J. Fræmke n Standardoperationen in der Gefåûchirurgie
Johannes Fræmke
Standardoperationen in der Gefåûchirurgie Mit ...
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J. Fræmke n Standardoperationen in der Gefåûchirurgie
Johannes Fræmke
Standardoperationen in der Gefåûchirurgie Mit 186 çberwiegend farbigen Abbildungen und 55 Tabellen
Johannes Fræmke Klinik fçr Herz-, Thorax- u. Gefåûchirurgie St. Johannes-Hospital Johannesstraûe 9±15 44137 Dortmund
ISBN 3-7985-1460-7 Steinkopff Verlag Darmstadt Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.steinkopff.springer.de ° Steinkopff Verlag Darmstadt 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Redaktion: Dr. Annette Gasser Herstellung: Klemens Schwind Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Satz: K+V Fotosatz GmbH, Beerfelden Druck und Bindung: Stçrtz GmbH, Wçrzburg SPIN 10992609
85/7231-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort
Eine groûe Zahl von Erkrankungen der arteriellen und venæsen Gefåûe låsst sich heute prinzipiell durch chirurgische oder interventionelle Techniken behandeln, wenn auch Abteilungen fçr interventionelle Eingriffe noch weniger verbreitet sind als gefåûchirurgische Zentren. Mit der Mæglichkeit, den stationåren Aufenthalt zu verkçrzen, einem geringeren Behandlungsrisiko sowie ihrer minimalen Invasivitåt liegen die interventionellen Verfahren jedoch voll im Trend, gegen den sich die chirurgischen Techniken abzugrenzen haben. Im Zeitalter des informierten Patienten muss man in einem modernen Therapiekonzept diesem Umstand Rechnung tragen. Soweit es sich um etablierte Verfahren auf entsprechend hohem Evidenzniveau handelt, wird die Interventionstechnik mit ihren Komplikationen und Spåtresultaten der jeweiligen chirurgischen Therapie gegençbergestellt und mit dem Patienten besprochen. Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf der chirurgischen Therapie von Gefåûkrankheiten einschlieûlich Diagnostik, Spontanverlauf, OP-Technik und Ergebnissen. Die Therapie von Aneurysmen und Dissektionen der thorakalen und abdominalen Aorta, die vor 10 Jahren noch eine Domåne der Chirurgie war, ist durch Entwicklung und Einsatz so genannter endoluminaler Prothesen (stentgraft), heute auch auf wenig invasivem Weg mæglich, wenn auch nicht im Gesamtverlauf der Aorta anwendbar. Operationen an der thorakalen Aorta bedçrfen meist des Einsatzes der Herz-LungenMaschine und werden somit der Herzchirurgie zugeordnet. Korrekturen des abdominellen Verlaufs erfordern eine andere Vorgehensweise, die sich an einer rein gefåûchirurgischen Technik orientiert. Daher nimmt die chirurgische Therapie der Aorta eine Sonderstellung zwischen Herz- und Gefåûchirurgie ein. Aus Grçnden der Gesamtdarstellung werden die Operationen an der thorakalen und abdominellen Aorta in diesem Band beschrieben. Fçr die Gesamtgestaltung des Buches bin ich dem Steinkopff Verlag/Darmstadt sehr zu Dank verpflichtet und hier insbesondere der kompetenten und geduldigen Betreuung durch Frau Dr. A. Gasser. Nicht weniger herzlich bedanke ich mich bei unserer Sekretårin, Frau B. Junghåhnel, die unermçdlich såmtliche Zeichnungen in ihrer Freizeit gefertigt und damit zum optischen und inhaltlichen Erscheinungsbild ganz entscheidend beigetragen hat. Das Buch ist den Ørzten, Schwestern und Pflegern im St.-Johannes-Hospital, Dortmund gewidmet, die mich çber die vielen Jahre begleitet und unterstçtzt haben. Dortmund, im Januar 2006
Johannes Fræmke
Inhaltsverzeichnis
1 n
3.2
Bedeutung und Funktion des Kreislaufs . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.1 1.1.1 1.1.2
Anatomie des Kreislaufsystems . . Groûer und kleiner Kreislauf . . . . Gefåûe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 3
1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3
Physiologie der Homæostase . Thrombozyten . . . . . . . . . . . . Blutgerinnung und Fibrinolyse Gefåûwand . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
7 7 8 10
1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4
Physiologie der Blutstræmung Erhaltung (steady flow) . . . . . Stræmungsgesetze . . . . . . . . . . Auftreten von Turbulenzen . . . Bedeutung der Scherkraft . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
11 11 12 12 13
1.4
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . .
13
Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik . . . . . . . . . . . . . Auskultation . . . . . . . . . . . . . . . . Blutdruckmessung (indirekte Methode) . . . . . . . . . . Ultraschallverfahren . . . . . . . . . . Lichtreflexionsrheographie (LRR) Verschlussplethysmographie . . . . Laufbanduntersuchung . . . . . . . . Magnetresonanztomographie . . . .
. .
27 27
. . . . . .
27 28 38 39 40 40
Apparative invasive Gefåûdiagnostik . . . . . Arteriographie . . . . . . Venographie . . . . . . . Phlebodynamometrie
. . . .
42 42 44 44
4 n
Einsatz und Wirkung von Medikamenten . . . . . . . . . . .
47
Medikamente mit Wirkung auf die Blutgerinnung . . . . Heparin . . . . . . . . . . . . . . . Danaparoid . . . . . . . . . . . . Protamin . . . . . . . . . . . . . . Cumarol . . . . . . . . . . . . . . Streptokinase/Urokinase . . Azetylsalizylsåure (ASS) . . Ticlopidin . . . . . . . . . . . . . Weitere antithrombozytåre Substanzen . . . . . . . . . . . . Empfehlungen . . . . . . . . . .
3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.2.6 3.2.7 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3
2 n
Risikofaktoren und Atherogenese
15
4.1
2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6
Risikofaktoren . . . . . Arterielle Hypertonie Hyperlipidåmie . . . . Nikotinkonsum . . . . . Diabetes mellitus . . . Ûbergewicht . . . . . . . Alter . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
15 15 16 18 18 19 20
2.2
Atherogenese . . . . . . . . . . . . . . . .
20
4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.1.7 4.1.8
2.3
Atherosklerose und Lebenserwartung . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
22
3 n
Gefåûdiagnostik . . . . . . . . . . . . .
25
3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3
Nichtapparative Gefåûdiagnostik Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . Inspektion . . . . . . . . . . . . . . . . . Palpation . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25 25 26 26
. . . .
4.1.9 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.3
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
57 58
. . . . .
. . . . .
58 58 58 59 59
Infektionsprophylaxe mit Antibiotika . . . . . . . . . . . . . . .
59
. . . . .
. . . . .
. . . . . . . .
. . . .
...... ......
. . . . .
. . . . . . . .
. . . .
47 48 52 53 54 55 56 57
. . . . .
. . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . .
Vasoaktive Medikamente und Lipidsenker . . . . . . Vasodilatatoren . . . . . . . Rheologische Substanzen Prostaglandine . . . . . . . . Lipidsenker . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . .
. . . . .
. . . . . . . .
. . . . .
VIII
n
Inhaltsverzeichnis
5 n
Arterielles System . . . . . . . . . . . .
5.1
5.1.2
Arterielle Gefåûkrankheiten ± Einteilung und Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung der Gefåûstenose und Stadieneinteilung . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63 65
5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.2.6 5.2.7 5.2.8
Arterielle Verschlusskrankheit . . . Hirnkreislauf . . . . . . . . . . . . . . . . . Erkrankungen der A. carotis . . . . . Vertebrobasilare Insuffizienz . . . . . Erkrankungen der A. subclavia . . . Nierenarterienstenose . . . . . . . . . . Andere Viszeralarterienverschlçsse Becken-Bein-Typ . . . . . . . . . . . . . . Popliteaaneurysma . . . . . . . . . . . .
69 69 77 85 86 89 92 94 104
5.3 5.3.1 5.3.2
Arterielle Embolie . . . . . . . . . . . . Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
106 106 107
5.4 5.4.1 5.4.2
Aneurysma und Dissektion . . . . . . Thorakale Aorta . . . . . . . . . . . . . . Abdominale Aorta . . . . . . . . . . . . .
108 108 124
6 n
Venæses System . . . . . . . . . . . . . . 141
6.1 6.1.1 6.1.2
Aufbau und Funktion . . . . . . . . . . Anatomie der Beinvenensysteme . . Physiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
141 141 143
6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.2.4
Varizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lokalisation und Stadieneinteilung Klinik und Diagnose . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
146 146 146 146 147
6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 6.3.6
Tiefe Venenthrombose (TVT) Definition . . . . . . . . . . . . . . . Øtiopathogenese . . . . . . . . . . Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . Prophylaxe . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . .
149 149 149 150 150 150 151
5.1.1
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
63
63
6.4
Chronisch venæse Insuffizienz (CVI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
157
6.5
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . .
158
7 n
Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . .
161
7.1
Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
161
7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4
Diagnostik . . . . . . . . . Labor und Ræntgen . . EKG . . . . . . . . . . . . . . Bildgebende Verfahren Einteilung . . . . . . . . . .
. . . . .
161 161 162 162 162
7.3 7.3.1 7.3.2
Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thrombolyse . . . . . . . . . . . . . . . . Pulmonalarterienembolektomie . .
162 162 163
8 n
Niereninsuffizienz . . . . . . . . . . . .
167
8.1
Epidemiologie und Øtiopathogenese . . . . . . . . . .
167
8.2
Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . .
167
8.3 8.3.1 8.3.2
Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Shuntanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternative Zugånge . . . . . . . . . . .
167 167 170
9 n
Thoracic-outlet-Syndrom . . . . . . .
171
9.1
Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
172
9.2
Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
172
9.3
Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
172
9.4
Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173
n
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
175
n
Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . .
183
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
1 Bedeutung und Funktion des Kreislaufs 300 Jahre v. Chr. beschrieb Erasistratus drei Leitungsbahnen des menschlichen Kærpers: Arterien, Venen und Nerven. Man ging von der Vorstellung aus, dass das Blut in den Venen flieût, wåhrend das Herz den Lebensgeist (Pneuma) enthålt und durch Wårme in Bewegung gesetzt wird. Galen griff diese Ideen auf und entwickelte sie weiter. Er hielt die Leber fçr das zentrale Kreislauforgan. Nåhrstoffe wçrden auf venæsem Weg herantransportiert, wåhrend die Arterien dem Herzen das verbrauchte Blut zurçckfçhrten. Dieser Irrglaube blieb çber 1500 Jahre die medizinische Lehrmeinung. Um 1600 sprach Cesalpino von Arezzo zum ersten Mal von einer Blutzirkulation. Im Jahr 1628 beschrieb schlieûlich William Harvey (Abb. 1.1) ein geschlossenes Kreislaufsystem, in dem das Blut zirkuliert. Durch das Herz angetrieben wird Blut çber die Arterien in die Peripherie fortgeleitet, um dann durch die Venen zurçck zum Herzen zu flieûen. Der letzte Abschnitt, die Mikrozirkulation, blieb jedoch noch unklar. Den Nachweis von Kapillaren, der feh-
Abb. 1.1. William Harvey (1578±1657)
lenden Verbindung zwischen arteriellen und venæsem System, fçhrte Malpighi schlieûlich im Jahr 1661 und schloss damit endgçltig den Kreislauf.
1.1
Anatomie des Kreislaufsystems
Seit der Entdeckung des Kreislaufs ist bekannt, dass das Blut in einem geschlossenen Ræhrensystem (Gefåûsystem) zirkuliert. Dieses System versorgt die Organe entsprechend ihres Funktionszustands mit Blut und besteht aus unterschiedlichen Anteilen: n Das Herz ist mit seiner Pumpfunktion der Motor der Blutbewegung. Durch die Ventilfunktion der Herzklappen wird die Stromrichtung festgelegt. n Die Arterien bilden ein vom Herzen fortfçhrendes Verteilersystem. Sie versorgen einzelne Kærperorgane u. a. mit sauerstoffreichem Blut. n Die Arteriolen, als Fortsetzung der Arterien, regulieren den Blutfluss zu den einzelnen Organen und bestimmen als Widerstandsgefåûe die Verteilung des vom Herzen gelieferten Blutvolumens. n Die Kapillaren mit ihrer groûen Oberflåche vollziehen die eigentliche Aufgabe des Kreislaufsystems, den Stoffaustausch mit den einzelnen Gewebezellen. Auf 1 cm3 Muskelgewebe kommen etwa 2000 m Kapillarlånge. n Die Venen bilden ein zum Herzen hinfçhrendes Ræhrensystem, in dem sauerstoffarmes, verbrauchtes Blut zurçckflieût. Sie zeichnen sich durch niedrigen Blutdruck (Niederdrucksystem) und groûe Kapazitåt (kapazitives Gefåûsystem) aus.
2
n
1 Bedeutung und Funktion des Kreislaufs
1.1.1 Groûer und kleiner Kreislauf Der groûe Kreislauf (Abb. 1.2, 1.3) dient der Durchblutung såmtlicher Organe. Er setzt sich aus den einzelnen Organkreislåufen (Hirnkreislauf, Nierenkreislauf, Extremitåtenkreislauf usw.) zusammen. Im kleinen Kreislauf (Abb. 1.3, 1.4) wird das Blut wåhrend der Lungenpassage im Kapillarbereich der Alveolen mit Sauerstoff aufgesåttigt. Er wird daher auch als Lungenkreislauf bezeichnet. Die Versorgung aller Gewebe mit Sauerstoff ist die Hauptaufgabe des groûen Kreislaufs. Bedingt durch den hohen Sauerstoffpartialdruck in den arteriellen Kapillaren und den erheblich niedrigeren in der Zelle entsteht ein hoher Konzentrationsgradient, der den O2-Ûbertritt in die Zelle ermæglicht. Ein Vorgang, der auch als innere Atmung (Gewebeatmung) bezeichnet wird (Abb. 1.5).
Wåhrend der Lungenpassage wird das aus dem groûen Kærperkreislauf stammende, venæse (sauerstoffarme) Blut im Bereich der Alveolen (alveolokapillare Strecke) mit Sauerstoff aufgesåttigt, wåhrend gleichzeitig der im Stoffwechsel angefallene Kohlensåureanteil (CO2) çber die Ausatmung eliminiert wird (Abb. 1.6). Dieser Vorgang wird auch als åuûere Atmung bezeichnet.
Abb. 1.3. Teilkreislåufe und ihre Græûenordnung
Abb. 1.2. Bestandteile des groûen Kreislaufs
Abb. 1.4. Bestandteile des kleinen Kreislaufs
1.1 Anatomie des Kreislaufsystems
Abb. 1.5. Sauerstoffkonzentrationsgefålle zwischen arteriellen Kapillaren und Zelle
n
Der Kreislauf ist ein weit verzweigtes Gefåûsystem (Abb. 1.7±1.12), in welchem zur Erfçllung der Transportaufgaben Blut zirkuliert. Es hat verschiedene Funktionen. Die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff ist die wichtigste, zudem spielen Wårmeaustausch und Verteilung von Hormonen im gesamten Organismus eine wichtige Rolle. Das vom Gewebestoffwechsel stammende CO2 wird vom Kreislauf zur Lunge transportiert und dort eliminiert (abgeatmet). Das ebenfalls an Ræhren gebundene Lymphsystem mit der Gewebeflçssigkeit und den Lymphgefåûen, die zu groûen Ståmmen vereinigt in die herznahen Venen mçnden, hat ebenfalls einen Kreislaufcharakter.
1.1.2 Gefåûe Arterien, Venen und Kapillaren haben einen charakteristischen Wandaufbau, der nach Gefåûabschnitt und physiologischer Bedeutung variiert. Der Grundaufbau von Arterien und Venen ist einheitlich und besteht aus 3 Schichten (Abb. 1.13; Tabelle 1.1): n Intima (einschichtiges Endothel) n Media (glatte Muskulatur) n Adventitia (Bindegewebe mit kleinen Gefåûen) Abb. 1.6. Pulmonaler Gasaustausch
Abb. 1.7. Abschnitte des arteriellen Gefåûsystems des Rumpfs, beachte asymmetrische Anlage der supraaortalen Gefåûabgånge aus dem Aortenbogen
Zwischen den einzelnen Schichten der Arterienwand befindet sich elastisches Gewebe, das in der Venenwand aufgrund ihrer geringeren
3
4
n
1 Bedeutung und Funktion des Kreislaufs
Abb. 1.8. Abschnitte des arteriellen Gefåûsystems des Arms, beachte asymmetrische Anlage im proximalen Anteil
Druckbelastung fehlt. Wegen ihrer physiologischen Bedeutung besitzen die Kapillaren nur noch eine einzige Zellschicht: das Endothel, durch dessen dçnne Wånde der Stoffaustausch mit der Umgebung vollzogen wird. Abbildung 1.14 zeigt eine mikroskopische Aufnahme der Endothelzellschicht, wobei die longitudinale Ausrichtung der Zellen in Stræmungsrichtung zur Darstellung kommt. Bezogen auf ihren Wandaufbau kænnen verschiedene Arterientypen unterschieden werden: n Arterien elastischen Typs (mit Windkesselfunktion) Beispiele: Aorta, Truncus brachiocephalicus, A. carotis communis, A. subclavia, A. iliaca communis n Arterien muskulåren Typs (mit mindestens 4 Muskelzellschichten) Beispiele: Hirnarterien, Mesenterialarterien, A. radialis, A. ulnaris, Unterschenkelarterien
Abb. 1.9. Abschnitte des arteriellen Gefåûsystems des Beins
Obwohl die Venen ebenfalls einen dreischichtigen Wandaufbau haben, unterscheidet sich dieser jedoch erheblich von demjenigen der physiologisch stark beanspruchten Arterien: Die Venenwand ist deutlich dçnner und weitlumiger. Die Media, als muskelstarke Schicht der Arterien, ist bei Venen deutlich schmaler und enthålt kaum Fasern.
1.1 Anatomie des Kreislaufsystems
n
Abb. 1.10. Abschnitte des venæsen Gefåûsystems des Rumpfs
n Bedeutung der Faseranteile Die elastisch-muskulåren Fasersysteme dienen der Kompensation rhythmischer Druckschwankungen. Kollagene Fasersysteme bilden eine Ûberdehnungsbremse.
n Innervation Das Gefåûsystems wird durch das vegetative, sympathische Nervensystem versorgt. Jede glatte Gefåûwandmuskelzelle wird motorisch vom Sympathikus innerviert. Eine Verstårkung der Nervenimpulse fçhrt zur Gefåûverengung (Vasokonstriktion), eine Abschwåchung zur Gefåûerweiterung (Vasodilatation). Dieser physiologische Effekt wird in der Behandlung peripherer arterieller Durchblutungsstærungen ausgenutzt und in der Sympathektomie angewendet.
Abb. 1.11. Abschnitte des venæsen Gefåûsystems des Arms
5
6
n
1 Bedeutung und Funktion des Kreislaufs
Abb. 1.12. Abschnitte des venæsen Gefåûsystems des Beins
Abb. 1.14. Rasterelektronenmikroskopaufnahme der Endothelzellschicht, weiûe Balken 1 lm (10±3 mm); mit freundlicher Genehmigung aus: Betz E. (1991)
Abb. 1.13. Anatomischer Aufbau der Gefåûwand, a Aufbau der Arterienwand, b Aufbau der Venenwand 1 Intima; 2 Media; 3 Adventitia; mit freundlicher Genehmigung aus: Akkerman et al. (1987)
1.2 Physiologie der Homæostase
n
Tabelle 1.1. Aufbau und Funktion der Gefåûwand n Intima
Aufbau Funktion
n Media
Aufbau Funktion
n Adventitia
1.2
Aufbau Funktion
Endothelschicht: einschichtiger Verband flacher Zellen Subendotheliales Bindegewebe: enthålt zarte Kollagene und elastische Fasernetze Grenzschicht zum Blutstrom Aufrechterhaltung der Flieûfåhigkeit des Bluts (Endothelfunktion mit hochaktiver Syntheseleistung) Ernåhrung der Gefåûwand glatte Muskelfasern kollagene und elastische Fasern Aufnahme der durch den Blutdruck erzeugten Druckschwankungen und Regulierung der Gefåûweite Festigkeit und Elastizitåt kollagene Långsfaserbçndel Verschiebe- und Verankerungsschicht gegen die Umgebung Ernåhrung der Gefåûwand durch ein spezielles, in der Wand befindliches Gefåûsystem (Vasa vasorum)
Physiologie der Homæostase
Blut und Gefåûwand bilden eine Funktionseinheit. Die Gefåûwand sorgt dafçr, dass das Blut flçssig bleibt, wåhrend das stræmende Blut sicherstellt, dass die Gefåûwand intakt bleibt und im Verletzungsfall repariert wird (Abb. 1.15). Blutgefåûe kænnen durch Trauma oder diagnostische und therapeutische Maûnahmen verletzt werden. Da Blut auûerhalb der Gefåûe gerinnt, sind Mechanismen notwendig, die die Integritåt, also die Unversehrtheit der Gefåûwand einerseits und die Flieûeigenschaften des Bluts andererseits erhalten bzw. nach deren Stærung wiederherstellen. Das physiologische Zusammenwirken zwischen Blut und Gefåûwand zur Erhaltung eines funktionsfåhigen Blutkreislaufs wird unter dem
Abb. 1.15. Schematische Darstellung der Blutstræmung unter physiologischen Verhåltnissen, Gefåûlumen mit zellulåren Bestandteilen: Erythrozyten (rot), Leukozyten (weiû), Thrombozyten (hellbraun), Endothelzellen (grçn) mit darunter befindlichem Subendothel und Muskulatur
Begriff der Blut-Gefåûwand-Homæostase zusammengefasst. Im Folgenden soll die Bedeutung der einzelnen Faktoren, die fçr die Aufrechterhaltung der BlutGefåûwand-Homæostase verantwortlich sind, besprochen werden.
1.2.1 Thrombozyten Normalerweise befinden sich die Thrombozyten im stræmenden Blut in einer nicht aktiven Ruheform. Zu einer Anhaftung (Adhåsion) an der Gefåûwand kommt es nur, wenn Endotheldefekte (Ablæsung, Lçcken) entstehen und subendotheliales Bindegewebe (das unterhalb der Endothelschicht gelegene Gewebe) mit dem Blut in Berçhrung kommt (Abb. 1.16), z. B. nach Punktionen und bei Operationen. Die dabei stattfindende Aktivierung der Thrombozyten ist bereits seit langem ± als wesentlicher Mechanismus nicht nur der Håmostase, sondern auch der Arteriosklerose ± bekannt. Auslæser sind eine Reihe prokoagulatorischer Faktoren des subendothelialen Gewebes u. a. der so genannte Gewebefaktor (tissue factor) und der Von-Willebrand-Faktor (vWF). Liegt das subendotheliale Gewebe zum Gefåûlumen frei, vermittelt insbesondere der V.-Willeband-Faktor die Thrombozytenanheftung in diesem Gefåûwandteil. Nach der Adhåsion setzen die Thrombozyten eine Reihe aktiver Substanzen frei (Freisetzungsreaktion), sowohl in das Lumen als auch in die Gefåûwand. Diese færdern und verstårken die Anlagerung weiterer Plåttchen. An der Gefåûwand wirken diese Substanzen vasokonstriktorisch.
7
8
n
1 Bedeutung und Funktion des Kreislaufs
Abb. 1.16. Endotheldefekt mit Anlagerung und Aktivierung der Thrombozyten
Thrombin, Adrenalin, Serotonin, Vasopressin, Fibrinogen und Blutfette. Die Reaktion tritt innerhalb von Sekunden ein und beeintråchtigt die Flieûfåhigkeit des Bluts (Abb. 1.17). Befindet sich der Thrombozyt in seiner aktivierten Form, kommt es nicht nur zur Freisetzungsreaktion, sondern durch Ønderung seiner åuûeren Form (Morphologie) mit Ausbildung von Pseudopodien auch zu einer verstårkten Aggregation. Dieser Effekt wird noch durch die Fåhigkeit der Blutplåttchen verstårkt, das im Blut befindliche Fibrinogen çber spezielle Rezeptoren an der aktivierten Thrombozytenoberflåche zu binden. Die Entdeckung spezifischer Rezeptoren der Thrombozytenoberflåche fçhrte zum erweiterten Verståndnis der Adhåsions- und Aggregationsvorgånge, die eng an das Vorhandensein so genannter Glykoproteinrezeptoren (GP-Rezeptoren) geknçpft sind. Eine besondere Bedeutung stellt der Glykoprotein-IIb-IIIa-Rezeptor dar, der infolge seiner Bindungsfåhigkeit von Fibrinogen auch als Fibrinogenrezeptor bezeichnet wurde. Seine pharmakologische Beeinflussung (Inhibition) durch spezifische Medikamente erbrachte einen wesentlichen Fortschritt in der Unterdrçckung der Aggregationsreaktion v. a. nach interventionellen Maûnahmen (Angioplastieverfahren) und konnte so zur deutlichen Senkung sowohl akuter als auch spåter thrombotischer Ereignisse (Restenosen) beitragen (Abb. 1.18).
1.2.2 Blutgerinnung und Fibrinolyse
Abb. 1.17. Beeinflussung des Thrombozyten
Auch ohne Plåttchenanheftung als Folge eines Gefåûwanddefekts kann diese Reaktion zustande kommen. Ausgelæst wird sie, wenn Thrombozyten durch bestimmte Substanzen im stræmenden Blut aus ihrem Ruhezustand in die aktive Form çberfçhrt werden. Dazu zåhlen ADP,
Die Blutgerinnung (Koagulation) fçhrt zum Erstarren des flçssigen Bluts. Sie schçtzt den Kærper nach einer Gewebeverletzung vor dem Verbluten. Durch kærpereigene Substanzen kænnen Blutgerinnsel wieder aufgelæst oder eine çberschieûende Gerinnung aufgehoben werden. Dieser Prozess wird als Fibrinolyse oder Thrombolyse bezeichnet. An der Blutgerinnung sind etwa 30 verschiedene Faktoren beteiligt. Einen besonderen Stellenwert nehmen die Gerinnungsfaktoren I±XIII ein. Ein vereinfachtes Schema soll die Situation veranschaulichen (Abb. 1.19, 1.20). Es gibt im menschlichen Kærper verschiedene Eiweiûe, die in der Leber gebildet und in das stræmende Blut, teilweise auch in das Interstitium, abgegeben werden. Da sie fçr die Blutgerinnung
1.2 Physiologie der Homæostase
Abb. 1.18. a Ruhender Thrombozyt mit nicht aktivem Fibrinogenrezeptor: GP IIb-IIIa, b aktivierte Thrombozyten mit Fibrinogenbindung, T Thrombozyt, R Rezeptor, F Fibrinogen
Abb. 1.19. Gerinnungsaktivierung
Abb. 1.20. Kontrolle der Håmostase, PF3 Plåttchenfaktor 3, TF Tissue factor (Gewebefaktor), C Kalzium, ræmische Zahlen in Klammern einzelne Gerinnungsfaktoren, z. B. IIa aktiviertes Thrombin
n
9
10
n
1 Bedeutung und Funktion des Kreislaufs
Abb. 1.21. Lyseaktivierung
bzw. fçr deren Auflæsung (Lyse) eine entscheidende Rolle spielen, heiûen sie auch Gerinnungseiweiûe. Hierzu gehæren Prothrombin (Faktor II), Fibrinogen (Faktor I) und Plasminogen. Alle 3 Substanzen liegen zunåchst als inaktive Vorstufe vor. Nach Auftreten einer Gewebeverletzung werden in einer Vorphase eine Reihe von Gerinnungsfaktoren kaskadenartig aktiviert. Mit ihrer Hilfe wird Prothrombin in Thrombin umgewandelt. Letzteres aktiviert die Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin. Diese wiederum bildet durch Zusammenballung (Retraktionsphase) ein Fibrinnetz (Fibrinpolymere), welches das Skelett des Gerinnsels darstellt. Durch Anhaften von Thrombozyten entsteht das vollståndige Blutgerinnsel. Dieses kann vom Kærper mit Hilfe bestimmter Enzyme (Lysokinasen aus Fibroblasten und Leukozyten), die inaktives Plasminogen in Plasmin çberfçhren, wieder aufgelæst werden (Abb. 1.21).
1.2.3 Gefåûwand Abgesehen von kollagenen und elastischen Fasersystemen der Gefåûe sind zwei Wandstrukturen entscheidend: die Wandmuskulatur und die Endothelzellschicht. Wåhrend der glatten Muskulatur der Gefåûwand eine stabilisierende und den Gefåûtonus regulierende Funktion durch Kontraktionsvorgånge zukommt, besteht die wesentliche Aufgabe der dem Blutstrom zugewandten Seite darin, den Inhalt des Gefåûes flçssig zu halten und damit thrombotischen Prozessen entgegenzuwirken. Die hierfçr verantwortliche Struktur ist die Gefåûintima, bei der es sich nicht nur um eine Grenzschicht zum stræmenden Blut, sondern um eine Zellschicht mit hoher Syntheseleistung und damit zahlreichen Funktionen handelt.
Das Gefåûwandendothel eines 70 kg schweren Menschen hat: n eine Gesamtflåche von 720 m2, n eine Zellzahl von 6,3 ´ 1013, n ein Gesamtgewicht von 1,5±2 kg (* Lebergewicht). Tabelle 1.2 fasst die Funktionen des Gefåûwandendothels çbersichtlich zusammen. Auf die Flieûeigenschaften des Bluts nehmen verschiedene, vom Gefåûendothel gebildete Substanzen entscheidend Einfluss. Eine wesentliche Rolle spielt die Fåhigkeit zur Prostaglandinsynthese. Weitere Endothelfaktoren, die zur Antithrombogenitåt beitragen, sind Plasminogenaktivatoren, Heparinproteoglykane und Thrombomodulin. Im Hinblick auf ihre physiologische Bedeutung und der Mæglichkeit einer hoch wirksamen medikamentæsen Therapie ist die Prostaglandinsynthese zu nennen. Blutplåttchen und Gefåûwandzellen kænnen gefåûaktive Substanzen bilden, die starke Verånderungen an der Gefåûmuskulatur und dem Thrombozytenverhalten bewirken. In erster Linie sind dies die Prostaglandine. Aus einer gemeinsamen Vorstufe, der Arachidonsåure, und dem Enzym Zyklooxygenase wird in den Blutplåttchen zum græûten Teil Thromboxan, in den Endothelzellen vorwiegend Prostazyklin gebildet (Abb. 1.22). Beide Substanzen gehæren zur Gruppe der Prostaglandine. Tabelle 1.2. Funktionen des Gefåûwandendothels n Schrankenfunktion
Permeabilitåt, Údembildung
n Synthese von
± ± ± ± ± ± ±
Glykoproteinen Kollagen Fibronektin Laminin Faktor VIII Prostaglandinen Stickoxid (NO)
n Stoffwechselleistung Inaktivierung von Noradrenalin, Adrenalin Aktivierung von Angiotensin I zu Angiotensin II n Rezeptorfunktion
LDL-Rezeptor Prostaglandin-E1-Rezeptor Histamin-H2-Rezeptor
n MigrationsProliferationsFåhigkeit
Endothelisierung von Gefåûprothesen Vaskularisierung von Transplantaten
1.3 Physiologie der Blutstræmung
n
Abb. 1.22. Schema der Prostaglandinsynthese
Wåhrend Thromboxan stark aggregationsfærdernd und vasokonstriktorisch wirkt, besitzt Prostazyklin einen genau entgegengesetzten Effekt: Es fçhrt zur Aggregationshemmung und Gefåûerweiterung. Dieser Mechanismus trågt entscheidend dazu bei, dass das Blut flçssig bleibt. Bei der Regulation des Gefåûwandtonus und damit der Gefåûweite hat auch die Produktion von Stickoxid (NO) eine sehr groûe Bedeutung. Diese vom Endothel gebildete Substanz gilt als potentester Vasodilatator, gefolgt vom Prostazyklin. Die biochemischen, endothelialen Funktionen sind sehr wichtig fçr die Bypass-Chirurgie. So ist seit langem bekannt, dass koronare Bypassanlagen mit Arterien (A. mammaria interna, Radialarterie) denjenigen mit Venen (V. saphena magna) bezçglich der Langzeitergebnisse (patency rate) deutlich çberlegen sind. Wie Untersuchungen zur Biochemie von Arterienwandund Venenwandendothel gezeigt haben, liegt das Geheimnis der Erfolgsrate von arteriellen Bypåssen in der hohen Syntheseleistung von Stickoxid und Prostazyklin dieser Gefåûe im Vergleich zur niedrigen Syntheserate im V.-saphena-Endothel begrçndet.
1.3
Physiologie der Blutstræmung
1.3.1 Erhaltung (steady flow) Zwischen zwei Punkten des Kreislaufsystems, z. B. am Anfang und Ende einer Arterie, folgt der Blutfluss einem Energiegefålle, das Ausdruck einer Druckdifferenz ist. Eine steigende
Abb. 1.23. Blutstræmung in Abhångigkeit vom Druckgefålle
Druckdifferenz fçhrt zur Flusszunahme, ein Druckausgleich zum Sistieren der Stræmung. Neben dem Begriff der Druckdifferenz, die lediglich das Subraktionsergebnis zweier Druckmesswerte darstellt, existiert der Begriff des Druckgradienten, der als Differenz zweier unterschiedlicher Druckmesswerte, dividiert durch ihren Abstand, definiert wird. Abbildung 1.23 zeigt das Stræmungsprinzip. Die Stræmungsrichtung ist abhångig von der Druckdifferenz (dem Druckgefålle): Die bei der Kammersystole erzeugte Energie treibt das Blut in das Kreislaufsystem und erzeugt so den systolischen Spitzendruck. Infolge Reibungsvorgången zwischen flieûenden Blutteilchen und der Gefåûwand besteht ein ståndiger Energieverlust, der im niedrigen Druck der Kreislaufperipherie seinen Ausdruck findet. Die ståndige Herzarbeit gleicht den Energieverlust aus und trågt als Motor zur kontinuierlichen Kreislauffunktion bei. Ein Teil der vorhandenen Energie wird dabei zum Dehnen der groûen Arterien verwendet (Windkesselfunktion), die so als Blutvolumenreservoir zur Verfçgung stehen. Die gespeicherte Energie zusammen mit dem Blutvolumen erhalten in der Diastole den Blutfluss aufrecht und tragen damit zur kontinuierlichen Kreislauffunktion bei.
11
12
n
1 Bedeutung und Funktion des Kreislaufs
1.3.2 Stræmungsgesetze Beim Durchflieûen des Gefåûsystems unterliegt das Blut bestimmten Stræmungsgesetzen. Die vom linken Ventrikel erzeugte pulsatorische Stræmung wird, in Abhångigkeit von der Græûe des Schlagvolumens und den elastischen Eigenschaften der Arterienwand, derart geglåttet, dass die zuvor rhythmische Stræmung in eine kontinuierliche, gleichfærmige Stræmung umgewandelt wird. Dies fçhrt zur Bildung des laminaren Blutflusses. Fçr ihn gelten folgende Gesetze:
n Gesetz nach Ohm Die vom Herzen erzeugte Blutstræmung pro Zeiteinheit (Stromzeitvolumen) wird durch den Widerstand, den das stræmende Blut çberwinden muss, und durch den Blutdruck oder Perfusionsdruck bestimmt: _ Stromzeitvolumen
V
Druckdifferenz
DP Gefaûwiderstand (R)
n n Ein hoher Blutdruck bewirkt einen hohen Blutfluss. n Ein hoher Gefåûwiderstand fçhrt zur Erniedrigung des Blutflusses. Der Gefåûwiderstand (R) ist wiederum von 3 Græûen abhångig: n Långe des Gefåûes (L) n Viskositåt des Bluts (g) n Radius des Gefåûes (r) Aus diesen Græûen, eingesetzt in die obige Gleichung zur Berechnung des Stromzeitvolumens, ergibt sich ein weiteres Gesetz:
n Gesetz nach Hagen-Poiseuille Es beschreibt das Verhalten des Stromzeitvolumens in Abhångigkeit von der Viskositåt, dem Radius sowie den auf das stræmende Blut einwirkenden Scherkråften _ Stromzeitvolumen
V Druckdifferenz
DP
Radius
r4 p Gefaûlange
L Viskositat
g 8
Abb. 1.24. Kreislaufparameter
n Kreislaufgesetz n n Lange Gefåûstrecken und eine Viskositåtszunahme fçhren zur Abnahme des Blutflusses. n Eine Erweiterung des Gefåûdurchmessers von 20% verdoppelt die Durchblutung. n Eine Halbierung des Radius verringert die Durchblutung auf 1/16 des Ausgangswerts.
n Gesetz nach Bernoulli Beim Durchstræmen von Gefåûen unterschiedlichen Durchmessers, åndert sich die Flussgeschwindigkeit. Der gesetzmåûige Zusammenhang wird durch das Bernoulli-Gesetz beschrieben, das die Konstanzerhaltung des Stromzeitvolumens erklårt: Geschwindigkeit
v
Stromstarke
J Durchmesser
d
n Eine Querschnittverånderung fçhrt zur umgekehrt proportionalen Ønderung der Blutstræmungsgeschwindigkeit: n schnelle Stræmung in kleinkalibrigen Gefåûen n langsame Stræmung in groûkalibrigen Gefåûen.
1.3.3 Auftreten von Turbulenzen Die laminare Blutstræmung (Lamina = Schicht; Schichtenstræmung als Arbeitsmodell mit zentralem schnellem Fluss und wandnahem niedrigen Flussanteil im Gefåûrohr) ist abhångig vom Gefåûdurchmesser, der Geschwindigkeit und der Viskositåt des Bluts. Beim Ûberschreiten einer
1.5 Literatur
kritischen Flussgeschwindigkeit, z. B. in Stenosen, entsteht eine Turbulenz. Diese wird durch die Reynolds-Zahl (Re) berechnet, deren Græûe das Verhåltnis von Trågheits- und Zåhigkeitskråften beschreibt. Sie ist eine wichtige Græûe der Kreislaufphysiologie und dient der Einschåtzung einer pathologischen Stræmung und damit des Risikos von Gefåûwandverånderungen. Sie ist mathematisch ein dimensionsloser Zahlenwert, der nach folgender Gleichung berechnet wird: Re
Geschwindigkeit
v Durchmesser
d Viskositat
g
Fçr die normale Blutstræmung liegt der Wert von Re zwischen 100 und 800. Eine Turbulenz tritt auf, wenn ein Wert von 1100 çberschritten wird. Zur Verwirbelung (Turbulenz) fçhren: n hohe Flussgeschwindigkeit n groûer Querschnitt n geringe Viskositåt.
Tabelle 1.3. Physiologische Græûen einzelner Kreislaufabschnitte Region n n n n
Im Gegensatz zum Blutdruck, der auf die gesamte Gefåûwand wirkt, çbt die Scherkraft (Schubspannung) nur eine Druckbelastung auf das Endothel aus (in Form einer tangentialen Belastung). Unter laminaren Flussverhåltnissen ist die Scherkraft direkt proportional zum Blutfluss und der Viskositåt, sowie umgekehrt proportional zum Radius. Die Formel lautet: V_ 4g p r3 s = Scherkraft, V_ = Stromvolumen, g= Viskositåt, r = Radius
Arterien Kapillaren Venen
Flåche [%] 1 Volumen [%] 15 Widerstand [%] 66 Flussgeschwindigkeit [cm/s] 50
95 5 27 0,07
4 80 7 10
Tabelle 1.4. Flusscharakteristika des arteriellen Systems Herzmuskel
Zentraler Kreislauf
Peripherer Kreislauf
n gleichmåûige n Antrieb mit n Umformung ± Windkesselrhythmischlaminare pulsatiler funktion Stræmung Stræmung ± Reibungsverluste ± Durchmesserånderung
1.4 1.3.4 Bedeutung der Scherkraft
n
Zusammenfassung
Die ungestærte Kreislauffunktion wird durch die Herzleistung als treibende Kraft, die Eng- oder Weitstellung der Gefåûe durch hormonelle, nervæse und lokale Reize sowie das Flieûverhalten des Bluts bestimmt. Die physiologischen Græûen im arteriellen, venæsen und kapillaren Gefåûsystem und deren Bedeutung fçr die Kreislaufregulation sind in Tabelle 1.3 zusammengestellt, die charakteristischen Flussmerkmale des arteriellen Systems gehen aus Tabelle 1.4 hervor.
s
Der Normalwert betrågt: 10±70 dyne/cm2. Hohe Scherkråfte bewirken durch den Endothelreiz eine Steigerung der Stickoxidsynthese (NO) und damit eine Thrombozytenaggregationshemmung. Niedrige Scherkråfte (z. B. Gefåûbifurkationen) senken die NO- und PGI2 (Prostaglandin)Produktion. Damit kommt es zur gesteigerten Plåttchenadhåsion und Aktivierung.
1.5
Literatur
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14
n
1 Bedeutung und Funktion des Kreislaufs
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2 Risikofaktoren und Atherogenese 2.1
Risikofaktoren
Das Auftreten einer degenerativen Gefåûerkrankung wird wesentlich vom Vorhandensein so genannter atherogener Risikofaktoren beeinflusst. Bezçglich der Håufigkeit einer Atherosklerose muss, je nach Anzahl der vorliegenden Risikofaktoren, von einem sich potenzierenden Effekt ausgegangen werden. Abgesehen von unbeeinflussbaren Faktoren wie dem Alter, teils auch spekulativen Faktoren, wurde durch den wissenschaftlichen Nachweis in sorgfåltig durchgefçhrten Langzeitstudien der Zusammenhang zwischen bestimmten, immer wiederkehrenden Risikofaktoren und der Atherosklerose erbracht. Zu den bekanntesten Studien zåhlen: n Framingham-Studie mit einer Laufzeit von 16 Jahren (1949±1965) und einem Umfang von 5209 Patienten, die in einem 2-jåhrigen Turnus untersucht wurden n Baseler Studie mit einer Laufzeit von 17 Jahren (1959±1976) und einem Umfang von 6400 Patienten Es wurden 7 Risikofaktoren nachgewiesen, die aufgrund ihrer atherogen wirksamen Potenz in 2 Gruppen unterteilt werden (Tabelle 2.1). Die 5 Hauptrisikofaktoren werden nachfolgend erlåutert. Tabelle 2.1. Atherogene Risikofaktoren Risikofaktoren 1. Ordnung (primår aus sich heraus atherogen wirksam) n n n n
Risikofaktoren 2. Ordnung (nur in Verbindung mit der ersten Gruppe atherogen wirksam)
arterieller Bluthochdruck n Ûbergewicht Fettstoffwechselstærungen n Bewegungsarmut Nikotin n Stress Diabetes mellitus
2.1.1 Arterielle Hypertonie Unter physiologischen und pathologischen Bedingungen herrscht ein gewisser Fçllungszustand im Gefåûsystem, zu dessen Charakteristika ein bestimmter Blutdruck gehært. Er wird als derjenige Druck definiert, den die Blutsåule auf die Gefåûwand ausçbt, und wird bestimmt durch: n Herzminutenvolumen n Gefåûwiderstand n venæsen Rçckfluss Kommt es zu Stærungen des Gleichgewichts dieser variablen Græûen entstehen Hoch- oder Niederdruck: n Bei der Atherosklerose erhæht sich infolge von organischen Verånderungen der Arterien der Widerstand. Das Blut wird vor dem Kapillarbett aufgestaut, mit daraus resultierender Blutçberfçllung des arteriellen Systems. Die Folge ist eine arterielle Drucksteigerung. n Im Schockzustand, der sich letztlich als Regulationsproblem der Mikrozirkulation darstellt, wird das Blutvolumen zuungunsten des arteriellen Gefåûsystems verlagert. Es kommt zum Blutdruckabfall. n Bei der Herzinsuffizienz wird infolge des Kontraktilitåtsverlusts ein geringes Herzminutenvolumen gefærdert. Dadurch entsteht ein Rçckstau vor dem rechten Herz in das venæse Gefåûsystem. Wåhrend der venæse Druck ansteigt (venæse Hypertonie), sinkt der arterielle Blutdruck. n Nach der Weltgesundheitsorganisation wird als Blutnormdruck definiert: n Bis 40 Jahre: systolisch bis 140 mmHg; diastolisch bis 90 mmHg n Ab 40 Jahre: systolisch bis 160 mmHg; diastolisch bis 95 mmHg
16
n
2 Risikofaktoren und Atherogenese
Grundsåtzlich wird ein niedriger Blutdruck als protektiver Faktor im Hinblick auf atherosklerotische Erkrankungen angesehen. In etwa 80% der Fålle bleiben die Ursachen eines Bluthochdrucks unerkannt (essenzielle Hypertonie). Bei Nierenarterienstenose (renaler Hochdruck) und Aortenisthmusstenose sind Blutdrucksteigerungen (v. a. im jugendlichen Alter) eine mægliche Folge dieser Erkrankungen und sollten unbedingt behandelt werden. Immerhin gehen etwa 5% aller Hypertonieformen auf eine renovaskulåre Ursache zurçck. Gemåû dem Kreislaufgesetz von Ohm bedeutet eine Druckerhæhung die Zunahme der Flussgeschwindigkeit, wodurch die Gefåûwand einer hæheren Belastung ausgesetzt wird. Eine direkte Folge sind zunehmende Turbulenzen in der sonst laminaren Blutstræmung. Besonders an Gefåûaufzweigungen (Bifurkationen) und im Bereich stårkerer Krçmmungen kommt es zu nachteiligen Auswirkungen. Die schnelle Kernstræmung wird aus der Mitte des Gefåûes gegen die Wand gelenkt. Die Blutteilchen treffen verstårkt gegen die zarte Intima der Gefåûwand. Dabei kommt es zu Schåden an der Endothelschicht, wodurch sich vermehrt arterielle Thromben ausbilden. Als Risikofaktor kommt dem Bluthochdruck ein besonderer Stellenwert in der Entstehung von Hirndurchblutungsstærungen zu. Der Schlaganfall durch intrazerebrale Blutungen oder viel håufiger durch extrakranielle Karotisstenosen ist pathogenetisch v. a. einem dauerhaft erhæhten Blutdruck anzulasten. In Deutschland wird die Zahl der Patienten mit Bluthochdruck auf 5±8 Mio. geschåtzt. Etwa 12±15% der Gesamtbevælkerung bzw. 20±25% der Erwachsenen sind betroffen, von denen etwa 20% behandelt werden.
2.1.2 Hyperlipidåmie Verånderungen des Fettstoffwechsels sind eng verknçpft mit der Hæhe des Blutfettgehalts, der Konzentration an Cholesterin und Triglyzeriden (Neutralfett). Dieses im Blut zirkulierende Fett wird, an bestimmte Transporteiweiûe (Lipoproteine) gekoppelt, den Kærperzellen zugefçhrt. Cholesterin und Triglyzeride gelangen v. a. durch die Nahrungsaufnahme ins Blut. Krankhaft erniedrigte oder erhæhte Spiegel dieser Substanzen bezeichnet man als Hypo- bzw. Hyperlipoproteinåmie.
Im Rahmen der Atherogenese erlangt der chronische Blutfettanstieg eine entscheidende pathogenetische Bedeutung. Auf der Suche nach aussagekråftigen Daten hierzu wurden die Plasmalipoproteine in 2 Hauptklassen zerlegt und laborchemisch analysiert. Dabei fand man ein Lipoprotein geringer und eines hoher Dichte: n LDL: Low-density-Lipoprotein n HDL: High-density-Lipoprotein Das Konzentrationsverhåltnis von Gesamtcholesterin zu HDL wird zur Berechnung des Atheroskleroserisikos herangezogen. Ein Wert von çber 5 gilt als prognostisch ungçnstig. Dabei kann trotz normalem Gesamtcholesterin, jedoch erniedrigtem HDL-Wert ein deutlich pathologischer Quotient und umgekehrt bestehen. Entscheidend ist der HDL-Wert, welcher mæglichst hoch sein sollte. Hohe LDL-Spiegel gehen mit einem deutlich erhæhten Risiko fçr kardiovaskulåre Ereignisse einher. Als prognostisch gçnstig im Sinne einer Prophylaxe der Arterienverkalkung (man spricht auch vom vasoprotektiven Effekt) haben sich folgende Blutfettwerte erwiesen: n Triglyzeride £ 150 mg/dl n Gesamtcholesterin £ 200 mg/dl ± LDL-Cholesterin < 150 mg/dl ± HDL-Cholesterin > 55 mg/dl
n Studien Die enge Beziehung zwischen Serumcholesterinwert und Risiko von koronaren Erkrankungen zeigen mehrere klinische Studien. Sowohl bei der LRC(lipid research clinics coronary priming prevention trial)- als auch der MRFIT(multiple risk factor intervention trial)Studie fand sich eine Verdopplung des Herzinfarktrisikos beim Anstieg der Cholesterinwerte auf 220±240 mg/dl (ausgehend von einem Normalwert £ 200 mg/dl). Die Studie 4S (Scandinavian Simvastin survival study) mit 4444 KHK-Patienten mit måûig erhæhten Cholesterinwerten ergab eine um 30% hæhere Todesrate unter der Plazebogruppe, was zum Studienabbruch aus ethischen Grçnden fçhrte. Neben diesen ålteren Studien existieren zahlreiche neue, deren wichtigste Aussage lautet: eine konsequente Senkung der LDL-Werte im Blut reduziert das Risiko kardiovaskulårer Erkrankungen um 30±45%.
2.1 Risikofaktoren
Im Studienvergleich findet man aber auch zahlreiche Publikationen, die einen direkten Zusammenhang von KHK und Hypercholesterinåmie verneinen. Man muss wohl davon ausgehen, dass ein erhæhter Messwert nur dann als Risiko zu bewerten ist, wenn kærpereigene Regulationen (LDL-Rezeptoren) ungençgend wirksam sind und so zur dauerhaften Hypercholsterinåmie fçhren.
n Regulation des Cholesterinstoffwechsels Das Cholesterin atherosklerotischer Herde stammt aus kugeligen, im Blut zirkulierenden Partikeln, den Lipoproteinen geringer Dichte (LDL), wobei etwa 75% des Gesamtcholesterins, an das LDL gekoppelt, auf dem Blutweg transportiert werden. Die LDL-Teilchen (Abb. 2.1) bestehen aus einem fettigen Kern (Cholesterinestern), der von Phospholipid- und Cholesterinmolekçlen umgeben ist. Ein groûes Proteinmolekçl (Apoprotein-B100) dient als Andockstelle am LDL-Rezeptor der Zelloberflåchen. Die Hæhe des LDL-Blutspiegels steht in direktem Zusammenhang mit dem Atheroskleroserisiko: je mehr LDL, desto schneller entwickelt sie sich. Das genaue Verståndnis des Cholesterinstoffwechsels begann mit der Entdeckung der LDLRezeptoren im Jahr 1973 (durch amerikanische Forscher aus Texas). 1985 erhielten die beiden Amerikaner M. S. Brown und J. L. Goldstein fçr
Abb. 2.1. Schematische Darstellung eines LDL-Teilchens, Durchmesser: etwa 22 nm (1 nm = 1/106 mm), Masse: etwa 3 Mio. Molekçle; aus Goldstein u. Brown (1985)
n
die Aufklårung der Regulation des Cholesterinstoffwechsels den Nobelpreis fçr Medizin. Bei den LDL-Rezeptoren handelt es sich um Glykoproteine (Eiweiûe mit Zuckerketten), die an Oberflåchen von Zellmembranen sitzen und LDL-Partikel aus dem stræmenden Blut binden kænnen. Danach wird LDL in die Zellen geschleust (rezeptorgebundene Endozytose), wo es von Verdauungsenzymen abgebaut wird. Das hierbei frei werdende Cholesterin kann von den Zellen als Baustein verwendet werden zur Synthese von: n neuen Zellmembranen n Myelinscheiden der Nerven n Steroidhormon (in den Nebennieren) n Geschlechtshormon (Ústradiol in den Eierstæcken) n Gallensåuren (in der Leber) Alle genannten Syntheseleistungen zeigen die physiologische Bedeutung des Cholesterins als wichtigem Strukturbestandteil aller Zellen. Die Gallensåurebildung in der Leber ist ein bedeutender Schritt im Cholesterinstoffwechsel. Dort wird der prozentual græûte Anteil zur Ausscheidung gebracht: Etwa 75% des Gesamtcholesterins werden von der Leber aufgenommen.
n Stellenwert der Rezeptoren in Bezug auf das atherogene Risiko Die Zellen nehmen Cholesterin çber eine groûe Zahl von LDL-Rezeptoren an ihrer Oberflåche auf, was çber einen Feed-back-Mechanismus gesteuert wird. Bei Reduktion der Rezeptoren oder bei angeborenen Stærungen (funktionsunfåhige Rezeptorproteine) wird, hauptsåchlich in der Leber, zu wenig Cholesterin in die Zellen geschleust, woraus eine Ûberladung des Bluts mit Cholesterin resultiert. Seit 1939 kennt man die familiåre Hypercholesterinåmie, eine angeborene Stoffwechselkrankheit, die in 2 Formen auftritt. n Die mischerbige (heterozygote) Form kommt in einer Håufigkeit von 1 : 500 vor und zeigt bereits bei Neugeborenen doppelt so hohe LDL-Blutwerte. Diese Menschen erleiden bereits in ihrem 3. Lebensjahrzehnt die ersten Herzanfålle. n Die reinerbige (homozygote) Form mit einer Håufigkeit von 1 : 1 Mio. zeigt LDL-Spiegel, die bis zum 6-fachen çber der Norm liegen. Hierbei treten die ersten Herzanfålle schon
17
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n
2 Risikofaktoren und Atherogenese
im Alter von 10 Jahren auf und sind mit 20 Jahren fast immer obligat. Insbesondere bei der reinerbigen Form der Hypercholesterinåmie zeigt sich der kausale Zusammenhang von Risikofaktor und Atherosklerose. Bei der Aufklårung des Cholesterinstoffwechsels, speziell bei der familiåren Hypercholesterinåmie, fand man, dass die Kærperzellen entweder keine oder nur sehr wenige LDL-Rezeptoren besitzen und somit eine Verstoffwechselung des Cholesterins in nur ungençgendem Maû gewåhrleistet ist. Ein zusåtzlicher pathogenetischer Aspekt der Atherosklerose sind die Senkung der Prostazyklinsynthese durch LDL (vasoaggressiver Aspekt) und ihre Erhæhung durch HDL (vasoprotektiver Effekt). In zahlreichen Studien ist die pathophysiologische Bedeutung des Cholesterinstoffwechsels untersucht und die Effektivitåt von Fettsenkern (Statinen) belegt worden. Eine groûe Metaanalyse (38 Studien mit 83 161 Patienten) hat z. B. eine eindeutige Reduktion von Schlaganfållen unter aggressiver Cholesterinsenkung nachgewiesen (Corvol et al. 2003).
2.1.3 Nikotinkonsum Ein Raucher geht 3 gesundheitliche Risiken ein: n Nikotin ist ein kardiovaskulårer Risikofaktor. n Teer ist ein kanzerogener Risikofaktor. n Darçber hinaus besteht eine allgemeine Gefåhrdung durch den breiten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Tabakpflanzenanbau. Zu den Gesundheitsrisiken kommt als weiterer wichtiger Gesichtspunkt das Suchtverhalten hinzu. Die Sucht wird durch die geringen Erfolge belegt, die Entwæhnungskliniken erzielen. Mit 20% entspricht die Zahl der geheilten Patienten derjenigen, die bei Alkoholikern erreicht wird. Etwa 80% geben das Rauchen auch dann nicht auf, wenn schwerwiegende gesundheitliche Folgen drohen: Amputation einer Extremitåt, Herzinfarkt oder Lungenerkrankungen. Die Freisetzung von Katecholaminen unter Kærperbelastung beim Sport fçhrt zum Anstieg von Zucker und Fett im Blut (so genannter aktiver Stress). Wåhrend diese Substanzen beim aktiven Stress im arbeitenden Muskel infolge der
Tabelle 2.2. Verånderungen unter Nikotinaufnahme Effekte n Nervensystem (akute Verånderungen)
Erhæhung des Sympathikotonus Freisetzung von Katecholaminen
n Kreislaufsystem Ûberbeanspruchung des Kreislaufs durch erhæhten Sauerstoffverbrauch; nichtinhalierendes Rauchen einer halben Zigarette fçhrt zu einem O2-Verbrauch, der einer kærperlichen Anstrengung von 20 W çber 20 min entspricht. 20 Zigaretten/Tag belasten das Herz genauso stark, wie 8 h Radfahren gegen leichten Wind n Blutfluss (chro- Erhæhung des Håmatokrits Erhæhung des Fibrinogens (dadurch nische VerånErhæhung der Blutviskositåt) derungen)
Stoffwechselaktivitåt verbrannt werden, bleiben sie beim Rauchen (stiller Stress) im zirkulierenden Blut, wo sie auf Dauer zum atherogenen Risiko beitragen (Tabelle 2.2). Zu den weiteren Effekten des Nikotins zåhlt die Aktivierung des Enzyms Elastase. Diese fçhrt zum verstårkten Abbau von Bindegewebe und kann so die Entwicklung eines Arterienaneurysmas bewirken. Des Weiteren wird die Hautalterung (Faltenbildung) beschleunigt. Rauchen steigert das Risiko fçr eine pAVK mit Auftreten einer Claudicatio intermittens um das 8- bis 10-fache. Beim Rauchen werden aus einer Zigarette, die etwa 10 mg Nikotin enthålt, 1±2 mg aufgenommen. Die tædliche Aufnahmedosis liegt bei 50 mg Nikotin.
2.1.4 Diabetes mellitus Nach der WHO werden die in Tabelle 2.3 aufgefçhrten kapillaren Glukosewerte im Blut als normal bzw. pathologisch definiert. Die Håufigkeit manifester Diabetiker liegt bei etwa 3%; die einer prådiabetischen Veranlagung bei 15±20%. Es gibt zwei verschiedene Erkrankungsformen: n Typ-1-Diabetes: Der insulinabhångige Diabetes (juveniler Diabetes) tritt infolge absoluten Insulinmangels auf und betrifft etwa 10% aller Diabetiker.
2.1 Risikofaktoren
n Komplikationen der Mikroangiopathie
Tabelle 2.3. Glukosewerte im Blut
n normal n pathologische Glukosetoleranz n diabetisch
Nçchtern [mg/dl]
2-h-Wert (oGT) [mg/dl]
< 100
< 140
100±120 >120
n
140±200 >200
oGT oraler Glukosetoleranztest
n Typ-2-Diabetes: Der insulinunabhångige Diabetes (Erwachsenen- oder Altersdiabetes) tritt (bei erhaltener Insulinproduktion) infolge einer Stærung der Insulinwirkung an den Geweben auf (Muskulatur, Leber, Fettgewebe) und betrifft etwa 90% aller Diabetiker.
n Bedeutung als atherogener Risikofaktor Gefåûverånderungen unter Diabetes treten als Makro- oder Mikroangiopathie auf. Sie manifestieren sich etwa 5 Jahre nach Ausbruch der Erkrankung. Sie lassen sich mikroskopisch zwar als Verdickung der Basalmembran der Kapillaren nachweisen, Krankheitszeichen (Stærung der Nieren-, Augen- und Durchblutungsfunktion) kænnen bei sorgfåltiger Lebensfçhrung aber bei långer bestehender Zuckerkrankheit auf Jahre hinaus fehlen. Als Ursache der Gefåûstærungen gelten: n Verånderungen der Erythrozytenflexibilitåt (Auftreten von Erythrozytenaggregaten) n Neigung zur Thrombozytenaggregation n Verånderungen der Leukozyten n Verånderungen der Gefåûwand (Permeabilitåtsstærungen) mit Verzuckerung der Zellmatrix Daraus resultieren eine deutliche Beeintråchtigung der Flieûeigenschaften des Bluts sowie Verånderungen an der Gefåûwand bis hin zur Mediasklerose des Diabetikers. Diabetes (mit Glykosurie) erhæht das Klaudikationsrisiko um das 3,5-fache.
Beim Diabetiker tritt eine Retinopathie etwa 25-mal håufiger, eine Nephropathie etwa 17-mal håufiger als beim Nichtdiabetiker auf. Die Lebenserwartung betrågt 2/3 der Lebenserwartung von Nichtdiabetikern bei ungençgender Einstellung der Zuckerwerte.
2.1.5 Ûbergewicht n Das Normgewicht kann nach der veralteten Broca-Formel berechnet werden: Kærperlånge [cm]±100 = Sollgewicht [kg] (abzçglich 10% bei Månnern und 15% bei Frauen vom Gesamtgewicht) n Die Berechnung des Body-mass-Index (BMI) liefert eine genauere Bewertung des Kærpergewichts. Die Formel lautet: BMI
K orpergewicht in kg
K orpergr oûe in m2
Normalgewicht: < 25 kg/m2; Ûbergewicht: 25±30 kg/m2; Adipositas: > 30 kg/m2. Ûbersteigt das Kærpergewicht das Sollgewicht um mehr als 10% (BMI > 26), spricht man von Ûbergewicht. Wird das Sollgewicht hingegen um > 10% unterschritten, spricht man von Untergewicht. Bei hohen Abweichungen vom Sollgewicht werden pathologische Zustånde erreicht, die fçr eine Reihe von Krankheiten verantwortlich sind. So ist ein Ûbergewicht > 20% fçr den deutlichen Anstieg der kardiovaskulåren Mortalitåt verantwortlich zu machen. Das Ûbergewicht fçr sich genommen ist noch kein eigentlicher Risikofaktor. Es zieht jedoch sekundår auftretende Stærungen nach sich, die eine Reihe von Verånderungen bedingen. Die zum Ûbergewicht fçhrenden Essgewohnheiten sind oft mit einer vermehrten Cholesterinzufuhr vergesellschaftet, die håufig einen Hypertonus nach sich zieht. Der Gewichtsreduktion zur kausalen Behandlung eines Bluthochdrucks kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Man geht davon aus, dass pro abgenommenem Kilogramm eine Blutdruckabnahme von 3 auf 2 mmHg erfolgt. Als Rechenbeispiel ergibt sich bei einer Gewichtsabnahme von 10 kg eine Druckabnahme von 30
19
20
n
2 Risikofaktoren und Atherogenese
auf 20 mmHg. Ein çbergewichtiger Hochdruckpatient mit Werten von 170 : 100 mmHg wçrde durch eine Gewichtsabnahme von 10 kg einen Blutdruck von 140 : 90 mmHg erreichen. Allein durch Regulation des Kærpergewichts kænnte dieser Patient zum Normotoniker werden. Der genetische Mechanismus zur Regulation des Kærpergewichts ist auf Chromosom 6 lokalisiert (¹ob-Genª = Obesitasgen).
2.1.6 Alter Auch wenn es nicht zu den eigentlichen Risikofaktoren zåhlt, ist das Altwerden, zusammen mit den vorgenannten echten Risiken, ein zusåtzlicher Faktor. Daten der Framingham-Studie zeigen beispielsweise, dass Karotisstenosen im Alter vermehrt auftreten: mit 75 Jahren haben 9% der Månner und 7% der Frauen eine Karotisstenose von çber 50%, wåhrend bis 50 Jahre die Stenosehåufigkeit unter 1% liegt. Pråvalenzraten fçr die periphere arterielle Verschlusskrankheit (der Beine) zeigen ebenfalls einen deutlichen Zusammenhang mit dem Alter. Von etwa 2% pAVK bei unter 50-Jåhrigen, steigt die Rate auf etwa 20% bei çber 75-Jåhrigen an.
2.2
Atherogenese
Unter normalen, physiologischen Bedingungen herrscht ein Gleichgewicht zwischen vasoprotektiven und vasoaggressiven Mechanismen im stræmenden Blut, wodurch eine Atherosklerose verhindert wird. Diese normale Blut-Gefåûwand-Homæostase kann unter Einwirkung atherogener Risikofaktoren entgleisen. Es kommt ± zuungunsten vasoprotektiver Schutzfunktionen ± zu einer atherosklerotischen Gefåûverånderung. Diese nimmt ihren Ausgang immer von einem Intimaschaden der Gefåûwand. Eine Intimalåsion stellt einen starken lokalen Reiz zur Anheftung von Blutplåttchen dar, der zur fortschreitenden Anheftung (Thrombozytenadhåsion) und Verklebung (Thrombozytenaggregation) weiterer Plåttchen aus dem stræmenden Blut fçhrt. Dieser zunåchst physiologische Vorgang dient der Reparatur eines Gefåûwandschadens und wird durch die Aktivierung des Blutgerinnungssystems komplettiert, unter dessen Einwirkung die aktivierten Gerin-
nungseiweiûe zur Ausbildung eines Fibringerinnsels fçhren. Das Eiweiûgerinnsel und die Blutplåttchen bilden schlieûlich den Gerinnungspfropf, der durch eine weitere Vernetzung zunehmend verfestigt wird. Wåhrend unter normalen Bedingungen die reparativen Vorgånge an der Gefåûwand hiermit abgeschlossen sind, fçhrt ein ståndig wirksamer Schådigungsmechanismus zu gravierenden Verånderungen: Infolge der anhaltenden Intimaschådigung (Response-to-injury-Theorie) kommt es einerseits zur Thrombozytenadhåsion und -aggregation, andererseits zur Einwanderung von Zellen, den Monozyten, aus dem stræmenden Blut in die Gefåûwand. Dabei werden Inhaltsstoffe der aktivierten Thrombozyten çber die so genannte Freisetzungsreaktion in die Gefåûwand abgegeben, von denen insbesondere ein Wachstumsfaktor von pathogenetischer Bedeutung ist. Durch seine Aktivierung kommt es zur Proliferation der glatten Muskelzellen der Gefåûwand. Mitbeteiligt an diesem Geschehen sind die eingewanderten Monozyten, die durch Aufnahme und Einlagerung von Cholesterin fettig degenerieren. Es entwickelt sich die so genannte myogene Schaumzelle, die sich als atherogene Plaque im Verband ausbildet und zu einem Stræmungshindernis heranwåchst. Die Einlagerung von Kalzium fçhrt zu einer zunehmenden Verhårtung. Im weiteren Verlauf kommt es zu
Abb. 2.2. a Weites Lumen einer normalen Arterie, b beginnende, exzentrische Stenose
2.2 Atherogenese
n
Abb. 2.4. Stræmungsphånomene an einer Gefåûverzweigung (Bifurkation)
Abb. 2.3. Entstehung einer arteriellen Gefåûstenose
einer Gefåûverkalkung (Abb. 2.2) und schlieûlich zur Stenose (Abb. 2.3). Gefåûverkalkungen treten in den Arterien ungleichmåûig verteilt auf, sie werden an bestimmten Gefåûstrecken bevorzugt beobachtet. Neben globalen Risikofaktoren spielen auch lokale Verhåltnisse, der anatomische Gefåûverlauf und die physikalischen Gesetze der Blutstræmung eine wichtige Rolle. Von ihnen hångt ab, an welchen Stellen es verstårkt zu Låsionen der Intima und zur Auslæsung pathologischer Vorgånge an der Gefåûwand kommt. Zu den Orten der Erstlåsion mçssen Verzweigungen, Krçmmungen und bereits bestehende Stenosen gerechnet werden. An diesen Prådilektionsstellen kommt es zur Stærung der laminaren Stræmung mit Wirbelbildung, Ablæsungszonen, Stagnationspunkten und Rçckstromphånomenen. Wie Stræmungsmodelle gezeigt haben, richtet sich wegen der Ablenkung der Blutstræmung der zentrale Teilchenstrom gegen die Gefåûwand, wo er auf Dauer (Erythrozyten als Geschossteilchen) zur Schådigung der zarten Endothelzellschicht fçhrt. Die Abbildungen 2.4 und 2.5 verdeutlichen die Stræmungsphånomene an einer Gefåûverzweigung (Bifurkation).
Abb. 2.5. Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Gefåûaufzweigung im Bereich einer kleinen Arterie (Arteriole), Furchen des Endothels verlaufen als Ausdruck der Stræmung in longitudinaler Richtung, Wirbelbildungen, v. a. im Bereich von Aufzweigungen, sollen hierdurch reduziert werden
An der Atherogenese beteiligte Faktoren sind: n Atherogene Risikofaktoren ± 1. Ordnung ± 2. Ordnung n Anatomische Verhåltnisse ± Abzweigung (Seitenåste) ± Aufzweigung (Bifurkation) ± Krçmmungen (Elongation) ± Schlingen (Coiling) ± Abknicken (Kinking) n Physikalische Græûen ± lokales Stræmungsverhalten ± Flussgeschwindigkeit ± Turbulenzen ± Wandscherkraftånderungen
21
22
n
2 Risikofaktoren und Atherogenese
2.3
Atherosklerose und Lebenserwartung
Die Definition der Atherosklerose nach der WHO (1958) lautet: ¹[. . .] eine variable Kombination von Verånderungen der Intima von Arterien, die aus einer herdfærmigen Ansammlung von Lipiden, Polysacchariden, Blut, Blutbestandteilen, fibræsem Gewebe und Kalziumablagerungen besteht und begleitet wird von Verånderungen der Media.ª ¹[. . .] und kompliziert wird durch teilweisen oder vælligen thrombotischen Verschluss des Lumensª [Ergånzung durch Allen (1962)]. 1956 prågte Ratschow den Begriff der arteriellen Verschlusskrankheit (AVK), 1959 wurde der Begriff der obliterierenden Gefåûkrankheit durch Hess eingefçhrt. Schlaganfall, Herzinfarkt und Extremitåtengangrån stellen das Endstadium einer meist çber Jahre fortschreitenden Erkrankung der Arterien dar, die sich v. a. aufgrund vorhandener atherogener Risikofaktoren zunåchst symptomlos entwickelt und schlieûlich im irreversiblen, ischåmischen Gewebeuntergang gipfelt. Gefåûverkalkung und Lebenserwartung sind nach Analysen aus der Framingham Studie eng miteinander verknçpft. Je nach arteriosklerotischem Organbefall ergeben sich folgende Zahlen fçr die Lebenserwartung: n erstmaliger Schlaganfall: 8,8 Jahre n erstmaliger Myokardinfarkt: 13,9 Jahre n erstmalige Diagnose einer peripheren arteriellen Durchblutungsstærung: 16 Jahre.
2.4
Literatur
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23
3 Gefåûdiagnostik Neben Anamnese und årztlicher Untersuchung nimmt die apparative Diagnostik in der Gefåûuntersuchung einen hohen Stellenwert ein. Zur Anwendung kommen invasive und nichtinvasive Methoden, die sich bezçglich der Datenerhebung in bildgebende und funktionsmessende Verfahren unterscheiden lassen. Wåhrend bei den bildgebenden Methoden v. a. Aussagen zur Gefåûmorphologie gewonnen werden, bezieht die zweite Gruppe Stellung zum funktionellen Gefåûzustand. Eine Einteilung in qualitative oder quantitative Verfahren erlaubt Aussagen in Bezug auf die Håmodynamik (Fluss-, Druck-, Volumenverhalten). Zu den qualitativen Verfahren zåhlen die Ultraschalldopplersonographie und die Phlebodynamometrie. Zu den quantitativen Methoden zåhlen die Lichtreflexionsplethysmographie und die Verschlussplethysmographie. Die Gefåûkrankheiten mit ihren unterschiedlichen Stadien mçssen hinsichtlich ihrer vitalen Gefåhrdung (Schlaganfallrisiko, amputationsbedrohte Extremitåt) differenziert gewertet werden. Weil ein operatives Vorgehen nicht immer zwingend geboten ist, ist auch in der Diagnostik Zurçckhaltung geboten. Neben der Anamnese haben die nichtinvasiven diagnostischen Methoden, hierunter v. a. der Tastbefund und die Ultraschalluntersuchung, eine besondere Bedeutung. Die invasiven Verfahren (Arteriographie, Phlebographie) mçssen im Hinblick auf ihre Risiken und Komplikationsmæglichkeiten genau abgewogen werden. Sie haben immer dann ihre Berechtigung, wenn eine operative oder andere invasive Konsequenz in Frage kommen. Ein Gefåûpatient mit reduzierter Gehstrecke (Klaudikationsstadium II) muss z. B. nicht zwingend arteriographiert werden. Die Erhebung der Anamnese und des arteriellen Gefåûstatus (Pulstastbefund, Dopplerdruckmessung) erlaubt eine hinreichend genaue Einschåtzung der Durchblutungssituation und die Festlegung der
einzuschlagenden Therapie. Sie besteht in der Aufklårung und Beratung çber bestehende Risikofaktoren, der Empfehlung eines Gehtrainings und evtl. einer medikamentæsen Behandlung.
3.1
Nichtapparative Gefåûdiagnostik
3.1.1 Anamnese Symptome wie Zeitdauer, Belastbarkeit, Lageabhångigkeit und Schmerzverlauf mçssen erfragt und daraus wichtige Schlçsse hinsichtlich Lokalisation und Ursache des Befundes gezogen werden (Tabelle 3.1). Tabelle 3.1. Anamnestische Befunde Zeitdauer
Lokalisation
Ursache
n kurze Vorgeschichte
arteriell
meist Embolie, seltener Thrombose Aneurysma Phlebothrombose Lungenembolie
venæs n långere arteriell Vorgeschichte (Wochen, Monate, Jahre) venæs lymphatisch
fortschreitende Atherosklerose Aneurysma chronisch venæse Insuffizienz Lymphædem (primår, sekundår)
26
n
3 Gefåûdiagnostik
n Belastbarkeit Fçr das Vorliegen einer arteriellen Stærung sprechen håufig belastungsabhångige Beschwerden: n schmerzhafte Gehstreckenminderung (Claudicatio intermittens) n Herzanfålle (belastungsabhångige oder -unabhångige Angina pectoris) n abdominelle Schmerzen nach dem Essen (Angina abdominalis bei Stenosen der Eingeweidearterien) n einseitige neurologische Ausfålle (Hirndurchblutungsstærungen bei Stenosen der supraaortalen Arterien) Fçr das Vorliegen einer venæsen Stærung sprechen belastungsunabhångige Beschwerden: n Spannungsgefçhl, Schmerzen im Bein beim Stehen oder Sitzen (Varizen oder Thrombose); Besserung beim Gehen (Varizen)
n Lageabhångigkeit Eine Besserung der Beschwerden (Bein/Arm) in Tieflagerung bedeutet arterielle Stærung, Besserung der Beschwerden (Bein/Arm) in Hochlagerung venæse Stærung.
n Schmerzlokalisation
bose) abgeklårt werden (Duplexsonographie, Phlebographie). Anamnestisch sollten der Schwellungs- und Schmerzverlauf erfragt werden (primår aufsteigende Wadenschwellung : aszendierende Unterschenkelthrombose; primårer Flanken- oder Leistenschmerz : deszendierende Becken-Oberschenkel-Venenthrombose), da sich hieraus wichtige therapeutische Konsequenzen ableiten. Das Auftreten von farblichen Hautverånderungen spricht in der Regel fçr eine deutliche pathologische Durchblutungssituation: n gelblich-weiû: akuter embolischer arterieller Verschluss (betrifft græûere Anteile, ganzer Fuû/ganze Hand); Raynaud-Phånomen (betrifft einzelne Finger/Zehen; ist meist deutlich abgegrenzt) n rætlich-grau: chronische arterielle Verschlusskrankheit, arterielle Thrombose n blåulich: tiefe Venenthrombose n schwarz: Nekrosestadium (AVK-Stadium IV)
3.1.3 Palpation Es werden arterielle Pulse (Abb. 3.1) und Temperaturunterschiede registriert: n kçhle bis kalte Haut: akuter arterieller Verschluss; tiefe Venenthrombose n Ûberwårmung der Haut: akute Venenentzçndung
Bei arteriellen Erkrankungen ist die Schmerzlokalisation mit dem Erkrankungsort nicht identisch. Der typische Ischåmieschmerz (bei Belastung) wird deutlich unterhalb der Stenose geschildert (ein Oberschenkelverschluss bereitet Wadenschmerzen). Bei einer venæsen Erkrankung dagegen sind Schmerzlokalisation und Erkrankungsort identisch.
3.1.2 Inspektion Alle åuûeren Auffålligkeiten werden registriert, wobei insbesondere Umfang und Farbe einen wichtigen diagnostischen Hinweis liefern: Unter angiologischem Gesichtspunkt sind Schwellungen der Extremitåten, insbesondere einseitige Schwellungen, primår immer thromboseverdåchtig. In diesem Fall sollte grundsåtzlich eine tiefe Venenthrombose (Phlebothrom-
Abb. 3.1. Palpation
3.2 Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
3.2
n
Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
3.2.1 Auskultation Mit der Auskultation (Stethoskop) kænnen Gefåûverengungen (Karotis- oder Femoralisstenosen), die ein typisches pfeifend-zischendes Stenosegeråusch hervorrufen, nachgewiesen werden. Die Auskultation eignet sich auch fçr die Diagnose von AV-Fisteln. Dabei handelt es sich um therapeutisch erzeugte Verbindungen zwischen einer Arterie und einer Vene (Dialyseshunt) oder um arteriovenæse Kurzschlussverbindungen als Folge einer Gefåûverletzung (traumatisch oder therapeutisch nach Punktionen). Die AV-Fistel erzeugt ein unverwechselbares, kontinuierliches Stræmungsgeråusch (systolisch und diastolisch), das auskultiert werden kann. Da mit der Auskultation eines Stenosegeråusches nichts çber die Ausdehnung atherosklerotischer Verånderungen nach proximal oder distal ausgesagt werden kann, hat dieses Verfahren in der Gefåûdiagnostik keinen besonderen Stellenwert.
3.2.2 Blutdruckmessung (indirekte Methode) Die Blutdruckmessung dient in erster Linie der Feststellung eines Bluthoch- bzw. Blutunterdrucks und hat damit einen diagnostischen Stellenwert. Neben der Mæglichkeit einer exakten arteriellen (oder venæsen) Druckmessung mittels Punktion des betreffenden Gefåûes sowie der Druckregistrierung (Druckwandler, Monitoranzeige) als invasives Verfahren soll hier auf die nichtinvasive, indirekte Methode der Blutdruckmessung nach Riva-Rocci eingegangen werden. Eingefçhrt wurde das heute çbliche (indirekte) Verfahren 1896 durch den italienischen Arzt Scipione Riva-Rocci (Abb. 3.2), daher auch RRWert, wonach aus der Hæhe des Oberarmmanschettendrucks direkt auf den arteriellen Blutdruck geschlossen werden kann. Ergånzt wurde diese Methode 1905 durch den russischen Arzt Korotkow, der die Auskultation der Arterie unterhalb der Manschette einfçhrte. Die dabei auftretenden Geråusche wurden nach ihm benannt (Korotkow-Geråusche). Nach Aufpumpen der Manschette çber den zu erwartenden Blutdruck wird der Manschetten-
Abb. 3.2. Scipione Riva-Rocci (1863±1937)
druck langsam kontinuierlich (etwa 3 mmHg/s) abgelassen. Zunåchst kann unterhalb der Manschette çber der Arterie kein Geråusch auskultiert werden. Derjenige Manschettendruck, der gerade den hæchsten Schlagaderdruck (den das Herz als Maximaldruck aufbringt) unterschritten hat und somit die arterielle Pulswelle nach distal passieren låsst, entspricht dem systolischen Blutdruck und wird als oberer Wert registriert; es gelten die ersten nacheinander registrierten 2±3 hærbaren Schlåge als systolischer Wert. Wåhrend der weiteren Druckablassphase muss sich das Blut gegen den noch teilweise bestehenden Manschettendruck hindurcharbeiten (entsprechend einer Gefåûstenose), wodurch kontinuierlich die Korotkow-Geråusche auskultierbar sind. Erst beim Unterschreiten des Manschettendrucks unter den niedrigsten Schlagaderdruck, den das Herz als Minimaldruck aufbringt, wird fçr das durch die Manschette stræmende Blut der Weg nach distal frei passierbar. Die Tæne werden deutlich leiser oder verschwinden ganz (gelegentlich bleiben die Geråusche auch bis zum vælligen Druckabfall der Manschette auf Null hærbar). Als diastolischer Blutdruck wird derjenige Wert registriert, der dem deutlichen Nachlassen bzw. dem Aufhæren der Korotkow-Geråusche entspricht. Zur Vermeidung systematischer Messfehler muss die Manschettenbreite dem Oberarmumfang angepasst werden. Hierbei gelten die in Tabelle 3.2 aufgefçhrten Græûen. n Grundsåtzlich sollte die erste Blutdruckmessung immer an beiden Armen erfolgen, um eine vorgeschaltete Oberarmarterienstenose auszuschlieûen. Dabei gilt der hæher gemessene Blutdruck als wahrer Blutdruck.
27
28
n
3 Gefåûdiagnostik
Tabelle 3.2. Anpassung der Manschette Gliedmaûenumfang
Manschettenbreite
20±40 cm (z. B. Oberarm) > 40 cm (z. B. Oberschenkel) < 20 cm (z. B. Kinder)
12 cm 16±20 cm bis 8 cm
Physikalischer Zusammenhang: Druck = Kraft/Flåche; bei sinkender Auflageflåche steigt der Druck
Blutdruckdifferenzen bis etwa 20 mmHg (zwischen linkem und rechten Oberarm) gelten als physiologisch. Ein hæherer Blutdruckunterschied sollte an eine vorgeschaltete Stenose der A. subclavia denken lassen, die håufig ohne Beschwerden einhergeht.
als Wellenlånge definiert und mit dem griechischen Buchstaben Lambda (k) bezeichnet. Eine volle Schwingung (von 0 zum Wellenmaximum, çber 0 zum Wellenminimum und zu 0 zurçck) heiût Periode. Die Maûeinheit der Frequenz (Anzahl der Schwingungen/s) wird in Hertz [Hz] angegeben. n 1 Hz = 1 Schwingung/s n 1 kHz = 1000 Schwingungen/s n 1 MHz = 1 000 000 Schwingungen/s n Infraschall (Frequenzen unterhalb der menschlichen Wahrnehmung): £16 Hz n Hærschall (Frequenzen im menschlichen Hærbereich): 16 000±20 000 Hz n Ultraschall (Frequenzen oberhalb der menschlichen Hærgrenze): ³ 20 000 Hz
Sonographische Untersuchungsmethoden haben die angiologische Diagnostik in vielerlei Hinsicht veråndert. Mit ihnen lassen sich die Stræmung, ihre Richtung, ihre Geschwindigkeit und morphologische Verånderungen (Wandplaques) nichtinvasiv mit hoher Sensitivitåt und Spezifitåt bestimmen. Entsprechend ihrer hohen Bedeutung sollen deshalb die Grundlagen der Sonographie besprochen werden.
1675 entdeckte der dånische Astronom Ole Ræmer die Rotverschiebung beim Betrachten sich fortbewegender Galaxien. 1842 beobachtete der æsterreichische Physiker Christian Doppler die Frequenzverschiebung am Spiralnebel. 1959 erfolgte die transkutane Blutflussmessung durch Dopplerverfahren (Satomura). 1967 wurden erstmals die Stræmungsrichtung bestimmt und Direktionaldopplergeråte entwickelt (McLeod). 1973 fand die erste Karotisdoppleruntersuchung mit Differenzierung einzelner Gefåûabschnitte (Pourcelot) statt.
n Wellentheorie und Historie
n Physikalisches Prinzip
Schallwellen breiten sich in ihrer Laufrichtung geradlinig aus (Abb. 3.3) und die von ihnen erfassten Teilchen werden in Schwingung versetzt. Die dabei entstehenden periodischen Wellen weisen verschiedene Teilchendichten auf, die sich als Wellenmaxima oder -minima åuûern. Der Abstand zweier Maxima oder Minima wird
Hochfrequenter Ultraschall (3±10 MHz) durchdringt biologisches Gewebe und wird an Grenzflåchen unterschiedlicher Dichte reflektiert. Ein unterschiedlicher Gewebewiderstand stellt dabei die Grundbedingung der Schallwellenreflexion dar und wird auch als Wellenwiderstand (Impedanz) bezeichnet. Bewegen sich die Grenzflåchen, tritt aufgrund des Dopplereffekts beim reflektierten Schall eine Frequenzånderung gegençber der Sendefrequenz ein. Diese wird auch als Dopplershift bezeichnet. Dabei gilt: n Ein Blutfluss auf die Dopplersonde zu fçhrt zur Frequenzerhæhung (Abb. 3.4). n Ein Blutfluss von der Dopplersonde weg fçhrt zur Frequenzerniedrigung (Abb. 3.5). n Hochfrequente Geråusche bedeuten eine schnelle Stræmung (z. B. Arterie, Stenosebereich).
3.2.3 Ultraschallverfahren
Abb. 3.3. Eigenschaften von Schallwellen: longitudinale Ausbreitung, mechanische Komprimierbarkeit, periodische Ausbreitung
3.2 Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
Abb. 3.4. Bewegte Grenzflåchen: Frequenzerhæhung zwischen ausgesendeter und empfangener Frequenz, wenn sich der Blutfluss auf die Sonde zu bewegt; die Frequenzdifferenz (Dopplershift) liegt im Kilohertzbereich und ist damit hærbar
Abb. 3.5. Bewegte Grenzflåchen: Frequenzerniedrigung zwischen ausgesendeter und empfangener Frequenz, wenn sich der Blutfluss von der Sonde weg bewegt; die Frequenzdifferenz (Dopplershift) liegt ebenfalls im hærbaren Bereich
B-Bild-Verfahren (auch B-mode-Verfahren) bezeichnet, wobei ¹Bª fçr ¹brightnessª (Helligkeit) steht. Diese Form der Untersuchung wird vorwiegend in der Organdiagnostik eingesetzt. Die Kombination des Doppler- mit dem B-Bild-Verfahren wird Duplexsonographie genannt. Bildgebende und flussmessende Signale werden als kombiniertes Bild dargestellt und tragen zur erweiterten Gefåûinformation bei. Die farbliche Kodierung der aufgenommenen Signale låsst noch differenziertere Aussagen zu, sodass eine Angiographie håufig çberflçssig wird. Beim Eindringen in und Durchdringen von Geweben unterliegen Schallwellen einer Reihe von physikalischen Prozessen, die insgesamt zur Schallabschwåchung fçhren. Zu den wichtigsten Vorgången der Abschwåchung gehæren Absorption, Reflexion und Streuung. Aufgetretene Energieverluste machen sich in einer Minderung der Information bemerkbar und kænnen zu Fehleinschåtzungen fçhren: Die Absorption (Abb. 3.7 a) macht den Hauptanteil der Schallabschwåchung aus, was durch leichte Verstårkung (TGC = time gain compensa-
a Abb. 3.6. Ruhende Grenzflåchen: reflektierter gegençber ausgesendetem Schall unveråndert, Dopplereffekt tritt nicht auf
n Niederfrequente Geråusche bedeuten eine langsame Stræmung (z. B. Vene, poststenotischer Bereich einer Arterie). n Dopplerultraschalluntersuchungen werden in der Gefåûdiagnostik angewendet. Im Gegensatz dazu bleibt bei ruhenden Gewebegrenzflåchen der ausgesendete und reflektierte Schall in seiner Frequenz unveråndert (Abb. 3.6). Durch die Aufzeichnung des reflektierten Schalls wird das entsprechende Organbild erzeugt. Die dabei aufgenommenen Ultraschallsignale werden zu Bildern unterschiedlicher Helligkeit verarbeitet und als so genanntes
n
b
c Abb. 3.7. Schallbeeinflussung, a Absorption, b Reflexion, c Streuung
29
30
n
3 Gefåûdiagnostik
tion) ausgeglichen wird. Grenzflåchen unterschiedlicher akustischer Impedanz (Z) fçhren zur Reflexion und liefern das Echobild (Abb. 3.7 b). Z ist im weichen Gewebe niedrig, in Knochen hoch. An Flåchen mit hohen Dichteunterschieden (Knochen, Luft, Kalk) kommt es zur Totalreflexion. Dahinter gelegene Strukturen sind nicht schallbar, wodurch es zum Informationsverlust kommt. Berechnet wird dieser Verlust mit: Z qv mit q Densitåt, v Schallgeschwindigkeit. Durch Streuung (Abb. 3.7 c) kommt es zur frequenzabhångigen (f = Schallfrequenz) Intensivierung (I): I f4
n Dopplersonographie Technische Grundlagen Die Dopplersonographie hat fçr die Gefåûdiagnostik groûe Bedeutung. Die Anwendung der Methode (Tabelle 3.3) verlangt anatomische Kenntnisse çber Verlauf, Varianten und Lageanomalien des arteriellen und venæsen Gefåûsystems. Aufbau und Funktionsweise der verwendeten Systeme mçssen bekannt sein, um systematische Fehler in der Befunderhebung zu vermeiden. Die Interpretation der empfangenen Signale setzt fachliche Kompetenz und ein kritisches Urteilsvermægen voraus, um einschåtzen zu kænnen, was noch normal oder schon pathologisch ist. Zuletzt sind aus den erhobenen Befunden entsprechende Konsequenzen zu ziehen (weitere invasive Diagnostik, medikamentæse oder operative Therapie). Am håufigsten werden Geråte mit kontinuierlicher Schallwellenaussendung und kontinuierlichem Empfang eingesetzt, so genannte CWDopplergeråte (cw = continous wave). Hierbei werden von einem Kristall (in der Schallsonde), der bei angelegter elektrischer Spannung in Schwingungen geråt (piezoelektrischer Effekt), ståndig Schallwellen ausgesendet. Ein zweiter Kristall registriert die reflektierten, zurçckkehrenden Schallwellen und dient als Empfånger. Im Gefåûsystem wird die von der Sonde ausgesendete Schallwelle von den sich bewegenden Erythrozyten reflektiert und die dabei entstan-
dene Frequenzånderung elektronisch gemessen. Die Differenz zwischen ausgestrahlter und empfangener Frequenz wird Dopplershift genannt. Sie liegt im Kilohertzbereich und ist damit hærbar. Grundsåtzlich wird im CW-Betrieb eine Sammelinformation des beschallten Gewebeabschnitts gewonnen, ohne die Mæglichkeit einer gezielten Information. Dies trågt z. B. beim Beschallen zweier benachbarter Gefåûe zur Ungenauigkeit bei. Ein wesentlicher Vorteil des CWDopplers ist die Stræmungsmessung unabhångig von der Flussgeschwindigkeit, insbesondere bei Gefåûen mit schneller Stræmung. Alternativ zur kontinuierlichen Schallerzeugung kænnen von einem Sondenkristall einzelne Schallwellen mit kurzen Unterbrechungen ausgesendet werden. Diese Form wird als gepulste oder pulsierende Sonographie bezeichnet (pw = pulse wave, PW-Dopplergeråte). Dabei dient derselbe Kristall als Schallwellensender und -empfånger. Die Frequenz der im PW-Betrieb ausgesendeten Schallwelle wird als Wiederholungs- oder Pulsrepetitionsfrequenz (PRF) bezeichnet. Die so ausgesendeten Schallwellenpakete benætigen eine bestimmte Zeit bis zum Messort (Reflexionsort) und zurçck, die als Laufzeit (T) bezeichnet wird. Durch Auswahl eines entsprechenden Zeitfilters kænnen Signale aus einer bestimmten Tiefe (sample volume) selektiv empfangen werden. Bei der Signalverarbeitung kænnen so Informationen (Messproben) aus einer vordefinierten Tiefe gewonnen und verarbeitet werden, wåhrend zeitlich versetzt eintreffende Schallwellenechos unberçcksichtigt bleiben (Abb. 3.8).
Abb. 3.8. PW-Doppler
3.2 Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
n
Tabelle 3.3. Begriffe der Dopplersonographie Bezeichnung
Anwendung/Bedeutung
Aliasing (Nyquist-Phånomen)
Frequenzabhångige Fehlinterpretation des Dopplerechosignals; tritt nur bei der Duplexsonographie (pw-Modus), jedoch nicht bei der Dopplersonographie (cw-Modus) auf. Zur Vermeidung eines Alias-Effekts sollte die PRF etwa doppelt so hoch wie die Dopplerfrequenz eingestellt werden.
Autokorrelation
Wichtiger mathematischer Rechenprozess (Umwandlung und Weiterverarbeitung) von Echosignalen durch das Ultraschallgeråt. Hierbei wird das eintreffende Dopplerecho (Dopplerfrequenz) in 3 Informationen zerlegt: ± Signalbild mit Vorwårts- und Rçckwårtsanzeige ± Signalgræûe (Amplitude) ± mittlere Abweichung (Varianz) der Dopplerfrequenz. Grundlage dieser Prozesse bilden die Demodulation hoch- und niederfrequenter Signale und ihr Phasenvergleich. Alle farbkodierten Geråte arbeiten damit.
Array
Bauweise des Schallkopfs mit spezieller Anordnung (Aufstellung) der Piezokristalle.
c
Dieser Buchstabe steht fçr die Schallgeschwindigkeit im jeweiligen Medium. Fçr Wasser (und damit stellvertretend fçr biologisches Gewebe) betrågt der Wert c (bei 378) 1540 m/s (entsprechend 5544 km/h): c f k f Schallfrequenz; k Wellenlånge
Demodulation Densitåt (q)
Fçhrt zur Konversion eines oszillierenden Signals zu einem direkten Signal. m q V m Masse; V Volumen
cw-Doppler (continous wave) pw-Doppler (pulsed wave)
Nachweis der globalen arteriellen oder venæsen Blutstræmung mittels kontinuierlich ausgesendeten Schallwellen. Nachweis einer eng definierten Blutstræmung mittels intermittierend ausgesendeten Schallwellenpaketen (Duplexgeråte, transkranieller Doppler).
Duplexsonographie
Kombiniertes Ultraschallverfahren aus B-Bild-Sonographie und gepulstem Doppler
Echo
Akustisches Signal; es entsteht durch Reflexion oder Streuung von Schallwellen an Grenzflåchen.
Gain
Globalverstårkung (Verstårkung aller Signale); die korrekte Einstellung erkennt man am Hintergrundbild anhand zusåtzlicher Bildpunkte (speckles); schwarzer Hintergrund bedeutet korrekte Einstellung.
Impedanz (Z)
Z qv q Dichte; v Schallgeschwindigkeit Physikalisch gesehen stellt sie den Widerstand dar.
Maximaldarstellung
Registrierung der schnellsten Parameter
Modaldarstellung
Registrierung der håufigsten Parameter
Messtor
Empfangseinstellung fçr die rçckkehrenden Echosignale. Mit dem Úffnen und Schlieûen des Messtores werden nur Signale aus der vorgegebenen Tiefe zum Geråt durchgelassen.
Messvolumen (sample volume)
bei der pw-Sonographie definierte Untersuchungstiefe
Nyquist-Grenze
Stellt diejenige Dopplerfrequenz dar, ab welcher das Alias-Phånomen auftritt; die Hålfte der Pulsrepetitionsfrequenz.
Power-Spektrum
Hierbei wird die Echoenergie zum Bild umgerechnet, Geschwindigkeit und Stræmungsrichtung werden nicht dargestellt (synonym: Angiomode).
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n
3 Gefåûdiagnostik
Tabelle 3.3 (Fortsetzung) Bezeichnung
Anwendung/Bedeutung
PRF (Pulsrepetitionsfrequenz)
Håufigkeit ausgesendeter Schallpulse bei der pw-Sonographie
Processing
Beschreibt Rechenvorgånge, die dem Abbilden der abgeleiteten Ultraschallsignale auf dem Monitor dienen. Begriffe wie ¹preprocessingª und ¹postprocessingª bedeuten Rechenschritte, wobei die ursprçnglichen (dynamischen) Signale nach Digitalisierung in konkrete Werte umgewandelt und entsprechend weiterverarbeitet werden.
Sendeleistung
Hierzu zåhlen 2 geråtespezifische Græûen, die in der Bildanzeige immer mit angegeben werden: 1. SPTA (spatial peak time average intensity) als ein Maû fçr die thermischen Effekte des Ultraschalls [mW/cm2] 2. MI (mechanical index) als Maû fçr mechanische Effekte des Ultraschalls (dimensionsloser Wert) Die Angabe dieser Græûen ist insofern von Bedeutung, da Ultraschall ein weit verbreitetes Verfahren darstellt und biologische Risiken (z. B. Auftreten von Kavitation) durch die eingestrahlte Energie nicht ganz auszuschlieûen sind. Dies gilt v. a. in der Diagnostik Schwangerer.
Sounds
Alle direkt abgeleiteten Stræmungsgeråusche (ohne zusåtzliche Manæver) werden als S-Sounds (s = spontan) bezeichnet; Beschleunigung der Stræmung durch Kompressionsmanæver (v. a. in der Venendiagnostik) werden als A-Sounds (a = augmentiert) bezeichnet.
TCD-Sonographie
Transkraniale Doppler-/Duplexsonographie, benætigt wird ein 2-MHz-Schallkopf.
TGC (time gain compensation)
Elektronische Verstårkung der Dopplerechos, dient dem Tiefenausgleich des Echosignals, das ansonsten infolge Energieverlusten nur unzureichend zu interpretieren wåre; Signalabschwåchung durch zunehmende Eindringtiefe.
Transducer
Jegliches Geråt, welches Energie von einer in eine andere Form umwandelt. Beim Ultraschall wird elektrische Energie in mechanische Energie und umgekehrt umgewandelt.
Varianz
Quadrat der Standardabweichung; sie ist das Ergebnis der Schallauswertung wåhrend des Autokorrelationsvorgangs, zeigt die spektrale Verbreiterung an und ist bei turbulenten Flçssen erhæht. Auf dem Bildschirm wird sie als grçnlichgelber Bereich, parallel zur rotblauen Farbskala abgebildet.
Wandfilter
Elektrische Filter, die nur bestimmte Frequenzen durchlassen. Sie dienen der Unterdrçckung bestimmter Dopplerfrequenzen, die fçr die Beurteilung nicht benætigt werden oder sogar stæren. Synonym wird der Begriff des Passfilters gebraucht. Es werden Hochpassfilter von Niedrigpassfiltern unterschieden. Letztere werden bei Untersuchungen von Venenflçssen eingesetzt, damit auch noch langsame Frequenzen (entsprechend dem langsamen venæsen Blutfluss) erkannt werden. Umgekehrt sind die trågen Wandbewegungen, die ebenfalls zum Dopplersignal beitragen, stærend und werden bei der Untersuchung von Arterien durch Hochpassfilter eliminiert (weggeschnitten). Beispiele fçr die Filtereinstellung sind: Venen Arterien Filter Niedrigpass Hochpass Frequenz ca. 50 Hz 100±200 Hz Als Grundeinstellung fçr den tåglichen Betrieb kann mit einem 100-kHz-Wandfilter fçr beide Gefåûregionen gearbeitet werden. Eine Ausnahme stellen arteriovenæse Fisteln mit starken Wandbewegungen der Gefåûe dar. Hier sollte der Wandfilter çber 400 Hz betragen.
3.2 Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
Zwischen der Pulsrepetitionsfrequenz und der Laufzeit besteht ein direkter Zusammenhang. Um zurçckkehrende Signale eindeutig zuzuordnen, muss das vorausgegangene Echosignal abgewartet werden, anderenfalls ergeben sich Informationsverluste und Messfehler. Deshalb ist es nicht sinnvoll, ein neues Schallwellenpaket auszusenden, bevor das Echo des vorherigen nicht zurçckgekehrt und verarbeitet worden ist. Infolgedessen wird die Pulsrepetitionsfrequenz durch die Laufzeit der Schallwelle limitiert. Von der Laufzeit hångt das kçrzeste Intervall zweier Schallwellensendepulse ab, das noch zur vollen Information beitrågt. Mathematisch besteht ein einfacher, umgekehrt proportionaler Zusammenhang zwischen Pulsrepetitionsfrequenz (PRF) und Laufzeit (T): PRF
n
Abb. 3.9. 608-Drehbewegung einer Speichenachse
Abb. 3.10. Rotationsgeschwindigkeit bei hoher Pulsrepetitionsfrequenz (PRF)
1 T
n Eine kurze Laufzeit gestattet eine hohe Pulsfrequenz und umgekehrt. n Die maximale Pulsrepetitionsfrequenz ist bei gegebener Laufzeit (d. h. definiertem Quotienten 1/T) festgelegt. Wird die Pulsrepetitionsfrequenz çber den Wert 1/T erhæht, kænnen die zurçckkehrenden Signale nicht mehr eindeutig zugeordnet werden. Dies geht zu Lasten der Tiefenzuordnung und fçhrt zur Messungenauigkeit. Mit dem Einsatz gepulster Dopplertechnik und deren Vorteilen werden aber auch negative Effekte und damit die Gefahr der Fehlinterpretation erkauft. Hierzu gehært das so genannte Alias-Phånomen, Nyquist-Effekt, das wir von der Betrachtung sich drehender Speichenråder im Film kennen: oberhalb bestimmter Geschwindigkeiten låuft das Rad scheinbar zurçck. Die korrekte Zuordnung der Rotationsgeschwindigkeit erfolgt vom Gehirn in Abhångigkeit zum vorhergehenden Bild. Dabei interpretiert unser Gehirn immer den kçrzesten Weg als real. Diese Art der neuronalen Bildverarbeitung sollte man sich bei der Erklårung des Alias-Effekts vor Augen halten: In dem oben gewåhlten Beispiel soll sich eine Speichenachse um je 608 im Uhrzeigersinn drehen (Abb. 3.9). Håufige Einzelimpulse (hohe PRF) erzeugen eine korrekte Wiedergabe der Rotationsgeschwindigkeit, fçr den Betrachter dreht sich das Rad weiter im Uhrzeigersinn (Abb. 3.10). Seltene Einzelimpulse (d. h. niedrige PRF) verhindern eine korrekte Zuordnung der Drehbewegung (Geschwindigkeit), da
Abb. 3.11. Nyquist-Frequenz
das Gehirn sowohl eine Bewegung um +1808 (im Uhrzeigersinn), als auch eine Bewegung um ±1808 (gegen den Uhrzeigersinn) zulåsst. Diese Position der Speiche charakterisiert die NyquistGrenze bzw. Nyquist-Frequenz (fN) (Abb. 3.11): Sie wird nach folgender Formel berechnet: fN
PRF 2
Danach muss der Wert fçr die Pulsfrequenz zur korrekten Wiedergabe der Rotationsgeschwindigkeit kleiner sein als der Wert fçr die halbe Umdrehung: PRFmin 2f Zur Verdeutlichung des Alias-Phånomens kann auch die Abbildung Dopplers dienen (Abb. 3.12). Die linke Seite zeigt ein ungenaues Bild bei zu grober Abtastung (Alias-Doppler). Hier wurde die PRF zu klein gewåhlt. Durch Hochfahren der Abtastfrequenz (Steigerung der PRF) wird Herr Doppler eindeutig identifizierbar (rechtes Bild: realer Doppler).
33
34
n
3 Gefåûdiagnostik
Abb. 3.12. Christian Doppler
Varianten der Signalverarbeitung Hauptanliegen in der Dopplersonographie sind neben dem Stræmungsnachweis die Abschåtzung von Stenosegraden und Geschwindigkeitsbestimmungen. Je nach Art der Signalverarbeitung kann die Stræmungsanalyse auf mehreren Wegen erfolgen: n Darstellung als akustisches Signal n Darstellung als Analogkurve n Darstellung als optisches und akustisches Frequenzspektrum n farbkodierte Darstellung Geråte mit alleiniger akustischer Signalverarbeitung werden als Taschen- oder Stiftdoppler zum Stræmungsnachweis eingesetzt. Hierbei werden aufgrund elektronisch gemessener und verstårkter Dopplerfrequenzen Stræmungsgeråusche hærbar gemacht. Alle anderen Geråte haben heute zusåtzlich die Mæglichkeit der Richtungsanzeige der Stræmung. Auch gegensåtzliche Flussrichtungen (z. B. einer Arterie und benachbarten Vene) kænnen gleichzeitig verarbeitet und als getrennte Flusskurven dargestellt werden. Diese Geråte heiûen bidirektionale Doppler. Das akustische Signal einer schnellen Stræmung mit entsprechend hohen Dopplerfrequenzen låsst eine grobe Einteilung, z. B. in hochgradige oder mittelgradige Stenosen ± bei ausreichender Dopplererfahrung ± durchaus zu. Die Interpretation dieser Stræmungsgeråusche ist jedoch in hohem Maû an das subjektive Hærempfinden gebunden und hat den Nachteil der fehlenden Objektivierbarkeit. Neben der akustischen Signalverarbeitung stehen beim Einsatz græûerer Geråte auch graphische Mæglichkeiten der Registrierung (Dopplerstræmungskurve, Analogkurve) zur Verfçgung.
Das Aufzeichnen von Stræmungskurven dient der Befundinterpretation und erlaubt zusåtzlich eine Dokumentation. Die so gewonnenen Kurvenbilder stellen Hçllkurven der einzelnen Geschwindigkeiten und ± falls eine Frequenzanalyse miterfolgt ± der Dopplerfrequenzen dar. Je nach elektronischer Verarbeitung werden Hçllkurven der schnellsten Geschwindigkeiten bzw. Frequenzen (Maximalkurven) oder der am håufigsten vorkommenden Geschwindigkeiten bzw. Frequenzen (Modalkurven) dargestellt. Gesunde, Extremitåten versorgende Arterien zeichnen sich prinzipiell durch einen triphasischen (im Alter håufig auch biphasischen) Kurvenverlauf (Nachweis der frçhdiastolischen Nulllinienunterschreitung oder DIP-Phånomen) aus, wåhrend Parenchym versorgende Arterien an ihrer hohen diastolischen Flusskomponente erkennbar sind. Ihr Kurvenminimum liegt immer çber der Nulllinie (deutlicher Nulllinienabstand) (Abb. 3.13). Fçr die Venen existieren, je nach Ableitungsort, sehr unterschiedliche Kurvencharakteristika, die v. a. im Femoralbereich gut reproduzierbare Flussphånomene aufweisen (Abb. 3.14).
Abb. 3.13. Arterielle Stræmungskurve (Ableitort: A. femoralis)
Abb. 3.14. Venæse Stræmungskurve (Ableitort: V. femoralis)
3.2 Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
Bei der Darstellung als optisches und akustisches Frequenzspektrum werden aufgenommene Dopplersignale hinsichtlich ihres Frequenzspektrums (d. h. alle vorhandenen Frequenzen) analysiert. Hierzu wird eine entsprechend schnelle Signalverarbeitung benætigt, wobei ein computerunterstçtztes System die mathematische Berechnung (Algorithmus) vornimmt. Nach dem franzæsischen Mathematiker Fourier benannt, wird mit Hilfe der schnellen Fourier-Analyse (FFT: fast fourier transformation) das breite Dopplerspektrum (mit schnellen und langsamen Flussanteilen) in seine einzelnen Dopplerfrequenzen zerlegt. Auf dem Bildschirm wird die graphische Aufzeichnung mit den dazugehærigen Zahlenwerten (Stræmungsgeschwindigkeiten der Blutzellen im Messvolumen) angegeben und als zeitabhångiges Doppler-FrequenzZeit-Spektrum bezeichnet. Entsprechend der Verteilung hoher und niedriger Frequenzanteile låsst sich mit der Frequenzanalyse bereits eine genauere Graduierung einer Gefåûstenose vornehmen. Die Zuordnung von Farbe kann bei der Analyse unterschiedlicher Geschwindigkeiten (und damit Dopplerfrequenzen) weitere Informationen bezçglich einer normalen oder pathologisch verånderten Blutstræmung bringen, da sie flåchenhaft dargestellt wird. Der çber eine gewisse Flåche gefåcherte Schallstrahl çberstreicht das im B-Bild sichtbare Gefåû und wird in zahlreiche Messorte aufgeteilt (Multigate-Verfahren). Danach werden alle Messvolumina (sample volumes) gleichzeitig angesteuert und farblich markiert (kodiert) (Abb. 3.15). Gebråuchlich sind die Farben rot und blau fçr die Richtungsangabe. Ein Fluss auf die Sonde zu wird mit rot, der Fluss von der Sonde weg mit blau kodiert. Dies ist lediglich als eine Konvention zu betrachten und stellt kein absolutes Muss dar (Abb. 3.16). Die echte Stræmungsumkehr (Richtungsumschlag) wird in der Farbskala immer schwarz dargestellt. Das Aliasing, das ebenfalls mit einer scheinbaren Stræmungsånderung einhergeht, wird immer weiû kodiert (von rot çber weiû nach blau oder umgekehrt) (Abb. 3.17). Die mittlere Frequenzverschiebung kann zusåtzlich durch die Farbintensitåt (Zumischen der Farbe gelb) angezeigt werden. Hohe Frequenzen werden hellfarbig, niedrige Frequenzen dunkelfarbig kodiert.
n
Abb. 3.15. Kontinuierlicher (cw continous wave), gepulster (pw pulsed wave) und farbkodierter Dopplerschall (FKD)
Abb. 3.16. Farbkodierung und Richtung
Abb. 3.17. Farbkodierung und Aliasing
Gelegentlich wird im Farbbalken die Farbe grçn benutzt, welche die so genannte Varianz angibt. Mathematisch stellt sie das Quadrat der Standardabweichung dar und ist bei stark turbulenter Stræmung (poststenotisch) erhæht. Beim praktischen Umgang fållt auf, dass ein optimales Dopplersignal nur unter einem bestimmten Winkel bei der Sondenhaltung abgeleitet wird. Eine senkrechte Position liefert oft keine echten Stræmungssignale, sondern gibt lediglich Wandbewegungen des Gefåûes wieder,
35
36
n
3 Gefåûdiagnostik
wobei schwache, ungençgende Dopplersignale entstehen. Offensichtlich besteht zwischen der Sondenpositionierung und damit dem einfallenden Ultraschall und der Gefåûachse eine Winkelabhångigkeit, die durch die Dopplergleichung beschrieben wird: Fa cos a DF V 2 c mit DF Differenz zwischen ausgesendeter und reflektierter Frequenz, V Blutstræmungsgeschwindigkeit [m/s], Fa ausgesendete Schallfrequenz [Hz], a Einfallswinkel (Schallstrahl zur Gefåûachse), c Schallgeschwindigkeit im Gewebe (1540 m/s), 2 zurçckgelegter Schallweg (Hinweg und Rçckweg). Neben dem Einfallswinkel gehen noch andere physikalische Græûen, die Schallwellen und die Blutstræmung betreffend, ein. Geht man davon aus, dass die ausgesendete Schallfrequenz (Fa) und die Schallgeschwindigkeit im Gewebe (c) eine Konstante sind, kann bei bekanntem Beschallungswinkel (a) direkt aus der Frequenzånderung (DF) auf die Stræmungsgeschwindigkeit (V) geschlossen werden: DF V: Bei alleiniger Verwendung von bidirektionalen Dopplergeråten ist jedoch der Einfallswinkel nicht bekannt, da der Gefåûverlauf nicht dargestellt wird. Die Sondenhaltung zur Hautoberflåche gibt nicht den wahren Schallwinkel a wieder, da Hautoberflåche und Gefåû nicht parallel zueinander verlaufen. Infolgedessen sind Geschwindigkeitsbestimmungen nicht mæglich. Durch den Einsatz von Duplexgeråten mit Darstellung des beschallten Gefåûes (B-Bild-Erzeugung) kænnen der Schallwinkel definiert und
die Blutstræmungsgeschwindigkeit werden.
errechnet
Frequenzbereiche In der Praxis werden, abhångig von den zu untersuchenden Gefåûabschnitten, drei verschiedene Frequenzbereiche benætigt, wobei je nach Indikation (oberflåchliche oder tief liegende Gefåûe) eine bestimmte Eindringtiefe erforderlich ist und die Schallsonde entsprechend ausgewåhlt werden muss (Tabelle 3.4). Schallwellen erleiden beim Eindringen in Gewebe infolge Absorption einen Energieverlust. Dieser wird, damit die empfangenen Signale beurteilbar bleiben, bei der Reflexion durch elektronische Verstårkung ausgeglichen (time gain compensation = TGC). Da hochfrequente Schallwellen einer erhæhten Absorption und damit einem erhæhten Energieverlust unterliegen, sind sie zur Untersuchung tief liegender Strukturen ungeeignet. Um die Energieverluste (und damit in gewissem Grad auch die Informationsverluste) gering zu halten, werden fçr die tiefliegenden Gefåûe niedrige Schallfrequenzen (4±5 MHz) verwendet. Die dopplersonographische Untersuchungstechnik ist mit einer hohen Rate an Fehleinschåtzungen verbunden. Deshalb sind bei der Befunderhebung bestimmte Richtlinien einzuhalten: n Auswahl der geeigneten Schallfrequenz (Sondenwahl) n anatomische Kenntnisse des Gefåûverlaufs n korrekte Sondenposition mit Erzielung eines optimalen Kurvenbildes und des Geråuschmaximums n Vergleich mit der Gegenseite
Tabelle 3.4. Frequenzbereiche Frequenz [MHz]
Eindringtiefe (etwa) [cm]
Indikation
8
2
oberflåchliche Gefåûe: n Fuûarterien (A. tibialis anterior, A. dorsalis pedis) n Armarterien (A. brachialis, A. ulnaris, A. radialis) n A. supratrochlearis, A. supraorbitalis n epifasziale Venen
4
4
tief liegende Gefåûe: n A. carotis, A. vertebralis, A. subclavia n Tiefes Beinvenensystem
2
8
intrakranielle Gefåûe: Circulus Willisi (transkranialler Doppler)
3.2 Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
n
Vor der Befundinterpretation sollte çberprçft werden, ob ein logischer Zusammenhang mit der erhobenen Anamnese besteht. Aus Befunderhebung und Interpretation sind entsprechende Konsequenzen zu ziehen (z. B. weitere invasive Diagnostik, Therapieempfehlungen). Die korrekte Erhebung und Interpretation eines Normalbefunds sollten v. a. bei der Karotisdoppleruntersuchung nicht unterschåtzt werden.
Arterielles System Entsprechend ihres Versorgungsgebiets kænnen im arteriellen System zwei Arterientypen unterschieden werden: n die organversorgenden Arterien (oder Parenchymarterien) und n die Extremitåtenarterien, die sich durch charakteristische Fluss- und Geråuschphånomene von wichtigem Aussagewert auszeichnen. n Organarterien Sie zeichnen sich durch einen niedrigen peripheren Widerstand aus (A. carotis interna, A. vertebralis). In der Kurve zeigt sich ein hoher diastolischer Flussanteil (angehobene Kurve gegençber der Nulllinie; Abb. 3.18 a). Das auskultierbare Geråusch hat eher weichen Charakter. Somit ist eine Trennung von A. carotis interna und A. carotis externa nach Hær- und Kurvenbefund eindeutig mæglich, ebenso die Festlegung des Normalbefunds und die Abgrenzung zum Pathologischen. Auch die Zuordnung zu einem Stenosegrad sowie die Indikationsstellung zu Angiographie und Operation sind ohne weiteres mæglich. n Extremitåtenarterien Sie zeichnen sich durch einen hohen peripheren Widerstand aus (A. brachialis, A. femoralis; zutreffend auch auf A. carotis externa). In der Kurve (Abb. 3.18 b) zeigt sich ein typischer biphasischer, håufig auch triphasischer Verlauf, die diastolische Rçckflusskomponente (DIP) ist vorhanden, der Kurvenverlauf ist der Nulllinie angenåhert. Das Geråusch hat einen typisch peitschenartigen Charakter. Somit ist die Trennung von Normalbefund gegençber einem pathologischen Kurvenbild mæglich, die Ver-
Abb. 3.18. Typische arterielle Stræmungskurven, a Parenchymgefåû (niedriger peripherer Widerstand), b Extremitåtengefåû (hoher peripherer Widerstand)
schlussdruckwerte kænnen gemessen und die Indikation zur Angiographie gestellt werden. Bei Untersuchung der Beinarterien wird das Dopplersignal hinsichtlich seiner Stræmung (nachweisbar: + fehlend: ±), Kurvenform (monophasisch, biphasisch, triphasisch, DIP-Verhalten) sowie der Druckhæhe (im Vergleich zum systolischen Oberarmdruck, Dopplerquotient) ausgewertet. Bei unklarem Tastbefund (voroperiertes Gebiet, spastische Gefåûe, Verschluss) dient der Stræmungsbefund der Beurteilung einer pathologischen Situation. Die Kurvenform erlaubt Rçckschlçsse bezçglich der vorgeschalteten arteriellen Strombahn und eine Schåtzung des Stenosierungsgrads: Eine monophasische, verbreiterte Kurve mit fehlender Rçckflusskomponente låsst auf eine çber 50-%ige, vorgeschaltete Stenose schlieûen. Die Bestimmung der Druckhæhe dient der Objektivierung der distalen Durchblutungssituation. Sie kann in Ruhe oder unter Belastung durchgefçhrt werden: Bei der Ruhebestimmung werden der systolische Oberarmdruck (z. B. 130 mmHg çber der Radialarterie) und die Knæchelarteriendruckwerte (z. B. 140 mmHg çber den Arterien eines Fuûes; bei unterschiedlichen Werten wird der jeweils hæhere Druck verwendet) gemessen. Der Dopplerquotient berechnet sich aus dem Knæchelarteriendruck geteilt durch den Oberarmarteriendruck (getrennt pro Bein). Er wird auch als ABI (ankle brachial index oder Arm-Bein-Index) bezeichnet: Normalwert > 1,0; Werte > 1,4 sprechen fçr eine Mediasklerose.
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n
3 Gefåûdiagnostik
Kn ocheldruck 140 1;07 Oberarmdruck 130
Flow Imaging, das Harmonic Imaging und die 3D-Sonographie.
Grundsåtzlich besteht fçr die Ruhebestimmung nur eine ungenaue Korrelation zum Stenosegrad. Stenosen bis 50% werden nicht erfasst, sodass zusåtzliche Belastungsmessungen erforderlich sein kænnen. Unter Belastung wird der Oberarmdruck gemessen. Nach Durchfçhren von 30 Kniebeugen wird unmittelbar nach dem Ende der Belastung der Knæcheldruck bestimmt. Der Abfall auf 50±60% des Ausgangswertes ist pathologisch. Anamnese (Art und Dauer der Beschwerden, Abgrenzung zum Ruheschmerz), Gehleistung (Klaudikationsstadium) und Leidensdruck, verbunden mit dem klinischen Befund (trophische Stærungen), bestimmen letztendlich das weitere diagnostische Vorgehen: Kontrollmessung in zeitlichen Intervallen (evtl. kombiniert mit medikamentæser Therapie), Angiographie, ggf. invasive Therapie.
n Power Flow Imaging. Die Amplitudenhæhe der Echofrequenz wird in Energie umgerechnet und daraus ein Bild generiert, das einer Angiographiedarstellung åhnelt (daher auch AngioMode). Flussgeschwindigkeit und -richtung lassen sich nicht bestimmen.
Venæses System Die Beurteilung der venæsen Stræmung ist aufgrund des deutlich langsameren Flusses und fehlender Pulsation erschwert. Die hier zu erwartenden Dopplersignale sind dementsprechend schwåcher als die des arteriellen Systems. Zur korrekten Interpretation sollte daher der Wandpassfilter entsprechend niedrig eingestellt werden (Tabelle 3.3). Zur schnelleren Auffindung sind Kompressionsmanæver oft hilfreich, weil sie den Blutstrom beschleunigen. Da die Venen in enger Nachbarschaft zur Begleitarterie verlaufen, kænnen stærende Pulsationen bei der Interpretation venæser Flussphånomene auftreten. Umso wichtiger ist hierbei der Vergleich mit der Gegenseite, um einen falschpathologischen Befund auszuschlieûen. Die Hauptbedeutung der venæsen Dopplersonographie liegt in der Beurteilung der V. femoralis und der Mçndungsregion (Crosse) der V. saphena magna in die tiefe Vene.
Neuentwicklungen Im Bestreben eine bessere Abbildungsqualitåt zu erreichen, sind folgende Weiterentwicklungen der Ultraschalltechnik erfolgt: das Power
n Harmonic imaging. Beim Erzeugen von B-Bildern werden unbewegte Objekte beschallt. Die ausgesendete und die empfangene Frequenz sind identisch. Diese Darstellung wird auch als lineare Abbildung bezeichnet. Beim Durchdringen von Gewebe werden die Schallwellen jedoch auch verzerrt. Dabei werden zusåtzliche Frequenzen im vielfachen Verhåltnis (harmonisches Verhåltnis) der Grundfrequenz hinzugefçgt. Diese Darstellung (auch nichtlineare Abbildung) weist in der B-Bild-Erzeugung eine deutlich bessere Bildqualitåt auf. Intravenæs gegebene Kontrastblåschen (2±6 lm) kænnen als Kontrastverstårker zusåtzlich eingesetzt werden. Durch die eindringende Schallwelle werden sie in Schwingungen versetzt. Das Echosignal enthålt die Frequenz des Sendeimpulses sowie Oberschwingungen als mehrfach Vielfåltige (Harmonische).
3.2.4 Lichtreflexionsrheographie Die Lichtreflexionsrheographie (LRR) ist ein nichtinvasives, optoelektronisches Verfahren zur funktionellen Diagnostik venæser Abflussstærungen. Basierend auf den Grundlagen der Photoplethysmographie (PPG), einem ebenfalls nichtinvasiven Diagnoseverfahren (1930 eingefçhrt), wurde das LRR-Verfahren 1981 durch Blazek u. Wienert (Universitåt Aachen) entwickelt. Es beruht auf folgenden Grundlagen: Eine venæse Abflussstærung (der Beine) bedingt gleichzeitig eine Abflussstærung im venæsen Gefåûgeflecht der Haut (kutanes und subkutanes Kapillarnetz). Beim Venengesunden wird, insbesondere bei Bewegung, viel Blut aus dem dermalen Venenplexus abgepumpt (die Haut wird heller), beim Venenkranken wird, je nach Schweregrad, nur eine geringere Blutmenge aus der Mikrozirkulation zum Abfluss gebracht. Da die Mikrozirkulation der Haut direkt vom Abfluss durch die tiefen Leitvenen abhångt, kann durch Funktionsmessung des oberflåchlichen
3.2 Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
Hautvenenplexus auf den Zustand der tiefen Venen geschlossen werden.
n Technik Infrarotlicht (Lichtstrahlen von 940 nm Wellenlånge) wird von der Strahlungsquelle des Messkopfs in die darunter gelegene Haut eingestrahlt und vom Hautgefåûplexus reflektiert. Dies wird vom Empfånger (Photodetektor) registriert. Die Intensitåt des reflektierten Lichts wird durch die relative Blutfçlle des Gewebes beeinflusst. Eine hohe Blutfçlle fçhrt zur Verkleinerung (abgeflachte Kurve), eine geringe Blutfçlle zur Verstårkung des Signals (an- und absteigende Kurve). Der Messkopf wird am sitzenden Patienten etwa 10 cm oberhalb des Innenknæchels angelegt. Beim Durchfçhren eines standardisierten Bewegungsprogramms (10-malige maximale Dorsalflexion im Sprunggelenk bzw. Zehenstandsçbungen çber 15 s) entleeren sich die Hautgefåûe. Dies fçhrt zum Aufhellen der Haut (Anstieg des Reflexionsgrads). Es zeigt sich der typische bogenfærmige Kurvenanstieg mit Erreichen eines Maximalwerts (Rmax). Am Ende des Bewegungsprogramms fçllen sich die Hautgefåûe beim Gesunden infolge des arteriellen Einstroms wieder auf. Es kommt zum Dunklerwerden der Haut (Abfall der Hautreflexion), die Kurve fållt bogenfærmig gegen den Ruhereflexionswert (R0) ab.
3.2.5 Verschlussplethysmographie Sie zåhlt zu den quantitativen Untersuchungsmethoden, wobei sowohl das arterielle als auch das venæse Gefåûsystem untersucht werden kænnen. Arterielle Durchblutungsstærungen lassen sich auch im Frçhstadium erkennen (Hyperåmiemessung). Bei venæsen Stærungen kænnen neben der Blutspeicherung (Kapazitåtsmessung) auch Aussagen zu Klappenfunktion und Thrombosediagnostik gemacht werden. 1622 wendete Glisson erstmal die Plethysmograhie an. 1876 erfolgte die erste Durchblutungsmessung am Bein (Franois-Franck). 1905 wurden das Prinzip der Venenverschlussmessung beschrieben und Untersuchungen zum Nierenblutfluss durchgefçhrt (Brodie, Russell).
n
1909 fanden die ersten Durchblutungsmessungen nach dem Plethysmographieprinzip am Bein mittels Wasser statt (Hewlett, van Zwaluwenburg). 1963 folgte der klinische Einsatz mit Luftmanschetten (Barbey). 1967 wurde mit quantitativen Messverfahren mittels Gleitgliedermessfçhler begonnen (Gutmann). Eine Oberschenkelsperre erzeugt einen Stauungsdruck auf das darunter liegende Gewebe. Solange hierdurch nur die Venen komprimiert werden (Venenverschluss), wird der aus dem Bein herzwårts gerichtete venæse Blutabstrom gebremst. Auf der arteriellen Seite flieût jedoch ståndig Blut in die Peripherie nach (Staudruck unterhalb des arteriellen Blutdrucks). Die Volumenzunahme wird als Schwellung sichtbar. Da der venæse Abstrom direkt aus dem arteriellen Zustrom gespeist wird, sollte vor Interpretation venæser Messwerte eine arterielle Durchblutungsstærung, insbesondere ein Arterienverschluss, ausgeschlossen werden. Bei der Venenverschlussplethysmographie geht es um die Beurteilung von Volumenånderungen innerhalb eines definierten Gebiets (z. B. unterhalb einer Stauung). Die Volumenzunahme unterhalb einer Staumanschette wird çber Fçhler gemessen. Den mathematischen Zusammenhang beschreibt eine Konstante, die das Produkt von Druck und Volumen darstellt. Eine Volumenzunahme kann durch Messung des Druckanstiegs bestimmt werden. Zur Erzielung einheitlicher und vergleichbarer Ergebnisse wird die Durchblutungsmenge in mm/100 ml eingeschlossenem Gewebevolumen/min berechnet und als Kapazitåt (Speicherwert) bezeichnet. Ûblicherweise werden Messwerte zu folgenden Aussagen erhoben: n Ruhedurchblutung n venæse Kapazitåt n venæser Ausstrom n arterielle Durchblutungsreserve
n Technik Abgesehen von der Lagerung und dem Anbringen der Manschette werden die einzelnen Messschritte und Berechnungen von den heutigen Geråten automatisch erstellt. Der Patient liegt in Rçckenlagerung mit erhæhtem Bein (Unterschenkel çber Herzniveau; Knie etwas abgewinkelt), eine Oberschenkelstaumanschette wird an-
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n
3 Gefåûdiagnostik
Tabelle 3.5. Messungen Messung
Vorgehen und Ergebnis
n Bestimmung der Ruhedurchblutung
Staudruck: 50-60 mmHg (çber dem Venendruck, unterhalb des diastolischen arteriellen Blutdrucks) 3-malige Messung in Abstånden von 1 min Ablassen des Drucks und schråge Hochlagerung des Beins
n Bestimmung der venæsen Kapazitåt unter verschiedenen Druckstufen
bei 40 mmHg (nach 1 min Druckzunahme) bei 60 mmHg (nach 2 min) bei 80 mmHg (nach 3 min)
n Bestimmung des venæsen Ausstroms
schlagartige Entlastung des Manschettendrucks
gelegt und die Messfçhler werden am Unterschenkel angebracht. Die anschlieûend automatisch erfolgenden Messungen gehen aus Tabelle 3.5 hervor. Sie erlauben folgende Aussagen: n Messwerte im arteriellen System (Ruhedurchblutung) ± Norm 2±4 ml/100 ml Gewebe/min ± Verschluss £ 1 ml/100 ml Gewebe/min ± Fisteln ³ 12 ml/100 ml Gewebe/min n Messwerte im venæsen System Kapazitåt: ± Norm 4 ml/100 ml Gewebe/min ± Varikosis 6 ml/100 ml Gewebe/min ± PTS £ 2 ml/100 ml Gewebe/min Ausstrom: ± Norm £ 35 ml/100 ml Gewebe/min ± Thrombose £ 20 ml/100 ml Gewebe/min (PTS = postthrombotisches Syndrom)
3.2.6 Laufbanduntersuchung Auf dem Laufband wird unter standardisierten Bedingungen eine bestimmte Gehleistung gemessen. Durch Einstellen einer definierten Geschwindigkeit und eines Steigungswinkels kann die objektive Gehstreckenleistung mit oder ohne Schmerzangabe ermittelt werden. n Die Standardeinstellung des Laufbands liegt bei 4 km/h (Bandgeschwindigkeit) und einem Steigungswinkel von 10±158. Unter derartigen Standardbedingungen kann die gemessene Gehleistung insbesondere zur Verlaufskontrolle unter einem Gehtrainingsprogramm, einer medikamentæsen Therapie oder nach chirurgischen Eingriffen beurteilt werden.
3.2.7 Magnetresonanztomographie 1946 entdeckten Felix Bloch und Edward Purcell die magnetischen Resonanz. 1985 wurden magnetresonanztomographische Techniken in die Medizin eingefçhrt. Folgende Abkçrzungen sind gebråuchlich: MR Magnetresonanz MRA Magnetresonanzangiographie MRI Magnetic resonance imaging MRT Magnetresonanztomographie NMR nukleare Magnetresonanz (= Kernspin) Alle Atome mit ungrader Kernteilchenzahl besitzen ein Drehmoment (so genannter Spin), welches zu einer kreisfærmigen Bewegung um eine Achse, vergleichbar einer Eistçte, fçhrt (Abb. 3.19). Das Wassserstoffatom erfçllt die Bedingungen des Kernspins. Biologisches Gewebe besteht zu groûem Teil aus Wasser (etwa 40% des Kærpergewichts). 1 Kubikzentimer (cm3) Wasser enthålt 1023 Wasserstoffatome. Aufgrund dieser Tatsache ist menschliches Gewebe gut geeignet fçr Untersuchungen, die auf dem Kernspineffekt beruhen (Abb. 3.20, Tabelle 3.6). Die Untersuchung ist allerdings technisch aufwåndig. Es muss berçcksichtigt werden, dass das bestehende Magnetfeld zur starken Anziehung aller magnetisierbaren Gegenstånde wåhrend der Untersuchung fçhrt. Beatmete Patienten benætigen deshalb Spezialapparaturen aus Kunststoff. Die nachstehende Liste zeigt die håufigsten Kontraindikationen: n Klaustrophobie n Herzschrittmacher n Neurostimulatoren n intrauterine Spirale n Innenohrimplantate (Cochlea)
3.2 Apparative nichtinvasive Gefåûdiagnostik
n
Abb. 3.19. Prinzip der Magnetresonanz (Kernspin) Tabelle 3.6. Vergleichende Ûbersicht DSA und MRA Methode
DSA
MRA
Definition Prinzip
Digitale Subtraktionsangiographie Ræntgenstrahlung
Magnetresonanzangiographie Kernspineffekt (keine Strahlenbelastung), auch als Screeningmethode geeignet
n Auflæsung n Invasivitåt n Kontrastmittel ± Pråparat ± Applikation ± Menge ± Risiko
besser als MRA ja
gut nein
Solutrast intraarteriell 100-200 ml nephrotoxisch Allergien
Gadolinium i.v. 10±15 ml nicht nephrotoxisch extrem selten Allergien (Hautreaktion, ca. 1 von 10 000 Untersuchungen)
n V.-cava-Filter n vor 1970 implantierte Herzklappen n Aneurysmaclips (ausgenommen Tantalclips) Vor MRT-Untersuchungen muss die Patientenanamnese sorgfåltig auf Kontraindikationen çberprçft werden. Grundsåtzlich stellen alle ferromagnetischen Implantate eine solche dar.
Die Vorteile der MRA sind zahlreich. Lediglich eingeschrånkt mæglich ist derzeit die Darstellung peripherer, also kleiner Gefåûe und die Stenosediagnostik, bei der der Stenosegrad çberschåtzt werden kann. Mit weiterentwickelten Geråten neuer Generation wird die Magnetresonanztomographie die heutige DSA jedoch weitestgehend verdrången.
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n
3 Gefåûdiagnostik
Abb. 3.21. Reynaldo dos Santos
Abb. 3.20. Magnetresonanztomographie der Aorta bei Isthmusstenose (Pfeil) Abb. 3.22. Angiographie der abdominalen Aorta mit Iliakalarterien
3.3
Apparative invasive Gefåûdiagnostik
3.3.1 Arteriographie n Arteriographie in konventioneller und digitaler Technik (DSA) Historie Das Verdienst, die Arteriographie (Ræntgenkontrastuntersuchung der Arterien) mitentwickelt und zum klinischen Einsatz gebracht zu haben, gebçhrt zwei portugiesischen Ørzten: Egaz Moniz gelang 1927 die erste zerebrale Angiograpie mittels direkter Kontrastmittelinjektion in die A. carotis. Joao Reynaldo Dos Santos (Urologe und Chirurg, Lissabon) (Abb. 3.21) fçhrte 1928 die erste translumbale Aortographie durch. 1961 wurde die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) durch Ziedses des Plates eingefçhrt.
n Angiographieverfahren n Konventionelle Arteriographie (Abb. 3.22): Eine groûkalibrige Arterie wird (nach Seldinger-Technik), meist transfemoral oder transbrachial (transaxillar), punktiert, der Angiographiekatheter, je nach darzustellendem Gefåûbezirk vorgeschoben und platziert. Nach Injektion des Kontrastmittels bis maximal 200 ml (Nierenfunktion beachten; Verwendung von Hochdruckinjektoren zur Verbesserung der Kontrastmittelkonzentration) werden die Ræntgenfilme belichtet (Verwendung von so genannten Blattfilmwechslern mit rascher Bildfolge etwa alle 3 s). n DSA-Technik: Durch Verwendung der Subtraktionstechnik (Subtraktion von Leerbild und Kontrastbild) und Kontrastverstårkung (digitale Bildbearbeitung) entstehen çberlagerungsfreie Darstellungen der Gefåûe. Dies ermæglicht auch bei venæser Kontrastmittelinjektion noch ein aussagekråftiges Angiographiebild (Abb. 3.23).
3.3 Apparative invasive Gefåûdiagnostik
n
Tabelle 3.7. Gegençberstellung verschiedener angiographischer Verfahren
n n n n n n
Strahlenbelastung Kontrastmittelmenge (etwa) Kontrastmittelkosten (etwa) Bildqualitåt Dauer Akzeptanz
Konventionelle Angiographie
Arterielle DSA
Venæse DSA
gering 100 ml 500 Euro sehr gut kurz stationår (1 Tag)
mittel 120 ml 600 Euro sehr gut sehr kurz stationår (1 Tag)
hoch 220 ml 1100 Euro måûig relativ lange ambulant
dungen, konnte eine bessere Vertråglichkeit erzielt werden. Kontrastmittel kænnen n anaphylaktische Reaktionen (Jodallergie) und n Nierenversagen verursachen. Lokale (punktionsbedingte Problem sind): n Nachblutung n arteriovenæse Fistel n falsches Aneurysma (Aneurysma spurium) n Ischåmie (Loslæsen eines ærtlichen Plaques) Eine Perforation entlang der Gefåûstrecke (auch vom Punktionsort entfernt) ist ebenfalls mæglich. n Ûber mægliche Komplikationen muss vor der Untersuchung aufgeklårt werden!
Abb. 3.23. DSA-Technik, a Leerbild (Maske), b Fçllungsbild (nach Kontrastmittelgabe), c Subtraktionsbild (Darstellung der Gefåûe ohne stærende Ûberlagerung durch andere Strukturen)
Tabelle 3.7 vergleicht die unterschiedlichen Angiographieverfahren.
n Kontrastmittel und Untersuchungsrisiken Die anfangs verwendeten Kontrastmittel zeichneten sich durch eine hohe Komplikationsrate (renal, neurologisch) infolge starker Toxizitåt der anorganischen Jodverbindungen aus. Erst seit 1951, durch Einfçhrung trijodierter Verbin-
Die Kontrastmittelzufuhr fçhrt zu 2 wesentlichen håmodynamischen Reaktionen im Kærper: n Verånderungen der Nierendurchblutung durch Vorgånge der Vasokonstriktion und Vasodilatation. In beiden Fållen kommt es nachfolgend zur Minderung des renalen Blutflusses (RBF). n Volumençberlastung infolge osmotischer Wirksamkeit des Kontrastmittels im Verhåltnis von 1 : 4 (d. h. 1 Volumenanteil Kontrastmittel fçhrt zur osmotischen Ankopplung von 4 Volumenanteilen Wasser). Damit kommt es zur Ûberlastung des Gefåûsystems (Steigerung des intravasalen Volumens).
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n
3 Gefåûdiagnostik
3.3.2 Venographie 1923 injizierten Berberich und Hirsch Strontiumbromid in eine Armvene und stellten erstmals die Venen beim Lebenden dar. Die zu untersuchende Venenregion wird durch Gabe von Kontrastmittel in den vorgeschalteten venæsen Gefåûbereich dargestellt: Zunåchst werden die entsprechende vorgeschaltete Vene punktiert und ein Katheter vorgeschoben (z. B. Cavographie) oder Staubinden (z. B. Darstellung der Extremitåtenvenen) angelegt. Nach Injektion des Kontrastmittels (meist etwa 50 ml) werden die Ræntgenfilme belichtet. Bei der håufigsten phlebographischen Untersuchung, der Darstellung der Beinvenen, werden 3 Verfahren angewendet: n Aszendierende Phlebographie: Zugang çber Fuûrçcken mit supramalleolårem Stau mit dem Ziel, eine tiefe Beinvenenthrombose oder Perforansinsuffizienz nachweisen zu kænnen. n Pressphlebographie: Zugang çber Fuûrçcken mit supramalleolårem Stau; nach dem das Kontrastmittel die V. femoralis erreicht hat, presst der Patient. Die Untersuchung dient als Klappenfunktionstest. Bei intaktem proximalem Klappenapparat (intakte Crosse) kommt es zu keinem Kontrastmittelreflux in die V. saphena magna. n Femoralisphlebographie: Zugang çber die V. femoralis (Leistenniveau) mit dem Ziel, die venæse Beckenstrombahn darzustellen (Iliakobzw. Cavographie) und eine Beckenvenenthrombose oder Tumorkompression nachzuweisen. Die Untersuchung kann mit und ohne Pressvorgang auch zur Beurteilung der Saphenaeinmçndung (Crosse) herangezogen werden. Auch bei der Venendarstellung kann die DSATechnik verwendet werden (digitale Subtraktionsphlebographie). Die Indikation ergibt sich bei Erkrankungen der Beckenvenen und der V. cava inferior, da sich diese Gefåûe bei der aszendierenden Phlebographie oft nur ungençgend mit Kontrastmittel darstellen lassen.
3.3.3 Phlebodynamometrie Es handelt sich um eine direkte Venendruckmessung nach Punktion (blutige Druckmessung). Es kænnen qualitative Aussagen zu Klap-
penfunktion (Insuffizienz) und Gefåûdurchgångigkeit (Thrombose) gemacht werden. Beim stehenden Menschen erzeugt der venæse Blutdruck, addiert mit dem hydrostatischen Druck der sich in der Vene befindlichen Blutsåule den intravasalen Gesamtvenendruck. Dieser fållt unter physiologischen Bedingungen (regelrechte Klappenfunktion, freies Gefåûlumen) wåhrend der Bewegung ab, da durch die umgebende Muskulatur (Funktion der Wadenpumpe) das Blut herzwårts weggepumpt wird.
n Technik Der Venendruck wird in Ruhe direkt gemessen sowie wåhrend eines Bewegungsprogramms und nach Ende desselben. Zur differenzierten Aussage (Verbesserungsfåhigkeit der Insuffizienz) kænnen Tourniquet-Tests verwendet werden. Zunåchst wird eine Fuûrçckenvene punktiert und der Venendruck (z. B. çber einen Druckwandler oder ein Steigrohrsystem) registiert. Nach Durchfçhrung eines standardisierten Bewegungsprogramms (20 Kniebeugen oder Zehenstånde innerhalb von 40 s), wird der Druckabfall gemessen (entscheidende Werte bezçglich des Ausmaûes des Venenschadens) nach Beendigung des Bewegungsprogramms wird der Venendruck in Abhångigkeit von der Zeit (Druckanstiegszeit) gemessen. Der Ruhevenendruck betrågt normal 80±100 mmHg (im Stehen). Ein Druckabfall nach Belastung von 60 mmHg ist normal, pathologisch sind Werte von 50 mmHg (unkomplizierte Varikosis) oder 10 mmHg (postthrombotisches Syndrom). Die Druckanstiegszeit betrågt normal > 40 s. Werte deutlich < 40 s sind als pathologisch zu betrachten.
3.4
Literatur
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45
4 Einsatz und Wirkung von Medikamenten Die medikamentæse Therapie nimmt Einfluss auf Zusammensetzung und Flieûeigenschaften des Bluts. Neben der Herabsetzung der Blutgerinnung und der Gerinnselauflæsung werden auch Substanzen mit direktem Angriffsort an der Gefåûwand verwendet. Tabelle 4.1 zeigt die Zielpunkte verschiedener Medikamente. Eine gånzlich andere Gruppe von Arzneimitteln, die ebenfalls in der Gefåûchirurgie eingesetzt werden, bilden die Antibiotika, die sowohl in der perioperativen Prophylaxe als auch in der Infektionstherapie ihre Bedeutung haben.
Tabelle 4.1. Zielpunkte ausgewåhlter Medikamente
4.1
Medikamente mit Wirkung auf die Blutgerinnung
Zu den am håufigsten verwendeten Medikamenten, die zur Verflçssigung des Bluts eingesetzt werden, zåhlen Heparin, Marcumar, Streptokinase und Urokinase. Ihre Angriffspunkte am Gerinnungssystem zeigt Abbildung 4.1, ihre Wirkungsorte illustriert Abbildung 4.2. Die Vernetzung von Fibrin fçhrt zur Bildung eines Thrombus. Dieses Fibringerinnsel kann durch den Einsatz bestimmter Substanzen (Streptokinase, Urokinase, rt-PA), die inaktives Plasminogen in aktives Plasmin umwandeln, wieder aufTabelle 4.2. Gerinnungshemmer
Wirkung
Substanz
Name
n Verbesserung der Flieûeigenschaften Thrombozytenaggregationshemmung
Dextran (z. B. Rheomakrodex)
n Gefåûerweiterung
Prostazyklin Nifedipin
n Gerinnungshemmung
Heparin Kumarine (z. B. Marcumar)
n Gerinnselauflæsung
Streptokinase Urokinase Plasminogenaktivatoren (rt-PA)
Physiologische Inhibitoren n Antithrombin III Lebersynthese Hemmung von: Thrombin, Xa, IXa, XIa, XIIa Heparinkofaktor (Wirkungspotenzierung) n Protein C Vitamin-K-abhångige Protease Hemmung der Faktoren V und VII (nach Aktivierung von Protein C durch thrombomodulingebundenes Thrombin) Hemmung von Protein Ca durch PAI n Protein S Verstårkung der Protein-C-Wirkung
Azetylsalizylsåure (ASS) Prostazyklin (z. B. Prostavasin) Ticlopidin Fibrinogenrezeptorantagonisten
rt-PA rekombinierter Gewebeplasminogenaktivator
Daten und Funktion
Medikamentæse Inhibitoren n Heparin Verbindet sich mit dem AT III Erst der Heparin-AT-III-Komplex wirkt antikoagulatorisch (wobei die antikoagulatorische Wirkung von AT III um ein Vielfaches erhæht wird) Inaktivierung von: Thrombin, Xa, XIIa, XIa, IXa n Kumarine Vitamin-K-Antagonisten Hemmung der Faktoren IX, X, VII, II
n
4 Einsatz und Wirkung von Medikamenten
Abb. 4.1. Medikamentæse Angriffspunkte am Gerinnungssystem
Abb. 4.2. Antikoagulanzien und deren Wirkungsorte, ? Aktivierung bzw. Umwandlung, Hemmung, AT Antithrombin (AT III), UFH unfraktioniertes Heparin, NMH niedermolekulares Heparin, PENTA Pentasaccharid (synthetisches niedermolekulares Heparin), Hirudin antikoagulatorisch wirksame Substanz des Blutegels
?
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Abb. 4.3. Wirkung von Streptokinase und Urokinase
gelæst werden. Dieser Vorgang wird als Fibrinolyse bezeichnet (Abb. 4.3). In Tabelle 4.2 sind physiologische und pharmakologische Gerinnungshemmer zusammengestellt.
4.1.1 Heparin n Historie 1916 erfolgten die Isolierung aus Hundeleber und die Entdeckung des Wirkstoffs (McLean). Howell prågte 1918 den Namen und beschrieb 1928 die chemischen Eigenschaften. 1933 folgte die Reindarstellung der Substanz (Charles, Scott), 1936 der Erstversuch am Menschen (Eigenversuch: Hedenius und Wilander). 1937 fand der erste klinische Einsatz (Crawfoord) statt.
4.1 Medikamente mit Wirkung auf die Blutgerinnung
1954 wurde die Idee der Low-dose-Subkutantherapie (Bauer) veræffentlicht und 1966 deren Effektivitåt nachgewiesen (Sharnoff). Das negativ geladene, saure Mucopolysaccharid hat ein Molekulargewicht von 6000±30 000. Natçrliches Heparin kommt in Mastzellen (Leber, Lunge, Darm) vor. Es wird aus Rinderlunge oder Schweinedarmmukosa gewonnen.
n
n ACT: Normalwert 100±130 s; therapeutischer Wert: 400±600 s. n PTT: Normalwert bis 40 s; therapeutischer Wert: Verlångerung auf das 2- bis 3-Fache der Norm (80±120 s). Als Gegenmittel wird Protamin verwendet.
n Effekt auf die Gerinnung n Therapeutische Anwendung Erwçnschte Wirkung ist die Blutgerinnungshemmung, unerwçnscht sind Anaphylaxie und Thrombozytopenie. Als chronische Effekte kænnen Skelettstærungen (Osteoporose) und Haarausfall auftreten. Heparin wird in folgenden Dosierungen eingesetzt zur: n Vollheparinisierung (Eingriffe mit HLM) werden 300 IE/kgKG i.v. (z. B. Heparinnatrium) benætigt (Tabelle 4.3). n Teilheparinisierung ± wåhrend und nach gefåûchirurgischen Eingriffen zur intravasalen Thromboseverhçtung ± werden als Einzeldosis 5000 IE i.v. oder 1000 IE/h (als Dauerinfusion) gegeben. n (postoperativen) Thromboseprophylaxe wird z. B. 1 ´ 1 Amp. Embolex NM s.c. (niedermolekulares Heparin mit Ergotaminzusatz) oder 1 ´ 1 Amp. Clexane 20 s.c. (Substanzen mit Anti-Faktor-Xa-Wirksamkeit) eingesetzt. n Die gerinnungshemmende Aktivitåt wird in internationalen Einheiten (IE) oder in USP-Einheiten angegeben: 1 IE entspricht 1/130 mg Heparin 1 mg Heparin verhindert die Gerinnung von 0,1±0,12 l Blut Die Halbwertszeit von Heparin ist dosisabhångig: n 25 IE/kg 30 min n 100 IE/kg 56 min n 400 IE/kg 152 min Die Wirksamkeit der Heparintherapie wird bei HLM-Eingriffen durch die Bestimmung der ACT (activated clotting time) und fçr alle anderen Bereiche durch die Bestimmung der PTT (partielle Thromboplastinzeit) çberwacht und gesteuert.
Die sich im Blut befindlichen Gerinnungseiweiûe tragen entscheidend zum Ablauf der Gerinnungskaskade bei. Zum Ende des normalen Gerinnungsvorgangs stehen die Bildung und Aktivierung von Thrombin. Die Gabe von Heparin inaktiviert das Thrombinmolekçl, indem es die Thrombinbildung und -wirkung hemmt. Die Heparinwirksamkeit ist jedoch anhångig vom Vorhandensein eines Kofaktors, dem Antithrombin III. Bei der physiologischen Gerinnungskontrolle wird Antithrombin III (ein a-2-Globulin) an Thrombin gebunden, was normalerweise sehr langsam erfolgt. Unter Anwesenheit von Heparin, welches an Antithrombin III gekoppelt wird, kann der Thrombin bindende und damit die Gerinnung aufhebende Effekt augenblicklich ausgelæst werden. Es resultiert eine sofortige Ungerinnbarkeit des Bluts. Der antikoagulatorische Effekt von Heparin beruht auf mehreren chemischen Reaktionen (Abb. 4.4): n Komplexbildung zwischen Heparin und Antithrombin III; Inaktivierung des Thrombins (Hauptmechanismus) n Komplexbildung zum Heparinkofaktor II, ebenfalls mit Inaktivierung des Thrombins (gilt fçr hohe Konzentrationen, z. B. fçr Dosierungen bei HLM-Operationen) n Hemmung der Aktivierung von Prothrombin (in geringem Umfang direkt, ohne Antithrombin III, mæglich) Heparin wird i.v. appliziert. Auf oralem Weg wçrde es im Magen-Darm-Trakt zerstært werden. Es hemmt die Gerinnung bereits unmittelbar nach i.v. Gabe. Etwa 1/3 der zugefçhrten Dosis wirkt antikoagulatorisch, und zwar abhångig vom SåureBasen-Haushalt. Eine Azidose reduziert die antikoagulatorische Wirkung erheblich. Ein pHWert von 6,4 fçhrt zur vollståndigen Inaktivierung.
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Teilheparinisierung Prophylaxe sekundårer Gefåûthrombosen
Liquemin (HeparinAnfangsdosis: 1000 IE/h Prophylaxe der Aszension unfraktioniert (UFH), natrium, Roche) mittels (nach PTT-Wert) Indikation: tiefe Perfusor aszendierende oder deszendierende Venenthrombose (nicht bei isolierter Unterschenkelthrombose)
n Therapie bei Venenthrombosen
unfraktioniert
Liquemin (Heparinnatrium, Roche)
Liquemin (Heparinnatrium, Roche)
5000 IE (Einmalgabe)
100 IE/kgKG (Einmalgabe)
300 IE/kgKG (Mehrfachgabe)
n Operationen an den çbrigen Arterien
unfraktioniert
Liquemin (Heparinnatrium, Roche)
Teilheparinisierung Shuntthromboseprophylaxe Prophylaxe sekundårer Gefåûthrombose
unfraktioniert
n Operation an der A. carotis
Dosis
Vollheparinisierung Thromboseprophylaxe
Pråparat (Beispiele)
n Operation mit HerzLungenMaschine (HLM)
Heparinart
Zweck
5000 IE i.v. unabhångig vom Gewicht
7000 IE i.v.
21 000 IE i.v.
Dosierungsbeispiel 70-kg-Patient
nach Diagnosestellung
vor Abklemmen des Gefåûes
vor Abklemmen des Gefåûes
vor Anschluss der HerzLungenMaschine, je nach ACT-Wert (400±600 s) werden 5000 IE nachgegeben
Zeit
n
Indikation
Tabelle 4.3. Indikationen zur Heparintherapie
50 4 Einsatz und Wirkung von Medikamenten
Zweck
Prophylaxe der Venenthrombose
Indikation
n chirurgische Eingriffe, schwere internistische Erkrankungen
Tabelle 4.3 (Fortsetzung)
Clexane multidose 100 mg/ml (Enoxaparinnatrium, Aventis)
Clexane multidose 100 mg/ml (Enoxaparinnatrium, Aventis)
fraktioniert (NMH), Indikation: tiefe aszendierende oder deszendierende Venenthrombose
unfraktioniert
Pråparat (Beispiele)
Heparinart
bei erhæhtem Risiko (orthopådische Chirurgie): 40 mg = 0,4 ml Clexane multidose, 1-mal/Tag
bei niedrigem Risiko (allgemeinchirurgische Eingriffe): 20 mg = 0,2 ml Clexane multidose, 1-mal/Tag
zur Therapie der tiefen Venenthrombose wird die Gabe von 1 mg (0,01 ml)/kg Clexane multidose berechnet und 2-mal tgl. s.c. injiziert
Dosis
45±54 50 0,5 55±64 60 0,6 65±74 70 0,7 75±84 80 0,8 85±94 90 0,9 95±104 100 1,0 als Alternative zur intravenæsen Heparindauertherapie zugelassen (bei tiefer Venenthrombose und instabiler Angina pectoris)
empfohlen fçr s.c. Therapie: Gewicht Einzeldosis [kg] [mg] [ml]
Dosierungsbeispiel 70-kg-Patient
ca. 12 h vor der Operation (bei hohem Risiko) wåhrend der Immobilisation (meist fçr etwa 1 Woche)
ca. 2 h vor geplanter Operation (bei niedrigem Risiko) wåhrend der Immobilisation (meist fçr etwa 1 Woche)
nach Diagnosestellung
Zeit
4.1 Medikamente mit Wirkung auf die Blutgerinnung n
51
52
n
4 Einsatz und Wirkung von Medikamenten
Abb. 4.4. Thrombininaktivierung durch Heparin
Die Halbwertszeit betrågt durchschnittlich 60 min (45±210 min) und hångt von der Kinetik ab. Rauchende Månner weisen eine schnellere Elimination auf. Zudem bestehen je nach Heparinpråparat, unterschiedliche Aktivitåtsschwankungen mit Streubreiten zwischen 18 und 60 Einheiten (Aktivitåt)/mg Heparin. Durch die recht kurze Halbwertszeit, den sofort einsetzenden antikoagulatorischen Effekt und die rasche Neutralisationsmæglichkeit durch Protamin ist Heparin ein ideal steuerbares, fçr die klinische Praxis hervorragendes Antikoagulanz.
n Neutralisation 1948 wurde eine thrombozytenabhångige Antiheparinaktivitåt im Blut beschrieben. 1955 konnte die fçr diesen Effekt zuståndige Substanz als Plåttchenfaktor 4 dargestellt werden. n 5 ´ 105 Thrombozyten enthalten gençgend Plåttchenfaktor (PF 4) um 1 IE Heparin zu neutralisieren. Diese kærpereigene Neutralisation spielt klinisch jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung. Zur Aufhebung des antikoagulatorischen Effekts nach Heparintherapie bedarf es eines spezifischen Antidots, dem Protamin.
n Heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT) Der in der Gefåû- und Herzchirurgie erforderliche Einsatz von Heparin kann u. U. zu bedrohli-
chen oder tædlichen Reaktionen fçhren. Sie werden durch das Auftreten der heparininduzierten Thrombozytopenie ausgelæst. Nach vorausgegangener Heparintherapie fçhren zirkulierende Heparinantikærperkomplexe zur Aktivierung der Thrombozyten und der Endothelzellen sowie zur Bildung von Thrombin. Diese Stærung tritt in 2 Formen auf (Tabelle 4.4): n HIT I: håufiger und ungefåhrlicher Typ n HIT II: seltener und gefåhrlicher Typ Aus vitaler Indikation ist Heparin dann kontraindiziert, sodass Ersatzstoffe benætigt werden. Deshalb muss vor jeder Heparingabe (und als wæchentliche Verlaufskontrolle wåhrend der Therapie) eine Blutbildkontrolle erfolgen. Da v. a. der Abfall der Thrombozytenzahl fçr die sichere Diagnose entscheidend ist, sollte ein Ausgangswert vorliegen. Liegt eine HIT vor, wird jegliche Heparinzufuhr sofort abgesetzt! Auch heparinbeschichtete Schlauchsysteme kænnen eine HIT auslæsen! Bei Antikoagulationsnotwendigkeit mçssen Ersatzstoffe gegeben werden: Heparinoide (z. B. Danaparoid) oder Hirudin.
4.1.2 Danaparoid Danaparoid wird aus tierischer Darmmukosa gewonnen. Es handelt sich um eine niedermolekulare Mischung von Glykosaminglykanen mit Heparinsulfat als Hauptbestandteil. Die Substanz wird renal mit einer Halbwertszeit von ca. 25 h (bezogen auf die Anti-Xa-Aktivitåt) oder von ca. 7 h (bezogen auf die Antithrombinaktivitåt) ausgeschieden. Als Pråparat verwendet man Orgaran (Thiemann Arzneimittel GmbH, Waltrop).
4.1 Medikamente mit Wirkung auf die Blutgerinnung
n
Tabelle 4.4. Thrombozytopenie HIT I
HIT II
n Ursache
direkte Reaktion von Heparin und Thrombozyten (Hemmung der thrombozytåren Adenylatzyklase)
immunologische Reaktion (IgG) von Heparin und Plåttchenfaktor 4 (Antikærperbildung)
n Håufigkeit
5±30%
0,5±5%
n Auftreten
frçh auftretende Stærung; innerhalb der ersten 5 Tage (meist nach hochmolekularem i.v. Heparin)
spåter auftretende Stærung nach 5±20 Tagen (sofern keine Sensibilisierung durch vorausgegangene Heparintherapie vorliegt)
n Verdacht
Thrombozytenzahl nur diskret vermindert
Thrombozytenabfall Hautverånderungen am Injektionsort (Entzçndungen, Nekrosen), Thrombosen unter Heparintherapie
n Labor
Thrombozytenabfall um 30% im Vergleich zum Ausgangswert selten < 100 000/ll
Thrombozytenabfall um 50% im Vergleich zum Ausgangswert meist < 100 000/ll
n Diagnose
Schwankungen der Thrombozytenzahl unter Heparin (leichter Abfall und spontane Erholung)
spezielle Testverfahren:
keine Komplikationen zu erwarten
venæse und arterielle Thrombosen Thromboembolien Letalitåt: 20±30%
n Risiko
Die Dosierungen richten sich nach der Indikationsart und werden auf kgKG bezogen (Tabelle 4.4). Sie werden in Anti-Faktor-Xa-Einheiten angegeben. 1 Amp. Orgaran enthålt 750 E in 0,6 ml. Dies entspricht 1250 E/ml. Zur Kontrolle wird die Antifaktor-Xa-Aktivitåt gemessen: angestrebter Wert: 0,5±0,8 E/ml (in der Angiologie, Gefåûchirurgie, Prophylaxe), 1,5±2,0 E/ml (fçr Operationen mit HLM). Ein echtes Antidot existiert nicht. Im Blutungsfall mçssen Orgaran abgesetzt und Vollblut, Erythrozytenkonzentrat (EK), evtl. Freshfrozen-Plasma (FFP) gegeben werden. Protamin kann einen gewissen Antidoteffekt ausçben, wird aber nicht generell empfohlen. Eine Plasmapherese kann erforderlich sein. Besteht bei Patienten mit heparininduzierter Thrombozytopenie die Indikation zur weiteren Antikoagulation, sollte frçhestens 8 Tage nach initialer Orgarantherapie und normalisierten Thrombozytenzahlen auf orale Antikoagulanzien (z. B. Marcumar) umgestiegen werden.
HIPA-Test (heparininduzierter Plåttchen-Aktivierungstest) C14-Serotonin-Freisetzungstest ELISA-Test (immunologischer Antikærpertest gegen das Heparin-PF4-Antigen)
4.1.3 Protamin 1937 beschrieben Chargaff und Olsen erstmals die Heparinneutralisation und Best entdeckte den Wirkstoff Protamin. Er besteht aus positiv geladenen, basischen, niedermolekularen Eiweiûen mit hohem Arginingehalt (als Chlorid- oder Sulfatsalz). Zwei Komponenten sind bekannt (Day 1979): n eine niedermolekulare mit Antiheparineffekt n eine hæhermolekulare mit antikoagulatorischem Effekt Protamin wird aus Hodengewebe von Fischen (Lachs) gewonnen.
n Therapeutische Anwendung Das negativ geladene Heparinmolekçl verbindet sich mit dem positiv geladenen Protamin zu einem antikoagulatorisch unwirksamen Salz. Ein antikoagulatorischer Effekt (Protamin ist ein Antithromboplastin!) ist bei nichtheparinisierten Patienten infolge einer Ûberdosierung mæglich (Hemmung der Umwandlungsreaktion von Prothrombin zum Thrombin).
53
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n
4 Einsatz und Wirkung von Medikamenten
Tabelle 4.5. Dosierung von Danaparoid Bei peripheren arteriellen Revaskularisationen vor Operationsbeginn 2500 E i.v. Erhaltungsdosis 200 E/h i.v. (fçr die postoperative Dauertherapie) Bei tiefer Beinvenenthrombose/Lungenembolie (erfolgt in Abhångigkeit zum Kærpergewicht) £ 55 kg 55±90 kg > 90 kg danach
1250 E i.v. (als Bolus) 2500 E i.v. (als Bolus) 3750 E i.v. (als Bolus) 400 E/h çber 4 h i.v. 300 E/h çber 4 h i.v. 200 E/h als Erhaltungsdosis
Bei Operationen mit der Herz-Lungen-Maschine 1. vereinfachtes Dosierungsschema Priming 7500 E in die HLM nach Sternotomie 7500 E i.v. Intervalldosis 1500 E i.v. (pro Stunde; jedoch nicht mehr in der letzten Stunde vor Bypassende) 2. Dosierungsschema nach Kærpergewicht Priming 3 E/ml Primingvolumen nach Sternotomie 125 E/kgKG i.v. nach HLM-Start 7 E/kgKG i.v. 750±1250 E i.v. Bolus bei Auftreten von Gerinnseln Zur postoperativen Prophylaxe Tagesdosis
2-mal 750 E s.c.
Bei schneller i.v.-Gabe besteht ein Anaphylaxierisiko mit schwerer Blutdrucksenkung vermutlich durch Histaminausschçttung in der Lunge. Diese Reaktionen treten nur bei heparinisierten Patienten auf und mçssen daher als ein mæglicher Effekt der Neutralisationsreaktion angesehen werden. Zur Vermeidung der oben geschilderten Reaktionen ist die langsame i.v.-Gabe erforderlich: 50 mg Protamin in 10 min. Angesichts der unterschiedlichen Heparinwirksamkeit (je nach Hersteller) muss die Protamindosierung angeglichen werden. Hierbei werden Dosierungen von 1,0±1,3 mg Protamin auf 100 IE Heparin empfohlen. n 1 mg Protamin neutralisiert 100 IE Heparin
Biologische Substanzen wie Protamin erfordern einen Wirksamkeitsstandard. In der Praxis wird die Protaminmenge deshalb in bestimmten Konzentrationen angegeben. Ampullen mit Protamin 1000 oder Protamin 5000 stehen zur Verfçgung, dabei werden 1000 IE Heparin durch 1 ml einer Protamin-1000-Læsung inaktiviert.
4.1.4 Cumarol n Historie 1922 und 1929 wurde eine Rinderkrankheit im Zusammenhang mit der Verfçtterung verschimmelten Sçûkleeheus (sweet clover disease) beschrieben (Schofield, Roderick). 1939 konnte die verantwortliche Substanz isoliert werden (Campbell). 1940 folgte die chemische Aufklårung des Dicumarols (3,3'-Methylen-bis-4-Oxycumarin; Link), 1941 beschrieben Campbell und Shapiro dessen Wechselwirkungen mit dem 1921 entdeckten Vitamin K. 1944 wurde eine weitere antikoagulierende Substanz entdeckt, das 1,3'-Indandion (Kabat). Unterschieden werden Mono- und Dicumarole, wobei in Europa nur Monocumarole eingesetzt werden. Dicumarole sind aufgrund ihrer Lebertoxizitåt abzulehnen. Die aus dem Sçûklee stammenden Kumarine haben primår keine antikoagulatorische Aktivitåt. Die chemische Struktur bildet das 4-Hydroxycumarin. Je nach Kumarinderivat unterscheidet man: n Phenprocoumon: Marcumar n Warfarin: Coumadin n Acenocoumarol: Sintrom
n Therapeutische Anwendung In Gegenwart von Vitamin K kann die Leberzelle Vorstufen mehrerer Gerinnungsfaktoren (die inaktiven Faktoren II, VII, IX, X) in ihre aktiven Formen çberfçhren (II a, VII a, IX a, X a). Durch Gabe von Cumarolen wird Vitamin K und damit die Faktorenaktivierung gehemmt. Der um Tage verzægert einsetzende antikoagulatorische Effekt (Wirkungseinritt nach etwa 2±10 Tagen) kommt dadurch zustande, dass zu Beginn der Kumarintherapie bereits aktivierte Gerinnungsfaktoren im Blut zirkulieren und
4.1 Medikamente mit Wirkung auf die Blutgerinnung
entsprechend ihrer Halbwertszeit erst nach 6±60 h abgebaut werden. Zu Beginn der Cumaroltherapie (wåhrend der ersten 24 h) wird vorçbergehend infolge abfallender Protein-C-Werte ein Zustand der Hyperkoagulation (!) erzeugt, weshalb stets eine çberlappende Gabe von Heparin erforderlich ist! Bei einem Ausgangsquickwert von çber 80% werden initial 4 Tabl. (z. B. Marcumar) in fallender Dosierung çber die nåchsten Tage gegeben. Eine Steigerung der Tagesdosis um 1 mg/Tag innerhalb 1 Woche (7 mg insgesamt) veråndert den Quickwert um 38% (Arzneimittelkommission, Erfurter Workshop, 1998). Die Halbwertszeiten betragen: n Marcumar: 72±120 h n Coumadin 30±80 h n Sintrom 10 h Die Wirksamkeit der Marcumartherapie wird durch Messung des Quick- (TPZ = Thromboplastinzeit) bzw. des INR-Werts (INR = international normalized ratio) çberwacht. Aufgrund der Vielzahl im Handel befindlicher Thromboplastinpråparate zur Bestimmung des Quickwerts, mit entsprechend unterschiedlichen Werten fçr den therapeutischen Bereich, wurde 1983 der INR-Wert eingefçhrt. Dieser stellt einen einheitlichen Maûstab auf internationaler Ebene dar. Er errechnet sich nach: INR RISI mit INR internationl normalized ratio, R Quotient aus Thromboplastinzeit (Patientenplasma) dividiert durch Thromboplastinzeit eines Normalplasmapools (Kalibirierungsplasma oder menschliches Standardplasma), ISI internationaler Sensitivitåtsindex.
Tabelle 4.6. Beziehungen zwischen Quick- (TPZ) und INR-Wert Normale Gerinnung n TPZ 100% n INR 1
Therapeutischer Bereich
Blutungsrisiko
etwa 20% etwa 2,4
etwa 9% etwa 4,5
Seit 1986 existieren Labormethoden zur Selbstkontrolle (nach entsprechender Schulung) der oralen Antikoagulationsbehandlung
n
Der Normalwert der Thromboplastinzeit (TPZ) betrågt 80±100%. Der therapeutische Wert liegt zwischen 15 und 25%. Er kann aber je nach verwendetem Thromboplastinreagenz unterschiedliche therapeutische Bereiche haben! Die Labormethode zu Beginn der Marcumartherapie muss erfragt werden. Der therapeutische Wert des INR liegt zwischen 2,0 und 3,0. Die Beziehung zwischen Quickwert (TPZ) und INR-Wert zeigt Tabelle 4.6.
n Gegenmittel Die Gabe von Vitamin K (als Tropfen oder parenteral, Pråparat: Konakion) ist mæglich, der Wirkungseintritt benætigt jedoch Tage. Bei lebensbedrohlicher Blutung mçssen sofort Gerinnungsfaktoren substituiert werden (Pråparat: PPSB, Prothrombinkonzentrat), evtl. kombiniert mit Frischblut (Wirkungseintritt: sofort).
4.1.5 Streptokinase/Urokinase 1933 wurde die fibrinolytische Aktivitåt von Streptococcus haemolyticus entdeckt (Tillet, Garner). Streptokinase ist ein aus Streptokokken, Urokinase ein aus menschlichem Urin oder Nierengewebekulturen gewonnenes Eiweiû.
n Therapeutische Anwendung Beide Substanzen fçhren zur Aktivierung von Plasminogen, welches in das fibrinolytisch wirksame Enzym Plasmin umgewandelt wird. Streptokinase besitzt antigene Eigenschaften, Urokinase dagegen nicht. Die Antigenwirksamkeit, erkennbar an der Antikærperbildung, erreicht nach etwa 7 Tagen ihr Maximum. Nach dieser Zeit ist die Therapie mit Streptokinase nicht mehr wirksam. Bei weiter indizierter oder spåter wieder erforderlicher Thrombolysetherapie muss auf z. B. Urokinase umgestiegen werden. Die Lysetherapie kann als systemische oder lokale Form sowie mit unterschiedlicher Dosierung als ultrahohe Kurzzeitlyse oder konventionelle Lyse durchgefçhrt werden. Die direkt in den Thrombus applizierte Substanz ist im Sinn einer lokalen Lysetherapie grundsåtzlich (im Sinne der Dosisreduktion und damit Minderung der Blutungsgefahr) gegençber der systemischen Lyse vorzuziehen.
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n
4 Einsatz und Wirkung von Medikamenten
Die nachfolgenden Dosierungen gelten fçr die konventionelle, systemische Lyse: n Streptokinase (Pråparat z. B. Streptase): initial 250 000 IE i.v. in 30 min Erhaltung: 100 000 IE/h Dauer: 3±5 Tage je nach Effekt (Ræntgenkontrolle), jedoch nie çber 7 Tage n Urokinase (Pråparate z. B. Kabikinase, Abbokinase, Actosolv): initial 40 000±100 000 IE in 30 min Erhaltung: 50 000 IE/h Dauer: 5±10 Tage Zusåtzlich schlieût sich immer eine Antikoagulationsbehandlung mit Heparin an. Dosierungsregel fçr die lokale Lyse ist: Es werden 1/10 der systemischen i.v. Dosis benætigt. Streptokinase hat eine Halbwertszeit von 30 min, Urokinase von 15 min. Zur Kontrolle werden Thrombinzeit (TZ) und Fibrinogenspiegel (FI) gemessen: n TZ: Normalwert ca. 20 s (17±24 s) therapeutischer Wert: initial: Verlångerung (erste 4±8 h nach Lysebeginn infolge Freiwerden von Fibrin- und Fibrinogenspaltprodukten), danach Verkçrzung der TZ (infolge Erschæpfung der Plasminogenspiegel) auf das 3bis 4-Fache des Normalwerts n FI: Zur Vermeidung von Blutungen nicht unter 100% absinken lassen (Hinweis: Initialdosis nicht zu niedrig wåhlen)
n Gegenmittel Es werden Antifibrinolytika, z. B. Trasylol (Aprotinin), in einer Dosis von 500 000 KIE initial und 200 000 KIE alle 4±6 h bis zum Stehen der Blutung gegeben (KIE = Kinin inhibierende Einheiten).
4.1.6 Azetylsalizylsåure (ASS) n Historie Schon im Altertum (Hippokrates *400 v. Chr.) wurde Weidenrinde (Salix alba) gegen Fieber und Schmerzen empfohlen. 1827 wurde die Wirksubstanz isoliert (H. Leroux, franz. Apotheker). 1829 erfolgte die Darstellung des Salicins (J. Buchner, Pharmazeut aus Mçnchen), 1835 die Isolierung der Spirsåure aus dem Mådesçû (Spi-
raea ulmaria) (K. Læwig, deutscher Chemiker aus Zçrich) und 1838 die Reindarstellung der Salizylsåure (Raffaele Piria, Chemiker aus Pisa). 1839 gelang der Nachweis der Identitåt von Spirsåure und Salizylsåure (J. B. Dumas, franz. Chemiker). Ab 1875 wurde die Substanz als Spirsåure verbreitet. Nachdem 1897 die Reindarstellung der Azetylsalizylsåure (F. Hoffmann, Chemiker der Bayer AG) gelungen war, kam es 1899 zur Namensgebung: ASPIRIN (A = Azetyl; SPIR = Spirsåure) und 1904 wurde dann das Pråparat Aspirin (Fa. Bayer) eingefçhrt. 1956 beschrieb Frick die verlångerte Blutungszeit. Nach Aufspaltung des Salicins in einen Zuckeranteil und einen aromatischen Teil wird durch Oxidation des Letzteren Salizylsåure (Pråparate: Aspirin, Colfarit, ASS 100) gewonnen. In der Natur kommt sie vor in: n Extrakten der Weidenrinde (Silberweide) n Mådesçû (Rosengewåchs) n kriechende Scheinbeere (amerikanisches Heidekraut)
n Therapeutische Anwendung Azetylsalizylsåure hemmt dosisabhångig das Enzym Zyklooxygenase (COX). In niedriger Dosierung werden Plåttchenaggregation und Freisetzungsreaktion, in hæherer Dosierung auch die Zyklooxygenase der Gefåûwandzellen und damit die Prostazyklinbildung gehemmt. Auch die Prothrombinbildung wird inhibiert. Je nach Indikation kommen verschiedene Dosierungen in Frage: n Entzçndungshemmung 4±8 g/Tag, n Schmerz- und Fieberlinderung 1±3 g/Tag, n Blutgerinnungsbeeinflussung ab 40 mg/Tag; zur Thrombozytenaggregationshemmung ca. 100 mg tåglich, zur Thrombozytenfunktionshemmung ca. 300±500 mg tåglich. Aufgrund irreversibler Enzymhemmung der Thrombozytenzyklooxygenase durch Azetylsalizylsåure muss bis zur Wiederherstellung einer normalen Plåttchenfunktion eine Zeit von etwa 6±9 Tagen abgewartet werden (Zeitraum bis zur Neusynthese der Thrombozyten). Insgesamt belegen çber 30 randomisierte Studien (mit ca. 29 000 Gefåûpatienten), dass ASS die Gesamtmortalitåt, die nichttædliche Hirninsultrate und
4.1 Medikamente mit Wirkung auf die Blutgerinnung
die Håufigkeit des Myokardinfrakts in der Langzeitmedikation eindrucksvoll senkt. Innerhalb dieser Studien lag die Tagesdosis fçr ASS zwischen 75±325 mg. Øhnlich gçnstige Effekte sind auch unter Ticlopedin erzielt worden (Level-IIStudien).
4.1.7 Ticlopidin 1989 wurde die Wirksubstanz entdeckt.
n Therapeutische Anwendung Ticlopidin (Ticlopidinhydrochlorid) wirkt als ADP-Antagonist allerdings erst nach 3±5 Tagen, da erst ein Metabolit wirksam wird. Erwçnschte Effekte sind: n Thrombozytenfunktionshemmung durch Inhibition der ADP-induzierten Thrombozytenaggregation n Hemmung von Adhåsion und Freisetzung verschiedener Faktoren (Wachstumsfaktor, PDGF = platelet derived growth factor) n Senkung des Fibrinogenspiegels Unerwçnschte Effekte sind: n Verlångerung der Blutungszeit n gastrointestinale Stærungen (Ûbelkeit, Erbrechen, Durchfall) n reversible Neutropenien bei ca. 1% (wåhrend der ersten 3 Behandlungsmonate; daher ist eine Blutbildkontrolle obligat!) Aufgrund von 2 kontrollierten klinischen Studien ist eine Zulassung fçr die Sekundårpråvention bei Schlaganfållen erteilt worden; der TASS (Ticlopidine Aspirin Stroke Study), einer Pråventivstudie bei Patienten mit Schlaganfallvorboten, sowie der CATS (Canadian American Ticlopidine Study) zur Rezidivprophylaxe bei komplettem Schlaganfall. Als Pråparat wird Tiklyd, 500 mg/Tag (2-mal 250 mg oral/Tag) eingesetzt. Es hat eine Halbwertszeit von 96 h (bei 14-tågiger Tiklydeinnahme von 2-mal 250 mg/Tag). Als Gegenmaûnahme werden das Pråparat abgesetzt und ca. 1 Woche abgewartet (Thrombozytenneusynthese).
n
4.1.8 Weitere antithrombozytåre Substanzen Die Entdeckung von Rezeptoren an den Oberflåchen der Thrombozyten und deren Bedeutung bei Vorgången der Adhåsion und Aggregation fçhrten zur Entwicklung einer Reihe von Medikamenten, die neben der klassischen Wirksubstanz Azetylsalizylsåure ebenfalls die Thrombozytenaggregation hemmen. Die Thrombozyten werden durch Faktoren im stræmenden Blut, aber auch durch Kontakt mit freiliegendem Subendothel der Gefåûwand (nach Verletzungen wie z. B. Operationen, Angioplastie) aktiviert. Derartig aktivierte Blutplåttchen setzen aus ihren Speichergranula Substanzen frei, die zur weiteren Aktivierung, Formverånderungen und schlieûlich Aggregation untereinander beitragen. Weiterhin werden Substanzen in die Gefåûwand und die Gefåûlichtung abgegeben, die zur Proliferation glatter Muskelzellen (Wachstumsfaktoren) und zur Vasokonstriktion (Thromboxan) fçhren. Eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Blutgerinnseln spielt neben den Thrombozyten auch das im Blut befindliche Fibrinogen. Nach Aktivierung der Blutplåttchen durch die oben genannten Mechanismen werden mehrere Substanzen von den Thrombozyten abgegeben: Thromboxan (TxA2), Adenosindiphosphat (ADP) und Thrombin (Abb. 4.5). Jede einzelne dieser Substanzen fçhrt wiederum zur Aktivierung eines speziellen Oberflåchenrezeptors an den Thrombozyten, der als Glykoproteinrezeptor (GP-Rezeptor) bezeichnet wird und die Unterbezeichnung II b±III a trågt (Synonym: Fibrinogenrezeptor). Seine Bedeutung besteht darin, dass er in der Lage ist, Fibrinogenmolekçle aus dem Blut zu binden und so zur Thrombozytenaggregation beizutragen. Die kombinierte Hemmung von Thromboxan durch Azetylsalizylsåure, von ADP durch Ticlo-
Abb. 4.5. Aktivierung des Fibrinogenrezeptors
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n
4 Einsatz und Wirkung von Medikamenten
Abb. 4.6. Ûbersicht und Synergismus antithrombozytårer Medikamente, Hemmung: aktivierter Thrombozyt (links) wird gehemmt (rechts); beteiligt: ASS, Clopidogrel, Abciximab mit unterschiedlichem Wirkmechanismus (Hemmung von Thromboxan, ADP, Thrombin)
pidin (oder der Weiterentwicklung mit Clopidogrel) und von GP-IIb-IIIa-Rezeptoren durch entsprechende Antagonisten (z. B. Abciximab) stellt eine sinnvolle Ergånzung in der Therapie mit antithrombozytåren Substanzen untereinander dar (Abb. 4.6). Ihr kombinierter Einsatz hat in der klinischen Medizin, speziell nach interventionellen Eingriffen (PTA, PTCA), eine drastische Reduktion thrombotischer Ereignisse erbracht, die Komplikationsraten gesenkt und so die Frçhund Spåtergebnisse erheblich verbessert.
4.1.9 Empfehlungen Fçr die Therapie mit antithrombozytåren Substanzen (insbesondere Azetylsalyzilsåure und Clopidogrel) gelten folgende Empfehlungen: n Alle Patienten nach Angioplastie (PTA) werden mit Azetylsalizylsåure (ASS) in niedriger Dosierung (75±100 mg Tagesdosis) behandelt. n Patienten nach Stentimplantation (Fremdkærper) erhalten eine Kombination aus ASS und Clopidogrel nach folgender Empfehlung: · Bewiesen bei: ± Koronarangioplastie + Stent (PCI-CURE-Studie, Mehta et al. 2001) · Empfohlen bei: ± Karotisangioplastie + Stent ± Nierenarterienangioplastie + Stent ± Femoralarterien (falls Stent erforderlich) Fçr die genannten Gefåûe ist eine Therapiedauer mit Clopidogrel fçr 4 Wochen, mit ASS lebenslang erforderlich.
Fçr beschichtete Stents und nach Brachytherapie (an den Koronarien) wird eine generell långere Therapie mit Clopidogrel (9 Monate) empfohlen. Nach den Ergebnissen der CAPRIE-Studie (1996) sind die zusåtzlichen Vorteile von Clopidogrel jedoch eher als gering einzuschåtzen. Fçr die periphere AVK scheint der græûte Nutzen vorzuliegen. Fçr die iliakale Strombahn ist kein zusåtzlicher Nutzen von Clopidogrel bewiesen. n Zur Sekundårprophylaxe nach operativen Eingriffen an den peripheren Beinarterien und der A. carotis (PTA, Rekonstruktion mittels Bypass, TEA) wird eine Kombinationstherapie mit ASS 100 mg und Clopidogrel 75 mg fçr 4 Wochen empfohlen. Danach sollte lebenslang eine Sekundårprohylaxe mit 100 mg ASS fortgefçhrt werden. Die Therapie mit Clopidogrel ist kostenintensiv (Tagesdosis bei 3 Euro).
4.2
Vasoaktive Medikamente und Lipidsenker
4.2.1 Vasodilatatoren Studien haben gezeigt, dass diese Gruppe keine Verbesserung des Blutflusses bewirkt. Auch wenn nach dem Poiseuille-Gesetz die Durchmesserzunahme (Vasodilatation) theoretisch eine Stræmungszunahme bedeutet, spielt sie bei AVK-Patienten eine untergeordnete Rolle. Dies liegt daran, dass sklerotische Gefåûe nicht dehnbar sind und die Patienten im Klaudikationsstadium die kollateralen Gefåûe bereits maximal erweitert sind.
4.2.2 Rheologische Substanzen Eine entscheidende Rolle fçr das Flieûverhalten spielt die Viskositåt. So wurde von der FDA (food and drug administration) in den USA als rheologisch wirkende Substanz das Pentoxiphyllin zugelassen. Gleich drei Effekte sind von dieser Substanz zu erwarten: die Verbesserung der Erythrozytenverformbarkeit, die Reduktion der Blutviskositåt und eine Verminderung der Thrombozytenreaktivitåt.
4.3 Infektionsprophylaxe mit Antibiotika
4.2.3 Prostaglandine Sie sind in der Akutphase (nicht operabler Verschluss) auch in Kombination mit der operativen Therapie wirksam (vor allem PGI2), bei ambulanten Patienten jedoch schlecht praktikabel (i.v.-Therapie). Zudem ergeben sie lediglich eine zeitlich beschrånkte Besserung.
4.2.4 Lipidsenker Der Einsatz so genannter Lipidsenker (Statine) stellt eine weit verbreitete, ebenfalls in zahlreichen Studien eindeutig belegte und damit sehr effektive Therapie dar. Durch Blockade der Cholesterinsynthese werden die LDL-Werte gesenkt und damit ein wesentlicher, kausaler Risikofaktor der Atherogenese beeinflusst. Es wurde eindeutig nachgewiesen, dass diese Substanzgruppe (HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren) das koronare Erkrankungsrisiko signifikant senken.
n Therapeutische Anwendung Zur Therapie bei AVK-Patienten mit Statinen sollte beachtet werden: n Messen des Lipidstatus n sind Gesamtcholesterin und LDL-Wert erhæht, ist die Statintherapie sinnvoll n jedoch keine Evidenz, den pAVK-Verlauf dauerhaft zu beeinflussen n Statine kænnen allerdings im Nebeneffekt die oft assoziierte koronare Begleiterkrankung durch senken der kardiovaskulåren Mortalitåt gçnstig beeinflussen.
4.3
Infektionsprophylaxe mit Antibiotika
Kærperfremde Implantate in der Gefåûchirurgie (Gefåûprothesen) sind mit dem Risiko einer Infektion behaftet. Die Keimbesiedlung von Gefåûprothesen stellt immer eine ernst zu nehmende Komplikation dar. Sie kann zu Gliedmaûenverlust oder sogar zum Tod des Patienten fçhren. Der prophylaktische Einsatz von Antibiotika ist eine fest etablierte Maûnahme zu Verhçtung oder Minimierung dieser Infektionen. Grund-
n
såtzlich empfohlen wird die Antibiotikaprophylaxe bei Eingriffen mit Eræffnung groûer Kærperhæhlen, Operationsregionen mit erhæhtem Infektionsrisiko und bei Kunststoffimplantaten. Selbstverståndlich entbindet sie nicht davon, allgemein geltende Richtlinien in der Chirurgie zu beachten. Sie stellt nur eine Maûnahme in der Begrenzung eventueller Infektionen dar. Im Gegensatz zur Therapie chirurgischer Infektionen wird die Prophylaxe nur wåhrend eines begrenzten, kurzen Zeitraums angewendet. Håufig beschrånkt sie sich auf eine einmalige Gabe (single shot). Auch die Zweitgabe bei verlångerter Operationszeit zåhlt noch zur Prophylaxe, wåhrend jede weitere Gabe definitionsgemåû unter den Begriff der pråventiven Therapie fållt. Indikationen sind: n Thorakotomie (thorakale Aorta) n Laparotomie (abdominale Aorta, Beckenarterien) n Leisteninzision (Femoralarterien als Ort der proximalen oder distalen Anastomose, Femoralis-TEA, Profundaplastik) ± obligat bei der Verwendung von Kunststoff, fakultativ bei der Verwendung von autologem Material Håufige Erreger sind Staphylokokken (in çber 80%) v. a. S. aureus und S. epidermidis. Selten sind Mischinfektionen bei Diabetikern (besonders im Leistenbereich) und infolge von Ischåmien. In diesem Zusammenhang ist auch die Verwendung so genannter Inzisionsfolien nicht unumstritten. Da sich bei Protheseninfektionen fast immer Hautkeime nachweisen lassen, erscheint die Abdeckung der Haut jedoch sinnvoll. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei der Kontakt zwischen Haut und Gefåûprothese, der wåhrend der Implantationsphase nicht immer vermieden werden kann und ohne Folienabdeckung die Prothese mæglicherweise kontaminiert werden kænnte.
n Substanzen Zephalosporine der ersten (Cefazolin, z. B. Elzogram, Gramaxin) oder zweiten Generation (Cefuroxim, z. B. Zinacef) sind Mittel der Wahl. Die Dosierung wird klinikabhångig unterschiedlich gehandhabt. In unserer Klinik werden folgende Antibiotika in der angegebenen Dosierung eingesetzt (Daschner 1987, Stille
59
60
n
4 Einsatz und Wirkung von Medikamenten
2000, Theuretzbacher u. Seewald 1999, Vogel et al. 1999): n Gefåûchirurgie (abdominale und femorale Prothesenimplantate): nur eine Gabe mit der Narkoseeinleitung (2 g Elzogram i.v.) n thorakale Aortenchirurgie (Gefåûprothesen) und Klappenchirurgie (Klappenprothese, Conduit): 1. Gabe mit der Narkoseeinleitung (1,5 g Zinacef i.v.), 2. Gabe 3-mal 1,5 g Zinacef i.v. tåglich (çber 3 Tage). Weitere Gaben in Abhångigkeit von der Liegedauer des zentralvenæsen Katheters (bzw. eventueller Drånagen) n Herzchirurgie ohne Fremdimplantate: 1. Gabe mit der Narkoseeinleitung bis 1 h vor Operationsbeginn z. B. Zinacef 1,5 g i.v., 2. Gabe nach Beenden der extrakorporalen Zirkulation (1,5 g Zinacef i.v.) angesichts des Abfalls der Antibiotikaspiegel wåhrend der extrakorporalen Zirkulation in der HLM.
4.4
Literatur
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n
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61
5 Arterielles System 5.1
Arterielle Gefåûkrankheiten ± Einteilung und Therapieprinzipien
Bei den arteriellen Gefåûkrankheiten unterscheidet man nach Ursachen eine akute und eine chronische Form. Erstere ist durch rasch auftretende Stærungen gekennzeichnet: n Embolie n Trauma n Thrombose
a
b
Abb. 5.1. Lokale Durchmesserreduktion (a) und Querschnittreduktion (b)
Letztere durch langsam auftretende Stærungen: n degenerativ n entzçndlich n dysplastisch Die degenerative (metabolische) Form ist mit 90% die håufigste Ursache aller arteriellen Erkrankungen. Entzçndliche Ursachen sind mit etwa 10% deutlich seltener. Zu den sehr selten vorkommenden dysplastischen Erkrankungen zåhlt die fibromuskulåre Dysplasie, die gelegentlich in der Karotisstrombahn oder den Nierenarterien auftritt. Definitionsgemåû handelt es sich um eine segmentale, nicht atheromatæse, nicht entzçndliche Angiopathie unbekannter Ursache.
5.1.1 Bedeutung der Gefåûstenose und Stadieneinteilung Wird ein bestimmter Stenosegrad erreicht (50±60% der Gefåûlichtung), spricht man von håmodynamischer Wirksamkeit einer Arterienverkalkung, die mit Funktionsbeeintråchtigungen (Stenosegrad meist > 75%) einhergeht und zu bestimmten Symptomen fçhrt. Wåhrend die angiographische Darstellung einer Gefåûstenose als zweidimensionales Bild zur Verfçgung steht, sind Verfahren der Duplexsonographie mit simultaner Darstellung von Ge-
Abb. 5.2. Dilatation mit einem Ballonkatheter
fåûbild und Stræmungsphånomenen in der Stenosediagnostik çberlegen. Im folgenden Beispiel wird deutlich, dass die Messung des Durchmessers basierend auf der angiographischen Darstellung des Gefåûes und Querschnitts mittels Duplexsonographie zu erheblich unterschiedlichen Werten fçhren (Abb. 5.1, 5.2). Ausgehend von einer Stenosierung von z. B. 0,9 cm (Wert A in Abb. 5.1) ergibt sich bei der Berechnung der Durchmesserreduktion nach
C
A C
100 % Stenose
64
n
5 Arterielles System
eine Stenose von 1; 9 0;9 100 0; 53 100 53%: 1;9 Bei der Berechnung der Querschnittreduktion nach Querschnitt Qp
d2 und 1 4
a Restvolumen % Q Bezugsgr oûe
erhålt man einen Wert von 78%, also eine erhebliche Differenz zu 53%. Mit der gångigen Stenosediagnostik nach angiographischen Kriterien wird lediglich die Diameterreduktion gesehen und interpretiert. Damit wird der reale Stenosegrad (Querschnittsreduktion) stets unterschåtzt. Mit der Einengung des Gefåûquerschnitts nimmt die Flussgeschwindigkeit jenseits der Verengung deutlich ab (Hagen-Poiseuille-Gesetz). Um die Sauerstoffversorgung der nachgeschalteten Gewebe zu gewåhrleisten, wird çber die metabolische und nervale Steuerung eine Gefåûdilatation herbeigefçhrt und damit, je nach Schweregrad der Stenose, eine Kompensation erreicht. Bei langsam auftretendem Verschluss treten Nebengefåûe in den Vordergrund, die als kollaterales Gefåûsystem ebenfalls der Kompensation dienen. Ohne diese Maûnahmen kåme es distal einer 50-%igen Stenose, nach dem Hagen-PoiseuilleGesetz zu einer Flussreduktion auf 1/16 des ursprçnglichen Stromzeitvolumens.
n Schweregrade arterieller Verschlussprozesse nach Fontaine und Rutherford n Klassifikation nach Fontaine n Stadium I: Die Entdeckung einer Gefåûstenose ist in der Regel zufållig. Der Patient hat keine Beschwerden, da die Kompensation auch unter Belastung erreicht wird. n Stadium II: Die Durchblutung ist im Ruhezustand noch ausreichend. Bei Belastung kommt es zu Beschwerden (z. B. Gehstreckenminderung). n Stadium III: Auch unter Ruhebedingungen ist ein Sauerstoffmangel vorhanden (Ruheschmerzen). n Stadium IV: Infolge chronischer Durchblutungsminderung treten farbliche Verånderungen mit trophischen Stærungen auf.
Neben der weit verbreiteten und fçr klinische Belange bewåhrten Schweregradeinteilung nach Fontaine ist eine weitere Klassifikation nach Rutherford (Rutherford, 1997) gebråuchlich. Die Notwendigkeit einer zweiten Klassifikation der chronisch arteriellen Verschlusskrankheit erwacht aus dem Bedçrfnis, diese der zunehmenden Zahl an internationalen Veræffentlichungen anzupassen und die daraus abgeleiteten Konsequenzen zu standardisieren. Hierbei werden unterschiedliche Stadien von 0 (= asymtomatisch) bis 6 (= græûerer Gewebeschaden) klassifiziert. n Klassifikation nach Rutherford n Stadium 0: asymptomatisch n Stadium 1: leichte Gehbeschwerden n Stadium 2: måûige Gehbeschwerden n Stadium 3: schwere Gehbeschwerden n Stadium 4: Ruheschmerzen n Stadium 5: geringer Gewebeschaden (minor) n Stadium 6: græûerer Gewebeschaden (major) Daneben sind Empfehlungen ausgesprochen, Risikofaktoren, angiographische Gefåûmorphologie sowie Prozeduren (Operation, Intervention) auf internationalem Niveau zu validieren.
n Einteilung der arteriellen Verschlusskrankheiten (AVK) Die am håufigsten vorkommende arterielle Gefåûerkrankung ist die Atherosklerose. Je nach Lokalisation und Organbefall hat sich die folgende Unterteilung bewåhrt: n Aortenbogensyndrom n AVK der oberen Extremitåten n AVK der unteren Extremitåten ± Beckentyp ± Oberschenkeltyp ± peripherer Typ n AVK der Organarterien ± Gehirnarterien ± Koronararterien ± Eingeweidearterien (Leber, Darm) ± Nierenarterien Abweichend von den gångigen Einteilungen nach Erkrankungsort oder Krankheitsstadium (Symptomatik) ist eine zusåtzliche Klassifikati-
5.1 Arterielle Gefåûkrankheiten ± Einteilung und Therapieprinzipien
on speziell fçr die Becken-Bein-Arterien entwickelt worden. Diese bezieht sich auf die angiographisch-morphologischen Gefåûverånderungen und wird fçr die iliakale sowie femoropopliteale Etage empfohlen. Diese Klassifikation wurde 2000 eingefçhrt und als TASC (TransAtlantic Inter-Society Consensus) bezeichnet. Die einzelnen Stadien werden wie in Tabelle 5.1 definiert. Tabelle 5.1. TASC-Einteilung bei AVK Beckenarterien n TASC A
singulåre Stenose £ 3 cm
n TASC B
singulåre Stenose von 3±10 cm Doppelstenose £ 5 cm A. iliaca communis oder A. iliaca externa einseitiger Verschluss der A. iliaca communis
n TASC C
bilaterale Stenose von 5±10 cm der A. iliaca communis oder A. iliaca externa einseitiger Verschluss der A. iliaca externa einseitiger Verschluss der A. iliaca externa mit Ûbergreifen auf die Femoralarterie
n TASC D
diffuse Stenosierung von £10 cm einseitiger Verschluss der Aa. iliaca communis und externa beidseitiger Verschluss der A. iliaca externa diffuse Stenose der Aorta und A. iliaca beidseits Stenosen der A. iliaca bei Aortenaneurysma
Beinarterien n TASC A
singulåre Stenose £ 3 cm
n TASC B
singulåre Stenose von 3±10 cm ohne Befall der A. poplitea schwer kalzifizierte Stenose £ 3 cm multiple Stenosen oder Verschlçsse £ 3 cm singulåre oder multiple Stenosen mit schlechtem peripherem Run-off
n TASC C
singulåre Stenosen oder Verschlçsse von 3±10 cm multiple Stenosen oder Verschlçsse von 3±5 cm mit Kalzifikationen
n TASC D
Verschlçsse der femoralen und poplitealen Strombahn (Aa. femoralis communis, femoralis superficialis, poplitea, proximalen Trifurkation)
n
Im Stadium TASC D liegt immer eine komplexe, fortgeschrittene Erkrankung vor. Die Bedeutung dieser Klassifikation besteht in der Mæglichkeit, Patienten mit den genannten Arterienstenosen sowie Studienergebnisse zur rekonstruktiven Arterienchirurgie vergleichend zu analysieren, sowie Empfehlungen zur operativen oder interventionellen Therapie zu formulieren.
5.1.2 Therapie Allgemeines therapeutisches Ziel ist es, nicht nur symptomatisch einzugreifen, sondern kausal das Krankheitsgeschehen zu beeinflussen. Wåhrend die medikamentæse Therapie oft nur eine symptomatische Behandlung darstellt (als Ausnahme kann hier die Fibrinolyse gelten), wird beim chirurgisch-rekonstruktiven Vorgehen ein Strombahnhindernis in der Tat beseitigt oder umgangen. Doch auch hier bleibt letztlich die fçr die Gefåûverånderung verantwortliche Noxe unbeeinflusst und unbehandelt. Der behandelnde Chirurg kann zwar in den meisten Fållen bestehende Gefåûkrankheiten verbessern, z. B. amputationsgefåhrdete Gliedmaûen erhalten, jedoch muss der Patient selbst, auf lange Sicht, die krankheitsverursachende Stærung mit Hilfe des Arztes erkennen und ausschalten. Der Arzt ist auf die Mitarbeit des Patienten angewiesen und muss ihn im Gespråch entsprechend motivieren. Die Therapie von Gefåûkrankheiten beginnt bereits mit der Untersuchung und dem Gespråch zwischen Patient und Arzt. Was nçtzt ein Bypass, der mit viel Sorgfalt und Zeitaufwand implantiert worden ist, wenn er sich infolge der fortschreitenden Grunderkrankung verschleiût! Hier gilt es insbesondere den Patienten aufzuklåren und darauf hinzuweisen, dass es kein ± auch noch so teures ± Medikament gibt, das die Erkrankung zum Stillstand bringt. Es steht aber sehr wohl in der Macht des Kranken, bestehende Risikofaktoren auszuschalten und damit kausal das Krankheitsgeschehen zu beeinflussen. Folgende prinzipielle stehen zur Verfçgung: n Rekonstruktion n Sympathektomie n Amputation n Medikamente
Therapiemæglichkeiten
65
66
n
5 Arterielles System
Bei den genannten Verfahren handelt es sich ± abgesehen von der medikamentæsen Therapie ± um mehr oder weniger aufwåndige, jedoch immer invasive Techniken. Demgegençber sind fçr fast alle arteriellen Gefåûregionen mittlerweile wenig invasive, so genannte interventionelle Verfahren (z. B. Ballondilatation) entwickelt worden.
n Rekonstruktive Therapie Angioplastie Hierunter subsummiert man alle Verfahren, die durch eine indirekte Manipulation (Zugang und Erkrankungsort deutlich voneinander entfernt) die Stenose in einer Gefåûlichtung beseitigen. n Die perkutane transluminale Angioplastie (PTA), die Ballonkathetertechnik nach Grçntzig (1974), basiert auf dem Konzept nach Dotter u. Judkins (1964) (Abb. 5.2). Nach Punktion der entsprechenden Arterie (in Lokalanåsthesie) werden mit dem Ballonkatheter (Fçhrungsdrahttechnik) die Stenose oder ein kurzstreckiger arterieller Verschluss (bis maximal 10 cm) unter Ræntgenkontrolle aufdilatiert (Abb. 5.2) und mittels Kontrastmittelgabe das Ergebnis kontrolliert. Der Eingriff kann mit einer Lysetherapie kombiniert werden. Nachteilig sind die relativ håufigen Intimaverletzungen mit nachfolgender Dissektion. Bei drohendem Gefåûverschluss muss der dissezierte Anteil durch die zusåtzliche Implantation von Gefåûstçtzen (Stents) stabilisiert werden. n Bei der perkutanen transluminalen Laserangioplastie einer Lasertechnik nach McGuff et al. (1963) sowie Lee u. Ikeda (1981) erfolgt das Einfçhren in çblicher Technik. Durch Laserenergie werden die verengenden Plaques verdampft (Photovaporisation). Nachteile sind die Perforationsgefahr sowie die hohe Rezidivrate. n Auch bei der Atherektomie wird der Atherektomiekatheter nach Simpson (1985) in çblicher Technik eingefçhrt. Die halb offene Metallhçlse wird in Hæhe der Stenose positioniert. Die hineinragende Plaque wird mit einem rotierenden Messer abgeschnitten und in der Metallhçlse geborgen. Das Rundmesser wird durch einen Elektromotor mit 2000 Umdrehungen/min angetrieben. Diese Methode
ist bei exzentrischen, verkalkten Plaques indiziert. Vorteilhaft wirkt sich aus, dass keine Intimadissektion erfolgt und das gewonnene Material untersucht werden kann. n Bei der Rotablation [Fråskatheter nach Kensey (1987)] wird mit Hilfe des Katheterkopfs, der an der elastischen, gesunden Gefåûwand abprallt, das stenosierende Material abgeschlagen. Der Elektromotor treibt den Katheterkopf mit 10 000±50 000 Umdrehungen/min an. Durch Abraummaterial kænnen Mikroembolien verursacht werden (Teilchengræûe jedoch unter 7 lm). Es besteht kein Perforationsrisiko.
Thrombendarteriektomie (TEA) Als operatives Verfahren erfolgt nach Freilegen eine offene Ausschålplastik (Desobliteration) direkt am Erkrankungsort [nach Dos Santos (1943)] (Abb. 5.3). Am ausgeklemmten Gefåû wird nach Långseræffnung der stenosierende Anteil (Plaque) von der Intima sorgfåltig herausgelæst, wobei unbedingt darauf zu achten ist, dass die Intima in Stromrichtung (nach distal) ohne wesentliche Stufenbildung hinterbleibt (Abb. 5.3). Indikation stellt ein meist chronischer, kurzstreckiger arterieller Verschluss dar.
Abb. 5.3. Operative Entfernung von Plaques
Abb. 5.4. Operative Gerinnselentfernung mit Embolektomiekatheter
5.1 Arterielle Gefåûkrankheiten ± Einteilung und Therapieprinzipien
Embolektomie Das operative Verfahren zur Beseitigung von Blutgerinnseln [nach Fogarty (1964), (Abb. 5.4)], wird in Lokalanåsthesie oder Vollnarkose durchgefçhrt. Die entsprechende Arterie wird nach Quereræffnung mit dem nicht geblåhten speziellen Ballonkatheter (Embolektomiekatheter) bis çber den Verschluss sondiert. Mit dem Aufblåhen des Ballons und dem Zurçckziehen des Katheters wird das im Gefåû gelegene Gerinnsel entfernt (Abb. 5.4). Diese Methode ist bei einem akuten embolischen Verschluss indiziert.
Bypassverfahren Alle Verfahren, die der Umgehung bzw. Ûberbrçckung von Gefåûstenosen und Verschlçssen dienen (im Sinne eines Gefåûersatzes) werden hierzu gezåhlt. Herznah (proximal) und herzfern (distal) der zu rekonstruierenden Strombahn wird ein kærpereigenes oder kçnstliches Gefåû gelegt und mit dem betreffenden Arterienabschnitt anastomosiert. Die Bypassbezeichnung richtet sich nach dem jeweiligen anatomischen Namen des proximalen Spendergefåûes A und des distalen Empfångergefåûes B (z. B. femoropoplitealer Bypass, aortokoronarer Bypass) (Abb. 5.5). Entscheidend fçr die Funktionstçchtigkeit eines Bypasses sind ± eine sorgfåltige chirurgische Technik vorausgesetzt ± der Blutzu- (run in) sowie -abstrom (run off), die beide im Idealfall unbehindert, d. h. ohne vor- oder nachgeschaltete Stenosen sein sollten. Je nach Lage und Verlauf unterscheidet man einen: n anatomischen Bypass, der dem normalen anatomischen Verlauf der zu ersetzenden Gefåûe folgt (hierzu zåhlen die meisten Bypassoperationen) von einem
Abb. 5.5. Ûberbrçckung einer Stenose mit Hilfe eines Bypasses
n
n extraanatomischen Bypass, der nicht dem normalen Gefåûverlauf folgt (Abb. 5.6). Indiziert ist er bei Patienten in schlechtem Allgemeinzustand, wenn z. B. eine anatomische Beckenarterienrekonstruktion (Risiko der Laparotomie) vermieden werden soll (femorofemoraler Querbypass), oder bei Protheseninfektionen, bei denen ein anderer Verlaufsweg fçr das Implantat gewåhlt werden muss (z. B. axillofemoraler Bypass bei infizierter Y-Prothese). Je nach Wahl des Gefåûersatzmaterials kænnen biologische oder kçnstliche Gewebe verwendet werden. Neben einer ganzen Reihe entwickelter, erprobter und z. T. wieder aufgegebener Verfahren werden heute folgende Ersatzmaterialien eingesetzt:
Abb. 5.6. Extraanatomisch verlaufender Bypass (axillo-femoral)
Abb. 5.7. Nabelschnurvene (Dardik-Bioprothese)
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68
n
5 Arterielles System
n biologischer Gefåûersatz: ± die autologe (kærpereigene) Vene (meist V. saphena magna) ± die homologe (kærperfremde) Nabelschnurvene (Dardik-Bioprothese; Abb. 5.7) n kçnstlicher (alloplastischer) Gefåûersatz: ± die Dacron-Prothese ± die Teflon(PTFE)-Prothese
n Sympathektomie Die Gefåûwandmuskulatur wird vom sympathischen Nervensystem (Grenzstrang) motorisch innerviert. Der Grenzstrang verlåuft paarig, links und rechts neben der Wirbelsåule, beginnend im Bereich der Halswirbelsåule bis hinab zur Lendenwirbelsåule. In seinem thorakoabdominalen Verlauf werden Fasern zu den oberen und unteren Extremitåten abgegeben. Liegt ein erhæhter Sympathikotonus (Spannungszustand) vor, fçhrt dies zu einer Gefåûverengung (Vasokonstriktion). Durch Senken des Sympathikotonus kann eine Gefåûerweiterung (Vasodilatation) herbeigefçhrt werden. Der durch den Wegfall des Sympathikus bedingte Gefåû erweiternde Effekt kann bei krankhaften Gefåûverengungen therapeutisch genutzt werden. Dazu werden Medikamente (Lokalanåsthetika) direkt in den Grenzstrang eingespritzt, wodurch die Nervenleitung vorçbergehend unterbrochen wird. Ein weiteres Beispiel fçr die medikamentæse Sympathikolyse ist die Stellatumblockade bei Gefåûspastik der Handarterien. Bei der chirurgischen Durchtrennung und Entfernung eines Grenzstranganteils (etwa 5 cm, 2±3 Ganglien) wird das betreffende Versorgungsgebiet denerviert, es kommt zur gewçnschten Vasodilatation. Dies gilt jedoch nur fçr funktionstçchtige, kontraktile Gefåûwånde. Bei der håufig vergesellschafteten Wandsklerose stellt sich der erwartete Erfolg nicht immer ein. Die Erfolgsquote liegt bei 50%. Je nach Befall (obere oder untere Extremitåt) kann eine thorakale oder lumbale Sympathektomie durchgefçhrt werden. Die chirurgische Technik der Sympathektomie ist heute durch weniger invasive Methoden verdrångt worden. Als gångiges Verfahren wird die CT-gesteuerte Sympathikolyse von Radiologen durchgefçhrt. Ist sie erfolgreich, tritt eine Erwårmung der betreffenden Seite ein. Da der Grenzstrang auch fçr die nervale Versorgung der Schweiûdrçsen zuståndig ist, wird nach dessen Ausschaltung die Schweiûdrçsensekreti-
on der betreffenden Region gehemmt. Es resultiert Hauttrockenheit.
n Amputation Im fortgeschrittenen Stadium (Nekrose), bei fehlender Mæglichkeit zur Revaskularisation, Ausschæpfung lokaler Maûnahmen (Nekrosektomie) sowie medikamentæser Therapien bleibt bei Befall græûerer Areale nur noch die Amputation. Diese ist v. a. immer dann indiziert, wenn infolge starker Schmerzzustånde im Ischåmiegebiet eine Verbesserung der Sauerstoffversorgung nicht mehr zu erzielen ist und durch Freisetzen von Stoffwechselgiften Lebensgefahr besteht (Nierenversagen, Kreislaufversagen infolge Hyperkaliåmie).
Abb. 5.8. Gut abgeheilter Vorfuûbereich nach Zehenamputation rechts (3. Zehe)
Abb. 5.9. Bild nach lateraler partieller Vor- und Mittelfuûamputation rechts
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
5.2
n
Arterielle Verschlusskrankheit
5.2.1 Hirnkreislauf n Anatomie der hirnzufçhrenden arteriellen Gefåûe Aus dem Aortenbogen entspringen 3 Gefåûe (Abb. 5.11, 5.12). Von zentral (herznah) nach peripher handelt es sich dabei um: n den Truncus brachiocephalicus mit A. subclavia rechts und A. carotis communis rechts, n die A. carotis communis links und n die A. subclavia links. Abb. 5.10. Frische Wunde nach transmetatarsaler Mittelfuûamputation rechts (ohne plastische Deckung)
Fçr Deutschland wird die Zahl an Amputationen pro Jahr mit 20 000 angegeben. Die Amputationshåufigkeit bei Patienten mit Claudicatio intermittens im fortgeschrittenem Stadium wird in der Weltliteratur mit 1,5±2%, in einem Zeitraum von 5 Jahren, angegeben. Die Amputation in Hæhe von Hçftgelenk, Oberschenkel, Kniegelenk, Unterschenkel, Oberarm und Unterarm wird als Major-Amputation bezeichnet; die Entfernung von Zehen, Vorfuû, Mittelfuû und Fingern als Minor-Amputation. Die Abbildungen 5.8 bis 5.10 zeigen distale Amputationen im Fuûbereich. Die chirurgischen Techniken der Amputationen werden hier nicht beschrieben. In den Lehrbçchern der Allgemeinchirurgie finden sich entsprechende Kapitel und Operationsmethoden.
Abb. 5.11. Gefåûabgånge des Aortenbogens
Die A. carotis communis (Schlafarterie) verlåuft am seitlichen Hals, teils unterhalb, teils medial des Vorderrands des M. sternocleidomastoideus seitlich der Luftræhre und teilt sich in Hæhe des Schildknorpels als Karotisgabel in A. carotis externa und A. carotis interna. Die Teilungsstelle und der Internabeginn sind als Karotisbulbus leicht erweitert. In der Regel (etwa 95%) verlåuft das Internagefåû lateral und dorsal zum Externagefåû. Da die A. carotis interna in ihrem extrakranialen Verlauf keine Øste hat, låsst sie sich angiographisch und intraoperativ leicht zuordnen. Typischerweise bildet sie vor Eintritt in die Schådelbasis (Canalis caroticus) eine nach medial konvexe Krçmmung. Erst im intrakranialen Verlauf bildet sie eine siphonartige zweite Krçmmung, von wo der erste Ast, die A. ophthalmica, abgeht. Dieses Gefåû steht mit seinen Endåsten, der A. supratrochlearis und A. supraorbitalis, als so genannte Ophthalmicakollaterale
69
70
n
5 Arterielles System
Abb. 5.12. Angiogramm des normalen Aortenbogens (supraaortale Gefåûe)
A. carotis externa mit Seitenåsten A. carotis interna
A. carotis communis
Abb. 5.13. Anatomie der Karotisgabelung (linke Halsseite), Ausgusspråparat eines 71-jåhrigen Manns
mit dem Carotis-externa-System in Verbindung und stellt einen wesentlichen Kollateralkreislauf dar. Die Einmçndung in den Circulus Willisi mit Anschluss an den Hirnkreislauf ist eine weitere ausnehmend wichtige Kollateralverbindung. Die A. carotis externa gibt in ihrem extrakranialen Verlauf 8 Øste ab, an denen sie leicht identifiziert werden kann. Fçr die Praxis sind die A. temporalis bei Kompressionsmanævern in der Dopplersonographie und die A. thyreoidea (evtl. auch die A. lingualis) in der Karotischirurgie von Bedeutung (Abb. 5.13, 5.14). Die A. vertebralis (Wirbelsåulenschlagader) entspringt beidseits aus der A. subclavia und tritt nach kurzem freiem Verlauf in Hæhe des 6.
Abb. 5.14. Angiographische Darstellung des Karotissystems
Halswirbels in den Querfortsatz (Foramen costotransversarium) ein. Dort zieht sie senkrecht nach kranial durch die Querfortsåtze 6±1 der Halswirbel. Bezogen auf die A. carotis communis liegen die Vertebralarterien seitlich und hinten. Nach ihrem Austritt aus dem Atlasquerfortsatz (vor Eintritt in das Schådelinnere durch das Hinterhauptsloch) bilden die Vertebralarterien die Atlasschlingen. Wåhrend ihres extrakranialen Verlaufs gehen Øste zur Muskulatur und der harten Hirnhaut ab. Intrakranial ver-
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
A. cerebri media
Abb. 5.15. Angiographische Darstellung des Vertebralissystems mit beidseitigem Verschluss der A. carotis interna, Patient wies lediglich Schwindelsymptomatik auf, was auf einen intakten Willisi-Kreislauf hindeutet
einigen sie sich zur A. basilaris, die wiederum in den Hirnkreislauf (Circulus Willisi) einmçndet (Abb. 5.15). Als Ursprungsvariante entspringt die linke A. vertebralis in etwa 4% direkt aus der Aorta. Entsprechend ihres Verlaufs wird sie in mehrere Abschnitte eingeteilt. Diese werden als V0±V4 bezeichnet. V0 ist als Abgangsregion aus der A. subclavia definiert. V2±V3 stellen den Verlauf im Bereich der Halswirbelsåule (HWK7±HWK2), V3 den HWK1-Bereich (Atlas) und V4 den intrazerebralen Verlauf der A. vertebralis dar. Fçr operative Maûnahmen ist der V0-Bereich am besten zugånglich. Das von den Arterien zum Gehirn transportierte Blut wird im Schådelinneren, im Bereich der Schådelbasis, in einen Gefåûring eingespeist, von wo es weiter verteilt wird. Es handelt sich hierbei um den Circulus arteriosus Willisi (Abb. 5.16). Ûber die A. communicans anterior werden die Karotissysteme beider Seiten miteinander verbunden, çber die A. communicans posterior werden das Karotis- und das Vertebralissystem jeweils an einer Seite kurzgeschlossen. Weil der Circulus arteriosus Willisi alle 4 hirnzufçhrenden Arterien miteinander verbindet, stellt er das wichtigste Kollateralsystem des Gehirns dar. Die Effektivitåt intrakranialer Kollateralverbindungen zeigen Abbildungen 5.17 und 5.18.
Abb. 5.16. Schematische Darstellung des Willisi-Kollateralkreislaufs
Abb. 5.17. Versorgung der rechten Hemisphåre (Pfeil) trotz Verschluss der rechten A. carotis interna
Das aus der Aorta stammende Blut wird auf die 4 hirnzufçhrenden Arterien quantitativ nicht gleichmåûig verteilt. Es besteht eine deutliche Dominanz des Karotis- gegençber dem Vertebralissystem. Auch an der jeweiligen Karotisbifurkation wird der gemeinsame Blutanstrom nicht in 2 gleichwertige Stræmungen aufgeteilt, sondern zeigt eine erheblich stårkere Durchflussmenge durch die A. carotis interna gegençber der A. carotis externa. Dieser Sachverhalt kann aus den anatomischen Gegebenheiten und den physiologi-
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5 Arterielles System
Abb. 5.20. Blutverteilung an der Karotisbifurkation, ACI A. carotis interna, ACE A. carotis externa, ACC A. carotis communis
Abb. 5.18. Symmetrische Versorgung beider Gehirnhålften des Patienten aus Abb. 5.17 trotz Internaverschluss (Pfeil); çber Willisi-Kreislauf wird via A. communicans anterior die rechte Hemisphåre mitversorgt
Abb. 5.21. Stræmungsverhåltnisse an der Karotisbifurkation, modifiziert nach Motomiya (1984)
Abb. 5.19. Beitrag zur Hirndurchblutung
schen Anforderungen erklårt werden. Das Internagefåû ist eine Arterie mit einem peripher niedrigen Widerstand einer Parenchym versorgenden Organarterie. Deshalb bietet es dem Blutstrom an der Karotisteilung einen deutlich geringeren Widerstand als das Externagefåû. Bei letzterem handelt es sich um eine Arterie mit einem hohen peripheren Widerstand, der einen entsprechend geringeren Durchfluss bedingt. Aus diesen Gegebenheiten folgt, dass eine græûere Flussmenge (entsprechend den hohen Anforderungen des Gehirns) çber das Internagefåû erzielt wird. Den Stellenwert der Hirn versorgenden Arterien im Hinblick auf die Durchflussmenge zeigt Abbildung 5.19. Die Blutverteilung an der Karotisbifurkation verdeutlicht Abbildung 5.20. Berçcksichtigt man die erheblich hæhere Durchflussrate in der A. carotis interna, kann aus den
herrschenden Stræmungsverhåltnissen an der Karotisgabelung der Schluss gezogen werden, dass im Abgangsbereich der A. carotis interna eine deutlich stårkere mechanische Belastung der Gefåûwånde vorliegt als im Bereich der A. carotis externa. Stræmungsmessungen belegen, dass sich der Teilchenstrom ungleichmåûig aufteilt. In der Abgangsregion der A. carotis interna (Bulbusgebiet) kommt es zu einem erhæhten Aufprall gegen die Seitenwånde und zu stårkeren Verwirbelungen (Abb. 5.21). Verfolgt man die Stræmungsverhåltnisse an der Karotisbifurkation çber lange Zeitråume und postuliert einen erhæhten Blutdruck, der die vorherrschenden Stræmungseffekte noch verstårkt (erhæhter Teilchenaufprall gegen die Endothelschicht; Verwirbelungen), wird verståndlich, dass es hier leicht zu Intimaschådigungen kommen kann. Von diesen initialen Endothelschåden wird der weitere Prozess der Atheroskleroseentstehung ausgelæst. Es entwickelt sich eine A.-carotis-interna-Abgangsstenose, wie sie bei ålteren Hypertonikern zu beobachten ist.
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n Physiologische Græûen Die Masse des Gehirns betrågt 2% des Gesamtkærpergewichts. 100 g Hirngewebe benætigen etwa 60 ml Blut/min. Insgesamt erfordert die Durchblutung des Gehirns 15±20% des Herzzeitvolumens (HZV). Dies entspricht einer Menge von etwa 1000 l/Tag. Im Vergleich dazu beansprucht die Ruhedurchblutung des Herzens (Myokardperfusion) nur 5% des HZV. Dieser hohe Blutbedarf erklårt sich aus der fçr die Hirnleistung erforderliche hohe Sauerstoff- und Energiezufuhr. Betrachten wir zum besseren Verståndnis der Physiologie der Hirndurchblutung zwei weitere Græûen: die minimalen Flussraten, die zur Aufrechterhaltung des Funktions- und Strukturstoffwechsels erforderlich sind: n Das Funktionsstoffwechselminimum liegt bei 30 ml/min. Diese Menge entspricht 50% der Hirndurchblutung. n Das Strukturstoffwechselminimum liegt bei 9 ml/min. Diese Menge entspricht 15% der Hirndurchblutung. Aus diesen Werten kann man auf eine erhebliche Drosselungstoleranz des Gehirns schlieûen, wobei auch noch bei 50- bis 60-%iger Einschrånkung der Blutzufuhr zerebrovaskulåre Insuffizienzzeichen fehlen kænnen. Dies setzt jedoch funktionstçchtige Absicherungen der Hirndurchblutung voraus.
n Systeme zur Absicherung der Hirnfunktion Das Hochleistungsorgan Gehirn stellt hohe Anforderungen an die kontinuierliche Blutzufuhr. Im extrakranialen Verlauf wird das Blut çber die rechte und linke A. carotis und die A. vertebralis zugefçhrt. Im intrakranialen Bereich werden çber die anatomischen Strukturen hinaus zusåtzliche Mechanismen zur Erhaltung der Hirnfunktion eingesetzt. Das Blut wird durch Gefåûkollateralen verteilt, deren Flussrate mit Hilfe einer physiologisch-metabolischen Steuerung reguliert wird. Im folgenden Teil soll auf diese Systeme eingegangen werden.
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Kollateralkreislåufe Ob Ausfålle der Hirngefåûe zur Beeintråchtigung der Hirnfunktion fçhren oder nicht, ist im Wesentlichen eine Frage der kollateralen Blutversorgung. Zum Wesen eines Kollateralkreislaufs gehært, dass sich die Stromrichtung in einer Arterie entsprechend den Bedçrfnissen ståndig åndern kann. Sie kann auch retrograd, entgegen der gewæhnlichen Flussrichtung, erfolgen. In welche Richtung das Blut flieût, hångt allein vom Druckgefålle ab. Ein schwacher Blutfluss bei geringem Druckgefålle ist nicht gleichbedeutend mit einer ausreichenden Blutversorgung des Gewebes. Wegen der hohen Anforderung der Hirnfunktion an ein ausreichendes Sauerstoffangebot wird das Gehirn durch mehrere Kollateralkreislåufe abgesichert. Hierzu zåhlen: n Circulus arteriosus n A. ophthalmica als Kollaterale n A. vertebralis als Kollaterale n Occipitalis-vertebralis-Kollaterale Von diesen 4 Kreislåufen kommt dem Circulus arteriosus die Hauptbedeutung zu. Bei ihm handelt es sich um ein arterielles Verteilersystem im Schådelinneren, das sich aus mehreren, untereinander verbundenen Gefåûen aufbaut. Auch unter den Voraussetzungen einer regelrechten embryonalen Entwicklung muss mit einer hohen Variationsbreite der einzelnen Gefåûsegmente gerechnet werden. Nur bei etwa 25% aller Menschen ist der Aufbau voll funktionsfåhig und symmetrisch. Hypoplastische oder gar fehlende Gefåûanteile sind håufig anzutreffen. Deshalb kann bei Verschluss einzelner hirnzufçhrender Arterien im extrakranialen Abschnitt nicht immer eine vollståndige Kompensation durch den Circulus arteriosus erreicht werden (Abb. 5.22). Die Ophthalmicakollaterale stellt eine wichtige Verbindung zwischen Carotis-interna- und Carotis-externa-System dar. Die A. ophthalmica entspringt aus der A. carotis interna und kommuniziert mit ihren Østen (A. supratrochlearis, A. supraorbitalis) mit den Østen der A. carotis externa im Nasen-Gesichtsbereich (Augeninnenwinkel). Entsprechend einem hæheren Druck in der A. carotis interna, wird, dem Druckgefålle folgend, ein Blutfluss zur A. carotis externa bestehen. Dieser Tatsache wird bei der Sonographie der Ophthalmicagefåûe eine groûe Bedeutung bei-
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5 Arterielles System
Abb. 5.22. Anlage und Funktionstçchtigkeit des Circulus arteriosus Willisi
Abb. 5.23. Umkehr der Stræmungsrichtung in der A. ophthalmica bei Internaverschluss, a physiologische Stræmung, b pathologische Stræmung
gemessen, da aus der Stræmungsrichtung auf pathologische Prozesse innerhalb des Internastromgebiets geschlossen werden kann (Abb. 5.23).
Autoregulation Der Begriff der Autoregulation beschreibt das Verhalten der Gehirndurchblutung bei Ønderungen des arteriellen Blutdrucks. Es handelt sich dabei um einen Mechanismus, der den Gefåûwiderstand (Regulation des Gefåûdurchmessers) dem Perfusionsdruck so anpasst, dass die Durchblutung in einem bestimmten Druckbereich unabhångig von der Hæhe des Blutdrucks gewåhrleistet wird. Die untere kritische Schwelle liegt beim Gefåûgesunden bei 50±60 mmHg. Unterhalb dieses Drucks kann das benætigte hohe Perfusionsvolumen des Gehirns nicht mehr aufrechterhalten werden (Abb. 5.24). Ein charakteristisches Merkmal des Hirnkreislaufs ± im Vergleich zum Kreislauf der åuûeren Kopforgane ± ist sein niedriger peripherer Widerstand. Dem niedrigen Druck wåhrend der Diastole wird nur ein geringer Widerstand entgegengesetzt, sodass auch in dieser Herzphase eine ausreichende Stræmung zum Gehirn er-
Abb. 5.24. Autoregulation der Hirndurchblutung. Innerhalb einer relativen Spannweite findet die Hirndurchblutung blutdruckunabhångig statt; Ziel der Autoregulation ist eine Konstanterhaltung der Hirndurchblutung, RR-Erhæhung fçhrt zur Dilatation der Hirnarterien, RR-Senkung bedingt Kontraktion der Hirnarterien, CBF zerebraler Blutfluss, nach Harper et al. (1966)
zielt wird. So tragen etwa 70±80% des diastolischen Blutflusses in der A. carotis interna zur Hirndurchblutung bei, wåhrend der Rest von etwa 20% durch die systolische Komponente erfolgt.
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
Metabolische Regulation Eine weitere wichtige Regulationsgræûe des Hirnstoffwechsels ist der CO2-Partialdruck. In Abhångigkeit von der CO2-Konzentration im Blut werden die Gefåûweite reguliert und darçber das Blutangebot fçr das Gehirn angepasst. Hierbei kann in einem gewissen pCO2-Bereich eine lineare Steigerung der Hirndurchblutung erzielt werden (Abb. 5.25). Zwischen dem Normalzustand ± Aufrechterhalten durch Vorgånge, die letztlich in der Regulation der Gefåûweite der Hirnarteriolen ihren Ausdruck finden ± und dem irreversiblen Gewebeschaden nach Unterschreiten einer bestimmten Durchflussmenge, bestehen Anpassungsmechanismen zur Absicherung der Hirnfunktion. Als oberstes Ziel gilt es demnach, eine ausreichende Flussrate zur Erhaltung einer normalen Hirnfunktion zu gewåhrleisten. Unter normothermen Verhåltnissen werden hierfçr 60 ml/ min/100 g Hirngewebe benætigt. Diese Menge wird durch die oben geschilderten Vorgånge der Autoregulation, der metabolischen CO2-Regulation sowie durch die Mæglichkeit einer vermehrten Sauerstoffausschæpfung (O2-Extraktionsrate) sichergestellt. Selbst eine Flussreduktion von 50% kann noch kompensiert werden. Unterhalb dieser Schwelle kommt es zu neurologischen Stærungen, die schlieûlich in irreversiblen Ausfall einzelner Hirnregionen mçnden. Bei Normothermie und komplettem Durchblutungsausfall treten im Gehirn
Abb. 5.25. Flussmenge in Abhångigkeit zur CO2-Reaktivitåt (pCO2), zwischen 30±60 mmHg pCO2 nimmt die Hirndurchblutung linear um 4% zu, CO2-Erhæhung fçhrt zur Dilatation der Hirnarteriolen, CO2-Senkung zur Kontraktion; nach Harper et al. (1966)
n
n Funktionsausfålle nach 8±12 s, n irreversible Schåden nach 3±4 min auf. Somit besitzt das Gehirn die von allen Organen kçrzeste Ischåmietoleranz, die in seiner hochspezialisierten Funktion und damit starken Anfålligkeit begrçndet ist.
n Zerebrovaskulåre Insuffizienz Stærungen der Hirndurchblutung werden als zerebrovaskulåre Insuffizienz (CVI) bezeichnet. Definitionen håufig gebrauchter Krankheitsbegriffe sind: n Schlaganfall: Beschreibung eines klinischen Zustands n ischåmischer Insult: Beschreibung einer Funktionsstærung n ischåmischer Infarkt: Bezeichnung morphologischer Verånderungen bei entsprechendem pathologischem Substrat Die zerebrovaskulåre Insuffizienz als Ausdruck der gestærten Hirnfunktion beinhaltet eine Reihe neurologischer Mangelzustånde und gipfelt im Krankheitsbild des Schlaganfalls. Halbseitenausfålle, Sprachstærungen (Aphasie) und einseitige Sehstærungen (Amaurosis fugax) gehæren oft als Vorboten eines manifesten Insults zur typischen Symptomatik. In Abhångigkeit zum eingetretenen neurologischen Zustand und zur Symptomdauer werden nach klassischer Einteilung 4 klinische Stadien unterschieden: n Das Stadium I beschreibt einen asymptomatischen Zustand, wobei gelegentlich Stenosegeråusche çber den Halsarterien auskultierbar sind (asymptomatic bruit). Auch bei fehlender neurologischer Symptomatik lassen sich mit Hilfe genauer Diagnosemethoden (Schådel-CT) bereits in etwa 16% der Fålle Hirnverånderungen nachweisen! n Im Stadium II bestehen reversible neurologische Symptome. Dazu zåhlen zerebrale oder okulare transitorisch ischåmische Attacken (TIA), die sich innerhalb von 24 h zurçckbilden. Weiterhin gehært das prolongierte ischåmische neurologische Defizit (PRIND) zum gleichen Stadium, mit einer Symptomrçckbildung meist innerhalb 1 Woche, spåtestens jedoch nach 4 Wochen. n Das Stadium III beinhaltet einen neurologisch instabilen Zustand (Stadium des pro-
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5 Arterielles System
gredienten Infarkts = stroke in evolution). Hierbei handelt es sich um die rasche Zunahme neurologischer Ausfålle, die meist innerhalb von 48 h zum Stillstand kommen. Sie kænnen sich vollståndig, unvollståndig oder gar nicht zurçckbilden. n Bei fehlender Rçckbildung kommt es zum Ûbergang in das Stadium IV (completed stroke) des nicht mehr reversiblen Hirninsults (6 Wochen nach Symptombeginn).
Das Schicksal der Schlaganfallpatienten unterstreicht die çberragende Bedeutung die jeder diagnostischen und therapeutischen Maûnahme zukommt, die zur Verhçtung dieses Schicksals beitrågt: n Etwa 25% versterben primår. n Etwa 60% invalidisieren mehr oder minder. n Nur 15% kænnen ihre Arbeit wieder aufnehmen.
Nach neuerer Klassifikation wird das asymptomatische Stadium vom symptomatischen unterschieden, welches wiederum in ein TIA-Stadium und ein Insultstadium getrennt wird. Damit wird die zuvor geschilderte 4-Stadien-Klassifikation aufgegeben. Sind die Ausfålle nur passager, und erfolgt nach einem halben Jahr keine neue Symptomatik, besteht definitionsgemåû wieder ein asymptomatisches Stadium. Folgende Ursachen kænnen grundsåtzlich zu Hirndurchblutungsstærungen fçhren: n Reduktion des Gefåûquerschnitts (intra- und extrakraniale Gefåûe) verursacht durch atherogene Risikofaktoren und Knickstenosen n Mikroembolien stammend aus Gefåûen (ulzeræsen Karotisplaques) sowie aus dem Herzen (kardiale Ursache) n sonstige (Mikroangiopathien, Arteriitis, Dissektion)
n Zusammenfassung
Zur Øtiologie des ischåmischen Hirninsults liegen folgende Zahlen vor: n Makroangiopathie: 14% (AVK græûerer Gefåûe) n Mikroangiopathie: 22% (Hyalinisierung kleiner Gefåûe) n Embolien: 59% (davon kardial: 15%) n sonstige Ursachen 5% (Dissektion, Arteriitis) Der Hirninsult ist fçr 10±20% aller zum Tod fçhrenden Erkrankungen verantwortlich und rangiert damit in der Todesursachenstatistik von Industrielåndern an 3. Stelle. Die Håufigkeit von Hirninsulten wird bei den Todesursachen nur noch von ischåmischen Herzkrankheiten und malignen Neubildungen çbertroffen. Die Gefåûsklerose nimmt in der Todesursachenstatistik mit Befall der Herz und Hirn versorgenden Gefåûe eine Spitzenposition ein. Man kann heute davon ausgehen, dass etwa 200 000 Menschen in Deutschland pro Jahr einen Zerebralinsult erleiden.
Stenosen, Verschlçsse und Knickbildungen gehæren zu den håufigsten Stærungen der extrakranialen Arterien. Durch sorgfåltige Anamneseerhebung, nichtinvasive Untersuchungstechniken und eine ergånzende Angiographie lassen sich Ort und Ausmaû der Erkrankung eindeutig bestimmen. Als anatomische Regionen sind die Halsschlagadern (A. carotis), die Wirbelsåulenschlagadern (A. vertebralis) und die Armschlagadern (A. subclavia) zu nennen, die auch als supraaortale Gefåûe zusammengefasst werden. Infolge der meist proximal gelegenen Låsion und damit zugånglicher Position kommt den diagnostischen Maûnahmen ein hoher Stellenwert zu. Als Konsequenz ergeben sich hieraus ± eine sorgfåltige Indikationsabwågung vorausgesetzt ± konservative oder operative Maûnahmen. n Befunderhebung, Interpretation und therapeutisches Vorgehen bei zerebrovaskulårer Insuffizienz (CVI) Anamnestisch werden Beschwerden und neurologische Ausfålle erfasst: n Die Art der Symptome erlaubt Rçckschlçsse auf die betroffene Gefåûregion: ± Fçr eine Stærung der Karotisstrombahn sprechen Halbseitenausfålle, Sprachstærungen und einseitige Sehstærungen. ± Fçr eine Stærung der Vertebralisstrombahn sprechen Schluck- und Sprachstærungen, Doppelbilder und beidseitige periorale Missempfindungen. n Die Dauer der Symptome ermæglicht eine Zuordnung in Stadien (Abgrenzung von TIA, PRIND).
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n Die Lokalisation der Ausfålle erlaubt Rçckschlçsse auf die betroffene rechte oder linke Hemisphåre. Die Diagnostik erfolgt anhand von n Pulstastbefund: abgeschwåcht oder fehlend (immer im Vergleich zur Gegenseite) n Blutdruckmessung: seitengleich? n Dopplerbefund: obligatorisch zur orientierenden Untersuchung der Karotis- und Vertebralisstrombahn n Duplexbefund: hilfreich zur Einschåtzung aller Stenosen im Karotis- und Vertebralissystem. Beide Verfahren sind auch zur Verlaufskontrolle hervorragend geeignet n Angiographie: Lokalisation, Ausdehnung evtl. Nachweis zusåtzlicher Erkrankungen (z. B. intrakraniale Stenosen, Schlingen- und Knickbildungen) n Schådel-CT: Nachweis und Alter eines Hirninfarkts zur Verlaufsdiagnostik und vor Operation Zur Behandlung kommen in Frage: n konservative Therapie: ± Thrombozytenaggregationshemmer (ASS, Tiklyd) n operative Therapie: ± TEA (bei Karotisstenose) ± Transposition (bei Vertebralisstenose) ± Bypass (bei Subklaviastenose) ± Verkçrzungsplastik (bei Knickstenosen)
5.2.2 Erkrankungen der A. carotis n Karotisstenose Das Gehirn als Hochleistungsorgan stellt hohe Ansprçche an die kontinuierliche Blutzufuhr. Die Versorgung wird durch das Karotis- und Vertebralisgefåûsystem gewåhrleistet. Wåhrend beide Vertebralarterien lediglich 10±15% der Hirndurchblutung sicherstellen, kommt dem Karotissystem mit etwa 85% die Hauptbedeutung zu. Von dem amerikanischen Neurologen Hunt wurde 1914 erstmals die Bedeutung der Karotisstrombahn fçr das Auftreten von Hirndurchblutungsstærungen erkannt. Fisher lenkte 1951 die Aufmerksamkeit auf extrakraniale Karotisverånderungen. Diese Entdeckungen fçhrten den
n
amerikanischen Chirurgen Michael DeBakey 1953 dazu, die erste Karotisthrombendarteriektomie durchzufçhren. Das Karotissystem versorgt mit seinen Endåsten (A. cerebri media, A. cerebri anterior) neben beiden Hirnhemisphåren auch das Auge (A. ophthalmica). Hirndurchblutungsstærungen stehen in der Todesursachenstatistik an 3. Stelle. n Inzidenz: 200 Neuerkrankungen auf 100 000 Einwohner/Jahr n Pråvalenz: 7 Kranke auf 1000 Einwohner; 3±7% haben eine çber 50-%ige Stenose; etwa 7% der AVK- bzw. KHK-Patienten haben eine asymptomatische Stenose von çber 75% n Mortalitåt: 80 000±100 000/Jahr (altersstandardisierte Statistik der WHO 1989), fçr Frauen: 85,2/100 000 Einwohner, fçr Månner: 100,3/ 100 000 Einwohner Ursachen sind: n arterielle Hypertonie (etwa jeder vierte Hypertoniker hat eine > 50-%ige Karotisstenose) n Nikotinkonsum n Hyperlipidåmie Fçr das Vorliegen einer zerebrovaskulåren Insuffizienz auf dem Boden einer Karotisstenose sprechen: n Halbseitenausfålle (Hemiparese: kontralaterale Seite betroffen) n Sprachstærungen (Aphasie: ipsilaterale Seite betroffen) n einseitige Sehstærungen (Amaurosis fugax: passagere Blindheit auf der Stenoseseite) Je nach Erscheinungsbild, zeitlichem Verlauf und der Rçckbildungstendenz werden unterschiedliche klinische Stadien eingeteilt, die bezçglich des therapeutischen Vorgehens von Bedeutung sind. Hinsichtlich des Spontanverlaufs liegen zahlreiche Studien vor. Unterteilt wird dabei in symptomatische und asymptomatische Stenosen. Auch der Stenosegrad spielt eine entscheidende Rolle. Eine zunehmende Stenosierung fçhrt zu einem deutlich erhæhten Insultrisiko: Bei symptomatischer Karotisstenose (alle Grade) liegt die Insultrate bei etwa 5%/Jahr (mit und ohne medikamentæse Behandlung) bei asymptomatischer Karotisstenose (alle Grade) bei etwa 2%/Jahr (mit und ohne medikamentæse Behandlung). Je nachdem, ob zusåtzlich zwischen den einzelnen Stenosegraden unterschieden wird oder
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n
5 Arterielles System
Abb. 5.26. Stræmungskurvenverlauf A. carotis interna mit relativ hohem diastolischen Druck (grau) angesichts des niedrigen peripheren Gefåûwiderstands
Abb. 5.27. Stræmungskurvenverlauf A. carotis externa mit relativ niedrigem diastolischen Druck (grau) und hohem peripheren Gefåûwiderstand
Abb. 5.28. Stræmungskurvenverlauf A. carotis communis mit mittlerem diastolischen Druck (grau) und ebensolchem peripheren Gefåûwiderstand
nicht, bestehen differente Aussagen zur Prognose. Die Diagnose erfolgt anhand von Anamnese (klinische Symptomatik) und Dopplerbefund. Er dient insbesondere bei hæhergradigen Stenosen zum Nachweis von Stræmungsbeschleunigung, Turbulenzen und Flussumkehr. Typische Stræmungskurven fçr die einzelnen Abschnitte des normalen Karotissystems unter
besonderer Beachtung des Kurvenverlaufs zur Nulllinie sind in den Abbildungen 5.26 bis 5.28 dargestellt. Der Abstand zwischen tiefstem Kurvenpunkt (diastolischer Druck) und Nulllinie entspricht der diastolischen Durchblutungsgræûe und ist fçr Gefåûe mit niedrigem peripheren Widerstand (A. carotis interna) am græûten (graue Markierung). Die Duplexsonographie ist bei gering- bis mittelgradigen Stenosen zum Nachweis von stenosierenden Plaques sowie Angaben zu deren Morphologie besonders geeignet. Mit der Angiographie kænnen Stenosen, Verschlçsse, Schlingen (Coiling), Knickbildungen (Kinking) sowie der intrakraniale Kreislauf dargestellt werden. Das Schådel-CT wird zur Abschåtzung des Infarktalters, Nachweis/Ausschluss frischer Herde und Risikoabschåtzung der Operation eingesetzt. Ein wichtiges Problem stellt die Graduierung der Karotisstenose dar, deren Ausmaû das entscheidende Kriterium der Operationsindikation bildet. Der Stenosegrad kann bestimmt werden: n nichtinvasiv mit Hilfe der Sonographie und n invasiv durch Angiographie. Ein wesentlicher Kritikpunkt an der Angiographie ist das prozedurale Risiko eines Schlaganfalls. Im Rahmen der Asymptomatic Carotid Atherosclerosis Study (ACAS) sind alle Patienten angiographiert worden; das Insultrisiko lag dabei bei 1,2%. Dieser Umstand wird in zahlreichen Publikationen immer wieder diskutiert, mit der Empfehlung zugunsten der Duplex-Sonographie ganz auf die Angiographie zu verzichten. Nach heutiger Studienlage ist es erlaubt, die Indikation zur Karotisendarteriektomie allein durch pråoperative Duplexsonographie (in Kombination mit einem Schådel-CT) zu stellen. Zu beachten bleibt jedoch, dass der Duplexbefund verlåsslich erhoben wird, d. h. das betreffende Gefåûlabor mit einem entsprechend hohen Sensitivitåts- und Spezifitåtsgrad akkreditiert ist. Mit Hilfe der Duplexsonographie kænnen Querschnitt und Flåche des stenosierten Gefåûabschnitts genau dargestellt werden. Der lokale Stenosegrad wird anhand der Durchmesser(diameter reduction) und Flåchenreduktion (area reduction) erfasst. Beide Messprinzipien ergeben unterschiedliche Werte, die in der Flåchenmessung hæher ausfallen. Die duplexsonographische Bestimmung der systolischen (intrastenotischen) Maximalgeschwindigkeit (PSV), der enddiastolischen Ge-
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
Tabelle 5.2. Richtwerte nach duplexsonographischen Kriterien [modifiziert nach Faught (1994) und Rajagopol (2000)] PSV Stenosedurchmesser [%]
EDV
PVR (velocity DVR (velocity ICA/CCA) ICA/CCA)
0±39 40±59 60±79 80±99
< 40 < 40 > 40 > 100
< 1,8 < 1,8 > 1,8 > 3,7
< 110 < 130 > 130 > 250
< 2,6 < 2,6 > 2,6 > 5,5
Flussgeschwindigkeit in cm/s, Schallwinkel 608 PVR = peak velocity ratio, DVR = diastolic velocity ratio
schwindigkeit (EDV) sowie die Quotientenbestimmung aus intrastenotischer und pråoder poststenotischer Maximalgeschwindigkeit (peak velocity ratio) erlaubt eine genaue Quantifizierung des Stenosegrades anhand der gemessenen Flussgeschwindigkeiten (Tabelle 5.2). Nach angiographischen Kriterien låsst sich der Stenosegrad durch einfaches Ausmessen festlegen. Dazu wird die Stenose an ihrer engsten Stelle gemessen (A), der darçber befindliche normale Durchmesser der Carotis interna (B) ermittelt und der Stenosegrad in Prozent berechnet: B
A
100 %Stenose B Sowohl in der nordamerikanisch-kanadischen (NASCET) als auch der asymptomatischen Studie (ACAS) wurde der Stenosegrad auf diese Weise ermittelt (Abb. 5.29). In der europåischen Studie (ECST) berçcksichtigen die Untersucher dagegen (Abb. 5.30) den geschåtzten (normalen) Bulbusdurchmesser (C) und setzten diesen in Bezug zur hier gemessenen Stenose (A):
C
Abb. 5.29. Stenosegrad nach NASCET. A engste Stelle der Stenose; B normales Gefåûkaliber
Abb. 5.30. Stenosegrad nach ECST. A Gefåûkaliber; C Blubusdurchmesser
A
100 %Stenose C Die Indikationen zur Karotischirurgie beruhen auf Ergebnissen von NASCET und ACAS, die beide den Stenosegrad çber die Durchmesserreduktion bestimmten. Die daraus formulierten Leitlinien entsprechen einer hohen Evidenzstufe und repråsentieren damit den hæchsten klinischen Wert. Wie Abbildung 5.31 zeigt, ist der Stenosegrad jedoch allein durch die angiographische Untersuchung nicht in jedem Fall exakt festzulegen. Je nach Stenosetyp (konzentrisch, exzentrisch) und Abbildungsebene kænnen erhebliche Fehleinschåtzungen entstehen (s. auch Kapitel 5.1.1).
Abb. 5.31. Fehleinschåtzung des Stenosegrades (bei gleichem Patienten) infolge unterschiedlicher Abbildungsebene (a, b)
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n
5 Arterielles System
Tabelle 5.3. Indikationen zur Karotischirurgie nach AHA Guidelines Stenose
Klasse
Stenosegrad
Vorgeschichte
Bemerkung
Symptomatische ACI-Stenose
Klasse 1 (gesicherte Indikation, proven)
ipsilateral > 70%
TIA oder leichter Insult wåhrend der letzten 6 Monate rezidivierende TIA oder leichter Insult wåhrend der letzten 6 Monate
chirurgische Komplikationsrate < 6%
ipsilateral 50±69% Klasse 2 (nicht gesicher- iIpsilateral > 70% te, jedoch akzeptierte Indikation) Asymptomatische ACI-Stenose
chirurgische Komplikationsrate < 3%
Insult wåhrend der letz- chirurgische ten 6 Monate Komplikationsrate < 6% als Kombinationseingriff: Koronarbypass + CEA
Klasse 1 (gesicherte Indikation, proven)
ipsilateral > 60% (NASCET-Messmethode)
chirurgische Komplikationsrate < 3%
Klasse 2 (akzeptierte Indikation, acceptable, not proven)
ipsilateral > 75% Stenose mit und ohne (NASCET Messmethode) Ulzerationen kontralaterale Stenose > 75% oder kontralateraler Verschluss
chirurgische Komplikationsrate liegt bei kontralateraler Erkrankung hæher als bei einseitigem Befund (akzeptabel um 3%)
n Allgemeines zur Therapie Ziele der medikamentæsen und chirurgischen Therapie sind die Verhçtung eines Schlaganfalls und neurologischer Symptome. Zu den wichtigsten Studien die zu Spontanverlauf, medikamentæser Therapie und chirurgischem Risiko Stellung beziehen, zåhlen: n North American Symptomatic Carotid Endarterectomy Trial (NASCET) n European Carotid Surgery Trial (ECST) n Asymptomatic Carotid Atherosclerosis Study (ACAS) n Canadian Cooperative Study n American Canadian Cooperative Trial Die vorliegenden klinischen Studien belegen fçr die symptomatische hæhergradige Stenose (70±99%) eine Ûberlegenheit der Chirurgie (NASCET, ECST). Diese gilt jedoch nur unter der Bedingung, dass perioperative Letalitåt und schwere Morbiditåt (permanente Insulte) 6% nicht çberschreiten und damit unterhalb der Komplikationsrate des Spontanverlaufs bleiben. Fçr die asymptomatische hæhergradige Stenose gelten prinzipiell die gleichen Ûberlegungen, wobei hier die perioperative Komplikationsrate 3% nicht çberschreiten sollte. Um diese
Tabelle 5.4. Akzeptiertes Risiko (stroke and death) nach CEA und Befund n asymptomatische Patienten = 3% n symptomatische Patienten = 5% (nach TIA) = 7% (nach Insult) n Patienten mit Restenosen = 10% Moore et al., Circulation, 1995
Bedingung zu erfçllen, muss die Chirurgie hohen Qualitåtsansprçchen gençgen! Canadian Cooperative Study und American Canadian Cooperative Trial zeigten eine Unterlegenheit der alleinigen medikamentæsen Therapie von hæhergradigen Stenosen des Internastromgebiets. Nach derzeitigem Stand (evidence based medicine) gelten die Empfehlungen von NASCET und ACAS als verbindliche Leitlinien (Tabelle 5.3). Nach Karotisoperation (TEA) wird mit Azetylsalizylsåure (ASS) in einer Dosierung von 100 mg oral (Tagesdosis) behandelt. Angesichts der Tatsache, dass in den genannten Studien nur ausgewåhlte Chirurgen mit entsprechend akzeptablen Komplikationsraten (Ta-
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
Tabelle 5.5. Eigenes Klassifikationskonzept der Karotisstenose, nach Walterbusch und Maatz (2003) Klassifikation
Lokale Flåchenreduktion Lokale Querschnittreduktion [%] [%]
Symptomatisch
Asymptomatisch
kritisch schwer moderat leicht
> 90 85±90 75±84 < 75
OP (6%) OP (3%) OP (3%) Medikamente
OP (3%) OP (3%) Medikamente Medikamente
> 70 60±69 50±59 < 50
belle 5.4) operiert haben, wird deutlich, dass die Karotischirurgie keine Anfångeroperation ist. In Anlehnung an diese Leitlinien haben wir in unserer Klinik das in Tabelle 5.5 dargestellte Konzept zu Klassifikation und Operationsindikation erarbeitet. Bei allen Patienten werden die lokale Flåchen- und Querschnittsreduktion duplexsonographisch bestimmt und in den Fållen mit hæhergradiger Stenose (mægliche Operationsindikation) angiographisch dargestellt. Die Prozentzahlen in Spalte 4, Tabelle 5.5 beziehen sich auf die tolerablen Komplikationsraten bezçglich schwerwiegender Morbiditåt und Letalitåt in den einzelnen Gruppen. Kontraindiziert ist die Operation innerhalb von 2±4 Wochen nach frischem Hirninsult oder bei Carotis-interna-Verschluss. Leichte bis moderate, vor allem asymtomatische Internastenosen werden ebenfalls nicht operiert, sondern medikamentæs behandelt und duplexsonographisch çberwacht (1- bis 2-mal pro Jahr). Der Patient wird aufgeklårt çber die Mæglichkeit des Auslæsens eines perioperativen Insults (permanent oder passager, Håufigkeit: 0,5±2%), sowie des Auftretens von Nervenverletzungen
(N. facialis, N. hypoglossus und N. vagus; evtl. N. accessorius und N. recurrens), Blutungen und Infektionen.
n Karotisthrombendarteriektomie (Karotis-TEA) 1953 wurde die erste Karotis-TEA von DeBakey durchgefçhrt, 1954 erschien die Erstveræffentlichung der TEA-Operation (Eastcott). In Anlehnung an die angloamerikanische Literatur wird zunehmend der Begriff CEA (Carotisendarterektomie) benutzt. Abbildung 5.32 zeigt eine filiforme Carotis-interna-Stenose. Der Patient wird in Rçckenlage mit rekliniertem, leicht zur Gegenseite gedrehtem Kopf gelagert, der Tisch ist vom Operateur etwas weggekippt. Es wird ein Hautschnitt am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus (8±10 cm) durchgefçhrt. Nach Durchtrennen von Subkutangewebe und Platysma sowie bedarfsweiser Ligatur der Vv. thyreoidea und facialis werden die Karotisgabelung und der proximale Internaverlauf medial der V. jugularis interna dar-
linke A. carotis externa
Stenose der linken A. carotis interna
Abb. 5.32. Filiforme A.-carotis-internaStenose links im Angiogramm (DSATechnik)
81
82
n
5 Arterielles System
gestellt. Dabei ist auf den N. vagus (zwischen A. carotis communis und V. jugularis interna gelegen) und den N. hypoglossus (bogenfærmiger Verlauf çber Aa. carotes interna und externa) zu achten. Falls notwendig wird weiter kranial pråpariert (Kinking-Operation), wobei nach lateral der N. accessorius, nach kranial der N. glossopharyngeus (oberhalb des M. biventer mandibulae) beachtet werden mçssen. Die systemische Heparingabe ist im Gegensatz zur peripheren Gefåûchirurgie gewichtsadaptiert; 100 IE/kgKG um Thrombosierungen im intraluminalen Shunt vorzubeugen, z. B. 7000 IE bei einem 70 kg schweren Patienten. Nach Anschlingen und Abklemmen der Gefåûgabelung (Aa. carotes communis und externa mit 1208-Klemmen; A. carotis interna mit Bulldogklemmchen) wird die A. carotis communis ventral inzidiert. Die Arteriotomie wird v. a. in die A. carotis interna bis çber die plaquæsen Verånderungen nach kranial erweitert. Zur Hirnprotektion dienen folgende Maûnahmen: n Ein ausgedehntes intraoperatives Monitoring der Gehirnfunktion (Karotisdruckmessungen, EEG-Ableitung oder transkraniale Dopplersonographie) ermæglicht keine sichere Vorhersage çber postoperativ eintretende neurologische Stærungen und ist deshalb nur von geringem Nutzen. n Als wesentlicher Parameter wird der direkt gemessene arterielle Systemdruck fortlaufend registriert (Punktion der A. radialis). n Routinemåûig wird ein intraluminaler Shunt einlegt: Die Shuntauswahl richtet sich nach dem Internakaliber (verschiedene Græûen). Bewåhrt haben sich die Shunts der Fa. Sherwood (Argyle, 4 Græûen mit 8, 10, 12, 14 Charr), die mittels Mersilenefaden in mittlerer Position angeknotet werden. Das behutsame, gewaltlose Einfçhren eines græûenadaptierten Shunts verursacht weder eine Intimaverletzung noch eine Embolisation der Ablagerungen, da er jenseits der plaquæsen Verånderungen nach kranial vorgeschoben wird. Er stellt auch beim Ausschålmanæver keine Behinderung dar. Shuntgegner befçrchten das Risiko einer Dissektion oder Embolisation, das aus unserer Sicht (nach çber 2 Jahrzehnten Karotischirurgie) unbegrçndet ist. Die notfallmåûige Shunteinlage bei Erreichen kritischer Werte wåhrend des Neuromonitorings muss jedoch als Risiko an-
gesehen werden, da sie unter einem gewissen Zeit- und Erfolgsdruck steht. Es wird eine sorgfåltige TEA der eræffneten Gefåûabschnitte einschlieûlich des Externaabgangs durchgefçhrt, wobei auf einwandfreie Intimaverhåltnisse nach kranial (evtl. Intimafixationsnåhte) geachtet wird. Ein Arteriotomieverschluss sollte nach gångiger Literatur immer mittels Patch erfolgen, da so die Rate an Restenosen gesenkt wird. Eine Direktnaht ist zwar im ausgeschålten Bulbusbereich akzeptabel, wird aber im kleinlumigen Internabereich mæglicherweise problematisch. Den Verschluss der Arteriotomie fçhren wir routinemåûig mit einem schlanken Dacronpatch durch, was die Venenentnahme am Unterschenkel erspart (Abb. 5.33, 5.34). Das Verwenden von Fremdmaterial ist im Halsbereich als unproblematisch anzusehen, da hier kaum Infektionen beobachtet werden. Zum anderen ist nach Venenentnahme am Unterschenkel mit einer Rate an Saphenusneuralgien zu rechnen. Als Komplikationen sind nach Venenpatch akute Rupturen und narbige Strikturen im Spåtverlauf beschrieben worden. Der Shunt wird entfernt, die Patchnaht komplettiert. Das Heparin wird durch Protamin (in der Regel 1 : 1; bei långerer Operationszeit geringer; Heparinhalbwertszeit betrågt etwa 1 h) antagonisiert. Eine Redondrånage (Nr. 12) wird nach jugular herausgeleitet; das Platysma (Vicryl 3-0, Ein-
Abb. 5.33. Patchplastik (Kunststoff oder Vene)
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
A. carotis interna
A. carotis externa
Abb. 5.34. Intraoperatives Bild nach Dacronpatchplastik (links)
zelknopfnåhte) wird verschlossen, die Hautnaht (z. B. Monochrom 3-0) erfolgt intrakutan. Die postoperative Nachsorge nach CEA beinhaltet, die Ûberprçfung auf: n adåquate Reaktion auf Ansprache n seitengleiche Beweglichkeit (Arm-Bein-Motorik) n Blutverlust çber Redon-Drånage n Schwellung der Halsweichteile n Schwankungen des Blutdrucks (mit Hochdruckphasen) Alle genannten Ereignisse mçssen in der frçhen postoperativen Phase sorgfåltig beobachtet und dokumentiert werden. Bei Somnolenz und einseitigen Stærungen in der Motorik besteht der Verdacht auf einen Internaverschluss; Duplexoder Angiographiekontrolle sind die Konsequenz. Bei Nachweis einer Internastærung muss unverzçglich die Revisionsoperation erfolgen. Eine deutliche Weichteilschwellung im Operationsgebiet und Blutverlust çber die Redondrånage (v. a. in den ersten Stunden) sind Zeichen einer Nachblutung. Auch hier muss sofort die Revisionsoperation erfolgen. Das Zuschwellen des Kehlkopfs kann die Intubation innerhalb kurzer Zeit derart erschweren, dass eine Nottracheotomie erforderlich wird.
Postoperative Hochdruckphasen sind nicht ungewæhnlich. Diese kænnen zu Spastiken der Hirnarterien mit entsprechenden Ausfållen fçhren. Auch wenn bei Karotispatienten ein gençgender Perfusionsdruck zum Gehirn erwçnscht ist, mçssen exzessive Werte (systolischer RR > 180 mmHg) gesenkt werden. Die Literaturangaben çber Komplikationen hången vom operierenden Zentrum ab und differieren nicht unerheblich. Spezialisierte Kliniken erreichen folgende Raten: n perioperative Letalitåt < 1% n perioperative Morbiditåt < 2% Die Spåtprognose wird wie folgt angegeben: n 5-Jahres-Insultfreiheit: 89% n 10-Jahres-Insultfreiheit: 84% n Restenose 2±34% Diese Spannweite låsst sich durch unterschiedliche OP-Techniken erklåren. Langzeitergebnisse werden stark von der begleitenden koronaren Herzkrankheit beeinflusst, etwa 50% der im Spåtverlauf auftretenden Todesfålle werden durch einen Myokardinfarkt verursacht. Ein Vergleich zwischen medikamentæser und chirurgischer Therapie zeigt, dass das ipsilaterale 2-Jahres-Insultrisiko durch TEA um 17% reduziert werden kann. Das Insultrisiko wird nach NASCET (fçr Stenosen > 70%) mit 26% unter
83
84
n
5 Arterielles System
Tabelle 5.6. Stellenwert der Karotischirurgie Stadium
Stenosegrad [%]
asymptomatisch ³ 60 symptomatisch 70±99 50±69 < 50
CEA
OP-Risiko [%]
NNT
ja ja ja nein
£3 £6 £3 Æ
83 8 20 Æ
CEA = Carotisendarteriektomie; eindeutiger Vorteil zur Verhçtung eines ipsilateralen Insultes nach Studienlage belegt (Level-I-Evidenz) OP-Risiko = Die Prozentangaben beziehen sich auf die kombinierte perioperative schwerwiegende Morbiditåt und Letalitåt; ein positiver Nutzen der Operation (gegençber dem Spontanverlauf) ist nur bei Einhalten dieser Zahlen bewiesen NNT = number needed to treat; die Zahlen stehen fçr die Anzahl operierter Patienten, um 1 Insult in 2 Jahren zu verhçten
medikamentæser und 9% unter operativer Therapie angegeben. Die Tabelle 5.6 zeigt den Stellenwert der Chirurgie (CEA) in der Behandlung symptomatischer und asymptomatischer Stenosen.
n Eversionsarteriektomie 1959 wurde die Methode (De Bakey), 1970 eine Eversionstechnik (Etheredge) beschrieben und 1989 die heute gebråuchliche Operationstechnik (Kasprzak, Raithel) eingefçhrt. Die A. carotis interna wird an ihrem Abgang aus dem Bulbus quer durchtrennt. Nach Eversion der Interna wird die atheromatæse Plaque von der Intima abgelæst und herausgezogen. Die Interna wird danach mit dem Bulbus wieder schråg End-zu-end anastomosiert. Die Methode weist allerdings Nachteile auf: Die nach distal (kranial) verbleibende Interna kann bezçglich einer evtl. Stufenbildung nicht direkt eingesehen werden. Die anfånglich geforderte intraoperative Kontrolle (Angioskopie) wird in der Regel nicht durchgefçhrt. Offensichtlich sind die Ergebnisse mit der klassischen TEA-Methode vergleichbar, eine Ûberlegenheit ist nicht nachgewiesen. Das grobe mechanische ¹Umkrempelnª muss zumindest hinterfragt werden, allerdings wurden bisher intimale Schåden beim Vorgang der Eversion nicht berichtet, evtl. aber auch nicht untersucht.
Die Restenoserate nach Eversionsoperation ist mit derjenigen nach klassischer Ausschålplastik (CEA) vergleichbar. Sie liegt fçr die Eversionstechnik zwischen 0,3±3,6% innerhalb der ersten 2 Jahre und bei etwa 9% nach 5 Jahren (Cao et al. 2000; Szabo et al. 2004). Fçr die konventionelle Endarteriektomie betrågt die Restenoserate 7±8% nach ca. 3 Jahren (Toursarkissian et al. 1997).
n Interventionelle Technik (PTA und Stent) Die Indikation zur operativen Therapie der Karotisstenose und deren Ergebnisqualitåt sind heute Bestandteil sorgfåltig erarbeiteter und weltweit akzeptierter Leitlinien. Werden sie auf entsprechend hoher Evidenzstufe eingesetzt, kann die Chirurgie den Spontanverlauf mit seinen Risiken deutlich unterbieten. Im Zeitalter von interventionellen Methoden haben weniger invasive Verfahren, auch bei der Karotisstenose, einen gewissen Stellenwert erreicht. Verfahren der Angioplastie werden bereits seit långerer Zeit angewendet, sind jedoch nicht unumstritten. In mehreren groûen Studien werden derzeit Fragen zu Indikation, Komplikationen und Ergebnissen untersucht. Unter anderem sind dies: n CREST: Carotid Revascularization Endarterectomy versus Stenting Study (Hobson 2000), n ICSS: International Carotid Stenting Study (Brown 1999) n SAPPHIRE: Stenting and Angioplasty with Protection in Patients at High Risk for Endarterectomy (Yadav 2004) und n CAVATAS: Carotid and Vertebral Artery Transluminal Angioplasty Study (2001). Die Indikation zur Karotisangioplastie kann nach derzeitigem Stand unter folgenden Bedingungen gegeben sein: n hochgradige Rezidivstenosen n strahlenbedingte Stenosen n langstreckige oder distale Stenosen n Kombinationseingriffe bei erhæhtem operativem Risiko Der Patient muss darçber aufgeklårt werden, dass schwerwiegende Komplikationen wie Schlaganfall und Tod wie bei der offen-chirurgischen Therapie prinzipiell mæglich sind; zudem kænnen Håmatome in der Leistenregion (Operation mit Ûbernåhung der Femoralarterie ggf. erforderlich), Probleme der peripheren Durchblu-
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
tung des Beins (Operation mit Rekonstruktion), Kreislaufreaktionen mit Blutdruckabfall infolge Stimulation der Barorezeptoren in der Karotisbifurkation (Bettruhe, Medikamente) auftreten. Abgesehen von einzelnen Erfahrungsberichten mit guten Ergebnissen (single center experience) muss nach gegenwårtigem Stand die breite Anwendung der Karotisdilatation und des Stentings skeptisch betrachtet werden. Laut Literatur bestehen folgende Komplikationsraten: n Letalitåt und Insult (death and any stroke): 5±6% (30 Tage) (Vergleich zu NASCET: 5,8% bei einem Stenosegrad von 70±99%) n Neurologische Komplikationen insgesamt: etwa 9% (30 Tage) n Håmotom (Leistenzugang): bis 4% n Verschluss oder wirksame Stenose der Leistenarterie: etwa 0,5% Entscheidend sind die Auswahl geeigneter Patienten, die optimale medikamentæse Therapie (Antikoagulation und Thrombozytenfunktionshemmung) sowie die Erfahrung des Teams. Da die Komplikationsrate bei Dilatation und Stentimplantation, verglichen mit derjenigen von operativen Zentren guter Qualitåt, bislang noch çberschritten wird (etwa 3% erleiden einen schweren Insult), kann diese Methode nach derzeitiger Studienlage nicht generell empfohlen werden. Nach PTA und Stent werden adåquate Reaktion auf Ansprache, seitengleiche Beweglichkeit (Arm-Bein-Motorik) und Schwankungen des Blutdrucks kontrolliert. Im Zusammenhang mit der Carotis-PTA wird bei etwa 50% aller Fålle eine Hypotension beobachtet. Sie kann bis zu 10 Tage nach Intervention persistieren, wobei der Blutdruck um 40 mmHg abfallen kann. Zur Behandlung ist meist alleinige Bettruhe ausreichend. Bei Bradykardien wird Atropin gegeben. Derzeit werden in unserer Klinik Carotisstents der Firma Boston Scientific (Wall stent Monorail) mit entsprechendem Protektionssystem verwendet.
5.2.3 Vertebrobasilare Insuffizienz Das vertebrobasilare Gefåûsystem befindet sich in einem Gewebeverband, der aus knæchernen und muskulåren Strukturen gebildet wird. Neben arteriosklerotischen Verånderungen kommt dem Arterienverlauf in den Querfortsåtzen der
n
Halswirbelsåule eine pathogenetische Bedeutung zu, wenn Extrempositionen des Kopfs zur Beeintråchtigung der Gefåûe fçhren. Weiterhin kænnen Verziehungen und Engpåsse durch muskulåre Einflçsse zum Stræmungshindernis beitragen, wie Flussstudien gezeigt haben. Von der Gesamthirndurchblutung çber die 4 extrakranialen Arterien erfolgen 10±15% durch das Vertebralarteriensystem. Das vertebrobasilare Gefåûsystem versorgt 10 der 12 Hirnnerven, die auf- und absteigenden Halsmarkbahnen (Tractus) sowie die Endorgane fçr Hæren und Gleichgewicht. Als anatomische Regionen sind: der Hirnstamm, der Okzipitallappen und die mediobasalen Anteile des Temporallappens zu nennen. Innere Ursachen der vertebrobasilaren Insuffizienz sind: n Atherosklerose (håufigste Ursache) n fibromuskulåre Dysplasie n entzçndliche Prozesse (Takayasu-Erkrankung) n spontane Dissektion Øuûere Ursachen sind: n Kompression: knæchern (zervikale Spondylose), muskulår oder tumorbedingt n Trauma Aufgrund unterschiedlicher Versorgungsgebiete besteht keine einheitliche klinische Symptomatik. Charakteristisch sind Schluck- und Sprachstærungen, Doppelbilder und periorale bilaterale Paråsthesien (Tabelle 5.7). Zur Diagnose sind nach Anamnese und Erhebung der klinischen Befunde doppler- bzw. duplexsonographisch die Stræmungsmessung und der Nachweis der Flussumkehr erforderlich. Die Defekte der arteriellen Strombahn, Stenosen, Verschlçsse, Schlingen (Coiling), Knickbildungen (Kinking) und Flussumkehr werden angiographisch dargestellt. Tabelle 5.7. Klinische Symptomatik bei vertebrobasilarer Insuffizienz Symptomatik
Håufigkeit [%]
Schwindel Gangunsicherheit Gehærstærungen (Minderung, Tinnitus) Sehstærungen drop attack motorische Ausfålle sensorische Ausfålle (meist bilateral)
50±70 40 20 15 2±10 4 4
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n
5 Arterielles System
n Chirurgische Therapie Die Indikation zur Vertebralarterienchirurgie ist der guten Kollateralisation und Kompensation wegen selten gegeben. Sie liegt vor bei: n symptomatischer Stenose > 75% bei Hypoplasie oder Verschluss der gegenseitigen A. vertebralis n symptomatische Stenose bei Verschluss der Karotisstrombahn Es wird çber die Verletzungsgefahr von: N. sympathicus (Horner Syndrom), Ductus thoracicus (Lymphozele), N. vagus (Heiserkeit) und N. phrenicus (Zwerchfellhochstand) aufgeklårt. Bei proximaler, abgangsnaher Vertebralisstenose kommen vertebrokarotideale Transposition (håufigste Korrektur) oder Vertebralis-TEA (mit Patchplastik) zur Anwendung. Der Patient wird in Rçckenlage mit rekliniertem, leicht zur Gegenseite gedrehtem Kopf gelagert, der Zugang erfolgt çber eine supraklavikulare Inzision (6±8 cm). Platysma und klavikularer Anteil des M. sternocleidomastoideus werden durchtrennt, die V. jugularis interna und die A. carotis communis (medial der Vene) werden unter Beachten des N. vagus (zwischen beiden Gefåûen verlaufend) dargestellt und angeschlungen. Unter Weghalten der Vene nach lateral wird die A. vertebralis hinter der Vene dargestellt, wobei der Ductus thoracicus, der laterodorsal der V. jugularis interna verlåuft, geschont wird. Nach Heparingabe (5000 IE i.v.) wird die A. subclavia (proximal und distal des Vertebralisabgangs) abgeklemmt, der Vertebralisstumpf wird abgangsnah nach Durchtrennung çbernåht. Nach Ausklemmen der A. carotis communis (bei intakter gegenseitiger Karotisstrombahn ohne Shunteinlage) werden A. vertebralis und A. carotis communis End-zu-Seit anastomosiert. Bei Eingriffen an der proximalen A. vertebralis wurden beobachtet: n Operationsletalitåt: < 1% n Operationsmorbiditåt: 0,5% An Komplikationen traten auf: n Horner-Syndrom: 15% n Lymphozele: 4% n Recurrensparese: 2%
Unter Einschluss aller Operationsverfahren ergeben sich kumulative Ûberlebens- und Offenheitsraten von: n 5-Jahres-Ûberlebensrate: etwa 90% n 10-Jahres-Ûberlebensrate: etwa 81% n 30-Tage-Offenheitsrate: 96% n 5-Jahres-Offenheitsrate: 93% n 8-Jahres-Offenheitsrate: 93% n 10-Jahres-Offenheitsrate: 87%
5.2.4 Erkrankungen der A. subclavia Sie ist ein paarig angelegtes, z. T. unter dem Schlçsselbein verlaufendes Gefåû mit unterschiedlichen Ursprungsgefåûen. So entspringt die rechte Arterie aus dem Truncus brachiocephalicus, die linke Arterie direkt aus dem Aortenbogen. Gemeinsam mit den Karotis- und Vertebralarterien gehæren sie zu den supraaortalen Gefåûen. Im Gegensatz zu den beiden Hirn versorgenden Arterien bilden die Aa. subclaviae die Arm versorgenden arteriellen Gefåûe. Der anatomische Verlauf dieser Arterien unterscheidet sich insbesondere am Anfang. Damit einher geht eine entsprechende Stræmungsdynamik, die das Gefåûendothel unterschiedlich stark belastet. Die Belastungsunterschiede zeigen sich in der seitenverschiedenen Håufung pathologischer Prozesse. Mit etwa 80% ist die linke Seite wesentlich håufiger betroffen als die rechte Seite. Neben der aneurysmatischen Erweiterung steht v. a. die atherosklerotisch bedingte proximale Subklaviastenose im Vordergrund. Andere Stenoselokalisationen kommen in Hæhe des kreuzenden Schlçsselbeins (s. auch Kapitel 9, Thoracic-outlet-Syndrom) und weiter peripher im Oberarmverlauf vor, sind jedoch sehr selten. Aus Kenntnis des Versorgungsgebiets und der kollateralen Kreislåufe dieser Regionen kann bei entsprechender Symptomatik auf eine Stenose der A. subclavia geschlossen werden. Zudem wird die Diagnostik durch einfaches Pulstasten und Blutdruckmessen erleichtert. Eine am Oberarm gemessene Blutdruckdifferenz von bis zu 20 mmHg gilt aufgrund von Kaliberschwankungen des Gefåûes noch als physiologisch, sodass vor der voreiligen Diagnose einer Subklaviastenose gewarnt werden muss. Wird infolge starker Beanspruchung des Arms der arterielle Zustrom durch eine Subklaviastenose behindert, kann es zu einer Stræmungsumkehr in der A. vertebralis (als Zeichen
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
eines Anzapfeffekts oder Entzugs) mit neurologischen Stærungen kommen (Steal-Effekt). Dieses Phånomen kann bei proximaler Lokalisation der Subklaviastenose und der distal davon abgehenden A. vertebralis angesichts der anatomischen Situation erklårt werden: die A. vertebralis wird hier zum ¹Kollateralgefåûª des Arms. Dabei wird definiert: n als Steal-Phånomen die asymptomatische Stræmungsumkehr, n als Steal-Syndrom die mit klinischer Symptomatik einhergehende Stræmungsumkehr. Der Steal-Effekt wurde 1829 erstmals durch Robert Harrison, Dublin, und Andrew Smyth, New Orleans beschrieben, woraus auch die Bezeichnung Harrison-Smyth-Syndrom resultiert. 1961 erfolgte die Erstbenennung in ¹Subclavian-stealSyndromeª. Øtiologisch spielen atherogene Risikofaktoren sowie das Stræmungsverhalten der Abgangsregion eine Rolle. Symptome sind: n rasche Ermçdung bei Belastung und trophische Stærungen der Hand oder Finger bis zur Nekrose aufgrund von Durchblutungsstærungen des Arms n Zeichen der zerebrovaskulåren Insuffizienz bei Betåtigung des Arms: Subclavian-stealSyndrom Die Diagnose erfolgt anhand der seitendifferenten Befunde an den Armen: n deutlich abgeschwåchter Radialispuls n Blutdruckdifferenz > 20 mmHg n Dopplersonographie: deutliche Kurvenabflachung n Angiographie: direkter Nachweis und Lokalisation der Stenose n Stræmungsumkehr in der A. vertebralis als Beweis eines Steal-Effekts
n Therapie Aufgrund der relativ geringen Muskelmasse wird eine Drosselung der Armdurchblutung in der Regel symptomlos vertragen. Die asymptomatische Stenose bzw. der Verschluss haben daher zunåchst keine Konsequenz. Ein Handlungsbedarf besteht erst bei auftretender Klinik, die sich in den genannten Symptomen zeigt. Die Angioplastie wurde 1980 von Bachman u. Kim erstmalig eingesetzt. Mit ihrer Hilfe (PTA) lassen sich die meist kurzstreckigen Stenosen
Abb. 5.35. Beispiel einer Subclavia-PTA, a linke A. subclavia mit hochgradiger proximaler Stenose, b Befund nach erfolgreicher Dilatation
oder Verschlçsse oft mit akzeptablen Ergebnissen beseitigen (Abb. 5.35). Die primåre Erfolgsrate liegt je nach Befund (Stenose/Verschluss) zwischen 40 und 93%. Nur in 0,5±3,5% der Fålle kommt es zu neurologische Komplikationen (Embolisation). Die Spåtergebnisse weisen nach 5 Jahren eine primåre patency rate von 89% und nach etwa 8 Jahren von 72% aus. Als operative Verfahren kommen in Betracht: n Bypass [Umgehung durch einen karotidosubklavialen Bypass; Erstbeschreibung durch Diethrich (1967)] n Transposition [Verlagerung der A. subclavia zur A. carotis; Erstbeschreibung durch Parrot (1964)] Der karotidosubklaviale Bypass ist bei Ischåmie im Hand- oder Fingerbereich und neurologischen Symptomen (Subclavian-steal-Syndrom) indiziert. Der Patient wird allgemein çber die Risiken von Blutung sowie Infektion und speziell çber die Mæglichkeit von Nervenverletzungen (N. vagus, N. recurrens, N. phrenicus, N. Plexus brachialis), Verletzung des Ductus thoracicus (Lymphfistel) sowie der Pleura (Pneumothorax) aufgeklårt. In Rçckenlage erfolgt 1 Querfinger oberhalb der Clavicula die Hautinzision çber eine Långe von etwa 8 cm (Abb. 5.36). Nach supraklavikularer Inzision çber dem M. sternocleidomastoideus und dem lateralen Hals wird der klavikulare Ansatz des M. sternocleidomastoideus durchtrennt. Unterhalb des Muskels liegt die V. jugularis interna, medial davon die A. carotis communis. Beide Gefåûe wurden unter Beachtung des zwischen ihnen verlaufenden N. vagus angeschlungen. Bei der Darstel-
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88
n
5 Arterielles System
M. sternocleidomastoideus
Clavicula
Abb. 5.37. Schema des Karotidosubklavialen Bypass Abb. 5.36. Zugang beim karotidosubklavialen Bypass, rote Linie Hautinzision
lung der A. subclavia (supraklavikularer Verlauf) sollte zur Vermeidung von Lymphfisteln die Region unmittelbar lateral der V. jugularis interna (mit dem hier verlaufenden Ductus thoracicus) bei der Pråparation gemieden werden. Deutlich lateral der V. jugularis interna (2±3 cm) werden das subkutane Fettgewebe gespreizt und der M. scalenus anterior dargestellt. Dabei muss der auf ihm (oder etwas medial) långs verlaufende N. phrenicus besonders beachtet werden. Unter Weghalten des Nervs wird der Muskel mittels Elektrokauter quer durchtrennt (meist in mehreren Portionen). Danach wird unmittelbar darunter die (in der Regel pulslose) A. subclavia aufgefunden und angeschlungen. Zu achten ist auf: n den Ductus thoracicus, der direkt lateral zur Vene verlåuft (Vermeiden der Verletzung durch laterale Pråparation), n den N. phrenicus, der unterhalb des Fettgewebes auf der Faszienvorderseite des M. scalenus anterior liegt, n den Armplexus, der kranial der A. subclavia verlåuft und durch seine einzelnen Faszikel gut erkennbar ist. Als Bypass dient ein 6(8)-mm-Dacron-Doppelvelours (benætigt werden nur 4±5 cm Långe) (Clotten des Bypasses vor Heparingabe). Systemisch werden 5000 IE Heparin gegeben. Die A. carotis communis wird mit 1208-Klemmen abgeklemmt und eine etwas laterale Långsinzision von 1 cm durchgefçhrt. Hirnprotektive Maûnahmen (z. B.
Shunteinlage) sind beim isolierten Abklemmen im Communisanteil nicht erforderlich (ein neurologisches Defizit ist nicht zu erwarten, wenn die Karotisstrombahn der Gegenseite und die Carotis-interna-Strombahn der operierten Seite intakt sind und demzufolge ein ausreichender Kollateralfluss besteht). Nach fast rechtwinkliger Seit-zu-End-Anastomose (Arterie, Dacronbypass, 5-0-Prolene) wird der Bypass (armiertes Klemmchen) unmittelbar neben der Anastomose abgeklemmt, die Karotisklemmen werden freigegeben und die Pulsqualitåt (distale A. carotis) wird geprçft. Diese Anastomose sollte immer zuerst genåht werden, da Leckagen der Hinterwand leicht versorgt werden kænnen. Im umgekehrten Fall ist dies technisch nicht mæglich. Die Prothese wird unterhalb der V. jugularis interna durchzogen. Nach Klemmen der A. subclavia (2-mal 1208-Klemmen) und Långsinzision von etwa 1,5 cm erfolgt die zweite, distale Anastomose: schråge End-zu-Seit-Anastomose (Bypass, Arterie 6-0-Prolene!). Dabei muss die Brçchigkeit der A. subclavia berçcksichtigt werden. Nach Entlçften der Prothese werden die Klemmen freigegeben. Eine Redondrånage Nr. 12 wird eingelegt und der Radialispuls am Ende der Operation geprçft (Abb. 5.37). Bei ausgesprochen proximal gelegener Verånderung und ausreichender Långe ist alternativ eine Transpositionsoperation mit Verlagerung der A. subclavia zur A. carotis communis mæglich (Abb. 5.37).
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
An Komplikationen werden beschrieben: n Letalitåt: 1±2% (meist Herzinfarkte) n Insultrate: 1,8±3,6% (30-Tage-Zeitraum postoperativ) n Bypassversagen: etwa 1% (Frçhverschluss). Die Rate liegt bei Transpositionsoperation hæher als beim Bypassverfahren Die 10-Jahres-Patency betrågt 86±100% (fçr Prothesen- oder Venenbypass).
5.2.5 Nierenarterienstenose Den Nierenarterien sollte besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, da hier gelegene Stenosen zur behandelbaren Form der arteriellen Hypertonie gehæren (ca. 0,5% aller Hypertoniker). Sie werden im Rahmen der angiographischen Diagnostik (Gefåûchirurgie, Kardiologie) immer wieder nachgewiesen. Wie bei allen Stenosen des arteriellen Systems kann es zur håmodynamischen Relevanz und einer daraus entstehenden Symptomatik (Blutdrucksteigerung, Einschrånkung der Nierenfunktion) kommen. Grundsåtzlich tritt bei einer Durchmesserreduktion > 50% (entsprechend einer Flåchenreduktion von 75%) eine distale Minderperfusion des Organs auf. Studien zum Spontanverlauf zeigen, dass es dabei z. T. zu einer erheblichen Schrumpfung des Nierenparenchyms kommt. So konnte z. B. Guzman (1994) bei einer Stenose > 60% (duplexsonographisch bestimmt) eine Långenreduktion der Niere von 19 mm bei 27% seiner Patienten innerhalb eines Zeitraums von 14 Monaten nachweisen. Ursachen der Nierenarterienstenose sind z. B. Atherosklerose, fibromuskulåre Dysplasie und Embolie. Die Stenose åuûert sich in Hochdruck (3±5% aller Hypertonien haben eine renale Ursache) und Nierenfunktionsstærungen (bei akutem embolischen Verschluss und bei chronischer Stenoseprogredienz). Die Diagnose erfolgt anhand von: n Duplexsonographie (Nachweis von Stenose und Flussbeschleunigung): Die Zahlenangaben aus der Literatur fçr die Zuverlåssigkeit dieses Verfahrens (Sensitivitåt, Spezifitåt > 90%) werden nur von sehr wenigen Untersuchern erreicht und geben nicht die Realitåt wieder. n Angiographie (Stenoselokalisation, Stenosemorphologie): Die kurzstreckige, ostiumnahe
Abb. 5.38. Subtotale Nierenarterienstenose rechts (MRA)
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Stenose wird meist bei Atherosklerose, die långerstreckige, periphere Stenose meist bei Fibrodysplasie gefunden. Die Angiographie wird nur durch die SpiralCT-Angiographie çbertroffen. Von Nachteil ist das jodhaltige Kontrastmittel bei vorbestehendem Nierenschaden. Die Magnetresonanzangiographie (MRA) bietet den Vorteil der Kontrastmittelvertråglichkeit (Gadolinium) (Abb. 5.38). Ihr Nachteil ist in der Ûberschåtzung des Stenosegrads zu sehen. Sensitivitåt und Spezifitåt erreichen Bestnoten von 90±100%. Szintigraphie (Funktionsdiagnostik, Seitenunterschiede): Dieses Verfahren ist der Angiographie unterlegen (groûe Streubreite von Sensitivitåt und Spezifitåt). Die Abklårung des renovaskulåren Hochdrucks erfolgt mit Hilfe des Captopriltests oder der seitengetrennten Reninbestimmung: Grundlage des Captopriltests ist die Bestimmung des Renins vor (basales Renin) und nach Stimulation (orale Gabe von 25 mg Captopril). Bei wirksamer Stenose kommt es zu Blutdruckabfall und Anstieg des Renins. Sensitivitåt und Spezifitåt dieses Tests liegen bei etwa 85%. Bei der seitengetrennten Reninbestimmung werden nach Punktion der Leistenvene selektiv Blut aus linker und rechter Nierenvene entnommen und der Reningehalt bestimmt. Reninnormalwerte beim Erwachsenen sind: liegend 1,5±18 ng/l; aufrecht 2,1±26 ng/l.
Die interventionelle Therapie durch Ballonangioplastie (PTA) meist kombiniert mit Stentim-
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5 Arterielles System
plantation gilt heute als Standardverfahren bei isolierter atherosklerotischer, ostialer Nierenarterienstenose. Die Nierenarterienrevaskularisation durch aortorenalen Bypass wird v. a. als Kombinationseingriff bei Revaskularisation oder Ausschalten von Aneurysmen im Bauch-BeckenBereich durchgefçhrt.
n Aortorenaler Bypass (isolierter Eingriff) Operative Eingriffe an den Nierenarterien sind technisch aufwåndig und haben ein relativ hohes Risiko. Die Operationsletalitåt liegt zwischen 5 und 8%. Dementsprechend sind sie nur bei bestehender Kontraindikation zur PTA angebracht, also bei: n Aortendissektion n ungçnstiger Stenosemorphologie n Kombinationseingriffen bei Operationen an der Bauchaorta In Rçckenlage erfolgt die mediane Laparotomie. Das Retroperitoneum wird durchtrennt, die infrarenale Aorta freigelegt. Grundsåtzlich kænnen bei gçnstiger Anatomie die Abgangsregion beider Nierenarterien aus der Aorta dargestellt und beide Gefåûe teilweise nach peripher verfolgt werden. Gelingt dies nicht (Adipositas, quer verlaufende linke Nierenvene, Pankreasçberlagerung), empfiehlt sich, je nach Seitenlokalisation, folgendes Vorgehen:
Ist die rechte Nierenarterie betroffen, wird der Dçnndarm nach links verlagert, das Duodenum nach Kocher mobilisiert und kaudal zur Gallenblase pråpariert. Das Aufsuchen der V. cava inferior gelingt leicht. Die rechtslaterale Wand wird nach kranial oder distal bis zur Darstellung der rechtwinklig abgehenden Nierenvene, die angezçgelt wird, verfolgt. Unterhalb der Vene findet man, meist nach kaudal gelegen, die Nierenarterie. Ein kleiner Durchmesser deutet auf die Peripherie hin (Endåste) und sollte nach aortal verfolgt werden. Der linke Nierenarterienabgang kann immer direkt aus der Aorta dargestellt werden. Die weitere Pråparation nach peripher erfordert das Aufsuchen und die Durchtrennung der V. testicularis (bzw. V. ovarica), die nach kaudal aus der linken Nierenvene abgehen. Oft ist auch eine 2. kleinere Vene nach kaudal vorhanden, die ebenfalls durchtrennt werden muss. Danach besteht in der Regel ein guter Ûberblick çber die linke Nierenarterie bis in ihre hilusnahen Aufzweigungen. Als Bypassmaterial kænnen grundsåtzlich Dacron, PTFE oder die V. saphena verwendet werden. Wir bevorzugen die V. saphena magna oder eine dçnnwandige PTFE-Prothese (6 mm). Zuerst erfolgt die periphere Anastomose auf die A. renalis, dann die zentrale Anastomose auf die Aorta. Vor der peripheren Anastomose gibt der Anåsthesist systemisch 5000 IE Heparin (i.v.) und 250 ml Osmofundin. Die Nierenarterie wird mit 2 Bulldogklemmchen abgeklemmt und
Abb. 5.39. Postoperatives Angiogramm
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
långs inzidiert (> 1 cm). Nach Zurechtschneiden der Prothese erfolgt die Seit(Arterie)-zu-End (Prothese)-Anastomose mit 6-0-Prolenefaden. Die Prothese wird (evtl. durch einen Schlitz im Dçnndarmmesenterium bei rechtsseitigem Bypass) zur infrarenalen Aorta retroperitoneal durchgezogen. Bei der aortalen Anastomose wird zunåchst die infrarenale Aorta (2 einzelne Klemmen oder Satinsky-Klemme) abgeklemmt. Nach kurzer Långsinzision wird die Prothese zurecht geschnitten und Seit(Arterie)-zu-End(Prothese) mit Prolenefaden (Dacronbypass: 5-0- oder 4-0-; PTFEund Venenbypass: 5-0-Faden) anastomosiert. Bei Kombinationseingriffen mit prothetischem Ersatz der infrarenalen Aorta wird die zentrale Anastomose auf die Prothese genåht. Der fertige Bypass verlåuft nie streng anatomisch zur eigenen A. renalis, sondern zweigt spitzwinklig von der Aorta ab. Bei ungçnstigen Wandverhåltnissen der Aorta kann die zentrale Anastomose auch tiefer, an die entsprechende Iliakalarterie angeschlossen werden (Abb. 5.39).
n Perkutane renale Angioplastie 2 groûe kontrollierte Studien [EMMA (Plouin et al. 1998), DRASTIC (Van Jaarsveld et al. 2000)] beziehen Stellung zur Wertigkeit von Angioplastie und medikamentæser Therapie. Zur Angioplastieindikation lassen sich aus den vorliegenden Daten folgende Aussagen erarbeiten: n Zeichen der Niereninsuffizienz (Kreatininanstieg) bei einseitiger Niere mit hochgradiger Stenose (am besten belegte Indikation) n schwer oder gar nicht einstellbarer Bluthochdruck trotz Mehrfachkombination antihypertensiver Medikamente
n rezidivierende Lungenædeme bei hypertensiven Entgleisungen n Hypertonie bei fibromuskulårer Dysplasie Als Entscheidungshilfe fçr oder gegen eine Angioplastie kann Tabelle 5.8 herangezogen werden. Ostiale Stenosen werden dilatiert und mit Stent versorgt, nichtostiale Stenosen (noch Stammarterie) kænnen ebenso behandelt werden. Stenosen bei Dysplasie werden nur dilatiert. Die Ballon- und Stentgræûen richten sich nach den Gefåûgræûen, die Stentdurchmesser liegen zwischen 5 und 8 mm. In der Beurteilung wird zwischen technischen und medizinischen Komplikationen wåhrend der PTA unterschieden. Technische Probleme sind Komplikationen wåhrend Dilatation und Stentimplantation, welche die Eingriffsdauer verlångern, jedoch ohne klinische Konsequenzen fçr den Patienten sind. Medizinische Probleme sind: Håmatome der Punktionsstelle, Perforation der Nierenarterie (Notfalllaparotomie 2%), Niereninfarkt durch Embolisation (1±8%) sowie Verschluss der Stammarterie (2%). Die kumulative Komplikationrate liegt bei 14%, schwer wiegende Komplikationen treten bei 4% der Fålle auf. Die 30-Tage-Letalitåt betrågt < 1%. Fçr die PTA liegt die primåre Erfolgsrate (Beseitigung der Stenose) bei etwa 99%. Metaanalysen mit groûen Patientenzahlen ergaben eine Offenheitsrate von etwa 77% innerhalb des 1. Jahres (mittlere Follow-up-Zeit von 8 Monaten). Danach liegt die Restenoserate bei 25±30% (Leertouwer et al. 2000). Månner mit Arterienkaliber < 6 mm weisen nach einer Multicenterstudie (Rees 1999) eine Restenoserate von 10,5% auf. Als Riskofaktoren fçr die Entstehung einer Restenose gelten demnach: kleiner Durchmesser der Nierenarterie
Tabelle 5.8. Angioplastieindikation bei Nierenarterienstenose, nach Krumme u. Mann (2001) Variable
Pro
Kontra
n Alter/Begleiterkrankungen n Nierenfunktion n Blutdruck
niedrig/nein instabil (progredientes Versagen) nicht einstellbar (trotz Gabe von mehr als 1 Antihypertensiva) bilateral oder einseitig bei Einzelniere < 8 cm ja
hoch/ja stabil einstellbar
n Art der Stenose n Nierenlånge (Parenchymschwund) n rezidivierendes Lungenædem
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einseitig > 8 cm nein
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5 Arterielles System
(< 6 mm), weibliches Geschlecht (Frauen haben oft kleine Gefåûe), fortgesetzter Nikotinkonsum.
n Therapieresultate Nach frçheren Richtlinien (Maxwell et al. 1972) wurde die alleinige diastolische Drucksenkung (bis maximal 90 mmHg) als Erfolg der Revaskularisation gewertet und çber entsprechend hohe Erfolgsraten berichtet. Nach heutigen Kriterien kann von einer ¹Heilungª des Bluthochdrucks ausgegangen werden, wenn systolischer und diastolischer Blutdruck den Wert von 140 : 90 mmHg nicht çberschreiten und eine antihypertensive medikamentæse Therapie unterbleibt. Rçckbildung und Normalisierung des pråoperativ erhæhten Blutdrucks gelingen unter diesen Kriterien allerdings nur bei etwa 10±20% (Leertouwer et al. 2000, Barri et al. 1996). Jçngere Månner mit kurzer Hypertonusanamnese scheinen am besten von einer Nierenarterien-PTA zu profitieren. Im Rahmen der im Jahr 2000 publizierten DRASTIC-Studie wird zudem die Meinung vertreten, dass bei renal bedingtem Bluthochdruck bereits die alleinige medikamentæse Therapie ausreichend sei, insbesondere auch unter dem Aspekt der nicht unbetråchtlichen Rate an Restenosen (Van Jaarsveld et al. 2000). In der Gruppe nach Nierenarterienbypass liegen die Ergebnisse åhnlich. Fçr eine ¹Heilungª des Bluthochdrucks (ohne Medikamente) ergeben sich Erfolgszahlen um 15%, eine Reduktion der antihypertensiven Therapie låsst sich bei etwa 60% nach Bypass erzielen. Die Nierenfunktion låsst sich bei 70% der Operierten verbessern.
5.2.6 Andere Viszeralarterienverschlçsse Stenosen und Verschlçsse der anderen Viszeralarterien sind selten. Ihre Symptomatik ist oft schwer zu interpretieren, sodass insbesondere die akute Durchblutungsstærung der Darmgefåûe hinsichtlich ihrer Ursache (Differenzialdiagnose: akutes Abdomen) oft verkannt wird. Erst die angiographische Abklårung mit Darstellung der Viszeralarterien (Mesenterikographie, Zæliakographie) schafft Klarheit. Hierbei ist zu berçcksichtigen, dass nach Einsetzen einer oft diffusen und nicht sehr typischen abdominalen Symptomatik und infolge der kurzen Ischåmietoleranz dieser Organe die
Abb. 5.40. Topographie der Viszeralgefåûe (suprarenale Aorta)
Zeit bis zur Therapie (operative Embolektomie, Bypassverfahren) sehr begrenzt ist. Fçr den rechtzeitigen Zeitpunkt zur Therapie ist es deshalb unerlåsslich, frçhzeitig an den Mesenterialgefåûverschluss zu denken. Lassen Vorgeschichte (z. B. arterielle Embolien) und klinische Symptomatik den Verdacht auf eine Eingeweideischåmie zu, kann die Laparotomie notfalls auch ohne weitere Diagnostik indiziert sein! Stærungen der Eingeweidegefåûe betreffen v. a. die Mesenterialarterien. Das Stromgebiet der A. mesenterica superior ist mit 85% der am håufigsten betroffene intestinale Gefåûabschnitt. Wåhrend die Darmdurchblutung çber zahlreiche Kollateralgefåûe recht gut abgesichert ist, fçhren Verschlussprozesse in der A. mesenterica superior meist zu schweren Durchblutungsstærungen bis zur kompletten intestinalen Ischåmie (Abb. 5.40). Die A. mesenterica superior versorgt den Darm ab der Flexura duodeno-jejunalis bis zur linken Colonflexur (und somit den kompletten Dçnndarm sowie zwei Drittel des Dickdarms). Auch wenn nur 1±2% aller Patienten mit der Diagnose eines akuten Abdomens einen A.-mesenterica-Verschluss aufweisen, muss dieser differenzialdiagnostisch in Erwågung gezogen werden. Anamnestisch und nach klinischem Verlauf werden akute von chronischen Durchblutungsstærungen unterschieden. Ursachen der Verschlçsse sind: n kardiale Arrhythmien (Vorhofflimmern) mit arterieller Embolie n chronisch arterielle Verschlusskrankheit (AVK) n Zustand nach herzchirurgischen Eingriffen n nichtokklusive intestinale Ischåmie (nonocclusive intestinal ischemia = NOI)
Die letzte Gruppe stellt einen Sonderfall der intestinalen Mangelversorgung dar. Sie wurde erstmals Ende 1958 beschrieben und wird bei kritisch kranken Patienten beobachtet. Sie ist mit groûen chirurgischen Eingriffen assoziiert und wird durch eine Minderdurchblutung im Splanchnikusgebiet erklårt. 100 Patienten auf 1 Mio. Einwohner erleiden jåhrlich einen akuten intestinalen Gefåûverschluss. Frauen sind gegençber Månnern 4-mal håufiger betroffen. Nach Angaben des statistischen Bundesamts verstarben in Deutschland im Jahr 2000 çber 4000 Patienten an den Folgen dieser Erkrankung. Die Symptomatik weist ein breites Spektrum vom diffusen, abdominellen Unwohlsein bis zum akuten Abdomen auf. Ausdruck dieser unspezifischen klinischen Zeichen ist die Ischåmietoleranz der Darmwandanteile. Ein Innenschichtschaden ist deutlich frçher nachweisbar (endoskopisch blasse Schleimhaut) als ein Auûenwandschaden (laparoskopisch noch rosige Wand), was einer physiologisch basisnahen Sauerstoffversorgung des Darms entspricht. Ab 2 h kompletter Ischåmie ist von einem transmuralen Darminfarkt auszugehen. Typisch sind diffuse abdominale Beschwerden, Angina abdominalis (typischerweise nach den Mahlzeiten, einsetzend) sowie akutes Abdomen. Die Diagnose ist wegen der unspezifischen Beschwerden oft schwierig zu stellen. Die Ursachen fçr den akuten Mesenterialarterienverschluss mit resultierender Infarzierung kænnen sowohl eine Embolie als auch eine arterielle oder venæse Thrombose sein, deren Differenzierung klinisch nicht mæglich ist. Die Prognose des Spontanverlaufs ist ungçnstig. Eine rechtzeitige Diagnose ist lebensrettend. Deshalb gençgt bereits der bloûe Verdacht auf einen Mesenterialinfarkt, um eine Laparotomie zu rechtfertigen. Prinzipiell kommen folgende diagnostische Verfahren in Frage: n Die Spiral-CT bietet den Vorteil einer umfassenden Differenzialdiagnostik der intraabdominalen Organe. n Die transfemorale Angiographie mit selektiver Darstellung von Truncus coeliacus, A. mesenterica superior und inferior (Abb. 5.41) ist bei dringendem Verdacht auf eine Durchblutungsstærung primår indiziert. n Die Laktatbestimmung im Serum erlaubt nur den indirekten Schluss auf eine Mangeldurchblutung.
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5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
Abb. 5.41. Angiographie (DSA-Technik) des Truncus coeliacus mit verschlossenem Ast der A. mesenterica superior (Pfeil)
n Eine Sauerstoffextraktionsrate (O2-ER) > 0,4 wird als statistisch signifikanter Parameter angesehen. Als Vorhersagewert der okklusiven und nichtokklusiven intestinalen Ischåmie kommt die Erhæhung einer Indikation zur weiteren Abklårung und Laparotomie gleich. n Die Probelaparotomie mit Freilegen der Stammgefåûe (Arterie und Vene), bietet sich als Notfallmaûnahme sowohl zur Abklårung als auch gleichzeitigen Therapie an und hat den Vorzug des geringsten Zeitverlusts (Nachteil: Risiken der Laparotomie).
n Therapie 1943 wurde die erste Mesenterikaembolektomie (Ryvlin) durchgefçhrt. Die operative Therapie erfolgt durch transabdominale Embolektomie oder Bypass der betreffenden Viszeralarterie (Abb. 5.42). Operationen bei Stenosen bzw. Verschlçssen der Viszeralarterien stellen anspruchsvolle Eingriffe dar, da der Zugang technisch aufwåndig ist und ein Versagen im Versorgungsbereich der Peripherie (z. B. Dçnndarm) oft mit tædlichem Ausgang einhergeht. Als Hochrisikogruppe mçssen diese Patienten von intra- und postoperativ erfahrenen Anåsthesiologen und Intensivmedizinern betreut werden.
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5 Arterielles System
Abb. 5.42. Venenbypass zur mittleren A. mesenterica superior
Grundsåtzlich wird fçr den intraabdominalen Gefåûabschnitt eine mediane Laparotomie benætigt. Proximal sollte die Inzision immer bis zum Xiphoid (oder sogar darçber) erfolgen. Die distale Inzision endet bei Verschlussprozessen des Truncus coeliacus bzw. der A. mesenterica superior in Hæhe des Nabels und wird bei Beteiligung der Iliakalgefåûe bis zur Symphyse verlångert. Der Truncus coeliacus (Tripus Halleri) wird folgendermaûen dargestellt: Nach Durchtrennen der kleinen Kurvatur des Magens und Darstellen des Pankreaskopfs mit seinem Oberrand wird die Aorta getastet und ventral bis zum Abgang des Truncus, dessen Kaliber çber dem der Nierenarterien liegt, pråpariert. In der Regel zweigen 3 Gefåûe ab, wobei zahlreiche Varianten mæglich sind. Die klassische Anatomie zeigt die groûkalibrige A. lienalis nach links lateral, die deutlich kleinere A. gastrica sinistra nach links und ventral verlaufend (meist das kaliberschwåchste Gefåû) sowie die A. hepatica, nach rechts lateral gelegen. Die hieraus sich aufzweigende A. hepatica propria muss unter allen Umstånden erhalten bleiben, wåhrend Milz- und Magenarterie fçr die jeweilige Organversorgung nicht zwingend erforderlich sind. Sollte die Ligatur der Milzarterie nætig sein, braucht das Organ nicht entfernt zu werden. Das proximale Abklemmen der Aorta wird in diesem Bereich durch den Verlauf der Zwerchfellschenkel erheblich erschwert. Um das låstige Abrutschen der Klemme zu vermeiden, mçssen beide Muskelschenkel quer durchtrennt werden. Die A. mesenterica superior befindet sich 1±2 cm oberhalb des Abgangs der Nierenarte-
rien und entspringt (ebenso wie der Truncus coeliacus) streng ventral aus der Aorta. Die linke Nierenvene wird (wie bei Operationen eines BAA oder bei Y-Prothese) dargestellt, angeschlungen und nach kaudal herabgezogen. Direkt oberhalb der Nierenvene findet sich der Gefåûabgang der A. mesenterica superior, der ebenfalls ein kråftiges Kaliber aufweist (in der Regel græûer als die Nierenarterie). Die Operationsletalitåt der verschiedenen operativen Eingriffe (Embolektomie, Revaskularisation, Darmresektion und deren Kombination sowie Probelaparotomie bei inoperablem Befund) liegt insgesamt bei 50±55%. Eine denkbar schlechte Prognose mit etwa 90% Letalitåt findet man in der Gruppe herzchirurgischer Patienten. Der Einsatz medikamentæser Verfahren, der Katheterlyse vor Ort, kombiniert mit einer intraarteriellen Gefåûdilatation (Adalat oder Papaverin), kann die Operationsresultate verbessern. Bei der nonokklusiven intestinalen Ischåmie mit peripher spastischen Gefåûen kann im Rahmen der Diagnostik çber den Angiographiekatheter Papaverin injiziert werden.
5.2.7 Becken-Bein-Typ Die normale Gefåûanatomie ist in den Abbildungen 5.43 und 5.44 dargestellt. Die arterielle Verschlusskrankheit (AVK) vom Becken-Bein-Typ zåhlt zu den håufigsten arteriosklerotisch bedingten Gefåûleiden. Neben dem Alterungsvorgang sind atherogene Risikofaktoren (Rauchen, Bluthochdruck, Blutfetterhæhung) an diesem chronisch ablaufenden Prozess entscheidend beteiligt. Er fçhrt in der Regel nicht sofort zu Ausfallserscheinungen. Je nach Ort des Erkrankungssitzes spricht man von einem: n Befall der Beckenarterien (AVK vom Beckentyp) n Befall der Oberschenkelarterien (AVK vom Oberschenkeltyp) n Befall der Unterschenkelarterien (AVK vom peripheren Typ) und deren Kombinationen. Anhand der auftretenden Symptomatik werden 4 Stadien der arteriellen Verschlusskrankheit vom Becken-Bein-Typ unterschieden (FontaineStadien):
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
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Abb. 5.43. Schematischer Verlauf und Bezeichnung der arteriellen Gefåûe im Beckenbereich
Charakteristisch sind belastungsabhångige Schmerzen, die in der Regel deutlich unterhalb der Verschlusslokalisation auftreten. Im sehr fortgeschrittenen Stadium entstehende Hautdefekte sind prognostisch als ungçnstig anzusehen.
Abb. 5.44. Darstellung der rechten Beinarterien, P I A. poplitea (1. Segment) oberhalb des Kniegelenks; P II A. poplitea (2. Segment) in Hæhe des Kniegelenks; P III A. poplitea (3. Segment) unterhalb des Kniegelenks, bis zum Abgang der A. tibialis anterior
n Stadium I: ohne Beschwerden ablaufender Verschlussprozess n Stadium II: Schmerzen unter definierter Belastung (so genannte Schaufensterkrankheit oder schmerzhaftes Hinken; Claudicatio intermittens), die unter Ruhe (Erholungsphase mit Normalisierung der Durchblutung) abklingen n Stadium III: Schmerzen bereits in Ruhe, oft wåhrend der Nacht, Besserung nach Herabsenken des Beins (Verbesserung des Zustroms) n Stadium IV: Gewebeuntergang mit Hautverånderungen (Geschwçrbildung) bis zur Schwarzverfårbung der Zehen (Nekrose, Gangrån)
Daten zur Epidemiologie und Prognose der pAVK: n Eine AVK im Klaudikationsstadium liegt bei Månnern >60 Jahre in 5% und bei Frauen > 60 Jahre in 2,5% vor. n Die 5-Jahres-Mortalitåt liegt zwischen 5±17% (Todesursachen sind: koronare Herzkrankheit, Hirninsult und Ruptur eines Aortenaneurysmas). n Der Spontanverlauf (ohne Chirurgie, ohne interventionelle Verfahren) hat eine 5-JahresÛberlebensrate von * 87%, zeigt den Beinverlust bei *1% pro Jahr und eine schlussendliche Interventionsrate zum Beinerhalt von *6% pro Jahr. Zur Diagnose werden Fragen nach Gehleistung, Ruhebeschwerden und Leidensdruck gestellt, es folgen Inspektion (farbliche Verånderungen, Wunden), nichtinvasive Methoden (Pulstastbefund, Dopplermessung) und schlieûlich invasive Verfahren (Angiographie; Abb. 5.45).
n Allgemeines zur Therapie Grundsåtzlich werden Risikofaktoren abgeklårt und versucht, diese zu beseitigen. Beim Vorliegen eines Verkalkungsprozesses kænnen verengte oder verschlossene Gefåûe medikamentæs nicht wieder eræffnet werden! Gefåû-
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5 Arterielles System
Abb. 5.45. Konventionelles Angiogramm der Beckenarterien mit normaler Gefåûanatomie
Kurzstreckige Stenosen (< 3 cm) der iliacalen Strombahn gelten als klassische Indikation (Typ A nach der TASC-Klassifikation). Die am håufigsten verwendete Methode ist die Ballondilatation (PTA = perkutane transluminale Angioplastie), die in ærtlicher Betåubung erfolgt. Bei korrekter Indikation liefert sie primår gute Ergebnisse mit einer Erfolgsrate von etwa 90%. Die Dilatation im Bereich der A. iliaca communis zeigt bessere, die der A. iliaca externa deutlich schlechtere Ergebnisse (mehr Rezidivstenosen). Letztere erfordert nachfolgende Interventionen (Re-PTA, Bypassoperation).
wirksame Substanzen fçhren eine Verbesserung durch Beeinflussung der Flieûeigenschaften des Bluts (rheologische Wirksamkeit) herbei: n Blutverdçnnung (Heparin, Marcumar) n Blutplåttchenhemmung (Aspirin) n Gerinnselauflæsung (Streptokinase, Urokinase u. a.) Die verschiedenen interventionellen Techniken sind fçr den Patienten mit einer verhåltnismåûig geringer Belastung verbunden und werden mit groûem Erfolg durchgefçhrt. Ihr Einsatz wird durch die Morphologie des Verschlussprozesses limitiert, weshalb sie nicht in jedem Fall mæglich sind. Tabelle 5.9. Langzeitergebnisse von Iliaka-PTA Region
Pathologie
Offenheitsrate
[%]
n Aa. iliaca communis und externa a
Stenose
Initial: 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre
95,9 77,2 61,2 54,0
n A. iliaca b
Verschluss: singulår mehrere
3 Jahre 3 Jahre
66 17
Stenose
3 Jahre
68
Stenose
3 Jahre 3 Jahre
57 (bei Månnern) 34 (bei Frauen; kleinere Gefåûkaliber)
3 Jahre 3 Jahre
73 30
n A. iliaca communis b n A. iliaca externa
b
n Aa. iliaca communis und externa b
a b
Stenose Abstrom gut Abstrom schlecht
Kalman (1993), 580 Iliakalarterienstenosen Johnston (1993), 667 Patienten, unterteilt nach AVK-Lokalisation
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit Tabelle 5.10. Langzeitergebnisse von PTA der femoropoplitealen Arterien primårer Erfolg 90%
Offenheitsraten [%]
1-Jahres-Rate 3-Jahres-Rate 5-Jahres-Rate
61 51 48
Die Kombination von PTA + Stent verbessert die Ergebnisse um *10%
Tabellen 5.9 und 5.10 stellen die Langzeitergebnisse unterschiedlicher Studien nach Iliaka- und femoropoplitealer PTA vor. Fçr die Entscheidung: isolierte PTA oder PTA mit Stentimplantation sind im iliakalen Bereich von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) Empfehlungen ausgearbeitet worden. Fçr eine Stentimplantation sprechen: ungençgendes Ergebnis der PTA mit Dissektion oder residualem Druckgradient; der komplette A.-iliaca-Verschluss und das Rezidiv nach vorausgegangener PTA. Nach strengen Kriterien hat die FDA fçr den iliakalen Einsatz nur zwei Stents zugelassen. Diese sind: der lange Palmaz 308 Stent (Fa. Cordis) und der Wallstent (Boston Scientific). Eine sehr gute Ûbersichtsarbeit çber iliakale Stents wurde 2003 veræffentlicht (Leung et al. 2003). Entsprechend der Lokalisation kommen zahlreiche rekonstruktive Verfahren in Frage. Ihre Resultate sind stark abhångig von der vor- und nachgeschalteten Gefåûstrecke (Blutzustrom = run in; Blutabstrom = run off), dem Material zum Gefåûersatz, der persænlichen Erfahrung des Chirurgen, dem klinischen Stadium der Gefåûerkrankung und dem Allgemeinzustand des Patienten (Begleitkrankheiten?). Grundsåtzlich sind 3 Verfahren mæglich: n Ausschålplastik (TEA = Thrombendarteriektomie) n Bypass aus kærpereigenem Material (z. B. Beinvene) n Bypass aus Kunststoffen (Dacron oder Teflon) Beispiele sind: n Beckentyp beidseitig: Ûberbrçckung beider Beckenarterien (Y-Prothese) n Beckentyp einseitig: Ûberbrçckung der Beckenarterie (aortofemoraler Bypass) n Oberschenkeltyp: Ausschålplastik bei kurzstreckiger Verånderung (Femoralis-TEA, Profunda-TEA), Ûberbrçckung (femoropoplitealer Bypass) mit Vene (1. Wahl), Nabelschnur-
n
vene (Dardik-Prothese) oder Teflonprothese (PTFE) n Unterschenkeltyp (peripherer oder kruraler Typ): Ûberbrçckung (femorokruraler Bypass) Eine Amputation ist das letzte Mittel bei inoperablen Gefåûverhåltnissen oder weit fortgeschrittener Gewebezerstærung. Die Amputationshæhe bei Gliedmaûen sollte grundsåtzlich so weit peripher wie mæglich gewåhlt werden. Die amputierte Extremitåt soll spåter prothetisch versorgt werden.
n Aortenbifurkationsbypass (Y-Prothese) Je nach Gefåûpathologie werden unterschiedliche Anschlçsse benætigt: n aortobiiliakaler Bypass n aortobifemoraler Bypass n Kombinationen Die Y-Prothese ist bei Stenosen oder Verschlçssen des aortoiliakalen Abschnitts (beidseits) indiziert. Die allgemeine Aufklårung beinhaltet die Mæglichkeit der Wundinfektion sowie der Atemdepression nach Laparotomie. Spezielle Gefahren sind Impotenz (bis zu 20%), Stærung der peripheren Beindurchblutung, Protheseninfektion (Revision, Beinverlust), Ureterkomplikationen (Verletzung, Kompression), Darmverletzung sowie Nierenfunktionsstærung. Der Patient befindet sich in Rçckenlage, beide Arme sind 908 abgespreizt. Der Oberkærper wird abgesenkt, der Tisch etwas nach rechts gekippt. Es werden eine mediane Laparotomie (zwischen Xiphoid und Symphyse) und Leistenschnitte beidseits angelegt (Abb. 5.46).
Abb. 5.46. Aortobifemoraler Zugang
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5 Arterielles System
Zu Beginn des Hautschnitts sollte man sich çber die Gefåûsituation der Leistenarterien im Klaren sein. Sind die hier vorhandenen Anschlussmæglichkeiten fraglich, sollte vor dem Bauchschnitt die betreffende Leistenregion, evtl. im Sinne einer Probefreilegung, exploriert werden. Bei aortobifemoraler Bifurkationsprothese wird die Bauchdecke in der Medianlinie eræffnet und der Dçnndarm nach rechts abgedrångt. Die Inzision des Retroperitoneums erfolgt zwischen Duodenum (etwa 1 Querfinger) und V. mesenterica inferior (wichtig: Erhalt des Peritonealrands zum Dçnndarm fçr den spåteren Verschluss). Die infrarenale Aorta wird zwischen der quer verlaufenden linken Nierenvene und der Bifurkation unter Schonung der A. mesenterica inferior und des Plexus hypogastricus auf der Aortenvorderwand pråpariert. Nach Heparingabe (5000 IE i.v.), Abklemmen der infrarenalen Aorta (z. B. 1708-Klemme) und der distalen Aorta oberhalb der Bifurkation (geschwungene Klemme) meist unter Aussparung der A. mesenterica inferior wird die Bifurkationsprothese (Dacrondoppelvelours) meist 16-8-8 mm (selten 14-7-7 mm bei sehr schlanker Aorta) implantiert und proximal anastomosisiert. Hierzu werden etwa 5 cm der proximalen Aorta långs indiziert. Die Gefåûlichtung wird ausgespçlt und der Einstrom geprçft (kurzes Læsen der proximalen Klemme). Bedarfsweise erfolgt eine lokale Thrombektomie. Die Anastomose wird
durch fortlaufende Seit-zu-End-Naht (Aorta ? Prothese, Prolene 3-0) fixiert. Die distalen Gefåûe werden pråpariert (simultanes Vorgehen fçr die Leisten) und die Prothese wird durchgezogen. Fçr die Leistenanastomose mçssen die Prothesenschenkel streng anatomisch verlagert werden. Hierzu werden die Abgånge beider Iliakalarterien dargestellt (Abschieben des Retroperitoneums) und die Prothesenschenkel ventral der Arterienwand unter digitaler Kontrolle (von aortal und femoral) mit Hilfe einer Kornzange durchgezogen. Die Ureteren werden unterfahren. Dabei besteht das Risiko einer Verletzung der Beckenvene, des Ureters oder einer Darmschlinge! Je nach Gefåûsituation erfolgt die distale Anastomose iliakal, femoral oder profundal. Die Inzision der A. femoralis communis sollte dabei immer bis in die A. femoralis superficialis erfolgen, um den Profundaabgang mit zu beurteilen. Die entsprechende Arterie wird zwischen 1208-Klemmen (femoraler/profundaler Anschluss) bzw. zwischen 1708-Klemmen (iliakaler Anschluss) abgeklemmt. Der Verschluss erfolgt duch fortlaufende End-zu-Seit-Naht (Prothese ? Arterie, Prolene 5-0) (Abb. 5.47). Die 5-JahresOffenheitsrate betråt 90± 95%, die 10-Jahres-Offenheitsrate 80±90%.
n Aortofemoraler Bypass (einseitig) Ein aortofemoraler Bypass ist bei einseitigem Verschluss oder Stenose der Beckenarterienstrombahn (Abb. 5.48) indiziert. Die Aufklårung erfolgt analog der bei Y-Prothese, ebenso Lagerung, Zugang und Technik. Als Implantat kommen 8- oder 10-mm-Rohrprothesen (Dacrondoppelvelours) zum Einsatz. Die erste Anastomose wird proximal mit fortlaufender Seit(Aorta)-zu-End(Prothese)-Naht (Prolene 4-0), die zweite distal, je nach Gefåûsituation als femoraler oder profundaler Anschluss mittels fortlaufender End(Prothese)-zuSeit(Arterie)-Naht (Prolene 5-0) angelegt. Die 5-Jahres-Offenheitsrate betrågt 85%, die 10-Jahres-Offenheitsrate 75% und die 20-Jahres-Offenheitsrate 60%.
n Iliakofemoraler Bypass (einseitig) Abb. 5.47. Implantation einer Y-Prothese (aortobifemorale Position)
Der iliakofemorale Bypass kommt bei einseitiger langstreckiger Stenose oder Verschluss der iliakalen Strombahn zum Einsatz. Auch hier ist
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
Abb. 5.48. Angiographiebefund mit Verschluss der linken Beckenarterien
Abb. 5.49. Zugang zur Iliakalarterie
die Aufklårung jenerer bei Y-Prothese (Potenzstærungen und Darmverletzung sind jedoch unwahrscheinlich) nahezu gleich. Operiert wird in Rçckenlage, vom Operateur etwas weggekippt, es wird ein schråger Unterbauchwechselschnitt mit extraperitonealem Zugang angelegt. Die Hæhe des bogenfærmigen Hautschnitts im Unterbauch richtet sich nach dem Spendergefåû und verlåuft zwischen der 11. Rippe und etwa 2 Querfinger unterhalb und lateral des Nabels. Die Faszien der 3 Muskelschichten (Mm. abdominis externus, internus und transversus) werden entsprechend ihrem Faserverlauf (Wechselschnitttechnik) durchtrennt, der Peritonealsack wird dargestellt. Der M. rectus kann von lateral in seinem vorderen Faszienblatt eræffnet werden, was den Zugang in der Tiefe erleichtert (Abb. 5.49). Nach Abdrången der Baucheingeweide zur Gegenseite, am besten mit 2 Stieltupfern, wird der M. psoas sichtbar. Die innere Bauchdecken-
muskulatur bleibt dabei von einem Fettanteil bedeckt. Die A. iliaca oder die distale Aorta am medialen Psoasrand werden gesucht. Hier kreuzt der Ureter die Arterie und wird nach medial weggehalten. Als Orientierungspunkt zum Auffinden der Gefåûe dient die Aortenbifurkation, die sich in Projektion zum Bauchnabel befindet. Zum Ausgerinnen der 8-mm-Rohrprothese (Dacrondoppelvelours) wird Eigenblut entnommen. Nach systemischer Heparingabe (5000 IE i.v.) wird die entsprechende Gefåûstrecke zwischen 1708Klemmen abgeklemmt, die Iliakalarterie wird ca. 2 cm långs inzidiert, und der Einstrom geprçft. Die proximale Anastomose wird durch fortlaufende Seit(Arterie)-zu-End(Prothese)Naht (Prolene 4-0) fixiert. Nach Freilegen der Leistengefåûe durch senkrechten Schnitt und digitales Tunnelieren (von femoral und abdominal) entlang der Arterienwand mit dem Risiko von Ureter-, Nerven- oder Beckenvenenverletzungen wird die Prothese mit Hilfe der Kornzange zur Leistenwunde durchgezogen. Der entsprechende Arterienabschnitt wird abgeklemmt. Die Långsinzision beginnt meist im Femoralis-communis-Bereich und wird, je nach lokaler Sklerose, nach distal in die A. profunda femoris oder A. femoralis superficialis fortgefçhrt. Der Verschluss der distalen Anastomose erfolgt durch fortlaufende End(Prothese)zu-Seit(Arterie)-Naht (Prolene 5-0, Abb. 5.50).
n Femorofemoraler Querbypass 1953 wurde die Idee zu einem femorofemoralen Bypass (Oudot) erstmals diskutiert, 1962 erstmals durchgefçhrt (Vetto).
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100
n
5 Arterielles System
Abb. 5.50. Einseitiger iliakofemoraler Bypass
Abb. 5.51. Femorofemoraler Bypass
Indikationen sind einseitiger langstreckiger Verschluss oder Stenose der Beckenarterienstrombahn (das Risiko der Potenzstærung bei direktem Vorgehen im aortoiliakalen Bereich flieût in die Indikationsstellung dieses Verfahrens mit ein). Allgemein wird çber das Infektions- (etwa 3%) sowie das Blutungsrisiko, speziell çber das von peripheren arteriellen Durchblutungsstærungen (im Gefolge eines Bypassverschlusses) aufgeklårt. In Rçckenlage wird ein senkrechter Leistenschnitt auf der Seite mit der intakten Beckenstrombahn (Spenderseite) angelegt. Die A. femoralis communis wird dargestellt und nur bei zusåtzlicher AVK der Oberschenkelgefåûe die gesamte Leistenarteriengabelung pråpariert. Das Implantat, die 8-mm-Rohrprothese (Dacrondoppelvelours) wird mit Eigenblut aus der punktierten Arterie vorgeronnen. Nach Heparingabe (5000 IE i.v.) wird die A. femoralis communis proximal (unterhalb des Leistenbands) und distal (knapp oberhalb des Abgangs der A. profunda femoris) mittels 1208-Klemmen abgeklemmt. Bei lokaler Sklerose mçssen nach distal die beiden Oberschenkelarterien unterhalb des Abgangs aus der A. communis geklemmt werden. Ventral wird die Arterie auf etwa 2 cm inzidiert. Nach Prçfen des Bluteinstroms wird mit
Seit(Arterie)-zu-End(Prothese)-Naht(Prolene 5-0) anastomosiert. Abklemmen der Prothese (armiertes Klemmchen) knapp oberhalb der Anastomose, die Durchblutung in das Bein wird freigegeben. An der gegenseitigen Leiste wird die Femoralarteriengabelung freigelegt. Je nach Gefåûpathologie muss bedarfsweise auch ein långeres Segment der A. femoralis superficialis oder, håufiger, der A. profunda femoris pråpariert werden. Zum Durchziehen der Prothese zur Gegenseite wird die Unterbauchfaszie dargestellt und stumpf (Finger) bis zur Mittellinie tunnelliert. Von der Gegenseite aus wird identisch vorgegangen. Die derbe Mittellinie wird mittels Kornzange durchbohrt und die Prothese durchgezogen. Nach Abklemmen der Gefåûgabelung auf der Empfångerseite wird der entsprechende Arterienabschnitt (mindestens 2 cm) inzidiert, bedarfsweise erfolgt eine lokale TEA. Nach Naht der zweiten Anastomose durch End(Prothese)zu-Seit(Arterie)-Naht (Prolene 5-0, Abb. 5.51) werden Drånagen (Redon Nr. 12) in beide Leisten eingelegt. Die 1-Jahres-Offenheitsrate liegt bei etwa 90%, die 5-Jahres-Offenheitsrate bei etwa 85%, die 8-Jahres-Offenheitsrate bei etwa 82%. Die 5-Jahres-Offenheitsrate bei einseitiger iliakaler Rekonstruktion (z. B. durch aortoiliacalen Bypass) betrågt zum Vergleich etwa 75%.
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
n Femoropoplitealer Bypass Der Begriff setzt sich aus femoro = proximale Anastomose am Oberschenkel, meist Leistenarterie, und popliteal = distale Anastomose an der Poplitealarterie, zusammen. Formen sind: n femoropoplitealer Bypass I (distale Anastomose am ersten Poplitealsegment çber dem Kniegelenk) n femoropoplitealer Bypass III (distale Anastomose am dritten Poplitealarteriensegment unterhalb des Kniegelenks = Kniegelenk çberschreitender Bypass) Die erste Implantation wurde 1948 durchgefçhrt (Jean Kunlin, Paris). Die AVK vom Oberschenkeltyp in den Stadien II, III und IV, deren Verschlussmorphologie sich fçr interventionelle Verfahren nicht eignet, stellt die typische Indikation. Allgemein wird çber das Riskio von Infektion und Blutung, speziell çber Saphenusneuralgie als harmlose Nervenschådigung nach Venenentnahme, N.-femoralisSchådigung, Bypassverschluss (Revisionsoperation), Minderdurchblutung durch thrombotischen Verschluss mit Gefåhrdung der peripheren Durchblutung (Amputationsrisiko etwa 2%) aufgeklårt. Operiert wird in Rçckenlage mit angewinkeltem Knie (Unterstçtzung durch Rolle). Grundsåtzlich wird bei AVK-Patienten der Fuû in ein Tuch eingewickelt (kein Handschuh!). Fçr die proximale Anastomose wird ein senkrechter Leistenschnitt; fçr die distale Anastomose ein medialer Hautschnitt in Hæhe des jeweiligen Arterienabschnitts durchgefçhrt. n Femoropoplitealer Bypass I Zur Darstellung der proximalen Poplitealarterie im ersten Segment wird die Haut medial (8±10 cm) am distalen Oberschenkel an der Vorderkante des M. sartorius inzidiert. Die Faszie zwischen M. sartorius (dorsal) und M. vastus medialis (ventral) wird durchtrennt. Darunter befinden sich die distale A. femoralis bzw. das proximale Segment der A. poplitea (Pop. I). Sie wird hier eng vom N. saphenus begleitet. Die V. femoralis liegt hier hinter der Arterie. Etwa parallel zum Oberschenkelknochen verlåuft der M. adductor magnus, der hinter den M. sartorius zieht und dessen distaler Sehnenanteil (Dach des Adduktorenkanals) zur Darstellung des Ûbergangs vom
Abb. 5.52. Oberschenkelbypass zum ersten Poplitealarteriensegment
ersten zum zweiten Poplitealarteriensegment durchtrennt werden muss. Als Implantat ist grundsåtzlich die autologe V. saphena magna vorzuziehen. Alternativ kommen Gefåûprothesen in Frage, wobei die biologische Nabelschnurvene gegençber alloplastischen Materialien (PTFE oder Dacron) deutlich bessere Langzeitergebnisse aufweist. Bei kurzem Oberschenkelbypass (zum ersten Poplitealsegment) kann auch primår ein Dardik-Venenbypass bevorzugt werden. Die fçr den Rezidivfall aufgesparte V. saphena steht (aus Grçnden der besseren Prognose) dann fçr einen Kniegelenk çberschreitenden peripheren Anschluss zur Verfçgung. Nach systemischer Heparingabe (5000 IE i.v.), Abklemmen der Poplitealarterie (1208-Klemmen) und Långsinzision auf 2±3 cm erfolgt die 1. Anastomose (distal) durch fortlaufende Seit-zu-End-Naht (Arterie ? Bypass, Prolene 5-0). Die Klemme wird auf den Bypass umgesetzt, die Gefåûklemmen werden freigegeben. Nach senkrechter Inzision und Freilegen der Leistengefåûe (A. femoralis communis mit ihrer Gabelung) wird die A. femoralis communis isoliert abgeklemmt (bedarfsweise auch beide Oberschenkelarterien einzeln). Die Arterie wird auf 2±3 cm långs inzidiert und der Einstrom geprçft. Der Bypass wird zur Leiste durchgezogen. Die zweite Anastomose (proximal) wird durch fortlaufende Seit-zu-End-Naht (Arterie ? Bypass, Prolene 5-0) (Abb. 5.52, 5.53) vorgenommen. n Femoropoplitealer Bypass III Zur Darstellung der Arterie (distale Poplitealarterie, drittes Segment) wird die Haut des medialen proximalen Unterschenkels bo-
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n
5 Arterielles System
Abb. 5.53. Postoperatives Angiogramm nach Oberschenkelbypass beidseits. Verlauf eines beidseitigen Oberschenkelbypasses mit den distalen Anastomosen (oberhalb des Kniegelenks)
genfærmig inzidiert, parallel zum Verlauf der V. saphena magna (bei zuvor entnommener Vene wird der gleiche Zugang zum Auffinden der Arterie benutzt). Nach Durchtrennen von Subkutis und Wadenmuskelfaszie (medialer Anteil des M. gastrocnemius) wird der selbst haltende Popliteaspreizer eingesetzt. Kranial finden sich die Sehnen des Pes anserinus, die bedarfsweise (meist die distale Sehne des M. semitendinosus, evtl. auch die des M. gracilis) zum besseren Zugang durchtrennt werden mçssen. Zwischen dem ventral gelegenen M. popliteus und dem dorsal gelegenen M. gastrocnemius befinden sich V. und A. poplitea, wobei Letztere zwischen der meist gedoppelten Vene liegt. Ein Anschlingen dieser Gefåûe ist in der Regel nicht erforderlich, zudem bei der Anastomosennaht die Gummizçgel stæren. Arterieninzision und distale Anastomosentechnik sind identisch mit der oben beschriebenen Technik beim femoropoplitealen Bypass I. Als Nahtmaterial dient Prolene 5-0. Die Arterienklemmen werden gelæst und Heparinkochsalzlæsung in den Bypass gegeben (Anastomose dicht? Abfluss nach distal unbehindert oder erschwert?). Danach wird der Bypass mit einer Bulldogklemme abgeklemmt. Zum Durchziehen wird eine Hilfsinzision am medialen, distalen Oberschenkel benætigt. Eine Kornzange wird oberhalb des Kniegelenks durch die Fossa poplitea im anatomischen Gefåûverlauf unter digitaler Fçhrung zum Popliteal-III-Segment vorgeschoben, der Bypass an seinem Ende eingeklemmt und hinter dem Kniegelenk durchgezogen. Die Leis-
Abb. 5.54. Oberschenkelbypass zum dritten Poplitealarteriensegment.
tenarterien werden durch senkrechte Inzision freigelegt. Vor Abklemmen und Arterieninzision sollte der Bypass zur Leistenwunde hochverlagert werden. Hierzu wird eine lange Kornzange von proximal eingefçhrt und bis in den Bereich der Oberschenkelinzision vorgeschoben. Beim Durchziehen ist eine Torsion des Bypasses um seine Långsachse sorgfåltig zu vermeiden (Auffçllen und Lagekontrolle des Bypasses vor dem Klemmen in der Kornzange). Bei voroperierten Patienten und entsprechenden Verwachsungen sollte ein biologischer Bypass (autologe Vene oder Nabelschnurvene) beim Durchzugmanæver in einer groûkalibrigen Drånage (z. B. Thoraxdrånage) gefçhrt und damit geschçtzt werden. So werden Intimaschåden vermieden, die infolge von Gewaltanwendung zu Rissen und einer Bypassthrombosierung fçhren kænnten. Die zweite Anastomose (proximal) wird durch fortlaufende Seit-zu-End-Naht (Arterie ? Bypass, Prolene 5-0) fixiert (Abb. 5.54). Als Zeichen einer allgemeinen und meist fortgeschrittenen Gefåûkrankheit werden die perioperative Sterblichkeit und der Spåtverlauf durch begleitende Herzerkrankungen bestimmt. Offenheitsraten stehen primår in Abhångigkeit zur bestehenden peripheren Verschlusssituation (run off) und dem verwendeten Bypassmaterial. Autologe Vene (V. saphena magna), Nabelschnurvene (Dardik-Bioprothese) und PTFEProthesen stellen unserer Meinung nach in dieser Rangfolge das zu wåhlende Material dar, wobei sicherlich zusåtzliche Aspekte (Aufsparen
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
Tabelle 5.11. Vergleich der Offenheitsraten zwischen femoropoplitealem Bypass I und III bei unterschiedlichem Bypassmaterial Femoropoplitealer Bypass I Vene 1-Jahres-Rate 5-Jahres-Rate 8-Jahres-Rate 10-Jahres-Rate
85% 75% a
Femoropoplitealer Bypass III
PTFE
Dacron
Vene
PTFE
Dardik
60%b 53%
57%
80% 68% 39%
45%c
61%
50%
32%
a
65±80% 54±65% c 31±59% b
Tabelle 5.12. Femoropoplitealer Bypass I, Offenheitsraten nach 6 Jahren, nach Aalders et al. (1992)
PTFE Dardik
Primåre Patency [%]
Sekundåre Patency [%]
38,7 51,4
51,4 76,4
Tabelle 5.13. Offenheitsraten (primåre Patency) bei Klaudikationsindikation, nach Johnson et al. (2000) Nach 1 Jahr [%] A. saphena 88 Dardik 75 PTFE 75
Nach 2 Jahren Nach 5 Jahren [%] [%] 85 74 70
80 56 33
der Vene fçr distale Rekonstruktionen oder einen Koronarbypass) zu berçcksichtigen sind. Rekonstruktive Eingriffe der Beinarterien haben immer nur palliativen Charakter und sind,
Abb. 5.55. Postoperative Offenheitsraten beim Oberschenkelbypass in Abhångigkeit zum verwendeten Bypassmaterial
im Gegensatz zum groûkalibrigen Ersatz im Beckenbereich, mit einer hæheren Versagerquote behaftet. Die Letalitåt liegt bei 0,5±1,5 (30-TageLetalitåt: 3,5%), Ûberlebensraten betragen: 5-Jahres-Rate: 65%, 8-Jahres-Rate: 52% und 10-Jahres-Rate: 41%. Offenheitsraten werden als so genannte primåre oder sekundåre Patency-Rate angegeben (Tabellen 5.11±5.13). Primåre Patency bedeutet Offenbleiben des Bypasses ohne weitere Maûnahmen wie z. B. Reoperation oder Thrombolyse, sekundåre Patency Offenbleiben nach zusåtzlicher Intervention (Reeingriffe wie Bypassrevision, Thrombektomie). Die Ûberlegenheit biologischer Implantate (autologe Vene, Nabelschnurvene) gegençber Kunststoffen (PTFE, Dacron) bezçglich postoperativer Offenheitsraten beim Oberschenkelbypass zum ersten Poplitealarteriensegment zeigt Abbildung 5.55. Fçr eine primåre Verwendung der V. saphena besteht ein einheitlicher Konsens. Als 2. Wahl werden neben biologischen Materialien v. a. Kunststoffprothesen (PTFE) eingesetzt. Dies ist vor dem Hin-
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104
n
5 Arterielles System
tergrund zahlreicher Studien nicht verståndlich, die eine eindeutige Ûberlegenheit der Bioprothesen belegen. Mit der menschlichen Umbilikalvene (Nabelschnurvene nach Dardik) steht eine Prothese zur Verfçgung, deren Offenheitsraten im Langzeitverlauf denjenigen von PTFEProthesen eindeutig çberlegen sind. Als problematisch ist lediglich die Frçhverschlussrate beim Dardik-Bypass anzusehen, die beim PTFEBypass seltener ist. Zur Vermeidung dieser Komplikation sollten intraoperativ: der Bypass gut gespçlt (Auswaschen der Glutaraldehydlæsung in 1 l NaCl-Læsung mit 50 000 IE Heparin fçr 10±15 min), mit Heparinlæsung (30 000 IE) aufgefçllt und keine Gewalt beim Durchziehen der Prothese angewendet werden.
n Femorokruraler Bypass (Unterschenkelbypass) Der femorokrurale Bypass wird angelegt als: n Anteriorbypass (distale Anastomose zur A. tibialis anterior) n Posteriorbypass (distale Anastomose zur A. tibialis posterior) n Fibularisbypass (distale Anastomose zur A. fibularis = A. peronea) Die rekonstruktive Chirurgie im Bereich der Unterschenkelarterien ist bei fortgeschrittener Gefåûerkrankung oft der letzte Weg, um die Extremitåt zu erhalten. Wegen der anspruchsvollen anatomischen Verhåltnisse (Zugang, Gefåûkaliber) stellt sie eine spezielle Herausforderung an den Chirurgen dar und sollte dementsprechend nur vom erfahrenen Operateur durchgefçhrt werden. Eine angiographisch dokumentierte AVK ist obligat, wobei der Nachweis eines Anschlusses der Unterschenkelarterien an den Arcus plantaris die Erfolgsaussichten (Bypassoffenheitsrate) auf långere Sicht deutlich steigert. Bei insgesamt reduzierten Offenheitsraten çber långere Zeitråume ist die Indikation zur kruralen Gefåûchirurgie sehr streng zu stellen: In Stadium II (Claudicatio intermittens) besteht nur eine relative, in den Stadien III oder IV (Ruheschmerzen oder Nekrose) eine absolute Indikation. Die Aufklårung erfolgt analog der beim Oberschenkelbypass. Inzision und Zugang zum ersten Drittel der A. tibialis posterior sind identisch wie zur A. poplitea im dritten Segment. Nach Darstellen
Abb. 5.56. Unterschenkelbypass zur A. tibialis posterior Tabelle 5.14. Postoperative Offenheitsrate beim Unterschenkelbypass Vene [%] 6-Jahres-Rate 10-Jahres-Rate 42
PTFE [%]
Dardikvene [%]
24
30±35
der Poplitealarterie werden nach distal der Abgang zur A. tibialis anterior, dann der Ûbergang zum Truncus tibiofibularis pråpariert. Um die Aufteilung in die beiden Unterschenkelarterien (A. fibularis und A. tibialis posterior) darzustellen, muss der M. soleus von seinem Ansatz an der Tibiahinterseite scharf durchtrennt werden (in mehreren Portionen mittels Elektrokauter), wobei sorgfåltig auf die begleitenden tiefen Unterschenkelvenen zu achten ist. Nach Abklemmen der Arterie, meist mit Bulldogklemmchen, und Arterieninzision von 1,5±2 cm erfolgt die erste Anastomose (distal) mit fortlaufender Seit-zu-End-Naht (Arterie ? Bypass, Prolene 6-0). Nach senkrechter Inzision werden die Leistengefåûe (A. femoralis communis mit ihrer Gabelung) freigelegt, der Bypass wird zur Leiste durchgezogen (wie beim femoropoplitealen Bypass III beschrieben). Es folgt die zweite Anastomose (proximal) mit fortlaufender Seit-zu-End-Naht (Arterie ? Bypass, Prolene 5-0) (Abb. 5.56). Die postoperativen Offenheitsraten sind in Tabelle 5.14 zusammengestellt.
5.2.8 Popliteaaneurysma Popliteale Aneurysmen sind çberwiegend mit einer peripheren AVK assoziiert und werden deshalb hier besprochen. Ihre Ursache, ebenso
5.2 Arterielle Verschlusskrankheit
n
wie die der pAVK, ist in einer degenerativen Arterienerkrankung, im Zusammenhang zum atherogenen Risikoprofil, zu sehen. Die primår asymptomatische und damit oft unerkannte Erkrankung demaskiert sich håufig erstmalig mit dem Auftreten von Klaudikationsbeschwerden. Diese sind als Zeichen einer spontanen Thrombosierung und damit Verschlussprozesses im Aneurysma zu interpretieren.
n Epidemiologie Popliteaaneurysmen sind meist Ausdruck einer polyaneurysmatischen Erkrankung der Arterien zu sehen. Sie treten in etwa 45% bilateral auf und sind in 20±40% mit einem abdominalen Aneurysma vergesellschaftet. Dagegen kommen lediglich 1±2% der abdominalen Aneurysmen in Kombination mit Poplitea-Aneurysmen vor. Die Rupturhåufigkeit poplitealer Aneurysmen liegt bei etwa 5%.
n Symptomatik Solange das Lumen perfundiert wird, bleiben reine Aneurysmen der peripheren Arterien asymptomatisch. Oft ist ein sehr gut tastbarer Popliteapuls aufgrund der Erweiterung ein erstes Zeichen, das an ein Aneurysma denken lassen soll. Kommt es lokal zum thrombotischen Verschluss, treten typische Beschwerden im Sinne einer Claudicatio intermittens mit Gehstreckenminderung auf. Eine periphere Embolisation mit Verlegung der kleinen Gefåûe ist mit hohem Verlustrisiko von Zehen, des ganzen Fuûes oder sogar des Unterschenkels verbunden.
n Diagnostik Bei Verdacht auf ein Aneurysma ist die Duplexsonographie der Poplitealregion ausreichend. Sie sollte immer im Vergleich zur Gegenseite, einschlieûlich der abdominalen Aorta, erfolgen. Hierbei kann zu Form, Querdurchmesser und Thrombusausdehnung Stellung bezogen werden. Die Angiographie dient der Operationsplanung und wird eher zur Beurteilung der vor- und nachgeschalteten arteriellen Gefåûstrecke (als zur eigentlichen Aneurysmadiagnose) benætigt (Abb. 5.57).
Abb. 5.57. DSA eines beidseitigen Popliteaaneurysmas. Rechts besteht ein Popliteaverschluss, links ist das Lumen noch perfundiert. Aufgrund wandståndiger Thromben ist die aneurysmatische Erweiterung im Angiogramm (hier linksseitig) oft nicht sehr eindrucksvoll zu erkennen. Es bestehen zusåtzlich peripher Stenosierungen der Unterschenkelgefåûe
n Therapie Die Therapie richtet sich nach folgenden Gesichtspunkten. n Thrombosierte Aneurysmen mit entsprechender Klinik werden entsprechend den Kriterien wie bei pAVK behandelt. n Groûe Aneurysmen, d. h. çber 2 cm Durchmesser, sollten im Hinblick auf eine drohende Komplikation (Risiko peripherer Embolien oder Ruptur) ausgeschaltet werden. n Auch asymptomatische Aneurysmen sollten im Sinne einer Embolieprophylaxe saniert werden. Die chirurgische Therapie beinhaltet eine Resektion des Aneurysmas, Ûbernåhung der Arterienstçmpfe und Ersatzes der Gefåûstrecke mittels Bypass. Dieser erfolgt in Rçckenlage des Patienten als femoropoplitealer oder femorokruraler Bypass mit autologer V. saphena magna bzw. Nabelschnurvene (Dardik-Bioprothese). Der mediale Zugang erlaubt die einfache Entnahme der
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n
5 Arterielles System
V. saphena, Ausschaltung des Aneurysmas und den gewohnten Zugang zur proximalen und distalen Arterienstrecke. Ein dorsaler Zugang in Bauchlage ist bei streng popliteal lokalisiertem Aneurysma, ohne begleitende AVK der vor- und nachgeschalteten Arterien, mæglich und wird wie ein Bauchaortenaneurysma (BAA) durch ein kurzes Interponat ausgeschaltet.
5.3
Arterielle Embolie
Im Gegensatz zur arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) tritt bei der Embolie ein schlagartiger Gefåûverschluss auf, ohne dass vorher Durchblutungsstærungen bestanden haben. Die plætzliche Mangeldurchblutung (Ischåmie) fçhrt zu einer eindrucksvollen Symptomatik und kann unbehandelt den Verlust einer Extremitåt zur Folge haben. Verantwortlich fçr den dramatischen Verlauf ist die fehlende kollaterale Blutversorgung, die im Fall einer chronischen Arteriosklerose fçr eine meist noch ausreichende Durchblutung unterhalb eines Gefåûverschlusses sorgt. Arterielle Embolie bedeutet also die Verschleppung eines Blutgerinnsels, das prinzipiell in jeder Arterie stecken bleiben kann, die seinem Durchmesser gerade entspricht. Zugrunde liegen meist kardiale (etwa 90%) Ursachen. Es kann aber auch zur Ausschwemmung von Gerinnseln aus einem vorgeschalteten Aneurysma ± Aortenaneurysma (Darm- oder Beinperipherie), Poplitealaneurysma (Beinperipherie) sowie Subklaviaaneurysma (Armperipherie) ± kommen.
Abb. 5.58. Pråoperatives Angiogramm mit embolischem Verschluss der distalen A. femoralis superficialis rechts, fçr Embolie sprechen der glatte Gefåûabbruch in Verschlusshæhe und die fehlenden Kollateralen distal des Verschlusses (Kollateralbildung weist eher auf chronischen Verschlussprozess bei AVK hin)
5.3.1 Diagnose Klinisch imponieren die Zeichen nach Pratt: n Akut einsetzender, oft sehr starker Schmerz (pain) n Blasswerden der Haut (paleness) n Verlust des Pulses (pulselessness) n Neurologische Stærungen (Missempfindungen bis zur Låhmung) (paralysis) n Kåltegefçhl n evtl. Schock (prostration) Sie sind diagnostisch entscheidend. Eine Angiographie ist nur im Zweifelsfall notwendig (Abb. 5.58). Tabelle 5.15 gibt einen Ûberblick çber die Differenzialdiagnose.
Tabelle 5.15. Differenzialdiagnose der arteriellen Embolie Arterielle Embolie
Arterielle Thrombose
n Anamnese
Herzerkrankungen (Rhythmusstærungen, Myokardinfarkt) Aortenaneurysma
arterielle Verschlusskrankheit
n Zeitfaktor
immer akut
akut bis subakut
n Pulse n Angiographie
distal fehlend Gegenseite oft normal meist isolierter Befund
distal fehlend, Gegenseite oft krank (AVK) meist komplexer Befund
5.3 Arterielle Embolie
5.3.2 Therapie Das Gerinnsel wird mit Hilfe eines speziellen Ballonkatheters (Fogarty-Katheter) operativ entfernt (Embolektomie).
n Transfemorale Embolektomie 1964 erfolgte die erste Embolektomie mittels Katheter (nach Fogarty). Die transfemorale Embolektomie ist bei akuter bis subakuter arterieller Embolie indiziert (auch nach mehreren Tagen bis zu 3 Wochen kann erfolgreich embolektomiert werden!). Allgemein wird çber das Riskio einer Blutung bzw. Infektion, speziell çber Nervenlåsionen ± sensible (håufig) oder motorische (selten) Stærungen ± Lymphfisteln (Punktionen; evtl. Revisionsoperation) sowie Durchblutungsstærungen der peripheren Arterien aufgeklårt. Der Patient wird in Rçckenlage auf dem vom Operateur etwas weggekippten Tisch gelagert. Der senkrechte Leistenschnitt (etwa 8±10 cm) wird 1/3 oberhalb und 2/3 unterhalb der Leistenbeuge angesetzt. Bei zu distalem Schnitt ist die Femoralarteriengabelung (oft nur knapp unterhalb des Leistenbands gelegen) schwieriger darzustellen. Die Leistengefåûe werden sparsam pråpariert, es sollten nur die zum Abklemmen benætigten Strecken dargestellt werden (keine anatomische Pråparierkunsttechnik). A. femoralis communis und A. femoralis superficialis werden anhand des Kalibersprungs zum distalen Gefåû identifiziert. Die A. profunda femoris geht fast immer nach lateral und oft direkt dorsal in einem sehr spitzen Winkel aus der Gefåûgabelung ab und sollte nicht mit der ebenfalls nach lateral und eher rechtwinklig abgehenden
Abb. 5.59. Schematische Darstellung der Embolektomie
n
A. circumflexa femoris verwechselt werden. Diejenigen 3 Gefåûe (A. communis, A. profunda, A. superficialis), die auch sondiert werden, werden angezçgelt (Gummizçgel = vessel loops), systemisch werden 5000 IE Heparin i.v. gegeben. Die Gefåûgabelung wird abgeklemmt (1208-Klemmen, Bulldogklemmen), wobei oft auch eine groûe nach dorsal entspringende Arterie mitabgeklemmt werden muss. Die A. femoralis communis wird kurz quer inzidiert (oberhalb ihrer Aufzweigung). Anschlieûend erfolgt die Embolektomie (Abb. 5.59, 5.60): Zunåchst wird der Fogarty-Katheter (meist rot) in die A. femoralis superficialis bis zum ersten Stopp eingefçhrt, der Ballon aufgeblåht und zurçckgezogen. Das Manæver wird so oft wiederholt, bis die maximale Eindringtiefe (Unterschenkel-/Knæchelbereich) erreicht wurde und sich keine Gerinnsel (Abb. 5.61) mehr færdern lassen. Bei zusåtzlicher Gefåûsklerose der Oberschenkeletage darf nicht unter Gewalt nach distal vorgegangen werden. Anschlieûend wird in die A. profunda femoris
Abb. 5.60. Intraoperatives Bild der Embolektomie
Abb. 5.61. Ausbeute nach erfolgreicher Embolektomie
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5 Arterielles System
eingegangen, die sich nach erfolgreicher Embolektomie fast immer bis 23 cm verfolgen låsst. In die Beckenetage wird eingegangen, bis ein spritzender Einstrom erzielt wird. Die Inzision wird durch quere Nahtreihe (Prolene 5-0 oder 6-0) verschlossen, eine Drånage (Redon Nr. 12) eingelegt und nach proximal und lateral ausgeleitet (Wunddrånage am tiefsten Punkt). Wird bei der Embolektomie ein Gewebezylinder gefærdert, besteht der dringende Verdacht auf eine Intimalåsion und damit das Risiko eines Rezidivverschlusses. Wenn mæglich, sollte die distale Gefåûsituation durch eine intraoperative Angiographie abgeklårt werden. Je nach Befund mçsste dann eine Bypassanlage erfolgen (z. B. femoropoplitealer oder femorokruraler Bypass). Bei einem seit mehreren Tagen bestehenden Verschluss und erfolgreicher Embolektomie muss mit einem Kompartmentsyndrom des betreffenden Beins gerechnet werden. Dann sind eine entsprechende postoperative Beobachtung, ggf. Fasziotomie durchzufçhren. Bei weiter bestehender Emboliequelle (Abklårung evtl. kardialer Ursachen) ist mit Wiederholung des Ereignisses zu rechnen. Tritt eine Reembolie auf, kann die Embolektomie nochmals durchgefçhrt werden. Prophylaktisch ist danach eine dauerhafte Blutverdçnnung mit Marcumar erforderlich.
5.4
Aneurysma und Dissektion
im Spontanverlauf, der Indikation zur Operation und der operativen Technik differenziert betrachtet werden mçssen. n Das Aortenaneurysma ist eine mehr oder weniger lokal begrenzte Erweiterung aller Wandschichten (echtes Aneurysma). n Unter einer Aortendissektion versteht man die Einblutung in die Wandschichten nach Einriss der Intima (teils auch Media) mit Ausbildung eines falschen Lumens (in der Regel ohne Erweiterung) und meist ausgedehntem langstreckigem Befund nach distal. Man unterscheidet die akute mit Frçhverlauf innerhalb der ersten zwei Wochen nach Auftreten der Dissektion und die chronische Form mit Spåtverlauf ab der dritten Woche. Im weiteren Verlauf kommt es håufig zu einer Thrombosierung des falschen Lumens ohne echte Verheilung mit Erhalt der Dissektionsmembran. Eine spåtere sekundåre Erweiterung ist mæglich. Ursachen kænnen sein (Abb. 5.62): n Arteriosklerose (degenerative Gefåûwandprozesse, meist bei ålteren Menschen) n Infektionen (mykotisches Aneurysma, wobei hier alle bakteriellen Infektionen der Aortenwand einbezogen werden) n zystische Medianekrose (Dissektion bei Marfan-Syndrom) n Trauma (Dissektion nach Dezelerationstrauma mit Intimaverletzung) n Dissektionen ausgehend von einem Wandhåmatom (intramurales Håmatom) ohne vorausgegangenes Trauma
5.4.1 Thorakale Aorta Wåhrend Aneurysmen oft einen isolierten Anteil der Aorta betreffen (z. B. Aorta ascendens, Aortenbogen oder Aorta descendens), ist bei der Dissektion meist mit langstreckigem Befall zu rechnen (z. B. komplette thorakale und abdominale Aorta). Im Spåtverlauf nach Dissektion entwickelt sich in etwa 20% entweder ein lokalisiertes oder auch ausgedehntes Aneurysma (thorakoabdominales Aortenaneurysma). Aortenaneurysma und Aortendissektion sind lebensbedrohliche Erkrankungen der Aorta, die fast nie gemeinsam auftreten, da sie sich åtiologisch deutlich unterscheiden. Somit handelt es sich um zwei unterschiedliche Erkrankungen, die bezçglich des akuten Risikos, der Prognose
Abb. 5.62. Entwicklung der Dissektion mit falschem und wahrem Lumen, a normale Gefåûverhåltnisse, b Entstehung des Intimaeinrisses, c Ausbildung der Dissektion mit falschem Lumen
5.4 Aneurysma und Dissektion
n
Abb. 5.63. Einteilung der thorakoabdominalen Aneurysmen nach Crawford
Abb. 5.64. Klassifikation der Aortendissektion nach Stanford (Shumway) und DeBakey
Sowohl bei Dissektion als auch Aneurysma trågt der Hypertonus als isolierter oder begleitender Risikofaktor entscheidend zum Fortschreiten von Erkrankung und Ruptur bei. Etwa 80% aller Patienten mit Dissektion sind Hypertoniker! Das echte Aneurysma wird nach seiner Lokalisation benannt (z. B. Aneurysma des Aortenbogens, der Aorta ascendens). Eine Ausnahme bilden die thorakoabdominalen Formen, die nach Crawford klassifiziert werden (Abb. 5.63). Die Dissektion wird nach dem Ort des proximalen Intimarisses, der Ausdehnung und der Lokalisation in der Aorta in zwei (StanfordKlassifikation nach Shumway) bzw. in drei Typen (nach DeBakey) unterteilt (Abb. 5.64) (Tabelle 5.16). Die gebråuchliche Stanford-Klassifikation unterscheidet: n Typ A: Die Aorta ascendens ist immer betroffen, unabhångig von der Ausdehnung nach distal; die Dissektion beginnt meist oberhalb der Aortenklappe (doppelt so håufig wie Typ B). n Typ B: Die Aorta ascendens ist nie betroffen; die Dissektion beginnt immer in der Aorta descendens unterhalb des Abgangs der linken A. subclavia; die Ausdehnung nach distal ist unbestimmt. Entry bedeutet proximaler Intimariss (singulårer Befund) mit Eintritt des Bluts in die Wand-
Tabelle. 5.16. Einteilung der Aortendissektion nach Typen DeBakey
Stanford
Lokalisation
n Typ I
Typ A
n Typ II n Typ III
Typ A Typ B
Aorta ascendens (nach distal unbestimmt) isolierte Aorta ascendens Aorta descendens (nach distal unbestimmt)
Tabelle 5.17. Einteilung der Aortendissektion nach Zeitverlauf und Komplikation Klassifikation
Typ A
n Zeitfaktor
akut
Typ B chronisch
n Komplikation mit/ohne mit/ohne
akut
chronisch
mit/ohne mit/ohne
schichten und Bildung des ¹falschen Lumensª; Reentry bedeutet distaler Intimariss (oft mehrere) mit Eintritt des Bluts vom falschen zum ¹wahren Lumenª. In Tabelle 5.17 ist die Aortendissektion nach ihrem Zeitverlauf und den auftretenden Komplikationen eingeteilt. Von einer akuten Aortendissektion spricht man wåhrend der ersten zwei Wochen. Danach handelt es sich um eine chronische Aortendissketion. Die Differenzierung
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5 Arterielles System
nach Komplikationen berçcksichtigt, ob zusåtzlich Organe beteiligt sind oder die Durchblutung der Beine gestært ist. Das echte Aneurysma betrifft mit einer Håufigkeit von: n 25% die Aorta ascendens n 25% den Aortenbogen (zur Hålfte Aorta ascendens mitbetroffen) n 50% die Aorta descendens davon haben 25% zusåtzlich ein abdominales Aortenaneurysma, 10% liegen als thorakoabdominale Form vor Bei der Dissektion betreffen n 70% die Aorta ascendens und distal (Typ A) n 10% den Aortenbogen und distal n 20% die Aorta descendens und distal (Typ B) n 0,5±1% die abdominale Aorta isoliert Postmortal wird eine Dissektion auf 431 Autopsien diagnostiziert. Die Pråvalenz betrågt 10±20 Fålle auf 1 Mio. Einwohner.
Je nach Ausdehnung nach distal sind Extremitåten- und Organarterien-Komplikationen infolge Lumenverlegung mæglich: n Typ A: kardiales Versagen durch Aortenklappeninsuffizienz, Perikardtamponade oder Koronarinsuffizienz; zerebrale Insuffizienz durch Lumenobstruktion der Aortenbogenarterien n Typ B: neuromuskulåres Defizit (Rçckenmarkarterien Th8-L2; Paraplegierate 2%), Niereninsuffizienz oder Ischåmie der Beine Ein diagnostischer Goldstandard existiert nicht. Je nach Dringlichkeit und technischer Ausstattung kommen die nachfolgend genannten Verfahren einzeln oder in Kombination in Frage: n Ræntgenthoraxaufnahme (obligat) zur Diagnose einer Mediastinumsverbreiterung (Abb. 5.65) und zum Nachweis eines Pleuraergusses/Håmatothorax (Abb. 5.66) n Angiographie zur Bestimmung der Ausdehnung und zum Nachweis der Intimamembran (Abb. 5.67, 5.68)
n Klinik und Diagnose Beim echten Aneurysma (Symptomverlauf langsam; meist asymptomatisch; oft Zufallsbefund bei Ræntgenthoraxuntersuchungen) sind je nach Lokalisation und Græûe, Druck und Kompression benachbarter Strukturen besonders bei Expansion mæglich. Sie åuûern sich als n thorakale Rçckenschmerzen (Druck auf Wirbelkærper bei Descendensaneurysma) n Heiserkeit (Recurrensparese bei Bogen- oder proximalem Descendensaneurysma) n Schluckstærungen (Dysphagie infolge Úsophaguskompression) n Aortenklappeninsuffizienz (Anuloektasie bei Ascendensaneurysma)
Abb. 5.65. Groûes Descendensaneurysma (Pfeil)
Bei Ruptur besteht eine akute Symptomatik mit Thoraxschmerz, evtl. Håmatothorax und Kreislaufversagen. Bei einer Dissektion (Symptomverlauf plætzlich) setzen akut oft messerstichartig empfundene Schmerzen mit oder ohne Kreislaufversagen ein: n Typ A: stechender/ziehender Schmerz mit Ausstrahlung nach vorne in die Halsweichteile n Typ B: akuter Schmerz zwischen den Schulterblåttern evtl. zum linken Arm
Abb. 5.66. Aneurysmaruptur mit Håmatothorax links
5.4 Aneurysma und Dissektion
n CT-Untersuchung (obligat) zur Bestimmung von Durchmesser, Dissektionsmembran, und Ausdehnung des Aneurysmas (Abb. 5.69).
Abb. 5.67. DSA-Befund eines groûen Ascendensaneurysmas
wahres Lumen
Abb. 5.68. DSA-Befund einer Descendensdissektion
Abb. 5.69. Befund einer Aortendissektion (Typ A bzw. Typ I: Darstellung des Aortenbogens mit Dissektionsmembran), Pfeile Dissektionsmembran
n
n Transæsophageale Echokardiographie (fakultativ) zur Lokalisation der Dissektion, zum Nachweis einer Aortenklappeninsuffizienz und eines Perikardergusses n Herzkatheter (fakultativ) zum Nachweis einer Aortenklappeninsuffizienz, einer Koronarinsuffizienz sowie eines Valsalva-Aneurysmas Ein echtes Aneurysma der Aorta ascendens weist eine Mortalitåt von 50±60% innerhalb von 3,5 Jahren und 80% innerhalb von 5 Jahren auf; etwa 2 Jahre nach Diagnosestellung ist mit einer Ruptur zu rechnen! Ist der Bogen der Aorta betroffen, liegt die Mortalitåt bei 50±80% innerhalb von 5 Jahren, bei thorakoabdominalem Aneurysma bei 70±80% innerhalb von 2 Jahren. Eine Dissektion Typ A geht mit einer 27%igen Mortalitåt innerhalb von 24 h; 60%-igen Mortalitåt innerhalb von 1 Woche; 90%-igen Mortalitåt innerhalb von 1±3 Monaten einher. Beim Typ B betragen die Ûberlebensraten 100% in 24 h; 80±90% wåhrend der Hospitalzeit unter medikamentæser Therapie (2±4 Wochen) und 76% nach 5 Jahren.
n Allgemeines zur Therapie 1956 wurde die Aorta ascendens erstmals erfolgreich ersetzt (beim Aneurysma) unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (Cooley, DeBakey). Wåhrend das Aneurysma infolge drohender Ruptur græûenabhångig immer eine Operationsindikation darstellt, kann bei der Dissektion, je nach Lokalisation, auch eine konservative Therapie berechtigt sein. Der betreffende Aortenabschnitt wird dann ersetzt. Ein echtes Aneurysma (Aorta ascendens, Bogen, Aorta descendens) liegt vor bei einem Durchmesser çber 6 cm bzw. doppeltem Durchmesser im Vergleich zu nicht betroffenen Aorta, symptomatischen Patienten sowie rasch zunehmender Græûe. Die Typ-A-Dissektion ist eine absolute Operationsindikation, da die akute Ascendensdissektion nur wenig Ûberlebenschancen im Spontanverlauf aufweist! Es kænnen 3 schwer wiegende Komplikationen auftreten, von denen jede fçr sich tædlich sein kann (innerhalb der ersten 24 h sterben etwa 1%/h): akute Aortenklappeninsuffizienz, akute Perikardruptur und -tamponade sowie akute Koronarinsuffizienz. Bei Typ B besteht eine Operationsindikation, so bald Komplikationen eintreten bzw. drohen,
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n
5 Arterielles System
wie Ruptur, persistierender Thoraxschmerz, groûer Durchmesser (çber 6±7 cm) mit therapieresistentem Bluthochdruck, Viszeralarterienkomplikationen sowie Ischåmie der Beine. Bei akuter, unkomplizierter Typ-B-Dissektion ist die konservative Therapie mit arterieller Blutdruckmessung, Sedierung, evtl. Analgesie und EKG-Ûberwachung indiziert. Im chronischen Stadium ist die Therapie mit Betablockern, normotensiver Blutdruckeinstellung und Ræntgenthoraxbzw. CT-Kontrollen erforderlich. Alternativ zur Chirurgie werden im Descendensbereich (bei Aneurysma und Typ-B-Dissektion) endoluminale Stentprothesen mit guten Frçhergebnissen eingesetzt. Je nach Lokalisation des zu ersetzenden Aortenanteils kænnen spezifische Komplikationen perioperativ auftreten: n Aorta ascendens: intraoperativer Myokardinfarkt (Beeintråchtigung der Koronarostien) n Aortenbogen: zerebrale Funktionsstærungen bis zu Hirninsult und Halbseitenlåhmung (Beeintråchtigung der Hirn versorgenden Gefåûabgånge) n Aorta descendens: Paraplegie [Verlust der Rçckenmarkdurchblutung im deszendierenden Aortensegment; Håufigkeit: 8±30% vgl. Hollier et al. (1992) und Svenson et al. (1994)], Niereninsuffizienz, Leber-Darm-Insuffizienz (Abklemmschaden mit Minderperfusion), Heiserkeit und Motilitåtsstærungen des Magens (Verletzung von N. recurrens und N. vagus am distalen Aortenbogen).
Grundsåtzlich kann in den nachgeschalteten Organen, distal des abgeklemmten Aortenanteils, ein ischåmischer Gewebeschaden mit entsprechenden Funktionseinbuûen auftreten.
n Echtes Aneurysma: Aorta-ascendens-Ersatz In Rçckenlage wird median sternotomiert. Bei groûem Aneurysma (Abb. 5.70) sollte die arterielle Kançlierung çber die A. femoralis bereits vorher erfolgen. Die Leistenarterie wird freigelegt, und 20 000 IE Heparin (i.a. oder i.v.) appliziert. Nach Einfçhren der arteriellen Kançle (Durchmesser 7,5 mm; entsprechend 20±22 F) çber die quer eræffnete A. femoralis communis werden das Perikard långs eræffnet und eine Tabaksbeutelnaht çber dem rechten Vorhofohr angelegt. Die venæse Kançle (2-Stufen-Kançle; Durchmesser: 36 F; Konnektoren: 1/2-1/2 Zoll) wird durch den Vorhof in die untere Hohlvene eingefçhrt, die Herz-Lungen-Maschine (HLM) wird angeschlossen. Es wird auf extrakorporale Zirkulation (EKZ) umgeschaltet und die Hypothermie (28±32 8C) eingeleitet. Nach Klemmen der distalen Aorta ascendens wird eine Långsinzision çber dem Aneurysma durchgefçhrt. Im hypothermen, kardioplegischen Herzstillstand wird eine gewebte Dacronprothese (24±30 mm Durchmesser, meist 26 mm, z. B. Dacron Hemashield) mit proximal und distal fortlaufender End-zu-End-Anastomose (Prolene 3-0) interponiert (Abb. 5.71, 5.72).
Abb. 5.70. Groûes Ascendensaneurysma, a Darstellung in der DSA mit Blick auf den erheblich vergræûerten Aortendurchmesser, b Operationsbild mit nach kaudal abgedrångtem Herz (H)
5.4 Aneurysma und Dissektion
Abb. 5.71. Schema des isolierten Ersatzes der A. ascendens
Abb. 5.73. Klassische Operation nach Bentall
Abb. 5.72. Operationsbild nach Ersatz der A. ascendens
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5 Arterielles System
Abb. 5.74. Modifizierte Bentall-Operation Abb. 5.75. Schema des kombinierten Ersatzes der A. ascendens und des Aortenbogens
Bei Anuloektasie der Klappenbasis kommen folgende Verfahren in Betracht: n Ersatz der Aortenklappe und Aorta ascendens mittels klappentragender Prothese (Composite graft) und Reimplantation der koronaren Ostien in die Prothese (Operation nach Bentall, Abb. 5.73, 5.74). Bei der klassischen BentallOP werden die Koronarostien aus der Aortenwand herausgeschnitten. Nach Resektion der Klappensegel wird die kçnstliche Aortenklappe (mit samt der anhångenden Prothese) in çblicher Technik des Aortenklappenersatzes implantiert. 2 separate seitliche Læcher in der Prothese dienen der Reimplantation der Koronararterien in die Prothese. Problematisch kænne Blutungen entlang der koronaren Anastomose in die Prothese sein, die erst nach Abgehen von der Herz-Lungenmaschine auffallen und die technisch schwer zu çbernåhen sind. Aus diesem Grund haben wir die klassische Benfall-Operation modifziert und New-Bentall genannt. Hierbei wird die Aortenwand suprakoronar quer durchtrennt, ohne Isolieren der Koronarostien. Nach Implantation der Aortenklappe werden die Koronarostien seitlich in die Prothese implantiert ohne sie zu isolieren. Anschlieûend wird der freie Rand der durchtrennten Aortenwand (suprakoronar) seitlich mit der Prothese zirkulår vernåht. Der so geschaffene Totraum zwischen Aortenbasis und Aortenwand fçhrt bei Leckage der koronarostialen Anastomosen zur Tamponade. Das technisch sehr aufwåndige Abdichten eventueller Leckagen an den Anastomosen der Koronarostien in die Prothese entfållt.
n Rekonstruktion der Aortenklappe (Operation nach David oder Yacoub, Operationstechnik s. unter Aorta-ascendens-Dissektion S. 117).
n Aortenbogenersatz bei Aneurysma Der Eingriff erfolgt in Rçckenlage çber mediane Sternotomie. Die HLM wird çber A. femoralis und rechten Vorhof (2-Stufen-Kançle) angeschlossen, proximale Aorta descendens und A. subclavia werden abgeklemmt und çber dem Aneurysma wird bei hypothermem (28 8C Rektaltemperatur) kardioplegischen Herzstillstand långs inzidiert. Zusåtzlich erfolgt eine isolierte Kopfarterienperfusion [Kançlieren des Truncus brachiocephalicus und der linken A. carotis communis, Kançlen: Durchmesser 7,5 cm; Konnektor (Y-Stçck) 3/8-3/8-3/8]. Eine ergånzende Maûnahme zur Hirnprotektion stellt das Anlegen einer Eiskappe auf den Kopf dar. Als Interponat dient eine gewebte Dacronprothese (24±28 mm Durchmesser z. B. Hemashield-Prothese oder woven Cooley veri soft). Die Anastomosen erfolgen in der Nahtreihenfolge Aorta descendens (End-zu-End), Kopfarterien (Seit-zu-End) und Aorta ascendens (End-zu-End) in fortlaufender Nahttechnik (Prolene 3-0) (Abb. 5.75).
n Aorta-descendens-Ersatz bei Aneurysma Abbildung 5.76 zeigt die Angiographie eines proximalen Descendensaneurysmas.
5.4 Aneurysma und Dissektion
n
Abb. 5.76. Proximales Aneurysma an der A. descendens in der Angiographie (DSA-Technik)
Die Aorta descendens wird abgeklemmt (proximal und distal je nach Befundausdehnung, jedoch so sparsam wie mæglich). Als Interponat dient eine Rohrprothese mit 22±28 mm Durchmesser (meist 24 mm) aus Dacron (doppelvelours gewebt; z. B. Hemashield-Prothese oder woven Cooley veri soft). Proximal und distal wird fortlaufend End-zu-End-anastomosiert (Prolene 3-0) (Abb. 5.77).
n Thorakoabdominaler Aortenersatz bei Aneurysma
Abb. 5.77. Schema des Ersatzes der A. descendens
Die Operation erfolgt in Rechtsseitenlagerung (908) des Thorax, Schråglagerung (458) des Beckens als anteroaxillare Thorakotomie links (bei isoliertem proximalem Aneurysma); sonst als posterolaterale Thorakotomie links (Bett der 5. Rippe). Eventuell ist eine Doppelthorakotomie erforderlich. Der Einsatz der HLM ist zur Durchblutung der unteren Kærperhålfte (Viszeralorgane, distale Rçckenmarkarterien) erforderlich. Wird sie als Linksherzbypass eingesetzt, erfolgt der Anschluss çber die A. femoralis und das linke Vorhofohr beim Einsatz als femorofemoraler Bypass çber A. und V. femoralis (als partielle EKZ bei schlagendem Herzen, Blutdruck nicht < 100 mmHg).
Der thorakoabdominale Aortenersatz stellt eine Herausforderung fçr Patient, Anåsthesist und Chirurg dar. Er wird nach Crawford in vier verschiedene Typen eingeteilt: Typ I Aorta descendens bis zum Truncus Typ II komplette Aorta descendens und Abdominalaorta Typ III distale Aorta descendens und Abdominalaorta Typ IV komplette Abdominalaorta Je nach Aneurysmaausdehnung handelt es sich um komplexe Operationen, die in mehreren Schritten verlaufen und spezielle Perfusionstechniken zur Organprotektion erfordern. Pråoperativ intubiert der Anåsthesist mit Doppellumentubus zur einseitigen Beatmung. Zudem legt er eine Liquordrånage (lumbal 3±4) zur kontrollierten perioperativen Drucksenkung im Liquorraum. Wir verwenden derzeit einen Periduralkatheter, der im Spinalraum platziert wird. Der Liquordruck wird um 10 mmHg ge-
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n
5 Arterielles System
Abb. 5.78. Verlauf der Hautinzisionen
halten. Der Katheter wird zwischen dem 3. und 5. postoperativen Tag entfernt. Zur intra- und postoperativen Schmerztherapie dient ein zusåtzlicher thorakaler Periduralkatheter (thorakal 6±8). Ûber ihn werden nach folgendem Schema appliziert: intraoperativ Naropin 0,75%, postoperativ je 6±8 ml/h an Naropin 0,2±0,3% und Sufenta 0,5±1 lg/ml. Mit Operationsende wird die Naropingabe fçr etwa 12 h unterbrochen, um die Motorik der Beine sicher beurteilen zu kænnen. Kontraindikationen fçr das Legen der beschriebenen Katheter sind: Notfalleingriff mit håmodynamisch instabilem Kreislauf, Systeminfektionen und Gerinnungsstærungen. Operiert wird in Rechtsseitenlage des Thorax (908, linker Arm çber dem Kopf), das Becken ist etwa 458 (Kançlierung linke Leiste) gekippt. Die Tischhalterungen fçr das Spreizhaltesystem (z. B. Oktopussystem, Fa. Martin) wird links und rechts in Hæhe des Beckens, rechts in Hæhe der Mamille angebracht. Mit der abdominothorakalen Hautinzision wird links paraumbilikal begonnen, sie wird schråg gegen den Rippenbogen, dem Verlauf einer Rippe folgend weitergefçhrt. Die Wahl des zu eræffnenden Interkostalraums hångt von der Ausdehnung des Aneurysmas ab. Das ausgedehnteste thorakoabdominale Aortenaneurysma (TAAA) (Typ Crawford II) erfordert eine hohe proximale Anastomose und demzufolge eine thorakale Inzision im Bett der 5. Rippe (Inzision 1). Fçr die mehr distal gelegenen TAAATypen wird der Thorax im Bett der 7. oder 8. Rippe eræffnet (Inzisionen 2 und 3, Abb. 5.78). Im abdominalen Anteil werden der linke Rektusmuskel quer sowie sein distales Faszienblatt
Abb. 5.79. Technik von Walterbusch, Perfusion des Rçckenmarks (Interkostalarterien), selektive Organperfusion bei thorakoabdominalem Aortenersatz
durchtrennt. Darunter gelangt man auf den Peritonealsack. Dieser wird in Långsrichtung v. a. nach kaudal pråpariert. Die Bauchwandmuskulatur liegt dabei nicht frei. Nach Eræffnen der Pleura und Durchtrennen des Rippenbogens wird das Zwerchfell etwa 2 cm von seinem Ansatzrand zirkulår der Thoraxwand bis zur Aorta folgend abgetrennt. Alternativ kann eine Inzision des Zwerchfells in Hæhe des Aortendurchtritts erfolgen. Durch Hochhalten der Viszeralorgane ± linke Niere und Milz liegen ventral ± erhålt man einen guten Ûberblick der thorakoabdominalen Aorta. Hinweis: Bei zu weit lateralem Vorgehen im abdominalen Teil geråt man leicht zwischen die Schichten der Bauchwandmuskulatur und wird die Aorta nicht erreichen, da diese medial wirbelsåulennah verlåuft. Die Ischåmiezeit der Viszeralorgane betrågt 45±60 min! Organprotektive Maûnahmen unter Einsatz der extrakorporalen Zirkulation kænnen mittels direkter Perfusionstechnik der entsprechenden Gefåûostien (Nierenarterien, Darmarterien) durchgefçhrt werden. Die Durchblutung
5.4 Aneurysma und Dissektion
des Rçckenmarks hat oberste Prioritåt und sollte innerhalb einer Frist von maximal 30 min wiederhergestellt sein. Da diese Zeit bei herkæmmlicher Technik praktisch immer çberschritten wird, schwanken die Angaben zur Paraplegierate in der Literatur erheblich. Seit 2000 haben wir in unserer Klinik das Vorgehen geåndert, indem wir den Aortenersatz mit dem Anschluss der Interkostalarterien beginnen (Abb. 5.79, Technik nach Walterbusch), wozu eine spezielle Gefåûprothese (Långe 50 cm, Fa. Boston Scientific) entsprechender Græûe (meist 24 oder 26 mm) mit zusåtzlich integriertem Seitenarm (10 mm Durchmesser) im mittleren Anteil verwendet wird. (In der Anfangsphase haben wir eine handelsçbliche Dacronprothese, an der der Seitenarm aufgenåht wurde, benutzt.) An Medikamenten werden 5000±10 000 IE (i.v.) Heparin und 250 ml (i.v.) Osmofundin vor dem Abklemmen der Aorta descendens und der infrarenalen Bauchaorta gegeben. Nach Långsinzision çber dem Aneurysma werden die Organperfusionen etabliert: Ûber eine Zentrifugalpumpe der HLM wird mittels einer mehrarmigen Leitung die Viszeraldurchblutung hergestellt (Truncus coeliacus, A. mesenterica superior, Aa. renales). Die rçckblutenden Interkostalarterien, die nicht in die Rçckenmarkanastomose einbezogen werden (proximale Aorta descendens), werden çbernåht, das Interponat erfolgt mittels Dacronprothese meist mit 24 mm Durchmesser (22±26 mm, woven Hemashield-Prothese). Zunåchst erfolgt die Rçckenmarkanastomose: Der Interkostalarterien tragende Abschnitt [v. a. Interkostalarterien mit groûem Lumen oder sonst 2±4 Paare in Hæhe des Zwerchfells, Region der A. radicularis magna (etwa Th 10±L 1)], wird in die Anastomose zwischen dorsaler Aortenwand und Prothese (Seit-zu-Seit) einbezogen (fortlaufend 3-0-Prolenefaden, doppelt armiert). Hierzu wird ein seitliches Loch in die Prothese, etwa gegençber dem Seitenarm, geschnitten. Nach Fertigstellung wird çber den Seitenarm eine weitere Perfusionskançle eingebunden und die Prothese proximal und distal der Anastomose abgeklemmt. Die Versorgung des Rçckenmarks kann nach unserer Erfahrung auf diese Weise innerhalb von 20±30 min hergestellt werden. Die zweite Anastomose ist die zur proximalen Aorta descendens (End-zu-End), die dritte die Viszeralanastomose: Viszeralarterien (Truncus coeliacus, A. mesenterica superior, A. renalis rechts) werden meist als gemeinsame Anastomose eines entsprechend ausgeschnittenen Wandanteils
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(Seit-zu-Seit) angelegt. Die vierte Anastomose betrifft die linke Niere (End-zu-Seit); gelegentlich wird hier ein kurzes Interponat (6 mm Dacron oder PTFE) zwischen Nierenarterie und Prothese erforderlich. Die fçnfte Anastomose betrifft die infrarenale Aorta (End-zu-End). Der nicht mehr benætigte Seitenarm wird abgangsnah durchtrennt und çbernåht. Alternative Techniken in tiefer Hypothermie unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine sind heute nicht mehr gebråuchlich. Intraoperativ werden 30±80 ml Spinalflçssigkeit entsprechend der Schwerkraft dråniert. Wåhrend des Eingriffs und weitere 3 Tage postoperativ wird der Druck um 10 mmHg gehalten. Die Operationsletalitåt (30 Tage) betrågt 8% bei Elektiveingriffen und 17±50% bei alten Patienten (75 Jahre und ålter). Das Problem der postoperativen Paraparese und Paraplegie ist nach wie vor sehr ernst zu nehmen. Mit groûer Streubreite betrågt deren Håufigkeit bis zu 30%. In der neuen Literatur wird die Kombination aus Liquordrucksenkung, Einsatz einer distalen Perfusion (Linksherzbypass) und einer milden Hypothermie (348C) als wesentliche protektive intraoperative Maûnahmen zur Reduktion neurologischer Ereignisse gesehen. Unter dieser Strategie wird die neurologische Komplikationsrate mit etwa 10% angegeben. Empfehlungen zum einheitlichen chirurgischen Vorgehen auf evidenzbasierter Studienlage existieren bislang nicht. Eine Ûbersichtsstudie mit Schwerpunkt Liquordrucksenkung ist im Jahr 2000 publiziert worden (Ling 2000). Aus unserer Sicht hat die primåre Versorgung des Rçckenmarks bei der chirurgischen Vorgehensweise absoluten Vorrang. Die Kombination aus den genannten Maûnahmen und der von uns eingesetzten Operationstechnik (temporåre Rçckenmarkperfusion çber den Prothesenseitenarm) fçhrte zu einem drastischen Abfall der postoperativen neurologischen Komplikationsrate in unserem eigenen Krankengut. Jåhrliche Kontrollen (CT Thorax und Abdomen) sind lebenslang erforderlich.
n Aorta-ascendens-Ersatz bei Typ-A-Dissektion Abbildung 5.80 zeigt ein Operationsbild bei Aorta-ascendens-Dissektion.
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Abb. 5.80. Operationsbild bei A.-ascendens-Dissektion
Der Eingriff erfolgt in Rçckenlage bei medianer Sternotomie. Die Pulmonalarterie wird von der Aorta zirkulår freipråpariert. Die HLM wird çber A. femoralis und rechten Vorhof angeschlossen. Der arterielle Druck wird çber die femoralarterielle Kançle vor dem Anfahren der EKZ gemessen. Er sollte mit dem Druck aus der oberen Kærperhålfte (meist A. radialis) çbereinstimmen. Besteht eine deutliche Druckdifferenz, bedeutet dies eine Mangeldurchblutung von Kopf und Eingeweiden wåhrend der EKZ-Zeit (dissektionsbedingte Beeintråchtigung des retrograden Blutflusses). In diesem Fall muss çber eine græûere zentrale Arterie die arterielle Linie zum Patienten etabliert werden. Hierzu wird die A. axillaris (infraklavikular, lateral) freigelegt
und kançliert. Die Kançlengræûe entspricht der einer Femoralkançle. Nach Abklemmen der distalen Aorta ascendens erfolgt die Långsinzision zwischen Aortenklemme und Aortenbasis (Abb. 5.81). Die Aortenklappe (Klappeninsuffizienz?) und Koronarostien werden inspiziert und der hypotherme (28±30 8C) kardioplegische Herzstillstand (direkte Gabe von Kardioplegielæsung in die Koronarostien) eingeleitet. Als Interponat verwenden wir eine gewebte Dacronprothese (26 oder 28 mm Durchmesser, Dacron Hemashield). Die Aortenwand sollte stabilisiert werden, obligat durch Verwenden von Teflonfilzstreifen (intra- und extraluminale Position); die fortlaufend mittels 4-0-Prolenenaht (doppelt armiert) genåht werden, fakultativ durch Verwenden des GRF (Gelatine-Resorcin-Formaldehyd)Klebers, der nach Absaugen von Thromben zwischen die Dissektionswånde eingebracht wird. Das Verwenden des Klebers trågt zwar zur Stabilisierung der Gefåûwand bei, verhindert aber nicht das Fortschreiten der Dissektion im Spåtverlauf (Redissektion der Klappenbasis). Als Prophylaxe der spåten Aortenklappeninsuffizienz, wie zunåchst vermutet, kann der Kleber nicht angesehen werden. Toxische Wandschåden kænnten ebenfalls ihren Beitrag fçr die spåte Aortenklappeninsuffizienz leisten. Die proximale und distale Anastomose werden auf die stabilisierte Aortenwand in fortlaufender Technik (End-zu-End; Prolene 3-0 oder 4-0) genåht. Zur Vermeidung spåterer Sinus-ValsalvaAneurysmen sollte beim jçngeren Patienten mit Marfan-Syndrom eine Rekonstruktion der Aortenbasis (Operationen nach David, Yacoub und Modifikationen) angestrebt werden. Die hier be-
rechter Ventrikel Aortenwand mit Media und Adventitia Blick auf die Aortenklappe Intima als abgelæste, flottierende Membran rechter Vorhof (mit venæser Kançle)
Abb. 5.81. Operationsbild mit Sicht in die eræffnete Aorta
5.4 Aneurysma und Dissektion
Abb. 5.82. Operationssitus nach Ausschneiden der Aorta ascendens, des Sinus und der koronaren Ostien
schriebene Technik ist auch bei der Rekonstruktion eines echten Aneurysmas gçltig. Die Operation erfolgt unter den Bedingungen des kardiopulmonalen Bypasses im hypothermen, kardioplegischen Herzstillstand (25±28 8C). Nach Ausschneiden des Aortensinus und Isolierung der Koronarostien wird der prothetische Ersatz dieser Region durchgefçhrt. Bei Erwachsenen sollte der Prothesendurchmesser nicht kleiner als 24 mm sein, um den Auswurfwiderstand des linken Ventrikels nicht unnætig zu vergræûern. n Bei der Operation nach Yacoub (Technik des Remodelling der Aortenwurzel) wird die Prothese dreisegelig zurecht geschnitten, wobei die herznahe (proximale) Anastomosennaht (Prolene 4-0) bogenfærmig bis nahe an den Klappenansatzrand genåht wird. Die Klappensegel selbst werden nicht veråndert (Abb. 5.82). n Bei der Operation nach David (Technik der Reimplantation der Klappe) werden ebenso wie bei der Technik nach Yacoub alle 3 Sinus exzidiert und die Koronarostien isoliert. Eine kurze Prothese wird von auûen çber die Aortenklappe gestçlpt und mittels zirkulårer Naht im Bereich der Klappenbasis auûen fixiert (4-0-Prolene), ohne dass die Prothese dreizipfelig zurechtgeschnitten wird (Unterschied zu Yacoub). Im zweiten Teil wird die Klappe (Reimplantation) von innen an die Prothese, ihrem anulåren Verlauf mitsamt den Kommis-
n
Abb. 5.83. Rekonstruktion nach Yacoub (Remodelling), Ersatz der A. ascendens mit Replantation der Koronararterienostien
suren folgend, angenåht (4-0- Prolene, doppelt armiert, 3 Fåden). Diese Naht ist bezçglich ihrer Dichtigkeit von entscheidender Bedeutung. Im nåchsten Schritt werden die Koronarostien in 2 entsprechende Seitenlæcher der Prothese fortlaufend anastomosiert (5-0-Prolene, doppelt armiert, Abb. 5.83). Eine zweite, gleich groûe Prothese wird proximal (prothesioprothesial) und distal (prothesioaortal) mittels 3-0-Prolenenaht im Sinne des Ascendensersatzes eingenåht. Hinweis: Um das Abknicken der Koronargefåûe zu verhindern, kænnen die ostialen Anastomosen auch zuletzt (nach erfolgtem Ascendensersatz) durchgefçhrt werden, da die Prothese dann in ihrer Långe fixiert ist. Der anulåre Durchmesser kann durch Auswahl der Prothesengræûe beeinflusst werden. Zur Græûenbestimmung wird (nach David) der freie Rand aller 3 Klappensegel ausgemessen, addiert und durch 3 geteilt. Abzçglich 10% (anatomisch bedingte Græûenverhåltnisse der Aortenbasis) ergibt sich so der benætigte Prothesendurchmesser. Bedarfsweise erfolgt der Aortenklappenersatz mittels Composite graft (Dacronprothese mit integrierter Aortenklappe) und Replantation der Koronarostien in die Prothese (Bentall-OP). Als problematisch sind die Anastomosen der Koronarostien zur Prothese zu betrachten. Dies gilt fçr alle genannten Operationstechniken. Treten nach Beenden der EKZ hier Anastomosenblutungen auf (v. a. an der Hin-
119
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n
5 Arterielles System
terwand der linkskoronaren Anastomose), ist ihre Ûbernåhung aus anatomischen Grçnden praktisch unmæglich. Wenn das Abdichten nicht gelingt, muss unter erneuten EKZ-Bedingungen revidiert werden. Die Technik nach David ist insbesondere bei anuloektatischer Aortenbasis, eine BentallOperation bei Aneurysmen der Aortenbasis (zwiebelfærmiges Valsalva-Aneurysma) geeignet. Bei Notwendigkeit des simultanen Bogenersatzes mçssen Maûnahmen zur Hirnprotektion erfolgen. Als problematisch kann die Kançlierung der Bogengefåûe zum Bogenersatz bei Dissektion sein. Die Gefåûwand ist oft mit betroffen und damit instabil. Prinzipiell wird wie zum Ascendensersatz begonnen: Die EKZ (arteriell ? femoral, venæs ? Vorhof, 2-Stufen-Kançle) wird etabliert und die distale Aorta ascendens abgeklemmet. Nach Långsinzision wird direkt Kardioplegielæsung in die Koronarostien appliziert. Setzt sich der Intimariss (Entry) bis çber die Klemmgrenze in den Bogen fort, sollte dieser inspiziert und ersetzt werden. Hier sind prinzipiell 3 Techniken zur Hirnprotektion mæglich. n Bei der antegraden Kopfperfusion (bestes Verfahren) werden die Kopfgefåûe (Truncus brachiocephalicus und linke A. carotis communis) angezçgelt und kançliert (Kançle entspricht der femoralarteriellen Kançle). Danach wird die Kopfperfusion çber eine getrennte EKZ-Pumpe (Zentrifugalpumpe) mit einer Flussrate von etwa 1 l/min begonnen. n Bei Vorgehen mit hypothermem Kreislaufstillstand wird die EKZ nach Erreichen einer tiefen Hypothermie von 18 8C gestoppt und der Bogen, ohne weitere Gefåûe abklemmen zu mçssen, eræffnet. Fçr die Naht der Anastomosen ist ein Kreislaufstillstand der Hirnperfusion von etwa 40 min tolerabel. n Bei der Technik der retrograden Kopfperfusion (Verfahren, das in den 90er Jahren stark favorisiert wurde) wird die obere Hohlvene angeschlungen, es wird eine Tabaksbeutelnaht am Ûbergang Hohlvene zu Vorhof (Prolene 4-0) angelegt. Eine gewinkelte Kançle wird in die obere Hohlvene eingefçhrt und mit Tourniquet angezçgelt. Der benætigte arterielle Fluss zur Kopfperfusion erfolgt unter Verwendung der femoral-arteriellen Schlauchleitung. Dazu wird die Perfusion çber die Leistenarterienkançle durch Abklemmen und Durchtrennen der arteriell-femoralen Leitung
unterbrochen (fehlende Notwendigkeit der çbrigen Organperfusion bei tiefer Hypothermie). Die obere Hohlvenenkançle wird mit der femoralen Leitung verbunden (Konnektor: 3/8-3/8) und die Kopfperfusion angefahren (Flussrate: 500 ml/min). Nach Freigabe der distalen Aorta-ascendens-Klemme (das Abklemmen der Bogenarterien und der Aorta descendens ist nicht erforderlich) und Eræffnen des Aortenbogens wird die distale Anastomose (zum Bogen bzw. zur Aorta descendens) in offener Technik (fehlende Rçckblutung aus der Aorta descendens infolge Kreislaufstillstands) genåht. Auch hier mçssen zwecks Stabilisierung der Aortenwand (evtl. unter separatem Einbezug der Kopfarterienabgånge) die Anastomosenrånder mittels Teflonfilzstreifen verstårkt werden. Nach Klemmen der Prothese, Beenden der Kopfperfusion und Umsetzen der arteriellen Leitung von der oberen Hohlvenenkançle zurçck auf die Leistenarterienkançle wird die systemische arterielle Kærperperfusion via Femoralarterie angefahren, die obere Hohlvenenkançle entfernt und die Tabaksbeutelnaht abgedichtet.
n Aorta-descendens-Ersatz bei Typ-B-Dissektion Abbildung 5.84 zeigt eine Aorta-descendensDissektion im DSA-Bild. Die Operation erfolgt in Rechtsseitenlagerung (908) des Thorax und
Abb. 5.84. A.-descendens-Dissektion im DSA-Bild
5.4 Aneurysma und Dissektion
Schråglagerung (etwa 458) des Beckens. Beim kompletten Descendensersatz wird eine klassische posterolaterale Thorakotomie im Bett der 5. Rippe vorgenommen. Beim proximalen Descendensersatz ist die anteroaxillare Thorakotomie links angezeigt (Vorteil dieses Zugangs ist die Nåhe zu Bogen und proximaler Aorta descendens). Als Perfusionstechniken kommen in Frage: Einsatz des Linksherzbypass (partielle EKZ) mit Anschluss çber A. femoralis und linkes Vorhofohr oder Einsatz des femorofemoralen Bypass (ebenfalls partielle EKZ) mit Anschluss çber A. und V. femoralis; beide Techniken bei schlagendem Herzen. Beim Linksherzbypass werden fçr den linken Vorhof Kançlen mit einem Durchmesser von 28 F; Konnektor: 3/8-3/8, alternativ beim Kançlieren fçr die Lungenvene
n
(abgewinkelte Kançle, Durchmesser: 22 F; Konnektor: 3/8-1/2) verwendet. Routinemåûig sollte die Tabaksbeutelnaht am linken Herzohr mit unterlegten Filzstreifen gestochen werden. Beim femorofemoralen Bypass werden folgende Kançlen benætigt: arteriell femoral (Durchmesser: 7,5 mm; Konnektor: 3/8-3/8), venæs femoral (Durchmesser: 28 F; Konnektor: 1/2-1/2). Nach Abklemmen der Aorta descendens und Långsaortotomie wird eine gewebte Dacronprothese (24±28 mm Durchmesser, HemashieldProthese) benætigt. Proximal und distal wird auf die stabilisierte Aortenwand (Verwenden von Filzstreifen) in fortlaufender Naht (End-zu-End; Prolene 3-0) anastomosiert. Tabelle 5.18 gibt einen Ûberblick çber Operationsletalitåt und Langzeitergebnisse bei Dissektion.
Tabelle 5.18. Ergebnisse bei Aortenaneurysma und Aortendissektion in Abhångigkeit vom Umfang des Eingriffs und der Notfallsituation (Ruptur) Operationsletalitåt [%] Echtes Aneurysma n Aorta-ascendens-Ersatz Bogenersatz a ± kombiniert mit Aorta-ascendens-Ersatz n Aorta-descendens-Ersatz b thorakoabdominaler Aortenersatz c n im Notfall d
5±10 10 15 5±10 20 (elektiv) > 40
Dissektion n akute Typ-A-Dissektion isolierter A.-ascendens-Ersatz 15±25 kombinierter Eingriff (Ascendens, Klappenersatz, 15±25 Koronarreplantation) medikamentæse Therapie Letalitåt > 80 n chronische Typ-A-Dissektion (Indikation bei aneurysmatischer Erweiterung çber 7 cm) der Aorta ascendens und/oder Aortenklappeninsuffizienz n akute Typ-B-Dissektion unkomplizierte Form: Aorta-descendens-Ersatz medikamentæse Therapie komplizierte Form (Organmalperfusion) Aorta-descendens-Ersatz medikamentæse Therapie a
Hirninsultrisiko 5±25% Paraplegierate 5±20%; Nierenversagen 5±10% c Paraplegierate 5±20% d Mastroroberto et al. (1999), Harris (2000) b
8
bis 20 bis 20 Letalitåt bis 10 47 Letalitåt bei 70
5-Jahres-Ûberlebensrate 10-Jahres-Ûberlebensrate [%] [%] 65±75 54 60 60
40 38
*75
*60
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n
5 Arterielles System
Fçr alle Formen der thorakalen und thorakoabdominalen Aortenerkrankungen gelten folgende Grundsåtze: n Operationen der thorakalen Aorta mit prothetischem Gefåûersatz bedçrfen postoperativ keiner spezifischen Medikamente. Ein thrombotischer Verschluss derart groûkalibriger Prothesen kommt nicht vor. Daher sind Antikoagulanzien (Marcumar) oder Thrombozytenaggregationshemmer (ASS) nicht indiziert. Antibiotika werden nur im Sinne einer perioperativen Prophylaxe gegeben. Nur bei långerer Notwendigkeit einer Pleuradrånage des Operationsgebiets ist die Weiterfçhrung der Antibiotikatherapie indiziert. n Als Operationsfolge sind Aneurysmen der Nahtstellen (Anastomosenaneurysma) mæglich, aber selten. Des Weiteren kænnen die nicht operierten Aortenanteile sich ebenfalls aneurysmatisch veråndern und zu erneuten Komplikationen fçhren. n Die Nachsorge gilt deshalb einer genauen Græûenkontrolle: Bei der Entlassung, 3 Monate, 6 Monate sowie 1 Jahr nach der Operation wird der Thorax geræntgt, 6 Monate und 1 Jahr postoperativ findet zudem eine CT-Untersuchung des Thorax statt. Weitere Ræntgen- und CT-Thoraxuntersuchungen folgen dann in jåhrlichen Abstånden. Bei erneuter Symptomatik (Thorax-, Rçckenschmerzen) sind eine sofortige Angiographie und CTKontrolle indiziert! n Eine aneurysmatische Erweiterung der thorakalen, nicht operierten Aorta çber 7 cm ist fast immer eine erneute Operationsindikation (Ausnahme: fortgeschrittenes Alter). Nach Operationen bei Dissektion (unabhångig vom Typ) betrågt die 5-Jahres-Ûberlebensrate ca. 75%, die 10-Jahres-Ûberlebensrate ca. 60%.
n Alternative Techniken mit endoluminalen Stentprothesen Im Bereich der descendierenden Aorta kommen heute auch endovaskulåre Techniken zum Einsatz, wobei so genannte Stentprothesen (stent grafts) çber einen femoralen Zugang eingebracht und platziert werden. Im geraden Verlauf der Aorta descendens ist hier beim Aneurysma, aber auch bei der Dissektion eine endoluminale Korrektur mit wenig invasivem Aufwand mæglich und durch ermutigende intermediåre Ergebnisse belegt.
Abb. 5.85. Aorta-descendens-Aneurysma im mittleren Anteil (a), nach Ausschalten durch Stentprothese (b)
Als ideale Indikationen sind alle kurzstreckigen Erkrankungen der Aorta descendens anzusehen: umschriebenes Aneurysma (Abb. 5.85), intramurales Håmatom, traumatische Aortenruptur (Abb. 5.86) und Typ-B-Dissektion mit lokalisiertem Entry (Abb. 5.87 bis 5.90). Wåhrend die ersten 3 genannten Indikationen unbestritten einen groûen Behandlungsvorteil erbracht haben, ist das endoluminale Vorgehen bei Dissektion nicht unumstritten. In der Akutphase (erste 2 Wochen) ist die Aortenwand vulnerabel und damit perforationsgefåhrdet. Prothesen mit freien Verankerungsanteilen (so genannten bare springs) der ersten Generation sollten nicht mehr verwendet werden. Als Indikation zur Stentimplantation einer akuten TypB-Dissektion kænnen der medikamentæs nicht einstellbare erhæhte Blutdruck und eine persis-
5.4 Aneurysma und Dissektion
n
Abb. 5.86. Traumatische Ruptur der Aorta descendens (Kreis)
Abb. 5.88. a DSA einer Typ-B-Dissektion nach Implantation einer Stentprothese, im Schema: b durchflossenes und c thrombosiertes Lumen
Abb. 5.87. Angiographische (a) und schematische (b) Darstellung der Typ-B-Dissektion
tierende bzw. wieder auftretende klinische Schmerzsymptomatik (Rçcken±Bauch) angesehen werden. Die Idee ist, das Entry mæglichst frçhzeitig zu verschlieûen und somit eine Thrombosierung des falschen Lumens herbeizufçhren. Dies kænnte im weiteren Verlauf zu stabilen Wandverhåltnissen beitragen und so einer spåten aneurysmatischen Ausweitung entgegen wirken. Im Verlauf der chronischen Dissektion sind oft beide Lumina perfundiert. Der Verschluss des falschen Lumens nach Stentimplantation kann zur Mangeldurchblutung derjenigen Organe fçhren, die aus dem falschen Lumen heraus versorgt wurden. Die Diagnose erfolgt durch Spiral-CT (4-mmSchicht) und Angiographie mit Messkatheter. Folgende Voraussetzungen sollten gegeben sein: Die proximale Verankerungszone (landing zone) mit noch gesunder Aortenwand sollte
Abb. 5.89. a DSA einer Typ-B-Dissektion, b DSA nach Stentprothesenimplantation
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n
5 Arterielles System
Abb. 5.91. Infrarenales Aortenaneurysma
Abb. 5.90. Problemzone Reentry
nach Mæglichkeit im Descendensbereich liegen. Proximaler und distaler maximaler Aortendurchmesser (CT-Messung) mçssen an die Prothese angepasst sein; ein gewisses Ûberdimensionieren (oversizing) des Prothesendurchmessers ist zur stabilen Verankerung erforderlich. Bei der Dissektion wird ein Oversizing von etwa 10%, beim Aneurysma von 15±20% des Aortendurchmessers empfohlen. Ûberstenten der A. subclavia ist mæglich, ggf. muss ein extrathorakaler karotidosubklavialer Bypass zur Wiederherstellung der Armdurchblutung implantiert werden. Bei Aneurysmen kænnen 2 oder 3 Stentprothesen erforderlich werden. Distal muss die Prothese oberhalb der Viszeralarterienabgånge enden (distale landing zone). Hier gelten die gleichen Bedingungen bezçglich der Aortenund Prothesengræûe. Durch das Ausschalten von Aneurysmen der distalen Aorta descendens und in Zwerchfellniveau kann es zu Stærungen der Rçckenmarkdurchblutung kommen. Ebenso wie beim offenen chirurgischen Vorgehen sind langstreckige Implantate dieser Region mit neurologischen Komplikationen (Paraparese, Paraplegie) verbunden. Fçr das Einbringen einer Stentprothese ist der Durchmesser der zufçhrenden Leisten/Becken-Arterie einzubeziehen. Dieser muss mindestens 8 mm betragen (femoral bzw. iliakal). Hochgradige Stenosen oder Verschlçsse der Beckenarterien stellen, zumindest fçr den femoralen Zugang, eine Kontraindikation dar. Alternativ kann bei geeigneter
Abb. 5.92. Infrarenales und biiliakales Aortenaneurysma
Gefåûanatomie auch der Zugang çber die Aa. brachialis oder axillaris erfolgen. Es erscheint sinnvoll, das Entry und damit den schwåchsten Teil der Erkrankung proximal zu verschlieûen. Problematisch bleiben evtl. vorhandene distale Verbindungen zwischen wahrem und falschen Lumen (Reentry), die weiterhin den Blutfluss im falschen Lumen unterhalten (Abb. 5.90). Derzeit verwenden wir fçr die thorakale Aorta Stentprothesen der Firma Medtronic (Typ Talent, Valiant) sowie Prothesen der Firma W. L. Gore (Typ TAG = thoracic aortic graft).
5.4.2 Abdominale Aorta Håufig sind Erweiterungen der Bauchaorta unterhalb der Nierenarterien = infrarenales Aortenaneurysma (Abb. 5.91, 5.92) oder mit Befall der Beckenarterien = iliakales Aneurysma (meist kombiniert mit Bauchaortenaneurysma). Selten sind Erweiterungen der Bauchaorta oberhalb der Nierenarterien = suprarenales Aortenaneurysma, oder in Hæhe der Nierenarte-
5.4 Aneurysma und Dissektion
Abb. 5.93. Physikalische Parameter der Aneurysmaruptur, T Wandspannung, p Gefåûinnendruck (Blutdruck), r Radius, d Wanddicke
rien =juxtarenales Aortenaneurysma (meist kombiniert mit supra- und infrarenalem Anteil). Statistische Analysen der Mayo-Klinik zeigen steigende Inzidenzzahlen. In den 3 Dekaden von 1951±1980 erhæhte sich die Zahl diagnostizierter Aneurysmen von 12,2 auf 36,2%/100 000 Einwohner. Nach der Todesursachenstatistik (USA 1988) starben etwa 15 000 Menschen an den Folgen eines Bauchaortenaneurysmas. Im gleichen Jahr wurden 40 000 Operationen bei Bauchaortenaneurysma durchgefçhrt. Die Håufigkeit bei çber 65-jåhrigen Månnern betrågt 2±4% (çber 4 cm Durchmesser). Ursåchlich sind Atherosklerose (håufigste Ursache) in etwa 95%, genetische Faktoren mit biochemischen Verånderungen an der Wandmatrix (Matrix Metalloproteinasen = MMP) ± sie gewinnen in der Forschung zunehmende Bedeutung ± arterielle Hypertonie (meist begleitend) und Nikotinkonsum (fçhrt zur Aktivierung der Elastase). Infolge vermehrten Bindegewebeabbaus wird die Aortenwand geschwåcht. Unter den abdominellen Aortenaneurysmen dominiert eindeutig die infrarenale Lokalisation.
Abb. 5.94. Entwicklung eines Bauchaortenaneurysmas. a beginnende aneurysmatische Erweiterung, b Wirbelbildung, c Entstehung wandståndiger Thromben mit zentralem Restlumen
n
Fçr diese Prådisposition werden verschiedene Ursachen diskutiert: das Flussverhalten (Reflexion der Pulswellen an der Bifurkation), Strukturverånderungen der Medialamellen und Wandischåmien. Histologisch findet man eine Zerstærung der Aortenwand mit deutlich vermindertem Elastinanteil. Physikalische Grundlage der Entstehung eines Aneurysmas ist das Gesetz nach Laplace (franzæsischer Mathematiker) (Abb. 5.93): Tp
r : 2d
Ein Bauchaortenaneurysma entwickelt sich çber eine beginnende aneurysmatische Erweiterung der infrarenalen Aorta, Wirbelbildungen im Aneurysma und schlieûlich der Bildung wandståndiger Thromben als Folge eines gestærten Blutflusses mit zentralem Restlumen (Abb. 5.94). Der Spontanverlauf wird von der Ruptur limitiert. Deren Risiko wird durch die Aneurysmagræûe (Querdurchmesser) bestimmt: Diese nimmt um 0,2±0,4 cm/Jahr zu. Bei Ûberschreiten einer kritischen Wandspannung kommt es zur Ruptur (Abb. 5.95). Um das Rupturrisiko abzuschåtzen, muss die kritische Aneurysmagræûe festgelegt werden. Ein Problem ist dabei die Definition der normalen Aortengræûe, welche in Abhångigkeit von Kærpergræûe, Geschlecht und Alter variiert. Von der 3.±8. Lebensdekade nimmt der Aortendurchmesser um das 1,4-Fache zu. Nach einer Reihe veræffentlichter epidemiologischer Daten liegt die Rupturhåufigkeit in westlichen Låndern bei 3±21 Rupturen auf 100 000 Einwohner (Tabelle 5.19).
125
126
n
5 Arterielles System
Abb. 5.95. Ruptur bei Ûberschreiten der kritischen Wandspannung, d1 normaler Durchmesser, d2 erweiterter Durchmesser Tabelle 5.19. Rupturrisiko in Abhångigkeit vom Durchmesser (Brewster et al., Guidelines 2003) Durchmesser [cm]
Ruptur [%] pro Jahr
<4 4±5 5±6 6±7 7±8 >8
0 0,5±5 3±15 10±20 20±40 30±50 Abb. 5.96. Infrarenale aneurysmatische Bauchaorta
n Diagnose und Klinik Der Verlauf ist meist asymptomatisch (etwa 80% der BAA-Patienten haben keine Beschwerden). Oft handelt es sich um einen Zufallsbefund bei Abklårung von: n Rçckenschmerzen (infolge direkten Drucks auf Wirbelkærper und Nerven), d. h. håufig wird der Erstbefund vom Orthopåden (DD: Bandscheibenschaden) erhoben n Flankenschmerzen (Druckbeschwerden seitlich der Wirbelsåule), also håufig vom Urologen erhobener Befund (DD: Ureterprozess). Die schematische Darstellung in Abbildung 5.96 zeigt eine infrarenale, aneurysmatische Bauchaorta. Gut zu erkennen sind die Nachbarschaft zur Wirbelsåule und die Abgrenzung zum Retroperitoneum. Bestehen stårkere Rçcken- oder Flankenschmerzen (seltener abdominale Symptomatik), spricht man vom symptomatischen Aneurysma, welches eine Operationsindikation darstellt, aber eine weitere diagnostische Abklårung (Zeitfaktor) zulåsst. Im Rupturstadium liegt eine klassische Symptomatik vor, die ohne weitere Diagnostik eine Operationsindikation darstellt. Anamnese und Befund weisen einen klassischen Verlauf auf:
n Håufig ist in der Vorgeschichte ein Aneurysma bekannt. n Plætzlich setzt ein starker Rçcken- oder Flankenschmerz ein. n Es kommt zum Bewusstseinsverlust (passagere Schocksymptomatik bei retroperitoneal gedeckter Ruptur mit Blutverlust von etwa 1±1,5 l) und Wiedererlangen des Bewusstseins (durch Tamponade im Retroperitonealraum kommt es zum Sistieren der Blutung) bei meist weiter anhaltender Schmerzsymptomatik. Hb ist im Akutstadium oft nicht signifikant erniedrigt (!). Selten kommt eine freie Ruptur in die Bauchhæhle mit rasch eintretendem Tod vor. Als Diagnosemethoden bei Elektiveingriff kommen zur Anwendung: n Sonographie: Nachweis eines vergræûerten Aortendurchmessers. Hierbei liegen Sensitivitåt und Spezifitåt bei >98%. n Angiographie: Nachweis einer Aortenerweiterung, evtl. zusåtzliches Aneurysma der Iliakalarterien. Infolge der Thrombose des aneurysmatischen Anteils kann fålschlich ein ¹normalesª Gefåûlumen vorgetåuscht werden. Deshalb ist eine Kombination von Angiographie und Sonographie sinnvoll.
5.4 Aneurysma und Dissektion
n CT: nur bei speziellen Fragestellungen; in aller Regel aber nicht erforderlich! Beim Notfalleingriff ist in aller Regel die oben geschilderte Ruptursymptomatik beweisend und bedarf keiner weiteren Abklårung. Bei stabilem Kreislauf ist allenfalls eine orientierende sonographische Untersuchung (Geråt in der Notfallaufnahme) erlaubt (Zeitfaktor!). Aufwåndigere Untersuchungen (Angiographie, CT) haben zu unterbleiben, da hier meist långere Wege und Zeiten aufzuwenden sind. Bei kleinem Aneurysma (< 5 cm) werden sonographische Kontrollen im Abstand von 4±6 Monaten durchgefçhrt. Ein evtl. Bluthochdruck wird kontrolliert und eingestellt. Den einzelnen diagnostischen Verfahren kommt anhand ihrer Treffsicherheit folgende Wertigkeit zu: n Palpation: 50±60% n Aortographie: 55±85% n CT: 98% n Sonographie: 98%
n Allgemeines zur chirurgischen Therapie Ihre Ergebnisse werden entscheidend vom Zustand des Patienten zum Zeitpunkt der Operation beeinflusst. Wåhrend die Elektivoperation auch bei ålteren Patienten in aller Regel unproblematisch ablåuft und eine Entlassung nach 10±12 Tagen erfolgt, muss im Rupturstadium trotz operationstechnisch åhnlichem Aufwand mit einer ungleich hæheren Komplikationsrate (postoperative Ateminsuffizienz, Niereninsuffizienz) und einer hohen Letalitåt von etwa 50%
n
ausgegangen werden. Ursåchlich sind der Schockzustand mit nachfolgenden Organinsuffizienzen und eine mangelnde pråoperative Vorbereitung (Nikotinkarenz, Atemtraining) zu nennen, die wesentlich den Verlauf nach Laparotomie mitbeeinflussen. Die Indikation zur Operation wird durch mehrere Faktoren bestimmt: n Aneurysmaquerdurchmesser und Morphologie n klinische Symptomatik n Alter des Patienten Eine elektive Operationsindikation besteht bei: n Querdurchmesser > 5 cm n rasch zunehmendem Wachstum n symptomatischem Patienten (d. h. zunehmende Rçcken- oder Flankenschmerzen, Notwendigkeit einer Analgetikatherapie) unabhångig von Alter und Durchmesser (drohende Ruptur) n asymmetrischem sacciformem Aneurysma (einseitig schwache Wandanteile) Das Problem von Aneurysmadurchmesser, Rupturrisiko und damit Indikation zur Operation wurde in zahlreichen Publikationen immer wieder diskutiert. Da asymptomatische Aneurysmen bis 5 cm Græûe nur ein geringes Rupturrisiko von etwa 1%/Jahr aufweisen, hat man zur Klårung der Operationsindikation die Daten von Aneurysmapatienten in einer amerikanischen und englischen Studie analysiert. Nach aktueller Studienlage (ADAM-Studie, SAT) besteht demnach eine Operationsindikation bei Aneurysmen
Tabelle 5.20. Ergebnisse von SAT- und ADAM-Studie Studie (asymptomatisches abdominales Aortenaneurysma)
Ûberleben [%]
Rupturrisiko [%]
Beobachtungszeitraum [Jahre]
Operationsletalitåt [%]
SAT (UK) 1998, 2000 4,0±5,5 cm ultraschallkontrolliert Operation vs. konservativ
*64 (beide Arme)
1 pro Jahr
6
5,6
ADAM (USA) 2002 4,0±5,5 cm CT-kontrolliert Operation vs. konservativ
*74 (beide Arme)
0,6 pro Jahr
6
2,7
SAT Small Aneurysm Trial, ADAM Aneurysm Detection and Management Trial
127
128
n
5 Arterielles System
> 5 cm Querdurchmesser (bei Månnern ab 5,5 cm; bei Frauen ab 5 cm, da diese eine physiologisch kleinere Aorta haben) (Tabelle 5.20). In beiden Studien wurden Patienten mit einer Aneurysmagræûe zwischen 4 und 5,5 cm çber einen Zeitraum von 6 Jahren beobachtet. Die Ergebnisse bezçglich Ûberlebensrate, Rupturrisiko und Operationsletalitåt waren im Vergleich åhnlich. Als Fazit bleibt festzustellen, dass die elektive Chirurgie die 6-Jahres-Ûberlebensrate bei kleinen Aneurysmen (bis 5 cm) nicht verbessert. Damit sind frçher publizierte Empfehlungen (Society for Vascular Surgery und North American Chapter of the International Society for Cardiovascular Surgery), ein infrarenales Aortenaneurysma ab einem Durchmesser von 4 cm zu operieren, çberholt. Der Patient wird allgemein çber das Risiko von n Blutungen und Infektion, n speziell çber das von Darmproblemen (Paralyse nach Laparotomie), n Potenzstærungen (Schådigung des Plexus hypogastricus), n Durchblutungsstærungen (Viszeralorgane; Beine), n Platzbauch (bei Ûbergewicht) sowie einer n prothesioenteralen Fistel als spåte und seltene Komplikation aufgeklårt.
immer einen normalen Durchmesser aufweist (Ausnahme: juxtarenales Aneurysma) sowie die Iliakalarterien dargestellt (Beachten der Iliakalvenen und der Ureteren). Vor dem Abklemmen werden 5000 IE i.v. Heparin gegeben. Die Aorta wird infrarenal und biiliakal dargestellt. Bei Ruptur ist ein rasches infrarenales Abklemmen, evtl. auch direkt unterhalb des Zwerchfells, erforderlich. Nach Långseræffnung des Aneurysmas werden die blutenden Lumbalarterien und die A. mesenterica inferior çbernåht. Bei çber 80% aller Bauchaortenaneurysmaoperationen ist ein Ersatz durch Interponat (Rohrprothese: 16±18 mm) mæglich. Anderenfalls mçssen eine Bifur-
n Infrarenaler Aortenersatz 1952 wurde erstmals ein Ersatz bei Bauchaortenaneurysma erfolgreich durchgefçhrt (Charles Dubost, Paris).
Abb. 5.97. Situs nach Rohrprothesenimplantation (straight graft)
Operiert wird in Rçckenlage unter ausgedehnter medianer Laparotomie (zwischen Xiphoid und Symphyse). Vor Beginn der Operation sollten, falls keine Angiographie (z. B. beim Notfallpatienten) vorliegt, die Leisten- und peripheren Pulse getastet werden, um eine Becken-AVK auszuschlieûen. Der Nachweis einer solchen hat Konsequenz fçr die Rekonstruktion: Ist der Puls tastbar, sollte der Ersatz mit einer Rohrprothese (Abb. 5.97 erwogen werden, beim Fehlen der Pulse ist ggf. die Implantation einer Y-Prothese vorzuziehen (Abb. 5.98, 5.99). Nach Abdrången des Dçnndarms nach rechts und Eræffnen des Retroperitoneums çber dem Aneurysma zwischen Duodenum und V. mesenterica inferior werden die quer verlaufende linke Nierenvene als Leitstruktur, die unmittelbar dahinter gelegene infrarenale Aorta, die hier fast
Abb. 5.98. Situs nach Implantation einer Y-Prothese (bifurcated graft)
5.4 Aneurysma und Dissektion
kationsprothese (Y-Prothese mit 16-8-8 mm) (Abb. 5.99), bei Ruptur eine primår dichte Prothese (z. B. Hemashield) verwendet werden. Zunåchst werden die proximale, dann die distale Anastomose in fortlaufender End-zu-EndNahttechnik mit 3-0-Prolenefaden genåht. Bei Einsatz einer Y-Prothese erfolgen die distalen Anastomosen, je nach Situation, als biiliakale oder bifemorale Verbindungen. Zur Sicherstellung der abdominalen Durchblutung sollte die A. iliaca interna wenigstens einer Seite erhalten bleiben. Unter Umstånden muss sie reimplantiert oder durch einen 8 mm Dacronbypass angeschlossen werden. Die A. mesenterica inferior wird bei groûem Kaliber und fehlender Rçckblutung ebenfalls in die Prothese reimplantiert. Schrittweise werden die distalen Klemmen freigegeben. Ein Blutdruckabfall muss durch Infusion von Volumen kompensiert werden. Der Aneurysmamantel wird (falls stehen geblieben) çber der Prothese verschlossen. Jeglicher direkte Kontakt von Prothese und Darmanteilen (hier speziell des benachbarten Duodenums) muss vermieden werden. Der Verschluss des Retroperitoneums çber dem gesamten Prothesenverlauf ist zwingend vorgeschrieben. Dies ist ein entscheidender Schritt zur Prophylaxe einer prothesioenteralen Fistel. Als einzig erforderliche Bauchdrainage wird eine Douglas-Drånage eingelegt. Peritoneum und Faszie werden fortlaufend verschlossen. Bei Notfalleingriff und
Abb. 5.99. Y-Stent-Prothese bei infrarenalem und iliakalem Aneurysma, a pråoperatives Angiogramm mit Darstellung eines infrarenalen und rechtsiliakalen Aneurysmas, b postoperatives Angiogramm nach Ausschaltung des Aneurysmas mit Hilfe
n
Tabelle 5.21. Operationsergebnisse bei Bauchaortenaneurysma (BAA) Elektiveingriff (nicht rupturiert) altersadjustierte Letalitåt
Operationsletalitåt etwa 5% (5,2±5,8% in groûen internationalen Serien) 65±69 Jahre: 3% > 80 Jahre: 10%
Notfalleingriff bei Ruptur
Operationsletalitåt 40±50%
Langzeitprognose nach Ersatz
5-Jahres-Ûberlebensrate: 70% 10-Jahres-Ûberlebensrate: 40% 15-Jahres-Ûberlebensrate: 18%
Morbiditåt nach Elektivoperation
0,5% Schlaganfall 0,6% Nierenversagen
Die Zahlen der ersten 3 Gruppen gelten als Hospitalletalitåt (30 Tage)
adipæsen Bauchdecken erfolgt der Verschluss mit Hilfe von Ventrofilplatten (Platzbauchprophylaxe). Mit dieser Operation werden die in Tabelle 5.21 dargestellten Ergebnisse erzielt.
n Endovaskulåre Techniken Neuerdings kommen interventionelle Techniken zum Einsatz, wobei endovaskulåre implantierbare kombinierte Prothesen mit expandierbaren Stents çber einen femoralen Zugang eingesetzt
einer Y-Prothese. Verwendete Prothese: Aneurx; Fa. Medtronik. Merkmale: selbst expandierend; durchgehender Stent (auûen); Stentmaterial: Nickel-Titan; Prothesenmaterial: Dacron, Implantation erfolgt çber beidseitigen femoralen Zugang
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n
5 Arterielles System
werden kænnen, einer Methode, die 1991 durch Parodi u. Palmaz in die Therapie des infrarenalen Aortenaneurysmas eingefçhrt wurde. Das europåische multizentrische Register EUROSTAR verfolgt seit seiner Grçndung 1996 alle BAA-Patienten mit implantierten Stentprothesen. Bei der Therapieplanung muss der Patient çber beide Mæglichkeiten (offene Operation und endoluminale Technik) aufgeklårt werden (Tabelle 5.22). Aufgrund strenger Auswahlkriterien ist bei Weitem nicht jeder Patient mit einem Bauchaortenaneurysma fçr eine endoluminale Technik geeignet (etwa 15%). Auch bei ihr ist ein gewisser chirurgischer Aufwand zum Einbringen der Prothese erforderlich. Hierbei mçssen beide Leistenarterien freigelegt werden. Risiken sind allgemeine Infektion und Blutung im Leistenbereich, Belastung mit Ræntgenstrahlen und Kontrastmitteln, spezielle Risiken sind die mægliche Perforation der intraabdominalen Gefåûe, Migration der Prothese, ungençgende Ausschaltung des Aneurysmas (10±20%), Rupturgefahr (0,5±1%/Jahr) sowie Auftreten von Fieber (meist zwischen dem 3. und 5. Tag) als Reaktion auf das Implantat. Fçr die endovaskulåre Therapie mçssen mehrere Bedingungen erfçllt werden. Zur Diagnostik sind die Messkatheterangiographie und die Spiral-CT-Untersuchung in 4-mm-Schichten erforderlich. Als Ausschlusskriterien sind die Lokalisation zu den Nierenarterien (juxta- oder suprarenales Aneurysma), die proximale Verankerung (Nierenarterie bis zum Aneurysmahals < 2 cm), die Konfiguration des BAA (z. B. Knickbildung in der Långsachse > 608) (Abb. 5.100), der Weg zum BAA (Kinking, AVK der Iliakalarterien)
und die Græûe der Femoralarterie (A. femoralis communis > 8 mm) zu nennen, wobei Letzteres durch einen mæglichen suprainguinalen Zugang (A. iliaca externa) kein echtes Ausschlusskriterium darstellt (es sei denn, die Iliakalarterie ist ebenfalls kleinkalibrig). Håufig sind jedoch mehrere Ausschlusskriterien vorhanden, die eine endoluminale Versorgung kontraindizieren. Sowohl wåhrend der Prozedur als auch am 2. oder 3. Tag danach wird ein Kontroll-CT durchgefçhrt, um Lage und Position (Migration?) zu çberprçfen und Leckagen auszuschlieûen. Diese so genannten Endoleaks stellen die håufigste Komplikation nach endoluminaler Versorgung dar. Hierunter versteht man das inkomplette Ausschalten des Aneurysmas. Je nach Zuflusstyp werden Endoleaks in 4 Gruppen eingeteilt: n Endoleak I: ungençgende proximale oder distale Verankerung (seal failure) n Endoleak II: Zufluss çber seitlich mçndende Arterien (lumbal, mesenterial) n Endoleak III: graft defect n Endoleak IV: Undichtigkeit der Prothese (fabric porosity) Ein Oversizing von 20% kann nach den Erfahrungen aus dem EUROSTAR-Register die Rate an Endoleaks Typ I deutlich senken. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5.23 dargestellt (Abb. 5.101). Unmittelbar postoperativ nach Implantation einer Endoprothese, aber auch nach offen chirurgischer Technik kænnen verschiedene Kom-
Tabelle 5.22. Vor- und Nachteile von offen chirurgischer und endovaskulårer Therapie Variable
Offen chirurgisch Endoluminal
n n n n n n n n
groû groû måûig erhæht hoch ja 10 Tage niedrig
Operationstrauma Blutungsrisiko Infektion kardiales Risiko pulmonales Risiko Intensivstation Verweildauer Kosten primår
klein gering gering gering gering selten 3±5 Tage hoch
Abb. 5.100. Angulation des BAA
5.5 Literatur
n
Tabelle 5.23. Ergebnisse nach endoluminaler Versorgung n Letalitåt n Konversion n Rupturrisiko
Abb. 5.101. Seitliche Aufnahme nach Implantation einer endoluminalen Y-Stent-Prothese
plikationen auftreten. Zu achten ist auf einen evtl. Blutverlust. Dieser kann lokal (Leistenwunde) oder intraabdominal (nach Perforation) auftreten. Klinisch wird geprçft, ob die Leistenwunde intakt und ob das Abdomen gespannt ist. Im Labor werden Håmoglobin und Gerinnungswerte bestimmt. Des Weiteren wird kontrolliert, ob die periphere Durchblutung (Beine) intakt ist, und zwar anhand von Farbe, Temperatur, Schmerzangaben, Beweglichkeit der Beine sowie CK-NACund Kaliumwerten. Auch auf intakte Organdurchblutung ist zu achten, also auf ausreichende Diurese und zeitgerecht einsetzende Darmfunktion, CK-NAC, Laktat, und Kalium werden çberprçft. Gute Erfahrungen im abdominalen Bereich haben wir mit Stentprothesen der Firma W. L. Gore (Typ: Excluder) gemacht.
n Abschlieûende Bemerkungen Im Hinblick auf die beiden beschriebenen Techniken sind zwei Fragen zu beantworten: 1. Wie hoch ist das Risiko beider Verfahren? 2. Wie hoch ist der Benefit im Verlauf? Die offen-chirurgische Technik in der Behandlung des Bauchaortenaneurysmas wird mit guten bis sehr guten Ergebnissen seit çber 50 Jahren durchgefçhrt. Sie stellt allerdings einen gro-
gesamt altersadjustiert 60±64 Jahre > 80 Jahre Endo ? offen Endo ? offen
2% 1% 5% 1,5% 0,1±1%
ûen Eingriff (Laparotomie) fçr die meist ålteren Patienten mit entsprechenden Risiken dar. So liegt die perioperative Letalitåt aller Patienten bei etwa 4%, der postoperative Aufenthalt betrågt etwa 10 Tage. Auf lange Sicht stellt die prothesenbezogene Komplikationsrate (Nahtaneurysma, Fistel) mit 0,3% pro Jahr jedoch ein sehr geringes postoperatives Risiko dar. Demgegençber stehen mit der endovaskulåren Technik Prothesensysteme zur Verfçgung, die eine Reihe von Vorteilen, zumindest fçr die periprozedurale Phase, beinhalten. Zu nennen sind die niedrige Morbiditåtsrate (Letalitåt ca. 1%), der kleine operative Zugang und die kurze Verweildauer. Entgegenzuhalten bleibt jedoch eine erhebliche prothesenbezogene Versagerquote von 3% pro Jahr. Diese liegt somit (im Vergleich zur offen-chirurgischen Therapie) um den Faktor 10 hæher, was dazu fçhrte, die breite Anwendung von Stent-Prothesen zu çberdenken und in der Indikation, zumindest bei jçngeren Patienten, zurçckhaltend zu sein.
5.5
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6 Venæses System 6.1
Aufbau und Funktion
Die Arterien- und Venenwånde bestehen jeweils aus 3 Schichten. Im Gegensatz zu Arterien besitzen Venen eine insgesamt dçnnere Wand (schmale Muskelschicht), einen græûeren Querschnitt (im Vergleich zur Begleitarterie) und unterscheiden sich (zumindest im Extremitåtenverlauf) durch das Vorhandensein von Venenklappen. Diese wurden 1574 von Aquapendente, dem Lehrer W. Harvey's entdeckt und in ihrer stræmungsrichtenden Funktion korrekt gedeutet (Abb. 6.1).
6.1.1 Anatomie der Beinvenensysteme n Epifasziales (oberflåchliches) Venensystem Es umfasst die Stammvenen, V. saphena magna (VSM) und V. saphena parva (VSP), und ihre Seitenåste.
Abb. 6.1. Venenklappe, a erweiterter Venendurchmesser in Klappenhæhe, b antegrade Stræmung bei offener Klappe, c Verhinderung der retrograden Stræmung durch Klappenschluss
n V. saphena magna Sie verlåuft vom Fuû zur Leiste (Abb. 6.2): Sie beginnt vor dem Innenknæchel (Zusammenfluss der nur oberflåchlich angelegten Fuûvenen) und verlåuft 1 cm medial der Schienbeinkante parallel zu dieser. Nach Umfahren des medialen Kondylus und weiterem medialen Verlauf am Oberschenkel mçndet sie an der Leiste (Magna-Crosse) in das tiefe System (V. femoralis) ein. Der N. saphenus, ein sensibler Nerv, ist in seinem Unterschenkelverlauf direkt der V. saphena magna benachbart. n V. saphena parva Sie verlåuft vom Fuû zur Kniekehle (Abb. 6.3) beginnend hinter dem Auûenknæchel, steigt sie (zwischen den Gastrocnemius-Muskelbåuchen) zur Wadenmitte auf, erreicht die Kniekehle und mçndet (Parva-Crosse) in das tiefe System (V. poplitea) ein, meist 5 cm oberhalb
Abb. 6.2. Verlauf der V. saphena magna
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6 Venæses System
Die Einmçndung der V. saphena magna in die V. femoralis ist die wichtigste Verbindung (Magna-Crosse) zwischen oberflåchlichem und tiefen Venensystem. Auch im Verlauf der tiefen Oberschenkelvene sind mehrlåufige Anlagen mæglich. So kann die V. femoralis superficialis in çber 60% einfach, in çber 20% doppelt und in mehr als 10% mehrfach angelegt sein.
n Verbindende Venensysteme
Abb. 6.3. Verlauf der V. saphena parva
des Kniegelenkspalts (etwa bei 60%). Der N. suralis begleitet die V. saphena parva als sensibler Nerv.
n (Subfasziales) tiefes Venensystem mit Leitvenen Das tiefe Venensystem (s. auch Abb. 1.12) umfasst: n Leitvenen des Unterschenkels Paarig zu den 3 Unterschenkelarterien verlaufen 6 tiefe Unterschenkelvenen: 2-mal die V. tibialis posterior, 2-mal die V. tibialis anterior und 2-mal die V. fibularis. n Leitvenen der Knieregion Die hier verlaufende V. poplitea ist ein Zusammenfluss der tiefen Unterschenkelvenen und der oberflåchlichen V. saphena parva (Parva-Crosse). Sie ist in 50±60% der Fålle einfach, in etwa 40% doppelt und in etwa 2% dreifach angelegt. n Tiefe Leitvenen des Oberschenkels Sie orientieren sich mit ihrem Namen an der Arterienanatomie. Hauptgefåû ist von distal kommend die V. femoralis superficialis, welche in Leistenhæhe in die V. femoralis communis (nach Aufnahme der V. femoralis profunda sowie weiterer kleinerer tiefer Oberschenkelvenen) çbergeht.
Das oberflåchliche Venensystem ist mit dem tiefen Venensystem çber zahlreiche kurze Venen verbunden, welche die Muskelfaszien bei ihrem Durchtritt vom epifaszialen zum subfaszialen System durchdringen. Diese transfaszialen Venen (V. perforantes) leiten durch ihre Klappenanordnung das Blut vom oberflåchlichen zum tiefen Venensystem. Von den etwa 150 Perforansvenen (pro Bein) sind nur einige klinisch bedeutsam. Entsprechend ihrem Erstbeschreiber sind sie meist namentlich belegt oder werden aufgrund ihrer Position bezeichnet. Am Unterschenkel sind dies (von distal nach proximal): n medial die Cockett-Venen (I, II, III), die Sherman-Vene und die Boyd-Vene n lateral die Bassi-Vene n dorsal die May-Vene (Wadenmitte) und die V. perforans der Kniekehle Am Oberschenkel sind es (von distal nach proximal): n medial die Hunter-Vene und die Dodd-Vene Es bestehen daneben noch zusåtzliche verbindende Venen, die nicht immer als Perforansvene eine Faszie passieren, aber zur venæsen Kommunikation untereinander beitragen. Die wichtigste Verbindung dieser Art ist die V. femoropoplitea, die als kommunizierende Vene zwischen dem Parva- und Magnasystem fungiert. Als Seitenast der V. saphena parva verbindet sie çber die mediale V. saphena accessoria die Saphena-magna-Crosse und wird nach ihrem Erstbeschreiber auch als Giacomini-Vene benannt. Sie stellt fçr die Parvachirurgie einen wichtigen Oberschenkelast dar, der zur Rezidivvermeidung ebenfalls unterbunden werden sollte.
6.1 Aufbau und Funktion
6.1.2 Physiologie Von klinischer Bedeutung sind die Flussverhåltnisse (Durchflussraten), die herrschenden Druckzustånde unter verschiedenen Lagebedingungen sowie die Håufigkeit und Anordnung der Klappen.
n Antriebskråfte des venæsen Rçckstroms Von entscheidender Bedeutung fçr den venæsen Rçckstrom sind die Wadenmuskulatur und der arterielle Einstrom. Erstere ist der Motor des venæsen Rçckflusses, auch als dessen ¹Herzª bezeichnet. Der stetige arterielle Einstrom çber das kapillare Gefåûsystem baut einen Druck auf, der als Vis-a-tergo-Mechanismus (von hinten wirkende Kraft) zum venæsen Schub beitrågt. Auch Beinlage, Stehen, flaches Liegen, Liegen mit erhæhtem Bein haben Einfluss auf den venæsen Druck und die Flussgræûe. Orthostatische Ønderungen fçhren zu auûerordentlichen Auswirkungen der venæsen Håmodynamik. Der Lagewechsel vom Liegen zum Stehen veråndert den venæsen Fuûdruck von 15 mmHg in Ruhe auf Werte um 115 mmHg im Stehen, bedingt durch den orthostatischen Druck (welcher durch die Blutsåule zwischen Herz und Fuû gebildet wird). Durch Betåtigen der Wadenmuskulatur (Wadenpumpe) wird der hohe periphervenæse Druck um etwa 70% gemindert. Unter der Voraussetzung, dass der arterielle Einstrom dem venæsen Abstrom durch die Wadenpumpe gleicht, spricht man von einer normalen Wadenmuskelfunktion.
Abb. 6.4. Wadenpumpe, a Ruhezustand bei entspannter Muskulatur; herzwårts gerichteter Blutfluss, weit offener Sinus; b maximale Muskelkontraktion; maximale Flusszunahme in den tiefen Venen, maximale Verkleinerung des Sinus
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Folgende Muskelkompartments des Unterschenkels sind hierfçr verantwortlich: n tiefes posteriores Kompartment n oberflåchliches posteriores Kompartment n anteriores tibiales Kompartment Der herzwårts gerichtete venæse Blutstrom wird durch die Kontraktion der Wadenmuskulatur beschleunigt. Auch kleine Hohlråume, die mit dem tiefen Venensystem verbunden sind, werden ausgepresst (Abb. 6.4). Diese als Sinus bezeichneten Hæhlen sind speziell im Bereich des Soleusmuskels anzutreffen. Sie kænnen Ausgangspunkt einer Thrombose (primåre Unterschenkelvenenthrombose vom aszendierenden Typ) sein. Aus der normalen Funktion resultieren fçr den venæsen Rçckfluss fçr das oberflåchliche Venensystem 15%, fçr das tiefe Venensystem 85%.
n Venenklappen Såmtliche Extremitåtenvenen (Arm- und Beinvenen) der oberflåchlichen, tiefen und perforierenden Systeme haben den Blutfluss richtende Klappen, wobei die Klappenhåufigkeit in einzelnen venæsen Abschnitten variiert. Aus physiologischer Sicht sind die an ihnen auftretenden Fluss- und Druckverhåltnisse von Interesse. Treten Funktionsstærungen und pathologische Prozesse ein, erlangen diese Vorgånge klinische Bedeutung. Pro Klappe sind zwei zarte Segel angelegt, die im Normalfall einen unbehinderten Fluss in Úffnungsrichtung zulassen und umgekehrt zum
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6 Venæses System
Abb. 6.5. Phlebogramm mit Darstellung normaler tiefer Beinvenen, a kurze Abstånde der Venenklappen im Unterschenkel, b Abstånde der Venenklappen im Poplitealbereich, c weite Abstånde der Venenklappen im Oberschenkel
Abb. 6.6. Stræmungsreduktion bei Immobilisation (nach 8 h)
dichten Klappenschluss fçhren und dadurch einen Rçckfluss sicher verhçten. Die Abstånde der Venenklappen (Abb. 6.5) variieren: n tiefe Leitvenen: am Unterschenkel sind etwa alle 4 cm, am Oberschenkel etwa alle 8±12 cm Klappen vorhanden. n Perforansvenen: sie haben je 2 Klappenpaare, die mçndungsnah angelegt sind.
Abb. 6.7. Thrombusbildung und Wachstum im Bereich einer Klappe
n oberflåchliche Stammvenen: die Klappen sind relativ inkonstant in Abstånden von 4±8 cm (Unter- und Oberschenkel) gelegen. Fçr das Auftreten pathologischer Prozesse ± insbesondere Venenthrombosen ± spielen die Stræmungsverhåltnisse an den Venenklappen eine herausragende Rolle. Ihre Stellung ist eine Frage des Blutflusses. Eine normale Stræmung fçhrt zum Úffnen und Anliegen der Venenklappen an der Gefåûwand; wåhrend verminderter Stræ-
6.1 Aufbau und Funktion
mung, wie bei Stase, sind die Klappen nur teilweise geæffnet (Abb. 6.6). Wie aus Stræmungsmodellen ersichtlich, kommt es im Bereich zwischen Venenklappe und -wand zu Stræmungsånderungen, die sich als Rçckfluss- oder Rezirkulationsphånomene darstellen. Wegen des herabgesetzten Blutflusses hinter der Venenklappe treten infolge von Stagnationsprozessen Gerinnselbildungen auf. Eine Venenthrombose entsteht (Abb. 6.7).
n Venenverlauf im Beckenbereich Die Anatomie der Beckenvenen unterscheidet sich von den çbrigen Venen durch zweierlei Besonderheiten, was bei Erkrankungen in diesem Bereich schwer wiegende Folgen haben kann. n Sie besitzen keine Klappen. Dies hat zur Folge, dass eine Rçckflussstærung der Beckenvenen nicht vom jeweils darunter liegenden Klappenpaar aufgefangen wird. Druckbelastungen kænnen somit erst durch Klappen im Leistenniveau aufgefangen werden. Die derart belastete Klappe im Bereich der proximalen tiefen Oberschenkelvene, aber auch die Mçndungsklappe der V. saphena magna werden durch Dilatation schlussunfåhig. Eine Klappeninsuffizienz ist die Folge. Im weiteren Verlauf kænnen sich weiter distal befindliche Klappen ebenfalls veråndern, wobei immer der gleiche Mechanismus ablåuft: Druckbelastung und Dilatation der Vene, Schlussunfåhigkeit der Klappe. Diese Prozesse ereignen sich nicht nur in den Becken- und Oberschenkelvenen, sondern kænnen ebenso in distalen Beinvenenabschnitten ablaufen. n Im Verband von Arterien, Wirbelkærpern und den umgebenden straffen retroperitonealen Faszien befindet sich die Beckenvene, speziell das Segment der linken V. iliaca communis, in einer håmodynamisch ausgesprochen ungçnstigen Situation. Sie wird von der kreuzenden rechten A. iliaca communis von vorne und durch den starren Wirbelkærper der LWS von hinten eingeengt (V.-iliaca-Kompressionssyndrom). Die ståndige arterielle Pulsation bei fehlender Ausweichmæglichkeit kann zu Verånderungen und Verdickungen an der Venenintima (Intimahyperplasie) fçhren. Es kann zur Ausbildung eines so genannten Beckenvenensporns (nach May-Thurner) kommen, der eine intraluminare Flussbeeintråch-
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tigung darstellt, die wiederum eine Thrombosierung auslæsen kann. Aus den genannten anatomischen Grçnden wird ersichtlich, warum bei der Beckenvenenthrombose die linke Seite bevorzugt befallen ist.
n Venenverlauf im Arm-Schulter-Bereich Nach Zusammenfluss oberflåchlicher und tiefer Venen aus dem Arm bildet sich die V. axillaris (Zusammenfluss von V. cephalica und V. basilica). Diese geht in die V. subclavia çber, die wiederum mit der aus dem Kopf-Hals-Bereich stammenden V. jugularis interna den Zusammenfluss und Beginn der V. brachiocephalica bildet. Die linke und rechte V. brachiocephalica bilden dann im rechten oberen Mediastinum den Beginn der oberen Hohlvene (V. cava superior). Von klinischem Interesse ist hier der Verlauf der V. subclavia, der in seinem retroklavikularen Anteil einen ¹Engpassª zu çberwinden hat, der von folgenden Strukturen gebildet wird (Abb. 6.8): Das Schlçsselbein von oben, die erste Rippe von unten und die Halsmuskulatur (insbesondere der M. scalenus anterior) von lateral bilden anatomisch einen engen Durchlass vom Arm zum Thorax (Venen- und Nervenleitung) und umgekehrt (Arterien- und Nervenleitung), wofçr die Begriffe Thoraxauslass (thoracic outlet) bzw. -einlass (thoracic inlet) geprågt wurden und sich der Begriff Thoracic-outlet-Syndrom (TOS; s. Kapitel 9) gegençber allen anderen Krankheitsbezeichnungen (Syndromen), die im Zusammenhang mit dieser Engstelle auftreten, durchgesetzt hat.
Clavicula
Abb. 6.8. Venenanatomie im Bereich des Thoraxeinlasses
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6 Venæses System
n Zusammenfassung Aus anatomischer und physiologischer Sicht sind Stærungen des venæsen Flusses mit Ausbildung von Thromben mæglich. Hierfçr sind folgende Mechanismen verantwortlich: n das Vorhandensein von Venenklappen n das Bestehen von Aussackungen (Sinus) im Venenverlauf in der Wadenmuskulatur (M. soleus) n anatomische Engpåsse: im Becken- (Kompression der V. iliaca) und im Schulterbereich [Kompression der V. subclavia (TOS)]. Imgrunde besitzen alle Menschen angesichts ihrer Anatomie gleiche Voraussetzungen, eine Thrombose zu entwickeln. Zusåtzlich bestehende Faktoren, wie z. B. die Zugehærigkeit zu einer Risikogruppe (Thrombophilie), sind offensichtlich erforderlich, um einen pathologischen Prozess entstehen zu lassen.
6.2
Varizen
6.2.1 Definition und Epidemiologie Erweiterungen des venæsen Gefåûsystems kommen çberwiegend im Bereich der oberflåchlichen Venensysteme vor. Grundsåtzlich werden diese Stærungen als Varikosis und im Sprachgebrauch als Krampfadern bezeichnet. Letzterer Begriff bezieht sich auf das alte deutsche Wort Krumbader, was so viel wie krumme Ader bedeutet. Eine vermehrte Neigung zu Kråmpfen des betroffenen Beins besteht nicht! Etwa 35% der Erwachsenen haben varikæs erweiterte Venen. Die Pråvalenz zeigt nach epidemiologischen Studien eine sehr groûe Schwankung zwischen 0,1% (bei Frauen in Neu Guinea) und 68% (bei weibl. Chemiearbeitern in der Schweiz). Ein Behandlungsbedarf besteht in etwa 20% der Fålle.
n Seitenastvarikosis: Erweiterung oberflåchlicher Venen (auûer den Stamm- oder Perforansvenen) n Perforansvarikosis: Erweiterung der perforierenden Venen zwischen tiefem und oberflåchlichen System, håufigste Lokalisationen sind Cockett-Gruppen (I, I, III) am Unterschenkel, Boyd-Vene am Unterschenkel und Dodd-Vene am Oberschenkel n Besenreiser: Erweiterung intrakutan gelegener kleinster Venen (machen keine Beschwerden und haben daher keinen Krankheitswert) Je nach Zuordnung zu venæsen Vorerkrankungen werden 2 Formen unterschieden: n primåre Varikosis (Krampfaderbildung ohne vorausgehende Erkrankungen) n sekundåre Varikosis (Krampfaderbildung nach vorheriger Venenerkrankung [Thrombose]). Je nach distalem Insuffizienzpunkt erfolgt die Stadieneinteilung nach Hach: n Stadium I: isolierte Mçndungsklappeninsuffizienz der V. saphena magna in die V. femoralis (Leistenniveau) n Stadium II: Varikosis der proximalen V. saphena magna bis zur Oberschenkelperforansvene (Dodd oder Hunter) n Stadium III: Varikosis der V. saphena magna des Ober- und Unterschenkels (etwa bis Wadenmitte) n Stadium IV: Varikosis der gesamten V. saphena magna (bis zum Knæchel) Die Ausdehnung der Varikosis wird auf die insuffiziente (distale) Perforansvene bezogen, die nach distal den Endpunkt varikæser Erweiterungen markiert. Ihre Bedeutung liegt darin, dass das Blut der insuffizienten oberflåchlichen Vene (V. saphena magna) nicht ausschlieûlich nach proximal abflieût, sondern çber die Perforansvenen auch das tiefe Venensystem vermehrt auffçllt und hier schlieûlich zur Leitveneninsuffizienz beitrågt.
6.2.3 Klinik und Diagnose 6.2.2 Lokalisation und Stadieneinteilung Je nach Lokalisation spricht man von: n Stammvarikosis: Erweiterung der Venenhauptståmme, V. saphena magna (Beininnenseite) und V. saphena parva (Wadenmitte)
Oft besteht eine symptomlose Venenerweiterung (kosmetisch stærend). Beschwerden werden lageabhångig angegeben: verstårkt im Stehen, nachlassend beim Gehen oder Liegen: n Schweregefçhl n Schmerzen
6.2 Varizen
n Juckreiz n Hautverånderungen (Verfårbungen, Verhårtung, Ekzeme) n Wundbildung (Ulkus) Eine unkomplizierte Varizenerkrankung fçhrt nicht zum ¹offenen Beinª! Diese schwere Form der Hautzerstærung tritt nur bei schwerer Perforansinsuffizienz oder als Folge einer tiefen Venenthrombose auf. Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Befund. Als zusåtzliche Untersuchungen sind Funktionstests, Dopplerflussmessung und Phlebographie (bei primårer Varikosis nicht erforderlich) mæglich.
6.2.4 Therapie Nicht jeder Varizenpatient ist im eigentlichen Sinne krank (fehlender Leidensdruck, fehlender Hautbefund). Als Basistherapie (physikalische Maûnahmen) dienen: n Hochlagerung wåhrend der Nacht n Tragen von Kompressionsstrçmpfen (Klassen I±III) Eine medikamentæse Therapie, die im Sinne einer Venenkonstriktion wirkt, wird zwar Rosskastanienextrakten zugeschrieben, ist jedoch bei ausgeprågtem Befund unzureichend. Als invasive Maûnahmen sind Verædungstherapie (bei isoliertem Befund) sowie chirurgische Entfernung der Stammvenen (Venenstripping nach Babcock), der Seitenastvenen oder Unterbindung der Perforansvenen mæglich. Beim asymptomatischen Befund spielen folgende Gesichtspunkte eine Rolle: n Liegt ein beginnender Hautschaden vor (prophylaktische Indikation)? n Liegt ein optisch sehr stærender Befund vor (kosmetische Indikation)?
n Komplikationen der Chirurgie Sie gehæren bei Varizenoperationen zu den Ausnahmen. Verletzungen der tiefen Vene bei Crossektomie sind mæglich, jedoch vermeidbar. Ûber lokale Entzçndungen der Inzisionsstellen (2±3%) und sensible Nervenschådigungen (N. saphenus, N. suralis) muss aufgeklårt werden.
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Mit einer tiefen Venenthrombose ist bei deutlich weniger als 1% zu rechnen. Es muss çber eine relativ hohe Rate an Rezidiven (bis 20%) aufgeklårt werden.
n Venenstripping, Venenexhårese Schon vor dem Zeitalter minimalinvasiven Vorgehens war die Varizenchirurgie, bestehend aus einem Groûteil kosmetisch indiziert durchgefçhrter Eingriffe, durch minimale Invasivitåt gekennzeichnet. Die Hautinzisionen erfolgen am Bein entlang den Spaltlinien, vor dem Innenknæchel çber etwa 2 cm (Einfçhrungsort der Sonde) im Leistenbereich çber 4±5 cm (in Hæhe der Saphenamçndungsstelle) zur Perforanssanierung çber 2±3 cm und zur lokalen Varizenexhårese çber Stichinzisionen (etwa 3 mm). Das Stripping kann erfolgen: n von distal nach proximal: Vorteile: gleichzeitige Kompression mit Vermeidung græûerer Håmatome. Nachteile: Mitverletzung (Abriss) des Begleitnervs n von proximal nach distal: Vorteile: Schonung der Begleitnerven. Nachteile: Sondenplatzierung im Gesamtverlauf nicht immer mæglich Entscheidend ist die Perforansunterbrechung als solche und nicht das einzelne Verfahren. Bei vorliegendem Hautschaden erfolgt sie çber Inzisionen auûerhalb des Gewebeschadens z. B. als paratibiale Fasziotomie (Methode nach Hach) mit Zerstærung der Perforansvenen mit Schere oder als endoskopisches Verfahren (Perforansligatur mittels Clip) (Abb. 6.9). Bei Seitenastvarizen wird nach Stichinzision, die varikæse Vene hervorluxiert, zwischen Klemmchen durchtrennt, die Venenenden werden herausgezogen bis sie abreiûen (nur die zur Perforansvene ziehenden Anteile werden ligiert). Der Hautverschluss erfolgt durch intrakutane Naht oder Steristrips. Auch eine Rçckstichnaht nach Allgæwer erbringt kosmetisch gute Ergebnisse (Abb. 6.10). Ûber eine kleine Inzision låsst sich ebenfalls die exakte Crossektomie der Leiste durchfçhren, die zur Vermeidung von Rezidiven erforderlich ist. Hierbei werden alle venæsen Zuflçsse (meist 2±3) zwischen Ligaturen durchtrennt.
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6 Venæses System
Abb. 6.9. Intraoperative Darstellung bei endoskopischer Technik, a Blick auf eine insuffiziente Perforansvene am Unterschenkel, b Setzen eines Metallclips mit Hilfe einer Clipzange
Perforansvenen werden mæglichst nahe ihrer Einmçndung zum tiefen System ligiert, da håufig zusåtzliche kommunizierende Øste aus ihnen entspringen, zum oberflåchlichen System verlaufen und zum Rezidiv fçhren. Im Vergleich zur Sklerosierungstherapie ist die Rezidivrate nach operativer Behandlung von Varizen deutlich geringer. Nach einer prospektiven Studie (Einarsson et al. 1993) betrågt sie nach 5 Jahren 51% in der Sklerosierungsgruppe und 5% in der chirurgischen Gruppe. Auch in der ålteren Literatur låsst sich dieser Unterschied konstant nachweisen. Zu den neueren Verfahren in der Varizenbehandlung stehen heute Techniken der Thermoablation zur Verfçgung. Hierbei wird mittels Laserenergie (EVLT = endovascular laser treatment) oder Hochfrequenzstrahlung (VNUS = endovenous radiofrequenz obliteration) die varikæse Vene verædet. Nach Punktion wird unter duplexsonographischer Kontrolle der Applikationsdraht intravasal positioniert und eine lokale Erhitzung auf ca. 85 8C erzeugt. Unter Zurçckziehen des Systems wird die Vene in ihrem gesamten Verlauf obliferiert. Etwa 7% der Patienten weisen postoperativ einen thermischen Gewebeschaden oder eine Thrombophlebitis auf. Deswegen wird eine pråoperative Duplexuntersuchung gefordert, wobei zwischen varikæser Vene und Hautoberflåche ein Mindestabstand von 1 cm liegen sollte. Stark dilatierte Venen (> 12 mm) sind fçr thermoablative Verfahren nicht geeignet. Im Vergleich zur klassischen Strippingtechnik nach Babcock weisen die neuen Verfahren keine echten Vorteile auf, insbesondere da sie ebenfalls
Abb. 6.10. Hervorluxieren der Vene nach Stichinzision; kleine Narben nach Rçckstichnaht
6.3 Tiefe Venenthrombose (TVT)
minimal invasiv (kurze Stichinzisionen) durchgefçhrt werden kænnen. Nach einer Krampfaderoperation sollte fçr die Dauer von etwa 2 Wochen (bis zum Abschluss der Wundheilung) ein Kompressionsstrumpf getragen werden. Besteht eine Disposition zur Krampfaderbildung schçtzt auch dauerhaftes Tragen nicht vor Rezidiven.
6.3
Tiefe Venenthrombose (TVT)
6.3.1 Definition Gerinnselbildungen des venæsen Systems kænnen sowohl in den tiefen als auch den oberflåchlichen Venen vorkommen. Wåhrend eine Thrombose der organableitenden Venen (Viszeralvenen) eine Seltenheit darstellt, sind die Extremitåtenvenen relativ håufig betroffen. Treten Thrombenbildungen in den tiefen Armvenen oder, was sehr viel håufiger vorkommt, in den tiefen Beinvenen auf, besteht das Krankheitsbild der tiefen Venenthrombose (Phlebothrombose). Dieser Begriff bezieht sich nur auf die tiefen, ableitenden Venen der Extremitåten. Davon abzugrenzen sind Thrombosen der oberflåchlichen Extremitåtenvenen. Diese Form kommt in varikæs verånderten Venen vor und wird als Varikothrombose bezeichnet. Eine håufig bei lang liegenden Venenkathetern auftretende Entzçndung und begleitende Thrombosierung wird als Thrombophlebitis bezeichnet. Kommt es in Folge einer Thrombosierung varikæs verånderter Venen zur Entzçndung, ist der Begriff Varikophlebitis gebråuchlich. Die Abgrenzung der tiefen Venenthrombose als eigenståndiges Krankheitsbild zu oberflåchlichen Thrombosen geht auf Ochsner und DeBakey (1941) zurçck.
6.3.2 Øtiopathogenese Die Inzidenz betrågt etwa 600 000 Fålle pro Jahr, die Pråvalenz liegt bei 7,3 von 100 000 Einwohner. Virchow hat 1856 die grundlegenden Erkenntnisse der pathophysiologischen Vorgånge erarbeitet. Danach kommt es bei der Venenthrombose zu folgenden Ønderungen gegençber dem Normalzustand:
n
n An der Gefåûwand treten Endothelschåden auf. n Die Blutstræmung verlangsamt sich. n Eine Ønderung der Blutzusammensetzung bewirkt eine verstårkte Gerinnung. Bei der Thromboseentstehung kommt diesen Græûen unterschiedliche Wertigkeit zu: Thrombosen im venæsen System werden durch Stasevorgånge und Verånderungen der plasmatischen Gerinnung begçnstigt. Im arteriellen System werden sie håufig durch Endothelschåden und das Verhalten der Thrombozyten ausgelæst. Nach heutigem Wissensstand kommen Mangelzustånde und die mit bestimmten Risiken verbundenen Folgen als Ursachen in Betracht. In seltenen Fållen liegen entzçndliche Erkrankungen (z. B. Morbus Behet) zugrunde. An Mangelzustånden sind zu nennen: n Antithrombin-III-Mangel (angeboren, Schwangerschaft, Ústrogentherapie) n Heparin-Kofaktor-II-Mangel n Protein-C-Mangel n APC-Resistenz (auch Faktor-V-Leiden) mit Resistenz gegençber aktiviertem Protein C n Protein-S-Mangel n Plasminogenmangel Risikogruppen sind: n immobilisierte Patienten (Operation, Gipsbehandlung, Alter) n Malignompatienten n Schwangere (2. Schwangerschaftshålfte) n Raucherinnen mit Ústrogenpråparaten n Patienten mit venæsen Verweilsonden (Schrittmacher, venæses Intraportsystem) n Ein hohes thrombembolisches Risiko besteht bei: n Thromboseanamnese n orthopådischen Operationen n Operationen mit 2 (oder mehr) zusåtzlichen Risiken n Tumorpatienten Ein mittleres thrombembolisches Risiko besteht bei: n ausgedehnten Operationen n Operationen mit 1 zusåtzlichen Risiko n Patientenalter > 40 Jahre (0,5% bei 50Jåhrigen; 1,3% bei 60-Jåhrigen; 3,8% bei 80-Jåhrigen)
149
150
n
6 Venæses System
Ein niedriges thrombembolisches Risiko besteht bei: n kurzen, unkomplizierten Eingriffen n Fehlen zusåtzlicher Risiken
bose anzusehen. Sie tritt bei etwa 20% der Månner und etwa 8% der Frauen innerhalb von 5 Jahren auf.
6.3.4 Diagnose 6.3.3 Klinik
n Bildgebende Verfahren
Schwellung (v. a. die einseitige Extremitåtenschwellung), Schmerz beim Auftreten und bei Kompression, Empfindlichkeit sowie Kåltegefçhl sind hinweisend.
Je nach Thromboselokalisation ist deren Effizienz unterschiedlich. Die Phlebographie vermag Thrombosen aller Etagen sicher nachzuweisen. Die Kompressionssonographie mit B-Bild erreicht im Verlauf der Beinvenen eine Aussagesicherheit, die an die Phlebographie heranreicht. Als Schwachpunkt der Sonographie ist die Darstellung der Beckenvenen aufgrund ungençgender Kompression zu beachten. Die Dopplersonographie stellt somit nur im Oberschenkel- und Leistenbereich eine ausreichend verlåssliche Methode dar. Mit der Duplexsonographie sind Diagnosen aller Beinetagen mæglich, wobei im Unterschenkelbereich auch Fehldeutungen mæglich sind.
Mægliche Frçhkomplikationen sind: n Lungenembolie (LE) [Håufigkeit (USA): 650 000/Jahr; Mortalitåt (USA): 100 000±200 000/Jahr; Sherry (1976), Moser (1980)]. n Phlegmasie Als Spåtfolge kann ein postthrombotisches Syndrom (PTS) mit und ohne Ulkus auftreten. Im Gegensatz zu arteriellen Thrombosen werden venæse Thrombosen håufig spontan rekanalisiert. Hierfçr sind die kærpereigene (endogene) Fibrinolyse und Retraktionsmechanismen verantwortlich. Sie kænnen das Thrombusvolumen auf 1/10 des Ausgangswerts reduzieren. Ein vom Endothel gesteuerter Umbau setzt etwa ab dem 3. Tag nach Thrombosebeginn ein (Abb. 6.11). Eine Lungenembolie kann szintigraphisch in bis zu 50% aller tiefen Venenthrombose nachgewiesen werden. Das Risiko einer tædlichen Lungenembolie ohne Heparintherapie betrågt bis 18% (Greenfield 1985). Eine chronisch venæse Insuffizienz (CVI) ist in etwa 80% als Folge einer tiefen Venenthrom-
n Laboruntersuchungen D-Dimere sind Abspaltprodukte, die durch Proteolyse aus vernetztem Fibrin entstehen. Nach kærpereigener (endogener) spontaner Thrombolyse und therapeutischen Lyseverfahren kænnen sie im Blut nachgewiesen werden. Erhæhte Werte finden sich auch bei zahlreichen Krankheitszustånden, wie Blutungen, Operationen, Traumen, Tumoren, Entzçndungen und Schwangerschaft. Somit sinkt die Spezifitåt dieses Tests erheblich. Fçr die Sensitivitåt (das Erkennen tatsåchlich Kranker) erreicht er mit fast 100% eine sehr hohe Bedeutung. Von den verwendeten Labortests hat der Vollblutassay (SimpliRed) die hæchste Sensitivitåt.
6.3.5 Prophylaxe
Abb. 6.11. Spontanverlauf bei Venenthrombose, a durch Thrombus verschlossenes Gefåû mit Kollaterale, b Rekanalisation, c Thrombusretraktion; verbliebene organisierte Thrombusreste imponieren phlebographisch als postthrombotische Wandverånderungen einer alten Venenthrombose
Sie wird bei Zugehærigkeit zu einer Risikogruppe (z. B. Operation, Immobilisation) und Vorhandensein zusåtzlicher Risikofaktoren (z. B. Gerinnungsstærungen, Nikotin) bereits ab dem 16. Lebensjahr gefordert. Die Wahl und Dosierung des Medikaments sind vom Thromboserisiko (hohes, mittleres, niedriges Risiko) abhångig. Niedermolekularem Heparin (NMH) kommt die Hauptbedeutung zu.
6.3 Tiefe Venenthrombose (TVT)
6.3.6 Therapie Ziele sind: n Wiederherstellung der venæsen Strombahn n Verhçtung der Frçhkomplikationen (Klappenschaden, Embolie, Phlegmasie) n Verhçtung von Spåtschåden (PTS) Auch bei z. T. kontrovers gefçhrter Diskussion hinsichtlich Nutzen, Risiko und Spåtresultat im Vergleich zwischen medikamentæser und operativer Therapie nimmt die venæse Thrombektomie ihren festen Platz in der chirurgischen Behandlung der tiefen Becken-Bein-Venen-Thrombose ein. Kenntnisse der venæsen Gefåûanatomie und der Pathologie des thrombotischen Schadens bestimmen letztendlich die Indikationen zur Differenzialtherapie. Grundsåtzlich sollten folgende Aspekte in die Therapieentscheidung einflieûen: n Thrombosetyp Unterschieden werden der aszendierende Typ (distale, von der Wade ausgehende Thrombose) und der deszendierende Typ (proximale, von der Beckenetage ausgehende Thrombose). Die aszendierende Thrombose wird grundsåtzlich konservativ-medikamentæs behandelt, da operative selektive Thrombektomiemanæver der einzelnen tiefen Unterschenkelvenen technisch nicht durchfçhrbar sind. n Thrombosealter Grundsåtzlich gilt: Mit zunehmendem Thrombosealter sinken die Chancen einer erfolgreichen Rekanalisation durch Lyse- oder Thrombektomieverfahren. Ûber 14 Tage alte Thrombosen werden in der Regel weder lysiert noch thrombektomiert (Abb. 6.12). n Kontraindikationen Grundsåtzlich ist bei frischem Hirninsult, Magenulkus, Schwangerschaft, Tumoren und
Abb. 6.12. Zeitlicher Verlauf bei tiefer Venenthrombose
n
hohem Alter eine Antikoagulation/Lyse kontraindiziert. Deshalb sind mindestens 30% aller in Frage kommenden Patienten primår fçr eine Lysetherapie ungeeignet. Als Basistherapie werden immer die Antikoagulation und Kompression angewendet. Je nach Thrombosealter kommen zusåtzlich verschiedene Maûnahmen in Betracht: Im akuten Stadium (bis 1 Woche): n Antikoagulation n Thrombolyse n Thrombektomie n Sperroperationen Im chronischen Stadium: n Kompression n Lagerung (in der Nacht) n evtl. Antikoagulation (Rezidive) n evtl. Bypassverfahren Die chirurgische Therapie venæser Erkrankungen ist indiziert bei: n varikæsen Erkrankungen n aszendierender V.-saphena-magna-Thrombophlebitis n iliofemoraler Venenthrombose (< 7 Tage) n venæsem TOS n Phlegmasie Die erfolgreiche Therapie wird an der Zahl der Komplikationen gemessen, also der Zahl der tædlichen Lungenembolien, der Håufigkeit von Thromboserezidiven sowie der postthrombotischen Spåtschåden.
n Medikamentæse Therapie Die Blutverdçnnung (Antikoagulation) ist bei der Thrombosebehandlung eine wesentliche Grundlage. Bestehende Thromben werden zwar nicht aufgelæst, das weitere Wachstum wird jedoch verhçtet. Initial wird Heparin çber Perfusor (Richtwert: 1000 IE/h) gegeben. Es schlieût sich eine 5-tågige i.v. Heparingabe, çberlappend mit oraler Antikoagulation (z. B. Marcumar) an. Die çberlappende Gabe von Heparin ist zu Beginn der Marcumartherapie erforderlich, weil wåhrend der ersten 24 h nach Therapiebeginn mit Marcumar infolge abfallender Protein-C-Werte vorçbergehend ein Zustand der Hyperkoagulation (!) erzeugt wird.
151
152
n
6 Venæses System
Zu beachten ist: Je kçrzer die Dauer der Heparintherapie, desto seltener treten heparininduzierte Thrombozytopenien auf. Unter Heparin ist in etwa 8% mit einer asymptomatischen Progression des Thrombosewachstums nach zentral zu rechnen. Eine alleinige orale Antikoagulation (Marcumar) wird von einer Thromboseprogredienz bzw. Rezidivrate von etwa 20% begleitet! Der Wirksamkeitsnachweis von Heparin erfolgt in PTT-Werte, die das 1,5- bis 2,5-fache des Normalwerts (60±100 s) betragen, der von Marcumar durch einen TPZ-Wert von 18±25% (Achtung: je nach Labortest und verwendetem Thromboplastinpråparat sind unterschiedliche Nutzwerte mæglich!). Der Laborwert INR sollte 2,0±3,0 (internationaler Standard) betragen. Die Heparintherapie wird bis nach Unterschreiten einer TPZ von 30% (bei gleichzeitig çberlappender Marcumargabe) durchgefçhrt. Die Marcumartherapie dauert mindestens 3, in der Regel 6 Monate, bei Rezidiv etwa 1 Jahr. Auch unter optimaler Antikoagulationsbehandlung ist mit einer Rethromboserate in 5±10% innerhalb des ersten Jahres zu rechnen (Hirsh et al. 1996).
selbst gerinnungshemmend. Ihr Abfall nach Lysetherapie signalisiert einen Zustand neuer Koagulabilitåt, der wiederum eine medikamentæse Dauerantikoagulation erfordert. Zur Kontrolle werden Thrombinzeit und Fibrinogenspiegel gemessen: Der Thrombinzeitnormalwert ist etwa 20 s (17±24 s). Nach Therapiebeginn kommt es zunåchst fçr 4±8 h durch Freisetzung von Fibrinund Fibrinogenspaltprodukten zu einer Verlångerung, danach zu einer Verkçrzung der Thrombinzeit (infolge Erschæpfung der PlasminogenTabelle 6.1. Blutungskomplikationen unter Antikoagulation und Lyse Antikoagulation n Heparin (UFH und NMH) 0,4±0,5% tædliche Blutungen a, c (nicht bei NMH) 2,5±6% schwere Blutungen a, b, i (UFH, NMH) 16% leichte Blutungen a (UFH, NMH) n Marcumar 0,6% tædliche Blutungen pro Jahr a, i 3% schwere Blutungen pro Jahr a Thrombolyse
Die Lysetherapie kann als systemische oder lokale Lyseform sowie mit unterschiedlicher Dosierung als ultrahohe Kurzzeitlyse oder konventionelle Lyse durchgefçhrt werden. Die direkt in den Thrombus applizierte Substanz (im Sinne einer lokalen Lysetherapie) ist grundsåtzlich (wegen der Dosisreduktion und damit Minderung der Blutungsgefahr) gegençber der systemischen Lyse vorzuziehen. Die Dosis fçr die lokale Lyse betrågt 1/10 der Menge, die fçr die systemische i.v.-Dosis benætigt wird. Die nachfolgenden Angaben gelten fçr die konventionelle, systemische Lyse: n Streptokinase (Pråparat: z. B. Streptase): ± initial: 250 000 IE i.v. in 30 min ± Erhaltung: 100 000 IE i.v./h ± Dauer: 3±5 Tage, je nach Effekt (Ræntgenkontrolle), jedoch nie långer als 7 Tage n Urokinase (Pråparate: z. B. Kabikinase, Abbo± kinase, Actosolv): ± initial: 40 000±100 000 IE i.v. in 30 min ± Erhaltung: 50 000 IE i.v./h ± Dauer: 5±10 Tage Es schlieût sich immer eine Antikoagulationsbehandlung mit Heparin an: Die bei der Lyse entstehenden Fibrinspaltprodukte (FSP) wirken
n Streptokinase konventionelle Dosierung: 0,7±3% tædliche Blutungen d, e, f 4,3±10% schwere Blutungen d, e, f ultrahohe Dosierung: 0,5% tædliche Blutungen g, h 0,8% schwere Blutungen e, f n Urokinase 0,3% tædliche Blutungen e, f 1,1% schwere Blutungen e, f n tPA 6,5% schwere Blutungen b Landfeld et al. 1993; b Stein et al. 1994; d Kienast et al. 1991; Straub et al. 1982; e Trçbestein et al. 1991; f Bollinger et al. 1987; g h GISSI 1986; ISAM (1986); i Levine et al. 2001 UFH = unfraktioniertes Heparin; NMH = niedermolekulares Heparin Die Bezeichnung ¹schwere Blutungª beinhaltet: ± Hb Abfall um 2 g/dl ± Bluttransfusion ³ 2 Einheiten ± intrazerebrale Blutung ± retroperitoneale Blutung ± perikardiale Blutung ± Blutung in groûe Gelenke ± Blutung in das Auge ± Blutungsereignisse mit nachfolgender Operation a
c
6.3 Tiefe Venenthrombose (TVT)
spiegel) auf das 3- bis 4-fache des Normalwerts. Der Fibrinogenspiegel sollte, zur Vermeidung von Blutungen, nicht unter 100% absinken (Hinweis: Initialdosis nicht zu niedrig wåhlen).
Tabelle 6.2. Lungenembolie Lungenem- Letalitåt Studie bolierate [%] [%] n Antikoagulation n Heparin n Thrombolyse (alle Formen)
4
0,7 1±2
Marbet (1986) Martin (1990)
0,4
Billard (1987) Bollinger (1987)
13 3
Wahba (1991)
Tabelle 6.3. Tædliche Lungenembolien unter Thrombolysetherapie n
Letalitåt [%] [absolut]
n konventionelle Streptokinaselyse 1305 6 n konventionelle Urokinaselyse 1035 2 n ultrahohe Streptokinaselyse 229 4 (alle Etagen) n ultrahohe Streptokinaselyse 61 4 (Beckenetage)
0,46 0,19 1,75 6,56
Analyse aus 11 Studien; Grimm (1990) Tabelle 6.4. Rekanalisation nach Lysetherapie, nach Breddin (1984) n
Zeitraum
Rekanalisationsergebnis
6 Monate ± vollståndig 9 Jahre offen 125 1969±1979
55 (44%)
n
teilweise offen
verschlossen
45 (36%)
25 (25%)
Analyse aus 6 Studien, fast alle phlebographiert
Abb. 6.13. Korrekte Position eines V.-cava-inferior-Filters
n Frçhe Komplikationen und Ergebnisse der medikamentæsen Therapie Je nach verwendeter Substanz, Dosierung, Therapieschema und Thromboselokalisation kænnen unter medikamentæser Therapie schwerwiegende Komplikationen mit Todesfolge auftreten. Analysen aus der 1998 abgeschlossenen PHLEFI-Studie (Phlebothrombose-FibrinolyseStudie) zeigten bei 1489 behandelten Patienten (alle Formen und Substanzen der fibrinolytischen Therapie) eine Håufigkeit von 21 zerebralen Blutungen (1,4%), von denen 5 (0,334%) tædlich verliefen. Die Tabellen 6.1 bis 6.4 geben eine Zusammenfassung verschiedener Studien bezçglich Blutungshåufigkeit, Lungenembolierate und Letalitåtszahlen.
n Chirurgische Therapie bei Bein-Becken-Venen-Thrombose Auf Hohlvenenniveau haben sich V.-cava-inferior-Sperrverfahren bewåhrt, von denen dem Cavafilter die græûte Bedeutung zukommt: n definitive Ligatur (vollståndige Unterbrechung) n Plikatur (einengende Nåhte) n Cavaclip (Einengung von auûen)
153
154
n
6 Venæses System
n Cavafilter [intraluminale Filter; Typ: MobinUddin (1967) (wird nicht mehr verwendet); Typ: Greenfield (1973) (Abb. 6.13)] n Entwicklung weiterer permanenter und passagerer Filter
Allgemein wird çber Infektion, Blutung und Håmatom, speziell çber mægliche Verletzungen der Beckenvene (evtl. Laparotomie), sowie das Risiko der intraoperativen Lungenembolie (ca. 0,5%) aufgeklårt.
Fçr die ersten 3 Verfahren wurden rezidivierende Lungenembolieraten von 4±5% in der Literatur beschrieben. Thrombosen proximal der Ligaturstelle sowie distale Thromben çber Kollateralvenen erklåren diese Zahlen. Filter vom Greenfield-Typ ergeben eine Offenheitsrate (1 Jahr nach Implantation) von 98% ohne begleitende Marcumartherapie (Orsini et al. 1984). Die Ligatur der tiefen Vene ist gelegentlich berechtigt, wenn die drohende Lungenembolie eines langstreckigen (çber 15 cm), umspçlten (Phlebographie) und aszendierenden Thrombus (bei gleichzeitigem Verschluss der Unterschenkelvenen) verhçtet werden soll. Die isolierte, frische Oberschenkel-BeckenThrombose ist eher eine Indikation zur Thrombektomie. Bei der Implantation eines Filters sollte bedacht werden, dass es im Fall einer Filterthrombose, auch zur Behinderung des venæsen Rçckstroms auf der gesunden Extremitåtenseite kommen kann.
Der Patient wird in Rçckenlage gelagert das gesamte Bein wird abgewaschen (falls steriles elastisches Auswickeln einer Oberschenkelthrombose erforderlich erscheint). Spezielle Lagerungstechniken sind nicht erforderlich. Es wird ein senkrechter Leistenschnitt der jeweiligen Seite vorgenommen. Nach senkrechtem Leistenschnitt wie zur Freilegung der Arterien, jedoch nur distal des Leistenbands wird die Subkutanschicht mit oft gestauten Venen durchtrennt. Die Faszie (Pectineus) wird direkt oberhalb der Vene eræffnet. Die meist daumendicke V. femoralis wird sparsam (2±3 cm) pråpariert, evtl. werden V. profunda und V. saphena mit dargestellt. Nach Unterfahren der V. femoralis (am besten oberhalb der Mçndungsstelle der V. saphena) wird diese gezçgelt (Gummizçgel). Das Anzçgeln weiterer Venen ist nur im Falle selektiver Thrombektomiemanæver dieser Gefåûe von Næten und sollte sonst unterbleiben. Systemisch wird Heparin (Anåsthesie) 5 000 bis 10 000 IE i.v. gegeben. Die V. femoralis (wahlweise auch V. saphena, V. profunda) wird mit 1208-Klemmen abgeklemmt und långs inzidiert (quere Inzision nur bei kleinkalibriger Vene). Die distale Klemme wird geæffnet und der venæse Rçckstrom geprçft. Bedarfsweise muss die Oberschenkeletage (V. femoralis) manuell von distal nach proximal ausgepresst und zusåtzlich mittels steriler Gummibinde (Esmarch-Binde) vom Knæchel bis in die Leiste ausgewickelt werden. Da bei diesem Manæver çber die eræffnete Venotomie viel Blut (bis zu 1 l) verloren gehen kann, sollte ein Cell-saver-System eingesetzt werden. Danach wird erneut distal abgeklemmt. Nach Eræffnung der proximalen Klemme wird der Thrombektomiekatheter (Græûe: 6, Kennfarbe: braun) in die Beckenetage eingefçhrt. Hierbei ist die Gefahr des Hochschiebens von Blutgerinnseln in Richtung Herz extrem unwahrscheinlich, da der nicht geblåhte Katheter diese mçhelos passiert. Frçher geçbte Verfahren mit Blockierung der Hohlvene çber eine gegenseitige Leistenveneneræffnung und Vorschieben eines Cavablockkatheters sollten nicht durchgefçhrt werden, da hierbei eine intakte Venenstrombahn unnætigerweise verletzt
n Venæse Thrombektomie Sie wird in der Regel als n transfemorale Thrombektomie (akuter iliofemoraler Thrombosetyp) oder n transsubklaviale Thrombektomie (akute V.subclavia-Thrombose) durchgefçhrt (1926 eingefçhrt). Im Folgenden wird Erstere ausfçhrlich dargestellt. Indikationen zur transfemoralen venæsen Thrombektomie sind: n Thrombose vom deszendierenden BeckenOberschenkel-Typ (iliofemorale Venenthrombose) n Thrombosealter nicht çber 7 Tage Der Beginn der Erstsymptome ist zu erfragen (meist als Leisten- oder Unterbauchschmerz angegeben). Eine Beinschwellung tritt oft erst um Tage verzægert auf n Phlegmasia coerulea dolens (akute komplette Thrombosierung aller Beinvenen mit nachfolgender arterieller Mangeldurchblutung)
6.3 Tiefe Venenthrombose (TVT)
n
Tabelle 6.5. Behandlungsergebnisse bei TVT Ergebnisse a
Thrombektomie b [%]
n Patency gesamt 72,8
Abb. 6.14. Operationspråparat der V. femoralis links mit Ausgussthrombus
wird und das Risiko einer vermeidbaren Thrombose besteht! Das Thrombektomiemanæver muss fast immer 10- bis 15-mal wiederholt werden, bis alle Thromben entfernt sind. Wåhrend dieser Phase ist unserer Meinung nach die håufig propagierte Ûberdruckbeatmung nicht notwendig. Das Operationspråparat in Abbildung 6.14 zeigt einen Ausgussthrombus aus dem linken Oberschenkel (V. femoralis) mit einmçndenden, ebenfalls thrombosierten Seitenvenen. Abschlieûend werden die Beckenvene mit Heparinlæsung gespçlt und die Venotomie durch sparsam gestochene Naht (Prolene 6-0) verschlossen. Zur Drånage wird ein Redondrån Nr. 12 oder Nr. 14 eingelegt. Der Hautverschluss erfolgt durch Klammernaht. Noch im Operationssaal sollte das Bein mittels elastischen Binden (4 Binden von je 12 cm
n schweres PTS
6,2
Lyse c [%]
Heparin d [%]
48,9
meist nicht untersucht
8,1
10,4
a
Zahlen beruhen zu 23,5% auf Nachuntersuchungen, zu 76,5% auf Schåtzungen b adjuvante AV-Fistel wurde in 24,3% angelegt c Lyse mit rTPA = 58%; Urokinase = 60%, Streptokinase = 38% d bei stationåren Patienten: UFH in 85% bei ambulanten Patienten: UFH : NMH = 44,1% : 47,1% PTS postthrombotisches Syndrom, UFH unfraktioniertes Heparin, NMH niedermolekulares Heparin
Breite) ausgewickelt werden. Auch mit der Antikoagulation mittels Heparinperfusor wird bereits im Operationssaal begonnen. Abbildung 6.15. zeigt die prå- und postoperativen Phlebogramme einer Becken-Bein-VenenThrombose. Tabelle 6.5 gibt einen Ûberblick çber die Behandlungsergebnisse nach transfemoraler venæser Thrombektomie. Die Daten sind 1999 nach einer Umfrage der deutschen Gesellschaft fçr Gefåûchirurgie erstellt worden, an welcher 136 Kliniken mit insgesamt 6 718 Patienten teilnah-
Abb. 6.15. Phlebographie bei tiefer Becken-Bein-Venenthrombose, a, b pråoperatives Phlebogramm mit verschlossener Beckenvene, c, d Postoperatives Phlebogramm mit offener Beckenvene nach Thrombektomie
155
156
n
6 Venæses System
Abb. 6.16. Beckenvenensporn, a phlebographisches Bild mit Fçlldefekt der Vene in Hæhe des Sporns, b Ballondilatation, c Ergebnis mit implantiertem Stent
men (Pillny et al. 2002). Davon wurden 15,9% mit Thrombektomie, 18,6% mit lokaler Lysetherapie und 65,5% mit Heparin behandelt. Thrombosen und Verschlçsse der linken Beckenvene werden oft durch das Vorhandensein eines Beckenvenensporns verursacht. Nach primår erfolgreicher Thrombektomie kommt es håufig zu einer Rezidivthrombose als Ausdruck des belassenen Sporns. Die kausale Therapie dieses Stræmungshindernisses erfordert ein kombiniertes Vorgehen aus erneuter Thrombektomie, Dilatation und Stentimplantation unter intraoperativer phlebographischer Kontrolle: Zunåchst wird die Thrombektomie mit entsprechendem Ballonkatheter (brauner Embolektomiekatheter Nr. 6), bedarfsweise unter Verwendung eines Ringstrippers vorgenommen. Nach Einfçhren des Dilatationskatheters (Græûe des geblåhten Ballons: 12±14 mm) und Aufdehnen der Beckenvene in Hæhe des Sporns wird der Stent platziert und ggf. mit dem PTA-Ballon anmodelliert (Stentlånge: 4±6 cm, selbstexpandierend, Typ: z. B. SMART Control, Fa. Cordis). Grundsåtzlich sollte ein flexibler, aus wenig Drahtmaterial (im Gegensatz zu arteriellen Stents) bestehender Stent verwendet werden. Das Ergebnis wird phlebographisch kontrolliert (Abb. 6.16) und die Operation wie bei einer Thrombektomie beendet.
n Venæse Rekonstruktionsverfahren n Verfahren bei Beckenvenenverschluss Voraussetzung fçr die Operation nach Palma sind eine intakte gegenseitige Beckenvenenetage sowie eine intakte V. saphena magna der Gegenseite. Zunåchst wird die gegenseitige V. saphena magna pråpariert und suprapubisch zur Gegenseite verlagert. Die V. saphena wird mit der V. femoralis (auf der Verschlussseite) anastomosiert. n Verfahren bei Oberschenkelvenenverschluss Voraussetzung fçr die Operationen nach May-Husni sind intakte tiefe Unterschenkelvenen sowie eine intakte gleichseitige Beckenvenenetage. Nach Pråparation der V. saphena magna wird die distale V. saphena mit tiefen Venen im Popliteal- oder Unterschenkelniveau anastomosiert. n Verfahren bei Klappeninsuffizienz Hier sind Klappenrekonstruktion oder -transfer mæglich, auf die hier nicht nåher eingegangen wird. Såmtliche venæse Rekonstruktionsverfahren sind selten angewandte Eingriffe. Dementsprechend sind græûere Erfahrungen und Verlaufsstatistiken nicht vorhanden. Zu bedenken ist, dass die Umgehungsoperationen nach anfånglich guten Ergebnissen mit hohen Verschlussraten behaftet sind.
6.4 Chronisch venæse Insuffizienz (CVI)
n
n Frçhe Komplikationen und Ergebnisse der chirurgischen Therapie Tabellen 6.6 bis 6.8 geben eine Ûbersicht çber die Ergebnisse und die zu erwartenden Komplikationen bei Thrombektomie. Tabelle 6.6. Tædliche Lungenembolie nach venæser Thrombektomie n
Lungenembolieletalitåt
Studie
intraoperativ perioperativ 1263
7 (0,55%)
535
22 (1,74%)
Wahba (1991), Analyse aus 10 Studien
15 (2,8%)
Grimm (1990), Analyse aus 6 Studien
Tabelle 6.7. Ergebnisse nach Thrombektomie mit AV-Fistel n
Zeitraum [Monate]
Ergebnisse
Studien (Zeitraum)
397
ca. 29
klinische Kriterien (asymptomatisch, ohne PTS): etwa 63,4%
Analyse aus 8 Studien (1984±1990)
289
ca. 27
Offenheitsrate (V. iliaca): etwa 75%
Analyse aus 7 Studien (1984±1990)
nach Plate et al. (1990) Tabelle 6.8. Ergebnisse: Thrombektomie vs. konservative Therapie, nach Plate et al. (1984, 1990) Zeit [Jahre]
Therapie
Status Offenheitsraten (asymptomatisch) V. iliaca V. femoralis [%] [%] [%]
1/2
operativ konservativ
42 7
76 35
52 26
5
operativ konservativ
37 18
77 30
36 11
Abb. 6.17. Venæses Ulkus am Innenknæchel
6.4
Chronisch venæse Insuffizienz (CVI)
Hierbei handelt es sich nicht um ein eigenes Krankheitsbild, sondern um den unterschiedlichen Schweregrad einer Hautschådigung im Verlauf spezieller venæser Grundkrankheiten: der varikæsen Venenerkrankung und der tiefen Venenthrombose. Ursåchlich sind Perforansinsuffizienzen (bei Varizen) und das postthrombotische Syndrom (nach tiefer Venenthrombose), die unter dem Bild einer chronisch-venæsen Insuffizienz auftreten und im fortgeschrittenen Verlauf zum Gewebedefekt (Ulcus cruris) fçhren (Abb. 6.17). Entscheidendes Kriterium in der Entstehung venæser Ulzera ist der venæse Reflux infolge Klappenzerstærung im Bereich der tiefen Leitvenen. Durch Kombination aus venæsem Blutdruck und orthostatischem Druck der Blutsåule kommt es zusåtzlich zur Insuffizienz der Klappen in den Perforansvenen und damit dort zur Flussumkehr. Die so dem Ûberdruck ungeschçtzt ausgesetzte Haut wird im Sinne einer dekubitalen Verånderung von innen her zerstært. Anatomisch bedingt treten diese Stærungen an Orten mit mçndenden Perforansvenen und geringer Weichteilstruktur, d. h. çberwiegend im Unterschenkelverlauf auf. Vor Auftreten eines Ulkus werden Stadien der Hautschådigung durchlaufen, die als chronisch-venæse Insuffizienz-Stadien I±IV bezeichnet werden. Etwa 1% der Bevælkerung in Deutschland haben ein Ulcus cruris.
157
158
n
6 Venæses System
Tabelle 6.9. Wertigkeit therapeutischer Verfahren bei Erkrankungen des Venensystems Verfahren
Prinzip
Bewertung
n Kompression
Staseminderung durch Beschleunigung des venæsen Rçckstroms in den tiefen Venen
Basistherapie (akute und chronische Thrombose)
n Antikoagulation
Verhçtung des Thrombuswachstums (Apposition) (Heparin, Marcumar)
Basistherapie (akute Thrombose); drastische Reduktion tædlicher Lungenembolien
n Fibrinolyse
Auflæsung des Thrombus durch Medikamente (Streptokinase, Urokinase, rt-PA)
Kausaltherapie (akute Thrombose) Vorteil: Vermeidung einer Operation Nachteil: verzægerte Rekanalisation (Stunden bis Tage); Lyserisiko (Blutung)
n Thrombektomie
Entfernung des Thrombus durch Operation
Kausaltherapie (akute Thrombose) Vorteil: sofortige Rekanalisation Nachteil: Operationstrauma
n Sperreingriffe
Venenblockade proximal des Thrombus (z. B. Implantation eines V.-cava-Filters)
Embolieprophylaxe
Grundsåtzlich kann jedes venæses Ulkus unter entsprechender physikalischer Therapie zum Abheilen gebracht werden. Dazu ist eine sehr konsequente und oft lebenslange Behandlung erforderlich: n Hochlagern der Extremitåt çber Herzniveau (Lagerung auf speziellen Kissen) wåhrend der Nacht n Tragen von Kompressionsstrçmpfen (Klasse II) wåhrend des Tags n Meiden långeren Stehens Besteht eine Perforansinsuffizienz, ist diese nach Abheilung des Ulkus chirurgisch zu unterbrechen, um Rezidiven kausal vorzubeugen. Dabei sind die lokale Perforanssanierung (bei ausreichend intaktem Gewebe) direkt in Hæhe des Insuffizienzpunkts oder die so genannte paratibiale Fasziotomie (nach Hach) vom proximal gelegenen Zugang mæglich.
6.5
Zusammenfassung
Tabelle 6.9 gibt eine Ûbersicht çber die verschiedenen therapeutischen Verfahren, ihre Prinzipien und ihre Bewertung fçr die Therapie.
6.6
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n
6 Venæses System
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7 Lungenembolie Die Lungenembolie als Folge einer tiefen Venenthrombose stellt eine ernste Erkrankung dar. Auch wenn die meisten Formen klinisch unerkannt verlaufen, ist jeder Pulsanstieg in Kombination mit Luftnot nach einer Beinvenenthrombose kritisch anzusehen. Neben dem direkten phlebographischen Nachweis von Thromben in den Extremitåtenvenen (fast ausschlieûlich der tiefen Bein- und Beckenvenen) als Ursprungsort erfolgt heute die Diagnose der Lungenarterienembolie durch die CT-Untersuchung. In Tabelle 7.1 sind die epidemiologischen Daten der USA mit denen von Deutschland verglichen.
7.1
Klinik
Neben Tachykardie, Dyspnoe und Schmerzen beim Atmen zeigen sich håmodynamisch Anstiege des Pulmonalarteriendrucks, des enddiastolischen Drucks des rechten Ventrikels und des pulmonalen Gefåûwiderstands.
7.2
Diagnostik
7.2.1 Labor und Ræntgen n D-Dimer Die kærpereigene (endogene) Fibrinolyse wird bei Thrombosen aktiviert und baut die fibrinhaltigen Thromben ab. Dabei werden so genannte Fibrinogenspaltprodukte (D-Dimere) freigesetzt. Sie lassen sich mit Labortests (ELISA) leicht nachweisen. Die Normalwerte liegen bei 150±450 mg/dl Fibrinogen und 0±0,25 lg/ml D-Dimer). Ein normaler D-Dimer-Test schlieût eine Thrombose bzw. eine Lungenembolie praktisch immer aus (hoher ¹negative predictive valueª). Ein erhæhter D-Dimer-Test ist bei fast allen Patienten mit Lungenembolie nachweisbar. Allerdings gehen Infektionen, Schwangerschaft und Tumoren ebenfalls mit einer Erhæhung der D-Dimere einher. Als Ausdruck der endogenen Fibrinolyse sind die Fibrinogenspiegel im Blut erniedrigt.
n Ræntgen Tabelle 7.1. Inzidenz der Lungenembolie in den USA und Deutschland, nach Odenthal et al. (1992) Anzahl
Davon tædlich
USA
500 000
90 000±200 000
Deutschland
200 000
10 000±20 000
Angaben pro Jahr
Im Ræntgenthorax besteht Strahlentransparenz infolge Rarefizierung der Lungengefåûe (Westmark-Zeichen). Blutgasanalyse und Kapnometrie tragen zur Diagnose bei. Nicht durchblutete, jedoch beatmete Abschnitte der Lunge werden als Totraumventilation bezeichnet. Ein Perfusionsausfall infolge einer Embolie entspricht genau diesem Zustand.
n Blutgasanalyse Der im Stoffwechsel anfallende CO2-Anteil erreicht infolge des Kreislaufversagens nicht die
162
n
7 Lungenembolie
Alveole. Demzufolge sinkt der hier gemessene CO2-Anteil deutlich ab. Die Messung des arteriellen pCO2 und des alveolåren pCO2 (mittels Kapnometrie) erlauben die Bestimmung des arterioalveolåren CO2-Gradienten (arterieller pCO2 minus alveolårer pCO2): n Norm: pCO2 ca. 5 mmHg (bei COPD £ 15 mmHg) n Lungenembolie: pCO2 deutlich > 15 mmHg
7.2.2 EKG Hinweise fçr eine Lungenembolie im EKG sind SI-QIII-Typ, p-Pulmonale, Rechtstyp. Ûbereinstimmung besteht in maximal 20%. Differenzialdiagnostisch wird ein Myokardinfarkt ausgeschlossen.
7.2.3 Bildgebende Verfahren Mit der Computertomographie (mit Kontrastmittel) kænnen zentrale Thromben direkt nachgewiesen werden, mit der Pulmonalarteriographie sowohl zentrale als auch periphere Thromben. Die Szintigraphie dient zur Abklårung des Ausmaûes des Perfusionsausfalls. Zur Abklårung der Embolieursache wird eine Phlebographie der unteren Extremitåten durchgefçhrt (muss bei fulminanter Lungenembolie unterbleiben).
7.2.4 Einteilung Entsprechend der klinischen, håmodynamischen und respiratorischen Parameter werden vier Stadien unterschieden (Tabelle 7.2).
7.3
Therapie
Sie richtet sich nach Ausmaû (Perfusionsausfall der Lungenstrombahn) und klinischem Bild. In Frage kommen: n Antikoagulation (Basistherapie der Venenthrombose) n Thrombolyse (systemisch oder lokal) n Operation (Embolektomie der Pulmonalarterien)
7.3.1 Thrombolyse Rasch wirksame Thrombolytika mit sehr kurzer Halbwertszeit bilden heute eine Alternative zur chirurgischen Therapie bei akuter, fulminanter Lungenembolie. Kontraindikationen bestehen n bis 10 Tage nach Verletzungen (Operation, Trauma) n bis 2 Monate nach Hirninsult n bei Bluthochdruck, systolisch > 180 mmHg; diastolisch > 120 mmHg n bei Leberschaden, Blutungsneigungen n bei Schwangerschaft n bei Entzçndungen (Endokarditis, Pankreatitis) Der Plasminogenaktivator (rt-PA) [Pråparat: Actilyse¾ 20 mg (Algeplase), Fa. Boehringer Ingelheim] wird zunåchst als Bolus 10 mg i.v. appliziert, dann werden 90 mg via Perfusor çber 2 h i.v. gegeben. Die Grenzdosis von 100 mg muss beachtet werden, da als Komplikation eine Hirnblutung auftreten kann (Risikorate: 1,9±3,0%). Nach derzeitiger Studienlage wird das oben skizzierte Vorgehen zur Thrombolyse, mit und ohne Heparingabe, empfohlen. Die An-
Tabelle 7.2. Stadieneinteilung der Lungenembolie Stadium
I
II
III
IV
n Ausmaû n Klinik
klein keine
n n n n
normal normal normal normal
mittel Tachykardie Angst normal (;) < 80 < 40 leicht erhæht
massiv Dyspnoe Kollaps erniedrigt (;;) < 65 < 30 > 30
fulminant Dyspnoe Schock erniedrigt (;;;) < 50 < 30 > 30
Blutdruck pO2 mmHg pCO2 mmHg PAP mmHg
PAP pulmonal-arterieller Druck
7.3 Therapie
gaben beziehen sich auf zwei groûe multizentrische Studien von 1993 (Goldhaber et al.) und 2003 (MAPPET-3-Studie, Konstantinidis et al.). In Zentren mit der Mæglichkeit des Einsatzes einer Herz-Lungen-Maschine werden Patienten im Stadium einer fulminanten Embolie in der Regel operativ versorgt. Bei eindeutiger klinischer Symptomatik und Befund (tiefe Beinvenenthrombose) ist im Notfall die rasche Operation (ohne weitere Diagnostik) indiziert und lebensrettend.
7.3.2 Pulmonalarterienembolektomie Eine Pulmonalarterienembolektomie erfolgte erstmals 1908 ohne Herz-Lungen-Maschine (Operation nach Trendelenburg), 1961 dann unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (Sharp, Baltimore; Cooley, Houston). Sie ist bei massiver oder fulminanter Lungenembolie (Stadien III und IV) sowie bei Kontraindikationen zur Lysetherapie indiziert. Der Patient wird çber die Mæglichkeit von Blutung bzw. Infektion und speziell çber die Risiken eines Eingriffs mit der Herz-Lungen-Maschine aufgeklårt. Die Technik ist abhångig von der Situation des Patienten (Operation bei stabilem Kreislauf oder unter Reanimationsbedingungen). Bei stabilem Kreislauf erfolgen mediane Sternotomie, Heparingabe und Anschluss der HLM in çblicher Technik (1 aortale Kançle, 2 venæse Kançlen von jeweils 32 F und 3/8-3/8-Zoll-Konnektoren zur Kançlierung beider Hohlvenen). Elektrisch wird Kammerflimmern induziert. Bei jçngeren, kardial nicht vorerkrankten Patienten ist Kardioplegie nicht unbedingt erforderlich, åltere, kardial vorgeschådigte Patienten sollten Kardioplegielæsung in çblicher Technik (via Aorta ascendens nach Abklemmen der Aorta) erhalten. Nach Ûbergang auf totalen kardiopulmonalen Bypass (Anzçgeln beider Hohlvenentourniquets) wird der Pulmonalarterienstamm zwischen den Haltefåden långs eræffnet. Es folgen Embolektomie, instrumentelle Entfernung der Thromben, am besten mit einer Kornzange und dem Maschinensauger, evtl. auch mit dem Cellsaver-Sauger. Um eine Schådigung des Gefåûwandendothels durch die Instrumente zu vermeiden, sollte das Gerinnsel gezielt im proximalen Anteil (Pulmonalarterienstamm und beide Abgånge) gegriffen werden. In den tiefer
n
gelegenen Abschnitten (Pulmonalarterienåste) werden Sauger verwendet. Bei Verletzung der Gefåûwand ist eine Ûbernåhung des åuûerst zarten Endothels sehr schwierig oder unmæglich (Folge: intrabronchiale Blutung). Ein Embolektomiekatheter (nach Fogarty) ist praktisch nie indiziert. Bei peripheren Embolien ist nach Eræffnung beider Pleuren durch manuelle Massage die indirekte ¹Embolektomieª kleinerer Arterien mæglich. Bei Verdacht auf intrakardiale Thromben muss auch der rechte Vorhof (bedarfsweise die rechte Kammer) inspiziert werden (deshalb ist generell die Kançlierung beider Hohlvenen zu empfehlen). Unter Reanimationsbedingungen wird eine externe thorakale Herz-Druck-Massage durchgefçhrt und der Patient in den OP gebracht. Zunåchst wird nur die untere Kærperhålfte (beide Leisten) steril gewaschen und abgedeckt. Die Leistengefåûe (A. und V. femoralis) einer Seite werden freigelegt und angeschlungen. Fçr die extrakorporale Zirkulation ist systemisches Herparin (20 000 Einheiten, i.v. oder i.a.) erforderlich. Die A. femoralis communis wird mit Hilfe einer 22-F-Kançle (ca. 7,5 mm) und 3/8-3/8-ZollKonnektor, die V. femoralis mit Hilfe einer 28-F-Kançle und 1/2-1/2-Zoll-Konnektor kançliert. Die Verwendung einer çberlangen venæsen Kançle erlaubt das Fahren des errechneten, vollen Flusses. Da das Einfçhren derselben Schwierigkeiten bereiten kann, kann auch eine kurze femoral-venæse Kançle verwendet werden. Hierbei lassen sich jedoch nur etwa 3/4 des errechneten Flusses fahren. Bei anatomisch gradlinigem Verlauf von V. cava, rechter V. iliaca und V. femoralis bietet die Kançlierung von rechts oft einen ausreichenden venæsen Rçckfluss zur Herz-Lungen-Maschine und erlaubt einen vollen Fluss. Nach Anschluss an die Herz-Lungen-Maschine wird auf die extrakorporale Zirkulation umgestellt und die Druckmassage beendet. Das gesamte Operationsgebiet wird vollståndig gewaschen und abgedeckt. Der Brustkorb wird çber mediane Sternotomie eræffnet. Falls der errechnete Fluss vorliegt, kann die femorale Kançlierung beibehalten werden. Bei ungençgendem Fluss muss venæs umkançliert werden. Hierzu wird çber das rechte Herzohr eine 2-Stufen-Kançle in çblicher Weise in Rich-
163
164
n
7 Lungenembolie
Kardioplegieleitung
Abb. 7.1. Thrombektomie, a Operationsschema, b intraoperatives Bild mit Thrombektomie aus dem Vorhof Tabelle 7.3. Therapieergebnisse bei Lungenembolie und chronischer pulmonaler Hypertonie Lungenembolie Letalitåt n nach Thrombolyse
15±20%
n nach Operation (pulmonale Thrombendarteriektomie)
10±20%
Goldhaber et al. (1987) Verstraete et al. (1988) Slany et al. (1985)
Prognose n 5-Jahres-Ûberlebensrate (nach Operation)
80%
Daily et al. (1990)
0,5±4%
Daily et al. (1990)
PAP > 30 mmHg : 30% PAP > 50 mmHg : 10% bis 20% (pulmonale Thrombendarteriektomie)
Chitwood et al. (1985) Daily et al. (1990) Iversen (1994)
Chronische pulmonale Hypertonie Håufigkeit Prognose n 5-Jahres-Ûberlebensrate a (ohne Operation) n Operationsletalitåt
a
Abhångig vom bestehenden Mitteldruck in der Pulmonalarterie (PAP)
tung untere Hohlvene eingefçhrt. Danach kann komplett auf die Vorhofkançle umkançliert und die femoral-venæse Kançle entfernt werden. Die Notwendigkeit der Vorhoferæffnung (zur intrakardialen Thrombektomie) erfordert eine zusåtzliche Kançlierung der oberen Hohlvene (Abb. 7.1). Das venæse ableitende System muss dazu çber einen Y-Konnektor (1/2-3/8-1/2-Zoll) verbunden werden. Am Ende der Operation wird ein Cava-Filter (V. cava inferior) implantiert. Dieser kann entweder durch den rechten Vorhof, nach Beenden
der extrakorporalen Zirkulation (transatrial), oder çber die liegende venæse Schleuse (transjugular) eingebracht werden. Er wird distal der Abgånge der Nierenvenen platziert. Bei der Ræntgendurchleuchtung sind diese in Hæhe des 2. LWK zu erwarten. Eine Sonderform der operativen Therapie stellt die pulmonale Thrombendarteriektomie bei chronischer Lungenembolie dar. Hauptziel ist hierbei die pulmonale Hypertonie zu senken und damit die Belastbarkeit, v. a. jçngerer Patienten, zu erhæhen.
7.4 Literatur
Diese spezielle Form der Therapie wird in nur wenigen Zentren durchgefçhrt und bedarf entsprechender Erfahrung, zudem die perioperative Letalitåt deutlich erhæht ist. Tabelle 7.3 gibt einen Ûberblick çber die therapeutischen Ergebnisse nach Thrombolyse und operativer Intervention.
7.4
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165
8 Niereninsuffizienz Verschiedene Nierenkrankheiten fçhren zum zunehmenden Verlust der exkretorischen Nierenfunktion bis hin zur Uråmie. Infolge Retention harnpflichtiger Substanzen entsteht das Krankheitsbild einer terminalen Niereninsuffizienz, die unbehandelt mit dem Leben nicht vereinbar ist. Hiervon abzugrenzen sind passagere Stærungen der Nierenfunktion (posttraumatisch, postoperativ, Intoxikationen), die einer meist vorçbergehenden Unterstçtzung durch Dialysebehandlung bedçrfen.
8.1
Epidemiologie und Øtiopathogenese
Auf 1 Mio. Einwohner kommen 700 Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz. Ursachen sind: n Glomerulonephritis: 40% n Pyelonephritis: 20% n Zystennieren: 8% n renovaskulåre Stærung: 5%
8.2
Klassifikation
Je nach glomerulårer Filtrationsrate, Kreatininwert und klinisch-laborchemischer Befundkonstellation werden vier Stadien unterschieden; Stadium IV ist die terminale Niereninsuffizienz. Sie zeichnet sich aus durch: GFR < 5 ml/min, Serumkreatinin > 10 mg pro dl sowie Uråmie (Hyperkaliåmie, Azidose, Polyneuropathie).
8.3
Therapie
Das chronische Nierenversagen erfordert den dauerhaften Ersatz der Nierenleistung durch chronische Dialyseverfahren (symtomatische Therapie) oder Nierentransplantation (kausale Therapie). Bei den Dialyseverfahren kommen die Håmodialyse (håufigste Form) und die Peritonealdialyse (seltene Form) in Frage. Fçr den Einsatz der chronischen Håmodialyse ist ein Zugang zum Blutkreislauf erforderlich. Dieser wird entweder im Sinne eines temporåren Gefåûzugangs durch Kathetersysteme (z. B. Sheldon-Katheter, DemersKatheter) oder eines dauerhaften Zugangs durch chirurgische Eingriffe (Shuntanlage) erzielt. 1912 wurde von dem amerikanischen Pharmakologen John J. Abel das erste Dialysegeråt entwickelt und im Tierversuch erprobt. 1943 setzte der niederlåndische Internist Willem J. Kolff ein von ihm entwickeltes Dialysegeråt beim Menschen ein.
8.3.1 Shuntanlage An anatomische Voraussetzungen geknçpft kommen bei unterschiedlichen chirurgisch-technischen Mæglichkeiten verschiedene Verfahren der Shuntanlage in Betracht. Grundsåtzlich sollte die Erstanlage so distal wie mæglich (Unterarm) erfolgen. Die autologe Vene (am Unterarm: zwischen A. radialis und V. cephalica; am Oberarm: zwischen A. brachialis und V. cephalica) ist zu bevorzugen, der Prothesenshunt wird am Unterarm als Schleife; am Oberarm eher langstreckig und geradlinig; infraklavikulår (bei mangelnder Anschlussmæglichkeit am Arm) als Schleife zwischen A. und V. subclavia angelegt. Ziel ist die Schaffung eines dauerhaften, den Flussanforderungen (250±300 ml/min) gençgenden Gefåûzugangs.
168
n
8 Niereninsuffizienz
Indiziert ist die Shuntlage im Endstadium der Niereninsuffizienz. Der Patient wird aufgeklårt çber die Schwellneigung von Arm/Hand, die Mæglichkeit von Nachblutungen (Einsatz von Heparin), eines Shuntverschlusses (Folgeoperation), einer Infektion, einer Beeintråchtigung der Handfunktion (Steal-Phånomen) sowie der Ausbildung eines Aneurysmas. Pråoperativ ist die Handdurchblutung mittels des Allen-Tests zu prçfen. Unter Kompression beider Unterarmarterien werden rasche Handbewegungen (Faustschluss 10-mal) durchgefçhrt. Das isolierte Freigeben von A. radialis oder A. ulnaris dient der Beurteilung der ausreichenden Handversorgung çber das betreffende Gefåû. Als Operationen kommen in Frage: n Cimino-Shunt [permanente AV-Fistel nach Brescia-Cimino (1966)]: Voraussetzung: gut tastbare A. radialis; kråftige V. cephalica (nach Anstauen); Material: autologe Vene; Narkose: Lokalanåsthesie n Prothesenshunt (verschiedene Formen mæglich): Voraussetzung: fehlende lokale Entzçndungszeichen; Material: Kunststoff (in der Regel: PTFE-Prothese); Narkose: Plexus- oder ITN-Anåsthesie n Scribner-Shunt [temporåre AV-Fistel nach Quinton-Scribner (1960)]: Voraussetzung: intakte arterielle Durchblutung (tastbare Fuûpulse); intakter venæser Abstrom (fehlende Thrombose); Material: Kunststoff (spezielle Kathetersysteme); Narkose: ITN-Anåsthesie
n Cimino-Shunt Der Zugang erfolgt çber einen etwa S-færmigen Hautschnitt (alternativ, bei weit auseinander-liegenden Gefåûen auch 2 parallele Inzisionen) am distalen, radialseitigen Unterarm (kontralateral zur Gebrauchshand). Die V. cephalica (Kaliber nicht unter 4 mm) wird auf mindestens 5 cm pråpariert, distal ligiert, durchtrennt und nach proximal mit Heparinlæsung aufgefçllt. Die unterhalb der Faszie gelegene Arterie wird pråpariert und abgeklemmt. Es erfolgen eine Långsarteriotomie von ca. 1 cm sowie eine spitzwinklige Anastomose zwischen Vene (End) und Arterie (Seit) mit 6-0-Prolenefaden ± keine End-zu-End- und keine Seit-zu-Seit-Anastomosen. Die Wunde wird nur durch Hautnaht verschlossen (keine Subku-
Abb. 8.1. Anatomie eines Gefåûshunts (Venenshunt) zur Håmodialyse
Abb. 8.2. Bild nach Shuntpunktion unter laufender Dialyse
tannåhte wegen der Einengungsgefahr) (Abb. 8.1, 8.2).
n Prothesenshunt Bei ungçnstigen Venenverhåltnissen an beiden Unterarmen (Kaliber < 3 mm, Vorpunktionen, nach Phlebitis, schwacher Radialispuls) werden Kunststoffprothesen (6-mm-PTFE-Prothese) eingesetzt. Als Zugang dient ein etwa 5 cm langer Querschnitt, 1 cm unterhalb der Ellenbeuge. Eine vom Kaliber geeignete Vene ± V. basilica, V. cephalica oder eine andere tiefe Vene ± wird dargestellt. Der Lacertus fibrosus (Bizepssehne), unter dem direkt die A. brachialis liegt, wird durchtrennt. Unter systemischer Heparingabe wird die Arterie abgeklemmt. Die Långsarteriotomie (vor Aufteilung in die Unterarmarterien)
8.3 Therapie
n
n Effektivitåtsnachweis nach Implantation
Abb. 8.3. Anlage eines Prothesenshunts am Unterarm
sollte weniger als 1 cm betragen (bei zu weiter Anastomose besteht die Gefahr eines Steal-Phånomens mit Mangeldurchblutung der Hand). Arterie (Seit) und Prothese (End) werden mit 6-0-Prolenefaden anastomosiert. Nach Setzen von 2 schrågen, kurzen Hautinzisionen am beugeseitigen Unterarm wird die Prothese subkutan im bogenfærmigen Verlauf zurçck zur Ellenbeugenwunde durchgezogen. Die Vene wird abgeklemmt und långs auf 1±1,5 cm inzidiert. Es erfolgt die Anastomose zwischen Vene (Seit) und Prothese (End) mit 6-0-Prolenefaden (Abb. 8.3).
n Scribner-Shunt Dank fortgeschrittener und zuverlåssiger passagerer Kathetertechnik ist die Anlage eines Scribner-Shunts selten indiziert (Infektionen im Armbereich, Thrombosen groûer Venen des Oberkærpers). Als Zugang dienen ein Långsschnitt çber der A. tibialis posterior sowie ein zweiter paralleler Långsschnitt çber der V. saphena magna am medialen distalen Unterschenkel. Nach Darstellung von Arterie (unterhalb der Tibialisfaszie) und Vene (an der Tibiakante) werden diese Gefåûe auf arteriellen Zustrom (sichtbare Pulsation) und venæsen Abstrom (Ausstreichen der Vene nach proximal mit rascher Wiederauffçllung) geprçft. Beide Gefåûe werden nach distal ligiert und eræffnet. Je ein gebogener kurzer Kunststoffkatheter wird eingefçhrt und durch Ligatur mit dem Gefåû abgedichtet. Die Enden werden separat durch Hautinzisionen herausgeleitet und çber dem Hautniveau çber ein U-Stçck kurzgeschlossen.
Der deutlich geringere periphere Widerstand im venæsen Abflusssystem des Shunts erzeugt das typische Schwirren einer arteriovenæsen Fistel, das getastet oder auskultiert werden kann. Eine dopplersonographische Funktionsmessung (abgeleitet çber dem venæsen Schenkel) zeigt bei gut funktionierendem Shunt eine typische Stræmungscharakteristik mit hohem Flussanteil çber der Nulllinie, entsprechend dem niedrigen peripheren Widerstand.
n Komplikationen n Shuntinsuffizienz Ursachen sind: zu kleine Venenkaliber (< 3 mm), venæses Abstromhindernis (Thrombose, Punktionsschaden), arterielles Zustromproblem (AVK, Hypotonie) sowie Verschleiû. Abhilfe versprechen die Verwendung einer Gefåûprothese bei zu kleiner Vene, Thrombektomie und evtl. eine Neuanastomose. n Infektion (begçnstigt durch Uråmie) Ursachen sind operations- oder punktionsbedingte Kontamination. Einer Infektion wird mit Hochlagerung, Kçhlen, Prinzip der offenen Wundbehandlung sowie Explantation des Kunststoffs bei tiefem Infekt begegnet. Es besteht die Gefahr der Arrosionsblutung. n Steal-Phånomen Es beruht auf einer zu weiten arteriellen Anastomose (meist bei proximalen Shuntanlagen). Zur Behebung erfolgt Einengung durch Naht (Shuntbanding). Eine schwere ischåmische Schådigung mit z. T. komplettem neurologischen Ausfall in der Hand zwingt zum sofortigen Aufheben des Shunts. n Aneurysma Ursachen sind chronische Dialyse (håufige Punktionen der gleichen Stelle) und Anastomoseninsuffizienz bei Infektion. Es erfordert die Resektion mit Neuanastomose oder Interponat.
n Erstpunktion Zur Vermeidung von Håmatomen und damit auch der Infektionsgefahr sind bis zur Erstpunktion zeitliche Fristen einzuhalten.
169
170
n
8 Niereninsuffizienz
n Venenshunt: ca. 2 Wochen nach Operation n Prothesenshunt: ca. 3 Wochen nach Operation n Scribner-Shunt: sofort benutzbar Die Verwendung neuartiger PTFE-Prothesen scheint eine deutliche Verkçrzung des Zeitintervalls zwischen Operation und Erstpunktion zu erlauben.
8.3.2 Alternative Zugånge Patienten mit lokalen Problemen nach Anlagen von Cimino- oder Prothesenshunts, sowie Patienten, die eine nur temporåre Dialyse benætigen kænnen çber alternative Kathetersysteme dialysiert werden. Hier ist in erster Linie der Demers-Katheter zu nennen, der çber einen jugalaren (V. jugalaris interna) oder subklavialen Zugang, in der Regel von der rechten Seite, eingebracht wird. Eine kurze supra- oder infraklaviculåre Inzision erlaubt den raschen Zugang zum betreffenden Gefåû. Nach Legen einer Tabaksbeutelnaht (5-0 Prolene) wird die Vene punktiert und die Schleuse mit Fçhrungsdraht eingebracht. Unter Ræntgenkontrolle wird die Katheterspitze in den Ûbergang der oberen Hohlvene zum rechten Vorhof platziert und auf einwandfreie Aspiration geprçft. Nach Tunnelieren zur pråpektoralen Thoraxwand wird der Katheter so eingebracht, dass das Bakterienfilter noch subkutan, vor der Hautaustrittsstelle liegt. Ûber diesen Zugang kann die Dialyse jederzeit durchgefçhrt werden.
8.4
Literatur
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9 Thoracic-outlet-Syndrom Erkrankungen der oberen Extremitåt in Bezug auf Stærungen der Leitungsbahnen treten verhåltnismåûig selten auf. So stellen die arterielle Verschlusskrankheit und die Thrombose der tief liegenden Venen, gemessen an der Håufigkeit ihres Auftretens an den unteren Extremitåten, eher eine Ausnahme dar. Neurovaskulåre Symptome der Arme sollten jedoch, unter Berçcksichtigung der Differenzialdiagnose, an das Vorliegen eines Kompressionssyndroms der oberen Thoraxapertur denken lassen. Je nach betroffener Struktur reicht die Klinik von Paråsthesien der Finger çber Schwellungszustånde des Arms bis hin zur schweren Durchblutungsstærung der Hand. Der Begriff Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) wurde von Peet (1956) sowie von Rob und Standeven (1958) geprågt, wåhrend die Symptomatik bereits 1905 von Thorburn beschrieben wurde.
Neben genauer Anamneseerhebung und nichtinvasiven sonographischen Methoden kommt der angiographischen Untersuchung ein hoher diagnostischer Wert zu. Dekompressionsmaûnahmen im Bereich des thorakalen Inlet bzw. Outlet stehen an erster Stelle des therapeutischen Vorgehens. Entsprechend der betroffenen Struktur kænnen bei vaskulåren Prozessen Thrombolyse, Thrombektomie und Sympathektomie ihren Einsatz finden (Abb. 9.1). Als Basistherapie bei venæser Thrombose wird die Antikoagulation immer indiziert sein.
Abb. 9.1. Leitungsbahnen (Arterie, Nervenplexus und Vene) des Arms und ihre anatomische Beziehung zum knæchernen Thorax; mit freundlicher Genehmigung aus: Lanz u. Wachsmuth (1955)
172
n
9 Thoracic-outlet-Syndrom
9.1
Klinik
Entsprechend der betroffenen Region kænnen Symptome folgender anatomischer Strukturen auftreten: Kopf, Nacken, Schultern, Oberarm, Ellenbogen, Unterarm und Hand. Sie bestehen in: n Schmerzen in einer der genannten Regionen n Taubheitsgefçhl, Kribbeln, sonstigen Missempfindungen n Schwåche im Arm-Hand-Bereich n Schwellung (oder nachgewiesene Thrombose) des Arms n Verschlimmerung der Symptome bei ÛberKopf-Hochheben der Hand Anamnestisch lassen sich håufig Unfålle des Kopf-Schulter-Hals-Bereichs eruieren.
9.2
Diagnose
An nichtinvasiven apparativen Untersuchungen stehen zur Verfçgung: n Sonographie (Doppler oder Duplex) n knæcherne Aufnahmen (Frakturen, Kallus, Skelettanomalien) der Schulter-Hals-Region Invasive Maûnahmen sind: n Arteriographie n Phlebographie Sie sind indiziert bei arteriellen Durchblutungsstærungen der Hand/Finger, sensomotorischen Stærungen, trophischen Verånderungen, differenten Pulsverhalten (Seitenvergleich), pathologischer Dopplerkurve (Seitenvergleich), und Umfangsdifferenz der Arme (Venenthrombose). Die Arterie wird transfemoral punktiert (bzw. Unterarmvenenpunktion) und ein Katheter im Aortenbogen (bzw. in einer Armvene) platziert. Nach Injektion eines Kontrastmittels stellt sich das Gefåû dar. In Normalposition des Arms werden die proximale und distale A. subclavia sowie die çbrigen Armarterien beurteilt (AVK?, Aneurysma?), ebenso der thorakale Outlet anhand eines Funktionstests: Abduktion des Arms in 458-, 908- und evtl. > 908-Position.
9.3
Therapie
Die Therapie des TOS setzt eine sorgfåltige Analyse der beteiligten Strukturen voraus. Ein groûer Teil der Patienten (*80%) ist mit einer physikalischen Therapie allein (Schultermuskulaturtraining) gut behandelt. Kombiniert werden kann diese Therapie mit entzçndungshemmenden und relaxierenden Medikamenten. Bei nachgewiesener Kompression im Bereich des Thoraxeinlasses bzw. -auslasses muss eine Dekompressionsoperation, meist als transaxillare Resektion der ersten Rippe, erfolgen. Diesen Eingriff benætigen etwa 20% aller TOS-Patienten. Die 1. Rippe wurde erstmals 1962 çber einen posterioren (Clagett), 1966 çber einen transaxillaren (Roos) und 1968 çber einen infraklavikularen Zugang (Gol) reseziert. Indiziert ist dieser Eingriff bei einer Beeintråchtigung von Vene (drohende oder bestehende Thrombose), Arterie (belastungsabhångige Ischåmiesymptome der Hand) sowie Plexus (ulnare Paråsthesien) im Bereich des Thoraxauslasses (isoliert oder in Kombination). Der Patient wird çber die allgemeinen Risiken ± Blutung und Infektion (Nåhe der Schweiûdrçsen) ± sowie die speziellen Gefahren ± Verletzung eng benachbarter Strukturen (insbesondere Nervenplexus in *3%), Einlegen einer Thoraxdrånage und Rezidiv ± aufgeklårt. Der Eingriff (keine Anfångeroperation) erfolgt in strenger Seitenlagerung, der Arm der entsprechenden Seite befindet sich çber dem Kopf. Unterhalb der Achselhaare zwischen M. pectoralis und M. latissimus dorsi wird leicht bogenfærmig inzidiert und bis auf die Rippe (meist die 3.) pråpariert. Nach kranial werden die çbrigen Rippen (2. und 1.) dargestellt. Letzteres ist technisch aufgrund der weit kranialen Lage schwierig. Das Periost wird abgeschoben, die Muskelansåtze (Mm. scalenus anterior und medius) werden durchtrennt. Nach ausreichender Mobilisation der gesamten Rippe (etwa 8 cm Rippenlånge) wird diese durchtrennt (gelingt am besten mit Hilfe der Luer-Zange oder Liston). In çber 50% der Fålle wird bei der Mobilisation der Rippe die Pleura eræffnet und entsprechend durch eine Thoraxdrånage versorgt (Abb. 9.2 bis 9.4).
9.5 Literatur
9.4
ThoraxdraÈnage
Abb. 9.2. Situs bei Operationsende (rechte Axillarregion)
Abb. 9.4. Postoperative Phlebographie: Zustand nach Resektion der ersten Rippe, unbehinderte Passage in der venæsen Strombahn
Ergebnisse
Unter physikalischer Therapie wird bei ca. 60% der Patienten eine deutliche Besserung oder sogar Beschwerdefreiheit erzielt. Die operative Therapie beseitigt bei vorliegendem Engpass oder Anomalie (Halsrippe) kausal das krankheitsauslæsende Substrat und schafft mit der Entfernung von Rippe und Muskelansatz einen breiten Durchlass der Armstrukturen. 85±90% der resezierten Patienten werden primår symptomfrei. Eine gewisse Rezidivrate kann infolge narbiger Verwachsungen zu neuen Beschwerden fçhren und eine Reoperation (2±7%) notwendig machen. Entscheidend fçr das chirurgische Spåtergebnis ist die ausgiebige Rippenresektion einschlieûlich Periost, um Regeneraten vorzubeugen.
9.5
Abb. 9.3. Pråoperative Phlebographie: deutliche Stenose der V. subclavia in Hæhe des Thoraxeinlasses (keine Thrombose), gepunktete Linie Lage der Clavicula
n
Literatur
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173
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n
9 Thoracic-outlet-Syndrom
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Glossar
A
B
Adhåsion Anheften (lateinisch: adhaerere = ankleben) Aggregation Zusammenballung (lateinisch: aggregare = zusammenscharen) Allen-Test (Edgar v. Allen 1900±1961) Belastungstest zur Prçfung der Handdurchblutung: rasches Schlieûen und Úffnen der Hand bei gleichzeitiger Kompression beider Unterarmarterien fçhrt zum Abblassen; Freigabe einer der komprimierten Arterien zeigt, bei Erholung der Hautfarbe, die ausreichende arterielle Versorgung durch die freigegebene Arterie. Indikationen: vor arterieller Punktion zur invasiven Druckmessung, vor Entnahme als Bypassgefåû (A. radialis in der Koronarchirurgie und vor Dialyseoperationen. Angioplastie Sammelbegriff fçr nichtoperative Verfahren zur Rekonstruktion (Erweiterung) von Gefåûverengungen oder -verschlçssen mit Hilfe spezieller Techniken: z. B. Ballondehnung, Fråsen u. a.) APC-Resistenz Abkçrzung fçr: aktiviertes Protein C Die Resistenz gegen aktiviertes Protein C ist eine Erbkrankheit, bedingt durch Mutation am Faktor V der Blutgerinnung (nach dem Ort ihrer Erstbeschreibung im niederlåndischen Leiden auch Faktor-V-Leiden genannt). Sie kommt mit einer Pråvalenz von 2±15% bei Europåern vor und fçhrt gehåuft zu Venenthrombosen [Erstbeschreibung durch Dahlbåck (1993)]. atherogen Færderung und Entstehung einer Gefåûverkalkung (griechisch: athere = der Brei, Weizenmehlbrei) Arterie Definitionsgemåû vom Herzen wegfçhrendes Blutgefåû (griechisch: arteria = die Schlagader) AVK Abkçrzung fçr: arterielle Verschlusskrankheit (Arterienverkalkung)
BAA Abkçrzung fçr: Bauchaortenaneurysma (synonym mit AAA: abdominales Aortenaneurysma oder ¹tripel A diseaseª) Behet-Krankheit Der Morbus Behet stellt eine selten auftretende Erkrankung mit entzçndlichen Erscheinungen zahlreicher Organe dar und kann sich im Gefåûsystem durch tiefe Venenthrombosen und Arteriitis manifestieren. Typischerweise werden auûerhalb des Gefåûsystems Geschwçre im Mund- und Genitalbereich, eine Uveitis sowie Hautlåsionen beobachtet. Die Erkrankung kommt håufig entlang der alten Seidenstraûe zwischen Asien und dem mediterranen Raum vor, mit deutlichem Ûberwiegen in der tçrkischen Bevælkerung (Pråvalenz: Erkrankungen auf jeweils 100 000 Einwohner: 80±370 in der Tçrkei; 0,64 in England; 0,5 in Deutschland; 0,2 in der USA). Therapiert wird çberwiegend mit Kortikosteroiden (lokal und systemisch). Bernoulli Bernoulli-Effekt beschreibt die Abhångigkeit von Druck und Fluss in Stenosen: Regionen mit hohen Flussgeschwindigkeiten (Gefåû- oder Klappenstenosen) gehen mit einem Druckabfall einher (Daniel Bernoulli 1700±1782) BMI Abkçrzung fçr: Body-mass-Index. Dient der Berechnung des Kærpergewichts: G BMI
L2 G Kærpergewicht [kg], L Kærpergræûe [m] Norm: BMI = 21±22 (Frauen); BMI = 22±24 (Månner) Bypass Operatives Verfahren der Umgehung von Verengungen oder Verschlçssen an Gefåûen (Verwendung kærpereigener Beinvenen oder kçnstlicher Blutleiter; englisch: bypass = Umleitung)
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Glossar
C CAS Abkçrzung fçr: carotid artery stenting. Methode von Dilatation und Stentimplantation bei Karotisstenosen. Deren Ergebnisse bezçglich der periinterventionellen Komplikationsrate sind derzeit den operativen Methoden (CEA) unterlegen. CEA Abkçrzung fçr: carotid endarterektomie. Operatives Verfahren der Karotisdesobliteration (Ausschålplastik) CHIVA Abkçrzung fçr: cure conservatrice, et hemodynamique, de l'insuffiance, veineuse, en ambulatoire. Methode der Venen erhaltenden Varizenchirurgie. Sie besteht im Aufsuchen und Bestimmen der Insuffizienzpunkte (pråoperativer Duplexschall), die intraoperativ unterbunden werden. Der Blutfluss der an sich erhaltenen Venen flieût dabei wieder çber Perforanssysteme in die tiefen Venen ab. Die so entlasteten varikæsen Venen kænnen sich teilweise erholen und zurçckbilden. (Erstbeschreibung durch Claude Franceschi, 1988, Paris) (www. chiva.info oder www.angioclinic.de) Chronische venæse Insuffizienz (CVI) Der klinische Begriff der venæsen Insuffizienz setzt sich zusammen aus: Schwellungen, Schmerzen, Hautverånderungen (Pigmentierungen, Ekzeme, Lipodermatosklerose), varikæsen Verånderungen bis zum Ulcus cruris. Die chronische venæse Insuffizienz wird entweder nach der Refluxstrecke çber die Saphena-magna-Crosse (Stadien nach Hach) oder in verschiedene Erkrankungsstadien (Stadien nach Widmer) eingeteilt. Die wichtigste Ursache dieser Stærungen stellt die venæse Klappeninsuffizienz dar. Immerhin weisen etwa 12 Mio. Deutsche eine chronisch venæse Insuffizienz auf, von denen etwa 1 Mio. ein frisches oder abgeheiltes venæses Ulcus cruris hat. Der Begriff der chronisch venæsen Insuffizienz geht auf van der Molen zurçck. D Dacron Synthetisches Material (Velours; chemisch: Polyester) aus denen Gefåûprothesen bestehen. Verwendet werden gewebte (englisch = woven) und gestrickte (englisch = knitted) Dacronprothesen. Gewebte Prothesen sind dichter und damit blutundurchlåssiger. Eine gewisse Undichtigkeit (Porositåt) ist jedoch erwçnscht, damit Zellen der Umgebung
einwandern kænnen und eine bessere Einheilung bewirken. Dieser Vorgang fçhrt auch zur ¹Glåttungª der primår stark thrombogenen Protheseninnenflåche und trågt so zur Antithrombogenitåt dieses Prothesentyps bei. Die erste Dacronprothese lieû sich der amerikanische Chirurg M. DeBakey 1953 in einem Gardinenladen nåhen. Dardik-Bypass Aus menschlicher Nabelschnurvene hergestellte Gefåûprothese mit netzartigem Ûberzug aus Dacron zur Verhçtung der Ûberdehnung (Herbert Dardik, erste Implantation der Nabelschnurvene 1974). Dissektion Schichtentrennung Doppler Verfahren in der Ultraschalldiagnostik: Das Dopplerprinzip beruht auf der Frequenzånderung zwischen ausgesendeten und empfangenen Schallwellen aufgrund der Bewegung von Sender oder Reflektor (benannt nach dem æsterreichischen Physiker Christian Doppler). Duplex Ultraschallverfahren zur nichtinvasiven Untersuchung: Es stellt eine Kombination aus B-Bild-Sonographie und gepulster Dopplersonographie dar.
E Ehlers-Danlos-Syndrom Erkrankung des Bindegewebes mit folgenden Symptomen: Hautfragilitåt, Blutgefåûfragilitåt, Hyperelastizitåt der Haut (Cutis laxa), Ûberbeweglichkeit der Gelenke, subkutane Knætchen. Neben der Marfan-Erkrankung eine der mæglichen Ursachen einer Aortendissektion (Erstbeschreibung durch Job von Meekeren 1682; Namensgebung durch E. Ehlers und M. Danlos 1901). Embolie Auf dem Blutweg verschleppte kærpereigene (meist Gerinnsel) oder kærperfremde Stoffe (Substanzen wie Luft oder andere Fremdkærper). Wanderung und Steckenbleiben (meist eines Blutgerinnsels) an der Stelle, an der der Gerinnseldurchmesser græûer als der Gefåûdurchmesser ist (griechisch: embolos = Pfropf). Embolektomie Operatives Verfahren (mittels Ballonkatheter) zur Entfernung von Blutgerinnseln (griechisch: embolos = der Pfropf; ektome = herausschneiden) Endothel Innerste Schicht der Gefåûwand mit zelliger Auskleidung
Glossar
n
Flavonoide Stoffgruppe, die Entzçndungsreaktionen hemmt, indem sie als Radikalenfånger fungiert (Antiradikale). Die Radikale sind chemisch aggressive Verbindungen, die zu oxidativen Prozessen fçhren (aufgrund eines unpaaren Elektrons greifen sie Nachbarstrukturen an, um sich hier das fehlende Elektron zu besorgen ± ein Vorgang der auch als Oxidation bekannt ist). Da Gefåûschådigungen z. T. als Entzçndungsreaktion verstanden werden, gelten Flavonoide mit ihrem antioxidativen Effekt als vasoprotektiv. Sie kommen in zahlreichen natçrlichen Lebensmitteln vor, z. B. in Traubensaft, Wein, Schokolade. Fogarty-Operation Verfahren der operativen Entfernung von Blutgerinnseln aus Gefåûen (Embolektomie); Erstanwendung 1964 durch den amerikanischen Chirurgen T. J. Fogarty.
Ergebnis von Einzelgeschwindigkeiten der roten Blutkærperchen (J. L. M. Poiseuille 1797± 1869, G. Hagen 1797±1884). Håmodynamik Beschreibung des Blutflusses unter normalen (physiologischen) oder krankhaften (pathologischen) Bedingungen als Teilgebiet der Kreislaufphysiologie. Harvey William Harvey (1578±1657) beschrieb als Erster den menschlichen Blutkreislauf als geschlossen zirkulierendes System in seinem Buch ¹De Motu Cordisª (1628). Hertz Einheit der Schwingungszahl/s = Hz (Heinrich Hertz, Berliner Physiker, 1857± 1894; Entdeckung der elektromagnetischen Wellen 1886) Hirudin Aktiver Bestandteil des Blutegels, der zur Gerinnungshemmung fçhrt (Thrombininhibitor). 1 lg reines Hirudin hemmt 5 lg humanes Thrombin. Aufgrund seiner sehr schwachen immunologischen Aktivitåt sind bisher keine Antikærper nachgewiesen und abgesehen von einer Verdoppelung der Blutungszeit unter maximaler Dosierung keine unerwçnschten Effekte beobachtet worden (Entdeckung des Wirkstoffs durch J. B. Haycraft, Straûburg 1884). HIT Abkçrzung fçr: heparininduzierte Thrombozytopenie. In 2 Formen (HIT I und HIT II) auftretende Komplikation unter Heparintherapie mit deutlichem Thrombozytenabfall. HIT II verlåuft in bis zu 30% tædlich. Der Verdacht auf HIT sollte immer dann gestellt werden, wenn es unter Heparintherapie zu Thrombosen kommt. Homæostase Aufrechterhaltung bestimmter Funktionen (des inneren Milieus) durch Regelsysteme (griechisch: homoios = åhnlich; stasis = der Stand) HUV Abkçrzung fçr: human-umbilical vein (Nabelschnurvene). Verwendung in der Gefåûchirurgie zum Gefåûersatz im Beinbereich
G
I
Gangrån Gewebeuntergang mit Zersetzung (griechisch: gangraina: fressendes Geschwçr)
INR Abkçrzung fçr: international normalized ratio. Wird zur internationalen einheitlichen Messung der antikoagulatorischen Aktivitåt benutzt (angestrebter Ersatz fçr die Quickwertbestimmung); Empfehlungen zur Prophylaxe und Therapie: bei venæser Thrombose und Lungenembolie INR = 2,0±3,0, bei Vorhofflimmern, rezidivierenden Embolien INR = 2,0±3,0, nach mechanischem Herzklappenersatz: INR = 2,5±3,5 (Richtlinien der An-
ESDP Abkçrzung fçr: endoskopische subfasziale Diszision der Perforansvenen. Hierbei werden insuffiziente Perforansvenen mittels endoskopischer Technik in Blutleere durchtrennt. Als Vorteil ist die nicht erforderliche chirurgische Inzision im trophisch verånderten Gewebe (bis zum Ulcus cruris) anzusehen. Ethoxysklerol Medikament zur Verædung von Krampfadern, chemischer Name: Polidocanol; Geschichte: 1936 zunåchst als Oberflåchenanåsthetikum eingesetzt, 1950 Rçcknahme der Substanz wegen Gefåûthrombosen, 1967 Registrierung als Verædungsmittel (Bundesgesundheitsamt) und weltweite Verbreitung, Pharmakokinetik: 4 h Halbwertszeit. Exhårese Operatives Verfahren mit Entnahme von Gewebe. In der Varizenchirurgie besonders gebråuchlich (Herausziehen der Venen; griechisch: aireis = nehmen). F
H Hagen-Poiseuille Gesetz nach Hagen-Poiseuille. Hagen berechnete die Proportionalitåt der Flussgeschwindigkeit zur 4. Potenz des Gefåûradius (1839). Poiseuille postulierte das Geschwindigkeitsprofil einer Blutstræmung als
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Glossar
ticoagulant Task Force, Massachusetts Medical Center, Oktober 1996). Inzidenz Anzahl aller Neuerkrankungen in einem bestimmten Zeitabschnitt (z. B. pro Jahr) Ischåmie Mangeldurchblutung infolge Unterbrechung der arteriellen Zufuhr (griechisch: ischein = hemmen; haima = das Blut) IVUS Abkçrzung fçr: intravaskulårer Ultraschall, sonographisches Verfahren, mit direkter Beschallung der Gefåûlichtung K Klaudikation Als Claudicatio intermittens (schmerzhaftes, intermittierendes Hinken; lateinisch: claudicatio = das Hinken) wird der belastungsabhångige Gehschmerz bezeichnet, der als Folge einer proximalen Arterienverengung zur Minderdurchblutung der Peripherie fçhrt. Erstbeschreibung durch Charcot (1858). Nach der Edinburgh Artery Study [Int J Epidemiol (1991) 20] sind 0,3±7,7% der erwachsenen Bevælkerung in Industrienationen betroffen (mit steigender Tendenz im Alter). Kompartmentsyndrom Ischåmisch bedingte Muskelnekrose. Das v. a. Extremitåten gefåhrdende Krankheitsbild wird bei Mangeldurchblutung ausgelæst. Wird Muskulatur schlecht durchblutet, kommt es zur Schådigung der Zellmembranen. Dies fçhrt zum Flçssigkeitsaustritt und nachfolgender Druckzunahme in den betreffenden Muskellogen (Kompartments). Der Ûberdruckschaden fçhrt im schlimmsten Fall zu Muskelnekrosen mit Auflæsung zellulårer Strukturen. Das Ausschwemmen von Myoglobin und Kalium aus den Zellen kann schwerste Schåden der betroffenen Extremitåt bis hin zur Notwendigkeit einer Amputation auslæsen. Systemische Wirkungen sind Versagen der Nierenfunktion (so genannte Crush-Niere infolge Verstopfung der Nierenkanålchen mit Myoglobin), schwere kardiale Rhythmusstærungen (durch Erhæhung der Serumkaliumwerte) bis hin zum Herzstillstand. Frçhzeitiges Erkennen und Handeln (Fasziotomie) kænnen lebensrettend sein. Kontrastmittel Die heute verwendeten nichtionischen Kontrastmittel in der Ræntgendiagnostik werden sehr gut vertragen. Schwere Komplikationen sind mit einer Pråvalenz von 0,04% zu erwarten.
L laminar Gleichfærmigkeit der Blutstræmung, laminare Stræmung: Schichtenstræmung (lateinisch: lamina = Platte, Schicht) LE Lungenembolie Linton-Patch Spezielle Technik der distalen Anastomose bei kleinkalibrigem Gefåû (z. B. Unterschenkelarterie). Hierbei wird auf die Arteriotomie zunåchst ein Venenpatch aufgenåht. Nach zentraler Inzision wird die eigentliche Anastomose mit einem Bypass durchgefçhrt. Ein mæglicher Vorteil liegt in der besseren Kaliberanpassung zwischen Bypass und Arterie. M May-Thurner-Syndrom Syndrom des Beckenvenensporns. Dieser entsteht in der linken V. iliaca communis infolge einer Intimahyperplasie. Diese wiederum wird durch Pulsationen der çberkreuzenden Iliakalarterie ausgelæst (May, Thurner, æsterreichische Chirurgen, 1956). Muskelpumpe Treibende Kraft fçr den venæsen Rçckfluss aus den Beinen. Dieser fundamentale Mechanismus wird durch Betåtigen der Muskulatur im Fuû und Wadenbereich betrieben und auch als ¹Herzª des venæsen Flusses bezeichnet. Das Vorliegen einer Muskelpumpe wurde erstmals 1867 durch Le Dentu angenommen. N Nekrose Úrtlicher Gewebstod (z. B. Organe, Organteile; griechisch: nekros = tot) NMH Abkçrzung fçr: niedermolekulares Heparin P Patency rate Die Patency rate (Offenheitsrate) bezieht sich auf das Offenbleiben nach Eingriffen am Gefåûsystem (Ballonangioplastie, Bypass, Ausschålplastik) und stellt somit einen wesentlichen Parameter der frçhen und spåten postprozeduralen Phase dar. Man unterscheidet die primåre von der sekundåren Patency: Primåre Patency = Offenheit ohne zusåtzliche Intervention im weiteren Verlauf; sekundåre Patency = Offenheit mit zusåtzlicher Intervention.
Glossar
Phlebodynamometrie Messung des Venendrucks nach Punktion einer Fuû- oder Unterschenkelvene. Dabei wird der Druckabfall in den Beinvenen unter Belastung registriert. Pathologische Werte werden allerdings nur im fortgeschrittenen Stadium der venæsen Insuffizienz nachgewiesen. Dabei sind Systeme der oberflåchlichen, tiefen und perforierenden Venen beurteilbar. Der maximale Druckabfall (Dp) < 50 mmHg ist pathologisch. Als Nachteil ist die direkte und damit schmerzhafte Venenpunktion anzufçhren. Phlegmasie Als Phlegmasia coerulea dolens wird der Zustand einer Becken-Bein-VenenThrombose beschrieben, der akut als schwerstes Krankheitsbild mit nachfolgender arteriellen Minderdurchblutung einhergeht und eine hohe Letalitåt aufweist. Der Endzustand einer venæsen Gangrån kann zur Amputation fçhren (griechisch: phlegmasia = Entzçndung; lateinisch: coerulea = Blaufårbung, dolens = schmerzhaft). Pråvalenz Håufigkeit einer Erkrankung oder eines Parameters in einer definierten Population bzw. Patientengruppe Protein C Spielt eine entscheidende Rolle bei der Håmostase als gerinnungshemmendes System. Wirkungsweise: Thrombin (und Thrombomodulin) aktivieren Protein C. Aktiviertes Protein C (aPC) schrånkt (zusammen mit dem Kofaktor Protein S) die Thrombinbildung ein, indem es die Faktoren VIIIa und Va inaktiviert. Liegt ein genetischer Defekt mit fehlender Protein-C-Produktion vor, treten bereits beim Neugeborenen Thrombosen aller Gefåûe auf. Halbwertszeit fçr Protein C: 6 h, Protein S: 65 h Prothrombinzeit (PT) Labormessmethode derjenigen Zeit [s], die bis zum Gerinnen von Blut vergeht. Diese Zeit weist, in Anhångigkeit vom verwendeten Laborpråparat (Thromboplastin), eine gewisse Bandbreite auf. Ihre Aussage bezçglich der Effektivitåt der Gerinnungshemmung unter Antikoagulanzientherapie ist daher unzuverlåssig. PTA Abkçrzung fçr: perkutane transluminale Angioplastie. Nichtoperatives Verfahren der Ballonaufdehnung zur Gefåûerweiterung PTFE Abkçrzung fçr: Polytetrafluorethylen, håufig als Gefåûprothese verwendetes Material (Teflon) PTS Abkçrzung fçr: postthrombotisches Syndrom. Dieser Begriff beinhaltet alle nach einer Thrombose eintretenden Stærungen der
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betreffenden Extremitåt, håufig einhergehend mit Verfårbungen und Schådigungen der Gewebe (z. B. Ekzem, Geschwçrbildung). Puls Ausdruck der rhythmischen Herzaktion (Systole-Diastole) mit Fortleitung der Pulswelle in die Peripherie (lateinisch: pellere = schlagen). Q Quickwert Messung der Zeit bis zum Eintritt der Blutgerinnung unter speziellen Laborbedingungen. Diese spiegelt die Aktivitåt folgender Gerinnungsfaktoren wider: Faktor I, II, V, VII, X. Der Quickwert wird auch als Thromboplastinzeit (TPZ) bezeichnet. Infolge Verwendung unterschiedlicher Thromboplastinpråparate zur Quickbestimmung durch die einzelnen Laboratorien bestehen recht unterschiedliche Werte fçr den therapeutischen Bereich. Dementsprechend muss bei der Quickwert-Interpretation das vom Labor verwendete Testpråparat (Thromboplastinpråparat) mit seinem Referenzbereich bekannt sein (s. auch INR-Wert und Thromboplastin)! R Raynaud-Krankheit Erkrankung aus dem Formenkreis der Kollagenosen (Bindegewebskrankheiten) wie z. B. bei rheumatoider Arthritis, Lupus erythematodes. Diese organisch bedingte Form wird als sekundåres RaynaudPhånomen bezeichnet. Auslæsend kænnen Kålteexposition oder Vibrationstraumen sein, was auf einem erhæhten Tonus der vasomotorischen Wandanteile beruht. Hier spricht man vom primåren Raynaud-Phånomen. Typisch kommt es zur Engstellung (Spastizitåt) der kleinen peripheren Gefåûe, die mit einer schweren Durchblutungsstærung der Akren einhergehen kann. Das klinische Bild zeigt extrem blasse und kalte Finger (so genannte Leichenfinger). Der Begriff Raynaud-Phånomen steht fçr die anfallsweise auftretende Gefåûspastik, wåhrend dem Raynaud-Syndrom ein Krankheitszustand mit dem Risiko anhaltender Schådigungen zukommt. Die Therapie besteht im Auftragen lokaler Gefåû erweiternder Salben (z. B. Nitrosalbe) und der systemischen Vasospasmolyse (z. B. Nifedipinpråparate). Die anhaltende Durchblutungsstærung çber Stunden muss durch i.v. Heparingaben, kombiniert mit Rheologika (Plas-
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masterillæsung), evtl. Nifedipin i.v., behandelt werden. Eine Sympathikolyse (medikamentæs durch Stellatumblockade oder chirurgisch mittels Sympathektomie) der betroffenen Extremitåt bleibt schweren Fållen vorbehalten (Erstbeschreibung durch A. G. M. Raynaud, Paris, 1862). S SAG Abkçrzung fçr: supraaortale Gefåûe. Dazu zåhlen primår die direkt aus dem Aortenbogen entspringenden Gefåûe: Truncus brachiocephalicus, A. carotis communis links, A. subclavia links; zudem deren Verzweigungen im weiteren Sinn Scherkraft Schubspannung (shear stress) des Blutflusses mit direkter Wirkung auf das Gefåûendothel. Hohe Scherkraft bewirkt vermehrte Bildung von Stickoxid und Prostaglandinen, was eine vasoprotektive Wirkung hat. Sensitivitåt Prozentuale Erfassung einer Erkrankung durch einen Test (Test richtig = positiv) Sklerose Krankhafte Verhårtung von Geweben (griechisch: scleros = hart, fest) Sklerosierung Verfahren der Verædung von Gefåûen durch Einspritzen von speziellen Verædungsmitteln in das Gefåûlumen sowie nachfolgende Kompression. Speziell in der Therapie von Krampfadern wird das ambulante Verfahren durchgefçhrt (Erstanwendung durch Charles Pravaz, Lyoner Schule, 1851 zur Verædung von Aneurysmen). Sonographie Auf dem Echoimpulsverfahren beruhendes Prinzip der nichtinvasiven Untersuchung von Geweben und Gefåûstræmungen mit Hilfe von Ultraschallwellen. Zur Anwendung kommen die Dopplersonographie (Untersuchung der Gefåûstræmung mit Hilfe des Dopplereffekts) und die B-Bild-Sonographie (Untersuchung von Geweben). Spezifitåt Prozentuale Erfassung der Gesunden durch einen Test (Test richtig = negativ) Stenose Verengung (angeboren oder erworben) von Organen oder Gefåûen (griechisch: stenos = eng)
T TAA Abkçrzung fçr: thorakales Aortenaneurysma TAAA Abkçrzung fçr: thorakoabdominales Aortenaneurysma Takayasu-Krankheit Gehært zu den entzçndlichen Gefåûerkrankungen (Arteriitis); v. a. im jugendlichen Alter, vorzugsweise Befall der græûeren Øste der Aorta und der Pulmonalarterie. Durch Stenosen und Verschlçsse z. B. der supraaortalen Gefåûe mit fehlenden Pulsen wird sie auch als ¹pulseless diseaseª bezeichnet (Erstbeschreibung der Erkrankung 1908 durch den japanischen Augenarzt M. Takayasu 1860±1939). TASC Abkçrzung fçr: Transatlantic Inter-Society Consensus. Klassifikation und Empfehlungen zur Therapie der arteriellen peripheren Verschlusskrankheit mit Bezug auf ihr morphologisches Bild. TEA Abkçrzung fçr: Thrombendarteriektomie (im Sinne von Aufschneiden und Entfernen arterieller thrombotischer Auflagerungen von innen heraus). Operatives Verfahren mit Ausschålung von Verkalkungsherden und plastischer Erweiterung des Gefåûes. Nach neuerem Sprachgebrauch setzt sich der kçrzere Begriff der Endarterektomie (EA) durch. Thromboplastin Laborpråparat (Phospholipidgewebefaktor), das fçr den Prothrombintest verwendet wird. Die Gewinnung dieses Pråparats aus unterschiedlichen Geweben (Gehirn unterschiedlicher Spezies oder als rekombinante Form), fçhrt dazu, dass sich die Messmethoden der Prothrombinzeit unter Marcumartherapie z. T. erheblich unterscheiden. Diese Differenzen waren 1983 der Grund zur Einfçhrung eines international vergleichbaren Messwert = INR. Die Umrechnung zum INR-Wert erfolgt çber die Bestimmung des so genannten ISI-Werts (ISI = internationaler Sensitivitåtsindex). Dieser stellt die Sensitivitåt eines Thromboplastinreagens dar und wird zwischen 1,0 und 2,8 angegeben. Thrombose Bildung von Blutgerinnseln (griechisch: thrombosis = Blutgerinnung). Das Gleichgewicht zwischen Gerinnung und Gerinnungshemmung unterliegt einer physiologischen Kontrolle. So genannte natçrliche Antikoagulanzien wirken in unserem Kærper antithrombogen. Dazu zåhlen Protein C, Protein S und Antithrombin. Aufgrund genetischer oder erworbener Ursachen kann es zur
Glossar
Erniedrigung der Konzentration dieser Substanzen im Blut kommen, was mit einer Håufung von Thrombosen einhergeht. Als håufigste Ursache einer Thromboseneigung (Thrombophilie) ist eine Mutation des Faktor-V-Gens nachgewiesen worden, die zur APC-Resistenz fçhrt. Thrombozyten Scheibenfærmige Blutzellen (Blutplåttchen), mit der Fåhigkeit, Gerinnsel zu bilden (griechisch: thrombos = Blutpfropf; kytos = Zelle) TOS Abkçrzung fçr: Thoracic-outlet-Syndrom, Sammelbegriff aller Stærungen der zum Arm ziehenden Leitungsbahnen, die den Brustkorb verlassen bzw. in den Brustkorb hineinfçhren. Trendelenburg-Operation Operatives Entfernen von Thromben aus der Pulmonalarterie (Pulmonalisembolektomie) ohne Herz-LungenMaschine (1908), benannt nach dem deutschen Chirurgen F. Trendelenburg, 1844± 1924. Triglyzeride Chemisch handelt es sich um ein Glyzerinmolekçl, welches mit 3 Fettsåuren verestert ist. Triglyzeride werden çberwiegend mit der Nahrung aufgenommen, ein Teil wird im Kærper (z. B. aus Glukose) synthetisiert. Wåhrend der Passage werden Triglyzeride durch die Pankreaslipase im Darm zu Fettsåuren und Monoglyzeriden gespalten. Die Enterozyten kænnen aus den Monoglyzeriden wieder
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Triglyzeride synthetisieren, die als Chylomikronen vorliegen. Im Blut werden Triglyzeride durch die Lipoproteinlipase erneut in Monoglyzeride gespalten und die freien Fettsåuren zur Aufnahme in die Zellen zur Verfçgung gestellt (Energielieferung). Normwerte: Månner: 0,57±3,19 mmol/l oder 50±280 mg/dl; Frauen: 0,57±2,28 mmol/l oder 50±200 mg/dl. Turbulenz Wirbelbildung der Blutstræmung (lateinisch: turbo = Wirbel). Mit diesem Begriff ist immer eine pathologische Stræmung gemeint, wåhrend Stræmungsphånomene an Krçmmungen, Abzweigungen und Bifurkationen zu so genannten Ablæsungsphånomenen fçhren und zu den physiologischen Flusseigenschaften zåhlen.
V Valsalva Direkt oberhalb der Aortenklappen gelegene Ausbuchtungen der Aorta werden als Sinus valsalvae bezeichnet (A. Valsalva, italienischer Anatom und Chirurg, 1666± 1723). Vas, vaskulår Gefåû, Gefåûe betreffend (lateinisch: vas = Gefåû, Geråt) Vene Definitionsgemåû zum Herzen fçhrendes Blutgefåû Viskositåt Innere Reibung von Flçssigkeiten (Zåhflçssigkeit des Blutes; lateinisch: viscum = klebriger Saft der Mistel)
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Sachverzeichnis
± Studien 128 B-Bild-Verfahren 29 Beckenvenen 155 ± Stentimplantation 156 Beckenvenensporn 145 Bentall-Operation 114 Bifurkationsprothese 98 Blutdruckmessung 27 Blutgerinnung 8 Body-mass-Index (BMI) 19 Bypass ± aortofemoraler 98 ± aortorenaler 90 ± femorokruraler 104 ± femoropoplitealer 101 ± iliakofemoraler 98 ± karotidosubklavialer 87 Bypassverfahren 67
A ABI 37 A. mesenterica superior 94 activated clotting time (ACT) 49 Alias-Phånomen 33 Allen-Test 168 Alter 20 Amputation 68 Angina abdominalis 93 Angioplastie 66 ± perkutane renale 91 ± ± Offenheitsrate 91 ± ± Restenoserate 91 Antibiotika 59 ± Dosierung 59 ± Prophylaxe 59 ± Therapie 59 Antithrombin 49 Aorta ascendens 112 ± Ersatz 117 Aorta descendens 112 ± Ersatz 120 Aortenaneurysma 108 Aortenbogen 69, 112 Aortendissektion 108 ± DeBakey 109 ± Klassifikation 109 ± Typ A 109 ± Typ B 109 Aortenersatz, thorakoabdominaler 115 ± ± selektive Organperfusion 116 Arteriographie 42 Atherektomie 66 Atherosklerose 15 ± Intimalåsion 20 ± Prådilektionsstellen 21 Atmung ± åuûere 2 ± innere 2 Attacken, transitorisch ischåmische (TIA) Azetylsalizylsåure (ASS) 56 B Babcock 147 Bauchaortenaneurysma 125 ± infrarenaler Aortenersatz 128
C Cavafilter 154 Circulus Willisi 70 Claudicatio intermittens Cockett-Gruppen 146 Crosse 141 Crossektomie 147 Cumarol 54 ± Halbwertszeit 55 ± Wirkungseintritt 54
105
D
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Danaparoid 52 David 119 ± Reimplantation der Klappe 119 D-Dimere 150 Defizit, prolongiertes ischåmisches neurologisches (PRIND) 75 Demers-Katheter 170 Diabetes mellitus 18 Dopplerdruckmessung 25 Dopplersonographie 30 ± continous wave (cw) 30 ± Extremitåtenarterien 37 ± Frequenzspektrum 34 ± Parenchymarterien 37
Sachverzeichnis ± Studien 84 Karotisbifurkation 72 Karotischirurgie 79 ± ACAS 79 ± ECST 79 ± intraluminaler Shunt 82 ± NASCET 79 ± Patchplastik 82 Karotisstenose 77 ± angiographische Kriterien 79 ± Duplexsonographie 78 Klassifikation ± nach Fontaine 64 ± nach Rutherford 64 ± Stanford-Klassifikation 109 Kompressionssonographie 150 Kompressionssyndrom 171 Kopfperfusion ± antegrade 120 ± retrograde 120 Kreislauf ± groûer 2 ± kleiner 2
± pulse wave (pw) 30 DSA-Technik 42 Duplexsonographie 29 E Embolektomie 67, 107 Embolie, arterielle 106 Endoleak 130 Endotheldefekte 7 Entry 122 Eversionsarteriektomie 84 F Fibrinogen 10 Fibrinogenrezeptoren 8, 57 Fontaine 64 Fontaine-Stadien 94 G Gefåûwandendothel 10 Gerinnungshemmer 47 ± Inhibitoren, ± ± medikamentæse 47 ± ± physiologische 47 Gesetze nach Laplace 125
L Laplace 125 Laufbanduntersuchung 40 Leitvenen 142 Lichtreflexionsrheographie 38 Linksherzbypass 117 Lipidsenker 59 Liquordrånage 115 Lungenembolie 161 ± arterioalveolårer Gradient 162 ± Cava-Filter 164 ± D-Dimer-Test 161 ± Pulmonalarterienembolektomie 163 ± Thrombolyse 162 Lysetherapie 55 ± Kontrolle 55
H Håmodialyse 167 ± Cimino-Shunt 168 ± Prothesenshunt 168 ± Scribner-Shunt 168 ± Shuntanlage 167 ± Steal-Phånomen 169 Harvey 1 Heparin 48 ± Halbwertszeit 49, 52 ± Neutralisation 52 Hirndurchblutung 72 ± Autoregulation 74 ± CO2-Regulation 75 ± Kollateralkreislåufe 73 Hyperlipidåmie 16 ± LDL-Rezeptoren 17
M Magnetresonanztomographie (MRT) Marcumartherapie 55 Marfan-Syndrom 118 May-Husni-Operation 156 Messkatheterangiographie 130
I INR-Wert 55 Insuffizienz ± vertebrobasilare 85 ± zerebrovaskulåre 75 Ischåmie, nichtokklusive intestinale K Kapillare 4 Karotisangioplastie
84
N
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Nabelschnurkurve 67 Nabelschnurvene 102 Nierenarterienstenose 89 ± interventionelle Therapie Niereninsuffizienz 167 Nikotinkonsum 18
89
40
n
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n
Sachverzeichnis
O
T
Operation ± nach David 119 ± ± Reimplantation der Klappe 119 ± nach May-Husni 156 ± nach Palma 156 ± nach Yacoub 119 ± ± Remodelling der Aortenwurzel 119 Ophthalmicakollaterale 73
Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) 145, 171 ± Resektion der ersten Rippe 172 Thoraxapertur, obere 171 Thrombektomie 151 ± venæse 154 ± ± Indikationen 154 Thrombendarteriektomie (TEA) 66 Thromboplastinzeit, partielle (PTT) 49 Thromboxan 10 Thrombozyten 7 ± Adhåsion 7 ± Aggregation 8 Thrombozytopenie, heparininduzierte (HIT) 52 Ticlopidin 57 Trans Atlantic Inter-Society Consensus (TASC) 65 Transposition, vertebrokarotideale 86 Truncus coeliacus 94 Turbulenzen 12 ± Reynolds-Zahl (Re) 13
P Palma 156 pAVK 95 Pentoxiphyllin 58 Perforansvenen 142 Phlebodynamometrie 44 Plasminogen 10 Popliteaaneurysma 104 Prostaglandin 10 Prostazyklin 10 Protamin 53 Protein-C 55 Prothrombin 10 Pulsrepetitionsfrequenz (PRF)
U 33
Ûbergewicht 19 Ulkus, venæses 158 Ultraschall 28 Urokinase 55
Q
V
Querbypass 99 Quickwert 55
V.-iliaca-Kompressionssyndrom 145 Varikosis 146 ± Insuffizienzpunkt 146 ± Lokalisation 146 Venenexhårese 147 Venenklappe 143 Venenthrombose ± Lysetherapie 151, 152 ± Rethromboserate 152 ± tiefe (TVT) 149 Venographie 44 Verschlusskrankheit, arterielle (AVK) 94 ± vom Beckentyp 94 ± vom Oberschenkeltyp 94 ± vom peripheren Typ Verschlussplethysmographie 39 Viskositåt 13 Viszeralarterienverschlçsse 92
R Reentry 124 Risikofaktoren, atherogene Riva-Rocci 27 Rutherford 64
15
S sample volume 30 Schallwellen 28 Scherkraft 13 Stammvenen 141 Stanford-Klassifikation 109 Stenosegrad 63 ± Durchmesserreduktion 63 ± Querschnittreduktion 63 Stentprothesen 122 Stickoxid (NO) 11 Streptokinase 55 Stræmungsgesetzte 12 ± Gesetz nach Bernoulli 12 ± Gesetz nach Hagen-Poiseuille 12 ± Gesetz nach Ohm 12 Stræmungsprinzip 11 Subclavian-steal-Syndrome 87 Sympathektomie 68
W Wadenpumpe
143
Y Yacoub 119 ± Remodelling der Aortenwurzel Y-Prothese 128 Z Zyklooxygenase (COX)
56
119