden Indifferenzkurven der beiden Investoren schneidet, kann sich kein Marktgleichgewicht ergeben. Die beiden wollen dann Bestände an Zahlungsansprüchen halten, deren Summe für einen Zustand größer und für den anderen kleiner ist als der Gesamtbestand. nix
potentielle Marktwertgerade P(MiGj;MiG,2)
12,x
Abb. VI.3: Fehlen eines Marktgleichgewichts für den Fall, daß die Preise 7C| und 712 so festgelegt werden, daß die Marktwertgerade in ihrem Schnittpunkt S mit der Kontraktkurve nicht die Indifferenzkurven der Parteien tangiert Bei der in Abbildung VI.3 dargestellten Kapitalmarktgeraden will X die dem Tangentialpunkt T| entsprechenden Mengen y^^ und Vi2x ^^ zustandsbedingten Ansprü-
Kapitalmarkt als Institution der (pareto-effizienten) Risikoteilung
167
chen halten und Y die dem Tangentialpunkt T2 entsprechenden Mengen V|| y und Vi2^y. Dabei gilt: V ^ .j^+V|i y<MjQ jund Vi2^x"'"^12,y'^^lG,2- Es kann somit kein Gleichgewicht vorliegen; damit der Markt geräumt wird, müssen - wie erläutert wurde - die Preise %i und 712 so fixiert werden, daß die Marktwertgerade in ihrem Schnittpunkt mit der Kontraktkurve die zugehörigen Indifferenzkurven tangiert. Damit sind allerdings noch nicht die absoluten Werte der Preise bestimmt, sondern nur ihre Relation. Es muß außerdem gelten: 7i| +7r2 = (l +r)~l. Ist - wie angenommen - der risikolose Zinssatz r exogen gegeben, so sind 71 j und 712 eindeutig durch die Steigung der Marktwertgeraden determiniert. Das beschriebene Konkurrenzverhalten mit Einschaltung eines Auktionators ist zwar im Fall zweier Investoren wenig plausibel, jedoch ist es im Fall vieler Investoren, der letztlich interessiert, durchaus sinnvoll.
3.
Risikoteilung im CAPM
Die Tatsache, daß im Gleichgewicht des CAPM jeder Investor einen bestimmten Teil des Marktportefeuilles hält, impliziert eine lineare Beteiligung aller Investoren am Endwert aller Wertpapiere; es wird (im Gleichgewicht) eine lineare Risikoteilung vorgenommen. Diese Teilung ist sowohl im Rahmen der BQ-Variante als auch der NE-Variante des CAPM pareto-effizient. Zunächst wird die NE-Variante betrachtet. In Kapitel V, Abschnitt 5.2.2, wurde gezeigt, daß bei Normalverteilung und exponentiellen Nutzenfunktionen im Gleichgewicht der Anteilseigner i den Anteil _L (V.22)
Z i = ^
(i=l,2,...,I)
j=l'^ am Marktportefeuille hält. Ein Vergleich mit (11.18) (Kapitel II, Abschnitt 4.2.1) zeigt, daß die betreffende Aufteilung des aus allen Wertpapieren resultierenden Risikos pareto-effizient ist (LINTNER, 1970, S. 9Iff.; GILLENKIRCH/VELTHUIS, 1997, S. 128). Analog kann bewiesen werden, daß auch in der BQ-Variante des CAPM die lineare Teilung von M J Q pareto-effizient ist. Hier soll die Pareto-Effizienz nur plausibel gemacht werden:^) Da bei homogenen Erwartungen und quadratischen Nutzenfunktionen jede pareto-effiziente Teilungsregel linear ist (Kapitel II, Abschnitt A22), kann eine pareto-effiziente Teilung des aus allen Wertpapieren resultierenden Risikos nur darin bestehen, daß M J Q linear geteilt wird. Eine lineare Teilung ist im CAPM-Gleichgewicht in der Tat gegeben. Sie könnte zwar nicht pareto-effizient sein, da nicht jede lineare Teilungsregel pareto-effizient ist. Dann könnte aber durch Änderungen individueller Anteile 3)
Zu einer graphischen Veranschaulichung der pareto-effizienten Risikoteilung in der BQVariante vgl. LAUX (1998a, S. 129ff).
168
Kapitel VI
am Marktportefeuille mindestens ein Anteilseigner einen Vorteil erzielen, so daß gar kein Gleichgewicht bestehen könnte; die Existenz eines Gleichgewichts impliziert auch für quadratische Nutzenfunktionen pareto-effiziente Risikoteilung. Bei der Normalverteilung gelten die Bewertungsfunktionen des CAPM nicht nur für quadratische bzw. exponentielle Nutzenfunktionen, sondern für behebige konkave. Dabei wird zwar in jedem Fall der Endwert des Marktportefeuilles linear zwischen den Investoren geteilt. Wenn jedoch nicht alle Nutzenfunktionen quadratisch bzw. exponentiell sind (allgemeiner: nicht der HARA-Klasse angehören), ist eine pareto-effiziente Teilungsregel im allgemeinen nicht linear, wobei dann im Rahmen eines CAPM-Gleichgewichts keine pareto-effiziente Risikoteilung erfolgt.
4.
Pareto-effiziente Risikoteilung im modifizierten SPA
Wie in Kapitel V, Abschnitt 6, erläutert wurde, wird im Rahmen des modifizierten SPA das störtermbedingte Risiko von jedem Anteilseigner durch Portefeuillebildung quasi eliminiert, so daß der bedingte Endwert jedes individuellen Portefeuilles fär jeden Zustand Sg quasi-sicher ist. Wie im SPA ist letztlich nur zustandsbedingtes Risiko bewertungsrelevant. Das Risiko wird somit auch im modifizierten SPA pareto-effizient geteilt.
Ergänzende und vertiefende Literatur: (1970); GILLENKIRCH(1999); HUANG/LITZENBERGER (1985, S. 119-140); Ross (1973; 1974; 1976b); RUBINSTEIN (1974); WILSON (1968; 1969).
CASS/STIGLITZ
VII.
1.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung Problemstellung
In Kapitel VI wurde aufbauend auf Kapitel V untersucht, unter welchen Bedingungen im Kapitalmarktgleichgewicht das aus allen Wertpapieren resultierende Risiko pareto-effizient geteilt wird. Wie in späteren Kapiteln immer wieder deutlich wird, wurde damit eine wichtige Grundlage geschaffen flir die Analyse von Bedingungen, unter denen Einmütigkeit zwischen Anteilseignem eines Untemehmens besteht, und für die Fundierung von Untemehmenszielen, die mit der Maximierung ihres finanziellen Nutzens kompatibel sind. In nachfolgenden Kapiteln soll auch untersucht werden, mit welchen finanzwirtschaftUchen Entscheidungskriterien diese Ziele umgesetzt und wie die bewertungsrelevanten Größen ermittelt oder geschätzt werden können. Außerdem soll gezeigt werden, welche Gefahren von Fehlentscheidungen sich ergeben können, wenn Kriterien zugrunde gelegt werden, die in Konflikt zu den maßgeblichen Untemehmenszielen stehen. Für diese Untersuchungen ist allgemein von Bedeutung, wie sich bei Durchführung zusätzlicher Investitionsprojekte die Marktwerte von Wertpapieren ändem. Daher sollen im vorliegenden Kapitel die Darstellungen von Kapitel V über die Preisbildung auf dem Kapitalmarkt vertieft und erweitert werden. Wie in Kapitel V erläutert wurde, hängen die Marktwerte der einzelnen Wertpapiere im CAPM auch vom Marktpreis des Risikos RPQ/Var(MiQ) ab. In Abschnitt 2 wird zunächst untersucht, wie dieser seinerseits von den Risikoeinstellungen der Investoren auf dem Kapitalmarkt, dem Erwartungswert und der Varianz des Endwertes aller Wertpapiere sowie der Zahl der Investoren abhängt. Danach wird u.a. das CAPM in der üblichen Renditeschreibweise dargestellt. Dabei werden insbesondere auch die Erwartungswerte und Streuungen der (Über-) Renditen der Wertpapiere im Marktgleichgewicht analysiert. Außerdem wird gezeigt, daß der Erwartungswert der Rendite der Aktien eines Untemehmens als risikoangepaßter Kalkulationszinsfuß interpretiert werden kann, mit dem die Diskontierung des Erwartungswertes E(Mijj) zum Marktwert Mon führt. Im CAPM werden die Zustände Sg nicht explizit berücksichtigt, sondem implizit über die Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen der Endwerte der Wertpapiere. Ein Erklärungsmodell für die Preisbildung auf Kapitalmärkten, in dem die relevanten Zustände explizit betrachtet werden, ist der SPA, der bereits in Kapitel V, Abschnitt 4, dargestellt wurde. Diese Darstellungen sollen in Abschnitt 3 des vorliegenden Kapitels vertieft und erweitert werden. Insbesondere wird untersucht, wie die Marktwerte im Gleichgewicht von den zustandsabhängigen Grenznutzenwerten und den Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Anteilseigner über die Zustände abhängen. Die dargestellten Bewer-
170
Kapitel VII
tungsfunktionale haben die gleiche Struktur wie die des CAPM; wiederum sind Kovarianzzusammenhänge flir die Marktbewertung maßgeblich. In Abschnitt 4 wird gezeigt, wie bei homogenen Erwartungen und quadratischen Nutzenfunktionen der SPA in das CAPM überfährt werden kann und umgekehrt. Diese Verbindung ermöglicht eine anschauliche Interpretation der Preise n^ flir zustandsbedingte Zahlungsansprüche und der Preise anderer Anwartschaften auf riskante Zahlungen im Gleichgewicht. Der Abschnitt 5 befaßt sich mit der Bedeutung der Wertadditivität.
2.
Capital Asset Pricing Model (CAPM)
2.1.
Höhe des Marktpreises des Risikos
Wie in Kapitel V, Abschnitt 5.3.2.3, gezeigt wurde, hängen die Marktwerte Mon (n=l,2,...,N) gemäß (V.30) von der Risikoprämie je Risikoeinheit bzw. dem Marktpreis des Risikos, RPQ/Var(MiQ), ab. Diese ist ihrerseits von den Nutzenfunktionen (den Risikoeinstellungen) der Anteilseigner abhängig. Somit werden zwar die Nutzenfunktionen nicht explizit erfaßt, wohl aber implizit über die Risikoprämie je Risikoeinheit. Zur Analyse des Zusammenhangs zwischen ihr und den individuellen Nutzenfunktionen wird die Optimumbedingung (IV.29) (Kapitel IV, Abschnitt 4.6.1) für ein individuelles Wertpapierportefeuille betrachtet, die für einen Anteilseigner i (i=l,2,...,I) wie folgt verkürzt dargestellt werden kann: (VIU)
.,„^,=2.^^H&0
(i=,,2,...,,).
^,opt
Da der Anteilseigner i im Gleichgewicht den Anteil Zj am Marktportefeuille hält, kann (VII. 1) wie folgt dargestellt werden: (Vn.2)
Var(MiG) ,,,p,=2.^^H(£L|lG).2.i: Zi-RPo Zi-RPo = 2.Zi.^^^ÄG)
(i=l,2,...,I).
RPG
Für die Summe aller Xjopf Werte gilt: yx ^.y2 z ^ ^ » " ( M I G ) , . ^^'^^^G^ RPG RPG iti ''"P' i=i '
f Z =2 ^ ^ ^ ^ I G ^ ' RPG
Ä
=1
Hieraus folgt für die Risikoprämie je Risikoeinheit:
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
(VII.3)
171
RP
—^^^— Var(MiG) i:Ll^i,opt'
Gemäß den Darstellungen in Kapitel IV, Abschnitte 4.4 und 4.5, gibt der Lagrange-Faktor X^^^^ im Gleichgewicht an, wie weit die Varianz des Endwertes des Portefeuilles des Investors i steigt, wenn er ausgehend von seinem optimalen Wertpapierbestand die Risikoprämie seines Portefeuilles um eine marginale Einheit erhöht, indem er seinen Anteil Zj am Marktportefeuille entsprechend vergrößert. X.^ Qp^ ist identisch mit der Steigung der Effizienzkurve im (|ii,a^)Diagramm bei demjenigen Abszissenwert, der dem optimalen Portefeuille entspricht. Da bei diesem Abszissenwert die Effizienzkurve eine Indifferenzkurve tangiert, kann A^j ^p^ auch durch die entsprechende Indifferenzkurvensteigung repräsentiert werden. Wird sie mit Stgj ^p^ bezeichnet, kann (VII.3) wie folgt dargestellt werden: (VII.4)
^^' Var(MiG)
^ 2:LiStgi,opt
Sind die Endwerte der Portefeuilles normalverteilt und hat der Investor i (i=l,2,...,I) eine exponentielle Nutzenfunktion, so verlaufen seine Indifferenzkurven im (|x,cj2)-Diagramm linear mit der Steigung Stgj=2/aj, so daß aus (VII.4) folgt: (VII.5)
^^'
^
^
Dabei bezeichnet a^ den Risikoaversionskoeffizienten des Anteilseigners i und 1 /aj die entsprechende Risikotoleranz. Gemäß (VII.5) ist der Marktpreis des Risikos gleich dem Kehrwert der Summe aller Risikotoleranzen. ^) Der Marktpreis des Risikos ist um so höher, je größer die Risikoaversionskoeffizienten a^ sind. Der Erwartungswert und die Varianz des Endwertes des Marktportefeuilles haben bei Normalverteilungen und exponentiellen Nutzenfunktionen gemäß (VII.5) keinen Einfluß auf RPQ/Var(MiQ). Wenn bei gegebenem Erwartungswert E ( M I Q ) die Varianz Var(MiQ) steigt (sinkt), so steigt (sinkt) die Risikoprämie RPQ gerade so, daß die Risikoprämie je Risikoeinheit konstant bleibt.^) Wenn bei gegebener Varianz Var(MiQ) der Erwartungswert E ( M I Q ) steigt oder sinkt, so bleibt RPQ konstant; auch hierbei ändert sich der Quotient RPG/Var(MiG)nicht.3)
1) 2) 3)
Dieser Kehrwert wird als „Marktrisikoaversionskoeffizient" bezeichnet (vgl. LiNTNER, 1970, S. 92; RUDOLPH, 1979, S. 79). Eine steigende bzw. fallende Risikoprämie RPQ impliziert bei gegebenem E(M|Q), daß der Marktwert MQQ des Marktportefeuilles sinkt bzw. steigt. Ändert sich E(MJQ) um A, so ändert sich MQQ um(1 + r)~^ • A .
172
Kapitel VII
(VIL5) gilt auch für quadratische Nutzenfunktionen, bei denen aber die Risikotoleranzen vom Erwartungswert des Endvermögens abhängen. Bei quadratischen Nutzenfunktionen verlaufen die Indifferenzkurven im (|Li,a2)-Diagramm streng konkav. Zwar weisen bei gegebenem Erwartungswert des Endvermögens alle Indifferenzkurven eines Investors dieselbe Steigung auf Jedoch ist bei gegebener Varianz die Indifferenzkurvensteigung eine linear fallende Funktion des Erwartungswertes des Endvermögens (Kapitel I, Abschnitt 3.3.2.1). Dies hat folgende Konsequenz: 1. Die Risikoprämie je Risikoeinheit ist eine steigende Funktion des Erwartungswertes E ( M I Q ) . 2. Die Risikoprämie je Risikoeinheit ist jedoch von der Varianz Var(MiQ) unabhängig, weil auch die Steigungen der konkaven Indifferenzkurven im (|Li,a^)-Diagramm von der Varianz des Endvermögens unabhängig sind. (VII.5) gilt analog auch für alle anderen konkaven Nutzenfunktionen (in Verbindung mit Normalverteilungen): Die Risikoprämie je Risikoeinheit wird im Gleichgewicht durch die entsprechenden Risikotoleranzen der Investoren bestimmt. Da die Risikotoleranzen unabhängig von positiv linearen Transformationen der Nutzenfunktionen sind, gilt dies stets auch für die Risikoprämie je Risikoeinheit. Es ist zu beachten, daß Unterschiede in den Typen der Nutzenfunktionen sich gemäß (V.30) nur über die Risikoprämie RPQ auf die Gleichgewichtspreise MQH auswirken können, sofem r, die Varianz Var(MiG) und die Kovarianzen Kov(Min;MiQ) gegeben sind. Die Risikoprämien je Risikoeinheit ist bei gegebener Varianz von MIQ um so niedriger, je größer die Zahl I der Anteilseigner ist, zwischen denen das Risiko geteilt wird. Dies läßt sich besonders anschaulich für normalverteiltes Endvermögen und exponentielle Nutzenfunktionen verdeutlichen: Je größer die Zahl der Anteilseigner, desto größer ist bei gegebener Höhe der Risikoaversionskoeffizienten aj die Summe aller Risikotoleranzen l/a^ und desto kleiner ist gemäß (VII. 5) der Quotient RPQ/Var(MiQ) und folghch bei gegebener Varianz Var(MiQ) auch die Risikoprämie RPQ; geht die Zahl I der Anteilseigner gegen oo, so geht R P Q / Var(MiQ) gegen null (GILLENKIRCHA^ELTHUIS, 1997, S. 127f). Je größer also die Zahl der Anteilseigner ist, desto weniger fällt das gesamte Risiko ins Gewicht und desto geringer ist der Risikoabschlag in (V.30) für den Fall, daß die Wertpapiere des Typs n das Gesamtrisiko erhöhen (Kov(Min;MiQ)>0), bzw. der Risikozuschlag für den Fall, daß sie das Gesamtrisiko reduzieren (KOV(MIJJ;MIQ) < 0). Mit anderen Worten: Je größer die Zahl der Anteilseigner, desto größer ist der Marktwert von Wertpapieren mit positiver Risikoprämie und desto kleiner ist der Marktwert von Wertpapieren mit negativer. Dieser Zusammenhang gilt auch für quadratische Nutzenfunktionen.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
2.2.
173
Erwartete Renditen von riskanten Wertpapieren
Die bisherigen Darstellungen beruhen auf absoluten Größen. In der Literatur wird jedoch das CAPM im allgemeinen in Renditeschreibweise dargestellt. Die Rendite des Wertpapiers n wird definiert als: Min-Mon ^n =
Mon
Analog gilt für die Rendite des Marktportefeuilles: ^MIG-MQG
MoG Aus diesen Definitionen folgt: (VIL6)
E(Mi„) = Mon-[l + E(rn)],
(VII.7)
RPG = MoG-[E(^)-r],
(VII.8)
Var(MiG) = Var[MoG •(! + %)] = M^G • Var(l + ^ ) = M^G • Var(^)
und (VII.9)
Kov(Min;MiG) = Kov[(l+r„)-Mon;(l + ^)-MoG] = Moii-MoG-Kov[(l+rn);(l + ^ ) ] = Mo„-MoG-Kov(rn;%).
Einsetzen von (VII.6) bis (VIL9) in (V.30) ergibt: (VII. 10) Mon=(l+r)"^-{Mon{l+E(%)]-^^fi^^^M.Mon-MoG-Kov(r„;%)}. M^G-Var(^) Hieraus folgt nach Kürzung und Multiplikation der Gleichung mit (1 +r): (VII.11)
l + r = l + E(rn)-^^^j^"''-Kov(rn;^) Var(iG)
bzw. die CAPM-Renditegleichung^): 4)
Vgl. zum Beispiel FRANKE/HAX (2004, S. 352) und KRUSCHWITZ (1999, S. 173f.). Dieses Ergebnis wird üblicherweise auf der Grundlage von Portefeuille-Modellen hergeleitet, die auf Renditen und nicht wie in der vorHegenden Arbeit auf Endvermögenswerten bzw. Residualgewinnen als Zielgrößen beruhen.
174
Kapitel VII
(VII.12) E ( r J = r + ^^MzI.Kov(f^ Var(rG) Grundform der CAPM-Renditegleichung Interpretation: Da das Marktportefeuille riskant ist, sind Investoren nur dann bereit, einen Teil dieses Portefeuilles zu halten, wenn sie eine positive Risikoprämie erzielen. Mithin muß E(rQ)- r>0 gelten. Wegen Var(rQ)>0 ist folglich der Quotient auf der rechten Seite von (VIL12), die renditebezogene Risikoprämie je Risikoeinheit, positiv. Somit ist der Erwartungswert E(rn) eine linear steigende Funktion von Kov(rjj;rQ). Für Kov(rjj;rQ)=0 stimmt E(rjj) mit dem risikolosen Zinssatz r überein, bei positiver (negativer) Kovarianz ist E(rjj) höher (niedriger) als r. Bei gegebener Kovarianz Kov(rn;rQ)^0 weicht E(rn) um so mehr von r ab, je höher die renditebezogene Risikoprämie je Risikoeinheit, [E(rG)-r]/Var(rG), ist. Dabei gilt gemäß (VII.12): (VIL13)
E(fJ = E(fG)
fürKov(r^;rG) = Var(fG).
Oft wird die Gleichung (VII.12) mit Hilfe des Beta-Faktors ^Kov(rn;rG) Pn — Var(^) Beta-Faktor (auf Renditen bezogen) vereinfachend wie folgt dargestellt: (VII.14)
E(rn) = r + [E(%)-r]-ß„.
Beta-Form der CAPM-Renditegleichung E(rn) ist eine linear steigende Funktion des Beta-Faktors ßj^ als Risikomaß. Der Beta-Faktor hat nicht nur theoretische Bedeutung. Er wird von der Praxis der Finanzanalyse allgemein genutzt. Auch in die Praxis der Investitionsrechnung und der Untemehmensbewertung sind daraus abgeleitete Verfahren der rechnerischen Berücksichtigung des Risikos eingegangen (RUDOLPH, 1979; HACHMEISTER, 2000). Wegen Kov(r^;%) = p(r^;^).Sta(rn).Sta(^) und Var(rG) = Sta(%).Sta(^) kann ß^ auch wie folgt dargestellt werden:
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
175
Sta(r^)
K = P(%i'^h) Sta(%) Bei gegebenen Standardabweichungen ist ßj^ eine linear steigende Funktion des Korrelationskoeffizienten p( •) Air die beiden Renditen. Der in Gleichung (VIL12) bzw. (VII. 14) dargestellte Zusammenhang läßt sich mit Hilfe einer sogenannten Wertpapiermarktlinie (Security Market Line) graphisch darstellen (Abbildung VII. 1). Die Variante 1 entspricht Gleichung (VII. 12), die Variante 2 Gleichung (VII. 14). E(fn)A
Variante 1
Kov(fn;rG)
E(7n) '
k
^^,^
Variai
E(^)
Xj
0
1
ßn
Abb. VII. 1: Varianten von Wertpapiermarktlinien Wie die Abbildung VII. 1 flir die Variante 2 zeigt, gilt für ßn= 1: E(rj^)=E(rQ).
176
Kapitel VII
Wegen ß^ , Kov(%;^) ^ y a r ( ^ ^ ^ Var(^) Var(%) folgt: Die erwartete Rendite des Wertpapiers n ist gleich der des Marktportefeuilles, wenn ßn^ßo 8^1*, also das ß-Risiko für rj^ mit dem für VQ identisch ist. Beide Wertpapiermarktlinien bringen im Prinzip denselben Zusammenhang zum Ausdruck. Für Kov(rn;rQ) = Var(rQ) gilt eben ßn= 1 • Ist fär zwei Wertpapiere der Beta-Faktor gleich, so gilt dies auch für die Erwartungswerte ihrer Renditen. Die Beta-Faktoren sind unter der hinreichenden (nicht notwendigen) Bedingung identisch, daß eine proportionale Beziehung zwischen den Endwerten der beiden Papiere besteht, d.h. der eine Endwert das x-fache (x>0) des anderen ist. Dieses Verhältnis gilt dann zugleich auch für die Kurse zum Zeitpunkt 0, so daß mit Sicherheit die ex post erzielten Renditen übereinstimmen. Diese hnplikation folgt auch aus Arbitrageüberlegungen. 2.3.
Abhängigkeiten zwischen (Über-) Renditen
Die Gleichung (VII. 14) kann wie folgt dargestellt werden: (VIL15)
E ( r J - r = [E(%)-r].ß^.
Es zeigt sich, daß im Gleichgewicht die erwartete „Überrendite" E(Y^ - r für das Wertpapier n mit dem Produkt aus der erwarteten Überrendite E(rQ)-r des Marktportefeuilles und dem Beta-Faktor ßj^ übereinstimmt. Zur Analyse von (VII. 15) wird zunächst davon ausgegangen, daß der Endwert jedes Wertpapiers n (n = 1,2,...,N) und folglich auch rj^ und YQ wie im SPA für jeden Zustand Sg (s = 1,2,...,S) jeweils deterministisch ist. Entspricht jedem Zustand Sg ein anderer Wert flir YQ, SO ist auch jedem YQ ein deterministischer r^^-Wert zugeordnet. (VII. 15) ist dann im einfachsten Fall erfüllt, wenn der folgende proportionale Zusammenhang gilt: (VII.16)
r^-r = (^-r).ß^.
Wird auf beiden Seiten von (VII.16) der Erwartungswert gebildet, so ergibt sich (VII. 15). Jedoch ist die Gleichung (VII.16) keine notwendige Bedingung dafür, daß (VII. 15) erfällt ist. Bleiben bei behebiger Änderung der Zuordnung zwischen Y^ und YQ der Erwartungswert E(rQ) sowie der ß-Faktor ßj^ =Kov(rj^;rQ)/Var(rQ) konstant, gilt dies auch flir den Erwartungswert E(rj^). Die Gleichung (VII.16) stellt dann eine Regressionslinie dar, die lediglich einen tendenziellen Zusammenhang zwischen r^^ und YQ beschreibt und wiederum die Steigung ßj^ aufweist. Die Regressionslinie hat die Eigenschaft, daß die Summe der quadrierten möglichen Abweichungen zwischen ihr und r^^ minimal ist. Da annahmegemäß jedem YQ eine deterministische Rendite rj^ entspricht, resultieren hier Abweichungen nicht aus einer Stochastik des Zusammenhangs zwischen YJ^ und YQ, sondem allein daraus, daß keine strenge lineare
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
177
Beziehung zwischen rj^ und TQ wie in (VIL16) besteht und somit die Regressionslinie nur eine mehr oder weniger strenge Tendenz beschreibt. Wenn verschiedenen Zuständen Sg zwar dieselbe Marktrendite rQ, jedoch unterschiedliche r^-Werten entsprechen, besteht ein stochastischer Zusammenhang zwischen rj^ und r^; rj^ ist dann nicht eindeutig durch YQ determiniert. Abbildung VIIL2 zeigt einen möglichen Zusammenhang. Die tatsächlich eintretende Kombination an Überrenditen liegt wieder allenfalls zufällig auf der Regressionslinie. Sie beschreibt nun auch wegen der Stochastik zwischen rj^ und YQ nur eine tendenzielle Beziehung.
, Regressionslinie
ro-r
Abb. VII.2: ß^ als Steigungsmaß der Regressionslinie Ein einfacher Zusammenhang zwischen r^ und YQ besteht dann, wenn die Rendite rn wie folgt dargestellt werden kann: % = r + ( r G - r ) - ß j ^ + Sj^.
Hierin bezeichnet Sj^ einen nicht bewertungsrelevanten Störterm mit dem Erwartungswert 0. Analog zu (VIL16) folgt nun fiir die Überrendite: ^ - r = ( r G - r ) . ß j ^ + Sj^.
Wegen E{e^) = 0 folgt hieraus die Gleichung (VII. 15). Der Term (YQ - r) • ßj^ induziert systematisches Risiko und der Störterm s^ analog zum modifizierten SPA nicht bewertungsrelevantes unsystematisches (untemehmensspezifisches). Bei der Darstellung wurde der Einfachheit halber vemachlässigt, daß der Störterm s^ nicht nur die Rendite rn beeinflußt, sondern auch die Rendite ro des Marktportefeuilles, in dem die Wertpapiere n enthalten sind. Je geringer allerdings der Anteil dieser Papiere am gesamten Marktportefeuille ist, desto geringer ist der Einfluß von s^ auf ro.
178
Kapitel VIT
Für ßn^O besteht die Tendenz, daß sich die (Über-) Rendite des Wertpapiers n in die gleiche Richtung bewegt wie die des Marktportefeuilles. Je größer ßj^, desto steiler verläuft die Regressionslinie und desto mehr ändert sich tendenziell die (Über-) Rendite des Wertpapiers n mit einer Änderung der (Über-) Rendite des Marktportefeuilles, desto mehr erhöht sich auf Grund des Wertpapiers n das Risiko der individuellen Portefeuilles und desto größer ist gemäß (VIL14) E(r^. Für ßn=l sind ohne Berücksichtigung des Störterms beide (Über-) Renditen identisch, so daß (weil der Störterm nicht bewertungsrelevant ist) E(rn)=E(rG) gilt. Im Fall ßn>l (ßnE(rQ) (E(rn)<E(rQ)). Ist ßjj gleich 0, so besteht kein systematischer Zusammenhang zwischen diesen (Über-) Renditen, so daß E(r^=Y gilt. Für ßn<0 besteht die Tendenz, daß Änderungen von YQ durch gegenläufige Änderungen von r^ kompensiert werden; das Wertpapier n mindert das Risiko der individuellen Portefeuilles, so daß sich im Gleichgewicht ein Preis PQH einstellt, flir den E(Y^
Höhe des Marktwertes Mon
2.4.1. Bewertung auf der Basis eines risikoangepaßten Zinssatzes Aus (VIL6) folgt für den Marktwert Mon: (VIL17)
Mon=[l + E(rJ]-l.E(Min).
Der Erwartungswert E{x^ kann als risikoangepaßter Kalkulationszinsfuß interpretiert werden, mit dem der „Markt" im Gleichgewicht den Erwartungswert von MIJJ diskontiert. Er bringt die „Renditeforderung" der Anteilseigner zum Ausdruck und wird als Eigenkapitalkostensatz bezeichnet. In Verbindung mit (VII.12) folgt aus (VIL17): (VIL18)
Mon =[l + r + ^^^j!^7 Var(iG)
oder unter Verwendung des Beta-Faktors (VII.19)
Mo„=[l + r + [ E ( ^ ) - r ] - ß n r - E ( M i „ ) .
CAPM-Marktwertgleichung unter Berücksichtigung eines risikoangepaßten Kalkulationszinsfiißes
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
179
Bei gegebenem Erwartungswert E(Mij^) ist MQ^ eine fallende Funktion von ßn- Die Bewertungsfunktion (VII. 19) fährt zu demselben MQj^-Wert wie (V.30) (Kapitel V, Abschnitt 5.3.1). Während in (V.30) das Marktsicherheitsäquivalent von Mjn mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert wird (Sicherheitsäquivalent-Methode), wird in (VII. 19) der Erwartungswert von Mj^ mit einem risikoangepaßten Zinssatz diskontiert (Risikozuschlags-Methode). Für den Fall KOV(MIJJ;MIQ)=0 gilt auch Kov(rj^;rQ)=0 und mithin ßn^O? so daß sowohl aus (V.30) als auch aus (VII. 19) die Gleichung (VII.20)
Mon=(l + r)-^.E(MiJ
folgt. In diesem Spezialfall stimmt der „risikoangepaßte" Zinssatz mit dem risikolosen überein. Bei negativer Kovarianz KOY(Y^,YQ) ist der risikoangepaßte Zinssatz kleiner als r; es wird dann also im Kalkulationszinsfuß ein negativer „Risikozuschlag" vorgenommen. Ist bei gegebenem Erwartungswert E(Min) der Gleichgewichtspreis MQ^ bereits bekannt, so kann natürlich der zugehörige risikoangepaßte Kalkulationszinsfuß in einfacher Weise wie folgt ermittelt werden: E(MIJ-MQ^
^^^n)
— • Mon Wenn aber der Gleichgewichtspreis MQ^ bereits bekannt ist, ist E(rj^) für dessen Ermittlung irrelevant. Risikoangepaßte Zinssätze können vor allem dann bewertungsrelevant sein, wenn es darum geht, den Einfluß neuer Investitionsprojekte auf Mon zu ermitteln bzw. zu prognostizieren. Bei Anwendung von (VII. 19) ist dann der Einfluß der Investitionen auf E(rj^) abzuschätzen. 2.4.2. Bewertung auf der Basis der Kovarianz zwischen M^n und YQ Wie in Kapitel XI, Abschnitt 3.1, gezeigt wird, können sich bei der Ermittlung der Marktwerte neuer Investitionsprojekte Bewertungsprobleme ergeben, die vermieden werden können, wenn zwar Sicherheitsäquivalente von Überschüssen (mit dem risikolosen Zinssatz r) diskontiert werden, jedoch die Sicherheitsäquivalente nicht wie in (V.30), sondern mit Hilfe der Marktrendite XQ ermittelt werden. Im folgenden soll gezeigt werden, wie auf diese Weise MQH bestimmt bzw. erklärt werden kann. Es gilt: (VII.21)
Kov(Min;MiG) = Kov[Mi^;(l + ^).MoG] = MoG-Kov(Min;'^)-
Einsetzen von (VII.7), (VII.8) und (VIL21) in (V.30) ergibt:
180
Kapitel VII
(VIL22) Mon-(l + r)-^[E(M^J-^Qg'^^^^^"'^.MoG-Kov(Mi^;%^ MgG-Var(%) = (l + r ) - l . [ E ( M i J - ^ f ^ ^ . K o v ( M i ^ ; ^ ^
Var(iG) -SÄ(Mi^)
Wie in (V.30) wird also das Sicherheitsäquivalent für Mjj^ mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert. Jedoch wird der Risikoabschlag von BQAi^ auf der Basis der Rendite XQ des Marktportefeuilles und nicht auf der Basis der absoluten Marktwerte MQQ ^^d M^Q dieses Portefeuilles ermittelt. 2.5,
CAPM, nicht voll diversifizierte Portefeuilles und empirische Überprüfung
Wie gezeigt wurde, hängt der Marktwert MQH des Papiers n im Gleichgewicht u.a. von der Kovarianz seiner Rendite mit der des Marktportefeuilles ab. Da die Rendite des Marktportefeuilles mit der Rendite eines beliebigen, voll diversifizierten individuellen Portefeuilles übereinstimmt, kann dieser Zusammenhang auch wie folgt formuliert werden: MQH hängt von der Kovarianz der Rendite des Papiers n mit der eines voll diversifizierten individuellen Portefeuilles ab. Die Bewertungsfunktionen des CAPM können jedoch auch dann (näherungsweise) Gültigkeit haben, wenn viele Anteilseigner auf Grund geringer Anlagebeträge, der Existenz von Transaktionskosten und der Unteilbarkeit der Wertpapiere keine voll diversifizierten Portefeuilles halten können. Auch in Portefeuilles mit wenigen Wertpapieren wird das unsystematische Risiko bereits erhebhch verringert (LAUX, 2005a, Kapitel VIII, Abschnitt 3.3). Wenn mit zusätzlichen Wertpapieren kaum weitere Diversifikationsgewinne erzielt werden können, besteht eine enge Korrelation zwischen den Renditen der betreffenden Portefeuilles und der des Marktportefeuilles. Die Anteilseigner bewerten dann folglich annähemd so, als hielten sie einen Teil des Marktportefeuilles (also ein voll diversifiziertes Portefeuille). Außerdem ist zu beachten, daß auch Investmentfonds die Möglichkeit geben, trotz geringer Anlagebeträge (bei relativ niedrigen Transaktionskosten) das Risiko weitgehend zu streuen. Die vorgebrachten Argumente stehen in enger Beziehung zu der Problematik der empirischen Überprüfung des CAPM. Da das Marktportefeuille nicht beobachtbar ist, kann das CAPM nicht streng empirisch überprüft werden (ROLL, 1977). Bei empirischen Tests bleibt nichts anderes übrig, als ein „repräsentatives" Portefeuille zugrunde zu legen, von dem zu vermuten ist, daß seine Rendite ein guter Indikator bzw. Index für die des „Marktportefeuilles" ist.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
3.
181
State Preference Ansatz (SPA)
3.1.
Marktwertanalyse auf der Basis der Kovarianz zwischen Mi^ und dem zustandsabhängigen risiIi:oangepaßten Diskontfaktor
In den Bewertungsfunktionen des CAPM werden die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte der Anteilseigner nicht expUzit berücksichtigt, sondern impUzit über die Risikoprämie je Risikoeinheit und die Kovarianzen. Ist zum Beispiel die Kovarianz des Endwertes eines Wertpapiers n mit dem Endwert des Marktportefeuilles positiv, so besteht die Tendenz, daß der Endwert dieses Papiers in solchen Zuständen relativ hoch (niedrig) ist, in denen auch der Endwert des Marktportefeuilles relativ hoch (niedrig) ist. Bei negativer Kovarianz besteht die umgekehrte Tendenz. Da der Grenznutzen des Endvermögens für jeden Anteilseigner eine fallende Funktion des Endvermögens ist, kann der Zusammenhang auch so ausgedrückt werden: Bei positiver (negativer) Kovarianz besteht die Tendenz, daß ein relativ hoher Endwert des Wertpapiers n in solchen Zuständen erzielt wird, flir die der Grenznutzen relativ niedrig (hoch) ist. Die explizite Betrachtung von Zuständen Sg ermöglicht eine direkte Erfassung der Grenznutzenwerte bei der Erklärung von Gleichgewichtspreisen und der Bewertung von Investitionsprojekten. Eine solche zustandsbezogene Betrachtung kann vor allem für den Fall von Bedeutung sein, daß die zentralen Voraussetzungen des CAPM nicht erfüllt sind. Bei expliziter Berücksichtigung der Zustände können vor allem auch zustandsabhängige Nutzenfunktionen und heterogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen über die Zustände in die Analyse einbezogen werden. Wie im folgenden gezeigt wird, läßt sich auch unter diesen allgemeinen Bedingungen - analog zum CAPM - der Marktwert Mon auf der Basis von Kovarianzen erklären und analysieren. Eine explizite Berücksichtigung der Zustände wird im SPA vorgenommen, wobei davon ausgegangen wird, daß für den Zustand Sg zum Preis n^ Zahlungsansprüche gekauft und verkauft werden können. Der SPA soll im folgenden betrachtet werden. Die Darstellungen gelten analog für den modifizierten SPA; die Endwerte in den verschiedenen Zuständen - zum Beispiel die Größen Pin,s5 Min,s ^^d Vis ~ sind dann durch ihre bedingten Erwartungswerte zu ersetzen. Wie in Kapitel V, Abschnitt 4.3.1, gezeigt wurde, gilt für den SPA: (VII.23)
Pon = I^s-Pln,s s=l
und entsprechend (VII.24)
Mon=Z^s-Min,ss=l
182
Kapitel VII
M^j^s bezeichnet den Endwert aller Wertpapiere n im Zustand Sg. (VII.24) kann wie folgt umgestellt werden:
s (VIL25)
s
Mo„ = lE(Min)-7:s+ 2:[Min,s-E(Mi„)].7i3 s=l S
s=l S
= E(MiJ.2^s+Z[Min,s-E(MiJ].7i3. s=l S
s=l
_.
Wegen 2 ^ s =(1 + ^)
folgt hieraus:
s=l
(VIL26)
Mon = (1 + r)-^. E(Mi J + ^[M^^^, ~ E(Mi J ] • n,. s=l
Bei gegebenem Erwartungswert E(Mijj) ist MQ^ um so höher, je stärker die „Tendenz" ist, daß M^j^ § in jenen Zuständen relativ hoch (niedrig) ist, für die Tig relativ hoch (niedrig) ist. Dieser Zusammenhang soll im folgenden präzisiert und interpretiert werden. Hierzu wird zunächst die Kovarianz zwischen Mjjj und den in den Preisen n^ enthaltenen zustandsabhängigen risikoangepaßten Zinssätzen bzw. Diskontfaktoren zugrunde gelegt. Darauf aufbauend lassen sich dann analoge Zusammenhänge flir die Kovarianz zwischen Mj^ und dem zustandsabhängigen Grenznutzen eines beliebigen Anteilseigners zeigen (Abschnitt 3.2). Wie in Kapitel V, Abschnitt 4.3.3, gezeigt wurde, können bei homogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Anteilseigner die Preise n^ wie folgt dargestellt werden: (V.16)
7r3 = w(Ss)-(l + r3)-l^w(Ss)-d3.
rg bezeichnet den risikoangepaßten Zinssatz, der dem Zustand Sg entspricht, und dg den zugehörigen Diskontfaktor. Es sei an den folgenden Zusammenhang erinnert: TCg stellt den Preis für einen bedingten Zahlungsanspruch von 1 GE bei Eintreten des Zustandes Ss dar. Der Erwartungswert des betreffenden Überschusses beträgt w(Sg)*l=w(Sg). Dieser Erwartungswert wird gemäß (V.16) mit dem risikoangepaßten Zinssatz rg diskontiert. Dieses Verfahren steht im Einklang mit dem in Abschnitt 2.4.1 dargestellten allgemeinen Bewertungsprinzip (Diskontierung des erwarteten Überschusses mit einem risikoangepaßten Zinssatz). Aus (VII.26) und (V.16) folgt: (VIL27)
Mon =(H-r)-l-E(MiJ+ Sw(Sg).[Mi^,g-E(MiJ].dg. s=l
S
S
Wegen Zw(Ss)-[Mi„^s-E(Mi„)] = 0 und Iw(Ss) = l gilt auch s=l s=l
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung S
183
S
E(d). S wCSs).[Min,3- E(Min)] = X wCSs).[Min,3- E(MiJ] • E(d) = 0, s=l
s=l
wobei E(d) den Erwartungswert des risikoangepaßten Diskontfaktors bezeichS
net (E(d) = Sw(Ss)-ds). Damit folgt aus (VIL27): s=l
(VIL28)
Mon =(l + r)-l.E(MiJ + Zw(Ss)-[Min,s~E(MiJ].[d3-E(d^ s=l
= (l + r)-l.E(MiJ + Kov(Min;d). Gemäß (VIL28) ist der Marktwert Mon gleich (l+r)-l-E(Min), wenn Mjn vom risikoangepaßten Diskontfaktor d stochastisch unabhängig ist. Je höher die Kovarianz Kov(Min;d)5 desto höher ist MQH- (Je höher diese Kovarianz, desto größer ist die Tendenz, daß M^j^ in jenen Zuständen Sg relativ hoch ist, für die dg ebenfalls relativ hoch und entsprechend der risikoangepaßte Zinssatz rg relativ niedrig ist.) (VII.28) kann auch so dargestellt werden:
(VIL29)
Mo^=(l + r)-^.[E(MiJ + (l + r).Kov(Mi^;d)h
SPA-Marktwertgleichung unter Berücksichtigung des stochastischen (zustandsabhängigen) Diskontfaktors Gemäß (VII.29) ergibt sich Mon? indem das Markt-Sicherheitsäquivalent von Min ^it dem risikolosen Zinssatz r diskontiert wird. Dabei wird bei negativer Kovarianz Kov[Mijj;d] ein „Risikoabschlag" vom Erwartungswert E(Mij^) und bei positiver Kovarianz ein „Risikozuschlag" vorgenommen. Bemerkenswert ist, daß (VIL29) die gleiche Struktur hat wie die Bewertungsfunktion (V.30) für das CAPM, obwohl (VII.29) nicht wie (V.30) voraussetzt, daß sich die Anteilseigner am (|Li,a)-Prinzip orientieren. Es zeigt sich somit, daß Kovarianz-Zusammenhänge unabhängig vom (|i,a)-Prinzip maßgeblich sind. Da die Bewertungsfunktion (VII.29) für beliebige konkave Nutzenfunktionen gilt, ist sie natürlich auch für den Fall relevant, daß sich alle Anteilseigner am (|Li,a)-Prinzip orientieren. Die Bewertungsfunktion (VIL29) und (V.30) sind dann äquivalent, so daß aus ihnen folgt: (VIL30)
-
RP Q •Kov(Min;MiG) = (l + r)-Kov(Mi^;d). Var(MiG)
Eine positive Kovarianz Kov(Min;MiQ) impliziert eine negative Kovarianz Kov(Mijj;d). Die unterschiedlichen Vorzeichen für die beiden Kovarianzen in
184
Kapitel VII
(VII. 30) resultieren daraus, daß bei gegebener Wahrscheinlichkeit für den Zustand Sg der zugehörige Diskontfaktor ds eine fallende Funktion von MJQ g ist. Die Bewertungsfunktionen (VII.28) bzw. (VII.29) gelten analog auch für eine einzelne Einheit des Wertpapiers n (n=l,2,...,N): (VIL31)
Pon =(l + r)-^E(Pin) + Kov(Pi„;d)
bzw. (VII.32)
3.2.
Pon = (l + r)-l.[E(PiJ + (H-r).Kov(Pi^;d)].
Marktwertanalyse auf der Basis der Kovarianz zwischen Mjn und dem zustandsabhängigen Grenznutzen eines beliebigen Anteilseigners
3.2.1. Homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen Zur weiteren Interpretation von (VII.29) wird im folgenden die Verbindung zwischen Mon und den individuellen Grenznutzenwerten explizit hergestellt (LAUX, 1998a, S. 169 ff ).5) Für den Anteilseigner i (i = 1,2,...,1) muß im Gleichgewicht (in dem er ein optimales Portefeuille hält) allgemein gelten (Kapitel VI, Abschnitt 2.1): (VI.l)
TCs = (l + r)"^-^^^ '^ i: ^'''^ Ei[Ui(Vii)]
(s=l,2,...,S).
Haben alle Anteilseigner homogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände, gilt also Wi(Ss) = w(Ss) (s=l,2,...,S; i=l,2,...,I), so kann (VI.l) wie folgt dargestellt werden: (VII.33)
7Ts = (l + r)"^-^^ ' , '^ ^''^^ E[Ui(VH)]
(s=l,2,...,S)
und in Kurzschreibweise: f
(VII.34)
5)
7Cs = (l + r)~^-^^^^^',^^^ E(Ui)
(s=l,2,...,S).
Analog lassen sich auch für den Mehrperioden-Fall die Marktwerte riskanter Wertpapiere auf die individuellen Grenznutzenwerte für das Endvermögen zurückfähren (Kapitel XII, Abschnitt 3.2.3).
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
185
Hierin bezeichnet U\^ den Grenznutzen des Endvermögens von Anteilseigner i im Zustand Sg und E(U'i) den Erwartungswert seines Grenznutzens über alle Zustände, jeweils im Marktgleichgewicht. Mit 7rs = w(Ss)-(l + rs)"^=w(Ss)-ds folgt aus (VIL34): f
(VII.35)
do=(l + r r ^ — ^ E(Ui)
(s=l,2,...,S)
bzw. d^il + r)-^
^i E(Ui)
Hieraus folgt in Verbindung mit (VII.29): (VII.36)
Mon =(l + r)-l.[E(Min) + (l + r).Kov(Mi„;(l + r ) - l — ^ ) ] E(Ui) = (l + r ) - ^ - [ E ( M i n ) + - ^ - K o v ( M i „ ; U ; ) ] . E(Ui)
Wird die Nutzenfunktion Uj mit dem Faktor aj > 0 transformiert, so ergibt sich für den zweiten Summanden in der unteren eckigen Klammer von (VII.36): (VII.37)
:3r-Kov(Min;ai-Ui) E(ai-Ui) ^ —•ai-Kov(Min;U;) = ^ ^ - K o v ( M i n ; Ü ; ) . ai-E(Ui) E(Ui)
Dieser Summand ist somit wnabhängig von einer positiv linearen Transformation von Uj. Zur Vereinfachung der Darstellung und der Interpretation wird im folgenden davon ausgegangen, die Nutzenfunktion U, sei so normiert, daß E(Ui) = 1 gilt. Aus (VII.36) folgt dann:
(VIL38)
Mon = (l + r)"! •[E(Min) + Kov(Mi„;U;)].
SPA-Marktwertgleichung unter Berücksichtigung des stochastischen (zustandsabhängigen) Grenznutzens eines beliebigen Anteilseigners i
186
Kapitel VII
Wie noch gezeigt wird, gilt diese Gleichung analog für einen beliebigen Anteilseigner j ^ i. Der Anteilseigner i ist repräsentativ in dem Sinne, daß mit seinen Grenznutzenwerten der Marktpreis MQ^ analysiert bzw. erklärt werden kann. Interpretation: Je größer die Kovarianz Kov(Min;U'i), desto größer ist die Tendenz, daß M^j^ relativ hoch ist, wenn der Grenznutzen des repräsentativen Anteilseigners ebenfalls relativ hoch ist, desto „wertvoller" ist das Wertpapier n für ihn und mithin auch für alle anderen Anteilseigner und desto höher ist Mon(VII.3 8) kann auch wie folgt dargestellt werden: (VIL39)
Mon =(l + r)-l.[E(MiJ + p(Min;Ü;).Sta(MiJ.Sta(U;^
Dieser Zusammenhang gilt ebenso wie der in (VII.38) dargestellte für beliebige Verteilungen von M^^ über die Zustände Sg und für beliebige (konkave) Nutzenfunktionen. Für gegebene Standardabweichungen Sta(Mj[j^)>0 und Sta(U'i)>0 ist gemäß (VII.39) der Marktwert MQH eine linear steigende Funktion des Korrelationskoeffizienten p(Mijj;U'i); dabei ist das Steigungsmaß um so größer, je höher die Standardabweichungen Sta(Min) und Sta(U'i) sind. Für p( • )=0 folgt aus (VII.39) die Gleichung (VIL40)
Mon=(l + r ) - ^ E ( M i J .
p( • )ist insbesondere dann gleich null, wenn M^j^ deterministisch ist und mithin Sta(MiJ = 0 gilt Bei gegebenen Werten für p( • )?^0 und Sta(U'i) ist der Betrag der Differenz zwischen MQJ^ und (1 + r)~ • E(Mijj) um so geringer, je kleiner die Standardabweichung Sta(Min) ist, je weniger also M^j^ um seinen Erwartungswert streut. Bei gegebenen Werten für p( •) ^^ 0 und Sta(Mij^) ist die Abweichung zwischen MQJ^ und (l+r)~^-E(Mijj) um so geringer, je kleiner die Standardabweichung Sta(U'i) ist, je weniger also der Grenznutzen des repräsentativen Anteilseigners i um seinen Erwartungswert streut. Bei gegebener Normierung der Nutzenfunktion mit E(U'i) = 1 ist die betreffende Streuung tendenziell um so niedriger, je weniger M J Q um E ( M I Q ) streut, je geringer also das insgesamt zu tragende Risiko ist. Analog zu (VII.34) gilt für den Anteilseigner j (j^i)* 1 w(Ss)-U-s (VII.34a) 7re=(l + r)"^» ' 1 , ^^ E(Uj)
(s=l,2,...,S).
Hiermit kann in gleicher Weise wie für die Nutzenfunktion des Anteilseigners j der folgende Zusammenhang hergeleitet werden:
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
(VIL41)
187
Mon =(l + r)-l.[E(MiJ + Kov(Min;Üj)].
Die Darstellungen bezüglich der Nutzenfunktion des Anteilseigners i gelten für die anderen Anteilseigner analog. Dies wird auch wie folgt unmittelbar ersichtlich: Wenn die Nutzenfunktionen des Anteilseigners i und eines Anteilseigners j ^ i so normiert werden, daß E(U'i)=E(U'j)=l gilt, so folgt aus (VIL34) und (VIL34a): w(Ss)-U'is=w(Ss)-U'js bzw. U'is=U'js (s=l,2,...,S). Für jeden Zustand Sg stimmt dann also der Grenznutzen des Anteilseigners i mit dem des j überein. Es ist dann also gleichgültig, ob Mon mit den Grenznutzenwerten des Anteilseigners i oder denen des anderen erklärt wird. Die Erklärung von Mon mit Hilfe der Grenznutzenwerte der Anteilseigner hat grundlegende Bedeutung für die Investitionstheorie. Im allgemeinen wird davon ausgegangen, daß sich bei Durchführung zusätzlicher Investitionsprojekte in einem Untemehmen die Marktwerte (der Aktien) anderer Unternehmen nicht ändern. Diese Annahme kann damit gerechtfertigt werden, daß die Projekte einen vemachlässigbar geringen Einfluß auf die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Grenznutzenwerte haben: Werden in einem Untemehmen m?^n zusätzliche Investitionen durchgeführt, so ändert sich bei quasi-konstanten Grenznutzenwerten die Kovarianz Kov(Min?U'i) bzw. KOV(MIJ^,U'J) nicht, so daß gemäß (VII.3 8) bzw. (VII.41) auch Mon konstant bleibt. Bei unveränderlichen Grenznutzenwerten ändem sich gemäß (VII.34) bzw. (VII.34a) auch nicht die Preise TCg. 3.2.2. Heterogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen Bei heterogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Anteilseigner ist (VII. 3 8) wie folgt zu modifizieren: (VII.42)
Mo„=(l + r)-^-[Ei(Min) + Kovi(Min;U;)].
Der Index i beim Erwartungswert- bzw. Kovarianzoperator soll andeuten, daß jeweils die subjektiven WahrscheinUchkeiten des Anteilseigners i relevant sind. Bezogen auf den Anteilseigner j:?^i gilt analog zu (VII.42): (VII.43)
Mon =(l + r)-^ .[Ej(MiJ + KoVj(Mi^;Uj)].
Der Gleichgewichtspreis MQH kann also auch bei heterogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen auf Grund der Wahrscheinlichkeitsvorstellungen und der (Grenz-) Nutzenwerte eines beliebigen Anteilseigners erklärt werden; die Darstellungen zum Fall homogener Erwartungen gelten auch für heterogene. Analog zu (VII.34) gilt nun für den Anteilseigner i:
188
Kapitel VII
.1 Wi(Ss)-U 7C3 = (l + r ) - ^ '^ 'Lr'' Ei(Ui) und für den Anteilseigner j (}^i):
(s=l,2,...,S)
(VII.44)
f
(VII.45)
n, = il + T)-^-
J' ' 1 . ^' Ej(Uj)
(s=l,2,...,S).
Sind die Nutzenfunktionen der Anteilseigner i und j so normiert, daß Ei(U'i)=Ej(U'j)=l gilt, so folgt aus (VIL44) und (VIL45): (VIL46)
Wi(Ss)-U;s = Wj(Ss).Ujs
(s=l,2,...,S).
Es zeigt sich hier unmittelbar, warum auch bei heterogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen alle Anteilseigner durch einen beliebigen Anteilseigner i repräsentiert werden können. Ebenso wie bei homogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen ist im Marktgleichgewicht für jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S) das Produkt aus subjektiver Wahrscheinlichkeit und subjektivem Grenznutzen für alle Anteilseigner identisch. Ordnet der Anteilseigner i dem Zustand Sg eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit zu und der Anteilseigner j eine relativ niedrige, so hält i einen relativ hohen Bestand an Zahlungsansprüchen für diesen Zustand (der Grenznutzenwert für diesen Zustand ist dann relativ niedrig) und j einen relativ niedrigen Bestand (der entsprechende Grenznutzenwert ist relativ hoch). Auch die Bewertungsfunktion (VIL42) bzw. (VIL43) hat grundlegende Bedeutung für das Verständnis späterer Analysen. Werden in einem Unternehmen m^^n zusätzliche Investitionsprojekte durchgeführt, so ändert sich bei quasi-konstanten Grenznutzenwerten auch die Kovarianz Kovi(Min5U'i) bzw. Kovj(Min5U'j) nicht , so daß gemäß (VII.42) bzw. (VII.43) wiederum auch Mon konstant bleibt. Bei unveränderlichen Grenznutzenwerten ändem sich gemäß (VII.44) bzw. (VIL45) auch nicht die Preise n^,
3.3.
(„Risikoneutrale") Bewertung mit Martingalwahrscheinlichkeiten
Die Bewertungsfunktion (VIL23)
Po„ = i:^s-Pln,s s=l
kann wie folgt umgeformt werden:
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
(VIL47)
Pon=(l + r)-1.2:(l + r).7r3.Pi^^3. s=l
Wegen Z ^s = (1 + ^) s=l (VIL48)
189
&^^ die Gleichung:
X (1 + 0 • ^s = (1 + ^) • (1 + r)~ = 1s=l
Die Faktoren (l+r)-7is addieren sich somit wie Eintrittswahrscheinlichkeiten zu 1. Mit dem Symbol w(Ss) = (l + r)-7rs (s = 1,2,...,S) kann (VIL47) wie folgt dargestellt werden: (VIL49)
g Pon = (1 + r)-^. I ^ ( 8 3 ) . Pi^,3 ^ (1 + r ) - ^ E(Pi J . s=l
Die Bewertung kann mithin so vorgenommen werden, als ob jeder Anteilseigner risikoneutral wäre und dem Zustand Sg (s=l,2,...,S) die Wahrscheinlichkeit w(Ss) = (l + r)-7Cs (s=l,2,...,S) zuordnete. Auf der Basis der ,,risikoneutralen Wahrscheinlichkeiten" w(Ss) wird der „risikoneutrale" Erwartungswert E(P|j^) von Pjjj (n=l,2,...,N) gebildet und dieser mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert. Das „Dach" über dem Erwartungswertoperator in (VII.49) soll anzeigen, daß der Erwartungswertbildung nicht die tatsächlichen, sondem die risikoneutralen Wahrscheinlichkeiten w(Ss) zugrunde liegen. Sie werden auch als äquivalente Martingalmaße, Martingalwahrscheinlichkeiten oder Pseudowahrscheinlichkeiten bezeichnet (Cox/Ross/RUBINSTEIN, 1979, S. 235f; INGERSOLL, 1987, S. 61ff; DUFFEE, 1992, S. 27ff; LAUX, C , 1993, S. 938ff; SCHLAG, 1995, S. 25f). Analog zu (VII.49) gilt: (VII.50)
Mon=(l + r)-^-E(MiJ.
E(Pln) bzw- E(Min) stellt das Sicherheitsäquivalent von P^j^ bzw. von Mj^ dar. Das Konzept der risikoneutralen Bewertung dient später der Erklärung und Interpretation theoretischer Zusammenhänge. Es hat vor allem auch Bedeutung fär die Bewertung von Optionen oder optionsähnlichen Rechten wie etwa das Recht auf eine erfolgsabhängige Prämie.
190
Kapitel VII
4.
Vergleich von SPA und CAPM
4.1.
Vom SPA zum CAPM
Im folgenden soll untersucht werden, welche Beziehung zwischen dem SPA und dem CAPM besteht. Dabei wird nur die BQ-Variante betrachtet. Die NEund NB-Variante setzen die Normalverteilung der Endwerte sämtlicher Wertpapiere voraus, eine Bedingung, die für zustandsbedingte Zahlungsansprüche nicht erfüllt ist. Da der SPA auch unter den Voraussetzungen der BQ-Variante gilt, kann diese Variante aus dem SPA hergeleitet und auch in diesen überführt werden (FRANKE/HAX, 2004, S. 388 ff.), hn folgenden wird die Äquivalenz der Bewertungsfunktionen für den Fall einer endlichen Zahl von Zuständen Sg gezeigt. Zunächst wird gezeigt, wie bei homogenen Erwartungen und quadratischen Nutzenfunktionen aus dem SPA die Bewertungsfunktionen des CAPM hergeleitet werden können. Unter diesen Voraussetzungen hält jeder Anteilseigner im Gleichgewicht einen Anteil des Marktportefeuilles. Wird der Anteil des Anteilseigners i mit Zj bezeichnet, so gilt für seinen Grenznutzen: (VII.51)
U ; = b i - 2 c i - { ( l + r)-Voi + Z i - [ M i G - ( l + r)-MoG]}.
Da auf der rechten Seite von (VII.51) nur M ^ Q eine stochastische Größe ist, kann die Kovarianz Kov(Miji;U'i) wie folgt dargestellt werden: K o v ( M i ^ ; U | ) = Kov(Mij^-2ci -Zj
.MJQ)
= ~2ci -Zj
.KOV(MI^;MIG).
Hieraus folgt in Verbindung mit (VII. 3 6): (VIL52)
Mon = (l + r r ^ - [ E ( M i J - ^ : ^ . K o v ( M i n ; M i G ) ] . E(Ui)
Wird (VII.52) über alle n (n= 1,2,...,N) addiert, so folgt wegen N N N E M o n = MoG, Z M i n = MiG und XKov(Min;MiG) = Var(MiG) n=l
n=l
n=l
die Gleichung: (VII.53) bzw.
d o f i = ( l + rr)r-^l - [ EE((M MoG MiiG G))-- ^ - ^_^ - V a r ( M i G ) ] E(Ui)
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
(VII54)
191
2>Ci>Zi^E(MiG)-(l + r)-MoG^ R P Q E(Ü;) Var(MiG) Var(MiG)'
Einsetzen von (VII.54) in (VII.52) ergibt die bekannte Bewertungsfunktion des CAPM: (V.30)
4.2.
MQ^^(l + r ) - ^ . [ E ( M i J -
^ ^ Var(MiG)
•KOV(MI^;MIG)].
Vom C A P M zum SPA
Im folgenden wird gezeigt, wie umgekehrt die flir den SPA charakteristischen Preise n^ (s=l,2,...,S) mit Hilfe der Bewertungsfunktionen des CAPM ermittelt und erklärt werden können. Die allgemeine Bewertungsfunktion (V.30) gilt bei quadratischen Nutzenfunktionen unabhängig von der Zahl der Zustände Ss und der Art der Verteilung der Endwerte der Wertpapiere über die Zustände. Sie gilt auch für den Fall, daß die Zahl der Zustände endlich ist und eine Wertpapiereinheit einen Zahlungsanspruch von 1 GE zum Zeitpunkt 1 (nur) bei Eintreten des Zustandes Sg* verbrieft. Für den Preis Tig* dieses Zahlungsanspruches gilt gemäß (V.30): (VIL55)
7i3* = (l + r)-^.(E[ei(s*)]^
RP ^ •Kov[ei(s*);MiG]) • Var(MiG)
Dem Zahlungsanspruch auf 1 GE im Zustand Sg* entspricht die folgende Wahrscheinlichkeitsverteilung bezüglich des Einzahlungsüberschusses ei(s*) zum Zeitpunkt 1: fl eis(s*) = i [0
färs=s* für jedes ST^ s*.
Somit gelten E[ei(s*)] = w(Ss*) und
192
Kapitel VII
Kov[ei(s*);MiG]=Sw(S,)-[ei,3(s*)- w ^
^=1
].[MIG,S-E(MIG)]
=E[iI7?')]
= W(SS*)-[1-W(S3*)]-[MIG,S*-E(MIG)] +
ZW(SS)-[0-W(SS*)]-[MIG,S-E(MIG)]
s=l = W(SS*)-[MIG,S*-E(MIG)] -ZW(SS)-W(S3*)-[MIG,S-E(MIG)]
s=l = W(SS*)-[MIG,S*-E(MIG)] -W(SS*)-EW(SS)-[MIG,S-E(MIG)]
s=l =0 = W(SS*)-[MIG,S*-E(MIG)].
Hieraus folgt in Verbindung mit E[ei(s*)] = w(Ss*) fur(VII.55): RP Q •[MIG,S*-E(MIG)]). Var(MiG) (VII.56) gilt für jeden Zustand Sg, so daß allgemein geschrieben werden kann: (VII.56)
7i3.=(l + r ) - ^ w ( S s . ) - ( l -
(VII.57) 7i3 = (l + r)-^-w(S3)-(l-
RP Q Var(MiG)
-[MICS-ECMIG)])
(s=l,2,...,S). Preis eines bedingten Zahlungsanspruchs von 1 GE bei Eintreten des Zustandes S^ MiQ s bezeichnet den Endwert des Marktportefeuilles bei Eintreten des Zustandes Sg. Aus (VIL57) ergeben sich folgende Zusammenhänge: 1. Der Preis Tig ist c.p. eine linear fallende Funktion von M^Qg? J^ „reicher" also die Anteilseigner im Zustand Sg sind, desto niedriger ist der Preis n^ für eine GE in diesem Zustand. Dieses Ergebnis ist darauf zurückzuflihren, daß den Bewertungsfunktionen der BQ-Variante des CAPM quadratische Nutzenfunktionen zugrunde liegen, bei denen der Grenznutzen eine linear fallende Funktion des Endvermögens ist.
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
193
2. Für M I G S = E ( M I G ) folgt: TCg = (1 + r)"^-wCSg). Der Preis für eine GE im Zustand Sg ist dann also gleich dem Erwartungswert w(Ss)-l dieser Zahlung diskontiert mit dem risikolosen Zinssatz r. 3. Wenn MJG^S ^ ^ ^^^ Betrag A steigt, so steigt der Erwartungswert E ( M I G ) um w(Ss) • A und somit die Differenz M^G« ~ E ( M I G ) ^i^ A •[! - w(Ss)]. Unter der Bedingung einer unveränderlichen Risikoprämie je Risikoeinheit, MR=RPG/Var(MiG), sinkt dann folglich gemäß (VII.57) n^ um den Betrag (l + r)"^-w(Ss)-MR-A-[l-w(Ss)]; da für den Zustand Sg» (sVs) die Differenz MlG,s'"" E(MIG) ^ ^ w(Ss)-A kleiner wird (wenn MiG,S um A steigt) , steigt Tig» (s'?^s). Jedoch ist die Bedingung einer unveränderlichen Risikoprämie je Risikoeinheit bei quadratischen Nutzenfunktionen streng genommen gar nicht erfüllt. Wie in Abschnitt 2.1 erläutert wurde, ist sie eine steigende Funktion von E ( M I G ) • Eine Erhöhung der Risikoprämie je Risikoeinheit bewirkt, daß die Beträge der Änderungen der Preise n^ größer werden. Wegen (V.16)
7i3=w(Ss).(l + rs)-l
folgt aus (VII.57) (VII.58)
(l + r3)-^=(l + r ) - ^ ( l ^ ^ ^ Var(MiG)
.[MIG.3-E(MIG)]).
Der dem Zustand Sg entsprechende Diskontfaktor ist eine linear fallende Funktion von MIG,S- Für MiG,s = E ( M I G ) gilt (l+rs)"^=(l+r)~^ bzw. rg = r. Es ist von allgemeiner Bedeutung, daß der in (VIL57) dargestellte Zusammenhang auch für den unvollständigen Kapitalmarkt gilt (NIPPEL, 1996, S.108 ff.). Die Preise n^ (s= 1,2,...,S) sind dann implizite Preise, zu denen zwar keine zustandsbedingten Zahlungsansprüche gehandelt, mit denen jedoch gemäß (VIL23) bzw. (VII.24) die Preise Pon bzw. die Marktwerte Mon (n=l,2,...,N) ermittelt bzw. erklärt werden können.
5.
Wertadditivität
Die Bewertungsfunktionen des SPA und des CAPM implizieren Wertadditivität. „Eine Eigenart dieser Bewertung ist, daß bei Addition von zwei Positionen zu einer dritten der Marktwert dieser dritten Position gleich der Summe der Marktwerte der beiden ersten ist" (FRANKE/HAX, 2004, S. 333). Zur Verdeutlichung wird davon ausgegangen, daß zwei Untemehmen 1 und 2 fusioniert werden (n=l,2). Jedes Untemehmen habe ein einperiodiges Investitionsprogramm reaUsiert, wobei M ^ (M12) den riskanten Überschuß des Unter-
194
Kapitel VII
nehmens 1 (2) nach Schuldtilgung bezeichnet. Für den Marktwert Mof der Aktien des fusionierten Untemehmens f gilt im Rahmen des SPA:
(VII.59)
S S S Mof = E 7I3 . (Mn,s + Mi2,s) = I ^s • Ml i,s + E ^s • Mi2,s s=l s=l s=l = Moi+Mo2.
Der Marktwert der Aktien des fusionierten Untemehmens ist also gleich der Summe der Marktwerte der Aktien der beiden Untemehmen in der Ausgangssituation. Diese Konsequenz der Wertadditivität tritt natürlich nur dann ein, wenn sich der Uberschuß des fusionierten Untemehmens additiv aus den Überschüssen der beiden anderen Untemehmen zusammensetzt. Erfolgt die Fusion mit dem Ziel, die Investitionsprogramme der beiden Untemehmen zu koordinieren, um Synergieeffekte zu nutzen, so kann natürlich die Relation Mof>Moi + M Q 2 gelten. Ohne Synergieeffekte kann die Fusion allenfalls dem Ziel einer besseren Diversifikation von Risiken dienen. Diese ist aber im Rahmen des SPA gar nicht möglich. Mit der Fusion werden letztlich finanzielle Überschüsse erworben, die jeder Anteilseigner auch privat durch Kauf von Aktien des betreffenden Untemehmens erwerben kann. Der Erwartungsnutzen der Anteilseigner ändert sich nicht, wenn im Untemehmen Kapitalmarkttransaktionen durchgeführt werden, die die Anteilseigner gleichermaßen auch privat realisieren können. Im CAPM gilt für den Marktwert der Aktien des fusionierten Untemehmens: Mof=(l + r ) - l . [ E ( M i i + M i 2 ) - — ^ & — • K O V ( M I I + MI2;MIG)].
Var(MiG) Diese Gleichung kann wie folgt zerlegt werden: (VII.60)
Mof = (l + r ) - l - [ E ( M i i ) - — ^ - - • K O V ( M I I ; M , G ) ] Var(MiG) RP + (l + r)-^-[E(Mi2)-^^
^^^
Var(MiG)
.KOV(MI2;MIG)]
= M01+M02. Wieder ergibt sich der Marktwert der Aktien des fusionierten Untemehmens als Summe der Marktwerte der Aktien der beiden Untemehmen in der Ausgangssituation. Die Wertadditivität ist eine wichtige Gmndlage für die Analyse von Finanzierangsproblemen. Dabei geht es nicht um die Frage der Vereinigung riskanter Positionen, sondern um deren Zerlegung. Wertadditivität impliziert, daß es irrelevant ist, wie die Überschüsse eines gegebenen Investitionsprogramms auf verschiedene Finanztitel aufgeteilt werden; der Marktwert des Untemehmens, d.h. der Marktwert aller Finanztitel, die Anteile an den Überschüssen des Un-
Preisbildung auf dem Kapitalmarkt: Erweiterung und Vertiefung
195
temehmens verbriefen, ist unabhängig von der Finanzierung (der Kapitalstruktur). Die Wertadditivität hat auch grundlegende Bedeutung für die Bewertung riskanter Überschüsse bzw. ihrer Änderungen. Es kann sich als zweckmäßig erweisen, die Überschüsse in einzelne Teile zu zerlegen und diese getrennt zu bewerten.^) Die Summe der Marktwerte der einzelnen Teile ergibt bei Wertadditivität den Marktwert des Ganzen. Es kann auch zweckmäßig sein, den Marktwert eines Teils der gesamten Überschüsse in der Weise zu ermitteln, daß der Marktwert aller Überschüsse ermittelt und hiervon der Marktwert des anderen Teils der Überschüsse subtrahiert wird. Bei der Bewertung auf Grund risikoangepaßter Kalkulationszinsfüße ist zu beachten, daß bei einem gegebenen risikoangepaßten Zinssatz für die Diskontierung der erwarteten Überschüsse als Ganzes sehr unterschiedliche risikoangepaßte Zinssätze für einzelne Teile der Überschüsse maßgeblich sein können, je nach dem, wie die Zerlegung vorgenommen wird.
Ergänzende und vertiefende Literatur: (1997b); COPELANDAVESTON (1988, S. 193-239); ELTON/GRUBER (1991); FISCHER (1996, S. 33-104); FRANKE (1983); FRANKE/HAX (2004, S. 296-364); GiLLENKiRCH (2004a); GILLENKIRCHA^ELTHUIS (1997); HUANG/LITZENBERGER (1988, S. 83-149); INGERSOLL (1987, S. 82-139); KRUSCHWITZ (1999, S. 155-216); LiNTNER (1965a; 1970); MossiN (1966; 1977); NIPPEL (1996);
BREUER
ROSS/WESTERFIELD (1988, S. 144-241); ROSSAVESTERFIELD/JAFFE (1996, S.
220-330);
RUDOLPH
(1979a; 1979b; 1983);
SAELZLE
(1976);
SCHMIDT/TERBER-
GER (1997, S. 339-374); SHARPE (1970); SHARPE/ALEXANDER/BAILEY (1995); VELTHUIS
6)
(2004a; 2004b); WILHELM (1981).
Vgl. hierzu auch Kapitel Xlll, Abschnitt 6, hinsichtlich der Erfassung des Einflusses von Ertragsteuern auf den Untemehmenswert.
TEIL D: ANALYSE VON UNTERNEHMENSZIELEN UND ZIELKONFORMEN ENTSCHEIDUNGEN
VIIL 1.
Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
Problemstellung
Im vorliegenden Kapitel wird vor dem Hintergrund eines CAPM-Gleichgewichts für den Einperioden-Fall untersucht, unter welchen Bedingungen Einmütigkeit bzw. Anreizkompatibilität im strengen Sinne zwischen den Anteilseignem eines Untemehmens besteht und wie unter diesen Bedingungen ein für alle optimales Investitionsprogramm ermittelt werden kann. Dabei wird vorausgesetzt, daß in der Ausgangssituation jeder Anteilseigner bereits über seinen optimalen Anteil am Marktportefeuille verfügt und seine Nutzenfunktion für das Vermögen am Ende der Periode unveränderlich ist.^) (Zu Zielkonflikten auf Grund von Veränderungen in den Nutzenfunktionen vgl. Kapitel XI, Abschnitt 5.) In Abschnitt 2 wird das folgende Theorem bewiesen: Wenn sich ausgehend von einem Marktgleichgewicht die (homogenen) Vorstellungen der Anteilseigner über den Erwartungswert und/oder die Standardabweichung des Endwertes des MarktportefeuiUes in beliebiger Weise ändem, so nimmt dies im Rahmen der BQ- und der NE-Variante des CAPM kein Anteilseigner zum Anlaß, seinen Bestand an Aktien und anderen riskanten Wertpapieren zu ändem; die Marktwerte der Wertpapiere ändem sich gerade so, daß für jeden Anteilseigner Kauf und Verkauf wie in der ursprünglichen Gleichgewichtssituation nachteilig ist. Die Unveränderlichkeit der individuellen Anteile am Marktportefeuille resultiert daraus, daß mit diesen Anteilen (bzw. mit der entsprechenden linearen Aufteilung des Endwertes Mio des MarktportefeuiUes) in beiden Varianten des CAPM unabhängig von der konkreten Wahrscheinlichkeitsverteilung über MiQ das Risiko pareto-effizient geteilt wird.^)
1)
2)
Diese Annahme impliziert auch , daß die Maßnahmen im Unternehmen keinen Einfluß auf die individuellen Nutzenfunktionen für das Endvermögen haben. Es werden zum Beispiel keine Produkte hergestellt, die den Geldnutzen verändern. MILGROM/STOKEY (1982, S.21) weisen allgemein nach, daß der Zugang von Informationen am Kapitalmarkt immer dann keinen Handel mit Wertpapieren auslöst, wenn in
198
Kapitel VIII
Wenn Investitionen das Kapitalmarktgleichgewicht nicht ändern, wird deren Bewertung erheblich erleichtert, da dann keine mit Änderungen individueller Anteile am Marktportefeuille verbundenen Konsequenzen berücksichtigt werden müssen. In Abschnitt 3 wird untersucht, wie bei gegebenem Marktgleichgewicht im Rahmen der BQ- und der NE-Variante die Vorteilhaftigkeit eines „neuen" Projekts überprüft werden kann. Zugleich wird gezeigt, daß im Rahmen beider Varianten kein finanzieller Interessenkonflikt zwischen den Anteilseignem besteht. Wenn mit dem „neuen" Projekt bzw. der entsprechenden Geschäftspolitik der finanzielle Erwartungsnutzen irgend eines Anteilseigners steigt oder sinkt, gilt dies auch für alle anderen; es besteht Anreizkompatibilität, Da der Kapitalmarkt annahmegemäß vollkommen ist, sind für alle Beteiligten nichtfinanzielle Aspekte irrelevant, so daß Anreizkompatibilität zugleich Einmütigkeit impliziert. Ist der Entscheidungsträger, der über das Projekt zu befinden hat, seinerseits Anteilseigner, so maximiert er den Erwartungsnutzen aller, indem er seinen eigenen maximiert. Er kann also das Unternehmensziel wie folgt formulieren: Maximierung meines finanziellen (Erwartungs-) Nutzens. Daß sowohl in der BQ- als auch in der NE-Variante Anreizkompatibilität herrscht, steht unmittelbar im Einklang mit den Darstellungen in Kapitel III, Abschnitt 5, und Kapitel VI: In beiden Modellvarianten ist die im CAPMGleichgewicht maßgebliche lineare Risikoteilung pareto-effizient; Linearität und Pareto-Effizienz sind hinreichend für Anreizkompatibilität. In Abschnitt 4 werden Implikationen der Darstellungen in den Abschnitten 2 und 3 untersucht. Es wird gezeigt, daß es für die Beurteilung der Vorteilhafligkeit eines Projektes unerhebhch ist, in welchem Maße sich bei seiner Durchführung der Marktwert MQQ des Marktportefeuilles bzw. die Marktwerte einzelner Wertpapiere ändert; auch wenn mit dem Projekt der Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners steigt, kann MQQ ^i^d mithin das Vermögen jedes Anteilseigners, sinken (und umgekehrt). Darauf aufbauend wird gezeigt, daß im Rahmen der BQ- und NE-Variante des CAPM homogene Informationen für die Anteilseigner vor dem Ende des Planungszeitraumes irrelevant sind. Jedoch setzen beide Varianten des CAPM Nutzenfunktionen voraus, die nicht unproblematisch sind. Wie in Abschnitt 5 verdeutlicht wird, besteht keine Garantie für Anreizkompatibilität, wenn im Rahmen der NB-Variante des CAPM (mit Normalverteilungen und beliebigen konkaven Nutzenfunktionen) ausgehend von einem Gleichgewicht neue Projekte erwogen werden. Bei Durchführung eines zusätzlichen Projekts ist damit zu rechnen, daß Anteilseigner ihren Anteil am Marktportefeuille erhöhen und andere ihn reduzieren; homogene Informationen und projektinduzierte Marktwertänderungen sind dann nicht mehr irrelevant. Sind in der NB-Variante allerdings gleiche HARANutzenfunktionen relevant, so gilt gemäß dem in Kapitel III, Abschnitt 5, dargestellten allgemeinen Prinzip: Die lineare Teilungsregel im CAPM-Gleichgeder Ausgangssituation pareto-effiziente Risikoteilung besteht und alle Investoren Informationen in der gleichen Weise verarbeiten bzw. interpretieren.
Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
199
wicht ist pareto-effizient und somit zugleich anreizkompatibel; zusätzliche Projekte lösen wegen der Pareto-Effizienz der Teilungsregel keinen Handel mit Wertpapieren aus (Nichthandels-Gleichgewicht). In dem hier betrachteten Einperioden-Fall ist die Entscheidung über das Investitionsprogramm bzw. das betrachtete Investitionsprojekt zu Beginn der Periode in definitiver Weise zu treffen; es erfolgt keine flexible Planung; zum Zeitpunkt 0 fällt die Anschaffungsauszahlung an und zum Zeitpunkt 1 der Einzahlungsüberschuß.
2.
Unveränderliche Anteile am Marktportefeuille bei Änderung der homogenen Erwartungen
2.1.
NE-Variante
Ändem sich ausgehend von einem Marktgleichgewicht die (homogenen) Vorstellungen der Anteilseigner über den Erwartungswert und/oder die Varianz des Endwertes MJQ des Marktportefeuilles, so bleibt - wie im folgenden gezeigt wird - sowohl in der NE- als auch in der BQ-Variante des CAPM der optimale Anteil jedes Anteilseigners am Marktportefeuille konstant. Dies gilt unabhängig davon, um welche Beträge sich E(MIQ) und Var(MiQ) ändem. Es ist auch unerhebUch, aus welchen Gründen sich die Erwartungen ändem. Den Anteilseignem mögen bei gegebenen Investitionsprogrammen aller Untemehmen Liformationen zugehen, die einen probabihstischen Rückschluß auf MJQ zulassen. Es ist aber auch mögUch, daß in einem Untemehmen ein zusätzliches Projekt in das Programm aufgenommen wird, dessen Überschüsse bisher in den Wertpapierkursen nicht antizipiert worden sind, und die Anteilseigner (in gleicher Weise) mehr oder weniger detailliert über die Überschüsse informiert werden. Wie in Kapitel V, Abschnitt 5.2.2, gezeigt wurde, gilt bei normalverteiltem Endwert der Wertpapiere und exponentiellen Nutzenfunktionen für den optimalen Anteil Zj des Anteilseigners i am Marktportefeuille: (V.22)
_L Zi=-^
(i=l,2,...,I).
^^, j=l '
Da bei exponentiellen Nutzenfunktionen konstante absolute Risikoaversion besteht, ändem sich die relevanten Risikoaversionskoeffizienten der Anteilseigner bei einer Änderung von E ( M I Q ) und/oder von Var(MiQ) nicht. Folglich ändem sich auch nicht die optimalen Anteile am Marktportefeuille; es werden weder Wertpapiere gekauft noch verkauft. Die Preise der Wertpapiere verändern sich in der Weise, daß es für jeden Anteilseigner nachteilig ist, seinen Anteil am Marktportefeuille zu ändem. Es besteht ein sogenanntes Nicht-Handels-Gleichgewicht („No Trade Equilibrium").
200
Kapitel VIII
Man kann sich vorstellen, daß ein Auktionator die neuen Gleichgewichtspreise wie folgt bestimmt: Er legt ein vorläufiges Preissystem fest und nimmt Kauf- und Verkaufsaufträge entgegen. Wenn bei diesen Preisen ein Anteilseigner Wertpapiere anbietet bzw. nachfragt, so ist dies auch für alle anderen Anteilseigner der Fall, da die Strukturen der optimalen Portefeuilles aller Anteilseigner bei jedem Preissystem identisch sind; es kann dann kein Gleichgewicht bestehen. Der Auktionator erhöht nun die Preise der nachgefragten Wertpapiere und senkt die Preise der angebotenen. Wenn schließlich weder Angebot noch Nachfi*age besteht, stehen die Gleichgewichtspreise fest. Die Preisänderungen gegenüber dem Status quo resultieren also nicht aus einem Handel mit Wertpapieren, sondem daraus, daß die Preise so festgelegt werden, daß er gar nicht stattfindet; jeder würde bei einem Handel zu diesen Preisen einen Nachteil erzielen. 2.2.
BQ-Variante
Die Anteile am Marktportefeuille werden auch bei beliebig verteiltem Endwert der Wertpapiere und quadratischen Nutzenfunktionen nicht verändert; wieder besteht ein Nicht-Handels-Gleichgewicht. Wie in Kapitel V, Abschnitt 5.2.2, gezeigt wurde, gilt in diesem Fall in der Ausgangssituation für z^: 1
(VIII.1)
z,=-^=
^a,[(l^r).VoJ 1
Ändert sich nun auf Grund einer Information bzw. neuer Investitionsprojekte der Marktwert MQG ^i^ einen Betrag AMQG? SO verfügt der Anteilseigner i nach (einem fiktiven) Verkauf aller seiner Aktien über ein Geldvermögen von VQJ + ZJ-AMOG? wobei VQI das Geldvermögen bezeichnet, über das er beim bisherigen Marktwert MQG verfligen würde. Entsprechend gilt für diejenige Risikotoleranz Df, die nunmehr seinen optimalen Anteil am Marktportefeuille determiniert: (VIIL2)
D f = - ^ - ( l + r)-(Voi + Zi.AMoG) 2-Ci
A_ - ( l + r).Voi-(l + r).Zi.AMoG 2-Ci
= D i - ( l + r)-Zi-AMoG. Der optimale Anteil des Anteilseigners i am Marktportefeuille ändert sich unter der Bedingung nicht, daß sich die Risikotoleranzen aller anderen Anteilseigner im gleichen Verhältnis wie Dj ändern; gemäß (VIII. 1) bleibt dann Zj konstant. Diese Bedingung ist in der Tat erfüllt.
Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
201
Zum Beweis wird ein beliebiger Anteilseigner j (^^i) betrachtet, der in der Ausgangssituation das s-fache (s^ 1; s>0) der Aktien des Anteilseigners i hält (Zj=s-Zi), so daß in der Ausgangssituation Dj=s-Di gilt. Für die Risikotoleranz D], die den Anteil des Anteilseigners j am Marktportefeuille in der neuen Situation determiniert, folgt analog zu (VIII.2): (VIIL3)
DJ = s-Di -(1 + r) • s- Zi. AMOG = s.[Di-(H-r).Zi.AMoG] = s.Df. V
^
'
Die Risikotoleranz des Anteilseigners j ist somit nach wie vor das s-fache der Risikotoleranz des Anteilseigners i; beide Risikotoleranzen ändern sich im gleichen Verhältnis. Das Analoge gilt flir die Risikotoleranzen aller anderen Anteilseigner. Weder flir i noch flir irgendeinen anderen ist es somit optimal, seinen Anteil am Marktportefeuille zu variieren. Entsprechend stellen sich die neuen Gleichgewichtspreise ein. Die Darstellungen setzen voraus, daß die Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung von MiG keinen Einfluß auf den risikolosen Zinssatz r hat; er ist eine exogen vorgegebene Größe. Eine Änderung von r könnte bewirken, daß Anteilseigner ihren Anteil am Marktportefeuille erhöhen und andere ihn reduzieren. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird - wie in der Livestitionstheorie üblich - stets vorausgesetzt, daß zusätzliche Livestitionsprojekte keinen Einfluß auf r haben. 2.3.
Möglicher Handel in der NB-Variante
Sind in der NB-Variante weder exponentielle, quadratische noch andere Nutzenflxnktionen der HARA-Klasse des gleichen Typs bewertungsrelevant, so wird selbst in einem CAPM-Gleichgewicht grundsätzlich das Risiko nicht pareto-effizient geteilt. Änderungen der homogenen Erwartungen der Investoren auf dem Kapitalmarkt flihren dann i.a. dazu, daß sich individuelle Anteile am Marktportefeuille ändern. Laufende unvorhergesehene Änderungen der Erwartungen bewirken fortlaufende Kapitalmarktanpassungen; möglicherweise existiert zu keinem Zeitpunkt ein Gleichgewicht. Ein Gleichgewicht kann unabhängig von den individuellen Nutzenfimktionen grundsätzlich auch dann nicht bestehen, wenn sich bei Heterogenität der Erwartungen die Erwartungen einiger oder aller Investoren (insbesondere in unterschiedlicher Weise) ändern. Ein Gleichgewicht kann unabhängig von dem Typ der individuellen Nutzenfunktion und den Erwartungen übrigens auch dann nicht vorliegen, wenn sich die Nutzenflxnktionen bzw. die Risikoaversionskoeffizienten einiger oder aller Investoren ändern. Die Implikationen solcher Änderungen flir die Investitionsplanung werden in Kapitel XI, Abschnitt 5, untersucht.
202
3. 3.1.
Kapitel VIII
Investitionsplanung und CAPM-Gleichgewicht Entscheidungssituation
Aufbauend auf den Darstellungen in Abschnitt 2 werden nun Grundprobleme der Investitionsplanung untersucht. Dabei wird davon ausgegangen, daß in einem Unternehmen n ein zusätzliches einperiodiges Investitionsprojekt (oder -Programm) entdeckt wird, dessen potentielle Überschüsse in den Marktwerten der Wertpapiere noch nicht antizipiert worden sind. Es stellt sich das Problem, ob dieses „neue" unvorhergesehene Projekt durchgeführt werden soll oder nicht. Wie gezeigt wird, gelten die Darstellungen auch für den Fall mehrerer einander ausschließender Projekte. Es wird angenommen, daß in der Ausgangssituation ein Marktgleichgewicht existiert, in dem kein Anteilseigner in der betrachteten Periode Wertpapiere kaufen oder verkaufen will. Käufe oder Verkäufe finden frühestens am Ende der Periode statt, nachdem das Projekt, sofem es durchgefiihrt wird, abgeschlossen ist und keine Überschüsse mehr abwirft. Wie in Abschnitt 2 erläutert wurde, ändem die Anteilseigner im Rahmen der NE- und der BQ-Variante ihren Anteil am Marktportefeuille auch dann nicht, wenn ausgehend von einem Marktgleichgewicht ein zusätzliches Projekt realisiert wird und die Anteilseigner wie auch immer darüber informiert werden; das Marktgleichgewicht bleibt erhalten. Für die Projektbeurteilung aus Sicht der Anteilseigner sind somit Anteile am Marktportefeuille relevant, die für die betrachtete Periode unveränderlich sind. Hierdurch wird das Entscheidungskalkül erheblich vereinfacht; es müssen keine Konsequenzen aus projektinduzierten Portefeuilleänderungen berücksichtigt werden. Bei den Darstellungen werden ohne Einschränkung der Allgemeinheit nur folgende Grundformen der Finanzierung erfaßt, die miteinander kombiniert werden können: Aufnahme von Fremdkapital zum risikolosen Zinssatz r (Fremdfinanzierung), Reduktion eines im Untemehmen zum Zinssatz r angelegten Kapitalbetrages, Reduktion der Ausschüttung zum Zeitpunkt 0 an die Anteilseigner sowie Kapitalerhöhung, wobei kein Anteilseigner seinen relativen Anteil am Gesamtbestand an Aktien des Untemehmens ändert. Da die Anteilseigner auch privat zumrisikolosenZinssatz r Geld anlegen und aufnehmen können, ist aus ihrer Sicht die Finanzierungs- und Ausschüttungspolitik bei gegebenem Investitionsprogramm irrelevant (MILLER/MODIGLIANI, 1961; MODIGLIANI/MILLER, 1958). Wird zum Beispiel zum Zeitpunkt 0 ein (zusätzlicher) Fremdkapitalbetrag von A beschafft und bei gegebenem Investitionsprogramm die Ausschüttung entsprechend erhöht, so sinkt die Ausschüttung zum Zeitpunkt 1 um (l+r)-A. Für die Anteilseigner ergibt sich dabei kein Vorteil; sie hätten den Betrag A auch privat zum Zinssatz r leihen können. Es entsteht aber auch kein Nachteil; sie können den Betrag A zum Zinssatz r anlegen, so daß die Minderausschüttung für den Zeitpunkt 1 kompensiert wird.
Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
203
Die Finanzierangs- und Ausschüttungspolitik hat bei gegebenem Investitionsprogramm auch keinen Einfluß auf das Vermögen der Anteilseigner zum Zeitpunkt 0. Wird ein (zusätzlicher) Fremdkapitalbetrag von A beschafft und die Ausschüttung entsprechend erhöht, so steigt das Geldvermögen aller Anteilseigner zum Zeitpunkt 0 um A, während der Marktwert MQ^ aller Aktien des Unternehmens n ex Dividende um A sinkt; die Summe aus Geldvermögen und Marktwert MQ^ bleibt konstant. Auch die Summe aus Geldvermögen und Marktwert der Aktien eines einzelnen Aktionärs ändert sich nicht. Bei Durchfährang des Projekts ändert sich unabhängig von der Finanzierang der Erwartungswert des Endvermögens aller Anteilseigner um den Betrag jUp=E(eip)-(l+r)-Aop, wobei e^p den Einzahlungsüberschuß des Projekts zum Zeitpunkt 1 und Aop die sichere Anschaffungsauszahlung bezeichnet. Die Differenz zwischen e^p und (l+r)-AQp wird als .Jlesidualgewinn" bezeichnet (Gewinn unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung als Abschreibung und kalkulatorischer Zinsen auf die zu Beginn der Periode aktivierte Anschaffungsauszahlung.) Die Varianz des Endwertes des Marktportefeuilles ändert sich bei Durchfährang des Projekts um Aap = Var(eip) + 2-Kov(eip;MiQ). Es gilt nämlich: AGI =Var(eip+MiG)-Var(MiG) = Var(eip) + 2.Kov(eip;MiG) + Var(MiG)-Var(MiG) = Var(eip) + 2.Kov(eip;MiG). Bei der Ermittlung der möglichen Einzahlungsüberschüsse des Projekts ist zu beachten, daß alle hiermit verarsachten möglichen Zahlungen berücksichtigt werden, auch wenn sie bei bereits vorhandenen Projekten verarsacht werden. Synergieeffekte auf Grand eines Restriktions- oder Erfolgsverbundes zwischen bereits bestehenden Projekten und dem neuen Projekt sind dem neuen zuzurechnen. Wenn zugleich mehrere Projekte zur Auswahl stehen, zwischen denen Synergieeffekte bestehen, können diese nicht isoliert beurteilt werden. Vielmehr müssen Kombinationen von Projekten (Investitionsprogramme) verglichen werden. Die alternativen Programme können als sich gegenseitig ausschließende Investitionsaltemativen interpretiert werden. 3.2.
Simultane Maximierung aller Nutzenerwartungswerte
3.2.1. NE'Variante Da bei Durchflihrang des Projekts der Anteil Zj des Anteilseigners i am Marktportefeuille konstant bleibt, ändert sich der Erwartungswert seines Endvermögens um Zj- |Lip und dessen Varianz um zf • Aap. Li der NE-Variante des CAPM
204
Kapitel VIII
(Normalverteilung und exponentielle Nutzenfunktionen) mißt der Anteilseigner seinem Anteil Zj am Residualgewinn des Projekts ein Sicherheitsäquivalent von ^^2 A^2 ^ p - y 2- Z i -Acj^
bei. Das Projekt ist für ihn vorteilhaft, wenn dieses Sicherheitsäquivalent positiv ist, also folgende Bedingung erfüllt ist: (VIIL4)
Zi.|Lip~^.z?.Aa^>0.
Ist diese Bedingung erfüllt, so steigt mit dem Projekt der Erwartungsnutzen des Anteilseigners i. Wegen Zi>0 kann die Vorteilhaftigkeitsbedingung (VIII.4) auch wie folgt dargestellt werden: (VIII.5)
^p>^.Zi.Aa2.
Wegen (V.22)
J_ Zi=-^ j=l J
(Kapitel V, Abschnitt 5.2.2) folgt aus (VIII.5): (VIII.6)
^p>—^
Aa^.
Diese Vorteilhaftigkeitsbedingung gilt analog für jeden Anteilseigner j^^i, der den Zj-ten Anteil am Marktportefeuille hält. Es besteht Anreizkompatibilität (LAUX, 1971a; GILLENKIRCH/VELTHUIS, 1997): Wenn mit dem Projekt der Erwartungsnutzen irgendeines Anteilseigners erhöht oder reduziert wird, gilt dies zugleich auch für alle anderen. 3.2.2. BQ-Variante Bei quadratischen Nutzenfunktionen ist für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Projekts aus Sicht eines Anteilseigners i seine (|Li,a)- bzw. (|Li,a2)Position in der Ausgangssituation relevant. Diesem Sachverhalt kann in einfacher Weise Rechnung getragen werden, indem seine Präferenzfunktion durch Indifferenzkurven im (|Li,a)-Diagramm dargestellt wird. Die optimale Kombination aus Erwartungswert und Standardabweichung seines Endvermögens in
Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
205
der Ausgangssituation (d.h. vor dem Projekt) wird durch den Tangentialpunkt Tj seiner Effizienzkurve mit einer seiner Lidifferenzkurven charakterisiert (Abbildung VIII.l). Bei Durchführung des Projekts ändert sich der Erwartungswert seines Endvermögens um Zj-iip und die Standardabweichung um z^ • Aap.^) Führen diese Änderungen wie in Abbildung VIII. 1 zu einem Punkt Pp dessen Abstand vom Mittelpunkt Mj kleiner ist als der des Tangentialpunktes Tp so ist das Projekt für den Anteilseigner i vorteilhaft; der Tangentialpunkt liegt auf einer Indifferenzkurve, die einen höheren Erwartungsnutzen verkörpert. Von mehreren einander ausschließenden Projekten maximiert jenes den Erwartungsnutzen des Anteilseigners i, das zu einem Punkt auf der Indifferenzkurve mit dem kleinsten Radius fährt. Projekte, die zu einer (|Li,a)Kombination oberhalb der durch Tj verlaufenden Indifferenzkurve führen, sind für ihn nachteilig. Vii)^ k
(a)
Effizienzkurve
Ti
0
/\
i^
1
^v
"^i' ^ ^ P
\^ bi
(l+r)Voi
2-Ci
Fi (^i)
Di
Abb. VIII.l: Zur Ermittlung eines vom Standpunkt des Anteilseigners i optimalen Programms (bei quadratischen Nutzenfunktionen) In Abbildung VIII.l ist nur die Effizienzkurve des Anteilseigners i in der Ausgangssituation dargestellt. Wie in Abschnitt 4.1 gezeigt wird, ändert sich bei Durchführung des Projekts die Effizienzkurve gerade so, daß sie im Punkt Pj die entsprechende Indifferenzkurve tangiert, so daß es für den Anteilseigner nicht vorteilhaft ist, seinen Anteil am Marktportefeuille zu ändern. 3)
Aap bezeichnet die Ändening der Standardabweichung des Endwertes des Marktportefeuilles bei Durchführung des Projekts: Aap =Sta(e|p +MIQ)-Sta(MiQ).
206
Kapitel VIII
Wenn das Projekt den Erwartungsnutzen des Anteilseigners i erhöht bzw. verringert, gilt dies zugleich auch für alle anderen Anteilseigner; es besteht Anreizkompatibilität, wie hoch auch immer der Umfang des Projekts im Vergleich zu dem der Gesamtheit aller Investitionen sein mag. Zur Verdeutlichung wird ein Anteilseigner j Q^i) betrachtet, der das s-fache (s^l;s>0) des Wertpapierbestandes des Anteilseigners i halte (Zj=s-Zi). Bei quadratischen Nutzenfunktionen gilt folglich für den Anteilseigner j : (VIIL7)
Dj=sDi.
Die optimale Kombination aus Erwartungswert und Standardabweichung seines Endvermögens in der Ausgangssituation wird durch den Tangentialpunkt Tj in Abbildung VIII.2 charakterisiert. i^
Sta(V,j) io) Effizienzkurve
' * - . -*
Tj^
s-zi-Aap
•tip \ \
^v
0 ' (l + r)-Voj
1 bj 2-Ci
^ w E(V,j) (^i)
Dj = s.Di
Abb. VIII.2: Zur Ermittlung eines vom Standpunkt des Anteilseigners j optimalen Programms (bei quadratischen Nutzenfunktionen) Da die Steigung der Effizienzkurve des Anteilseigners j mit der des Anteilseigners i identisch ist und außerdem die Verbindungsstrecke zwischen dem Tangentialpunkt T und dem Mittelpunkt M jeweils einen rechten Winkel mit der Effizienzkurve bildet, folgt: Das Dreieck AJ,TJ,MJ in Abbildung VIIL2 und das Dreieck ApT^Mj in Abbildung VIII. 1 sind ähnlich', jede Seite des ersten Dreiecks ist das s-fache der entsprechenden Seite des zweiten.
Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
207
Die Durchführung des Projekts mit den charakteristischen Größen |Lip und Aap führt beim Anteilseigner j zu einer Änderung des Erwartungswertes und der Standardabweichung des Endvermögens, die wegen (Zj=s-Zi) ebenfalls smal so groß ist wie beim Anteilseigner i. Folglich ist auch die (nicht eingezeichnete) Strecke PjMj das s-fache der (nicht eingezeichneten) Strecke PjMj. Wenn somit der Punkt Pj in Abbildung VIII. 1 unterhalb der durch den Punkt Tj verlaufenden Indifferenzkurve liegt, gilt das Analoge für den Punkt Pj in Abbildung VIIL2; die relevanten Dreiecke bzw. Indifferenzkurven unterscheiden sich nur durch den Maßstab. Wenn ein Projekt für den Anteilseigner i vorteilhaft ist, gilt dies auch für den Anteilseigner j . Analog besteht auch Einmütigkeit zwischen den anderen Anteilseignem.
4. 4.1.
Implikationen Bedeutung von Marktwerten für die Planung
Wie erläutert wurde, ändert in der BQ- und der NE-Variante des CAPM kein Anteilseigner seinen Wertpapierbestand, wenn bei gegebenem Marktgleichgewicht ein beUebiges Projekt, dessen Überschüsse bisher nicht in den Marktpreisen der Wertpapiere antizipiert worden sind, neu in ein Programm aufgenommen wird. Das bedeutet jedoch nicht, daß die Marktwerte der Wertpapiere konstant bleiben; sie ändem sich gerade so, daß es für jeden Anteilseigner optimal ist, weiterhin den ursprüngUchen Anteil am Marktportefeuille zu halten. Dabei ändem sich alle Effizienzkurven in der Weise, daß für den Anteilseigner i (i=l,2,...,I) die neue Effizienzkurve in demjenigen Punkt Pj die zugehörige Indifferenzkurve tangiert, zu dem das Projekt führt. Zur Verdeutlichimg wird wieder von quadratischen Nutzenfunktionen ausgegangen und die Effizienzkurve des Anteilseigners i im (|Li,a)-Diagramm betrachtet (Abbildung VIII.3); das Analoge gilt für andere Anteilseigner mit einem größeren oder kleineren Anteil am Marktportefeuille. Es sei daran erinnert, daß für jeden Anteilseigner die Effizienzkurve im (|Li,a)-Diagramm dieselbe Steigung Sta(MiQ)/RPQ aufweist. In der Ausgangssituation sei für den Anteilseigner i die Effizienzkurve 1 relevant, wobei seine optimale (|x,a)-Kombination durch den Tangentialpunkt Tj repräsentiert wird. Würde er hier seinen gesamten Wertpapierbestand verkaufen und den Erlös zum Zinssatz r anlegen, so würde er ein sicheres Endvermögen von (l+r)-Voi erzielen. Dies ist der Ausgangspunkt seiner Effizienzkurve in dem zunächst gegebenen Marktgleichgewicht. Auf Grund der Investition erziele der Anteilseigner i die dem Punkt P j entsprechende (|Li,a)-Kombination, sofem er seinen Anteil am Marktportefeuille nicht ändert. Da diese Bedingung erfällt ist, muß nach Investition die (neue) Effizienzkurve im Punkt Pj die zugehörige Indifferenzkurve tangieren (vgl. die Effizienzkurve 2 in Abbildung VIIL3).
208
Kapitel VIII
neue Effizienzkurve 2
Abb. VIII.3: Zum Einfluß einer Investition auf die Steigung der Effizienzkurve und den Vermögenswert des Anteilseigners i zum Zeitpunkt 0 Die neuen Gleichgewichtspreise müssen sich dabei so einstellen, daß wieder jedes individuelle effiziente Portefeuille dieselbe Struktur hat wie das Marktportefeuille, das sämtliche Wertpapiere enthält. Hätte bei den neuen Preisen die (neue) Effizienzkurve 2 eine andere Steigung als in Abbildung VIII.3, so würde sie zwar ebenfalls durch den Punkt P| verlaufen. Jedoch würde sie nun eine Indifferenzkurve tangieren, die unterhalb der durch Pj fährenden Indifferenzkurve verläuft: Wäre die Steigung der neuen Effizienzkurve geringer als die der Effizienzkurve 2, so wäre der Ordinatenwert ihres Tangentialpunktes mit einer Indifferenzkurve höher als der von P|. Dem optimalen Portefeuille würde somit eine Standardabweichung entsprechen, die höher ist als diejenige des Portefeuilles, das dem Punkt P^ entspricht. Dies impliziert, daß der Anteilseigner i seinen Anteil am Marktportefeuille erhöhen würde. Da das Analoge flir alle anderen Anteilseigner gelten würde, kann bei den betreffenden Preisen kein Gleichgewicht vorliegen. Dies ist auch bei Preisen der Fall, bei denen die Effizienzkurve 2 steiler verläuft als die in Abbildung VIII.3. Nun würden alle Anteilseigner ihren Anteil am Marktportefeuille reduzieren wollen. Würde der Anteilseigner i bei der „neuen" Effizienzkurve seinen gesamten Wertpapierbestand verkaufen und den Erlös zum Zinssatz r anlegen, so würde er ein sicheres Endvermögen von (l+r)-Voi erzielen. Im Beispiel der Abbildung VIII.3 gilt (l + r)-Voi >(l + r)-Voi und somit auch VQI > VQI. Entsprechend erzielt der Anteilseigner i durch das Projekt einen Vermögenszuwachs zum Zeitpunkt 0 von VQI - VQ^ . Bei reiner Fremdfinanzierung, reiner Finan-
Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
209
zierung durch Reduktion des im Untemehmen zum Zinssatz r angelegten Betrages oder einer Kombination beider Finanzierungsarten hat das Projekt keinen Einfluß auf die Ausschüttung des Untemehmens zum Zeitpunkt 0. Der Vermögenszuwachs Voi - Voi resultiert dann aus einem Anstieg des Marktwertes MQG des Marktportefeuilles: YQ^
- VQI = Zj • ÄMQG -^^ Die Tatsache, daß das Projekt im Beispiel der Abbildung VIIL3 das Vermögen zum Zeitpunkt 0 des Anteilseigners i sowie aller anderen Anteilseigner erhöht, ist nicht der Grund dafür, daß es für sie vorteilhaft ist. Der Grund ist vielmehr der, daß Pj auf einer Indifferenzkurve mit höherem Nutzenwert liegt als Tp Wandert Pj auf Grund entsprechender Maßnahmen auf derselben Indifferenzkurve nach links unten, so verläuft die Effizienzkurve als Tangente an diese Indifferenzkurve immer steiler. Gleichzeitig bewegt sich ihr Ausgangspunkt auf der Abszisse nach rechts; das Vermögen des Anteilseigners i steigt monoton. Trotzdem sind die betreffenden Maßnahmen für ihn weder vorteilhaft noch nachteilig; er erzielt ebenso wie alle anderen Anteilseigner jeweils denselben Nutzenerwartungswert. (Sein Vermögen kann im übrigen auch dann steigen, wenn eine Investition durchgeführt wird, die seinen Erwartungsnutzen reduziert.) Bewegt sich der Punkt Pj auf derselben Indifferenzkurve nach rechts oben, so verläuft die Effizienzkurve immer flacher. Dabei wandert der Ausgangspunkt der Effizienzkurve auf der Abszisse nach links; der Vermögenswert des Anteilseigners i sinkt. Schließlich sinkt dieser Wert unter den in der Ausgangssituation. Zum Beispiel entspricht dem Punkt Pf in Abbildung VIII. 3 ein Vermögen, das kleiner ist als dasjenige, das Tj entspricht. Trotzdem ist das betreffende Aktionsprogramm gegenüber dem Status quo (Punkt Tj) vorteilhaft; es führt zu einem höheren Erwartungsnutzen für den Anteilseigner i und somit für alle anderen. Es zeigt sich somit, daß das Vermögen eines Anteilseigners zum Zeitpunkt 0 und entsprechend der Marktwert MQG Air die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit riskanter Maßnahmen im Rahmen der BQ-Variante des CAPM letztlich irrelevant ist. Das Gleiche gilt für die NE-Variante. Es existiert jeweils ein Konflikt zwischen subjektiver Nutzenmaximierung und Maximierung des Marktwertes aller Wertpapiere (Reichtumsmaximierung). 4)
Wird das Projekt durch Reduktion der Ausschüttung zum Zeitpunkt 0 finanziert (Selbstfinanzierung), so steigt gegenüber den genannten Finanzierungsarten der Marktwert MQ^ der Aktien des Untemehmens unmittelbar nach Ausschüttung und entsprechend auch MQQ um den einbehaltenen Betrag. Für jeden Anteilseigner ist jedoch die Summe aus seinem Anteil an der Ausschüttung und dem Marktwert seines Portefeuilles nach Ausschüttung unabhängig von der Höhe der Selbstfinanzierung. Folglich ist auch der Ausgangspunkt (1 + r)-Voi der „neuen Effizienzkurve" in Abbildung VIII.3 auf der Abszisse davon unabhängig; die Finanzierung ist aus Sicht jedes Anteilseigners vermögensneutral.
210
Kapitel VIII
4.2.
Informationsbedarf von Anteilseignern
Der Nachweis, daß im Rahmen eines Marktgleichgewichts bei zusätzlichen Investitionen kein Anteilseigner seinen Anteil am Marktportefeuille ändert, beruht auf der Annahme homogener Erwartungen aller Anteilseigner hinsichtlich der Endwerte aller Wertpapiere. Wenn der Entscheidungsträger, der über die Investitionen zu entscheiden hat, am Kapitalmarkt agieren darf, ist er selbst Anteilseigner, so daß die Annahme homogener Erwartungen impliziert, daß die anderen Anteilseigner |Lip und a^ zwangsläufig so beurteilen wie der Entscheidungsträger. Geht man dagegen davon aus, daß der Entscheidungsträger selbst keine Wertpapiere hält, setzt die Annahme homogener Erwartungen nicht voraus, daß die Anteilseigner dieselben Erwartungen hegen wie er. Für die Preisbildung auf dem Kapitalmarkt bei Durchflihrung neuer Projekte sind dann die Erwartungen der Anteilseigner relevant, die grundsätzlich davon abhängen, welche Informationen sie vom Entscheidungsträger erhalten. Sie sind nach wie vor homogen, wenn alle gleichzeitig dieselben Informationen über neue Projekte bekommen und daraus dieselben probabilistischen Rückschlüsse ziehen. Dabei ist es flir die individuellen Anteile der Anteilseigner am Marktportefeuille, nicht aber für die Höhe der Gleichgewichtspreise, irrelevant, ob sie „gut" oder „schlecht" informiert werden.^) Unter der Bedingung, daß alle in derselben Weise informiert werden und dieselben Schlüsse ziehen, erzielt kein Anteilseigner einen Vorteil, wenn überhaupt Informationen gegeben werden. Wenn der Entscheidungsträger dasjenige Programm realisiert, das bei seinem Wahrscheinlichkeitsurteil über die Überschüsse bzw. Projekterfolge den Erwartungsnutzen eines beliebigen Anteilseigners maximiert, so ergibt sich fär jeden Anteilseigner ein Optimum; jeder hätte beim Informationsstand des Entscheidungsträgers als Verantwortlicher die gleiche Entscheidung getroffen.^) Auch wenn die Anteilseigner zum Zeitpunkt 0 überhaupt nicht über die Investitionen informiert werden, erzielen sie entsprechende Vorteile; sie partizipieren am Ende der Periode an deren Überschüssen, auch wenn sie diese in den Marktwerten MQH (n=l,2,...,N) nicht antizipieren.^) 5)
6) 7)
Ist der Entscheidungsträger seinerseits Anteilseigner, so ist die Annahme homogener Erwartungen aller Anteilseigner grundsätzlich nicht erfüllt, wenn er gegenüber den anderen Anteilseignem einen Informationsvorsprung hat. Er kann dann Neuinvestitionen zum Anlaß nahmen, weitere Anteile „seines" Unternehmens zu kaufen oder zu verkaufen. Ein analoges Irrelevanztheorem der Information über die Projekterfolge für den Fall der Einmütigkeit im Rahmen des SPA wird in Kapitel IX, Abschnitt 6, dargestellt. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß die Konsumausgaben der Anteilseigner vor dem Zeitpunkt 1 annahmegemäß ein Datum sind. Die Anteilseigner benötigen somit vor diesem Zeitpunkt auch keine Informationen über neue Projekte, um ihre Konsumentscheidungen revidieren zu können. (Aspekte wie „Neugierde" und „Vorfreude" sind ebenfalls ausgeschlossen.) Es genügt, wenn sie zum Zeitpunkt 1 über den tatsächlich erzielten Residualgewinn informiert werden. Sie können dann ihre Konsum- und Investitionsentscheidungen für die zweite Periode daran anpassen.
Nutzenmaximierung und CAPM-Gleichgewicht
211
Zwar haben Informationen an die Anteilseigner keine Auswirkungen auf deren Wohlfahrt (bzw. Portefeuillebildung), so daß sie für die Anteilseigner wertlos sind. Jedoch können die betreffenden Informationen natürlich deshalb indirekt für die Anteilseigner Bedeutung haben, weil hiervon die Projektentscheidungen des Entscheidungsträgers abhängen; sie sind für die Untemehmensplanung relevant, nicht jedoch als öffentliche Informationen für eine private Anlagestrategie der Anteilseigner. 4.3.
Verallgemeinerung
Das dem CAPM zugrunde liegende (|Li,a)-Prinzip steht nicht nur bei beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilung und quadratischer Nutzenfunktion (BQ-Variante) bzw. bei Normalverteilung und exponentieller Nutzenfunktion (NE-Variante) im Einklang mit dem BERNOULLI-Prinzip. Bei Normalverteilung folgt es immer dann aus dem BERNOULLI-Prinzip, wenn die Nutzenfunktion konkav ist (NB-Variante). Sind die Nutzenfunktionen der Anteilseigner zwar weder quadratisch noch exponentiell, gehören sie jedoch trotzdem zu einem einheitlichen Typ der HARA-Klasse, so ist die pareto-effiziente Risikoteilung ebenfalls hnear. Die im CAPM-Gleichgewicht maßgebliche lineare Teilungsregel für den Endwert Mio des Makrtportefeuilles muß dann pareto-effizient sein, da andernfalls die Möglichkeit bestünde, durch Umverteilung der proportionalen Anteile am Marktportefeuille den Erwartungsnutzen mindestens eines Anteilseigners zu erhöhen, ohne daß der eines anderen sinkt. Mit der betreffenden pareto-effizienten Teilungsregel besteht Anreizkompatibilität. Wegen der ParetoEffizienz der Teilungsregel wird bei Durchführung eines neuen Projekts kein Handel mit Wertpapieren ausgelöst; das Gleichgewicht (die Aufteilung des Marktportefeuilles) bleibt erhalten. Es kann somit das folgende Fazit gezogen werden: Die im Gleichgewicht des CAPM maßgebliche lineare Teilungsregel für Mio ist bei bestimmten Nutzenfunktionen pareto-effizient und somit zugleich auch anreizkompatibel. Zusätzhche Projekte bzw. zusätzliche Informationen über den Endwert des Marktportefeuilles induzieren keine Änderungen der individuellen Anteile am Marktportefeuille. Die Pareto-Effizienz und Anreizkompatibilität bleiben erhalten; Änderungen der individuellen Anteile und Zielkonflikte können sich nur bei veränderlichen Nutzenfunktionen ergeben.
5.
Zielkonflikte in der NB-Variante
Jedoch ist nicht bei allen konkaven Nutzenfunktionen gewährleistet, daß die lineare Risikoteilung im Rahmen eines CAPM-Gleichgewichts pareto-effizient ist. Wie in Kapitel III, Abschnitt 5.3, gezeigt wurde, kann eine lineare Teilungsregel, die das Risiko nicht pareto-effizient teilt, nicht anreizkompatibel im strengen Sinne sein. Mit der Maximierung des Erwartungsnutzens eines Anteilseigners wird dann allenfalls zufällig auch der Erwartungsnutzen jedes
212
Kapitel VIII
anderen maximiert. Wenn Nutzenfunktionen maßgeblich sind, bei denen mit der linearen Teilungsregel das Risiko nicht pareto-effizient geteilt wird, ist außerdem zu erwarten, daß ein Handels-Gleichgewicht („Trading Equilibrium") besteht, d.h. die Anteilseigner ihren Anteil am Marktportefeuille ändern, wenn ein neues Projekt realisiert wird, das in den Kursen bisher nicht antizipiert worden ist. Die entsprechenden Transferzahlungen zwischen Anteilseignem können eine eigenständige Ursache für Zielkonflikte darstellen; da diese Transferzahlungen vom Marktwert MQQ abhängen, gewinnt er nun eigenständige Bedeutung für die Beurteilung der Vorteilhafligkeit eines Projekts für einen Anteilseigner (Kapitel XI, Abschnitt 5). Auch homogene Informationen für die Anteilseigner über ein Investitionsprogramm sind dann nicht mehr irrelevant (Kapitel XI, Abschnitt 5.6).
Ergänzende und vertiefende Literatur: BORCH (1962); DEMSKI (1976); INGERSOLL (1987, S. 217-219); GILLENKIRCH/ VELTHUIS (1997); LAUX (1971a); MOSSIN (1977); RAIFFA (1973); REES (1985a); RUBINSTEIN (1974).
IX.
1.
Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung bei pareto-effizienter Risikoteilung bzw. Spanning^ proportionaler Erfolgsteilung und unveränderlichen Grenznutzenwerten Problemstellung
Wie in Kapitel VIII gezeigt wurde, besteht sowohl bei der BQ-Variante als auch bei der NE-Variante des CAPM im Rahmen eines Kapitalmarktg/e/cAgewichts Einmiitigkeit (Anreizkompatibilität im strengen Sinne). Dabei führt ein zusätzliches Investitionsprojekt direkt zu einem höheren oder niedrigeren finanziellen Erwartungsnutzen für alle Anteilseigner; ein Handel mit Wertpapieren wird nicht ausgelöst. In Kapitel XI wird darauf aufbauend untersucht, unter welcher Bedingung ein Investitionsprojekt den Erwartungsnutzen erhöht, und gezeigt, daß im CAPM die Kriterien der Marktwertmaximierung grundsätzlich nicht mit dieser Bedingung in Einklang stehen. Nun wird in der Literatur Einmütigkeit oft damit begründet, daß bei Maximierung des Marktwertes der Aktien des Untemehmens (individuelle Marktwertmaximierung) in Verbindung mit privaten Kapitalmarkttransaktionen der Anteilseigner der Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners maximiert werde (Abschnitt 2). Dabei wird ein kompetitiver und vollständiger Kapitalmarkt unterstellt, auf dem für alle relevanten Zustände Sg zu unveränderlichen Preisen TCg bedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden können. „Unveränderlich" bedeutet in diesem Zusammenhang, daß die Preise n^ nicht nur unabhängig von den Kapitalmarkttransaktionen eines einzelnen Anteilseigners sind, sondern auch von den durchgeführten Investitionsprojekten und den durch sie induzierten Transaktionen aller Anteilseigner. Wie jedoch in Abschnitt 3 in Erweiterung der Darstellungen von Abschnitt 2 gezeigt wird, ist die Annahme unveränderlicher Preise Tig bei Durchführung zusätzlicher Projekte nicht unproblematisch. Die Problematik wurde bereits für die BQ- und NE-Variante des CAPM deutlich. Hier ändern sich Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche und anderer riskanter Wertpapiere gerade so, daß es für jeden Anteilseigner nachteilig ist, zustandsbedingte Zahlungsansprüche oder andere Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen; der mögliche private Handel mit Zahlungsansprüchen kann dann nicht zur Rechtfertigung der Marktwertmaximierung bzw. zur Begründung von Einmütigkeit herangezogen werden. Wie im folgenden verdeutlicht wird, ist im Rahmen des State Preference Ansatzes (SPA) die Annahme unveränderhcher Preise n^ für zustandsbedingte Zahlungsansprüche immer dann begründungsbedürftig, wenn die Anteilseigner streng konkave zustandsabhängige oder zustandsunabhängige Nutzen-
214
Kapitel IX
fimktionen haben. In Abschnitt 4 wird gezeigt, daß sich diese Preise jedoch dann nicht ändem, wenn bei Durchführung eines zusätzlichen Projekts die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte der Anteilseigner nicht (wie im Rahmen der Bewertungsflmktionen des CAPM, Kapitel XI) veränderlich sind, sondern praktisch konstant bleiben. Das Projekt bewirkt dann direkt, daß der Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners steigt bzw. sinkt, sofern der Projekterfolg proportional geteilt und der Kapitalmarkt vollständig ist, also das Risiko im Kapitalmarktgleichgewicht pareto-effizient geteilt wird. Obwohl bei unveränderlichen Grenznutzenwerten kein Handel mit Wertpapieren stattfindet, steht hierbei Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung; wenn der Marktwert eines Projekts bei den gegebenen Preisen n^ positiv (negativ) ist, besteht Einmütigkeit aller Anteilseigner für (gegen) das Projekt. In Abschnitt 5 wird untersucht, inwieweit die Voraussetzungen der in den Abschnitten 2 und 4 diskutierten Konzepte der Begründung der Kompatibilität von Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung einander entsprechen. In Abschnitt 6 wird die Bedeutung von Informationen für die Begründung von Einmütigkeit erläutert. In Abschnitt 7 wird gezeigt, daß bei unveränderlichen (zustandsabhängigen) Grenznutzenwerten Marktwertmaximierung auch dann im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung steht, wenn der Kapitalmarkt zwar unvollständig ist, jedoch die Menge der mögUchen Investitionen derart begrenzt ist, daß trotz der UnvoUständigkeit des Kapitalmarktes die ..Spanning-Bedingung" erfüllt ist, d.h. vor Durchführung jedes mögüchen Projekts ein Wertpapierportefeuille gebildet werden kann, dessen Endwert in jedem Zustand Sg ebenso hoch ist wie der Überschuß dieses Projekts. Wie im Abschnitt 4 führt das Projekt bei positivem Marktwert direkt dazu, daß der Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners steigt; ein Handel mit Wertpapieren wird wieder nicht ausgelöst. Die Darstellungen im vorliegenden Kapitel zur Kompatibilität von Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung sowie zur Bewertung neuer Projekte unter der Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte stellen in dem folgenden Sinn eine strenge oder totale Gleichgewichtsanalyse dar: In der Ausgangssituation (d.h. vor Durchführung neuer Projekte) ist ein Gleichgewicht vorhanden (das sich im Verlauf der betrachteten Periode nicht ändert). Außerdem sind bei Durchführung eines zusätzlichen Projekts die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte quasi unveränderlich, so daß das Gleichgewicht erhalten bleibt. Wenn in der Ausgangssituation kein Gleichgewicht existiert, kann sich die Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte als wesentlich problematischer erweisen. Auch marginale Änderungen der Grenznutzenwerte bzw. der Preise Tig bei Durchführung eines zusätzhchen Projekts können einen Einfluß auf die Marktwerte der Wertpapiere haben, der bei einem Übergang in ein neues Gleichgewicht (allgemein: bei Portefeuilleumschichtungen) für die Bewertung des Projekts relevant ist und einen Konflikt zwischen Anteilseignem bzw. zwischen Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung auslöst. Dies wird
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
215
in Kapitel XI, Abschnitt 5, für das CAPM nachgewiesen. Die Darstellungen gelten jedoch allgemein, nicht nur für das CAPM.
2.
Kompatibilität bei Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu unveränderlichen Preisen n^
2.1.
Vorüberlegung: Maximierung des Marktwertes des privaten Vermögens eines einzelnen Investors
Im Rahmen des SPA haben einzelne Investitionen bzw. Investitionsprogramme keinen relevanten Einfluß auf die Wahrscheinlichkeitsverteilung bezüglich der (Umwelt-) Zustände. Außerdem kann ein einzelner Investor (Anteilseigner) auf dem Kapitalmarkt zu gegebenen Preisen n^ (s=l,2,...,S) zustandsbedingte Zahlungsansprüche kaufen und verkaufen. (Genauer: Der Einfluß seiner Kapitalmarkttransaktionen auf die Preise ist vemachlässigbar gering.) Dies impliziert, daß der einzelne Investor allenfalls in geringem Umfang Kapitalmarkttransaktionen vomimmt. Solche Transaktionen haben für sich gesehen keinen Einfluß auf den Marktwert MVo seines Vermögens zum Zeitpunkt 0, fiir den gilt: (K.1)
MVo=l7is.Vi3. s=l
Vjs bezeichnet das Endvermögen des Investors im Zustand Sg. Er kann selbst den Marktwert MVQ nur erhöhen, indem er privat (Real-)Investitionsprojekte durchführt, deren Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung positiv ist. Im folgenden wird gezeigt, daß die Maximierung des Marktwertes MVQ im Einklang steht mit der Maximierung des Erwartungsnutzens des Investors, sofem seine Investitionen keinen Einfluß auf die Preise n^ (s=l,2,...,S)haben.l) Es wird zunächst davon ausgegangen, daß nur zwei Zustände (Sj und S2) relevant sind. Der Investor kann nicht nur direkt mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen für die Zustände Sj und S2 handeln, sondern auch mit anderen Wertpapieren. Darüber hinaus kann er - wie in dieser Arbeit üblich - zum risikolosen Zinssatz r Geld anlegen und aufiiehmen. Jedoch soll hier nur der direkte Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen explizit betrachtet werden. Der Handel mit anderen riskanten Wertpapieren sowie die Anlage und Aufnahme von Kapital zum risikolosen Zinssatz r können als Kauf bzw. Verkauf eines entsprechenden „Bündels" zustandsbedingter Zahlungsansprüche interpretiert werden. 1)
Vgl. hierzu BREUER (1997a; 1998, S. 45ff.; 2001, S. 156ff.); DEANGELO (1981); EWERT/ WAGENHOFER (2003, S. 239ff.); FRANKE/HAX (2004, S. 329ff.); GROSSMAN/STIGLITZ (1977); RUBINSTEIN (1974); HACHMEISTER (1995, S. llff); SCHMIDT/TERBERGER
(1997, S. 56f.); WILHELM (1983b).
216
Kapitel IX
In der Ausgangssituation sei fär den Investor diejenige Marktwertgerade relevant, die in Abbildung IX. 1 links unten verläuft. In Kapitel VI, Abschnitt 2.2.1, wurde gezeigt, wie sie ermittelt werden kann. (Jede mögliche Marktwertgerade hat die Steigung -7x2/711.) 4Vu (Zustand Si) Steigung
V12 (Zustand S2)
Abb. IX.1: Konformität von Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung bei unveränderlichen Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche Für den Investor ist zunächst diejenige (Vii,Vi2)-Kombination optimal, die dem Tangentialpunkt Tj dieser Marktwertgeraden mit einer Indifferenzkurve entspricht. Nun bietet sich dem Investor privat ein Investitionsprojekt zur Durchführung an, dessen Anschaffungsauszahlung Aop beträgt und das zum Zeitpunkt 1 den Uberschuß e^p ^ (ejp 2) erbringt, sofern der Zustand Sj (S2) eintritt. Bei unveränderlichen Preisen n^ beträgt der Marktwert MQP dieses Projekts unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung (der Kapitalwert des Projekts): (IX.2)
Mop = eipj -TCi + eip^2 '^2 " Aop •
Wegen 7Ci+7r2 = (l+r)"l oder (7ii+7C2)-(l+r) = l kann (IX.2) wie folgt dargestellt werden:
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
(IX.3)
217
Mop=eip^i-7ri+eip^2-^2"Aop-(7Ci+7i2)-(l + r) = ^ r h p , l - ( l + 0'Aop] + 7r2-[eip^2-(l + ^')'Aop]. ^Gpi
=Gp2
Der Marktwert Mop ist somit gleich der Summe der mit den Preisen n^ gewichteten möglichen Residualgewinne. Dabei gibt der Residualgewinn Gpj (Gp2) an, wie weit bei Durchführung des Projekts das Endvermögen des hivestors steigt, sofem der Zustand Sj (S2) eintritt. Das Projekt ist offensichtHch dann vorteilhaft, wenn mindestens ein mögHcher Residualgewinn positiv und der andere nicht negativ ist; es ist nachteilig, wenn mindestens ein Residualgewinn negativ ist und der andere nicht positiv ist. hn folgenden soll daher nur der Fall betrachtet werden, daß einer der Residualgewinne positiv und der andere negativ ist. Es sei Gpi >0 und Gp2<0 (vgl. Abbildung DC.l). Gemäß (K.3) gilt dann als VorteiHgkeitsbedingung: (K.4)
MOP>0,
wenn — ^ < - - ^
^
G pp2 2
^l
Der Marktwert des Projekts ist dann positiv, wenn das Verhältnis Gpi/Gp2 kleiner ist als die Steigung der Marktwertgeraden. Wegen Gp2<0 kann die Bedingung (K.4) auch wie folgt dargestellt werden: Gpl
^ < |Gp2l
TC2
1
^l
bzw. —^—> ^ |Gp2| TTi
Gpi
TC2
Das Verhältnis aus Gewinn Gpjund Verlust |Gp2l muß also höher sein als der Betrag der Steigung der Marktwertgeraden.^) Bei positivem Marktwert steigt mit der Durchführung des Projekts der Marktwert des Endvermögens des Investors zum Zeitpunkt 0 um Mop>0, so daß er einen Punkt auf einer „höheren" Marktwertgeraden erreicht, hn Beispiel der Abbildung DC.l wird die neue Position durch Pj charakterisiert. Obwohl der Marktwert des Projekts positiv ist, ist mit P^ ein niedrigerer Erwartungsnutzen verbunden als mit dem Ausgangspunkt Tj. Damit scheint ein Widerspruch zwischen dem Marktwertkriterium und den durch die Indifferenzkurven dargestellten subjektiven Präferenzen des Investors zu bestehen. Dieser Widerspruch löst sich jedoch auf, wenn berücksichtigt wird, daß er das durch die Investition aufgebürdete Risiko hedgen kann. Annahmegemäß kann er ausgehend von der Position Pj durch Kaufund Verkauf zustandsbedingter Ansprüche beliebige andere Positionen mit dem gleichen Marktwert erzielen. 2)
Für Gpi < Ound Gp2 > 0 muß gelten:
Gp2
^i
218
Kapitel IX
Im Beispiel der Abbildung IX. 1 kauft (verkauft) er Ansprüche auf den Zustand S2 (Sj), so daß er den Tangentialpunkt T2 erreicht, dem ein höherer Erwartungsnutzen als dem Tangentialpunkt Tj entspricht; die neue Verteilung dominiert die alte. Besteht die Wahl zwischen zwei einander ausschließenden Projekten, so ist stets jenes mit dem höheren positiven Marktwert optimal. Die Marktwertmaximierang steht somit bei beliebigen Projektüberschüssen im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierang, sofern auf dem Markt beliebige Zahlungsansprüche zu unveränderlichen Preisen gekauft und verkauft werden können. Unter dieser Voraussetzung löst sich der Widersprach zwischen Marktwert- und Nutzenmaximierang auf Wenn allerdings der Investor auf Grand von Marktzugangsbeschränkungen nicht in der Lage ist, ausgehend von Pj eine Position auf der durch Tj verlaufenden Indifferenzkurve oder einer Indifferenzkurve rechts oberhalb zu erreichen, ist das Projekt trotz eines positiven Marktwertes fiir ihn nachteilig. Es ist von grandlegender Bedeutung, daß bei der Ermittlung von Marktwerten die Eintrittswahrscheinlichkeiten fiir die Zustände aus Sicht des Investors nicht explizit berücksichtigt werden, sondem nur die Preise TCg (die allerdings von den Wahrscheinlichkeitsvorstellungen aller Akteure auf dem Kapitalmarkt abhängen). Beim Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zur Erreichung des subjektiven Nutzenmaximums wird diesen Wahrscheinlichkeiten jedoch Rechnung getragen; sie beeinflussen (analog zu den Darstellungen in Kapitel H, Abschnitt 6.1.1) die Steigungen der Indifferenzkurven. Zur Rechtfertigung des Ziels der Marktwertmaximierang fiir mehr als zwei Zustände wird von der Fiktion ausgegangen, daß der Investor bei Durchflihrang des Projekts zum Zeitpunkt 0 zustandsbedingte Zahlungsansprüche in Höhe des jeweiligen Residualgewinns des Projekts verkauft. Da solche Ansprüche (zurück-) gekauft werden können, ist mit dem Verkauf kein Nachteil verbunden. Das Projekt ist vorteilhaft, wenn der Verkaufserlös positiv ist, also
s (K.5)
s
S^s-Gps=2:7r3.[eip,3-(l + r).Aop]>0 s=l
s=l
gilt. Mit diesem Betrag kann der Investor zustandsbedingte Zahlungsansprüche erwerben, so daß sich eine Wahrscheinlichkeitsverteilung über sein Endvermögen ergibt, die jene in der Ausgangssituation (d.h. vor dem Projekt) dominiert. Die Vorteilhaftigkeitsbedingung kann auch wie folgt dargestellt werden: S
(IX.6)
S
S
E7rs-Gps=X^s-[eip,s-(l + r)-Aop]=E^s-eip,s-Aop>0. s=l
s=l
s=l
Kriterium der Vorteilhaftigkeit des Projekts beim Ziel subjektiver Nutzenmaximierung
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
219
Das Projekt erhöht somit den Erwartungsnutzen, wenn der Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung/705zY/v ist. Von zwei oder mehr einander ausschließenden Investitionsprojekten ist dasjenige mit dem höchsten positiven Marktwert optimal.^) 2.2.
Maximierung des Marktwertes der Aktien des Unternehmens
Hält der hivestor Aktien eines Unternehmens, so ist der Marktwert dieser Aktien zum Zeitpunkt 0 Bestandteil des Marktwertes seines Vermögens gemäß (IX. 1), wobei sein Endvermögen Vjg vom Endwert dieser Aktien im Zustand Sg abhängt. Der Marktwert seines Vermögens zum Zeitpunkt 0 kann dann auch erhöht werden, indem er zwar nicht privat Investitionsprojekte mit positivem Kapitalwert durchführt, sondem das Untemehmen. Hält der Investor als Anteilseigner den Anteil z>0 der Aktien des Unternehmens, so ändert sich bei Durchführung eines Projekts der Marktwert seines Vermögens um den mit z gewichteten Marktwert des Projekts unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung (d. h. um den mit z gewichteten Marktwert des Projektgewinns). Bei unveränderlichen Preisen n^ (s=l,2,...,S) steigt in Verbindung mit den in Abschnitt 2.1 beschriebenen Kapitalmarkttransaktionen der Erwartungsnutzen des Anteilseigners, wenn der Marktwert des Projekts positiv ist. Der Erwartungsnutzen wird maximiert, indem der Marktwert der Aktien des Untemehmens (vor Ausschüttung) maximiert wird; das Marktwertkriterium steht auch hier in Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Um spätere Vergleiche zu erleichtem, wird dieser Zusammenhang mit Hilfe von Abbildung IX.2 verdeutlicht. Dabei bezeichnet nun Tj die riskante Vermögensposition des Anteilseigners vor Durchführung des Projekts. Bei Durchführung des Projekts ändert sich sein Endvermögen im Zustand Si um z-Gpi und im Zustand S2 um z-Gp2, wobei er wieder eine Position Pj auf einer höheren Marktwertgeraden erreicht.^) In Verbindung mit dem Kauf bzw. Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche erzielt er denjenigen Erwartungsnutzen, der dem Tangentialpunkt T2 entspricht.^) Analog zu den Darstellungen in Abschnitt 2.1 ist das Projekt für den Anteilseigner allgemein vorteilhaft, wenn 3)
4) 5)
Es wurde vereinfachend davon ausgegangen, daß die Konsumausgabe zum Zeitpunkt 0 ein Datum ist. Wird diese Annahme aufgehoben, so steht nach wie vor Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Das Programm mir dem maximalen Marktwert ermöglicht simultan eine dominante Verteilung bezüglich der sicheren Konsumausgabe zum Zeitpunkt 0 und des ungewissen Endvermögens. Es wird vorausgesetzt, daß das Projekt keinen Einfluß auf die Überschüsse jener Unternehmen hat, an denen der betrachtete Anteilseigner sonst noch beteiligt ist. Die Darstellung impliziert, daß das Projekt keinen Einfluß auf die Indifferenzkurven hat. Es werden zum Beispiel bei Durchführung des Projekts keine neuen Produkte hergestellt, die die Nutzenfunktionen des Anteilseigners bezüglich seines Endvermögens ändern.
220
Kapitel IX
S S E7is-z.Gps = z.i:7i3.[eip,3-(l + r).Aop]>0 s=l s=l gilt. Wegen z>0 kann (DC.7) in die Vorteilhaftigkeitsbedingung (DC.6) überfährt werden; das Projekt erhöht den Erwartungsnutzen des Anteilseigners genau dann, wenn sein Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung positiv ist. (IX.7)
(Zustand Si) 712
Steigung- —
Vl2 (Zustand S2)
Abb. IX.2: Konformität von Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung bei unveränderlichen Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche Der Erwartungsnutzen des betrachteten Anteilseigners wird maximiert, indem das Investitionsprogramm mit dem höchsten positiven Marktwert realisiert wird. Das Analoge gilt für jeden anderen Anteilseigner mit einem positiven Bestand an Aktien des Unternehmens. Es besteht somit Einmütigkeit zwischen den betreffenden Anteilseignem. Die Argumentation setzt allerdings voraus, daß alle Anteilseigner über die zustandsabhängigen Erfolge informiert werden, damit sie die maßgeblichen Kapitalmarkttransaktionen überhaupt durchführen können (Informationsprämisse). Dann steigt der Marktwert der Aktien des Unternehmens um den Marktwert des Investitionsprojekts bzw. Investitionsprogramms.
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
221
Hält ein „Anteilseigner" auf Grund eines Leerverkaufs ^) einen Anteil z<0 an den Aktien des Unternehmens, so ist aus seiner Sicht ist das Projekt vorteilhaft, wenn sein Kapitalwert Mop negativ ist. Im Fall Mop>0 sinkt bei Durchflihrung des Projekts der Marktwert des Portefeuilles des Leerverkäufers um |z|-Mop, so daß er einen Punkt auf einer „niedrigeren" Marktwertgeraden erreicht. Es besteht ein Konflikt zwischen Leerverkäufem und den Anteilseignem mit positivem Bestand an Aktien des Untemehmens. Bei den nachfolgenden Darstellungen wird von Leerverkäufen grundsätzlich abgesehen. Jedoch sind Leerverkäufe nicht die einzige Ursache für Zielkonflikte zwischen Anteilseignem. Sie können sich, analog zu den Darstellungen in Kapitel DI, Abschnitt 6.4, je nach den erwogenen Projekttypen immer dann ergeben, wenn die Erfolge bzw. Überschüsse nicht streng proportional zwischen den Anteilseignem geteilt werden, es also zum Beispiel Vorzugsaktionäre gibt, die in anderer Weise am Untemehmensrisiko partizipieren als die Stammaktionäre (Kapitel X, Abschnitt 3.2.1). Existiert ein Markt für zustandsbedingte Zahlungsansprüche und haben die realisierten Projekte keinen Einfluß auf die Preise n^, so kann bei proportionaler Teilung ein fiir alle Anteilseigner optimales Investitionsprogramm ermittelt werden, ohne ihre Risikoeinstellung (und WahrscheinHchkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände) exphzit zu berücksichtigen („risikopräferenzfi-eie" Bewertung). Ausgehend von diesem Programm kann dann jeder Anteilseigner durch Kaufund Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche die entsprechende optimale Wahrscheinlichkeitsverteilung über sein Endvermögen realisieren, wobei erst dann die individuellen Nutzenfiinktionen (und Wahrscheinlichkeitsvorstellungen) exphzit in die Kalküle der Anteilseigner einzubeziehen sind. Es besteht nicht nur Separierbarkeit zwischen den marktwertorientierten Investitionsentscheidungen im Untemehmen einerseits und den der subjektiven Nutzenmaximierung dienenden Transaktionen der Anteilseigner auf dem Kapitalmarkt andererseits, sondem auch bezüglich der Entscheidungen über verschiedene Investitionsprojekte im Untemehmen. Voraussetzung ist allerdings, daß weder Erfolgs- noch Restriktionsverbund zwischen den Projekten besteht. Der (Markt-) Wert eines einzelnen Projekts ist dann unabhängig davon, welche Projekte sonst noch durchgeführt werden. Eine Simultanplanung erübrigt sich; einerseits muß nicht explizit einem Risikoverbund Rechnung getragen werden, andererseits gibt es keinen Bewertungsverbund (bezüglich der neuen Projekte). Bei Fehlen von Verbundeffekten bestehen ideale Bedingungen fiir die Wahl eines dezentralen Entscheidungssystems im Untemehmen. 6)
Die Möglichkeit des Leerverkaufs ist Voraussetzung dafür, daß im vollständigen Kapitalmarkt das Risiko in jedem Fall pareto-effizient geteilt werden kann. Mit Leerverkäufen ist im Kapitalmarktgleichgewicht vor allem dann zu rechnen, wenn die Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Anteilseigner bezüglich der Zustände Sg und/oder ihre (zustandsabhängigen) Nutzenfunktionen sehr heterogen sind. (Im Rahmen eines CAPM-Gleichgewichts werden keine Leerverkäufe vorgenommen; jeder Anteilseigner hält einen positiven Anteil am Marktportefeuille.)
222
Kapitel IX
2.3.
„Competitivity" und „Spanning" als Grundbedingungen der Anreizkompatibilität
Die Darstellungen in den Abschnitten 2.1 und 2.2 setzen voraus, daß das erwogene Projekt oder Livestitionsprogramm keinen oder zumindest keinen wahrgenommenen Einfluß auf die Preise zustandsbedingter Zahlungsansprüche hat und daß ein vollständiger Kapitalmarkt existiert, also für alle relevanten Zustände direkt oder indirekt Zahlungsansprüche gehandelt werden können. Die Annahme, daß ein zusätzliches Projekt keinen wahrgenommenen Einfluß auf die Preise zustandsbedingter Ansprüche hat, wird als ,,Competitivity Assumption'' bezeichnet (GROSSMAN/STIGLITZ, 1977, S. 397; DEANGELO, 1981, S. 22); der Kapitalmarkt ist „kompetitiv". Wenn für alle entscheidungsrelevanten Zustände Sg (s=l,2,...,S) bedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden können, können die möglichen Überschüsse, die mit einem beliebigen Projekt am Ende der Periode erzielt werden, durch Kauf und Verkauf bereits vorhandener Wertpapiere rekonstruiert werden: Es kann mit diesen Wertpapieren ein Portefeuille gebildet werden, dessen Endwert in jedem möglichen Zustand Sg (s=l,2,...,S) mit dem Projektüberschuß eip s übereinstimmt; der Projektüberschuß ist durch Transaktionen auf dem Kapitalmarkt dupUzierbar. Die MögUchkeit, die Überschüsse aller in einem Untemehmen durchführbaren Projekte durch Transaktionen auf dem Kapitalmarkt zu duplizieren, wird als ,,Spanning Property'' bezeichnet (GROSSMAN/STIGLITZ, 1977, S. 390; MOSSIN, 1977, S. 128). Die erwogenen Projekte mit den von ihnen verursachten möglichen Überschüssen werden dann gewissermaßen durch die bereits am Kapitalmarkt gehandelten Zahlungsströme „aufgespannt" (WILHELM, 1983; BREUER, 1997, S. 224). Im vollständigem Kapitalmarkt ist die Spanning-Bedingung immer erfüllt, es besteht universelle Duplizierbarkeit. Ist die Klasse der möglichen Investitionsprojekte beschränkt^ so kann die Spanning Property aber auch bei unvollständigem Kapitalmarkt erfällt sein. (Die Vollständigkeit des Kapitalmarktes ist somit eine hinreichende, keine notwendige Bedingung für Spanning.) Ist zusätzlich zur Spanning-Bedingung auch die Competitivity-Bedingung erfüllt - hat also das Projekt keinen Einfluß auf die Marktwerte projektunabhängiger Wertpapiere - so steht auch im unvollständigen Kapitalmarkt Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Dies läßt sich allgemein wie folgt begründen: Mit einem zusätzlichen Investitionsprojekt wird einem Anteilseigner ein zusätzliches Risiko aufgebürdet. Wenn dieses für ihn unerwünscht ist, kann er unter der Spanning-Voraussetzung ein Portefeuille bilden, das seinen Anteil am (Residual-) Gewinn des Projekts dupliziert, und dieses leerverkaufen (er nimmt damit einen perfekten Hedge seines Erfolgsanteils vor). Wenn der Marktwert des Projekts (unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung) positiv ist, erzielt er einen positiven Erlös, den er entsprechend seiner Risikoeinstellung optimal am Kapitalmarkt reinvestieren kann; sein Erwartungsnutzen steigt.
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
223
Im Vordergrund der folgenden Darstellungen steht zunächst wieder der vollständige Kapitalmarkt. Auf die Bedeutung der Spanning-Bedingung bei unvollständigem Kapitalmarkt kommen wir in Abschnitt 7 zurück.
3.
Problematik der Annahme eines Handels zu unveränderlichen Preisen n^
Wie gezeigt wurde, steht bei vollständigem Kapitalmarkt die Orientierung am Marktwertkriterium generell im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung, sofern sich die Preise n^ bei Durchführung der Projekte nicht ändern. Damit sollte jedoch eine Rechtfertigung des Ziels der Marktwertmaximierung nicht enden; die Bedingung unveränderlicher Preise bedarf ihrerseits einer theoretischen Begründung. Wird wie in Abschnitt 2.1 davon ausgegangen, daß ein einzelner privater Investor ein Investitionsprojekt erwägt, kann die Bedingung unveränderlicher Preise damit gerechtfertigt werden, daß im Rahmen des State Preference Ansatzes annahmegemäß ein einzelner Investor (Anteilseigner) auf dem Kapitalmarkt praktisch keinen Einfluß auf die Preise TCg hat, was wiederum voraussetzt, daß das Projekt und die entsprechenden Kapitalmarkttransaktionen des Investors einen relativ geringen „Umfang" haben. Wird jedoch davon ausgegangen, daß in einem Untemehmen mit großer Zahl von Anteilseignem ein entsprechend umfangreiches Investitionsprojekt durchgeführt wird, wird es schwieriger, die Hypothese unveränderUcher Preise n^ zu begründen. Zur VerdeutUchung werden die Abbildungen IX. 1 und IX.2 einander gegenübergestellt. Für das betrachtete Individuum seien hierbei dieselben zustandsabhängigen Vermögensänderungen relevant, unabhängig davon, ob er als „Investor" ein kleines Projekt (das die Preise Tig nicht verändert) privat durchfuhrt (Abbildung IX. 1) oder als „Anteilseigner" am Erfolg eines umfangreichen Projekts beteiügt ist, das in einem Untemehmen durchgeführt wird (Abbildung IX.2). Würden mit der untemehmerischen Investition nur bei diesem Anteilseigner Kapitalmarkttransaktionen ausgelöst werden, so wäre die Annahme unveränderUcher Preise ebenso gerechtfertigt wie wenn er eine entsprechend „kleine" Investition privat durchführt. Nun sind aber zahlreiche Anteilseigner am Projekterfolg beteiUgt, die jeweils die in Abschnitt 2.2 beschriebenen Kapitalmarkttransaktionen vomehmen wollen. Die Gesamtheit dieser Kapitalmarkttransaktionen kann durchaus ins Gewicht fallen. Die Bedingung unveränderlicher Preise Tig kann nur in der Weise sinnvoll analysiert werden, daß die Reaktionen aller Anteilseigner berücksichtigt werden. Gerade die Berücksichtigung dieser Reaktionen zeigt, daß die Bedingung unveränderUcher Preise zum Beispiel im Rahmen der BQ- und der NE-Variante des CAPM eindeutig verletzt ist (Kapitel Vin und XI, Abschnitt 6). Wenn ausgehend von einem Kapitalmarktgleichgewicht ein neues Projekt durchgeführt wird, ändem sich hier die Preise derart, daß das Gleichgewicht erhalten bleibt
224
Kapitel IX
(Nichthandels-Gleichgewicht). Dies gilt nicht nur bei quadratischen und exponentiellen Nutzenfimktionen, sondern allgemein bei Nutzenfunktionen der HARA-Klasse: Die lineare Aufteilung des Marktportefeuilles ist dann bei (den im CAPM angenommenen) homogenen Er^artangQnpareto-effizient, so daß Änderungen dieser Erwartungen ein gegebenes Gleichgewicht nicht beeinflussen. Falls bei den neuen Preisen irgend ein Anteilseigner Wertpapiere kaufen oder verkaufen will, gilt dies im CAPM auch für jeden anderen, so daß diese Preise keine Gleichgewichtspreise sein können: Die Preise aller riskanten Wertpapiere ändern sich mit dem Projekt in der Weise, daß es ßXr jeden Anteilseigner nachteilig ist, solche zu kaufen oder zu verkaufen. Entsprechend ist der Argumentation, jeder Anteilseigner könne ausgehend von der durch ein neues Projekt mit positivem Marktwert erreichten Position durch Handel mit zustandsbedingten Ansprüchen eine Position erreichen, deren Erwartungsnutzen höher ist als der in der Ausgangssituation, die theoretische Basis entzogen. Dabei ist es im übrigen vöUig irrelevant, wie stark sich die Preise n^ ändern. ^) Zur graphischen Verdeutlichung (Abbildung DC.3) wird davon ausgegangen, daß nur zwei Zustände möglich sind (S = 2):^) Wird ausgehend von einem Kapitalmarktgleichgewicht ein neues Projekt durchgeführt, so ändert sich die Steigung der Marktwertgerade derart, daß es für jeden Anteilseigner nachteilig ist, zustandsbedingte Zahlungsansprüche zu kaufen oder zu verkaufen. Der in Abschnitt 2.2 für zwei Zustände geführte anschauliche Beweis der Kompatibilität von Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung wird dann bedeutungslos; es besteht ein Konflikt zwischen beiden Zielfunktionen. In der Ausgangssituation sei die (Vii,Vi2)-Position des betrachteten Anteilseigners durch den Tangentialpunkt Tj in Abbildung DC.3 charakterisiert.
')
8)
Die Äquivalenz von individueller Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung für das CAPM in Verbindung mit einem Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen versucht zum Beispiel auch NEUS (1989, S.lSOff.) zu beweisen. Dabei geht er von exponentiellen Nutzenfunktionen und Normalverteilungen (also von der NE-Variante des CAPM) aus. Die grundlegende Problematik des „Beweises" besteht darin, daß (auch) unter diesen Voraussetzungen gar kein Handel mit Wertpapieren ausgelöst wird, wenn ausgehend von einem Marktgleichgewicht ein zusätzliches Projekt durchgeführt wird. Die Anteile der Anteilseigner am Marktportefeuille hängen allein von ihren Risikoaversionskoeffizienten ab, die bei exponentiellen Nutzenfunktionen vom Umfang zusätzlicher Investitionsprojekte unabhängig sind (konstante absolute Risikoaversion). Bevor man Argumente bzw. Annahmen in einem Modellrahmen verwendet, sollte man prüfen, ob diese damit überhaupt in Einklang stehen. Darauf kommen wir in Kapitel XI zurück, in dem potentielle Konflikte zwischen dem Ziel individueller Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung untersucht und deren Ursachen erklärt werden. Da dann keine Normalverteilungen gegeben sein können, ist hier die BQ-Variante des CAPM maßgeblich, die für beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen und mithin auch für den Fall nur zweier Zustände gilt.
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
225
(Zustand Si)
Vi2 (Zustand S2)
Abb. IX.3: Konflikt zwischen Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung bei veränderlichen Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche Das erwogene Projekt hat bei den bisherigen Preisen n^ (s=l,2) einen positiven Marktwert, wobei der Anteilseigner mit dem Projekt die Position Pj erreicht. Würden die Preise n^ (s=l,2) konstant bleiben, so könnte er durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen den Tangentialpunkt T2 und folglich einen höheren Erwartungsnutzen erzielen. Jedoch bleiben die Preise nicht konstant; sie ändern sich so, daß die durch P^ verlaufende Lidifferenzkurve in P^ eine neue Marktwertgerade tangiert. Ausgehend von diesem Punkt fahrt die Bewegung entlang der neuen Marktwertgeraden nach links oben oder nach rechts unten zu Indifferenzkurven mit niedrigerem Erwartungsnutzen: Der Anteilseigner erzielt mit dem Projekt einen Erwartungsnutzen, der geringer ist als der in der Ausgangssituation. Der Erwartungsnutzen würde durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen sogar noch weiter verringert werden.^) Analog erzielen auch die anderen Anteilseigner einen Nachteil, wenn das Projekt durchgeflihrt wird. 9)
Man kann sich wieder vorstellen, daß ein Auktionator die neuen Gleichgewichtspreise wie folgt bestimmt: Er legt ein vorläufiges Preissystem fest und nimmt Kauf- und Verkaufsaufträge entgegen. Wenn bei diesen Preisen irgend ein Anteilseigner Wertpapiere anbietet bzw. nachfragt, so ist dies auch für alle anderen Anteilseigner der Fall, da die
226
Kapitel IX
Gegen die obige Argumentation könnte eingewendet werden, daß ein einzelner Anteilseigner annahmegemäß gar keinen Einfluß auf die Gleichgewichtspreise habe. Die Preisänderungen resultieren jedoch nicht aus der Reaktion eines einzelnen Anteilseigners, sondern aus den Reaktionen aller. Wenn bei gegebenen Preisen ein Anteilseigner die Struktur seines Portefeuilles ändern möchte, gilt dies in gleicher Weise auch für alle anderen, hn Gleichgewicht haben alle Anteilseigner einen bestimmten Anteil am Marktportefeuille; das Projekt führt nicht dazu, daß irgendein Anteilseigner seinen Marktanteil verändert. Die Annahme unveränderlicher Preise Tig ist auch dann problematisch, wenn die Nutzenfunktionen der Anteilseigner nicht quadratisch sind. Zunächst wird der Fall betrachtet, daß alle Livestoren dieselbe Nutzenfunktion und dasselbe Ausgangsvermögen haben und den Zuständen dieselben Wahrscheinlichkeiten zuordnen, so daß alle im Kapitalmarktgleichgewicht dasselbe Portefeuille halten. (Ihre Lidifferenzkurven sind identisch.) Dann gilt für alle Livestoren, was für einen beliebigen hivestor gilt: Ergibt sich für diesen „repräsentativen" Investor bei Durchführung des Projekts eine Position auf einer Lidifferenzkurve mit niedrigerem Nutzenerwartungswert, so kann er durch Kauf bzw. Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche seine Position nicht verbessern. Würde er kaufen oder verkaufen, so müßte das Umgekehrte für mindestens einen anderen Anteilseigner gelten. Dies ist aber nicht der Fall: Alle anderen Anteilseigner wollen dieselben Ansprüche kaufen und dieselben verkaufen wie der repräsentative. Bei „identischen" Livestoren werden sich die Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche gerade so ändem, daß kein Anteilseigner die durch das Projekt bewirkte Position im Lidifferenzkurvensystem durch Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche ändert. Die Annahme unveränderhcher Preise n^ ist bei konvexen Lidifferenzkurven auch dann problematisch, wenn kein repräsentativer Livestor existiert. Zur Erläuterung wird wieder Abbildung DC.3 betrachtet. Li der Ausgangssituation gilt hier für den betrachteten Anteilseigner die durch den Tangentialpunkt Tj beschriebene Position. Wie erläutert wurde, ergibt sich bei Durchführung des Projekts zunächst die Position Pj. Bei unveränderlichen Preisen n^ würde der Anteilseigner die Position T2 realisieren; er würde Zahlungsansprüche für den Zustand S2 kaufen und für den Zustand Sj verkaufen. Da jedoch die Lidifferenzkurven der anderen Anteilseigner ebenfalls streng konvex verlaufen und für sie die gleichen Preise Tig maßgebUch sind, würde für sie das Analoge gelten wie für den betrachteten Anteilseigner. Alle wollen bei konstanten Preisen für den Zustand S2 Ansprüche kaufen und für den Zustand Sj verkaufen. Somit steigt Strukturen der optimalen Portefeuilles aller Anteilseigner bei jedem Preissystem identisch sind; es kann dann kein Gleichgewicht bestehen. Der Auktionator erhöht nun die Preise der nachgefragten Wertpapiere und senkt die Preise der angebotenen. Wenn schließlich weder Angebot noch Nachfrage besteht, stehen die Gleichgewichtspreise fest. Die Preisänderungen gegenüber dem Status quo resultieren also nicht aus einem Handel mit Wertpapieren, sondern daraus, daß die Preise so festgelegt werden, daß er gar nicht stattfindet; jeder würde bei diesen Preisen mit einem Handel einen Nachteil erzielen.
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
227
der Preis 712, während TT^ sinkt; die Annahme unveränderhcher Preise erscheint wieder als problematisch. Sind wie im CAPM alle Investoren auf dem Kapitalmarkt am Unternehmen beteiligt, so fragt sich überdies, wer denn solche Ansprüche, die alle verkaufen (kaufen) wollen, überhaupt nachfragen (anbieten) sollte. Möglicherweise gibt es jedoch Livestoren, die bisher nicht am Untemehmen beteiligt waren, an die (bzw. von denen) zustandsbedingte Zahlungsansprüche verkauft (bzw. gekauft) werden können. Aber auch in diesem Zusammenhang ist die Annahme unveränderlicher Preise n^ nicht unproblematisch.
4. 4.1.
Identität von Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung bei partieller Anreizkompatibilität Zwei mögliche Zustände
Wie erläutert wurde, ist es bei streng konkaven Nutzenfixnktionen der Anteilseigner nicht möglich, potentielle Konflikte zwischen Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung generell durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu unveränderlichen Preisen n^ aufzulösen. Der Widerspruch zwischen Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung kann dagegen dann nicht auftreten, wenn von der Annahme ausgegangen wird, daß sich bei Durchfiihrung des Projekts die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte aller Anteilseigner (praktisch) nicht ändern, also die maßgeblichen Nutzenfiinktionen im planungsrelevanten Bereich {quasi-) linear verlaufen. Dann wird gar kein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen ausgelöst, wobei zugleich eine Erklärung dafilr gegeben wird, warum die Preise n^ und somit die Preise beliebiger Wertpapiere, die nicht an den Überschüssen des Unternehmens partizipieren, sich nicht ändem. Mit Marktwertmaximierung wird dann direkt der subjektive Nutzen jedes Anteilseigners maximiert, so daß Marktwert- und subjektive Nutzenmaximierung (bei proportionaler Erfolgsbeteiligung) letztlich „identische" Ziele sind. Zur Erläuterung dient die Abbildung DC.4. Der Punkt Tj kennzeichnet die Ausgangassituation (vor Durchführung des Projekts) für den betrachteten Anteilseigner. Da in der Ausgangssituation ein Marktgleichgewicht besteht, muß die dem Punkt Tj entsprechende Indifferenzkurve in diesem Punkt eine Marktwertgerade tangieren. Mithin muß die Indifferenzkurvensteigung in Tj gleich -712/711 sein. Die Annahme (quasi-) konstanter Grenznutzenwerte bei Durchführung eines zusätzlichen Projekts impliziert, daß in dem planungsrelevanten Bereich die Indifferenzkurven {quasi-) linear verlaufen und dieselbe Steigung aufweisen wie in Tj, also -712/711. Wenn das Projekt bei den gegebenen Preisen 711 und 712 einen positiven Marktwert aufweist, also zu einer „höheren" Marktwertgerade für diese Preise führt, so führt es direkt auch zu einer Indifferenzkurve mit höherem Nutzenerwartungswert. Im Beispiel der Abbildung IX.4
228
Kapitel IX
bewirkt das Projekt, daß für den betrachteten Anteilseigner die bessere Position Pj erreicht wird. Das Analoge gilt bei unveränderlichen Grenznutzenwerten im planungsrelevanten Bereich für alle anderen Anteilseigner. 4V11 (Zustand Si)
Vi2 (Zustand S2)
Abb. IX.4: Untemehmensplanung bei (quasi-) konstanten Grenznutzenwerten innerhalb des planungsrelevanten Bereichs. Wenn sich die Grenznutzenwerte bzw. die Steigungen der Indifferenzkurven nicht ändern, ist bei unveränderlichen Preisen 71 j und nj (bei unveränderlicher Steigung der Marktwertgeraden) der durch das Projekt induzierte Punkt Pi im Indifferenzkurvensystem wiederum Tangentialpunkt einer Indifferenzkurve mit einer Marktwertgeraden. Da dann ein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nicht ausgelöst wird, sind nun die Preise TCJ und 7^2 tatsächlich unveränderlich. Marktwertmaximierung steht direkt im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung und nicht indirekt über einen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen. Würde das Projekt einen Übergang von T^ auf P2 bewirken, so würde der Bereich quasi-linear verlaufender Indifferenzkurven für den betrachteten Anteilseigner verlassen. Würde das gleiche auch für die anderen Anteilseigner gelten, so behielten die Aussagen des Abschnitts 3 ihre Gültigkeit. Es ist zu beachten, daß die Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte nicht besagt, daß die individuellen Nutzenfunktionen durchgehend linear verlaufen bzw. im planungsrelevanten Bereich „Risikoneutralität" besteht. Die Grenznutzenwerte können insbesondere auf Grund unterschiedlicher Endvermögenswerte für den einen Zustand relativ hoch und für den anderen niedrig sein. Es wird hier lediglich vorausgesetzt, daß die Anteile am Projekterfolg in den beiden Zuständen die jeweils maßgeblichen Grenznutzenwerte nicht an-
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
229
dem. Zur Verdeutlichung dient die Abbildung IX. 5, wobei in der Ausgangssituation (d.h. vor dem Projekt) der betrachtete Anteilseigner im Zustand Si bzw. S2 über das Endvermögen Vfj bzw. Vf2 verfügt.
u(vo ^L
0
^ Vfi
yn
(fiiirS,)
(für S2)
V,
Abb. IX.5: Zur Annahme unveränderlicher (zustandsabhängiger) Grenznutzenwerte Da das Vermögen Vj zum Zeitpunkt 1 zustandsabhängig ist, gilt dies wegen der Konkavität der Nutzenfiinktion U(Vi) auch flir den Grenznutzen; er ist flir Zustand Sj höher als für Zustand 82- Die Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte besagt nun, daß im planungsrelevanten Bereich flir den Zustand Si (S2) derjenige Grenznutzenwert relevant ist, der dem Vermögenswert Vfi (Vf2) entspricht. Die betreffenden Grenznutzenwerte bestimmen die Steigung der Indifferenzkurve im (quasi-) linearen Bereich. Die Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte im planungsrelevanten Bereich dürfte vor allem dann gerechtfertigt sein, wenn dieser Bereich klein ist; dies ist tendenziell gegeben, wenn das erwogene Projekt (Programm) einen geringen Umfang hat und viele Anteilseigner mit geringem Anteil daran beteiligt sind; das Entscheidungskalkül ist dann aus Sicht eines einzelnen Anteilseigners praktisch ein MarginalkalküL Zwar wird bei der üblichen Rechtfertigung der Marktwertmaximierung unter Berücksichtigung von Käufen und Verkäufen von zustandsbedingten Zahlungsansprüchen ebenfalls betont, daß die Annahme unveränderlicher Preise flir zustandsbedingte Zahlungsansprüche vor allem bei Projekten mit geringem Umfang gerechtfertigt sei (vgl. zum Beispiel BREUER, 1998, S. 48). Bei der obigen Darstellung wurde jedoch ein Schritt weiter gegangen, indem konstante Preise mit (quasi-)konstanten Grenznutzenwerten begründet wurden. Ein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen ist dann allerdings flir die Rechtfertigung des Ziels der Marktwertmaximierung irrelevant; er findet gar nicht statt. Die Darstellungen gelten auch für den Fall, daß die Indifferenzkurven streng konvex verlaufen, jedoch der Projektumfang so gering ist und die
230
Kapitel IX
Zahl der Anteilseigner so groß ist, daß sich für jeden Anteilseigner das Endvermögen in jedem Zustand nur marginal ändert. Für diesen Fall wird auch unmittelbar ein Zusammenhang mit der individuellen Poertefeuilleplanung ersichtlich: Für einen Anteilseigner ist es vorteilhaft, seinen Bestand an einem Wertpapier so lange zu erhöhen, wie der Erwartungswert des Grenznutzens des Residualgewinns des Papiers positiv ist und somit eine zusätzliche marginale Einheit des Papiers den Erwartungswert des Nutzens entsprechend erhöht. Analog ist ein Investitionsprojekt mit marginalen Änderungen der individuellen Vermögenswerte (oder der anteiligen individuellen Residualgewinne) für alle Anteilseigner vorteilhaft, wenn es auf Basis der gegebenen Grenznutzenwerte den Erwartungsnutzen eines beliebigen Anteilseigners erhöht bzw. auf der Basis der den Grenznutzenwerten entsprechenden Preisen Tig (die nun wegen der Marginalbedingung unveränderlich sind) der Marktwert des Projekts positiv ist. Aus der Implikation unveränderlicher Preise n^ folgt im übrigen auch, daß sich der risikolose Zinssatz r, für den (l + r)-l = i7i3 S= l
gilt, nicht ändert. Die Darstellungen entsprechen dem in Kapitel HI, Abschnitt 6, bewiesenen allgemeinen Theorem, wonach unabhängig von den Nutzenfunktionen und den Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Beteiligten über die Zustände immer dann „partielle" Anreizkompatibilität bezüglich der Änderung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg besteht, 1. wenn in der Ausgangssituation - d.h. vor dem Projekt - der Erfolg paretoeffizient geteilt ist, 2. alle BQtQÜiglQn proportional und zustandsunabhängig an der Änderung des Erfolges beteiligt werden und 3. der Betrag dieser Änderung so gering ist, daß Änderungen der individuellen (zustandsabhängigen) Grenznutzenwerte vemachlässigbar sind. Dabei wurde u.a. gezeigt, daß die zweite Bedingung für Anreizkompatibilität notwendig ist, wenn die beiden anderen Bedingungen erfüllt sind. In Kapitel HI, Abschnitt 6, wurde vereinfachend davon ausgegangen, daß das Risiko nur von zwei Personen getragen wird. Im folgenden Abschnitt wird gezeigt, daß das Theorem auch bei mehr als zwei Personen gilt und daß zugleich Marktwertmaximierung eine Implikation subjektiver Nutzenmaximierung darstellt, sofem - wie angenommen - der Kapitalmarkt vollständig ist. Die Darstellungen sind sehr allgemein: Die Nutzenfunktionen der Anteilseigner können zustandsabhängig sein und es können heterogene Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände bestehen.
Bedingungen der Konpatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
4.2.
231
Mehr als zwei mögliche Zustände
Ausgehend von einem Marktgleichgewicht könne im Unternehmen ein Investitionsprojekt P durchgeführt werden, das zum Zeitpunkt 0 eine Anschaffungsauszahlung von AQP verursacht und im Zustand Sg (s=l,2,...,S) den Einzahlungsüberschuß e^p g bietet. Wenn bei seiner Durchführung die Grenznutzenwerte in jedem Zustand Sg unverändert bleiben, ist das Projekt für den Anteilseigner i (i= 1,2,...,1) unter der folgenden Bedingung vorteilhaft: (IX.8)
Iwi(Ss).Zi.[eip^g-(l + r).Aop]-U;3>0. s=l
^
-^
'
Hierin bezeichnet Zj (zi>0) den Anteil des Anteilseigners i an den Aktien des Untemehmens und Gpg den Residualgewinn des Projekts im Zustand Sg. Entsprechend wird dieser Anteilseigner proportional am Erfolg beteiligt. Gemäß (IX.8) ist das Projekt für ihn vorteilhaft, wenn der Erwartungsnutzen seines Anteils am Residualgewinn positiv ist. (Auf Grund der Konstanz der zustandsabhängigen Grenznutzenwerte kann die Änderung des Erwartungsnutzens mit Hilfe der Grenznutzenwerte Ujs in der Ausgangssituation ermittelt werden.) Wegen Zi>0 folgt aus (IX.8) die Vorteilhaftigkeitsbedingung: (IX.9)
2:wi(Sg).[eip,g-(l + r).Aop]-U;g>0. s=l
Wie in Kapitel VI, Abschnitt 2.1, gezeigt wurde, gilt bei zustandsunabhängigen Nutzenfunktionen im Marktgleichgewicht folgende Bedingung für den Grenznutzen des Anteilseigners i im Zustand Sg: (IX.10)
7ig = (l + r)-^>'^^^^^^',^i^^^^-^^ Ei[Ui(Vii)]
(s = l,2,...,S).
Diese Bedingung gilt für zustandsabhängige Nutzenfunktionen analog: (IX.11)
7ts=(l + r r ^ - ^
s)-Uis(Vii^s) Ei[Ui(Vii)]
(s=l,2,...,S).
Aus (IX. 11) folgt in Kurzschreibweise: (IX.12)
Wi(Sg).U;g = 7ig.(l + r).Ei(U;)
(s=l,2,...,S).
Wird (IX.12) in (IX.9) eingesetzt, ergibt sich als Bedingung daflir, daß das Projekt den Erwartungsnutzen des Anteilseigners i erhöht:
232
Kapitel IX
(IX.13)
1:713.(l-fr).Ei(U;).[eip,s-(l + r).Aop] s=l
= (l-fr).Ei(U;).S7i3.[eip,3-(l + r).Aop]>0. s=l
Diese Bedingung impliziert wiederum, daß bei Durchführung des Projekts die individuellen Grenznutzenwerte und mithin auch die Preise n^ konstant bleiben. Wegen (l+r)>0 und Ei(Ui) >0 ist die Bedingung (K.13) ihrerseits erfüllt, wenn (DC.14)
E7r3.[eip,3-(l + r).Aop]>0 s=l
'
V
'
gilt. Wegen Zs=i^s = (l+r)~ kann(IX.14) wie folgt dargestellt werden: S
(DC.15)
Mo(eip)= X7rs-eip,s>Aop. s=l
Das Projekt erhöht den Erwartungsnutzen des Anteilseigners i (i=l,2,...,I) genau dann, wenn der mit den Preisen 7I3 ermittelte Marktwert seines Einzahlimgsüberschusses größer ist als die Anschaffimgsauszahlung AQp. Unter dieser Bedingung steigt auch der ErwartungsnutzenyWe^' anderen Anteilseigners. Marktwertmaximierung bedeutet in diesem Zusammenhang, daß das Investitionsprogramm mit dem höchsten Marktwert gewählt wird. Werden die Anteilseigner exakt über die zustandsabhängigen Erfolge bzw. Überschüsse informiert, so steigt entsprechend auch der Marktwert der Aktien des Untemehmens. Dies ist jedoch keine Bedingung dafür, daß mit dem betreffenden Programm der Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners maximiert wird. Er wird zum Beispiel auch daim maximiert, wenn die Anteilseigner gar nicht erfahren, daß sich die Gewinnsituation geändert hat und somit der Marktwert der Aktien konstant bleibt. Es bleibt hier offen, welche Konflikte sich ergeben können, wenn Anteilseigner unterschiedlich über die Projekterfolge informiert werden und es zu einem Handel mit Aktien des Unternehmens zwischen „besser" und „schlechter" Informierten kommt. Die Besonderheit der untemehmerischen Investitionsplanung vor dem Hintergrund des SPA besteht bei unserer Interpretation darin, daß die Anteilseigner (allgemein: die Investoren auf dem Kapitalmarkt) dem für die Investition zuständigen Entscheidungsträger einen wesentlichen Teil seines Bewertungsproblems abnehmen. Sie liefem ihm ein System von Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche, mit denen der Marktwert des Untemehmens maximiert werden kann, wobei sich auf Grund rationaler Transaktionen auf dem Kapitalmarkt (bzw. rationaler Portefeuillebildung) die Preise und die entsprechenden Grenznutzenwerte so einstellen, daß Marktwertmaximierung bei unveränderlichen Grenznutzenwerten direkt subjektive Nutzenmaximierung impliziert.
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
43.
233
Implikationen konstanter Grenznutzenwerte
Wie gezeigt wurde, steht bei konstanten Grenznutzenwerten individuelle Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Daß die Marktwerte anderer Unternehmen bzw. anderer Wertpapiere nicht entscheidungsrelevant sind, mag auf den ersten Blick überraschen. Jedoch werden diese Marktwerte bei unveränderlichen Grenznutzenwerten gar nicht beeinflußt. Für den Marktwert der Wertpapiere m gilt: S
(V.3a)
Moni=S^s-Mijn,s. s=l
Bei Durchführung zusätzlicher Livestitionsprojekte im Unternehmen n kann sich Mom (m?^n) nur ändem, wenn sich einige oder alle Preise n^ ändern. Wie in Abschnitt 4.1 gezeigt wurde, ist dies bei unveränderlichen Grenznutzenwerten aber nicht der Fall. Die Konstanz von MQ^ wird auch vor dem Hintergrund der Darstellungen in Kapitel VII, Abschnitt 3.2.1, deutlich: Wenn die zusätzlichen Projekte im Unternehmen n die Grenznutzenwerte nicht ändem, ändem sich auch nicht die Kovarianzen zwischen M i ^ und \J\ bzw. U'j, so daß MQ^gcmäR der Bewertungsfunktion (Vn.38) bzw. (Vn.41) (die analog auch für den Marktwert MQUI gilt) konstant bleibt. Gemäß (VII.33) ändem sich auch die Preise n^ nicht; dies wiederum impliziert ebenfalls die Konstanz von MQJ^, Die Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte (bzw. unveränderlicher Preise TCg) dient der Vereinfachung. Sie ist keineswegs anderen Formen der Vereinfachung generell überlegen. Es können sich auch Widersprüche ergeben, wenn man sie als zusätzliche Annahmen in ein wohldefiniertes geschlossenes Bewertungssystem einbringt. Wie in Kapitel XI gezeigt wird, sind die expliziten Bewertungsfunktionen des CAPM nicht vereinbar mit der Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte (bzw. Preise n^) bei Durchführung neuer riskanter Projekte.
5.
Begründungen der Kompatibilität von Marktwert- und Nutzenmaximierung im Vergleich
Wie in Abschnitt 4 gezeigt wurde, besteht unter bestimmten Bedingungen Einmütigkeit. In Abschnitt 2.2 wurde ein zweites Konzept der Begründung von Einmütigkeit diskutiert, das sich als problematisch erwies. Wie im folgenden gezeigt wird, beruhen beide Konzepte zwar auf ähnlichen Annahmen, jedoch besteht ein grundlegender Unterschied hinsichtlich der „Verarbeitung" dieser Annahmen, l^) Es ist zweckmäßig, zunächst noch einmal die Annahmen 10) Vgl. hierzu auch VELTHUIS (2004a, Teil V, Kapitel 5).
234
Kapitel IX
des ersten Konzepts (Abschnitt 4), es wird hier als ,,Gleichgewichtskonzept" bezeichnet, zusammenzustellen: 1. Pareto-effiziente Risikoteilung: Das in der Ausgangssituation maßgebliche Gesamtrisiko ist bereits bezüglich der entscheidungsrelevanten Zustände Si,S2v5Ss pareto-effizient geteilt. 2. Proportionale Teilung des Projekterfolges: Der Residualgewinn des Unternehmens und mithin auch der des erwogenen Projekts P wird proportional und zustandsunabhängig geteilt, wobei jeder der Beteiligten einen positiven Anteil am Gewinn oder Verlust erzielt. 3. Konstanz der individuellen Grenznutzenwerte: Bei Durchführung des Projekts bleiben die (zustandsabhängigen) Grenznutzenwerte der Beteiligten konstant. Unter diesen Annahmen ist eine direkte Nutzenmaximierung aller Beteiligten möglich, wobei bei Durchführung eines zusätzlichen Projekts das Gleichgewicht auf dem Kapitalmarkt erhalten bleibt. Die Bedingung der pareto-effizienten Risikoteilung läßt offen, auf welchem Wege diese Teilung vorgenommen wurde. Die Teilung kann durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen an einer Börse zustande gekommen sein oder durch direkte private Transaktionen zwischen den Beteiligten. Wie gezeigt wurde, kann das Ziel subjektiver Nutzenmaximierung durch elementare Umformungen in das der Marktwertmaximierung überführt werden, wobei die Annahme konstanter Grenznutzenwerte impliziert, daß sich bei Durchführung des Projekts die Preise der zustandsbedingten Zahlungsansprüche nicht ändem. Auch unter den in Abschnitt 2.2 getroffenen Annahmen steht Marktwertmaximierung im Einklang mit der Maximierung des subjektiven Nutzens jedes Anteilseigners. Allerdings führt hierbei die Marktwertmaximierung nicht direkt zum Nutzenmaximum, sondem indirekt über Kapitalmarkttransaktionen der Anteilseigner. Diese Art der Begründung von Anreizkompatibilität wird hier als .yHedgekonzepf' oder nach DEANGELO als partielles Gleichgewichtskonzept bezeichnet. Die maßgeblichen Annahmen lauten: 1. Existenz eines Marktes für zustandsbedingte Zahlungsansprüche: Für alle entscheidungsrelevanten Zustände Sj, S2,..., Sg werden bedingte Zahlungsansprüche gehandelt; für das Projekt sind keine Zustände relevant, für die nicht Zahlungsansprüche gehandelt werden können. Beliebige Projektüberschüsse lassen sich durch bereits vorhandene Wertpapiere rekonstruieren. 2. Proportionale Teilung des Projekterfolges: Auch beim Hedgekonzept wird davon ausgegangen, daß die Beteiligten proportional am Residualgewinn bzw. am Endwert der Aktien des Untemehmens partizipieren (DEANGELO, 1981,8.21). 3. Kompetitiver Kapitalmarkt: Die Durchführung des Projekts hat keinen Einfluß auf die Preise n^ für zustandsbedingte Zahlungsansprüche. Die obige Bedingung 1 steht in enger Beziehung zur Bedingung 1 des Gleichgewichtskonzepts: Können für alle Zustände S^, S2, ..., Sg bedingte Zahlungs-
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
23 5
ansprüche gehandelt werden, so wird bezüglich dieser Zustände das Risiko pareto-effizient geteilt (Kapitel VI, Abschnitt 2). Die Bedingung 1 des Gleichgewichtskonzepts ist somit eine Implikation der Bedingung 1 des Hedgekonzepts. Umgekehrt ist die Bedingung 3 der Hedgevariante eine Implikation der Bedingung 3 der Gleichgewichtsvariante: Bei unveränderlichen (zustandsabhängigen) Grenznutzenwerten sind auch die Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche unveränderlich. Letztlich geht auch die Gleichgewichtsvariante von einem kompetitiven Kapitalmarkt aus. Bei unveränderlichen Grenznutzenwerten führt jedoch Marktwertmaximierung direkt zur Maximierung des Nutzens aller Beteiligten; der im Rahmen des Hedgekonzepts beschriebene Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen wird durch das Projekt überhaupt nicht ausgelöst. Ein solcher Handel ist nur insoweit relevant, als er eine pareto-effiziente Risikoteilung in der Ausgangssituation ermögUchte. Somit beruhen die beiden Konzepte der Begründung von Anreizkompatibilität auf ähnhchen Voraussetzungen; jedoch besteht ein grundlegender Unterschied bezüglich der Begründung der Anreizkompatibilität. Die Annahme konstanter Grenznutzenwerte kann zwar für einen Anteilseigner i problematisch sein, der einen relativ großen Anteil am Unternehmen hält. Wenn jedoch andere Anteilseigner bzw. Investoren auf dem Kapitalmarkt konstante Grenznutzenwerte haben und mithin bereit sind, zu unveränderlichen Preisen zustandsbedingte Zahlungsansprüche zu kaufen bzw. zu verkaufen, besteht wieder Anreizkompatibilität. Der Anteilseigner i kann bei Durchführung eines Projekts mit positivem Kapitalwert via Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu gegebenen Preisen einen Nutzenerwartungswert erzielen, der höher ist als der in der Ausgangssituation. Bei ihm führt Marktwertmaximierung indirekt zu einem Nutzenmaximum, bei den anderen dagegen direkt; ihr Erwartungsnutzen steigt unmittelbar, wobei sie bei einem anschließenden Handel mit dem Anteilseigner i auf Grund konstanter Grenznutzenwerte weder einen Vorteil noch einen Nachteil erzielen.
6.
Zur Relevanz von Informationen
Die Gleichgewichts- und die Hedgevariante der Erklärung von Einmütigkeit stellen unterschiedliche Anforderungen an die Informationspolitik des Unternehmens. Die Hedgevariante impliziert, daß die Anteilseigner über die zustandsabhängigen Residualgewinne neuer Projekte informiert werden, damit sie die zum Nutzenmaximum führenden Transaktionen vornehmen können (Informationsprämisse). Bei der Gleichgewichtsvariante wird eine solche Information nicht vorausgesetzt. Sie löst bei (quasi-) konstanten Grenznutzenwerten ohnehin keine Transaktionen aus.^^) Es genügt, die Anteilseigner am Ende der 11) Ausgeschlossen ist hier natürUch der Fall, daß die Anteilseigner unterschiedlich informiert werden. In diesem Fall kann es zu einem Aktienhandel kommen, bei dem sich besser informierte Anteilseigner zu Lasten anderer bereichem.
236
Kapitel IX
Periode über den tatsächlich erzielten Residualgewinn zu informieren, damit sie sich mit ihren Entscheidungen, zum Beispiel ihren Konsumentscheidungen, für die zweite Periode daran anpassen können. ^^) Die (implizite) Informationsprämisse im Rahmen der Hedgevariante ist als Basis für die Begründung von Einmütigkeit problematisch. Zum einen verursachen die betreffenden Informationen hohe Kosten. Zum anderen können sie der Konkurrenz Rückschlüsse auf geplante Maßnahmen ermöglichen und Reaktionen auslösen, bei denen die angekündigten zustandsabhängigen Erfolge gar nicht erzielt werden. Die Kompatibilität von Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung gilt zwar unabhängig davon, ob die Hedgevariante oder die Gleichgewichtsvariante als Begründungsbasis dient. Jedoch können unterschiedliche Typen von Marktwerten relevant sein. Da bei der Hedgevariante die Anteilseigner über die zustandsabhängigen Projektgewinne informiert werden (müssen), damit sie die maßgeblichen Kapitalmarkttransaktionen vornehmen können, ist hier der reale Marktwert relevant; bei Durchführung eines zusätzhchen Projekts ändert er sich um dessen Kapitalwert (dessen Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung). Bei der Gleichgewichtsvariante genügt es, den virtuellen Marktwert zu maximieren, d.h. denjenigen Marktwert, der sich einstellen würde, wenn die Anteilseigner die Informationen des Entscheidungsträgers hätten. Wenn ihnen der Entscheidungsträger keine weiteren Informationen gibt, bleibt bei Durchführung des Projekts der reale Marktwert unverändert, während sich der virtuelle um den Kapitalwert des Projekts ändert.
7.
7.1.
Verallgememerung: Spanning als Bedingung der Identität von Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung bei unveränderlichen Grenznutzenwerten Beweis der Identität
Ist der Kapitalmarkt unvollständig, so ist zwar die Spanning-Bedingung nicht logisch zwingend erfüllt. Bei entsprechender Beschränkung des Aktionsraums im Untemehmen kann sie jedoch real erfüllt sein, so daß der Überschußyeöfe^ möglichen Livestitionsprojekts durch PortefeuiUebildung duplizierbar ist. Wie im folgenden gezeigt wird, stehen dann auch bei UnvoUständigkeit des Kapitalmarktes die Maximierung des Marktwertes der Aktien des Unternehmens und subjektive Nutzenmaximierung im Einklang miteinander, sofern der Pro12) Ein analoges Irrelevanztheorem der Information wird in Kapitel VIII, Abschnitt 4.2, und in Kapitel XI, Abschnitt 4.4, für den Fall der Einmütigkeit im CAPM gezeigt (d.h. für den Fall, daß ein Marktgleichgewicht existiert und Nutzenfunktionen relevant sind, bei denen das Risiko pareto-effizient geteilt ist). Zur Bedeutung von Informationen bei einem Übergang in ein neues Gleichgewicht auf Grund veränderlicher Nutzenfunktionen vgl. Kapitel XI, Abschnitt 5.6.
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
237
jekterfolg proportional geteilt wird und die Grenznutzenwerte quasi-konstant sind (LAUX, 2001b). ^^) Die Darstellungen beruhen wiederum auf der Annahme eines vollkommenen und arbitragefreien Kapitalmarktes. Die Bedingung der Duplizierbarkeit ist flir das Projekt P erfiillt, wenn vor seiner Durchführung ein Wertpapierportefeuille mit y^^ (m=l,2,...,N) Einheiten des Wertpapiers m konstruiert werden kann, für das gilti^^)
(K.16)
eip,3=Zym-Plm,s
(s=l,2,...,S).
m=l
Bedingung der Duplizierbarkeit des Projektüberschusses ejp Hierin kann ein Teil der y-Werte gleich null oder negativ sein. Zu den Wertpapieren mit ym '^ 0 können auch derivative Finanztitel wie zum Beispiel Aktienoptionen zählen. Unter Berücksichtigung von (DC. 16) kann die Bedingung (DC.9) dafür, daß das Projekt für den Anteilseigner i, der proportional am Projektüberschuß beteiligt ist, bei konstanten zustandsabhängigen Grenznutzenwerten U's vorteilhaft ist, wie folgt dargestellt werden:
(IX.17)
E w i ( S s ) - [ S y ^ - V s - ( l + r)-Aop]-U;s>0. s=l
m=l
Vorteilhaftigkeitsbedingung für das Projekt beim Ziel der Maximierung des Nutzens des Anteilseigners i Gemäß den Darstellungen in Kapitel IV, Abschnitt 3.2, muß das Portefeuille des Anteilseigners i in der Ausgangssituation (in Kurzschreibweise) folgende Optimalitätsbedingungen erfüllen: (DC.18)
Iwi(Ss).[Pi^,3-(l + r).Poni]-U;s=0
(m=l,2,...,N).
s=l
13) Zielkonformität gilt hier auch dann, wenn in der Ausgangssituation das Risiko nicht pareto-effizient geteilt ist. 14) Das Gleichungssystem (IX. 16) enthält N Variablen und S Gleichungen. Es entspricht dem Gelichungssystem in Matrix V.6, wobei nun eben an die Stelle des exogen vorgegebenen Endwerts des Portefeuilles im Zustans Sg, Bg, der zu duplizierende Überschuß e^p g tritt. Bei Unvollständigkeit des Kapitalmarktes existiert zwar nicht notwendig eine Lösung des Gleichungssystems; jedoch kann sie bei entsprechenden Überschüssen e|p g erfüllt sein, so daß Duplizierbarkeit gegeben ist.
238
Kapitel IX
Werden beide Seiten jeder Gleichung dieses Gleichungssystems mit dem jeweiUgen Faktor yj^^ in (IX. 16) multipliziert, so ergibt sich das Gleichungssystem: (IX.19)
Z w i ( S 3 ) - [ y ^ - P i ^ , s - ( l + r)-ym-P0in]-U;s=0 s=l
(m=l,2,...,N). Die Addition dieser N Gleichungen führt zu: (IX.20)
S i w i ( S 3 ) - [ y „ , - P i ^ , , - ( l + r)-y„,Po„,]-U;3=0. m=ls=l
Hierfür kann man schreiben: (IX.21)
i w i ( S 3 ) . [ i ; y ^ . P i ^ ^ 3 - ( l + r). Zynx-Poml-Uls = 0 . s=l m=l m=l ^
V
'
Sm=iytn 'Pom bezeichnet den Marktwert jener Wertpapiere zum Zeitpunkt 0, mit denen gemäß (IX. 16) der Projektüberschuß e^p rekonstruiert werden kann (Marktwert des Duplikationsportefeuilles). Bei quasi-konstanten Grenznutzenwerten bzw. Preisen n^ stimmt dieser Marktwert mit dem Marktwert des Projektüberschusses überein: (IX.22)
Mo(eip)= Eynx-Pom. m=l
Somit kann (IX.21) wie folgt dargestellt werden: (IX.23)
Ewi(Ss)-[ I y m - P l m , s - ( l + r)-Mo(eip)]-U;s=0. s=l m=l
Diese Gleichung (die im Marktgleichgewicht zwingend erfüllt sein muß) impliziert, daß die Vorteilhaftigkeitsbedingung (IX. 17) fär das Projekt genau dann erfällt ist, wenn gilt: (K.24)
(l + r ) . A o p < ( l + r).Mo(eip) bzw. A o p < M o ( e i p ) .
Positiver Kapitalwert des Projekts als Bedingung, daß mit dem Projekt der Erwartungsnutzen des Anteilseigners i steigt Wenn also die Anschaffungsauszahlung des Projekts kleiner ist als der Marktwert desjenigen Portefeuilles, mit dem der Projektüberschuß e^p repliziert
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximiemng und Marktwertmaximierung
239
werden kann, steigt mit dem Projekt der Erwartungsnutzen des Anteilseigners i. Die Vorteilhaftigkeitsbedingung kann auch wie folgt formuliert werden: Der Marktwert des Projekts unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung (der Kapitalwert des Projekts), Mo(eip)-Aop, ist positiv. Die Vorteilhaftigkeitsbedingung (IX.24) gilt nicht nur fiir den Anteilseigner i, sondem auch fiir jeden anderen hivestor mit omom positiven Bestand an Aktien des Untemehmens. Einmütigkeit bezüglich der betreffenden Anteilseigner besteht unabhängig davon, welche konkrete Gestalt ihre Portefeuilles aufweisen. Deren Strukturen können auf Grund heterogener Wahrscheinlichkeitsvorstellungen und (zustandsabhängiger) Nutzenfiinktionen sehr unterschiedlich sein. Ein Spezialfall der Bedingung (DC. 16) der Duplizierbarkeit liegt vor, wenn der Projektüberschuß ausschließlich mit Aktien des Untemehmens n, in dem das Projekt erwogen wird, rekonstruiert werden kann. Es existiert dann ein y^^Wert, fiir den gilt: e^pg =yn •Pin,s- Das Projekt ist in diesem Fall vorteilhaft, wenn Aop 0), damit das Projekt bei positivem Kapitalwert seinen Erwartungsnutzen erhöht. ^^) Interpretation: Im Marktwert des Portefeuilles, mit dem die möglichen Projektüberschüsse duphziert werden können, kommt (bei Arbitragefi'eiheit des Kapitalmarktes) zum Ausdruck, wie die Anteilseigner diese Überschüsse bewerten. Ist dieser Marktwert höher als Aop, so ist der Wert des Projekts fllr die Anteilseigner höher als sein Preis. ^^) Das Untemehmen kann den Überschuß e^p zu günstigeren Bedingungen generieren als die Anteilseigner auf Grund von Kapitalmarkttransaktionen; ihr Erwartungsnutzen steigt mit dem Projekt.^^) Der Entscheidungsträger, der über das Projekt befindet, hat im Prinzip zwei Möglichkeiten, dessen Vorteilhaftigkeit zu überprüfen: Bei der ersten prüft er, ob bei den Wahrscheinlichkeiten Wi(Ss) und den Grenznutzenwerten \]\^ (s=l,2,...,S) eines beliebigen Anteilseigners i die Bedingung (IX.17) erflillt ist. Ist der Entscheidungsträger selbst Anteilseigner des Untemehmens, maximiert 15) Proportionale (imd zustandsunabhängige) Erfolgsteilimg ist eine notwendige Bedingung dafür, daß bei Spanning und unveränderlichen Grenznutzenwerten Anreizkompatibilität besteht. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so können Konflikte bestehen, wobei mit Marktwertmaximierung nur der Nutzen derjenigen Anteilseigner maximiert wird, die proportional am Erfolg beteiligt sind. 16) Zur Problematik der kapitalmarktorientierten Bewertung bei beschränkter Rationalität der Anteilseigner vgl. Kapitel XII, Abschnitt 9. 17) Es kann auch gezeigt werden, daß von mehreren einander ausschließenden Projekten dasjenige den Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners maximiert, das unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung den höchsten positiven Marktwert aufweist.
240
Kapitel IX
er simultan den finaaziellen Erwartungsnutzen aller Anteilseigner, indem er seinen eigenen maximiert. Bei der zweiten Möglichkeit prüft er, ob die Anschaffungsauszahlung des Projekts kleiner ist als der Marktwert desjenigen Portefeuilles, mit dem der Projektüberschuß dupHziert werden kann.l^) Die zweite Möglichkeit kann insbesondere dann technisch einfacher sein als die erste, wenn die Zahl der möglichen Umweltzustände Ss und mithin der Wahrscheinlichkeiten und Grenznutzenwerte groß ist und der Projektüberschuß offensichtlich in einfacher Weise mit wenigen Wertpapiertypen dupliziert werden kann. Werden Maßnahmen durchgeführt, deren Anschaffungsauszahlung mit dem Marktwert der zukünftigen Überschüsse übereinstimmt, ändert sich der Marktwert der Aktien des Untemehmens unmittelbar vor Ausschüttung nicht; die betreffenden Maßnahmen sind aus Sicht der Anteilseigner weder vorteilhaft noch nachteihg. Zu diesen Maßnahmen zählt insbesondere der Kauf von Wertpapieren, die die Anteilseigner auf dem Kapitalmarkt zu den gleichen Konditionen auch privat erwerben können. Auch die Finanzierung (die Änderung der Kapitalstruktur) ist bei gegebenem Investitionsprogramm irrelevant, sofem bezüglich der resultierenden Finanztitel die Spanning-Bedingung erfüllt ist. (Im vollständigen Kapitalmarkt ist dies immer der Fall.) 1.2.
Bedeutung und Grenzen der Spanning-Bedingung
Bei den Darstellungen im Abschnitt 7.1 liegt die primäre Bedeutung der Spanning-Bedingung nicht wie bei der in der Literatur üblichen Interpretation darin, daß sie für jedes möghche Projekt Kapitahnarkttransaktionen ermöglicht, mit denen bei positivem Kapitalwert ein höherer Nutzenerwartungswert als in der Ausgangssituation erzielt wird; solche Transaktionen werden bei (quasi-) konstanten Grenznutzenwerten gar nicht vorgenommen. Ist die Spanning-Bedingung erfüllt, sind vielmehr in der Ausgangssituation (zustandsabhängige) Grenznutzenwerte entscheidimgsrelevant, bei denen zwischen allen Anteilseignem mit positivem Anteil am Untemehmen Einmütigkeit besteht; ihr Erwartungsnutzen wird direkt maximiert, wenn das Investitionsprogramm mit dem höchsten positiven Marktwert durchgeführt wird; ein Handel mit Wertpapieren mit dem Ziel, „oktroyiertes unerwünschtes" Risiko zu hedgen, wird nicht ausgelöst. Da die Spanning-Annahme im vollständigen Markt zwingend erfüllt ist (es besteht hier universelle Duplizierbarkeit) gewinnt sie erst dann eigenständige Bedeutung, wenn der Kapitalmarkt unvollständig ist. Sie impliziert dann allerdings eine Einengung der Menge der relevanten Projekte: Ihre Überschüsse müssen trotz UnvoUständigkeit durch Portefeuillebildung duplizierbar sein. Während also bei partieller Anreizkompatibilität Einmütigkeit für beliebige 18) Zur Ermittlung eines solchen Portefeuilles vgl. Kapitel V, Abschnitt 4.2, wobei nun Bg = eip3(s = l,2,...,S)gilt.
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
241
Projekte gilt, impliziert die Spanning-Annahme (in Verbindung mit unvollständigem Kapitalmarkt) Einmütigkeit nur für den Fall einer entsprechenden Beschränkung des Aktionsspielraums des Unternehmens. Die gebotene Einengung der Menge der realisierbaren Projekte ist tendenziell um so gravierender, je größer der „Grad der UnvoUständigkeit" ist. Insbesondere bei innovativen Livestitionen, mit denen man in völlig neue Risikokategorien vorstößt, kann die Spanning-Bedingung verletzt sein. Der Beweis der Kompatibilität von Marktwertmaximierung und direkter Nutzenmaximierung bei unveränderlichen Grenznutzenwerten setzt zwar nicht voraus, daß die Anteilseigner den Zuständen Sg homogene Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen. Jedoch müssen sie - wie auch im SPA - ebenso wie der Entscheidungsträger wissen, welche Endwerte P^ alle Wertpapiere in den möglichen Zuständen aufweisen. Wenn der Entscheidungsträger davon ausgeht, daß die Anteilseigner dem aus seiner Sicht für ein Investitionsprojekt maßgeblichen Duplikationsportefeuille zustandsabhängige Endwerte zuordnen, die höher oder niedriger sind als die Projektüberschüsse, ist der Marktwert des Duplikationsportefeuilles als Bewertungsgrundlage für das Projekt ungeeignet. Bewertungsprobleme ergeben sich für den Entscheidungsträger vor allem dann, wenn er die Erwartungen der Anteilseigner nicht kennt, also nicht beurteilen kann, in welchem Umfang sie das aus seiner Sicht maßgebliche Duplikationsportefeuille über- oder unterbewerten. Analoge Probleme ergeben sich, wenn die Anteilseigner auf Grund beschränkter Rationalität die Wertpapiere nicht hinreichend gut bewerten können. Darauf kommen wir in Kapitel Xn, Abschnitt 9 zurück. Ist die Spanning-Bedingung nicht erfüllt, so kann trotzdem für einen Teil der Projekte des Untemehmens Duplikation der Projektüberschüsse möglich sein. Bezüghch dieser Projekte besteht daim zwar Einmütigkeit; sie sind für alle vorteilhaft, wenn ihr Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung positiv ist. Jedoch besteht grundsätzlich ein Konflikt bei den anderen Projekten. Marktwert- und subjektive Nutzenmaximierung stehen dann nicht streng im Einklang miteinander. Auswahlprobleme ergeben sich auch dann, wenn Projekte einander ausschließen und nur bei einem Teil dieser Projekte die Überschüsse duplizierbar sind. Mit der Möglichkeit des Spanning ist bei unvollständigem Kapitalmarkt um so eher zu rechnen, je größer die Zahl an Wertpapieren mit linear unabhängigen Endwertvektoren ist, je geringer also der „Grad der UnvoUständigkeit" des Kapitalmarktes ist. Auf Grund neuerer Entwicklungen hat sich der Kapitalmarkt immer mehr dem Ideal der Vollständigkeit genähert. „Die Entwicklungen der letzten 15 Jahre im Bereich der Finanzinnovationen und der Telekommunikation haben die Reichhaltigkeit der Anlagemöglichkeiten zweifellos in beträchtlichem Umfang erhöht. Gerade Derivate eröffnen ungeahnte Möglichkeiten zur Vervollständigung von Märkten, weil sogar nur ein einziger originärer Finanztitel (Aktie etc.) schon ausreichen kann, um durch darauf basierte Optionen bereits einen vollständigen Kapitalmarkt zu erhalten! Darüber
242
Kapitel IX
hinaus lassen sich solche Derivate zu relativ geringen Kosten gestalten, so daß die grundsätzliche Voraussetzungen flir einen Markt mit „Spanning" nicht ungünstig erscheinen" (EWERT, 1996, S. 547f). Jedoch muß beachtet werden, daß fllr Einmütigkeit nicht nur Spanning (und Konstanz der Grenznutzenwerte), sondern auch die Bedingung der proportionalen Risikoteilung maßgeblich ist. Diese Bedingung kann gerade durch Derivate verletzt werden. Wenn zum Beispiel Anteilseigner auch Kaufoptionen auf Aktien des Unternehmens halten, also konvex am Untemehmensüberschuß beteiligt sind, können flir sie Projekte vorteilhaft sein, die aus Sicht derjenigen Anteilseigner, die nur als Stammaktionäre proportional beteiligt sind, als zu riskant erscheinen. Marktwertmaximierung ist dann generell nur im hiteresse der Anteilseigner mit dem proportionalen Anteil (vgl. hierzu auch Kapitel X). 7.3.
Spanning und pareto-effiziente Risikoteilung im Vergleich
Bei unvollständigem Kapitalmarkt können vor allem solche Projekte einen relativ hohen „Wert" haben, die es ermöglichen, das Risiko „besser" als bisher zu teilen. Voraussetzung flir eine bessere Risikoteilung ist, daß die betreffenden Projektüberschüsse nicht als Linearkombination der Überschüsse bereits vorhandener Wertpapiere dargestellt werden können, daß also die SpanningBedingung verletzt ist. Es stellt sich dann aber das Problem, wie die betreffenden Projekte bewertet werden sollen (MOXTER, 1970, S. 143ff; BALLWIESER, 1994, S. 1391ff). Analog zu den Darstellungen in Kapitel IH, Abschnitt 6.3, ist es selbst bei unveränderlichen Grenznutzenwerten nicht möglich, bezüglich dieser Projekte simultan den Erwartungsnutzen aller Anteilseigner zu maximieren. Man mag einen Ausweg darin sehen, Marktwertmaximierung als „Kompromißzielfimktion" zu interpretieren und auch jene Projekte danach auszuwählen, die der Bedingung der Duplizierbarkeit nicht genügen. Jedoch ist offen, wie deren Marktwerte überhaupt ermittelt werden sollen. Komplexe Bewertungsprobleme können sich vor allem dann ergeben, wenn auf Grund einer ermöglichten „besseren" Risikoteilung Portefeuilleumschichtungen bei den Anteilseignem induziert werden, bei denen sich die individuellen zustandsabhängigen Grenznutzenwerte ändem. Es ändern sich dann das Bewertungssystem flir die Wertpapiere und mithin auch die Marktwerte solcher Papiere, deren Überschüsse von den Projekten unabhängig sind. Um beurteilen zu können, wie sich bei Durchfllhrung eines Projekts der Erwartungsnutzen eines Anteilseigners ändert, müßte u. a. antizipiert werden, wie er sein Portefeuille umschichtet und welche finanziellen Auswirkungen dies flir ihn hat. Die Portefeuilleumschichtung und die damit verbundenen Auszahlungen und Erlöse hängen jedoch von den Reaktionen aller Anteilseigner ab, die (ohne Kenntnis der individuellen Nutzenflinktionen und Wahrscheinlichkeitsvorstellungen) kaum prognostiziert werden können. Bei der Analyse theoretischer Zusammenhänge vor dem Hintergrund der Spanning-Bedingung sollte im übrigen stets offen gelegt werden, ob ein voll-
Bedingungen der Kompatibilität von Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung
243
ständiger Kapitalmarkt angenommen wird oder ein unvollständiger mit entsprechender Einengung des Aktionsraums. Oft dürfte auch Vollständigkeit des Kapitalmarktes gemeint sein, wenn von „Spanning" die Rede ist.
Ergänzende und vertiefende Literatur: BREUER (1997a); DEANGELO (1981); EWERT (1996); FRANKE/HAX (2004, S. 329ff.); GILLENKIRCHA^ELTHUIS (1997); GROSSMAN/STIGLITZ (1977); HARTMANN-WENDELS (1990); HAX/HARTMANN-WENDELS/V.HINTEN (1988); LAUX (1971a; 1975a; 2001b); LAUX/VELTHUIS (2004); MAKOWSKI/PEPALL (1985); RUBINSTEIN (1974); RUDOLPH (1983); WILHELM (1983b).
X.
1.
Zielkonflikte bei pareto-inferiorer Risikoteilung, nichtproportionaler Erfolgsteilung und/oder veränderlichen Grenznutzenwerten Problemstellung
Wie in Kapitel IX gezeigt wurde, stehen individuelle Marktwert- und Nutzenmaximierung im Einklang miteinander, wenn in der Ausgangssituation das Risiko bereits pareto-effizient geteilt ist, sämtliche Anteilseigner proportional am Projekterfolg beteiligt sind und sich bei Durchführung eines zusätzlichen Projekts die Grenznutzenwerte nicht ändem. Gegenstand des vorliegenden Kapitels sind nun potentielle Zielkonflikte fixr den Fall, daß eine oder mehrere dieser Bedingungen nicht erflillt sind. Dabei ist zu beachten, daß diese Bedingungen zwar hinreichend jedoch nicht notwendig für Anreizkompatibilität bzw. bei Fehlen immaterieller Ziele für Einmütigkeit sind. Wenn sie jedoch nicht alle erfiillt sind, kann Anreizkompatibilität nur in Spezialfällen bestehen. Bei Zielkonflikt kann natürlich kein Untemehmensziel existieren, mit dem die Interessen aller vertreten wird. Ist der Kapitalmarkt unvollständig und/oder wwvoUkommen, so wird auch in einem K^pitsilmsücktgleichgewicht das Risiko nicht zwingend pareto-effizient geteilt, so daß sich Zielkonflikte zwischen Anteilseignem bezügUch der Durchführung neuer Investitionsprojekte und der Finanzierung ergeben können. Potentielle Zielkonflikte im unvollständigen und/oder unvollkommenen Kapitalmarkt werden in Abschnitt 2 erläutert. In Abschnitt 3 wird die Finanzierung mit nichtproportionaler Aufteilung des Erfolges auf die verschiedenen Finanztitel im Spannungsfeld zwischen dem Ziel pareto-effizienter Risikoteilung und dem der Schaffung oder Erhaltung von Einmütigkeit diskutiert. Dabei werden insbesondere auch Konflikte zwischen Gläubigem und Anteilseignem bei Partizipation der Gläubiger am Erfolgsrisiko gezeigt. In Abschnitt 4 werden potentielle Zielkonflikte zwischen Anteilseignem für den Fall erläutert, daß sich bei Durchführung zusätzlicher Investitionen ihre zustandsabhängigen Grenznutzenwerte ändem. Die Darstellungen in Abschnitt 4 werden in Kapitel XI wesentlich vertieft und erweitert.
2.
Pareto-inferiore Risikoteilung: Ein Rückblick
Die Bedingung der partiellen Anreizkompatibilität setzt u.a. voraus, daß in der Ausgangssituation, d.h. vor Durchführung neuer Projekte, bezüglich der entscheidungsrelevanten Zustände Sj, S2v5 Sg bereits eine pareto-effiziente Risikoteilung besteht. Dabei ist zu beachten, daß die Bedingung der paretoeffizienten Risikoteilung hier nur fordert, daß eine Risikoteilung gegeben ist,
246
Kapitel X
bei der durch Umverteilung von Endvermögenswerten bezüglich der relevanten Zustände Sg kein Anteilseigner einen Vorteil erzielen kann, ohne daß für mindestens einen anderen ein Nachteil entsteht. Die Pareto-Effizienz kann in dem Sinne beschränkt sein, daß Größen bzw. Ereignisse existieren, die eine „bessere" Risikoteilung (zum Beispiel bezüglich persönlicher Einkünfte) ermöglichen würden, wenn sie in die Teilungsregel einbezogen werden könnten (also zum Beispiel verifizierbar wären). Ist der Kapitalmarkt vollständig (und vollkommen), so ist die Bedingung der partiellen Anreizkompatibihtät bei unveränderlichen Grenznutzenwerten und proportionaler Erfolgsbeteiligung stets erfüllt. Einmütigkeit besteht jedoch auch im unvollständigen Kapitalmarkt, wenn trotz UnvoUständigkeit die Spanning-Bedingung erfüllt ist, d.h. der Aktionsraum des Untemehmens derart begrenzt ist, daß der Überschuß jedes möghchen Investitionsprojekts dupliziert werden kann (Kapitel IX, Abschnitt 7). Auch in diesem Fall steht individuelle Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Auch wenn die Spanning-Bedingung nicht erfüllt ist, kann Anreizkompatibilität bestehen. Dies ist zum Beispiel im modifizierten SPA der Fall. Hier gibt es idiosynkratische Risiken, die nicht duplizierbar sind, jedoch deshalb nicht bewertungsrelevant sind, weil die Anteilseigner (annahmegemäß) gut gemischte Portefeuilles halten, bei denen sie praktisch eliminiert werden. Anreizkompatibilität besteht auch dann, wenn die Nutzenfunktionen und die Erwartungen der Anteilseigner bestimmte Bedingungen erfüllen. Charakteristisch für Einmütigkeit sind die BQ- und die NE-Variante des CAPM. Die entsprechenden Bewertungsfunktionen gelten unabhängig davon, ob der Kapitalmarkt vollständig ist oder nicht. Von Bedeutung ist hier, daß bei beiden Varianten im Gleichgewicht der Endwert aller Wertpapiere linear und zugleich pareto-effizient geteilt wird. Es besteht hier (strenge) Anreizkompatibilität bezüglich beliebiger Projekte. Im Rahmen der NB-Variante des CAPM ist nicht garantiert, daß die lineare Aufteilung pareto-effizient ist. Hier ist auch nicht gewährleistet, daß Einmütigkeit besteht. Die Darstellungen verdeutlichen die allgemeine Bedeutung einer paretoeffizienten Risikoteilung für die Existenz von Anreizkompatibilität. Eine pareto-inferiore Risikoteilung kann vor allem auch aus einer UnvoUkommenheit des Kapitalmarktes (insbesondere aus Transaktionskosten für den Handel mit Wertpapieren) resultieren. Sind Voraussetzungen des vollkommenen Kapitalmarktes nicht erfüllt, so ist die Bedingung der pareto-effizienten Risikoteilung allgemein auch dann verletzt, wenn der Kapitalmarkt vollständig ist. Es besteht dann keine (partielle) Anreizkompatibilität, auch wenn die Projekterfolge proportional geteilt werden und die Grenznutzenwerte bei Durchführung zusätzlicher Projekte unveränderlich sind.
Zielkonflikte
3, 3.1.
247
Nichtproportionale Erfolgsteilung und Finanzierung Gegebenes Investitionsprogramml)
Bisher wurden letztlich nur zwei Grundformen der Finanzierung betrachtet, Fremdfinanzierung zum risikolosen Zinssatz r und Eigenfinanzierung mit proportionaler Beteiligung der Anteilseigner an den Überschüssen des Unternehmens. Daneben gibt es vielfältige andere Gestaltungsformen für Finanzierungstitel wie zum Beispiel risikobehaftetes Fremdkapital mit alternativen Formen der Kreditsicherung, Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen, Leasing und Vorzugsaktien. Altemative Finanzierungsformen können sich vor allem dadurch unterscheiden, daß sie die Inhaber der betreffenden Finanztitel in unterschiedlicher Weise am Untemehmensrisiko beteiligen. Wenn ein Untemehmen neben den bisher betrachteten Grundformen der Finanzierung weitere Finanztitel mit unterschiedlicher Beteiligung am Untemehmensrisiko anbietet, könnten alle Beteiligten einen Vorteil erzielen, da sich dann die Zahl der handelbaren Wertpapiertypen erhöht und sich mithin der Aktionsspielraum für eine effiziente Risikoteilung erweitert. Die Erweiterung der Finanzierungsformen ist jedoch bei gegebenem Risiko bzw. Investitionsprogramm des Untemehmens in jedem Fall dann irrelevant, wenn ohnehin schon „ideale" Möglichkeiten der Risikoteilung bestehen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Kapitalmarkt bereits vollständig ist und der explizite oder implizite Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen keine Transaktionskosten verursacht. Das aus den Livestitionen aller Untemehmen resultierende Risiko kann dann unabhängig von den Nutzenfunktionen und den Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der Zustände pareto-effizient geteilt werden. Die Änderung der Finanzpolitik eines Unternehmens ermöglicht dann keine Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Endwerte der individuellen Portefeuilles, die nicht schon vorher durch Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche hätten realisiert werden können. Die Summe der Marktwerte aller Finanztitel des Untemehmens zum Zeitpunkt 0 ändert sich somit nicht, wenn die Überschüsse des Leistungsbereichs in anderer Weise zerlegt werden.^) Die Finanzierung eines Untemehmens ist bei gegebenem Investitionsprogramm auch dann für die Nutzenerwartungswerte der Beteiligten und den Marktwert des Untemehmens irrelevant, wenn der Kapitalmarkt zwar nicht 1)
Vgl. hierzu auch BREUER (1998, S. 61ff); DRUKARCZYK (1993, S. 53ff., 125ff., 266f.);
2)
Die Finanziening ist bei gegebenem Investitionsprogramm auch dann irrelevant, wenn der Kapitalmarkt zwar unvollständig ist, jedoch im Untemehmen nur solche Finanztransaktionen erwogen werden, die die Anteilseigner auch privat auf eigenen Rechnung zu denselben Konditionen durchführen können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn jeweils die Spanning-Bedingung erfüllt ist.
SCHMIDT/TERBERGER(1997, S. 250-268); SWOBODA(1991, S. 92ff.).
248
Kapitel X
vollständig, jedoch effektiv vollständig ist, d.h. trotz Unvollständigkeit das Risiko pareto-effizient geteilt wird (INGERSOLL, 1987, S. 191f). Effektive Vollständigkeit ist zum Beispiel im Rahmen der BQ- bzw. der NE-Variante des CAPM gegeben. Unabhängig von der Zahl der Wertpapiere erfolgt hier eine pareto-effiziente Risikoteilung, indem jeder Anteilseigner einen Teil des Marktportefeuilles hält. Die Nutzenerwartungswerte der Anteilseigner sowie der Marktwert des Unternehmens ändem sich nicht, wenn zum Beispiel alle Aktien eingezogen und für jede Aktie ein „Paket" von Wertpapieren zur Verfügung gestellt wird, das insgesamt denselben Zahlungsanspruch verbrieft. Das Irrelevanztheorem der Finanzierung kann allgemein wie folgt formuliert werden: Der gegenwärtige Marktwert der zukünftigen Rückflüsse aus gegebenen riskanten Investitionen ist unabhängig davon, in welcher Weise diese Rückflüsse auf emittierte Finanztitel aufgeteilt werden. Diese Formulierung ist als Wertadditivitätsprinzip bekannt. Sie geht auf HALEY/SCHALL zurück: „No matter how you split up a given income stream the sum of values of the component streams equals the value of the original stream" (1979, S. 167). 1st der Kapitalmarkt nicht (effektiv) vollständig, so ist zwar die Finanzierung grundsätzlich nicht irrelevant im strengen Sinn, d.h. bezüglich beliebiger Finanzierungsformen. Jedoch ist die Umverteilung des Untemehmensrisikos durch Änderung der Finanzstruktur immerhin dann irrelevant, wenn nur solche Anwartschaften auf zukünftige Überschüsse resultieren, fllr die die Bedingung der Duplizierbarkeit mit bereits vorhandenen Wertpapieren erfiillt ist. (Bei vollständigem Kapitalmarkt ist diese Bedingung fiiryWe Finanzierungsart erfiillt.) Einerseits kann zwar die Finanzierung relevant sein, wenn die Bedingung der Duplizierbarkeit nicht erfiillt ist.^) Andererseits besteht dann keine Anreizkompatibilität (Einmütigkeit), so daß Marktwertmaximierung nicht im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung stehen kann. Damit zeigt sich das folgende Dilemma der Finanzierung unter dem Gesichtspunkt der Marktwertmaximierung: Ist die Marktwertmaximierung im Interesse aller Anteilseigner, hat die Finanzierung keinen Einfluß auf den Marktwert. Hat sie einen Einfluß, steht Marktwertmaximierung nicht im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung, so daß die Auswahl bzw. Änderung der Finanzstruktur grundsätzlich mit Zielkonflikten verbunden ist. 3.2.
Variables Investitionsprogramm
3.2.1. Konflikte zwischen Anteilseignern Das theoretische Konstrukt der Irrelevanz der Finanzierung bezieht sich auf ein gegebenes Investitionsprogramm. Geht es um das Problem, welches Investitionsprogramm gewählt werden soll, ist die Art der Teilung des Risikos zwischen 3)
Unter den Voraussetzungen des CAPM ist sie auch dann nicht relevant, wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist.
Zielkonflikte
249
den Kapitalgebem von Bedeutung. Die Finanzstruktur ist dann entscheidend dafiir, ob Anreizkompatibilität zwischen den Kapitalgebem besteht oder nicht."^) Bei pareto-effizienter Risikoteilung besteht flir Projekte mit geringem Umfang (und entsprechend unveränderlichen Grenznutzenwerten) kein Zielkonflikt, wenn nur die bisher betrachteten Grundformen der Finanzierung relevant sind: Einerseits besteht Einmütigkeit bezüglich aller Anteilseigner, andererseits erzielen die Gläubiger bei Durchfiihrung neuer Projekte zwar keinen Vorteil, aber auch keinen Nachteil. Im folgenden sollen potentielle Zielkonflikte zwischen Kapitalgebem bei anderen Formen der Finanzierung gezeigt werden, wobei zunächst angenommen wird, daß der Kapitalmarkt vollständig ist und die Fremdkapitalgeber nicht am Geschäftsrisiko beteiligt sind. Die Anteilseigner tragen also das Risiko allein, wobei sich Konflikte zwischen ihnen daraus ergeben, daß die einzelnen Beteiligungstitel keine proportionalen Erfolgsanteile verbriefen. Es wird im folgenden davon ausgegangen, daß eine Aktiengesellschaft n zum Zeitpunkt 0 sämtliche Aktien einzieht, wobei jeder Anteilseigner je Aktie zwei neue Beteiligungstitel nj und nj erhält, die gemeinsam denselben proportionalen Anteil an den Überschüssen des Untemehmens verbriefen wie eine Aktie in der Ausgangssituation. Jedoch ist der Anteil, der auf einen einzelnen neuen Wertpapiertyp (n^ bzw. rii) entfällt, nicht proportional.^) Da vor dem Wertpapiertausch partielle Anreizkompatibilität gegeben war, gilt dies auch unmittelbar danach, denn jeder Anteilseigner ist im Rahmen seines neuen Wertpapierbestandes ebenso proportional an den Überschüssen des Untemehmens beteiligt, wie in der Ausgangssituation. Werden im Zeitablauf Wertpapiere n^ und ni gehandelt, so besteht auch zu einem zukünftigen Zeitpunkt partielle Anreizkompatibilität, sofem dann das Risiko wieder paretoeffizient geteilt ist und jeder „alte" und „neue" Aktionär dieselbe Zahl an Einheiten des Wertpapiers n^ wie an Einheiten des Wertpapiers ni hält. (Die Anteilseigner werden dann wieder proportional an den Erfolgen neuer Projekte beteiligt.) Diese Voraussetzung wird jedoch in der Regel nicht erfiillt sein. Ein Anteilseigner erzielt bei gegebenem Investitionsprogramm keinen unmittelbaren Nachteil, wenn er immer die gleiche Zahl an Einheiten der Wertpapiere n^ und n2 kauft bzw. verkauft, da Unterschiede in den Anwartschaften auf zukünftige Überschüsse gegenüber einem alleinigen Kauf bzw. Verkauf von Wertpapieren n^ bzw. r^i in einem vollständigen Kapitalmarkt durch Handel mit anderen Wertpapieren kompensiert werden können. Er erzielt aber auch kei4)
5)
Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen von Kapitalgebem und die Möglichkeiten, durch Investitions- und Finanzierungsmaßnahmen Vorteile für eine Gruppe zu Lasten anderer zu erzielen, ist Gegenstand der finanziellen Agency-Theorie (FRANKE, 1993 a, S. 390). Vgl. zu diesem Problemkreis BARNEA/HAUGEN/SENBET (1985); HARRIS/RAVIV (1991); SWOBODA (1991, Kapitel 5); TERBERGER (1987). Da die Aktien ohnehin beliebig teilbar sind, kann ihre proportionale Zerlegung in verschiedene Bestandteile keinen Vorteil mit sich bringen.
250
Kapitel X
nen Vorteil. Werden nun in unterschiedlichen Mengen Wertpapiere des Typs n^ und des Typs n2 gekauft bzw. verkauft, so sind zu einem zukünftigen Zeitpunkt nicht mehr alle Anteilseigner proportional an den Überschüssen des Untemehmens beteiligt, so daß trotz der pareto-effizienten Risikoteilung keine partielle Anreizkompatibilität besteht. Zum Beispiel können für Anteilseigner mit konvexer Beteiligung an den Überschüssen Projekte mit relativ hohem Risiko vorteilhaft sein und für Anteilseigner mit konkaver Beteiligung Projekte mit relativ niedrigem Risiko. Die Anteilseigner könnten allerdings zukünftige Literessenkonflikte antizipieren und immer nur im gleichen Umfang Wertpapiere der beiden Typen kaufen bzw. verkaufen. Jedoch besteht keine Garantie für dieses Vorgehen. Anteilseigner mögen zum Beispiel - aus welchen Gründen auch immer - erwarten, daß in Zukimft primär die Interessen der Inhaber von Wertpapieren n^ verfolgt werden, solche Wertpapiere kaufen und Wertpapiere n2 verkaufen. Bei anderen Anteilseignem mag es sich umgekehrt verhalten. Ist der Kapitalmarkt wwvoUständig, so besteht nur unter speziellen Voraussetzungen die Möglichkeit, das Risiko durch Handel mit Wertpapieren paretoeffizient zu teilen. Die Erweiterung der Finanzierungspalette von Untemehmen gewinnt dann grundlegende Bedeutung, sofem auf Grund der größeren Zahl von Wertpapieren (von Anteilen an den ungewissen Überschüssen der Investitionen) der „Grad der UnvoUständigkeit" reduziert und somit eine bessere Risikoallokation ermöglicht wird. Ist in der neuen Situation der Kapitalmarkt vollständig, so wird eine pareto-effiziente Risikoteilung ermöglicht. Notwendige Bedingung für eine Verbesserung der Teilungsmöglichkeiten ist allerdings, daß durch die Erweiterung der Finanzierungspalette die Zahl der Wertpapiere mit linear unabhängigen Zahlungsansprüchen steigt; die Emission neuer Finanztitel, deren Überschüsse durch Bildimg eines Portefeuilles mit bereits vorhandenen Wertpapieren rekonstruiert werden können, verbessert nicht die Möglichkeiten der Risikoteilung. Wird durch Wertpapiertausch mit nichtlinearer Zerlegung in Teilansprüche eine bessere Risikoteilung ermöglicht, führt dies zwangsläufig zu einem Handel (auch) mit den neuen Wertpapieren mit der Folge, daß dann die Anteilseigner nicht mehr proportional an den Überschüssen des Unternehmens beteiligt sind. Es besteht dann keine partielle Anreizkompatibilität, selbst wenn nach dem Handel das Risiko pareto-effizient geteilt ist. Da jedoch in der Ausgangssituation das Erfolgsrisiko nicht pareto-effizient geteilt war, bestand auch vor Änderung der Teilungsregel trotz proportionaler Erfolgsteilung keine Anreizkompatibilität für beliebige Projekte. Es ist äußerst schwierig, allgemeingültige und konkrete Aussagen darüber zu machen, ob die Zielkonflikte bei proportionaler Erfolgsteilimg mit pareto-inferiorer Risikoteilung oder bei nichtproportionaler Erfolgsteilung mit pareto-effizienter Risikoteilung größer sind. Auch wenn alle originären BeteiUgungstitel des Untemehmens eine proportionale Erfolgsbeteiligung verbriefen, können sich Konflikte zwischen den Anteilseignem ergeben, weil sie zusätzUch zu diesen Titeln auch derivative
Zielkonflikte
251
Finanztitel halten, die zukünftige Zahlungen verbriefen, deren Höhe von der Preisentwicklung der originären Beteiligungstitel des Unternehmens abhängt. Charakteristisch hierfür sind Optionen. Hält ein Anteilseigner eine Option auf den zukünftigen Kauf von x Aktien des Untemehmens zu einem gegebenem Basispreis, so wird er tendenziell höhere Risiken präferieren als die übrigen Anteilseigner: Ist auf Grund entsprechender Projektüberschüsse der Aktienkurs höher als der Basispreis, wird er die Option ausüben und daraus einen Vermögenszuwachs in Höhe des Produktes aus x und der Differenz zwischen dem Kurs und dem Basispreis erzielen. Ist der Kurs niedriger, wird er von seinem Recht nicht Gebrauch machen, so daß er aus der Option keinen direkten Nachteil erzielt. Die Konsequenz ist, daß der Anteilseigner nicht mehr proportional am Untemehmenserfolg partizipiert. Der Konflikt zwischen ihm und den anderen Anteilseignem ist tendenziell um so größer, je größer x und je niedriger die Zahl der Aktien des Untemehmens ist, die er vor Ausübung der Option in seinem Portefeuille hält, je weniger er also aus seinen originären Finanztiteln verliert, wenn die Projektüberschüsse und mithin der Aktienkurs niedrig sind. Verfügt der Anteilseigner über eine Verkaufsoption, besteht ebenfalls ein Konflikt mit den übrigen Anteilseignem. Wenn geringe Projektüberschüsse einen Kurs induzieren, der niedriger ist als der Basispreis, verkauft er die betreffenden Aktien an den Stillhalter und erzielt einen Vermögenszuwachs in Höhe des Produktes aus der Zahl der verkauften Aktien und der Differenz aus Basispreis und Kurs; wieder ist die Erfolgsteilung nicht proportional. 3.2.2. Konflikte zwischen Anteilseignern und Gläubigern 3.2,2, L
Entscheidungssituation
Werden die Gläubiger am Geschäftsrisiko beteiligt, so besteht im allgemeinen Zielkonflikt (auch) zwischen Anteilseignem und den Gläubigem. Die hiermit verbundenen Probleme werden als Agency-Probleme der Fremdfinanzierung bezeichnet. Der Konflikt soll im folgenden verdeutlicht werden, wobei wieder von einem Planungszeitraum von einer Periode ausgegangen wird. Außerdem wird vereinfachend angenommen, daß die Gläubiger nicht zugleich als Gesellschafter am Untemehmenserfolg partizipieren. Am Ende der Periode werde das betrachtete Unternehmen n liquidiert und folgende Ausschüttung Ü j ^ an die Anteilseigner vorgenommen, wobei davon ausgegangen wird, daß die Anteilseigner nicht privat für die Schulden des Untemehmens haften: .^1^
TT
f Ü L l n - ( l + Pn)-FKo^. f ü r Ü L i ^ - ( l + p,).FK^^ > 0 , [O
,fÜrULi^-(l + p J . F K o n < 0 .
ÜLin bezeichnet den Einzahlungsüberschuß des Investitionsprogramms des Untemehmens n zum Zeitpunkt 1, FKQJ^ den zum Zeitpunkt 0 aufgenommenen Fremdkapitalbetrag und pj^ den Fremdkapitalzins. Dabei gilt p^ =r, wenn die Gläubiger davon ausgehen, daß sie am Risiko nicht beteiligt werden, und
252
Kapitel X
Pn>r, wenn sie eine Risikobeteiligung antizipieren. Das Livestitionsprogramm enthalte nur Realinvestitionen (Investitionen im operativen bzw. im Leistungsbereich). Spezifische Probleme, die aus einem untemehmensintemen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen resultieren, werden hier nicht betrachtet. (Vgl. hierzu Kapitel XK.) Sind alle Anteilseigner proportional an der Ausschüttung M^j^ beteiligt und ist der Kapitalmarkt vollständig, so besteht zwischen ihnen bei quasi-konstanten Grenznutzenwerten partielle Anreizkompatibilität. Jedoch besteht grundsätzlich ein Konflikt zwischen ihnen und den Gläubigem. Er resultiert aus der asymmetrischen Beteiligung beider Parteien an (einer Änderung von) ÜLi^' Wenn im Bereich ÜLin^(l+Pn)*FKon der Uberschuß ÜL^^ steigt, so steigt entsprechend das Endvermögen der Anteilseigner, während sich die Position der Gläubiger nicht verbessert. Wenn im Bereich ÜLj^ <(l+Pn)FKon der Uberschuß ÜLjn sinkt, so sinkt das Vermögen der Gläubiger bei unverändertem Vermögen der Anteilseigner. Bei gegebener Ausschüttung Üon an die Anteilseigner zum Zeitpunkt 0 und gegebenen Werten für FKon und pj^ ist es im Sinne der Anteilseigner, wenn der folgende Marktwert maximiert wird:
s (X.2)
s
Mon= l7r3.Üin,s ^ iTig.max{ÜLin,s-(l + Pn)-FKon;0} . s=l
s=l
'
^—
'
Es besteht die Tendenz, riskantere Projekte zu wählen als bei reiner Eigenfinanzierung und dabei Vorteile zu Lasten der Gläubiger zu erzielen. Zur Verdeutlichung des Konflikts wird (X.2) wie folgt umgeformt: (X.3)
Mon=(l + r ) - l - I ( l + r ^ '^^ -w(Ss) = (l + r)-1.2:w(Ss).max{ÜLin,3-(l + pJ.FKon;0}. s=l
Hier erfolgt eine „risikoneutrale" Bewertung von MQH mit Hilfe der MartingalwahrscheinUchkeiten w(Ss). Da (1 +r)~l eine Konstante ist, wird MQ^ maximiert, indem der Summenausdruck in der unteren Zeile von (X.3) maximiert wird. Er kann kurz wie folgt dargestellt werden: E[max{ÜLin-(l+Pn)-FKon;0}]. Es ist der „risikoneutrale" Erwartungswert der Ausschüttung an die Anteilseigner zum Zeitpunkt 1. Die Gläubiger bewerten in der gleichen Weise. Für den Wert ihrer Forderung gilt: E[min{(l+Pn).FKon;ÜLij,}].
Zielkonflikte
253
3.2.2.2. Darstellung von Erwartungsstrukturen Der Konflikt zwischen Anteilseignem und Gläubigem läßt sich anschaulich zeigen, indem Wahrscheinlichkeitsverteilungen bezüglich imgewisser Zielgrößen graphisch mit Hilfe von „Erwartungsstrukturen" dargestellt werden. Die Erwartungsstruktur bezüghch irgendeiner Zielgröße bringt zum Ausdmck, welche Martingalwahrscheinlichkeiten alternativen Zielgrößenwerten entsprechen. Sie ergibt sich als Umkehrfunktion der den Martingalwahrscheinlichkeiten entsprechenden Verteilungsfunktion der Zielgröße. Zur Verdeutlichung dient eine beliebige Zielgröße Z (etwa ÜL^j^ oder Üi^) mit 5 möglichen Ausprägungen. In Abbildung X.l ist die WahrscheinUchkeitsfunktion für Z im Stabdiagramm dargestellt. Die Stäbe geben die MartingalwahrscheinUchkeiten w(Z2) der möglichen Ausprägungen Z^ der Zielgröße an und haben eine Gesamtlänge von 1. w(Z,)
w(Z2)
- ( ^ 3 ) ^ ( f 4 ) ^(Z5)
w(Zi)
Zj Abb. X.1:
Z2
0
Z3
Z4
Z5
Z,
Graphische Darstellung einer diskreten Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Zielgröße
In Abbildung X.2 ist die Umkehrfunktion der Verteilungsfunktion, die Erwartungsstruktur, dargestellt.^) Der Inhalt der unterhalb der Abszisse liegenden schräg schraffierten Fläche FI2 ist gleich der gewichteten Summe der negativen Zielgrößenwerte, wobei als Gewichtungsfaktoren die zugehörigen Martingalwahrscheinlichkeiten dienen. Der Inhalt der waagerecht schraffierten Fläche Flj ist gleich der gewichteten Summe der positiven Zielgrößenwerte. Der Inhalt der Fläche Flj abzüglich des Inhalts der Fläche FI2 ergibt den (risikoneutralen) Erwartungswert E[Z] der Zielgröße: E(Z) = F l i - F l 2 = I w ( Z , ) . Z , - Ew(Z,).|Z,| . z=3
z=l
Das Rechteck ABDC in Abbildung X.2 hat eine Höhe von E[Z] und eine Breite von 1; mithin ist sein Inhalt ebenfalls gleich E[Z]; auch dieses Rechteck bringt somit den Erwartungswert der Zielgröße auf Grund der Martingalwahrscheinlichkeiten zum Ausdruck. 6)
Vgl. zu einer analogen Darstellung auf der Basis realer Wahrscheinlichkeiten und Risikoneutralität ARNOLD (1964); KRÜMMEL (1966); RUDOLPH (1974, S. 30ff).
254
Kapitel X
E(Z) w(Z3) w(Z4) w(Z5) 1
kumulierte Martingalwahrscheinlichkeiten
Iw(Zi)
Abb. X.2: Graphische Darstellung einer Erwartungsstruktur (diskreter Fall) Zur Vereinfachung der graphischen Darstellungen werden im folgenden stetige Kurven berücksichtigt (vgl. Abbildung X.3).
kumulierte Martingalwahrscheinlichkeiten
Abb. X.3: Graphische Darstellung einer Erwartungsstruktur (stetiger Fall) hn Rahmen des hier zugrunde gelegten State Preference Ansatzes ist zwar die Zahl der möglichen Zustände Sg endlich, so daß Erwartungsstrukturen wie in Abbildung X.2 stets „treppenförmig" verlaufen. Je größer jedoch die Zahl dieser Zustände und je kleiner deren Martingalwahrscheinlichkeiten sind, desto besser können solche Erwartungsstrukturen durch stetige Kurven angenähert werden.
Zielkonflikte
255
Der einem Ordinatenwert Z* (Z^^^
ÜL\n = Fli + FI2 + FI3 + FI4.
Die Anteilseigner erhalten hier zum Zeitpunkt 1 den sicheren Betrag FI3+FI4 (= ÜL\j^-(l+r)-FKon) und die Gläubiger den Betrag FI1+FI2 (=(l+r)FKon). Für den Erwartungswert des Einzahlungsüberschusses ULj^ des riskanten Programms 2 gilt: (X.5)
E(ÜLi)=Fl2+Fl4+Fl5.
Der (risikoneutrale) Erwartungswert des Anteils max{ÜLi^ -(lH-r)FKon;0} 2 der Anteilseigner an ULj^ beträgt FI4+FI5 und der Erwartungswert des Anteils min{(l4-r)-FKon;ULij^} der Gläubiger FI2. Die Gläubiger werden beim riskanten Programm am Risiko beteiligt. Wird dieses Programm realisiert, so sinkt im Vergleich zum sicheren Programm der (risikoneutrale) Erwartungswert ihres Endvermögens um den hihalt der Fläche Fli.
256
Kapitel X
ÜLinf
Erwartungsstruktur bezüglich des Überschusses ÜL|j^
(l + r)-FKon
1 kumulierte Martingalwahrscheinlichkeiten Abb. X.4: Erwartungsstrukturen bezüglich des Überschusses ÜL^j^ für zwei alternative Programme Im Fall FKOJJ=0 würde der Entscheidungsträger das riskante Programm genau dann wählen, wenn E(ÜL^n) ^ ÜL\J^ gilt. Diese Bedingung ist gemäß (X.5) und (X.4) erföUt, wenn FI2 + FI4 + FI5 > Flj + FI2 + FI3 + FI4 oder (X.6)
Fl5>Fli+Fl3
gilt. Der Entscheidungsträger orientiert sich dagegen im Fall FKon^O nicht am Erwartungswert E(ULijj), sondern an E[max{ULij^-(l + r)-FKoti;0}]. Aus seiner Sicht ist das riskante Programm im Vergleich zum sicheren dann vorteilhaft, wenn FI4 + FI5 > FI3 + FI4 und mithin
Zielkonflikte
(X.7)
257
Fl5>Fl3
gilt. Im Entscheidungskalkül des Entscheidungsträgers wird die WahrscheinUchkeitsverteilung über ÜL^^j^ nur insoweit berücksichtigt, als sie die Interessen der Anteilseigner berührt; es wird vemachlässigt, daß bei einem Übergang vom Programm 1 auf 2 die Gläubiger zum Zeitpunkt 1 eine Vermögensminderung erfahren, deren (risikoneutraler) Erwartungswert Fl^ beträgt. Für den Fall FI5 > FI3 und FI5 < Fl^ +FI3 ergibt sich folgende Konsequenz: Das riskante Programm wird gewählt, obwohl damit gegenüber dem sicheren Programm der (risikoneutrale) Erwartungswert des Einzahlungsüberschusses zum Zeitpunkt 1 sinkt. Es entsteht ein kollektiver Wohlfahrtsverlust, wobei jedoch die Anteilseigner auf Grund einer Umverteilung des Überschusses einen Vorteil erzielen. Sie gewinnen im Vergleich zum sicheren Projektgewinn FI5 hinzu und verlieren nur FI3, der durch Flj ausgedrückte Nachteil ist von den Gläubigem zu tragen. Je stärker der Überschuß ÜL^^ des Programms 2 bei gegebenem Erwartungswert „streut", desto größer sind tendenziell die Flächen FI4 +FI5 und Flj und desto größer ist bei Wahl dieses Programms der Erwartungswert des Endvermögens der Anteilseigner und desto kleiner ist der der Gläubiger. Es besteht auch die Gefahr, daß der Entscheidungsträger ausgehend von einem bereits gegebenen riskanten Investitionsprogramm Projekte durchführt, die E(ÜLIJ^) reduzieren, und/oder Projekte unterläßt, die E(ÜLij^) erhöhen würden, und dabei wieder die Anteilseigner einen Vorteil zu Lasten der Gläubiger erzielen; es besteht die Gefahr der „Über-" oder der „Unterinvestition". Auch diese Gefahr läßt sich mit Hilfe von Erwartungsstrukturen beschreiben. Hierzu wird angenommen, in der Ausgangssituation sei jenes Programm gegeben, das der Erwartungsstruktur 1 in Abbildung X.5 entspricht. Nun könne das betreffende Programm derart geändert werden, daß sich die gestrichelte Erwartungsstruktur 2 ergibt. Wegen Fl3
der Erwartungswert E([JLi^). Trotzdem wird sie vom Entscheidungsträger vorgenommen; der Erwartungswert des Endvermögens der Anteilseigner steigt um FI3 - FI2 > 0 während der der Gläubiger um Flj sinkt. Analog kann gezeigt werden, daß es aus Sicht der Anteilseigner auch vorA
teilhaft sein kann, Projekte, die den Erwartungswert E(ULin) erhöhen würden, zu unterlassen. In der Ausgangssituation sei nun die Erwartungsstruktur 2 in Abbildung X.5 relevant, wobei die Möglichkeit bestehe, durch Modifikation des Investitionsprogramms die Erwartungsstruktur 1 zu erreichen. Wegen A
Flj +FI2 > FI3 würde der Erwartungswert E([JLi^) steigen. Jedoch ist wegen FI2 < FI3 die Modifikation aus Sicht der Anteilseigner nachteilig. Sie wird unterlassen, obwohl sie den Erwartungswert des Endvermögens der Gläubiger
258
Kapitel X
um einen Betrag erhöht hätte, der größer ist als die Reduktion des Erwartungswertes des Endvermögens der Anteilseigner. ÜLi„A
ErwartungsStruktur 1
(Ur).FKon
kumulierte Martingalwahrscheinlichkeiten
Abb. X.5: Erwartungsstrukturen über den Überschuß für zwei Programme Li beiden Fällen ergibt sich ein kollektiver Wohlfahrtsverlust, hn ersten Fall sinkt der Erwartungswert auf Grund der Durchfahrung von Projekten, die den Erwartungswert von ÜLi^ reduzieren {Überinvestition), im zweiten Fall wird die Möglichkeit, den Erwartungswert zu erhöhen, nicht wahrgenommen {Unterinvestition), Die Problematik resultiert daraus, daß die Teilungsregel zwischen Gläubiger und Anteilseignem nicht anreizkompatibel (weil sie nicht linear) ist.
Zielkonflikte
259
Da sich bei Multiplikation des risikoneutralen Erwartungswertes eines Überschusses mit dem Diskontfaktor (1 +r)~l der Marktwert dieses Überschusses ergibt, können die Zusammenhänge allgemein auch wie folgt dargestellt werden: Einerseits kann ein Investitionsprojekt, dessen Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung negativ ist, aus Sicht der Anteilseigner vorteilhaft sein, weil der Betrag dieses Marktwertes höher ist als der Betrag, um den der Marktwert der Zahlung an die Gläubiger (der Marktwert des Fremdkapitals) sinkt. Andererseits kann ein Projekt, dessen Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffiingsauszahlung positiv ist, aus Sicht der Anteilseigner deshalb nachteilig sein, weil dieser Kapitalwert niedriger ist als der Betrag, um den der Marktwert des Fremdkapital steigt. Unabhängig davon, ob die Anschaffiingsauszahlung des gesamten Investitionsprogramms ein Datum oder variabel ist, besteht ein Konflikt zwischen dem Ziel der Maximierung des gesamten Marktwertes und dem der Maximierung der Aktien des Unternehmens. 3.2.2.4. Wohlfahrtsverluste auch bei rationalen Erwartungen der Gläubiger Wie erläutert wurde, realisiert der Entscheidungsträger bei einer Wahlmöglichkeit zwischen den in Abbildung X.4 dargestellten Programmen das riskante, sofern FI5 > FI3 gilt. Im folgenden wird davon ausgegangen, diese Bedingung sei erfiillt. Die Gläubiger werden dann am Risiko beteiligt. Wenn sie rationale Erwartungen haben und antizipieren, daß das Programm 2 realisiert wird, werden sie einen höheren Zinssatz als r fordern. Bei vollkommener Konkurrenz zwischen den Gläubigem wird ein Zinssatz Pj^ gefordert, flir den gilt: (X.8)
E[min{(l + Pn)-FKon;ÜLi}]=(l + r).FKon.
Beim Zinssatz p^ werden sie so am Überschuß \il\^ beteiligt, daß der (risikoneutrale) Erwartungswert des betreffenden Rückflusses ebenso groß ist wie der Rückfluß (l+r)-FKoii bei einer Anlage des Betrages FKon zum risikolosen Zinssatz r. Der Erwartungswert auf der linken Seite von (X.8) ist gleich FI2 + FI4 und der Betrag auf der rechten gleich Fl^ + FI2 (Abbildung X.6). Es gilt folgUch die Gleichung FI2 + Fl| = Flj + FI2. Der Zinssatz p^ wird somit derart festgesetzt, daß der Inhalt der Fläche FI4 mit dem der Fläche Fl^ übereinstimmt. Analog zu den Darstellungen in Abschnitt 3.2.2.3 wählt jetzt der Entscheidungsträger das riskante Projekt, wenn
(X.9)
Fl5>Fl5
260
Kapitel X
gilt7) Da annahmegemäß FI5 > FI3 =Fl3 +FI3 und dabei FI3 < FI3 gilt, ist die Bedingung (X.9) erfüllt. Auch beim Zinssatz p„ wird also (wie beim Zinssatz r) das riskante Projekt realisiert, so daß die Gläubiger die Entscheidung korrekt antizipieren. ÜLinf
UL In (l+P„).FKo„
kumulierte Martingalwahrscheinlichkeiten Abb. X.6: Zum Interessenkonflikt zwischen Anteilseignem und Gläubigem
Der Übergang von dem sicheren auf das riskante Programm ist aus Sicht der Anteilseigner beim Zinssatz p^ sogar noch vorteilhafter als beim Zinssatz r; der Erwartungswert ihres Endvermögens steigt in höherem Maße: Wird das sichere Programm realisiert, so ist am Ende der Periode eine sichere Zahlung in Höhe von (H-PJJ)-FKQJJ an die Gläubiger vorzunehmen. Die Wahl des riskan7)
Bei Wahl des riskanten Progranmis beträgt der Erwartungswert des Endvermögens der Anteilseigner FI5 + FI4, bei Wahl des sicheren Programms FI3 + FI4 . Das riskante Programm wird somit gewählt, wenn die Bedingung FI5 + FI4 > FI3 + FI4 gilt. Hieraus folgt die Bedingung (X.9).
Zielkonflikte
261
ten Programms bewirkt nun, daß der Erwartungswert der Zahlung an die Gläubiger von (1 +pn) • FKQJI auf (1 +r) • FKo^' ^^^o um Flj + FI3 , sinkt. Beim Zinssatz r sinkt er nur um Fl^. Da die Gläubiger die Wahl des riskanten Projekts antizipieren und den Zinssatz p^ verlangen, bei dem der Erwartungswert ihres Anteils am Überschuß ÜLjj^ gleich (1 +r)-FKQjj beträgt, erzielen die Anteilseigner den folgenden Erwartungswert (X. 10)
E(Üin) = E(ÜLin) - (1 + r). FKon.
Kann dagegen nur das sichere Programm 1 realisiert werden, so fordem die Gläubiger den risikolosen Zinssatz r und die Anteilseigner erzielen den sicheren Überschuß (X.11)
Ü i n = Ü L \ n - ( l + r).FKon.
Gemäß (X.IO) und (X.ll) erzielen die Anteilseigner zwar im Fall ÜL\n <E(ÜL^i^) einen Nachteil, wenn nur das Programm 1 realisiert werden kann. Jedoch erzielen sie im Fall ÜL\n > E(ÜL^n) einen Vorteil Dieses Ergebnis mag überraschen. Wenn auch das Programm 2 möglich ist, so ist es aus Sicht der Anteilseigner optimal, es durchzuführen. Nun erzielen sie jedoch einen Vorteil, wenn der Aktionsraum in der Weise eingeengt ist, daß nur das Programm 1 realisiert werden kann. Dieser Vorteil ist darauf zurückzuführen, daß bei dieser Einengung des Entscheidungsfeldes der Zinssatz von p^ auf r sinkt. Die Möglichkeit der Durchführung des riskanten Programms hat zwar auf Grund des dadurch induzierten Zinssatzes Pn^r keinen Einfluß auf den Erwartungswert des Endvermögens der Gläubiger, jedoch sinkt dadurch im Fall ÜL\n > E(ÜL^n) d^^ Erwartungswert des Endvermögens der Anteilseigner um ÜL\n - E(ÜL^^) und der Marktwert ihres Endvermögens zum Zeitpunkt 0 um den Term (l + r)~^.[ÜL\n-E(ÜL^j,)]. Der kollektive Wohlfahrtsverlust trifft hier ausschließlich diejenige Personengruppe, in deren Interesse die Livestitionsentscheidung getroffen wird. Es kann das folgende allgemeine Fazit gezogen werden: Wenn keine Anreizkompatibilität zwischen Anteilseignem und Gläubigem existiert, besteht die Tendenz, Vermögensverschiebungen zu Lasten der Gläubiger vorzunehmen und dabei einen kollektiven Wohlfahrtsverlust in Kauf zu nehmen. Wenn die Gläubiger die betreffenden Entscheidungen antizipieren, werden sie jedoch einen entsprechend hohen risikoangepaßten Zinssatz fordem, bei dem die Anteilseigner den kollektiven Wohlfahrtsverlust selbst tragen müssen. Es ist daher gerade im Interesse der Anteilseigner, von vornherein Maßnahmen zu ergreifen, bei denen Vermögensänderungen zu Lasten der Gläubiger verhindert bzw. erschwert oder aus Sicht der Anteilseigner nachteilig werden (LAUX, C , 1996).
262
Kapitel X
Zu solchen Vorkehrungen gehören zum Beispiel die Übertragung von Kreditsicherheiten sowie von Informations- und Einwirkungsrechten an Gläubiger und (Selbst-) Bindungen des Entscheidungsträgers an bestimmte Investitionsmaßnahmen. In der oben beschriebenen Entscheidungssituation kann die Bindung zum Beispiel auf folgende Arten vorgenommen werden: 1. Bereits vor Fremdkapitalaufhahme werden Kaufverträge bezüglich einzelner Projekte des sicheren Programms abgeschlossen und entsprechend hohe frühzeitig durchsetzbare Konventionalstrafen für den Fall vereinbart, daß die Verträge nicht erfüllt werden. 2. Es wird zwar Fremdkapital eingesetzt, jedoch in einem derart geringen Umfang, daß FI5 < FI3 gilt (Abbildung X.4). Entsprechend muß die Ausschüttung zum Zeitpunkt 0 an die Anteilseigner reduziert werden. 3. Die Gläubiger erhalten Wandelschuldverschreibungen, d.h. das Recht, ihre Position in Aktien des Unternehmens zu wandeln (FISCHER/ZECHNER, 1990). 4. Die Anteilseigner vereinbaren mit dem Entscheidungsträger ein finanzielles Belohnungssystem, bei dem er einen Nachteil oder zumindest keinen Vorteil erzielt, wenn er Risiko auf die Gläubiger überwälzt (Kapitel XIX, insbesondere Abschnitt 5, und Kapitel XX der ersten Auflage, 2003). Wie verdeutlicht wurde, hängen die Bereicherungsmöglichkeiten für die Anteilseigner durch Realisation zusätzlicher Projekte nicht nur von der Risikostruktur der Überschüsse dieser Projekte ab, sondem auch von der Streuung des Überschusses in der Ausgangssituation. Ist dieser Uberschuß sicher und liegt er weit über dem Anspruch der Gläubiger, so müssen die Überschüsse zusätzUcher Projekte relativ stark streuen, damit der Uberschuß als Ganzes unter diesen Anspruch fallen kann. Ist dagegen der Uberschuß des bisherigen Investitionsprogramms riskant, so können schon geringe Streuungen bei den zusätzlichen Projekten genügen, um bei gegebenem Fremdkapitalbetrag und Zinssatz die Gläubiger zu schädigen. Es kann daher für die Anteilseigner vorteilhafl sein, durch entsprechendes Risikomanagement die Streuung des bisherigen Investitionsprogramms zu vermindem oder ganz zu beseitigen, zum Beispiel durch Abschluß von Versicherungen, durch Terminkontrakte oder den Kauf von Optionen auf Ressourcen.^) Auch wenn die betreffenden Maßnahmen für sich gesehen aus Sicht der Anteilseigner nachteilig sind, können sie in Verbindung mit einem niedrigeren Fremdkapitalzinssatz vorteilhaft sein. Bei den Darstellungen wurde davon ausgegangen, die Gruppe der Anteilseigner und die Gruppe der Gläubiger seien überschneidungsfrei. Wenn Anteilseigner zugleich auch Gläubiger sind, wird der Konflikt abgeschwächt. Im Gleichgewicht des CAPM zum Beispiel hält jeder Anteilseigner denselben relativen Anteil an einem riskanten Fremdkapital wie an den Aktien des Unter8)
Zu Maßnahmen des Risikomanagements vgl. FRANKE/HAX (2004, Kapitel X); JoHANNING/RUDOLPH ( 2 0 0 0 ) .
Zielkonflikte
263
nehmens. Sowohl in der BQ- als auch der NE-Variante des CAPM (allgemein: bei HARA-Nutzenfunktionen) können sich unabhängig von der Finanzstruktur keine Konflikte ergeben; es besteht Anreizkompatibilität bzw. Einmütigkeit.
4.
Veränderliche Grenznutzenwerte
Die dritte Bedingung partieller Anreizkompatibilität fordert unveränderliche Grenznutzenwerte bei Durchführung zusätzhcher Projekte. Die Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte ist bei Risikoaversion der Anteilseigner nicht streng erfüllt, sondem stellt eine vereinfachende Approximation dar. Diese Form der Komplexitätsreduktion wird in der Investitionstheorie oft zugrunde gelegt; dabei sind die untemehmerischen Livestitionskalküle aus Sicht der einzelnen Anteilseigner Marginalkalküle. Die Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte dürfte um so eher gerechtfertigt sein, je mehr Anteilseigner am Untemehmen beteiligt sind und je geringer der jeweilige Anteil an den Aktien des Untemehmens ist. Bei veränderlichen Grenznutzenwerten ändem sich bei Durchführung von Investitionen im Untemehmen n die Preise n^ und damit grundsätzlich auch die Marktwerte der Aktien der Untemehmen m?^n. Jedoch besteht dann trotzdem Einmütigkeit, sofem der Untemehmenserfolg linear und das Risiko pareto-effizient geteilt wird. Dies ist insbesondere im Rahmen der BQ- und der NE-Variante des CAPM der Fall; wie im nachfolgenden Kapitel gezeigt wird, besteht bei gegebenem Marktgleichgewicht jeweils Einmütigkeit unabhängig von der Höhe der Projektüberschüsse. Der Beweis der Einmütigkeit ist deshalb bei beiden Modellvarianten relativ einfach zu fuhren, weil hier ein gegebenes Gleichgewicht bei Durchführung zusätzlicher Investitionen erhalten bleibt; die Wertpapierpreise (einschließlich von Preisen n^) ändem sich so, daß es für jeden Anteilseigner optimal ist, seinen bisherigen Anteil am Marktportefeuille zu behalten. Sind die Nutzenfimktionen weder quadratisch noch exponentiell und sind auch keine anderen Nutzenfunktionen der HARA-Klasse gegeben, so fähren bei veränderlichen Grenznutzenwerten zusätzliche Investitionen grundsätzlich zu projektabhängigen Umstrukturierungen individueller Portefeuilles, deren Erfassung bei der Analyse von Einmütigkeit bzw. von Zielkonflikten komplexe Probleme bereitet. Einerseits wird Einmütigkeit im allgemeinen allenfalls bezüglich eines Teils der Anteilseigner bestehen. Andererseits ist es äußerst schwierig, unter Berücksichtigung der relevanten Portefeuilleumschichtung dasjenige Investitionsprogramm zu ermitteln, mit dem der Erwartungsnutzen dieser Anteilseigner maximiert wird.
264
Kapitel X
Ergänzende und vertiefende Literatur: (1994); BARNEA/HAUGEN/SENBET (1985); BREUER (1998, insbes. S. 153-198); DRUKARCZYK (2003a); FRANKE (1989); FRANKE/HAX (2004, S. 419-579); HARRIS/RAVIV (1991); HAX/HARTMANN-WENDELS/ V.HINTEN (1988); KRAHNEN/SCHMIDT/TERBERGER (1985); LAUX, C. (1996); MOXTER (1970); RUBINSTEIN (1974); SCHMIDT (1981a; 1981b); SCHMIDT/TERBERGER (1997, S. 405-445); SWOBODA (1991, insbes. S. 162-262); TERBERGER (1987).
BALLWIESER
XL
1.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM: Darstellung und Vergleich Problemstellung
In Kapitel IX wurde gezeigt, daß der folgende für die praktische Investitionsplanung bedeutende Zusammenhang gilt: Wenn zusätzliche Investitionen keinen Einfluß auf die Preise fär zustandsbedingte Zahlungsansprüche bzw. andere Wertpapiere haben, die keine Ansprüche auf die Überschüsse der Investitionen verbriefen, besteht bei Vollständigkeit des Kapitalmarktes bzw. unter der Spanning-Bedingung Einmütigkeit zwischen den Anteilseignem, wobei zugleich individuelle Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung steht. Die Annahme der Unveränderbarkeit dieser Preise impliziert, daß die zusätzlichen Investitionen praktisch keinen Einfluß auf die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte der Anteilseigner haben. Die Annahme der Unveränderbarkeit erleichtert zwar die Analyse theoretischer Zusammenhänge und die praktische Investitionsplanung. Jedoch ist sie keineswegs selbstverständlich und sollte nicht ohne Kenntnis ihrer Implikationen generell zugrunde gelegt werden. Im vorliegenden Kapitel wird gezeigt, daß diese Annahme im Rahmen des CAPM eindeutig verletzt ist; wird sie modellexogen unterstellt, so ergeben sich Widersprüche zu den expUziten Bewertungsfunktionen dieses Modells. Die Änderung der Grenznutzenwerte bzw. der Wertpapierpreise hat unterschiedliche Implikationen, je nachdem, ob ein Marktgleichgewicht vorliegt oder sich der Markt im Übergang auf ein neues Gleichgewicht befindet. In einer Gleichgewichtssituation besteht zwar (bei Nutzenfunktionen der HARAKlasse) im CAPM Einmütigkeit zwischen den Anteilseignem, jedoch steht individuelle Marktwertmaximierung allenfalls „näherungsweise" im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Bei einem Übergang in ein neues Gleichgewicht können sich erhebliche Konflikte zwischen Anteilseignem ergeben, wobei individuelle Marktwertmaximierung allenfalls fiir diejenigen Anteilseigner eine geeignete Zielfunktion darstellt, die ihren Anteil am Marktportefeuille nicht (oder relativ wenig) ändem (wollen). Wie bereits in Kapitel VIII nachgewiesen wurde, besteht bei gegebenem Marktgleichgewicht sowohl flir die BQ- als auch die NE-Variante des CAPM Einmütigkeit im strengen Sinne, jedoch gibt es einen Konflikt zwischen subjektiver Nutzenmaximierung und Maximierung des Marktwertes aller Wertpapiere bzw. des Vermögens der Anteilseigner („Reichtumsmaximierung"), die einen Teil des Marktportefeuilles halten. Bei den Darstellungen wurde
266
Kapitel XI
nicht direkt auf den Marktwert der Aktien des investierenden Unternehmens eingegangen, hn vorliegenden Kapitel wird untersucht, welche Bedeutung die Maximierung dieses Marktwertes (individuelle Marktwertmaximierung) für die Investitionsplanung hat, sofern das übergeordnete Ziel darin besteht, den finanziellen Erwartungsnutzen aller Aktionäre oder (bei Literessenkonflikt) eines Teils der Aktionäre zu maximieren (LAUX, 1971a). Dabei wird davon ausgegangen, daß außer Aktien keine riskanten Wertpapiere existieren. Diese Annahme erleichtert einige Interpretationen, ohne die Allgemeinheit der Darstellungen zu beeinträchtigen. Nach Erläuterung der in Betracht gezogenen Finanzierungsarten in Abschnitt 2 wird in Abschnitt 3 untersucht, unter welchen Bedingungen ein zusätzliches Projekt im Rahmen des CAPM den Marktwert der Aktien des Untemehmens n, in dem das Projekt durchgeführt werden kann, und den Marktwert der Aktien aller Untemehmen erhöht. Die Bedingungen werden so dargestellt, daß ein anschaulicher Vergleich mit Bedingungen subjektiver Nutzenmaximierung vorgenommen werden kann. Dieser Vergleich erfolgt in Abschnitt 4 für den Fall, daß bereits ein Marktgleichgewicht existiert, bei dem (auf Grund unveränderlicher Nutzenfunktionen) im Verlauf der betrachteten Planungsperiode kein Anteilseigner seinen Anteil am Marktportefeuille ändem möchte. Hierzu wird zunächst die Bedingung subjektiver Nutzenmaximierung dargestellt und diese mit der Bedingung der individuellen Marktwertmaximierung und der der Maximierung des Marktwertes aller Aktien (Reichtumsmaximierung) verglichen. Darauf aufbauend wird gezeigt, daß Konflikte zwischen dem Ziel subjektiver Nutzenmaximierung und den beiden Varianten der Marktwertmaximierung bestehen, und es werden deren hnplikationen diskutiert.^) Für die NE- und die BQ-Variante des CAPM wird beispielhaft gezeigt, daß die Bedingung subjektiver Nutzenmaximierung immerhin ..annähernd'' mit der Bedingung der individuellen Marktwertmaximierung übereinstimmen kann. Bei Reichtumsmaximierung ist bei gegebenem Marktgleichgewicht die Gefahr von Fehlentscheidungen erheblich größer als bei individueller Marktwertmaximierung. Befindet sich der Markt auf Grund veränderlicher Nutzenfunktionen in einem Übergang zu einem neuen Gleichgewicht, wollen also Anteilseigner ihren Anteil am Marktportefeuille erhöhen und andere ihn reduzieren, so gewinnt der Marktwert MQQ der Aktien aller Untemehmen für die Maximierung des Nutzens der betreffenden Anteilseigner eigenständige Bedeutung, da von MQQ der Verkaufserlös bzw. der KauQ)reis abhängt, hi Abschnitt 5 wird für die NEVariante des CAPM gezeigt, unter welcher Bedingung bei Durchführung eines Projekts (Livestitionsprogramms) der Erwartungsnutzen eines Anteilseigners steigt. Dabei zeigt sich, daß für verschiedene Anteilseigner genau dann 1)
Vgl. hierzu auch SAELZLE (1976), S. 153-220; GILLENKIRCH/VELTHUIS (1997); SCHABEL (2004).
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
267
dasselbe Vorteilhaftigkeitskriterium relevant ist, wenn sie ihren Anteil am Marktportefeuille im gleichen Verhältnis ändem. Ist dies nicht der Fall, kann ein erheblicher Konflikt zwischen ihnen bezüglich der Durchführung eines Projekts bestehen. Die Darstellungen zeigen, daß das Ziel individueller Marktwertmaximierung bei einem Übergang in ein neues Gleichgewicht völlig anders beurteilt werden muß als bei gegebenem Kapitalmarktgleichgewicht. Zudem wird allgemein deutlich, daß durch die in der Literatur vorherrschende einseitige Konzentration auf den Zustand des Marktgleichgewichts ein tieferes Verständnis finanzwirtschaftlicher Entscheidungskriterien verloren geht. Das Ziel individueller Marktwertmaximierung wird in der Literatur auch für das CAPM mit der Annahme gerechtfertigt, daß für jeden planungsrelevanten Zustand Sg (s=l,2,...,S) ein bedingter Zahlungsanspruch gehandelt werden kann, dessen Preis n^ sich bei Durchführung neuer Projekte nicht ändert;^) entsprechend ändem sich auch nicht die Preise anderer Wertpapiere, die nicht an den Überschüssen des Untemehmens partizipieren. Die Voraussetzung konstanter Preise n^ ist jedoch im Rahmen der expliziten Bewertungsfunktionen des CAPM grundsätzlich verletzt. Li Abschnitt 6 wird gezeigt, daß die Voraussetzung konstanter Preise n^ mit diesen Bewertungsfunktionen streng genommen nur dann vereinbar ist, wenn der Überschuß e^p des erwogenen Projekts sicher ist. In Abschnitt 7 werden ein Resümee gezogen und Implikationen für die Darstellungen in den nachfolgenden Kapiteln erläutert. Die Darstellungen haben nicht nur theoretische, sondern auch unmittelbare praktische Bedeutung. Es geht unter anderem um Grundfi'agen des „Shareholder Value Ansatzes", der in der untemehmerischen Praxis mit großem Erfolg vermarktet wird.^) Der Ansatz trug dazu bei, daß das Ziel individueller Marktwertmaximierung unter dem Schlagwort „Shareholder Value" weite Verbreitung gefunden hat. Die Popularität des Ansatzes dürfte vor allem daraus resultieren, daß zum einen das Ziel individueller Marktwertmaximierung als eine für alle Anteilseigner vorteilhafte Zielsetzung propagiert wird^) und zum ande2)
3)
Vgl. zum Beispiel NEUS (1989, S. 150ff.). Auch BREUER (2001, S. 169) vertritt die Ansicht, daß sich im CAPM die Annahme unveränderlicher Preise n^ „als hinreichend erfüllt erweist". Wie er zu seiner Erkenntnis gekommen ist - insbesondere, was überhaupt unter „hinreichend" zu verstehen ist - bleibt offen; eine modellendogene Analyse der Implikationen der Annahme unveränderlicher Preise nimmt auch er nicht vor. Zum Shareholder Value Ansatz vgl. insbesondere Kapitel XIII der vorliegenden Arbeit, COPELAND/KOLLER/MURRIN (1993; 1994); RAPPAPORT (1986). Kritische Auseinandersetzungen mit dem Shareholder Value Ansatz und mit Arbeiten hierzu finden sich inBALLWIESER (1994); HACHMEISTER (1997); SCHMIDT/SPINDLER (1997); SCHMIDT/
4)
MAßMANN (1999); VELTHUIS (2004a; 2004b). In einer Praxis, in der das Ziel individueller Marktwertmaximierung weitgehend als unproblematisch angesehen wird, dürfte ein Untemehmensberater kaum seinen eigenen Markwert maximieren, wenn er dieses Ziel (gewissermaßen als „Spielverderber") kritisch hinterfragt. Die Neigung hierzu dürfte auch an solchen wirtschaftswissenschaftli-
268
Kapitel XI
ren eine relativ einfache Bewertungskonzeption fiir die Ermittlung des Marktwertes empfohlen wird.^) Dabei wird vom einperiodigen CAPM ausgegangen und ein hierfiir maßgeblicher risikoangepaßter Zinssatz auch bei der Diskontierung der erwarteten Überschüsse späterer Perioden zugrunde gelegt.^) Wie im folgenden gezeigt wird, ist gerade bei Gültigkeit der Bewertungsfunktionen des CAPM individuelle Marktwertmaximierung keine überlegene Zielfunktion, auch wenn sie in Literatur und Praxis kaum hinterfragt wirdJ) Bei den Analysen werden die Bewertungsfunktionen des CAPM konsequent angewendet. Das Ziel der Marktwertmaximierung wird hier nicht mit der modellexogenen Annahme unveränderlicher Preise n^ begründet.
2.
Die betrachteten Finanzierungsarten
Die Maximierung des Marktwertes der Aktien des Unternehmens n (individuelle Marktwertmaximierung) impliziert bei variabler Ausschüttung die Maximierung von Mon+Üon? d.h. des Marktwertes MQH nach der Ausschüttung zuzüglich der Ausschüttung ÜQ. (Bei gegebenem Üon geht es darum, MQ^ ZU maximieren.) hn folgenden wird (wie in dieser Arbeit üblich) von Voraussetzungen ausgegangen, unter denen bei gegebenem Livestitionsprogramm die Finanzierung (die Kapitalstruktur) irrelevant ist. Haben - wie in der Literatur im allgemeinen angenommen wird - die erwogenen Projekte keinen Einfluß auf die (Markt-) Bewertung der übrigen Überschüsse des Unternehmens, so ist bei Orientierung am Ziel individueller Marktwertmaximierung unabhängig von der Finanzierung ein Projekt vorteilhaft, wenn der Marktwert seiner Überschüsse größer ist als die Anschaffungsauszahlung. Optimal ist jenes Investitionsprogramm, das unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung den höchsten Marktwert (den höchsten Kapitalwert) aufweist. hn Rahmen der folgenden Darstellungen werden wie in Kapitel VIII nur folgende Grundformen der Finanzierung erfaßt, die miteinander kombiniert werden können: Aufriahme von Fremdkapital zum risikolosen Zinssatz r, Reduktion des im Untemehmen zum Zinssatz r angelegten Kapitalbetrages, Reduktion der Ausschüttung zum Zeitpunkt 0 an die Anteilseigner bzw. KapitalD
6)
chen Fachbereichen oder Business Schools, die „mainstream" sein wollen (oder müssen, weil Studenten hierfür hohe Studiengebühren zahlen), eher gering sein. Diese Bewertungskonzeption hat auch weite Verbreitung bei der Fundierung von risikoangepaßten Kennzahlen für das wertorientierte Management gefunden (EWERT/WAGENHOFER, 2000). Zur Problematik dieses Vorgehens vgl. Kapitel XII, Abschnitt 6, und Kapitel XIII.
7)
Vgl. stellvertretend COPELAND/KOLLER/MURRIN (1994), FISCHER (1996, S. 122ff.), FRANKE/
5)
HAX (2004, S. 351-358), KRUSCHWITZ (1999, S. 243-262) und RAPPAPORT (1986), wo bei der Bewertung neuer Investitionsprojekte vor dem Hintergrund des CAPM ohne nähere (modellspezifische) Begründung vom Ziel individueller Marktwertmaximierung ausgegangen wird.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
269
erhöhung (wobei kein Anteilseigner seinen Anteil am Gesamtbestand der Aktien des Untemehmens ändert). Da die Anteilseigner auch privat zum Zinssatz r Geld anlegen und aufnehmen können, ist die Finanzierungs- und Ausschüttungspolitik (die Kapitalstmktur) bei gegebenem Livestitionsprogramm irrelevant (vgl. hierzu auch Kapitel XIII).^) Die Annahme, daß Fremdkapital nur zum risikolosen Zinssatz r aufgenommen wird, impliziert, daß Gläubiger nicht am Untemehmensrisiko partizipieren. Hierdurch werden zwar einige formale Darstellungen erleichtert, jedoch im Rahmen des CAPM nicht die Allgemeingültigkeit der Ergebnisse eingeschränkt. Wenn es neben Aktien weitere Wertpapiere gibt, die risikobehaftete Zahlungsansprüche gegenüber dem Untemehmen verbriefen, so sind diese Teil des Marktportefeuilles und jeder Anteilseigner hält im CAPMGleichgewicht denselben Teil an diesen Wertpapieren wie an den Aktien. Sein Anteil am Risiko ist somit ebenso groß wie für den Fall, daß nur die Aktien des Untemehmens einenrisikobehaftetenAnspruch verbriefen.
3.
Kriterien der Marktwertmaximierung im Überblick
3.1.
Individuelle Marktwertmaximierung
3.1.1. Bewertung auf der Basis eines Sicherheitsäquivalents (Variante 1) 3.1.1.1. Das allgemeine Konzept Für den Marktwert MQ^ der Aktien des Untemehmens n zum Zeitpunkt 0 unmittelbar nach der Ausschüttung Üon gilt in der Ausgangssituation (Kapitel V, Abschnitt 5.3.1): RP
(XI.1)
Mon=(l-fr)-^>[E(MiJ-
^ •KOV(MI^;MIG)]. Var(MiG) ^
V
'
=MR
Nun biete sich dem Untemehmen zum Zeitpunkt 0 ein neu entdecktes (in den Kursen nicht antizipiertes) Projekt (Programm) zur Durchführung an, das eine sichere Anschaffungsauszahlung von Aop verursacht und im Zeitpunkt 1 zu dem ungewissen Einzahlungsüberschuß e^p flihrt. Das Projekt habe keinen Einfluß auf die Überschüsse anderer Untemehmen; zwischen dem Untemeh-
8)
Jedoch können bei wnvollkommenem Kapitalmarkt Finanzierungsentscheidungen unter dem Aspekt der Informationsübermittlung an die Anteilseigner und/oder der Steuerung des Verhaltens der Entscheidungsträger tatsächlich Relevanz haben. Vgl. BREUER (1998, S. 119ff.); LAUX, C. (1996) und die dort diskutierte Literatur.
270
Kapitel XI
men n und den anderen besteht technische Unabhängigkeit (DEANGELO, 1981, S.82), also weder Restriktions- noch Erfolgsverbund. Im Rahmen der NE-Variante des CAPM, also bei normalverteiltem Endwerten der Wertpapiere und exponentiellen Nutzenfunktionen, bleibt bei Durchflihrung des neuen Investitionsprojekts die Risikoprämie je Risikoeinheit, MR = RPQ /Var(MiQ), konstant, wie hoch der „Umfang" des Projekts auch sein mag. Dies liegt daran, daß bei exponentiellen Nutzenfunktionen konstante absolute Risikoaversion und somit kein Bewertungsverbund besteht. Da bei jeder anderen nichtlinearen Nutzenfunktion die absolute Risikoaversion veränderlich ist, ändert sich in der NB-Variante des CAPM grundsätzlich auch MR (und zwar je nach Gestalt der maßgeblichen Nutzenfunktionen). Jedoch wird im Rahmen der Investitionstheorie üblicherweise unterstellt, daß der „Umfang" des Projekts so gering sei, daß bei seiner Bewertung eine mögliche Veränderung von MR vemachlässigt werden kann.^) In der BQ-Variante, also bei beliebig verteiltem Endwert des Marktportefeuilles und quadratischen Nutzenfunktionen, steigt (sinkt) MR genau dann, wenn mit dem Projekt E ( M I Q ) steigt (sinkt). Ist allerdings der Betrag des erwarteten Projektgewinns |Li=E(eip)-(l+r)-Aop niedrig, so wird sich MR nicht spürbar ändem (LAUX, 1998a, S. 279f), so daß vereinfachend angenommen werden kann, MR bliebe bei Durchführung des Projekts konstant. Im folgenden wird davon ausgegangen, die Ausschüttung Üon sei unabhängig von der Durchführung des Projekts. Dadurch wird die Darstellung der relevanten Bewertungsfunktionen erleichtert. Die Unabhängigkeitsbedingung impliziert zwar Fremdfinanzierung oder Reduktion eines im Unternehmen zum Zinssatz r angelegten Betrages, jedoch gelten die Ergebnisse unmittelbar auch bei Selbstfinanzierung und Finanzierung durch Kapitalerhöhung. Diese bewirken zwar eine Erhöhung von MQ^? jedoch ändert sich der Marktwert Mon+Üon gegenüber den explizit betrachteten Finanzierungsformen nicht. Bei Durchführung des Projekts ändert sich der Marktwert zum Zeitpunkt 1 um den Betrag eip~(l+r)-Aop. Somit kommt es bei Konstanz von MR und r analog zu (XI.l) für den Zeitpunkt 0 zu dem folgenden Marktwert MQH^ : (XI.2)
MS^^ = (l + r)-^{E[Mi^ + eip-(l + r).Aop] -MR-Kov(Min + eip;MiG + eip)}.
Dabei bezeichnet M^^ bzw. M^Q den Marktwert der Aktien des Untemehmens bzw. des Marktportefeuilles (zum Zeitpunkt 1) ohne das Projekt. Für die Kovarianz in (XL2) gilt:
9)
Gemäß (VII.4) (Kapitel VII, Abschnitt 2.1) impliziert dies, daß im neuen Gleichgewicht die Summe der Steigungen der Indifferenzkurven der Anteilseigner mit der im Ausgangsgleichgewicht übereinstimmt.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
271
Kov(Min+eip;MiG+eip)=Kov(Min;MiG)+Kov(Min;eip) + Kov(eip;MiG) + Var(eip). Wird diese Kovarianz in (XI.2) eingesetzt und hiervon (XI.l) subtrahiert, ergibt sich die Änderung des Marktwertes der Aktien des Unternehmens: (XI.3)
Mgr-Mon-AMon
= (l + r)-l.{E[eip-(l + r).Aop] ^
V
'
- MR. [ Var( eip) + Kov( ejp ;Mi J + Kov( ^p ; M I G ) ] } •
Einfluß des Projekts auf den Marktwert der Aktien des Unternehmens n Das Projekt ist bei individueller Marktwertmaximierung vorteilhaft, wenn ÄMon^O gilt. Diese Bedingung kann wegen (l + r)~ >0 wie folgt dargestellt werden: (XL4)
=^^P
=AVar(Min)
Vorteilhaftigkeitsbedingung für das Projekt beim Ziel der Maximierung des Marktwertes MQ^ (individuelle Marktwertmaximierung) Das Projekt ist also vorteilhaft, wenn der Erwartungswert |Lip seines Residualgewinns eip~(l+r)-AQp größer ist als der mit dem Marktpreis des Risikos (MR) gewichtete Term (XL5)
Var(eip) + 2.Kov(eip;MiJ + Kov(eip;MiG^M^^ =AVar(MiJ
Interpretation: Ist der Term (XI.5) positiv, so gilt dies auch die kritische Untergrenze flir |ip; sie ist um so höher, je größer der Marktpreis des Risikos, MR = RPQ / Var(MiQ), ist. Ist der Term (XI.5) negativ, so gilt dies auch die kritische Untergrenze flir ILU; sie ist um so niedriger, je höher MR ist. Wie in Kapitel VII, Abschnitt 2.1, gezeigt wurde, ist RPQ und mithin MR c.p. um so kleiner, je größer die Zahl der Anteilseigner I ist. Folglich ist bei positivem (negativem) Term (XI.5) die kritische Untergrenze flir ILU um so niedriger
272
Kapitel XI
(höher), je größer I ist. Da dieser Term im allgemeinen positiv sein dürfte, besteht folgende allgemeine Tendenz: Je größer die Zahl der Anteilseigner, desto größer ist die Zahl der für sie vorteilhaften Projekte. Der Term (XL5) erfaßt grandsätzlich nur einen Teil der Auswirkung des Projekts auf das ,, Gesamtrisiko'\ Bei Durchführung ändert sich die Varianz des Endwertes des Marktportefeuilles nicht um (XL5), sondem um: (XL6)
AGI - Var(MiG + eip)^ Var(MiG) = Var(eip) + 2-Kov(eip;MiG) = Var(eip) + 2 • Kov(eip; Mi^) + 2 • Kov(eip; MIQ - M i J .
Die Kovarianz Kov(eip;MiG-Min) wird in (XL5) und in (XL4) nicht zweifach, sondem nur einfach erfaßt. Zur Erläuterang des Unterschiedes wird das Tableau XLl betrachtet, das die Varianz des Endwertes M^Q aller Aktien zum Ausdrack bringt: Var(MiG) = Var(i:N^lMin) = n-te Spalte -..+
Kov(Mii;Mi„)
...+ Kov(M,,;M,j^)
Kov(Mi2;M|i) + Var(Mi2)
-'^
Kov(M,2;Mi„)
...+
KOV(M,2;M,N)
n-te Kov(Mi„;Mii) + Kov(Mi^;Mi^) Zeile
...+
Var(M,J
...+
KOV(M,„;M,N)
KOV(MIN;MII) + KOV(MIN;MI2)
...+
Var(M|l)
+ Kov(M|i;M|2)
Kov(M,N;Min) ...+ Var(MiN)
Matrix XI. 1: Kovarianztableau Bei Orientierung an Mon werden nur die durch das Projekt induzierten Änderungen bezüglich der n-ten Zeile berücksichtigt, nicht die Änderungen der Kovarianzen Kov( •) in der n-ten Spalte. Die Summe der Änderungen bezüglich der n-ten Zeile beträgt:
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
273
X ÄKov(Mi^; Mi^) + ÄVar(Mi J m=l N
_
= XKov(eip;Mijn) + Var(eip) + 2.Kov(eip;Mii,). m=l m^n V
^ ^
_
^^^ =AVar(Mi^)
'
/
=Kov(eip;MiG-Min)
Die Summe der Änderungen der Kovarianzen in der n-ten Spalte beträgt: X AKov(Miin;Min) = ZKovCMij^; ejp) = KOV(MIG -Mi^,; Cjp) m=l
m=l
= Kov(eip;MiG-Min). Dieser Term ist für die Marktwertänderung AMon gemäß (XL3) bzw. für die Vorteilhaftigkeitsbedingung (XL4) nicht relevant; nur die Hälfte des Terms 2-Kov(eip;MiQ-Mijj), der gemäß (XL6) für Aap maßgebHch ist, wird erfaßt. Wie in Abschnitt 3.2 gezeigt wird, bewirkt die andere Hälfte dieses Terms eine Änderung des Marktwertes MoG~Mon der Aktien aller Untemehmen m?^n. Der Varianzänderung (XL 6) wird dagegen vollständig Rechnung getragen, wenn nicht der Marktwert der Aktien des Untemehmens n, sondem der aller N Untemehmen simultan maximiert wird. Gemäß (XL4) hängt die Vorteilhaftigkeit des Projekts davon ab, wie der Überschuß e^p die Varianz Var(Min) beeinflußt und welche Kovarianz zwischen ejp und dem Endwert M I Q - M ^ J ^ des Marktportefeuilles ohne die Aktien des Untemehmens n besteht. Diese Kovarianz kann als Summe von N ~ l Kovarianzen ein erheblich größeres Gewicht haben als die Varianzänderung ÄVar(Min) als einzelne Größe. Eventuell kann die Varianzänderung vemachlässigbar gering sein. Ist dies auch dann der Fall, wenn zusätzlich zu einem erwogenen Projekt noch andere Projekte im Untemehmen durchgeführt werden, so erübrigt sich eine untemehmensinteme Koordination der Investitionsentscheidungen; die Bewertung eines Projekts erfolgt auf Grand der Kovarianz Kov(eip;MiG-Mij^) unabhängig davon, welche Projekte sonst noch im Untemehmen durchgeführt werden; es ist weder Bewertungsverbund noch Risikoverbund im Untemehmen entscheidungsrelevant. (Interner Koordinationsbedarf besteht jedoch bei Erfolgsverbund und/oder Restriktionsverbund; die Überschüsse von Projekten sind dann davon abhängig, ob andere Projekte durchgeführt werden oder nicht.)
274
Kapitel XI
3.1.1.2. Bewertung mit den Bewertungsfunktionen im Status quo Es ist bemerkenswert, daß (XL4) nicht besagt, daß das Projekt dann vorteilhaft ist, wenn der nach dem bisher geltenden Bewertungssystem isoliert ermittelte Marktwert seines Projektüberschusses höher ist als die Anschaffungsauszahlung. Dieses vereinfachte Kriterium ergibt sich jedoch dann, wenn man bei der Ermittlung der Kovarianz in (XL2) vernachlässigt, daß der Projektüberschuß e^p den Endwert des Marktportefeuilles beeinflußt, also von der Fiktion MiQ+eip=MiQ ausgeht und statt der tatsächlichen Kovarianz KOV(MIJ^ + e^[p;MiQ + e^p) die „unvollständige" Kovarianz Kov(Min + eip;MiG) = Kov(Min;MiG) + Kov(eip;M zugrunde legt. Wird statt der tatsächlichen die „unvollständige" Kovarianz in (XL2) eingesetzt und hiervon (XLl) subtrahiert, ergibt sich analog zu (XL3): (XL3a)
AMon = (l+r)"! • {E[ cjp - (l+r).Aop ] -MR- [Kov(eip ;M IG)]} •
Hieraus folgt die Vorteilhaftigkeitsbedingung: (XL7)
Mo(eip)^(l+r)-^.[E(eip)-MR.Kov(eip;MiG)]>Aop. = SÄ(eip)
Das Projekt erscheint nun beim Ziel individueller Marktwertmaximierung als vorteilhaft, wenn der Marktwert Mo(eip) seines Überschusses eip zum Zeitpunkt 0 höher ist als die Anschaffungsauszahlung Aop, wobei der Marktwert von Cjp nach demselben Bewertungsfunktional ermittelt wird wie die Marktwerte der Wertpapiere im Status quo, d.h. vor dem Projekt. Analog zu (XL4) kann die Vorteilhaftigkeitsbedingung (XL7) wie folgt dargestellt werden: (XL8)
E(eip)-(l + r).Aop >MR.Kov(eip.MiG).
(XL 8) vemachlässigt die in (XL4) enthaltene Wertkomponente MR.[Var(eip) + Kov(eip;MiJ]. Die für (XL 7) maßgebliche „Vereinfachung" wird in gleicher oder analoger Weise in Literatur und Praxis oft vorgenommen. (Eine analoge Vereinfachung erfolgt vor allem auch bei der Bewertung mit Hilfe eines risikoangepaßten Zinssatzesl^) oder mit Preisen flir zustandsbedingte Zahlungsansprüche.) Es 10) Wie gezeigt wurde, resultiert die Vereinfachung daraus, daß bei der Ermittlung der Kovarianz von der Fiktion ausgegangen wird, es gelte M | Q + e | = M | Q . Analog wird bei
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
275
fragt sich allerdings, warum eine solche „Vereinfachung" überhaupt relevant sein soll. Bei praktischer Anwendung werden ohnehin keine Kovarianzen „ausgerechnet". Die Schätzung der Kovarianz Kov(eip;MiQ) in (XI.8) stellt keine geringeren Anforderungen als die Schätzung des Terms in der eckigen Klammer auf der rechten Seite von (XI.3) bzw. von (XI.4), der fllr die theoretisch richtige Vorteilhaftigkeitsprüfung gemäß dem Ziel individueller Marktwertmaximierung maßgeblich ist. Abgesehen davon geht es hier um das allgemeine Verständnis bewertungsrelevanter Grundzusammenhänge. Allgemein sollten Vereinfachungen erst dann vorgenommen oder empfohlen werden, wenn Vorstellungen über deren Implikationen (Ausmaß der Reduktion des Planungsaufwandes im Vergleich zur Gefahr von Fehlentscheidungen) sinnvoll begründbar sind. Auf diese Implikationen kommen wir in Abschnitt 4.2 zurück. 3.1.2. Bewertung mit einem risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß Der Marktwert Mo(eip) des Überschusses e^p kann auch mit Hilfe eines risikoangepaßten Zinssatzes (Kalkulationszinsfußes) kp ermittelt werden. Zur Erläuterung dienen folgende Symbole: ^lp
\ = 1= ^ Mo(eip) KovC^;'%)
(Markt-)Rendite des Projekts bzw. des Überschusses ei^, ^
= Kovarianz zwischen rp und der Rendite des Marktporte-
feuilles. Analog zu (VII.18) bzw. (VIL19) (Kapitel VII, Abschnitt 2.4.1) gilt die implizite Bestimmungsgleichung: (XI.9)
Mo(eip) = [l + r + ^ ^ ^ L " ' •Kov(^;^)]-^E(eip)
bzw. (XI.9a)
Mo(eip) = [l + r + [E(^)-r]-ßpr^-E(eip) -kp
mit ßn = ^
Kov(rp;%) Var(^)
der Bewertung mit Hilfe eines risikoangepaßten Zinssatzes im allgemeinen davon ausgegangen, das Projekt habe keinen Einfluß auf die Rendite des Marktportefeuilles (Abschnitt 3.1.2).
276
Kapitel XI
Für die Bewertung von e^p ist der projektspezifische Beta-Faktor relevant und nicht der Beta-Faktor fär das Untemehmen als Ganzes. Bei der Bewertung des Projekts darf somit der für das Untemehmen relevante risikoangepaßte Zinsfuß nur dann zugrunde gelegt werden, wenn e^p und Mj^ das gleiche BetaRisiko aufweisen.il) Zur exakten Ermittlung von MoCe^p) müßte u.a. geprüft werden, ob und wie das Projekt E(rQ) und Var(rQ) beeinflußt. Die beiden Bewertungsfunktionen (XI.9) und (XI.9a) lassen jedoch offen, wie dieses Problem gelöst werden kann. Li der Literatur wird i.a. vereinfachend davon ausgegangen, daß der Projektumfang so gering ist, daß ein Einfluß auf E(rQ) und Var(rQ) vernachlässigt werden kann (vgl. stellvertretend FRANKE/HAX, 2004, S. 355ff.). Diese Annahme impliziert letztlich, daß sich bei Durchführung des Projekts die Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Rendite des Marktportefeuilles nicht ändert. Dann ändert sich auch nicht die Kovarianz Kov(Mijn;rQ) zwischen dem Marktwert M^j^ der Aktien eines Untemehmens m^^n und der Marktrendite, so daß gemäß der Bewertungsfunktion (VII. 18) - die analog für das Unternehmen m^^n gilt - auch der Marktwert MQ^ konstant bleibt (wobei zu beachten ist, daß das Projekt annahmegemäß keinen Einfluß auf Mim hat). Außerdem ändert sich nicht der Marktwert der bisherigen Überschüsse des betrachteten Untemehmens n, so daß bei Durchführung des Projekts der Marktwert dieses Untemehmens genau dann steigt, wenn Mo(eip) = [l + r + [ E ( ^ ) - r ] . ß p r ^ . E ( e i p ) > A o p gilt, also der isoliert ermittelte Marktwert des Projekts unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung positiv ist. Maximierung des isoliert ermittelten Marktwertes eines Investitionsprogramms ist dann konsistent mit individueller Marktwertmaximierung.l^) Ein weiteres Problem resultiert daraus, daß fär die Ermittlung von Mo(eip) die Kovarianz Kov(rp;rQ) bekannt sein muß. Dies wiederum setzt bei gegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung über YQ die Kenntnis der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Rendite
r
=-3P ^" Mo(eip)
1
11) Zu den Bedingungen eines einheitlichen Kalkulationszinsfußes vgl. Kapitel XII, Abschnitt 6. 12) Wie jedoch in Abschnitt 3.2 gezeigt werden wird, ist die Bedingung eines unveränderlichen Marktwertes MQ^^ grundsätzlich nicht erfüllt. Auch wenn die Änderung der Rendite des Marktportefeuilles als vemachlässigbar gering erscheinen mag, kann ihr eine Änderung des Marktwertes aller Wertpapiere m^^n entsprechen, deren Betrag höher ist als der Kapitalwert des Projekts.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
277
voraus. Diese hängt jedoch vom Marktwert MoCe^p) ab, der gerade ermittelt werden soll {,,Zirkularitätsproblem''). Möglicherweise kann jedoch die Kovarianz Kov(rp;rQ) hinreichend gut geschätzt werden, auch wenn Mo(eip) zunächst nicht genau bekannt ist. Andernfalls kann versucht werden, MQ(eip) iterativ zu ermitteln: Es wird ein Marktwert Mo(eip) angenommen, die entsprechende Kovarianz Kov(rp;rQ) geschätzt und der Marktwert gemäß (XL 9) ermittelt. Ist er mit dem angenommenen identisch, ist die Bewertung bereits abgeschlossen. Ist er zum Beispiel höher, so wird auf der Basis eines höheren Marktwertes (mit niedrigerer Marktrendite rp) erneut die Kovarianz Kov(rp;rQ) geschätzt und der zugehörige Marktwert gemäß (XL 9) ermittelt, usw. Die Iteration endet, wenn der angenommene mit dem aus (XI.9) resultierenden Marktwert übereinstimmt. 3.1.3. Bewertung auf der Basis eines Sicherheitsäquivalents (Variante 2) Das „Zirkularitätsproblem" kann aufgelöst (und somit der Bewertungsaufwand in gewissem Umfang verringert) werden, indem man den Marktwert Mo(eip) analog zur Bewertungsfunktion (Vn.22) nach der Bewertungsfunktion (XLIO)
Mo(eip) = (l + r ) - ^ [ E ( e i p ) ~ ^ ^ ^ ; ^ . K o v ( e i p ; ^ ) ] ^ ^ Var(iG) ^
ermittelt und dabei wieder davon ausgeht, daß das Projekt keinen Einfluß auf YQ hat. Da e^p im Gegensatz zu rp eine exogen vorgegebene Größe ist, kann nun die maßgebliche Kovarianz direkt geschätzt werden, ohne daß ein iteratives Vorgehen erforderlich ist. Unter der Annahme, daß das Projekt keinen Einfluß auf rQ hat, lassen sich gemäß (XLIO) relativ einfache Bewertungen vomehmen. Ist der Projektüberschuß e^p stochastisch unabhängig von rQ, so gilt unabhängig von seiner Varianz die Beziehung Mo(eip) = (l + r)-l-E(eip). Bewertungsrelevantes Risiko ist nur für Kov(eip;rQ):?^0 gegeben; Mo(eip) ist eine monoton fallende Funktion dieser Kovarianz. 3.2.
Maximierung des Marktwertes aller Aktien
Bei Durchführung des Projekts P im Untemehmen n ergibt sich analog zu (XL2) für ein Untemehmen m (m^^n) zum Zeitpunkt 0 ein Marktwert der Aktien von: (XI.11)
M§S'=(l + rr^-[E(Mi^)-MR-Kov(Mi^;MiG + eip)]
278
Kapitel XI
= (l+r)-^-[E(MW-MR-Kov(Mi^;MiG)]-(l+r)-^MR-Kov(Mi^;eip). =Moni
=AMom
Mom ändert sich somit um: (XL12)
Mg^^ -Mom - AMoni = -(l + r)'^ .MR.Kov(Mi^; eip).
Analog ändert sich der Marktwert Mo(Mij^) des bisherigen Endwertes M^j^ des Untemehmens n (der Marktwert seiner bisherigen Überschüsse) zum Zeitpunkt 0 um: (XL12a)
ÄMo(Min) = -(l + r)"^-MR.Kov(Min;eip).
Der Marktwert der Aktien aller Untemehmen m^n ändert sich gemäß (XL 12) wie folgt: N
(XL13)
E AMom = AMoG - AMon ^ A(MOG -Mon) m=l
= -(l + r)-l.MR. EKov(Mi^;eip) m=l
= -(l + r)-l-MR-Kov(eip;MiG-Min). Einfluß des Projekts auf den Marktwert der Aktien aller Unternehmen m ^n Bei Realisation des Projekts ändert sich gemäß (XL3) und (XL 13) der Marktwert sämtlicher Untemehmen (einschließlich des Untemehmens n) um: (XL14)
AMoG- i:AMon, = (l + r)-l.{E[eip-(l + r).Aop] m=l
-MR • [ Var( eip)+Kov( eip ;Mi J+Kov( eip ;MIG) + Kov( eip ;MiG-M
bzw. wegen Kov(eip;Min) + Kov(eip;MiG-Min) = Kov(eip;MiG):
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
(XI.15)
279
AMoG=(l + rr^-{E[eip-(l + r)-Aop] -MR-[Var(eip) + 2-Kov(eip;MiG)]}-
Bei Orientierung am Marktwert MQG erscheint das Projekt dann als vorteilhaft, wenn (XI.15) positiv ist. Diese Bedingimg kann wegen (H-r)~^>0 wie folgt dargestellt werden: (XL 16)
E(eip) - (1+r) -Aop > MR • [Var(ejp) + 2.Kov( eip ; M I G ) ] . .Aa^
Vorteilhaftigkeitsbedingung für das Projekt beim Ziel der Maximierung des Marktwertes MQQ sämtlicher Aktien Interpretation: Der Ausdruck in der eckigen Klammer gibt an, wie sich die Varianz des Endwertes aller Aktien bei Durchführung des Projekts ändert. Wird diese Änderung mit der Risikoprämie je Risikoeinheit, MR, multipliziert, ergibt sich der dem Projekt entsprechende Risikoabschlag. Das Projekt ist beim Ziel der Maximierung des Marktwertes MQQ vorteilhaft, wenn der Erwartungswert |Lip des Residualgewinns höher ist als der Risikoabschlag, hn Fall Aa^ =0 ist das Projekt vorteilhaft, wenn |Lip>0 gilt, hn Fall Aa^ >0 ist die kritische Untergrenze für |Lip positiv, sie ist um so höher, je größer Aa^ und MR=RPQ/Var(MiQ) sind, hn Fall Aa^ <0 ist die kritische Untergrenze negativ. Die Differenz zwischen dem Ausdruck in der eckigen Klammer auf der rechten Seite von (XL 16) und dem auf der rechten Seite der Bedingung (XL4) (die dem Ziel der Maximierung von MQH entspricht) beträgt: (XL17)
-Kov(eip;MiJ + Kov(eip;MiG) = Kov(eip;MiG-MiJ.
Gilt Kov(eip;MiG"-Mij^)>0, so besteht die Tendenz, daß bei Orientierung am Marktwert MQQ Projekte abgelehnt werden, die bei Orientierung am Marktwert Mon noch als vorteilhaft erscheinen. Der Unterschied in der Beurteilung resultiert letztlich aus der unterschiedlichen Berücksichtigung des Einflusses des Projekts auf die Varianz des Endwertes des Marktportefeuilles. Während die Varianzänderung Aa^ in der Bewertungsfunktion (XL 15) für ÄMQQ vollständig erfaßt wird, wird sie in der Bewertungsfunktion (XL3) für AMQH und entsprechend in der Vorteilhaftigkeitsbedingung (XL4) beim Ziel individueller Marktwertmaximierung nur zum Teil berücksichtigt; der Term Kov(eip;MiG-Min) wird hier nicht zweifach, sondem nur einfach erfaßt.
280
Kapitel XI
3.3.
Problematik einer Vernachlässigung des Einflusses zusätzlicher Projekte auf die Marktwerte der Aktien anderer Unternehmen
Es stellt sich nun allgemein das Problem, ob und mit welchem Gewicht die Marktwerte der Aktien der anderen Untemehmen bei der Planung im „eigenen" Untemehmen n berücksichtigt werden sollen. Da die Anteilseigner des Unternehmens im gleichen Verhältnis auch an allen anderen Untemehmen beteiligt sind und mithin ihr Vermögen von MQG (i^nd nicht nur von M^j^) abhängt, ist es nicht sinnvoll, Änderungen der Marktwerte dieser Untemehmungen ohne theoretische Fundierung von vornherein zu vernachlässigen. Das Problem der Berücksichtigung dieser Änderungen wird aufgelöst, jedoch nicht gelöst, wenn unterstellt wird, daß die Investitionen gar keinen Einfluß auf die Marktwerte der Aktien der anderen Untemehmen haben, also die Gleichung A(MoG-Mon)=0 gilt. Diese Annahme wird bei der theoretischen Begründung des Ziels individueller Marktwertmaximierung (auch für das CAPM) in der Literatur oft zugrunde gelegt. Sie impliziert jedoch gemäß (XL 13), daß die Kovarianz Kov(eip;MiQ-Mij^) gleich null ist. Das für die individuelle Marktwertmaximierung relevante Vorteilhaftigkeitskriterium (XI.4) lautet für diesen Fall: (XI.4a)
|Lip > MR • ÄVar(Min).
Die Annahme A(MoG~Mon)=0 impliziert somit letztlich, daß für die Bewertung des Projekts nur die Varianzänderung ÄVar(Mij^) relevant ist. Dagegen wird in der Literatur immer wieder hervorgehoben, daß für die Bewertung gemäß dem Ziel individueller Marktwertmaximierung die Kovarianz Kov(eip;MiQ) ein erheblich größeres Gewicht haben kann als die Varianzänderung AVar(Mij^), die eher vemachlässigbar gering sei. Wegen Kov(eip;MiG) = Kov(eip;MiG ~ M i n ) +Var(Min) kann dieses Argument auch so formuliert werden: hisbesondere sollte die Kovarianz Kov(eip; M J Q - M\^ berücksichtigt werden, während die Varianzänderung ÄVar(Mij^) eher vemachlässigt werden könne. Nun erscheint aber in (XI.4a) gerade diese Varianzänderung und nicht die Kovarianz Kov(eip;MiG-Min)- Es zeigt sich somit, daß die Annahme unveränderlicher Marktwerte Mom insbesondere für jene Projekte problematisch ist, die zu besonderen Änderungen des Marktwertes MQH führen können. Ist der Betrag der Kovarianz Kov(eip;MiG~Mij^) so hoch, daß man es als besonders wichtig erachtet, sie bei der Maximierung von MQJ^ ZU berücksichtigen, darf bei der Begründung der individuellen Marktwertmaximierung nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, das Projekt habe keinen Einfluß auf die Marktwerte der anderen Untemehmen.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
281
Der Einfluß des Projekts auf die Marktwerte Mom (m^ n) und mithin auf MiQ-Mjj^ wird vor allem auch bei der in der Literatur üblichen Renditebetrachtung verschleiert. Gemäß VII.IS (Kapitel VII, Abschnitt 2.4.1), kann Mom wie folgt dargestellt werden:
(XI.18)
MQ^ = [1 + r + ^ ^ ^ 2 . 7
Var(iG) Wie erläutert, wird in der Literatur i.a. davon ausgegangen, daß das Projekt keinen bewertungsrelevanten Einfluß auf die Rendite VQ des Marktportefeuilles hat. Es ändern sich dann auch nicht die Terme E(rQ), Var(rQ) und Kov(rjn;rQ), so daß gemäß (XI.18) auch MQ^^ (m?^n) als unveränderhch erscheint. Die Unterstellung einer unveränderlichen Wahrscheinlichkeitsverteilung über XQ kann zwar akzeptabel sein, wenn es ausschließlich um die vereinfachende Analyse des (Markt-)Wertes eines neuen Projekts geht, dessen Umfang relativ gering ist. Der Umfang des Portefeuilles aus den Aktien aller Untemehmen m^^n kann dagegen sehr viel höher sein, so daß bezüglich des Marktwertes dieses Portefeuilles die Unterstellung einer unveränderlichen Wahrscheinlichkeitsverteilung über XQ wesentlich problematischer sein kann. Es besteht folgende Tendenz: Je größer die Erwartungswerte E(Mijn) ^^^ die Zahl N - 1 der Unternehmen m^?^ n sind, desto geringer ist einerseits bei gegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung über ejp der Einfluß des Projekts auf die erwarteten Renditen der Aktien va^xi bzw. des Marktportefeuilles, desto stärker wirken sich andererseits Änderungen der erwarteten Renditen auf den absoluten Marktwert MQQ-MQH als Ganzes aus. (XL 13) zeigt den Einfluß von eip auf diesen Marktwert explizit, Es stellt sich generell das Problem, inwieweit diesem Einfluß bei der Entscheidung über das Projekt Rechnung getragen werden soll; die Maximierung des Marktwertes Mon der Aktien des „eigenen" Untemehmens, die individuelle Marktwertmaximierung, ist keine selbstverständliche Zielfunktion fär die Investitionsplanung. In den Abschnitten 4 und 5 wird modellendogen untersucht, unter welchen Bedingungen die Marktwerte der Aktien der anderen Untemehmen Bedeutung haben. Dabei wird der Einfachheit halber nur die NE-Variante des CAPM betrachtet. Die dargestellten Konflikte gelten auch für die BQ-Variante. In Abschnitt 4 wird gezeigt, daß individuelle Marktwertmaximierung immerhin „näherungsweise" im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung stehen kann, wenn ein Marktgleichgewicht existiert. Ist diese Bedingung nicht erfällt, gewinnen die Marktwerte der Aktien der anderen Untemehmen flir die Geschäftspolitik im „eigenen" Untemehmen n grundlegende Bedeutung (Abschnitt 5).
282
Kapitel XI
4.
Marktwertmaximierung im Licht subjektiver Nutzenmaximierung bei gegebenem Marktgleichgewicht
4.1.
Nutzenmaximierung als Referenzziel
In Kapitel VIII, Abschnitt 3.2.1, wurde für exponentielle Nutzenfunktionen und Normalverteilung gezeigt, unter welcher Bedingung bei gegebenem Kapitalmarktgleichgewicht mit einem Projekt der Erwartungswert des Endvermögensnutzens jedes Anteilseigners erhöht wird. Darauf soll im folgenden aufgebaut werden. „Marktgleichgewicht" wird dabei wieder in der Weise interpretiert, daß jeder Investor seinen optimalen Anteil am Marktportefeuille besitzt und im Verlauf der betrachteten Periode seinen Anteil nicht verändem möchte, weil alle Risikoaversionskoeffizienten unveränderlich sind; Käufe und Verkäufe von Wertpapieren erfolgen allenfalls nach Realisation des Einzahlungsüberschusses ejp. Bei exponentiellen Nutzenfunktionen und normalverteiltem Endvermögen steigt bei Durchführung des Projekts der Nutzenerwartungswert jedes Anteilseigners, wenn folgende notwendige und hinreichende Bedingung erfüllt ist (Kapitel VIII, Abschnitt 3.2.1): (VIII.6)
^p>—^
Aa^.
Aa^ bezeichnet auch hier die Änderung der Varianz des Endwertes des Marktportefeuilles bei Durchführung des Projekts. In Verbindung mit RP
(VII.5)
1
MR = ^' Var(MiG)
1
^ j ^
I ^
(Kapitel VII, Abschnitt 2.1) folgt aus (VIII.6) die Vorteilhaftigkeitsbedingung: (XL 19)
(XI.20)
i^p > ^
• ACTp
bzw.
E ( e i p ) - ( l + r ) . A o p > ^ - [ V a r ( e i p ) + 2-Kov(eip;MiG)]. V
/
Z
V
/
^Aa^
Vorteilhaftigkeitsbedingung für das Projekt beim Ziel der Maximierung des Nutzens aller Anteilseigner
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
283
Bei Nutzenmaximierung wird das volle zusätzliche Risiko Aa^ mit dem halben Marktpreis des Risikos (MR/2) gewichtet. Die Bedingung (XL20) dafür, daß mit dem Projekt der Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners steigt, berücksichtigt nur Marktgrößen und nicht direkt die Risikoeinstellungen bzw. Nutzenfunktionen der Anteilseigner. Subjektive Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung unterscheiden sich somit nicht dadurch, daß im ersten Fall subjektive Präferenzen und im zweiten Fall Marktgrößen bewertungsrelevant sind.^^) Der Unterschied zwischen den betreffenden Zielfunktionen besteht ausschließlich in der unterschiedlichen Gewichtung eines Teils der Marktgrößen. Das Ziel subjektiver Nutzenmaximierung ist somit gleichermaßen operational wie das der individuellen Marktwertmaximierung und der Maximierung des Marktwertes aller Aktien. Da es außerdem (modellendogen) theoretisch fundiert ist, kann es, wie im folgenden gezeigt wird, als Referenzziel für die Beurteilung der beiden anderen Ziele zugrunde gelegt werden. 4.2.
Individuelle Marktwertmaximierung
4.2.1. Exaktes Entscheidungskriterium Wie erläutert wurde, gibt das (Markt-) Kriterium (XI.4) an, unter welcher Bedingung das Projekt den Marktwert Mon erhöht. Dieses Kriterium erfaßt im Gegensatz zum (Nutzen-) Kriterium (XI.20) das zusätzliche Risiko Aa^ nicht in vollem Umfang, sondem annähernd nur zur Hälfte. ^"^) Andererseits wird in (XI.4) das betreffende Risikomaß mit MR multipliziert und nicht wie bei subjektiver Nutzenmaximierung mit MR/2, so daß der „Fehler" bei der Erfas13) In der Literatur ist die Vorstellung weit verbreitet, daß die Nutzenmaximierung allgemein auf Probleme stößt, weil die Präferenzen der Anteilseigner unterschiedlich und zudem nicht bekannt sind, während die Marktwertmaximierung deshalb als Entscheidungskriterium geeignet ist, weil sie keine direkte Bezugnahme auf die Präferenzen der Anteilseigner erfordert. Vgl. zum Beispiel FRANKE/HAX (2004, S. 57); HAX/HARTMANN-WENDELS/V. HINTEN (1988, S. 693); BREUER (1997a, S. 222).
14) Das Risikomaß in der eckigen Klammer auf der rechten Seite von (XI.4) kann wie folgt dargestellt werden: Var(eip)+Kov(eip ;Mi„)+Kov(eip ;MIG ) Dagegen gilt: Aa^ =Var(eip)+2.Kov(eip;MiG). Geht man wie üblich davon aus, daß die Varianz Var(e|p) und der Betrag von Kov(ei ;Mjj^) gering sind, ist der Unterschied zwischen Aa^ und dem in (IX.4) enthaltenen Risikomaß im wesentlichen auf die Erfassung der Kovarianz Kov(e|p;M|^) zurückzuführen: Sie wird in Aa^ doppelt erfaßt und in (IX.4) nur einfach.
284
Kapitel XI
sung des zusätzlichen Risikos in (XL4) mehr oder weniger kompensiert wird 1997, S. 135ff.). Der Unterschied zwischen den Kriterien (XL4) und (XL20) resultiert letztlich daraus, daß für die dem (Markt-) Kriterium (XL 4) zugrunde liegenden Marktwerte Mg^^ und MQ^ Grenznutzenwerte relevant sind, während bei subjektiver Nutzemnaximierung die Änderung des Erwartungsnutzens über die Änderung des Sicherheitsäquivalents für das Endvermögen direkt und vollständig berücksichtigt wird. Die Differenz zwischen dem Term auf der rechten Seite von (XL4) und dem auf der rechten Seite von (XL20) beträgt: (GILLENKIRCH/VELTHUIS,
(XL21)
MR.[1. Var(eip)+Kov(eip;MiJ]= ^ ^ ^
y AVar(MiJ.
4.AVar(MiJ ,,Fehlerterm'' bei individueller Marktwertmaximierung gegenüber Nutzenmaximierung Für Kov(eip; Mip)>0 ist dieser .^ehlerterm" positiv. Die rechte Seite der Bedingung (XL4) ist dann größer als jene der Bedingung (XL20). Es ist dann möglich, daß das Projekt bei Orientierung am Marktwert MQH abgelehnt wird, obwohl es den Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners erhöhen würde, hn Fall Kov(e2p;Min)<^0 kann der Term (XL21) negativ sein. Es ist dann möglich, daß das Projekt bei Marktwertmaximierung angenommen wird, obwohl es den Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners reduziert. Jedoch kann der Fehler dann als irrelevant erscheinen, wenn die halbe Varianzänderung beim investierenden Untemehmen und mithin auch der Betrag des Terms (XL21) sehr gering ist. Lidividuelle Marktwertmaximierung steht dann ..annähernd" im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Es ist zu beachten, daß hier die (näherungsweise) Übereinstimmung von individueller Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung modellendogen gezeigt wurde und nicht unter der widersprüchlichen Annahme, das Projekt habe keinen Einfluß auf die Marktwerte Mj^ (m ^ n). Diese Annahme hat weder Bedeutung für das Kriterium (XL4) noch für (XL20). Es liegt die Vermutung nahe, daß der Term (XL21) insbesondere dann vernachlässigbar ist, wenn 0,5-ÄVar(Mij^) im Vergleich zur Varianz Var(MiQ) klein ist oder das Projekt im Vergleich zum Livestitionsvolumen des Gesamtmarktes nur einen geringen Umfang hat.^^) Dieses Argument suggeriert, 15) Vgl. hierzu zum Beispiel HACHMEISTER (1995, S.174f) und die dort zitierte Literatur.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
285
daß Var(MiQ) fiir die Vorteilhaftigkeitsbeurteilung überhaupt von Bedeutung ist. Das ist jedoch gar nicht der Fall; 0,5-AVar(Min) wird in (XI.21) mit dem Faktor ]V[R=RPQ / Var(MiQ) gewichtet, der seinerseits bei der hier betrachteten NE-Variante des CAPM von Var(MiQ) völlig unabhängig ist. Gemäß (VIL5) hängt MR ausschließlich von den Risikoaversionskoeffizienten aj der Anteilseigner ab; je größer deren Risikoaversion, desto größer ist MR. Das Argument, daß der Term (XI.21) vernachlässigt werden könne, wenn 0,5 • ÄVar(Min) ini Vergleich zur Varianz Var(MiQ) niedrig ist, hat die gleiche Qualität wie das Argument, die Risikoprämie \i^ des Projekts könne vemachlässigt werden, wenn sie im Vergleich zur Marktrisikoprämie RPQ gering sei. Auch wenn bei Orientierung am Ziel der individuellen Marktwertmaximierung die Gefahr bzw. die Konsequenzen einer Fehlentscheidung gering sein mögen, ist die Orientierung an diesem Ziel problematisch. Man kann sie allenfalls mit dem Argument rechtfertigen, daß dann der Planungsaufwand geringer sei als bei expliziter Orientierung am Ziel der Nutzenmaximierung. Das Kriterium (XI.20) ist jedoch gar nicht komplexer als (XI.4). 4.2.2. Vereinfachtes Entscheidungskriterium Wie in Abschnitt 3.1.1.2 erläutert wurde, folgt fär die individuelle Marktwertmaximierung die Vorteilhaftigkeitsbedingung (XL 8), sofem der Marktwert von e^p vereinfachend nach denselben Bewertungsregeln ermittelt wird wie die Marktwerte der Wertpapiere im Status quo. Die Differenz zwischen dem Term auf der rechten Seite von (XL8) und dem auf der rechten Seite von (XL20) beträgt:
(XI.21a)
-MR---Var(eip).
„Fehlerterm" bei individueller Marktwertmaximierung nach dem vereinfachten Kriterium (XI.8) gegenüber Nutzenmaxim ierung Der Betrag dieses Fehlerterms kann nun je nach der Höhe von Kov(eip;Min) kleiner aber auch größer sein als der gemäß (XL21). Ob die vereinfachte Marktbewertung zu einer Annäherung an das Kriterium subjektiver Nutzenmaximierung führt, kann nicht generell, sondern nur für den konkreten Einzelfall festgestellt werden. 4.3.
Maximierung des Marktwertes aller Aktien
In der Bedingung (XL 16) dafür, daß das Projekt den Marktwert MQQ der Aktien aller Untemehmen erhöht, wird zwar wie bei subjektiver Nutzenmaxi-
286
Kapitel XI
mierung das volle Risiko Aa^ berücksichtigt, jedoch wird es mit MR gewichtet statt mit dem Faktor MR/2, der für die Bedingung (XL20) subjektiver Nutzenmaximierung maßgeblich ist. Wie bei individueller Marktwertmaximierung wird der Risikoabschlag nicht korrekt erfaßt. Der Ausdruck auf der rechten Seite von (XL 16) unterscheidet sich von dem auf der rechten Seite des (Nutzen-) Kriteriums (XI.20) durch den Term
(XL22)^.[Var(eip) + 2.Kov(eip;MiG)] = MR.[l-Var(eip) + K^^^ ^AoJ „Fehlerterm'' bei Maximierung des Marktwertes MOG ciHer Unternehmen gegenüber Nutzenmaximierung Da der Betrag der Kovarianz Kov(eip;MiQ) erheblich größer sein kann als der der Kovarianz YJÖ\{QI^\MI^, ist die Gefahr von Fehlentscheidungen bei Orientierung am Marktwert MQQ ^H^r Aktien erheblich größer als bei Orientierung am individuellen Marktwert MQH, für die der Fehlerterm (XI.21) relevant ist. Ist der Ausdruck (XI.23)
l.Var(eip) + Kov(eip;MiG)
im Fehlerterm (XL22) positiv (negativ), so ist der Mindestwert für |Lip bei Orientierung am Marktwert MQQ entsprechend höher (niedriger) als bei Maximierung des erwarteten Nutzens. Es besteht dann bei Maximierung von MQQ die Tendenz zur Unterinvestition {Überinvestition). Der Konflikt zwischen der Maximierung des Marktwertes aller Aktien (bzw. aller Wertpapiere) und subjektiver Nutzenmaximierung wurde bereits in Kapitel Vin nicht nur für die NE-, sondem auch für die BQ-Variante des CAPM gezeigt. Fazit: Die Tatsache, daß die individuelle Marktwertmaximierung eher als Untemehmensziel relevant ist als die Maximierung des Marktwertes der Aktien aller Untemehmen, folgt daraus, daß der Fehlerterm (XI.21) tendenziell erheblich geringer ist als (XI.22) und nicht daraus, daß der Projektüberschuß keinen Einfluß auf die Marktwerte Moni(ni ^ n) hat.
4.4.
Reale vs. virtuelle Marktw^ertmaximierung
Da im CAPM alle Anteilseigner homogene Erwartungen bezüglich der zukünftigen Überschüsse haben, gilt: Ist der Entscheidungsträger selbst Anteilseigner, kann keine Informationsasymmetrie zwischen ihm und den anderen bestehen. Wenn er dem Investitionsprojekt gemäß den relevanten Bewertungsfunktionen einen höheren Marktwert MQH zuordnet, ändert sich bei seiner Durchführung
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
287
entsprechend der Marktwert der Aktien des Untemehmens, sofem seine Überschüsse vorher nicht im Marktwert der Aktien antizipiert worden sind. Marktwertmaximierung bedeutet dann „reale" Marktwertmaximierung (Maximierung des Börsenwertes bzw. der sogenannten „Börsenkapitalisierung"). Hält der Entscheidungsträger aus welchen Gründen auch immer keine Aktien, ergibt sich kein Widerspruch zu den Annahmen des CAPM, wenn Informationsasymmetrie zwischen ihm und den Anteilseignem zugelassen wird, die zu heterogenen Erwartungen bezüglich der Projektüberschüsse führt, hisbesondere ist es dann möglich, daß der Entscheidungsträger die Risikostruktur des Projekts (allgemein: die Risikostrukturen neuer Projekte) besser beurteilen kann als der „Markt" (die Anteilseigner). Bei Durchführung des Projekts ergibt sich dann ein realer Marktwert der Aktien des Untemehmens, der sich von jenem „inneren" oder „virtuellen" Marktwert unterscheidet, der sich herausbilden würde, wenn die Anteilseigner die Liformationen des Entscheidungsträgers hätten. Es stellt sich dann das Problem, ob der reale oder der virtuelle Markwert maximiert werden soll. Dieses Problem löst sich natürlich auf, wenn der Entscheidungsträger ohnehin die hiformationsasymmetrie beseitigt, indem er bei Durchfühmng des Projekts die Anteilseigner entsprechend informiert. Die einfachste Form der Liformation besteht darin, daß er darüber berichtet, welcher Erwartungswert E(eip) und welche Kovarianz Kov(eip;MiQ) seinem Liformationsstand entsprechen. Wenn jedoch die Anteilseigner den übermittelten Schätzwerten mißtrauen, kann die hiformationsasymmetrie nur dadurch erheblich reduziert werden, daß überprüfbare Liformationen gegeben werden, etwa über geplante Produktarten und Produktmengen, bisher erzielte Erlöse und dergleichen mehr. Solche Liformationen können jedoch prohibitiv hohe Kosten vemrsachen. Hinzu kommt, daß sie Verhaltensreaktionen bei Wettbewerbem auslösen, bei denen die zunächst erwarteten Überschüsse nicht oder nur teilweise erzielt werden. Bei hiformationsasymmetrie führt reale Marktwertmaximierang im allgemeinen zu anderen Projektentscheidungen als virtuelle. Befindet sich der Markt in einem Gleichgewicht; so kann der Entscheidungsträger nähemngsweise den Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners maximieren, indem er denjenigen virtuellen Marktwert maximiert, der seinem persönlichen Liformationsstand entspricht. Wie in Kapitel VIII, Abschnitt 4.2, gezeigt wurde, haben homogene (öffentliche) Informationen keinen Einfluß auf die Erwartungsnutzenwerte der Anteilseigner. Informationen beeinflussen zwar im allgemeinen die Marktwerte von riskanten Wertpapieren, nicht jedoch die individuellen Anteile am Marktportefeuille. Befindet sich jedoch der Kapitalmarkt in einem Übergang auf ein neues Gleichgewicht, gewinnen - wie im folgenden Abschnitt gezeigt wird - reale Marktwerte an Bedeutung, weil hiervon der Preis (Erlös) abhängt, der bei einer Erhöhung (Reduktion) des Anteils am Marktportefeuille zu zahlen ist (erzielt wird).
288
Kapitel XI
5.
Marktwertmaximierung im Licht subjelctiver Nutzenmaximierung bei einem Übergang in ein neues Marlitgleichgewicht
5.1.
Entscheidungssituation
Wenn kein Kapitalmarktgleichgewicht gegeben ist, besteht keine Anreizkompatibilität bzw. Einmütigkeit im strengen Sinne. Wenn es nicht möglich ist, simultan den Erwartungsnutzen aller Anteilseigner zu maximieren, kann (auch) Marktwertmaximierung nicht generell im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung stehen. Im folgenden wird der Konflikt gezeigt und untersucht, unter welchen Bedingungen ein Projekt für einen einzelnen Anteilseigner oder eine „homogene" Gruppe von Anteilseignem vorteilhaft ist (LAUX, 1971a). Dabei wird ersichtlich, daß das Ziel individueller Marktwertmaximierung bei Fehlen eines Kapitalmarktgleichgewichts völlig anders zu beurteilen ist als bei Existenz eines Gleichgewichts. Es wird davon ausgegangen, daß zu Beginn der Periode, dem Zeitpunkt 0, auf Grund von Änderungen der Risikoeinstellungen (der Risikoaversionskoeffizienten), Anteilseigner ihren Anteil am MarktportefeuiUe erhöhen oder reduzieren. Danach folgen weitere Käufe oder Verkäufe von Aktien allenfalls dann wieder, nachdem der Projektüberschuß e^p realisiert worden ist. Für den Anteil znj des Anteilseigners i (i = 1,2,...,!) am MarktportefeuiUe im neuen Gleichgewicht gilt: (XI.24)
zni= — / S —. ai
j=iaj
Dabei bezeichnen jetzt a^, a2, ..., aj die „neuen" Risikoaversionskoeffizienten, die für die betrachtete Periode relevant (und im Verlauf dieser Periode F unveränderlich) sind. Der Anteil, den ein Anteilseigner im neuen Gleichgewicht am MarktportefeuiUe hält, ist (bei den unterstellten exponentiellen Nutzenfunktionen mit konstanter absoluter Risikoaversion) unabhängig davon, ob das Projekt durchgeführt wird. Jedoch beeinflußt es grundsätzlich den Erlös oder die zu leistende Zahlung eines Anteilseigners für den Fall, daß er beim Übergang auf das neue Gleichgewicht seinen Anteil am MarktportefeuiUe reduziert oder erhöht. Die Projektabhängigkeit der Transferzahlungen ist eine eigenständige Ursache des Literessenkonflikts, l^)
16) Dagegen wird kein Konflikt ausgelöst, wenn sich bei unveränderlichen Nutzenfunktionen die homogenen Erwartungen ändern. Hierbei bleibt das Kapitalgleichgewicht erhalten, so daß keine Transferzahlungen ausgelöst werden. Die Projektbewertung ist auf der Basis der nunmehr maßgeblichen Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen vorzunehmen.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
289
Der Anteil am Marktportefeuille, den der Anteilseigner i (i = 1,2,...,1) in der Ausgangssituation (d. h. vor dem neuen Gleichgewicht) hält, wird mit zaj bezeichnet. hn Fall zni = zai ändert er seinen Anteil nicht. Im Fall zni>zai (zni < zaj) erhöht (reduziert) er ihn. Dies ist genau dann der Fall, wenn das Verhältnis aus seiner Risikotoleranz und der Summe aller Risikotoleranzen steigt (sinkt). Der Anteilseigner i mag zum Beispiel deshalb seinen Anteil am Marktportefeuille ändem, weil sich bei Konstanz der Risikoaversionskoeffizienten der anderen sein eigener Risikoaversionskoeffizient aj gegenüber der Vorperiode geändert hat oder weil sich bei konstantem aj die Risikoaversionskoeffizienten anderer Anteilseigner geändert haben, l^) Die Risikoaversion eines Anteilseigners kann zum Beispiel auf Grund von Ereignissen wie Krankheit, Heirat oder Geburt eines Kindes steigen. Flir die Beurteilung des Projekts aus Sicht eines Anteilseigners, der seinen Anteil am Marktportefeuille ändert, ist nun grundsätzlich von Bedeutung, ob das Projekt unmittelbar vor dem Zeitpunkt 0, zu dem er seinen Anteil am Marktportefeuille ändert, in das Programm aufgenommen wird und die Anteilseigner mehr oder weniger umfassend darüber informiert werden, oder unmittelbar nach diesem Zeitpunkt, nachdem sich das neue Gleichgewicht eingestellt hat. Der erste Fall wird hier als ex ante- Aufnahme und der zweite Fall als ex /?o^^Aufnahme bezeichnet. Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Fällen besteht in der Höhe der Transferzahlungen: Bei ex anteAufhahme des Projekts werden die Anteile am Marktportefeuille zu denjenigen Wertpapierpreisen verändert, die sich auf Grund der Projektdurchführung ergeben. Bei ex post-Aufnahme des Projekts erfolgt der Handel zu den vor dem Projekt maßgeblichen Preisen, wobei hier davon ausgegangen wird, daß in den Preisen eine ex post-Aufnahme nicht antizipiert wird. Wird erst nach dem Handel das Projekt in das Programm aufgenommen, so ändem sich zwar in gleicher Weise wie bei ex ante-Aufiiahme die Gleichgewichtspreise, jedoch haben nun die Änderungen keinen Einfluß auf die bereits realisierten Transferzahlungen. Bezüglich einer ex post-Aufnahme besteht Anreizkompatibilität im strengen Sinne: Wenn ex post mit dem Projekt der Erwartungsnutzen irgendeines Anteilseigners steigt, so gilt dies auch für alle anderen Anteilseigner und zwar unabhängig davon, in welcher Weise sie gerade ihren Anteil am Marktportefeuille geändert haben. hn folgenden werden Konflikte bei ex aw^^-Aufhahme untersucht; das erwogene Projekt wird - wenn überhaupt - in das Programm aufgenommen, bevor Anteilseigner ihren Marktanteil ändem. Für die Überlegungen sind drei Zeitpunkte von Bedeutung, die unmittelbar aufeinander folgen:
17) Ändem sich sämtliche Risikotoleranzen in demselben Verhältnis, so ändem sich die individuellen Anteile am Marktportefeuille nicht.
290
Kapitel XI
Zeitpunkt -2: Es stellen sich die neuen Risikoaversionskoeffizienten aj ein. Jedoch können zunächst noch nicht die individuellen Anteile am Marktportefeuille an die neuen Risikoaversionskoeffizienten angepaßt werden. Zeitpunkt -1: Der Entscheidungsträger entscheidet darüber, ob das (von ihm entdeckte) Projekt in das Programm aufgenommen wird. Zugleich werden bei Durchführung des Projekts die Anteilseigner explizit oder implizit über den Erwartungswert E(eip), die Varianz Var(eip) und die Kovarianz Kov(eip;MiQ) informiert. Zeitpunkt 0: Anteilseigner ändem gemäß den neuen Risikoaversionskoeffizienten ihren Anteil am Marktportefeuille. ^^) (Dabei können natürlich auch Anteilseigner existieren, die ihren Anteil nicht verändern.) Die maßgeblichen Anschaffungsauszahlungen oder Verkaufserlöse hängen von den neuen Gleichgewichtspreisen ab, d. h. von dem neuen Risikoaversionskoeffizienten a\ und femer davon, ob das Projekt durchgeführt wird. Da der Kaufpreis bei Erhöhung des Anteils bzw. der Verkaufserlös bei Reduktion des Anteils am Marktportefeuille vom Marktwert MQQ im neuen Gleichgewicht abhängt, gewinnt dieser nun grundlegende Bedeutung für die Livestitionsplanung. Wie im folgenden gezeigt wird, hat MQQ für die Maximierung des Erwartungsnutzens eines Anteilseigners unterschiedliches Gewicht, je nachdem, in welchem Verhältnis er seinen Anteil am Marktportefeuille ändert; es ist nun grundsätzlich nicht mehr möglich, simultan den Erwartungsnutzen aller Anteilseigner zu maximieren. Bei den Darstellungen geht es ausschließlich um die Analyse potentieller Zielkonflikte zwischen Anteilseignem. Es kann dabei offen bleiben, wessen Erwartungsnutzen der Entscheidungsträger tatsächlich maximieren möchte oder ob er einen Kompromiß zwischen den Zielen verschiedener Anteilseigner anstrebt. 5.2.
Simultane Maximierung des Nutzens der Anteilseigner, die weder Aktien kaufen noch verkaufen
Der Anteilseigner i hat dann keinen Anlaß, seinen Anteil am Marktportefeuille zu ändem, wenn a
f j=l J
18) Man kann sich zum Beispiel vorstellen, daß die Zeitpunkte -2 und - 1 dem Börsenschluß an einem bestimmten Tag folgen und 0 den Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Handels an der Wertpapierbörse bezeichnet; die Anteilseigner können erst nach Aufnahme des Projekts in das Programm ihren Anteil am Marktportefeuille ändem.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
291
gilt, also die Risikoaversionskoeffizienten sich derart ändern, daß die relevante Relation für den Anteilseigner i mit der ursprünglichen übereinstimmt. Da er dann weder Anteile kauft noch verkauft, sind für ihn die Marktwerte zum Zeitpunkt 0 irrelevant. Für ihn ist dasselbe Aktionsprogramm optimal wie für den Fall, daß kein Anteilseigner seinen Anteil am Marktportefeuille ändert. Da dann individuelle Marktwertmaximierung (näherungsweise) im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung steht, sofern der Betrag des Fehlerterms (XL21) niedrig ist, gilt dies nun auch für jene Gruppe von Anteilseignem, die ihren Anteil am Marktportefeuille nicht ändem. Dieser Sachverhalt wird in Abschnitt 5.4.2 als Spezialfall aus einem allgemeinen Modell abgeleitet. 5.3.
Simultane Maximierung des Nutzens der Anteilseigner, die (fast) alle Aktien verkaufen
Will der Anteilseigner i zum Zeitpunkt 0 (fast) seinen gesamten Anteil am Marktportefeuille verkaufen, ist also znj (annähernd) gleich null, so wird sein Nutzen maximiert, indem sein Verkaufserlös zum Zeitpunkt 0 maximiert wird. Für ihn ist dann also nicht allein der Marktwert MQ^ relevant, sondern der Marktwert MQG ^^^^^ Aktien; je höher dieser Marktwert, desto höher ist sein Verkaufserlös und mithin der zum Zinssatz r anlegbare Betrag sowie sein Endvermögen. Die Maximierung des Marktwertes aller Aktien ist dann kompatibel mit dem Ziel der Maximierung des Nutzens des Anteilseigners i. Auch dieses Ergebnis wird in Abschnitt 5.4.2 als Spezialfall aus einem allgemeinen Modell abgeleitet. 5.4.
Verallgemeinerung: Simultane Maximierung des Nutzens der Anteilseigner, die ihren Anteil am Marktportefeuille im gleichen Verhältnis ändern
5.4.1. „Exakte^^ Nutzenmaximierung Es wird nun der allgemeine Fall betrachtet, daß der Anteilseigner i zwar einen positiven Anteil znj am Marktportefeuille halten möchte, dieser jedoch von seinem bisherigen Anteil zaj abweicht. Bei normalverteiltem Endvermögen und exponentieller Nutzenfunktion ist das Sicherheitsäquivalent, das er seinem neuen Anteil znj am Residualgewinn ejp - (1 + r) • Aop des Projekts beimißt, unabhängig davon, welchen Erlös er im Fall zaj > znj erzielt oder welchen Preis er im Fall znj > zaj für die Erhöhung seines Anteils am Marktportefeuille zu zahlen hat. Diese Implikation erleichtert die Analyse des Problems, wie sich bei Durchführung des Projekts der Erwartungsnutzen des Anteilseigners i ändert. Seine Nutzenänderung läßt sich dann in zwei unabhängige Bestandteile zerlegen, wobei der erste mit der Nutzenänderung für den Fall einer ex post-Aufnahme des Projekts ins Programm übereinstimmt.
292
Kapitel XI
Der erste Bestandteil der Nutzenänderung des Anteilseigners i resultiert daraus, daß er den Anteil znj an diesem Projekt halten wird. Dieser Anteil am Überschuß ejp - (1 + r) • Aop bietet ihm das folgende Sicherheitsäquivalent: (XL25)
SÄi(zni) = zni.E[eip--(l + r ) . A o p ] - ^ - z n f - A a J = zni-[E(eip)~(l + r ) - A o p - Y - z n i - Ä a J ] .
Wird znj in der unteren eckigen Klammer durch zni= — / E — ersetzt, ergibt sich: (XL26)
SAi(zni) = zni-[E(eip)-(l + r).Aop—j
1
1 . .2. --Aa^].
Hieraus folgt in Verbindung mit (VII.5)
MR^—^^ = 1/1-^ Var(MiG) jTi^J
und mit Aa^ = Var(eip) + 2 • Kov(e]p;MiQ) die Gleichung:!^) (XI.27) SÄi(zni)= zni{E(eip)-(l + r)-Aop-MR~[Var(eip)+2-Kov(eip;MiG)]} • Der zweite Bestandteil der Nutzenänderung des Anteilseigners i resultiert daraus, daß das Projekt den Marktwert MQQ aller Aktien beeinflußt: Steigt (sinkt) dieser Marktwert, so erzielt er im Fall zaj > znj einen höheren (niedrigeren) 19) Wird das Projekt (ex post) ins Programm aufgenommen, nachdem die Transferzahlungen bereits erfolgt und somit sunk costs sind, ist es vorteilhaft, wenn SÄ(zni) > 0 gilt. Da zni > 0 ist dies wiederum dann der Fall, wenn der Term in der geschweiften Klammer positiv ist, wenn also gilt: Es ergibt sich also wieder die Vorteilhaftigkeitsbedingung (XL20) für den Fall eines gegebenen Gleichgewichts.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
293
Verkaufserlös zum Zeitpunkt 0, während er im Fall znj > zaj einen höheren (niedrigeren) Betrag zu zahlen hat. Entsprechend ändert sich sein Endvermögen um den folgenden sicheren Betrag: (XI.28)
-(ziii - z a O • (1 + r)• ( M ^ - M O G ) • = AMoG
Hierin bezeichnet jetzt MQQ den Marktwert des Marktportefeuilles zum Zeitpunkt 0 (bei den Risikoaversionskoeffizienten ai) ohne das Projekt und MQG^ den Marktwert bei Durchführung. Das Einsetzen von (XL 15) in (XI.28) ergibt: (XI.29) -(zni-zai)>{E(eip)-(l+r)-AQp-MRlVar(eip) + 2-Kov(eip;MiG)]^^ V
^
/
V
^
y
Das Projekt ist aus Sicht des Anteilseigners i vorteilhaft, wenn die Summe aus (XI.27) und (XI.29) positiv ist: (XI.30)
zni • (^ip - ^ - A c j 2 } - ( z n i - z a i ) - {^ip -MR-Aa^} >0.
Hieraus folgt nach Division durch zaj > 0 die Vorteilhaftigkeitsbedingung: (XL31)
)i
^
>(l-~^)-MR-Aa2 2 zaj ^
bzw. (XI.32) 1 2X1'
E(eip)-(l + r).Aop>(l--~L)-MR-[Var(eip) + 2-Kov(eip;MiG)]. V
^
/
z
zaj
V
^
/
Vorteilhaftigkeitsbedingung für das Projekt beim Ziel der Maximierung des Nutzens des Anteilseigners i Ob das Projekt fiir den Anteilseigner i vorteilhaft ist, hängt gemäß (XI.32) davon ab, in welchem Verhältnis er seinen Anteil am Marktportefeuille ändert. Für zni = zai (er ändert seinen Anteil am Marktportefeuille nicht) gilt l-0,5-(zni/zaj) = 0,5 und aus (XL32) folgt die bereits erläuterte Bedingung (XL20) der subjektiven Nutzenmaximierung für alle Anteilseigner bei gege-
294
Kapitel XI
benem Marktgleichgewicht. Für znj « 0 (der Anteilseigner verkauft annähernd alle seine Wertpapiere) folgt aus (XL32) die Bedingung (XL 16), unter der das Projekt bei Maximierung des Marktwertes MQQ ^/fe^ Aktien vorteilhaft ist. Das Kriterium (XL32) subjektiver Nutzenmaximierung ist ebenso operational wie das Kriterium (XL4) bzw. (XL9) für individuelle Marktwertmaximierung. Außerdem zeigt es (Abschnitt 5.4.2), daß die individuelle Marktwertmaximierung keine generelle Gültigkeit hat, sondem nur für solche Anteilseigner (näherungsweise) im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung steht, deren Anteil am Marktportefeuille unveränderlich ist. Die kritische Untergrenze für den Erwartungswert |j,p des Residualgewinns, von dem an gemäß (XL32) das Projekt für den Anteilseigner i vorteilhaft ist, hängt bei gegebenem MR-Wert von Aa^, zaj und zn^ ab. Es ist zweckmäßig, folgende Fälle zu unterscheiden: Fall A: Aa^ =0: Hier ist das Projekt i genau dann vorteilhaft, wenn der Erwartungswert |Lip positiv ist. Dies gilt unabhängig von zaj und znj, also unabhängig vom alten und vom neuen Anteil am Marktportefeuille Fall B: Aa^ >0 : Hier ist bei gegebenem zaj die kritische Untergrenze für iiip eine linear fallende Funktion von znj, wobei sie um so mehr sinkt, je geringer zaj ist. Für znj = 2 • zaj ist das Projekt genau dann vorteilhaft, wenn |Lip > 0 gilt. Für znj > 2 • zaj (znj < 2 • zaj) ist der kritische Wert für |Lip negativ (positiv), Fall C: Aa^ <0 : Hier ist bei gegebenem zaj der kritische Wert für |Lip eine linear steigende Funktion von zn^. Für znj = 2 • zaj ist das Projekt wieder genau dann vorteilhaft, wenn |uip > 0 gilt. Für znj > 2 • zaj (znj < 2 • za^) ist der kritische Wert für \ip positiv (negativ). Für den Fall Aa^ =0 kann also das Projekt unabhängig von za^ und znj beurteilt werden. Es ist dann nicht nur für den Anteilseigner i, sondem auch für alle anderen Anteilseigner vorteilhaft, wenn |Lip > 0 gilt. Jedoch ist dieser Fall die Ausnahme. Immerhin wird für AG^^O mit dem Erwartungsnutzen des Anteilseigners i zugleich auch der Erwartungsnutzen derjenigen Anteilseigner maximiert, die ihren Anteil am Marktportefeuille im gleichen Verhältnis ändem wie i, für die also zn/za = znj/zai gilt; auch für sie ist die Vorteilhaftigkeitsbedingung (XL32) relevant. Bezüglich der betreffenden Personengruppe besteht Anreizkompatibilität. Die Anteile von Anteilseignem am Marktportefeuille ändem sich genau dann im gleichen Verhältnis, wenn dies auch für die Quotienten aus ihrer eigenen Risikotoleranz und der Summe aller Risikotoleranzen gilt. 5.4.2. Maximierung eines gewichteten Marktwertes als Approximation Der Term in der linken geschweiften Klammer der Bedingung (XL30) dafür, daß das Projekt den Erwartungsnutzen des Anteilseigners i erhöht, also
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
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MR , 2 MR ,^, ^_ ^ ^ ^^ ^_ ~ ^^ | L i p — ^ ' ^ ^ p =^P—^•[Var(eip) + 2-Kov(eip;MiG)] = |Lip-MR.[--Var(eip)+Kov(eip;MiG)], ist gemäß (XL3) näherungsweise gleich (1+r) • AMon^ sofern 0,5-Var(eip)« Var(eip) + Kov(e|p;Min) oder -Kov(eip;Min)«0,5-Var(eip) gilt. Der Term in der rechten geschweiften Klammer von (XI.30), also ^ip - M R . A a J = ^p -MR.[Var(eip) + 2.Kov(eip;MiG)], ist gemäß (XL 15) gleich (1 + r) • AMQG- Mithin kann die Vorteilhaftigkeitsbedingung (XI.30) im Fall -Kov(eip;Min)« 0,5-Var(eip) vereinfachend wie folgt dargestellt werden: zni • ( 1 + r) . AMon - (znj - zaj) • (1 + r) •
AMQG
>0
bzw. (da zai > 0 und 1 + r > 0):
(XI.33)
zn• — L . AMon + (1
zn• ^) • AMoG > 0.
Vorteilhaftigkeitsbedingung für das Projekt beim Ziel der Maximierung des Nutzens des Anteilseigners i: Vereinfachte Variante Das Projekt ist gemäß (XL33) für den Anteilseigner i vorteilhaft, wenn die gewichtete Summe aus der Änderung des Marktwertes MQH ^nd der Änderung des Marktwertes MQG bei Durchführung des Projekts positiv ist. Bei gegebenem Wert für zaj ist das Gewicht von AMQG ^in so höher und das von AMQJ^ um so niedriger, je kleiner znj ist, je weniger also der Anteilseigner i im neuen Gleichgewicht am Marktportefeuille beteiligt ist; für znj < zaj ist das Gewicht von AMQG positiv, für znj > zaj ist es negativ. Für znj = zaj folgt aus (XL33) die Vorteilhaftigkeitsbedingung AMQ^ ^ 0. Dieses Kriterium entspricht dem Ziel individueller Marktwertmaximierung. Es ist somit nur für jene Gruppe von Anteilseignem zielführend, die weder Aktien kaufen noch verkaufen. Für znj« 0 folgt die Vorteilhaftigkeitsbedingung AMQG -^ 0' d^^ Projekt ist vorteilhaft, wenn es den Marktwert der Aktien aller Untemehmen erhöht.
296
Kapitel XI
5.4.3. Zielkonflikte zwischen Anteilseignerny die ihren Anteil am Marktportefeuille in unterschiedlichem Verhältnis ändern: Ein Fazit Da die Vorteilhaftigkeitsbedingungen (XL32) und (XI.33) analog für einen beliebigen Anteilseigner j gelten müssen, ermöglichen sie eine anschauliche Analyse potentieller Konflikte für Aa^ ?^0 und znj/zaj ^ znj/zaj. Ein Projekt, das den (Erwartungs-) Nutzen eines Anteilseigners erhöht, kann für einen anderen von erheblichem Nachteil sein. Gilt zum Beispiel Aa^ >0 und will der Anteilseigner i seinen Anteil am Marktportefeuille erhöhen und j ihn reduzieren, so ist gemäß (XL32) der kritische Wert für |Lip vom Standpunkt des Anteilseigners i niedriger als der für den Anteilseigners j ; das Projekt kann für i vorteilhaft und für j nachteilig sein. Allgemein gilt: Die für verschiedene Anteilseigner maßgeblichen kritischen Werte für |Lip unterscheiden sich um so mehr, je stärker ihre Quotienten zn / za voneinander abweichen und je größer MR sowie der Betrag von Aa^ sind. 5.5.
Marktwertmaximierung und (fehlende) Bindung
Wie erläutert wurde, bestehen im CAPM grundsätzlich Zielkonflikte zwischen Anteilseignem, sofem sich der Kapitalmarkt in einem Übergang zu einem neuem Gleichgewicht befindet und die Investitionsentscheidungen getroffen werden, bevor diejenigen Anteilseigner, die ihren Anteil am Marktportefeuille ändem, ihren neuen Anteil realisiert haben. Nachdem sich jedoch das neue Gleichgewicht eingestellt hat, besteht wieder Einmütigkeit bezüglich aller Anteilseigner. Ex post führt individuelle Marktwertmaximierung dazu, daß der Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners maximiert wird, sofem der Betrag des Fehlerterms (XI.21) bei individueller Marktwertmaximierung gegenüber subjektiver Nutzenmaximierung vemachlässigbar gering ist. Im folgenden wird davon ausgegangen, diese Bedingung sei erfüllt. Wählt der Entscheidungsträger ex ante ein Investitionsprogramm, mit dem der Marktwert MQH nicht maximiert wird und kann seine Entscheidung später ohne weiteres revidiert werden, so besteht ex post - also nach Vorüegen des neuen Marktgleichgewichts - Einmütigkeit zwischen allen Anteilseignem, die Revision in der Weise vorzunehmen, daß der Marktwert MQH maximiert wird.^^) Somit wird die betreffende Revision vorgenommen. Bei rationalen Erwartungen werden dies alle Anteilseigner antizipieren. Es kann folglich nicht glaubwürdig signalisiert werden, daß die angekündigte Entscheidung, mit der nicht der Marktwert MQH maximiert wird, auch tatsächlich realisiert wird. 20) Die individuelle Marktwertmaximiemng ist ex post für einen Anteilseigner unabhängig davon vorteilhaft, ob er zuvor seinen Anteil am Marktportefeuille erhöht oder reduziert hat. Erzielte Verkaufserlöse und gezahlte Kaufpreise sind bei exponentiellen Nutzenfunktionen für die optimale Revision irrelevant.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
297
Wenn die hivestitionsentscheidungen ex post revidiert werden können und die Anteilseigner die Investitionsmöglichkeiten kennen, ist der Entscheidungsträger nicht in der Lage, im Interesse von Anteilseignem zu handeln, für die ex ante ein anderes Investitionsprogramm als dasjenige optimal ist, das den Marktwert MQ^ maximiert. Welches Programm der Entscheidungsträger auch ankündigen mag, im Marktwert MQ^ bzw. MQQ wird antizipiert, daß ex post das Programm mit dem höchsten Marktwert MQH realisiert wird; da das Ziel der individuellen Marktwertmaximierang ex post einmütig verfolgt wird, wird es auch ex ante zum dominierenden Ziel. Die ex ante Zielkonflikte werden dadurch zwar nicht aufgelöst. Jedoch kann der Entscheidungsträger nur die Interessen derjenigen Anteilseigner verfolgen, für die znj = zaj gilt; niemand erzielt einen Vorteil oder einen Nachteil, wenn der Entscheidungsträger das entsprechende marktwertmaximale Programm nicht erst ex post, sondem ex ante wählt und ankündigt. Es zeigt sich hier, daß die individuelle Marktwertmaximiemng auch bei Fehlen eines Marktgleichgewichts gmndlegende Bedeutung haben kann. Der Entscheidungsträger kann jedoch dann ex ante vom Ziel der individuellen Marktwertmaximiemng abweichen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: (a) Bei Projekten, die in das Programm aufgenommen werden, obwohl sie den Marktwert MQH reduzieren, können ex ante Bindungen eingegangen werden, bei denen es ex post für alle Anteilseigner nachteilig ist, die Projekte nicht zu realisieren. (b) Projekte, die zunächst nicht in das Programm aufgenommen werden, obwohl bei ihrer Durchführung der individuelle Marktwert MQH steigt, können zunächst „geheim" gehalten werden, so daß in den Marktwerten, zu denen Aktien gekauft und verkauft werden (in den Transferzahlungen), ihre spätere Aufnahme in das Investitionsprogramm nicht antizipiert wird. 5,6,
Bedeutung von Informationen
Der Anteil znj, den der Anteilseigner i im neuen Gleichgewicht am Marktportefeuille hält, hängt allein von seinem für die betrachtete Periode maßgeblichen Risikoaversionskoeffizienten ai sowie den Risikoaversionskoeffizienten der anderen Anteilseigner ab. znj ist bei homogenen Erwartungen unabhängig davon, welche homogenen (öffentlichen) Informationen die Anteilseigner erhalten; homogene Informationen, aus denen alle die gleichen Schlüsse ziehen, lösen keine (weiteren) Kauf- und Verkaufentscheidungen aus. Jedoch beeinflussen die Informationen die Transferzahlungen beim Übergang in das neue Gleichgewicht. Gilt zn^ > zaj (znj < zaj), so ist es aus Sicht des Anteilseigners i vorteilhaft, wenn Informationen gegeben werden, bei denen der Marktwert MQQ ^U^r Aktien sinkt (steigt). Der reale Marktwert hat nun gegenüber dem virtuellen gmndlegende Bedeutung.
298
Kapitel XI
In Verbindung mit den Darstellungen in Abschnitt 4.4 kann das folgende Fazit gezogen werden: Ist individuelle Marktwertmaximierung (näherungsweise) mit Nutzenmaximierung kompatibel (gegebenes Marktgleichgewicht), so erübrigt sich die Information der Anteilseigner über die zukünftigen Überschüsse neuer Projekte. Die Information wird erst dann relevant, wenn ein Konflikt zwischen individueller Marktwertmaximierung und Nutzenmaximierung besteht (Übergang in ein neues Gleichgewicht). In diesem Fall ergeben sich auch Konflikte zwischen den Anteilseignem und zwar sowohl bezüglich der Projektauswahl als auch der Informationspolitik des Untemehmens; es stellt sich das Problem, an welcher Interessengruppe sich die Informationspolitik ausrichten soll. 6. 6.1.
Marktwertänderungen im Licht veränderlicher Preise TT^ Problematik der Hypothese unveränderlicher Preise n^
In den Abschnitten 4 und 5 wurde der Konflikt zwischen subjektiver Nutzenmaximierung und Marktwertmaximierung im Rahmen des CAPM modellendogen aufgezeigt, wobei die Bewertungsfunktionen dieses Modells die unmittelbare Argumentationsgrundlage bildeten. Dabei wurden konsequent mögliche Änderungen der Marktwerte aller riskanten Wertpapiere bei Durchführung eines neuen Projekts (oder Programms) in die Analyse einbezogen. Gelegentlich wird dagegen das Ziel individueller Marktwertmaximierung auf der Grundlage der Bewertungsfunktionen des CAPM mit der Hypothese unveränderlicher Preise TCgflirzustandsbedingte Zahlungsansprüche gerechtfertigt, ohne daß modellendogen geprüft wird, welche Implikationen sich hieraus für die Qualität der Entscheidungen bei Orientierung an diesem Ziel ergeben können. Wie in Kapitel IX, Abschnitt 2, gezeigt wurde, löst sich unter dieser Hypothese zwar der Widerspruch zwischen Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung auf Jedoch ist die Bedingung unveränderlicher Preise n^ ebenso wie die unveränderlichen Preise Mom i^i Rahmen der expliziten Bewertungsfunktionen des CAPM grundsätzlich gar nicht erfüllt. Die ICriterien (XI.4) und (XL 16) beruhen zwar auf der Bedingung, daß bei Durchführung des Projekts der Marktpreis des Risikos, MR= RPQ / Var(MiQ), konstant bleibt. Aus dieser Bedingung folgt jedoch nicht, daß auch die einzelnen zustandsabhängigen Grenznutzenwerte und entsprechend die Preise flir zustandsbedingte Zahlungsansprüche unveränderlich sind.^^) Das kann anschauhch flir die NE-Variante des CAPM verdeutlicht werden. Hier ist MR allein durch die Risikoaversionskoeffizienten aj (i = 1,2,...,I) bestimmt; MR ist 21) Zur Bedeutung der zustandsabhängigen Grenznutzenwerte für die Preise n^ vgl. Kapitel VII, Abschnitt 3.2.
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
299
unabhängig von E ( M I Q ) und Var(MiQ) und mithin auch unabhängig vom Volumen eines zusätzlichen Projekts. Jedoch ändem sich mit dem Projekt grundsätzlich die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte, Die Änderungen sind insbesondere für solche Zustände tendenziell groß, für die der Betrag des Projekterfolges ebenfalls groß ist und somit der Endwert des Marktportefeuilles stark steigt oder sinkt. Bei quadratischen Nutzenfunktionen ist die Annahme eines konstanten Marktpreises des Risikos insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Betrag des Erwartungswertes des Projektgewinns gering ist. Aber auch unter dieser Bedingung kann der Projektüberschuß ejp stark um den Erwartungswert streuen, so daß sich die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte stark ändem können. hn folgenden wird gezeigt, wie sich bei Durchführung eines Projekts die Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche ändem und daß bei Annahme unveränderlicher Preise das Marktwertkriterium (XI.4) zu dem Kriterium e i p - ( l + r ) - Aop > 0 degeneriert, wobei der Projektüberschuß eine sichere Größe ist. Bei den Darstellungen wird vereinfachend davon ausgegangen, die Zahl der möglichen Zustände sei endlich. Da dann der Endwert M^Q des Marktportefeuilles nicht normalverteilt sein kann, wird nun die BQ-Variante des CAPM zugrunde gelegt. Da annahmegemäß bei Durchführung des Projekts der risikolose Zinssatz r konstant bleibt, muß auch die Summe aller Preise Tig konstant bleiben. Die Summe aller Preisänderungen Ag (s = 1,2,...,S) muß somit gleich null sein; trotzdem können einzelne Änderungen betragsmäßig groß sein. 6.2.
Einfluß der Projektgewinne auf die Preise n^
In der Ausgangssituation (ohne das Projekt) gilt für den Preis n^ im Rahmen der BQ-Variante (Kapitel VII, Abschnitt 4.2): (Vn.57)
7r3:^(l + r ) - ^ . w ( S s ) - ( l - ^ ^ ^ ^ ^ Var(MiG)
>[MIG,S-E(MIG)])
=MR
(s=l,2,...,S). Wird das Projekt durchgeführt, ändert sich der Term folgt:
MJG S~E(M|Q)
wie
(XI.34) A[MiG,s-E(MiG)]=MiG,s+eip^s-(l+r)-Aop~E[MiG+eip~(l+r>^ -[MiG,s-E(MiG)] = eip^3-E(eip). Somit ändert sich gemäß (VII.57) bei gegebenem MR-Wert der Preis Tig um:
300
Kapitel XI
(XI.35)
A7:3=-(l + r)-»-w(Ss)-MR-[eip,3-E(eip)] (s== 1,2,...,S).
Einfluß des Projekts auf den Preis n^ Wenn für den Zustand Sg der Projektüberschuß höher (niedriger) ist als der Erwartungswert des Projektüberschusses, so sinkt (steigt) n^. Der Betrag der Änderung ist eine linear steigende Funktion des Betrages der Differenz ^lp s ~ EC^lp)? wobei das Steigungsmaß um so höher ist, je größer MR ist. Der lineare Zusammenhang resultiert daraus, daß für die Bewertungsfunktionen der BQ-Variante quadratische Nutzenfunktionen maßgeblich sind, bei denen der Grenznutzen eine linear fallende Funktion des Endvermögens ist. Da sich gemäß (XL35) der Preis Tig für einen Zustand Sg genau dann nicht ändert, wenn für diesen Zustand der Projektüberschuß mit dem Erwartungswert E(eip) übereinstimmt, impliziert die Annahme unveränderlicher Preise Tig für alle Zustände Sg im CAPM, daß für jeden Zustand e^p g = E(eip) gilt, der Projektüberschuß also sicher ist. Die Darstellungen beruhen auf der üblichen Voraussetzung, daß sich bei Durchführung des Projekts der Marktpreis des Risikos, MR, nicht ändert. Diese Bedingung ist jedoch bei den hier zugrunde gelegten quadratischen Nutzenfunktionen nicht streng erfüllt. Vielmehr steigt auf Grund der zunehmenden absoluten Risikoaversion MR, sofem der Projektgewinn positiv ist (Kapitel VII, Abschnitt 2.1). Entsprechend ändem sich alle oder ein Teil der Preise TXg. Somit impliziert die Annahme unveränderlicher Preise streng genommen nicht nur einen sicheren Projektgewinn, sondem auch, daß er gleich null ist; das Projekt ist irrelevant, da es nicht die möglichen Endwerte des Marktportefeuilles beeinflußt. 6.3.
Ermittlung von AMon unter expliziter Berücksichtigung der Preisänderungen
Bei Durchführung des Projekts ändert sich der Marktwert der Aktien des Untemehmens n allgemein wie folgt:
s (XI.36)
s
AMon= Z(7ts+A7Cs)-[eip^s-(l + r)-Aop]+i:Ä7rs-Min^s. s=l
, =Mo(eip)
s=l =AMo(M,n)
Hierin bezeichnet M{)(eip) den Marktwert des Überschusses cjp bei den neuen Preisen 7ts +ATTS und AMo(Min) die Änderung des Marktwertes des bisherigen Endwertes Min ^^ Aktien des Unternehmens n auf Grund der Preisänderungen ATig- Wegen
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM S
301
S
i:(7is + A7rs) = (l + r)-^ gilt K ^ s + A7ts)-[-(l + r)-Aop] =-Aßp, so daß (XI.36) s=l
s=l
wie folgt dargestellt werden kann: S
(XL37)
S
S
AMon = E^Ts -eip^s + SAjig -eip^^ + f^An, •Min,s " Aop. s=l
s=l
^
^Mo(eip)
s=l
^
^AMo(Min)
Einfluß des Projekts auf den Marktwert MQ^ unter expliziter Berücksichtigung der ursprünglichen Preise TT^ und der Preisänderungen An^ Der Marktwert Mo(eip) des Projektüberschusses e^p wird in der Bewertungsfunktion (XL37) in zwei Komponenten zerlegt: Die erste bezeichnet den Marktwert des Projektüberschusses unter der Hypothese, daß sich die Preise TTg nicht ändern, die zweite den Einfluß von Änderungen der Preise TCg. Mit Hilfe der drei Summenterme in der Bewertungsfunktion (XL37) wird in der ersten Auflage, 2003, S. 273f, der vorliegenden Arbeit bewiesen, daß diese Bewertungsfunktion der Bewertungsfunktion (XL3) völlig äquivalent ist. Es zeigt sich damit, daß eine konsistente Analyse des Einflusses des Projekts auf den Marktwert MQH in der Weise vorgenommen werden kann, daß die Änderungen der Preise n^ im Rahmen eines geschlossenen Bewertungssystems konsequent berücksichtigt werden. Werden bei der Bewertung gemäß (XL37) die Preisänderungen ATTS vernachlässigt, ergibt sich: S
(XL37a)
AMon = E ^ s •eip,s ~^op . s=l
Das Projekt erscheint dann als vorteilhaft, wenn S
Mo(eip)= Z7t3.eip^s>Aop s=l
gilt. Wie gezeigt wurde, erweisen sich die Preise Tig in der BQ-Variante des CAPM (nur) dann als konstant, wenn von der Hypothese ausgegangen wird, daß das Projekt keinen Einfluß auf M^Q hat. Unter dieser vereinfachenden Fiktion wurde bereits in Abschnitt 3.1.1.2 die Vorteilhaftigkeitsbedingung (XL7)
Mo(eip)^(l+r)-^-[E(eiphMR>Kov(eip;MiG)]>Aop = SÄ(eip)
302
Kapitel XI
hergeleitet; sie ist der Bedingung S
Mo(eip)= Z7^s-eip,s>Aop s=l
äquivalent. Die vereinfachende Annahme unveränderlicher Preise n^ mag zwar als akzeptabel erscheinen, wenn es ausschließlich um die vereinfachte Ermittlung des Marktwertes eines Investitionsprojekts (oder -programms) gemäß (XL37a) oder (XL7) geht. Sie ist jedoch im Rahmen des CAPM nicht geeignet, das Marktwertkriterium seinerseits zu rechtfertigen. Wie bereits in Abschnitt 6.2 gezeigt wurde, impliziert sie im CAPM letztlich, daß der Projektüberschuß sieher ist und bei den hier angenommenen quadratischen Nutzenfunktionen streng genommen auch, daß der Gewinn gleich null ist. Dies wird auch in der ersten Auflage, 2003, S. 274f, nachgewiesen, indem explizit gezeigt wird, daß bei unveränderlichen Preisen Tig sämtliche Terme Var(eip), Kov(eip;Min) und Kov(eip;MiQ) in (XI.3) und (XL4) gleich null sind; das Projektrisiko ist nicht nur nicht bewertungsrelevant, sondem gar nicht vorhanden. Es zeigt sich in diesem Kapitel die Problematik der Begründung und Formulierung allgemeiner Entscheidungskriterien auf der Basis von Modellvereinfachungen die a priori vorgenommen werden. Vereinfachungen sollten möglichst (und die Möglichkeit besteht im Rahmen des CAPM ohne weiteres) nicht am Anfang der Analyse stehen, sondem am Ende, nachdem die Implikationen der Vereinfachungen durchschaut werden können. Es bleibt dabei: Die individuelle Marktwertmaximierung ist im CAPM keine selbstverständliche Zielsetzung; die möglichen Gefahren von Fehlentscheidungen bei Orientierung an dieser Zielsetzung lassen sich fiir unterschiedliche Entscheidungssituationen eindeutig identifizieren. 7.
Resümee und Implikationen für die weiteren Darstellungen
Die modellexogene Annahme, die Investitionen im Untemehmen n hätten keinen Einfluß auf die Preise n^ bzw. die Marktwerte der anderen Untemehmen und somit (implizit) auch keinen Einfluß auf die Grenznutzenwerte der Anteilseigner (Annahme der Unveränderlichkeit), kann nur damit gerechtfertigt werden, daß sie in sinnvoller Weise Komplexität reduziert. Ob dies im Rahmen des CAPM der Fall ist, ist jedoch zweifelhaft. Schon für den Fall, daß in der Ausgangssituation (vor einem zusätzlichen Projekt) ein Marktgleichgewicht gegeben ist, stellt die modellexogene Annahme der Unveränderlichkeit der Preise Tig im CAPM eine problematische Einschränkung der Problemstellung dar: Mit Hilfe der expliziten Bewertungsfunktionen des CAPM kann allgemein gezeigt werden, daß individuelle Marktwertmaximierung und subjektive Nutzenmaximierung allenfalls „nähe-
Nutzenmaximierung und Kriterien der Marktwertmaximierung im CAPM
303
rungsweise" im Einklang miteinander stehen, wobei der „Fehlerterm" für die Marktwertmaximierung gegenüber der Nutzenmaximierung eindeutig identifiziert werden kann. Die modellexogene Annahme der Unveränderlichkeit verschleiert die maßgeblichen Zusammenhänge und vereinfacht noch nicht einmal die Bewertung riskanter Projekte im CAPM. Besteht in der Ausgangssituation kein Gleichgewicht, so ist die modellexogene Annahme der Unveränderlichkeit noch problematischer. Sie verdeckt die fär einen Übergang in ein neues Gleichgewicht maßgeblichen besonderen Konflikte zwischen individueller Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung und entsprechend auch die Konflikte zwischen Anteilseignem, die in Abschnitt 5 unter Berücksichtigung der Bewertungsfunktionen des CAPM gezeigt wurden. Konflikte bei einem Übergang in ein neues Gleichgewicht sollen allerdings in den nachfolgenden Kapiteln nicht weiter behandelt werden. Es werden nur noch Gleichgewichtsanalysen vorgenommen, bei denen ein Marktgleichgewicht besteht, das sich bei Durchflihrung neuer Projekte nicht ändert (Nichthandels-Gleichgewicht). Wenn nicht vom CAPM als theoretischer Basis ausgegangen wird, wird explizit angenommen, daß neue Projekte keinen Einfluß auf die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte haben, wobei zum einen (partielle) Anreizkompatibilität zwischen den Anteilseignem besteht und zum anderen - wie in Kapitel IX gezeigt wurde - Nutzen- und Marktwertmaximierung identische Untemehmensziele sind.
Ergänzende und vertiefende Literatur: BALLWIESER (1994); ELTON/GRUBER (1991); FAMA (1972); FISCHER (1996, S. 105-176); FRANKE (1975; 1983; 1989); FRANKE/HAX (2004, S. 296-363); GILLENKIRCHA^ELTHUIS (1997); GÖPPL (1980); HAX (1993); JENSEN/LONG (1972); KRUSCHWITZ (1999, insbes. S. 243-262); LAUX (1969, insbes. S. 124155; 1971a; 1975a); LELAND (1974); LINTNER (1965a); MossiN (1966; 1977, S. 99-142); MoxTER (1970); RAPPAPORT (1986); RUDOLPH (1979, insbes. S. 242 ff.; 1983); SAELZLE (1976, insbes. S. 172-220); SHARPE (1964); STIGLITZ
(1972).
TEIL E: PREISBILDUNG AUF DEM KAPITALMARKT, INVESTITIONSPLANUNG UND UNTERNEMENSBEWERTUNG IM MEHRPERIODEN-FALL
XII.
1.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie Problemstellung
Dieses Kapitel befaßt sich mit der Preisbildung auf dem Kapitalmarkt, der Untemehmensbewertung und der Investitionsplanung im Mehrperioden-Fall, wobei für die Investitionsplanung und die damit in enger Beziehung stehende wertorientierte Untemehmensflihrung das Ziel individueller Marktwertmaximierung (der Maximierung des Marktwertes der Aktien des Untemehmens) zugrunde gelegt wird. Es wird wieder davon ausgegangen, daß die Gläubiger nicht am Untemehmensrisiko partizipieren.^^) Dabei wird deutlich, daß viele Analogien zwischen den Bewertungsfunktionen des Ein- und des Mehrperioden-Falls und ihrer theoretischen Fundierung bestehen. Im vorliegenden Kapitel werden Probleme der Ermittlung des (realen oder virtuellen) Marktwertes einzelner Investitionsprojekte in enger Verbindung mit der Ermittlung des Marktwertes (der Aktien) des Untemehmens analysiert. Diese einheitliche Betrachtung ist deshalb sinnvoll, weil jeweils im Prinzip dasselbe Bewertungskonzept maßgeblich ist. Außerdem wird die Untemehmensbewertung (etwa bei Kauf oder Verkauf eines Untemehmens oder grundlegender Änderungen der Untemehmensstrategie) in der Regel in Verbindung mit der Bewertung neuer Investitionsprojekte vorgenommen. Der Zusammenhang zwischen Untemehmensbewertung und der Bewertung einzelner Investitionsprojekte wird in Abschnitt 2 dargelegt.
27) Außerdem wird auch hier von Steuem abgesehen. Zur Erfassung von Erfolgsteuem bei der Untemehmensbewertung und der mehrperiodigen Investitionsplanung vgl. Kapitel XIII, Abschnitt 6. Das vorliegende Kapitel entwickelt auch theoretische Grundlagen für die Analyse des Steuereinflusses.
306
Kapitel XII
In Abschnitt 3 wird die Preisbildung für riskante Wertpapiere (insbesondere fär die Aktien des investierenden Unternehmens) und die marktwertorientierte Livestitionsplanung vor dem Hintergrund des State Preference Ansatzes (SPA) diskutiert. Im Rahmen dieses Ansatzes wird auch im Mehrperioden-Fall das Risiko zwischen den Anteilseignem pareto-effizient geteilt, so daß bei unveränderlichen Grenznutzenwerten bzw. Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche individuelle Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung steht (sofem die Überschüsse bzw. Erfolge des Unternehmens zwischen den Anteilseignem proportional geteilt werden). Dies gilt auch für den modifizierten SPA (Abschnitt 4). Zwar gibt es hier „betriebsspezifische" Störterme. Sie sind jedoch für Anteilseigner mit gut gemischten Portefeuilles nicht bewertungsrelevant, da sie im Rahmen dieser Portefeuilles durch Diversifikation quasi eliminiert werden. Im modifizierten SPA wird unterstellt, daß die Anteilseigner solche Portefeuilles halten. Abschnitt 5 befaßt sich mit der Preisbildung fär riskante Wertpapiere und der marktwertorientierten Investitionsplanung auf der Grundlage der BQ- und der NE-Variante des CAPM. Dabei wird davon ausgegangen, daß zu Beginn des Planungszeitraums bereits ein Marktgleichgewicht vorliegt und sich in diesem Zeitraum die Nutzenfunktionen der Anteilseigner bezüglich ihres Endvermögens nicht ändem. Dies hat zwei Implikationen: Zum einen kann analog zum Einperioden-Fall individuelle Marktwertmaximierung näherungsweise im Einklang mit Nutzenmaximierung stehen. Zum anderen können die Marktwerte riskanter Überschüsse in einfacher Weise erklärt werden, indem deren Sicherheitsäquivalente mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert werden (Sicherheitsäquivalent-Methode). Dabei erfolgt die Bewertung im Prinzip wie im Einperioden-Fall. Wie gezeigt wird, ergeben sich bei Erweiterung des CAPM auf den Mehrperioden-Fall dagegen wesentlich komplexere Probleme, sofem die Bewertungen mit HilferisikoangepaßterZinssätze angestrebt werden. Oft wird die Ermittlung von Marktwerten mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz - vor allem auch in der Praxis - der Diskontierung von Sicherheitsäquivalenten mit demrisikolosenZinssatz vorgezogen. Dabei wird im allgemeinen der für die Untemehmensbewertung bzw. -planung maßgebliche risikoangepaßte Kalkulationszinsfuß auf der Basis des einperiodigen CAPM ermittelt und damit auch die erwarteten Überschüsse späterer Perioden diskontiert (Discounted Cash Flow- bzw. DCF-Verfahren). Charakteristisch für diese Erweiterung auf den Mehrperioden-Fall ist der Shareholder Value Ansatz. In Abschnitt 6 wird gezeigt, daß diese Erweiterung spezielle Voraussetzungen bezüglich der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der zukünftigen Überschüsse impliziert, so daß die Bewertungsfunktionen des Shareholder Value Ansatzes allenfalls zufällig zum „richtigen" Marktwert flihren. Außerdem wird untersucht, unter welchen Bedingungen der risikoangepaßte Kalkulationszinsfuß filr das Untemehmen bei Durchführung neuer Projekte unveränderlich ist. In Abschnitt 7 werden aufbauend auf Kapitel I, Abschnitt 6, vor dem Hintergrund der Kapitalmarkttheorie Probleme und Lösungsansätze der flexiblen
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
307
Planung untersucht. Im Rahmen dieser Planungskonzeption lassen sich alle zuvor beschriebenen Bewertungsansätze integrieren. Abschnitt 8 befaßt sich mit der Ermittlung eines subjektiven Untemehmenswertes aus Sicht eines Individuums, das sich am Ziel orientiert, den Erwartungswert des Nutzens seines Konsumstroms zu maximieren. Abschnitt 9 befaßt sich mit der Problematik der kapitalmarktorientierten Bewertung und Entscheidung bei beschränkter Rationalität der Anteilseigner (der Akteure auf dem Kapitalmarkt) sowie des Entscheidungsträgers. Wie erläutert wurde, orientieren sich die folgenden Darstellungen zur Investitionsplanung am Ziel individueller Marktwertmaximierung. Dies gilt auch für diejenigen Teile des Kapitels, die auf dem CAPM aufbauen. Unter den dabei getroffenen Voraussetzungen - gegebenes Marktgleichgewicht und unveränderliche Nutzenfunktionen der Anteilseigner - kann individuelle Marktwertmaximierung zwar „näherungsweise" im Einklang mit individueller Nutzenmaximierung stehen. Jedoch wäre es ohne zusätzlichen Planungsaufwand möglich, wie im Einperioden-Fall simultan den Erwartungsnutzen des Endvermögens für alle Anteilseigner zu maximieren. Um eine Beurteilungsbasis für die in der Praxis verbreiteten Bewertungsfunktionen des Shareholder Value Ansatzes zu erhalten, wird trotzdem vom Ziel individueller Marktwertmaximierung ausgegangen. Wie in Kapitel XI, Abschnitt 5, gezeigt wurde, ist jedoch individuelle Marktwertmaximierung im Rahmen des CAPM vor allem dann eine problematische Zielsetzung, wenn Änderungen individueller Nutzenfunktionen im Zeitablauf einen Handel mit Wertpapieren auslösen. Damit ist gerade bei längerfristiger Betrachtung zu rechnen. Der Shareholder Value Ansatz kann daher wie folgt kritisiert werden: Zum einen wird das Ziel individueller Marktwertmaximierung nicht problematisiert, zum anderen wird dieses Ziel mit Bewertungsfunktionen verfolgt, die allenfalls zufällig damit in Einklang stehen.
2. 2.1.
Grundlagen: Beziehungen zwischen Unternehmensbewertung und Bewertung einzelner Investitionsprojekte Erfolgs- und Restriktionsverbund als Gründe für eine ganzheitliche Bewertung
Wie in der Problemstellung bereits erläutert, werden in diesem Kapitel Probleme der mehrperiodigen Investitionsbewertung bzw. -planung in enger Verbindung mit Problemen der Bewertung des Unternehmens untersucht. Dies hat mehrere Gründe, zum Beispiel: 1. Die (Markt-)Bewertung einzelner Projekte kann im Prinzip ebenso erfolgen wie die eines Unternehmens.
308
Kapitel XII
2. Bei Interdependenzen ist es nicht zielfiihrend, einzelne Investitionen isoliert von den anderen zu bewerten. Vielmehr sind dann die Livestitionsentscheidungen zu koordinieren: Neue Investitionen sind als Programme (als Kombinationen von Einzelprojekten) zu betrachten und ganzheitlich zu bewerten. Dabei ist zu prognostizieren, wie die stochastischen Überschüsse von der Programmstruktur und den bisherigen Investitionen des Unternehmens abhängen. Von mehreren einander ausschließenden Investitionsprogrammen ist dasjenige mit dem höchsten Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung optimal. Bei grundlegender Änderung der Gesamtstrategie ist der Untemehmenswert als Ganzes zu betrachten. 3. Wird der Kauf oder Verkaufeines Unternehmens erwogen, so stellt sich das Problem, welche Investitionen gegebenenfalls darin realisiert werden sollen. Die Untemehmensbewertung erfordert dann simultan die Bewertung neuer Projekte. 4. Entsprechend ist im Rahmen der Untemehmenssteuerung dem Zusammenhang mit dem gesamten Untemehmenswert Rechnung zu tragen. Wie in Kapitel I, Abschnitt 4, gezeigt wurde, lassen sich untemehmensinteme Interdependenzen zwischen den Investitionen im Prinzip auf folgende Verbundeffekte zurückfähren: Erfolgsverbund, Restriktionsverbund, Risikoverbund und Bewertungsverbund. Die Bedeutung von untemehmensintemem Risiko- und Bewertungsverbund hängt vom Kapitalmarktzusammenhang ab. Für einen einzelnen risikoaversen Investor, der sich am BERNOULLI-Prinzip orientiert und nicht am Kapitalmarkt agiert, können beide Verbundeffekte für die Koordination von Investitionsentscheidungen große Bedeutung haben. Für ein Untemehmen dagegen mit (vielen) am Kapitalmarkt handelnden Anteilseignem, das sich am Ziel der Marktwertmaximierung orientiert, mögen diese Verbundeffekte vor allem bei hohem Koordinationsaufwand als vemachlässigbar erscheinen. Zur Erläuterung dient die Bewertung eines Investitionsprojekts bzw. -Programms vor dem Hintergrund des SPA und des CAPM, wobei hier zunächst der Einperioden-Fall betrachtet wird. Im Rahmen des State Preference Ansatzes erhöht ein zusätzliches Investitionsprojekt den Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners, wenn bei unveränderlichen Preisen n^ sein Kapitalwert MPQ (d. h. sein Marktwert unter Berücksichtigung seiner Anschaffiingsauszahlung) positiv ist, wenn also gilt: S
MPo= E^s*eip,s-Aop>0. s=l
Wird (wie üblich) davon ausgegangen, daß das Projekt keinen Einfluß auf die Preise n^ hat, so erübrigt sich die explizite Erfassung eines Risiko- und Bewertungsverbundes mit den bisherigen Überschüssen des Untemehmens. Zwar kann das optimale Investitionsprogramm ohne Rücksicht auf die subjektiven Nutzenfuktionen der Anteilseigner „risikopräferenzfrei" ermittelt werden. Jedoch führt gemäß den Darstellungen in Kapitel IX, Abschnitt 5, das In-
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
309
vestitionsprogramm mit dem maximalen Marktwert nur bei der Gleichgewichtsvariante der Erklärung der Kompatibilität von Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung unmittelbar zum maximalen Nutzenerwartungswert flir jeden Anteilseigner,^^) bei der Hedgevariante immerhin mittelbar in Verbindung mit individuellen Kapitalmarkttransaktionen der Anteilseigner zur Transformation der zustandsabhängigen Projektüberschüsse bzw. Ausschüttungsänderungen in optimale zustandsabhängige Konsumausgaben. Damit diese Transaktionen überhaupt durchgeflihrt werden können, müssen bei der Hedgevariante die Anteilseigner über die zustandsabhängigen Überschüsse informiert werden, hn übrigen können die Projekte bei Fehlen von Erfolgs- und Restriktionsverbund unabhängig voneinander bewertet werden. Weder ist einem Bewertungsverbund noch einem Risikoverbund bei der Livestitionsplanung Rechnung zu tragen. Jeder Anteilseigner hedgt bei der Hedgevariante das auf ihn entfallende Programmrisiko selbst durch private Transaktionen auf dem Kapitalmarkt, wobei er die beiden Verbundeffekte bezüglich seines Endvermögens berücksichtigt. Bei der Gleichgewichtsvariante spielen Risiko- und Bewertungsverbund deshalb keine Rolle, weil hier explizit vereinfachend von unveränderlichen zustandsabhängigen Grenznutzenwerten ausgegangen wird. Die Darstellungen haben grundlegende Bedeutung für die Zielvorgabe und die Koordination von Entscheidungen im Unternehmen. Bei Fehlen von Erfolgs- und Restriktionsverbund zwischen den verschiedenen Untemehmensbereichen kann jedem Entscheidungsträger das Ziel gesetzt werden, den Marktwert des Livestitionsprogramms seines Bereichs zu maximieren; eine Koordination der Entscheidungen zwischen verschiedenen Bereichen erübrigt sich, so daß hier ein wichtiger Grund flir eine Bewertung des Unternehmens als Ganzes entfällt. Zwar benötigen die Entscheidungsträger keine Informationen über die Nutzenfunktionen der Anteilseigner. Da jedoch die Anteilseigner bei der Hedgevariante über die zustandsabhängigen Überschüsse des gesamten Investitionsprogramms des Unternehmens informiert werden müssen, damit sie ihre optimalen Hedgeportefeuilles aufbauen können, kann immerhin bezüglich der Informationspolitik eine Koordination geboten sein. Die Implikationen der Vemachlässigung eines untemehmensintemen Risikound Bewertungsverbundes lassen sich flir das CAPM anschaulich in der Weise zeigen, daß der Marktwert des Überschusses Cjp eines gesamten Investitionsprogramms P des Unternehmens wie folgt dargestellt wird (Kapitel V und VII): ^^) Die Gleichgewichtsvariante geht explizit davon aus, daß sich die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte der Anteilseigner auf Grund des geringen Umfangs der Projekte unveränderlich sind, wobei zusätzliche Überschüsse keinen Handel mit Wertpapieren auslösen. Dies impliziert, daß die den Projekten entsprechenden Ausschüttungsänderungen identische Änderungen der Konsumausgaben der Anteilseigner bewirken; ein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen ausgehend von einem Kapitalmarktgleichgewicht würde bei unveränderlichen Grenznutzenwerten ohnehin den Erwartungsnutzen der Konsumausgaben nicht ändern.
310
Kapitel XII
Mo(eip) = (l + r ) - ^ [ E ( e i p ) ^ ^ ^ | | ^
•Kov(eip;Mio+ eip)] ^SÄ(eip)
Der Marktwert des Überschusses e^p wird ermittelt, indem sein Marktsicherheitsäquivalent SÄ(eip) mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert wird. MiG bezeichnet den bisherigen Marktwert des Marktportefeuilles zum Zeitpunkt 1 (ohne Uberschuß eip). Die bewertungsrelevante Kovarianz kann wie folgt dargestellt werden: Kov(eip;MiG+eip) = Kov(eip;MiG) + Kov(eip;eip) = Kov(eip;MiG) + Var(eip). Ist eip im Vergleich zu M^Q sehr klein, so kommt es vor allem darauf an, die Kovarianz Kov(eip;MiG) zu erfassen. Kann die Varianz Var(eip) vereinfachend vernachlässigt werden, so erübrigt sich die Erfassung eines Risikoverbundes zwischen den Überschüssen verschiedener Projekte des Untemehmens. Für den Marktwert eines Livestitionsprogramms ist dann nur noch die Kovarianz seines Überschusses Cjp mit M^Q relevant. Da sich diese Kovarianz additiv aus den Kovarianzen der Überschüsse der einzelnen Projekte zusammensetzt, kann das für ein einzelnes Projekt relevante Risiko unabhängig davon gemessen werden, welche Projekte sonst noch im Unternehmen durchgeführt werden; unter dem Gesichtspunkt der Risikomessung besteht kein untemehmensintemer Koordinationsbedarf Die Vernachlässigung eines untemehmensintemen Risiko Verbundes ist jedoch keine hinreichende Bedingung dafür, daß der Uberschuß eines einzelnen Projekts unabhängig davon bewertet werden kann, welche Projekte sonst noch im Unternehmen durchgeführt werden. Es darf auch kein untemehmensinterner Bewertungsverbund bestehen. Im CAPM bedeutet dies, daß die im Unternehmen durchführbaren Projekte keinen Einfluß auf die Risikoprämie je Risikoeinheit, RPGA^ar(MiG), haben. Diese Bedingung ist allerdings nur dann streng erfüllt, wenn die Anteilseigner exponentielle Nutzenfunktionen haben. Ist jedoch der Umfang der Investitionen im Unternehmen im Vergleich zur Gesamtheit aller Investitionen gering, so kann die Annahme einer unveränderlichen Risikoprämie je Risikoeinheit auch bei anderen Nutzenfunktionen gerechtfertigt sein. Ein Bedarf an Koordination der Investitionsentscheidungen kann sich dann wieder nur bei Erfolgs- und Restriktionsverbund ergeben. Analoge Resultate lassen sich für den Fall erzielen, daß die Erwartungswerte der Überschüsse mit einem risikoangepaßten Zinssatz diskontiert werden (LAUX/LIERMANN, 2005, S. 378ff). Auf die Implikationen eines von den sonstigen Projekten des Untemehmens unabhängigen risikoangepaßten Zinssatzes für den Mehrperioden-Fall kommen wir im Verlauf dieses Kapitels zurück.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
311
Wie deutlich wurde, stellen Restriktions- und Erfolgsverbund die wesentliche Ursache für einen Koordinationsbedarf beim Ziel der (individuellen) Marktwertmaximierung dar. Bei der Bewertung eines einzelnen zusätzlichen Investitionsprojekts oder eines erwogenen Livestitionsprogramms als Ganzem stellt sich „nur" das Problem, einem Verbund mit dem bisherigen Programm des Unternehmens Rechnung zu tragen. Hierzu wird geprüft, welche optimalen Anpassungen insbesondere im Produktions- und Absatzbereich die Livestition bzw. das Programm bei alternativen Umweltentwicklungen ermöglicht und die Änderungen der laufenden Überschüsse des Unternehmens als Überschüsse dem Projekt bzw. dem Programm zugerechnet. Problematischer ist der Fall, daß Livestitionsentscheidungen dezentral getroffen werden sollen und die Überschüsse in einem Bereich davon abhängen, welche Investitionsentscheidungen in anderen Bereichen getroffen werden. Es kann sinnvoll sein, über größere Projekte mit bereichsübergreifendem Restriktions- und Erfolgsverbund im Rahmen einer zentralen Gesamtplanung in Verbindung mit einer Untemehmensbewertung zu entscheiden. Dabei wird die Entscheidung durch eine übergeordnete Instanz getroffen, die von den Bereichsleitem über Investitionsmöglichkeiten und deren Verwendungsmöglichkeiten sowie potentieller Überschüsse informiert wird, oder durch die Bereichsleiter als Gruppe, wobei sich dann die Bereichsleiter untereinander informieren (LAUX/ LiERMANN, 2005, Kapitel XIX und XXI, und LAUX, 2005b, Kapitel XVII). 2.2.
Zur Abgrenzung von Leistungs-, Finanz- und neutralem Bereich
Bei den Darstellungen im vorliegenden Kapitel und in nachfolgenden Kapiteln ist es gelegentlich zweckmäßig, zwischen den Aktivitäten und Vermögenswerten des ,JFinanzbereichs'\ des .JLeistungsbereichs" (des operativen Bereichs) und des ..neutralen" (oder ..nicht betriebsnotwendigen") Bereichs zu unterscheiden. Solche Abgrenzungen werden auch in der Literatur und Praxis vorgenommen. Jedoch sind sie nicht einheithch. Welche Abgrenzungen zwischen diesen Bereichen sinnvoll sind (ob zum Beispiel der „neutrale" Bereich überhaupt als eigenständiger Bereich definiert werden soll), hängt von der Problemstellung und den als sinnvoll angesehenen Lösungen ab. Der Leistungsbereich enthält alle Aktivitäten und Vermögenswerte, die dem eigentlichen „Sachziel" des Untemehmens dienen. Auch diese Definition ist noch nicht eindeutig. Im folgenden wird als „Sachziel" die Produktion und der Absatz von Sachgütem und Dienstleistungen verstanden. Entsprechend enthält der positive oder negative Überschuß des Leistungsbereichs (der Free Operating Cashflow) zum Beispiel Einzahlungen aus dem Verkauf von Gütern und Leistungen sowie von Produktionsanlagen und Auszahlungen für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe, Personal und Anschaffungsauszahlungen für Investitionen'. es handelt sich also um einen Netto Cashflow (vor Steuern, die wir hier allerdings ohnehin noch nicht betrachten).
312
Kapitel XII
Der Finanzbereich umfaßt die Anlage und Aufnahme von Kapital zum risikolosen Zinssatz r sowie den Handel mit riskanten Wertpapieren. Der Überschuß des Finanzbereichs enthält neben Ein- und Auszahlungen aus einem Handel mit Wertpapieren, Einzahlungen in Form von Dividenden und Zinsen, Einzahlungen aus einer ICreditaufnahme oder einer Reduktion des zum Zinssatz r angelegten Betrages sowie Auszahlungen an Gläubiger in Form von Schuldtilgungen und Zinsen. Alle Maßnahmen und (Sach-)Vermögensgüter, die weder dem Leistungsbereich noch dem Finanzbereich zugerechnet werden, wie etwa Vermietung und Verpachtung, stillgelegte Produktionsanlagen oder nicht betrieblich genutzte Grundstücke zählen zum „neutralen" Bereich. Da keine Kassenhaltung erfolgt, wird die Summe aus den Überschüssen der drei Bereiche an die Anteilseigner ausgeschüttet. Wenn der Finanzbereich nur die Fremdkapitalaufiiahme enthält und kein neutraler Bereich existiert, so gilt für jede Periode: Die Ausschüttung ist gleich dem Überschuß des Leistungsbereichs abzügUch der Zinsen auf das Fremdkapital zu Beginn der Periode und der Tilgung von Schulden und zuzügHch der Neuverschuldung. (Ist die Ausschüttung negativ, so erfolgt eine Eigenkapitaleinlage.) Wie gesagt, sind die Grenzen zwischen den drei Bereichen nicht a priori (ihrem „Wesen'' nach) eindeutig festgelegt, sondem problemabhängig. Für einen Finanzdienstleister kann gerade auch der Wertpapierhandel zum Leistungsbereich gehören.^^) hn Rahmen der folgenden Darstellungen wird die Aufteilung vor allem unter dem Aspekt der Bewertung vorgenommen. Wie noch ersichtlich wird, kann bei unterschiedlichen Risikostrukturen der Überschüsse in den verschiedenen Bereichen die getrennte Bewertung und Addition der einzelnen Marktwerte wesentlich einfacher sein, als die einheitliche Bewertung. 2.3.
Entity- und Equity- Ansatz als Konzepte der Unternehmensbewertung
Aus Sicht der Anteilseigner geht es bei der Untemehmensbewertung primär um die Ermittlung des (Markt-) Wertes ihrer Anteile. Hierfür bieten sich zwei Grundkonzepte an, der Entity-Ansatz (Brutto-Ansatz) und der Equity-Ansditz (Netto-Ansatz), eine Unterscheidung, die vor allem für den Mehrperioden-Fall von Bedeutung ist. Bei dem ersten Ansatz wird zunächst der Marktwert des Untemehmens als Ganzes (der Marktwert des Gesamtkapitals als Summe aus Marktwert des Eigen- und des Fremdkapitals) ermittelt und der Marktwert des Fremdkapitals subtrahiert. MQ^ ergibt sich hier wie folgt: 29) Bei der Gestaltung von Anreizsystemen werden oft Entscheidungsfelder als „neutral" ausgegrenzt, die keinen Einfluß auf die Entlohnung haben sollen. Die Problematik dieses Vorgehens besteht u. a. darin, daß dann der Entscheidungsträger keinen Anreiz für „gute" Entscheidungen im neutralen Bereich hat. Es besteht auch die Gefahr, daß er Geschäfte vom „operativen" in den neutralen Bereich verlagert, um sich nachteiligen Folgen von Entscheidungen zu entziehen: Mit der Problematik einer sinnvollen Abgrenzung befaßt sich vor allem auch der Teil F der Arbeit.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
(XII.l)
Mon=
313
Marktwert des Leistungsbereichs: Ermittelt als Marktwert der zukünftigen Überschüsse dieses Bereichs (MZÜLon) + Marktwert des Finanzbereichs: Zum Zinssatz r angelegter Kapitalbetrag (ABon) zuzüglich des Marktwertes eines zum Zeitpunkt 0 vorhandenen Bestandes an riskanten Wertpapieren + Marktwert des neutralen (des nicht betriebsnotwendigen) Sachvermögens - Fremdkapital (FKon)-
Zur Ermittlung von MQ^ nach dem Entity-Ansatz ABon und FKon beziehen sich auf den Zeitpunkt 0 unmittelbar nach sämtlichen Zahlungsvorgängen im Untemehmen (insbesondere der Ausschüttung Üon und der Realisation des Überschusses ÜLQH)- Da zukünftige Kapitalmarkttransaktionen im Untemehmen (Anlage oder Aufiiahme von Kapital zum Zinssatz r, Handel mit riskanten Wertpapieren) keinen Einfluß auf MQ^ haben,^^) werden sie im Entity-Ansatz nicht erfaßt. Die Marktwertneutralität dieser Transaktionen resultiert daraus, daß jeweils die zu leistende Anschaffungsauszahlung mit dem Marktwert der Rückflüsse (Zinsen, Dividenden und Verkaufserlöse) übereinstimmt; der Marktwert unter Berücksichtigung der Auszahlung ist jeweils gleich null. Beim Equity-AnsaXz wird MQH direkt auf der Basis der zukünftigen Ausschüttungen des Untemehmens ermittelt, wobei die tatsächlich erwarteten Ausschüttungen zugrunde gelegt werden oder äquivalente fiktive, die eine relativ einfache Bewertung ermöglichen sollen. (Vgl. hierzu Abschnitt 6.7 und Kapitel XIII, Abschnitt 4.) In der Praxis sind zwar beide Ansätze verbreitet, jedoch wird der EntityAnsatz oft gegenüber dem Equity-Ansatz vorgezogen. Dies kann u.a. damit erklärt werden, daß bei der Bewertung von Voraussetzungen ausgegangen wird, unter denen der Risikostruktur der Überschüsse des Leistungsbereichs einfacher Rechnung getragen werden kann als der der Ausschüttungen, die bei gegebener Risikostruktur der Überschüsse des Leistungsbereichs von den grundsätzlich hiervon abweichenden Risikostrukturen des Finanzbereichs und des neutralen Bereichs sowie der Ausschüttungspolitik des Untemehmens (seiner Kapitalstruktur zu verschiedenen Zeitpunkten) abhängt. Natürlich wird weder der Entity- noch der Equity-Ansatz praktisch benötigt, um den realen Marktwert (die Börsenkapitalisierung) MQ^ im Status quo zu ermitteln. Dieser ergibt sich einfach als Produkt aus der Zahl der Aktien und dem Börsenkurs zum Zeitpunkt 0. Vielmehr geht es um die Prognose des rea30) Unter Berücksichtigung von Steuern kann sich allerdings ein Einfluß ergeben. Vgl. hierzu Kapitel XIII, Abschnitt 6.
314
Kapitel XII
len Marktwertes bei Durchführung neuer Investitionen bzw. bei Desinvestitionen oder - im Fall der Informationsasymmetrie zwischen Entscheidungsträger und Anteilseignem - um die Ermittlung eines virtuellen Marktwertes, der sich bei gegebenem Investitionsprogramm potentiell einstellen wird, wenn die Anteilseigner darüber informiert werden.^ ^) Häufig wird unter „Shareholder Value" auch der auf Grund untemehmensintemer Informationen und entsprechender Erwartungen ermittelte Marktwert des Eigenkapitals verstanden. Dabei ist zu beachten, daß der für die Bewertung maßgebliche Informationsstand nicht unveränderlich ist. Er kann durch vielfältige Informationsaktivitäten verbessert werden, um zu einer „besseren" Bewertung zu kommen. Jedoch kann es deshalb sinnvoll sein, auf die Beschaffung von (zusätzlichen) Informationen zu verzichten und die Bewertung auf der Basis der vorhandenen Informationen vorzunehmen, weil der „Wert" dieser Informationen niedriger ist als die Kosten. (Zur Problematik der Ermittlung dieses Wertes vgl. LAUX, 2005a, Kapitel XL) Bei der Darstellung und Anwendung der beiden Ansätze wird oft a priori in der Weise vereinfacht, daß die Erwartungswerte der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs bzw. der Ausschüttungen mit einem (perioden-) einheitlichen und bei Durchführung neuer Projekte unveränderlichem risikoangepaßtem Kalkulationszinsfuß diskontiert werden. Für den Entity-Ansatz ist charakteristisch, daß der risikoangepaßte Zinssatz für die Diskontierung der erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs als gewogener Duchschnitt aus dem Eigen- und dem Fremdkapitalkostensatz berechnet wird, wobei der Eigenkapitalkostensatz und möglicherweise (bei Beteiligung der Gläubiger am Risiko) auch der Fremdkapitalkostensatz in Anlehnung an das einperiodige CAPM ermittelt werden. Dieses Konzept wird als WACCAnsatz bezeichnet, wobei „WACC" für Weighted Average Cost of Capital steht. Für die Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen beim Equity-Ansatz ist der risikoangepaßte Eigenkapitalkostensatz maßgeblich. Im Sinne einer Objektivierung wird auch hierbei angestrebt, ihn aus dem einperiodigen CAPM (oder aus anderen kapitalmarktorientierten Modellen) herzuleiten. In der Praxis wird oft auch von subjektiven Schätzungen ausgegangen, und zwar insbesondere dann, wenn das Untemehmen nicht börsengehandelt ist und nicht die Möglichkeit besteht, auf die Marktwerte von Untemehmen mit vergleichbaren Ausschüttungen zurückzugreifen. Die Bewertung nach dem Equity-Ansatz auf der Basis eines nach subjektivem Ermessen des Bewerters ermittelten risikoangepaßten Zinsfußes wird als „Ertragswertmethode" bezeichnet (HOMMEL/ BRAUN, 2002, S. 46ff und 278 ff). Sie soll im folgenden nicht weiter betrachtet werden. Im Vordergrund bei der Betrachtung des Equity- bzw. des Entity-Ansatzes steht die Problematik der Herleitung eines für den Mehrperioden-Fall maß31) Eine potentielle Investition kann auch darin bestehen, ein Untemehmen zu kaufen, das nicht börsengehandelt ist. Es stellt sich dann das Problem, den virtuellen Marktwert dieses Unternehmens zu ermitteln, um seinen Einfluß auf den Marktwert MQ^ des börsengehandelten Unternehmens abschätzen zu können.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
315
geblichen einheitlichen Zinssatzes aus dem einperiodigen CAPM (Abschnitt 6 und Kapitel XIII). Das Konzept der Bewertung auf der Basis eines einheitlichen (risikoangepaßten) Zinssatzes dient der Vereinfachung. Trotzdem sollte es nicht am Anfang theoretischer Betrachtung stehen, sondern an deren Ende. Erst wenn man die theoretisch richtigen Modellstrukturen kennt, kann man sich ein Urteil über Konsequenzen von Vereinfachungen bilden. Im folgenden werden zunächst vor dem Hintergrund verschiedener Kapitalmarktmodelle Bewertungsprobleme und Marktbewertungsfunktionen untersucht. Darauf aufbauend werden die Implikationen eines einheitlichen unveränderlichen Kalkulationszinsfußes im Entity- und im Equity-Ansatz analysiert. 2.4.
Bewertung durch Duplizierung der Überschüsse vs. direkte Anwendung einer (Markt-) Bewertungsfunktion
Bei der Ermittlung des Marktwertes der zukünftigen Überschüsse eines einzelnen Investitionsprojekts, eines Investitionsprogramms oder eines Untemehmens als Ganzes mag sich die Anwendung einer Marktbewertungsfunktion erübrigen, wenn diese Überschüsse durch Portefeuillebildung duplizierbar sind und somit ihr Marktwert explizit auf den des Duplikationsportefeuilles zurückgeführt werden kann. Zwar gelten die diesbezüglichen Darstellungen für den Einperioden-Fall in Kapitel IX, Abschnitt 7, im Prinzip auch für den Mehrperioden-Fall. Jedoch kann das Problem der Ermittlung eines Duplikationsportefeuilles im Mehrperioden-Fall (sofern ein solches Portefeuille überhaupt existiert) aus folgenden Gründen wesentlich komplexer sein: 1. Es ist anders als im Einperioden-Fall grundsätzlich nicht mögUch, Überschüsse zu duphzieren, indem zum Zeitpunkt 0 ein statisches Portefeuille gebildet wird, das über den gesamten Bewertungszeitraum hinweg unveränderlich ist und erst zum Ende dieses Zeitraums wieder aufgelöst wird. Vielmehr ist auch zwischenzeitlich mit Wertpapieren zu handeln. 2. Um die Duplizierbarkeit der Überschüsse zu ermöglichen, ist der zwischenzeitliche Handel gemäß dem Prinzip der flexiblen Planung zustandsabhängig (insbesondere in Abhängigkeit von dem im jeweiligen Zustand erzielten Überschuß) vorzunehmen (dynamische Duplikation). 3. Damit das Duplikationsportefeuille überhaupt gebildet werden kann, müssen (auch) die Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die zukünftigen Preise der Wertpapiere über den gesamten Bewertungszeitraum hinweg bekannt sein bzw. geschätzt werden können. Je größer die Zahl der Perioden, desto schwieriger ist die Prognose. Man wird hierbei nicht ohne vereinfachende Annahmen über die stochastischen Prozesse der Kursentwicklungen auskommen (vgl. auch Abschnitt 7.5). Der Marktwert der zu bewertenden Überschüsse ist identisch mit dem Marktwert der zukünftigen Überschüsse des Duplikationsportefeuilles zum Zeitpunkt 0. Dieser wiederum ist gleich dem Preis, der zum Zeitpunkt 0 für das
316
Kapitel XII
Duplikationsportefeuille zu zahlen ist. Wird im Rahmen dieses Portefeuilles zum Zeitpunkt 0 ein Leerverkauf vorgenommen, so ist die entsprechende Einzahlung von der Auszahlung für die anderen Wertpapiere zu subtrahieren. Bei negativer Differenz ist der Marktwert der duplizierten Überschüsse zum Zeitpunkt 0 negativ. Papiere im Duplikationsportefeuille, die erst in Zukunft bedingt oder unbedingt gehandelt werden, haben zwar keinen Einfluß auf diesen Marktwert; sie sind gewissermaßen „bewertungsneutral". Trotzdem sind sie ex ante im Duplikationsportefeuille zu erfassen, damit die Garantie besteht, daß in Verbindung mit den Papieren, die den Marktwert des Portefeuilles zum Zeitpunkt 0 bestimmen, die Duplikation gelingt. Zur Erläuterung dient das Beispiel in Abbildung XII. 1.
Zeitpunkt 0
Zeitpunkt 1
Zeitpunkt 2
Abb. XII.l: Zur Duplikation von Überschüssen durch Portefeuillebildung Links neben den Kjioten für die in den Zeitpunkten 1 und 2 möglichen Zuständen stehen die zu duplizierenden Überschüsse. Rechts von diesen Knoten und dem Zustandsknoten für den Zeitpunkt 0 stehen die jeweiligen Preise zweier Wertpapiere, mit denen die Duplikation vorgenommen werden soll und kann. Die obere Zahl steht für das Papier 1 und die untere für das Papier 2. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit wird hier davon ausgegangen, daß in den Zeitpunkten 0, 1 und 2 keine Zinsen oder Dividenden auf die Papiere entfallen. Die Überschüsse für die Zustände S2 1 und S2 2 (^lso 200 und 150) können dupliziert werden, indem unter der Bedingung, daß zum Zeitpunkt 1 der Zustand S ^ eintritt, für die zweite Periode ein Portefeuille aus 10 Papieren des Typs 1 und 5 Papieren des Typs 2 gehalten wird. Es gilt: 10-16 + 5-8 = 200
(für Zustand S2 1)
10-12 + 5-6 = 150
(für Zustand S2 2)-
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
317
Analog lassen sich die Überschüsse für die Zustände S2 3 und S2 4 duplizieren, indem unter der Bedingung, daß zum Zeitpunkt 1 der Zustand Sj 2 eintritt, ein Portefeuille aus -8 Papieren des Typs 1 (es erfolgt hier ein Leerverkauf) und 15 Papieren des Typs 2 gehalten wird. Die Anschaffungsauszahlung des Portefeuilles für den Zustand S^ i beträgt somit 10-13 + 5-7 = 165 und für den Zustand S^ 2 -8-6 + 15-8 = 72. Da gemäß dem Zustandsbaum XIL2 für den Zustand Sj 1 ein Überschuß von 100 und für den Zustand Si 2 ^^^ Überschuß von 10 zu duplizieren ist, muß für die erste Periode ein Portefeuille gehalten werden, das im Zustand Si 1 eine Einzahlung von 165 + 100 = 265 und im Zustand S^ 2 ^i^^ Einzahlung von 72 + 10 = 82 erbringt. In jedem Zustand reicht die Einzahlung aus, den Überschuß zu duplizieren und das Portefeuille für die zweite Periode zu finanzieren. Das Portefeuille für die erste Periode enthält 24,93 Papiere des Typs 1 und -8,45 Papiere des Typs 2. Damit wird zum Zeitpunkt 1 die folgende Einzahlung erzielt: 24,93-13-8,45-7«265
(Zustand Sj 1)
24,93-6-8,45-8«82
(Zustand Sj 2).
Der Marktwert des betreffenden Portefeuilles zum Zeitpunkt 0 beträgt: 24,93-9-8,45-7,5 = 161. Dies ist auch der Marktwert der duplizierten zukünftigen Überschüsse. Es wurde davon ausgegangen, daß das im Zeitpunkt 0 gebildete Portefeuille zum Zeitpunkt 1 wieder veräußert und ein neues Portefeuille gebildet wird. Auf dasselbe läuft es natürlich hinaus, wenn das Portefeuille für die erste Periode wie folgt modifiziert wird: Bei Eintreten des Zustands S^ i werden 24,93 - 10 = 14,93 Papiere des Typs 1 verkauft und |-8,45-5|=13,45 Papiere des Typs 2 gekauft, wovon 8,45 an den Käufer im Rahmen des Leerverkaufs zum Zeitpunkt 0 geliefert werden. Dabei wird der zu duplizierende Überschuß erzielt: 14,93-13-13,45-7 «100. Das Analoge gilt für den Zustand Sj 2 • (24,93 - (-8)) - 6 - (15 - (-8,45)) - 8 «10. Der Wertpapierhandel zum Zeitpunkt 1 hat keinen eigenständigen Einfluß auf den Marktwert zum Zeitpunkt 0. Der Handel wird in der Portefeuillebildung
318
Kapitel XII
zum Zeitpunkt 0 antizipiert; nur die Anschaffungsauszahlung für das Portefeuille zum Zeitpunkt 0 bestimmt den Marktwert der zu bewertenden Überschüsse. Analog zum Einperiodenfall steigt bei Durchführung eines zusätzlichen Projekts der Erwartungsnutzen aller Anteilseigner, wenn der Marktwert seiner zukünftigen Überschüsse bzw. des Duplikationsportefeuilles größer ist als die Anschaffungsauszahlung des Projekts; ein Handel mit Wertpapieren wird bei Durchführung des Projekts nicht ausgelöst, sofern die Grenznutzenwerte unveränderlich sind. Damit die Duplizierbarkeit der Überschüsse in jedem Fall gelingt, muß der Kapitalmarkt wie im SPA (Abschnitt 3.3) vollständig sein. Je nach der WahrscheinUchkeitsverteilung bezüglich der Überschüsse kann jedoch auch bei unvollständigem Kapitalmarkt die Bedingung der Duplizierbarkeit für ein Projekt erfüllt sein. Ist der Aktionsraum des Untemehmens derart begrenzt, daß alle Projektüberschüsse duplizierbar sind, ist also die Spanning-Bedingung erfüllt, so steht Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Auch wenn die Duplizierbarkeit der zu bewertenden Überschüsse im Prinzip möglich ist, kann eine Theorie der Preisbildung auf dem Kapitalmarkt, die mehr bietet als eine Erklärung von Gleichgewichtspreisen auf der Basis von Arbitrageüberlegungen, wesentliche Hilfestellung für die Bewertung liefern. Die Anwendung der betreffenden (Markt-)Bewertungsfunktionen kann wesentlich einfacher sein als die explizite Ermittlung eines Duplikationsportefeuilles. Im übrigen wird man auch bei Bildung eines Duplikationsportefeuilles kaum ohne die mehr oder weniger pauschale Anwendung eines (Markt-)Bewertungsmodells auskommen, das Orientierungshilfe für die Prognose der stochastischen Preisentwicklungen jener Papiere gibt, die in einem Duplikationsportefeuille enthalten sein könnten. Schließlich können Markt-Bewertungsfunktionen auch als theoretische Grundlage für die Beurteilung von Konzepten der vereinfachten Bewertung dienen (Abschnitt 6). Bei der Herleitung bzw. Erklärung von Marktbewertungsfunktionen stellt sich im Mehrperioden-Fall (T> 2) das komplexe Problem, die Nutzenfunktionen der Investoren auf dem Kapitalmarkt (der Anteilseigner) bezüglich ihrer Portefeuilleüberschüsse, die sie bis zum Ende der letzten Periode (dem Zeitpunkt T > 2) erzielen, zu erfassen. Im folgenden wird analog zum EinperiodenFall (Kapitel IV) davon ausgegangen, daß für jeden Investor der Nutzen eines beliebigen Stromes an Überschüssen unabhängig von seiner Struktur mit dem Nutzen eines einmaligen Überschusses zum Zeitpunkt T in Höhe des Endwertes des Stromes übereinstimmt, wobei dieser Endwert ermittelt wird, indem die Überschüsse vor T mit dem risikolosen Zinssatz r bis T aufgezinst werden. Entsprechend orientiert sich jeder Investor am Ziel, den Erwartungswert des Nutzens seines Endvermögens zu maximieren.^^) 32) Zur theoretischen Analyse der Eigenschaften von Nutzenfunktionen für Ströme finanzieller Überschüsse und zur Einordnung der im folgenden zugrunde gelegten Nutzenfunktionen als Funktionen des Endwertes vgl. VELTHUIS (2004a).
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
2.5.
319
Grundformen von (Markt-) Bev^ertungsfunktionen: Sicherheitsäquivalent- und Risikozuschlags-Methode
Im Vordergrand der Darstellungen im vorliegenden Kapitel und in den Kapiteln XIII und XIV stehen die (Markt-) Bewertungsfunktionen gemäß der Sicherheitsäquivalent- und der Risikozuschlags-Methode. Es sei daran erinnert, daß bei der ersten Methode Sicherheitsäquivalente mit dem risikolosen Zinssatz und bei der zweiten Erwartungswerte mit einem einheitlichen oder zustandsabhängigen risikoangepaßten Zinssatz diskontiert werden. Die Sicherheitsäquivalente bzw. Erwartungswerte können sich auf Überschüsse wie zum Beispiel Projektüberschüsse, Überschüsse des gesamten Leistungsbereichs oder Ausschüttungen des Unternehmens oder (wie in Kapitel XIV) auf Periodengewinne beziehen. In der Praxis wird die Risikozuschlags-Methode der SicherheitsäquivaltenMethode vorgezogen. Dabei wird bei der Untemehmensbewertung und der Investitionsplanung i.a. vereinfachend (wenn auch nur implizit) davon ausgegangen, daß die Projektüberschüsse des Leistungsbereiches in eine einheitliche „Risikoklasse" fallen, so daß ihre Marktwerte durch Diskontierang der Erwartungswerte der Projektüberschüsse mit dem für diese Risikoklasse maßgeblichen (risikoadäquaten) Zinssatz ermittelt werden können. Entsprechend wird bei der Ermittlung von MQ^ gemäß der Entity-Formel (XII. 1) der gesamte Marktwert MZÜLQ^des Leistungsbereichs durch Diskontierang der Erwartungswerte der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs mit dem betreffenden Zinssatz ermittelt. Wenn auch die Überschüsse des neutralen Bereichs in eine einheitliche Risikoklasse fallen, kann deren Marktwert mit dem gleichen Zinssatz ermittelt werden. Diese Bedingung dürfte jedoch kaum erflillt sein. Bei heterogenen neutralen Sachvermögensgütem müßten spezifische risikoadäquate Kalkulationszinsfliße ermittelt werden, womit ein prohibitiv hoher Aufwand verbunden sein kann. Wenn jedoch der neutrale Bereich einen relativ geringen Anteil am Marktwert des Unternehmens hat und mithin Bewertungsfehler wenig ins Gewicht fallen, liegt es nahe, den Marktwert des neutralen Bereichs nach „bereinigten" Buchwerten zu bewerten, die eine Annäherang an Marktwerte nach einfachen Konventionen ermöglichen. (Zu solchen Bereinigungen vgl. Kapitel XVIII, Abschnitt 5.1.1.) Obwohl in der Praxis die Risikozuschlags-Methode der Sicherheitsäquivalent-Methode vorgezogen wird, hat die Bewertung auf der Basis von Sicherheitsäquivalenten große theoretische wie praktische Bedeutung. Zum einen kann sie einen wesentlich geringeren Planungsaufwand verarsachen als die korrekte Anwendung der Risikozuschlags-Methode (Abschnitt 5). Zum anderen kann sie als Grandlage zur Analyse von Anwendungsvoraussetzungen der Risikozuschlags-Methode dienen. Im (modifizierten) State Preference Ansatz erübrigt sich im Prinzip die Diskontierang von Sicherheitsäquivalenten oder von Erwartungswerten; die Be-
320
Kapitel XII
Wertung kann direkt erfolgen, indem die zustandsabhängigen Überschüsse bzw. Gewinne mit den entsprechenden Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche gewichtet werden (Abschnitte 3 und 4). Auch wenn diese Preise existieren, wird jedoch im allgemeinen eine entsprechende Bewertung daran scheitern, daß ihre explizite Ermittlung und die explizite Prognose der zustandsabhängigen Überschüsse bzw. Gewinne einen prohibitiv hohen Aufwand verursachen. Die Sicherheitsäquivalent- bzw. die Risikozuschlags-Methode haben dann als Konzepte der Komplexitätsreduktion Bedeutung. Die Darstellungen zum (modifizierten) SPA zeigen theoretische Zusammenhänge, die die Schätzung der Sicherheitsäquivalente bzw. des (zustandsabhängigen) risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes erleichtem.
3. 3.1.
State Preference Ansatz (SPA) Entscheidungssituation
Als theoretische Grundlage für die Untemehmensbewertung und die Livestitionsplanung im Mehrperioden-Fall dient zunächst der State Preference Ansatz. Dabei wird folgende Entscheidungssituation zugrunde gelegt: 1. Die Restlebensdauer des betrachteten Untemehmens n besteht aus T Perioden. Der Beginn der t-ten Periode (t=l,2,...,T) wird als Zeitpunkt t-1 bezeichnet, das Ende der letzten Periode als Zeitpunkt T. Zu diesem Zeitpunkt wird das Untemehmen liquidiert. Insolvenz ist bei jedem erwogenen Livestitionsprogramm ausgeschlossen. 2. Mit den Maßnahmen des Untemehmens sind nur in den Zeitpunkten 0,1,...,T Ein- und Auszahlungen verbunden. 3. In jeder Periode t (t = 1,2,...,T) kann zu demselben risikolosen Zinssatz r Kapital angelegt und aufgenommen werden. D. h. es wird eine flache Zinsstruktur angenommen; von zukünftigen Zinsänderungsrisiken wird abgesehen. 4. Der Überschuß ÜL^n des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt t (t=0,l,...,T) (nach Auszahlung für Investitionen) hängt von der gewählten Investitionsstrategie und dem in diesem Zeitpunkt eintretenden Zustand S^ § ab. Der Zustand SQ zum Zeitpunkt 0, dem Beginn des betrachteten Zeitraums, ist bereits allen Akteuren bekannt. Jedoch ist zu diesem Zeitpunkt noch ungewiß, welcher Zustand in einem zukünftigen Zeitpunkt eintreten wird. Alle Akteure können jedoch zum Zeitpunkt t (t=l,2,...,T) den dann eintretenden Zustand kostenlos beobachten bzw. verifizieren. 5. Alle Akteure halten zu jedem Zeitpunkt t (t=0,l,2,...,T-l) dieselbe Folge von Zuständen für zukünftige Zeitpunkte für möglich, wobei sich die individuellen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich der möglichen Zustände unterscheiden können. Die stochastischen Abhängigkeiten zwischen den Zuständen können bei homogenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen mit Hilfe eines einheitlichen Zustandsbaumes dargestellt werden. Für den Zustandsbaum in Abbildung XII.2 gilt T=2. Im Zeitpunkt 0 rechnen alle
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
321
damit, daß zum Zeitpunkt 1 einer der Zustände Si i,Si 2 ^i^d S^ 3 und zum Zeitpunkt 2 einer der Zustände S2j,S2^2v5 ^2,S eintreten wird. Welche Zustände für den Zeitpunkt 2 zum Zeitpunkt 1 als möglich erachtet werden, hängt davon ab, welcher Zustand im Zeitpunkt 1 eintritt. Wenn sich zum Beispiel der Zustand Sj i einstellt, sind nur noch die Zustände S2 1, S22 und 82^3 möglich. Zum Zeitpunkt 0 ist zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit für den Zustand S2 1 gleich w(Si,i)-w(S2,i|Si,i). Zum Zeitpunkt 1 beträgt sie w(S2,i|Si,i), falls dann der Zustand Sj j eintritt. Tritt der Zustand S^ 2 oder Si 3 ein, ist sie gleich null.
Zeitpunkt 0 w(Si,3)
Zeitpunkt 1
w(S2,8lSi,3) Zeitpunkt 2 (T=2)
Abb. XII.2: Zustandsbaum
6. Für jeden in Zukunft möglichen Zustand können zustandsbedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden. Der Handel kann entweder direkt durch Handel mit „reinen" Wertpapieren oder indirekt über Portefeuillebildung mit „normalen" Wertpapieren erfolgen. Der Preis, zu dem im Zeitpunkt 0 (also im Zustand SQ) Ansprüche auf einen zukünftigen Zustand gehandelt werden, ist allen Akteuren bekaimt und von den Transaktionen eines einzelnen unabhängig (genauer: sein Einfluß ist vemachlässigbar gering). Auch in zukünftigen Zeitpunkten können Zahlungsansprüche für später mögliche Zustände zu allseits bekannten Preisen gehandelt werden. 7. Es besteht, wie in dieser Arbeit übhch, Arbitragefreiheit. Der Handel setzt voraus, daß der Kapitalmarkt für jede Periode vollständig ist; in jedem Zustand muß die Möglichkeit bestehen, ein Portefeuille zu bilden, das in genau einem der möglichen Folgezuständen einen positiven oder negativen Uberschuß (Endwert) und in jedem anderen einen Uberschuß von null bietet. Dies bedeutet analog zum Einperioden-Fall: Zu jedem Zeitpunkt t(t = 0,1,...,T-1) stimmt unabhängig von dem dann eintretenden Zustand St,s die Zahl der Wertpapiere mit linear unabhängigen Endwertfaktoren für den Zeitpunkt t+1 mit der Zahl der Zustände überein, die dem Zustand St,s im Zeitpunkt t+1 folgen können.
322
Kapitel XII
Die Zustände für den Zeitpunkt t (t=l,2,...,T), die die Akteure zum Zeitpunkt 0 für möghch halten, werden allgemein mit S^ i^S^ 2v? S^ s(t) bezeichnet, der Preis zum Zeitpunkt 0 für einen Zahlungsanspruch von 1 GE im Zustand St^s (t=l,2,...,T; s= l,2,...,S(t)) mit 7r(St^s). 3.2.
Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen und Höhe ihrer Preise
3.2.1. Direkter Handel mit reinen Wertpapieren Die Preise n (S^^g) lassen sich mit Hilfe von Arbitrageüberlegungen relativ anschaulich analysieren, indem davon ausgegangen wird, daß ein direkter Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen mit entsprechenden reinen Wertpapieren möghch ist. Die Bedingung der Arbitragefreiheit imphziert, daß sämtliche Preise Tc(St «) positiv sind. Weitere Aussagen über die Höhe dieser Preise lassen sich herleiten, indem die Möglichkeit der Anlage und Aufnahme von Kapital zum risikolosen Zinssatz berücksichtigt wird. Wird zum Zeitpunkt 0 für jeden Zustand S^ § (s= l,2,...,S(t)) des Zeitpunkts t ein Zahlungsanspruch auf 1 GE gekauft, dann wird zum Zeitpunkt t mit Sicherheit eine Einzahlung von 1 GE erzielt. Dafür ist ein Preis von Ss=i^^(^t,s) ^^ zahlen. Andererseits kann ein sicherer Anspruch auf 1 GE auch dadurch erworben werden, daß (l+r)~t GE zum risikolosen Zinssatz r angelegt werden. Folghch muß bei Arbitragefreiheit gelten (vgl. auch Kapitel V, Abschnitt 4.3.1): S(t)
(XII.2)
I:7^(St,s) = (l + r ^ ^ s=l
Die in (XII.2) aufgeführten Preise 7r( •) beziehen sich auf den Zeitpunkt 0. Wie im folgenden gezeigt wird, lassen sich auf Grund dynamischer Arbitrageüberlegungen auch Aussagen darüber machen, welche Preise bedingte Zahlungsansprüche für Zustände S^s zum Zeitpunkt t* (0
Außerdem wird - wie in dieser Arbeit üblich - davon ausgegangen, daß die Investoren auf dem Kapitalmarkt rationale Bewertungen vornehmen. Zu den Implikationen beschränkter Rationalität der Investoren vgl. Abschnitt 8.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
323
der Livestor zum Zeitpunkt 1 einen Zahlungsanspruch von 1 GE auf den Zustand S2 6- Dafür hat er eine Auszahlung von 71(82 öl-^l 3) vorzunehmen, wobei 71(82^61^1,3) den Preis zum Zeitpunkt 1 für einen Anspruch auf 1 GE im Zustand 82^6 ^i^ter der Bedingung bezeichnet, daß zum Zeitpunkt 1 der Zustand 81 3 eintritt. Damit der Investor im Zustand 8^ 3 über den Geldbetrag 71(82 öl 81 3) verfiigt, kauft er im Zeitpunkt 0 einen entsprechenden Anspruch auf diesen Zustand. Da der Preis 7i(8i 3) einem Zahlungsanspruch von 1 GE entspricht, muß er 71(81 3)'^(S2 öl^i 3) GE investieren. Im Gleichgewicht muß daher gelten: ^(S2,6) = ^(Sl,3)-^(82,6181,3). Hieraus folgt: ^(S2,6pi,3) =
^(§2,6) ^(Sl,3)
Das Analoge gilt fär die anderen möglichen Zustände für den Zeitpunkt 2. Die Darstellungen lassen sich wie folgt verallgemeinem: Ist der Zustand 8^* g« (0
7r(8T,s) = ^(St*,sO-^(ST,s|St*,sO
und somit (XII.4)
7^(8T,s|St^sO = - 7 r ^
Bei homogenen Wahrscheinlichkeiten der Investoren auf dem Kapitalmarkt bezüglich der Zustände können die Preise n mit Hilfe von Diskontfaktoren d analog zum Einperioden-Fall (Kapitel V, Abschnitt 4.3.3) wie folgt dargestellt werden: ^(ST,s) = w(8T,s)-d(8T,sX 7c(8t*^sO = w(8t*sO-d(8t*s.X ^(ST,slSt*,s') = w(8T,s|Stv)'^(^T,slSt*,s')-
Wird in (XII.3) eingesetzt, folgt wegen w(8Ts) = w(8T^s|8t*^s')-w(8t*^s') die Gleichung: (XII.3a)
d(8T,s) = d(8t*,sO-d(8T,s|St*,s').
324
Kapitel XII
In Worten: Der Diskontfaktor fiir den Zustand ST,S in Zeitpunkt 0 ist gleich dem Diskontfaktor flir den Zustand St*,s' ebenfalls im Zeitpunkt 0 mal dem Diskontfaktor flir den Zustand ST,S ini Zeitpunkt t* unter der Bedingung, daß in diesem Zeitpunkt der Zustand St*,s' eintritt. Allgemein kann der Diskontfaktor flir einen beliebigen zukünftigen Zustand zum Beispiel auch als Produkt derjenigen (bedingten) einperiodigen Diskontfaktoren dargestellt werden, die der betreffenden Zustandsfolge entsprechen. Wird zum Zeitpunkt 0 ein Zahlungsanspruch von je 1 GE flir die Zustände S2 6? §2 7 und S2 8 in Abbildung XII.2 gekauft, so ist ein Preis von 71(82 0) + ^(S2 7)+^(S2 8) ^^ zahlen. Ein Einzahlungsüberschuß von 1 GE in den genannten Zuständen kann auch realisiert werden, indem ein Zahlungsanspruch von (l+r)"^ flir den Zustand S^ 3 erworben und bei Eintreten dieses Zustandes der Betrag (l+r)"^ zum Zinssatz r angelegt wird. Mithin muß im Gleichgewicht gelten: (XII.5)
,-1
7r(Si3)-(l + r r = l 7 x ( S 2 , s ) s=6
bzw. 8
(XIL6)
8
7t(Si,3) = (l + r)- i:^(S2,s)= S^(S2,s)-(l + r)s=6
s=6
Der Preis flir einen Anspruch auf 1 GE im Zustand S^ 3 ist somit ebenso hoch wie der Preis eines Portefeuilles, das in jedem möglichen Folgezustand S2 6? S2 7 und S2 8 einen Zahlungsanspruch von (1 +r) abwirft. Allgemein gilt flir den Zustand S^-i^s' (s'=l5 2,...,S(T-l)) die Relation: (XIL7)
7r(ST-i,s') = (1 + r).
I
7r(ST,s) =
S
^(ST,S)
' (1 + r).
Zy_jg, bezeichnet die Menge der Indizes derjenigen Zustände Sjg flir den Zeitpunkt T, die auf den Zustand S j . j g» folgen können. Gemäß (XII.7) ist der Preis flir einen Anspruch auf 1 GE im Zustand Sx_i,s' ebenso hoch wie der Preis eines Portefeuilles, das flir jeden möglichen Folgezustand Sjg (se ^T-l s') einen Zahlungsanspruch von (1 +r) GE abwirft. (XII.7) gilt analog flir einen Zustand Sx-2 s' (usw.): (XII.8)
7C(ST_2,SO
= (1 + r) •
E
^(ST-I,S)
= (l + r)2.
I
7r(ST,s).
seZT-2,s'
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
325
Hierin bezeichnet Zxl2,s' (Zx_2,s0 die Menge derjenigen Zustände für den Zeitpunkt T-1 (T), die auf den Zustand Sx_2,s' folgen können. Wie gezeigt wurde, lassen sich mit Hilfe von Arbitrageüberlegungen Größenbeziehungen zwischen den Preisen n(Sj §) und dem risikolosen Zinssatz r nachweisen. Sind die Preise TC(SX,S) (s=l52,...,S(T)) gegeben, so lassen sich sämtliche Preise 7i(Sx,s) ^^ die vorgelagerten Zustände durch Rekursion eindeutig ermitteln. Im Rahmen der Arbitrageüberlegungen konnte zwar gezeigt werden, daß für die Preise n(Sj g) die Gleichung S(T)
_
E 7r(ST,s) = (l + r)-T s=l
gilt. Es blieb jedoch offen, wie die einzelnen Preise von dem Abzinsungsfaktor (l+r)~T abweichen. Zur Erklärung der konkreten Preise müssen die Nutzenfunktionen der Anteilseigner bezüglich ihres Endvermögens zum Zeitpunkt T und ihre Wahrscheinlichkeitsvorstellungen über die Zustände Sj g berücksichtigt werden. Dabei können analoge Überlegungen angestellt werden wie für den Einperioden-Fall, was in Abschnitt 3.2.3 verdeutlicht wird.^^) 3.2.2. Indirekter Handel mit „normalen ^^ Wertpapieren und Vollständigkeit des Kapitalmarktes Wenn kein direkter Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen vorgenommen werden kann, ist der Kapitalmarkt dann vollständig, wenn dieser Handel durch Portefeuillebildung mit „normalen" Wertpapieren möglich ist. Zur Erläuterung der Bedingungen, unter denen dieser Handel möglich ist, wird zunächst der Zustandsbaum der Abbildung XII.2 betrachtet und dabei ohne Einschränkung der Allgemeinheit angenommen, daß vor dem Zeitpunkt 2 keine Zinsen oder Dividenden auf die Wertpapiere entfallen. Gibt es acht Wertpapiere mit linear unabhängigen Preisvektoren für den Zeitpunkt 2, so kann mit ihnen unter Berücksichtigung von Leerverkäufen ein Zahlungsanspruch für einen der Zustände 821,82 2vbzw. 82 g ^^ der Weise erworben werden, daß zum Zeitpunkt 0 ein statisches Portefeuille aus diesen Wertpapieren gebildet 33) Bei den Darstellungen wurden Grenzen für die Preise 7i() auf der Basis eines exogen gegebenen und im Zeitablauf unveränderlichen risikolosen Zinssatzes r abgesteckt. Man kann umgekehrt auch von gegebenen (bedingten) Preisen 7i(-) ausgehen und den risikolosen Zinssatz für die erste und die nachfolgenden Perioden erklären (FRANKE/HAX, 2004, S. 39 If). Dabei zeigt sich, daß der für eine zukünftige Periode maßgebliche risikolose Zinssatz zustandsabhängig sein kann und die Zinssätze für mehrperiodige Anlagen mit sicheren Rückflüssen von dem risikolosen Zinssatz einer einperiodigen Anlage abweichen können. In der Realität besteht die Tendenz, daß längerfristigen Anlagen ein höherer Zins entspricht. Zur Erklärung dieser Tendenz (auch) mit Preisen für zustandsbedingten Zahlungsansprüchen vgl. FRANKE/HAX (2004, S. 39If).
326
Kapitel XII
wird, das in dem betreffenden Zustand einen Endwert in Höhe des entsprechenden Zahlungsanspruches und sonst den Endwert null aufweist. Sind bei drei dieser Wertpapiere auch die Preisvektoren für den Zeitpunkt 1 voneinander linear unabhängig, so kann mit ihnen analog ein Zahlungsanspruch für einen der Zustände Sj i, Sj 2 bzw. Sj 3 erworben werden. Gibt es weniger als acht Wertpapiere mit linear unabhängigen Preisvektoren für den Zeitpunkt 2, so ist es zwar grundsätzlich nicht möglich, durch statische Portefeuillebildung einen Zahlungsanspruch auf genau einen der betreffenden Zustände zu erzielen. Jedoch kann dies über eine dynamische Portefeuillebildung gemäß dem Prinzip der flexiblen Planung gelingen. Angenommen man möchte einen Zahlungsanspruch von x Geldeinheiten für den Zustand S2 g ^^" werben. Gibt es drei Wertpapiere mit linear unabhängigen Endwerten in den Zuständen S2 6? ^i 7 bzw. S2 g? so kann bei Eintreten des Zustandes Sj 3 ein Portefeuille gebildet werden, das im Zustand S2 g den Endwert x und in den beiden anderen den Endwert 0 aufweist. Da die (bedingten) Marktwerte der Wertpapiere für den Zustand Sj 3 a priori bekannt sind, gilt dies auch für die Anschaffungsauszahlung des bedingten Portefeuilles. Um über diese Auszahlung verfügen zu können, wird nun zum Zeitpunkt 0 ein einperiodiges Portefeuille gebildet, das im Zustand S^ 3 den entsprechenden Überschuß bietet und in den beiden anderen einen Wert von null aufweist. Voraussetzung für diese Portefeuillebildung ist allerdings, daß es drei Wertpapiere mit linear unabhängigen Preisvektoren für den Zeitpunkt 1 gibt. Die betreffenden Wertpapiere können mit denjenigen identisch sein, mit denen das Portefeuille im Zustand Sj 3 gebildet wird. Die Anschaffungsauszahlung für das zum Zeitpunkt 0 gebildete Portefeuille ist der Preis für den Zahlungsanspruch von x GE im Zustand S2 g. Analog kann dieser Zahlungsanspruch auch verkauft werden: Es wird in Verbindung mit Leerkäufen für den Zustand Sj 3 ein bedingtes Portefeuille bestimmt, das im Zustand 82« den Endwert -x aufweist. Damit wird im Zustand Sj 3 ein Einzahlungsüberschuß erzielt, der via Portefeuillebildung zum Zeitpunkt 0 verkauft wird. Der betreffende Erlös muß bei Arbitragefreiheit mit der Auszahlung bei Kauf des Zahlungsanspruchs x übereinstimmen. Unter Berücksichtigung dynamischer Portefeuillebildung ist der Kapitalmarkt unabhängig von Zinszahlungen bzw. Dividenden allgemein dann vollständig, wenn für jeden möglichen Zustand im Zeitpunkt t (t=0,l,...,T-l) die Zahl der Wertpapiere einschließlich der Anlage zum risikolosen Zinssatz r mit linear unabhängigen Preisvektoren (einschließlich Dividenden oder Zinsen) bezüghch der möglichen Folgezustände im Zeitpunkt t+1 jeweils mit der Zahl dieser Zustände übereinstimmt. (Gibt es mehr Wertpapiere, so sind deren Preisvektoren von denen der anderen Wertpapiere linear abhängig und damit redundant, d.h. sie können ohne Nachteile eliminiert bzw. vemachlässigt werden.) Wenn jedem Zustand nur zwei mögliche Folgezustände direkt nachgeordnet sind, besteht unabhängig von T bereits bei einem einzigen riskanten Wertpapier Vollständigkeit, sofem die Anlage zu einem risikolosen Zinssatz mögUch ist.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
327
Die Darstellungen in Abschnitt 3.2.1 über die Höhe der Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche gelten für den Fall analog, daß ein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nicht direkt, sondern nur über (dynamische) Portefeuillebildung möglich ist. 3.2.3. Preisanalyse auf der Basis des stochastischen Grenznutzens des Endvermögens eines beliebigen Anteilseigners In Kapitel VII, Abschnitt 3.2, wurde für den Einperioden-Fall gezeigt, wie die Preise TCg und entsprechend die Preise für beliebige Wertpapiere auf die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte des Endvermögens im Zeitpunkt 1 eines behebigen Anteilseigners i zurückgeführt werden können. Analoge Zusammenhänge lassen sich auch für den Mehrperioden-Fall zeigen, sofern das Ziel der Anteilseigner darin besteht, den Erwartungswert des Nutzens ihres Endvermögens (jetzt für den Zeitpunkt T>2) zu maximieren. Analog zu (VI.l) (Kapitel VI, Abschnitt 2.1) gilt nun: T Wi(Sxs)U'i(VTi3) Ei[U'i(VTi)] Dabei bezeichnet V^j § ^^^ Endvermögen des Anteilseigners i zum Zeitpunkt T bei Eintreten des Zustandes S j g und U'i() den entsprechenden Grenznutzen. Außerdem gilt: I
(T i\
^i(STs|St*s')-U'i(VTis) El
St*,s'
Hier wird wieder davon ausgegangen, daß der Zustand S^* g' ^^ den Zeitpunkt t*
Marktwert der Aktien des Unternehmens
3.3.1. Bewertung mit Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche Ein Wertpapier, das im Zustand S^s (t=l,2,...,T; s=l,2,...,S(t)) einen Überschuß von X^s GE abwirft, hat zum Zeitpunkt 0 den folgenden Gleichgewichtspreis:
328
Kapitel XII TS(t)
(XIL9)
Po=i:E^(St,s)-Xt,s. t=ls=l
Wäre zum Beispiel die linke Seite von (XII.9) größer als die rechte, so könnte man einen sicheren Arbitragegewinn erzielen, indem man zum Zeitpunkt 0 das Papier zum Preis von PQ verkauft und X^ g Ansprüche für den Zeitpunkt t (t= 1,2,...,T) für den Fall kauft, daß dann der Zustand S^ § (s= l,2,...,S(t)) eintritt. Der Marktwert der Aktien eines Untemehmens n, das im Zustand S^ s den Betrag \J^ § ^^ die Anteilseigner ausschüttet, beträgt zum Zeitpunkt 0 unmittelbar vor der Ausschüttung Üon^
(XILIO)
T S(t) M o n + Ü o n = I I^(St,s)-Ütn,s+Üon t=l s=l = 1 E^(St,s)-ÜLtn,s + Ü o n - F K o n + A B o n . t=l s=l
Marktwert der Aktien cum Dividende im State Preference Ansatz ÜL^n^s ist der Uberschuß des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt t im Zustand St g. FKon (bzw. ABQJI) bezeichnet den zum Zinssatz r aufgenommenen (bzw. angelegten) Kapitalbetrag zum Zeitpunkt 0 nach der Ausschüttung Ügn und Realisation des Überschusses ÜLQH- Werden im Untemehmen zum Zeitpunkt 0 riskante Wertpapiere und/oder nicht „betriebsnotwendige" Sachvermögensgüter gehalten, so ist deren Marktwert hinzuzuaddieren. Wenn durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen bzw. mit riskanten Wertpapieren oder durch Aufnahme bzw. Anlage von Kapital zum Zinssatz r die Ausschüttungspolitik des Untemehmens für die Zeitpunkte 0,1,2,...,T geändert wird, bleibt MQH+ÜQJ^ konstant. Ändert sich die Ausschüttung Üon uni A, so ändert sich MQ^ um -A. Die betreffenden Maßnahmen können den Anteilseignem deshalb keine Vorteile bieten, weil sie diese in gleicher Weise auch privat durchführen können. Sie können für die Anteilseigner auch nicht nachteilig sein, da sie deren Konsequenzen auf die persönlichen zustandsabhängigen Einzahlungen durch Transaktionen auf dem Kapitalmarkt kompensieren können. Wird eine Ausschüttung erst zum Zeitpunkt T (der Liquidation) vorgenommen, so gilt gemäß (XILIO): S(T)
(XILll)
Mon= E7r(ST,s)-UTn,s. s=l
hl den Überschüssen des Leistungsbereichs für einen im Zeitpunkt t (0
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
329
Überschüsse von Projekten enthalten sein, die gemäß dem Prinzip der flexiblen Planung zum Zeitpunkt t unter der Bedingung in das Programm aufgenommen werden, daß dann der betreffende Zustand S^ § eintritt. (Darauf kommen wir in Abschnitt 7 zurück.) Sind allerdings für die bedingte Durchführung eines Projekts und seiner Überschüsse Ereignisse bzw. Daten relevant, die nicht in den bisher maßgeblichen Zuständen enthalten sind, so kann die Bewertung nicht unmittelbar auf der Basis des bisherigen Preissystems für zustandsbedingte Zahlungsansprüche vorgenommen werden. Bewertungsprobleme ergeben sich vor allem dann, wenn die geplante Projektdurchführung von Ereignissen abhängt, die nicht verifizierbar sind, so daß auf deren Basis kein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen möglich ist, wie etwa die nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten operationalisierbare „erfolgreiche organisatorische Umstrukturierung des Untemehmens" oder die „Verfügbarkeit über qualifiziertes Personal". Von dieser Problematik soll abgesehen werden; der Zustandsraum sei geschlossen, (hnmerhin können im modifizierten SPA (Abschnitt 4) für die Durchführung oder Unterlassung eines Projekts in einem Zustand S^g und die entsprechenden Überschüsse in diesem Zustand sowie in den möglichen Folgezuständen nicht bewertungsrelevante Störterme existieren.) 3.3.2. (yjRisikoneutrale^^) Bewertung mit Martingalwahrscheinlichkeiten Der Marktwert MQ{\]^^) einer riskanten Ausschüttung Ü^n im Zeitpunkt 0 kann wie folgt dargestellt werden: S(t)
(XII.12)
..
S(t)
Mo(Utn)= I 7i(St,s>Utn,s = a + r ) - ^ . I (l + r)^7^(St,s>Utn,s• s=l s=l
Wegen (XII.2) gilt die Gleichung: S(t) X ( l + r)^7r(St,s) = l. s=l Die Faktoren (l+r)^-7r(Sts) addieren sich somit wie Eintrittswahrscheinlichkeiten zu 1. Mit der Martingalwahrscheinlichkeit bzw. Pseudowahrscheinlichkeit w(St s ) - ( l + r)^-7i(St s) kann (XII.12) auch folgendermaßen dargestellt werden: (XII.13)
S(t) ^ ^ Mo(Ütn) = (l + r ) - ^ Iw(St,s)-Ütn,s = (l + r)-^E(Ütn) s=l S(t)
mitE(Utn)-Iw(St,s)-Utn,s. s=l
330
Kapitel XII
Analog zu den Darstellungen in Kapitel VII, Abschnitt 3.3, kann also auch im Mehrperioden-Fall eine „risikoneutrale" Bewertung auf der Basis von Martingalwahrscheinlichkeiten vorgenommen werden: Der risikoneutrale Erwartungswert der Ausschüttung \j^, der als (Markt-) Sicherheitsäquivalent dieser Ausschüttung interpretiert werden kann, wird mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert. Somit kann (XII.IO) auch wie folgt dargestellt werden: (XIL14)
M o n + Ü o n = E ( l + r ) - ^ E ( Ü t n ) + Üon. t=l
Auch hier ändert sich Mon+Üon nicht, wenn via Kapitalmarkttransaktionen der Ausschüttungsstrom geändert wird. Wird zum Beispiel die Ausschüttung für den Zeitpunkt t um A reduziert und der Betrag bis zum Zeitpunkt (t'>t) zum Zinssatz r angelegt und dann einschließlich Zinsen und Zinseszinsen ausgeschüttet, sinkt das Sicherheitsäquivalent der Ausschüttung für den Zeitpunkt t um A, während es für den Zeitpunkt t' um (l + r)t'-t. A steigt; der Barwert der Sicherheitsäquivalente bleibt konstant. 3.3.3. Bewertung von Investitionsprojekten Wie in Kapitel IX, Abschnitt 4, für den Einperioden-Fall gezeigt wurde, steht im SPA bei unveränderlichen Grenznutzenwerten und proportionaler Erfolgsteilung Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Ein zusätzliches Projekt ist vorteilhaft, wenn sein Kapitalwert positiv ist. Dieser ist im Einperioden-Fall gleich der Summe der möglichen gewichteten Einzahlungsüberschüsse am Ende der Periode abzüglich der Anschaffungsauszahlung, wobei als Gewichtungsfaktoren die Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche dienen. Diese Bewertungsfunktion läßt sich analog auch für den Mehrperioden-Fall aufstellen und theoretisch begründen, wenn für alle relevanten Zeitpunkte und alle darin möglichen Zustände Preise für bedingte Zahlungsansprüche existieren und somit das Risiko pareto-effizient geteilt wird. Bei dem Hedge-Konzept der Begründung der Kompatibilität von Marktwertund Nutzenmaximierung führt Marktwertmaximierung grundsätzlich nicht direkt zum maximalen Erwartungsnutzen aller Anteilseigner, sondern indirekt über einen Handel der Anteilseigner mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu unveränderlichen Preisen. Die Voraussetzung eines Handels zu unveränderlichen Preisen ist jedoch im Mehrperioden-Fall ebenso problematisch wie im Einperioden-Fall. Als plausibler erscheint auch für den Mehrperioden-Fall das Gleichgewichtskonzept. Hierbei wird davon ausgegangen, daß bereits ein Gleichgewicht vorliegt (in dem das Risiko pareto-effizient geteilt ist) und sich bei Durchführung eines zusätzlichen Projekts die individuellen Grenznutzenwerte nicht ändern. Das Projekt führt dann direkt zu einem höheren Erwartungsnutzen für jeden Anteilseigner, sofern der Marktwert des Projekts unter Berück-
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
331
sichtigung der Anschaffungsauszahlung positiv ist. Wegen der Unveränderlichkeit der Grenznutzenwerte wird kein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen ausgelöst, so daß ihre Preise konstant bleiben. Die Kompatibilität von Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung im SPA bei unveränderlichen Grenznutzenwerten läßt sich analog zum Einperioden-Fall in relativ einfacher Weise zeigen, wenn sich die Anteilseigner - wie angenommen - auch im Mehrperioden-Fall am Ziel der Maximierung ihres erwarteten Endvermögensnutzens orientieren; die Preise für die zustandsbedingten Zahlungsansprüche werden dann analog zum Einperioden-Fall durch die entsprechenden Grenznutzenwerte bestimmt. Die Anschaffungsauszahlung eines Projekts P zum Zeitpunkt 0 betrage mit Sicherheit Aop. Der Einzahlungsüberschuß zum Zeitpunkt t betrage e^p §, falls dann der Zustand S^ § (s=l,2,...,S(t)) eintritt. Als Marktwert des stochastischen Zahlungsstromes eip,e2pv?exp zum Zeitpunkt 0 ergibt sich dann T S(t)
(XII.15)
T
Mo(eip,e2p,...,erp)=I E7r(St,s)-etp,s=Z(l + r)-^E(etp) t=ls=l
t=l
und nach Abzug der Anschaffungsauszahlung Aop der Kapitalwert des Projekts: TS(t)
(Xn.l6)
MPo = I l7i(St,s)-etp,s-Aop. t=ls=l
Ist der Kapitalwert positiv, so steigt mit dem Projekt gegenüber der Unterlassensaltemative der Marktwert Mon+Üon der Aktien des Unternehmens und zugleich der Erwartungsnutzen jedes Anteilseigners. Die Besonderheit der unternehmerischen Investitionsplanung auf der Basis des SPA besteht analog zum Einperioden-Fall darin, daß die Investoren auf dem Kapitalmarkt dem Entscheidungsträger einen wesentlichen Teil seines komplexen Bewertungsproblems abnehmen. Sie liefern ihm ein System von Transformations-Faktoren in Gestalt der Preise für die zustandsbedingten Zahlungsansprüche, mit denen der Marktwert des Untemehmens ermittelt werden kann. Dabei stellen sich auf Grund rationaler Transaktionen auf dem Kapitalmarkt (bzw. rationaler dynamischer Portefeuillebildung) die Preise und die entsprechenden Grenznutzenwerte so ein, daß Marktwertmaximierung bei unveränderlichen Grenznutzenwerten subjektive Nutzenmaximierung impliziert. (Zur Problematik der kapitalmarktorientierten Bewertung bei beschränkter Rationalität der Akteure auf dem Kapitalmarkt vgl. Abschnitt 9.) Ist der Kapitalmarkt unvollständig können also nicht flir alle entscheidungsrelevanten Zustände bedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden, so steht trotzdem analog zu den Darstellungen in Kapitel IX, Abschnitt 7, Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung, sofern der Aktionsraum des Untemehmens derart begrenzt ist, daß die Spanning-Bedingung erfixUt ist; ein behebiges Projekt ist vorteilhaft, wenn seine Anschaf-
332
Kapitel XII
fungsauszahlung kleiner ist als der Marktwert desjenigen Portefeuilles, mit dem die zukünftigen Projektüberschüsse repliziert werden können. (Voraussetzung ist wiederum, daß das Projekt keinen Einfluß auf den Marktwert dieses Portefeuilles hat, d. h. die zustandsabhängigen Grenznutzenwerte unveränderlich sind.)
4.
Modifizierter SPA
Im Rahmen des SPA sind für alle möglichen Zustände die Überschüsse eines Investitionsprogramms jeweils eindeutig determiniert. Beim modifizierten SPA (der vor allem auch Bedeutung hat für die Gestaltung von Anreizen für das Management, Teil F) wird diese Annahme aufgehoben, wobei jedoch im Prinzip die gleichen Bewertungsfunktionen maßgeblich sind. Der modifizierte SPA beruht im Mehrperioden-Fall auf analogen Voraussetzungen wie im Einperioden-Fall (Kapitel V, Abschnitt 6.1): 1. Der Überschuß des Leistungsbereichs hängt ab von der Investitionsstrategie sowie von den Ausprägungen zweier Typen von Daten, die im Zeitablauf eintreten: Zum einen gibt es „untemehmensübergreifende" Marktdaten, deren Ausprägungen von allen Marktteilnehmem kostenlos überprüft bzw. verifiziert werden können. Zum anderen existieren für das Untemehmen betriebsspezifische oder untemehmensspezifische Daten, deren Ausprägungen nur in Grenzen verifizierbar sind. 2. Eine Konstellation von Ausprägungen der untemehmensübergreifenden Daten zum Zeitpunkt t (t=0,l,...,T) wird als Zustand S^ bezeichnet. Für jeden in Zukunft möglichen Zustand S^ können zustandsbedingte Zahlungsansprüche zu allseits bekannten Preisen gehandelt werden. 3. Der Überschuß ÜL^ des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt t (t=l,2,...,T) ist durch den eintretenden Zustand S^g nicht eindeutig bestimmt. Untemehmensspezifische Daten bewirken, daß in jedem Zustand S^s (s=l,2,...,S(t)) der Überschuß um seinen bedingten Erwartungswert E(ÜmSt s) streut. 4. Die durch die untemehmensspezifischen Daten induzierten Risiken sind aus Sicht der Anteilseigner, die (annahmegemäß) gut gemischte Portefeuilles halten, praktisch vemachlässigbar; für den Marktwert der Aktien des Unternehmens bzw. die Bewertung neuer Projekte ist es irrelevant, wie der Überschuß im Rahmen eines Zustandes S^ s um den bedingten Erwartungswert streut. Für den Marktwert ist allein die Höhe dieses Erwartungswertes von Bedeutung. Analog zu (XII. 10) gilt nun für den Marktwert der Aktien des Untemehmens n zum Zeitpunkt 0 (unmittelbar vor der Ausschüttung ÜQ):
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
333
(XII. 17) TS(t)
,)-E(Üt„|St,s) + Üo„
Mon+Üon t=ls=l TS(t)
= 1 1 ^(St 3)-E(ULtnSt,s) + Üo„-- F K o n 4 •ABont=ls=l
Marktwert der Aktien cum Dividende im modifiziertenState Preference Ansatz Da das aus den betriebsbezogenen Daten resultierende Risiko für den einzelnen Anteilseigner nicht bewertungsrelevant ist, besteht wiederum Konformität von (individueller) Marktwertmaximierung und subjektiver Nutzenmaximierung. Analog zu den Darstellungen in Abschnitt 3.3.3 ist ein zum Zeitpunkt 0 durchführbares Projekt vorteilhaft, wenn sein Marktwert T S(t)
(XII.18)
MPo = I I 7r(St,s)'E(etp|St,s)-Aop t=ls=l
positiv ist. Dabei ist es wiederum irrelevant, wie die Überschüsse des Leistungsbereichs durch Kapitalmarkttransaktionen in Ausschüttungen transformiert werden.
5. 5.1.
Capital Asset Pricing Model (CAPM) Entscheidungssituation
hn folgenden wird als theoretische Grundlage für die Bewertung im Mehrperioden-Fall das CAPM in der NE- oder BQ-Variante betrachtet. Wie im Einperioden-Fall gilt für diese Varianten: Bei gegebenem Marktgleichgewicht besteht Einmütigkeit unter den Anteilseignem; es existiert ein repräsentativer Livestor. Das Ziel der Maximierung des Marktwertes der Aktien des Untemehmens n ist (nur) eine Annäherung an die eigentliche Zielsetzung eines Anteilseigners. Die Restlebensdauer des Untemehmens n bestehe nun wie in den vorangegangenen Abschnitten aus T-Perioden, in denen Überschüsse des Leistungsbereichs ÜL^n erwirtschaftet werden. Alle Akteure haben homogene Erwartungen über die Verteilung der Überschüsse. Annahmegemäß wird wie in Kapitel IV davon ausgegangen, daß sich die Anteilseigner bei ihrer Portefeuillebildung unmittelbar am (End-) Vermögen orientieren, über das sie am Ende des Planungszeitraumes, verfügen. Das einperiodige Modell der Portefeuilleplanung läßt sich dann in relativ einfacher
334
Kapitel XII
Weise auf den Mehrperioden-Fall erweitem. Das Mehrperioden-Modell hat die gleiche Struktur wie das Einperioden-Modell, sofem das zum Zeitpunkt 0 gebildete Portefeuille bis zum Zeitpunkt T gehalten wird. Diese Bedingung ist in der BQ- und der NE-Variante des CAPM analog zum Einperioden-Fall erfüllt, sofem sich die Risikoaversionen der Anteilseigner bezüglich ihres Endvermögens vor dem Zeitpunkt T nicht ändem und die Erwartungen zu allen Zeitpunkten homogen sind. Davon wird im folgenden ausgegangen. Einzahlungen auf Grund von Zinsen und Dividenden vor T werden dann von den Anteilseignem zumrisikolosenZinssatz r angelegt. Anschaffungsauszahlungen für den Erwerb von Wertpapieren zum Zeitpunkt 0 reduzieren die Anlage zum Zinssatz r, was auch heißen kann, daß zu diesem Zinssatz zusätzliches Kapital aufgenommen wird. Bei der Ermittlung des Erwartungswertes und der Varianz des Endvermögens sind die mit dem Portefeuille verbundenen sicheren und unsicheren Ein- und Auszahlungen, soweit sie vor dem Ende des Planungszeitraumes anfallen, mit dem Zinssatz r auf das Ende des Planungszeitraumes aufzuzinsen. Die Analogie zwischen dem Einperioden- und dem Mehrperioden-Fall wird insbesondere dann deutlich, wenn davon ausgegangen wird, daß sämtliche riskante Wertpapiere Anteile an Aktiengesellschaften verbriefen, die vor dem Ende des betrachteten Planungszeitraumes keine Ausschüttungen vomehmen.^^) Bei der Orientierung am Endvermögen als Zielgröße unterscheidet sich dann das „Melirperioden"-Modell vom Einperioden-Modell der Portefeuilleplanung nur noch dadurch, daß die Anschaffungsauszahlung für den Erwerb des Portefeuilles statt mit dem Faktor (1 +r) mit (1 +r)T aufgezinst wird. Lidem die BQ- oder NE-Variante des CAPM zugrunde gelegt werden, ist sichergestellt, daß Änderungen in den (homogenen) Erwartungen der Anteilseigner nicht dazu führen, daß sich deren Wertpapierbestände ändem (vgl. Kapitel VIII, Abschnitt 2). Jeder Anteilseigner hält also über den gesamten Zeitraum hinweg denselben Anteil am Marktportefeuille; lediglich die Marktpreise ändem sich im Zeitablauf Die Unveränderlichkeit der individuellen Portefeuilles impliziert, daß sich Probleme der flexiblen Planung nicht für die Portefeuillebildung der Anteilseigner, sondern nur für die Investitionsentscheidungen im Untemehmen stellen (Abschnitt 7.4). Unter den genannten Voraussetzungen läßt sich der Marktwert MQ^ der Untemehmung n zum Zeitpunkt t=0 - wie im folgenden Abschnitt 5.2 gezeigt wird - in einfacher Weise analog zum Einperioden-Fall ableiten. Die Ermittlung beruht dabei auf Sicherheitsäquivalenten, die mit dem risikofreien Zinssatz r diskontiert werden. Ein altematives Verfahren zur Berechnung von MQH? das in der Praxis in der Regel vorgezogen wird, beruht auf der Diskontierung erwarteter Überschüsse mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz. Dieses Bewertungskonzept ist allerdings mit großer Vorsicht zu beurteilen, wie in Abschnitt 6 gezeigt wird. 34) Bei vollkommenem Kapitalmarkt erzielen die Anteilseigner ohnehin keinen Nachteil, wenn bei gegebenen Investitionsprogrammen erzielte Überschüsse zunächst nicht ausgeschüttet, sondem im Untemehmen zum Zinssatz r angelegt werden.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
5.2.
335
Bewertung auf der Basis von Sicherheitsäquivalenten
Werden in den Zeitpunkten 1,2,...,T-1 keine Ausschüttungen vorgenommen, gilt analog zur Bewertungsformel (V.30) für den Marktwert MQH der Aktien nach Ausschüttung Üon' (XIL19)
MQ^=(l + r)-^-p(MTn)-MR-Kov(MTn.MTG)] =SÄ(MTJ
mit MR^
^ und RPQ = E(MxG)-(l + r)T.MoG • Var(MyG)
Hierin bezeichnet Mj^ den Marktwert der Aktien des Unternehmens zum (Liquidations-)ZeitpurLkt T vor der Ausschüttung Ü j (M^p = Ü^) und MJQ den Marktwert des Marktportefeuilles ebenfalls zum Zeitpunkt T. Werden im Unternehmen keine riskanten Wertpapiere und keine nicht betriebsnotwendigen Vermögensgüter gehalten (werden also außerhalb des Leistungsbereichs nur Mittel zum risikolosen Zinssatz angelegt und aufgenommen), so kann MQ^ gemäß dem Entity-Ansatz wie folgt dargestellt werden: ^^) T
(XIL20)
Mon=(l + r)-T-[Ea + r)T"^-E(ULtn) t=l T ~ M R . K o v ( S ( l + r)T"'-ULtn;MTG)]-FKon+ABon. t=l
(XIL20) ist unmittelbar für den Fall plausibel, daß jeder Überschuß ÜL^n (t
Da FKon und ABon determinstisch sind, gilt ^
T
~
Kov(ÜTn;MTG) = Kov(X(H-r)'^"^-ÜLtn), t=l
35) Der Überschuß ÜLQJ^ wird zwar in (XII.20) nicht explizit berücksichtigt. Je nach Finanzierung beeinflußt er jedoch FKQ^^, ABQ^ und/oder ÜQ^ und entsprechend den Marktwert Mon+Üon-
336
Kapitel XII
SO daß (XII.20) unmittelbar (XII. 19) entspricht. Der Marktwert gemäß (XII.20) ist jedoch auch für den Fall maßgeblich, daß der Fremdkapitalbetrag FKQH schon vor dem Zeitpunkt T getilgt wird und/oder Überschüsse vor dem Zeitpiinkt T ausgeschüttet werden; es handelt sich um Finanztransaktionen die das Endvermögen der Anteilseigner - die privat ebenfalls zum Zinssatz r Kapital anlegen und aufnehmen können - nicht beeinflussen. Für T = 2 zum Beispiel folgt aus (Xn.20): M o „ = ( l + r r 2 . [ ( i + r).E(ULin) + E(UL2n) -MR-Kov[(l+r)-ULin+UL2n;M2G)]-FKon+ABon. Diese Bewertungsfunktion kann wegen Kov[(l+r)-ULin+UL2n;M2G] = (l+r)-Kov(ULin;M2G)+Kov(ÜL2n;M2G) wie folgt dargestellt werden: (Xn.21)
M o „ = ( l + r)-^-[E(ULin)-MR-Kov(ULin;M2G)] =SÄ(ÜLin)
+(l + r)-2 •[E(UL2n)-MR-Kov(UL2n;M2G)] V
=SÄ(Ü2„) -FKon+ABon = MZÜLon-(FKo„-ABo„). Der Marktwert MQH kann somit auch interpretiert werden als Summe der mit dem Zinssatz r ermittelten Barwerte der Sicherheitsäquivalente der Überschüsse ÜLjjj und ÜL211 des Leistungsbereichs abzüglich der Nettoverschuldung FKon-ABonAnalog zu (XII.21) gilt für den allgemeinen Fall (Planungszeitraum T): (XII.22) Mon = I ( l + r ) " •[E(ÜLt„)-MR-Kov(ÜLtn;MTG)]-(FKon-ABon) t=i ' z • =SÄ(ÜLtn) = MZÜLon-(FKo„-ABo„). Marktwert der Aktien ex Dividende unter Berücksichtigung des Marktwertes der Überschüsse des Leistungsbereichs im CAPM
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
337
Die Bewertungsfunktion (XIL22) ermöglicht eine relativ einfache Erfassung der bewertungsrelevanten Zusammenhänge. Sie berücksichtigt Kovarianzen zwischen den Überschüssen verschiedener Zeitpunkte nicht direkt, sondern indirekt über deren Kovarianzen mit M^GDaß für die Bewertung des Überschusses ÜL^n seine Kovarianz mit dem Marktwert M ^ Q relevant ist und nicht seine Kovarianz mit dem Marktwert M^G des Makrtportefeuilles zum Zeitpunkt t mag auf den ersten Blick überraschen. Die Bewertung wird jedoch plausibel, wenn bedacht wird, daß explizit von der Annahme ausgegangen wurde, daß die Anteilseigner sich am Ziel orientieren, den Erwartungswert des Nutzens ihres (End-)Vermögens zum Zeitpunkt T zu maximieren. Entsprechend ist flir die Bewertung letztlich ausschlaggebend, wie die Varianz von M^G beeinflußt wird. Analog zum Marktwert der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs, MZÜLon, kann auch der Marktwert der zukünftigen Überschüsse eines neuen Investitionsprojekts ermittelt werden, sofern analog zu den Darstellungen im Einperioden-Fall in Kapitel XI, Abschnitt 3.1.1.2, bei der Risikobewertung vernachlässigt wird, daß es einen Einfluß auf M J G hat. Es gilt dann: T
Mo(eip,e2p,...,eTp)=Z(l + r)-^[E(etp)-MR.Kov(etp;MTG)], t=l
wobei MjG der Marktwert des Marktportefeuilles zum Zeitpunkt T vor dem Projekt bezeichnet; er stimmt mit demjenigen MjG-Wert überein, der in (XII. 19) bzw. in (XII.22) enthalten ist. Nach Abzug der Anschaffungsauszahlung des Projekts ergibt sich dessen Kapitalwert. 5.3.
Bewertung mit zustandsabhängigen risikoangepaßten Zinssätzen
MQH (und entsprechend der Marktwert der zukünftigen Überschüsse eines einzelnen Investitionsprojekts) kann auch rekursiv mit zustandsabhängigen risikoangepaßten Zinssätzen ermittelt werden, indem jeder Zinssatz konsistent auf der Basis des einperiodigen CAPM hergeleitet wird. Dieses Konzept soll im folgenden mit Hilfe eines einfachen Zustandsbaumes flir den ZweiperiodenFall erläutert werden (Abbildung Xn.3), wobei die den Kanten zugeordneten Wahrscheinlichkeiten reale Wahrscheinlichkeiten (keine Martingalwahrscheinlichkeiten) bezeichnen. Es wird deutlich, wie komplex dieses Vorgehen im Vergleich zur Diskontierung von Sicherheitsäquivalenten mit dem Zinssatz r ist.
338
Kapitel XII
Zeitpunkt 0
ln,2
Zeitpunkt 1
Zeitpunkt 2 ^2n,2
2n,3
L2n,4
Abb. XII.3: Zustandsbaum Ohne Einschränkung der Allgemeinheit wird wieder davon ausgegangen, daß zum Zeitpunkt 1 keine Ausschüttung vorgenommen wird. Der Marktwert der Aktien des Unternehmens n zum Zeitpunkt 2 bei Eintreten des Zustandes 82^5 (s= 1,2,3,4) wird mit M2ns bezeichnet, die Rendite r^Q des Marktportefeuilles der ersten Periode bei Eintreten des Zustandes Sj § (s=l,2) mit r^QlS^ g. Entsprechend gilt für den Erwartungswert der Rendite r^Qi E(riG) =0,8.(riG|Sy) + 0,2.(riG|Si,2) • Wären die Marktwerte M In 1 und MIJ^2 f^^ die Zustände Sj j und Sj 2 bereits bekannt, könnte Mon gemäß (VII.19) (Kapitel VII, Abschnitt 2.4.1) im Rahmen eines einzigen einperiodigen CAPM ermittelt werden, wobei sich die explizite Berücksichtigung der zweiten Periode erübrigen würde. Nun soll hier aber auch erläutert werden, wie die (bedingten) Marktwerte Mj^,! und Mj^? ihrerseits ermittelt bzw. erklärt werden können. Für Mjn 1 sind gemäß dem Zustandsbaum in Abbildung XII.3 folgende Größen relevant: 1. Die Marktwerte M2n 1 und M2n 2, 2. die Rendite r2Gl S2 1 bzw. r2Gl S2 2 des Marktportefeuilles in der zweiten Periode unter der Bedingung, daß zum Ende dieser Periode der Zustand 82,1 bzw. 82,2 eintritt (diese Bedingung kann ihrerseits nur erfüllt sein, wenn zum Zeitpunkt 1 der Zustand 81,1 vorUegt) und 3. die bedingten Wahrscheinlichkeiten w(82 i|Si j)=0,6 und w(82 2IS1 j)=0,4. Analog zum Einperioden-Fall ist nun der ß-Faktor ß2n|Si 1 für die zweite Periode unter der Bedingung zu ermitteln, daß zu Beginn dieser Periode der Zustand 81 i eintritt (bedingte Kovarianz):
ß2„|Su =
Kov(r2n|Sy;r2G|Sy) Var(r2G|Si4)
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
339
Dabei gilt: Var( r2G |Si,i) = 0,6.[r2G |S2,i - E( r2G |Si,i )f +0,4.[r2G|S2,2-E(r2GlSl,l)]^ mit E(y2G|Su) = 0.6.(r2G|S2,i) + 0,4.(r2G|S2,2). Bei der Ermittlung der bedingten Kovarianz Kov(r2n|Si,i;r2G|Si,i) ergibt sich ein analoges „Zirkularitätsproblem" wie in Kapitel IX, Abschnitt 3.1.2, bei der Ermittlung der Kovarianz für die Marktrendite eines zu bewertenden Projekts. Mit dem ß-Faktor ß2nlSi i wird der dem Zustand Si,i entsprechende bedingte Erwartungswert der Aktienrendite für die zweite Periode ermittelt: E(r2n|Su) = r + [E(r2G|Sy)-r].(ß2„|Si,i). Mit diesem Erwartungswert (dem bedingten Eigenkapitalkostensatz) wird sodann der bedingte Erwartungswert E(M2n|Si,i)-0,6-M2n,i+0,4-M2n,2 diskontiert, so daß man den Marktwert M^j^j für den Zustand S^ \ erhält. Analog ist Mi^i '^^ ermitteln. Nachdem Mi^i und yi.\n2 feststehen, wird wie im Einperioden-Fall üblich - MQH ermittelt. Das beschriebene retrograde Verfahren zur Ermittlung bzw. Erklärung von Mon auf der Grundlage von Einperioden-Modellen kann zwar im Prinzip in gleicher Weise auch angewendet werden, wenn der Planungszeitraum aus mehr als zwei Perioden besteht. Jedoch verursacht dieses Verfahren insbesondere bei größerer Zahl von Perioden und Umweltentwicklungen einen prohibitiv hohen Aufwand. Als Grundlage für die Ermittlung bzw. Schätzung des Marktwertes MQ^ bzw. des Marktwertes zusätzlicher Investitionsprojekte dürfte es ohne rigorose Vereinfachung kaum geeignet sein. Die in Abschnitt 5.2 beschriebene Sicherheitsäquivalent-Methode ist wesentlich einfacher; die maßgeblichen Sicherheitsäquivalente lassen sich im Mehrperioden-Fall analog zum Einperioden-Fall direkt ermitteln, ohne daß bedingte (zustandsabhängige) Sicherheitsäquivalente zugrunde gelegt werden müssen. Allerdings ist zu beachten, daß es hier beim Vergleich der beiden Konzepte ausschließlich darum ging, bei gegebenen zustandsabhängigen Überschüssen den Marktwert MQ^ ZU ermitteln. Die bedingten Marktwerte in t=l (allgemein: in den Zeitpunkten 1, 2, ..., T-1) waren nicht entscheidungsrelevant. Bedingte zukünftige Marktwerte haben jedoch im Rahmen der flexiblen Planung (Abschnitt 7) grundlegende Bedeutung, sofern diese Marktwerte durch Entscheidungen in den betreffenden Zuständen beeinflußt werden können. Wird die
340
Kapitel XII
flexible Planung retrograd auf der Basis einperiodiger Entscheidungsmodelle vorgenommen (was allerdings nicht bei jedem Planungsproblem erforderlich ist), so macht es kaum einen Unterschied, ob hierbei bedingte Sicherheitsäquivalente oder bedingterisikoangepaßteZinssätze zugrunde gelegt werden. Im übrigen ist bei der Ermittlung von MQH auf der Basis risikoangepaßter Zinssätze nicht unbedingt eine zustandsabhängige Analyse vorzunehmen. Ist für den Zustandsbaum der Abbildung XII. 3 a priori bekannt, daß der Erwartungswert der Rendite r2n der Aktien des Untemehmens n fär die zweite Periode mit Sicherheit k^jn beträgt, EC^nlSl,!) = EC^nlSl,!) = Kln^ und zugleich auch der Erwartungswert von M2n zustandswwabhängig ist, 0,6.M2n,i+0,4.M2n,2 =0,3.M2n,3+0,7.M2n,4 = E(M2nX so ergibt sich für den Zeitpunkt 1 der folgende zustandsunabhängige und somit deterministische Marktwert: Min = (l + ke2n)-^-E(M2n).
Da der Marktwert M^j^ deterministisch ist, ist er mit dem risikolosen Zinssatz r zu diskontieren, so daß folgt: M o n = ( l + r r l . ( l + ke2nr^-E(M2n).
Ist der Erwartungswert von M2n davon abhängig, ob der Zustand S^ ^oder Si2^ii^tritt, E(M2„|Si,i)^E(M2n|Si,2), SO ergeben sich trotz des einheitlichen Zinssatzes ke2n ^^ beide Zustände besondere Marktwerte (M^j^^ ^M^^i) • Ist der flir den stochastischen Marktwert Mjji maßgebHche Zinssatz gleich k^^j^, so gilt: Mon = (1 + kein)"^' (0,8 • Mi^^i + 0,2 • Min^2)•
Hieraus folgt in Verbindung mit Min,l=(l + ke2nr^-E(M2„iSy)
und Mln,2=(l + ke2nr^-E(M2„|Si,2)
die Bewertungssituation:
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie Mon = (1 + k e l n ) - ^ " ^ • (1 + Kln)'^'
341
^i^lnWx)
+ 0,2.(H-ke2n)-l-E(M2„iSi,2)] = (l + kei„)-l-(l + ke2„)-l-[0,8-E(M2„|Si,i) + 0,2-E(M2n|Si,2)].
Da der Erwartungswert der bedingten Erwartungswerte von M2n gleich dem unbedingten Erwartungswert E(M2n) ist, kann man auch schreiben: Mon = (1 + kein)-^ • (1 + ke2„)-^ • E(M2„).
Es ergibt sich eine relativ einfache Bewertungsregel (die analog auch für mehr als zwei Perioden maßgeblich sein kann). Hier wurde für die zweite Periode ein deterministischer (d. h. zustandsunabhängiger) risikoangepaßter Zinssatz zugrunde gelegt. Grundsätzlich besteht zwar Zustandsabhängigkeit des „theoretisch richtigen" Zinssatzes. Jedoch kann trotzdem zum Zeitpunkt 0 ein einheitlicher Zinssatz zu einer korrekten Bewertung führen, weil sich Bewertungsfehler aus Sicht des Informationsstandes zu diesem Zeitpunkt kompensieren. Möglicherweise kann auch in der Weise vereinfacht werden, daß der Zinssatz für die zweite Periode mit dem für die erste Periode maßgeblichen gleichgesetzt wird. Im folgenden Abschnitt wird allgemein untersucht unter welchen stochastischen Zusammenhängen zwischen den Überschüsse ein für die erste Periode maßgeblicher risikoangepaßter Zinssatz auch für die erwarteten Überschüsse späterer Perioden bewertungsrelevant ist.
6.
6.1 •
Bedingungen für einen einheitlichen risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes und deren Implikationen Bedingung der Periodeneinheitlichkeit und Bedingung der Projekteinheitlichkeit
6.1.1. Allgemeine Darstellung Wie bereits erläutert wurde, werden in Theorie und Praxis bei der Bewertung von mehrperiodigen Überschüssen im allgemeinen in der Weise Vereinfachungen vorgenommen, daß deren Erwartungswerte mit einem für alle Perioden einheitlichem risikoangepaßtem Zinssatz diskontiert werden {Discounted Cash Flow- oder kurz DCF-Vefahren), der aus einem einperiodigen Kalkül hergleitet wird. Dieses Bewertungskonzept ist charakteristisch für den Shareholder Value Ansatz (Kapitel Xm und Kapitel XIV, Abschnitt 4), bei dem der risikoangepaßte Zinssatz in Anlehnung an das (einperiodige) CAPM hergeleitet wird. Wie auch immer der Kalkulationszinsfuß für den Einperioden-Fall ermittelt wird, seine Übertragung auf den Mehrperioden-Fall impliziert, daß die bewer-
342
Kapitel XII
tungsrelevanten Überschüsse in eine bestimmte „Risikoklasse" fallen, deren Charakteristik im folgenden näher analysiert werden soll. Bei der Untemehmensbewertung gemäß der Entity-Variante werden die erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs mit einem einheitlichen Zinssatz kj^ diskontiert, um den (virtuellen) Marktwert MZÜLQJ^ der zukünftigen Überschüsse dieses Bereichs zu erhalten. Nach Addition von ABQH ergibt sich der Marktwert des Unternehmens (die Summe aus Marktwert des Eigen- und Fremdkapitals). Werden allerdings im Unternehmen zum Zeitpunkt 0 riskante Wertpapiere und/oder andere nicht betriebsnotwendige Vermögensgüter gehalten, so ist deren Marktwert hinzuzuaddieren. Die Subtraktion des Fremdkapitals FKQH fuhrt zum Marktwert MQH der Aktien.^^) Soweit Wertpapiere börsengehandelt werden, ergibt sich ihr Marktwert auf Grund von Börsenkursen. Problematisch ist die Ermittlung des Marktwertes der anderen Wertpapiere und der (anderen) nicht betriebsnotwendigen Vermögenswerte. Da deren Überschüsse grundsätzlich nicht zu derselben Risikoklasse gehören wie die des Leistungsbereichs, kann er nicht auf der Basis des Zinssatzes kj^ ermittelt werden; er ist im allgemeinen mehr oder weniger pauschal zu schätzen oder mit einem von k^ abweichendenrisikoangepaßtenZinssatz zu bestimmen, dessen Ermittlung analoge Probleme verursacht wie die von kj^. Im allgemeinen wird auch angenommen, daß Bewertungsunabhängigkeit besteht, also neue Investitionsprojekte und -programme keinen Einfluß auf den bewertungsrelevanten Kalkulationszinsfuß haben; die erwarteten Überschüsse der neuen Projekte werden mit demjenigen Kalkulationszinsfuß kj^ diskontiert, der für die bisherigen Überschüsse maßgeblich ist. Zusätzliche Projekte haben dann keinen Einfluß auf den Marktwert der bisherigen Überschüsse, so daß der Beitrag der neuen Projekte zum Marktwert der Aktien des Untemehmens mit ihrem Kapitalwert (ihrem Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung) übereinstimmt, wodurch die Planung erheblich vereinfacht wird. Die Ermittlung eines risikoadäquaten Zinssatzes kj^ für die bisherigen erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs, ÜL^j^ (t=l,2,...,T), hängt davon ab, ob er einheitlich für jede Periode (für jeden erwarteten Überschuß) bewertungsrelevant ist oder ob es sich um einen Durchschnittswert aus unterschied36) Der Marktwert des Untemehmens kann im Prinzip auch ermittelt werden, indem die Erwartungswerte der Überschüsse des gesamten Untemehmens (also der drei Bereiche als Einheit) mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz diskontiert werden. Da annahmegemäß keine Kassenhaltung erfolgt, fuhren die Überschüsse zu Auszahlungen an die Gläubiger (in Form von Zinsen und Kreditrückzahlungen) und an die Anteilseigner (in Form von Dividenden und Ausschüttungen bei Kapitalherabsetzungen und der Liquidation); ist ein Untemehmensüberschuß negativ, so erfolgen Zahlungen von Kapitalgebem an das Unternehmen. Die Problematik einer solchen einheitlichen Diskontiemng der erwarteten Überschüsse besteht darin, daß sich hierbei die Risikostmkturen der verschiedenen Bereiche überlagem und selbst bei gegebener Risikoklasse des Leistungsbereichs der relevante risikoadäquate Zinssatz sehr variabel sein kann, je nachdem, welche (riskanten) Maßnahmen im Finanzbereich und im neutralen Bereich durchgeführt werden.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
343
liehen (unbekannten) Periodenzinssätzen handelt. Zunächst wird der Fall eines (Perioden-) einheithchen Zinssatzes betrachtet, für den gilt: Jeder erwartete Uberschuß E(ÜLtn) ist mit dem Zinssatz k^ zu diskontieren, so daß sich MZÜLon (wert-) additiv aus den mit k^ ermittelten Marktwerten der einzelnen Überschüsse ÜL^j^ zusammen setzt: T
(XIL23)
MZÜLon = iMo(ULtn) t=l mit
Mo(ÜLtn) = (1 + k^)-^ .E(ÜLtn)
(t = 1,2,...,T).
Bedingung für einen periodeneinheitlichen risikoangepaßten Zinssatz k^ (kurz: Bedingung der ,, Periodeneinheitlichkeit") Ist diese Bedingung erfüllt, so kann kj^ aus einem einperiodigen Kalkül hergeleitet und unabhängig von T auch für jede folgende Periode zugrunde gelegt werden. Dabei ist allerdings darauf zu achten, daß die in diesem Kalkül explizit oder implizit angenommene Risikostruktur bezüglich ÜLjj^ für die tatsächliche Risikostruktur hierfür repräsentativ, d.h. mit ihr vergleichbar ist.^^) ^^) Die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit des Zinssatzes kj^ impliziert Wertseparierbarkeit bezüglich der Barwerte der erwarteten Überschüsse zu verschiedenen Zeitpunkten: Jeder einzelne riskante Uberschuß ÜL^^ (t'=U2, ...,T) hat einen Marktwert in Höhe des Barwertes seines Erwartungswertes beim Zinssatz k^. Wenn die erwarteten Überschüsse nach dem Zeitpunkt t (t=l,2,...,T-l) gegenüber einer Ausgangssituation hinzukommen oder entfallen, ändert sich der Marktwert MZÜLon wie folgt:
37) Häufig wird der risikoangepaßte Zinssatz in Anlehnung an das einperiodige CAPM ermittelt und der ß-Faktor empirisch aus Vergangenheitswerten hergeleitet. Insbesondere hier kann die Bedingung der Vergleichbarkeit verletzt sein (Kapitel XIII, Abschnitt 3). 38) Eine Verallgemeinerung der Bewertungsfunktion für den Fall T-^ oo stellt das ZweiPhasen-Modell dar (KRUSCHWITZ/LÖFFLER, 1999, S. 5; HOMMEL/BRAUN, 2002, S. 268):
Die erste Phase („Prognosephase") reicht bis zum Zeitpunkt t*. Für den betreffenden Zeitraum (etwa drei bis fünf Jahre) werden die erwarteten Überschüsse relativ präzise geschätzt. Für die zweite Phase ("Fortführungsphase") die üblicherweise zeitlich unbegrenzt ist, wird auf explizite Schätzung der erwarteten Überschüsse verzichtet und von globalen Wachstumsannahmen ausgegangen. Wird ein Wachstum von null angenommen und der Erwartungswert des Überschusses für alle Zeitpunkte nach t* mit E bezeichnet, so tritt an die Stelle von (XII.23) die Bewertungsfunktion: MZÜLon = i : ( l + kJ-t.E(ÜLtn) + (l + k J - t * . - ^ . t=l
^n
344
Kapitel XII
ÄMZÜLon = (l + k^)"^ • S ( l + kn)"^'"^^ •E(ULTn) T=t+1 =MZULt
= (l + kj,)"^.MZÜLtn.
Dabei bezeichnet MZÜLtn den auf den Zeitpunkt t bezogenen erwarteten Marktwert der Überschüsse nach t im Licht der Informationsstandes zum Zeitpunkt 0. Es ist zu beachten, daß die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit nicht besagt, daß kj^ deterministisch, d. h. für die Bewertung des Überschusses ÜL^ in einem Zeitpunkt x > 0 (x < t) derselbe Kalkulationszinsfuß k^ maßgeblich ist wie für die Bewertung zum Zeitpunkt 0. Im Zeitablauf können Informationen über die Risikostrukturen späterer Überschüsse zugehen, die erhebliche Modifikationen erforderlich machen (Abschnitt 5.3). Darüber hinaus ist es auch möglich, daß zwar zum Zeitpunkt 0 die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllt ist, jedoch nicht zum Zeitpunkt x > 0 (Abschnitt 6.8). Die Bewertung auf der Basis eines Kalkulationszinsfußes, von dem man weiß, daß er sich in Zukunft im Licht zusätzlicher Informationen ändern kann, stellt keinen logischen Widerspruch dar. Die Bewertung (und entsprechend der Kalkulationszinsfuß) bezieht sich eben auf den Informationsstand zum Zeitpunkt 0. Wenn jedoch bei der Bewertung Projekte zu berücksichtigen sind, über die noch nicht definitiv entschieden worden ist, so sollte die Entscheidung und entsprechend auch die Ermittlung von MZÜLQJ^ gemäß dem Prinzip der flexiblen Planung vorgenommen werden (Abschnitt 7), wobei über zukünftige Projekte bedingte (zustandsabhängige) Entscheidungen in Abhängigkeit von den zukünftigen Informationsständen und den entsprechenden Kalkulationszinsfüßen und Erwartungswerten der nachfolgenden Überschüsse getroffen werden. Auf Probleme der flexiblen Planung kommen wir in Abschnitt 7 zurück.^^) 39) Auch KRUSCHWITZ/LÖFFLER (2003, S. 238) betonen, daß der für eine zukünftige Periode maßgebliche risikoadäquate Zinssatz von dem dann gegebenen Informationsstand abhängt und somit im Regelfall eine Zufallsvariable ist. „Mit Zufallsvariablen kann man bedauerlicher Weise nicht diskontieren. Um dies zu ermöglichen, müssen wir die heroische Annahme treffen, daß die Kapitalkosten auch unter Unsicherheit deterministisch sind" (KRUSCHWITZ/LÖFFLER, 2003, S. 238). Diese Folgerungen sind mit Vorsicht zu beurteilen. Zum einen kann man auch bei Ungewißheit über zukünftige Zinssätze damit diskontieren, indem - wie in Abschnitt 5.3 - eine zustandsabhängige Bewertung vorgenommen wird. Wie im folgenden gezeigt wird, kann unter bestimmten Bedingungen der für einen Bewetungszeitpunkt maßgebliche Zinssatz auch dann periodeneinheitlich sein, wenn er nicht deterministisch ist. Ein deterministischer Kalkulationszinsfuß besitzt zwar „den Vorzug, nicht nur für den gegenwärtigen Untemehmenswert, sondern auch für zukünftige Untemehmenswerte gültig zu sein" (KRUSCHWITZ/LÖFFLER, 2003, S. 239). Das ändert aber nichts daran, daß die modellexogene Annahme eines solchen Zinssatzes „heroisch" ist: Für zukünftige Bewertungen führt sie zu Fehlem, für gegenwärtige ist sie unnötig restriktiv.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
345
Mit dem gemäß (XIL23) maßgebhchen Zinssatz kj^ körmen zum Zeitpunkt 0 nicht nur die bisherigen zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs bewertet werden, sondern unabhängig von ihrer ein- oder mehrperiodigen Nutzungsdauer auch neue Projekte, sofern ihre Überschüsse in dieselbe ,fiisikoklasse" wie die bisherigen fallen. Wie im folgenden gezeigt wird, ist dabei das theoretische Konstrukt der Risikoklasse sehr allgemein definiert (LAUX/ VELTHUIS, 2004). Wenn (wie in Literatur und Praxis üblich) davon ausgegangen wird, daß neue Projekte keinen Einfluß auf die Marktwerte der bereits gegebenen Überschüsse ÜLt haben, ist kj^ auch flir die Bewertung eines neuen Projekts (oder Programms) P maßgeblich, wenn folgende Bedingung der Proportionalität zwischen den Projektüberschüssen eip,e2p,...,exp und den bereits gegebenen Überschüssen des Leistungsbereichs erfüllt ist: Es existieren deterministische a^-Werte, für die gilt:
(XII.24)
etp=afÜLtn
mit
at=0
(t = l,2,...,T).
Bedingung der Relevanz des Zinssatzes k^ auch für das neue Projekt (kurz: Bedingung der „Projekteinheitlichkeit")
Beweis: Da der Marktwert des a^-fachen eines Überschusses gleich dem anfachen des Marktwertes dieses Überschusses ist, gilt unter der Bedingung (XII.24): M o ( e t p ) ^ M o ( a t . U L t n ) = at'Mo(ULtn)
(t = l,2,...,T).40)
Hieraus folgt in Verbindung mit (XII.23): (XII.25)
Mo(etp) = a f ( H - k j , ) - ^ E ( U L t n )
(t = l,2,...,T).
Unter der Bedingung (XII.24) gilt auch: Im übrigen empfehlen KRUSCHWITZ/LÖFFLER (2003, S. 241), als Kalkulationszinsfüß den Kapitalkostensatz eines „geeigneten" Vergleichsuntemehmens heranzuziehen. Zwar kann dieser Kapitalkostensatz als „interner" Zinsfuß ermittelt werden, bei dem der Barwert der erwarteten zukünftigen Cashflows des Vergleichsuntemehmens mit seinem bekannten Marktwert zum Zeitpunkt 0 übereinstimmt. Wie jedoch noch erläutert wird, erfiillt ein solcher (interner) Zinsfuß weder die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit noch ist er deterministisch. 40) Diese Gleichung gilt auch für a^ < 0, wobei dann für MQ(ÜL^) > 0 der Marktwert von e^p negativ ist.
346
Kapitel XII
E(etp) att =
E(ULtn) Wird a^. in (XII.25) eingesetzt, so ergibt sich: (XIL26)
Mo(etp) = (l + k j - ^ .E(etp)
(t = 1,2,...,T).
Somit folgt für den Marktwert aller zukünftigen Projektüberschüsse: (XIL27)
Mo(eip,e2p,...,eTp)= E a + k^)"! .E(etp). t=l
Der flir die bisherigen Überschüsse des Leistungsbereichs maßgebliche Kalkulationszinsfuß k^ ist folglich unter der Bedingung (XIL24) auch für das neue Projekt bewertungsrelevant (q.e.d.). Projekte, die die Bedingung (XII.24) der Projekteinheitlichkeit erfüllen, werden im folgenden zu derselben Risikoklasse gezählt wie die „alten" Projekte. Für die Planung ist von großer Bedeutung, daß die (Proportionalitäts-)Bedingung (XII.24) nicht fordert, daß zu jedem Zeitpunkt t dieselbe proportionale Beziehung zwischen e^p und dem bisherigen Überschuß ÜL^ des Leistungsbereichs besteht. Der Proportionalitätsfaktor a^ kann für verschiedene Zeitpunkte unterschiedlich sein (es muß also nicht a^ =a2 =... = a j = a gelten), so daß ein relativ weiter Spielraum für die Maßgeblichkeit eines einheitlichen Zinssatzes kj^ für neue und alte Projekte besteht. Der Faktor a^ kann ab irgendeinem Zeitpunkt auch gleich null sein, so daß die Nutzungsdauern von Projekten, die mit dem Zinssatz kj^ bewertbar sind, verschieden sein können. Die Projekte können auch zu verschiedenen Zeitpunkten beginnen. Ein zum Zeitpunkt t durchführbares Projekt mit der erwarteten Anschaffungsauszahlung E(Atp) und dem erwarteten Überschuß E(e<^p) zum Zeitpunkt T(T = t + l,t + 2,...,T) hat im Zeitpunkt 0 den folgenden Marktwert: -(1 + k J - ^ •E(Ätp)+ I ( l + k J - ^ .E(e,p) T=t+1
= (l + k J - ^ . [ I ( l + k J-(^-^) .E(e,p)-E(Ätp)]. T=t+1
Diese Formel imphziert, daß die Proportionalitätsbedingung auch für die Anschaffungsauszahlung A^p erfüllt ist und das Projekt P definitiv durchgeführt wird (also nicht wie in Abschnitt 7 flexibel geplant wird). Fazit: Wenn sowohl die Bedingung (XII.23) der Periodeneinheitlichkeit als auch für alle neuen Projekte die Bedingung (XII.24) der Projekteinheitlichkeit des Kalkulationszinsfußes k^ erfüllt ist, fallen die bisherigen und die neuen
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
347
Überschüsse des Leistungsbereichs in eine Risikoklasse, bei der die Bewertung gegenwärtiger und zukünftiger Projekte in relativ einfacher Weise mit einem einheitlichen - aus einem Einperioden-Kalkül herleitbaren - Zinssatz vorgenommen werden kann. Jedoch werden die beiden Bedingungen in der Realität allenfalls „näherungsweise" erfällt sein. Ist zunächst keine als befriedigend erscheinende Annäherung gegeben, kann versucht werden, den Leistungsbereich in Teilbereiche zu zerlegen, für die jeweils die beiden Bedingungen (näherungsweise) erfüllt sind und jeweils ein spezifischer risikoadäquater Kalkulationszinsfuß maßgeblich ist.^l) Natürlich existiert bei nichtnegativen Erwartungswerten stets ein einheitlicher risikoangepaßter „intemer" Zinsfuß k^, flir den bezüglich der bisherigen Überschüsse des Leistungsbereichs gilt: (XII.28)
MZÜLon= l a + k^)-^ -ECULtn). t=l
Es ist zu beachten, daß sich hier k^ nicht (wie ein intemer Zinsfuß im eigentlichen Sinn) auf eine Anschaffungsauszahlung bezieht, sondern auf einen Marktwert. Wir bezeichnen ihn daher als „wertorientierten intemen" Zinsfuß. Da jedoch mit dem Zinssatz k^ der Markwert MZÜLQJ^ ermittelt werden soll, kann er a priori auch nicht wie der interne Zinsfuß eines Investitionsprojekts bei bekannter Anschaffungsauszahlung berechnet werden. Möglicherweise kann jedoch k j als Kapitalkostensatz eines Vergleichsuntemehmens mit vergleichbarer Risikostruktur sowie bekannten erwarteten zukünftigen Cash-flows und bekanntem Marktwert zum Zeitpunkt 0 ermittelt werden, indem derjenige (interne) Zinssatz bestimmt wird, bei dem analog zu (XII.28) der Barwert dieser erwarteten Cash Flows mit dem Marktwert des Vergleichsuntemehmens übereinstimmt. Wenn jedoch die Bedingung (XII.24) der Periodeneinheitlichkeit nicht erfällt ist, also nicht für jede Periode derselbe Zinssatz maßgeblich ist, stellt ein Kalkulationszinsfuß k^ gemäß (XII.28) einen „Durchschnittswert" dar (auch wenn er als Kapitalkostensatz für ein Vergleichsuntemehmen ermittelt wird), der für einzelne Perioden höher und fär andere niedriger ist als der jeweils richtige Kalkulationszinsfuß. Dies hat folgende Implikationen: 1. Wenn der erwartete Überschuß für einen zukünftigen Zeitpunkt t entfällt, so ändert sich der Marktwert MZÜLQH allenfalls zufällig um den Betrag (l + k^)-t.E(ÜLtn). 41) Die Bedingung der Projekteinheitlichkeit hat im Prinzip auch Bedeutung für die Bewertung einzelner Teilüberschüsse (einzelne Einzahlungen, Auszahlungen oder Differenzen hieraus): Wenn der für bestimmte Teilüberschüsse maßgebliche Kalkulationszinsfuß die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllt und für andere (mit bisherigen oder neuen Maßnahmen verbundenen) Teilüberschüsse analog zu (XII.24) die Proportionalitätsbedingung erfüllt ist, so gilt dieser Kalkulationszinsfuß auch für die anderen Teilüberschüs-
348
Kapitel XII
2. Die Diskontierung der erwarteten Überschüsse eines neuen Projekts mit kn führt gmndsätzhch (d.h. von Abweichungen, die sich zufälHg kompensieren, abgesehen) nur dann zum richtigen Marktwert, wenn ai = a2 = ...=aT= a gilt, d.h. das Projekt in jedem möghchen Zustand das a-fache der bisherigen Überschüsse bietet."^^) Dann erübrigt sich jedoch eine Diskontierung; der Marktwert der zukünftigen Überschüsse des neuen Projekts ist das a-fache des Marktwertes der bisherigen Überschüsse. Wenn der (interne) Zinsfuß kn gemäß (XII.28) nicht die Bedingung der Periodeneinheithchkeit erfüllt, ist er bei unterschiedlichen Proportionalitätsfaktoren a^ für die Bewertung eines neuen Projekts kaum tauglich; es besteht die Tendenz zur Fehlentscheidung. Wenn zum Beispiel das Projekt relativ hohe erwartete Überschüsse primär in solchen Zeitpunkten bietet, für die der k^ entsprechende Diskontfaktor zu hoch ist, wird ein zu hoher Wert ermittelt. Unterschiedliche Proportionalitätsfaktoren sind vor allem bei Projekten relevant, die nach dem Zeitpunkt 0 (definitiv) durchgeführt und/oder vor dem Zeitpunkt T beendet werden; für die Zeitpunkte vor Projketbeginn und nach Liquidation sind (die Überschüsse und mithin) die Proportionalitätsfaktoren gleich null und für die anderen Zeitpunkte positiv oder negativ. hn folgenden sprechen wir von Proportionalitätsbedingung i.w.S. (bzw. i.e.S.) wenn sie zuläßt, daß die Proportionalitätsfaktoren für verschiedene Zeitpunkte unterschiedlich sind (bzw. einen periodeneinheitlichen Proportionalitätsfaktor fordert). Die Proportionalitätsbedingung i.w.S. schließt die i. e.S. als Spezialfall ein. 6.1.2. Beispiel Ein Beispiel soll einige Zusammenhänge verdeutlichen (mit T=2): Gegeben sei ein Strom von Überschüssen ÜLjj^ und ÜL2n niit den Erwartungswerten E(ÜLin)=120 und E(ÜLij^)=144. Für den ersten Erwartungswert sei der Kalkulationszinsfuß 0,11 relevant und für den zweiten der Kalkulationszinsfuß 0,25. Entsprechend ergibt sich der folgende Marktwert MZÜLQJ^ für beide Überschüsse:
42) Dieses spezielle Konzept einer einheitlichen Risikoklasse für die „neuen" und die bisherigen Investitionen legen MODiGLiANl/MiLLER (1958) bei ihrem Beweis zugrunde, daß (unter bestimmten Voraussetzungen) unabhängig von der Finanzierung ein neues Projekt dann vorteilhaft ist, wenn der Barwert seiner erwarteten Überschüsse bei dem für die bisherigen Investitionen maßgeblichen risikoangepaßten Zinssatz k^^ größer ist als seine Anschaffungsauszahlung. Dabei wird nicht untersucht, von welchen Determinanten die Höhe von kj^ abhängt. Insbesondere wird auch nicht geprüft, ob k^ aus einem einperiodigen Kalkül hergeleitet werden kann, also die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllt ist. Wie erläutert wurde, kann unter dieser Bedingung das Konzept der einheitlichen Risikoklasse sehr allgemein definiert werden; die Proportionalitätsfaktoren für verschiedene Zeitpunkte können voneinander abweichen. (Vgl. hierzu auch Kapitel XIII, Abschnitt 4.2.)
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
349
MZÜLon = 200 = 1,1 r ^ • 120 +1,25"^ • 144. «108
«92
Man erzielt diesen Marktwert auch, wenn einheitlich mit dem Zinssatz kn = 0,2 diskontiert wird: MZÜLon = 200 = 1,2"^. 120 +1,2"^ • 144. Der Zinssatz kn ist allerdings nicht penodeneinheithch. Man kann damit zwar ein neues Projekt bewerten, für das e^p =a,'\JLi^ und ejp =^'ÜL2n gilt. Ein Projekt mit e^p = a^ -ÜL^j^ und e2p = ^2 'ÜLin (^l ^ ^2)' ^^^ einen Marktwert von 1,11-1.ai-120 +1,25-2.a2 444. Erfolgt hier die Bewertung einheitlich mit dem Zinssatz 0,2, dann ergibt sich je nach dem Verhältnis zwischen a^ und a2 ein zu hoher oder ein zu niedriger Marktwert. Für aj = 0,5 und a2 = 5 zum Beispiel gilt für den richtigen Marktwert: 515,5 = 1,11-^.60 + 1,25-^-720 = 54,5 + 461. Wird dagegen mit dem Zinssatz 0,2 bewertet, so ergibt sich ein zu hoher Wert: 550 = 1,2-^-60 + 1,2-^.720 = 50 + 500. Die Überbewertung ergibt sich daraus, daß 720 mit einem Zins diskontiert wird, der niedriger ist als der richtige. Zwar wird der Erwartungswert 60 mit einem zu hohen Kalkulationszinsfuß diskontiert. Da dieser Erwartungswert jedoch relativ niedrig ist, kann der hieraus resultierende Bewertungsfehler den anderen nicht kompensieren. Ist der Proportionalitätsfaktor a^ im Vergleich zu a2 entsprechend hoch, so ergibt sich beim Zinssatz 0,2 eine Unterbewertung des Projekts. (Eine korrekte Projektbewertung wird mit k=0,2 nur dann vorgenommen, wenn a^ = a2 und/oder k die Bedingung der Projekteinheitlichkeit erfüllt.) 6.1.3. Bedeutung für Theorie und Praxis Die Problematik von (XnL28) besteht darin, daß hieraus ohne zusätzhche theoretische Überlegungen nicht ersichtlich wird, ob kn die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllt oder nicht; MZÜLon bringt den Marktwert aller Überschüsse als Ganzes zum Ausdruck und nicht die einzelnen Marktwerte der Überschüsse zu den verschiedenen Zeitpunkten. Abgesehen davon setzt (XIII.28) voraus, daß das Problem der Ermittlung des „richtigen" Marktwertes MZÜLon bereits gelöst ist. Vor allem bei größerer Zahl von Perioden (T) ist dies eine unrealistische Annahme. Daher ist es - wie bereits erwähnt - üblich, den risikoangepaßten Zinzsatz kj^ in Anlehnung an das CAPM aus einem relativ einfachen Einperioden-
350
Kapitel XII
Kalkül herzuleiten und diesen zugleich auch für die Bewertung der Überschüsse der Zeitpunkte 2,3v-9T heranzuziehen. Die hierbei implizit unterstellte Bedingung der Periodeneinheitlichkeit ist allerdings nur für sehr spezielle Risikostrukturen erfüllt. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so ergibt sich nur dann der richtige Marktwert MZÜLon ? wenn sich Bewertungsfehler bezüglich der Überschüsse für verschiedene Zeitpunkte (zufällig) kompensieren. Ob dies der Fall ist, läßt sich allerdings nur schwer beurteilen. Die Komplexität der Bewertung im Mehrperioden-Fall, die die Orientierung am Einperioden-Fall nahe legt, erschwert zugleich die allgemeine Beurteilung der Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens. Man hört immer wieder das Argument, daß man nichts besseres hätte als die Übertragung eines aus dem einperiodigen CAPM hergeleiteten risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes auf den Mehrperioden-Fall. Es existiert jedoch gar keine übergeordnete Theorie, mit der man dieses Argument fundieren könnte. hnmerhin besteht die Möglichkeit, hnplikationen eines einheitlichen risikoangepaßten Zinssatzes zu untersuchen. Nach Kenntnis dieser Implikationen kann es sich als vorteilhaft erweisen, einen zunächst erwogenen (etwa einen in Anlehnung an das einperiodige CAPM ermittelten) Kalkulationszinsfuß zu modifizieren. Im folgenden werden zunächst allgemeine Implikationen eines einheitlichen Zinssatzes für die Sicherheitsäquivalente gezeigt (Abschnitt 6.2) und dann darauf aufbauend Konkretisierungen für das CAPM (Abschnitt 6.3) und den SPA (Abschnitt 6.4) vorgenommen. 6.2.
Allgemeine Implikationen für die Sicherheitsäquivalente
Die Bedingung (XII.23) der Periodeneinheitlichkeit impliziert allgemein, daß der Risikoabschlag RA^^, der zum (Markt-) Sicherheitsäquivalent des Überschusses ÜLtn fuhrt, folgende Gleichung erfällt (ROBICHEK/ MYERS, 1965a, S. 82; BREALEY/MYERS, 1991, S. 201ff): (XIL29)
(l + kj,)-^E(ULtn)i (l + r)-t •[E(ULtn)-RA^] ^
V
^
= SÄ(ULtn)
(t = U,...,T). Auf der linken Seite von (XII.29) wird der Marktwert des Überschusses ÜL^ (t = l,2,...,T) zum Zeitpunkt 0 mit Hilfe des risikoangepaßten Zinssatzes kj^ dargestellt. Auf der rechten Seite wird dieser Marktwert als Barwert des Sicherheitsäquivalents E(ÜLtn)-RAtn beschrieben, wobei die Diskontierung mit dem risikolosen Zinssatz r erfolgt. Für den Risikoabschlag RA^ folgt aus (XII.29):
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
(XIL30)
RAt^=E(ULtn)-[l-(
1+r -Y] 1 + k,
351
(t = l,2,...,T)
Entsprechend beträgt das Sicherheitsäquivalent:
(XIL31)
^ l + r^^ 1 + knj
SÄ(ÜLtn) = E(ÜLtn) - E(ÜLtn) =RAt
= E(ÜLtn)
^l^r^^ 1+k
(t = U,...,T)
ny
Wegen r > 0 und kj^>0 ist das Sicherheitsäquivalent für den Zeitpunkt t eine linear steigende Funktion von E(ÜLtn); für E(iJL^^)>0 ist es positiv und für E(ÜLtjj)<0 negativ, hn folgenden soll nur der Fall E(ÜLtn)>0 näher betrachtet werden. Das Steigungsmaß [(l+r)/(l+kn)]^ in (XII.31) und mithin das Sicherheitsäquivalent ist für jedes t eine fallende Funktion von kj^. Für kj^=r (d.h. bei Risikoneutralität oder unsystematischem Risiko) stimmt das Sicherheitsäquivalent mit dem Erwartungswert von ÜL^^ überein. Für k^>r ist es kleiner als der Erwartungswert E{\JL^^). Dabei ist bei gegebenem Erwartungswert E(ÜLtn) das Sicherheitsäquivalent eine fallende Funktion von t; geht t gegen unendlich, so geht es gegen null. Für kjj0 negativ; es wird ein Risikozuschlag vorgenommen, der eine steigende Funktion von t ist. Ist die Bedingung (Xn.29) erfüllt, so ist der betreffende Kalkulationszinsfuß kj^ auch für die Bewertung eines neuen Projekts relevant, sofern e^p = a^ • ÜL^n (t = 1,2,...,T) gilt (was im Einklang mit den allgemeinen Darstellungen in Abschnitt 6.1 steht). Beweis: Damit k^ auch für das neue Projekt bewertungsrelevant ist, muß gelten: (XII.32)
(l + k „ r ^ E ( e t p ) = ( l + r ) - ^ S Ä ( e-^pt. pt)
(t = U,...,T).
Nun gilt aber wegen e^p = a^ • ÜL^j^ (t = 1,2,...,T) für den Erwartungswert und das Sicherheitsäquivalent von e^pi (XII.33)
E(etp) = afE(ULtn) und SÄ(etp) = at •SÄ(lILtn).
Wird (XII.33) in (XII.32) eingesetzt, so ergibt sich nach Division beider Seiten der Gleichung durch at die Bedingung (XII.29). Somit sind für e^p = a^ • ÜL^n (t = l,2,...,T) die Bedingungen (XIL32) und (XII.29) äquivalent, so daß also bei proportionaler Abhängigkeit der Überschüsse e^p von den Überschüssen
352
Kapitel XII
ÜLtn ^iii für die „alten" Projekte maßgebUcher (perioden-) einheitlicher Kalkulationszinsfuß auch für das neue Projekt gilt (q.e.d.). Jedoch ist Bedingung (XII.29) bzw. die äquivalente Bedingung (XII.30) bezüglich eines gegebenen (periodeneinheitlichen) Zinssatzes k^ nur unter speziellen Voraussetzungen über die stochastischen Zusammenhänge bezüglich der Überschüsse ÜL^n erfüllt, so daß die Übertragung des für den EinperiodenFall maßgeblichen Zinssatzes auf den Mehrperioden-Fall im allgemeinen unzulässig ist. Im folgenden soll vor dem Hintergrund des CAPM verdeutlicht werden, unter welchen speziellen Voraussetzungen die Grundbedingung (XII.29) bzw. (XII.30) für einen (perioden-) einheitlichen Kalkulationszinsfuß erfüllt ist. Hierbei wird wie folgt methodisch vorgegangen: Es werden die theoretisch richtigen Risikoabschläge für die Ermittlung der Sicherheitsäquivalente bestimmt und untersucht, unter welchen Bedingungen ein Kalkulationszinsfuß kn existiert, bei dem diese mit den Risikoabschlägen gemäß (XII.30) übereinstimmen. 6.3.
Implikationen im CAPM43)
6.3.1. Betrachtung von Renditen des Marktportefeuilles Zunächst werden die Risikoabschläge von Kovarianzen zwischen den Überschüssen des Leistungsbereichs und den Renditen des Marktportefeuilles bestimmt. Dabei wird davon ausgegangen, daß die Überschüsse des Leistungsbereichs bzw. die Renditen des Marktportefeuilles für verschiede Perioden voneinander stochastisch unabhängig sind und der Überschuß ÜL^^ des Zeitpunkts t (t = l,2,...,T) nur von der Rendite VQ^^ des Marktportefeuilles der Periode t stochastisch abhängig ist.^"^) In der betrachteten Situation können weder aus realisierten Überschüssen des Leistungsbereichs noch aus realisierten Marktrenditen Rückschlüsse auf zukünftige Überschüsse oder Marktrenditen gezogen werden. Rückschlüsse sind allenfalls aus anderen Daten bzw. Ereignissen möglich. Davon soll jedoch in diesem Abschnitt abgesehen werden. Da vor dem Zeitpunkt t keine Informationen zugehen, die einen Rückschluß auf ÜL^j^ und VQ ^ zulassen, also das Risiko bezüglich ÜL^^ und YQ ^ zum Zeitpunkt t~l ebenso eingeschätzt wird wie zum Zeitpunkt 0, ist der Marktwert 43) Vgl. zu den folgenden Darstellungen auch BLACK (1988); BRENNAN (1973); FAMA (1977; 1996); DRUKARCZYK (2003C). HACHMEISTER (1998); KRUSCHWITZ (2001); LAUX
(1999a); RICHTER (1999); RÖDER/MÜLLER (2001); Ross (1978); SCHWETZLER (2000a; 2000b); SiCK (1986). 44) Die hier unterstellte stochastische Unabhängigkeit zwischen verschiedenen Perioden ist keine notwendige Voraussetzung dafür, daß die Bedingung (XIL29) bzw. (XII.30) erfüllt sein kann. Bestehen jedoch stochastische Abhängigkeiten, ist es äußerst schwierig und im Grunde auch müßig, Beziehungen aufzuzeigen, unter denen diese Bedingung (zufällig) erfüllt ist.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
353
M^_l(\jL^^), den ÜL^n im Zeitpunkt t - 1 aufweist, schon zum Zeitpunkt 0 eine deterministische Größe, die wie folgt dargestellt werden kann: (Xn.34) Mt_i(ÜLtn) = (l + r r l - [ E ( Ü L t n ) - ^ ^ % ^ - K o v ( U L t n ; ^ t ) ] Var(i<3,t)
^
(t = l,2,...,T). Da Mt_i(lJLtn) detemiinistisch ist, kann der auf den Zeitpunkt 0 bezogene Marktwert von ÜL^ wie folgt dargestellt werden: (XII.35)
Mo(m.tn) = (l + r)-(*-^) -Mt.iCULtn)
= (l + r)-^[E(ULtn)-|^%^-Kov(ULtn;^,t)]. Var(iGt)
Die Bewertung erfolgt also, indem das Sicherheitsäquivalent von ÜL^n mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert wird, wobei der Risikoabschlag RA^u wie im Einperioden-Fall ermittelt wird. Entsprechend ergibt sich für den Marktwert aller Überschüsse des Leistungsbereichs: (XII.36) MZÜLon = E(l + r)-* .[E(ULtn)-|^%^-Kov(ULtn;%,t)] • t=i Var(iG^t) Werden statt dessen die erwarteten Überschüsse mit dem Kalkulationszinsfuß kjj diskontiert, ergibt sich der „richtige" Marktwert nur dann, wenn der Risikoabschlag RAtji (t = 1,2,...,T) in (XII.36) mit demjenigen übereinstimmt, der gemäß (XII.30) diesem Zinssatz k^ entspricht, wenn also gilt: (XII.37)
cv ^J+r^' ! E(&-. t ) - r E(ÜLtn) 1- 1 + kny - ' ^ ' * ' •Kov(ULtn;%,t)] Var(^t) (t = l,2,...,T)
Unter Berücksichtigung des Beta-Faktors
(xn.38) ß„=^e^%i:M Var(iGt)
kann (Xn.37) wie folgt dargestellt werden:
354
Kapitel XII
(XII.39)
E(ÜLtn)-
•i+k^;
I = [E(%,t)-r]-ßtn
(t = l,2,...,T).
Da l-[(l+r)/(l+kjj)]t (im Fall k^>r) mit wachsendem t steigt, muß (in gleicher Weise) auch das Produkt aus der erwarteten Überrendite des Marktportefeuilles und dem Beta-Faktor (XII.3 8) steigen. Das Produkt muß für alternative Zeitpunkte um so höher sein, je größer kj^ ist. Ist der Erwartungswert von ÜL und von VQ über alle Perioden hinweg konstant, so muß für jede Periode das Verhältnis zwischen 1 -[(1 +r)/(l +kj^)]^ und ß^^ identisch sein. Schon in einer Welt mit stochastischer Unabhängigkeit zwischen den verschiedenen Perioden ist die Bewertung auf Grund eines einheitlichen risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes allenfalls zufällig zielfährend. Eine implizite Erfassung der Kovarianzen durch einen solchen Zinssatz ist in diesem Fall aber auch gar nicht nötig. Es besteht Separierbarkeit bezüglich der Bewertung der einzelnen Überschüsse des Leistungsbereichs, wobei der Gesamtwert gemäß (XII.3 6) relativ einfach ermittelt werden kann. Dabei sind allerdings die entscheidungsrelevanten periodenspezifischen Terme zu schätzen. Es kann das folgende Fazit gezogen werden: Li der beschriebenen Welt stochastischer Unabhängigkeit zwischen den Überschüssen der verschiedenen Perioden kann in relativ einfacher Weise geprüft werden, ob die Bewertung mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinsfuß zielfährend ist. Dann ist sie aber im Grunde überflüssig, da das relevante Beta-Risiko in relativ einfacher Weise explizit erfaßt werden kann. In einer komplexeren Welt mit periodenübergreifenden stochastischen Abhängigkeiten könnte die Bewertung mit einem einheithchen risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß als Konzept der Vereinfachung besondere Bedeutung haben; dann sind aber deren Implikationen kaum noch zu durchschauen. 6.3.2. Explizite Betrachtung von Endvermögenswerten Im folgenden sollen Kompatibilitätsuntersuchungen vor dem Hintergrund eines Modells vorgenommen werden, in dem nicht die Menge der Marktrenditen, sondem, analog zu den Darstellungen in Abschnitt 5.2, der Endwert des Marktportefeuilles als Bewertungsgrundlage dient. Die Analyse kann bei diesem Modell in relativ einfacher Weise unabhängig davon erfolgen, ob die Überschüsse des Leistungsbereichs bzw. die Periodenrenditen des Marktportefeuilles voneinander stochastisch abhängen oder nicht. Für den Zweiperioden-Fall kann MZÜLQJ^ auf der Basis von Sicherheitsäquivalenten wie folgt dargestellt werden: (XIL40)
MZÜLon= (1 + r)"^ •SÄ(ULin) + (l + r)-2.SÄ(UL2n).
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
355
Hieraus folgt in Verbindung mit (XIL31): (XIL41)
MZÜLon= (l + r ) - l . { E ( Ü L l n ) - E ( Ü L l n ) • [ l - - ^ ^ ] } 1 + kn + (l + r ) - ^ . { E ( Ü L 2 n ) ~ E ( Ü L 2 n ) - [ l - ( - ^ ) ^ ] } . l + k^
(XIL41) steht im Einklang mit der allgemeinen Bewertungsfunktion (XIL21) für das CAPM, wenn die einander entsprechenden Risikoabschläge übereinstimmen, wenn also gilt: (XIL42)
E ( U L i n ) ( l - - ^ ^ ) = MR.Kov(ULin;M2G) 1 + kj,
(XIL43)
E ( U L 2 n ) - [ l - ( - ^ ) ^ ] = MR.Kov(UL2n;M2G) • 1 + kj,
Die Diskontierung der Erwartungswerte der künftigen Überschüsse mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz kj^ impliziert also, daß zwischen den Erwartungswerten dieser Überschüsse und den Kovarianzen dieser Überschüsse mit dem Endwert des Marktportefeuilles eine bestimmte Beziehung besteht. Die Beziehung wird unmittelbar ersichtlich, wenn (XIL42) und (XII.43) wie folgt umgeformt werden (wobei davon ausgegangen wird, daß sowohl E(ÜLij^) als auch E(ÜL2n) ungleich null sind):
(Xn.42a)
Kov(ÜLin;M2G)iJ_.(^__lir_ MR 1+ k / ^n E(ULi„)
(XIL43a) Kov(ÜL2n;M2G) 1 _ L . [ i _ ( ± t ^ ) 2 ^ 1 + k^ MR ^n E(UL2n) Bedingungen für die Existenz eines (perioden-) einheitlichen risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes k^ für die erwarteten Überschüsse zu verschiedenen Zeitpunkten hn Fall kn>r gilt:
356
Kapitel XII
i-(^±^)2>i- i+'l + kn
1 + kn
Der Quotient auf der linken Seite von (XII.43a) muß dann höher sein als der auf der linken Seite von (Xn.42a). Wird die Gleichung (Xn.43a) durch (XII.42a) dividiert, ergibt sich nach Umstellung: (Xn.44)
Kov(ÜL2n;M2G) [ Q E(ÜL2n) Kov(ULln;M2G)
E(ULin)
mit
(XII.45)
Q^
"" 1+r l + kn
=
—^
1+r l + kn
i ± f n _ = i+ ^ + ^ l+kn
Q>1 und (für kn>r) Q < 2 . Die Gleichung (XII.44) in Verbindung mit (Xn.45) wird allenfalls zufällig erfüllt sein. Für einen gegebenen Wert von kj^ impliziert sie zum Beispiel: 1. Ist genau einer der Erwartungswerte negativ, so gilt dies auch für genau eine der Kovarianzen. Sind beide Erwartungswerte positiv, so haben die beiden Kovarianzen das gleiche (positive oder negative) Vorzeichen. Für positive Erwartungswerte und Kovarianzen gilt: 2. Bei gegebenen Erwartungswerten E(ÜLin) und E(ÜL2n) ist die Kovarianz Kov(ÜL2n;M2G) ^ine linear steigende Funktion von Kov(ÜLin'M2G)- ^^r E(ÜLin)=E(ÜL2n)ist Kov(ÜL2n;M2G) näherungsweise doppelt so groß wie Kov(ÜLin;M2G)3. Bei gegebenen Kovarianzen ist E(ÜL2n) eine linear steigende Funktion von E(ÜLin). Für Kov(ÜLin;M2G)=Kov(ÜL2n;M2G) ist E(ÜL2n) annähernd halb so groß wie E(ÜLin)Die Zugrundelegung eines einheitlichen risikoangepaßten Zinssatzes kann vor allem auch dann zu Fehlentscheidungen führen, wenn es darum geht, ob zusätzliche Projekte durchgeführt werden sollen oder nicht. Die gezeigten hnplikationen der Untemehmenswertung gelten im Prinzip auch für die Bewertung neuer Projekte. Das Konzept eines für neue und alte Projekte einheitlichen Kalkulationszinsfußes kn setzt allgemein und somit auch im CAPM voraus, daß die Überschüsse der neuen und der alten Projekte zur gleichen Risikoklasse gehören, d.h. zu jedem Zeitpunkt t (t = 1,2,...,T) eine proportionale Beziehung zwischen den „neuen" und den „alten" Überschüssen besteht; dabei kann (bei Periodeneinheitlichkeit von kn) der Proportionalitätsfaktor für verschiedene Zeitpunkte
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
357
unterschiedlich sein. Dies wird in LAUX (1999a) gezeigt, wobei auf den obigen Darstellungen zum CAPM aufgebaut wird. 6.4.
Implikationen im SPA
Die hnplikation eines perioden- und projekteinheitlichen risikoangepaßten Zinssatzes läßt sich relativ anschauhch auch im Rahmen des SPA zeigen. Zunächst wird der Einperioden-Fall betrachtet. Der Überschuß des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt 1 im Zustand Sg kann stets wie folgt dargestellt werden: (XII.46)
ÜLin^s =SPsE(ULin)
(s=l,2,...,S).
SP kennzeichnet einen ,,Strukturparameter'\ der die Beziehung zwischen den zustandsabhängigen Überschüssen ÜLjj^ und dem unbedingten Erwartungswert E(ÜLin) wiedergibt. Gemäß (XII.46) gilt:
s (XII.47)
s
MZÜLon = l7i3.ÜLi^^3 = E ^ s - S P s - E C Ü L i n ) s=l s=l = E(ULin)-E7is-SPs. s=l
Der Summenausdruck Xs=i^s *SPg kann als risikoangepaßter Diskontfaktor interpretiert werden, mit dem der Erwartungswert E(\JLi^ abgezinst wird: (XIL48)
d ^ - a + kJ-l^STTg.SPs. s=l
Interpretation: Gemäß (XII.48) ist der risikoangepaßte Diskontfaktor tendenziell um so höher, je höher die Strukturparameter für jene Zustände sind, für die der Preis n^ relativ hoch ist. Ein neues Projekt P zählt im Einperioden-Fall zu derselben Risikoklasse wie die bisherigen Projekte, wenn Cpj g == ^'^^\n,s &^^ ^^^ somit für den Projektüberschuß Cpj die gleichen Strukturparameter maßgeblich sind wie für ÜLjjj. Der risikoangepaßte Zinssatz kj^ gemäß (XII.48) flir die Ermittlung von MZÜLon ist dann auch fiir das neue Projekt bewertungsrelevant. Voraussetzung ist natürlich, daß das neue Projekt keinen Einfluß auf die Preise n^ hat. Im Mehrperioden-Fall ergibt sich analog zu (XII.48) der folgende risikoangepaßte Diskontfaktor für den Zeitpunkt t (t = 1,2,..., T): S(t)
(XII.49)
dtn= SSPt,s-7i(St,s). s=l
358
Kapitel XII
Ein neues Projekt zählt definitionsgemäß zu derselben Risikoklasse wie die alten, wenn für jeden Zeitpunkt t (t = 1,2,...,T) eine proportionale Beziehung zwischen dem Projektüberschuß Cp^ und ÜL^n besteht, d.h. ©p^ g^afÜLt^^s (s = l,2,...,S(t)) gilt. Für jeden Zeitpunkt stimmen dann die Strukturparameter des neuen Projekts mit denen der alten überein, so daß für das neue Projekt für jeden Zeitpunkt derselbe Diskontfaktor d^ maßgeblich ist wie für die Gesamtheit der anderen Projekte. Es ist wieder zu beachten, daß die Proportionalitätsfaktoren a^ für verschiedene Zeitpunkte unterschiedlich sein können. Bei unveränderlichen Strukturparamatem gehört das neue Projekt auch dann zu der gleichen Risikoklasse wie die alten, wenn es die Überschüsse des Leistungsbereichs zu verschiedenen Zeitpunkten in unterschiedlichem Verhältnis ändert. Somit besteht ein relativ weiter Spielraum für unveränderliche Diskontfaktoren bei Durchführung neuer Projekte.^^) Für den einer Periode t entsprechenden risikoangepaßten Zinssatz k ^ gilt allgemein: (XII.50)
clt„=dt_i,„-(l + kto)-l
und folglich: (XIL51)
ktn=%^-l. dtn
Der Kalkulationszinsfuß ist somit nur dann für alle Perioden identisch (k^j^ = k2n =---=kjn =kj^), wenn das Verhältnis aus den Diskontfaktoren für den Beginn und das Ende der einzelnen Perioden unveränderlich ist. Diese Bedingung ist jedoch nur bei speziellen Beziehungen zwischen den Strukturparametem und den Preisen 71(8^5) ^^ ^i^ Zustände zu verschiedenen Zeitpunkten erfüllt. 6.5.
Allgemeine Implikationen für die Unternehmensbewertung
Die Untemehmensbewertung auf der Basis eines einheitlichen risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes kj^ könnte dann in Betracht kommen, wenn keine zukünftigen Livestitionen geplant werden. Jedoch ist die Untemehmensbe45) Diese proportionale Beziehung ist hinreichend, jedoch nicht notwendig für identische risikoangepaßte Kalkulationszinsfuße. Auch bei anderen Beziehungen kann (zufälHg) ein einheithcher Kalkulationszinsfuß bewertungsrelevant sein. Ob dies tatsächlich der Fall ist, stellt ein komplexes Bewertungsproblem dar, das durch Rückgriff auf ein Duplikationsportefeuille umgangen werden soll. Im CAPM ist für zwei riskante Überschüsse zum Ende der Periode dann derselbe risikoangepaßte Zinssatz maßgeblich, wenn für beide die Kovarianz der marktbezogenen Rendite mit der Rendite des Marktportefeuilles gleich ist; diese Bedingung kann (zufällig) auch erfüllt sein, wenn keine proportionale Beziehung zwischen den Überschüssen besteht.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
359
Wertung im allgemeinen gerade in Verbindung mit der Planung bzw. Bewertung neuer Investitionen vorzunehmen ist. Bei zukünftigen Livestitionen müssen dann nicht nur deren laufenden Überschüsse, sondern auch deren Anschaffungsauszahlungen in die maßgebliche Risikoklasse fallen. Bei sicheren Anschaffungsauszahlungen fährt die einheitliche Diskontierung der erwarteten Überschüsse mit k^ im Fall kj^ > r zu einem zu hohen und im Fall kj^ < r zu einem zu niedrigen (virtuellen) Untemehmenswert; die sicheren Anschafftmgsauszahlungen sind jeweils mit dem risikolosen Zinssatz r zu diskontieren. Man kann auch zunächst einen einheitlichen Zinssatz k^ zugrunde legen und dann den erzielten Untemehmenswert um Korrekturposten verändem, die berücksichtigen, daß filr sichere Auszahlungen nicht kj^, sondem r als Kalkulationszinsfuß relevant ist. Für eine Anschaffungsauszahlung von A^ zum Zeitpunkt t (t > 0 ) lautet der Korrekturterm: [(1 + k ^ ) "^ - (1 + r) -t ] • A^. Für kjj > r ist er negativ; entsprechend ist der zuvor ermittelte Untemehmenswert zu reduzieren. Für kj^ < r ist er zu erhöhen. Die Darstellungen beruhen auf der Annahme, daß über die zukünftigen Livestitionen bereits definitiv entschieden worden ist. Jedoch kann es sinnvoll sein, die Entscheidung über ein zukünftiges Livestitionsprojekt erst in Zukunft zu treffen, weil dann die bis dahin zugehenden Informationen berücksichtigt werden können. Die Untemehmensbewertung sollte dann nach dem Prinzip der flexiblen Planung erfolgen, wobei bedingte (zustandsabhängige) Entscheidungen über die Durchflihrung zukünftiger Projekte getroffen werden. Dieses Vorgehen ist vor allem dann naheliegend, wenn die Anschaffungsauszahlung zum Zeitpunkt 0 noch ungewiß ist. Wird nun die Entscheidung in Abhängigkeit von der zukünftigen Anschaffungsauszahlung bedingt getroffen, so stellt sich ein gravierendes Bewertungsproblem: Die entsprechenden Überschüsse fallen nicht mehr in die maßgebliche Risikoklasse, auch wenn dies bei definitiver Durchflihrung der Fall wäre. Selbst wenn die zukünftige Anschaffungsauszahlung zum Zeitpunkt 0 bekannt ist, kann flexible Planung sinnvoll sein, und zwar deshalb, weil sich die Erwartungswerte der laufenden Projektüberschüsse und/oder der für ihre Bewertung maßgebliche risikoangepaßte Zinssatz ändem können. Auf Konzepte der Bewertung bei flexibler Planung kommen wir in Abschnitt 7 zurück. 6.6.
Diskontierung von Sicherheitsäquivalenten bei Existenz eines (Perioden-) einheitlichen risilcoangepaßten Zinssatzes k^
Die in Abschnitt 6.5 beschriebene Problematik der Anwendung divergierender Zinssätze bei sicheren Anschaffungsauszahlungen (allgemein: bei Überschüssen verschiedener Risikoklassen) kann umgangen werden, indem die Sicherheitsäquivalente der zukünftigen Überschüsse mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert werden (Sicherheitsäquivalent-Methode):
360
Kapitel XII
M Z Ü L o n ^ l a + r ) - .SÄ(ÜLtn) t=l
In der Praxis wird dagegen i.a. die Diskontierung der Erwartungswerte mit einem risikoangepaßten Zinssatz (Risikozuschlags-Methode) der Diskontierung von Sicherheitsäquivalenten vorgezogen. Die Ermittlung eines einheitlichen risikoangepaßten Zinssatzes erscheint als weniger problematisch als die der Sicherheitsäquivalente. Wenn aber ein geeigneter risikoangepaßter Zinssatz existiert, lassen sich damit ohne weiteres gemäß (XII.31) auch Risikoabschlagskoeffizienten herleiten und MZÜLon wie folgt als Barwert der Sicherheitsäquivalente ermitteln:
(XII.52)
MZÜLon = E (1 + r)"
E(ÜLtn)-E(ÜLtn)-[l-
t=l
= i;(i+r)t=l
1+r vl + kn
f 1+r 1 + knj
•E(ÜLtn).
= SÄ(ÜLtn)
Hieraus folgt natürlich direkt wieder die Bewertungsfunktion (XII.23), so daß letztlich nichts gewonnen wird, wenn alle Sicherheitsäquivalente auf der Basis von (XII.31) ermittelt werden. Ein gravierender Unterschied ergibt sich jedoch dann, wenn zukünftige Anschaffungsauszahlungen (oder andere Zahlungen) sicher sind und somit hierfür kein Risikoabschlag vorgenommen werden darf: Die Diskontierung mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz würde auch bei diesen Zahlungen einen Risikoabschlag gemäß (XII.31) bzw. (XII.30) implizieren. Bei Diskontierung der Sicherheitsäquivalente mit r werden nur Risikoabschläge flir die Überschüsse der gegebenen Risikoklasse ermittelt; sichere Zahlungen gehen unverändert in die Sicherheitsäquivalente SÄ(ÜLtn) ein. *6.7.
Problematik der Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen mit einem einheitlichen Kalkulationszinsfuß^^)
Bei Anwendung des Equity-Ansatzes wird i.a. analog zur Ermittlung des Marktwertes MZÜLon der Überschüsse des Leistungsbereichs beim Entity-Ansatz vereinfacht, indem die Erwartungswerte der Ausschüttungen mit einem einheitlichen risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß k^^, dem Eigenkapitalkostensatz bzw. der „Renditeforderung" der Anteilseigner, diskontiert werden (Equity-Ansatz als Dividendendiskontie-
46) Zum Vergleich des Equity-Ansatzes mit dem Entity-Ansatz vor dem Hintergrund des Irrelevanztheorems der Finanzierung von MODiGLiANi/MiLLER (1958) vgl. Kapitel XIII, Abschnitt 4.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
361
rungs-Modell). Für den Vergleich des Equity-Ansatzes mit dem Entity-Ansatz ist von Bedeutung, daß der für die Ermittlung von MZÜLQ^ maßgebliche Zinssatz kj^ unabhängig davon ist, welche Maßnahmen im Finanzbereich und im neutralen Bereich durchgeführt werden. Dagegen ist die Risikostruktur (die Risikoklasse) der Ausschüttungen und mithin auch der risikoadäquate Eigenkapitalkostensatz k^j^ von diesen Maßnahmen abhängig; alle drei Bereiche müssen hier als Einheit betrachtet werden. Die (vereinfachende) Annahme einer gegebenen Risikoklasse mit gegebenem risikoangepaßtem Kalkulationszinsfuß ist für die Ausschüttungen wesentlich problematischer als für die Überschüsse des Leistungsbereichs. Der für die Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen maßgebliche Eigenkapitalkostensatz kann sich schon dann ändern, wenn c.p. der Ausschüttungsstrom durch Verschuldung bzw. Anlage von Kapital zum Zinssatz r um sichere Beträge verändert wird. Der risikoadäquate Kalkulationszinsfuß kann sich bei gegebenen Risiken im Leistungsbereich und im neutralen Bereich in noch stärkerem Maße ändern, wenn der Ausschüttungsstrom durch (zusätzliche) riskante Finanztransaktionen in eine neue Risikoklasse transformiert wird. Zur Verdeutlichung dient ein Beispiel: In der Ausgangssituation gelte \^= 0,15. Nun werde für den Zeitpunkt t die Ausschüttung um A reduziert und der Betrag bis zum Zeitpunkt t' zum risikolosen Zinssatz r=0,05 angelegt und dann einschließlich Zinsen und Zinseszinsen (zusätzlich) ausgeschüttet. Diese Maßnahme ist (bei Irrelevanz der Finanzierung bzw. der Ausschüttungspolitik) aus Sicht der Anteilseigner weder vorteilhaft noch nachteilig. Jedoch ergibt sich ein kleinerer Marktwert MQJ^, sofern nach wie vor die erwarteten Ausschüttungen mit dem Zinssatz 0,15 diskontiert werden. Er sinkt um den Betrag: |-l,15-t. A + 1,15-t'. A- l,05t'-t|=|-l,15-t. A+l,15-t • l,15-(t'-t) -A- l,05t'-t| ^U5-t.A.|(if)
-1|>0. <0
Dieser Betrag ist bei gegebenem t um so größer, je höher t' ist. Damit auch bei Diskontierung der neuen erwarteten Ausschüttungen der richtige Marktwert MQ^ erzielt wird, muß der Kalkulationszinsfuß um so mehr gesenkt werden, je höher t' ist. MQJ^ ändert sich auch dann nicht, wenn die zukünftigen Ausschüttungen durch Handel mit riskanten Wertpapieren verändert werden. Jedoch müssen grundsätzlich auch hier die neuen Erwartungswerte der Ausschüttungen mit einem neuen risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß diskontiert werden, um wiederum den richtigen Mon" Wert zu erhalten. Man erkennt somit, daß k^j^ nicht ohne Rücksicht auf die zukünftige Ausschüttungspolitik und die eng damit verbundene Verschuldungspolitik (Aufnahme bzw. Tilgung von Fremdkapital) aus einem Einperioden-Modell hergeleitet werden darf. Die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit des Eigenkapitalkostensatzes \^ kann analog analysiert werden wie die des Zinssatzes kj^ für die Diskontierung der erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs. Analog zu (XII.29) muß nun gelten:
362
Kapitel XII
(XII.29a)
(l + ken)-t-E(Ütn)=(l + r)-t.[E(Ütn)-RAü^] (t = 1,2,...,T). SÄ(U^)
RAJ[, bezeichnet den Risikoabschlag, der zum Sicherheitsäquivalent der Ausschüttung Üfn führt. Für ihn folgt aus (XII.29a): (Xn.30a)
RA"=E(Üt„) 1 -
(t = l,2,...,T).
Dieser Risikoabschlag kann analog wie der für den Überschuß des Leistungsbereichs gemäß (XIL30) interpretiert und nach seinen Geltungsvoraussetzungen analysiert werden. Auch wenn die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit bezüglich kj^ erfüllt ist, ist sie nicht ohne weiteres auch für k^j^ erfüllt. Zusätzlich zu den stochastischen Überschüssen des Leistungsbereichs kommt es auch auf die Überschüsse aus riskanten Wertpapieren und nicht betriebsnotwendigen Sachgütem sowie aus Anlage und Aufnahme von Kapital zum risikolosen Zinssatz r an. Werden im Unternehmen keine Wertpapiere und keine nicht betriebsnotwendigen Sachgüter gehalten und erfolgt keine Anlage zum risikolosen Zinssatz r (Überschüsse aus dem Leistungsbereich werden dann entweder ausgeschüttet, zur Finanzierung neuer Projekte des Leistungsbereichs und/oder zur Reduktion des Fremdkapitals verwendet) so gilt der folgende Zusammenhang (Kapitel XIII, Abschnitt 4): Erfüllt k^ die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit, so gilt dies zugleich auch für kgj^, sofern bei der Bewertung eine Ausschüttungs- in Verbindung mit einer Verschuldungspolitik (Aufnahme und Tilgung von Fremdkapital) zugrunde gelegt wird, bei der der Erwartungswert der „Kapitalstruktur" des Unternehmens, d.h. das Verhältnis aus Fremdkapital und dem erwarteten Marktwert der Aktien des Unternehmens ex Ausschüttung, für alle Zeitpunkte 0,1,...,T-1 identisch ist. Die betreffende Ausschüttungspolitik ist allerdings fiktiv und dient lediglich der korrekten Ermittlung von MQ^^ mit dem periodeneinheitlichen Zinssatz kg^. Wenn von ihr in Verbindung mit einer entsprechenden Änderung der Verschuldungspolitik abgewichen wird, ändern sich zwar die Erwartungswerte von Ausschüttungen und der risikoadäquate Eigenkapitalkostensatz. Jedoch muß man die Änderungen nicht kennen. Die Variation der Ausschüttungspolitik durch Transformationen zum Zinssatz r haben (bei Vernachlässigung von Steuern) keinen Einfluß auf den Marktwert MQ^, der bereits auf der Basis der fiktiven Ausschüttungspolitik und des entsprechenden periodeneinheitlichen Zinssatzes k^j^ ermittelt worden ist.^^) Ist der Kapitalmarkt vollkommen, existieren also keine Kosten der Information über zukünftige Überschüsse und keine Transaktionskosten und orientieren sich die Anteilseigner bei der Bewertung von Wertpapieren ausschließlich am Ziel finanzieller Nutzenmaximierung, so ist die Annahme wohlbegründet, daß der Entscheidungs47) Zum Einfluß einer steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen auf die Ausschüttungspolitik und die Bewertung vgl. Kapitel XIII, Abschnitt 6.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
363
träger weiß, welche zukünftigen Ausschüttungen Ü^j^ die Anteilseigner bei dem bisherigen Investitionsprogramm erwarten. Er kann dann den Kalkulationszinsfuß k^j^ im Rahmen des Dividendendiskontierungsmodells allgemein als internen Zinsfuß ermitteln, der für den gegebenen realen Marktwert MQH folgende Bedingung erfüllt: (XII.53)
M o n ^ Z a + kenr^-ECÜtn). t=l
Bei der Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines zum Zeitpunkt 0 durchführbaren neuen Projekts ist zu prüfen, wie dieses die Ausschüttung ÜQ und die Erwartungswerte der zukünftigen Ausschüttungen ändert. Die Änderung des Erwartungswertes für den Zeitpunkt t (t=0,l,...,T) wird im folgenden mit A^ bezeichnet, wobei zu beachten ist, daß die A - Werte von der Finanzierung abhängen. (Bei reiner Eigenfinanzierung und Ausschüttung der laufenden Projektüberschüsse zum Beispiel sinkt die Ausschüttung zum Zeitpunkt 0 um die Anschaffungsauszahlung des Projekts (|Aol= AQp), wobei für jeden zukünftigen Zeitpunkt A^ = E(etp) gilt.) Inwieweit der interne Zinssatz kgj^ gemäß (XII.53) für die Bewertung des Projekts bzw. der zukünftigen A -Werte geeignet ist, hängt analog zu den Darstellungen in Abschnitt 6.1 von der Charakteristik dieses Zinssatzes k^j^ ab. Es gelten nun folgende Zusammenhänge: 1. Ist kgj^ gemäß (XII.53) für jede einzelne Periode relevant, ist also die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllt, so können damit auch die zukünftigen A-Werte diskontiert werden, wenn eine beliebige proportionale Beziehung zwischen den Änderungen der zukünftigen Ausschüttungen und den bisherigen Ausschüttungen besteht; ist der mit k^j^ ermittelte Barwert der zukünftigen A-Werte höher als die Ausschüttungsreduktion für den Zeitpunkt 0, so ist das Projekt vorteilhaft. 2. Handelt es sich bei dem k^j^-Wert gemäß (XII.53) um einen Durchschnittswert aus periodenspezifischen Zinssätzen, so ist dieser Kalkulationszinsfuß grundsätzlich nur unter der Bedingung bewertungsrelevant, daß für jeden Zeitpunkt t (t = 1,2,...,T) dieselbe proportionale Beziehung zwischen der Ausschüttungsänderung und der bisherigen Ausschüttung besteht. Der Marktwert MQJ^ (hier als Börsenwert) ist zwar dem Entscheidungsträger bekannt. Für die Ermittlung von k^^^ gemäß (XII.53) muß er jedoch außerdem wissen, welche Erwartungen über zukünftige Dividenden der Kursbildung zugrunde liegen, welche Werte also E(Üij^),...,E(ÜTn) aufweisen. Kennt der Entscheidungsträger die Erwartungen der Anteilseigner nicht hinreichend genau, so kann er k^j^ nicht berechnen: Er weiß dann nicht, ob hohe erwartete Dividenden mit einem hohen Zinssatz k^j^ abgezinst werden oder ob niedrige Dividenden erwartet werden, die mit einem niedrigen Zins kapitalisiert werden. Die Dividendenerwartungen der Anteilseigner lassen sich jedoch in der Realität nur schwer beurteilen. Bei der Bestimmung bzw. Schätzung von kgj^ wird man in der Regel von vereinfachenden Hj^othesen ausgehen müssen. Häufig wird angenommen, der Erwartungswert der Dividende eines jeden zukünftigen Zeitpunkts sei ebenso hoch wie die gegenwärtige Dividende:
364
Kapitel XII
E(Ui„) = E(U2n)=...= E(UT„) = Üon. Für T->oo ist dann der Eigenkapitalkostensatz gleich dem Verhältnis der Dividende zum Marktwert: (XIL54)
ken=-^.
(XII.54) führt zu einem verzerrten Ergebnis, wenn Veränderungen der Dividenden für die Zukunft erwartet werden. Rechnen die Anteilseigner zum Beispiel mit einem Wachstum der Dividenden, so führt (XII.54) zu einer systematischen Unterschätzung von kgj^. Unterstellt man Dividendenzahlungen, die im Zeitablauf mit einer konstanten Rate g (goo die Marktkapitalisierungsrate (GORDON/SHAPIRO,
(XIL55)
1956)
k e n = - ^ + g. Mon
Wenn die Neuinvestitionen entsprechenden Ausschüttungsänderungen nicht zu derselben Risikoklasse gehören wie die bisherigen Ausschüttungen, kann sich k^j^ ändern. Die Vorteilhaftigkeit der erwogenen Investitionen kann dann nicht in der Weise überprüft werden, daß die entsprechenden Änderungen der erwarteten Ausschüttungen mit demjenigen Zinssatz diskontiert werden, mit dem die Anteilseigner die bisher erwarteten Ausschüttungen diskontieren. Vielmehr ist der Änderung des Kapitalkostensatzes Rechnung zu tragen. Wie erläutert wurde, ändert sich der Kalkulationszinsfuß k^j^ schon dann, wenn bei gegebenem Investitionsprogramm via Aufnahme und Anlage von Kapital zum Zinssatz r und/oder einem Handel mit riskanten Wertpapieren der Ausschüttungsstrom geändert wird. Allerdings muß hier der neue Kalkulationszinsfuß praktisch gar nicht ermittelt werden; es ist bekannt, daß die Änderung der Ausschüttungspolitik weder vorteilhaft noch nachteilig ist. Die Bedingung dafür, daß der bisher maßgebliche Eigenkapitalkostensatz k^^ auch für ein neues Projekt bewertungsrelevant ist, kann somit wie folgt konkretisiert werden: Wenn bei Durchführung des Projekts in Verbindung mit einer Anlage bzw. Aufnahme von Fremdkapital zum Zinssatz r und/oder einem Handel mit riskanten Wertpapieren eine Ausschüttungspolitik existiert, bei der die Änderungen der zukünftigen Ausschüttungen in die gleiche Risikoklasse wie die bisherigen Ausschüttungen fallen, ist der bisherige Kapitalkostensatz kgj^ bewertungsrelevant: Ist bei diesem Zinssatz der Barwert der zukünftigen erwarteten Ausschüttungsänderungen größer als die Ausschüttungseinbuße für den Zeitpunkt 0, so steigt mit dem Projekt der Marktwert der Aktien des Unternehmens vor Ausschüttung ÜQ^ auch dann, wenn die betreffenden Kapitalmarkttransaktionen nicht oder in modifizierter Form durchgeführt werden; Kapitalmarkttransaktionen im Unternehmen haben eben keinen Einfluß auf diesen Marktwert. Trotzdem sind die zur maßgeblichen Risikoklasse führenden virtuell im Kalkül vorgenommenen Kapitalmarkttransaktionen bewertungsrelevant. Sie schaffen als wertneutrales „Ergän-
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
365
Zungsprogramm" die Voraussetzung dafür, daß das Projekt auf der Basis des bisherigen Eigenkapitalkostensatzes k^^ überhaupt bewertet werden kann. Je nach Risikostruktur der Projektüberschüsse und der bisherigen Ausschüttungen kann allerdings die Ermittlung eines Ergänzungsprogramms ein ebenso komplexes Problem darstellen wie die direkte Ermittlung eines Duplikationsportefeuilles für die Projektüberschüsse. Die Bewertung mit einem risikoangepaßten Zinssatz k^^ erübrigt sich dann; man kann den Marktwert der zukünftigen Projektüberschüsse ebenso „gut" direkt als Marktwert des Duplikationsportefeuilles ermitteln. Am einfachsten ist die Bewertung mit dem risikoangepaßten Zinssatz k^j^ für den Fall, daß die Proportionalitätsbedingung direkt bezüglich der zukünftigen Projektüberschüsse und der bisherigen Ausschüttungen gilt. Der Kapital wert des Projekts kann dann unmittelbar mit dem Zinssatz k^ ermittelt werden. T
Kapitalwert = S ( l + ken)
•E(etp)-Aop.
t=l
Realistischer mag jedoch die Annahme sein, daß die Projektüberschüsse und die bisherigen Überschüsse des Leistungsbereichs in dieselbe Risikoklasse fallen, und somit unabhängig von der Finanzierung (allgemein: der Transformation der Überschüsse in Ausschüttungen) der für den Entity-Ansatz maßgebliche Kalkulationszinsfuß k^ bewertungsrelevant ist. 6.8.
Änderungen risikoangepaßter Zinssätze in Abhängigl^eit vom Bewertungszeitpunlit
Wie in Abschnitt 6.1.1 hervorgehoben wurde, besagt die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit nicht, daß kj^ deterministisch ist, d.h. für die Bewertung eines Überschusses ÜL^ in einem Zeitpunkt x > 0 ( T 0. Änderungen des maßgeblichen Kalkulationszinsfußes können daraus resultieren, daß im Zeitablauf bewertungsrelevante Informationen zugehen. Aber auch ohne solche Informationen ergeben sich Änderungen, die im folgenden untersucht werden sollen. Es geht um die Bewertung des Überschusses ÜL^, wobei davon ausgegangen wird, daß dessen Erwartungswert E(ÜLtn) und Sicherheitsäquivalent SÄ(ÜLtn) zum Zeitpunkt x ebenso hoch ist wie zum Zeitpunkt 0. Der für den Zeitpunkt x maßgebliche Zinssatz für den Erwartungswert E(ÜLtn) wird mit kj^^^ ^ bezeichnet. Da bis zum Zeitpunkt x keine Informationen bezüglich ÜL^^ zugehen, ist dessen Marktwert zum Zeitpunkt x ebenso eine deterministische Größe wie zum Zeitpunkt 0. Für den Marktwert zum Zeitpunkt x muß gelten: (XIL56)
(l + kn^,t)"^'"'^ •E(ÜLtn)Kl + r)-(^-") -SÄCÜLtn).
366
Kapitel XII
Andererseits gilt für den Markwert zum Zeitpunkt 0: (XIL57)
(1 + kn)"^ .E(ÜLtn) = (l + r)-^ -SÄCÜLtn).
Aus (XII.56) und (XIL57) folgt nach Umformung: (XIL58)
(l + k^,,t)'"'-(l + r r = ( l + kn)'.
Hieraus folgt für x = 0: (XIL59)
K,Tt=K'
Für kjj> r folgt für jedes x > 0 (x < t) die Relation k^^T^t >l^n • Wenn der Zeitindex X steigt, so wird kj^ ^^ immer größer. Dies wird unmittelbar aus (XII.58) ersichtlich: Wenn x steigt, steigt entsprechend die Zahl der Faktoren 1+r, während die Zahl der Faktoren l + k^^t ^ i ^ - Da wegen kj^^^ >k^ und kjj>r die Relation kj^^^ >rgilt und außerdem die rechte Seite von (Xn.58) von x unabhängig ist, muß mit x auch k^ jt steigen, damit diese Gleichung erhalten bleibt. Die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit ist zum Zeitpunkt x> 0 nicht mehr erfüllt. Auch dies ist unmittelbar aus (XII.58) ersichtlich. Wenn der Zeitindex t steigt, würde wegen k^^^t ^'^n^^i unveränderUchem k^^t'Wert die linke Seite der Gleichung (XII.58) stärker steigen als die rechte; damit sie erhalten bleibt, muß somit kj^^^ sinken; der für einen Zeitpunkt t' maßgebliche Zinsfuß ist größer als der für den Zeitpunkt t"> t' maßgebliche. Zwar ändern sich die risikoangepaßten Zinssätze im Zeitablauf, jedoch ist hier mit Sicherheit bekannt, in welcher Weise. Wenn - wie angenommen - im Zeitablauf keine bewertungsrelevanten Informationen über die zukünftigen laufenden Projektüberschüsse zugehen, kann schon zum Zeitpunkt 0 der Untemehmensbewertung definitiv über die Projekte entschieden werden, sofem die Anschaffungsauszahlungen bereits bekannt sind. Ein Bedarf an flexibler Planung kann bei bekannten Anschaffungsauszahlungen vor allem daraus resultieren, daß der für zukünftige Perioden maßgebliche risikoangepaßte Zinssatz stochastisch ist. Das Konzept der flexiblen Planung ist natürlich nicht nur anläßlich einer Untemehmensbewertung relevant, sondern auch für die laufende optimale Investitionsplanung.
7. 7.1.
Flexible Investitionsplanung Bedeutung
Bei der Untemehmensbewertung bzw. der Investitionsplanung im Mehrperioden-Fall ist auch darüber zu entscheiden, welche Projekte in zukünftigen Perioden realisiert werden sollen. Zwar geht es im Prinzip zunächst nur darum,
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
367
welche Investitionen gegenwärtig durchzuführen sind; über die Maßnahmen zukünftiger Zeitpunkte kann immer noch entschieden werden, wenn sie zur Auswahl stehen. Zwischen den Entscheidungen über (Livestitions-) Maßnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten bestehen jedoch im allgemeinen enge Interdependenzen resultierend aus Erfolgs-, Restriktions-, Risiko- und/oder Bewertungsverbund, so daß die jetzigen Maßnahmen nicht isoliert von den zukünftigen optimal bestimmt werden können. Jedoch sind die zukünftigen Aktionsmöglichkeiten und Ausprägungen entscheidungsrelevanter Daten nicht mit Sicherheit bekannt. Da sich der Informationsstand im Zeitablauf verbessert, ist es sinnvoll, über die Maßnahmen eines zukünftigen Zeitpunkts letztlich erst dann zu entscheiden, wenn dieser Zeitpunkt eingetreten ist. Es können dann alle relevanten Informationen berücksichtigt werden, die bis zu diesem Zeitpunkt eingehen. Trotzdem darf nicht auf die Planung zukünftiger Maßnahmen verzichtet werden, da sonst die Grundlage fiir die Beurteilung der gegenwärtigen fehlt. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet das Konzept derflexiblenPlanung, bei dem flir zukünftige Zeitpunkte bedingte {Eventual-)^\änQ erstellt werden (Kapitel I, Abschnitt 6). Welche dieser Pläne tatsächlich realisiert werden, hängt von der eintretenden Umweltentwicklung ab. Das Konzept der flexiblen Planung liefert auch die Grundlage flir die Lösung des Problems, ob eine Investition gegenwärtig durchgeführt oder die Entscheidung verschoben werden soll, um zusätzliche Informationen berücksichtigen zu können. Bei Verschiebung wird das Projekt zustandsabhängig bzw. in Abhängigkeit der eintretenden Umweltentwicklung durchgeflihrt oder unterlassen. Flexible Planung bedeutet letztlich die Planung einer Strategie, die die gegenwärtigen Maßnahmen in definitiver Weise und zukünftige Folgemaßnahmen in Abhängigkeit von der Umweltentwicklung festlegt. Das Prinzip der flexiblen Planung ist nicht nur fiir (bedingte) Investitionsentscheidungen relevant, sondern auch fiir die Lösung des Problems, wie die hiermit geschaffenen Kapazitäten in unterschiedlichen Umweltentwicklungen (zum Beispiel der Produktionskosten und der Absatzmöglichkeiten) verwendet werden sollen. Ganz allgemein geht es darum, welche Aktionsräume geschaffen und wie diese in unterschiedlichen Entscheidungssituationen genutzt werden (LAUX, 1971b; HAX/LAUX, 1972). Eng damit verbunden ist die Problematik der Bewertung von Maßnahmen, die Aktionsräume eröffnen. (Zur Bewertung eines Unternehmens nach dem Konzept derflexiblenPlanung vgl. LAUX, 1971C.) Probleme der Bewertung und Gestaltung von Aktionsräumen fiir reale Maßnahmen wie zum Beispiel Beschaffung von Produktionsfaktoren, Fertigung und Absatz werden in der neueren Literatur unter der Bezeichnung „Realoptionen" eingehend untersucht (DIXIT/PINDYCK, 1994; TRIGEORGIS, 1995; 1996). Besondere Beachtung wird dabei der Problematik der Vereinfachung der Bewertung durch die Anwendung von Bewertungsmethoden, die fiir Finanzoptionen entwickelt wurden, gewidmet. Es ist klar, daß ein enger Zusammenhang zwischen der betreffenden Bewertungskonzepten und dem Prinzip der flexiblen Planung bestehen muß (Abschnitt 7.5).
368
Kapitel XII
1.2.
Einführung: Flexible Planung und subjektive Nutzenmaximierung
In Kapitel I, Abschnitt 6.2, wurde gezeigt, wie mit Hilfe des RoU-Back-Verfahrens auf der Basis eines Entscheidungsbaumes diejenige Strategie ermittelt werden kann, die den Erwartungsnutzen der Überschüsse fiir einen einzelnen Investor maximiert. Die Darstellungen gelten analog fiir den Fall, daß mehrere Personen an den Überschüssen beteiligt sind und strenge oder partielle Anreizkompatibilität zwischen ihnen besteht. Der (Erwartungs-) Nutzen aller kann dann maximiert werden, indem der Nutzen einer beliebigen Partei maximiert wird. Zu berücksichtigen ist dabei nur ihr Erfolgsanteil und ihre Nutzenfixnktion. Bei subjektiver Nutzenmaximierung hängt die fiir eine Entscheidungssituation optimale Altemative im allgemeinen davon ab, welche Überschüsse mit den Maßnahmen verbunden sind, die bereits in den vorgelagerten Entscheidungssituationen realisiert worden sind. Daher wurde im Beispiel von Kapitel I, Abschnitt 6.2, als Zielgröße explizit das gesamte Endvermögen betrachtet.^^) Die Überschüsse der bereits reaUsierten Maßnahmen können aus zwei Gründen bewertungsrelevant sein. Bei Risikoverbund hängt der (Nutzenerwartungs-)Wert zusätzlicher riskanter Überschüsse von den zukünftigen zustandsabhängigen Überschüssen der bereits realisierten Maßnahmen ab. Bei Bewertungsverbund hängt der Wert zusätzlicher zukünftiger Überschüsse von der Höhe der bereits erzielten Überschüsse ab. Ist allerdings die Nutzenfixnktion fiir das Endvermögen linear oder exponentiell, so besteht kein Bewertungsverbund. Das gesamte Entscheidungsproblem kann dann in der Weise dekomponiert werden, daß fiir jede Entscheidungssituation die mit den erwogenen Maßnahmen (wozu auch die Unterlassensaltemative zählt) verbundenen Überschüsse unabhängig von bereits erzielten Überschüssen bewertet werden. Von besonderer Bedeutung fiir die flexible Planung ist - wie noch näher erläutert wird - daß eine derartige Zerlegung auch im Rahmen des SPA und des CAPM möglich ist. Für jede Entscheidungssituation kann dann die Entscheidung nach der Kapitalwertmethode getroffen werden, wobei bereits erzielte Überschüsse nicht bewertungsrelevant sind. Hier soll zunächst vereinfachend der Fall der Risikoneutralität betrachtet werden, bei dem weder Bewertungsverbund noch Risikoverbund zu berücksichtigen sind. Der Kapitalwert einer Investition ist dann gleich dem mit dem Zinssatz r ermittelten Barwert der zukünftigen erwarteten Überschüsse abzüglich der Anschafftmgsauszahlung. Zum Vergleich soll wieder das Beispiel von Kapitel I, Abschnitt 6.2, zugrunde gelegt werden. Der hierfiir maßgebliche Entscheidungsbaum ist in Abbildung Xn.4 dargestellt (vgl. hierzu Abbildung 1.9). Unterhalb der Entscheidungs- bzw. Ergebnisknoten stehen jetzt die Überschüsse fiir den jeweiligen Zeitpunkt. Einem Ergebnisknoten wird somit nur der Uberschuß fiir den Zeitpunkt 3 zugeordnet und nicht wie im Entscheidungsbaum 1.9 ein „Total48) Dabei wurde ohne Einschränkung der Allgemeinheit vereinfachend davon ausgegangen, der risikolose Zinssatz r sei gleich null und das Endvermögen als Summe aller Überschüsse bzw. als Summe der Periodenerfolge definiert.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
369
ergebnis". Bei den Entscheidungssituationen, für die Wahlmöglichkeiten dargestellt sind, bezeichnet die obere (untere) Zahl den Uberschuß für die durch die obere (untere) Kante repräsentierte Aktion.
I N Abb. XII.4: Entscheidungsbaum
hn Beispiel sind die Strategien Aj, A2 und A3 relevant. (Vgl. zu ihrer Definition Kapitel I, Abschnitt 6.2.2.2.) Der Strategie Aj entspricht der Kapitalwert KWo(Ai): (XII.60) KWo(Ai)=(l+r)~^-600+(l+r)"^-(0,7-300+0,3-600) +(l+r)"^-(0,7-0,8-300+0,7-0,2-600+0,3-0,2.300+0,3-0,8-600)-1000.
370
Kapitel XII
Bei der Strategie A2 wird genau eine Anlage erworben (und zwar zum Zeitpunkt 0). Damit wird in jeder Periode ein Auftrag erledigt, so daß der folgende Kapitalwert erzielt wird: 3
(XIL61)
KWo(A2)= X(l + ^)
-300-500.
t=l
Der Kapitalwert der Strategie A3 kann analog zu KWo(Ai) ermittelt werden. Jedoch erübrigt sich die explizite Bewertung. A3 unterscheidet sich von A2 nur dadurch, daß in der Entscheidungssituation 5 bzw. im Zustand 3 des zugrunde liegenden Zustandsbaums 1.8 eine zweite Anlage erworben wird und im Zustand 3 und dem Zustand 7 auch der zweite Auftrag angenommen und am Ende der betreffenden Periode ein zusätzlicher Überschuß von 300 erzielt wird. Die betreffende Investition weist einen bedingten Kapitalwert (bezogen auf die Entscheidungssituation 5 bzw. den Zustand 3 und ermittelt mit den bedingten Wahrscheinlichkeiten fiir die Überschüsse zum Zeitpunkt 3) in folgender Höhe auf: (XIL62)
KWf = (1 + r)"^ • 300 + (1 + r)"^ • (0,2 • 0 + 0,8 • 300) - 500 = (1 + r)"^ • 300 + (1 + r)"^ • 240 - 500.
Die optimale Strategie kann nun in folgenden Schritten ermittelt werden, wobei zu beachten ist, daß die Kapitalwerte gemäß (XII.60), (XII.61) und (XII.62) von r abhängen: 1. Zunächst werden gemäß (XII.60) und (XII.61) die Kapitalwerte KWo(Ai) und KWo(A2) ermittelt. Im Fall KWo(A2)>KWo(Ai) scheidet die Alternative Aj bereits als nachteilig aus. Es wird zunächst nur eine Anlage erworben, sofem KWo(A2) positiv ist. Ob in der Entscheidungssituation 5 (in der zwei Aufträge eingehen) eine zweite Anlage erworben wird, kann zunächst offen bleiben. Die Entscheidung wird dann getroffen, wenn diese Entscheidungssituation tatsächlich eintritt. Es wird dann der hierfür maßgebliche Kapitalwert gemäß (XIL62) ermittelt und die zweite Anlage erworben, wenn dieser positiv ist. 2. Gilt KWo(A2)KWo(Ai). Hierzu ist im voraus der bedingte Kapitalwert der zweiten Anlage gemäß (XII.62) zu bestimmen. Ist er negativ, so gilt KWo(A3) KWo(A2) gilt. Jedoch muß noch geprüft werden, wie weit KWo(A3) über KWo(A2) liegt, damit zum Entscheidungszeitpunkt 0 beurteilt werden kann, ob A3 auch besser ist als A^. Hierzu muß dem Sachverhalt Rechnung getragen werden, daß der ermittelte bedingte Kapitalwert (erst) im Zeitpunkt 1 und nur mit der Wahrscheinlichkeit 0,3 realisiert werden kann. Der entsprechende unbedingte Kapitalwert bezogen auf den Zeit-
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
371
punkt 0 beträgt 1,1-^-0,3-KWf .Wird er zum Kapitalwert KWo(A2) addiert, ergibt sich der Kapitalwert der Strategie A3; ist er größer als KWo(Ai), wird A3 gewählt: Zum Zeitpunkt 0 wird also eine Anlage erworben und zum Zeitpunkt 1 die zweite, sofern dann 2 Aufträge eingehen. Gilt KWQ(A3) 0 gleich max {KWo(Ai)KWo(A2);0} und für KWo(A2)<0 gleich max{KWo(Ai);0}. Ist der Preis niedriger als der Qptionswert, so wird die Option erworben und es werden (zum Zeitpunkt 0) beide Anlagen gekauft. 2. In der Ausgangssituation können zum Zeitpunkt 0 genau zwei Anlagen oder keine erworben werden, wobei KWo(Ai)>0 gelte. Nun werde die Option angeboten, die zweite Anlage entweder gar nicht oder wiederum zum Preis 500 erst zum Zeitpunkt 1 zu erwerben (Aufschuboption). Der Wert dieser Option zum Zeitpunkt 0 ergibt sich nun daraus, daß sie die Möglichkeit eröffnet, die Strategie A2 oder A3 zu realisieren. Gilt KWO(A3)>KWQ(A2), SO beträgt der Optionswert max {KWo(A3)-KWo(Ai);0}; ist er höher als der Preis, wird die Option erworben und die Strategie A3 realisiert. Im Fall KWo(A2)>KWo(A3) ist der Optionswert gleich max {KWo(A2)-KWo(Ai);0}; ist er höher als der Preis, wird die Option erworben und definitiv nur eine Anlage angeschafft.
372
Kapitel XII
7.3.
Flexible Planung auf der Basis des SPA
Auch im Rahmen des SPA besteht kein Bewertungsverbund, sofem sich bei Durchführung zusätzlicher Projekte die Preise 7r(Sts) für zustandsbedingte Zahlungsansprüche nicht ändem. Mit Hilfe dieser Preise bzw. der entsprechenden Martingalwahrscheinlichkeiten können nicht nur einzelne Projekte mit gegebenem stochastischem Strom von Einzahlungsüberschüssen bewertet werden. Es lassen sich auch optimale Investitionsstrategien nach dem Konzept der flexiblen Planung ermitteln, bei denen gegenwärtige und zukünftige bedingte Investitionsentscheidungen aufeinander abgestimmt werden. Die Zielfunktion des Kalküls besteht allgemein in der Maximierung der gewichteten Summe der positiven oder negativen Überschüsse in allen Zuständen (unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlungen für Investitionsprojekte), wobei als Gewichtungsfaktoren die Preise 7i(St §) dienen. Da die Überschüsse der erwogenen Strategien für den Zeitpunkt 0 sicher sind, werden diese mit 1 gewichtet. Im Beispiel werden die Zustände durch Auftragseingänge definiert. Wenn kein expHziter Handel mit Zahlungsansprüchen für diese Zustände möglich ist, müssen (im SPA) „übergeordnete" Zustände existieren, für die Zahlungsansprüche gehandelt werden und die in Verbindung mit dem Auftragseingang stehen. Für den Zeitpunkt 1 zum Beispiel müssen zwei Teilmengen an Zuständen existieren, wobei genau dann ein Auftrag eingeht (zwei Aufträge eingehen) wenn ein Zustand der ersten (der zweiten) Teilmenge eintritt. Ein Zahlungsanspruch für den Eingang eines Auftrages (zweier Aufträge) kann dann gekauft oder verkauft werden, indem die betreffende Transaktion für jeden in der ersten (zweiten) Teilmenge enthaltenen Zustand vorgenommen wird. Der Preis für eine Geldeinheit bei Eingang eines Auftrages (zweier Aufträge) ist somit gleich der Summe der Preise für die in der ersten (zweiten) Teilmenge enthaltenen Zustände. Im Rahmen der bisherigen Darstellungen war es ausreichend. Zustände nur für die Entscheidungsknoten zu definieren. Zur Bewertung der Überschüsse zum Zeitpunkt 3 mit Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche müssen nun auch für diesen Zeitpunkt Zustände definiert werden. Der für die Auftragseingänge maßgebliche Zustandsbaum 1.8 kann in einfacher Weise zu einem Zustandsbaum für die relevanten Zahlungsansprüche erweitert werden (Zustandsbaum XII. 5):
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
2 n S,
373
Zeitpunkt 0
Zeitpunkt 1
Zeitpunkt 2
Zeitpunkt 3
Abb. XII.5: Zustandsbaum mit den bewertungsrelevanten Zuständen Um den Vergleich mit den Darstellungen in Abschnitt 2 zu erleichtem, werden hier die Zustände wieder allgemein mit S^ § bezeichnet. Neben den Zustandsknoten für die Zeitpunke 0, 1 und 2 ist die Zahl der jeweils eingehenden Aufträge dargestellt. Deren (bedingten) Wahrscheinlichkeiten sind hier deshalb nicht aufgeführt, weil sie bei der Bewertung nicht explizit berücksichtigt werden müssen. Sie werden implizit erfaßt, weil hiervon die Preise für die zustandsbedingten Zahlungsansprüche abhängen. Da nach dem Auftragseingang zum Zeitpunkt 2 keine Ungewißheit mehr besteht, folgt jedem Zustand 82^5 (s= 1,2,3,4) genau ein Zustand für den Zeitpunkt 3. Da sich die einander entsprechenden Zustände nur durch eine Zeitverschiebung unterscheiden, gilt: (XII.63)
7t3^s = a + r)-l-^2,s
(s=l,2,3,4).
Man erhält den Marktwert der Altemative A^ (A2), indem man die in Zukunft möghchen Überschüsse mit den Preisen fär die zugehörigen Zustände gewichtet und von der gewichteten Summe 1000 (500) subtrahiert. Für Aj ergibt sich der Marktwert: (XII.64) Mo(Ai) = 7c(Sy).600 + 7c(Si^2)-600 + 7r(S2,i)-600 + 7i(S2,2)-600 + 7c(S2,3)-300 + 7r(S2,4)-300 + 7r(S3j)-600 + 7i(S3^2)-300 + 7r(S3^3)-600 + 7i(S3^4)-300-1000. Für den Marktwert der Altemative A2 gilt:
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Kapitel XII
3 Mo(A2) = E ( l + r)"^ -300-500. t=l Der Marktwert M Q ( A 3 ) der Strategie A3 kann analog zu MQCAJ) ermittelt werden. Jedoch erübrigt sich auch hier wieder eine explizite Bewertung. Wie erläutert wurde, unterscheidet sich A3 von A2 nur dadurch, daß in der Entscheidungssituation 5 bzw. nun im Zustand Sj i eine zweite Anlage erworben wird, die analog zu (XII.62) den folgenden bedingten Marktwert aufweist: (XIL65)
(XII.66)
Mf = 7r(S2,i| S14) • 300 + 7c(S2,2| Si,i) • 300 + ^(S3,l|Su)-300 + 7r(S3,2|Su)-0-500 = (1 + r)~^ • 300 + 7r(S34| ^1,1) * 3 0 0 - 500.
Hierin bezeichnet 7c(.|Si 1) den Preis für den betreffenden Zustand zum Zeitpunkt 1 unter der Bedingung, daß dann der Zustand Sj 1 eintritt. Die optimale Strategie kann völlig analog zum Fall der Risikoneutralität ermittelt werden. An die Stelle der bedingten Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Zustände treten nun eben die zugehörigen Preise die bei Risikoneutralität ohnehin mit diesen Wahrscheinlichkeiten übereinstimmen: 1. Zunächst werden die Marktwerte MQCAJ) und Mo(A2) ermittelt, hn Fall Mo(A2)>Mo(Ai) wird zum Zeitpunkt 0 eine Anlage erworben. Die Entscheidung über den Kauf einer zweiten Anlage im Zustand Sj j (der Entscheidungssituation 5) wird erst dann getroffen, wenn dieser Zustand tatsächlich eintritt. Hierzu wird mit den dann maßgeblichen Preisen für die Zustände S2^i, S2^2 ^^^ S3j der Marktwert Mf gemäß (XIL66) bestimmt und die zweite Anlage erworben, wenn dieser Marktwert positiv ist. 2. Gilt Mo(A2)<Mo(Ai), so ist zum Zeitpunkt 0 zu prüfen, ob Mo(A3)> Mo(Ai) gilt. Hierzu muß im voraus der bedingte Marktwert Mf der zweiten Anlage nach (XII.66) ermittelt werden. Die maßgeblichen bedingten Preise können gemäß den Darstellungen in Abschnitt 3.2 ex ante wie folgt aus unbedingten Preisen hergeleitet werden:
(XII.67)
I 7r(S2i) 7i(S2,iSi,i) = -7r(Sy) ^ ;
I 7r(S2 2) 7i(S2,2 S y ) '^'^'• ^'^' ^'^ 7i(Si,i)
^(S3,1 Si,i)= Ist der bedingte Marktwert M^ negativ, so gilt Mo(A3)<Mo(A2) und folglich auch M Q ( A 3 ) < M O ( A I ) ; zum Zeitpunkt 0 werden zwei Anlagen erworben. Ist der bedingte Marktwert positiv, so steht zwar fest, daß Mo(A3)>
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
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Mo(A2) gilt. Jedoch muß noch geprüft werden, wie weit Mo(A3) über Mo(A2) liegt, damit zum Entscheidungszeitpunkt 0 beurteilt werden kann, ob A3 auch besser ist als A^. Hierzu wird der bedingte Marktwert Mf mit dem Preis 7r(Si j) ^^ ^^^ Zustand Sj 1 multipliziert. Gemäß (XII.66) und (XIL67) ergibt sich: (XII.68) 7r(Sy)-Mf = 7r(S2,i)-300 + 7r(S2,2)-300 + 7i(S3j)-300-7i(Sij)-500. Der unbedingte Marktwert ist somit gleich der gewichteten Summe der möglichen Projektüberschüsse, wobei als Gewichtungsfaktoren die Preise TT für diejenigen Zustände dienen, in denen sie erzielt werden. Wird dieser Marktwert zum Marktwert Mo(A2) addiert, ergibt sich der Marktwert der Strategie A3; ist er größer als MQCAJ) wird A3 gewählt. Andernfalls bleibt es bei Wahl von A^. Der Lösungsweg kann analog zum Fall der Risikoneutralität wie folgt interpretiert werden: Zum Zeitpunkt 0 wird genau eine Anlage erworben, falls deren Kapitalwert (Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung) zuzüglich des Wertes der Option auf die zweite (positiv und) höher ist als der Marktwert der Strategie Aj. 7.4.
Flexible Planung auf der Basis des CAPM
7.4.1. Bewertung mit zustandsabhängigen risikoangepaßten Zinssätzen Wie auch immer die Strategie mit dem maximalen Marktwert ermittelt wird, es gilt stets der folgende elementare Zusammenhang: Es existiert ein einheitlicher (risikoangepaßter durchschnittlicher) Zinssatz k, mit dem der Marktwert (der Kapitalwert) dieser Strategie ermittelt werden kann, indem für jeden zukünftigen Zeitpunkt der Erwartungswert des Überschusses unter Berücksichtigung von Livestitionsauszahlungen diskontiert und von der Summe der Barwerte die Anschaffungsauszahlung für den Zeitpunkt 0 subtrahiert wird. Die Tatsache, daß dieser Zinssatz existiert, bedeutet allerdings nicht, daß er ex ante bekannt ist. Er ist im allgemeinen keine dem Entscheidungskalkül exogen vorgegebene Größe, sondem eine endogene Größe, die erst ermittelt werden kann, wenn die optimale Strategie vorliegt. Dann ist er aber für die Planung irrelevant. Selbst wenn der der optimalen Strategie entsprechende risikoangepaßte Kalkulationszinsfuß k ex ante bekannt wäre, wäre er grundsätzlich für die flexible Planung ungeeignet. Bei Anwendung dieses Kalkulationszinsfußes kann sich nämlich eine Strategie als optimal erweisen, für die er gar nicht maßgeblich ist. Ein für die Investitionsplanung a priori vorgegebener einheitlicher risikoangepaßter Zinssatz impliziert, daß unabhängig von den konkreten Entscheidungen die zukünftigen Überschüsse einer gegebenen Risikoklasse angehören, eine Voraussetzung, die gerade in solchen Entscheidungssituationen
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Kapitel XII
nicht erfüllt ist, in denen die Anwendung des Prinzips der flexiblen Planung geboten ist (wo es u.a. darum geht, Risiken optimal zu gestalten). Bei flexibler Planung nach dem Roll-Back-Verfahren ist grundsätzlich (sofem man von der Notwendigkeit der Vereinfachung absieht) in jeder Entscheidungssituation für jede erwogene Alternative ein spezifischer risikoangepaßter Zinssatz heranzuziehen. Die maßgeblichen Zinssätze können auf der Grundlage des einperiodigen CAPM ermittelt werden. Es bietet gegenüber dem SPA den Vorzug, daß der Kapitalmarkt nicht vollständig sein muß. In Abschnitt 5.3 wurde gezeigt, wie rekursiv der Marktwert eines einzelnen Investitionsprojekts bzw. MQH niit zustandsabhängigen riskikoangepaßten Zinssätzen auf der Grundlage des einperiodigen CAPM ermittelt werden kann. Analog kann im Rahmen einperiodiger Entscheidungsmodelle gemäß dem RollBack-Verfahren rekursiv von den letzten Entscheidungssituationen bis zur ersten die jeweils optimale Investitionsaltemative bestimmt werden, bis schließüch die optimale Strategie als Ganzes bekannt ist. Von besonderer Bedeutung ist dabei der folgende Sachverhalt: Geht man davon aus, daß die Investitionen im Untemehmen keinen Einfluß auf den Marktpreis des Risikos haben und die Varianzen der Überschüsse des Untemehmens vemachlässigbar sind, so ist wie bei Risikoneutralität bzw. im SPA bei der Lösung der Teilprobleme weder einem Bewertungsverbund noch einem untemehmensintemen Riskikoverbund Rechnung zu tragen. Die Lösung der einperiodigen Entscheidungsprobleme kann auch erfolgen, indem analog zu den Darstellungen in Kapitel IX, Abschnitt 3.1.3, (bedingte) Sicherheitsäquivalente ermittelt und diese mit dem risikolosen Zinssatz diskontiert werden. Es stellt sich dann nicht das Zirkularitätsproblem, wodurch der Planungsumfang in gewissem Umfang reduziert wird. 7.4.2. Bewertung mit Sicherheitsäquivalenten Erfolgt die Bewertung mit zustandsabhängigen Kalkulationszinsfüssen gemäß dem einperiodigen CAPM, so ist die Zerlegung in einperiodige Kalküle erforderlich, und zwar unabhängig davon, ob flexibel geplant oder der Marktwert eines einzelnen Projekts ermittelt wird. Jedoch kann mit einer solch weitreichenden Zerlegung ein zu hoher Planungsaufwand verbunden sein. Wie in Abschnitt 5.2 gezeigt wurde, können dagegen mehrperiodige Investitionsprojekte in relativ einfacher Weise bewertet werden, indem die Sicherheitsäquivalente ihrer zukünftigen Überschüsse mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert werden. Diese Bewertungskonzeption kann auch beiflexiblerPlanung angewendet werden. Auch das Roll-Back-Verfahren setzt nicht voraus, daß ausschließlich einperiodige Bewertungskalküle verwendet werden. Im obigen Beispiel kann die optimale Strategie wie folgt ermittelt werden: 1. Zunächst wird analog zu (XII.22) der Marktwert der zukünftigen Überschüsse der Alternative A^ (mit T=3) ermittelt. Wird hiervon die Anschaf-
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
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fungsauszahlung von 1000 subtrahiert, ergibt sich MQCA^). Ist der Kapitalwert der Altemative A2 gemäß (XII.61) größer als MQCAJ) , so wird zunächst eine Anlage erworben. Eine Entscheidung über den Kauf der zweiten Anlage im Zustand Sj 1 (Entscheidungssituation 5) wird nur dann getroffen, wenn dieser Zustand eintritt. Die Bewertung kann dann im Prinzip in gleicher Weise erfolgen wie die der Altemative A^, wobei die bewertungsrelevanten Erwartungswerte und Kovarianzen der zukünftigen Überschüsse der zweiten Anlage auf Grund des im Zustand Sj i gegebenen Informationsstandes ermittelt werden. 2. Gilt Mo(A2) < Mo(Ai[), so ist zum Zeitpunkt 0 zu prüfen, ob Mo(A3)> M Q ( A I ) gilt. Hierzu muß im voraus der bedingte Marktwert der zweiten Anlage für den Zustand S^ j ermittelt werden. Das kann in gleicher Weise geschehen wie für den Fall, daß dieser Zustand bereits eingetreten ist. Ist der bedingte Marktwert negativ, so gilt Mo(A3) <Mo(A2) und folghch auch Mo(A3) <Mo(Ai); zum Zeitpunkt 0 werden zwei Anlagen erworben. Ist der bedingte Marktwert positiv, so muß der Marktwert der Strategie A3 ermittelt werden. Dieser Marktwert könnte zwar in gleicher Weise bestimmt werden wie der der Strategie Aj. (Bei der Ermittlung der bewertungsrelevanten Erwartungswerte und Kovarianzen der zukünftigen Überschüsse der Strategie A3 müßte auch die mögliche Auszahlung flir die zweite Anlage berücksichtigt werden. Andererseits müßte vom Marktwert dieser Überschüsse nur die Anschaffungsauszahlung für die erste Anlage zum Zeitpunkt 0 subtrahiert werden.) Da jedoch der bedingte Marktwert für die zweite Anlage schon ermittelt worden ist, kann Mo(A3) einfacher in der Weise bestimmt werden, daß der bedingte Marktwert in einen unbedingten bezogen auf den Zeitpunkt 0 transformiert wird und dieser zum Marktwert Mo(A2) addiert wird. Der unbedingte Marktwert der zweiten Anlage kann ebenso ermittelt werden wie der Marktwert eines riskanten Überschusses, der im Zustand Sj i erzielt wird und mit dem bedingten Marktwert dieser Anlage in diesem Zustand übereinstimmt. Gilt Mo(A3)>Mo(Ai) so wird die Strategie A3 gewählt, andemfalls bleibt es bei der Wahl der Strategie A^.
7.5.
Realoptionen, Finanzoptionen und Optionspreistheorie
7.5. i. Grundkonzeption Bei der marktwertorientierten Untemehmensplanung stellt sich allgemein das Problem, die Marktwerte zukünftiger Überschüsse zu ermitteln. Wie deutlich wurde, verursacht die Bewertung bei flexibler Planung gegenüber der bei starrer Planung keine grundsätzlich neuen Probleme. Bei flexibler Planung werden zwar auf Grund bedingter Entscheidungen andere Risikostrukturen fär die Überschüsse relevant, jedoch sind hierfür dieselben Bewertungskonzepte anwendbar wie flir mehrperiodige Projekte bei starrer Planung. Die flexible Pia-
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Kapitel XII
nung auf der Basis eines Entscheidungsbaumes (das Entscheidungsbaumverfahren) setzt somit kein spezielles Bewertungskonzept voraus. Es kann insbesondere auch sinnvoll sein, bei der Lösung verschiedener Teilprobleme bzw. bei der Bewertung verschiedener Teilstrategien unterschiedliche Bewertungsansätze anzuwenden. Auch Modelle der Bewertung von Optionen lassen sich integrieren. „Finanzoptionen" beziehen sich auf Finanztitel (Kapitel V, Abschnitt 3.5) und „Realoptionen" auf Sachgüter. Optionen schaffen allgemein Aktionsräume, die in Zukunft je nach der Entwicklung der entscheidungsrelevanten Daten optimal genutzt werden. Dir Wert hängt von den damit verbundenen möglichen Überschüssen ab. Da es auch bei flexibler Planung letztlich um das Problem geht, wie Aktionsräume gestaltet und genutzt werden sollen, besteht eine enge Verbindung zwischen ihr und der Theorie der Bewertung von Optionen. Die im Rahmen der flexiblen Planung flir eine Entscheidungssituation erwogenen Aktionen lassen sich vor allem als Kauf von (Real-) Optionen flir zukünftige Folgeaktionen interpretieren. Zum Beispiel wird mit dem Kauf einer Produktionsanlage die Option erworben, innerhalb der Nutzungsdauer Produkte zu bearbeiten bzw. herzustellen, wobei die Basispreise mit den variablen Produktionskosten übereinstimmen. Im obigen Beispiel bedingt der Kauf nur einer Anlage zum Zeitpunkt 0 die Option, zum Zeitpunkt 1 eine zweite zu erwerben. Zu den Realoptionen zählen allgemein Aufschuboptionen, Abbruchoptionen, Erweiterungsoptionen, Optionen auf die vorübergehende Stillegung von Produktionsanlagen und Umstellungsoptionen (COPELAND/KOLLER/MURRIN, 1994, S. 456ff.; LAUX, C , 1993; BALLWIESER, 2002, S. 136). Dabei ist von Bedeutung, daß viele der Realoptionen vom „amerikanischen Typ" sind, d.h. jederzeit oder zumindest innerhalb eines Zeitraums ausgeübt werden können. Die flexible Planung liefert nicht nur das Instrumentarium, solche Optionen optimal zu nutzen, sondern auch, sie zu bewerten. Dies gilt unabhängig davon, ob das Ziel subjektiver Nutzenmaximierung oder das der Marktwertmaximierung verfolgt wird. Beim Ziel der Marktwertmaximierung kann die Bewertung von Realoptionen möglicherweise in der Weise vereinfacht werden, daß sie auf die Technik der Bewertung von Finanzoptionen zurückgeführt wird. Zur Erläuterung wird die Problematik der Ermittlung des Marktwertes zum Zeitpunkt 0 einer (Real-)Option auf ein Investitionsprojekt betrachtet, die im Zeitpunkt t'(l^t'
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
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Zeitpunkt t' keine Überschüsse bei dem Finanztitel anfallen; ^^) es ist der gegenwärtige Kurswert dieses Finanztitels. Werden vor dem Zeitpunkt t* Überschüsse erzielt, so ist deren Marktwert vom gegenwärtigen Markt zu subtrahieren (denn diese haben keinen direkten Einfluß auf den Optionswert). Bei der Option auf die Realinvestition stellen die mit dem Projekt erzielbaren laufenden Überschüsse in den Zeitpunkten t'+l,t'+2,...,T ohne die Anschaffungsauszahlung A^' das Basisobjekt dar, dessen Marktwert (der Marktwert der Überschüsse bei definitiver Durchfiihrung des Projekts) von Spezialfällen abgesehen nicht direkt beobachtet werden kann, sondern erst noch ermittelt werden muß. Bei Ermittlung des Wertes des Realinvestition (zum Zeitpunkt 0), sind folgende Teilprobleme zu lösen: 1. Ermittlung des Marktwertes der laufenden Überschüsse des Projekts (ohne die Anschaffungsauszahlung) zum Zeitpunkt 0 bei definitiver Durchführung im Zeitpunkt t'. 2. Ermittlung des Wertes der Option auf dieses Projekt mit Hilfe einer Optionspreisformel, wobei die Anschaffungsauszahlung A^« als Basispreis zugrundegelegt wird; der erzielte Optionswert ist gleich dem Marktwert der Realoption bzw. dem Marktwert der Livestition bei Durchführung unter der Bedingung, daß zum Zeitpunkt t' der Marktwert seiner zukünftigen laufenden Überschüsse größer ist als die Anschaffungsauszahlung A^«. Li Kapitel V, Abschnitt 3.5.2, wurde gezeigt, wie im Einperioden-Fall der Marktwert einer Option auf einen Finanztitel als Marktwert eines Duplikationsportefeuilles aus ihm und einer Anlage bzw. Aufnahme von Kapital zum risikolosen Zinssatz r ermittelt werden kann, sofern diese Option (nur) zum Ende einer Periode ausübbar ist und für den Markwert des Finanztitels zu diesem Zeitpunkt nur zwei Ausprägungen möglich sind. Der Kapitalmarkt muß hierbei nicht vollständig sein. BLACK/SCHOLES (1973) und MERTON (1973) haben gezeigt, wie ein solches statisches Duplikationsprinzip zu einer dynamischen Duplikation für den Mehrperioden-Fall erweitert werden kann. Sie haben gezeigt, daß Finanzoptionen bei entsprechenden stochastischen Kursentwicklungen durch Kreditaufnahme und Kauf des der Option zugrunde liegenden Finanztitels hinsichtlich aller maßgeblichen Merkmale in einem sogenannten „hedging portfolio" rekonstruiert werden können. Damit ist gewinnbringende Arbitrage potentiell möglich. Sie ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Option denselben Marktpreis hat wie das äquivalente hedging portfolio. BLACK/SCHOLES (1973) haben außerdem gezeigt, daß sich durch die Bedingung der Arbitragefreiheit eine eindeutige Beziehung herstellen läßt zwischen dem Optionspreis und dem Preis des Finanztitels, der der Option zugrunde liegt. Diese Beziehung hängt von mehreren Größen ab, die in der BLACK/SCHOLESFormel enthalten sind, und zwar unter anderem dem Zinssatz, der Laufdauer 49) Es ist dann auch nicht sinnvoll, die Option bei gegebenem Basispreis vor dem Zeitpunkt t' auszuüben.
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Kapitel XII
der Option und der Varianz der als Zufallsgröße betrachteten Preisentwicklung des Titels im Zeitablauf (vgl. auch Cox/Ross/RUBINSTEIN, 1979). Da sowohl bei Finanztransaktionen als auch bei Sachinvestitionen häufig optionsähnliche Positionen entstehen, hat die BLACK/SCHOLES-Formel in der theoretischen und empirischen Forschung weite Beachtung und Anerkennung gefunden (SMITH Jr., 1979; LAUX, C , 1993; DIXIT/PINDYCK, 1994; NIPPEL, 1996). Zwar unterstellen die Bewertungsfunktionen der Optionspreistheorie nicht, daß der Kapitalmarkt (im strengen Sinn) vollständig ist, also für sämtliche Zustände, die für die Überschüsse beliebiger Wertpapiere im Kapitalmarkt relevant sind, explizit oder implizit bedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden können. Wie erläutert wurde, setzt jedoch ihre theoretische Begründung und Herleitung bestimmte Annahmen über die stochastische Kursentwicklung des der Option zugrunde liegenden Finanztitels voraus. Bei der BLACK/SCHOLESFormel zum Beispiel wird die Kursentwicklung durch eine geometrische BROWN'sehe Bewegung approximiert. Die Optionspreisformeln gelten auch für den vollständigen Kapitalmarkt, in dem die Bewertung im Prinzip mit Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche vorgenommen werden kann. Für diesen Kapitalmarkt können diese Formeln immerhin den Vorteil bieten, daß die Bewertung in relativ einfacher Weise ohne die Ermittlung und Anwendung dieser Preise vorgenommen werden kann. Bei der Anwendung der Optionspreistheorie zur Bewertung der Option auf die betrachtete Realinvestition ist zunächst der stochastische Prozeß der Entwicklung des unbedingten Marktwertes der Projektüberschüsse für die Zeitpunkte t'+l,t'+2,...,T bis zum möglichen Ausübungszeitpunkt t' zu prognostizieren. Sodann ist eine Optionspreisformel heranzuziehen, die einen vergleichbaren Prozeß unterstellt. Die entwickelten Grundtypen von Optionspreisformeln mit variierbaren Parametern eröffnen ein weites Feld von Anpassungsmöglichkeiten. Wie erläutert wurde, setzt die Anwendung einer Optionspreisformel voraus, daß der gegenwärtige Marktwert der laufenden Überschüsse des Projekts ohne die Anschaffungsauszahlung A^' bei definitiver Durchführung des Projekts im Zeitpunkt t' bekannt ist. Die Optionspreistheorie selbst läßt jedoch offen, wie er zu ermitteln ist. Die Ermittlung kann zum Beispiel in Anlehnung an das CAPM durch Diskontierung der Sicherheitsäquivalente der Überschüsse mit dem risikolosen Zinssatz oder der Erwartungswerte der Überschüsse mit einem risikoangepaßten Zinssatz erfolgen. Möglicherweise kann die Bewertung auch durch Rückgriff auf die Marktwerte von Duplikationsportefeuilles vorgenommen werden. Allgemein zeigt sich wieder, daß die bisher dargestellten Bewertungskonzepte auch bei flexibler Planung in Verbindung mit der Optionspreistheorie ihre Relevanz behalten. Zu beachten ist auch, daß die Anwendung einer Optionspreisformel allenfalls dann eine Vereinfachung ermöglicht, wenn der hierbei benötigte Marktwert der Überschüsse des Projekts bei definitiver Durchführung einfacher zu ermitteln ist als der Marktwert der Überschüsse bei Durchführung unter der
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Bedingung, daß zum Zeitpunkt t' der Marktwert der Überschüsse höher ist als die Anschaffungsauszahlung. Jedes Bewertungskonzept zur Ermittlung des Marktwertes bei unbedingter Durchführung kann im Prinzip auch bei bedingter Durchführung zugrunde gelegt werden. 7.5.2. Optionsbewertung mit Hilfe eines risikoangepaßten Zinssatzes Das CAPM als Bewertungsgrundlage bietet den allgemeinen Vorteil, daß es nicht Vollständigkeit des Kapitalmarktes voraussetzt; insbesondere setzt es auch nicht voraus, daß die zu bewertenden Überschüsse durch Portefeuillebildung duplizierbar sein müssen. Sind beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Projektüberschüsse möglich und erfolgt die Bewertung durch Diskontierung ihrer Sicherheitsäquivalente mit dem risikolosen Zinssatz, so ist die direkte Ermittlung des Marktwertes der Option - der Livestition bei bedingter Durchführung - bzw. der hiermit verbundenen zustandsabhängigen Überschüsse im Prinzip nicht schwieriger als die Ermittlung des Marktwertes der Projektüberschüsse bei definitiver Durchführung, der bei Anwendung einer Optionspreisformel benötigt wird. Die Anwendung einer Optionspreisformel kann nur dann die Bewertung vereinfachen, wenn die Ermittlung bzw. Schätzung der Sicherheitsäquivalente für die definitive Durchführung einen geringeren Aufwand verursacht als für die bedingte. Fallen die laufenden Projektüberschüsse in eine Risikoklasse mit periodenund projekteinheitlichem risikoangepaßtem Zinssatz k^ (zu den speziellen Bedingungen hierfür vgl. Abschnitt 6), so kann der unbedingte Marktwert dieser Überschüsse relativ einfach ermittelt werden, indem deren Erwartungswerte mit kj^ diskontiert werden. Zwar könnte man hier auch die Option im Prinzip direkt bewerten, indem man antizipiert, daß sie zum Zeitpunkt t' genau dann ausgeübt wird, wenn der Marktwert der Projektüberschüsse größer ist als die Anschaffungsauszahlung. Jedoch gehören die bei bedingter Durchführung möglichen Überschüsse nicht zur ursprünglichen Risikoklasse, so daß sich bei direkter Bewertung das Problem stellen würde, den entsprechenden risikoangepaßten Zinssatz zu ermitteln; durch Anwendung der Optionspreisformel auf der Basis des unbedingten Marktwertes kann dieses Problem umgangen werden. Der periodeneinheitliche risikoangepaßte Zinssatz kj^ ist auch dann entscheidungsrelevant, wenn es darum geht, ob das Projekt zum Zeitpunkt 0 durchgeführt werden soll oder zum Zeitpunkt t', sofern dann der Marktwert der späteren Überschüsse größer ist als die Anschaffungsauszahlung A^.. Hierzu wird zunächst der Marktwert aller erzielbaren Überschüsse zum Zeitpunkt 0 durch Diskontierung ihrer Erwartungswerte mit dem Zinssatz kj^ ermittelt. Nach Abzug der Anschaffungsauszahlung ergibt sich der Kapitalwert bei Durchführung zum Zeitpunkt 0. Ist er positiv, so wird das Projekt direkt durchgeführt, es sei denn, der Marktwert der Option auf Durchführung des Projekts zum Zeitpunkt t' ist höher. Die Ermittlung dieses Marktwertes mit einer Optionspreisformel setzt voraus, daß der für den Zeitpunkt 0 maßgebliche Marktwert der Überschüsse bei definitiver Durchführung des Projekts zum
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Zeitpunkt t' bekannt ist. Dieser Marktwert kann jedoch bei Periodeneinheitlichkeit von kjj in relativ einfacher Weise bestimmt werden, indem von dem bereits ermittelten Barwert aller erwarteten Projektüberschüsse der mit kj^ berechnete Barwert der erwarteten Überschüsse für die Zeitpunkte 1,2,..., t', die ja entfallen, wenn die Investition nicht zum Zeitpunkt 0 durchgeführt wird, abgezogen wird. Analog kann auf der Grundlage eines periodeneinheitlichen Zinssatzes kj^ auch untersucht werden, ob als möglicher Zeitpunkt der Ausübung der Option der Zeitpunkt t'oder t" gewählt werden soll; optional ist jener Zeitpunkt, für den der ermittelte Optionswert am höchsten (und außerdem positiv) ist. 7.5.3. Optionsbewertung mit Hilfe von Duplikationsportefeuilles Wenn die Projektüberschüsse nicht in eine Risikoklasse mit bekanntem Kalkulationszinsfuß fallen, stellt sich die Ermittlung des Marktwertes der Projektüberschüsse zum Zeitpunkt 0 bei definitiver Durchführung im Zeitpunkt t' als komplexer dar. Möghcherweise kann die Bewertung gemäß dem Prinzip der (statischen oder dynamischen) Duplizierung erfolgen. Da das Livestitionsprojekt vor dem Zeitpunkt t* +1 keinen laufenden Uberschuß bietet, muß dies auch für das Duplikationsportefeuille gelten. Auf der Basis des Marktwertes dieses Portefeuilles zum Zeitpunkt 0 wird dann mit einer Optionspreisformel unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung A^« als Basispreis der Marktwert der Option bzw. der Marktwert des Investitionsprojekts bei bedingter Durchführung bezogen auf den Zeitpunkt 0 ermittelt. Bei Vollständigkeit des Kapitalmarktes existieren zwar in jedem Fall Duplikationsportefeuilles für die Projektüberschüsse. Allerdings existieren dann auch Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche, mit denen - wie in Abschnitt 7.3 erläutert wurde - die flexible Planung ohne expliziten Rückgriff auf die Optionspreistheorie möglich ist. (In Abschnitt 3.2 wurde gezeigt, wie diese Preise ermittelt werden können.) Jedoch kann die Optionspreistheorie angewendet werden, wobei kompakte Optionspreisformeln wiederum Vereinfachungen ermöglichen können. Bei unvollständigem Kapitalmarkt ist es nur bei entsprechenden Begrenzungen der Aktionsräume bzw. der Wahrscheinlichkeitsverteilungen bezüglich der Projektüberschüsse möglich, Marktwerte durch Duplikation zu ermitteln. Selbst wenn für einzelne Entscheidungssituationen der Rückgriff auf Duplikationsportefeuilles möglich ist, können sich deshalb Grenzen für den Realoptionsansatz in Verbindung mit Duplikation ergeben, weil dies für andere Entscheidungssituationen nicht der Fall ist. Bezüglich der Bewertung auf der Basis des Duplikationsprinzips gilt: Die Anwendung einer Optionspreisformel kann die Ermittlung des Optionswertes nur erleichtem, wenn die unbedingten Projektüberschüsse einfacher zu duplizieren sind als die bedingen, die mit der Option erzielt werden, oder wenn nur die unbedingten Überschüsse dupliziert werden können.
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
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Eine Vereinfachung ist insbesondere dann möghch, wenn auf beobachtbare Marktwerte bereits begonnener gleichartiger Projekte zurückgegriffen werden kann. Dieser Fall wird häufig angesprochen, wenn es darum geht, die Vorteilhaftigkeit des Realoptionsansatzes zu demonstrieren. Angenommen, es existiere bereits ein „vergleichbares" Projekt, das ohne weitere Projekte in einem Untemehmen durchgeführt wird, dessen Marktwert bekannt ist. Dieser Marktwert enthält zwar auch die Marktwerte der laufenden Überschüsse der Zeitpunkte 1,2,..., t', die im Rahmen der zu bewertenden Realoption nicht erzielt werden. Möglicherweise können sie jedoch in einfacher Weise eliminiert werden (etwa durch Subtraktion des Marktwertes eines Duplikationsportefeuilles für diese Überschüsse oder durch Subtraktion des mit einem risikoangepaßten Zinssatz ermittelten Barwertes ihrer Erwartungswerte). Jedoch dürfte selten ein Projekt existieren, das „vergleichbar" ist und für das außerdem ein spezifischer Marktwert beobachtet werden kann; der beobachtbare Marktwert eines Unternehmens kann immer dann nicht direkt dem Vergleichsprojekt zugerechnet werden, wenn es im Untemehmen gemeinsam mit anderen Projekten durchgeführt wird. 7,5.4. Integration von Realoptionsansatz und Entscheidungsbaum verfahren Wenn es gelingt, die Bewertung von Realoptionen auf die Technik der Bewertung von Finanzoptionen zurückzufahren, kann auch die Livestitionsplanung auf der Grundlage eines Entscheidungsbaumes vereinfacht werden, indem nur wenige Entscheidungssituationen erfaßt und zusätzliche Handlungsspielräume mehr oder weniger pauschal auf der Basis der Optionspreistheorie bewertet werden. Gewählt wird dasjenige Programm, das in Verbindung mit den Optionen fiir zusätzliche Maßnahmen den höchsten Marktwert aufvv^eist. Die Anwendung der Optionspreistheorie (des Realoptionsansatzes) und das Entscheidungsbaumverfahren stellen also keine einander ausschließenden Altemativen dar. Die Vorstrukturierung mit einem Entscheidungsbaum kann auch zumindest bruchstückhaft offen legen, welche Optionen überhaupt bewertungsrelevant sind und welche möglichen Überschüsse ihnen entsprechen. hl Literatur und Praxis werden dagegen der Realoptionsansatz und das Entscheidungsbaumverfahren oft als Altemativen angesehen, wobei gelegentlich auch noch unterstellt wird, das Entscheidungsbaumverfahren setze die Bewertung nach der Kapitalwertmethode auf der Basis eines einheitlichen (von der Risikostruktur der Überschüsse unabhängigen) risikoangepaßten Zinssatzes voraus. So kommen zum Beispiel COPELAND/KOLLER/MURRIN (1994, S. 452) zu dem Ergebnis, daß die Bewertung auf der Basis der Optionspreistheorie dem Entscheidungsbaumverfahren überlegen sei, wobei sie beim Entscheidungsbaumverfahren erwartete Überschüsse mit sehr unterschiedlichen Risikostrukturen mit demselben Kalkulationszinsfuß diskontieren und bei der Anwendung der Optionspreistheorie eine korrekte Bewertung vomehmen. Die
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Optionspreistheorie stellt keine Bewertungskonzeption dar, das dem Entscheidungsbaumverfahren prinzipiell überlegen ist; man muß dieses nur sinnvoll anwenden.^^)
8. 8.1.
Subjektive individuelle Unternehmensbewertung Bewertung ohne Kapitalmarkt
Bei der bisherigen Analyse des Wertes eines Untemehmens ging es primär um die Marktbewertung der Aktien für den Fall, daß die Anteilseigner des Unternehmens breit gestreute Portefeuilles halten. Nun kann sich auch für einen einzelnen Livestor das Problem der Bewertung eines Untemehmens aus subjektiver Sicht stellen. Im folgenden wird der Fall betrachtet, daß dieser erwägt, ein Untemehmen als alleiniger Eigentümer zu erwerben. Der Untemehmenswert ist für den Investor (den potentiellen Käufer) gleich derjenigen kritischen Obergrenze für den Kaufpreis, von der an der Kauf für ihn nachteilig wird (Grenzpreis); ist der geforderte Kaufpreis niedriger als der Grenzpreis, so ist der Kauf vorteilhaft. ^^) Die Problematik der Ermittlung und die Höhe eines individuellen Unternehmenswertes hängen davon ab, welchen Zugang der Investor zum Kapitalmarkt hat. Hat er neben dem Kauf des Untemehmens nur die Möglichkeit, Kapital zum risikolosen Zinssatz r anzulegen und aufzunehmen, so ist der Wert gleich demjenigen Preis, für den bei Kauf des Untemehmens ein Erwartungsnutzen des (Ausschüttungs- bzw.) Konsumstroms erzielt wird, der mit dem Nutzen des sicheren Konsumstroms bei Verzicht auf Kauf übereinstimmt. Dabei sind einerseits bei Kauf des Untemehmens der zukünftige Strom an Ausschüttungen (Entnahmen des Investors) und die hierdurch ermöglichten Konsumausgaben von den Aktionen im Untemehmen abhängig; diese sollten simultan mit der Ermittlung des Grenzpreises optimiert werden (LAUX, 1971C). Anderseits wird bei Verzicht auf Kauf der Kaufpreis durch Anlage zum risikolosen Zinssatz r in einen optimalen Konsumstrom transformiert. Dabei kann diese Anlage auch darin bestehen, daß ein für die Finanzierung der Anschaffungsauszahlung erforderliches Fremdkapital getilgt bzw. gar nicht erst aufgenommen wird. Es ist klar, daß die entscheidungstheoretisch „exakte" Ermittlung eines subjektiven Grenzpreises einen prohibitiv hohen Aufwand verursacht, so daß sich das Problem der Vereinfachung stellt. In Literatur und Praxis finden hierfür die Sicherheitsäquivalent' und die Risikozuschlagsmethode besondere Be50) Grenzen der Unternehmungsbewertung und -planung vor dem Hintergrund der Optionspreistheorie werden zum Beispiel in BALLWIESER (2002a) und LAUX, C. (1993) gezeigt. 51) Analog ist der Untemehmenswert aus Sicht eines bisherigen Eigentümers gleich der Untergrenze für den Verkaufserlös, bei dessen Unterschreitung der Verkauf nachteilig wird.
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achtung. Bei Orientierung an den zukünftigen Ausschüttungen des Unternehmens an den Investor (seinen Entnahmen) als Bewertungsgrundlage - statt an Gewinnen - werden bei der Sicherheitsäquivalentmethode die subjektiven Sicherheitsäquivalente der riskanten Ausschüttungen mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert. Bei der Risikozuschlagsmethode werden die Erwartungswerte der Ausschüttungen mit einem risikoangepaßtem Zinssatz abgezinst, wobei ein subjektiver Risikozuschlag auf den risikolosen Zinssatz vorgenommen wird. Weder die Sicherheitsäquivalente noch der risikoangepaßte Zinssatz können losgelöst von der Nutzenfunktion des Livestors ermittelt bzw. geschätzt werden. Letztlich wird die Problematik der Ermittlung eines Grenzpreises auf die der Ermittlung von Sicherheitsäquivalenten oder eines risikoangepaßten Zinssatzes verlagert. Dies ist jedoch nur unter der Bedingung hilfreich, daß die Ermittlung der Sicherheitsäquivalente oder des risikoangepaßten Zinssatzes einfacher und zuverlässiger möglich ist als die direkte Ermittlung oder Schätzung eines Grenzpreises. Ob diese Bedingung erfällt ist, erscheint jedoch vor allem dann als zweifelhaft, wenn ^.tm periodeneinheitlicher risikoadäquater Zinssatz maßgeblich ist. Wie auch immer vereinfacht wird, stellt sich das Problem, der Nutzenfunktion des Mvestors in explizit Rechnung zu tragen. Gegen eine am BERNOULLIPrinzip orientierte Bewertung wird oft eingewendet, daß die Nutzenfunktion dem Bewerter nicht bekannt und im Zeitablauf auch nicht stabil sei. ^^) hn Vergleich dazu wird die Bewertung auf der Basis eines risikoangepaßten Zinssatzes als unproblematischer angesehen, und zwar insbesondere dann, wenn dieser vor dem Hintergrund der Bewertung von Wertpapieren im Kapitalmarkt ermittelt werden kann. Wie jedoch in Abschnitt 9 deutlich wird, müssen dann die Livestoren auf dem Kapitalmarkt bei der Ermittlung ihrer Portefeuillestrategien über diejenigen Fähigkeiten verfiigen, die dem Käufer eines Untemehmens hinsichtlich seiner subjektiven Untemehmensbewertung abgesprochen werden. Oft wird auch empfohlen, den Kalkulationszinsfuß aus einer (realen) „Altemativanlage" der gleichen Risikoklasse herzuleiten. Dies setzt allerdings voraus, daß der Investor diese Anlage bewerten kann, was aber grundsätzlich nicht einfacher ist als die explizite Ermittlung eines Grenzpreises flir das Untemehmen (Abschnitt 8.3). Die folgenden Darstellungen haben allgemeine Bedeutung: Wenn der hivestor nicht in der Lage ist, eine am BERNOULLI-Prinzip orientierte (mehr oder weniger vereinfachte) Bewertung vorzunehmen, fehlt ihm grundsätzlich die Grundlage für die Beurteilung einzelner hivestitionsprojekte. 52) Vgl. zum Beispiel BALLWIESER (1981, S. 102f; 1990, S. 171 mit weiteren Hinweisen); HOMMEL/ BRAUN (2002, S. 135); DRUKARCZYK (2003C, S. 141); MOXTER (1983, S.
139). Es gibt jedoch experimentelle Verfahren, um Nutzenfunktionen immerhin bruchstückhaft zu erforschen. Allerdings gibt es keine Methoden, die Entscheidungen garantieren, die sich ex post auch bei zufällig veränderten Zielen bzw. Präferenzen als optional erweisen.
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Kapitel XII
8.2.
Bewertung und Kapitalmarkt
Hat der Investor (der potentielle Käufer des Unternehmens) generellen Zugang zum Kapitalmarkt, so ist diesem bei der Bewertung des Untemehmens Rechnung zu tragen, wobei sich wegen der Möglichkeit der Risikostreuung grundsätzlich ein höherer Wert ergibt als für den Fall, daß der hivestor Kapital nur zum risikolosen Zinssatz r anlegen und aufnehmen kann. Art der Bewertung und Höhe des Untemehmenswertes hängen von den Kapitalmarkteigenschaften ab. hn vollständigen Kapitalmarkt realisiert der Investor dasjenige Investitionsprogramm, mit dem er den Marktwert des Unternehmens maximiert. Der Marktwert des betreffenden Investitionsprogramms ist der Untemehmenswert für den Investors, unter der Bedingung, daß er (oder Mitarbeiter) in Zukunft keine neuen Investitionsprojekte mit positivem Kapitalwert entdecken und ins Programm aufnehmen wird. Dieser Wert ergibt sich in der Weise, daß die zukünftigen zustandsabhängigen Ausschüttungen (Entnahmen) mit den Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche multipliziert werden und die Summe gebildet wird. Der Untemehmenswert ist ebenso hoch wie für den Fall, daß bei gegebenen zustandsbedingten Ausschüttungen viele Anteilseigner am Untemehmen beteiligt sind. Bei der (Markt-)Bewertung auf der Basis der Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche muß der Investor - oder ein Berater, der für ihn die Bewertung vomimmt - nicht explizit seiner Nutzenfunktion Rechnung tragen, da im vollständigen Kapitalmarkt die Bewertung und die optimalen Konsumentscheidungen separierbar sind. Wenn der (Markt-)Wert höher ist als der geforderte KauQ)reis, ist der Kauf für ihn ohne Rücksicht auf seine Konsumpräferenzen (seine Zeit- und Risikopräferenzen) vorteilhaft; bei Kauf kann er einen stochastischen Konsumstrom mit höherem Erwartungsnutzen realisieren. Zum Beispiel kann er für die zukünftigen Zustände bedingte Zahlungsansprüche in Höhe der jeweiligen Ausschüttung verkaufen und mit der Differenz aus dem Erlös (dem Wert des Untemehmens für ihn) und dem gezahlten Kaufpreis einen optimalen Bestand zustandsbedingter Zahlungsansprüche (zurück-) kaufen.^^) Hierzu muß er sich allerdings über seine Konsumnutzenfunktion Klarheit verschaffen. Wenn ihm dies nicht gelingt, so kann er immerhin einen Konsumplan erstellen, der den ursprünglichen dominiert. Wenn der Investor damit rechnet, in Zukunft neue Projekte mit positivem Kapitalwert zu finden bzw. zu erfinden, ist der Untemehmenswert höher; der Investor hat dann einen (Wert-)Zuschlag auf den bereits ermittelten Marktwert vorzunehmen, dessen Höhe nur subjektiv geschätzt werden kann. Es ist hier zu beachten, daß der Investor die Überschüsse von Projekten, die er mehr oder weniger zufällig entdecken wird, nicht durch Handel mit zustandsbedingten 53) Es wird davon ausgegangen, daß der Investor keinen Einfluß auf die Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche hat.
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Zahlungsansprüchen vollständig hedgen und somit auch nicht in einen gegenwärtigen Marktwert überfuhren kann. Bei der Ermittlung des Wertzuschlages sind nicht nur die Erwartungen des Investors bezüglich des Erfolgspotentials des Unternehmens, sondern auch seine individuelle Nutzenfunktion zu berücksichtigen; für neue Projekte, die nicht zustandsabhängig antizipiert werden können, besteht keine Separierbarkeit zwischen der Bewertung und der Ermittlung eines nutzenmaximalen Konsumstroms. Bei der Bewertung der neuen Projekte ist dem bereits ermittelten Marktwert der bekannten Projekte (also dem Erlös bei Verkauf ihrer Überschüsse) Rechnung zu tragen, da er gemeinsam mit den Überschüssen neuer Projekte den Erwartungsnutzen des Investors bestimmt. Da der Wertzuschlag aus einem subjektiven Nutzenkalkül resultiert, ist auch der Untemehmenswert als Ganzes ein subjektiver Grenzpreis. Ist der Markt wwvollständig, jedoch der Aktionsraum des Unternehmens derart eingeschränkt, daß trotzdem die Überschüsse aller (bekannten) Projekte duplizierbar sind - d. h. also die Spanning-Bedingung erfüllt ist - so gelten die Darstellungen zum vollständigen Kapitalmarkt analog. Ist der Markt vollständig oder trotz UnvoUständigkeit Duplizierbarkeit der Ausschüttungen gegeben, so kann die Untemehmensbewertung nicht nur unabhängig von der konkreten Nutzenfunktion des Investors vorgenommen werden, sondern auch unabhängig von den anderen riskanten Investitionen, die er außerhalb des Untemehmens bereits realisiert hat oder noch realisieren wird. Ist die Spanning-Bedingung verletzt, so stehen Marktwert- und Nutzenmaximierung nicht im Einklang miteinander. Besteht jedoch immerhin bei einem Teil der Projekte Duplizierbarkeit und schließen diese andere Projekte ohne Duphzierbarkeit nicht aus, so ist es sinnvoll, mit diesem Teil der Projekte ein Programm mit maximalem Marktwert zu bilden (sofern kein Restriktions- und Bewertungsverbund mit den anderen Projekten besteht). Der betreffende Marktwert stellt eine untere Grenze des Untemehmenswertes dar. Zusätzlich sind diejenigen bekannten Projekte zu berücksichtigen, für die keine Duplizierbarkeit besteht (und außerdem die Projekte, die möglicherweise erst in Zukunft entdeckt werden). Da hinsichtlich der Auswahl dieser Projekte das Marktwertkriterium versagt, ist hierfür ein subjektives Bewertungskalkül erforderlich, in dem der Nutzenfunktion des Investors und dem Marktwert des bereits ermittelten Teilinvestitionsprogramms Rechnung zu tragen ist. Dabei ist es grundsätzlich nicht sinnvoll, zuerst ein Programm aus den nicht duplizierbaren Projekten und darauf aufbauend einen subjektiven Grenzpreis zu bestimmen. Bei Risikoaversion des Investors hängt das optimale Investitionsprogramm vom gezahlten Kaufpreis ab, dessen Obergrenze gerade zu ermitteln ist; es besteht keine Separierbarkeit zwischen der Ermittlung des optimalen Programms und dessen Werte; der Untemehmenswert ist wiederum unausweichlich ein subjektiver Grenzpreis. Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, daß die optimalen Risikopositionen im privaten Bereich davon abhängen, ob das Untemehmen gekauft wird oder nicht; sein Wert hängt davon ab, wie die Ausschüttungsrisiken gehedgt
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werden. Da ein perfektes Hedging nicht mögHch ist - sofern keine generelle Duphzierbarkeit besteht - muß die Untemehmensbewertung und die simultane Transformation der Ausschüttungsrisiken durch riskante Geschäfte im privaten Bereich (zum Beispiel durch Handel mit Wertpapieren) nach einem subjektiven Entscheidungskriterium bei Risiko vorgenommen werden, das der Nutzenfunktion des hivestors Rechnung trägt. Die nun bestehende Problematik der Bewertung kann mit der Sicherheitsäquivalent- und der Risikozuschlagsmethode verdeutlicht werden: Weder die Sicherheitsäquivalente noch der risikoadäquate Zinssatz sind eindeutig durch die Nutzenfunktion des hivestors bestimmt. Sie hängen von den Risiken seiner Überschüsse im privaten Bereich und den stochastischen Zusammenhängen zwischen den Ausschüttungen und diesen Überschüssen ab. Solchen Zusammenhängen trägt zwar das CAPM Rechnung. Trotzdem sind seine Bewertungsfunktionale hier nicht relevant. Sie fähren nicht zu einem subjektiven individuellen Grenzpreis, sondem zu einem Marktwert für den Fall, daß die Anteile am betrachteten Untemehmen Teil eines Marktportefeuilles sind, an dem alle Anteilseigner im gleichen Verhältnis wie am Untemehmen beteiligt sind. Ein gravierender Unterschied zwischen dem Marktwert eines Untemehmens im einperiodigen CAPM und einem subjektiven individuellen Grenzpreis für dieses Untemehmen zeigt sich sehr anschaulich für den Fall, daß sein Überschuß am Ende der Periode stochastisch unabhängig von den Überschüssen der anderen Untemehmen (also das zu bewertende Risiko unsystematisch) ist und der Livestor, für den der Grenzpreis ermittelt werden soll, selbst nicht an anderen Untemehmen beteiligt ist. Für den Marktwert ist dann der risikolose Zinssatz r relevant und für den Grenzpreis einrisikoangepaßterZinssatz, der tendentiell um so höher ist, je größer die Risikoaversion des hivestors ist. Sind einzelne Teilüberschüsse (einzelne Einzahlungen, Auszahlungen oder Differenzen hieraus) duplizierbar, so kann immerhin deren Risiko ideal gehedgt werden. Für die betreffenden Überschüsse ist dann der Marktwert des Duplikationsportefeuilles maßgebhch: Für die übrigen Überschüsse gelten die beschriebenen Bewertungsprobleme. Die Untemehmensbewertung stellt bei nicht duplizierbaren Überschüssen ein komplexes Problem dar, das - wie im folgenden gezeigt wird - durch Diskontierang erwarteter Überschüsse mit einem risikoangepaßten Zinssatz kaum einfach und zugleich sinnvoll gelöst werden kann. 8.3.
Problematik der Ertragswertverfahren
Die Ermittlung eines individuellen Grenzpreises durch Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen mit einem risikoangepaßten Zinssatz stellt eine Variante der sogenannten Ertragswertverfahren dar, wobei hier die „Erträge" als Ausschüttungen (Entnahmen) interpretiert werden. In der Literatur wird oft empfohlen, den maßgeblichen Kalkulationszinsfuß aus einer „Vergleichsinvestition" herzuleiten. „Bei den Ertragswertverfahren wird der Unternehmens-
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wert durch Diskontierung der in Zukunft aus dem Untemehmen erwarteten .JErträge" ermittelt. Der Untemehmenswert errechnet sich als Barwert der künftigen Erträge aus dem Untemehmen. Der Diskontierungssatz („Kalkulationszinsfuß", „Kapitalisierungszinssatz") wird dabei aus der besten altemativen Kapitalanlage („Altemativanlage", „Vergleichsinvestition") abgeleitet..." (MANDL/RABEL, 1997, S. 31). Da jedoch die „beste altemative Kapitalanlage" a priori nicht bekannt ist, ergeben sich bei ihrer Ermittlung im Prinzip dieselben Bewertungsprobleme wie bei der Ermittlung des Grenzpreises für das zu bewertende Untemehmen. Abgesehen davon: Wie soll aus der „Altemativanlage" ein flir dieses Untemehmen maßgeblicher Diskontierungssatz hergeleitet werden, wenn nicht beide in dieselbe Risikoklasse fallen? Später präzisieren MANDL und RABEL wie folgt: „Aus der Fülle der in der Regel offenstehenden Altemativen ist die beste bzw. günstigste auszuwählen. Dabei muß jedoch nicht nur auf die Vergleichbarkeit der Altemativen untereinander, sondem in weiterer Folge auch auf ihre Vergleichbarkeit (Äquivalenz) mit den Unternehmenserträgen geachtet werden. Besondere Bedeutung erlangt dabei vor allem die Fordemng nach der gleichen Unsicherheitsdimension der verglichenen Ertragsströme" (MANDL/RABEL, 1997, S. 132). Unter „gleicher Unsicherheitsdimension" wird vermutlich gleiche Risikoklasse verstanden. Ähnlich argumentieren HOMMEL/BRAUN (2002, S. 127): „Die prognostizierten Nettoentnahmen werden der individuell besten, durch den Untemehmenserwerb verdrängten ... Altemative gegenübergestellt, deren Entnahmeverteilung identisch oder zumindest als gleichwertig einzuschätzen ist".„Gleichwertigkeit" impliziert auch hier „gleiche Risikoklasse." (Vgl. auch BÖCKING/NOWAK, 1998.) Der Hinweis auf die beste „verdrängte" Altemative als Bewertungsgmndlage findet sich in der Literatur häufig. Es stellt sich jedoch die Frage, wamm überhaupt der Untemehmenskauf andere Altemativen verdrängt und wamm gerade die „beste" der verdrängten Altemativen der gegebenen Risikoklasse für die Ermittlung des Kalkulationszinsfußes besonders geeignet sein soll. Wenn davon ausgegangen wird, daß aus der Menge sich (etwa aus technischen Gründen) einander ausschließenden Altemativen (Kauf des Unternehmens und diverse Anlagealtemativen hierzu) genau eine auszuwählen ist, so wird immerhin das Bewertungsproblem in der folgenden Weise vereinfacht: Es stellt sich nicht das Problem, wie der subjektive Wert des Unternehmens für den Fall zu ermitteln ist, daß es gemeinsam mit anderen Anlagemöglichkeiten erworben wird. Auch wenn nur das Entscheidungsproblem zur Debatte steht, ob das Unternehmen gekauft werden soll oder eine bestimmte (bei Untemehmenskauf „verdrängte") Altemativanlage aus derselben Risikoklasse, kann der für die Ermittlung des subjektiven Untemehmenswertes maßgebliche Kalkulationszinsfuß gmndsätzlich nicht aus dieser Altemativanlage hergeleitet werden. Wie im folgenden gezeigt wird, darf man nicht so verfahren, als ob es bei der
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Ermittlung eines subjektiven Untemehmenswertes (eines Grenzpreises) um die Ermittlung eines Marktwertes ginge.^4) Analog zur marktwertorientierten Bewertung soll gemäß der Ertragswertmethode der Kalkulationszinsfuß als intemer Zinsfuß der Altemativanlage (der gleichen Risikoklasse) ermittelt werden. Bei diesem Zinssatz stimmt der Barwert der erwarteten Überschüsse der Altemativanlage mit ihrer (als bekannt vorausgesetzten) Anschaffungsauszahlung überein. Wäre dieser Zinssatz tatsächlich für das zu bewertende Untemehmen maßgeblich, so würde gelten: Wenn der entsprechende Barwert der erwarteten Ausschüttungen (Entnahmen) größer ist als die Anschaffungsauszahlung, ist der Kauf des Untemehmens vorteilhaft. Nun ist aber der inteme Zinsfuß der Altemativanlage flir die Ermittlung des Grenzpreises allenfalls dann geeignet, wenn diese Alternative in der Weise in dieselbe Risikoklasse wie das Untemehmen fällt, daß ihre (stochastischen) Überschüsse mit den Ausschüttungen des Untemehmens identisch sind. Dann ist aber die Ermittlung eines Kalkulationszinsfußes überflüssig; der Grenzpreis des Untemehmens ist gleich der Anschaffungsauszahlung der „identischen" Vergleichsaltemative. Dieser Grenzpreis resultiert hier allerdings ausschließlich aus einem Vergleich mit der betrachteten Altemativanlage; es ist nicht sinnvoll, für das Untemehmen einen höheren Preis zu zahlen als für eine Alternative mit identischen Überschüssen. Wenn nun aber auch die Möglichkeit besteht, Kapital zum risikolosen Zinssatz anzulegen, muß geprüft werden, ob die Vergleichsinvestition bei gegebener Anschaffungsauszahlung im Vergleich hierzu überhaupt vorteilhaft oder zumindest nicht nachteilig ist. Ist dies nicht der Fall, so ist der Grenzpreis für das Untemehmen niedriger als die Anschaffungsauszahlung der Vergleichsinvestition und ohne Rücksicht auf die Nutzenfunktion des Livestors nicht zu bestimmen. Für die Bewertung des Untemehmens nach der Ertragswertmethode müßte man denjenigen maßgeblichen (risikoadäquaten) Zinssatz kennen, bei dem der Barwert der erwarteten Überschüsse der Vergleichsinvestitionen mit ihrem subjektiven Wert für den Investor statt mit ihrer (i.a. davon abweichenden) Anschaffungsauszahlung übereinstimmt. Ist flir diesen Zinssatz der Barwert der erwarteten Überschüsse der Altemativanlage höher als ihre Anschaffungsauszahlung, so bestimmt diese Auszahlung den Grenzpreis flir das Untemehmen. Ist die Anschaffungsauszahlung höher, so ist der Grenzpreis gleich dem Barwert der erwarteten Überschüsse. Bei unterschiedlichem Niveau der Erwartungswerte der Ausschüttungen des Untemehmens (der Entnahmen des Investors) und der Überschüsse der Alternativanlage (derselben Risikoklasse) wird das Bewertungsproblem komplexer. 54) Bei den folgenden Darstellungen geht es nicht dämm, die Überschüsse der Altemativanlage leerzuverkaufen, um die Ausschüttungen (Entnahmen) des Untemehmens zu hedgen. Vielmehr geht es um die Problematik der Ermittlung eines risikoangepaßten Zinssatzes im Sinne der Ertragswertmethode zur Ermittlung eines subjektiven Untemehmenswertes.
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Es gilt dann - wie bei sicheren Überschüssen - der folgende allgemeine Zusammenhang: Wenn auf der Basis des intemen Zinsfußes der Altemativanlage der Barwert der erwarteten Ausschüttungen des Untemehmens höher ist als der hierflir geforderte Preis, so ist zwar der inteme Zinssatz der Altemative „Kauf des Untemehmens" höher als der der Altemativanlage; man muß die erwarteten Ausschüttungen des Untemehmens mit einem Zinssatz diskontieren, der höher ist als der inteme Zinsfuß der Altemativanlage, um auf einen Barwert in Höhe der Anschaffungsauszahlung für das Unternehmen zu kommen. Daraus folgt aber nicht, daß auch der Kapitalwert der Altemative „Kauf des Unternehmens" höher ist. Je nach der Höhe des maßgeblichen (risikoadäquaten) Kalkulationszinsfußes kann er zum Beispiel auch negativ sein. Allgemein wäre der Rückgriff auf ein Bezugsobjekt der gleichen Risikoklasse dann sinnvoll, wenn es nicht um die Ermittlung eines subjektiven individuellen Grenzpreises ginge, sondern um die eines (virtuellen) Marktwertes des Untemehmens aus Sicht vieler Anteilseigner, und außerdem die Anschaffungsauszahlung für die Altemativanlage ein Marktwert wäre (und nicht ein beliebiger von einem Anbieter geforderter Preis), in dem die Präferenzen dieser Anteilseigner zum Ausdmck kommen. Die kapitalmarktbezogene Bewertungskonzeption kann gmndsätzlich nur dann auf die Ermittlung eines individuellen Grenzpreises übertragen werden, wenn folgende Bedingungen erfällt sind: 1. Bedingung: Der aus der Altemativanlage (der Vergleichsaltemative) hergeleitete risikoangepaßte Kalkulationszinsfuß bringt zum Ausdmck, wie der Investor tatsächlich die Überschüsse dieser Altemative bewertet, 2. Bedingung: Dieser Zinssatz ist unabhängig von deren Volumen auch für andere Livestitionen der gleichen Risikoklasse maßgeblich. Damit die erste Bedingung erfällt sein kann, muß (analog zu einer Marktwertbetrachtung) für die Vergleichsaltemative derjenige Zinssatz bestimmt werden, bei dem der Barwert der erwarteten Überschüsse mit dem subjektiven Wert dieser Überschüsse fär den hivestor (statt mit der relevanten Anschaffungsauszahlung) übereinstimmen. Dieser Wert ist jedoch nicht wie die Anschaffungsauszahlung bekannt, sondern muß erst noch ermittelt werden. Wenn der Livestor hierzu in der Lage ist, kann er allerdings analog direkt auch den Grenzpreis für das Unternehmen ermitteln. Bei der Bewertung der Vergleichsanlage ergeben sich im Prinzip die gleichen Probleme wie bei der Bewertung des Untemehmens, die man durch Anwendung der Ertragswertmethode und Herleitung des Kalkulationszinsfußes aus einer Altemativanlage zu umgehen bzw. zu vereinfachen sucht. Wäre der fär die Bewertung der Vergleichsanlage maßgebliche risikoangepaßte Zinssatz - aus welchen Gründen auch immer - bekannt, so könnte er bei abweichendem Niveau der Erwartungswerte der Überschüsse des Untemehmens von dem der Altemativanlage nur dann auch fär die Bewertung des Untemehmens herangezogen werden, wenn auch die zweite Bedingung erfällt wäre. Die von ihr geforderte Unabhängigkeit des risikoadäquaten Kalkulati-
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onszinsfußes einer Risikoklasse vom Volumen neuer Livestitionsprojekte mag zwar für deren Marktbewertung in einem Unternehmen mit vielen Anteilseignem mit quasi- konstanten Grenznutzenwerten gegeben sein. Hinsichtlich der Ermittlung eines subjektiven individuellen Grenzpreises ist diese Bedingung bei Risikoaversion (bei konkaver Nutzenfunktion) des Livestors jedoch verletzt. Dieser Grenzpreis ist (wie die Sicherheitsäquivalente der Überschüsse) auch bei gegebener Risikoklasse keine linear steigende Funktion des Niveaus der Erwartungswerte der Ausschüttungen, sondem eine konkave. (Es ist zu beachten, daß bei gegebener Risikoklasse mit steigendem Niveau der Erwartungswerte der Ausschüttungen deren Varianzen konvex steigen.) Entsprechend ist der risikoadäquate Kalkulationszinsfuß für die Untemehmensbewertung höher (niedriger), sofem das Niveau seiner Überschüsse höher (niedriger) ist als bei der Altemativanlage; das Problem ist nun allerdings, um welchen Betrag. Es zeigt sich, daß man bei der Ermittlung eines subjektiven individuellen Grenzpreises eines Untemehmens oder einer beliebigen anderen Investition nicht ohne explizite Anwendung eines Entscheidungskriteriums bei Risiko auskommt. Die theoretischen Grundlagen für diese Bewertung liefert die Entscheidungstheorie (BALLWIESER, 1990; BITZ, 1977; LAUX, 2005a), die sich auch mit der (experimentellen) Ermittlung von Nutzenfunktionen und der Vereinfachung von Entscheidungs- oder Bewertungskalkülen mit dem Ziele subjektiver Nutzenmaximierung befaßt.
9.
Problematik der Bewertung bei beschränkter Rationalität
Wie insbesondere in den Kapiteln VIII und IX gezeigt wurde, besteht flir verschiedene Kapitalmarktzusammenhänge bezüglich der Investitionsplanung in einem Untemehmen mit vielen Anteilseignem jeweils Einmütigkeit, so daß der subjektive Erwartungsnutzen aller Anteilseigner maximiert werden kann, indem der eines einzelnen Anteilseigners maximiert wird. Jedoch kann die Ermittlung einer Strategie, die direkt den Erwartungsnutzen maximiert, vor allem im Mehrperioden-Fall einen prohibitiv hohen Aufwand verursachen, so daß sich das Problem der Vereinfachung stellt. Eine verbreitete Vereinfachung besteht darin, die Bewertung der Überschüsse von Investitionsprojekten oder -Programmen auf der Basis der Marktwerte von Wertpapierportefeuilles vorzunehmen, mit denen diese Überschüsse dupliziert werden können. Dabei wird davon ausgegangen, daß in diesen Marktwerten die Präferenzen der Anteilseigner bezüglich der Projektüberschüsse bzw. deren Bewertungen ihren Niederschlag finden; es wird vorausgesetzt, daß die Anteilseigner nutzenmaximale Portefeuilleentscheidungen treffen - im Mehrperioden-Fall gemäß dem Prinzip der flexiblen Planung - also letztlich diejenigen Probleme lösen können, die man bei der untemehmensintemen Investitionsplanung zu umgehen sucht, indem eine marktwertorientierte Bewertung angestrebt wird (LAUX/VELTHUIS, 2004). Die Voraussetzung rationaler Bewertung durch die Anteilseigner ist im
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vollkommenen Kapitalmarkt annahmegemäß erfüllt, in dem unter der Spanning-Bedingung und unveränderlichen zustandsabhängigen Grenznutzenwerten zugleich auch Marktwertmaximierung und subjektive Nutzenmaximierung miteinander im Einklang stehen. Wenn jedoch die Anteilseigner auf Grund „beschränkter Rationalität" nicht in der Lage sind, hinreichend ,,gute" Portefeuilleentscheidungen zu fällen, fehlt grundsätzlich die strenge theoretische Basis, aus ihrer Sicht optimale Livestitionsentscheidungen im Unternehmen zu treffen, da dann in den Wertpapierpreisen (im Marktwert eines Duplikationsportefeuilles) nicht die Präferenzen der Anteilseigner zum Ausdruck kommen.^^) Die Problematik der Fundierung untemehmerischer Entscheidungen bei beschränkter Rationalität der Anteilseigner läßt sich bereits für den EinperiodenFall zeigen: Hierzu wird ein Anteilseigner betrachtet, der nach einem Zufallsprinzip Aktien des Unternehmens erworben hat. Nun werde im Unternehmen eine einperiodige Investition mit positivem Kapitalwert durchgeführt, für die die Spanning-Bedingung erflillt sei. Wird der betrachtete Anteilseigner über die zustandsabhängigen Überschüsse der hivestition informiert, so erzielt er bereits einen Vorteil, wenn er flir seinen Anteil daran ein Duplikationsportefeuille ermittelt, dieses (leer-)verkauft und den Erlös derart beliebig in Wertpapieren anlegt, daß die neue Wahrscheinlichkeitsverteilung über sein Vermögen am Ende der Periode die ursprüngliche dominiert. Er erzielt mit dem Projekt auch dann einen Vorteil, wenn er nicht fähig ist, mit dem Verkaufserlös ein „optimales" Portefeuille zu bilden. Die Argumentation setzt allerdings voraus, daß überhaupt ein (Duplikations-)Portefeuille existiert, dessen Wert zum Zeitpunkt 1 wie auch der Überschuß der Livestition eindeutig durch den dann eintretenden Zustand bestimmt ist. Diese Voraussetzung ist zwar erfällt, wenn das Duplikationsportefeuille nur Wertpapiere enthält, die ausschließlich zum Ende der Periode finanzielle Überschüsse abwerfen und diese eindeutig vom Zustand abhängen. Jedoch wird die Duplikation im allgemeinen nur unter Berücksichtigung solcher Papiere möglich sein, die nach dem Zeitpunkt 1 noch Überschüsse bieten, so daß der Wert des Duplikationsportefeuilles zum Zeitpunkt 1 auch davon abhängt, wie dann der „Markt" diese Überschüsse bewertet. Die Darstellungen behalten dann allerdings trotzdem ihre Gültigkeit, wenn die anderen Investoren auf dem Kapitalmarkt rationale Bewertungen vornehmen, so daß der Wert des Duplikationsportefeuilles zum Zeitpunkt 1 wiederum eindeutig von dem dann eintretenden Zustand abhängt. Werden nun aber auf Grund beschränkter Rationalität in gewissem Umfang willkürliche subjektive Bewertungen zukünftiger Überschüsse vorgenommen, bei denen die Marktwerte der Papiere zum Zeitpunkt 1 nicht eindeutig vom eintretenden Zustand abhängen, sondem in jedem Zustand auf Grund von ^^) Zur Problematik des Rückschlusses aus Marktwerten von Wertpapieren auf die Präferenzen der Anteilseigner im CAPM vgl. Kapitel XIII.
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„Störtermen" bezüglich der Bewertung streuen, so versagt die beschriebene Dominanzüberlegung. Der Grund ist letztlich der, daß bei mehr oder weniger zufallsabhängiger Bewertung zukünftiger Überschüsse durch den Markt gar kein Duplikationsportefeuille existiert, das flir die Bewertung riskanter Überschüsse im Unternehmen herangezogen werden kann. Die eingangs getroffene Annahme, wonach der Kapitalwert des Projekts „positiv" ist, verliert dann ihren Sinn: Wenn kein Duplikationsportefeuille existiert, kann damit auch nicht der Kapitalwert des Projekts (der Marktwert seiner möglichen Überschüsse abzüglich der Anschaffungsauszahlung) ermittelt werden. Das analoge gilt flir den Fall, daß die Investoren auf dem Kapitalmarkt zwar bei gegebenen Wahrscheinlichkeitsvorstellungen über zukünftige Überschüsse von Wertpapieren gemäß dem BERNOULLI-Prinzip rationale Entscheidungen treffen können, jedoch die Erwartungen ihrerseits mehr oder weniger zufallsabhängig sind und nicht konsistent durch die Entwicklung der Umweltzustände (der entscheidungsrelevanten Daten) bestimmt werden. Die beschriebene Problematik gilt in besonderem Maße flir den Mehrperioden-Fall. Hier ist eine Duplikation der Überschüsse eines Projekts oder Programms grundsätzUch nur über eine dynamische Portefeuillebildung möglich, wobei in vielfältiger Weise Portefeuilleumschichtungen relevant sind, bei denen die Erlöse und Kaufpreise von den jeweils gegebenen Marktwerten der zukünftigen Überschüsse der gehandelten Papiere abhängen. Es ist zu beachten, daß rationale Portefeuillebildung grundsätzlich impliziert, daß die Anteilseigner in der Lage sind, eine langfristige Portefeuillestrategie zu ermitteln, mit der sie den Erwartungswert des Nutzens ihres Konsumstroms maximieren. Dabei sind simultan mit dem Wertpapierbestand flir den Zeitpunkt 0 die zustandsabhängigen Konsumausgaben und die zukünftigen Portefeuilleänderungen zu planen.^^) Ein weiteres Problem tritt hinzu, wenn die Nutzenfunktionen der Anteilseigner nicht „stabil" sind, d.h. sich im Zeitablauf zufällig ändern können und dabei die Änderungen bei der Portefeuilleplanung nicht antizipierbar sind. Auch in diesem Fall sind die Wertpapierpreise in den zukünftigen Zuständen nicht eindeutig determiniert, so daß wieder keine Duplikationsmöglichkeit besteht. Eine eindeutige Abhängigkeit der Wertpapierpreise von den Zuständen setzt jedoch nicht voraus, daß sich die Nutzenfunktionen im Zeitablauf überhaupt nicht ändern dürfen. Sie können wie in Kapitel I, Abschnitt 5, erläutert wurde - zustandsabhängig sein. Auch zustandsabhängige Nutzenfimktionen gewährleisten (in Verbindung mit rationalem Verhalten) eindeutige Zusammenhänge zwischen Marktwerten und Zuständen. Bei der bisherigen Argumentation wurde das Hedgekonzept zugrunde gelegt, bei dem davon ausgegangen wird, daß bei Durchführung neuer Projekte ^^) Zu den sehr speziellen Voraussetzungen, unter denen ein riskantes Programm (hier Wertpapierportefeuille) einer Periode unabhängig von den riskanten Programmen für andere Perioden optimal bestimmt werden kann vgl. VELTHUIS (2004) und LAUX/VELTHUIS (2004).
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(bzw. Programme) ein Handel mit Wertpapieren durch die Anteilseigner ausgelöst wird, um die Projektüberschüsse in optimale Überschüsse im privaten Bereich zu transformieren. Nun wurde in Kapitel IX, Abschnitt 7, die Kompatibilität von Marktwert- und subjektiver Nutzenmaximierung gemäß dem Gleichgewichts-Konzept begründet: Wenn die Spanning-Bedingung erfällt ist, sind bei optimaler Portefeuillebildung im Gleichgewicht zustandsabhängige Grenznutzenwerte relevant, bei denen bezüglich neuer Investitionen die Marktwertmaximierung direkt zum maximalen Erwartungsnutzen für alle Anteilseigner führt, sofern sich ihre Grenznutzenwerte mit den neuen Investitionen nicht ändern; ein Handel mit Wertpapieren wird durch neue Projekte gar nicht ausgelöst. Dieses Konzept der Fundierung der Marktwertmaximierung würde natürlich bei beschränkter Rationalität der Anteilseigner ebenfalls versagen: Wenn sie nicht in der Lage sind, Portefeuillestrategien mit maximalem Erwartungsnutzen zu entwickeln und entsprechende Bewertungen der Wertpapiere vorzunehmen, spiegeln deren Preise auch nicht die für die Investitionsplanung maßgeblichen Grenznutzenwerte wieder. Es zeigt sich die Problematik rationaler Entscheidungen über riskante Maßnahmen im Unternehmen in einer Welt, in der die Anteilseigner keine hinreichend guten Portefeuilleentscheidungen treffen können. Man mag einwenden, dann habe der Entscheidungsträger in dem Sinne rationale Entscheidungen zu treffen, daß er der beschränkten Rationalität der Anteilseigner Rechnung trägt. Hierbei ergeben sich jedoch folgende offene Probleme: 1. Wie soll der Entscheidungsträger vom Standpunkt der Anteilseigner optimale Entscheidungen treffen, wenn sie nicht in der Lage sind, ihre Risikopräferenzen hinreichend zu offenbaren (weder implizit über die Bewertung von Wertpapieren noch explizit durch Charakteristik ihrer Nutzenfunktionen)? 2. Wie soll der Entscheidungsträger dem Verbund mit den Portefeuillerisiken der Anteilseigner Rechnung tragen, wenn sie ihre Portefeuilles mehr oder weniger zufallsbedingt bilden und in Zukunft zufallsbedingt ändern? Wie zu Beginn des Abschnitts betont wurde, soll der Rückgriff auf Duplikationsportefeuilles dazu dienen, die Bewertung von Investitionen durch den Entscheidungsträger zu vereinfachen. Die Identifizierung solcher Portefeuilles ist auch dann problematisch, wenn zwar die Anteilseigner rationale Portefeuilleentscheidungen treffen und Duplikationsportefeuilles existieren, jedoch der Entscheidungsträger seinerseits sein Investitionskalkül vereinfacht, indem er nur wenige Umweltentwicklungen berücksichtigt und für diese die Projektüberschüsse auch nur mehr oder weniger pauschal schätzt; er hat dann nur einen begrenzten Informationsstand zur Beurteilung, welches Portefeuille als Duplikationsportefeuille in Betracht kommt. Die Problematik der Bewertung bei beschränkter Rationalität sollte jedoch keinen Anlaß zur Resignation geben. Es ist klar, daß bei komplexen (langfristigen) Entscheidungsproblemen mit vielen möglichen Umweltentwicklungen keine rationalen Entscheidungen im strengen Sinne (des BERNOULLI-Prinzips)
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Kapitel XII
getroffen werden können. Vielmehr sind sowohl bei privater Portefeuilleplanung als auch bei untemehmerischen Investitionsentscheidungen erhebliche Vereinfachungen geboten, um die komplexen Probleme in den Griff zu bekommen, wobei Vereinfachungen immer nur in der Weise vorgenommen werden können, daß ihre Vorteilhaftigkeit nicht modellendogen überprüft wird, da andernfalls wieder die Komplexität resultieren würde, die man gerade reduzieren will.^^) Trotzdem müssen Vereinfachungen nicht willkürlich bzw. theorielos sein. Die theoretischen Modelle geben Orientierungshilfe, indem sie zeigen, welche Zusammenhänge bewertungsrelevant sind und in welcher Weise (Markt-) Werte von ihren Determinanten abhängen. Auf der Grundlage dieser Modelle kann auch darüber entschieden werden, welche zusätzlichen Informationen (auch über Ergebnisse empirischer Kapitalmarktforschung) beschafft werden sollen, bevor Vereinfachungen bzw. Modifikationen der Modellstrukturen vorgenommen werden. Im übrigen können Modelle auch Hinweise darauf geben, ob und aus welchen Gründen bestimmte Wertpapiere überbewertet (oder unterbewertet) sind, etwa die Aktien von Unternehmen, die keine Gewinne erzielen, sondem nur Versprechen auf die Zukunft abgeben. Gegebenenfalls werden dann Marktwerte virtuell korrigiert, um zu angemessenen Bewertungen von Investitionsprojekten zu kommen. Die allgemeine Bedeutung theoretischer Modelle zeigt sich auch darin, daß sie - wie im nächsten Kapitel für das CAPM deutlich wird - weitgehend Eingang in die Praxis der Untemehmensbewertung, der Planung und wertorientierten Untemehmensfährung gefunden haben. Bei Anwendung des CAPM besteht das Kernproblem der Bewertung darin, geeignete Beta-Faktoren zu identifizieren. Bei der expliziten Orientierung an Duplikationsportefeuilles konzentriert sich die Bewertung von Investitionsprojekten mehr oder weniger planungsintensiv auf die folgenden Fragestellungen bzw. Aufgaben: - Charakteristik der Risikoklasse: Welche nicht beeinflußbaren Daten sind entscheidungsrelevant und welche Erwartungswerte und Streuungen weisen sie auf? Welche Auswirkungen ergeben sich hieraus in Verbindung mit den im Rahmen der Projekte geplanten Maßnahmen für die Erwartungswerte und Streuungen der Überschüsse? Fällt ein Projekt in (annähernd) die gleiche Risikoklasse wie ein anderes Projekt im eigenen oder in einem anderen Unternehmen, oder in die gleiche Risikoklasse wie das eigene oder ein anderes Untemehmen als Ganzes oder in die Risikoklasse einer Branche? - Zurechnung eines aktuellen Marktwertes: Kann der fär die Diskontierung der erwarteten Überschüsse eines Projekts maßgebliche risikoangepaßte Kalkulationszinsfiiß direkt geschätzt werden? Eine direkte Schätzung ist zum Beispiel dann möglich, wenn das Projekt in dieselbe Risikoklasse fällt 57) Zu Problemen der Komplexitätsreduktion vgl. BALLWIESER (1981); LAUX (2005a, Kapitel XII).
Bewertungs- und Planungskalküle im Licht der Kapitalmarkttheorie
397
wie ein Unternehmen, dessen Marktwert und dessen erwarteten zukünftigen Überschüsse bekannt sind bzw. verläßlich geschätzt werden können. Der Kalkulationszinsfuß ergibt sich dann als interner Zinsfuß, bei dem der Barwert der Erwartungswerte dieser Überschüsse mit dem Marktwert dieses Untemehmens übereinstimmt. Wenn keine direkte Schätzung möglich ist, kann dann eine indirekte vorgenommen werden? Diese ist zum Beispiel dann geboten, wenn das Projekt in die dieselbe spezifische Risikoklasse fällt wie ein anderes Projekt innerhalb eines Untemehmens. Es stellt sich dann bei der Ermittlung eines risikoangepaßten Zinssatzes als marktbezogenem intemem Zinsfuß das Problem, den Beitrag des Projekts zum Marktwert des Untemehmens und seiner Überschüsse zu schätzen. Möghcherweise kann eine bereits laufende Investition mit bekanntem Marktwert identifiziert werden, deren Überschuß das x-fache des Überschusse des zu bewertenden Projekts ist. Es erübrigt sich dann eine Diskontiemng; der Marktwert des Projekts ist das - -fache des Marktwertes der Vergleichsinvestition. - Korrektur des zugerechneten aktuellen Marktwertes: Der einem Projekt zugerechnete aktuelle Marktwert ist nur dann als Entscheidungsgrandlage geeignet, wenn die aktuellen Marktwerte, aus denen er hergeleitet wurde, hinreichend „verläßlich" sind. Verzerrungen dieser Marktwerte können aus Fehlbeurteilungen der zugrande liegenden erwarteten Überschüsse und ihrer Risiken durch den Markt und/oder aus „Fehlbewertungen" wiederam durch den Markt resultieren. Es ergeben sich somit folgende Fragestellungen: Soll die Entscheidung über ein Projekt hinausgeschoben werden, bis verläßlichere Marktwerte bekannt sind? Sollen die Entscheidungen sofort auf der Basis einer bestimmten Modifikation des zugerechneten aktuellen Marktwertes erfolgen? Bei allen Fragestellungen bzw. Aufgaben sind subjektive Ermessensentscheidungen des Entscheidungsträgers unausweichlich; objektivierte Bewertungen sind auch bei der Orientierang an Marktwerten nur in engen Grenzen möglich. Der Marktwert eines Investitionsprojekts ist als Beurteilungsgrandlage nicht generell verläßlicher als der im Rahmen eines subjektiven Bewertungskalküls ermittelte individuelle Grenzpreis eines Untemehmens (Abschnitt 8). Wer die Ermittlung eines am Erwartungsnutzen orientierten subjektiven Grenzpreis pauschal mit dem Argument beschränkter Rationalität in Frage stellt, sollte auch nicht darauf vertrauen, daß einem „der Markt" die Bewertungsprobleme abnimmt; nicht „der Markt" ist Bewertungsinstanz, sondem die Investoren, die darauf agieren.
398
Kapitel XII
Ergänzende und vertiefende Literatur: BALLWIESER (1981; 1994; 1995; 1998; 2002a; 2002b; 2004); BLACK (1988); BöCKiNG/NowAK (1998); BRENNEN (1973); BREUER (1998, S. 153ff.); COPELAND/KOLLER/MURRIN (1993; 1994); DIRRIGL (1994; 2003); DIXIT/PINDYCK (1994); DRUKARCZYK (2003C); EWERT/WAGENHOFER (2003, S. 511-581); FAMA (1996); FRANKE (1984; 1998); FISCHER /HAHNENSTEIN/HEITZER (1999); GEBHARDT/DASKE (2004); HAX (1993); HERING (2000); HOMMEL/BRAUN (2002); HACHMEISTER (1995; 1998); INGERSOLL (1987, S. 220-297); KRUSCHwiTZ (2001); LAUX, C. (1993); LAUX (1971b; 1971c; 1999a); LAUXA/ELTHUIS (2004); MOXTER (1983); NIPPEL (1997); RAPPAPORT (1986); RICHTER (1999); Ross (1978); ROSSAVESTERFIELD/JAFFE (1996, S. 166-198); SCHWETZLER (2000a; 2000b), SiCK(1986); STEINERAVALLMEIER(1999); TRIGEORGIS (1995; 1996); VAN HORNE (1995).
XIIL
1.
Prognose der Überschüsse und Ermittlung eines risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes im Shareholder Value Ansatz
Problemstellung
In der Praxis werden einzelne Investitionsprojekte oder ganze Unternehmen in der Regel durch Diskontierung der Erwartungswerte zukünftiger Überschüsse mit einem risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß bewertet (Risikozuschlags-Methode). Entsprechend dient diese Bewertungskonzeption auch als Basis für die wertorientierte Unternehmensführung. Dabei stellen sich zwei Grundprobleme, die Prognose der Wahrscheinlichkeitsverteilungen der bewertungsrelevanten Überschüsse und die Ermittlung bzw. Schätzung des risikoadäquaten Zinssatzes. Zwischen beiden Problemen bestehen enge Interdependenzen. Es genügt zum Beispiel nicht, die Erwartungswerte der Überschüsse zu prognostizieren. Vielmehr muß die jeweilige Risikostruktur analysiert werden, um ihr im Kalkulationszinsfuß Rechnung tragen zu können. Da der Shareholder Value des Unternehmens oder einzelner Projekte auf Grund untemehmensintemer Informationen bzw. Erwartungen ermittelt wird, handelt es sich i.a. um einen virtuellen Marktwert, der sich erst bei entsprechenden Informationen des Kapitalmarktes in einem Börsenwert niederschlägt. Bei der Ermittlung eines virtuellen Marktwertes sind Vereinfachungen unumgänglich. Im folgenden sollen jene Grundformen der Vereinfachung diskutiert werden, die im Shareholder Value Ansatz vorgenommen werden. Wie bereits in Kapitel XII erläutert wurde, werden im Rahmen dieses Ansatzes i.a. die zukünftigen erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs, die Free Operating Cash Flows, mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz k^ diskontiert.^) (Möglicherweise erfolgt eine Differenzierung nach verschiedenen Geschäftsbereichen des Untemehmens; davon wird im folgenden jedoch abgesehen; die Darstellungen gelten für diesen Fall analog.) Dieser Zinssatz wird wie im folgenden näher erläutert wird - aus dem einperiodigen CAPM hergeleitet, wobei implizit unterstellt wird, daß er die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erflillt. Zugleich wird davon ausgegangen, daß dieser Zinssatz auch fiir neue Projekte bewertungsrelevant ist, also auch die Bedingung der Projekteinheitlichkeit erfüllt ist, d.h. alle Überschüsse des Leistungsbereichs in dieselbe Risikoklasse fallen. Die Annahme einer gegebenen Risikoklasse soll 1)
Der Marktwert Mon ergibt sich gemäß (XII. 1), indem zu dem betreffenden Marktwert MZÜLon der Marktwert des Finanzbereichs ohne Fremdkapital sowie der Marktwert des neutralen Vermögens addiert und das Fremdkapital FKQH subtrahiert wird.
400
Kapitel XIII
hier nicht weiter problematisiert werden (vgl. hierzu Kapitel XII, Abschnitt 6). Wie in Abschnitt 2 gezeigt wird, erleichtert sie nicht nur die Bewertung, sondern auch die Prognose der bewertungsrelevanten Überschüsse. Im Vordergrund der Darstellungen steht die Problematik der empirischen Ermittlung des risikoangepaßten Zinssatzes k^ (Abschnitt 3). Er wird im Rahmen des Shareholder Value Ansatzes als gewogener Durchschnitt aus den Kostensätzen für das Eigenkapital und das Fremdkapital berechnet (Weighted Average Cost of Capital, WACC), wobei der Eigenkapitalkostensatz und möglicherweise auch der Fremdkapitalkostensatz (vereinfachend) in Anlehnung an das einperiodige CAPM ermittelt werden (Abschnitt 3.1.). Die Gewichte für den Eigen- und den Fremdkapitalkostensatz werden durch die Kapitalstruktur (FKon/Mon) bestimmt. Da von dieser Kapitalstruktur auch der Eigenkapitalkostensatz abhängt, stellt sich das Problem einer widerspruchsfreien Erfassung der Kapitalstruktur: Die Ermittlung von kj^ als gewogener durchschnittlicher Kapitalkostensatz ist allenfalls dann zielführend, wenn die für den Eigenkapitalkostensatz maßgebliche Kapitalstruktur mit derjenigen übereinstimmt, die auch bei der Gewichtung der beiden Kapitalkostensätze zugrunde gelegt wird. Wie verdeutlicht wird, können sich Fehler auf Grund unterschiedlicher Kapitalstrukturen vor allem dann ergeben, wenn der Eigenkapitalkostensatz empirisch aus früheren Aktienrenditen hergeleitet wird. In Abschnitt 3.2 wird gezeigt, daß Probleme einer veränderlichen Kapitalstruktur umgangen werden können, indem kj^ in Analogie zur CAPM-Renditegleichung für die Aktien des Unternehmens direkt (empirisch) ermittelt oder geschätzt wird. In Abschnitt 4 wird der Entity-Ansatz mit dem Equity-Ansatz insbesondere vor dem Hintergrund des Irrelevanztheorems der Finanzierung von MODIGLIANI und MILLER (1958) verglichen. Dabei wird u. a. deutlich, daß bei gegebener Risikoklasse der Überschüsse des Leistungsbereichs die (für den Shareholder Value Ansatz charakteristische) Entity-Variante grundsätzlich einfacher zu handhaben ist als die Equity-Variante. Abschnitt 5 befaßt sich mit der Problematik der Erfassung von Gläubigerrisiken und Abschnitt 6 von Ertragsteuem bei der Ermittlung von k^. Dort wird auch ein Steuerungssystem beschrieben (die zinsbereinigte Einkommensteuer), das keinen Einfluß auf kj^ hat und nur eine geringfügige Modifikation der Bewertungskonzepte ohne Steuern erfordert. Die Popularität des Shareholder Value Ansatzes resultiert nicht nur aus der Einfachheit seiner Bewertungskonzeption, sondern auch daraus, daß er die individuelle Marktwertmaximierung als eine für alle Anteilseigner sinnvolle Zielsetzung propagiert. Jedoch ist im CAPM, das als theoretische Grundlage für die Ermittlung der Kapitalkosten im Rahmen des Shareholder Value Ansatzes dient, die individuelle Marktwertmaximierung keine selbstverständliche Zielsetzung. Wie in Kapitel XI gezeigt wurde, bestehen insbesondere dann Konflikte zwischen ihr und subjektiver Nutzenmaximierung, wenn sich auf Grund veränderlicher Nutzenfunktionen der Kapitalmarkt in einem Übergang
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
401
ZU einem neuen Gleichgewicht befindet. In der Realität werden anders als im CAPM Portefeuilleumschichtungen auch dadurch ausgelöst, daß (keine homogenen Erwartungen bestehen und) sich die Erwartungen von Anteilseignem in unterschiedlicher Weise ändem, woraus auch bei unveränderlichen Nutzenfunktionen Konflikte resultieren können. hl einer Welt, in der das Ziel individueller Marktwertmaximierung allgemein als sinnvoll angesehen wird, kann sich allerdings der „Entscheidungsträger" (zum Beispiel der Vorstand) eines Untemehmens kaum diesem Ziel entziehen. Er wird daran gemessen, in welchem Umfang er (Markt-)Werte generiert. Da die Anteilseigner virtuelle Marktwerte (Marktwerte im Licht der Liformationen der Entscheidungsträger) nicht unmittelbar beobachten können, haben reale Marktwerte als Lidikator flir die Qualität des Managements große Bedeutung. Trotzdem ist die direkte und kurzfristige Orientierung an realen Marktwerten nicht im Sinne der Anteilseigner. Es besteht dann die Tendenz, daß der Entscheidungsträger nicht die Strategie wählt, die im Licht seines (überlegenen) Liformationsstandes den höchsten Wert generiert, sondem diejenige, die im Urteil des Marktes kurzfristig als vorteilhaft erscheint. Bei Orientierung an realen Marktwerten ist von besonderer Bedeutung, daß die Anteilseigner früh über Maßnahmen und Pläne informiert werden. Jedoch resultieren Grenzen der Liformation daraus, daß überprüfbare und gehaltvolle Liformationen Reaktionen von potentiellen Konkurrenten auslösen können, bei denen die Überschüsse, über die informiert wird, nicht erzielt werden. Aus Sicht der Anteilseigner kann es daher vorteilhaft sein, nur bruchstückhaft über Maßnahmen und Pläne informiert zu werden. Dann schlägt sich aber die Qualität von Maßnahmen und Plänen nicht direkt in realen Marktwerten nieder, so daß virtuelle Marktwerte für die Untemehmensplanung besondere Bedeutung haben. Li der Regel ist auch der virtuelle Marktwert gemeint, wenn von Shareholder Value die Rede ist. Da solche Marktwerte von den Anteilseignem nicht direkt beobachtbar sind, haben sie als Kontrollbasis flir die Anteilseigner kaum direkte Bedeutung. Es stellt sich dann das Problem, ein Anreizsystem zu schaffen, bei dem der Entscheidungsträger einen Vorteil erzielt, wenn er im Licht seiner überlegenen Liformationen aus Sicht der Anteilseigner gute Entscheidungen trifft und sich nicht nur an gegenwärtigen, sondem auch an zukünftigen realen Marktwerten orientiert (Teil F). Ln Vordergrund der folgenden Darstellung steht die Ermittlung virtueller Marktwerte. Wie im Shareholder Value Ansatz bleibt offen, wie (konkret) Anteilseigner über die Entscheidungen informiert werden sollen und wie der Marktwert der Aktien des Untemehmens (kurzfiistig) auf die Entscheidungen reagiert. Die Maximierung des virtuellen Marktwertes ist vor allem aus Sicht jener Anteilseigner sinnvoll, die längerfiistig am Untemehmen beteiligt sind und weder Aktien des Untemehmens kaufen noch verkaufen; sie partizipieren entsprechend an den Projektüberschüssen. Bei kurzfiistigem Verkauf kann es flir die betreffenden Anteilseigner vorteilhaft sein, nicht das Programm mit dem höchsten virtuellen Marktwert der Aktien des Untemehmens zu realisieren,
402
Kapitel XIII
sondern ein Programm mit kurzfiistig höherem realem Marktwert, weil dann ein höherer Verkaufserlös erzielt wird. Umgekehrt kann fiir Anteilseigner, die Aktien kaufen wollen, ein Programm mit niedrigerem realem Marktwert vorteilhaft sein. Zur Bedeutung eines Kaufs bzw. Verkaufs von Aktien des Unternehmens fiir die Vorteilhaftigkeit von Investitionen vgl. Kapitel XI, Abschnitt 5.
2.
Prognose der Überschüsse
Bei der Bewertung des Unternehmens oder einzelner Investitionsprojekte mit Hilfe eines risikoangepaßten Zinssatzes genügt es nicht, nur die Erwartungswerte der betreffenden Überschüsse zu schätzen. Auch deren Risikostruktur ist zu beurteilen, um einen adäquaten risikoangepaßten Zinssatz ermitteln zu können. Im Fall divergierender Risikostrukturen müßte diese Beurteilung bei der Investitionsplanung und möglicherweise auch bei der Untemehmensbewertung projektspezifisch oder zumindest spezifisch für verschiedene Untemehmensbereiche vorgenommen werden. Die möglichen zukünftigen Überschüsse des Unternehmens oder eines Untemehmensbereichs hängen ab von den möglichen Umweltentwicklungen (Entwicklungen der relevanten Zustände) und den Maßnahmen, die jeweils ergriffen werden. Zukünftige Maßnahmen sind aber zum großen Teil allenfalls in Form von Globalplänen zustandsabhängig festgelegt, wodurch die Schätzung der zukünftigen Überschüsse erheblich erschwert wird. Darüber hinaus ist im (Markt-) Wert des Untemehmens dasjenige Erfolgspotential zu erfassen, das aus Überschüssen solcher Projekte resultiert, die möghcherweise in Zukunft gefunden bzw. „erfunden" und in das Programm aufgenommen werden. Sowohl die Schätzung der Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Umweltentwicklungen als auch die Schätzung der zugehörigen Überschüsse des Untemehmens ist subjektiv und daher nicht manipulationsfrei. Selbst die Prognose der Überschüsse eines konkreten Investitionsprojekts ist subjektiv. Eine Prognose zukünftiger Überschüsse beruht zwar im allgemeinen auf den Ausprägungen beobachtbarer (Wert-) Indikatoren, wie zum Beispiel reaUsierten Überschüssen, Deckungsbeiträgen, Absatzmengen, Marktanteilen, Bekanntheitsgrad und Qualität der Produkte, technischer Stand der Produktionsanlagen, Kostenstrukturen und Renditen im betrachteten und in anderen Untemehmen. Aber die Rückschlüsse, die daraus gezogen werden, sind subjektiv geprägt; auch wenn verschiedene Personen dieselben Indikatoren zugrunde legen, können ihre Prognosen erhebhch voneinander abweichen. Da die genauere Schätzung der zustandsabhängigen Überschüsse vor allem bei mehrperiodigem Planungszeitraum einen hohen Planungsaufwand verursacht, stellt sich das Problem der Vereinfachung. Wie erläutert wurde, wird im Shareholder Value Ansatz i.a. vereinfachend davon ausgegangen, daß die Überschüsse des Leistungsbereichs des gesamten Untemehmens einer Risikoklasse angehören, für die ein einheitlicher risikoangepaßter Zinssatz maßgebhch ist. (Die Darstellungen gelten analog für den Fall, daß Untemehmens-
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
403
bereiche mit unterschiedlichen Risikoklassen und risikoangepaßten Zinssätzen zugrunde gelegt werden.) Bei gegebener Risikoklasse müssen die zukünftigen Projektüberschüsse nicht explizit zustandsabhängig prognostiziert werden. Es genügt, deren Erwartungswerte zu schätzen. Werden die erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs ohne oder mit neuen Projekten mit dem gegebenen risikoangepaßten Zinssatz diskontiert, ergibt sich bei „richtiger" Ermittlung des Kalkulationszinsfußes deren (virtueller) Marktwert. Man erhält den Wert des gesamten Unternehmens, indem der zum Zinssatz r angelegte Kapitalbetrag, der Marktwert vorhandener riskanter Wertpapiere und die Marktwerte anderer nicht betriebsnotwendiger Vermögensgüter hinzuaddiert werden. Nach Subtraktion des Fremdkapitals ergibt sich der Marktwert der Aktien (der Shareholder Value). Die Ermittlung des Shareholder Value durch ganzheitliche Ermittlung des Wertes des Unternehmens und Subtraktion des Fremdkapitals, die als EntityAnsatz bzw. als Bruttoansatz bezeichnet wird, ist flir den Shareholder Value Ansatz charakteristisch. Der grundlegende Vorteil der unmittelbaren Diskontierung der erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs (statt der erwarteten Ausschüttungen) besteht darin, daß der hierfür maßgebliche Kalkulationszinsfuß unabhängig davon ist, welche Risiken für den neutralen Bereich und den Finanzbereich maßgeblich sind und wie zukünftige Überschüsse über Anlage bzw. Aufnahme von Kapital zum risikolosen Zinssatz (oder andere zukünftige Kapitalmarkttransaktionen) in Ausschüttungen transformiert werden, welche Ausschüttungspolitik also gewählt wird. Da diese Transformationen unter den getroffenen Voraussetzungen, die die Irrelevanz der Ausschüttungspolitik implizieren, den Shareholder Value ohnehin nicht beeinflussen, müssen sie auch nicht explizit berücksichtigt werden. Dagegen wird beim Equity-Ansatz der Shareholder Value direkt ermittelt, indem die zukünftigen erwarteten Ausschüttungen des Untemehmens mit einem risikoangepaßten Kalkulationszinsfiiß diskontiert werden. Hierbei muß berücksichtigt werden, daß die Risikostruktur des Ausschüttungsstromes nicht nur von den Risikostrukturen der Überschüsse des Leistungsbereichs, des Finanzbereichs und des neutralen Bereichs, sondem auch von der Ausschüttungspolitik abhängt. Entsprechend ist auch der Ausschüttungspolitik Rechnung zu tragen, um denrisikoadäquatenZinssatz schätzen zu können (Kapitel Xu, Abschnitt 6.7, und Kapitel XIV, Abschnitt 4). Grundsätzhch ist (insbesondere bei gegebener Risikoklasse der Überschüsse des Leistungsbereichs) der Equity-Ansatz komplexer und mithin anfälliger flir Fehleinschätzungen als der Entity-Ansatz. Im folgenden wird zunächst der Entity-Ansatz näher betrachtet. Sind flir den gesamten Untemehmenswert nur die zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs sowie der zum Zinssatz r angelegte Betrag ABQJ^ relevant, werden also zum Zeitpunkt 0 keine riskanten Wertpapiere oder andere nicht betriebsnotwendige Vermögensgüter gehalten, so wird gemäß den Darstellungen in Kapitel Xu, Abschnitt 2.3 und 6.1, der Shareholder Value MQH wie folgt ermittelt:
404
Kapitel XIII
(XIILl)
Mon = S a + k J - t t=l
.E(ÜLtn)-FKon+ABon.
= MZÜLon
und FKQJ^ beziehen sich auf den Zeitpunkt 0 unmittelbar nach der Ausschüttung Üon und Realisation des Überschusses ÜLon- Für den Zeitpunkt 0 muß folgende Budgetgleichung gelten: ABQJJ
Üon = ÜLon + (l + r)-(AB_i^n-FK_i,n) + FKon - ABon • = Geldvermögen GVon zum Zeitpunkt 0 FK_i ^ bzw. AB_i n bezeichnen den zum Zeitpunkt -1 (dem Beginn der Periode, die dem Zeitpunkt 0 vorausgeht) zum Zinssatz r aufgenommenen bzw. angelegten Kapitalbetrag. Entsprechend bezeichnet GVon = (1 + r) • (AB_i ^ ~ FK_i ^) das Geldvermögen vor den Zahlungsvorgängen Üon? ÜLon, FKo^ und ABon- hi der Budgetgleichung wird ohne Einschränkung der Allgemeinheit davon ausgegangen, daß das Geldvermögen im Zeitpunkt 0 zu einer Einzahlung (wenn es positiv ist) oder zu einer Auszahlung (wenn es negativ ist) führt, die Anlage bzw. Aufnahme zum Zinssatz r also wie häufig in dieser Arbeit einperiodig ist. Wird die Budgetgleichung zu (XIILl) addiert, so folgt für den Marktwert der Aktien zum Zeitpunkt 0 unmittelbar vor der Ausschüttung ÜQH' Mon + Üon = I (1 + KT' • E(ÜLtn) + ÜLon + (1 + r) • (AB_i^^ - FK_i^ J . t=l
^—. = Marktwert aller Überschüsse des Leistungsbereichs
'
^
=GVon
Da AB_i ^ und FK_i ^ gegebene Größen sind, wird der Marktwert Mon+Üon maximiert, indem der Marktwert aller Überschüsse des Leistungsbereichs (einschließlich ÜLQH) maximiert wird. Es zeigt sich auch hier wieder: Ein zum Zeitpunkt 0 durchführbares Projekt ist (bei einem von der Kapitalstruktur unabhängigem Zinssatz kj^) unabhängig von der Finanzierung vorteilhaft, wenn der Marktwert seiner zukünftigen Überschüsse abzüglich der Anschaffungsauszahlung positiv ist; entsprechend steigt mit dem Projekt der Marktwert MQJ^+ÜQH ^^^ Aktien des Unternehmens als Zielgröße.2)
2)
Wird das Unternehmen zum Zeitpunkt 0 gegründet, gilt FK_i ^ = AB_j n "^ ^- Außerdem ist dann ÜLQJ^ negativ, wobei dessen Betrag |ÜLQJ^| mit der Anschaffüngsauszahlung des gesamten Investitionsprogramms übereinstimmt. MQJ^ + ÜQJ^ ist dann gleich dem Marktwert der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs abzügHch der Anschaffungsauszahlung |ÜLQJ^|.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
405
Sowohl bei der Untemehmensbewertung als auch bei der Bewertung einzelner Projekte stellt sich das Problem der Prognose zukünftiger Überschüsse im Leistungsbereich. Die subjektive Prognose der Erwartungswerte der Überschüsse ÜL^j^, ÜL2nv?ÜLjn ohne oder mit neuen Projekten ist tendenziell um so schwieriger, je globaler die vorliegenden Produktions-, Absatz- und Investitionspläne für die zukünftigen Perioden sind. Insbesondere, wenn T groß ist (oder ex ante gar kein Liquidationszeitpunkt vorgesehen ist, so daß T im Prinzip gegen unendlich geht), sind erhebliche Vereinfachungen geboten. Die Vereinfachung kann in der Weise erfolgen, daß nur die erwarteten Überschüsse bis zu einem Zeitpunkt t*
*
--
*
(XIIL2) MZÜLon+ÜLon = Z(l+kn)"^E(ÜLtn)+(l+kn)"^ .MZÜLt*n. t=0
MZÜL^Hcj^ kann zum Beispiel in der Weise vereinfachend ermittelt werden, daß flir jeden Zeitpunkt nach t* derselbe erwartete Uberschuß E(ÜLjj) unterstellt wird, E(ÜLt*-fl,n) = E(ÜLt*4-2,n) =...= E(ÜLT,n) = E(t)Ln), und dessen Barwert mit der Rentenbarwertformel ermittelt wird. Wird davon ausgegangen, daß T gegen unendlich geht, gilt flir den Barwert bezogen auf den Zeitpunkt t*:
Der Uberschuß des Leistungsbereichs kann entweder direkt oder indirekt ermittelt oder geschätzt werden. Im zweiten Fall wird der Uberschuß aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung abgeleitet (vgl. COPELAND/ KOLLER/MURRIN, 1994, S. 154ff; TAETZNER, 2000, S. 79ff und die dort angegebene Literatur), wobei zukünftige Überschüsse auf Grund von Planbilanzen und Planerfolgsrechnungen prognostiziert werden {Ertragswertverfahren). Die indirekte Ermittlung wird oft mit dem Argument gerechtfertigt, daß sie einfacher sei als die direkte. Bei der indirekten Methode kann der Uberschuß wie in Abbildung Xin. 1 dargestellt berechnet werden (in enger Anlehnung an TAETZNER, 2000, S. 80). Zwar kann bei vorliegender (Bilanz und) Gewinn- und Verlustrechnung flir die laufende oder eine fiiihere Periode die indirekte Ermittlung des finanziellen Überschusses dieser Periode einfacher sein als die direkte. Jedoch sind flir die
406
Kapitel XIII
indirekte Prognose der Überschüsse zukünftiger Perioden Planerfolgsrechnungen flir diese Perioden relevant. Die indirekte Prognose dieser Überschüsse wird kaum einfacher sein als die direkte, sofern die Planerfolge erst zum Zweck der Prognose explizit aus geplanten Zahlungsströmen hergeleitet werden müssen. Einerseits beruhen dann die Planerfolgsrechnungen auf den betreffenden Zahlungsströmen. Andererseits sind diese Erfolgsrechnungen wieder gemäß Abbildung XHI.l zu modifizieren, um geplante Überschüsse zu erhalten. Jahresüberschuß bzw. Jahresfehlbetrag^) + Abschreibungen (./. Zuschreibungen) + alle sonstigen zahlungsunwirksamen Aufwendungen ./. alle zahlungsunwirksamen Erträge + (Netto-)Zinszahlungen (Zinsaufwendungen - Zinserträge) ./. Investitionsausgaben für Anlagevermögen (+Erlöse für Desinvestitionen) ./. Zunahme (+ Abnahme) des Working Capital^) = finanzieller Überschuß des Leistungsbereichs
Abb. XIII.l: Indirekte Ermittlung des Überschusses des Leistungsbereiches Die Problematik läßt sich in einfacher Weise für Neuinvestitionen verdeutlichen. Damit die entsprechenden Abschreibungen ermittelt werden können, müssen die Anschaffungsauszahlungen prognostiziert werden. Da die Abschreibungen nicht direkt auszahlungswirksam sind, werden sie sodann wieder gemäß Abbildung XIILl zu den prognostizierten Periodenerfolgen hinzuaddiert, um die Überschußrechnung nicht zu verfälschen. Außerdem wird flir die hivestitionsperiode gemäß Abbildung XIILl die Anschaffungsauszahlung explizit erfaßt. Nur diese Zahlung ist letztlich maßgeblich. Die Abschreibungen und entsprechenden Zuschreibungen stellen hier tautologische Umformungen ohne jeglichen Informationswert dar, so daß Planbilanzen und Planerfolgsrechnungen keine „realistischeren" Prognosen gewährleisten als die direkte Schätzung der Überschüsse.^) Solche Rechenwerke können allerdings dann Orientierungshilfe flir die Schätzung von Überschüssen bieten, wenn sie bereits erstellt worden sind und der (externe) Bewerter zwar die geplanten Investitionsausgaben kennt, jedoch 3)
4) 5)
Wenn Vermögen vorhanden ist, das nicht betriebsnotwendig ist, wird es in einem gesonderten Kalkül erfaßt. Der Jahresüberschuß bzw. Jahresfehlbetrag darf dann nur das operative Ergebnis enthalten. Das Working Capital umfaßt vor allem Vorratsvermögen sowie Halb- und Fertigfabrikate. Zur Begründung der Verwendung von Planbilanzen vgl. HACHMEISTER (1995, S. 70f).
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
407
ansonsten keinen Zugang zu den zugrunde liegenden Zahlungsvorgängen hat. Möglicherweise können Planbilanzen und Planerfolgsrechnungen auch in relativ einfacher Weise ohne explizite Planung von Zahlungsströmen direkt erstellt werden, etwa durch „Fortschreibung" oder Modifikation von Vergangenheitswerten. Werden jedoch die Erfolge konzeptionell „richtig" ermittelt, dann erübrigt sich deren Umrechnung in Überschüsse. Wie in Kapitel XIV, Abschnitt 4, gezeigt wird, kann dann die kapitalmarktorientierte Untemehmensbewertung und die Investitionsplanung unmittelbar auf Grund der zukünftigen Erfolge (Residualgewinne) vorgenommen werden. Bei den Darstellungen wurden (auch) Erfolgsteuem vemachlässigt. Sollen sie explizit als Auszahlungen im Bewertungskalkül berücksichtigt werden, so stellt sich natürlich das Problem der Erfolgsprognose (unter Berücksichtigung steuerlich absetzbarer Fremdkapitalzinsen) als Basis einer Prognose der entsprechenden Steuern. Allerdings werden Steuern oft nicht explizit erfaßt, sondern implizit über eine Korrektur des risikoangepaßten Zinssatzes. Hierauf kommen wir in Abschnitt 6 zurück.
3.
Ermittlung des Kalkulationszinsfußes kn
3.1.
Ermittlung von k^ im Shareholder Value Ansatz
3.1.1. Die WÄCC'Formel als Grundlage Im Rahmen des Shareholder Value Ansatzes wird der risikoangepaßte Zinssatz im allgemeinen als gewogener Durchschnitt aus dem „Eigenkapitalkostensatz" ken=E(%) und dem „Fremdkapitalkostensatz" ermittelt, wobei sich beide Gewichte zu 1 addieren. Wenn - wie im folgenden zunächst vereinfachend angenommen wird - die Gläubiger nicht am Erfolgsrisiko partizipieren (und Steuern wieder ausgeblendet werden), gilt:
(Xin.3)
k^=
^^ Mon+FKon
ken-—^^ Mo„4-FKo„
WACC - Formel (ohne Steuern) kn wird als durchschnittlicher gewogener Kapitalkostensatz flir das Gesamtkapital (oder als Weighted Average Cost of Capital, kurz: WACC) bezeichnet. Bei Risikobeteiligung der Gläubiger ist nicht nur die „Renditeforderung" der Anteilseigner, sondem auch die der Gläubiger durch einen risikoangepaßten Zinssatz auszudrücken; dieser Zinssatz tritt dann an die Stelle des risikolosen, r (Abschnitt 5).
408
Kapitel XIII
In (XIIL3) werden keine Steuern berücksichtigt. Jedoch ist zu beachten, daß die getrennte Erfassung der Eigenkapital- und Fremdkapitalkosten gerade aus steuerlichen Gesichtspunkten populär geworden ist. Unter Berücksichtigung von Ertragsteuem ist die Fremdfinanzierung in gewissem Umfang gegenüber der Eigenfinanzierung vorteilhaft. Dieser Vorteil wird in Literatur und Praxis oft in der Weise erfaßt, daß der Fremdkapitalkostensatz mit einem Korrekturfaktor (1-s) gewichtet und bei der Bewertung statt (XIII.3) - wie in Abschnitt 6 näher erläutert - der folgende Kapitalkostensatz zugrunde gelegt wird:
(XIII.3a)
kn=
^^
ken+
Mon+FKon
^ ^
(l-s).r.
Mon + FKon
WACC - Formel (mit Steuern) Der hier dargestellte Kapitalkostensatz k^ ist üblicherweise gemeint, wenn von WACC die Rede ist. Im folgenden sollen bei der Darstellung der Problematik der Ermittlung von kj^ Steuern zunächst vernachlässigt werden. Die Kenntnis der maßgeblichen Grundzusammenhänge erleichtert (auch) die Analyse des Steuereinflusses. Wie in Abschnitt 6 gezeigt wird, hat der für den Nichtsteuerfall maßgebliche Zinssatz k^ auch unter Berücksichtigung von Steuern grundlegende Bedeutung flir die Bewertung; die populäre steuerliche Modifikation des Fremdkapitalkostensatzes gemäß (XIII.3 a) ist dagegen nur unter speziellen Voraussetzungen über die zukünftige Kapitalstruktur geeignet, den steuerlichen Vorteil der Fremdfinanzierung zu erfassen. Bei gegebenem Fremdkapital FKon stehen die Gewichte für k^j^ und r in (XIIL3) erst dann fest, wenn MQH bekannt ist. Zu dessen Ermittlung benötigt man aber gerade den gesuchten Kapitalkostensatz k^ („Zirkularitätsproblem"). Analog zu den Darstellungen in Kapitel XI, Abschnitt 3.1.2, kann diesem Aspekt jedoch durch Iteration Rechnung getragen werden (BALLWIESER, 1994, S. 1385). Wie im folgenden deutlich wird, kann die absolute Höhe von EKQH und MQH bei der Ermittlung von k^ auch offen bleiben. Vielmehr wird von einer beliebigen (wenn auch - ohne Steuern - nur fiktiven) (Ziel-) Kapitalstruktur des Untemehmens ausgegangen (COPELAND/KOLLER/MURRIN, 1993, S. 195), wobei die Kapitalstruktur das Verhältnis aus dem Fremdkapital und dem Marktwert der Aktien des Unternehmens bezeichnet: (XIII.4)
1
T
k^=——.ken+—f--r 1 + Lj, l + L^
FK
mitL^-:^. Mon
Es ist zu beachten, daß filr die Kapitalstruktur Lj^ der Marktwert MQ^ maßgeblich ist und nicht - wie bei anderen betriebswirtschaftlichen Überlegungen der Buchwert des Eigenkapitals (Buchwert des Gesamtkapitals minus Schul-
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den). Die Kapitalstruktur Lj^ kann sich von Periode zu Periode ändern, weil der Fremdkapitalbetrag und/oder der Marktwert der Aktien des Unternehmens veränderlich sind. Die Gewichtungsfaktoren in (Xin.4) addieren sich wie die in (XIIL3) zu 1. Je höher die Kapitalstruktur, desto geringer ist das Gewicht für den Eigenkapitalkostensatz ken und desto höher ist entsprechend das Gewicht für r. Daraus folgt jedoch nicht, daß im Fall k^^ ^ r (ken"^ ^) der Kapitalkostensatz kj^ mit steigender Kapitalstruktur sinkt (steigt). Wie in Abschnitt 3.1.2 gezeigt wird, ist der Eigenkapitalkostensatz gemäß dem Lrelevanztheorem der Finanzierung von MODIGLIANI/MILLER eine derart linear steigende Funktion, daß bei konsistenter Erfassung der Kapitalstruktur die WACC-Formel (XIII.3) bzw. (XIII.4) zu einem von der Verschuldung unabhängigen Kalkulationszinsfußes k^ führt (k^ ist also jeweils so groß wie der Eigenkapitalkostensatz kgj^ ohne Verschuldung des Unternehmens). Damit der Zinsfuß k^ für die Überschüsse des Leistungsbereichs maßgeblich ist, muß er sich auf die betreffende Risikoklasse beziehen. Dies impliziert, daß der in der WACC-Formel erfaßte Eigenkapitalkostensatz k^j^ neben der Kapitalstruktur ebenfalls genau diese Risikoklasse widerspiegelt; Überschüsse des Untemehmens, die nicht in die betreffende Risikoklasse fallen (etwa aus Wertpapieren, anderen nicht betriebsnotwendigen Vermögensgütem oder einer Anlage zum risikolosen Zins) dürfen keinen Einfluß auf kgj^ haben. Es ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, daß der für den Entity-Ansatz gemäß (XIII.3) bzw. (XIII.4) maßgebliche Eigenkapitalkostensatz kgn grundsätzlich von demjenigen abweicht, mit dem beim Equity-AnsdXz die zukünftigen erwarteten Ausschüttungen zu diskontieren sind, um den richtigen Marktwert MQ^ der Aktien des Untemehmens zu erzielen Der Zinssatz k^j^ hängt von der Risikoklasse der Ausschüttungen ab, die nicht nur von der Verschuldungspolitik und den Überschüssen des Leistungsbereichs abhängt, sondem auch von Überschüssen aus Kapitalanlagen zum risikolosen Zinssatz r, aus riskanten Wertpapieren und aus anderen nicht-betriebsnotwendigen Vermögensgütem. Selbst wenn solche Überschüsse nicht existieren, stimmt (selbst bei Periodeneinheitlichkeit des Zinssatzes kj^) der für den Equity-Ansatz maßgebliche Eigenkapitalkostensatz kg^ nur für einen Spezialfall mit dem gemäß (XIII.3) bzw. (XIII.4) für den Entity-Ansatz relevanten überein (Abschnitt 4): Bei der Bewertung nach dem Equity-Ansatz muß von einer Verschuldungs- und Ausschüttungspolitik ausgegangen werden, bei der für jeden zukünftigen Zeitpunkt der Erwartungswert der Kapitalstruktur mit der Kapitalstruktur für den Zeitpunkt 0 übereinstimmt. Dagegen ist der für die Bewertung der Überschüsse des Leistungsbereichs maßgebliche Zinssatz kj^ unabhängig davon, welche Vermögenswerte sonst noch vorhanden sind und wie in Zukunft die Überschüsse des Leistungsbereichs via Kapitalmarkttransaktionen in Ausschüttungen transformiert werden; man erhält den Marktwert MQJ^, indem man mit dem Zinssatz kj^ den Marktwert der Überschüsse des Leistungsbereichs ermittelt, hierzu den Marktwert
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Kapitel XIII
der zum Zeitpunkt 0 vorliegenden Wertpapiere sowie den (mehr oder weniger pauschal ermittelten) Marktwert des neutralen Bereichs addiert und FKon, subtrahiert. Wie bereits erläutert wurde, soll der für (XIII.3) bzw. (XIII.4) maßgebliche Eigenkapitalkostensatz k^^ = ^i^n) i^ Anlehnung an das einperiodige CAPM gemäß (Vn.l2) bzw. (Vn.l4) (Kapitel VH, Abschnitt 2.2) ermittelt werden. Dabei wird im Sinne einer „Objektivierung" der Entscheidungen empfohlen, sich bei der Schätzung der Risikoprämie E(rQ)-r und des Beta-Faktors ß^ an Vergangenheitswerten für die Renditen rj^ und YQ ZU orientieren, insbesondere auch, um Nachprüfbarkeit zu gewährleisten und Ermessensmißbrauch oder unbewußte Fehler bei der Untemehmensbewertung und der Investitionsplanung in engen Grenzen zu halten.^) So empfehlen zum Beispiel COPELAND/KOLLER/MURRIN (1993, S. 210) „für US-amerikanische Untemehmen eine Risikoprämie von 5 bis 6 Prozent anzusetzen. Das ergibt sich aus dem langfristigen geometrischen Mittel der Risikoprämie für die Rendite der S & P 5 00-Aktien im Vergleich zur Rendite langfristiger Staatsanleihen zwischen 1926 und 1988...". Bei börsennotierten Untemehmen soll man bei der Beta-Schätzung auf veröffentlichte Schätzwerte von Finanzdienstleistem zurückgreifen, die im allgemeinen auf Grund von Regressionsanalysen aus historischen Renditeentwicklungen der Aktien des Untemehmens und des Marktportefeuilles hergeleitet werden. Bei starken Abweichungen zwischen den Schätzwerten verschiedener Finanzdienstleister sollen Schätzwerte für Branchen-Betas zugrunde gelegt werden (COPELAND/KOLLER/MURRIN, 1993, S. 214; 1994, S. 2641)J) Bei der empirischen Ermittlung der Risikoprämie E(rQ)--r und des BetaFaktors ßn aus Vergangenheitswerten ergibt sich das allgemeine Problem, daß das Marktportefeuille letztlich nicht beobachtbar ist und somit das CAPM streng genommen nicht empirisch überprüft werden kann (ROLL, 1977). Bei praktischer Ermittlung wird daher nicht von einem umfassenden „Marktportefeuille" ausgegangen, sondem ein „repräsentativer" Aktienindex (etwa der DAX) zugrunde gelegt. Wie in Abschnitt 3.1.2 gezeigt wird, ist die Bestimmung von k^ mit Hilfe eines empirisch ermittelten Beta-Faktors ß^ bei (stark) veränderlicher Kapitalstruktur kaum sinnvoll. Aber auch bei konstanter Kapitalstruktur ist die beschriebene Vergangenheitsorientierung problematisch. Dies gilt schon für den 6) 7)
Zur empirischen Ermittlung von Beta-Faktoren mit Hilfe von Regressionsanalysen vgl. BREALEY/MYERS (1991, S. 18Iff). Für nichtbörsengehandelte Untemehmen oder für Untemehmen, die aus mehreren Geschäftsbereichen mit unterschiedUchen Risikostrukturen bestehen, stellt sich das Problem der Schätzung eines risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes als komplexer dar (COPELAND/KOLLER/MURRIN, 1994, S. 315-345). Zum Vorgehen bei der empirischen Ermittlung des Beta-Faktors in der Praxis vgl. auch TAETZNER (2000, S. 92ff.). Zur Problematik der empirischen Ermittlung des Eigenkapitalkostensatzes auf Grund empirischer Erhebungen vgl. KRUSCHWITZ (1999, S. 203ff); SPREMANN (1991, S. 475-482); SCHMIDT/ TERBERGER (1997, S. 354); TAETZNER (2000, S. 127-136); WINTER (2000, S. 12ff).
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hier zunächst betrachteten Einperioden-Fall, in dem nur der Überschuß ÜL^j^ flir den Zeitpunkt 1 bewertungsrelevant ist, also nur dessen Erwartungswert mit demrisikoangepaßtenZinssatz kj^ diskontiert werden soll. Die in früheren Perioden erzielten Renditen können grundsätzlich nur dann zu einem geeigneten Wert flir den in der laufenden Periode maßgeblichen Beta-Faktor flihren, wenn die Zahl n der zugrunde liegenden Perioden „hinreichend" groß ist und außerdem die erzielten Renditen aus einer Wahrscheinlichkeitsverteilung resultieren, die mit der flir die laufende Periode „vergleichbar" ist. Diese Voraussetzung wird selten erflillt sein.^) Zunächst ist zu beachten, daß die empirisch ermittelten Renditen und der zugehörige Beta-Faktor nicht aus Einperioden-Kalkülen resultieren, bei denen die Anteilseigner zu Beginn jeder früheren Periode nur den Überschuß des Unternehmens flir das Ende der Periode bewerteten. Vielmehr gingen jeweils in die Marktwerte der Aktien und entsprechend in die Aktienrenditen der einzelnen Perioden des Beobachtungszeitraums auch die (diskontierten) Projektüberschüsse bzw. Ausschüttungen von Folgeperioden ein. Die „Überlagerungen" der Risiken ein- und mehrperiodiger Investitionen in einem „Durchschnittswert" können flir sich gesehen trotz der „Einperiodigkeit" des CAPM schon dann zu einer Fehlbeurteilung flihren, wenn zum Zeitpunkt 0 nur noch ein Überschuß ÜL^^flii"den Zeitpunkt 1 (der Überschuß eines einperiodigen Investitionsprogramms) zu bewerten ist.^) Wurden in der Vergangenheit Wertpapiere und/oder nicht betriebsnotwendige Vermögensgüter einer anderen Risikoklasse als der des Leistungsbereichs gehalten und/oder Mittel zum risikolosen Zinssatz r angelegt, die die realisierten Aktienrenditen des Untemehmens beeinflußten, so können sich weitere „Verzerrungen" ergeben. Abgesehen davon, stellt sich allgemein das folgende statistische Grundproblem: Beruht das Zufallsexperiment „Ermittlung des Beta-Faktors" nur auf wenigen Beobachtungen von Periodenrenditen, kann dieser Faktor stark durch Zufälligkeiten verzerrt werden. Je größer jedoch die Anzahl n der Beobachtungen und je größer damit der Zeitraum ist, flir den das Zufallsexperiment durchgeführt wurde, desto eher ist dagegen zu erwarten, daß sich der Ursachenkomplex des Zufallsexperiments geändert hat und somit die Daten nicht mehr aktuell sind. Dann kann aber der Beta-Faktor, dQV früheren Renditen entspricht, generell kein geeignetes Maß flir den der laufenden Periode sein.
8)
9)
Ist der Beta-Faktor richtig ermittelt, so kann er übrigens auch dann zur Ermittlung des aktuellen Eigenkapitalkostensatzes k^ gemäß (VII. 12) bzw. (VII. 14) herangezogen werden, wenn sich r und E(rQ) gegenüber den Vorperioden verändert hat; er ist nun eben auf die aktuellen Werte von r und E(rQ) zu beziehen. Ein analoges Problem ergibt sich auch schon im „strengen" Einperioden-Fall: Wird der Beta-Faktor für das Unternehmen als Ganzes ermittelt, so ist der entsprechende risikoangepaßte Zinssatz nur dann für die Bewertung der einzelnen Projekte relevant, wenn alle Projekte in dieselbe Risikoklasse fallen. Andernfalls ist der betreffende Beta-Faktor bzw. risikoangepaßte Zinssatz ein Durchschnittswert, der für einen Teil der Projekte zu hoch und für einen anderen Teil zu niedrig ist.
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Kapitel XIII
Li vielen Entscheidungssituationen sind Handlungsaltemativen und/oder Ereignisse relevant, die das erste Mal vorliegen oder gar einmalig sind. Zum Beispiel kann die Aufnahme neuer Produkte ins Produktionsprogramm oder der Kauf von Untemehmen Änderungen der Geschäftspolitik und der Risikostruktur der Überschüsse bewirken, die den Beta-Faktor stark verändem. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß der Shareholder Value Ansatz insbesondere auch dazu dienen soll, grundlegende Strategieänderungen zu fundieren und zu bewerten. Es besteht folgende allgemeine Tendenz: Gerade dann, wenn Beta-Faktoren für die Bewertung von Projekten besondere Bedeutung haben, können sie aus Vergangenheitswerten nicht abgeleitet werden. Der Aussagegehalt empirisch ermittelter Beta-Faktoren und Risikoprämien E(rQ)-r wird auch dadurch eingeschränkt, daß je nach der angewendeten Untersuchungsmethode sehr verschiedene Resultate erzielt werden können. So wurde in der Literatur gezeigt, daß die Vergangenheitswerte für E(rQ)-r relativ anfällig bezüglich der Betrachtungszeiträume, der Meßmethoden und der Mittelwertbildung sind (CARLETON/LAKONISHOK, 1985; BALLWIESER, 1994, S. 1398; GEBHARDT/DASKE, 2004). Weitere Probleme ergeben sich für den Fall, daß Kapitalkosten für nicht börsennotierte Untemehmen oder für verschiedene Geschäftsbereiche eines börsennotierten Untemehmens mit unterschiedlichen Risikostrukturen ermittelt werden sollen, weil dann keine historischen Kurs- bzw. Renditeentwicklungen für die Regressionsschätzung gegeben sind (COPELAND/KOLLER/MURRIN, 1994, S. 315345).!^) „Eine MögHchkeit, in diesem Fall zu ß-Faktoren zu kommen, besteht darin, am Kapitalmarkt ein dem jeweiligen Geschäftsbereich vergleichbares Untemehmen zu finden, dessen Anteile gehandelt werden und für das mithin ein ß-Faktor ermittelt werden kann. Ein Problem besteht fi*eilich darin, entsprechende Vergleichsuntemehmen zu finden. Selbst wenn Untemehmen vorhanden sein sollten, die eine ähnliche Struktur und Ausrichtung wie ein betrachteter Geschäftsbereich haben, so hängt deren ß doch von deren konkreter „Mischung" der Aktivitäten inklusive der im Untemehmen getätigten Kapitalmarktanlagen ab. Zur Messung operativer Risiken eines Geschäftsbereichs müssen strenggenommen auch diese Aspekte herausgerechnet werden" (EWERT/ WAGENHOFER, 2000, S. 34).^i) Der Nachprüfbarkeit der Qualität von Livestitionsentscheidungen (die „Objektivierung" der Entscheidungen) durch Vergangenheitsorientierung sind somit schon bei einperiodigen Livestitionen enge Grenzen gesetzt; in die Quantifizierung eines risikoangepaßten Zinssatzes fließen wie in die Prognose zukünftiger Überschüsse in starkem Maße subjektive Informationen und Literpretationen ein. hn Mehrperioden-Fall gilt dies in noch wesentlich stärkerem 10) Zwar stimmt der Beta-Faktor für das ganze Untemehmen mit der gewichteten Summe der Beta-Werte für die verschiedenen Untemehmensbereiche überein. Trotzdem kann aus einem Untemehmens-Beta nicht auf Bereichs-Betas geschlossen werden, sofem keine einheitliche Risikoklasse maßgeblich ist. 11) Vgl. hierzu auch FULLER/KERR (1981).
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Maße. Selbst wenn der empirisch ermittelte Kalkulationszinsfuß für die Bewertung im Einperioden-Fall geeignet ist, kann er für zukünftige Perioden äußerst problematisch sein. Wie in Kapitel XII, Abschnitt 6, gezeigt wurde, erfällt ein risikoangepaßter Kalkulationszinsfuß k^ nur bei speziellen stochastischen Zusammenhängen zwischen dem Uberschuß fär den Zeitpunkt 1 und den nachfolgenden Überschüssen die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit. Da nicht objektiv festgestellt werden kann, ob diese Zusammenhänge gegeben sind, besteht ein Ermessensspielraum darüber, ob der Zinssatz für den Einperioden-Fall auf den Mehrperioden-Fall übertragen werden darf oder ob Modifikationen vorgenommen werden sollen. Die objektive Bindung an einen ungeeigneten Kapitalkostensatz kann wesentlich problematischer sein als das Zugeständnis, nicht nur bei der Prognose der zukünftigen Überschüsse, sondern auch bei der Festlegung des Kapitalkostensatzes subjektive Erfahrungen und Informationen einzubringen. Der Entscheider - oder seine Berater - sollte dann allerdings mit den bewertungsrelevanten Grundlagen vertraut sein und nicht nur wissen, welche Finanzdienstleister preisgünstig Beta-Faktoren „verkaufen". 3.1.2. Problematik einer konsistenten Erfassung der Kapitalstruktur in der WACC-Formel Bei Anwendung der WACC-Formel (XIII.3) bzw. (XIII.4) (oder Xlll.Sa) stellt sich allgemein das Problem, den Eigenkapitalkostensatz kg^ und die Kapitalstruktur Lj^ konsistent zu erfassen. Werden im Unternehmen Mittel zum Zinssatz r angelegt und riskante Wertpapiere und/oder andere nicht betriebsnotwendige Vermögensgüter gehalten, so weicht die Risikoklasse der Ausschüttung schon vor Berücksichtigung der Verschuldung von der des Überschusses des Leistungsbereichs ab, so daß der für die Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen maßgebliche Eigenkapitalkostensatz von demjenigen abweicht, der gemäß (XIII.3) bzw. (XIII.4) für die Ermittlung des Kalkulationszinsfußes kj^ für die Überschüsse des Leistungsbereichs relevant ist; wie erläutert, darf dieser Eigenkapitalkostensatz nur die Risikoklasse des Leistungsbereichs und den Verschuldungsgrad widerspiegeln. Sind für den Marktwert des Untemehmens in der Tat nur die Überschüsse des Leistungsbereichs relevant - und davon wird im folgenden ausgegangen -, so kann die WACC-Formel (Xin.3) bzw. (XIIL4) nur dann zum „richtigen" Kalkulationszinsfuß kj^ fähren, wenn die hierin erfaßte Kapitalstruktur mit derjenigen übereinstimmt, die dem Eigenkapitalkostensatz k^^ zugrunde liegt. Zur Erläuterung wird der Einperioden-Fall betrachtet, wobei das Untemehmen zum Zeitpunkt 1 liquidiert und der Uberschuß des Leistungsbereichs an die Anteilseigner und Gläubiger ausgeschüttet wird.^^) ^^) Es gilt dann: 12) Wird das Untemehmen zum Zeitpunkt 1 fortgeführt, so tritt im Rahmen der folgenden Analyse an die Stelle von ÜLj die Summe ÜL|+ MZÜL^j^, wobei MZÜL^^ den Markt-
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Kapitel XIII
(XIIL5)
Min + (1 + r). FKon = ÜLin .
Entsprechend gilt für die durchschnittliche Verzinsung r^^j^ des Marktwertes Mon + FKon des Unternehmens (kurz: die „Durchschnittsverzinsung")!^): (XIII.6)
y^,Mln-Kl + r)-FKon_^^_ti4n Mon + FKon
^
Mon + FKon
Somit gilt für den Erwartungswert von r^^^:
(XIII.7)
E(?dn)=-^ÖJ^
Hieraus folgt für den Marktwert des Unternehmens als Ganzes: (XniS)
Mon +FKon =[1 + E(?dn)]"^ -ECÜLin)
und für den Marktwert MQH der Aktien: (XIII.9)
Mon =[1 + E(rdn)]"^ •E(ÜLin)-FKon.
Der Marktwert MQ^ ergibt sich hier also, indem der Erwartungswert von ÜLjj^ mit E(r(ijj) diskontiert und hiervon FKon subtrahiert wird. E(r(in) ist also der für den Entity-Ansatz maßgebliche risikoangepaßte Kalkulationszinsfuß k^. Die Diskontierung mit dem durchschnittlichen gewogenen Kapitalkostensatz kjj gemäß (Xin.3) bzw. (XIII.4) führt nur dann zum richtigen Marktwert, wenn kj^ korrekt als Erwartungswert E(r(jj^) der Durchschnittsverzinsung ermittelt wird. Wie im folgenden gezeigt wird, ist diese Bedingung nur dann er-
wert der Überschüsse ÜL2n, ÜLsnvjÜLjn zum Zeitpunkt 1 bezeichnet. An die Stelle von Min = Üin tritt der Term: Üt^ + Mi„ = ÜL|^ - (1 + r). FKQ^ + KF^, + MZÜL^^ - FK^^ = Ü L i ^ - ( l + r).FKon+MZÜLi^ 13) Zur Problematik der Erfassung der Kapitalstruktur im Mehrperioden-Fall vgl. Abschnitt 4. 14) r^^ darf nicht verwechselt werden mit der Rendite auf das zum Zeitpunkt 0 im Unternehmen investierte Kapital IQ^, also dem internen Zinsfuß des Investitionsprogramms, r^^ stimmt nur dann mit diesem Zinsfuß überein, wenn IQJ^=MQJ^+FKQ^ gilt, also der Marktwert des Überschusses ÜLjj^ des Investitionsprogramms zum Zeitpunkt 0 abzüglich der Investitionssumme IQ^ gleich null ist. Für IQ^<MQJ^ + FKQ^^ ist der interne Zinsfuß größer als r^„.
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füllt, wenn die in (XIIL3) bzw. (XIIL4) enthaltene Kapitalstruktur mit derjenigen identisch ist, die dem Eigenkapitalkostensatz k^^ entspricht. Grundlegende Bedeutung für die Analyse hat das Irrelevanztheorem der Finanzierung (MODIGLIANI/MILLER, 195 8), wonach bei gegebenem Livestitionsprogramm bzw. bei gegebener WahrscheinUchkeitsverteilung über ÜLjj^ die Kapitalstruktur bei Vernachlässigung von Steuern keinen Einfluß auf den Marktwert Mon+FKon des Untemehmens und den Kalkulationszinsfuß E(r^j^) gemäß (XIII.7) hat. Dieser Sachverhalt ermöglicht eine einfache Darstellung des Zusammenhangs zwischen dem Eigenkapitalkostensatz k^^ = E(rj^) und der Kapitalstruktur, der für das Verständnis bzw. die sinnvolle Anwendung von (XIIL3) bzw. (Xin.4) wichtig ist. Aus (XIII.6) folgt: (XIII.10) M i n = ( l + ?dn)-(Mon+FKon)-(l + r).FKon. =ÜLln
In Verbindung mit Min = (1 + r n) • MQH ergibt sich hieraus: (XIII.ll) rn=—^^v;
^-rdn-r-—-^=rdn+(rdn-r)-Ln.
Für r(jj^=r gilt für jede Kapitalstruktur L^ = FKon/Mon die Gleichung rj^=r(jj^. Für r^n^r (^dn^^) ist r^^ eine linear steigende (fallende) Funktion von L^. Für den Erwartungswert von rj^, d.h. den Eigenkapitalkostensatz k^j^, gilt gemäß (XIII.ll): (Xm.l2)
ke„^E(rn) =
ECJn) + [ E ( ^ ) - r ] - L n , =k„=kL 11 eil
Eigenkapitalkostensatz k^^ als linear steigende (bzw. fallende) Funktion der Kapitalstruktur Ln/M>kn = E(fdn ) > r {bzw. für kjj < r)
Für den Fall, daß das Unternehmen unverschuldet, also die Kapitalstruktur gleich null ist, stimmt der Eigenkapitalkostensatz k^^ mit demjenigen Zinssatz kj^ = E(r(jjj) überein, der für die Diskontierung von E(ÜLijj) als Ganzes maßgebUch ist. Er wird im folgenden mit k^n bezeichnet (k^j^ = k^). Wenn ausgehend von null die Kapitalstruktur L^ steigt, ergeben sich unterschiedliche Auswirkungen auf k^j^, je nach der Höhe von r und kj^ = E(r(jn)Gilt E(rjn) = r, so folgt k^j^ = E(rjj^) = r, unabhängig von der Kapitalstruktur Lj^. Im Fall E(r(jj^)>r ist k^j^ eine linear steigende und im Fall
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E(i'dn) ^ ^ ^i^^ linear fallende Funktion von Lj^.^^) Somit sind für den Fall E(r(jn) ^ r in (XIIL4) nicht nur die Gewichte für die beiden Kapitalkostensätze kgn = E(rn) und r von der Kapitalstruktur abhängig, sondern auch der Eigenkapitalkostensatz k^n seinerseits. Wie im Anhang gezeigt wird, ergibt sich der folgende gewogene durchschnittliche Kapitalkostensatz, sofern in (XIII.S) bzw. (XIII.4) k^^ mit irgendeinem L^-Wert ^^ gewichtet und bei der Ermittlung von k^j^ gemäß (XII. 12) irgend eine Kapitalstruktur L^ zugrunde gelegt wird: T**
(Xni.l3) k ^ = - : ^ . [ E ( ^ J - r ] + r. 1 + Ln Nur im Fall ^{x^^=x wird unabhängig von L^ und L^ der richtige Kapitalkostensatz erzielt, wobei dann kjj=r gilt. Im Fall E(r^) ^ r ergibt sich der richtige Kapitalkostensatz kn=E(rdn) nur für l^^ = \^*\ die in (XIII.3) bzw. (XIII.4) erfaßte Kapitalstruktur muß mit derjenigen übereinstimmen, die k^j^ entspricht. Gilt zum Beispiel EC^) - r > 0, so wird für \^^ > L'^ ein zu hoher (k^ > E(r(jjj)) und für L^ < \^^ ein zu niedriger Kapitalkostensatz ausgewiesen. Interpretation: Wird auf Fremdfinanzierung verzichtet, so folgt aus (Xin.3): kjj = kgjj mit kgjj=k^jj. Wenn nun ausgehend von null der Fremdkapitalbetrag FKon sukzessive erhöht wird, so sinkt entsprechend MQH? SO daß k^j^ mit einem kleineren Faktor und r mit einem größeren Faktor gewichtet wird. Gleichzeitig steigt aber der Eigenkapitalkostensatz k.^^ gemäß (Xin.l2) derart an, daß sich bei konsistenter Erfassung der Kapitalstruktur derselbe durchschnittliche Kapitalkostensatz k^ ergibt wie bei reiner Eigenfinanzierung; die Kapitalstruktur hat keinen Einfluß auf k^; k^ ist stets so groß wie der Eigenkapitalkostensatz k^^ des unverschuldeten Unternehmens. Das Erfordernis einer konsistenten Erfassung der Kapitalstruktur hat Bedeutung für die empirische Ermittlung der Kapitalkosten. Wie erläutert wurde, wird für börsengehandelte Unternehmen vorgeschlagen, bei der Ermittlung des Eigenkapitalkostensatzes ken=E(rn) in (XIII.3) oder (XIII.4) die Formel (VII. 12) bzw. (VII. 14) zugrunde zu legen und dabei den Beta-Faktor im Rahmen von Regressionsanalysen aus historischen Renditeentwicklungen der Aktien des Unternehmens und des Marktportefeuilles herzuleiten. Jedoch ist dieses Vorgehen (in dem hier betrachteten Einperioden-Fall) allenfalls dann sinnvoll, wenn die Risikostruktur bezüglich r^ und XQ für die laufende Periode mit 15) Wie in MODiGLiANl/MiLLER (1958) gezeigt wird, gilt dieser lineare Zusammenhang unter bestimmten Voraussetzungen bezüglich der Überschüsse und der Ausschüttungspolitik (der Aufteilung der Überschüsse auf Anteilseigner und Gläubiger) auch fär den Mehrperioden-Fall. Daraufkommen wir in Abschnitt 4.3 zurück. Es ist zu beachten, daß annahmegemäß das Fremdkapital risikolos ist; der lineare Zusammenhang gilt nicht für Kapitalstrukturen, bei denen die Gläubiger am Risiko partizipieren (Abschnitt 5).
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der in den früheren Perioden übereinstimmt. Diese Bedingung kann jedoch gerade dadurch verletzt sein, daß die im Zeitablauf beobachteten Werte bzw. Änderungen von r^ auch durch Änderungen der Kapitalstruktur des Unternehmens bewirkt wurden (ROSS/WESTERFIELD, 1988, S. 198f). Dabei ist zu beachten, daß nicht nur der Erwartungswert, sondern auch die Standardabweichung von Y^ und der Beta-Faktor ßj^eine linear steigende Funktion der Kapitalstruktur Lji ist. Aus (Xin.l 1) folgt nämlich allgemein: rn=(l + Ln)-7dn-r'Ln und somit (für gegebenes Lj^): Sta(rn) = (l + Lj,).Sta(rdn) und Kov(rn;'^) = (l + Ln)-Kov(rdn;rG) bzw. p ^ ^ K o v ( r , ; ^ ) ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ Kov(ran;ro) Var(rG) Var(rG) Da ßjj also von der Kapitalstruktur L^ abhängt, stellt sich somit das Problem, ihr bei der Ermittlung des Kapitalkostensatzes kj^ konsequent Rechnung zu tragen. War die Kapitalstruktur L^ in denfrüherenPerioden zwar unveränderlich, weicht sie jedoch von der aktuellen Kapitalstruktur L!^ ab, so ergibt sich gemäß (XIII. 13) für E(Y^^)-r^O ein falscher Kapitalkostensatz kj^, wenn der empirisch ermittelte Eigenkapitalkostensatz k^^ in (XIIL3) oder in (XIII.4) mit demjenigen Gewichtungsfaktor multipliziert wird, der der aktuellen Kapitalstruktur L^ entspricht. Je höher L'^ ist, desto niedriger ist dann für den Fall E('^jj)-r >Oder resultierende gewogene Kapitalkostensatz kj^. Der risikoadäquate Kapitalkostensatz ist dagegen von der aktuellen Kapitalstruktur L'^ unabhängig. Man erhält diesen Kapitalkostensatz, wenn in (Xin.3) oder (Xin.4) nicht die aktuelle Kapitalstruktur L^ zugrunde gelegt wird, sondem die Kapitalstruktur L^^^, die dem empirisch ermittelten Eigenkapitalkostensatz entspricht. Allerdings kann man auch so verfahren: Man berücksichtigt in (XIII.3) bzw. (XIII.4) die aktuelle Kapitalstruktur und paßt den empirisch ermittelten ß -Faktor und entsprechend den Eigenkapitalkostensatz daran an: Der empirisch ermittelte ß-Faktor wird durch l + U^ dividiert, so daß man den ß -Faktor für den Eigenkapitalkostensatz k^n ohne Verschuldung erhält, und dann mit 1 + L'^ multipliziert. Mit dem aktualisierten ß-Faktor wird sodann der maßgebliche aktuelle Eigenkapitalkostensatz ermittelt. Zwar läßt sich der empirisch ermittelte ß -Faktor in relativ einfacher Weise aktualisieren, sofern die ihm zugrunde liegende Kapitalstruktur von der
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aktuellen abweicht. Problematisch ist jedoch die Annahme, daß die Kapitalstruktur in der Vergangenheit konstant war. Eine unveränderliche Kapitalstruktur impliziert eine Ausschüttungs- und Verschuldungspolitik (Aufnahme und Tilgung von Fremdkapital), bei der der Quotient aus Fremdkapital und Marktwert der Aktien des Untemehmens unmittelbar nach Ausschüttung von Periode zu Periode identisch ist. Hat sich in vergangenen Perioden die Kapitalstruktur relativ stark geändert, so ist der auf Grund früherer Aktienrenditen ermittelte Beta-Faktor für die Ermittlung des Kapitalkostensatzes kaum geeignet. Dagegen ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung über r ^ und mithin der durchschnitthche Kapitalkostensatz kj^ = E(r^) vom Verschuldungsgrad unabhängig. 3.2.
Direkte Ermittlung von k^ mit Hilfe der CAPM-Renditegleichung
Das Problem der Kapitalstraktur kann umgangen werden, indem auf die WACC-Formel (XIII.3) verzichtet wird und kn=E(r(jn) ohne Rücksicht auf Verschuldungsgrade analog zu einem Eigenkapitalkostensatz kgj^ direkt ermittelt wird. Für kj^ gilt: (XIII.14) k „ - E ( ^ ) = r + [ E ( ^ ) - r ] Kov(^n;^) Var(^) = r + [E(%)-r]-ß^ Erwartungswert der Durchschnittsverzinsung des Gesamtkapitals in Analogie zur CAPM-Renditegleichung für die Aktienrendite x^ Diese Bestimmungsgleichung für den Erwartungswert E(r(ji^) der Durchschnittsverzinsung r^jj gemäß (XIII. 6) hat dieselbe formale Struktur wie die Grundform der CAPM-Renditegleichung (VE. 12) bzw. (VII. 14) für die Aktienrendite rj^; E(rjjj) ist eine linear steigende Funktion des Beta-Faktors ßn Air die Durchschnittsverzinsung (des „Asset-Betas"). Die empirische Ermittlung von ß^ setzt im Gegensatz zur Ermittlung von ßn voraus, daß in den zugrundehegenden Perioden die jeweilige Höhe des Fremdkapitals des Untemehmens n berücksichtigt wird; statt der Aktienrendite rj^ wird in der Regressionsanalyse die Durchschnittsverzinsung r^n auf den Marktwert des Untemehmens erfaßt. Jedoch werden für die Ermittlung von ß^ keine Informationen über die Art der Verschuldung der anderen Untemehmen benötigt. Für ßä gilt nämhch gemäß (XIII.14):
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ßd _ K o v ( ^ ; % ) Var(^) Ebenso wie für ßj^ ist für ß^ die Rendite YQ des Marktportefeuilles relevant (ohne Berücksichtigung der Verzinsung des Fremdkapitals). Die empirische Ermittlung von ß^ ist nicht aufwendiger als die von ß^. Wird statt ß^ der Beta-Faktor ß^ für die Durchschnittsverzinsung r^j^ verwendet und k^ =E{x^^) gemäß (XIII. 14) ermittelt, so werden zwar Auswirkungen von Änderungen in der Kapitalstruktur eliminiert. Daraus folgt aber natürlich noch nicht, daß ein empirisch ermittelter Beta-Faktor ßä in Verbindung mit (XIII. 14) zu einem geeigneten Kalkulationszinsfuß führt; die beobachteten Werte müssen den stochastischen Zusammenhang zwischen r^j^ und XQ in der laufenden Periode widerspiegeln. Die Bestimmungsgleichung (XIII. 14) ist auch dann gegenüber (XIII.3) vorzuziehen, wenn der Beta-Faktor subjektiv geschätzt wird. Einerseits ist die Schätzung von Kov(r^;rQ) nicht schwieriger als die von ¥jow{r^,rQ). Andererseits erübrigt sich dann die Gewichtung gemäß (XIII.3). Die Gleichung (Xin.14) bietet zudem den Vorteil, daß sie unmittelbar auch für den Fall gilt, daß die Gläubiger am Risiko partizipieren; die Aufteilung von ÜL^jj auf die Anteilseigner und Gläubiger hat im Rahmen des CAPM keinen Einfluß auf den Marktwert MQJ^+FKQH und die (erwartete) Durchschnitts Verzinsung. Dagegen müßte bei Zugrundelegung von (XIII.3) nicht nur ein risikoangepaßter Zinssatz für das Eigenkapital ermittelt bzw. geschätzt werden, sondern auch der für das Fremdkapital. *4. 4.1.
Entity- und Equity-Ansatz im Vergleich Zur Einheitlichkeit des Eigenkapitalkostensatzes für den Entity- und den Equity-Ansatz im Einperioden-Fall
Bei Anwendung des Equity-Ansatzes stellt sich das komplexe Problem, den Eigenkapitalkostensatz kgn (oder periodenbezogene Eigenkapitalkostensätze) für die Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen zu schätzen. Er kann im Mehrperioden-Fall nicht einfach mit demjenigen gleichgesetzt werden, der bei Anwendung der WACCFormel (XIII.3) und Diskontierung der erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs mit dem Zinssatz kj^ maßgeblich ist. Wie erläutert wurde, weicht der für diese Formel relevante Eigenkapitalkostensatz k^j^ grundsätzlich von demjenigen ab, der für den Equity-Ansatz maßgeblich ist. Unterschiede können nicht nur daraus resultieren, daß die Risikostruktur der Ausschüttungen wegen der Verschuldung von der der Überschüsse des Leistungsbereichs abweicht, sondem auch auf Grund von Überschüssen im neutralen Bereich, von riskanten Wertpapieren sowie von Anlagen zum risikolosen Zinssatz r. Davon soll jedoch im folgenden abgesehen werden; bei gegebenen Überschüssen des Leistungsbereichs könne der Ausschüttungsstrom nur über Kreditaufnahmen und -tilgungen variiert werden.
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Kapitel XIII
Der in (Xin.3) enthaltene Eigenkapitalkostensatz bezieht sich ausschließlich auf diejenige Kapitalstruktur, die für den Zeitpunkt 0 maßgeblich ist. Der entsprechende gewogene durchschnittliche Kapitalkostensatz kj^ ist wegen der Irrelevanz der Finanzierung (ohne Steuern) ^^) auch dann für die Überschüsse des Leistungsbereichs bewertungsrelevant, wenn die zukünftigen Kapitalstrukturen von der gegenwärtigen abweichen oder geplant wird, zukünftige Kapitalstrukturen und entsprechen die Anschüttungen zu ändern; zwar ändern sich dabei die zukünftigen Eigenkapitalkostensätze, nicht jedoch kj^ als gewogener durchschnittlicher Kapitalkostensatz. Bei Diskontierung der veränderten erwarteten Ausschüttungen gemäß dem Equity-Ansatz müssen jedoch die veränderten Eigenkapitalkostensätze zugrunde gelegt werden, damit der richtige Marktwert MQ^ erzielt wird. Je nach der Verschuldungs- und Ausschüttungspolitik sind also für den Equity-Ansatz besondere Eigenkapitalkostensätze maßgeblich, während es beim Entity-Ansatz (bei der Ermittlung von MZÜLon ) gemäß (Xin.3) ausreicht, nur die Kapitalstruktur zum Zeitpunkt 0 zu erfassen. Für den Einperioden-Fall ist allerdings die „Verschuldungspolitik" durch den Fremdkapitalbetrag F K Q eindeutig bestimmt. Gemäß (XIILS) gilt für die entsprechende Ausschüttung zum Zeitpunkt 1: (XIII. 15)
Ü i „ = Ü L i „ - ( l + r)-FKon.
Wird mit der FKgn entsprechenden Kapitalstruktur Ljj gemäß (XHI. 12) der Eigenkapitalkostensatz kgn ermittelt, so erhält man Mon nach dem Equity-Ansatz wie folgt:
(XIII.16)
M o „ = ( l + k e n ) - l - E [ Ü L i n - ( l + r)-FKon].
Der hierfür maßgebliche Eigenkapitalkostensatz stimmt mit demjenigen überein, der bei Zugrundelegung von (XnL3) bzw. (XIII.4) für den Entity-Ansatz maßgeblich ist; für beide Ansätze ist im Einperioden-Fall derselbe Eigenkapitalkostensatz relevant. 4.2.
Bedingungen der Einheitlichkeit des Eigenkapitalkostensatzes k^ für den Entity- und den Equity-Ansatz im Mehrperioden-Fall
4.2.1.
Allgemeine
Darstellung
Im Mehrperioden-Fall hängen die zukünftigen Ausschüttungen nicht nur von den Überschüssen des Leistungsbereichs und FKQH ab, sondern auch von der Verschuldungspolitik bezüglich der zukünftigen Zeitpunkte; je nachdem, wie die Ausschüttungen via Kredittilgungen und -aufnahmen transformiert werden, ergibt sich ein anderer risikoadäquater Eigenkapitalkostensatz für die Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen (Kapitel XII, Abschnitt 6.7). Im folgenden soll untersucht werden, bei welcher Ausschüttungs- und Verschuldungspolitik der in der WACC-Formel (Xni.3) enthaltene Eigenkapitalkostensatz zugleich auch für den Equity-Ansatz maßgeblich ist, wobei vereinfachend auf den Index n verzichtet wird. Es wird davon ausgegangen, der Zinssatz k genüge der Bedin16) Zur Berücksichtigung von Steuem vgl. Abschnitt 6.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
421
gung der PeriodeneinheitHchkeit (so daß dieser Zinssatz aus einem Einperiodenkalkül hergeleitet werden kann und auch für die Bewertung neuer Projekte maßgeblich ist, sofern deren Überschüsse in die gleiche Risikoklasse i.w.S. fallen wie die bisherigen). Wie gezeigt wird, ist dann bei der maßgeblichen Verschuldungs- und Ausschüttungspolitik auch der Eigenkapitalkostensatz periodeneinheitlich. Für die Einordnung der folgenden Darstellungen ist es wichtig, die Implikationen eines periodeneinheitlichen Zinssatzes k^ zu beachten und zu würdigen: 1. Wenn (zum Zeitpunkt 0 bekannt wird, daß) die erwartete Ausschüttung für einen beliebigen zukünftigen Zeitpunkt t entfällt, ändert sich der Marktwert Mg der Aktien um (l + kg)"^ •E(Üt) . 2. Wenn ein Investitionsprojekt oder -programm bewirkt, daß sich der Erwartungswert der Ausschüttung zum Zeitpunkt t (t—1,2,...,T) um A^^ ändert, so gilt (XIIL17)
AMo = i;(l + ke)-^-At, t=l
sofern für jeden Zeitpunkt t (t=l, 2, ..., T) eine proportionale Beziehung zwischen der (stochastischen) Ausschüttungsänderung und der bisherigen Ausschüttung besteht, wobei die Proportionalitätsfaktoren für verschieden Zeitpunkte nicht identisch sein müssen. Zunächst sollen einige Grundzusammenhänge gezeigt werden. Für den Erwartungswert des Marktwertes des Überschusses ÜLy des Leistungsbereichs bezogen auf den Zeitpunkt T-1 gilt bei Periodeneinheitlichkeit von k: (XIII. 18)
MZULT-1
= (1 + k )-1 -' • E(ULT).
wird auf der Basis desjenigen Erwartungswertes ermittelt, der ÜLj zum Zeitpunkt 0 zugeordnet wird, und desjenigen Zinssatzes k, der zum Zeitpunkt 0 bewertungsrelevant ist. M Z U L T - 1 stellt als Erwartungswert (oder Planwert) eine deterministische Größe dar, was freilich nicht bedeutet, daß auch MZÜL j _ | deterministisch ist.l^) Bei Periodeneinheitlichkeit von k gibt der Term (1-f k)-(T-l) - M Z U L T - I an, wie MZÜLQ im Licht des Informationsstandes zum Zeitpunkt 0 sinkt, wenn der Überschuß ÜLy entfällt. Analog zu (XIII. 18) gilt: MZÜLT-1
(XIII. 18a) M Z Ü L T - 2 = (1 + k)"^ • E ( Ü L T - 1 ) + (1 + k)"^ • (1 + k)"^ • E ( Ü L T ) =MZULT-I = (l + k ) " ' • [ E ( U L T - I ) + M Z U L T - 1 ].
17) MZÜLY_| ist grundsätzlich nur für den Fall deterministisch, daß dies auch für k gilt und außerdem der Erwartungswert von ÜLj zum Zeitpunkt T - 1 mit Sicherheit denselben Wert aufweist wie zum Zeitpunkt 0.
422
Kapitel XIII
Bei Periodeneinheitlichkeit von
an, wie M Q aus Sicht
des Informationsstandes zum Zeitpunkt 0 sinkt, wenn die Überschüsse Ü L j und ÜLj_i entfallen. Allgemein gilt bei Periodeneinheitlichkeit des Zinssatzes k der folgende Zusammenhang: (XIII.19)
MZULt-i = ( l + k ) " ' •[E(ULt) + MZlJLt]
mit
M Z Ü L t = X ( l + k)~^^"^^.E(ÜLx).
(t=l,2,...,T).
T T=t+1
Entsprechend gilt für den erwarteten Marktwert der Aktien für den Zeitpunkt t-1 aus Sicht des Zeitpunkts 0: (XIIL20)
Mt_i=(l+k)"^{E(ÜLt)+MZÜLt]-FKt_i
(t=l,2,...,T).
Hier wird (zunächst) ohne Einschränkung der Allgemeinheit davon ausgegangen, daß bei der Bewertung zum Zeitpunkt 0 der Fremdkapitalbetrag FK^.j (t=2,...,T) als deterministische Größe geplant wird.^^) Um zu zeigen, unter welcher Bedingung auch die erwarteten Ausschüttungen mit einem periodeneinheitlichen Eigenkapitalkostensatz k^ diskontiert werden können, werden zunächst allgemeine Bewertungszusammenhänge für den Fall periodenspezifischer Zinssätze kgt gezeigt. Analog zu (XIII. 18) gilt: M T - l = ( l + keT)"^-E(ÜT) und analog zu (XIII. 18a): M T - 2 = ( l + keT-l)"^-E(ÜT_i) + (l + k e T - l ) " ^ ' ( l + keT)"^-E(ÜT) =MT
= a + ke,T-l)"^-[E(ÜT-i) + MT_i]. Allgemein gilt der folgende Zusammenhang: (XIII.21)
Mt_i = (l + ket)"^-[E(Üt) + M t ]
mit
Mt=
( t = l , 2 , ...,T)
I ( l + ke,)-('-')-E(Ü,). T=t+1
(XIII.21) kann wie folgt umgeformt werden: ^^)
18) Wie noch gezeigt wird, weist dann die Ausschüttung dieselbe Streuung auf, wie der Überschuß des Leistungsbereichs. 19) Diese Darstellung impliziert, daß das zu Beginn einer Periode aufgenommene Fremdkapital am Ende der Periode getilgt wird.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
(Xin.22)
423
Mt_i = ( l + k e t ) " ' - [ E ( Ü L t ) - ( l + r ) - F K t _ i + F K t + M Z Ü L t - F K t ] =M,
=E(Ü,) v-1
- ( l + ket)"'-[E(ULt)-(l + r)-FKt_i+MZULt]. Hieraus folgt: (XIII.23)
E(ULt) + MZULt = (1 + ket) • Mt_i + (1 + r) • FKt_i.
Wird (XIII.23) in (XIII.20) eingesetzt, so ergibt sich: (XIII.24)
Mt_, = ( l + k)-* •[(l + ket)-Mt_i + ( l + r ) - F K t _ i ] - F K t _ i .
Hieraus folgt unmittelbar: (XIIL25)
FK
ket=k + ( k - r ) . - = ^ Mt-i
(t=l,2,...,T).
Periodeneinheitlichkeit des Zinssatzes k^ (kgj =ke2 =...= ke'p = kg) impliziert somit (bei Periodeneinheithchkeit des Zinssatzes k), daß der Erwartungswert der Kapitalstruktur für alle zukünftigen Perioden mit der Kapitalstruktur zum Zeitpunkt 0 identisch ist:
(XIIL26)
-=-^ = — ^ Mt MQ
(t=l,2,...,T-l).
Unter dieser Bedingung ist unabhängig von T der in (XIIL3) enthaltene Eigenkapitalkostensatz kg nicht nur im Einperioden-Fall, sondern auch im Mehrperioden-Fall flir den Equity-Ansatz relevant. Sind dagegen flir verschiedene Perioden unterschiedliche erwartete Kapitalstrukturen maßgeblich, so ist gemäß (XIII.25) auch der Eigenkapitalkostensatz periodenabhängig; flir Perioden mit relativ hoher (geringer) erwarteter Kapitalstruktur ist der Eigenkapitalkostensatz relativ hoch (niedrig); werden mit den betreffenden periodenabhängigen Eigenkapitalkostensätzen die erwarteten Ausschüttungen diskontiert, so erhält man den richtigen Marktwert MQH • (XIIL26) impliziert, daß auch die erwartete Kapitalstruktur FK^ / MZULt im Zeitablauf unveränderlich ist:^^)
20) (XIII.26) kann auch wie folgt dargestellt werden:
-ML+U-^+1 FKt bzw.
(t = U...,T-i)
FKo (t = l,2,...,T-l). FKA
WegenFKt +Mt = MZULt (t=0,l,2,...,T-l) folgt analog zur Bedingung (XIII.26) die Bedingung (XIII.27).
424
Kapitel XIII
(XIII.27) J | ^
=—
MZULt
^-^
J,
=T
'^
^
(t=l,2,...,T-l).
MZULo
T=t+1 Bedingung der Periodeneinheitlichkeit
des Zinssatzes k^
Interpretation: Damit nicht nur k, sondern auch der Eigenkapitalkostensatz kg periodeneinheitlich ist, muß bei der Ermittlung von Mo nach dem Equity-Ansatz eine Ausschüttungs- in Verbindung mit einer Verschuldungspolitik unterstellt werden, bei der zu jedem Zeitpunkt t (t=l,...,T-l) das Verhältnis aus Fremdkapital und Barwert der späteren erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs beim Zinssatz k mit dem zum Zeitpunkt 0 identisch ist.^^) Es gilt dann gemäß (XIII.25) (XIIL28)
FK ke = k + ( k - r ) . — ^ . Mo
Die Periodeneinheitlichkeit von kg impliziert, daß sich M Q im Licht des Informationsstandes zum Zeitpunkt 0 um (l + kg)~t-Mt ändert, wenn die Ausschüttungen nach dem Zeitpunkt t entfallen (Wertseparierbarkeit). Wird im Zuge der Untemehmensbewertung erwogen, zum Zeitpunkt 0 neue Projekte ins Programm aufzunehmen, so ist auch für deren Bewertung auf der Basis des Equity-Ansatzes der bisherige Eigenkapitalkostensatz relevant, wenn sie derart finanziert werden, daß sich die erwartete Kapitalstmktur zu keinem Zeitpunkt ändert. Für den zum Zeitpunkt t maßgeblichen Fremdkapitalbetrag gilt gemäß (XIII.27) FKr FKt = - ^ ^ - M Z Ü L t
(t=l,2,...,T.l)
MZULQ
und somit für den zugehörigen Erwartungswert der Ausschüttung:
(XIII.29)
E(Üt) = E(ÜLt) - (1 + r) • FKt_i + FK^ = E ( Ü L i ) - ( l + r)
FKn MZULo
TTT^TvT FKr ^—MZÜLt-1+—^^;2—MZÜLt MZULQ
(t=l,2,...,T). 21) Ist der Zinnsatz k periodenabhängig, so ist gemäß (XIII.25) der für den Equity-Ansatz Eigenkapitalkostensatz kg bei unveränderlicher Kapitalstruktur ebenfalls periodenabhängig. Dies wird aus dem folgenden allgemeinen Zusammenhang ersichtlich: FK 1
ket=k,+(k,-r)-=^ (t = l,2,...,T). Mt-i Damit kg fijr jede Periode gleich ist, muß sich die Kapitalstruktur von Periode zu Periode entsprechend ändern.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
425
Wegen F K j = 0 (annahmegemäß wird das Unternehmen zum Zeitpunkt T liquidiert), folgt hieraus: E ( U T ) = E ( U L T ) - (1 + r) •
FKn
; • MZULT-1 . MZULQ
Da sämtliche Marktwerte MZÜLt als geplante Erwartungswerte deterministisch sind, impliziert (XIII.29) folgende stochastische Ausschüttung: Ut = ULt - (14- r ) .
FKn ^ ,^vv^ FKfi j ; • MZULt-i + — - ^ MZULQ
- MZULt
(t=l,2,...,T)
MZULQ
Die Streuung von Ü^ stimmt mit der von ÜL^ überein. Fazit: Ist für k die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllt, so ist auch kg für alle Perioden identisch, wenn die Erwartungswerte der Ausschüttungen so festgelegt werden, daß der Erwartungswert der Kapitalstruktur im Zeitablauf konstant ist; wie im Einperioden-Fall ist dann der in (XIIL3) für den Entity-Ansatz maßgebliche Eigenkapitalkostensatz auch für den Equity-Ansatz relevant. Es ist zu beachten, daß in diese Strukturbedingung nicht der tatsächliche Marktwert der Überschüsse des Leistungsbereichs für den Zeitpunkt t (t = 1, 2,...,T-1) eingeht, sondern dessen Erwartungswert MZÜLt auf der Basis des Informationsstandes zum Zeitpunkt 0 und des dann maßgeblichen Zinssatzes k. Dieser Erwartungswert kann zum Zeitpunkt 0 ebenso ermittelt werden wie der Marktwert M Z Ü L Q beim Entity-Ansatz. Bei den Darstellungen wurde davon ausgegangen, die Bewertung beruhe auf der Annahme, daß die zukünftigen Fremdkapitalbeträge als deterministische Größen geplant werden. Sind sie ungewiß, so treten an ihre Stelle die entsprechenden Erwartungswerte. Wieder gilt das folgende Theorem: Bei periodeneinheitlichem Zinssatz k ist auch der Zinnsatz k^ periodeneinheitlich, sofern bei der Bewertung der erwarteten Ausschüttungen eine Ausschüttungspolitik zugrunde gelegt wird, bei der für jeden zukünftigen Zeitpunkt der Erwartungswert der Kapitalstruktur mit der Kapitalstruktur für den Zeitpunkt 0 übereinstimmt. Eine hinreichende (jedoch keine notwendige) Bedingung für diese Übereinstimmung ist, daß in jeder möglichen Umweltentwicklung die Ausschüttungen so festgelegt werden, daß der Istwert der Kapitalstruktur über alle Perioden hinweg unveränderlich ist (BALLWIESER, 1993, S. 166; 1995, S. 124); diese Bedingung ist aber nicht notwendig.^^) Die beschriebene Ausschüttungspolitik - d. h. die beschriebene Festlegung der (erwarteten) Ausschüttungen - ist allerdings fiktiv und dient lediglich der korrekten Ermittlung von MQ nach dem Equity-Ansatz mit dem in der WACC-Formel (XIII.3) bzw. (XIII.4) enthaltenen Eigenkapitalkostensatz kg. Wenn von dieser Ausschüttungspolitik in Verbindung mit entsprechend veränderter Verschuldungspolitik abgewichen wird, ändern sich zwar die Erwartungswerte von Ausschüttungen und der 22) Die Bedeutung der Kapitalstruktur für eine einheitlichen Eigenkapitalkostensatz wird auch in COENENBERG/SCHULTZE (2003) untersucht, wobei zwar risikoangepaßte Zinssätze zugrunde gelegt werden, jedoch zugleich davon ausgegangen wird, daß die für die Kapitalstrukturüberlegungen maßgeblichen Größen sicher seien.
426
Kapitel XIII
risikoadäquate Eigenkapitalkostensatz bzw. die periodenabhängigen Eigenkapitalkostensätze für deren Diskontierung. Jedoch muß man die betreffenden Änderungen bei der Bewertung gar nicht kennen: Eine Variation der Ausschüttungspolitik durch Transformationen zum Zinssatz r hat (ohne Berücksichtigung von Steuern) ohnehin keinen Einfluß auf den Marktwert MQ der bereits auf der Basis der fiktiven Ausschüttungspolitik und des entsprechenden periodeneinheitlichen Zinssatzes kg ermittelt worden ist. Würde man die neuen Erwartungswerte der Ausschüttungen mit demjenigen periodenabhängigen Eigenkapitalkostensätzen gemäß (XIII.25) diskontieren, die den neuen erwarteten Kapitalstrukturen entsprechen, so ergäbe sich wieder der bereits bekannte Marktwert MQ. Es zeigt sich somit, daß der in der WACC-Formel (XIII.3) bzw. (XIII.4) enthaltene Eigenkapitalkostensatz kg nur dann zugleich auch für den Equity-Ansatz maßgeblich ist, wenn hierbei eine bestimmte Ausschüttungspolitik unterstellt wird. Die Überführung der erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs in die entsprechenden (fiktiven) erwarteten Ausschüttungen stellt ein aufwendiges Problem dar. Der Entity-Ansatz ist (bei gegebener Risikoklasse der Überschüsse des Leistungsbereichs) in seiner Grundstruktur einfacher und plausibler. Die den Darstellungen zugrunde liegende Annahme der Periodeneinheitlichkeit von k besagt nicht, k sei deterministisch (Kapitel XII, Abschnitt 6.1.1). Dieser Zinssatz wird sich in Zukunft grundsätzlich im Licht zusätzlicher Informationen ändern. Entsprechend ist auch der hier diskutierte Eigenkapitalkostensatz trotz Periodeneinheitlichkeit grundsätzlich stochastisch.^^) Ist die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit für k nicht erfüllt, so existiert trotzdem ein (wertorientierter interner) Zinssatz k* für k, bei dem der Barwert der erwarteten zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs mit M Z Ü L Q übereinstimmt, für den also gilt (Kapitel XII, Abschnitt 6.1.1): M Z Ü L o - S ( l + k*)-t.E(ÜLt). t=l Wie erläutert wurde, kann - sofern die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit nicht erfüllt ist - k* (als „Durchschnittswert") grundsätzlich nicht aus einem EinperiodenModell hergeleitet werden. Als interner Zinsfuß kann er im Grunde erst dann exakt ermittelt werden, wenn der zu ermittelnde Marktwert M Z Ü L Q bereits bekannt ist, so daß k* letztlich überflüssig ist. Wenn (aus welchen Gründen auch immer) trotzdem k* als bekannt angenommen wird, so kann man aus ihm wie bei Periodeneinheitlichkeit von k für eine beliebige Kapitalstruktur LO=FKQ/MQ einen Eigenkapitalkostensatz kg herleiten, mit dem bei unveränderlichem Erwartungswert der Kapitalstruktur (oder unveränderlicher tatsächlicher Kapitalstruktur) M Q durch Diskontierung der zukünftigen erwarteten Ausschüttungen wie folgt ermittelt werden kann: 23) Unterstellt man trotzdem, daß sowohl kn als auch ke deterministisch sind, so impliziert dies, daß der Istwert der Kapitalstmktur über alle Perioden hinweg mit der zum Zeitpunkt 0 übereinstimmt, also ebenfalls deterministisch ist (KRUSCHWITZ/LÖFFLER, 2003). Jedoch haben deterministische risikoangepaßte Zinssätze weder für den Entity- noch für den Equity-Ansatz praktische Bedeutung.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
427
Mo = I(H-k:)-^E(Üt). t=l
Dabei gilt analog zu (XIII.28): (XIIL30)
FK, k*=k*+(k*-r)- M 0
Wenn nun aber k* nicht periodeneinheitlich ist, ist auch k^ nicht periodeneinheitlich. Zwar bringt dann (l + k*)~^-Mt nicht für jeden einzelnen Zeitpunkt t (t < t < T - 1 j zum Ausdruck, wie sich MQ aus Sicht des Informationsstands zum Zeitpunkt 0 ändert, wenn die Ausschüttungen Üt+i,Üt+2v?Ü'p entfallen. Jedoch führt die Diskontierung aller erwarteten zukünftigen Ausschüttungen mit k* zum richtigen Marktwert MQ, weil sich - ebenso wie bei Diskontierung aller erwarteten zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs mit k* - die einzelnen „Bewertungsfehler" kompensieren. Wird im Zuge der Untemehmensbewertung erwogen, neue Projekte ins Programm aufzunehmen, so ist grundsätzlich selbst bei unveränderlicher (erwarteter) Kapitalstruktur der bisher maßgebliche Eigenkapitalkostensatz (wie auch k*) nicht mehr bewertungsrelevant; k* ist (wie auch k*) nur dann unveränderlich, wenn die Proportionalitätsbedingung i.e.S. erfüllt ist, also zwischen den Überschüssen der neuen Projekte und den bisherigen Überschüssen ÜL^ des Leistungsbereichs für jeden Zeitpunkt t (t = 1,2,...,T) dieselbe proportionale Beziehung besteht (aj = a2 =...= aj), eine sehr spezielle Bedingung. 4.2.2. Beispiel Zur Erläuterung einiger Zusammenhänge dient ein einfaches Beispiel (mit T=2). Für die erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs gelte E(ÜLi) =120 und E(ÜL2) = 144. Außerdem sei k = 0,2, r = 0,1 und FKQ = 100. Somit folgt für den Entity-Ans^tz: Mo = 1,2"^. 120+ 1,2"^-144-100 = 100. Entsprechend gilt für die Kapitalstruktur zum Zeitpunkt 0: L = folgt aus (Xm. 12):
FKO/MQ=1.
Damit
ke = k + (k - r) • L = 0,2 + 0,1 = 0,3. Setzt man kg = 0,3 (zur Probe) in (XIIL3) ein, so erhält man den angenommenen Kapitalkostensatz k: k=
^ ke+—^ r = 0,5-0,3 +0,5-0,1 = 0,2. Mo+FKo Mo+FKo
Mit dem Eigenkapitalkostensatz k^ = 0,3 kann der Marktwert MQ gemäß dem Equity-Ansatz ermittelt werden, wenn die erwarteten Ausschüttungen so festgelegt wer-
428
Kapitel XIII
den, daß für den Zeitpunkt 1 ein Verhältnis aus Fremdkapital und Erwartungswert des Marktwertes der Überschüsse des Leistungsbereichs (MZÜLi) besteht, das mit dem Verhältnis aus Fremdkapital und Marktwert der Überschüsse dieses Bereichs für den Zeitpunkt 0 übereinstimmt. Da dieses Verhältnis (100 : 200 =) 0,5 beträgt und MZÜLi = 1,2"^ • 144 = 120 gilt, muß somit FKj = 60 gelten. Entsprechend ergeben sich gemäß (XIII.29) folgende erwartete Ausschüttungen: E(Üi) = E(ÜLi)-(l + r)-FKo + FKi =120-110 + 60 = 70 und E(Ü2) = E(ÜL2)-(l + r)-60 = 144-66 = 78. Bei dieser Ausschüttungspolitik führt der Equity-Ansatz mit dem Zinssatz kg = 0,3 zum richtigen Marktwert MQ: Mo = 1,3"^ • 70 +1,3"^ • 78 = 53,85 + 46,15 = 100. Wird für die Zeitpunkte 1 und 2 eine andere Ausschüttungspolitik gewählt, so hat dies real weder einen Einfluß auf MZÜLQ noch auf MQ. Damit sich gemäß der Formel (Xin.3) wieder der korrekte durchschnittliche Kapitalkostensatz k=0,2 für den Entity-Ansatz ergibt, ist für diesen Ansatz derselbe Eigenkapitalkostensatz k^ = 0,3 einzusetzen wie zuvor. Werden jedoch die neuen erwarteten Ausschüttungen wiederum mit diesem Zinssatz diskontiert, so ergibt sich ein falscher Marktwert MQ. Wird zum Beispiel zum Zeitpunkt 1 kein Fremdkapital aufgenommen und die Ausschüttung entsprechend um 60 reduziert (es gilt dann E(Ü|) = 7 0 - 6 0 = 10) und für den Zeitpunkt 2 um 66 erhöht (es gilt dann E(Ü2) = 78 + 66 = 144), so ändert sich die Risikoklasse bezüglich der Ausschüttungen und bei Diskontierung der neuen erwarteten Ausschüttungen mit k^ = 0,3 ergibt sich der folgende Bewertungsfehler: 1,3"^ • (-60) +1,3"^ • 66 = -46,15 + 39,05 = -7,1. Der ermittelte Marktwert ist also um 7,1 geringer als der korrekte. Für die korrekte Bewertung mit einem einzigen Zinssatz ist der folgende interne Zinsfuß k* relevant (der allerdings nicht der Bedingung der Periodeneinheitlichkeit genügt): 100=(l + k*)-l-(70-60) + (l + k*)-2.(78 + 66). Es folgt k* « 0,25. Der richtige Marktwert MQ =100 kann aber auch auf der Basis derjenigen periodenbezogenen Eigenkapitalkostensätze ermittelt werden, die den Kapitalstrukturen für die erste und die zweite Periode bezüglich der neuen Ausschüttungspolitik entsprechen. Da für die erste Periode die Kapitalstruktur (FKQ/MQ) unverändert gleich 0,5
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
429
ist, ist für diese Periode der Eigenkapitalkostensatz ebenfalls unverändert kg = 0,3. Da bei der neuen Ausschüttungspolitik für die zweite Periode kein Fremdkapital eingesetzt wird, ist für diese Periode die Kapitalstruktur gleich null, so daß gemäß (Xin.l2) für diese zweite Periode gilt: k e = k + ( k - r ) - 0 = k = 0,2. Werden nun mit den beiden periodenbezogenen Eigenkapitalkostensätzen die neuen erwarteten Ausschüttungen diskontiert, so erhält man: Mo = 1,3-1 • (70 - 60) +1,3-1. 1^2-1 • (78 + 66) = 7,692 + 92,308 = 100. Wird zum Zeitpunkt 1 ein Fremdkapitalbetrag von 30 aufgenommen, also gegenüber der Ausgangssituation (für die FKj = 60 gilt) die Ausschüttung um 30 reduziert und entsprechend für t = 2 um 33 erhöht, so ergibt sich für die erste Periode wiederum der Eigenkapitalkostensatz kg= 0,3. Für die zweite Periode ist nun wegen MZULi =120 ein Erwartungswert der Kapitalstruktur von FKi:Mi = 30:(120- 30) = 1/3 relevant, so daß für den erwarteten Eigenkapitalkostensatz dieser Periode gilt: ke = k + (k - r) • 0,5 = 0,2 + 0,1 • 0,1 = 0,2 + 0,01 = 0,233. Entsprechend erhält man nun wieder: Mo = 1,3-^ • (70 - 30) +1,3-1 • 1,27-1 • (78 + 33) = 100. 4.3.
Vergleich mit dem Theorem von MODIGLIANI und
MILLER
Eine Identität des Eigenkapitalkostensatzes kg in der WACC-Formel für den EntityAnsatz und für den Equity-Ansatz wird häufig mit Verweis auf das Irrelevanztheorem der Finanzierung von MODIGLIANI und MILLER (1958) (wonach der durchschnittliche gewogene Kapitalkostensatz k von der Kapitalstruktur unabhängig und der Eigenkapitalkostensatz eine linear steigende Funktion des Verschuldungsgrades ist) begründet. Zwar ist in der Tat im Rahmen dieses Theorems der maßgebliche Eigenkapitalkostensatz für die WACC-Formel und den Equity-Ansatz identisch. Das liegt aber an den speziellen Annahmen, bei denen der Mehrperioden-Fall im Prinzip dieselbe Struktur hat wie der bereits betrachtete Einperioden-Fall und die Bedingung (Xin.27) einer im Zeitablauf unveränderlichen erwarteten Kapitalstruktur für einen Spezialfall erfüllt ist: 1 Alle Überschüsse des Unternehmens fallen in dieselbe Risikoklasse (im Grunde fallen also nur Überschüsse im Leistungsbereich an). Dabei definieren MODIGLIANl/MlLLER die Einheitlichkeit der Risikoklasse wie folgt: Zwischen den Überschüssen neuer Projekte zu einem beliebigen Zeitpunkt t und dem bisherigen Überschuß ÜL^ besteht eine proportionale Beziehung, wobei für alle Zeitpunkte derselbe Proportionalitätsfaktor gilt (dies ist die Proportionalitätsbedingung i.e.S.). 2 Der Erwartungswert des Überschusses in der Ausgangssituation (vor neuen Projekten) ist ad infinitum (T-> oo) konstant. Das gleiche gilt für die Fremdkapitalzinsen, wobei davon ausgegangen wird, daß sich in Zukunft weder der gegebene
430
Kapitel XIII
Fremdkapitalbetrag FKQ noch der risikolose Zinssatz r ändern. Die Ausschüttung ergibt sich zu jedem Zeitpunkt als Differenz zwischen dem Überschuß des Leistungsbereichs und den (sicheren) Fremdkapitalzinsen r-FKo, so daß auch die Erwartungswerte der Ausschüttungen ad infinitum unveränderlich sind: E(Üi) = E(Ü2) = ... = E(ÜL)-r.FKo. 3 Neue Projekte bieten zu jedem Zeitpunkt t (t=l,2,...) jeweils denselben erwarteten Einzahlungsüberschuß. Werden die Projekte (teilweise) fremdfinanziert, so fallen ad infinitum konstante Fremdkapitalzinsen an; es erfolgt auch für das zusätzliche Fremdkapital keine Tilgung. Unter diesen Voraussetzungen zeigen MODIGLIANI und MILLER: 1 Der Marktwert Mg + FKQ ist bei gegebenem Investitionsprogramm (bei gegebenen Überschüssen ÜL^) und Fehlen von Steuern von der Kapitalstruktur FKQ / MQ unabhängig. 2 Als Implikation hieraus folgt: Der für den Entity-Ansatz maßgebliche durchschnittliche Zinssatz k gemäß (XIII.3) ist ebenfalls von der Kapitalstruktur unabhängig (Irrelevanz der Finanzierung). Er ist jeweils so groß wie der Eigenkapitalkostensatz bei reiner Eigenfinanzierung. Dagegen ist (für k > r) der Eigenkapitalkostensatz kg eine linear steigende Funktion des Verschuldungsgrades. Wird ausgehend von null der Fremdkapitalbetrag FKQH erhöht, so sinkt entsprechend Mon • Dies bedeutet, daß in (Xni.3) bzw. in (XIII.4) das Gewicht für den Eigenkapitalkostensatz sinkt und der für r steigt. Trotzdem bleibt k auch im betrachteten Mehrperioden-Fall konstant, weil der Eigenkapitalkostensatz entsprechend mit steigendem Verschuldungsgrad ansteigt. 3 Der für die bisherigen Überschüsse maßgebliche Kapitalkostensatz k ist unabhängig von der Finanzierung auch für die Bewertung neuer Projekte relevant (sie fallen eben in dieselbe Risikoklasse wie die bisherigen Überschüsse des Leistungsbereichs). Einige Zusammenhänge, die für den Vergleich des Equity-Ansatzes mit dem EntityAnsatz besondere Bedeutung haben, sollen im folgenden näher erläutert werden. Für den Marktwert MQ gemäß dem Equity-Ansatz (vor neuen Projekten) gilt:
(XIII.31)
Mo^M^^Zllf^.
Für den Marktwert des Unternehmens zum Zeitpunkt 0 gemäß dem Entity-A^sutz gilt wegen der Irrelevanz der Finanzierung:
(XIII.32)
Mo + F K o = ^ ^ ^ . K
Aus (XIII.32) folgt: (XIII.33)
E(ÜL) = k • (Mo + FKQ).
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
431
Einsetzen in (XIII.31) und elementare Umformung ergibt: (XIIL34)
ke = k + (k - r) • ^^^. Mo
Im Rahmen der getroffenen Annahmen ergibt sich somit für den Mehrperioden-Fall derselbe lineare Zusammenhang zwischen kg und der Kapitalstruktur L wie für den Einperioden-Fall; (XIII.34) ist mit (XIII. 12) identisch. (XIII.34) kann wie folgt umgeformt werden: (XIII.35)
k-
i.Ä Mr
= ke + r
FKQ
Mn
bzw. (XIII.36)
k-
MQ + FKQ
ke-Mp + r-FKo
Mo Mo Hieraus folgt unmittelbar die bereits diskutierte WACC-Formel: (XIII.3)
k =— ^ K^—^ r. Mo+FKo Mo+FKo
Der hier enthaltene Eigenkapitalkostensatz k^ ist identisch mit jenem, der gemäß (XIII.31) für den Equity-Ansatz maßgeblich ist. MODIGLIANI/MILLER lassen offen, von welchen Determinanten k (bzw. der Eigenkapitalkostensatz kg mit und ohne Verschuldung) abhängt und wie k ermittelt werden kann. Wie erläutert, wird nach dem Shareholder Value Ansatz der in (XIII.3) enthaltene Eigenkapitalkostensatz in Anlehnung an das einperiodige CAPM ermittelt und unterstellt, daß der so gewonnene durchschnittliche Kapitalkostensatz k auch für die Bewertung neuer Projekte maßgeblich ist. Die Übertragung dieses Zinssatzes auf den Mehrperioden-Fall ist zwar nur unter der Bedingung der Periodeneinheitlichkeit sinnvoll. Ist diese Bedingung jedoch erfüllt, so kann das Konzept einer einheitlichen Risikoklasse für alte und neue Projekte viel allgemeiner gefaßt werden als bei MODIGLIANI/MILLER: Wie in Kapitel XII, Abschnitt 6.1, gezeigt wurde, kann der für ein Projekt maßgebliche Proportionalitätsfaktor für verschiedene Zeitpunkte verschieden sein (Proportionalitätsbedingung i.w.S.). MODIGLIANI/MILLER lassen dagegen offen, ob der für ihre Überlegungen relevante Zinssatz k die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllt (sie leiten ihn nicht aus einem einperiodigen Kalkül ab); gemäß den Darstellungen in Kapitel XII, Abschnitt 6.1, kann es sich um einen Durchschnittswert handeln, der für die Überschüsse einzelner Zeitpunkte zu hoch und für die anderer Zeitpunkte zu niedrig ist. Entsprechend ist im Rahmen der Darstellungen von MODIGLIANl/MiLLER eine spezielle Risikoklasse geboten, damit der für die bisherigen Überschüsse relevante Zinssatz auch für neue Projekte maßgeblich ist: es muß für jeden Zeitpunkt t (t=l,2,...) diesel-
432
Kapitel XIII
be proportionale Beziehung zwischen Projektüberschuß und dem bisherigen Überschuß ÜLt gelten (Proportionalitätsbedingung i.e.S.). Im Rahmen der Darstellungen von MODIGLIANl/MiLLER ist der in der WACC-Formel (XIIL3) enthaltene Eigenkapitalkostensatz k^ mit dem für Diskontierung der erwarteten Ausschüttungen maßgeblichen Eigenkapitalkostensatz unabhängig davon identisch, ob der Zinssatz k die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllt oder nicht. Das liegt an den zugrunde liegenden speziellen Voraussetzungen. Zum Beispiel beträgt zu jedem Zeitpunkt t (t=l,2,...) die Ausschüttung ÜL^ -r-FKQ. Wird abweichend hiervon zum Beispiel zu einem zukünftigen Zeitpunkt t* die Ausschüttung um A reduziert und entsprechend Fremdkapital getilgt, so daß die Ausschüttung zu jedem Zeitpunkt t*+l, t*+2,... um r • A steigt, so ändert sich der Marktwert MQ nicht. Jedoch müssen gemäß dem Equity-Ansatz die neuen erwarteten Ausschüttungen mit einem anderen Eigenkapitalkostensatz k^ diskontiert werden, damit man wieder diesen Marktwert MQ erhält. Dagegen ist der für den Überschuß der Leistung maßgebliche Zinssatz k unveränderlich. Da sich auch FKQ nicht ändert, ist für die Ermittlung von k gemäß (Xin.3) bzw. (Xin.4) der ursprüngliche Eigenkapitalkostensatz heranzuziehen und nicht der neue; es ergibt sich somit hinsichtlich der neuen Ausschüttungspolitik eine Diskrepanz zwischen dem Eigenkapitalkostensatz für den Entity- und den Equity-Ansatz. Im Rahmen der Darstellungen von MODIGLIANl/MiLLER muß zwar der Zinssatz k nicht die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erfüllen, er kann es aber. Wie in Abschnitt 4.2.1 allgemein gezeigt wurde, gilt bei periodeneinheitlichem Zinssatz k: Damit für den Equity-Ansatz derselbe Eigenkapitalkostensatz maßgeblich ist wie für den Entity-Ansatz in (Xin.3), muß eine Ausschüttungspolitik unterstellt werden, für die die Bedingung (XIII.27) einer unveränderlichen erwarteten Kapitalstruktur erfüllt ist. Diese Bedingung ist im Rahmen der Darstellungen von MODIGLIANI und MILLER in der Tat erfüllt. Da ad infinitum derselbe erwartete Überschuß E(ÜL) erzielt wird und derselbe Fremdkapitalbetrag maßgeblich ist wie für den Zeitpunkt 0, gilt für jeden zukünftigen Zeitpunkt: (XIII.37)
1
MZULt = —E(UL) und FKt =FKo k
(t = l,2,...,T).
Somit folgt: FKt
FK 0
^ZULt
LE(ÜL)
und wegen -•E(ÜL) = MZÜLo K
die Bedingung FK
FK
(Xin.38) ^=4^
= —-^
MZULt
MZULo
(t=l,2,...,T).
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
433
Diese Bedingung ist mit (Xin.27) identisch; unter den speziellen Voraussetzungen von MODIGLIANI/MILLER über die Überschüsse des Leistungsbereichs, der Verschuldungs- und entsprechend der Ausschüttungspolitik ist bei Periodeneinheitlichkeit des Zinssatzes k auch k^ periodeneinheitlich.^^) (Der für den Equity-Ansatz maßgebliche Eigenkapitalkostensatz kg stimmt auch im Modell von MODIGLIANl/MiLLER als Spezialfall der allgemeinen Darstellungen in Abschnitt 4.2.1 mit jenem in der WACC-Formel für den Entity-Ansatz überein.)
5.
Risikobehaftetes Fremdkapital
Für risikobehaftetes Fremdkapital ist in (XIIL3) der Zinssatz r durch den risikoangepaßten Fremdkapitalkostensatz kf^ zu ersetzen. Er kann formal ebenso bestimmt werden v^ie der Eigenkapitalkostensatz. In der CAPM-Renditegleichung (Vn.l4) w^ird dann statt des Beta-Faktors für die Eigenkapitalrendite der für die Fremdkapitalrendite berücksichtigt (der bei risikolosem Fremdkapital gleich null ist). Bei empirischer Ermittlung der Kapitalkosten stellt sich allerdings das in Abschnitt 3.1.2 beschriebene Kapitalstruktur-Problem auch für den risikoangepaßten Fremdkapitalkostensatz. Ist der Beta-Faktor ß^ für die Durchschnittsverzinsung (das Asset-Beta) und der Beta-Faktor ß^ für die Eigenkapitalrendite bereits bekannt, so kann zwar daraus auch der Beta-Faktor ß^ für das Fremdkapital hergeleitet werden. Es gilt nämlich der folgende Zusammenhang: (XIII.39)
= I ße + ^n ßn, 1 + L„ ^" l + L^ woraus folgt: (XIII.40) ßf=l±ilS..ßd__L.ße. Wie jedoch in Abschnitt 3.2 gezeigt wurde, genügt die Kenntnis von ß ^ , womit gemäß (XIIL14) k^ direkt ermittelt werden kann, ohne daß das Kapitalstruktur-Problem wie bei (XIIL3) relevant wird. Die Bedeutung der Gleichung (XIII.39) besteht darin, daß sie verdeutlicht, daß in demjenigen Bereich für die Kapitalstruktur L^, für die das Fremdkapital risikobehaftet ist und somit ßn ^O gilt, ß^ und mithin der Eigenkapitalkostensatz kgjj keine linear steigende Funktion von L^ ist. Die Änderung von ß^ 24) Ist der Zinssatz k deterministisch und ändem sich die Erwartungen über die zukünftigen Überschüsse im Zeitablauf nicht, gilt mit Sicherheit MZÜL^ = MZÜLQ, SO daß wegen FK^ = FKQ zu jedem zukünftigen Zeitpunkt t die Kapitalstmktur mit Sicherheit (und nicht nur als Erwartungswert) mit der für den Zeitpunkt 0 übereinstimmt.
434
Kapitel XIII
bzw. kgjj hängt davon ab, wie sich ß^ und mithin kfj^ bei Variation von Lj^ verändert. Die Darstellungen beruhen auf der Annahme, daß die Kapitalstruktur keinen Einfluß auf den Marktwert des Unternehmens hat. Lisbesondere unter Berücksichtigung von Ertragsteuem kann dagegen Fremdfinanzierung in gewissem Umfang gegenüber Eigenfinanzierung vorteilhaft sein. Es mag dann sinnvoll sein, diesen Sachverhalt bei der Ermittlung der Kapitalkosten Rechnung zu tragen und die Fremd- und Eigenkapitalkosten getrennt zu erfassen. Zur Erfassung eines steuerlichen Vorteils der Fremdfinanzierung wird in Literatur und Praxis der Fremdkapitalkostensatz oft mit einem steuerlichen Korrekturfaktor l~s
6.
Zum Einfluß von Ertragsteuern auf Wert und Bewertung des Unternehmens und einzelner Investitionsprojekte
6.1.
Bedeutung für die wertorientierte Unternelimensfülirung und Ciiarakteristik der Problemstellung
Es soll untersucht werden, wie Steuern im Bewertungskalkül erfaßt werden können und welchen Einfluß sie auf Bewertungen sowie die Investitions- und Ausschüttungspolitik haben. Im Vordergrund steht hierbei das Problem der risikoadäquaten Erfassung des Steuereinflusses. Insbesondere wird untersucht, wie die diskutierten allgemeinen Bewertungsprinzipien auf sichere und unsichere (Komponenten von) Steuerzahlungen angewendet werden können bzw. sollen. Bei der Analyse werden einfache Steuersysteme betrachtet, die es ermöglichen, theoretische Grundlagen anschaulich zu zeigen. Es wird nicht angestrebt, den Einfluß des aktuellen deutschen Steuersystems zu untersuchen. In einer Welt, in dem das Steuersystem ständig nach irgendeinem Zufallsprozeß geändert wird, ist es vor allem wichtig, Grundprinzipien der Erfassung von Steuern im Bewertungskalkül zu kennen. Es wird folgende Entscheidungssituation zugrunde gelegt: 1. Es werden nur Ertragsteuem des Unternehmens betrachtet, wobei unterschiedliche Bemessungsgrundlagen berücksichtigt werden. Persönliche Steu25) Zur Problematik der Berücksichtigung von Steuern vgl. BALLWIESER (2004); BRAUN (2004); DRUKARCZYK (2003C); HACHMEISTER (2000); HOMMEL/BRAUN (2002, S. 166-
210); HUSMANN/ KRUSCHWITZ/LÖFFLER (2002); KRUSCHWITZ (2001; 2002); KRUSCHWITZ/LÖFFLER (1999; 2003); LEUTHIER (1998); MELLWIG (1985); ROSSAVESTER-
FIELD/JAFFE (1996, S. 402ff.; 434ff.; 455ff.); SCHÜLER (2000); WAGNER/DIRRIGL (1980).
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
435
em der Anteilseigner und des Entscheidungsträgers, die die Bewertung beeinflussen könnten, werden (wie oft auch in der Literatur) - mit Ausnahme von Abschnitt 6.9 - ausgeblendet.^^) 2. Der Steuertarif ist linear: Die Steuer beträgt in jeder Periode das s-fache (0 <s
Cashflow-Komponenten und Steuern
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Cashflow-Komponenten, die für die nachfolgenden Darstellungen von Bedeutung sind: Brutto-Cashflow vor Steuern (hier: Überschuß des Leistungsbereichs vor Investitionsauszahlung) - Anschaffungsauszahlung für Investitionen
ÜLt>
= Freier operativer Cashflow vor Steuern
ÜLt
-
Steuern
= Freier Cashflow
It
c cu ^t'^t
1
ÜL^t.ÜLf
- Auszahlungen an die Gläubiger (Zinsen, Tilgung)
r-FFt-i,Ft-i-Ft
- Auszahlung an die Anteilseigner (Ausschüttung)
Üt
= Null Tabelle XIII.l: Cashflow-Komponenten Quelle: In Anlehnung an KRUSCHWITZ/LÖFFLER (2003, S. 240) 26) Zur Berücksichtigung persönlicher Steuem vgl. BALLWIESER (2004); BRAUN (2004); HuSMANN/ KRUSCHWITZ/LÖFFLER(2002); LAITENBERGER (2003); RICHTER (2004); SCHÜLER (2000).
436
Kapitel XIII
Hierin steht der hochgestellte Index s für „nach Steuer" und u für „unverschuldet". Der Lidex u ist vor allem dann von Bedeutung, wenn bei der Bewertung zunächst von der Fiktion ausgegangen wird, das Unternehmen sei unverschuldet. Für den Fall der Verschuldung des Untemehmens erübrigt sich eine spezielle hidizierung, weil dies ohnehin die Regel ist. 6.3.
Bewertung im Licht der Kapitalmarkttheorie
Die Bewertung von untemehmensbezogenen Steueranzahlungen in Verbindung mit der Untemehmensbewertung oder der Bewertung einzelner Projekte bereitet im Vergleich zu der Bewertung von sonstigen Auszahlungen oder Einzahlungen keine grundsätzlich neuen Probleme; die Bewertungskonzepte der Livestitions- und Kapitalmarkttheorie sind - insbesondere bei Vernachlässigung persönlicher Steuern - in gleicher Form auch für Steuern anwendbar. hn CAPM hängt der Marktwert einer Steuerauszahlung von ihrem Erwartungswert und ihrem Beta-Faktor ab. hn SPA ergibt sich dieser Marktwert, indem die Auszahlungen für die verschiedenen Zustände mit dem jeweiligen Preis für zustandsbedingte Zahlungsansprüche gewichtet und die Summe gebildet wird, hn SPA ist der Kapitalmarkt vollständig, so daß stets die Möghchkeit besteht, Steuerzahlungen durch Portefeuillebildung zu replizieren, so daß deren Marktwert mit dem Marktwert des Duplikationsportefeuilles übereinstimmt. Jedoch kann auch bei UnvoUständigkeit des Kapitalmarktes die Spanning-Bedingung für das Untemehmen erfüllt sein. Dies hat folgende Konsequenzen: Zum einen können die Marktwerte aller Ein- und Auszahlungen (auch der Steuern) als Marktwerte von Duplikationsportefeuilles ermittelt werden. Zum anderen ist (bei unveränderlichen Grenznutzenwerten) die Maximierung des Marktwertes der Aktien des Untemehmens nach Steuem mit subjektiver Nutzenmaximierung kompatibel.2'7) Es stellt sich das Problem, durch geeignete Abgrenzung von Zahlungsvorgängen - hier vor allem auch von verschiedenen Steuerauszahlungen - die Bildung von Duplikationsportefeuilles zu erleichtem. So kann es zum Beispiel vorteilhaft sein, bei der Duplikation der Überschüsse von hivestitionsprojekten die gesamten Steuem zunächst zu vemachlässigen und diese explizit zu duplizieren und deren Marktwert zu subtrahieren. Möglicherweise sinkt der Bewertungsaufwand auch, wenn bei der Duplikation von Nettoüberschüssen von der Fiktion eines unverschuldeten Untemehmens ausgegangen wird und im zweiten Schritt ein Vorteil der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen in der steuerlichen Bemessungsgrundlage als Marktwert erfaßt wird. 27) Es besteht also Anreizkompatibilität zwischen den Anteilseignem, jedoch grundsätzlich nicht zwischen ihnen und dem Fiskus. Wie im folgenden deutlich wird, können die Anteilseigner je nach Steuersystem innerhalb gewisser Grenzen Vorteile zu Lasten des Fiskus erzielen; es besteht kein Anreiz, den Marktwert der Investitionen vor Steuem, also die Summe des Marktwertes der Investitionen nach Steuem und des Marktwertes der Steuem zu maximieren, so daß kollektive Wohlfahrtsverluste resultieren.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
437
Ist die Spanning-Bedingung flir die Steuern nicht erflillt, so läßt sich das Ziel der Marktwertmaximierung nur unter speziellen Voraussetzungen über die Erwartungen und Nutzenfimktionen der Anteilseigner - wie zum Beispiel flir das CAPM - rechtfertigen; andemfalls besteht ein Konflikt zwischen den Anteilseignem zumindest bezüglich der Steuerpolitik. Das CAPM bildet auch die theoretische Grundlage flir die populären Konzepte der Untemehmensbewertung, die im folgenden unter Berücksichtigung von Steuern dargestellt werden sollen. Dabei wird - wie im CAPM üblich - die Bewertung auf der Basis risikoangepaßter Zinssätze vorgenommen, wobei allerdings bei den populären Bewertungskonzepten relativ wenig nach unterschiedlichen Risikokategorien differenziert wird, sondem mehr oder weniger pauschaHsierte oder standardisierte Bewertungen vorgenommen werden. Zudem bleibt weitgehend offen, wie risikoangepaßte Zinssätze flir den Mehrperioden-Fall überhaupt ermittelt werden können bzw. sollen. Diese Problematik wird allerdings verständlich, wenn bedacht wird, daß die Analyse mehrperiodiger risikoangepaßter Kalkulationszinsfliße nicht gerade die Stärke der kapitalmarktorientierten Investitionstheorie ist; die einschlägigen Lehrbücher befassen sich hiermit allenfalls am Rande. Dies erklärt allerdings nicht, warum das Bewertungskonzept der Duplizierung, das auch im unvollständigen Kapitalmarkt in vielfältiger Weise anwendbar ist, kaum Eingang in die Konzeptionen der Untemehmensbewertung unter Berücksichtigung von Steuem gefunden hat. Die praxisnahen Arbeiten zur Untemehmensbewertung befassen sich vor allem akribisch mit technischen Aspekten - vor allem der Vereinfachung und Objektivierung - und weniger fundiert mit den theoretischen Grundlagen. 6.4.
Entity-Ansatz auf der Basis divergierender risikoangepaßter Zinssätze für unterschiedliche Risikokategorien von Cashflow-Komponenten
6.4.1. Cashflow-Besteuerung Einführend soll zunächst eine reine Cashflow-Besteuerung betrachtet werden, bei der für die Steuer St(t=0,l,...,T) des Zeitpunkts t gilt: (XIIL41) St=s-ÜLt (mitO<s
438
Kapitel XIII
dar, so ist er wegen der ProportionaHtät zwischen den Steuern und Überschüssen auch flir die Steuern bewertungsrelevant, so daß gilt:^^^ T
(XIIL42) MZÜL'o- E(l+k)"^-(l-s)-E(ÜLt) = (l-s)-MZÜLo. t=l
Da bei der Cashflow-Steuer Fremdkapitalzinsen die Steuern nicht beeinflussen, gilt unmittelbar für den Marktwert der Aktien zum Zeitpunkt 0: (XIIL43) M^ = (1 - s) • MZÜLo - FKoDem Einfluß der Steuer läßt sich hier also in sehr einfacher Weise Rechnung tragen. Die Bewertungsgleichung (Xin.42) kann auch dann angewendet werden, wenn erwogen wird, neue Mvestitionsprojekte durchzuführen, und die Proportionalitätsbedingung für deren Überschüsse und die bisherigen Überschüsse des Leistungsbereichs wie folgt erfüllt ist: Ist k periodeneinheitlich, so gilt die Proportionalitätsbedingung i.w.S.. Stellt k einen wertorientierten internen Zinsfuß dar, so gilt die Proportionalitätsbedingung i.e.S. (Kapitel XII, Abschnitt 6.1.1.). Die Proportionalitätsbedingung i.e.S. für ein Projekt impliziert, daß es zum Zeitpunkt 0 durchgeführt wird und zu allen Zeitpunkten 1,2,...,T riskante Überschüsse abwirft. Dagegen kann die Proportionalitätsbedingung i.w.S. auch für andere Projekte erfüllt sein. Unter dieser Bedingung gilt für den Marktwert bezogen auf den Zeitpunkt 0 eines zum Zeitpunkt t (t > 0) realisierten Investitionsprojektes mit der erwarteten Anschaffungsauszahlung E(Atp) und dem erwarteten Überschuß E(e^) zum Zeitpunkt x (x = t +1, t + 2,...,T): (XIII.44) ÄMZÜL'o = (1 + k)"^ • (1 - s) • [ S (l + k)-(^-^).E(e,p)-E(Ätp)]. T=t+r
=Kapitalwert vor Steuer bezogen auf den Zeitpunkt t
Ist das Projekt vor Steuer vorteilhaft, so gilt dies zugleich auch unter Berücksichtigung von Steuern; bei seiner Durchführung steigt der Marktwert MZÜLQ gemäß (XIII.44). Die Cashflow-Steuer ist also entscheidungsneutral; bei ausschließlicher Orientierung an den finanziellen Konsequenzen wird so entschieden wie im Nichtsteuerfall. Ist die Proportionalitätsbedingung (i.w.S.) nicht für alle Überschüsse des Projekts erfüllt, so ist für die betreffenden Überschüsse ein anderer Kalkulationszinsfuß als k relevant. Charakteristisch ist, daß die Anschaf^^
Die Darstellungen in Kapitel XE, Abschnitt 6.1.1, zur Projekteinheitlichkeit des Kalkulationszinsfußes k gelten analog auch für einzelne Überschußkomponenten wie hier die Steuerzahlungen.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
439
fungsauszahlung A^p deterministisch ist, so daß für ihre Diskontierung der risikolose Zinssatz r maßgeblich ist. Anstelle von (XIII.44) gilt dann: (XIIL45) (l+k)-^(l-s). i:(l+k)-(^-^).E(e,p)-(l+r)-^(l-s).Atp. T=t+1
Freilich ist es auch möglich, daß die Anschaffungsauszahlung A^p stochastisch und hierfür ein besonderer risikoangepaßter Zinssatz maßgeblich ist, der von k abweicht. Wie auch immer der Erwartungswert von A^p zu diskontieren ist, gilt: der Marktwert des Projekts nach Steuer ist gleich dem (1-s) -fachen des Marktwertes vor Steuer; die Steuer ist entscheidungsneutral. 6.4.2. Zinsbereinigte Einkommensteuer Bei der sogenannten zinsbereinigten Einkommensteuern^^ wird die Steuer an den Residualgewinn (Kapitel XIV) gebunden, der für die Periode t wie folgt dargestellt werden kann: (XIIL46) Gt = ÜL^ - AfAt - r • VLt_i^ wobei UL^ den Bruttoüberschuß des Leistungsbereichs vor Livestitionsauszahlungen I^ und Steuern bezeichnet (ÜL^ -I^ =ÜLt), AfA^ die Abschreibungen der Periode t und VL^.i den Buchwert des Gesamtvermögens zu Beginn der Periode t. Beim Residualgewinn gemäß (XIII.46) werden auf diesen Buchwert kalkulatorische Zinsen mit dem risikolosen Zinssatz r verrechnet. Entsprechend gilt nun flir den Überschuß nach Steuer: (XIII.47) ÜLt - s G t = ÜLt -s(ÜL^ - AfAt -r-VLt_i). Auch die Bemessungsgrundlage (XIII.46) ist unabhängig von der Finanzierungs- und Ausschüttungspolitik. Die (kalkulatorischen) Zinsen werden eben auf den Buchwert des Gesamtvermögens ermittelt und sind unabhängig davon, wie sich dieser auf Buchwerte von Eigen- und Fremdkapital aufteilt. Die Anlage von Mitteln zum Zinssatz r im Unternehmen ist ebenso wie im privaten Bereich steuerfrei; die Zinserträge werden in (XIII.46) durch die kalkulatorischen Zinsen auf die Kapitalanlage kompensiert. Die Bemessungsgrundlage (XIII.46) unterscheidet sich von ÜL^ lediglich um sichere Transformationen von Anschaffungsauszahlungen, die über alle Perioden hinweg beim Zinssatz r einen Barwert von null aufweisen. Wird zum Zeitpunkt t ein Investitionsprojekt mit der Anschaffungsauszahlung A^ erworben, so wird die Anschaf29^
WENGER (1983; 1985/86); ROSE (1994; 1998); WAGNER/WENGER (1996).
440
Kapitel XIII
fungsauszahlung aktiviert, wobei im Vergleich zu einer direkten Überschußbesteuerung die Bemessungsgrundlage für die Steuer um die Anschaffungsauszahlung steigt. Jedoch sinkt in späteren Perioden die Bemessungsgrundlage jeweils um die Abschreibung und die kalkulatorischen Zinsen auf den Restbuchwert zu Beginn der Periode, wobei der Barwert der Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen bezogen auf den Zeitpunkt t beim Zinssatz r mit A^ übereinstimmt. Aus Sicht des Untemehmens entsteht durch die Aktivierung und späteren Abschreibungen im Vergleich zur direkten Überschußbesteuerung weder ein Vorteil noch ein Nachteil; entsprechend ist wie auch die direkte Überschußbeteiligung die zinsbereinigte Einkommensteuer entscheidungsneutral. Zur Erläuterung wird ein einfaches Beispiel mit A^p =100 und r = 0,1 betrachtet, das über zwei Perioden hinweg linear abgeschrieben wird. Periode
t+1
t+2
(1) AfA
50
50
(2) Buchwert zu Beginn der Periode
100
50
(3) Kalkulatorische. Zinsen
10
5
60
55
Summe (1) + (3)
Tabelle XIII.2: Zur Auswirkung einer zinsbereinigten Einkommensteuer Im Vergleich zur Cashflow-Steuer steigt die Bemessungsgrundlage zum Zeitpunkt t (dem Beginn der Periode t+1) um 100 (aktivierte Anschaffungsauszahlung), während sie zum Zeitpunkt t+1 um 60 und zum Zeitpunkt t+2 um 55 sinkt. Der Marktwert aller Änderungen (und somit auch der aller Steueränderungen) ist gleich null: 100-1,1"^-60-1,1"^-55=0. Das Analoge gilt fllr beliebige andere Abschreibungsdauem und Abschreibungsstrukturen. Da eine zinsbereinigte Einkommensteuer denselben Marktwert aller Steuern impliziert wie eine direkte Überschußbeteiligung, kann bei der Untemehmensbewertung von der Fiktion einer Cashflow-Steuer ausgegangen werden. Das erleichtert die Prognose der bewertungsrelevanten Steuern auch für den Fall, daß bei der Untemehmensbewertung neue Projekte erwogen werden. Eine Besonderheit ist allerdings zu beachten: Ist zum Zeitpunkt 0 bereits ein Buchwert von VLQ > 0 vorhanden, so bewirkt dieser auf Grand der steuerlichen Abzugsfähigkeit der entsprechenden Abschreibungen und der kalkulatorischen Zinsen eine sichere Steuererspamis (ein „Tax Shield"), dessen Barwert unabhängig von der Abschreibungspolitik s- VLQ beträgt. Entsprechend gilt bei zinsbereinigter Einkommensteuer, sofem ohne Steuem der Zinssatz k relevant ist:
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
(XIIL48) MZÜL'o = (l-s)-X(l + k)
441
•E(ÜLt) + s-VLo.
t=l
6.4.3. Gewinnsteuer 6.4.3.1. Charakteristik der Bemessungsgrundlage Bei der üblichen Gewinnsteuer dient in Periode t der folgende Gewinn als Bemessungsgrundlage: (XIIL49) Gt = ÜL^ - AfAt - r • FKt_i. Dieses Gewinnkonzept unterscheidet sich vom Residualgewinn (XIIL46) (der Bemessungsgrundlage bei der zinsbereinigten Einkommensteuer) dadurch, daß nur Zinsen auf das Fremdkapital FK|._i und keine kalkulatorischen Zinsen auf den Buchwert VL^.j des Gesamtvermögens erfaßt werden. Wegen (XIIL50) VLt_i=FKt_i+Vt_i, wobei Vx-\ ^^^ Buchwert des Eigenkapitals zum Zeitpunkt t-1 bezeichnet, bedeutet dies, daß im Gegensatz zur zinsbereinigten Einkommensteuer nun keine kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen erfaßt werden, so daß der Gewinn gemäß (Xin.49) grundsätzlich höher ist als der Residualgewinn.^^^ Auch wenn dieser Unterschied auf den ersten Bhck als recht unbedeutend erscheinen mag, kann er gravierende Konsequenzen für Bewertungen und Entscheidungen haben. Während bei der zinsbereinigten Einkommensteuer (dem Residualgewinn als Bemessungsgrundlage) die Kapitalstruktur irrelevant ist, sind steuerhche Gewinne (Xin.49) und die Gewinnsteuem c.p. um so niedriger, je höher die Fremdkapitalbeträge sind. Der Untemehmenswert steigt, wenn in verstärktem Maße fremdfinanziert wird und entsprechend die Ausschüttungen erhöht (oder Eigenkapitaleinlagen in das Untemehmen reduziert) werden; die Anlage zum risikolosen Zinssatz r im Untemehmen ist nachteilig, da Zinserträge im Untemehmen mit dem Steuersatz s belegt werden, während sie im privaten Bereich steuerfrei sind. Wäre allerdings zu Beginn jeder Periode das Fremdkapital FK|_i gleich dem Buchwert des Gesamtvermögens^l^ so wären jeweils der Gewinn (Xin.49) und der Residualgewinn identisch, so daß auch für den Gewinn (XIIL49) die Bewertungsgrundlage (XIIL48) gelten würde. Diese Bedingung einer ausschließlichen Fremdfinanzierung ist jedoch grundsätzlich nicht erfüllt. Es stellt
^^^ Die Erfassung kalkulatorischer Eigenkapitalkosten ist der Grund dafür, daß die zinsbereinigte Einkommensteuer so bezeichnet wird; nur die Übergewinne sollen hierbei besteuert werden, die über die „Normalverzinsung" des Eigenkapitals (zum Zinssatz r) hinausgehen. 31) Dies würde bedeuten, daß Investitionen nur mit Fremdkapital finanziert werden und Gewinne ausgeschüttet werden und der Buchwert des Eigenkapitals jeweils gleich null wäre.
442
Kapitel XIII
sich somit das Problem, dem steuerlichen Vorteil der Abzugsfähigkeit von Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen situationsabhängig Rechnung zu tragen. 6.4.3,2. Die Bewertungsfunktion für MZÜL Q Für den Überschuß des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt t nach Steuer gilt wegen ULt=ULt-It (wobei I^ die Auszahlung für die Investitionen bezeichnet): (XIIL51) ÜL't =ÜL^-It-s(ÜL^-AfAt-rFKt_i) = (l-s)-ÜL^ -It +s-(AfAt +r-FKt_i). Bei Periodeneinheitlichkeit des Zinssatzes k (für den Nichtsteuerfall) kann gemäß (XIIL51) der Marktwert der Überschüsse des Leistungsbereichs nach Steuer wie folgt dargestellt werden: T
-
(XIIL52) MZÜL'o= I(l+k)"^-[(l-s)-E(ÜL5')-E(Tt)] t=l
+ Marktwert der „Steuervorteile" aus der Abzugsfähigkeit der Abschreibungen (Tax Shield aus Abschreibungen) + Marktwert der „Steuervorteile" aus der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen (Tax Shield aus Fremdkapitalzinsen) Hier werden die Anschaffungsauszahlungen für Investitionen nicht direkt als steuermindemd erfaßt. Jedoch werden in Abweichung zur Cashflow-Steuer Steuerminderungen aus Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen berücksichtigt. Im allgemeinen werden die Marktwerte der beiden Steuervorteile mit risikoangepaßten Zinssätzen ermittelt. Dabei stellt sich das komplexe Problem, den Risikostrukturen der Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen bzw. den entsprechenden „Steuerentlastungen" Rechnung zu tragen. Es kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, daß hierfür derselbe Zinssatz k maßgeblich ist wie für die Cashflows vor Steuern. Zwar existiert stets ein risikoangepaßter Kalkulationszinsfuß, mit dem der Marktwert der Steuererspamisse aus Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen einheitlich ermittelt werden kann. Jedoch ist er a priori nicht bekannt. Seine Ermittlung bereitet vor allem deshalb Probleme, weil sich in den Abschreibungen und den Fremdkapitalzinsen vielfältige Einzelrisiken überlagern, die als Ganzes unmittelbar schwer zu bewerten sind. Es ist daher geboten, eine Zerlegung der betreffenden Erfolgskomponenten vorzunehmen. Dabei genügt es nicht, lediglich eine Trennung zwischen Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen vorzunehmen. Auch diese Cashflow-Kategorien sind weiter zu untergliedern. Dabei sollte (wenn man vom Planungsaufwand absieht) die Zerlegung möglichst so vorgenommen werden, daß die Bewertung der einzelnen Risikopositionen auf der Basis bekannter Marktwerte vorgenommen werden kann.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
443
6.4.3.3. Tax Shield aus Abschreibungen Zunächst wird der Vorteil aus der Abzugsfähigkeit der Abschreibungen betrachtet, wobei davon ausgegangen wird, das Unternehmen sei unverschuldet. Der einfachste Fall besteht darin, daß sämtliche Abschreibungen deterministisch sind. Dies impliziert grundsätzlich, daß auch Auszahlungen für neue Livestitionen sicher sind. Für die entsprechenden Steuervorteile ist dann der Zinssatz r relevant, so daß flir (XIIL52) gilt: (XIII.53) M Z Ü 4 = E ( l + k)"^[(l-s)-E(ÜL^)-E(Tt)] t=l
+ X(l + r)"^-s-AfAt. t=l
Bei gegebenen Livestitionsausgaben ist die Summe aller Abschreibungen ein Datum. Entsprechend ist MZÜLQ um so größer, je früher bei der steuerlichen Gewinnermittlung Abschreibungen verrechnet werden. Die Abschreibungen wiederum hängen davon ab, welche Investitionsprojekte den Anschaffungsauszahlungen entsprechen. Bei Goodwill-Maßnahmen (Werbung, Forschung & Entwicklung, Livestitionen in die Verbesserung der Organisation und die Ausbildung) fähren die entsprechenden Auszahlungen grundsätzlich direkt zu Aufwendungen, während Auszahlungen fär Sachinvestitionen aktiviert und später mehr oder weniger zeitversetzt abgeschrieben werden. Je später bei einem Projekt Abschreibungen verrechnet werden (dürfen), desto kleiner ist sein Marktwert nach Steuer. Er kann negativ sein, auch wenn er im Nichtsteuerfall positiv ist. Die betrachtete Gewinnsteuer ist also nicht entscheidungsneutral, vielmehr besteht bei ihr die Tendenz zur Unterinvestition. Die Annahme, daß sämtliche zukünftige Abschreibungen deterministisch sind, ist allerdings wenig realistisch. Selbst diejenigen Abschreibungen, die sich auf historische Anschaffungsauszahlungen beziehen, sind im allgemeinen stochastisch, zum Beispiel weil Ereignisse erwartet werden, unter denen außerplanmäßige Abschreibungen oder kleinere laufende Abschreibungen wegen längerer erwarteter Nutzungsdauem vorgenommen werden (müssen). Bei geplanten zukünftigen Livestitionen können unsichere Erwartungen über die Abschreibungen insbesondere auch aus unsicheren Anschaffungsauszahlungen resultieren. Werden zukünftige Investitionen gemäß dem Prinzip der flexiblen Planung bedingt geplant, so fallen auch die zugehörigen Abschreibungen nur unter den betreffenden Bedingungen an. Die Erfassung der Risikoklassen der Abschreibungen bei der Ermittlung des Marktwertes der Steuerentlastungen stellt dann ein besonders komplexes Problem dar, bei dem Vereinfachungen unumgängUch sind. Eine naheliegende Vereinfachung liegt darin, daß gegebene Anschaffungsauszahlungen in sichere Abschreibungsströme transformiert werden.
444
Kapitel XIII
Zur Erläuterung wird die stochastische Anschaffungsauszahlung A^p (t > 0) eines Projekts betrachtet und ohne Einschränkung der Allgemeinheit davon ausgegangen, daß sie über n Jahre linear abgeschrieben wird, also jeweils eine Abschreibung von A^p/n verrechnet wird. Da ein deterministischer (proportionaler) Zusammenhang zwischen der Anschaffungsauszahlung A^p und der Periodenabschreibung besteht, entspricht A^p die folgende auf den Zeitpunkt t bezogene Steuererspamis: (XIIL54)
' f (i+r)-(^-^).s.-.Ätp T=t+1
=
n
Za+r) ^.
s~.Ätp=RBFr,n-s~.Ätp.
x=l =Rentenbarwertfaktor(r,n):RBFr^n ^
V
'
Dieser Steuervorteil ist kleiner, als derjenige bei direkter steuerUcher Abzugsfähigkeit der Anschaffungsauszahlung A^p, also s • A^. Er ist um so niedriger, je größer n und je kleiner r ist. Wieder besteht im Vergleich zur direkten Überschußbesteuerung bzw. zinsbereinigten Einkommenssteuer die Tendenz zur Unterinvestition. Die Steuererspamis gemäß (XIIL55) ist wegen der Ungewißheit von A^p ebenfalls ungewiß. Da jedoch r, s und n deterministisch sind, fällt sie in dieselbe Risikoklasse wie A^. Bei Periodeneinheitlichkeit des Kalkulationszinsfußes k ist somit dieser nicht nur für die Diskontierung von A^ relevant, sondem auch für die entsprechende Steuererspamis gemäß (XIII.54). Somit gilt für den Marktwert dieser Erspamis zum Zeitpunkt 0: (XIIL55) (l + k)-*-RBF,,n-s---E(Ätp).
6.4.3.4. Tax Shield aus Fremdkapitalzinsen Analoge Überlegungen lassen sich für die Fremdkapitalzinsen des verschuldeten Untemehmens anstellen. Bei den Darstellungen wird ohne Einschränkung der Allgemeinheit davon ausgegangen, daß die Verschuldung stets einperiodig ist; am Ende jeder Periode werden der vorhandene Kredit getilgt, (mit Sicherheit) die entsprechenden Zinsen gezahlt und (mit Ausnahme des Zeitpunkts T) ein neuer Kredit aufgenommen. Am einfachsten ist der Fall, daß bei der Untemehmensbewertung sämtliche zukünftige Fremdkapitalbeträge mit Sicherheit bekannt sind. Für den (Markt-) Wert des Steuervorteils aus der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen gilt dann:
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
445
S(l + r)-^FKt_i.r.s. t=l
Er ist um so höher, je höher die Fremdkapitalbeträge sind. Jedoch wird durch den Einsatz von Fremdkapital die Tendenz zur Unterinvestition nicht beseitigt. Wie in Abschnitt 6.4.3.1 erläutert wurde, wäre die hier betrachtete Gewinnsteuer nur dann entscheidungsneutral, wenn die Projekte vollständig mit Fremdkapital finanziert würden (und entsprechend bei jedem Projekt der Restbuchwert stets mit der Restverbindlichkeit übereinstimmen würde). Jedoch sind die Fremdkapitalbeträge grundsätzlich niedriger als die (Rest-)Buchwerte, so daß auch bei Fremdfinanzierung die Tendenz zur Unterinvestition besteht. Je später ein Projekt abzuschreiben ist (je höher zunächst seine Buchwerte sind) und je geringer die mit ihm verbundenen Fremdkapitalbeträge zu verschiedenen Zeitpunkten sind, desto eher ist zu erwarten, daß sein Marktwert negativ ist, obwohl er im Nichtsteuerfall positiv ist. Li der Realität sind zukünftige Fremdkapitalzinsen allenfalls für einige Perioden deterministisch, so daß bei der Bewertung des steuerlichen Vorteils der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen deren Stochastik zu erfassen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß (annahmegemäß) Fremdkapital risikolos ist; die mit einem aufgenommenen Kredit verbundenen Zinsen werden mit Sicherheit gezahlt, so daß auch mit Sicherheit die entsprechende Abzugsfähigkeit wirksam wird; eine Ungewißheit der fiir zukünftige Perioden maßgeblichen Fremdkapitalzinsen kann nur daraus resultieren, daß die Fremdkapitalbeträge ungewiß sind. Wird zum Zeitpunkt t der Fremdkapitalbetrag FK^ aufgenommen, so sinkt zum Zeitpunkt t +1 (also am Ende der Periode t +1) der steuerliche Gewinn um FK^ • r und entsprechend die Gewinnsteuer um FK^ • r • s. Bezogen auf den Zeitpunkt t beträgt dieser Vorteil (l + r)~^ -FK^ -r-s. Ist FK^ und folglich auch dieser Vorteil zum Zeitpunkt 0 sicher, so ist er - wie erläutert wurde - bei der Untemehmensbewertung mit dem Zinssatz r auf den Zeitpunkt 0 zu diskontieren. Ist FK^ (t > 1) dagegen stochastisch, so ist der Erwartungswert des entsprechenden Steuervorteils, (l + r)~^-FKfr-s, mit einem risikoangepaßten Zinssatz zu diskontieren, dessen Ermittlung komplexe Probleme bereiten kann. Wie jedoch noch gezeigt wird, kann unter einer bestimmten Bedingung bezüglich der Kapitalstruktur der für die Diskontierung der erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs im Nichtsteuerfall maßgebliche Zinssatz k zugrunde gelegt werden, sofern k periodeneinheithch ist.^^^ Für den Marktwert des Steuervorteils der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Zinsen auf das Fremdkapital FK^ (zu Beginn der Periode t+1) gilt dann (XIIL56) (l + k)"^-(l + r)"^.FKfr-s
(t = 1,2,...,T-1)
32) Vgl. zu ähnlichen Darstellungen MiLES/EzZEL (1980) und LÖFFLER (1998).
446
Kapitel XIII
und für alle Perioden als Ganzes: (l + r)"^.FKo-r-s
(XIIL57) +(l + k)"^-
(l + r)"^-FKi-r-s
+(l + k)"^-
(l + r)~^-FK2-r-s
+(1 + k)"(^"^) • (1 + r)"^. FKT-1 • r. S ^
T-1
= (l + r)-^-r.s. X (l + k)"^.FKt. t=0
Unter welcher Bedingung ist nun der Zinssatz k tatsächlich bewertungsrelevant? Wenn der Zinssatz k periodeneinheitlich ist, so ist er nicht nur für die Ermittlung der Marktwerte (1 + k)"^ • MZÜLt (t = 1,2,...,T~ 1) der Überschüsse ÜLt+l'ÜLt+2,---?ÜLx geeignet, sondern auch für die Marktwerte der Steuervorteile gemäß (XIIL56), wenn der Istwert von MZÜL^ und der von (l + r)~^-FKt-r-s (t = 1,2,...,T-1) in dieselbe Risikoklasse fallen, d.h. eine proportionale Beziehung zwischen ihnen besteht. Da r und s deterministisch sind, impliziert dies eine proportionale Beziehung zwischen FK^ und MZÜLf Es müssen a^-Werte existieren, für die gilt: (XIII.58) FKt=at-MZÜLt
(at>0)
(t = l,2,...,T-l).
Dabei ist zu beachten, daß (bei PeriodeneinheitUchkeit von k) für verschiedenen Zeitpunkte verschiedene Proportionalitätsfaktoren at maßgeblich sein können (Proportionalitätsbedingung i.w.S.).^^-^ Die Bedingung (XIIL58) kann auch so formuliert werden: (XIIL59)
^^^
=at (t = l,2,...,T-l).
MZÜLt Zum Zeitpunkt t muß unabhängig davon, welche Umweltentwicklung bis dahin eintritt, eine Ausschüttung in Verbindung mit einem Fremdkapitaleinsatz realisiert werden, bei der sich ein beliebiger, jedoch deterministischer Verschuldungsgrad in bezug auf den Marktwert der Überschüsse des Leistungsbereichs ergibt. Wegen MZÜL^ = M^ +FKt kann die Bedingung (XIIL59) auch wie folgt dargestellt werden: 33) Vgl. hierzu die analogen Darstellungen bezüglich der Bewertung der Überschüsse neuer Projekte in Kapital XII, Abschnitt 6.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
FKt Mt+FKt
447
1 Mt FKt
oder (t = l,2,...,T-l). (XIII.60) - ^ = ^ - ^ = Lt>0 ~ a* FKt ^ Damit sämtliche Steuervorteile aus der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen mit dem Zinssatz k diskontiert werden können, muß also über alle Perioden hinweg eine Ausschüttungspolitik realisiert werden, bei der sich für den Zeitpunkt t eine beliebige deterministische Kapitalstruktur L^ ergibt. Dabei können die Kapitalstrukturen für verschiedene Perioden verschieden sein (sie müssen aber nicht). Unter der Bedingung deterministischer zukünftiger Kapitalstrukturen läßt sich der Einfluß der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen auf den Untemehmenswert in einfacher Weise ermitteln. Dies gilt vor allem für den Fall, daß explizit die Proportionalitätsbedingung (Xin.59) zugrunde gelegt wird. Der Erwartungswert von FK^ kann dann wie folgt dargestellt werden: (XIII.61)
FKt=afMZÜLt
= af S(l + kr(^-^).E(ÜLO
(t = l,2,...,T-l),
T=t+1
wobei sich der Erwartungswert E(ÜL^) auf den Informationsstand zum Zeitpunkt 0 bezieht. Einsetzen von (XIII.61) in (XIII.57) ergibt den Tax Shield aus Fremdfinanzierung: .
(XIII.62)
T-1
^
(l + r)"^.r.s- Y. (l + k)"^-FKt t=0
= ( H - r ) - l . r . s . S ( l + k)-^-af K l + k)-^'-^) .E(ÜLx). t=0
T=t+1
Dieser Betrag ist bei gegebenen Überschüssen des Leistungsbereichs um so größer, je höher die Verschuldungsgrade sind. Kann a priori abgeschätzt werden, daß die Bedingung (Xin.59) bzw. (XIIL60) erfüllt ist, kann der Vorteil der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen (Tax Shield aus Fremdkapitalzinsen) auch direkt gemäß (XIII.57) ermittelt werden, wobei dann die Erwartungswerte FKt (t = 1,2,...,T-1) explizit geschätzt werden müssen. Die Annahme deterministischer Kapitalstrukturen (für verschiedene Zeitpunkte) wäre unproblematisch, wenn MZÜL^ bzw. M^ der eigentliche Bestim-
448
Kapitel XIII
mungsfaktor für FK^ wäre und schon zum Bewertungszeitpunkt 0 für jeden Zeitpunkt t (t = 1,2,...,T-1) der maßgebhche Strukturparameter feststünde. Dies ist jedoch kaum der Fall. Insbesondere kann FK^ bei gegebenem Marktwert M^ davon abhängen, welche Livestitionen (unbedingt oder bedingt) ausgeführt werden. Zwar kann im nachhinein von der bei der Bewertung angenommenen Strukturbedingung abgewichen werden, wenn sich dies als vorteilhaft erweist. Jedoch wird ein entsprechender steuerlicher Vorteil bei der Ermittlung des Marktwertes zum Zeitpunkt 0 nicht erfaßt, sofern für die Zukunft deterministische Kapitalstrukturen unterstellt werden. Anderseits können sich Probleme der Ermittlung des Marktwertes mit einem risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß ergeben, wenn eine zustandsabhängige Kapitalstruktur zugrunde gelegt wird. Für die Erfassung einer zustandsabhängigen Kapitalstruktur ist das Konzept der flexiblen Planung von Bedeutung. 6.5.
Total Cash Flow-Ansatz
Bei diesem Verfahren werden zunächst die Erwartungswerte der Überschüsse ÜL^t nach Abzug der Steuem (die freien Cashflows) gemäß (XIII.51) geplant, wobei die steuerliche Abzugsfähigkeit der Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen berücksichtigt wird. (Dies erfordert auch die Prognose der erwarteten Abschreibungen und Fremdkapitalbeträge.) Sodann werden diese Erwartungswerte mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz k^ diskontiert. Unter Berücksichtigung von (XIII.Sl) lautet die Bewertungsfunktion: T
(XIII.63) MZÜL'o = S(1 + k')"^. t=l
[(l-s).E(ÜL^)--E(Tt) + s.(E(AfAt) + r.E(FKt-i))]. Diese Bewertungsfunktion gilt im Prinzip zwar unabhängig davon, ob das Unternehmen verschuldet ist, jedoch hängt von der (stochastischen) Verschuldungspolitik die Risikostruktur bezüglich der Steuererspamisse aus Fremdkapitalzinsen und demnach auch die Risikostruktur des freien Cashflows sowie der entsprechend risikoadäquate Zinssatz k^ ab. k^ weicht grundsätzlich von demjenigen Zinssatz k ab, der im Nichtsteuerfall relevant ist. Der für den Steuerfall maßgebliche Zinssatz k^ hängt bei gegebenen stochastischen Überschüssen des Leistungsbereichs vor Steuer von der Risikostruktur der Steuerauszahlungen ab, die ihrerseits von den deterministischen und stochastischen Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen abhängen. Da sich in den Überschüssen und den verschiedenen Steuerkomponenten zahlreiche Einzelrisiken überlagern, stellt die Bewertung mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz k^ ein schwieriges Problem dar. Im allgemeinen ist es einfacher und konsistenter, wie in Abschnitt 6.4.3.2, nach verschiedenen Steuerkomponenten zu
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
449
differenzieren und statt eines in seinen Imphkationen kaum zu durchschauenden einheithchen (pauschahsierten) Zinssatzes differenzierende Zinssätze zugrunde zu legen. Zwar kann k^ im Prinzip ebenso als durchschnittlicher gewogener Kapitalkostensatz ermittelt werden wie k: (XIII.64) k ^ = ^ l i - . k | + - ^^' MZÜL^o ^ MZÜU Hierin bezeichnen MQ und MZÜLQ Marktwerte unter Berücksichtigung von Steuem. Das Problem ist nun aber die Ermittlung von k^, das im Prinzip nicht einfacher zu lösen ist als das der direkten Ermittlung von k^. 6.6.
APV- und WACC-Ansatz
6.6.1. APV-Ansatz Beim (Adjusted Present Value-) APV-Ansatz wird der Untemehmenswert in zwei Schritten ermittelt: Im ersten Schritt wird der Marktwert des Untemehmens unter der Fiktion ermittelt, daß es unverschuldet ist. Dabei werden die erwarteten jfreien Cashflows ohne Berücksichtigung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen mit dem Eigenkapitalkostensatz k^^ für das fiktiv unverschuldete Untemehmen diskontiert: T
-- ,
(XIIL65) MZÜL'o'' = S ( l + kf)"^.[(l-s).E(ÜL^) t=l
-E(Tt) + s-E(AfAt)]. Im zweiten Schritt wird dann der Marktwert des Steuervorteils aus der Verschuldung ermittelt und zu MZÜLQ^ addiert. Die Ermittlung dieses Marktwertes (Tax Shields) kann ebenso erfolgen wie in Abschnitt 6.4.3.4. Der Vorteil dieses Konzepts im Vergleich zum Total Cashflow-Ansatz besteht darin, daß der Vorteil der Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen explizit bewertet wird und nicht liber eine pauschale Diskontierung totaler Cashflows, die die Steuererspamisse aus Fremdkapitalzinsen enthalten, mit einem Zinssatz k^, der der resultierenden Risikostruktur Rechnung trägt. Jedoch stellt auch die Ermittlung des Zinssatzes k^^ ein komplexes Problem dar. Natürlich kann MZÜLQ^ statt gemäß (XIII.65) auch ermittelt werden, indem die aus verschiedenen Abschreibungskomponenten resultierenden Steuererspamisse mit spezifischen risikoangepaßten Zinssätzen diskontiert werden. Charakteristisch für das APV-Verfahren ist jedoch die Ermittlung von MZÜLQ^ wie in (XIII.65) generalisierend mit einheithchem Zinssatz.
450
Kapitel XIII
6.6.2.
WACC-Ansatz
Beim WACC-Ansatz werden die steuerlichen Vorteile der Fremdfinanzierung nicht wie beim APV-Ansatz explizit als Markwert ermittelt und zu MZÜLQ^ hinzuaddiert. Vielmehr wird ein gewogener durchschnittlicher Kalkulationszinsfixß (WACC) herangezogen, der derart dem Vorteil der Fremdfinanzierung Rechnung tragen soll, daß man direkt analog zu (XIIL65) den Marktwert MZÜLQ für das verschuldete Unternehmen erhält: T
^
_
(XIIL66) MZÜL'o = S(l+WACC)"^[(l-s)E(ÜL^)-E(Tt)+s.E(AfAt)]. t=l
Hierbei werden dieselben erwarteten Überschüsse diskontiert wie beim APVAnsatz gemäß (Xni.65), wobei wiederum die aus Fremdkapitalzinsen resultierende Steuererspamis s-r-FK|._i (t = l,2,...T) vemachlässigt wird. Jedoch werden in (XIII.66) die erwarteten Überschüsse mit dem Zinssatz WACC
2 ks^ Q (i-s).r. M^ + FKo M^ + FKo
Der Index s soll hier allgemein andeuten, daß die betreffende Größe steuerabhängig ist.^"*^ Wie noch gezeigt wird, beruht (XIIL67) auf der Annahme, daß eine Ausschüttungs- in Verbindung mit einer Verschuldungspolitik gewählt wird, bei der aus Sicht des Bewertungszeitpunkts 0 für jedem Zeitpunkt t (t = 1, 2, ..., T-1) der Erwartungswert der Kapitalstmktur FK^ / M^ mit FKQ / MQ übereinstimmt. Dies ist unter der (hinreichenden, nicht notwendigen) Bedingung der Fall, daß die Kapitalstruktur für jeden zukünftigen Zeitpunkt mit der zum Zeitpunkt 0 übereinstimmt, sie also deterministisch ist. Eine solche Kapitalstruktur wird als Zielkapitalstruktur bezeichnet, die im allgemeinen bei der Bewertung als exogene Plangröße zugrunde gelegt wird. Außerdem wird für den WACC-Ansatz i.a. unterstellt, daß k^ periodeneinheitlich ist und somit aus einem einperiodigen Kalkül hergeleitet werden kann. Es ist hier zu beachten, daß im Eigenkapitalkostensatz k^ und in MQ und Mt die Steuern als Auszahlungen zu antizipieren sind. (XIII. 67) wird wie
34) Bei der Darstellung von (XIII.67) wird allerdings in der Literatur i.a. auf den Index s verzichtet.
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FS folgt hergeleitet: Für den Erwartungswert M^.^ (t = 1,2,...T) gilt bei Periodeneinheitlichkeit des Zinssatzes k^:
(XIIL68) M t i = ( H - k ^ ) " ' - E(Ü?) + Mt' mit (XIIL69) Ü? = ÜLf - [1 + (1 - s) • r] • FKt_i + FKt, wobei ÜL^t^ den Überschuß des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt t nach Steuer ohne Berücksichtigung des Steuervorteils aus Fremdkapitalzinsen (also des fiktiv unverschuldeten Unternehmens) bezeichnet. Für MZULt-i (t = l,2,...T) gilt allgemein: -1
(XIIL70) MZULt-i=(l + WACCt)" -[ECULt ) + MZULt]. Die Allgemeinheit besteht hier darin, daß für die Periode t ein spezifischer Zinssatz WACCt zugrunde gelegt wird und nicht a priori ein für alle Perioden einheitlicher WACC gemäß (Xin.67); es soll ja gerade untersucht werden, unter welcher Voraussetzung er durchgehend bewertungsrelevant ist.^^^ Für (XIII.70) kann man auch schreiben:
(XIIL71) W A C C , = M ^ > ± E ± ^ - 1 . Mti+FKt-i
Aus (XIII.68) und (XIII.69) folgt für M^ •^^
Bei diesem Zinssatz gilt: M Z Ü L T - 1 = ( 1 + W A C C ) ~ ' -ECÜL?"), MZULT-2=(1+WACC)"
E(ULT-I)+MZULT-I
= (1+WACC)" E ( Ü L T - I ) + (1+WACC)"' • E ( Ü L T ) 1
..~ SU
-)
..~ SU
= (1+WACC)" • E ( U L T - I ) + (1 + W A C C ) " ^ - E ( U L T )
usw. und schließlich: M Z Ü 4 = E ( l + WACC)~'-E(ÜLt ). t=l
Ein analoges Ergebnis ergibt sich bei periodenabhängigem WACC.
452
Kapitel XIII
(Xin.72) Mf=(l+k^)-M?-i-E(ÜLf)+[l + ( l - s ) T ] - F K t - i - ^ t . Wird Mt in (XIII.71) eingesetzt, erhält man: (XIII.73)
WACC^ =
E(ÜLt") + (l + k | ) - M ? - l - E ( Ü L t " ) + [ l + ( l - s ) - r ] - F K t - i - F K , + F K ,
, 1
Mt-1 +FKt-i
(l + k ^ ) - M t - l + [ l + (l-s)T]-FKt-i
^
Mt-i+FKt-i
_ k | . M t - l + ( l - s ) - r - F K t - i ^ Mt_i+FKt-i Mt-i+FKt-i
^
Mt_i+FKt-i
Somit folgt für die Periode t (t = 1,2,...,T) die WACC-Formel: TvTS
FKf
1
(XIII.74) WACCt = _ *±. k'+_ _ (1-S)T. M?_i + FKt-i Mf_i + FKt-i Für (XIII.74) kann man auch schreiben: (XIII.75) WACCt = — = m
K+—r
1 4-1
(1-S)T-
FKt-i _
M?
FS
WACCt hängt somit vom Erwartungswert FKt-i / Mt_i der Kapitalstruktur für die Periode t ab. Unter der (hinreichenden, nicht notwendigen) Bedingung, daß die Kapitalstruktur im Zeitablauf unveränderlich ist, ist auch deren Erwartungswert unveränderhch. Es gilt dann FKt-i ^=^-^ =
FKo
,
^,
^,
(t=2,3,...,T),
Mt_i Mo so daß bei Periodeneinheitlichkeit des Zinssatzes kg gemäß (XIII.74) jeder Periode t(t = l,2,...,T) derjenige WACC entspricht (WACCt=WACC für alle t), der nach der WACC-Formel (XII.67) ermittelt wird.
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
453
Als Referenzbewertung bei der Herleitung der WACC-Formel diente die Formel (Xin.68), die dem Equity-Ansatz entspricht, nach dem über alle Perioden hinweg gilt:
Mo = i;(H-kD-^-E(Üt). t=i
Die Problematik dieses Bewertungskonzepts besteht darin, daß ihm ein periodeneinheitlicher Zinssatz k | zugrunde liegt, was spezielle Annahmen über die Risikostrukturen der Ausschüttungen nach Steuer impliziert. Bei periodenabhängigem Eigenkapitalkostensatz k^ ist gemäß (XIIL74) bzw. (XIIL75) auch WACC periodenabhängig, sofem Änderungen von k | nicht durch Änderungen der erwarteten Kapitalstruktur (zufällig) kompensiert werden; ist die erwartete Kapitalstruktur unveränderlich, so ist bei periodenabhängigem Eigenkapitalkostensatz k | stets auch WACC periodenabhängig. Hinsichtlich der Ermittlung und Anwendung eines WACC gemäß (XII.67) ergibt sich das folgende Zirkularitätsproblem: Damit dieser Kapitalkostensatz unabhängig von T für sämtliche Perioden maßgeblich ist, muß k | periodeneinheitlich sein und außerdem eine Verschuldungspolitik realisiert (und wegen der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen nicht nur hypothetisch angenommen) werden, bei der die Kapitalstruktur (allgemeiner: ihr Erwartungswert) im Zeitablauf unveränderlich ist. Dieser Verschuldungspolitik muß andererseits (unter Berücksichtigung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen) ein ungewisser Ausschüttungsstrom entsprechen, für den k | tatsächlich auch maßgeblich ist. Widersprüche können sich vor allem dann ergeben, wenn k^ in Anlehnung an das einperiodige CAPM ermittelt wird. 6.1.
Equity- (Ertragswert-)Ansatz und risikoangepaßter Eigenkapitalkostensatz
Beim Equity-Ansatz (er wird auch als „Flow to Equity-Ansatz" bezeichnet) werden die erwarteten Ausschüttungen mit einem risikoangepaßten Eigenkapitalkostensatz kg (gelegenthch auch mit periodenbezogenen Eigenkapitalkostensätzen) diskontiert. Dabei stellt sich das Problem, die Steuern nicht nur über die Erwartungswerte der Ausschüttungen zu erfassen, sondern auch über den Kalkulationszinsfuß k | . (Zwar werden keine persönlichen Steuern berücksichtigt. Jedoch beeinflussen die unternehmensbezogenen Ertragsteuem den risikoangepaßten Zinssatz k | grundsätzlich deshalb, weil sie die Risikoklasse der Ausschüttungen beeinflussen.) Unabhängig davon, ob bei der Untemehmensbewertung der Entity- oder der Equity-Ansatz zugrunde gelegt wird, sind in gleicher Weise die zukünftigen erwarteten Steuem zu prognostizieren. Dies erfordert nicht nur die Planung von (zukünftigen) Investitionen, sondem auch die der Abschreibungs- und Verschuldungspolitik. Dies impliziert zugleich auch die Planung zukünftiger
454
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erwarteter Ausschüttungen. Wenn diese ohnehin geplant werden, mag es naheliegen, den Equity-Ansatz als Konzept der Untemehmensbewertung heranzuziehen. Das allgemeine Grundproblem dabei ist aber, einen adäquaten Zinssatz k^ für die Diskontierung der Erwartungswerte der Ausschüttungen Üt zu ermitteln. In den Ausschüttungen überlagem sich zahlreiche Einzelrisiken (insbesondere aus Projektüberschüssen, Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen) deren pauschale Bewertung in einem einzigen Zinssatz kaum zielführend sein wird. Vielmehr sind differenzierende Bewertungen von sicheren und unsicheren (Steuer-) Zahlungen aus verschiedenen Risikoklassen vorzunehmen. Dies gilt insbesondere auch bei Planung neuer Livestitionsprojekte anläßlich der Unternehmensbewertung in Verbindung mit der entsprechenden Abschreibungs- und Verschuldungsplanung. Auf der Basis solch differenzierender Bewertungen sollte auch der (Markt-)Wert des gesamten Leistungsbereichs gemäß dem Entitiy-Ansatz ermittelt werden (nach Abzug von FKQ ergibt sich dann MQ); der Equity-Ansatz ist nur unter sehr speziellen Voraussetzungen geeignet. 6.8.
Vergleich und Fazit
In Literatur und Praxis wird immer wieder betont, daß die (dargestellten) Bewertungskonzeptionen bei ..konsistenter'' Anwendung zum ..richtigen" Marktwert MQ fuhren. Diese Aussage ist allerdings deshalb nicht wiederlegbar, weil sie inhaltsleer ist. Die Ansätze unterscheiden sich primär darin, daß unterschiedliche Kategorien erwarteter Cashflows mit oder aus verschiedenen Steuerkomponenten mit spezifischen risikoangepaßten Zinssätzen diskontiert werden. Dabei werden im allgemeinen ein Zinssatz (Total Cash FlowVerfahren, WACC-Ansatz, Equity-Ansatz) oder allenfalls zwei Zinssätze (wie bei der Standardvariante des APV-Ansatzes) zugrunde gelegt. Zwar existieren risikoangepaßte Zinssätze, mit denen die verschiedenen Ansätzen jeweils zum „richtigen" Marktwert fuhren. Das Problem ist aber, wie sie ermittelt werden sollen. Die Darstellungen zum risikoangepaßten Zinssatz konzentrieren sich häufig darauf, ihn für verschiedene Ansätze mit unterschiedlichen Lidizes zu versehen oder zu zeigen, wie der risikoangepaßte Zinssatz für einen Ansatz unter sehr speziellen Bedingungen in die Zinssätze für andere AnsätzQ formal überführt werden kann. Aber auch dann, wenn die Zinssätze für verschiedene Ansätze einander entsprechen, ermöglichen sie noch nicht die Ermittlung des richtigen Marktwertes MQ . Zumindest bei einem der „äquivalenten" Ansätzen sollte eine kapitalmarkttheoretische Fundierung des risikoangepaßten Zinssatzes vorgenommen werden. Beim Total Cash Flow-Verfahren sollen die erwarteten freien Cashflows mit einem für alle Perioden gleichen Zinssatz diskontiert werden. Wie bereits erläutert, stellt dessen Ermittlung ein komplexes Problem dar, weil sich hierin sichere und unterschiedlich riskante Positionen (Brutto Cash Flows, Steuer-
Shareholder Value Ansatz und Probleme der Investitionsplanung
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vorteile aus sicheren und unsicheren Abschreibungen, Steuervorteile aus sicheren und unsicheren Fremdkapitalzinsen) überlagern. Der maßgebliche risikoangepaßte Zinssatz kann grundsätzlich selbst dann nicht aus einem Einperioden-Modell hergeleitet werden, wenn der Zinssatz k für den Nichtsteuerfall die Bedingung der Periodeneinheitlichkeit erflült. Beim APV-Ansatz gemäß Abschnitt 6.6.1 ist die Ermittlung der Kalkulationszinsfaße kaum einfacher. Zwar ist dann für den Nettoüberschuß des Leistungsbereichs des fiktiv unverschuldeten Unternehmens einerseits und die Steuererspamisse aus Fremdfinanzierung andererseits ein spezifischer risikoangepaßter Zinssatz zu ermitteln. Jedoch überlagem sich dann immer noch zahlreiche sichere Positionen und Einzelrisiken. Es bleibt wiederum offen, wie die beiden Zinssätze ermittelt werden können bzw. sollen. Auch der WACC-Ansatz leistet keinen besonderen Beitrag zur Ermittlung des Kapitalkostensatzes. Es wird i.a. von einem als bekannt angenommenen einheitlichen Eigenkapitalkostensatz ausgegangen und dieser für den Fall einer unveränderlichen Kapitalstruktur in einem Zinssatz umgerechnet, mit dem man direkt den Marktwert MZÜLQ gemäß (XnL66) berechnen möchte, ohne den Marktwert der Steuererspamis aus der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen explizit ermitteln und hinzuaddieren zu müssen. Dieses populäre Vorgehen mag zwar die technische Ermittlung von MZÜLQ geringfügig vereinfachen. Trotzdem erscheint es als problematisch. Als ginge es angesichts der großen absoluten Fehler, die bei der Untemehmensbewertung gemacht werden können, vorwiegend darum, den Bcwertirngsaufwand (geringfügig) zu reduzieren. Hierfür nimmt man eine unveränderliche (erwartete oder gar deterministische) Kapitalstrukturen in Kauf, deren Implikationen für den Untemehmenswert a priori kaum abzuschätzen sind. Für die Untemehmensbewertung kann es trotz eines höheren Aufwandes sinnvoll sein, die aus den Bruttoüberschüssen und Steuererspamissen aus Abschreibungen und Fremdkapitalzinsen resultierenden Risiken nicht pauschal über einen einzigen oder in zwei risikoangepaßte Zinssätze zu erfassen, sondem eine differenzierende Risikoanalyse vorzunehmen und dabei vor allem auch sichere und unsichere Überschußkomponenten gesondert zu bewerten. Dabei mußfi*eilichnicht jede riskante Position mit einem spezifischen Zinssatz bewertet werden. Man kann - wie in der Livestitionstheorie üblich - auch auf den Marktwert von Duplikationsportefeuilles zurückgreifen. Die kapitalmarktorientierten Bewertungskonzeptionen der Investitionstheorie können verstärkt in die Theorie und Praxis der Untemehmensbewertung Eingang finden. Dies gilt auch für die Untemehmensbewertung als Basis für die wertorientierte Untemehmenssteuerung. Bei der Untemehmensbewertung als Basis für den Kauf oder Verkauf des Untemehmens oder einer Abfindung von Minderheiten werden oft Untemehmensberater hinzugezogen, deren Neigung groß ist, sich durch Rückgriff auf „objektivierte" oder „standardisierte" Verfahren, die gerade „mainstream"
456
Kapitel XIII
sind, gegen potentielle Kritik abzuschirmen. Auch hier ist es wichtig, daß die Betroffenen mögliche Implikationen für Fehlbewertungen durchschauen *6.9.
Exkurs: Einmütigkeit und persönliche Steuern
Bei Vemachlässigung persönlicher Steuem besteht im vollständigen Kapitalmarkt (unter der Spanning-Bedingung) Einmütigkeit zwischen den Anteilseignem auch bei Berücksichtigung von Untemehmenssteuem. Die persönlichen Steuem führen dagegen zu Interessenkonflikten zwischen den Anteilseignem; individuelle Marktwertmaximierung steht nicht mehr im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Wäre allerdings eine reine Konsumsteuer maßgeblich - bei der ausschöießlich Steuern auf die individuellen Konsumausgaben erhoben werden - so würden sich keine Konflikte ergeben. Ein Projekt, dessen Kapitalwert vor Steuern bei den gegebenen Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche positiv ist, ist für alle Anteilseigner vorteilhaft. Sie können damit via Handel mit diesen Zahlungsansprüchen - die selbst keine direkten Steuem auslösen - eine dominante Verteilung über finanzielle zustandsabhängige Überschüsse zur Deckung von Konsumausgaben und der entsprechenden Steuem realisieren. Dabei kann auch ein progressiver Steuertarif gegeben sein. In einer Welt, in der die Anteilseigner und die Erträge oder Gewinne aus dem privaten Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen (etwa Zinserträge oder Kursgewinne) einer progressiven Steuer unterliegen, ist dagegen keine Anreizkompatibilität gegeben.
Ergänzende und vertiefende Literatur: BALLWIESER
(1994; 1997; 2004); BÖCKING/NOWAK (1998); (1993; 1994); DRUKARCZYK
COPELAND/KOLLER/MURRIN
BRAUN
(2004);
(2003C);
GEB-
HARDT/DASKE (2004); HACHMEISTER (1997; 2000); HOMMEL/BRAUN (2002); HUSMANN/KRUSCHWITZ/LÖFFLER
KRUSCHWITZ/LÖFFLER
(1999;
(2002); 2003);
KRUSCHWITZ
KRUSCHWITZ/MILDE
(2001;
2002);
(1999);
LES/EzzEL (1980); RAPPAPORT (1986); RUDOLPH (1986); MAßMANN (1999); SCHMIDT/SPINDLER (1997); SCHÜLER (2000); (2000); WAGNER/ WENGER (1996); WENGER (1983; 1985/86).
Mi-
SCHMIDT/ TAETZNER
XIV.
1.
Untemehmensbewertung und Investitionsplanung auf der Basis von Periodengewinnen
Problemstellung
Li der Praxis erfolgt die Untemehmensbewertung sowie die Investitionsplanung und Livestitionssteuemng durch Anreiz und Kontrolle im Rahmen wertorientierter Untemehmensführung häufig nicht auf der Gmndlage von Überschüssen, sondem von Periodenerfolgen. Da letztlich finanzielle Überschüsse entscheidungsrelevant sind, muß die Periodenerfolgsrechnung so gestaltet werden, daß ein Zusammenhang zwischen ihr und der Livestitionsrechnung besteht. Andemfalls liegt ein Bmch im Rechnungssystem vor, der zu schwerwiegenden Fehlentscheidungen führen kann. Periodenerfolge gewinnen auch als Basis für Bonussysteme immer größere Bedeutung (WALLACE, 1997).^) Die Tatsache, daß der Erfolgsbeteihgung für Entscheidungsträgem gegenüber einer direkten Überschußbeteiligung der Vorzug gegeben wird, ist häufig auch der Grand dafür, daß die Untemehmensbewertung und -planung auf der Basis von Erfolgen und nicht von Überschüssen vorgenommen wird. Das Planungs-, Kontroll- und Anreizsystem sollen in ein geschlossenes Führangssystem integriert werden. (Vgl. hierzu die Philosophie des EVA-Führangskonzepts in Kapitel XVIII, Abschnitt 5.1.1.) Damit für Entscheidungsträger ein Anreiz besteht, sich an den Kriterien der Investitionsrechnung zu orientieren, müssen nicht nur die Planungskonzeption, sondem auch eine Erfolgsbeteiligung und Erfolgskontrolle auf Erfolgskonzepten berahen, die mit diesen Kriterien im Einklang stehen. Andemfalls besteht die Gefahr, daß von der Kontrollrechnung Anreize für Fehlentscheidungen ausgehen. „Ein Investitionsträger, dessen Leistung auf Grand einer Kontrollrechnung beurteilt wird, dessen Entlohnung möglicherweise von dem in der Kontrollrechnung ermittelten Erfolg abhängt, wird seine Entscheidungen bereits im voraus am voraussichtlichen Ergebnis eben dieser Kontrollrechnung orientieren. Er wird nur solche Methoden der Entscheidungsrechnung akzeptieren und anzuwenden bereit sein, die für ihn in einem durchschaubaren Zusammenhang mit der Kontrollrechnung stehen. Wenn erwünscht ist, daß der Entscheidungsträger sich einer Entscheidungsrechnung mit bestimmten Erfolgskriterien bedient, muß deutlich sein, daß sich die an diesen Erfolgskriterien orientierten Entscheidungen auch vorteilhaft auf die später in der Kontrollrechnung ermittelten Erfolgsgrößen auswirken, andemfalls entstehen Fehlan1)
Zu den potentiellen Vorteilen einer Erfolgsbeteiligung im Vergleich zu einer direkten Überschußbeteiligung vgl. GiLLENKiRCH/SCHABEL (2001); SCHABEL (2004); GiLLENKIRCH (2004a); LAUX (2005b); GABER (2004) und die dort diskutierte Literatur. Zur Berücksichtigung des Rechnungswesens bei der Gestaltung anreizkompatibler Belohnungsfunktionen vgl. GILLENKIRCH (2004a); VELTHUIS (2004a, Teil IV; 2004b).
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Kapitel XIV
reize. Es geht also um eine anreizkompatible Gestaltung der Erfolgsmessung in der Kontrollrechnung" (HAX, 1989, S. 155). Wie im folgenden gezeigt wird, fuhren Periodenerfolge zu demselben Untemehmenswert und denselben Kapitalwerten für einzelne Investitionsprojekte, wenn in der Erfolgsrechnung konsequent (Rest-) Buchwerte und kalkulatorische Zinsen darauf erfaßt werden. Jedes Grundkonzept der Bewertung von Zahlungsströmen (zum Beispiel Diskontierung der Sicherheitsäquivalente zukünftiger Überschüsse mit dem risikolosen Zinssatz r, Diskontierung der Erwartungswerte mit einem risikoangepaßten Zinssatz, Gewichtung der in Zukunft möglichen Überschüsse mit Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche) kann in eine äquivalente Bewertung mit Periodenerfolgen überführt werden, wobei der für die kalkulatorischen Zinsen maßgebliche Zinssatz vom gewählten Grundkonzept der Bewertung abhängt. In den Abschnitten 2 und 3 wird untersucht, welche Beziehungen zwischen den Barwerten zukünftiger Überschüsse und Periodenerfolgen bestehen. Die dargestellten Grundzusammenhänge gelten unabhängig von der eintretenden Umweltentwicklung. Darauf aufbauend wird in Abschnitt 4 untersucht, wie auf der Basis zukünftiger Erfolge die marktwertorientierte Untemehmensbewertung und Investitionsplanung vorgenommen werden können. Dabei wird insbesondere gezeigt, wie im Rahmen verschiedener Bewertungskonzeptionen die kalkulatorischen Zinsen zu ermitteln sind, um eine Verbindung zwischen der Periodenerfolgsrechnung und den Kriterien der Investitionsrechnung herzustellen. Die Kenntnis der maßgeblichen Zusammenhänge kann die Zusammenarbeit der Bereiche „Finanzen" und „Rechnungswesen" eines Untemehmens bei der Untemehmensbewertung und der Investitionsplanung fördem und erleichtem. Vertreter des ersten Bereichs denken eher „zahlungsstromorientiert" gemäß den Kriterien der Investitionsrechnung, während Vertreter des zweiten Bereichs auf Grund ihrer Ausbildung und Tätigkeit eher mit Erfolgen bzw. Erfolgskomponenten als Entscheidungsgrundlagen vertraut sind. Wie gezeigt wird, kann jedoch die Verbindung zwischen der Periodenerfolgsrechnung und den Kriterien der Investitionsrechnung problemlos hergestellt werden. Die dargestellten Grundzusammenhänge sind auch für die Analyse von Erfolgsbeteiligungen für Entscheidungsträger von Bedeutung. Aufbauend auf den Darstellungen im vorliegenden Kapitel werden in den Kapiteln XVI, XVII und XVIII Probleme einer anreizkompatiblen Beteiligung an Periodenfolgen untersucht. Ertragsteuem werden bei den folgenden Darstellungen nicht explizit berücksichtigt. Wie unmittelbar ersichtlich wird, gelten die dargestellten Bewertungszusammenhänge auch unter Berücksichtigung von Steuem: In finanziellen Überschüssen sind sie als Auszahlungen zu erfassen und in (Residual-) Gewinnen in gleicher Höhe als Aufwendungen oder Kosten. Dabei müssen weder die Überschüsse noch die (Residual-) Gewinne als steuerliche Bemessungsgrundlage für die Steuem dienen. Die zukünftigen Bemessungsgrundlagen sind dann al-
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
459
lerdings gesondert zu prognostizieren, um ihren Einfluß auf die Höhe der diskontierten Barwerte bzw. der Marktwerte Rechnung tragen zu können.
2.
Problematik des Reinvermögenszuwachses als Bewertungsgrundlage
Der Gewinn des Unternehmens als Reinvermögenszuwachs (vor Einlage bzw. Ausschüttung finanzieller Mittel) der Periode t wird wie folgt definiert:^) (XIV. 1)
GRVZt=Vt+Üt-Vt_i.
V^ bezeichnet den Wert des Reinvermögens bzw. den Buchwert des Eigenkapitals (des Vermögens des Unternehmens nach Abzug der Schulden) nach Ausschüttung von Ü^ (ist Ü^ negativ, so handelt es sich um eine Einlage der Anteilseigner). Entsprechend bezeichnet V^+Üt den Wert des Reinvermögens vor Ausschüttung. V^.^ steht für das Reinvermögen nach der Ausschüttung Üt_i zum Zeitpunkt t - 1 . Die Höhe der Ausschüttung Ü^ hat keinen Einfluß auf den Erfolgsausweis in Periode t, sofern die Aktivitäten im Leistungsbereich des Unternehmens und die Bewertung der Vermögenswerte von Ü^ unabhängig sind. Wird Ü^ um A erhöht, so sinkt entsprechend das Reinvermögen V^; die Summe aus V^ und Ü^ und mithin auch GRVZ^ bleiben konstant. Je kleiner V^.j, desto größer ist bei gegebenen Werten von V^ und Ü^ der Erfolgsausweis für Periode t. Der Erfolg einer Periode ist allgemein davon abhängig, wie die Vermögensgüter zu Beginn und am Ende dieser Periode bewertet werden. Der nach handelsrechtlichen Vorschriften ermittelte ..kaufmännische" Gewinn und der ..ökonomische'' Gewinn sind spezielle Varianten des Gewinns als Reinvermögenszuwachs. Beide Konzepte unterscheiden sich in der Ermittlung des Reinvermögens. Beim kaufinännischen Gewinn gilt für das Reinvermögen am Ende der Periode t nach Ausschüttung: (XIV.2)
Vt = Vt_i + Ertragt - Aufwandt - Üt.
Aus (XIV.2) folgt: (XIV.3)
Vt + Üt - Vt_i = Ertragt " Aufwandt.
Gemäß (XIV. 1) ergibt sich somit: (XIV.4)
GRVZt = Ertragt ~ Aufwandt •
Die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriflen dienen primär der Ermittlung eines vorsichtig bemessenen ausschüttungsfähigen Betrages. Die vorsichtige 2)
Da im folgenden das Unternehmen nicht mehr explizit im Marktzusammenhang betrachtet wird, kann der bisher verwendete Index n für das Untemehmen vernachlässigt werden.
460
Kapitel XIV
Bewertung liegt insbesondere im Interesse der Gläubiger, für deren finanzielle Sicherheit es entscheidend ist, daß nicht auf Grund „zu hoher" Bewertungen Gewinne ausgewiesen werden, deren Ausschüttung bzw. Besteuerung die Erhaltung der Haftungssubstanz beeinträchtigt und somit die Fähigkeit des Untemehmens zur termingerechten Tilgung der Schulden einschließlich der Zinsschulden gefährdet. Bewertungsregeln zur Ermittlung eines vorsichtig bemessenen ausschüttungsfähigen Betrages sind nicht operational, wenn sie nicht hinreichend konkret sind, sondem weitgehende Ermessensspielräume belassen. Das Gesetz kann daher zum Beispiel weder fordem noch erlauben, daß nicht hinreichend objektivierte Vermögenswerte bilanziert werden. So können Auszahlungen für eigene Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen, für Werbung, Ausbildung usw. zwar „Vermögenswerte" darstellen, sie dürfen jedoch grundsätzlich nicht aktiviert werden, da die mit ihnen verbundenen betrieblichen Vorteile zu unbestimmt sind; sie gehen unmittelbar als Aufwand in die Gewinn- und Verlustrechnung ein. Das Konzept des „ökonomischen" Gewinns ist im Gegensatz zum kaufmännischen Gewinn streng zukunftsorientiert, V^ und ^x-\ i^ Gleichung (XrV.l) werden nicht wie beim kaufinännischen Gewinn im Rahmen einer Einzelbewertung der Vermögensteile ermittelt, sondem als Ertragswerte interpretiert (kapitaltheoretische Bewertung). V^ ist der Geldbetrag, der denjenigen (ungewissen) Ausschüttungen Ü^+i,1)^+2vjUj äquivalent ist, die zum Zeitpunkt t auf Grund der realisierten Maßnahmen und der erarbeiteten Pläne für die Zeitpunkte t+l,t+2,...,T erwartet werden. Er kann interpretiert werden als (virtueller) Marktwert der zukünftigen Ausschüttungen oder als subjektiver Ertragswert, Die allgemeine Problematik des Gewinns als Reinvermögenszuwachs für die Untemehmensbewertung und die Investitionsplanung besteht darin, daß keine kalkulatorischen Zinsen auf das Reinvermögen bzw. das Eigenkapital verrechnet werden. (Vgl. im Einzelnen LAUX, 2005b.) Zum Beispiel werden beim kaufinännischen Gewinn zwar Fremdkapitalzinsen als Aufwand erfaßt, jedoch keine kalkulatorischen Zinsen auf das Eigenkapital. Werden hier Abschreibungen in die Zukunft verlagert, steigt grundsätzlich der Barwert der Gewinnausweise. Wie in Abschnitt 3.3 gezeigt wird, gilt allgemein: Der Barwert der Reinvermögenszuwächse liegt um so mehr über dem der Ausschüttungen, je höher die Wertansätze für Vx-\ (t= l52,...,T) gewählt werden (V'p=0). Zwar ist der Reinvermögenszuwachs als Grundlage für die Untemehmensbewertung und die Investitionsplanung wenig geeignet. Wie jedoch im folgenden gezeigt wird, kann unabhängig von der Wahl der Reinvermögenswerte durch geringfügige Modifikation des Gewinnkonzepts die Brücke zu den Kriterien der Investitionstheorie geschlagen werden, indem in jeder Periode t (t=l,2,...,T) kalkulatorische Zinsen auf das Reinvermögen bzw. das ausgewiesene Eigenkapital V^.j zu Beginn der Periode verrechnet werden (Residualgewinn- oder Übergewinnkonzept). Dieses Gewinnkonzept wird bei der erfolgs-
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
461
orientierten Untemehmensbewertung gemäß dem Equity-Ansatz zugrunde gelegt (Abschnitte 4.1.2.2 und 4.1.2.3).
3.
Gewinn als Reinvermögenszuwachs nach kalkulatorischen Zinsen: Residualgewinn
3.1.
Allgemeine Charakteristik
In Literatur und Praxis werden die kalkulatorischen Zinsen zwar vomehmlich mit einem risikoangepaßten Zinssatz ermittelt. Wie jedoch im vorliegenden und in nachfolgenden Kapiteln gezeigt wird, hat auch der risikolose Zinssatz r als Basis für die kalkulatorischen Zinsen große Bedeutung. Das gilt nicht nur für sichere Projektüberschüsse bzw. bei Risikoneutralität, sondem auch für den Fall der Risikoaversion.^) Zunächst wird hier der risikolose Zinssatz r zugrunde gelegt (was nicht bedeutet, daß von sicheren Erwartungen über die Überschüsse und Vermögenswerte ausgegangen wird). Darauf aufbauend wird später gezeigt, wie die Darstellungen für solche Problemstellungen zu modifizieren sind, bei denen einrisikoangepaßterZinssatz bewertungsrelevant ist. Beim Zinssatz r gilt für den Residualgewinn (Übergewinn) der Periode t (t = 1,2,...,T): (XIV.5)
G t = V t + Ü t - V t _ i - r - V t _ i = V t + Ü t - ( l + r)-Vt_i.
Wie in (XIV. 1) bezeichnet hier V^ das Reinvermögen zum Zeitpunkt t nach der Ausschüttung Ü^. Für die Ermittlung der (Rein-)Vermögenswerte sind beim Residualgewinn keine gesetzlichen Regelungen maßgeblich; sie können nach internen „Zweckmäßigkeitsvorstellungen" vorgenommen werden. V^-i und V^ können wiederum zum Beispiel als Ertragswerte der Ausschüttungen des Untemehmens ermittelt werden, aber auch gemäß den handelsrechtlichen Bewertungsregeln als Summe der Buchwerte einzeln bewerteter Vermögensgüter. Im ersten Fall wird der Residualgewinn als „ökonomischer Gewinn nach Zinsen" bezeichnet, im zweiten Fall als „kaufmännischer Gewinn nach (kalkulatorischen) Zinsen".^) Werden die Reinvermögenswerte nach den handelsrechtlichen Bewertungsregeln ermittelt, so kann man analog zu (XIV.4) für (XIV.5) schreiben: (XlV.Sa)
3) 4)
Gt = Ertragt -Aufwandt -^*Vt-i-
Vgl. die Abschnitte 4.1.3 und 4.1.4. Auch für die Erfolgsbeteiligung ist der Residualgewinn auf der Basis des Zinssatzes r maßgeblich (Teil F). Beim kaufmännischen Gewinn werden zwar Fremdkapitalzinsen als Aufwand erfaßt, jedoch keine kalkulatorische Zinsen auf das Eigenkapital berücksichtigt. Diese werden gemäß (XIV.5) zusätzlich in Form der Zinsen auf die Reinvermögenswerte einbezogen.
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Kapitel XIV
Beim allgemeinen Konzept des Residualgewinns können auch solche Auszahlungen aktiviert werden, die nach den handelsrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften nicht aktivierungsfähig sind, etwa Ausgaben im Rahmen von Forschung und Entwicklung, Werbung, Ausbildung, Organisation und anderen Goodwill-Maßnahmen. Es ist auch möglich, daß für einzelne Teilbereiche des Unternehmens Ertragswerte angesetzt werden und für andere Buchwerte, die nach einfachen Konventionen ermittelt werden; es bestehen beliebig viele Freiheitsgrade für den Vermögens- und Gewinnausweis. Die Kapitalstruktur hat keinen Einfluß auf die Höhe der Zinsen und den Residualgewinn. Wird zum Beispiel zum Zeitpunkt t - 1 die Ausschüttung um Ä reduziert und entsprechend der Fremdkapitalbetrag verringert, so sinken in Periode t die Fremdkapitalzinsen um r-A, während die kalkulatorischen Zinsen um diesen Betrag steigen, weil das Reinvermögen um A steigt. Der Residualgewinn des Unternehmens ändert sich auch dann nicht, wenn der Betrag A zum Zinssatz r angelegt wird; der zusätzliche Zinsertrag wird durch die zusätzlichen kalkulatorischen Zinsen kompensiert. Allgemein gilt: Die Ausschüttungspolitik hat bei gegebenem Investitionsprogramm keinen Einfluß auf den Strom an Residualgewinnen des Unternehmens. Im folgenden wird das Prinzip der ,,Barwertidentität'' erläutert, auf dem später im Rahmen sehr verschiedener Problemstellungen (nicht nur bei Bewertung ganzer Unternehmen und einzelner Investitionsprojekte) aufgebaut wird. Es bietet deshalb vielfältige theoretische und praktische Anwendungsmöglichkeiten, weil Barwertidentität nicht nur für r, sondem für jeden beliebigen Zinssatz gilt. 3.2.
Barwert der Residualgewinne und Barwert der Ausschüttungen im Vergleich: Das Prinzip der Barwertidentität^)
Für den auf den Zeitpunkt 0 bezogenen Barwert des Residualgewinns G^ beim Zinssatz r gilt: (XIV.6)
(1 + r)"^ -Gt = (1 + r)"^ • Vt +(l + r)"^ -Üt ~(l + r)"^ -(l + r)-Vt_i = ( i H - r r ^ V , + ( l 4 - r r - ü t - ( H - r ) - ( ^ - ^ ) .V,_i,
und für den Barwert der Residualgewinne der Perioden 1,2,..., T:
5)
Vgl. zu den folgenden Darstellungen auch LÜCKE (1955); EWERT/WAGENHOFER (2003a, S. 73ff.); FRANKE (1976, S. 189ff.); FRANKE/HAX (2004, S. 78ff.); KLOOCK (1981, S. 876ff.); KÜPPER (2001, S. 126ff.); LAUX (1975b; 2005b, Kapitel IV).
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
(XIV.7)
463
E(l + r r ' - G t t=l
= (l + r)-*-ViH-(l + r r ^ - Ü i - ( l + r)~^-Vo =1 + (l + r)-2.V2+(l + r ) - 2 . Ü 2 - ( l + r r l - V i + (l + r)-3.V3 + (l + r ) - 3 . Ü 3 - ( l + r)-2.V2 + (1 + r)""^ • Vx+(1
+ r)""^ • ÜT - (1 + r)"^^"^^ • Vj_i.
Hierin erscheint (l+r)~t-Vt (t=l,2,...,T-l) einmal mit positivem und einmal mit negativem Vorzeichen. In Verbindung mit Vj=0 folgt somit aus (XrV.7):
(XIV.8)
I ( l + r)-^Gt=Z(l + r)-^Üt-Vo t=l
t=l
oder (XIV.9)
E(l + r ) - ^ Ü t = E ( l + r r ' - G t + V o . t=l
t=l
!
Barwert aller zukünftigen Ausschüttungen und Barwert aller zukünftigen Residualgewinne im Vergleich Interpretation: Wie auch immer die Reinvermögenswerte V^ (t=l,2,...,T-l) angesetzt werden (welche Aktivierungs- und Abschreibungspolitik gewählt wird), der Barwert der Residualgewinne Gi,G2v?Gx stimmt unabhängig von der eintretenden Umweltentwicklung mit dem Barwert der Ausschüttungen Üi,Ü2v?Üx abzüglich des Reinvermögens VQ zum Zeitpunkt 0 (nach Ausschüttung ÜQ) überein. Entsprechend ist der Barwert der Ausschüttungen um VQ höher als der der Gewinne. Das Analoge gilt für die Endwerte.^) 6)
In gleicher Weise kann gezeigt werden, daß der Barwert der Residualgewinne G|,G2v,Gj auch dann mit dem Barwert der Ausschüttungen Üi,Ü2,..»Üj abzüglich VQ übereinstimmt, wenn der Zinssatz r zwar periodenabhängig, jedoch trotzdem deterministisch ist. Voraussetzung für diese Übereinstimmung ist dabei, daß für jede Periode t die kalkulatorischen Zinsen mit dem hierfür maßgeblichen Zinssatz r^ ermittelt werden: (l + r , ) - ' - G , + ( l + r , r ' - ( l + r2)-'-G2 + ...+(l + r i r ' •(l + r2)-'-...
= i;a+rir'-(i+r2r'-...-(i+rt)-'-Gt t=l
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Kapitel XIV
Der in (XIV.8) bzw. (XIV.9) dargestellte Barwertzusammenhang wird als Prinzip der Barwertidentität bezeichnet: Bis auf den deterministischen „Korrekturterm" VQ (der auch gleich null sein kann) ist der Barwert der Ausschüttungen mit dem der Gewinne identisch. Dieser Zusammenhang gilt nicht nur für r, sondern analog für einen beliebigen Zinssatz, sofern damit nicht nur diskontiert wird, sondem auch die kalkulatorischen Zinsen ermittelt werden. Die Bedeutung des „Korrekturterms" VQ wird unmittelbar ersichtlich, wenn bedacht wird, daß VQ einen Buchwert darstellt, der keine eigenständigen Zahlungen auslöst und mithin den Barwert der zukünftigen Ausschüttungen nicht beeinflußt. Jedoch reduziert er in Form von Aufwendungen und kalkulatorischen Zinsen zukünftige Gewinnausweise derart, daß deren Barwert um VQ kleiner ist als der der Ausschüttungen. Das Prinzip der Barwertidentität macht natürlich (wenn man von sicheren Erwartungen absieht) keine Aussage über die absolute Höhe des Barwertes; er hängt von der Umweltentwicklung bzw. der Entwicklung der maßgeblichen ökonomischen Größen (und der Höhe des Zinssatzes) ab. Entsprechend stellt der irgendeiner Umweltentwicklung entsprechende identische Barwert für die Ausschüttungen und Gewinne noch keinen Marktwert dar; für diesen sind alle möglichen Entwicklungen relevant. Trotzdem hat das Prinzip der Barwertidentität als allgemeiner Zusammenhang - wie später immer wieder deutlich wird - für die Analyse von Problemen der Bewertung auf der Basis von Periodenerfolgen und die Analyse der Anreizwirkungen alternativer Formen der Erfolgsbeteiligung große Bedeutung. Für die Bewertung des Untemehmens oder einzelner Livestitionsprojekte resultiert sie daraus, daß Barwertidentität auch für die Erwartungswerte der Gewinne und Ausschüttungen besteht (und zwar auch für den Fall, daß deren Diskontierung mit einem risikoangepaßten Zinssatz k vorgenommen wird und mit diesem Zinssatz zugleich auch die kalkulatorischen Zinsen ermittelt werden). (XIV.8) und (XIV.9) setzen voraus, daß das .JCongruenzprinzip" erfüllt ist: Zum einen muß das Reinvermögen am Ende einer Periode mit dem zu Beginn der folgenden Periode übereinstimmen (Prinzip der Bilanzidentität). Zum anderen muß die gesamte Reinvermögensänderung einer Periode im Erfolgsausweis gemäß (XIV.5) erfaßt werden; es darf keine Aufspaltung in einen erfolgswirksamen und einen -unwirksamen Teil erfolgen.^) Ist das Kongruenzprinzip erfüllt, so stimmt über alle Perioden hinweg, d.h. von der Gründung bis zur Liquidation, die Summe der Gewinne vor kalkulatorischen Zinsen mit
= i a + rO"^ .(H-r2)-^.....(l + rtr^ -Üt - Vo t=l
7)
mit Gt = V t + Ü t - ( l + rt)-Vt_i. Zu Durchbrechungen der Kongruenz in der internationalen Rechnungslegungspraxis und zu Gefahren von Fehlentscheidungen bei Beteiligung des Managements an den betreffenden Periodenerfolgen vgl. DELLER (2002) und GABER (2004).
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
465
der Summe der Ausschüttungen überein (vgl. zum Beispiel LAUX, 1999b, S. 139ff.). Eine konsequente Erfassung der (Rein-) Vermögensänderungen impliziert u.a.: 1. Alle Vermögensänderungen sind vollständig zu erfassen, zum Beispiel auch Gewinne bzw. Verluste bei Veräußerungen von Betriebsmitteln. Verluste werden allerdings dann nicht explizit berücksichtigt, wenn sie - wie zum Beispiel bei Brand oder Diebstahl - durch Fremdversicherung abgedeckt sind. 2. Die Abschreibungen sind auf der Basis der historischen Anschaffungsauszahlungen zu ermitteln und zum Beispiel nicht auf Grund von Wiederbeschaffungskosten. Erfolgt in einer Periode eine Zuschreibung, müssen die Abschreibungen für spätere Perioden entsprechend erhöht werden. Gemäß (XrV.8) ist bei gegebenem Livestitionsprogramm der Barwert der Residualgewinne Gl, G2v?Gx von der Ausschüttung zum Zeitpunkt 0 unabhängig. Wird ÜQ um A erhöht, so sinken der Barwert der zukünftigen Ausschüttungen und das Reinvermögen VQ um A^); die Differenz auf der rechten Seite von (XIV.8) ändert sich nicht. Wird das Reinvermögen zum Zeitpunkt 0 vor Ausschüttung mit VQ" bezeichnet, so kann VQ wie folgt dargestellt werden: Vo = Vd" - Üo. Entsprechend gilt für (XIV.8): (XIV.8a)
I ( l + r)-^.Gt= K l + r)"^-Üt - Vo"". t=l
t=0
Der Barwert aller Gewinne stimmt für jede mögliche Umweltentwicklung mit dem Barwert aller Ausschüttungen (einschließlich ÜQ) abzüglich des zu Beginn des Planungszeitraums gegebenen Reinvermögenswertes VQ" überein. Wird das Unternehmen zum Zeitpunkt 0 gegründet (mit Üo<0) und wird kein Gründungsgewinn ausgewiesen, d.h. zum Zeitpunkt 0 ein Reinvermögen VQ in Höhe des eingebrachten Kapitalbetrages |Üol angesetzt (Vo = |Üol), so folgt aus (XIV.8): (XIV.IO)
I ( l + r ) - ^ G t = i:(l + r ) - ^ Ü t . t=l
t=0
Der Barwert der Gewinne der Perioden 1,2,...,T ist dann also für jede Umweltentwicklung mit dem Barwert sämtlicher positiver bzw. negativer Ausschüttungen identisch. Barwertidentität gemäß (XIV.IO) gilt nicht nur für ein zum Zeitpunkt 0 gegründetes Unternehmen als Ganzes, sondern auch für jedes einzelne Investiti8)
Bei gegebenem Investitionsprogramm wird die zusätzliche Ausschüttung durch Fremdkapitalaufhahme und^oder durch Reduktion eines zum Zinssatz r angelegten Betrages finanziert. Beide Maßnahmen haben keinen Einfluß auf die Residualgewinne.
466
Kapitel XIV
onsprojekt, das zum Zeitpunkt t > 0 in das Investitionsprogramm aufgenommen werden kann: Der mit dem Zinssatz r ermittelte Barwert aller Projektgewinne ist für jede Umweltentwicklung gleich dem Barwert aller Einzahlungsüberschüsse abzüglich der Anschaffungsauszahlung. Aus der Tatsache, daß Barwertidentität formal nicht nur für r, sondern für jeden beliebigen Zinssatz gilt (sofem mit diesem Zinssatz nicht nur die kalkulatorischen Zinsen ermittelt werden, sondem auch die Diskontierung vorgenommen wird), folgt natürlich nicht, daß es gleichgültig ist, mit welchem Zinssatz die kalkulatorischen Zinsen ermittelt werden. Er muß mit dem für die Ausschüttungen maßgeblichen Bewertungskonzept im Einklang stehen. Wie später immer wieder deutlich wird, ist der risikolose Zinssatz r für die kalkulatorischen Zinsen von besonderer Bedeutung. Für die Untemehmensbewertung und die Investitionsplanung {nicht aber für die Erfolgsbeteiligung) kann auch ein risikoangepaßter Zinssatz in Betracht kommen (Abschnitt 4). Zunächst wird wieder der risikolose Zinssatz zugrunde gelegt und Zusammenhänge für beliebige Umweltentwicklungen gezeigt. 3.3.
Barwert der Residualgewinne und Barwert der Reinvermögenszuwächse im Vergleich
Da beim Gewinn als Reinvermögenszuwachs (zum Beispiel dem kaufmännischen oder ökonomischen Gewinn) keine kalkulatorischen Zinsen verrechnet werden, ist der Barwert oder der auf den Zeitpunkt T bezogene Endwert dieser Gewinne für jede Umweltentwicklung grundsätzlich höher als der der Residualgewinne. Der Unterschied läßt sich anschaulich für den Fall erkennen, daß das Unternehmen zum Zeitpunkt 0 gegründet und dabei kein Gründungsgewinn ausgewiesen wird (VQ =|ÜO|) . Der Gewinn als Reinvermögenszuwachs der Periode t (t = 1,2,...,T) kann gemäß (XIV. 1) wie folgt dargestellt werden: (XIV. 11) GRVZt=Vt+Üt-Vt_i = V t + Ü t - ( l + r).Vt_i+r.Vt,i. =Residualgewinn G^ Der Reinvermögenszuwachs unterscheidet sich vom Residualgewinn um die Komponente r-V^.j. Somit unterscheidet sich der Barwert der Reinvermögenszuwächse um den Term (XIV.12)
I ( l + r ) - ^ r . V t _ i = r . I ( l + r)-^Vt_i t=l
t=l
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
467
vom Barwert der Residualgewinne. Da der Barwert der Residualgewinne gemäß (XIV. 10) mit dem aller Ausschüttungen übereinstimmt, muß folglich für den Barwert aller Reinvermögenszuwächse GRVZ^ gelten:
(XIV.13) 2:(l + r)-^-GRVZt=2:(l + r ) - ^ - Ü t + r . X ( l + r)-^-Vt_i t=l
t=0
t=l
Barwert aller Reinvermögenszuwächse und Barwert aller Ausschüttungen im Vergleich Für Vt_i>0 (t=l,2,...,T) ist der Barwert der Reinvermögenszuwächse höher als der der Ausschüttungen. Die Differenz ist um so größer, je höher r und der Wertansatz fär V^-l (t=2,3,...,T) sind.^) Es besteht somit keine eindeutige Beziehung zwischen dem Barwert der Reinvermögenszuwächse und dem, was letztlich interessiert, dem Barwert der Ausschüttungen. Der Zusammenhang gilt analog für ein einzelnes Investitionsprojekt, das zum Zeitpunkt t > 0 ins Programm aufgenommen wird. Je höher die (Rest-)Buchwerte des Projekts sind, um so mehr liegt für jede Umweltentwicklung der Barwert der Gewinne über dem der Einzahlungsüberschüsse. Der Barwert der Gewinne eines Projekts kann positiv sein, auch wenn sein Kapitalwert negativ ist. Als Grundlage der Investitionsplanung und der Untemehmensbewertung ist der Gewinn als Reinvermögenszuwachs ungeeignet. 3.4.
Residualgewinn des Leistungsbereichs
Je nachdem, wie der Residualgewinn für das Untemehmen ermittelt wird, kann es sinnvoll sein, der Untemehmensplanung und der Erfolgsbeteiligung einen davon abweichenden „Residualgewinn des Leistungsbereichs" zugrunde zu legen. ^^) Er ist auch maßgeblich für die erfolgsorientierte Untemehmensbewertung gemäß dem Entity-Ansatz (Abschnitte 4.1.2.1 und 4.1.2.3). Der Residualgewinn GL^ des Leistungsbereichs der Periode t (ermittelt mit dem Zinssatz r) wird wie folgt bestimmt: (XIV.14)
GLt = VLt +ÜLt ~(l + r)-VLt_i
(t=l,2,...T).
VL^ (VLt_i) bezeichnet den Buchwert für das Sachvermögen des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt t (t-1). Im allgemeinen werden die Vermögenswerte VL^ 9)
Da annahmegemäß kein Gründungsgewinn ausgewiesen wird, besteht hier für VQ kein Bewertungsspielraum; VQ stimmt mit dem Betrag |ÜQ| der Einlage überein. 10) Vgl. hierzu die Transformation des für das externe Rechnungswesen maßgeblichen Gewinns in einen „Economic Value Added" (durch entsprechende „Bereinigungen"), einer speziellen Variante des Residualgewinns des Leistungsbereichs, die in Kapitel XVIII, Abschnitt 5, diskutiert wird.
468
Kapitel XIV
(t=0,1,...,T-1) ermittelt, indem die Anschaffungsauszahlungen von Projekten des Leistungsbereichs aktiviert werden, so daß der Anschaffungsvorgang erfolgsneutral ist. Später werden die Buchwerte abgeschrieben und kalkulatorische Zinsen auf die (Rest-)Buchwerte verrechnet. (XrV.14) kann auch wie folgt dargestellt werden: (XIV.15)
GLt =(VLt-VLt_i) + Ü L t - r . V L t _ i .
In Worten: Der Residualgewinn ist gleich dem Zuwachs des Sachvermögens des Leistungsbereichs zuzüglich des Überschusses dieses Bereichs am Ende der Periode und abzüglich der kalkulatorischen Zinsen auf das Sachvermögen zu Beginn der Periode. Interpretation: Gemäß (XIV. 14) und (XIV.IS) wird bei der Ermittlung des Residualgewinns nicht wie in (XIV.S) die Ausschüttung Ü^, sondern der Überschuß ÜL^ des Leistungsbereichs berücksichtigt. Außerdem werden Fremdkapitalzinsen nicht explizit verrechnet, sondern es wird ein einheitlicher Zins auf das Sachvermögen VL^.j des Leistungsbereichs zu Beginn der Periode erfaßt. Eine solche einheitliche Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen erfolgt auch bei der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung gemäß dem Entity-Ansatz (Abschnitt 4). Dabei wird allerdings i.a. statt r ein risikoangepaßter Kapitalkostensatz k zugrunde gelegt. Werden keine Bestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an Haibund Fertigfabrikaten gehalten, am Ende einer Periode t die Anschaffungsauszahlungen \ für Investitionen bzw. der betreffenden Gegenstände des Anlagevermögens aktiviert und auf den Buchwert VLt_i für den Beginn der Periode die Abschreibung AfA^ verrechnet, so gilt: VLt=VLt_i-AfAt+It. Wird der laufende Überschuß des Leistungsbereichs aus Produktion und Absatz sowie der Liquidation von Projekten (der Brutto Cashflow vor Auszahlung für Investitionen) mit ÜL^ bezeichnet, so kann ÜL^ wie folgt dargestellt werden: ÜLt=ÜL^-It. Einsetzen beider Gleichungen in (XrV.15) ergibt: (XIV. 15a)
GLt=ÜL^-AfAt-r-VLt_i.
Hier wurden im Vergleich zu (XIV.IS) Erfolgskomponenten eliminiert, die einander entsprechen. Im allgemeinen wird der Residualgewinn des Untemehmens gemäß (XIV.S) von dem des Leistungsbereichs gemäß (XIV. 14) bzw. (XIV.IS) abweichen, da unterschiedliche Gewinnermittlungsregeln zugrunde gelegt werden. Abwei-
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
469
chungen ergeben sich zum Beispiel dann, wenn der Residualgewinn G^ des Unternehmens als kaufmännischer Gewinn nach kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen ermittelt wird und der Residualgewinn GL^ des Leistungsbereichs unter dem Gesichtspunkt einer untemehmensintemen Erfolgssteuerang und dabei zum Beispiel Auszahlungen fär Goodwill-Maßnahmen aktiviert und Abschreibungen nach anderen Methoden als beim kaufmännischen Gewinn ermittelt werden (Kapitel XVIII, Abschnitt 5). Abweichungen zwischen dem Residualgewinn des Untemehmens und dem des Leistungsbereichs können auch daraus resultieren, daß im Untemehmen riskante Wertpapiere und/oder nicht betriebsnotwendige Vermögensgüter gehalten werden, die zwar in den Residualgewinnen des Untemehmens berücksichtigt werden, jedoch nicht in denen des Leistungsbereichs (des operativen Bereichs). Der Residualgewinn GL hat in der Praxis und im Rahmen späterer Überlegungen besondere Bedeutung für die Untemehmensbewertung sowie die Livestitionsplanung und die Livestitionssteuerang durch Erfolgsbeteiligung und Erfolgskontrolle. Analog zu (XIV.9) gilt für den Barwert der Überschüsse ÜLi,ÜL2v?ÜLp:
T
(XIV.16)
T
X(l + r)"^-ÜLt = i;(l + r)"^-GLt+VLo. t=l
t=l
Barwert aller zukünftigen Überschüsse und Barwert aller zukünftigen Residualgewinne des Leistungsbereichs im Vergleich Der Barwert aller zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs ist also mit dem Barwert der Gewinne zuzüglich des Vermögens VLo des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt 0 identisch. (Die Gleichung (XIV.16) gilt auch für den Fall, daß bei der Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen und bei der Diskontierang der Gewinne ein identischer risikoangepaßter Zinssatz zugrande gelegt wird.) Ist zum Zeitpunkt 0 ein Fremdkapitalbetrag von FKQ aufgenommen und der Betrag ABQ zum Zinssatz r angelegt, so gilt für den Barwert aller zukünftigen Ausschüttungen: (XIV.17)
E ( l + r)"^-Üt = 2 : ( H - r ) - ^ Ü L t - F K o + A B o . t=l
t=l
Hierbei wird vereinfachend unterstellt, daß weder Wertpapiere noch nicht betriebsnotwendige Sachvermögensgüter gehalten werden. Aus (XIV.17) folgt in Verbindung mit (XrV.16):
470
Kapitel XIV T
(XIV.18)
T
i:(l + r ) - ^ Ü t = i:(l + r ) - ^ G L t + V L o - F K o + A B o . t=l
t=l
Bei beliebigen Werten für VLQ, FKQ und ABQ ist die Maximierung des Barwertes der Gewinne des Leistungsbereichs der Maximierung des Barwertes der Ausschüttungen äquivalent. Wie ein Vergleich von (XIV.18) mit (XIV.9) zeigt, kann eine Abweichung zwischen dem Barwert der Gewinne GLi,GL2v?GLp und dem der Gewinne Gi,G2v.-? Gx nur aus einer Abweichung zwischen V L Q - F K Q + ABQ ^nd VQ resultieren. Für Vt = VLt - FKt + ABt
(t = 0,1,..., T-1)
stimmen nicht nur die Barwerte aller Gewinne, sondem auch die einzelnen Gewinne überein (G^=GL^)y wie das Beispiel in Abschnitt 3.5 zeigt (vgl. auch die allgemeinen Darstellungen in Abschnitt 4.1.2.2). 3.5.
Beispiel
Zur Erläuterung einiger Zusammenhänge dient ein einfaches Beispiel (mit T = 4), in dem davon ausgegangen wird, daß Überschüsse nur im Leistungsbereich und in Verbindung mit Aufhahme oder Anlage von Kapital zum Zinssatz r erzielt und keine Bestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an Haibund Fertigfabrikaten gehalten werden. Diese Annahme hat folgende hnplikationen: 1. Das Reinvermögen zu Beginn einer jeden Periode ist gleich dem Buchwert der Investitionsprojekte des Leistungsbereichs zuzüglich eines zum Zinssatz r angelegten Betrages und abzüglich der Schulden. 2. Abweichungen zwischen Ausschüttungen und Überschüssen des Leistungsbereichs können nur aus Aufnahmen und/oder Anlagen von Kapital zum Zinssatz r resultieren. Außerdem wird ohne Einschränkung der Allgemeinheit angenommen, daß für die Zukunft keine Livestitionen geplant werden. Für eine Umweltentwicklung seien die in Tabelle XIV. 1 dargestellten Erfolgskomponenten maßgeblich (mit linearer Abschreibung und r = 0,1). Die analysierten Zusammenhänge gelten analog für beliebige Umweltentwicklungen. In den Zeitpunkten 1 und 2 ist die Ausschüttung gleich dem Überschuß ÜL des Leistungsbereichs abzüglich der Fremdkapitalzinsen und der Schuldtilgung. Da nach dem Zeitpunkt 2 das Fremdkapital vollständig getilgt ist, fallen in den Perioden 3 und 4 keine Fremdkapitalzinsen mehr an. Die Ausschüttung zum Zeitpunkt 3 ist gleich dem Überschuß des Leistungsbereichs abzüglich des zum Zinssatz r=0,l angelegten Betrages (von 25). Die Ausschüttung zum Zeitpunkt 4 ist gleich dem Überschuß des Leistungsbereichs zuzüglich des zum Zeitpunkt 3 angelegten Betrages und des Zinsertrages darauf
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
Zeitpunkt t
471
0
1
2
3
4
100
75
50
25
-
-
25
25
25
25
-
-
-
25
-
60
35
-
-
-
(5) Reinvermögen (V^): (1) + (3) - (4) (6) Rückfluß von (3)
40
40
50
50
-
-
-
-
-
25
(7) Fremdkapitaltilgung
-
25
35
-
-
(8) ÜLt (9) Zinsertrag: 0,1' AB^_i
-
40
50
40
50
-
-
-
-
2,5
-
6
3,5
-
-
-
4
4
5
5
-
10
7,5
5
2,5
-
9
11,5
15
77,5
Vermögen des Leistungsbereichs (1) (VLt) (2) Abschreibung (3) angelegter Betrag (AB^) (4) Fremdkapital (FK^)
(10) (11) (12) (13)
Fremdkapitalzinsen: 0,1* FK^.j kalk. Zinsen auf das Reinvermögen: 0,1-Vt_i kalk. Zinsen auf das Vermögen des Leistungsbereichs: 0,1- VLt_i Ausschüttung (Ü^): (8)+ (9)+ (6)-(7)-(10)
Tabelle XIV. 1: Für die Gewinnermittlung maßgeblichen Größen Die Tabelle XIV.2 zeigt die (übereinstimmenden) Residualgewinne des Unternehmens und des Leistungsbereichs. Periode t Residualgewinn des Unternehmens: Gt = Vt + Ü,-(l+r)-Vt_i
Residualgewinn des Leistungsbereichs: GLt = VLt + ÜLj - (1+r) • VLt_i
4
1
1 40 + 9 - 40 4
2 50 + 11,5 -40 - 4
3 50 + 15 -50 - 5
0 + 77,5 ^ -50 - 5
=
5
= 17,5
= 10
= 22,5
75 + 40 - 100 - 10
50 + 50 -75 - 7,5
25 + 40 -50 - 5
0 + 50 -25 - 2,5
=
= 17,5
= 10
= 22,5
5
Tabelle XIV.2: Zur Übereinstimmung der Residualgewinne des Unternehmens und des Leistungsbereichs (beim einheitlichen Zinssatz r)
472
Kapitel XIV
Der Bartwert der Residualgewinne des Unternehmens zuzüglich des Reinvermögens zum Zeitpunkt 0 (d. h. 40) stimmt mit dem Barwert des Ausschüttungen überein: U"^-5 + U"^-17,5 + lU"^.10 + U"'^-22,5 + 40 = 1,1"^ • 9 +1,1"^ • 11,5 +1,1"^ • 15 + IJ""^ • 77,5 «81,9 Der Barwert der Residualgewinne des Leistungsbereichs zuzüglich des Vermögens des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt 0 (d. h. 100) stimmt mit dem Barwert der Überschüsse des Leistungsbereichs überein:
i,r^-5+i,r^47,5+i,r^-io+i,r'^-22,5+ioo = 1,1"^ • 40 +1,1"^ • 50 + l,r^ • 40 +1,1""^ • 50 «141,9. Nach Abzug des Fremdkapitals FKQ = 60 ergibt sich der Barwert der Gewinne und der Ausschüttungen des Unternehmens. Die Anlage des Betrages 25 im Zeitpunkt 3 zum Zinssatz r=0,l hat keinen Einfluß auf den Residualgewinn. Beim Residualgewinn des Unternehmens wird der Zinsertrag durch gleich hohe kalkulatorische Zinsen auf den angelegten Betrag, der im (Rein-)Vermögen enthalten ist, kompensiert. Im Residualgewinn des Leistungsbereichs wird die Anlage erst gar nicht erfaßt (auch keine kalkulatorischen Zinsen darauf). Sie beeinflußt auch nicht den Barwert der Ausschüttungen. Einerseits wird die Ausschüttung zum Zeitpunkt 3 um 25 reduziert, andererseits steigt die Ausschüttung zum Zeitpunkt 4 um den Betrag 25 • 1,1 = 27,5; der Barwert aller Ausschüttungen bleibt konstant. Wird zum Zeitpunkt 1 oder 2 die Schuldtilgung (und entsprechend die Ausschüttung) verändert, so ergibt sich ebenfalls kein Einfluß auf (den Barwert aller Ausschüttungen und) die Residualgewinne. Zwar ändern sich die Fremdkapitalzinsen, jedoch werden diese beim Residualgewinn des Leistungsbereichs nicht explizit erfaßt. Vielmehr werden einheitlich kalkulatorische Zinsen auf das Vermögen (die Buchwerte) des Leistungsbereichs verrechnet, das von der Finanzierung unabhängig ist. Nur beim Residualgewinn des Unternehmens werden Fremdkapitalzinsen explizit erfaßt. Daneben werden jedoch kalkulatorische Zinsen auf das Reinvermögen (ebenfalls mit dem Zinssatz r) erfaßt, so daß auch hier die Zinsen als Ganzes bei gegebenen Vermögenswerten des Leistungsbereichs unabhängig vom Fremdkapital sind. Werden c. p. zum Zeitpunkt 1 die Abschreibungen um A reduziert und zum Zeitpunkt 2 um diesen Betrag erhöht, so steigt der Gewinn für die Periode 1 um A , während er für die Periode 2 um A zuzüglich der Zinsen r • A auf den zusätzlichen Buchwert zum Zeitpunkt 1 sinkt. Der Barwert der Gewinne ändert sich nicht:
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
473
(l + r)"^-A-(l + r)"^-(l + r).Ä = 0. Das Analoge gilt, wenn die Abschreibung des zusätzlichen Buchwertes (teilweise) erst nach der Periode 2 vorgenommen wird. Wird das Untemehmen zum Zeitpunkt 0 gegründet und eine Eigenkapitaleinlage in Höhe des angenommenen Reinvermögens (100 - 60 =) 40 vorgenommen, so stimmt der Barwert der Residualgewinne mit dem Barwert aller Ausschüttungen sowie dem Barwert aller Überschüsse des Leistungsbereichs (einschheßhch ÜLo=100) überein.l^) Bei einem einzelnen Livestitionsprojekt stimmt ebenfalls flir jede mögliche Umweltentwicklung der Barwert aller Überschüsse - einschließlich der Anschaffungsauszahlung - mit dem Barwert aller Gewinne überein.
4.
Unternehmensbewertung und Investitionsplanung auf der Basis von Residualgewinnen
4.1.
Untemehmensbewertung
4.1.1. Bewertung mit dem risikolosen Zinssatz r Da die in Abschnitt 3 dargestellten Zusammenhänge für jede mögliche Umweltentwicklung gelten, liefem sie eine allgemeine Grundlage für die erfolgsorientierte Untemehmensbewertung (die Ermittlung des (virtuellen) Marktwertes der Aktien) und die Investitionsplanung. Der einfachste Fall besteht darin, daß die Überschüsse des Leistungsbereichs mit Sicherheit bekannt sind. Die Bewertungsfunktion (XIV. 16) stellt dann direkt den Marktwert MZÜLQ der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs dar: T
(XIV. 19)
T
MZÜLo = S ( l + r)"^ -ÜLt = S ( l + r)"^ -GLt + VLQ. t=l
t=l
Subtraktion von FKQ und Addition von ABQ ergibt den Marktwert MQ der Aktien des Unternehmens (nach der Ausschüttung ÜQ). Werden zum Zeitpunkt 0 Wertpapiere und nicht betriebsnotwendige Sachvermögensgüter gehalten, so ist MQ um deren Marktwert höher. Sind die Anteilseigner risikoneutral, so ist der Zinssatz r auch dann bewertungsrelevant, wenn die zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs ungewiß sind. Es gilt dann: T
(XIV.19a)
/^
T
MZÜLo = i ( l + r)"^ -£(011)= S O + r)"* •E(GLt) +VLQ. t=l
t=l
11) Die Anschaffungsauszahlung |ÜLo| wird hier ziun Zeitpunkt 0 aktiviert; VLQ = 100.
474
Kapitel XIV
Die Erwartungswerte der Überschüsse werden auch dann mit dem risikolosen Zinssatz diskontiert, wenn die Anteilseigner zwar risikoavers sind, jedoch im Unternehmen nur Investitionen mit unsystematischem Risiko durchgeführt werden. Sind für die Zukunft Investitionen mit ungewissen Anschaffungsauszahlungen geplant, so sind die zugehörigen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen auf die Restbuchwerte und nicht nur die laufenden Überschüsse des Leistungsbereichs ungewiß. Für die Erwartungswerte der Gewinne GL^ (t=2,3,...,T) sind dann auch Erwartungswerte für Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen maßgeblich. Dabei ist der Erwartungswert der kalkulatorischen Zinsen einer zukünftigen Periode t gleich dem erwarteten (Rest-) Buchwert VLt_i zu Beginn dieser Periode, multiphziert mit r. Die Erwartungswerte der (Rest-)Buchwerte zukünftiger Investitionen resultieren ihrerseits aus den Erwartungswerten der Anschaffungsauszahlungen und den entsprechenden erwarteten Abschreibungen. Wenn auch die zukünftigen Fremdkapitalbeträge ungewiß sind, gilt dies zwar auch für die Fremdkapitalzinsen, die bei gegebenen Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Überschüsse des Leistungsbereichs von der Ausschüttungspolitik abhängen. Da diese Zinsen jedoch in den Gewinnen GL^ nicht explizit (sondern in den kalkulatorischen Zinsen auf die Restbuchwerte) erfaßt werden, erübrigt sich die gesonderte Prognose ihrer Erwartungswerte. 4.1.2. Bewertung mit einem risikoangepaßten Kalkulationszinsfuß 4.1.2,1. Entity-Ansatz als Grundlage In der Praxis werden auf Grund von Risikoaversion der Anteilseigner und systematischem Risiko bei gewinnorientierter Planung bzw. Bewertung die kalkulatorischen Zinsen i.a. mit einem risikoangepaßten Zinssatz ermittelt. Zwei Varianten sind verbreitet, die sich im Kern durch die Ermittlung der Zinsen unterscheiden. Die erste (im vorliegenden Abschnitt behandelte) beruht auf dem Entity-Ansatz, wobei die kalkulatorischen Zinsen mit einem gewogenen durchschnittlichen Kalkulationszinsfuß (WACC) gemäß (XIII.3) auf das Gesamtkapital verrechnet werden. Die zweite Variante beruht auf dem EquityAnsatz (Abschnitt 4.L2.2), wobei nur kalkulatorische Zinsen auf das Reinvermögen (den Buchwert des Eigenkapitals) erfaßt werden und die Fremdkapitalzinsen explizit als Aufwand bzw. als pagatorische Kosten verrechnet werden. (Zum Entity- und Equity-Ansatz auf der Basis von Überschüssen vgl. Kapitel XII, Abschnitt 2, und Kapitel XIII, Abschnitt 4.) Werden die erwarteten Überschüsse des Leistungsbereiches mit dem risikoangepaßten Zinssatz k diskontiert, so gilt analog zu (XrV.19):
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
T
,^
475
T
(XIV.20) MZÜLo=S(l + k)"^E(ULt) = S ( l + k)"'^E(GLt) + VLo. t=l
t=l
Marktwert der zukünftigen Leistungsbereichs
Überschüsse
des
Voraussetzung ist allerdings, daß die kalkulatorischen Zinsen ebenfalls mit dem Zinssatz k berechnet werden, also der Gewinn des Leistungsbereichs wie folgt ermittelt wird: (XIV.21)
GLt = V L t + Ü L t - ( l + k).VLt_i
(t=l,2,...T).
Bei Aktivierung der Anschaffungsauszahlungen folgt analog zu (XIV. 15a): (XIV.21a)
GLt =ÜL^-AfAt-k.VLt_i.
Es ist zu beachten, daß die in (XIV.20) dargestellte Identität T
_
T
S(H-k)-^-E(ÜLt)= 2:(l + k)-^E(GLt) + VLo t=l
t=l
für jeden Kalkulationszinsfuß gilt, sofern damit nicht nur diskontiert wird, sondem auch die kalkulatorischen Zinsen ermittelt werden. Jedoch erhält man nur beim „richtigen" k-Wert auch den „richtigen" Marktwert der Überschüsse des Leistungsbereichs bzw. der Aktien des Unternehmens. Es stellt sich allgemein das komplexe Problem, ihn zu ermitteln, l^) Unter bestimmten Voraussetzungen ist er unabhängig von der Zahl T der Perioden (Kapitel XII, Abschnitt 6), so daß er aus einem einperiodigen Kalkül (etwa dem CAPM) hergeleitet werden kann (Kapitel XIII). ^^) Für MZÜLQ ist es wiederum unerheblich, wie die Vermögenswerte VL^ (t= 1,2,...T-1) bewertet werden (VLx = 0). Sind zum Zeitpunkt 0 weder Wertpapiere noch nicht betriebsnotwendige Sachvermögensgüter vorhanden und sind fiir die Zukunft keine Maßnahmen mit positiven Kapitalwerten geplant, deren Überschüsse nicht in denen des Leistungsbereichs erfaßt sind, so 12) Die Identität gilt auch dann, wenn Ertragsteuem relevant sind, die die (Brutto-) Überschüsse ÜL^ und entsprechend die (Brutto-)Gewinne GL^ schmälern. Es ist jedoch zu beachten, daß die Steuern den bewertungsrelevanten Kalkulationszinsfuß k beeinflussen, sofern sie (und dies ist der Regelfall) nicht in dieselbe Risikoklasse fallen wie die (Brutto-) Überschüsse ÜL^. 13) Es ist zu beachten, daß die Diskontierung der erwarteten Gewinne und Überschüsse mit demselben Zinssatz k nicht impliziert, daß die Gewinne und Überschüsse in dieselbe Risikoklasse fallen. Die Risikoklasse der Gewinne hängt davon ab, inwieweit Anschaffungsauszahlungen aktiviert und wie Buchwerte abgeschrieben werden. Nur bei Verzicht auf Aktivierung ist die Risikoklasse der Gewinne mit der der Überschüsse identisch.
476
Kapitel XIV
gilt gemäß (XIV.20) für den (virtuellen) Marktwert MQ der Aktien des Unternehmens nach der Ausschüttung ÜQ:
(XIV.22)
Mo= l;(l + k)~^-E(ULt)-FKo+ABo t=l T
= Z ( l + k)-t.E(GLt) + VLo-FKo+ABo. t=l =MZÜLo Marktwert MQ der Aktien des Unternehmens (gemäß dem Entity-Ansatz) Es zeigt sich, daß die Untemehmensbewertung nicht nur direkt auf der Basis zukünftiger Überschüsse, sondem auch auf Grund zukünftiger Gewinne des Leistungsbereichs erfolgen kann. Werden VLQ und VQ nach den gleichen Bewertungsregeln fiir das Sachvermögen ermittelt, so gilt VLQ - F K Q + ABQ = VQ, SO daß (XIV.22) wie folgt dargestellt werden kann: (XIV.23)
Mo = 2:(l + k)-^E(GLt) +Vo . t=l
Der (virtuelle) Marktwert MQ ist dann also gleich dem Buchwert VQ des Eigenkapitals zum Zeitpunkt 0 zuzüglich des Barwertes bzw. Marktwertes der Residualgewinne („Übergewinne") des Leistungsbereichs, dem sogenannten Geschäfts- oder Firmenwert^^) oder Market Value Added^^). Der in (XIV.22) bzw. (XIV.23) dargestellte Bewertungszusammenhang entspricht dem EntityAnsatz der Untemehmensbewertung, wonach MQ durch einheitliche Ermittlung des Marktwertes des gesamten Untemehmens und Subtraktion (des Marktwertes) des Fremdkapitals ermittelt wird. Zwar flihrt bei konsistentem Vorgehen die Untemehmensbewertung auf der Grundlage erwarteter Gewinne zu demselben Ergebnis wie die Bewertung auf der Basis erwarteter Überschüsse. Jedoch erfordert die Gewinnrechnung tautologische Umformungen, die deshalb flir die Planung und Bewertung entbehrlich sind, weil mit ihnen weder das Prognoseproblem noch das Problem der Ermittlung von k besser gelöst werden kann. Es sei daran erinnert, daß der (virtuelle) Marktwert MQ gemäß (XIV.22) bzw. (XIV.23) nicht mit dem realen Marktwert der Aktien zum Zeitpunkt null übereinstimmen muß. Mit einer Abweichung ist vor allem dann zu rechnen,
14)
BROMWICHAVALKER (1998, S. 395)
15) STEWART (1991, S. 191ff); EHRBAR (1999, S. 72f.).
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
477
wenn die untemehmensinteme Bewertung auf Grund eines Informationsstandes erfolgt, der dem des „Marktes" überlegen ist. Ist der Barwert aller erwarteten Gewinne GL beim Zinssatz k gleich null, so stimmt gemäß (XIV.23) der Marktwert MQ mit dem Buchwert VQ des Reinvermögens überein. Wie in Abschnitt 4.2 verdeutlicht wird, ist der Barwert der erwarteten Gewinne neuer Projekte dann gleich null, wenn deren Kapitalwerte (Marktwerte unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlungen) ebenfalls gleich null sind. Sind für die Zukunft keine neuen Investitionen geplant und werden die gegenwärtigen Buchwerte gemäß einem gegebenen Abschreibungsplan vermindert, so ist die zukünftige Entwicklung der (Rest-) Buchwerte VL^ sicher, so daß die zukünftigen kalkulatorischen Zinsen in relativ einfacher Weise durch Multiplikation der betreffenden Buchwerte mit k ermittelt werden können; unabhängig von der Abschreibungspolitik ist dann der mit dem Zinssatz k ermittelte Barwert an Abschreibung und kalkulatorischen Zinsen gleich VLQ.^^) Jedoch sind im allgemeinen bei der Untemehmensbewertung auch zukünftige Investitionen zu berücksichtigen. Damit auch flir diese zum Bewertungszeitpunkt 0 der Kalkulationszinsfuß k relevant ist, müssen nicht nur deren laufenden Überschüsse, sondem auch deren Anschaffungsauszahlungen in die maßgebliche Risikoklasse fallen. Da dann die zukünftigen Anschaffungsauszahlungen ungewiß sind, gilt dies auch für die maßgeblichen Abschreibungen und (Rest-) Buchwerte. Entsprechend sind - analog zum Fall k = r - bei der Prognose der Erwartungswerte der Gewinne GL^. (t=2,3,...,T) die Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen als Erwartungswerte zu ermitteln; die erwarteten kalkulatorischen Zinsen einer Periode ergeben sich durch Multiplikation des Erwartungswertes der Summe aller (Rest-) Buchwerte zu Beginn dieser Periode, E(VLt_i), mit dem Zinssatz k. Sind die Anschaffungsauszahlungen der geplanten zukünftigen Investitionsprojekte schon zum Zeitpunkt 0 sicher, so sind diese Auszahlungen mit dem risikolosen Zinssatz r zu diskontieren. Bei Diskontierung mit dem Zinssatz k würde sich im Fall k>r ein zu hoher und im Fall kr (k
478
Kapitel XIV
bei der Bewertung auf der Basis von Überschüssen kann dieser Bewertungsfehler vermieden werden, indem der erzielte Untemehmenswert um einen Korrekturposten verändert wird. Für eine (sichere) Anschaffungsauszahlung von At zum Zeitpunkt t (t > 0) lautet er: [(l + k)-^ -(l-\-r)-^]'A^ (Kapitel XII, Abschnitt 6.5). Für k > r ist er negativ; entsprechend ist der zuvor ermittelte Untemehmenswert zu reduzieren. Für k < r ist er zu erhöhen. Unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt sichere Anschaffungsauszahlungen anfallen, kann ein Bewertungsfehler auch nach folgendem Konzept vermieden werden: Die entsprechenden kalkulatorischen Zinsen werden mit dem risikolosen Zinssatz r berechnet und diese Zinsen und die Abschreibungen nicht in die Gewinne einbezogen, sondem gesondert mit r diskontiert; der Barwert der sicheren Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen stimmt dann mit dem Barwert der sicheren Anschaffungsauszahlungen überein. Dieses Konzept kann natürlich auch für die zum Zeitpunkt 0 bereits vorhandenen Projekte angewendet werden. Bei diesen Projekten stimmt der Barwert der Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen mit dem Buchwert VLQ überein, sofem sowohl für die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen als auch die Diskontierung dieser Zinsen sowie der Abschreibungen der Zinssatz r (oder ein beliebiger anderer Zinssatz wie zum Beispiel k) zugrunde gelegt wird. *4,1.2.2. Equity-Ansatz als Grundlage Beim Equity-Ansatz auf Basis von (geplanten oder äquivalenten fiktiven) Ausschüttungen wird MQ in der Weise ermittelt, daß die Erwartungswerte der zukünftigen Ausschüttungen mit einemrisikoangepaßtenEigenkapitalkostensatz k^ diskontiert werden. Werden auch die Residualgewinne G^ des Unternehmens mit diesem Zinssatz ermittelt, (XIV.24)
Gt = Vt + Üt - ( 1 + ke) • Vt_i
(t = 1,2,...,T),
gilt unabhängig von der Höhe der Reinvermögenswerte für die Zeitpunkte 1,2,...,T-1 (also zum Beispiel unabhängig von der Aktivierungs- und Abschreibungspolitik) der folgende Zusammenhang:
(XIV.25)
Mo = E ( l + ke)-^-E(Üt)=Z(l + ke)-'.E(Gt) + Vo. t=l t=l
Marktwert der Aktien des Unternehmens (gemäß dem Equity-Ansatz) Dabei ist zu beachten, daß im Gewinn (XIV.24) neben den kalkulatorischen Zinsen auf das Reinvermögen (den Buchwert des Eigenkapitals) explizit auch Fremdkapitalzinsen für die Periode t erfaßt werden; sie werden als Aufwand bzw. als pagatorische Kosten verrechnet und schmälern bei gegebenem Ü^ das Reinvermögen V^. Wie (XIV.25) zeigt, kann der Marktwert MQ nicht nur direkt auf der Basis der zukünftigen
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
479
Ausschüttungen, sondern auch als Barwert der Erwartungswerte zukünftiger Unternehmensgewinne bestimmt werden, wobei in beiden Fällen die Diskontierung mit dem risikoadäquaten Eigenkapitalkostensatz k^ vorgenommen wird. Zwar ist für jeden Kalkulationszinsfuß kg der Barwert der erwarteten Ausschüttungen mit dem Barwert der erwarteten Gewinne gemäß (XIV.24) zuzüglich VQ identisch, sofern mit diesem Zinssatz nicht nur diskontiert, sondern auch die kalkulatorischen Zinsen auf das Reinvermögen ermittelt werden. Jedoch erhält man gemäß (XIV.25) natürlich nur beim „richtigen" Zinssatz k^ auch den „richtigen" Marktwert. Es stellt sich allgemein das komplexe Problem, diesen Zinssatz zu ermitteln. Zum Vergleich des Equity- und des Entity-Ansatzes wird ohne Einschränkung der Allgemeinheit von folgenden Annahmen ausgegangen: 1. Im Unternehmen sind zu keinem Zeitpunkt riskante Wertpapiere oder nicht betriebsnotwendige Sachgüter vorhanden und es werden auch keine Mittel zum Zinssatz r angelegt; erzielte Überschüsse des Leistungsbereichs nach Abzug der Fremdkapitalzinsen werden entweder ausgeschüttet, zur Finanzierung neuer Projekte des Leistungsbereichs und/oder zur Reduktion des Fremdkapitals verwendet. 2. Das Reinvermögen des Unternehmens als Basis des Gewinns (XIV.24) des EquityAnsatzes und das (Gesamt-)Vermögen des Leistungsbereichs als Basis des Gewinns (XIV.21) des Entity-Ansatzes werden nach denselben Bewertungsregeln ermittelt. Das Reinvermögen V des Unternehmens unterscheidet sich dann vom Vermögen VL des Leistungsbereichs nur durch das Fremdkapital. Für den Zeitpunkt t gilt: (XIV.26)
Vt = VLt - FKt
und für den Zeitpunkt t - 1 : (XIV.27)
Vt_i = VLt_i - FKt_i.
Für die Ausschüttung Ü^ des Unternehmens gilt: (XIV.28)
Üt =ÜLt - r - F K t _ i +(FKt - F K t _ i )
(t=l,2,...T).
Diese Gleichung impliziert, daß Schulden (einschließlich Zinsschulden) mit Sicherheit getilgt werden; Insolvenz ist ausgeschlossen. Ist die rechte Seite von (XIV.28) negativ, so erfolgt eine entsprechende Kapitaleinlage durch die Anteilseigner. (Ü^ ist dann ebenfalls negativ.) Werden (XIV.26), (XIV.27) und (XIV.28) in die allgemeine Defmitionsgleichung (XIV.24) für den Residualgewinn G^ des Equity-Ansatzes eingesetzt, so ergibt sich nach Umformung: (XIV.29)
Gt = VLt +ÜLt -VLt_i -r-FKt_i -k^ .(VLt_i -FK^.i). V
^
/
Unter den getroffenen Annahmen unterscheidet sich der Gewinn (XIV.29) bzw. (XIV.24) vom Gewinn (XIV.21) für den Entity-Ansatz nur durch die verrechneten
480
Kapitel XIV
Kapitalkosten: Beim Entity-Ansatz werden sie mit dem durchschnittlichen gewogenen Kapitalkostensatz k auf das Gesamtvermögen VL^.j ermittelt, beim EquityAnsatz mit dem Eigenkapitalkostensatz k^ auf das Reinvermögen V^.j, wobei außerdem die Fremdkapitalzinsen als Aufwand (bzw. als pagatorische Kosten) direkt in die Gewinnermittlung eingehen. Ist nur unsystematisches Risiko relevant, gilt also kg = k = r , so sind bei beiden Ansätzen die verrechneten Kapitalkosten identisch, so daß Gt = GL^ (t = 1,2,...,T) gilt.(Vgl. hierzu auch das Beispiel in Abschnitt 3.5.) Gilt kg > k^^), so sind die verrechneten Kapitalkosten beim Equity-Ansatz niedriger als beim Entity-Ansatz. Beweis: Unter den getroffenen Annahmen gilt: VQ = VLQ - FKQ und ABQ = 0, Somit folgt aus (XIV.25) und (XIV.22): (XIV.30)
i ( l + ke)-t.E(Gt)=i;(l + k)-t.E(Glt), t=l t=l
d.h. der Barwert der Gewinne beim Equity-Ansatz stimmt mit dem beim EntityAnsatz überein. Für k^ > k müssen somit die Gewinne beim Equity-Ansatz tendenziell höher als beim Entity-Ansatz sein. Da sich die Gewinne nur in den verrechneten Kapitalkosten unterscheiden, müssen diese beim Equity-Ansatz niedriger sein. Bei gegebenen (Rest-) Buchwerten (bzw. Vermögenswerten VLt_|) und gegebenem Kapitalkostensatz k lassen sich beim Entity-AnsdiXz die zukünftigen Kapitalkosten in relativ einfacher Weise als deterministische Größen durch Multiplikation dieser Buchwerte mit k bestimmen. Werden die stochastischen Überschüsse des Leistungsbereichs derart in Ausschüttungen transformiert, daß zu jedem Zeitpunkt t (t=l,2,...,T-l) auch der Fremdkapitalbetrag FK^ deterministisch ist, gilt dies auch für das Reinvermögen zu Beginn jeder Periode, so daß sich auch im Equity-Ansatz die zukünftigen Kapitalkosten als deterministische Größen ermitteln lassen, indem die (deterministischen) Reinvermögenswerte mit k^ multipliziert werden. Nun ist aber zu beachten, daß die Ausschüttungspolitik Rückwirkungen auf den Eigenkapitalkostensatz kg hat. Will man die Bewertung auf der Basis deterministischer Kapitalkosten vornehmen, so stellt sich das Problem, den entsprechenden k^-Wert zugrunde zu legen. Ist bei der gewählten Ausschüttungs- und Verschuldungspolitik FK^ (t=l,2,...,T1) stochastisch, so gilt dies (selbst bei deterministischen Gesamtvermögenswerten VL^) auch für die Reinvermögenswerte Vt=VLt-FKt. Beim Equity-Ansatz sind dann die zukünftigen Kapitalkosten als Erwartungswerte zu ermitteln, indem die Erwartungswerte der Fremdkapitalbeträge mit r und die Erwartungswerte der Reinvermögenswerte mit kg gewichtet werden. Ist der Zinssatz k für den Entity-Ansatz periodeneinheitlich und wird er gemäß (Xni.3) nach der WACC-Formel ermittelt, so lassen sich bei gegebenen Vermögenswerten VLt_| (t=l,2,...,T) die Kapitalkosten für den Equity-Ansatz wie folgt als deterministische Größen ermitteln:
17) Dies ist dann der Fall, wenn das Untemehmen verschuldet ist und k > r gilt.
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
481
1. Zunächst wird diejenige zukünftige Verschuldungspolitik (in Verbindung mit dem entsprechenden erwarteten Ausschüttungsstrom) geplant, für die der in der WACC-Formel enthaltene Eigenkapitalkostensatz kg zugleich für den EquityAnsatz maßgeblich ist (Kapitel XIII, Abschnitt 4). Dies impliziert, daß die Ausschüttungen (wenn auch nur fiktiv zum Zweck der Bewertung) derart festgelegt werden, daß zu jedem Zeitpunkt t der Erwartungswert der Kapitalstruktur mit der Kapitalstruktur in (XIIL3) bzw. (XIII.4) für den Zeitpunkt 0 übereinstimmt. Wie in Kapitel XIII, Abschnitt 4, gezeigt wurde, kann dies so geschehen, daß die erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs derart in erwartete Ausschüttungen transformiert werden, daß für den Zeitpunkt t (t=l,2,...,T-l) ein (geplanter) deterministischer Fremdkapitalbetrag FKt resultiert, für den gilt: FKt MZULt
_
FKQ
MZULo T
mit MZÜLt = S ( l + k)"^^"^)
•E(ÜLT).
T=t+1
2. Sind nicht nur die Fremdkapitalbeträge, sondern auch die Vermögenswerte VL|._| deterministisch, gilt dies folglich auch für die Reinvermögenswerte. Für das Reinvermögen VLt_i - FKt_i werden die kalkulatorischen Eigenkapitalkosten kg -(VL^.i -FKt_i) der Periode t (t = 1,...,T) erfaßt und für das Fremdkapital FKt_i die Zinsen r • FK^.i. Die Ermittlung der zu verrechnenden Kapitalkosten bereitet beim Equity-Ansatz mit der maßgeblichen Verschuldungspolitik kaum größere Probleme als beim EntityAnsatz. Das aufwendige Problem ist allerdings die Planung dieser Verschuldungspolitik (in Verbindung mit der Planung der zugehörigen erwarteten Ausschüttungen). Dieses Problem stellt sich allerdings beim Equity-Ansatz unabhängig davon, ob erwartete Gewinne oder erwartete Ausschüttungen diskontiert werden. Wird von der maßgeblichen Verschuldungspolitik durch deterministische Änderungen der Fremdkapitalbeträge und entsprechend der Ausschüttungen abgewichen, so ändert sich der für den Equity-Ansatz maßgebliche risikoadäquate Eigenkapitalkostensatz. Da er dann nicht mehr aus der WACC-Formel (XIII.3) übernommen werden kann (der für den Equity-Ansatz maßgebliche Eigenkapitalkostensatz k^ stimmt eben nicht mehr mit dem für den Entity-Ansatz überein) stellt sich wieder das komplexe Problem seiner gesonderten Ermittlung. Mit dem neuen kg-Wert sind dann die kalkulatorischen Zinsen auf die neuen Reinvermögenswerte zu ermitteln. Zugleich ergeben sich auch neue Fremdkapitalzinsen. Die Diskontierung der erwarteten Gewinne mit dem neuen risikoadäquaten Eigenkapitalkostensatz führt dann zu demselben Marktwert MQ wie die Bewertung in der Ausgangssituation, l^) 18) Werden die kalkulatorischen Zinsen mit demselben Zinssatz kg wie in der Ausgangssituation ermittelt und wird damit auch diskontiert, so ist zwar der Barwert der erwarteten Gewinne zuzüglich VQ wieder gleich dem Barwert der erwarteten Ausschüttungen. Jedoch ergibt sich nicht mehr der richtige Wert für MQ.
482
Kapitel XIV
Bei stochastischer Verschuldungspolitik sind nicht nur die zukünftigen Fremdkapitalbeträge, sondern auch die Reinvermögenswerte stochastisch. Bei der Ermittlung der Gewinnerwartungswerte E(Gt) für den Equity-Ansatz ist dann der Erwartungswert der Kapitalkosten zu erfassen: Für die Periode t beträgt der Erwartungswert der zu verrechnenden Eigenkapitalkosten bei gegebenen Buchwerten VL^.j
k e - E ( V t _ i ) = k,
VLt_i-E(FKt-i)
und der Erwartungswert der Fremdkapitalzinsen r • E(FKt_i). Dagegen werden beim Entity-Ansatz auch bei stochastischer Verschuldungspolitik die Kapitalkosten mit dem einheitlichen Zinssatz k auf die Buchwerte VL^.j verrechnet, so daß bei deterministischen Vermögenswerten VL^.j auch die Kapitalkosten deterministisch sind; Fremdkapitalzinsen und Eigenkapitalkosten werden beim Entity-Ansatz nicht explizit erfaßt.^^) Ist allerdings der risikolose Zinssatz r bewertungsrelevant (gilt also k g = k = r ) , so ergeben sich beim Equity-Ansatz stets dieselben Kapitalkosten wie beim Entity-Ansatz. Es gilt dann nämlich:
ke
V L t _ i - E ( F K t _ l ) + r . E ( F K t _ i ) = k • VLt_i = r • V L t _ i
Für den Fall der Bewertung auf Basis risikoangepaßter Zinssätze ist die Erfassung der Kapitalkosten im Equity-Ansatz wesentlich komplexer. Unabhängig davon, ob die Bewertung auf der Basis von Überschüssen oder von Gewinnen erfolgt, sollte in diesem Fall der Entity-Ansatz gegenüber dem EquityAnsatz vorgezogen werden. *4.7.2.5. a.
Beispiel
Entity-Ansatz
Im folgenden sollen die beiden Ansätze mit Hilfe des Zahlenbeispiels in Kapitel XIII, Abschnitt 4.2.2, bei dem die Bewertung auf der Basis von Überschüssen erfolgte, erläutert und verglichen werden. Anstelle der erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs bzw. der erwarteten Ausschüttungen werden nun erwartete Gewinne des Leistungsbereichs bzw. des Unternehmens diskontiert. Das Beispiel gilt für den Zweipe-
19) Bei flexibler Planung werden zukünftige Investitionen zustandsabhängig durchgefiihrt, so daß die Buchwerte und Abschreibungen zukünftiger Perioden ungewiß sind. Entsprechend sind die Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen als Erwartungswerte zu bestimmen. Die kalkulatorischen Zinsen einer zukünftigen Periode ergeben sich dann beim Entity-Ansatz durch Multiplikation des Erwartungswertes der Summe aller (Rest-) Buchwerte mit dem Zinssatz k. Die Darstellungen zur Überführung des Entity-Ansatzes in den Equity-Ansatz gelten dann analog, wobei an die Stelle deterministischer (Rest-) Buchwerte (bzw. Vermögenswerte VL^_^) deren Erwartungswerte treten.
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
483
rioden-Fall, wobei angenommen wurde: E(ÜLi)=120, E(ÜL2)=144, FKo=100, r = 0 , l und k=0,2. Darüber hinaus wird nun davon ausgegangen, der Buchwert VLQ sei gleich 140 und er werde linear über beide Perioden abgeschrieben. Beim Entity-Ansatz werden im Beispiel die kalkulatorischen Zinsen (mit dem durchschnittlichen) Zinssatz k = 0,2 auf die (Rest-) Buchwerte VLQ und V L | ermittelt. Für VLQ = 140 und lineare Abschreibung ergeben sich somit die erwarteten Gewinne des Leistungsbereichs gemäß Tabelle XIV.3. Hierin sind auch die entsprechenden Werte für M Z Ü L Q und MQ = M Z Ü L Q - FKQ aufgeführt. Periode 1 (1) Erwarteter Überschuß des Leistungsbereichs am Ende der Periode (2) Abschreibung (3) (Rest-)Buchwert des Vermögens zu Beginn der Periode (4) kalkulatorische Zinsen
Periode 2
120
144
70
70
140
70
0,2-140 = 28
0,2-70 = 14
erwarteter Gewinn des Leistungsbereichs: 22 (l)-(2)-(4) Marktwert des Leistungsbereichs auf Basis der Gewinne:
60
1,2-^ • 22 +1,2-2 .60 +140 = 200 zum Vergleich: auf Basis der Überschüsse: 1,2"' • 120 +1,2--^ • 144 = 200 Marktwert der Aktien: 200 - FKo = 200 -100 = 100 Tabelle XIV.3: Zur gewinnorientierten Bewertung gemäß dem Entity-Ansatz
b. Equity-Ansatz Beim Equity-Ansatz werden die Fremdkapitalzinsen und die kalkulatorischen Eigenkapitalkosten getrennt erfaßt, wobei zu berücksichtigen ist, daß der Eigenkapitalkostensatz kg (im Gegensatz zu k) von der Verschuldungs- und (der entsprechenden) Ausschüttungspolitik abhängt. Wird diejenige Verschuldungspolitik zugrunde gelegt, bei der derselbe Eigenkapitalkostensatz k^ = 0,3 relevant ist wie für die Ermittlung von k=0,2 gemäß der WACC-Formel (XIII.3) für den Entity-Ansatz, - wie in Kapitel XIII, Abschnitt 4.2.2. gezeigt wurde, impliziert dies F K | = 60^^) - so ergeben sich die in Tabelle XrV.4 dargestellten Zusammenhänge; es ergibt sich derselbe Marktwert MQ wie beim Entity-Ansatz.
20) Für den Zeitpunkt 1 stimmt dann die erwartete Kapitalstruktur mit der Kapitalstmktur 60 100 zum Zeitpunkt 0 überein: = 0,5. 1,2"'-144
1,2"^-120+1,2"^-144
484
Kapitel XIV
Periode 1 (1) Erwarteter Überschuß des Leistungsbe120 reichs am Ende der Periode 70 (2) Abschreibung (Rest-)Buchwert des Vermögens zu (3) 140 Beginn der Periode (4) (Rest-)Verbindlichkeit zu Beginn der 100 Periode 140-100 = 40 (5) Reinvermögen zu Beginn der Periode 0,1-100 = 10 (6) Fremdkapitalzinsen 0,3-40 = 12 kalkulatorische Eigenkapitalzinsen (7) erwarteter Untemehmensgewinn: 28 (l)-(2)-(6)-(7) erwartete Ausschüttung am Ende der 120-1,1-100 + Periode 60 = 70 Marktwert der Aktien auf Basis der Gewinne: 1,3"^ • 28 +1,3"^ • 65 + (140 -100) = 100
Periode 2 144 70 70 60 70 - 60 = 10 0,1-60 = 6 0,3-10 = 3 65 144-1,1-60 = 78
zum Vergleich: auf Basis der Ausschüttungen: 1,3—1 • 70 +1,3—2 • 78 = 100 Tabelle XIV.4: Zur Bewertung gemäß dem Equity-Ansatz
Periode 1 (1) Erwarteter Überschuß des Leistungsbe120 reichs am Ende der Periode 60 (2) Abschreibung (3) (Rest-)Buchwert des Vermögens 140 zu Beginn der Periode (4) (Rest-)Verbindlichkeit zu Beginn 100 der Periode 140-100 = 40 (5) Reinvermögen zu Beginn der Periode 0,1-100=10 (6) Fremdkapitalzinsen 0,3-40 = 12 kalkulatorische Eigenkapitalzinsen (7) erwarteter Untemehmensgewinn: 38 (l)-(2)-(6)-(7) erwartete Ausschüttung am Ende der 70 Periode Marktwert der Aktien auf Basis der Gewinne: 1,3"^ - 38 +1,3~2 - 52 + (140 -100) = 100
Periode 2 144 80 80 60 80 - 60 = 20 0,1-60 = 6 0,3-20 = 6 52 78
zum Vergleich: auf Basis der Ausschüttungen: 1,3" - 70 +1,3~ - 78 = 100 Tabelle XIV.5: Zur Bewertung gemäß dem Equity-Ansatz (mit veränderter Abschreibungspolitik gegenüber Tabelle XIV.4)
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
485
Tabelle XIV.5 zeigt analoge Zusammenhänge für eine andere Abschreibungspolitik bei unveränderter Verschuldungs- und Ausschüttungspolitik (d.h. wiederum für kg = 0,3) und Tabelle IX.6 für eine andere Verschuldungs- und Ausschüttungspolitik und dem zugehörigen risikoadäquaten Zinssatz kg = 0,25 (Kapitel XIII, Abschnitt 4.2.2) bei unveränderter Abschreibungspolitik. Hierbei wird zum Zeitpunkt 1 kein Fremdkapital aufgenommen und die Ausschüttung um 60 auf 10 reduziert. Wird bei der in Tabelle XIV.6 maßgeblichen Verschuldungs- und Ausschüttungspolitik derselbe Eigenkapitalkostensatz kg = 0,3 zugrunde gelegt wie in der Ausgangssituation (Tabelle XIV.4), so ergibt sich auf Basis der erwarteten Gewinne der Marktwert: Mo =
5-1 1,3"' •(120-70-0,M00-0,3-40)
+ l,3"^-(144-70-0,3-70) + (140-100)«93 und auf Basis der erwarteten Ausschüttungen: Mo = 1,3-^-10+ 1,3-2.144«93. In beiden Fällen wird zwar derselbe Marktwert erzielt, jedoch ist er um 7 niedriger als der richtige (nämlich 100) gemäß Tabelle XIV.3 bzw. XIV.6.
(1) (2) (3) (4) (5) (6) (7)
Periode 1 Erwarteter Überschuß des Leistungsbe120 reichs am Ende der Periode 70 Abschreibung (Rest-)Buchwert des Vermögens zu 140 Beginn der Periode (Rest-)Verbindlichkeit zu Beginn 100 der Periode 140-100 = 40 Reinvermögen zu Beginn der Periode 0,1100= 10 Fremdkapitalzinsen kalkulatorische Eigenkapitalzinsen 0,25-40 = 10 erwarteter Untemehmensgewinn: 30 (l)-(2)-(6)-(7) 10 erwartete Ausschüttung am Ende der Periode Marktwert der Aktien auf Basis der Gewinne: 1,25-' • 30 +1,25-2 . 5g 5 + (140 _ loo) = 100
Periode 2 144 70 70
70 0,25-70 = 17,5 56,5 144
zum Vergleich: auf Basis der Ausschüttungen: 1,25-' • 10 +1,25"^ • 144 = 100 Tabelle XIV.6: Zur Bewertung gemäß dem Equity-Ansatz (mit veränderter Verschuldungsund Ausschüttungspolitik gegenüber Tabelle XIV.4)
486
Kapitel XIV
*4.1.3. Bewertung mit Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche Die Marktwertgleichung (XIV.20) gilt analog für den (modifizierten) SPA, wobei die zukünftigen zustandsabhängigen (Erwartungswerte der) Überschüsse bzw. der Gewinne des Leistungsbereichs mit den Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche zu gewichten sind. Für den SPA, in dem jedem Zustand ein deterministischer Überschuß oder Gewinn entspricht, gilt: T S(t)
(XIV.31)
T S(t)
M Z Ü L o ^ I I^(St,s)-ÜLt,s = Z Z 7c(St,s)-GLt,s+VLo . t=l s=l
t=l s=l
Hierbei sind allerdings die kalkulatorischen Zinsen nicht wie in der Bewertungsformel (XIV.20) mit einem risikoangepaßten Zinssatz zu ermitteln, sondern mit dem risikolosen Zinssatz r (FELTHAM/OHLSON, 1999; VELTHUIS, 2004b). Gemäß (XIV.31) ist der Marktwert MZÜLQ der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs gleich dem „Marktwert" der zukünftigen Gewinne zuzüglich des Vermögensansatzes VLQ für den Leistungsbereich. VLQ kann wieder als Korrekturposten interpretiert werden, der die Äquivalenz der Gewinnrechnung mit der Überschußrechnung herstellt. Wie im folgenden verdeutlicht wird, gilt der folgende Zusammenhang: Wird bei gegebenen zustandsabhängigen Überschüssen der Wertansatz für VLQ um A verändert, so ändert sich der Marktwert der Gewinne der Perioden 1, 2,...,T um -A; die Summe aus dem Marktwert der Gewinne und VLQ ergibt wiederum den Marktwert der Überschüsse. Werden bei unveränderlichem VLQ und gegebenen zustandsabhängigen Überschüssen die Wertansätze VL^ für zukünftige Perioden geändert, hat dies überhaupt keinen Einfluß auf den Marktwert der zukünftigen Gewinne zum Zeitpunkt 0. Wenn zum Beispiel VLQ und zugleich die Abschreibung zum Zeitpunkt 1 um A erhöht werden, so sinkt der Gewinnausweis für die Periode 1 in jedem möglichen Zustand Sj s uni die zusätzlichen Zinsen r-A und die zusätzliche Abschreibung A, also insgesamt um (1 +r) • A. Der Marktwert der zukünftigen Gewinne sinkt somit um: S(l)
(XIV.32)
S(l)
Z7i(Si,3).(l + r).A=:(l + r).A.Z7i(Si,s) = A. s=l s=l
Er sinkt also um denjenigen Betrag, um den VLQ erhöht wird; die Summe aus dem Marktwert der Gewinne und VLQ, also MZÜLQ, ändert sich also nicht. Wird die zusätzliche Abschreibung vom Zeitpunkt 1 auf den Zeitpunkt 2 verschoben, so steigt der Gewinn für die Periode 1 in jedem Zustand Sj g ^^ \ während er für die Periode 2 in jedem Zustand S2 s um (H-r)-A sinkt. Der Marktwert der Gewinne zum Zeitpunkt 0 ändert sich hierbei nicht, denn es gilt:
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung S(l)
(XIV.33)
487
S(2)
Z7i(S,,s)-A- E7r(S2,s)
s=l S(2)
= A-l7i(Si,3)-(l + r)-A-2:"(S2,s) = 0. s=l s=I =(l+r)-^
=(l+r)-2
Wie immer die Gewinnausweise innerhalb der Perioden 1,2,...,T durch Änderung zukünftiger Wertansätze für das Vermögen des Leistungsbereichs verlagert werden, der Marktwert der Gewinne bleibt konstant. Dies ist auch dann der Fall, wenn Änderungen zustandsabhängig vorgenommen werden. 4.1.4. Bewertung mit Sicherheitsäquivalenten Werden die zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs bzw. die Gewinne durch Sicherheitsäquivalente repräsentiert und diese mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert, ergibt sich analog zu (XIV.20) der folgende Zusammenhang T
(XIV.34)
^
T
MZÜLo = S (1 + r)"^- SÄ(ULt) = E (1 + r)"^- SÄ(GLt) + VLQ , t=l
t=l
sofern die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz r ermittelt werden (vgl. auch VELTHUIS, 2004a). Dieser Zusammenhang ist unmittelbar für den Fall ersichtlich, daß die Anschaffungsauszahlungen der Investitionsprojekte nicht aktiviert werden. Es gilt dann VLo=0 und für jeden Zeitpunkt t (t=l,2,...,T) stimmt der Gewinn mit dem Überschuß des Leistungsbereichs überein, so daß auch das Sicherheitsäquivalent für beide identisch ist; die Gleichung (XrV.34) ist erfüllt. Wird nun zum Zeitpunkt 0 der Betrag Ä aktiviert (VLo=A) und dieser Betrag zum Zeitpunkt 1 abgeschrieben, so sinkt der Gewinn GL\ und mithin auch das Sicherheitsäquivalent SÄ(GLi) um den Betrag (1+r)-A. Somit sinkt der Barwert der Sicherheitsäquivalente der Gewinne um A, so daß die Gleichung (XIV.34) erhalten bleibt. Das gleiche gilt für den Fall, daß zum Zeitpunkt 1 nur ein Teil des Buchwertes A abgeschrieben wird und der Rest zum Zeitpunkt 2, usw.. (XIV.34) gilt auch dann, wenn die zukünftigen Abschreibungen zustandsabhängig vorgenommen werden. Es ist hier zu beachten, daß der Übergang von deterministischen auf zustandsbedingte Abschreibungen zwar die Stochastik bezüglich der Gewinne einzelner Perioden verändert, nicht aber die des Barwertes aller zukünftigen Gewinne; er bleibt für jede mögliche Umweltentwicklung konstant. Bei Zugrundelegung von Sicherheitsäquivalenten lassen sich die in Abschnitt 4.L2.1 beschriebenen Probleme für den Fall sicherer zukünftiger Anschaffungsauszahlungen oder anderer sicherer Zahlungen umgehen. Die einzige Besonderheit für diese Zahlungen besteht darin, daß kein Risikoabschlag vorgenommen wird. Eine Differenzierung des Zinssatzes bei der Ermittlung
488
Kapitel XIV
der kalkulatorischen Zinsen erübrigt sich; es wird projekteinheitlich der Zinssatz r zugrunde gelegt, mit dem jeweils die Sicherheitsäquivalente der Gewinne diskontiert werden. 4.2.
Investitionsplanung
Der Marktwert der zukünftigen Gewinne GLi,GL2v?GL'p des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt 0 wird im folgenden mit MZGLQ bezeichnet. Es gilt dann allgemein: (XIV.35)
MZGLo = MZÜLo - VLQ .
Entsprechend kann der Marktwert der Aktien des Unternehmens unmittelbar vor der Ausschüttung ÜQ wie folgt dargestellt werden (es ist zu beachten, daß sich ABQ und FKQ auf den Zeitpunkt unmittelbar nach der Ausschüttung ÜQ und Realisation des Überschusses ÜLQ beziehen): (XIV.36)
Mo + Üo = MZÜLo + ABo - FKo + Üo = MZGLo + VLo + ABo - FKo + Üo. =MZÜLo
Ein Projekt ist vorteilhaft, wenn damit der Marktwert Mo+Üo steigt. Wird die Marktwertänderung mit A(Mo+Üo) bezeichnet, lautet also die Vorteilhaftigkeitsbedingung: (XIV.37)
A(Mo + Üo) = AMZGLo + AVLo + AABo - AFKo + AÜo >0.
Für den Fall, daß das Projekt zum Zeitpunkt 0 ins Programm aufgenommen wird, gilt: Da die Finanzierung seiner Anschaffungsauszahlung Aop in der Weise erfolgt, daß die Ausschüttung Üo und/oder die Kapitalanlage ABo reduziert und/oder der Fremdkapitalbetrag FKo erhöht werden, muß folgende Budgetgleichung gelten: (XIV.38)
Aop = AFKo - AÜo " ^ABo-
Da die Anschaffungsauszahlung Aop zum Zeitpunkt 0 aktiviert wird, gilt AVLo=Aop, so daß in Verbindung mit (XIV.38) aus (XIV.37) unabhängig von der Finanzierung die Vorteilhaftigkeitsbedingung (XIV.39)
A(Mo + Üo) = AMZGLo > 0
folgt: Das Projekt ist vorteilhaft, wenn der Marktwert seiner zukünftigen Gewinne bezogen auf den Zeitpunkt 0 positiv ist. Diese Vorteilhaftigkeitsbedingung gilt natürlich auch flir ein Projekt, das erst in Zukunft begonnen wird; es
Periodenerfolge als Basis der Untemehmensbewertung und Investitionsplanung
489
hat keinen Einfluß auf VLQ, ABQ, FKQ und ÜQ; die entsprechenden A-Werte sind gleich null. Der Marktwert der Projektgewinne kann im Prinzip ebenso ermittelt werden wie der der Projektüberschüsse. Der für die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen maßgebliche Zinssatz hängt wie bei der Untemehmensbewertung vom Bewertungskonzept ab. Bei Diskontierung der erwarteten Projektgewinne mit dem durchschnittlichen gewogenen Kapitalkostensatz k ist dieser Zinssatz heranzuziehen; bei jedem Projekt ist dann der Barwert der erwarteten Gewinne gleich dem Barwert der erwarteten Überschüsse abzüglich der Anschaffungsauszahlung, also gleich dem Kapitalwert. Erfolgt die Bewertung der Projektgewinne mit Hilfe von Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche oder durch Diskontierung ihrer Sicherheitsäquivalente mit dem risikolosen Zinssatz r, ist dieser für die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen maßgeblich. Es zeigt sich, daß jedes Konzept der Bewertung finanzieller Überschüsse in eine äquivalente Bewertung auf Grund von Gewinnen überführt werden kann. Sind die (zustandsabhängigen) Überschüsse bereits gegeben, so erübrigt sich natürlich deren Periodisierung, um eine solche Bewertung auf Grund von Gewinnen vornehmen zu können; einfacher ist dann die direkte Bewertung der Überschüsse. Möglicherweise lassen sich jedoch (Plan-) Gewinne für zukünftige Perioden etwa in Form einer „Fortschreibung" früherer Gewinne einfacher prognostizieren als Überschüsse. Dann hegt es nahe, bei der Bewertung unmittelbar die Gewinne zugrunde zu legen. Die Darstellungen im vorliegenden Kapitel haben auch Bedeutung für die Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall (Kapitel XVII und XVIII).
Ergänzende und vertiefende Literatur: BöCKiNG/NowAK(1999); EWERT (1999); EWERT/WAGENHOFER (2000; 2003, S. 519-590); GILLENKIRCH/SCHABEL (2001); FELTHAM/OHLSON (1999); HARTMANN/WENDELS (1991); FRANKE/HAX (2004, S. 73-138); LAUX (2005b); LÜCKE (1955); PEASNELL (1982); PENMAN (1997); SCHABEL (2004); VELTHUIS (2003; 2004a).
TEIL F:
XV.
1.
STEUERUNG VON ENTSCHEIDUNGEN DURCH ERFOLGSBETEILIGUNG
Grundlagen: Ziele und Probleme der Motivation, Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung und Kapitalmarkt Problemstellung
Im Rahmen der bisherigen Darstellungen wurde gezeigt, wie aus Sicht von Anteilseignem optimale Entscheidungen getroffen werden können und welche Determinanten für die zielkonforme Bewertung maßgeblich sind. Jedoch blieb weitgehend offen, wer die Entscheidungen trifft und welcher Anreiz dabei besteht, gemäß den diskutierten Kriterien die Projektauswahl zu treffen und die betreffenden Projekte „ordnungsgemäß" zu realisieren. Je größer die Zahl der Anteilseigner bzw. Gesellschafter eines Unternehmens ist, desto weniger ist damit zu rechnen, daß sie die Entscheidungen gemeinsam treffen. Sie delegieren die Entscheidungskompetenz an einen (oder mehrere) „Entscheidungsträger", der in ihrem Sinne handeln soll. (Risikoteilung impliziert Delegation.) Der Entscheidungsträger orientiert sich jedoch an dem Ziel, seinen eigenen (Erwartungs-) Nutzen zu maximieren. Orientiert er sich bei seinen Entscheidungen ausschließlich dinfinanziellenGrößen und ist er selbst als Anteilseigner am Unternehmen beteiligt, so wird er ohne weiteres die filr alle Anteilseigner optimalen Entscheidungen treffen, sofern bezüglich aller Anteilseigner Anreizkompatibilität besteht. Besteht nur bezüglich einer homogenen Teilmenge von Anteilseignem Anreizkompatibilität, so wird er die für sie optimalen Entscheidungen treffen, wenn er Mitglied dieser Gruppe ist. Besteht zwischen dem Entscheidungsträger und allen anderen Anteilseignem Anreizkompatibilität, so können jedoch trotzdem erhebliche Konflikte herrschen, weil der Entscheidungsträger nicht seinen finanziellen Nutzen maximiert, sondem sich bei seinen Entscheidungen auch an nichtfinanziellen Zielgrößen wie „Macht", „Einfluß", „Anerkennung" und „Arbeitsleid" orientiert und dabei nichtfinanzielle Nachteile fiir sich und die anderen Anteilseigner in Kauf nimmt. (Die Voraussetzung des vollkommenen Kapitalmarktes, daß alle Anteilseigner ihrenfinanziellenNutzen maximieren, ist dann verletzt.)
492
Kapitel XV
Möglicherweise ist er auch bestrebt, Gewinne durch „Consumption on the Job" in den privaten Bereich zu verlagem. Die Tendenz zu Fehlentscheidungen ist um so größer, je weniger der Entscheidungsträger selbst als Anteilseigner am Erfolg des Untemehmens beteiligt ist und je weniger die Qualität seiner Entscheidungen durch die Anteilseigner oder eine Kontrollinstanz explizit und frühzeitig überprüft werden kann (Abschnitt 6). Aus Sicht der anderen Anteilseigner kann es daher vorteilhaft sein, den Entscheidungsträger in Form von Belegschaftsaktien oder Prämien unmittelbar stärker am Untemehmenserfolg zu beteiligen, um ihn zu motivieren, die Erfolgssituation zu verbessem. hn vorhegenden Teil F wird untersucht, wie hierbei Anreizkompatibilität zwischen dem Entscheidungsträger und den anderen Anteilseignem gewährleistet werden kann. Im vorliegenden Kapitel werden die Grundlagen dargestellt, auf denen die nachfolgenden Kapitel aufbauen. In Abschnitt 2 werden mögliche Ursachen eines Zielkonflikts zwischen dem Entscheidungsträger und den anderen Anteilseignem mit Hilfe der allgemeinen Bedingungen der Anreizkompatibilität dargestellt und mögliche Konsequenzen eines Konflikts erläutert. Es zeigt sich, aufweiche Aspekte zu achten ist, um Anreizkompatibilität zu gewährleisten. In Abschnitt 3 werden Anreiz und Kontrolle als Instrumente der Entscheidungssteuerung betrachtet. Insbesondere werden die Grenzen der Entscheidungssteuerung durch Kontrollen und Sanktionen gezeigt und die Basiselemente eines Belohnungssystems diskutiert, nämlich die Art der gewährten Belohnungen, die Bemessungsgrundlagen und die Gestalt der Belohnungsfunktion. Die Arbeit konzentriert sich auf finanzielle Belohnungen in Form von Prämien. Im Vordergrund steht das Problem, welche Bemessungsgrundlagen gewählt werden und wie die Belohnungen davon abhängen sollen. Es geht dabei vor allem darum, wie Anreizkompatibilität zwischen dem Entscheidungsträger und den (anderen) Anteilseignem geschaffen werden kann. Die Auswahl eines Belohnungssystems aus der Menge anreizkompatibler Belohnungssysteme stellt ein komplexes Entscheidungsproblem dar, für dessen Lösung Kriterien bzw. Orientierungshilfen dargestellt werden. Erfolgsbeteiligung bedeutet stets auch Risikobeteiligung. Die Investitionsentscheidungen des Entscheidungsträgers hängen davon ab, wie er das mit den Investitionen verbundene Belohnungsrisiko bewertet. Dieses Risiko ist jedoch grundsätzlich kein Datum, sondem kann insbesondere auch durch Kapitalmarkttransaktionen im Untemehmen und im privaten Bereich gehedgt werden. Ob ein erfolgsorientiertes Belohnungssystem überhaupt Anreizwirkungen entfalten kann und gegebenenfalls welche, hängt davon ab, welchen Zugang der Entscheidungsträger zum Kapitalmarkt hat. Wenn er zum Beispiel in einem börsennotierten Untemehmen - im folgenden: einer Aktiengesellschaft - tätig ist und privat Zugang zum Kapitalmarkt hat, kann er sich selbst am Erfolg seiner Aktivitäten beteiligen, indem er Anteile „seiner" Gesellschaft in seinem privaten Wertpapierportefeuille hält. In Abschnitt 4 wird gezeigt, daß dann unter bestimmten Bedingungen eine un-
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
493
mittelbare lineare Beteiligung am Erfolg des Untemehmens für das Verhalten des Entscheidungsträgers im Untemehmen irrelevant ist: Wie hoch der Prämiensatz f (f
2.
Zielkonformität und Zielkonflilcte im Licht der Bedingungen der Anreizkompatibilität
Mögliche Ursachen flir Zielkonflikte zwischen dem Entscheidungsträger und den (anderen) Anteilseignem lassen sich in allgemeiner Weise mit Hilfe der Bedingungen strukturieren, unter denen strenge oder partielle Anreizkompatibilität besteht. Ist der Entscheidungsträger selbst als Anteilseigner am Unternehmen beteiligt und maximiert er, wie im vollkommenen Kapitalmarkt flir alle Anteilseigner unterstellt wird, seinen finanziellen Nutzen, so maximiert er zugleich auch den Nutzen aller anderen Anteilseigner, sofem Anreizkompatibihtät besteht. Unter den Voraussetzungen der BQ- und der NE-Variante des CAPM (allgemein: bei HARA-Nutzenfunktionen) besteht bei gegebenem Marktgleichgewicht Anreizkompatibilität im strengen Sinne. Sind diese Voraussetzungen nicht erfliUt, so besteht immerhin partielle Anreizkompatibilität zwischen dem Entscheidungsträger und allen anderen Anteilseignem, wenn bereits eine pareto-effiziente Risikoteilung zwischen dem Entscheidungsträger und allen anderen Anteilseignem vorliegt, der Entscheidungsträger ebenso wie alle anderen
494
Kapitel XV
Anteilseigner proportional an den Projekterfolgen beteiligt ist und der Entscheidungsträger einen derart geringen Anteil an „seinem" Unternehmen im Portefeuille hält, daß sich seine zustandsabhängigen Grenznutzenwerte ebenso wie die der anderen Anteilseigner bei Durchführung neuer Projekte nicht ändem.l) Wenn der Entscheidungsträger ausschließlich seinen finanziellen Nutzen maximiert, erübrigt sich unter diesen Bedingungen die Schaffung positiver Leistungsanreize. Orientiert sich der Entscheidungsträger auch an nichtfinanziellen Zielgrößen, so kann seine Motivation, Projekte durchzuführen (zu unterlassen), die vom Standpunkt der anderen Anteilseigner vorteilhaft (nachteilig) sind, gering sein. Möglicherweise unterläßt er Projekte, die in finanzieller Hinsicht vorteilhaft sind, weil sie ein zu hohes persönliches Arbeitsleid verursachen. Andererseits mag er Projekte, die infinanziellerHinsicht nachteilig sind, deshalb realisieren, weil sie ihm entsprechende nichtfinanzielle Vorteile bieten. Eine Gefahr von Fehlentscheidungen aus Sicht der anderen Anteilseigner besteht auch dann, wenn die Bedingungen der strengen oder partiellen Anreizkompatibilität erfüllt sind. Zwar erzielt dann auch der Entscheidungsträger einen finanziellen Nachteil, wenn er nicht im Sinne der anderen Anteilseigner entscheidet. Jedoch kann dieser Nachteil zu gering sein, um Fehlentscheidungen zu verhindern. Dies gilt vor allem dann, wenn der Entscheidungsträger nur einen geringen Anteil „seines" Unternehmens im Portefeuille hält und mithin eine Veränderung des Untemehmenserfolges ihn nur wenig berührt. Die Motivation des Entscheidungsträgers, gute Entscheidungen zu treffen, könnte verstärkt werden, indem er zusätzlich in Form einer Prämie linear am Untemehmenserfolg beteiligt wird und dabei Maßnahmen ergriffen werden, die verhindem, daß er sich des Anreizsystems wieder entledigt (Abschnitt 4). Der Entscheidungsträger wird dann stärker am Untemehmenserfolg beteiligt als bei pareto-effizienter Risikoteilung.^) Dies kann den Entscheidungsträger zwar stärker motivieren, Maßnahmen, die den Erfolg mit Sicherheit erhöhen (reduzieren), durchzuführen (zu unterlassen). Da jedoch keine pareto-effiziente Risikoteilung gegeben ist, kann eine lineare Belohnungsfunktion bzw. Teilungsregel nicht anreizkompatibel sein (Kapitel III). Es besteht die Tendenz, daß der Entscheidungsträger auf Grund seines relativ hohen Erfolgsanteils das Risiko aus Sicht der anderen Anteilseigner, die untereinander das Risiko pareto-effizient teilen, über Gebühr scheut. Er verzichtet auf riskante Investitionen, die vom Standpunkt der anderen vorteilhaft sind, bzw. er nimmt Investi1)
2)
Anreizkompatibilität besteht bei proportionaler Erfolgsteilung und unveränderlichen Grenznutzenwerten auch dann, wenn zwar das Risiko nicht pareto-effizient geteilt ist, jedoch (trotzdem) die Spanning-Bedingung erfüllt ist (Kapitel IX, Abschnitt 7). Im vollständigen Markt ist im Gleichgewicht das Risiko stets pareto-effizient geteilt und die Spanning-Bedingung erfüllt. Sein Anteil an den Projekterfolgen setzt sich nun zusammen aus dem Erfolgsanteil auf Grund der Aktien, die er von „seinem" Unternehmen im Portefeuille hält, und dem Erfolgsanteil im Rahmen der direkten Erfolgsbeteiligung.
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
495
tionen vor, die Risiko reduzieren (also für ihn eine Versicherungsfimktion haben), jedoch für die anderen Anteilseigner nachteilig sind (Kapitel XVI, XVII und XVIII). Die Tendenz, bei fehlender pareto-effizienter Risikoteilung das Risiko aus Sicht der (anderen) Anteilseigner übermäßig zu scheuen, besteht schon dann, wenn die Bedingung konstanter (zustandsabhängiger) Grenznutzenwerte bei Durchführung zusätzlicher Projekte auch für den Entscheidungsträger erfüllt ist. Jedoch läßt sich die Annahme unveränderlicher Grenznutzenwerte kaum rechtfertigen, wenn er in relativ starkem Maße am Untemehmenserfolg beteiligt ist. Die Tendenz, Risiken im Untemehmen zu meiden bzw. zu reduzieren wird dann noch verstärkt. Die Tendenz, Risiken zu meiden oder gezielt zu reduzieren, ist bei konkaver Belohnungsfunktion noch stärker ausgeprägt als bei linearer. Die Entlohnungsfunktion kann im Prinzip auch dann konkav verlaufen, wenn der Entscheidungsträger als Anteilseigner oder im Rahmen einer expliziten Erfolgsbeteiligung linear am Untemehmenserfolg beteiligt ist. Investitionsprojekte haben für ihn in der Regel nicht nur Auswirkungen auf Grund seiner Anteile am Untemehmen und einer expliziten Erfolgsbeteiligung. Es können für ihn auchfinanzielleAuswirkungen von Bedeutung sein, die für andere Anteilseigner nicht relevant sind. Zum Beispiel mag der Entscheidungsträger damit rechnen, daß die Wahrscheinlichkeit der NichtVerlängerung des Anstellungsvertrages oder einer vorzeitigen Entlassung um so höher ist, je weiter der ausgewiesene Erfolg oder der Marktwert der Aktien des Unternehmens in einer Periode unter einem bestimmten „Sollwert" liegt. Wenn der Entscheidungsträger die Entlassung bzw. Nichtverlängerung des Vertrages alsfinanziellenNachteil empfindet, so verläuft seine „Entlohnungsfunktion" im relevanten Bereich konkav. Eine Investitionsstrategie, bei der der gegenwärtige Marktwert der Aktien erheblich steigen würde, wird möglicherweise unterlassen, weil mit ihr der zukünftige Untemehmenserfolg oder Marktwert stark streut und folglich die Wahrscheinlichkeit hoch ist, daß die betreffende Größe niedriger ist als der maßgebliche Sollwert. Wie in den Kapiteln XVI und XVII gezeigt wird, kann Anreizkompatibilität im allgemeinen nur bei konvexen (zustandsabhängigen) Entlohnungsfunktionen bestehen, sofem der Entscheidungsträger risikoavers ist und keine paretoeffiziente Risikoteilung zwischen ihm und den anderen Anteilseignem besteht.
3. 3.1.
Erfolgsbeteiligung als Steuerungsinstrument: Allgemeine Charakteristik Ziele der Anreizgestaltung: Ein Überblick
Für die Anreizgestaltung sind folgende Ziele maßgeblich, zwischen denen enge Beziehungen bestehen: Entscheidungssteuerung, pareto-effiziente Risikoteilung und pareto-effiziente zeitHche Teilung (SCHABEL, 2004).
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Kapitel XV
Im Vordergrund der folgenden Darstellungen steht das Ziel der Steuerung der Entscheidungen des Entscheidungsträgers durch Gestaltung eines anreizkompatiblen erfolgsorientierten Belohnungssystems, Es wird untersucht, wie solche Belohnungssysteme ermittelt werden können, wie sie von ihren Determinanten abhängen und welche Gefahren für Fehlentscheidungen durch nicht anreizkompatible Belohnungssysteme induziert werden. Auch der Gesichtspunkt der pareto-effizienten Risikoteilung ist von großer theoretischer und praktischer Bedeutung. Erfolgsbeteiligung bedeutet zugleich auch Beteiligung des Entscheidungsträgers am Erfolgsrisiko. Da er risikoavers ist, fordert er hierfür eine Risikoprämie, die tendenziell um so größer ist, je mehr er am Risiko partizipiert. Ideal wäre es, ein Belohnungssystem zu etablieren, das zum einen das Erfolgsrisiko pareto-effizient auf den Entscheidungsträger und die (anderen) Anteilseigner aufteilt und zum anderen den Entscheidungsträger motiviert, im Sinne der Anteilseigner gute Entscheidungen zu treffen. Wie jedoch in Kapitel III gezeigt wurde, besteht grundsätzlich ein Konflikt zwischen pareto-effizienter und anreizkompatibler Risikoteilung. In der Praxis ist es üblich, Belohnungsrisiken dadurch zu begrenzen, daß direkte Zahlungen des Managements an das Unternehmen ausgeschlossen werden. Zum Beispiel werden Entscheidungsträger an positiven Gewinnen nicht jedoch an Verlusten beteiligt. Bei Aktienoptionsprogrammen erhalten sie eine Prämie, wenn der Aktienkurs höher ist als eine bestimmte kritische Untergrenze, jedoch werden sie nicht belastet, wenn der Kurs darunter liegt. Solche Risikotransformationen auf die Anteilseigner können zu erheblichen Fehlentscheidungen fähren. Insbesondere besteht die Gefahr, daß Investitionen mit hohen Risiken durchgeführt werden, die aus Sicht der Anteilseigner nachteilig sind; bei „guten Ergebnissen" werden die Entscheidungsträger beteiligt, andemfalls tragen die Anteilseigner die Konsequenzen allein (Kapitel XIX). Auch das Ziel der pareto-effizienten zeitlichen Teilung der Erfolge bzw. Überschüsse zwischen Entscheidungsträger und Anteilseignem kann für die Gestaltung von Belohnungssystemen von Bedeutung sein (LAUX, 1995; GILLENKIRCH/SCHABEL, 2001; VELTHUIS, 2004a; SCHABEL, 2004). Eine Belohnungsfunktion teilt die Erfolge bzw. Überschüsse zwischen dem Entscheidungsträger und den Anteilseignem in zeitlicher Hinsicht dann paretoeffizient, wenn durch sichere Umverteilungen der Belohnungen für verschiedene Zeitpunkte (bei Erfolgsbeteiligung zum Beispiel durch Änderung der Gewinnausweise) keine der Parteien einen Vorteil erzielen kann, ohne daß für mindestens eine Partei ein Nachteil entsteht. Das Problem einer pareto-effizienten bzw. „besseren" zeitlichen Teilung stellt sich dann, wenn der Entscheidungsträger und die Anteilseigner unterschiedliche Zeitpräferenzen für sichere Einkünfte haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn auf Grund einer Unvollkommenheit des Kapitalmarktes der Entscheidungsträger sichere Einkünfte mit einem höheren Kalkulationszinsfuß diskontiert als die Anteilseigner (Kapitel XVn, Abschnitt 5.2). Es ist dann sinnvoll, Belohnungen fiiih zu gewähren. Bei Erfolgsbeteiligung kann
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das zum Beispiel in der Weise geschehen, daß Anschaffungsauszahlungen weitgehend aktiviert und zukünftige Überschüsse frühzeitig im Erfolgsausweis antizipiert werden. Im Vergleich zu einer direkten Überschußbeteiligung werden dann zwar Belohnungen früh gewährt, jedoch besteht in besonderem Maße die Gefahr der Manipulation. Wenn zum Beispiel der Entscheidungsträger wie in der Praxis üblich nicht an Verlusten beteiligt wird, kann er sich bei gegebenem Investitionsprogramm dadurch bereichem, daß er Gewinnausweise zu Lasten späterer Verluste vorverlagert. Aber auch bezüglich der Investitionsentscheidungen kann die Bedingung der Anreizkompatibilität verletzt sein: Der Entscheidungsträger wählt ein Investitionsprogramm, das aus Sicht der Anteilseigner schon vor Berücksichtigung der Belohnungen nachteilig ist, weil er hier besondere Möglichkeiten sieht, sich durch Manipulation der Gewinnausweise zu bereichem (LAUX, 2005b). Maßnahmen einer „besseren" Risikoteilung oder „besseren" zeitlichen Teilung sollten stets unter Berücksichtigung möglicher Verhaltensimplikationen beurteilt werden. Verhaltensimplikationen von Belohnungssystemen finden bei den folgenden Darstellungen besondere Beachtung. 3.2.
Anreiz und Kontrolle
Die Gewährung finanzieller Belohnungen mag zwar den Kontrollbedarf reduzieren. Trotzdem wird die Kontrolle nicht überflüssig. Zumindest müssen die Ausprägungen jener Größen überprüft werden, von denen die Belohnungen abhängen (Kontrolle der Bemessungsgrundlagen). Für die Instanz kann es sinnvoll sein, im Rahmen zusätzlicher Kontrollmaßnahmen weitere Informationen zu beschaffen, um zusätzliche Steuerungsmaßnahmen ergreifen zu können. Sie gewährt zum Beispiel Belohnungen oder verhängt Sanktionen, die im Belohnungssystem nicht explizit vorgesehen sind. Der Zweck der Kontrolle kann allgemein darin gesehen werden, Informationen über Abläufe und/oder Ergebnisse von Entscheidungsprozessen und operativen Tätigkeiten zu beschaffen; auf Grund dieser Informationen wird über organisatorische Folgemaßnahmen entschieden: - Je nach Kontrollergebnis werden Belohnungen gewährt oder Sanktionen verhängt. - Wenn die Kontrollen erweisen, daß Fehlentscheidungen getroffen (bzw. Aufgaben schlecht erfliUt) worden sind, können Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, um potentielle Nachteile aus diesen Entscheidungen so weit wie (noch) möglich abzuwenden. Wurde mit der Durchführung der gewählten Altemative noch nicht begonnen, so kann die Instanz in der Weise eingreifen, daß sie im Anschluß an die Kontrolle die Altemativenwahl durch eine eigene Entscheidung revidiert oder das anstehende Entscheidungsproblem an einen anderen Entscheidungsträger delegiert. Ist die Altemative bereits teilweise durchgeführt worden, kann die Instanz Anpassungsmaßnahmen anordnen, um nachteiligen Folgen zu begegnen. Wenn
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Kapitel XV
die Instanz den Eindruck gewinnt, daß der Entscheidungsträger ein gegebenes Erfolgspotential nicht ausgeschöpft hat, kann sie ihn bei der Suche nach zusätzlichen vorteilhaften Maßnahmen unterstützen (lassen). - Selbst wenn nachteilige Konsequenzen aus getroffenen Fehlentscheidungen nicht mehr abwendbar sind, können Kontrollen vorteilhaft sein. Sie liefem Informationen hinsichtlich künftiger personalpolitischer Entscheidungen, Wenn zum Beispiel die Kontrolle erweist, daß ein Entscheidungsträger mit bestimmten Aufgaben überfordert wird, können ihm in Zukunft andere oder weniger umfangreiche Aufgaben übertragen werden. - Schheßlich können Kontrollen auch dann vorteilhaft sein, wenn die nachgeordneten Entscheidungsträger die vorgegebenen Verhaltensnormen mit Sicherheit gut befolgen: Die vorgegebenen Verhaltensnormen können ihrerseits problematisch sein. Eine Kontrolle ihrer Konsequenzen schafft die Informationsgrundlage, um die Normen zu revidieren. Zwischen „Belohnung" und „Kontrolle" existieren keine eindeutigen Grenzen; beide überschneiden sich. Die Anwendung eines Belohnungssystems erfordert die Kontrolle der Bemessungsgrundlagen. Darüber hinausgehende Kontrollmaßnahmen haben nur dann einen positiven Wert, wenn sie mit positiver Wahrscheinlichkeit zu Konsequenzen flihren, die nicht explizit Gegenstand des Belohnungsvertrages sind. Kontrollen können direkt zu positiven oder zu negativen Belohnungen (zu Sanktionen) flihren, die im Belohnungssystem nicht explizit vorgesehen sind. Wie erläutert wurde, können organisatorische Folgemaßnahmen auch darin bestehen, daß die Instanz Pläne revidiert bzw. sonstige Maßnahmen wie Ausbildung, Erweiterung des Entscheidungsspielraums oder stärkere Bindung an explizite Verhaltensnormen ergreift. Auch wenn hierbei der Aspekt der Motivation nicht im Vordergrund steht, können die betreffenden Maßnahmen aus Sicht des Entscheidungsträgers den Charakter von indirekten/705zY/ve« oder negativen Belohnungen haben. Jedoch sind Kontrollen in der Realität auf Grund von Kosten der Informationsbeschaffung und -Verarbeitung, die zu Informationsasymmetrien zwischen Entscheidungsträgem und Kontrollinstanzen flihren, relativ enge Grenzen gesetzt. Entscheidungsträger erhalten insbesondere im Verlauf ihrer Tätigkeit Informationen über Aktionsmöglichkeiten und deren Konsequenzen, die Kontrollinstanzen nicht zufließen. Informationsvorsprünge ermöglichen es flir die Anteilseigner nachteilige Investitionen durchzuflihren und vorteilhafte zu unterlassen. Kontrollmaßnahmen werden in dieser Arbeit nur am Rande behandelt. (Vgl. hierzu Abschnitt 6 und ausflihrhch LAUX, 2005b; LAUX/LIERMANN, 2005.) Es geht primär darum, wie positive Anreize gesetzt werden können, bei denen ein Entscheidungsträger im eigenen Interesse vom Standpunkt der Anteilseigner gute Entscheidungen trifft, so daß der Kontrollbedarf reduziert wird.
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
3.3.
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Basiselemente eines Belohnungssystems
Derjenige Teil eines Anreizsystems, der mit einem Entscheidungsträger explizit vereinbart wird und bei dem er einen vertraglichen Anspruch auf die betreffenden Vergütungen hat, wird im folgenden als Belohnungssystem bezeichnet. Da die Aushandlung und Anwendung eines umfassenden Belohnungssystems einen immensen Aufwand verursachen würde, sind Anreizsysteme in der Praxis nicht vollständig in Form explizit vereinbarter und gerichtlich durchsetzbarer Belohnungssysteme formuliert. Ein Belohnungssystem stellt grundsätzlich nur einen Teil eines umfassenderen Anreizsystems dar. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Analyse von Belohnungssystemen; es bleibt offen, wie sich potentielle Belohnungen außerhalb der diskutierten Belohnungssysteme auswirken. Im Vordergrund steht das Problem, welche Strukturen anreizkompatible Belohnungssysteme aufweisen. Ein Belohnungssystem ist dann anreizkompatibel, wenn der Entscheidungsträger den Erwartungsnutzen seiner Belohnung nur erhöhen kann, indem er Investitionsentscheidungen trifft, die aus Sicht der (anderen) Anteilseigner vorteilhaft sind. Außerdem wird untersucht, wie im Rahmen eines gegebenen anreizkompatiblen Belohnungssystems das Belohnungsrisiko und mithin die vom Entscheidungsträger geforderte Risikoprämie reduziert werden kann, und welche Gefahren fiir Fehlentscheidungen bestehen können, wenn die Bedingung der Anreizkompatibilität verletzt ist. Mit der Ermittlung eines Belohnungssystems flir einen Entscheidungsträger sind folgende Grundprobleme verbunden: Welche Arten von Belohnungen sollen gewährt werden? Welche Bemessungsgrundlagen sollen den Belohnungen zugrunde gelegt werden, d.h. von welchen ökonomischen Größen sollen die Belohnungen abhängen? Welche .JBelohnungsfunktion" soll vorgegeben bzw. vereinbart werden, d.h. welcher funktionale Zusammenhang soll zwischen den Belohnungen und den Ausprägungen der Bemessungsgrundlagen bestehen? Die Arten der vereinbarten Belohnungen, die Bemessungsgrundlagen und die Belohnungsfunktion bilden die Basiselemente eines Belohnungssystems. Bei der Gestaltung dieser Basiselemente ist zu antizipieren, daß der Entscheidungsträger seine Entscheidungen davon abhängig macht und entsprechende Ergebnisse erzielt. Schlagwortartig wird dieser Zusammenhang oft wie folgt formuliert: „What you get is what you reward!" Belohnungen können sowohl materieller als auch immaterieller Art sein. Oft wird das Argument vorgebracht, flir die Gestaltung eines Anreizsystems seien nichtfinanzielle Ziele viel gewichtiger als finanzielle, so daß finanzielle Belohnungssysteme eine relativ geringe Bedeutung hätten. Die Tatsache, daß sich Entscheidungsträger auch an nichtfmanziellen Zielen orientieren, spricht jedoch nicht gegen, sondern ^wr die Bedeutung finanzieller Belohnungssysteme. Eine Orientierung an Zielgrößen wie Ansehen, Macht und/oder Bequemlichkeit können zu erheblichen Fehlentscheidungen aus Sicht der (anderen)
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Anteilseigner führen. Finanzielle Belohnungssysteme können dazu motivieren, sich verstärkt an deren finanziellen Zielen zu orientieren. Sind nichtfinanzielle Zielgrößen für den Entscheidungsträger ohne Bedeutung, so stellt sich das Problem der Schaffung eines Anreizsystems gar nicht. Wenn hier der Entscheidungsträger ausschließlich ein Fixum erhält, ist er zwischen allen möglichen Livestitionsaltemativen indifferent. Er hat dann keinen Grund, nicht die finanziellen Interessen der Anteilseigner zu vertreten. Dies gilt natürlich erst recht dann, wenn der Entscheidungsträger als Anteilseigner am Untemehmen beteiligt ist und zwischen allen Anteilseignem Einmütigkeit besteht. Im übrigen schheßen finanzielle Belohnungssysteme die Motivation auf der Grundlage nichtfinanzieller Zielkomponenten nicht aus. Im Rahmen der folgenden Darstellungen werden jedoch mxr finanzielle Belohnungssysteme betrachtet. Die Belohnung einer Periode setzt sich aus einem Fixum und aus einem variablen Teil, der Prämie bzw. Tantieme, zusammen. Im Vordergrund der Analyse steht der variable Teil von Belohnungssystemen. Je schwieriger die Aktivitäten eines Entscheidungsträgers zu kontrollieren und zu bewerten sind, desto schwieriger ist es, Belohnungen unmittelbar an seine Aktivitäten zu binden und desto mehr gewinnen erzielte Ergebnisse als Bemessungsgrundlagen an Bedeutung. Der Entscheidungsträger sollte so an diesen Ergebnissen beteiligt werden, daß er im eigenen Interesse aus Sicht der (anderen) Anteilseigner gute Entscheidungen trifft. In dieser Arbeit werden nur ergebnisabhängige Belohnungs- bzw. Prämiensysteme analysiert; es wird davon ausgegangen, daß die Aktivitäten des Entscheidungsträgers nicht direkt kontrolliert und vor Gericht bewiesen (verifiziert) werden können, so daß es nicht sinnvoll ist, daran Anreize zu knüpfen. Ist der Entscheidungsträger für den „Erfolg" eines bestimmten Entscheidungsbereichs (zum Beispiel des gesamten Untemehmens oder einer einzelnen Abteilung) verantwortlich, so ist es naheliegend, diesen Erfolg als Bemessungsgrundlage zu wählen. Grundsätzlich sind die mit den Maßnahmen des Entscheidungsträgers verbundenen zukünftigen Erfolge von der Umweltentwicklung abhängig, die im voraus nicht bekannt ist. Es ist möglich, daß sich der Entscheidungsträger gründlich über Altemativen und deren Konsequenzen informiert und „gute" Entscheidungen trifft, dann aber auf Grund einer ungünstigen Umweltentwicklung nur geringe Erfolge oder sogar Verluste erzielt; die Belohnungen sind dann niedrig, vielleicht sogar negativ. Andererseits kann er trotz geringer Anstrengungen dank günstiger Umwelteinflüsse hohe Erfolge (Windfall Profits) und mithin hohe Belohnungen erzielen. Es mag naheliegen, den Umwelteinfluß zu „neutralisieren" und dem Entscheidungsträger nur jenen Teil der Ergebnisse zuzurechnen, der auf seine „Leistung" zurückzuführen ist. Eine eindeutige Zurechnung auf „Leistung" und „Umwelteinfluß" ist jedoch im allgemeinen gar nicht möglich. Man kann ex post nicht eindeutig trennen zwischen „Glück" und „Leistung" bzw. zwischen „Pech" und „Versagen". Selbst wenn die Zurechnung möglich sein sollte, wäre sie nicht ohne weiteres sinnvoll. Der Entscheidungsträger soll motiviert wer-
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den, erfolgversprechende Umweltentwicklungen frühzeitig zu entdecken und sich mit seinen Entscheidungen bzw. Maßnahmen daran anzupassen. Hierzu besteht jedoch kein Anreiz, wenn er nicht an den tatsächlich erzielten Erfolgen beteiligt wird, sondern Umwelteinfliisse „neutralisiert" werden. Bei einer Erfolgsbeteiligung stellt sich das grundlegende Problem, durch welche Indikatoren der Erfolg repräsentiert werden soll. In diesem und den nachfolgenden Kapiteln werden theoretisch und praktisch wichtige erfolgsorientierte Bemessungsgrundlagen diskutiert. Welche Bemessungsgrundlage für einen Entscheidungsträger geeignet ist, hängt von seinem Verantwortungsbereich ab. Für den Entscheidungsträger „Untemehmensleitung" bzw. ein einzelnes Mitglied der Untemehmensleitung sind Erfolgsindikatoren naheliegend, die sich auf das Untemehmen als Ganzes beziehen. Ist ein Entscheidungsträger nur flir einen Teilbereich des Unternehmens verantwortlich, ist es dagegen vorteilhaft, ihn an seinem Beitrag zum Gesamterfolg, d.h. seinem Bereichserfolg, zu beteiligen, sofem das „Bereichsrisiko" geringer ist als das „Untemehmensrisiko" als Ganzes; bei gegebener Belohnungsfunktion fordert er dann eine geringere Risikoprämie (LAUX, 2005b, Kapitel XVI). Definitionsgemäß bringt die Belohnungsfunktion zum Ausdruck, wie die Belohnungen von den Bemessungsgrundlagen abhängen. Bei gegebenen Bemessungsgrundlagen können die Entscheidungen des Entscheidungsträgers in starkem Maße von der Gestalt der Belohnungsfunktion abhängen. Die Diskussion von Belohnungsfunktionen stellt daher in dieser Arbeit neben der Diskussion von Bemessungsgrundlagen den zweiten Schwerpunkt bei der Analyse bzw. Konzipierung von Belohnungssystemen dar. Dabei wird insbesondere untersucht, welche Gestalt „anreizkompatible" Belohnungsfunktionen haben und welche Gefahren flir Fehlentscheidungen sich bei w/cÄ^anreizkompatiblen Belohnungsfunktionen ergeben können (Kapitel XVI bis XIX). Die Person, die das Belohnungssystem des Entscheidungsträgers festlegt bzw. mit ihm vereinbart, wird im folgenden als Instanz bezeichnet. Sie orientiere sich bei der Gestaltung des Belohnungssystems am Ziel der Anteilseigner, hier der Maximierung des Marktwertes der Aktien des Unternehmens, zum Beispiel, weil flir die Instanz ihrerseits ein entsprechendes Belohnungssystem maßgebhch ist. Wer die maßgebliche Instanz ist, hängt in der Regel davon ab, welchen Rang der betrachtete Entscheidungsträger in der Untemehmenshierarchie einnimmt. Ist die Zahl der Anteilseigner groß, so nehmen sie ihre Eigentumsrechte im Untemehmen nicht unmittelbar selbst wahr. Sie übertragen sie an ein Kontrollorgan (einen Aufsichtsrat), dessen Aufgabe insbesondere auch darin besteht, die Untemehmensleitung zu kontrollieren und ihr positive Anreize zu setzen. Im folgenden wird davon ausgegangen, daß dieses Kontrollorgan als Instanz das Belohnungssystem der Unternehmensleitung festlegt. Das Kontrollorgan kann auch aus Mitgliedem bestehen, die primär die Interessen der Arbeitnehmer vertreten. Man kann sich vorstellen, daß dann wesentliche Entscheidungen, die diese Interessen berühren, zum Beispiel die Kriterien der
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Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern oder die Schließung eines Werkes, vom Kontrollorgan gemeinsam mit der Unternehmensleitung beschlossen werden. Die Erfolgsbeteiligung und Erfolgskontrolle soll dann die Unternehmensleitung oder nachgeordnete Entscheidungsträger dazu motivieren, sich innerhalb des verbleibenden Handlungsspielraums am Ziel der Marktwertmaximierung zu orientieren. Das oberste Kontrollorgan könnte auch die Belohnungssysteme für Entscheidungsträger auf der zweiten Hierarchieebene festlegen. Jedoch dürften ihr im allgemeinen die Informationen fehlen, um hierfür „maßgeschneiderte" Belohnungssysteme zu ermitteln. Es liegt daher nahe, daß die Unternehmensleitung für die Gestaltung der Belohnungssysteme der zweiten Hierarchieebene verantwortlich ist. Wenn die Unternehmensleitung selbst im Rahmen einer Erfolgsbeteiligung motiviert wird, den Marktwert der Aktien des Unternehmens zu maximieren, besteht für sie auch ein Anreiz, entsprechende Belohnungssysteme für nachgeordnete Mitarbeiter zu etablieren. 3,4.
Grenzen der Ermittlung eines „optimalen" Belohnungssystems und Bedingung der Anreizkompatibilität
Entscheidungslogische Analysen von Problemen im Zusammenhang mit der Gestaltung finanzieller Anreizsysteme sind Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten. Der betreffende Theoriebereich wird als ökonomische Agency-Theorie bezeichnet.^) Gegenstand dieser Theorie ist der Konflikt zwischen Motivation und Risikoteilung und die Analyse optimaler Anreizsysteme für Entscheidungsträger. Für unterschiedliche Entscheidungssituationen - insbesondere für unterschiedliche Aktionsräume des Entscheidungsträgers und Informationsverteilungen zwischen ihm und der Instanz - wird untersucht, wie das aus Sicht der Instanz optimale Anreizsystem ermittelt werden kann und welche Eigenschaften es aufweist. Dabei wird von stark vereinfachenden Annahmen ausgegangen, um die Struktur des jeweiligen Problems in den Vordergrund zu rücken und eindeutige Aussagen zu ermöglichen. Häufig wird angenommen, der Entscheidungsträger könne nur über sein Aktivitätsniveau entscheiden, wobei eine Erhöhung des Arbeitseinsatzes dazu fährt, daß sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg in Richtung höherer Erfolge verlagert. Instanz und Entscheidungsträger haben homogene Erwartungen darüber, wie die Wahrscheinlichkeitsverteilung vom Arbeitseinsatz abhängt. In der Realität kann jedoch ein Entscheidungsträger nicht nur über seinen Arbeitseinsatz entscheiden, sondem auch über die Objektmaßnahmen, die er dabei realisiert; er kann insbesondere Investitionen mit unterschiedlichen Risiken durchfähren. Somit beeinflußt die Belohnungsfunktion die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg nicht nur über den Arbeits3)
Vgl. zum Beispiel die Überblicke bei FRANKE (1993b); GiLLENKiRCH (1997; 2004a); HARTMANN-WENDELS (1992); LAUX (1990a); NEUS (1989); VELTHUIS (1998).
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
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einsatz, sondern auch über die Projektwahl: Zum Beispiel mag ein hoher Prämiensatz bewirken, daß der Entscheidungsträger zwar einen hohen Arbeitseinsatz erbringt, dabei aber Investitionen mit geringem Risiko und zugleich geringer erwarteter Rendite realisiert.^) Aus Sicht der Instanz mag dagegen eine Strategie mit hoher Erfolgsvarianz und hoher erwarteter Rendite optimal sein. In der Realität kommt es primär auf zielkonforme Entscheidungssteuerung und weniger auf die Motivation zu einem hohen „Arbeitseinsatz" an. Auch die Annahme, daß die Instanz gleiche Wahrscheinlichkeitsvorstellungen über die Folgen der Aktionen wie der Entscheidungsträger hat, ist bei Delegation von Entscheidungen in der Realität kaum erfüllt. Ein wesentlicher Grund für eine Delegation von Entscheidungen besteht in der Regel gerade auch darin, daß der Entscheidungsträger über einen besseren Informationsstand verfügt bzw. sich aneignen kann als die Instanz und/oder besser qualifiziert ist, aus Informationen Rückschlüsse auf die maßgeblichen Zustände zu ziehen. Zwar mögen in der Ausgangssituation die Informationsstände beider Parteien identisch sein. Der Entscheidungsträger erhält jedoch im Verlaufseiner Tätigkeit zusätzliche Informationen über die Folgen von Altemativen, die der Instanz nicht zugehen. Dabei kann jedoch die Instanz nicht sicher sein, daß der Entscheidungsträger die Informationen in ihrem Interesse nutzt. Zudem sind auch die Aktionsmöglichkeiten grundsätzlich nicht schon bei der Vereinbarung einer Belohnungsfunktion vorgegeben. Die Aufgabe des Entscheidungsträgers wird gerade auch darin bestehen, zusätzliche Aktionsmöglichkeiten zu finden bzw. zu erfinden. Dabei ist die Annahme, daß im voraus die entdeckten Aktionsmöglichkeiten bekannt sind, nicht sinnvoll; sowohl der Entscheidungsträger als auch die Instanz haben hierüber unsichere Erwartungen, wobei die Erwartungen beider Parteien grundsätzlich divergieren werden. In einer solchen Situation kann die Instanz nicht eindeutig antizipieren, welche Aktivitäten der Entscheidungsträger wählen wird, sofern irgendeine Belohnungsfunktion vereinbart wird. Die Ermittlung einer optimalen Belohnungsfunktion ist nun wesentlich aufwendiger als in denjenigen Entscheidungssituationen, in denen der Entscheidungsträger nur seinen Arbeitseinsatz festlegen kann. Wenn die Ermittlung einer optimalen Belohnungsfunktion nicht möglich ist oder einen prohibitiv hohen Aufwand verursacht, kann immerhin eine Belohnungsfunktion angestrebt werden, die der Bedingung der
4)
In LAUX/SCHENK-MATHES (1992) wird gezeigt, wie diesem Sachverhalt im Prinzip Rechnung getragen werden kann. Dabei wird davon ausgegangen, der Entscheidungsträger könne nur zwischen zwei „Projekttypen" wählen. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg hängt zum einen vom gewählten Projekttyp und zum anderen vom Arbeitseinsatz bei dessen Realisation ab. Obwohl dieses „Zwei-Parameter-Modell" gegenüber der Realität immer noch extrem einfach ist, ergeben sich bereits hier erhebliche Probleme der Optimierung: Eine Erhöhung des Prämiensatzes f kann bewirken, daß der risikoaverse Entscheidungsträger zwar einen höheren Arbeitseinsatz wählt, dabei jedoch den aus Sicht der risikoneutralen Instanz nachteiligen Projekttyp wählt. Vgl. hierzu auch GlLLENKIRCH(1997).
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Anreizkompatibilität genügt,^) so daß sein finanzieller (Erwartungs-)Nutzen nur mit solchen Entscheidungen steigt, mit denen zugleich auch die (anderen) Anteilseigner einen Vorteil erzielen, also eine „Win-Win-Beziehung" zwischen den Parteien besteht. Wie erläutert wurde, besteht im allgemeinen ein Konflikt zwischen dem Ziel, durch Motivation des Entscheidungsträgers die Wahrscheinlichkeitsverteilung des Nettoerfolges aus Sicht der Instanz zu verbessern, und dem Ziel einer pareto-effizienten Risikoteilung. Es mag dann vorteilhaft erscheinen, eine Belohnungsfunktion zu wählen, die zwar nicht anreizkompatibel ist, jedoch zu einer relativ „guten" Risikoallokation führt: Zwar kann eine nicht anreizkompatible Belohnungsfunktion innerhalb gewisser Grenzen dazu fuhren, daß der Entscheidungsträger den Erwartungsnutzen seiner Belohnung erhöht, indem er aus Sicht der Instanz nachteilige Objektentscheidungen trifft; jedoch könnte dieser Nachteil durch den Vorteil einer „guten" Risikoallokation mit einer relativ geringen Risikoprämie für den Entscheidungsträger kompensiert werden. Welche Gefahren von Fehlentscheidungen sich bei einer nicht anreizkompatiblen Belohnungsfunktion ergeben können, läßt sich jedoch in reahstischeren Entscheidungssituationen nur schwer antizipieren; dies gilt vor allem dann, wenn die Aufgabe des Entscheidungsträgers gerade auch darin besteht, neue Aktionsmöglichkeiten zu entdecken. Vor allem, wenn die Belohnungsfunktion auf „Dauer" angelegt wird und nicht ständig an die Besonderheiten der eintretenden Entscheidungssituationen angepaßt werden kann, ist es extrem schwierig, die Frage zu beantworten, ob der mögliche Nachteil einer Verletzung der Bedingung der Anreizkompatibilität durch eine „Verbesserung" der Risikoteilung kompensiert wird. Die Problematik resultiert allgemein daraus, daß eine Belohnungsfunktion, die sich bei gegebenen Aktionsraum als „optimal" erweist, nicht „robust" bezüglich neuer Aktionen ist (VELTHUIS, 2004a, S.ll). Schon geringfügige Änderungen der Aktionsmöglichkeiten oder ihrer Konsequenzen können bei gegebener Belohnungsfunktion zu gravierenden Nachteilen führen. In der Realität ist es naheliegend, der Bedingung der Anreizkompatibilität ein großes Gewicht beizumessen, weil die Konsequenzen einer Verletzung dieser Bedingung kaum zu antizipieren sind. (Die skrupellosen Bereicherungen von Managem in den letzten Jahren wurden auch dadurch möglich, daß bei der Gestaltung ihrer Bonussysteme nicht auf Anreizkompatibilität geachtet wurde.) Eine anreizkompatible Belohnungsfunktion ist robust; sie kann ohne Kenntnis der Aktionsmöglichkeiten ermittelt werden. Eine Orientierung an der Bedingung der Anreizkompatibilität impliziert freilich nicht, daß dann keinerlei Möglichkeit besteht, dem Aspekt einer „guten" Risikoteilung Rechnung zu tragen. Wie im nächsten Kapitel gezeigt wird, existieren unendlich viele anreizkompatible Belohnungsfunktionen. Sie unterscheiden sich in der Höhe des Fixums sowie dadurch, daß die Belohnung un5)
Zur Begründung einer Orientierung an dieser Bedingung in komplexen Entscheidungssituationen und zur Analyse anreizkompatibler Teilungsregeln im „statischen" und im „dynamischen" Modell vgl. VELTHUIS (2004a).
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terschiedlich stark mit dem Erfolg variiert. Bei der Auswahl einer Belohnungsfunktion aus der Menge anreizkompatibler Belohnungsfunktionen wird die histanz die „Kosten" und „Erträge" altemativer Belohnungsfunktionen mehr oder weniger pauschal gegeneinander abwägen. Dem Konflikt zwischen dem Ziel der Motivation und dem der pareto-effizienten Risikoteilung kann dabei Rechnung getragen werden. hn tlbrigen besteht die Bedeutung der Agency-Theorie nicht darin, Optimierungstechniken zu liefern, mit denen in realen Entscheidungssituationen "optimale" Lösungen berechnet werden können. Die Modelle sollen vielmehr entscheidungsrelevante Aspekte aufzeigen und Orientierungshilfen für die vereinfachte Schätzung der möglichen Konsequenzen altemativer Belohnungssysteme geben, hn Interesse der Anschaulichkeit werden dabei gegenüber der Realität radikale Vereinfachungen vorgenommen. Wie man die erzielten Ergebnisse aus der Modellwelt in die Realität übertragen kann, bleibt dabei weitgehend offen. Eine delegierende Listanz muß die Folgen altemativer Belohnungsfunktionen eigenständig gegeneinander abwägen. Dies gilt gleichermaßen auch für die Auswahl einer anreizkompatiblen Belohnungsfunktion. Zu berücksichtigen ist auch der folgende entscheidungstheoretische Grundzusammenhang (Kapitel I, Abschnitt 8): Auch wenn man weiß, daß eine erwogene Altemative - hier ein Anreizsystem - sich im Licht zusätzlicher Liformationen möglicherweise als nachteihg bzw. als verbesserungswürdig erweist, kann es vorteilhaft sein, sie zu realisieren, weil der Wert dieser Informationen geringer ist als die Kosten,. Die praktische Bedeutung des Konzepts der Anreizkompatibilität spiegelt sich auch in neueren Entwicklungen zur „wertorientierten Untemehmensführung" wieder. „Insbesondere Beratungsuntemehmen vermarkten mit großem Erfolg sogenannte „Value Based Managemenf'-Ansätze, deren erklärtes Ziel es ist, Entscheidungen im Untemehmen in Richtung auf das Ziel der Steigerung des Shareholder Value zu unterstützen bzw. zu steuem. Dies beinhaltet insbesondere auch die Gestaltung von Anreizsystemen, um die Interessen von Managem und Eigentümem miteinander in Einklang zu bringen, letztlich also nichts anderes als Anreizkompatibilität. Der Nachweis von allgemeinen notwendigen Bedingungen für Anreizkompatibilität hat eine große Bedeutung sowohl für die praktische Konzeption von Anreizsystemen als auch für deren theoretische Beurteilung" (VELTHUIS, 2004a, S.6). Hierbei zeigt sich vor allem auch, daß die von den Beratungsuntemehmen propagierten Anreizsysteme gerade nicht anreizkompatibel sind (Kapitel XVI bis XIX). In der Praxis werden Belohnungssysteme häufig daran gemessen, ob sie als „fair" oder „angemessen" erscheinen (was immer das auch heißen mag). Anreizkompatibilität kann als Grundbedingung einer derartigen Erfolgsbeteiligung interpretiert werden. Ein Entscheidungsträger soll sich im Rahmen einer Belohnungsfunktion nicht zu Lasten der Anteilseigner bereichem können, sondem nur dann einen finanziellen Vorteil erzielen, wenn dies zugleich auch für die Anteilseigner gilt. Dieser Gesichtspunkt sollte auch für die Auswahl einer
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Belohnungsfunktion aus der Menge anreizkompatibler Belohnungsfunktionen maßgeblich sein; die Erhöhung des Erfolgsanteils ist vom Standpunkt der Anteilseigner dann sinnvoll, wenn damit Entscheidungen induziert werden, mit denen die Anteilseigner nach Abzug der (zusätzlichen) Belohnungen ebenfalls einen finanziellen Vorteil erzielen. Die Auswirkungen eines erfolgsorientierten Belohnungssystems auf die Entscheidungen des Entscheidungsträgers hängen nicht nur davon ab, welche funktionale Beziehung zwischen der Belohnung und dem Erfolg besteht, sondern vor allem auch davon, wie die Bemessungsgrundlage „Erfolg" ermittelt wird. Im Einperioden-Fall (Kapitel XVI), der im Vordergrund der AgencyTheorie steht, ist die Erfolgsmessung einfach. Im Mehrperioden-Fall (Kapitel XVII und XVIII) stellt sie jedoch ein komplexes Problem dar. Dieser Fall ist vor allem dann relevant, wenn es um die Steuerung von Investitionsentscheidungen geht. Es sei daran erinnert, daß die Bedingung der Anreizkompatibilität allgemein fordert, daß der Entscheidungsträger bei jeder beliebigen Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg nur dann einen finanziellen Vorteil erzielen darf, wenn diese Änderung auch im Urteil der Instanz (der Anteilseigner) vorteilhaft ist. Im Einzelfall mögen konkrete Informationen über die Aktionsmöglichkeiten des Entscheidungsträgers vorliegen, bei denen es sinnvoll sein kann, die Bedingung der Anreizkompatibilität aufzugeben und ein „maßgeschneidertes" (eventuell optimales) Anreizsystem für die konkrete Entscheidungssituation zu ermitteln. Ist der Aktionsraum des Entscheidungsträgers (die Menge der von ihm durchfuhrbaren Aktionen) eingeschränkt und die Einschränkung der Instanz bekannt, so kann es aus Gründen der Vereinfachung auch vorteilhaft sein, ein Belohnungssystem zu wählen, das nicht generell, sondem nur bezüglich des relevanten Aktionsraums anreizkompatibel ist. Ein derartiges Belohnungssystem wird als „beschränkt'' anreizkompatibel bezeichnet (VELTHUIS, 2004a). Ein Beispiel hierfür wird in Kapitel XVIII analysiert. Dort wird unterstellt, daß der Entscheidungsträger nur Investitionen einer gegebenen Risikoklasse durchfiihren kann und ein einfaches Prämiensystem ermittelt, bei dem er nur dann einen finanziellen Vorteil erzielt, wenn er solche Projekte aus der Risikoklasse realisiert, die für die Anteilseigner vorteilhaft sind.^) Kann er allerdings in unvorhergesehener Weise Projekte mit anderer Risikostruktur durchführen, so „versagt" das Prämiensystem; es ist eben nicht anreizkompatibel im strengen Sinn. In der Praxis werden Prämien im allgemeinen in Form von direkten Erfolgsbeteiligungen und/oder von Aktienoptionen (Stock Options) gewährt. Beide Konzepte werden in den nachfolgenden Kapiteln ausführlich analysiert. 6)
In LAUX, C. (2001) und LAUX, V. (2002) wird gezeigt, daß es bei gegebenem Aktionsraum aus Sicht der Instanz auch vorteilhaft sein kann, wenn der Entscheidungsträger Maßnahmen durchfuhrt, die für sich gesehen „unproduktiv" (für die Instanz nachteilig) sind, weil dann bezüglich der anderen Maßnahmen das Anreizsystem verbessert werden kann.
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Dabei wird ersichtlich, daß bei den üblichen Konkretisierungen in der Praxis gegen die Bedingung der Anreizkompatibilität verstoßen wird, wodurch erhebliche Gefahren von Fehlentscheidungen induziert werden. Häufig wird gefordert, daß für den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft ein anderes Anreizsystem gewählt werden soll als für den Vorstand, da sonst die Kontrollfunktion des Aufsichtsrats „leerlaufe" (vgl. zum Beispiel ZYPRIES, 2004). Diese Forderung ist unmittelbar für den Fall einsichtig, daß das Belohnungssystem für den Vorstand nicht anreizkompatibel ist; der Aufsichtsrat wird die hierdurch induzierten Fehlentscheidungen kaum verhindern, wenn für ihn dieselben Vergütungsanreize wirksam sind; es sollte dann wenigstens das Belohnungssystem für den Aufsichtsrat anreizkompatibel sein. Ist das Vergütungssystem für den Vorstand anreizkompatibel, so sollte für den Aufsichtsrat allenfalls dann ein anderes Vergütungssystem gewählt werden, wenn auch dieses anreizkompatibel ist, da sich andernfalls kontraproduktive Konflikte zwischen ihm und dem Vorstand ergeben würden. Es ist nicht im Interesse der Anteilseigner, wenn der Aufsichtsrat die Entscheidungen des Vorstands zwar „kontrolliert", sich dabei aber nicht an ihren Zielen orientiert. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß für die Gestaltung eines Vergütungssystems für den Aufsichtsrat (allgemein: eine Kontrollinstanz) dieselben Prinzipien maßgeblich sind wie für einen Entscheidungsträger. Für die Konkretisierung der Basiselemente eines Belohnungssystems haben neben dem Prinzip der Anreizkompatibilität und den Prinzipien der paretoeffizienten Risikoteilung und der pareto-effizienten zeitlichen Teilung (Abschnitt 3.1) auch folgende Prinzipien besondere Bedeutung. 3.5.
Weitere Gestaltungsprinzipien für Belohnungssysteme
3.5.1. Intersubjektive Überprüßarkeit Das Prinzip der intersubjektiven Überprüfbarkeit fordert, daß die Ausprägungen der Basiselemente des Belohnungssystems von Entscheidungsträger und Listanz und im Streitfall auch von Dritten, insbesondere von Gerichten, in intersubjektiv überprüfbarer Weise kontrolliert (d.h. verifiziert) werden können. Die Bedingung der intersubjektiven Überprüfbarkeit ist vor allem im Hinblick auf die Bemessungsgrundlagen von großer Bedeutung. Wenn diese Bedingung verletzt ist, entstehen tendenziell Kontroll- und Erhebungskosten, die höher sind als der „Ertrag" des Belohnungssystems. Es besteht die Gefahr, daß erhebliche Zeit für die Diskussion um die „wahre" Ausprägung der Bemessungsgrundlagen verschwendet wird. Die Bedingung der intersubjektiven Überprüfbarkeit ist verletzt, wenn keine der Parteien oder nur eine Partei die Ausprägungen der Bemessungsgrundlagen kontrollieren kann. Es ist zum Beispiel wenig sinnvoll, die Belohnung des Entscheidungsträgers an seinen „Arbeitseinsatz" zu binden, wenn ihn die Instanz nicht überprüfen kann. Auch wenn die Instanz die Aktivitäten des Entscheidungsträgers kontrollieren kann, ist die Bedingung der intersubjektiven Über-
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prüfbarkeit verletzt, sofern keine eindeutigen Kriterien vereinbart worden sind, mit denen der „Arbeitseinsatz" bewertet werden soll. Auch der Erwartungswert des Erfolges als generelle Bemessungsgrundlage ist problematisch: Da dieser Erwartungswert keine objektive Größe ist, die von der Instanz eindeutig kontrolliert werden kann, besteht die Gefahr der Manipulation durch den Entscheidungsträger. Bei gegebenem Aktionsprogramm hängt die Höhe der Bemessungsgrundlage davon ab, welche subjektiven Wahrscheinlichkeiten den relevanten Zuständen zugerechnet werden. Je höher die Wahrscheinlichkeiten sind, die jenen Zuständen beigemessen werden, bei denen die gewählte Alternative relativ hohe Erfolge bietet, desto höher ist die Bemessungsgrundlage und damit auch die geforderte Prämie. Es besteht nicht nur die Gefahr, daß der Entscheidungsträger bei gegebenem Aktionsprogramm einen überhöhten Erfolgserwartungswert ausweist und mithin eine zu hohe Prämie geltend macht. Möglicherweise wählt er ein aus Sicht der Instanz nachteiliges Aktionsprogramm, weil er gerade hier die Möglichkeit sieht, die Bemessungsgrundlage zu seinem Vorteil zu manipulieren. Wird der Entscheidungsträger am „erzielten" Erfolg beteiligt, so kann intersubjektive Überprüfbarkeit nur dann bestehen, wenn eine eindeutige Vereinbarung darüber getroffen wurde, nach welchen Prinzipien der Erfolg ermittelt werden soll. Die Formulierung intersubjektiv überprüfbarer Bemessungsgrundlagen kann jedoch insbesondere im Mehrperiodenfall einen sehr hohen Planungsaufwand verursachen. Mithin kann das Prinzip der intersubjektiven Überprüfbarkeit im Konflikt mit dem Prinzip der Effizienz stehen, das noch erläutert wird. Das Prinzip der intersubjektiven Überprüfbarkeit ist auch dann verletzt, wenn nicht eindeutig geklärt ist, welche Belohnungsarten gewährt werden sollen und wie die einzelnen Belohnungen von den Ausprägungen der Bemessungsgrundlagen abhängen. Wird zum Beispiel einem Entscheidungsträger eine Beförderung für den Fall zugesagt, daß sich die Erfolgssituation entsprechend „günstig" entwickelt, so liegt ein Verstoß gegen das Prinzip der intersubjektiven Überprüfbarkeit vor. Der Entscheidungsträger kann ex post nicht eindeutig beurteilen, ob die Voraussetzung für eine Beförderung erfüllt ist oder nicht. 3.5.2. Angemessenheit der Vergütung Für den erfolgreichen Einsatz von Anreizsystemen in der Praxis ist es auch wichtig, daß sie als „fair" oder als „angemessen" akzeptiert werden. Der Gesichtspunkt der Angemessenheit hat vor allem Bedeutung für den Vergleich von Belohnungssystemen für verschiedene Entscheidungsträger („gleiche Belohnung für gleiche Leistung"). Diesem Gesichtspunkt kann bei Erfolgsbeteiligung insbesondere durch die Vorgabe von Sollerfolgen, von denen an Prämien gewährt werden, und Vortrag negativer Abweichungen zwischen Ist-und SollWerten Rechnung getragen werden (LAUX, 2005b, Kapitel VIII, Abschnitt 4). Der Gesichtspunkt der „Angemessenheit" von Vergütungen hat insbesondere auch Bedeutung für die Akzeptanz eines Vergütungssystems für den Vor-
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stand oder Aufsichtsrat durch die Anteilseigner. Jedoch können entsprechende Gestaltungsformen im Widerspruch zur Bedingung der Anreizkompatibilität stehen (wie in nachfolgenden Kapiteln ausflihrlich gezeigt wird). Erhält zum Beispiel ein Entscheidungsträger eine Prämie erst dann, wenn die Bemessungsgrundlage einen hohen „angemessenen" Sollwert überschreitet, kann die Motivationswirkung gering sein, weil der Entscheidungsträger nur eine geringe Chance sieht, den Sollwert zu übertreffen. Es ist auch möglich, daß er sehr riskante, aus Sicht der Anteilseigner nachteilige Investitionen durchführt; wenn die Bemessungsgrundlage über dem Sollwert liegt, wird er belohnt, andernfalls ergeben sich fllr ihn keine direkten nachteiligen Konsequenzen. 3.5.3. Stabilität Das Kriterium der Stabilität fordert, daß ein einmal gewähltes Belohnungssystem nicht geändert wird. Wenn der Entscheidungsträger Änderungen des Anreizsystems antizipiert, können sich zwar erhebliche Gefahren für Fehlentscheidungen ergeben. Trotzdem sollte unter dem Gesichtspunkt der Anreizkompatibilität die Revision eines Belohnungssystems nicht in jedem Fall definitiv ausgeschlossen werden. Auf Grund der eintretenden Umweltentwicklungen kann sich erweisen, daß das geltende Belohnungssystem ungeeignet ist, zum Beispiel weil die maßgebliche Sollvorgabe (bei Aktienoptionen etwa der Basispreis) nicht mehr erreichbar ist und somit keine Anreizwirkung (mehr) besteht. Die Reduktion der Sollvorgabe ist dann unumgänglich. Li diesem Zusammenhang zu beachten: Wenn ein ex ante festgelegter Sollwert nicht erreicht wird, ist dies kein eindeutiges hidiz für schlechte Entscheidungen. Ursache kann auch eine ungünstige nicht beeinflußbare Umweltentwicklung sein. 3.5.4. Einfachheit Auch das Kriterium der Einfachheit ist für die Gestaltung eines Anreizsystems von großer Relevanz. Zum einen ist es von Bedeutung für dessen Effizienz (Abschnitt 3.5.5). Zum anderen kann Einfachheit die Akzeptanz eines Anreizsystems durch den Entscheidungsträger und die Instanz bzw. die Anteilseigner erhöhen, indem sie die Prognose der Verhaltensimplikationen und der Höhe der möglichen Prämien erleichtert. Allerdings kann diese Prognose grade auch die Gefahr von Fehlentscheidungen (eventuell in Verbindung mit möglichen hohen Prämien) und somit den Bedarf für ein komplexeres Anreizsystem verdeutlichen. Andererseits sind die von Untemehmensberatem empfohlenen bzw. in der Praxis verbreiteten Anreizsysteme oft deshalb überaus komplex, weil immer mehr unreflektierte Bedingungen - vor allem auch solche zur Berücksichtigung von Aspekten der „Angemessenheit" - einbezogen wurden. Die möglichen hnplikationen solcher Anreizsysteme sind wohl selbst von ihren Vermarkten! kaum zu durchschauen.
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3.5.5. Effizienz Geht man davon aus, daß das Belohnungssystem einem bestimmten Ziel dienen soll, so sind bei der Konkretisierung seiner Basiselemente die Vor- und Nachteile im Hinblick auf dieses Ziel gegeneinander abzuwägen. Besteht das Ziel darin, höhere ökonomische Erfolge bzw. Überschüsse oder eine „bessere" Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Erfolge zu erreichen, stellt sich das Problem, „ökonomische Erträge" und „Kosten" des Belohnungssystems gegeneinander abzuwägen. Erträge können dadurch erzielt werden, daß sich der Entscheidungsträger bei seinen Entscheidungen stärker an den finanziellen Zielen der Anteilseigner statt an abweichenden persönlichen Zielen orientiert. Kosten ergeben sich einerseits aus den Belohnungen selbst, andererseits aus der Ermittlung des Belohnungssystems, aus der Liformation des Entscheidungsträgers über die maßgeblichen Ausprägungen seiner Basiselemente und schließlich aus der konkreten Anwendung des Belohnungssystems. Bei der Ermittlung eines Belohnungssystems sind im Prinzip eine Vielzahl von Informationen einzuholen und im Rahmen eines Entscheidungskalküls zu verarbeiten. Je umfangreicher die Informationsaktivitäten und/oder das Entscheidungskalkül sind, desto höher sind jedoch die Kosten der Ermittlung des Belohnungssystems. Es besteht auch in dieser Hinsicht das Problem der Vereinfachung. Je größer die Zahl der Bemessungsgrundlagen und je komplexer die Belohnungsfunktion, desto höher sind auch die Kosten der Information des Entscheidungsträgers über die maßgeblichen Basiselemente des Belohnungssystems. Je komplexer das Belohnungssystem (je weniger durchschaubar und nachvollziehbar es) ist, desto mehr Zeit benötigt der Entscheidungsträger, es zu verstehen und zu erkennen, was er tun muß, um Belohnungen zu erzielen. Auch die Anwendung eines Belohnungssystems, d.h. die laufende Ermittlung und Überprüfung der Bemessungsgrundlagen sowie die Berechnung der entsprechenden Belohnungen, verursacht Kosten, die den Erträgen gegenübergestellt werden müssen. Das Prinzip der Effizienz gebietet es, ein Belohnungssystem nur dann umfassender und detaillierter zu gestalten, wenn die damit verbundenen zusätzlichen Erträge höher sind als die zusätzlichen Kosten. Jedoch sind Kosten und Erträge in der Regel nur schwer vorherzusehen. Der Effizienzgesichtspunkt ist auch dann von Bedeutung, wenn es darum geht, wie hoch diefinanziellenBelohnungen bei altemativen Ausprägungen der Bemessungsgrundlagen sein sollen. Ist die Belohnung jeweils gering, so ist zu vermuten, daß das Belohnungssystem die Entscheidungen des Entscheidungsträgers nur wenig beeinflußt. Je stärker ein Entscheidungsträger am Erfolg beteiligt wird, desto größer ist zwar tendenziell seine Motivation, die Erfolgssituation zu verbessern, desto höher ist aber die von ihm geforderte Risikoprämie und desto geringer ist der Anteil der Instanz am Erfolg. Eine Erhöhung des Erfolgsanteils des Entscheidungsträgers wird somit aus Sicht der Instanz ab einer bestimmten (allerdings schwer abschätzbaren) Grenze nachteilig sein.
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3.5.6. Die Ermittlung eines Belohnungssystems als Entscheidungsproblem bei Zielkonflikt Insbesondere bei Risikoaversion des Entscheidungsträgers gibt es grundsätzlich kein Belohnungssystem das im Licht aller Prinzipien am besten erscheint; die Ermittlung eines „guten" Belohnungssystems ist dann ein Entscheidungsproblem bei Zielkonflikt. Im Vordergrund der vorliegenden Arbeit steht das Ziel der Anreizkompatibilität. Bei der Beurteilung der diskutierten Belohnungssysteme werden jedoch immer wieder auch die anderen Prinzipien einbezogen. 3.6.
Mangementvergütung und Deutscher Corporate Governance Kodex
Für die Gestaltung von Vergütungssystemen in der Praxis kommt dem Deutschen Corporate Govemance Kodex besondere Bedeutung zu. Er enthält in der Fassung vom 21. Mai 2003, Abschnitt 4.2.3, für Vorstandsmitgheder folgende Sollvorschriften: ,,Die Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder soll fixe und variable Bestandteile umfassen. Die variablen Vergütungsteile sollten einmalige sowie jährlich wiederkehrende, an den geschäftlichen Erfolg gebundene Komponenten und auch Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung und Risikocharakter enthalten. Sämtliche Vergütungsbestandteile müssen für sich und insgesamt angemessen sein. Als variable Vergütungskomponenten mit langfristiger Anreizwirkung und Risikocharakter dienen insbesondere Aktien der Gesellschaft mit mehrjähriger Veräußerungssperre, Aktienoptionen oder vergleichbare Gestaltungen (z.B. Phantom Stocks). Aktienoptionen oder vergleichbare Gestaltungen sollen auf anspruchsvolle, relevante Vergleichsparamter bezogen sein. Eine nachträgliche Änderung der Erfolgsziele oder der Vergleichsparameter soll ausgeschlossen sein. Für außerordentliche, nicht vorhergesehene Entwicklungen soll der Aufsichtsrat eine Begrenzungsmöglichkeit (Cap) vereinbaren.'' Bei der Gestaltung von Belohnungssystemen gemäß diesen Sollvorschriften bzw. Empfehlungen ist allerdings große Vorsicht geboten. Aktienoptionen können zwar eine langfristige Anreizwirkung haben, jedoch kann der Anreiz gerade darin bestehen, aus Sicht der Anteilseigner Fehlentscheidungen zu treffen. Wie in Kapitel XIX gezeigt wird, sind Aktienoptionen nicht anreizkompatibel. Dies gilt auch dann, wenn sie auf vorher festgelegte Parameter (insbesondere Branchenindizes) bezogen werden, die „anspruchsvoll und vergleichbar" sind. Wenn man schon überzeugt ist, daß variable Vergütungen geboten sind, um Manager zu motivieren, dann sollte man auch die möglichen Anreizwirkungen der empfohlenen histrumente prüfen und dabei auch den Fall berücksichtigen, daß Entscheidungsträger opportunistisch die Schwächen eines Anreizsystems zum Nachteil der Anteilseigner ausnutzen.
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Auch der generelle Ausschluß einer „nachträglichen Änderung der Erfolgsziele oder der Vergleichsparameter" (wie zum Beispiel bei Aktienoptionen des Basispreises) ist problematisch. Offenbar soll der Kodex verhindern, daß dem Entscheidungsträger bei Versagen „unangemessene" Prämien ermöglicht werden, indem die Erfolgsziele oder die Vergleichsparameter nachträglich gesenkt werden. Wie erläutert wurde, kann dies jedoch deshalb geboten sein, um für die nachfolgenden Perioden zielführende Anreize zu schaffen, um einer bereits eingetretenen nicht beeinflußbaren ungünstigen Umweltentwicklung Rechnung zu tragen. Allerdings sollten nachträgliche Änderungen eher die Ausnahme sein, da sie möglicherweise vom Entscheidungsträger antizipiert werden und nachteilige Verhaltensänderungen induzieren. Auch die Begrenzung der Prämie für „außerordentliche, nicht vorhergesehene Entwicklungen" ist kaum zielführend. Ex post läßt sich im allgemeinen gar nicht verifizieren, ob eine Entwicklung „außerordentlich" ist bzw. „nicht vorhergesehen" war. Die Kontrollinstanz eines Entscheidungsträgers kann grundsätzlich gar nicht unterscheiden, ob der Entscheidungsträger „Glück" hatte oder Umweltentwicklungen frühzeitig antizipierte und hierfür „gute" langfristige Entscheidungen getroffen hat. Es kann auch ex ante demotivierend sein, wenn Caps nicht erreichbar sind. Abgesehen davon kann der Anreiz fehlen, den Kurs weiter zu verbessern, wenn von einer bestimmten Obergrenze an für eine weitere Kursverbesserung keine zusätzlichen Vergütungen erzielt werden. „Anspruchsvolle, relevante Vergleichsparameter" in Verbindung mit einem Cap sollen dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung Rechnung tragen. Jedoch sollte die Frage der „Angemessenheit" konsequent vor dem Hintergrund der Bedingung der Anreizkompatibilität diskutiert werden. Es hat keinen Sinn, eine Lösung des Problems der „Angemessenheit" ohne Rücksicht auf die Verhaltenswirkungen des Vergütungssystems anzustreben. Ein Vergütungssystem, bei dem eine Prämie nur unter besonderen Bedingungen erzielt wird, kann in dem Sinne wwangemessen sein, daß mögliche Prämien nur dann erzielt werden, wenn aus Sicht der Anteilseigner Fehlentscheidungen getroffen werden. Möglicherweise hat das Vergütungssystem überhaupt keine Anreizwirkung, weil die „anspruchsvollen Vergleichsparameter" nicht (mehr) erreicht werden können oder die „begrenzten" Prämien zu gering sind, um zu den betreffenden Maßnahmen zu motivieren. Wie in Kapitel XIX gezeigt wird, besteht die Grundproblematik von Aktienoptionen allgemein darin, daß die variable Vergütung gleich null ist, wenn der Kurs niedriger ist als ein „kritischer" Wert, wobei es unerheblich ist, wie weit er unter diesem Wert liegt. Unter dem Aspekt der Anreizkompatibilität ist es dagegen „angemessener", daß der maßgebliche Entscheidungsträger einen um so größeren Betrag an das Unternehmen zu zahlen hat, je mehr der Kurs unter einem solchen Wert liegt; dabei ist von Bedeutung, daß Anreizkompatibilität bei Risikoaversion des Entscheidungsträgers impliziert, daß die Zahlungsverpflichtungen jeweils relativ niedrig sind (Kapital XIX, Abschnitt 4). Für die Zahlungsverpflichtungen könnte im Sinne einer Risikobegrenzung für
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den Entscheidungsträger zudem ein „angemessener" Maximalbetrag festgelegt werden (was indessen im Widerspruch zur Bedingung der Anreizkompatibilität stehen kann). Natürlich kann die bei negativer Prämie zu leistende „Zahlung" auch in der Weise erfolgen, daß die „fixe" Vergütung direkt oder in späteren Perioden entsprechend gekürzt wird. In der Praxis scheint der Widerstand von Managem gegen Vergütungssysteme mit möglicherweise negativer Prämie groß zu sein; sie halten es für „angemessen" wenn sie mit einem Anreizsystem nur gewinnen können, während die Anteilseigner das Risiko von Vermögensverlusten zu tragen haben. Der Ausschluß von Zahlungsverpflichtungen in Verbindung mit Chancen auf „unangemessen" hohe variable Einkünfte hat dazu geführt, daß die verbreiteten Vergütungssysteme immer stärker in die Kritik geraten sind; Anteilseigner haben in den letzten Jahren hohe Vermögensverluste erzielt und Manager hohe Abfindungen und Aufsichtsratsposten erhalten. Die Regierungskommision Corporate Govemance Kodex ist nun offenbar bemüht, dieser Kritik Rechnung zu tragen: Wenn schon Zahlungsverpflichtungen ausgeschlossen werden, so sind eben Prämien nur unter besonderen Bedingungen und auch noch mit einer Obergrenze (Cap) zu gewähren, um den Eindruck von „Angemessenheit" zu wahren. Es sollte aber primär nicht um die ökonomisch verfehlte Fragestellung gehen, unter welchen Bedingungen einem Entscheidungsträger eine variable Vergütung „gebührt", sondern darum, vorteilhafte Anreize zu setzen. Dabei kann zugleich auch dem Gesichtspunkt der Angemessenheit Rechnung getragen werden. Bei möglichen Zahlungsverpflichtungen des Entscheidungsträgers kann es zum Beispiel durchaus „angemessen" sein, relativ hohe Chancen auf positive Prämien zu bieten, etwa indem geringere „Vergleichsparameter" gewählt werden (von denen an die Prämie positiv wird) und auf eine Obergrenze für die Prämie, die ohnehin im Widerspruch zur Bedingung der Anreizkompatibilität steht, verzichtet wird. 3.7.
Bedeutung des Kapitalmarktes
Für die Analyse von Problemen der Gestaltung von Belohnungs- bzw. Prämiensystemen ist die Kapitalmarkttheorie aus mehreren Gründen von Bedeutung: Sie liefert die Basis für die theoretische Fundierung der Zielfunktion (den Entscheidungskriterien), an der sich der Entscheidungsträger orientieren soll. Das Belohnungssystem soll dazu motivieren, im Sinne dieser Zielfunktion zu handeln. Wie in den folgenden Kapiteln gezeigt wird, induzieren dagegen in der Praxis weit verbreitete Formen der Erfolgsbeteiligung Zielkonflikte. Das gilt zum Beispiel auch für die EVA-Bonusfunktionen und für Aktienoptionen, die auch in Deutschland seit den 90er Jahren große Popularität gewonnen haben. Hat der Entscheidungsträger wie die (anderen) Anteilseigner privat Zugang zum Kapitalmarkt, so kann er das mit einer Erfolgsbeteiligung verbundene Belohnungsrisiko durch private Finanztransaktionen hedgen. Im folgenden wird gezeigt, daß sich der Entscheidungsträger unter bestimmten Bedingungen
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einer Erfolgsbeteiligung völlig entledigt, indem er sie über solche Transaktionen neutralisiert; sie ist dann unter Anreizgesichtspunkten irrelevant. Sind die betreffenden Bedingungen nicht erfüllt, so ist es äußerst schwierig zu antizipieren, welche privaten Kapitalmarkttransaktionen die Einfährung einer Erfolgsbeteiligung in unterschiedlichen Entscheidungssituationen auslösen wird. Wie in den Kapiteln XVI, XVII und XIX gezeigt wird, besteht allgemein die Tendenz, daß bei privaten Transaktionen die Bedingung der Anreizkompatibilität nicht erfüllt sein kann. Es stellt sich daher das Problem, den privaten Handel des Entscheidungsträgers mit riskanten Wertpapieren zu unterbinden. Dann sollte er aber die Möglichkeit haben, im Unternehmen via Kapitalmarkttransaktionen das Erfolgsrisiko und mithin das Belohnungsrisiko zu hedgen, da er andernfalls eine zu hohe Risikoprämie fordem würde. Wenn der Entscheidungsträger mit Kapitalmarkttransaktionen im Untemehmen den Erwartungsnutzen seiner Belohnung erhöht, so erzielen bei einem anreizkompatiblen Belohnungssystem zugleich auch die Anteilseigner einen Vorteil. Wie im Rahmen früherer Darstellungen immer wieder deutlich wurde, sind untemehmensinteme Kapitalmarkttransaktionen aus Sicht der Anteilseigner weder vorteilhaft noch nachteilig, sofern sie solche Transaktionen ebenso privat vornehmen können. Unter Anreizgesichtspunkten können dagegen untemehmensinteme Kapitalmarkttransaktionen grundlegende Bedeutung gewinnen. 3.8.
Grenzen der Ermittlung des „Wertes" und der „Kosten" eines Anreizsystems vor dem Hintergrund der Kapitalmarkttheorie
Bei Orientierung am Ziel individueller Marktwertmaximierung ist die Einfuhrung eines Prämiensystems aus Sicht der Anteilseigner vorteilhaft, wenn Entscheidungen induziert werden, mit denen der Marktwert der Überschüsse des Untemehmens vor Prämien um einen Betrag steigt, der höher ist als der Marktwert der Prämien. Wird der betreffende Betrag als Wert des Anreizsystems und der Marktwert der Prämien als Kosten des Anreizsystems bezeichnet, kann das folgende allgemeine Entscheidungskriterium formuliert werden: Zu wählen ist das Anreizsystem mit der maximalen Differenz aus Wert und Kosten; ist diese Differenz negativ, zum Beispiel weil das Verhalten des Entscheidungsträgers nicht beeinflußt werden kann, wird auf die Einfährung eines Anreizsystems verzichtet. Dieses Kriterium stimmt formal mit dem überein, das für die Entscheidung bei mehreren einander ausschließenden Sachinvestitionsprojekten maßgeblich ist. Man könnte daher den Eindruck gewinnen, daß ein optimales Anreizsystem in „einfacher" Weise durch Anwendung des investitionstheoretischen histrumentariums ermittelt werden kann. So vertreten zum Beispiel WENGER/ KNOLL/KASERER (1999, S. 37) die Meinung, daß die Kosten (der Marktwert)
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von Stock Options^) als Anreizinstrument im allgemeinen mit Hilfe konventioneller optionstheoretischer Verfahren leicht zu ermitteln seien. Analog könnte man argumentieren, daß der Wert eines Anreizsystems mit den Listrumenten der Untemehmensbewertung ebenfalls leicht ermittelt werden könne. Das Kernproblem der Beurteilung der Qualität eines Anreizsystems besteht jedoch nicht darin, resultierende Änderungen der Überschtxsse des Unternehmens zu bewerten, sondern diese Änderungen zu prognostizieren. Die Prognose dieser Änderungen kann sich als wesentlich komplexer erweisen als die Prognose der Überschüsse einer Sachinvestition. Da die Analyse der möglichen Auswirkungen alternativer Anreizformen äußerst komplexe Probleme verursacht, werden in den Modellen der ökonomischen Agency Theorie radikale Vereinfachungen vorgenommen. Eine direkte Übertragung der Modellimplikationen auf realistische Entscheidungssituationen ist daher nur in engen Grenzen möglich. Auch die Livestitionstheorie und speziell die Theorie der Untemehmensbewertung leisten nur einen begrenzten Beitrag zur Prognose zukünftiger Überschüsse. hn Vordergrund steht vielmehr die Problematik der Bewertung gegebener Wahrscheinlichkeitsverteilungen von Überschüssen, hn Vergleich zu den anspruchsvollen theoretischen Bewertungskonzepten sind Empfehlungen zur Schätzung zukünftiger Überschüsse recht allgemein und unverbindlich.^) Der Grund liegt in der besonderen Komplexität des Prognoseproblems. Die theoretische Fundierung einer Schätzung zukünftiger Überschüsse des Unternehmens bereitet schon dann erhebliche Probleme, wenn die Investitionsstrategie des Untemehmens in Form von Globalplänen gegeben ist (BALLWIESER, 1990; BRETZKE, 1975). Bei der Beurteilung eines Anreizsystems kommt erschwerend hinzu, daß nicht bekannt ist, welche Projekte der Entscheidungsträger in Zukunft entdecken und welche Auswahl er treffen wird. Je stärker die potentiellen Verhaltenswirkungen eines (neuen) Anreizsystems sind, desto weniger eignen sich die Resultate einer Vergangenheitsanalyse (einer Analyse früherer Überschüsse) als Liformationsbasis flir die Prognose zukünftiger Überschüsse. Es zeigen sich auch hier die Grenzen der Ermittlung eines „optimalen" Anreizsystems und die Bedeutung der Bedingung der Anreizkompatibilität als Orientierungshilfe fiir die praktische Anreizgestaltung.
7) 8)
Vgl. hierzu Kapitel XIX, Abschnitt 3. Vgl. stellvertretend COPELAND/KOLLER/MURRIN (1994, S. 201 ff.).
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4. 4.1.
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Mögliche Irrelevanz der Erfolgsbeteiligung Zur Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
4.1.1. Die Irrelevanzbedingungen Wenn sich der Entscheidungsträger an nichtfinanziellen Zielgrößen orientiert, kann - wie erläutert wurde - die Gefahr von Fehlentscheidungen groß sein, sofern er in geringem Maße an den Erfolgen des Unternehmens partizipiert. Aus Sicht der anderen Anteilseigner kann es daher vorteilhaft sein, ihn verstärkt am Untemehmenserfolg zu beteiligen. Dadurch wird aber der Entscheidungsträger nicht ohne weiteres motiviert, im Sinne dieser Anteilseigner zu handeln. Die Tendenz zu Fehlentscheidungen kann sogar verstärkt werden. Daher sollte bei der Einfährung eines Belohnungssystems nicht nur bedacht werden, ob damit das Verhalten des Entscheidungsträgers überhaupt beeinflußt werden kann, sondem auch, ob seine Entscheidungen in die „richtige Richtung" gelenkt werden. Wie erläutert wurde, ist fiir die Schaffung von Anreizkompatibilität nicht nur die inteme Untemehmenssituation von Bedeutung; auch die Risiken des Entscheidungsträgers im privaten Bereich haben einen Einfluß auf seine Entscheidungen im Untemehmen. Diese Risiken sind jedoch kein Datum. Der Entscheidungsträger kann vielmehr eine unmittelbare Erfolgsbeteiligung zum Anlaß nehmen, sie zu verändem. Rasche und vielfältige Anpassungsmöglichkeiten bietet insbesondere der Kapitalmarkt. Im folgenden soll die prinzipielle Bedeutung von privaten Kapitalmarkttransaktionen verdeutlicht werden. Es wird gezeigt, daß unter bestimmten Bedingungen eine lineare Erfolgsbeteiligung unter Anreizgesichtspunkten irrelevant ist, da sich der Entscheidungsträger des Belohnungssystems entledigt, indem er es neutralisiert; der Wert des Anreizsystems aus Sicht der Anteilseigner ist null, während die Kosten im allgemeinen positiv sind (LAUX, 1990b). Darauf aufbauend wird in den Kapiteln XVI, XVn und XVin untersucht, wie Anreizkompatibilität erzeugt werden kann. Die hinreichenden Bedingungen, unter denen eine lineare Erfolgsbeteiligung für das Leistungsverhalten des Entscheidungsträgers irrelevant ist, sind zum Teil mit den Bedingungen eines vollkommenen Kapitalmarktes identisch. Zur Erleichterung des Beweises der Lrelevanz sollen im folgenden alle Irrelevanzbedingungen explizit dargestellt werden: 1. Der Entscheidungsträger sowie alle anderen Anteilseigner handeln rational. Der Nutzen des Entscheidungsträgers hängt von seinen Einkünften und dem im Untemehmen realisierten Aktionsprogramm bzw. den damit verbundenen nichtfinanziellen Zielgrößen ab. Der Nutzen der anderen Anteilseigner ist nur von ihrenfinanziellenÜberschüssen abhängig. 2. Der Wert, den der Entscheidungsträger oder ein anderer Anteilseigner einem ungewissen zukünftigen Einkommen oder Vermögen zuordnet, ist unabhängig von der Höhe eines sicheren Geldvermögens, über das er zum Be-
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wertungszeitpunkt oder zu einem späteren Zeitpunkt verfugt. Es gibt also keinen „Reichtumseffekt" (Unabhängigkeitsbedingung 1). 3. Die Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers ist wie folgt separierbar: Das mit einem Aktionsprogramm im Unternehmen verbundene Arbeitsleid des Entscheidungsträgers ist unabhängig von seinem Einkommen (oder Vermögen). Sofern sich der Entscheidungsträger zusätzlich zum Arbeitsleid, auch an anderen nichtfinanziellen Zielgrößen wie zum Beispiel „Ansehen" und „Einfluß" orientiert, ist auch deren Bewertung von seinem Einkommen unabhängig (Unabhängigkeitsbedingung 2). Der Nutzenerwartungswert, den er ohne Berücksichtigung des entsprechenden Erfolgsanteils einer Handlungsaltemative (einem Aktionsprogramm) zuordnet, wird als deren Eigenwert bezeichnet. 4. Der Entscheidungsträger sowie alle anderen Anteilseigner können privat zum risikolosen Zinssatz r Geld anlegen und aufnehmen. Der Entscheidungsträger hat diese Möglichkeit auch im Unternehmen. Er kann außerdem privat uneingeschränkt Verkäufe bzw. Leerverkäufe von Aktien „seiner" Gesellschaft vomehmen. 5. Es gibt keine Transaktionskosten und keine Steuem. Alle Wertpapiere sind beliebig teilbar. 6. Es besteht vollkommene Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt; der einzelne Anbieter oder Nachjfrager hat einen vemachlässigbaren Einfluß auf die Aktienkurse. 7. Alle Akteure wissen, daß die Bedingungen 1 bis 6 erfüllt sind. Die Bedingung, daß der Entscheidungsträger in der Gesellschaft zum risikolosen Zinssatz r beliebig viel Geld leihen kann, impliziert folgendes: Wenn das für den Entscheidungsträger optimale Livestitionsprogramm einen Kapitalbetrag erfordert, der höher ist als das vorhandene Eigenkapital, so kann er die fehlenden Mittel problemlos zum Zinssatz r leihen. Die Schulden können im Urteil aller Akteure mit Sicherheit getilgt werden; Konkurs ist ausgeschlossen. Überschüssige finanzielle Mittel im Unternehmen legt der Entscheidungsträger zum Zinssatz r an. 4.1.2. Entscheidungsproblem des Entscheidungsträgers Es wird davon ausgegangen, der Planungszeitraum betrage eine Periode und der Entscheidungsträger werde zunächst nicht unmittelbar am Untemehmenserfolg beteihgt (f=0). (Zum Mehrperioden-Fall vgl. LAUX, 1991a.) Zu Beginn der betrachteten Periode, dem Zeitpunkt 0, erhält er eine fixe Vergütung (ein Fixum) von F>0. Zum Zeitpunkt 0 stehe im Untemehmen nach Zahlung des Fixums F ein Eigenkapitalbetrag von S zur Verfügung, den der Entscheidungsträger investieren soll. Der Fremdkapitaleinsatz ist nicht im voraus festgelegt; darüber entscheidet der Entscheidungsträger. Der Einzahlungsüberschuß des Untemehmens nach Tilgung der Schulden einschließlich der Zinsschulden am Ende der Planungsperiode (Zeitpunkt 1) wird im folgenden als Endvermögen Üj bezeichnet. Üj wird an die Anteilseig-
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ner ausgeschüttet und hängt von den Entscheidungen des Entscheidungsträgers sowie dem eintretenden Zustand ab, der zum Zeitpunkt 0 weder dem Entscheidungsträger noch den anderen Anteilseignem bekannt ist. Der Entscheidungsträger hat zu Beginn der Planungsperiode zwei Grundprobleme zu lösen: Zum einen hat er zu entscheiden, welches private Portefeuille risikobehafteter Anteile er an „seinem" Unternehmen und an anderen Gesellschaften bis zum Ende der Planungsperiode halten soll {Portefeuilleproblem), Zum anderen hat er zu entscheiden, welche Handlungsaltemative er im Leistungsbereich des Unternehmens realisieren soll {Strategieproblem). Beide Probleme stehen in enger Verbindung und können im allgemeinen nicht isoliert voneinander gelöst werden. Wenn der Entscheidungsträger nicht unmittelbar am Untemehmenserfolg beteiligt wird (f=0), wird er im Einperioden-Fall allenfalls dann mit Arbeitsleid und anderen nichtfinanziellen Nachteilen verbundene Aktivitäten durchführen, wenn es fär ihn optimal ist, privat Aktien des Unternehmens zu halten. Die Zahl dieser Aktien in seinem Portefeuille wird mit x bezeichnet, die Gesamtzahl der Aktien des Unternehmens mit X. Je größer x, desto größer ist flir den Entscheidungsträger tendenziell der Anreiz, die Wahrscheinlichkeitsverteilung über Üj aus seiner Sicht zu „verbessern". Die Aktienzahl x ist ihrerseits c.p. tendenziell um so größer, je höher (niedriger) der Entscheidungsträger das Erfolgspotential (das Erfolgsrisiko) des Untemehmens einschätzt, je besser er das aus den Aktien des Untemehmens resultierende Risiko privat hedgen kann bzw. je geringer seine Risikoaversion ist. Bei gegebenem x (x>0) hängt die Investitionsstrategie des Entscheidungsträgers im Untemehmen von mehreren Faktoren ab: Seinen Handlungsaltemativen im Untemehmen, den jeweiligen persönlichen nichtfinanziellen Vor- und Nachteilen, der jeweiligen Wahrscheinhchkeitsverteilung über das Endvermögen Üj, an dem er mit dem relativen Anteil x/X partizipiert, der jeweiligen stochastischen Abhängigkeit zwischen seinem absoluten Anteil (x/X)-Üi am Endvermögen Üi und den Einzahlungen aus anderen riskanten Wertpapieren in seinem Portefeuille und schließlich seiner Risikoeinstellung. 4.1.3. Charakteristik des Marktgleichgewichts Umfang und Stmktur des Wertpapierportefeuilles eines anderen Aktionärs hängen von seiner Risikoeinstellung und seinem Wahrscheinlichkeitsurteil über die Überschüsse der verschiedenen Gesellschaften ab (unter Berücksichtigung der stochastischen Abhängigkeiten zwischen diesen Überschüssen). Dieses Wahrscheinlichkeitsurteil hängt seinerseits davon ab, wie er die Erfolgspotentiale der verschiedenen Gesellschaften und die Einsatzbereitschaft der jeweiligen Entscheidungsträger einschätzt. Diese Einschätzung ist in der Regel mit Unsicherheit behaftet und gmndsätzlich von Aktionär zu Aktionär verschieden. Insbesondere wird ein Entscheidungsträger besser über seine eigenen Aktionsmöglichkeiten und deren Konsequenzen sowie seine Nutzenfunktion informiert sein als die anderen Aktionäre. Da die maßgeblichen Entscheidungs-
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determinanten (Risikoeinstellungen, Erwartungen über die zukünftigen Überschüsse) von Anteilseigner zu Anteilseigner verschieden sind, werden auch Umfang und Struktur der individuellen Wertpapierportefeuilles grundsätzlich verschieden sein. Jedoch gilt das Irrelevanztheorem auch bei identischen Portefeuillestrukturen (NEUS, 1989). Aus der Unabhängigkeitsbedingung 1 folgt: Wenn, aus welchen Gründen auch immer, das Geldvermögen des Entscheidungsträgers oder eines anderen Aktionärs zu Beginn der Periode um einen sicheren Betrag steigt, so ist dies für ihn kein Grund, den Umfang oder die Struktur seines gegebenen Wertpapierportefeuilles zu ändem; er legt den betreffenden Betrag zum Zinssatz r an, was auch heißen kann, daß er entsprechend weniger Kredit aufnimmt oder Kredite tilgt. Das gleiche gilt für den Fall, daß das Geldvermögen um einen sicheren Betrag sinkt: Die individuellen Nachfragekurven fiir Aktien sind unabhängig vom Geldvermögen zu Beginn der Periode. Bei den folgenden Darstellungen wird davon ausgegangen, daß für den Fall f=0 ein Marktgleichgewicht existiert, in dem der Entscheidungsträger - wie erläutert - x Aktien seiner Gesellschaft hält. Die konkrete Gestalt dieses Gleichgewichts bleibt offen, da sie für den Beweis des Lrelevanztheorems keine Bedeutung hat. Ohne Bedeutung ist auch das Untemehmensziel, das der Entscheidungsträger verfolgen soll; wenn sich ein Anreizsystem als irrelevant erweist, erübrigt sich die Beantwortung der Frage, welche Untemehmensziele damit besser erreicht werden können. 4.1.4. Irrelevanz einer Übertragung von Aktien (Belegschaftsaktien) Der absolute Anteil von (x/X)-Üi ^ ^ Endvermögen Üj des Unternehmens, den der Entscheidungsträger mit seinen x Aktien erzielt, bewirkt ein bestimmtes Aktionsprogramm, das den übrigen Anteilseignem grundsätzlich nicht bekannt ist. Es werde nun erwogen, den Entscheidungsträger zu „besseren" Maßnahmen im Leistungsbereich anzuspomen, indem ihm weitere y Aktien des Untemehmens unentgeltHch übereignet werden, die andere Anteilseigner zur Verfügung stellen. Mit diesem Eingriff in den Markt könnte für einige oder alle Anteilseigner ein Vorteil entstehen, weil der „besseren" Strategie eine „günstigere" Wahrscheinlichkeitsverteilung über das Endvermögen Üi entspricht. Beim Aktienbestand x+y bezieht der Entscheidungsträger am Periodenende die folgende ungewisse Einzahlung EZ aus dem Untemehmen: (XV.l)
EZ = (x + y ) ~ . Ü i .
Wenn der Entscheidungsträger seinen Aktienbestand nicht reduzieren darf bzw. kann, so mag er in der Tat zum Beispiel ein höheres Aktivitätsniveau realisieren, da er nun stärker am Untemehmenserfolg partizipiert. Kann er aber, ebenso wie die anderen Aktionäre, frei über seinen privaten Aktienbestand disponieren, so wird die Anreizwirkung ausbleiben: Wie im folgenden gezeigt wird, hat der Entscheidungsträger keinen Anlaß, mehr Anteile am Untemeh-
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Kapitel XV
men im Portefeuille zu halten als in der Ausgangssituation; er wird die ihm übereigneten Aktien wieder verkaufen und zwar an jene Aktionäre, aus deren Portefeuilles sie genommen wurden.^) Die Gleichgewichtskurse der Aktien ändern sich gegenüber der Ausgangssituation nicht. Zur Verdeutlichung dieses Effekts wird von der folgenden Fiktion ausgegangen: Unmittelbar nachdem der Entscheidungsträger die y Aktien erhalten hat, wird in der Weise in den Markt eingegriffen, daß alle Anteilseigner, auch der Entscheidungsträger, ihre Anteile an der betrachteten Gesellschaft zu irgendeinem Preis an einen Auktionator verkaufen müssen, von dem Aktien anschließend wieder zurückgekauft werden können. Der Auktionator hat die Aktien der Gesellschaft zu demjenigen Kurs wieder zu verkaufen, bei dem die Summe der individuellen Nachfragemengen mit dem Gesamtbestand X übereinstimmt; der Auktionator darf also zum Beispiel keine Aktien behalten. Nach Einzug der Aktien durch den Auktionator und vor Rückkauf der Aktien verfiigt jeder Anteilseigner, auch der Entscheidungsträger über ein bestimmtes Geldvermögen. Das Geldvermögen eines Anteilseigners hängt davon ab, welchen Betrag ihm der Auktionator für seine Aktien erstattet hat. Wie im folgenden gezeigt wird, ist unabhängig von der Umverteilung des Geldvermögens zwischen Auktionator und den Aktionären fär jeden Aktionär die individuelle Nachfrage nach Aktien identisch mit jener in der Ausgangssituation, d.h. vor der Übereignung der y Aktien an den Entscheidungsträger als Anreizinstrument: 1. Der Entscheidungsträger und alle anderen Anteilseigner handeln rational: Die Übertragung der y Aktien an den Entscheidungsträger und die Transaktion des Auktionators (kurz: der betrachtete Umverteilungsprozeß) sind kein Anlaß, die maßgeblichen Größen nach anderen Prinzipien zu bewerten als in der Ausgangssituation. 2. Unabhängigkeitsbedingung 1: Der betrachtete Umverteilungsprozeß gibt keinem Anteilseigner (auch nicht dem Entscheidungsträger) Anlaß, zukünftige riskante Überschüsse anders zu bewerten als in der Ausgangssituation. Zwar mag der Umverteilungsprozeß die Verteilung des Geldvermögens beeinflussen; diese hat aber keinen Einfluß auf den WertriskanterÜberschüsse. 3. Unabhängigkeitsbedingung 2: Der beschriebene Umverteilungsprozeß beeinflußt auch nicht die Eigenwerte, die der Entscheidungsträger den Handlungsmöglichkeiten im Unternehmen zuordnet; sie sind unabhängig von seinem Reichtum. Es ist somit ausgeschlossen, daß der Entscheidungsträger aufgrund veränderter Eigenwerte eine andere Alternative oder ein höheres Aktivitätsniveau wählt als zuvor. 4. Es existiert ein Kapitalmarkt, auf dem zum risikolosen Zinssatz r unbegrenzt Kapital aufgenommen und angelegt werden kann: Wie auch immer das Geldvermögen unmittelbar nach dem betrachteten Umverteilungsprozeß verteilt sein mag, jeder Aktionär kann ebenso wie in der Ausgangssituation 9)
Erhält der Entscheidungsträger die y Aktien, bevor er privat die x Aktien des Unternehmens erwirbt, so wird er nur noch x—y Aktien erwerben, so daß er wiederum mit x Aktien daran beteiligt ist.
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
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unbegrenzt Kapital für den Erwerb von Aktien bereitstellen, wobei die Zinskosten je Geldeinheit wieder r betragen. 5. Es gibt keine Transaktionskosten und Steuern, die bewirken könnten, daß die Nachfragekurven vor und nach der Transaktion des Auktionators voneinander abweichen. 6. Es besteht vollkommene Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt: Da die individuellen Nachfragekurven identisch mit denen in der Ausgangssituation sind und ein Kapitalmarkt mit dem Einheitszinssatz r existiert, werden sich letztlich dieselben Kurse und dieselben individuellen Aktienportefeuilles wie in der Ausgangssituation ergeben. Der Entscheidungsträger erwirbt wieder x Aktien seiner Gesellschaft; die ihm übertragenen y Aktien werden von den Anteilseignem zurückgekauft, aus deren Portefeuilles sie stammen. Es mag zwar sein, daß Anteilseigner durchschauen, daß sie mit ihrem Rückkauf eine möglicherweise vorteilhafte Anreizwirkung zerstören. Bei vollkommener Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt verhält sich jedoch jeder Anteilseigner so, als ob er keinen persönlichen Einfluß auf den Aktienkurs habe; niemand hält sich daher beim Kauf von Aktien zurück, um zu bewirken, daß auf Grund eines niedrigeren Kurses der Entscheidungsträger einen höheren Bestand an Aktien seiner Gesellschaft als x hält und somit vielleicht stärker motiviert ist, die Erfolgssituation (auch) im Sinne der anderen Anteilseigner zu „verbessem". 7. Alle BeteiUgten wissen, daß die Bedingungen 1 bis 6 erfüllt sind: Die anderen Aktionäre erwarten zum Beispiel nicht, daß der Entscheidungsträger nach dem Umverteilungsprozeß ein geringeres Arbeitsleid empfindet als zuvor. Da der Entscheidungsträger schUeßlich wieder x Aktien seiner Gesellschaft besitzt, hat er keinen Grund, ein anderes Aktionsprogramm zu realisieren. Das ursprüngliche Marktgleichgewicht mit dem ursprünglichen Aktienkurs wird sich auch dann wieder einstellen, wenn der Auktionator nicht existiert; der Entscheidungsträger verkauft unmittelbar am Kapitalmarkt die ihm übertragenen y Aktien, während diejenigen Anteilseigner, aus deren Portefeuille sie stammen, die Aktien zurückkaufen. Die Übereignung der y Aktien an den Entscheidungsträger führt somit lediglich zu einer Erhöhung seines Vermögens zu Lasten anderer Anteilseigner. Folglich werden die Aktien dem Entscheidungsträger erst gar nicht überlassen. Der ursprüngliche Gleichgewichtszustand auf dem Kapitalmarkt stellt sich auch dann wieder ein, wenn der Entscheidungsträger an die Aktionäre, die die y Aktien zur Verfugung stellen, einen Preis zahlt. Die Zahlung dieses Preises bewirkt zwar eine Vermögensumverteilung, jedoch sind davon die Aktienkurse sowie die Aktienbestände der einzelnen Aktionäre im Marktgleichgewicht unabhängig. Der Entscheidungsträger wird natürlich nur dann die y Aktien übemehmen, wenn der Preis, den er zu zahlen hat, nicht höher ist als der Marktpreis. Ist er niedriger, so erzielt der Entscheidungsträger mit der Übertragung der Aktien einen Vorteil. Jedoch besteht dieser Vorteil allein darin, daß er diese Aktien zum höheren Marktpreis wieder verkauft; den Überschuß legt er zum Einheitszinssatz r an.
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Kapitel XV
Das Entgelt des Entscheidungsträgers fär die Übereignung der y Aktien an ihn kann auch in der Reduktion seines Fixums F bestehen. Dann steigt der für Livestitionen in der Gesellschaft verfügbare Eigenkapitalbetrag S. Annahmegemäß legt der Entscheidungsträger den zusätzlichen Geldbetrag zum risikolosen Zinssatz r an (was auch heißen kann, daß er weniger Fremdkapital aufnimmt). Wird das Fixum F um den Betrag AF reduziert, so steigt mit Sicherheit das Endvermögen des Unternehmens um (H-r)-AF und die Ausschüttung (der Aktienkurs) des Zeitpunkts 1 um (l/X)-(H-r)-AF. Diesen Betrag diskontieren die Aktionäre mit dem risikolosen Zinssatz r. Entsprechend steigt der Aktienkurs zum Zeitpunkt 0 um: (XV.2)
— . ^ . A F = — AF. X 1+r X
Dieser Kursanstieg resultiert allein aus der Reduktion des Fixums um AF und nicht daraus, daß der Entscheidungsträger eine andere Strategie im Leistungsbereich realisiert. Da die folgenden Anreizversuche der Übertragung von Aktien äquivalent sind, gilt das Analoge auch fiir diese Anreizversuche: Die Reduktion des Fixums F bewirkt jeweils, daß der entsprechende Betrag zum sicheren Zinssatz r angelegt wird; die Aktivitäten im Leistungsbereich ändern sich infolge der Reduktion von F nicht. Zur Vereinfachung der Darstellungen wird im folgenden davon ausgegangen, daß das Fixum bei Einführung des jeweiligen Anreizsystems nicht verändert wird. 4.1.5. Irrelevanz alternativer Anreizversuche Da, wie gezeigt wurde, eine Übertragung von Aktien auf den Entscheidungsträger wirkungslos ist, soll nun in der Weise in das Marktgleichgewicht eingegriffen werden, daß der Entscheidungsträger direkt vom Untemehmen einen Erfolgsanteil von f-Üj erhält (mit 0
E^Z=
f-Üi
+
x~.(l-f).Üi
^ V '
X ^
unmittelbare Erfolgs beteiligung (im Sime einer Beteilieune am Endvermögen Ü,)
V
'
^^- 1,1 x-^ J J AW.^Tf^^J^^ ^uf Grund der x Aktien ^^ Marktwert der x Aktien zum ZeitP""^* ^ "^'^*' ^ ^ ^ 8 ^^' Belohnung)
= [x + ( X - x ) . f ] - l - Ü i . Ein Vergleich mit (XV. 1) zeigt, daß der Entscheidungsträger nun ebenso am Endvermögen der Gesellschaft partizipiert, wie wenn ihm y=(X-x)-f Aktien übertragen worden wären und er diese Aktien nicht verkauft hätte. Analog zur Übertragung von Aktien wird also dem Entscheidungsträger nichts geboten,
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
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was er freiwillig behalten möchte. Er stößt das Ergebnis des Anreizsystems wieder ab, indem er z Aktien verkauft. Dabei muß für z gelten: (XV.4)
f.Üi unmittelbare Beteiligung am Endvermögen
-f
^.(l-f).Üi
=
Einzahlung auf Grund des verbleibenden Aktienbestandes x - z
Einzahlung auf Grund des Aktienbestandes x in der Ausgangssituation (f=0)
Aus (XV.4) folgt für die Anzahl der zu verkaufenden Aktien z: (XV.5)
z - ( l - f ) = f-(X-x).
Für den (betrachteten) Fall f< 1 kann man für (XV.5) auch schreiben: (XV.6)
z=^ : ^ ^ = ^ . ( X - x ) . f"~
Je größer f, desto größer ist der Quotient auf der rechten Seite von (XV.6) und desto mehr Aktien muß der Entscheidungsträger verkaufen, um ebenso am riskanten Endvermögen Üj beteiligt zu sein wie in der Ausgangssituation (f=0).^^) Gilt z>x, so kann der Entscheidungsträger nur in der Weise den Ausgangszustand wieder herstellen, daß er einen Leerverkauf von Aktien des Unternehmens vornimmt; zum Beispiel kann er alle seine x Aktien verkaufen und einen Leerverkauf von z-x>0 Aktien vornehmen; annahmegemäß sind Leerverkäufe ohne weiteres möglich. Dem Verkauf von z Aktien durch den Entscheidungsträger steht der Kauf derselben Zahl von Aktien durch andere Anteilseigner gegenüber. Sie kaufen damit einen (absoluten) Anteil am Endvermögen der Gesellschaft in Höhe von z-(l-f)-(l/X)-Üi. Unter Berücksichtigung ihres bisherigen Aktienbestandes X-x erzielen sie einen (absoluten) Anteil am Endvermögen Üj in Höhe von W: (XV.7)
^ , ( l - f ) - ( X - x + z)Q^ X
Hieraus folgt in Verbindung mit (XV.6): f.(X-x) (XV.8)
W = -^^^.(X~x).Üi+
^^
Üi = ^^ ^^-Üi.
10) Geht f gegen 1, so geht z gegen unendhch. Im Fall f=l trägt der Entscheidungsträger aufgrund des Anreizsystems das gesamte Erfolgsrisiko. Er hat in diesem Fall keine Möglichkeit, durch (Leer-) Verkauf von Aktien die ursprüngliche Risikosituation wieder herzustellen. Da im Fall f = 1 die Aktien keine Anteile mehr am Untemehmenserfolg verbriefen, kann der Entscheidungsträger seine Risikoposition auch nicht durch den (Leer-) Verkauf von Aktien verändern. Das Irrelevanztheorem gilt daher nicht für f= 1.
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Kapitel XV
Die übrigen Anteilseigner erzielen also - ebenso wie der Entscheidungsträger wieder denselben Anteil am Endvermögen wie in der Ausgangssituation, d.h. vor unmittelbarer Erfolgsbeteiligung des Entscheidungsträgers. Natürlich ist der Aktienkurs im neuen Gleichgewicht niedriger als im alten (bei f=0). Einer Aktie entspricht ja nur noch ein (absoluter) Anteil am riskanten Endvermögen (an der riskanten Ausschüttung zum Zeitpunkt 1) in Höhe von (1 - f) • (1/x) • Üj. War der Aktienkurs in der Ausgangssituation gleich KQ, SO beträgt er im neuen Gleichgewicht nur noch ( I - Q - K Q . Der Marktwert der x~z Aktien, die der Entscheidungsträger nach Verkauf der z Aktien besitzt, zuzüglich des Marktwertes seines unmittelbaren Erfolgsanteils ist gleich: (XV.9)
( x - z ) - ( l - f ) . K o + f-Ko-X = [ x - ^ ^ ^ - ^ ^ ] - ( l - f ) - K o + f-Ko-X = x.Ko.
Dies ist der Marktwert, über den der Entscheidungsträger bereits in der Ausgangssituation verfligte. Die anderen Anteilseigner halten im neuen Gleichgewicht einen Marktwert der Aktien in Höhe von: (XV.IO)
(X-x + z).(l-f).Ko=[X-x + ^ ^ ^ ^ ^ ] - ( l - f ) - K o V
^
/
=z
= (X-x).Ko. Dies ist der Marktwert der Aktien, über den die anderen Anteilseigner in der Ausgangssituation verfugten. Fazit: Wenn der Entscheidungsträger unmittelbar am Endvermögen seines Unternehmens beteiligt wird, wird ihm ein zusätzliches Risiko aufgebürdet, das er auch über den Markt hätte erwerben können. Wenn der Entscheidungsträger keine finanzielle Gegenleistung zu erbringen hat, erzielt er bei Erfolgsbeteiligung einen Vorteil und die anderen Anteilseigner einen entsprechenden Nachteil. Dieser Vorteil resultiert allein daraus, daß er den betreffenden Erfolgsanteil (leer-) verkauft und den Verkaufserlös zum Zinssatz r anlegt. Die Tatsache, daß sein Geldvermögen steigt, ist für ihn kein Grund, ein anderes Wertpapierportefeuille zu halten und ein anderes Aktionsprogramm im Unternehmen zu reaUsieren: Dieses Vermögen hat ja gemäß den beiden Unabhängigkeitsbedingungen keinen Einfluß auf die Bewertung von zukünftigen ungewissen Überschüssen, das Arbeitsleid und andere nichtfinanziellen Konsequenzen von Maßnahmen bzw. Entscheidungen. Da der Entscheidungsträger durch die unmittelbare Erfolgsbeteiligung reicher wird, werden die anderen Anteilseigner entsprechend ärmer: Ihnen wird ein Erfolgsanteil ohne Gegenleistung des Entscheidungsträgers entzogen. Trotzdem kaufen sie diesen Erfolgsanteil zum alten Marktwert zurück. Einerseits sind sie dazu in jedem Fall in der Lage, zum Beispiel, weil sie zum Einheits-
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
525
Zinssatz r Geld leihen können. Andererseits wollen sie es auch; gemäß der Unabhängigkeitsbedingung 1 ist die Bewertung zukünftiger Einzahlungen unabhängig vom Vermögen zum Zeitpunkt 0. Das Irrelevanztheorem gilt auch für den Fall, daß der Entscheidungsträger linear am Untemehmenserfolg beteiligt wird. Wird der Erfolg beispielsweise als residualer Reinvermögenszuwachs, d.h. als Differenz Üi-(l+r)-S definiert, so entspricht dies einer Beteiligung an Üj bei gleichzeitiger Reduktion des Fixums zum Zeitpunkt 0 um (1 + r)~^ • f • (1 + r) • S = f • S . Da die Veränderung des Fixums nichts am Irrelevanztheorem ändert, gelten die vorangegangenen Ausführungen auch für diesen Fall. Auch die Beteiligung am Residualgewinn bzw. unmittelbar an den Überschüssen des Leistungsbereichs ist irrelevant. Wie noch näher erläutert wird, sind alle jene Anreizsysteme irrelevant, die der Entscheidungsträger durch Kauf von Finanztiteln des Unternehmens am Kapitalmarkt konstruieren und durch (Leer-) Verkauf von Wertpapieren wieder abstoßen kann. Diese Bedingung kann vor allem bei linearen Beteiligungsformen erfüllt sein. 4. L 6. Irrelevanztheorem und Reichtumseffekte Sind die Unabhängigkeitsbedingungen 1 und 2 nicht erfüllt, so können die Aktivitäten des Entscheidungsträgers im Untemehmen von der Höhe seines Reichtums abhängen. Hat eine Erfolgsbeteiligung einen Reichtumseffekt, so mag dies der Entscheidungsträger zum Anlaß nehmen, seine Strategie zu ändem, wobei auch die anderen Anteilseigner einen Vorteil erzielen können. Der Entscheidungsträger mag insbesondere auch deshalb seine Strategie ändern, weil es für ihn vorteilhaft wird, einen höheren Anteil am Erfolg seiner Gesellschaft zu halten; er zerstört die Erfolgsbeteiligung nicht durch Verkauf entsprechend vieler Aktien bzw. durch Verkauf seines Belohnungsanpruchs; möglicherweise kauft er sogar Aktien hinzu. Das Prämiensystem kann sich jedoch nur über einen Reichtumseffekt auswirken. Die Instanz kann daher die gleiche Anreizwirkung erzeugen, indem sie an den Entscheidungsträger eine entsprechende erfolgsunabhängige Transferzahlung vomimmt, also zum Beispiel das Fixum erhöht (GILLENKIRCH, 1999, 5. 70). Der Entscheidungsträger wird dann über private Aktivitäten am Kapitalmarkt ein Anreizsystem schaffen, das identisch ist mit jenem, das sich für ihn bei der direkten linearen Erfolgsbeteiligung als optimal erweist. Die lineare Erfolgsbeteiligung ist nun also im Vergleich zu einer Transferzahlung irrelevant. 4.2.
Irrelevanz beliebiger (Anreiz-) Maßnahmen, die der Entscheidungsträger privat realisieren kann
Unter den zugrunde liegenden Kapitalmarktbedingungen ist nicht nur die lineare Erfolgsbeteiligung irrelevant, sondem auch jede andere, die der Entscheidungsträger durch private Transaktionen auf dem Kapitalmarkt realisieren
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Kapitel XV
und wieder abstoßen kann. Wenn er zum Beispiel privat eine Option auf den Kauf von x Aktien des Unternehmens zu einem bestimmten Basispreis erwerben kann, ergibt sich allenfalls ein Reichtumseffekt, wenn ihm vom Unternehmen eine solche Option gewährt wird und er sich dieser wiederum über Kapitalmarkttransaktionen entledigen kann. Welche Möglichkeiten der Entscheidungsträger hat, durch Handel mit riskanten Wertpapieren ein privates Belohnungssystem aufzubauen und sich zusätzlicher untemehmensintemer Belohnungen wieder zu entledigen, hängt von den Eigenschaften des Kapitalmarktes ab. Der weite Geltungsbereich der Lrelevanz eines linearen Anreizsystems resultiert daraus, daß hierfär nur vorausgesetzt werden muß, daß der Entscheidungsträger zu gegebenem Preis uneingeschränkt privat Aktien seines Untemehmens kaufen und (leer-) verkaufen kann. Eine lineare Erfolgsbeteiligung ist in diesem Fall schon dann irrelevant, wenn es neben Aktien des betrachteten Untemehmens keine weiteren riskanten Wertpapiere gibt. Es ist zu beachten, daß der Entscheidungsträger ein Belohnungssystem nur dadurch neutralisieren kann, daß er Wertpapiere (leer-) verkauft, die Anwartschaften auf Erfolgsanteile an .feinem"' Untemehmen verbriefen. Durch Verkauf und gegebenenfalls Kauf anderer Wertpapiere kann er jedoch möglicherweise das aus den Belohnungen resultierende Risiko völlig beseitigen. Auch diese Möglichkeit ändert nichts an der Irrelevanz eines Belohnungssystems, das der Entscheidungsträger durch privaten Kauf von Erfolgsanteilen des Untemehmens kaufen kann. Wäre das Belohnungssystem flir den Entscheidungsträger vorteilhaft, hätte er es bereits ex ante privat aufgebaut und das resultierende Risiko privat gehedgt. Auf die mögliche Irrelevanz eines nichtlinearen Belohnungssystems im Rahmen des SPA mit vollständigem Kapitalmarkt kommen wir in Abschnitt 5.2 zurück. Mit einer privaten oder untemehmensintemen Erfolgsbeteiligung übernimmt der Entscheidungsträger stets ein gewisses Belohnungsrisiko. Dieses Risiko und mithin auch die vom Entscheidungsträger geforderte Risikoprämie kann zwar durch unternehmensinterne Maßnahmen wie zum Beispiel den Abschluß von Feuerversicherungen oder von Terminverträgen oder den direkten Kauf von Optionen oder eines äquivalenten „hedging portfolio", um damit das Investitionsprogramm gegen Verluste abzusichem, reduziert werden. Jedoch sind auch solche Maßnahmen flir die geforderte Risikoprämie und das Leistungsverhalten irrelevant, wenn der Entscheidungsträger die entsprechenden Konsequenzen ebenso „gut" durch Maßnahmen ira privaten Bereich bewirken kann. Zur Verdeutlichung wird wieder von linearer Erfolgsbeteiligung ausgegangen und eine Maßnahme der Risikoreduktion im Untemehmen betrachtet, die die Bemessungsgrundlage flir die Prämie (etwa den Periodenerfolg) um den ungewissen Betrag A ändert. Entsprechend ändert sich bei gegebenem Prämiensatz f die Prämie um den ungewissen Betrag f • Ä. Der Entscheidungsträger kann denselben Effekt erzielen, indem er die betreffende Maßnahme im Untemehmen unterläßt und privat auf dem Niveau f realisiert.
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
527
Angenommen, bei der betreffenden Maßnahme handele es sich um den Terminkauf von 10.000.000 $ im Untemehmen zur Absicherung des Risikos aus einer zukünftigen Zahlungsverpflichtung. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung über das Vermögen des Entscheidungsträgers ändert sich nicht, wenn er statt dessen privat f-10.000.000 $ per Termin kauft und den betreffenden Betrag zu dem dann geltenden Wechselkurs in Euro umtauscht. Wenn der Entscheidungsträger im Untemehmen eine Versicherung abschließt, so ist einerseits eine Versicherungsprämie zu zahlen, andererseits wird ein möglicher Schaden erstattet. Entsprechend ändert sich die Erfolgsprämie des Entscheidungsträgers um f-(ungewisser Schaden-Versicherungsprämie). Der Entscheidungsträger erzielt denselben Effekt, wenn er privat einen Versicherungsvertrag auf den betreffenden Schadensfall abschließt, bei dem er das f-fache (f
Implikationen
Die Darstellungen haben gezeigt, daß unter bestimmten Bedingungen ein Belohnungssystem, das der Entscheidungsträger fiir sich selbst über den Kapitalmarkt realisieren und dessen er sich auch wieder entledigen kann, unter Anreizgesichtspunkten irrelevant ist. Es gibt unter diesen Bedingungen jedoch zwei prinzipielle Möglichkeiten, eine Anreizwirkung zu erreichen: 1. Es wird ein Belohnungssystem etabliert, das der Entscheidungsträger zwar über den Kapitalmarkt hätte realisieren können, jedoch werden Maßnahmen getroffen, die verhindem, daß er das Belohnungssystem wieder „abstößt". Insbesondere wird mit ihm vereinbart, daß er keine Aktien des Untemehmens (leer-) verkauft. Es stellt sich dann allerdings das Problem, wie die Einhaltung des Vertrages durchgesetzt werden kann. 2. Es wird ein Belohnungssystem vereinbart, das der Entscheidungsträger nicht selbst über den Kapitalmarkt realisieren kann und dessen er sich nicht entledigen kann oder will. Zum Beispiel wird eine nichtlineare Belohnungsfunktion gewählt. Wenn mindestens eine der in Abschnitt 4.1.1 dargestellten Kapitalmarktbedingungen verletzt ist, können auch solche Anreizsysteme wirksam sein, die bei Gültigkeit aller dieser Bedingungen irrelevant wären (NEUS, 1989, S. 243ff). Zur Verdeutlichung dienen zwei Beispiele: Begrenzte Kreditaufnahme: Der Entscheidungsträger hält wenige Aktien des Untemehmens in seinem privaten Portefeuille, weil ihm die Mittel fehlen, zusätzliche Aktien zu erwerben. Aufgrund seines geringen Erfolgsanteils ist sein Arbeitseinsatz ebenfalls niedrig. Wenn er nun unmittelbar am Erfolg, zum Beispiel am Residualgewinn oder der Ausschüttung Üj, seiner Gesellschaft
528
Kapitel XV
beteiligt wird, kann sein Arbeitseinsatz - und mithin auch der Marktwert der Aktien - steigen. Keine Leerverkäufe: Der Entscheidungsträger kann Geld zum risikolosen Zinssatz r leihen und hält in seinem Wertpapierportefeuille den für ihn optimalen Bestand an Aktien des Untemehmens. Nun wird er unmittelbar am Untemehmenserfolg beteiligt, wobei er sich des zusätzlich aufgebürdeten Erfolgsrisikos deshalb nicht vollständig entledigen kann, weil Leerverkäufe für ihn nicht möglich sind. 1 ^) Gesetzliches Verbot von Insiderhandel: Grenzen für die Neutralisierung einer Erfolgsbeteiligung können sich ganz allgemein auch aus einem Verbot des hisiderhandels ergeben. Die Analyse der möglichen Konsequenzen eines Anreizsystems ist tendenziell um so schwieriger, je mehr Kapitalmarktbedingungen verletzt sind und je „stärker" dies der Fall ist. Dies verdeutlichen die Darstellungen in den folgenden Kapiteln.
5.
Erfolgsbeteiligung im State Preference Ansatz (SPA)
5.1.
Bewertung der Erfolgsanteile
hn folgenden sollen Anreizprobleme vor dem Hintergrund des State Preference Ansatzes untersucht werden (vgl. hierzu die zum Teil analogen Überlegungen bezüglich der Erfolgsteilung zwischen Anteilseignem in Kapitel K). Die hierbei gewonnenen Einsichten erleichtem das Verständnis der Darstellungen in allen nachfolgenden Kapiteln, auch wenn dann nicht auf dem SPA, sondem dem modifizierten SPA aufgebaut wird. Es wird hier davon ausgegangen, daß der Entscheidungsträger motiviert werden soll, den Marktwert eines einperiodigen Livestitionsprogramms (eventuell in Verbindung mit einem Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Untemehmen) zu maximieren, wobei als Bemessungsgmndlage der Residualgewinn dient. Die Anschaffungsauszahlung des Programms wird mit AQ bezeichnet und der Überschuß des Programms zum Zeitpunkt 1 im Zustand Sg mit ÜLig. Wenn im Untemehmen kein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen vorgenommen wird, gilt für den Residualgewinn im Zustand Sg: (XV.ll)
Gps = ÜLi3-(l + r).Ao.
Wird für den Zustand Ss ein bedingter Zahlungsanspruch von ZAg gekauft (ist er negativ, so wird er verkauft), so beträgt der Residualgewinn: 11) Eine Erfolgsbeteiligung kann auch dann relevant sein, wenn der Entscheidungsträger zwar Aktien des Unternehmens leerverkaufen kann, er jedoch nur an einem Teil des Gesamterfolges beteiligt wird (etwa am Erfolg eines Profit Centers), den er nicht über den Kapitalmarkt realisieren und abstoßen kann.
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
(XV.12)
529
G3 = Gp3 + ZA3 = ÜLi3 + ZA3-(l + r)-Ao ^^
V
^
= Üi3-(l + r)-Ao. Hierbei wird ohne Einschränkung der Allgemeinheit davon ausgegangen, daß in zustandsbedingten Zahlungsansprüchen insgesamt ein Betrag von null investiert wird; der Kauf bedingter Zahlungsansprüche flir einzelne Zustände wird finanziert, indem solche für andere Zustände verkauft werden. Es gilt also:
s 2:7rs-ZAs=0, s=l
so daß sich bei der Gewinnermittlung Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen fiir zustandsbedingte Zahlungsansprüche erübrigen. Ein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen hat keinen Einfluß auf den Marktwert des gesamten Programms vor Belohnung. Bei linearer Belohnungsfimktion gilt dies auch flir den Marktwert der Belohnung und somit flir den Marktwert des Programms nach Belohnung. Der Marktwert des Programms vor Belohnung lautet:
s (XV.13)
s
MPo = l7i3.Üi3-Ao = 2:7r3.Üi3-(l + r r l . ( l + r).Ao. s=l
s=l
In Verbindung mit (XV.14)
s
S7r3=(l + r) - 1 s=l
kann (XV.13) wie folgt dargestellt werden:
s (XV.15)
s
MPo = S7rs.Üi3-i:^3-(l + r)-Ao s=l
s=l
S
S
= E7ts-[Üis-(l + r)-Ao]= S^s-Gs s=l ' Z^ ' s=l Der Marktwert des Programms vor Belohnung kann somit unabhängig von der Finanzierung der Anschaffungsauszahlung AQ als Marktwert der möglichen (Residual-) Gewinne Gg interpretiert werden. Für den Marktwert der Belohnung gilt: (XV.16)
Mo(B)=X^sBs, s=l
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Kapitel XV
wobei Bg die Belohnung im Zustand Sg bezeichnet. Der Marktwert des Erfolges nach Belohnung lautet entsprechend: (XV.17)
MPo^=l7r3.(Gs-B3). s=l
Wenn beide Parteien, der Entscheidungsträger und die (anderen) Anteilseigner, im privaten Bereich beliebig mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln können, sie also den Handel nicht vertraglich ausschließen, ist für beide die Maximierung des Marktwertes ihres jeweiUgen Erfolgsanteils mit subjektiver Nutzenmaximierung äquivalent, sofem sie keinen Einfluß auf die Preise n^ haben (Kapitel K). Welche Höhe die Belohnung B^ im Zustand Sg (s=l,2,...,S) auch immer aufv^eisen mag, der Entscheidungsträger kann für jeden Zustand Sg einen Zahlungsanspruch in Höhe der jeweiligen Belohnung am Kapitalmarkt verkaufen und hiermit den Erlös gemäß (XV. 16) erzielen. Im zweiten Schritt kann er mit diesem Erlös zustandsbedingte Zahlungsansprüche kaufen, mit denen er einen maximalen Erwartungsnutzen seines Endvermögens (für den Zeitpunkt 1) erzielt. Wenn er so entscheidet, daß der Marktwert seiner Belohnung steigt, kann er via Mapitalmarkttransaktionen eine WahrscheinUchkeitsverteilung über sein Endvermögen generieren, die die ursprüngliche dominiert; sein Erwartungsnutzen steigt. Analog ist die Maximierung des Marktwertes des Erfolgsanteils der Anteilseigner der Maximierung ihres Erwartungsnutzens äquivalent. 5.2.
Irrelevanztheorem und SPA
Der im SPA unterstellte vollkommene und vollständige Kapitalmarkt bietet ideale Möglichkeiten, riskante Positionen aufzubauen und Risiken zu hedgen. Die Bedeutung eines möglichen Handels mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen für das Irrelevanztheorem hängt davon ab, wie die relevanten Zustände definiert sind. Zunächst wird wie üblich davon ausgegangen, daß es sich um Kombinationen von Ausprägungen entscheidungsrelevanter Daten handelt, die ein Einzelner - und somit auch der Entscheidungsträger - nicht beeinflussen kann. Der Entscheidungsträger hat dann nicht die Möglichkeit, durch expliziten Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen privat ein Belohnungssystem aufzubauen und ein untemehmensintemes Belohnungssystem wieder zu neutralisieren. Bei einem zustandsbedingten Zahlungsanspruch erhält er bei Eintreten des betreffenden nicht beeinflußbaren Zustandes einen Geldbetrag in der vertraglich vereinbarten Höhe (ist der Zahlungsanspruch negativ hat er den betreffenden Betrag zu zahlen), der unabhängig von der Erfolgssituation des Untemehmens ist. Der Entscheidungsträger kann sich allenfalls dadurch ein privates Belohnungssystem aufbauen und ein untemehmensintemes wieder neutralisieren, indem er mit Wertpapieren handelt, bei denen der Zahlungsanspruch von der
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
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Erfolgssituation oder dem Marktwert des Untemehmens abhängt. Typisch hierflir ist der Handel mit Aktien des Untemehmens. Wie in Abschnitt 4 gezeigt wurde, impliziert er (sofem er nicht eingeschränkt wird) die Irrelevanz einer linearen Erfolgsbeteiligung. Aber auch andere Formen der Erfolgsbeteiligung - etwa Optionen auf erfolgsabhängige Prämien oder auf Aktien des Untemehmens - sind fiir das Leistungsverhalten irrelevant, sofem der Entscheidungsträger diese als Finanztitel am Markt kaufen und (leer-) verkaufen kann. Der private Handel mit bedingten Zahlungsansprüchen für unbeeinflußbare Zustände ermöglicht es zwar nicht, ein untemehmensintemes Belohnungssystem zu neutralisieren, wohl aber, das hieraus resultierende Belohnungsrisiko zu hedgen. Dies wiederum hat Rückwirkungen auf die Entscheidungen des Entscheidungsträgers im Untemehmen, wie in Kapitel XDC ausführlich für die nichtlineare Erfolgsbeteiligung in Form von Optionen auf Prämien gezeigt wird, so daß das folgende Fazit gezogen werden kann: Der mögliche private Handel mit bedingten Zahlungsansprüchen fär unbeeinflußbare Zustände impliziert keine hrelevanz der untemehmensintemen Erfolgsbeteiligung, sondem ist in dem Sinne relevant, daß er deren Verhaltensimplikationen beeinflußt. Zustände können im Prinzip auch als Intervalle des Untemehmenserfolges interpretiert werden. Wäre ein Handel mit entsprechenden Erfolgsanteilen als bedingte Zahlungsansprüche problemlos möghch, so könnte der Entscheidungsträger jede beliebige Erfolgsbeteiligung durch privaten Handel aufbauen und neutralisieren, so daß das Lrelevanztheorem sowohl fär die lineare als auch beliebige nichtlineare untemehmensinteme Erfolgsbeteiligungen gelten würde. Jedoch dürfte i.a. der generelle Handel des Entscheidungsträgers mit Zahlungsansprüchen auf einzelne Erfolgsintervalle an der Informationsasymmetrie zwischen dem Entscheidungsträger und potentiellen Handelspartnem scheitem. Wenn der Entscheidungsträger flir ein bestimmtes Erfolgsintervall einen bedingten Zahlungsanspruch kaufen (bzw. verkaufen) möchte, besteht fiir ihn allgemein ein Anreiz, untemehmensbezogene Fehlinformationen zu geben, bei denen die Wahrscheinlichkeit flir einen Erfolg innerhalb dieses Intervalls als gering (bzw. als hoch) erscheint. Die potentiellen Verkäufer (Käufer) des betreffenden Anspruchs werden diese Gefahr antizipieren und aus Sicht des Entscheidungsträgers einen prohibitiv hohen Preis verlangen (bzw. nur einen prohibitiv niedrigen Preis bieten). Bei der weiteren Analyse in diesem Kapitel wird von einer Irrelevanz der Erfolgsbeteiligung abgesehen. 5.3.
Anreizkompatible Teilungsregeln in Abhängigkeit des Handels mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen
5.3.1. Uneingeschränkter Handel im privaten Bereich Vor dem Hintergrund des State Preference Ansatzes läßt sich in anschaulicher Weise die prinzipielle Bedeutung des Kapitalmarktes für die Gestaltung an-
532
Kapitel XV
reizkompatibler Belohnungsfunktionen verdeutlichen. Deren Form hängt davon ab, ob der Handel mit bedingten Zahlungsansprüchen uneingeschränkt zulässig ist, oder in durchsetzbarer Weise eingeschränkt wird. Können beide Parteien, der Entscheidungsträger und die (anderen) Anteilseigner, im privaten Bereich mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln, so bewerten beide - wie erläutert wurde - ihren Anteil am Erfolg nach dem Marktwert. Es besteht dann Anreizkompatibilität im strengen Sinn, wenn der Gewinn gemäß der Belohnungsfunktion (XV.18)
B = f . G + F = f-[Üi-"(l + r).Ao] + F
(mitO
linear geteilt wird, wobei der Entscheidungsträger das Fixum F wie auch die Prämie f • G zum Zeitpunkt 1 erhält. Für den Marktwert der Belohnung gilt dann unter Berücksichtigung von (XV. 15): (XV.19)
Mo(B)= X^s-(f-Gs + F) = f-MPo+(l + r)"^-F s=l
und für den Marktwert des Erfolges nach Belohnung: (XV.20)
M g ^ = S ^ s - [ ( l - f ) - G s - F ) = (l-f).MPo~(l + r ) - ^ F . s=l
Für beide Parteien ist es dann also unabhängig von ihren subjektiven Nutzenfunktionen bzw. von ihren Risikoeinstellungen im finanziellen Interesse, den Bruttomarktwert MPQ ZU maximieren. Anreizkompatibilität besteht bei linearer Belohnungsfunktion unabhängig davon, ob auch im Untemehmen oder nur privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen gehandelt wird. Da der Handel im Untemehmen den Bruttomarktwert nicht beeinflußt, hat er bei gegebenem Prämiensatz f auch keinen Einfluß auf den Marktwert der Belohnung bzw. des Nettoerfolges. (Wenn der Entscheidungsträger im Untemehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handelt, können dies die Anteilseigner durch gegenläufige private Transaktionen auf dem Kapitalmarkt kompensieren.) Auch wenn die Belohnungsfunktion nicht linear ist, besteht für den Entscheidungsträger ein Anreiz, das Investitionsprogramm mit dem maximalen Marktwert (vor Belohnung) zu wählen, sofem er nicht nur privat sondem auch im Unternehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf; in Verbindung mit einem entsprechenden Handel maximiert er bei diesem Programm wieder den Erwartungsnutzen seiner Belohnung. Jedoch hat der Handel im Untemehmen bei Nichtlinearität der Belohnungsfunktion einen Einfluß auf den Marktwert der Belohnung und mithin auf den Marktwert des Erfolges nach Belohnung. Der Entscheidungsträger kann mit diesem Handel innerhalb gewisser Grenzen den Marktwert seiner Belohnung und damit seinen Erwartungsnutzen zu Lasten der Anteilseigner erhöhen; hinsichtlich dieses Handels besteht keine Anreizkompatibilität. (Vgl. hierzu auch Kapitel XIX.)
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
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Darf der Entscheidungsträger nicht im Unternehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln, besteht bei nichtlinearer Belohnungsfunktion ein Konflikt bezüglich der Wahl des hivestitionsprogramms. Mit dieser Problematik befaßt sich Kapitel XIX, wo die Verhaltensimplikationen stückweise linearer Erfolgsbeteiligung mit Optionscharakter untersucht werden. 5.3.2. Ausschluß eines Handels im privaten Bereich für den Entscheidungsträger Wenn der Entscheidungsträger nicht privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf bzw. kann, bewertet er seine riskante Belohnung nicht direkt nach deren Marktwert, sondern nach derem subjektivem Erwartungsnutzen. Anreizkompatibilität besteht in diesem Fall dann, wenn dieser Erwartungsnutzen eine monoton steigende Funktion des Marktwertes des Nettoerfolges ist. Strenge Anreizkompatibilität kann dann (bei beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg G) nur mit konvexen zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen erzeugt werden, die den Preisen TTg, welche den Marktwert des Erfolges determinieren, Rechnung tragen. Zur Erläuterung wird die Belohnungsfunktion flir den Zustand Sg (s=l,2,...,S) mit Bs(G) bezeichnet. Sie gibt an, welche Belohnungen der Entscheidungsträger flir alternative Erfolge G unter der Bedingung erhält, daß der Zustand Sg eintritt. Für den Marktwert des Programms nach Belohnung gilt nun: (XV.21)
MPo°ß = i7i3-[Gs-Bs(G)] s=l und für den Erwartungsnutzen der Belohnung: (XV.22)
E[U(B)]=i:w(s3).U[B3(G)]. s=l
Anreizkompatibilität besteht jetzt dann, wenn (XV.22) eine streng monoton steigende Funktion von (XV.21) ist. Analog zur Darstellung in Kapitel III, Abschnitt 4.1, ist diese Bedingung für beliebige Verteilungen über G dann und nur dann erfällt, wenn die Belohnungsfunktion Bs(G) für den Zustand Sg (s=l,2,...,S) so festgelegt wird, daß folgende lineare Beziehung besteht (mit a > 0 und ß beUebig): (XV.23)
7r3.[G-B3(G)] = w(Ss)-(a.U[B,(G)] + ß) (für alle möglichen G).
Die Belohnungsfunktion Bs(G) ist so festzulegen, daß mit steigendem (Brutto-) Erfolg der mit n^ gewichtete Nettoerfolg linear mit dem mit w(Ss) gewichteten Nutzen von Bs(G) ansteigt, a • U[B(G)] + ß kennzeichnet wieder ei-
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Kapitel XV
ne Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers für die Belohnung, die durch positiv lineare Transformation aus der Nutzenfunktion U hervorgeht. Li Kapitel XVI, Abschnitt 3.3, wird gezeigt, wie anreizkompatible Belohnungsfunktionen Bs(G) (s=l,2,...,S) ermittelt werden können, und untersucht, welche Eigenschaften sie aufweisen: Sie verlaufen wegen der Risikoaversion des Entscheidungsträgers streng konvex, wobei die Steigung der Belohnungsfunktion Bs(G) für alternative Gewinne um so höher ist, je größer für den Zustand Sg das Verhältnis 7rs/w(Ss) ist. Für den Entscheidungsträger besteht bei anreizkompatiblen Belohnungssystemen ein Anreiz, durch entsprechende Investitionsentscheidungen die Gewinne vor allem flir jene Zustände Sg zu erhöhen, flir die bei gegebener Wahrscheinlichkeit w(Ss) der Preis n^ relativ hoch ist und somit eine relativ starke Gewichtung des entsprechenden Nettogewinns im Marktwert vorgenommen wird. Die zustandsunabhängigen (anreizkompatiblen) Belohnungsfunktionen bilden die „Brücke" zwischen der zustandsunabhängigen Nutzenbewertung durch den Entscheidungsträger und der zustandsabhängigen Bewertung der Nettoerfolge über die Preise n^ durch die Anteilseigner. Da die betreffenden zustandsabhängigen konvexen Belohnungsfunktionen flir beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen über den Gewinn anreizkompatibel sind, gilt dies auch flir den Fall, daß der Entscheidungsträger die Gewinne durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Unternehmen transformieren kann. Zwar variiert mit einem solchen Handel wegen der Konvexität der Belohnungsfunktionen der Marktwert der Prämie und mithin auch der Marktwert des Erfolges nach Prämie. Jedoch kann auf Grund ihrer Anreizkompatibilität der Entscheidungsträger immer nur mit solchen Transaktionen seinen Nutzenerwartungswert erhöhen, mit denen zugleich auch der Marktwert des Erfolges nach Prämie steigt. Wenn der Entscheidungsträger im Untemehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf, so besteht allerdings auch bei linearer zustandswnabhängiger Belohnungsfunktion B = f • G + F mit (0 < f < 1) Anreizkompatibilität bezüglich der Programmwahl, so daß sich zustandsabhängige konvexe Belohnungsfunktionen hier erübrigen: Der Entscheidungsträger kann in Verbindung mit einem untemehmensintemen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen den Erwartungsnutzen seiner Belohnung maximieren, indem er den Marktwert des Investitionsprogramms maximiert. Da bei linearer zustandsunabhängiger Belohnungsfunktion der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen weder einen Einfluß auf den Marktwert des gesamten Residualgewinns noch auf den Marktwert der Belohnung B=f-G+F hat, entspricht dem Investitionsprogramm mit dem maximalen Marktwert MPQ zugleich auch der maximale Marktwert nach Belohnung. Zwar erzielen die Anteilseigner aus diesem Handel selbst keinen unmittelbaren Vorteil (aber natürlich auch keinen unmittelbaren Nachteil), so daß bezüglich des Handels selbst keine Anreizkompatibilität besteht; der Entscheidungsträger kann durch Handel mit zustandsabhängigen Zahlungsansprüchen in gewissem Umfang seinen Erwartungsnutzen erhöhen, wobei die Anteilseigner weder ei-
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nen Vorteil noch einen Nachteil erzielen. Trotzdem sollten sie diesen Handel nicht verbieten; er ist das Vehikel, um für den Entscheidungsträger einen Anreiz zu schaffen, den Marktwert des Investitionsprogramms gemäß (XV.20) zu maximieren. Man kann sich im übrigen auch vorstellen, daß der Entscheidungsträger die beschriebenen Kapitalmarkttransaktionen nicht real durchführt, sondem in verifizierbarer Weise fiktiv in den Büchem des Untemehmens, wobei ex post der mit dem Investitionsprogramm erzielte Erfolg als Bemessungsgrundlage derart erhöht bzw. gesenkt wird, als hätte er die betreffenden Transaktionen tatsächlich durchgeführt. Da der Entscheidungsträger im SPA in relativ einfacher Weise mit linearen Belohnungsfunktionen (XV. 18) motiviert werden kann, den Marktwert vor und nach Belohnung zu maximieren, indem er im Untemehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf, erübrigen sich zwar im SPA im Grunde anreizkompatible zustandsabhängige konvexe Belohnungsfunktionen. Sie gewinnen jedoch im modifizierten SPA grundlegende Bedeutung. Damit befassen sich die beiden nachfolgenden Kapitel. Dort werden auch Probleme und Möglichkeiten praktischer Umsetzung des Konzepts zustandsabhängiger Belohnungssysteme untersucht. 53.3. Verpachtung oder Verkauf des Unternehmens als Anreizinstrument Im Rahmen des SPA kann das Anreizproblem im Prinzip in der Weise ideal gelöst werden, daß der Entscheidungsträger mit dem Prämiensatz f= 1 am Erfolg beteiligt wird. Als Gegenleistung zahlt er an die Anteilseigner einen festen Betrag; das Untemehmen wird an ihn verkauft oder verpachtet. Der Entscheidungsträger trägt dann zunächst das gesamte Erfolgsrisiko des Untemehmens. Jedoch kann er sich dieses Risikos entledigen, indem er für jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S) einen zustandsbedingten Anspruch in Höhe des Erfolgs Gpg des Investitionsprogramms verkauft. Er erzielt dann zum Zeitpunkt 0 einen ^zcheren Erlös in Höhe des Marktwertes MPQ. Wenn er durch Unterlassungen oder durch bestimmte Maßnahmen den Marktwert MPQ um einen bestimmten Betrag reduziert, geht dies allein zu seinen Lasten; die Motivationswirkung ist ideal.l2) 13) Der Entscheidungsträger kann über den erzielten Erlös MPQ frei verfügen. Er kann damit zustandsbedingte Ansprüche kaufen, so daß sich eine für ihn 12) Jedoch kommt die mit dem Verkauf des Untemehmens verbundene Steigerung des Untemehmenswertes nicht allein dem Entscheidungsträger zugute. Diejenigen, die ihr Verfügungsrecht über den Untemehmenserfolg an den Entscheidimgsträger übertragen, antizipieren diesen Vorteil und fordem einen relativ hohen Preis. 13) Da der Entscheidungsträger im Fall f=l die unmittelbaren Konsequenzen einer Änderung der Wahrscheinlichkeitsverteilung des Erfolges allein trägt, kann natürlich keine Anreizkompatibilität bestehen. Das Problem, den Entscheidungsträger zu motivieren, im Sinne der Anteilseigner zu handeln, ist jedoch fiir f = 1 gegenstandslos; die Bedingung der Anreizkompatibilität hat dann keine Bedeutung mehr.
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Kapitel XV
Optimale Wahrscheinlichkeitsverteilung über sein Endvermögen ergibt. Da die vom Entscheidungsträger zu erfüllenden zustandsbedingten Zahlungsansprüche unabhängig davon sind, welches Programm er realisiert und welchen Erfolg er erzielt, wird seine Motivation durch den Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüchen nicht beeinträchtigt. Wenn in einem Zustand der Erfolg steigt oder sinkt, ändert sich in gleicher Weise sein Endvermögen. Voraussetzung ist, daß der Entscheidungsträger für die Erfüllung der verkauften Zahlungsansprüche unbeschränkt haftet. In der Realität sind allerdings nicht nur die Überschüsse gegebener Investitionsprojekte, sondern auch zukünftige Investitionsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit bekannt. Wenn der Entscheidungsträger nicht weiß, welche Investitionsprojekte er in Zukunft entdecken wird, so wird ihm bei Erfolgsbeteiligung ein Belohnungsrisiko aufgebürdet, das er nicht wie die Überschüsse gegebener Investitionsprojekte durch Handel mit Zahlungsansprüchen hedgen und gegen das er sich auch nicht auf andere Weise versichern kann. Er fordert somit eine Risikoprämie, die tendenziell mit steigendem Prämiensatz f zunimmt; die Verpachtung oder der Verkauf des Unternehmens an den Entscheidungsträger ist dann im allgemeinen nicht mehr optimal, weil er eine zu hohe Risikoprämie fordern würde. Dabei ist auch hier zu beachten: Der Verkauf von festen zustandsbedingten Zahlungsansprüchen durch den Entscheidungsträger unterscheidet sich grundlegend von einem Verkauf von Ansprüchen auf Teile des erzielten Erfolges. Im zweiten Fall muß der Entscheidungsträger den Erfolg mit anderen teilen, so daß seine Motivation, hohe Erfolge zu erzielen, relativ gering ist. Die potentiellen Erwerber von Erfolgsanteilen antizipieren dies und sind nur bereit, relativ geringe Beträge als Gegenleistung flir die Erfolgsbeteiligung zu zahlen.
6. 6.1.
Möglichkeiten und Grenzen der Kontrolle Grundlagen
6.1.1. Grundformen und Grundprobleme der Kontrolle Positive Leistungsanreize haben deshalb große Bedeutung, weil es nur in engen Grenzen möglich ist, im Rahmen von Kontrollen eindeutige Informationen über die Qualität von EntScheidungsprozessen zu gewinnen, mit denen bei Fehlentscheidungen Sanktionen gerechtfertigt werden können. Abgesehen davon, lassen sich Sanktionen nur in Grenzen durchsetzen. Im folgenden werden Möglichkeiten und Grenzen der Kontrolle untersucht. Die Darstellungen verdeutlichen die besondere Bedeutung/7ö^zY/ver Anreize. Es werden Kontrollmaßnahmen einer „(Kontroll-)Instanz" betrachtet, die einen nachgeordneten Entscheidungsträger kontrolliert. Dabei bleibt offen, welche konkreten Positionen beide Parteien inne haben. Instanz könnte der Aufsichtsrat sein und Entscheidungsträger der Vorstand (oder ein Vorstands-
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mitglied). Instanz könnte auch der Vorstand selbst sein und Entscheidungsträger der Leiter einer Sparte, usw. Entweder delegiert die Instanz die Entscheidung an den Entscheidungsträger oder sie trifft die Entscheidung selbst. Bei Delegation hat der Entscheidungsträger nach Investitionsmöglichkeiten zu suchen, deren zustandsabhängige Überschüsse zu prognostizieren und das Investitionsprogramm mit dem maximalen Marktwert zu realisieren. Trifft die Instanz die Entscheidung selbst, so besteht die Aufgabe des Entscheidungsträgers primär darin, Investitionsmöglichkeiten zu suchen und der Instanz zur Genehmigung vorzulegen. Zugleich gibt der Entscheidungsträger auch ihr entscheidungsrelevante Informationen, um die vorgelegten Projekte besser bewerten zu können. Bei Delegation der Entscheidung geht es letztlich um zwei Problemstellungen: - Hat der Entscheidungsträger nachteilige Projekte durchgeführt? - Hat er vorteilhafte Projekte unterlassen? Bei Delegation der Entscheidung kann die Kontrollinstanz nicht unmittelbar beurteilen, ob eine vom Entscheidungsträger gewählte Alternative „gut" ist. Für eine solche Beurteilung benötigt sie u. a. Informationen über mögliche Alternativen und deren Konsequenzen, die sie zunächst gar nicht hat. Die Tatsache, daß ihre eigenen Fähigkeiten, Informationen zu beschaffen, zu speichern und zu verarbeiten begrenzt sind, ist flir die Instanz einer der wesentlichen Gründe daflir, Entscheidungskompetenzen zu delegieren. Einerseits wird sie dadurch entlastet, andererseits fehlt ihr damit aber zunächst auch die Informationsbasis zur Beurteilung der „Qualität" der Entscheidungen des Entscheidungsträgers. Somit stellt sich für sie das Problem, Informationen zu beschaffen. Als Informant kommt insbesondere auch der Entscheidungsträger in Betracht, der gerade die Aufgabe hatte, entscheidungsrelevante Informationen einzuholen. Um Manipulationen zu erschweren, sollte sich die Instanz primär über die Ausprägungen objektiv überprüfbarer Handlungsmöglichkeiten bzw. Daten und Ergebnisse informieren lassen, statt über subjektive Urteile des Entscheidungsträgers, wie etwa die Erwartungswerte zukünftiger Datenausprägungen oder die Erwartungswerte zukünftiger Überschüsse bzw. Gewinne. Wenn die Instanz vermutet, daß der Entscheidungsträger wenig motiviert oder wenig qualifiziert ist, entscheidungsrelevante Informationen zu beschaffen, wird sie zusätzliche Informationen einholen, um eine bessere Beurteilung der Qualität der gewählten Alternative und möglicher Revisionen der Entscheidung vornehmen zu können. Wenn der Entscheidungsträger der Instanz objektiv überprüfbare Informationen gibt, so informiert er sie zwar in gewissem Umfang auch über seinen Informations- und Entscheidungsprozeß. Viele Aspekte, die flir die Beurteilung der Motivation und Qualifikation des Entscheidungsträgers bzw. für zukünftige Delegationsentscheidungen der Instanz von Bedeutung sind, bleiben hierbei jedoch zunächst offen. Für die Instanz sind u.a. auch folgende Fragestellungen relevant: Über welche Informationen verfugte der Entscheidungsträger als er
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Kapitel XV
bestimmte Investitionsprojekte als nachteilig verwarf? Hätte er zusätzliche Informationen beschaffen können und - wenn ja - welche Kosten hätten sie verursacht? Welche subjektiven Rückschlüsse hat er aus Informationen gezogen? Im Rahmen einer Planungskontrolle wird daher auch der Prozeß der Informationsbeschaffung und -Verarbeitung des Entscheidungsträgers nachvollzogen (und an bestimmten Sollvorstellungen gemessen). Die Überprüfung der vom Entscheidungsträger im Entscheidungsprozeß getroffenen Ermessungsentscheidungen verursacht im Prinzip die gleichen Probleme wie die Kontrolle expliziter Verhaltensnormen. Im Gegensatz zu expliziten Verhaltensnormen fehlt aber bei impUziten Verhaltensnormen im allgemeinen eine eindeutige Sollbasis für die Kontrolle. Das bedeutet freilich nicht, daß keinerlei allgemein akzeptierte Kriterien existieren. Wenn der Entscheidungsträger etwa bei Investitionsentscheidungen sehr hohe Folgekosten völlig übersehen oder zukünftige Überschüsse mit Aufzinsungs- statt mit Abzinsungsfaktoren „diskontiert" hat, so wird er kaum überzeugende Gründe finden, dieses Vorgehen zu rechtfertigen. Daneben sind aber im Entscheidungsprozeß immer wieder Ermessungsentscheidungen zu treffen, die sich an subjektiven Zweckmäßigkeitsvorstellungen orientieren, die ihrerseits von Individuum zu Individuum sehr unterschiedlich sein können. Dies gilt insbesondere bei komplexen und umfangreichen Entscheidungsproblemen, bei denen das Ausmaß der Unsicherheit und der gebotenen Komplexitätsreduktion groß ist. Die Instanz hat zwar in der Regel eigene Vorstellungen darüber, wie bei der Entscheidungsfindung vorgegangen werden sollte (diese Vorstellungen entwickelte sie insbesondere auch im Kontrollprozeß selbst), sie kann jedoch ihre Überzeugungen nicht als „objektiv richtig" zum Beurteilungsmaßstab erheben. Es gibt hier gar keine objektiven Normen, die als Maßstab dienen können. Sanktionen gegen den Entscheidungsträger bei Ermessungsentscheidungen, die aus Sicht der Instanz nicht als sinnvoll erscheinen, können daher sehr problematisch sein. Um die Kontrolle zu erleichtem, kann es für die Instanz zweckmäßig sein, den Entscheidungsträger stärker an explizite Verhaltensnormen zu binden. Sie könnte zum Beispiel vorschreiben, bestimmte Informationen einzuholen oder einen bestimmten Modelltyp anzuwenden. Die Vorgabe solcher Normen belastet jedoch die Instanz. Sie muß die Normen im Rahmen eines eigenen Kalküls ermitteln und so formulieren, daß der Entscheidungsträger sie verstehen kann. Sie wird durch die Delegation der Entscheidung um so weniger entlastet, je mehr sie den Ermessensspielraum des Entscheidungsträgers durch explizite Normen einengt. Abgesehen davon fehlen der Instanz im allgemeinen die Informationen, um sinnvolle explizite Verhaltensnormen formulieren zu können. Für die Beurteilung eines Kontrollkonzepts kommt es nicht allein darauf an, welche Rückschlüsse es auf die Qualität der Entscheidungen ermöglicht. Auch dessen Kosten sind in Betracht zu ziehen. Je umfassender der Entscheidungsträger über seine Maßnahmen und Pläne und deren (mögliche) Konsequenzen informieren muß, desto weniger Zeit verbleibt ihm, Maßnahmen durchzuführen und Pläne zu erarbeiten. Außerdem verursacht auch die Aufnahme und die
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Verarbeitung der Informationen durch die Instanz Kosten. Es stellt sich das Problem der Komplexitätsreduktion. Dabei ist abzuwägen zwischen den Kosten und den (potentiellen) Erträgen der Kontrollrechnung; jedoch lassen sich insbesondere die Erträge nur schwer abschätzen. Da die unmittelbare Kontrolle der Entscheidungen eines Entscheidungsträgers einen großen Aufwand verursacht, liegt es nahe, eine mittelbare Kontrolle der Entscheidungen über die damit erzielten Ergebnisse vorzunehmen {Ergebniskontrolle). Hierbei erfolgt die Kontrolle erst, wenn (Zwischen-)Ergebnisse beobachtet bzw. ermittelt werden können. Die Ergebniskontrolle orientiert sich an Ergebnissen wie „Überschüsse", „(Perioden-)Erfolg", „Umsatz", „Marktanteil", „Absatzmenge" und „Lagerbestand". Wenn bei der Ergebniskontrolle der Verdacht von Fehlentscheidungen aufkommt, werden möglicherweise im Rahmen einer Planungskontrolle weitere Kontrollaktivitäten durchgeführt, um zusätzliche Informationen zu gewinnen. Bei der Erfolgskontrolle stellt sich das Problem, wie Ein- und Auszahlungen bzw. (Betriebs-)Erträge und Kosten zerlegt oder aggregiert werden sollen, um der Instanz einen „informativen" Vergleich mit Sollvorstellungen zu ermöglichen, die sie bereits hat oder bei der Erfolgs- und Planungskontrolle entwickelt, l^) Kommt es zum Beispiel bei Werbeausgaben nur auf deren absolute Höhe an, so erübrigt sich eine Zerlegung. Grundsätzlich ist jedoch von Bedeutung, wie diese Ausgaben auf verschiedene Produkte, Werbeträger und Kunden aufgeteilt werden. Die Zerlegung erhöht dann den Informationswert für die Instanz, sofem sie Vorstellungen über die zweckmäßigen Ausgabenstrukturen hat. Diese Bedingung kann selbst dann erfüllt sein, wenn sie nicht beurteilen kann, welche absolute Höhe der Werbeausgaben angemessen ist. Sie könnte bei Zerlegung immerhin den Schluß ziehen, daß für entwicklungsfähige Produkte im Vergleich zu Produkten mit gesättigten Märkten zu wenig geworben wurde. Eventuell entwickelt sie mit dem Entscheidungsträger eine neue Werbestrategie. Wenn die Instanz die Entscheidung selbst trifft, ergeben sich für sie zwei Kontrollprobleme: - Welche der vom Entscheidungsträger vorgelegten Projekte sind aus ihrer Sicht vorteilhaft bzw. nachteilig? - Existieren vorteilhafte Projekte, die nicht zur Genehmigung vorgelegt wurden? Im Vergleich zur ersten Fragestellung ist die zweite i. a. komplexer; wenn der Entscheidungsträger aus persönlichen Gründen vom Standpunkt der Instanz vorteilhafte Projekte nicht realisieren will, wird er sie gar nicht erst darüber informieren. Möglicherweise ist er auch nicht hinreichend motiviert oder quahfiziert, sich über mögliche Projekte zu informieren bzw. Projektideen zu entwickeln. Für die Instanz stellt sich dann das Problem, Indikatoren für ein gegebenes (und möglicherweise nicht ausgeschöpftes) Erfolgspotential zu entdecken (Abschnitt 6.6). 14) Vgl. hierzu auch ausführlich LAUX (2005b) und die dort diskutierte Literatur.
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Kapitel XV
Um zu verhindern, daß sie nachteilige Projekte genehmigt, nimmt die Instanz zum Zeitpunkt 0, in dem ihr die Projekte vorgelegt werden, eine mehr oder weniger fundierte eigene Bewertung der Projekte vor. Es wird angenommen, daß der Entscheidungsträger selbst qualifiziert ist, die Projekte adäquat zu bewerten, jedoch mag er deshalb vom Standpunkt der Instanz nachteilige Projekte (mit negativem Marktwert nach Anschaffungsauszahlung) vorlegen, weil er damit immaterielle Vorteile erzielen kann. Bei Kontrolle der Qualität der vorgelegten Projekte ist die Instanz vor allem auch auf Informationen des Entscheidungsträgers angewiesen. Da die Instanz damit rechnet, daß er eine persönliche Präferenz fär Projekte hat, besteht aus ihrer Sicht die Gefahr, daß der Entscheidungsträger ihr Informationen gibt, bei denen diese Projekte auch dann als vorteilhaft erscheinen, wenn sie einen negativen Kapitalwert aufweisen. Sie hat somit vor allem ein Interesse daran, objektiv überprüfbare Informationen zu erhalten. Die Überprüfbarkeit muß allerdings nicht schon zum Zeitpunkt 0 bestehen, zu dem die Projekte zur Genehmigung vorgelegt werden. Auch über stochastische Daten oder Ergebnisse, die sich auf zukünftige Zeitpunkte beziehen, kann in verifizierbarer Weise informiert werden, sofem diese eindeutig von bestimmten Zuständen (Ereignissen oder Datenkonstellationen) abhängen, deren Eintreten die Instanz überprüfen kann. Allerdings ist dann die Prognose nicht in Form eines Erwartungswertes zu geben, sondern zustandsbedingt. Die Instanz prüft dann den eintretenden Zustand und vergleicht die realisierten Istwerte mit jenen Werten, die vom Entscheidungsträger fiir diesen Zustand gemeldet worden sind. Bestehen Verbundeffekte zwischen den Investitionsprojekten (Restriktions-, Erfolgs-, Risiko- oder Bewertungsverbund), so können diese grundsätzlich nicht isoliert voneinander, sondem nur als Programm bewertet werden. Entsprechend ist auch bei Kontrolle der Qualität eines Projektes dem Verbund mit anderen Projekten Rechnung zu tragen. Im folgenden wird - wie in dieser Arbeit üblich - von Restriktions- und Erfolgsverbund abgesehen. Allenfalls ist einem Risiko- oder Bewertungsverbund Rechnung zu tragen. Die Relevanz dieser Verbundeffekte hängt vom Kapitalmarktzusammenhang ab. Im folgenden werden Grundprobleme projektorientierter Kontrolle untersucht, wobei davon ausgegangen wird, daß Untemehmenserfolge bzw. Überschüsse den einzelnen Projekte zugerechnet werden (können). Im Vordergrund steht zunächst der Fall, daß der Entscheidungsträger der Instanz Projekte zur Genehmigung vorlegt und diese über das Investitionsprogramm entscheidet. Insbesondere wird untersucht, wie unter Berücksichtigung von Kapitalmarktzusammenhängen bei der Beurteilung der Qualität von Entscheidungen der Unsicherheit über deren Konsequenzen Rechnung getragen werden kann. Die Darstellungen gelten analog für einzelne Komponenten der Projekterfolge bzw. -Überschüsse. Zunächst wird der Einperioden-Fall betrachtet, in dem sämtliche Projekte zum Zeitpunkt 1 abgeschlossen sind. Zwei Kontrollzeitpunkt werden betrachtet: Bei ex ante-Kontrolle nimmt die Instanz zum Zeitpunkt 0 eine Planungs-
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kontroUe in Form eigener Projektbewertungen auch auf der Basis von Informationen vor, die sie vom Entscheidungsträger erhält. Die ex post-Kontrolle stellt eine Ergebniskontrolle dar. Sie erfolgt zum Zeitpunkt 1, nachdem die Erfolge der realisierten Projekte bekannt sind und dient vor allem dazu, Erfolgsangaben, die der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt 0 gegenüber der Instanz vorgenommen hat, zu überprüfen. 6.1.2. Kontrolle bei subjektiver Nutzenmaximierung Für die Kontrolle der Qualität von Investitionsprojekten ist von grundlegender Bedeutung, welche Eigenschaften der Kapitalmarkt aufweist und welchen Zugang die Instanz (und gegebenenfalls der Entscheidungsträger) zu diesem Markt hat. Um dies zu verdeutlichen, wird zunächst von Kontrollmöglichkeiten, die der Kapitalmarkt eröffnet, abgesehen. Es wird davon ausgegangen, die Instanz orientiere sich am Ziel, den Erwartungswert des Nutzens des Gewinns zu maximieren, wobei ihre Nutzenfunktion dem Entscheidungsträger bekannt sei; bei Linearität der Nutzenfunktion ist der Erwartungswert des Gewinns zu maximieren. Es genügt hier natürlich grundsätzlich nicht, daß der Entscheidungsträger ausschließlich den Erwartungswert des Nutzens des von ihm geplanten Investitionsprogramms meldet. Der Entscheidungsträger hätte dann einen extrem weiten Spielraum flir die Verfolgung eigener Ziele. Insbesondere mag er auch bei einem vom Standpunkt der Instanz nachteiligen Programm einen hohen Erwartungsnutzen melden. Bei wahrheitsgemäßem Bericht über den Erwartungsnutzen kann die Instanz zwar erkennen, ob das Programm als Ganzes gegenüber der Unterlassungsaltemative vorteilhaft ist. Es wird ihr aber nicht ersichtlich, ob der Erwartungsnutzen erhöht werden kann, indem geplante Projekte unterlassen (und/oder zusätzliche Projekte ins Programm aufgenommen) werden. Damit die Instanz sich ein Urteil bilden kann, muß sie den entscheidungsrelevanten Zuständen Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen und sie muß wissen, welche Gewinne die Projekte in den möglichen Zuständen bieten. Da die eigene Beschaffimg der betreffenden Informationen durch die Instanz einen prohibitiv hohen Aufwand verursacht, ist sie auch auf Information durch den Entscheidungsträger angewiesen. Wenn er der Instanz Eintrittswahrscheinlichkeiten flir die möglichen Umweltzustände und die zustandsabhängigen Projekterfolge meldet, so kann sie zwar erkennen, ob hinsichtlich dieser Angaben der Erwartungsnutzen durch die Unterlassung geplanter Projekte erhöht werden kann. Damit werden Manipulationen aber kaum erschwert, sofem die Instanz die Angaben selbst nicht überprüft. Der Entscheidungsträger kann seinen Bericht so abfassen, daß der entsprechende Erwartungsnutzen sinkt, wenn zur Genehmigung vorgelegte Projekte unterlassen werden. Für die Instanz stellt sich somit das Problem, die Angaben des Entscheidungsträgers in gewissem Umfang zu überprüfen. Da der Entscheidungsträger grundsätzlich gegenüber der Instanz einen Informationsvorsprung hat (es be-
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Steht Liformationsasymmetrie), ist es nicht sinnvoll, daß die Listanz Wahrscheinlichkeitsangaben des Entscheidungsträgers über die Umweltzustände nur im Licht ihrer eigenen Informationen beurteilt. Sie benötigt zusätzliche entscheidungsrelevante Liformationen. Als Informant kann auch hierbei insbesondere der Entscheidungsträger in Betracht kommen. Um Manipulationen zu erschweren, sollte er über solche Indikatoren informieren, deren Ausprägungen die Instanz prinzipiell überprüfen kann (etwa Preisentwicklungen in der Vergangenheit, erzielte Branchenerfolge, Konjunkturberichte). Manipulationsmöglichkeiten bestehen dann noch in dem Sinne, daß der Entscheidungsträger Informationen vorenthält, bei denen die Instanz vorgelegte Projekte als nachteilig erkennen würde. Wenn jedoch die Instanz eine eingehende Kontrolle des Wahrscheinlichkeitsurteils des Entscheidungsträgers vomimmt, wird sie durch die Delegation kaum entlastet. Abgesehen davon kann die Instanz das Wahrscheinlichkeitsurteil prinzipiell nur dann sinnvoll überprüfen, wenn sie hinreichend qualifiziert ist, aus Informationen Wahrscheinlichkeitsurteile abzuleiten. Ein wesentlicher Grund für eine Delegation kann indessen darin bestehen, daß diese Bedingung nicht erfüllt ist. Auch die ex ante-KontroUe der zustandsabhängigen Projekterfolge kann einen prohibitiv hohen Aufwand verursachen. Damit die Instanz sich ein eigenes Urteil über den Erfolg eines Projekts in irgend einem Zustand bilden kann, muß sie wissen, welche Aktivitäten dem Projekt entsprechen, welche Daten entscheidungsrelevant sind und durch welche Ausprägungen für diese der betreffende Zustand definiert ist. Die Instanz wird einen Bericht des Entscheidungsträgers über zustandsabhängige Erfolge allenfalls bruchstückhaft überprüfen (können). Es bietet sich daher an, zusätzliche Kontrollen ex post vorzunehmen, nachdem die erzielten Projekterfolge bekannt sind. Im Rahmen einer ex post-KontroUe genügt es nicht, nur den erzielten Erfolg zu überprüfen und diesen den realisierten Projekten zuzurechnen. In Risikosituationen lassen erzielte Erfolge nur schwache Rückschlüsse auf die Qualität von Entscheidungen zu. Der Erfolg hängt eben nicht nur von der gewählten Alternative, sondern auch vom eintretenden Umweltzustand ab, der zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht bekannt ist. Es ist möglich, daß sich der Entscheidungsträger eingehend über die möglichen Zustände informiert, sich ein fundiertes Wahrscheinlichkeitsurteil bildet, ein aus Sicht der Instanz optimales Investitionsprogramm realisiert und dann ein Zustand eintritt, bei dem ein hoher Verlust erzielt wird. Umgekehrt kann auch mit einem a priori „schlechten" Programm ein hoher Gewinn erzielt werden. Damit die Instanz aus erzielten Erfolgen geeignete Rückschlüsse auf die Qualität der Entscheidungen ziehen kann, benötigt sie - wie noch näher erläutert wird - vergleichbare Sollgrößen, an denen diese Erfolge gemessen werden können (VELTHUIS, 2004b). Ohne Berücksichtigung des Kapitalmarktes sind diese jedoch durch die Instanz kaum zu quantifizieren. Kann sie jedoch ex post den eingetretenen Umweltzustand überprüfen, so kann sie immerhin kontrollieren, ob der Entscheidungsträger für diesen Zustand die (bedingten) Projekt-
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gewinne ex ante wahrheitsgemäß bekanntgegeben hat. Stimmen die erzielten Gewinne mit den angegebenen überein, so ist das allerdings noch kein sicheres Indiz für einen wahrheitsgemäßen Bericht über alle gemeldeten zustandsabhängigen Gewinne. Die Instanz kann nicht erkennen, welche Gewinne in anderen a priori möglichen Zuständen erzielt worden wären, so daß sie die Gewinnprognosen hierfür nicht kontrollieren kann. 6.2,
Kontrolle im State Preference Ansatz
Im State Preference Ansatz existiert ein vollkommener und vollständiger Kapitalmarkt. Hier können für jeden möglichen Zustand Sg bedingte Zahlungsansprüche zu einem gegebenen Preis n^ gehandelt werden. Bei unveränderlichen Preisen steht Marktwertmaximierung im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung. Es ist dann naheliegend, daß die Instanz dem Entscheidungsträger für seine Vorauswahl von Projekten das Ziel setzt, den Marktwert des Investitionsprogramms zu maximieren. Die Beiträge, die die einzelnen Projekte zu den zustandsabhängigen Gesamterfolgen leisten, haben zwar für die Kontrolle im Prinzip die gleiche Bedeutung wie für den Fall, daß die Instanz dem Entscheidungsträger das Ziel der direkten Maximierung ihres Erwartungsnutzens vorgibt. Gegenüber diesem Ziel wird jedoch die Kontrolle beim Ziel der Marktwertmaximierung aus folgenden Gründen vereinfacht: 1. Bei der Projektbewertung ist weder einem Risiko- noch einem Bewertungsverbund Rechnung zu tragen; der Marktwert eines Projekts kann unabhängig davon ermittelt werden, welche Projekte sonst noch durchgeführt werden. Dies erleichtert die isolierte Kontrolle einzelner Investitionsprojekte durch die Instanz. 2. Zur ex ante-KontroUe eines Projekts muß sich die Instanz kein Urteil über die Eintrittswahrscheinlichkeiten der Zustände bilden. An deren Stelle treten die im SPA allseits bekannten Preise Tig für zustandsbedingte Zahlungsansprüche. Wenn die Instanz die zustandsabhängigen Gewinne kennt, kann sie damit den Marktwert des Projekts ermitteln. Da der Entscheidungsträger diese Gewinne im Rahmen seiner Planung ohnehin ermitteln muß, ist es naheliegend, daß er die Instanz darüber informiert. Da im SPA der eintretende Zustand (annahmegemäß) kostenlos verifiziert werden kann, bestehen hier für die Instanz im Prinzip ideale Voraussetzungen, ex post die erzielten Erfolge mit den für den eingetretenen Zustand gemeldeten Erfolgen zu vergleichen. Ergeben sich Differenzen (vor allem: sind erzielte Projektgewinne kleiner als gemeldet) ist dies ein eindeutige Indiz für Manipulationen. Jedoch ergibt sich daraus analog zur subjektiven Nutzenmaximierung nicht die Gewähr für einen unverfälschten Bericht über alle möglichen zustandsabhängigen Projekterfolge. Wenn der Entscheidungsträger für einen Zustand einen verfälschten Bericht abgibt, wird dies eben nur dann ex post aufgedeckt, wenn dieser Zustand tatsächlich eintritt. Je geringer a priori dessen Eintritts-
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Kapitel XV
Wahrscheinlichkeit ist, desto geringer ist auch die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Sanktion Wenn der Entscheidungsträger ein Projekt mit negativem Marktwert (nach Anschaffungsauszahlung) durchsetzten möchte, wird er bei gleichem Eintrittswahrscheinlichkeiten tendenziell für solche Zustände überhöhte Gewinne melden, für die die Preise n^ hoch sind, weil dann eine relativ hohe fiktive Marktwertsteigerung resultiert und somit bei gegebenen Beträgen der Manipulation am ehesten ein (fiktiv) positiver Marktwert und entsprechend die Genehmigung des Projekts durch die Instanz induziert werden kann. Bei gleichen Preisen n^ wird er tendenziell für solche Zustände überhöhte Gewinne melden, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten gering sind. 6.3.
Kontrolle auf der expliziten Basis von Duplikationsportefeuilles
Ist der Markt vollständig, so kann der Überschuß jedes Projekts durch Portefeuillebildung dupliziert werden. Auf der Basis von Duplikationsportefeuilles kann analog zu den Darstellungen im Abschnitt 6.2 die Kontrolle vorgenommen werden. - Der Entscheidungsträger meldet nicht explizit die zustandsabhängigen Gewinne für die einzelnen Projekte, sondern Duplikationsportefeuilles für deren Überschüsse. Ist die Anschaffungsauszahlung für ein Projekt kleiner als der Marktwert des betreffenden Duplikationsportefeuilles, so wird es von der Instanz genehmigt, weil es dann vorteilhaft (sein Kapitalwert also positiv ^^)) erscheint. - Am Ende der Periode prüft die Instanz für jedes realisierte Projekt (oder zumindest in Stichproben), ob der erzielte Überschuß mit dem jeweils gemeldeten Duplikationsportefeuilles übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, zeigt sich eine Manipulation. Die Meldung von Duplikationsportefeuilles kann in Vergleich zur expliziten Meldung aller möglichen zustandsabhängigen Gewinne einen wesentlich niedrigeren Aufwand verursachen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Zahl der möglichen Zustände groß und die Zahl der Wertpapiertypen, mit denen dupliziert werden kann, gering ist (möglicherweise kann der Überschuß eines Projekts mit einem einzigen Wertpapiertyp dupliziert werden). Jedoch hat der Entscheidungsträger im Prinzip die gleichen Manipulationsmöglichkeiten wie bei expliziter Meldung zustandsabhängiger Gewinne. Will er ein Projekt mit negativem Marktwert durchsetzen, so besteht die Tendenz, daß er ein Duplikationsportefeuille meldet, dessen gegenwärtiger Marktwert höher ist als die Anschaffungsauszahlung des Projekts. Ist der Instanz die Risikoklasse (die Struktur der möglichen Überschüsse) eines Projekts a priori bekannt, so hat sie selbst dann relativ gute KontroU15) Zur Gewährung einer Prämie auf der Basis des Kapitalwerts vgl. Kapitel XVII, Abschnitt 5.2.
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
545
möglichkeiten, wenn sie ex ante die zustandsabhängigen Projektüberschüsse nicht kennt. Immerhin kann sie ex ante prüfen, welche Struktur das Duplikationsportefeuille aufweisen muß, damit es in die gleiche Risikoklasse wie das Projekt fällt (damit also die Struktur seines Endwertes mit der des Projektüberschusses übereinstimmt). Wenn der Entscheidungsträger das Projekt bei negativem Kapitalwert durchsetzen möchte, so muß er ein Volumen für das Duplikationsportefeuille vortäuschen, bei dem sein Marktwert zum Zeitpunkt 0 höher ist als die Anschaffungsauszahlung. Dieses Portefeuille hat aber mit Sicherheit einen Endwert, der höher ist als der Projektüberschuß, so daß eine Manipulation mit Sicherheit ersichtlich werden wird. Wenn die Listanz a priori die Risikoklasse eines Projekts kennt, so ist es für sie naheliegend, die Entscheidungskompetenz darüber an den Entscheidungsträger zu delegieren und bei Realisation des Projekts ex post wie folgt zu überprüfen, wie hoch sein Kapitalwert aus Sicht des Zeitpunkts 0 war: Nachdem die Instanz den erzielten Projektüberschuß kennt, konstruiert sie ein Portefeuille mit der maßgeblichen Risikostruktur, das zum Zeitpunkt 0 hätte beschafft werden können und einen Endwert in Höhe des Projektüberschusses aufweist. Die Anschaffungsauszahlung des Projekts abzüglich des Marktwertes des betreffenden Portefeuilles zum Zeitpunkt 0 ergibt den Kapitalwert des Projekts, ebenfalls bezogen auf den Zeitpunkt 0; es wird eindeutig ersichtHch, ob beim Informationsstand des Zeitpunkts 0 das Projekt vorteilhaft war oder nicht. Wird ein Vergleichsportefeuille gebildet, dessen Endwert zwar nicht mit dem Überschuß des Projekts übereinstimmt, jedoch in dieselbe Risikoklasse fällt (es besteht dann eine proportionale Beziehung zwischen beiden stochastischen Größen), so kann zwar nicht unmittelbar auf die absolute Höhe des Kapitalwertes des Projekts zum Zeitpunkt 0 geschlossen werden, jedoch immerhin auf dessen Vorzeichen: Ist ex post die erzielte Projektrendite höher (niedriger) als die Rendite des Portefeuilles, so ist dieser Kapitalwert positiv (negativ). Bei gegebener Anschaffungsauszahlung ist er um so höher, je mehr die Projektrendite die Portefeuillerendite überschreitet. Trotzdem ist die renditebezogene Kontrolle problematisch. Möglicherweise kann nämlich die Projektrendite bei sinkendem Kapitalwert „verbessert" werden, indem das Projekt nur zum Teil durchgeführt wird. Zur Erläuterung dient ein Beispiel: Bezeichnet man den Überschuß des Projekts im Zustand Ss(s=l,2,...,S) mit ejps und dessen Anschaffungsauszahlung mit Aop, so ergibt sich bei Eintreten des Zustandes Ss eine Rendite von ^ - 1 Aop
(s = l,2,...,S).
Wird nur ein Teil des Projekts durchgeführt und sinkt dabei der Überschuß im Zustand Ss(s=l,2,...,S) auf x-e^pg (0 < x < 1) und die Anschaffungsauszahlung auf y • Aop, so steigt für y < x die Rendite jedem möglichen Zustand:
546
Kapitel XV
Zi:.!lPzi_i>.!lM_i y-Aop Aop
füry<x
(s=l,2,...,S).
Zugleich ergibt sich ein Kapitalwert von Mo(x-eip)-y-Aop =x-Mo(eip)-~y-Aop, während bei vollständiger Durchführung des Projekts der Kapitalwert Mo(eip)-Aop beträgt. Der Kapitalwert sinkt somit, wenn x-Mo(eip)-y-Aop<Mo(eip)-Aop oder (l~y)-Aop <(l-x)-Mo(eip) oder
Aop
1-x
Bedingung dafür, daß der Kapitalwert bei teilweiser Projektdurchführung sinkt gilt. Für den Fall y = x und entsprechend ( l - y ) / ( l - x ) = l würde der Kapitalwert bei teilweiser Durchführung des Projekts immer dann sinken, wenn Mo(eip)>Aop bzw. Mo(e|p)-Aop >0 gilt, der Kapitalwert des Projekts also positiv ist. Jedoch gilt annahmegemäß y < x und mithin ( l - y ) / ( l - x ) > l . Trotzdem besteht die Tendenz, daß (XV.24) erfüllt ist: Je größer Mo(e|p) im Vergleich zu Aop ist, desto kleiner muß y im Vergleich zu x sein (desto mehr muß also bei teilweiser Durchführung des Projekts die Anschaffungsauszahlung im Vergleich zum Überschuß sinken), damit die linke Seite von (XV.24) kleiner ist als die rechte und mithin bei teilweiser Durchführung der Kapitalwert (ebenso wie die Rendite) steigt. Ist die Bedingung (XV.24) erfüllt, so sinkt bei teilweiser Durchführung des Projekts der Marktwert, obwohl die Rendite steigt. Bei renditeorientierter Kontrolle besteht die Gefahr, daß der Entscheidungsträger ein zu geringes Investitionsvolumen wählt, um hinsichtlich der Rendite besser abzuschneiden (Gefahr der Unterinvestition). Die Kontrolle des Kapitalwertes eines Projekts auf der Basis von Duplikationsportefeuilles setzt nicht voraus, daß der Kapitalmarkt vollständig ist. Auch bei UnVollständigkeit des Kapitalmarktes kann auf Grund eines entsprechend begrenzten Aktionsraums die Spanning-Bedingung erfüllt sein, so daß alle Projektüberschüsse duphzierbar sind. Wenn die Spanning-Bedingung verletzt ist, so können trotzdem einzelne Projektüberschüsse duplizierbar sein, so daß die Kontrolle auf der Basis von Duplikationsportefeuilles immerhin in Grenzen möglich ist.
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
547
Zwar existieren im vollständigen Kapitalmarkt (bzw. unter der SpanningBedingung) relativ gute Kontrollmöglichkeiten. Jedoch hat hier die Kontrolle eine geringe Bedeutung; der Entscheidungsträger kann in idealer Weise motiviert werden, indem das Unternehmen an ihn verkauft oder verpachtet wird. Gerade in solchen Kapitalmarktsituationen, in denen die Steuerung durch Kontrollen wichtig sein könnte, stößt sie auf enge Grenzen. 6.4.
Kontrolle im modifizierten SPA
hn modifizierten SPA sind die Projektüberschüsse nicht eindeutig durch den eintretenden Umweltzustand bestimmt. Vielmehr existiert flir jedes Projekt ein stochastischer Störterm, der bewirkt, daß der Projektüberschuß in jedem Zustand Sg um seinen bedingten Erwartungswert streut. Während die Varianz des Störterms positiv und gegebenenfalls zustandsabhängig ist, ist der Erwartungswert des Störterms für jeden Zustand gleich null. Die Störterme beeinflussen zwar nicht die wahren Marktwerte der Projekte, jedoch eröffnen sie Möglichkeiten der Manipulation. Bei ex ante Kontrolle kann der Entscheidungsträger nur noch Erwartungswerte für die Projektüberschüsse in den möglichen Zuständen melden. Da die Instanz im modifizierten SPA ex post den eingetretenen Umweltzustand Sg und außerdem annahmegemäß auch die erzielten Projektüberschüsse (kostenlos) überprüfen kann, könnte sie bei eigener Überprüfbarkeit der Höhe der Störterme mit Sicherheit auf die flir diesen Zustand maßgeblichen Erwartungswerte der Überschüsse der realisierten Projekte rückschließen, indem sie bei jedem Projekt vom erzielten Istwert den Störterm subtrahiert (wenn er positiv ist) oder addiert (wenn er negativ ist) und analog zum SPA prüfen, ob der Entscheidungsträger flir den eingetretenen Zustand wahrheitsgemäß den Erwartungswert des Projektüberschusses gemeldet hat. Nun kann aber die Instanz annahmegemäß die Ausprägung der Störterme nicht identifizieren. Insbesondere wenn ex ante die Streuungen der Störterme groß sind, bestehen Manipulationsmöglichkeiten. Wenn der Entscheidungsträger flir einen Zustand einen überhöhten Erwartungswert meldet und der erzielte Istwert darunter liegt, kann er die Abweichung mit einem negativen Wert flir den Störterm (den die Instanz nicht beobachten kann) rechtfertigen. Die Instanz hat somit nur begrenzte Möglichkeiten, die Aussagen des Entscheidungsträgers zu prüfen. Sie kann allenfalls Vermutungen anstellen, die aber als Grundlagen flir Sanktionen wenig geeignet sind. Wenn allerdings a priori bekannt ist, daß flir ein Projekt die Spannbreite der Streuung des Störterms sehr gering ist, ist der Spielraum flir eine Manipulation ebenfalls gering. Weicht der flir den eingetretenen Umweltzustand erzielte IstÜberschuß um einen Betrag vom gemeldeten Erwartungswert ab, der außerhalb der Spannbreite des Störterms liegt, ist dies ein sicheres Indiz flir eine Manipulation.
548
Kapitel XV
Wenn zustandsbedingte Zahlungsansprüche nicht explizit gehandelt werden können, so besteht im modifizierten SPA annahmegemäß die Möglichkeit, für jedes Projekt ein Duplikationsportefeuille mit folgender Eigenschaft zu bilden: Für jeden Zustand Ss(s=l,2,...,S) wird mit dem Portefeuille ein deterministischer Endwert in Höhe des Erwartungswertes des Projektüberschusses erzielt. Entsprechend kann die ex ante Kontrolle vorgenommen werden, indem der Entscheidungsträger der Instanz für jedes Projekt ein Duplikationsportefeuille meldet. Aber auch hier kann der Störterm erhebüche Kontrollprobleme verursachen. In der Realität wird häufig allenfalls ein Duplikationsportefeuille mit den folgenden Eigenschaften existieren: Für jeden Zustand Ss (s=l,2,...,S) ist zwar der Endwert des Portefeuilles stochastisch, jedoch stimmt jeweils sein Erwartungswert mit dem Erwartungswert des Projektüberschusses überein. Es ist nun also auch ein Störterm für den Endwert des „Duplikationsportefeuilles" maßgeblich, der die Kontrolle vor allem dann zusätzlich erschwert, wenn die Spannweite dieses Störterms groß ist. 6.5.
Kontrolle im Mehrperioden-Fall
Die Kontrolle der Überschüsse bereitet im Mehrperioden-Fall im Prinzip die gleichen Probleme wie im Einperioden-Fall. Können bei einem mehrperiodigen Projekt die zukünftigen Überschüsse durch ein statisches Portefeuille (das im Zeitablauf nicht umgeschichtet wird) dupliziert werden, so erübrigt sich auch hier die explizite ZustandskontroUe durch die Instanz; sie vergleicht im Zeitablauf analog zum Einperioden-Fall die erzielten Projektüberschüsse mit den Überschüssen des Duplikationsportefeuilles. Im allgemeinen wird jedoch für die Duplikation ein dynamisches Portefeuille erforderlich sein, das im Zeitablauf in bedingter Weise (zustandsabhängig) umgeschichtet wird. Damit die Instanz die Überschüsse kontrollieren kann, muß sie a priori wissen, unter welchen Bedingungen das Portefeuille in welcher Weise verändert wird und sie muß überprüfen können, ob die betreffenden Bedingungen eingetreten sind oder nicht.
6.6.
Kontrolle der Ausschöpfung von Erfolgspotential
Bei den bisherigen Darstellungen ging es primär darum, zu verhindern, daß nachteilige Projekte (mit negativem Kapitalwert) durchgeführt werden. Fehlentscheidungen können unabhängig davon, ob die Instanz die Entscheidungskompetenz an den Entscheidungsträger delegiert oder die von ihm vorgelegten Projekte genehmigt, aber auch darin bestehen, daß vorteilhafte Projekte unterlassen werden. Dies kann verschiedene Ursachen haben: - Der Entscheidungsträger hat die betreffenden Projekte zwar entdeckt und richtige bewertet, jedoch erscheinen sie aus seiner subjektiven Sicht als nachteilig. - Der Entscheidungsträger hat die betreffenden Projekte gar nicht erst entdeckt, weil er nicht motiviert und/oder qualifiziert ist, Erfolgspotential zu erkennen bzw. zu erforschen.
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
549
hiwieweit der Entscheidungsträger gegebenes „Erfolgspotential" ausgeschöpft (d. h. bei angemessenen Anstrengungen und hinreichender Qualifikation erzielbaren maximalen Kapitalwert des hivestitionsprogramms erreicht) hat, kann die Instanz möglicherweise erkennen, indem sie selbst nach Projekten sucht. Davon soll hier jedoch abgesehen werden. Li Betracht kommt dann vor allem ein Vergleich mit einem (oder mehreren) anderen Unternehmen, das die Bedingung der Vergleichbarkeit erfüllt (Benchmark-Untemehmen). Da die Listanz diesen Vergleich im allgemeinen nicht in der Weise vornehmen kann, daß sie direkt umfassend prüft, welche Projekte in diesem Unternehmen durchgeführt bzw. unterlassen wurden und welche Marktwerte sie aufweisen, kommt als Kontrollkonzept insbesondere der Vergleich des vom Entscheidungsträger erzielten Erfolges mit dem Erfolg des Vergleichsbetriebs und die mehr oder weniger intensive Analyse der Ursachen von Abweichungen in Frage. Solche Kontrollaktivitäten lassen indessen nur begrenzte Rückschlüsse auf die Qualität der Entscheidungen des Entscheidungsträgers zu. Dies gilt vor allem für den Fall, daß nicht sämtliche vom Entscheidungsträger und dem Vergleichsuntemehmen durchführbaren Projekte in dieselbe Risikoklasse fallen. Vergleichsprobleme ergeben sich hier sogar schon dann, wenn für den Entscheidungsträger und den Vergleichsbetrieb dieselbe Menge der objektiv durchführbaren Projekte relevant ist und zudem jeweils dieselben Probleme bestehen, die betreffenden Projekte zu entdecken. Wenn im Vergleichsuntemehmen ein Erfolg erzielt wird, der höher (niedriger) ist als der des Entscheidungsträgers, so ist dies kein Indiz dafür, daß der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt 0 „schlechtere" („bessere") Entscheidungen getroffen hat.^^) Selbst wenn er das Investitionsprogramm realisiert, das zum Zeitpunkt 0 den höchstmöglichen Kapitalwert aufweist, kann ex post im Vergleichsuntemehmen ein wesentlich höherer Gewinn erzielt werden: - Im Vergleichsuntemehmen wurden Projekte mit negativem Kapitalwert durchgeführt, denen im eingetretenen Zustand ein positiver Erfolg entspricht. - Es wurden Projekte mit positivem Kapitalwert unterlassen, denen im eingetretenen Zustand ein Verlust entsprochen hätte. Aus gleichen Gründen kann der Entscheidungsträger einen höheren Gewinn als das Vergleichsuntemehmen erzielen, auch wenn in diesem das Investitionsprogramm mit dem höchsten Kapitalwert realisiert wurde. Im allgemeinen ist der Gewinnvergleich für sich gesehen deshalb wenig aussagefähig, weil nicht ersichtlich wird, auf welche Ursachen Abweichungen zurückzuführen sind, ob sie ein positives oder negatives Signal bedeuten. Der Vergleich wird erschwert, wenn für den Entscheidungsträger und den Vergleichsbetrieb die Menge der objektiv durchführbaren Projekte verschieden sind. Wenn vom Entscheidungsträger und im Vergleichsbetrieb ausschließlich Projekte derselben Risikoklasse (Projekte mit proportionaler Beziehung zwi16) Im Mehrperioden-Fall wird der Vergleich noch durch Unterschiede in der Periodenzurechnung von Überschüssen erschwert.
550
Kapitel XV
sehen den Überschüssen, etwa innerhalb der gleichen Branche) durchgeführt werden können, kann der Verglich zwar aussagefähiger werden, jedoch läßt er auch hier nur in engen Grenzen Rückschlüsse auf die Qualität der Entscheidungen des Entscheidungsträgers zu. Das zeigt sich bereits für den Fall, daß die Menge der möglichen Projekte des Entscheidungsträgers mit der des Vergleichsuntemehmens übereinstimmt und die Instanz nicht nur den vom Entscheidungsträger erzielten Überschuß ÜLj^ und die Anschaffungsauszahlung AQ£ seines Programms, sondern auch den Überschuß ÜLjy und die Anschaffungsauszahlung AQV des Vergleichsuntemehmens prüfen kann. Da alle Projekte des Entscheidungsträgers und des Vergleichsuntemehmens in dieselbe Risikoklasse fallen, gilt dies auch für ÜLj^ und ÜLjy, so daß folgt: E(OL,E),OLiE ULiy
E(ULiv) ^^ Die Erwartungswerte der Überschüsse stehen also im gleichen Verhältnis zueinander wie die realisierten und von der Instanz beobachtbaren Überschüsse. Aus (XV.25) folgt (XV.26)
E(ÜLIE)=^^-E(ÜLIV)
ULiy und mithin für die Marktwerte der Überschüsse bezogen auf den Zeitpunkt 0 (l + k)-^.E(ÜLiE) = ^ ^ - ( l + k)-^.E(ÜLiv), ULiy wobei k den für die Risikoklasse maßgebhchen Kalkulationszinsfuß bezeichnet. Der Entscheidungsträger hat genau dann ein Programm mit höherem Kapitalwert zum Zeitpunkt null gewählt als der Vergleichsbetrieb, wenn gilt: (XV.27)
(l + k ) - ^ . - J ^ . E ( Ü L i v ) ~ A o E > ( l + kr^-E(ÜLiv)-Aoy.
Ist die linke Seite von (XV.27) kleiner als die rechte, so hat er ein Investitionsprogramm mit kleinerem Kapitalwert gewählt. Wenn die Instanz ex post zwar ÜLig und ÜLiy beobachten kann, jedoch E(ÜLiy) nicht kennt, so kann sie gemäß (XV.25) bzw. (XV.26) nur auf das Verhältnis zwischen den Erwartungswerten E(ÜLIE) und E(ÜLiy) schließen, nicht jedoch auf die absolute Höhe von E(ÜLIE). Sie kennt dann weder den genauen Kapitalwert des Investitionsprogramms des Entscheidungsträgers (zum Zeitpunkt 0) noch den Kapitalwert des Vergleichsuntemehmens als Benchmark. Sie kann dann allenfalls schwache Rückschlüsse auf die Qualität der Entscheidung des Entscheidungsträgers ziehen. Gilt zum Beispiel ÜLi^ > ÜLiy
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
551
und mithin E ( Ü L I E ) > E(ÜLIY) und außerdem AQE ^AQV? SO ist der Kapitalwert des Investitionsprogramms des Entscheidungsträgers zwar höher als der des Vergleichsuntemehmens, es bleibt jedoch offen, um welchen Betrag. Für ÜLjE < ÜLiY und AQE ^ AQV erweist sich der Kapitalwert des Investitionsprogramms des Entscheidungsträgers zwar als kleiner; wiederum bleibt jedoch offen, um welchen Betrag. Gilt ÜLjE > ÜLjE und AQE > AQV? SO wird der Instanz nicht ersichtlich, ob der Kapitalwert des Investitionsprogramms des Entscheidungsträgers unter Berücksichtigung der höheren Anschaffimgsauszahlung höher ist als der des Vergleichsuntemehmens. Wenn E(ÜLIY) nicht bekannt ist, kann eben auch E(ÜLIE) nicht ermittelt werden, so daß die Instanz auch bei bekannten Anschaffiingsauszahlungen nicht beurteilen kann, ob die Bedingung (XV.27) erflillt ist. Da die Instanz die maßgebliche Risikoklasse kennt, kann sie wie folgt von ÜLjY auf die Benchmarkgröße E(ÜLIY) schließen: Sie konstruiert zum Zeitpunkt 0 ein beliebiges Portefeuille, dessen Endwert in diese Risikoklasse fällt und einen a priori gegebenen Erwartungswert von E aufweist. Ist nun der realisierte Überschuß ÜL^Y das y-fache des Endwerts des Duplikationsportefeuilles, so gilt E ( Ü L I Y ) = y • E. Bei Kenntnis von E ( Ü L I Y ) zeigt die Differenz zwischen dem Term auf der linken und dem auf der rechten Seite von (XV.27), wie weit zum Zeitpunkt 0 der Kapitalwert des Programms des Entscheidungsträgers über dem des Vergleichsuntemehmens lag. Diese Differenz ist dann aussagekräftig, wenn die Instanz davon ausgehen kann, daß im Vergleichsuntemehmen das gegebene Erfolgspotential „gut" ausgeschöpft wurde; der Entscheidungsträger hat nun eben noch besser abgeschnitten. Jedoch hat die Instanz gerade die Schwierigkeit, sich ein eigenes Urteil über das Erfolgspotential zu bilden. Es ist möglich, daß der Entscheidungsträger nur deshalb einen höheren Kapitalwert bewirkt hat, weil der im Vergleichsuntemehmen weit unter dem erreichbaren lag (es wird gewissermaßen „Schlendrian" mit „Schlendrian" verglichen). Die Bedingung dafür, daß der Entscheidungsträger eine bessere Entscheidung getroffen hat als das Vergleichsuntemehmen, kann bei gleicher Risikoklasse (bei gleichemrisikoadäquatemZinssatz k) allgemein wie folgt dargestellt werden: (XV.28)
E(ÜLiE)-(l + k).AoE>E(ÜLiE)--(l + k).AoY.
oder auch (XV.29)
E[ÜLiE-(l + k).AoE]>E[ÜLiE-(l + k)-AoY].
Ist der Kapitalwert des Investitionsprogramms des Entscheidungsträgers höher (oder niedriger) als der des Vergleichsuntemehmens, so gilt dies auch für den Erwartungswert des entsprechenden Residualgewinns, sofern die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz k ermittelt werden. Ein höherer (niedrigerer) Erwartungswert des Residualgewinns garantiert aber nicht, daß auch der er-
552
Kapitel XV
zielte Residualgewinn höher (niedriger) ist. Mithin kann aus dem erzielten Istgewinn kein eindeutiger Rückschluß auf die Qualität der Entscheidung des Entscheidungsträgers gezogen werden. Auch wenn er ein Livestitionsprogramm mit höherem (niedrigerem) Kapitalwert realisiert als das Vergleichsuntemehmen, kann er - trotz gleicher Risikoklasse der Überschüsse einen niedrigeren (höheren) Istgewinn erzielen. Die Ergebnismatrizen XV. 1 und XV.2 verdeutlichen diesen Sachverhalt (mit k=0,l).
1
1 3 Sl
1 3 §2
3 S3
ÜLiE
680
440
200
-AOE
-300
-300
-300
-0,1 AoE
-30
-30
-30
= GE
350
110
-130
Kapitalwert
1
=1,1"'—• (680+ 440+ 200)-300 = 1,1"'•-•(350 +110-130) = 100
Matrix XV. 1: Charakteristik des Investitionsprogramms des Entscheidungsträgers
1
1 3 Sl
1 3 S2
3 S3
ÜLiE
510
330
150
-AoE
-200
-200
-200
-0,1-AoE
-20
-20
-20
= GE
290
110
-70
Kapitalwert
1
=l,r'^|^(510 + 330+150)-200 = 1,1"'•-•(290 + 110-70) = 100
Matrix XV.2: Charakteristik des Investitionsprogramms des Vergleichsbetriebs Der Entscheidungsträger und der Vergleichsbetrieb führen ein Investitionsprogramm im Rahmen der gleichen Risikoklasse durch (mit Ü L I E = ( 4 / 3 ) * ÜL^y),
Zielkonflikte, Ziel der Motivation und Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung
553
wobei sich die Anschaffungsauszahlungen derart unterscheiden, daß sich für beide Programme ein Kapitalwert vom 100 ergibt. Aus einem ex post-Vergleich der erzielten Gewinne wird nicht klar ersichtlich, daß beide Programme bezogen auf den Zeitpunkt 0 der Entscheidung gleichwertig sind: hn Zustand Sj ist der Gewinn des Entscheidungsträgers höher als der des Vergleichsuntemehmens, im Zustand S2 sind beide Gewinne gleich und im Zustand S3 ist der Verlust des Entscheidungsträgers höher. Gilt AQE = 350, so ist der Kapitalwert des Livestitionsprogramms des Entscheidungsträgers um 50 niedriger als der des Vergleichsuntemehmens. Nun schneidet der Entscheidungsträger auch beim Zustand S2 schlechter ab als das Vergleichsuntemehmen. Tritt dagegen Sj ein, so ist der Gewinn des Entscheidungsträgers immer noch höher als der des Vergleichsuntemehmens (es gilt dann 680 - 350 - 35 = 295 im Vergleich zu 290). Der geringe hiformationsgehalt eines ex post-Gewinnvergleichs hinsichtlich der Ausschöpfung von Erfolgspotential wird auch nicht dadurch verbessert, daß die kalkulatorischen Zinsen statt mit dem risikoangepaßten Zinssatz k mit dem risikolosen Zinssatz r ermittelt werden. Für r
554
Kapitel XV
bzw. Versäumnisse des Entscheidungsträgers maßgeblich sind. Je weniger die Listanz die Planungen und Bewertungen im Vergleichsuntemehmen nachvollziehen kann, desto problematischer wird ein Vergleich der Kapitalwerte. Wir sind bisher davon ausgegangen, daß eine streng proportionale Beziehung zwischen ÜL^ß und ÜL^y besteht. Wird diese durch Störterme überlagert, so ist es nicht möglich, aus einem Vergleich der erzielten Überschüsse ÜLjE und ÜLiY einen Vergleich ihrer Erwartungswerte und darauf aufbauend der Kapitalwerte herzuleiten. 6.7.
Grenzen der Kontrolle und Bedeutung von positiven Leistungsanreizen
Die Darstellungen verdeutlichen die Schwierigkeiten, im Rahmen einer Kontrolle auf die Qualität von Entscheidungen zu schließen. Wenn die Instanz zwar Fehlentscheidungen vermutet, sie jedoch nicht objektiv nachweisen kann, sind Sanktionen schwer zu begründen und durchzusetzen. Darüber hinaus ist zu beobachten, daß der Entscheidungsträger im Entscheidungs- und die Instanz im KontroUprozeß die theoretisch fundierten finanzwirtschaftlichen Entscheidungskriterien immer nur in vereinfachter Form anwenden können. Da nur nach subjektivem Ermessen entschieden werden kann, wie ein konkretes Entscheidungs- bzw. Bewertungskalkül vereinfacht werden soll, eröffnet sich aus der Notwendigkeit der Komplexitätsreduktion für den Entscheidungsträger ein weites Feld für die Orientierung an persönlichen Zielen. Er mag Entscheidungen, die sich bei einer Kontrolle als Fehlentscheidungen erweisen könnten, mit dem Argument rechtfertigen, daß Vereinfachungen (etwa bei der Ermittlung von Erwartungswerten, Kovarianzen oder risikoangepaßten Zinssätzen) unumgänglich waren und im Licht seiner vereinfachten Kalküle seine Entscheidungen als vorteilhaft erschienen. Angesichts der engen Grenzen der Kontrolle (in Verbindung mit Sanktionen) kommen für die Entscheidungssteuerang vor allem positive Leistungsanreize in Betracht. Damit befassen sich die folgenden Kapitel. Wie erwähnt wurde, werden hierbei allerdings Kontrollen nicht überflüssig; zumindest die realisierten Ausprägungen der Bemessungsgrundlagen müssen überprüft werden.
Ergänzende und vertiefende Literatur: BALLWIESER/SCHMIDT(1981); CAMPBELITKRACAW (1985;1987); FRANKE (1993b); GiLLENKiRCH (1999; 2004a); HARTMANN-WENDELS (1992); KNOLL (1997a); KOSSBIEL (1993; 1994); LAUX (1979; 1990a; 1990b; 1991a; 2005b,); NEUS (1989); SPREMANN (1987;1988); VELTHUIS (1998; 2004a); SCHABEL (2004); WENGER(1987); WINTER (1996).
XVI.
1.
Anreizkompatible Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
Problemstellung
Aufbauend auf den Darstellungen in Kapitel III wird im vorliegenden Kapitel untersucht, wie für den Einperioden-Fall anreizkompatible Belohnungssysteme ermittelt werden können (LAUX, 1994). Dabei wird davon ausgegangen, der Entscheidungsträger sei nicht selbst Anteilseigner des Unternehmens. Als theoretische Grundlage dient der modifizierte State Preference Ansatz, bei dem bei unveränderlichen Grenznutzenwerten der Erwartungsnutzen aller Anteilseigner maximiert wird, indem der Marktwert der Aktien des Unternehmens maximiert wird. Die Instanz, die das Belohnungssystem mit dem Entscheidungsträger vereinbart, vertritt annahmegemäß die Interessen der Anteilseigner. Sie ist somit daran interessiert, daß der Entscheidungsträger in seinem Entscheidungsbereich das Investitionsprogramm mit dem höchsten Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung und der Belohnung realisiert. Es mag daher naheliegen, den Marktwert als Bemessungsgrundlage zu wählen. Wie jedoch in Abschnitt 2.3 gezeigt wird, ist in dem betrachteten Einperioden-Fall der Marktwert als Bemessungsgrundlage problematisch. Daher wird im folgenden davon ausgegangen, die Belohnung werde an den mit dem Programm erzielten Residualgewinn, kurz: den Erfolg, gebunden. Verkörpert der Entscheidungsträger die Untemehmensspitze, so dient als Bemessungsgrundlage der Gesamterfolg des Untemehmens. Ist er für einen Teilbereich des Untemehmens verantwortlich, wird der entsprechende Bereichserfolg zugrunde gelegt. Voraussetzung dabei ist, daß diesem Bereich ex post ein Erfolg sinnvoll zugerechnet werden kann, also weder Erfolgs- noch Restriktionsverbund mit anderen Untemehmensbereichen bestehen. Es wird untersucht, bei welchen Formen der Erfolgsbeteiligung der Erwartungsnutzen der Belohnung für den Entscheidungsträger eine monoton steigende Funktion des Marktwertes des realisierten Investitionsprogramms ist. Bei anreizkompatibler Erfolgsbeteiligung besteht zwar für den Entscheidungsträger ein finanzieller Vorteil, wenn er von zwei beliebigen einander ausschließenden Programmen jenes mit dem höheren Marktwert wählt. Damit ist jedoch nicht garantiert, daß er dieses Programm auch tatsächlich realisiert; der aus dem Anreizsystem resultierende finanzielle Vorteil mag zu gering sein, um seine nichtfinanziellen Nachteile dieses Programms etwa in Form einer größeren Arbeitsaufwandes oder eines kleineren Prestigeerfolges zu kompensieren. Wie jedoch gezeigt werden wird, gibt es nicht nur ein anreizkompatibles Belohnungssystem, sondem unendlich viele, bei denen die Belohnungen in unterschiedlicher Stärke mit dem Erfolg variieren. Je mehr die Belohnung mit wachsendem Erfolg steigt, desto größer ist tendenziell der Anreiz, die Erfolgs-
556
Kapitel XVI
situation zu verbessem. Die Kehrseite ist die Erhöhung der Risikoprämie auf Grund der stärkeren BeteiHgung des Entscheidungsträgers am Erfolgsrisiko und somit die Erhöhung der Kosten des Belohnungssystems. Bei der Auswahl eines Belohnungssystems aus der Menge anreizkompatibler Belohnungssysteme stellt sich das Problem, „Ertrag" und „Kosten" gegeneinander abzuwägen. Bei der folgenden Analyse erfolgsorientierter Belohnungssysteme wird berücksichtigt, daß der Marktwert des Investitionsprogramms davon abhängt, welche stochastische Beziehung zwischen dessen Überschüssen und denen der Gesamtheit der Investitionen aller Untemehmen besteht. Das Belohnungssystem wird so konzipiert, daß für den Entscheidungsträger ein Anreiz besteht, Maßnahmen durchzuführen, die tendenziell für solche Zustände relativ hohe Überschüsse abwerfen, für die die Überschüsse aus der Gesamtheit aller Investitionen relativ niedrig und mithin die Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche relativ hoch sind. Für den Entscheidungsträger besteht im Prinzip ein Anreiz, von zwei Projekten mit demselben Erwartungswert des Gewinns jenes mit der kleineren Kovarianz zwischen dem Gewinn und dem Uberschuß aus der Gesamtheit aller Investitionen zu wählen, obwohl er nicht explizit an der Kovarianz (bzw. einem entsprechenden jS-Faktor) beteiligt wird; eine explizite Beteiligung an der Kovarianz (einem jS-Faktor) wird hier deshalb nicht in Betracht gezogen, weil sie nicht verifizierbar ist. Wie bereits erwähnt wurde, dient der modifizierte State Preference Ansatz als theoretische Basis. Er hat für die Analyse der Problematik anreizkompatibler Erfolgsbeteiligung grundlegende Bedeutung. Wie in Kapitel XV, Abschnitt 5.3.3, gezeigt wurde, kann im Rahmen des SPA (im strengen Sinn) das Anreizproblem im Prinzip dadurch ideal gelöst werden, daß das Untemehmen an den Entscheidungsträger verkauft oder verpachtet wird. Im Rahmen des modifizierten SPA scheidet dieses Vorgehen im allgemeinen deshalb aus, weil der Entscheidungsträger auf Grund der betriebsbezogenen Störterme eine zu hohe Risikoprämie fordem würde. Es stellt sich dann das Problem, den Entscheidungsträger zu motivieren, im Sinne der Anteilseigner zu entscheiden. Zugleich bietet der modifizierte SPA eine einfache Grundlage für die Analyse der grundlegenden Eigenschaften anreizkompatibler Beteiligungssysteme. In Abschnitt 2 werden Grundlagen dargestellt, auf denen später aufgebaut wird. In Abschnitt 3 wird gezeigt, wie anreizkompatible Belohnungsfunktionen ermittelt werden können und welche Gestalt sie haben. Sie sind konvex und zustandsabhängig; die Belohnung hängt nicht nur von der Höhe des Erfolges ab, sondem auch davon, in welchem Umweltzustand er erzielt wird. (Im Rahmen des modifizierten SPA hat der Entscheidungsträger keinen Einfluß auf die Wahrscheinlichkeitsverteilung bezüglich des Umweltzustandes. Außerdem ist der eintretende Zustand Sg ex post verifizierbar.) In Abschnitt 4 werden Implikationen für den Fall untersucht, daß der Entscheidungsträger im Untemehmen zustandsbedingte Zahlungsansprüche kaufen und verkaufen kann. In Abschnitt 5 wird insbesondere gezeigt, daß der Entscheidungsträger auf Grund riskanter Maßnahmen im privaten Bereich die Anreizkompatibilität des Belohnungssystems zerstören kann. In Abschnitt 6
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
557
werden Möglichkeiten und Grenzen der Reduktion des aus dem Störterm resultierenden Risikos diskutiert und in Abschnitt 7 Möglichkeiten praktischer Umsetzung untersucht.
2.
Grundlagen
2.1.
Entscheidungssituation
Vor dem Hintergrund des modifizierten SPA (Kapitel V, Abschnitt 6) lassen sich in relativ anschaulicher Weise kapitalmarkttheoretische Aspekte bei der Analyse bzw. Gestaltung von anreizkompatiblen erfolgsorientierten Belohnungssystemen berücksichtigen.^) Dabei wird die folgende Entscheidungssituation betrachtet: 1. Der Planungszeitraum beträgt eine Periode. Die mit dem gesamten Investitionsprogramm verbundene Auszahlung zum Zeitpunkt 0 wird mit AQ bezeichnet, der Überschuß am Ende der Periode (vor Prämie) mit ÜLj. 2. Die Höhe von ÜLj hängt ab vom realisierten Investitionsprogramm, dem eintretenden Zustand Sg sowie der Ausprägung eines betriebsspezifischen stochastischen Störterms Sj, der scinorscits programmabhängig und nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten verifizierbar ist. (Auch einzelne Komponenten des Störterms sind nicht verifizierbar.) Für den Einzahlungsüberschuß bei Eintreten des Zustandes Sg (s=l,2,...5S) gilt: (XVI.l)
ULi|Ss = Wis + Si.
Dabei ist Wjg eine vom Investitionsprogramm abhängige Größe, die unter der Hypothese, daß der Zustand Sg eintritt, deterministisch ist. Der Erwartungswert des stochastischen Störterms Sj ist für jedes mögliche Programm und jeden möglichen Zustand Sg gleich null. Es gilt also: E(ULi|Sg) = Wig
(s=l,2,...,S).
Der Störterm resultiert aus dem gewählten Programm bzw. den Maßnahmen des Entscheidungsträgers und aus untemehmensspezifischen Daten bzw. Ereignissen, die primär den Erfolg des betrachteten Unternehmens oder Untemehmensbereichs bestimmen und wie die Zustände Sg vom Entscheidungsträger nicht direkt, sondern nur über die Programmauswahl beeinflußt werden können. Außerdem sind sie wie Sj nicht oder nur zu prohibitiv hohen Kosten verifizierbar. Die Zustände Sg (s=l,2,...,S) dagegen sind Kombinationen von Ausprägungen untemehmensübergreifender und verifizierbarer Marktdaten, die simultan die Erfolge aller oder mehrerer Unternehmen beeinflussen. 1)
Zur Analyse linearer Anreizsysteme vor dem Hintergrund des CAPM vgl. NEUS (1989); GILLENKIRCH/VELTHUIS (1997); GILLENKIRCH (2004a); VELTHUIS (2004a); SCHABEL
(2004).
558
Kapitel XVI
3. Das aus dem Zustand Sg resultierende (zustandsbedingte oder systematische) Risiko ist in dem Sinne handelbar, daß für jeden möglichen Zustand Sg (s=l,2,...,S) direkt (mit „reinen" Wertpapieren) oder indirekt über Portefeuillebildung mit normalen Wertpapieren, die in jedem Zustand Sg jeweils einen deterministischen Endwert aufweisen, zustandsbedingte Zahlungsansprüche zu einem gegebenen Preis n^ gekauft und verkauft werden können. Der Entscheidungsträger und alle (anderen) Anteilseigner ordnen dem Zustand Sg (s=l,2,...,S) dieselbe Wahrscheinlichkeit w(Ss) zu. 4. Das aus dem Störterm sj resultierende unsystematische Risiko ist idiosynkratisch; es besteht nicht die Möglichkeit, dieses Risiko explizit durch Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche zu handeln. Jedoch kann es durch Bildung gut gemischter Portefeuilles für den einzelnen Anteilseigner praktisch eliminiert werden. Es wird davon ausgegangen, daß die Anteilseigner solche Portefeuilles halten. Für den Marktwert des gewählten Investitionsprogramms ist es dann irrelevant, wie stark dessen Uberschuß ÜLj im Rahmen eines Zustandes Sg (s=l,2,...,S) um seinen bedingten Erwartungswert streut. 5. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Uberschuß ist ansonsten beliebig und kann für unterschiedliche Investitionsprogramme verschieden sein. Insbesondere mag der Entscheidungsträger die Wahl zwischen Projekten haben, deren Überschüsse unterschiedlich mit den Überschüssen aus der Gesamtheit aller Investitionen der Volkswirtschaft korreliert sind. Die das Belohnungssystem gestaltende Instanz weiß nicht, welche Wahrscheinlichkeitsverteilungen den vom Entscheidungsträger erwogenen Projekten entsprechen. 6. Der vom Entscheidungsträger zum Zeitpunkt 0 investierte Kapitalbetrag AQ wird von einem intemen Finanzbereich bereitgestellt. Bei Beteiligung am Erfolg wird der Residualgewinn G zugrunde gelegt. Für den Zustand Sg (s=l,2,...,S) lautet er: (XVI.2)
G|Sg=ÜLi|Sg-(l + r)-Ao+ZAg.
Dabei bezeichnet Gp|Sg den ungewissen Residualgewinn des Investitionsprogramms für den Zustand Sg und ZAg den für diesen Zustand gekauften Zahlungsanspruch (im Fall ZAg<0 wird der betreffende Zahlungsanspruch verkauft). Ohne Einschränkung der Allgemeinheit wird davon ausgegangen, daß für den Kauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche keine Mittel vom Finanzbereich bereitgestellt werden. Der Entscheidungsträger kann somit nur dann einen Zahlungsanspruch für einen Zustand kaufen, wenn er zugleich einen Zahlungsanspruch für mindestens einen anderen Zustand verkauft. Es muß also gelten:
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
559
S
(XVL3)
X^s-ZAs = 0. s=l
Gemäß (XVL3) stimmen die Auszahlungen für den Kauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche mit den Einzahlungen für den Verkauf solcher Ansprüche überein, wobei im Verkaufsfall jeweils n^-ZA^ <0 gilt. Da der investierte Kapitalbetrag gleich null ist, müssen bei Ermittlung des Residualgewinns auch keine kalkulatorischen Zinsen für die zustandsbedingten Zahlungsansprüche erfaßt werden. Um den Entscheidungsträger wirksam zu motivieren, wird er relativ stark am erzielten Erfolg und mithin am Erfolgsrisiko beteiligt. Durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen kann er zwar das aus den Zuständen Sg resultierende Belohnungsrisiko beseitigen, nicht aber das unsystematische Risiko. Dieses Risiko ist entscheidend dafür, daß überhaupt Anreizprobleme existieren.^) Der Entscheidungsträger kann es auch nicht wie die Anteilseigner in der Weise praktisch eliminieren, daß er ein gut diversifiziertes Wertpapierportefeuille hält. Je stärker er am Untemehmenserfolg beteiligt wird, desto umfangreicher müßte das Portefeuille sein und desto größer wäre das Risiko, das er insgesamt zu tragen hätte. Da der Entscheidungsträger das unsystematische Risiko nicht vemachlässigen kann, bewertet er seine Belohnung nicht wie die Anteilseigner nach deren Marktwert. Vielmehr orientiert er sich direkt am Erwartungsnutzen der Belohnung. Seine Nutzenfunktion bezügHch der Belohnung ist der histanz bekannt. Bei der Ermittlung des Belohnungssystems wird unterstellt, daß der Nutzenwert, den der Entscheidungsträger einer Belohnung zuordnet, unabhängig vom Zustand Sg ist. Diese Annahme impliziert unter anderem, daß er außerhalb des Untemehmens keine Einkünfte erzielt, deren Höhe ihrerseits stochastisch vom Zustand Sg abhängt (Kapitel I, Abschnitt 5). Er besitzt zum Beispiel keine Aktien (auch nicht des betrachteten Untemehmens) und kauft bzw. verkauft privat auch keine zustandsbedingten Zahlungsansprüche. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so ist der Nutzenwert einer Belohnung B davon abhängig, welcher Zustand Sg eintritt. (Zu den Problemen, die sich dann ergeben, vgl. Abschnitt 5.) Da der Entscheidungsträger im Prinzip zunächst denselben Zugang zum Kapitalmarkt hat wie die Anteilseigner, wird davon ausgegangen, daß er mit der Instanz vereinbart, seine bereits vorhandenen riskanten Wertpapiere zu verkaufen und keine weiteren privaten Transaktionen auf dem Kapitalmarkt vorzunehmen. Im Rahmen des modifizierten SPA steht wie im SPA die Maximierung des Marktwertes des Investitionsprogramms im Einklang mit subjektiver Nutzenmaximierung für alle Anteilseigner, sofem ihre Grenznutzenwerte un2)
Wie in Kapitel XV, Abschnitt 5, gezeigt wurde, ist bei Fehlen dieses Risikos (d.h. also im SPA) jede lineare Prämienfunktion mit dem Prämiensatz f (0
560
Kapitel XVI
veränderlich sind. Der Entscheidungsträger soll motiviert werden, sich am Ziel der Maximierung des Marktwertes der Aktien zu orientieren; es besteht Einmütigkeit zwischen allen Anteilseignem nicht nur bezüglich der zu realisierenden Investitionen, sondem auch bezüglich der Gestaltung des Belohnungssystems 10. Im Rahmen der folgenden Darstellungen wird nicht unterstellt, daß die Anteilseigner denselben Informationsstand bezüglich der Investitionsmaßnahmen des Entscheidungsträgers und deren Überschüsse haben, wie er selbst; bei dem Marktwert des Investitionsprogramms kann es sich um einen virtuellen Marktwert aus Sicht des Entscheidungsträgers handeln. Es wird jedoch vorausgesetzt, daß im Urteil der Anteilseigner der Entscheidungsträger „gut" in der Lage ist, die zukünftigen Überschüsse zu prognostizieren und zu bewerten. Wenn die Anteilseigner die Informationen des Entscheidungsträgers hätten, würden sie zu demselben Urteil kommen. Da der Entscheidungsträger nicht privat mit Wertpapieren handeln darf, kann er einen Informationsvorsprung nicht dazu nutzen, sich durch Kauf oder Leerverkauf von Aktien „seines" Untemehmens zu Lasten der Anteilseigner zu bereichem. Außerdem ist zu beachten, daß ein anreizkompatibles Belohnungssystem den Entscheidungsträger dazu motiviert, im Sinne der Anteilseigner gute Entscheidungen zu treffen. Bei solchen Entscheidungen hat er keinen Grund, den Anteilseignem Informationen über seine Entscheidungen vorzuenthalten oder sie gezielt darüber zu täuschen. 11. Ergibt sich gemäß der gewählten Belohnungsfunktion eine negative Belohnung bzw. Prämie, so ist der Entscheidungsträger bereit und in der Lage, den betreffenden Betrag zu zahlen (unbeschränkte Haftung des Entscheidungsträgers). 2.2.
Marktv^ert des Investitionsprogramms
Für den Marktwert MPQ des gewählten Programms (vor Prämie) unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung AQ und der zustandsbedingten Zahlungsansprüche gilt unter Berücksichtigung von (XVI.3):
s (XVI.4)
^
MPo = l7r3-[E(ÜLi|Ss) + ZA3]-Ao s=l
s
s
-S^s-E(ULi|Ss)+STr3.ZA3-Ao. s=l s=l ^ V
^
/
=0
Ein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen hat gemäß (XVL4) keinen Einfluß auf den Marktwert MPQ. Er ist gleich dem Marktwert des Investitionsprogramms unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung. Die Bewertungsfunktion (XVI.4) entspricht Annahme 4, wonach es für den Marktwert MPQ irrelevant ist, wie stark der Uberschuß im Zustand Sg (s=l,2,...,S)
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
561
um seinen bedingten Erwartungswert streut; bei jeder relevanten Streuung ist MPQ ebenso hoch wie für den Fall, daß im Zustand Sg (s= 1,2,...,S) ein sicherer Überschuß in Höhe des Erwartungswertes E(ULi|Ss) = Wjg erzielt wird. Der Störterm ist somit für die Ermittlung des aus Sicht der Anteilseigner optimalen Investitionsprogramms nicht „störend", wohl aber für die Gestaltung eines Belohnungssystems, das den Entscheidungsträger motiviert, im Sinne der Anteilseigner zu entscheiden. Für (XVI.4) kann man schreiben: (XVL5)
MPo= l7i3.E(ULi|Ss)-(l + r)-^.(l + r).Ao.
Wegen (XVI.6)
l7r3=(H-r)-l s=l
kann (XVI.5) wie folgt dargestellt werden:
s (XVI.7)
s
MPo= E7r3.E[ULi-(l + r).Ao|Ss]= S7I3-ECGpISs). s=l
^
^
'
s=l
Marktwert des Investitionsprogramms Der Marktwert MPQ kann somit als Marktwert der Projektgewinne verstanden werden. Bei gegebenem unbedingtem Erwartungswert des Projektüberschusses ÜLj ist MPQ relativ hoch, wenn der bedingte Erwartungswert von ÜL^ bzw. von Gp für solche Zustände Sg relativ hoch ist, für die der Preis n^ ebenfalls relativ hoch ist. 2.3.
Problematik einer Beteiligung am Marktwert MPQ
Wird der Entscheidungsträger am Erfolg beteiligt und kann er das Belohnungssystem nicht wie in Kapitel XV, Abschnitt 4, neutralisieren, so wird ihm ein Risiko aufgebürdet, für das er eine Risikoprämie fordert. Es mag daher naheliegen, das Belohnungsrisiko dadurch auszuschalten, daß er direkt am Marktwert MPQ seines Investitionsprogramms beteiligt wird. Seine Belohnung hängt dann allein davon ab, welche Erfolge zu Beginn der Periode für die möglichen Zustände Sg von den Anteilseignem „erwartet" werden. Der Entscheidungsträger erzielt keinen Nachteil, wenn er erwartete Erfolge gar nicht realisiert. Es ist somit zu vermuten, daß er Projekte, die ihm Arbeitsleid verursachen und/oder in anderer Weise für ihn nachteilig sind, nicht oder nur mit
562
Kapitel XVI
geringem Arbeitseinsatz durchführt. Die Anteilseigner werden dies antizipieren, so daß sich ein relativ geringer Marktwert einstellen wird; die Belohnung ist dann ebenfalls relativ gering. Selbst bei gegebenem Arbeitseinsatz ist der Marktwert als Bemessungsgrundlage problematisch. Insbesondere besteht die Gefahr, daß der Entscheidungsträger durch Fehlinformationen über die Überschüsse den Marktwert MPQ und mithin seine Prämie erhöht. Analoge Probleme ergeben sich für den Fall, daß die Prämie direkt an BetaFaktoren gebunden wird. 2.4,
Problematik von Belegschaftsaktien
Auch Belegschaftsaktien des Entscheidungsträgers als Anreizinstrument sind problematisch. Dies zeigt sich deutlich unter den Voraussetzungen des CAPM, die mit dem modifizierten SPA durchaus vereinbar sind: Homogene Vorstellungen aller Anteilseigner über die Erwartungswerte, Varianzen und Kovarianzen der Renditen bzw. der Endwerte der Wertpapiere und Orientierung am (|a,a)-Prinzip. Die anderen Anteilseigner halten dann einen proportionalen Anteil am Marktportefeuille ohne die Aktien des Entscheidungsträgers. Zunächst wird der Fall betrachtet, daß der Entscheidungsträger nur Belegschaftsaktien hält (und die anderen Anteilseigner einen Anteil am Marktportefeuille ohne die Belegschaftsaktien halten). Wenn der Entscheidungsträger nur am Untemehmenserfolg beteiligt ist, mißt er sein Einkommensrisiko durch die Varianz seines absoluten Anteils am Untemehmenserfolg. Für die anderen Anteilseigner dient dagegen die Kovarianz zwischen ihrem absoluten Erfolgsanteil und dem Endwert des Marktportefeuilles ohne die Belegschaftsaktien als Risikomaß. Es besteht die Tendenz, daß der Entscheidungsträger Projekte mit positiver (negativer) Kovarianz durchführt (unterläßt), die aus Sicht der anderen Anteilseigner nachteiUg (vorteilhaft) sind; da er nicht diversifiziert ist, interessiert ihn eben nur die Varianz, die von der Kovarianz erhebUch abweichen kann. Das Analoge gilt für den Fall, daß der Entscheidungsträger zwar auch Aktien anderer Untemehmen hält, deren Anteil an seinem gesamten Portefeuillebestand jedoch relativ gering ist, da er nicht bereit ist, das Risiko eines Anteils am Marktportefeuille zu tragen, das dem Anteil seiner Belegschaftsaktien an der Gesamtzahl der Aktien „seines" Untemehmens entspricht. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß eine spürbare Motivationswirkung nur mit einer relativ hohen Zahl an Belegschaftsaktien induziert werden kann. Belegschaftsaktien als Anreizinstrument, die zur Zeit oft empfohlen werden^), stehen nicht im Einklang mit den Empfehlungen von Theorie und Praxis, breit gestreute Wertpapierportefeuilles zu halten und Untemehmensinvestitionen vor dem Hintergrund solcher Portefeuilles (etwa mit Hilfe von BetaFaktoren) zu bewerten. 3)
Der Entscheidungsträger kann die Aktien auch nur „virtuell" (als „Phantom Stocks") halten. Er wird dann so an Ausschüttungen und Verkaufserlösen beteiligt, als würde er den betreffenden (virtuellen) Bestand tatsächlich halten.
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
563
Im folgenden wird der erzielte Erfolg als direkte Bemessungsgrundlage gewählt, wobei davon ausgegangen wird, daß er verifizierbar ist, und gezeigt, wie mit Hilfe konvexer zustandsabhängiger Belohnungsfunktionen Anreizkompatibilität erzeugt werden kann.^) Dabei wird der Entscheidungsträger motiviert, den Marktwert seines Investitionsprogramms unter Berücksichtigung seiner Belohnung als Kostenkomponente zu maximieren.
*2.5.
Problematik der Beteiligung an Ausschüttungen (Dividenden)
Auch die in der Praxis verbreitete Beteiligung an Ausschüttungen (Dividenden) ist problematisch. Dies zeigt sich anschaulich für den Einperioden-Fall. Wird der Entscheidungsträger mit dem Prämiensatz f an den Ausschüttungen ÜQ und Ü| beteiligt, so besteht für ihn bei gegebenen ÜQ dieselbe Anreizwirkung wie für den Fall, daß er den f-ten Teil der Aktien des Untemehmens hält. Wird der Entscheidungsträger im Mehrperioden-Fall (T > 2) bis zum Zeitpunkt T der Liquidation an positiven und negativen Ausschüttungen beteiligt (muß er also bei Kapitalerhöhungen eine entsprechende Zahlung an das Unternehmen vornehmen), so ergeben sich dieselben problematischen Verhaltenswirkungen wie für den Fall, daß er über diesen Zeitraum hinweg in gleicher Weise in Form von Belegschaftsakten an den Ausschüttungen beteiligt ist (wobei er bei Kapitalerhöhungen entsprechend Aktien hinzu kauft). Die Gefahr von Fehlentscheidungen wird noch verstärkt, wenn der Entscheidungsträger zwar an positiven, nicht jedoch an negativen Ausschüttungen beteiligt wird. Er kann sich zum Beispiel bereichem, indem er Kapitalerhöhungen durchsetzt, die Mittel zum risikolosen Zinssatz anlegt und später samt Zinsen und Zinseszinsen prämienwirksam wieder ausschüttet. Eine weitere Problematik ergibt sich, wenn der Entscheidungsträger zum, Zeitpunkt t*
4)
Zur simultanen Berücksichtigung zusätzlicher Bemessungsgrundlagen (etwa einzelner Komponenten des Periodenerfolges) mit dem Ziel einer besseren Motivation des Entscheidungsträgers und/oder besseren Risikoteilung zwischen ihm und der Instanz vgl. VELTHUIS (1998) und GILLENKIRCH (2004a) sowie die dort diskutierte Literatur.
564
Kapitel XVI
3.
Erfolgsbeteiligung ohne Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche
3J,
Vorüberlegung: Die Problematik linearer Erfolgsbeteiligung bei nur störtermbedingtem Risiko
Zunächst wird angenommen, daß der Entscheidungsträger nicht nur im privaten Bereich, sondern auch im Untemehmen keine zustandsbedingten Ansprüche kaufen und verkaufen darf Es gilt dann ZAs=0 (s=l,2,...,S) und folglich gemäß (XVL2): G|Ss=(ULi|S3)-(l + r).Ao=Gp|Ss (s=l,2,...,S). Man kann sich auch vorstellen, daß der untemehmensinteme Wertpapierhandel zwar zulässig ist, jedoch damit verbundene Gewinne und Verluste im Erfolg als Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt werden. Dem Fall ZAs=0 (s=l,2,...,S) wird hier deshalb besondere Beachtung gewidmet, weil es in der Praxis eher unüblich oder sogar unzulässig ist, Belohnungsrisiken untemehmensintem durch Handel mit Wertpapieren zu hedgen. Auch bei dem in Kapitel XVIII diskutierten populären EVA-Bonussystem werden mögliche Gewinne und Verluste aus Wertpapierhandel in der Bemessungsgrundlage - einer Variante des Residualgewinns - nicht erfaßt. Implikationen der Berücksichtigungen eines Handels mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen in der Bemessungsgrundlage werden in Abschnitt 4 gezeigt. Hat der Entscheidungsträger die Wahl zwischen Investitionsprojekten mit unterschiedlicher Erfolgsvarianz, so besteht bei linearer Belohnungsfunktion die Gefahr, daß er aus Sicht der Aktionäre das Risiko zu sehr scheut. Dies läßt sich anschaulich flir den Fall verdeutlichen, daß er nur Projekte durchfiihren kann, bei denen der Erwartungswert des Erfolges vom Zustand Sg unabhängig ist, also ausschließlich störtermbedingtes Risiko maßgeblich ist. Es gilt dann: E(G|Si) = E(G|S2) =...= E(G|Ss) = E(G). Der Marktwert des Investitionsprogramms vor Belohnung ist dann gemäß (XVI.6) und (XVI.7) gleich dem mit dem Zinssatz fär risikolose Anlagen diskontierten Erwartungswert des Bruttoerfolges:
s (XVI.8)
s
MPo=l7i3.E(G) = E(G).i:7Ü3=(l-frr^E(G). s=l
s=l
Wird der Entscheidungsträger linear am Erfolg beteihgt, gilt also B=f-G+F mit 0
M P ^ = (1 + r)"^. E(G - f • G - F).
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
565
Gemäß der Belohnungsfunktion B = f 'G + F wird der Entscheidungsträger mit dem Prämiensatz f auch an Verlusten beteihgt. (Annahmegemäß haftet er unbeschränkt flir negative Belohnungen bzw. Prämien.) Außerdem wird hier davon ausgegangen, der Entscheidungsträger erhalte auch das Fixum F erst am Ende der Periode. Aus (XVI.9) folgt in Verbindung mit (XVI.8): (XVI.IO)
M P ^ = ( l - f ) > ( l + r)"^-E(G)-(l + r)"^-F ^MPÖ = (l-f)-MPo-(l + r)"^-F.
Wegen f< 1 wird der Marktwert nach Belohnung maximiert, wenn der Erwartungswert E(G) des Bruttoerfolges und mithin der Marktwert MPQ vor Belohnung maximiert wird. Bei linearer Belohnungsfunktion wird wegen f>0 dieser Erwartungswert genau dann maximiert, wenn der Erwartungswert der Belohnung maximiert wird. Da der Entscheidungsträger risikoavers ist, ist diese Bedingung jedoch nicht erfüllt; eine lineare Erfolgsbeteiligung ist nicht anreizkompatibel; es besteht die Tendenz, daß der Entscheidungsträger aus Sicht der Anteilseigner das unsystematische Risiko zu sehr scheut: Einerseits unterläßt er Investitionen, die aus Sicht der Anteilseigner vorteilhaft sind (Unterinvestition). Andererseits untemimmt er bei gegebenem Investitionsprogramm mit Auszahlungen verbundene Anstrengungen, um das aus Sicht der Anteilseigner nicht bewertungsrelevante unsystematische (untemehmensspezifische) Risiko zu reduzieren. Wenn dabei der Erwartungswert des Bruttogewinns sinkt, ergibt sich flir die Anteilseigner ein Nachteil. Für ihn besteht nur dann ein genereller Anreiz, den Erwartungswert des Erfolges nach Belohnung und damit auch den Marktwert nach Belohnung zu maximieren, wenn die Belohnungsfunktion anreizkompatibel konvex festgelegt wird. Analog zu den Darstellungen in Kapitel III, Abschnitt 4.3.3, herrscht dann die Tendenz, durch Auswahl entsprechender Investitionsprojekte oder zum Beispiel mit Versicherungen, Termingeschäften oder Optionen auf den Erwerb von Produktionsfaktoren das Erfolgsrisiko zu reduzieren. Wenn solche Maßnahmen flir den Entscheidungsträger vorteilhaft sind, gilt dies jedoch bei Anreizkompatibihtät der Belohnungsfimktion zugleich fiir die Anteilseigner. Bei Belohnungsfunktionen des Typs B=f-G+F besteht auch dann die Tendenz, störtermbedingte Risiken aus Sicht der Anteilseigner über Gebühr zu meiden, wenn mit den Projekten zusätzlich zum störtermbedingten auch zustandsbedingtes Risiko verbunden ist. 3.2,
Problematik zustandsunabhängiger Erfolgsbeteiligung bei zustandsbedingtem Risiko
Kann der Entscheidungsträger zwischen einander ausschließenden Investitionsprogrammen mit unterschiedlichem zustandsbedingtem Risiko wählen, so ist es im Literesse der Anteilseigner, wenn er bei gegebenem Erwartungswert
566
Kapitel XVI
des Erfolges ein Programm wählt, mit dem er vor allem in jenen Zuständen Sg relativ hohe Erfolge erzielt, in denen der Uberschuß aus der Gesamtheit aller Investitionen (der Endwert des Marktportefeuilles) relativ niedrig und somit n^ relativ hoch ist. Wie im folgenden gezeigt wird, schafft jedoch eine zustandswnabhängige Belohnungsfunktion keinen Anreiz, ein solches Programm zu realisieren, wenn - wie angenommen - der Entscheidungsträger nicht mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf Zur Verdeutüchung wird das in Matrix XVI.l dargestellte Wahlproblem betrachtet, bei dem zwei Investitionsprogramme mit den angegebenen zustandsbedingten Gewinnerwartungswerten gegeben sind. Der zustandsbedingte Störterm sj sei für beide Programme und beide Zustände identisch verteilt. Bei zustandsunabhängiger Belohnungsfunktion erzielt der Entscheidungsträger auf Grund der Zustandsunabhängigkeit auch seiner Nutzenfunktion bei beiden Programmen denselben Erwartungsnutzen der Belohnung (unabhängig davon, ob die Belohnungsfunktion linear oder konvex ist). Ist der Uberschuß aus der Gesamtheit aller Investitionen im Zustand Sj hoch und im Zustand S2 niedrig (7ii<7i2), so ist jedoch aus Sicht der Anteilseigner dem Programm P2 der Vorzug zugeben: Wegen 7r2>7ri weist es einen höheren Marktwert auf Das Belohnungssystem schafft jedoch keinen Anreiz, es zu realisieren. Sinkt der erwartete Erfolg der Altemative P2 im Zustand S2 um eine marginale Einheit, so wird der Entscheidungsträger in finanzieller Hinsicht das Programm Pi präferieren. Dagegen kann aus Sicht der Anteilseigner das Programm P2 selbst dann noch vorteilhaft sein, wenn sein erwarteter Erfolg im Zustand S2 erheblich unter 1000 liegt. Die kritische Untergrenze für den erwarteten Erfolg im Zustand S2, von dem an das Programm P2 für die Anteilseigner nachteilig wird, ist um so niedriger, je höher 7T2 und je niedriger entsprechend 7t 1 ist. w(S,)=0,5 Si
1
w(S2)=0,5 S2
Pl
E(Gi|Si) = 1000
E(Gi|S2) = 0
P2
E(G2|Si) = 0
E(G2|S2) = 1000
Matrix XVI.l: Zur Problematik einer zustandsunabhängigen Erfolgsbeteiligung Die Erfolgsbeteiligung ist im übrigen auch dann zustandsunabhängig, wenn der Entscheidungsträger (Belegschafts-) Aktien „seines" Unternehmens hält.
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
3.3.
567
Anreizkompatible, zustandsabhängige Erfolgsbeteiligung
3.3.1. Ermittlung anreizkompatibler Belohnungsfunktionen Ein Anreiz, Maßnahmen durchzuführen, die primär in jenen Zuständen Sg relativ hohe Erfolge bieten, in denen der Überschuß aus der Gesamtheit aller Investitionen tendenziell niedrig ist („arme" Zustände), kann in der Weise geschaffen werden, daß die Belohnungsfunktion zustandsabhängig festgelegt wird. Die Belohnung hängt dann nicht allein vom erzielten Erfolg ab, sondem auch vom eintretenden Zustand Sg: Für „arme" Zustände steigt die Belohnung mit steigendem Erfolg relativ stark, für „reiche" Zustände relativ wenig. hn folgenden wird gezeigt, wie anreizkompatible zustandsabhängige Belohnungsfunktionen ermittelt werden können und welche Gestalt sie aufweisen. Wird die Belohnungsfunktion für den Zustand Sg (s = 1,2,...,S) mit Bs(G) bezeichnet (sie gibt an, welche Belohnung altemativen G-Werten unter der Bedingung entspricht, daß der Zustand Sg eintritt), so gilt unter Berücksichtigung von (V.16)
7t3=w(Ss)-(l + r3)-l
für den Marktwert des Investitionsprogramms nach Belohnung: (XVI.11)
g MPo"ß = l7:3-E([G-B3(G)]|Ss) s=l
= Zw(S3)-(l + r3)-l-E([G-B3(G)]|S3). s=l Hierin kennzeichnet E[(G-Bs(G))|Ss] den Erwartungswert des Erfolges nach Belohnung (des Nettoerfolges) unter der Bedingung, daß der Zustand Sg (s=l,2,...,S) eintritt. Der unbedingte Erwartungsnutzen der Belohnung für den Entscheidungsträger kann wie folgt dargestellt werden: (XVI.12)
E[U(B)]= iw(S3).E(U[B3(G)]|S3). s=l
Hierin bezeichnet E(U[Bs(G)]|Ss) den Erwartungsnutzen der Belohnung unter der Bedingung, daß der Zustand Sg (s=l,2,...,S) eintritt. Es besteht Anreizkompatibilität, wenn die Belohnungsfunktionen Bs(G) für jeden Zustand Sg (s= 1,2,...,S) derart festgelegt wird, daß die folgende Bedingung erfüllt ist: Bedingung XVI. 1: Der Marktwert MPQ des Investitionsprogramms nach Belohnung, (XVI. 11), ist eine streng monoton steigende Funktion des Erwartungsnutzens der Belohnung, (XVL12). Grundbedingung der Anreizkompatibilität
568
Kapitel XVI
Analog zu den Darstellungen in Kapitel III, Abschnitt 4.1, kann die Bedingung XVI.l bei beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilung über G nur unter der notwendigen Bedingung erfüllt sein, daß die Belohnungsfunktion Bs(G) für den Zustand Sg (s=l,2,...,S) so festgelegt wird, daß folgende lineare Beziehung besteht (mit a >0 und ß beUebig): Bedingung XVI.2: Der mit dem Diskontfaktor ds = (l + rs) gewichtete Nettoerfolg ist eine linear steigende Funktion des Nutzens der Belohnung: (XVL13) (l + rs)"^-[G-Bs(G)] = a-U[Bs(G)] + ß (für alle möglichen G). Notwendige und hinreichende Bedingung der Anreizkompatibilität Diese Bedingung stimmt mit der für den SPA überein; der Störterm sj hat keinen Einfluß auf die anreizkompatiblen zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen. Ist die Bedingung XVI.2 (Gleichung (XVI. 13)) erfüllt, so ist der Marktwert MP^^ eine linear steigende Funktion des unbedingten Erwartungsnutzens der Belohnung. Es gilt dann (LAUX, 1998, S. 359f): (XVI. 14)
M P ^ = a • E[U(B)] + ß
(mit a > 0 und ß behebig).
Die Bedingung XVI.2 ist somit nicht nur notwendig, sondern auch hinreichend dafür, daß die Grundbedingung XVI.l der Anreizkompatibilität erfüllt ist. Gemäß (XVI. 13) ist die Belohnungsfunktion Bs(G) (s=l,2,...,S) wie auch die Belohnungsfunktion B(G) gemäß (ULI) nur implizit bestimmt. Bs(G) ist so festzulegen, daß mit steigendem (Brutto-)Erfolg der mit (l+rg)"^ gewichtete Nettoerfolg G-Bs(G) linear mit dem Nutzen von Bs(G) ansteigt. a-U[B(G)]+ß kennzeichnet eine Nutzenfunktion, die durch positiv lineare Transformation aus der Nutzenfunktion U(B) hervorgeht. Die transformierte Nutzenfunktion wird im folgenden wieder mit Ü*(B) bezeichnet. Da a und ß sowie die Nutzenfunktion U*(B) zustandswwabhängig sind, entsprechen gemäß (XVI. 13) zwei Zuständen Sg» und Sg" genau dann verschiedene Belohnungsfunktionen, wenn sich die risikoangepaßten Abzinsungsfaktoren bzw. Zinssätze dieser Zustände unterscheiden, also rg'^^^rg" gilt. (XVI.13) kann auch wie folgt dargestellt werden (s= 1,2,...,S): Bedingung XVL2a: (XVI.15)
G - B 3 ( G ) = ( l + r3).(a.U[B3(G)] + ß ) - ( l + r3).U*[B3(G)] für alle möglichen G.
Notwendige und hinreichende Bedingung der Anreizkompatibilität
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
569
Gemäß (XVL15) ist die Belohnungsfunktion Bs(G) fär den Zustand Sg so festzulegen, daß für jeden mögUchen (Brutto-)Erfolg G der Nettoerfolg G-Bs(G) mit (l+rs)-U*[Bs(G)] übereinstimmt. Die einer (a,ß)-Konstellation entsprechende Belohnungsfunktion Bs(G) kann graphisch ermittelt werden, indem zunächst ihre Inverse Gs(B) dargestellt wird. Nach (XVI. 15) lautet sie: (XVL16)
Gs(B) = (l + rs)U*(B) + B .
Die Funktion Gs(B) gibt an, welche Bruttoerfolge alternativen Belohnungswerten B für den Zustand Sg entsprechen. Man erhält den Graph dieser Funktion, indem man die Ordinatenwerte des Graphen U*(B) mit dem Faktor 1 +rs gewichtet und zu den Ordinatenwerten des Graphen (l+rs)*U*(B) für altemative Abszissenwerte den jeweihgen B-Wert hinzuaddiert (Abbildung XVI. 1). Unabhängig von rg schneidet die Kurve Gs(B) die 45°-Achse im Punkt P(B^,B^), wobei B^ denjenigen Abszissenwert bezeichnet, bei dem die Nutzenkurve U*(B) die Abszisse schneidet. Wird die Kurve Gs(B) an der 45°-Achse gespiegelt, so erhält man den Graph der Inversen dieser Funktion, die gesuchte Belohnungsfunktion Bs(G) (Abbildung XVI.2). Sie schneidet wie die Kurve Gs(B) die 45°-Achse im Punkt P ( B 0 3 0 ) .
45°-Achse (l + r3).U*(B)
Abb. XVI. 1: Zur Ermittlung zustandsabhängiger anreizkompatibler Belohnungsfunktionen
570
Kapitel XVI
Gs(B) ' Bs(G)
/
/ / ^ F ^"""^
// \ ßo
45°-Achse
f Prämie
y Fixum
.0' /
/
B,G
/ /
/ /
Abb. XVI.2: Zur Ermittlung zustandsabhängiger anreizkompatibler Belohnungsfunktionen
3.3.2. Eigenschaften der Belohnungsfunktionen Da die Belohnungskurve Bs(G) unabhängig von v^ die 45°-Achse im Punkt P ( B 0 3 0 ) schneidet, verlaufen alle Kurven Bi(G), B2(G),..., Bs(G) durch diesen Punkt. Wird die Bedingung (XVI.15)
G-B3(G) = (l + rs)-(a-U[Bs(G)] + ß)
der Anreizkompatibilität auf beiden Seiten nach G abgeleitet, so folgt: .^..T1^^ (XVI.17)
,, + rs)-a' , dU[Bs(G)] • ^^ ^-J dB.CG) sv / 1, dBeCG) f ^ = (l dG dBs(G) dG (für jedes G und jeden Zustand Sg)
bzw. in Kurzschreibweise: (XVL18)
l-B'^(G)=(l+r3).a-U'(B3).B;(G).
Hieraus ergibt sich:
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
(XVI.19)
Bs(G) =
571
1 l + (l + r3).a-U(B3)
Steigung einer anreizkompatiblen Teilungsregel für den Zustand Sc, Wegen (l+rs)>0, a > 0 und U'(Bs)>0 ist bei einer anreizkompatiblen Belohnungsfiinktion Bs(G) die Grenzbelohnung B'g für jeden Zustand Sg stets kleiner als 1 und größer als 0. Da der Entscheidungsträger nsikoavers ist, ist der Grenznutzen U'(Bs) eine fallende Funktion von Bg. Mithin muß gemäß (XVI.19) die Grenzbelohnung B*s mit steigendem Bg steigen. Da Bg ihrerseits eine monoton steigende Funktion von G ist, ist die Grenzbelohnung auch eine steigende Funktion von G; die Belohnungsfunktion ist für jeden Zustand Sg konvex. Die einer Belohnung Bg entsprechende Grenzbelohnung B'g ist gemäß (XVI.19) um so höher, je niedriger rg ist. Von zwei beliebigen zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen hat somit diejenige für alternative Ordinatenwerte B die größere Steigung, die dem kleineren risikoangepaßten Zinssatz rg entspricht. Diese Belohnungsfunktion weist zugleich auch für jeden G-Wert die höhere Steigung auf Zum Beweis dienen die Belohnungsfunktionen in Abbildung XVL3 für die Zustände Sj und S2, wobei r2
0
G=B°
G*
B2(G) Bi(G) y •
'^G
^ ^ /
Abb. XVI.3: Anreizkompatible Belohnungsfunktionen für zwei Zustände Den Punkten P^ und P2 entspricht dieselbe Belohnung B*, den Punkten Pj und P3 derselbe Erfolg G*. Da die Steigung der Kurve B2(G) in Pj größer ist als
572
Kapitel XVI
die der Kurve Bi(G) in P2 und die Kurve Bi(G) konvex verläuft, ist die Steigung der Kurve B2(G) in Pj auch größer als die der Kurve Bi(G) in P3. Es gilt also B2(G*)>Bi(G*). Analog gilt dieser Zusammenhang auchflxrjeden anderen G-Wert (G^G*): B2(G)>Bi(G) (q.e.d.). Von zwei beliebigen Belohnungsfunktionen verläuft somit diejenige „steiler", der ein niedrigerer risikoangepaßter Zinssatz rg bzw. ein höherer risikoangepaßter Diskontfaktor (l+rg)"^ entspricht. Da sämtliche Belohnungsfunktionen durch den Punkt P(Bö,Bö) verlaufen, folgt: Im Bereich G>Bö ( G < B 0 ) ist für jeden G-Wert die einem Zustand Sg entsprechende Belohnung eine steigende (fallende) Funktion von rg. Da die Grenzbelohnungen für alternative G-Werte eine fallende Funktion von rg ist, wird der Entscheidungsträger motiviert, die Erfolgssituation vor allem für solche Zustände zu verbessern, für die rg bzw. der Überschuß aus der Gesamtheit aller Investitionen relativ niedrig und der Diskontfaktor (l+rg)"^ relativ hoch ist.^) Durch Variation von a und ß lassen sich Belohnungsfunktionen mit unterschiedlichen Steigungen und Ordinatenwerten konstruieren. Wird zum Beispiel bei gegebenem a der Parameter ß erhöht, so sinkt B^ und der Punkt P(B^,B^) auf der 45'^-Achse, in dem sich alle Bg(G)-Kurven schneiden, wandert nach links unten, wobei sich die Krümmungen der Bg(G)-Kurven nicht ändern; fär jeden Erfolg und jeden Zustand sinkt die Belohnung.^) Wird die Nutzenfunktion derart positiv linear transformiert, daß sie bei unveränderlichem B^ steiler verläuft, so ändert sich zwar die Lage des Punktes P(B^,B^) nicht, jedoch verlaufen dann alle Belohnungsfunktionen flacher. Die Streuung der Belohnung wird bei zustandsabhängigen anreizkompatiblen Belohnungsfunktionen durch die Art der stochastischen Abhängigkeit des Erfolges vom Zustand Sg bestimmt. Besteht die Tendenz, daß in „armen" Zuständen relativ niedrige und in „reichen" relativ hohe Gewinne erzielt werden, so ist die Streuung der Belohnung bei zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen niedriger als bei einer zustandsunabhängigen Belohnungsfunktion. Die Reduktion des Belohnungsrisikos (und damit der Risikoprämie für den Ent5)
6)
Zwar ist es im Interesse der Anteilseigner, die Erfolgssituation primär fiir solche Zustände zu verbessern, für die die Preise 7rs=w(Ss)'(l+rs)-l hoch sind. Trotzdem unterscheiden sich die zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen nur auf Grund des risikoangepaßten Zinssatzes rg bzw. des Diskontfaktors (l+rg)-!. Dieses Ergebnis resultiert daraus, daß der Entscheidungsträger annahmegemäß den möglichen Zuständen dieselben Wahrscheinlichkeiten w(Ss) zuordnet wie die Anteilseigner. Der Entscheidungsträger muß nicht motiviert werden, bei seinen Entscheidungen den Wahrscheinlichkeitsvorstellungen der Anteilseigner für die Zustände Sg Rechnung zu tragen. Diese berücksichtigt er in der Weise, daß er sich am Erwartungsnutzen seiner Belohnung orientiert. Es geht letztlich nur darum, den Entscheidungsträger anzuspornen, die Erfolgssituation für solche Zustände Sg zu verbessern, für die die Überschüsse aus der Gesamtheit aller Investitionen relativ niedrig sind und mithin der risikoangepaßte Diskontfaktor (1 +rg)~^ relativ hoch ist. Vgl. hierzu auch Kapitel XIX, Abschnitte 4.2 und 4.3.
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
573
scheidungsträger) ist jedoch nicht der eigentliche Zweck der Zustandsabhängigkeit der Belohnungsfünktion, sondern die Schaffung von Anreizkompatibilität. Insbesondere soll der Entscheidungsträger motiviert werden, in „armen" Zuständen relativ hohe Gewinne zu erzielen. Ist dies der Fall, so ist die Streuung der Belohnung bei zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen sogar tendenziell höher als bei einer zustandsunabhängigen Belohnungsfunktion. Jedoch kann der Entscheidungsträger das Belohnungsrisiko mindem, wenn er wie in Abschnitt 4 im Unternehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf.
4.
Erfolgsbeteiligung mit Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche im Unternehmen
Es wird nun der Fall betrachtet, daß der Entscheidungsträger im Unternehmen (jedoch nicht privat) zu gegebenen Preisen zustandsbedingte Zahlungsansprüche kaufen und verkaufen darf Da die Bedingung (XVI. 13) der Anreizkompatibilität flir beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen über den Erfolg gilt, ist sie auch für diesen Fall relevant; bei den entsprechenden zustandsabhängigen konvexen Belohnungsfunktionen besteht ein Anreiz, den Marktwert des Gewinns nach Belohnung zu maximieren. Der Entscheidungsträger wird bei gegebenem Investitionsprogramm jene Kapitalmarkttransaktionen durchführen, mit denen er den Erwartungswert des Belohnungsnutzens maximiert. Steigt dieser Erwartungswert um A, so steigt bei einem anreizkompatiblen Belohnungssystem gemäß (XVL14) der Marktwert MP^^ nach Belohnung um a-A. Da der Entscheidungsträger auf Grund der Kapitalmarkttransaktionen sein Belohnungsrisiko reduzieren bzw. den Erwartungsnutzen seiner Belohnung erhöhen kann, verlangt er tendenziell eine geringere Risikoprämie als bei einem Verbot solcher Transaktionen; das Fixum kann reduziert werden. Es ist nun also auch im Sinne der Anteilseigner, Risiken im Untemehmen zu hedgen (GILLENKIRCH/VELTHUIS, 1997). Ohne Anreizprobleme ist der Kaufund Verkauf von zustandsbedingten Ansprüchen (allgemein: der Handel mit riskanten Wertpapieren) im Untemehmen zwar weder vorteilhaft noch nachteilig. Unter Berücksichtigung von Anreizproblemen gewinnen jedoch solche Transaktionen grundlegende Bedeutung. *5.
Riskante Einkünfte des Entscheidungsträgers im privaten Bereich
In Abschnitt 4 wurde davon ausgegangen, daß der Entscheidungsträger nur im Unternehmen zustandsbedingte Zahlungsansprüche kauft und verkauft, um eine für ihn optimale Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Belohnung zu erzielen. Bei linearer Be-
574
Kapitel XVI
lohnungsfunktion könnte er im Prinzip dieselbe Wahrscheinlichkeitsverteilung über sein Einkommen erzielen, indem er privat solche Transaktionen durchführt. Der Entscheidungsträger erzielt beim Prämiensatz f (f < 1) denselben Effekt, wenn er auf die betreffenden Kapitalmarkttransaktionen im Unternehmen verzichtet und diese Transaktionen privat auf dem f-fachen Niveau durchführt; im Fall f=0,l kauft und verkauft er ein Zehntel der betreffenden Ansprüche. Bei gegebenem (von den Aktionen unabhängigem) störtermbedingtem Risiko besteht somit bei linearer Belohnungsfunktion auch dann Anreizkompatibilität, wenn der Entscheidungsträger zwar im Unternehmen keine zustandsbedingten Zahlungsansprüche kaufen und verkaufen darf, wohl aber im privaten Bereich; eine Verlagerung des Handels mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen vom Unternehmen in den privaten Bereich (und umgekehrt) hätte bei linearer Belohnungsfunktion weder Konsequenzen für den Entscheidungsträger noch für die Anteilseigner. Hat jedoch der Entscheidungsträger im Unternehmen die Wahl zwischen Investitionsaltemativen mit unterschiedlichen störtermbedingten Risiken, so kann - wie erläutert wurde - Anreizkompatibilität nur bei zustandsabhängigen konvexen Belohnungsfunktionen bestehen. Bei ihnen führt der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im privaten Bereich grundsätzlich zu anderen Konsequenzen als im Unternehmen. Für den Entscheidungsträger könnte es vorteilhaft sein, den Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen ganz oder teilweise in den privaten Bereich zu verlagern. Wenn jedoch der Entscheidungsträger am Ende der Periode im privaten Bereich vor Belohnung über ein riskantes (Geld-)Vermögen W verfügt, stellt sich allgemein das Problem, diesem bei der Konstruktion anreizkompatibler Belohnungsfunktionen Rechnung zu tragen. Ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung über W vom Belohnungssystem (den entsprechenden Maßnahmen im Unternehmen) und vom eintretenden Zustand Sg unabhängig, so ist die Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers exogen vorgegeben und zustandswnabhängig (Kapitel I, Abschnitt 5). Die betreffende Nutzenfunktion für den Zustand Sg (s = 1, 2,...,S) ist dann die Basis für die Ermittlung der zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen. Hängt das Vermögen W stochastisch vom eintretenden Zustand Sg ab, so ist die Nutzenfunktion für die Belohnung ebenfalls zustandsabhängig. Diesem Sachverhalt kann bei der Ermittlung anreizkompatibler Belohnungsfunktionen in relativ einfacher Weise Rechnung getragen werden, wenn die Wahrscheinlichkeitsverteilung über W wiederum unabhängig vom Belohnungssystem ist; es existieren dann exogen vorgegebene zustandsabhängige Nutzenfunktionen Us(B) (s=l,2,...,S), mit denen analog zu den Darstellungen in Abschnitt 3.3.1 zustandsabhängige anreizkompatible Belohnungsfunktionen ermittelt werden können. Dabei wird die Belohnungsfunktion Bs(G) auf der Basis der Nutzenfunktion Us(B) ermittelt. Die Annahme vom Belohnungssystem unabhängigen Wahrscheinlichkeitsverteilung über W ist jedoch grundsätzlich nicht erfüllt. Die riskanten Maßnahmen des Entscheidungsträgers im privaten Bereich hängen davon ab, welche Belohnungsrisiken mit seinen Maßnahmen im Unternehmen verbunden sind. Wenn der Entscheidungsträger seine riskanten Maßnahmen im privaten Bereich mit denen im Unternehmen koordiniert, fehlt die Grundlage für die Ermittlung anreizkompatibler Belohnungs-
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
575
funktionen: Zur Ermittlung der zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen Bs(G) müßte man die zustandsabhängigen Nutzenfunktionen Us(B) des Entscheidungsträgers kennen. Diese hängen jedoch von seinen riskanten Maßnahmen im privaten Bereich ab, die ihrerseits von den Maßnahmen im Unternehmen bzw. dem entsprechenden Belohnungsrisiko abhängen. Die untemehmensintemen Maßnahmen sind aber a priori nicht gegeben; sie sollen durch das Anreizsystem gesteuert werden. Bei der Ermittlung eines anreizkompatiblen Belohnungssystems müßte antizipiert werden, wie der Entscheidungsträger seine riskanten Maßnahmen im privaten Bereich mit denen im Unternehmen abstimmt. Dies stellt ein äußerst komplexes Problem dar. Ein Ausweg aus dieser Problematik kann darin bestehen, mit dem Entscheidungsträger zu vereinbaren, daß er bestimmte riskante Maßnahmen im privaten Bereich, etwa Kauf und Verkauf riskanter Wertpapiere (zustandsbedingter Ansprüche), unterlässt. Von dieser Voraussetzung wird oft ausgegangen (vgl. GILLENKIRCH, 1999 und die dort angegebene Literatur). Bei der Ermittlung und Analyse anreizkompatibler Belohnungsfunktionen wird in der vorliegenden Arbeit stets von einer zustandsunabhängigen Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers bezüglich seiner Belohnung ausgegangen, was letztlich ebenfalls impliziert, daß solche Maßnahmen ausgeschlossen werden. Der Entscheidungsträger mag dann betreffende Aktivitäten in das Unternehmen verlagern. Bei anreizkompatiblen Belohnungsfunktionen kann er damit jedoch nur dann einen Vorteil erzielen, wenn zugleich auch der Marktwert des Residualgewinns bzw. der Aktien nach Belohnung steigt. Allerdings ist es schwieriger, einen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen und anderen Wertpapieren für den privaten Bereich zu unterbinden als für den untemehmensintemen. Kann ex post verifiziert werden, aus welchen Komponenten der erzielte Untemehmenserfolg resultiert, kann mit dem Entscheidungsträger vereinbart werden, daß er keine Prämie erhält, wenn dieser Erfolg durch Kapitalmarkttransaktionen beeinflußt wurde. Private Transaktionen sind dagegen schwer kontrollierbar; sie können zum Beispiel auch über einen Mittelsmann durchgeführt werden.
6. 6.1.
Möglichkeiten und Grenzen der Risikoreduktion durch Risikomanagement Zustandsbedingtes Risiko
Da der Entscheidungsträger im privaten Bereich Belohnungsrisiken nicht hedgen darf, hat er ein besonderes Interesse daran, im Unternehmen bei gegebenem Investitionsprogramm durch „Risikomanagement" die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Erfolg aus seiner Sicht zu optimieren.^) Bei Anreiz7)
Zur allgemeinen Bedeutung und zu Instmmenten des Risikomanagements (vor allem bei Unvollkommenheiten des Kapitalmarktes) vgl. FRANKE, 1995; FRANKE/HAX (2004, Kapitel X).
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kompatibilität erzielen damit zugleich auch die Anteilseigner ein Optimum. Ein wesentliches Instrument des Risikomanagements im modifizierten SPA ist der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen, mit dem das systematische Risiko beseitigt werden kann. Annahmegemäß kann der Entscheidungsträger entweder direkt mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen (mit reinen Wertpapieren) handeln oder indirekt via Portefeuillebildung mit „normalen" Wertpapieren, die in jedem Zustand Sg jeweils einen deterministischen Endwert aufweisen. Im allgemeinen können jedoch in der Realität Risiken nur mit Wertpapieren gehedgt werden, für deren Endwert zum Zeitpunkt 1 analog zum Überschuss ÜLj ebenfalls Störterme maßgebhch sind. Zwar kann dann wieder das zustandsbedingte Risiko beseitigt werden, jedoch muß dann der Störterm s jp des Hedgeportefeuilles in Kauf genommen werden. Die Beseitigung des zustandsbedingten Risikos kann in der Weise erfolgen, daß ein Wertpapierportefeuille leerverkauft wird, für das gilt: Für jeden Zustand Sg (s=l,2,...,S) stimmt der Erwartungswert des Endwerts dieses Portefeuilles mit dem Erwartungswert des Überschusses des Investitionsprogramms überein; Abweichungen zwischen den realisierten Werten können nur aus den Störtermen s \ und s jp resultieren. Hat der Störterm des Hedgeportefeuilles keinen Einfluß auf den Marktwert dieses Portefeuilles zum Zeitpunkt 0, so wird mit dem Leerverkauf dieses Portefeuilles zum Zeitpunkt 0 ein Erlös in Höhe des Marktwertes des Überschusses des Investitionsprogramms erzielt. Nach Abzug der Anschaffungsauszahlung AQ des Investitionsprogramms verbleibt ein sicherer Überschuß in Höhe des Kapitalwertes dieses Programms. Wird dieser Betrag zum Zinssatz r angelegt, so ergibt sich ein Periodengewinn in Höhe von: G = (1 + r) • Kapitalwert des Investitionsprogramms+s i ~ s ip mit der Varianz Var(G) = Var(8i)-2-Kov(si;sip) + Var(sip). Da die Störterme voneinander stochastisch unabhängig sind, gilt Kov( sj ;Sp) = 0, so daß folgt: Var(G) = Var(si) + Var(8ip). Dagegen ist die Varianz des Überschusses und entsprechend auch des Erfolges des Investitionsprogramms gemäß (XVI.l) wegen der stochastischen Unabhängigkeit zwischen Wj und s \ gleich Var(ÜLi) = Var(G) = Var(Wi) + Var(si). Je mehr die Varianz Var( s ip) des Störterms des leerverkauften Portefeuilles unter der Var(Wi) als Maß für das zustandsbedingte Risiko des Investitions-
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Programms liegt, desto mehr sinkt das Erfolgsrisiko, wenn das zustandsbedingte Risiko des Investitionsprogramms durch den beschriebenen Leerverkauf beseitigt wird. Entsprechend sollte das Hedgeportefeuille so gewählt werden, daß die Varianz seines Störterms möglichst gering ist. Kann der Entscheidungsträger nur innerhalb einer bestimmten „Branche" (bzw. Risikoklasse) investieren, so wird ein Portefeuille aus Aktien verschiedener Unternehmen der Branche leerverkauft. Die Bildung eines gemischten Hedgeportefeuilles statt der Wahl eines Hedgeportefeuilles mit Aktien nur eines (anderen) Unternehmens der Branche dient dabei dazu, die Varianz des Störterms 6 jp zu minimieren. 6.2.
Störtermbedingtes Risiko
Im Vergleich zum zustandsbedingten stößt die Reduzierung des störtermbedingten Risikos durch Risikomanagement auf enge Grenzen. Im folgenden soll nur der Störterm 6^ für den Überschuß des Leistungsbereichs näher betrachtet werden. Da annahmegmäß weder der Störterm s^ noch die zugrunde liegenden Daten verifizierbar sind, ist es nicht möglich, auf deren Grundlage bedingte Zahlungsansprüche und -Verpflichtungen zu kontrahieren. Da außerdem sjvom Zustand Sg stochastisch unabhängig ist, kann das betreffende Risiko auch nicht durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen verändert werden. Eventuell kann jedoch das Risiko reduziert werden, weil verifizierbare Daten existieren, deren Ausprägungen vom Störterm s^ stochastisch abhängen und auf deren Basis bedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden können (VELTHUIS, 1998, S. 199-232). Hiervon soll im folgenden abgesehen werden. Die aus der Nichtverifizierbarkeit von sj und den zugrunde liegenden Datenausprägungen resultierenden Schwierigkeiten, das störtermbedingte Risiko zu hedgen, können anschaulich gezeigt werden, indem ein Vergleich mit der Reduktion des systematischen Risikos durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen vorgenommen wird. Zunächst wird davon ausgegangen, daß im Untemehmen u.a. eine bestimmte Menge eines Gutes hergestellt wird, dessen (Markt-) Preis am Ende der Periode vom Untemehmen nicht beeinflußt werden kann und der außerdem stochastisch ist. Bei Veräußerung der Produktmenge am Ende der Periode zu dem dann maßgeblichen Preis ergibt sich somit ein Preisrisiko. Ist der Preis als verifizierbares Datum in der Beschreibung der Umweltzustände Sg enthalten, so kann allerdings dieses Risiko durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen perfekt ausgeschaltet werden. Dabei wird die Menge aller möglichen Zustände Sg in Teilmengen mit jeweils identischem Absatzpreis bzw. Erlös (Produktionsmenge mal Absatzpreis) zerlegt. Für Zustandsbündel mit relativ hohem (niedrigem) Erlös werden Zahlungsansprüche verkauft (gekauft). Auf dasselbe läuft es hinaus, wenn für jeden möglichen Zustand ein Zahlungsanspruch in Höhe des jeweiligen Erlöses verkauft wird (mit dem jeweiligen Erlös wird die jeweilige Zahlungsverpflichtung erfüllt) und der be-
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Kapitel XVI
treffende Betrag zum risikolosen Zinssatz r angelegt wird. Wieder ergibt sich aus dem unsicheren Erlös ein sicherer Überschuß zum Zeitpunkt 1. Angenommen der Erlös betrage in den Zuständen 81,82 und 83 jeweils 400 und in den Zuständen 84 und 85 100, wobei die 8umme der Preise Tis flir die Zustände 8^, 82 und 83 gleich 0,6 und flir die Zustände 84 und 85 gleich 0,3 sei. Durch Verkauf (Kauf) eines Zahlungsanspruchs für die Zustände 81, 82 und 83 (84 und 85) kann ein sicherer Überschuß zum Zeitpunkt 1 erzielt werden. Wird der verkaufte Betrag mit x und der gekaufte mit y bezeichnet, muß gelten: 400-x = 100 + y. Zusätzlich gilt die Budgetgleichung: 0,6-x-0,3-y = 0. Aus beiden Gleichungen folgt x = 100 und y = 200, so daß sich zum Zeitpunkt 1 der sichere Überschuß 300 ergibt. Man kann diesen auch in der Weise erreichen, daß für die Zustände 8^, 82 und 83 ein bedingter Zahlungsanspruch von 400 und für die Zustände 84 und 85 von 100 verkauft wird (und mit dem Verkaufserlös für das Produkt zum Zeitpunkt 1 die Zahlungsverpflichtung erfüllt wird) und der Betrag 0,6-400+ 0,3-100 = 270 zum Zinssatz r angelegt wird. Für diesen Zinssatz muß gelten: (1 + r)-l = 0,6 + 0,3 = 0,9
bzw.
(1 + r) = — . 0,9 8omit erzielt man zum Zeitpunkt 1 wieder den sicheren Überschuß 300: 270 270-(l + r) = —^ = 300. 0,9 Möglicherweise kann das Risiko auch direkt durch einen Termingschäft eliminiert werden: Die Produktionsmenge wird zu Beginn der Periode zu einem Festpreis (Terminpreis) verkauft und am Periodenende geliefert. Da der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im modifizierten 8PA keine Transaktionskosten verursacht, wird jedoch mit dem Termingeschäft gegenüber diesem Handel kein Vorteil (aber auch kein Nachteil) erzielt, sofern Arbitragefreiheit besteht. Im übrigen muß die Produktionsmenge nicht direkt an den Terminkäufer geliefert werden. Dieser wird oft gar keinen Bedarf dafür haben, sondern nur das Preisrisiko übernommen haben. Der Terminkäufer verkauft am Periodenende seinen Anspruch auf die Lieferung zu dem dann maßgeblichen Marktpreis, wobei er natürlich nach wie vor den Betrag Festpreis mal Menge an das Unternehmen zu zahlen hat. Auf dasselbe läuft es hinaus, wenn der Terminkäufer an das Unternehmen einen Betrag in Höhe von
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(Festpreis-Marktpreis)-Menge zahlt bzw. vom Untemehmen erhält, wenn Marktpreis kleiner bzw. größer als der Festpreis ist, und das Untemehmen die Menge zu dem maßgeblichen Marktpreis verkauft. Wieder erzielt das Unternehmen einen dem Festpreis entsprechenden Überschuß. Tritt zum „Risikofaktor" Absatzpreis der Risikofaktor Stückkosten hinzu, so kann auch dieses Risiko perfekt ausgeschaltet werden, sofem es ausschließlich daraus resultiert, daß die zukünftigen Marktpreise der Produktionsfaktoren ungewiß sind; an die Stelle der ungewissen Faktorkosten treten dann sichere Auszahlungen. Jedoch kann das Kostenrisiko in erheblichem Maße auch von untemehmensintemen Gegebenheiten und Ereignissen abhängen, wie zum Beispiel der Sorgfalt der einzelnen Aufgabenträger im Umgang mit Material und Produktionsanlagen, den technischen Eigenschaften dieser Anlagen, der Organisation der Produktionsabläufe und den Verlusten aus Brand und Diebstahl. Hier ist es nur in Grenzen möglich, nicht beeinflußbare und zugleich verifzierbare Zustände bzw. Ereignisse zu definieren, auf deren Grundlage via Handel mit bedingten Zahlungsansprüchen das Risiko gehedgt werden kann: Die tatsächlich beobachtbaren Datenausprägungen bzw. Ereignisse und Kostenkomponenten werden simultan durch nicht beeinflußbare Zustände und Aktivitäten des Entscheidungsträgers und seiner Mitarbeiter verursacht. Zum Beispiel hängt die Zahl der krank gemeldeten Mitarbeiter auch davon ab, wie sie der Entscheidungsträger zu einem Arbeitseinsatz motiviert. Somit sind auch die betreffenden Kostenkomponenten nicht zerlegbar in einen beeinflußbaren und einen nicht beeinflußbaren Bestandteil. Das bedeutet, daß das Kostenrisiko nicht mit einem Finanzkontrakt perfekt gehedgt werden kann, bei dem der Vertragspartner gegen Zahlung eines festen Preises die Produktionskosten und mithin auch das entsprechende Kostenrisiko übemimmt. Diese „Versicherung" hätte Rückwirkungen auf das Verhalten des Entscheidungsträgers zum Nachteil des Versicherers (Moral Hazard): Der Entscheidungsträger wäre nicht motiviert, Anstrengungen zu untemehmen, die Produktionskosten zu senken. Ein potentieller Vertragspartner antizipiert die hohen Kosten und fordert ein prohibitiv hohes Entgelt für deren Übemahme. Dem Konflikt zwischen effizienter Risikoteilung und Motivation zu einem hohen Arbeitseinsatz^) kann im allgemeinen nur dadurch begegnet werden, daß der Entscheidungsträger über die Bemessungsgrundlage für seine Belohnung einen relativ hohen Anteil an den Kosten selbst trägt. Dieser Anteil ist tendenziell um so höher, je größer der für die Kostenreduktion erforderliche Arbeitseinsatz ist. Es besteht folgende allgemeine Tendenz: Je größer der Einfluß des Entscheidungsträgers auf Kosten- und Erlöskomponenten ist, je weniger seine Anstrengungen zu deren Verbesserungen vertraglich vereinbar und verifizierbar sind und je größer das mit den Anstrengungen verbundene Arbeitsleid ist, 8)
Vgl. hierzu zum Beispiel SPREMANN (1987, 1988); LAUX (1990a); GiLLENKiRCH (1997; 2004a); VELTHUIS (1998; 2004a); SCHABEL(2004).
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desto schwieriger bzw. teurer wird es, das betreffende Risiko zu hedgen. Insbesondere gibt es im allgemeinen keine Finanztitel, mit denen das Risiko im Absatzbereich gehedgt werden kann. Zwar sind auch Schäden, gegen die sich ein Untemehmen in der Realität versichern kann, nicht völlig unabhängig von den Entscheidungen und Maßnahmen im Untemehmen. Jedoch kommen Versicherungen als Instrument der Risikoreduktion vor allem dann in Betracht, wenn in einfacher Weise Maßnahmen zur Schadenverhinderung und -begrenzung vereinbart und verifiziert werden können. Zum Beispiel wird bei der Versicherung von Feurschäden vereinbart, daß Sprinkler-Anlagen und Feuermelder installiert werden und bestimmte Güter nicht gelagert werden. Die Vereinbarung sinnvoller und zugleich verifizierbarer Verhaltensnormen zum Beispiel für den Absatzbereich ist dagegen im allgemeinen sehr viel schwieriger. Wenn Maßnahmen zur Schadenverhinderung und/oder Begrenzung zwar nicht verifizierbar, jedoch auch nicht mit besonderen Anstrengungen bzw. Kosten verbunden sind, so kann schon eine geringe Schadenbeteiligung des Entscheidungsträgers bewirken, daß betreffende Maßnahmen durchgeführt werden.
7. 7.1.
Möglichkeiten praktischer Umsetzung eines Anreizsystems mit zustandsabhängigen Belohnungsfunktionen Implizite Vereinbarung einer Belohnungsfunktion
Die wesentlichen Merkmale anreizkompatibler Erfolgsbeteiligung lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Belohnungsfunktion ist konvex und zustandsabhängig, wobei die Steigung der einem Zustand entsprechenden Funktion für altemative Erfolge um so höher ist, je niedriger flir diesen Zustand das Endvermögen aus der Gesamtheit aller Investitionen der Volkswirtschaft ist. Das Konzept ist nicht nur von Bedeutung als Grundlage für die kritische Beurteilung von Anreizsystemen (Kapitel XIX, Abschnitt 4). Es läßt sich in seinen Grundzügen auch praktisch umsetzen. Mit Hilfe des beschriebenen Konzepts können auch zustandsabhängige Prämienfanktioncn analysiert und dabei das Fixum als exogen vorgegebene Größe zugrunde gelegt werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Nutzenfunktion für die Prämie vom Fixum abhängt. Ein Anreizvertrag, derfiirjeden möglichen Zustand Sg die jeweilige Belohnungsfunktion explizit darstellt, kann zwar einen prohibitiv hohen Aufwand verursachen. Jedoch ist es gar nicht erforderlich, ex ante alle Belohnungsfunktionen festzulegen. Man kann sich darauf einigen, die Belohnung entsprechend dem in Abschnitt 3.3.1 dargestellten Konzept ex post zu ermitteln, nachdem der Erfolg G und der eingetretene Zustand Sg bekannt sind. Nur hierfür wird also die Belohnung gemäß (XVI. 13) ermittelt. Damit diese Formel angewendet werden kann, muß ex ante eine Vereinbarung darüber getroffen werden, welche
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Nutzenfunktion U(B) und welche Parameter a und ß zugrunde gelegt werden. Außerdem muß zum Zeitpunkt 1 derjenige risikoangepaßte Zinssatz r^ bekannt und verifizierbar sein, der dem eintretenen Zustand Sg entspricht. Für diesen Zinssatz gilt die Gleichung: TCg = w(Ss)-(l+rs) ~^ und mithin r^ = w{S^)/n^ -1. Hierbei ist zwar n^ eine intersubjektiv überprüfbare Größe, jedoch nicht die Wahrscheinlichkeit w(Ss). Zwar haben annahmegemäß der Entscheidungsträger und die Anteilseigner zum Zeitpunkt 0 homogene Vorstellungen bezüghch der Wahrscheinlichkeiten w(Ss). Dies ist jedoch nicht ohne weiteres zu verifizieren. Um Konflikte zu vermeiden, sollten die den Zuständen Sg (s=l,2,...,S) entsprechenden Zinssätze rg zum Zeitpunkt 0 in verifizierbarer Weise festgehalten werden. Annahmegemäß ist ex post intersubjektiv überprüfbar, welcher Zustand Sg eingetreten ist; der zugehörige rg-Wert wird bei der Ermittlung der Belohnung gemäß (XVI. 13) zugrunde gelegt.^) Auch mit dieser impliziten Festlegung der Belohnungsfunktion kann jedoch ein prohibitiv hoher Aufwand verbunden sein. Eine weitere Vereinfachung kann in der Weise erfolgen, daß die Menge {Si,S2vjS} der möglichen Zustände in Teilmengen TMi,TM2v.jTM]vi mit TMiuTM2U...uTMM = {Si,S2,...,Sg} zerlegt und jede Teilmenge durch einen „mittleren" Zustand repräsentiert wird. Die rg-Werte werden dann nur für die repräsentativen Zustände ex ante festgehalten. Tritt zum Zeitpunkt 1 ein Zustand Sg der Teilmenge TMj^ ein, so wird mit dem zugeordneten risikoangepaßten Zinssatz die dem erzielten Erfolg entsprechende Belohnung ermittelt. Es stellt sich nun das Problem, wie die Menge aller möglichen Zustände Sg in Teilmengen zerlegt werden kann. Auch die Beschreibung der Teilmengen 9)
Zwar wird bei dem beschriebenen Konzept die Belohnung erst zum Ende der Periode ermittelt. Jedoch wird der Entscheidungsträger schon vorher bei seinen Entscheidungen bzw. Maßnahmen mehr oder weniger pauschal antizipieren, wie er damit die Wahrscheinlichkeitsverteilung über seine Belohnung beeinflussen kann. Ihm ist immerhin bekannt, daß er vor allem dann höhere Belohnungen erzielen kann, indem er die Erfolgssituation fiir "arme" Zustände (mit hohen 7i-Wert) verbessert. Er kann sein Urteil über mögliche Belohnungen verbessern, indem er das beschriebene Umsetzungsverfahren fur einzelne Zustände (mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit) zumindest in vereinfachter Form anwendet. Die explizite Anwendung des Verfahrens für repräsentative Zustände kann auch schon zu dem Zeitpunkt sinnvoll sein, zu dem die Belohnungsfunktion ausgehandelt wird; man kann dann besser den Einfluß erwogener a- und ß-Werte (den Transformationsfaktoren für die Nutzenfunktion U(B) des Entscheidungsträgers) auf mögliche Belohnungen durchschauen. Im übrigen kann der Entscheidungsträger keinen systematischen Vorteil erzielen, indem er die Instanz über seine Nutzenfunktion U(B) täuscht. Der mitgeteilten Nutzenfunktion entspricht ja kein eindeutiges System von Belohnungsfunktionen; unabhängig von dieser Nutzenfunktion können durch die Wahl entsprechender Parameter a und ß Belohnungsfunktionen mit hohen oder niedrigen Belohnungen konstruiert werden.
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TMj^ kann einen prohibitiv hohen Aufwand verursachen, denn die Teilmengen müssen so präzise definiert werden, daß ex post eine eindeutige Zuordnung des eingetretenen Endzustandes zur relevanten Teilmenge bzw. zum relevanten Zinssatz rg vorgenommen werden kann. 1.2.
Bindung der Belohnung an einen Aktienindex oder eine Benchmarkrendite (Indexierung)
Wie erläutert wurde, resultieren Unterschiede in den Zinssätzen rg bei zustandsunabhängigen Nutzenfunktionen aus unterschiedlichen Werten für das Endvermögen, aus der Gesamtheit aller Investitionen. Könnte die Höhe dieses Endvermögens direkt verifiziert werden, so könnte damit ex post der eingetretene Zustand beschrieben werden. Außerdem könnten die Teilmengen TM^ (m=l,2,...,M) als Intervalle für dieses Endvermögen dargestellt werden. Da jedoch auch das gesamte Endvermögen grundsätzlich nicht verifizierbar ist, stellt sich das Problem, einen Indikator zu finden, der damit in einem relativ engen stochastischen Zusammenhang steht. Dieser Bedingung kann ein Aktienindex (zum Beispiel der DAX) genügen, dessen Ausprägung in einfacher Weise verifiziert werden kann. Auf dasselbe läuft es hinaus, wenn die Belohnung an die Rendite des betreffenden Bezugsportefeuilles oder „Benchmarkportfolios", eine sogenannte Benchmarkrendite, gebunden wird. Benchmarkabhängige Belohnungen sind in der Praxis vor allem im Rahmen von Aktienoptionen (Stock Options) weit verbreitet (Kapitel XIX, Abschnitt 3.6.3). Bei Bindung der Belohnungsfixnktion an einem Aktienindex können hierfiir Intervalle gebildet werden, deren Mittelwerten zustandsbedingte risikoangepaßte Zinssätze rg zugeordnet werden. Dabei ist der einem Intervall zugeordnete Zinssatz um so niedriger, je geringer der Mittelwert dieses Intervalls ist. Zum Zeitpunkt 1 wird geprüft, in welchem Intervall der Aktienindex liegt und mit dem zugehörigen Zinssatz x^ gemäß (XVI. 13) diejenige Belohnung ermittelt, die dem erzielten Erfolg G entspricht. Analog zu den Darstellungen in Abschnitt 3 steigt nun die Belohnung bei einer Erhöhung von G um so mehr an, je niedriger der Mittelwert jenes Intervalls ist, in dem der Aktienindex zum Zeitpunkt 1 liegt. Für den Entscheidungsträger besteht somit ein Anreiz, primär Investitionsprojekte durchzuführen, die für geringe Indexwerte (bzw. Benchmarkrenditen) relativ hohe Überschüsse bieten. Damit besteht die Tendenz, auf Grund entsprechender Investitionsentscheidungen den Erfolg primär für „arme" Zustände zu erhöhen. Will man die Belohnungsfixnktion aus welchen Gründen auch immer explizit darstellen, so sind erhebhche Vereinfachungen geboten. Die folgende Belohnungsfunktion stellt eine mögliche vereinfachende Approximation dar: (XVI.20) B =
^ X1+X2 -DAXj ^f
(G-FW) + FW
mit xj > 1 undx2 >0.
Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall
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Hier dient der DAX als Indexwert, wobei DAXj dessen Höhe zum Zeitpunkt 1 bezeichnet. Zwar ist die Belohnung fiir jeden Indexwert eine linear (statt konvex) steigende Funktion des Erfolges G. Jedoch erflillt die Belohnungsfiinktion im Prinzip alle anderen Grundeigenschaften anreizkompatibler Belohnungsfiinktionen: 1 - Der Prämiensatz f = ist eine fallende Funktion des InX1+X2DAX1
dexwertes und stets positiv und kleiner als 1. Mit xj und X2 kann die Höhe des Prämiensatzes f gesteuert werden; je höher x^ und/oder X2, desto niedriger ist er fiir alternative Indexwerte. Mit Hilfe der Größe FW in (XVL23) kann bei gegebenen Prämiensätzen die absolute Höhe der Belohnungen gesteuert werden. FW wird im folgenden als „Fokuswert" bezeichnet. Sämtliche Belohnungsfunktionen schneiden sich im Fokuspunkt P(FW,FW) auf der 45°-Achse. Bei negativem (positivem) Fokuswert liegt dieser Punkt links unterhalb (rechts oberhalb) des Nullpunktes des Koordinatensystems. Mit steigendem Indexwert dreht sich die Belohnungsfiinktion im Uhrzeigersinn um den Fokuspunkt.
45°-Achse steigender DAX
Abb. XVI.4: Zur Approximation indexierter anreizkompatibler Prämienfunktionen Für das Beispiel in Abbildung XVL4 gilt FW<0. Hier kann auch fiir G>0 die Belohnung negativ werden. Für FW>0 ist die Belohnung im Bereich G>0 stets positiv. (Dies liegt daran, daß die Steigung der Belohnungsfunktion fiir jeden Zustand kleiner als 1 und mithin ihr Graph jeweils flacher verläuft als die 45°-Achse.) Man kann sich auch vorstellen, daß die Funktion (XVL23)
584
Kapitel XVI
bzw. die Abbildung XVI.4 eine Prämienfunktion darstellt und der Entscheidungsträger darüber hinaus ein Fixum erhält.
Ergänzende und vertiefende Literatur: BARNEA/HAUGEN/SENBET (1985); BREUER (1998, S. 153ff.); CAMPBELL/KRACAW (1985; 1987); FRANKE (1989); FRANKE/HAX (2004, S. 438ff.); GILLENKIRCH (1999; 2004a, Kapitel II; 2004b); GILLENKIRCHA^ELTHUIS (1997); LAUX (1994); LAUX/ SCHENK-MATHES (1992); NEUS (1989); RAMAKRISHNAN/THAKOR (1982; 1984); SCHABBL (2004); SCHMIDT/TERBERGER (1997, S. 405ff.); VELTHUIS (1998; 2004a).
XVII.
1.
Anreizkompatible Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
Problemstellung
In diesem Kapitel sollen die Darstellungen von Kapitel XVI auf den Mehrperioden-Fall erweitert werden, wobei wieder davon ausgegangen wird, daß die Gläubiger am Untemehmensrisiko nicht partizipieren. Im Mehrperioden-Fall hat die differenzierende Betrachtung von Gewinnen, Überschüssen und Marktwerten eine erheblich größere Bedeutung als im Einperioden-Fall. Diese Bemessungsgrundlagen sollen eingehend analysiert und verglichen werden. Es wird davon ausgegangen, der Entscheidungsträger sei die oberste Leitungsinstanz des Untemehmens. Untersucht werden insbesondere Belohnungssysteme mit der Ausschüttung an die Anteilseigner, dem Marktwert der Aktien bzw. dem Residualgewinn des Untemehmens als Bemessungsgrundlage. Da sich diese Bemessungsgrundlagen auf das Unternehmen als Ganzes beziehen, können sie sich für einen Entscheidungsträger als problematisch erweisen, der nur für einen Teilbereich des Untemehmens verantwortlich ist (LAUX, 1999b, Kapitel XVIII). In diesem Fall ist es naheliegend, die Belohnungen an Ergebnisse zu binden, die in engerer Verbindung zu den Entscheidungen des Entscheidungsträgers stehen. Die folgenden Darstellungen gelten jedoch analog für den Fall, daß der Entscheidungsträger für einen Untemehmensbereich verantworthch ist, dem finanzielle Überschüsse bzw. ein Teil des Marktwertes zurechenbar sind. Es wird angenommen, daß der Entscheidungsträger bereits ein festes Gehalt bezieht und nun erwogen wird, ihm in einem oder mehreren Zeitpunkten zusätzlich eine Prämie zu gewähren. Es wird untersucht, unter welchen Bedingungen der Entscheidungsträger aus dem Prämiensystem genau dann Vorteile erzielt, wenn (Investitions-)Projekte mit positivem Kapitalwert nach Prämie durchgeführt und Projekte mit negativem unterlassen werden. Dabei wird unterstellt, daß der Entscheidungsträger die Investitionsentscheidungen selbst trifft. Die Darstellungen gelten analog für den Fall, daß er Entscheidungskompetenzen delegiert und seine Aufgabe primär darin besteht, die Entscheidungen nachgeordneter Mitarbeiter zu steuem: Wenn ein Prämiensystem Anreize für „gute" Objektentscheidungen schafft, gilt dies zugleich auch für Steuerungsentscheidungen. In Abschnitt 2 werden die theoretischen Grundlagen dargestellt, auf denen die nachfolgenden Abschnitte aufbauen. Wie in Kapitel XII, Abschnitt 6, gezeigt wurde, sind im Mehrperioden-Fall die Bewertungsfunktionen des Shareholder Value Ansatzes nur unter speziellen Voraussetzungen bezüglich der Überschüsse sinnvoll. Daher wird im folgenden - analog zu den Darstellungen in Kapitel XVI - der modifizierte State Preference Ansatz (mit Störtermen für
586
Kapitel XVII
die zustandsabhängigen Überschüsse, deren Erwartungswerte gleich null und für die Anteilseigner nicht bewertungsrelevant sind) zugrunde gelegt. In Abschnitt 3 wird einführend davon ausgegangen, daß der Entscheidungsträger risikoneutral ist und nur wwsystematisches (untemehmensspezifisches) Risiko besteht. Anreizkompatible Prämienfunktionen sind dann linear und zustandswfzabhängig. Das Kemproblem im Mehrperioden-Fall besteht dann in der Wahl geeigneter Bemessungsgrundlagen. Es wird untersucht, welche Bemessungsgrundlagen anreizkompatibel sind und welche charakteristischen Unterschiede zwischen ihnen bestehen. Die Darstellungen in Abschnitt 3 sind auch von Bedeutung für die Gestaltung anreizkompatibler Prämiensysteme bei Risikoaversion des Entscheidungsträgers und systematischem Risiko. Li Abschnitt 4 wird gezeigt, wie dann durch zustandsabhängige Erfolgsbeteiligung analog zum EinperiodenFall Anreizkompatibilität erzeugt werden kann (Grundmodell). Li Abschnitt 5 werden Varianten des Grundmodells dargestellt, wobei jeweils einzelne Voraussetzungen dieses Modells aufgehoben werden. Ln folgenden wird zur Vereinfachung einiger Darstellungen angenommen, daß außerhalb des Leistungsbereichs lediglich eine Anlage bzw. Aufnahme von Kapital zum risikolosen Zinssatz r erfolgt. Diese Annahme stellt keine Einschränkung der Allgemeinheit dar: Man kann sich zum Beispiel vorstellen, daß die Überschüsse ÜL^ des Leistungsbereich anders als in den anderen Kapiteln so definiert sind, daß sie auch die Ein- und Auszahlungen aus einem Handel mit riskanten Wertpapieren enthalten.
2.
Entscheidungssituation
Wie gesagt, dient als theoretische Grundlage der modifizierte State Preference Ansatz für den Mehrperioden-Fall (Kapitel XII, Abschnitt 4). Die Entscheidungssituation wird zunächst wie folgt konkretisiert: 1. Der Entscheidungsträger ist zum Zeitpunkt 0 bereits im Unternehmen tätig und scheidet erst zum Liquidationszeitpunkt T aus dem Untemehmen aus.l) 2. Dem Entscheidungsträger wird das Ziel gesetzt, zu jedem Zeitpunkt t (t=0,l,2,...,T-1) diejenigen der dann erwogenen Investitionsprojekte in das Programm aufzunehmen und „ordnungsgemäß" abzuwickeln, denen jeweils ein möglichst hoher Kapitalwert (Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung und der Prämien) entspricht. Um den Entschei-
1)
Wenn die Verweildauer des Entscheidungsträgers im Unternehmen von der Erfolgsentwicklung abhängt und das vorzeitige Ausscheiden eine Einbuße des (Human-) Vermögens des Entscheidungsträgers bedeutet, ergeben sich Verhaltensimplikationen (zum Beispiel die Tendenz, Risiken zu meiden, um die Wahrscheinlichkeit seines Ausscheidens zu reduzieren), die bei der Ermittlung des expliziten Belohnungssystems zu berücksichtigen sind.
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
587
dungsträger zu motivieren, im Sinne der Anteilseigner zu handeln, wird mit ihm zum Zeitpunkt 0 eine „Erfolgsbeteiligung" vereinbart. 3. Die Vereinbarung erfolgt vor einer Ausschüttung ÜQ; auch bezüglich dieser Ausschüttung soll Anreizkompatibilität erzeugt werden. 4. Der Nutzenwert, den der Entscheidungsträger einem Strom an Prämien zuordnet, ist unabhängig davon, welche Folge von Umweltzuständen eintritt. Die Nutzenfunktion bezüglich eines Prämienstromes ist also zustandsunabhängig; der Entscheidungsträger handelt wie in Kapitel XVI im privaten Bereich nicht mit riskanten Wertpapieren. 5. Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die mit den Projekten erzielten Überschüsse sind beliebig; es werden keine speziellen Typen von Verteilungen unterstellt. Lisbesondere kann der Entscheidungsträger die Wahl haben zwischen Projekten, deren Überschüsse unterschiedlich mit den Überschüssen aus der Gesamtheit aller Livestitionen der Volkswirtschaft korreliert sind. Die über das Prämiensystem entscheidende Instanz weiß nicht, welche Verteilungen den Projekten entsprechen, die der Entscheidungsträger gegenwärtig und in Zukunft durchführen kann. 6. Sowohl der Entscheidungsträger als auch die Anteilseigner können zum risikolosen Zinssatz r Kapital anlegen und aufnehmen. Sie diskontieren sichere Einkünfte bzw. sichere Änderungen mit diesem Zinssatz. Im folgenden werden alternative Prämiensysteme daraufhin untersucht, ob sie anreizkompatibel sind und, wenn nicht, welche Gefahren für Fehlentscheidungen sie dann implizieren. Dabei wird angenommen, daß der Entscheidungsträger neben einem Fixum zu einem oder mehreren Zeitpunkten t eine „erfolgsabhängige" Prämie erhält. Das Fixum stehe bereits fest. Jedoch darf nicht übersehen werden, daß dessen Höhe einen Einfluß auf die Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers bezüglich seiner Prämien hat, sofem er nicht risikoneutral ist. Außer den explizit betrachteten positiven oder negativen Prämien seien im Zeitablauf keine erfolgsabhängigen Belohnungen oder Sanktionen maßgeblich, denen bei der Gestaltung eines anreizkompatiblen Prämiensystems Rechnung zu tragen ist. Zum Beispiel gibt es keine besonderen Sanktionen fiir den Fall, daß der Kurs in einer Periode sinkt bzw. nicht um einen bestimmten Betrag steigt; ein Nachteil kann sich nur aus dem explizit betrachteten Prämiensystem ergeben. Zur Vereinfachung der formalen Darstellungen wird außerdem davon ausgegangen, daß Prämien nicht untemehmensintem finanziert werden, sondern direkt von den Anteilseignem im Verhältnis ihrer Anteile am Unternehmen gewährt werden. (Zum Beispiel wird eine Ausschüttung entsprechend reduziert.) Da ein vollkommener Kapitalmarkt besteht, wird die Allgemeingültigkeit der Ergebnisse durch diese Annahme nicht eingeschränkt. Da der Entscheidungsträger zum risikolosen Zinssatz r Geld anlegen und aufiiehmen kann, sei er fiir jede Umweltentwicklung jeweils indifferent zwischen allen möglichen Prämienströmen, die beim Zinssatz r denselben End-
588
Kapitel XVII
wert für den Zeitpunkt T aufweisen. Da außerdem seine Nutzenfunktion bezügUch des Prämienstromes von der eintretenden Zustandsfolge unabhängig ist, kann sie wie folgt dargestellt werden: (XVII.1) U(Po,Pi,...,PT) = U[2:(l + r ) ' r - t . p j . t=0
Dabei bezeichnet P^ (t=0,l,...5T) die Prämie für den Zeitpunkt t. Gemäß (XVII.l) ist der Nutzenwert eines beliebigen Prämienstromes identisch mit dem Nutzen einer einmaligen Prämie zum Zeitpunkt T in Höhe des Endwertes dieses Prämienstromes. Bei der Nutzenfunktion (XVII.l) ist für die vom Entscheidungsträger geforderte Risikoprämie die Streuung des Endwertes aller Prämien relevant. Der Entscheidungsträger orientiert sich bei seinen Entscheidungen (auch) an dem folgenden Erwartungsnutzen: (XVIL2) E[U(P)] = E(U[ I ( l + r)T-^ -Pt]). t=0
Dabei bezeichnet P den Endwert des Prämienstromes.
3. 3.1,
Lineare zustandsunabhängige Prämiensysteme bei (Quasi-) Risikoneutralität Bewertungsfunktionen und allgemeine Bedingung der Anreizkompatibilität
Zur Einflihrung in die Problematik der Schaffung von Anreizkompatibilität soll zunächst vereinfachend angenommen werden, daß der Entscheidungsträger risikoneutral ist; er bewertet ungewisse zukünftige Prämien, indem er ihre Erwartungswerte mit dem risikolosen Zinssatz diskontiert. Außerdem wird davon ausgegangen, daß nur unsystematisches Risiko relevant ist; die Anteilseigner bewerten wie bei Risikoneutralität zukünftige Ausschüttungen, indem sie deren Erwartungswerte mit dem risikolosen Zinssatz diskontieren. Unter diesen Voraussetzungen besteht genau dann Anreizkompatibilität, wenn der Endwert bzw. Barwert der Prämien eine linear steigende Funktion des Endwertes bzw. Barwertes der Ausschüttungen ist (und das Steigungsmaß geringer ist als 1). Dann ist auch der Endwert bzw. Barwert der erwarteten Prämien eine linear steigende Funktion des Endwertes bzw. Barwertes der erwarteten Ausschüttungen nach Prämien. Im folgenden wird flir unterschiedliche lineare Prämiensysteme untersucht, inwieweit sie die Bedingung der Anreizkompatibilität erflillen. Die betreffenden Prämiensysteme sind unabhängig von der Risikoeinstellung des Entscheidungsträgers und den Risiken im Unternehmen auch dann anreizkompatibel,
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
589
wenn der Kapitalmarkt vollständig ist und der Entscheidungsträger wie die Anteilseigner mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf. Für ihn ist dann wie für die Anteilseigner der Marktwert seiner Prämien relevant. 3.2.
Ausschüttungsdiskriminierende nichtanreizkompatible Prämiensysteme
Wird der Entscheidungsträger ausschließlich am Marktwert der Aktien des Unternehmens zum Zeitpunkt 0 vor Ausschüttung beteiligt, gilt also die Prämienfunktion PQ = f-(Üo + Mo), wobei MQ den Marktwert nach Ausschüttung bezeichnet^), ergeben sich analoge Probleme wie im Einperioden-Fall. Für den Entscheidungsträger besteht ein Anreiz, hohe zukünftige Überschüsse zu versprechen, aber nicht, sie zu realisieren. Daher werden im folgenden Prämiensysteme untersucht, bei denen der Entscheidungsträger (auch) an zukünftigen Marktwerten, Überschüssen oder Gewinnen beteiligt wird. Bei der Prämienfunktion^) P^ =f-Ü^ (0
3) 4)
Bei einer Beteiligung nur an MQ wird der Entscheidungstxäger benachteiligt, wenn er zum Zeitpunkt 0 eine Ausschüttung vornimmt; MQ sinkt dann um die Ausschüttung ÜQ. Ansonsten hat die Bemessungsgrundlage MQ dieselbe Anreizwirkung wie ÜQ+MQ Üy ist der Marktwert der Aktien des Unternehmens zum Liquidationszeitpunkt T unmittelbar vor der Ausschüttung Üj (es gilt M j =0). Er erzielt natürlich auch dann einen Vorteil zu Lasten der Anteilseigner, wenn er vor dem Zeitpunkt T Kapitalerhöhungen durchsetzt (für die betroffenen Zeitpunkte gitl Ü^<0), die Mittel zum Zinssatz r anlegt und Üj entsprechend erhöht.
590
Kapitel XVII
zukünftigen Reinvermögenszuwächse und mithin der Prämien um so höher, je höher die Reinvermögenswerte Vi,V2,...,Vp_i angesetzt werden. Bei gegebenen Bewertungsregeln kann der Entscheidungsträger innerhalb gewisser Grenzen auch Vorteile erzielen, indem er aus Sicht der Anteilseigner nachteilige Investitionsentscheidungen trifft (LAUX, 1999b, Kapitel VIII). 3.3.
Ausschüttungsneutrale anreizkompatible Prämiensysteme
3.3.1. Direkte Beteiligung an den Ausschüttungen Bei dem folgenden Prämiensystem ist der Endwert der Prämien von der Ausschüttungspolitik bei gegebener Strategie im Leistungsbereich unabhängig: (XVII.3) Pt = f-Üt
(t=0,l,...,T).
Hier wird der Entscheidungsträger mit einem im Zeitablauf konstantem Prämiensatz f (0
(t=l,2,...,T)
In der Praxis werden Anreize oft in der Weise gewährt, daß dem Management zu einem Vorzugspreis (Belegschafts-) Aktien des Unternehmens (mit oder ohne Ausschluß des Stimmrechts) überlassen werden, die es erst nach einer Sperrfrist wieder verkaufen darf.
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
591
erhält der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt 0 noch keine Prämie. Für jeden Zeitpunkt t (t= 1,2,...,T) dient die residuale Marktwertänderung R^ in Periode t als Bemessungsgrundlage, wobei die kalkulatorischen Zinsen mit dem risikolosen Zinssatz r ermittelt werden. Ist diese Differenz negativ, so ist auch die Prämie negativ. Für den Barwert aller residualen Marktwertänderungen gilt analog zum Barwert aller Residualgewinne für jede Umweltentwicklung (Kapitel XIV, Abschnitt 3.2) folgende Barwertidentität: (XVII.5)
Z (1 + r ) - ^ Rt = S (1 + r ) - ^ Üt - Mo . t=l
t=l
Für den Endwert aller residualen Marktwertänderungen gilt somit: (XVIL6)
E (1 + ^)^~^ • Rt = I (1 + r)^-^ • Üt - (1 + r)^. Mo t=l
t=l
und entsprechend für den Endwert der Prämien: (XVIL7)
E(l-fr)T-^Pt = f.[i:(Hhr)T-t.Üt-(l-fr)T.Mo]. t=l
t=l
Für den Endwert der Prämien sind also bei dem Prämiensystem (XVIL4) die Marktwerte M^ (t=l,2,...,T-l) letztHch irrelevant (M^ ist gleich 0); der Endwert hängt ausschließlich vom Ausschüttungsstrom Üi,Ü2v?Üx und dem Marktwert MQ ab. Wird der Marktwert zum Zeitpunkt 0 vor der Ausschüttung Üo mit Mo bezeichnet, kann Mo wie folgt dargestellt werden: Mo = Mo - Ü o . Entsprechend folgt aus (XVII.T): T
(XVIL8)
T
X(l + r)'^"^.Pt = f.X(l + r)'^"*-Üt-(l + r ) ' ^ . f - M j . t=l
t=0
Mo ist als Marktwert vor Einführung des Prämiensystems definiert.^) MQ ist somit eine gegebene Größe, so daß eine lineare Beziehung zwischen dem Endwert des Prämien- und des Ausschüttungsstroms und folglich Anreizkompatibilität besteht. Der Entscheidungsträger erzielt weder einen Vorteil noch einen Nachteil, wenn er die Ausschüttung zu einem Zeitpunkt t reduziert, den Betrag zum Zinssatz r anlegt und ihn einschheßlich Zinsen und Zinseszinsen erst zum Zeitpunkt T ausschüttet. Beim Prämiensystem (XVIL4) ist gemäß 6)
Die Einführung des Prämiensystems kann bewirken, daß der Marktwert der Aktien steigt, weil die Anteilseigner bessere Entscheidungen antizipieren. Jedoch ist hier für die Prämie zum Zeitpunkt 1 nicht der neue Marktwert für den Zeitpunkt 0 relevant, sondern der ursprüngliche MQ .
592
Kapitel XVII
(XVII.8) der Endwert des Prämienstromes wegen M j >0 bei jeder Umweltentwicklung um (l + r)^-f-MQ niedriger als bei direkter BeteiUgung an den Ausschüttungen Üo,Üi,...,Ü7. Wenn der Entscheidungsträger bei gegebenem MQ Marktwerte M^ (0< t
(t=l,2,...,T).
Der Endwert des Prämienstromes ist dann um den Betrag T
T
Xf-(l + r)'^"^T.Mt_i=f-r.X(l + r)'^'^-Mt_i t=l
t=l
höher als beim Prämiensystem (XVII.4) und unterscheidet sich folglich um den Betrag T
f - r - S ( l + r)'^"^.Mt_i~(l + r)'^-f-Mj t=l
vom Endwert des Prämienstromes bei direkter Beteiligung an den Ausschüttungen Üo,Üi,...,Üx. Der Entscheidungsträger kann sich nicht nur durch Investitionsprojekte mit nichtpositiven Kapitalwert bereichem, sondem auch durch Fehlinformationen, zum Beispiel Manipulationen von Erfolgsgrößen des extemen Rechnungswesens. Wenn c.p. auf Grund von Fehlinformationen der Marktwert M^_i (2
7)
(t=0,l,...,T)
Der Entscheidungsträger kann nach Einführung des Prämiensystems MQ nicht mehr beeinflussen, wohl aber ÜQ. Er erzielt einen Vorteil, indem er ÜQ reduziert und den Betrag bis zum Zeitpunkt T zum Zinssatz r anlegt. Es steigen dann alle Marktwerte M^_j (t = 1,2,..., T) und mithin der Endwert des Prämienstromes.
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
593
wird der Entscheidungsträger zu jedem Zeitpunkt t am Überschuß des Leistungsbereichs beteiUgt. Da annahmegemäß keine riskanten Wertpapiere gehalten werden, gilt (wie gleich bewiesen wird) für den Endwert aller Prämien: T
(XVILIO)
T
f-X(l + r)'^"^-ÜLt = f-2](l + r)'^"^-Üt-f-(l + r)'^-ÜFo. t=0
t=0
ÜFQ bezeichnet das Geldvermögen zum Zeitpunkt 0 vor den Zahlungsvorgängen ÜQ und ÜLo-Wird der zum Zeitpunkt - 1 , dem Beginn der Periode, die der Periode 1 vorausgeht, zum risikolosen Zins r angelegte (aufgenommene) Kapitalbetrag mit AB_i (FK_i) bezeichnet, so gilt:^) (XVILll)
ÜFo = (l + r)-AB_i-(l + r).FK_i.
Beweis von (XVILIO): Gemäß (XIV.17) gilt: (XVIL12)
i : a + r)'^"'-Üt=i:(l + r)'r-^ÜLt+(l + r)T.(ABo-FKo) t=l
t=l
wobei ABQ ( FKQ ) den nach den Zahlungsvorgängen ÜLQ und ÜQ zum Zinssatz r angelegten (aufgenommenen) Betrag bezeichnet. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit kann davon ausgegangen werden, daß der Kredit FK_i zum Zeitpunkt 0 getilgt wird und AB_i einer Einzahlung entspricht. ÜFQ bezeichnet dann einen finanziellen Überschuß. Entsprechend bezeichnet nun FKQ bzw. ABQ den im Zeitpunkt 0 zum Zinssatz r neu aufgenommenen bzw. angelegten Kapitalbetrag. Es gilt somit die Finanzrestriktion: (XVIL13)
Üo = ÜFo + ÜLo + FKo ~ ABo.
Hieraus folgt: (XVII.14)
ABQ -FKo = ÜFo +ÜLo - Ü o .
Einsetzen von (XVIL14) in (XVIL12) und Umstellung ergibt: T
(XVII.15)
T
X(l + r)^"^-ÜLt= X(l + r)'^"^.Üt-(l + r)'^.ÜFo. t=0
t=0
Somit ist (XVILIO) erfüllt (q.e.d.). Da ÜFQ zum Zeitpunkt 0 gegeben ist, besteht auch bei Beteiligung an den Überschüssen des Leistungsbereichs eine lineare Beziehung zwischen dem Endwert des Prämien- und des Ausschilttungsstroms und mithin Anreizkompatibilität. Der Endwert des Prämienstroms gemäß (XVII.IO) unterscheidet sich von dem bei direkter Beteiligung an den Ausschüttungen Üo,Üi,...,Üx um den Term - f •(l + r)T -ÜFQ. 8)
Wird das Unternehmen zum Zeitpunkt 0 gegründet, so gilt AB_| = F K _ | =ÜFQ = 0.
594
Kapitel XVII
3.3.4. Beteiligung an den Residualgewinnen Bei dem Prämiensystem (XVIL16)
Pt=f-Gt = f-[Vt+Üt-(l + r).Vt_i]
(t=l,2,...,T)
werden die Prämien an die Residualgewinne der Perioden 1,2,...,T gebunden (vgl. zu diesem Gewinnkonzept Kapitel XIV, Abschnitt 3.1). V^.j bzw. V^ bezeichnet das Reinvermögen zum Zeitpunkt t-1 bzw. t unmittelbar nach der Ausschüttung Üt_i bzw. Üt- Für den Endwert aller Prämien gilt hierbei: (XVII.17)
i;(l + r)'r-^Pt = i;(l + r)T-t.f.Gt t=l
t=l
t=l
Für den Endwert der Prämien sind die Reinvermögenswerte V^ für die Zeitpunkte 1,2,...,T-1 (Vx=0) irrelevant. Je nach dem maßgeblichen Bewertungskonzept mag der Entscheidungsträger die Wertansätze für diese Zeitpunkte zwar „manipulieren" können, bei gegebenem Reinvermögensansatz VQ hat dies jedoch für ihn keine finanziellen Konsequenzen, sofem er auch an Verlusten beteiligt wird und die kalkulatorischen Zinsen mit r ermittelt werden. Bezeichnet man das Reinvermögen zum Zeitpunkt 0 vor der Ausschüttung mit N^, kann VQ wie folgt dargestellt werden: Vo = Vj" - Ü o , so daß für (XVIL17) folgt: (XVII.18)
i ; ( l + r)T-t.Pt = X(l + r)T"'-f-Gt t=l
t=l
t=0
Da VQ^ eine exogen vorgegebene Größe ist, ist der Endwert des Prämienstroms wiederum eine linear steigende Funktion des Endwertes der Ausschüttungen, so daß Anreizkompatibilität besteht. Das gleiche gilt für eine Beteiligung an den Residualgewinnen GL des Leistungsbereiches, wobei allerdings der Endwert der Prämien im allgemeinen um einen deterministischen Betrag von dem bei Beteiligung an den Residualgewinnen des Untemehmens abweicht. 3.4.
Fazit
Diejenigen der beschriebenen Prämiensysteme, die bei Quasi-Risikoneutralität anreizkompatibel sind, unterscheiden sich bei gegebenem Prämiensatz f letzt-
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
595
lieh allenfalls dadurch, daß die Endwerte der Prämien um deterministische Beträge voneinander abweichen. Wird das sichere Fixum angepaßt, sind sie völlig äquivalent. Der Entscheidungsträger trifft in diesem Fall jeweils auch dann dieselben Entscheidungen, wenn er risikoavers ist und systematisches Risiko existiert. Jedoch besteht flir diesen Fall bei linearen zustandsabhängigen Prämienfunktionen kein Anreiz, im Sinne der Anteilseigner zu entscheiden. Wie gezeigt wurde, bieten der residuale Marktwertzuwachs, der Überschuß des Leistungsbereichs und der Residualgewinn als Bemessungsgrundlagen gegenüber der Ausschüttung keine prinzipiellen Vorteile. Dieses Ergebnis beruht insbesondere auf den Voraussetzungen, daß der Entscheidungsträger sichere Einkünfte mit demselben risikolosen Zinssatz r diskontiert wie die Anteilseigner und außerdem die Gläubiger nicht am Erfolgsrisiko partizipieren. Sind diese Voraussetzungen nicht erflillt, kann es sich als zweckmäßig erweisen, statt der Ausschüttung eine der anderen Bemessungsgrundlagen zu wählen (Abschnitt 5.2).
4.
Anreizkompatible Erfolgsbeteiligung bei Risikoaversion des Entscheidungsträgers und systematischem Risiko: Das Grundmodell
hn folgenden wird gezeigt, wie bei Risikoaversion des Entscheidungsträgers und systematischem Risiko anreizkompatible Prämienfunktionen ermittelt werden können und welche Gestalt sie haben (LAUX, 1994; 1998b). Hierbei wird wieder angenommen, daß der Entscheidungsträger und die Anteilseigner identische Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bezüglich zukünftiger Umweltzustände haben. Zunächst wird vereinfachend davon ausgegangen, eine Ausschüttung sei erst zum Zeitpunkt T vorzunehmen und der Entscheidungsträger erhalte dann eine einmalige Prämie P j auf die Ausschüttung Ü^. Diese Annahme ermöglicht es, wichtige Grundzusammenhänge analog zum Einperioden-Fall zu analysieren. Es stellt sich nun das Problem, den Entscheidungsträger zu motivieren, im Zeitablauf Maßnahmen durchzuführen, die primär in solchen Zuständen zu relativ hohen Ausschüttungen Ü^ fähren, in denen das Endvermögen aus der Gesamtheit aller Livestitionen der Volkswirtschaft tendenziell niedrig ist („arme" Umweltzustände). Ein entsprechender Anreiz kann wie im EinperiodenFall geschaffen werden, indem die Prämienfimktion zustandsabhängig festgelegt wird; die Prämie hängt dann nicht allein von der Ausschüttung Üj, sondern auch von dem eintretenden Zustand S j g ab. Wird die Prämienfunktion filr den Zustand S j § ^it Ps(Üj) bezeichnet, gilt fiir den Marktwert Mg^ nach Prämie:
596
Kapitel XVII
(XVII.19)
Mf=Z
7t(ST,s)-E([UT-Ps(UT)]ST,s) s=l S(T) ^ ^ , = Ew(ST,s)-d(ST,s)-E([UT-Ps(UT)]ST,s)V
C=l'
'
=^(ST,S)
E([Üx-Ps(Üx)] I Sx^s) bezeichnet den Erwartungswert der Ausschüttung nach Prämie unter der Bedingung, daß der Zustand Sx^s eintritt. Für den Zustand Sx s ist deshalb ein Erwartungswert und keine deterministische Ausschüttung maßgeblich, weil auf Grund von Störtermen (mit Erwartungswerten von null) für jeden Zustand zum Zeitpunkt T die Ausschüttung stochastisch ist. Der Störterm für Üx ist gleich dem Endwert aller Störterme für die bedingten Überschüsse des Leistungsbereichs im Zustand Sx^s ^^^ ^^^ vorgelagerten Zuständen. w(Sxs) i^ (XVII.19) bezeichnet die Wahrscheinlichkeit und d(Sxs) den risikoangepaßten Diskontfaktor flir den Zustand Sj §? ^lso das Produkt aus denjenigen periodenbezogenen Diskontfaktoren, die der Umweltentwicklung zugeordnet sind, die dem Zustand Sj ^ entspricht. Der Erwartungsnutzen der Prämie für den Entscheidungsträger kann (bezogen auf die Wahrscheinlichkeitsvorstellungen zum Zeitpunkt 0) wie folgt dargestellt werden: ^
(XVII.20)
S(T)
^
E[U(P)] = X w(Sx,s) •E(U[Ps (Ux )]|Sx,s) • s=l
E(U[Ps(Üx)] I Sx s) bezeichnet den Erwartungsnutzen der Prämie unter der Bedingung, daß der Zustand Sx s eintritt. Es besteht Anreizkompatibilität bezüglich der Entscheidungen zum Zeitpunkt 0, wenn die Prämienfunktionen Ps(Üx) (s=l,2,...,S(T)) so festgelegt werden, daß folgende Bedingung gilt:^) Bedingung XVII. 1: Der Marktwert M^ nach Prämie gemäß (XVII.19), ist eine streng monoton steigende Funktion des Erwartungsnutzens der Prämie gemäß (XVII.20). Grundbedingung der Anreizkompatibilität Da die Instanz nicht weiß, welche Wahrscheinhchkeitsverteilung über die Ausschüttung den vom Entscheidungsträger erwogenen Investitionsstrategien entsprechen, soll Anreizkompatibihtät bezüghch jeder möglichen Wahrscheinlichkeitsverteilung bestehen. Analog zu den Darstellungen in Kapitel XVI, Ab9)
Ist diese Bedingung erfüllt, so besteht - wie noch gezeigt werden wird - Anreizkompatibilität auch für die Zeitpunkte 1,2,...,T-1.
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
597
schnitt 3.3.1, für den Einperioden-Fall gilt: Bei behebiger Wahrscheinhchkeitsverteilung kann die Bedingung XVII.l nur dann erfüllt sein, wenn die Prämienfunktion PgCÜj) (s=l,2,...,S(T)) so bestimmt wird, daß folgende Bedingung erfüllt ist: Bedingung XVII.2: Die mit dem Diskontfaktor d(Sxs) gewichtete Ausschüttung nach Prämie zum Zeitpunkt T ist eine linear steigende Funktion des Nutzens der Prämie, wobei a positiv und ß beliebig ist: (XVIL21)
d(ST,s)-[ÜT - P S ( Ü T ) ] = a .U[P3(ÜT)] + ß für alle möglichen Ü-p.
Notwendige und hinreichende Bedingung der Anreizkompatibilität Wegen W(ST,S) ' d(ST,s) = ^ (ST,S) gut d(ST,s) = TT (ST,S) / W(ST,S). (XVn.21) entspricht der Bedingung (XVI. 13) mit dg = (l+rs)"^ für den Einperioden-Fall. Ist die Bedingung (XVn.21) erfüllt, so ist der unbedingte Erwartungsnutzen der Prämie eine linear steigende Funktion des Marktwertes Mg^. Analog zu den Darstellungen in Kapitel XVI, Abschnitt 3.3.1, gilt dann nämlich: (XVII.22)
Uf
= a • E[U(P)] + ß
(mit a > 0 und ß beHebig).
Die Funktion Ps(Üx), die (XVII.21) erfüllt, kann analog ermittelt werden wie für den Fall einer zustandsabhängigen Beteiligung am Erfolg im EinperiodenFall. Durch die Wahl unterschiedlicher Parameter a und ß können zustandsabhängige Prämienfunktionen ermittelt werden, bei denen alternativen Ausschüttungen Üx hohe bzw. niedrige Prämien entsprechen und bei denen die Prämien mit steigender Ausschüttung unterschiedlich stark wachsen. Jede Prämienfunktion ist streng konvex, wobei die Grenzprämie stets kleiner ist als 1. Bei gegebenen Werten von a und ß hängt die dem Zustand Sj § entsprechende Prämienfunktion Ps(Üx) von d(Sx,s) ^t). Analog zu den Darstellungen für den Einperioden-Fall verläuft die dem Zustand Sj § entsprechende Prämienfunktion um so steiler, je höher d(Sx s) ist: Für „arme" Zustände wächst die Prämie mit steigender Ausschüttung relativ stark, für „reiche" Zustände relativ wenig. Folglich hat der Entscheidungsträger ein Interesse daran, die Ausschüttung Üx vor allem für jene Endzustände Sx s zu verbessern, für die der risikoangepaßte Diskontfaktor relativ hoch ist, für die also das Endvermögen aus der Gesamtheit aller Investitionen der Volkswirtschaft niedrig ist. Werden die zustandsabhängigen Prämienfunktionen gemäß (XVII.21) ermittelt, besteht Anreizkompatibilität nicht nur für die Entscheidungen zum Zeitpunkt 0, sondern auch für die zum Zeitpunkt t (t=l,2,...,T-l) und zwar unabhängig von dem dann eintretenden Zustand St g. Zum Beweis werden der Zeitpunkt t* und der Zustand S^* s' betrachtet: Analog zur Bedingung (XVn.21)
598
Kapitel XVII
für den Zeitpunkt 0 besteht nun Anreizkompatibihtät, wenn ein Faktor x > 0 existiert, so daß für jeden im Zeitpunkt T noch mögUchen Zustand Sj g (^it T
T
s G Zt* s', wobei Z^* g« die Indexmenge jener Zustände für den Zeitpunkt T bezeichnet, die auf den Zustand 8^*5'folgenkönnen) folgende Bedingung gilti^^) (XVn.23)
d(ST,s|St*,sO • [ÜT - PS(ÜT)] = X. (a. ^PgCÜx)] + ß).
Notwendige und hinreichende Bedingung der Anreizkompatibilität für zukünftige Entscheidungszeitpunkte Diese Bedingung ist in der Tat erfüllt: Gemäß den obigen Darstellungen wird zum Zeitpunkt 0 die Prämienfunktion für jeden Zustand S^ s so festgelegt, daß (XVIL21) gilt. Da die zustandsabhängigen Prämienfunktionen im Zeitablauf nicht verändert werden, ist die Bedingung (XVn.21) auch zum Zeitpunkt t* für jeden noch möglichen Zustand Sx s erfüllt. Wegen d(ST,s) = d(Sx s|St*,s') •d(St*^sO (Kapitel XII, Abschnitt 3.2.1.) kann (XVII.21) in (XVII.23) überführt werden, wobei x=d(St* s')~^ ^O gilt; es besteht auch Anreizkompatibilität für den Zeitpunkt t* und den Zustand 8^*5' (q.e.d.). Anreizkompatibilität besteht auch unabhängig davon, ob der Entscheidungsträger im Untemehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf oder nicht. Aus Sicht der Anteilseigner ist es vorteilhaft, diesen Handel zuzulassen. Der Entscheidungsträger kann dann zustandsbedingtes Ausschüttungsrisiko und somit auch Belohnungsrisiko reduzieren, indem er für Zustände mit relativ niedrigem Erwartungswert von Ü^ Zahlungsansprüche kauft und gleichzeitig für Zustände mit relativ hohem Erwartungswert Zahlungsansprüche verkauft. Wenn er damit seinen Erwartungsnutzen erhöht, steigt zugleich auch der Marktwert der Aktien nach Prämie. Da der Entschei10) Unter der Bedingung (XVII.23) gilt: Z
w(ST,s|St*,sO'd(ST,s|St*,sO;E([ÜT-Ps]|ST,s) = x. Z w(ST,s|St*,s')-{a-E(U[Ps(ÜT)]|Ss) + ß}. seZ?*,^.
Diese Gleichung trägt dem Sachverhalt Rechnung, daß wegen der Störterme für die Überschüsse des Leistungsbereichs die Ausschüttung im Zustand Sj g stochastisch ist; den Zuständen werden bedingte Erwartungswerte für die Nettoausschüttung und den Nutzen der Prämie zugeordnet. Die Gleichung zeigt, daß für den Zustand S^* g. der bedingte Marktwert nach Prämie eine linear steigende Funktion des bedingten Erwartungswertes des Nutzens der Prämie ist. Wenn die Bedingung (XVII.23) erfüllt ist, besteht Anreizkompatibilität.
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
599
dungsträger mit den Kapitalmarkttransaktionen zustandsbedingtes Risiko reduzieren kann, verlangt er außerdem eine geringere Risikoprämie als bei einem Verbot solcher Transaktionen; entsprechend kann das Fixum reduziert werden. Ein Anreizvertrag, der schon zum Zeitpunkt 0 für jeden möglichen Zustand Sxj, Sx^2v? S j s(j) die Prämienfunktion explizit festlegt, wird allerdings einen prohibitiv hohen Aufwand verursachen. Jedoch ist es analog zum Einperioden-Fall (Kapitel XVI, Abschnitt 7.1) gar nicht erforderlich, ex ante alle Prämienfunktionen vollständig festzulegen. Die Prämie kann implizit vereinbart werden, indem man sich darauf einigt, sie entsprechend dem oben dargestellten Konzept ex post zu ermitteln, nachdem die Ausschüttung Ü j und der eingetretene Zustand S j § bekannt sind; nur hierfür wird also die Prämie gemäß (XVII.21) ermittelt. Analog zu den Darstellungen in Kapitel XVI, Abschnitt 7.2, kann die Prämie auch an einen Aktienindex oder eine Benchmarkrendite, d.h. die Rendite eines wohldefinierten Benchmarkportefolios, gebunden werden. Die Bindung zukünftiger Belohnungen an eine mehrperiodige Benchmarkrendite ist in der Praxis vor allem im Rahmen von Aktienoptionsprogrammen übhch (Kapitel XDC, Abschnitt 3.6.3).
5. 5.1.
Varianten des Grundmodells Äquivalente Bemessungsgrundlagen
Kann der Entscheidungsträger vor dem Zeitpunkt T Ausschüttungen vornehmen bzw. Kapitalerhöhungen durchsetzen, so stellt sich das Problem, auch bezüglich der Ausschüttungspolitik Anreizkompatibilität zu erzeugen. Zum Beispiel besteht dann Anreizkompatibilität, wenn der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt T eine einmalige Prämie auf den mit dem risikolosen Zinssatz r ermittelten Endwert aller Ausschüttungen ÜQ, ÜI,...,ÜX erhält und die Prämie ebenso zustandsabhängig an den Endwert gebunden wird wie für den Fall, daß vor dem Zeitpunkt T keine Ausschüttungen vorgenommen werden und somit Üx die alleinige Bemessungsgrundlage darstellt. Erfolgt in einem oder mehreren Zeitpunkten t 0 ergibt sich somit eine niedrigere Prämie. Da jedem Zustand eine besondere konvexe Prämienfunkti-
600
Kapitel XVH
on entspricht, hängt der Betrag, um den die Prämie sinkt, von dem eintretenden Zustand und dem erzielten Endwert der Ausschüttungen ab. Man kann jedoch ohne weiteres Anreizkompatibilität erzeugen, indem jede Prämienfunktion bei gegebener Krümmung um den Betrag (1 + r ) ^ . ÜFQ ^^ch links (im Fall ÜFQ < 0 nach rechts) verschoben wird. Der Entscheidungsträger erhält dann für jeden möglichen Endwert der Überschüsse des Leistungsbereichs und jeden Zustand die gleiche Prämie wie bei Beteiligung am zugehörigen Endwert der Ausschüttungen. Analog ist zu verfahren, wenn die Prämie P j an den Endwert der Residualgewinne gebunden wird. Zum Beispiel ist beim Residualgewinn des Unternehmens jede Prämienfunktion um den Betrag (l + r)T . V^f" nach links zu verschieben. *5.2.
Prämien vor dem Zeitpunkt T
Sollen Prämien schon zu den Zeitpunkten t < T gewährt werden, so stellt sich das Problem, welcher funktionale Zusammenhang zwischen den Prämien und den Ausprägungen der Bemessungsgrundlage festgelegt werden soll. Welche Bemessungsgrundlage auch immer zugrunde gelegt wird, es kann keine Anreizkompatibilität bestehen, wenn die Prämien unabhängig voneinander ermittelt werden und die Prämie mindestens eines Zeitpunktes nichtlinear an die Bemessungsgrundlage (etwa die Ausschüttung) für diesen Zeitpunkt gebunden wird. Ist zum Beispiel die Prämienfunktion für einen Zeitpunkt konvex, so kann sich der Entscheidungsträger zu Lasten der Anteilseigner bereichem, indem er die Bemessungsgrundlage (die Ausschüttung) in die betreffende Periode verlagert. Da für den Entscheidungsträger (annahmegemäß) derselbe risikolose Zinssatz r maßgeblich ist wie für die Anteilseigner, kann mit einer zeitlichen Vorverlagerung von Prämien eine der Parteien, der Entscheidungsträger oder die Anteilseigner, nur einen Vorteil zu Lasten eines gleich großen Nachteils für die andere Partei erzielen; es ist nicht möglich, daß beide Parteien einen Vorteil erzielen. Somit impliziert die Bedingung der Anreizkompatibilität: Der Endwert des Prämienstromes beim Zinssatz r ist unabhängig davon, zu welchen Zeitpunkten Prämien gezahlt werden. Anreizkompatibilität besteht zum Beispiel dann, wenn die Prämien wie folgt festgelegt werden: Der Entscheidungsträger erhält zu den Zeitpunkten 0,1,...,T -1 nach einer beliebigen Belohnungsfunktion Prämien zum Beispiel auf Grund der in Abschnitt 3.3.2, 3.3.3 bzw. 3.3.4 dargestellten Bemessungsgrundlage. Im Zeitpunkt T erfolgt dann die „Endabrechnung": Der Entscheidungsträger wird wie in Abschnitt 5.1 anreizkompatibel am Endwert aller Ausschüttungen beteiligt, wobei die Prämie für den Zeitpunkt T um den Endwert der bereits gewährten Prämien gekürzt wird. Ist die Differenz negativ, so hat der Entscheidungsträger den entsprechenden Betrag zu zahlen. Sofern eine Zahlungsverpflichtung des Entscheidungsträgers mit Sicherheit durchgesetzt werden kann, kann Anreizkompatibilität auch dann hergestellt werden, wenn die „Vorauszahlungen" an Erfolgsgrößen gebunden werden, die für sich gesehen problematisch erscheinen; die Vorauszahlungen können als Kreditgewährungen
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
601
an den Entscheidungsträger zum risikolosen Zinssatz r interpretiert werden, wobei die Schulden (einschließlich der Zinsen und Zinseszinsen) durch Reduktion der Prämie für den Zeitpunkt T „getilgt" werden. Da sich jedoch der Entscheidungsträger auch privat zum risikolosen Zinssatz verschulden kann, sind Vorauszahlungen durch das Unternehmen irrelevant. Vorauszahlungen gewinnen erst dann Bedeutung, wenn der Kapitalmarkt unvollkommen ist und der Entscheidungsträger sichere Einkünfte mit einem höheren Zinssatz diskontiert als die Anteilseigner. Der Residualgewinn kann dann gegenüber finanziellen Überschüssen als Bemessungsgrundlage besondere Vorteile bieten, weil er es ermöglicht, Prämien relativ früh zu gewähren. Es stellt sich dann das Problem, wie die Prämiensätze bzw. die Periodenerfolge ermittelt werden (insbesondere wie die Anschaffungsauszahlungen der Projekte als Abschreibungen auf die Perioden der Nutzung verteilt) werden sollen, um einen Anreiz für „gute" Entscheidungen zu schaffen. ^^) Diskontiert der Entscheidungsträger privat sichere Einkünfte mit dem Zinssatz r + d (d > r) und ist für das Unternehmen und die Anteilseigner nach wie vor der risikolose Zinssatz r relevant, so kann bei Vorauszahlung von Prämien die Endabrechnung in der Weise erfolgen, daß die Prämie für den Zeitpunkt T auf den Endwert der Ausschüttungen beim Zinssatz r um den Endwert der bereits gezahlten Prämien beim Zinssatz r + d reduziert wird. Der Entscheidungsträger erzielt dann gegenüber einer einmaligen Prämie zum Zeitpunkt T weder einen Vorteil noch einen Nachteil, so daß er dieselben Investitionsentscheidungen trifft wie bei einmaliger Prämie zum Zeitpunkt T. Jedoch erzielen die Anteilseigner mit der Vorverlagerung den gleichen Vorteil wie bei entsprechender Kreditvergabe zum Zinssatz r + d; der Endwert des Prämienstromes beim Zinssatz r sinkt. Es besteht somit keine Anreizkompatibilität bezüglich der Vorverlagerung von Prämienzahlungen, jedoch ist die zeitliche Vorverlagerung pareto-effizient. Für die Anteilseigner (nicht für den Entscheidungsträger) besteht nun ein Interesse, Bemessungsgrundlagen zu vereinbaren, bei denen der Entscheidungsträger relativ früh erfolgsorientierte Vorauszahlungen erhält. Bei einer frühen Gewährung von Prämien besteht allerdings das Problem, daß der Entscheidungsträger einer möglichen Zahlungsverpflichtung bei der Endabrechnung zum Zeitpunkt T nicht nachkommen will oder kann. Je stärker er Prämien zeitlich vorverlagem kann, desto größer ist die Gefahr, daß er sich zu Lasten der Anteilseigner bereichert. Damit ist schon bei gegebener Investitionsstrategie zu rechnen. Darüber hinaus besteht die Tendenz, daß er aus Sicht der Anteilseigner nachteilige Investitionen realisiert, weil er gerade hier die Möglichkeit hat, bei den maßgeblichen Bemessungsgrundlagen Prämien vorzuziehen. Dient der Periodenerfolg als Bemessungsgrundlage, so sollte er derart ermittelt werden, daß eine enge Korrelation zwischen ihm und dem Endwert aller Ausschüttungen besteht. Insbesondere sollte ausgeschlossen werden, daß der Entscheidungs11) In EWERTAVAGENHOFER (2003, S. 535ff); GILLENKIRCH/SCHABEL (2001); LAUX (2005b,
Kapitel IX und XI); PFAFF (1998); REICHELSTEIN (1997); ROGERSON (1997); SCHABEL (2004); GABER (2004) wird untersucht, wie dann für den Fall der Risikoneutralität Anreizkompatibilität bzw. Zielkongruenz erzeugt werden kann.
602
Kapitel XVII
träger durch Maßnahmen bzw. Versäumnisse wie Verzicht auf Forschung und Entwicklung oder Werbung, die diesen Endwert beeinträchtigen, den ausgewiesenen Periodenerfolg erhöhen kann. Da diese Forderung im allgemeinen nur schwer zu erfüllen ist, ist es naheliegend, wie beim „EVA-Bonussystem" (Kapitel XVIII, Abschnitt 5.1.2) eine „Bonusbank" einzurichten. Dabei werden Prämien nur zum Teil direkt ausgezahlt. Der Rest kommt in die Bonusbank und wird später ausgezahlt oder mit möglichen negativen Prämien (etwa auf Grund von Verlusten) verrechnet. Die Bemessungsgrundlage „residuale Marktwertänderung" gemäß (XVII.4) bietet den Vorzug, daß sie in intersubjektiv überprüfbarer Weise ermittelt werden kann, so daß keine Konflikte hinsichtlich ihrer maßgeblichen Höhe entstehen können. Je geringer jedoch die Informationseffizienz des Kapitalmarktes ist, desto weniger gut entspricht die residuale Marktwertänderung dem Prinzip der Entscheidungsverbundenheit. Wenn eine untemehmensinteme Kontrollinstanz existiert, die die Ertragswertausweise gut überprüfen kann, ist es naheliegend, dem Residualgewinn als ökonomischem Gewinn nach Zinsen den Vorzug als Bemessungsgrundlage zu geben, auch wenn er nicht objektiv eindeutig ermittelt werden kann. Ist die Spanning-Bedingung erfüllt, so kann der Entscheidungsträger auch direkt an den Kapital werten der realisierten Investitionsprojekte beteiligt werden, so daß Prämien gemäß dem Prinzip der Entscheidungsverbundenheit früh gewährt werden. Der Kapitalwert eines Projekts ergibt sich unter der Spanning-Bedingung als Differenz zwischen dem Marktwert des DupHkationsportefeuilles und der Anschaffungsauszahlung des Projekts. Da die Instanz die zustandsabhängigen Projektüberschüsse a priori nicht kennt, kann sie den Marktwert des DupHkationsportefeuilles nicht selbst ermitteln bzw. überprüfen. Andererseits besteht die Gefahr der Manipulation, wenn der Entscheidungsträger die Instanz ausschließlich über die Höhe dieses Marktwertes informiert. Muß er ihr jedoch das Duplikationsportefeuille als Ganzes melden (das er ohnehin ermitteln soll, um die Vorteilhaftigkeit des Projekts zu prüfen), so hat die Instanz die Möglichkeit, Manipulationen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ex post aufzudecken (Kapitel XV, Abschnitt 6). Weicht in einem zukünftigen Zeitpunkt der erzielte Überschuß eines Projekts vom Überschuß seines DupHkationsportefeuilles ab (insbesondere ist der Projektüberschuß niedriger), so ist dies ein sicheres Indiz für eine Manipulation. Kann dann die Instanz entsprechend hohe finanzielle Sanktionen verhängen, so wird der Entscheidungsträger für jedes Projekt ex ante wahrheitsgemäß das Duplikationsportefeuille und damit implizit zugleich auch den Kapitalwert melden. Da Sanktionen nicht erst zum Zeitpunkt T erfolgen, können sie auch darin bestehen, daß keine Prämien auf die gemeldeten Kapitalwerte neuer Projekte gewährt werden. Voraussetzung für das beschriebene Anreizsystem für eine wahrheitsgemäße Berichterstattung ist allerdings, daß (die Sanktionen überhaupt durchgesetzt werden können und) die realisierten Überschüsse des Leistungsbereichs auch von der Instanz den Projekten zugerechnet werden können. Außerdem muß sie für jedes Projekt auch die Anschaffungsauszahlung überprüfen können, damit sie den jeweiligen Kapital wert als Differenz zwischen dem Marktwert des DupHkationsportefeuilles und der Anschaffungsauszahlung und mithin die entsprechende Prämie ermitteln kann.
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
603
Es ist zu beachten, daß bei Beteiligung an den Kapitalwerten Anreizkompatibilität mit einem einheitlichen Prämiensatz f erzeugt werden kann; zustandsabhängige konvexe Prämienfunktionen erübrigen sich. Diese Vereinfachungsmöglichkeit resultiert daraus, daß unter der Spanning-Bedingung keine störtermbedingte (idiosynkratische) Risiken relevant sind. Die Darstellungen im vorhergehenden und im vorliegenden Kapitel beziehen sich dagegen gerade auf den realistischeren und komplexeren Fall, daß störtermbedingte Risiken gegeben sind, die für den Entscheidungsträger bewertungsrelevant sind; sie beeinflussen den Erwartungsnutzen seiner Belohnung und entsprechend seine Bewertung der Projekte. Prämien können unabhängig vom Kapitalmarktzusammenhang auch direkt an Ereignisse bzw. Zwischenergebnisse (allgemein: an Wertgeneratoren) gebunden werden, die sich im Erfolgsausweis zwar nicht direkt niederschlagen, jedoch verläßliche Indikatoren für zukünftige Erfolgsverbesserungen sind. Zum Beispiel erhält der Entscheidungsträger eine Prämie, wenn er bei einem Produkt die Marktführerschaft errungen oder ein Bauprojekt ohne Überschreitung des Budgets termingerecht abgewickelt hat. 5.3.
Anreizproblematik für den Fall, daß der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt t * < T ausscheidet
Scheidet der Entscheidungsträger schon zum Zeitpunkt t*
604
Kapitel XVII
Konflikte zwischen dem Entscheidungsträger und der Instanz bezüglich der „wahren" Höhe des Ertragswertes ergeben; der Entscheidungsträger plädiert für einen hohen Ertragswert und eine hohe Prämie, wobei es der histanz auf Grund ihres begrenzten Liformationsstandes schwer fallen mag, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Möglicherweise trifft der Entscheidungsträger Entscheidungen, die zwar aus Sicht der Anteilseigner nachteilig sind, bei denen er jedoch besonders gute Argumente findet, um die histanz davon zu überzeugen, daß der Ertragswert hoch sei. Zwar besteht die Möglichkeit, einen „neutralen" Schiedsrichter zu beauftragen, um einen „fairen" Ertragswert zu ermitteln. Ein solches Gutachten kann aber (zu) hohe Kosten verursachen. Ist das Untemehmen börsennotiert, liegt es nahe, auf eine subjektive Untemehmensbewertung zu verzichten und die Prämie P^* an Üt* und den Marktwert der Aktien des Unternehmens zum Zeitpunkt t* unmittelbar nach der Ausschüttung Ü^* zu binden. Die Bemessungsgrundlage ist dann intersubjektiv überprüfbar und einfach zu ermitteln. Zwar hängt der betreffende Marktwert auch davon ab, welche Erwartungen der „Markt" hinsichtlich der vom Nachfolger des Entscheidungsträgers generierten Überschüsse hat. Jedoch besteht flir den Entscheidungsträger ein Anreiz, seinem Einfluß auf diesen Marktwert bei seinen Entscheidungen Rechnung zu tragen. Zudem kann es flir ihn vorteilhaft sein, nicht nur gute Investitionsentscheidungen zu treffen, sondem auch, die Anteilseigner über die möglichen Konsequenzen dieser Entscheidungen „gut" zu informieren. Freilich kann auch ein Anreiz bestehen, durch gezielte Fehlinformationen zu bewirken, daß der Kurs steigt, oder durch Vorenthaltung von Informationen zu verhindern, daß er sinkt. Solchen Manipulationen sind jedoch um so engere Grenzen gesetzt, je besser der „Markt" von anderen Informanten über das Untemehmen und dessen Rahmenbedingungen informiert wird und je schneller sich der Aktienkurs an diese Informationen anpaßt, je größer also die Informationseffizienz des Kapitalmarktes ist. Um Anreizkompatibilität zu gewährleisten, sind bei zustandsabhängigen und störtermbedingten Risiken die Prämien auch dann zustandsabhängig zu bestimmen, wenn der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt t* aus dem Unternehmen ausscheidet. Dabei kann die Prämie P^* ebenso ermittelt werden wie P j flir den Fall, daß der Entscheidungsträger erst zum Zeitpunkt T ausscheidet. Bei der „Endabrechnung" zum Zeitpunkt t* ist der Ertragswert bzw. Marktwert der zukünftigen Ausschüttungen zu berücksichtigen. Dabei können die flir den Zeitpunkt t* maßgeblichen zustandsabhängigen Prämienfunktionen ebenso ermittelt werden wie die flir den Zeitpunkt T. Die Bedeutung des Marktwertes als Bemessungsgrundlage zum Zeitpunkt des Ausscheidens hängt im allgemeinen davon ab, welche Informationen hierin einfließen. Wird er allein durch die Informationen des extemen Rechnungswesens und verifizierbare untemehmensinteme und -exteme Daten bzw. Ereignisse bestimmt und ist der formale Zusammenhang ex ante bekannt, so erübrigt sich im Prinzip dieser Marktwert als explizite Bemessungsgrundlage;
Erfolgsbeteiligung im Mehrperioden-Fall
605
man kann entsprechend die Prämie P^* auch direkt an die betreffenden Erfolgskomponenten und Datenausprägungen binden. Allerdings wird in realistischen Entscheidungssituationen die explizite Darstellung des maßgeblichen funktionalen Zusammenhangs in der Prämienfunktion prohibitiv hohe Kosten verursachen. Darüber hinaus gewinnt der Marktwert als eigenständige Bemessungsgrundlage dann Bedeutung, wenn er von Informationen abhängt, die zwar Rückschlüsse auf die zukünftigen Ausschüttungen ermöglichen, jedoch nicht verifizierbar und somit auch nicht kontrahierbar sind (vgl. GILLENKIRCH, 2004a, Kapitel III, und die dort diskutierte Literatur).
Ergänzende und vertiefende Literatur: ELSCHEN (1991); FRANKE (1989); GABER (2004); GILLENKIRCH (2004a); GELLEN-
KIRCH/SCHABEL (2001); LAUX (1975b; 1991b; 1997; 1998b; 2005b); PELLENS (1998); PFAFF (1998); SCHÄDEL (2004); SCHMIDT/MABMANN (1999); VELTHUIS (2003; 2004a); WAGENHOFER/RIEGLER (1999).
XVIII. Anreizkompatible Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und Fehlanreize bei EVA-Bonussystemen 1.
Problemstellung
hl den Kapiteln XVI und XVII wurde davon ausgegangen, daß der Entscheidungsträger einen unbeschränkten Aktionsraum bezüglich der Projektwahl hat, und gezeigt, wie das Belohnungssystem konzipiert werden kann, damit ein Anreiz besteht, primär für solche Zustände hohe Überschüsse zu erzielen, denen relativ hohe Preise für bedingte Zahlungsansprüche entsprechen. Ein solcher Anreiz erübrigt sich, wenn der Entscheidungsträger zu jedem Zeitpunkt ohnehin nur Livestitionen im Rahmen einer gegebenen Risikoklasse (einer gegebenen „Branche") durchführen kann.^) Davon wird im vorliegenden Kapitel ausgegangen. Es wird angenommen, daß die Anteilseigner gemäß den Darstellungen zum Shareholder Value Ansatz (Kapitel XIII), der ebenfalls von einer gegebenen Risikoklasse ausgeht, die erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs mit einem einheitlichen und bei Durchführung neuer Livestitionen unveränderlichen risikoangepaßten Zinssatzes k^^r diskontieren.^) Dabei wird im allgemeinen von der Annahme k>r ausgegangen. Lisbesondere wird untersucht, welche Konsequenzen sich bezüglich der Projektwahl und des Marktwertes der Aktien des Untemehmens bei Beteiligung an Residualgewinnen im Vergleich zu einer Beteiligung an den Überschüssen des Leistungsbereichs ergeben können.^) Am Residualgewinn orientierte Bonussysteme gewinnen in der Praxis immer größere Verbreitung. Dazu haben insbesondere auch Untemehmensberatungsgesellschaften beigetragen, die solche Anreizsysteme vermarkten (Abschnitt 5). Die populären Bonussysteme weisen zwar gewisse Unterschiede bezüglich der Konkretisierung des Residualgewinns auf, jedoch haben sie eines gemeinsam: Sie beruhen auf der Annahme, daß die Anteilseigner die Überschüsse des Leistungsbereichs mit einem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz k dis1)
2)
3)
Da die in Kapitel XVI und XVII entwickelten Bonussysteme für beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Überschüsse anreizkompatibel sind, gilt dies natürlich auch für den Fall, daß die Überschüsse aller Projekte in dieselbe Risikoklasse fallen. Bei gegebener Risikoklasse lassen sich jedoch - wie im folgenden gezeigt wird - anreizkompatible Belohnungs- bzw. Prämiensysteme in relativ einfacher Weise ermitteln und darstellen. Die Darstellungen können ohne weiteres auf den Fall übertragen werden, daß für verschiedene Untemehmensbereiche unterschiedHche risikoangepaßte Zinssätze maßgeblich sind. Voraussetzung ist allerdings, daß sich Überschüsse bzw. Erfolge eindeutig zurechnen lassen. Vgl. hierzu auch LAUX (1991b).
608
Kapitel XVIII
kontieren. Dagegen bleibt weitgehend offen, von welchen Annahmen über die Bewertung riskanter Prämien durch den Entscheidungsträger (die Manager, denen Anreize gewährt werden sollen) ausgegangen wird. Da es äußerst schwierig ist, plausible und zugleich Operationale Annahmen über die Bewertungsfunktionen von Entscheidungsträgem zu treffen, wird wohl die Vermarktung erleichtert, wenn solche Annahmen erst gar nicht problematisiert werden. Jedoch kann sich ein Bonussystem, bei dessen Fundierung nur die Präferenzen der Anteilseigner berücksichtigt werden, je nach der Bewertungsfunktion eines Entscheidungsträgers als äußerst problematisch erweisen. hn folgenden wird vereinfachend angenommen, daß der Entscheidungsträger eine analoge Bewertung vomimmt wie die Anteilseigner; er diskontiert die Erwartungswerte zukünftiger riskanter Prämien (wie noch näher erläutert wird) mit einem gegebenen risikoangepaßten Zinssatz. Dieser Kalkulationszinsfuß ist eine subjektive Größe, die sich nicht in überprüfbaren (Markt-)Daten niederschlägt, insbesondere stimmt er grundsätzlich nicht mit dem risikoangepaßten Zinssatz k der Anteilseigner überein. Wie gezeigt wird, hängen die Verhaltensimplikationen eines Prämiensystems von der Höhe des Kalkulationszinsfußes des Entscheidungsträgers ab. Ein Prämiensystem, das fiir einen Entscheidungsträger anreizkompatibel ist, kann bei einem anderen die Gefahr von Fehlentscheidungen auslösen. Es zeigt sich auch in diesem Kapitel wieder die Problematik der üblichen Schematisierung in Form einheitlicher Anreizsysteme ohne Rücksicht auf die individuellen (Risiko-) Präferenzen.^) Zunächst wird die betrachtete Entscheidungssituation dargestellt (Abschnitt 2). Sodann wird in Abschnitt 3 vor allem gezeigt, daß bei einem im Zeitablauf konstanten Prämiensatz die Tendenz zur Unterinvestition besteht, sofem der Überschuß des Leistungsbereichs als Bemessungsgrundlage gewählt wird und der risikoangepaßte Kalkulationszinsfuß des Entscheidungsträgers für die entsprechenden Prämien höher ist als der der Anteilseigner. Danach wird gezeigt, wie im Zeitablauf steigende Prämiensätze ermittelt werden können, bei denen Anreizkompatibilität besteht, und welche Struktur diese Prämiensätze aufweisen. Das entwickelte Prämiensystem bietet zwar den Vorteil der Einfachheit. Jedoch erfüllt es nicht die Bedingung der Anreizkompatibilität im strengen Sinn, die für beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Überschüsse gilt; es ist „nur" beschränkt anreizkompatibel. Da jedoch der Entscheidungsträger ohnehin nur Investitionen im Rahmen einer bestimmten Risikoklasse realisieren kann, genügt es, vereinfachend in Bezug auf diese Investitionen das Anreizsystem zu gestalten; es ist unproblematisch, wenn für nicht realisierbare Investitionen keine Anreizkompatibilität besteht. In Abschnitt 4 wird vor dem Hintergrund der Darstellungen in Abschnitt 3 die Problematik einer Beteiligung am Residualgewinn verdeutlicht. Insbeson4)
Zur allgemeinen Bedeutung und den Grenzen der Individualisierung vgl. auch LAUX (1997).
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
609
dere wird gezeigt, daß beim Übergang von der Überschuß- auf die Gewinnbeteiligung eine Tendenz zur Unterinvestition ausgelöst oder eine bereits bestehende Tendenz noch verstärkt wird, sofem beim Residualgewinn die kalkulatorischen Zinsen mit dem risikoangepaßten Zinssatz k(k>r) ermittelt werden. Zwar gilt der folgende allgemeine Zusammenhang (Kapitel XIV): Werden bei einem Livestitionsprojekt die kalkulatorischen Zinsen auf die (Rest-) Buchwerte mit dem risikoangepaßten Zinssatz k ermittelt, so führt die Diskontierung der erwarteten Gewinne mit diesem Zinssatz zu demselben Kapitalwert wie die Diskontierung der erwarteten Überschüsse und Subtraktion der Anschaffungsauszahlung, so daß die Gewinne als Planungsgrundlage im Prinzip ebenso gut geeignet sind wie die Überschüsse. Trotzdem ergeben sich bei Gewinnbeteiligung grundsätzlich andere Verhaltensimplikationen als bei direkter Überschußbeteiligung, sofem die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz k bestimmt werden; Anreizkompatibilität kann nur induziert werden, wenn sie mit dem risikolosen Zinssatz r ermittelt werden. Die Darstellungen können vor allem als theoretische Grundlage für die Analyse von in der Praxis verbreiteten Bonussystemen dienen. Ein solches System wird in Abschnitt 5 betrachtet. Hierbei wird die Prämie mit einem im Zeitablauf konstanten Prämiensatz an den .ßconomic Value Added" (EVA) oder an EVA-Änderungen gebunden. Auch beim EVA werden die kalkulatorischen Zinsen mit dem risikoangepaßten Zinssatz ermittelt. Aufbauend auf den Abschnitten 3 und 4 wird gezeigt, welche Gefahren für Fehlentscheidungen hiermit induziert werden.
2.
Entscheidungssituation
Die Entscheidungssituation wird wie folgt konkretisiert: 1. Der betrachtete Planungszeitraum besteht aus T Perioden. Sämtliche Investitionsprojekte sind zum Zeitpunkt T abgeschlossen (zum Beispiel weil dann das Untemehmen liquidiert wird). Der Entscheidungsträger scheidet unabhängig von der Überschuß- bzw. Gewinnentwicklung zum Zeitpunkt T aus dem Untemehmen aus. Insolvenz ist ausgeschlossen; die Gläubiger werden wieder nicht am Risiko beteiligt. 2. Alle möglichen Investitionsprojekte im Entscheidungsbereich des Entscheidungsträgers, dem Untemehmen als Ganzem oder einer kleineren organisatorischen Einheit, gehören zu derselben Risikoklasse; zu jedem Zeitpunkt t (t=l,2,...,T) besteht eine proportionale Beziehung zwischen ihren Überschüssen. Dabei kann die Stärke der proportionalen Abhängigkeit für zwei beliebige Projekte von Zeitpunkt zu Zeitpunkt verschieden sein (Kapitel XII, Abschnitt 6.1). Einzelne Projekte können somit schon früh relativ hohe erwartete Überschüsse bieten und andere erst spät. Der Entscheidungsträger wird nur an den Überschüssen bzw. den Erfolgen des Leistungsbereichs (des operativen Bereichs) beteiligt. Kann er im Untemehmen mit Wertpapiere handeln, so werden sie im Rahmen der Erfolgsbeteiligung nicht be-
610
Kapitel XVIII
rücksichtigt. Er hat also nicht die Möglichkeit, Belohnungsrisiken zu hedgen. (Andernfalls könnte die Annahme eines gegebenen risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes des Entscheidungsträgers bezüglich seiner erwarteten Prämien nicht erfüllt sein.) 3. Die Anteilseigner sind risikoavers. Aus ihrer Sicht ist es sinnvoll, bei Verzicht auf die Gewährung von Prämien die zukünftigen Überschüsse der gegebenen Risikoklasse mit dem einheitlichen risikoangepaßten Zinssatz k zu diskontieren. (Zur Problematik dieser Annahme vgl. Kapitel Xu, Abschnitt 6.) 4. Die Gewährung von Prämien hat keinen Einfluß auf den Kalkulationszinsfuß k, sofern die Überschüsse des Leistungsbereichs nach Prämie zu derselben Risikoklasse gehören wie die (Brutto-) Überschüsse. Diese Bedingung ist erfiillt, wenn bei proportionaler Prämienfiinktion der Überschuß des Leistungsbereichs als Bemessungsgrundlage gewählt wird. Zu jedem Zeitpunkt t (t=l,2,...,T) besteht dann eine proportionale Beziehung zwischen dem Überschuß vor und nach Prämie. 5. Li der Ausgangssituation (vor Gewährung der Prämien) ist der Entscheidungsträger bereits als Anteilseigner am Untemehmen beteiligt, wobei er wie alle anderen Anteilseigner die erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs bzw. seinen Anteil daran mit dem Zinssatz k diskontiert. Da der Entscheidungsträger wie die anderen Anteilseigner in der Ausgangssituation in relativ geringem Maße am Untemehmen beteiligt ist, sei seine Motivation, die Erfolgssituation zu verbessem, ebenfalls gering. Daher soll er direkt in Form von Prämien an den Überschüssen des Leistungsbereichs oder an den Erfolgen beteiligt werden. Bei der Analyse der möglichen Konsequenzen wird davon ausgegangen, daß der Entscheidungsträger keine Aktien „seines" Untemehmens (leer-) verkaufen kann. Andemfalls stößt er gemäß den Darstellungen in Kapitel XV, Abschnitt 4, das Prämiensystem wieder ab. Wird der Entscheidungsträger zu jedem Zeitpunkt proportional am Überschuß des Leistungsbereichs beteiligt, so diskontiert er die Erwartungswerte seiner Prämien mit dem subjektiven Zinssatz k+D (D>0). D hängt davon ab, in welchem Umfang er an den Überschüssen beteiligt wird. Bei sehr „geringem" Anteil gilt D=0; der Entscheidungsträger diskontiert wie in der Ausgangssituation mit dem Zinssatz k. Jedoch ist zu erwarten, daß sein Kalkulationszinsfuß dann höher ist als der der Anteilseigner (D>0), wenn er relativ stark an den Überschüssen beteiligt wird. Es besteht folgende Interdependenz: Einerseits ist D bei gegebenem Livestitionsprogramm tendenziell um so größer, je höher der Prämiensatz ist (bzw. die Prämiensätze zu verschiedenen Zeitpunkten sind), je mehr also der Entscheidungsträger am Investitionsrisiko partizipiert. Andererseits ist das Livestitionsprogramm nicht gegeben, sondem vom Prämiensatz abhängig. Der Prämiensatz beeinflußt nicht nur die Erwartungswerte der Prämien bei altemativen Investitionsprogrammen, sondem auch den risikoangepaßten Zinssatz, mit dem der Entscheidungsträger die jeweiligen Erwartungswerte diskontiert. Es besteht folgende Tendenz: Je höher f, desto höher ist D, sofem die Erhöhung von f
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
611
keine extreme Unterinvestition auslöst. Für die folgenden Überlegungen wird D zunächst vereinfachend als gegeben angenommen. 6. Sowohl der Entscheidungsträger als auch die Anteilseigner können zum risikolosen Zinssatz r Kapital aufiiehmen und anlegen; sie diskontieren sichere Einkünfte und entsprechend sichere Änderungen von Überschüssen mit r. 3.
Überschußbeteiligung
3.1.
Tendenz zur Unterinvestition bei konstantem Prämiensatz
Hängen die Prämien linear von den Überschüssen ÜL^ des Leistungsbereichs ab und ist der Prämiensatz im Zeitablauf konstant, gilt also^) (XVIII.l) Pt = f ÜLt
(t=0,l,...J),
so orientiert sich der Entscheidungsträger annahmegemäß an dem folgenden Barwert: T
(XVIII.2) BPk+D = f • X(l + k + D)"^ ECÜLt). t=0
ßPk+D bezeichnet den Barwert der erwarteten Prämien beim Zinssatz k+D. Für die Anteilseigner, die mit dem Zinssatz k diskontieren, ist es optimal, unabhängig von der Art der Finanzierung den folgenden Ausdruck zu maximieren:^) T
.^
(XVIII.3) BXJLk~BPk = ( l - f ) - X(l + k)"^E(ULt). t=0
BÜLj. bezeichnet den Barwert aller erwarteten Überschüsse des Leistungsbereichs und BP]^ den Barwert aller erwarteten Prämien, jeweils beim Zinssatz k. Die Maximierung von (XVin.2) steht nur flir D=0 im Einklang mit der Maximierung von (XVin.3). Somit besteht Anreizkompatibilität nur dann, wenn der Entscheidungsträger in geringem Maße an den Überschüssen beteihgt wird, also der Prämiensatz f gering ist. Die Motivationswirkung ist dann allerdings eben5)
6)
Für ÜL^ < 0 ist die Prämie negativ; der Entscheidungsträger hat den betreffenden Betrag zu zahlen. Bei Beteiligung an den Überschüssen des Leistungsbereichs sind die Prämien unabhängig von der Finanzierung. Wenn der Entscheidungsträger die Ausschüttung reduziert und die Mittel zum Zinssatz r anlegt, ändern sich seine Prämien nicht Unmittelbar nach den Zahlungen ÜLQ und ÜQ beträgt der Marktwert der Aktien: T
^
Mo = S ( l + k)-^.E(ÜLt-Pt) + ABo-FKo. t=l
612
Kapitel XVIII
falls gering. Wird nun f entsprechend erhöht, so partizipiert der Entscheidungsträger derart am Untemehmensrisiko, daß sein Kalkulationszinsfuß größer wird als k (D>0). Es ergibt sich dann die Tendenz zur Unterinvestition: Aus Sicht des Entscheidungsträgers sind manche Projekte in finanzieller Hinsicht nachteilig (sie reduzieren den mit dem Zinssatz k+D ermittelten Barwert der erwarteten Prämien), obwohl sie aus Sicht der Anteilseigner vorteilhaft sind (sie würden den mit dem Zinssatz k ermittelten Barwert der erwarteten Überschüsse nach Prämie erhöhen). Zur Verdeutlichung wird ein einzelnes Livestitionsprojekt betrachtet, das zum Zeitpunkt 0 die sichere Anschaffungszahlung AQ verursacht und zu den Zeitpunkten 1,2,...,T zu ungewissen Einzahlungsüberschüssen mit den nichtnegativen Erwartungswerten Ei,E2,...,Ex fuhrt („Normalinvestition"). Dabei ist mindestens einer dieser Erwartungswerte positiv. Der Kapitalwert des Projekts ist dann eine streng monoton fallende Funktion des Kalkulationszinsfußes. Dem Projekt entspricht aus Sicht des Entscheidungsträgers der folgende Barwert zusätzlicher erwarteter Prämien: (XVIIL4) ABPk^.D = f [ I ( l + k + D ) - ^ E t - A o ] . t=l
Es gilt also: (XVIIL5) ABPk+D = fBKWk+D. Dabei bezeichnet BKW]^+D den mit dem Zinssatz k+D ermittelten Bruttokapitalwert des Projekts. Das Projekt ist in finanzieller Hinsicht für den Entscheidungsträger vorteilhaft, wenn BKWI.+D>0 gilt. Aus Sicht der Anteilseigner ist das Projekt genau dann vorteilhaft, wenn der mit dem Zinssatz k ermittelte Nettokapitalwert NKWj. positiv ist. Hierfür gilt: (XVIII.6) NKWk=(l-f)-[X(l + k)"^-Et-Ao] = (l-f)-BKWk. t=l
Der Nettokapitalwert NKW^ ist wegen f0 und somit gemäß (XVIII.6) auch NKWk>0 gilt. Je größer der Kalkulationszinsfuß des Entscheidungsträgers im Vergleich zu dem der Anteilseigner ist, desto größer ist die Gefahr, daß der Entscheidungsträger bei einem im Zeitablauf konstanten Prämiensatz f Projekte unterläßt, die aus Sicht der Anteilseigner vorteilhaft sind (Gefahr der Unterinvestition), Bei gegebenem Nettokapitalwert NKW^ eines Projekts ist
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
613
der entsprechende Barwert BPj^+j) der Prämien um so niedriger, je später die Überschüsse erzielt werden. Hat der Entscheidungsträger die Wahl zwischen einem kurzfristigen Projekt mit niedrigem und einem langfristigen mit hohem Nettokapitalwert NKWj^, so kann er im Fall D>0 das erste vorziehen, weil er hiermit einen höheren Barwert BPi^+D der Prämien erzielt. Das Anreizsystem fordert kurzfristiges gegenüber langfristigem strategischem Denken, weil der Entscheidungsträger bei langfristigen Projekten verhältnismäßig stark steigende Risikoabschläge vornimmt. hnmerhin kann der Entscheidungsträger mit der Realisation eines Projekts nur dann den Barwert seiner Prämien erhöhen, wenn das Projekt einen positiven Nettokapitalwert NKWj^ hat. Der Entscheidungsträger erzielt gemäß (XVni.S) bei Realisation eines Projekts genau dann einen finanziellen Vorteil, wenn B K W ^ + D ^ O gilt. Wegen BKWk>BKWk+D muß dann auch BKWk>0 gelten. Dann gilt aber gemäß (XVIIL6) auch NKW]^>0, d.h. das Projekt ist aus Sicht der Anteilseigner vorteilhaft. 3.2.
Anreizkompatible, im Zeitablauf steigende Prämiensätze
Für ein gegebenes D>0 kann Anreizkompatibilität bezüglich der Projekte der gegebenen Risikoklasse erzeugt werden, indem Prämiensätze zugrunde gelegt werden, die im Zeitablauf in einer bestimmten Weise steigen. Da dann die Prämie wieder zu jedem Zeitpunkt proportional vom jeweiligen Überschuß abhängt, gilt auch für diesen Fall: Der Entscheidungsträger diskontiert erwartete Prämien mit dem Zinssatz k+D und die Anteilseigner diskontieren erwartete Nettoüberschüsse mit k. Die Bedingung der Anreizkompatibilität lautet: Der dem Zinssatz k+D entsprechende Barwert der erwarteten Prämien Po,E(Pi),...,E(Pj) ist eine streng monoton steigende Funktion des dem Zinssatz k entsprechenden Barwertes der erwarteten Nettoüberschüsse ÜLo-Po,E(ULi -Pj),...,E(ULT - Px) des Leistungsbereichs. Grundbedingung der Anreizkompatibilität Ist diese Bedingung erfüllt, so erzielt der Entscheidungsträger genau dann aus dem Prämiensystem einen finanziellen Vorteil, wenn er so agiert, daß auch die Anteilseigner einen Vorteil erzielen; entscheidet er so, daß der Barwert der Überschüsse nach Prämie fällt, erzielt er einen finanziellen Nachteil. Die Bedingung der AnreizkompatibiUtät ist erfüllt, wenn gilt (mit E(Po) = PQ und E(ÜLo)=ÜLo):
614
Kapitel XVIII
T
!
T
^
(XVIIL7)
X (l + k + D)"^.E(Pt)=aX(l + k)"^E(ÜLt-Pt) t=0 t=0 Hinreichende Bedingung der Anreizkompatibilität
(a>0).
Gemäß (XVIIL7) ist der Barwert der erwarteten Prämien beim Zinssatz k+D eine linear steigende Funktion des Barwertes der erwarteten Überschüsse nach Prämie beim Zinssatz k. Wie im folgenden ersichtlich wird, hängen Umfang und Struktur der anreizkompatiblen Prämiensätze davon ab, wie (von Entscheidungsträger und Listanz) der Parameter a (a > 0) festgesetzt wird. Wie in der ersten Auflage, 2003, S. 500 f, gezeigt wird, ist die Bedingung (XVIIL7) erfüllt, wenn das folgende Prämiensystem gewählt wird: (XVin.8) P t = ^^^ -.ÜLt i . ( l + k + D)-^+(l + k)-^
(t=0,l,...,T).
Dabei wird der Entscheidungsträger mit dem Prämiensatz (XVIIL9) f t = ^^^ ^ . ( l + k + D)-t+(l + k)-t
(t=0,l,...,T)
am Überschuß ÜL^ beteiligt. Für (XVIII.9) kann man auch schreiben:
(XVIII.10)
ft =
?-—— = a V 1+k /
^——-
(t=0,l,...,T).
a \l+k+D/
Anreizkompatible Prämiensätze
Für D=0 ergibt sich für jeden Zeitpunkt t derselbe Prämiensatz f = - j — . Für a
D>0 ist dagegen der Quotient ("r^ryT) eine streng monoton fallende Funktion von t, so daß wegen a > 0 der Prämiensatz gemäß (XVIIL9) bzw. (XVIII.10) im Zeitablauf steigt. Jedoch ist der Prämiensatz stets kleiner als 1. Bei gegebenen Werten für k und a steigt der Prämiensatz im Zeitablauf um so mehr, je höher D ist. Jeder Prämiensatz f^ ist um so höher, je höher a ist, d.h. je höher gemäß (XVIII.7) der Barwert der erwarteten Prämien beim Zinssatz k+D in Relation zum Barwert der erwarteten Überschüsse nach Prämie beim Zinssatz k sein soll. Für jeden D-Wert gilt:
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
(XVni.ll)
615
a -J- + 1 1 + a a
fo=y
Interpretation: Da der Entscheidungsträger mit einem höheren risikoangepaßten Zinssatz diskontiert als die Anteilseigner, mißt er zukünftigen Überschüssen, an denen er beteiligt wird, ein geringeres Gewicht bei, sofem der Prämiensatz im Zeitablauf konstant ist. Dabei ist der Unterschied in der Bewertung durch den Entscheidungsträger und die Anteilseigner um so größer, je weiter der Überschuß in der Zukunft liegt. Zum Ausgleich dieses Bewertungsunterschiedes wird der Prämiensatz im Zeitablauf erhöht; geschieht dies gemäß (XVin.9) bzw. (XVIII. 10), so besteht Anreizkompatibilität. Bei den Darstellungen wurde von einem gegebenen D-Wert ausgegangen. Wie erläutert wurde, bestimmt er gemeinsam mit a die Höhe der Prämiensätze f^. Nun ist jedoch zu beachten, daß D keine exogen vorgegebene Größe ist, sondern davon abhängt, in welchem Umfang der Entscheidungsträger an den Überschüssen (dem Untemehmensrisiko) beteiligt wird und welches Volumen das Investitionsprogramm aufweist, wobei dieses ebenfalls nicht exogen vorgegeben ist, sondem von den gesuchten Prämiensätzen abhängt. Wenn die aus (XVIII.IO) resultierenden Prämiensätze f^ nicht im Einklang mit dem angenommenen D-Wert stehen, sind in (XVIII.IO) D und insbesondere auch a zu modifizieren und damit neue Prämiensätze zu ermitteln. Ergeben sich zum Beispiel zunächst Prämiensätze, bei denen der Entscheidungsträger in einem solchen Umfang am Untemehmensrisiko beteiligt wird, daß der entsprechende D-Wert vermutlich größer ist als der angenommene, ist es naheliegend, zum Beispiel a zu senken, so daß gemäß (XVIII.IO) jeder Prämiensatz sinkt. Die simultane Variation von a und D bietet vielfältige Möglichkeiten, um Prämiensätze zu generieren, die schließlich kompatibel mit dem zugrunde gelegten D-Wert sind. Die Überprüfung der Kompatibilität setzt voraus, daß die Konsequenzen von Prämiensätzen gemäß (XVIII.IO) mehr oder weniger genau abgeschätzt werden können. Eine Fehleinschätzung der induzierten Überschüsse kann zu ungeeigneten Prämiensätzen flihren. Dagegen sind die in den Kapiteln XVI und XVn diskutierten Belohnungs- bzw. Prämienfunktionen unabhängig von den induzierten Überschüssen stets anreizkompatibel. Anreizkompatible Prämiensätze gemäß (XVIII.IO) sind auch fiir zukünftige Entscheidungszeitpunkte anreizkompatibel, wenn fiir die Investitionsprojekte, die erst in Zukunft entdeckt und in das Programm aufgenommen werden, derselbe Zinssatz k bzw. k + D relevant ist wie fllr die Investitionsprojekte des Zeitpunkts 0. Wenn die Überschüsse von zukünftigen Projekten andere Risikostrukturen aufweisen als die des Zeitpunkts 0, ändem sich die relevanten Kalkulationszinsfiiße im Zeitablauf. Man könnte Änderungen Rechnung tragen, indem man (gemäß den Darstellungen in Abschnitt 3.2.1) in jedem Zeitpunkt T(T = 1,2,...,T-1) fiir die jeweiligen Projekttypen ein besonderes Belohnungssystem konstruiert. Der
616
Kapitel XVIII
Uberschuß einer zukünftigen Periode t wird dann nicht mit einem einheitlichen Prämiensatz f^ belegt. Vielmehr werden auf die Überschüsse von Projekten, mit denen zu verschiedenen Zeitpunkten begonnen wurde, unterschiedliche prozentuale Belohnungen gewährt. Diesem Konzept sind jedoch enge Grenzen gesetzt: 1. Es setzt voraus, daß die histanz im Zeitablauf kontrollieren kann, aus welchen Projekten die erzielten Überschüsse resultieren. 2. Die ständige Anpassung des Belohnungssystems an die Umweltentwicklung sowie die Ermittlung der entsprechenden Prämien verursacht hohe Kosten. hl der Regel dürfte es nicht möglich bzw. nicht sinnvoll sein, ein Prämiensystem ständig an die Umweltentwicklung anzupassen. Die in Kapitel XVII analysierten konvexen Belohnungsfiinktionen bieten den grundlegenden Vorteil, daß sie unabhängig von den Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Überschüsse flir alle Projekte anreizkompatibel sind.
4. 4.1.
Problematik des Residualgewinns als Bemessungsgrundlage Konstanter Prämiensatz
4.1.1. Allgemeine Darstellung Im folgenden wird der Residualgewinn GL des Leistungsbereichs als Bemessungsgrundlage betrachtet, wobei zunächst wieder ein im Zeitablauf unveränderlicher Prämiensatz f zugrunde gelegt wird. Der Einfachheit halber wird davon ausgegangen, im Leistungsbereich seien nur kalkulatorische Zinsen auf die (Rest-)Buchwerte der Investitionsprojekte relevant; es erfolgt keine Lagerung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie von Halb- und Fertigfabrikaten von einer Periode zur nächsten. Bei der betrachteten Bemessungsgrundlage hängt der Prämienstrom von der Abschreibungsmethode und vom Zinssatz ab, mit dem die kalkulatorischen Zinsen ermittelt werden. Bei Sofortabschreibung zu Beginn eines Projekts (bei Verzicht auf Aktivierung der Anschaffungsauszahlung) sind allerdings kalkulatorische Zinsen irrelevant. Bei Beteiligung am „Residualgewinn" ergibt sich dann derselbe Prämienstrom wie bei direkter Beteiligung an den Überschüssen des Leistungsbereichs. Wie gezeigt wurde, besteht dann im Fall D>0 bei konstantem Prämiensatz f die Tendenz zur Unterinvestition. Bei Verlagerung von Abschreibungen in die Zukunft ergeben sich unterschiedliche Auswirkungen, je nachdem, ob die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz r, k oder k+D ermittelt werden. Werden sie mit r ermittelt, so erzielt der Entscheidungsträger - und entsprechend auch die Anteilseigner - als Implikation des Prinzips der Barwertidentität weder einen Vorteil noch einen Nachteil. Angenommen, zum Zeitpunkt 0 werde, wie beim Residualgewinn üblich, fär das Projekt ein Buchwert in Höhe der Anschaffungsauszahlung AQ angesetzt und zum Zeitpunkt 1 für Periode 1
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
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die Abschreibung AQ verrechnet. Gegenüber der direkten Beteiligung am Überschuß des Leistungsbereichs steigt dann zum Zeitpunkt 0 die Bemessungsgrundlage um AQ, während sie zum Zeitpunkt 1 um den sicheren Betrag (l+r)-AQ sinkt. Unabhängig von der Umweltentwicklung ändern sich die Prämien wie folgt: Prämie für den Zeitpunkt 0: Prämie für den Zeitpunkt 1:
+ f • AQ - f • (1 + r) • AQ .
Da der Entscheidungsträger die sichere Minderung der Prämie des Zeitpunkts 1 mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert, ändert sich der Barwert der Prämien gegenüber der Überschußbeteiligung nicht. Analog ändert er sich auch dann nicht, wenn in Periode 1 nur ein Teil der aktivierten Anschaffungsauszahlung AQ abgeschrieben und der Rest in Periode 2 als Aufwand verrechnet wird (usw.). Aktivierungen und Abschreibungen führen deshalb zu einer sicheren Änderung des Prämienstroms, weil die Abschreibungsbeträge ebenso wie die aktivierten Beträge sichere Größen sind (und der Entscheidungsträger auch an Verlusten beteiligt wird). Werden also die kalkulatorischen Zinsen auf die (Rest-)Buchwerte mit dem Zinssatz r für risikolose Anlagen ermittelt, so bewertet der Entscheidungsträger ein Projekt hoi jedem Abschreibungsverfahren in der gleichen Weise. Da auch die Anteilseigner sichere Prämienzahlungen mit diesem Zinssatz diskontieren, gilt dies zugleich auch für sie. Li gleicher Weise wie bei Sofortabschreibung (bzw. bei Überschußbeteiligung) besteht jeweils für D=0 Anreizkompatibilität und für D>0 die Gefahr der Unterinvestition, Werden die kalkulatorischen Zinsen auf die (Rest-) Buchwerte mit dem risikoangepaßten Zinssatz k der Anteilseigner ermittelt und gilt k>r, so ergibt sich dagegen aus Sicht des Entscheidungsträgers ein Nachteil, wenn Anschaffungsauszahlungen aktiviert bzw. Abschreibungen in die Zukunft verlagert werden; der Barwert der Prämien sinkt. Da hierbei die Anteilseigner einen entsprechenden Vorteil erzielen (auch sie diskontieren sichere Prämienänderungen mit dem Zinssatz r), kann keine Anreizkompatibilität bestehen. Dies gilt unabhängig davon, ob D=0 oder D>0 gilt (LAUX, 1995, S.308ff). Angenommen, zum Zeitpunkt 0 werde für das Projekt wieder ein Buchwert von AQ angesetzt und für Periode 1 eine Abschreibung in dieser Höhe verrechnet. Gegenüber der Überschußbeteiligung steigt dann die Bemessungsgrundlage zum Zeitpunkt 0 um AQ, während sie zum Zeitpunkt 1 um (1 +k)-AQ sinkt. Unabhängig von der Umweltentwicklung ändern sich somit die Prämien um folgende sichere Beträge: Zeitpunkt 0:
+ f • AQ
Zeitpunkt 1:
- f • (1 + k) • AQ.
Der Barwert der Prämien sinkt, denn es gilt (für k>r): f . A o - ( l + r)-l.f.(l + k).Ao = f - A o - ( l - ^ ) = f - A o - ( f ^ ) < 0 . 1+r 1+r
618
Kapitel XVIII
Analog kann gezeigt werden, daß der Barwert der Prämien noch weiter sinkt, wenn am Ende der Periode 1 nur ein Teil der aktivierten Anschaffungsauszahlung AQ abgeschrieben wird (usw.); je später Abschreibungen zu verrechnen sind, desto niedriger ist der Barwert der Prämien, desto größer ist also der Nachteil aus Sicht des Entscheidungsträgers und der Vorteil für die Anteilseigner. Für den Fall D = 0 besteht zwar bei Überschußbeteiligung Anreizkompatibilität bezüglich der Projektwahl. Diese wird jedoch bei Beteiligung am Residualgewinn zerstört, sofem keine Sofortabschreibung vorgenommen werden darf und die kalkulatorischen Zinsen mit k statt r ermittelt werden; für k>r wird die Tendenz zur Unterinvestition ausgelöst. Diese Tendenz besteht bei D>0 auch schon bei Überschußbeteiligung; sie wird bei Beteiligung am Residualgewinn noch verstärkt. Die Tendenz zur Unterinvestition ist jeweils um so größer, je später Buchwerte abzuschreiben sind. 4.1.2. Beispiel Zur Verdeutlichung dient ein Zahlenbeispiel. Betrachtet wird ein dreiperiodiges Projekt mit der Anschaffungsauszahlung 300 zum Zeitpunkt 0 und den erwarteten Überschüssen Ei = 121, E2 = 133 und E3 = 133. Der risikolose Zinssatz beträgt r=0,05, der risikoangepaßte Zinssatz der Anteilseigner k=0,l und der des Entscheidungsträgers allgemein 0,H-D (D>0). Für den (Brutto-)Kapitalwert des Projekts beim Zinssatz der Anteilseigner gilt: BKWoi=U"^-121 + 14"^-133 + 1,1"^-133-300 = 19,84. N
^
.
=319,84
Zunächst werden Implikationen einer direkten Überschußbeteiligung betrachtet und dann die maßgebUchen Änderungen bei Übergang auf die Gewinnbeteiligung. Bei Beteiligung des Entscheidungsträgers mit dem Prämiensatz f an den Überschüssen (zum Zeitpunkt 0 hat er dann den Betrag f • 300 zu zahlen) ergibt sich ein Nettokapitalwert N K W Q J von (1 - f) • B K W Q ^ = (1 - f) • 19,84; aus Sicht der Anteilseigner ist das Projekt vorteilhaft. Aus Sicht des Entscheidungsträgers entspricht dem Projekt der folgende Barwert zusätzlicher Prämien: ABPoj+D=f-[(U + D)"^-121 + (U + D)"^-133 + (l,l + D)"^-133-300] = f.BKWo,i+D. Für D=0 gilt BKW04+D = BKWo^i = 19,84, so daß auch der Entscheidungsträger mit dem Projekt einen finanziellen Vorteil erzielt. (Für D=0 besteht bei Überschußbeteiligung Anreizkompatibilität.) Für D>0 gilt jedoch BKWQ I+D < B K W O i- Bei entsprechend hohem DWert ist BKWQ I+D negativ, so daß das Projekt für den Entscheidungsträger nachteihg ist.
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
619
Es ergibt sich unabhängig von D > 0 ein kleinerer Barwert der Prämien, wenn der Entscheidungsträger an den Gewinnen beteihgt wird und die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz k=0,l ermittelt werden. Bei linearer Abschreibung zum Beispiel ergeben sich folgende erwartete Projektgewinne: E(Gi) = 121-100-300-0,l = -9, E(G2) = 133-100-200-0,1 = 13, E(G3) = 133-100-100-0,1 = 23. Werden die erwarteten Gewinne mit dem Zinssatz k=0,l diskontiert, erhält man wieder den Bruttokapitalwert BKWQ^I = 19,84. Zwar ist der Barwert der Abschreibungen kleiner als die Anschaffungsauszahlung, jedoch erfolgt eine Kompensation, indem die kalkulatorischen Zinsen mit demjenigen Zinssatz verrechnet werden, mit dem auch diskontiert wird; der Barwert der Abschreibungen und Zinsen stimmt mit der Anschaffungsauszahlung überein: 1,1-1 • (100 + 30) +1,1"^. (100 +20)+ l,r^-(100+ 10) = 300. Die Verteilung der Anschaffungsauszahlungen auf die Jahre der Nutzung, die Erfassung von kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz k=0,l und die Diskontierung der Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen (via Diskontierung der Gewinne) mit diesem Zinssatz stellen rein tautologische Umformungen dar, bei der letztlich die Anschaffungsauszahlungen wie bei direkter Subtraktion erfaßt werden, so daß sie für die Bewertung im Grunde irrelevant sind. Jedoch ergeben sich hinsichtlich des Wertes des Prämienstromes reale Auswirkungen, wenn der Entscheidungsträger statt an den Überschüssen an den Gewinnen beteiligt wird und die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz k=0,l ermittelt werden. Die Erwartungswerte der Prämien fär die Zeitpunkte 1, 2 und 3 betragen dann: f-E(Gi) = f •(121-100-300-0,1) = f-121-f-130, f-E(G2) = f-133-f-120, f-E(G3) = f-133-f-110. Jedoch fallen nur die laufenden Überschüsse mit den Erwartungswerten 121, 133 und 133 bzw. die entsprechenden Prämien mit den Erwartungswerten f 121, f 133 und f 133 in die gegebene Risikoklasse, für die der risikoangepaßte Zinssatz k + D = 0,1 + D des Entscheidungsträgers maßgeblich ist. Den Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen entsprechen sichere Prämieneinbußen, die der Entscheidungsträger mit dem risikolosen Zinssatz r=0,05 diskontiert. Es gilt nun also:
620
Kapitel XVIII
^BPo,l+D =f-[(U + D)-^-121 + (U + D)-^433 + (U + D)-^433 -(1,05"^-130 + 1,05"^-120+ 1,05"^-110]. s
^
/
=327,7
Der Barwert der Prämien ist unabhängig von D > 0 kleiner als bei direkter Uberschußbeteiligung; der Entscheidungsträger wird bei Beteiligung am Residualgewinn so mit Kosten belastet, als betrügen die Anschaffungsausgaben nicht 300, sondern 327,7. Der Entscheidungsträger unterläßt das Projekt schon dann, wenn er die erwarteten laufenden Überschüsse wie die Anteilseigner mit dem Zinssatz k=0,l diskontiert, also D = 0 gilt. Es gilt dann nämlich: ABP04 = f-(319,84-327,7) = -f-7,86. Für die Anteilseigner - die ebenfalls sichere Prämien mit r=0,05 diskontieren ist dagegen der Nettokapitalwert des Projekts höher als bei direkter Uberschußbeteiligung. Es gilt: NKW04 = BKW04 " ^ßPo,l = 19,8 ~ (-f • 7,86) = 19,8 + f • 7,86. Es besteht schon dann keine Anreizkompatibilität, wenn D=0 gilt. Für D > 0 ist der Barwert der Prämien noch kleiner als - f • 7,86; die Tendenz zur Unterinvestition bei Gewinnbeteiligung wird gegenüber D = 0 verstärkt. Im Fall k0 bei direkter Uberschußbeteiligung bestehende Tendenz zur Unterinvestition wird nun beim Residualgewinn als Bemessungsgrundlage zwar abgeschwächt. Andererseits kann nun aber je nach Höhe von k, D und r die Tendenz zur Unterinvestition in eine zur Überinvestition umschlagen; es werden Projekte durchgeführt, die aus Sicht der Anteilseigner nachteilig sind. 4.2.
Im Zeitablauf steigender Prämiensatz
Für den Fall D>0 ist ein gemäß (XVHI.IO) steigender Prämiensatz zu wählen, damit bei direkter Uberschußbeteiligung Anreizkompatibilität besteht. Bei einem solchen Prämiensatz besteht jedoch bei Beteiligung am Residualgewinn nur dann Anreizkompatibilität, wenn die Anschaffungsauszahlung nicht aktiviert, sondem direkt als Aufwand bzw. Kosten erfaßt werden, und somit die „Residualgewinne" mit den Überschüssen des Leistungsbereichs übereinstimmen. Werden die Anschaffungsauszahlungen aktiviert und die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz r ermittelt, so sinkt der Barwert der Prämien, und zwar um so mehr, je stärker der Prämiensatz im Zeitablauf steigt und je später
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
621
Abschreibungen verrechnet werden. Für den Entscheidungsträger ergibt sich ein Nachteil und für die Anteilseigner ein entsprechender Vorteil. Je später die Abschreibungen verrechnet werden müssen und je stärker die Prämiensätze im Zeitablauf steigen, desto eher ist außerdem zu erwarten, daß der Entscheidungsträger Projekte unterläßt, obwohl ihr Nettokapitalwert NKWj^ positiv ist. Mit den bei Überschußbeteiligung anreizkompatiblen Prämiensätzen gemäß (XVin.lO) besteht also bei Gewinnbeteiligung schon dann keine Anreizkompatibilität, sondern wieder die Tendenz zur Unterinvestition, wenn die kalkulatorischen Zinsen mit r ermittelt werden. Wird die Anschaffungsauszahlung AQ eines Projekts zum Beispiel statt zum Zeitpunkt 0 zum Zeitpunkt 1 voll als Abschreibung verrechnet, so ergeben sich die in Tabelle XVIII. 1 dargestellten Änderungen: Änderungen Abschreibung
Periode 0 (Zeitpunkt 0)
Periode 1 (Zeitpunkt 1)
-Ao
+Ao
Kalkulatorische Zinsen
+ r-Ao
Gewinn
+ Ao
-(l+r)-Ao
Prämie
+ fo-Ao
-fi-(l+r)-Ao
Tabelle XVIII. 1: Gewinne und Belohnungen Da diese Änderungen sichere Größen sind, ändert sich der Barwert des Prämienstromes wie folgt: ÄBP = fo-Ao-(l + r)-l.fi.(l + r ) . A o = f o - A o - f r A o = A o - ( f o - f i ) < 0 . Wegen fi>fo folgt ABP<0. Je höher der Betrag der Differenz fo~fi ist, desto mehr sinkt der Barwert der Prämien. Analog sinkt der Barwert der Prämien noch mehr, wenn die Abschreibungen weiter in die Zukunft verlagert werden. Werden die Zinsen auf die (Rest-) Buchwerte mit einem Zinssatz ermittelt, der größer ist als r (zum Beispiel mit dem risikoangepaßten Zinssatz k), so sinkt der Barwert der Prämien noch mehr, wenn Abschreibungen in zukünftige Perioden verlagert werden; die Tendenz zur Unterinvestition wird verstärkt. Werden die kalkulatorischen Zinsen mit einem Zinssatz ermittelt, der kleiner ist als r, so wird im Vergleich zur Wahl des Zinssatzes r die Tendenz zur Unterinvestition zwar abgeschwächt. Indessen besteht auch in diesem Fall grundsätzlich keine Anreizkompatibilität. hn Fall D > 0 kann zwar mit einer direkten Beteiligung am Residualgewinn keine Anreizkompatibilität erzeugt werden. Jedoch ist dies in der Weise möglich, daß die kalkulatorischen Zinsen mit r und die Prämiensätze gemäß Formel (XVni.lO) ermittelt werden und die Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen für jedes Projekt mit demjenigen Prämiensatz belegt werden, der für den Zeitpunkt seiner Anschaffung maßgeblich ist (LAUX, 1991b; 2001c). Der
622
Kapitel XVIII
Entscheidungsträger wird hierbei allerdings nicht am Residualgewinn beteiligt, sondern mit divergierenden Prämiensätzen an einzelnen Komponenten dieses Gewinns.
4.3.
Verallgemeinerung
Bei den Darstellungen wurde von einem speziellen Bewertungskonzept ausgegangen: Bei direkter linearer Überschußbeteiligung diskontieren die Anteilseigner die erwarteten Nettoiiberschüsse des Leistungsbereichs mit dem Zinssatz k und der Entscheidungsträger diskontiert die erwarteten Prämien mit dem Zinssatz k+D (D>0). Das Theorem, wonach bei Existenz eines einheitlichen risikolosen Zinssatzes r bei Wahl des Residualgewinns als Bemessungsgrundlage nur dann Anreizkompatibilität induziert werden kann, wenn die kalkulatorischen Zinsen mit r ermittelt werden, gilt jedoch bei beliebigen Bewertungskonzepten für riskante (Netto-)Überschüsse bzw. Prämien: Die Aktivierung von Anschaffungsauszahlungen und die späteren Abschreibungen (allgemein: die Änderungen von (Rest-) Buchwerten) implizieren sichere Änderungen der Bemessungsgrundlagen (der Gewinnausweise) und mithin sichere Änderungen der Prämien, so daß eben filr die Bewertung dieser Änderungen stets der risikolose Zinssatz maßgeblich ist. Sichere Änderungen der Bemessungsgrundlagen ergeben sich natürlich auch dann, wenn zukünftige Überschüsse erfolgswirksam aktiviert und die Buchwerte später abgeschrieben werden. Auch die Zinsen auf diese Buchwerte sind mit dem risikolosen Zinssatz r zu ermitteln. Wie VELTHUIS (2003; 2004a) gezeigt hat, gilt das folgende allgemeine Theorem, das fär die Gestaltung von Anreizsystemen grundlegende Bedeutung hat: Bei beliebigen Wahrscheinlichkeitsverteilungen bezüglich der Überschüsse, beUebigen Kapitalmarktbedingungen und beliebigen Typen von Belohnungsfunktionen ist bei zeitlichem Auseinanderfallen zwischen Cash Flows und deren Erfolgswirksamkeit in der Bemessungsgrundlage stets ein Zinsausgleich vorzunehmen, fär den die Zeitpräferenz der Instanz (der Anteilseigner) bezüglich risikoloser Einkünfte maßgeblich ist. Li dem von uns betrachteten Fall eines einheitlichen risikolosen Zinssatzes r stimmt diese Zeitpräferenz mit r überein, so daß eben die kalkulatorischen Zinsen mit r ermittelt werden müssen. Zwar ist die Annahme eines einheitlichen risikolosen Zinssatzes in der Realität nicht streng erfüllt. Jedoch vereinfacht sie die praktische Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen. Der maßgebhche Zinssatz für eine beliebige Periode ist dann exogen vorgegeben (nämlich gleich r) und nicht wie bei unvollkommenem Kapitalmarkt eine endogene Größe, die erst bekannt ist, nachdem die optimale Lösung vorliegt. Außerdem erübrigt sich unter dieser Annahme auch die personen- und situationsspezifische Festlegung der maßgeblichen Zinssätze für die Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen.
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
5.
623
Fehlanreize beim EVA-Bonussystem
5.1.
Darstellung des Bonussystems
5.1.1. Charakteristik des Economic Value Added (EVA) Die Darstellungen in den Abschnitten 3 und 4 bieten eine allgemeine Grundlage für die Analyse von in der Praxis verbreiteten Konzepten der Erfolgsbeteiligung und Erfolgskontrolle mit dem Ziel, Manager zur Steigerung des Marktwertes der Aktien zu motivieren. Im folgenden soll das auf dem Economic Value Added (EVA) beruhende (EVA-) Führungssystem betrachtet werden (vgl. hierzu vor allem auch SCHABEL, 2004). Der EVA stellt eine Konkretisierung des Residualgewinns gemäß dem Entity Ansatz dar und wird von der Beratungsgesellschaft STERN STEWART & Co. mit dem Argument vermarktet, daß er den „wahren Erfolgsmaßstab" („the true measure of performance") fiir ein Untemehmen darstelle. „EVA" ist ein eingetragenes Warenzeichen der STERN STEWART & Co. Untemehmensberatung. Die EVA-Kennziffer, die häufig auch in Geschäftsberichten veröffentlicht wird, soll die Basis ftir ein Führungssystem bilden, in dem die marktwertorientierte Untemehmensbewertung bzw. Untemehmensplanung (Kapitel XIV) sowie die Erfolgskontrolle und Erfolgsbeteihgung systematisch integriert werden. Die „Philosophie" ist, daß ein Bewertungs- und Planungskonzept von den Entscheidungsträgem nur dann akzeptiert und befolgt wird, wenn das Kontroll- und Bonussystem damit in Einklang steht. Überschüsse als direkte Basis fiir Kontrollen und Belohnungen werden von den Vertretem des EVA-Führungssystems abgelehnt. Die Problematik einer Erfolgskontrolle im Vergleich zu einer ÜberschußkontroUe wird in LAUX (2005b, Kapitel XIV und XV) untersucht, hn folgenden werden Fehlanreize bei Beteihgung an EVAs gezeigt. Der EVA einer Periode ist wie folgt zu ermitteln (STEWART, 1991, S. 136):'7) EVA ==net operating profit after taxes -- cost of capital • capital („CÄarg^"-Formel) bzw. EVA == (rate of retum - cost of capital)-capital. („Value Spread'''VormtY) Zur Ermittlung des EVA 7)
Andere Erfolgskonzepte verwenden vergleichbare Maßstäbe wie zum Beispiel Economic Profit von McKlNSEY & Company (COPELAND/COLLER/MURRIN, 1994) oder Added Value von der London Business School (HOSTSTETTLER, 1997, S. 60) und Cash Value Added von der Boston Consulting Group (LEWIS, 1994).
624
Kapitel XVIII
Hier soll nur die erste Formel explizit betrachtet werden. Hierfür sind drei ökonomische Größen relevant: der Periodenerfolg vor Fremdkapitalzinsen jedoch nach Steuern^) (net operating profit after taxes, NOP AT), das investierte Kapital bzw. das Vermögen des Leistungsbereichs (capital), auf dessen Grundlage kalkulatorische Zinsen ermittelt werden, und der für die Ermittlung dieser Zinsen maßgebliche Kapitalkostensatz (cost of capital).^) Als Kapitalkostensatz wird dabei der für die Planung maßgebliche risikoangepaßte Zinssatz verwendet. Bestimmung des investierten Kapitals Bilanzsumme - Börsengängige Wertpapiere - Anlagen im Bau - sonstige, nichtbetrieblich genutzte Vermögensgegenstände (zum Beispiel stillgelegte Anlagen und Vermietungen) + Barwert der operativen Leasingraten - zinsfreie Verbindlichkeiten + Lifo Reserve + kumulierte Geschäftswertabschreibungen H- nichtausgewiesene Geschäftswerte aus Akquisitionen + Aufwendungen mit Livestitionscharakter + kumulierte außergewöhnliche Verluste (-kumulierte außergewöhnliche Gewinne) nach Steuern - kumulierte Veräußerungsgewinne (+ kumulierte Veräußerungsverluste) bei Gegenständen des AV = Livestiertes Kapital
|
Operative Bereinigung (Operating Conversion)
Finanzbereinigung (Funding Conversion)
Shareholder Bereinigung (Shareholder Conversion)
Tabelle XVIII.2: Zur Bestimmung des investierten Kapitals 8)
9)
Steuem werden bei unseren Darstellungen nicht explizit berücksichtigt. Jedoch sei daran erinnert, daß sie die Höhe des risikoadäquaten Kalkulationszinsfußes k beeinflussen, sofem sie nicht in dieselbe Risikoklasse fallen wie die (Brutto-)Überschüsse ÜL des Leistungsbereichs (Kapitel XIII, Abschnitt 6). Da einheitUch kalkulatorische Zinsen auf das „investierte Kapital" verrechnet werden, erübrigt sich die expilzite Erfassung von Fremdkapitalzinsen. Entsprechend ist der Gewinn vor (Abzug der) Fremdkapitalzinsen Ausgangsbasis für den EVA.
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Der für das EVA-Konzept maßgebliche Gewinn (NOPAT) und das investierte Kapital werden nicht direkt aus dem externen Rechnungswesen (in den USA auf der Basis von US-GAAP) übernommen. Vielmehr werden im Sinne einer „marktwertorientierten Sichtweise" zahlreiche Bereinigungen (conversions) vorgenommen. Man will damit vom „Accounting Model" zu einem „Economic Model" gelangen. Wichtige Bereinigungen flir das „investierte Kapital" sollen im folgenden dargestellt werden (STEWART, 1991; HOSTETTLER, 1997; O'HANLON/PEASNELL, 1998; EWERT/WAGENHOFER, 2003, S. 528f). Die Anpassungen betreffen Bilanzpositionen (Tabelle XVIII.2). Entsprechend wird auch der Gewinn einer Periode um die Änderung der betreffenden Bilanzpositionen in dieser Periode bereinigt. Operative Bereinigung Da dem „investierten Kapital" nur Bestandteile zugerechnet werden sollen, die dem „normalen Geschäftsverlauf' dienen („betriebsnotwendiges Vermögen"), müssen eine Reihe von Bilanzposten untersucht werden: Börsengängige Wertpapiere sind in der Regel nicht betriebsnotwendig und sollen daher mit den betreffenden Buchwerten von der Bilanzsumme abgezogen werden (um auf das „investierte Kapital" für den EVA zu kommen). Anlagen im Bau, die in der Bilanz als Sachanlagevermögen ausgewiesen wurden, werden ebenfalls abgezogen, da sie noch keinen Beitrag zur Erwirtschaftung des Periodenerfolgs geleistet haben. Zu den sonstigen, nichtbetrieblich genutzten Vermögensgegenständen, deren Buchwerte ebenfalls abzogen werden, zählen zum Beispiel vermietete Immobilien oder stillgelegte Anlagen. Finanzbereinigung Zur vollständigen Erfassung der Finanzierungsmittel müssen insbesondere Leasinggeschäfte und „zinsfi:'eie" Verbindlichkeiten untersucht werden: Leasingverpflichtungen, die unter die Kategorie „capital lease" fallen, sind schon in der Bilanz in Höhe des Barwertes der Leasingraten passiviert. Dagegen sind Leasingverpflichtungen, die in die Kategorie „operating lease" fallen, noch nicht berücksichtigt (sie werden beim Leasinggeber aktiviert). ^^) Daher soll bei ihnen der Barwert der Leasingraten aktiviert und auf der Passivseite den Schulden hinzuaddiert werden, um eine vollständige Erfassung des „eingesetzten" Kapitals und der Finanzierungsmittel zu ermöglichen. Dabei wird Leasing einer Fremdkapitalaufnahme gleichgestellt. „Zinsfi-eie'' (kurzfiistige) Verbindlichkeiten (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie bestimmte Rückstellungen) werden aus der Bi10) Zur Unterscheidung der Leasing-Verfahren vgl. zum Beispiel STICKNEYAVEIL (1994, S. 564f.).
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Kapitel XVIII
lanzsumme eliminiert, da die Kosten für diese ICreditgewährung in der Regel an anderer Stelle (insbesondere in Form eines höheren Preises) anfallen und somit der betriebliche Gewinn durch Finanzierungskosten bereits belastet wurde bzw. in Zukunft belastet wird. Da sich die betreffenden Finanzierungskosten nicht eindeutig ermitteln lassen, wird ein Ausgleich geschaffen, indem das investierte Kapital durch den Abzug „zinsfi-eier" Verbindlichkeiten verkleinert wird. Shareholder Bereinigung Um den „ökonomischen" Buchwert des investierten Kapitals zu erhalten, werden folgende Bereinigungen vorgenommen: Werden Vorräte nach dem Verbrauchsfolgeverfahren LIFO (last in first out) aktiviert, kommt es bei steigenden Marktpreisen im Vergleich zum Verbrauchsfolgeverfahren FIFO (first in first out) dazu, daß höhere Aufwendungen ausgewiesen werden und so eine stille Reserve gebildet wird. Es wird gefordert, daß diese LIFO-Reserve aktiviert wird. Diese Reserve ergibt sich als Differenz aus dem LIFO- und FIFO-Bewertungsansatz des Vorratsvermögens. Wenn ein Untemehmen nach FIFO bilanziert, ergibt sich kein Änderungsbedarf Nichtausgewiesene Geschäftswerte aus Akquisitionen werden beim EVA deshalb aktiviert, weil der Kauf von Firmen als eine langfristige Investition anzusehen sei und auf den gesamten Kaufpreis eine adäquate Rendite erzielt werden sollte. Geschäftswerte aus Aquisitionen sind also stets in vollem Umfang in das „investierte Kapital" einzubeziehen; es dürfen keine Abschreibungen vorgenommen werden bzw. Abschreibungen bei der Bewertung in der Bilanz müssen durch Zuschreibungen rückgängig gemacht werden. Bei Sach- und Finanzanlagen sollen die Buchwerte nicht bereinigt werden, da es sehr aufwendig und teuer sei, Marktwerte zu bestimmen. Unter Aufwendungen mit Investitionscharakter fallen die Aufwendungen für selbsterstellte immaterielle Vermögensgüter wie zum Beispiel Forschungsund Entwicklungsaufwendungen, Werbe-, Ausbildungs- oder Restrukturierungsaufwendungen, die in der Bilanz nicht oder nur teilweise aktiviert werden dürfen. Es wird verlangt, daß diese Aufwendungen voll aktiviert und über die voraussichtliche Nutzungsdauer - bei Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen zum Beispiel 5 Jahre (STEWART, 1991, S. 744) - abgeschrieben werden. Kumulierte außergewöhnliche Verluste (cumulative unusual losses) abzüglich außergewöhnlicher Gewinne nach Steuern sollen aktiviert werden, da sie zum „normalen Geschäftsablauf' gehörten. ^^) 11) Das mag zwar de Fall sein. Es fragt sich allerdings, warum das ein Grund für entsprechende Bereinigungen sein soll. Offenbar sind die Vermarkter von EVA der Meinung, daß „normale" Gewinne und Verluste nicht zum „normalen Geschäftsablauf' gehörten. Sonst würden sie wohl konsequenter Weise auch hierfür Bereinigungen empfehlen, bei denen in jeder Periode der Erfolgsausweis gleich null wäre. Es zeigt sich auch hier wieder die Problematik der Rechtfertigung von Konzepten der Erfolgsmessung mit „ökono-
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Veräußerungsgewinne bzw.-Verluste bei Gegenständen des Anlagevermögens sollen nicht erfolgswirksam verbucht werden, um zu vermeiden, daß frühere „Bilanzierungsfehler" fortgeführt werden. Steuerbereinigung Rückstellungen für passive latente Steuern (deferred tax reserve) zählen zum investierten Kapital, da auch flir diese Kapitalkomponente eine adäquate Rendite erzielt werden soll (STERN/STEWART, 1997, S. 492). Ermittlung des Periodenerfolges Die dargestellten Bereinigungen des investierten Kapitals haben nicht nur einen indirekten Einfluß auf den EVA über die verrechneten kalkulatorischen Zinsen, sondern auch einen direkten über entsprechende Anpassungen des im Jahresabschluß ausgewiesenen Gewinns. Analog zu den operativen Bereinigungen der Bilanzsumme werden neutrale Erfolgskomponenten wie zum Beispiel Zinserträge, Gewinne oder Verluste aus dem Handel mit Wertpapieren, Aufwendungen für stillgelegte Anlagen, Erträge und Aufwendungen aus Vermietung und Verpachtung eliminiert. Auch das somit erzielte „Betriebsergebnis" des Jahresüberschusses wird entsprechend der Bereinigungen der Bilanzsumme zum EVA transformiert. Bei Aktivierung von Aufwendungen mit Livestitionscharakter zum Beispiel steigt in der betreffenden Periode der EVA, während die EVAs in späteren Perioden auf Grund der höheren kalkulatorischen Zinsen und Abschreibungen sinken. Außergewöhnliche Verluste werden nicht wie im Jahresabschluß vom Nettoergebnis abgezogen, sondern aktiviert. Sie erhöhen damit nicht nur das investierte Kapital, sondern auch den EVA der betreffenden Periode. Dagegen werden die EVAs in späteren Perioden auf Grund der höheren kalkulatorischen Zinsen belastet. Werden die Leasingraten im (Betriebs-) Ergebnis des Jahresabschlusses als Aufwand verrechnet, sollten auch diese wieder hinzuaddiert werden. Wie bei Fremdkapitalaufhahme gehen dann die Zahlungen an die Leasinggeber (als Financiers) nicht in den NOP AT ein. Jedoch ist der Barwert der zukünftigen Leasingraten in jeder Periode im „investierten Kapital" enthalten, so daß ihnen analoge Kapitalkosten entsprechen wie bei Fremdkapitalaufnahme. Die in einer Periode gebildete Lifo-Reserve, die Geschäftswertabschreibungen und Veräußerungsverluste (- Veräußerungsgewinne) einer Periode werden in dieser Periode aktiviert, wobei der EVA in gleicher Weise ansteigt wie das „investierte Kapital".
mischen" Scheinargumenten, die nicht auf den Sinn der Erfolgsrechnung (hier die Entscheidungssteuerung) abstellen. Auf die Problematik der Aktivierung außergewöhnlicher Verluste (abzüglich außergewöhnlicher Gewinne) kommen wir zurück.
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Wird das investierte Kapital von Periode zu Periode wie der Erfolgt bereinigt, so werden fortlaufend die nach Tabelle XVIIL2 maßgeblichen Kumulierungen vorgenommen, so daß eine explizite Bereinigung einer zukünftigen Bilanzsumme gemäß dieser Tabelle nicht erforderlich ist. Der NOP AT enthält nicht explizit die Zinskosten auf das Fremdkapital. Da sie im (Betriebs-) Ergebnis des Jahresabschlusses als Aufwand verrechnet worden sind, werden sie bei der Ermittlung des NOP AT wieder hinzuaddiert. Statt dessen werden mit dem für die Planung maßgeblichen risikoangepaßten Zinssatz kalkulatorische Zinsen auf das investierte Kapital verrechnet, wobei k wie in Kapitel XIII, Abschnitt 3.1.1, als gewogener Durchschnitt aus dem Eigenkapital- und dem Fremdkapitalkostensatz ^^) ermittelt wird (Weighted Average Cost of Capital, WACC). Bei börsennotierten Untemehmen soll bei der Ermittlung des WACC der Eigenkapitalkostensatz wie im Rahmen des Shareholder Value Ansatzes in Anlehnung an das einperiodige CAPM ermittelt und dabei die ß -Schätzung auf Grund der in früheren Perioden realisierten Aktienrenditen vorgenommen werden. Die Zugrundelegung eines einheitlichen risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes impliziert, daß - wie in den Abschnitten 3 und 4 - nur Investitionen einer gegebenen Risikoklasse durchgeführt werden. Werden die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz k ermittelt, so stimmt bei jedem neuen Investitionsprojekt der Barwert der erwarteten Gewinne mit dem Marktwert der zukünftigen Überschüsse nach Abzug der Anschaffungsauszahlung überein, sofem das Kongruenzprinzip erfiillt ist; die Maximierung des Barwertes der EVAs steht im Einklang mit der Maximierung des Shareholder Value. Wie jedoch im folgenden gezeigt wird, hat der Entscheidungsträger gar kein Interesse daran, diesen Barwert zu maximieren, sofem er an den EVAs beteiligt wird. Insbesondere können auch die flir das EVA-Konzept charakteristischen Bereinigungen (zusätzliche) Fehlentscheidungen auslösen. Es wird damit deutlich, daß ein flir die Planung prinzipiell geeignetes Erfolgskonzept nicht ohne weiteres auch als Grundlage flir die Gewährung von Prämien geeignet ist, so daß sich die im Rahmen des EVA-Führungssystems angestrebte Vereinheitlichung des intemen Rechnungswesens als simultane Grundlage von Untemehmungsbewertung, Planung, Erfolgsbeteiligung und Erfolgskontrolle als problematisch erweist. ^^)
12) Bei der Ermittlung des EVA wird wie in dieser Arbeit im allgemeinen vorausgesetzt, daß der Fremdkapitalkostensatz mit dem risikolosen Zinssatz r übereinstimmt. 13) Zu einem allgemeinen Nachweis, daß Kennzahlen, die sich für die Planung eignen, nicht automatisch auch für die Steuerung von Entscheidungen im Rahmen eines Belohnungssystems geeignet sind vgl. GiLLENKiRCH (2004a, Kapitel II).
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5.1.2. Bonusformel und Bonusbank Beim EVA-Bonussystem hängt der Bonus (die Prämie) für eine Periode vom erzielten Erfolg (dem ausgewiesenen EVA), dem Prämiensatz f, dem für diese Periode maßgeblichen Zielerfolg {Target) sowie dem Zielbonus {Target Bonus) ab.^^) Der Entscheidungsträger erhält in einer Periode (zusätzlich zu seinem fixen Gehalt) den Zielbonus genau dann, wenn der Erfolg mit dem Zielerfolg übereinstimmt. Ist der Erfolg höher (niedriger) als der Zielerfolg, ist der Bonus höher (niedriger) als der Zielbonus, wobei die jeweilige Differenz vom Prämiensatz f abhängt. Die Bonusformel (die Prämienfunktion) für eine Periode kann wie folgt dargestellt werden: Bonus=Zielbonus + f (EVA ~ Zielerfolg). EVA-Bonusformel
Die Abbildung XVIII.l verdeutlicht den Zusammenhang. ^^) Bonus i Bonusgerade (Steigung = f) Zielbonus (Target Bonus)
EVA
EVA-Intervall
Abb. XVIII.l: Zur Ermittlung des Bonus (der Prämie) beim EVA-Bonussystem hn Falle einer Unterschreitung des Zielerfolges wird zunächst (im „EVAIntervall") noch ein Bonus gewährt, um „zu hohes" risikoaverses Verhalten zu vermeiden (O'BYRNE, 1997, S. E9-25). Der Bonus kann auch negativ werden. Der kritische Wert fiir den EVA, bei dessen Unterschreitung der Bonus negativ wird, d.h. der Abszissenwert des Schnittpunktes der Bonusgeraden mit der Ab14) Vgl. EHRBAR (1998, S. 93-115); O'BYRNE (1997, S. E9-23); STEWART (1991; 1994). 15) Bei einem Zielbonus von null schneidet die Bonusgerade beim Zielerfolg die Abszisse; der Bonus ist positiv (negativ), wenn der Erfolg höher (niedriger) ist als der Zielerfolg.
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szisse, hängt von dem Prämiensatz, dem Zielbonus und dem Zielerfolg ab. Eine Erhöhung (Reduktion) des Zielerfolges bewirkt bei gegebenem Prämiensatz und Zielbonus, daß sich die Bonusgerade um den betreffenden Betrag nach rechts (links) verschiebt. Entsprechend sinkt (steigt) der Bonus für jeden möglichen Erfolg um das f-fache der Änderung des Zielerfolges. Wird c.p. der Zielbonus erhöht (reduziert), so steigt (sinkt) das EVA-Intervall, wobei in diesem Intervallfilrjeden EVA-Wert der Bonus steigt (sinkt). Der Prämiensatz und der Zielbonus werden im allgemeinen bei Einführung des Bonussystems ausgehandelt, wobei beide Parameter im Zeitablauf unveränderlich sind. Jedoch werden die Zielerfolge oft fortlaufend der Erfolgsentwicklung angepaßt, wobei die Anpassungen nicht Gegenstand ständiger Verhandlungen sein sollen, sondern nach einer „Formel" festzulegen sind (EHRBAR, 1998, S. 108ff), die ihrerseits im voraus ausgehandelt wird. Als einfache Methode wird vorgeschlagen, den Zielerfolg für eine Periode in Höhe des EVA der Vorperiode festzulegen (O'BYRNE, 1997, S. E9-23; EHRBAR, 1998, S. 111). Für den Bonus einer Periode gilt dann: Bonus=Zielbonus + f (EVA - EVA der Vorperiode). E VA 'Bonusformel Für die Höhe der Prämie ist hier bei gegebenem Zielbonus nicht der absolute Erfolg relevant, sondern die Erfolgsänderung gegenüber der Vorperiode (dem Vorjahr). Bei einem im Zeitablauf unveränderlichen EVA erzielt der Entscheidungsträger in jeder Periode genau den Zielbonus. ^^) Wenn er den Gewinn der Vorperiode überschreitet (nicht erreicht), ist der Bonus höher (niedriger). Der Entscheidungsträger erzielt auch dann einen zusätzlichen Bonus, wenn er den Verlust einer Periode gegenüber der Vorperiode reduziert. Dies wird als besonderer Vorteil des EVA-Bonussystems hervorgehoben. Wird das Bonussystem zum Zeitpunkt 0 eingeführt, so stimmt im allgemeinen der Zielerfolg für die erste Periode mit dem Erfolg der Vorperiode überein. Wenn auf Grund bestimmter Maßnahmen der Erfolg einer Periode steigt bzw. sinkt, ändert sich nicht nur der Bonus dieser Periode. Da der Zielerfolg für die nächste Periode entsprechend erhöht bzw. reduziert wird, ergeben sich Rückwirkungen auch auf den Bonus dieser Periode. Es besteht der folgende allgemeine Zusammenhang: Wenn der Bonus für eine Periode steigt oder sinkt, ändert sich in der nächsten Periode bei jedem möglichen Erfolg der zugehörige Bonus in entgegengesetzter Richtung. Die entsprechende Bonusgerade verläuft
16) Vorausgesetzt wird hierbei, daß auch schon in der ersten Periode der erzielte EVA mit dem Zielerfolg übereinstimmt. Ist dies nicht der Fall, erhält der Entscheidungsträger (bei einem uniformen Erfolgsstrom) erst ab der zweiten Periode den Zielbonus.
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unterhalb oder oberhalb der ursprünglichen. Daraus können sich erhebliche Gefahren von Fehlentscheidungen ergeben (Abschnitt 5.2). Beim EVA-Bonussystem werden positive Boni nicht direkt als Prämien ausgezahlt, sondem zeitversetzt über eine Bonusbank. Allgemein dient eine Bonusbank vor allem dazu, einen Entscheidungsträger, der (wie in der Praxis üblich) nicht direkt über negative Prämien an Verlusten beteiligt ist, in gewissem Umfang indirekt an Verlusten zu beteiligen. Insbesondere soll erschwert werden, daß er sich bereichert, indem er in einzelnen Perioden die Gewinnausweise zu Lasten (möglicher) größerer Verluste in anderen Perioden erhöht. hl der Praxis sind unterschiedlicher Gestaltungsformen einer Bonusbank verbreitet. Eine einfache Variante ist die folgende: Ist der Bonus positiv, so wird ein bestimmter Teil direkt als Prämie ausgezahlt und der Rest in die Bonusbank eingestellt. Wenn in einer Periode der Bonus negativ ist, erfolgt eine Verrechnung mit dem Guthaben in der Bonusbank. Wird die resultierende Differenz negativ, wird der betreffende Betrag vorgetragen und mit späteren positiven Boni verrechnet. Eine Prämie als Teil eines positiven Bonus wird erst dann wieder gewährt, wenn der Sollvortrag beseitigt ist. Steht zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Entscheidungsträgers aus dem Unternehmen in der Bonusbank ein Guthaben, so wird dieses an den Entscheidungsträger ausgezahlt. Bei negativer Bonusbank hat er keine Zahlung an das Untemehmen zu leisten. Guthaben oder negative SoUvorträge sollten - wie noch näher erläutert wird mit dem risikolosen Zinssatz r verzinst werden. In diesem Fall ist bei nicht negativem Guthaben zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Endwert der Prämien ebenso hoch wie bei direkter Beteiligung an Gewinnen und Verlusten. Ist das Guthaben negativ - wurden also zwischenzeitlich negative Boni erzielt (und in die Bonusbank eingestellt) - so ist der Endwert der Prämien zwar höher als bei direkter Beteiligung an Verlusten in Form negativer Prämien. Der Endwert kann jedoch erheblich niedriger sein als bei direkter Beteiligung nur an positiven Gewinnen; der Entscheidungsträger wird bei Verrechnungen mit Guthaben in der Bonusbank immerhin partiell an Verlusten beteiligt. STERN/STEWART empfehlen, die Bonusbank wie folgt zu gestalten: In jeder Periode wird der Bonus vollständig in die Bonusbank eingestellt. Bei positivem Bonus steigt das Guthaben oder sinkt der Betrag eines negativen Vortrages in der Bonusbank. Bei negativem Bonus gemäß der EVA-Bonusformel verhält es sich umgekehrt. Ist in der Bonusbank ein Guthaben vorhanden, so wird ein Teil davon (etwa ein Drittel) an den Entscheidungsträger als Prämie ausgezahlt. Bei negativem „Guthaben" erhält der Entscheidungsträger keine Prämie. Eine anteilige Prämie wird erst wieder gewährt, wenn positive Boni erzielt worden sind, deren Einstellung in die Bonusbank zu einem Guthaben führten. (Möglicherweise wird ein negativer Vortrag aufgelöst, damit der Entscheidungsträger überhaupt wieder Prämien erzielen kann und eine Anreizwirkung entsteht.) Bei Einfuhrung des Bonussystems hat der Entscheidungsträger einen Betrag in die Bonusbank einzubringen. (Ist er dazu nicht in der Lage,
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kann ihm ein Kjredit vom Unternehmen eingeräumt werden.) Scheidet der Entscheidungsträger aus dem Unternehmen bzw. seinem Verantwortungsbereich aus, so hat er bei negativer Bonusbank keine Zahlung an das Untemehmen zu leisten. Die Bonusbank gewährleistet auch hier wieder im allgemeinen nicht, daß der Entscheidungsträger unbeschränkt für negative Prämien haftet, jedoch wird die Haftungsproblematik gemildert. Für den Fall des selbstgewollten vorzeitigen Ausscheidens aus dem Unternehmen wird vorgeschlagen, daß der Entscheidungsträger sein gesamtes Bonusguthaben verliert. Dadurch soll (und kann) erschwert werden, daß er kurzfristig hohe Gewinne anstrebt, die entsprechenden Prämien empfängt und sich dann den langfristigen Konsequenzen seiner Entscheidungen entzieht, indem er aus dem Untemehmen ausscheidet und den Betrag in der Bonusbank mitnimmt. Außerdem soll ein erfolgreicher Manager mit hohem Bonusguthaben als Leistungsträger an das Untemehmen gebunden werden. Wenn der Entscheidungsträger das Untemehmen „plangemäß" verläßt, wird das Guthaben (mit dem Bonus für die Periode des Ausscheidens) an ihn ausgezahlt. Eine besondere Korrektur der Bemessungsgrundlage, etwa in Form einer stärkeren Anpassung des Wertansatzes für das Vermögen an einem Ertragswert, wird für diese Periode nicht vorgenommen. Das Guthaben bzw. der SoUvortrag in der Bonusbank wird beim EVABonussystem nicht verzinst, so daß keine Barwertidentität von zugerechneten und tatsächlich gezahlten Boni besteht. Der Entscheidungsträger ist somit selbst dann nicht indifferent zwischen altemativen Transformationen seiner Prämien durch die Bonusbank, wenn er die Einlagen in die Bonusbank mit Sicherheit in Zukunft ausbezahlt bekommt. Anreizkompatibilität kann nur unter der Bedingung erzeugt werden, daß am Ende jeder Periode das Guthaben bzw. der SoUvortrag zu Beginn der Periode mit dem risikolosen Zinssatz r verzinst wird. Sofem der risikoangepaßte Zinssatz k von r abweicht, ist k für die Ermittlung der Zinsen ungeeignet. Im Fall k > r kann der Entscheidungsträger im allgemeinen einen Vorteil erzielen, wenn er Gewinnausweise zeitlich vorverlagert und entsprechend zusätzliche Einlagen in die Bonusbank vomimmt. Sie werden dann mit k verzinst, auch wenn sie später mit Sicherheit ausgezahlt werden. Es ist zu beachten, daß bei direkter Beteiligung an den Residualgewinnen mit einem einheitlichen Prämiensatz f Anreizkompatibilität nur dann bestehen kann, wenn der Entscheidungsträger auch an Verlusten beteiligt wird und die kalkulatorischen Zinsen auf die (Rest-) Buchwerte mit dem Zinssatz r ermittelt werden. Änderungen der Buchwerte führen dann zu Transformationen des Prämienstromes, die aus Sicht des Entscheidungsträgers und der Anteilseigner weder vorteilhaft noch nachteilig sind. Das Analoge gilt für den Fall, daß der Strom an positiven oder negativen Prämien via Einlagen in die Bonusbank und Entnahmen transformiert wird und die Zinsen wiederum mit r ermittelt werden. Voraussetzung ist allerdings, daß zum Zeitpunkt T kein negativer SoUvortrag (einschließlich Zinsen) vorhanden ist oder der Entscheidungsträger zu
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diesem Zeitpunkt mit dem Prämiensatz f an einem negativen Vortrag beteiligt wird. Dann ist allerdings die Bonusbank gegenüber einer direkten Gewinnund Verlustbeteiligung überflüssig, während sie bei Ermittlung der Zinsen mit dem Zinssatz k die Anreizkompatibilität zerstört. Eine Bonusbank kann jedoch dann sinnvoll sein, wenn negative Prämien nicht direkt durchgesetzt werden können und somit ohne Bonusbank keine Anreizkompatibilität besteht. Die Bonusbank kann in diesem Fall aber nur dann Anreizkompatibilität erzeugen, wenn zum Zeitpunkt T kein negativer Vortrag vorhanden ist. Ist dies mit positiver Wahrscheinlichkeit der Fall und wird der Entscheidungsträger - wie beim EVA-Bonussystem - nicht entsprechend belastet, so besteht auch dann keine Anreizkompatibilität, wenn für die Bonusbank ein anderer Zinssatz als r (etwa k) herangezogen wird. Im Vergleich (zur direkten Beteiligung) an positiven Gewinnen ohne Verlustbeteiligung könnte jedoch die Bonusbank immerhin eine „Verbesserung" der Anreizwirkung bewirken, weil dann der Entscheidungsträger in gewissen Grenzen an Verlusten beteiligt wird. 5.2.
Gefahren von Fehlentscheidungen
5.2.1. Mit Verlustbeteiligung Das EVA-Bonussystem soll den Entscheidungsträger motivieren, im Zeitablauf Maßnahmen zu ergreifen, mit denen jeweils ein möglichst hoher Marktwert der Aktien des Unternehmens erzielt wird. Ob dies tatsächlich der Fall ist, hängt u. a. davon ab, nach welchem Kriterium der Entscheidungsträger riskante Prämienströme bewertet. Dieses Kriterium wird von den Vertretern des EVA-Bonussystems nicht problematisiert. Implizit wird davon ausgegangen, daß flir den Entscheidungsträger derselbe risikoangepaßte Zinssatz k und derselbe risikolose Zinssatz r maßgeblich ist wie für die Anteilseigner. Im folgenden wird das EVA-Bonussystem vor dem Hintergrund der Darstellungen in den Abschnitten 3 und 4 diskutiert. Zunächst wird von einer Bonusbank abgesehen und unterstellt, daß der Entscheidungsträger direkt an einem positiven oder negativen EVA gemäß der Bonusformel beteiligt wird. Außerdem wird zunächst davon ausgegangen, daß der Zielerfolg filr jede Periode unabhängig von der Gewinnentwicklung ein ex ante festgelegtes Datum sei, wobei sich jedoch die Zielerfolge für verschiedene Perioden unterscheiden können. Die Bonusformel kann dann wie folgt umgeformt werden: Bonus = Zielbonus + f • (EVA - Zielerfolg) = Zielbonus - f • Zielerfolg + f • EVA, V
^
/
= fixer Bonus
d.h. der Entscheidungsträger erhält in jeder Periode einen Bonus in Höhe eines Anteils f am erzielten EVA zuzüglich eines fixen Betrages in Höhe der Differenz aus Zielbonus und f-Zielerfolg. Das EVA-Bonussystem kommt damit einer ein-
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fachen linearen BeteiHgung an den als EVA ermittelten Residualgewinnen (mit periodenabhängigem Fixum bei periodenabhängigem Zielerfolg) gleich. Die grundlegende Bedeutung einer Beteiligung am EVA besteht darin, daß nicht - wie etwa beim kaufmännischen Gewinn als Bemessungsgrundlage nur Fremdkapitalzinsen berücksichtigt werden. Vielmehr werden Zinsen auf das gesamte investierte Kapital verrechnet; der Entscheidungsträger wird auch dann mit Kapitalkosten belastet, wenn er Eigenkapital einsetzt. Problematisch ist jedoch die Höhe des Zinssatzes, mit dem die kalkulatorischen Zinsen ermittelt werden. Da unabhängig von der Höhe der Aktivierungen und Abschreibungen der ex ante festgelegte (risikoangepaßte) Zinssatz k zugrunde gelegt wird, gelten insofern die grundlegenden Darstellungen des Abschnitts 4.1: Gegenüber einer Beteiligung an den Überschüssen wird die Tendenz zur Unterinvestition ausgelöst (Fall D=0) oder verstärkt (Fall D>0), wenn der Entscheidungsträger an den EVAs beteiligt wird; bei Existenz eines einheitlichen risikolosen Zinssatzes r sind die kalkulatorischen Zinsen mit diesem zu ermitteln, damit überhaupt Anreizkompatibilität bestehen kann.^'^)!^) Darüber hinaus sind Auswirkungen zu untersuchen, die aus der Tatsache hervorgehen, daß mit dem EVA ein spezieller Residualgewinn als Bemessungsgrundlage verwendet wird. Wie im folgenden gezeigt wird, schwächen die für den EVA charakteristischen Bereinigungen die Tendenz zur Unterinvestition nicht ab, sondem wirken eher verstärkend. Außerdem ergeben sich deshalb Gefahren für Fehlentscheidungen, weil ein Teil der Konsequenzen der getroffenen Maßnahmen nicht oder nur zum Teil in der Bemessungsgrundlage erfaßt werden, l^) Wie erläutert wurde, werden Anschaffungsauszahlungen für Anlagen im Bau nicht aktiviert, da diese Anlagen noch keinen Beitrag zur „Erwirtschaftung" des NOP AT geleistet haben. Erfolgt die Aktivierung erst zum Zeitpunkt der Fertigstellung, so besteht zwar wieder die Tendenz zur Unterinvestition. Jedoch ist sie geringer als bei direkter Aktivierung der Anschaffungsauszahlungen: Würden die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz r ermittelt, so 17) Es wundert nicht, wenn WALLACE (1997) in einer empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, daß Firmen, die ihre Prämien an EVA gebunden haben, tendenziell weniger investieren als Firmen, in denen Vergütungen an kaufmännische Gewinne geknüpft sind. Aus einem Überinvestitionsproblem bei Beteiligung an kaufmännischen Gewinnen (ohne kalkulatorischen Zinsen auf das Eigenkapital) wird nun allerdings ein möglicherweise noch problematischeres Unterinvestitionsproblem. 18) Die Wirtschaftsprüflingsgesellschaft KPMG propagiert seit kurzem als „Spitzenkennzahl" für die Planung, Erfolgsbeteiligung und -kontroUe den Residualgewinn .Earnings less Riskfree Interest Charge'' (Ej^IC), der sich vom EVA (und anderen herkömmlichen Residualgewinnkonzepten) grundlegend dadurch unterscheidet, daß die kalkulatorischen Zinsen auf das investierte Kapital (der „Capital Charge") nicht mit einem risikoangepaßten, sondem mit dem risikolosen Zinssatz ermittelt werden. 19) Weitere Probleme können sich ergeben, wenn sich der für die Bewertung maßgebliche Kapitalkostensatz k im Zeitablauf ändert.
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wäre die Aktivierungs- und Abschreibungspolitik für den Entscheidungsträger irrelevant. Da nun aber diese Zinsen mit k ermittelt werden, erzielt er (für k>r) einen um so größeren Nachteil, je früher aktiviert und je später abgeschrieben wird. Die Verschiebung der Aktivierung bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung erhöht demnach den Wert des Prämienstromes; die Tendenz zur Unterinvestition wird abgeschwächt. Wenn andererseits der Entscheidungsträger erkennt, daß er eine nachteilige Investitionsentscheidung getroffen hat, besteht die Gefahr, daß er die Fertigstellung verzögert oder verhindert, um Belastungen mit Abschreibungen und Zinsen in die Zukunft zu verlagem oder ganz zu vermeiden. Werden Anlagen stillgelegt, sie zählen dann nicht mehr zum betriebsnotwendigen Vermögen, so werden deren (Rest-) Buchwerte abgeschrieben, wodurch der laufende Gewinn entsprechend sinkt. Andererseits sinken die zukünftigen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen um sichere Beträge. Da die kalkulatorischen Zinsen mit dem risikoangepaßten Zinssatz k ermittelt werden, ist (für k>r) der mit dem risikolosen Zinssatz r ermittelte Barwert der entfallenden Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen höher als die Restwertabschreibung. Der Entscheidungsträger kann bei Stillegung auch dann einen finanziellen Vorteil erzielen, wenn mit den Anlagen noch ein positiver erwarteter Überschuß erzielt werden kann; er kann sich durch Stillegung der relativ hohen kalkulatorischen Zinsen entledigen. Für die Anteilseigner ist in diesem Fall die Stillegung nachteilig, da ihnen diese Überschüsse entgehen, ohne daß die historischen Anschaffungsauszahlungen sinken. Für den Entscheidungsträger kann es auch vorteilhaft sein, die Anlage früher zu veräußern als es für die Anteilseigner optimal ist: Der Tendenz zur Unterinvestition entspricht die Tendenz zur Realisation zu kurzer Nutzungsdauem (insbesondere, wenn auf Grund hoher Restbuchwerte Veräußerungsverluste entstehen, die nicht prämienwirksam sind). Wird eine LIFO-Reserve aktiviert, so ändert sich gegenüber einer Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz r der Gewinnstrom in einer für den Entscheidungsträger nachteiligen Weise. Es besteht die Tendenz, daß er bei steigenden Preisen keinen optimalen Lagerbestand hält, weil er zu sehr mit kalkulatorischen Zinsen belastet würde. Werden Aufwendungen mit hivestitionscharakter wie zum Beispiel für Forschung und Entwicklung oder Werbung aktiviert, so wird die Tendenz zur Unterinvestition verstärkt. Zwar steigt in der betreffenden Periode der Erfolg um die aktivierten Aufwendungen, dieser Betrag ist jedoch niedriger als der dem Zinssatz r entsprechende Barwert der zukünftigen (sicheren) Abschreibungen und der mit dem Zinssatz k ermittelten kalkulatorischen Zinsen. Wird ein außergewöhnlicher Verlust abzüglich eines außergewöhnlichen Gewinns nicht direkt in der Bemessungsgrundlage erfaßt, wohl aber indirekt, weil auf Grund eines nach oben korrigierten investierten Kapitals in zukünftigen Perioden höhere kalkulatorische Zinsen verrechnet werden, so ergeben sich Konsequenzen in unterschiedlicher Richtung. Die Tendenz zur Unterinve-
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stition kann abgeschwächt, aber auch verstärkt werden.^^) Das Analoge gilt fär die Bereinigung um Veräußerungsverluste bzw. Veräußerungsgewinne. Im Rahmen des EVA-Konzepts wird vorgeschlagen, kumuHerte Veräußerungsgewinne und -Verluste bei Gegenständen des Anlagevermögens erfolgsneutral zu halten. Zum Beispiel sollen Veräußerungsverluste bei Abgängen von Anlagevermögen aktiviert und auf unbeschränkte Zeit im investierten Kapital erfaßt werden (STEWART, 1991, S.141ff; O'HANLAN/PAESNELL, 1998, S.79). Dies wird damit begründet, daß Manager nicht durch Verlustausweis davor abgeschreckt werden sollen, rechtzeitig vorteilhafte Umstrukturierungen bzw. Veräußerungen vorzunehmen (STEWART, 1994, S.79). Wenn man aber nicht konsequent an (Veräußerungsgewinnen und) Veräußerungsverlusten beteiligt wird, besteht kein Anreiz, im voraus gute Investitionsentscheidungen zu treffen. Auch die übrigen Bereinigungen sind nicht unproblematisch. Zur Problematik der Reduktion der Bilanzsumme um zinsfreie Verbindlichkeiten vgl. zum Beispiel LAUX (1995, S. 167f). Fazit: Wird der Entscheidungsträger an Gewinnen nach kalkulatorischen Zinsen beteiligt und werden die Zinsen mit dem Zinssatz r ermittelt, so trifft er dieselben Entscheidungen wie bei direkter Beteiligung an den Überschüssen des Leistungsbereichs; für D = 0 besteht Anreizkompatibilität und für D > 0 besteht die Tendenz zur Unterinvestition. Werden die kalkulatorischen Zinsen mit k ermittelt, so wird die Tendenz zur Unterinvestition schon dann ausgelöst (falls D = 0) oder verstärkt (falls D>0), wenn der kaufmännische Gewinn nach Zinsen als direkte Bemessungsgrundlage dient. Viele der Bereinigungen im Rahmen des EVA-Konzepts verstärken nochmals die Tendenz zur Unterinvestition und zwar um so mehr, je höher k ist; man sollte sie unter Anreizgesichtspunkten unterlassen. Dagegen kann Anreizkompatibilität erzeugt werden, indem der Entscheidungsträger mit Prämiensätzen gemäß (XVIII.IO) an den Überschüssen des Leistungsbereichs beteiligt wird. Er erzielt in diesem Fall genau dann einen finanziellen Vorteil, wenn er Entscheidungen trifft, die auch für die Anteilseigner vorteilhaft sind. Er kann die Projekte bewerten, indem er ihre erwarteten
20) Bei Aktivierung des Verlustes ergibt sich zwar daim aus Sicht des Entscheidungsträgers weder ein Vorteil noch ein Nachteil, wenn die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz r ermittelt werden und zum Zeitpunkt T die Zuschreibung erfolgswirksam korrigiert wird; es besteht dieselbe Anreizwirkung wie bei direkter Berücksichtigung des Verlustes in der Periode der Entstehung. Nun geht aber beim EVA der Verlust auch nicht zum Zeitpunkt T in die Bemessungsgrundlage ein (was ein Verstoß gegen das Kongruenzprinzip bedeutet), so daß für den Entscheidungsträger ein Vorteil entsteht. Andererseits werden die kalkulatorischen Zinsen mit k>r und nicht mit r ermittelt, was im Prinzip für den Entscheidungsträger nachteilig ist. Bei gegebenem Verlust und gegebenem r ist dieser Nachteil zwar um so größer, je höher k und T sind. Jedoch kann kaum allgemein prognostiziert werden, ob dieser Nachteil den Vorteil einer nicht expliziten Erfassung des Verlustes kompensiert oder nicht.
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
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Überschüsse nach Prämie mit dem risikoangepaßten Zinssatz k diskontiert und die Anschaffungsauszahlungen nach Prämie subtrahiert. Zwar sind die mit dem risikoangepaßten Zinssatz k ermittelten Residualgewinne ohne Berücksichtigung von Prämien unabhängig von den Bewertungsregeln für das „investierte Kapital" als Planungsgrundlage geeignet (sofem die Gewinnermittlung nicht wie bei manchen EVA-Bereinigungen gegen das Kongruenzprinzip verstößt). Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß sie als Bemessungsgrundlage unabhängig davon problematisch sind, ob der Prämiensatz konstant ist oder im Zeitablauf steigt: Aktivierung und spätere Abschreibung stellen im Rahmen der Livestitionsplanung rein tautologische Umformungen dar, die sich kompensieren, sofem die kalkulatorischen Zinsen mit demjenigen Zinssatz k ermittelt werden, mit dem die erwarteten Gewinne diskontiert werden. Im Rahmen einer Erfolgsbeteiligung haben dagegen die Aktivierungen und späteren Abschreibungen reale Auswirkungen auf den Barwert des Prämienstromes; er ist um so niedriger, je später aktivierte Anschaffungsauszahlungen abgeschrieben werden. Bei steigendem Prämiensatz wird der Entscheidungsträger sogar in zweifacher Hinsicht durch Aktivierung bestraft: Einerseits muß er die kalkulatorischen Zinsen mit k>r tragen, andererseits wirken sich die aktivierten Beträge dann via Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen in Zukunft prämienmindemd aus, wenn die Prämiensätze relativ hoch sind. Schlagwortartig können die Bereinigungen im Rahmen von EVA wie folgt charakterisiert werden: Für die Livestitionsplanung sind sie im wesentlichen selbst dann irrelevant, wenn die Planung auf der Basis von Gewinnen und nicht direkt von Überschüssen vorgenommen wird, bei Beteiligung an den Periodenerfolgen induzieren sie Fehlentscheidungen.^ 1) 21) Scheidet der Entscheidungsträger schon zum Zeitpunkt t* < T aus dem Unternehmen aus, ist es nicht sinnvoll, ihn ausschließlich an den bis zu diesem Zeitpunkt erzielten Überschüssen zu beteiligen, da dann kein Anreiz besteht, den späteren Überschüssen Rechnung zu tragen. Es ist naheliegend, den Entscheidungsträger zum Zeitpunkt seines Ausscheidens auch am Ertrags- oder Marktwert der zukünftigen Überschüsse zu beteiligen (Kapitel XVII, Abschnitt 5.3). Wenn es nicht möglich ist bzw. nicht als sinnvoll erscheint, auf den Marktwert der Aktien des Unternehmens zurückzugreifen, stellt sich das Problem, wie der Ertragswert ermittelt werden soll. Da eine direkte subjektive Schätzung zu Konflikten zwischen Entscheidungsträger und Anteilseignem fuhren kann, ist es naheliegend, sich auf Konventionen zu einigen, nach denen durch Bereinigung von Positionen der Bilanz ein Ertragswert angenähert wird. Dabei ist ein Teil der Bereinigungen gemäß dem EVA durchaus diskussionswürdig, etwa die Aktivierung kumulierter Aufwendungen für Forschung, Entwicklung, Werbung und andere Goodwill-Maßnahmen. Werden bei Erfolgsbeteiligung die kalkulatorischen Zinsen mit dem Zinssatz r ermittelt und ist wie beim EVA-Bonussystem der Prämiensatz im Zeitablauf konstant, ist es bei Fehlen von Bereinigungskosten irrelevant, ob sie erst zum Zeitpunkt des Ausscheidens vorgenommen werden oder schon im Zuge der laufenden Erfolgsrechnungen; für jede Umweltentwicklung ergibt sich derselbe Barwert der Prämien. Unter Berücksichtigung
638
Kapitel XVIII
5.2.2. Ohne Verlustbeteiligung Beim EVA-Bonussystem wird der Bonus negativ, wenn der EVA niedriger ist als die untere Grenze des EVA-Litervalls (Abbildung XVIII. 1). Jedoch berühren negative Boni den Entscheidungsträger nur insoweit, wie sie mit einem Guthaben in der Bonusbank bzw. mit späteren positiven Einlagen verrechnet werden. Da in jeder Periode der EVA um seinen Erwartungswert streut, kann der Entscheidungsträger auch dann (hohe) Prämien erzielen, wenn er nur Projekte mit nicht positivem Kapitalwert realisiert. Dies läßt sich im Prinzip in einfacher Weise zeigen, indem davon ausgegangen wird, daß sowohl der Zielbonus als auch der Zielerfolg gleich null sind und zunächst von einer Bonusbank abgesehen wird. Die Prämienfunktion lautet dann P = f •max{EVA;0}. Führt der Entscheidungsträger nur Investitionsprojekte mit einem Kapitalwert von null durch, so existiert für jedes Projekt ein Abschreibungsverfahren, bei dem flir jede Periode der Erwartungswert des Projektgewinns gleich null ist. Entsprechend ist auch der Erwartungswert des Gewinns des gesamten Investitionsprogramms für jede Periode gleich null. Da der Gewinn stochastisch ist, ist ohne Verlustbeteiligung flir jede Periode der Erwartungswert der Prämie positiv; der Entscheidungsträger kann auch dann Prämien erzielen, wenn er nur Projekte realisiert, die vor Prämie einen Kapitalwert von null bieten. Unter Berücksichtigung der Prämien ergibt sich bei diesen Projekten flir die Anteilseigner ein Nachteil. Der Entscheidungsträger kann innerhalb gewisser Grenzen einen zusätzlichen Vorteil erzielen, indem er durch Aufwandsverlagerung bewirkt, daß in einzelnen Perioden der Gewinnerwartungswert positiv (und in anderen Perioden negativ) wird. Möghcherweise kann er auch weitere Vorteile erzielen, indem er Projekte mit negativem Kapitalwert durchflihrt. Vor allem mag er solche Projekte realisieren, mit denen gute Möglichkeiten bestehen, die Gewinne prämienerhöhend zu verlagern. Jedoch ist zu beachten, daß beim EVABonussystem die Manipulationsmöglichkeiten bezüglich des Gewinnausweises auf Grund der maßgeblichen Bewertungsregeln begrenzt sind und von der Instanz noch weiter eingeengt werden können. Der Ausschluß einer Verlustbeteiligung kann zwar der Tendenz zur Unterinvestition entgegenwirken. Andererseits könnte nun eine Tendenz zur Überinvestition entstehen; es werden nicht nur zusätzliche Projekte mit positivem Kapitalwert (nach Prämie) realisiert, sondern auch Projekte mit negativem.
von Kosten der (Emiittlung der) Bereinigungen kann es dagegen sinnvoll sein, die Bereinigungen einmalig bei Ausscheiden vorzunehmen. Werden wie beim EVA ständig Bereinigungen vorgenommen und die kalkulatorischen Zinsen statt mit r mit k ermittelt, können sich nicht nur relativ hohe Bereinigungskosten ergeben, darüber hinaus ist die beschriebene Tendenz zur Unterinvestition um so stärker, je früher Zurechnungen vorgenommen werden.
Erfolgsbeteiligung bei gegebener Risikoklasse und EVA
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Die Auswirkung eines Verlustausschlusses ist in der Realität allgemein nur schwer zu prognostizieren. Sie hängt nicht nur vom Kalkulationszinsfuß des Entscheidungsträgers ab, sondern auch von den Erwartungswerten und Varianzen der Überschüsse der im Rahmen der Risikoklasse entdeckten Projekte und den Möglichkeiten der zeitlichen Verlagerung von Gewinn- und Verlustausweisen. Durch Einrichtung einer Bonusbank kann die Bereicherungsmöglichkeit des Entscheidungsträgers zwar reduziert werden. Da er dann aber im allgemeinen stärker am Erfolgsrisiko partizipiert, kann analog zu einer direkten Gewinnund Verlustbeteiligung die Tendenz zur Unterinvestition gegenüber einer direkten Überschußbeteiligung verstärkt werden. Sofern der Entscheidungsträger bereits ein relativ hohes Guthaben in der Bonusbank hat und mögliche Verluste aus neuen Projekten mit Sicherheit damit verrechnet werden, ergeben sich in Bezug auf diese Projekte dieselben Verhaltensimplikationen wie bei direkter Gewinn- und Verlustbeteiligung, sofem der Kontostand in der Bonusbank mit dem Zinssatz r verzinst wird. Das gleiche gilt flir den Fall, daß Verluste zwar nicht direkt in vollem Umfang mit einem Guthaben in der Bonusbank verrechnet werden können, jedoch in Verbindung mit zukünftigen positiven Gewinnen eine sichere Verlustverrechnung möglich ist. Wenn auf Grund von Verlusten der Kontostand in der Bonusbank negativ ist und es im Urteil des Entscheidungsträgers nicht möglich ist, diesen durch zukünftige Gewinne zu kompensieren, hat das Bonussystem gar keine Anreizwirkung mehr. Eine Anreizwirkung kann dann allenfalls durch eine betragsmäßige Reduktion des negativen Kontostandes in der Bonusbank erzeugt werden. Änderungen eines Anreizsystems sollten jedoch eher die Ausnahme sein. Werden (weitere) Änderungen vom Entscheidungsträger antizipiert, können sich nachteilige Verhaltenswirkungen ergeben. 5.2.3. Problematik der Beteiligung an Gewinnänderungen hn EVA-Bonussystem werden die Zielerfolge häufig nicht, wie bisher unterstellt, definitv festgelegt. Statt dessen wird der EVA der Vorperiode als Zielerfolg der laufenden Periode vorgegeben. Der Entscheidungsträger wird dann an Änderungen des EVA beteiligt: (XVIII.12)
Pt=ZB + f-(GLt-GLt_i)
(t = 1,2,...,T).
ZB bezeichnet den Zielbonus, GL^ allgemein den EVA der Periode t und GLQ den EVA derjenigen Periode, die dem Zeitpunkt 0, dem Beginn des Betrachtungszeitraumes, unmittelbar vorausgeht. Bei der Prämienfimktion (XVIII.12) werden die gezeigten Gefahren flir Fehlentscheidungen nicht abgeschwächt, sondern eher noch verstärkt.^^) 22) Vgl. hierzu LAUX (2001C; 2005b, Kapitel VIII, Abschnitt 5); SCHABEL (2004) sowie die dort diskutierte Literatur.
640
Kapitel XVIII
Der Vorteil von Erfolgsänderungen als „Leistungsmaßstab" wird darin gesehen, daß der Entscheidungsträger auch bei negativen Erfolgen Prämien erzielt, sofern es ihm gelingt, im Zeitablauf Verluste zu reduzieren (STERN, 1994). Jedoch ist es kaum sinnvoll, bei der allgemeinen Rechtfertigung eines Anreizsystems auf einzelne (Verlust-) Perioden abzustellen; der Gesamtzusammenhang ist von Bedeutung. Es wurde angenommen, daß sich der Entscheidungsträger bei seinen Entscheidungen am Barwert aller Prämien orientiert. Wenn schon davon ausgegangen wird, daß er über die Fähigkeit verfugt, Investitionsentscheidungen zu treffen, sollte man auch annehmen, daß er in der Lage ist, die Kriterien der Livestitionsrechnung bei der Bewertung seiner eigenen Prämien anzuwenden. Im übrigen können auch bei Beteiligung an absoluten Erfolgen vielfache Ergänzungen vorgenommen werden (LAUX, 1999b). Zum Beispiel können feste positive oder negative Sollerfolge vereinbart und der Entscheidungsträger in jeder Periode an der jeweiligen Differenz zwischen Ist- und Sollerfolg beteiligt werden. Im Rahmen einer Bonusbank können auch positive Prämien zeitversetzt ausgezahlt und negative Prämien mit Beträgen in der Bonusbank verrechnet bzw. ebenfalls vorgetragen werden. Werden in jeder Periode kalkulatorische Zinsen auf das Guthaben bzw. den Schuldvortrag in der Bonusbank verrechnet (und zwar mit dem Zinssatz r), so ändert die Einrichtung einer Bonusbank gegenüber einer direkten Beteiligung an positiven oder negativen Erfolgen an Abweichungen zwischen Ist- und Sollerfolgen nur die Struktur des Prämienstromes, nicht dessen Barwert; Voraussetzung ist natürlich, daß zum Zeitpunkt T im Verlustfall die negative Prämie mit einem Guthaben in der Bonusbank bzw. eine Schuld in der Bonusbank mit einer positiven Prämie in vollem Umfang verrechnet werden kann bzw. bei fehlender direkter Verrechnungsmöglichkeit der Entscheidungsträger eine entsprechende Zahlung an das Unternehmen leistet.
Ergänzende und vertiefende Literatur: BALDENIUS/FUHRMANN/REICHELSTEIN
(1999); COPELAND/COLLER/MURRIN (1994);
GILLENKIRCH (2004a); GiLLENKIRCH/SCHABEL (2001); HOSTETTLER (1997); LAUX (1991b; 2001c; 2005b, Kapitel X); LEWIS (1994); O'BYRNE (1997); O'HANLON/PEASNELL (1998); REICHELSTEIN (1997); ROGERSON (1997); SCHABEL (2004); STEWART (1991; 1994); STECKNEYAVEIL (1994); WALLACE (1997); VELTHUIS
(2003; 2004a; 2004b).
XIX.
1.
Verhaltensimplikationen und Fehlanreize von Optionen auf Prämien
Problemstellung
In der Realität wird die Bedingung der Anreizkompatibilität häufig in der Weise verletzt, daß Entscheidungsträger „asymmetrisch" am Erfolg beteiligt werden. Im folgenden wird näher untersucht, aus welchen Gründen dann keine Anreizkompatibilität besteht und wie ein Entscheidungsträger durch Investitionsentscheidungen und/oder Transaktionen auf dem Kapitalmarkt finanzielle Vorteile zu Lasten der Anteilseigner erzielen kann. In Abschnitt 2 wird wie in Kapitel XVI der Einperioden-Fall betrachtet. Die Asymmetrie besteht hier darin, daß der Entscheidungsträger zwar an einem positiven Gewinn des Unternehmens oder seines Teilbereichs, jedoch nicht an einem Verlust beteihgt wird (Verlustausschluß); der Entscheidungsträger erhält eine Option auf die Prämie f • G, die er genau dann ausübt, wenn der Gewinn G positiv ist. Dies bewirkt, daß die Prämie eine untere Schranke von null und die Belohnung eine in Höhe des Fixums F aufweist. Aufbauend auf den Darstellungen in Abschnitt 2 werden in Abschnitt 3 Varianten asymmetrischer Erfolgsbeteiligung für den Mehrperioden-Fall betrachtet (T>2). Vor allem werden Aktienoptionen („Stock Options") betrachtet, die auch in Deutschland zunehmend Verbreitung finden. Stock Options berechtigen die begünstigten Entscheidungsträger, Aktien des „eigenen" Unternehmens zu einem vereinbarten Bezugskurs bzw. Basispreis zu erwerben. Sie stellen keine Altemative zur laufenden Erfolgsbeteiligung dar, sondern mögen dazu dienen, eine zusätzliche, insbesondere langfristige Anreizwirkung zu schaffen. Theoretische Grundlage der Darstellungen in den Abschnitten 2 und 3 ist der State Preference Ansatz (SPA), in dem für alle relevanten Zustände bedingte Zahlungsansprüche gehandelt werden können und keine untemehmensspezifische idiosynkratische Risiken existieren. In beiden Abschnitten wird zunächst untersucht, welche Investitionsstrategie für den Entscheidungsträger vorteilhaft ist und wie er sich dabei durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu Lasten der Anteilseigner bereichem kann. Danach wird gezeigt, welche Verhaltensimplikationen für den Entscheidungsträger sich ergeben und wie diese aus Sicht der Anteilseigner zu bewerten sind, wenn ihm ein solcher Handel in durchsetzbarer Weise untersagt wird. Die Annahme eines vollständigen und weitgehend vollkommenen Kapitalmarktes hat didaktische Gründe. Sie ermöglicht eine relativ einfache und anschauliche Darstellung prinzipieller Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien. Analoge Gefahren für Fehlentscheidungen lassen sich auch unter anderen Kapitalmarktbedingungen, zum Beispiel dem modifizierten SPA (mit
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Kapitel XIX
betriebsbezogenen Störtermen), zeigen. Ist der Kapitalmarkt unvollständig und/oder verursacht der Handel mit Wertpapieren Transaktionskosten, werden die Möglichkeiten der Bereicherung des Entscheidungsträgers über Kapitalmarkttransaktionen zwar eingeengt. Jedoch werden dann Gefahren von Fehlentscheidungen stärker auf die Ebene der (Sach-) Investitionen verlagert. Die Verhaltensimplikationen sind tendenziell die gleichen wie fiir den Fall, daß der Kapitalmarkt zwar vollständig und frei von Transaktionskosten ist, jedoch dem Entscheidungsträger ein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen untersagt wird. Die Annahme eines vollständigen Kapitalmarktes wird in Abschnitt 4 aufgehoben. Dort wird gezeigt, wie vor dem Hintergrund der für den modifizierten SPA maßgeblichen anreizkompatiblen zustandsabhängigen Prämienfiinktionen Optionen auf Prämien beurteilt und gegebenenfalls verbessert werden können. In Abschnitt 5 wird die Bedingung der „Finanzierungsneutralität" erläutert. Die Darstellungen in diesem Kapitel verdeutlichen wieder, wie wichtig es ist, bei der Analyse von Problemen der Erfolgsbeteiligung Aktionsmöglichkeiten des Entscheidungsträgers auf dem Kapitalmarkt zu berücksichtigen. Die gezeigten Gefahren fär Fehlentscheidungen können im Prinzip reduziert werden, indem der Entscheidungsspielraum des Entscheidungsträgers eingeengt wird, wobei zum Beispiel nur solche Investitionen realisiert werden dürfen, die von der Instanz (beim Vorstand einer Aktiengesellschaft, dem Aufsichtsrat) genehmigt worden sind. Eine zieladäquate Steuerung der Entscheidungen setzt jedoch Informations- und Kontrollaktivitäten voraus, die hohe Kosten verursachen. 1) Zudem können sich kontraproduktive Konflikte zwischen der Instanz und dem Entscheidungsträger ergeben. Ein Belohnungssystem soll dagegen bewirken, daß der Entscheidungsträger im eigenen Interesse aus Sicht der Instanz bzw. Anteilseigner vorteilhafte Entscheidungen trifft. Da bei Anreizen zu schlechten Investitionsentscheidungen auch Anreize bestehen, den Anteilseignem Informationen über die getroffenen Entscheidungen vorzuenthalten oder sie gezielt darüber zu täuschen, können sich Rückwirkungen auf die allgemeine Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ergeben. Je mehr die im folgenden untersuchten Anreizsysteme Verbreitung finden, desto größer ist die Tendenz, daß der Kapitalmarkt als Institution effizienter Risikoteilung versagt. Die diskutierten Verhaltensimplikationen können auch zu Nachteilen flir Gläubiger führen. Dieser Aspekt soll hier nicht berücksichtigt werden; Fremdkapitalaufiiahme wird mit Ausnahme von Abschnitt 5 nicht explizit betrachtet. 1)
Abgesehen davon wird der Aufsichtsrat einer Gesellschaft seine Kontrollfunktion dann kaum wahrnehmen, wenn er dieselben Vergütungsanreize in Form eines Aktienoptionsprogramms hat wie der Vorstand. Daher hat der Bundesgerichtshof Mitte Februar 2004 entschieden, daß Aktienoptionsprogramme zu Gunsten von Aufsichtsräten unzulässig sind. Es fragt sich allerdings, wie Aufsichtsräte (allgemeiniKontrollinstanzen) ihrerseits beteiligt werden sollen, damit fiir sie überhaupt ein Anreiz besteht, ihre Kontrollfunktion im Sinn der Anteilseigner auszuüben; die diesbezüglichen Darstellungen in den Kapiteln XVI und XVII gelten auch fiir Kontrollinstanzen.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
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Wenn der Entscheidungsträger untemehmensintem Kapital durch Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche beschaffen kann, stellt dies keine Einschränkung der Problemstellung dar; die Aufnahme von Fremdkapital kann als Verkauf eines entsprechenden Bündels zustandsbedingter Zahlungsansprüche interpretiert werden. Es wird stets davon ausgegangen, daß sich der Entscheidungsträger nicht in der Weise bereichem kann, daß er zustandsbedingte Zahlungsansprüche verkauft, die er aus den Überschüssen des (Real-) Investitionsprogramms nicht erfüllen kann. Wenn er sich zum risikolosen Zinssatz via Verkauf eines Bündels zustandsbedingter Zahlungsansprüche verschuldet, gehen somit die Gläubiger kein Risiko ein.
2. 2.1.
Ausschluß einer Verlustbeteiligung im Einperioden-Fall Allgemeine Problematik
Der Ausschluß einer Verlustbeteiligung (Verlustausschluß) wird oft damit begründet, daß bei Verlustbeteiligung auf Grund einer großen Streuung der Bemessungsgrundlage eine (zu) hohe Risikoprämie gewährt werden müßte. Zudem könne es zweifelhaft sein, ob bei negativer Prämie der Anspruch auf die betreffende Zahlung überhaupt durchgesetzt werden kann. Wenn mögliche Verluste den Entscheidungsträger nicht berühren, besteht die Tendenz, daß er sie in seinem Kalkül vemachlässigt und riskantere Entscheidungen als bei Verlustbeteiligung trifft. Wenn er bei Verlustbeteiligung aus Sicht der Anteilseigner das Risiko zu sehr scheut, kann der Ausschluß der Verlustbeteiligung zwar zu Vorteilen flir sie fiihren. Es kann jedoch auch die Gefahr bestehen, daß der Entscheidungsträger Projekte durchflihrt, bei denen das Risiko im Vergleich zu den erwarteten Erfolgen (unter Berücksichtigung möglicher Verluste) aus Sicht der Anteilseigner zu hoch ist. Die potentiellen Nachteile aus Fehlentscheidungen müssen gegen den Vorteil einer Reduktion der Risikoprämie durch Verlustausschluß sowie den potentiellen Vorteilen aus „besseren" Entscheidungen abgewogen werden. Mögliche Implikationen eines Verlustausschlusses lassen sich anschaulich vor dem Hintergrund eines vollständigen Kapitalmarktes analysieren (vgl. GiLLENKiRCH, 1999; LAUX, 2001a), in dem der Residualgewinn eines Investitionsprogramms eindeutig durch den eintretenden Zustand determiniert ist. Analog zu den Darstellungen in Kapitel X, Abschnitt 3.2.2, kann dann mit Hilfe von Erwartungsstrukturen auf Basis von Martingalwahrscheinlichkeiten untersucht werden, welche Auswirkungen der Verlustausschluß auf die Investitionsentscheidungen haben kann (LAUX/SCHENK-MATHES, 1992,S.357ff). Der Marktwert MPQ eines Investitionsprogramms unter Berücksichtgung seiner Anschaffungsauszahlung - sein Kapitalwert - kann wie folgt als „risikoneutraler" Erwartungswert seiner möglichen Residualgewinne dargestellt werden:
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Kapitel XIX
MPo =(l + r)-^.E(G) = (1 + r ) - l . E[max{G;0}] + (1 + r)"^ • E[min{G;0}] = (1 + r)-^. E[max{G;0}] - (1 + r)"^ • E[|min{G;0}|l. E[|min{G;0}|] bezeichnet den risikoneutralen Erwartungswert der Verluste. Der Marktwert MFQ wird maximiert, indem dasjenige Investitionsprogramm gewählt wird, mit dem die Differenz aus dem risikoneutralen Erwartungswert der positiven Gewinne und dem der Verluste maximiert wird, mit dem sich also eine Erwartungsstruktur ergibt, bei der die Differenz zwischen der schraffierten Fläche FI2 und der Fläche Flj in Abbildung XIX. 1 möglichst groß ist. G iV
G* FL2
0
Abb. XIX. 1:
Yuy^
^
kumulierte Martingalwahrscheinlichkeiten
Zur Analyse von Verhaltensimplikationen des Ausschlusses einer Verlustbeteiligung
Wenn jedoch der Entscheidungsträger nicht am Verlust beteiligt wird, berücksichtigt er in seinem Kalkül nur denjenigen Teil der Erwartungsstruktur, für den G>0 gilt. Seine Bewertung der entsprechenden Gewinne hängt davon ab, wie er daran beteiligt wird und ob er ebenso wie die Anteilseigner privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf bzw. kann oder nicht. Darf er handeln, so maximiert er den Erwartungsnutzen seiner Prämie, indem er den Marktwert der Prämie maximiert. Bei linearer Beteiligung an den Gewinnen maximiert er den Marktwert seiner Prämie, indem er das Investitionsprogramm mit dem maximalen Lihalt der Fläche FI2 realisiert. Er kann sich durch Erhöhung möglicher Gewinne zu Lasten möglicher Verluste auch dann bereichem, wenn hierbei der Marktwert MPQ = (1 + r)~^ • E(G) sinkt. Um eine aus Sicht der Anteilseigner nachteilige Risikotransformation zu verhindem,
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
645
mag es naheliegen, die Prämie nach oben zu begrenzen (Cap). Erhält der Entscheidungsträger im Bereich G>G* jeweils dieselbe Prämie, so hat das jedoch zur Folge, daß er nicht nur Flj, sondem auch denjenigen Teil der Fläche FI2 vernachlässigt, der obehalb der gestrichelten Linie (Abbildung XIX. 1) liegt. Er maximiert dann den Marktwert seiner Prämie, indem er den Lihalt desjenigen Teils der Fläche FI2 maximiert, der imterhalb diesr Linie liegt. Für die Anteilseigner kann hierbei ein Nachteil entstehen, der größer ist als der ohne Obergrenze. Im übrigen besteht auch dann die Tendenz zu Fehlentscheidungen, wenn G* als „Sollerfolg" festgelegt wird und der Entscheidungsträger nur dann eine Prämie erhält, wenn G>G* gilt. Wird er in dem betreffenden Bereich mit dem Prämiensatz f an der Differenz G - G* beteiligt, so maximiert er den Marktwert seiner Prämie, indem er so entscheidet, daß der Teil der Fläche FI2 oberhalb der gestrichelten Linie maximiert wird. Je größer G*, desto größer ist derjenige Bereich der Erwartungstruktur, den der Entscheidungsträger in seinem Kalkül vernachlässigt und desto stärker ist die Tendenz, daß er seine Position zu Lasten der Anteilseigner verbessert. Sieht allerdings der Entscheidungsträger keine Chance, die Sollvorgabe G* zu erreichen, so hat das Prämiensystem überhaupt keine Anreizwirkung. Sollvorgaben mit entsprechendem Anreiz zu Fehlentscheidungen sind vor allem für Aktienoptionen maßgeblich. Darf bzw. kann der Entscheidungsträger nicht privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln, so ist aus seiner Sicht der Marktwert der Prämie irrelevant. Für ihn ist dann - sofern er auch im Untemehmen nicht mit solchen Zahlungsansprüchen handeln darf bzw. kann - dasjenige Investitionsprogramm finanziell optimal, mit dem er direkt den Erwartungsnutzen seiner Prämie maximiert. Seine Entscheidung hängt nun von seiner Risikoeinstellung (seiner Nutzenfunktion für die Prämie) ab, wobei die Verhaltensimplikationen des Ausschlusses einer Verlustbeteiligung wesentlich von denen bei privatem Handel abweichen können. Die Verhaltensimplikationen eines Verlustausschlusses hängen auch davon ab, ob der Entscheidungsträger im Unternehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf oder nicht. Die Verhaltensimplikationen für verschiedene Konstellationen des privaten und untemehmensintemen Handels sollen im folgenden untersucht werden, wobei stets davon ausgegangen wird, daß der Entscheidungsträger mit dem Prämiensatz f linear und zustandsunabhängig an positiven Gewinnen beteiligt wird. 1.1.
Uneingeschränkter Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüclien
2.2.1. Zwei mögliche Zustände Es wird angenommen, daß der Entscheidungsträger nur motiviert werden soll, Projekte zu suchen und mit den entdeckten Projekten dasjenige Investitionsprogramm zu planen, das unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung und der Belohnung den höchsten Marktwert aufweist. Der Entscheidungsträ-
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Kapitel XIX
ger habe keinen Einfluß auf die Überschüsse der Projekte; somit muß er auch „wwr" zu einer guten Such- und Auswahlstrategie motiviert werden. Bei Verlustausschluß und linearer Beteiligung an einem positiven Residualgewinn giltfixrdie Prämie: (XIX. 1) ^ ^
rf-G,fallsG>Ol , , F =\ \ = f' max{G;OJ [0 ,fallsG
BG bezeichnet die Bemessungsgrundlage. Sie ist stückweise linear von G abhängig. Die Prämienfunktion (XIX. 1) kann auch wie folgt interpretiert werden: Der Entscheidungsträger erhält eine (nicht übertragbare) Option auf die Prämie f-G, die er genau dann ausübt, wenn f-G>0 gilt, also der innere Wert der Option am Ende der Periode positiv ist. Zunächst wird der Fall betrachtet, daß der Entscheidungsträger sowohl im Unternehmen als auch privat zustandsbedingte Zahlungsansprüche kaufen und verkaufen kann. Zwar werden ihm keine expliziten Handelsbeschränkungen durch die Instanz bzw. die Kapitalgeber auferlegt. Jedoch wird davon ausgegangen, daß er im Untemehmen auf Grund beschränkter Haftung fiir jeden möglichen Zustand höchstens einen Zahlungsanspruch in Höhe des jeweiligen Überschusses des gewählten Investitionsprogramms verkaufen kann. Der Entscheidungsträger hat somit nicht die Möglichkeit, sich (und die Anteilseigner) zu Lasten von Gläubigem zu bereichem; er kann (im Gegensatz zu Kapitel X, Abschnitt 3) keine Zahlungsverpflichtungen eingehen, die er nicht mit Sicherheit erflillt. Bei der Prämienfixnktion (XIX. 1) besteht für den Entscheidungsträger ein Anreiz, im ersten Schritt im Untemehmensbereich dasjenige (Real-)Investitionsprogramm in Verbindung mit untemehmensintemem Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu realisieren, mit dem er den maximalen Marktwert seiner Prämie erzielt.^) Im zweiten Schritt transformiert er iXhcr private Transaktionen auf dem Kapitalmarkt die Wahrscheinlichkeitsverteilung über seine Prämie in eine fiir ihn optimale Wahrscheinlichkeitsverteilung über sein Endvermögen. Mit welchem Investitionsprogramm der Entscheidungsträger den Marktwert und damit den Erwartungsnutzen seiner Prämie maximiert, hängt davon ab, welchen Einfluß das von ihm gewählte Investitionsprogramm auf den zum Zeitpunkt 0 verfligbaren Kapitalbetrag hat. Zunächst wird davon ausgegangen, daß ihm von einem zentralen Finanzbereich ein Betrag in Höhe der Anschaffungsauszahlung AQ des gewählten Investitionsprogramms zur Verfügung gestellt wird. Da der Entscheidungsträger keine Mittel für den Kauf zustandsbe2)
Bei der Prämienfunktion P = f-G (mit Verlustbeteiligung) kann der Entscheidungsträger den Marktwert seiner Prämie durch untemehmensintemen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nicht beeinflussen. Er maximiert den Marktwert bzw. den Erwartungsnutzen seiner Prämie, wenn er das Investitionsprogramm mit dem höchsten Marktwert realisiert; es besteht Anreizkompatibilität im strengen Sinne.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
647
dingter Ansprüche erhält, kann er einen Zahlungsanspruch ZAg für einen Zustand Sg nur dann kaufen, wenn er zugleich einen Zahlungsanspruch für mindestens einen anderen Zustand verkauft. Es gilt dabei: S7is-ZA3 = 0. s=l
Somit führt ein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen als Ganzes nicht zu einem Kapitaleinsatz, der in Form von Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen bei der Gewinnermittlung zu erfassen ist. Für den Residualgewinn bei Eintreten des Zustandes Sg (s=l,2,...,S) folgt: (XIX.2)
Gg = Gpg + ZAg = ÜLig - (1 + r). Ao + ZAg = ÜLig + ZAg-(l + r).Ao. ^
V
'
Am Ende der Periode wird die aktivierte Anschaffungsauszahlung AQ als Abschreibung verrechnet. Außerdem werden mit dem Zinssatz r kalkulatorische Zinsen auf den entsprechenden Buchwert AQ ZU Beginn der Periode erfaßt. Gpg bezeichnet den Residualgewinn des (Real-) Investitionsprogramms, Ü^g den gesamten Überschuß und ÜL^g den Überschuß des Investitionsprogramms, jeweils im Zustand Sg. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit wird im folgenden davon ausgegangen, daß kein Überschuß ÜL^g negativ ist. Für den Fall, daß nur zwei Zustände (Si und S2) möglich sind, lassen sich die Maßnahmen des Entscheidungsträgers anschaulich graphisch untersuchen. In Abbildung XIX.2 sind zwei Koordinatensysteme dargestellt, ein (Gi,G2) und ein (Üii,Üi2)-Diagramm. Sowohl der senkrechte als auch der waagerechte Abstand des ersten Diagramms vom zweiten sind gleich (l+r)-Ao. Jedem Punkt in der Graphik entspricht ein Gewinnvektor (Gi,G2) und zugleich ein Überschußvektor (Üj 1,1)12)- Das betrachtete Investitionsprogramm des Entscheidungsträgers führe zu dem Punkt P mit den möglichen Gewinnen Gpi>0 und Gp2>0. Der Marktwert des Programms unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung AQ beträgt: (XIX.3)
MPo = 7ii.Gpi + 7C2-Gp2.
Der entsprechende Marktwert der Prämie ist gleich: (XIX.4)
f . M P o = 7 i i . f . G p i + 7t2-f-Gp2.
648
Kapitel XIX
ULi Ün
Marktwertgerade 3 -Marktwertgerade 2
ULi2
/ Steigung- —
^12, max
ÜLi2
Abb. XIX.2: Zur Analyse von Implikationen eines Verlustausschlusses bei Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Unternehmen und im privaten Bereich des Entscheidungsträgers Da mit dem betrachteten Investitionsprogramm (Punkt P in Abbildung XIX.2) ohne Transaktionen auf dem Kapitalmarkt in keinem Zustand ein Verlust erzielt wird (Gpi>0 und Gp2>0), ist sein Marktwert positiv. Außerdem hat der Ausschluß der Verlustbeteiligung zunächst keine Konsequenzen. Der Entscheidungsträger kann nun aber innerhalb gewisser Grenzen den Marktwert seiner Prämie zu Lasten der Anteilseigner erhöhen, indem er via Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Unternehmen die Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Gewinn verändert. Der Marktwert der Prämie wird maximiert, indem die gewichtete Summe (XIX.5)
MBG = Tii •max{Gi;0} + 7i2 •max{G2;0}
maximiert wird. Diese Summe wird im folgenden als ,,Marktwert der Bemessungsgrundlage " (MBG) bezeichnet; die Multiplikation mit f ergibt den entsprechenden Marktwert der Prämie. Ausgehend vom Punkt P in Abbildung XIX.2 kann der Entscheidungsträger durch untemehmensintemen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen den Einzahlungsüberschuß und entsprechend den Gewinn für einen Zustand zu Lasten des Überschusses und des Gewinns für den anderen Zustand erhöhen. Die durch P verlaufende Marktwertgerade 1 gibt an, welche Überschüsse bzw. Gewinne für die beiden Zustände realisierbar sind. Bei einer Bewegung entlang der Marktwertgeraden nach links oben werden immer mehr Zahlungsansprüche für den Zustand Sj gekauft und für den Zustand S2 verkauft. Wenn der Entscheidungsträger den gesamten Programmüberschuß ÜL12 für den Zustand S2 „verkauft" und mit dem Erlös 712 •ÜL12 einen bedingten Zahlungsan-
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
649
Spruch für den Zustand Sj kauft, ergibt sich fiir den Zustand S2 ein Überschuß Ü12 von 0 und mithin gemäß (XIX.2) ein Gewinn von Gj = -(l + r)-AQ. hn Zustand Sj wird ein maximaler Überschuß von Uii,max=ULiiH-
UL12
erzielt. Dabei bezeichnet (7C2 /TCI)-ÜLI2 den Zahlungsanspruch ZAj, den der Entscheidungsträger mit dem Verkaufserlös 712 •ÜL12 erwirbt. Entsprechend ist der maximale Gewinn flir den Zustand Sj gleich: (XIX.6)
G i , ^ a x = Ü L n + ^ - Ü L i 2 - ( l + r).Ao.
Verkauft der Entscheidungsträger den Projektüberschuß ÜL^, so gilt analog fiir den Zustand S2: (XIX.7)
G 2 , n i a x = Ü L i 2 + ^ - Ü L n - ( l + r).Ao. =Ui2,max
Die Darstellungen berücksichtigen, daß der Zahlungsanspruch, den der Entscheidungsträger höchstens fiir einen Zustand Sg verkaufen kann, annahmegemäß nicht größer ist als der Projektüberschuß ÜL^g in diesem Zustand. Wäre der untemehmensinteme Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nicht beschränkt, so könnte der Entscheidungsträger den Gewinn eines Zustandes beliebig zu Lasten eines Verlustes in dem anderen erhöhen und hätte damit, wie noch deutlich wird, die Möghchkeit, sich über alle Grenzen zu bereichem. Wäre der Entscheidungsträger auch am Verlust beteiligt, so könnte er durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen den Marktwert seiner Prämie nicht verändem. Bei Verlustausschluß steigt jedoch der Marktwert der Bemessungsgrundlage und mithin auch der der Prämie, sofem der Gewinn in einem Zustand zu Lasten eines Verlustes in dem anderen Zustand erhöht wird. Zur Erläuterung wird zunächst wieder davon ausgegangen, daß entsprechend der Marktwertgeraden 1 (Abbildung XIX.2) sukzessive der Gewinn G^ zu Lasten des Gewinns G2 erhöht wird. Solange G2 nicht negativ wird, ändert sich hierbei der Marktwert der Bemessungsgrundlage nicht. Im Schnittpunkt P^ der Marktwertgeraden 1 mit der G^-Ordinate ist G2 gleich null und Gj gleich dem Ordinatenwert des Punktes P^ im (Gi,G2)-Diagramm. Ein weiterer Verkauf von Ansprüchen fiir den Zustand S2 und Kauf fiir den Zustand Sj bewirkt, daß die Bemessungsgrundlage fiir den Zustand Sj weiter ansteigt und fiir den Zu-
650
Kapitel XIX
Stand S2 wegen des Verlustausschlusses gleich null bleibt. Jedem Punkt auf der Marktwertgeraden 1 links oberhalb des Punktes P^ entspricht ein Punkt auf der Gl-Ordinate, der die Ausprägungen der Bemessungsgrundlagen fllr beide Zustände darstellt. Der Marktwert der Bemessungsgrundlage wird bei der betrachteten Transaktionsrichtung im Punkt P2 maximiert. Hier verkauft der Entscheidungsträger den gesamten Überschuß ÜL125 so daß im Zustand S2 einen Verlust von (l+r)-AQ erzielt wird, an dem er nicht beteiligt wird; die Bemessungsgrundlage für den Zustand Sj steigt um die Differenz der Ordinatenwerte der Punkte P2 und P, während sie flir den Zustand S2 nur um Gp2 sinkt. Analog kann der Entscheidungsträger auch Zahlungsansprüche für den Zustand Si verkaufen und für Sj kaufen. Hierbei maximiert er den Marktwert der Bemessungsgrundlage im Punkt P4. Dieser repräsentiert einen höheren Marktwert der Bemessungsgrundlage als der Punkt P2, wenn der Betrag der Steigung der Marktwertgeraden kleiner ist als 1, wenn also 712 < TTI gilt. Diese Bedingung ist in Abbildung XIX.2 erfüllt: Bei der gegebenen Steigung ist der Abszissenwert des Punktes P4 (der mit Üi2,max übereinstimmt) größer als der Ordinatenwert des Punktes P2 (der mit Ü ^ j^ax übereinstimmt), wobei die durch den Punkt P4 verlaufende Marktwertgerade 3 oberhalb der durch P2 verlaufenden Marktwertgerade 2 liegt. Im Fall TTj < 712 wi^d der Marktwert der Bemessungsgrundlage maximiert, wenn ein mögUchst hoher Zahlungsanspruch für den Zustand Sj gekauft wird. Der Entscheidungsträger maximiert also allgemein den Marktwert der Bemessungsgrundlage, wenn er einen möglichst hohen Zahlungsanspruch für den Zustand mit dem höheren Preis n^ verkauft und fiir den anderen kauft, hn Fall TTj = 7i2 liegen die Punkte P2 und P4 auf derselben Marktwertgeraden. Es ist dann gleichgültig, für welchen Zustand ein maximaler Zahlungsanspruch gekauft bzw. verkauft wird. Dem Punkt P4 entspricht für den Zustand S2 eine Prämie von f • [Üi2,max~(l'^^) * ^ol ^^^ für den Zustand S^ eine Prämie von null. Der Entscheidungsträger kann nun durch privaten Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen die Wahrscheinlichkeitsverteilung über sein Endvermögen Vj so festlegen, daß sein Erwartungsnutzen maximiert wird. Wenn zum Beispiel sein Endvermögen zunächst ausschließlich aus der Prämie für den Zustand S2 besteht, so kann er alle diejenigen (Vii,V 12)-Konstellationen realisieren, die auf der durch den Punkt P in Abbildung XIX.3 verlaufenden Marktgeraden liegen. Er realisiert denjenigen Punkt T auf dieser Marktwertgeraden, in dem diese eine Indifferenzkurve tangiert, wobei er einen Zahlungsanspruch für den Zustand Sj kauft und für den Zustand S2 verkauft. Der Entscheidungsträger maximiert somit bei gegebenem Investitionsprogramm seinen Erwartungsnutzen, indem er via Handel mit zustandsbedingten Ansprüchen im Unternehmen den Gewinn für den Zustand mit dem kleineren Preis TT maximiert, wobei er in dem anderen Zustand einen Verlust von (1 +r) • AQ in Kauf nimmt, und simultan durch privaten Handel mit zustandsbedingten Ansprüchen eine optimale Risikotransformation vornimmt.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
Vi2,opt
651
f-[Ui2,max-(l + l^)-Ao]
Abb. XIX.3: Transformation der Prämie für den Zustand S2 in eine optimale Wahrscheinlichkeitsverteilung über das Endvermögen Wenn die das Prämiensystem festlegende Instanz die Verhaltensimplikationen des Verlustausschlusses antizipieren kann, dann mag sie seine fixe Vergütung derart reduzieren, daß der Marktwert der Prämie die gleiche Höhe aufweist wie bei Verlustbeteiligung. Jedoch kennt sie grundsätzlich gar nicht das Investitionsprogramm des Entscheidungsträgers. (Auf die Abbildung XIX.2 bezogen: Sie kennt nicht die Lage des Ausgangspunktes P.) Die Aufgabe des Entscheidungsträgers besteht gerade darin, Investitionsmöglichkeiten zu entdekken und aus Sicht der Anteilseigner vorteilhafte Projekte in das Programm aufzunehmen. Die Problematik eines Verlustausschlusses besteht nicht nur darin, daß sich der Entscheidungsträger bei gegebenem Investitionsprogramm durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu Lasten der Anteilseigner bereichem kann. Da dann der Marktwert der Bemessungsgrundlage über dem des Investitionsprogramms liegt, kann der Entscheidungsträger möglicherweise auch dann einen finanziellen Vorteil erzielen, wenn er ein Investitionsprogramm mit negativem Marktwert MPQ realisiert. (Der das Programm charakterisierende Punkt P in Abbildung XIX.2 liegt dann auf einer Marktwertgerade, die links unterhalb des (Gi,G2)-Diagramms verläuft.) Daraufkommen wir im nächsten Abschnitt zurück.
652
Kapitel XIX
2.2.2. Mehr als zwei mögliche Zustände Die Darstellungen gelten analog für mehr als zwei mögliche Zustände. Der Entscheidungsträger kann bei gegebenem Investitionsprogramm die Bereicherungsmöglichkeit eines Verlustausschlusses nur dann in vollem Umfang nutzen, wenn er sämtliche Einzahlungsüberschüsse ÜL^g verkauft und mit dem Erlös einen zustandsbedingten Zahlungsanspruch für einen einzigen Zustand Sg' erwirbt. Für jeden Zustand Sg mit s ?t s' erzielt er dann einen Überschuß Ü^s (=ÜLis-|ZAs|) von null und mithin einen Verlust von (l + r)-Ao. Für den Überschuß Üig« im Zustand Sg» muß gelten: (XIX.8)
7i3..Üi3.= 2:^s-ÜLi3. s=l
Wird diese Gleichung durch rCg' dividiert, so erhält man Ü^s':
Üis'= — • Z^s-ÜLi3 = Ü L i 3 . + S ^ - Ü L i g . ^ s ' s=l
s=l ^ s '
Für den entsprechenden Gewinn im Zustand 83» gilt:
(XIX.9)
63.= — . l 7 r 3 . Ü L i 3 - ( l + r).Ao. ^s' s=l
Sofern Gg« positiv ist - und davon wird im folgenden ausgegangen - ist G3' die Bemessungsgrundlage bei Eintreten des Zustandes 83». Da für jeden anderen Zustand wegen des Ausschlusses einer Verlustbeteiligung die Bemessungsgrundlage gleich null ist, folgt für den Marktwert MBG der Bemessungsgrundlage: (XIX.IO)
S MBG = 7rs.-G3. = X^s-ÜLis-7Tg-(l + r)-Ao. s=l
Man erkennt auch hier wieder: MBG und mithin auch der Marktwert der Prämie wird maximiert, indem der Gewinnausweis in denjenigen Zustand verlagert wird, für den der Preis n am niedrigsten ist (vgl. GILLENKIRCH, 1999). Der Einfluß der Anschaffungsauszahlung AQ auf den Marktwert der Bemessungsgrundlage wird dann minimiert; nur der Term Tig» -(l + r)-AQ ist noch als Kostenkomponente für den Entscheidungsträger relevant. Für den Marktwert des Investitionsprogramms vor Prämie gilt dagegen:
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
(XIX.ll)
653
MPo = i : 7 i 3 . Ü L i 3 - A o . s=l
Hieraus folgt in Verbindung mit (XIX. 10): (XIX.12)
MBG = MPo+[l-7is.-(l + r)]-Ao.
Maximaler Marktwert der Bemessungsgrundlage und Marktwert des Investitionsprogramms im Vergleich
Wegen Zs=i^s=(l + 0 ^ ^nd 7TS>0 (S=1,2,...,S) gilt 7Cs'<(l + r) ^ bzw. 7rs'-(l + r ) < l und folglich l-Tig.-(l + r) >0. MBG liegt somit gemäß (XIX.12) um [l-Tis' •(l + r)]-Ao über dem Marktwert MPQ, wobei die Differenz M B G - M P Q um so höher ist, je kleiner der Preis TTg« und je größer die Anschaffungsauszahlung AQ ist. Da der Entscheidungsträger nur partiell mit der Anschaffungsauszahlung und den kalkulatorischen Zinsen darauf belastet wird, nämlich nur im Zustand Sg», besteht die Tendenz zur Überinvestition. Einem Investitionsprogramm kann auch dann ein positiver MBG-Wert entsprechen, wenn der Marktwert MPQ dieses Programms negativ ist. Je höher die Anschaffungsauszahlung AQ ist, desto mehr kann MPQ unter null liegen, ohne daß MBG negativ wird. Von zwei einander ausschließenden Investitionsprogrammen mit demselben Marktwert MPQ zieht der Entscheidungsträger das mit der höheren Anschaffungsauszahlung vor. (Diesem Programm entspricht gemäß (XIX.12) ein höherer Wert für MBG.) Zwar sind die Anteilseigner vor Berücksichtigung der Prämie indifferent zwischen beiden Programmen, nach Prämie ist jedoch für sie das Programm mit der höheren Anschaffungsauszahlung nachteilig. Das Programm mit der höheren Anschaffungsauszahlung kann fiir den Entscheidungsträger auch dann vorteilhaft sein, wenn sein Marktwert MPQ kleiner ist als der des anderen. Die Implikation eines Verlustausschlusses wird in relativ einfacher Weise ersichtlich, wenn man davon ausgeht, daß der Preis Tis« vemachlässigbar gering ist. (XIX.12) kann dann wie folgt dargestellt werden: MBG = MPo+Ao. Der Marktwert der Bemessungsgrundlage ist dann gleich dem Marktwert des Investitionsprogramms gemäß (XIX.ll) zuzüghch der Anschaffungsauszahlung, also gleich dem Marktwert des Überschusses ÜLj flir das Ende der Periode. Die Anschafftxngsauszahlung ist flir die Bewertung durch den Entscheidungsträger irrelevant; er maximiert ohne Rücksicht auf die Anschaffungsaus-
654
Kapitel XIX
Zahlung seinen finanziellen Nutzen, indem er den Marktwert von ÜLj maximiert. 2.2.3. Vom Investitionsprogamm unabhängiger Kapitalbetrag Bei den Darstellungen wurde davon ausgegangen, daß der zum Zeitpunkt 0 verfügbare Kapitalbetrag mit der Anschaffungsauszahlung AQ des Investitionsprogramms übereinstimmt. Im folgenden wird der Fall betrachtet, daß der dem Entscheidungsträger zur Verfugung stehende Kapitalbetrag unabhängig vom Investitionsprogramm ist. Wird dieser Betrag mit I bezeichnet, gilt für den Residualgewinn bei Eintreten des Zustandes Sg (s=l,2,...,S): (XIX.13)
Gs = Üis-(l + r ) I = ÜLis + ZAs~(l + r ) I .
Es werden nun unabhängig von den Kapitalmarkttransaktionen und dem Investitionsprogramm Abschreibungen von I und kalkulatorische Zinsen von r-I verrechnet. Der Entscheidungsträger verkauft nun wieder für jeden möglichen Zustand Sg den Einzahlungsüberschuß ÜL^g des Investitionsprogramms und kauft mit dem nach Leistung der Anschaffungsauszahlung AQ vorhandenen Kapitalbetrag (XIX.14)
STTg.ÜLig+I-Ao s=l
einen bedingten Zahlungsanspruch für den Zustand Sg». Dabei erzielt er in jedem Zustand Sg (s ?^ s') wieder einen Überschuß Üig von null. Für den Überschuß Üis' im Zustand Sg« muß dagegen gelten: (XIX.15)
7ig..Üig.= E^s-ÜLig-Ao+I. s=l
Wird diese Gleichung durch Tig» dividiert, so ergibt sich Üig«. Für den entsprechenden Gewinn im Zustand Sg« gilt: (XIX.16)
Gg.= — . ( l 7 r g . Ü L i g - A o + I ) " ( l + r).I. ^s'
s=l
Da für jeden Zustand Sg (s ?^ s*) die Bemessungsgrundlage gleich null ist, folgt für den maximalen Marktwert der Bemessungsgrundlage^):
3)
Gilt wie in Abschnitt 2.2.2 die Gleichung I=AQ, SO folgt aus (XIX.17) die bereits bekannte Bewertungsfunktion (XIX. 12).
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
(XIX.17)
655
S MBG = 7ts.-Gs. = X7is-ÜLis-Ao + I-7ts.-(l + r ) I s=l
,
^MPÖ = MPo+[l-7r,.-(l + r)]-L Maximaler Marktwert der Bemessungsgrundlage und Marktwert des Investitionsprogramms im Vergleich (bei einem von AQ unabhängigen Kapitalbetrag I) Bei gegebenem Betrag von I ist MBG eine linear steigende Funktion des Marktwertes MPQ des Investitionsprogramms. Bezüglich der Programmauswahl besteht nun also wie bei der streng linearen Prämienfunktion P = f-G AnreizkompatibiHtät. Sie besteht jedoch wieder nicht bezüglich der entsprechenden Kapitalmarkttransaktionen im Untemehmen; hiermit kann sich der Entscheidungsträger zu Lasten der Anteilseigner bereichem. Im Gegensatz zu den Darstellungen in den Abschnitten 2.2.1 und 2.2.2 geht nun die Anschaffungsauszahlung AQ des gewählten Investitionsprogramms in vollem Umfang in MBG ein. Der Grund hierfür ist, daß der Entscheidungsträger nun nicht mehr den verfügbaren Kapitalbetrag erhöhen kann, indem er ein Programm mit höherer Anschaffungsauszahlung wählt. Vielmehr ist I bezüglich der Programmauswahl ein Datum. Wenn die Anschaffungsauszahlung AQ um A steigt, sinkt entsprechend der verbleibende Betrag für den Kauf eines bedingten Zahlungsanspruchs für den Zustand Sg«. Folglich sinkt bei gegebenem Programm die Bemessungsgrundlage für diesen Zustand um^) x = (1 / TTgO • A und MBG um 7rs'(l/7is')*^ = ^Wegen l-TTg» •(l + r ) > 0 ist MBG gemäß (XIX.17) eine linear steigende Funktion von I. Der Entscheidungsträger hat somit ein Interesse daran, zum Zeitpunkt 0 über einen möglichst hohen Betrag I zu verfügen. Zwar wird I zuzüglich der Zinsen bei der Ermittlung des Residualgewinns in Abzug gebracht. Auf Grund des Ausschlusses einer Verlustbeteiligung berührt dies jedoch den Entscheidungsträger nur im Zustand Sg». Je niedriger der zugehörige Preis Tig., desto höher ist gemäß (XIX.17) für gegebenes I > 0 der Marktwert MBG. Im folgenden wird wieder wie in den Abschnitten 2.2.1 und 2.2.2 davon ausgegangen, es gelte I = AQ .
4)
X muß folgende Bedingung erfüllen: TTJ. •x = A , so daß x=
A gilt.
656
Kapitel XIX
23.
Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nur im privaten Bereich
Um Fehlentscheidungen zu verhindern, mag es naheliegen, dem Entscheidungsträger einen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Unternehmen zu untersagen. Dann besteht aber noch nicht einmal Anreizkompatibilität bezüglich der Investitionsentscheidungen, wenn allen möglichen Investitionsprogrammen dieselbe Anschaffungsauszahlung AQ entspricht. Der Entscheidungsträger wird nun die Investitionsprojekte unter dem Gesichtspunkt auswählen, inwieweit er damit die Gewinne in einzelnen Zuständen direkt zu Lasten von Verlusten in anderen Zuständen erhöhen kann. Für die Anteilseigner können sich dann erheblich größere Nachteile ergeben als bei Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Unternehmen. Einem Investitionsprogramm entspricht ohne Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche im Unternehmen der folgende Marktwert der Bemessungsgrundlage: s MBG=i:^s-max{Gps;0}= s=l =
iTT^-Gps seMg
S Z^s-Gps+ E^s*[Gps-Gps]= E ^ s - G p s - Z^s'Gps seMg sGMy s=l seMy =0
s = Z^s-Gps~ s=l
l 7 i s . [ Ü L i 3 - ( l + r)-Ao] SGMV
=MPn
bzw. (XIX. 18)
MBG = MPo+ X^s-[(l + 0-Ao-ÜLis]. seMy
Marktwert der Bemessungsgrundlage als Summe des Marktwertes des Investitionsprogramms und des ,,Marktwertes'' seiner Verluste Interpretation: Mg (My) bezeichnet die Indexmenge jener Zustände, flir die der Gewinn des Investitionsprogramms nicht negativ (negativ) ist: MgU Mv={Si,S2v..,Ss}. Gemäß (XIX.18) ist der Marktwert MBG der Bemessungsgrundlage gleich dem Marktwert MPQ des Investitionsprogramms zuzüglich der gewichteten Summe der in den Zuständen Sg (s G My) nicht durch Überschüsse gedeckten Anschaffungsauszahlung und kalkulatorischen Zinsen, d. h. also zuzüglich des „Marktwertes" der Verluste. Der Marktwert der Be-
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
657
messungsgrundlage ist bei gegebenem MPQ um so höher, je mehr Elemente die Indexmenge My enthält und je höher die entsprechenden Verluste und Preise n^ sind. Im Gegensatz zu dem Fall, daß im Untemehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen gehandelt werden darf, besteht gemäß (XIX. 18) für den Entscheidungsträger kein Anreiz, bei gegebener Anschaffungsauszahlung AQ den Marktwert Ss=l^s 'ÜL^g des Überschusses ÜL^ und mithin MPQ ZU maximieren. Vielmehr besteht die Tendenz, daß er ein Investitionsprogramm wählt, mit dem er in Zuständen mit relativ hohen Preisen n^ Verluste erzielt. Dieses Programm kann für ihn auch dann optimal sein, wenn der Marktwert seines Überschusses ÜLj weit unter den Marktwerten der Überschüsse jener Programme liegt, die er alternativ durchfiähren könnte. Es besteht nicht nur die Gefahr, daß der Entscheidungsträger bei gegebener Investitionssumme AQ aus Sicht der Anteilseigner Fehlentscheidungen trifft, sondern auch die Tendenz zur Überinvestition, zu einer zu hohen Investitionssumme AQ. Je größer bei einem Investitionsprogramm das Risiko des Erfolgsausweises ist, desto eher ist zu erwarten, daß es für den Entscheidungsträger vorteilhaft und flir die Anteilseigner nachteiUg ist. Zwar impliziert ein hohes Erfolgsrisiko tendenziell auch ein hohes Belohnungsrisiko. Wenn jedoch der Entscheidungsträger privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln kann, hat er die Möglichkeit einer optimalen Risikotransformation. Maximierung des Marktwertes der Prämie und Maximierung des Erwartungsnutzens für das Endvermögen sind dann flir ihn kongruente Ziele. 2.4.
Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nur im Unternehmen
Möglicherweise kann die Gefahr von Fehlentscheidungen dadurch begrenzt werden, daß mit dem Entscheidungsträger vereinbart wird, daß er privat weder zustandsbedingte Zahlungsansprüche kauft noch verkauft. (Eine solche Vereinbarung ist freilich nur dann verhaltenswirksam, wenn sie durchgesetzt werden kann.) Für den Entscheidungsträger ist dann die Risikostruktur seiner Prämie von grundlegender Bedeutung. Ist der private Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen ausgeschlossen, so kann er nicht mehr den Erwartungsnutzen seiner Prämie maximieren, indem er ihren Marktwert maximiert. Die Verhaltensimplikationen des Ausschlusses einer Verlustbeteiligung hängen dann von seiner Risikoeinstellung ab und femer davon, ob er im Untemehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln kann oder nicht. Die Implikationen lassen sich flir zwei Zustände anschaulich erläutem. Zunächst wird der Fall betrachtet, daß der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Untemehmen zulässig ist.
658
Kapitel XIX
Es wird von einem Investitionsprogramm ausgegangen, dessen mögliche Überschüsse bzw. Gewinne durch den Punkt P in Abbildung XIX.4 repräsentiert werden. Der Streckenzug P2 Pi P3 P4 ist dann der geometrische Ort aller möglichen Konstellationen von Bemessungsgrundlagen für die beiden Zustände. Für den Entscheidungsträger ist nun jene dieser Konstellationen optimal, bei der direkt der Erwartungsnutzen der Prämie maximiert wird.
Ü1 l,max
Steigung--^
Ui2,max U12
Abb. XIX.4: Zur Analyse von Implikationen eines Verlustausschlusses bei Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen nur im Unternehmen Die Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers kann nicht nur über die Prämie aufgespannt werden, sondern bei gegebenem Prämiensatz f direkt auch über die Bemessungsgrundlage; das kann in der Weise geschehen, daß der Nutzen alternativer Konstellationen der Bemessungsgrundlage für die Zustände Sj und S2 mit dem entsprechenden Erwartungsnutzen der Prämie gleichgesetzt wird. Im (G2,Gi)-Diagramm der Abbildung XIX.4 können somit Indifferenzkurven dargestellt werden, die zum Ausdruck bringen, welche Konstellationen von Bemessungsgrundlagen denselben Erwartungsnutzen stiften. Die Gestalt der Indifferenzkurven hängt ab von der Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers für die Prämie und den Wahrscheinlichkeiten W£(Si) und WE(S2)5 die er den Zuständen S^ und S2 zuordnet. Ist der Entscheidungsträger risikoneutral, so verlaufen seine Indifferenzkurven linear mit der Steigung -WE(S2)/wß(Si). In diesem Fall kann für ihn nur die Ecklösung P2 oder P4 optimal sein. Zwar entspricht dem Punkt P4 in Abbildung XIX.4 bei den dargestellten Markt-
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
659
wertgeraden ein höherer Marktwert der Prämie als dem Punkt P2. Von Bedeutung ist nun aber auch die Steigung der Indifferenzkurven. Je niedriger WE(S2) im Vergleich zu W£(Si), desto flacher verlaufen sie und desto eher ist zu erwarten, daß der Entscheidungsträger bei Risikoneutralität den Punkt P2 vorzieht. Welche Ecklösung flir ihn auch optimal sein mag, bleiben bei Risikoneutralität des Entscheidungsträgers die grundsätzlichen Gefahren fär Fehlentscheidungen auch dann bestehen, wenn er privat nicht mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handelt. Ist der Entscheidungsträger risikoavers, so verlaufen seine Indifferenzkurven streng konvex. Statt P2 oder P4 kann dann für ihn ein Punkt auf der Strekke P1P3 rechts unterhalb von Pj und links oberhalb von P3 optimal sein. Dies ist um so eher zu erwarten, je „stärker" die Indifferenzkurven gekrümmt sind, je größer also die Risikoaversion des Entscheidungsträgers ist. Im Beispiel der Abbildung XIX.4 wird das Optimum durch den Tangentialpunkt T repräsentiert. Damit wird in jedem Zustand ein positiver Gewinn erzielt. Der Übergang von P auf den Punkt T auf Grund eines untemehmensintemen Handels mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen hat hier weder einen Einfluß auf den Marktwert der Prämie noch auf den Marktwert des Residualgewinns nach Prämie. Von den Indifferenzkurven des Entscheidungsträgers (allgemein: seiner Risikoeinstellung) ist nicht nur abhängig, ob es für ihn vorteilhaft ist, sich durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen zu Lasten der Anteilseigner zu bereichem. Sie haben auch einen Einfluß auf sein Investitionsprogramm. Ist es flir den Entscheidungsträger optimal, in jedem Zustand einen positiven Gewinn zu erzielen, so besteht ein Anreiz, das Investitionsprogramm mit dem höchsten Marktwert vor und nach Prämie zu realisieren. Ist es für ihn optimal, in einem Zustand einen Verlust zu erzielen, der betreffende optimale Verlust ist dann (l + r)-Ao (mit Üi=0), so besteht analog zu den Darstellungen in Abschnitt 2.2.2 die Tendenz zur Überinvestition. Auch für mehr als zwei Zustände besteht die folgende allgemeine Tendenz: Je stärker die Risikoaversion des Entscheidungsträgers, desto eher ist zu erwarten, daß er unabhängig vom realisierten Investitionsprogramm eine geringe Streuung der Bemessungsgrundlage anstrebt und dabei Verluste meidet. Wenn er keine Verluste erzielt, besteht trotz eines prinzipiellen Verlustausschlusses Anreizkompatibilität: Der Entscheidungsträger maximiert in Verbindung mit einem Handel zustandsbedingter Zahlungsansprüche im Untemehmen den Erwartungsnutzen seiner Prämie, wenn er das Investitionsprogramm mit dem höchsten Marktwert nach Prämie realisiert.
660
Kapitel XIX
2.5.
Überhaupt kein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen
Zwar ist auch bei Risikoaversion nicht ausgeschlossen, daß der Entscheidungsträger auf Grund eines Handels mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Untemehmen einen Vorteil zu Lasten der Anteilseigner erzielen kann. Daraus folgt aber nicht, daß es sinnvoll ist, auch diesen Handel auszuschließen. Ein solcher Ausschluß kann ebenfalls Fehlentscheidungen induzieren. Einerseits besteht dann die Gefahr, daß ein Investitionsprogramm mit möglichen Verlusten realisiert wird, das für die Anteilseigner nachteilig ist. Andererseits wird mögücherweise ein fiir die Anteilseigner nachteiliges Investitionsprogramm unterlassen, das bei Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen durchgeflihrt worden wäre. Angenommen, der Entscheidungsträger habe die Wahl zwischen den Investitionsprogrammen, die den Punkten P und P* in Abbildung XIX.4 entsprechen, wobei das Programm P einen höheren Marktwert als das Programm P* aufweist. Kann der Entscheidungsträger mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln, wird er das Programm P durchführen und den Tangentialpunkt T realisieren. Ist dagegen der Handel ausgeschlossen, realisiert er das Programm P*, da er mit ihm direkt einen höheren Erwartungsnutzen als mit P erzielt. Die Anteilseigner erzielen hiermit einen Nachteil.
3.
Aktienoptionen im Mehrperioden-Fall
3.1.
Charakteristik
Aufbauend auf den Darstellungen in Abschnitt 2 wird im folgenden der Mehrperioden-Fall analysiert (T>2). Dabei wird zunächst von der zustandsunabhängigen Prämienfunktion (XIX. 19)
Pt* = f.(Mt*-SW).
ausgegangen, wobei M^* hier den Marktwert der Aktien des Untemehmens zum Zeitpunkt t* vor Ausschüttung bezeichnet. Hierbei erhält der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt t* (0
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
661
sehen, dem Entscheidungsträger eine Option auf eine Prämie gemäß (XIX. 19) einzuräumen. Da der Entscheidungsträger die Option genau dann ausübt, wenn die Prämie positiv ist, lautet nun die zustandsunabhängige Prämienfunktion (der innere Wert der Option bei Fälligkeit): (XIX.20) ^ ^
ff-(Mt*-SW),falls Mt*>SW Pt*=^ ^ ^ ^ [0 , falls Mt* < SW = f-max{MtHc-SW;0}.
Bei sogenannten .J^hantom Stocks" wird die Prämie nicht direkt an den Marktwert der Aktien geknüpft, sondem an einen untemehmensintem berechneten Wert des Shareholder Value. „Das Phantom Stock Konzept kommt somit vor allem jenen Kritikern entgegen, die den Marktwert als unzureichende Abbildung des inneren Wertes eines Unternehmens betrachten" (SCHNABEL, 1998, S. 199f.). Bei der asymetrischen Prämienfunktion (XIX.20) berücksicht der Entscheidungsträger bei seinen Entscheidungen zu einem Zeitpunkt t SW gilt. Für den Marktwert M^ zum Zeitpunkt t (t
7)
Zu ihrer Verbreitung vgl. zum Beispiel SCHWALBACH (1999). Informative Überblicke finden sich in RUDOLPH/SCHÄFER (2000); SlDDlQUl (1999); WENGER/KNOLL/KASERER (1999). Zu Verhaltenswirkungen von Optionen vgl. auch GRAßHOFF/SCHWALBACH (1999), WINTER (1998; 2000). Der Entscheidungsträger kann zum Beispiel eine Aktienoption auch in Form einer Wandelschuldverschreibung erhalten (oder gegebenenfalls selbst am Markt kaufen).
662
Kapitel XIX
(XIX.21)
fx-rKt* -B),falls Kt* > B Pt*=-^ ,fallsKt*
(XIX.21) ist formal der Prämienfunktion (XIX.20) äquivalent. Diese kann wie folgt dargestellt werden:
f.X.|^-S}5^\falls^>SW (XIX.20a)
X
PtH n
X;
X
X
f 11 M t * ^ SW
0
, falls—'^< X X Dabei bezeichnet X die Zahl aller Aktien des Unternehmens. Entsprechend ist Mt* / X der Kurs K^* je Aktie zum Zeitpunkt t*, während SW/X als Basispreis B interpretiert werden kann. (XDC.20a) kann wie folgt dargestellt werden: (XIX.22) ^ ^
rf-X-(Kt*-Befalls K t * > B ?.^=\ ' ^ ^ ^ ^ [O , falls Kt* < B.
Für f • X = X ist diese Prämienfunktion mit (XDC.21) identisch. Die Option auf Aktien ist allerdings nur dann ohne weiteres einer Option auf einen Geldbetrag gemäß (XIX.20) äquivalent, wenn die Aktien sofort wieder verkauft werden können.^) Aktienoptionen des Typs (XIX.21) werden oft in Verbindung mit einer bedingten Kapitalerhöhung begeben. Wenn der Entscheidungsträger die Option ausübt, erhält er x neue Aktien, wobei er je Aktie den Basispreis B an das Unternehmen zahlt. Bei Aktienrückkauf hingegen werden die Aktien vom Unternehmen zum Zeitpunkt t* am Kapitalmarkt zum aktuellen Börsenkurs erworben, wobei der Entscheidungsträger wieder den Basispreis zahlt. Während also bei bedingter Kapitalerhöhung zum Zeitpunkt der Ausübung der Option neues Kapital in Höhe von x • B dem Untemehmen zugeführt wird, erfolgt bei Aktienrückkauf ein Liquiditätsabfluß von x • (Kt* - B). Trotzdem sind für beide Varianten (bei vollkommenem Kapitalmarkt) die „Kosten" der Option identisch: Wie im folgenden gezeigt wird, erhält der Entscheidungsträger bei Ausübung der Option für seine Zahlung x-B jeweils denselben Marktwert der Aktien. 8)
Hier werden steuerliche Aspekte nicht berücksichtigt. Sie können jedoch für die konkrete Gestaltung eines Optionsplanes von praktischer Bedeutung sein (KNÜLL, 1998a). Virtuelle Aktienoptionsprogramme bieten gegenüber den gewöhnlichen Stock Options auf der Basis einer bedingten Kapitalerhöhung den Vorteil, daß die Geldzahlung an Manager steuerlich als Personalaufwendung absetzbar ist (WENGER/KNOLL/KASERER, 1999, S. 37). Aus Sicht der begünstigten Manager dagegen kann ein Aktienoptionsprogramm auf der Basis einer bedingten Kapitalerhöhung deshalb vorteilhaft sein, weil dann ihr Vermögenszuwachs aus der Ausübung der Option nicht direkt aus einer Aufwandsverbuchung ersichtlich wird (WENGER/KNOLL/KASERER, 1999, S. 37). Zu steuerlichen Aspekten vgl. auch WENGER/KNOLL/HECKER (2001).
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
663
Übt er sie in Verbindung mit einer bedingten Kapitalerhöhung aus, so ergibt sich zum Zeitpunkt t* der folgende Kurswert je Aktie: (XIX.23)
, X-K^*+x-B Kf* = ^ , X+x ^
wobei nun X die Zahl der alten Aktien und K^* den Aktienkurs ohne Ausübung der Option bezeichnet. Auf Grand der Optionsausübung steigt der Marktwert aller Aktien des Unternehmens um den Betrag x • B, der sich nun aber auf X + x Aktien verteilt. Da der Entscheidungsträger die x Aktien nur dann erwirbt, wenn der Kurs höher ist als B, sinkt der Kurswert. Die Altaktionäre tragen die Kosten in Form einer „Verwässerang" ihrer X Aktien. Werden die x Aktien vom Unternehmen am Kapitalmarkt gekauft (Aktienrückkauf), so hat das Untemehmen eine Zahlung von x • K[* zu leisten. Es erhält jedoch vom Entscheidungsträger den Betrag x-B. Somit gilt für den Kurswert nach Ausübung der Option: (XIX.24)
^
K[* =
X • K . H« — X • ( K . :jc — B )
'-
- ^
.
Der Marktwert aller Aktien sinkt nun um den Liquiditätsabfluß x • (K[:,c - B), wobei berücksichtigt wird, daß die Aktien zu dem Gleichgewichtskurs Kj* erworben werden, der für die Optionsausübung maßgeblich ist. Da die Zahl der Aktien unveränderlich ist, sinkt entsprechend auch der Kurswert der Aktien. Für (XIX.24) kann man schreiben: (X + x).K[*=X.K^*+x.B bzw. (XIX.25)
K!;*=
X-K?*+x-B ^ X+x
Hieraus folgt in Verbindung mit (XIX.23): K[* = K^*; bei Aktienrückkauf ergibt sich derselbe Kurswert wie bei bedingter Kapitalerhöhung. Wie bei bedingter Kapitalerhöhung erhält der Entscheidungsträger für seine Zahlung an das Untemehmen einen Marktwert an Aktien des Untemehmens in Höhe von x-K^*. Häufig werden Aktienoptionen nicht real, sondern ..virtuell" zugeteilt (Stock Appreciation Rights), Bei einer virtuellen Option des Typs (XIX.21) erhält der Entscheidungsträger zum Zeitpunkt t* das x-fache der Differenz zwischen K^* und dem fiktiven Basispreis als Geldprämie, sofem Kt*>B. Diese Option ist der realen völlig äquivalent, sofem bei der realen die betreffenden Aktien vom Untemehmen am Markt gekauft werden, der Entschei-
664
Kapitel XIX
dungsträger die von ihm erworbenen Aktien unmittelbar wieder verkaufen kann und Kaufund Verkauf der Aktien keine Transaktionskosten verursachen. Unter Berücksichtigung von Transaktionskosten ist jedoch die virtuelle Option vorteilhaft, wenn der Entscheidungsträger die erworbenen Aktien ohnehin wieder verkauft; es entfallen die Transaktionskosten des Kaufs durch das Unternehmen und des Verkaufs durch den Entscheidungsträger. Wenn der Entscheidungsträger die erworbenen Aktien zum Zeitpunkt t* verkauft, hat das Prämiensystem (XIX.21) allenfalls bis zu diesem Zeitpunkt eine Anreizwirkung.^) Sie kann bei gegebenem Ausübungszeitpunkt t* für die Option verlängert werden, indem mit dem Entscheidungsträger vereinbart wird, daß er erworbene Aktien fiiihestens nach einer Sperrfrist verkauft. Je länger die Sperrfiist, desto größer ist jedoch tendenziell das Risiko, das der Entscheidungsträger mit der Ausübung der Option übernimmt. Je weniger der Kurs Kt* über dem Basispreis B liegt, desto weniger Aktien wird er tendenziell erwerben, sofern B>0, und desto geringer ist die Anreizwirkung nach dem Zeitpunkt t*.lö) Bei Wahl der Prämienfunktion (XIX.20) oder (XIX.21) stellt sich das Problem, fund SW oder x und B sowie t* „optimal" festzulegen. Dieses Problem soll hier nicht untersucht werden. Gegenstand der Darstellungen sind vielmehr die allgemeinen Verhaltenswirkungen von Aktienoptionsprogrammen. Dabei wird davon ausgegangen, daß im Urteil des Entscheidungsträgers die Chance besteht, SW bzw. B zu übertreffen; andernfalls hat die Option keinen Einfluß auf seine Entscheidungen. Vor allem wird gezeigt, wie sich der Entscheidungsträger zu Lasten der Anteilseigner bereichem kann. Da im voraus nicht bekannt ist, welche Investitionsprojekte er im Zeitablauf entdecken wird und welche Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Überschüsse ihnen entsprechen (das Belohnungssystem soll den Entscheidungsträger u.a. zu höheren Suchanstrengungen motivieren), sind in der Realität die konkreten Konsequenzen möglicher Fehlentscheidungen äußerst schwer zu prognostizieren. Das Grundproblem der Prämienfunktionen (XIX.20) und (XIX.21) besteht darin, daß sie die Bedingung der Anreizkompatibilität nicht erfüllen. Da in ihnen mögliche Ausschüttungen vor dem Zeitpunkt t* nicht berücksichtigt werden, erzielt der Entscheidungsträger schon dann einen finanziellen Vorteil, wenn er vor dem Zeitpunkt t* keine Ausschüttungen vomimmt bzw. Kapitalerhöhungen durchsetzt und die Mittel zum Zinssatz r anlegt.^^) Außerdem er9)
Ist der Zeitindex t* niedrig, besteht zudem die Gefahr, daß der Entscheidungsträger primär auf kurzfristige Kurssteigerungen setzt. Dem kann begegnet werden, indem der Ausübungszeitpunkt t* entsprechend verschoben wird. 10) Hier wird von einem Leerverkauf der Aktien abgesehen. Kann der Entscheidungsträger erworbene Aktien zum Zeitpunkt t* zum Preis K^* leerverkaufen (mit der Verpflichtung, sie nach Ablauf der Sperrfrist zu liefern), wird er natürlich im Fall Kt*>B sein Optionsrecht in vollem Umfang wahrnehmen; für jede leerverkaufte Aktie erzielt er einen Überschuß von K^*-B>0. 11) Er kann Eigenkapital zum „Nulltarif* beschaffen und damit die Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Prämie P^* verbessern. Bei der Gestaltung von Optionen des Typs
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
665
geben sich in Bezug auf riskante Maßnahmen analoge Anreizwirkungen wie für den Fall, daß er zwar an einem positiven Periodenerfolg, jedoch nicht an einem Verlust beteiligt wird. Liegt zum Zeitpunkt t* der Aktienkurs über B, so erzielt er einen finanziellen Vorteil, liegt er darunter, so tragen die Anteilseigner den Nachteil allein; es kann wieder die Gefahr bestehen, daß der Entscheidungsträger vom Standpunkt der Anteilseigner Fehlentscheidungen trifft, insbesondere, indem er ein zu hohes Risiko eingeht. Möglicherweise kann sich der Entscheidungsträger auch bereichem, indem er mit Fehlinformationen den Marktwert M^* nach oben manipuliert bzw. durch Vorenthaltung von Informationen verhindert, daß er sinkt. Hiervon soll bei den folgenden Darstellungen abgesehen werden. Es wird gezeigt, daß die Investitionsentscheidungen (und der entsprechende Optionswert) wieder davon abhängen, inwieweit der Entscheidungsträger mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln kann, wobei angenommen wird, daß zum Zeitpunkt 0 im Untemehmen nur Geldvermögen vorhanden ist, dessen Betrag I unabhängig vom Investitionsprogramm ist. (Wird das Unternehmen zum Zeitpunkt 0 gegründet, gilt I=|Üo|.) Der Entscheidungsträger soll motiviert werden, Investitionsprojekte zu suchen und jene in das Programm aufzunehmen, mit denen der Marktwert der Aktien des Unternehmens jeweils möglichst weit ansteigt. Er habe wieder keinen Einfluß auf die Projektüberschüsse. Betrachtet wird exphzit die Option gemäß (XIX.20) wobei davon ausgegangen wird, daß an den Entscheidungsträger im Zeitablauf nur diese eine Option vergeben wird und daß er privat keine Aktien „seines" Untemehmens hält. (XIX.20) können auch Ausschüttungen vor dem Zeitpunkt t* berücksichtigt werden, indem M^Hc um deren Endwert erhöht oder der Sollwert SW entsprechend reduziert wird. Wird der Endwert mit dem risikolosen Zinssatz r ermittelt, so ist der Entscheidungsträger bezüglich des Ausschüttungsstromes indifferent; dieser hat dann keinen Einfluß auf die Prämie P^* und beeinflußt somit auch nicht das vom Entscheidungsträger gewählte Investitionsprogramm. Das Analoge gilt für Optionen des Typs (XIX.21), sofern hier der Basispreis B um den Endwert des auf eine Aktie entfallenden Ausschüttungsstromes reduziert wird. Es mag naheliegen, die Ausschüttungen mit einem risikoangepaßten Zinssatz aufzuzinsen. Dieses Vorgehen ist jedoch problematisch. Ist dieser Zinssatz höher als r (und dies ist der Regelfall), so kann der Entscheidungsträger einen Vorteil erzielen, wenn er bei gegebenem Investitionsprogramm zum risikolosen Zinssatz r einen zusätzlichen Kredit aufnimmt und den Betrag ausschüttet. Der aufgezinste Endwert der Ausschüttungen steigt dann um einen (sicheren) Betrag, der höher ist als der Betrag, um den M^* bzw. K^* durch die zusätzliche Verschuldung sinkt. Ein Anreiz zu höheren Ausschüttungen könnte allerdings dann sinnvoll sein, wenn diese dazu fähren, daß im Untemehmen vom Standpunkt der Anteilseigner nachteilige Investitionen unterlassen werden, weil sie nicht finanziert werden können. Ob dies tatsächlich der Fall sein wird, läßt sich ohne Kenntnis der gegenwärtigen und zukünftigen Investitionsmöglichkeiten allerdings gar nicht beurteilen. Insbesondere wird ein Anreiz zu höheren Ausschüttungen die durch Optionen ausgelöste Tendenz zu Fehlentscheidungen nicht beseitigen. Entsprechende Modifikationen der Prämienfunktionen (XIX.20) und (XIX.21) sollen hier nicht diskutiert werden; sie ändem nichts an der später gezeigten prinzipiellen Problematik der Optionen.
666
Kapitel XIX
Die Höhe der Prämie hängt davon ab, ob der Marktwert M^* als „Bnittomarktwert" oder als „Nettomarktwert" interpretiert wird. Der sich tatsächlich einstellende Marktwert ist ein Nettomarktwert, der um eine Prämie niedriger ist als der Marktwert vor Prämie. Im folgenden wird der Marktwert M^* als Bruttogröße interpretiert. Dies erleichtert die Analyse der Auswirkungen der Entscheidungen auf die Höhe der Bemessungsgrundlage. Die Darstellungen gelten jedoch analog für den Nettomarktwert. (Der Residualgewinn als Bemessungsgrundlage wurde ebenfalls als Bruttogröße definiert.) Es werden nur diejenigen Verhaltensimplikationen betrachtet, die direkt aus der Option resultieren. ^^) Dabei wird davon ausgegangen, daß die Verweildauer des Entscheidungsträgers im Unternehmen sowie sein Festgehalt unabhängig von den erzielten Überschüssen (Erfolgen) sind. Besteht bei geringen Überschüssen die Gefahr einer Entlassung, so wird er die gezeigten Möglichkeiten der Bereicherung nur in Grenzen wahrnehmen, die allgemein schwer zu beschreiben sind. Begrenzungen der Bereicherungsmöglichkeiten können in der Realität auch daraus resultieren, daß Gläubiger direkte Kontrollen ausüben. ^^) 3.2.
Marktwert der Aktien des Unternehmens
Für den Marktwert MQ der Aktien des Unternehmens vor Prämie gilt: T S(t)
(XIX.26)
Mo = I 17ü(St,s) • ÜLt,s" Ao -HI. t=ls=l
MQ ist gleich dem Marktwert des Investitionsprogramms unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung AQ zuzüglich des bereits vorhandenen Geldvermögens I. Für Ao=I ist MQ gleich dem Marktwert der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs. Im Fall I>Ao ist MQ höher als der Marktwert dieser Überschüsse; der Betrag I-AQ wird zum risikolosen Zinssatz r angelegt oder es werden mit ihm zustandsbedingte Zahlungsansprüche erworben. Im Fall Ao>I ist MQ kleiner als der Marktwert der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs; der Kapitalbetrag A Q - I wird durch Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche besorgt, was auch implizieren kann, daß Fremdkapital zum risikolosen Zinssatz aufgenommen wird. Da bei der behandelten Option (XIX.20) Ausschüttungen vor dem Zeitpunkt P aus Sicht des Entscheidungsträgers nachteilig sind, wird im folgenden 12) In HEMMER (1993) wird gezeigt, daß Aktienoptionen positive Anreize induzieren können, wenn sie in geeigneter Weise mit anderen Belohnungsformen kombiniert werden. Dabei wird vorausgesetzt, daß die Anteilseigner risikoneutral sind und der Entscheidungsträger risikoavers ist. Vgl. zu dem Modell von HEMMER auch KRAKEL (1999, S. 322ff.). 13) Zur Anreizwirkung von Finanzierungsverträgen vgl. LAUX, C. (1996) und die dort angegebene Literatur.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
667
davon ausgegangen, daß vor dem Zeitpunkt t* keine Ausschüttungen vorgenommen werden. MQ kann dann wie folgt dargestellt werden: T S(t) S(t*) Mo = S S 7r(St,s)' ÜLt,s - AQ +1 = S 7i(St*,s) • Mt*,s • t=ls=l s=l In Worten: Der Marktwert MQ (vor Prämie) ist gleich der gewichteten Summe der Marktwerte (vor Prämie) zum Zeitpunkt t* in den dann möglichen Zuständen St* i,St*2v5St* g/^*), wobei als Gewichtungsfaktoren die Preise flir zustandsbedingte Zahlungsansprüche dienen; MQ ist der gegenwärtige Marktwert der möglichen Marktwerte zum Zeitpunkt t*. Dabei ist zu beachten, daß M^* § nicht nur davon abhängt, welche Überschüsse im Leistungsbereich in denjenigen Zuständen erzielt werden, die dem Zustand S^* g noch folgen können, sondem auch von den erworbenen zustandsbedingten Zahlungsansprüchen für diese Zustände und dem im Zustand S^* g zum Zinssatz r angelegten oder aufgenommenen Kapitalbetrag. (XIX.27)
3.3.
Uneingeschränkter Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen
Zur Analyse möglicher Verhaltenswirkungen der Option (XIX.20) wird hier der Fall betrachtet, daß der Entscheidungsträger Investitionsentscheidungen nur zum Zeitpunkt 0 treffen kann.l^) Darf er sowohl im Untemehmen als auch privat uneingeschränkt mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln, so maximiert er mit seinen Entscheidungen seinen finanziellen Erwartungsnutzen, indem er den folgenden Marktwert seiner Prämie maximiert: S(t*)
(XIX.28)
Z 7r(St*,s) • f • max {Mt* s - SW;0} s=l S(t*)
= f- Z^(St*,s)-max{Mt*^s-SW;0}. ^s=l
^ =MBG
Der Marktwert der Prämie ist eine linear steigende Funktion des Marktwertes der Bemessungsgrundlage, MBG: S(t*)
(XIX.29)
MBG = Z^(St*,s) -maxIMt* s -SW;0}. s=l
14) Zur Erweiterung auf den Fall, daß der Entscheidungsträger auch in zukünftigen Zeitpunkten Investitionsentscheidungen treffen kann, vgl. die erste Auflage dieses Buches (2003, Kapitel XIX, Abschnitt 3.3.2.).
668
Kapitel XIX
Bei gegebenem Investitionsprogramm maximiert der Entscheidungsträger analog zur Erfolgsbeteiligung im Einperioden-Fall mit Ausschluß einer Verlustbeteiligung den Marktwert MBG, indem er durch untemehmensintemen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen bewirkt, daß der Marktwert M^* in einem der möglichen Zustände des Zeitpunkts t* maximal und in jedem anderen Zustand dieses Zeitpunkts gleich null wird. Der Entscheidungsträger maximiert dabei den Marktwert M^* flir denjenigen Zustand S^* s, dem der niedrigste Preis 7i(St* s) entspricht. Dieser Zustand wird im folgenden mit 8^*5' t>ezeichnet.l^) Analog zum Einperioden-Fall transformiert er dann durch privaten Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen (außerhalb des Untemehmens) seine Prämie flir den Zustand S^* g» in die optimale Wahrscheinlichkeitsverteilung privater Überschüsse. Der Entscheidungsträger verkauft also im Zeitpunkt 0 alle möglichen zukünftigen Überschüsse des Investitionsprogramms und erwirbt mit dem dann vorhandenen Kapitalbetrag einen bedingten Zahlungsanspruch flir den Zustand St* s'. Für die Bemessungsgmndlage in diesem Zustand gilt dann: • T S(t)
(XIX.30)
Mt*,s'-SW=
^
i:i^(St,s)-ÜLt,s-Ao+I
7l(St*^s')
t=ls=l
-sw,
wobei davon ausgegangen wird, es gelte M^* g' ^ SW. Diese Annahme impliziert, daß der Term in der eckigen Klammer positiv ist. Er bezeichnet den Geldbetrag, der nach Verkauf der Projektüberschüsse und Leistung der Anschaffungsauszahlung AQ vorhanden ist. Die Multiplikation der Bemessungsgrundlage (XIX.30) mit dem Preis 71(8^* s') ergibt den (maximalen) Marktwert der Bemessungsgrundlage: TS(t)
(XIX.31)
MBG= S E^(St,s)-ÜLt,s-Ao+I-7r(Stv)-SW. t=ls=l = Marktwert MPQ des Investitionsprogramms
V
^
/
(Maximaler) Marktwert der Bemessungsgrundlage und Marktwert des Investitionsprogramms im Vergleich
15) Hat der Entscheidungsträger mit nachteiligen Konsequenzen (etwa einer Entlassung oder NichtVerlängerung des Vertrages) zu rechnen, wenn der Marktwert zum Zeitpunkt t* einen bestimmten Wert unterschreitet, so mag er den Marktwert für den Zustand S^* g. unter der Nebenbedingung maximieren, daß der Marktwert in jedem anderen Zustand S^* g den kritischen Mindestwert nicht unterschreitet. Die folgenden Darstellungen lassen sind ohne weiteres auf diesen Fall übertragen.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
669
Der Marktwert der Bemessungsgrundlage ist somit eine steigende Funktion des Marktwertes MPQ des Investitionsprogramms unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung AQ. Insoweit besteht Anreizkompatibilität. Es besteht jedoch keine Anreizkompatibilität bezüglich der untemehmensintemen Kapitalmarkttransaktionen, da sich der Entscheidungsträger hiermit zu Lasten der Anteilseigner bereichem kann. Gemäß (XIX.31) reduziert die Sollvorgabe SW den Marktwert der Bemessungsgrundlage um so weniger, je niedriger der Preis 7r(St* s') ist. Bei sehr niedrigem Preis wird der Entscheidungsträger praktisch so behandelt, als würde er bei gegebenem Prämiensatz f eine Prämie auf den (Brutto-) Marktwert M^* erhalten. Fazit: Analog zum Einperioden-Fall bietet die Option dem Entscheidungsträger einen Anreiz, zu Beginn des Planungszeitraumes wie folgt zu verfahren: 1. Er sucht nach Investitionsmöglichkeiten und wählt dasjenige Investitionsprogramm, dessen Marktwert unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung AQ maximal ist. 2. Via untemehmensintemem Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen maximiert er den Marktwert M^* §', wobei sich für jeden anderen Zustand des Zeitpunktes t* ein Marktwert von null ergibt. 3. Im dritten Schritt transformiert er seinen Prämienanspruch flir den Zustand St* s' über private Kapitalmarkttransaktionen in eine optimale Wahrscheinlichkeitsverteilung privater Überschüsse. 3.4.
Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüclien nur im Unternelimen
Bei den in Abschnitt 3.3 beschriebenen Kapitalmarkttransaktionen im Unternehmen kann das Prämienrisiko zwar sehr hoch sein, jedoch kann der Entscheidungsträger dieses Risiko durch private Kapitalmarkttransaktionen ideal hedgen. Dies ist der eigentliche Grund dafär, daß es fär ihn optimal ist, die Bereicherungsmöglichkeiten der Prämienfunktion (XIX.20) voll auszuschöpfen. Wenn der Entscheidungsträger privat nicht mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf, so besteht bei Risikoaversion die Tendenz, das Prämienrisiko zu reduzieren. Zur Erläuterung der prinzipiellen Implikationen dieses Sachverhaltes wird auch hier wieder angenommen, der Entscheidungsträger könne nur zum Zeitpunkt 0 Investitionsprojekte in das Programm aufhehmen. Wenn der Entscheidungsträger nicht durch private Kapitalmarkttransaktionen hedgen kann, ist für ihn statt des Marktwertes (XIX.29) der Bemessungsgrundlage deren Erwartungsnutzen relevant: ^
(XIX.32)
S(t*)
E[U(BG)] = XwE(St*,s)'U(max{Mt* s -SW;0}) . s=l
Erwartungsnutzen der Bemessungsgrundlage
670
Kapitel XIX
Zum einen tritt an die Stelle des Preises 7i(St* §) die subjektive Wahrscheinlichkeit WßCSt* s) ^^s Entscheidungsträgers, zum anderen wird der Bemessungsgrundlage max{Mt* s-SW;0} der subjektive Nutzen U zugeordnet, der mit dem Nutzen der entsprechenden Prämie für den Entscheidungsträger übereinstimmt. ^ ^) Kann der Entscheidungsträger nach wie vor im Untemehmen zustandsbedingte Zahlungsansprüche kaufen und verkaufen, so maximiert er den Erwartungsnutzen seiner Prämie, indem wieder er den Marktwert des Investitionsprogramms vor Prämie maximiert. Mit diesem Programm kann er via Kauf und Verkauf zustandsbedingter Zahlungsansprüche eine dominante Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Bemessungsgrundlage max{M^*-SW;0} erzeugen. Bezüglich der Investitionsentscheidungen ergibt sich also kein Unterschied gegenüber dem Fall, daß er auch privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln kann; er trägt den Preisen 71(8^*5) Rechnung, obwohl sie in (XIX.32) nicht explizit erfaßt werden. Der Ausschluß eines privaten Handels hat jedoch einen Einfluß auf seine Kapitalmarkttransaktionen im Untemehmen. (Vgl. hierzu die Darstellungen in Abschnitt 2.4.) Optimal ist für ihn diejenige Wahrscheinlichkeitsverteilung über die Bemessungsgrundlage, mit der er direkt den Erwartungsnutzen (XIX.32) maximiert und grundsätzlich nicht jene mit dem maximalen Marktwert gemäß (XIX.29). Je größer seine Risikoaversion, desto geringer ist tendenziell die optimale Streuung seiner Prämie P^*, desto größer ist die Zahl der Zustände St* c, filr die ein Marktwert M^* s-^SW angestrebt wird, und desto weniger bereichert sich der Entscheidungsträger durch Kapitalmarkttransaktionen zu Lasten der Anteilseigner. Ist das Erfolgspotential im Vergleich zum Sollwert SW hoch, so daß eine sichere Prämie, die der Entscheidungsträger bei dem gewählten Investitionsprogramm und entsprechenden untemehmensintemen Transaktionen auf dem Kapitalmarkt erzielen kann, ebenfalls hoch ist, muß er eine relativ hohe Streuung seiner Prämie in Kauf nehmen, wenn er sich zu Lasten der Anteilseigner bereichem will. Tendenziell nimmt er dann somit Kapitalmarkttransaktionen vor, bei denen in jedem Zustand S^* g die Differenz M^* -SW positiv ist. Dann ist allerdings die Option irrelevant. Es ergibt sich dieselbe Anreizwirkung, wenn der Entscheidungsträger mit dem Prämiensatz f am Marktwert M^* beteiligt wird, und sein Periodenfixum derart reduziert wird, daß der auf den Zeitpunkt t* bezogene Endwert der Fixbeträge beim Zinssatz r um f • S W sinkt. Ist SW hoch und die Differenz zwischen einem erzielbaren sicheren Marktwert M^* und SW entsprechend gering, so gilt: Wenn der Entscheidungsträger für Zustände einen Zahlungsanspruch in Höhe von M^* verkauft, so sinkt hierfür der Prämiennutzen wenig. Wenn er nun mit dem Erlös Zahlungsansprüche für andere Zustände kauft, steigt hierfiir der Nutzen relativ stark. Es ist zu erwarten, daß er mit Kapitalmarkttransaktionen seinen Nutzenerwartungswert erhöhen kann, wenn M^* - SW gering und SW hoch ist. 16) (XIX.32) impliziert eine zustandswnabhängige Nutzenfunktion; der Entscheidungsträger erzielt keine privaten Einkünfte, die stochastisch von der Prämie abhängen.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
3.5,
671
Kein Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen
Wie erläutert wurde, schafft die Prämienfunktion (XIX.20) zwar einen Anreiz, Investitionsprojekte mit positivem Kapitalwert ins Programm aufzunehmen, sofem der Entscheidungsträger untemehmensintem mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln kann. Jedoch bietet dieser Handel dem Entscheidungsträger auch die Möglichkeit, sich bei gegebenem Investitionsprogramm zu Lasten der Anteilseigner zu bereichem. Die Tendenz zur Nutzung solcher Möglichkeiten wird zwar durch Ausschluß eines privaten Handels abgeschwächt, jedoch ist vor allem bei geringer Risikoaversion und hohem Sollwert kaum zu erwarten, daß es dann für den Entscheidungsträger optimal ist, Bereicherungsmaßnahmen völlig zu unterlassen. Es mag daher nahe liegen, auch den untemehmensintemen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen auszuschließen. Dann wird aber die Tendenz zu Fehlentscheidungen auf die Ebene der Projektauswahl verlagert. Wenn der Entscheidungsträger nicht die Möglichkeit hat, durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen einen höheren Marktwert des Investitionsprogramms in eine dominante Wahrscheinlichkeitsverteilung über M^* (mit höherem Erwartungsnutzen für die Prämie) zu transformieren, besteht kein Anreiz mehr, den Marktwert des Investitionsprogramms zu maximieren. Der Entscheidungsträger berücksichtigt dann bei seinen Entscheidungen gemäß (XIX.32) Preise fär zustandsbedingte Zahlungsansprüche nur insoweit, als sie die zustandsabhängigen Marktwerte M^* g (s= l,2,...,S(t*)) beeinflussen. Die Preise 71(8^*5) i^ (XIX.27) bzw. die Preise fär vorgelagerte Zustände sind flir ihn irrelevant; die Maximierung des subjektiven Erwartungsnutzens (XIX.32) ist nicht mehr äquivalent der Maximierung von (XIX.27) bzw. des Marktwertes des Investitionsprogramms. Um die Anreizwirkungen der Bemessungsgrundlage max{Mt* ~SW;0} analysieren zu können, müssen nun spezifische Annahmen über die Risikopräferenzen des Entscheidungsträgers, sein übriges riskantes Einkommen, seine Investitionsmöglichkeiten im Untemehmen und die Höhe von SW und f getroffen werden. Zum Beispiel können sich sehr unterschiedliche Anreizwirkungen ergeben, je nachdem, wie SW (bei Stock Options der Basispreis) festgelegt wird (LAMBERT/LARCKER/VERECCHIA, 1991 und Abschnitt 4 dieses Kapitels). ^'7) Die allgemeinen Schwierigkeiten der Beurteilung der Anreizwirkung von Optionen sprechen dafür, statt dessen ein anreizkompatibles Prämiensystem anzustreben (Kapitel XVI und XVII). Bei den betreffenden zustandsabhängigen konvexen Prämienfunktionen besteht auch dann Anreizkompatibilität, wenn untemehmensspezifische (unsystematische) Risiken existieren, die die Prognose der Anreizwirkungen von Optionen noch erschweren können. Anreizkompatibilität besteht im übrigen unabhängig davon, ob der Entscheidungsträger im Untemehmen mit zustandsabhängigen Zahlungsansprüchen 17) Zur Verhaltenswirkung von Stock Options vgl. auch MARCUS (1982); CARPENTER (1999); HALL/MURPHY (2000).
672
Kapitel XIX
handeln darf oder nicht, jedoch sinkt tendenziell bei einem zulässigen Handel die von ihm geforderte Risikoprämie. 3.6.
Varianten „traditioneller" Al^tienoptionen
3.6.1. Ausübungsmöglichkeit vor dem Zeitpunkt t* In der Praxis können Aktienoptionen im allgemeinen nicht nur zu einem einzigen Zeitpunkt t*, sondem innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, der Laufzeit der Option, ausgeübt werden (amerikanische Option). Kann der Entscheidungsträger eine Option gemäß (XIX.20) bzw. (XIX.21) schon vor dem Zeitpunkt t* ausüben, so wird er dieses Recht allerdings dann nicht wahrnehmen, wenn er untemehmensintem mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln kann und vor dem Zeitpunkt t* keine Ausschüttungen vorzunehmen sind. Zum Beweis wird der potentielle Ausübungszeitpunkt t* - 1 betrachtet. Gilt Mt*_i - S W > 0, so erzielt der Entscheidungsträger bei Ausübung den sicheren Vermögenszuwachs f-(M^*.! -SW). Er erzielt aber auch dann einen sicheren Vermögenszuwachs, wenn er bei gegebenem Investitionsprogramm die Option erst zum Zeitpunkt t* ausübt und untemehmensinteme Kapitalmarkttransaktionen durchfuhrt, mit denen er zum Zeitpunkt t* den sicheren Marktwert M^* =(l + r)-Mt*_i erzielt. Für die entsprechende Prämie gilt f • [(1 + r) • Mt*_i - SW]. Sie hat zum Zeitpunkt t* - 1 den Wert (1 + r)"^- f. [(1 + r) • Mt*_i- SW] = f • [Mt*_i- (1 + r)"^- SW] > f • (Mt*_i- SW). Der Entscheidungsträger erzielt somit bei Ausübung der Option zum Zeitpunkt t* bereits schon dann einen Vorteil, wenn er den sicheren Marktwert M^* = (1 + r) • M^*_i reahsiert. Im allgemeinen kann er jedoch einen noch größeren Vorteil erzielen, wenn er einen unsicheren Marktwert anstrebt. Kann er unbeschränkt privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln, so wird er bei gegebenem Investitionsprogramm zum Zeitpunkt t * - l untemehmensinteme Kapitalmarkttransaktionen vomehmen, mit denen er für denjenigen Folgezustand zum Zeitpunkt t* mit dem kleinsten Preis n den Marktwert M^* maximiert und für die anderen Folgezustände einen Marktwert von null in Kauf nimmt. Er entledigt sich für diese Zustände des Sollwertes SW, der bei Inanspruchnahme der Option zum Zeitpunkt t* - 1 unbeschränkt prämienmindemd wäre. Wenn der Entscheidungsträger nicht privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln kann, werden seine Möglichkeiten, den Erwartungsnutzen seiner Prämie zu Lasten der Anteilseigner zu erhöhen, zwar eingeschränkt, jedoch nicht ohne weiteres beseitigt. Analog wird der Entscheidungsträger die Option auch nicht zu einem Zeitpunkt vor t* - 1 ausüben. Da der Entscheidungsträger bei einem im Untemehmen möglichen Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen die Option
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
673
ohnehin nicht vor dem Zeitpunkt t* ausübt, ergeben sich bei fiiiherer Ausübungsmöglichkeit dieselben Anreizwirkungen wie bei ausschließlichem Ausübungsrecht zum Zeitpunkt t*. Abweichende Anreizwirkungen ergeben sich jedoch vor allem dann, wenn der Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen sowohl im Untemehmen als auch im privaten Bereich ausgeschlossen ist. Für den Entscheidungsträger besteht in diesem Fall kein Anreiz, das Investitionsprogramm mit dem maximalen Marktwert zu realisieren. Die Prognose des Investitionsprogramms wird dann dadurch erschwert, daß es flir den Entscheidungsträger vorteilhaft sein kann, die Option vor dem Zeitpunkt t* auszuüben. Ist zum Zeitpunkt t*
_ rf-(Mt*-SW), falls Mt*>H (mitH>SW) ^ [0 , falls Mt* < H.
Pf* = "{
H bezeichnet die Hürde flir den Marktwert aller Aktien des Unternehmens zum Zeitpunkt t* (Produkt aus Kursschwelle flir den Aktienkurs und Zahl der Aktien des Untemehmens), die größer ist als der Sollwert SW.^^) Der Ent18) Bei einer Option auf x Aktien tritt an die Stelle der Prämienfünktion (XIX.21) bzw. (XIX.33) die Funktion:
674
Kapitel XIX
scheidungsträger darf die Option ausüben, wenn Mt*>H, und er wird sie ausüben, weil dann, wegen H > SW, auch Mt*>SW gilt. „Die gesetzte Hürde soll den Anreiz des Managements erhöhen, eine deutliche Steigerung des Aktienkurses zu erreichen. Aus Sicht der Untemehmenseigentümer wird die Entlohnung also nur dann für angemessen gehalten, wenn der Aktienkurs gewisse Mindeststeigerungen erreicht. Die Spezifikation der Hürde wird insbesondere in Abhängigkeit von der als realistisch eingeschätzten Wachstumsmöglichkeit des Unternehmens erfolgen. Wird die Hürde zu gering angesetzt, so entfaltet sie keine zusätzlichen Anreizeffekte. Wird sie dagegen deutlich zu hoch angesetzt, so kann das implementierte Programm sogar kontraproduktiv wirken" (RUDOLPH/SCHÄFER, 2000, S. 54). Die Prämienfunktion (XDC.33) kann wie folgt dargestellt werden: rf-(H-SW) + f-(Mt*-H), falls Mt*>H (XIX.34)
Pt* =
, falls Mt* < H.
0
Der fett eingezeichnete Streckenzug in Abbildung XIX.5 verdeutlicht diesen Zusammenhang.
Steigung = f
0
SW
H
Abb. XIX.5: Zur Analyse des Einflusses einer Hürde
x-(Kt*-B), falls Kt*>H Pf* =
[0 , falls Kt* < H. Nunmehr bezeichnet H die Hürde für den Aktienkurs, die höher ist als der Basispreis B. In der Praxis wird hierbei oft als Basispreis der Aktienkurs zum Zeitpunkt der Einführung der Aktienoption gewählt.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
675
Wie die Wahl einer Hürde H>SW zu interpretieren ist, hängt davon ab, welcher Optionsplan als Ausgangsbasis der Betrachtung gewählt wird. Ausgehend von einem gegebenen Sollwert SW impliziert die zusätzliche Berücksichtigung einer Hürde H>SW, daß der Bereich für M^*, innerhalb dessen die Option ausgeübt werden darf, eingeengt wird, wobei jedoch im Ausübungsbereich dieselbe Prämie erzielt wird wie ohne Hürde (Fahrstrahl CB). Eine Hürde wird aber auch dann maßgeblich, wenn ein ursprüngHch erwogener Sollwert zur „Hürde" H deklariert und statt dessen ein Sollwert festgelegt wird, der kleiner ist als die Hürde. Die Wahl des kleineren Sollwertes hat dann zwar keinen Einfluß auf den Bereich fiir M^*, innerhalb dessen die Prämie positiv ist, jedoch steigt die Prämie in diesem Bereich um Ä = f-(H-SW), vgl. (XIX.34). Die Belohnungskomponente Ä ändert nichts an der prinzipiellen Problematik der Option. Die Verhaltensimplikationen hängen wiederum davon ab, inwieweit der Entscheidungsträger mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln kann. 3.6.3. Überschreitung einer Benchmark als Vorbedingung für die Ausübung des Optionsrechts Optionen gemäß (XDC.20), (XDC.21) oder (XDC.33) imphzieren eine zustandswwabhängige Prämienfunktion: Die Prämie hängt zwar von M^* ab, jedoch nicht vom Zustand, in dem M^* erzielt wird. Wenn der Entscheidungsträger nicht mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln darf, besteht hierbei kein Anreiz, dem Risikoverbund zwischen den Überschüssen des Untemehmens und denen aus der Gesamtheit aller Investitionen der Volkswirtschaft in der Weise Rechnung zu tragen, daß primär fiir relativ „arme" Zustände S^* g (mit relativ hohem Preis 7r(St* §)) ein relativ hoher Marktwert M^* erzielt wird. Für den Erwartungsnutzen des Entscheidungsträgers ist eben nur die Gestalt der Wahrscheinlichkeitsverteilung über Mt* relevant, nicht jedoch die Kovarianz zwischen M^* und den Überschüssen der Investitionen der anderen Untemehmen. In Literatur und Praxis wird zwar zunehmend gefordert, die Option in Abhängigkeit von der Kapitalmarkt- und Branchenentwicklung zu gewähren (Kapitel XV, Abschnitt 3.6). Jedoch steht dabei der Aspekt der „Angemessenheit" des Vergütungssystems im Vordergrund und nicht der Gesichtspunkt der Entscheidungssteuerung. „Der Aktienkurs, anhand dessen die Leistung der Manager beurteilt wird, hängt sowohl von Faktoren ab, die durch die Manager kontrolliert werden können (wie zum Beispiel erfolgreiche Kostensenkungsmaßnahmen), als auch von Faktoren, die nicht in ihrem Einflußbereich liegen (wie zum Beispiel Veränderungen der Zinsstruktur). Von einer Hausse werden auch die Kurse vergleichsweise wenig erfolgreicher Untemehmen profitieren, so daß deren Management bei einer aktienkursbezogenen Entlohnung trotz relativ schlechter Leistungen zusätzlich entlohnt wird. Eine Baisse wird dagegen auch die Kurse der relativ besser geflihrten Untemehmen tendenziell drücken. Folg-
676
Kapitel XIX
Hch darf die „Executive Stock Option" nicht unabhängig von der Kapitalmarkt- und Branchenentwicklung gewährt werden. Neuere Aktienoptionsprogramme tragen dem Rechnung, indem eine Ausrichtung an einer ,yBenchmark" vereinbart wird. Hier wird die Renditeentwicklung der Untemehmensaktie in Relation zu einem spezifizierten Gesamtmarktindex beziehungsweise Branchenindex bewertet. Manager sollen damit nur anhand solcher Einflußfaktoren beurteilt werden, die tatsächlich ihrem Verantwortungsbereich unterliegen. So verlangt das Stock Option-Programm der Henkel KGaA, daß sich die Henkel-AkXiQ unter Berücksichtigung von Dividenden und Bezugsrechten besser als der Deutsche Aktienindex DAX entwickelt. Während bei der Henkel KGaA eine Anbindung an den DAX erfolgt, mißt sich der Lufthansa ^G-Plan an einem spezifischen Konkurrenzindex, der sich aus British Airways (50%), KLM (30%) und Swissair (20%) zusammensetzt. Bei der Dresdner Bank AG können die Manager ihre Aktienoptionen erst dann ausüben, wenn die Untemehmensaktien drei Jahre besser abschneiden als der europäische Bankenindex (Clotten 1998). Ein Teil des Aktienoptionsprogramms der SAP AG vergleicht den Kurs der &4P-Vorzugsaktie mit dem Goldman Sachs Technology Index" (RUDOLPH/SCHÄFER, 2000, S. 54f). Unter Berücksichtigung einer Benchmarkrendite ^Benchmark kann analog zu (XIX.33) die Prämienfunktion wie folgt dargestellt werden (RUDOLPH/SCHÄFER, 2000, S. 55): (XIX 35) P * = f f ' ( M t * - S W ) , falls rAktie > ^Benchmark u n d M t * > S W
[O
, sonst.
Die Option ist jetzt nur dann im Geld, wenn die bis zum Zeitpunkt t* erzielte Aktienrendite größer ist als die Benchmarkrendite (es wird dann eine „Outperformance" erzielt) und außerdem Mt*>SW gilt. Im Gegensatz zu (XIX.33) ist nun die „Hürde" eine stochastische Größe. Mit der Indexierung soll vermieden werden, daß der Entscheidungsträger bei haussierender Börse „Windfall Profits" erzielt. Auch die Anreizwirkung der Prämienfunktion (XIX.35) hängt von den zulässigen Kapitalmarkttransaktionen des Entscheidungsträgers ab. Darf er uneingeschränkt privat und im Unternehmen zustandsbedingte Zahlungsansprüche kaufen und verkaufen, so ergreift er dieselben Maßnahmen wie bei der Prämienfunktion (XIX.20), sofern er in dem Zustand S^* g», für den er den Marktwert M^* maximiert, eine Aktienrendite erzielt, mit der er die Benchmarkrendite schlägt. Darf der Entscheidungsträger nicht privat mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln (wohl aber im Unternehmen), maximiert er zwar wieder den Erwartungsnutzen seiner Prämie unter der Bedingung, daß er das Investitionsprogramm mit dem höchsten Marktwert vor Prämie realisiert. Jedoch nimmt er dann andere Kapitalmarkttransaktionen im Unternehmen vor. Er maximiert bei gegebenem Investitionsprogramm nicht M^* sS sondern realisiert diejenige Wahrscheinlichkeitsverteilung über M^*, mit der er direkt ohne pri-
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
677
vate Kapitalmarkttransaktionen den Erwartungsnutzen seiner Prämie maximiert. Ist er risikoavers und keine Benchmark relevant, so strebt er - wie erläutert wurde - eine relativ geringe Streuung des Marktwertes M^* an, weil dann die Streuung der Prämie ebenfalls relativ gering ist. (Dies gilt vor allem dann, wenn die Differenz zwischen den betreffenden Marktwerten und SW hoch ist.) Die betreffende Lösung ist auch für den Fall einer Benchmarkrendite optimal, wenn hierbei für jeden Zustand der Marktwert M^* so hoch ist, daß die Relation ^Aktie-^^Benchmark ßi^t. Diese Bedingung dürfte aber bei hoher Streuung von ^Benchmark i ^ allgemeinen nicht erfällt sein. In diesem Fall kann der Entscheidungsträger allenfalls dann in jedem Zustand S^* eine positive Prämie erzielen, wenn er Kapitalmarkttransaktionen durchfährt, die in Zuständen mit relativ hoher (niedriger) Benchmarkrendite zu einem relativ hohen (niedrigen) Marktwert M^* fähren. Da dann die Bemessungsgrundlage M^* - SW relativ stark streut, gilt dies auchfiärdie Prämie. Wenn nun der Entscheidungsträger ohnehin keine Prämie mit relativ geringem Risiko realisieren kann, mag es fär ihn vorteilhaft sein, Risiko in der Weise einzugehen, daß er fär Zustände mit hoher Benchmarkrendite auf die Prämie ganz verzichtet. Er verkauft fär die betreffenden Zustände bedingte Zahlungsansprüche, so daß jeweils M^*=0 gilt, und kauft mit dem Erlös bedingte Zahlungsansprüche fär die anderen Zustände. Hierbei steigt der Marktwert der Prämie, während der Marktwert der Aktien nach Prämie entsprechend sinkt; der Entscheidungsträger bereichert sich mit den betreffenden Kapitalmarkttransaktionen zu Lasten der Anteilseigner. Darf der Entscheidungsträger auch nicht im Untemehmen mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handeln, hängen die Verhaltensimplikationen der Prämienfunktion (XDC.35) bezüghch der Investitionen im Leistungsbereich davon ab, wie die Benchmarkrendite definiert wird. Sind nur Maßnahmen im Rahmen einer bestimmten Branche möglich, liegt es nahe, als Benchmark die Branchenrendite zu wählen. Der Entscheidungsträger erhält dann eine Prämie, wenn er die Branchenrendite schlägt und zugleich Mt* > SW gilt. Damit wird einerseits ein Anreiz geschaffen, hohe Marktrenditen zu überbieten, und anderseits ein Anreiz ausgeschlossen (weil im Fall M^* < SW keine Prämie gezahlt wird), trotz fallender Branchentendenz mit zusätzlichen hivestitionen den Branchenindex zu überbieten, um dafär eine Prämie zu erzielen. Wenn der Entscheidungsträger nicht nur Investitionen in einer gegebenen Branche durchfähren kann, sondem auch Wahlmöglichkeiten zwischen Investitionsprojekten hat, deren Überschüsse in (sehr) unterschiedlicher Weise mit denen der Gesamtheit aller Investitionen korreliert sind, ist es aus Sicht der Anteilseigner vorteilhaft, wenn der Entscheidungsträger primär solche riskanten Projekte realisiert, bei denen der Marktwert M^* und entsprechend die Rendite der Aktien des Untemehmens dann tendenziell hoch sind, wenn die Rendite des Marktportefeuilles niedrig ist. Die Prämienfunktion (XIX.35) schafft aber selbst dann keinen Anreiz zu solchen Investitionen, wenn die Rendite des MarktportefeuiUes bzw. eines gut diversifizierten Portefeuilles als
678
Kapitel XIX
Benchmarkrendite gewählt wird. Das Übertreffen der Benchmarkrendite ist eben gemäß (XIX.35) eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung dafür, daß die Prämie positiv ist. Es muß zusätzlich auch M^* ~SW > 0 gelten. Vor allem bei relativ hohem Sollwert SW besteht folgende Tendenz: Der Entscheidungsträger erzielt keine Prämie, wenn er aus Sicht der Anteilseigner vorteilhafte Projekte durchfiihrt, bei denen die Kovarianz zwischen der Rendite der Aktien des Unternehmens und der des Marktportefeuilles negativ bzw. gering ist: In Zuständen mit hoher Marktrendite erzielt er deshalb keine Prämie, weil die Aktienrendite niedriger als die Marktrendite ist. Li Zuständen mit niedriger Marktrendite erzielt er keine Prämie, weil er die Marktrendite zwar schlägt, aber trotzdem M^* den Sollwert SW nicht erreicht. Es ist hierbei zu beachten, daß bei niedriger Rendite des Marktportefeuilles auch dann Mt*<SW gelten kann, wenn die Aktienrendite des Untemehmens relativ weit über der Rendite des Marktportefeuilles liegt. Möglicherweise sieht der Entscheidungsträger überhaupt keine Möglichkeit, sowohl die Benchmarkrendite als auch den Sollwert SW zu übertreffen. Die Option hat dann keine Anreizwirkung. 5.6.4. Bindung des Sollwertes an eine Benchmarkrendite Die Problematik einer „doppelten Untergrenze" kann umgangen werden, indem der Sollwert S W an die Benchmarkrendite gebunden und auf eine Vorbedingung flir die Ausübung der Option verzichtet wird. Die Ermittlung einer Benchmarkrendite erübrigt sich, wenn die relative Änderung des betreffenden Indexwertes vom Zeitpunkt 0, in dem die Option vereinbart wird, bis zum Zeitpunkt t* zugrunde gelegt wird. Wird der DAX als Aktienindex gewählt, kann zum Beispiel der Sollwert SW in (XIX.20) wie folgt festgelegt werden: (XIX.36)
SW = - 5 ^ - ^ . M o . DAXQ
DAXt* (bzw. DAXo) bezeichnet den DAX-Wert zum Zeitpunkt t* (bzw. 0) und MQ den Marktwert der Aktien des Untemehmens zum Zeitpunkt 0. Der Entscheidungsträger erhält erst dann eine Prämie, wenn (XIX.37)
Mt* - ^ ^ ^ . Mo > 0 DAXQ
gilt. Wegen Mo>0 kann diese Bedingung wie folgt dargestellt werden: (XIX.38)
^ > D ^ ^ . Mo DAXo
Die Prämie ist positiv, wenn der Marktwert der Aktien des Untemehmen prozentual stärker steigt bzw. weniger sinkt als der DAX. Da die Prämie nicht negativ werden kann, besteht allerdings auch hier keine strenge Anreizkompatibilität.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
4. 4.1.
679
Optionen im Licht anreizkompatibler Prämienfunktionen im modifizierten SPA Charakteristik der Prämienfunktionen
In den Kapiteln XVI und XVII wurde allgemein untersucht, wie anreizkompatible zustandsabhängige Belohnungs- bzw. Prämienfunktionen konstruiert werden können. Die Darstellungen beruhen auf dem modifizierten SPA und der Voraussetzung, daß der Entscheidungsträger im privaten Bereich nicht mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen handelt. Anreizkompatibilität besteht bei den betreffenden Belohnungs- bzw. Prämienfunktionen unabhängig davon, ob der Entscheidungsträger im Unternehmen mit solchen Ansprüchen handelt oder nicht; er erzielt mit beliebigen Maßnahmen genau dann einen finanziellen Vorteil, wenn dies zugleich auch für die Anteilseigner gilt. Das Konzept anreizkompatibler Prämienfunktionen kann als Orientierungshilfe für die Beurteilung und Gestaltung von Optionen auf Prämien dienen. Im folgenden wird untersucht, ob die Prämienfunktionen auf Basis von Optionen als „hinreichende" Approximationen anreizkompatibler Teilungsregeln interpretiert werden können. Anders als bei den üblichen Optionen auf Prämien kann bei anreizkompatiblen Prämienfunktionen die Prämie negativ werden. Man mag dagegen einwenden, daß entsprechende Zahlungsansprüche nicht durchsetzbar seien. Die empirische Relevanz dieses Arguments ist allerdings zweifelhaft. Auf Grund ihrer Konvexitätseigenschaft können anreizkompatible Prämienfunktionen so konstruiert werden, daß die möglichen Zahlungsverpflichtungen relativ gering sind, so daß davon ausgegangen werden kann, daß sie von einem Manager erfüllt werden können. Man mag die Möglichkeit negativer Prämien auch deshalb als problematisch ablehnen, weil dann eine zu hohe Risikoprämie gewährt werden müsse. Nun ist aber zu bedenken, daß in der Realität Optionen auf Prämien im allgemeinen bei gegebenem Fixum zusätzlich gewährt werden, wobei der Wert dieser Optionen oft sehr hoch ist. Optionen werden auch dann nicht ohne weiteres für Manager inakzeptabel, wenn sie um mögliche Zahlungsverpflichtungen modifiziert werden. Abgesehen davon kann auf Grund besserer Entscheidungen für die Anteilseigner auch dann ein Vorteil entstehen, wenn eine höhere Risikoprämie gewährt wird. Im folgenden werden charakteristische Unterschiede zwischen Optionen auf Prämien und anreizkompatiblen zustands- oder indexabhängigen Prämienfunktionen für den modifizierten SPA gezeigt. Zunächst wird der EinperiodenFall betrachtet, wobei der Periodenerfolg als Bemessungsgrundlage für die Prämie dient. Wie anschließend gezeigt wird, gelten die Darstellungen analog für den Mehrperioden-Fall und den Marktwert der Aktien als Bemessungsgmndlage (Aktienoptionen).
680
4,2
Kapitel XIX
Erfolgsbeteiligung
4.2.1. Vorüberlegungen: Ohne systematisches Risiko Wie in Kapitel XV erläutert wurde, hat ein anreizkompatibles Prämiensystem im Rahmen des modifizierten SPA für den Einperioden-Fall folgende Grundeigenschaften: 1. Jedem im Zeitpunkt 1 möglichen Zustand Sg entspricht eine besondere Prämienfunktion, bei der die Prämie eine streng konvex steigende Funktion der Bemessungsgrundlage ist. 2. Sämtliche Prämienfunktionen verlaufen durch denselben Punkt P(P^,P^) auf der 45°-Achse, wobei P^ diejenige Prämie bezeichnet, bei der die Nutzenkurve U*(P) des Entscheidungsträgers die Abszisse schneidet, also a.U(P) + ß = 0 gilt. 3. Die Steigung der Prämienfunktion, die Grenzprämie, für einen Zustand Sg ist für alternative Ausprägungen der Bemessungsgrundlage um so höher, je niedriger das zugehörige Gesamtvermögen der Volkswirtschaft (der diese Vermögen repräsentierende Aktienindex) bzw. je niedriger der risikoangepaßte Zinssatz rg ist. Kann der Entscheidungsträger allerdings nur Investitionen mit ausschließlich untemehmensspezifischem (störtermbedingtem) Risiko durchführen, so kann Anreizkompatibilität mit einer einzigen und somit zustandswwabhängigen Prämienfunktion erzeugt werden (Kapitel XVI, Abschnitte 3.1 und 3.3). Wird die Nutzenfunktion U*(P) des Entscheidungsträgers für die Prämie so dargestellt, daß sie durch den Ursprung des Koordinatensystems verläuft, gilt dies auch für die zugehörige Prämienfunktion (Abbildung XIX.6). Bei der anreizkompatiblen Teilungsregel wird der Entscheidungsträger zwar am Verlust beteiligt, jedoch in relativ geringem Maße. Bei der Option gemäß (XIX. 1) ist dagegen eine Verlustbeteihgung ausgeschlossen, wobei die Prämie im Bereich G>0 eine linear steigende Funktion von G ist. Eine bessere Approximation kann bewirkt werden, indem die anreizkompatible Prämienfunktion auch im Bereich G<0 durch eine linear steigende Funktion angenähert wird, wobei der zugehörige Prämiensatz f* kleiner ist als f Es fragt sich allerdings, welchen Vorteil eine solche stückweise Linearisierung gegenüber der Wahl einer anreizkompatiblen streng konvexen Prämienfunktion überhaupt bieten kann. Zum einen besteht auch bei dieser stückweisen Linearisierung keine strenge Anreizkompatibilität. Zum anderen ist eine streng konvexe Prämienfunktion nicht schwieriger darzustellen als eine stückweise lineare. Zwar mag die Darstellung einer konvexen Prämienfunktion mit Hilfe einer Bonusformel schwierig sein. Jedoch kann stets die graphische Darstellungsform gewählt werden, wobei dann natürlich konkrete Maßeinheiten für die Ordinate und die Abszisse gewählt werden müssen.
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
681
anreizkompatible Prämienfunktion
P = f-max{G;0} (Option)
Abb. XIX.6: Option auf eine Prämie als „Approximation" einer anreizkompatiblen Prämienfunktion Außerdem ist zu beachten, daß bei stückweiser Linearisierung die beiden Prämiensätze f und f nicht unabhängig voneinander festgelegt werden können; sie müssen in dem Sinne aufeinander abgestimmt werden, daß sich für beide Bereiche G<0 und G>0 eine „gute" Approximation einer anreizkompatiblen Prämienfunktion ergibt. Ob alternative Paare von Prämiensätzen „zusammenpassen", kann aber allenfalls dann beurteilt werden, nachdem die Verläufe alternativer anreizkompatibler Prämienfunktionen bereits ermittelt worden sind. Wird die Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers für die Prämie derart transformiert, daß ihr Graph bei negativer Prämie die Abszisse schneidet, so ergibt sich eine anreizkompatible Prämienkurve, die die Abszisse bei einem Abszissenwert SW>0 schneidet; im Bereich G<SW ist die Prämie negativ und im Bereich G>SW positiv. Wird nun die Prämienfunktion durch die Option (XIX.39)
P = f •max{G-SW;0}
ersetzt, können sich wieder Gefahren für Fehlentscheidungen ergeben. Sie hängen von SW und f sowie den Aktionsmöglichkeiten des Entscheidungsträgers im Unternehmen ab. Bereicherungsmöglichkeiten können sich vor allem auch wieder aus einem Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen ergeben. 4.2.2 Mit systematischem Risiko Bei systematischem Risiko sind anreizkompatible Prämienfunktionen gemäß den Darstellungen in Kapitel XVI, Abschnitt 3.3.2, zustandsabhängig. Wird die Nutzenfunktion U*(P) für die Prämie wieder so dargestellt, daß sie durch den Ursprung des Koordinatensystems verläuft, gilt dies auch für alle Prämienfunktionen, wobei die Prämienfunktion für den Zustand Sg um so steiler
682
Kapitel XIX
verläuft, je niedriger der zugehörige risikoangepaßte Zinssatz r^ ist. Die Schwäche einer Option vom Typ (XIX. 1)
P = f-max{G;0}
besteht dagegen darin, daß sie zum einen eine Verlustbeteiligung ausschließt und zum andern im Bereich G>0 die Prämie zwar positiv, jedoch linear von G abhängt und zustandswnabhängig ist. Wird bei gegebenem a der Parameter ß der Nutzenfunktion U*(P) erhöht, so wird der Abszissenwert P^ des Schnittpunktes der Nutzenkurve mit der Abszisse negativ, so daß sich der Schnittpunkt P(P^,P^) der anreizkompatiblen Prämienfunktionen mit der 45°-Achse vom Nullpunkt aus nach links unten verlagert. Entsprechend verschieben sich sämtliche anreizkompatiblen Prämienfunktionen bei gegebener Krümmung ebenfalls nach links unten. Dabei wird für jeden Erfolg G die Prämie Ps(G) (s=l,2,...,S) kleiner und wegen der Konvexitätseigenschaft die Grenzprämie P'g (G) größer. Sämtliche anreizkompatiblen Prämienfunktionen schneiden nun die Abszisse bei positivem Abszissenwert. Je höher der einem Zustand Sg entsprechende risikoangepaßte Diskontfaktor (je niedriger der betreffende Zinssatz r^) ist, desto steiler verläuft die entsprechende Prämienfunktion und desto niedriger ist ihr Schnittpunkt SW mit der Abszisse. Abbildung XIX.7 verdeutlicht diesen Zusammenhang für die Zustände Sj („armer" Zustand) und S2 („reicher" Zustand). Wird die Nutzenfunktion U*(P) derart positiv linear transformiert, daß sie bei unveränderlichem P^-Wert steiler verläuft, so ändert sich die Lage des Punktes P(P^,P^) nicht. Jedoch verlaufen nun sämtliche anreizkompatiblen Prämienfunktionen flacher. Für jeden Zustand steigt folglich der kritische Erfolg SW, von dem an die Prämie positiv wird. Ps(G) ' L
Pl(G) („armer" Zustand) 45°-Achse
P=fmax{G-SW;0} P2(Gf(/eicher" Zustand)
0 -"^2
w G
SW ^-^"^
p(popo)
Abb. XIX.7: Zustandsabhängige Prämienfunktionen im Vergleich mit einer Option
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
683
Wird der Umweltzustand durch einen Aktienindex wie zum Beispiel den DAX repräsentiert, so ergibt sich der kritische Erfolg SW, von dem an die Prämie positiv wird, als monoton steigende Funktion dieses Indexes. Die Indexierung schafft einen Anreiz, von alternativen Investitionsstrategien mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeitsverteilungen tiber den Erfolg G jene zu realisieren, bei der die Tendenz besteht, daß G dann relativ hoch ist, wenn der Aktienindex relativ niedrig ist. Bei anreizkompatiblen Prämienfunktionen ist der kritische Erfolg SW allenfalls zufällig eine linear steigende Funktion des Aktienindexes. Da auch die den alternativen Werten flir SW entsprechenden Prämienfunktionen nicht linear sind und zudem ihre Krümmung von SW abhängt, ist zwar die explizite Darstellung der Abhängigkeit einer anreizkompatiblen Prämie vom Periodenerfolg und dem Aktienindex durch eine Bonusformel schwierig. Jedoch ist eine solche Darstellung gar nicht nötig. Wie in Kapitel XVI, Abschnitt 7.1, erläutert wurde, muß die Menge der anreizkompatiblen Prämien- oder Belohnungsfunktionen nicht ex ante ermittelt und in verifizierbarer Weise dargestellt werden. Man kann sich auf ein Verfahren einigen, mit dem die Prämie ex post festgelegt wird, nachdem der erzielte Erfolg und der eingetretene Zustand oder der ihn repräsentierende Aktienindex bekannt sind. Mit einem zustandswwabhängigem Sollwert SW kann analog zu (XIX. 1) die Prämienfunktion bei der Option wie folgt dargestellt werden: (XIX.40)
P = f • max{G ~ SW;0}
mit SW > 0.
Diese Prämienfunktion entspricht der Prämienfunktion (Option) (XIX.20), bei der der Marktwert M^* als Bemessungsgrundlage dient. Prämienfimktionen bzw. Optionen des Typs (XIX.40) sind zwar einfach darstellbar. Jedoch ist eine solche Aggregation zustandsabhängiger Prämienfunktionen zu einer einzigen problematisch. Die resultierende Anreizwirkung hängt davon ab, wie SW und f festgelegt werden, und ist insbesondere dann kaum zu durchschauen, wenn keine Vorstellungen über anreizkompatible Prämienfimktionen bestehen. Vor dem Hintergrund solcher Prämienfimktionen lassen sich gewisse Tendenzen erkennen: Allgemein besteht bei der Option kein direkter Anreiz, im Bereich G<SW (in dem bei der Option die Prämie gleich null ist) die Erfolgssituation zu verbessem. Bei der in Abbildung XIX.6 dargestellten Option (fett gezeichnete Prämienfunktion) ist im Bereich G>SWi die Prämie flir den „armen" Zustand niedriger und flir den „reichen" Zustand höher als bei der jeweiligen zustandsabhängigen anreizkompatiblen Prämienfunktion. Es besteht bei der Option kein besonderer Anreiz, durch entsprechende Realinvestitionen Gewinne in den „armen" Zustand zu verlagem. Im Gegenteil: Wird davon ausgegangen, daß es schwieriger ist, flir den „armen" Zustand (d.h. die betreffende Konstellation an Datenausprägungen) den Erfolg zu erhöhen, als flir den „reichen" Zustand, besteht die Tendenz, daß der Entscheidungsträger flir den „reichen" Zustand einen relativ hohen Erfolg anstrebt, weil er nur hierflir die Sollvorgabe mit hoher Wahrscheinlichkeit liberbieten kann. Auch die
684
Kapitel XIX
Vorgabe einer Hürde gemäß (XIX.33) ändert nichts an der grundsätzlichen Problematik der Option. Wird der Sollwert SW in (XIX.40) als steigende Funktion eines Aktienindexes oder einer Benchmarkrendite festgelegt, so kann dies als erster Schritt in Richtung zustandsabhängiger anreizkompatibler Prämienfunktionen interpretiert werden. Eine weitere Annäherung kann erzielt werden, indem der Prämiensatz in der Weise indexiert wird, daß er als fallende Funktion des Indexwertes festgesetzt wird. Analog zu den Darstellungen in Kapitel XVI, Abschnitt 7.2, könnte die Prämie (auf die nun der Entscheidungsträger eine Option hat) wie folgt in einfacher Weise ermittelt werden: (XIX.41)
P=
^
(G-FW) + FW mitxi>lundx2>0.
X1+X2 -DAXj
Da der Entscheidungsträger seine Option nur dann ausübt, wenn P>0 gilt, entfällt nun der Bereich negativer Prämien, so daß fär die Prämie gilt: (XIX.42)
P = maxJ ^ (G - FW) + FW; 01. [xi+X2-DAXi J
Wie „gut" die Approximation zustandsabhängiger Prämienfunktionen im Bereich positiver Prämien auch sein mag, es besteht keine Anreizkompatibilität, wenn der Bereich negativer Prämien generell vemachlässigt (durch eine Prämie von null repräsentiert) wird. Insbesondere besteht die Gefahr, daß sich der Entscheidungsträger zu Lasten der Anteilseigner bereichert, indem er durch entsprechende Realinvestitionen oder durch Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen im Untemehmen Erfolge zustandsabhängig verlagert, und zwar von Zuständen, in denen er den Sollwert nicht erreicht, in Zustände, in denen er ihn überschreitet. 4.3
Aktienoptionen
Analog zu Optionen auf erfolgsabhängige Prämien lassen sich Aktienoptionen analysieren. Zunächst werden Optionen des Typs (XIX.21) betrachtet, bei denen der Entscheidungsträger im Zeitpunkt t* x Aktien zum Basispreis B erwerben kann. Wenn bei Ausübung der Option die betreffenden Aktien vom Unternehmen am Markt erworben und dem Entscheidungsträger zur Verfügung gestellt werden (also keine bedingte Kapitalerhöhung vorgenommen wird), ist die Zahl X der Aktien des Untemehmens unabhängig von der Optionsausübung. Bezogen auf den Marktwert M^* aller Aktien des Untemehmens kann dann die Prämienfunktion (XIX.21) wie folgt dargestellt werden:
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
(XIX.43)
685
—-(MtHc-SW), fallsMt*>SW Pt* = X 0 , fallsMt*<SW
mit Mt* =X-Kt* undSW = X-B. Diese zustandsunabhängige Prämienfunktion ist schon dann äußerst problematisch, wenn ausschließlich unsystematisches Risiko maßgeblich ist. Anreizkompatible Prämienfunktionen verlaufen dann wie in Abbildung XIX. 8 streng konvex, wobei im Vergleich zu (XIX.43) die Prämie negativ wird, wenn der Marktwert M^* eine kritische Untergrenze (in Abbildung XIX.8 SW=SWi) unterschreitet. Notwendige Voraussetzung für Anreizkompatibilität bei M^* als alleiniger Bemessungsgrundlage ist allerdings, daß Ausschüttungen vor dem Zeitpunkt t* mit ihrem Endwert beim Zinssatz r in M^* erfaßt werden und der Entscheidungsträger den Marktwert M^* nicht durch Fehlinformationen bzw. durch Vorenthaltung von Informationen manipulieren kann. Wie im folgenden gezeigt wird, kann bei ausschließlich unsystematischem Risiko im Vergleich zu einer Prämienfunktion des Typs (XIX.43) eine bessere Approximation an eine anreizkompatible Prämienfunktion erzielt werden, indem der Entscheidungsträger mehrere Kaufoptionen mit unterschiedlichen deterministischen Basispreisen erhält und darüber hinaus mit ihm als Stillhalter eine Verkaufsoption (oder mehrere Verkaufsoptionen mit unterschiedlichen Basispreisen) vereinbart wird. Die anreizkompatible (zustandsunabhängige) Prämienfunktion in Abbildung XIX. 8 wird hier durch drei Kaufoptionen und eine Verkaufsoption -jeweils ausübbar zum Zeitpunkt t* - angenähert: Die entsprechenden Kaufoptionen lauten: ^^) 1. Option: x^ Aktien mit Basispreis Bj =
X 2. Option: X2 Aktien mit Basispreis B2 = SW2 X SW3 3. Option: X3 Aktien mit Basispreis B3 = wobei SWi>SW2>SW3 bzw. B3>B2>Bi gilt. Im Kursintervall zwischen B^ und B2 (bzw. im Marktwertintervall zwischen SWi =X-Bi und SW2 =X-B2) erhält der Entscheidungsträger einen Vorteil (Vermögenszuwachs) aus der ersten Option, im Kursintervall zwischen B2 und B3 (bzw. im Marktwertintervall zwischen SW2 und SW3) einen Vorteil aus der ersten und zweiten. Vom Kurs B3 (bzw. vom Marktwert SW3) an erzielt er einen Vorteil aus allen drei Optionen. 19) Die Parameter x und SW bzw. B sind nicht exogen gegeben. Sie werden so festgelegt, daß sich die dargestellte Approximation ergibt.
686
Kapitel XIX
Pt* f
X
X1+X2 y Pi X . ^ ^ Xl
y
X ^ ^ ^ 1 ^ ^ ^
SWi
^
^
1
J
•
SW2
sw.
Mt*
Abb. XIX.8: Zur Approximation einer anreizkompatiblen Prämienfunktionen durch mehrere Optionen Die Verkaufsoption berechtigt die Instanz zum Verkauf von X4(x4 <xi) Aktien des Unternehmens zum Basispreis Bj an den Entscheidungsträger als Stillhalter. (Die histanz kann dem Entscheidungsträger einen Preis fär die Akzeptanz der Verkaufsoption zum Beispiel in der Weise zahlen, daß sie seine fixe Vergütung erhöht.) Da in Abbildung XIX.8 die Prämie nicht in Abhängigkeit vom Aktienkurs K^*, sondern vom Marktwert Mt* = X-Kt* aller Aktien des Unternehmens dargestellt ist, ergeben sich folgende Steigungen der Prämienfunktion: Links von SW
X4.
X
im Intervall zwischen SW^ und SW2: — , X
im Intervall zwischen SW2 und SW3: rechts von SW3:
X1 + X2
X
X1+X2+X3
X
Bei Darstellung der Prämienfunktion in Abhängigkeit des Aktienkurses K^* = Mt* /X wäre die Steigung der Prämienfunktion jeweils das X-fache. Die gleiche Anreizwirkung wie mit den betrachteten vier Optionen kann erzielt werden, indem auf die Verkaufsoption verzichtet wird, statt dessen der
Verhaltensimplikationen von Optionen auf Prämien
687
Entscheidungsträger X4 Belegschaftsaktien zum Preis von insgesamt X4 • Bj erhält, wobei dieser Preis zum Zeitpunkt t* zu zahlen ist (bei Zahlung zum Zeitpunkt 0 beträgt der Preis entsprechend (1 + r)-t* • X4 • B^) und die Zahl xj der Aktien, die er im Rahmen der ersten Kaufoption erwerben darf, um X4(x4 < xj) reduziert wird; die „Prämie" ist dann unter Berücksichtigung des Preises für die X4 Belegschaftsaktien zum Zeitpunkt 1 flir jeden Marktwert M^* ebenso hoch wie bei den ursprünglichen vier Optionen. Bei ausschließlich unsystematischem Risiko ist es einerseits relativ einfach, mit Belegschaftsaktien und Aktienoptionen mit deterministischen Basispreisen eine Annäherung an eine anreizkompatible Prämienfunktion zu konstruieren. Andererseits ist diese Konstruktion aber auch überflüssig: Man kann den Entscheidungsträger einfach direkt an M^* beteiligen und die Prämienfunktion explizit (zum Beispiel graphisch durch eine konvexe Bonuskurve) darstellen. Jedoch besteht grundsätzlich auch systematisches Risiko. Da hierbei anreizkompatible Prämienfimktionen zustandsabhängig sind, sollten auch ihre Approximationen zustandsabhängig sein. Wird der Zustand durch einen Aktienindex (etwa den DAX) repräsentiert, so soll also die Prämie mit steigendem Marktwert M^* um so stärker ansteigen, je niedriger der Indexwert ist. Dieser Effekt kann zwar nicht mit Belegschaftsaktien erzielt werden, wohl aber im Prinzip mit verschiedenen Kauf- und Verkaufsoptionen, deren Basispreise eine fallende Funktion des Indexwertes, also stochastisch sind. Eine weitere Approximation kann erzielt werden, indem die Zahl der Aktien, die erworben werden dürfen, als fallende Funktion des Indexwertes festgesetzt wird. Jedoch verursachen derartige Konzeptionen einen besonders hohen Aufwand. Einfacher (und zielführender) ist es, Anreizkompatibilität zu gestalten, indem auf Optionen verzichtet und die Prämie analog zu den Darstellungen in Kapitel XVII, Abschnitt 4, direkt an M^* und den Aktienindex (bzw. die entsprechende Benchmarkrendite) gebunden wird.
5.
Erfolgsbeteiligung und Bedingung der Finanzierungsneutralität
Bei den bisherigen Darstellungen im Teil F wurde davon ausgegangen, daß die Gläubiger am Untemehmensrisiko nicht beteiligt sind; die Verschuldung erfolgte zum risikolosen Zinssatz r. In diesem Rahmen ist die Kapitalstruktur aus Sicht der Anteilseigner irrelevant. Bei Anreizkompatibilität gilt die Irrelevanz zugleich auch für den Entscheidungsträger. Werden dagegen Gläubiger am Risiko beteiligt, können sich AgencyProbleme der Fremdfmanzierung ergeben, wie sie in Kapitel X, Abschnitt 3.2.2, untersucht worden sind. Dort wurde gezeigt, welche Möghchkeiten im Prinzip bestehen, Anteilseigner zu Lasten der Gläubiger zu bereichem. Bei Anreizkompatibilität erzielt der Entscheidungsträger mit solchen Maßnahmen ebenfalls einen finanziellen Vorteil.
688
Kapitel XIX
Der Entscheidungsträger kann sich möglicherweise auch dann zu Laste der Gläubiger bereichem, wenn keine Anreizkompatibilität besteht. Wie im vorliegenden Kapitel gezeigt wurde, kann ein Verstoß gegen die Bedingung der Anreizkompatibilität insbesondere darin bestehen, daß der Entscheidungsträger an Gewinnen und nicht an Verlusten beteiligt wird bzw. genau dann eine Prämie erhält, wenn der Marktwert der Aktien eine bestimmten Sollwert überschreitet. Für den Entscheidungsträger besteht dann in Abhängigkeit von seinen möglichen Kapitalmarkttransaktionen im Untemehmen und im privaten Bereich prinzipiell die Möglichkeit, sich nicht nur zu Lasten der Anteilseigner,. sondem auch der Gläubiger zu bereichem. Bei rationalen Erwartungen werden jedoch die Gläubiger potentielle Schädigungen antizipieren und einen entsprechend hohen Zinssatz verlangen oder gar die Kreditbeziehung abbrechen. Die Nachteile aus der Agency-Problematik der Fremdfinanzierung tragen dann die Anteilseigner und der Entscheidungsträger (Kapitel X, Abschnitt 322A). Für die Anteilseigner kann es somit vorteilhaft sein, Selbstbindungen einzugehen, die eine Bereicherung zu Lasten der Gläubiger verhindem oder erschweren. Eine mögliche Form der Selbstbindung besteht darin, ein „finanzierungsneutrales" Belohnungssystem zu etablieren, bei dem die Prämie unabhängig von der Kapitalstruktur ist; die Anreizkompatibilität geht damit allerdings verloren. In der ersten Auflage dieses Buches (2003, Kapitel XX) werden Prämiensysteme daraufliin untersucht, ob sie zum einen finanzierungsneutral sind und zum anderen einen Anreiz schaffen, Projekte mit positivem Kapitalwert durchzuführen und mit negativem zu unterlassen. Es wird gezeigt, daß bei Beteiligung an den (positiven oder negativen) (Residual-) Gewinnen bzw. an den Überschüssen des Leistungsbereichs, nicht jedoch bei Beteiligung an den (Residual-) Gewinnen bzw. an den Ausschüttungen des Untemehmens Finanzierungsneutralität besteht. Bei Ausschluß einer Verlustbeteiligung besteht zwar unabhängig davon Finanzierungsneutralität, ob der (Residual-) Gewinn des Untemehmens oder des Leistungsbereichs als Bemessungsgrundlage gewählt wird. Jedoch kann sich jeweils der Entscheidungsträger unabhängig von der Finanzierung allgemein zu Lasten aller Kapitalgeber, der Anteilseigner und der Gläubiger, bereichem. Ergänzende und vertiefende Literatur: (2002); FISCHER/ZECHNER (1990); FRANKE (2004); GiLLENKiRCH (1997; 1999; 2001); HART (1995); HEMMER (1993); KNOLL (1997a; 1997b; 1997c; 1998a; 1998b); KRAKEL (1999); LAUX, C. (1996); LAUX (2001a); LAUX/SCHENK-MATHES (1992); MENICHETTI (1996); RUDOLPH/ SCHÄFER (2000); SCHÄFER (1998); SCHNABEL (1998); SCHWALBACH (1999); SCHWETZLER (1999); SIDDIQUI (1999); WENGER (1998); WENGER/KASERER/ KNOLL (1999); WENGER/KNOLL (1999); WINTER (1998; 2000).
ARNOLD/GILLENKIRCH
Verzeichnis Iiäufig verwendeter Symbolei) Risikoaversionskoeffizient, Proportionalitätsfaktor für zwei verschiedene Überschüsse zum Zeitpunkt t Abschreibung Anschaffungsauszahlung eines Investitionsprogramms zum Zeitpunkt 0 Anschaffungsauszahlung des Projekts P zum Zeitpunkt 0
AfA Ao Aop
ßn-
Kov(7n;^) Var(%)
Beta-Faktor für das Wertpapier n (auf Renditen bezogen)
Kov(Min;MiG) Var(MiG)
Beta-Faktor für das Wertpapier n (auf die Endwerte Mj^^ und M^Q bezogen) (absoluter) Anteil des betrachteten Individuums am Erfolg G (B wird oft als „Belohnung" im Rahmen eines finanziellen Anreizsystems interpretiert) (absoluter) Anteil des betrachteten Individuums am Erfolg G bei Eintreten des Zustandes Sg allgemein: Bemessungsgrundlage für die Prämie Risikotoleranz eines Entscheiders (zum Beispiel eines Investors auf dem Kapitalmarkt): Kehrwert des Risikoaversionskoeffizienten
B(G)
Bs(G) BG D ds=(l+rs)
-1
Diskontfaktor für eine Zahlung zum Zeitpunkt 1 bei Eintreten des Zustandes Sg
d(S,,s)
Diskontfaktor für eine Zahlung zum Zeitpunkt t bei Eintreten des Zustandes S^ g
Aal
Änderung der Varianz des Endwertes des Marktportefeuilles bei Durchführung des Projekts (bzw. Programms)
E() E()
Einzahlungsüberschuß des Projekts (bzw. Programms) zum Zeitpunkt t Erwartungswert des in der Klammer aufgeführten Terms „risikoneutraler" Erwartungswert des in der Klammer aufgeführten Terms (ermittelt mit Hilfe von „risikoneutralen" Wahrscheinlichkeiten bzw. Martingalwahrscheinlichkeiten)
8
stochastischer Störterm
F FK,
Fremdkapital zum Zeitpunkt t
fixe Vergütung
FKt
Erwartungswert von FK^
f
Prämiensatz
G
Residualgewinn des Unternehmens
GL
Residualgewinn des Leistungsbereichs
1)
Wenn Verwechslungen ausgeschlossen sind, können einzelne Symbole (wie dann jeweils definiert wird) auch verschiedene Größen bezeichnen.
690
Symbolverzeichnis
I,
Residualgewinn (Erfolg) des Projekts (bzw. Programms) P Anschaffungsauszahlung für die Investition zum Zeitpunkt t Eigenkapitalkostensatz des Unternehmens n: k^,^ = E ( ^ )
K
gewogener durchschnittlicher Kapitalkostensatz des Unternehmens n: K ^ E(rdn) (vgl. auch WACC)
Kov(;)
Kovarianz zwischen den in der Klammer aufgeführten Termen
Ln X m MR
Verschuldungsgrad des Unternehmens n: L„ = FKj, / MQH
MoO
Marktwert des in der Klammer aufgeführten Terms zum Zeitpunkt 0
M
Marktwert des Marktportefeuilles zum Zeitpunkt 0: MQG = Z^On
LAGRANGE-Faktor (häufig auf ein individuelles Portefeuille bezogen) Index für einen Wertpapiertyp Marktpreis des Risikos (auch Risikoprämie pro Risikoeinheit genannt): MR = RPQ / Var(Mi(3 ) N n=l
M,On
Marktwert aller Wertpapiere n zum Zeitpunkt 0 (häufig als Marktwert der Aktien des Unternehmens n ex Dividende interpretiert): MQ^ -^n '^On
M,G
Marktwert des Marktportefeuilles zum Zeitpunkt 1: MJQ = J^M^^
Min
Marktwert aller Wertpapiere n zum Zeitpunkt 1 (häufig als Endwert der Aktien des Unternehmens n cum Dividende interpretiert): Min^X^.Pl^
M,
Marktwert der Aktien des betrachteten Unternehmens zum Zeitpunkt t (für t=0 ex Dividende und für t>0 - sofern keine andere Definition erfolgt - cum Dividende)
Mt
Erwartungswert von M^
Mt,s
Marktwert der Aktien des betrachteten Unternehmens zum Zeitpunkt t bei Eintreten des Zustandes S^ g „Marktwert" der Bemessungsgrundlage BG für die Prämie Marktwert des Realinvestitionsprojekts bzw. -programms zum Zeitpunkt 0 unter Berücksichtigung der Anschaffungsauszahlung AQ Marktwert der zukünftigen Residualgewinne des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt 0 Marktwert der zukünftigen Überschüsse des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt 0 (t)
MBG MPo MZGLQ
MZÜLQ (MZÜLt)
n=l
MZULt
Erwartungswert von MZÜL^
n N nB nP
Erwartungswert des Residualgewinns des Projekts (bzw. Programms) P Index für einen Wertpapiertyp Zahl der Wertpapiertypen nach Belohnung (nach Prämie P und Fixum F) nach Prämie P
Symbol Verzeichnis P P^ PQJ^
691
r YQ r^ r^^
Prämie des Entscheidungsträgers zum Zeitpunkt 1 Prämie des Entscheidungsträgers zum Zeitpunkt t Preis einer Einheit des Wertpapiers n zum Zeitpunkt 0 nach Dividenden bzw. Zinsen Preis einer Einheit des Wertpapiers n zum Zeitpunkt 1 vor Dividenden bzw. Zinsen Preis im Zeitpunkt 0 eines (bedingten) Zahlimgsanspruches auf 1 GE zum Zeitpunkt 1 bei Eintreten des Zustandes Sg Preis im Zeitpunkt 0 eines (bedingten) Zahlungsanspruches auf 1 GE zum Zeitpunkt t bei Eintreten des Zustandes S^ g risikoloser Zinssatz Rendite des Marktportefeuilles Rendite der Wertpapiere n durchschnitthche Verzinsung des Gesamtkapitals des Unternehmens n
RPQ
Risikoprämie des Marktportefeuilles: R P Q = E ( M | Q ) - (1 + r) • M Q Q
RPj^
Risikoprämie aller Wertpapiere n
R P Q / Var(MiQ )
Marktpreis des Risikos (auch Risikoprämie pro Risikoeinheit genannt) risikoangepaßter Zinssatz für eine Zahlung zum Zeitpunkt 1 bei Ein-
Pj^^ Tig 7i(St s)
rg
s S j , S2,..., Sg S^ g S(t) SÄ() SPA Sta( ) SW T t T u U() Ug Üj
treten des Zustands Sg ((1 + rg) ~ bezeichnet den entsprechenden Diskontfaktor) Ertragsteuersatz oder Index für „nach Steuer" oder „unter Berücksichtigung von Steuem" mögliche Zustände zum Zeitpunkt 1 möglicher Zustand zum Zeitpunkt t Zahl der möglichen Zustände zum Zeitpunkt t (aus Sicht des Zeitpunkts 0) Sicherheitsäquivalent (oder MarÄ:^Sicherheitsäquivalent) des in der Klammer aufgeführten Terms State-Preference-Ansatz Standardabweichimg (Synonym: Volatilität) des in der Klammer aufgeführten Terms Sollwert Zeitindex Zeitindex Zeitpunkt der Liquidation bzw. Ende des betrachteten Planungszeitraums Index für unverschuldet Nutzenfunktion für die in der Klammer aufgeführten Zielgröße Nutzenfunktion für den Zustand Sg (zustandsabhängige Nutzenfunktion) Ausschüttung des Unternehmens zum Zeitpunkt t an die Anteilseigner (ist Ü^ negativ, erfolgt eine Eigenkapitaleinlage)
692
Symbolverzeichnis
ÜL^ ULt V^ VL^ Var() VQ Vj Vji g WACC X^ x^ W|(Sg) bzw. Wj(Sg) w(Sg) WP^ ZAg Z| bzw. z
Überschuß des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt t unter Berücksichtigung von Investitionsauszahlungen Bruttoüberschuß des Leistungsbereichs zum Zeitpunkt t vor Investitionsauszahlungen I^ (und Steuern) Reinvermögen des Unternehmens zum Zeitpunkt t Gesamtvermögen (des Leistungsbereichs) des Unternehmens zum Zeitpunkt t (VL^ - FK^ = V^) Varianz des in der Klammer aufgeführten Terms Geldvermögen eines Anteilseigners (bzw. Investors) zum Zeitpunkt 0 (Ausgangsvermögen) Vermögen eines Anteilseigners (bzw. Investors) zum Zeitpunkt 1 (Endvermögen) Endvermögen des Anteilseigners (bzw. Investors) i bei Eintreten des Zustandes Sg durchschnittlicher gewogener Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital) Zahl aller Wertpapiere (des Typs) n Zahl der Wertpapiere n in einem individuellen Portefeuille (Eintritts-) Wahrscheinlichkeit des Zustandes Sg aus Sicht des Individuums i bzw. j Martingalwahrscheinlichkeit („risikoneutrale" Wahrscheinlichkeit) des Zustandes Sg (End-) Wert eines Wertpapierportefeuilles zum Zeitpunkt 1 bedingter Zahlungsanspruch für den Zustand Sg (im Fall ZAg<0 liegt eine Zahlungsverpflichtung vor) Anteil des Anteilseigners i bzw. j am Marktportefeuille
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Sachverzeichnis
absolute Risikoaversion 23 Aktienindex -, Bindung der Belohnung an einen 582,675 Aktienoptionsprogramm 641 - im Licht anreizkompatibler Erfolgsbeteiligung 679 Anreizgestaltung 495 Anreizkompatibilität -, Bedingung der 70, 493, 502, 568, 597, 614 - im strengen Sinne 72 -, partielle 88, 227 -, Vergleich von Begründungen der 233 anreizkompatible Erfolgs- bzw. Risikoteilung 70 -, lineare 79, 84 -, nichtlineare 80, 555, 585 - im Konflikt mit paretoeffizienter 84 -, Kompatibilität mit paretoeffizienter 84 Anreizsystem 395 Anteil eines Investors am Marktportefeuille im CAPM 148 Arbitrage 120, 139 Arbitragefreiheit 120 -, Bedingungen der 120, 124 - und Bewertung von Wertpapieren 127, 139 ARROW-PRATT-Risikoaversionskoeffizient 23 Ausschluß einer Verlustbeteiligung 643 - und Kapitalmarktzusammenhang 645 AVP-Ansatz 449
Barrier Option Barwertidentität Basiselemente eines Belohnungssystems
673 462 499
Basispreis oder Basiskurs 130, 661 Belegschaftsaktien 519, 562 Belohnungsfunktion 499 Belohnungssystem -, Basiselemente eines 499 Bemessungsgrundlagen für Belohnungen 499 - Ausschüttungen 563, 590 - Marktwert der Aktien 561 - residuale Marktwertänderungen 590 - Residualgewinne 594, 616 - Überschüsse des Leistungsbereichs 592,611 Benchmarkrendite und Aktienoption 675 BERNOULLI-Prinzip 13 Beta-Faktor -, auf absolute Größen bezogen 152 -, auf Renditen bezogen 174 Bewertung - auf der Basis von Gewinnen 457 - auf der Basis von Überschüssen 341 - auf Grund von risikoangepaßten Kalkulationszinsfüßen 178,275,337,407,453 - auf Grund von Preisen für zustandsbedingte Zahlungsansprüche 139,327,486 -, risikoneutrale mit Martingalwahrscheinhchkeiten 188,329 - von Investitionsprojekten 457 - von Unternehmen 457 - von Wertpapieren auf Grund der C APM-Preisgleichung 149 Bewertungsfunktionen - im Rahmen des CAPM 149, 178, 333, 352 - im Rahmen des State-Preference-Ansatzes 139,327 - und Ertragssteuem 434 - und Periodenerfolge 473 Bewertungsverbund 26 Bonusbank 629 BQ-Variante des CAPM 159,200,204
Cap
512
714
Sachverzeichnis
Capital Asset Pricing Model (CAPM) 145, 154, 170, 180, 190, 197, 265^,333,352 -, BQ-Variante 159 -, NB-Variante 159 -, NE-Variante 159 - im Mehrperioden-Fall 333 - Vergleich mit dem SPA 190 CAPM-Preisgleichung (Marktwertgleichung) 150, 152 CAPM-Renditegleichung 174,418 Cashflow 435 Competitivity-Bedingung 222
Deutscher Corporate Governance Kodex 511 Differenzarbitrage 121 Diskontfaktor -, risikoangepaßter 181 -, zustandsbezogener 143, 181 Discounted Cashflow-Verfahren 348 Dominanzarbitrage 122 Dominanzprinzip 12 Duplikation -, dynamische 315 -, und Bewertung 315 Duplikationsportefeuille
237,315,382,544
Economic Value Added (EVA) 623 -, Bereinigungen beim 624 EDGEWORTH-Diagramm 60 Effizienz eines Portefeuilles 109 Effizienzkurve 106 - im (|a,a)-Diagramm 107 108 - im (|Li,a^)-Diagramm Eigenkapitalkostensatz 178,360,407,413,420 Einmütigkeit 70 Entity Ansatz 312,419,437,453,474,482 Entscheidungsbaum 35 Equity Ansatz 312, 419, 478, 483 Erfolgsbeteiligung von Entscheidungsträgem 555,585
-, anreizkompatible 567 - bei Ausscheiden aus dem Unternehmen 603 - bei ungleichen Zeitpräferenzen 601 -, Irrelevanz einer linearen 516, 530 - im SPA 567 - und Risikomanagement 575 -, konvexe zustandsabhängige 567 -, zustandsunabhängige 565 Erfolgs verbünd 26, 307 Ertragssteuem 434 Ertrags wertverfahren 388 Erwartungsstruktur -, graphische Darstellung 253 EVA-Bonussystem 623 -, Bereinigungen beim 624 -, risikoangepaßter Zinssatz beim 634 -, und Bonusbank 629 -, und Zielbonus 629 -, und Zielerfolg 629 Eventualplan 33
Fehlentscheidungen - bei nicht anreizkompatibler Erfolgsbeteiligung 564, 565, 589, 623, 643 Finanzbereich 311 Finanzoption 377 Flexible Planung 32, 366 - und CAPM 375 - und Ergebnismatrix 37 - und Optionspreistheorie 377 - und State Preference Ansatz 372 - und subjektive Nutzenmaximierung 368 Folgemaßnahmen -, und zustandsabhängige Nutzenfunktionen 30
Gewinnsteuer Gläubiger -, Interessenskonflikt mit Anteilseignem
441
251
Sachverzeichnis
Grenznutzenwerte -, Einfluß auf Marktwerte im Gleichgewicht 141, 184, 192, 327 -, unveränderliche Grenznutzenwerte als Bedingung für die Kompatibilität von Marktwertund subjektiver Nutzenmaximierung 227 -, Problematik der Marktwertmaximierung bei veränderlichen 223, 265 Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen - als Basis für einen Nachweis der Kompatibilität von Marktwertmaximierung und subj ektiver Nutzenmaximierung 215 - und Schaffung bzw. Zerstörung von Anreizkompatibilität zwischen Entscheidungsträger und Anteilseignem 528,573
Indexierung und Erfolgsbeteiligung 5 82 Indifferenzkurven 19 - im (|Li,a)-Diagramm 19 - im (|Li,a^)-Diagramm - bei zwei Zuständen 163 individuelle Marktwertmaximierung (Maximierung des Marktwertes des investierenden Unternehmens) 213, 269, 283 Information der Anteilseigner -, Irrelevanz bei gegebenem CAPM-Gleichge wicht 210 -, Relevanz bei einem Übergang in ein neues CAPM-Gleichgewicht 297 Investitionsplanung - bei gegebenem Marktgleichgewicht 202,213,269,282 - bei einem Übergang in ein neues Marktgleichgewicht 288
715
- im Einperioden-Fall 202,213,269,282 - im Mehrperioden-Fall 32,330,488 Irrelevanz - der Finanzierung 247, 268 - homogener Informationen 210 - linearer Erfolgsbeteiligung 516 -, Bedingungen der Irrelevanz linearer Erfolgsbeteiligung 516
Kalkulationszinsfuß -, periodeneinheitlicher 341, 424 -, proj ekteinheitlicher 341 -, risikoangepaßter 178, 275, 339, 407 Kapitalkosten - beim Entity-Ansatz 479 - beim Equity-Ansatz 479 Kapitalkostensatz -,durchschnittlicher gewogener407, 413 Kapitalmarkt -, kompetitiver 222 -, Preisbildung auf dem 117, 178 -, vollkommener 119 -, vollständiger 126 - als Institution pareto-effizienter Risikoteilung 161 - und Kontrolle von Investitionsentscheidungen 536 Kapitalstruktur - und Eigenkapitalkostensatz 413 - und Kapitalkosten 413, 433, 444 Kaufoption 130 Komplexitätsreduktion 42 Kongruenzprinzip 464 Kontraktkurve 63 Kontrolle von Investitionsentscheidungen 497 - und Kapitalmarkt 536 Kovarianz - und Marktwert eines Wertpapiers 152,354 Kursschwelle (Hürde) 673
Leerverkaufeines Wertpapiers Leistungsbereich
311
716
Sachverzeichnis
lineare Erfolgsbeteiligung -, Irrelevanz der 516 -, mögliche Problematik 564 lineare pareto-effiziente Risikoteilung - bei exponentiellen Nutzenfunktionen 55 - bei quadratischen Nutzenfunktionen 55, 65 - bei anderen Nutzenfunktionen der HARA-Klasse 58 - und Anreizkompatibilität 85
Marktgleichgewicht 146 - und pareto-effiziente Risikoteilung im CAPM 167 - und pareto-effiziente Risikoteilung im State Preference Ansatz 161 - und Anreizkompatibilität (Einmütigkeit) 203 Marktportefeuille 147 Marktpreis des Risikos (vgl. auch Risikoprämie pro Risikoeinheit) 170 -, Abhängigkeit von den Risikoaversionskoeffizienten bzw. Risikotoleranzen der Anteilseigner 171 -, Abhängigkeit von der Zahl der Anteilseigner 172 -, Konstanz bei Neuinvestitionen 270 Marktsicherheitsäquivalent des Endwertes von Wertpapieren 151 Marktungleichgewicht - und fehlende Anreizkompatibilität 288 Marktwert der Aktien eines Unternehmens -, Bedeutung für die Planung 207 -, Ermittlung 149, 270, 327 -, Höhe 152 -, Änderung bei Investitionen in dem betreffenden Unternehmen 271 -, Änderung bei Investitionen in einem anderen Unternehmen 277 -, realer 286 -, virtueller 286
Marktwert der Aktien aller Unternehmen im Marktgleichgewicht -, Änderung bei Investitionen 278 Marktwert eines Investitionsprogramms als Bemessungsgrundlage für Prämien 560 Marktwert eines Wertpapiers im Gleichgewicht 149, 157 -, Ermittlung 149 -, Höhe 152 Marktwertgerade 164 Marktwertmaximierung - bezüglich der Aktien des investierenden Unternehmens (individuelle Marktwertmaximierung) 213,269,283 - bezüglich der Aktien aller Unternehmen 285 - bezüglich einer gewichteten Summe dieser Marktwerte 291 -, reale 286 -, virtuelle 286 - und Spanning bzw. Duplizierbarkeit 236 Marktwertmaximierung und (subjektive) Nutzenmaximierung 213,265 Martingalwahrscheinlichkeit 188,329 -, |Li-Regel 16 -, (|Li,a)-Prinzip 17 modifizierter State Preference Ansatz 154,322,557,586 MODIOLIANl/MlLLER-Theorem415, 429
159,211 NB-Variante des CAPM 311 neutraler Bereich NE-Variante des CAPM 159 15 Nutzenfunktion -, exponentielle 20, 55, 67 17,56,65 -, quadratische 29 -, zustandsabhängige -, zustandsunabhängige 32 -, positiv lineare Transformation 15 Nutzenmaximierung und finanzwirtschaftliche Entscheidungskriterien 40,265
Sachverzeichnis
Nutzenmaximierung und Investition 265 -, direkte 197,282 - im CAPM-Gleichgewicht -, indirekte in Verbindung mit einem Handel mit zustandsbedingten Zahlungsansprüchen 215 - im Konflikt mit Marktwertmaximierung 207, 214, 265 - im Einklang mit Marktwertmaximierung 214 - und flexible Planung 368 - und Untemehmensbewertung 384
Optimales Belohnungssystem -, Grenzen der Ermittlung - und Bedingung der Anreizkompatibilität Option -, Bewertung -, Problematik als Anreizinstrument -, virtuelle Optionspreistheorie - und flexible Planung
502 502 130 132 642 663 377
Pareto-effiziente Erfolgs- bzw. Risikoteilung 45,213 -, graphische Analyse -, Grundbedingung der 49 -, lineare 55 -, nichtlineare 58 - im Konflikt mit anreizkompatibler 84 -, Kompatibilität mit anreizkompatibler 84 pareto-effiziente Risikoteilung und Kapitalmarkt -, CAPM 167 -, State Preference Ansatz 161 Pareto-Programm 48 Periodeneinheitlichkeit eines risikoangepaßten Kalkulationszinsfußes -, Bedingung der 341,424
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Periodenerfolge - als Bemessungsgrundlagen für Prämien 394,623 - als Bewertungsgrundlage 457 - im Entity-Ansatz 474 - im Equity-Ansatz 478 Phantom Stocks 562 Portefeuille -, Ermittlung eines effizienten 109 -, Ermittlung eines optimalen 106 -, Struktur effizienter 103, 108 -, Eigenschaften optimaler 113, 108 Prämie (vgl. Erfolgabeteiligung) Preise für zustandsbedingte Zahlungsansprüche -, Ermittlung 126 -, Höhe 139, 184 -, Änderung bei Investitionen 299 -, mögliche Konstanz bei Investitionen 298 Prognose zukünftiger Überschüsse 399 Projekteinheitlichkeit eines risikoangepaßten Zinssatzes 343
Rationalität - und vollkommener Kapitalmarkt 119 -, Problematik der Bewertung bei beschränkter 392 Realoption 377 Regressionslinie 176 Rendite - des Marktportefeuilles 173 - eines einzelnen Wertpapieres 173 -, erwartete 173 -, stochastische Abhängigkeiten zwischen Renditen 176 Renditegleichung des CAPM 174, 418 Repräsentativer Investor 186, 188 residuale Marktwertänderung 590 Residualgewinn 96, 461, 467 - als Bemessungsgrundlage für Prämien 394 - und EVA 623 Restriktionsverbund 26,307
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Sachverzeichnis
Risiko -, idiosynkratisches 154 -, störtermbedingtes 155 -, systematisches 156, 177 -, unsystematisches 156, 177 -, zustandsbedingtes 156 Risikoabschlag 24 Risikoaversionskoeffizient 23, 171 Risikoklasse 355 -, Definition der 342, 347, 358 -, Erfolgsbeteiligung bei gegebener 607 Risikomanagement und Erfolgsbeteiligung 575 „risikoneutrale" Bewertung 188, 329 Risikomanagement - und Erfolgsbeteiligung 575 Risikoprämie - einer Einheit eines Wertpapiers 103 - eines individuellen Portefeuilles 103 - je Risikoeinheit 152, 174 Risikoteilung -, anreizkompatible 69, 555, 585 -, pareto-effiziente 45 Risikotoleranz 23, 171 Risikoverbund 26 Risikozuschlagsmethode 319 Roll-Back-Verfahren 39
Schwellenoption 673 Shareholder Value Ansatz 399, 407 Sicherheitsäquivalent 21, 277, 350 Sicherheitsäquivalentmethode 319,335,359,367 Spanning 285, 299, 305 -, Darstellung der SpanningBedingung 237 - und Marktwertmaximierung 236 State Preference Ansatz (SPA) 134, 158,181,357,530 -, Vergleich mit dem CAPM 190 - im Einperioden-Fall 154 - im Mehrperioden-Fall 332 -, pareto-effiziente Risikoteilung im 168
-, modifizierter (SPA) 154,332,557,586 Steuern und Bewertung 434 Stock Options -, Charakteristik 660 -, Fehlentscheidungen bei 667 - und Bedingung der Anreizkompatibilität 679 Strategie 35 Strukturparameter 357
Tax Shield -, aus Abschreibungen -, aus Fremdkapitalzinsen Terminkontrakte Total Cash Flow-Ansatz Transformationsfaktoren
443 444 129 448
Übergewinn Überschußbeteiligung Unterinvestition Untemehmensbe Wertung -, Entity-Ansatz -, Equity-Ansatz -, Ertrags wertverfahren -, subjektive individuelle
97 592 611 307 312, 474 312, 478 388 384
Verbundeffekte 26 Verkaufsoption 130 Verlustausschluß bei Erfolgsbeteiligung 643 virtueller Marktwert der Aktien eines Unternehmens 287 vollkommener Kapitalmarkt 119 vollständiger Kapitalmarkt 126, 136
WACC-Ansatz 449 WACC-Formel 407,413 - und steuerliche Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen 408, 450 Wertadditivität 193 Wertpapiermarktlinie 173
Sachverzeichnis
Zahlungsansprüche -, zustandsbedingte 215 Zielbonus 629 Zielerfolg (Target) 629 Zielkonflikte und Finanzierung -, nichtlineare Erfolgsteilung zwischen Anteilseignem 248 -, nichtlineare Erfolgsteilung zwischen Anteilseignem einerseits und Gläubigem andererseits 251 Zielkonflikte zwischen Anteilseignem - bei Berücksichtigung persönlicher Steuem 456 - bei nichtproportionaler Teilung des Erfolges von Investitionsprojekten 248 - bei pareto-inferiorer Risikoteilung 245 - bei veränderlichen Grenznutzenwerten 263 Zielkonflikte zwischen Anteilseignem und Entscheidungsträgem Zielkonflikte zwischen Anteilseignem und Gläubigem 251 zinsbereinigte Einkommenssteuer 439 zustandsabhängige Erfolgsbeteiligung 555,585 zustandsabhängige Nutzenfunktion 29 Zustandsbedingte Zahlungsansprüche -, Preise für 139,299,322 -, Handel mit 136,215,322,531,645,667
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