Aus technischen Gründen bleibt diese Seite leer
Hans-Georg Elias
Makrornolekule Band 3 Industrielle Polymere und Syn...
131 downloads
3909 Views
30MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Aus technischen Gründen bleibt diese Seite leer
Hans-Georg Elias
Makrornolekule Band 3 Industrielle Polymere und Synthesen
@WI LEY-VCH
Hans-Georg Elias
Makromolekiile Sechste, vollstandig iiberarbeitete Auflage
Band 1:Chemische Struktur und Synthesen Band 2: Physikalische Strukturen und Eigenschaften Band 3: Industrielle Polymere und Synthesen Band 4: Anwendungen
Hans-Georg Elias
Makromolekule Band 3 Industrielle Polymere und Synthesen 6., vollig uberarbeitete und enveiterte Auflage
@WILEY-VCH Weinheim . New York . Chichester . Brisbane * Singapore .Toronto
Prof: Ilr. Hans-Cieorg Elias Michigan Molecular Institute lY20 West St.Andrews Road Midland. Michigan 48640 USA
Das vorlicgende Werk wurde sorgfaltig erarbcitet. Dennoch iibernehmen Autor und Verlag fur die Richtigkeit von Angaben. Hmweisen und Ratschlagen sowie fur eventuelle Druckfehler keine Haftung.
I . Auflage I97 I 2.. uherarbeitcte Auflage 1Y72 3.. iiberarheitete und erweiterte Auflage 1975 4.. uberarbeitete und erweiterte Auflage 1981 5.. iiberarbeitete und erweiterte Auflage:Band I : IYYO Band 2: 1992 6.. vollst2ndig uberarbeitete und erweiterte Auflage: Band I : IYYY Band 2: 2001 Hand 3: 2001 Band 4: in Vorbereitung
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahmc Ein Titcldatensatz fur diese Publikation ist bci Der Deutschen Bibliothek erhaltlich
ISBN 3-527-20961-0
0Wilcy-V('H Verlag GmbH. Weinheim. 2001 Gedruckt aul siiurefreiem Papier Allc Kechte. insbesondere die der lhersetzung in anderc Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches dart ohnc schriftliche Genehmigung des Verlages in irgcndeiner Form - durch Photokopie. Mikroverfilmunp odcr irgcndein anderes Verfahren - repmduziert odcr in eine von Maschinen, insbesondere von 1)atenverarhcitungsmaschinen. verwendbare Sprache ubertragen oder ubersetzt werden. Die Wiedergahe von Warenbezeichnungcn. Hendelsnamcn oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme. dal3 diese von jcdermann lrei benutzt werden durfen.Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen odcr sonstige gesetAich geschbtzte Kennzeichen handeln. wenn sic nicht eigens als solche markiert sind. All rights reserved (including those of translation in other languages). No part of this book may be reproduced in any form - by photoprinting. microfilm. o r any other means - nor transmitted o r translated into machine lanpuage without written permission from the publishers. Registered names. trademarks.etc. used in this book.even when n o t specifically marked as such. are not to he considered unprotected by law. Ilruck: Strauss Offsetdruck. Morlenbach Bindung: J. Schaffer G m b H & Co. KG, Grunsladt Printed in the Federal Republic of Germany.
The polymers, those giant molecules, like starch and polyoxymethylene, flesh out, as protein serfs and plastic fools, the Kingdom with life's stuff.
John Updike, The Dance of the Solids ("Midpoint and Other Poems") A.Knopf. New York 1968
Aus technischen Gründen bleibt diese Seite leer
Vorwort
VII
Vorwort zu Band I11 der sechsten Auflage Im ersten Band des vierbandigen Werkes "Makromolekule" wurden die chemischen Strukturen und Synthesen von naturlichen und synthetischen Makromolekulen besprochen, im zweiten Band die physikalischen Strukturen und Eigenschaften solcher Makromolekule, sowie diejenigen der aus ihnen aufgebauten makromolekularen Substanzen. Beide Bande behandelten im Wesentlichen die Grundlagen, was notwendigerweise idealc und idealisierte Strukturen, Prozesse und Eigenschaften beinhaltet. In Natur und Technik findet man jedoch selten ideale Prozesse. Die Griinde dafur sind vielfaltig. Anwesende Nebenreaktionen. unterschiedliche Reinheit der Rohmaterialien, angestrebte Wirtschaftlichkeit der Verfahren, Variationen der Verfahrensfuhrung usw. sorgen dafur, das aus dem gleichen Monomeren viele verschiedene Typen von Polymeren entstehen. Reale Poly(ethy1en)e sind z.B. nicht nur aus dem idealen Grundbaustein -CH2-CH2- aufgebaut. Wahrend grosstechnische Polymere aus wirtschaftlichen Griinden meist aus relativ wenigen Monornertypen aufgebaut sind, liegen den Spezialpolymeren in der Regel eine Vielzahl sehr verschiedener Monomerer zu Grunde. Informationen uber solche Polymeren sind in den Standardlehrbuchem nur selten zu finden. Monographien uber einzelne Polymere sind andererseits meist anwendungstechnisch orientiert. Der vorliegende Band I11 gibt daher in den Kap. 5-1 1 eine Ubersicht uber die Synthese und grundlegenden Eigenschaften und Anwendungen der technisch und wissenschaftlich wichtigsten Polymeren, geordnet nach ihren Kettenstrukturen, was meist auch einer Ordnung nach Rohstoffen und/oder Syntheseverfahren entspricht. Da in diesem Band I11 die technischen Synthesen im Vordergrund stehen und die Verarbcitung, Ausriistung und Anwendung wichtiger Polymerer als Kunststoffe, Fasem, Elastomere, Verdicker usw. zudem im Band IV zusammenfassend besprochen werden, geht der vorliegende Band I11 nur kurz auf die Anwendungen und Eigenschaften der beschriebenen Polymeren ein. Fur jedes Polymer wurden aber, falls zuganglich oder zweckmassig, die mittleren Eigenschaften f i r nicht verarbeitete, nicht modifizierte Typen tabelliert, wobei die Daten sowohl aus Handbuchem als auch aus Firmendaten entnommen und, falls notwendig, gewichtet wurden. Die entsprechenden Daten fur verarbeitete Polymere (z.B. Fasem und Elastomere), spezielle ausgeriistete Qualitaten (z.B. glasfaserverstarkte Sorten) usw. finden sich in Band IV. Eine Ausnahme sind jedoch die mehr exotischen Polymeren, deren Eigenschaften und Anwendungen sich nicht so leicht generalisieren lassen. Auf sie wurde relativ zu den Standardpolymeren etwas ausfuhrlicher eingegangen. Der gewunschte Uberblick wurde jedoch nicht erzielt, wenn nicht auch die Rohstoffe fur Polymere und der zur Synthese und Verarbeitung erforderliche Energiebedarf zumindest gestreift wurden (Kap. 3). Polymere stehen schliesslich in Konkurrenz zu anderen Materialien und der wirtschaftliche Erfolg ist die Triebfeder des industriellen Tuns. Die Anderung der Produktion bzw. des Verbrauchs von Polymeren ist ein Massstab fur die wirtschaftliche Entwicklung, speziell bei dem zu beobachtenden Ubergang von staatlichen Okonomien zu regionalen BlBcken und von dort zur Weltwirtschaft. Leider sind jedoch die diesbezuglichen Statistiken unvollstandig, nicht vergleichbar, veraltet oder mir nicht immer zuganglich. Zur Illustration wurden daher sowohl Wirtschaftsdatcn der Welt als auch solche der drei grossen Wirtschaftsmachte USA, Deutsch-
VIII
Vorwort
land und Japan herangezogen; ein Bezug auf nur einen Staat (z.B. Deutschland) oder nur cine Region (2.B. Europaische Gemeinschaft) ist wegen des Weltwirtschaftsverbundes wenig sinnvoll. Zum Verstandnis der Ausfiihrungen in den Kap. 5-1 1 und speziell der termini technici wurden in Kap. 4 kurz die Grundlagen der chemischen Verfahrenstechnik der Polymeren skizziert. Aus Platzgriinden konnte dabei nicht auf Details eingegangen werden (Reaktoren, Trockner, Pumpen usw.). Fur eine vertiefte Behandlung der Chemie der Synthesen ist der Band I heranzuziehen. Damit das Buch allein lesbar ist, wurde ausserdem den Kap. 3-11 mit Kap. 2 eine Ubersicht uber chemische und physikalische Strukturen von Polymeren sowie deren industriell relevante Eigenschaften und deren Prufverfahren vorgeschaltet. Detailliertere Behandlungen der chemischen Struktur sind in Band I , der physikalischen Strukturen und Eigenschaften in Band 11, und der Priifverfahren in Band IV zu finden. Der Band IV geht auch auf Additive (Fullstoffe, Weichrnacher, Farbmittel usw.) ein. Der Band 111 ist jedoch keine Enzyklopadie. Aus Platzgriinden und selbstverstandlich auch wegen der Unmoglichkeit, Ale verfugbaren Informationen zu erfassen, kBMen nur wesentliche Gesichtspunkte exemplarisch behandelt werden. Eine vollstandige Aufzahlung aller Stoffeigenschaften, Verfahrensvarianten, Eigenschaftsdaten und Anwendungsbcreiche ist weder moglich noch angestrebt. Andererseits sol1 ein solches Buch die Fulle der Moglichkeiten vor Augen fuhren. Es kann sich nicht wie die Bande I und I1 auf die Grundlagen beschranken und muss auf die Komplexitat der Zusammenhange zumindest hinweisen. Der Band 111 ist daher wesentlich qualitativ beschreibender als die Bande I und 11, welche die Dinge mehr quantitativ behandeln. Ein Lehrbuch ist auch kein Referenzbuch; zur Vertiefung wird daher auf Ubersichtsarbeiten und Bucher verwiesen. Originalarbeiten wurden nur in wenigen Fallen angefuhrt, da sic meist zu speziell sind. Aus diesem Grunde wurde auch (mit wenigen Ausnahmen) auf die Zitierung von in Buchfonn vorliegenden Tagungsberichten verzichtet, da diese Bucher in der Regel Originalarbeiten (oft als zweiten Aufguss) oder Ubersichten enthalten, die sich leider nur zu oft lediglich auf die Arbeiten bzw. Intercssen des jeweiligen Vortragenden konzentrieren. Chemische Verbindungen werden mit den technisch verwendeten Namen bczeichnet; wissenschaftliche Namen sind zwar archivarisch wichtig, aber im taglichen Gebrauch vie1 zu umstandlich. Mein Dank gilt Herm Jens Stettner, Fachhochschule Osnabriick, der bei seinem Forschungsaufenthalt am Michigan Molecular Institute freundlicherweise die Kap. 3 und 5 bis 11 durchsah.
Midland, Sommer 2001
Hans-Georg Elias
Vonvort
IX
Aus dem Vorwort zur 1.4.Auflage Dieses Lehrbuch ist - wie so viele seiner Art - aus den Bediirfnissen des Unterrichts entstanden. Im obligatorischen Unterricht in den makromolekularen Wissenschaften fur die Chemiker und Werkstoffkundler des 3.-7.Semesters (ETH Zurich) hatte ich seit vielen Jahren ein Lehrbuch vermisst, das von den Grundlagen der Chemie und Physik makromolekularer Substanzen bis zu den Anwendungen der Makromolekiile in der Technik fiihrte. Dieses Lehrbuch sollte die Lucke zwischen den kurzen und daher oft zu sehr simplifizierenden Einfuhrungen und den hochspezialisierten Lehrbuchern und Monographien uber Teilgebiete der makromolekularen Wissenschaften schliessen und einen Uberblick uber das Gesamtgebiet vermitteln ... Bei den einzelnen Kapiteln wird eine angemessene Kenntnis der anorganischen, organischen und physikalischen Chemie einschliesslich der dort verwendeten Methoden vorausgesetzt. Alle fur die Wissenschaft der Makromolekiile wichtigen Uberlegungen und Ableitungen wurden jedoch - wenn immer moglich - von den Grundphanomenen und 4iberlegungen aus Schritt fur Schritt vorgenommen. Ich hoffe daher, dass sich dieses Buch zum Selbststudium eignet. In einigen Fallen war ich gezwungen, strengere Ableitungen mit ihrem zwangslaufig grosseren mathematischen Aufwand zugunsten halbquantitativer, aber durchsichtigerer Ansatze zu vernachlassigen ... Ich habe also ahnlich wie Dr. Andreas Libavius den Lehrstoff in "miihevoller Arbeit, hauptsachlich aus den allerorten verstreuten Einzelangaben der besten alten und neueren Autoren, ferner auch aus etlichen allgemeinen Lehrvorschriften zusammengetragen und anhand theoretischer Uberlegung und grosstmoglicher praktischer Erfahrung nach sorgfaltiger Methode dargelegt und zu einem einheitlichen Gesamtwerk verarbeitet." *)
*> Opera e dispersis passi optimorum autorum, verterum recentium exemplis potissimum, tum etiam praeceptis quibusdam operosk collecta, adhibits; ratione experientia, quanta potuit esse, methodo accurati explicata & in integrum corpus redacta. Die Alchemie des Andreas Libavius (Ein Lehrbuch der Chemie aus dem Jahre 1597) Gmclin Institut fiir anorganische Chemie, Hrsg.,VCH, Weinheim, 2.Nachdruck der 1.Auflage 1964.
Der Leser moge beurteilen, inwieweit dies fiir das vorliegende Lehrbuch gelungen ist.
X
Verzeichnis der Abkiirzungen
Verzeichnis der Abkiirzungen IUPAC, Quantities, Units and Symbols in Physical Chemistry, Blackwell Scientific Publ., Oxford 1988 (Green Book) IUPAC, Grtissen, Einheiten und Symbole in der Physikalischen Chemie, VCH, Weinheim 1996 Abkurzungen f i r Sprachhinweise: D: Deutsch E: Englisch (in amerikanischer Schreibweise) F: Franzosisch G: Griechisch L: Lateinisch Bei chemischen Formeln wurden folgende Konventionen getroffen: R: Symbol f i r einen monovalenten Liganden, z.B. CH3-, C6H5- (IUPAC) 2 : Symbol f i r einen divalenten Rest, z.B. -CH2-, -p-C6H4Y: Symbol f i r einen trivalenten Rest X: Symbol f i r einen tetravalenten Rest Weitcre Konventionen in diesem Buch: A, B: entweder Monomere, die zu Grundbausteinen -a- bzw. -b- fuhren, oder abspaltbare Reste funktioneller Gruppen (z.B. -OH von -COOH) L = AB: Symbol f i r ein Abgangsmolekul, z.B. H 2 0 aus -OH + HOOCp-C6H4: in para-Stellung (1,4-) substituierter Benzolrest (para-Phenylen) (Formeln) pPh: in para-Stellung (1,4-) substituierter Benzolrest (para-Phenylen) (Text)
MATHEMATISCHE SYMBOLE (entsprechend den IUPAC-EmpfeNungen) gleich ungleich identisch gleich ungefahr gleich proportional (IUPAC: nahert sich an unendlich Differenz Differenzial partielles Differenzial Summe Integral Produkt
In
> L
- oder
>> < =)
I
<< k sin cos tan cot sinh grad
grosser als gleich oder grosser als sehr viel grosser als kleiner als gleich oder kleiner als sehr viel kleiner als plus oder minus Sinus Cosinus Tangens Cotangens Sinus hyperbolicus Gradient (identisch mit dem Nablaoperator V)
dekadischer Logarithmus (Basis 10); IUPAC: Ig oder log,,, naturlicher Logarithmus (Basis e); IUPAC: In oder log,
XI
Verzeichnis der Abkiirzungen
SYMBOLE UM BUCHSTABEN Mittelwert bei rlumlichen Grtjssen (IUPAC), z.B. (r2) = Mittel iiber die Quadrate der Fadenendenabstbde r [] Stoffmengenkonzentration ("Molkonzentration")
( )
HOCHGESTELLTE SYMBOLE UBER EINEM BUCHSTABEN = partielles spezifisches Volumen der Komponenten A Partielle Gresse, z.B. Mittelwertsstnch, z.B. = ZaNenmittel der Molmasse M
-
m,,
HOCHGESTELLTE SYMBOLE HINTER EINEM BUCHSTABEN 0 Winkelgrad
0 Do
m (9) $
a q M V
6
s
Winkelminute Winkelsekunde reine Substanz oder Standardzustand unendlich (z.B. Verdiinnung oder Molmasse) auf die Stoffmenge (in mol usw.) bezogene Grtjsse, wenn ein tiefgestelltes m unzweckmassig wlre. Beide Schreibweisen sind nach IUPAC zulassig. q-teOrdnung eines Momentes (immer in Klammem, da niemals zur q-ten Potenz). aktivierte Grosse, z.B. Et = Aktivierungsenergie allgemeiner Exponent in P = KpMa ( P = Eigenschaft) allgemeiner Exponent mit wechselnder Bedeutung Exponent in der Grenzviskositatszahlh4olmasse-Beziehung [a] = K v M a Exponent in der Beziehung ($)I/* = K,MV Exponent in der Beziehung D = K g S Exponent in der Beziehung S = K s M s
TIEFGESTELLTE SYMBOLE HINTER EINEM BUCHSTABEN Grund- oder Standardzustand (z.B. bei ungesttjrten Dimensionen) 0 Anfangsbedingung (z.B. zur Zeit Null); nicht Standardzustand 0 I Ltjsungsmittel (jedoch S , falls in Solvathiille) 2 GelCistes, meist Polymeres (in Ausnahmefalen als P) 3 zusatzliche Komponente, z.B. Salz, Fallungsmittel, usw. 00 Endzustand A a am
Substanz A, z.B. M A = Molmasse der Substanz A Gruppe, Grundbaustein oder Kettenglied, z.B. als Masse ma von a amorph
B B b b bd be
Substanz B Bruch Gruppe, Grundbaustein oder Kettenglied b in einem Makromolekiil Bindung (speziell Kettenbindung) Bindung (wenn Verwechslungsgefahr mit b fur Gruppe, usw.) effektive Bindungslange (= auf die Kettenrichtung projizierte Lange z.B. der Monomereinhei t) Siedeprozess (E: boiling point) Vcriweigung oder verzwcigt (E: branch(ed))
bP br
Verzeichnis der Abkurzungen
XI1
cl comb cr crit cryst cycl
Kette (L: catena), z.B. Netzwerkkette kritisch (nur bei thermodynamischen Grenztemperaturen, weil dort international gebrauchlich, sonst "crit"). Korrelation (L,l = Korrelationslange) Kom bination kristallin kri t i sch Kristallisation ringformig (cyclisch)
D
bezogen auf Diffusion
e el eff end cq exc
Verhakung, Verschlaufung (E: entanglement) elastisch effektiv Endgruppe Gleichgcwicht (L: aequilibrium) Exzess (Uberschuss)
F f
Fullstoff biegsam (E: flexural)
G g
Glaszustand beliebige statistische Wichtung, z. B. n, m, z oder x, w, Z
H h
hydrodynamisch effektive Grosse oder Hydratation hydrodynamisch (z.B. hD bei der Diffusion, hv bei der Viskositat)
1
Initiator Laufiahl, z.B. i-ren Komponente isotaktische Diade (IUPAC schlagt das Symbol m = meso vor; vgl. Band I) isotaktische Triade (IUPAC: mm) heterotaktische Triade (IUPAC: mr) Surnrne der hetcrotaktischen Triaden is + si
C C
i 1 11
is lisl
Laufzahl
k kn
Laufzahl Knauel
L 1
Flussigkeit, Schmclze (L: liquidus) flussig
M M M Mt m m
Schmelzprozess Monomermolekiil Matrix (bci Blends, verstarkten Polymeren, usw.) Metall Monomercinheit in Makromolekulen molar (evtl. auch als Hochzahl m)
Verzeichnis der Abkurzungen
md mon
Median Molekul Monomeres (falls M missverst2ndlich ist)
n
Zahlenmi ttel
P P PO1 PS
Pol y m e r Polymerisation, insbesondere Wachstum (E: propagation) Polymer (falls P missverstandlich ist) Persistenz
9
variable Hilfsgriisse, fur jedes Unterkapitel verschieden definiert elektrische Ladung
mol
q R R r re1 red re P rlx
S S
Reaktant Verhaltung (E: retention) auf den Fadenendenabstand bezogen, z.B. a, = auf den Fadenendenabstand bezogener Ausdehnungskoeffizient eines Knauels relativ reduziert Repetiereinheit Relaxation
St
solvatisierendes Liisungsmittel bezogen auf die Sedimentation syndiotaktische Diade (IUPAC schlagt das Symbol r = racemo vor) bezogen auf den Tragheitsradius Segment beliebiger Lange heterotaktische Triade (IUPAC: rm) Kugel (G: spheira) syndiotaktische Triade (IUPAC: rr) Startreaktion
t tr
Abbruchreaktion ("Terminierung") Ubertragungsreaktion ("Transfer")
U U
Grundbaustein, Monomereinheit im Polymeren Umsatz
V
Viskositat
W
Massenmittel ("Gewichtsmittel")
X
Verne t zung
Y
Streckgrenze (E: yield)
Z
z-Mittel
S S
seg si SPh ss
XI11
XIV
Verzeichnis der Abkiirzungen
PRAFIXES VON WORTEN (in systematischen Namen kursiv geschrieben) alternierend alt ataktisch at block (IUPAC empfiehlt block) b blend Polymerblend (Polymermischung) verzweigt (nicht spezifiziert; E: branched). IUPAC empfiehlt sh-branch = br kurzkettenverzweigt (E: short), 1-branch = langkettenverzweigt; f-branch = venweigt mit einem Venweigungspunkt der Funktionalitat f ringf6rmig ("cyclisch"); IUPAC empfiehlt cyclo C kammartig (IUPAC empfiehlt comb) cb gemeinsam (unspezifiziert) co compl Pol ymer-Pol ymer-Komplex cis-taktisch Ct erythrodiisotaktisch eit Graft- (Pfropf-) g heterotaktisch ht interpenetrierendes Netzwerk i pn isotaktisch it Netzwerk (IUPAC); 1-net = Mikronetzwerk net pe riodisch Per statistisch im Sinne einer Bernoulli-Verteilung (E: random) r semi-interpenetrierendes Netzwerk sipn statistisch (mit unspezifizierter Verteilung) stat stemformig (IUPAC empfiehlt star sowie f-star, wenn die Funktionalitat des sr Kems bekannt ist; f i s t dann eine Zahl). syndiotaktisch st threodiisotaktisch tit trans-taktisch tt
ANDEREABK~RZUNGEN AIBN N,N'-Azobisisobutyronitril BPO Dibenzoylperoxid Butylgruppe (iBu = Isobutyl, sBu = sekundare Butylgruppe, tBu = tertiarc Bu Butylgruppe; die normale Butylgruppe wird nach IUPAC unlogischerweise nicht durch n gekennzeichnet!). Katalysator (C* = aktiver Katalysator oder aktives Katalysatorzentrum) C ccll Celluloserest Cp Cyclopentadienyl(gruppe) DMF N,N-Dimethylformamid DMSO Dimethylsulfoxid Et Ethyl(gruppe) G gauche GPC Gelpermeationschromatographie I Initiator IR Infrarot
Verzeichnis der Abkiirzungen
L LC Me Mt NMR P Ph SEC THF
uv
xv
Ltisungsmi ttel fliissig-kristallin (E: liquid crystalline) Methyl(gruppe) Metall(atom) Magnetische Kemresonanz Polymeres Phenyl(gruppe)
Ausschlusschromatographie Tetrahydro furan Ultraviolett
SYMBOLE Symbole folgen im Allgemeinen den Empfehlungen der IUPAC-Kommissionen.
UT
Absorptionsvermogen ( A = lg (lo//)= lg (Mi)friiher: ; Extinktion Flache Helmholtz-Energie ( A = U - TS); friiher: Freie Energie Aktionskonstante (in k = At.exp(- E $ / R n ) Zweiter (thermodynamischer) Virialkoeffizient; A3 = dritter Virialkoeffizient Thermodynamische Aktivitat Linearer Absorptionskoeffizient (a = (1/L) Ig (Id/)) Verschiebungsfaktor in der WLF-Gleichung
b
Bindungslange; beff = effektive Bindungsl a g e
C C C C CN
Zahlenkonzentration (Anzahl Einheiten pro totales Volumen); siehe auch c Ubertragungskonstante (immer mit Index, z.B. C , bei einem Regler) WIrmekapazitIt (meist in J/K); C , = molare Warmekapazitat (z.B. in J/(mol K)) Elektrische Kapazitft Charakteristisches Verhaltnis in der KnIuelstatistik; C, = charakteristisches Verhaltnis bei unendlich hoher Molmasse) Warmekapazitat bei konstantem Druck Ubertragungskonstante bei Polyreaktionen (C, = ktr/kp) Spezifische Warmekapazitat (meist in J/(g K); cp = isobare spezifische Warmekapazitat; c y = isochore spezifische Warmekapazitat. Friiher: spezifische Warme Massekonzentration (= (Masse Gelostes)/(Volumen Losung), "Gewichtskonzentration". IUPAC schhgt fur diese Grosse den Namen "Massedichte" und das Symbol p vor, was jedoch zu Verwechslungen mit dem gleichen IUPAC-Symbol fiir die "echte" Massedichte (= (Masse Substanz)/(Volumen Substanz)) fiihrt. Bei der ublichen "Dichte" beziehen sich Masse und Volumen immer auf die gleiche Materie, bei der Massekonzentration jedoch auf zwei verschiedene Dinge (Masse Gelostes pro Volumen Losung). Nur bei reinen Substanzen werden Massekonzentration und Dichte identisch. Nach DIN 1304 kann man fur andere Grossen als die "echte" Dichte auf andere Buchstaben ausweichen. Spczifische Warmekapazitat bei konstantem Druck Lichtgeschwindigkeit im Vakuum oder Schallgeschwindigkeit (je nach Kapitel)
A A A A* A2 a
a
CP Ctr C
c
CP C
XVI
D D d
d
Verzeichnis der Abkiirzungen
Diffusionskoeffizient; Drat = Rotationskoeffizient Zugnachgiebigkeit Durchmesser von kompakten Teilchen (Kugeln, Stabchen, Scheibchen) Dimensionalitat Energie Elastizitatsmodul (Young-Modul) Elektrische Feldstarke Elementarladung Parameter in der Q,e-Copolymerisationsgleichung Kohasionsenergiedichte
F
f
Kraft Bruchteil (soweit nicht spezifiziert als Stoffmengenanteil (= "Molenbruch") x , Massenanteil ("Massenbruch") w ,Volumenanteil (Volumenbruch') 4, usw.) Funktionalitlt (falls Verwechslungsgefahr: fo) Gibbs-Energie (G = H - TS); fttiher: Freie Enthalpie Schermodul, G' = Scherspeichermodul, G,vo = Plateau-Modul Anteil des statistischen Gewichtes (Gi= gi/ gi) Elektrischer Leitwert Erd beschleunigung Statistisches Gewicht (IUPAC empfiehlt k , was jedoch wegen der vielen anderen Bedeutungen von k problematisch ist und femer den Gebrauch von K als Symbol fur den Anteil des statistischen Gewichtes (statt G) ausschliesst. Parameter fur das Verhaltnis der Dimensionen verzweigter Makromolekule zu denen unverzweigter gleicher Masse (= Verzweigungsindex)
xi
Hohe Enthalpie Hohe Planck-Konstante ( h = 6,626.10-34 J s) Verzweigungsindex aus hydrodynamischen Mcssungen Elektrische Stromstarke Intcnsitat Strahlungsintensitat eines Molekuls LaufzaN (i-te Komponente usw.)
J J
Huss (von Masse, Volumen, Encrgie usw.) Schcrnachgiebigkei t
K K K k
Allgemeine Konstante Gleichgewichtskonstante Kompressionsmodul Geschwindigkeitskonstante chemischer Reaktionen Boltzmann-Konstante ( k B = R / N A = 1,380 658.10-23 J K-l)
kB
Verzeichnis der Abkiirzungen
L
L 1
M Mr
m N NA n n
P
P P P P P P
P
Q Q Q Q Q 4 4
R R R
R R
Re r
XVII
Lange. LConL= Konturlage (Llnge der physikalisch maximal gestreckten Kette); LK = Lange eines Kuhn-Segmentes; Lkette = echte (historische) Konturlange (= Zahl der Bindungen ma1 Lange der Valenzbindungen); L,, = Persistenzlange, Lseg = Segmentlange Phanomenologischer Koeffizient Lange Molmasse (physikalische Einheit Masse/Stoffmengc, z.B. glmol) Relative Molmasse = relative Molekiilmasse = "Molekulargewicht" (physikalische Einheit 1 = "dimensionslos") Masse Zahl Avogadro-Konstante ( N A = 6,O23.1Oz3 mol-l) Stoffinenge einer Substanz (in mol); friiher: Molzahl Brechungsindex Permeationskoeffizient ( P = DS) Leistung Perrin-Faktor Wahrscheinlichkeit (E: probability) Druck Reaktionsausmass (z.B. P A = Umsatz an Gruppcn A) Anzahl konformativer Repetiereinheiten pro Helixwindung Dipolmomcnt Elektrizitatsmenge Warme Parameter in der Q,e-Copolymerisationsgleichung _ Polymolekularitatsindex, z.B. Q = MJM, Wechselweise verwendeter Hilfsparameter fur kompliziertere physikalische Grossen, die nur in dem betreffenden Unterkapitcl vorkommen Ladung eines Ions Wechselweise verwendeter Hilfsparameter fur kompliziertere physikalische Grossen, die nur in dcm betreffenden Unterkapitel vorkommen Allgemeine Gaskonstante ( R = 8,314 510 J K-I mol-I) Elektrischer Widerstand Dichroitisches Verhdtnis Reaktionsgeschwindigkeit, z.B. R , = Polymerisationsgeschwindigkeit Radius. Die jeweifigen Indices bcdeuten: D = aus Diffusionsmessungen (StokesRadius); eq = bei aquivalcnter Kugel (aus den ausseren Abmessungen); sph = fur aquivalente Kugeln; H = hydrodynamischer Wert; S = aus Sedimentation; v = aus der Viskosit2t verdunnter Losungen (Einstein-Radius). Rayleigh-Verhatnis der Streuintcnsitaten Radius
XVIII r
r r0 S
S S S S
T
t t
U U U ti
V V U
V
W W
Verzeichnis der Abkiirzungen
Fadenendenabstand. rCOnt= konventionelle Konturlange (= Abstand der Fadenenden einer Kette in all-trans-Konformation) Cop01ymerisationsparameter Anfangsverhaltnis der Stoffmengen an Gruppen bei der Polykondensation Entropie Ldslichkeitskoeffizient Sedimentationskoeffizient (in der Literatur als s, was jedoch leicht mit dem gleichen Symbol s fur den Tragheitsradius verwechselt werden kann) Tragheitsradius (IUPAC) Selektivitatskoeffizient (osmotischer Druck) Temperatur, und zwar sowohl in K (physikalische Gleichungen) als auch in "C (beschreibend). IUPAC empfiehlt fur Celsius-Temperaturen entweder t (was mit dem gleichen Symbol fur die Zeit verwechselt werden kann) oder 8 (was f2lschlicherweise meist mit dem in der makromolekularen Wissenschaft fur die Theta-Temperatur verwendeten Symbol 8 identifiziert wird). DIN schlagt fur Celsius-Temperaturen die Symbole t oder 19 vor. t ist jedoch leicht mil dem gleichen Symbol fur die Zeit zu verwechseln. Missverstandnisse beim Verwcnden von T fur Kelvin- und Celsius-Temperaturen sind bei Angabe der physikalischen Einheiten nicht moglich. In physikalischen Gleichungen ist ausschliesslich T in K zu verwenden. Zeit Rotationswinkel um die Helixachse Innere Energie Elektrische Spannung Umsatz an Monomennolekulen @ = Umsatz an Gruppen; y = Ausbeute an Substanz) Ausgeschlossenes Volumen Volumen Elektrisches Potential Spezifisches Volumen Geschwindigkeit (lineare Geschwindigkeit v = dL/dt) Arbeit (E: work) Massenanteil (Massenbruch, "Gewichtsbruch")
Xbr
Polymerisationsgrad = Anzahl der Monomereinheiten pro Molekul Elektrischer Widerstand Stoffmengenanteil ("Molenbruch"), z.B. XA = Stoffmengenanteil an A Verzweigungsgrad
Y Y Y
Brechungsindexinkrement (= dn/dc) Polymerisationsgrad = Anzahl der Rcpetiereinheiten pro Molekul Ausbeute an Substanz (E: yield)
X X X
Verzeichnis der Abkiirzungen
Z Z 2
Z
z z
a a
a a a
[a1
P P P P rH
Y Y Y
r
s 6 6 & & & &r
r t7 rli
qinh
XIX
Stosszahl z-Anteil (Z;= zi/& zi) z-statistisches Gewicht Koordinationszahl, Anzahl der Nachbam Dissymmetne (Lichtstreuung) Parameter in der Theorie des ausgeschlossenen Volumens Winkel, insbesondere Rotationswinkel der optischen Aktivitat Linearer Aufweitungsfaktor von Substanzen oder Knaueln ( a bei ~ Bezug auf Diffusionsmessungen, cq, bei Bezug auf hydrodynamische Abmessungen (allgemein), a; bei Bezug auf den Fadenendenabstand, as bei Bezug auf den Tragheitsradius s, av bei Bezug auf die Viskositat verdunnter Losungen). Linearer thermischer Ausdehnungskoeffizient (in der Literatur oft als P bezeichnet, daM mit a fur den kubischen thermischen Ausdehnungskoeffizienten) Kristallinitatsgrad (jeweils mit Index fur die entsprechende Methode, z.B. X bei Rtintgenmessungen) Elektrische Polarisierbarkeit eines Molekuls "Spezifische" optische Drehung Winkel Druckkoeffizient Kubischer Ausdehnungskoeffizient (in der Literatur oft als a bezeichnet, dann mit P fur den linearen Ausdehnungskoeffizienten) Integral des ausgeschlossenen Volumens Parameter der Vorzugssolvatation (Vonugshydratation) Winkel Oberflachenspannung, Grenzflachenenergie Vernetzungsindex Geschwindigkeitsgefalle = Schergeschwindigkeit = Geschwindigkeitsgradient Verlustwinkel LOslichkeitsparameter Chemische Verschiebung Lineare Dehnung [ E = ( L - Lo)/Lo] Energie pro Molekul Erwartung Relative Permittivitat (friiher: Dielektrizitatskonstante) Verhaltnis Rh/Rs von hydrodynamischen Radien zu Tragheitsradien, z.B. rsph bei Kugeln, &n bei Knaueln Dynamische Viskositat, z.B. TO = Ruhe-Viskositat, q1= Viskositat des Losungsmittels Relatives Viskositatsinkrement ("spezifische Viskositat"), qi = (77 - ql)/q1 Inharente Viskositat, logarithmische Viskositatszahl, q i h = (ln q,)/c
xx
Verzeichnis der Abktlrzungen
Viskositatsverhdtnis ("relative Viskositat"), q, = q/q1 Reduzierte Viskositat, Viskositatszahl, qred = ( q - ql)/(qlc) Spezifische Viskositat (= ( q - qo)/qo. (IUPAC schlagt fur diese Grosse den Namen relatives Viskositatsinkrcment und das Symbol qi vor; das Symbol ist leicht mit dem Symbol q, fur die Viskositat der Substanz i zu verwechscln. Grenzviskositatszahl (Staudinger-Index, intrinsic viscosity), lim qc+o = qred; die Grenzviskositatszahl wird in DIN 1342 Jo genannt. Charakteristische Temperatur, insbesondere Theta-Temperatur Winkel, insbesondere Torsionswinkel (makromolekulare Konvention) Winkel, insbesondere Phascnwinkel bzw. Torsionswinkel (organisch-chemische Konvention) K K
A
9b
a. 9b
Isotherme (kubische) Kompressibilitat Enthalpischer Wechselwirkungsparameter in der Theorie der Losungen Achsenverhdtnis bei Stabchen (Lange/Durchmesser) oder Rotationsellipsoiden (HauptachsePJebenachse) WellenlWge (,lo = Wellenlange des Einfallslichtes) Warmeleitfahigkeit Verstreckungsverhaltnis.L = L/Lo Chemisches Potential Moment (Verteilungen) Dipolmoment Poisson-Verhaltnis Moment (Verteiiungen), bezogen auf einen Referenzwert Kincti sche Kettenlange Frequenz Effektive Stoffmengenkonzentration an Nctzketten Geschwindigkeit Zustandsumme Reibungskoeffizient (IUPAC empfiehlt f,was jedoch mit dem gleichen Symbol fiir den Anteil ("Fraktion") kollidicrt.
n K
P
P CT CT
Osmotischer Druck Mathematische Konstante pi Dichte (= Masse/Volumcn der jeweils gleichen Materie), z.B. Masse Substanz A pro Volumen Substanz A. p wird von IUPAC auch fiir andere "Dichten" verwendet, z.B. f i r die Zahlcnkonzentration C ("Zahlendichte"). Elektrischer Volumenwiderstand Mechanische Spannung; Standardabweichung
01 1
= Normalspannung, 021 = Scherspannung
XXI
Verzeichnis der Abkurzungen
Behinderungsparameter (sterischer Faktor) Kooperativi tat Elektrische Leitfahigkeit Kopplungsgrad von Ketten bei Schulz-Zimm-Verteilungen; q =
Mn/(m,,,
Bindungswinkel (Valenzwinkel) Relaxationszeit Scherspannung (= 021) Innere Durchlassigkeit (Transmission, Durchlassigkeitsfaktor) Flory-Parameter; @e = Flory-Konstante (Theta-Zustand) "Molare" optische Drehung Volumenanteil (Volumenbruch) Winkel Potential zwischen zwei durch einen Abstand r getrennten Segmenten
Wechselwirkungsparameter bei der Theorie der Losungen (Flory -Huggins-Parame ter) Simha-Faktor f i r Ellipsoide Entropischer Wechselwirkungsfaktor in der Theorie der Losungen Winkel Thermodynamische Wahrscheinlichkeit Schiefe einer Verteilung Winkelfrequenz, Winkelgeschwindigkeit
-
XXII
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Weiterfiihrende Literatur und Quellennachweise befinden sich jeweils am Kapitelende . Motto ................................................................................................................... Vorworte ............................................................................................................. Verzeichnis der Abkiirzungen .............................................................................
V VII X
1 . Einleitung ...............................................................................................
1
2
.
Struktur und Eigenschaften von Polymeren
................................
2.1. Chemische Struktur .......................................................................... 2.1.1. Begriffe ............................................................................ 2.1.2. Polymernamen ................................................................. 2.1.3. Konstitution ...................................................................... Strukturbezogene Begriffe ........................................... Verfahrensbezogene Begriffe ....................................... Molmassen ................................................................... 2.1.4. Konfiguration ................................................................... 2.2. Physikalische Struktur ..................................................................... 2.2.1. Mikrokonformationen ....................................................... 2.2.2. Makrokonformationen ... .......................................... 2.2.3. Morphologie .................................................................... 2.2.4 Losungen, Schmelzen und Glaser ........................ ..... 2.3. Physikalische Eigenschaften .............................................. ..... 2.3.1. Thermische Eigenschaften ................................................ 2.3.2. Mechanische Eigenschaften ... ..................................... 2.3.3. Elektrische Eigenschaften ..................................................
3 . Rohstoffe
................................................................................................ 3.1. Einfuhrung ....................................................................................... 3.1 .1. Natiirliche Rohstoffe .......................................................... 3.1.2. Synthetische Polymere ...................................................... 3.2. Energie ............................................................................................. 3.2.1. Energietrager .................................................................... 3.2.2. Produktion ....................................................................... 3.2.3. Verbrauch an Primarenergie .............................................. 3.2.4. Reichweite ......................................................................... 3.2.5 Okologie ........................................................................... 3.3. Erdgas und Synthesegas .................................................................. 3.3.1. Typen ............................................................................... 3.3.2. Produktion ................... ..................................... 3.3.3. Synthesegas .... ..................................... 3.3.4. Erd- und Synthesegas als Chemierohstoff .......................... 3.4. Erdol ............................................................................................. 3.4.1 Petrochemikalien ..............................................................
8 8 8 9 10 11 13 14 16 19 19 19 20 21 22 23 24 25 26 26 26 28 29 29 30 31 34 36 38 38 39 41 42 43 43
XXIlI
Inhal tsverzeichnis
3.4.2. RohiSl ............ .............. ............................. 3.4.3. Verarbeitung des Rohi5ls ................................................... 3.4.4 Vorprodukte fur Polymere ................................................ 3.5. Olschiefer ........................................................................................ 3.6. Olsande, Bitumen und Asphalt ............................................... 3.7. Kohlen ............................................................................................. 3.7.1 Chemische Struktur .............................. .............. 3.7.2. FiSrderung und Vorr2te .................................................... 3.7.3. Steinkohle als Chemierohstoff .......................................... 3.7.4. Braunkohle ....................................................................... 3.8. Holz ............................................................................................. 3.8.1 Struktur, Produktion und Verwendung .............................. 3.8.2 Naturholz .......................................................................... 3.8.3 Pressholz ........................................................................... 3.8.4. Sperrholz ........................................................................... 3.8.5. Polymerholz ....................................................... 3.8.6. Weichgemachtes Holz .................... ................. 3.8.7. Holzschliff ........ ....................................... 3.8.8. Zellstoff ..... ............................................. 3.8.9. Holzverzuckerung ............................................... 3.8.10. Holzvergasung ........................................ .............. 3.9. Lignine .................. .................................................................... 3.10. Naturharze ....................................................................... 3.11. Fette und fette Ole ............................................................. 3.12. Biomasse .................... ............................................................. ............ Anhang zu Kap . 3: Bruttosozialprodukt und Bruttoinlandprodukt
4 . Technische Synthesen ........................................................................ 4.1. Polyreaktionen ................................................................................. 4.1.1. Monomere fur Polymere ................................................... 4.1.2. Einteilung der Polyreaktionen ........................................... 4.1.3. Therrnodynamische Voraussetzungen ........................... 4.1.4. Elementarreaktionen .......................................................... 4.1.5. Polyadditionen und Polykondensationen ........................... 4.1.6. Ionische Polymerisationen ................................................. 4.1.7. Polyinsertionen ......... .............. ................ 4.1.9.
Copolymerisationen
4.2. Technische Verfahren
.................................. .................................. 4.2.3. 4.2.4. 4.2.5.
Polymerisation in Masse .................................................... Polymerisation in Suspension ................. Polymerisation in Emulsion ................... Phanomene ...................................................................
44 47 49 54 55
56 56 57 58 60 60 60 62 63 64 64 65 66 66 67 68 69 70 73 75 77 82 82
82 83 87 87 90 92 93 94 97 98 I00 100 101 103
105 108 108
XXIV
Inha2tsverzeichnis
Pol ymcrisationsgcschwindigkcit ................................... Partikcl-Bildung ....................... ............. ............. Produkteigenschaften ............... 4.2.6. Polyreaktioncn in Losung ................................................. 4.2.7. Polymcrisalion in Fallungsmittcln .......................... 4.2.8. Polymerisationen in Gasphasen ............................ 4.3. Rcaktoren ....... ...................................................................
112 114 115 116 118 119 121 122 124 124 126 127 128 .............................. 128 129 4.3.3. Riihrer ............. 129 ..................................................... Ruhrlcistung ............................. .............. 130 .............. 131 Segregicrtc Rcaktoren ................... 4.4. Aufbereitung von Polymeren . .................................... 135 136 4.5. Wirtschaftliche Aspcktc 136 I 37 4.5.2. KapazitAtcn ......................................... 4.5.3. Kosten und Prcise ....................... .............. 137
5.
Kohlenstoff-Ketten ................... ........................................ 5.1. Kohlcnstoffe ... .............................................. 5.1.1. Diamant .............................. 5.1.2. Fullerene ..................................... .............. 5.1.3. Graphit ........................................ 5.1.4. Kohlenstoff- und Graphitfascrn ......................................... 5.1.5. Glaskohlcnstoff ........ ......................................... 5.1.6. Russe ........ 5.1.7. Holzkohlc ..................................................... 5.1.8. Aktivkohlc ................................... 5.2. Poly(o1efin)e .......... .................. 5.2.1. Bezeichnungen ....... 5.2.2. Poly(methy1cn) 5.2.3. Poly(ethy1cn)e . Vorkommen .............................................. Einteilung dcr industricllen Poly(cthy1en)c ................... PE-LD ........................................................................... PE-HD ................................... .................... PE-LLD .............. ............................................ mPE-LLD ._ .............................................. Eigenschaflen ................................................... 5.2.4. Modifizicrtc Poly(ethy1en)c ...............................................
143
144 147 149
15 1
153
155 157 160 161 162 163
xxv
lnhalrsverzeichnis
Ethen-Copolymere ............................................................ ........ Copolymere mit 1-Olefinen oder Dienen ....... Copolymere mit Vinylmonomeren ............................... Copolymere mit Acrylverbindungen ............................ 5.2.6. Poly(propy1en)e ......................................................... Kapazitaten und Geschichte .... ............................... Poly(propy1en)e durch Ubergangsmetall-Kataly satoren .. Metallocen-Poly(propy1en)e ......................... Ataktische Poly(propy1en)e .......................................... Syndiotaktische Poly(propy1en)e .................................. Copolymere rnit Kohlenmonoxid .................................. ..................................... 5.2.7. Poly( 1-buten) ...................... 5.2.8. Poly(4-methyl- 1-penten) ....................... ................. 5.2.9. H6here Poly(a-o1efin)e ................................................................ Poly(isobuty1en) 5.2.10. 5.3. Poly(dien)e ...................................................................................... Ubersicht .................................................................... 5.3.1. 5.3.2. Poly(butadien)e ................................................................ Anionische Polymerisationen .................. Alfin-Polymerisationen ................................................. Radikalische Polymerisationen zu SBR ......................... 5.2.5.
Ziegler-Natta-Polymerisationen
.....................
5.3.3. Naturliche Polyprene ....................... Synthetische Poly(isopren)e ...... Denvate .......................
............................
164 I64 165 166 167 167 167 170 171 171 172 172 172 173 174 175 175 176 177 177 178 179 179 180 180 182 184 185 185 186 186 187 187 189 189 190 190 191 191
5.3.4. 5.3.5. 5.4. Poly(cycloo1efin)e ......... ..................................................... 5.4.1. Ubersicht .................................................................... ......... 5.4.2. Poly(pentenamer) .................................. 5.4.3. Norbornen-Polymere ........................................................ 5.4.4. Cycloolefin-Copolymere ...... ................................... 5.4.5. Poly(dicyc1opentadien) ...................................................... 5.4.6. Poly(0ctenamer) ................................................................. 5.4.7. Poly(acety1en)e ... ...................................................... 5 . 5 . Aromatische Poly(koh1enwasserstoff)e ............................................. 5.5.1 Poly(pheny1en)e ...................................................... Verzweigte Poly(pheny1en)e ......................... Lineare Poly(pheny1en)e .................................. 192 5.5.2 Poly@-xylylen) ... .................................. 194 5.5.3. Phenolharze ...... ................................................ Saurekatalyse ................................... ....... Basenkatalyse ................................................. Eigenschaften ................................... ..................... 197
XXVI
Inhalisverzeichnis
5.5.4. Poly(armethy1en)e ............................................................ 5.5.5. Poly(benzocyc1obuten)e ................................................... 5.6. Andere Poly(koh1enwasserstoff)e .................................... ........._...... 5.6.1. Cumaron-Inden-Harze ..................................................... 5.6.2. Harzol-Harze .................................................................... 5.6.3. Pinen-Harze ....................................................................... 5.6.4. Polymere aus ungesattigten Naturolen ............................... 5.7. Poly(viny1verbindung)en .......................................................... ....... 5.7.1. Poly(styro1) ... .......................................................... Ataktische H lymere ........................................... Stereoregulare Poly(styro1)e ......................................... ................................. Copolymere ............ 5.7.2. Substituierte Poly(styro1)e .. .................................... 5.7.3. Poly(viny1acetat) 5.7.4. Poly(vinylalkoho1) ...... .................... 5.7.5. Poly(vinylaceta1)e ....... 5.7.6. Poly(viny1ether) ......... 5.7.7. Poly(N-viny1verbindung)e Poly(N-vinylcarbazol) ... ............................ Pol y(N-vinylpyrrolido 5.8. Poly(ha1ogenkohlenwasserstoff)e ..................................................... 5.8.1. Poly(vinylch1orid) .......................................... Homo polymer isat ionen ............................. Struktur ....................................................................... .......................... Eigenschaften .......................... .................................... Copolymere .......... .. ...... .................................... 5.8.2. Poly(vinylidench1orid) ....... ..................................... 5.9. Fluor enthaltende Polymere ... .......................... 5.9.1. Poly(tetrafluorethy1en) .......................... Polymerisation ....... .. .. ........................... ........ Verarbeitung und Eigenschaften .................................. 5.9.2. Copolymere des Tctrafluorethens ..................................... 5.9.3. Poly(chlortrifluorethy1en) .................................................. 5.9.4. Poly(viny1fluorid) ............................................................. 5.9.5. Poly(viny1idenfluorid) . _ ............................................... 5.10. Poly(acry1verbindung)en ........... . ....... ..................... 5.10.1. Poly(acry1saure) ........................................ 5.10.2. Poly(acry1saureester) ..._................. ............................ ........................................ 5.10.3. Poly(acro1ein) ..................... 5.10.4. Poly(acrylnitri1) ........................................ 5.10.5. Poly(acry1amid) ................................................... 5.10.6. Poly(a-cyanacry1at)e ........................................................ 5.10.7. Poly(methylmethacry1at) ............... ......................... Polymerisation in Masse ................... ...... ............ Polymerisation in Losung ........ ..........................
199 199 20 1 201 20 1 201 202 202 203 203 204 205 206 208
2 12
2 13 2 14 2 16 2 16 2 16 2 17 2 17 2 17 2 18 2 19 220 220 220
,
222 224 224 226 226 227 228
Inhaltsverzeichnis
Polymerisation in Suspension ....................................... 5.10.8. Poly(2-hydroxyethylmethacrylat) ...................................... 5.10.9. Poly(methacry1imid) .......................................................... 5.10.10. Poly(methacrylnitri1) ......................................................... 5.11. Poly(a1lylverbindung)en .................................................................. 5.12. Aliphatische Polyketone ...................................................................
6
.
XXVll 228 229 229 229 230 23 1
Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten ....................................................... 238 238 6.1. Ubersicht ......................................................................................... 238 6.2. Poly(aceta1)e .................................................................................... Ubersicht .......................................................................... 238 6.2.1. ........................................ 239 6.2.2. Poly(oxymethy1en)e Monomere .............. Poly(forma1dehyd)e ................................ 240 Acetal-Copolymere . Stabilisierung von Ace Eigenschaften .............. ................................ 243 6.2.3. Poly(aceta1dehyd) ... .................. 244 6.2.4. Pol y( fluoral) ........................................... ...................................... 245 6.2.5. Poly(chlora1) ...................... Poly(phtha1aldehyd) ..... ................................ 246 6.2.6. ................................ 246 6.2.7. Poly(diphenolforma1)e . 246 6.2.8. Poly(l,3-dioxolan) ............................................................ 6.2.9. Poly(aceton) .............................................................. 6.3. Pol yether ......................................................................... 6.3.1. Poly(oxyethy1en)e ............................................. 6.3.2. Poly(propy1enoxid) ............................................................ 248 6.3.3. Poly(epich1orhydrin) .... ............................................... 249 6.3.4. Poly[ 1,2-di(chlormethyl)e enoxid J ................... 6.3.5. Phenoxy-Harze ................................................................. 250 6.3.6. Epoxid-Harze ................................................................... 25 1 .................... 25 1 Typen ....................... Synthesen ........................ ...................... 252 Hartung .................... 253 6.3.7. Poly(tetrahydr0furan) ........................................................ 255 6.3.8. Furan-Harze ..................................................... 255 6.3.9. Polyphenylenoxide .......................................... Synthese ............................................................ Eigenschaften .... .......................................... 6.4. Polyketone ...................................................................................... 258 6.4.1. Poly(koh1ensuboxid) ........................ ........... 258 6.4.2. Polyaryletherketone ...... ...................................... 259 26 1 6.5. Aliphatische AB-Polyester ............................................................... 6.5.1. Poly(a-hydroxyessigsaure) ..................................... 6.5.2. Poly(1actid) ........................................................................ 262 6.5.3. Poly(hydroxypropionsaure)n ............................................ 263
Inhaltsverzeichnis
XXVIII
.......... 6.5.4. Pol(hydroxyfetts2ure)n .............................. 6.5.5. Poly(pivalo1acton) . ................................ .......... ............................. .......... 6.5.6. Poly(P-m alonsaureest 6.5.7. Poly(&-caprolacton) ........................................................... 6.5.8. Andere Poly(w-hydroxya1kanoat)e ................................... 6.6. Aliphatische AA/BB-Polyester ........................................................... 6.6.1 Poly(alky1encarbonat)e ..................................................... 6.6.2. Andere Poly(alkylena1kanoat)e ................. ................ 6.6.3. Alkydharze ....................................................................... 6.7. Ungesattigte Polyester ..................................................................... 6.8. Aromatische Polyester ..................................................................... 6.8.1. Polycarbonate ................................................................... 6.8.2. Poly(p-hydroxybenzoat)e ................................................ ......................... 6.8.3. Poly(ethy1enoxybenzoat) ................ 6.8.4. Poly(ethylentercphtha1at) ............ ....................... 6.8.5. Poly( 1,4-bismethylencyclohcxa ................... 6.8.6. Poly(trimethylenterephtha1at) 6.8.7. Poly(butylenterephtha1at) .......................... 6.8.8. Themoplastische Polyester-Elastomere ............................. Poly(alkylennaphtha1at)e ............. ........................... 6.8.9. 6.8.10. Polyarylate .................................. ........................... ............................................. 6.9. Polvorthoesler .................. 6.10. Polyanhydride .................................................................................
7.
264 267 267 268 268 269 269 270 270 271 272 272 275 277 277 279
280 28 1 28 1 283
Polysaccharide .......................... ............................ .......... 287 7.1. Saccharide .......... ................................................................ 287 7.1.2. Einfache Zucker ............ 7.1.3. Nomenklatur .... 7.1.4. Biosynthese ..... ................................ 7.1.5. Wirtschaftliche Be .............................. 7.2. Poly(n-glucosc)n .............. ............................ 7.2.1. Ubersicht ........... 7.2.2. Starke ................... ............................ Vorkommen .......................................
7.2.3. 7.2.4. 7.2.5.
Verwendung ....................................... Modifikation von Starken ............................................. Starkc als Rohstoff ........................................................ ........................... .. ............................ Amylopektin ................................................................ Physikalische Struktur dcr St2rkekomer ....................... Glycogen ...................... ............................... ........................... Dextrine ............. Dextrane . ............................................ .......
294
299 300 300 301 303 304 305 306 307
Inhalrsverzeichnis
7.3.
7.4.
7.5 7.6. 7.7.
7.8.
7.9.
XXIX
7.2.6. Poly(dextrose) .................................................................... 7.2.7. Poly[a-(l-+3)-D-glucose]n ............................................... 7.2.8. Pullulan ............................................................................. Cellulose ........................................................................................ 7.3.1. Chemische Struktur ........................................................... 7.3.2. Physikalische Struktur ....................................................... Physikalische Eigenschaften ............................................. 7.3.3. Cellulosische Naturfasem .................................................. 7.3.4. Vorkommen ................................................................ Struktur ....................................................................... Bakteriencellulose ............................................................. 7.3.5. Synthetische Cellulose ...................................................... 7.3.6. 7.3.7. Regenerierte Cellulosen .................................................... Cuoxam-Verfahren ............................................. Viskose-Verfahren ................................................. Organosolv-Verfahren ............................... .. Mercerisierung ........... ......................... 7.3.8. .......................... 7.3.9. Cellulosederivate .......................... Reaktionen der Cellul ......................... Cellulosenitrate ..... ................................ Celluloseacetate ......................................... Celluloseether ............................. ............................. 7.3.10. Chitin und Chitosan .......................................................... 7.3.11. Murein .............................................................................. ..................................... 7.3.12. Xanthan ............................. Mucopol ysaccharide ..................................................... 7.4.1. Hyalurons2ure ................................................................. 7.4.2. Chondroitinsulfate ............................................................ 7.4.3. Heparin .................................. .................................... 7.4.4. Keratansulfat ..................................................................... Poly[p-( 1+3)-D-glucose]n ............................................................... Gellan-Gruppe ................................................................................ Poly(ga1actose)n ............................................................... 7.7.1 Agar-Agar ........................................ 7.7.2 Agarose und Agaropektin ....................... 7.7.3. Carrageen(an) .................. .................. 7.7.4. Furcelleran und Funoran . 7.7.5. Pektine . ................................... 7.7.6. Traganth ......... .................................. 7.7.7. G. Ghatti 7.7.8. Gummi Arabicum ............................. Poly(mannose)n .. 7.8.1. Guaran ............ ....................................... 7.8.2. Carobin 7.8.3. Alginate .................. .................................................. Hemicellulosen ................................................................................
308 308 308 3 09 309 3 11 3 13 3 14 3 14 3 16 3 18 3 19 3 19 3 19 320 322 322 323 324
329 329 330 330 333 333 333 334 3 34 3 35
331 338 339 340
342 343 344
xxx
In hallsverzeic hnis
7.9.1. Hemicellulosen dcr Hartholzer .......................................... 7.9.2. Hemicelluloscn der Weichholzer ........................................ 7.9.3. Hemicellulosen der Graser ................................................. 7.10. Poly(fructose)n ................................................................................
345 346 347 348
8 . Kohlenstoff-Schwefel-Ketten .....................................
.... 352 ......................... 352 8.1. Aliphatische Polysulfide mit Monoschwefel ... 8.1 .l. Polythioacetale ................................ ......................... 352 352 8.1.2. Polysulfide ....................................................................... 8.2. Aliphatische Polysulfide mit Polyschwefel ....................................... 354 ................................................... 356 8.3. Poly(phenylensu1fid) ................................. 8.3.1. Synthesen 8.3.2. Eigenschafte 8.4. Aromatische Polysulfidether .......................... .................. 358 .................. 359 8.5. Polysulfone .................................................... .................... 359 8.5.1. Poly(alkylensu1fon)e ....... ................................... 36 1 8.5.2. Poly(phenylensu1fon) . 8.5.3. Polyethersulfone ........... ................................... 36 1 Polysul fonierungen .................................... Polyether-S ynthese ..................... Polyarylensulfidsulfone .............. Eigenschaften ............. .................................. 363 8.6. Polymere mit Schwefcl in Ringstrukturen ......................................... 365 8.6.1. Poly(thiophen)e .. .................................. Synthesen ..................................................... Eigenschaften ................. ............................ 366 .................................. 366 8.6.2. Andere Polyrncrc ...........
9 . Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
........................................................ 9.1. Polyimine und verwandte Polyrncre .................................. 9.1.1. Nomenklatur . .................................................. 9.1.2. Polyisocyanide ............................................... 9.1.3. Polycyanidc ................................... .................. 9.1.4. Poly(dinitri1)e u ................................. 9.1.5. Polycyanoacetylene 9.1.6. Poly(ethy1enimin)e . ................................ .................. Substituierte lineare Poly(ethy1enimin)e ........................ Verzweigte unsubstituierte Poly(cthy1enimin)e .............. Substituierte Polyimine .............. ................... 9.1.7. Poly(forma1dazin) ........... ....................... 9.1.8. Poly(ani1in) ..................... .................................. 9.1.9. Imin-Dendrimere .................................................. Chemische Struk Synthesen ............ .. Poly(l,3-trimethylenimin)-Dcndrimere(POPAM) ......... Polyamidoamin-Dendrimere(PAMAM) .......................
368 368 368 369
37 1 3 72 3 72 373 373 373 377 377 377 378
Inhaltsverzeichnis
XXXI
Struktur und Eigenschaften ......................................... 9.1.10.Benzochinon-haltige Polyimine ........................................ 9.2. Polyamide ........................................................................................ 9.2.1. Ubersicht .......................................................................... 9.2.2. Aliphatische AA/BB-Polyamide ........................................ Typen .......................................................................... Monomere ................................................................... Technische Synthesen .................................................. Mechanismus ............................................................... Eigenschaften ............................................................... Verwendung ................................................................. 9.2.3. Aliphatische AB-Polyamide .............................................. Ubersicht ...................................................................... Monomere ................................................................... Hydrolytische Polymerisation ....................................... Anionische Lactam-Polymerisationen ........................... Kationische Lactam-Polymerisationen .......................... Polykondensationen ..................................................... Andere Polyamid-Bildungen ........................................ Eigenschaften und Verwendung ................................... 9.2.5. Verzweigte AA/BB-Polyamide ........................................... Hyperverzweigte Polyamide ...................... .... Versamide .................................................................... 9.2.6. Aramide ............................................................................
378 379 380 380 381 381 381 382 385 386 388 388 388 390 391 393 393 393 396 397 398 398 399 400 ............................................. 400 ................................................... 402 9.2.7. Andere aromatischc und cycloaliphatische Polyamide ....... 404 Polyphthalamide .......................................................... 404 Poly(rn-xylylenadipamid) .............................................. 405 Poly [ bis(4-aminocyclohexan)methylendodecanamid] .. 406 Polyamid 6-3T ............................................................. 407 Andere transparente Polyamide .................................... 408
............................. 9.3. Polyhamstoffe und Aminoharze .. 9.3.1. Polyhamstoffe .. ...................................................... 9.3.2. Aminoharze ..................................................................... Monomere ................................................................... Synthese ....................................................................... Technische Produkte .................................................... 9.3.3. Polyhydrazide ............... ......................... ...................................................... 9.4. Pol y cyanate ...................... 9.4.1. Ubersicht ........................................ 9.4.2. Polyamid 1 ......................... 9.4.3. Poly(isocyanat)e ....................................... 9.4.4. Cyanatester-H arze ..................................... 9.4.5. Polyisocyanurate ....................................... 9.5. Polyurethane .............................................
410
410 410 410 411 413 414 414
lnhaltsverzeic hnis
XXXII
Ubersicht .................................... .................. Synthesen ....................................... Rohstoffe ....................... Diisoc yanatc .............. H ydroxylverbindungen .................................. 9.5.4. Anwendungen ................. Elastomere ................. .................................. Schaumstoffc ............. Uberziige und Anstrichmittel ....................................... Klebstoffe ... ................................ Reproduktionstechnik ................................ ................................ 9.6. Polyimide ....... ..................
9.5.1. 9.5.2. 9.5.3.
417 418 4 19 419 42 1 422 423 424 425 426 426 427
.................. 427 .................. .................. ............................ Polyetherimide (PEI (DIN)) PMR-Pol yimide .......... .................................. ..................................................
Polyesterimide (PEI (ISO, ASTM))
429 430 430 430 432
.................... .............................
............................... 9.6.3. Andere Polyimide ........... 9.6.4. Polycarbodiimide ............ ......................... 9.6.5. Polyuretdione .. ......................................... 9.7. Polyazole ........................................ 9.7.1. Ubersicht ........................................ .................. 9.7.2. Poly(pyrro1)e .................. .................................. 9.7.3. Pol y( benzimidazo1)e ................................. 9.7.4. Poly(bcnzoxazo1)c und Poly(bcnzthiazo1)e ............... 9.7.5. Oxazol- und Oxadiazol-Polymerc ................... Poly(2-oxazolin)~ ........................ Poly(2-oxazo1idon)c ................... ............... Pol y (oxadi azo1)c ........ .................................. Polyhydantoine ............... .................................. Polyparabansauren .................................................. ............. 9.8. Polyazine ....................................................... .................. 9.8.1. Ubersicht ......................... ..................................... 9.8.2. Polychinoline ..................................................
9.7.7. 9.7.8.
.................................
9.8.4
Polytriazine
9.9.1. 9.9.2.
Nitroso-Kautschuk ................................ Azo-Polymcrc .................................................
434 435
435 437
443 443 446 447 447 448 448 448
XXXIII
Inhaltsverzeichnis
.
10 Peptide und Proteine ...........................................................................
........... ........................................................................ 10.1. Ubersicht ...................................................................... 10.1.1. Definition 10.1.2. a-Aminosauren ................................................................. 10.1.3. Makrokonformationen ...................................................... 10.2. Paly(a-aminasaure)n ....................................................................... 10.2.1. Synthese ................................ 10.2.2. Polymere .......... ................................................. 10.3. Poly(P-aminos2ure)n ........................................................................ ............................................ 10.4. Proteine ........................................... 10.4.1. Ubersicht .......................... ............................................ 10.4.2. Enzyme ...................................................................
455 455 455 457 459 460
462 463 463
Einteilung ........................................................... Herstellung von Enz,ymen ............................................. 465 Struktur und Wirksamkeit ................. .............. 465 Immobilisierung ............................... Industrielle Nutzung .................................................... 469
........................................................ proteine .................... Synthese und Struktur
470
.
Gelatine .......... Proteingummen ................................... .............. 472 Elastin .............................................. Resilin und Abductin _. 10.4.5. Proteinfasem ........................................ 10.4.4.
10.4.6.
Casein ........................................................................... 476 Technische Proteine ............................. ......... 477
1 1 . Anorganische Polymere ....... .................................................. I I . 1. Einleitung ......... ................................................................. 1 1.2. Bor-Polymere .................................................................................. 11.2.1. Elementares Bor ................................................................ 11.2.2. Bor-Stickstoff-Verbindungen ............................................ 11.2.3.. Bor-Kohlenstoff-Verbindungen ........................................ 11.2.4. Poly(carboransi1oxan)e ..................................................... 11.2.5. Bor-Wasserstoff- und Bor-Sauerstoff-Verbindungen ......... ....... ................................................. 11.3. Silicium-Polymere .................................................................... 11.3.1. Polysilane 11.3.2. Poly(carbosi1an)e .............................................................. .............. ................ 11.3.3. Poly(si1azan)e .................. 11.3.4. Poly(kiesels2ure)n ............ ...................... 11.3.5. Silicate .............
48 1 483 483 484 4 84 4 84 486 486 487 488 490 490
I nhaitsverzeichnis
XXXIV
.......................................................... .......................................................... Silicatglaser ..................................................................... Faserformige Silicate ........................................................ Schichtsilicate ................................................................... Zement und Beton ............................................................ Keramische Werkstoffe ..................................................... Silicone ............................ ............................................ Silicat-Umwandlungen ................................................. Polyreaktionen ............................................................. Aquilibrierung ....................................... Polymeranaloge Umwandlungcn ............ .............. ............................ Produkte .......................... 11.3..12. Siliciumdioxid ... ..................... 11.4. Germanium- und Zinn ............................. 11.5. Phosphor-Polymere ............................ 1 1.S. 1. Elementarer Phosphor ................ 11.5.2. Poly(phosphorsa 1 1.5.3. Poly(phosphorsaurecstcr) .................................................. I 1.5.4. Polyphosphonate ....................................... .............. 11 S . 5 . Polyphosphazene .............................................................. 11.6. Schwefel-Polymere .......................................................................... ........................................ 1 1.6.1. Elementarcr Schwcfel 1 1.6.2 Poly(thiazy1) ............................................. ................... 1 1.7. Sclen-, Tellur- und Gallium-Pol ........................................... 11.7.1. Elemente .. 11.7.2. Galliumchalkogenide ........................................................ 1 1.8. Organometall-Polymere ......... .................................................. 11.3.6. 11.3.7. 1 1.3.8. 1 1.3.9. 11.3.10. 1 1.3.1 1.
............ ................................... 12.1. SI-Einheiten ............................ Tab. 12-1 Physikalische Grundgrossen und SI-Grundeinheiten ..... Tab. 12-2 Abgeleitete SI-Einheiten und IUPAC-Symbole ............. Tab. 12-3 Neben oder mit SI-Einheiten vcrwendete altere Einheiten Tab. 12-4 Vorsatzc fur SI-Einheiten im Dezimalsystem ................ .................. Tab. 12-5 Vorsatze fur binare Systeme Tab. 12-6 Vorsatzzeichen in der U.S.Finanz- und Gaswirtschaft .... ................................ Tab. 12-7 Rtjmischc Zahlenzeichen ....... Tab. 12-8 Fundamentale Konstanten .. 12.2. Konzentrationen . ................................................... 12.3. Zahlworter ..................................................................... Tab. 12-9 ZaNwtirter und Multiplikativprxfixe ...... Tab. 12-10 Gnechische Zahlen ............ ..................... ................................ 12-4 Abkurzungen von Namen fur Polymere
1 2 . Anhang
49 1 493 495 496 4 97 499 501 501 5 02 5 02 504 504 SO7 SO7 507 5 09 510 5 11 5 13
5 16 5 16 5 16 5 17 523 523 523 524 525 526 526 527 527
530 530
xxxv
Inhaltsverzeichnis
Sachregister
...................................................................................................
Englische Fachausdrucke
..........................................................................
5 34 563
Aus technischen Gründen bleibt diese Seite leer
1. Einfiihrung Die Polymer-Technologie umfasst die technischen Synthesen (dieser Band) und kommerziellen Anwendungen makromolekularer Substanzen (Band IV). Die makromolekularen Substanzen (Polymeren) konnen dabei makrornolekulare Naturstoffe, abgewandelte Naturprodukte oder vollsynthetisch hergestellte Stoffe sein. Sie werden als Werkstoffe, fur Bekleidungszwecke, als Informationstrager und fiir eine grosse Zahl anderer Zwecke verwendet. Im weiteren Sinne geh6ren zur Polymer-Technologie alle anderen Anwendungen von Makromolekulen, 2.B. in der Lebensmittelindustrie (polymere Nahrungsmittelzusltze usw.) und in der medizinischen Technologie (Vesikel usw.). Definitionsgemass ausgeschlossen sind dagegen die Funktionen von Biomakromolekulen in Lebewesen (Nucleinsauren, Proteine usw.), sofern sie nicht von Menschen gezielt eingefuhn und gebraucht werden (Blutersatzmittel usw.). Polymere sind Subsrunzen aus Molekulen hoher Molmasse; diese Molekule werden auch Makromolekule oder Polymermolekule genannt. Sie sind aus Hunderten, Tausenden oder Millionen von covalent verknupften Atomen aufgebaut, seltener auch uber Elektronenmangelbindungen oder koordinative Bindungen. Eine strenge Abgrenzung zu niedermolekularen Molekulen besteht dabei nicht. Die meisten der technisch verwendeten Makromolekule sind von der chemischen Struktur her als organische Molekule zu bezeichnen, d.h. Molekule, die ausschliesslich oder hauptsachlich aus Kohlenstoff- und Wasserstoffatomen bestehen und dazu aus Sauerstoff-, Stickstoff- und Schwefelatomen, seltener auch aus Phosphoratomen. Es gibt jedoch auch einige technisch verwendete halbanorganische Makromolekule, wahrend vollig anorganische Makromolekule industriell mit sehr wenigen Ausnahmen nur in Form von riesigen Molekulverbanden eine Rolle spielen, z.B. als keramische Massen, Erden und Gesteine. Die Synthesen und chemischen Reaktionen von Makromolekulen werden von der makromolekularen Chemie erforscht (Band I), einer verhaltnismassig jungen Wissenschaft, die ihre Existenz der Erkenntnis des makromolekularen Charakters vieler makromolekularer Substanzen wie Cellulose, Proteine, Naturkautschuk oder "Metastyrol" verdankt. Die Anwendungen makromolekularer Substanzen gehen jedoch Tausende von Jahren zuriick. Sie basieren auf Kenntnissen des Vorkommens und Verhaltens natiirlich vorkornmender Makromolekule, deren Nutzung fur menschliche Zwecke durch empirische Technologien mbglich wurde. Beispiele sind die Verwendung von Holz als Baumaterial, von Leder als Werkstoff, von Wolle d s Bekleidungsmaterial und von Asphalt als Klebstoff. Systematisch abgewandeltc polymere Naturstoffe stammen dagegen aus dem 19. Jahrhunden, wahrend vollstandig synthetisch hergestellte Polymere erst seit den letzten hundert Jahren industriell hergestellt werden (Tab. 1-1). Die modernen, wissenschaftlich untermauerten Technologien griinden sich bei der Anwendung von Polymeren weitgehend auf die Forschungen der makromolekularen Physik (Band 11). Die vielen Atome pro Makromolekul, ihre gegenseitige Verknupfung durch chemische Bindungen und die verschiedenen miiglichen rlumlichen Lagerungen der Atome um derartige Bindungen (Mikrokonformationen) erzeugen namlich eine grosse Zahl von physikalischen Strukturen einzelner Molekule (Makrokonformationen) sowie ganzer Molekulverbande (supramolekulare Strukturen, Morphologien). Es sind diese durch die chemischen Strukturen bedingten physikalischen Strukturen, welche die Vielzahl der durch Polymere hervorgerufenen Anwendungen ermoglichen.
2
1. Einf'ihrung
Tab. 1-1 Einige friihe industrielle Polymere. * Synthese nicht mit anwendungstechnischerAusrichtung. ** Nicht mehr hergestellt. PM = Polymerisation. Pol ymere
Entdeckung Produktion
Elastomere Aus Naturstoffen Naturkautschuk (Vukanisation) Chlorkautschuk Synthetisch Poly(isopren) Poly(butadien) Poly(2-chlorbutadien) Fascrn Aus Naturprodukten Cellulose (Mercerisierung) Cellulose (via Nitrierung) Cellulose (uber Cu2+/NH3) Cellulose (uber Xanthat) Celluloseacetat Synthetisch Poly(acrylnitri1) Polyamid 66 Polyamid 6
Poly(ethylenterephtha1at) Thermoplaste Aus Naturprodukten Cellulosenitrat Celluloseni@at+ Campher Celluloseacetat Synthetisch Poly(vinylch1orid) Poly(vinylidench1orid) Poly(styro1) Poly(methylmethacry1at) Poly (formaldehyd) Polyfethylen), Hochdruck-PM Poly( tetrafluorethylen) Polycarbonat, Bisphenol ADuroplaste Aus Naturstoffen Naturkautschuk/Schwefel Casein/Formaldehy d Synthetisch Alkydhme Aminoharze Phenol/Formaldehyd Silicone Polyurethane Epoxidhane Polyimide
Anwendung
1839 1859*
1850 1928
Reifen und andere Gummiartikel TechnischeGummiartikel
1879* 1911 1925
1955 1929 1931
Reifen Reifen und Gummiartikel Technische Gummiartikel
1844 1846* 1890 1892 1865*
1891 1900 1903 1927
Baumwolle Kunstseide Kupferseide Rayon-Faser(Zellwolle) Textilien (Acetat-Fasern)
1894* 1935 1938 1941
1942 1939 1939 1953
Textilien (Acryl-Fasern) Textilien (Nylon 6.6-Fasern) Textilien (Perlon-Fasern) Textilien (Pol yester-Fasern)
1846* 1865 1865*
1921 1869 1883 1927
Nitrolacke Brillengestelle Giessfolien Photographische Filme
1838*
1931
1838* 1839' 1880* 1892' 1932 1939 1953
1939 1930 1928 1956 1939 1941 1958
Einkaufsbeutel,Fensterrahmen, Kunstleder, Bodenbelageusw. Verpackungsfilme D h m - und Schaumstoffe OrganischesGlas Werkstoffe Verpackungsfolien, Milchflaschen Werkstoff Filme, Folien usw.
1851 1897
1904
Ebonit Bijouteriewaren
1926 1928 1910 1969
Ubelziige Werkstoffe Elektrische Isolatoren Fasern
1940 1946 1960
Fasern **, Schaumstoffe usw. Klebstoffe, Giess- und Lackharze Hochtemperatunverkstoffe
1901 1904 1907 1901* 1937 1938 1945
3
1. Einfiihrung
Die grossen Zeitspannen zwischen der Entdeckung bzw. der Synthese und der industriellen Produktion der friihen Polymeren sind durch mehrere Ursachen bedingt. In vielen Fallen erfolgte die Synthese aus allgemeinem wissenschaftlichen Interesse (z.B. Poly(isopren)) oder durch Zufall (2.B. Cellulosenitrat) und nicht aus einem anwendungstechnischen Bediirfnis. Die Nutzbarkeit wurde nicht erkannt und es brauchte ca. 50-100 Jahre, bis sich fiir diese Stoffe ein Markt erdffnete. War die Synthese der Polymeren aber technisch und/oder wirtschaftlich zielgerichtet, dann dauerte das Umsetzen vom Laboratorium zur technischen Anlage nur ca. 1-15 Jahre. Die erforderliche Zeitspanne war (und ist) gross, wenn fiir die notwendigen Monomeren erst technisch und wirtschaftlich brauchbare Synthesen geschaffen werden mussen. Beispiele sind die technisch brauchbare Synthese von Terephthalsaure als Rohstoff fur Polyester-Fasem und die Reinheitsbedingungen und Synthesekontrollen beim Formaldehyd als Rohstoff fur Polyacetale. Die Umsetzung in die Technik wird auch verzogert, wenn kein brauchbares Verarbeitungsverfahren verfiigbar ist. Ein Beispiel ist das Verspinnen von Poly(acrylnitri1) zu Acrylfasem, das erst dann technisch und wirtschaftlich tragbar wurde, nachdem N,N-Dimethylformamid als brauchbares Lbsungsmittel gefunden wurde. In nur wenigen Fallen besitzt eine Substanz so aussergewohnliche Eigenschaften, dass ihr Preis eine untergeordnete Rolle spielt. Beispiele sind Spezialpolymere fur bestimmte medizinische oder militarische Anwendungcn. In den meisten Fallen konkurriert aber eine Substanz f i r eine bestimmte Anwendung mit einer Reihe anderer Substanzen. Sie wird sich nur dann durchsetzen ktinnen, wenn sie dem Anwender zu einem tragbaren Preis pro Eigenschaft angeboten werden kann. Dieser Preis wird umso niednger sein, je geringer die Rohstoff- und Energiekosten sind und je grosser die Produktionsanlagen. In jiingerer Zeit traten dazu noch die Probleme des Umweltschutzes beim Fordem der Rohstoffe, beim Erzeugen der Energie, bei der Synthesc von Monomeren und Polymeren, bei der Verarbeitung zu Gebrauchsgutem sowie der Entsorgung von Nebenprodukten, Verarbeitungshilfsmitteln und ausgedienten Giitem. Der enorme Anstieg der Produktion synthetischer Polymerer seit dem 2.Weltkrieg (Tab. 1-2) ist sehr wesentlich dadurch bedingt, dass nach dem 2.Weltkrieg Erdol als preiswerte Rohstoff- und Energiequelle verfugbar wurde (Kap. 3). Die aus Erdolfolgeprodukten erzeugten synthetischen Polymeren besitzen Eigenschaften, die weder von natiirlichen und semisynthetischen Polymeren noch von Metallen oder anderen altbekannten Werkstoffe erbracht werden. Erst dadurch wurden viele modeme Technologien moglich oder erschwinglich. Tab. 1-2 Weltproduktion an Kunststoffen, Fascrn und Kautschuken in Millionen Tonnen pro Jahr. TYP
1940
1950
1960
1970
1980
1990
1999
Kunsbtoffe Fasern, voll-synthetische Rayon Naturfasern (nur Textil) Kautschuke, synthetische natiirliche
0.36 0,005
1,6 0,069 1.6 8,O 0,54 1,89
6.7 0,70 2,6 12,8 1,94 2.02
31 5,O 3,4 14,O 5,9 3.1
59 11,5 3,3 17.7 8.7 39
100 15.7
150 28.9 2,8 20,l 10.2 6.7
1,1
8.7 0,043 1.44
3,2 21 10,5 4.9
4
1. Einfiihrung
Synthetische Polymere konnten so zu Prciscn hergestellt werden, die mi1 denen von Naturstoffen konkurrierten oder sic sogar untcrboten. Naturstoffe brauchen zu ihrer Produktion enorme Landflachen und in dcr Regel cine intensive Bearbeitung, ganz abgesehen davon, dass sie aus Witterungsgriinden kaum in konstanter Qualitat anfallen. Auf 1 Hektar (10 000 m*) Land kann man jahrlich z.B. 30 kg Wolle, 500 kg Naturkautschuk oder 1000 kg Baumwolle erzcugen, dagegcn 9 000 000 kg synthctische Polymere. Bcim Umwandeln natiirlicher Rohstoffe in Materialien fur menschliche Zwecke treten zudem oft Umweltprobleme auf. Beispielsweise stagniert seit 30 Jahren die Weltproduktion der Rayon-Faser aus Holz bei ca. 3 Millionen Tonnen, weil der Viskoseprozess ungeheure Mengen Wasser verbraucht, das nur schwierig zu reinigen ist. Es bleibt abzuwarten, o b das modeme Organosolv-Verfahren die Lage wesentlich andert. Der starke Anstieg der Produktion synthetischer Polymerer seit Beginn dieses Jahrhunderts ist auf drei Ursachen zuriickzufiihren: Anstieg der Weltbevdlkerung, Zunahme des Lebensstandards (zumindest in den industrialisierten kapitalistischen Landem) und Substitution alterer Stoffe durch modeme synthetische. Das Wachstum kann dabei rein wirtschaftlich und/oder aber technologisch bcdingt sein. Es wird in der Zukunft wohl auch zunehmend durch dkologische Gesichtspunkte bestimmt werden, zumindcst in den hochindustrialisierten Staaten. Wirtschaftliche Einflussc konnen vom Preis der Stoffe stammcn (Substitution), von Knappheiten ("Ersatz") oder von neuen Gcsetzen (hauptsachlich Umweltschutz). Technologische Aspckle umfassen cinerseits technische Anforderungen, betricbsinternes Wissen und Zufallscntdeckungen. Technische Sachzwange nehmen andererseits oft keine Rucksicht auf den Preis, besonders bei staatlich finanzierten Projekten (Militar, Weltraumforschung, wisscnschaftliche Grossanlagen). Die Weltbevolkerung hat sich z.B. in den Jahrcn 1950-1990 von 2,s auf 5.3 Milliarden mehr als verdoppelt. Gleichzeitig stieg der jahrliche Pro-Kopf-Vcrbrauch an allen Faserstoffen auf fast das Vierfache, der an Elastomcren auf mchr als das Sechsfachc und der an Kunststoffen (einschl. Rohstoffen fur Klebstoffc und Anstrichmittel) fast auf das 62-fache. Zwischen den einzelnen Staatcn beslehen dabci grosse Unterschiede. In hochindustrialisierten Landem wie der Bundesrepublik Deutschland und den USA werden jahrlich uber 100 kg Kunststoffe pro Kopf vcrbraucht, in Schwan-Afrika und Indien jedoch nur ca. I kg. Wegen dicses Aufholbedarfs wird die Produktion an Polymcren in den nachsten Jahren weiterhin steil ansteigen. Auch die Entsorgung ausgedienter Giiter wird daher immer wichtiger werden (Band IV).
Literatur zu Kap. 1 CHEMIE und CHEMISCHE TECHNOLOGIE (mit Polymerartikcln bzw. -einuagungen) Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, VCH, Weinhcim, S.Aufl., Bde. AI-A28 (19851996), Bde. BI-BS (1990-1995) Kirk-Othmer, Encyclopedia of Chemical Technology, Wiley, New York, 4.Aull.. 27 Bdc. + 1 Erganzungsband + 1 Indexband (1991- 1998); Kurzfassung: Concise Encyclopedia of Chemical Technology, Wiley, New York 1999 J.Falbe, M.Regitz, Hrsg., Rompp Chemie-Lexikon, Thicme, Stuttgart, 6 Bandc (1989-1992), Ausziige als Basislexikon Chemie (4 Bde. 1999); dazu mit verschiedenen Herausgebern: Bd. 7 (Lexikon Biotechnologie, 1991). Bd. 8 (Lexikon Umwelt, 1992), Bd. 9 (Lexikon Lebensmittelchemie, 1995); ausserdem (als Auszuge aus den Banden 1-9): Lexikon Naturstoffe (1997). Lexikon Lacke und Druckfarben (1998)
I. Einfiihrung
5
LEHRBUCHER DER TECHNISCHEN POLYMERCHEMIE A. Echte, Handbuch der Technischen Polymerchemie, VCH, Weinheim 1993 ENZYKLOPmIEN und HANDBUCHER Houben-Weyl, Methoden der organischen Chemie, 4.Aufl. (E.Miiller, Hrsg.), Bde. XIV/I (1962), Makromolekulare Stoffe, und XIVn (1963), Makromolekulare Stoffe; S.Aufl., Bde. XX A, XX B und XX C (1987); G.Thieme, Stuttgart R.Vieweg, Hrsg., Kunststoff-Handbuch, 1.Ausgabc 1963-1975 (12 Bde.); G.W.Becker, D.Braun, Hrsg., Kunststoff-Handbuch, 2.Ausgabe (unregelmiissigseit 1983), Hanser, Miinchen H.Mark, N.G.Caylord, N.M.Bikales, Hrsg., Encyclopedia of Polymer Science and Technology, Wiley, New York, 1966-1976 (16 Bde. und 2 Erganzungsbande); H.Mark, C.Overberger, G.Menges, N.M.Bikales, Hrsg., Encyclopedia of Polymer Science and Engineering, 2.Aufl., Wiley, New York 1985-1990 (19 Bde. + 2 Ergiinzungsb2nde); einb;?ndigeKurzfassung: J.I.Kroschwitz, Hrsg., Concise Encyclopedia of Polymer Science and Engineering, Wiley, New York 1990 W.A.Kargin, Hrsg., Enciclopedia Polimerov, Sovietskaya Enciklopedia Publ., Moskau 1972 ( 3 Bde.) G.Allen, J.C.Bevington, Hrsg., Comprehensive Polymer Science, Pergamon, Oxford, 7 Bde. (1989), First Supplement 1992, Second Supplement (1996) J.E.Mark, Hrsg., Physical Properties of Polymers Handbook, AIP Press, Williston (VT) 1996 (enthiilt auch Datensammlungen) J.C.Salamone, Hrsg., Polymeric Materials Encyclopedia, CRC Press, Bcca Raton 1996, 12 B;?nde oder 1 CD-ROM. Kurzform: Concise Polymeric Materials Encyclopedia, CRC Press, Boca Raton (FL) 1999 E.S.Wiks, Hrsg., Industrial Polymers Handbook. Products, Processes, Applications, 4 Bde., WileyVCH, Weinheim 2000 FORTSCHRITTSBERICHTE Modern Plastics Encyclopedia, MacGraw-Hill, New York (iahrlich im Oktober) H.-C.Elias, Neue polymere Werkstoffe 1969-1974, Hanser, Munchen 1975; New Commercial Polymers 1969-1975, Gordon and Breach, New York 1977 K.-U.Biihler, Spezialplaste, Akademie-Verlag, Berlin 1978 H.-G.Elias, F.Vohwinkel, Neue polymere Werkstoffe fur die industrielle Anwendung, Hanser, Miinchen, 2. Folge 1983; -,New Commercial Polymers 2, Gordon and Breach, New York 1986 THESAURI -,Chemiefasern auf dem Weltmarkt, Deutsche Rhodiaceta, FrciburdBr., 5.Aufl. 1964.6.Aufl. 1966, 7.Aufl. 1969, Erghzung 1976 -,Kunststoff-Handelsnamenverzeichnis,Brand-Verhutungsdicnstfur Indusuie und Gewerbc, Zurich 1970 The International Plastics Selector, Commercial Names and Sources, Cordura Publ., San Diego (CA) 1978 -, Dictionary of New Information Technology Acronyms, Gale Research, Detroit (MI) 1985 Parat (Fachinformationszentrum Chemie, Berlin), Index of Polymer Trade Names, VCH, Weinheim 1987 Gardner's Chemical Synonyms and Trade Names, Cower Publ., Brookfield (VT), 9. Aufl. 1987 DATEN-SAMMLUNGEN(GEDRUCKT) J.Brandrup, E.H.Immergut, Hrsg., Polymer Handbook, Wiley, New York, 1 .Aufl. (1966). 2.Aufl. (1975). 3.Aufl. (1989), J.Brandrup, E.H.Immergut, E.A.Grulke, Hrsg., 4.Aufl. (1999) 0.Griffin Lewis, Physical Constants of Linear Homopolymers, Springer, Berlin 1968 W.J.Roff, J.R.Scott, Handbook of Common Polymers, Butterworths, London 1971 R.E.Schramm, A.F.Clark, R.P.Reeds, Hrsg., A Compilation and Evaluation of Mechanical, Thermal, and Electrical Properties of Selected Polymers, U.S. National Bureau of Standards, Washington (DC) 1973 P.A.Schweitzer, Corrosion Resistance Tablcs (Metals, Plastics, Nonmetallics, Rubbers), Dekker, Handbook, Hanser, Miinchen, 2.Aufl. 1987 D.W. van Krevelen, Properties of Polymers - Correlation with Chemical Structure, Elsevier, Amsterdam, 2.Aufl. 1976, 3.Aufl. 1989
6
Lireratur zu Kap. 1
I.S.Grigoriev, E.Meilikhov, Handbook of Physical Quantities, CRC Press, Boca Raton (FL) 1997 N.A.Waterman, M.F.Ashby, Hrsg., The Materials Selector, Chapman & Hall, Boca Raton (FL) 1999 J.E.Mark, Hrsg., Polymer Data Handbook, Oxford University Press, New York 1999 -,The International Plastics Selector, Intemat.Plast.Sel., San Diego, CA 1977 -,Modem Plastics Encyclopedia, McGraw-Hill, New York (jahrlich im Oktober) Fachinformationszentm Chemie, Berlin, Hrsg., Parat-Index of Polymer Trade Names, VCH, Weinheim, 2. Aufl. 1992 H.Domininghaus, Plastics for Engineers, Hanser, Miinchen 1993 H.-J.Saechtling, Kunststoff-Taschenbuch, Hanser, Miinchen, 21. Ausgabe 1979; -,International Plastics Handbook, Hanser, Miinchen, 3.Aufl. 1995 DATEN-SAMMLUNGEN (COMPUTER-LESBAR) J.E.Williams, Hrsg., Computer-Readable Databases, American Library Association, Chicago 1985 B.Ellis, Polymers - A Property Database, Chapman & Hall, Boca Raton (FL) 1999 (CD-ROM) Deutsches Kunststoff-Institut, Darmstadt, und Fachinformationszentrum Chemie, Berlin: POLYMAT: Datenbank mit 30-50 Eigenschaften von 13 000 Kunststoffen von 130 Herstellern); POLYTRADE: 4000 Handelsnamen von Kunststoffen von mehr als 950 Herstellern; POLYVOC: elektronisches Wtirterbuch mit etwa 60 000Fachbegriffen. Kunststoff-Datenbank CAMPUS (= Computer Aided Material Preselection by Uniform Standards) (Disketten mit Eigenschaften von Kunststoffen von 30 angeschlossenen Herstellern mit den jeweils 50 wichtigsten Eigenschaften; auch funktionale Zusammenhange, z.B. Spannungs-DehnungsDiagramme. Anfragen an die einzelnen Firmen). Fachinformationszentrum Chemie, Berlin: PLASPEC (Datenbank) -, Plastics Databases, ASM International, Materials Park, Ohio, USA (enthalt Datensammlungen) B.Ellias, S.H.J.Thompson, Hrsg., Polymers - The database of fundamental properties on CD-ROM, Blackie, Glasgow 1998 J.E.Mark, Hrsg., Polymer Data Handbook, Oxford University Press, New York 1999 BIBLIOGRAF'HIEN E.R.Yescombe, Sources of Information on the Rubber, Plastics and Allied Industries, Pergamon, Oxford 1968; Plastics and Rubbers: World Sources of Information, Appl.Sci.Publ., Barking, Essex, 2.Aufl. 1976 G.J.Patterson, Plastics Book List, Technomic Publ., Westport, CN 1975 P.Eyerer, Informationsfiihrer Kunststoffe, VDI-Verlag, Dusseldorf 1976 J.Schrade, Kunststoffe (Hochpolymere), Bibliographie aus dem deutschen Sprachgebiet, Erste Folge 1911-1969, J.Schrade, Schweiz.Aluminium AG, Zurich 1976; Zweite Folge 1980 O.A.Battista, The Polymer Index, McCraw Hill, New York 1976 S.M.Kaback, Literature of Polymers, Encyclopcdia of Polym. Sci. Technol., 1.Aufl., 8 (1968) 273 J.T.Lee, Literature of Polymers, Encyclopedia of Polym. Sci. Eng., 2.Aufl., 9 (1987) 62 R.T.Adkins, Hrsg., Information Sources in Polymers and Plastics, K.G.Saur, New York 1989 REFERATEORGANE Bibliography of Rubber Literature, ACS Division of Rubber Chemistry, Akron (OH), viele Bande seit 1924, Referate in der Regel 5 Jahre nach dem Erscheinen der Originalarbeit Chemical Abstracts Service, Macromolecules, Auszuge als CA Selects, CAS, Columbus, OH Literaturschnelldienst Kunststoffe und Kautschuk, Bd. 1 (1955) ff., Deutsches Kunststoff-Institut, Darmstadt Plastics Monthly (= Plastics Section of the Engineering Index), Engineering Index Inc. Quarterly Literature Reports: Polymers, Academic Press, New York Rcsins, Rubbers, Plastics Yearbook, Information for Industry Inc., Washington Rheology Abstracts, British Society of Rheology, London LEXIKA, WORTERBUCHER -,Encyclo@die FranGaise des Matikres Plastiques, Les Publicateurs Techniques Association, Paris (i2hrlich) Parat (Fachinformationszentrum Chemie, Berlin), Index of Polymer Trade Names, VCH, Weinheim 1987 M.Ash, I.Ash, Encyclopedia of Plastics, Polymers and Resins, Chem.Publ.Co., New York 19821988 (4 Bde.)
1. Einfiihrung
M.B.Ash, I.A.Ash, Handbook of Plastics Compounds, Elastomers, and Resins, An International Guide by Category, Tradename, Composition and Supplier, VCH, New York 1992 A,M.Wittfoht, Plastics Technical Dictionary, Hanser, Munchen 1992 D.V.Rosato, Rosato's Plastics Encyclopedia and Dictionary, Hanser, Miinchen, 2.Aufl. 1993 M.S.M.Alger, Polymer Science Dictionary, Elsevier Applied Sci. Publ.. Barking (UK) 1989, 2. Aufl. 1997 T.Whelan, Polymer Technology Dictionary, Chapman and Hall, London 1994 Deutsches Kunststoff-Institut. Darmstadt, und Fachinformationszentrum Chemie, Berlin, Elektronisches WLIrterbuch PolyVcc 2.4, TDS Herrlich GmbH, Reinheim STATISTISCHE DATEN United Nations, Statistical Yearbook, United Nations, New York (jiihrlich) Chemical Economics Handbook, Stanford Research Institute, Menlo Park, CA (nur fur Subskribenten; kann nicht zitiert werden) World Almanac, Newspaper Enterprise Association, New York (jiihrlich) Bbrsen- und Wirtschafts-Handbuch,Societ;its-Verlag,Frankfurt/M. (iiihrlich) Textile Organon (US) International Trade Commission (US) Bureau of the Census, Statistical Abstracts (jahrlich); Society of the Plastics Industry Textile Economics Bureau Rubber Manufacturers Association ComitC International de la Rayonne et des Fibres SynthCtiques(Europa) PREISE Chemical Marketing Reporter (wbchentlich) Chemical Week (wbchentlich) NOMENKLATUR International Union of Pure and Applied Chemistry, Macromolecular Division, Commission on Macromolecular Nomenclature, Compendium of MacromolecularNomenclature, Blackwell Scientific, Oxford 1991; Glossary of Basic Terms in Polymer Science (Provisional Recommendations 1994). Pure Appl. Chem. 66 (1994) 2483
7
8
2.
Struktur und Eigenschaften von Polymeren
2 . 1.
Chemische Struktur
2.1.1. Begriffe Ein Makromolekiil ist ein Molekul mit einer grossen Molekulmasse (E: molecular mass). Eine Vielzahl solcher Molekule bildet eine makromolekulare Substanz. Falls alle Molekule einer makromolekularen Substanz die exakt gleiche chemische Struktur und damit auch die gleiche Molekulmasse aufweisen, besitzt die Substanz eine exakt definierte molare Masse bzw. Molmasse (E: molar mass) mit der physikalischen Einheit Masse pro Stoffmenge bzw. eine exakt definierte relative Molmasse (E: relative molar mass) mit der physikalischen Einheit 1 (E: unity). Die "dimensionslose" relative Molekiilmasse wird auch Molekulargewicht genannt (E: molecular weight). Die einfachsten Makromolekule bestehen aus langen Ketten (E: chains), die man sich nach der chemischen Konstitution aus Kettengliedern (E: chain units), Grundbausteinen bzw. Repetiereinheiten (Wiederholungseinheiten; E: repeat(ing) units) sowie Endgruppen (E: end groups) aufgebaut denken kann. Bezieht man sich auf die Synthese, so bestehen solche Makromolekule aus Monomereinheiten (E: monomer(ic) units) bzw. Meren (E: m e n ) und ebenfalls Endgruppen, die aber nicht rnit den uber die Konstitution definierten Endgruppen identisch sein mussen. Die Endgruppen sind oft nicht bekannt. Sie werdcn in dcr Regcl weder spezifiziert noch in Konstitutionsformeln angegeben. Das aus Hexamethylendiamin HzN(CH&NHz und Adipinsaure HOOC(CH2)4COOH durch Polykondensation und aus der cyclischen Verbindung C12H2202N2 durch Ringoffnungspolymcrisation gemass
besteht entstchcnde Poly(hexamethy1enadipamid) H+NH(CH2)6NHCO(CH2)4CO-l$H z.B. aus n Repetiereinheiten -NH(CH~)~NHCO(CHZ)~CCL. Jede dieser Repetiereinhciten setzt sich wicderurn aus j c einer Monomereinheit -NH(CH&NH- und einer Monomereinheit -CO(CH2)4CO- zusammen. Dic Endgruppcn sind bei diescr Konstitutionsbetrachtung H- und -OH. Den chemischen Eigenschaften nach weist das Molekul die Endgruppen H2N- und -COOH auf, wobei der Rest des Molekuls unspezifiziert bleibt. Nach der IUPAC-Nomenklatur besteht das Molekul aus den Endgruppen H2N( CH&NH- und -CO(CH2)4COOH sowie (n - 1) Repeticreinheiten -NH(CH2)6NHCO(CH2)4CO- (Band I). 1st das Monomere jedoch das cyclische Dimere aus je einem HexamethylendiaminRest und einem Adipinsaure-Rest, so ist die Repetiereinheit rnit der Monomereinheit -NH(CH2)6NHCO(CH2)4CO- identisch. Die Endgruppen sind nur dann H- und -OH, wcnn die Ringoffnung durch Wasser H20 erfolgte. Wird die Polyreaktion des cyclischen Dimcrcn jedoch durch Essigsaure CH3COOH ausgclost, dann sind die Endgruppcn entsprechcnd CH-jCO- und -OH.
2 . Struktur und Eigenschaften von Polymeren
2.1.2.
9
Polymernamen
Die kleinste molekulare Einheit einer makromolekularen Substanz ist das Makromolekiil (E: macromolecule). Nach IUPAC ist "Makromolekul" synonym mit Polymermolekiil (E: polymer molecule) und makromolekulare Substanz (E: macromolecular compound) entsprechend synonym mit Polymer (E: polymer). Die Unterscheidung zwischen den Bedeutungen von Bezeichnungen fur Substanzen und Molekule ist bei Polymeren vie1 wichtiger als bei niedermolekularen Substanzen, da eine makromolekulare Substanz meist nicht aus Polymermolekulen mit von Molekul zu Molekul gleicher Konstitution und Konfiguration besteht. Die Situation ist daher von derjenigen in der niedemolekularen Chemie verschieden. Hier besteht z.B. die Substanz Benzol aus lauter gleichen Molekiilen Benzol und es geht meist aus dem Zusammenhang hervor, ob man mit "Benzol" das Molekul oder die Substanz meint. Im Sprachgebrauch werden entgegen IUPAC "Makromolekul" und "Polymermolekul" meist nicht als Synonyme betrachtet. Wahrend "Makromolekul" namlich einfach ein grosses Molekul bezeichnet (G: makros = gross, L: molecufa = kleine Masse (Diminutiv von moles = Masse)), schwingt in "Polymermolekul" nicht nur die urspriingliche Bedeutung von vielen Teifchen mit (G: p o f y s = viele, meros = Teil), sondern aus historischen Griinden auch die Bedeutung von vielen gleichen Teilchen. Molekule des Poly(styro1)s mit der Konstitutionsformel R+CH2-CH(C6H5)fnR' werden daher zu den Polymermolekiilen gerechnet, Enzymmolekule mit der Konstitution ala-gly-lys- ...-Val-gly aber nicht, weil die Letzteren aus vielen verschiedenen Typen von Monomereinheiten bestehen, die Ersteren aber aus lauter gleichen. Sowohl die Poly(styro1)-Molekule a k auch die Enzymmolekule sind naturlich Makromolekule. Die offiziellen und inoffiziellen Namensgebungen von Makromolekulen haben sich in den letzten Jahren stark gewandelt (s. das Beispiel auf S. 381). Die ersten Namen waren Trivialnamen, und zwar solche fur Substanzen, nicht Molekule, welche z.B. die Herkunft (Cellulose usw.) oder die Wirkung (Katalase usw.) angaben. Tatsachlich gibt es viele verschiedene Cellulosen (Kap. 7.3. l), denen man jedoch eine idealisierte Konstitution zuschreibt. Auch die sog. systematische Nomenklatur des Chernicaf Absrracts Service (CAS), die neuerdings von der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) praktisch ubemommen wurde, befasst sich mit den idealen Konstitutionen, und zwar solchen von Molekulen, nicht von Substanzen. Diese IUPAC-Namen bzw. systematischen Namen befolgen fur organische und anorganische Makromolekule verschiedene Regeln (Bd. I). Bei Namen organischer Makromolekule werden zuerst wie in der niedemolekularen organischen Chemie die als Biradikale gedachten kleinsten Repetiereinheiten nach dem Substitutionsprinzip benannt, dann aber wie in der anorganischen Chemie nach dem Additivitatsprinzip addiert. Die Anordnung der Kettenglieder in den Repetiereinheiten folgt willkurlich festgesetzten Regeln. Die Repetiereinheit des Poly(hexamethy1enadipamid)s der GL(2-1) wird nach IUPAC-CAS z.B. -NHCO(CH2)4CONH(CH2)6- geschrieben und als Poly(imino( 1,6-dioxohexamethylen)iminohexamethylen) bezeichnet. Diese Namen lassen nicht die Herkunft der Repetiereinheiten erkennen. In der Technik, und daher auch in diesem Buch, werden aus diesem Grunde weitgehend die alteren Herkunftsnamen (E: generic names) verwendet, also z.B. Poly(styro1) und nicht Poly( 1phenylethylen) fiir das Polymere + C H ~ C H ( C ~ H S )des ~ , Styrols C H ~ = C H ( C ~ H S ) .
10
2 . 1 . Chemische Slruklur
Diese Herkunftsnamen sind folglich Poly(monomer)-Namen und um dieses deutlich zu machen, werden die Namen der zu Grunde liegenden Monomeren ungeachtet des allgemeinen Sprachgebrauchs stets in Klammem geschrieben (also Poly(styro1) und nicht Polystyrol). Diese Poly(monomer)-Namen geben entsprechend nicht die Konstitution der Repetiereinheiten an. Der Poly(monomer)-Name des Ethens (fruher: Ethylen) ist z.B. Poly(ethen), wahrend der systematische Name Poly(ethylen) lautet. In diesem Fall, aber nicht immer, ist der neue systematische Name mit dem alten Poly(monomer)-Namen identisch. Bei Polygruppen-Namen wurden dagegen die Namen der Gruppen nicht in Klammern gesetzt, da es sich zwar um repctierende Gruppen, nicht aber um Repetiereinheiten handelt und sonst Verwechslungen auftreten kijnnten (Polyisocyanate der niedermolekularen organischen Chemie als Verbindungen mit "vielen" intakten Isocyanatgruppen pro Molekul (z.B. C,jH3(NC0)3) vs. Poly(is0cyanat)e +NR-CO+, der makromolekularen Chemie mit vielen polymerisierten Isocyanatgruppen). Die Industrie verwendet ausserdem viele Trivialnamen, die teils Abkurzungen von Poly(monomer)- oder Polygruppen-Namen sind (z.B. "Vinyl" fur Poly(vinylch1orid) = Poly( 1-chlorethylen)), teils aber zu Trivialnamen mutierte friihere Markennamen (z.B. "Nylon" oder "Teflon"). Andere gebrauchliche Trivialnamen sind noch immer gesetzlich geschutzte Markennamen (z.B. Bakelit@). Weit verbreitet ist auch die Venvendung von Abkurzungen, z.B. PET fiir Poly(ethylenterephthalat) in der Kunststoffindustrie. Das gleiche Polymere wird jedoch beim Rezyklieren als PETE bezeichnet und in der Textilindustrie d s PES (von "Polyester"). Ausserdem bestchen bei solchen Abkurzungen und Akronymen auch Unterschiede in den verschiedenen Staaten bzw. Regulierungsgremien. Das PE-HD der IS0 (International Standardization Organization) und der DIN (Deutsche Industrie-Norm) ist z.B. das HDPE der ASTM (American Society f o r Testing and Materials). Im vorliegenden Buch wurde versucht, bei den betreffenden Polymeren alle bekannten Abkurzungen und Akronyme aufzufuhren. Eine vergleichende Ubersicht findet sich in Band IV.
2.1.3.
Konstitution
Bei der Kennzeichnung der Konstitution idealisierter Ketten unterscheidet man strukturbezogene Begriffe von verfahrensbezogenen. Die Beschreibung der idealisierten Struktur wird dann durch Angaben uber strukturelle Fehler erganzt. Schliesslich ist noch zu beachten, dass die weitaus meisten handelsublichen Polymeren noch Beimengungen cnthalten (Restmonomere, Katalysator- bzw. Initiatorriickstande, zugesetzte Stabilisatoren usw.). Die kleinste strukturbezogene Einheit ist die konstitutionelle Repetiereinheit bzw. die konstitutionelle Wiederholungseinheit (E: constitutional repeating unit; CRU) (friiher: Strukturelement), die kleinste verfahrensbezogene Einheit die Monomereinheit bzw. der das Mer (E: monomeric unit, mer), im (hauptsilchlich physikalischen) Jargon meist nur "Monomer" genannt. Eine konstitutionelle Repetiereinheit kann aus einer Monomereinheit bestehen oder aus mehreren solcher Einheiten. Eine Monomereinheit besteht aus einem Kettenglied (E: chain unit) oder mehreren solcher Glieder, jedes Kettenglied aus einem Kettenatom und dessen Substituenten.
11
2 . Struktur und Eigenschaften yon Polymeren
Strukturbezogene Begriffe Homoketten-Polymere (E: homochain polymers) weisen Kettenatome aus einem einzigen chemischen Element auf, Heteroketten-Polymere dagegen Kettenatome aus zwei oder mehr Elementen. Polymere werden regular genannt, wenn ihre Molekule aus nur einem einzigen Typ von konstitutionellen Repetiereinheiten in der gleichen Anordnung bestehen. Irregulare Polymere besitzen dagegen mehr als einen Typ von konstitutionellen Repetiereinheiten und/oder mehr als einen Typ von Verknupfungen dieser Einheiten. Irregulare Repetiereinheiten kiinnen durch Isomerisierungen der Monomeren vor oder wahrend des Verknupfungsschrittes entstehen. Irregullre Verknupfungen sind dem Polymerisationsmechanismus inharent. Ein Bespiel sind die hiufig auftretenden irregularen Verknupfungen von Vinylmonomeren CH2=CHR, d.h. die Kopf-Kopf- und Schwanz-Schwanz-Verknupfungen (-CHR-CH2-CHyCHRbzw. -CH2-CHR-CHR-CH2-) als Abweichung von den regularen Kopf-Schwanz-Verknupfungen -CH2-CHR-CH2-CHR-. Die einfachsten Polymerstrukturen bestehen aus unverzweigten Ketten, die entweder offenkettig sind (lineare Polymere) oder aber geschlossene Ringe darstellen (cyclische Polymere, Ringpolymere, aber nicht "Cyclopolymere" (Abb. 2- 1)). "Unverzweigt" bedeutet dabei nicht die Abwesenheit von Substituenten an den Repetiereinheiten. In der makromolekularen Chemie ist namlich anders als in der niedennolekularen organischen Chemie der Begriff der Verzweigung nicht topologisch definiert, sondem uber das Verfahren. Die Repetiereinheiten -CH~-CH(C~HS)- des Poly(1-buten)s, und damit auch das Poly( 1-buten) selbst, gelten in der makromolekularen Chemie als nicht verzweigt. Die bei der radikalischen Polymerisation von Ethen neben den regularen EthylenEinheiten -CH2-CH2- durch Kettenubertragung in kleinen Anteilen entstehenden konstitutionell gleichen Einheiten - C H ~ - C H ( C ~ H S ) - fuhren dagegen in der Terminologie der makromolekularen Chemie zu einem verzweigten Poly(ethy1en).
linear
stemartig
rj ringftirmig
dendritisch
kammftirmig
statistisch verzweigt
i
Abb. 2-1 Zweidimensionale Projektionen eines linearen sowie verschieden verzweigter Polymermolekiile mit dreifunktionellen Verzweigungsstellen auf eine ebene Flkhe. Die Molekiile nehmen je nach Konstitution,Architektur und Umgebung (Kristall, Glas, Schmelze, Losung) verschiedene dreidimensionale Gestalten (Makrokonforrnationen) an. Eine lineare Kette kann z.B. in Ltlsung oder im Glaszustand als dreidimensionales statistisches Knluel vorliegen, im kristallinen Zustand aber als gestreckte oder gefaltete Zickzackkette bzw. in helicalen Makrokonformationen usw.
12
2.1. Chernische Struktur
Verzweigte Makromolekiile weisen definitionsgemass zwei oder mehr staristisch verteilte Verzweigungsstellen pro Molekul auf. Je nach der Lange der Verzweigungen unterscheidet man dabei kurz- und langkettig verzweigte Polymere. Molekiile mit regelmussig verteilten Verzweigungsstellen tragen spezielle Namen. Bei Sternmolekiilen ((E: star molecules) wachsen aus einem Kern drei oder mehr gleich oder ungleich lange Anne (Abb. 2-1). Sind die Anne konstitutionell ungleich aufgebaut, spricht man von Miktoarmen (G: miktos = gemischt). Befinden sich die Anne in regelmassigen Abstanden entlang der Kette, so handelt es sich um Kammmolekiile (E: comb molecules). Sternmolekule rnit regelmassiger Folgevelzweigung werden Dendrimere genannt (G: dendron = Baum). Sie bestehen aus mehreren mit einen Kern verknupften Dendrons (3 in Abb. 2-1). Hyperverzweigte Polymere (E: hyperbranched polymers) werden in der Regel uber die zu ihnen fuhrenden Prozesse und nicht uber die Konstitution der erhaltenen Polymercn definiert. Die Polyreaktion entsprechender Monomermolekule fuhrt namlich zu Grundbausteinen rnit sehr verschiedener Konstitution. Aus z.B. einem trifunktionellen Molekul AYB2 mit einem trifunktionellen Kern -Y<, einer nicht mit sich selbst reagierenden reaktiven Gruppe A- und zwei nicht mit sich selbst reagierenden Gruppen -B konnen namlich bei der Reaktion von A mit B ausser Dendrons zwei Klassen von Verzweigungseinheiten, zwei Klassen von linearen Einheiten und zwei Klassen von endstandigen Einheiten entstehen (Abb. 2-2).
1 Typ
3 Typen Ende (i = 0 )
3 Typen 3 Typen Linear (i = 1 )
3 Typen 1 Typ 1 Typ Verzweigt (i = 2) Dendron (i = 3)
Abb. 2-2 Mogliche Einheiten bei hyperverzwcigtcn Polyrnercn aus AYB2 Lineare Ketten konnen ferner geordnet zu Spiroketten, Doppelketten, Schichtenpolymeren, Folienpolymeren (Mehrfachschichten) und Gitterpolymeren verknupft sein bzw. ungeordnet zu mehr oder weniger statistisch verknupften Polymernetzwerken.
lineare Kette
Spirokette
Schichtenpolyrncr
vernektes Polymer
Doppelsuangkette
Gitterpolymer
Abb. 2-3 Ausschnitte aus Strukturen aus mehreren (realen oder hypothetischen) Polymerketten (schernatisch). Bei den geordneten Strukturen kBnnen auch achtgliedrige Ringe usw. vorliegen.
2 . Struktur und Eigenschaften van Polymeren
13
Bei elektrisch geladenen Makromolekulen unterscheidet man zwischen solchen rnit einer ionischen Ladung pro Makromolekul (Makroionen) und solchen, die pro Molekul v i d e ionische Ladungen tragen (Polyionen). Entsprechend gibt es einerseits Makrokationen und -anionen und andererseits Polyanionen, -kationen, -sluren, -basen und -sake. Die gleiche Sprachregelung gilt fur Makroradikale und Polyradikale.
Verfahrensbezogene Begriffe Homopolymere sind nach IUPAC makromolekulare Substanzen, deren Polymermolekule aus einer einzigen Sorte von Monomeren entstanden. Copolymere sind entsprechend als solche Substanzen definiert, deren Makromolekule aus zwei oder mehr Typen von Monomeren synthetisiert wurden. Copolymere wurden friiher auch Mischpolymere oder Heteropolymere genannt (nicht zu verwechseln mit "Heteroketten-Polymeren"). Das friiher im Englischen benutzte Wort Interpolymer wird neuerdings von einer amerikanischen Firma fur eine Serie bestimmter Copolymerer verwendet. "Copolymer" ist eigentlich ein Oberbegriff, der die Typen der Bipolymeren (aus 2 Monomertypen), Terpolymeren (aus 3 Monomertypen), Quaterpolymeren (aus 4 Monomertypen), Quinterpolymeren (aus 5 Monomertypen) usw. umfasst. "Copolymer" wird aber h2ufig auch als Synonym f i r "Bipolymer" verwendet. "Copolymer" (und entsprechend Bipolymer usw.) ist nach IUPAC ein auf den Prozess und nicht auf die Struktur bezogener Begriff, da er die Synthese aus mehreren Monomertypen voraussetzt. Polymere aus zwei oder mehr Typen von Grundbausteinen, die nicht direkt aus zwei Monomertypen entstanden, werden daher haufig als Pseudocopolymere bezeichnet. Ein Beispiel sind die bei der teilweisen Verseifung von Poly(viny1acetat) entstehenden Polymeren, die sowohl Vinylacetat-Einheiten -CH2-CH(OOCCH3)als auch Vinylalkohol-Einheiten -CH2-CH(OH)- enthalten. Die Aufeinanderfolge (Sequenz) der beiden Typen von Monomereinheiten in Bipolymeren folgt bei statistischen Copolymeren einer Bernoulli-Statistik (Markow-Statistik nullter Ordnung (E: random copolymers). Im Deutschen wird der Begriff des statistischen Copolymeren auch fur Copolymere mit anderen Zufallsverteilungen der Typen der Monomereinheiten verwendet, 2.B. fur solche mit einer Markow-Statistik erster Ordnung. Bei Gradientencopolymeren besteht ein Gradient der Zusammensetzung der Makromolekule entlang der Kette, w2hrend in periodischen Copolymeren Sequenzen aus zwei oder mehr Bausteintypen aufeinander folgen, 2.B. ...abababab..., ...abcabcabcabc..., abbabbabb... usw. Der Spezialfall ...abababab ... wird als alternierendes Copolymer bezeichnet. IUPAC unterscheidet zwischen Blockcopolymeren, die aus zwei Monomertypen erhalten wurden und Blockpolymeren, die anderweitig entstanden. Der Begriff des "Blockpolymeren" wurde friiher in Deutschland fur Polymere verwendet, die durch Polymerisation von Monomeren in Masse als "fester Block" entstanden. Bei Block- und Blockcopolymeren sind jeweils BlCicke aus der gleichen Sorte von Monomereinheiten uber die Kettenenden miteinander verknupft. Man unterscheidet entsprechend Diblock(co)polymere anb,, Triblock(co)polymere anbmapbzw. amb,cp usw. Multiblock(co)polymere mit vielen kurzen Blocklangen n, m, p usw. bezeichnet man als Segment(co)polymere oder segmentierte (Co)Polymere.
14
2.1. Chemische Struktur
Molmassen Polymere weisen definitionsgemiss sehr viele Atome bzw. Monomereinheiten, Grundbausteine, Repetiereinheiten usw. pro Makrornolekul auf, Oligomere dagegen nur einige wenige ( G : oligos = wenige). Eine scharfe Abgrenzung zwischen Polymeren, Oligorneren und niedermolekularen Substanzen besteht nicht. In der Technik werden Oligomere haufig Prapolymere genannt, vor allem dann, wenn sie als sog. B-Stufe zu Polymemetzwerken weiter verarbeitet werden. Solche Prapolymeren werden dann auch gelegentlich als Harze (E: resin) bezeichnet, wobei aber rnit dem englischen Begriff "resin" auch Kunststoffe bezeichnet werden (Kap. 3.9). Makromolekulare Substanzen bzw. Polymere heissen einheitlich (E: uniform; falschlich: monodispers), wenn ihre Makromolekule in Bezug auf die Konstitution und die rnolekulare Masse identisch sind. Praktisch alle synthetischen makromolekularen Substanzen sind dagegen uneinheitlich (E: non-uniform; falschlich: polydispers) in Bezug auf die ZaN, die Anordnung und den Typ der Repetiereinheiten in ihren Makromolekulen. Je nach der Abweichung vom Idealzustand unterscheidet man daher konstitutionell uneinheitliche (Typ, Anordnung) von molekularuneinheitlichen Polymeren, d.h. solchen rnit einer Variation der ZaN der Repetiereinheiten von Makrornolekul zu Makromolekiil (E: non-uniform with respect to molar mass). Dieses Phanomen sollte nicht "Dispersitat" genannt werden, da sich "dispers" immer auf mehrphasige Systeme bezieht und hier nur eine Phase vorliegt. Ein Makromolekul besitzt eine Molekiilmasse mmol bzw. eine relative Molekiilmasse M , = mmol/mu, wobei mu die atomare Massenkonstante mu = m,(l2C)/12 ist und m,(l2C) die Atommasse eines I2C-Atoms. mu = 1,660 540 2.1@27 kg. Die relative Molekulmasse wird haufig Molekulargewicht M, genannt. Diese "dimensionslose" Grosse ist nicht direkt experimentell zuganglich, sondem nur indirekt mit bestimmten Annahmen uber die Molekulstruktur, z.B. uber die Ladung bei der Massenspektrometrie bzw. uber den Typ und die Zahl dcr Endgruppen pro Molekul bei der Endgruppenanalyse. Die Molmasse bzw. molare Masse M = m/n mit dcr Einheit einer Masse m pro Stoffmenge n der Substanz (z.B. glmol) Iasst sich dagegen ohne weitere strukturelle Annahmen direkt und absolut uber Membranosmometrie, statische Lichtstreuung usw. ermitteln (Band I und 11). Sie ist numrnerisch, aber nicht in Bezug auf die physikalische Einheit, rnit dem Molekulargewicht identisch. Es hat sich falschlicherweise eingeburgert, Molekulargewichte und Molmassen in sog. Dalton ("da" bzw. "Da") anzugeben. Wcder "Dalton" noch "da" oder "Da" sind international als physikalische Einheiten anerkannt. Da synthctische Polyrnere molekularunheitlich sind, rnessen die verschiedenen physikalischen Methoden unterschiedliche Mittelwerte der Molmasse. Das Zahlenmittel der Molmasse ergibt sich z.B. bei dcr Membranosmometrie aus den in Stoffmengen ni vorliegenden i Molekulen rnit den jeweiligen Molrnassen M i zu
an
, xi, Massen Statt Stoffmengen n; kann man auch Zahlen N ; = ~ ; N A Stoffmengenanteile mi = niMi, oder Masscnkonzentration ci = m i / V verwcnden. Fur M i ist der Mittelwert mn,i einzusetzen, wenn Fraktionen statt Molekule bctrachtet werden. Das Zahlenmittel des Molekulargewichtes ist rnit dern Zahlenmittel der Molmasse nurnrnerisch identisch.
15
2. Slruktur und Eigenschaften von Polymeren
mw
Die statische Lichtstreuung ermittelt analog das Massenmittel der Molmasse (E: mass-average molar mass) bzw. Gewichtsmittel des Molekulargewichtes Mw+,fur Mischungen von i Molekulen aus den Massen mi bzw. Massenanteilen - - wi, wobei bei Mischungen von i Fraktionen durch m,,i und durch M,,iM,,i zu ersetzen ist:
q.
K.2
Je nach dern Mechanismus der Polyreaktion entstehen verschiedene Typen von Verteilungen der Molmasse und je nach der Prozessfuhrung unterschiedlich breite. Die Breite der Molmassenverteilung wird meist durch den Polymolekularitatsindex charakterisiert ("Polydispersitatsindex"). Diese Indices variieren von 1 (molekulareinheitlich) uber ca. 1,05 (lebende Polymerisate) und 2 (Gleichgewichts-Polykondensate) bis ca. 60 (hyperverzweigte Polyrnere). Die Uneinheitlichkeit betragt (Mw/Mn) - 1. Der Polymerisationsgrad X (Zahlenmittel, Massenmittel usw.) gibt die Zahl der in einem Molekul vereinigten Repetiereinheiten (nicht der Monomereinheiten) an (E: degree of polymerization). Er ist nur berechenbar und nicht direkt experimentell bestimmbar. Industrielle Polymere werden in der Regel nicht durch ihre absoluten Molrnassen charakterisiert. Weit gebriuchlicher ist bei Thermoplasten die Angabe des Schmelzindex (E: melt flow index, MFI), ein noch vom Schergradienten abhangiges Mass fur die scheinbare dynamische Fluiditat (= reziproke dynamischeviskositat q) der Schmelze (s. Band I1 und Band IV). Der Schmelzindex gibt an, wieviel Gramm Polymer in 10 Minuten unter einer Standardlast aus einem Standard-Plastometer extrudiert werden. Multiplikation des MFI mit der Dichte der Schmelze liefert den Volumenfliessindex (E: melt volume index, MVI), ein Mass fiir die scheinbare kinematische Fluiditit (= reziproke kinematische Fluiditat v) der Schmelze. Sowohl MFI als auch MVI sind Masszahlen fur die Molmasse, da die Viskositat qo beim Schergradienten null nach qo = K q M E noch von der Molrnasse abhangt. Die Konstante K,,ist polymerspezifisch, wahrend der Exponent E bei konstanten Polymerdichten den Wen 1 unterhalb der kritischen Molmasse fiir die Verhakung annimmt und den Wert 3.4 oberhalb. Altere Polymere, wie z.B. Poly(vinylch1orid) und Poly(styrol), werden traditionsgemiss in Deutschland noch durch den aus Viskositatsmessungen an Polymerltisungen erhaltenen K-Wert (Fikentscher-Wert) gekennzeichnet. Dieser Wen berechnet sich aus einer bei einer spezifizierten Polymerkonzentrationen c (in g/dL) gemessenen Viskositat q der Ltisung und der Viskositat 90 des Ltisungsmittels mit der Gleichung
uw /un
K wurde als Masszahl fur die Molmasse eingefiihrt, weil es bei den damals bekannten niedermolekularen Polymeren als konzentrationsunabhangige Grosse erschien. Die KWerte sind Masszahlen fur die Molmassen, die uber die Gleichung K = K K M verbunden ~ sind (Abb. 2-4). Sie sind aber nicht so empfindlich gegenuber Variationen der Molmasse wie die bei einer Standardkonzentration gemessenen relativen Viskositatsinkremente ("spezifischen Viskositaten") qsp = (q - qo)/qo oder die konzentrationsunabhangigen Grenzviskositatszahlen (E: intrinsic viscosities) [q]= lim (q,p/c),.+~.
2.1. Chemische Struktur
16
h
'i
M
30
a
. E
Y
v
10
104
3.104 - Molekulargewicht
105
-+
Abb. 2-4 Abhsngigkeit der Grenzviskositiitszahlen [q],der K-Werte und der relativen Viskositiitsinkremente qsp ("spezifische Viskositiiten") vom Molekulargewicht (nicht spezifiziert) bei Poly(viny1ch1orid)en [l]. [q]wurde in Cyclohexan bei 30°C gemessen, die K-Werte bei einer Konzentration von 1 g/mL in Cyclohexanon bei 25°C und die qSp-Wertebei einer Konzentration von 0,4 g/mL in Nitrobenzol bei 30°C. Die Molmassen von Elastomeren werden durch Mooney-Werte (Mooney-Viskositaten) beschrieben. Um diese Werte zu ermitteln, werden die Elastomeren in einem standardisierten Kegel-Platte-Viskosimeter bei konstanter Umdrehungszahl und konstanter Temperatur deformiert. Nach einer bestimmten Zeit wird die Ruckstellkraft als Mass fur die Viskositgt abgelesen.
2.1.4.
Konfiguration
Kohlenstoffketten weisen wegen der tetraedrischen Orientierung der Valenzen vierwertiger Kettenatome Stereoisomerien auf (G: stereos = fest, hart, starr ) (Band I, Kap. 4). Bei den Stereoisomeren besitzen Konfigurationsisomere definitionsgemass eine "hohe" Energiebarriere fur das Umwandeln eines Konfigurationsisomeren in ein anderes auf und Konformationsisomere eine "niedrige". Konformationsisomere konnen daher anders als Konfigurationsisomere wegen der schnellen Umwandlung von einer Konformation in die andere nicht rein dargestellt werden. Der Begriff der "Konfiguration" bezog sich ursprunglich nur auf die raumliche Lagerung von Atomen, nicht auf die Isolierbarkeit chemischer Verbindungen. Er wird in diesem Sinne noch heute von Physikern verwendet, die entsprechend nicht zwischen den chemischen Begriffen der "Konfiguration" und "Konformation" unterscheiden. Stereoisomere werden ausserdem nach ihren Symmetrieeigenschaften eingeteilt. Zwei Enantiomere verhalten sich zueinander wie Bild und Spiegelbild (G: enantion = Gegenteil), zwei Diastereomere aber nicht (G: dios = zwei, a- = nicht). S t e r e o r e g u l ~ r ePolymere sind regulare Polymerc aus Molckulcn, die nur aus einer einzigen Spezies von sterischen Repetiereinheiten bestehen, die immer gleich miteinander verknupft sind. Bei solchen Polymeren sind alle Stereoisomerie-Zentren definiert. Taktische Polymere besitzen dagegen konfigurative Repetiereinheiten, bei denen im Gegensatz zu den sterischen Repetiereinheiten nicht alle Stereoisomerie-Zentren definiert sein mussen (G: taxis = Anordnung).
17
2 . Struktur und Eigenschaften yon Polymeren
nicht stereoregular, nicht stereoregul&, aber taktisch aber taktisch
stemreguli4r und taktisch
Abb. 2-5 Stereoregulare und/oder taktische Molekiile fCHR-CHR'
weder stereoregukr
noch taktisch
+".
Ein stereoregdares Polymer ist daher immer taktisch, aber ein taktisches Polymer nicht notwendigerweise stereoregular. Ein Beispiel ist ein Polymeres KHR-CHR'f-,, z.B. Poly(2-penten) mit R = C2H5 und R' = CH3, dessen Repetiereinheiten -CHR-CHR'alle die gleiche Konfiguration aufweisen (Abb. 2-5). "TaktizitW bezieht sich auf die relativen Konfigurationen um die stereogenen Zentren, wenn man die Polymerkette von einem Ende her abschreitet. Eine isotaktische Repetiereinheit (IT) besteht aus einer einzigen konstitutionellen Repetiereinheit. Bei isotaktischen Polymermolekulen sind folglich alle Einheiten gleich (G: isos = gleich). Syndiotaktische Repetiereinheiten (ST; G: syn = zusammen, dios = zwei) weisen zwei enantiomere konfigurative Repetiereinheiten auf und heterotaktische Repetiereinheiten (HT) deren vier (heterotaktische Einheiten dagegen nur drei).
Y
Z-CH2I CH3 F
7%
B
-4-CH2-C-CH2-
'r' I
CH3
kH, ST
'r'
7%
-C-CH,-C-CH,-C-CH,-C-CH,I
CH,
7%
I
I
H
H
Hr
Abb. 2-6 Einfachste sterische Repetiereinheiten des Poly(propy1en)s in der Fischer-Projektion. Die Poly(propy1en)e der Abb. 2-6 enthalten pro konfigurative Monomereinheit ein einziges Stereoisomerie-Zentrm; sie sind monotaktisch. Die Polymeren der Abb. 2-5 besitzen dagegen zwei Stereoisomerie-Zentren pro konfigurative Monomereinheit; sie sind folglich ditaktisch. Ataktische Polymere besitzen definitionsgemass alle konfigurativen Einheiten in gleichen Anteilen, und zwar mit Bernoulli-Verteilung von Molekiil zu Molekiil. In der Literatur wird jedoch der Begriff der "Ataktizitat" meist nur im Sinne von "nicht uberwiegend taktisch" verwendet. Es wird oft gesagt, dass sich die Substituenten bei isotaktischen Polymermolekiilen immer auf der "gleichen Seite" befinden, bei syndiotaktischen dagegen abwechselnd auf verschiedenen. Diese Aussage trifft nur fur Fischer-Projektionen auf eine Ebene zu, nicht aber fur Stereofonneln. Da n2mlich Taktizitaten als relative Konfigurationen definiert sind, kdnnen sich die Substituenten isotaktischer Polymermolekule nur daM auf der gleichen riiurnlichen Seite befinden, wenn die konstitutionelle Repetiereinheit aus einer geradzahligen Anzahl von Kettengliedem besteht (Abb. 2-7). Ein Beispiel ist Poly(propy1en). Bei Polymeren mit ungeradzahligen Anzahlen von Kettengliedem pro konstitutionelle Repetiereinheit liegen dagegen die Substituenten isotaktischer Polymermolekule abwechselnd auf verschiedenen raumlichen Seiten. Bei syndiotaktischen Polymeren ist es umgekehn: geradzahlige Kettenglieder fuhren zu verschiedenen raumlichen Seiten (Abb. 2-8).
2 . 1 . Chemische Struktur
18 R I
R I
R
R
I
-(CHR),,-
-c-c-c-c-c-c-
-(CHR--€Hz),,-
R I -C-CH I H
I H
I H
I H
I
I H
R
R
I H
I H
I
I
R I C-CH
z-
R I C-CHz-
I
2-
H
R
I
H
Abb. 2-7 Fischer-Projektionen = Projektionen der cis-Konformationen auf eine Ebene (Mitte) und Stereoformeln (rechts) von isotaktischen Polymermolekulen. Von oben nach unten fur R = Methyl: Poly(methylmethylen),Poly(propy1en) und Poly(oxypropy1en). R I
H I
R I
H
-c-c-c-c-c-c-
-(CHR),,-
I
R I
-(CHR2HZ)n-
R
I
I
I
I
I
I
I
H
R
H
R
H
R
R H I I -C-CH2-C-CHz-C-CHzI I H R
*
H
* R
R
'.
R
R
'.
R
'.
R I
I H
R
H I -C-CH2-O-C-CHz4I I H R I
-(CHR-CHz-O),,-
R
Abb. 2-8 Fischer-Projektionen = Projektionen der cis-Konformationenauf cine Ebene (Mitte) und Stereoformeln (rechts) von syndiotaktischen Polymermolekulen. Von oben nach unten fur R = Methyl: Poly(methylmethylen),Poly(propy1en) und Poly(oxypropy1en). Polyrnennolekule rnit Torsionsstereomerie (geometrischer Isomerie) weisen cbcnfalls taktische Strukturen urn die Doppelbindungen auf. Polyrnere mit dcr Repetiereinkonnen z.B. cis-taktische oder trans-taktische Einheiten heit -CHz-CHR=CH-CH2besitzcn (Abb. 2-9). -HzC
CH,
cH3fHzM
CH3 I C-
-CH
H
CHZ-
H
CHz-
2-
I
CH=CH2 1,2-
(it oder st)
H I C-
-CH 2-
I
CH,-C=CHz 3.4(it oder st)
Abb. 2-9 Konstitution und Konfiguration von Monorncrcinhcitcn aus CHz=C(CH3)-CH=CHz.
19
2. Struktur und Eigenschaften von Polymeren
2.2.
Physikalisehe Struktur
2 . 2 . 1 . Mikrokonformationen Die Rotation von Atomen oder Gruppen um Einfachbindungen erzeugt raumliche Anordnungen dieser Liganden, die als Konformationen (organische Chemie), Mikrokonformationen (makromolekulare Chemie) oder Konfigurationen (statistische Mechanik) bezeichnet werden. Die Sequenz der Mikrokonformationen um Kettenatome bestimmt die Makrokonformation der Kette, d.h. deren Gestalt und Griisse. Um jede Einfachbindung sind im Prinzip unendlich viele Mikrokonformationen mliglich. Im Allgemeinen sind jedoch wegen der zwischen benachbarten Kettengliedem herrschenden Abstossungs- und Anziehungskrafte bestimmte Lagen energetisch bevorzugt (Abb. 2-10); nur diese werden als Mikrokonformationen bezeichnet. C
-180" cis
G-
A-
T
A+
-120"
a
a"
4" +120"
gauche anti trans minus minus
G+
anti
gauche
plus
plus
C
+180"
cis
Abb. 2-10 Energetisch ausgezeichnete Mikrokonformationen bei Molekiilen RCHZ-CH~R( 0 = R). Die Zahlen geben die in der rnakromolekularen Chemie gebrauchlichen Konformationswinkel an. Die trans-Stellung der R-Reste wird als 0" und nicht wie in der organischen Chemie als 180" bezeichnet.
Bei Polymerketten in Liisung und im festen Zustand sind im Allgemeinen trans- und gauche-Konformationen bevorzugt. Im kristallinen Zustand treten bei einigen Polymeren jedoch auch anti- und cis-Mikrokonformationen auf.
2.2.2.
Makrokonformationen
Konstitutionell und konfigurativ regulare Polymere weisen im ideal-kristallinen Zustand auch konformativ regullre Strukturen auf. Beim Poly(ethy1en) +CH2-CH2f-, folgen sich die CH2-Gruppen jeweils in der trans-Mikrokonformation: die Poly(ethy1en)Kette nimmt die Makrokonformation (T)n einer Zickzack-Kette an (Abb. 2-1 1). Beim isotaktischen Poly(propy1en) +CH2-CH(CH3)fn zwingt dagegen die sterische Abstossung zwischen aufeinander folgenden Methylgruppen jede zweite Mikrokonformation in eine gauche-Lage. Da die beiden miiglichen gauche-Lagen beim it-Poly(propylen) energetisch gleich und Sequenzen ...TG+TG-TG+TG- ... energetisch unmBglich sind, weist ideal-kristallines it-Polyfpropylen) gleiche Anteile an (TG+),-Ketten und (TG-),-Ketten auf. Je nach der Konstitution und Konfiguration der Polymermolekiile sind verschiedene (TTGG), Helixstrukturen mhglich, z.B. ('ITG), beim Poly(oxyethy1en) fOCH2CH2*, beim st-Poly(propylen, (CT), beim Poly(dimethylsi1oxan) und (A-TA+T), beim 1,4trans-Poly(butadien). Ausserdem treten Doppel- und Tripelhelices auf.
2.2. Physikalische Strukrur
20
-
‘ c ZickzackKetten
Helices
Faltungsmizellen
Fransenmizellen
Abb. 2-1 1 Makrokonformationen von Polymerkettcn. Von links nach rechts: Kcttcn in all-uansKonformation (Zickzack-Kette); Ketten in Helix-Konformation; L = Lamcllen aus gefalteten Kctten mit Sammen in all-trans- oder hclicalen Makrokonformationen (durch gerade Linien symbolisiert), ungeordneten Schlaufcn und Verbindungsketten zwischen Lamellen; Faltenmizellen. Die Helices sind femer je nach Konstitution und Konfiguration vcrschieden aufgeweitet. Bei it-Polypropylen wird z.B. die gleiche raumliche Lagc nach drei Monomereinheitcn pro Windung erreicht (31-Helix), beim Poly(3-methyl-1 -buten) dagegen nach vier (41-Helix). In real-kristallinen Polymeren sorgen konstitutionelle und konfigurdtive Kettenfehler, Nichtgleichgewichtszustsndebei dcr Kristallisation usw. dafur, dass nur Kettenstucke, nicht aber ganze Ketten, die idealcn Makrokonformationen einnehmen (Abb. 2-1 1). Bei der Kristallisation aus verdiinnten Losungcn treten z.B, Kettenfaltungen auf, bei der Kristallisation aus Schmclzen ausser Kettcnfaltungcn zu Faltungsmizellen (E: folded micelles) auch sog. Fransenmizellen (E: fringed micclles).
2.2.3.
Morphologie
Beim Abkuhlen von Polymerschmclzen wachscn von den Kristallisationskeimen aus in alle Raumrichtungcn Faltungsmizellen, zwischcn dcnen sich wegen der Erstarmng wcniger geordnete Kettenstucke befinden (Abb. 2-12). Um den Keim bildcn sich entsprcchend kugelformige Gebilde, sog. Sphiirolithe (G: sphaira = Kugel, lithos = Stein). Die Spharolithe fiillen schliesslich den ganzen verfugbaren Raum aus.
Abb. 2-12 Schematischc Darstellung von Polymermorphologien. Von links nach rechts: Franscnmizclle, Qucrschnitt durch cincn Spharolithen, Schaschlik-Struktur.
21
2 . Struktur und Eigenschaften von Polymeren
Lamellen
Kugeln
Phasenvermittler
Abb. 2-13 Schematische Darstellung der Anordnung der Bltjcke von Blockcopolymeren.
Bei der Kristallisation in Stromungsgradienten werden Kettenstucke parallel zur Striimungsrichtung orientiert; sie kristallisieren entsprechend im gestrecktkettigen Zustand. Die entstehenden Kettenbundel wirken als Kristallisationskeime, auf die dann weitere Polymerketten unter Kettenfaltung aufkristallisieren (Abb. 2- 12). Die entstehenden Sekundlrstrukturen erinnem an Fleischspiesschen und werden daher Schaschlik-Strukturen genannt (E: shish-kebab structures). Spezielle Morphologien treten bei Blockcopolymeren mit nicht vertraglichen Bliicken auf (Abb. 2-13). Wenn bei einem Diblockcopolymeren beide Bliicke gleich gross sind und die Bliicke nicht kristallisieren, bilden sich altemierende Lamellen aus (Abb. 2-13), ebenso, wenn bei Triblockcopolymeren der Zentrumsblock doppelt so gross wie jeder Endblock ist. 1st dagegen bei Diblockpolymeren der eine Block sehr klein, so entstehen Kugeln aus vielen solchen Bliicken in einer sie umgebenden Matrix aus den langen Bliicken vieler Blockcopolymermolekule. Bei den entsprechenden Dreiblockcopolymeren wirken die Kugeln als "Vemetzer" fur die Matrix. Die Polymeren verhalten sich dann als thermoplastische Elastomere, wenn sich die Glastemperatur der Kugeln oberhalb und die Glastemperatur der Matrix unterhalb der Anwendungstemperatur befinden. Diblockcopolymere wirken bei Mischungen von zwei miteinander unvertraglichen Polymeren als Phasenvermittler, wenn der eine Block mit dem einen Polymeren und der andere Block mit dem anderen Polymeren vertraglich ist (Abb. 2-13).
2.2.4.
Losungen, S c h m e l z e n u n d GIaser
Beim Schmelzen kristalliner Polymerer reicht die thermische Energie oft aus, um die zu geordneten konformativen Sequenzen fiihrende Potentialenergie zu uberwinden. Die einzelnen Mikrokonformationen folgen sich dann mehr oder weniger regellos und jede Kette nimmt die Makrokonformation eines statistischen Knauels an (Abb. 2-14). Ein Beispiel ist Poly(ethy1en). Innerhalb jeder Kette kiinnen dabei durchaus kurzere oder langere Sequenzen von geordneten Mikrokonformationen vorliegen. Individuelle statistische Knauel besitzen nur eine sehr geringe Knaueldichte (Band 11). In Schmelzen ist daher der Raum innerhalb eines statistischen Knauels rnit Segmenten anderer Knauel gefullt. Wenn die Polymerketten eine bestimmte kritische L a g e uberschreiten, kiinnen sie sich miteinander verhaken und die Schmelze erscheint dann als eine Art temporares physikalisches Netzwerk mit entsprechend hohen Schmelzeviskositaten.
22
2.3. Physikalische Eigenschaften
Abb. 2-14 Schernatische Darstellung von Knauelstrukturen isolierter Fadenrnolekule.
Da in Schmelzen jedes Kettensegment nur von seinesgleichen umgebcn ist, kompensieren sich alle Abstossungs- und Anziehungskrafte und die Polymerkette erscheint als unendlich diinn. Das Polymermolekul nimmt dann die Gestalt cines sog. ungestorten statistischen Knauels an (E: random coil). Solche ungestorten statistischen Knauel liegen auch in sehr verdunnten Losungen vor, wenn die Wechselwirkung des Losungsmittels mit der Polymerkette gerade das durch die potentielle Uberlappung zweier Kettensegmente des gleichen Molekiils erzeugte ausgeschlossene Volumen iiberwinden kann. Solche Losungsmittel werden Theta-Losungsmittel genannt (E: theta solvent). In nicht-Theta-Losem (thermodynamisch guten Losungsmitteln) werden dagegen die Polymerknluel gegeniiber denjenigen in Theta-Losungen aufgeweitet. Ihre Form ist d a m diejenige cines gestorten Kniiuels (E: perturbed coil). Mit steigender Konzentration von Polymerlosungen werden sich die von den einzelnen Polymerknaueln eingenommenen Volumina mehr und mehr uberlappen. Bei einer bestimmten kritischen Konzentration treten dann bei genugend langen Ketten Verhakungen auf. Wegen der Bildung dieser temporaren physikalischen Netzwerke steigt die Viskositat der Losungen mit steigender Konzentration sehr steil an. Beim Abkiihlen einer Schmelze wird je nach Polymerem entweder die Struktur der Schmelze bei der sog. Glasiibergangstemperatur eingefroren oder es tritt cine Kristallisation auf. Im ersten Fall entsteht ein G l a s ohne Femordnung (amorphes Polymer), jedoch mit ineinander verknauelten und evtl. verhakten Ketten. Im zweiten Fall ist die Kristallisation wegen der durch die Verknauelung bzw. Verhakung behinderten Transportvorgange praktisch nie vollstandig: wenn man von "kristallinen" Polymeren redet, meint man meist nur partiell-kristalline.
2.3.
Physikalische Eigenschaften
Polymere werden industriell hauptsachlich wegen ihren Festkorpereigenschaften und dort wiederum wegen ihrer mechanischen Eigenschaften als Kunststoffe, Fasem, Elastomere, Ubeniige, Adhasive usw. verwendet. Die Eigenschaften technischer Polymerer weichen dabei aus einer Vielzahl von Griinden von denen der entsprechenden Polymeren mit idealen Strukturen ab: Variationen in der Molmasse und der Molmassenverteilung, konstitutionelle Fehler, unterschiedliche Konfigurationsstatistiken, vorhandene Additive, Feuchtigkeit, Katalysatorriickstande, Ltisungsmittelreste usw.
2 . Struktur und Eigenschaften von Polymeren
2.3.1.
23
Thermische Eigenschaften
Wesentlich sind auch die Einflusse der Verarbeitung, da die Produkteigenschaften nicht nur durch die Polymerstruktur. sondem auch durch die Prozesse bei der Verarbeitung kontrolliert werden (3P-Regel). Die Verarbeitung kann z.B. Segmentorientierungen, Gitterstijrungen, Strukturgradienten und vieles Andere mehr erzeugen. Die in den Kap. 5-11 aufgefiihrten Eigenschaften sind daher nur Richtwerte. Polymere teilt man nach ihren anwendungstechnischen mechanischen Eigenschaften in Thermoplaste, Elastomere, thermoplastische Elastomere und Duromere ein und nach ihren efektrischen Eigenschaften in Isolatoren und Halbleiter. Thermoplaste sind chemisch unvemetzte lineare oder verzweigte Polymere, deren hochste physikalische Umwandlungstemperatur unter ihrer Gebrauchstemperatur liegt. Bei amorphen Polymeren ist dies die Glastemperatur T c , d.h. diejenige Temperatur, bei der die Schmelze beim Abkuhlen zu einem amorphen Glas ohne Femordnung einfriert (E: glass bzw. glass transition temperature). Das Einfrieren ist ein kinetischer Prozess und kein thermodynamischer. Die Glastemperatur ist entsprechend keine thermodynamische Umwandlung 2.0rdnung und daher keine Glasumwandfungstemperatur. Bei kristallinen Polymeren ist die hochste physikalische Umwandlungstemperatur die Schmelztemperatur T M (E: melting bzw. fusion temperature). Da semikristalline Polymere noch amorphe Anteile enthalten, weisen sie auch eine Glastemperatur TG c TM auf. Als Duromere ("Duroplaste"; E: thermosets) werden sowohl die Prapolymeren (BStufen) von vemetzbaren Harzen als auch die daraus entstehenden chemisch hochvernetzten Endstufen (C-Stufen) bezeichnet. Wegen des hohen Vemetzungsgrades weisen sie zwischen den Vemetzungstellen nur kurze Kettensegmente und als Folge dessen keine Glastemperaturen auf. Die C-Stufen konnen im Gegensatz zu den Thermoplasten nicht wieder aufge"schmo1zen" und neu verarbeitet werden. Elastomere (E: elastomers) entstehen durch die chemische Vemetzung von Kautschuken (E: rubbers). Die Segmente zwischen den Vemetzungsstellen sind hier aber sehr lang. Sie weisen daher Glastemperaturen auf, die zudem definitionsgemlss grosser als die Anwendungstemperaturen sind. Wegen der chemischen Vemetzung kijnnen sie daher wie Duromere nicht wieder aufgeschmolzen und neu verarbeitet werden. Thermoplastische Elastomere sind dagegen physikalisch vernetzte Polymere mit Glastemperaturen oberhalb der Anwendungstemperatur. Ihre Vemetzungsstellen losen sich bei der Verarbeitungstemperatur auf. Sic sind daher wie Thermoplaste wiederholt verarbeitbar, verhalten sich aber bei der Anwendung wie Elastomere. Fasern (E: fibers) sind meist orientierte, "eindimensionale" Thermoplaste, doch sind auch elastische Fasem und vemetzte Fasem bekannt. Industrielle Polymere werden ausser durch Schmelz- und Glastemperaturen vor allem durch Vicat- und Dauerstandtemperaturcn sowie die sog. Warmestandfestigkeit (eine Temperatur und keine Festigkeit) charakterisiert (vgl. die Blnde I1 und IV). Bei der Vicat-Methode dringt eine Nadel mit einer bestimmten Kraft in die mit einer bestimmten Geschwindigkeit aufgeheizten Probe ein. Die Vicat-Erweichungstemperatur ist die Temperatur, bei der eine Eindringtiefe von 1 mm erreicht wird. Bei Formbestandigkeitstemperaturen (HDT = heat distortion temperatures (E)) bzw. Warmestandfestigkeiten misst man dagegen analog Durchbiegungen genormter Priiflinge. Diese Werte hlngen naturgemlss noch von der evtl. absorbierten Wassennenge ab.
24
2.3.2.
2.3. Physikdische Eigenschaften
Mechanische Eigenschaften
Mechanische Priifungen von Polymeren werden an genormten Pruflingen unter genormten Bedingungen augefuhrt. Diese Priifbedingungen sind vor allem fur DIN und ASTM verschieden, wahrend sie fur DIN und IS0 meist identisch sind. CAMPUS@ folgt in der Regel I S 0 bzw. DIN. Leider wird bei Literaturdaten oft nicht angegeben, welche Priifnorm verwendet wurde. Da es sieh bei den in den Tabellen dieses Buches aufgefuhrten Wenen nur um Richtwerte handelt, sind die Unterschiede zwischen I S 0 und ASTM WONnicht gravierend. Alle Werte gelten, wenn nichts anderes angegeben ist, fur Priifungen bei Raumtemperatur. Die meisten mechanischen Kennwerte wurden Zugversuchen entnommen, bei denen ein genomter Priifling mit einer genormten Geschwindigkeit von einer Lange Lo auf cine LPnge L gezogen wird. Aus der Anfangssteigung der Zugspannung (E: tensile stress) als Funktion der Dehnung ( L - Lo)/Lo (E: elongation) berechnet sich der Zugmodul bzw. Elastizitatsmodul (E: tensile modulus, Young's modulus) (Abb. 2- 15). In vielen Fallen lauft die Zugspannung rnit zunehmender Dehnung durch ein Maximum, das die (obere) Streckspannung (E: yield stress, tensile strcngth at yield) bei der Streckgrenze (E: yield point, elongation at yield) angibt. Nach Durchlaufen eines Minimums bei der unteren Streckspannung steigt die Zugspannung wiedcr an, bis der Priifling bei einer Reissdehnung bzw. Bruchdehnung (E: elongation at break, fracture clongation) mit der Zugfestigkeit bzw. Reiss- oder Bruchfestigkeit bricht (E: tensile strength at break, fracture strength).
1
Streckgrenze
Kcissdehnung
- Dehnung --*
Abb. 2-15 Ermittlung mechanischer Kennwerte aus Zugversuchen.
Bestimmungen der Schlagzihigkeiten (E: impact strengths) werden sowohl rnit ungekerbten als auch rnit gekerbten Priiflingen ausgefuhrt, wobei im letzteren Fall K e r b schlagzahigkeiten erhalten werden (E: impact strength with notch). Beim Izod-Verfahr e n schlagt ein Pendel gegen das freie Ende eines einseitig eingespannten Priiflings, beim Charpy-Verfahren gegen die Mitte eines zweiseitig gelagerten. In den USA werden die Schlagzahigkeiten fur unendlich dunne Priiflinge angegeben (meist in ft Ibf/sq.in. + J/m), was dcr Brucheinleitung entspricht. In Europa misst man dagegen die Werte fur unendlich dicke Priiflinge (also in J/m2), was die Energie fur die Bruchfortpfl anzung angibt.
25
2. Struktur und Eigenschaften von Polymeren
2.3.3.
Elektrische Eigenschaften
Mit wenigen Ausnahmen sind alle Polymeren Isolatoren, die wegen ihren dielektrischen Eigenschaften verwendet werden. Die relative Permittivitat (E: relative permittivity) der ISO/IUPAP/IUPAC wird in der Technik meist immer noch Dielektrizitatszahl oder Dielektrizitatskonstante genannt (E: dielectric constant). Der Durchgangswiderstand bzw. Volumenwiderstand (E: volume resistivity, “specific volume resistivity”) wird als Produkt von elektrischem Widerstand und Lange angegeben, also z.B. in i2 cm, der noch vom Abstand der Elektroden abhangige Oberflachenwiderstand (E: surface resistivity) z.B. in a. Der dielektrische Verlustfaktor (E: dielectric dissipaton factor, dissipation factor, loss factor) ist das Verhiltnis von Verlustleistung zu Blindleistung. Die elektrische Durchschlagfestigkeit (E: dielectric strength, electric strength) ist die auf die geringste Dicke der Priiflinge bezogene Durchschlagspannung, welche die Wechselspannnung angibt, bei der ein Durchschlag eintritt.
Literatur zu Kap. 2 Fur eine detailliertere Behandlung der Strukturen und Eigenschaften einschliesslich der weiterfuhrenden Literatur siehe die Bande I, I1 und IV dieses Buches (H.-G.Elias, Makromolekule, 6.Auflage, Wiley-VCH Verlag, Weinheim), und zwar fur Chemische Struktur und Synthesen: Physikalische Strukturen und Eigenschaften: Anwendungen von Polymeren:
Band I(1999) Band I1 (2000) Band IV (voraussichtlich 2002)
Quellennachweise [ I ] Daten von A.W.Cooker, R.W.Wypert, in A.J.Wickson, Handbook of PVC Formulating, Wiley, New York 1993
26
3.
Rohstoffe
3.1.
Einfuhrung
Industriell verwendete Polymere werden auf drei verschiedene Weisen gewonnen: durch direkte Nutzung naturlicher Polymerer, durch Umwandlung von naturlichen Polymeren zu semi-synthetischen Polymeren und durch totale Synthese aus den entsprechenden Monomeren. Diese Monomeren konnen entweder natiirlich vorkommen oder aus geeigneten Rohstoffen synthetisch hergestellt werden.
3.1.1.
Natiirliche Rohstoffe
Die Menschheit verwendet seit Urzeiten tierische, pflanzliche, fossile und mineralische Rohstoffe, und zwar zu einem kleinen Teil direkt, zum grossten Teil nach Isolierungsund Reinigungsverfahren, und zu einem weiteren, kleineren Teil nach chemischen Umwandlungen in andere Stoffe. Die fur die verschiedensten Zwecke verwendeten Rohstoffe sind zum grossen Teil Polymere, zum Beispiel: Elastomere: Fasem: Werkstoffe:
Verdicker:
Polyprene (Naturkautschuk, Balata, Guttapercha); Proteine (Wolle, Seide), Polysaccharide (Baumwolle, Jute usw.); Holzer (Verbundwerkstoffe aus Cellulose, Lignin, Hemicellulosen, Wasser und Luft), Proteine (Casein, Kollagen usw.), Asphalt, Bitumen, Gesteine (Silikate usw.); Polysacharide (Xanthan, Guaran usw.)
Nahrungsmittel: Polysaccharide (Starke, Pektine usw.) Katalysatoren:
Proteine (Enzyme)
Brennstoffe:
Holz, Steinkohle, Braunkohle
Mineralische Rohstoffe werden in der Regel direkt als Werk- und Baustoffe benutzt (Gesteine), teils aber erst nach chemischen Umwandlungen (Zement) (Kap. 1 1.3.9). Fossile Rohstofle dienen dagegen nur selten als Materialien (Asphalt, Bitumen; Kap. 3.6). Sie werden dagegen im grossten Umfang als Energietrager verwendet und zu einem kleineren Teil als Ausgangsstoffe fur aliphatische und aromatische Monomere (Erdgas, Erdol, Kohle, Braunkohle). Tierische Rohstofle sind meist Proteine (Kap. lo). Zu ihnen gehoren die aus den Haaren von Schafen, Ziegen, Lamas usw. gewonnenen Wollen, die Seide aus den Kokons der Seidenwurmer und das Casein der Kuhmilch. Die Haut von Kuhen, Pferden, Ziegen und Schweinen liefert Leder und echtes Pergament, das in Haut und Knochen enthaltene Protein Kollagen wird zu Gelatine verarbeitet. Aus den Schalen von Krustentieren gewinnt man das Mucopolysaccharid Chitin. Tierische Rohstoffe scheiden jedoch als grossere Rohstoffquelle aus, da Tiere von Pflanzen und anderen Tieren lcben und viele Rohstoffe einfacher von Pflanzenprodukten erhalten werden konnen. Tiere sind nur Rohstofflieferanten fur Pelze, Wolle, Seide und Leder. Alle anderen tierischen Materialien stammen von nutzbringend verwendelen Abfallen der Fleischproduktion (Haute, Knochen, Schalen von Krustentieren usw.).
3. Rohsfoffe
27
Pflanzliche Rohstoffe werden dagegen in der Regel aus eigens dafiir angebauten Pflanzen gewonnen. Zu ihnen gehoren alle faserliefemden Pflanzen wie Baumwolle, Flachs, Hanf, Sisal, Jute usw. (Band IV); die Fasereigenschaften werden hier durch das Polysaccharid Cellulose hervorgemfen (Kap. 7). Stlrke ist ein Gemisch der Polysaccharide Amylose und Amylopektin. Aus Polysacchariden bestehen auch viele Pflanzengummen. Friichte liefem Pektine, eine Gruppe von sauren Polysacchariden. Aus bestimmten Bgumen und Strluchem lassen sich Latices gewinnen, welche die Polyprene Naturkautschuk, Balata, Guttapercha oder Chicle enthalten. Alle diese Stoffe bestehen aus naturlich gebildeten Makromolekiilen, die direkt venvendet werden ktinnen. Holz ist ein natiirlicher vorkommender Verbundwerkstoff, der teils als solcher verwendet wird, teils aber als Rohstoff f i r seine durch mechanische oder chemische Verfahren isolierten polymeren Komponenten Cellulose, Lignin und Hemicellulose dient. Vor allem in weniger industrialisierten Landem ist Holz als Brennstoff unentbehrlich. Ausserdem gibt es eine Reihe von anderen Naturprodukten, die Rohstoffe, Zwischenprodukte oder Monomere fur halbsynthetisch erzeugte Polymere sind. Zu ihnen gehoren Naturharze (Kap. 3.10), Fette und fette Ole (Kap. 3.1 l), verschiedene Zucker (Kap. 7.1) und die sog. Biomasse (Kap. 3.12), zu der manchmal auch Holz gezlhlt wird. Weltweit entstehen auf der Landflache der Erde jedes Jahr ca. 170.109 Tonnen Biomasse (Kap. 3.12). Davon werden fur den menschlichen Verbrauch (Nahrung, Werkstoffe, Energie) j2hrlich ca. 2.109Tonnen Holz, 2.109 Tonnen Getreide und 2.109 Tonnen andere Pflanzen (Friichte, Gemiise, Olfriichte, Ruben, Zuckerrohr) entnommen. Der Gesamtverbrauch an Pflanzen von etwa 6.109t/a betragt somit etwa gleich vie1 wie derjenige von Ollquivalenten an Erdol, Erdgas und Kohle ((7-8).109 t/a) . Im Prinzip konnte man fur die menschliche Versorgung auf einen betrachtlichen Teil des ungenutzten Restes von 164.109 Tonnen Biomasse zuriickgreifen und so den iikologisch bedenklichen Verbrauch der fossilen Rohstoffe Erd81, Erdgas und Kohle einschrlnken. Tatslchlich ist das aus landwirtschaftlichen, politischen, chemischen und nicht zuletzt wirtschaftlichen GrUnden nicht moglich. Wollte man z.B. die in Deutschland verwendeten Synthesefasern durch Naturfasem ersetzen, musste dafiir das gesamte deutsche Agrarland bereitgestellt werden und es ware kein Land mehr fur Nahrungsmittel, Biodiesel usw. verfugbar. Pflanzen wachsen zwar dank des gratis gelieferten Sonnenlichts "von allein", verbrauchen aber trotzdem anderweitig erzeugte Energie. Zu nennen sind die Herstellung von Dungemitteln, die Emte und der wegen der grossfllchigen Einzugsgebiete sehr aufwendige Transport zu den Verarbeitungsstellen. Die Versorgung mit Rohstoffen pflanzlicher Herkunft ist zudem verhlltnismissig unsicher, da Qualitat und Quantitat wegen der Witterungseinflusse schwanken und politische Entscheide die Lieferungen oft ganz unterbinden. Nachwachsende Rohstoffe besitzen zudem gegenuber Erdol und Erdgas einen weiteren Nachteil: sie weisen oft hohe OK-Verhaltnisse und ungunstige C/H-Verhaltnisse auf. Die Synthese der zur Zeit verlangten Grundchemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen ist damit erschwert. Nachwachsende Rohstoffe sind vorteilhaft, wenn sie direkt zu verbrauchemahen Produkten fuhren. Die Eigenschaften solcher Produkte aus Biopolymeren ktinnen aber nur in einem engen Bereich variiert werden. Chemisch abgewandelte Biopolymere besitzen zwar andere Eigenschaften als die Ausgangspolymeren, jedoch oft nicht drastisch verschiedene, da das Ruckgrat der Polymerkette gleich bleibt.
28
3.1.2.
3.1, Einfiihrung
Synthetische Polymere
Vollsynthetische Polymere konnen dagegen sozusagcn "nach Mass" fur den vorgesehenen Verwendungszweck hergestellt werden. Ihre Synthese setzt jedoch geeignete Rohstoffe und genugend Energie voraus. Erdtjl ist zur Zeit die Hauptrohstoffquelle fur synthetische Polymere; kleinere Mengen an Zwischenprodukten werden ausserdem aus Erdgas, Holz und Kohle gewonnen. Die fossilen Rohstoffe Erdol, Erdgas und Kohle sind zur Zeit aber auch die Hauptenergieliefcranten (Kap. 3.2), so dass sie gleichzeitig Energietrager und Rohstoffquelle sind. Diese Situation wird sich auch in den nachsten Jahrzehnten nicht wesentlich Lndern, da eine grossere Nutzung der "emeuerbaren Energien" ("sanften Energien", "Endlosenergien") aus Some, Windkraft, Erdwarme und Gezeiten vorerst nicht zu erwarten ist. Der starkeren Verwendung von Wasserkraft sind naturliche Grenzen gesetzt und die Kemenergie ist nicht uberall gem gesehen. Ein Polymer wird im allgemeinsten Fall uber mehrere Zwischenprodukte erzeugt. Aus den Rohstoffen Holz, Erdol, Kohle usw. werden zunachst Grundstoffe (Primarprodukte) hergestcllt, die dann in Zwischenprodukte uberfuhrt werden. Die Zwischenprodukte werden zu Monomeren umgesetzt, die anschliesscnd in Polymere umgewandelt werden. Polymere f i r Wcrkstoffe riistet man in der Rcgel durch Zusatz von Fullstoffen, Antioxidantien usw. aus und verarbeitet sie dann als Thermoplastc, Duromere, Kautschuke und Elastoplaste zu Werkstucken, Filmen, Fasem, Uberzugcn usw. Ein Beispiel ist die Sequenz ErdOl -+ Naphtha + Bcnzol + Cyclohexan --f Cyclohexanon --f Caprolactam + Polyamid 6 -+ Polyamid-Faser. Bei bestimmten Polymeren konncn einigc Stufen ubcrsprungen werden. Ethylcn ist z.B. ein direktes Folgeprodukt der Erdolverarbeitung und nach unserer Klassifizierung ein petrochemischer Grundstoff; es ist abcr auch gleichzeitig ein Monomeres fur Poly(ethylen). Die Endprodukte einer Stufc sind femer immer die Vorprodukte fur die nachste, so dass man in der Literatur jc nach Standpunkt verschiedene Stufen als Vorprodukte bezeichnet findet. Polymere sind z.B. fur den Monomererzeuger Folgeprodukte, fur den Kunststoffherstcller Endprodukte und fur den Kunststoffverarbeiter Vorprodukte oder Rohstoffe. Der erste grossere chemische Rohstoff war der bci der Produktion von Koks fur Stahlwerke als Nebenprodukt anfallende Steinkohlenteer. Er wurde gefolgt von der Stcinkohle, aus der man via Calciumcarbid zunachst Acetylen gcwann und spater mil Hilfe von Wasser auch Synthesegas (H2 + CO). Erdol als Rohstoff fuhrte zur Ethenchemie und dann Erdgas zu Methan als chemischem Grundstoff. Biomasse als Rohstoff fur Ethanol wird bislang nur in einem kleineren Ausmass verwendet und die Kemenergie als Grundlage fur eine auf Wasserstoff als Primarprodukt basierende Chemie wird wohl nur in solchen Staaten eine Rollc spielen, die nicht auf Kernreaktoren veriichten. Die historische Abfolge ist also (Kap. 3.3 - 3.7) Steinkohlenteer Kohle Kohle/Erdol/Erdgas Erdol Erdgas Biomasse Wasser (mit Kernenergie)
+ + +
+ + + +
Aromaten Acetylen Synthesegas Ethen Methan Ethanol Wasserstoff
29
3. Rohstoffe
3.2.
Energie
3 . 2 . 1 . Energietrager Der Aufbau und/oder die Anderung chemischer Strukturen erfordert ausser Geriiststoffen (Aliphaten, Olefine, Aromaten usw.) und Hilfsstoffen (Wasserstoff, Chlor, Alkali, Wasser, Luft usw.) vor allem Energie. Die verbrauchte Energie wird in der Regel als Primlrenergie angegeben, und zwar sowohl fur Energietrager (Erdtil, Erdgas, Kohle, Torf, Holz) als auch f i r die Primarelektrizitat (Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie). Energietrlger sind Stoffe, aus denen Energie etzeugt wird. Ihr Energieinhalt wird in der Industrie gewtihnlich nicht in der SI-Energieeinheit Joule (J) angegeben, sondem in Stofflquivalenten. In Deutschland verwendet man oft noch die Tonne Steinkohleeinheit (t SKE), weil die deutsche Industrie bis vor ca. 50 Jahren auf der Kohle als Energietrager und Chemierohstoff basierte. Die Holzindustrie arbeitet dagegen mit dem Festmeter (Fm, friiher: fm) (Kap. 3.8). In der USA-Industrie war in der gleichen Zeit bereits das Erddl der hauptslchliche Energietrager. Der Energieinhalt wird entsprechend in Tonnen Ollquivalenten gemessen (TOE). Der Handel und die Regierung der USA benutzen dagegen immer noch das BTU (British thermal unit) als Energiemass. 1 (deutsche) Tonne Steinkohleeinheit (t SKE) von Kohle mittlerer Qualitlt entspricht
29,31.106 kJ = 29,31 GJ 27,7.106 BTUIT 0.7 TOE (G 7.52 Fass Petroleum = 1,18 m3 bei einer Erdoldichte von 0,85 g/cm3) 882 m3 niederllndisches oder 1000 m3 amerikanisches Erdgas 3,08 Fm Holz (entspricht 2000 kg Holz) 47 g Uran (Leichtwasserreaklor) 0,74 g Uran (schneller Briiter) 0,41 g Thorium (schneller Briiter) Kohleeinheiten werden in verschiedenen Landem verschieden definiert, worauf beim Vergleich von Statistiken zu achten ist: TOMe Steinkohleeinheit Coal unit (US) Pit coal unit (UK) Short ton bituminous coal
1 t SKE 1 cu
A
1T
4
A A
29,31 27,92 24.61 2658
GJ GJ GJ GJ
Auch bei den BTUs muss man unterscheiden: British thermal unit (mean) British thermal unit (international) Quadrillion BTU
1 BTUmean = 1,055 79 kJ 1 BTUm = 1.055 06 kJ 1 Quad = 1015 B T U ~ T = 1,055 06 EJ
Ausserdem werden noch einige altere Einheiten vcwendet: Intemationale Kalorie Thermochemische Kalorie Kilowattstunde Horsepower-hour
1 callT 1 Cal,h 1 kWh 1 hph
= 4,186 8 J = 4,184 J = 3,6 MJ = 2,685 MJ
30
3.2. Energie
Tab. 3-1 Wirkungsgrade bei Energieumwandlungen Prim-nergie
Umwandlung durch
Umwandlung in
W&me (Verbrennung)
Brennstoffzelle Steinkohlekraftwerk Gas- und Dampfturbinen
elekhischeEnergie
I,
ElektrizitAt
Strahlung (radioaktiv) (Sonne)
1,
Dieselmotor Ottomotor Olheizung Kaminfeuer Elektromotor Elekuoheizung Neonlampe Gliihlampe Kemlcraftwerk Solanelle
Wirkungsgrad in % 60 45 58 89 38 25 65 15 92 100 20 3 33 10
Heisswasser mechanische Energie thermische Energie mechanische Energie thermische Energie Strahlung (Licht) elekhische Energie
Die oben genannten Aquivalente von Steinkohleeinheiten (SKE), Tonnen Erdolaquivalenten (TOE), Energien (in z.B. Joule) sind mittlere Werte. Bei Statistiken werden z.B. verschiedene Umrechnungsfaktoren verwendet, die sich nach dem Energieinhalt der einzelnen Energietrager richten. Die Intemationale Energie-Agentur (International Energy Agency, IEA) setzt z.B. das Verhaltnis TOEnonne Steinkohle fur China als 0,500 an, fur Deutschland als 0,604 und fur die USA als 0,646. Grosse Unterschiede bestehen auch beim Energiegehalt (in kJ/m3) des Erdgases : 33 220 (Niederlande), 38 416 (USA), 39 51 8 (Vereinigtes Ktinigreich ("England")) und 42 000 (Algerien). Primar erzeugte Energien werden teilweise mit sehr unterschiedlichem Wirkungsgrad in andere Energieformen iiberfuhrt (Tab. 3-1). Die IEA nimmt z.B. bei der Umwandlung der Kemkraft in elektrische Energie einen Wirkungsgrad von nur 33 % an, bei derjenigen von geothermischer Warme in elektrische Energie sogar nur einen von 10 %.
3.2.2.
Produktion
Die Energieproduktion wird von Erdol, Erdgas und Steinkohle dominiert, Wasserkraft und Kemkraft spielen nur cine kleine Rolle, alle anderen Energien (Sonne, Geothermic usw.) sogar nur cine verschwindend kleine (Tab. 3-2). Die Produktion verteilt sich auf die einzelnen Landergruppen sehr verschieden (Tab. 3-3). Tab. 3-2 Weltproduktion an Energietragern im Jahre 1999 191. ijbliche Einheiten
Erdol
Millionen Tonnen Milliarden Kubikmeter Billionen Watt3tunden Millionen TOE
3445
Erdgas
Steinkohlc Kemkraft Wasserkraft
Total
3463 242 1
3445
1803
2424
2444 2,1
2643 2,3
7676
31
3. Rohstoffe
Tab. 3-3 Produktion und Verbrauch an EnergieMgern irn Jahre 1999.
MeWwP
produktion in Prozent der jeweiligen Energietrager % dler Era1 Erdgas Steinkohle Kemkraft Wasserkraft Andere Energie
OECD
28,5 30.6 10,7 10,l 10,o 5,1 4.7 0.3
Vordexer Orient
Friihere Sowjetunion Afrika
Lateinamerika Asien ohne China China Nicht-OECD-Europa
Era1
Welt Deutschland
3.2.3.
42.6 39,4
44,5 8,1 28.8 43 42 7,9 1,o 0.7
40,9 0$0 8.7 6.6 1,4 12,7 29.7 0.0
86,9 7,9 2,o 16
51,4 0-6 8.6 2,7 19,8 6.9 7.9 2,1
52,2 3-7 9.1 5.5 52 11.8 11,4 1.1
Verbrauch an Prim&energie in Prozent aller Energietrgger Erdgas Steinkohle Elektrizitiit Elektrizitiit Andere Total Kemlcraft Wasser. Wind 15.9 21,5
8.5
23.6
15,2 13.0
14.2 0.6
3,6 1,9
100,O 100,o
Verbrauch an Primarenergie
Energie ist zum Herstellen und Transport von industriellen, gewerblichen und landwirtschaftlichen Giitem erforderlich sowie zum Lebensunterhalt und zur BefBrderung von Menschen und anderen Lebewesen. Der Energiebedarf der Industrie konkurriert daher mit demjenigen des Gewerbes, des Transportwesens und der Haushalte (Tab. 3-4). Die Verteilung auf diese vier Hauptkategorien ist bei den grossen Industrienationen USA und Deutschland etwa gleich; bei anderen Industrienationen ist sie ahnlich. Unterschiede bestehen vor allem bei den Unterkategorien. Die chemische Industrie ist nach der Stahlindustrie der zweitgrtisste industrielle Verbraucher. Sie konsumiert ca. 8 % der Gesamtenergie, die Papierproduktion ca. 1,5 % (USA). Diese Anteile haben sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verschoben. Die Tabelle 3-5 gibt den prozentualen Weltverbrauch an Primarenergie wieder, bei den fossilen Energietrlgem (Erdol, Erdgas, Kohle, Braunkohle, Holz) also denjenigen vor ihrer eventuellen Umwandlung in Elektrizitat. Der Verbrauch ist nicht mit der Nutzung identisch. Die Industrie nutzt z.B. 55 % der eingesetzten Energie, die Haushalte und das Gewerbe 45 % und der Verkehr nur 17 %. Die restlichen Prozente werden bei der Urnwandlung in andere Energiearten (z.B. KoNe in Elektrizitat), beim Transport der Energie (2.B. Uberlandleitungen) und als Abwanne verschwendet. Der Energiebedarf wird z.Zt. hauptsachlich aus den fossilen Energietragem Holz, ErdB1, Erdgas, Kohle und Braunkohle gedeckt, von denen die ersten vier gleichzeitig Rohstoffe fur Polymere sind. Wasserkraft und Kemenergie spielen eine kleinere Rolle und Windkraft sowie Sonnenenergie eine verschwindend geringe. Torf (Irland, Deutschland), Erdwlnne (Island) und Gezeiten (Frankreich) werden nur lokal verwendet. Die FCIrderung von Methanhydrat aus Ozeanen ist z.Zt. technisch nicht machbar.
32
3.2. Energie
Tab. 3-4 Venvendung der Energie in den USA und in Deutschland (1977) sowie in der Welt (1998). Venvendung
Energieverbnuch in Prozent Deutschland Welt Gesamtenergie Gesamtenergie Primikenergie 1977 1977 1998 USA
Indusme Prozesswhne (direki) Prozessdampf Andere Transport und Verkehr Personenverkehr, sudtisch herland iiberlandhcht
41,2
41,O
36.2
23,O
31,8
36.0
32.0
11,4 11.6 13,2 25,l
83 64 3.6 63
Andere
Handel, Gewerbe, Landwirschaft, Haushalte usw. Raumheizung Warmwasser Klimaanlagen Kiihlaggregate Kochen
33,7 17.9 3,9 2,6 2,0 1 ,0 6.3
Andere
Der Anteil der fossilen Energietrgger an d r v rbrauchten Primlrencrgie chwank sehr stark von Staat zu Staat (Tab. 3-5). Erdol deckt z.B. den Primlrenergiebcdarf von Dlnemark zu 95 %, von Japan zu 59 % und von Deutschland zu 39,4 %. Braunkohle dominierte aus Autarkiebestrebungcn in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und diente d o n auch als Rohstoff fur Polymere. Torf spiel1 eine grosse Rolle in Irland. Holz ist der hauptsachliche Brcnnsloff in vielen afrikanischen Staaten. Tab. 3-5 Jahrlicher Verbrauch an Primarenergie in Tonnen Olaquivalente pro Kopf Bevolkerung in den Jahren 1984 und 1997 [I]. Der totale Verbrauch enthiilt nichi Brennholz und Holzkohle. Staal
Bevolkerung (in Millionen) 1984
1997
Verbrauch pro Kopf in Tonncn Oliiquivalente Total Erdol Erdgas Kohlc, Wasser- Kern- Holz Lignit kralt energic 1984 1984 1984 1984 1984 1984 1984 1997
~~
24,9 236,6 USSR/Russland 274 BRDDeutschland 61,2 Schweiz 6,5 Vereinigtes Konigr. 56,4 Japan 120 Frankreich 54,9 Osterreich 7,6 Italien 57,O VR China 1050 Gesamte Welt 4763 Kanada USA
31.3 272,6 149.9 82,l 7,3 59.1 124,4 59,O 8,l 56,7 1256 6073
2,73 3,06 1,64 1.81 1,82 138 1,79 1.57 1,42 1,49 0,082 050
1,93 1.94 1.6 0.67 0,15 0.80 0.28 0,43 0.57 0,46 0,010 0,30
l,29 1.88 1,3 1,36 0,077 0,80 0,53 0,46 0,49 0,27 0,44 0,46
2,31 0,40 0,19 0,077 1,23 0,021 0.17 0,25 0,93 0,20 0,022 0,lO
2,08 0,38 0,091 0,34 0,69 0,21 0.26 0.70
0 0,042 0 0,059
10,4 10.2 7.66 8,91 4,82 4.58 4.26 4,38 3.97 4,33 3,41 4,33 3,03 4,28 3,41 4,20 3,41 4,05 2,46 3,31 0,64 0,73 0,031 1,60 1,64 0,11
33
3. Rohstoffe
400
1
CDN
0
O W
0 100oO 20000 30000 40000 50000 J3diches Bruttosozialprodukt in US-Dollar pro Kopf der Bevblkerung
Abb. 3-1 J2hrlicher Verbrauch an Primkenergie als Funktion des Bruttosozialproduktes verschiedener Staaten in US-Dollar pro Kopf Bevblkerung [la]. A = Osterreich,B = Belgien, CDN = Kanada, CH = Schweiz, CZ = Tschechien, D = Deutschland, DK = Danemark, E = Spanien, F = Frankreich, FIN = Finnland, G = Griechenland, HK = Hongkong, I = Italien, IL = Israel, IRL = Irland, J = Japan, N = Norwegen, NL = Niederlande, NZ = Neuseeland, P = Portugal, RA = Argentinien, ROK = Siid-Korea, RUS = Russland, S = Schweden, SA = Saudi-Arabien,UK = Vereinigtes Kbnigreich, USA = Vereinigte Staaten von Amerika. lo6 BTUm = 1,055 06 GJ 40,0253 TOE 2 35,9 kg SKE. Die jahrlich pro Kopf Bevtilkerung verbrauchte Primarenergie variiert ausserordentlich stark von Staat zu Staat (Tab. 3 - 3 , von 3.106 BTU ( G 0,076 TOE 2 0 , l l t SKE) in Bangladesch bis zur Weltspitze von 678.106 BTU (1 17.2 TOE 1 24,3 t SKE) in den Vereinigten Arabischen Emiraten (1977; nicht in Abb. 3-1 aufgenommen). Der jahrliche mittlere Weltverbrauch liegt bei 65.106 BTU pro Kopf Bevtilkerung. Der Pro-KopfVerbrauch in Deutschland und in der Schweiz ist ca. 2,5 ma1 htiher als in der Welt. Die pro Kopf und Jahr verbrauchte Primgrenergie steigt im Allgemeinen mit dem am Bruttosozialprodukt gemessenen Lebensstandard an (Abb. 3-1). Der Anstieg ist jedoch nicht linear, sondem mehr scherenanig. Die unteren Grenzwene dieser Datenschar nehmen mit steigendem Bruttosozialprodukt S-ftirmig zu und werden dann fur die wohlhabenden L b d e r Schweiz, Japan, Dbemark, Deutschland, Osterreich, Frankreich und Vereinigtes Ktinigreich mit ca. 172.106 BTU unabhangig vom Bruttosozialprodukt pro Kopf und Jahr. Dieses Verhalten ist unabhangig davon, ob die Industrialisierung gross ist (Schwerindustrie in Deutschland) oder verhaltnismassig klein (Schweiz). Es hat sich seit 1987 nicht wesentlich geandert. Die oberen Grenzwene der Datenschar steigen dagegen zunachst steil und d a m weniger steil, aber jeweils linear, rnit dem Bruttosozialprodukt an. Zu dieser Gruppe gehtiren Russland, Saudi-Arabien, die USA und Norwegen. Der Energieverbrauch aller anderen Staaten liegt zwischen diesen beiden Grenzwerten. Ausnahmen sind der Flachenstaat Kanada mit relativ zu hohem pro-Kopf-Verbrauch an Energie, gemessen am Wohlstand, und die stadtische Region Hongkong mit relativ niedrigem. Ein direkter Einfluss der Industrialisiemng ist nicht zu erkennen, nur der indirekte uber den Wohlstand.
3.2. Energie
34
Aus derartigen Daten durfen jedoch keine Ruckschlusse auf besonders "sparsame" oder besonders "verschwenderische" Vtjlker gezogen werden, da (a) dic Umrechnung in den US-Dollar oft recht artifiziell ist und nicht den wahren Lebcnsstandard wiedergibt, (b) das Bruttosozialprodukt z.B. auch die nur wenig Energie vcrbrauchenden Dienstleistungen einschliesst (Banken, Tourismus), (c) die "versteckte" Energie beim Import von Gutern nicht berucksichtigt wird und (d) dcr durch das Klima bedingte Zwangsverbrauch an Energie sowie (e) die Lange der Transportwcge ebenfalls nicht in Betracht gezogen wird. Die Schweiz mit ihrem verhaltnismassig ausgeglichenen Klima, hohen Anteil an Dienstleistungen und starken Import an Gutem sowie einer geringen Produktion an Schwergutem verbraucht daher verhaltnismassig wenig Energie pro Einheit des Bruttosozialprodukts. Umgekehrt ist der Encrgiebedarf in den klimatisch extrem schwankenden USA mit stark entwickelter Schwerguterindustrie und eincm wegen der Weitlaufigkeit auf dem Automobil beruhendem Transportsystem recht hoch. Kanada hat ebenfalls sehr lange Transportwege, Hongkong aber schr kurze. In Abb. 3-1 sollte man eigentlich den Energieverbrauch nicht als Funktion dcs Bruttosozialproduktes betrachten, da dieses auch Produktionen irn Ausland mit einschliesst (Anhang A 3). Zweckmassiger w a e das Bruttoinlandsprodukt, das abcr nur fur wenige Lander bckannt ist. Zwischen den Bruttosozial- und Bruttoinlandsprodukten bestehen jedoch direkte Bezichungen (Abb. A 3-1), so dass die Vcrwendung des Bruttosozialproduktes in Abb. 3- 1 gerechlfertigt ist.
3.2.4.
Reichweite
Der Energiebedarf wird z.Zt. ubcrwiegcnd durch nicht cmeuerbare Energietrager gedcckt (Tab. 3-5 und 3-6), so dass immcr wieder die Fragc nach der Reichweite der Energie gestellt wird. Tab. 3-6 zeigt den jarlichen Weltverbrduch sowie die Vorrate, Resemen und Ressourcen. Reserven sind sichcre und wahrscheinliche Vorkommen, die mit den heute verfigbaren Verfahren wirtschaftlich nutzbar sind. Ressourcen sind geschatzte und spekulative Vorkommen. Vorriite bestchen aus Reservcn und Rcssourcen. In den 11 Jahren zwischen 1984 und 1995 haben dic geschatzten Reserven, Ressourcen und Vorrate an Steinkohle, Olschicfcr und -sandc, Erdgas und Uran zugenommen (Tab. 3-6). wahrend diejenigen an Stein- und Braunkohle gesunken sind. Diese Unterschiede kommen durch neue Fundstatten, vcrbessertc Fordermethodcn und geanderte Beurteilungen zustande (vgl. auch Abb. 3-2). Tab. 3-6 Jmlicher Weltverbrauch und gcschatztc Wclueservcn, -ressourccn und -vorrTte an wichtigen Energietragern in Millionen Tonnen Oliiquivalentcn TOE. en = cmeuerbar. Energietrager
Verbrauch 1995
3180 0 1820 mgas Steinkohle 2380 Braunkohle (Lignit) 275 Urn 282 Brennholz, Holzkohle 387
Er&l
Olschiefer und -&de
Rescrvcn 1984
Rcssourcen
1995
1984
vorrate
1995
I984
1995
95 000 136000 300000 426000 395 000 562000 - 133 000 420000 927000 420000 1060000 19000 174 000 110000 292000 91 000 118 000 460 000 400 000 7 000 000 4 930 000 7 460 000 5 330 000 580 000 533 000 485 000 700 000 167 000 95 000 600 7000000 300 60000 300 6940000 ell
en
en
en
en
ell
35
3. Rohsroffe
Die Reichweiten der Energietriger kdnnen daher nur grobe Schatzungen sein, die zudern noch vom rnathematischen Ansatz abh2ngen. Nirnrnt man z.B. an, dass der Jahresverbrauch konstant bleibt und keine neuen Fundstitten entdeckt werden, dann berechnet sich die Reichweite ti nach diesern linearen Ansatz aus dern jetzigen Jahresverbrauch V und den aktuellen Resewen oder Vorraten (jeweils R,) zu (3-3)
ti = R d V
Fur ErdCil ergeben sich somit nach den Daten fur 1995 Reichweiten von ti = 4 3 Jahren (Reserven) bzw. 177 Jahren (Vorrite). Die Zeit te bis zur vCilligen Erschdpfung der Vorrite R, berechnet sich bei einern exponentiell nach V = V , exp ( k t ) ansteigenden Verbrauch von Energie aus (3-4)
- dR/dt
= V, exp ( k t )
wobei V, der gegenwlttige Energieverbrauch ist. Nach der Integration von R = R, bis R = 0 fiir die Menge R und von 0 bis t , fur die Zeit ergibt sich
In den 11 Jahren von 1984 bis 1995 stieg der jahrliche Weltverbrauch an Erddl von V, = 2845.106 TOE/a auf V = 3180.106 TOE/a. Daraus crgibt sich nach V = V, exp ( k t ) eine Wachstumskonstante von k = 0,01, also eine jahrliche Zunahme des Verbrauchs von ca. 1 %. Aus den ErdBlreserven und -vorraten des Jahres 1995 errechnen sich entsprechend bei V , = 3180.106 TOE/a Reichweiten von t, = 35,6 Jahren (Reserven) bzw. 102 Jahren (Vorrlte). Nun wBchst jedoch die Verbrauchsgeschwindigkeit sicher nicht exponentiell bis zur vdlligen Erschdpfung der Vorrate weiter. Nach einer bestimrnten Zeit nirnrnt vielrnehr nach allen historischen Erfahrungen die Verbrauchsgeschwindigkeit ab, z.B., weil es irnrner schwieriger und unrentabler wird. marginale Vorkornmen auszubeuten. Man kann z.B. annehmen, dass das exponentiefle Wachstum der Verbrauchsgeschwindigkeit bis zu einern Bruchteil f der Reichweite tr andauen und von da an der Verbrauch so lange linear rnit der Zeit abnirnrnt, bis der Vorrat gleich null ist. Die resultierende Gleichung ist
Nirnrnt man dagegen an, dass eine linear zunehmende Verbrauchsgeschwindigkeit von einer ebenfalls linear abnehmenden Verbrauchsgeschwindigkeit gefolgt wird, so ergibt sich die Zeit tll bis zur vdlligen Erschopfung zu
Tab. 3-7 zeigt den Einfluss dieser Modelle und der entsprechenden Modellannahmen auf die Reichweite amerikanischer Steinkohlevorrate (R, = 1,49.1012 t) bei einern anfwglichen Jahresverbrauch von V, = 5.108 t/a.
36
3.2. Energie
Tab. 3-7 Einfluss verschiedener Modelle auf die berechnete Reichweite 1, bei Vorraten von Ro = 1,49.1012t und anfanglichen Verbrauchsgeschwindigkeiten von V , = 5.1O8t/a [2]. Wachstum des jwlichen Verbrauchs in Prozent
exponentiellerZunahme bis zur Erschopfung
20 10 5 3 2
32 57 100 149 205 342 2980
1
0
3.2.5.
Reichweite in Jahren bei exponentieller Zunahme und linearer Abnahme f = 0,5 51 90 157 233 316 519 3973
linearer Zunahme und linearer Abnahme f = 0,s f = 0,75 237 33 1 459 582 701 9.52 3973
194 270 376 477 57s 782 3406
Okologie
Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat die Entdeckung neuer Vorrate von Erdol und Erdgas praktisch immer mit dem Verbrauch mitgehaltcn (Kap. 3.2). Trotzdem werden die Vorrate an fossilen Energietriigern langfristig einmal zu Ende gehen. Ausserdem ist der C02-Ausstoss beim Verbrennen dieser Materialien unter Verdacht, erheblich zur Klimaerwannung beizutragen. Aus okologischen Grunden wird daher eine Drosselung des Verbrauchs an diesen Brennstoffen propagiert. Trotz der Sparmassnahmen der westlichen Ltinder wird jedoch vorhergesagt, dass sich wegen der Zunahme der Weltbevolkerung sowie der steigenden Industrialisierung und des zunehmenden Wohlstandes der Schwellenllnder der jtihrliche Ausstoss von Kohlendioxid stark erhohen wird. Die im CO2-Kreislauf umgesetzten und gespeichcrten Kohlendioxid-Mengen sind um ZehnerpotenZen grosser als der C02-Ausstoss der Menschheit. In der Natur sind ungePAhr 190 OO0.109 t CO;?gebunden, davon 79,3 % im Meerwasser, 18,4 % als fossile Brennstoffe,je 0,6 % im Bodenhumus und in der Pflanzendecke sowie 1,l % in der Lufihiille (anorganisch gebundenes Kohlendioxid tragt praktisch nichts zum C02-Kreislauf bei). In jedem Jahr werden 760.109 t C02 ausgetauscht (0,4 % der gebundenen Menge), davon 200.109 t zwischen dem Mecr und der Atmosphare. Durch Assimilation setzen Landpflanzen 60.109t/a um und Meerespflanzen 460.109 t/a. Die Klimaerwbnung kommt auch nicht nur durch einen erhohten COz-Ausstosszustande, sondern auch durch andere Treibhausgase wie Methan (30 ma1 effektiver als Kohlendioxid), Lachgas, Ozon, Chlorfluorkohlenwasserstoffe und Russteilchen. Ausserdem ist fraglich, in welchem Ausmass die zweifellos vorhandene Klimaerwarmung nicht Teil des natiirlichen Klimazyklus ist und wie zuverlassig die zu Grunde liegenden mathematischen Modelle dcr doch recht komplexen Vorgange sind. Eine Drosselung des Verbrauchs an Erdol wurde erhebliche Mengen fur die Erzeugung synthetischer Polymerer freisetzcn. Nicht weniger als 40 % des Erdols werden namlich fur die Herstellung von Benzin benotigt, jedoch nur 6 % fur Polymere. Da bei Polymeren der Energieinhalt des Erdols erhalten bleibt, wurde die Verbrennung von ausgedienten Polymerartikeln nicht mehr zum C02-Ausstoss beitragen, als wenn Erdolprodukte (Benzin, Heizol etc.) direkt oder indirekt als Brennstoff vcrwendet werden. Der C02-Ausstoss wiirde auch verringert, wenn Elektrizitlt nicht mehr in mit fossilen Brennstoffen betriebenen Warmekraftwerken erzeugt wurde, sondem durch Wasser-, Kern-, Wind- und/oder Solarkraftwerke. Der Bau von Wasserkraftwerken stosst jedoch wegen des Landschaftschutzes und der Fischereiproblerne an Grcnzen.
37
3. Rohsroffe
Weltweit produzierten 438 Kernkruffwerke (plus 31 im Bau) uber 20 % aller Elektrizitat (1999). Litauen erzeugte so 77 % seiner Elektrizitat, Frankreich 76 %, Belgien 58 %, Schweden 46 %, die Ukraine 45 %, Korea 43 %, Japan und Ungam j e 38 %, die Schweiz 36 %, Deutschland 35 %, Spanien 29 %, das Vereinigte Kbnigreich 25 %, die USA 20 %, Tschechien 18 %, Mexiko 6 % und die Niederlande 4 %,. Diese Elektrizitat stammt meist von Leichtwasserreaktoren (bis 300°C), weniger von Hochtemperaturreaktoren (bis 1000°C). Briiter werden nur in Frankreich und Japan betrieben. Wegen der (meist emotionellen) Probleme beim Entsorgen radioaktiver Spaltprodukte und beim Recyclieren der Kembrennstoffe erwggen bislang nur Schweden. Deutschland, Osterreich und die Niederlande den Ausstieg aus der Kemenergie. Die Kernfusion wurde wahrscheinlich eine "Endlosenergie" liefem. Sie besteht aus einer Kernfusion von Wasserstoffatomen in uber 100 Millionen Grad Celsius heissem Plasma. Der Reaktor muss dazu in einem starken Magnetfeld eingeschlossen werden, da er sonst schmelzen wiirde. Kemfusionen lassen sich z.Zt. noch nicht aufrecht erhalten. Bislang kOMte namlich nicht der "Zundpunkl" erreicht werden, an dem das Fusionsplasma mehr Energie abgibt als zum Aufheizen hineingepumpt werden muss. Die oft propagierte Windenergie bietet keinen Ersatz. Um z.B. ein einziges Kemkraftwerk mit durchschnittlicher Leistung zu ersetzen, musstc man ca. 27 000 Windkraftrotoren mit je 600 Megawatt Leistung errichten. Der Schaden fur die Landschaft, und speziell die Vtigel, ware betrachtlich. Die Solarenergie spielt zur Zeit aus Kostengriinden weder dirckt (Speicherprobleme bei der Elektrizitat!) noch indirekt (Heisswasser) eine Rolle. Die Elektrolyse von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff durch Sonnenenergie ist noch nicht wirtschaftlich tragbar. Die aus bkologischen Griinden (Wasserstoff als okologisch sauberer Energietrager) propagierte Wasserstoff-Okonomie ist daher z.Zt. auf fossile Brennstoffe angewiesen. Verschiedene Gremien wie die Intemationale Handelskammer (International Chamber of Commerce, ICC), der Weltwirtschaftsrat fur nachhaltige Entwicklung (World Business Council on Sustainable Development, WBC), und das Zcntrum fur Abfallverminderungstechnologien des American Institute of Chemical Engineers (Center for Waste Reduction Technologies, CWRT) bemuhcn sich zur Zeit, das komplexe Wechselspiel zwischen bkonomischen und Gkologischen sowie energetischen und materiellen Faktoren durch Masszahlen zu erfassen. Man definiert so z.B. eine (3-8)
Energieintensitat =
Total verbrauchte Energie Dollarwen des verkauften Produktes
und eine
(3-9)
Masseintensitat =
Totale Masse dcr Rohmatcrialien, Endprodukte, Verpackung Dollarwen des verkauften Produktes
sowie andere Masszahlen fur den Wasserverbrauch, den Einfluss von Treibhausgasen (E: greenhouse gases), die photochemische Bildung von Ozon durch Chemikalien, Eutrophie hervorrufende Substanzen, Ubersauerung (E: acidification) usw. Der Einfluss einer bestimmten Verbindung auf die menschliche Gesundheit sol1 z.B. durch den Quotienten (gewichtete Halbwertszeit x Bioakkumulationsfaktor x Masse der Emissionen) / (zulassiger Grenzwert der Einwirkung) beschneben werden.
38
3.3. Erdgas und Synrhesegas
In der Industrie genugt es folglich nicht mehr, die Synthese oder Verarbeitung eines Produktes mit den Gestehungs-, Verarbeitungs- und Versandkosten sowie der Steuem unter Beriicksichtigung der Iangfristigen Verfiigbarkeit von Rohstoff- und Energiequellen auf den Gewinn zu maximieren. Zu wirtschaftlichen Uberlegungen gesellen sich vielmehr Bkologische und, beim Abwagen der Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren, auch politische. Tab. 3-8 zeigt auszugsweise eine solche Analyse fiir die Produktion von Elektrizitlt. Fur Polymersynthesen wurden solche Analysen bislang nicht veroffentlicht. Tab. 3-8 Richtwerte fur den Lebenszyklus von Systemen, die jahrlich 1 GW Strom erzeugen [3]. * FortschrittlicheBauart; mit Gas-und Dampfturbine. 1 Hektar = 10 000 m2. Einheit
Erforderliche Flache Baumaterial (Bsp.: Aluminium) Emissionen (C@-Aquivalente) Reststoffe Hochaktive Abfalle TodesMIe, Normalbetrieb Unfae
Hektaren Tonnen Tonnen Tonnen Tonnen
Wasserkraft Kemenergie Gaskraftwerk Photovoltaik * 3 kWp 43 22 35 000 245 0,06
3.3.
Erdgas und Synthesegas
3.3.1.
Typen
?
0,004
0,s 140
157 000 7 540 98,6 16 0,02
0,s
1117
18 780 3 436 000 1 016 000 12030 44 819 0,04 6,s 40 14 88
0,07
?
Als Erdgas werden im Boden enlhaltene Gase mit einem hohen Anteil an aliphatischen Kohlenwasserstoffen bezeichnet (E: natural gas). Kohlenwasserstoffe werden zudem in grossen Mengen von Nadelholzem freigesetzt; sie entweichen auch unverbrannt aus Automobilmotoren. Riesige Mengen Methan entstehen fcmer als Sumpfgas durch Termiten, in nassen Reisplantagen durch Bakterien und im Verdauungstrakt der Wiederkauer. Ozeanboden in (500-900) m Tiefe und Permafrostgebiete enthalten zudem kristallisiertes Methanhydrat in vermutlich grosseren Mengen als Erdol, Erdgas und Kohle. Erdgas tntt in verschiedenen geologischen Formationen auf (Schiefer (E (US): shale), Sandstein, Kohle usw.). Es enthalt ausser Kohlenwasserstoffen auch andere Gase: Kohlendioxid, Stickstoff, Schwefelwasserstoff und Mercaptane, Wasserdampf sowie Spuren anderer Verbindungen. Ein Erdgas mil so hohen (d.h. korrodierendcn und toxischen) Konzentrationen an Schwefelverbindungcn, dass es nichi mchr technisch oder wirtschaftlich forderbar ist, wird saures Erdgas gcnannt (E: sour gas). Ein susses Erdgas (E: sweet gas) ist dagegen ohne weitcrc Aufbereitung forder- und verarbcitbar. Die Zusammensetzung industriell gcforderter Erdgase ist j e nach Herkunft sehr verschieden. Europaisches Erdgas ist reich an Methan, wghrend saudi-arabische und iranische Erdgase verhaltnismassig viel hohcrc Kohlenwasserstoffe cnthalten (Tab. 3-9). Das franztisische Erdgas von Lacq ist so reich an Schwefelwasscrstoff, dass aus ihm elementarer Schwefel gewonnen werden kann.
39
3. Rohstoffe
Tab. 3-9 Zusamrnensetzung von Erdgasen Anteile in Gewichtsprozenten
Vorkommen
USA (Rio Arriba, NM) Algerien Nordsee
Iran USA (Amarillo, TX) Frankreich Saudi-Arabien
CH4
C2H6
C3Hs
C4H10
C02
H2S
N2
Andere
933 86,9 85,5 74.9 51.4 49,6 48.1
2,4 9,0 8,1 13,O 5,6 4.0
0,5 2,6 2,7 7,2 3,7 2,7 11,7
0,2 1,2 0.0 3,1 2.3 1,s 4.6
2,2
0
1.1
0 19,5
0 22,6
35,O 0
5,l 0,3 3.7 1,s 2,O 0,l 17,O
18.6
Da h6here Kohlenwasserstoffe leicht zu verfliissigen sind, werden nicht oder nur teilweise verarbeitete Erdgase mit kondensierbaren Kohlenwasserstoffen auch nasse Erdgase genannt (E: wet gas). Ein trockenes Erdgas (E: dry gas) enthalt dagegen keine oder nur wenig wirtschaftlich gewinnbare fliissige Kohlenwasserstoffe; es kann aber auch ein entwbsertes Erdgas sein. Eine Kohlenwasserstoffmischung, die bei den Temperaturen und Driicken des Reservoirs gasformig vorliegt, durch Kondensation oder Absorption aber als Fliissigkeit erhalten werden kann, wird als Erdgasfliissigkeit bezeichnet (E: natural gas liquid, NGL). Sie besteht generell am C2- bis C5-Kohlenwasserstoffen. Ein Fliissiggas (E: liquefied petroleum gas, LPG) ist dagegen ein aus C3- und C4Kohlenwasserstoffen bestehendes Nebenprodukt der Erdgas- und Rohblftirderung. LPGs aus Erdtilfeldem werden meist einfach beim Bohrloch abgefackelt, da ihre Konzentration zu gering ist, um sie wirtschaftlich zu gewinnen. Eine Ausnahme bilden die LPGs der USA (s. unten). Fraktionen rnit C5 und htiher werden Kondensate genannt (E: condensates). Erdgas kann im Reservoir auch rnit ErdCil vergesellschaltct sein, und zwar im Erdol gel6st (E: dissolved gas) oder im unmittelbaren Kontakt, aber nicht in Losung (E: associated gas). Es kann andererseits auch als freies Erdgas vorliegen, also weder in Kontakt rnit Erdtil noch darin gelost (E: non-associated gas). Erdgas konnte in der Vergangenheit entweder nur nahe dcm FLirdcrort verarbeitet oder mittels langer Ftirderleitungen (E: pipelines) iiber Land zum Verbraucher gebracht werden (z.B. russisches Erdgas nach Deutschland). Verfliissigtes Erdgas (E: liquefied natural gas, LNG) kann jedoch rnit Spezialschiffen nach Ubersce transportiert werden, z.B. von arabischen Olfeldem nach Japan. Mcthan wird bei -161°C und Atmospharendruck (101,3 kPa) fliissig. Es nimmt dann ca. 1/600 des Volumens ein. das es bei Normaltemperatur und -druck haben wiirde.
3.3.2.
Produktion
Erdgas war urspriinglich wertlos, da es nicht transportieri wcrden konnte. Erdgas aus der Erdolflirderung wurde daher entweder abgefackelt oder aber wieder in die Felder zuriickinjiziert (Tab. 3-10). Nach freiem Erdgas wurde erst gar nicht gesucht. Die Situation anderte sich rnit dem (sehr kostspieligen) Bau von Fordcrleitungen und der Anlage von unterirdischen Lagem in geeignctcn Gcsteinsformationen.
40
3.3. Erdgas und Synthesegas
Tab. 3-10 Produktion, Verkauf, Reinjektion und Abfackelung yon Erdgas einigcr OPEC-Staalen irn Jahre 1980 [4]. OPEC = Organization of Oil Exporting Counuics. Mengcn in Millionen Kubtkrnetern Verkauf Reinjektion Abfackelung Andere/Unbckannt
Staat
Produktion Saudi-Arabien Algerien Venezuela Indonesien Nigeria Libyen Iran
53 265 43 427 35 449 29 612 24 552 20 380 20 080
11 431 11 647 13 854 18 503 1070 5 170 7 138
270 14 366 16 535 6 296 0 10 650 2 340
38 368 9 714 2 235 1 700 23 482 4 560 9 470
3 196 7 700 2 825 3 113 0 0 1 132
Die Weltproduktion an frockenern Erdgas belief sich im Jahre 2000 auf ca. 2.3 Billionen Kubikmeter (Tab. 3-9), was im Encrgicinhalt etwa 2,62.109 1 Steinkohleeinheiten oder 1,83.109Tonnen Erdiileinheiten entspricht. Sic ist in den letzten Jahren wegen des erhtjhten Bedarfs und der verbesserten Transportbedingungen standig gestiegen, z.B. zwischen 1980 und 2000 um iiber 50 % ca. von 1513.109 m3/a auf 2312.109 m3/a. Aus den nasses Erdgas produzierendcn Erdolfeldem werden fcmer vor allem in den USA Fliissiggas und Kondensate gewonnen, die anders als trockenes Erdgas ausschliesslich als Chemierohstoff dienen. Das Flussiggas (Ethcn, Propan und Butane) aus Erdgasfeldem wird dabei durch die Nettoproduktion der Erdolraffinerien an Flussiggas sowie durch Nettoimporte erganzt (Tab. 3-1 I ) . Kondensate (Pentane und hahere Kohlenwasserstoffe) stammen ausschliesslich von Erdgaskldem. Die Ftjrderung und der Transport vcrschlingen etwa 7 % des Erdgases. Der grosste Teil des geftirderten Erdgases wird als Brcnnstoff verwendct, nur cin klciner Teil als chemischer Rohstoff. In den USA entfielen z.B. 33 YO auf die Industrie, 19 % auf Haushalte, 17 % auf den Verkehr und 1 1 % auf dic ErLeugung clcktrischcr Encrgic. Die Weltreserven an Erdgas werden aul' 149.1012 m3 und die Wcltvorrate (Reserven und Ressourcen) auf 368.1012 m3 gcschatzt. Die mcistcn Reserven und Ressourcen befinden sich in den Nachfolgcstaaten dcr chcmaligen Sowjetunion (ca. 40 %) sowie irn Iran (ca. 14 %). Diese Reservcn und Vorrate wurden bei gleichbleibendem Verbrauch (1997) lineare Reichweiten von tl = 64 (Reserven) bzw. 159 Jahrcn (Vordte) garantieren. Der Verbrauch steigt jedoch bislang standig. Allcrdings werdcn auch laufend neue Reserven und Ressourcen entdeckt (vgl. auch Abb. 3-2 fur Erdol). Tab. 3- 1I Produktion und Verbrauch von Fldssiggas und Kondcnwtcn in den USA. ~
Produkt
_ _ _ ~
Quelle
~-
~-
~
-.
Mengcn i n Millionen Kubikrnetcrn 1980
1990
1997
Erdgasfclder 70.1 Raffinerien (Ausstoss minus Einspcisung) 19.2 Irnporte minus Exponc 11,1 Lam -18.4 Totaler Verbrauch an Flussiggas 82.0 Kondensate C5 und hoher Erdgasfelder 20,O
72,3
84.1 24,5 8.9 -18.3
Fliissiggas C2 bis C4
11,9
8,6 -15.6
77.2 17.8
99.2 18,O
3. Rohstoffe
41
Tab. 3-12 Produklion, Reserven, Ressourcen und Vorrate von mockenem Erdgas im Jahre 1997 [lc]. Mengen in Milliarden Kubikmetern Reserven Ressourcen Vontite Produktion Reserven
Staat
(1997)
Russland USA
571 535
Kanada
166
Vereinigtes K6nigreich Niederlande Norwegen Deutschland Usbekistan Iran Saudi-Ambien Vereinigte Arab. Emirate Indonesien Algerien
91,7 84.6 45.3 19 49.2 45,3 43.0 35.9 67,2 69.9
(1999)
(1 997)
42 500 4700
Russland, Zentraleuropa USA
2312
3.3.3.
(1999)
105 400 163 200 15100 19 800 8 100 10 300 7 500 12 900
Westeuropa
57 800 4700 2200 5 400
Mittel- und Nahost
46 100
33 100
79 200
Fernost, Pazifik
10100 9800
9800 8100 5200
19 900 17 900 10 400
Kanada
14 150 5 120 5 180
Mrika
Siidamerika Welt
(1999)
142000
5500 141 600
192300 333 900
Synthesegas
Synthesegas ist ein Oberbegriff fur Gasgemische mit wechselnden Zusammensetzungen an Kohlenmonoxid und Wasserstoff, die als Chcmierohstoff dienen. Der gleiche Name wird allerdings auch f i r das bei der Ammoniaksynthese verwendete Gemisch von N2 + 3 H2 verwendet (Ammoniakgas). Synthesegas wurde zuerst durch Vergasen von Stein- oder Braunkohle mit Luft und Wasserdampf hergestellt. Jetzt sind Erdol und Erdgas die Hauptquellen, weil sie einen gr6sseren Wasserstoffanteil enthalten. Die H/C-Verhaltnisse beiragen 4 bei Methan, ca. 2,4 bei Benzin, ca. 2 bei ErdGI und ca. 1 bei Steinkohle. Der von der Kohlevergasung stammende Anteil nimmt aber wieder zu; er betragt ca. 1/6 des Synlhesegases. Synthesegase werden weiter nach der Herkunft oder der Verwendung eingeteilt:
Herkunft: Wassergas (CO + H2) entsteht aus Kohle und Wasserdampl. Spaltgas (CO + 3 H2) bildet sich bei der Methanspaltung mit Wasser. Venvendung: Methanol-Synthesegas (CO + 2 H2) dient zur Methanol-Synthcse 0x0-Gas (CO + H2) wird bei Hydroformylierungen venvcndet. Ein potentieller Chemierohstoff ist ferner das bislang noch nicht grosstechnische sog. synthetische Erdgas (SNG; E: synthetic oder substitute natural gas), das bei der Methanisierung von Kohle mit Wasserstoff entsteht. Stadtgas besteht hauptsachlich aus Wasserstoff (40 % bis 67 %) und Methan, daneben auch aus Stickstoff, Kohlenmonoxid, KoNendioxid und hijheren Kohlenwasserstoffen. Unter diesem Namen werden Kokereigase, Wasser- und Spaltgas sowie Schwelgase aus KoNen zusammengefasst, die friiher zum Heizen und Beleuchtcn (Leuchtgas) dienten.
42
3.3.4.
3.3. Erdgas und Synthesegas
Erd- und Synthesegas als Chemierohstoff
Erdgas ist leicht verarbeitbar, aber teuer zu transportieren. Aus diesem Grunde wird trockenes Erdgas primar als Brennstoff benutzt. Das Methan des Erdgases dient in klcinerem Ausmass als Rohstoff fur die petrochemischen Grundstoffc Synthesegas und Acetylen und zu einem noch kleineren Anteil als Grundstoff fur Cyanwasserstoff und chlorierte C1-Verbindungen. Die direkte Chlorierung des Methans fiihrt zu den Losemitteln CH3CI, CH2C12, CHC13 und CCl4. Aus Chloroform erhdt man uber Chlordifluonnethan das Monomer Tetrafluorethen und dann Poly(tetrafluorethy1en) FTFE (Schema 3-1). Cyanwasserstoff (Blausaure) HCN dient zum Verl2ngem von C-Ketten. Mit Aceton (CH3)zCO entsteht Acetoncyanhydrin (CH3)2C(OH)CN. Dieses Zwischenprodukt liefen beim Dehydrieren Methacrylnitril CH2=C(CH3)CN. Bcim Umsetzen mit H2S04/H20 erhalt man das Methacrylsaureamidsulfdt (CH3)2C(OH)CONH2,H2S04 als Vorstufe fur Methacrylsaure CH2=C(CH3)COOH und Methacryls2uremcthylester sowie deren Polymeren Poly(methacry1saure) PMAA und Poly(methylmethacry1at) PMMA.
-
Schema 3-1 Methan als Quelle fur Vorprodukte fur Monomerc und Polyrnerc. CHZ=C(CH,)CN
CH4
7
HCN
(CH3)C(OW)CN
CHCI, -+ CHF2CI
/ CH2=C(CH3)COOH \ CH2=C(CH,)COOCH3 -+
__*
_ j
----+
CF2=CF2
PMAN
PMAA PMMA PTFE
Wichtiger ist die industrielle Verarbeitung dcs Erdgascs auf Acctylcn und Synthcsegas. Beide Grundstoffe sind auch anderwcitig zugiinglich, das Acctylen z.B. uber Calciumcarbid und Synthesegas aus Erdtil. Synthesegas kann nach dem Dampfspaltverfahren odcr durch partielk Oxidation hcrgestellt werden. Beim Dampfspaltverfahren (E: steam rcforming) werden Kohlenwasserstoffe in Gegenwan von Wasserdampf mit von aussen zugefuhrter Wiirme katalytisch gespalten. Als Rohstoffe ktinnen Kohlenwasserstoffe vom Mcthan bis zu den Cq-C7-Fraktionen des Leichtbenzins dienen. Bei der partiellen Oxidation (autothermes Verfahren) wird dagegen die zur Spaltung benotigtc Encrgie durch partielk Vcrbrcnnung der Kohlenwasserstoffe erhalten. Dieses Verfahrcn arbcitet katalysatorfrei mit Wasserdampf-Sauerstoff-Mischungen. Es k a M Kohlenwasserstoffe vom Mcthan bis zum schweren Hcizol verwenden. Das Synthesegas ist wiederum der Ausgangsstoff f u r die wichtigc Grundchemikalie Methanol, die heute nicht mehr als Holzalkohol aus Holz, sondem ausschliesslich aus (Methanol)-Synthesegas hcrgestellt wird. Erdol liefcrt cin Spaltgas CO + 2 H2 mit dcr korrekten Sttichiometrie (GL(3-10)). Dcm Spaltgas CO + 3 H2 aus CH4-reichen Erdgasen muss man dagegen wegen des ubcrschussigen H2 noch C 0 2 zufugcn (G1.(3-11)): (3-10)
co +
(3-11)
C02
+
2 H2 # CH30H 3 H 2 # CH3OH
+
H20
43
3. Rohstoffe
-
Schema 3-2 Synthesegas als Quelle fur Monomere und Polymere.
corn,
COCI, CO,
PC
CO(NH3,
-
UF
J.
C3N3C13A MF
CH,OH
HCHO
HO(CHd20H
POM PF, MF, UF __*
PET SCP
CH3COOH __* CH,COOCH=CH,
+PVAC, PVAI, PVB
Methanol ist weltweit die Ausgangssubstanz fur Formaldehyd (35 %), Methyl-tertbutylether (MTBE; Antiklopfmittel fur Benzin) (27 %), Methylhalogenide (7 %), Essigsiure (7 %), Losemittel (4 %), Methylmethacrylat (3 %). Methylamine (4 %) und andere. Formaldehyd wird wiederum zu einem grossen Teil zu Polymeren verarbeitet, nimlich als Monomer f i r Hamstoffharze (UF) (33 %). Phenolharze (PF) (1 1 %), Melaminharze (MF) (4 %), Poly(oxymethy1en) (POM) (3 %) und als Rohstoff fur Methylendiisocyanat (3 %) und Pentaerythrit (5 %) (Schema 3-2). Dic Fermentierung des Methanols liefert "single cell protein" (SCP), das als Viehfutter verwendet wird. Aus der Essigsaure gewinnt man Vinylacetat CH2=CHOOCCH3, das zu Poly(viny1acetat) (PVAC) polymerisiert wird. Die Umesterung des PVAC fuhrt zu Poly(vinyla1kohol) (PVAL), dessen Reaktion rnit Butyraldehyd dann zu Poly(vinylbutyra1) PVB. Aus Synthesegas erhalt man femer Phosgen COC12 und mit Bisphenol A weiter das Polycarbonat A (PC), aus Hamstoff die Hamstoffharze und uber das Melamin C3N3C13 die Melaminharze. Formaldehyd liefert mit CO und H 2 0 bei der hydratisierenden Carbonylierung die Glycolsaure HOCH2COOH. aus der friiher Ethylenglycol HO(CH2)20H erzeugt wurde.
3.4. Erdol 3.4.1.
Petrochemikalien
Die organisch-chemischen Grundstoffe der chernischen Industrie werden oft Petrochemikalien (E: petrochemicals) genannt, weil fur solche ChemikaIien zur &it Erdol (E: petroleum) der hauptsachliche Rohstoff ist (E: feedstock). Solche Grundstoffe sind Ethen (Ethylen), Propen (Propylen), Butadien, Benzol, Toluol, Xylol, Methanol, Formaldehyd u.a.m. In Westeuropa und in Japan wird fur Olefine und Aromaten weit uberwiegend das aus Erdol gewonnene Rohbenzin (Naphtha) eingeselzt. In den USA lieferte 1996 dagegen RohG1 (E: crude petroleum, crude) etwa 50 % der Petrochemikalien.
44
3.4. Erdol
Erdgasflussigkeiten trugcn in den USA weitere 40 % bei und Erdgas 9 %, Kohle dagegen nur 0,s %. Dcr Unterschicd zwischcn Westeuropa und den USA ist darauf zuriickzufuhren, dass Europa bis 1950 hauptsachlich Kohle als chemischen Rohstoff verwcndete, w2hrend in den USA bereits die petrochcmische Industrie floriertc, deren ursprungliche Rohstoffc die nassen Erdgase waren. Aus Erdgas wurde zunichst Butan gcwonnen, dann wurden auch Buten und Butadien hergestellt. Spater folgte eine Reihe weitcrer Zwischcnprodukte und Monomere, vor allern Ethan und Propan, und dann Ethcn und hohere Kohlenwasserstoffe. Erdgas ist z.Zt. die Hauptrohstoffquelle fur Methanol. Elhen und geradzahlige 1 -0lefine stammen dagegen von Erdgasflussigkeiten. Der Rohstoff fur Propcn und Aromaten ist Rohol, wtihihrend ungeradzahlige 1-0lefine (Pentcne usw.) von dcr Kohleumwandlung starnmen.
3.4.2.
Rohol
Erdol (E: petroleum) ist einc zahe Flussigkeit von hcllgclber bis schwarzer Farbc, die im Erdinnem in typischen Sedimentgestcincn gelagert is1 (G: petra, petros = Stein, Fcls; L: ofeurn = 01). Das unverarbeitete Erdol wird auch als Rohiil bezcichnct (E: crude oil). Das deutsche Wort "Petroleum" bezeichnet die zwischen 150°C und 280°C siedendc Erdtilfraktion (E: kerosene), die Priihcr als Lcuchtol oder Lcuchtpetrolcum bckannt war. Nach der vorherrschendcn Meinung wurdc Erdol in gcologischcn Zeitraumen aus der Biomasse des Planktons sowie aus Eiweissstoffen, Fcttcn und Kohlcnhydraten abgcstorbener aquatischer Kleinlebewescn in saucrstofffreien, stchcndcn Gcw entstandene Faulschlamm wies ca. 30 % organische Substanzcn auf, die dann durch anaerobe Bakterien zum Rohol abgebaut wurdcn. Bei einigen Fundstatten befindet sich iiber den Olncsicrn ein dcrartig grosser Gasdruck, dass das Erdol aus den Bohrlochem als Springbrunncn schicsst (E: gusher). Das meiste Erdol wird jedoch durch Pumpen gcforderl. Notinales Pumpcn cntfernt ca. (1530) % des in eincr Lagerstatic cnthaltcncn Erdols ( p r i m h w Rohol). Durch Einpumpen von Wasser oder C02 in die Bohrlochcr kann die Ausbcute auf ca. (30-40) % erhoht werden (sekundares Rohol). Eine weitcrc Srcigerung auf (35-45) % wird durch Einpumpen von Wasserdampf oder chcmisches Flutcn mit w rigcn Losungen von Dctcrgentien (Tensiden), Alkalien oder Polymcren erLiclt (tcrtiares RohB1). Die Tagesforderungen pro Bohrloch bctragen ca. 1250 t in Saudi-Arabien und nur je 2,1 t in den USA und in Deutschland. Die Forderkoslcn warcn daher in den USA, in Kanada und in der Nordsee (Grossbritannicn, Norwcgcn) im Jahrc 1985 ca. 5-10 ma1 hdher als in Saudi-Arabien. Die inflationsbcreinigten Kostcn durfien sich scither nicht stark geandert haben; neuere Daten sind schwer zu bckommcn. Sckundares Rohol crfordert ctwa doppelte Forderkostcn, tertiarcs Rohol etwa drcifachc. Das geforderte Erdol is1 h h f i g mit Sand und Wasscr vcrunrcinigt. Nach dcm Absetzcn dcr Vcrunreinigungen crhalt man das Rohol, das zu ctwa (95-98) % aus Kohlcnwasserstoffen und zu (2-5) % aus sauerstofl-, stickstoff- und schwclclhaltigen Verbindungcn besteht. Die Kohlenwasscrstoffe sind haupts2chlich Paraffinc, teilweise Naphthene [= (Alky1)cyclopentane und -hexanel und in gcringcm Urn fang auch Aromatcn (hauptsachlich BTX = Bcnzol, Toluol, Xylolc). Olcfinc und Dicne sind im Rohol nicht vorhanden.
45
3. Rohstoffe
Tab. 3-13 Jahresproduktion, Reserven und Vorrate (Reserven + Ressourcen) wichtiger Erdol produzierender Staaten plus einiger Staaten der Europaischen Union, jewcils in Millionen US-Fass Erdol (bbl) pro Jahr [Id, 4,5]. Saudi-Arabien und Kuweit: jeweils Inland + 1/2 der neutralen Zone zwischen Saudi-Arabien und Kuweit. * OPEC-Mitglieder (12 Staaten, einschl. Gabon und Katar). Die fur Russland angegebenen Reserven beziehen sich auf die gesamte fruhere Sowjetunion. Vorrate = Reserven + Ressourcen. 1 bbl = 42 US Gallonen = 0,158 987 m3 2 0,0931 TOE (ton oil equivalent). Staat
Saudi-Arabien * USA Russland Iran * Venezuela * China Norwegen Mexiko Vereinigtes Kbnigreich Nigeria * Vereinigte Arab. Emirate * Kuweit * Kanada
Indonesien * Libyen * Algerien * Irak *
Dbmark Deutschland Osterreich Welt
Produktion Produktion pro Jahr 1925 1950 1975 1997 seit 1936 1859 1863 1913 1917 1939 1971 1901 1919 1958 1962 1946 1862 1893 1961 1914 1927 1972 1880 1933
Reserven
Vorrfite
1995
1995
3125 2355 2161 1337 1210 1168 988 950 79 1 733 728 655 604 478 454 40 1 284 84 40 16
262 000 22 500 191 OOO 74 000 64 700 27 100 13 200 50 300 10 000 17 600 80 800 97 100 5 400 6 100 29 700 9 700 99 700 800 300 ?
167 3 801 20 464 24 240
I 056 000
0 764
200 1974
n a n a 34 20 0 0 115
=o 0 0 0 =O 22 0
=o 0 0 =0 0
242 547 1 0 72 =0 0 0
126 29 49 0 =()
50 0 8 10
2635 3057 na 1565 885 544 69 288 11 652 619 779 633 476 540 372 825 1
41 17
6 040 000
Wegen des Gehaltes an hohercn Aromatcn fluorcszicrcn Rohole gelb bis griinlich blau. Die Farbe der Rohole dunkelt am Licht unter Saucrstoffeinfluss langsam nach, weil sich asphaltanige Substanzen bilden. Die Roholdichten betragen meist (0.82-0,94) g/mL kdnnen jedoch so niedrig wie 0.65 g/mL und so hoch wie 1,02 g/mL sein. Das RohG1 wird meist in Raffinerien durch Destillation in Fraktionen getrennt oder neuerdings auch direkt in RohBlcrackcm verarbeitel (Kap. 3.4.3). Produktion und Raffination verbrauchen ca. 12 % des Erdols als Energiequellc. Die Reserven wurdcn 1995 auf 1,06.1012 Fass geschztLt, die Vorratc (Rcserven und Ressourcen) auf 6,04.1012 Fass (Tab. 3-13). Falls Erdijl bci konstanten Rescrven im gleichen Tempo verbraucht wird, wcrden die Quellen im Mittel nach 44 Jahren (Reserven) bzw. 250 Jahren (Vorrate) versiegcn. In Deutschland wurden sie nach diesen Zahlenspielen sogar nach ca. 6 Jahren zu Ende gchen und in dcn USA nach ca. 9 Jahren. Tatslchlich hllt jedoch die Entdeckung neuer Rcscrvcn und neuer Ressourcen dem Verbrauch ungeflhr stand (Abb. 3-2). Im Jahre 1925 wurdc z.B. die Reichweite des ErdBls auf 22 Jahre geschatzt, im Jahrc 1995 dagegcn trotz des wesentlich grosseren Jahresverbrauchs auf 4 3 Jahre. Der Grund liegt darin, dass Explorationen wegen dcr hohen Kosten fur Probebohmngen nur so ausgcruhrt wcrdcn, dass die Reserven fur ca. 3050 Jahre ausreichen.
46
3.4. Erdol
1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 - Jahr
-.
--+
Abb. 3-2 Weltproduktion von Erdol in Fass pro Jahr, nachgewiesene Weltreserven in Fass Erdol und Roholpreise in US-Dollar pro Fass. 1 Fass Erddl = 1 US-barrel petroleum = 42 US gallons =. 159 L.
Die grdssten Erdolvorkommen liegen im Vorderen Orient und in dcr ehemaligen Sowjetunion (Tab. 3- 13). Die meisten westlichen Industrienationen besitzen keine grossen Erdtilvorkommen: die Nordseelager (Vereinigtes Kbnigreich, Norwegen) sind nicht schr gross und die Reserven der USA werden kleiner. Die Industrienationen (einschliesslich Japan) importieren daher Erdol. Ihre Industrie ist damit weitgehend von der Preispolitik der Rohol exportierenden, nicht industrialisierten Staaten abhangig. Zwtilf dieser Staaten bilden ein Kartell, die OPEC (Organization of Petroleum Exporting Countries). Die OPEC setzt Forderquoten und Preise, die jedoch von ihrcn Mitgliedcm oft nicht eingehalten werden. Die Begriindungen fur die von der OPEC festgcsetzten Preise rcichten bislang vom Kampf gcgen Israel iiber den "gerechtcn" Prcis bis zu den noblen Zielen der EindPmmung des Erdtilverbrauches und der Bewahrung der ErdCilvorrgte. Die Roholpreise pro Fass Erdtil schwankten entsprechend von ca. 1,80 US-$ im Jahre 1971 uber 40 US-$ im November 1979 bis 12 US-$ im Friihjahr 1986. Nach der Bcsetzung Kuweits durch den Irak stiegen sie auf 40 US-$ im September 1990 an, fielcn bis 1999 auf ca. 10 US-$ und sticgen Ende 2000 wieder auf 41 US-$ (Abb. 3-2).
47
3. Rohsroffe
3.4.3.
Verarbeitung des Rohols
Die direkte Destillation des Rohols liefert praktisch nur ges2ttigte Kohlenwasserstoffe, deren Siedefraktionen je nach Industrie und Staat unter verschiedenen Namen bekannt sind (Tab. 3-14). Der niedrigsiedende, etherisch riechende Petrolether wird als L6sungsmittel verwendet. Als N a p h t h a (babylonisch: neptu = Erdol) wird in der ErdB1industrie eine bestimmte Siedefraktion bezeichnet, die als Rohstoff fur die Gewinnung von Ethen, Propen, Butadien, Isobuten und Ammoniak dient (Chemiebenzin). Naphtha kann aber auch ein cycloalkanreiches ErdOl sein oder eine bestimmte Crackfraktion. Benzin ist ein Sammelbegriff fur Kohlenwasserstoffe mit 5-12 C-Atomen (aus dem Arabischen via Benzoe ...). Die Erdlilindustrie unterscheidet bei dieser Gruppe zwischen Naphtha, Benzin und Kerosin. Das Benzin ist hier das normalen Fahr- oder Motorenbenzin (umgangssprachlich: petrol (Englisch); gasoline, gas (Amerikanisch)). Das in Ausbeuten von nur ca. 20 % erhaltene sog. SR-Benzin (SR = straight run) der Erddldestillation siedet zwischen 95°C und 175°C. Es hat einen schlechten Oktanwert (schlechte Klopffestigkeit). Zur Gewinnung von Fahrbenzin erhitzt man daher SR-Benzin in Gegenwan von Wasserstoff und Platin auf 400-500°C. Bei diesem katalytischen Reformieren (E: catalytic reforming) fallen die fur die Chemie wichtigen Aromaten an. Nach DIN 51630-51636 wird Benzin in Petrolether (ATJ'C = 25-80), Siedegrenzenbenzine I (60-95), I1 (80-1 10) und I11 (100-140), Testbenzin bzw. Lackbenzin (130220). Wetterlampenbenzin (60- 160). FAM-Normalbenzin (65-95) und Leucht- oder Brennbenzin (130-280) eingeteilt. Kerosin (E: kerosine, kerosene) wird als Flugbenzin verwendct. Im Vereinigten Konigreich wird es umgangssprachlich "paraffin" genannt. Gasd (E: gas oil) dient uberwiegend fur Heiz- und Dieselol, ein kleinerer Anteil jedoch auch zur Ethensynthese. Tab. 3-14 Fraktionen aus der Destillation von Rohol. N = Zahl dcr Kohlenstoffatome in den hauptachlichen Komponenten. Name der Fraktion Olindustrie Chemieindustrie,Vcrbrauchcr Gas Petrolether Naphtha Benzin Kerosin Gas61
Paraftinwachs Schmierbl Bitumen Petrolkoks
Raffineric- und Fliissiggas Chemiebenzin, Leichtbenzin Fahrbenzin, Motorenbcnzin Schwer- 0.Flugbenzin, Testbenzin Dieselbl, HeizUl
N
1-4 5-6 6-7 6-12 9-16 15-25 18-35 25-40 30-70 70
Siedcbercich
Druck
AT,/"c
@bar)
25 40-70 70-90 90- 180 175-250 200-400 230-300 300-365
1000 1000 loo0 1000 1000 1000 70- 100 70-100
Ruckstand R iickscand
Die fur petrochemische Synthesen benotigten Olefine werden aus den Erdolfraktionen durch thermisches (Dampfcracken) oder katalytisches Spalten (Katcracken) erhalten. Beim Cracken laufcn gleichzeitig Kettenspaltungcn und Dehydnerungen ab:
48
3.4. Erdol
Zum Cracken wird in den USA uberwiegend Fliissiggas eingesetzt, in Europa und Japan dagegen Naphtha. Der Grund dafiir sind die verschiedenen Bcdurfnisse. Die USA brauchen verhiltnismassig mehr Benzin, Europa und Japan dagegcn relativ mehr Heizol. U m das niedrigmolekularere Benzin zu erhalten, muss aber drastischer gecrackt werden als fur das hohermolekulare Heizol. Als Nebenprodukt entstcht mehr Fliissiggas, das dann als Rohstoff f i r die Olefinsynthesc dient. Irn Jahre 1995 wurden Ethen in Japan zu 97 % und in Westeuropa zu 71 % aus Naphtha erzeugt, in den USA dagegen nur zu 11 %. In den USA wurde cs dagegen zu 76 % aus Flussiggas (LPG) bzw. Erdgasfliissigkeit (NGL) erhalten, in Wcsteuropa zu 17 %. In den USA und in Westeuropa steuerte Gasdl je 9 % bei und Raffineriegase 4 % bzw. 3 %. Zum Gewinnen von Olefinen wird Flussiggas wenige Sckunden auf (70&900)"C erhitzt, wobei hauptsachlich Ethen anfallt. Ethen kann jedoch auch durch Cracken von Propan oder Butanen erhalten werdcn. Die Dehydrierung von Butan liefert Butadien. Beim Cracken von Gasolen zur Benzingewinnung oder zur HeiLolproduktion fallen die chemisch interessanten Verbindungen sozusagen als Ncbenprodukte an. Da Benzinund Heizblpreise oft politische Preise sind, werden die Verluste bcim Betreibcn von Raffinerien oft auf die Preise dcr Chemierohstoffe abgewalzt. Um von den Raffincnebctreibem unabhangig zu werden, hat dahcr die chemische Industrie der USA Verfahren zum direkten Cracken von Rohol entwickelt, die petrochemische Zwischenprodukte und Monomere und nicht Benzin oder Hcizol als Hauptprodukte licfcm (nachste Scitc). Synthesen von Petrochemikalien aus Naphtha stehen in Konkurrenz zu denjenigen aus Ammoniak- und Synthesegas, Stadtgas, synthetischcm Erdgas und Wasserstoff. Als petrochemische Rohstoffe werden daher zunehmend hoherc Erdolfraktionen verwendet. Je hoher die Erdblfraktion, umso grosser ist der Anteil an petrochemisch niitzlichen Produkten, umso niedriger ist abcr auch dic Ausbeute an Ethcn. Beim Cracken von Naphtha und Gas01 fallen im Gegcnsatz zu dcmjenigen von Fliissiggas alle petrochemischen Basisproduktc gemeinsam an. Aus Naphtha crh2lt man so Restgas (H2. CH4), Ethen, Propen, C4- und C5-Fraktionen sowic Crackbcnzin. Die Zusammensetzung der Fraktionen andcrt sich mit dcm Ausgangsprodukt (Gas01 oder Naphtha) und dem Crackverfahrcn (katalytisch, Dampf) (Tab. 3- 15). Ethen (99 % Reinheit) und Propen werden dirckt polymerisiert oder wic das Restgas zu anderen Zwischcnprodukten und Monomeren weiter verarbei tet. Die C4-Fraktion kann wegen der eng zusammenliegcndcn Siedctcmpcraturcn und dem Vorlicgen von Azeotropen nicht direkt durch Destillation gctrennt wcrdcn. Tab. 3-15 Zusarnrnensetzung (Gcw.-%) eincr C4-Fraktion bcim Cracken von Gasijl oder Naphtha 161 &-Verbindung
Butan Isobutan 1-Buten 2-Buten, trans 2-Buten, cis Isobuten 1.3-Butadien 1,2-Butadien, Ethyl- und Vinylacetylcn
Katcracken Sicdcvon tcrnpcratur in "C Gasijl
-1 -12 4 1
4 4 4
13 31 12 12 11 15
0S 0
Darnpfcrackcn von Naphtha low sevcrity high severity c 800°C bis 900°C 1 s Venveilzeit 0,5 s Verweilzeit 4 2 20 I I
32
26
2
3 1
14 6 5 22 41 2
49
3. Rohstoffe
Aus ihr wird daher mit N-Methylpyrrolidon oder N,N-Dimethyformamid zunachst das Butadien extrahiert. Isobuten, das etwa 1000 ma1 schneller als die Butene mit Wasser reagiert, wird zu f-Butanol umgesetzt. Das abgetrennte f-Butanol wird dann wieder durch A1203 zuriick zum Isobuten dehydratisiert. Anschliessend werden die Butene extrahiert und destilliert. In lhnlicher Weise wird die C5-Fraktion (Tab. 3-1 6) aufgearbeitet. Aus der C5-Fraktion erhilt man die verschiedenen Pentane, Pentene, Pentadiene und Cyclopentane, -pentene und -pentadiene sowie etwas C4 und c6. Mengenmassig sind dabei Isopren und Cyclopentadien/Dicyclopentadien interessant (Tab. 3- 16). Das beim Cracken von Naphtha anfallende Crackbenzin (Pyrobenzin) wird zu Aromaten verarbeitet (Schema 3-6), d.h. zu den BTX-Fraktionen (Benzol, Toluol, Xylole) sowie zunehmend auch zu Trimethylbenzolen, Tetramethylbenzol und Naphthalin. Tab. 3-16 Zusammensetzung einer Cs-Fraktion aus dem Dampfspalten von Leichtbenzin. ~~
Komponente
~~
Gew.-%
C4-Verbindungen
0.5
Pentan 2,2-Dimethylbutan 2,3-Dimethylbutan iPentan
22,l 0,1
1-Penten 2-Penten, trans 2-Penten, cis 2-Methyl- 1 -buten 3-Methyl-1-buten 2-Methyl-2-buten
3,4 3,3
Komponente
Gew.-%
1,4-Pentadien 1,3-Pentadien,trans 1,3-Pentadien, cis Isopren
0.1
15,o
Cyclopentan Cyclopenten Cyclopentadien + Dicyclopentadien
14.5
Hexan 2-Methylpentan 3-Methylpentan
Rohol wird zur Monomergewinnung entweder direkt oder nach vorhergehender Entfemung von Asphalt gecrackt. Im ersten Fall werden z.B. 12,4 % Methan, 24,4 % Ethen, 6.9 % Propen, 5.1 % C4-Fraktion und 14,3 % C&7-Fraktion (+ andere) erhalten, im zweiten Fall dagegen 32,8 % Ethen, 6,6 % Acetylen, 4,3 % Propen, 3,O % Butadien, und 14,2 % BTX (+ andere).
3.4.4.
Vorprodukte fur Polymere
Nach den gegenwartigen Technologien enistehcn bei der Roholvcrarbeitung zwangslaufig eine ganze Reihe verschiedener Produkte, dercn Art und Anteil noch von dem benutzten Verfahren abhangt. Der Anteil eines Produktes kann dabei in einer bestimmten Anlage nur innerhalb recht enger Grenzen variiert werden. Eine zur optimalen Gewinnung von Fahrbenzin ausgelegte Anlage kann zum Beispiel nichl ohne weiteres optimale Mengen an HeizBl liefem. Die Verwendung von Naphtha als Chemierohstoff wird femer durch dessen zunehmenden Verbrauch als Vergaserkraftstoff konkurrenziert. Die aus den verschiedenen ErdSlaufbereitungsverfahren entstandenen Zwischenprodukte sind wiederum fur verschiedene Endprodukte brauchbar, so dass sich ein recht kompliziertes Bild ergibt.
50
3.4. Erdol
Im Folgenden werden daher nur die zu Monomeren und Polymeren fuhrenden Stufen angegeben. Fur die chemischen und verfahrenstechnischen Einzelheiten sind die Lehrbucher der industriellen organischen Chemie zu konsultieren. Zur Synthese von Ethen sind weltweit Anlagen fur cine Produktion von 88.106 t/a vorhanden. Ethen wird hauptsachlich fur Homo- oder Copolymerisate verwendet, und zwar 1996 zu 57 Gew.-% in Westeuropa, 54 Gew.-% in den USA und 47 Gew.-% in Japan (Schema 3-3). Ca. 15 Gew.-% des Ethens gehen in Vinylchlorid und ca. 12 Gew.-% in Ethylenoxid (Oxiran). Das Zwischenprodukt fur Vinylchlorid ist 1,2-Dichlorethan, das hauptsachlich aus der Oxychlorierung des Ethens (CH2=CH2 + 2 HCI + (1/2) 0 2 -+ CI(CH2)2Cl + H 2 0 ) stammt und in geringerem Umfang aus der direkten Chlorierung. 95 Gew.-% des Vinylchlorids werden polymerisiert, weit uberwiegend zum Homopolymeren PVC. Die weltweit erzeugten 15,5.106 t/a Ethanol stammen nur zu 17 Gew.-% aus Ethen, aber zu 83 % aus Agrarstoffen. Das Zwischenprodukt Acetaldehyd ist nicht mehr so bedeutsam, da Essigsaure nunmehr durch die direkte Carbonylierung von Methanol nach CH30H + CO + CH3COOH zuganglich ist. Vinylacetat erhalt man durch Acetoxylierung von Ethen nach CH2=CH2 + CH3COOH + (1/2) 0 2 -+ CH2=CHOOCCH3 + H20. Die weltweite Herstellkapazitat von Styrol betragt ca. 19.106 t/a. Zu seiner Synthese wird Benzol meist direkt mit Ethen alkyliert. Das entstehendc Ethylbenzol wird dann direkt katalytisch dehydriert. Schema 3-3 Ethen als Quelle fur Zwischenprodukte, Monomere und Polymere
E :n b Ethylenoxid
1 I
Acetaldehyd
I-
PE, E/P, EPDM, E/VAC
b
PEOX, PUR
F UP, PET
Ethylenglycol
-+ Ethanol
b
-
Pentaerythrit
+Alkydham
Trimethylolpropan
-+
Essigsaure
PUR b
b
Vinylcthcr
___*
CA
Poly(viny1ether)
+ 1,2-Dichlorethan +Trichlorethan ___) Vinylidenchlorid --+ PVDC VinylFhlorid +PVC
c
1-Fluor-1-chlorethan + Vinylfluorid
+ Ethylbenzol
b
Styrol APS,
+PVF SAN, SB, ABS, SBR
51
3. Rohstoffe
Fur Propen sind Produktionskapazitaten von 44.106 t/a vorhanden. Fast 50 Gew.-% des Propens werden direkt zu Poly(propy1en) (PP) und den Propylencopolymeren mit Ethen (EPM, EPDM) polymerisiert, und zwar mit steigender Tendenz. 12 Gew.-% des Propens werden zu Acrylnitril umgesetzt, 9 Gew.-% zu Oxoprodukten (Butyr- und Isobutyraldehyd, Butanol, Isobutanol, 2-Ethylhexanol), 8 Gew.-% zu Propylenoxid und weitere 7 Gew.-% zu Cumol, das wiederum der Ausgangsstoff f i r Phenol ist. Die weltweiten Kapazitaten fur Acrylnitril betragen 4,3.106 t/a. Es wird bevorzugt durch Ammonoxidation (CH2=CHCH3 + NH3 + (3/2) 0 2 -+ CH2=CHCN + 3 H20) syn(AN@ )' thetisiert. Das Monomere wird uberwiegend zu Poly(acrylnitn1) f i r Acrylfasem P polymerisiert (60 Gew.-%). Als Comonomer fur Kunststoffe (ABS mit Butadien und Styrol, und SAN mit Styrol) und Elastomere (NBR mit Butadien) werden 20 Gew.-% bzw. 4 Gew.-% verbraucht. Ein weiterer Teil des Acrylnitrils wird zu Acrylamid hydrolysiert, das dann zu Poly(acry1amid) polymerisiert wird. Cumol erhilt man durch Alkylieren von Benzol rnit Propen; die weltweite Kapazitat betr5lgt ca. 8.106 t/a. Aus ihm erhdt man iiber Phenol eine ganze Reihe von Monomeren fur die Produktion von Polymeren (vgl. Schema 3-4). Schema 3 4 Propen J s Quelle fur Zwischenprodukte, Monorncre und Polymerc.
P En
b
-
b
4-Methyl-I-penten -P4MP
b
Propylenoxid
1
PP, EPM, EPDM
PPOX
Propylenglycol -UP,
- -Butyraldehyd
_____*
-Cum01
PUR bPVB, CAB
i-Butyraldchyd
Neopentylglycol
+PUR, UP
Acrolein
Acrylsawc(cstcr)
__*
+Aceton
Poly(acrylaure(ester))
Mcthylrnethacrylat +PMMA BisphenolA -PC,
Phenol
EP, PPSU bPF, EP
Cyclohexanon
-
Caprolactam-PA
6
Adipinsaurc
Cyclohcxanol Adiponitril
-
d
4
f
1
66 P -A Hexamethylcndiarnin /\PA 66, PA 610
2
Allylchlorid
I
-
Acrylnitril -PAN, A
Epichlorhydrin
EP
ABS, S A N , NBR
52
3.4. Erdol
Die C4-Fraktion liefert nach der Extraktion und Destillation Butane, Butcne und Butadien (s. oben). Butan wird tcilweise dchydriercnd zu Isobuten (Isobutylcn) isomcrisiert. Die selektive Oxidation des Butans licfcrt das 1,4-Butandiol fur Poly(buty1enterephthalat) (PBT) und Polyurethane (PUR) (Schema 3 - 5 ) . Durch Abspalten von Wasser und Ringschluss wird aus 1,4-Butandiol Tetrahydrofuran erLeugt, das aber auch durch direkte Oxidation von Butan erhaltlich ist. PoIy(tetrahydrofuran) ist ein Weichsegment in z.B. Pol yurethanen. Isobuten gewinnt man direkt aus dcr C4-Fraktion und zusatzlich durch Isomerisicren von Isobutan. Es wird zum elastomeren Poly(isobuty1en) polymerisiert oder ebenso wie 2-Buten zu Isopren dismutiert (2 C4 + C5 + C3). Poly(isopren) ist ein "synthetischer Naturkautschuk" (Natsyn), der allerdings nicht die gleichen Verarbcitungs- und Gcbrauchseigenschaften wie "natiirlicher Naturkautschuk" aufwcist. Aus Maleinsaureanhydrid (MSA) (sowie auch andercn Dicarbonsaurcn) und Glykolen entstehen ungesattigte Polyester (UP). MSA ist auch ein Zwischcnprodukt fur 1,4Butandiol, Tetrahydrofuran und y-Butyrolacton, die cbcnfalls Monomcrc sind. Es wird hauptsachlich durch Oxidation von Butanen gcwonncn und zu einem betrachtlichen Ausmass auch noch durch Oxidation von Benzol. Die wichtigste Komponente der C4-Fraktion, 1,3-Butadien, dicnt fur Butadicnkautschuke (BR), Styrol-Butadien- (SBR) und Acrylnitril-Butadicn-Kautschukc (NBR) sowie schlagfeste Kunststoffc (ABS). Es ist fcmer der Rohstoff fur die Polyamide 66, 61 2 und 12. Die Chloricrung dcs 1.3-Butadicns licfert Chloroprcn CH2=CHCl-CH=CH2, das zum olfesten, elastomeren Poly(ch1oropren) (CR) polymerisicrt wird. Schema 3-5 C4-Verbindungen als Quelle fur Zwischcnproduktc, Monoincrc und Polyrnere. b
-
1,4-Butandiol -PBT,
,
PUR
1
C4-Fraktion -+ Butan
Isobutan
Tetrahydrofuran
PTHF
Isobuten
PIB
Maleinsaurcmhydrid +UP 1-Buten b
PB, LLDPE
-
b PIB
Isobuten Isopren
PIP, IR, IIR
+ BR, SBR, NBR, ABS
Butadien Cyclododccaricn -+ Laurinlnctxn-
b
b
Adiponitril
PA 12
1,2-Dodccanciisiiurc
_+
PA 6 12
Hexamcthylcndiamin -+ PA 66, PA 612
b
Chloroprcn
CR
53
3. Rohsroffe
Isopren wird aus der Cs-Fraktion direkt isolien oder durch Dehydrieren von Isopentan und Isopenten gewonnen. Das ebenfalls direkt gewinnbare Cyclopentadien wird zu Homo- oder Copolymeren umgesetzt. Die Reaktion des Cyclopentadiens mit Ethen fiihrt zum Norbomen, dessen Polymeres nach dem Weichmachen als Elastomer verwendet wird oder das als Comonomer in Kunststoffen dient. Im Rohtil sind nur wenig Aromaten (Benzol, Toluol, Xylole usw.) vorhanden. Aromaten werden daher aus Erdol oder Steinkohle synthetisiert. Erdol liefert dabei 99 Gew.-% (USA) bzw. 96 Gew.-% (Westeuropa) der BTX-Aromaten. In Westeuropa fallt beim d o n ublichen Dampfcracken von Naphtha zum Gewinnen von Olefinen (Ethen, Propen usw.) als Nebenprodukt ein benzolreiches Pyrobenzin (Crackbenzin) an, das 66 Gew.-% des westeuropaischen Benzols liefert. Bei der in den USA gebrauchlichen Destillation von Rohtilen erhalt man dagegen Fraktionen, die erst durch einen Reformierprozess in Motorenbenzin umgewandelt werden mussen. Beim Reformieren werden Alkane zu Isoalkanen isomerisiert (Verbesserung der Klopffestigkeit von Benzin). Die gleichzeitige Dehydrierung der Alkane fuhrt zu Cycloalkanen. Alkylcyclopentane isomerisieren zu substituienen Cyclohexanen. Die Cycloalkane werden dann durch die gleichzeitige Dehydrierung aromatisiert. Schema 3-6 Aus Aromaten erzeugbare Zwischenprodukte fiir Polyrnere. I
Ayse- und Reformatbenzin
+ Benzol
Ethylbenzol
+Styrolb
PS, SAN, ABS, SBR, UP
Maleinsiiureanhydrid +UP, Alkydhme
-iT -
’ChlorbenzolI b
Cumol
Phenol
s. Schema 3-4
Benzolsulfondure
c
Adipinsaure
b
Cyclohexan
PA 66, PUR
Caprolaclam ___* PA 6
BenzoesAure
--+ Hexahydrobenzoesiim
+ Toluol -b
0-Xylol
-b
PA 6
Toluylendiisocyanat +PUR b
-
Phthalsaureanhydrid -+ UP, Alkydharze
+ p-Xylol
+ Terephthalsiiure
+ Trimethylbenzole
b
Trimellithsaureanhydrid + Polyimide
+ Tetramethylbenzol
F
Pyromellithsaure-----+ Polyirnide
+ Naphthalin
F Phthalsaureanhydridd UP, Alkydhme
PET, PBT
54
3.5. olschiefer
Die Synthese von Polymeren erfordert daher haufig viele Zwischenschritte mit nicht immer hohen Ausbeuten, so dass die Gesamtausbeutc an Polymeren in Bezug auf den Rohstoff relativ gering ist. Ein Beispiel ist die Herstellung von Folien aus Poly(ethy1en). Die Destillation einer urspriinglich eingesetzten Mengc von 100 000 kg RohG1 fuhrt zu 10 000 kg Chemiebenzin plus eincr grossen Menge anderer Ncbenprodukte, die zwar sinnvoll weiterverwendet, aber nicht in Poly(ethy1en) uberfuhrt werden konnen. Beim anschliessenden Dampfcracken fallen Propen und Butadien sowie Wachse als Nebenprodukte an. Bei der Polymerisation gibt es Wandanbackungen, Fehlchargen usw. und bei der Folienproduktion schliesslich Randbeschnitte, Folienfehler usw. Die Ausbeute an Poly(ethylen), bezogen auf das eingesetzte Rohol, bctrIgt nur ca. 3 %, dic an Poly(ethy1en)-Folien sogar nur 1,6 %. Schema 3-7 Ausbeuten an Zwischenprodukten, Nebenproduktcn, Monomeren und Polymeren bei der Herstellung von Poly(ethy1en) aus RohGI. 100 000 kg Rohbl
1 Destillation 10 OOO kg Chemiebenzin
5 Dampfcracken 3040 kg Ethen
+ 3509 kg Fliissiggas, 6725 kg Fahrbenzin, 7895 kg Schwerbenzin, 6433 kg Dieselol, 9336 kg Schwcrol, 55 994 kg Ruckstand
+ 1588 kg Propen, 480 kg Butadicn
1 Polymerisation 2924 kg Poly(cthy1en)
+ 9 kg Wachse
1 Folienproduktion 1637 kg PE-Folie
+ 88 kg Abfall beim Anfahrcn, 407 kg Abfall beim Siiumen (wird recycliert), 146 kg Abfall beim Typcnwechsel usw., 556 kg Abfall beim Konfcktionieren. beim Aussortieren usw.
3.5.
Olschiefer
Olschiefer (E: oil shale) ist ein Kerogene aufweiscndcs poroses Gestein geringer Permeabilit2t, das in allen Erdteilen vorkommt. Kerogene sind wachsartige vemetzte organische Polymere (G: keros = Wachs), die lineare Alkanc, Olefine, Isoprenoide, Terpenoide, Dimethylfuran und Porphyrine bzw. dercn Gruppicrungen enthalten. Die weltwcitcn Ressourcen dcs aus dem Olschiefer gewinnbaren Schieferols (E: shale oil) werden auf 300.109m3 geschatzt. Kerogene und Gestein sind innig vermengt und dahcr schwicrig voneinander zu trennen. Zum Gewinnen des Schieferols wird das Gestein auf ca. 500°C erhitzt, wobci Gas, Fliissiggas und 0 1 entweichen und ca. 20 % des Kcrogcns als Koks im Gcstein zuriickbleiben. Eine Tonne Olschiefer liefert nur zwischen 20 und 420 Liter Schieferol, so dass grosse Mengen Ruckstand bewegt wcrden mussen. Dic Olgewinnung aus Olschiefer verbraucht zudem grosse Wassermengcn, ca. (1-3) Liter Wasscr pro Liter produziertes 61.
3. Rohstoffe
55
Das rohe Schieferiil wird zunachst fraktioniert destilliert, wobei Naphtha, LeichtB1, Schwertil und Ruckstand entstehen. Der Ruckstand wird dann zu Gas, Naphtha, Leichtiil und Schwertil gecrackt. Anschliessend wird zur Gewinnung eines synthetischen ErdiSls (Syncrude) hydriert und das Syncmde konventionell verarbeitet. Die Aufarbeitung des Schiefertils wird vermutlich wegen der hohen Transportkosten direkt an den Fundorten der Olschiefer ausgefiihrt werden mussen, was wiederum wegen des Umweltschutzes problematisch ist. Die Gewinnung von SchieferCil ist aus all diesen Griinden detzeit nicht wirtschaftlich.
3.6. Olsande, Bitumen und Asphalt Olsande (Teersande) sind Sandformationen (E: tar sands, oil sands, bituminous sands), die hochviskoses bitumintises Erdtil enthalten. Sie kommen in allen Weltteilen vor. Die grossten Lagerstatten sind in Kanada und Venezuela. Allein das kanadische Athabasca-Vorkommen mit einer Ausdehnung von 34 000 km2 soll 500 Milliarden Fass Reserven und 500 Milliarden Fass Ressourcen enthalten. Der venezolanische OrinocoGunel soll 270 Milliarden Fass an Reserven und 930 Milliarden Fass an Ressourcen besitzen. Kleinere Vorkommen liegen in den USA, der friiheren Sowjetunion, Madagaskar, Peru, Trinidad, den Balkanstaaten, Italien und den Philippinen. Teersande enthalten (5-18) % 01. Die Olsande sollen im Tagebau erschlossen werden. 0 1 und Sand sind durch Heissdampfinjektion, Heisswassserflotation oder Zentrifugalseparatoren trennbar, wodurch ca. 10 % des 01s gewonnen werden konnen. Diese Verfahren sind bei den jetzigen Erdiilpreisen nicht wirtschaftlich. Die Orinoco-Vorkommen werden dagcgen seit kurzem durch ImulsionTMabgebaut. Dazu wird eine Emulgatoren enthaltende 12-%ige NaC1-Losung injiziert. Der geforderten primiren Emulsion wird anschliessend in Warmeaustauschem und Heizkesseln das Wasser entzogen. Die entstehende, nur noch 2 % Wasser enthaltende Bitumenlosung wird dann mit frischem Wasser und neuem Emulgator versetzt, worauf eine Emulsion aus 70 % Bitumen und 30 % Wasser entsteht. Diese OrimulsionTMist bis zu einem Jahr haltbar und kann direkt in thermischen Kraftwerken verfeuert werden. Sie erzeugt weniger Kohlendioxid als Steinkohle, erfordert aber Entschwefelungsvorrichtungen. Ein Einsatz als chemischer Rohstoff ist offenbar nicht vorgesehen. Bitumen ist eine fast schwarze Masse aus in olhaltigen Substanzen dispergierten hochmolekularen Kohlenwasserstoffen (L: bitumen = Pech, Erdharz; von p i x turnens = Graberpech (weil es in Agypten zum Einbalsamieren der Leichen benutzt wurde)). Bitumina sind einerseits die in Schwefelkohlenstoff ltjslichen Anteile dcr naturlichen Asphalte, andererseits die bei der Erdolaufarbeitung anfallenden dunklen, schmelzbaren Gemische hochmolekularer Kohlenwasserstoffc und schliesslich auch Erd- und Montanwachse. Als Asphalt (G: Erdpech) wird nach DIN die Mischung von Bitumen und Mineralstoffen bezeichnet (G: asphaltos = Bindemittel (fur Steine); von Q- (nicht) und sphallein (Fallen vemrsachen)). In den USA sind "Bitumen" und "Asphalt" Synonyme. Naturasphalte teilt man oft in das in Schwefelkohlenstoff liisliche Bitumen und das darin unl6sliche Pyrobitumen ein. Zum Bitumen gehtjren einerseits die Rohole, andererseits die Mineralwachse (Ozokerit, Montanwachs (Bitumen dcr Braunkohle) usw.), der ei-
56
3.7. Kohlen
gentliche Asphalt und die Asphaltite (harte Naturasphaltc mit wenig Mineralstoffen). Pyrobitumina mit niedrigem Sauerstoffgchalt hcissen Asphaltoide; zu ihnen gehort z.B. das Mineral Elaterit, ein hochverzwcigtes Poly(ethy1cn). Nichtasphaltische Pyrobitumina mit hohem Sauerstoffgehalt sind z.B. Torf, Braunkohle und Kohle. Bitumen besteht aus in Maltenen mizellar gelosten Asphaltenen. Maltene (Petrolene) machen etwa (70-80) % des Asphalts aus. Sic besitzen ein hohes WasserstoffKoNenstoff-Verhiltnis und relative Molmassen M, von 300-400. Asphaltene weisen ein niedriges H/C-Verhdtnis und M, > 1000 auf; sic liegcn im Asphalt zu ca. (20-30) % vor. Die Dispergierung der Asphaltene in den Maltenen wird wic bci Blends aus zwei Polymeren durch kleine Mengen zugesetzter Blockcopolymerer erheblich verbessert (Band IV). Der wichtigste Asphaltit ist dcr Gilsonit, ein nur in Utah vorkommendes braunes Mineral. Die Gilsonit-Rcserven werden auf ca. 5 Millionen Tonnen geschatzt, die Ressourcen auf 10 Millionen ToMen. Gilsonit ist das bevorzugtc Material zum Erzeugen von Graphit fur Kernreaktoren. In dcr Automobilindustric wird es fur lbsungsmittelfreie Dichtungen verwendet; wichtig ist es auch fur Druckfarbcn. Erdwachse (Ozokerite) sind vcrschieden zusammcngesctzte, hellgelbe bis schwarze Gemische von aliphatischen, aromatischen und naphthcnischen Kohlcnwassersstoffen. Hochmolekulare Erdwachsc sind gcruchlos, nicdcrmolckulare ricchcn teils aromatisch, teils erdtjlartig (Riechwachs; G: ozein = nach ctwas riechcn, keros = Wachs). Gereinigtc Erdwachse sind weiss und geruchlos; sic werdcn als Ccrcsin (Mineralwachs) bezcichnet. Unter dcm Namen "Ozokerit" werdcn heutc cntwcdcr Wnchse aus der Erdhlfabrikation oder aber mit deranigen Wachscn vcrschniitcne naturlichc Erdwachsc gehandclt.
3.7.
Kohlen
3 . 7 . 1 . Chemische Struktur Kohlen sind anorganischc Bcstandtcilc cnthaltcndc, inhomogcnc, porosc, fossile Pflanzenprodukte. Sic entstanden durch Inkohlung. Bei dicscm Prozess werdcn Pflanzen in geologischen Zeitraumen zunachst in Huminsauren und dann in Torf, Braunkohle, Steinkohle, Anthrazit und schliesslich Graphii umgcwandclt. Die mittleren Zusammensetzungen der an Asche und Feuchte freien Kohlcn nehmen entsprechend von C75H140056N2S beim Torf auf C240H9004NS bci dcr Anthrazitkohlc zu (Tab. 3-17). Tab. 3-17 Kohlen und Torf: elementarc Zusammensetzung (ohnc Fcuchtigkeit und Asche), fluchtige Bestandteile und Feuchtegehalt. Im Deutschen wird die Steinkohlc init sinkendem C-Gehalt unterteilt in Mager-, Ess-, Fett-, Gas-, Gasflamm- und Flammkohle. Lignitc = Hartbraunkohle, brown coal = Weichbraunkohle; Lignite 1st manchmal aber ein Oberbegriff. Harte Steinkohlc = pit coal (UK). Name Deutsch Anthrazit Steinkohle Braunkohle Torf
Englisch anthracite bituminous coal lignite, brown coal peat
Antcilc in %,
c
H
0
N
S
92-96 75-91 65-75 48-65
3-4 4-6 5-8 5-7
2-3 3-10 12-30 30-46
0.5-2 1.3-1,5
=1
= 1
0.5-2
1
0.5-3 0.1-0.5
Flucht. Feuchte 4-12 12-45 45-60
1-3,5 1-8 10-60 < 90
57
3. Rohstoffe OH
SH
Abb. 3-3 Struktur der vernetzten Komponcntcn einer Steinkohlc (schcrnatisch). Bei der Pyrolyse brechen Bindungen zwischen CH2-CH2,CH2-0 und S-S; die Fragmcnk bilden die "loslicheKohle".
Kohlen besitzen irregulare hocharornatische Strukturen, was sie fur die chcrnische Industrie als Rohstoff interessant rnacht. Sie weisen femer noch alkoholische und phenolische Hydroxylgruppen, Schwefel, aromatisch und hydroaromatisch gebundenen Stickstoff, hydroaromatische Strukturen sowie ca. 1 Radikal pro 5000 Kohlenstoffatorne auf (Abb. 3-3). Die relativen Molmassen werden auf 3000 bis 500 000 geschatzt. Kohlen enthalten unvemetzte und vemetzte Komponenten. Die relativen Molmassen der Kettensegmente zwischen Vemetzungsstellen betragen nach Quellungsmessungen ca. 1000.
3.7.2.
Forderung und Vorrate
Kohle ist ein genau so wichtiger Energietrager wie Erdol. Irn Jahre 1997 wurden 2.B. weltweit 4,73 Milliarden Tonnen Kohlc geschurft, wahrend 24,2 Billionen Fass Erddl geftirdert wurden, was 4,61 Milliarden Tonnen Stcinkohle entspricht. Zwischen 1980 und 1997 nahm die Steinkohleforderung urn 24 % zu, was etwa mit der im gleichen Zeitraum erfolgten Zunahme der Weltbevolkerung urn 30 % Schritt hielt. China verdoppelte in dieser Zeit seine Kohleforderung und stieg zum grossten Produzenten auf (Tab. 3-1 8). Die Kohleforderungen von Deutschland und dcm Vereinigten Konigreich sanken dagegen um iiber die Halfte, weil die Forderbedingungen (tiefe, wenig starke Lager) nicht mit denjenigen z.B. Australiens mithalten kdnnen (Tagebau machtiger Schichten). In den n2chsten Jahren wird die Kohleforderung noch weiter zunehmen, nicht nur fur die Erzeugung von Energie, sondern auch fur Chemierohstoffe.
58
3.7. Kohlen
Tab. 3-18 Jahresproduktion (1997) [le], Reserven und Vorrate (Reserven + Ressourcen) wichtiger Kohle produzierender Staaten in Millionen Tonnen (SI). In den USA werden diese Zahlen rneist in short tons angegeben. 1 short ton = 0,907 18 Tonnen. * Daten fur 1992 (Sowjetunion).
Produktion/Jahr
Staat
1980
China USA Indien Australien Russland Deutschland Siidafrika
Polen Vereinigtes Kbnigreich Welt (1997) [le] (1974) [71
621 753 114 105 368 * 483 120 230 131
3 804
Mengen in Millionen Tonnen Reserven Ressourcen
1997
1997
1409 989 298 266 26 1 229 220 200 49
74 000 198 000
4 732
566 000 5 808 000
1997
6 902 000 9297000
Vorrate 1997
7 042 000 15104000
Von den gesicherten Reserven bcfinden sich 35 % i n Nordamerika, und je 13 % in China und in Westeuropa. Bei gleichbleibcndem Verbrauch konntcn die 1997 angenommenen Reserven noch 120 Jahre reichen, die gesamten Vorrate sogar noch ca. 1500 Jahre. Diese Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da einmal der Verbrauch steigen wird und zum anderen die Schatzungen der Reserven und Ressourcen hochst unsicher sind, wie man aus dem Vergleich der Zahlen fur 1974 und 1997 sieht.
3.7.3.
Steinkohle als Chemierohstoff
Die Steinkohlc (E: bituminous coal (hard coal, pit coal)) war Anfang des 20. Jahrhunderts der Rohstoff fur die. chemische Industrie, da aus ihr im Prinzip fast alle Petrochemikalien hergestellt werden konnen. Bei allen Steinkohleveredlungen licgen jedoch die Gestehungspreise fur Olefine und deren Folgeprodukte hoher als die fiir Erdol, so dass die Kohleveredlung fur diese Verbindungen nicht konkurrenzfahig ist. Kohle dient jedoch zum Herstellen von Graphiten, Teeren und Russen, wobei Aromaten sowie etwas Acetylen und Kohlenmonoxid anfallen. Das so gcwonnene Benzol deckt etwa 11 % des Weltbedarfs, die hoheren kondensierten Aromaten steuem sogar 85 % bei. Das Umwandeln der komplexen Kohlestmkturen in die einfacheren chemischen Zwischenprodukte erfordert drastische Verfahren, die in vier Gruppen einteilbar sind: Bei der Pyrolyse (Schwelung, Verkokung) wird Kohlc in Abwesenheit von Luft hoch erhitzt (Tab. 3-19). Das Verfahren erzeugt hauptsachlich Schwelteere und Koks und nur geringe Mengen gasformiger Kohlenwasserstoffe. Die Schwelteere werden jc nach Siedebereich in Leichtol (Benzol, Toluol, Xylole), Phenolol (Phenol, Naphthalin, Pyridin), Kreosotol (Kresole), Schwerol (Anthracen, Phenanthrcn, Carbazol) und Teer unterteilt ("LeichtCil" und "Schwerol" bedeuten etwas anderes in der Erdolindustrie!). Der Koks dient als Brennmaterial oder zur Stahlgewinnung. Seltener wird er mit Calciumoxid in Calciumcarbid uberfiihrt, aus dem dann durch Hydrolyse Acctylcn entsteht.
59
3. Rohstoffe
Tab. 3-19 Ausbeuten an flussigen und gasfonnigen Kohlenwasserstoffen bei der Kohleveredlung. Verfahren
F'yrolyse Hydrieaung (Bergius-Verfahren)
Reaktionsbedingungen T/"C Plbm 1000-1400 400-450
150-200
190
20 30
Extraktion
Vergasung (Fischer-Tropsch-Verfahren)
1-70
Ausbeute pro Tonne Kohle L Flussigkeit m3 Gas 160-240 400-560 320-480 240-320
100-140 60-85 100-130 230-280
Die Hydrierung (Bergius-Verfahren) arbeitet bei tieferen Temperaturen und unter Zusatz von Wasserstoff. Das historisch interessante Verfahren fiihrt wegen der niedrigeren Temperaturen zu grosseren Ausbeuten an fliissigen KoNenw asserstoffen. Bei der Extraktion wird die Kohle in organischen Losungsmitteln suspendiert und dann wie bei der Hydrierung in Ggw. von Wasserstoff erhitzt. Die verwendeten Losungsmittel stammen vom Verfahren selbst. Das Verfahren ist veraltet und wird wohl in absehbarer Zeit nicht wieder verwendet werden. Beim Fischer-Tropsch-Verfahren wird die Kohle oder der Koks zuerst in SauerstoffWasserdampf-Gemischen vergast. PnmBr entsteht ein Kohlenmonoxid-Wasserstoff-Gemisch. Das Kohlenmonoxid wird dann unter gleichzeitigem Hydrieren zu hoheren Kohlenwasserstoffen polymerisiert. Das Verfahren wurde in Deutschland bis zum Ende des zweiten Weltkrieges ausgefuhrt. Verbesserte Anlagen wurden in den letzten Jahren in Siidafnka errichtet. Acetylen aus der Hydrolyse von Calciumcarbid war vor 50 Jahren einer der wichtigsten Grundstoffe der chemischen Industrie. Aus ihm erhielt man Vinylchlorid, Acrylnitril, Chloropren, Vinylacetat und andere wichtige Monomere und Zwischenprodukte. Die Synthesen dieser Grosschemikalien sind jedoch nur dann wirtschaftlich, wenn am Ort billige Steinkohle verfiigbar ist wie z.B. in Indien oder Australien. In Westeuropa und in den USA wird Acetylen dagegen nur daM noch als Ausgangsmaterial verwendet, wenn andere Verfahren nicht verfugbar sind (z.B. fiir 1,4-Butandiol, Acetylenruss), Spezialprodukte gewiinscht werden (z.B. hohere Vinylester, N-Vinylcarbazol und andere N Vinylverbindungen) oder altere Anlagen vorhanden sind (Beispiel: Acrylslure). Wegen der stark schwankenden Erdolpreise (Abb. 3-2) ist jedoch Kohle als Rohstoff wieder interessant geworden. Die Kohlevergasung zu Synthesegas hat in den letzten Jahren wieder zugenommen. Des Weiteren bemuht man sich, durch schonendere Verfahren die aromatischen Strukturen der Kohle weitgehend zu erhalten. Beispiele sind die Hydnerung von in Schwerolen suspendierten Kohlen und die Extraktion von Kohle mit LUsungsmitteln (z.B. Tetralin) oder mit iiberkritischen Gasen (z.B. Toluol). Keines dieser Verfahren und ihrer Vananten wird bislang grosstechnisch angewendet. Ein interessantes, aber offenbar nicht wirtschaftlichcs Verfahren verfliissigt die Kohle durch Pfropfpolymerisation. Kohle wird durch radikalisches Aufpfropfen von Monomeren bei 140°C und Normaldruck lbslich, z.B. in aliphatischen Kohlenwasserstoffen, wenn aliphatische Monomere verwendet werden, in aromatischen, falls aromatische Monomere aufgepfropft wcrden usw. Bei der Pfropfung wird aus nicht geklarten Griinden auch ein grosser Teil des Schwefels entfernt. Die loslichc Kohle kann dann als fliissiger Brennstoff transportiert und verwendet werden. Schwefel kann aus Kohlen auch enzymatisch entfernt werden.
3.8. llolz
60
3.7.4.
Braunkohle
Braunkohle entsteht aerob aus pflanzlichen Bestandtcilen uber Torf (E: peat) als Zwischenstufe. Sic ist deshalb weit sauerstoffhaltiger und weniger reich an Kohlenstoff als Steinkohle (Tab. 2-13). Man unterscheidet die fasrige, fcste Hartbraunkohle (E: lignite, hard brown coal) von der Weichbraunkohle (E: (soft) brown coal; D: Lignit oder Xylit), die oft noch holzige Antcile enthalt. Die Weltreserven an Braunkohle werden mit 154 Milliarden Tonnen angegeben und die Weltressourcen rnit 174 Milliarden Tonnen, wovon etwa 66 % in dcr Sowjetunion und etwa 30 % in den USA liegcn. Ca. 25 % der jahrlichen Weltforderung von ca. 1 Milliarde Tonnen erbrachte jedoch die ehemalige Deutsche Demokratische Republik, weitere 20 % die Sowjetunion. In der Sowjetunion und in anderen friiheren Planwirtschaftsstaaten dient die Braunkohle auch als Rohstoff fur die chemische Industrie, in allen anderen Staaten praktisch nur als Brennstoff.
3.8.
Holz
3 . 8 . 1 . Struktur, Produktion und Verwendung Als Holz wird in der Botanik das vom Kambium nach innen wachsende, teilungsfahige Gewebe von zweikeimblattrigen Pflanzen und Nacktsamcm bczeichnet. Chemisch gesehen ist es ein naturlich vorkommcndes Verbundmatcrial aus Cellulose, Lignin, Hcmicellulosen, Wasser und Luft (Tab. 3-20). In der Sprachc dcr Polymertechnologic ist es ein durch Wasser weichgemachter und mit Luft "aufgcschaumter" Werkstoff aus ciner kontinuierlichen Matrix aus vernetztem Lignin, die mit orientierten Cellulosefasern verstarkt ist. Die rnit Luft gefullten Hohlraume des Hokes (Lumen) betragcn im Durchschnitt ca. 70 %. Frisch geschlagcnes (griines) Holz cnlh2lt (40-60) % Wasser, lufttrockenes (10-20) %. Tab. 3-20 Zusamrnensetzung cinigcr Pflanzenbeslandteile (Trockcnsubstanz). Der Extrakt bestcht aus Proteinen, Wachsen und H a r x n .
Hanzenteil Cellulose
Buchenholz Eichenholz Weidenholz Fichtenholz Pappelholz Weizenstmh Bagasse Bambusrohr Jute
Ramie Baurnwolle
38 35 43 43 43 30 44 60 72 76 95
Anteil in 70 an Hemicellulosen Lignin
35 32 30 26 31 50 29 14 14 16 1
Extrakt
25 26 23 29 23 15 24 24 11
I
0
2 6
Asche
3. Rohstoffe
61
Cellulose ist ein unverzweigtes Polymeres der Glucose (Kap. 7.3), Lignin ein vernetztes Polymeres aus aromatischen Grundbausteinen (Kap. 3.9). Hemicellulosen sind trotz ihres Namens keine niedermolekularen Cellulosen, sondem Polysaccharide aus verschiedenen Zuckerbausteinen (Kap. 7.9). Cellulose kommt in den Zellwanden aller h6heren Pflanzen vor, ausserdem in Griinalgen und in einigen Pilzen. Das Bakterium Acetobacter xylinum kann Cellulose synthetisieren; auch die MXntel einiger Tunikate (Manteltiere) enthalten Cellulose. Industriell werden in der Textilindustrie ausschliesslich Cellulosefasem aus Baumwolle, Basten und Bllttem sowie Holz verwendet, in der Papierindustrie auch Cellulosen aus Grlsem. Die biologischen Synthesen der Cellulose und der Hemicellulosen sind keine Umkehrungen der Hydrolyse; sie sind keine Polykondensationen von Zuckem unter Abspaltung von Wasser. Die eigentlichen Monomeren sind vielmehr an phosphorylierte Tragerlipide gebundene Nucleosiddiphosphat-Zucker NDP-,$/Lipid. Bei der Polyreaktion wird der Zuckerrest in die Polysaccharid-Kette insertiert, wobei das Nucleosiddiphosphat freigesetzt wird; es handelt sich um eine lebende Polyelimination (Band I). Lignin wird von der Pflanze durch vemetzende Polymerisationen synthctisiert (Kap. 3.9). Wirtschaftlich wird praktisch nur Holz aus Waldern (32 % der Landflache) genutzt. Die total zuganglichen bzw. genutzten Anteile der Walder an den Gesamtflachen der Kontinente variieren erheblich (Tab. 3-2 1). 1980 wurde geschatzt, dass jedes Jahr etwa 0,4 % der gesamten Waldflache (einschliesslich Savannen und Buschwalder) der Welt von ca. 4000 Millionen Hektaren, d.h. 16 Millionen Hektar, gefallt und nicht wieder aufgeforstet werden. Nach Angaben der Uno-Organisation F A 0 (Food and Agriculture Organization) nahm die Waldflache im Jahre 1995 in Wcsteuropa und Russland zu, aber in den USA leicht und in den Tropen stark ab; netto sol1 ein Zuwachs erfolgt sein. Der Holzbestand der Welt wird in Tonnen, Kubikmctem, Fest- und Raummetem bzw. bzw. "board feet" (1000 bd. ft. = 2,36 m3; fur "sawnwood") gemessen. Das Festmeter (Fm, fm) wird hauptslchlich fur Langnutzholz verwendet (E: round wood); es gibt 1 m3 feste Holzmasse ohne Zwischenraume an. Das Raummeter (rm) ist ein Schichtholzmass; ein mit Holzstucken ausgelegter Raum von 1 rm entspricht etwa 0,75 fm. Die Dichten von lufttrockenen Holzern variieren zwischen ca. 0,17 g/cm3 (Balsa) und 1,06 g/cm3 (Azobe). Tab. 3-21 Waldflachen in verschiedenen Weltteilen (1987). 1 Hektar = 10 000 m2.
Weltteil Totale Flache Asien Afrika
UdSSR
Lateinamerika Nordamerika Eumpa
Australien GrOdand Welt
Flache in Millionen Hektar Wald- Zugangliche Genutzte fiche Waldflache Waldfliche
Anteile in % Wald an Zuglngliche Genutzt an Total Waldllache zugaglich
4224 3034 2194 1974 1912 1057 788 215
500 700 738 1101 710 138 92 0
311 284 425 329 312 133 20 0
232 108 350 83 220 130 17 0
12 23 34 56 37 13 12 0
62 41 58 30 45 96 21 0
75 38 82 25 71 98 85 0
15398
3979
1814
1140
26
46
63
3.8. Holz
62 109 ,
5
1900
1920
1940
1960
- Jahr +
1980
2000
Abb. 3-4 Industrieller Verbrauch an Holz und Holzprodukten in den USA seit dem Jahre 1900 [lfl.
Der gesamte Holzbestand der Welt betragt etwa 140 Milliarden Festmeter, von denen jedes Jahr etwa 3 Milliarden Festmeter geschlagen werden und auch wieder nachwachsen. Ca. 40 % des Holzes wird weltweit als Brennholz benutzt. 60 % werden industriell verwendet, davon der grosste Teil als Bau- und Sperrholz. ZuverlWige Statistiken iiber den Anteil der einzelnen Verwendungen des Holzes in der Welt sind nicht vorhanden. In den USA blieb z.B. der Verbrauch an Bauholz (E: lumber) seit 1900 praktisch konstant (Abb. 3-4), obwoN die Bevolkerung von 1900 bis 2000 von ca. 72 Millionen auf ca. 280 Millionen anstieg. Der Verbrauch von Sperrund Fumierholz sowie von Holzstoff stieg dagegen standig an. Nach der Olkrise im Jahre 1973/74 nahm auch der industrielle Verbrauch von Holz als Brennstoff wieder zu.
3.8.2.
Naturholz
Holz ist leicht zuganglich und einfach verarbeitbar und wurde daher schon seit Urzeiten als Baumaterial verwendet. Da die Cellulosefasem im allgemeinen in Wachstumsrichtung der B h m e liegen, ist Holz in der Regel ein anisotropes Material mit verschiedenen mechanischen Eigenschaften in Faserrichtung (longitudinal) bzw. rechtwinklig dazu (vertikal). Eine Ausnahme ist z.B. das Guajak-Holz, dessen Fasem kreuz und quer liegen. Es wird wegen seiner schlechten Spaltbarkeit gem Pur Hauklotze verwendet. Holzer besitzen in Faserrichtung hohe Elastizitatsmoduln von (7- 14) GPa, die jene der Synthesefasem, Kunststoffe und Verbundwerkstoffe weit iibertreffen (Band IV). Die Moduln nehmen mit steigender Dichte der Holzer zu (abnehmendcr Anteil an Vakuolen und Feuchtigkeit) (Abb. 3-5, Einblendung). Die horizontalen bzw. vertikalen Zugfestigkeiten sind jedoch mit ca. (6-16) MPa bzw. (1-7) MPa weit niedriger als dic von Kunststoffen und Synthesefasern. Sie betragen z.B. bei den longitudinalen Zugkstigkeiten im Mittel nur 1/100 der longitudinalen Moduln statt fasertheorctisch ca. 1/10.
63
3. Rohsioffe
0
0
,"
a
::
b b
0
0
0
1
8
10
12
-Ell/ GPa +
14
8
10
12
-El,/ GPa
14 -+
Abb. 3-5 Mechanische Eigenschaften von kleinen, astfreien Stiicken von Hartholzern ( 0 )und Weichhdlzem (0)bei jeweils 12 % Feuchtigkeit nach statischen Biegeversuchen [8]. Links: Longitudinale Zugfestigkeiten als Funktion der longitudinalen Elastizitiitsrnoduln. Rechts oben: Longitudinale Elastizitlitsmoduln als Funktion der Dichte des Holzes. Rechts unten: Vertikale Zugfestigkeiten als Funktion der longitudinalen Elastizitiitsmoduln.
Bei gleichem longitudinalen Modul weisen Holzer von Laubbaumen meist grossere Zugfestigkeiten als diejenigen von Nadelbhmen auf (Abb. 3-5), doch gibt es auch Ausnahmen. Die vertikalen Zugfestigkeiten sind wesentlich geringer als die longitudinalen, und zwar bei Nadelbaumen niedriger als bei Laubbaumen. Wegen dieser allgemeinen Regel werden die Laubbaume auch als "Hanholzer" bezeichnet und die Nadelblume als "Weichhtilzer". Diese mehr historischen Bezeichnungcn haben jedoch weder etwas mit der H l n e der Htilzer noch mit deren Moduln und Festigkeiten zu tun. Die grossen Unterschiede in den longitudinalen und vertikalen Moduln und Festigkeiten fuhrten zur Entwicklung von Sperr- und Fumierholz (Kap. 3.8.4). Holz hat ausserdem eine Reihe von anderen Nachteilen, wie Quellung in Wasser, Brennbarkeit, Befall durch Pilze und Termiten sowie geringe Abriebfestigkeit. Durch Verkohlen oder Anstreichen der OberflBche bzw. durch TrPnken des Holzes mit Phosphaten, Chromaten oder Ammoniumsalzen hat man schon lange versucht, diese Nachleile zu beheben. Neuere Entwicklungen sind Pressholz (Kap. 3.8.3) und Polymerholz ( Kap. 3.8.5).
3.8.3.
Pressholz
Zur Herstellung von Pressholz wird Buchenholz maschinell vorgetrocknet. Anschliessend wird die gewunschte Form durch spanabhebende Verarbeitung oder durch Verleimen mehrerer Hdlzer geschaffen. Das Formstuck wird dann allseitig bei Driicken bis zu 300 bar und Temperaturen bis zu 150°C gepresst. Dabei sinkt das Porenvolumen auf praktisch null ab, und die Dichte steigt bis auf ca. 1,44 g/cm3 an.
64
3.8. Holz
Die Faserrichtung wird jedoch beibehalten. Druckfestigkeiten, Schlagzahigkeiten, Biegefestigkeiten usw. senkrecht zur Faserrichtung nehmen aber stark zu. Pressholz kann nur noch spanabhebend mit hohcr Schnittgeschwindigkeit bearbeitet, aber nicht mehr genagelt werden. Pressholz weist eine hohe Wechselbiegefestigkeit auf und wird daher z.B. fiir Fedem an Transportrinnen verwendet. In der Textilindustric wird es fur Schlagteilc und Lager eingesetzt, da es eine hohe Splitterfestigkeit besitzt und keine Schmierung erfordert. An den Faden haftcnder Schmutz wird zudcm in die Holzoberflachc stall in die Webware gepresst. H2mmer aus Pressholz verhindcm die Funkenbildung.
3.8.4.
Sperrholz
Natiirliche Htilzer besitzen wegen dcr Vorzugsrichtung der Cellulosefasem anisotrope Eigenschaften. Beim Sperrholz (E: plywood) wird dieses ungunstige Verhalten dadurch ausgeschaltet, dass eine ungerade ZaN dunner Holzplatten mit abwechselnden Faserrichtungen (meist 90") iibereinander gestapelt und dann unter Druck miteinander vcrleimt wird. Als Klebstoffe dienen Duroplaste, meistens Hamstof f h a r x cur Innenanwendungen und Phenol- und Alkydharze sowie Polyurethane fiir Aussenanwendungen. Anstelle von Holzplatten konnen auch Holzspane, Holzschnitzel usw. vcrwcndct werden. Zur Herstellung von Holzfaserplatten (E: fibcr board) wird Abfallholz zu Schnitzeln gehackt und rnit Hilfe von Wasserdampf unter Druck in der Wanne zu einem Brei verarbeitet. Nach Zusatz von duroplastischen Bindemittcln und Additiven (Flammschutz, SchPdlingsbekampfung) wird der Brei zu Platten gefonnt, gehartet und entwasscrt. Bei Holzspanplatten (E: chip board) werden ahnlich Holzspane rnit Kunstharzleimen heiss gepresst. Hartfaserplatten (E: hard board, moldcd fiber board) werden analog aus Schnitzeln von Ho1zabf;illen unter Zusatz von Duroplastcn untcr Druck und Hitze produziert; der Name hat nichts mit Hartfascm zu tun. Durch Aufleimen dunner Platten aus Edclholz auf Hartfaser-, Holzspan- odcr Holzfaserplatten bzw. Platten minderwertigcr Holzer mit Caseinleimen, Dispersionsklebstoffen oder Duromeren entstchen Furniere (E: veneers). Hanfdscrplattcn usw. werden auch oft mil Kunststoffplatten laminicrt.
3.8.5.
Polymerholz
Polymerholz (Kunstholz; E: polymer wood) ist ein mil synlhctischen Polymeren gefulltes Holz. Zu seiner Herstellung wird das Holz entgast und je nach Holzart rnit (3595) % eines Monomeren, cincr Monomer-Initiator-Mischung oder eines Prapolymeren beladen. Phenol-Formaldehyd-Harze ktinnen z.B. in das Lumen cindringen und dort auskondensiercn. Das so behandelte Holz ist warmcbcsthdiger und widerstandsfahiger gegen Faulnis. Die Zahigkeit wird jcdoch herabgesctzt. Alle anderen mechanischen Eigenschaften werden nicht becinflusst oder aber sogar vcrbessert. Solche impragnierten Htilzer werden z.B. fur Karosserieteile vcrwendet. Andere unter Abspaltung niedennolekularer Bestandteile verlaufende Polyreaktionen sind meist nicht gceignet, da die abgespaltenen Verbindungen nur schwierig aus dem Holz herausdiffundicren.
3. Rohstoffe
65
Die fur Polymerisationen geeigneten Monomeren sollen das Holz nicht quellen. Polymerisiert werden kbnnen sowohl ringfiirmige Monomere als auch solche rnit Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen.Die Polymerisation llsst sich je nach Monomer sowohl durch y-Strahlen als auch durch Peroxide, Redoxsysteme usw. auslbsen. Nicht alle Monomere eignen sich jedoch fur die Herstellung von Polymerholz. Poly(acrylnitril) ist z.B. im eigenen Monomeren unlbslich. Ausserdem ist seine Glastemperatur (Tc = 98°C) weit hliher als die Polymerisationstemperatur. Da das gebildete Polymere somit nicht zusammensintern kann, fiihrt die Flllungspolymerisation im Holz nur zu pulvrigen Ablagerungen und nicht zu einer kontinuierlichen Polymerphase. Beim Vinylchlorid besteht das gleiche Problem (TG = SlOC), ausserdem ist die Siedetemperatur des Monomeren zu niedrig ( T , = - 14°C). Vinylacetat ist ungeeignet, weil Poly(viny1acetat) eine zu niedrige Glastemperatur aufweist (TG = 32°C). Monomere rnit niedrigen G-Werten (vgl. Band I) brauchen ausserdem bei der Polymerisationsauslbsung rnit y-Strahlen zu hohe Strahlungsdosen. Die Auswahl geeigneter Monomerer ist daher nicht gross. Technisch verwendete man friiher Methylmethacrylat, Mischungen aus Styrol und Acrylnitril sowie ungesattigte Polyester (technische Bezeichnung fur Mischungen ungesattigter Polyestermolekule rnit z.B. Styrol oder Methylmethacrylat), wlhrend heute z.B. rnit Acrylgruppen modifizierte Melamine bevorzugt werden. Bei der Polymerisation werden die Monomeren vermullich teilweise auf die Cellulose bzw. das Lignin des Holzes aufgepfropft. Beim Besirahlen des Holzes mit y-Strahlen werden nlmlich nach Messungen der Elektronenspinresonanz sowohl bei der Cellulose als auch beim Lignin Radikale gebildet. Ausserdem ist nach der Polymerisation ein Teil des synthetischen Polymeren nicht mehr aus dem Holz cxtrahierbar. Diese Nichtextrahierbarkeit kann aber nicht von einer intermolekularen Vemetzung der polymerisierten Ketten stammen, da alle extrahierbaren Anteile unverzweigt sind. Bei einer derartigen Vemetzung musste man aber verzweigte Polymere als Vorstufe zur Vernetzung finden. Die radikalische Polymerisation wird durch Begleilslolfc des Holzes gehemmt. Das im Holz enthaltene Quercetin (3,3',4',5,7-Pentahydroxyflavon) geht z.B. unier der Wirkung von Sauerstoff in ein Chinon uber, das als Polymerisationsinhibitor wirkt. Diese unvermeidbare Inhibition wird durch eine geeignete Auswahl der Initiatoren uberspielt, z.B. durch Mischungen schnell und langsam zerfallender Initiatoren. Polymerholz hat gegenuber Holz verbesserte mechanische Eigenschaften. Es wird fur Fensterrahmen, Sportgerate, und Musikinstrumente sowie als Bootsholz eingesetzt. Parkettboden aus Polymerholz brauchen z.B. nicht mehr vcrsiegelt werden.
3.8.6.
Weichgemachtes Holz
Slgemehl (E: wood flour, wood meal, saw dust) wird durch Benzylieren mil Benzoylchlorid bzw. Benzylalkohol oder Behandeln rnit den enlsprechenden Lauroylverbindungen in eine Masse uberfuhrt, die durch Hcisspressen zu schwach gclben transparenten Filmen geformt werden kann. Slgesplne oder Slgemehle losen sich bei Temperaturen zwischcn 200°C und 250°C nach (30-180) min in Phenolen, Ketonen oder Alkoholcn. Es entstchen pastbse Lbsungen, die bis zu 70 % Holzbestandteile enthalten konnen.
66
3.8.7.
3.8. Holz
Holzschliff
Holz kann entweder mechanisch oder chemisch aufgeschlossen werden. Der seit 1874 bekannte chemische Aufschluss fuhrt zum Zellstoff (Kap. 3.8.8), der seit 1844/1845 praktizierte mechanische zum Holzschliff (E: wood pulp) oder mechanischen Holzstoff bzw. Pulpe (E: mechanical pulp), meist kurz Holzstoff genannt. Im Jahre 1987 wurden weltweit 32 Millionen Tonnen Holzstoff und 124 Millionen Tonnen Zellstoff gewonnen. Sowohl Holzstoff als auch Zellstoff dienen zur Papier- und Kartonerzeugung, Zellstoff auch fur die Fabrikation von Cellulosefasern (Rayon) und auf Cellulose basierenden Kunststoffen. Lignin fallt bei der Zellstoffgewinnung als Abfallprodukt an; es hat nur eine geringe Bedeutung als Chemierohstoff. Hemicellulosen aus Holz werden bislang nur wenig verwendet (Kap. 7.9). Zur Herstellung von Holzstoff presst man entrindete Stucke von Nadelholzern (meist Fichte) unter Wasserkuhlung gegen rotierende Schleifstcine, wobei aus dem Holz feine Flserchen herausgerissen und auch zertrummert werden. Der entstehende Holzschliff weist Flserchen von weniger als 0,2 mm Lange auf, dic praktisch die gleiche Zusammensetzung wie das zugrundeliegende Holz aufweisen. Holzschlilf wird meist zu Pappe und Karton verarbeitet; wegen der Kunfasrigkeit lassen sich kcine guten Papiere herstellcn.
3.8.8.
Zellstoff
Beim chemischen Holzaufschluss wird Holz mit SBurc oder Alkali behandelt. Dabei wird das Lignin entfernt und die Cellulose unter Abbau der Celluloseketten in Form kurzer Fasern als Holzzellstoff (Zellstoff; E: chemical woodpulp, pulp) gewonnen. Da die anderen Bestandteile des Holzes (Lignin, Hemicellulosen usw.) entfernt werden, bezeichnet man den Zellstoff fachsprachlich auch schlicht als Cellulose. Der Alkaliaufschluss ist universe11 anwendbar, auch auf Einjahrespflanzen (Bagasse, Stroh), die etwa (5-6) % des Zellstoffs der Welt liefern. Der Saureaufschluss lasst sich dagegen nicht auf alle Baume anwcnden, da manche Baume Gcrbstoffe und andere Substanzen enthalten, die im sauren Milieu mit Lignin kondensiercn und so den Aufschluss behindern. Beim Saure- oder Bisulfitprozess wird Holz einigc Stunden bei 14O-15O0Crnit Hydrogensulfiten gekocht, friiher mit Calciumhydrogensul fit (als Sulfitverfahren bezeichnet), neuerdings auch mit Natrium-, Magnesium- oder Ammoniumhydrogensulfit, und zwar rnit einem Uberschuss Schwefeldioxid (saure Bisulfitvcrfahren) odcr ohne (Bisulfitverfahren). Das unlosliche Lignin wird in losliche Ligninsulfosauren umgcwandelt. Die Hemicellulosen werden zu Mono- und Oligosacchariden hydrolysiert. Dic zuruckbleibende Cellulose wird in einem Defibrator (liegende Trommel rnit Speichen und Wellen) zerfasert und der entstehende Sulfitzellstoff anschliesscnd in einem Bleichhollander rnit CNor, unterchloriger Saure, Chlorkalk, Chlordioxid odcr Wasserstoffperoxid gebleicht. Bei den Alkaliprozessen unterscheidet man Soda- und Sulfitverfahren. Beim Sodaverfahren werden Hartholzer mit ca. 8 % Natronlauge unter Druck einige Stunden bei (40- 170)"C gekocht. Dabei entstehen Ligninphenolate, die in Form ihrer Natriumsalze aus dem gebildeten Natronzellstoff herausdiffundieren. Das Verfahren gibt dunkle, ligninreiche Ablaugen und wird nur noch wenig verwendet.
3. Rohstoffe
67
Beim Sulfat- oder Kraftverfahren kdnnen im Gegensatz zum Sulfitverfahren auch Nadelhdlzer, Sigemehl und harzreiche Hdlzer verwendet werden. Das Holz wird einige Stunden bei (165-175)OC mit einer Ldsung von Natriumhydroxid, Natriumcarbonat und Natriumsulfid gekocht, wobei vermutlich ein Teil der Hydroxylgruppen der Cellulose durch Sulfhydrylgruppen ersetzt wird. Diese in Alkali instabilen Mercaptangruppen spalten die Esterbriicken des Lignins und ersetzen sie durch Sulfidbriicken. Die Sulfide werden dann hydrolytisch gespalten, wobei das Lignin abgebaut und 1Uslich wird. Aus den Abgasen gewinnt man das terpentindlhaltige KiefemUl. Die Restlauge wird unter Zusatz von Natriumsulfat eingedampft. Aus diesem Grunde wird der Prozess Sulfatverfahren und der anfallende Zellstoff Sulfatzellstoff genannt. Sulfatzellstoff ist opaker und volumindser als Sulfitzellstoff und muss wie der letztere gebleicht werden. Da das Sulfatverfahren zu reissfesteren (”krlftigeren”) Papieren und Kartons fiihrt, heisst es auch Kraftverfahren. Beim Erhitzen des eingedampften Ruckstandes auf ca. 1150°C entsteht Kohlenstoff, der das Sulfat zu Sulfid reduziert. Das ausserdem anfallende Natriumcarbonat wird durch Kaustifizieren mit Calciumhydroxid in Natriumhydroxid umgewandelt, so dass das beim Sulfatverfahren verwendete Natriumhydroxid zum Teil wieder regeneriert wird. Der anfallende Zellstoff ist nicht reine Cellulose, da er im Gegensatz zur Baumwollcellulose noch einige Prozent niedermolekularer Hemicellulosen enthalt, meist Pentosane. Ausserdem sind stets Carbonyl- und Carboxylgruppen vorhanden. Zellstofffasem sind ein bis drei Millimeter lang und daher in der Regel zwar fiir Papiere verwendbar, nicht aber fur Textilfasem. Man stellt daher auf Langsiebmaschinen zuerst Zellstoffbdgen her, die dann zu Rayonfasem verarbeitet werden. Neuere Holzaufschlussverfahren bedienen sich entweder Ldsungsverfahren oder des Dampfexplosions-Aufschlusses. Kochen von Holzspanen in sauren oder alkalischen Ethanol-Wasser-Mischungen lost das Lignin, hydrolysiert die Hemicellulosen zu ldslichen Zuckem und transforrniert die unldslichen Cellulosefasem zu einem hochwertigen Zellstoff. Ein 2hnliches Verfahren arbeitet mit Phenol-Wasser-Gemischen. Bei den Dampfexplosions-Verfahren werden Holzspane fur kurze Zeiten (Sekunden bis Minuten) bei (200-300)”C hochgespanntem Wasserdampf von (35-70) bar ausgesetzt und der Dampf dann pldtzlich abgelassen. Die resultierende “Explosion” bricht die Bindungen zwischen Lignin und Cellulose. Anschliessend kann das Lignin mit Alkali extrahiert, die Cellulose enzymatisch zu Glucose hydrolysiert werden usw. Alle Verfahren sind noch im Versuchsstadium. Im Jahre 1987 wurden weltweit 124,l Millionen Tonnen Zellstoffe hergestellt, davon 94.2 Millionen Tonnen Sulfatzellstoffe, 11,5 Millionen Tonnen Sulfitzellstoffe und 15 Millionen Tonnen andere. 3,4 Millionen Tonnen Zellstoff wurden als Chemiezellstoffe zu Rayon, Celluloseacetat, Celluloseether usw. verarbeitet.
3.8.9.
Holzverzuckerung
Bei der Holzverzuckerung wird Cellulose zu Glucose hydrolysiert. Behandeln von Holz mit 38.5 %iger Salzsaure bei Zimmertemperatur fuhrt zu einem als Viehfutter verwendbaren polymeren “Trockenzucker“. Dieser Trockenzucker geht beim anschliessen-
68
3.8. Holz
den Behandeln rnit 10 %iger Essigsaure in ein Gemisch nicdermolekularer Zucker uber. Insgesamt werden so aus 100 kg trockenem Nadelholz ca. 31 kg Glucosc, 17 kg Mannose, 3 kg Galactose, 1 kg Fructosc, 5 kg Xylose, 2 kg Essigsaure, 3 kg Harz und 33 kg Lignin erhalten. Die Ausbeute kann durch Hydrolysc rnit (3-6) % Schwcfel- oder SalzsPure bei (140-18O)"C und (6-9) bar bis auf ca. 55 kg Glucose pro 100 kg Holz gesteigert werden. Das anfallende Lignin wird zur Energicgewinnung verbrannt. Nach einem neueren Verfahrcn kann die Cellulosc auch durch das Enzym Cellulase von Trichiderma viride hydrolysiert werden, wobei Glucose in einer Ausbeute von 50 % erhalten wird. Dazu muss jedoch das Holz ausserordentlich fcin gemahlen werdcn, da sonst die Lignocellulose nicht angegriffen werden kann. Die Holzverzuckerung zu Glucosc ist z . 2 nicht wirtschaftlich. In der Vergangenheit wurde die Glucose auch nicht direkt verwendct, sondcm zu Alkohol vergoren. Dabei gehen jedoch 49 % des Kohlenstoffs als Kohlendioxid verloren, so dass diese Alkoholgewinnung ebenfalls nicht sehr wirtschaftlich ist. Alkohol aus Kartoffcln und Getreide diente jedoch in der Vergangenhcit als Rohstoff f u r cine Rcihe von Monomeren. Auch die Umwandlung von Glucose in Fructose, Sorbose, Glyccrin odcr Hydroxymethylfurfural (= Hydroxymethyl-2-furaldehyd; Furan s. Kap. 6.3.7) ist z.Zt. nicht wirtschaftlich.
3.8.10. Holzvergasung Beim Erhitzen von Holz untcr Luftabschluss auf (300-5OO)"C entwcichen Holzgas, Wasserdampf und Holzessig, wahrcnd der Holzteer zuriickblcibt. Aus 100 kg Buchenholz werden 19 kg brennbares Holzgas rnit 49 % CO;?, 34 % CO, 13 % CH4 und je 2 % CH2=CH2 und H2 gewonnen. Im zwciten Wcltkrieg tricb man Kraftfahrzeuge mit Holzgas aus aufmontierten Holzvergasem an. Holzgas ist z.Zt. unwirtschaftlich. Der bei der Holzvergasung entstehende Holzessig verfliissigt sich in Kuhlem. Er ist eine whsrige Losung von 12 % Essigsaure und Homologen, 2 % Methanol, 1 % Aceton und Methylacetat und 10 % gelostem Teer. Die Essigsaure wird durch Versctzen mit Kalkmilch abgetrennt. Es verblcibt dcr Holzgeist, cin Gemisch aus Methanol, Aceton und Methylacetat, der friiher einc wichtige Quelle fur Methanol war. Holzteer wird in Mengen von ca. 130 kg pro Tonne lrockenes Holz crhalten. Er Fdllt bei den einzelnen Aufbereitungen in verschiedcnen Fraktioncn an. Jc nach dcm Holz wird er bzw. die aus ihm gewonncnen O1c fur vcrschicdcne Zwccke verwcndet: als Binde- und Dichtungsmittel fur Holzschiffc und Dachpappen sowie als Rauchermittel fur Fleischwaren (Buche), als KienSl aus dem Kicntecr dcr Nadelholzer in Lacken und Olfarben (Nadelholzer), als Birkentccrol zum Hcrstellcn von Juchtenleder usw. Kienol erhllt man durch Extraktion der Wuneln toter Nadelholzcr (Kap. 3.9). Durch Kochen von Holz mit Kohlenmonoxid und Wasser bci (3.50-400)"C und Driicken bis zu 300 bar in Gegenwart von Katalysatorcn crhalt man Ole. Das Vergascn von Holz in Gegenwart von Wasserstoff bei (300-800)"C und Driickcn von (30-100) bar liefert hauptsachlich Methan. Durch Vergascn bei Tcmpcraturcn bis zu 1000°C entsteht Synthesegas. Die Ausbeuten sind aber rccht gcring: aus 1000 t Holz cntstchen ca. 52 t Ethen, 8 t Acetylen, 5 t Propan, 18 t Benzol und 3 t Toluol. Bci der Holzvergasung im elektrischen Lichtbogen bei (2000-25OO)"C werden bis zu 15 % Acetylcn gebildct. Alle diese Verfahren sind jedoch zur Zeit unwirtschaftlich.
69
3. Rohstoffe
3.9.
Lignine
Als Lignin wird in der Holztechnologie der durch verdiinnte S2uren oder organische Ltisungsmittel nicht ltisbare Anteil des Holzes definiert (L: lignum = Holz). In Pflanzen ist Lignin hauptslchlich in den Lamellen konzentrierl, von wo aus die Ligninbildung allmihlich in die primlren und sekundaren Zellwande voranschreitet. Der Ligningehalt kann z.B. von 14 % bei Jute bis 50 % bei Borken reichen (vgl. auch Tab. 3-20). In der Chemie bezeichnet man als Lignine eine Gruppe von hochmolekularen, amorphen Substanzen mit hohem Methoxylgehalt, die sich von den drei trans-Monolignolen p-Cumarylalkohol, Coniferylalkohol und Sinapylalkohol ableiten: Rl R2 -
HO
OH
-
H
H
p-Cumarylalkohol
H
OCH,
Coniferylalkohol
OCH, OCH,
R2
Sinapylalkohol
Lignin entsteht aus diesen Monolignolen durch dehydrierende Polymerisationen, die durch an die Zellwand gebundene Peroxidasen katalysiert werden (Band I). Diese Reaktionen erfolgen statistisch; es bilden sich vemetzte Polymere sehr komplexer Struktur (Abb. 3-6). Lignin hat daher keine definierte Struktur; es Iasst sich giinstigenfalls die Zusammensetzung an Grundbausteinen sowie deren mittlere Verkniipfung angeben.
0
$90cH \3 U
3
0
q I
OCH3
Abb. 3-6 Schematische Darstellung cines Lignins aus Nadelbiiumcn.
70
3.10. Naturharze
Die Lignine von Nacktsamem (Gymnospermen; Nadelblumen) weisen praktisch nur Coniferyl-Einheiten auf, die von Bedecktsamem (Angiospcrmen; Laubbaumen) sowohl Coniferyl- als auch Sinapyl-Gruppen und die von Grascm alle drci Monolignole. Je nach Pflanze innerhalb dieser Gruppen unterscheidcn sich dann dic Lignine noch in der Verknupfung ihrer Grundbausteine. Beim Aufschluss der Holzer wcrden ausserdem j e nach Verfahren verschiedene Bindungen gebrochcn. Die verschicdenen Lignine bezeichnet man daher sowohl nach ihrer Herkunft (Tannenlignin, Birkenlignin usw.) a k auch nach ihrer Isolierung (Kiefer-Kraft-Lignin, Tannen-Dioxan-Lignin usw.). Jedes Jahr werden beim chemischen Holzaufschluss mindestens 50 Millionen Tonnen Lignine gewonnen, und zwar entwcder als Sulfat- oder Kraft-Lignine von Alkali-Aufschlussen oder als Ligninsulfonate aus dem Sulfit-Vcrfahrcn (Molmassen zwischen 4000 dmol und 100 OOO dmol). Die eingedickten Ablaugcn aus dem Kraft-Verfdhren ("black liquor") werden verbrannt, um die Warmebilanz dcr Zellstoff-Fabriken zu verbessem. Das eingesetzte Alkali wird wiedcrgcwonnen; beim Eindickcn entstchen jedoch wasserverschmutzende lCisliche Sulfide. Bcim Sulfit-Vcrfahrcn ficlen die Ligninsulfonate ursprunglich als Calciumsalze an, dic nicht verbrannt werdcn konntcn und einfach ins Wasser eingeleitet wurden. Heute wcrden sie in die Natrium-, Ammonium- oder Magnesiumsalze uberfuhrt, die beim Vcrbrcnnen die wiedcrvcrwendbaren Vcrbindungcn NaOH, NH3 bzw. Mg(OH)2 geben. Weltweit werden uber 1 Million Tonncn Lignin isolicrt und weitcr verwcndet. Kleine Mengen eingedickter Sulfitablaugen dienen als Strasscnbclage, als Bindemittel fur Giessereiformen sowie als Flotations- bzw. Bohrhilfsmittcl. Abbauproduktc des Lignins werden auch in kleineren Mengen fur die Synthcsc von loncnaustauschcm, Lackrohstoffen und Kunstharzen eingesetzt. Noch klcincrc Mcngcn Lignin wcrdcn durch Kalischmelze, Zinkdestillation, Oxidation usw. zu organischcn Zwisclicnproduktcn wie Gallussaure, Vanillin, Syringaaldehyd usw. abgcbaut. In der Natur wird Lignin durch dcn weisscn Modcrpib Phanerochaete chrysosporium abgebaut. Dieser Pilz sondcn das Enzym Ligninase ab, dcr das Lignin totcn Holzes chemisch abbaut. Das Endprodukt diescs Abbaus ist Kohlcndioxid. Es ist abcr nicht Mar, welche Zwischenprodukte entstehcn. Lignin besitzt j a Baustcine, dic einigcn Umweltgiften sehr ahnlich sind (Dioxinc, PCB, Lindan, DDT, Bcnzpyran usw.).
3.10.
Naturharze
Unter "Harzen" versteht man fcstc bis halbfcstc Substanzcn mcist amorphcr Struktur, die wegen ihrer rccht niedrigen Molmassen und vcrhiiltnismassig hohen Glastempcraturen in der Regel muschelanig brcchen. Als N a t u r h a r z e (E: natural resins) bezeichnet man unabhPngig von ihrer chemischen Struktur und Hcrkunft alle naturlich vorkommenden Produkte mit diesen Eigenschaftcn, 2.B. Olcoharx von Baumsaftcn, Insektenabscheidungen, Schcllack sowie einige mincralischc Kohlcnwasscrstoffe. Da die fruhen synthetischen Polymeren ebenfalls nicht amorph und glasartig und nicht sehr hochmolekular waren, wurdcn sic analog synthetische H a r z e odcr K u n s t harze genannt. Der Name wird im Deutschcn noch l u r Duroplastc vcrwendct, genauer, fur die Prapolymeren vor ihrer Vcrnctzung zu duroplastischcn Masscn.
3. Rohstoffe
71
Im Englischen bezeichnet "resin" dagegen ein synthetisches Polymer oder Oligomer, das als Rohstofi fur Kunststoffe, Lacke, Druckfarben usw. verwendet wird. Es umfasst ausser Reaktionsharzen und Giessharzen auch technische Harze und sogar Thermoplaste. Diese "Harze" sind also Substanzen nach denen zu ihnen fuhrenden Polyreaktionen, aber vor Formulierungen und Ausriistungen (Thermoplaste, Duroplaste, Lacke usw.) bzw. splteren Vemetzungen (Duroplaste usw.). Nylon ist z.B. ein solches "resin". Ausser "Harz" sind noch andere Namen gebrauchlich, z.B. Resina, Balsam und Gummi. Die Uberglnge zwischen diesen Gruppen sind fliesscnd; man unterschcidet
.
H a r t h a r z e oder Resinae. Ein Resina ist bei Raurntemperatur hart und sprtide. Zu den Resinae gehtiren z.B. Dammar, Kolophonium, Kopal und Mastix. Frisch geemtete Harze werden rezente Harze genannt. Ein fossiles Harz ist z.B. Bernstein. Weichharze oder Balsame (hebraisch: basam = angenehm). Die Weichharze sind entweder flussige Harze oder Ltisungen der Harzc in etherischen Olen. Beispiele sind Styrax, Terpentin und Tolubalsam. Schleimharze oder Gummen. Das Wort "Gummi" hat zwci verschiedcne Bcdeutungen. "Das Gummi" (Mz.: die Gummen) ist ein Pllanzenexsudat, das an der Luft erhlrtet, "der Gummi" (Mz.: die Gummis) dagegen ein vulkanisierter Kautschuk. Beispiele fur Gummen sind Gummi arabicum, G. copal, G . mastix und G. tragacantha (Kap. 7). Beispiele fur Gummis sind vemetzter Naturkautschuk und vemetzte Balata. Tierische Harze, z.B. Schellack.
Die Naturharze sind Gemenge verschiedener Substanzen, die sich von Diterpenen und manchmal auch von Triterpenen und Sesquiterpenen ableiten. Wichtige Bestandteile sind Harzsluren (friiher: Resinolsauren; E: resin acids, rosin acids), Harzalkohole (Resinole), Ester dieser Sauren und Alkohole (Resine), dcren ungesattigte Abktimmlinge (Resene), gerbstoffanige Phenolderivate (Resinotannolc) usw. D a m m a r h a r z e (E: dammar resins) sind eine Gruppc von Haricn, dic durch Anritzen des in Sudostasien wachsenden Dammarbaums und anderer Shorea-Arten gewonnen werden. Sie werden als Bindemittel fur Schutzuberziigc, als Klebstoff fur Theaterfrisuren usw. verwendet. Weisses bzw. hartes Dammarharz ist dagegen die Bczeichnung fur Kopale, halbfossile Harzbrocken baumartiger Schmetterlingsblutler, dic in sandigen Kustenslreifen der Tropen gefunden werden. Diese Harzc wurden fruhcr als Bindemittel fur Ollacke verwendet (Kopallacke). Bernstein (E: amber) ist ein fossiles Ham aus Nadclblurnen dcr Tcrliarzeit, dessen Hauptfundgebiet sich in der kurischcn Nehrung befindct. Es wird f u r Schmuckstucke verwendet; aus ihm wurde friiher auch Bemsteinlack hcrgcstcllt. Als Naval Stores bezeichnele man in der amerikanischen Kolonialzeit die zum Abdichten der htilzernen Schiffe verwendeten Harze und Peche. Heute vcrsteht man darunter alle Harze und Olprodukte aus Kiefem, z.B. Kicfcmol (Kap. 3.8.10), Kolophonium, Tall61 und Terpentintil. Kolophonium (E: rosin) ist ein Hartharz aus dem Harz von Kiefernstamrnen (Terpentin; E: turpentine), dem Wunelhan von Kicfcrnstubbcn und hauptsachlich aus dem als Nebenprodukt beirn Sulfat-Zellstoffvcrfahren anfallcndcn Tall61 (schwedisch: tall = Kie-
12
3.10. Naturharze
fer). Der Name stammt von der antiken kleinasiatischcn Stadt Kolophon (in der Nahe von Ephesos), in der Harze destilliert wurden. Dic Wasserdampfdestillation von Terpentin und Tallol liefert Kolophonium; Wurxlharie werden mit Kohlenwasserstoffen oder Ketonen extrahiert. Die Weltproduktion belauft sich auf uber lo6 Tonncn pro Jahr, wovon uber 400 000 t aus der Volksrepublik China stammen und der Rest hauptsachlich aus den USA (aus Wurzel- und Tallharz), Russland und Portugal. Kolophonium ist ein komplexes Gemisch aus Monocarbonsauren alkylierter C20Hydroxyphenanthrene, hauptsachlich Abietinsaure und Pimarsaure:
Abietinsaure
Pimarsaurc
Kolophonium wird fur Harzlacke, Papierlcime, Druckfarben, Sikkativc, druckempfindliche Adhasive verwendet, zur Modifizierung von Kunstharzen, als Glasurmittel fur ger6steten Kaffee usw. Mastix (E: mastic; G: mastiche = Pistazienhan.) wird durch Anriticn ciner Pistazienart gewonnen. Es dient fur Gemalde- und Photolacke, Kal'fceglasurcn und Uberiuge von Lebensmitteln sowie zum Harzen griechischer Weine (Rctsina). Schellack ist die gereinigte Form des Lac-Hams, das von dcr Lackschildlaus (Kerria lacca, friiher Tachardia lacca) als Schutzhulle fur die auf indischcn Wcichholzbaumen abgelegten Eier produziert wird. Der sog. Stocklack wird von den Baumen abgekratzt, gemahlen, mit Wasser oder verdunntcr Soda-Losung cxtrahiert und getrocknet, evtl. auch gebleicht. Schellack ist das einzige bekannte kommcrziell verwertetc Naturharz auf tierischer Basis. Der handelsubliche Schellack besteht aus ca. 94 % Harz, 5 % Wachsen und 1 % eines im Stocklack bereits enthaltenen Farbstoffes, der dcm Schellack scinc rote Farbe gibt. Das Harz ist eine Mischung aus Abkommlingen vcrschicdcner Polyhydroxysauren, hauptsachlich von Derivaten dcr Aleurinsaure HO(CH2)~CH(OH)CH(OH)(CH2)7COOH (= Trihydroxypalmitinsaure) und der Schellolshre C13H 16(OH)2(COOH)2. Die relativen Molmassen betragen (1000-1500) g/mol; sic sind damit f u r ein Naturharz ziemlich hoch. Beim Erhitzen kann Schellack k u n e Zeit thermoplastisch verarbeitet wcrden, dann setzt eine vernetzende Polyreaktion ein. Aus Schcllack werdcn ausgczcichncte Firnisse fur Holzwaren erhalten. Mit Baumwollflocken, Russ und minerdkchen Fullstoffen versehener Schellack diente auch fur die ersten Schallplatccn. Alle anderen Naturharze erfordem im Gegensatz zu Kolophonium und Schellack nur geringfugige Aufbereitungs- und Reinigungsschrittc. Die Gcwinnung allcr Naturharze ist jedoch sehr arbeitsintensiv und Hane wie Dammar, Kopal, Mastix usw. werdcn daher zunehmend durch synthetischc Harze ersetzt. Auch hcute wcrden jcdoch noch viele Gummen als Verdicker fur Lebcnsmittel sowie als Schutzkolloide in Kosmetika verwendet (Kap. 7 und Band IV).
73
3. Rohstoffe
3.11. Fette und fette Ole Fette und fette Ole sind feste bis flussige Pflanzen- und Tierprodukte, die chemisch im Wesentlichen aus gemischten Glycerinestem hiiherer Fettsauren mit gerader Kohlenstoffzahl bestehen. 80 % der Fette und fetten Ole dienen zur Emahrung; 14 % werden jedoch fiir chemische und technische Zwecke verwendet. Fettsiuren ktinnen gesattigt, mono-ungesattigt oder mehrfach ungesattigt sein. Fur technische Zwecke unterscheidet man im Allgemeinen zwischen trocknenden Olen mit hohen Gehalten an Linolen- und Linolsaure (Iodzahl > 170), halbtrocknenden Olen mit hohen Anteilen an Linol- und Olsaure (Iodzahl 100-170) und nichttrocknenden Olen mit hohem Olsauregehalt (Iodzahl < 100). Die Iodzahl ist ein Mass fur die Ungesattigtheit; sie gibt die Gramm aufgenommenes Iod pro Gramm Substanz an. Trocknende Ole besitzen hohe Gehalte an dreifach ungesattigten Fettsauren (Tab. 322). Zu ihnen gehort das Leinol aus den Samen der Flachspflanze (Linum usitatissimum), das Holztil (Tungol) aus den Samenkemen des Baumes Aleurites fordii, sowie Hanfiil, Mohndl, NussG1 und Perillaol. Halbtrocknende Ole sind reich an einfach- und doppelt-ungesattigten Fettsauren. Beispiele sind Sojaol aus den Samen der Sojabohne Glycine mux(L) Merrill, Baumwollsamenol, sowie Bucheckemol, Maisol, Rubol und dehydriertes Ricinusol. Nichttrocknende Ole enthalten gesattigte und einfach-ungesattigte Fettsiuren, z.B. Erdnussbl, Olivenol und Ricinusol (aus der Pflanze Ricinus communis). Von diesen Olen werden erhebliche Mengen produziert, ausser den in Tab. 3-20 angegebenen Mengen im Jahre 1980 z.B. 3.106 t Erdnussol, 5,8.106 t Sonnenblumentil, 3,3.106 t Raps61 (1990: 8,1.106 t), 1,6.106 t Olivenol, 4,4.106 t Palmol (1990: 10,6.106 t) und 0,6.106 t Palmkemol (1990: 1,3.106 t) usw., alle mit z.T. stark steigender Tendenz. Tab. 3-22 Mittlere Zusammensetzung von einigen trocknenden, halbtrocknenden und nichttrocknenden &en an FettsBuren R(CH2)7COOH: Leinol (L), Holzol (H), BaurnwollsarnenBl (B), Sojab1 (S), RicinusSl (R), Kokos6l (K). Trans-Doppelbindungen sind mit markiert, alle anderen sind cis. Fettstiure Trivialname
Caprylsllure Caprinstiure burinshe Myristinstiure Palmitinsiiure Stearinsllure Palmi tinolslure Olstiure Ricinolstiure 9,ll-Linolsllure 9,12-Linolsllure Linolensllure Oleostearinstiwe ErUca.alm
Anteile in Massenprozent Trockn. Halbtrockn. Nichttrockn. L H B S R K
Substituent R
H H(CH2)2 H(CHZ)4 H(CH2)6 H(CH2.8
H(CH2)10 H(CH2)6CH=CH H(CHz)&H=CH H(CH2)6CH(OH)CH2CH=CH H(CH&,CH=CHCH=CH H(CH2)5CH=CHCH2CH=CH H(CH2)2(CH=CHCH2)2CH=CH H(CH2)dCH A CHCH A CHCH=CH H(CH2)gCH=CH(CH2)4
Weltproduktion in Millionen Tonnen (1980) (1990)
I 29 4 2 24
6 6 44 18 11 4
2
11
1
6
25
I 81
I
40
51 9
3
2
0 , I l 3,06
14,l
6 4
4 1
22
8
16 52
4 3 80
aus Rapsol 0,87
16,9
0,34 2,94
74
3.11. Fette und ferre o l e
Trocknende Ole autoxidieren wegen ihrer Struktur mit Luftsauerstoff unter Zusatz katalytisch wirkender Metallsalze wie z.B. Cobaltnaphthenat oder Manganlinoleat (sog. Trockner). Die Oxidation fiihrt zur trans-Isomerisierung, zum Spaltcn von KohlenstoffKohlenstoff-Bindungen unter Bildung fluchtiger Produkte und schliesslich zur vemetzenden Polymerisation. Eine in Abwesenheit von Sauerstoff in der Warme erfolgende Polymerisation gibt Produkte rnit hoherer Alkalibestandigkeit. Das "Trocknen" dieser Ole ist daher kein physikalischer Prozess, sondem das Resultat einer Reihc chemischer Reaktionen, bei denen ein 0 1 in einen Festkorper ubergeht. Ole werden jedoch nicht nur direkt verwendet, sondem auch chemisch in Monomere fur synthetische Polymere umgewandelt. Solche Ole werden aus Ricinus, Soja, Reis, Crambe und Raps gewonnen. Ricinusol (E: castor oil) kann z.B. alkalisch oder thermisch gespalten werden. Die Alkalispaltung des RicinusBls bzw. der Ricinolsaure (I) fuhrt zur Sebacinsaure (11): (3- 14)
+H(CH,)$HCH,
H(CH&jyHCH,CH=CH(CH,),COOH
OH
I
+ HOOC((CH,)&OOH
II
OH
Zur thermischen Spaltung wird Ricinusol zunachst durch Methanolyse in Methylricinolat (111) uberfuhrt, da dieses rnit weit grosseren Ausbeuten thermisch spaltbar ist als RicinusBl selbst. Bei der bei 550°C rnit kurzen Verweilzciten ausgefuhrten Pyrolyse entstehen Heptanal (Enanthol (IV)) und Methylundecenat (V): (3-15)
III
O. H
(CH,),COOCH,
.
Iv
0
V
'(CH,),COOCH,
Der Undecensauremethylester (V) wird verseift. Die cntstchende Undecensaure setzt sich unter dem Einfluss von Peroxiden odcr Licht in einer Anti-Markownikoff-Reaktion rnit Bromwasserstoff zur 11-Bromundecansaure Br(CH2)loCOOH um. Die Reaktion der 1I-Bromundecansaure rnit Ammoniak fuhrt zum Ammoniumsalz dcr 1 1-Aminoundecansaure, aus dem durch Ansauem die freie Saure NH2(CH2)loCOOH freigesetzt wird. Die 1 I-Aminoundecansaure wird dann zum Polyamid 1 1 HtNH(CH2)loC04$H polykondensiert (Kap. 4 und 9). Die Methanolyse von Sojaol (E: soy bean oil) liefert die Methylestcr der zu Grunde liegenden Fettsauren. Die reduzierende Ozonolyse dieser Ester fuhrt zum C9- Aldehydsauremethylester. Dieser Ester wird weiter rnit Ammoniak und Wasscrstoff zurn Aminoester umgesetzt und dann weiter zur 9-Aminononansaure verseift, dcm Monomeren fur das Polyamid 9: (3- 16)
H(CH,)sCH=CHCH,CH=CH(CH,),COOCH,
+ NH,, + H,
a
NH,(CH,),COOCH,
CHO(CH,),COOCH,
-
+ H20 CH,OH
NH,(CH,)&OOH
75
3. Rohsroffe
Aus der Olsaure des Reis(keim)ols (aus Reiskleie) entsteht durch Ozonolyse die Pelargonslure und die Azelainsaure (Monomer f i r das Polyamid 6.9):
Die Pflanze Crambe abyssinica enthalt ca. 55 % Erucasaure, aus deren Methylester durch Ozonolyse der Monomethylester der Brassylsiure gewonnen wird. Behandeln dieses Esters mit Ammoniumhydroxid/Schwefeloxydichloridliefert das Nitril, das d a m zum Amin hydriert wird, dem Monomeren fur Polyamid 13: (3-18)
H(CHz)&H=CH(CH2)11COOCH3
+ CH300C(CH2)1lCOOH + CH300C(CH2)1lCN
+ HOOC(CH2)12NH2
Rapsol erhalt man durch Pressen der geschroteten Samen des Raps; der anfallende Rapsschrot dient als Viehfutter. Durch Umestem mit Methanol wird das Glycerin entfemt. Die entstehenden Methanolester der im Rapsdl enthaltenen Fcttsauren werden als Motorentreibstoff verwendet (Biodiesel). Altere Rapssorten waren fur Mensch und Vieh nicht gut brauchbar, weil sie gesundheitlich bedenkliche Bitterstoffe enthielten. Neuere Rapssorten sind arm an Erucasaure und Glucosinolaten und liefem ein f i r Margarine geeignetes 0 1 (E: canola oil).
3.12.
Biomasse
Als Biomasse wird die Gesamtheit pflanzlicher Produkte vom Holz uber Getreide bis zu Futterpflanzen und deren Abbauprodukten verstanden. Sie stellt eine nahezu unerschtipfliche Rohstoff- und Energiequelle dar. In jedem Jahr werden auf der Landfllche der Erde ca. 170.109 Tonnen Biomasse erzeugt und wieder vernichtet und im Meer weitere 750.109 Tonnen. Nur ca. 0,7 % werden davon fiir menschliche Zwcckc bcnutzt, und zwar weit uberwiegend direkt oder mit kleineren Abwandlungen als Nahrungsmittel, Werkstoffe oder Energietrager. Nur ein sehr kleiner Teil dient als Rohstoffquelle. Als brauchbare Quelle f i r Rohstoffe bieten sich neben Fetten und Olen vor allem Zucker an, welche im Prinzip aus einer riesig grossen Zahl von Pflanzen bzw. dcnen in ihnen enthaltenen Sacchariden und Polysacchariden erzeugbar sind (vgl. dazu Kap. 3.1.1). Schon jetzt werden in kleinem Umfang Hemicellulosen (Kap. 7.9) genuizt. Hemicellulosen aus Maiskolben (E: corn cobs) und anderen pflanzlichen Abfallprodukten liefem bei der Hydrolyse Pentosane, z.B. Xylose (I), aus denen mit verdunnter Schwefelshre Furfural (11, "Furfurol") entsteht. Die Pyrolyse von I1 bei 400°C fuhrt zu Furan (111), das bei 125°C unter Druck zum Tetrahydrofuran (IV) hydricfl wird:
- co
(3-19) HO HO I
CHO
0 II
CHO
N
76
3,I 2, Biomasse
Tetrahydrofuran (IV) ist das Ausgangsmaterial fur eine Reihe von Monomeren. Die Hydrolyse von IV gibt 1,4-Butandiol. Das Behandeln von Tetrahydrofuran mit Chlorwasserstoff fuhrt zum 1,4-Dichlorbutan Cl(CH2)4C1, das in das entsprechende Dinitril uberfuhrt wird. Die Hydrierung des Dinitrils NC(CH2)dCN resultiert in 1,6-Hexamethylendiamin, HzN(CH&NH2. einem Monomeren fur z.B. Polyamid 66. Aus Glucose (aus z.B. Cellulose) wird in Versuchsmengen mit genetisch modifizierten Bakterien nach dem Reaktionsweg (3-20) Chinasaure (E: quinic acid) produziert, wobei der Weg zur 3-Dehydroshikimisaure blockiert wird. Chinasaure wurde bislang aufwendig aus Pflanzen isoliert. Im Prinzip kann man Chinasaure mit Mn02 zu Hydrochinon bzw. Benzochinon oxidieren. Von der 3-Dehydroshikimisaure fuhren einerseits Wege zu den aromatischen L-a-Aminosauren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan und andererseits zu Catechol und weiter zu Adipinsaure. Es ware auch denkbar, entsprechend dem biochemischen Reaktionsweg zu Coniferylalkohol und Lignin von Glucose aus uber Shikimisaure und Prephensaurc zu p-Hydroxyphenylpymvinsaure HO(p-C6H4)CH2COCOOH zu gelangen (Band I, G1.( 14-29)). Bei all diesen Synthesen ist jedoch grosstechnisch hinderlich, dass die Reaktionsmischung nur 5 % Produkt enthalt. Die 95 % Abfallwasser enthallen noch Mikroorganismen; sie sind entsprechend aufwendig zu entsorgen bzw. aufzuarbeiten. (3-20)
?H
OH
H2°3P?
OH
OH
D-GIUCOS
D-Erythrose-4-phosphat
1DAHP-Synthase 3-Desox y-D-arabinoheptulosonsaureOH 7-phosphat (DAHP)
1DHQ-Synlhase
& 3-DehydrOshilumisaure
OH
1
1Chinasiiurcdchydrmse
cx:: Catechol
HO.,,, COOH
Ho...(loH+ OH Chinasaure
6Q
OH Hydrochinon
0 Benzochinon
77
3. Rohstoffe
Anhang zu Kap. 3: Bruttosozialprodukt und Bruttoinlandprodukt Das Bruttosozialprodukt BSP (E: gross national product, GNP) gibt den Marktwert aller Guter und Dienstleistungen an, die von den juristischen und naturlichen Personen einer Nation in einer bestimmten Zeitperiode erzeugt werden. Es schliesst somit auch die Leistungen von Produktionsstatten ein, die eine Firma im Ausland unterhalt. Der Verbrauch an Primlrenergie einer Nation sollte daher nicht auf das Bruttosozialprodukt, sondem auf das Bruttoinlandsprodukt BIP bezogcn werden (E: gross domestic product, GDP), also dem Marktwert aller im Inland erzeugten Guter und Dienstleistungen. BSP und BIP sind bei allen Nationen nach Gl.(A 3-1) miteinander vcrknupft. Das Verhiltnis BSP/BIP nahm im Jahre 1997 mit steigendem Bruttosozialprodukt linear zu: (A 3-1)
BSP/BIP = 0,381 + 2,97.1e5 (BSPhapita)
(A 3-2)
capita/BIP = 3.15.10-5
+ 0,349 (capita/BSP)
(ohne USA; CD = 0,964) (ohne USA; CD = 0,983)
Das Bruttosozialprodukt ist bei den folgenden Landem grosser als das Bruttoinlandsprodukt: Schweiz (BSP/BIP = 1,60), Japan (1,56), Danemark (1,34), Norwegen (1,32), Schweden (1,28), Deutschland (1,27), Finnland (1,21), Osterreich (1,19), Frankreich (1,17) und Niederlande (1,14). Es ist kleiner als das Bruttoinlandsprodukt von Mexiko (0,43), der Turkei und von Ungam (‘je 0,46), von Polen (0,48), Sud-Korea (0,69), Irland (0,86), Griechenland (0,81), Kanada (0,83), Spanien (0,91) und ltalien (0,96). Die Daten der Drittweltl2nder sind leider nicht bekannt. Ein Wen von BSP/BIP = 1 wird bei BSP/capita = 20 842 $ erreicht, was etwa dem Wert fur das Vereinigte KBnigreich entspricht (BSP/BIP = 1,Ol). Bei den U S A tritt dieses Verhlltnis jedoch bei einem zu hohen Bruttosozialprodukt von $ 29 118 statt $ 20 842 auf, was vermutlich auf den Wechselkurs des Dollars zuriickzufuhren ist.
0 10000 20000 30000 40000 50000 JSLhrliches Bruttosozialprodukt in US-Dollar pro Kopf Bevolkerung
Abb. A 3-1 Verhlltnis von Bruttosozialproduktzu Bruttoinlandsprodukt verschiedener Staaten als Funktion des Bruttosozialproduktes(1997). Daten von [ 1 b]. Die Bruttosozialproduktebetragen bei den meisten hochentwickelten Staaten ca. 25 OOO $ pro Kopf und Jahr. Sie sind bei Zweitwelthdern ca. um den Faktor 10 und bei Drittweltlmdern ca. urn den Faktor 100 tiefer.
78
Literatur zu Kap. 3
Eine 2hnliche Beziehung ergibt sich, wenn das Bruttosozialprodukt stat1 auf das Bruttoinlandsprodukt nunmehr auf das fur die Kaufkraft bereinigte Bruttosozialprodukt bezogen wird (E: GNP on purchasing power parity basis), fur das mehr Daten vorliegen (Abb. A 3-2). Die Steigung ist etwa gleich, die Streuung ist jedoch weit grosser.
0 10000 20000 30000 40000 50000 J2hrliches Bruttosozialprodukt in US-Dollar pro Kopf Bevolkerung Abb. A 3-2 Verhaltnis des Bruttosozialproduktes zum auf die Kaufkraft bezogenen Bruttosozialprodukt verschiedener Staaten als Funktion des Bruttosozialproduktes (1997). Daten von [ I a).
Literatur zu Kap. 3 3.1. UBERSICHT F.A.Lowenheim, M.K.Moran, Industrial Chemicals, Wiley, New York, 4. Aufl. 1975 K.Weissermel, H.-J.Arpe, Industrielle organische Chemie, Verlag Chemie, Weinhcim, 3. Aufl. 1988; 5. Aufl. 1998; Industrial Organic Chemistry: Important Raw Materials and Intermediates, Verlag Chemie, Weinheim, 1. Aufl. 1978, 3. Aufl. 1998 R.N.Shreve, I.A.Brink, jr., Chemical Process Industries, McGraw-Hill, New York, 4. Aufl. 1977 M.Seefelder, ErdoI, Erdgas und Kohle als Grundstoffe der chemischen Industrie, Gluckauf-Verlag, Essen 1979 D.G.Altenpoh1, Materials in World Perspective, Springer, Berlin 1980 H.A.Wittcoff, B.G.Reukn, Industrial Organic Chemicals in Perspective, Wilcy-Intcrscience, New York 1980 (2 Tle.) H.Ulrich, Raw Materials for Industrial Polymers, Oxford University Press, New York 1988; Hanser, Miinchen 1988 W.Buchner, R.Schliebs, G.Winter, K.H.BUche1, Industrial Inorganic Chemistry, VCH, Weinheim 1989 -,Industrial Organic Chemicals. An Ullmann's Encyclopedia, Wiley-VCH, Weinhcim 1999 (8 Bande) 3.2. ENERGIE J.T.McMullan, R.Morgan, R.B.Murray, Energy Resources and Supply, Wiley, London 1976 D.N.Lapedes, Hrsg., Encyclopedia of Energy, McGraw-Hill, New York 1976 D.A.Tillman, Wood as an Energy Source, Academic Press, New York 1978 D.K.Rider, Energy - Hydrocarbon Fuels and Chemical Resources, Wilcy, New York 1981
3. Rohstoffe
79
3.3. ERDGAS und SYNTHESEGAS W.L.Lom, A.F.Williams, Substitute Natural Gas, Halsted, New York 1976 W.L.Lom, Liquefied Natural Gas, Appl.Sci.Publ., London 1977 R.Meinhold, B.Rtz, ErdOl und Erdgas, Teubner, Leipzig 1978 M.T.Gillies, Hrsg., C1-Based Chemicals from Hydrogen and Carbon Monoxide, Noyes Publ., Park Ridge (NJ) 1982 E.D.Shoan, Clathrate Hydrates of Natural Gases, Dekker, New York 1998 R.L.Kleinberg, P.G.Brewer, Probing Gas Hydrate Deposits, Amer. Scientist 89 (2001) 244 3.4. ERDOL A.L.Waddams, Chemicals from Petroleum, Murray, London 1973 G.D.Hobson, W.Pohl, Hrsg., Modem Petroleum Technology, Wiley, New York, 4. Aufl. 1973 H.K.Abdel-Aal, R.Schmelzlee, Petroleum Economics and Engineering, Dekker, New York 1976 D.O.Shah, R.S.Schechter, Hrsg., Improved Oil Recovery by Surfactant and Polymer Flooding, Academic Press, New York 1977 G.Jenkins, Oil Economists' Handbook, Elsevier Applied Science, London, 4. Aufl. 1986 P.H.Spitz, Petrochemicals. The Rise of an Industry, Wiley, New York 1988 J.G.Speight, The Chemistry and Technology of Petroleum, Dekker, New York, 3.Aufl. 1999 3.5. OLSCHIEFER T.F.Yen, Hrsg., Science and Technology of Oil Shale, Ann Arbor Sci.Publ., Ann Arbor, MI 1976 T.F.Yen, G.V.Chilingarian, Oil Shale, Elsevier, Amsterdam 1976 S.Lee, Oil Shale Technology, CRC Press, Boca Raton, FL, 1990 3.6. OLSANDE, BITUMEN und ASPHALT H.Abraham, Asphalts and Allied Substances, Van Nostrand, Princeton. 6. Aufl. 1961-1963 (5 Bde.) E.J.Barth, Asphalt Science and Technology, Gordon and Breach, New York 1962 A.J.Hoiberg, Bituminous Materials. Asphalts, Tars und Pitches, Interscience, New York 1965 (2 Bde.) P.Zakar, Bitumen, Dtsch.Vlg. fur Grundstoffindustrie, Leipzig 1967 P.Zakar, Asphalts, Chem.Publ.Co., New York 1971 W.Fuhrmann, Bitumen- und Asphalt-Taschenbuch,Bauverlag, Wiesbaden 1976 G.V.Chilingarian, T.F.Yen, Bitumen, Asphalts and Tar Sands, Elsevier, Amstcrdam 1978 T.F.Yen, G.V.Chilingarian, Hrsg., Asphaltenes and Asphalt, Elsevier, Amsterdam, Vol. 1 (1989) R.F.Meyer, What good's all that gunk?, CHEMTECH (Juli 1991) 432 I.Kett, Asphalt Materials and Mix Design Manual, Noyes Publ., NJ 1999 A.M.Usmani, Hrsg., Asphalt Science and Technology, Dekker, New York 1997 3.7. KOHLEN M.E.Hawley, Coal, Academic Press, New York 1976 (2 Bde.) J.Falbe, Chemierohstoffe aus Kohle, Thieme, Stuttgart 1977; Chemical Fecdstocks from Coal, Wiley, New York 1982 -,Rohstoff Kohle, Verlag Chemie, Weinheim 1978 J.A.Cusumano, R.A.Dalla Betta, R.B.Levy, Catalysis in Coal Conversion, Academic Press, New York 1979 G.J.Pitt, G.R.Millward, Hrsg., Coal and Modem Coal Processing, Academic Press, London 1979 C.Y.Wen, E.S.L.ee, Coal Conversion Technology, Addison-Wesley, Reading (MA) 1979 R.M.Davidson, Molecular Structure of Coal, IEA Coal Research, London 1980 D.D.Whitehurst, T.O.Mitchel1, M.Farcasiu, Coal Liquefaction, Academic Press, New York 1980 R.A.Meyers, Hrsg., Coal Structure, Academic Press, New York 1982 R.K.Hessley, J.W.Reasoner, J.T.Riley, Coal Science. An Introduction to Chemistry, Technology and Utilization, Wiley, New York 1986 D.L.Wise. Hrsg., Bioprocessing and Biotreatment of Coal, Dekker, New York 1990 N.Berkowitz, An Introduction to Coal Technology, Academic Press, Orlando (FL), 2.Aufl. 1994 3.7.4. BRAUNKOHLE -,Beitrage zur Pyrolyse und Vergasung von Braunkohlen (Freiburger Forschungshefte A 548), Verlag Grundstoffindustrie, Leipzig 1975 C.H.Fuchsman, Peat - Industrial Chemistry and Technology, Academic Press, New York 1980
80
Lirerarur zu Kap. 3
3.8.2. NATURHOLZ H.F.J.Wenzl, The Chemical Technology of Wood, Academic Press, New York 1970 F.A.Loewus, V.C.Runeckles, Hrsg., The Structure, Biosynthesis and Degradation of Wood (= Recent Advances in Phytochemistry, Bd. 1I), Plenum, New York 1977 J.F.Kennedy, G.O.Phillips, P.A.Williams, Hrsg., Wood and Cellulosics, Wiley, New York 1988 D.Fengel, G.Wegener, Wood Chemistry, Ultrastructure, Reactions, De Gruyter, Berlin 1989 M.Lewin, I.S.Goldstein, Hrsg., Wood Structure and Composition, Dekker, New York 1991 D.-N.S.Hon, N.Shiraishi, Hrsg., Wood and Cellulosic Chemistry, Dekker, New York, 2.Aufl. 2000 E.Sjostr&n, Wood Chemistry: Fundamentals and Applications, Academic Press, San Diego (CA), 2. Aufl. 1993 3.8.3. PRESSHOLZ F.P.Kollmann, E.W.Kuenzi, A.J.Stamm, Wood Based Materials, Springer, New York 1974 3.8.4. SPERRHOLZ T.Sellers, jr., Plywood and Adhesive Technology, Dekker, New York 1985 3.8.5. POLYMERHOLZ J.A.Meyer, Wood-Plastic Materials and Their Current Commercial Applications, Polym.-Plastics TechnoLEngng. 9 (1977) 181 W.Mehl, Polymerholz und seine wirtschaftliche Anwendung, Holz Rohst.-Werkst. 35 (1977) 431 3.8.7. HOLZSCHLIFF und 3.7.8. ZELLSTOFF J.P.Casey, Hrsg.,Pulp and Paper: Chemistry and Chemical Technology, Interscience, New York, 2. Aufl. 1960 (3 Bde.) A.J.Stamm, E.E.Harris, Chemical Processing of Wood, Chem.Publ., New York 1963 H.Hentschel, Chemische Technologic der Zellstoff- und Papierherstellung, VEB Fachbuchverlag, Leipzig, 3. Aufl. 1966 P.Lengyel, Chemie und Technologic der Zellstoffherstellung, Staib-Verlag, Biberach 1973 S.A.Rydholm, Pulping Processes, Krieger, Melbourne, FL 1985 (Nachdruck der 1965 Ausgabc) 3.9. LIGNINE I.A.Pearl, The Chemistry of Lignin, Dekker, New York 1967 K.Freudenberg, A.C.Neish, Constitution and Biosynthesis of Lignin, Springcr, Berlin 1968 K.V.Sarkanen, C.H.Ludwig, Hrsg., Lignins, Occurrence, Formation, Structure and Reactions, Wiley, New York 1971 J.F.Kennedy, G.O.Phillips, P.A.Williams, Lignocellulosics: Science, Technology, Development and Use, Prentice-Hall, Englewood Cliffs (NJ) 1992 D.N.-S.Hon, Hrsg., Chemical Modification of Lignocellulosic Materials, Dekker, New York 1995 3.10. NATURHARZE W.Sandermann, Naturharze, Terpentinol, Tall61 - Chemie und Technologie, Springcr, Berlin 1960 E.Hicks, Shellac; Its Origins and Applications, Chem.Publ.Co., New York 1961 Angelo Bros., Shellac, Angelo Bros., Cossipore, Calcutta, 3. Aufl. 1965 S.Maiti, S.S.Ray, A.K.Kundu, Rosin: A Renewable Resource for Polymers and Polymer Chemicals, Progr.Polym.Sci. 14 (1989) 297 D.Grimaldi, Amber, H.N.Abrams, New York 1996 3.11. FETTE und FETTE OLE D.Swern, Hrsg., Bailey's Industrial Oil and Fat Products, Wiley, Ncw York, 4th ed. 1979 und 1982 (2 Bde.) 3.12. BIOMASSE L.E.St.Pierre, G.R.Brown, Hrsg., Future Sources of Organic Raw Materials - ChemRawn I, Pergamon Press, Oxford 1980 E.Campos-Mpez, Hrsg., Renewable Resources, Academic Press, New York 1980 C.E.Carraher, jr., L.H.Sperling, Hrsg., Polymer Applications of Renewable-Resource Materials, Plenum, New York 1983
3. Ro hstoffe
81
H.H.Szmant, Industrial Utilization of Renewable Resources: An Introduction, Technomic, Lancaster (PA) 1986 S.Manjula, C.K.S.Pillai, Naturally Occurring Organic Bio-Monomers as Possible Future Sources for Polymers, Polymer News 12 (1987) 359 W.A.Wood, S.T.Kellog, Hrsg., Biomass, (Methods of Enzymology, Bde. 160 und 161). Academic Press, New York 1988 F.W.Lichtenthaler, Hrsg., Carbohydrates as Organic Raw Materials, VCH, Weinheim 1991 (Monound Disaccharide; nicht Sttirke, Cellulose und andere Polysaccharide) D.P.Mobley, Hrsg., Plastics from Microbes, Hanser, Miinchen 1995 STATISTIKEN usw. -,BOrsen- und Wirtschafts-Handbuch, Sociellts-Verlag. Frankfurt-Main Qahrlich) Gardner's Chemical Synonyms and Trade Names, Gower Publ., Brookfield (VT), 9.Aufl. 1987
Quellennachweise [l] U.S.Census Bureau, Statistical Abstracts of the United States 1999, Washington (DC); (a) Tab. 1362 und 1388, (b) Tab. 1362, (c) Tab. 1185, (d) Tab. 1388, (e) Tab. 1187, (f) Tab. 1152 [2] D.H.Winicur, Physics Today (Mai 1977) 103 [3] W.KrOger, Neue Zurcher Zeitung 220/103 (6. Mai 1999) 17 [4] G.Jenkins, Oil Economists' Handbook, Elsevier Appl. Sci., 4. Aufl. 1986, Tab. 96 [5] R.Famighetti, Hrsg., The World Almanac and Book of Facts, World Almanac Books, Mahwah (NJ) 1997 [q K.Weissermel, H.-J.Arpe, Industrielle organische Chemie, Verlag Chemie, 5. Aufl. 1998, S. 75 [7] P.Averitt, Coal. Resources of the United States, 1 June 1974, U.S. Geological Survey Bull. 1975, S. 1412 181 Daten aus Wood Handbook (Agriculture Handbook 72), U.S. Department of Agriculture, Washington (DC) 1987, rev. [9] www.iea.org (International Energy Agency), 5. Januar 2001
82
4.
Technische Synthesen
4. 1.
Polyreaktionen
4.1.1.
Monomere fur Polymere
Nur einige wenige naturlich vorkommende Polymere werdcn direkt industriell verwendet, einige andere nach vorhergehender Umwandlung in andere Polymere. Die meisten industriell hergestellten Polymeren werden jedoch aus Monomeren erzeugt. Monomere sind niedermolekulare Substanzen aus Monomermolekiilen, die durch Polyreaktionen (E: polymerizations) in Polymere, bestehend aus Polymermolekiilen, uberfuhrl werden. Die Monomeren musscn unter den gewunschten Reakrionsbedingungen explizite oder implizite chcmische Funktionalitaten von mindestens 2 aufweisen, damit Polymermolekule entstehen. Diese Forderung wird von drei Gruppen erfullt: A. Offenkettige Monomere mit endstandigen funktionellen Gruppen (COOH, OH, NH2 usw.). Falls bei bifunktionellen Monomeren die beiden miteinander rcagierenden,
in der Regel verschiedenen, Gruppen in einem Molekul vereinigt sind, spricht man von AB-Monomeren. Entsprechend gibt es auch ABz-, AB3- usw. Monomcre. Die ABPolyreaktionen zwischen den A- und B-Gruppen verschiedener Molekiile werden in der Rcgel katalysiert, d.h. die Katalysatorfragmente werden nicht Teil der entstehenden Makromolekule. Bei AABB-Polyreaktionen reagieren A-Gruppcn von AA-Monomermolekulen mit B-Gruppen von BB-Monomermolekulen. Auch dicsc Reaktionen werden in der Regel extem katalysiert. Beispiele: HOCH2COOH
HOOC(CH2),COOH
HOCH2CHCH2OH
I
HZNCHCOOH
I
OH
CH2COOH
Milchsaure
Adipinaure
Glyccrin
AsparaginGiure
AB
AA
A3
AB2
B. Ringformige Monomere mit kettenstandigen funktioncllcn Gruppcn (Heteroatome, Doppelbindungen). RingGffnungs-Polyreaktioncn crfordem in der Rcgcl Initiatoren, dercn Fragmentc dann Endgruppen dcr Polymermolekulc wcrdcn. Bcispiclc:
T~Uahydro-
furan
Kaprolactam
Cyclo-
Octen
Octamethyltctrasiloxan
C. Offenkettige Monomcre mil kettenstandigen Mehrfachbindungen. Dic Polyrcaktion zwischen Monomenolekulen verlauft unter Aufhcbung dcr Mchrfachbindung. Sic wird in der Regel ebenfalls durch Initiatorcn aktiviert. Beispiclc: H,C=CH2
Ethen
H,C=CH I CH3
Propen
H$=O Formaldchyd
H2C=C -CH =CH2 I CH3
Isoprcn
83
4. Technische Synthesen
4.1.2.
Einteilung der Polyreaktionen
Polymere werden entweder aus Monomeren oder sog. Prgpolymeren durch Polyreaktionen oder aus anderen Polymeren durch Polymertransformationen hergestellt. Polyreaktionen werden eingeteilt nach der Herkunft der Polymeren (biologisch, synthetisch), der chemischen Struktur der Monomeren (Vinyl-, Dien-, Ringiiffnungs- usw. Polymerisationen), der chemischen Struktur der resultierenden Polymeren (linear, verzweigt, vernetzt, ringbildend usw.), der Zusammensetzung der Monomereinheiten relativ zu derjenigen der Monomeren bzw. der Abspaltung von Nebenprodukten (Polyaddition vs. Polykondensation usw.), der Art der reagierenden Spezies (Polymerisation w. Polyaddition usw.). dem Typ der Startreaktion (thermisch, katalytisch, photochemisch usw.), dem Typ der wachsenden Spezies (Radikal, Anion usw.), dem Polyrnerisationsmechanismus (Gleichgewicht, stufenweise, lebend usw.), dem Reaktionsmedium (Schmelze, Liisung, Emulsion usw.), dem physikalischen Zustand (Gas, homogen, heterogen usw.) usw. Am ublichsten ist die Einteilung nach (a) der Art des Wachstums ("stufenweise" oder kinetische Kette) und (b) nach der chemischen Zusammensetzung der Polymeren relativ zu den Ausgangsmonomeren (also mit oder ohne Abspaltung von Abgangsrnolekiilen). Leider gibt es hier sprachliche Missverstiindnisse. Der englische Ausdruck "polymerization" ist ein Oberbegriff fur alle Reaktionen von Monomeren zu Polymeren; er entspricht dem deutschen "Polyreaktion". Das deutsche "Polymerisation" ist dagegen konventionell mit "addition polymerization" zu ubersetzen; es sol1 neu "chain polymerization" genannt werden (Tab. 4-1). Das deutsche "Polyaddition" hatte im Englischen kein Gegenstuck. Es wird in englischsprachigen Landem traditionell als deutschsprachiges Missverstlndnis von "addition polymerization" gewertet. Tatsachlich handelt es sich aber um viillig verschiedene Prozesse. Tab. 4-1 Typen und Namen von Polyreaktionen. IUPAC: neue Nomenklaturvorschlagc. P = Polymermolekul, M = Monomermolekiil,L = niedermolekulares Abgangsmolekiil (2.B. Wasser). "Stufen weises" Wachstum Kinetische Keuenreaktionen (E: step-growth polymerization) (E: chain-growth polymerization) ohne Abspaltung von Abgangsmolekiilen
PI + P,
Deutsch Englisch, IUPAC Englisch, konventionell Englisch, historisch
+ Pl+j
Polyaddition polyaddition adduct formation (seltcn) -
P; + M
--*
Pi+,
Polymerisation (Additionspolymcrisation) chain polymerization addition polymerization A polymerization
mit Abspaltung von Abgangsmolekiilen
PI + P,
+ Pi+, + L
Deutsch Polykondensation Englisch, IUPAC polycondensation Englisch, konventionell condensation polymerization step polymerization Englisch, historisch C polymerization
P, + M
--+
P,,] + L
(Polyelimination) condensative chain polymerization kein Name gebrauchlich
84
4.1. Polyreaktionen
Polymerisationen (IUPAC: Kettenpolymerisationen) und Polyeliminationen sind Polyreaktionen, bei denen Monomere mit Polymeren verkniipft werden. Bei Polymerisationen werden Monomermolekiile (z.B. Ethen) an eine Polymerkette angelagert, die ein aktives Kettenende * (Radikal *, Anion ', Kation )' aufweist:
Falls dabei die Kettenenden iiber den gesamten Polymerisationverlauf aktiv bleiben, spricht man von lebenden Polymerisationen (E: living polymerizations). Altemativ wird bei Insertionspolymerisationen vom Ziegler-Natta-Typ ein Monomermolekiil zwischen Kette und "Katalysator" insertiert: (4-2)
R(CH,CH,),-,
[cat] + CH, =CH2 --+ R(CH,CH,),-,CH,CH,[cat]
Polyeliminationen (IUPAC; kondensierende Kettenpolymerisationen) sind insertierende Kettenpolymerisationen, bei denen ein Abgangsmolekiil freigesetzt wird. Sie sind bei synthetischen Polymeren selten, treten aber bei biologischen Polyreaktionen auf. Bei der Polyreaktion zu Polysacchariden sind nicht niedermolekulare Zucker S (z.B. Glucose) die eigentlichen Monomeren, sondem Nucleosiddiphosphat-Zucker NDP-S bzw. deren Lipide. Der Wachstumsschritt besteht in der Verkniipfung von NDP-S mit dem nicht reduzierenden Ende -S,-OR der Polysaccharid-Kette S,, wobei dcr Zuckerrest mit Hilfe eines Enzyms EP in die Bindung -&OR insertiert wird. Dabei wird Nucleosiddiphosphat NDP freigesetzt: (4-3)
+
MS,-O-R
S-NDP
EP
+ MS,+I-O-R
+
NDP
Polykondensationen und Polyadditionen sind dagegen Polyreaktionen, bei denen Polymere (und Oligomere bzw. Monomere) miteinander verkniipft werden. Bei Polykondensationen (E: condensation polymcrizations; IUPAC: polycondensations) werden wie bei Polyeliminationen niedermolekulare Abgangsmolekiile gcbildet, die Polymerbildung erfolgt aber nicht durch wiederholte Anlagerung von Monomermolekiilen an wachsende Ketten, sondem durch Reaktion zwischen Reaktanden aller moglichcn Polymerisationsgrade. Ein Beispiel ist die Polykondensation von 1 1-Aminoundecanslure unter Wasserabspaltung zu Polyamid 11. Die Bruttoreaktion lautet hicr
(4-4)
n H,N(CH2),oCOOH
--+
H[NH(CH2)loCO],0H + (n - 1) H20
Polyadditionen (vorgeschlagener IUPAC-Name: polyadditions; kein allgemein gebrauchlicher angelsachsischer Name) verlaufcn wie Polykondensationen, jedoch ohne Abspaltung niedermolekularer Produktc. Ein Beispiel ist die Polyreaktion von Diisocyanaten mit Diolen zu Polyurethanen: (4-5) n OCN -Z-NCO
+
n HO-Z'-OH
+ fCO-NH
-Z-NH
-CO-O-Z'-Of
85
4 . Technische Synthesen
Diese vier Reaktionstypen unterscheiden sich erheblich in den erforderlichen technischen Reaktionsfuhrungen. Bei Polykondensationen und Polyeliminationen treten jeweils niedermolekulare Abgangsmolekule auf. Falls diese Reaktionstypen zu Gleichgewichten fuhren, wie das hlufig bei Polykondensationen der Fall ist, dann beeinflussen die im Reaktionssystem verbleibenden Abgangsmolekule nicht nur wie bei niedermolekularen Kondensationen die erzielbaren Ausbeuten, sondern auch die auftretenden Molmassen (Kap. 4.1.4). Bei vemetzenden Polykondensationen und Polyeliminationen werden zudem oft die Abgangsmolekule vom gebildeten Netzwerk eingeschlossen. Von Reaktionstyp zu Reaktionstyp verschieden sind femer die Abhangigkeiten der Umsatze und Molmassen von der Zeit. Die Reaktionsgeschwindigkeiten htingen von den auftretenden Elementarreaktionen ab und sind deshalb spezifisch fur die einzelnen Mechanismen. Die Abhangigkeiten der Molmassen vom Umsatz lassen sich jedoch in vielen Fallen generalisieren (Abb. 4- 1). Bei lebenden Polymerisationen sind definitionsgemass alle Initiatormolekule unmittelbar polymerisationsauslosend und alle so entstandenen aktiven Polymerketten selbst bei 100 % Monomerumsatz noch lebend. Das anfingliche Verhiltnis der Stoffmengenkonzentrationen von Monomermolekulen M zu Initiatorgruppen (bzw. Konzentration an Initiatormolekulen I mal Funktionalitat fI der Initiatormolekiile) gibt das bei vollstandigem Reaktionsausmass p = 1 an funktionellen Gruppen maximal erzielbare Zahlenmittel des Polymerisationsgrades an, bei Umsatzen p < 1 das don vorhandene Zahlenmi ttel :
xn
(4-6)
F n = P[MIO/VI[IIO)
700
t I*=
I
300
100 1
0
02
0,6
0.4
-P
03
1
-
Abb. 4-1 Zahlenmittel yndes Polymerisationsgrades als Funktion des Reaktionsausmasses p . C: bifunktionelle Polykondensationen bzw. Polyadditionen im Gleichgewicht (exakt). L: lebende Polymerisation. Beispiel: anionische Polymerisation von Styrol mit dem monofunktionellen Initiator Butyllithium bei einem Anfangsmolverhlltnis von [M]J/I], = 141:1. R: radikalische Polymerisation. Beispiel: Polymerisation von Styrol in Masse mit Azobisisobutyronitril AIBN als Initiator; Anfangsmolverhaltnis 141:1. Jedes AIBN-Molekiil erzeugt zwei Radikale, von denen jedoch nur ein Teil die Polymerisation auslbst. R-G: radikalische Polymerisation mit Geleffekt (schematisch).
86
4 . 1 . Polyreaktionen
Das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades nimmt daher bei lebenden Polymerisationen linear mil dem Umsatz u an Monomermolekiilen bzw. dem Reaktionsausmass p an funktionellen Gruppen in Monomeren zu (Abb. 4-1). Solche lebenden Polymerisationen konnen verhaltnismassig einfach bei anionischen Polymerisationen und bei einigen Polymerisationen mit sog. Ziegler-Katalysatoren verwirklicht werden, schwieriger bei kationischen Polymerisationen und im strengen Sinne iiberhaupt nicht bei radikalischcn. Um hohe Polymerisationsgrade zu erzielen, miissen sehr kleine Initiatorkonzentrationen verwendet werden. Sehr kleine Initiatorkonzentrationen ktjnnen aber leicht und unkontrollierbar von den nicht vollig ausschliessbaren Verunreinigungen uberwaltigt werden, wodurch die Reaktionslenkung schwierig oder sogar unmoglich wird. Lebende Polymerisationen finden daher in der Technik nur bei der Synthesc verhZltnismZssig kurzer Kettenstiicke Verwendung, z.B. bei den Blocken von Blockcopolymeren. Bei radikalischen Polymerisationen werden anders als bei lebenden Polymerisationen die Initiatorradikale nacheinander gebildet, z.B. durch den thermischen Zerfall von Initiatormolekiilen in zwei Radikale. Die wachsenden Polymerketten werden nicht gleichzeitig, sondem nacheinander gestanet. Die Ketten werden zudem abgebrochen, z.B. durch Kombination zweier Radikale; sie konnen ausserdcm viele Nebenreaktionen eingehen. Als Folge dieser vielen, simultan ablaufenden Reaktionen ist das Zahlcnmittcl des Polymerisationsgrades schon bei sehr niedrigen Monomerumsatzen meist hoch und bleibt iiber einen anfanglichen Monomerumsatz konstant, um dann spater gelcgentlich durch den sog. Gel-Effekt stark anzusteigen (Abb. 4-1). Radikalische Polymerisationen werden darum in der Technik haufig bei geringeren Monomerumsatzen abgebrochen. Wiederum anders sind die Verhaltnissc bei unter Gleichgewichtsbedingungen ablaufenden Polykondensationen und Polyadditionen, die eine exakte Stochiometrie der funktionellen Gruppen erfordem. Bei AB-Polyreaktionen entstchen hicr zunachst Dimere ABAB. Die Dimeren reagieren mit anderen Dimeren I1 zu Tctramcren I V und mil Monomeren I zu Trimeren 111, wahrend gleichzeitig n e w Dimere gebildet werden. Darauf entstehen gleichzeitig Octamere (aus IV + IV), Heptamere (aus I V + Ill), Hexamere (IV + 11, I11 + HI), Pentamere (IV + I, Ill + 11), neue Tetramere (111 + I, I1 + I1 ), Trimere (I1 + I, IV - I) und Dimere (I + I, IV - 11, 111 - I) usw. Alle funktionellen Gruppen besitzen die gleiche Reaktionswahrscheinlichkeit, wenn ihre Reaktivitat unabhangig von der Molekiilgrosse ist. Die Reaktion der Gruppen an grosseren Molekiilen tragt aber erheblich mehr zum Erhohen der Polymerisationsgrade bei als diejenige an kleinen. Da grtissere Molekiile erst bei fortgeschrittenen Umsatzen in erheblicherem Ausmass gebildet werden koMen, nimmt das Zahlcnmittel des Polymerisationsgrades lawinenanig mil dem Reaktionsausmass der Gruppen zu (Abb. 4- 1 ) . Lineare, hochmolekulare Makromolckiile sind aus diesen Griinden durch Polykondensationen und Polyadditionen schwieriger zu synthetisieren als durch Polymerisationen. Die Zahlenmittel der Polymerisationsgrade betragen z.B. bci technischen Polyamiden 6.6 ca. 100-200, bei technischen Poly(ethy1en)en dagegcn ca. 2000-3000. Da aber bei Polymelverkniipfimgsreaktionen in der Regel Monomere m i &stark polaren Gruppen verwendet werden, bei Monomerverkniipfungen aber meist recht unpolare, weisen technische Polykondensate und Polyaddukte p r o Molekiil etwa die gleichen Wcchselwirkungen wie technische Polymerisate auf. Als Folge davon werden z.B. viclc mechanische Eigenschaften von Polykondensaten schon bei niedrigeren Polymcrisationsgraden unabhangiger von der Molmasse als die von Polymerisaten
87
4 . Technische Synthesen
4.1.3.
Thermodynamische Voraussetzungen
Polyreaktionen erfolgen nur, wenn die Gibbs-Polyreaktionsenergien der Wachstumsreaktionen (Gl.(4-1)) negativ sind. Da die Gibbs-Energie AGpo nach (4-7)
AGpo = AHpo - T ASPo= - RT In K
sowohl von der Polyreaktionsenthalpie AHpo als auch von der Polyreaktionsentropie ASPo abhlngt, sind fur die vier verschiedenen Reaktionstypen jeweils vier verschiedene thermodynamische Falle fur Polyreaktionsgleichgewichte moglich (vgl. Band I):
I: 11:
AHp" negativ oder Null, ASPo negativ: AHp" negativ oder Null, ASPo positiv: 111: AHpo positiv, ASPo negativ; IV: AHpo positiv, ASPo positiv;
Ceiling-Temperatur Polymerisation bei allen Temperaturen Polymerisation unmbglich Floor-Temperatur
Im Fall I wird der Entropie-Term -TASpo mit steigender Temperatur immer positiver, bis sich schliesslich bei einer oberen Grenztemperatur (E: ceiling temperature) Enthalpie- und Entropie-Term kompensieren und die Gibbs-Polyreaktionsenergie gleich null wird. Oberhalb dieser Ceilingtemperatur treten keine hochmolekularen Polymeren mehr auf. Allerdings kBnnen noch Oligomere gebildet werden, da es sich bei Polyreaktionsgleichgewichten um konsekutive Gleichgewichte zwischen Spezies verschiedener Polymerisationsgrade handelt. Dieser Fall tritt bei fast allen Polykondensationen und Polyadditionen auf, bei Polymerisationen z.B. beim a-Methylstyrol. Umgekehrt existiert beim Fall IV eine untere Grenztemperatur (E: floor temperature), unterhalb derer keine hochmolekularen Polymeren mehr auftreten. Dieser Fall ist sehr selten. Ein Beispiel ist die Polymerisation des Schwefels. Im Fall I11 kann es nie eine Polyreaktion geben, da die Gibbs-Polyreaktionsenthalpie bei allen Temperaturen positiv ist. Der Fall I1 ist mbglich, aber unbekannt. Polyreaktionsenthalpien und -entropien werden vom physikalischen Zustand der Monomeren und Polymeren, den physikalischen Wechselwirkungen zwischen den im Reaktor vorhandenen Komponenten und dem Druck beeinflusst. Fur technische Reaktionen ist besonders der Umstand wichtig, dass die meisten Polyreaktionen negative Polyreaktionsenthalpien besitzen (Fall I), also exotherm sind. Die Polymerisationswlrme kann bei adiabatischer Reaktionsfuhrung zu enormen Temperatursteigerungen fuhren: bei der Polymerisation von gasformigem Ethen zu kristallinem Poly(ethy1en) wurde z.B. bei vollst2ndigem Umsatz die Temperatur auf 1800 K ansteigen! Reaktoren mussen daher fur die meisten Polyreaktionen eine schnelle Abfuhrung der Reaktionswarme erlauben, da sonst inhomogene Chargen auftreten oder der Reaktor sogar explodiert.
4.1.4.
Elementarreak tionen
Die vier Grundtypen der Polyreaktionen (Polymerisation, Polyelimination, Polykondensation, Polyaddition) unterscheiden sich nicht nur in der Art der Wachstumsreaktionen (Band I), sondern auch in der Zahl und dem Typ anderer Elementarreaktionen (Tab. 4-2). Diese Reaktionen sind teilweise essentiell fur den betreffenden Grundtyp, teilweise jedoch als unerwunschte Nebenreaktionen zu klassifizieren.
88
4.1. Polyreaktionen
Bei Polykondensationen und Polyadditionen wird z.B. jeder Verknupfungsschritt (Wachstumsschritt) katalysiert, meist durch einen zugesetzten Katalysator, seltener durch die reagierenden Gruppen selbst. Der Katalysator geht mit den funktionellen Gruppen intermediar eine Verbindung ein, wird aber nach dem Verknupfen dcr funktionellen Gruppen wieder abgespalten und daher nicht verbraucht. Bei den fur die Synthcse hoher Molmassen erforderlichen hohen Umsatzen der Gruppen konkurriert der Katalysator (z.B. Sulfosaure-Gruppen) jedoch mit den noch vorhandenen, niedrigen Konzentrationen funktioneller Gruppen. Wenn das Katalysatormolekul mono funktionell ist, versiegelt eine solche Reaktion eines der Kettenenden und die Molmassen werden niedriger, als die stochiometrischen Beziehungen vorhersagen. Technisch nutzt man bei Polykondensationen und Polyadditionen die kettenabbrechende Wirkung monofunktioneller Zusatze zum Einstellen der gewunschten Molmasse aus (Band I, S . 437). Radikalische, kationische und anionische Polymerisationen benotigen dagegen Initiatoren, welche die initiierenden Spezies bereitstellen, z.B. die Radikale C6H5COOo aus der thermischen Homolyse von Dibenzoylperoxid und dic Anionen C4Hg0 aus der Dissoziation von Butyllithium. Die initiierende Spezies lagert sich im Initiationsschritt an cin Monomermolekiil an und bleibt mit diesem durch alle nachfolgenden Wachstumsschritte verbunden. Auch hier kann die initiierende Spezies das Wachstum individueller Kctten beenden, z.B. durch einfaches Anlagcm von Initiatorradikalen an wachscnde Makroradikale oder durch besondere chemische Reaktionen zwischen Initiatorfragmenten und wachsenden Makrokationen bei kationischen Polymerisationcn. Wachsende Makroradikale brechen jedoch iiberwiegend durch Reaktion mit anderen Makroradikalcn ab. Tab. 4-2 Elementarreaktionen bei Polykondensationen (PK), Polyadditioncn (PA), anionischen (A) bzw. radikalischen Polymerisationen von Vinyl- (RV) bzw. Acrylmonomeren (RA) sowie Insertionspolymerisationen (I). * Aktivierte Spezies, L = Abgangsmolekul, ( ) nicht immer vorkommend. Elementarreaktion Name
PK PA
Polymcrisation lcbend nicht-lebend
Prozess
I
A
Isomcrisation Katalyse Starter-Bildung Initiator-Dissoziation Initiation
I+R@+RO R* + M RM,*
Start
RM,*
Wachstum durch a. Monomer-Addition b. Polymer-Addition c. Polymer-Addition iibertragung a. zum Monomeren b. zu anderen Abbruch durch a. Kombination b. Disproportionierung c. Initiator/Katalysator d. Monomer Austauschreaktionen Inhibition
MA-+ M B
I-+2R*
-
-
+
+
_
-
(+I (+I
-
_
1
-
.
-
-
-
-
-
+
+
+
+
+
+
-
-
-
-
+
-
-
+
+
+
-
+
-
-
-
-
-
+
-
-
-
-
-
-
-
-
+ +
RM,* + RM,* + M,,,
_
_
(+I (+I (+) + (+) (+I (+I + _ _ - +
RM,*+RM,*-+RM,+RM, RM,* + R* + RM,R RM,* + M + RM, + M M, + M, M, + M,
-
-
+ M -, RM**
RM,* + M + RM,+,* Mn + M m
M,
+ M,
RM,* RM,*
-+
Mn+m
+ M,,
+L
+ M + RM, + M* + A + RM, + A*
-
-
+
+
+
+
-
.
(+I (+I _
-
RA
-
_
+
RV
-
+ ( + ) (+)
.
-
+
-
+
(+) _ (+)
-
+
-
+
+
+
+
+
(+)
(+I
+
-
-
+
+
89
4 . Technische Synfhesen
Bei den uber Polyinsertionen ablaufenden Ziegler-Natta-Polymerisationen treten gelegentlich durch den Katalysator bewirkte Isomerisierungen von Monomermolekulen vor der Polymerisation auf, z.B. von 2-Buten zu 1-Buten. Bei ionischen Polymerisationen erfolgen dagegen manchmal Isomerisierungen der Bausteine wiihrend der Wachstumsschritte. Diese Reaktionen fiihren dazu, dass entweder alle Monomereinheiten nicht den Monomermolekulen entsprechen (z.B. -CH2CH2CONH- statt -CHzCH(CONH2)aus CH2=CONH2) oder nur einige von ihnen als falsche "Lockerstellen" in die Polymerketten eingebaut werden. Wenn sich bei Polykondensationen und Polyadditionen kein Gleichgewicht einstellt, konnen durch Austauschreaktionen (Trans-Reaktionen) Kettenisomerisierungen auftreten. Bei diesen Reaktionen werden untereinander Kettenteile ausgetauscht. Die Zahl der Polymerketten und damit das Zahlenmittel der Molmasse bleiben konstant. Urspriinglich enge Molmassenverteilungen verbreitem sich jedoch, so dass das Massenmittel Hwder Molmasse zunimmt. Die Viskositat der Schmelze steigt wegen der Beziehung q Hw3.4 stark an, was zu Ruhrproblemen und inhomogenen Reaktionsmassen fuhn. Bei Polymerisationen treten ausserdem eine ganze Reihe von chemischen Ubertragungsreaktionen zu Monomeren, Polymeren, Initiatoren, Losungsmitteln und speziell zugefugten Substanzen auf. Ubertragungen brechen individuelle Polymerketten ab. Je nach der relativen Reaktivitlt der neu gebildeten Spezies werden neue Polymerketten gebildet (kinetische Ubenragung) oder kinetische Ketten beendet (Kettenabbruch). Erfolgt die chemische Ubertragung zu Fremdsubstanzen, so spricht man von Inhibition, Retardation und Telomerisation (Band I). Ubenragungsreaktionen werden technisch verwendet, um Monomere durch temporare Inhibition lagerfahig zu machen oder um Molmassen undloder Polymerisationsgeschwindigkeitenzu regulieren. Die Geschwindigkeitskonstantender Elementarreaktionen schwanken in weiten GrenZen (Tab. 4-3). Dem Verfahrenschemiker eroffnet sich daher ein weites Feld zur Kontrolle und Reguliemng von Polyreaktionen.
-
Tab. 4-3 Geschwindigkeitskonstanten von Elementarreaktionen bei Polykondensationen PK bzw. Polyadditionen (PA) sowie anionischen (A), kationischen (K) und radikalischen (R) Polymerisationen bzw. Polyinsertionen (I). Die Untergruppen a, c, d, e und f entsprechen denjenigen in Tab. 4-2. Reaktion Starter-Bildung Initiation Wachstum durch a. Monomer-Addition c. Polymer-Addition ijbertragung zum a. Monomer c. Losungsmittel d. Initiator e. Polymer f. Inhibitor Abbruch von Radikalen a. Kombination, Disproportionierung
Einheit
PK, PA
A
I
K
R 10-1 -
S-1
L mol s-1
107
1 - 10
L mol s-1 L mol s-l L mol s-1 L mol s-1 L moI s-1 L mol s-1 L mol s-1 L mol s-1
10-2
10-6- 1
10-5 - 10-3 10"- 102 10-5- 10
10-5 - 10-3 10 - 103 105 - 109
90
4.1.5.
4 . 1 . Polyreaktionen
Polyadditionen und Polykondensationen
Polyadditionen und Polykondensationen werden im Allgemeinen in bilunktionelle und multifunktionelle Reaktionen unterteilt. Bifunktionelle Reaktionen besitzen zwei funktionelle Gruppen pro Reaktand (= Monomere + Polymere); sic fuhren zu linearen Polymeren. Um hochmolekulare Polymere zu erhalten. muss bei Gleichgewichtsreaktionen eine strenge Sttichiometrie der miteinander reagierenden funktionellen Gruppen sowie die Abwesenheit von Nebenreaktionen gewahrleistet sein. Diese Sttichiometrie ist bei AB-Reaktionen automatisch gegeben, da die miteinander reagierenden A- und B-Gruppen in einem Molekul vereinigt sind (vgl. G1.(4-4)). Die funktionellen Gruppen durfen jedoch nicht zu reaktiv sein, da sonst bereits bei der Lagerung von Monomeren unkontrollierte Polyreaktionen auftreten. Aus diesem Grunde werdcn technisch recht wenige AB-Polyreaktionen ausgefiihrt. Beispiele sind die Polykondensationen der 1 1-Aminoundecansaure H2N(CH2)loCOOH zum Polyamid 11, des Phenylsulfochlorids CsH5S02Cl zu einem Polysulfon und von gewissen Diisocyanaten OCN-R-NCO unter C02-Abspaltung zu Polycarbodiimiden -R-N=C=N-. Bei AA/BB-Polyreaktionen muss dagegen die Sttichiometrie der Reaktanden sorgfaltig kontrolliert werden, da anderenfalls nur niedrige Molmassen erreicht wcrden. Wenn z.B. 1 mol B-B Molekule vollstandig mit 2 moI A-A Molekiilen reagiert, d a m wird die rnittlere Zusammensetzung der Reaktanden gemass der Stochiometrie der Produkte gleich A-A(B-BA-A), mit n = 1 sein. Der zahlenmittlere Polymerisationsgrad bezogen auf die Grundbausteine (nicht die Repetiereinheitcn!) betragt 3. Das resultierende Produkt ist jedoch kein "reines" Produkt aus ausschliesslich Molekulen mit der Zusammensetzung A-AB-BA-A, sondem eine Mischung aus Molekulen mil allen moglichen Polymerisationsgraden von 0 5 n I W. Bei unvollstandigem Umsatz hangt das Zahlenmittel F,, des Polymerisationsgrades vom Reaktionsausmass P A = ( n A o - n A ) / n A o der A-Gruppen ab, wobei n A o die anfanglich vorhandene Stoffmenge und nA diejenige zur Zeit r ist. Das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades ist als das Verhaltnis der Stoffmenge n U , R an Grundbausteincn in den Reaktanden zur Stoffmenge n~ der Reaktanden definiert. Bei AB-Reaktionen ist nun die Stoffmenge an Grundbausteinen gleich der Stoffmenge ~ A Oan ursprunglich vorhandenen A-Gruppen und die Stoffmenge an Reaktanden gleich der Stoffmenge n A an verbleibenden A-Gruppen, da jedes Monomermolekul und jedes Polymermolekul eine A-Gruppe tragt. Es ergibt sich (4-8)
Diese Beziehung gilt auch fur alle stochiometrischcn AB- und AA/BB-Polyreaktionen, solange nicht intramolekular Ringe gcbildet werden. Nun zeigen Polykondensate und Polyaddukte aus flexiblen Ketten erst bei Polymerisationsgraden von mindestens 100200 technisch interessante Eigenschaften, d.h. das Reaktionsausmass muss mindestens 0,99-0,995 (99-99.5 %) betragen, ein hoher Umsatz verglichen mit den in der niedermolekularen organischen Chemie ublichen. Bei P A = 0,99 sind aber bei Polykondensationen mit vemachlhsigbar kleinen Molmassen der Abgangsmolekule sowie bei Polyadditionen 0.01 Gew.-% Monomermolekule vorhanden. Solche Monomeranteile sind oft toxikologisch unannehmbar. Sie mussen daher bcim Aufarbeiten der Polymeren entfemt werden.
91
4. Technische Synthesen
AA/BB-Polyreaktionen werden in grossem Umfange technisch genutzt. Beispiele von Polykondensationen sind die Synthesen aromatischer bzw. ungesattiger aliphatischer Polyester, aliphatischer und aromatischer Polyamide, Polysulfone und Polyketone. AA/BB-Polyadditionen umfassen z.B. die Bildung von Polyhamstoffen und Polythioethem. Multifunktionelle Polykondensationen von Monomeren rnit mehr als zwei funktionellen Gruppen pro Monomermolekul fiihren zu verzweigten Polymeren und in den meisten Fallen auch zu vemetzten (die intermolekulare Polyreaktion von BA2 gibt z.B. nur verzweigte Produkte). Die Vemetzung gibt sich in der Regel durch ein Gelieren der Reaktionsmasse zu erkennen, so dass das Eintreten der Vemetzung auch als "Gelpunkt" bezeichnet wird. Am Gelpunkt vereinigt sich ein Teil der Reaktanden zu einem "unendlich grossen" Molekul, das von Reaktorwand zu Reaktorwand reicht. Ausser diesem Gelmolekul sind noch ltisliche Reaktanden vorhanden, deren Anteil jedoch rnit weiterem Reaktionsausmass immer geringer wird. Wegen der Vemetzung ist im Gegensatz zu bifunktionellen Polyreaktionen zum Erreichen hoher Molmassen keine exakte StBchiometrie der funktionellen Gmppen erforderlich. Die Vemetzung tritt bei einem kritischen Reaktionsausmass (Gelpunkt) der A-Gruppen ein, das durch die Funktionalitat fbr der verzweigenden Molekule rnit A-Gruppen, an A-Gruppen in Verzweigermolekulen bezogen auf alle Aden Stoffmengenanteil Gruppen und das Verhaltnis r, = p ~ / 2p 1~ der Reaktionsausmasse an allen B- und AGruppen gegeben ist. Der Gelpunkt berechnet sich (Band I, G1.(13-117)) zu
xi
(4-9)
PA,crit
=
1
S
r o [ f b x i - 2 x 2 + 11
(falls ausschliesslich intermolekular)
xi
Bei der Polykondensation von 2 mol A3 mit 3 mol B2, also fbr = 3, = 1 , ro = (3.2)/(2.3) = 1 sollte also bei einem kritischen Umsatz von PA,crit = 0,707 Vemetzung eintreten, d.h. Bildung eines "unendlich" grossen Molekuls neben Oligomeren. Die expenmentell gefundenen Gelpunkte liegen wegen der fast immer auftretenden intramolekularen Reaktion jedoch hoher als die theoretischen, so dass die mit G1.(4-9) berechneten Gelpunkte untere Grenzwerte fur die sichere Darstellung von noch loslichen Polymeren aus multifunktionellen Monomeren als Vorstufe fur Duroplaste darstellen. Beispiele sind die Bildung von Alkyd-, Phenol- und Aminoharzen sowie die Hartung von Epoxiden und die Synthese vemetzter Polyurethane. Sind die funktionellen Gruppen der Monomermolekule eng benachbart, so kann die Polyreaktion bei geeigneter Reaktionslenkung sogar uberwiegend intramolekular unter Bildung kleiner, kettenstandiger Ringstrukturen ablaufen. Beispiele sind die Synthesen von Polyimiden und Polybenzimidazolen. Bei thermodynamisch kontrollierten Polykondensationen und Polyadditionen sind die Gleichgewichtskonstanten im technisch verwendeten Temperaturbereich meist niedrig, z.B. K = 10 bei der Bildung aromatischer Polyester aus Terephthalsaure und Ethylenglycol und ca. 100-300 bei der Synthese aliphatischer Polyamide. Niedrige Gleichgewichtskonstanten fuhren aber zu niedrigen Reaktionsausmassen und dami t auch zu niedrigen Molmassen. Bei technischen Polykondensationen werden daher laufend die Abgangsmolekule entfemt und so die Gleichgewichte auf die Polymerseite vcrschoben. Derartige Massnahmen und auch die Einhaltung der StBchiometrie sind bei kinetisch kontrollierten Polykondensationen und Polyadditionen unnbtig. Zu ihnen gehoren che-
92
4.1. Polyreaktionen
misch kontrollierte Verfahren wie die Schotten-Baumann-Reaktionen und die "aktivierten" Polykondensationen und/oder die physikalisch durch Diffusionsprozesse regulierten heterogenen Polyreaktionen. Technisch vcrwendete Schotten-Baumann-Reaktionen um fassen die Bildung des Polycarbonates +O-(P-C6H4)-C(CH3)2-(P-C,jH4)-O-COf, aus Phosgen COC12 und dem Natriumsalz NaO-@-C6H4)-C(CH3)2-@-C6H4tONa des Bisphcnols A, des Pol yamides aus Isophthalsauredichlorid und m-Phenylendiamin und von Polysulfonen aus Sulfondichloriden und Sulfondiphenolaten. Diese schnellen Reaktionen sind wegen der langsamen Ruckreaktionen und der Abwcsenheit von Austauschreaktionen zwischen Kettensegmenten kinetisch kontrolliert, und zwar besonders, wenn sie durch das Ausfallen der Polymeren aus den Reaktionsmischungen heterogen ablaufen. Statt reaktive Monornere direkt zu verwenden, kann man auch reaktionstrage Monomere durch Zusatz von Drittsubstanzen "aktivieren". Ein Beispiel ist die Aktivierung der Polykondensation von Phenolsawen durch stochiometrische Mengen Thionylchlorid. Dabci wird intennediar das Saurechlorid des gemischten Anhydrids gebildet, das unter Verlust von SO2 weiter zum Saurechlorid reagiert, welches dann polykondensiert.
4.1.6.
Ionische Polymerisationen
Ionische Polymerisationen erfolgen durch konsekutive Additionen von Monomermolekulen an wachsende Makroionen. Im Gegensatz zu Polykondcnsationen und Polyadditionen muss dabei nicht jeder einzelne Verknupfungsschritt katalysien werden. Der Startschritt ist jedoch nicht spontan. Ionische Polymerisationen werden vielmehr immer durch geeignete Initiatoren ausgelost, die die initiierenden Ionen bereitstellen. Man unterscheidet anionische Polymerisationen mit Makroanionen -M als wachsenden Rcaktionszentren von kationischen rnit wachsenden Makrokationen -Me. Die Geschwindigkeit und die Stereospezifizitat der Polymerisationen wird stark durch die Gegenionen (z.B. RQ bei -Me) der wachsenden Makroionen beeinflusst. N u r in seltenen Faillen liegen namlich die Makroionen wirklich "frei" vor, d.h. vdllig dissoziiert von ihren Gegenionen. Viele Makroionen bilden vielmehr mit ihren Gegenionen Solvat- oder Kontaktionen-Paare, vor allem bei anionischen Polymerisationen (Band I). Anionisch polymerisierbar sind Molekule mit elektronenanziehenden Gruppen als Substituenten oder in Ringen. Zu den ersteren gehoren z.B. Diene, Acrylverbindungen, und cinige Aldehyde und Ketone, zu den letzteren z.B. Lactame, Lactone und Oxirane. Anionische Polymerisationen werden durch Basen oder Lewis-Bascn initiiert, z.B. durch Alkalimetalle, Alkoholate, Amine, Phosphine oder Natriumnaphthalin, mcist in Ethem wie Tetrahydrofuran oder Ethylenglykoldimethylethcr als Losungsmittel. Viele Initiatoren dissoziieren "spontan" in die initiierenden Spezies. Dime Dissoziationen und die darauf folgenden Startreaktionen mit den Monomeren bcnotigcn wenig Aktivierungsenergie. Anionische Polymerisationen laufen daher haufig selbst bei -1 00°C noeh rnit hohen Geschwindigkeiten ab. Als Folge der spontanen Dissoziationen licgen die initiierenden Spezies schon zu Beginn der Polymerisationen in ihren effektiven Konzentrationen vor. Abbruchreaktionen der wachsenden Kette sind verhaltnismassig selten und meist durch Verunreinigungen verursacht. Anionische Polymerisationen sind daher oft "lebcnd" und dcr erziclbare @
4 . Technische Synthesen
93
Polymerisationsgrad wird durch das Stoffmengenverhaltnis von Monomer zu Initiator und den Umsatz bestimmt (vgl. G1.(4-6)). Hohe Molmassen konnen daher nur durch schwierig zu kontrollierende niedrige Initiatorkonzentrationen erhalten werden, was u.U. auch zu niedrigen Polymerisationsgeschwindigkeiten fiihrt. Falls bei solchen Polyreaktionen anfanglich schon alle initiierenden Spezies vorhanden sind, die Startreaktion schnell ist, keine Abbruch- und Ubertragungsreaktionen auftreten sowie Diffusionseffekte abwesend sind, dann haben alle Monomermolekule die gleiche statistische Chance, an die wachsenden Anionen angelagert zu werden. Die Zahi der Monomereinheiten pro Makromolekul folgt einer Poisson-Verteilung, die eine sehr enge Verteilung ist und zu "praktisch molekulareinheitlichen" Polymeren fiihrt. Aus all diesen Griinden werden anionische Polymerisationen technisch nur dann ausgefuhrt, wenn entweder das Monomere nicht oder nur schwierig anders polymerisiert werden kann (Formaldehyd zu Poly(oxymethylen)), hohe Polymerisationsgeschwindigkeiten erwunscht sind (&-Caprolactam im RIM-Verfahren zu Polyamid 6), eine bestimmte Stereoregularitat der Polymeren erforderlich ist (Butadien zu 1,4-cis-Poly(butadien)), oder eine gewunschte Molekularchitektur nicht anders oder nur schwierig erreichbar ist (thermoplastisch-elastomere Blockcopolymere des Styrol/Butadien/Styrol-Typs). Kutionisch polymerisierbar sind Olefinderivate rnit elektronenreichen Substituenten, Monomere mil Heteroatomen enthaltenden Doppelbindungen, und bestimmte Heterocyclen. Initiatoren sind Brgnsted-Sauren (Perchlorsaure usw.), Lewis-Sauren (AIC13, Tic14 usw.) rnit "Co-Initiatoren" wie z.B. Wasser sowie Carbeniumsalze (Acetylperchlorat, Tropyliumhexachloroantimonat usw.). Aus Isobutylen CH2=C(CH3)2 und Perchlorsaure HC104 entsteht so das Monomerkation H-CH2-Ce(CH3)2 rnit ClO4@als Gegenion, aus der Lewis-Saure R2AICI rnit dem To-Initiator" C2H5Cl bei der Polymerisation von Isobutylen das Monomerkation C2H5-CH2-Ce(CH3)2 rnit [R2A1C12J0 als Gegenion usw. Die wachsenden Makrokationen sind thermodynamisch und kinetisch instabil. Sie versuchen sich durch Addition nucleophiler Spezies zu stabilisieren, was einerseits bei Anlagerung von Monomeren zu hohen Polymerisationsgeschwindigkeiten, andererseits durch Reaktionen rnit anderen Spezies (Gegenionen, Losungsmittel usw.) zu einer Vielzahl von Ubertragungs- und Abbruchreaktionen fuhrt. Technisch werden daher nur wenige kationische Polymerisationen ausgefuhrt, namlich von Isobutylen, Vinylethem, Formaldehyd, Ethylenimin und Tetrahydrofuran.
4.1.7.
Polyinsertionen
Polyinsertionen sind Polyreaktionen, bei denen das Monomere zwischen die Polymerkette und dem an die Polymerkette gebundenen Katalysator- oder Initiatorfragment eingelagert wird. Dem eigentlichen Insertionsschritt (Wachstumsschritt) geht eine Koordinierung des Monomeren rnit dem Polymer-Katalysator-"Komplex" voraus. Aus diesem Grunde werden Polyinsertionen rnit Ziegler-Katalysatorcn auch als koordinative Polymerisationen oder als anionisch-koordinative Polymerisationen bezeichnet. Diese Polyreaktionen sind jedoch nicht anionisch, da durch elektrische Leitfahigkeitsmessungen keine Ionen nachweisbar sind. Ausserdem muss eine Koordinierung des Monomeren nicht notwendigerweise zu einer Polyinsertion fuhren.
94
4.1. Polyreaktionen
Wahrend das bifunktionelle Monomere bei ionischen und radikalischen Polymerisationen monofunktionell rnit der wachsenden Kette reagiert, wird bei Polyinsertionen das Monomer "bifunktionell" eingebaut. Das hat zwei Konsequenzen. Einmal mussen die Reaktionsteilnehmer genau aufeinander abgestimmt sein. Fur ein bestimmtes Monomeres gibt es daher nur wenige Initiatoren bzw. Katalysatoren, die eine Polyinsertion bewirken koMen. Umgekehrt existieren sehr verschiedene MonornerlKatalysator-Kombinufionen, die zu Polyinsertionen fiihren. Beispiele sind die sog. Ziegler-Natta-Polymerisationen von Olefinen und Dienen mit Ubergangsmetall-Katalysatoren und die MetathesePolymerisationen mit Metallverbindungen der Gruppe 8. Zum anderen ermoglicht ein bifunktioneller Einbau des Monomeren eine weit bessere Kontrolle der Stereoregularitat des entstehenden Polymeren als ein monofunktioneller, weil beide "Enden" des Monomeren festgelegt werden mussen, und zwar aus sterischen und elektronischen Griinden nur in ganz bestimmten Positionen relativ zum Katalysator und zur wachsenden Kette. Die Richtung der Insertion, d.h. die Einlagerung der Monomermolekule, ist je nach Katalysator [Mt] verschieden. Propylen CH2=CHCH3 wird z.B. bei der rnit TiCldAlR3 isospezifisch ablaufenden Polymerisation zu -CH(CH3)-CH2-[Mt] a-insertiert, bei der rnit VC4/(C;?H5)2AlCl/Anisol erfolgenden syndiospezifischen dagegen durch p-Insertion zu -CHz-CH(CH3)-[Mt]. Polyinsertionen sind daher aus zwei Griinden technisch interessant. Einmal sind bei ihnen in der Regel solche Ubertragungsreaktionen abwesend, die zu verzweigten Polymeren fuhren. Ethen wird z.B. in grossem Umfange mit Ziegler-Katalysatoren oder sog. Metallocen-Katalysatoren zu Poly(ethy1en)en umgesetzt, die im Gegensatz zu den radikalisch erzeugten Poly(ethy1en)en nur wenig verzweigt sind. Zum anderen erlauben Polyinsertionen die Synthese hoch stereoregularer Polymerer. Grosstechnische Prozesse sind z.B. die Ziegler-Natta-Polymerisationenvon Propylen zu isotaktischem Poly(propylen) und von 1-Buten zu it-Poly( 1-buten), die Terpolymerisation von Ethylen, Propylen und einem nicht-konjugierten Dien, und die zu 1,4-cis-Polymeren fuhrenden Umsetzungen von Butadien und Isopren. Bei Mefathese-Polymerisationen werden tihnliche Katalysatoren wie bei Ziegler-NattaPolymerisationen verwendet. Metathesen sind Austausch- und Disproportionierungsreaktionen von Doppelbindungen, hauptsachlich in Olefinen und Cycloolefinen. 2Penten wird z.B. durch das Katalysator-System W C ~ ~ / C ~ H S A ~ C ~ ~zu / C2-Buten, ~ H ~ O2H Penten und 3-Hexen im Stoffmengenverhaltnis 1:2: 1 metathesiert. Industriell werden Cycloocten, Norbornen und Dicyclopentadien durch Metathese polymerisiert.
4.1.8.
Radikalische Polymerisa tionen
Radikalische Polymerisationen werden durch Radikale ausgelost und fortgepflanzt. Sie sind im Gegensatz zu ionischen Polymerisationen relativ unempfindlich gegen Verunreinigungen, verhaltnismassig einfach zu kontrollieren und liefem ausserdem schon bei kleinen Umsatzen hohe Molmassen (Abb. 4- 1). Die radikalische Polymerisation ist daher haufig die Methode der Wahl fur technische Polymerisationen, wenn nicht dadurch erzeugte Polymerstrukturen und -eigenschaften dagegen sprechen (Verzweigungen, Molmassenverteilungen usw.).
4. Technische Synthesen
95
Die meisten radikalisch polymerisierbaren Monomeren sind Verbindungen mit Koh-
lenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen.Falls nur eine C=C-Bindung vorhanden ist, resultieren lineare oder leicht verzweigte Polymere, die als Thermoplaste, Fasem, Uberziige usw. verwendet werden. Vemetzte Polymere fiir Ionenaustauscher entstehen bei der Copolymerisation von Styrol mit Divinylbenzolen. Die einzigen radikalisch hergestellten Duroplaste sind diejenigen aus Diallyl- und Triallylverbindungen. Radikalische Polymerisationen kdnnen in seltenen Fallen, z.B. bei der Polymerisation von Styrol, rein thermisch ohne zugefiigten Initiator gestartet werden. In den meisten Fallen werden jedoch Initiatoren zugesetzt, aus denen durch thermische Homolyse, Redox-Reaktionen, photochemische Reaktionen oder Elektrolyse Radikale entstehen. Bei der Polymerisation von Styrol in Masse werden bei hohen Temperaturen zerfallende Initiatoren wie 1,2-Dimethyl-1,2-diethyl-l,2-diphenylethan oder Vinylsilantriacetat bevorzugt, wlhrend fur die Polymerisation von Styrol in wassriger Suspension die bei tieferen Temperaturen zerfallenden Initiatoren Dibenzoylperoxid und t-Butylpcrbenzoat verwendet werden. Viele andere Polymerisationen in Masse werden durch Diisopropylperoxydicarbonat gestartet. Bei Emulsions-Polymerisationen werden wasserlosliche Initiatoren wie Dikaliumpersulfat K2S20g und gewisse Redox-Initiatoren (z.B. Fe2+/H202) eingesetzt, da die letzteren weit geringere Aktivierungsenergien benotigen und daher Polymerisationen bei tieferen Temperaturen erlauben. Photochemische Initiationen werden in der Lithographie und beim Harten von Lacken verwendet, elektrolytische Polymerisationen beim Beschichten von Metallen mit Kunststoffen. Die meisten radikalischen Polymerisationen sind echte kinetische Kettenreaktionen. Die durch Homolyse des Initiators entstandenen Initiatorradikale R* reagieren in einer Initiationsreaktion mit dem Monomeren M (Tab. 4-2). Das gebildete "Monomerradikal" R-M* addiert in der Startreaktion ein weiteres Monomermolekiil, worauf sich in der Wachstumsreaktion schrittweise weitere Monomermolekiile anlagem. Die Polymerketten brechen durch Kombination oder Disproportionierung zweier Makroradikale ab. Bei den meisten radikalischen Polymerisationen stellt sich (zumindest anfanglich) ein stationarer Zustand in Bezug auf die Radikalkonzentrationen ein, d.h. es werden durch die Initiationsreaktion genau so viele Monomeradikale (und daher auch Polymerradikale) gebildet, wie Polymerradikale durch Abbruchreaktionen verschwinden. Die zeitliche Anderung der Radikalkonzentration ist durch die Differenz der Geschwindigkeitcn der Start- und Abbruchreaktionen gegeben und daher gleich Null (Band I):
Die Konzentration [I0] der Initiatorradikale ergibt sich aus deren Bildungsgeschwindigkeit d[Io]/dt = 2fkd[I] - k,,[lo][M] = 0 und die Konzentration [Po]an Polymerradikalen aus der Geschwindigkeit der Wachstumsreaktion -d[M]/dt = kp[Po][M]. In diesen Beziehungen sind k die Geschwindigkeitskonstanten der Elementarreaktionen (Indices: d = Initiatordissoziation, st = Startreaktion, p = Wachstum, t(pp) = Abbruch durch Reaktion zweier Makroradikale) und f = Ausbeute an wirksamen Radikalen (0 I f l 1). Die Durchrechnung zeigt, dass die Polymerisationsgeschwindigkeit R p direkt proportional der Monomerkonzentration ist (Band I). Sie steigt jedoch mit der Quadratwurzel aus der Initiatorkonzentration an:
4 . 1 . Polyreaktionen
96
. -Y
10-3
1 1. ,,
0
Gel-Effekt
0.2
.
+:-
Glas-Effekt
.
;
0,4 - Umsatz
.
.
+ \ .
.
.
10-6 k,(pp)
0.6
+
Abb. 4-2 Abhangigkeiten der PolymerisationsgeschwindigkeitR, (in % pro Stunde), der Abbruchkonstanten kb ) durch gegenseitige Desaktivierung zweier Makroradlkale und der Wachstumskonstanten kp bei der Folymerisation von Methylmethacrylat in Masse bei 223°C [I]. Die Polymerisationsgeschwindigkeit sollte entsprechend mil steigendem Umsatz (abnehmendem [MI) fallen. Nun sind aber die Abbruchkonstanten kl(PP)nicht konstant, sondern nehmen mit steigender Viskositat der Reaktionsmischung ab. Da die Viskositat wegen der Polymerbildung laufend ansteigt, beobachtet man oft anfanglich cine mehr oder weniger konstante Polymerisationsgeschwindigkeit (Abb. 4-1). Mit fortschreitender Zcit bilden sich immer mehr Polymermolekule, die sich nunmehr wegen der bei radikalischen Polymerisationen ublichen hohen Molmassen mitcinander verhaken konnen. Verhakungen erzeugen aber physikalische Netzwerke, welche die Diffusion der Kettensegmente behindem: der Abbruch durch Reaktion zweier Polymerradikale wird diffusionskontrolliert. Es verschwinden relativ weniger Polymerradikale als bei Abwesenheit dieser Diffusionskontrolle, wahrend sich wegen des nicht durch diesen Effekt betroffenen Initiatorzerfalls laufend neue Radikale bilden. Die totalen Radikalkonzentrationen und damit die Polymerisationsgeschwindigkeiten steigen stark an (Trommsdorff-Norrish- oder Gel-Effekt; Abb. 4-1 und 4-2). Schliesslich wird die Reaktionsmasse so hochviskos ("glasartig"), dass sogar die Diffusion der Monomermolekule zu den wachsenden Kettenenden behindert wird: die Wachstumskonstanten k p und damit auch die Polymerisationsgeschwindigkeitcn X, sinken durch diesen Glas-Effekt stark ab. Die Kinetik technischer Polymerisationen muss wegen dieser Effekte fur jeden Einzelfall modelliert werden. Sie kann nicht ohne wciteres aus den bei Grundlagenforschungen ublichen idealisierten Bedingungcn fur niedrige Monomemmsatze abgeleitet werden. Die Elementarreaktionen kontrollieren auch die Molmassenverteilung der entstehenden Polymeren. Beim Disproportionierungsabbruch ist z.B. das Zahlenmittcl yn des Polymerisationsgrades gleich der kinetischen Kettenlange vpp. die angibt, wieviele Monomermolekiile durch ein Initiatorradikal polymerisiert werden (Bd. I, GI.( 10-45)):
97
4 . lechnische Synthesen
Unter idealen Bedingungen sinkt also der Polymerisationsgrad (die Molmasse) rnit der Wurzel aus der Initiatorkonzentration (G1.(4-12)), wahrend die Polymerisationsgeschwindigkeit zunimmt (Gl.(4-11)). Experimentell wird jedoch bei kleinen Umsatzen oft eine Konstanz des Polymerisationsgrades gefunden, vermutlich sowohl bedingt durch die Inkonstanz der Abbruchkonstanten als auch durch Kettenubertragung von Initiatorradikalen zu Polymermolekulen, wodurch verzweigte Polymere entstehen.
4.1.9.
Copol ymerisa tionen
Copolymerisationen sind gemeinsame Polymerisationen von zwei oder mehr Typen von Monomeren, die zu Polymeren rnit verschiedenen Bausteinen in dcr Kette fuhren. Sie wurden in der alteren Literatur auch Misch- oder Interpolymerisationen genannt. Im einfachsten Fall reagieren bei Copolymerisationen die beiden aktivcn Kettenenden -a* und -b* irreversibel mit den beiden Monomeren A und B, so dass vier verschiedene Geschwindigkeiten Rij (i = a, b; J = A, B) und entsprechend vier verschicdene Geschwindigkeitskonstanten k , ~ k, , ~ ,kbA und kbB zu beriiclsichtigen sind. Dieses Terminalmodell vernachlassigt die Einfliisse der vorletzten Kettenglieder (-aa*, ba*, -ab*, -bb*). Es ist zweckmassig, sog. Copolymerisationsparameter ra = kaA/kd und rb = kbB/kbA als Verhaltnis der Geschwindigkeitskonstanten der Anlagerung eines fremden Monomeren zu der des eigenen am gleichen Kettenende einzufuhren. Das fremde Monomer wird bei r = 0 ausschliesslich und bei r < 1 bevorzugt addiert und das eigene Monomer bei r > 1 bevorzugt und bei r = ausschliesslich. Bei r = 1 werden beide Monomertypen mit gleicher Wahrscheinlichkeit angelagert. Der relative Monomerverbrauch betragt 00
(4- 13)
-d[Alldt - RaA+RbA - kbA +ka~([a*I/[b*I) .-=-d[Bl/dt RbB+&j kt,R+ka*([a*l/[b*l)
-(
Bei den Kreuzreaktionen -a* + B + -ab* und -b* + A + -ba* wird cin Kettenende -a* durch ein Ende -b* ersetzt. Damit die Konzentrationen dieser beiden Spezies zeitlich konstant bleiben, mussen die Geschwindigkeiten der beiden Kreuzreaktionen gleich gross sein ( R a ~= RBa). Aus G1.(4-13) folgt daher die Copolymerisations-Glcichung
Bei kleinen Umsatzintervallen ist die relative Anderung d[A]/d[B] der Monomerkonzentrationen gleich der relativen Zusammensetzung xA/xB der in diesen Intervallen entstandenen Copolymermolekule, d.h. gleich dem momentanen Zusammensclzungsverhaltnis (und nicht des totalen vom Umsatz 0 bis zum betrachteten). G1.(4-14) gilt entsprechend nicht fur grdssere Umsatzintervalle. Hier driftet bei r , f r b die Copolymerzusammensetzung ab. Copolymere mit konstanter Zusammensetzung kdnnen hergestellt werden, wenn das schneller polymerisierende Monomere entsprechend seinem Verbrauch laufend eingespeist wird. Die Zusammensetzung des Copolymeren wird auch dann konstant, wenn unter azeotropen Bedingungen gearbeitet wird, d.h. wenn die Bedingung d[A]/d[B] = [AI/[B] zutrifft.
98
4.1. Polyreaktionen
I - - statistisch
nichtazeotrop
7E
‘In -
40
0.01
kationisch
0.8
--
ideal azeotrop
1
1
0,6
--
statistisch azeotrop
0.46
0,52
--
alternierend
0
0
--
statistisch azeotrop
0.01
0,05 Et3AI,C13
--
s!atistisch nichtazeotrop
0.01
N
I
‘s -
014
0.2
50
radikalisch
anionisch
0 0
0,2
0,4
- %-M
0,6
0,8
1
--*
Abb. 4-3 Copolymerisations-Diagramm: Stoffmengenanteilex ~ der . Styrol-Einheiten ~ als Funktion dcr Stoffmengenanteile XS.M der Styrol-Monomeren bei der kationischen (@), radlkalischcn (0).insertierenden (0)und anionischen ( e )Copolymerisation von Styrol S und Methylmcthacrylat M [ 2 ] .
Bei einem gegebenen Monomerpaar klinnen j e nach Initiator im Prinzip alle mliglichen Copolymerisationstypen beobachtet werden (Abb. 4-3). z.B. bei den Copolymerisationen von Styrol und Methylmethacrylat. Die radikalische Copolymerisation ist hier fast azeotrop. Bei der kationischen Copolymerisation werden wegen der stark verschiedenen Copolymerisationsparameter lange Styrolsequenzen gebildet, bei der anionischen umgekehrt lange Sequenzen der Methylmethacrylateinheiten. Die Ziegler-Natta-Copolymerisation rnit (C2H5)3A12C13 und Spuren Sauerstoff als Initiator fuhrt dagegen zu fast altemierenden Copolymeren. Bei ionischen Copolymerisationen sind die Copolymensationsparamcter der Monomerpaare in der Regel stark verschieden. Daraus resultieren einmal lange HomosequenZen und zum anderen starke Verschiebungen der mittleren Copolymcrzusamrnensetzungen mit dem Umsatz. Ionische Copolymerisationen werden daher industriell recht selten ausgefuhrt, fur die Herstellung von Elastomeren z.B. anionisch aus Styrol und Butadien oder kationisch aus Isobutylen und wenig Isopren, fur Technopolymerc aus Trioxan und etwas Ethylenoxid und fur Verdicker aus Ethylenoxid und Propylenoxid. Auch Ziegler-Natta-Copolymerisationen sind relativ selten; cin grosstechnisches Verfahren ist z.B. die Terpolymerisation von Ethen, Propen und kleinen Anteilen cines nichtkonjugierten Diens. Dagegen gibt es sehr viele industrielle radikalische Copolymerisationen: Ethen mit Vinylacetat, Methacrylsaure oder Trifluorchlorethylen, Butadien rnit Styrol oder Acrylnitril, Vinylchlorid rnit Vinylacetat oder Propen usw.
4.1.10.
Polymertransformationen
Einige handelsubliche Polymere werden durch Urnwandlung anderer Polymerer hergestellt, wenn (a) die Ausgangspolymeren preiswcrt sind und/oder (b) die Endpolymeren nicht odcr nur schwierig durch direkte Polyreaktionen gewonnen werden klinnen.
4 . Technische Synthesen
99
Zur ersten Gruppe gehiirt die Cellulose, da deren Hydroxylgruppen verhaltnismassig leicht mit einer Vielzahl anderer Reagenzien umgesetzt werden. Mit Essigslure entstehen z.B. Cellulosetriacetate und Cellulose-2 1/2-acetate, von denen beide fiir Fasem und das letztere jetzt uberwiegend fiir Zigarettenfilter verwendet wird. Die Nitrierung von Cellulose fiihrt zu Cellulosenitrat, einem klassischen Polymeren fur Schiessbaumwolle, Thermoplaste, Fasem und Filme. Mit Oxiranen (Ethylenoxid, Propylenoxid) als Monomere werden Celluloseether gebildet, die als Verdicker gebraucht werden. Alle diese Reaktionen sind klassische polymeranaloge Reaktionen, die per Gruppe identisch mit denen ihrer niedermolekularen Analoga sind. Polymeranaloge Reaktionen unterscheiden sich jedoch von niedermolekularen, weil Nebenreaktionen bei Polytransformationen nicht wie bei niedermolekularen Umwandlungen zu entfembaren Nebenprodukten fuhren, sondem zu "falachen" Gruppen in den Polymerketten und meist zu verschlechterten Polymereigenschaften. Polymertransformationen mit Nebenreaktionen werden daher im Allgemeinen vermieden. Aus diesem Grunde sind polymeranaloge Reaktionen industriell praktisch auf nur funf Typen beschrankt: Hydrierungen, Umesterungen-Veresterungen-Verseifungen, Veretherungen, Chlorierungen-Sulfochlorierungen und Cyclisierungen. Bei den ersten vier dieser Transformationen kann der Umsatz meist beliebig von 0 bis fast 100 % reguliert werden. Durch partielle Umesterung von Poly(viny1acetat) entstehen z.B. Pseudocopolymere rnit in den Ketten mehr oder weniger statistisch verteilten Vinylacetat- und Vinylalkohol-Einheiten. Bei irreversiblen Cyclisierungen ist dagegen das Ausmass der Ringbildung durch den statistischen Ablauf der Reaktion beschrankt. Bei der irreversiblen Umsetzung von Poly(vinylalkoho1) mit Butyraldehyd zu Acetalen klinnen z.B. wegen der 1,3-Stellung der OH-Gruppen nicht mehr als l/e2 (= 86,5 %) der Hydroxylgruppen reagieren (Band I). Im weiteren Sinn kann man zu Polymertransformationen auch die Synthese von Pfropf- und Blockcopolymeren sowie die nachtragliche Vemetzung von Polymeren rechnen. Reaktive Kettenenden llisen nach -an* + m B + -anbm* entweder die Polymerisation anderer Monomerer aus oder koppeln mit anderen vorgeformten Ketten nach -an* + *bm- 4 -anbm- zu Blockcopolymeren. Beide Strategien werden rnit vielen chemischen Methoden fur die Synthese von Diblockpolymeren AnB, als Vertraglichkeitsverbesserer fur Polymerblends, von Triblockpolymeren AnBmAn als thermoplastische Elastomere, und fur verschiedene Multiblockpolymere von thermoplastischen Elastomeren bis Verdickem verwendet. Anionische lebende Polymerisationen werden fur die Synthese von Poly(styrol)-block-Poly(butadien)-block-Poly(styrol) und Poly(styro1)block-Poly(isopren)-block-Poly(styro1) (oft mit anschliessender Hydrierung der IsoprenBllicke) sowie von verschiedenen Diblockpolymeren eingesetzt. Polykondensationen dienen zum Herstellen von segmentierten Polyesteramiden und Pol yetheramiden sowie von Multi[Poly(butylenterephthalat)-block-Poly(poly(tetrahydrofuran)terephthalat)]en. Durch statistisches Aufpfropfen von Monomeren auf chemisch verschiedene Polymerketten erhalt man Pfropf- bzw. Graftcopolymere. Das Pfropfen erfolgt in der Regel durch Erzeugen von Radikalen auf vorgeformten Ketten; die Radikale ltisen anschliessend die Polymerisation der zugesetzten Monomeren aus. Seltener werden Makroradikale auf Polymerketten aufgepfropft. Beispiele sind das Pfropfen von Isobutylenfisopren auf Poly(ethylen), Vinylchlorid auf Poly(ethy1en-stat-vinylacetat), Ethenpropen auf Poly(vinylch1orid) oder Styrol-Acrylnitril auf gesattigte Acrylkautschuke.
100
4.2. Technixhe Verfahren
Zu den Reaktionen an vorgeformten Polymeren gehoren auch deren nachtragliche Vemctzungen. Beispiele sind die Vulkanisation ungesattigter Kautschuke mit Schwefel oder gesattigter Kautschuke mit Peroxiden, das Harten von ungesattigtcn Polyester-Ketten mit Styrol oder Methylmethacrylat und das Gerben von Kollagen mit bestimmten Reagenzien. Diese Verfahren unterscheiden sich von den ublichen Methoden zur Herstellung von Duroplasten, bei denen in der Regel nicht Polymere, sondem Oligomere (= Prapolymere) eingesetzt werden.
4.2. 4.2.1.
Technische Verfahren Ubersicht
Polyreaktionen und Polymertransformationen konnen in einer Rcihe von Reaktionsmedien ausgefuhrt werden, in Masse, in der Gasphase, in Suspension, in LGsungs- und Fallungsmitteln, in Emulsion und in selteneren Fallen auch in kristallisierten oder glasformigen Zustanden. Die Auswahl des Mediums richtet sich einmal nach den Eigenschaften der Monomeren und Polymeren, dann abcr auch nach den vcrfahrenstechnischen Bedingungen (Abfiihren der Reaktionswarme usw.), der erforderlichen Aufarbeitung der gebildeten Polymeren und schliesslich der vom Verarbcitcr gcwunschtcn Lieferrorm der Polymeren (Pulver, Ballen, Losung usw.). Ein und dasselbc Monomere wird daher oft nach verschiedenen Verfahren polymerisiert (Tab. 4-4). Technische Polyreaktionen unterscheiden sich haufig erheblich von denen im Laboratoriumsmassstab ausgefiihrten. Sie werden in der Regel zu hoheren Umsarzen gefuhrt; als Folge davon treten zusatzliche Phanomene wie z.B. Gel- und Glaseffekte, Initiatorerschopfungen, Katalysatolvergiftungen usw. auf. Diese Effekte beeinflussen nicht nur die Reaktionsfuhrung, sondem auch die chemische Struktur und die Molmassen und die Molmassenverteilungen der Polymeren. Aus diesem Grunde ist die Reaktionsfiihrung auch komplizierter als bei Grundlagenuntersuchungen: statt einer einfachen isothermen Polyreaktion einer vorgegebenen Menge Monomeres kann das Monomere kontinuierlich zugegeben werden, der Prozess nicht-isotherm ablaufen, zwei Initiatoren zugegeben werden (evtl. zu verschiedenen Zciten) usw. Zusatzlich treten zu den mikrokinetischen Vorgangen wie Start-, Wachstums-, Abbruch-, Ubertragungsreaktionen usw. noch makrokinetische Prozessc auf. Diffusionseffekte sind meistens nicht vemachlassigbar. Die Warmeiibertragung ist LU beachten. Rheologische Effekte konnen die Mikrokinetik beeinflussen. Andcrcrscits sind bei technischen Verfahren die Einfliisse von Verunreinigungen weit weniger gravierend als bei Laboratoriumsuntersuchungen, da Verunreinigungen meist von Reaktorwanden stammen und technische Reaktoren ein grosseres Verhaltnis von Volumcn zu Oberflache besitzen als Laboratoriumsapparate. Die Reaktortypen sowie die verwcndeten Riihrer beeinflussen nicht nur die Geschwindigkciten der Polyreaktionen, die Raum-&it-Ausbeute und die Verwcilzeit (E: residence time) in den Reaktoren, sondem u.U. auch die Konstitution der Polymeren und dcren Molmassenverteilung (Kap. 4.4). Entscheidend sind hier die Kopplungen der Konzentrations-, Temperatur- und Geschwindigkeitsfelder.
101
4 . Technische Synrhesen
Tab. 4-4 Technische Verfahren fur Polyreaktionen zu industriell wichtigen Polymeren. Polyreaktionen in Masse (M), in Suspension ( S ) , in Ldsung (L),unter Rllung (F), in der Gasphase (G), oder in Emulsion (E) durch Polymerisation (PM) nach radikalischen (r), anionischen (a), kationischen (k) oder Ziegler-Natta-Mechanismen(z) bzw. Metallmen-Reaktionen, Polyadditionen (PA) oder Polykondensationen (PK). Typische Verwendungen sind als Thermoplaste (T), Duroplaste (D), Fasern (F), Elastomere (E), iiberziige 0, Klebstoffe (K) sowie verschiedene andere (V). Polymere M Poly(ethylen),hohe Dichte ,niedr. Dichte Poly(propy1en) Pol y (styrol) Poly @-xylylen) Poly(methylmethacry1at) ABS -Polymere EPDM-Kautschuk Poly(c hloropren) Butylkautschuk Poly(isopren) Poly(oxymethy1en) Poly(viny1acetat) Poly(viny1chlorid) Poly(viny1fluorid) Poly(viny1idenfluorid) Poly(trifluorch1orethylen) Poly(tetrafluorethy1en) Poly(acry1lure) Poly(acry1siiureester) Poly(acry1amid) Poly(acrylnitri1) Polyamid 6 Polyamid 6.6 Polyaramide Phenolharze Poly(ethy1enterephthalat) Ungeslttigte Polyesterharze Poly carbonate Polyimide Aminoharze Poly(dially1phthalat)e Polyurethane
4.2.2.
PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PM PK PK PK PK PK PK PK PK PM PA
+ + + +
S
Polyreaktion in L F
G
E
Anwendung
(+)
+
(+>
+ (+I +
+
+
+ (+I (+I
+
+
(+I (+I
+ +
+ +
+ + +
+
+ +
+
+
+
+
+ + + + + +
Katalysatoren und Initatoren
Die Katalysatoren fur Polykondensationen und Polyadditionen sowie die Initiatoren fur ionische Polymerisationen und viele Ziegler-Natta-Polymerisationen prasentieren im Allgemeinen keine besonderen Probleme bei ihrer Lagerung und ihrem Transport. Besonderc Probleme gibt es jedoch bei den Initiatoren fur radikalische Polymerisationen und Vemetzungen.
102
4.2. 7echnische Verfahren
Radikalische Initiatoren sollen hoch polymerisationsaktiv sein, d.h. moglichst viele Radikale bereitstellen sowie hohe Radikalausbeuten und grosse Startgeschwindigkeiten aufweisen. Radikalisch durch Perverbindungen ausgeloste Polymerisationen werden daher haufig durch Zusatze "aktiviert" bzw. "beschleunigt", die einen induzierten Zerfall der Perverbindungen auslosen. Aktivatoren sind besonders bei der Kalthartung erforderlich, d.h. der Vemetzung von Polymeren oder Prlpolymeren bei Raumtemperatur, z.B. von ungesattigten Polyesterharzen durch Copolymerisation mit Styrol oder Methylmethacrylat. Dibenzoylperoxid wird z.B. mit N,N-Dimethylanilin aktiviert:
Initiatoren sollen ausserdem zu geringen Restmonomergehalten in Polymeren fiihren, was z.B. durch zwei verschiedene Initiatoren bewirkt werden kann: cinen schnell zerfallenden fiir die anfangliche Polymerisation und einen langsamer startenden fur den Endzustand. Monomere sind namlich meist toxisch und mussen fiir vielc Polymeranwendungen entfemt werden, z.B. durch Entgasen oder Ausdampfen mit Wasserdampf. Initiatoren beeinflussen femer die Krustenbildung in Autoklaven. Initiatoren sollen sich auch bei der Lagerung nicht vorzeitig zersetzen. Die Lagerfilhigkeit ist in der Regel umso grosser, jc besser der Initiator kristallisiert, da dadurch die Beweglichkeit der Molekiile, Molekulsegmente und Radikale stark herabgesetzt wird. Perverbindungen konnen allerdings wegen der Explosionsgefahr nur in klcinen Gebinden gelagert werden. Technische Initiatoren werden daher mehr und mehr in Tankwagen als verdiinnte Losungen oder Dispersionen zugestellt. Bis(4-t-buty1cyclohexyl)peroxydicarbonat wird z.B. als 40 %ige Dispersion in Wasser geliefert, Bis(o-methylbenzoyl)peroxid als 80 %ige wassrige Dispersion und Bis(2-ethylhexy1)pcroxydicarbonat als (40-70) %ige Losung in Isoparaffinen oder Aromaten. Initiatoren werden wissenschaftlich durch ihrc Zerfallskonstante kd bzw. ihre Aktionskonstante A t und ihre Aktivierungsenergie E t charakterisiert: (4-16)
[I1 = [I], exp (- k d t ) ;
kd = A t
exp (- E % / R n
Diese molekularen Grossen variieren in weiten Grenzen; sie hangcn fiir eincn gegcbcnen Initiator noch vom Losungsmittel ab (Tab. 4-5). Technisch wcrdcn Initiatoren in Europa meist durch die Halbwertszeit t50 ihres Zerfalls klassifiziert, d.h. dcr Zeit, in der bci einer bestimmten Temperatur 50 % des Initiators zerfallen sind. Diese Halbwertszeiten sind mit den Zerfallskonstantcn k d uber t50 = 0,693 k d verknupfl. Fur Grundlagcnuntersuchungen zieht man dagegen eincn weniger als fiinfprozentigcn Zerfall vor. In den USA wird fiir Initiatoren meist die Tempcratur T10 angcgcbcn, bci dcr nach 10 Stunden 50 % des Initiators zerfallen sind (Tab. 4-6). Dic von den Initiator-Hcrstellem angegebcnen Werte lassen oft offcn, auf welche Losungs- oder Dispcrsionsmittcl sie sich beziehcn, offenbar in dem weit vcrbreiteten Glauben, dass radikalische Reaktioncn nicht vom Losungsmittel abhangen (siehe aber Tab. 4-5). Die Werte sind auch nicht ohne weiteres auf polymerisierende Systeme ubertragbar, da der Zerfall sowohl von Monomeren als auch von Polymeren verschieden beeinflusst wird.
103
4 . Technische Synthesen
Tab. 4-5 Halbwertszeiten t50 und Aktivierungsenergien ES des Zerfalls radikalischer Initiatoren. Fiir die Abkiimngen siehe Tab. 4-6. Initiator
IPP
AIBN
Usungsmittel
Dibutylphthalat Dibutylphthalat BenZOl
BPO
Styrol Aceton BenzOl
MEKP
Styrol Poly(styro1) Ethylacetat
Dicup
Benzol
CHP KzS208
BenZOl
0,l mol N a O W H20
t5dh bei
Ed$ in kJ/mol
40°C
115,o 122.2 125,s 127,6 111.3 133.9 132,8 146.9
21 303 354 414 443 2 130 3 525 11 730
170 100 140
3000000 4000000 1 850
70°C 0,32 5 ,o
6,1 5,7 10.6 23,7 29,2 84,6 217 11 200 60 000 11,9
110°C
0,0044 0,057 0,076 0,054 0,180 0,177 0.23 1 0.392 27 760
Je nach dem zu polymerisierenden Monomerem, dem zu vemetzenden Prapolymeren bzw. Polymeren und der erforderlichen Verfahrensweise werden daher verschiedene radikalische Initiatoren verwendet (Tab. 4-6).
4.2.3.
Polymerisation in Masse
Polyreaktionen reiner Monomerer werden Polyreaktionen in Masse odcr in Substanz genannt (E: bulk polymerizations). Entsprechende Polykondensationen und Polyadditionen werden meist bei erhijhten Temperaturen in Schmelzen der bei Raumtemperatur festen Monomeren vorgenommen; die Polymeren sind bei erhiihten Tcmperaturen meist ebenfalls flussig (Schmelzen). Bei Polymerisationen sind dagegen bci Raumtemperatur die reinen Monomeren in der Regel flussig, die reinen Polymeren abcr fest. Bei hohen Umsatzen erhtilt man d a m im Reaktor einen "Block" des Polymerisats. Masse-Polymerisate wurden daher im Deutschen friiher auch Blockpolymerisate oder Blockpolymere genannt (nicht mit den Block- und Blockcopolymeren zu verwechseln, die aus "Bliicken" verschiedener Monomereinheiten bestehen). Die technisch als "Masse-Polymerisationen" bezeichneten Verfahren arbeiten jedoch oft nicht mit reinen Substanzen, sondem setzen (5-25) % LBsungsmittel als Verfahrenshilfe und/oder Kettenubertrager zu. Polykondensationen werden in Schmelzen bei Temperaturen zwischen 120°C und 180°C in inener Gasatmosphare (N2,C02,S02) mit oder ohne zugesetzten Katalysator ausgefuhrt. Fur derartige Masse-Kondensationen eignen sich jedoch nur thcrrnostabile Monomere und Polymere. Ein Beispiel ist die Synthese von Poly(hexamethy1enadipamid) = Polyamid 6.6 = Nylon 6.6, fur die verschiedene Prozesse entwickelt wurden (vgl. Kap. 9). Durch direkte Kondensation von Hexamethylendiamin und Adipinslure hergestellte Vorkondensate k6nnen z.B. anschliessend im festen Zustand auskondensien werden. In den meisten FQlen bildet man jedoch aus Hexamethylendiamin und Adipinsaure zunachst das sog. AHdas dann in einer mcthanolischen AufSalz ~NH2(CH2)6NH31@[00C(CH~)~COOHlQ, schlammung polykondensiert wird.
104
4.2. Technische Verfahren
Tab. 4-6 Radikalische Initiatoren fiir Polymerisationen von Monomeren (PM) und nachtragliche Vernetzungen (XL) von Polymeren. TL = Lagerungstemperatur, Tlo = 10 Stunden-Halbwertstemperatur. Beispiele: Polymerisationen von E = Ethen, S = Styrol und/oder VC = Vinylchlorid in Masse (M) oder Suspension (S) sowie Vernetzungen von Poly(ethy1en) (PE) oder ungesattigten Polyestern (UP). Initiator
Substituent R, R
Peroxide RO-OR' BPO DibenzoylDicup DicumylDilauroy1ACSP Acetylcyclohexansulfonyl-
C6HsCOC6H5(CH3)2CCllH23COCH3CO-, C6H11S02-
Hydroperoxide R M H CHP Cumol-
C6HdCH312C-
Dihydroperoxide HO-0-R-0-OH MEKP MethylethylketonPeroxydicarbonafe ROOCO-OCOOR BCP Bis(4-1-butylcyclohexyl)NPP DipropylIPP DiisopropylEHP Bis(2-ethylhexy1)DicyclohexylDimyristyl-
TlpC TlCC
73 117
25 -12
62 40
PM
XL
S(S)
UP PE
E,VC(E) VC(M)
155 UP
-C(CH3)(C2H5)- -+ -C(CH3)(C2H5)o-oC(CH3)(C2H5)(CH3)C(p-C6Hl& 20 C3H7(CH312CH-10 C~H~CH(C~HS)CH~--15 10 C6HllH(CH2)1420
50 50
E,VC E E,VC E,VC VC(M) VC(M)
64
VC
45
Ethanderivate R-R Benzpinakol (C6H5)2(OH)CBis((methyl)(ethyl)@henyl))- (cH3)(CzH5)(C6H& Azoverbindungen R-N=N-R AIBN NJ-Azobisisobutyronitril Andere VTBS Vinylsilantriacetat KPS Kaliumpersulfat Wasserstoffperoxid
(CH&(CN)C-
25
CH2=CH-Si(OOCCH3)3 K2S208 H202
Masse-Polymerisationen sind in der Regel radikalische Verfahren. Da nur Monomere, Polymere und (meist) Initiatoren anwesend sind, entstehen in der Regel sehr reine Produkte, z.B. "Kristallpoly(styrol)" (ein glasklares, a m o r p h e s Polymeres!) bei der thermischen Polymerisation von Styrol ohne radikalische Initiatoren und optisch reines Poly(methylmethacrylat (z.B. PlexiglasTM)bei der durch radikalische Initiatoren ausgelosten Polymerisation von Methylmethacrylat. Bei Massepolymerisationen wird aber auch vie1 Polymerisationswame pro Einheitsvolumen erzeugt, die in den grossen technischen Anlagen nicht schnell abgefiihrt werden kann. Durch den Geleffekt kann es ausserdem zu einem zusatzlichen Wtirmestau kommen. Lokale Uberhitzungen fuhren je nach System und Umsatz zu mehrmodalen Molmassenverteilungen (Abb. 4-4). Verzweigungen des Polymeren, Explosionen, Polymerabbau zu niedrigeren Molmassen oder Verfarbungen des Polymeren ("hot spots").
4 . Technische Synthesen
105
Abb. 4-4 Molmassenverteilungen bei verschiedenen Umsiltzen bei der Massepolymerisation von Methylmethacrylat mit 0,5 Gew.-% N~-Azobisisobutyronitrilals Initiator bei 70°C (31. Die Kurven wurden durch Ausschlusschromatographieerhalten; die Achsenbezeichnungen sind daher beliebig. Die Polymerisation wird daher oft bei Umsatzen von (40-60) % abgebrochen und das restliche Monomer abdestilliert. Altemativ kann man auch in zwei Stufen polymerisieren. In einer ersten Stufe wird die Polymerisation in grossen Kesseln bis zu einem mittleren Umsatz gefiihrt, in der zweiten Stufe dann in diinnen Schichten, z.B. in Kapillaren, in Diinnschichten an Wanden oder in diinnen Strahlen im freien Fall.
4.2.4.
Polymerisation in Suspension
Suspensions-Polymerisationen sind "wassergekiihlte" Masse-Polymerisationen. Das Suspendieren eines wassemnloslichen Monomeren in Wasser unter Zusatz eines Suspensionsmittels teilt den Reaktionsraum in viele kleine Monomertropfchen mit Durchmessem von (0,001-1) cm auf; die Polymerisationswarme kann dadurch vie1 besser abgefuhrt werden. Die Polymerisation wird in den Tropfchen durch radikalische "6116sliche" Initiatoren gestartet; wegen der Reaktion der Starter- bzw. Makroionen mit Wasser kann nicht ionisch in Suspension polymerisiert werden. Nach dem Auspolymerisieren haben sich die Trtipfchen in Perlen von meist (50-400) Krn Durchmesser verwandclt, weshalb das Verfahren auch Perlpolymerisation (E: bead polymerization) genannt wird. Suspensionspolymerisationen sind Polymerisationen in zweiphasigen Systemen, zu denen auch noch die Emulsions-, Fallungs- und Dispersionspolymerisationen gehtiren. Bei Ernulsionspolymerisationen lauft die Polymerisation im Gegensatz zu den Suspensionspolymensationen nicht in Monomertropfchen ab, sondem in Mizellen bzw. Latexteilchen (Kap. 4.2.5). Dispersionspolymerisationen sind "umgekehrte" Emulsionspolymerisationen, bei denen eine wlssrige Phase in einer organischen dispergiert ist. F21lungspolymerisationen erfolgen unter Ausfallung des Polymeren aus der Schmelze oder Losung des Monomeren ab. Diese Verfahren unterscheiden sich charakteristisch in vielen Einzelheiten (Tab. 4-7). z.B. irn Ort der Polymerisation, der Teilchenstabilisierung, der Polymerisationsgeschwindigkeit, dem Auftreten von Verzwcigungsreaktionen, der Molmassenverteilung usw.
4 . 2 . Technische Verfahren
106 Tab. 4-7 Charakteristiken heterogener Polymerisationen 141. Eigenschaft
Separate Monomerphase Initiator ist in Verdiinnungsmittel geldst Teilchen werden in kontinuierlicher Phase gebildet Teilchen werden stabilisien Teilchenzahl htingt von Stabilisatorkonzentrationab Polyrnerisationsgeschwindigkeitabhugig von Teilchenzahl
Emul- Disper- Suspen- WIsions- sions- sions- lungspolyrne- polyme- polymc- polymerisation risation risation risation
+ +
+ + + +
+
+ +
+
+ + +
+ +
Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die technisch iiblichen Bezeichnungen "Suspensions-", "Emulsions-" und "Dispersionspolymerisationen" sich nicht mil den kolloidchemisch gebduchlichen Definitionen von Suspension, Emulsion und Dispersion decken (Band IV). "Dispersion" ist ein Oberbegriff, der auch Emulsionen und Suspensionen umfasst. Der tcchnische Begriff der "Dispersionspolymerisation"bezieht sich dagegen auf den spezicllcn Fall ciner polymerisierendcn Wasser-in-01-Emulsion (W/O-Emulsion) und die polymerchcmisch ublichc Bczcichnung "Emulsionspolymerisation" auf den Fall einer 01-in-Wasser-Emulsion ( O m-Emulsion). Auch bei Suspensionspolymerisationen geht man wie bei Emulsionspolymerisationen von einer Om-Emulsion aus. Sowohl bei der Suspensionspolymerisation als auch bei der Emulsionspolymerisation entstchen entweder Suspensionen (wenn die Glastemperatur des dispergierten Polymeren hoher als die Ternperatur der Suspension ist, 2.B. bei Poly(styro1)-Teilchen in Wasser) oder aber Emulsionen (wenn die Glastemperatur der dispergierten Polymerteilchen unterhalb der Temperatur des Systems liegt, 2.B. bei Styrol/Butadien-Kautschuk-Teilchen in Wasser). Durch Suspensionspolymerisation konnen nur solche Monomere hergestellt werden, die sehr wenig wasserloslich sind und dercn Polymere geniigend hohe Glasubergangstemperaturen aufweisen. 1st z.B. das Monomere etwas wasserloslich, so kann die Polymerisation u.U. auch ausserhalb der Monomertropfchen stattfinden. Die Grossenvcneilung der Perlen wird dann einen langen Schwanz zu kleinen Teilchen hin aufwcisen. Dieser "Feinstaub" ist technisch unerwunscht, da er bei der Verarbeitung zu ungleichmassigen Schmelzen fiihren kann. Bei Copolymerisationen kdnnen unterschiedliche Wasserloslichkeiten dcr Monomeren Perlen erzeugen, die aussen und innen verschieden zusammengesctzt sind. Der gleiche Effekt tritt bei unterschiedlichen Polymerisationsgeschwindigkeitcn auf, da es sich um "abgeschlossenc" kleine Reaktionsraume handclt. Die Polymerisationstemperatur muss niedriger als die Glasubergangstemperatur der bei der Suspensionspolymerisation entstehenden Polymeren sein. Andercnfalls wcrdcn die Perlen leicht deformiert; sie ncigen dann auch zur Agglomerisicrung. Das Zusammenlaufen der Monomertropfchen wird durch Suspcndicrmittcl vcrhind e n . Man unterscheidet dabei Schutzkolloide, Ionenseifcn und Pickcring-Emulgatoren. Schutzkolloide sind wasserliisliche organische Polymere (z.B. Poly(vinylalkoho1)). Sie crhohen die Viskositat der Suspension und ernicdrigen so die Wahrscheinlichkeit fur den Zusammenstoss zweier Tropfchen. Schutzkolloide setzen femer die Grenzflschenspannung MonomertropfchenIWasser herauf und den Dichteunlerschicd herab, was ebenfalls das Zusammenfliessen der Tropfchcn crschwert. Ioncnseifcn ladcn die Tropfchen gleichsinnig auf und verringern dadurch die Zahl der Zusammcnslossc dcr Monomertropfchen und deren Agglomeration.
107
4 . Technische Synthesen
Pickering-Emulgatoren sind dagegen feinverteilte, wasserunlosliche anorganische Substanzen (z.B. Bariumsulfat). Sie ktinnen nach der Polymerisation leicht abgetrennt und ausgewaschen werden und werden aus diesem Grunde oft den Schutzkolloiden und Ionenseifen vorgezogen. Die eingeschlossene Menge an Suspendiermittel geht mit fallendem Perlendurchmesser sowohl absolut als auch relativ durch ein Minimum. Die Perlgrtisse hlngt ausser vom Suspendiermittel auch von den Ruhrbedingungen ab. Sie wird durch die Weber-Zahl (4-17)
W e = (p v2 d3) / (Yg)
beschrieben, wobei p = totale Ladungsdichte des zweiphasigen Systems, v = Umdrehungsgeschwindigkeit des Ruhrers, d = Durchmesser des Ruhrers, y = Grenzflachenspannung und g = Erdbeschleunigung sind. Die Perlgrtisse sinkt mit steigender WeberZahl stark ab und liuft d a m durch ein schwaches Minimum (Abb. 4-5). Die Durchmesser technischer Perlpolymerisate liegen gewtihnlich bei (50-200) pm. Vorteile der Suspensions-Polymerisation sind die leichte Reaktionskontrolle und das Anfallen der Produkte in Perlform, wodurch die Polymeren nicht wie bei Masse-Polymerisationen nachtraglich zerkleinert werden mussen. Nachteilig ist der Aufwand fur die Entfemung und Reinigung des Wassers und die nicht vollstandig mogliche Entfemung der Suspensionsmittel, was zu unerwunschten Produkteigenschaften wie 2.B. Triibungen und beschleunigten Alterungen fuhren kann. Spezielle Probleme treten bei zu im Monomeren unltislichen Polymeren auf, z.B. beim Poly(vinylch1orid). Die Form und Grtisse der polymerisierenden Trtipfchen hangt beim Ruhren stark von der urspriinglichen Trtipfchengrtisse und von den Suspendiermitteln ab. Es resultiert eine breite Verteilung der Perlgrtissen, was zu niedrigeren Schuttdichten und bei weichgemachten Polymeren zu schlechteren Geliereigenschaften als bei Massepolymerisaten fuhrt. Die Suspendiermittel ktinnen femer auf die Polymefen aufgepfropft werden. Dadurch werden die Perlenoberflachen runzlig, was sowohl die Schuttdichte als auch die Weichmacheraufnahme beeinflusst. 1
loo’ .
1
2
3
5
7
- 10-5 We +
10
20
Abb. 4-5 Perldurchmesser d als Funktion der Weber-Zahl We bei der Suspensions-Polymerisation von Vinylchlorid in Wasser [ 5 ] .
Mit freundlicher Genehmigung der Society of Plastics Engineers, Brookfield, CT.
108
4.2. 7’echnische Verfahren
Abb. 4-6 Schema der Emulsions-Polymerisation rnit leeren und monomergefullten Seifenmizellen, Seifenmizellen mit wachsenden Oligomerketten, Latexteilchen mil Monomermolckulen und wachsenden Polymerketten sowie Monomertropfchen.
4.2.5.
Polymerisation in Emulsion
Phanomene Emulsionspolymerisationen sind radikalische Polymerisationen von in Wasser emulgierten, wasserunldslichen Monomeren. Die Emulsionen werden durch den Monomeren zugesetzte obcrflachenaktive Verbindungen (Emulgatoren, Detergcnticn, Seifen) erzeugt, in deren Mizellen die Monomeren eingelagert werden. Dabei unterscheidet man opake Makroemulsionen rnit ca. (1-10) pm, Miniemulsionen rnit ca. (0,l-0,2) pm und transparente Mikroemulsionen rnit (0,005-0,l) pm Durchmesser der Teilchen. Nach der Polymerisation besitzen die Polymerpartikeln gewohnlich Durchmesser zwischen 0,Ol pm und 10 pm, rnit speziellen Verfahren auch bis zu 100 pm. Diesc Polymerpartikeln sind in der wxssrigen Flotte dispergiert; sie werden auch Polymerdispersionen, Polymerlatices, Emulsionspolymere oder einfach Polymerkolloide genannt. Grenzflachenaktive (amphiphile) Substanzen (Tenside) bildcn in Wasser oberhalb einer kritischen Konzentration Assoziate, die Mizellen genannt werden. In vcrdunnicn Losungen werden kugelformige Mizellen aus ca. 20- 100 Molekulcn gcbildci, bci hohercn Konzentrationen auch zylindrische. Im hydrophoben Innem dieser Mizellen von ca. (410) nm Durchmesser konnen wasserunlosliche Monomermolekule eingelagert werden, wodurch die Mizellen aufquellen, z.B. von 4,3 nm auf 5.5 nm bei Siyrol in KaliumoleatMizellen. Ausscr den rnit Monomeren beladenen Mizellen liegen aber in dcrartigen Emulsionen auch dispergierte Monomertropfchen von ca. (1000-10 000) nm Durchmcsser vor, die durch Emulgatomolekule stabilisiert werden (Abb. 4-6). Die ersten Rezepte fur Emulsionspolymerisationcn wurden empirisch gefunden, als man den Latex des Naturkautschuks nachahmen wollte. Dabei zeigte sich, dass wasserlosliche Initiatoren (z.B. K2S20g) bei der Emulsionspolymerisation vie1 wirksamer waren
109
4. Technische Synfhesen
0
ca. 5 %
(25-30) %
- Umsatz
4
Abb. 4-7 Schematische Darstellung der Abhbgigkeiten der PolymerisationsgeschwindigkeitR der Oberflachenspannung yund der Zahl N L der ~ Latexteilchen vom Umsatz u bei der ab i n i h d m u l sionspolymerisation wasserunltislicher Monomerer. I = Phase der Teilchenbildung, I1 = Polymerisation in Latexteilchen mit Nachlieferung von Monomer aus Monomemtipfchen, I11 = Polymerisation nach dem Verschwinden der Monomeru6pfchen. E: Die ErschOpfung der Monomerphase fuhrt zu einer Abnahme der Monomerkonzentration in den Polymerteilchen und damit zu einer Abnahme der Polymerisationsgeschwindigkeit. G: Durch die hohe Konzentration an hochmolekularen Polymerketten steigt die Viskosiat stark an. wodurch die Diffusion zweier Polymemdikalezueinander stark behindert wird (Geleffekt). Als Resultat sinkt die Wahrscheinlichkeit von Kettenabbruchen und durch die Zunahme an Makroradikalen steigt die Polymerisationsgeschwindigkeitstark an. als monomerlosliche (2.B. Dibenzoylperoxid). Die Wirksamkeit wasserldslicher Initiatoren deutete darauf hin, dass Emulsionspolymerisationen nicht in den MonomertrCipfchen, sondern in der Flotte ablaufen. Diese Annahme wurde durch Versuche bestatigt, bei denen die Flotte mit dem Monomeren uberschichtet wurde oder bei denen Flotte und Monomeres getrennt und nur uber den Gasraum miteinander verbunden waren. Man beobachtete femer, dass bei sog. ab initio-Polymerisationen die Monomerkonzentration im System rnit steigendem Umsatz in einer Versuchspenode I zuerst langsam, dann in der Periode I1 rasch, und schliesslich in einer Periode 111 wieder langsam geringer wird. Die Polymerisationsgeschwindigkeit R , ist jedoch nicht entsprechend G1.(4- 11) der Monomerkonzentration proportional. Sie steigt vielmehr in der Periode I stark an (leichtes Absinken von [MI), wird in der Periode I1 konstant (starke Abnahme von [MI) und sinkt daM schnell ab (langsame Abnahme von [MI). Die Oberflachenspannung y bleibt anfanglich konstant, steigt d a m aber beim Ubergang zur Periode I1 zuniichst steil und spater nur noch langsam rnit steigendem Monomerumsatz an. Die Zahl N L , der Latexteilchen nimmt zuerst schnell zu und bleibt dann praktisch konstant (Abb. 4-7). Emulsionspolymerisationen folgen offenbar nicht den klassischen Polymerisationsschemata. Den Schlussel zur Erklarung der Beobachtungen bietet das Verhalten der Obcrflachenspannung. Tenside assoziieren namlich nach einem "Alles-oder-Nichts"-Mechanismus (geschlossene Assoziation), bei dem sich entsprechend N MI @ MN Unimere rnit der Molmasse M I im Gleichgewicht rnit Assoziaten der Molmasse M N aus N Unimeren befinden. N-Mere treten in merklicher Konzentration erst oberhalb einer mehr oder weniger scharfen "kritischen Mizellkonzentration" cmc auf, oberhalb derer die Unimerkonzentration praktisch konstant bleibt (Abb. 4-8).
110
4 . 2 . Technische Verfahren
Abb. 4-8 Berechnete Abhihgigkeiten der Massekonzentrationen CI der Unirneren und C N dcr N-Meren sowie schernatische Abh~gigkeitder Oberflachenspannung yvon der Totalkonzentration c an Tensiden. Berechnungen fur eine Molrnasse MI= 200 g/rnol, Assoziationszahl N = 21 und Gleichgewichtskonstante K = (L/rnol)20. Entsprechende Gleichgewichte stellen sich auch zwischen den Spczies im Innem der Losung und denen an der Oberflache ein: oberhalb der kritischen Mizellkonzcntration CMC ist die Oberflache praktisch vollstandig mit den amphiphilen Molekulen bedeckt. Die Oberflachenspannung wird daher bei Konzentrationen c > CMC unabhangig von der Totalkonzentration c (Abb. 4-8). Solange aber die Oberflachenspannung konstant ist, muss auch die Konzentration der Mizellen grosser als die kritische Mizellkonzentration CMC sein (Abb. 4-8). In der Periode I1 mussen folglich die Mizellen verschwunden sein, da dort die Oberflachenspannung mit steigendem Monomerumsatz zunimmt. In dcn Periodcn I1 und I11 kann daher die Polymerisation nicht (oder nicht iibenviegend) in Mizellen erfolgen. Fur die Emulsionspolymerisation wasserunloslicher Monomerer ergibt sich nach Harkins somit folgendes Bild: Anfanglich liegen mit Monomer gefiillte Emulgatormizellen, Monomertropfchen und im Wasser geloster Initiator vor. Der Initiator bildet in der Flotte Radikale, die entweder zu den Emulgatormizellen odcr zu den Monomertropfchen wandem konnen. In der Periode I seien z.B. pro Liter ca. 1020 mi[ Monomeren beladene Mizcllen von ca. 8 nm Durchmesser und ca. 1012 Monomertropfchen mit ca. 5000 nm Durchmesser vorhanden. Da die Gesamtoberflache der Mizellen (ca. 800.1020nm2/L) weit grosser als diejenige der Monornertropfchen (ca. 3.1020 m/L) ist, werden die Radikalc die Monomermolekule in den locker gebauten Mizellen und nicht diejenigen in den Monomertropfchen angreifen. Der Name "Emulsionspolymerisation" ist daher nicht korrckt: die Polymerisation findet nicht in der Emulsion (den emulgierten Monomertropfchcn) stall, sondcrn startet in den Mizellen. Die Zahl der Mizellen bleibt in der Versuchsphase I konstant (konstantc Obcrfllchenspannung). Mit zunehmender Zeit werden mehr und mehr Initiatorradikale und daher auch mehr Makroradikale in den Mizellen gebildet, wodurch die Polymcrisationsge-
4 . Technische Synthesen
111
schwindigkeit ansteigt. Gleichzeitig nimmt aber durch die Polymerisation die totale Zahl der Monomermolekule in den Mizellen ab. Die Polymerisation musste also nach Verbrauch dieser Monomennolekule unter Bildung von Polymeren mit Polymerisationsgraden von maximal 100 (entsprechend der Assoziationszahl N) zum Stillstand kommen. Die Polymerisationsgeschwindigkeitmusste entsprechend auf Null abfallen, was jedoch nicht beobachtet wird (Abb. 4-7). Vielmehr nimmt die Polymerisationsgeschwindigkeit zu und wird dann in der Versuchsperiode I1 konstant. Es mussen also laufend Monomermolekule aus den Monomertriipfchen durch Diffusion zu den Emulgatormizellen nachgeliefert werden, wo sie dann polymerisiert werden. Durch die Polymerisation wlchst das in der Mizelle vorhandene Makroradikal, bis es schliesslich durch ein in die Mizelle eindringendes zweites Initiatorradikal abgebrochen wird. Bei Emulsionspolymerisationen entstehen daher im Vergleich zu Masse- oder Suspensions-Polymerisationen vie1 hiihere Molmassen. Die Mizellen gehen bei der Polymerisation in grossere Latexteilchen uber, die eigentlichen Reaktionsorte der Periode 11. Nun wandelt die Polymerisation viele Monomermolekule in ein Polymermolekul um. Das Solubilisierungsgleichgewicht in den MizellenLatexteilchen wird gestort und versucht sich durch Nachdiffusion des Monomeren aus den Monomertropfchen wieder einzustellen. Dadurch sind in den Latexteilchen wieder Monomere vorhanden, die durch neu eintretende Radikale polymerisierbar sind. Der Durchmesser d der gebildeten Latexteilchen nimmt so standig zu, und zwar mit der Kubikwurzel aus dem Umsatz u. Der Quotient d/c1I3 ist also konstant (Abb. 4-9). Aus den Durchmessern der Latexteilchen und den Dimensionen der Polymermolekule geht hervor, dass ein Latcxteilchen viele Polymermolekule enthalt.
400
t 2oo
s o . -ti
20 10
Abb. 4-9 Zunahme der Durchmesser d der Latexteilchen mit der Kubikwurzel aus dem Umsatz u bei Emulsionspol ymerisationen. Oben: 9.1 Gew.-% Styrol mit 0.18 Gew.-% Dikaliumpersulfat in der wasrigen Losung von 0,s Gew.-% eines Natriumalkylsulfonats(M = 300 g/mol) als Emulgator [6]; Unten: 0.36 Gew.-% StyroI/Isopren (25/75) mit 2,15 Gew.-% Kaliummyristinat als Ernulgator und Spuren von Dikaliumpersulfat sowie einem Merkaptan als Initiator bzw. Kettenregler.
112
4.2. 7echnische Verfahren
Am Ende der Periode I sind alle Mizellen in Latexteilchen umgewandelt, deren Zahl nun in den Perioden I1 und 111 konstant bleibt. Die grosseren Latexteilchen brauchen zu ihrer Stabilisierung aber mehr Emulgator als die kleineren Mizellen. Die kritische Mizellkonzentration wird unterschritten und die Oberflachenspannung steigt steil an. In der Periode I1 kCinnen keine neuen Mizellen und daher auch keine neuen Latexteilchen gebildet werden. Durch Diffusion werden jedoch laufend neue Monomermolekule von den MonomertrBpfchen zu den Latexteilchen geliefert. Die Geschwindigkeit der Aufnahme des Monomeren betragt bei Latexteilchen von ca. 50 pm Durchmesser fur Styrol in Poly(styro1) ca. 2-10-1° g cm-2 s-l und fur Vinylacetat in Poly(viny1acetat) ca. 3000~10-10g cm-2 s-l. Die Monomerkonzentration in den Latexteilchen bleibt konstant. und die Polymerisation ist folglich von 0. Ordnung in Bezug auf die Monomerkonzentration. Wahrend der Periode I1 nimmt die totale Teilchenoberflache des Systems zu, da grosse Monomertropfchen durch Latexteilchen ersetzt werden. Am Schluss dieser Periode sind die Latexteilchen nur noch zu ca. 60 % mit Emulgator abgesattigt. Solange noch Monomertrijpfchen vorhanden sind, kann Monomercs zu den wachsenden Latexteilchen geliefert werden, und die 0. Ordnung der Polymerisationsgeschwindigkeit bleibt erhalten. Sind die Monomertropfchen schliesslich aufgezehrt, daM konnen nur noch die Monomermolekule in den Latexteilchen verbraucht werden. Deren Konzentration sinkt standig, woraus in der Periode 111 nach den allgemeincn Gesetzen der Formalkinetik cine Reaktion 1. Ordnung in Bezug auf das Monomcrc resultiert.
Polymerisa tionsgeschwindigkeit Die Polymerisationsgeschwindigkeit R , von Emulsionspolymerisationen wird gewohnlich durch eine andere Beziehung als die bei Masse-, Losungs- oder SuspensionsPolymerisationen ubliche G1.(4-11) ausgedriickt, namlich:
Die Polymerisationsgeschwindigkeit Rp wird dabei durch die pro Zeit und Volumen der kontinuicrlichen Phase umgesetzte Stoffmenge an Monomeren gemcsscn. Die Monomerkonzentration [MIL, ist nicht die Stoffmengenkonzentration an Monomeren im Gesamtvolumen, sondern diejenige in den Latexpartikeln. ( L ) ist die Konzentration an Latexpartikeln in der kontinuierlichen Phase (Zahl Teilchen pro Volumcn dcr wassrigen Phase). NR,L, gibt die mittlere Zahl der Radikale pro Latexpartikel an, wobci zusatzlich uber die Verteilung der Latexteilchen gemittelt wird. NA = Avogadro-Konstante. Die Geschwindigkeitskonstante kp der Polymerisation wird in der Rcgcl uber Massepolymerisationen bestimmt. Sie kann jedoch auch ohne weitere Annahmen aus der gemessenen Polymerisationsgeschwindigkeit R,, der experimentell ermittclten Stoffmengenkonzentration [ M ] L ~an Monomeren in Latexteilchen und der ubcr Elcktronenspinresonanz-Messungen bestimmten Konzentration [R*]L, an Radikalen bcrcchnct werden. Aus Messungen an angeimpften Emulsionspolymerisationen geht dabei hcrvor, dass die Wachstumskonstante bis zu hohen Massenbriichen ( w p ) ~ , an Polymcren in Latexpartikeln konstant bleibt und erst bei ( w p ) ~ , > 0.8 wegen der Diffusionskontrollc rasch absinkt (Abb. 4-10, vgl. auch Abb. 4-2).
113
4 . Technische Synthesen ....................
102
"-.$
0
1 a
2 2 1
0
0.2
0.4
- WP.Lp
-
0.6
03
1
lo-' 1
Abb. 4-10 Abhhgigkeit der Wachstumskonstanten und der mittleren Zahl der Radikale pro Latexpartikel vom Massenanteil des Polymeren in Latexpartikeln bei der angeimpften Emulsionspolymerisation von Methylmethacrylat bei 50°C [7]. Die Stoffmengenkonzentration [ M ] L ~an Monomeren in Latexteilchen wird als diejenige im Gleichgewichtszustand angenommen und durch Quellungsmessungen ermittelt. Die Verwendung dieser Konzentration in G1.(4-18) setzt jedoch voraus, dass die Latexteilchen der weit iiberwiegende Ort der Polymerisation sind. Diese Annahme trifft jedoch bei speziellen Emulgatorsystemen nicht immer zu. Die Konzentration ( L ) an Latexteilchen ist bei angeimpften Systemen konstant und genau bekannt. Bei derartigen Versuchen wird in einem Vorversuch durch Emulsionspolymerisation ein Latex mit genau bekannter Konzentration an Latexpartikeln hergestellt, der in einem Hauptversuch dem System Monomer/Detergens/Wasser sozusagen als Saatgut dient. Bei de nowsystemen aus Monomer/Detergens/Wasser/Initiator bilden sich Latexteilchen erst wtihrend der Phase 11. Die mittlere Zahl N R , L ~der Radikale pro Latexpartikel kann bei bekanntem [ROIL, (aus z.B. ESR-Messungen) iiber NR,L, = [ R o ] ~ f l ~ / ( Lberechnet ) werden. Bei angeimpften Emulsionspolymerisationen hat sich dabei gezeigt, dass die Zahl der Radikale pro Partikel mit steigender Polymerkonzentration in den Partikeln zunimmt (Abb. 4-10). Bei a b initio-Polymerisationen aus anfanglich vorliegenden Monomeren, Emulgatoren und Initiatoren bauen sich erst mit der Zeit Konzentrationen an Radikalen und Latexpartikeln auf, von denen die ersteren zudem zumindest anfanglich schwierig messbar sind. Erst bei der Periode I1 wird die Polymerisationsgeschwindigkeit konstant, d.h. ein stationarer Zustand erreicht. Fur diese Prozesse wurden von Smith und Ewart mathematische Modelle entwickelt, die als Smith-Ewart-Falle I, I1 und I11 bekannt sind. Beim Smith-Ewart-Fall I1 geht man von folgenden Uberlegungen aus: Die Konzentration [ROIL, an Radikalen in Latexpartikeln kaM nur konstant sein, wenn pro Zeiteinheit genau so viele Radikale gebildet werden wie verschwinden. Ein in ein Latexteilchen eintretendes Radikal wird eine Kette starten. Ein zweites eintretendes Radikal wird aber wegen des kleinen Volumens der Latexteilchen eher das bereits vorhandene Makroradikal desaktivieren als eine zweite Kette starten. Die Abbruchgeschwindigkeit durfte auch vie1 grosser als die Eintrittsgeschwindigkeit sein.
114
4.2. 7echnische Verfuhren
Die Zeit vom Eintritt eines zweiten Radikals bis zur Desaktivierung ist daher vie1 kleiner als die Zeit zwischen dem Eintntt des ersten und des zweiten Radikals. Der Austntt der Radikale aus den Latexteilchen ist femer vemachlassigbar. Zu jedem Zeitpunkt enthalt demnach ein Latexteilchen entweder ein Radikal oder gar keines, im zeitlichen Mittel also ein halbes, d.h. N R , L=~ 1/2 in G1.(4-18). Dieser Ansatz gilt jedoch nur fur kleine Umsatze. Bei hoheren Umsatzen (Glaseffekt) und grossen Teilchendurchmessem kann dagegen die mittlere Zahl der Radikale pro Latexteilchen grosser d s 1/2 werden (Smith-Ewart-Fall 111). Umgekehrt wird bei einem raschen Transport von Radikden aus den Latexpartikeln heraus die mittlerc Zahl dcr Radikale in den Latexpartikeln zu N R , L<~ 112 (Smith-Ewart-Fall I).
Partikel-Bildung Ein Teil der Emulsionspolymerisate wird direkt als Latex (Dispersion) verwendct. Dazu interessiert, wie die Konzentration ( L ) der Latexteilchen in der Emulsion von den Versuchsbedingungen abhangt. Die Radikale mit der Konzentration ( R ) = NR,E/VEsollen in die Mizcllcn mi[ der konstanten Gcschwindigkeit RR,, = d(R)/dt cindringen, und zwar jeweils zur Zcit re. Dabei ist N R , E die Zahl der Radikale und VE das Volumen der Emulsion. In jcder so durch ein Radikal “angeimpften“ Mizelle startet die Polymerisation. Bei der Polymcrisation nimmt nach experimentellen Befundcn das Volumen V L jedes ~ Latexteilchens mit konstanter Geschwindigkeit zu; es gilt dVLddt = conkst.Zur Zeit t betragt daher die Oberflache A L ~ eines Latexteilchcns
Die totale Oberflache A uller Latexpartikeln pro Volumen VE der Emulsion betragl
(4-20)
A = RR,, J:ALpdte
= 0,60R~,,
dt
Die in einer Konzentration c, = mJVE vorliegcnden Seifenmolekule nchmen cine spezifische Flache u s = A,/m, ein. Falls sich die Seifenmolekule nur auf den Latexteilchen befinden, also keine Mizellen mehr vorhanden sind, gilt A, = A L ~ Dicser . Zustand liegt am Ende der Periode I vor. Fur die Zeitspanne von 0 bis tcrit der Periode I gilt daher:
(4-22)
tcrit = 0,53 (a$, / b!R,e)3/5 ((dVLp/dt)-’)2/5
Am Ende der Phase A licgt demnach die maximal moglichc Zahl von Latexteilchen pro Volumen der Emulsion vor:
4 . Technische Synthesen
115
Je grtisser die Seifenkonzentration, umso mehr Latexpartikeln werden gebildet, wodurch die Polymerisationsgeschwindigkeit ansteigt, und zwar mit der 3/5.Potenz von c,, was auch fur Styrol und kemsubstituierte Styrole bestatigt wurde. Bei partiell wasserltislichen Monomeren wie Vinylacetat sinkt der Exponent jedoch unter 0,6 ab. Der Zahlenwert 053 ist ein oberer Grenzwert, da die Radikale nicht nur in die Mizellen, sondem auch in die bereits gebildeten Latexteilchen eindringen konnen. Entsprechende Berechnungen fuhren zu einern unteren Grenzwert von 0,37 anstelle von 0,53 . G1.(4-23) zeigt beim Smith-Ewart-Fall I1 auch die Abhlngigkeiten der Konzentrationen der Latexpartikeln von den Seifen- und Initiatorkonzentrationen an. Bei absatzweise arbeitenden Polymerisationen in Ruhrkesseln liegen am Ende der Periode I1 nur Latexpartikeln vor. Irn Fall I1 enthilt jede Latexpartikel entweder nur ein Radikal oder gar E Radikale ist daher proportional der Teilkeines. Die Teilchenkonzentration N R , ~ V der chenkonzentration ( L ) der Latexpartikeln. Die Eintrittsgeschwindigkeit R R , der ~ Radikale ist dagegen ihrer Bildungsgeschwindigkeit Ri proportional und diese wiederum der Initiatorkonzentration [I]. Die Massekonzentration cs der Seifenmolekiile kann femer durch die Stoffmengenkonzentration [S] ausgedriickt werden. G1.(4-23) geht damit ubex in
Produkteigenschaften Emulsionspolymerisationen bieten gegenuber anderen Polymerisationsprozessen eine Reihe verfahrenstechnischer Vorteile. Die Temperatur lasst sich durch das Wasser leicht konstant halten. Durch die Redox-Initiatoren sind noch bei niedrigen Temperaturen Polymerisationen mit hoher Geschwindigkeit miiglich. Auch die Polymerisationsgrade ktinnen ziemlich hoch eingestellt werden. Das nicht polymerisierte Monomere ist durch Wasserdampfdestillation ("Dampfen") verhaltnismassig leicht entfembar. Andererseits sind Emulgatorreste nur schwierig aus den Polymeren zu entfemen. Die Polymerisate werden durch Emulgatorriickstande hydrophiler, wodurch die dielektrischen Verluste ansteigen. Beim Poly(vinylch1orid) kiinnen ausserdem gewisse Seifen die Abspaltung von HC1 katalysieren. Man versucht daher, miiglichst emulgatorarm zu arbeiten oder verseifbare bzw. nichtionogene Emulgatoren einzusetzen. Altemativ kann man haufig die Emulsionspolymerisation durch die Masse- bzw. die Suspensionspolymerisation ersetzen. Der bei Emulsionspolymerisationen anfallende Latex kann direkt fur Klebstoffe, Anstriche und Beschichtungen oder fur die Ausriist, ng von Leder weiterverwendet werden. Dazu wunscht man eine Kontrolle uber die Grtissenverteilung der Latexpartikeln. Legt man z.B. am Anfang der Polymerisation Emulgator und Wasser vor und gibt Monomeres und Initiator erst im Verlauf der Polymerisation kontinuierlich zu, d a m wachsen nur die zuerst gebildeten Latexteilchen weiter. Diese Partikeln sind relativ klein und weisen eine enge Grtissenverteilung auf. Polymerisiert man dagegen zuerst einen Teil des Ansatzes und gibt dann den Rest als Emulsion wahrend der Polymerisation zu, so entstehen immer wieder neue Latexteilchen. Die zuerst gebildeten Teilchen werden sehr gross, die zuletzt gebildeten bleiben relativ klein. Es entstehen Latices mit breiter Verteilung der Teilchendurchrnesser.
116
4 . 2 . Technische Verfahren
In den Latexteilchen liegen hohe Polymerkonzentrationen vor. Je grosser aber die Polymerkonzentration, umso hoher ist die Wahrscheinlichkeit fur Kettcnubertragungen zu Pol$meren und damit fur das Auftreten von Verzweigungen. Emulsionspolymerisate sind daher meist starker verzweigt. Durch Emulsionspolymerisationen lassen sich auch Copolymerisatc herstellen. Die Zusammensetzung cines Copolymerisates hangt von den relativen Grdsscn der Geschwindigkeitskonstaten sowie von den lokalen Monomerkonzentrationen ab. Eine unterschiedliche Wasserldslichkeit der beiden Monomeren wird also cine gegeniiber Massepolymerisationen veranderte Copolymerzusammensetzung hervorrufen, WCM man sich in beiden Fallen auf die gleichen vorgegebenen Monomerkonzentrationen bezieht. Das Flottenverhaltnis hat dann einen starken Einfluss auf die Copolymerzusammensetzungcn. Zwei in Wasser unlosliche Monomere fuhren dagegen bei der Emulsionspolymerisation zu derselben Zusammensetzung des Copolymeren wie bei der Polymerisation der beiden Monomeren in Masse. Bei unterschiedlich wasserloslichen Monomeren ist aber das tatsachliche Monomerverhaltnis in der Olphase, dem Ort der Polymerisation, verschieden vom Gcsamtmonomerverhaltnis. Das wahre lokale Monomerverhaltnis kann aus dem vorgegebenen Verhaltnis der Monomeren sowie deren Verteilungskoeffzienten berechnet werden. Die Zusammensetzung des Polymeren hangt vom lokalen Monomerverhaltnis in der Olphase in der glcichen Weise ab, wie diejenige vom totalen Monomerverhaltnis bei dcr MassePol ym eri sat ion.
4.2.6.
Polyreaktionen in Liisung
Manche Polykondensationen, Polyadditionen und Polymerisationen werden aus verschicdencn Griinden in Losungsmitteln ausgefuhrt. Nachtcilig ist jedoch, dass die verwendeten Losungsmittel anschliessend aufwendig entfemt werden musscn. Polymerisationen in Losungsmitteln sind enviinscht, wenn das Polymere gleich in Losung verbleiben kann, z.B. bei Lackhanen. Derartige Harze werden abcr wegen der Herstellungskosten und wegen des Umwelt- und Arbeitsplatzschutzes zunehmend durch Anstrichfarben auf wassriger Basis (Dispersionen) ersetzt. Fast alle ionischen Polymerisationen werden in Losung ausgefiihrt. Die Polaritat des Ltjsungsmittels bestimmt das Ausmass der Dissoziation der Initiatoren und wachsenden Polymeren in freie Ionen, Solvat- und Kontaktionenpaare und Ionenassoziatc. Die verschiedenen Spezies liegen in sehr verschiedenen Konzentrationen vor und stchen miteinander im Gleichgewicht. Da auch ihre Wachstumskonstanten sehr untcrschicdlich sind und zudem nur bei freien Ionen cine Arrheniussche Abhangigkeit von dcr Temperatur aufweisen, ergeben sich schon aus diesen Griinden komplizierte Abhangigkcitcn der Polymerisationsgeschwindigkeiten von den verschiedenen Polymcrisationsparametcm. Auch bei radikalischen Polymerisationen ist das Ldsungmittel nicht einfach ein "Verdunner". Als Verdiinner setzt es die Monomerkonzentration und damit die Polymerisationsgeschwindigkeit herab. Es erlaubt auch einc bessere Abfuhrung der Polymcrisationswarme. Da die Polymerkonzentration durch das Losungsmittel vcrringcil wird, entstchen auch weniger Verzweigungen durch Kettenubcrtragung zu den Polymeren. Als Folge dessen wird die Molmassenverteilung enger.
117
4 . Technische Synthesen
Losungsmittel konnen auch ubenragend wirken. Durch eine Ubertragung wird z.B. aus dem Ldsungsmittel Ethylacetat das sehr aktive Radikal .CH~-COOC~HS gebildet. was zu erhdhten Polymerisationsgeschwindigkeiten fuhn. Gewisse Losungsmittel ktinnen ausserdem manche radikalische Initiatoren zu einem induzierten Zerfall anregen. Besonders stark wirkt sich aber die thermodynamische Gute der Losungsmittel aus, die wiederum die Viskositaten der entstehenden Polymerldsungen stark beeinflusst. Bei der radikalischen Polymerisation von Methylmethacrylat in unterschiedlich guten Losungsmitteln nimmt bei hoheren Umsatzen (iiber ca. 25 %) der Polymerisationsgrad mit abnehmender Gute des Ldsungsmittels zu. Hohere Polymerisationsgrade fuhren aber zu grosseren Viskositaten und damit zu stirkeren Diffusionskontrollen bei Abbruchreaktionen durch gegenseitige Desaktivierung zweier Makroradikale (Geleffekt). Als Folge dessen steigen die Polymerisationsgeschwindigkeitenbei thermodynamisch schlechten Ldsungsmitteln weit starker an als bei thermodynamisch guten (Abb. 4-1 1).
0.4 E 3 0.3
0
500
loo0
1500
- Zeit in Minuten +
2000
Abb. 4-11 Zeitabhangigkeit des Umsatzes bei der Polymerisation von 40 Vol.-% Methylmethacrylat in den Fallungsmitteln Butylstearat B bzw. Cyclohexan C, in den schlechten Losungsmitteln Amylacetat A bzw. TetrachlorkohlenstoffT, im guten Losungsmittel Methylenchlorid M sowie in Masse,
jeweils bei 40°C mit konstanter Initiatorkonzentration.Die ideale Polymerisation ohne Geleffekt ist durch - - - angedeutet. Mit freundlicher Genehmigung von MacMillan Magazines Ltd., London [8]. Bei Polykondensationen und Polyadditionen sind es hauptsachlich die Thermolabilitaten von Monomeren und Polymeren, welche Polyreaktionen in der Schmelze vereiteln. Bei Polykondensarionen in Losung setzt man meistens ca. 20 %ige Losungen ein. Die abgehenden niedermolekularen Substanzen (Wasser, Alkohole, HCl usw.) werden in der Regel abdestillien. Wasser kann z.B. durch azeotrope Destillation entfemi werden, wobei Schlepper wie Toluol oder Tetrachlorkohlenstoff verwendet werden. Altemativ kann man das Wasser durch kontinuierliche Dunnschichtverdampfung abfuhren. Bei diesem Verfahren wird die Losung der Ausgangskomponenten oben auf eine FullkBrperkolonne aufgegeben. Das freigewordene Wasser wird im Gegenstrom mit C 0 2 entfemt. Da keine lokalen Uberhitzungen auftreten konnen, entstehen bei diesem Verfahren sehr helle Produkte. Typische Losungspolykondensationen sind die Bildung aliphatischer Polyamide vom AABB-Typ und von Polyestem aus aromatischen Sauren und aliphatischen Diolen.
118
4.2. Technische Verfahren
Die Grenzflachenkondensation ist ein Spezialfall der Polykondensation in Losungsmitteln mit anschliessender Ausfallung der Produkte. Bei diesem Verfahrcn werden in der Regel Dicarbonsauredichlonde in organischen Losungsmitteln mit Diaminen in Wasser umgesetzt (friiher auch Bisphenole). Das gebildete Polymere fallt an der Crenzflache organisches Losungsmittel/Wasser aus. Falls die beiden Ltisungsmittcl zwei gctrennte Makrophasen bilden, wird an der Grenzflache oft ein Film des Polymeren erLeugt. Falls man jedoch die beiden Ltisungen ineinander dispergiert, entstehen feinkomige Suspensionen des Polymeren. Das Verfahren ist schnell und daher sehr attraktiv. Nachteilig sind jedoch die hohen Kosten der Saurechloride. Ausserdem erfordert die Entfemung von HCI besondcre Aufwendungen (Apparatekorrosion, Entsorgung). Verwendet man bei der Reaktion von Phosgen z.B. Bisphenolate statt Bisphenole, so verbleibt selbst nach eincr Wasche noch NaCl im Polymeren. Die NaC1-Teilchen sind grosser als die Wellenlange des Lichtes und machen daher das Polymere triib. Grosstechnisch wird daher nur noch ein Spezialpolyamid aus rn-Phenylendiamin. Isophthalsaure und Terephthalsaure.
4.2.7.
Polymerisation in Fallungsmitteln
Einige Polymere wie z.B. Poly(vinylchlorid), Poly(acrylnitri1) und Poly(tetrafluorethylen) sind in ihren eigenen Monomeren unltislich. Sic fallen daher bci dcr Polymerisation schon bei sehr geringen Umsatzen aus. Fallungen erfolgen auch, WCM Losemittel fur die Monomere gleichzeitig Fzllungsmittel f i r die Polymeren sind. Bei der radikalischen Polymerisation von Acrylsaure in Toluol steigt die Polymerisationsgeschwindigkeit mit steigendem Monomerumsatz zunachst steil an (Abb. 4-12). Sie Iauft durch ein Maximum, wenn Past allc Polymerteilchen gebildet sind und fdlt dann langsam ab, weil nunmehr die Diffusion der Monomermolekule zu den Polymerradikalen behindert ist.
I
.? 1.5 !J
5 1.0 E
. s o
0,5
a
0
0.2
0,4
0,6
0,8
1
- Monomerumsatz +
Abb. 4-12 Durchmesser d und Zahl N der gebildeten Teilchen bei der mil der Geschwindigkeit R, ablaufenden radikalischen Polymerisation von 1 mol/L AcrylsAure in Toluol bei 50°C untcr Zusatz von 0,3 mom Wasser und 3 mmol/L eines Tensides (Poly(styro1)-block-Poly(oxyethy1en)) und Riihren mit 300 U/min. Der Initiator war 3 mmol/L 2,2'-Azobis(2,4-dimethylvaleronitriI) 191.
4 . Technische Synthesen
119
Die Zahl der ausgefallenen Polymerteilchen steigt anfanglich ebenfalls stark an (von 0 bei 0 % Umsatz auf ca. 1.10" pro Liter bei 20 % Umsatz (in der Zeichnung nicht sichtbar). Sie wird bei 40 % Umsatz konstant, offenbar, weil alle Radikale in den ausgefallenen Polymerteilchen eingeschlossen sind und/oder der Initiator verbraucht ist. Da die Makroradikale in den ausgefallenen Teilchen nicht zueinander diffundieren ktinnen, lluft die Polymerisation weiter und die Teilchendurchmesser nehmen linear mit steigendem Monomerumsatz zu (Abb. 4- 12). Die Teilchendurchmesser sind sehr klein, weil dem Polymerisationsansatz ein Tensid zugesetzt worden war. Fallungspolymerisationen sind vorteilhaft, weil die Polymeren direkt in fester Form, meist sogar pulvrig, abgeschieden werden, so dass die bei Massepolymerisationen erforderliche Zerkleinerung des Polymerisates entfalt. Wie beim Beispiel der Abb. 4- 12 setzt man daher den Monomeren gem ein Flllungsmittel fur die entstehenden Polymeren zu. Diese Flllungsmittel mussen selbstverstandlich LBsungsmittel fur die Monomeren sein. Auch bei einigen Polykondensationen und Polyadditionen in Ltisung fallen die gebildeten, verhaltnismassig niedermolekularen Polymeren aus der Reaktionsmischung aus. Da die ausgefallten Polymeren im Ltisungsmittel suspendiert sind, spricht man auch von Polykondensationen in Suspension. Ein Beispiel ist die Polykondensation von Diphenylestem von Dicarbonsauren mit Diaminen in arornatischen Kohlenwasserstoffen, wobei Phenol abgespalten wird und feinkomiges Pol yamid ausfallt:
Zuerst wird eine Vorkondensation bei Temperaturen zwischen (80- 100)°C (amorphc Polyamide) bzw. (130-1 60)"C (kristalline Polyamide) vorgenommen. Das dabei verwendete Ltisungsmittel darf nicht mit den Reaktionsteilnehmem reagieren, muss die Phenylester gut Itisen und sol1 die entstehenden Polyamide nicht anquellen. Anschliessend wird eine Nachkondensation zu hohen Molmassen im festen Zustand ausgcfiihrt, meist im Wirbelbett. Die obere Temperaturgrenze ist dabei durch ein Verkleben der Polyamidteilchen gegeben. Diese Polykondensationen im festen Zustand mussen also unterhalb der Schmelztemperaturcn (kristalline Polymere) bzw. Glastemperaturen (amorphe Polymere) crfolgen. Sie sind verhaltnismassig rasch und werden daher manchmal auch bei anderen Polykondensationen als Nachkondensationen verwendet. Bei der Nachkondensation eines Poly(hexamethy1enadipamid)s des Zahlenmittels der relativen Molmasse 4000 LU einem von 15 000 (technischer Bereich) sind bci 216°C z.B. nur 2 Stunden crfordcrlich. Da fcmer die Temperaturen niedriger als in der Schmelze sind. bekommt man zudcm besserc Endprodukte (geringere Verfarbungen usw.).
4.2.8.
Polymerisationen in Gasphasen
Bei Gasphasen-Polymerisationen werden gasformige Monornere verwendet. Die entstehenden Polymerisate sind jedoch nicht fluchtig und fallen schon bei niedrigen UrnsatZen aus. Der Name "Gasphasen-Polymerisation" ist daher irrefuhrend: die Polymerisation lluft nicht in der Gasphase, sondem im "Nebel" des ausfallenden Polymeren ab.
120
4.2. Technische Verfahren
Gasphasen-Polymerisationen werden radikalisch und mit Ziegler-Katalysatoren ausgefuhrt. Wegen der grossen Verdunnung enthalt jede wachsende Polymerpartikel ahnlich wie bei der Emulsionspolymerisation nur ein einziges aktives Zentrum. Neue Monomermolekule werden uber die Gasphase nachgeliefert. Die Polymerisation wird d a m durch die Geschwindigkeit der Absorption von Monomeren in der Partikel kontrolliert. Da die Absorption der Monomermolekule mit steigender Temperatur abnimmt, verringert sich die Polymerisationsgeschwindigkeit bei Temperaturzunahme. Die Bruttoaktivierungsenergie des Pmzesses wird daher negativ. Die entstehenden Polymeren sind sehr rein. Die Polymerisation in Gasphasen vereinigt also Kennzeichen der Emulsionsund der Flllungspolymerisation. Erhoht man bei Gasphasen-Polymerisationen den Druck, so wird die Konzentration der Monomeren erhoht; die Polymerisationsgeschwindigkeit steigt entsprechend an. Um einen merklichen Effekt zu erhalten, geniigen meist Driicke von einigen 10 MPa. Bei Flussigkeiten kann dagegen die Konzentration wegen der geringen Kompressibilitat durch angelegte Driicke nicht wesentlich erhoht werden. Um Polymerisationen in flussiger Phase zu beeinflussen, mussen Driicke von mindestens einigcn (1 02-103) MPa angewendet werden. Je nach Druckbereich kann man erwarten (1 MPa = 10 atm):
< lo2 MPa 1O2 - lo3 MPa 1O3 - 104 MPa lo4 - lo5 MPa
Verdichtung von Gasen (Gleichgewichtsverschiebungen) Uberwindung zwischenmolekularer Krafte (Kristallisation, Viskositat) Anderung von Molekulstrukturen und Elektronenanordnungen Erzeugung und Zerstorung chemischer Bindungen
Erhohte Driicke bewirken daher bei Flussigkeiten im Vergleich xu crhohten Tcmperaturen verhaltnismassig geringe Effekte. Ihr Einfluss auf die Geschwindigkeitskonstanten ergibt sich nach der Theorie des Ubergangszustandes chemischer Reaktionen xu (4-26)
ki = ( k g T / h ) exp [ASit/R]
CXP
[- ( A H i t
+ pAVit)/RT]
wobei k~ = Boltzmann-Konstante, h = Planck-Konstante, Asit = Aktivierungsentropie, A H i t = Aktivierungsenthalpie und AViS = Aktivierungsvolumen. Einige Geschwindigkeitskonstanten bei der Ethen-Polymerisation sind in Tab. 4-8 vcrglichcn. Tab. 4-8 Geschwindigkeitskonstanten kp,des Wachstums und ktr,pp des Abbruch durch gcgcnseitigc Desaktivierung zweier Polyrnemadikalebe1 der radikalischen Polymerisation von Ethen.
T -
Zustand
Als Fliissigkeit In benzolischcr LSsung Als dichtes Gas
"C
20 83 130
-
autogen < 10
176
19 470 5400
4.6
10.5 2.0
4. Technische Synthesen
121
Das Aktivierungsvolumen spielt fiir die Druckabhangigkeit der Geschwindigkeitskonstanten die gleiche Rolle wie die Aktivierungsenergie fur die Temperaturabhlngigkeit. Die Anderung des Bruttoaktivierungsvolumens AVS einer Radikalpolymerisation ergibt sich nach G1.(4- 11) aus den Geschwindigkeitskonstantenund ihren Exponenten zu
Die Aktivierungsvolumina der Elementarreaktionen lassen sich wie folgt abschltzen: Initiation. Bei einem homolytischen Zerfall muss die dissoziierende Bindung gestreckt und gebrochen werden, z.B. die Peroxid-Bindung -0-0- im Dibenzoylperoxid C ~ H S C O O - O O C C ~ HDas ~ . Aktivierungsvolumen ist daher positiv. Sein Wert hangt stark vom Losungsmittel ab, d.h. vom durch das Ltisungsmittel induzierten Zerfall des Initiators. Bei 120°C betragen z.B. die Aktivierungsvolumina beim Bis(t-buty1)peroxid in Toluol 5,4 ml/mol, in CCl4 dagegen 13,3 mL/mol. Wuchstum. Bei der Polymerisation ungeslttigter Verbindungen werden einerseits kurze Doppelbindungen (0,133 nm bei C=C) in langere Einfachbindungen (0,154 bei C-C) umgewandelt, andererseits verschwinden die weit grtjsseren zwischenmolekularen Abstande zwischen Monomermolekulen (ca. (0,3-0.5) nm). Bei der Polymerisation Lritt also in der Regel eine Kontraktion ein: das Aktivierungsvolumen AVpS der Wachstumsreaktion ist negativ. Das Aktivierungsvolumen der Wachstumsreaktion von Styrol bei 60°C betragt z.B. -1 8 mL/mol. Auch bei Ringoffnungspolymerisationen wird das Wachstum durch Druck begunstigt, da Ringe meist grossere Molvolumina als die entsprechenden offenkettigen Verbindungen aufweisen. Abbruch und Ubertragung. Bei einem Abbruch durch Kombination wird eine neue Bindung gebildet. Das Aktivierungsvolumen ist folglich negativ, vermutlich aber noch diffusionskontrolliert. Bei Disproportionierungsabbrikhen und Ubertragungsreaktionen werden dagegen gleichzeitig alte Bindungen gebrochen und neue gebildet. Das Vorzeichen des Aktivierungsvolumens ist daher a priori ungewiss. Experimentell wurde jedoch gefunden, dass Ubertragungsreaktionen mit dem Druck zunehmen, also negative Aktivierungsvolumina aufweisen. Entsprechend diesen Abschatzungen sind die Bruttoaktivierungsvolumina von Polymerisationen meist negativ; a In kb&P ist entsprechend positiv. Die Polymerisationsgeschwindigkeiten nehmen folglich mit steigendem Druck zu; bei radikalischen Polymerisationen bei einer Drucksteigerung auf 300 MPa z.B. auf das Zehnfache. Die Molmasse steigt jedoch nur um den Faktor 1,s an,
4.3. Reaktoren Polyreaktionen werden in einer grossen Z--verschiedenartiger Reaktoren durchgefuhrt. Die Auswahl der Reaktoren richtet sich nach verschiedenen Kriterien: Polymermengen: Stoffeigenschaften: Reaktionssystem: Produkteigenschaften:
kleine Mengen absatzweise, grosse kontinuierlich; Stoffzustand, Ltislichkeit, Thermostabilitlt, Molmasse usw.; Viskositat, Wameentwicklung usw.; Losung, Pulver, Perlen, Granulat, Ballen usw.
122
4.3. Reaktoren
Viele Polyreaktionen sind auch sehr empfindlich gegenuber Verunreinigungen, WOrauf bei der Auswahl der Reaktortypen geachtet werden muss. Bei radikalischen Polymerisationen liegen z.B. die Makroradikale oft nur in Konzentrationen von lo-*mol/L vor. Technische Polyreaktionen zeichnen sich gegenuber den entsprechenden niedermolekularen Reaktionen durch ausgepragte Kopplungen zwischen chemischen Vorgangen und Transportprozessen aus. Diese Kopplungen beeinflussen nicht nur die Reaktionsgcschwindigkeiten, sondem auch die chemischen undloder physikalischen Strukturen und Eigenschaften. Besondere Kennzeichen sind die hohen exothermen Polymerisationswarmen, grossen Viskositaten, niedrigen Diffusionsgeschwindigkeiten und geringen Warmeleitfahigkeiten.
4.3.1.
Viskositaten
Die Viskositaten chemischer Verbindungen hangen ganz allgemein von der Konstitution der Repetiereinheiten, der Architektur der Molekule, der Konfiguration und der Versuchstemperatur ab, bei Losungen und Dispersionen auch von der Polymer- bzw. Teilchenkonzentration. Bei geschmolzenen und gelosten Polymeren kommen d a m noch oft dramatische Abhangigkeiten von der Molmasse, der Molmassenverteilung und dem Schergefalle. Wahrend der Polyreaktion andert sich j e nach Mechanismus nun sowohl die Konzentration des Polymeren als auch dessen Molmasse und Molmassenverteilung, so dass sich sehr verschiedene Abhangigkeiten der Viskositaten vom Umsatz der Monomeren ergeben. Bei Suspensions-Polymerisationen liegen anfanglich Monomertropfchen vor, die dann in harte Polymerperlen umgewandelt werden. Da die relative Viskositat von Suspensionen harter Kugeln nach der Einstein-Batchelor-Gleichung
nur vom Volumenbruch q? der Kugeln abhangt und dieser sich bei dcr Polymerisation praktisch nicht andert, sollte also die Viskositat bei Suspensions-Polymerisationen ebenfalls konstant bleiben. In Wirklichkeit nimmt sie jedoch mit zunehmendem Monomerumsatz leicht ab (Abb. 4-13), weil Monomertropfchen unter der Wirkung von Ruhrem leicht deformierbar sind und Suspensionen nicht kugelformiger Teilchen bei gleicher Konzentration wegen ihres nicht-Newtonschen Verhaltens kleinere Viskositiiten aufweisen als kugelfonnige. Bei Emulsions-Polymerisationenliegen anfanglich meist kugelfonnige Mizellen und Monomertropfchen vor. Spater entstehen kugelformige Latexteilchen. Die Konzentration der Teilchen bleibt nach einer Anfangsphase konstant. Es andem sich jedoch die Wechselwirkungen und die relative Viskositat der Dispersion nimmt bei Emulsions-Polymerisationen leicht zu. Bei Masse-Polymerisationen ist die Situation komplizierter. Der einl'dchslc Fall ist hier die radikalische Polymerisation von z.B. Vinylverbindungen, die schon bei schr niedrigen Umsatzen hochmolekulare Polymere liefert, deren Molmasse bis zu nicht zu hohen Umsatzen praktisch konstant bleibt. Es entstehen Losungen von Polymcren, dercn Konzentration mit steigendem Umsatz standig zunimmt.
4 . Technische Synthesen
123
7 0
c . Fc'
I
Abb. 4-13 Abhangigkeit der relativen ViskositAten r)/r)ovorn Monomerurnsatz u bei der Polymerisation in Masse, Ltisung, Emulsion und Suspension (schematisch). 7 = Viskosit;?tder Reaktionsrnasse beim Umsatz u, 90 = Viskosit!4t beim Monornerumsatz 0. - - - q/qo= 1. In erster Naherung nimmt der Logarithmus der relativen Viskositat mil dem Logarithmus der Polymerkonzentration c zu, so dass die Viskositat rnit dem Umsatz steil ansteigt. Beim Einsetzen des Gel-Effektes wird auch die Molmasse vie1 grosser. Die Viskositat steigt aber bei gleicher Konzentration mit steigender Molmasse des Geliisten an, so dass die Viskositat mit grtisser werdendem Umsatz noch starker wlchst. Bei der Polymerisation von Styrol zu 80 % Umsatz kann sie z.B. urn 6 Zehnerpotenzen zunchrnen! Die genauen Abhangigkeiten der Viskositaten von Polymerltisungen (einschl. der Ltisungen im eigenen Monomeren) von Konzentration c und Molmasse M der Polymeren sind theoretisch noch nicht genau erfassbar. Sie hangen jedoch noch davon ab, ob sich die Konzentrationen und Molmassen unterhalb oder oberhalb der kritischen Werte fur Verhakungen befinden. Im Allgemeinen beobachtet man fur Knauelmolekule eine Beziehung zwischen der Viskositlt und der Massekonzentration c bzw. der Molmasse M (4-30) wobei x < 12 ist und y = 2-4 unterhalb sowie y = 5-6 oberhalb des kritischen Massenmittels der Molmasse fur Verhakungen. Bei Ltisungs-Polymerisationen steigt die Viskositat langsamer als bei Masse-Polymerisationen an, weil die Polymerkonzentrationen beim gleichen Umsatz geringer sind. Die G1.(4-30) bezieht sich auf die Viskositaten im Newtonschen Bereich, d.h. bei niedrigen Geschwindigkeitsgefallen (Ruheviskositit). Polymerltisungen und -schmelzen verhalten sich jedoch oft nicht-Newtonisch. In den meisten Fallen wird cine Strukturviskositlt gefunden, d.h. eine Abnahme der scheinbaren Viskositat mit dem Geschwindigkeitsgefalle. Die zunehmenden Viskositaten tufen Warmestaus hervor, die durch geeignete Reaktorkonfigurationen und/oder Ruhrbedingungen verhindert werden mussen. Sie fiihren ausserdem zu einer Diffusionskontrolle der Elementarreaktionen und zwar zunHchst zu einer molekulkontrollierten Kontrolle (Abbruch) und dann auch zu einer segrnentkontrollierten (Wachstum) (Abb. 4-2). Die kombinierten Effekte erzeugen bei Polyreaktionen rnit htiheren UrnsatZen ein sehr komplexes und bislang nicht vorausberechenbares Viskositatsverhalten.
124
4.3.2.
4.3. Reaktoren
Reaktortypen
Ideale Reaktoren Die bei Polymerisationen verwendeten Reaktoren lassen sich in vier idealisierte Klassen einteilen (Abb. 4-14): Ruhr- bzw. Chargenkessel (batch reactors BR, stirred tank reactors STR); Strdmungs- bzw. Durchflussrohre oder Kolbenfluss-Reaktoren (continuous plug flow reactors CPFR); Kaskaden aus Riihrkesseln (cascades C of stirred tank reactors); kontinuierliche Ruhrkesselreaktoren bzw. Durchflusskessel (continuous(-flow) stirred tank reacton CSTR). Die ebenfalls in Abb. 4-14 rnit aufgenommene Reaktionsschnecke liegt in ihrem Verhaltcn zwischen demjenigen des Strdmungsrohres und demjenigen der Ruhrkesselkaskade. Im deutschsprachigen Schrifttum werden dabei oft die englischsprachigcn Abkunungen und gelegentlich auch die englischen Bezeichnungen selbst verwendet. Die vier idealisierten Reaktoren unterscheiden sich in den Verwcilzcitcn sowie der zeitlichen Variation der Monomerkonzentrationen (Abb. 4- 14). Bcim absalzweise betriebenen, idealen Riihrkessel, dem einen Grenzfall, legt man z.B. das Substrat (Monomer) anfanglich vollstandig vor. Dem Reaktor wird d a m wahrend der Reaktion weder etwas zugefuhrt noch etwas entnommen, so dass die Substrat- bzw. Monomerkonzcntration bei z.B. Reaktionen zweiter Ordnung zunachst rasch und daM weniger rdsch abnimmt (Tab. 4-9). Alle Volumenelemente verweilen jedoch im Reaktor nach dem Bcschicken die gleiche &it: es gibt keine Verweilzeitverteilung (Abb. 4-14). Anders ist es jedoch beim idealen Durchflusskessel, dem andcrcn Grenzfall, bei dem die Konzentration definitionsgemass zeitlich und onlich konstant sein soll. Das zustrdmende Volumen soll sich also sofort rnit dem bereits vorhandenen vermischen. Die einzelnen Volumenelemente halten sich jedoch im Reaktor verschieden lange auf und es entsteht eine breite Verweilzeitveneilung mit einer mittlere Verweilzcil T = VR/(dV/dt). Diese mittlere Verweilzeit ist umso hdher, je grosser die Reaktorvolumina VK und je kleiner die Durchstromungsgeschwindigkeiten dV/dt sind. Tab. 4-9 Charakteristiken idealer Reaktoren mit dem Volurnen VR von Stoffrnengenkonzentrationen am Anfang (Co), zur Zeit t (C) und im Gleichgewicht (C,) bei Reaktionen 2.0rdnung rnit der Geschwindigkeitskonstante k. t, = Totzeit wi4hrend des Anfahrens. Riihrkessel Betrieb Relativer Urnsatz ulu, = (C - Co)/(C, - CO)
diskontinierlich 1 - exp (-kt)
Stromungsrohr Durchflusskessel kontinuierlich 1
-
exp ( - k i )
kontinuicrlich kt 1 + ki
Reaktorleistung L Effekdve Mengenleistung L,ff
UIU,
6 1 , + 1)
UIU, -
ki
1 l+kr
4. Technische Synthesen
125
Reaktoren
Verweilzeitverteilung
Konzentration im Reaktor
BR Ruhrkessel
1 CPFR Str6mungsrohr
1
1
Reaktionsschnecke
J.
j_\
‘t CSTR kontinuierlicher Ruhrkesselreaktor
0
- Zeit -+
- Zeit
Abb. 4-14 Typen und Wirkungsweise idealisierter Reaktoren [lo, 1 la]. Die links stehenden Abkurzungen entsprechen den international gebrauchlichen englischen Bezeichnungen: BR = batch reactor, CPFR = continuous plug flow reactor, C = cascade, CSTR = continuous stirred tank reactor. Links: Schematische Darstellung der verschiedenen Klassen von Reaktoren. Mitte: Zeitabhagigkeit der differentiellen Verteilung der Anteilef ihrer Verweilzeiten. Die gestrichelte Linie gibt die mittlere Verweilzeit in StrOmungsrohr, Schnecke, Kaskade und kontinuierlichem Riihrkesselreaktoran. Rechts: Zeitabhtingigkeitder Monomerkonzentrationenbei Annahme von Reaktionen 2.0rdnung.
126
4.3. Reaktoren
Die Verweilzeitverteilung diktiert, welcher Typ von Polyreaktion (Polykondensation, lebende Polymerisation, Polymerisation mit Abbruch usw.) bei welchem Stoffiustand (Schmelze, Losung, Emulsion usw.) in welchem Reaktor verwendet werden kann. Diskontinuierliche Ruhrkessel eignen sieh z.B. fur praktisch alle Polyreaktionsarten, Ruhrkessel rnit Zulauf (aber ohne Ablauf) aber nicht f i r solche, bei denen Stoffiustande rnit Grenzflachen auftreten, also bei Festkorper-, Fallungs- und Grenzflachenpolyreaktionen und Suspensionspolymerisationen (Tab. 4-10). Emulsionspolymerisationen verhalten sich in dieser Hinsicht wie lebende Polymerisationen, da die kleinen Reaktionsraume stets nur ein Radikal oder gar keines beherbergen (Kap. 4.2.5). Tab. 4-10 Reaktoren bei technischen Polykondensationen (PK), Polyadditionen (PA), lebenden Polymerisationen (LP) und Polymerisationen rnit Kettenabbruch (AP)in (BR) = Riihrkesseln ohne (0) oder rnit Zulauf (Z; semi-batch), CPFR = Strbmungsrohren, CSTR = kontinuierlichen Riihrkesselreaktoren als Kaskaden (C) oder kontinuierlichen Riihrkesselreaktoren (CSTR) [ 11b]. Zustand
Schmelze Lbsung Emulsion Fallung Festktjrper Grenzfkhe Suspension
Polyreaktion PK PA
AP
PK PK
AP AP
PA PA
BR LP
LP AP = LP AP LP PK PK
AP = LP
CPFR
0
Z
+
+
+
+
+ + + -I+
+ +
+
C
+ + +
+ +
+
+ + + +
CSTR CSTR
+
+ + + + +
Ruhrkessel (BR) Ruhrkessel gibt es in vielen Grossen und Ausfuhrungsformen (Abb. 4-15) Die grossten Kessel besitzen Volumina bis zu 200 m3; im Druckbereich bis ca. 10 MPa sind Kessel bis zu ca. 30 m3 moglich. Mit steigender Kesselgrosse nimmt das Verhaltnis von Manteloberflache zu Reaktorvolumen ab. Man kann daher bei Polyreaktionen mil hoher Warmetonung und grosser Raum-Zeit-Ausbeute nur bei Kesselgrossen bis xu ca. 30 m3 uber den Mantel kuhlen. Dariiber hinaus miissen Kuhlschlangen eingebaut werden oder die Warme durch z.B. Sieden des Losungsmittels entfemt werden. Diskontinuierliche Ruhrkessel-Reaktoren werden fur praktisch alle der in Tab. 4-9 genannten Polymerisationsarten verwendet: Polykondensationcn in der Schmelze, Grenzflachen-Polykondensationen in Suspension, lebende Polyinsertionen nach dem Slurry-Verfahren sowie radikalische Polymerisationen in Masse, in Losung, und unter Fallung. Fur Suspensionspolymerisationen werden sogar praktisch ausschliesslich diskontinuierliche Ruhrkessel-Reaktoren eingesetzt, fur Emulsions-Polymerisationen uberwiegend. Eine Ausnahme bildet die zu hoheren Molmassen fuhrende Nach-Polykondensation von Polyamid 6.6-Granulat, die unterhalb der Schmelztemperatur im Taumler durchgefuhrt wird. Die Kombination eines Ruhrkessels mit einer Art Filterpresse wird bei der Polymerisation von Methylmethacrylat verwendet und diejenige rnit einem Autoklaven bei der grosstechnischen Polymerisation von Vinylchlorid in Masse. Zweikomponenten-
127
4 . Technische Synthesen
Riihrkessel (evtl. mit Zulauf (semi-batch))
trn
Riihrkessel plus Filterpressen-Reaktor
Rtihrkessel plus Autoklav rnit Gitterriihrer
WW
rn
Kolbenreaktor
Taumler
Abb. 4-15 Beispiele von Riihrkesseln [l lc].
Mischer rnit angeschlossenen Formen fiir die Polyreaktionen dienen fur RIM-Verfahren (reaction injection molding), z.B. fur die Polyaddition zu Polyurethanen und die aktivierte anionische Polymerisation von &-Caprolactam. Hochviskose, gelartige Ltisungen hochmolekularer Poly(acry1amid)e werden in Kolben-Reaktoren erzeugt.
Stromungsrohre (CPFR) Reaktoren rnit Kolbenfluss-Charakteristiken (plug-flow) gibt es in sehr verschiedenen Ausfuhrungsarten (Abb. 4-16). Rohrreaktoren werden bei der Hochdruck-Polymerisation von Ethen verwendet, u.a. auch rnit Nachdosierungen. Bandreaktoren dienen zur kationischen Polymerisation von Isobutylen in Ethen als Ltisungsmittel. Extruder sind haufig Endstufen bei der kontinuierlichen Polykondensation zu Polyamid 6.6. Ein Doppelschnecken-Extruder liefert bei der Fallungspolymerisation von Trioxan pulvrige Poly(oxymethy1en)e. Turmreaktoren rnit einem Temperaturgradienten verwendet man u.a. bei der thermischen Polymerisation von Styrol. A B
---,
c
Siedekiihlmi ttel
#;-&
on0
3
L
P kontinuierlicher Rohrreaktor
2-Komponenten-Mischer mit Bandreaktor
Extruderreaktor
Turmreaktor
Abb. 4-16 Reaktoren rnit fur Striimungsrohrecharakteristischen Kolbenflusscharakteristiken [1 Id].
128
4.3. Reaktoren
Riihrkessel-Kaskade
Riihrkessel
+ Turm
Tun-Kaskade
Ringscheiben-Reaktor
Abb. 4-17 Verschiedene Typen von Kaskaden [llel.
Kaskaden (C) Kaskaden bestehen aus hintereinander geschalteten Reaktoren (Abb. 4- 17). Die Ruhrkessel-Kaskade ist nach dem diskontinuierlichen Riihrkessel die wichtigste Rcaktorform. Sie wird bei allen Typen von Polyreaktionen eingesetzt, z.B. bei den Losungs-Polymerisationen von Ethen bzw. Propen mit Ziegler-Natta-Katalysatoren und den radikalischen Emulsions-Polymerisationen zu Styrol-Butadien-, Acrylnitril/-Butadien-, Chloroprenund Stereo-Kautschuken. Polykondensationen umfassen diejenigen zu ungesaltigten Polyester-, Amino- und Phenol-Harzen. Ruhrkessel mit einem nachgeschalteten Turn-Reaktor werden bei der Polymerisation von &-Caprolactam in der Schmelze verwendet. Turm-Kaskaden dienen zur Polymerisation von Styrol. Die Endstufe der Polykondensation zu Poly(ethylenterephtha1at) wird z.B. in Ringscheiben-Reaktoren ausgefiihrt.
Kontinuierliche Riihrkesselreaktoren (CSTR) Der kontinuierliche Ruhrkessel-Reaktor wird z.B. fur die radikalische Copolymerisation von Styrol und Acrylnitril in Losung, die kationische Copolymerisation von Isobuten und Isopren im Slurry-Verfahren sowie fur die Polymerisation von Acrylnitril in Methanol unter Fallung sowie von Vinylchlorid in Emulsion verwendet. Kontinuierliche Cpolymerisationen in Losung liefem besonders einheitliche Copolymerisate. Das Verweilzeitspektrum des Schlaufen-Reaktors wird praktisch mit demjenigen des kontinuierlichen Ruhrkessels identisch, wenn der Umlauf vie1 grosser als der Durchlauf ist. Dieser Reaktor wird bei der Slurry-Polymerisation von Ethen verwendet. Bei Gasphasen-Polymerisationen von Ethen bzw. Propen setzt man Wirbelbett-Reaktoren ein (vgl. auch die Beschreibungen einzelner Verfahren in den Kap. 5-1 1).
kontinuierlicher Ruhrkessel
Schlaufen-Reaktor
Wirbelbett-Reaktor
Abb. 4-18 Verschiedene Typen kontinuierlicher Riihrkessel [lle].
Wirbelbett-Keaktor
129
4 . Technische Synthesen
4.3.3.
Ruhrer
TYPen Polyreaktionsansatze mussen gut durchmischt werden, damit die Reaktionsteilnehmer gleichmassig verteilt werden und die Polyreaktionswarme gut abgefuhrt wird. Bei einigen Reaktoren wird dies durch die Bauart bzw. den Betrieb des Reaktors selbst erreicht, z.B. bei Taumlem, Kolben-Reaktoren und Wirbelbett-Verfahren. Im Allgemeinen wird jedoch die Durchmischung durch mehr oder weniger intensives Ruhren erzielt. Dabei wird die vom Ruhrer eingebrachte Energie in iirtliche Mischbewegungen an den Ruhrelementen und in eine Umwtilzbewegung des Reaktorinhaltes umgewandelt. Diese Bewegungen werden in der Regel durch Umlenkbleche (Stauelemente, Prallbleche, Schikanen) an den Reaktorinnenwanden gebrochen. Die Einbauten wandeln das tangentiale Fliessen in radiales und axiales um; sie erhiihen dadurch die Scherung und die erforderliche Ruhrerleistung. Nur bei wenig scherabhangigen Prozessen (z.B. Suspensions-Polymerisationen) und bei hohen Viskositaten (> 5 Pas) kann man auf derartige Einbauten verzichten. Die radialen, axialen und tangentialen Strtimungsprofile sind daher in der Regel ausserordentlich komplex. Die verschiedenen Ruhrer ktinnen nur bis zu bestimmten Griissen der Ruhrkessel und bis zu maximalen Viskositaten der Reaktionsmischungen verwendet werden (Abb. 4-19). Dabei ist zu beachten, dass wahrend der Polyreaktion oft verschiedene Strtimungsbereiche durchlaufen werden, z.B. anfanglich turbulente, dann laminare Strdmungen. Turbulenz setzt meist bei Reynolds-Zahlen uber ca. 1000 ein. Die Wahl eines Ruhrers wird auch wesentlich durch die chemische Rezeptur der Polyreaktion sowie durch die geforderten Polymereigenschaften bestimmt (Molmassen, Molmassenverteilungen, evtl. auch Pfropfreaktionen), so dass haufig Polymerisationsverfahren, Reaktortyp und Ruhrerfom gut aufeinander abgestimmt werden mussen.
Blattriihrer
Gitterriihrer
Impeller
Ankerriihrer
Reaktorvolumen in m3
< 10
< 30
< 200
Wendelriihrer
AxialflussTurbine
< 70
< 100
Fluss
linear
linear
turbulent
linear turbulent
linear
turbulent
Flussbewegung
radial
radial
radial
radial
axial
axial
Viskositat in Pa s
0.5 - 5
0.5
5
< 20
< 20
> 100
< 20
Polyreaktion
-
Masse Lasung Emulsion Suspension
Abb. 4-19 Einige wichtige Ruhrertypen [12a].
Fiillung
+
Masse LXjsung Emulsion Fgllung
Masse Losung Fallung
130
4.3. Reaktoren
Im Allgemeinen werden fur Flussigkeiten mit Viskositaten bis zu 25 Pa.s in vertikal geriihrten Kesseln Schaufelriihrer mit 4 Umlenkblechen eingesetzt. Fur Viskositaten im Bereich (25-10 OOO) Pa.s werden Spiralriihrer bevorzugt. Ankeniihrer sind in der Regel wenig wirksam, da sie keine Durchmischung von oben nach unten gew2hrleisten.
Ruhrleistung Das Ruhren soll (a) die Stoffverteilung homogenisieren und (b) die Warme egalisieren (keine hot spots) und abfuhren. Dafur soll miiglichst wenig Energie aufgewendet werden. Die Ruhrleistung P (E: power) berechnet sich aus der dimensionslosen Leistungs-Kennzahl (Newton-Zahl) N e , der Dichte p der geriihrten Masse, der Ruhrerdrehgeschwindigkeit N (in Zeit-l) und dem Aussendurchmesser d, des Ruhrelementes zu (4-31)
P = NepN:d:
Die Newton-Zahl wird fur den Ruhrertyp und die jeweiligen Bedingungen (Grossenverhaltnisse, Schikanen usw.) experimentell ermittelt. Die Literaturdaten beziehen sich dabei meist nur auf Reaktoren, bei denen die Ruhrkesselhohe h~ gleich dem Ruhrkesseldurchmesser d~ ist (hRldR = 1). Die Newton-Zahl N e ist im laminaren Bereich nach N e Re-1 der Reynolds-Zahl R e umgekehrt proportional. Dieser Bereich erstreckt sich bei vielen Ruhrem bis zu R e I10, bei wandgangigen Anker- und Wendelriihrern bis zu R e Ilo2. Im bei Reynolds-Zahlen von R e 2 lo3 einsetzenden turbulenten Bereich ist die Newton-Zahl konstant, wahrend sie im Zwischenbereich nach N e Re-'l3 ungefahr der Kubikwurzel aus der ReynoldsZahl reziprok proportional ist. Das Ruhren soll nicht nur die Stoffverteilung im Reaktor homogenisieren, sondem auch durch die erzwungene Konvektion den Warmeubergang an den Kuhlflachen verbessem. Der Warmestrom Q ist die aus dem Reaktorvolumen V R , der Ruhrleistung P , dem Aussendurchmesser d, des Ruhrers und dem Innendurchmesser dR des Reaktors sowie der Newton-ZahI N e berechnete Leistung:
-
-
Die Konstante C wird durch die Ruhrerform, den Einfluss von Schikanen und den Typ des Warmetransportes (durch die Reaktorwand oder uber KuhlIHeizschlangen) kontrolliert. Sie ist aus den dimensionslosen Nusselt-, Reynolds- und Prandtl-Zahlen uber
berechenbar und damit aus dem Warmeubergangskoeffizienten h, der Warmeleitfahigkeit ilund der spezifischen Warmekapazitat cp, dem Reaktordurchmesser d~ und dem
131
4. Technische Synthesen
Tab. 4-1 1 Kenndaten verschiedener Ruhrer im turbulenten Bereich [12b]. ~~
Riihrertyp Anka
Impeller Propeller Schdgblatt Scheibe Blatt
C
4/dR
Ne
4
0.26 0,3 1
0,98 0,67 0,3 0,4 0.3 0s
0.35
0,33 03
0.5
0.6 1 0.76 03
0,75 0.35 1s 5 ,O 9.8
0,48
0,45
0,41 0,42
Ruhrerdurchmesser d,, der Ruhrerdrehgeschwindigkeit N und der Dichte p und der Viskositit 17 der geriihrten Masse. Die Viskositltsfunktion f-'(q) erfasst den Richtungseinfluss des Heizens bzw. Kuhlens. Aus diesen Daten lassen sich die Kennzahlen q der G1.(4-32) ermitteln (Tab. 4-11). Anker-Ruhrer und Impeller schneiden mit ihren niedrigen q-Werten schlecht ab. Propeller-Ruhrer sind gut, aber noch besser sind mehrstufige Ruhrer mit Werten bis zu 4 = 0.55 (nicht gezeigt). Derartige Kennzahlen sind z.B. beim Scale-up wichtig, dem Ubergang von einem kleineren zu einem grtisseren Reaktor.
Segregierte Reaktoren Gut geriihrte ideale Ruhrkessel besitzen eine sehr enge Verteilung der Verweilzeiten (Abb. 4- 14). Temperaturen und Konzentrationen variieren definitionsgemiss raumlich nicht. Alle Volumenelemente sind bei diesem molekularen Mischen (Mikromischen) folglich identisch; der Reaktonnhalt ist folglich homogen. Ein kontinuierlicher Riihrkessel mit einer solchen Mikrodurchmischung heisst daher homogener kontinuierlicher Riihrkesselreaktor (HCSTR; homogeneous continuous stirred tank reactor). Ruhrkessel sind jedoch hiufig nicht vollstandig homogen durchmischt, z.B. wegen der hohen Viskositat von Ltisungen bzw. Schmelzen oder Kompartimentisierungen bei Suspensionspolymerisationen.Das reagierende System besteht dann aus lauter kleinen, sehr viele Molekule enthaltenden Volumenelementen von verschiedenen Konzentrationen und/oder Temperaturen: es ist segregiert. Beim idealen segregierten kontinuierlichen Riihrkesselreaktor (Durchilusskessel) (SCSTR; E: segregated continuous stirred tank reactor) wird angenommen, dass zwischen diesen Volumenelementen nichts ausgetauscht wird. Jedes Volumenelement sol1 sich also wie ein Miniaturreaktor verhalten. Die vollstandig segregierten Volumenelemente selbst sollen aber untereinander ideal gemischt sein (Makromischen). Obwohl sich die Verweilzeiten in den einzelnen Volumenelementen unterscheiden, weist der gesamte Reaktor somit die gleiche Verteilung der Verweilzeiten wie ein homogener kontinuierlich Ruhrkesselreaktor auf (Abb. 4-14). Segregationsprozesse beeinflussen uber die Verweilzeiten der Flussigkeitselemente den Monomerumsatz (Abb. 4-20) sowie die Molmassen und Molmassenverteilungen der entstehenden Polymeren (Abb. 4-21). Die Molmassenverteilung wird durch das Verhlltnis von Lebenszeit der wachsenden Spezies zu mittlerer Verweilzeit im Reaktor bestimmt. Je nach Prozess (z.B. Monomer- vs. Polymerverknupfung) und Reaktortyp erhilt man daher ganz verschiedene Molmassenverteilungen.
132
4.3. Reaktoren Suspensionspolymerisation im Riihrkessel (BR) Suspensionspolymerisation im vollstwdig segregierten, kontinuierlichen Riihrkessel (SCSTR) Losungspolymerisation im homogenen, kontinuierlichen Riihrkessel (HCSTR)
0
lo00
2000
3000
4000
- Zeit in Sekunden +
5000
Abb. 4-20 Monomerumsatz bei der radikalischen Polymerisation von Vinylacetat mil Dicyclohexylperoxydicarbonat als Initiator bei 6OoC in Suspension bzw. LUsung in verschiedenen Reaktoren [ 13al. Suspension: [MI,= 10,8 mol/L ; [I],= 0,016 3 mol/L : kp= 397 L m o l - ' ~ - ~ [MI, = 1,41 mol/L ; [I],= 0,002 12 mol/L ; kp = 9 500 L mol-I s-l Ltisung: In HCSTR nimmt der Umsatz bei radikalischen Losungs-Polymerisationen gemass der makrokinetischen G1.(4- 1 1) zunachst starker und dann wegen des Monomerverbrauchs zunehmend schwacher zu (Abb. 4-20). Bei Suspensions-Polymerisationen in HCSTR steigt dagegen der Umsatz linear mit der Zeit an bevor er komplett wird, da jedes dispergierte TrGpfchen ein eigener "Reaktor" ist. Suspensions-Polymerisationen in SCSTR verhalten sich dagegen nur anfanglich wie Suspensionspolymerisationen in HCSTR, dann aber wie Ldsungspolymerisationen in HCSTR. Bei radikalischen Polymerisationen wird im homogenen kontinuierlich geriihrten Riihrkesselreaktor HCSTR die engstmogliche Molmassenverteilung erzeugt, in diesem Fall die Schulz-Flory-Verteilung mit Fw/zn= 2 (Abb. 4-21). Umgekehrt entstehen im gleichen Reaktor bei Segregation (SCSTR) breite Verteilungen ( = 2.8). wahrend die Verteilung beim Riihrkessel (BR) nur unwesentlich breiter als beim HCSTR ist ( Fw/x7,= 2,l). Bei Gleichgewichts-Polyreaktionen mit Polymerverknupfungen (Polykondensation, Polyaddition) zu linearen Polymeren werden in Ruhrkesseln die idealen Molm assenverteilungen erhalten (Abb. 4-21), d.h. = 1/(1 - p ) , = (1 + p ) / ( l - p ) = 2 - 1. Bei Polykondensationen in homogenen kontinuierlich geriihrten Durchflussreakloren HCSTR wachsen die Molekule wahrend der ganzen Verweilzeit. Mit steigender Molmasse nimmt einerseits die Zahl der Kombinationsmijglichkeiten von kleineren zu grosseren Molekulen relativ zu der von grosseren untereinander zu. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit grosser, dass Monomermolekule den Reaktor verlassen. Der erstc Effekt liefert mehr niedrigmolekulare Polymermolekule, der zweite mehr hohermolekulare: die Molmassenverteilung wird breiter (Abb. 4-21). Fur das Zahlenmittel der Polymerisationsgrade gilt wie beim BR Fn = 1/(1 - p ) , dagegen aber = (1 + p2)/(1 - P ) ~ Fur . p = 0,9561 wird z.B. zw/Zn= 43,6 erhalten und fiirp = 0,9887 schon ywlFn= 175.
xw/xn
xn
zn
zw
zw
133
4 . Technische Synthesen
I
"
0
1
2
3
4
5
SCSTR
4
0
12
8
--+
- 10-3x
Abb. 4-21 Berechnete differenzielle Verteilungen der Polymerisationsgrade X bei Polyreaktionen in Ruhrkesseln (BR), homogenen kontinuierlichen Durchflusskesseln (HCSTR) und segregierten kontinuierlichen Durchflusskesseln (SCSTR). Links: Radikalische Polymerisationen: Umsatz u = 0,6, Fn= 1O00, Abbruch durch Disproportionierung [ 14al. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC. Rechts: Polykondensationen im Gleichgewicht mit Reaktionsausmassen p in Ruhrkesseln BR (fur p = 0,998), SCSTR (p = 0,9887) und HCSTR (p = 0,9561) [18]. Mit freundlicher Genehmigung der Society of Plastics Engineers, Brookfield, CT. Eine Segregation entfemt sowohl Anteile sehr niedriger als auch sehr hoher Molmasse. Die Molmassenverteilungen von Polymeren aus Gleichgewichts-Polykondensationen und Gleichgewichts-Polyadditionen in SCSTR werden enger als diejenigen in HCSTR, aber breiter als beim Ruhrkessel (Abb. 4-22). Dieses Verhalten unterscheidet sich von demjenigen bei der radikalischen Suspensions-Polymerisation (Abb. 4-22).
l
J
0
.
.
0.2
.
.
0,4 -Umsatz
.
.
0.6
.
.
0,8
.
1
1
+
Abb. 4-22 Polymolekularitiitsindex Ew /En als Funktion des Monomerumsatzes bei der radikalischen Polymerisation von Vinylacetat (s. Abb. 4-20) [13b]. 0, A , 0 Experimentelle Werte, - berechnet fur einen Geleffekt durch eine Polymerisation endstbdiger Vinylgruppen, - - - dito ohne.
134
4.3. Reaktoren 40
I
I
30
*=
\
I**
1
2o
11
SCSTR
10
5 1
1
10
30
-
50
- XIl
BR 70
90
Abb. 4-23 Berechnete Polymoleku1arit;itsindicesals Funktion des Zahlenmittels des Polymensationsgrades fur Gleichgewichts-Polykondensationenbzw. Gleichgewichts-Polyadditionen[ 14bl. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC.
Nach diesen Berechnungen sollten HCSTR und SCSTR nicht gut als Reaktoren fur Polykondensationen brauchbar sein. Tatsgchlich werden HCSTR und SCSTR auch nicht fur Polykondensationen verwendet (Tab. 4-12). Der Gmnd durfte jedoch eher sein, dass Gleichgewichts-Polykondensationenzu technisch nutzlichen hohen Polymerisationsgraden sehr hochviskose Schmelzen liefem, so dass sich die Verwendung von kontinuierlichen Ruhrkesseln verbietet. Tab. 4-12 Beispiele fur Polyreaktionen in verschiedenen Reaktoren. Reaktor
Polymerisation Masse Suspens. PVC Lackham PMMA PVAC HIPS ABS SAN
Emulsion
Lijsung
Fallung
PVC PTFE SAN PV AC ABS
PVAC Lackham SBR EPDM PAN BR IR
PAN SAN PVC PE-HD PP EPDM PTFE PIB POM PE-HD PP EPDM
BR
PVC Lackharze
CPFR
PE-HD
C
PE-LD HIPS ABS
HIPS ABS
SAN SBR NBR CR
HCSTR
PE-LD PP PS SAN
PE-HD PP
PVC
PE EPDM PP BR IR PE-HD
PE-HD PP PIB PAN IIR
Pol ykondensation Masse Grenzfl. PA66 PF MF UF PI
PA 66 PA 6 PF MF UF
PMI
4 . Technische Synthesen
4.4.
135
Aufbereitung von Polymeren
Bei Polyreaktionen mussen die Prozesse so geftihrt und die Reaktoren so gew&hlt werden, dass direkt die geforderten Eigenschaften des Polymeren erzielt werden. Nach der Polyreaktion liegen die Polymeren als Schmelzen oder in Form von Pulvem, Dispersionen oder Ldsungen vor, die noch aufbereitet werden mussen. Viele der bei niedermolekularen Substanzen gebrluchlichen Aufbereitungsverfahren sind jedoch bei Polymeren entweder nicht mdglich oder aber aus Kostengriinden zu venneiden. Polymere ktinnen z.B. nicht durch Destillieren oder Umkristallisieren gereinigt werden. Fraktionierungen sind zu teuer, weil es sich um einen zusatzlichen Arbeitsgang handelt und zudem die L6sungsmittel hinterher vollstlndig entfemt und wieder aufgearbeitet werden mussen. Extraktionen von Katalysator und Initiatorresten, Ldsungsmitteln und Restmonomer sind schwierig und ebenfalls teuer. Pulvrig anfallende Polymere werden getrocknet und Schmelzen und Losungen entgast, um fluchtige Bestandteile wie Monomere, Ldsungsmittel oder freigesetzte Verbindungen wegen deren Toxizitlt oder Umweltgefahrdung bzw. aus Sicherheitsgriinden zu entfemen. D er Restmonomergehalt von Poly(viny1chlorid) muss z.B. auf unter % (unter 1 ppm) gedriickt werden, was durch Ausdampfen der Monomeren mit Wasserdampf erreicht werden kann. Bei diesen Operationen freigesetzte organische Dlmpfe erfordem spezielle Sicherheitsvorkehrungen. Es ist meist zu teuer, Monomere und/oder Ldsungsmittel aus diesen Dlmpfen wiedenugewinnen; sie werden oft VerbraMt. Polymerschmelzen werden filtriert, um feste Partikeln und Gelteilchen zu entfemen. Die Filter bestehen gewohnlich aus einer Sene von Drahtsiebbtiden mit sehr kleinen Maschenweiten (bis herab zu 70 pm). Es werden auch zusammengesinterte Metalle (Porenweiten manchmal nur 5 pm) verwendet und fur die Entfemung von Gelpanikeln z.B. eine Filtration durch Sandschichten. Suspensions- und Emulsions-Polymerisate werden zur Gewinnung fester Polymerer gewdhnlich filtriert, gewaschen und anschliessend getrocknet, worauf sie direkt verwendet werden konnen. Die meisten Kunststoffe werden jedoch den Verarbeitem in Form von Granulaten von ca. (1 5 -3 ) mm Durchmesser angeboten. Die Granulierung erfolgt aus der Schmelze mit speziellen Maschinen, meist nach dem Extruderprinzip. Granulate werden innerhalb der Fabrik gewohnlich pneumatisch mit hoher Geschwindigkeit befordert. Durch Zusammenstosse zwischen Granulatteilchen sowie Granulat und Forderrohren oder der transportierenden heissen Luft werden von den Teilchen haardicke Unebenheiten abgebrochen bzw. abgeschert, die sich z.B wie Engelshaar zusammenballen. Diese Klumpchen bleiben bei der Verarbeitung durch z.B. Spntzgiessen oder Extrudieren erhalten und erzeugen dort Maschinenstorungen oder fehlerhafte Formteile. Sie mussen daher entfemt werden, z.B. durch Zyklone. Granulate und Pulver werden beim Polymerhersteller meist in Silos gelagert. Feuer und Staubexplosionen sind Gefahrenquellen. Die Polymeren werden in Eisenbahnwagen oder Lastwagen als Schuttgut, in wiederverwendbaren flexiblen Sacken (bis 500 kg), in Kisten oder in Papiersacken verschickt. Polymere werden nur in seltenen Fallen "rein" verwendet. Sie werden vielmehr erst durch den Zusatz von Fullstoffen, Weichmachem, Farbmitteln, Antioxidantien, Bioziden und anderen Hilfsstoffen zu technisch nutzlichen Materialien (Band IV). Diese Ausriistung erfolgt meist nicht beim Polymerhersteller, sondem in spezialisierten Belrieben.
4.5. Wirtschaftliche Aspekte
136
4.5.
Wirtschaftliche Aspekte
4 . 5 . 1 . Energie-Aufwand Der Siegeszug synthetischer Polymerer beruht nicht nur auf ihren Eigenschaften, sondem auch auf der Wirtschaftlichkeit der venvendeten Rohstoffe, der Synthese- und Verarbeitungsverfahren sowie der Anwendungskosten. In Frage gestellt werden jedoch haufig die okologischen Kosten, d.h. die verborgenen Kosten bei der Benutzung von "freien" Substanzen wie Luft und Wasser sowie der Entsorgung und dem vermuteten hohen Energieverbrauch bei der Synthese und Anwendung von Polymeren und der damit verbundenen "Verschwendung" von Erdol und anderen fossilen Energietragem. Der Energieaufwand fur die Kunststoff-Synthese wurde verschiedentlich untersucht, u.a. von Regierungsstellen (z.B. dem Schweizer Bundesamt fur Umweltschutz), zwischenstaatlichen Stellen (z.B. der NATO) und der Privatindustrie (z.B. BASF). Obwohl Diskrepanzen bestehen, ist der Trend ubereinstimmend: der Energieverbrauch fur die Erzeugung von Kunststoffen ist auf Volumenbasis niedriger als derjenige fur Metalle und nicht sehr von demjenigen fur Glas verschieden (Tab. 4-13). Auch beim Gesamtverbrauch an Energie von der Rohstoffgewinnung uber die Synthese, Verarbeitung und Anwendung bis zur Entsorgung schneiden synthetische Polymere gut ab. Tab. 4-13 Energieverbrauch bei der Herstellung verschiedener Werkstoffe nach Berechnungen der Nordatlantischen Verteidigungsorganistion(NATO), der Firma BASF und dem Schweizcr Bundesamt fur Umweltschutz (BUWAL). Kritische Mengen fur die Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden fiir die Herstellung, den Gebrauch und die Entsorgung von jeweils 1 kg Werkstoff (BUWAL). Fur solche Vergleiche sind der Verbrauch und die Kosten jeweils auf die Volurnina zu beziehen, da sich die Werkstoffsynthese zwar auf die Masse kzieht, Anwendungen jedoch pro Volumen erfolgen. Werkstoff
UF-Schaumstoff PS-Schaumstoff PUR-Schaumstoff, weich PE-HD PVC PS, glasklar AB S Phenolharz PET PA 6 Bauholz Kraftpapier, ungebleicht Pappe mit 20 % Altpapier Pappe aus 100 % Altpapier Aluminium (Cuss) Glas Glas (mit 43 % Altglas) Stahl Weissblech Zement
Dichte g/cm3
0,012 0.01 5 0,030 0,96 1.38 1.05 1,06 1.3 1.35 1,13 0,1 1,6 1.6 1,6 2,68 2,5 - 2,5 7,15 7,29 - 2,5
Energieverbrauch in kJ/cm3 NATO BASF BUWAL
11
-
-
2 ,o 40 < 460 < 125
0.48 1,4 3,O 63 73 84 89 107 113 176
68
Kritischc Volumina Luft Wasser Bcden m3 dm3 cm3
84
0,69 6.60
440 520
300 400
87
0,64
690
260
63 89 18 750 > 26 19
1,54 1.05 0.32 2,40 0.28 0.21
9400 1000 330 1140 110 80
340 1000 330 2900 600 490
210
0.30
55
780
< 390
23
4. Technische Synthesen
4.5.2.
137
Kapazitaten
Eine Produktionsanlage wird durch ihre nominelle Leistungsfahigkeit (Nennkapazitat; E: nameplate capacity) charakterisiert. Die Nennkapazitat gibt an, wieviel Material eine Anlage theoretisch bei voller Auslastung pro Zeiteinheit maximal produzieren kann. Bei der Berechnung derartiger Kapazititen werden saisonale Schwankungen nicht beriicksichtigt, wohl aber langfristig anfallende. regelmlssig erforderliche Unterhaltsarbeiten. Die Produktion einer Anlage kann daher kurzfristig @is zu wenigen Monaten) durchaus die NennkapazitBt ubersteigen, so dass dann Kapazitltsauslastungen von uber 100 % auftreten. Die effektive Kapazitat einer Adage ist stets geringer als die Nennkapazitat. Sie gibt das wegen ungeplanter Unterhaltsarbeiten, Anderungen der Produktmischung, Stromunterbrechungen, Ausfall an Zulieferungen usw. praktisch erreichbare Maximum an. Effektive Kapazitaten betragen meist (85-95) % der Nennkapazitlten, ktinnen jedoch bei schlechten Wirtschaftslagen weit geringer sein. Kapazitatsangaben fiir ganze Produktions- oder Wirtschaftszweige von Staaten enthalten in der Regel weder Daten fur im Anlauf befindliche neue Anlagen noch solche fur alte Anlagen, die wegen Unfallen fur langere Zeiten stillgelegt wurden. Sie sind jedoch oft die einzigen international erhaltlichen Daten fiir verschiedene Guterproduktionen. Der Verbrauch (E: consumption) eines Gutes setzt sich in der Regel aus der Produktion plus dem Import minus dem Export zusammen. Dieser Verbrauch ist jedoch nur ein scheinbarer, da er keine Lagerhaltungen beriicksichtigt. In westlichen Staaten bemuht man sich um einen raschen Umschlag der Guter, so dass die Lagerhaltung in der Regel 10 % nicht uberschreitet (Ausnahme: Lagerhaltungen fur strategische Zwecke). In neuerer Zeit versucht man, die Lagerhaltung praktisch zu eliminieren, indem man die Guter erst an dem Tag anliefern 18sst, an dem sie weiter verarbeitet werden. In zentral geplanten Wirtschaftsraumen wurden jedoch oft griissere Lagerbestande gehalten, da die Betriebe bemuht waren, die vorgegebenen Produktionsplhe zu (uber)erfullen. Der Absatz der oft schwer verkiuflichen Guter wurde jedoch nicht kontrolliert. Der scheinbare Verbrauch eines Polymeren ist jedoch nicht immer sehr aussagekraftig, da in den Verbrauchsangaben nicht die Importe und Exporte von Polymeren in Fertigwaren (Verbrauchsgutern) enthalten sind. Beispielsweise wird beim scheinbaren Verbrauch an Elastomeren wohl die Produktion, der Import und der Export der Rohgummis angegeben, nicht aber der Gummigehalt der Reifen importierter Autos oder der Export von Altgummi in Form ausgedienter Reifen.
4.5.3.
Kosten und Preise
Der Preis eines Gutes wird von Betriebs-, Kapital- und Finanzierungskosten sowie einer angemessenen Rendite (fur Investitionen, Rucklagen und Dividenden) bestimm t. Bei der Produktion von Polymeren sind in der Regel die Betriebskosten der starkste Faktor und unter ihnen wiederum die Monomerkosten, die bei Zukauf zwischen (35-70) % der Polymerpreise ausmachen, also einen noch htiheren Anteil an den Produktionskosten (Tab. 4- 14). Die hohen Rohstoffkosten begunstigen somit eine Ruckwartsintegration Polymere + Monomere + Rohstoffe.
138
4.5. Wirtschafiliche Aspekte
Tab. 4- 14 Preise fiir Standard-Polymereund ihre zugrundeliegenden Monomeren (Dezember 1989). Rohol: 15,1 US-cts/kg, Benzol 46 US-cts/kg [15].
Monomere Poly mere (MonomerpreislPolymerpreis).l(X)
Einheit
PE-HD
PP
PS
PVC
US-ctskg US-ctsilcg
53 115
41
71
44
110
110
%
46
37
70
88 50
Polymerpreise sind ausserordentlich stark von den Rohstoffpreisen abhangig und ausserdem auch noch von Energiepreisen (Erdol!), den Geldmarkten, Steuem und zunehmend auch von Kosten fur den Umweltschutz einschliesslich der Entsorgung. Preiserhohungen bei Rohstoffen, Energie und Umweltschutz konnen nur durch Einsparungen von Kosten durch technische Verbesserungen aufgefangen werden. Zu derartigen technischen Verbesserungen zihlen z.B. grossere Produktionsanlagen, htjhere Raum/Zeit-Ausbeuten, weniger unverkaufliche Nebenprodukte, geringere Aufarbeitungskosten, Energieeinsparungen usw. Die Erdolkosten blieben z.B. zwischen 1950 und 1972 praktisch konstant. In dieser Zeit sanken die Preise wichtiger Kunststoffe (Abb. 4-24), hauptsachlich wegen technischer Verbesserungen (z.B. grossere Anlagen), wahrend gleichzeitig der Grosshandelspreisindex industneller Konsumgiiter leicht zunahm (nicht gezeigt). 1
B
2
Irak
30
9
1
1960
1970
1980
1990
2000
Abb. 4-24 Preisentwicklung einiger Standard-Kunststoffe sowie von Erdol. Die Kunststoff-Preisebeziehen sich beim Poly(styro1) PS-GP und beim Poly(vinylch1orid) (PVC-GP) auf Allzweck-Typen
(GP = general purpose) und beim Poly(ethy1en) hoher Dichte PE-HD auf Blasformmassen. Die Zahlen bedeuten: 1 = 1. Ollcrise, 2 = 2. Olkrise, Irak-Krise [16].
139
4 . Technische Synthesen
Die zunachst als politische Massnahme (Kampf gegen Israel), d a m als wirtschaftliche Vorsorge (Strecken der Erdlilreserven) deklarierten abrupten und krassen Steigerungen der Erdolpreise pro US-Fass Ed61 (bbl) durch die Organization of Petroleum Exporting Countries (OPEC) (von ca. 3 auf 5 US-$ im October 1973, von 5 auf 1 1 3 0 $ im Dezember 1973, von 12 auf 4 0 $ zwischen 1977 und 1979; vgl. Abb. 4-24) bewirkten Preisexplosionen und Wirtschaftskrisen, die nur langsam wieder aufgefangen werden konnten. Die Erdiilpreise fielen dann wegen eines Uberangebotes; sie betrugen im Sommer 1990 ca. 13 US-$/bbl. Die Preisindices der Grosshandelspreise waren entsprechend zwischen 1982 und dem Sommer 1990 ebenfalls konstant. Der Einmarsch Iraks in Kuwait trieb anschliessend den Erdtilpreis wieder auf 40 US-$/bbl hoch; er sank schon vor Abschluss der Klmpfe wieder auf ca. 20 US-$/bbl. Bei den "technischen Verbesserungen" ist die Betriebsgrosse ein sehr wesentlicher Faktor: je grosser die Produktion, umso geringer sind bei technisch innovativen Branchen die Produktionskosten pro Einheit ("economy of scale"). Tragt man z.B. die Logarithmen der Preise gegen die Logarithmen der entsprechenden Jahresproduktionen auf, so ergibt sich in diesem "Erfahrungs-Diagramm" (Boston-Diagramm) fur StandardThermoplaste, technische Thermoplaste, Duroplaste und sogar Erdol eine recht gute Gerade (Abb. 4-25). Als Erfahrungssatz gilt, dass die Kosten fur Anlagen und Gerate mit der 0.6.Potenz der Anlagegrosse zunehmen. Falls alle anderen Kosten ebenfalls mit der 0,6.Potenz steigen, dann wird der Preis mit der -0,4.Potenz der Jahresproduktion abnehmen. E
40
i
10
z
4
0
v)
'2 a
3
0.1 0.04
103
104
105
106
107
108
109
1010
- Produktion in Tonnen pro Jahr + Abb. 4-25 Erfahrungsdiagramm fiir die Beziehung zwischen Preis Q und amerikanischer JahrcsprodukDuromere ( 0 )sowie Erdtil (Stand: April tion Pr fur Standardpolymere und technische Polymere (0). 1990). Fur Zucker wird in der Beziehung Q = K.Pra der gleiche Exponent a = -0.4 (aber nicht die gleiche Konstante K ) gefunden (Abb. 7-3). Solche Diagramme zeigen auch, dass bei gleicher Jahresproduktion die Preise pro Volumen bei Kunststoffen im Allgemeinen niedriger sind als bei Metallen. Das liegt daran, dass die Kunststoffindustrie vie1 jiinger als die Metallindustrie ist; sie hat entsprechend mehr Spielraum fur technische Innovationen. Ganz allgemein beobachtet man namlich eine Beziehung zwischen dem Wachstum pro Jahr und dem Alter einer Industrie, wie Abb. 4-26 fur die Wachstumsraten im Jahre 1980 und dem Jahr der Einfuhrung der ersten grosstechnischen Verfahren in der betreffenden Branche zeigt.
140
Literarur zu Kap. 4
5
10:
C
'1 a
47 ;
8
f t; 4 3
214 1980 1930 1880 1830 1780 1730 1680 Einfuhrung des ersten grosstechnischen Verfahrens
Abb. 4-26 Beziehung zwischem dem Wachstum einer Industrie in Prozent Produktionszunahme pro Jahr und ihrem Alter seit der Einfuhrung der ersten grosstechnischen Verfahren. Bei den Kunststoffen ist dies die technische Phenolharz-Synthese, beim Aluminium das Elektrolyseverfahren, beim Glas die Flaschenproduktion im Gussverfahren, beim Papier die Papiermaschine und beim Eisen die Vcrwendung von Koks [17]. Mit freundlicher Genehmigung von Gordon and Breach Publ., Newark, NJ.
Literatur zu Kap. 4 4.1. POLYREAKTIONEN (allgemein) H.-G.Elias, Makromolekule, 6.Aufl.. Band I (1999): Chemische Struktur und Synthesen, WileyVCH, Weinheim L.F.Albright, Processes for Major Addition-Type Plastics and Their Monomers, Krieger, Melbourne (FL), 2.Aufl. 1985 G.Allen, J.C.Bevington, Hrsg., Comprehensive Polymer Science, Bde. 3 und 4 (Chain Polymerisations), 5 (Step Polymerisations), 6 (Polymer Reactions), Pergamon Press, Oxford 1989 P.Rempp, E.W.Merrill, Polymer Synthesis, Huthig und Wepf, Basel, 2.Aufl. 1990 G.Odian, Principles of Polymerization, Wiley, New York, 3.Aufl. 1991 A.-D.Schluter, Hrsg., Synthesis of Polymers, Wiley-VCH 1999 4.2. TECHNISCHE VERFAHREN (ijbersichten) J.L.Throne, Plastics Process Engineering, Dekker, New York 1979 J.A.Biesenberger, D.A.Sebastian, Principles of Polymerization Engineering, Wiley, Ncw York 1983 K.H.Reichert, WGeiseler, Hrsg., Polymer Reaction Engineering: Band 1, Hanser, Munchen 1983; Band 2, Huthig und Wepf, Basel 1986; Band 3, VCH Verlagsges., Weinheim 1989 E.Fitzer, W.Fritz, Technische Chemie - Eine Einfuhrung in die Chemische Reaktionstechnik, Springer, Berlin, 3.Aufl. 1989 N.A.Dotson, R.Galvan, R.L.Laurence, M.Tirrel1, Polymerization Process Modeling, W iley-VCH 1995 4.2.2. KATALYSATOREN UND INITIATOREN M.Dorn, Pcroxidische Initiatoren zum Herstellen und Modifizieren von Kunststoffen, KunststoffeGerman Plastics 80 (1990) 7 4.2.4. POLYMERISATION IN SUSPENSION H.G.Yuan, G.Kalfas, W.H.Ray, Suspension Polymerization, J.Macromol.-Sci.-Rev.Macromo1. Chem.Phys. C 31 (1991) 215
4 . Technische Synthesen
141
4.2.5. POLYMERISATION IN EMULSION D.C.Blackley, Emulsion Polymerization: Theory and Practice, Halsted, New York 1975 K.E.J.Barrett, Hrsg., Dispersion Polymerization in Organic Media, Wiley, New York 1975 I.I.Piirma, Hrsg., Emulsion Polymerization, Academic Press, New York 1982 R.D.Athey, jr., Emulsion Polymer Technology, Dekker, New York 1991 R.G.Gilbert, Emulsion Polymerization: A Mechanistic Approach, Academic Press, London 1995 P.A.Lovel1, M.S.El-Aasser. Hrsg., Emulsion Polymerization and Emulsion Polymers, Wiley, Chichester 1997 4.2.8. POLYMERISATION IN GASPHASEN K.E.Waele, Addition Polymerization at High Pressure, Quart.Revs. 16 (1962) 267 C 24 Y.Ogo, Polymerizations at High Pressure, J.Macromol.Sci.-Revs.Macromol.Chem.Phys. (1984) 1 4.3. REAKTOREN E.B.Naumann, Mixing in Polymer Reactors, Revs.Macromol.Chem. C 10 (1974) 75 H.Gerrens, iiber die Auswahl von Polymerisationsreaktoren,Chem.-1ng.Techn. 52 (1980) 477; How to Select Polymerization Reactors, ChemTech 12 (1982) 380,434 H.Gerstenberg, P.Sukuhr, R.Steiner, Riihrkessel-Reaktoren fur Polymer-Synthesen, Chem.-Ing. Tech. 54 (1982) 541 B.W.Brooks, Polymerization Reactors, Rev.Chem.Eng. 1 (1983) 403 J.F.MacGregor, A.Penlidis, A.E.Hamielec, Control of Polymerization Reactors: A Review, Polym.Process Eng. 2 (1984) 179 S.K.Gupta, A.Kumar, Reaction Engineering of Step Growth Polymerization, Plenum Publ., New York 1987 H.Thiele, H.D.Zettler, Auswahlkriterien fiir Reaktoren zum Herstellen von Polymeren, Kunststoffe 79 (1989) 687 A.E.Hamielec, H.Tobita, Polymerization Processes, Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. A 21 (1992) 305 F.J.Schork, P.B.Deshpande, K.W.Leffew, Control of Polymerization Reactors, Dekker, New York 1993 C.McGreavy, Hrsg., Polymer Reaction Engineering, Blackie (Chapman and Hall), New York 1993 F.J.Schork, P.B.Deshpande, K.W.Leffew, Control of Polymerization Reactors, Dekker, New York 1993 4.4. AUFBEREITUNG VON POLYMEREN J.A.Biesenberger, Hrsg., Devolatilization of Polymers, Hanser, Munchen 1983 4.5. WIRTSCHAFTLICHE ASPEKTE H.Kindler, A.Nikles, Energieaufwand zur Herstellung von Werkstoffen - Berechnungsgrundsi4te und Energieilquivalenzwerte von Kunststoffen, Kunststoffe 70 (1980) 12 -,Oekobilanzen von Packstoffen (Schriftenreihe Umweltschutz Nr. 24), Schweizer Bundesamt fiir Umweltschutz, Bern 1984
Quellennachweise [I] [2] [3] [4] [5]
[6] [7]
P.Hayden, H.W.Melville, J.Polym.Sci. 43 (1960) 201, Abb. 1 Experimentelle Daten von M.Hirooka, Dissertation, Kyoto 1971 S.T.Balke, A.E.Hamielec, J.Appl.Polym.Sci. 17 (1973) 905 K.E.J.Barrett, M.W.Thompson, in K.E.J.Barrett, Hrsg., Dispersion Polymerization in Organic Media, Wiley, London 1975 G.R.Johnson, J. Vinyl Technol. 2 (1980) 138, Abb. 1 Daten von D.Rahlwes, R.Casper, D.Kranz, Bayer AG Nach Daten von M.J.Ballard, R.G.Gilbert, D.H.Napper, P.J.Pomery, P.W.OSullivan, J.H.O'Donnell, Macromolecules 19 (1986) 1303
142
Quellennachweise zu Kap. 4
R.G.W.Norrish, R.R.Smith, Nature 150 (1942) 336 S.Fengler, K.-H.Reichert, Angew.Makromol.Chem. 225 (1995) 139, Abb. 3 und 5 H.Thiele, H.D.Zettler, Kunststoffe 79 (1989) 687, Abb. 4 H.Gerrens, Chem.-Ing.Tech. 52 (1980) 477, (a) Abb. 1 , (b) Tab. 2, (c) Abb. 1 1 , (d) Abb. 12; (e) Abb. 13; s.a. H.Gerrens, CHEMTECH (Juli 1982) 434, (c) Abb. 1 1 , (d) Abb. 12, (e) Abb. 13 H.Gerstenberg, P.Sukuhr, R.Steiner, Chem.-1ng.Tech. 54 (1982) 541, (a) Tab. 2, (b) Tab. 3 K.H.Reichert, H.U.Moritz, Makromol.Chem.-MacromoLSymp.10/11 (1987) 57 1 , (a) Abb. 13, (b) Abb. 14 Z.Tadmor, J.A.Biesenberger, 1nd.Eng.Chem.Fundam. 5 (1966) 336, (a) Abb. 5, (b) Abb. 3 Daten aus Chemical Week Daten halbj2hrlich entnommen aus Chemical Week G.Snelling, Polymer News 3/1 (1976) 35, Abb. 2 J.A.Biesenberger, Z.Tadmor, Polym.Engng.Sci. 6 (1966) 304, Abb. 4
143
5.
Kohlenstoff-Ketten
5 . 1 . Kohlenstoffe Das Element Kohlenstoff kommt in sechs allotropen Formen vor (G: affos= anderer, tropos = Richtung, Art, Weise): Diamant (sp3-Bindungen; kristallin); pseudomorphe Formen des Diamanten; Graphit (sp2-Bindungen in einer Ebene, van der Waals-Bindungen senkrecht dazu); Fullerene (Kafigverbindungen); Glaskohlenstoff; amorpher Kohlenstoff (keine kurzreichende Ordnung)
. 9
Die Fullerene kiinnte man als recto-Oligomere bezeichnen. Alle anderen Kohlenstoffformen sind polymere Strukturen.
5.1.1.
Diamant
Die Kohlenstoffatome des Diamanten sind miteinander tetraedrisch in Abstanden von 0,154 nm verknupft (Abb. 5-1). Der Diamant ist somit der Grundkorper der aliphatischen Kohlenwasserstoffe. Er kristallisiert kubisch ( p = 3 5 1 g/cm3), tritt in Meteoriten aber auch als hexagonale Modifikation auf. Diamanten besitzen die grtisste bekannte Harte (Mohs-Hlrte 10). Sie sind allerdings so sprode, dass sie in Stahlmijrsem zerstampft werden kdnnen. Diamanten kommen nicht nur naturlich vor, sondem konnen auch synthetisch hergestellt werden. Natur-Diamanten weisen die naturliche Verteilung der Kohlenstoffisotopen von 98,89 % 12C und 1,11 % 13C auf. Sie enthalten bis zu 0,28 % Stickstoff sowie andere Verunreinigungen. Reinste naturliche Diamanten werden als Schmucksteine verwendet, stark verunreinigte industriell, z.B. als Schmirgel. Synthetische Diamanten werden meist aus Graphit hergestellt. Bei Normaldruck und 30°C ist Graphit jedoch um 2,7 kJ/(mol C) stabiler als Diamant. Beide Isomere stehcn bei 300°C und 1500 MPa im Gleichgewicht. Synthetische Diamanten werden bei dem Graphitverfahren daher bei Temperaturen uber 1400°C und Driicken von ca. 6 GPa in Gegenwart geschmolzener Metalle (Fe, Co, Pt usw.) hergestellt. Dieses Verfahren ist thermodynamisch kontrolliert. Es stellt eine Ltisungsreaktion dar, bei der der in geschmolzenen Metallen liisliche Graphit in den darin weniger loslichen Diamant uberfuhrt wird. Fur industrielle Zwecke vorgesehene sehr kleine Diamanten konnen auch aus Graphit auf dynamische Weise durch Schockwellen ( I23O0C, 30 GPa) erzeugt werden. Uber die H2lfte der Weltproduktion an Industrie-Diamanten sind Synthese-Diamanten. Die aus Graphit erzeugten Diamanten spiegeln die Isotopenzusammensetzung des Graphits und damit die naturliche Isotopenzusammensetzung des Kohlenstoffs wider. Isotopenreine Diamanten aus 99,9 % 12C erhllt man aus 12C-Methan. Das I2C-Methan flllt als Nebenprodukt bei der Herstellung von 13C-Verbindungen an, die in Biologie und Medizin als nichtradioaktive Tracer verwendet werden. Zur Isotopentrennung wird fliissiges Kohlenmonoxid durch eine vielstufige kryogene Destillation in I3CO und '*CO getrennt. Die isotopenreinen Kohlenmonoxide werden dann zu CH4 hydriert.
144
5.1. Kohlenstoffe
Diamant
Graphit
Abb. 5-1 Anordnung der Kohlenstoffatome im Diamantgitter und im Graphitgitter. Zur Diamant-Synthese wird 1*CH4 nach dem Niederdruck-Gasphasenverfahren (CVD-Verfahren; E: carbon vapor deposition) durch eine Plasma-Glimmentladung bei 820°C und einem Druck von 12 mbar in Wasserstoff zersetzt. Dabei entstehen Filme aus oktaedrischen Diamantkristallchen, die ein isotopenreines CVD-Diamantpulver liefem. In der zweiten Phase wird ein nach dem Hochdruckverfahren hergestelltes Diamantkristallchen als Kristallisationskeim mit einem Gemisch aus dem CVD-Pulver und einem Nickelpulver iiberschichtet. Das Nickel schmilzt beim Erhitzen auf 1400°C unter einem Druck von 65 kbar auf und lost die CVD-Diamanten. Der geschmolzene 12C-Kohlenstoff diffundiert zum kuhler gehaltenen Kristallisationskeim und kristallisiert dort an. Nach einigen Tagen werden Einkristalle von ca. 1 Karat (0.2 g) erhalten. Isotopenreine Diamanten lassen sich nicht aus isotopenreinem Graphit oder Russ erzeugen. Beim Umwandeln von Graphit in Diamant nach dem Graphitverfahren nimmt namlich die Dichte von 2,35 gfcm3 auf 3 5 1 @cm3 zu. Die dadurch in der Presse hervorgerufenen lokalen Druckschwankungen fordem aber die Bildung von Zwillingskristallen oder polykristallinen Aggregaten. Das CVD-Verfahren liefert Diamanten in Schmucksteinqualitat. Diese Diamanten konnen auch konventionell in Scheiben geschnitten werden. Altemativ lassen sich mit dem CVD-Verfahren auch direkt dunne Diamantuberzuge erzeugen. Isotopenreine Diamanten werden als Warmesenken in der Mikroelektronik, der Glasfaseroptik und der Lasertechnik verwendet, wo auf engem Raum vie1 Warme abgefuhrt werden muss. Ihre Warmeleitftihigkeit ist najnlich 1,5 mal hoher als diejenige von Naturdiamanten und 3,6 mal hoher als die von Silber bzw. 8,5 ma1 hoher als die von Kupfer.
5.1.2.
Fullerene
Fullerene sind kafigartige, spharoidale Oligomere des Kohlenstoffs, bei denen die Kohlenstoffatome in anellierten, ungesattigten Funf- und Sechsringen vorliegen (Abb. 5-2). Sie erhielten ihren Namen zu Ehren des amerikanischen Architekten Richard Buckminster Fuller, der einen geodasischen Dom entwarf, der wie das C6o-Fulleren aus 20 Sechsecken und 12 Funfecken besteht. Das Ca-Fulleren wurde urspriinglich Buckminsterfulleren ("buckyball")genannt und wegen seiner fussballhlichen Gestalt teilweise auch "socceren" (E: soccer = Fussball). In der wissenschaftlichen Literatur wird das Cm-Fulleren wohl wegen der 20 vorhandenen Sechsecke auch als Ikosaeder (G: eikosi = Zwanzig, hedru = Grundflache) bezeichnet, obwohl es wegen der zusatzlichen 12 Funfecke total 32 Seitenflachen aufweist.
145
5 . Kohlenstoff-Ketten
c20
c60
'70
NanorUhre
Abb. 5-2 C~O-. C a - und C7o-Fulleren und eine der moglichen Buckyrohren (rechts, nicht masssablich). Die Doppelbindungen sind nicht eingezeichnet. Fullerene wurden zuerst im Russ nachgewiesen und dann durch Laserverdampfung von Graphit hergestellt. Sie werden heute in der Regel mit dem Kratschmer-HuffmanVerfahren durch Verdampfen von Kohlenstoff im elektrischen Lichtbogen in einer Helium- oder Argonatmosphare erhalten. Die Fullerene werden aus dem resultierenden Material extrahiert und z.B. an einer Graphitsaule chromatographisch getrennt. Die Zahl der Kohlenstoffatome pro Fulleren folgt mathematischen und physikalischen Regeln. Ungespannte Fullerene sollten der Eulerschen Regel folgen, nach der eine aus Sechsecken bestehende, beliebig grosse Fllche nur dann zu einem ungespannten Polyeder geschlossen werden kann, wenn sie zusitzlich genau 12 Funfecke aufweist. Die in den Fullerenen vorhandenen sp2-Bindungen sind aber gekriimmt, da sie auf der Oberflache eines Spharoides liegen. Ihre Kriimmung darf aber einen bestimmten Maximalwert nicht uberschreiten. Physikalisch wird eine zu starke Kriimmung vermieden, wenn die erforderlichen 12 Funfecke an allen Seiten von Sechsecken umgeben sind (IPR = isoliertes Pentagon-Regel). Diese Forderung wird von Fullerenen mit mindesten 60 C-Atomen erfullt. Entsprechend der IP-Regel sollten die Fullerene c60, C70, C72, C74, c 7 6 ... existieren. Praparativ wurden C60, c70, c76, C78 ... isoliert; diese Fullerene sind in Lijsung bestandig. C72 scheint nur als Sublimat zu existieren; C74 ist unbekannt. Das senffarbige C6o-Fulleren bildet Kugeln von 0.7 nm Durchmesser, die kubisch-flC chenzentriert kristallisieren. Die hijheren Fullerene sind nicht notwendigerweise kugelsymmetrisch. Das CpyFulleren ahnelt z.B. einem in der Taille eingedriickten RugbyBall. Reale Fullerene kijnnen auch Defekte aufweisen, z.B. fehlende Kohlenstoffatome. Diese Fehlstellen sind leicht oxidierbar, wobei sich C=O-Gruppen bilden. Die Oxidation ist bei ca. 600°C reversibel, indem CO und C02 abgespalten werden. Sowohl C72 als auch C74 existieren aber als sog. endohedrale Metallofullerene, z.B. als La2@C72 oder als Eu@C74. Das Metallion befindet sich dabei im Innem des Fulleren-Klfigs (G: endon = innen; das Symbol dafur ist das auch im Internet fur "bci", bzw. "in" usw. verwendete Zeichen (E: @ = at). Das Metallion ist in den Kifigen der hijher symmetrischen Fullerene nahezu frei beweglich. Bei den weniger symmetrischen Vertretern ist es dagegen an bestimmten Plitzen fest an den Klfig gebunden. Es existieren allerdings auch nicht der IPR-Regel gehorchende Fullerene. Ausser Metallofullerenen wie Sc@C66 gibt es z.B. substituierte Nicht-IPR-Fullerene wie C36H6 und C36H6O. Das klfigartige Dodecahedran C20H20 besteht z.B. aus 12 Funfecken; es kann als vijllig hydriertes und gesittigtes C2o-Fulleren aufgefasst werden. Durch Bromieren entstehen daraus isomere Triene mit der mittleren Zusammensetzung C20HBr13. Die Entbrominierung in der Gasphase liefert daM die Fullerene C20e und C202@.
146
5 . 1 . Kohlenslofle
Fullcrene unterschiedlicher Grosse konnen sich nach Art der russischcn MatuschkaPuppcn konzentrisch ineinander verschachteln und so eine Art "Hyperfulleren" bilden. Diese Kohlenstoffzwiebeln konnen bis zu mehrere Hunden Nanometer gross werden. Kohlcnstoffatome kdMen sich auch zu Kohlenstoff-Nanorohrchen ("Buckyrohren") vereinigen, in denen die Kohlenstoffatome in anellierten, ungesattigten Sechsringen vorliegen (Abb. 5-2). Allerdings treten gelegentlich auch Fehlstellen aus Funfringen auf. Die Sechsringe konnen verschieden angeordnet sein, helical wie in Abb. 5-2, aber auch zickzackformig oder sesselanig. Einwandige Nanorohrchen (SWNT = single-walled carbon nanotube) weisen Durchmesser von (1-3) nm auf. Aus mehreren konzentrischen Schichten bestehende mehrwandige Nanorohrchen (MWNT = multi-walled carbon nanotube) besitzen Aussendurchmesser von (2-50) nm und Innendurchmesser von (1-10) run. Die Langen von einzelnen SWNTs konnten noch nicht bestimmt werden, da SWNTs immer in Bundeln auftreten. MWNTs sind bis zu 2 mm lang. Sowohl SWNTs als auch MWNTs sind durch polyedrische Kappen abgeschlossen, also durch halbe Fullerenstrukturen. Kohlenstoff-Nanorohrchen sind ausserordentlich steif. MWNTs weisen in Rohrcnrichtung Elastizitatsmoduln von 1,8 TPa und reversible elastische Dehnungen von 5,8 % auf. Diamant und Graphit besitzen dagegen nur E = 1,16 TPa ([llO]-Richtung) bzw. 1,0 TPa (Schichtrichtung). Die besten Graphitfasem kommen auf etwa E = 0.8 TPa.
5.1.3.
Graphit
Der Graphit (E: graphite) ist das bei Normalbedingungen stabile Isomerc dcs Kohlenstoffs. Er bildet graue bis grauschwarze, undurchsichtige, metallisch glanzcnde Massen, die hexagonal mit einer Dichte von 2,265 g/cm3 kristallisieren. Beim Graphit sind die Kohlenstoffatome in Schichten angeordnet (Abb. 5- 1). Jede Schicht besteht aus anellierten, ungesattigtcn Sechsecken. Der Abstand zwischcn den Atomen jcder Schicht betragt 0,1415 nm. Innerhalb jeder Schicht sind die Elektronen delokalisiert. Der Graphit ist daher der Grundkorper der Bcnzolrcihe. Die einzelnen Schichten sind dagegen 0,335 nm voneinander entfemt; dcr Schichtabstand entspricht also etwa der Summc der van der Waals-Radicn des Kohlcnstoffs. Die Schichten sind wegen des grossen Schichtabstandes leicht gegeneinander vcrschicbbar. Graphit wird daher als temperaturbestadiges Schmiermittel verwendet. Wegen des relativ wcitcn Abstandes dcr Schichten konnen in das Graphitgittcr auch Fremdatome, Atomgruppierungen oder Ioncn eingelagert werden, z.B. Chlor odcr Kalium. Die entstehenden Einlagerungsverbindungen blahen sich bei sprungartigcr Tcmperaturerhdhung auf. Aus diescm sog. Expandat lassen sich metallisch glanzcndc, biegsame F o h n walzen odcr Formkorper presscn, die anstelle von solchen aus Asbcst verwendct werdcn. Die Fluorierung des Graphits mit Fluor im Fliessbett-Plasma-Verfahrcn fiihrt bci 627°C zu Poly(carbonfluorid) (CF,), mit x < 1,12, wobei die Ecken der Graphitschichten mit "supcrstochiomctrischen" CF2-Gruppen besetzt sind. Das weisse Polymcre ist in Luft bis ca. 600°C bestandig und somit das stabilste Kohlcnstoff/Fluor-Polymcre. Es besitzt cine sehr gute Schmierwirkung und kann auch als Kathodenmaterial fur Battericn dicncn.
147
5. Kohlenstoff-Ketten
Naturlicher Graphit kommt selten rein vor; er kann bis 20 % Asche enthalten. Die Weltftirderung an Graphit betragt ca. 500 OOO t/a. Wegen des starken Bedarfs wird Graphit auch industriell hergestellt. Aus Erdtilriickstinden (Petrolkoks) wird mit Steinkohlenteerpechen als Bindemittel durch Formpressen und Brennen bei (800- 1300)"C eine sog. Kunstkohle hergestellt, die in stromgespeisten Ofen zu dem sog. Elektrographit graphitisiert wird (vgl. Tab. 5-1).
5.1.4.
K o h l e n s t o f f - und G r a p h i t f a s e r n
Graphit ist gegen Oxidation bis ca. 400OC bestindig; unter Stickstoff kann es bis ca. 300°C verwendet werden. Diese Eigenschaften werden bei den hochtemperaturbestlndigen Kohlenstoff- und Graphitfasem ausgenutzt flab. 5- 1). Als Kohlenstofffasern (E: carbon fibers) bezeichnet man technisch solche Fasem, die bei Temperaturen von (1000-2000)°C hergestellt bzw. behandelt werden; sie enthalten (92-99,99) % Kohlenstoff. Graphitfasern entstehen definitionsgemass durch kurzzeitige Pyrolyse bei 2500OC; mit Ausnahme der aus Teer hergestallten Fasem mit sehr hohem Modulus enthalten sie aber keine dreidimensionalen Graphitstrukturen. Jahrlich werden weltweit ca. 4000 t Kohlenstoff- und Graphitfasem hergestellt, meist als verstarkendes Material fur andere Polymere (Thermoplaste, Epoxy-Harze, Polyimide usw.). Zur Synthese kann man von "vorgeformten" Strukturen wie organischen Fasem oder flussig-kristallinen Kohlenwasserstoffen ausgehen oder aber die Graphitstrukturen wahrend der Faserbildung aus niedermolekularen Verbindungen aufbauen. Technisch unterscheidet man die aus der Carbonisiemng von Acrylfasem entstehenden Fasem von den aus Teer (aus Kohle- oder Erdiilaufbereitungen) entstehenden. Rayon wird nicht mehr als Ausgangsmaterial verwendet. Nicht eingefuhn haben sich das Wachstum von Fasem im Hochdrucklichtbogen oder durch thermische Zersetzung von Koksofengasen oder CHq/H2-Gemischen. Technisch ist dagegen die Pyrolyse von Benzol, das beim Erhitzen auf ca. 1 l00OC dehydrogeniert. Der verbleibende Kohlenstoff lagert sich auf Metallkatalysatoren in hochgeordneten Bundeln mit Durchmessem bis zu 10 pm und L b g e n bis zu 50 cm ab. Tab. 5-1 Eigenschaften verschiedener Kohlenstoffe in Schichtrichtung (11) und senkrecht d a m (I) Eigenschaft
Dichte Thermischer Ausdehnungskoeff. II Wibneleifiigkeit
I It
1 Spez.elektr.Leitfahigkeit
II
I ElastizitAtsmodul
II
I Zugfestigkeit
II
I
Phys.Einh.
Graphit
ElektroGlasC-Faser graphit kohlenstoff Typ HT
dcm3
2,27 0,5.10-6 27.1O4 2000 10 20 ooo 2s 965 35 96 34
1.5- 1.8 0.6.1 0-6 2,o. 10-6 150 150 2000 1000 10 5
K-1
K-1
W K-l W m-l K-' S/cm S/cm GPa GPa GPa GPa
1,5
3.10" 3.104 6 6 220 220 35 35
18 0,6.10-6
9 550 15 240
< 4.6
148
5.1. Kohlenstoffe
Als Precursor-Fasern eignen sich vor allem solche aus Poly(acrylnitril), daneben auch Rayon, Poly(vinylalkohol), Poly(acety1en)e und aromatische Polyamide sowie Phenolund Furanharze und Cellulose. Bei der Pyrolyse dieser Fasem in Gegcnwart von LewisSauren werden zunachst aromatische Strukturen aufgebaut, die dann vemetzt und gestreckt werden, z.B. beim Poly(acrylnitri1):
(5-1)
CN
CN
CN
CN
CN
Bei der Pyrolyse treten verschiedene Oxidationsprodukte auf. Es durfen jedoch keinc kohlenstoffhaltigen fluchtigen Produkte entstehen, da sonst die Fasem aufgebl2hl und poros wurden. Ausserdem durfen die Fasem nicht schmelzen. Durch das Recken blciben die Precursor-Faserachsen orientiert, so dass die entstehenden Strukturen bevorzugt in Streckrichtung liegen. Die Strukturbausteine sind bandftirmige Graphitebenen, deren Parallellagerung wegen der schwankenden Dimensionen und Kriimmungen stark gestort ist. Diese C-Fasem zeigen daher keine dreidimensional-periodischeOrdnung der Strukturbausteine. Sie gchoren somit zu den nichtgraphitischen Kohlenstoffen. Graphitebencn sind bei flussig-kristallinen Kohlenstoffen wie Pech, Asphalt und Teer schon teilweise vorgebildet. Aus Pechfaden entstehen daher die sog. Graphitfasern. Die schwierige Streckgraphitierung wird vermieden, wenn die Fasem im eingespannten Zustand bei (200-300)"C oxidiert werden. Die dadurch bewirkte Vemetzung stabilisiert die Faserform. Das Einspannen verhindcrt ferner die Schrumpfung der Fasem; es bcwirkt auch cine Vororientierung fur die sich spater bildenden Graphitkristalle. Anschliessend wird 24 h bei 2000°C unter Wasserstoff carbonisiert. Das weitere Erhitzen unter Argon erzeugt reissfeste Graphitfasem (Typ HT; im UK: Typ 11), das kurzzeitige Erhitzen unter Argon Hochmodulfasem (Typ HM; im UK: Typ I) und das weitere ErhitZen unter Zugspannung Ultrahochmodulfasem (Typ UHM). Bei Kohlenstofffasem unterscheidet man entsprechend drei Typen: HT hochzugfeste Typen mit (92-96) % Kohlenstoff, hcrgestellt bei ( 1 2OO-14OO)"C; HM Hochmodul-Typen mit 99 % Kohlenstoff, hergestellt bei ( 1 800-25OO)"C; UHM ultrahohe Modul-Typen mit > 99 % Kohlenstoff, hcrgcstellt bei > 2800°C. Kohlenstoff- und Graphitfasem werden fur textile (Autopolsterstoffe) und industrielle Zwecke (Filtertucher) eingesetzt. Die Hauptverwendung ist jedoch als verst2rkende Faser fur z.B. Epoxidharzc (Band IV).
5 . Kohlenstoff-Ketten
5.1.5.
149
Glaskohlenstoff
Bei der Pyrolyse vemetzter Polymerer (z.B. Phenol- und Furfurylharze) verhindert das Netzwerk die Ausbildung gut geordneter Graphitgitter. Es entstehen makroskopisch isotrope Werkstoffe, in denen vermutlich Knluel bandartiger Kohlenstoffstrukturen vorliegen, die in wenigen Domlnen graphitische Strukturen aufweisen. Das Material bricht glasartig; es wird daher Glaskohlenstoff genannt. Glaskohlenstoff wird einerseits fur Reaktoren, andererseits fur Herzklappen und Knochen verwendet.
5.1.6.
Russe
Russe entstehen, wenn gasftirmige oder flussige Kohlenwasserstoffe bei beschrlnktem Luftzutritt verbrannt werden. Man unterscheidet dabei die bei unkontrollierten Vebrennungen auftretenden unerwunschten Russe (E: soot) von den kontrolliert entstehenden Industrierussen (E: carbon black). Die jlhrliche Weltproduktion an Industrierussen betrlgt ca. 7 Millionen Tonnen. Ca. 70 % davon werden zum Verstlrken von Elastomeren in Fahrzeugreifen verwendet, weitere 25 % in anderen Gummiartikeln. Nur ca. 5 % dienen fur andere Zwecke (Druckfarben, Papiere, Fasem, Zement, Elektroden usw.). Industriell sind ca. 100 verschiedene Russtypen bekannt. Sie werden entweder durch thermisch-oxidative Verfahren (Fumace-, Gas- und Flammrusse) oder durch thermische Spaltverfahren (Thermal- und Acetylenrusse) hergestellt. 98 % der Industrierusse sind sog. Furnacerusse (E: furnace black). Beim FumaceVerfahren werden gasftirmige oder flussige Kohlenwasserstoffe in einem mit kcramischem Material ausgekleideten Ofen (E: furnace = Schmelz- oder Hochofen) kontinuierlich in eine aus Erdgas und erhitzter Luft erzeugte Flamme eingespriiht. Die Kohlenwasserstoffe werden bei (1200- 1900)OC unvollsttindig verbrannt. Die Prozessgase werden durch eingedustes Wasser abgeschreckt, der Russ abgefiltert und die Abgase nachverbrannt. Da der so erhaltene Fumaceruss wegen seines niedrigen Schuttgewichtes schwierig zu handhaben ist, wird er noch kompaktiert oder granuliert. Das mit dem amerikanischen Channelruss-Verfahren verwandte Gasruss-Verfahren arbeitet dagegen in einem nicht vtillig abgeschlossenem System, bei dem die Luft freien Zutritt hat. Es erzeugt sehr feinteilige Russe mit Ktimchengrtissen von (10-30) nm, die hauptsachlich als Pigmente verwendet werden. Das llteste thermisch-oxidative Verfahren erzeugt Flammrusse (E: channel black). Die flussigen oder geschmolzenen Rohstoffe werden dabei in einer Schale unter einem Abzug erhitzt, wobei der Luftzutritt durch den Spalt zwischen Schale und Abzugshaube reguliert wird. Die so erhaltenen Russe weisen TeilchengrOssen von (60-200) nm auf. Sie besitzen eine hohe Dichte (sie sind "schwer") und heissen daher auch Schwerrusse . Thermalrusse (E: thermal black) werden meist in zwei im funfminutigen Wechsel arbeitenden Reaktoren erzeugt. Der eine Reaktor wird zur Energieerzeugung mit Erdgas/Luft beschickt, der andere zum thermischen Spalten mit reinem Erdgas (oder auch flussigen Kohlenwasserstoffen). Anders als bei den echten, kontinuierlichen thermischen Oxidationen wird jedoch der Russ bei sinkender Temperatur und unter Ausschluss von Sauerstoff gebildet. Die Teilchengrtjssen liegen bei (120-200) nm (bei der Synthese unter Inertgas) bzw. (300-500) nm (ohne Inertgas).
150
5.1. Kohlenstoffe
Acetylenrusse entstehen durch thermisches Spalten von Acetylen in Kohlenstoff und Wasserstoff. Die exothenne Reaktion erzeugt irregular gefomte Teilchen von 30 nm bis 40 nm Durchmesser. Acetylenrusse sind sehr rein und werden daher als Leitfdhigkeitsrusse in elektrischen Trockenzellen verwendet. Russe bestehen makroskopisch aus grosseren kugelformigen Teilchen (Ausnahme: Acetylenrusse), die irreversibel zu traubenfonnigen Gebilden aggregien sind. Russe sind sind mikroporos. Die "Poren"-Durchmesser sind meist einfache Vielfache von 0,35 nm; sie sind durch fehlende Gitterschichten bedingt und keine Poren im ublichcn Sinne. Die so erzeugte grosse innere Oberfllche macht R u s e zu gesuchten Adsorbentien. Russe enthalten eine ganze Reihe von Kohlenstoffstrukturen, die von Fullerenen und Nanoriihren bis zu Bruchstucken gestiiner Graphitgitter reichen. Innerhalb jeden Russteilchens liegen gestone Graphitschichten vor. Die Schichten sind zwar einander parallel, besitzen aber keine dreidimensionale Ordnung. Auf den Oberflkhen von Russen befinden sich erhebliche Mengen chemischer Gruppen. Pro Gramm Russ werden (15-5,3) mmol H, (0,l-0,9) mmol OH, (0,Ol-OS) mmol 0, (0,02-0,3) mmol COOe und bis zu 0,07 mmol COOH sowie ungepaane Elcktronen (Radikale) gefunden. Diese Gruppierungen tragen wesentlich zur verstarkenden Wirkung der Russe als Fullstoffe fur Elastomere und Kunststoffe bei, z.B. durch Reaktion der Radikale mit den olefinischen Doppelbindungen der Polydiene. Die verschiedenen R u s e unterscheiden sich betrachtlich in ihren chemischcn und physikalischen Eigenschaften. Fumacerusse weisen z.B. wenig Sauerstoff-Gruppicrungen der Typen I und I1 auf, Gasrusse dagegen viele der Typen 11-V:
I
II
m
N
Russe wcrden nach ihren spezifischen Oberflachen eingcteilt: direkt durch Adsorption des kleinen Stickstoffmolekuls bzw. des grosseren Iodmolekuls und indirckt durch die Kraftaufnahme eines Kneters bei der Titration mit den grossen Molekulen des Dibutylphthalates (DBP) bzw. des Leinols (L) (Tab. 5-2). Weitere Klassifikationen erfolgen nach Farbeigenschaften oder Anwendungsgebieten. Bei den Fumacerussen (F) gibt es z.B. Typen fur die allgemeine Anwendung (GPF = general purpose furnace), schnclle Extrusion (FEF = fast extrusion f.), hohen Abrieb (HAF = high abrasion f.) usw. Tab. 5-2 Eigenschaften verschiedener Russe [I]. n.a. = nicht anwendbar. L = Leinol. Physikal. Einheit
Mittlere Teilchengrosse nm Spezifische Oberflache (N2- Adsorpt.) m2/g Iodabsorption mg/g Absorption von Dibutylphthalat mL/100 g Olaufnahme (g Leinol/l00 g Russ) %
Thermisch-oxidative Spaltung Therrnischc Spaltung FlammGas- Furnace- Thermal- Acetylenrusse russe russc ruSSC msse 110-120 10-30 16-24 90-500 23-33 n.a. 100-120 n.a. 2.5-4,0 2,2-11,O
10-80 120-500 32-42 6-15 ca. 65 15-450 6-10 ca. 100 15-450 37-43 150-200 40-200 2.0-5,0 0,65-0,90 4,0-5,0
5 . Kohlenstoff-Ketten
5.1.7.
151
Holzkohle
Holzkohle wird durch Erhitzen von lufttrockenem Holz in Retorten unter Luftabschluss erzeugt. Bei der exothermen Reaktion steigt dabei die Temperatur von selbst auf (350-400)"C an. Die Holzkohle entsteht mit einer Ausbeute von ca. 35 %; daneben wird Holzgas gebildet (Kap. 3.8.10). In Drittweltlindem verkohlt man noch recht ineffektiv, aber ohne grossen Investitionsaufwand, in Meilem. Derartige Holzkohlen dienen hauptslchlich als leicht entzundbares, hoch konzentriertes Brennmaterial. Holzkohlen enthalten ausser (80-90)% Kohlenstoff noch ca. 6 % Sauerstoff und 3 % Wasserstoff, dazu Stickstoff, Feuchtigkeit und Asche. Da sie ausserdem anders als Koks schwefelfrei sind, kann man mit ihnen schwefelfreies Eisen erzeugen. Aus ihnen werden auch Schwefeldisulfid, Natriumcyanid und Ferrosilicium synthetisiert. Holzkohlen sind hochportis (Schuttdichte 0.45 g/cm3; wahre Dichte 1.4 g/cm3) und besitzen eine spezifische innere Oberflache von (50-80) cm2/g. Sie dienen daher zum Filtrieren und als Adsorbens (Aktivkohle).
5.1.8.
Aktivkohle
Aktivkohlen entstehen durch Verkohlen von pflanzlichen (Holz, Nussschalen usw.), tierischen (Blut, Knochen usw.) oder mineralischen (Kohlen, petrochemische Kohlenwasserstoffe) Rohstoffen. Sie werden nach zwei Verfahren hergestellt. Nach dem einen Verfahren werden die Rohstoffe trocken destilliert und daM bei (700-1OOO)"C mil Wasserdampf, Kohlendioxid usw. oxidativ aktiviert. Nach dem anderen Verfahren erhitzt man die Rohstoffe bei (500-9OO)"C mit Dehydratisierungsmitteln wie Phosphorsgure oder Zinkdichlorid und wlscht dann aus. Die Weltproduktion betragt ca. 4.105 t/a. Aktivkohlen bestehen aus Graphitkrist2llchen, die in amorphem Kohenstoff eingebettet sind. Wegen ihrer grossen inneren Oberflache von (500-1500) m2/g dienen sie als Absorbentien. Die Verwendungszwecke reichen vom Entfemen der Geruchsstoffe aus Gasen uber die Ruckgewinnung von Ltisungsmitteln bis zur Adsorption von Giftstoffen im Magen-Darm-Trakt (medizinische Kohle).
5.2.
Poly(o1efin)e
5.2.1.
Bezeichnungen
Olefine sind aliphatische (acyclische) oder cycloaliphatische niedermolekulare Kohlenwasserstoffe mit einer oder mehr als einer reaktiven Kohlenstoffdoppelbindung pro Molekul. "Olefin" bedeutet "Olbildner". Der Name "Olefin" geht auf den Stammktirper Ethen CH2=CH2 zuriick. Weil Ethen mit Chlor das "tilige" 1,I-Dichlorethan bildet, wurde es im Franztisischen als tilbildendes Gas bezeichnet (Fr: gaz olkfianf). Die Bezeichnung "Olefin" wurde dann auf die gesamte Klasse der einfach oder mehrfach ungesattigten, aliphatischen und cycloaliphatischen niedermolekularen Kohlenwasserstoffe ubertragen.
152
5.2. Poly(o1efn)e
Einfach ungesattigte Kohlenwasserstoffe bezeichnet man auch als Alkene bzw. Cycloalkene. Bei zweifach ungeslttigten Kohlenwasserstoffen (Diolefinen, Dienen) untcrscheidet man isolierte, konjugierte und kumulierte Doppelbindungen, z.B. beim Pentadien: CH~=CH-CHZXH=CH~ CH2=CH-CH=CH2XH3 CHZ=C=CH-CH~-CH~
isolierte Doppelbindungen konjugierte Doppelbindungen kumulierte Doppelbindungen
Poly(olefine) nennt man technisch jedoch nur die Polymeren der Alkene. Bei der Polymerisation von Alkenen wird die Doppelbindung zu zwei Einfachbindungen getiffnet. Poly(o1efine) weisen entsprechend geslttigte hochmolekulare Kohlenwasserstoffketten auf. Sie besitzen also die Konstitution von Polyalkanen. Polymere der Cycloalkene werden dagegen oft Polyalkene genannt, weil der ungesattigte Charakter bei der RingBffnungspolymerisation erhalten bleibt (Kap. 5.4). Die Polymeren von Dienen rnit konjugierten und kumulierten Doppelbindungen betrachtet man technisch als besondere Klassen. Bei dcr Polymerisation von Dicnen rnit konjugierten Doppelbindungen wie z.B. Butadien CH2=CH-CH=CH2 wird im einfachsten Fall nur eine Doppelbindung geBffnet, wobei die andere Doppelbindung erhalten bleibt oder aber verschoben wird (-kCH2-CH(CH=CH2)* bzw. -f-CH2-CH=CH-CH2-3i;). Die so entstehenden Polydiene sind Polymere mit einfach ungesattigten Repetiereinheiten (Kap. 5.3). Polydiene und Polyalkene rechnet man nicht zu den Polyenen, obwohl pro Molekul viele Doppelbindungen vorhanden sind. Als "Polyene" bezeichnet man vielmehr nur niedennolekulare Verbindungen mit zwei oder mehr Doppelbindungen.
5.2.2.
Poly(methy1en)
Poly(methy1en) -kCH2+ ist der einfachste Poly(koh1enwasserstoff). Es lisst sich durch die Polyelimination von Diazomethan CH2N2 oder durch die Polyreaktion eines CO/H2-Gemisches erhalten. Das aus CH2N2 erhaltene, praktisch unvenweigt aufgebaute Poly(methy1en) ist rnit einem ideal aufgebauten Poly(ethy1en) tCH2CH2ffi aus der Polymerisation von Ethen (Ethylen) konstitutiv identisch. Fur Diazomethan wurden die Strukturen CH2e-Ne=N oder CH2=Ne=Ne vorgeschlagen. Der Mechanismus der Polymerisation von CH2N2 ist unklar. Fur Gold als Initiator wird ein Mechanismus uber Carbene 'CH2' diskutiert. Bei der Initiation rnit Bortrifluorid-Wasser wird dagegen einc kationische Polymerisation rnit einem Kettenstart durch Anlagerung eines Protons an das Diazomethan angenommen. Bei den weiteren sukzessivcn Anlagerungen von Diazomethan wird dann Stickstoff abgespalten. Die Polyreaktion ist also als Polyelimination (IUPAC: condcnsative chain polymerization) zu klassifizieren:
(5-2)
H@
+ CH,N, b
CH3N2@
+ CH,N, b
CH3CH2Np usw.
-N2
Diese Synthese wird jedoch ebenso wie diejenige aus CO/H2 (140°C, 50 MPa, Ruthenium als Katalysator) nicht technisch ausgefuhrt.
153
5 . Kohlenstoff-Ketten
5.2.3.
Poly(ethy1en)e
Das Polymere mit der Konstitution -kCH2CH2* ist als Poly(ethy1en) zu bezeichnen, wenn man fiir die Konstitution die systematische Nomenklatur verwendet: es handelt sich um das Vielfache des Ethylendiradikales 'CH2CH2'. Benutzt man dagegen die Poly(monomer)-Nomenklatur, so ist der Name "Poly(ethen)". In der Industrie wird uberwiegend die Bezeichnung "Poly(ethy1en)" verwendet, hauptsachlich wohl, weil man die Poly(monomer)-Nomenklaturund den alten Monomemamen "Ethylen" verwendet, und weniger, weil man die systematische Nomenklatur fiir Konstitutionsnamen benutzt.
Vorkommen Ethen wird biochemisch aus L-Methionin synthetisiert, das mit Adenosintriphosphat (ATF') unter der Wirkung der Methionin-Adenosyltransferase in 5-Adenosyl-L-methionin ubergeht. Diese Verbindung spaltet mit Hilfe der ACC-Synthetase Methylthioadcnosin ab. Die so entstehende Aminocyclopropancarbonsiure wird durch Oxidasen in Ethen und Glycin gespalten: Adenosin
(5-3) ,STCOOH
MethioninAdenosyItransferase+ H&
H3C NH2
'e 0s
TcooH
ATP ....
L-Methionin
NH2
S-Adenosyl-L-methionin
1
ACC-Synthetase - Methylthioadenosin CH,=CH,
+ H,N--CH,-COOH
Oxidasen
COOH Aminmydopropancarbonsilure
Es ist nicht bekannt, wie das naturlich in Bleiminen vorkommende Mineral Elaterit entstand. Elaterit ist ein dunkelbraunes amorphes Poly(ethylen), das keine Doppel- und Tripelbindungen und keine aromatischen Strukturen enthalt, wohl aber ca. 3 % COGruppen. Ein Teil des Elaterits l6st sich in Kohlenwasserstoffen. Der unltisliche Teil ist vermutlich uber Schwefelgruppierungen vemetzt (Gesamtgehalt an Schwefel ca. 1,4 a). Elaterit ist gelegentlich hart und fest, meist aber gummielastisch (Mineralkautschuk).
Einteilung der industriellen Poly(ethy1en)e Poly(ethy1en)e ist die Sammelbezeichnung fur die durch Polymerisation von Ethen entstehenden Polymeren. Ethen erhilt man heute hauptsachlich durch Pyrolyse von Ethan, Propan, Butan, Naphtha, Gas61 oder Rohol (Schema 3-3). Friiher wurde Ethen auch durch Auswaschen von Kokereigas oder durch Dehydratisieren von Ethanol hergestellt, was jedoch heutzutage unwirtschaftlich ist. Die fur die Monomer- bzw. Repetiereinheiten des Poly(ethy1en)s gewtihnlich angegebene Struktur -CH2CH2- ist idealisiert, da praktisch alle Poly(ethy1en)e mehr oder minder verzweigt sind. Als Poly(ethy1en)e bezeichnet man technisch auch Copolymere des
154
5.2. Poly(o1efin)e
Tab. 5-3 Einteilung und Synthese von Poly(ethy1en)en und einigen Ethen-Copolymeren. Bezeichnug ASTM DIN
ASTM
N Ill
HDPE
PE-HD PE-MD
II I
PE-LD EVAL
LLDPE LDPE VLDPE EVAL EA
Dichte Hochdruck-Synthese ing/cm3 Rohr-Reaktor Autoklav
> 0,96 0,94 - 0.96 0,925 - 0,94 0,90 - 0,925 < 0.90
Niederdmck-Synthese Usung Suspension
Gas
+
+
+
+
-+
+
+
+
+ + +
+ + +
+
+
+
+
+
Ethylens mit geringen Mengen anderer Monomerer, falls die Eigenschaften dieser Copolymeren denjenigen der Homopolymeren ahneln. Poly(ethy1en)e (PE) werden industriell in der Regel nach ihren Dichten eingeteilt, die ihrerseits eine Folge der durch die Art und den Anteil von Verzweigungen bedingten Kristallinitaten sind (Abb. 5-3). Man unterscheidet technisch bei den Homopolymeren des Ethens die Poly(ethy1en)e hoher Dichte (PE-HD), mittlerer Dichte (PE-MD) und niedriger Dichte (PE-LD; LD = low density)) von denen sehr niedriger Dichte (VLDPE; VLD = very low density) (Tab. 5-3). Viele PE-LD-Typen sind nun Copolymere mit z.B. (2-5) % Vinylacetat, in Europa auch Blends mit bis zu 30 % PE-LLD. Durch Insertionspolymerisationen erzeugte Poly(ethy1en)e hoher Dichte (PE-HD) sind verhaltnismlssig wenig verzweigt. Radikalisch hergestellte Poly(ethy1en)e niedriger Dichte (PE-LD) besitzen dagegen viele Verzweigungen, und zwar bei Riihrkesseln wegen der grosseren Verweilzeiten mehr als bei Stromungsrohren (Abb. 5-3). PE-HD
PE-LLD (Losung)
PE-LLD (Gasphase)
PE-LD (Stromungsrohr)
PE-LD (Riihrkessel)
Abb. 5-3 Verzweigungen bei Poly(ethy1en)en. Die schematischen Darstellungen zeigen verhlltnismlssig mehr Verzweigungen als in Wirklichkeit vorhanden sind. PE-LD weisen z.B. 1-4 C-Atome in Verzweigungen pro 100 Kohlenstoffatome auf, nicht ca. 26 bzw. 39 wie in der Abbildung.
155
5. Kohlenstoff-Ketten
Die sog. linearen Poly(ethy1en)e niedriger Dichte (LLDPE, PE-LLD; LLD = linear low density) sind nicht Homopolymere. Sie sind vielmehr Copolymere des Ethens. Die PE-LLD werden als "linear" bezeichnet, weil ihre Verzweigungen nicht vom dominierenden Monomeren durch Nebenreaktionen erzeugt werden, sondem durch die Konstitution der venvendeten Comonomeren. Als Comonomere dienen 1-Olefine (1 -Buten, 1-Hexen oder 1-Octen) in Anteilen von bis zu 19 %, meist jedoch ca. (6-8) %. Die Comonomerreste sind bei Ltisungspolymerisationen statistisch verteilt. Durch Polymerisationen in der Gasphase werden dagegen wegen der sich bildenden Heterophasen Polymere rnit Blockcharakter in Bezug auf die Verteilung der Verzweigungsstellen erzeugt. Konventionelle Poly(ethy1en)e besitzen Molmassen von weniger als 300 000 glmol. Fur Spezialzwecke werden jedoch htihermolekulare Poly(ethy1en)e hoher Dichte produziert, die als "high molecular weight" HMW-HDPE (3.105 < Mr < 4.105). "extra high molecular weight" (5.105 < Mr < 1,5106) und "ultra-high molecular weight" UHMW-PE (Mr > 3,1.106) im Handel sind. Die sog. Metallocen-Poly(ethy1en)e mPE-LLD sind nicht Metallocen-Gruppierungen enthaltende Poly(ethy1en)e. Sie sind vielmehr Poly(ethylen)e, die durch Copolymerisation von Ethen und den bei PE-LLDs gebrzuchlichen 1-Olefinen rnit Metallocen-Katalysatoren entstanden. Sie zeichnen sich durch engere Molmassenverteilungen aus. Poly(ethy1en)e werden heute in Anlagen mit bis zu 400 000 t/a erzeugt. Die Weltproduktion aller PE betrzgt ca. 51.106t/a (2000), die Kapazitlt ca. 80.106 t/a (1999).
PE-LD Die Hochdruck-Synthese von Ethen (Abb. 5-4) wurde zufallig in den 30er Jahren dieses Jahrhunderts gefunden, als man bei der ICI versuchte, Ethen in neu entwickelten Hochdruckbehaltem zu komprimieren. Beim Offnen der Druckbehalter fand man eine weisse Masse, die sich als Poly(ethy1en) herausstellte. Die Polymerisation des Ethens war offenbar durch anwesende Spuren von Sauerstoff ausgelost worden. Initiator
Ethen
Reaktor +-+
Hochdruckabscheider
+ Oxidationsprodukte I
1
Poly(ethy1en)
Abb. 5-4 Vereinfachtes Fliess-Schema der Hochdruck-Polymerisationvon Ethen [2], Das aus einem Vorratstank angelieferte Ethen wird mit einem Peroxid versetzt, in zwei Stufen auf 200 MPa komprimien und in einem Rohrreaktor oder Riihrkessel polymerisiert. Anschliessend wird in zuerst in einem Hochdruckabscheider und dann in einem Niederdruckabscheider L entgast und das nicht umgesetzte Ethen nach dem Abscheiden von Oxidationsprodukten und Wachsen in den Kreislauf zuriickgefiihrt. Mit freundlicher Genehmigung der Chemical Publishing Co., New York.
156
5.2. Poly(o1efin)e
Heutige radikalische Hochdruckpolymerisationen werden entweder diskontinuierlich in Ruhrkesseln oder kontinuierlich in Rohrreaktoren ausgefuhrt. Das Ethen wird zunachst uber einen reduzierten Kupfer-Katalysator geleitet, um alle Spuren Sauerstoff zu entfernen. Verbleibende Sauerstoffspuren wurden die genaue Initiatordosierung sttiren und evtl. sogar Explosionen hervorrufen. Technisch werden sowohl Sauerstoff als auch Perverbindungen als Initiatoren bei Temperaturen bis zu 275°C und Driicken bis zu ca. 280 MPa (= 2800 atm) verwendet. Vermutlich entsteht bei der Polymerisation von Ethen mit ca. 0,05 % Sauerstoff zunachst Ethenhydroperoxid CH2=CH(OOH), dessen Zerfall dann Starterradikale wie z.B. HO' liefert. In Hochdruck-Poly(ethy1en)en wurden entsprechend auch Hydroxylgruppen nachgewiesen. Der Initiator wird exakt dosiert und das Ethylen mit speziellen Kompressoren erst auf 30 MPa und dann in einer zweiten Stufe auf bis zu 280 MPa komprimiert und in den Reaktor gepumpt (Abb. 5-4). Das sich bildende Poly(ethy1en) bleibt im Ethen geltist, da das letztere sich weit oberhalb seiner kritischen Temperatur und seinem kritischen Druck befindet. Nach der Polymerisation wird das nicht reagierte Ethen vom geschmolzenen Poly(ethy1en) abgetrennt und wieder aufgearbeitet. Das Poly(ethy1en) wird extrudiert und zu Granulat verarbeitet. Die wachsenden Poly(ethy1en)-Radikale konnen durch intramolekulare Ubertragungsreaktionen kettenstandige Polymerradikale bilden. Bei der weiteren Anlagemng von Ethen entstehen durch cine intramolekulare Ubertragungsreaktion (E: back-biting reaction) Poly(ethy1en)-Ketten mit Seitengruppen aus Kohlenwasserstoffresten, z.B.:
Bei den Ubertragungen sind aus konformativen Grunden intermediar auftretende Sechsringe bevorzugt (G1.(5-4)), doch kommen auch Achtringe und Siebenringe vor. Entsprechend findet man pro 1000 Kohlenstoffatome z.B. 9,6 Butylgruppen (Sechsring), 5,6 Hexylreste (Achtring) und 3,6 Pentylgruppen (Siebenring). Durch diese Reaktion bilden sich kaum langere Seitenketten, da dann die endstandigen Radikale zu weit von ihrer eigenen Kette entfemt sind. Man findet entsprechend auch keine Propyl- und Methylgruppen, wohl aber Ethylgruppen (ca. 1 pro 1000 C). C2Hg-Seitengruppen entstehen durch Anlagem eines Ethenmolekuls und anschliessende Ubertragung cines Wasserstoffatoms. lntermolekulare Ubertragungen durch Polymer- oder Initiatorradikale erzeugen ebenfalls kettenstandige Radikale. Diese Radikale starten die Polymerisation von Ethen und rufen so Langkettenverzweigungen hervor:
157
5 . Kohlenstoff-Ketten
Tab. 5-4 Einfluss des Reaktortyps,des Druckes p und der Temperatur T auf die Zahl verschiedener Gruppierungen pro lo00 Kohlenstoffatomebei Poly(ethy1en)en niedriger Dichte. Reaktor
absatzweiser Ruhrkessel
kontinuierlicher Ruhrkessel
p/MPa
300 160 80 80
150
TpC
250 250 250 130 225
Anzahl Gruppen pro loo0 Kohlenstoffatome -CH3
-CH=CH2
>C=CH2
10
0.03 0.04 0.04
0,05 0.17
< 0,015
0.08 0,18
14 35 15 15
OS
Das Ausmass der Verzweigung hangt ausser von der Temperatur und dem Druck (entspricht der Konzentration des Ethens) auch von der Verweilzeit im Reaktor und damit vom Reaktortyp sowie von dessen kontinuierlichem/diskontinuierlichem Betrieb ab (Tab. 5-4). Bei der absatzweisen Polymerisation nimmt z.B. bei konstanter Temperatur der Gehalt an Vinylidengruppen >C=CH2 und die Gesamtzahl an Methylgruppen -CH3 in allen Zweigen rnit steigendem Druck ab, wahrend der Anteil an Vinylgruppen -CH=CH2 praktisch konstant bleibt. Je niedriger der Druck, umso weniger Verzweigungen werden gebildet. Rohrreaktoren rnit Pfropfstromung erzeugen weniger Langkettenverzweigungen als Riihrkessel rnit Ruckvermischung (vgl. auch Abb. 5-3). Kurzkettenverzweigungen beintrichtigen die Tendenz zur Kristallisation. Sie erniedrig/cm3 auf. gen die Kristallinitat und die Dichte. PE-LD weisen Dichten von (0.90-0,925) Etwas hiihere Dichten werden erzielt, wenn bei radikalischen Hochdruckpolymerisationen Perverbindungen wie z.B. t-Amylperpivalat oder Di-2-ethylhexylperoxydicarbonat als Initiator anstelle von Sauerstoff verwendet werden und die Polymerisationstemperatur gesenkt wird. So erzeugte Poly(ethy1en)e konkurrieren teilweise mit den durch Niederdruck-Polymerisation erzeugten PE-HD. In keinem Fall wird jedoch die theoretische Dichte eines ideal-kristallinen Poly(ethy1en)s von 1 @cm3 erreicht. Die Dichte ist ein direktes Mass fur die (Dichte-)Kristallinitat W,,d. die wiederum andere physikalische Eigenschaften direkt beeinflusst. Sowohl die Mikroharte h, als auch die obere Streckspannung oy steigen linear mit dem Kristallinitatsgrad an (Abb. 5-5). Der Elastizitatsmodul nimmt linear rnit der Mikroharte und damit ebenfalls mit dem Kristallinitltsgrad zu.
PE-HD Die Polymerisation von Ethen mit Ubergangsmetall-Katalysatoren bei niedrigen Driicken erzeugt Poly(ethy1en)e hiiherer Dichte (Tab. 5-5). Von den drei Grundtypen der Phillips-, Standard Oil- und Ziegler-Polymerisationen hat sich besonders das PhillipsVerfahren durchgesetzt. Das Standard-Oil-Verfahren wird nicht mehr ausgefuhrt. Alle Prozesse fuhren zu weniger Verzweigungen als bei den PE-LD. Die Ubergangsmetall-Katalysatoren, z.B. Tic14 + (C2H5)2AlCl, bilden verschiedene polymerisationsaktive Spezies (Band I, Kap. 9.2).Die Uberlappung der von den verschiedenen Spezies simultan erzeugten Molmassenverteilungen erzeugt PE-HD mit breiten Molmassenverteilungen.
5.2. Poly(o1efin)e
158
T 5 60 . 2
& 40
I 20
0 0
0.2
0,6
0,4
- wc,d +
03
1
Abb. 5-5 Einfluss des Kristallinit2itsgrades w,,d aus Dichte-Messungen auf die obere Succkspannung 0s und die Mikrohate h,,,(nach Vickers) von Poly(ethy1en)en hoher (PE-HD; 0) bzw. niedriger Dichtc (PE-LD, PE-LLD; 0 ) 131. Einblendung: Beziehung zwischen ElastiziEitsmodul E und Mikrohiirte h,. Bei allen diesen Polymerisationen wird das Ethen beim Wachstumsschritt zwischen dem Komplex des Ubergangsmetalls und der wachsenden Poly(ethy1en)-Kettc insertiert (Band I, 6.Aufl. 1999, Kap. 9), z.B. bei Titanverbindungen:
Die Molmasse wird bei den meisten Verfahren durch eingespeisten Wasserstoff kontrolliert, der die Kette abbricht (Tab. 5-5):
Tab. 5-5 Einige bei Niederdruck arbeitende Polymerisations-Verfahrenfur Poly(ethy1en)e. 0.1 MPa = 1 bar =: 1 atm. *) Bei ahnlichen Flussigphase-Prozessen auch Hexen-1 oder Octen-1; **) g PE/g Katalysator; ***) dritte Generation fur PE-LLD. pr = partiell reduziert.
Stoffzustand des Poly(ethy1en)s Suspensions- oder Losemittcl Comonomere Katalysator Trilger Druck in MPa Temperatur in "C Reaktortyp Verwcilzeit in Stunden Molmassen-Kontrolle Katalysator-Ausbeute**
Ziegler
Phillips
Standard Oil
Unipol ***)
Suspension Hexan
Suspension Butan, C6H12
Ldsung Xylol
Gasphase
TiCIfi2AlCI MgC12 0,8-3.5 50-90 CSTR 2-3 H2 3000
cr203 @r)
M a 3 (Pd
A1203
A1203
Bu ten- 1 * Crri-Mg Mg(0H)CI
2.8-5,0 85-175
=7 < 200
0.7-2.1 85- 100
Rohrschlange
1,s
Temperatur 3000-10 000
Wirbelschicht 3-5 H2 9000
5. Kohlenstoff-Kerten
159
Das Verfahren der Standard Oil arbeitet oberhalb der Schmelztemperatur der Poly(ethy1en)e (ideal: 144OC). Das entstehende Poly(ethy1en) bleibt geltist. Der Katalysator wird somit anders als bei den anderen Verfahren nicht in Poly(ethy1en)-Teilchen inkludiert und damit unwirksam. Die Aufbereitung des geltisten Poly(ethy1en)s ist jedoch umstandlich. Zudem sind die bei diesem Verfahren erforderlichen mittleren Drucke sehr aufwendig zu erzeugen, so dass das Standard Oil-Verfahren durch die bei niedrigeren Driicken arbeitenden, kontinuierlichen Phillips- und Ziegler-Verfahren abgeltist wurde (Tab. 5-5). Bei diesen beiden Verfahren wird das Ethen laufend in die Suspension der Katalysatoren in flussigen Kohlenwasserstoffen eingeleitet. Der Ziegler-Prozess arbeitet meist bei nur leicht erhtihten Driicken. Das Ethen wird komprimiert, mit Aceton gewaschen und in den Reaktor eingeleitet (Abb. 5-6). Die Katalysatorbestandteile Tic14 und (CzH&AlCl werden separat mit dem Suspensionsmittel Hexan vermischt und ebenfalls dem Polymerisationsreaktor zugefiihrt. Die bei der Polymerisation entstehende Suspension wird geriihrt, bis die stark angestiegene Viskositat die Dispergierung erschwert. Die Polymerisationsgeschwindigkeit nimmt ab, da der Katalysator in dem ausfallenden Poly(ethy1en) inkludiert wird. Als Nebenprodukte gebildete inerte Kohlenwasserstoffe IC werden entfernt; das Aceton wird aufgearbeitet und zuriickgefuhrt. Da Katalysatonestedie Alterung der Poly(ethy1en)e beeinflussen, miissen sie entfemt werden. Das Gemisch aus Poly(ethylen), Katalysatorbestandteilen und Usungsmittel wird dazu mit Ethanol versetzt. Die gebildeten ldslichen Titanverbindungen gehen beim Zugeben verdiinnter Salzeure in TiOz iiber. Das Gemisch wid mit Wasser gewaschen und mit Alkali neutralisiert. Poly(ethy1en) und Flussigkeit werden durch Zentrifugieren getrennt. Das Polymere wird mit Wasser unter Zusatz von Detergentien sowie Alkali und nachfolgender Neutralisation mit Zitronensaure gewaschen. Die Waschflussigkeit wird abzentrifugiert und das Polymer getrocknet, extrudiert und granuliert. Die Waschflussigkeit wird aufbereitet und das L(isungsmitte1 in den Kreislauf zuriickgefuhrt.
A
Pi
Ethen
,, ,,
Aufbereitung des Acetons
UI Tic14 Et2AlCI
PE Katalysatormischer
Polymerisations- Entfemen Waschen des reaktor des Katalysators Polymeren
Waschwasser
Abb. 5-6 Vereinfachtes Fliess-Schema der Polymerisation von Ethen nach dem Ziegler-Verfahren [2].
160
5.2. Poly(o1efin)e
LM
HZO
Kat. Ethen 1
$
Tybomixer
I
Zentrifuge
1
Polymerisations- Gasseparatoren Katalysator reaktor
r~
Lhl + HzO
q I k n e r
PE + H20
Wasserdampf
Hi0
Abb. 5-7 Vereinfachtes Fliess-Schema der Ethen-Polymerisation nach dem Phillips-Verfahrcn [ 2 ] .
Das bei etwas hoheren Temperaturen und Driicken als das Ziegler-Verfahren arbeitende Phillips-Verfuhren ist apparativ einfacher als der Ziegler-Prozess und daher jetzt das fuhrende Verfahren zum Herstellen von PE-HD. Grosstechnische Anlagen haben Jahreskapazitaten bis zu ca. 400 OOO t. Beim Phillips-Verfahren wird der Katalysator (0,06 % Cr03 auf Al,03) zusammen mit dem Suspensions- bzw. Ltisemittel und dem komprimierten Ethen in den Polymerisationsreaktor eingeschleust. Je nach Ausfuhrungsverfahren bleibt das entstandene Polymere in Cyclohexan gelost (ca. 10 %) oder fallt als Slurry in Butan an. Im erstercn Fall kann der Katalysator durch geheizte Zentrifugen abgeschieden werden. Die Losung wird abgekiihlt und das ausgefallene Polymer filtriert und getrocknet. In einigen Fallen wird das Losungsmittel durch Ausdmpfen entfemt. Suspensionen werden in Gasseparatoren G entgast; das nicht polymerisiertc Ethen wird zuriickgefuhrt. Der Polymerbrei wird nach dem Zugeben von Wasser und dem Vermischen durch einen Turbomixer bei 55°C in einem Kessel durch Einleiten von Wasserdampf bei 120°C gewaschen. Das Losungsmittel und das Wasser werden uber Kopf abgezogen. Das Polymer wird in einem Trockner entwassert.
PE-LLD Die Copolymerisation von Ethen mit kleineren Anteilen an 1-Olefinen kann in der Gasphase bzw. im Fliessbett (mit 1-Buten) oder in Losung bzw. in Suspension (1-Hexen, 1-0cten) ausgefiihrt werden. LBsungs- und Suspensionsverfahren arbeiten mit Bhnlichen Anlagen wie die zum Herstellen von PE-HD. Zum Herstellen von PE-LLD k6Men Hochdruck-PE-LD-Anlagen umgeriistet werden. Beim Unipol-Verfahren (s. unten) betragen dann die Umbau-Kosten nur ca. 30 % derjenigen einer neuen Adage. Die Energiekosten steigen zwar an, die gesamten Produktionskosten sollen jedoch niedriger als beim Gasphasen-Verfahren sein. Die Losungsverfuhren geben die bcsten Produkteigenschaften. Sie konnen auch am einfachsten auf die verschiedenen Typen eingcstellt werden. Es fallen jedoch zusatzliche Kosten fiir die Losungsmittel und deren Wiederaufbereitung an. Suspensionsverfahren liefem PE-LLD in Pulverform, so dass die Grdnulicrung fortfallt. Folientypcn sind jedoch schwierig herzustellen.
161
5 . Kohlenstoff-Ketten
I
WirbelbettReaktor
zyklischer Kompressor
-
., Katalysator
Abscheider
u
r
Ethen + Comonomer +
()
i\Egher
N2
Abb. 5-8 Fliess-Schema des Gasphasen-Verfahrens (Unipol-V.) zum Herstellen von PE-LLD [4]. Apparativ am einfachsten ist das Unipol-Verfahren zum Herstellen von PE-LLD in der Gasphase bzw. im Wirbelbett (Abb. 5-8). Da kein Ldsungsmittel verwendet wird, fallen die Kosten fur das Usungsmittel und dessen Destillation und Wiederaufbereitung weg. Unipol-Anlagen kosten nur ca. 30 % der Anlagen fur Hochdruck- oder Niederdruck-Polymerisationen; der Energiebedarf betragt nur 1/4 desjenigen fur PE-LD. Die Anlagen kdnnen f i r KapazitBten bis zu ca. 225 OOO t/a ausgelegt werden. Beim Gasphasen-Verfahren werden der Katalysator, das Ethen und das Comonomere in den vertikalen oder auch horizontalen Wirbelbett-Reaktor eingeschleust. Das Polymere und die oligomeren Gase werden in einem Abscheider unter Stickstoff abgezogen. Das nicht umgesetzte Monomerengemisch wird komprimiert und in den Kreislauf mit Hilfe zyklisch arbeitender Kompressoren und Kuhler zuriickgefuhrt. PE-LLD lassen sich auch aus Ethen ohne zugesetzte Comonomere erzeugen. Beim SHOP-Prozess (Shell higher olefin process) werden miteinander kompatible Oligomerisierungs- und Copolymerisations-Katalysatoren auf Basis a-TiC13, MgH2 und Cp2TiC12 gemeinschaftlich verwendet.
mPE-LLD Mit Metallocen-Katalysatoren erzeugte lineare Poly(ethy1en)e niedriger Dichie (mPELLD; mLLDPE) nennt man auch Metallocen-Poly(ethylen)e, Ein-Zentrum-Katalysator-Poly(ethy1en)e (E: single site catalyzed PE, LLDPE (SSC)), Polyolefin-Plastomere (POP) oder homogene Ethylen-Copolymere. Diese neuen Typen haben die gleiche Zusammensetzung wie die regularen PE-LLD, jedoch verschiedene Sequenzstatistiken. Als Katalysatoren werden mit Methylaluminoxanen aktivierte Ubergangsmetallverbindungen verwendet, meistens mit an Cyclopentadienylreste gebundenen Ti- oder Zr-Zentren.
CP2Zl-C31,
iPr[ 1-Flu;Cp]ZrC12
Methylaluminoxan (MAO) (Beispiel)
162
5.2. Poly(o1efin)e
Tab. 5-6 Mittlere Eigenschaften von Poly(ethy1en)en bei 23°C. m = Metallocen mit Octen-Monomer; kB = kein Bruch. Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte g/cm3 1 Brechungsindex Schmelztemperatur (DSC) “c Wtirmestandfestigkeit (0,45 m a ) “c Vicat-Temperatur B “c G lastemperatur (DSC) “c Dauerstandtemperatur (Kurzzeit) “c (Langzeit) “c Linearer therm. Ausdehnungskoeff. K-I Wiinneleifalhigkeit (20’C) W K-l Zugmodul MPa Biegemodul MPa Streckspannung MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa Reissdehnung % Schlagzaigkeit (Charpy) kJ/m2 Kerbschlagziihigkeit (Izod, 3,l mm) J/m (CharpY) kJ/m2 HMe (Shore D) Kugelfallhwe 1 Relative Permittiviat 0berfl;ichenwiderstand R Durchgangswiderstand R cm Durchschlagfestigkeit kV/mm 1 Dielektrischer Verlustfaktor (50 Hz) Wasserabsorption (96 h) %
HD
LLD
LLD m
0.94-0.96 < 135
60-65 -123 90- 120 70-80 2.104 0,4-0.5 60-290
80-94
95-120
90-115 70-95 2.10~
LD
0,90-0,925 1.52 ias-115 38-49 40 -(I 03- 133) 80-90 60-75 1.7.10~ 100-310 240-33a 6-15
18-32 10-60
100-800 kE3
kB 21-210
kB kB
6kB =
40-60
so
2,3 1013 10‘6
2.4 10‘3 10’6 > 700
> 600
< 0.05
0,0003 < 0.05
Eigenschaften Die PE-HD sind wesentlich weniger venwcigt als die PE-LD (Abb. 5-3). Sic weisen dementsprechend Rontgenkristallinitaten von bis zu 85 % und damit einhergehende hohere Dichten auf. PE-HD und PE-LD sind Thermoplaste (Tab. 5-6). Sie werden hauptsachlich fur Verpackungen (Filme, Folien, Flaschen) verwendet, daneben fiir Rohre und Kabelummantelungen und, als Latices, auch als Bodenpflegemittel. PE-HD ktinnen nach verschiedenen Verfahren zu Fasem mit sehr hohen Elastizitatsmoduln ultraverstreckt werden (bis zu 90 GPa gegenuber ca. 1 GPa bei PE-HD-Kunststoffen; Band IV). Die PE-LLD weisen wegen der einpolymerisierten 1-Olefine mehr Kurzketten-Verzweigungen als die PE-HD auf; Langketten-Verzweigungen sind bei den PE-LLD im Gegensatz zu den PE-LD (2.4 pro 1000 C) abwesend. Die Molmassenverteilungen der PE-LLD sind enger als diejenigen der PE-HD; die Verhdtnisse betragen ca. 6,3 vs. 3,4. Diese Strukturunterschiede fiihren einerseits zu niedrigeren Kristallinit2tcn und Dichten, andererseits auch zu hoheren Ausziehfestigkeiten und Steifigkeiten. Wegen der engeren Molmassenverteilungen und der Abwesenheit von Langkettenverzweigungen verhaken sich PE-LLD starker als PE-HD. Als Folge davon besitzen sic ei-
awlan
5. Kohlenstoff-Ketten
163
nerseits eine gdssere Schmelzviskositlt, was zu einem geringeren Ausstoss beim Folienblasen fuhrt. Andererseits wird die Dehnflhigkeit stark erhtjht, was die noch geschmolzene Folie unempfindlicher gegen Fremdktjrper macht. Polymerisationen mit Metallocen-Katalysatoren finden im Gegensatz zu den ZieglerPolymerisationen jeweils nur an Katalysatorzentren eines einzigen Typs statt. Als Folge davon besitzen m P E - L L D praktisch Schulz-Flory-Verteilungen der Molmassen rnit mw -- 2 und annihernd Bernoulli-Verteilungen der Comonomer-Einheiten. Wegen der recht engen Molmassenverteilungen sind Metallocen-PE-LLD schwieriger zu verarbeiten als konventionelle PE-LLD. Die Verarbeitbarkeit wird durch Einfuhren lingerer Seitenketten (l-Octen statt 1-Buten als Comonomer) oder durch Erzeugen von bimodalen Molmassenverteilungen verbessert. mPE-LLD sind rnit sehr verschiedenen Dichten und Schmelzindices erzeugbar. Metallocen-Poly(ethy1en)e rnit Dichten von (0,886-0,935) gcm3 werden oft Plastomere genannt, solche rnit Dichten von (0,863-0.885) g/cm3 (224 % l-Octen) elastomere Poly(ethylen)e oder Poly(o1efin)-Elastomere (POE). Da Kristallbereiche fehlen und nur noch schwache Dispersionskrlfte wirken, treten in den nominalen Zugspannungs-Dehnungs-Diagrammen wie bei echten Elastomeren keine oberen Streckgrenzen auf.
/a,.,
5.2.4.
Modifizierte Poly(ethy1en)e
Poly(ethy1en)e werden wegen ihrer niedrigen Gestehungspreise oft derivatisiert, d.h. nachtriglich in andere Polymere umgewandelt. Poly(ethy1en) kann rnit y-Strahlen oder mit Peroxiden (Dicumylperoxid, Di-t-butylperoxid) vernetzt werden. Vernetzte Poly(ethy1en)e (PE-X, VPE, XLPE) besitzen htjhere Wlrmeformbestindigkeiten, was bei Schaumstoffen, Kabelummantelungen, Flaschen und anderen Formktjrpem ausgenutzt wird. Bei der Bestrahlung unter Zusatz hydrophiler Monomerer (z.B. Acrylamid) werden letztere aufgepfropft, wodurch leichter bedmckbare Oberfllchen entstehen. Poly(ethy1en) wird auch in Masse (z.B. Fliessbett), Losung (z.B. C m ) , Emulsion oder Suspension in Ggw. von Radikalbildnem chloriert. Chlorierte Poly(ethy1en)e (PE-C, PEC, CPE) mit (25-40) % Chlorgehalt sind Elastomere, da die unregelmlssige Substitution die Kristallinitlt herabsetzt. Derartige chlorierte Poly(ethy1en)e stellen nach der chemischen Vorvemetzung Blbestlndige, thermoplastische Elastomere dar. Poly(ethy1en)e rnit Chlorgehalten von (30-45) % lhneln dem Poly(vinylch1orid). Sie werden daher auch als warmebestandiges Poly(vinylch1orid) bezeichnet. Diese hoch chlorierten Poly(ethy1en)e werden dem PVC zugesetzt, um dessen Schlagzahigkeit zu verbessern oder aber auch direkt fur z.B. Heisswassemhre verwendet. Bei der Sulfochlorierung lisst man Chlor und Schwefeldioxid in Gegenwart von UVLicht oder einem Azo-Initiator auf Ltisungen von Poly(ethy1en) in heissem Tetrachlorkohlenstoff einwirken. Sulfochlorierte Poly(ethy1en)e (CSM, CSR) enthalten pro 100 Ethylenreste 25-42 CH2CHC1-Gruppierungen und 1-2 CH2CH(S02Cl)-Gruppen. Die SOzC1-Gruppen reagieren mit Metalloxiden MtO (MgO, ZnO, PbO) unter Abspaltung von Metallchloriden und Ausbildung von O-Mt-O-Briicken. Die so vemetzten Produkte werden wegen ihrer guten Witterungsbestlndigkeit fur Schutzuberzuge, Kabelummantelungen, Weisswandreifen usw. verwendet.
164
5.2.5.
5.2. Poly(o1efin)e
Ethen-Copolymere
Ethen kann radikalisch oder durch Ubergangsmetall-Katalysatoren ausser rnit 1 -Buten, 1 -Hexen und 1-Octen auch mit verschiedenen anderen Monomeren copolymerisiert werden. Derartige Copolymerisationen setzen die Sequenzlange der CH2-BlBcke herab. Die Kristallisationsftihigkeit der Polymeren wird wie bei den mPE-LLD vermindert oder wie bei den elastomeren Poly(ethy1en)en (s. oben) sogar ganz aufgehoben.
Copolymere mit 1-Oletinen oder Dienen Die Copolymerisation von Ethen und einem grosseren Anteil Propen rnit dem Katalysator VC13/R2AlCI in Hcxan liefert sog. EPR-Kautschuke mit hervorragender Elastizitat und guter Licht- und Oxidationsbestandigkeit. Die EPR-Elastomeren sind nicht mit Naturkautschuk verschweissbar und daher keine Konkurrenz zum Poly(isopren), wohl aber zum Butylkautschuk und zum Poly(ch1oropren). Wegen der Abwesenheit von Doppelbindungen sind sie gut alterungsbestadig. Dieser Vorteil wurde aber mit dem Nachteil erkauft, dass fur EPR-Kautschuke ein spezielles, auf Ubenragungsreaktionen beruhcndes Vulkanisationsverfahren rnit Peroxiden entwickelt werden musste. Aus diesem Grunde werden aus Ethen, Propen und einigen Prozent eines Termonomeren mit Dien-Struktur sog. EPT-Kautschuke bzw. EPDM-Kautschuke hergestellt. Das Termonomer stellt die zur klassischen Schwefel-Vulkanisation benotigten Doppelbindungen bereit. Industriell wird hauptsachlich 5-Ethyliden-2-norbomen (ENB) vcrwendet, daneben auch einige andere Diene (Abb. 5-9).
em-Dicyclopentadien
5-Ethyliden-2-norbornen
(DCP)
@W
Methyl-endo-methylenhexahydronaphthalin (MEN)
\
endo-Dicyclopentadien (EDW
cis,cis-Cyclooctadien (COD)
1,4-Hexadien
(W
Abb. 5-9 Bei Ethen-Propen-Dienmonomer-Kautschuken (EPDM) bzw. Ethen-Propen-Termonomer-
Kautschuken (EPT)verwendete Termonomere. EPDM enthalt ca. 15 Doppelbindungen pro 1000 C-Atome, 1,4-cis-Poly(buladien) (BR) dagegen ca. 250 und 1,4-cis-Poly(isopren) (NR,IR) ca. 200. Em-Kautschukc sind daher vie1 widerstandsfahiger gegen Ozon als diese Poly(diene). Aus ENB enthaltenden EPDM-Kautschuken stellt man durch Sulfonieren auch thermoplastische Elastomere her (CSM, CSPR, CSR). Aus Acetanhydrid und konzentnerter Schwefelsaure wird dazu in situ Acetylsulfonat CH3COOS03H erzeugt. Das elektrophil angreifende Acetylsulfonat sulfoniert dann die eingebauten ENB-Gruppierungen:
165
5. Kohlenstoff-Ketten
Die Polymeren rnit freien Siuregmppen ltisen sich in Kohlenwasserstoffen. Sie bauen leicht unter Vemetzung ab. Ihre Metallsalze sind thermisch weit stabiler und vie1 zaher. Derartige Salze besitzen je nach Kation verschieden hohe Schmelzviskosititen. Zufugen von Zinkacetat erzeugt relativ niedrige Schmelzviskosititen, ohne dass die mechanische Festigkeit wesentlich emiedrigt wird. Dieser Effekt ist mtiglicherweise dadurch bedingt, dass SOgH-Gmppen durch weniger ionische Zn(S03)00CCH3-Gmppen ersetzt werden und/oder dass Ionendominen durch Zinkacetat weichgemacht werden. Die Polymeren stellen thermoplastische Elastomere dar. Die Copolymerisation von Ethen und grosseren Anteilen Dicyclopentadien durch Vanadiumtrisacetylacetonat/A1R3 als Katalysator fiihrt zu Polymeren rnit isolierten Doppelbindungen. Diese Polymeren oxidieren bei Zimmertemperatur zu vemetzten Filmen. Sie ktiMen rnit PhenoWormaldehyd-HaIzen verschnitten und vemetzt werden. Poly(ethy1en-co-norbornen)nimmt sehr wenig Wasser auf und hat ausgezeichnete optische Eigenschaften. Es wird als Bindemittel fiir Toner, als pharmazeutisches Verpackungsmittel sowie fur medizinische Gerate und Kapazitoren verwendet. Das Polymere setzte sich wegen der htiheren Kosten und der langsameren Zykluszeiten beim Pressen nicht f i r CDs durch, wird aber als Trager fur DVDs gepriift.
Copolymere mit Vinylmonomeren Ethen ist mit Vinylacetat (VAc) radikalisch zu Poly(ethy1en-co-viny1acetat)en (E/VA, EVA, EVAC) copolymerisierbar. Je nach dem gewunschtem Comonomergehalt werden verschiedene Ausgangskonzentrationen an VAc verwendet (Tab. 5-7). Copolymere mit mehr als 10 % Vinylacetat-Einheiten geben schrumpfbarc Folien, solche mit bis zu 30 % thermoplastische Kunststoffe und solche mit uber 40 % klarc Folien. Polymere mit noch htiherem Vinylacetat-Gehalt dienen als Elastomere, als Schmelz- oder Ltisungskleber oder als PVC-Modifikatoren. Sie ktinnen rnit Lauroylperoxid unter Zusatz von z.B. Triallylcyanurat vemetzt werden. Copolymere rnit (20-50) % Vinylacetat-Einheiten werden zu Poly(ethy1en-co-vinylalkohol)en verseift (EVAL). Die Produkte mit niedrigeren Gehalten an VinylalkoholEinheiten werden als Pulver fiir Beschichtungen in Wirbelbetten verwendet, diejenigen rnit htiheren als Barriere-Polymere fur Flaschen und andere Verpackungen, da sie recht undurchlissig fur Kohlendioxid und Sauerstoff sind. Tab. 5-7 Copolymerisation von Ethen rnit Vinylacetat bei Driicken p . VAc in Prozent 1 - 35 35 - 99 60 - 99
Stoffzustand
mse Usung in t-Butanol w%srige Emulsion
plMPa 100 10 0,l
-
200 40
20
166
5.2. Poly(o1efin)e
Durch Einleiten von Ethen in Losungen von N-Vinylcarbazol entsteht bei Temperaturen unter 70°C unter der Wirkung modifizierter Ziegler-Katalysatoren Poly(ethy1en-coN-vinylcarbazol). Diese Copolymeren eignen sich wegen ihrer hohen Glastemperaturen von ca. 140°C besonders gut fur elektrische Isolationen. Radikalisch erzeugte Poly(ethy1en-co-chlortrifluorethy1en)e (ECTFE) sind nicht brennbar und bis ca. 200°C thermisch stabil. Wegen ihrer hervorragenden chemischen Bestmdigkeit und ihrer guten mechanischen Eigenschaften werden sie fur medizinische Verpackungen, fur Kabelummantelungen und fur chemische Laborgerate verwendet.
Copolymere rnit Acrylverbindungen Copolymere aus Ethen, Acrylsauremethylester und einem kleinen Anteil von Acrylsaure (oder einem anderen carboxylgruppenhaltigen Monomeren) sind Elastomere, die mit Diaminen vemetzt werden konnen. Die Copolymeren sind wegen ihrer gesattigten Kohlenstoffkette hervorragend witterungsbestandig. Sie werden vor allem im Automobilsektor fur Schlauche, Dichtungen und Dampfungsmaterialien verwendet. Die radikalische Copolymerisation von Ethen mit Acrylsaure unter hohem Druck liefen stark vetzweigte EAA-Copolymere, die (3,520) % Acrylslurereste enthalten. Die anwesenden COOH-Gruppen fuhren zu ausgezeichneten Adhasionen zu Glas und Metallen, w2hrend die Methylen-Sequenzen fur eine gute Adhasion zu Poly(ethy1en) sorgen. Wegen der zwischen den COOH-Gruppen herrschenden intermolekularen Wasscrstoffbriicken sind sie physikalisch vemetzt. Aus EAA-Copolymeren werden z.B. zahe Vcrpackungsfolien bzw. Laminate rnit Aluminium-Folien hergestellt. Die aus radikalischen Copolymerisationen stammenden Copolymeren von Ethen rnit bis zu 15 % Methacrylsaure bilden ebenfalls zahe Filme. Die partielle Neutralisation der COOH-Gruppen der Poly(ethen-co-methacry1saure)n rnit Metallkationen wie z.B. Na+, Mg2+ usw. licfert sog. Ionomere. Einc Carboxylgruppe ist dabei von vielen Metallionen umgeben und umgekehrt; entscheidend f u r die Bindung ist die Koordinationszahl und nicht die Valenz. Die entstehenden Cluster wirken bei tieferen Temperaturen als Vernetzer. Da diese ionische Vemetzung statistisch erfolgt, konnen sich keine grosseren kristallinen Bereiche ausbilden. Die meisten Ionomeren sind daher transparent. Bei erhohten Temperaturen dissoziieren die ionischen Bindungen; die Polymeren konnen daher wie Thermoplaste verarbeitet werden. Wegen der polaren Gruppen haften diese Ionomeren gut auf verschiedenen Tragematerialien. Sie eignen sich besonders gut fur Extrusionsbeschichtungen,speziell, weil sie porenfreie Uberzuge bilden. Zu den Ionomeren werden noch cine Reihe anderer Polymerer gezahlt (Tab. 5-8). Tab. 5-8 Handelsublichc Ionomere. __
Handelsname Ausgangsmonomere Surlyn@ HYcaQ
Nafion@ FlemionO Hypalon@
- -
__
-
Nachbehandlung
CH2=CH2 + CH2=C(CH3)COOH Neutralisierung CH2=CHXH=CH2 + CH2=CHCOOH Neutralisierung CF2=CF2 + CF2=C(F)-O-[(CF(CF3)-CF2-0In-(CF2)2-S03H Neutralisierung CF2=CF2 + CF2=C(F)-[O-CF2-CF(CF3)]n-(CF2)n-COOH Neutralisierung CH2=CH2 Chlorosulfonierung CH2=CH2 + CHz=CH(CH3)+ Dien
5. Kohlenstoff-Ketten
5.2.6.
167
Poly(propy1en)e
Kapazitaten und Geschichte Poly(propy1en)e -kCH+2H(CH3)% (PP) sind wegen der leichten Zuganglichkeit des monomeren Propen, der guten mechanischen Eigenschaften der Poly(propy1en)e und der neuerdings moglichen Variabilitit der chemischen Struktur der Polymeren die am stirksten wachsende Gruppe von Poly( 1-0lefin)en. Propen (Propylen) CH2=CH(CH3) wird gemeinsam mit Ethen durch themisches Spalten geslttigter Kohlenwasserstoffe erhalten (Kap. 3). Die Rohstoffe sind in Westeuropa hauptsachlich Naphtha (7 1 %), Flussiggas (LPG) + Erdgasflussigkeit (NGL) (zusammen 17 %), sowie Gas61 (9 %) und Raffinieriegase (3 %) (Daten fiir 1995). In den USA dominieren dagegen LPG + NGL (zusammen 76 %), gefolgt von Naphtha (1 1 %), Gasdl (9 %) und Raffineriegasen (4 %). Einzelne Spaltanlagen verfugen nun uber Kapazitlten von 750 000 t/a Ethen und 450 000 t/a Propen. Die Weltkapazitlten betrugen ca. 88.106 t/a fur Ethen (1997) und 43.106 t/a fur Propen (1995). Die Weltproduktion von PP belief sich 2000 auf ca. 28.106 t/a. Vor 50 Jahren war nur die zu niedemolekularen Olen fuhrende radikalische Polymerisation von Propen zu verzweigten, "ataktischen" Molekulen bekannt. Zwischen 1951 und 1954 erhielten jedoch vier Forschergruppen unabhangig voneinander kristalline Poly(propylen)e, und zwar J.P.Hogan und R.L.Banks (Phillips Petroleum) sowie A.Zletz (Standard Oil of Indiana) durch Polymerisation von Propen mit tragergestutzten Metalloxiden und G.Natta, P.Pino und G.Mazzanti (fur Montecatini) sowie W.N.Baxter, N.G.Merkling, 1.M.Robinson und G.S.Stamatoff (DuPont) durch Polymerisationen rnit Organometall-Katalysatoren. Nach 22 Jahre (1958-1980) wlhrenden Patentstreitigkeiten entschied das zustiindige US-Bundesgericht, dass Hogan und Banks als Erste alle patentrechtlichen Bedingungen fur ein Stoffpatent erfullten. Alle anderen Streitparteien wurden Lizenznehmer fur das Phillips-Stoffpatent ("composition of matter"), nicht jedoch fur die jeweiligen Verfahren ("process"). Im Jahre 1982 publiziene dann die Gruppe von H.Brintzinger die Synthcse von chiralen Metallocenen mit C2-Symmetrie. Diese Metallocene, zusammen mit den von H.Sinn und W.Kaminsky im Jahre 1980 beschriebenen Aluminoxanen als Aktivatoren, ldsten einen Innovationsschub fiir die Synthese neuartiger Poly(propy1en)e aus (Band I). Von der Gruppe um J.A.Ewen wurden rnit diesen Katalysatoren in der Folge ausser isotaktischen Poly(propy1en)en (1984) auch syndiotaktische Poly(propy1en)e erhalten. Je nach Katalysator ergeben sich auch isotaktische Blockpolymere, hemi-isotaktische oder ataktische Polymere und viele Typcn rnit vcrschiedenen Konfigurationsstatistiken. Im Handel sind jetzt weltweit uber 7000 Typen.
Poly(propy1en)e durch Ubergangsmetall-Katalysatoren Die klassischen, rnit Metalloxiden bzw. Ubergangsmetall-Katalysatoren arbeitenden Verfahren fur die Polymerisation von Ethen (Tab. 5-5) liefem beim Propen isotaktische Poly(propy1en)e rnit mehr oder weniger starken Anteilen "ataktischer" Fraktionen. Die Katalysatoren der sog. ersten Generation der Ziegler-Katalysatoren bestandcn aus TiCld/(C~H5)3Al,aus dem sich in situ durch Austauschreaktionen das aktive y-TiClj in kleiner Menge bildete. Die nur geringe Katalysatorproduktivitat wurde durch Zusatz von
168
5.2. Poly(o1efin)e
Tab. 5-9 Ziegler-Verfahren fiir Poly(propy1en)e. Katalysatorausbeute = Masse produziertes Poly(propylen) pro Masse eingesetzten Katalysators. KatalysatorproduktivitAt (in h-I) = Katalysatorausbeute pro Zeit. a) In hoheren Kohlenwasserstoffen; b, gasformig im Wirbelbett in Propen; auch im vereinfachten Suspensionsverfahren; d, auch in M a s s oder im vereinfachten Suspensionsverfahren. GeneraPolymerisationsbedingungen tion Phase xp p/MPa TPC 1 2 2 3 4
Suspension a) Suspension b, Masse Masse c, Gasphased)
0,20 0.39 0,85 0,90
1,O 1,4 2.2 2.9
77 65 54 80
Katalysator Ausbeute ProduktivitAt 1000 70000 90 000 4500
Isotaktizitatsindexin %
500 - 1000 3000- 6000
83 - 93 94 - 97
12000-30000 12000 - 30000
96 - 99 96 - 99
Elektronendonatoren (z.B. Amine) erhoht (vgl. Tab. 5-9). Bei diesem ersten ZieglerNatta-Verfahren fie1 das erwunschte isotaktische Poly(propy1en) aus. Daneben entstand bis zu 15 % unerwunschtes ataktisches Poly(propylen), das in den hoheren Kohlenwasserstoffen gelost blieb. Wie bei der entsprechenden Poly(ethy1en)-Synthese wurde anschliessend der Katalysator zerstdrt. Isotaktische Poly(propy1en)ewerden technisch durch ihren IsotaktizitAtsindexcharakterisiert. Dieser Index gibt den Prozentanteil an in siedendem Xylol unloslichen Polymeren an. Er ist kein Mass fur die IsotaktizitAt (gemessen als Anteil an isotaktischen Diaden, Triaden usw.), sondern im Wesentlichen ein Mass fur die Morphologie des Polymeren. Bei den Katalysatoren der zweiten Generation wird z.B. Tic14 mit Et2AICl zu Tic13 reduziert. Das dabei entstehende EtAlC12 kann rnit Tic13 komplexieren und so aktive Zentren eliminieren. Es wird daher durch Extraktion rnit Ethem oder Thioethem entfemt. Das Reaktionsprodukt wird erneut rnit Tic14 versetzt, worauf der eigentliche Katalysator rnit der Zusammensetzung 6-TiC13.AI(Et,C13_,),C, entsteht, wobei C ein Komplexierungsmittel ist (Elektronendonatoren wie z.B. Ether, Ester, Amine). In der Regel gilt 0 I n 2 2, x < 0,3 und 0,009 < y < 0 , l l . Die Katalysatorausbeute ist bei diesen Katalysatoren so hoch, dass nach der Polymerisation keine Katalysatorreste mehr entfemt werden mussen. Bei den meisten Verfahren ist auch der Anteil an ataktischen Poly(propy1en)en vemachlassigbar klein. Die Propen-Katalysatoren der sog. dritten Generation verwcnden irregulare Pulver aus MgC12 oder Mg(0H)Cl als Trager und Komplexierungsmittel. Die Prozessfuhrung ist ahnlich wie bei der Gasphasen-Polymerisation von Ethen (Abb. 5 - 8 ) , wobei ausser vertikalen auch horizontale Wirbelschicht-Rcaktoren verwendet werden.
Auf MgC12-Oberflachen
komplexiertes TiCI,
Die vierte Generation benutzt als Trager Partikel mit kontrollier- und einstcllbarer Grosse. Das MgC12 wird dazu durch die Rcaktion von Magnesiumalkylen rnit z.B. Sic14 auf der Oberflache von z.B. getrockneten Kieselsaure-Partikeln erzeugt. Anschlicssend werden die Partikel rnit T i c 4 und Elektronendonatoren behandelt.
5. Ko hlenstoff-Ketten
169
Die so erzeugten Katalysatorpartikel wirken als eine Art von “Mikroreaktoren”. Die von ihnen erzeugten kugelfmnigen Poly(propy1en)-Partikel sind nur schwach kristallin und verbrauchen daher beim Aufschmelzen in Extrudem usw. nur wenig Energie. Die Schmelzen kristallisieren jedoch wegen der hohen Isotaktizitit der Poly(propy1en)-Ketten sehr schnell zu hochkristallinen Polymeren. Hoch-isotaktisches Poly(propy1en) kristallisiert in Form einer 31 -Helix und weist durch die dadurch erzeugte kompaktere Kettenkonformation eine hiihere Schrnelztemperatur (ca. 176°C) und eine grossere Zugfestigkeit als das in Zickzack-Form kristallisierende Poly(ethy1en) auf. Diese Eigenschaften beRhigen Poly(pmpylen), teilweise in das Gebiet der Metalle einzudringen. Vorteilhaft ist auch seine sehr niedrige Dichte von (0,85-0,92) g/cm3. Nachteilig sind seine geringere KQtebestindigkeit (TG = -18OC) und seine relativ hohe SprCidigkeit (Tab. 5-10). Tab. 5-10 Mittlere Eigenschaften von isotaktischem Poly(propy1en) (it-PP), isotaktischem Poly( 1buten) (it-PB) und isotaktischem Poly(4-methyl-1-penten) (it-P4MP) im Vergleich zu Poly(ethy1en) hoher Dichte (PE-HD) bei 23OC. kB = kein Bruch. Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte g/cm3 Brechungsindex 1 Schmelztemperatur (DSC) “c Wiinnestandfestigkeit (1,8 MPa) “c Vicat-Tempexatur B “c Glastemperatur (DSC) “c Dauerstandtemperatur(Kurzzeit) “c (Langzeit) “c Linearer therm. Ausdehnungskoeff. K-I WWneleifhigkeit (20°C) W m-l K-I Zugmodul MPa Biegemodul MPa Streckspannung MPa Zugfestigkeit (Bmch) MPa % Streckdehnung Reissdehnung % Schlamigkeit (Izod) Jlm (Charpy) kJ/m2 Kerbschlagfiigkeit (Izod,3.1 mm) J/m (CharpY) kJ/m2 H&te (Shore D) Rockwell-mte (L) (R) Kugelfallhilrte Relative Permittivittit 1 OberfUchenwiderstand R Durchgangswiderstand R cm Durchschlagfestigkeit kV/mm 1 Dielektrischer Verlustfaktor (50 Hz) % Wasserabsorption (96 h)
PE HD
PP it
0.94-0.96
0.91-0,94
< 135
160-165
60-65 -123 90-120 70-80 2.1v 0,4-0,5 60-290 18-32 10-60
kB 21-210 6kB
130 -( 13-35)
140 100 1,l.10-4 0,12-0,22 1400 30-35 30
PB it
P4 MP it
0,86-0.91 0,83-0,84 1,51 1.46 230-240 126 41-48 54-60 179 108-113 29-40 433-38) 1,3.10-4 0,22 210-260 310-370 12-17 31-37 24 280-380
1,2.10-4 0,17 1100-2000 770- 1800 23-28 17-28
kB
16-64
55-65 80-90
67-74
2,52
2,12
10’6
10‘6
0,0005 < 0,03
0,o 1
10-50
27 20 4 74 90
= 50
2,4 10’3 1016 > 700 0,0003 < 0,05
2,2-2,3 1013 10’6 2400 0,0005
170
5.2. Poly(o1efin)e
Verbesserte Eigenschaften werden durch Copolymere oder Blends erzielt. Derartige Poly(propy1en)e machen einen grossen Teil der technischen "Poly(propy1en)e" aus. Auf dem Markt sind statistische Copolymere des Propens rnit weniger als 8 % Ethen sowie statistische Terpolymere rnit weniger als 12 % Ethen und 1-Buten. Die sog. Propylen-Blockcopolymeren mit Ethen werden z.B. so hergestellt, dass man Propylen zu 90 % homopolymerisiert, dann Ethen zufugt und anschliessend weiter copolymerisiert. Wegen der schnellen Kettenubertragung entsteht ein Blend aus it-Poly(propylen), Poly(propy1en-co-ethylen)und Poly(ethylen), also eine heterophasische Mischung aus Homo- und Copolymeren und nicht ein Blockcopolymer. Die sog. schlagfesten Poly(propy1en)e sind dagegen Blends aus it-PP rnit etwas EPDM. Hohere EPDM-Anteile fuhren zu den sog. thermoplastischen Poly(o1efin)-Elastomeren (TPO). Sie enthalten entweder (60-65) % EPDM und it-PP rnit hohen Schmelzindices (niedrigen Molmassen) oder weniger EPDM und htihermolekulare it-PP. Elastomere Poly(propy1en)e sind Poly(propy1en)e mit Blocken aus verschicdenen Stereoisomeren. Sie entstehen durch Polymerisation von Propen mit verschiedenen Katalysatoren, z.B. V(O)C12(0CH2Si(CH3)3-AIR3, Tic14 rnit MgC12 als Trager, ZrR4 rnit A1203 als Trager oder Zirkonocenen plus MAO.
Metallocen-Poly(propylen)e Metallocen-Poly(propy1en)e (mPP) entstehen durch die Polymerisation von Propen mit Metallocen-Katalysatoren rnit Methylaluminoxanen (MAO) als Cokatalysator. Als Metallocene werden dabei Verbindungen dcfiniert, bei denen das Ubergangsmetall rnit zwei Cyclopentadienyl-Resten koordiniert ist (Abb. 5-10). Anders als bei Ziegler-Katalysatoren besitzcn alle aktiven Zentren die gleiche Struktur (E: single-site catalysts). Die Polymerisation kann homogen odcr tragergebunden an spharischen Kieselgelen, Zeolithen odcr sogar Poly(styro1) erfolgen. Heterogene Systeme sind preiswerter, da sie pro Metallocen nur ca. 100 Aquivalente M A 0 benotigen, wahrend homogene Systeme ca. 1000-20 000 Aquivalente erfordem. Heterogene Systeme erlauben auch cine sehr gute Kontrolle der Morphologie der Poly(propy1en)e. Solche Systeme konnen in bestehenden grosstechnischen Anlagen die bislang venvendeten Ziegler-Katalysatoren crsetZen (E: drop-in technology).
isotaktisch
isotaktisch rnit Kettenfehler
syndiotaktisch
hcmi-isotaktisch
Abb. 5-10 Einige Metallocen-Katalysatoren und die von ihnen erzeugten Poly(propy1en)e (jcwcils in
Fischcr-Projektion).
171
5. Kohlenstoff-Ketten
Ataktische Poly(propy1en)e "Ataktische" Poly(propy1ene) (at-PP) wurden urspriinglich als wertlose Nebenprodukte der Propen-Polymerisation mit Katalysatoren der ersten Generation angesehen (2 % bis 15 %!) und entweder verbrannt oder auf Deponien gekippt. Ihre Molekule sind nicht eigentlich ataktisch, sondern hochverzweigt und niedermolekular mit vielen Kopf-KopfVerknupfungen und damit nicht kristallisierend. Wegen ihren Eigenschaften (Tab. 5-1 1) werden sie fur Mischungen mit Bitumen, als Klebstoffe, bei Teppichbeschichtungen, zum Laminieren von Papier und fur viele andere Zwecke verwendet. Da bei den neueren Poly(propy1en)-Verfahren keine ataktischen PP mehr anfallen, werden niedennolekulare ataktische Poly(propy1en)e wegen des grossen Bedarfs (USA: > 60 000 t/a) jetzt synthetisch hergestellt. Hochmolekulare ataktische Poly(propy1en)e werden auf ihre Eignung als Elastomere und in Blends mit it-Poly(propy1en) gepriift. Ideal ataktische Poly(propy1en)e erhPlt man durch Hydrieren des aus 2-Methyl- 1,3pentadien CH2=C(CH3)-CH=CH-CH3 prim& entstehenden Poly(2-methyl- 1,3-pentadizu tCH2-CH(CH3)-CH2-CH(CH3)*. en)s -f-CH2-C(CH3)=CH-CH(CH3)f;;
Syndiotaktische Poly(propy1en)e Verschiedene Ziegler-Katalysatoren auf Vanadium-Basis fuhren bei tiefen Temperaturen zu uberwiegend syndiotaktischen Poly(propy1en)en (st-PP; sPP). Mit VCI&t2AlCl wurde z.B. bei -78°C ein Poly(pmpy1en) mit 88 % syndiotaktischen Diaden, 76 % syndiotaktischen Triaden und 2.1 mol-% regioirregularen Verknupfungen erhalten. Syndiotaktische Poly(propy1en)e mit grtisseren Anteilen an syndiotaktischen Diaden entstehen bei der Polymerisation von Propen mit Zr- oder Hf-haltigen Metallocenen. Diese st-PP sind hochtransparent und ausgezeichnet hitzebestindig. Die Dichte der rhombischen st-PP-Modifikation (p = 0,898 s/cm3) ist kleiner als die Dichte der monoklinen it-PP-Modifikation ( p = 0,938 g/cm3). Auch die Schmelztemperatur (ca. 160°C) ist tiefer als diejenige des it-PP (ca. 184OC). Die Glastemperatur des st-PP (TG = -8OC) ist praktisch mit derjenigen des ataktischen PP (TG = -1OOC) identisch. Tab. 5-11 Eigenschaften ataktischer Poly(propy1en)e aus Ziegler-Natta-Polymerisationen(Nebenprodukt mit M, = 29 OOO) bzw. aus Metallocen-Polymeristionen (M,= 200 OOO, 490 OOO), eines Stereoblock-Poly(propy1en)s (elastomeres PP, e-PP) und eines st-PP mit 96,5 % st-Pentaden. a) Extrapoliert auf 100 % Syndiotaktizitilt. Eigenschaft
Dichte-
mw/ M , Schmelztemperatur (DSC) Glastemperatur (DSC) Zugmodul Biegemodul Zugfestigkeit (Bruch) Streckdehnung Reissdehnung HiWe (Shore A)
Physikalische Einheit g/cm3 1
T T T MPa MPa MPa % %
at-PP 29000 0,863 =6
at-PP
at-PP
e-PP
200000 490000 0,861 = 3,3
-5
st-PP
x,,,, = 0,965 0,88
0,855 = 2,3
50-66
148 217 a)
23-28
210 760 180
> 1000 11-96
- 13
10 10
8 8
1
1
5 5 2
110
1400 50
2000 55
5-15
11
67
180
172
5.2. Poly(o1efin)e
Copolymere rnit Kohlenmonoxid Die mil einem modifizienen Palladium-Katalysator ausgefuhrte Ziegler-Natta-Copolymerisation von Propen und Kohlenmonoxid fuhrt exklusiv zu einem Poly[spiro2,5-(3-methyltetrahydrofuran)] (I). Dieses Polymcre wird beim Erhitzen oder Losen in einem LBsungsmittel in das Poly( 1-oxo-2-methyltrimethylen) (11) umgewandelt, wclches das hypothetische Copolymere aus Propcn und Kohlenmonoxid darstellt:
5.2.7.
Poly(1-buten)
I-Buten CHz=CH(CH2CH3) fallt beim Cracken von ErdG1 als Nebenprodukt an. Die Polymerisation mit klassischen Ziegler-Katalysatorcn fuhrt wie beim Propylen zu einer Mischung von isotaktischen und ataktischen Polymeren, von denen die letztercn cxtraktiv entfemt werden. Altemativ kann man auch von Mischungen aus cis- und trans-2-Buten als Monomeren ausgehen, die beide rnit gewissen Katalysatorsystemen vor der Polymerisation zu Buten-l isomerisiert werden. Isotaktisches Poly( I-buten) (PB) wird wegen seiner hohcn Reissfestigkeit und sciner grossen Spannungsrissbestandigkeit fur Rohre und Verpackungsfolien verwendcl (Eigenschaften s. Tab. 5-12). Ataktisches Poly( I-buten) (APB) wird meist durch direkte Polymerisation erzeugt; es dient als Schmelzklebcr. Syndiotaktisches Poly( 1 -buten) entsteht durch Hydrieren von 1,2-Poly(butadien); cs wird nicht technisch venvendet.
5.2.8.
Poly(4-methyl-1-penten)
4-Methyl- 1-penten CHz=CH(CH2CH(CH3)2) gcwinnt man durch Dimerisieren von Propen bei ca. 160°C in Gegenwart von Alkalimetallen auf Graphit oder von Alkalimetallalkylen. Durch Polymerisation rnit Zicgler-Katalysatoren entstehen isotaktischc Polymere (P4MP, PMP) rnit der sehr geringen Dichte von ca. 0,83 g/cm3 (Tab. 5-12). Die Polymeren weisen Rontgenkristallinitatcn von (40-65) % auf. Sic sind abcr trotzdem glasklar, weil die Brechungsindices dcr kristallincn und amorphcn Bczirke praktisch gleich gross sind. Die Klarheit wird oft durch kleine Anteile anderer a-Olefin-Einheiten gesteigcrt. Beim Spritzgiessen entstehen wegen dcr unterschicdlichen Ausdehnungskoeffizienten Lunker; solche Teile sind gewohnlich milchig. Die Glastemperatur liegt bei 40°C. Da aber die Formbestandigkcitstcmperatur 179°C betragt (Schmelztemperatur ca. 240°C), konnen die Polymeren sterilisiert und im Dauerbetrieb bis 170°C verwendct wcrden. Dcr thermische Ausdchnungskocffizienl ahnelt demjenigen des Wassers; P4MP eignet sich deshalb fiir graduierte Laborgerate fur wassrige Losungen. Wegen der hohen Saucrstoff- und Kohlendioxid-Durchlassigkcitcn dienen P4MP-Folien auch zum Verpacken von frischcm Obst und Gemuse.
173
5 . Kohlenstoff-Ketten
Tab. 5-12 Eigenschaften von Poly(1-o1efin)en: PB = Poly(1-buten),PHE = Poly(1-hexen), P4MP = Poly(4-methyl-1-penten), PIB = Poly(isobuten). Eigenschaft
Dichte Brechungsindex Schmelztemperatur @SC) Wmestandfestigkeit (1.82 MPa) Vicat-TemperaturB Glastemperatur (DSC) Linearer therm. Ausdehnungskoeff. Wheleifdhigkeit (20°C) Zugmodul Biegemodul Streckspannung Zugfestigkeit (Bruch) Biegefestigkeit Streckgrenze Reissdehnung Kerbschlag&igkeit (Izod, 3,l mm) HSLrte (Shore D) H&e (Rockwell) Relative Permittiviat Durchgangswiderstand (2 min) Durchschlagfestigkeit Dielektrischer Verlustfaktor (100 Hz) Wasserabsorption (24 h) (Gleichgewicht)
5.2.9.
Physikalische Einheit
it-PB
it-PHE
it-P4MP
PIB
g/cm3
0,91
0.83
0,92
140 57 110 -20 1.3.10-4 0,22 260 350 17 34 14-16 24 340 kB 60 D60 2.53 > 10-16 18-40 0,0005 < 0.03
-5 5
0,83 1,463 240 41 179 40 1,2.10-4 0.17 1800 < 1800
1 “c “c “c “c K-1
W m-l K-l MPa MPa MPa MPa MPa % %
J/m
1 n cm kV/mm 1 % %
2 -70
1,2.10-4 0,50 0,5-50 2000
25
18 25-42
0,5-50
10-50 100-200
1000
170
2.12 > 10-16 54 0,000006
2.3
10-15 0,004
0,01
Hohere Poly(a-o1efin)e
Homopolymere htiherer a-Olefine +CHz-CH((CH2)iH)f, werden wegen ihrer ungenugenden Eigenschaften nicht technisch hergestellt. Die Schmelztemperaturen laufen n2mlich mit zunehmender Lange der Seitenketten bei i = 4 bei -55°C durch ein Minimum und steigen erst dann langsam wieder an: 17°C (i = 5 ) , 5°C (i = 6). 19°C (i = 7), 34°C (i = 8), 36°C (i = 9). 45°C (i = 10) usw. bis 80°C (i = 16). Dagegen sind verschiedene Copolymere des 1-Hexens bekannt. 1-Hexen wird z.B. mit mindestens 15 % eines Gemisches aus 4-und 5-Methyl-l,4-hexadien durch ZieglerKatalysatoren (z.B. aus a-Tic13 + (C2Hg)3A1) copolymerisiert. Dieses Monomerengemisch aus CH2=CH-CH2-CH=C(CH3)-CH3 und CH2=CH-CH2-C(CH3)=CH-CH3 fallt bei der Metathese von Ethen mit Isopren an. Die erhaltenen Poly[(l-hexen)-co-[(4/5)methyl-1,4-hexadienle sind Spezial-Elastomere mit hoher Dauerermiidungsfestigkeit. Sie werden z.B. fur Diaphragmen von Membranpumpen in Kunstherzen verwendct. Aus 1-Octadecen C H ~ = C H ( ( C H ~ ) I ~und H ) Maleinsaureanhydrid entsteht durch radikalische Polymerisation ein alternierendes Copolymeres. Das sog. Polyanhydrid-Harz wurde fur verschiedene Anwendungen von Trennmitteln uber Verdicker bis zu Klebstoffen und Harter vorgeschlagen.
174
5.2.10.
5 . 2 . Poly(o1efin)e
Poly(isobuty1en)
Isobuten (Isobutylen) CH2=C(CH3)2 wird uberwiegend aus Crackgasen gewonnen; die Dehydratisierung von t-Butanol wird nicht mehr ausgefiihrt. Isobuten wird industriell zu verschiedenen Homo- und Copolymeren umgesetzt. Man unterscheidet Poly(buten)e, Poly(isobuty1en)e und Butylkautschuke. Alle diese Oligound Polymeren entstehen durch kationische Polymerisationen rnit BF3/H20. Als Poly(buten)e werden technisch diejcnigen statistischen Copolymeren bezeichnet, die durch Polymerisation der Isobuten/Butcn-Fraktion des C4-Stromes der Raffinerien entstehen. Diese niedermolekularen Copolymeren sind viskose Flussigkeiten. Poly(isobuten)e bzw. Poly(isobuty1en)e (PIB) sind dagegen Homopolymere des Isobutens. Sie bilden je nach Molmasse flussige Oligomere bis hochzahe Kautschuke. Bei der technischen Polymerisation zu Poly(isobuty1en)en wird z.B. Isobuten unter CH2=C(CH3)-CH2--C(CH3)3 Zusatz von etwas Diisobuten (2,4,4-Trimethyl-l-penten) verflussigt, rnit der gleichen Menge flussigen Ethens vermischt und anschliessend bei -80°C rnit BF3/H20 kationisch polymerisiert. Das Diisobuten wirkt als Kettenubertrdger und reguliert so die Molmasse. Ethen polymerisiert unter dicsen Bedingungen nicht. Es fuhrt vielmehr durch sein Verdampfen die Polymerisationswarme ab. Poly(isobuty1en) PIB kristallisiert erst unter Zugspannung. Wegen seiner geringen Kristallinitat, den nur schwachen zwischenmolekularen Kraften und der niedrigen Glastemperatur von -70°C ist es daher ein Kautschuk (Tab. 5-12), der bei geeigneter Vemctzung zum Elastomercn wird. Niedermolekulare PIB werden als Klebstoffe oder Viskositatsverbesserer verwendet, hdhermolekulare als Kautschukzusatze odcr fur sehr luftundurchlissige Schlauche. Der kalte Fluss kann durch Zusatz von Poly(ethy1en) beseitigt werden. Fur den Bauten- und Korrosionsschutz werden modifizierte Polymere verwendet, z.B. Copolymerc von Isobuten rnit ca. 10 % Styrol. Fur diese Venvendung werden die Abdeckfolicn meist rnit Russ oder Graphit gefullt. Fuhrt man die Polymerisation des Isobutens unter Zusatz von Allylchlorid aus, so entstehen allyl-telechelische PIB CH2=CH-CH2CHyC(CH3)2- ...- C H y C H = C H 2 . Diese Oligomeren werden wegen ihrer vernetzbaren Endgruppen als Dichtungsmasse (E: sealant) verwendet. Butylkautschuke (E: butyl rubbers, IIR) sind dagegen Copolymere von Isobuten rnit (0,5-2,5) Gew.-% Isopren bzw. dercn Halogenierungsprodukte. Sie werden durch die Copolymerisation von Isobuten rnit ca. 2 % Isopren in siedendem Ethen unter dcr Wirkung von AlC13/CH3Cl im Slurry-Verfahren bei -90°C erhalten. Butylkautschuke konnen wegen dcr Doppelbindungen enthaltenden Isoprcn-Einheiten -CHZ-C(CH~)=CH-CH~- konventioncll mit Schwefel vulkanisiert werden. Dic so entstehenden Elastomeren sind gut witterungsbestandig, da der Anteil an Doppelbindungen pro Kette sehr gering ist. Da Butylkautschuke auch wenig luftdurchlassig sind, werden sie z.B. fur die inneren Gummischlauchc (E: inner tubes) von Fahrzeugreifen verwendet. Schneller vulkanisierende Butylkautschuke erhalt man durch Chlorieren oder Bromieren. Die Halogenierung lauft vermutlich ionisch ab. Das Halogen, z.B. Brom, lagert sich an die Doppelbindung an. Das dabci entstehendc Methylcarbeniumkation spaltet ein Proton ab, so dass das Brom allylstandig wird:
175
5 . Kohlenstoff-Ketten
(5-10)
Chloriene Butylkautschuke werden als Innenauskleidungen schlauchloser Reifen verwendet (E: inner liners of tubeless tires). Fur den gleichen Zweck dienen auch bromierte Terpolymere aus Isobuten, Isopren und kleinen Anteilen an p-Methylstyrol. Die Weltkapazitat fur Chlor- und Brombutyl-Elastomere betragt ca. 400 000 t/a. Die Dehydrohalogenierung der Halogenisopren-Reste I der halogenierten Butylkautschuke liefert -CHpC(=CH2)-CH=CH- und -CH=C(CH3)-CH=CH-, d.h. Einheiten mit konjugierten Doppelbindungen. Derartige Polymere wurden fur Beschichtungen vorgeschlagen. Isobutylen ist mit Maleinsaureanhydrid radikalisch copolymerisierbar. Die RedoxPolymerisation von Isobutylen und Maleinsaureanhydrid fuhn zum sog. Poly(isobutenylbemsteinsaureanhydrid), das sowohl als Rostinhibitor als auch als HPrter fur Epoxidharze verwendet wird.
Po 1y (d ien) e
5.3.
5.3.1. Ubersicht Die Polymerisation konjugierter 1.3-Diene CH2=CR-CH=CH2 (Butadien: R = H; Isopren: R = CH3; Chloropren: R = C1; usw.) liefert Poly(dien)e. Die Polymerisation verlluft dabei entweder uber beide Doppelbindungen zu 1,4-Poly(dien)en mit der Struktur +CH2-CR=CH-CH2f, oder uber nur eine Doppelbindung zu 1,2-Poly(dien)en mit der Struktur fCH2-CR(CH=CH2)t, bzw. 3,4-Poly(dien)en +CH2-CH(CR=CH2)f,. Die Grundbausteine ktinnen femer verschiedene Konfigurationen besitzen. 1,4-DienEinheiten treten in 1,4-cis- und/oder 1,4-trans-Konfigurationen auf. Die 1,2- und 3,4Dien-Diaden ktinnen wiederum iso- und/oder syndiotaktische Konfigurationen aufweisen. Alle konstitutionellen und konfigurativen Einheiten ktinnen zudem verschieden verteilt sein, z.B. statistisch oder in Bliicken.
*C\H2
,CH2*
c-c,
/C-c,
/
R
,H
-c\H2
H
1.4-cis
R
CH, 1,4-Uan~
-
*CH2
R I
-C *
I
H *CHZ-C*
C =CH, H 1.2 (it, st)
I
I C = CH,
R' 3.4 (R
#
(it, st)
H)
176
5.3. Poly(dien)e
Tab. 5-13 Struktur verschiedener technischer Poly(dien)e. na = Nicht anwendbar, ? = keine Angabe. Polymerisation Monomere Butadien
Butadien/Styrol
Isopren Chloropren
Initiator Natrium Lithiumbutyl Lithiumethyl Lithiumethyl Lithiumethyl Lithiumethyl Titan-Vbdg. Alfin Radikalisch Radikalisch Lithiumbutyl Lithiumbutyl Lithiumbutyl Radikalisch
Medium
Hexan Tetrahydrofuran THF/Benzol Benzol/hiethylamin Toluol ?
LUsung Emulsion, 5°C Emulsion, 70°C Diglyme Triethylamin Losung
1.4-cis
Struktur in % 1.4-trans 1.2
3.4 na na na na na na na na na na na na 7 1
10 38 0 13 23 44 95 20 13 21
25 53 9 13 40 41 3 80 70 59
? ?
? ?
65 9 91 74 37 9 2 0 17 20 90 20
93 11
0 86
0 2
Je nach Dien, Initiator, Temperatur und Losungsmittel werden aus einem 1,3-Dien verschiedene Monomereinheiten in wechselnden Anleilen (Tab. 5-1 3) und die 1.2- und 3P-Strukturen (Vinylstrukturen) auch in verschieden konfigurierten Diaden erhalten. Die Poly(dien)e mit nahezu 100 % cis-l,4-Strukturen sowie Poly(dien)e mit statistischen Anteilen an cis-1,4-, trans-1,4-, 1,2- und 3P-Strukturen sind Kautschuke. Sie werden nach der Vemetzung (Vulkanisation) zu Elastomeren. Zu ihnen gehort z.B. der Naturkautschuk und die wichtigsten synthetischen Kautschuke (z.B. aus Butadien, Butadienbtyrol oder Chloropren). Poly(dien)e mit nahezu 100 % trans-1 A-, 1,2- und 3,4Strukturen sind dagegen thermoplastische Kunststoffe. Poly(dien)e werden industriell abweichend von den iiblichen Gepflogenheiten weder nach den Monomeren selbst (z.B. Vinylchlorid -+ Poly(vinylch1orid)) noch nach der Konstitution des Polymeren benannt (z.B. Vinylchlorid + Poly( I-chlorethylen)), sondem nach der Konstitution der polymerisicrtcn Monomereinheiten. Aus dem 1,3-Butadien entsteht somit bei der Polymerisation iiber beide Doppelbindungen das 1,4-Poly(butadien), bei der Polymerisation iiber eine Doppelbindung das 1,2-Poly(butadien). Die Poly(dien)e sind also der Struktur nach Poly(a1ken)e. Zu den Poly(a1ken)en gehoren eigentlich auch die sog. Poly(alkenamcr)en, die durch Metathese-Polyrnerisalion von Cycloolefinen entstehen (Kap. 5.4). Dcr Vollstandigkeit halber werden irn Kap. 5.4.7 femer die durch Polymerisation von Acetylen-Verbindungen erhaltenen Polyrneren abgehandelt.
5.3.2.
Poly(butadien)e
Butadien gewinnt man technisch beim Cracken von Naphtha, Gasol oder Butan als Nebenprodukt aus dem C4-Schnitt, aus Raffinerien beim Gewinnen von Treibstoff oder durch Dehydrieren oder oxidatives Dehydrieren von Butan oder Buten. Altere, vom Ethanol oder vom Acetylen ausgehende Verfahren sind jetzt unwirtschaftlich. Die Herstellungskapazitat an Butadien betragt weltwcit ca. 8,5.106 t/a.
177
5 . Kohlenstoff-Ketten
Anionische Polymerisationen Das llteste, jetzt nicht mehr ausgefuhrte Verfahren zur Polymerisation von Butadien arbeitete mit Dispersionen von Natrium in Kohlenwasserstoffen als Initiatoren. Die so erzeugten Butadien-Natrium-Polymerisate(Buna) stellten wegen ihres hohen Gehaltes an 1,2-Strukturen keine guten Elastomeren dar, so dass ihre Produktion in Deutschland schon im Jahre 1939 eingestellt wurde. Sie wurden durch die weiter unten beschriebenen radikalischen Copolymeren von Butadien mit Styrol oder Acrylnitril abgeliist. Die anionische Polymerisation von Butadien wurde erst nach Einfuhrung der ZieglerKatalysatoren emeut technisch studiert. Das im C4-Schnitt der Naphtha-Crackung in Konzentrationen von (30-65) % vorliegende Butadien kann direkt ohne weiteres Aufbereiten durch Lithiumbutyl polymerisiert werden und liefert dann BR-Kautschuke (BR) mit einem mittleren cis-Gehalt von 40 % (50 % trans, 10 % Vinyl). Cobalt- und Neodym-Katalysatoren fuhren dagegen zu Butadienkautschuken mit mindestens 96 % cis1,4-Gehalten. Durch Zugabe von Lewis-Basen als Isomerisierungsmittel (E: randomizers) zu BuLi erhilt man Vinyl-Poly(butadien)e (VBR) mit verschiedenen 1,2-Anteilen, z.B. 90 % rnit Diethylenglycolmethylether (Diglyme), 60 % mit Tetrahydrofuran, 4 0 % mit Diethylether, 70 % mit Tetramethylendiamin und 20 % mit Triethylamin. Diese Polymeren weisen lhnliche Eigenschaften wie die in grossem Ausmass verwendeten SBR-Copolymeren von Butadien und Styrol auf. Da die SBR wegen des hohen Styrol-Preises teurer geworden sind, kdnnen sie in vielen FQlen durch 1,4/1,2-Poly(butadien)e ersetzt werden. Poly(butadien)e niedriger Molmasse sind BR-Flussigkautschuke. Sie werden durch Polymerisation des Butadiens rnit hohen Initiatorkonzentrationen erhalten. Lithiumalkyle in Kohlenwasserstoffen (KW) fuhren zu Vinylgehalten von (10-20) %, Natriumalkyle in KW zu (30-70) % und Natriummetall in KW rnit etwas Tetrahydrofuran bei tiefen Temperaturen zu ca. 90 %. Die hohen Initiatorkosten kiinnen vermieden werden, wenn dem Polymerisationsansatz Kettenubertrager ("Telegene") zugesetzt werden. Solche Telegene fuhren zu Transmetallierungen, z.B. nach ( 5 - 1 1)
C4H9Li-Amin + C,H5CH3
--b
C4H1,
+ C6H5CH2Li-Amin
Verwendet man Dianionen als Initiatoren und bricht die Polymerisation durch Kohlendioxid ab, entstehen Poly(butadien)e mit Carboxyl-Endgruppen. Derartige Polymere mit Molmassen von ca. 10 000 g/mol sind Flussigkautschuke, die rnit Polyisocyanaten vemetzt werden (vgl. auch Band IV). Durch anionische Polymerisationen werden auch Triblockcopolymere (sty),-(bu)m(sty)" aus Styrol (sty) und Butadien (bu) hergestellt. Diese thermoplastischen SBS-Elastomeren sind physikalisch reversibel vemetzt (Band IV).
Alfin-Polymerisationen Alfin-Polymerisationen verwendeten urspriinglich Initiatoren aus einem Afkohol und einem Olefin, z.B. Natriumisopropylat und Allylnatrium. Die wirtschaftlich beste Methode zur Initiator-Herstellung geht von Isopropanol, Natrium und Butylchlorid aus: ( 5 - 12)
2 Na + (CH,),CHOH
+ C,H,CI
+ (CH,),CHONa
+ (1/2) H2 + C,H9Na + NaCl
178
5.3. Poly(dien)e
Das Butylnatrium wird durch Zugabe von Propen in Allylnatrium umgewandelt: ( 5 - 13)
C4H9Na+ CH,%H
-CH,
-+
CH,=CH -CHNa + C4H,,
Der eigentliche Alfin-Initiator ist vermutlich ein Komplex aus Allylnatrium, Natriumisopropylat und Natriumchlorid:
Alfin-Polymerisationen fuhren zu extrem hochmolekularen Poly(butadien)en rnit (65-85) % 1,4-trans-Strukturen. Als Kettcnubertrager zum Regulieren der Molmasse dienen Cyclohexen oder 1,4-Dihydronaphthalin. Technisch werden Copolymere des Butadiens mit (5-15) % Styrol oder (3-10) % Isopren hergestellt.
Radikalische Polymerisationen zu SBR Durch radikalische Polymerisation hergestellte Butadien-Styrol-Copolymere werden technisch in grossten Mengen als Elastomerc verbraucht (Band IV). Diese Polymerisate wurden fiiiher als Buna S (Deutschland) oder GR-S (US: government rubber with styrene) bezeichnet, heute dagegen als SBR (styrene-butadiene rubber). Die klassische SBR-Synthese erfolgt in Emulsion, friiher ausschliesslich bci 70°C und jetzt noch teilweise bei 50°C (Warmkautschuk), heute uberwiegend bei 5°C (Kaltkautschuk). Die Kaltpolymerisation fuhrt zu den technisch erwunschten trans-reichcren Strukturen (Tab. 5-14). Cis-reichere Polymere neigen namlich eher zur Cyclisicrung, was bei der anschliessenden Verarbeitung im Kneter zum "Verstrammen" f i h n , einer unerwunschten Zunahme der Viskositat. Tab. 5-14 Konstitution von Poly(butadicn)cnaus dcr radikalischen Emulsionspolymerisation.
Polymerisationsternperatur in "C 70 50 5 - 33
cis-1,4
Gehalt an Strukturen in Prozcnt trans-1,4
203 19,0 13.0 5,4
59,4 62,7 69,9 78,9
1 2 19.8
18,8 16.5 15,6
Die Initiation erfolgt bei der Warmpolymcrisation mit K2S208 + Fcttsaurcn + Mercaptanen, bei der Kaltpolymerisation rnit Redox-Systemen, z.B. p-Menthanhydroperoxid + Eisen(I1)sulfat + Natriumformaldehydsulfoxylat. Die Kaltpolymerisation wird bci cinem Umsatz von ca. 60 % abgebrochen, da die erhaltenen SBR-Kautschuke sonst bei hohercn Monomerumsatzen uber die xitenstandigen Vinylgruppen vemetzen wurden. SBR-Kautschuke weisen Styrolgehalte von (20-40) % auf. Produkte mit Gehalten von ca. 65 % sind Verarbeitungshilfsmittel.
5 . Kohlenstoff-Ketten
179
Da die Vemetzung bei gleicher chemischer Struktur rnit steigender Molmasse zunimmt, erniedrigt man femer den Polymerisationsgrad durch Zugabe kettenubertragender Substanzen wie Dodecylmercaptan oder Diisopropylxanthogendisulfid (Diproxid). Diese Regler stellen ausserdem die Molmassen auf ca. lo5 g/mol ein, so dass die Kautschuke nicht mehr mastifiziert werden mussen. Olverstreckte Kautschuke fuhrt man zu hdheren Molmassen. Radikalische Polymerisationen kdnnen auch als Losungspolymerisationen durchgefiihrt werden, bei denen die uberschussigen Monomeren als Ldsungsmittel dienen. Diese Ldsungs-Styrol-Butadien-Kautschuke (L-SBR) enthalten (15-25) % Styrol-Einheiten. Die entsprechenden Vinyl-Typen (L-VSBR) besitzen Vinylgehalte von (15-55) %. Da die Molmassen verhaltnismassig niedrig sind und die Polymeren nicht kristallisieren, weisen SBR weder Eigenklebrigkeiten noch Rohfestigkeiten auf (Band IV; siehe auch Tab. 5-16). Blends aus SBR rnit Naturkautschuk dienen nach dem Versetzen rnit Mineraldl und anschliessender Vulkanisation vor allem fur Lauffllchen von Autoreifen.
Radikalische Copolymerisationen zu NBR Durch Copolymerisation von Butadien rnit Acrylnitril werden dlbestandige Elastomere elzeugt, die als Nitrilkautschuke (NBR: nitrile-butadiene rubber) bezeichnet werden (friiher Buna N oder GR-N). Die Copolymerisation erfolgt wie diejenige rnit SLyrol in Emulsion, und zwar entweder diskontinuierlich in einer Kaskade oder aber rnit kontinuierlichem Abzug des Latex am Boden des Kessels. Das Stoffmengenverhaltnis von 37 (Acrylnitril) zu 63 (Butadien) garantiert eine azeotrope Copolymerisation. Andere NBRTypen weisen Acrylnitril-Gehalte von (25-50) % auf. Carboxylierte NBR-Typen entstehen durch Terpolymerisation von Acrylnitril und Butadien mit kleinen Anteilen an Acrylsaure in Emulsion. Diese Polymeren zeichnen sich durch hohe Festigkeiten aus. Die selektive Hydrierung der C=C-Doppelbindungen von NBR fuhrt zu hydrierten Acrylnitril-Butadien-Kautschuken(HNBR) mit verbesserten Bestandigkeiten gegen Ternperaturerhdhungen (bis 150°C in Heissluft oder Ozon) oder Quellmittel (schwefelhaltige Rohole, Brems- und Hydraulikflussigkeiten usw.). Die Vulkanisation erfolgt rnit Peroxiden oder rnittels energiereicher Strahlen.
Ziegler-Natta-Polymerisationen Bei der heterogenen Polymerisation von Butadien rnit VC13/(C2H5)2AlCl in Kohlenwasserstoffen werden 1,4-truns-Poly(butadien)e rnit sehr hohen 1,4-trans-Anteilen erhalten (cis-Gehalt ca. 0 %; 1,2-Gehalt I 1 %). Die Polymerisation wird homogen, wenn VC13 durch VC13.3 THF ersetzt wird. Bei diesen lebenden Polymerisationen steigt die Molmasse linear rnit dem Umsatz an, was wiederum zu sehr hohen, die Polymerisation behindemden Viskositaten fuhrt. Anwendungstechnisch sind jedoch hohe Molmassen erwunscht. Man arbeitet daher rnit hoheren Katalysatorkonzentrationen und gibt am Ende der Polymerisation Alkyl- oder Acyldihalogenide (2.B. SOC12) zu, die mehrere Ketten miteinander koppeln. Durch diese "Molekularsprungreaktion" werden die Molmassen wunschgemass erhdht.
180
5.3. Poly(dien)e
1,4-cis-Poly(butadien)e mit cis-Gehalten von 99 % werden z.B. mit Cobaltverbindungen/R2AICl oder Nickelverbindungen/AIR3/BF3-Etheraterzielt. Die entstehenden niedermolekularen Poly(butadien)-Ole sind wenig verzweigt. Sie trocknen so schnell wie Holztil und schneller als Leinbl. Umsetzen der Poly(butadien)-Ole mit 20 % Maleinsaureanhydrid gibt lufttrocknende Alkydharze. Emulsionen modifizierter Poly(butadien)-Ole ktinnen zum Verfestigen erosionsgefahrdeter BBden dienen. Die Emulsion dringt wegen ihrer niedrigen Viskositat in die oberste Bodenschicht ein. Durch die Oxidation verkleben die Erdkrumen. Da es aber keine Haut gibt, bleibt die Saugfahigkeit des Bodens erhalten. Bei der Polymerisation von Butadien rnit CoHal2/Liganden/AIR3/H20 in Ltisung erhalt man st-1,2-Poly(butadien)e rnit hohen Molmassen. Aus diesen thermoplastischen Elastomeren lassen sich extrem reissfeste Filme rnit guter Gasdurchlassigkeit herstellen, die fur die Verpackung von frischen Friichten oder von Fischen dienen. Diese Polymeren weisen gemass ihrer 1,2-Struktur viele reaktive Allylgruppierungen auf, die bei der Bewitterung unter dem Einfluss von Licht und Sauerstoff vemetzen. Der gleichzeitige Fotoabbau Iasst dieses Material nach einiger Zeit in grobe Stiicke zerfallen.
5.3.3.
Poly(isopren)e
Natiirliche Polyprene Polyprene sind Oligomere und Polymere des Isoprens CH2=C(CH3)-CH=CH2. Sic kommen in der Natur in Tausenden von Pflanzen vor, von denen jedoch nur wenige genutzt werden. Das naturlich vorkommende l ,4-cis-Poly(isopren) ist als Naturkautschuk bekannt (TM = 2 ° C TG = -73"C), das 1,4-trans-Poly(isopren) als Guttapercha oder Balata (TM = 146°C TG = -58°C). Diese Polymeren sind konstitutionell inhomogen; sie enthalten noch andere Gruppierungen, z.B. Epoxidgruppen. Die Weltproduktion an Naturkautschuk betragt ca. 6,8.106 t/a (1999) (Synthesekautschuke: 10,2.106 t/a). Chicle ist eine Mischung von 1,4-trans-Poly(isopren)en mit Triterpenen, Molekiilen aus sechs Isopren-Einheiten. Es wird fur einige Kaugummi-Marken verwendet. Fast der gesamte Naturkautschuk (E: natural rubber) stammt heute von in Plantagen kultivierten Hevea brasiliensis-Baumen. Die Hauptanbaugebiete sind Thailand, Indonesien, Malaysia, Sri Lanka und Vietnam. Die Baume werden dazu rnit winkelformigen Schnitten angezapft und der herausfliessende Latexsaft gesammelt. Der Ertrag liegt bei (500-2000) kg Latex pro Hektar und Jahr. Dieser Prozess gab dem Kautschuk seinen Namen: in der Maya-Sprache bedeutet "caa" Holz und "o-chu" Fliessen oder Weinen. H. brasiliensis ist fur Plantagenkulturen besonders vorteilhaft, weil der Latex bei mehrmaligem Anzapfen immer starker fliesst. Im Gegensatz dazu versiegen die im Amazonasgebiet vorkommenden Castilla elastica und C. ulai nach mehrmaligem Anzapfen. Sic bilden jedoch die Hauptquelle fur den immer noch gesammelten Wildkautschuk. In Ostasien stiitzte man sich friiher auf Ficus elastica, den Gummibaum der Wohnzimmer. Im 2. Weltkrieg wurde versucht, 1,4-cis-Poly(isopren) aus der Wurzel des russischen Lowenzahns Taraxacum bicorne (Kok-Saghys) oder dem Strauch Parthenium argentatum Gray (Goldrute (Guayule; gesprochen "wei-u-li")) zu gewinnen. 30 000 Guayule-Straucher pro Hektar liefem alle 2-6 Jahre 1100 kg Kautschuk, 800 kg Harze (Terpcne, Triglyceride) und 5000 kg Bagasse aus Blattem, Zweigen und Wurzeln.
5 . Kohlenstoff-Ketlen
181
1,4-truns-Poly(isopren) wird meist aus den Latices von Palaquium gurta und Mimusops balufu gewonnen. Es wurde fur Kabel (Gutta) und wird noch fur Treibriemen und Golfballuberzuge verwendet. Eine Mischung von Guttapercha und Triterpenen liefert die in Mittelamerika wachsende Pflanze Achras sapota. Ihr Polypren bildet die Grundlage fur Chicle-Kaugumrni. In Konkurrenz dazu stehen die einen hohen Harzgehalt aufweisenden Alsroniu- und Dyera-Arten Ostasiens. Viele Kaugummis bestehen allerdings aus Poly(vinylacetat), Poly(vinylethy1ether). Poly(isobuty1en). Poly(ethy1en) oder SBR. Polyprene werden von Pflanzen nicht aus Isopren synthetisiert, sondem durch enzymatische Polyreaktion von Isopentenylpyrophosphat mit Dimethylallylpyrophosphat als Kettenstarter (Band I). Diese Polyreaktion ist wie viele biologische Polyreaktionen eine Polyelimination (kondensierende Kettenpolymerisation), deren erster Schritt lautet:
Ungekllrt ist, warum manche Pflanzen cis-, andere dagegen trans-Polymere liefem. Naturkautschuk-Latex enthllt ca. (20-60) % Poly(is0pren). Die von einer Proteinschicht umgebenen Latexteilchen besitzen Durchmesser von (0,l-1) pm. Wegen des Proteinanteils muss der Latex durch Zusatz von ca. 6 g AmmoniaW gegen den Befall von Mikroorganismen stabilisiert werden. Da der Versand des Latex wegen des hohen Wassergehaltes zu teuer ist, wird der Latex durch Erhitzen mit Alkali und Zusatz eines Schutzkolloides oder durch Aufrahmen unter Zusatz von Schutzkolloiden (Gelatine, Alginate, Poly(vinylalkoho1) usw.) mittels Zentrifugieren, Ultrafiltration oder Elektroaufrahmung auf ca. 75 % Feststoffgehalt aufkonzentriert. Dieser Latex wird fur Tauchartikel (Handschuhe, Kondome usw.) verwendet, nachdem vorher Schwefel, Vulkanisationsbeschleuniger usw. zugesetzt wurden. Nach dem Tauchen wird durch Dampf, kochendes Wasser oder Heissluft vulkanisiert. Ca. 90 % des Naturkautschuks wird jcdoch schon in der Plantage nach dem Vcrdunnen auf (15-20) % mit 1 % Essigsaure oder 0.5 Ameisensaure koaguliert. Zum Schutz gegen Mikroorganismen wird das Koagulat durch Riffelwalzen geschickt und dabei gewaschen, wodurch ein C&pe-Kautschuk (E: pale crepe) bestehend aus (89-93) % Kautschuk, (2-3) % Acetonextrahierbarem, (2-4) % Proteinen, (2-4) % Feuchtigkeit und (0,l-OS) % Asche resultiert. Zum Herstellen von "smoked sheets" wird das Koagulat auf glatten Walzen gewaschen, durch eine Riffelwalze geschickt und anschliessend in Kreosot-Dampf aus Teertil-Fraktionen gerauchert. Die "smoked sheets" enthalten mehr Begleitstoffe d s "pale crepe". Von minderer Handelsqualitat sind Sorten aus Ruckstanden in Auffangbechern, spontan koaguliertcm Kautschuk usw. Das Polytisopren) des Naturkautschuks enthat ca. 95 % 1,4-cis- und 3 % 3,4-Einheiten, daneben Aldehyd- und Epoxidgruppen, und zwar sogar dann, wenn der Kautschuk unter Sauerstoffausschluss geemtet wird. Der Latex weist femer als Stabilisatoren wirkende Fette auf. Im Kautschuk vorhandcne Proteine sind naturliche Vulkanisationsaktivatoren. Naturkautschuk enthalt im Gegensatz zu anderen Kautschuk-Latices (z.B. von L6wenzahn) naturliche Antioxidantien, die das Polymere gegen Abbau schiitzen. Natur-
182
5.3. Poly(dien)e
kautschuke aus H . brasiliensis besitzen Molekulargewichte von (2-4).105, solche aus Guayule welche von (5-1 1).106. Balata und Guttapercha weisen wesentlich niedrigere Molmassen auf. Die Molmassenverteilungen der Poly(isopren)-Molekule des Naturkautschuks sind breit, wobei unklar ist, ob die Breite nativ ist oder durch die Aufbereitung erzeugt wird. Guayule-Kautschuke besitzen Polymolekularitatsindices von H,,,lMn = 2-3. Naturkautschuk wird vor allem fur die Reifenproduktion haufig mit SBR verschnitten. Die Polymeren werden in der Regel klassisch mit Schwefel vulkanisiert (Band IV), wobei die Polymerketten durch Schwefelbriicken miteinander vemetzt werden.
Synthetische Poly(isopren)e Isopren wird heute hauptsachlich und zunehmend aus dem Cg-Schnitt dcr NaphthaCrackung (Tab. 3-16) oder durch Dehydrieren von C5-Isoalkanen und C5-Isoalkenen gewonnen. Das in C5-Schnitten zu (14-23) Gew.-% enthaltende Isopren wird durch extraktive Destillation entfemt. Beim Dehydrieren der C5-Isoverbindungen entsteht 1-Methyl- 1,3-butadien CH3-CH=CH-CH=CH2 (Piperylen) als schwierig destillativ entfcmbares Nebenprodukt. Die 2-Methylbutene wcrden daher von den anderen C5-Verbindungen extraktiv durch Umsetzen mit H2SO4 abgetrennt. Die meisten der iiber 50 bekannten chemischen Synthesen, z.B. aus Isoamylen, Propen oder Isobuten, sind nicht wirtschaftlich. In Japan und Osteuropa erzeugt man Isopren aus CH2=C(CH3)2 + 2 HCHO, wobci das intermediar entstehende 4,4-Dimcthyl1,3-dioxan anschliessend katalytisch in CH2=C(CH3)-CH=CH2 + H20 + HCHO gcspalten wird. Als Nebenprodukte entstehen Polyole. Die Struktur synthetischer Poly(isopren)e wird stark durch das Polymerisationsverfdhren beeinflusst (Tab. 5-15). Technisch wird Poly(isopren) durch Polymerisation von Isopren mit Titanalkylen in Kohlenwasserstoffen hergestellt; Lithiumtypen werden nicht mehr verwendet. Bei der Verwendung aliphatischer LSsungsmittel werden prdktisch unabhangig von der Initiatorkonzentration und dem Umsatz immer ca. (20-35) % Gclanteile erhalten, vermutlich durch eine gelegentlich vorkommende 3,4-Addition an der Katalysatoroberflache. In aromatischen Losungsmitteln wird dagegen nur wenig Gel gcbildet, da aromatische Losungsmittel rnit derartigen Initiatoren stabile Komplexe gcbcn. Tab. 5-15 Konstitution von Poly(isopren)en aus verschiedenen Verfahren bei (25-30)"C. Initiator
Losungsmittel
TiC14/AI(C2H5)3 Li. LiR
cis-1,4
Gehalt an Strukturen in Prozent trans- 1,4 3.4
96 Alkane Alkane Alkane Alkane Alkane
C2H5Br Pentan Wasser
4 6
94
Alkane 5 4
1.2
43 52 47 51 99 93 90 90
51 40 39 37
6 8 8 8
183
5. Kohlenstoff-Ketten
i I 0.01
2
2.5
200 150 100
3
4<,5
4
3.5
50 +TIT
Isopren
-50
0 -
Abb. 5-11 Einfluss der Polymerisationstemperatur auf das Verhaltnis von 1,4-trans/l,4-cis-Strukturen
bei der radikalischen Polymerisation von 1,3-Dienen. Das Verhaltnis von 1.4-trans- zu 1,4-cis-Anteilen ist temperaturabhangig. Es nimmt bei radikalischen Polymerisationen mit fallender Temperatur stark zu (Abb. 5- 1 I). Gelanteile beeinflussen die Verarbeitung, nicht aber die Eigenschaften des Vulkanisates. Die Gebrauchseigenschafien variieren jedoch mit dem Gehalt an 3.4-Strukturen. Der Selbstklebeeffekt verschwindet bei 3P-Gehalten uber ca. 10 %. Bei hBheren 3,4-Anteilen sinken ausserdem Zugfestigkeit und 600 %-Modul; die Dehnung wird kaum beeinflusst. Tab. 5-16 vergleicht die Eigenschaften von einigen vulkanisierten und verstarkten Allzweck-Elastomeren. IR-Elastomere besitzen ahnliche, aber nicht gleiche, Eigenschaften wie Elastomere auf Basis Naturkautschuk. Der Naturkautschuk besitzt eine gute Konfektionsklebrigkeit und eine geringe Walkwanne (wichtig fur Lastwagenreifen). SBR ist dagegen abriebbestudiger (wichtig fur Reifen von Personenwagen). Tab. 5-16 Charakteristische Eigenschaften einiger Allzweck-Elastomerer. NR = Naturkautschuk, IR = synthetisches 1,4-cis-Poly(isopren),BR = Poly(butadien) (Li-Typ),TPR = trans-Poly(pentenamer),ESBR = Styrol-Butadien-Kauthuk (Emulsionstyp mit 40 % Styroleinheiten), IIR = Poly(isobuty1en)Kautschuk, *CR = unversmktes Poly(chloropren), EPDM = Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk. Ph y sikalische Eigenschaft
Physikal. Einheit
Dichte g/cm3 Schmelztemperatur T T Glastemperatur T Gebrauchstemp., untere , obere T Reissfestigkeit MPa % Reissdehnung 300 %-Modul MPa Ruckprallelastizitt % I-me Shore A Abriebfestigkeit
NR
IR
0,93 2 -73 -60 120 32 780 5 ,O 40 50 gut
0,93
BR
Versmkte Elastomere TPR E-SBR IIR
0,94 2 20 -95 -97 -90 40 26 14 18 620 510 360 3,2 7,3 13 40 65 55 60 6 4 gut hervorragend
0,94
0,93
EPDM 0,86
*CR 1,23 = 60
-30 190 140 22 29 650 620 7.2 9,3 2 40 55 6 0 sehr massig gut 4 0
-55 -42 -3 5 180 13 20 320 800 8,6 2 45 65 gut
184
5.3. Poly(dien)e
Derivate Die cis-Strukturen des Naturkautschuks werden durch Schwefeldioxid zu trans isomerisiert. Industriell wird Butadiensulfon verwendet, das bei hoheren Temperaturen SO2 abspaltet. Dieser isomerisierte Naturkautschuk kristallisiert jedoch und wurde daher weitgehend durch die nicht kristallisierenden olverstreckten Styrol-Butadien-Kautschuke abgelost. Durch Erhitzen von Naturkautschuk auf uber 250°C in Gegenwan von Protonen werden Poly(isopren)e zu Molekulargewichten von ca. 2000- 10 000 abgebaut und gleichzeitig cyclisiert. Dieser cyclisierte Naturkautschuk (Cyclokautschuk) weist je nach Umsatz und Reaktionsbedingungen mono-, di- und tricyclische Strukturen auf, die durch Methylengruppen oder nichtcyclische Isopreneinheiten voneinander getrennt sind:
(5-15)
Als Protonenlieferant hat sich Phenol bewahrt, da es gleichzeitig ein Sauerstofffanger ist. Es wird teils als Etherendgruppe, teils als substituiertes Phenol eingebaut. Beim Cyclisieren verschwinden (50-90) % der urspriinglichen Doppelbindungen. Cyclokautschuk ahnelt in seinen Eigenschaften je nach Vorbehandlung entweder vulkanisiertem Kautschuk oder Balata bzw. Guttapercha. Er d i m e als Bindemittel fur Druckfarben, Lacke, Klebstoffe usw. Cyclische Strukturen entstehen auch beim Umsetzen mit Phenolen und Formaldchyd zu harz-modifiziertem Naturkautschuk (E: resin-modified natural rubbcr):
Ho
( 5 - 16)
+-
CH3
+HCHO
"'kH
- CH3OH
3C.o*H cH2 *C
CH,m
JV\FCHz CH,*
Das Material wird als Verarbeitungshilfsmittel und Vcrstarker vcrwendet. Beim Einleiten von HCI in Kautschuklosungen in Gegenwart von H2SnC16 entsteht als feste weisse Masse. Es das Kautschukhydrochlorid tCH2-C(CH3)Cl-CH2-CH2+ wurde fiir Filme und Folien sowie zum Binden von Naturkautschuk an Metalle vcrwendet. Das Kautschukhydrochlorid geht beim Abspalten von HC1 unter gleichzeitiger Isomerisierung in den Isokautschuk tCH2-C(=CH2)-CH2-CH2+, uber. Das Chlorieren des Naturkautschuks fuhrt zum Chlorkautschuk, der bis 65 % Chlor enthalten kann. Neben der Addition des Chlors an die Doppelbindungen (maximal 51 % Chloraufnahme) muss also auch eine Substitution eingetreten sein. Spcktroskopische Untersuchungen deuten femer auf anwcscnde Cyclohexanstrukturen. Losungen des Chlorkautschuks werden als Klebstoffe fur Dienkautschuk/Metall-Verbundeverwendet.
185
5. Kohlenstoff-Ketten
+ A Cl Kaulschukhydrochlorid
c1 CI Isokautschuk
CI
c1
c1 c1
CI
Chlorkautschuk
Bromalkane (CBrC13, CBr4 usw.) addieren sich in Gegenwan von Peroxiden an Poly(isopren)e. Die elastischen Produkte sind vulkanisierbar und flammfest und werden z.B. in Form von flammwidrigen Latexschaumen auf Gewebe oder Teppiche aufgebracht. An Naturkautschuk und andere Polyprene ktinnen femer verschiedene andere chemische Verbindungen addiert werden. Beispiele sind epoxidierter Naturkautschuk (ENR), Reaktionsprodukte des Maleinsiureanhydrids, Anlagerungsverbindungen von -N=O, -N=N-, > G O , >C=S, bzw. >C=C< (En-Derivate), von RS. oder RSH, von Carbenen oder Nitrenen usw. Die meisten dieser Produkte sind im Versuchsstadium.
5.3.4.
Pol y (2,3-dimethy1bu tadien )
Poly(2.3-dimethylbutadien) +CH2-C(CH3)=C(CH3)-CH2+, wurde 1912 entdeckt und wihrend des 1. Weltkrieges von den Zentralmichten als Ersatz fur den fehlenden Naturkautschuk hergestellt (Methylkautschuk). Die H-Type wurde durch 1.5- bis 3monatiges Stehenlassen des Monomeren in Metalltrommeln im SoMenlicht (3540°C) erzeugt. Die so durch Popcorn-Polymerisation erhaltene weisse, kristalline Masse wurde beim Mahlen gummiartig. Die W-Type wurde dagegen durch (4-6)monatiges Erhitzen auf (75-85)"C unter Druck in 4000 L-Kesseln produziert. Eine B-Type erhielt man nach 2-3 Wochen mit 0,5 % Natrium als Initiator in Gegenwan von Kohlendioxid. Methylkautschuk konnte sich jedoch nach Kriegsende wegen des hohen Preises und der schlechten Eigenschaften nicht halten.
5.3.5.
Poly(ch1oropren)
Chloropren CH2=CCl-CH=CH2 wird heute aus Butan, Buten oder Butadien durch Chlorieren und anschliessendes Abspalten von Chlorwasserstoff erhalten. Chloropren wurde zuerst mit Luftsauerstoff als Initiator in Abwesenheit von Licht polymerisiert (Carothers, DuPont), spiter durch Emulsionspolymerisation bei (40-5O)OC. Da diese Polymerisation stark durch Sauerstoff gehemmt wird, versuchte man bei der IG Farben, die letzten Spuren Sauerstoff durch Reduktionsmittel wie Natriumdithionit Na2S204 ("Natriumhypodisulfit") zu entfernen. Wider Erwarten wurde aber die Polymerisation stark beschleunigt, was zur Entdeckung der Redox-Polymerisation fiihrte. Die Emulsionspolymerisation von Chloropren (CR, friiher GR-M) verlhft unter gleichen Bedingungen etwa 700 ma1 schneller als diejenige von Isopren. Die Polyrnerisationswirme muss daher rasch durch kraftige Aussenkuhlung oder durch Verwendung von
186
5.4. Poly(cycloo1efin)e
Strljmungsrohren als Reaktoren abgefuhrt werden. Altemativ kann man auch die Polymerisationsgeschwindigkeit durch Zugabe von Schwefel als Inhibitor herabsetzen. Das durch Emulsionspolymerisation erhaltene Poly(chlor0pren) weist (70-90) % 1,4trans-Strukturen und (10-15) % Kopf-Kopf-Verknupfungen auf. Beim Abkuhlen oder beim Verstrecken kristallisiert es sehr schnell, was in Vulkanisaten bereits ohne verstarkende Fullstoffe zu hohen Zugfestigkeiten fuhrt (Tab. 5-16).
5.4.
Poly(cycloo1efin)e
5.4.1.
Ubersicht
Poly(cycloo1efin)e entstehen durch Polymerisation von Cycloolefinen und Cyclodiolefinen, bzw. bei deren Copolymerisation mit anderen Monomeren. Technisch venvendet werden vor allem die als Nebenprodukte bei der Erdolaufbereitung anfallenden Monomeren Cyclopenten, Cyclopentadien, Norbornen, Dicyclopentadien und Cycloocten (Tab. 3-16).
Cyclopenten
Cyclopentadien
Norbornen
Dicyclopentadien
Cycloocten
Polymere und Copolymere dieser Monomeren sind seit den 5Oer Jahren bekannt. Polymere des Norbomens und des Cyclooctens wurden in den 70er Jahren zur Marktreife gebracht, Copolymere von Cycloolefinen erst in den 90 Jahren. Ein wcscntlicher Grund fur die Verzljgerung waren die Katalysatorcn, die (a) Produkte ungenugcnder Qualitat liefertcn und (b) zu teuer waren. Cycloolefin-Copolymere wurden z.B. erst technisch interessant, nachdem Metallocen-Katalysatoren erhaltlich waren. Cycloolefine konnen in zweierlei Weise polymerisieren: uber die Doppelbindung unter Erhalt des Ringes (Vinyltyp) oder durch Ringoffnung unter Erhalt der Doppelbindung (Ringoffnungstyp). Im ersten Fall entstehen Poly(cycloalky1en)e ("Polyalkene"), im zweiten Fall dagegen Poly(alkenylen)e, z.B. beim Cyclopenten:
(5-17)
m - 0 - w Vinyl polymerisation
Ringoffnungspolymerisation
Bei der Vinylpolymerisation zu Poly(cycloalky1en)en kann entweder eine trdnS-ROUte zu threo-Polymeren oder eine cis-Route zu erythro-Polymeren eingeschlagen werden (Band I, Kap. 4.2.5: die erythrohhreo-Nomcnklatur bezieht sich auf unmittelbar bcnachbane, konstitutionell unterschiedliche stereogene Zentren). In beiden Fallen konnen jeweils diisotaktische, disyndiotaktische oder ataktische Polymere entstehen. Ringoffnungspolymeriisationen fuhren zu Polymeren mit cis- und/oder trans-taktischen Repetiereinheiten.
187
5. Kohlenstoff-Kerten
Die so erhaltenen Poly(a1kenylen)e werden auch Poly(a1kenamer)e genannt. Die Bezeichnung "Poly(a1kenamer)" geht auf eine inzwischen aufgegebene IUPAC-Nomenklatur zuriick. Nach dieser Nomenklatur wurde ein Polymermolekul mit dem systematischen Namen des Monomeren, der Nachsilbe "amer" und der Vorsilbe "poly" bezeichnet. Cyclopenten fuhrte so zum Poly(pentenamer), das splter Poly(penteny1en) hiess und nunmehr Poly( l-penten-l,5-diyl) genannt wird.
5.4.2.
Poly(pentenamer)
Cyclopenten fallt beim Cracken von Naphtha und schweren GasBlen an. Es wird aus dem Cs-Schnitt (Tab. 3-16) zusammen mit Cyclopentadien und dessen Dimercn Dicyclopentadien durch extraktive Destillation entfemt. Das Dicyclopentadien dissoziiert thermisch zum Cyclopentadien, dessen Hydrierung weiteres Cyclopenten liefert. Cyclopenten wird technisch mit WC16/(C2H5)3Al/C2H50H als Katalysator zu einem trans-Poly(pentenamer)en -FCH=CH-CH2-CH2-CH& polymerisiert, das etwa 80 % trans-Strukturen aufweist. Die Polymerisation ist ein spezieller Fall einer Olefin-Metathese. Da solche Metathesen entropisch kontrolliert sind, wird praktisch keine Polymerisationswirme erzeugt. Dieses Polymere enthdt iiberwiegend acyclische Makromolekiile, daneben aber auch grosse Ringe. cis-Poly(pentenamer)e entstehen bei der Polymerisation von Cyclopenten mil z.B. MoC15/R2AlCl. Sie haben keine technische Bedeutung Das trans-Polymere (TPR) ist ein Allzweck-Kautschuk, der teils Naturkautschuk, teils 1,4-cis-Poly(butadien) lhnelt. Wie Naturkautschuk weist es eine gute Konfektionsklebrigkeit, eine Kristallisation bei der Dehnung und entsprechend eine hohe, mit steigender Deformation zunehmende Zugfestigkeit auf. Dieser verstlrkende Effekt tritt bei Styrol-Butadien-Kautschukenund 1,4-~isPoly(butadien)ennicht auf. Das trans-Poly(pentenamer) weist femer wie 1,4-cis-Poly(butadien) eine gute Fiillbarkeit mit 0 1 und Russ, einen ausgezeichneten Widerstand gegen thermischen und mechanischen Abbau und einen geringen Abrieb auf. Es kann mit allen anderen bekannten Mehrzweckkautschuken in beliebigen Verhlltnissen verschnitten werden.
5.4.3.
Norbornen-Polymere
Norbomen mit dem systematischen Namen Bicyclo[2,2,1]-2-hepten entsteht durch die Diels-Alder-Reaktion von Cyclopentadien oder dessen Dimeren Dicyclopentadien mit Ethen:
( 5 - 18)
0
2 /
\ + 2CH,=CH2
Cyclopentadien
+ 2@
Norbornen
+ 2CH2=CH,
+ Dicyclopentadien
Norbomen wird durchWClg/R3AI/I2 oder Ru- bzw. Ir-Katalysatoren unter RingBffnung metathetisch (ROMP) zu Poly(norbomen) polymerisiert:
188 (5-19)
5.4. Poly(cycloo1efin)e
@
+
a
CH=CH-'
Das so durch ROMP erhaltene Poly(norbomen) = Poly( 1,3-cyclopentylenvinylen) weist cis- und trans-Doppelbindungcn und Molekulargewichte von ca. 2 Millionen auf. Es wird als weisses, frei fliessendes Pulver mit einer Schuttdichte von 0,30 g/cm3 erhalten. Das Polymere ist ein teilkristalliner Thermoplast. Seine Glastemperatur betragt ca. 46°C und seine Schmelztemperatur ca. 180°C. Poly(norbomen) (PNR) war das erste Elastomere, das speziell fur die Pulverkautschuk-Technologie entwickelt wurde. Das porljse Pulver kann namlich bis zu 400 Teile Mineral61 auf 100 Teile Polymer aufnehmen und dazu mit Russ gefullt werden. Typische Mischungen enthalten 100 Teile Polymer, 220 Teile 0 1 und 100 Teile Russ, d.h. nur 24 % Polymer. Diese Mischungen sind konventionell mit Schwefel vulkanisierbar. Die Vulkanisate werden im Automobil- und im Bausektor fur weiche, kompakte Dichtungen verwendet. Nichtvulkanisierte, hoch gefullte Mischungen eignen sich als Damm- und Vergussmaterial. Das Polymere dient auch als &binder. Bei der Polymerisation von Norbomen mit Ziegler-Katalysatoren auf der Basis von Zirconium werden unliisliche Polymere erhalten. Mit Nickel-Katalysatorcn erfolgt jedoch eine "Vinylpolymerisation" zu heptanloslichen Polymeren:
Tab. 5-17 Eigenschaften von Poly(cycloo1efin)en: COC = Cycloolefin-Copolymer(Copolymer von Norbomen und Ethen), PN = Poly(norbornen),PNR = Poly(norbomen)-Kautschuk, TPR = Poly(pentenamer)-Elastomeres (80 % trans), TOR = Poly(octenamer)-Kautschuk. Die Eigenschaften dcr Kautschuke beziehen sich auf die 6lgefiillten,russverst;irkten und vulkanisierten Elastomeren. Eigenschaft
Dichte Brechungsindex Schmelztemperatur (DSC) Wilrmestandfestigkeit (0,46 MPa) Glastemperatur (DSC) Zugmodul 100 % Modulus 300 % Modulus Zugfestigkeit (Bruch) Reissdehnung Schlagzfiigkeit(Charpy) Kerbschlagzfiigkeit(Charpy) Relative Permittivitiit Durchgangswiderstand Wasserabsorption (24 h)
Physikalische Einheit
TPR
Kautschuke TOR PNR
Thermoplaste PN COC 1,02 1.53
0.9 1
g/cm3
1
"C
44
55
-93
4 5
180
T "C MPa MPa MPa MPa % H/m2 H/m2
1 C> cm %
150 -38
40
150 3100
13 17 350
0.4 3s 10 500
66 4 15
2 2.35 > 10'6 c 0,Ol
5 . Kohlenstoff-Ketten
5.4.4.
189
Cycloolefin-Copolymere
Cycloolefin-Copolymere (COC) sind Copolymere von Ethen mit Cycloolefinen, technisch in der Regel mit Norbomen oder auch rnit Tetracyclododecen. Die Copolymerisation von Ethen mit Norbomen erfolgt mit Metallocen-Katalysatoren unter Offnung der Doppelbindung des Norbomens:
Handelsubliche Produkte enthalten ca. 50 % Norbomen-Einheiten. Die ComonomerEinheiten sind statistisch verteilt. Aus diesem Grunde und wegen der Grtisse der Seitengruppen ktinnen die Polymeren nicht kristallisieren. Im Bereich des sichtbaren Lichtes weisen duMe Folien Lichtdurchlassigkeiten von 92 % auf. Da auch der Brechungsindex hoch ( n = 152) und die optische Anisotropie sehr niedrig ist, eignen sich die COC ausgezeichnet f i r optische Bauteile, z.B. Linsen. Da die aus der Schmelze verarbeitbaren COCs niedrige Dichten (20 % weniger als Polycarbonate), hohe Biegekriechmoduln, gute Wirmeformbestandigkeiten und eine geringe Wasseraufnahme besitzen, sollten sie fur CD-ROMs und DVDs eine emsthafte Konkurrenz zu Polycarbonaten sein. Nachteilig ist jedoch die grtissere Zykluszeit beim Pressen sowie der hohere Preis. COCs dienen wegen ihres sehr niedrigen dielektrischen Verlustfaktors von 5.10-5 bei 1 kHz und der hohen Durchschlagfestigkeit als Kondensatorfolien. Sie werden auch fur phannazeutische Verpackungen und als Bindeharz f i r Toner verwendet.
5.4.5.
Poly(dicyc1opentadien)
Das Dimere des Cyclopentadiens, Dicyclopentadien (DCPD), polymerisiert mil geeigneten Katalysator-Systemen sehr schnell. Technisch werden dazu zwei Losungen gemischt: eine aus DCPD + (C2H5)2AlCl + Lewis-Base + Antioxidantien, die andere aus DCPD + WCl6 + WOCl4 + Nonylphenol + Acetylaceton. Nonylphenol reagiert mit den Wolfram-Verbindungen und erhtiht so deren Ltislichkeit. Acetylaceton verbessert die Lagerfihigkeit. Beide Losungen enthalten noch Fullstoffe. Beim Spritzgiessen nach dem RIM-Verfahren (E: reaction injection molding) werden Taktzeiten von ca. 1 min erzielt. Die Polymeren sind vemetzt; auf je funf Monomereinheiten entfXllt eine Vemetzung:
190
5.4. Poly(cyc1oolefin)e
Die Natriumverbindung des Cyclopentadiens wird auch rnit Dihalogenverbindungen zu sog. Bisdienen umgesetzt. Bisdiene reagieren bei 20-140°C in einer Diels-Alder-Reaktion zu Oligomeren, die oberhalb 150°C mit ungesattigten Polyestern ausgehartet werden kdnnen. (5-23)
5.4.6.
Pol y (oct ename r)
Das Hydrieren von 1,5-Cyclooctadien, dem Dimerisierungsprodukt des Butadiens, fuhrt zu Cycloocten. Dieses Monomer kann mit ahnlichen Metathese-Katalysatoren wie beim Cyclopenten polymerisiert werden, und zwar rnit WC16/RAlC12 rnit oder ohne C2HsOH in Losung oder rnit WF@AlClz in Masse. Der cis-Anteil des Poly(octeny1en)s wird dabei iiber das Verhaltnis Al/W eingestellt. Die Molmassen werden durch Zusatz von 1-Hexen zum Polymerisationsansatz geregelt. Ein Poly(octenamer) rnit einem trans-Anteil von ca. 80 % wird technisch erzeugt (TOR). Cis-reichere Produkte (75-80 %) wurden zwar entwickelt, aber nicht industriell hergestellt, offenbar weil hoher cis-haltige Polymere wegen hoher Kristallisationsgeschwindigkeiten auf offenen Walzenstuhlen schwierig zu verarbeiten sind. Die trans-und cis-Polymeren sind Allzweck-Kautschuke, die zum Verschneiden anderer Kautschuke dienen.
5.4.7.
Poly(acety1en)e
Poly(acety1en)e +CH=CH+n entstehen durch Polymerisation von Acetylen C H S H . Obwohl sie von der Synthese her keine Poly(dien)e sind, wurden sie trotzdem in das Kap. 5.4 eingereiht, weil sie wie Poly(diene) in der Kette Doppelbindungen enthalten. Poly(acety1en)e entstehen nach dem Shirikawa-Verfahren, wenn Acetylen uber eine konzentrierte Losung von [(C2H5)3A1]4/Ti(Bu)4 geleitet wird. Bei -78°C bilden sich cistransoidale Polymere rnit cis-Gehalten von (60-70) %. Mit dem gleichen KatalysatorSystem erhalt man bei (45-85)"C trans-cisoidale und bei uber 150°C trans-transoidale Polymere. Beim Erhitzen auf ca. 200°C gehen cis-Polymere in trans-Polymere uber. Die Polymerisation liefert auch etwas Cyclotrimeres. Die cis-transoidalen und trans-cisoidalen Typen sind Poly(acetylen)e, wahrend die trans-transoidalen Polymeren mehr Poly(cumu1en)en ahneln. Alle Typen sind hochkristallin, unloslich und unschmelzbar.
cis-transoidal
trans-cisoidal
trans-transoidal
5 . Kohlenstofl- Ketten
191
Die UnlSslichkeit dieser Polymeren ist wohl dadurch bedingt, dass die Poly(acety1en)e spontan vernetzen. Dabei treten sowohl Diels-Alder-Cycloadditionen(G1.(5-24)) als auch Vemetzungen durch die Fragmente von Ziegler-Katalysatoren auf (GL(5-25)):
-+
(5-24)
*CH
=CH
+
(5-25) *CH
=CH
-
-
+ (C,H5),AI, + HX - (C$j),AlH
72H5 M C H -CHI MCH -CH I
; X = OH, C1 USW. AW
X
Trans-Polymere liefem im reflektierenden Licht silbrig-schwarze, metallisch gllnzende Filme. Diinne Fasem sind im durchscheinenden Licht tiefrot. Filme aus cis-Polymefen haben einen kupferlhnlichen Glanz, w’dhrend ihre diinnen Fasem tiefblau sind. Poly(acety1en)e sind rnit verschiedenen Agenzien wie AsF5, BF3, I2 usw. dotierbar. Dabei handelt es sich anders als bei der Dotierung anorganischer Halbleiter jedoch nicht um die Erzeugung von Fehlstellen und Zwischengitterplltzen, sondem um oxidierende (p-Dotierungen) oder reduzierende (n-Dotierungen) Reaktionen. Die Dotierung steigert die elektrische Leitf&igkeit erheblich, z.B. bei trans-Poly(acety1en)en bei Dotierung mit S/cm auf 1200 S/cm. Poly(acety1en)e sind aber instabil gegen AtmosphlAsF5 von rilien. Sie sind daher technisch nicht als elektrische Leiterrnalbleiter verwendbar. Poly(diacety1en)e +C=C-CR=CR+, mit altemierenden Doppel- und Dreifachbindungen entstehen, wenn Diacetylene R-C=C-C=C-R lichtinduzierte Polymerisationen eingehen. Die je nach Substituent R und Planaritat der Kettenkonfonnationen intensiv gelb, rot oder blau gefarbten Polymeren verBndem an Luft und Licht langsam ihre Farbe, was bei Strichcode-Etiketten zum Anzeigen des Verbrauchsdatums von Lebensmitteln ausgenutzt wird. Beim Verdampfen von Graphit durch Laser entstehen Fullerene (Kap. 5.1.2). Erfdgt die Verdampfung jedoch in Gegenwart von ( 3 3 - oder CN-Radikalen, so bilden sich echte Poly(acety1en)e R+C=C-f,R mit Dreifach-Bindungen in der Kette und CF3- bzw. CNEndgruppen R. In diesen Ketten sind die Kohlenstoffatome sp-hybridisiert. Die Polymefen mit Polymerisationsgraden von 300-500ltisen sich leicht in den meisten organischen Ltisungsmitteln.
5.5.
Aromatische Poly(koh1enwasserstoff)e
5 . 5 . 1 . Poly(pheny1en)e Aromatische Poly(kohlenwasserstoff)e enthalten in der Hauptkette aromatische Ringe. Die strukturell einfachsten Grundbausteine liegen in den Poly(pheny1en)en vor, oligomeren bis polymeren Verbindungen aus in ortho-, meta- und/oder para-Stellung ver-
192
5.5. Aromatische Poly(koh1enwasserstoffle
knupften Phenylenringen oder verwandten Gruppierungen wie z.B. Naphthalin- oder Anthracenresten. Poly(pheny1en)e sind auch als Polyphenyle, Oligophenyle oder Polybenzole bekannt. Bei Poly(pheny1en)en kann man zwei Synthesebestrebungen unterscheiden: zu linearen Poly( 1,4-pheny1en)en (PPP) als Basismaterial fur elektrisch leitfiihige Polymere und zu hochverzweigten Polymeren f i r temperaturbestlndige Duroplaste.
Verzweigte Poly(pheny1en)e Benzol kann auf vielfaltige Weise zu Poly(benzo1) umgesetzt werden. Die Reaktion von p-Dichlorbenzol mit Natrium unter Abspaltung von NaCl und die Polymerisation von 1,3-Cyclohexadien zu 1,4-Poly(cyclo-2,3-hexen)mit weiterer Aromatisierung zu 1,4-Poly(benzol) sind nur von akademischem Interesse. Benzol wurde jedoch eine Zeitlang oxidativ-kationisch mit Katalysatoren wie FeC13, AIC13/CuC12 usw. bei milden Temperaturen zu braunen bis schwamen, unldslichen Massen polymerisiert, die dann unter hohem Druck zu Formteilen verpresst wurden. Lbliche und uber die Schmelze verarbeitbare Poly(pheny1en)e werden durch oxidativ-kationische Polymerisation von Terphenylen bzw. Terphenylen + Biphenyl unter Zusatz von Benzol- 1,3-disulfochlorid erhalten. Die in Chloroform oder Chlorbenzol Idslichen braunen bis schwarzen Prlpolymeren werden dann, als Trlnklack fur Laminate oder mit Fullstoffen versehen, mit BF3-Diethylether, Toluolsulfonsaure oder Sulfurylchlorid in unldsliche und unschmelzbare Massen umgewandelt. Reaktive, verzweigte Oligophenylene mit endstandigen Acetylengruppen entstehen durch Cyclotrimerisierung von p-Diethinylbenzol HC=C-C&-C=CH oder durch dessen Copolytrimerisation mit Phenylacetylen C6HyC=CH. Der Umsatz wird bei 86 % abgebrochen (B-Zustand), da hohere Umsatze zur Gelierung fuhren. Die im B-Zustand vorliegenden Oligomeren (H-Harze) nehmen bis zu 90 % Fullstoffe auf. Sie werden mit TiCId(C2H5)2AlCl, Nickelacetylacetonat oder ahnlichen Verbindungen gehlrtet. Bei der Hartung reagieren die Acetylengruppen. Die Vemetzungsstellen sind jedoch wahrscheinlich nicht durch Trimerisieren der Acetylenreste entstandene Benzolringe.
, , P
CSCH
PPP
HC =C
H-Harz
Lineare Poly(pheny1en)e Lineare Poly@-pheny1en)e werden uber 5,6-Dihydroxy-1,3-cyclohexadien (I) erhalten, das durch enzymatische Oxidation von Benzol unter der Wirkung eines Enzyms El des Bakteriums Pseudomonas putida entsteht. Durch genetische Manipulation kaM das
193
5 . Kohlenstoff-Ketten
weiter oxidierende Enzym Ep inaktiviert werden. Das dann einzig entstehende Dihydrol I wird von der Zelle ausgeschieden.
(5-26) Ho
I
OH
OH
Ho II
Das Dihydrol I kann nach Standardverfahren zu 111 verestert werden. 111 wird radikalisch zu IV polymerisiert. Filme, Fasem usw. aus dem liislichen IV gehen beim Erhitzen in Poly( 1,4-phenylen) iiber:
9- 9
(5-27)
HO
OH I
R-fi-0 0
--*
0- -R
fi0
III
--*
R-
0 fi0
w
0-5-R 0 V
Eine synthetische Route zu PPP geht von Dichlorbenzoesaureestern aus. Nach der Kopplung wird zuerst verseift und dann decarboxyliert: COOCH3
COOCH,
Ni(O), DMF - 2 HCl
(5-28)
NaOH ______, + H,O, - CH,OH COOH
/
Hochmolekulare lineare Poly( 1,4-phenylen)e (PPP) wurden bislang nicht synthetisiert. Die Schmelztemperatur sollte ca. 1200°C betragen, wie aus den auf eine unendlich hohe Molmasse extrapolierten Schmelztemperaturen der Oligomeren abgeschatzt wurde. Durch Benzoyl- und 4-Phenoxybenzoyl-Gruppen substituierte Poly( 1,4-phenylen)e mit geschitzten Polymerisationsgraden von ca. 100 wurden auf unbekanntem Wege erhalten. Die liislichen Polymeren sollen E-Moduln von (7- 17) GPa aufweisen.
-
R
R
R
R
R R
R
-
194
5.5.2.
5.5. Aromatische Poly(koh1enwasserstoff)e
Poly(p-xylylen)
Polyb-xylylen) (PPX) ist der konventionelle Name fur das Poly( 1,4-phenylen-l,2ethandiyl). Es stellt das Polymere des instabilen p-Xylylens @-Chinodimethan) (PX) dar. Dieses Monomere entsteht als Zwischenprodukt bei der Pyrolyse von p-Xylol (X). PX wandelt sich beim Abschrecken mit flussigen Xylol in das dimere [2.2]-p-Cyclophan = Di-p-xylylen (DPX) um.
X
PX
DPX
PPX
Technisch erzeugt man PPX durch Erhitzen von DPX, erst auf 200°C bei 133 Pa und d a M auf 680°C bei ca. 67 Pa. Das DPX dissoziiert dabei quantitativ zu PX, das sich bei 13 Pa nach dem Abkuhlen auf 25OC auf die zu bedeckende, bei -70°C befindliche Oberflache niederschlagt und dabei zu PPX polymerisiert (Gorham-Prozess):
Die Polymerisation verlauft uber lebende Radikale. Sofort nach der Polymerisation weisen die Polymeren nach Messungen der Elektronenspinresonanz ungepaarte Elektronen auf, die bei Annahme von 2 Radikalen pro Molekul Molekulargewichten von ca. 1O4 entsprechen. In Kontakt mit Luft gehen freie Elektronen verloren; gleichzeitig wird das Polymere verzweigt und vemetzt. DPX wird technisch als DPX-N bezeichnet. Ausserdem sind noch Di-p-xylylene mit einem Chloratom (DPX-C) bzw. zwei Chloratomen pro Ring (DPX-D) im Handel, aus denen entsprechend PPX-C bzw. PPX-D entstehen. Diese Zahlen beziehen sich auf die mittlere Zahl der Chlorreste pro Benzolring. Da die Chlorreste statistisch verteilt sind, kann jeder individuelle Ring folglich zwischen 0 und 4 Chlorsubstituenten aufweisen. Die PPX werden ausschliesslich durch den Gorham-Prozess als Filme auf Oberflachen erzeugt. Anders als bei anderen Beschichtungsverfahren wird der Film somit aus der Gasphase und nicht aus einer Flussigkeit abgeschieden; Einflusse der Oberflachenspannung entfallen. Der Film wachst auch vom Substrat aus. Der Gorham-Prozess erzeugt selbst auf komplizierten dreidimensionalen Substraten porenfreie Filme von gleichmassiger Dicke. Die PPX-N, PPX-C und PPX-D besitzen gute mechanische und elektrische Eigenschaften (Tab. 5-18). Sie sind auch wenig durchlassig fur Gase und Wasserdampf. Die Polymeren werden daher hauptsachlich fur Kondensatorzwischenschichten verwendet, femer auch f i r gedruckte Schaltungen, dunne Membranen und Implantate.
195
5 . Kohlenstoff-Ketten
Tab. 5-18 Eigenschaften von Poly@-xyly1en)en. Eigenschaft
Ph ysikalisc he Einheit
Dichte (23°C) g/cm3 Brechungsindex 1 Schmelztemperatur @SC) T Glastemperatur (DSC) T Dauerstandtempatur(Luft) "c Linearer therm. Ausdehnungskoeffizient K-l J K-' g-' Spezifische Whnekapaziut (25°C) WhneleitfWgkeit (2OOC) kW rn-l K-' Zugmodul, 23°C MPa ,200"C h4Pa Biegemodul MPa Streckspannung MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa Reissdehnung % Hiirk (Rockwell) Relative PermittivitAt (23OC), 60 Hz 1 1 MHz 1 n Oberflkhenwiderstand, 50 % RH Durchgangswiderstand (50 % RH) R cm Durchschlagfestigkeit kV/mm Dielektrischer Verlustfaktor (60 Hz) 1 (1 MHz) 1 Permeabiliat (l O I 4 P) N2 cm* s-1 Pa-' 02 cm2 s-1 Pa-' C12 cm2 s-1 Pa-' CO2 cm2 s-1 Pa-' H2S cm2 s-l Pa-' SO2 cm2 s-1 Pa-' H2O cm2 s-l Pa-'
5.5.3.
PPX-N
PPX-C
PPX-D
1.11 1,661 420 13 100 6,9.10-' 1.3 12 2400 170 2450 42 45 < 30 85 2,65 2.65 1.1013 1,4*1017 260-280 0,0002 O,ooo6 0,35 1.76 3,32 9,64 35,7 85,l 428
1.29 1,639 290
1,42 1,669 380
130 3.5. 1
,o
82 3200 170 2800 55 70 200 80 3.15 2,95 1.1014 8,8.1016 145-220 0,020 0,013 0,020 0,32 0,016 0,35 0.58 0,49 150
2800 170 2800 60 75 < 10 2,84 2,80 5.1016 200-2 15 0,004 0,002
0.20 1,44 0,025 0,58 0,065 0.2 1
Phenolharze
Phenolhane (PF) sind Kondensationsprodukte von Phenolen mit Formaldehyd, gelegentlich auch mit anderen Aldehyden. Die Harzbildung wurde bereits 1872 von Adolf von Bayer beschrieben. Ein Laccain genanntes Kunstharz aus Phenol und Formaldehyd mit Weinsaure als Kondensationsmittel wurde 1902 als Schellackersatz kommerziell hergestellt. Die wirtschaftliche Herstellung von Formteilen gelang jedoch erst 1907 durch das "Wirme-und-Dmck"-Patent von Leo H. Baekeland. Durch Saurekatalyse rnit einem Unterschuss Formaldehyd entstehen Novolake, durch Basenkatalyse mit einem Uberschuss Formaldehyd dagegen zuerst Resole (A-Zustand), d a m Resitole (B-Zustand) und schliesslich Resite (C-Zustand). Die ersten Produkte wurden als Ersatz fur Schellack, dem Stoffwechselprodukt der Lackschildlaus (Kerria lacca) verwendet, daher der Name "Novolak" (L: novo = neu; italienisch: facca = Lack, von Sanskrit: fuksha = hunderttausend (weil viele Schildlause erforderlich sind)).
196
5.5. Aromatische Poly(koh1enwasserstoff)e
Saurekatalyse Formaldehyd CH20 wird durch Protonierung in das Methylolkation eCH20H uberfiihrt. Dieses Kation reagiert dann mit Phenol zu p- oder o-Methylolphenolen, z.B.:
Die Methylolphenole sind jedoch nicht isolierbar, sondem setzen sich in Gegenwart von Protonen schnell zu den entsprechenden Methylenverbindungen um (G1.(5-3 I)), wobei ausserdem offenkettige Formale entstehen (G1.(5-32)):
(5-32)
___, +HCHO
&OH 2'
-H,O
\
&
O
n
0
2
\
\
Die Reaktionen der Gleichungen (5-31) und (5-32) schreiten dann zu oligomeren Verbindungen mit mittleren Molmassen von ca. 1000 gmol weiter. Die so entstehenden Novolake sind loslich. Sie werden mit Hartem wie z.B. Hexamethylentetramin (Hexa, Urotropin) vemetzt:
wcH """'.-b""I OH
OH
+C6HI2N,
(5-33)
Jvu\F
CH,-NH-
FH, OH
Die Hartung erfolgt in p-Stellung schneller als in o-Stellung. Novolake sollten daher m6glichst o,o'-Methylole sein. Bei der Umsetzung von Phenolen mit Formaldehyd entstehen jedoch wegen dieser hoheren Reaktivitat der p-Stellung die weniger erwunschten p-Methylolphenole. Um die Phenol/Formaldehyd-Reaktion in die o-Stellung zu lenken, fiihrt man daher die Novolak-Bildung bei massig hohen Protonenkonzentrationen aus.
197
5. Kohlenstoff-Ketten
Bei diesen Konzentrationen sind die intennediar gebildeten o-Methylolphenole kurzzeitig durch eine Wasserstoffbriicke stabilisiert. Die Stabilitlt und die Ausbeute an diesen Verbindungen wird durch zugesetzte chelatbildende zweiwertige Metalle weiter erhBht.
Basen-Katalyse Rei der basen-katalysierten Reaktion von Phenol mit Formaldehyd wird das Phenolatanion nucleophil an Formaldehyd addiert, 2.B. in ortho-Stellung:
+ HCHO
(5-34)
Ortho- und para-Stellungen weisen dabei im basischen Milieu etwa die gleiche Reaktivitlt auf. Die so entstehenden Resole werden bei der basen-katalysierten Hartung uber die Methylolgruppen verethert und damit vemetzt. Bei hBheren Temperaturen entstehen auch Methylenbriicken. Stoppt man die Reaktion kurz vor dem Vemetzungspunkt, so k6nnen die entstandenen Resitole als sog. B-Stufe isoliert und spater saure-katalysiert gehartet werden. Die Phenolalkohole werden dabei an den basischeren Methylolgruppen protoniert. Die entstehenden Oxoniumionen spalten Wasser ab und bilden Benzylcarboniumionen, die dann mit Verbindungen mit mindestens zwei nucleophilen Gruppen HY vemetzen. Der Rest Y kann dabei 0-Alkyl, S-Alkyl, NH-Alkyl usw. oder auch eine CH-acide Gruppe sein. Da jedoch die Aktivierungsenergie fur die Bildung einer Methylengruppe nur etwa die Hllfte derjenigen fur die Bildung einer Etherbriicke betr3gt, entstehen bei der slure-katalysierten Hartung von Resolen und Resitolen hauptslchlich Methylenbriicken. Sogenannte nicht-katalysierte Hartungen (d.h. ohne Zusatz von Fremdstoffen) laufen wie bei den sauren oder basischen Hartungen ab und nicht uber Chinonmethide, wie friiher postuliert wurde. Chinonmethide entstehen in merklichem Urn fang erst bei Abwesenheit von Sauerstoff und Temperaturen von mehr als 600°C.
Eigenschaften Mit Sauerstoff bildcn sich schon bei tieferen Temperaturen Chinonmethide: (5-35)
0
C
H
2
0
O
H
- H20
Chinonmethide lassen Phenolharze vergilben, was durch Blockieren der Phenolgrup-
pen verhindert werden kann, z.B. durch Veresterung. Die den meisten Phenolharzen eigene gelbe Farbe stammt jedoch nicht von Chinonmethiden. Durch eine Nebenreaktion der Phenolharze bei der Hlrtung mit Hexa werden namlich sekundare Amine gebildet. Diese Aminstrukturen -CH2-NH-CH2- gehen durch Dehydrieren speziell der Kettenenden in Azomethin-Strukturen -CHyN=CH-uber, welche die gelbe Farbe hervorrufen:
198
(5-36)
5.5. Aromatische Poly(koh1enwasserstoff)e
e
C
H
2-NH -CH,
Die ohne Fullstoffe bei erhohten Temperaturen in Formen ausgefiihrte Hlrtung der Resole gibt durchscheinende Gegenstande, die z.B. fur Messergriffe verwendet werden. Die unter Zusatz von Benzylalkohol ablaufende saure Hartung der A-Stufe rnit Phosphorsaure oder aromatischen Sulfonsauren fuhrt zu saurebestandigen Kitten (Asplit). Setzt man der z.B. mit Benzolsulfonsaure ablaufenden Hartung noch gasabgebende Mittel wie NaHC03 zu, erh8;lt man Schaumstoffe. Resitole werden mit Papier, Holz oder Gewebe heiss als Schichtpressmassen zu Platten, aber auch zu rnit Wasser schmierbarcn Zahnradem, verarbeitet. Resitole werden femer als solche oder in Form von mit Resitolen getrankten Papieren als Kleber verwendet. Fur rasch hlrtende Sperrholzkleber werden Verbindungen mit vielen o-Verknupfungen, also vielen p-standigen Methylolgruppen, eingesetzt. Der englische Mosquito-Jagdbomber des 2.Weltkrieges wurde z.B. mit Phenolharzen geklebt. Phenolharze werden fur Lackzwecke besonders vielfaltig abgewandelt. Reine Novolake losen sich nur in polaren Losungsmitteln wie Alkohol, Aceton, niedrigen Estem usw. Sie weisen als spritlosliche Lacke nur einen begrenzten Einsatzbereich auf und sind zudem fur viele Zwecke zu sprode. Es wurden darum sog. plastifizierte und elastifizierte Phenolharze entwickelt. Bei der Plastifizierung wird entweder partiell verethcrt (z.B. rnit t-Butylalkohol) oder verestert (z.B. rnit Fettsauren) oder sowohl verethert als auch verestert (2.B. rnit Adipinsaure und Trimethylolpropan). Die so plastifizierten Phenolharze haben eine erhohte Elastizitat, losen sich in Aromaten, sind vertraglich mit Polyvinylverbindungen und Fettsauren und konnen so gut als Einbrennlacke verwendet werden. Spntlosliche Novolake und plastifizierte Phcnolharze losen sich jedoch nicht in trocknenden Olen wie z.B. Leinol. Besser loslich sind die sog. modifizierten Phenolharze, denen Glycerinester der Abietinsiure zugesetzt wurden. Diese Harze trocknen besser als Kopal-Leinol-Harze. Sog. elastifizierte Phenolharze entstehen durch Einfiihren neucr Gruppierungen in die Grundkomponcnten. Verwendet man z.B. als Phenolkomponente Bisphenol A, so wird nicht nur die Loslichkeit der Phenolharze in trocknenden Olen heraufgcsetzt, sondcm auch die Vergilbungsneigung emiedrigt, weil die sich in p-Stellung bcfindende Methylengruppe vollkommcn substituiert ist. Derartige Alkylphenolharze losen sich in trocknenden Olen, wenn die Phenole p-substituiert sind. Sie ktinncn in Kombination rnit trocknenden Olen eingebrannt werden. Elastifizierungen sind auch durch Verwenden von Bis- oder Polyphenolen mil elastischen Zwischengliedem moglich. Unverseifbare Einbrennlacke erhalt man aus Verbindungen aus der Kondensation hohcrchlorierter Cls-C30-Paraffine rnit Phenol unter der Wirkung von ZnC12 und anschliessender Reaktion mit Formaldehyd zu Resolen. Phenolharze werden femer als Gcrbstoffe, Bindemittel fiir Formsand und Vulkanisationshilfsmittel verwendet. Durch Einkondensation von Phenolen rnit Sulfonsaure-, Carboxyl- oder Aminogruppen werden Ionenaustauscher erhalten. Mantel von Weltraumraketen weisen eine Schicht von Phenolhamen auf, die unter dem Einfluss der Hitze carbonisiert wird und so cinen guten Warmeschutz erzcugt.
199
5 . Kohlenstoff-Ketten
Durch Verspinnen von Novolaken aus der Schmelze entstehen Fasem, die anschliessend mit Fonnaldehydgas oder -1iisung gehartet werden. Die gelblichen Fasem werden fiir flammfeste Decken und Berufskleider verwendet. Weisse Fasem erhalt man durch Acetylierung der Endgruppen (vgl. oben). Phenolharze werden auch als frei fliessende Pulver oder in stabiler wassriger Dispersion angeboten. Zu deren Synthese werden Phenole mit Fomaldehyd in wassrigen Erdalkali- oder Alkalihydroxid-Liisungen bis zu vorbestimmten Molmassen kondensiert; in diesem Stadium ist die Methylolbildung komplett. Sobald sich eine zweite Phase bildet, werden Schutzkolloide (z.B. Polysaccharid-Gummen) zugegeben. Weitere Reaktionen erfolgen durch Kondensation niedemolekularer Spezies zu ringftimigen Oligomeren.
5.5.4.
Poly(armethy1en)e
Durch Kondensation von Aralkylethem wie z.B. a&-Dimethoxy-p-phenol oder Aralkylhalogeniden mit Phenolen oder anderen aromatischen, heterocyclischen oder metallorganischen Verbindungen entstehen in Gegenwart von Friedel-Crafts-Katalysatoren Poly(annethy1en)e bzw. Phenol-Aralkyl-Harze, die ahnliche Strukturen wie Phenolharze aufweisen und mit Hexa oder Polyepoxiden vemetzt werden kiinnen:
(5-37)
(n+2)
8
+ (n + l)CH,OCH,
- (2 n + 2) CH,OH
b
Der durchschnittliche Polymerisationsgrad betragt n = 1,6. Die Prapolymeren werden entweder als Pulver oder in 2-Ethoxyethanol-Llisung mit (50-60) % Feststoffgehalt geliefert. Die Ltisungen enthalten bereits Harter, z.B. Hexamethylentetramin. Sie dienen zur Herstellung von Verbundwerkstoffen, z.B. mit Glas- oder Kohlenstofffasem.
5.5.5.
Poly(benzocyc1obuten)e
Das Monomer BCB mit dem konventionellen Namen Benzocyclobuten wird thermisch zu o-Chinodimethan (OQDM) bzw. o-Xylylen (OX) aktiviert:
BCB (11)
OQDM, OX
Das instabile OQDM addiert sich leicht an viele andere Doppelbindungen und bildet so Diels-Alder-Produkte, z.B. mit Isopren oder Maleinsaureanhydrid.
5.5. Aromatische Poly(koh1enwasserstoff)e
200
Benzocyclobuten (Cyclobutabenzol, Carden) ist der konventionelle Name fur das Bicycl0[4.2.0]~ta-1,3,5-trien (1,2-Dihydrobenzocyclobutadien),eine Verbindung mit einem gesattigten Butanring (II).
Das eigentliche Benzocyclobuten (I) des Chemical Abstracts Service besitzt dagegen einen ungeslttigten Butanring. Benzocyclobuten (CAS)
I
Benzocyclobuten (konventionell)
U
4-Maleimidphenyl4-benzocyclobutenyketon III
4-Maleimidphenyl4-benzocyclobutenylether n/
1,4-Bis(4-benzocyclobuteny1)-2-buten
V
Benzocyclobutane, z.B. 11-V,polymerisieren ohne Katalysator bei (200-250)"C (11) oder tiefer (111-V) ohne Bildung fliichtiger Produkte. Der Polyrnerisationsmechanisrnus ist unbekannt. Aus Benzocyclobuten (11) scheinen neben 1,2;5,6-Dibenzooctan lineare Oligomere mit der Konstitution +CH2( 1,2-C6Hd)CH2+, zu entstehen. 111-V liefern dagegen vemetzte Produkte mit guten Eigenschaften (Tab. 5-19). Tab. 5-19 Eigenschaften von Poly(benzocyc1obuten)en. Eigenschaft
Schmelztemperaturdes Monomeren Dichte Glastempemtur (DSC) Linearer therm. Ausdehnungskoeff.
Physikalische Einheit "c g/cm3
T T < TG T > TG
Biegemodul Biegefestigkeit Reissdehnung
Kritischer SpannungsintensitiltsfaktorKlc Oberflkhenbruchenergie GC Relative Permittiviat Dielekmscher Verlustfaktor (1 MHz) Wasserabsorption (Gleichgewicht)
K-' K-' MPa MPa %
MPa/rn'/* J/m2 1 1 %
Homopolymere von
m
N
V
152 116 1.2 1,30 317 260 > 350 4,3.10-5 6,0.10-5 19,3.10-5 25,0.10-5 3240 3500 5150 207 180 6 1,59 2,31 780 1530 3,15 2,7 0,0026 0,0004 42 0.87
20 1
5 . Kohlenstoff-Ketten
5.6.
Andere Poly(koh1enwasserstoff)e
5.6.1.
Cumaron-Inden-Harze
Die zwischen 150°C und 200°C siedende Teerfraktion enthilt (20-30) % Cumaron (Benzofuran), eine bedeutende Menge Inden und als Hauptbestandteil eine cycloparaffinreiche Fraktion (Naphtha). Benzofuran und Inden haben sehr ihnliche Siedetemperaturen von 174°C bzw. 182°C und werden daher nicht getrennt, sondem direkt in der Naphtha-Lbsung mit H2SO4 oder AlC13 als Katalysatoren zu Harzen mit Molekulargewichten zwischen 1000 und 3000 polymerisiert. Die Polymerisation erfolgt uberwiegend uber die Doppelbindung der Funfringe. Nach der Polymerisation wird das Naphtha verdampft. Die Harze verfirben sich an Licht und Luft, was durch Hydrieren verhindert werden kann.
Benzofuran
5.6.2.
Inden
Dicyclopentadien
Harzol-Harze
Beim Cracken von Rohbenzin oder Gasol in Rohrreaktoren fallen sog. Harzole an. Diese C~-Clo-Kohlenwasserstoffeenthalten sowohl inerte Kohlenwasserstoffe (Xylole, Naphthaline usw.) als auch polymerisierbare Verbindungen (Styrol, a-Methylstyrol, Vinyltoluole, Inden, Methylindene, Dicyclopentadien usw.). Die HarzCile werden direkt mit Friedel-Crafts-Katalysatoren polymerisiert. Dabei werden auch inerte Kohlenwasserstoffe alkyliert, so dass die Harzausbeute griisser ist, als sich aus der Summe der polymerisierbaren Komponenten berechnen lasst. Durch Copolymerisation mit trocknenden Olen entstehen leicht trocknende Lackharze mit gutem Glanz und guter Hirte.
5.6.3.
Pinen-Harze
a-Pinen und P-Pinen kommen im Terpentinol vor, einem hellgelben 0 1 aus Kiefemarten. P-Pinen polymerisiert unter Stickstoff ohne Katalysator zu kristallinen Polymeren:
Die kationische Copolymerisation von P-Pinen mit ca. 20 % Isobutylen gibt schlagfeste Thermoplaste, mit mehr als 90 % Isobutylen vulkanisierbare Elastomere. a-Pinen wird dagegen bei der kationischen Polymerisation zuerst zum Dipenten (D,LLimonen) isomerisiert, das anschliessend polymerisiert:
202
5.7. Poly(viny1verbindung)en
cHT (5-40) I
c H3C' *CH2
5.6.4.
Polymere aus ungesattigten Naturolen
Ungesattigte Naturole werden direkt in Anstrichfarben verwendet (Kap. 3.10). Ausserdem erzeugt man aus ihnen auch Linoxyn und Faktis. Linoxyn erhalt man durch Polymerisation von Leino1 in Gegenwart von Sauerstoff bei 60°C. Das Linoxyn wird anschliessend mit Kolophonium oder Kopalharzen bei 150°C zu "Linoleumzement" homogenisiert. Der z2he, gelartige Linoleumzement wird dann rnit Full- und Farbstoffen vermischt, auf Jutebahnen ausgewalzt und zu Linoleum ausgehartet . Faktis wird aus fetten Olen wie Leinol, RicinusoI, Sojaol oder Rub61 hergestellt. Um braunen Faktis zu erhalten, wird das 0 1 rnit Schwefel (6-8) h auf (130-16O)"C erhitzt. Diese Vulkanisation fuhrt zu weichen, kriimeligen, elastischen Produkten rnit Schwefelgehalten von (5-20) %. Weisser Faktis wird durch Vulkanisation der Ole rnit Dischwefeldichlorid bei Raumtemperatur gewonnen. Er enthllt (15-20) % Schwefel und ist nicht elastisch. Beide Faktissorten werden zum Verbilligen von Gummiartikeln und zum Verbessem der Masshaltigkeit von Kalanderfolien aus Naturkautschuk eingesetzt.
5.7.
Poly(viny1verbindung)en
Poly(viny1verbindung)en (Polyvinyle) entstehen durch die Polymerisation von Vinylverbindungen CH;?=CHX oder durch eine polymeranaloge Umsetzung anderer Poly(viny1verbindung)en t C H r C H X f - . X ist dabei ein Halogen, ein aromatischer Rest oder eine uber Sauerstoff, Stickstoff oder Schwefel an die Vinylgruppe CH2=CH- gekoppelte Gruppierung. Nicht alle Verbindungen rnit der Gruppe CH2=CH- (IUPAC: Ethenyl) werden jedoch Vinylverbindungen genannt. Verbindungen vom Typ CH2=CHR werdcn als 1-0lefinc (friiher: a-Olefine) bezeichnet, falls R ein Alkylrest ist. Die Gruppe CH2=CH-CH2nennt man dagegen Allyl, wenn sie nicht an einem Kohlenstoffrest sitzt. Acrylverbindungen weisen andererseits die Strukturen CH2=CH-CO-, CH2=CH-CN usw. auf. Die Bezeichnung "Vinyl" ist vermutlich wie folgt entstanden. Ethanol wurde friiher Weingeist genannt. Dessen thermische Zersetzung liefert entsprechend Weingas (Ethen). Verbindungen des Ethens wurden folglich Vinylverbindungen genannt (L: vinum = Wein). Nach der Kolbeschen Radikal-Theorie (1854) war nun Methan CH4 das Hydrid des Methylradikals CH3 (also CH3H),Ethan C2HsH das Hydrid des Ethylradikals C2Hs und Ethen CH2=CHH des Hydrid des Vinylradikals CH2=CH. Diese Theorie musste aufgegeben werden, als das disubstituierteEthylenglycol HOCH2CH20H entdeckt wurde. Der Name "Vinyl" blieb jedoch fur Verbindungen wie Vinylchlorid CH2=CHCl, Vinylalkohol CHz=CHOH, Vinylacetat CH2=CHOOCCH3 usw. erhalten.
5. Kohlenstoff-Ketten
203
Vinylidenverbindungen weisen entsprechend die allgemeine Struktur CH2=CR2 auf, wobei R z.B. C1, CN usw. sein kann, nicht aber ein Kohlenwasserstoffrest. Technisch wichtig sind einige 0-und N-Vinylverbindungen sowie Vinylaromaten (Kap. 5.7). Acrylverbindungen (Kap. 5.10), Allylverbindungen (Kap. 5.1 l), chlorhaltige Verbindungen (Kap. 5.8) und fluorierte Ethene, wobei die letzteren zur besseren Ubersichtlichkeit mit anderen Poly(fluorkoh1enwasserstoff)en behandelt werden (Kap. 5.9). S-Vinylverbindungen besitzen nur akademisches Interesse. In der Technik bezeichnet "Vinyl" ausschliesslich Polymere des Vinylchlorids.
5.7.1.
Poly(styro1)
Vinylbenzol CHz=CH(C,jH5) wird nach seiner urspriinglichen Herkunft aus dem Balsam Styrax (Storax) allgemein als Styrol bezeichnet (E: styrene). Styrax ist ein graues bis braunes Weichhan. aus dem Holz des Baumes Liquidambar orientalis; das Han. der Styraxbiume wird dagegen Benzoeharz genannt. Beim Destillieren von Storax rnit Wasser entsteht Styrol (Band I, S. 8). 85 % des Styrols erhalt man heute durch katalaytisches Dehydrieren von Ethylbenzol. Ca. 15 % werden durch Dehydratisieren von Methylphenylcarbinol C ~ H S C H ( C H ~ ) O H hergestellt. Diese Verbindung fallt als "Nebenprodukt" an, wenn Propen mit Ethylbenzolhydroperoxid C6H5CH(CH3)00H als Oxidationshilfsmittel zu Propylenoxid oxidiert wird ( 2 3 kg Styrol pro 1 kg Propylenoxid!). Kleinere Mengen Styrol produziert man durch Oxidation von Ethylbenzol zu Acetophenon, anschliessende Reduktion zum Carbinol und weitere Dehydratisierung zu Styrol. Die Weltkapazitit fiir Styrol betrug 1997 ca. 20.106 t/a, der Weltverbrauch im Jahre 2000 ca. 13.106 t/a (einschl. Schaumstoffe). Styrol kann radikalisch, kationisch. anionisch sowie mit Ziegler-Katalysatoren oder Metallocen-Katalysatoren polymerisiert werden. Homopolymerisationen verbrauchen ca. 40 % des produzierten Styrols, Copolymerisationen ca. 60 %. Polymere und Copolymere des Styrols sind auch Komponenten von Polymer-Blends.
Ataktische Homopolymere Styrol wird technisch hauptsachlich radikalisch polymerisiert, meist initiiert in Suspension, daneben auch thermisch (initiatorfrei, Band I) in Substanz. Uber 40 % der Poly(styro1)e werden fiir Verpackungen verwendet, davon sehr vie1 fur geschaumte Produkte. Geschaumtes Poly(styro1) dient auch als Dammmittel fiir Bauten. Die thermische Polymerisation wird nach dem Turmverfahren ausgefiihrt. Eine Losung von ca. 30 % Poly(styro1) in Styrol wird bei ca. 100°C auf einen Turm aufgegeben und nach ca. 1 Tag bei Temperaturen von ca. 220°C unten kontinuierlich als Polymeres abgezogen (Abb. 5- 12). Um Verstopfungen durch Gele und unlosliche (vemetzte) Partikeln zu vermeiden, werden oft einige Gewichtsprozent eines Ketteniibertragers zugegeben, z.B. Ethylbenzol. Die so hergestellten Polymeren sind sehr rein und kristallklar. Sie werden daher Kristallpoly(styro1)e genannt. Diese Poly(stym1e) (PS) sind jedoch ataktische, nicht-kristalline (amorphe) Materialien mit Glastemperaturen von 100°C. Die Suspensionspolymerisation erfolgt diskontinuierlich, z.B. mit Initiator-Systemen aus Dibenzoylperoxid und t-Butylperbenzoat.
204
5.7. Poly(viny1verbindung)en Styrol
mi
:,
I
+ 80°C+
N2
T 100°C 1l 0 T 150T 150°C 180°C 180T
Poly(styro1)
Abb. 5-12 Kontinuierliche Polymerisation von Styrol in Masse nach dem Turmverfahren. Styrol wird bei 80°C unter Stickstoff vorpolymerisiert und dann in einem Turm mit einem Temperaturgradienten auspolymerisiert.Nichtpolymerisiertes Styrol und Oligomere werden iiber Kopf abgezogen und zur Wiedergewinnung kondensiert. Die Schmelze des Poly(styro1)s wird iiber einen Extruder ausgetragen; nach dern Verfestigen wird granuliert. Vereinfacht nach [ 5 ] . Eine kleine Menge des Styrols wird kationisch zu niedermolekularen Polymeren umgesetzt. die fur Beschichten und Klebstoffe dienen. Anionische Polymerisationen dienen fur die Synthese von Blockcopolymeren. Radikalische Poly(styro1)e (PS) sind ataktisch und amorph. Sie weisen von allen transparenten Polymeren die niedrigsten Dichten und hochsten Steifigkeiten auf. PS sind leicht zu verarbeiten und besitzen relativ hohe Moduln (Tab. 5-20), sind aber verhutnismassig sprode. Sie neigen auch zur Bildung von Spannungsrissen. Anders als andere Therrnoplaste wird PS nur selten durch Fullstoffe verstarkt, da dadurch weder die Harte und die Sprodigkeit noch die Anfalligkeit f i r die Bildung von Spannungsrissen wesentlich verandert wird. Poly(styro1)e werden dagegen mit Kautschuken schlagzah gemacht.
Stereoregulare Poly(styro1)e Isotaktische und syndiotaktische Poly(styro1)e werden durch Ziegler-Natta- oder Metallocen-Polymerisationen erhalten. Isotaktische Poly(styro1)e sind sprode und wegen ihrer hohen Schmelztemperatur von ca. 230°C nur schlecht verarbeitbar; sie besitzen keine techni sche Bedeutung . Syndiotaktisches Poly(styro1) (SPS) wird mit Metallocen-Katalysatoren erzeugt. Wie das ataktische Poly(styro1) weist es eine niedrige Dichte, leichte Verarbeitbarkeit und eine geringe Feuchtigkeitsaufnahme auf. Dagegen ist die Formbestandigkeit wegen der hohen Schmelztemperatur betrachtlich grosser (Tab. 5-20). Formteile verziehen sich weniger stark, da die kristallinen und amorphen Phasen praktisch identische Dichten aufweisen. Die mechanischen und thermischen Eigenschaften des SPS ahneln denjenigen des Pol yamids 66. Da jedoch die Feuchtigkeitsaufnahme des SPS wesenllich geringer ist, brauchen Forrnteile anders als beim PA 66 nicht konditioniert werden. SPS ist erst seit 1998 auf dem Markt. Alle bislang angebotenen Typen sind mit Glasfasem vcrstarkt.
5 . Kohlenstoff-Ketten
205
Tab. 5-20 Eigenschaften von ataktischen Poly(styro1)en (at-PS), syndiotaktischem Poly(styro1) (stPS) und Poly(p-methylstyrol) (F'MS). HW = Hoch wiirmebestindig; LF = leicht fliessend. Eigenschaft
Physik. Einheit
Dichte dcm3 1 Brechungsindex T Schmelztemperatur (DSC) Whestandfestigkeit (1.82 MPa) T Vicat-Temperatur B T Glastemperatur (DSC) T Linearer therm. Ausdehnungskoeffizient K-' J K-I g-I Spezifische. WhekapazitAt K-' W Wheleitfrlhigkeit (20°C) Zugmodul MPa MPa Biegemodul Schermodul MPa MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa Biegefestigkeit % Reissdehnung H/m2 Schlagziihigkeit (Charpy) Kerbschlagztihigkeit (Izod, 3,l mm) J/m H/m* (Charpy) MPa Kugelfallh&te (60s) Relative PermittivitAt 1 n OtmfUchenwiderstand Dmhgangswiderstand(2 min) cm kV/mm Durchschlagfestigkeit 1 Dielekirischer Verlustfaktor (50 Hz) Wasserabsorption (96 h) %
at-PS
Hw 1.05
139 103
99 100 7.10-5 1.3 0,18 3350 1250 65 100
4 5-20
at-PS LF
st-PS
PMS
1.05 139
1.01
1.05
270 250 108 98
97 115 90
77 78 80 7.10" 1.3 0,18 3200 1200
45 90 3 5-13
2410 2900 loo0 35 64 20
48 79
16 2.5 1150 2,s 1015 10'8 200 0,0001 0,l
2 1100
0.1
0,04
Copolymere Styrol wird als Monomeres fur sehr viele Copolymere verwendet (Weltverbrauch an ABS/ASA/SAN: 5.106 t/a (2000). Durch radikalische Copolymerisation werden eneugt: ESI SMA
Bipolymere von Styrol rnit Ethen ("Interpolymere" genannt) Bipolymere von Styrol rnit Maleinsaureanhydrid Bipolymere von Styrol rnit Maleinimid SAN Bipolymere von Styrol mit Acrylnitril ASA Pfropfcopolymere von Styrol und Acrylnitril auf Acrylkautschuke Pfropfcopolymere von Styrol/Acrylnitril auf Acrylnitril/Butadien-Kautschuke ABS Pfropfcopolymere von Styrol/Acrylnitril auf Kautschuke aus chloriertem PE ACS AES Pfropfcopolymere von Styrol auf EPDM-Elastomere. Die Copolymeren von Styrol rnit Acrylnitnl, Maleinimid oder Maleinsaureanhydrid zeichnen sich gegenuber at-Poly(styro1) durch erhtihte Wanneformbestindigkeiten aus. SAN rnit (60-70) % AN-Bausteinen dienen auch als Barriere-Polymere fur weitgehend gasdichte Verpackungen. Die Pfropfcopolymeren ABS, ACS, AES und ASA sind schlagzihe Polymere (vgl. Band IV).
206
5.7. Poly(viny1verbindung)en
Anionische Polymerisationen dienen zur Herstellung von Blockcopolymeren rnit zwei oder drei Blocken pro Molekul: S-B Diblockcopolymere von Styrol rnit ca. 25 % Butadien (SB) S-B-S Triblockcopolymere von Styrol rnit Butadien (SBS) S-I-S Triblockcopolymere von Styrol rnit Isopren (SIS) Bei den S-B-Blockcopolymeren liegen die Poly(butadien)-Mikrophasen in besonders feiner Verteilung vor. Diese Polymeren sind im Gegensatz zu ABS und ACS transparent und werden darum glasklare, schlagzahe Poly(styro1)e genannt. Die Triblock-Copolymeren rnit Gehalten von mehr als ca. 70 % Butadien oder Isopren sind dagegen thermoplastische Elastomere (Band IV). Hydrierte S-I-S-Triblockcopolymere sind als thermoplastische Olefin-Elastomere (TPO) im Handel. TPOs konnen jedoch auch Polymerblends sein. Durch radikalische Copolymerisation von Styrol rnit etwas Divinylbenzol (gewijhnlich als Mischung der Isomeren C6Hd(CH=CH2)2) entstehen vemetzte Polymere. Das Massepolymerisat kann nur spanabhebend vearbeitet werden. Es wird in der Elektrotechnik verwendet und hat nur eine geringe Bedeutung. In Suspension hergestellte Copolymerisate fallen als Perlen an, die z.B. nach der Sulfonierung als Ionenaustauscher dienen. p-Divinylbenzol wie auch rn-Diisopropenylbenzol (rn-C6H4(C(CH3)=CH2)2) konnen wegen des Reaktivitatsunterschiedes der Kohlenstoff-Doppelbindungen vor und nach der Polymerisation der ersten Gruppe mit geeigneten anionischen Initiatoren bei nicht zu hohen Umsatzen zu lijslichen Polymeren umgesetzt werden.
5.7.2.
Substituierte Poly(styro1)e
Von den funf moglichen Monomethylderivaten des Styrols ist P-Methylstyrol aus kinetischen und a-Methylstyrol sowohl aus kinetischen (Allylverbindung!) als auch aus thermodynamischen Griinden (Ceiling-Temperatur in Masse bei 60°C) schwierig radikalisch zu hochrnolekularen Produkten polymerisierbar. Niedermolekulare Poly(a-methylstyro1)e werden als Modifikatoren und Verarbeitungshilfen fur thermoplastische Elastomere, Poly(vinylchlorid), ABS-Polymere usw. verwendet.
CH3
P-methyl
a-methyl
o-methyl
m-methyl
p-meth yl
p-Methylstyrol wird technisch durch Alkylierung von Toluol mit Ethcn uber speziellen Zeolithen in 97 %iger Reinheit erhaltcn. p-Methylstyrol ist wirtschaftlich interessant, da Toluol preiswerter als Benzol ist (letzteres wird fur eine Reihe wichtiger Zwischenprodukte sowie zum Klopffestmachen bleifreier Benzine benotigt). In den USA wcrden daher ca. 65 % des in der chemischen Industrie eingesetzten Toluols zu Benzol dcalkyliert. Die Mischung von 33 % p - und 67 % m-Methylstyrol heisst Vinyltoluol.
5. Kohlenstoff-Ketten
207
Sowohl p-Methylstyrol als auch Vinyltoluol werden radikalisch polymerisiert. Poly(pmethylstyrol) weist hohere Hirten und hohere W2rmeformbestandigkeitstemperaturen als Poly(styro1) auf (Tab. 5-20). Auch Copolymere von p-Methylstyrol rnit Acrylnitril oder Acrylnitril und Butadien sind im Handel. Poly(vinyitoluo1) wird zum Modifizieren ungesBttiger Polyester-Harze verwendet. Homo- und Copolymere halogenierter Styrole sind ebenfalls bekannt. Chlorstyrole dienen oft als Comonomere in Poly(styrol)en, um deren Flammschutz zu verbessem. Poly(2,4,6-tribromstyrol) wird verschiedenen Polymeren als Flammschutzmittel zugesetzt. Hochfluorierte Poly(styro1)-Abkiimmlinge wie 2.B. Poly(2-trifluonnethylstyrol) oder Poly(4-perfluorisopropylstyrol) besitzen ausgezeichnete optische Eigenschaften wie hohe Brechungsindices und erhohte AbM-Zahlen sowie hohe Glastemperaturen.
5.7.3.
Poly(viny1acetat)
Vinylacetat CH2=CH(OOCCH3) (VAC) wird aus Ethen und Essigsaure hergestellt, friiher auch aus Acetaldehyd und Acetanhydrid bzw. aus Acetylen und Essigsaure. Die Weltkapazitit betrigt ca. 3,7.106 t/a (1996). Ca. 1,4.106 t/a wurden zu Poly(vinylacetat), 0,94 t/a zu Poly(vinylalkoho1) und 1,3.106 t/a zu VAC-Copolymeren verarbeitet (1991). Vinylacetat wird radikalisch in Substanz, Emulsion oder Suspension polymerisiert. Die Massepolymerisation erfolgt bei der Siedetemperatur des Monomeren (723°C bei 0 , l MPa). Sie liefert wegen der Ketteniibertragung zur Estergruppe stark verzweigte Polymere. Technisch wird bis zu einem bestimmten Umsatz polymerisiert und d a m das restliche Monomere durch Dunnschichtverdampfung entfemt. Altemativ kann man auch im Turmverfahren polymerisieren. Da hierbei das Polymere noch fliessfghig sein muss, erh3lt man rnit diesem Verfahren wegen der starken Zunahme der Fliesstemperatur rnit der Molmasse nur massig hohe Molmassen. Emulsions- und Suspensionspolymerisationen mussen wegen der niedrigen Glastemperatur von Poly(viny1acetat) (Tc = 28°C) bei tiefen Temperaturen ausgefiihrt werden. da die Latices bzw. Perlen bei hoheren Temperaturen aggregieren wurden. Die Emulsionspolymerisation wird ublicherweise rnit anionischen Emulgatoren vorgenommen und liefert daher negativ geladene Latices. Positiv geladene Latices entstehen z.B. bei Verwendung stickstoffhaltiger Derivate ethoxylierter Poly(propy1enoxid)e. Stabile, feindisperse Latices rnit mehr als 50 % Feststoffgehalt sind schwierig herzustellen, werden jedoch beim Einbau von kleinen Mengen hydrophiler Verbindungen erhalten. Poly(viny1acetat) wird in ca. 40 %iger Dispersion als Klebstoff und fur Holzleime, in Dispersionen als Lackrohstoff und fiir Appreturen sowie als spriihgetrocknetes Dispersionspulver fur Betonzusiitze verwendet. Wasserbestadigere Poly(viny1acetat)-Typen erh a t man durch Copolymerisation von Vinylacetat mit hydrophoberen Vinylestem, z.B. Vinylstearat CH2=CH(OOC(CH2)17H) oder Vinylpivalat CH2=CH(OOCC(CH3)3), da deren grosse Seitengruppen die Verseifungsgeschwindigkeit von PVAC herabsetzen. Copolymere des Vinylacetates rnit Vinylchlond dienen als Schlagzahmacher fur Poly(viny1chlorid). Copolymere aus Ethen und VAC rnit (70-95) Gew.-% VAC dienen als Adhhive und als Bindemittel fur Anstrichfarben, rnit (40-50) % VAC zur Kabelisolierung, rnit (30-40) % VAC als Uberzuge, rnit (15-30) % z.B. fur Dichtungen und rnit weniger als 10 % als Verpackungsmittel fur Tiefkuhlkost und Abfalle.
208
5.7.4.
5.7. Poly(viny1verbindung)en
Poly(vinylalkoho1)
Vinylalkohol CH2=CHOH liegt als Enol in kleinen Mengen im Tautomerie-Gleichgewicht mit Acetaldehyd CH3CHO vor. Das Enol kann aus der Mischung der Tautomeren in polaren Ltisungsmitteln durch Alkalialkoholate als Initiatoren zu Poly(vinylalkoho1) +CHrCHOH-f, polymerisiert werden. Das Enol wird durch die so bewirkte Verschiebung des Tautomeren-Gleichgewichtes standig nachgeliefert, bis aller Acetaldehyd in PVAL umgewandelt ist. Das Verfahren wird jedoch nicht technisch ausgefiihrt. Die Protonolyse des Ketenmethylvinylacetals CH2=C(OCH3)0CH=CH2 in Aceton liefert Aceton und Vinylalkohol (GL(5-41)). dessen radikalische Copolymerisation mit einem anderen Monomeren durch UV-Bestrahlung von AIBN initiierbar ist. Solche Copolymerisationen rnit z.B. Maleinsaureanhydrid erfolgen auch mit Methylvinylalkohol CH3CH=CH-OH (1-Propenol), der durch Isomerisieren von CH2=CHCH20H entsteht. (5-41)
CH,=C,
0
OCH3 OCH =CH,
+ H2O
CH3COOCH3 + HO-CH=CH,
Poly(vinylalkoho1) (PVAL; friiher auch PVA) wird bislang technisch durch Umeslem von Poly(viny1acetat) rnit Methanol oder Butanol erzeugt. Dabei entstehen Methylacetat (R = CH3) oder das wertvollere Butylacetat (R = C4H9) als gesuchte Losemittel: (5-42)
+ ROH
mCH2-CH-
I
O-S-CH,
+
mCH2-CH-
I
+ CH3COOR
OH
0
Bei der Umesterung wird bei Umsatzen zwischen (45-85) % wegen der Assoziation der intermediar entstehenden Poly(viny1acetat-co-viny1alkohol)e eine hochviskose Phase durchlaufen. Urn diese Phase zu vermeiden, wurde vorgeschlagen, kontinuierlich in sehr verdunnter Losung zu arbeiten, die Losung des PVAC in Kohlenwasserstoffen zu emulgieren oder aber Kneter zu verwenden. Die Schwierigkeiten konnten auch umgangen werden, wenn von leicht in heissem Wasser verseifbarem Poly(viny1formiat) anstelle von PVAC ausgegangen wurde. Die bei der Verseifung entstehende Ameisensaure ist aber stark korrodierend. Vinylformiat ist zudem leicht hydrolysierbar und darum nur schwierig henustellen. Poly(vinylalkoho1) wird im Allgemeinen in drei Typen rnit 1-2, 3-7 oder 10-15 mol% Vinylacetat-Einheiten hergestellt. Es wird fur viele Zwecke verwendet: als Schlichte (in Mischung mit Starke) bei der Herstellung von Fasem aus Polyamiden oder Rayon, als Klebstoff, als Emulgator oder Schutzkolloid bei Polymerisationen, als Komponente fur Dmckfarben, Zahnpasten und Kosmetika, als Werkstoff fur treibstofffeste Schlauche, als Binder in der Papierindustrie usw. PVAL-Dichromat-Mischungen dienen als Kopierschichten fur den Offset-Druck mit Positiv-Kopie. Durch Verspinnen wassriger PVALLtisungen in ein Natriumsulfatbad und anschliessendem Verstrecken, Tempem und Vernetzen mit Formaldehyd wird in Japan eine Faser rnit drahtigem Griff hergestellt. Eine flammwidrige Faser entsteht durch Coextrudieren von Poly(vinylalkoho1) und Poly(vinylchlorid). Copolymere aus Ethylen und Vinylalkohol (via Umestem von VinylacetatEinheiten) dienen auch als Sauerstoff-Barrieren in coextrudierten Filmen (Band IV).
209
5. Kohlenstoff-Ketten
5.7.5.
Poly(vinylaceta1)e
Poly(vinylaceta1)e entstehen durch Reaktion von Aldehyden RCHO mit Poly(viny1alkohol), im Falle des Poly(vinylforma1)s auch direkt mit Poly(viny1acetat). Aldehyde als bifunktionelle Reagenzien bilden dabei intramolekulare Ringe: +RCHO
OH
OH
OH
OH
OH
OH
0
Wegen des statistischen Charakters dieser Reaktion bleiben bei imversiblen Reaktionen einige OH-Gruppen ubrig, und zwar theoretisch bei Kopf-Schwanz verknupften Polymeren mit p OH-Gruppen pro Mer zu einem Bruchteil f = exp (- 2 p ) . Bei einem reinen Kopf-Schwanz-Poly(vinylalkoho1) sollten daher f = 0,135 OH-Gruppen unreagiert bleiben. Experimentell wird ein etwas hCiherer Anteil gefunden, da PVAL einige Kopf-Kopf- bzw. Schwanz-Schwanz-Gruppierungen aufweist. Poly(vinylaceta1)e enthalten somit wegen der unvollstandigen Acetalisierung des Poly(vinylalkoho1)s Acetal- und Hydroxylgruppen sowie wegen der unvollstandigen Umestemng des Poly(viny1acetat)s ausserdem noch Acetatgruppen. Poly(vinylforma1)e werden in einem simultanen Prozess hergestellt. Dazu wird Poly(vinylacetat) in einem Gemisch aus Essigsaure, Wasser und Formaldehyd suspendiert und daM Schwefelsiure zugegeben. Nach dem Neutralisieren fallt das Polymere nach Zugabe von Wasser aus. Poly(viny1formal)e rnit ca. 84 % Formal-, 6 % Hydroxyl- und 10 % Acetatgruppen werden mit Resolen gemischt und zur elektrischen Isolierung von Magnetddhten verwendet. Die Synthese von Poly(vinylbutyra1)en erfolgt dagegen in einem stufenweisen Prozess. Poly(viny1acetat) wird zuerst mit einem Alkohol zum Poly(vinylalkoho1) umgeestert. Der PVAL wird in Ethanol suspendiert; sodann werden Butyraldehyd und der Katalysator zugegeben. Aus der entstandenen LCisung wird das Polymere mit Wasser ausgefallt. Poly(vinylbutyra1)e rnit 80 % Butyral-, 18 % Hydroxyl- und 2 % Acetatgruppen werden rnit 30 % Dibutylsebacat als Weichmacher versetzt und als Filme f i r Sicherheitsgllser verwendet. Sicherheitsglaser bestehen aus einem ca. 0,4 mm starken Film von Poly(vinylbutyra1) zwischen zwei Glasscheiben. Beim Zersplittem des Glases haften die Scherben an dem gut Hebenden Poly(vinylbutyra1). Poly(vinylbutyra1)e werden ausserdem als Grundierungen (Primer) f i r Lacke eingesetzt.
5.7.6.
Poly(viny1ether)
Vinylether CH2=CHOR erhalt man aus Ethylen und Alkoholen in Gegenwart von Sauerstoff, friiher auch durch Anlagerung von Alkoholen an Acetylen. Sie werden kationisch polymerisiert. Bei der technischen Polymerisation wird ein kleiner Teil des Monomeren in 1,4-Dioxan bei 5°C vorgelegt, der Initiator BF3.2H20 zugegeben und nach dern Anspringen der Polymerisation weiteres Monomeres so zugefugt, dass bei ca. 100°C unter Ruckfluss polymerisiert werden kann.
210
5.7. Poly(viny1verbindung)en
Alle Poly(viny1ether) +CH2-CHORt, sind schwer versei h a r e , gut lichtbestandige Weichharze. Poly(vinylmethy1ether) dienen als Weichmacher fur Uberzuge sowie in wassriger Losung als Klebrigmacher. Poly(vinylethy1ether) sind Weichmacher fur Cellulosenitrat sowie fur Lacke auf der Basis von Naturharzen; ihre Losungen bilden die Grundlage fur druckempfindliche Klebstoffe. Poly(vinylisobuty1ether) werden ebenfalls fur druckempfindliche Klebstoffe sowie als Klebrigmacher eingesetzt. Poly(viny1octadecylether) verwendet man fur Polier- und Wachsmittel. Die aus Methylvinylether und Maleinsaureanhydrid entstehenden Copolymeren werden anschliessend verestert. meist mit Butanol oder Ethanol. Diese Polymeren sind die wirksamen Komponenten der meisten heutigen Haarsprays. Aus Divinylether DV und Maleinsaureanhydrid MA entsteht bei der radikalischen Copolymerisation ein unter dem Namen DIVEMA bekanntes sog. Pyran-Copolymer. Bei der Polymerisation wechseln inter- und intramolekulare Reaktionsschritte ab, so dass das Polymere aus Maleinsaureanhydrid- und Divinylether-Bausteinen im Verhaltnis 2: 1 besteht (G1.(5-44)). Die Divinylether-Reste liegen durch die Cyclopolymerisation in Form sechsgliedriger Ringe vor, evtl. teilweise auch als funfgliedrige. Das hydrolysierte DIVEMA ist nach der Neutralisation biologisch wirksam. Es wirkt gegen Tumore, induziert die Interferon-Bildung usw. und besitzt ausserdem antibakterielle, antifungizide und antiarthritische Eigenschaften.
O , CH, =CH
0- CH
+ R'
CH2 =CH,
I
\
0- CH
I
\
\
\
R-CH,-C,* H
I
0
(5-44)
5.7.7.
Poly(N -vi n y I ve r b in d u n g ) e n
Vinylamin CH2=CHNH2 ist nicht bekannt (Isomeres des cyclischen Ethylenimins 1). Poly(viny1amin) 11 wird daher aus anderen Poly(N-viny1verbindung)en hergestellt, L . B . durch Hydrolyse von Poly(N-vinylacetamid) 111 oder Poly(N-vinyl-t-butylcarbamat) IV oder auch durch Hydrazinolyse von Poly(N-vinylsuccinimid) V oder Poly(N-vinylphthalimid) VI. Die Polymeren 111-VI sind dabei durch radikalische Polymerisation der entsprechenden Monomeren zuganglich. Poly(viny1amin) I1 dient wegen seiner reaktiven Aminogruppe zum Herstellen polymerer Farbstoffe, die anderen Polymeren 111-VI besitzen bislang nur akademisches Interesse. Poly(N-vinylacetamid) I11 konnte jedoch wegen seiner Loslichkeit in Wasser und organischen Losungsmitteln als Verdicker oder Filmbildner interessant werden.
5 . Kohlenstoff-Ketten
21 1
Poly(N-vinylimidazol) VII wird in kleinen Mengen erzeugt, wahrend Poly(N-vinylcarbazol) VIII und Poly(N-vinylpyrrolidon) IX technische Produkte sind. Vinylpyridine sind Comonomere bei Elastomeren; Homopolymere werden nicht industriell hergestellt. Poly(2-vinylpyridin- 1-oxid) X scheint die Lunge gegen Silicose zu schutzen.
Poly(N-vinylcarbazol) Poly(N-vinylcarbazol) (PVK) VIII besitzt dagegen grBsseres technisches Interesse. Carbazol wird aus Steinkohlenteer gewonnen. Die Vinylierung erfolgt rnit Acetylen bei (160-1 80)"C und 2 MPa in Gegenwart von ZnO/KOH. N-Vinylcarbazol kann kationisch sowie mit nicht-oxidierenden, radikalisch wirkenden Initiatoren polymerisiert werden. Die Polymeren sind mit ihrer Glastemperatur von 227°C und ihrer Wirmeformbestandigkeitstemperatur von ca. 160°C sehr gut temperaturbestindig. Ihre extreme Sprbdigkeit kann durch Copolymerisation mit etwas Isopren herabgesetzt werden. PVK wurde als Isolationsschicht bei Hochfrequenzbausteinen verwendet. Wegen seiner guten Foto1eitWhigkeit und seinem sehr hohen Dunkelwiderstand wird es seit ca. 1970 zusammen rnit Elektronendonatoren wie Chloranil und Tetracyanethylen anstelle von Diarsentriselenid in Fotokopiergeraten verwendet. Poly(N-vinylpyrrolidon) Poly(N-vinylpyrrolidon) IX wird ebenfalls technisch hergestellt. Das monomere N Vinylpyrrolidon erhalt man durch Vinylieren von Pyrrolidon (2-Pyrrolidinon, y-Butyrolactam) rnit Acetylen und das YButyrolactarn durch Reaktion von YButyrolacton rnit Ammoni ak. N-Vinylpyrrolidon polymerisiert man in Masse oder bevorzugt in wissriger Lbsung rnit Hydrogenperoxid in Gegenwart aliphatischer Amine, da diese die im sauren Milieu auftretende Zersetzung von N-Vinylpyrrolidon verhindem. Die Polymeren lbsen sich sowohl in Wasser als auch in polaren organischen Lbsungsmitteln. Sie dienen als Bindemittel in der Pharmazeutik, als Filmbildner in der Kosmetik, Haarfestiger, Stabilisator von Getrhken (z.B. in amerikanischen Bieren!), Klebstoffe, Emulgatoren und im 2.Weltkrieg in isotonischer Kochsalzltisung auch als Ersatz fur Blutserum.
212
5.8.
5.8. Poly(halogenkoh1enwasserstofl)e
Poly(halogenkoh1enwasserstoff)e
5 . 8 . 1 . Poly(vinylch1orid) Chlor fie1 friiher zwangslaufig bei der Synthese des Zielproduktes Natronlauge fur die Produktion von Zellwolle und auch bei der Herstellung von Magnesium an. Vinylchlorid CH2=CHCl (VC) und Poly(viny1chlorid) +CHFCHCl+ (PVC) waren daher dazumal gute Chlor"vemichter". Heutzutage ist z.B. in den USA Chlor das Zielprodukt (1/4 davon fur PVC) und Natronlauge das nicht immer envunschte Nebenprodukt. Der Grundstoff fur Vinylchlorid ist 1,2-Dichlorethan (EDC). Modeme Verfahren sind integriert: Aus Ethen und C12 entsteht EDC, das dann in der Gasphase zu VC dehydrochloriert wird. Das abgespaltene HC1 wird zusammen mit 0 2 zum Oxychloneren von Ethen verwendet. Entsprechende Anlagen konnen Kapazitaten bis zu 1.106 t/a aufweisen. Die alteste VC-Synthese aus Acetylen und HC1 ist nur noch in Landem mit preiswerter Kohle wirtschaftlich (Russland, Sudafrika). Die Weltkapazitat fur Chlor belief sich 1986 auf ca. 38.106 t/a, ca. 50 % davon fur PVC. Die Produktion von Poly(vinylch1orid) betrug im Jahre 2000 ca. 26.106 t/a.
Homopolymerisationen 95 % des Vinylchlorids wird fur Homopolymerisate (PVC) verwendet. Ca. 2/3 der Polymerisate gehen in Hart-PVC (nicht weichgemachtes PVC), ca. 1/3 in Weich-PVC. Umgangssprachlich bezeichnet man alle Poly(vinylch1orid)e einfach als "Vinyl". Vinylchlorid wird technisch radikalisch in Masse (Gasphase), in Emulsion oder in Suspension polymerisiert. Die kontinuierliche Massepolyrnerisation ist eine in zwei Stufen ausgefuhne Fallungspolymerisation (Abb. 5- 13).
f 1
Vinylchlorid
P Abb. 5-13 Vinylchlorid wird irn Weg 1 aus eincrn Vorratstank in einen Vorpolyrnerisator gepurnpt. Das Vorpolyrnerisat gelangt in den eigentlichcn Polymerisationsautoklaven, wo es im Weg 2 mit neuem Monomeren versetzt wird. Nicht umgesewtcs Monomcres wird uber Kopf abgezogen, wo es irn Weg 3 in einem Separator von Polymcrstaub befreit wird. Das kondensierte Monomer wird wieder dem Vorratstank zugefiihrt. Mit freundlicher Genehmigung von Chemical Engineering, New York [6].
213
5 . Kohlenstoff-Ketten
Die Massepolymerisation wird hauptsachlich durch radikalische Initiatoren wie Ace11 oder Di-2-ethylhexylperausgelbst. Das entstehende Polyoxydicarbonat ((C2H5)(C4H9)CH-CH2-O-CO-0)2 (vinylchlond) ist im monomeren Vinylchlorid unlbslich. Um einen Warmestau zu verhindem, fuhrt man diese Flllungspolymerisation in zwei Stufen aus. Die Polymerisationswirme wird durch Verdampfen des Monomeren abgefuhrt (Abb. 5-1 3). Zuerst wird vorpolymerisiertes PVC unterhalb des Sattigungsdampfdruckes rnit Vinylchlorid beladen, das bis zu ca. 12 % umgesetzt wird. Polymerisiert man ohne PVCZugabe, muss der Umsatz mindestens 7 % betragen, da sonst die entstehenden PVCKtimchen nicht intakt ohne zu brechen in die zweite Stufe uberfuhrt werden ktinnen. Der Umsatz darf jedoch nicht mehr als 10 % betragen, da dann die Masse zu viskos wird. Anschliessend wird Monomer und Initiator zugesetzt und in einer Wirbelschicht oder einer Kaskade weiterpolymerisiert. Die Struktur der PVC-Kbmchen beeinflusst sehr stark die Eigenschaften des PVCs, z.B. die Weichmacheraufnahme und die Gelierung. Massepolymensate (PVC-M) machen in Westeuropa ca. 11 % des Poly(viny1chlorid)s aus und Emulsionspolymerisate (PVC-E) ca. 13 %, Suspensionspolymensate (PVC-S) jedoch 76 %. Bei Suspensionspolymerisationen werden sehr verschiedene Initiatoren verwendet, ausser den beiden oben genannten z.B. Dicetylperoxycarbonat (C16H330C00)2 und Dilauroylperoxid (Cl1H23COO)2. Suspensionspolymerisationen werden in Kesseln mit bis zu 200 m3 Inhalt ausgefihrt und bei Umsatzen von (75-90) % abgebrochen. Das restliche Monomer wird abdestilliert. Anschliessend wird filtriert bzw. zentrifugiert und getrocknet. Da das Monomer langfristig krebserzeugend ist (ca. 150 weltweit bekannte Falle von Leberangiosarkom), mussen die verbleibenden VC-Spuren noch durch eine Intensiventgasung bei hoheren Temperaturen im Vakuum durch Strippen rnit Dampf entfemt werden. Vinylchlorid folgt nicht der Standardkinetik von Emulsionspolymerisationen. Die Polymensationsgeschwindigkeit ist praktisch unabhbgig von der Zahl der Latexteilchen und nicht ihr proportional, hangt von der Initiatorkonzentration nach [ I]0.5-o.7 und nicht nach [1]0*4 ab und variiert mit der Konzentration und dem Typ des Emulgators, statt ihm nach [S]o,6 proportional zu sein. Vermutlich finden rasche Desorptionen und Readsorptionen von durch Kettenubenragung gebildeten Radikalen statt.
tylcyclohexansulfonylperoxid CH3-CO-O-O-S02-C6H
Struktur Die radikalische Polymerisation von Vinylchlorid zeichnet sich durch eine starke Kettenubertragung zum Monomer aus: (5-45)
wCH2-6HC1
+ CHz=CHCl
WCHz-CHCI,
+
CH2=6H
Da die Geschwindigkeit dieser Ubertragungsreaktion vie1 grosser als diejenige des Abbruchs durch gegenseitige Desaktivierung zweier Polymerradikale ist, wird der Polymerisationsgrad praktisch unabhangig von der Initiatorkonzentration. Polymerisationsgrade werden daher technisch uber die Variation der Polymerisationstemperatur eingestellt. Die nach G1.(5-45) entstehenden Monomerradikale starten neue Polymerketten rnit ungesattigten Endgruppen CH2=CH-. Durch den Polymerisationsprozess werden aus-
214
5.8. Poly(halogenkoh1enwassersloff)e
serdem andere ungesattigte Gruppen wie -CH=CH-CH2CI und -CH=CH-CHCIgebildet. Derartige Gruppcn sind in Konzentrationen von (0,OS-0,7) Gruppen pro 100 Monomereinheiten vorhanden. Diese ungesattigten Gruppen sind teilweise fur die beim PVC beobachtbaren, reissverschlussartigen Dehydrochlorierungen verantwortlich, die zu Sequenzen konjugierter Doppelbindungen fuhren. Mit zunehmender Sequenzlange verfarben die entstehenden pol yen-Strukturen das Polymere von gelb uber braun nach schwarz. Das PVC vemetzt und die mechanischen Eigenschaften verschlechtem sich. Aus endstandigen Kopf-Kopf-Verkniipfungen -CH2-CHCI-CHCI-'CH2 kann CI abstrahiert werden. Aus -CH2-CHCl-*CH-CH2Cl bildet sich -CH2-*CH-CHCl-CH2Cl und durch Anlagem von VC dann -CH2-CH(CH2CH2CI)-CHCI-CH2CI, eine Kurzkettenverzweigung. In PVC sind ausserdem tertiar gebundene Chloratome vorhanden. Bei Umsltzen unter ca. 2 % werden zudem langere syndiotaktische Sequenzen gebildet. Spuren von Sauerstoff im Polymerisationssystem erzeugen eine Vielzahl zusatzlicher falscher Strukturen. Saucrstoff lagert sich z.B. an Polymerradikale an. Die gebildeten Peroxid-Strukturen -CH2-CHCI-CH2-CHCI-O-O* zerfallen in -CH2-'CHHC1, HCHO und HCOCl und das Formylchlorid weitcr in CO und HCI. Das Kohlenmonoxid copolymerisiert mit den wachsenden Ketten und das resultierende -CH2-CHCI-'C=O isornerisiert zu -CH2-'CH-COCI. Bei der weitercn Anlagerung von Vinylchlorid enthllt dann das Polymerc Acryloylchlorid-Bausteinc. Das Polymere muss gegen diese unter dem Einfluss von Licht und/oder Warme ablaufenden Dehydrochlorierungen mit speziellen Additiven stabilisiert werden. Altemativ kann man wlrmebest2ndigere Poly(viny1chlorid)e auch durch mehr oder minder stalistische Copolymerisation mit anderen Monomeren erzeugen. Die Comonomerbausteine unterbrechen die Sequenz der Vinylchlorid-Bausteinc und folglich die Bildung von Pol yen-Sequenzen. Suspensions-PVC besitzt einc durch den Polymerisationsprozess bedingte Substruktur aus sog. Primarteilchen mit (03-1.5) pm Durchmesser. Die Prirnarteilchen aggrcgicren zu PVC-Pulverkdmern von ca. (100-150) pm Durchmesser. Die Komer sind von ciner Haut von Schutzkolloiden uberzogen und verhalten sich beim Fliessen als rheologische Einheiten. Bei dcr Polymerisation gebildete Teilchen kdnnen auch an der Autoklavenwand haften und beim emeuten Beschicken des Autoklaven bei der anschliesscnden Polymerisation harte Teilchen erzeugen. Dicse Teilchen werden bei der weiteren Verarbeitung nur ungenugend aufgcschlossen und bilden dann im Polymeren sog. Stippen.
Eigenschafien In Westeuropa werden ca. 2/3 des Poly(viny1chlorid)s f i r sog. Hart-PVC (nicht weichgemachtes PVC) und ca. 1/3 fur Weich-PVC (weichgemachtes PVC) verwendet. Beide werden umgangssprachlich oft nur "Vinyl" genannt, speziell aber das Weich-PVC. Das Hart-PVC fur Rohrc, Profile und Folien verwendet. Die an und fur sich schlechte Witterungsbesttindigkeit kann durch Zusatz von (0,15-0,2) % Cadmium-Stabilisatoren so erhiiht werden, dass z.B. aus PVC hergestellte Fensterrahmen mehr als 25 Jahre haltbar sind. In Europa bestehen derartige Rahmcn meist aus Pfropfcopolymeren von Acrylaten bzw. EtherVVinylacetat auf PVC. Kabelmasscn enthalten Bleistabilisatoren, wodurch die Dauer-Warmeforrnbestandigkeit erhoht und das Durchschmoren verhindert wird. Bodenbelage weisen jedoch weder Cadmium- noch Blei-Verbindungen auf.
215
5 . Kohlenstoff-Ketten
Die Fliessflhigkeit von PVC verbessert sich, wenn etwas Poly(methylmethacry1at) zugesetzt oder etwas Vinylacetat einpolymerisiert wird. Bessere Wlrmeformbestandigkeiten, aber verschlechterte Verarbeitbarkeiten und Thermostabilitaten, erzielt man durch Chlorieren, Zusatz venraglicher Copolymerer aus z.B. a-Methylstyrol/Acrylnitril oder AcrylnitriVButadiedStyrol, oder leichte Vernetzung, z.B. durch Copolymerisation mit etwas Allylacrylat oder Nachbehandlung mit multifunktionellen Aminen. Die Schlagztihigkeit wird durch Zusatz von Modifikatoren (ABS, NBR usw.) oder Copolymerisation mit Acrylshre- oder Fumarshreestern erhdht. Grosse Mengen PVC werden jedoch rnit niedennolekularen Weichmachern ("Monomerweichmachern") zu Pasten vermischt und als Weich-PVC fur Folien, Kunstleder, Bodenbellge oder Kabelisolierungen eingesetzt. Der am meisten verwendete Weichmacher Di(2-ethylhexy1)phthalat ("Dioctylphthalat") DEHP (DOP) ist weder akut noch chronisch toxisch. Vie1 benutzt wird auch Trikresolphosphat (s.a. Band IV). Der Verarbeiter bezieht das Weich-PVC in vielen Fallen als sog. Plastisol, d.h. als Aufschlammung von (40-70) % PVC-Ktirnchen in Weichmachern. Bei ca. 180°C geliert dann das Plastisol zum Weich-PVC. Sog. Organosole enthalten ausser PVC und Weichmachern noch fluchtige organische Dispergiennittel. PVC liefert bei der thermischen Entsorgung Chlorwasserstoff. Verbrennungsanlagen fur Kunststoffe werden daher mit alkalischen Waschem ausgestattet (vgl. Band 1V). Poly(viny1chlorid) wurde lange verdachtigt, beim Verbrennen grosse Mengen an Dioxinen und Furanen zu liefem, von denen einige toxisch und krebserregend sind. Studien an mit PVC angereichertem Haushaltsmull (bis zum funffachen der nonnalen Menge) lieferten jedoch keine erhohten Dioxin-Emissionen im Vergleich zu den bei normalem Mull gefundenen Mengen von ca. 200 pg Dioxinen/(t Mull). Tab. 5-21 Eigenschaften von PVC (durch Suspensionspolymerisation),nachchloriertem PVC rnit 64 % Chlor) (PVC-C), Poly(viny1idenchlorid) (PVDC; ohne Comonomere) und mit 25 % Diethylhexylphthalat weichgemachtem PVC (PVC-W). a) Amorph; kristallin: 1.96 g/cm3. Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte g/cm3 T Schmelztemperatur (DSC) Vicat-Temperatur B T Glastemperatur (DSC) "c Linearer therm. Ausdehnungskoeff. (lOoOC) K-l SpezifischeWhnekapazit2t J K-' g-l WhneleitfXhigkeit(2OOC) W m-l K-I Zugmodul MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa % Reissdehnung Schlagzilhigkeit (Izod) kT/m Kerbschlagfiigkeit (Izod) kT/m H&te (Shore D) Relative PermittiviCit (1 kHz) 1 Durchgangswiderstand (2 min) R cm Durchschlagfestigkeit kV/mm Dielektrischer Verlustfaktor (1 kHz) 1
PVC
PVC-C
PVDC
PVC-W
1,39 < 310 70-80 80 (7-8). lo-' 0.85 0,17 3000 50-60 10-50
1,55
1,775 a) 200
1,32
kB 2-5
100 110 6.10-5
-18
0.85
0.14 3400 75 10 20 2
28 250
84 3.4 > 1015 10-40 0,08 1
> 10'5 12
9.6.1 014
216
5.8. Poly(halogenkoh1enwassersroff)e
Derivate PVC lost sich nur in wenigen Lbsungsmitteln, z.B. in Cyclohexanon oder Tetrahydrofuran. Acetonlosliche Polymere werden durch Nachchlorieren in Losung bei (60- 100)OC oder im Gelzustand bei ca. 50°C erhalten, wobei der Chlorgehalt von 56,6 auf ca. 64 % bzw. 68 % ansteigt. Bei beiden Verfahren werden die CH2-Gruppen weit starker chloriert als die CHC1-Gruppen. Nachchloriertes PVC enthalt daher etwa gleiche Anteile an -CHCl-CHCI- und -CHz-CHCI- und nur wenig -CH2-CC12-. Bei gleichem Chlorgehalt weisen die als Gel nachchlorierten PVC eine hCjhere Glastemperatur als die in Losung chlorierten auf, vermutlich wegen des starkeren Blockcharakters. Nachchlorierte PVC dienen als Klcber, Lackrohstoffe oder technische Fasern.
Copolymere Viele Poly(vinylch1orid)-Typen enthalten noch kleine Anteile an Comonomeren. Die Copolymerisation von Vinylchlorid rnit (3-20) % Vinylacetat in Aceton oder 1,4Dioxan als Losungsmittel bzw. Hexan als Fallungsmittel liefert losliche Produkte fur Lacke. Copolymere von Vinylchlorid mit 15 % Vinylacetat dienen f i r HiFi-Schallplatten. Bei der radikalischen Polymerisation des Vinylchlorids rnit (3-10) % Propen muss das Propen standig nachgefuhrt werden, damit die konstitutive Uneinheitlichkeit nicht zu gross wird. D e r Einbau von Propylen-Einheiten verhindert reissverschlussartige Dehydrochlorierungen. Derartige Copolymere werden fur Fernsehgehause, Kuhlschranke, Staubsauger, Flaschen usw. eingesetzt. Bei der Copolymerisation von Vinylchlorid rnit Butadien werden ca. 40 % der Butadien-Einheiten in 1,6-Stellung cyclisiert. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine regulare Cyclopolymerisation, da der Cyclohexanring kein Teil des Ruckgrates der Kette ist:
(5-46)
*--*
CI
5.8.2.
CI
CI
CI
Poly(vinylidench1orid)
Vinylidenchlorid CH2=CCI2 cntsteht durch Pyrolyse von 1,1,2-Trichlorethan oder Trichlorethylen. Die radikalische Homopolymerisation liefert ein Polymeres mit einer Schmelztemperatur von 200°C (Tab. 5-21), das sich bei den erforderlichen hohen Verarbeitungstemperaturen zersetzt (Saran A). Die handelsublichen Poly(viny1idcnchlorid)e sind daher immcr Copolymere und zwar mit (15-20) % Vinylchlorid fur Verpackungsfilme und Schrumpffolien (Saran B) oder rnit Acrylnitril, Alkylacrylaten oder Methacrylaten fiir Uberzuge, z.B. 2 % Acrylnitril und 13 % Vinylchlorid. Derartige Vinylidenchlorid-Copolymere sind ebenfalls als Saran bekannt (Freiname in den USA; geschiitzter Name in anderen L2ndem). Die Copolymeren besitzen ausserordentlich niedrige Permeabilitaten fur Case und Wasserdampf (Band IV). Ihr Hauptnachteil ist die thermischc Instabilitat beim Verarbeiten uber die Schmelze.
217
5 . Kohlenstoff-Ketten
5.9.
Fluor enthaltende Polymere
5 . 9 . 1 . Poly(tetrafluorethy1en) Das erste fluorhaltige Polymere, Poly(tetrafluorethy1en)
(PTFE),wurde unter dem Na-
men Teflon in den Handel gebracht. Dieser Name ist aber inzwischen ein nicht mehr geschutzter Gattungsname f i r eine ganze Reihe von Polymeren (Tab. 5-22).
Polymerisation Tetrafluorethen CF2=CF2 wird aus Chloroform und Fluorwasserstoff in mehreren Stufen uber eine Reihe von Zwischenprodukten erhalten. Das Monomer ist bei Raumtemperatur gasftinnig und wird daher unter Druck polymerisiert, und zwar in wlssriger Suspension oder Emulsion, urn die hohe Polymerisationswinne abzufuhren. Bei der Polymerisation mussen lokale Uberhitzungen durch gutes Ruhren und eine sorgfaltige Kontrolle des Polymerisationsprozesses vennieden werden. Tetrafluorethen kann nlmlich explosionsartig in C + CF4 disproportionieren, und zwar mit der gleichen Warmeentwicklung wie bei Schiesspulver (AH = - 316 kJ/mol). Beim Suspensionsprozess wird kein oder nur sehr wenig Dispergiermittel verwendet und sehr krlftig geriihrt. Das Wasser wirkt im Wesentlichen als Wlrmeubertrlger. Einige der so erzeugten PTFE-Typen enthalten noch kleine Anteile an Cornonomereinheiten -CF2-CF(OCF2CF2CF3)-. Das Verfahren erzeugt portise Ktimchen mit Durchmessem von teilweise uber 1 mm. Da solche grobktimigen, breitverteilten Pulver beim Sintem zu Lunkem fiihren, werden sie zu enger verteilten Teilchen mit ca. (400-800) y n Durchmesser vennahlen. Die Produkte werden nach pulvermetallurgischen Verfahren verarbeitet (Sintem). Beim Emufsionsverfuhren wird Tetrafluorethen unter mildem Ruhren in einer wassrigen Ltisung von Ammoniumperfluorooctanoat dispergiert. Gelegentlich werden kleine Anteile an Comonomeren verwendet (Hexafluorpropen, Chlortrifluorethen, Perfluorpropylvinylether) Das Verfahren liefert rieselfahige, feine Pulver aus praktisch porenfreien, kugelftirmigen Ktimchen von etwa 0,2 pm Durchmesser. Die Ktimchen koagulieren gegen Ende der Polymerisation. Sie flotieren zur Oberflache, von wo sie abgeschtipft und getrocknet werden. Die feinen Pulver werden mit Gleitmitteln (z.B. Kerosin) angeteigt und durch Pastenextrusion verarbeitet. In einer Abwandlung dieses Verfahrens wird die Dispersion vor der Koagulationsphase stabilisiert und auf (60-65) % Feststoffgehalt aufkonzentriert. Anschliessend wird nach Latexverfahren verarbeitet, z.B. durch Tauchtrbken oder Spriihtrocknen. Die Polymeren sind in allen Ltisungsmitteln unltislich. Molmassen werden daher uber Initiatorendgruppen bestimmt, z.B. durch Verseifung der mit K2S208 entstehenden primlren Initiatorfragmente; die so bestimmten Molekulargewichte betragen 1 Million bis 10 Millionen. -(CF3)2CF2
(5-47)
-O-SO2OK
+ H2O -2HF
+ H2O - HKSO,
-\.(CF2)3-C0OH
’ -(CF,)2CF,
-OH
I w C F 2 -CF=CF,
+
HF + CO2
218
5.9. Fluor enrhaltende Polymere
Verarbeitung und Eigenschaften Die Polymerketten des PTFE liegen wegen des etwas grosseren van der Wads-Radius der Fluoratome (0,13 nm) im Vergleich zu Wasserstoffatomen (0,12 nm) als Helix vor und nicht als Zickzack-Kette wie beirn Poly(ethy1en). Die Polymeren sind zu (92-98) % kristallin. Die Schmelztemperaturen jungfraulicher Polymerer betragen 342"C, nach dem Wiederaufschmelzen ca. 327°C. PTFE ist entsprechend sehr warmeformbestandig. Weitere Umwandlungstemperaturen 1.Ordnung befinden sich bei 19°C (triklin-hexagonal) und 30°C (Helix-Helix-Umwandlung). Die Schmelzen sind ausserordentlich hochviskos (1010 Pa s bei 380°C). Poly(tetrafluorethylen) (FTFE) kann daher gewohnlich nicht iiber die Schmelze verarbeitet werden, WONaber, wenn hoch- und niedermolekulare PTFE gemischt werden. Die Homopolymeren sind wegen der Abwesenheit von C-H-Bindungen sowie des wegen der grossen Bindungsenergie der C-F-Bindung verkurzten Covalenzradius (C-F: 0,072 nm; C-H: 0,077 tun) chemikalienbestandig, widerstandsfahig gegen Oxidation und schlecht brennbar. Eine besondere Eigenschaft des Poly(tetrafluorethy1en)s ist seine geringe Benetzbarkeit durch sowohl Wasser als auch Fette und Ole. PTFE-Folien sind verklebbar, wenn ihre Oberflachen vorher mit Natrium behandelt werden. Dabei werden C-F-Bindungen gebrochen und Radikale erzeugt, die mit dem Klebstoff reagieren. Es gibt auch Schmelzkleber und Schweissfolien aus perfluorierten Polymeren zum Verschweissen von PTFE. Tab. 5-22 Eigenschaften von Poly(tetrafluorethy1en) (PTFE), Poly(chlortrifluorethy1en) (PCTFE), Poly(viny1fluorid) (PVF) und Poly(viny1idenfluorid) (PVDF). Eigenschaft
Physikalische Einheit
g/cm3 Dichte T Schmelztemperatur (DSC) T Wikmestandfestigkeit (0.46 MPa) T G lastemperatur (DSC) Linearer therm. Ausdehnungskceffizicnt K-1 J K-l g-' Spezifische Wfhmekapazitiit W m-l K-l Wfhmeleiwigkeit (20°C) Zugmodul MPa MPa Biegemodul MPa Streckspannung Zugfestigkeit (Bruch) Mpa MPa Biegefestigkeit MPa Kompressionsfestigkeit % Reissdehnung KerbschlagzAhigkeit (Izod, 3,l mm) J/m H h (Shore D) 1 Relative Permittivitiit (1 kHz) 52 Obedliichenwiderstand R cm Durchgangswiderstand (2 min) kV/mm Durchschlagfestigkeit 1 Dielektrischer Verlustfaktor (50 Hz) Wasserabsorption (24 h) %
PTFE
2,28 327 121 127 12.10-5
PCTFE
PVF
PVDF
2,11 1.38-1,57 1.75-1,80 220 185-210 155-192 126 140-168 45 64 -35 9.10-5 (7-15).10-5 6.10-5 1,o 09 1,3-1.4 0,18 0,22 0.24 410 1050-2100 1800 1000-2300 1100-2300 350-630 10 23 38-52 7-28 32-40 50-125 42-59 kB 52-90 12 32-52 55-90 100-600 130-175 115-250 50-300 160 140 75-230 50-65 76-80 77-80 2,1 2.5 8S 8-9 > 1018 > 1,2.10'8 1016 3.1013 2.1014 1017 60-80 135 0,0002 0,025 0,008 0,049 < 0,Ol 0 0,s 0,04
219
5 . Kohlenstoff-Ketten
5.9.2.
Copolymere des Tetrafluorethens
Den ausgezeichneten Endeigenschaften des PTFE steht die schwierige Verarbeitbarkeit gegeniiber. Es wurden daher viele leichter verarbeitbare Fluorpolymere entwickelt, u.a. auch durch Copolymerisation von Tetrafluorethylen mit anderen Copolymeren (vgl. Tab. 5-23). Die Copolymerisation erfolgt in der Regel radikalisch, z.T. mit Redox-Systemen in Suspension. Die Comonomeren werden dabei so gew<, dass ihre Einheiten die Kristallisation etwas stiiren, aber naturlich nicht zu stark. Copolymere von TFE mit Ethen sind z.B. Thermoplaste (ET), solche mit Propen dagegen Elastomere (PT). Alle thermoplastischen Copolymeren weisen ahnliche Eigenschaften wie PTFE auf, sind jedoch im Gegensatz zu diesem iiber die Schmelze verarbeitbar. Technisch venvendete Comonomer-Einheiten sind
F3C ET
PT
FEP
PFA
/-\
CF3
AF
Eine spezielle Klasse von thermoplastischen Copolymeren des Tetrafluorethylens enthllt Comonomer-Einheiten mit Sluregruppen. Die eigentlichen Comonomeren tragen Sulfonylfluorid-Gruppen -S02F (XR) oder Carbalkoxy-Gruppen -COOR (CF), die nach der Copolymerisation zu -S02H bzw. -COOH verseift werden. Die so entstehenden Polymeren bilden chemikalien- und temperaturstabile permselektive Membranen. MFrCF*
*CFrCF*
d(CF+F-QnCF2CF~S02I-I XR
*CFrCF*
d(CF&$OOH CF
*N-O*
dCF3
AF3 CNR
FM
Tab. 5-23 Copolymere des Tetrafluorethylens.Die Bezeichnungen sind nicht standardisiert und von Firma zu Firma verschieden. Plus kleiner Anteil eines vemetzbaren Termonomers: * z.B. Perfluor(4cyanbutylvinylether), ** z.B. 4-Nitrosoperfluorbutterslure. E = Elastomer, M = Membran, T = Thermoplast. Comonomer Kiirzel Name
Copolymer mol-% Sequenz
PTFE Ethen ET Ethen Propen PT FEP Hexafluorpropn PFA Perfluorpropy lvinylether 2,2-Bis(trifluormethyI)-4,5-difluor-l,3-dioxolan AF FM Perfluormethylvinylether * CNR Trifluomitrosomethan ** XR Sulfonylfluoridvinylether CF oCarbalkoxy-perfluoralkoxyvin ylether
0 50
altemierend
45 45
AnwenThz/oC TGPC dung 325 -150 270 275 110 -2
260 305 18 37
< 50 50
9-16 10-15
160 240 statistisch alfemierend
-12 -50
12
T T T E
T T T T E E M M
220
5.9. Fluor enthalrende Polymere
Durch Einbau sperriger und/oder nichtkristallisierender Comonomer-Einheiten entstehen Elastomere (FM, CNR), von denen die letzteren als Carboxynitroso-Polymere bekannt sind. Die Vulkanisation erfolgt uber kleine Mengen eingebauter TermonomerEinheiten (Tab. 5-23). Polymere mit 4-Nitrosoperfluorbuttersaure als Termonomeres sind z.B. rnit Diaminen vemetzbar. Beim Perfluor(4-cyanbutylvinylether) werdcn die Vernetzungen durch Cyclotrimierisieren der Cyangruppen zu s-Triazinringen erzeugt. Fluorelastomeren sind uber einen weiten Temperaturbereich besttindig. Sie werden z.B. als Dichtungen in hochfliegenden Dusenflugzeugen und als Behalter fur Raketentreibstoffe verwendet.
5.9.3.
Poly(chlortrifluorethylen)
Poly(chlortrifluorethy1en) wurde als leichter verarbeitbarer Konkurrent zum Poly(tetrafluorethylen) entwickelt. Das Monomer CFCI=CF;? erhalt man aus Hexachlorethan uber lI1.2-Trifluor- 1.2.2-trichlorethan. Die Polymerisation erfolgt radikalisch in Suspension rnit dem Redox-System K2S208/NaHS03/AgN03 oder in Masse rnit Bis(trich1oracetylperoxid) als Initiator. Das Polymere (PCTFE) weist eine niedrigere Schmelztemperatur (220°C; Tab. 5-22) als FTFE (327°C) auf und kaM deshalb bei (250-3OO)"C auf den ublichen Kunststoffmaschinen verarbeitet werden. Diese Maschinen mussen jedoch wegen der bei diesen Temperaturen schon mdglichen Zersetzung korrosionsfest sein. Das altemierende Copolymere E-CTFE aus Chlortrifluorethylen und Ethen bcsitzt dagegen eine hdhere Schmelztemperatur von 240°C. Es ahnelt in seinen mechanischen Eigenschaften dem Poly(viny1idenfluorid) bzw. dem altemierenden Copolymeren aus Tetrafluorethylen und Ethen. Aus der Schmelze des E-CTFE kdnnen z.B. Fasem ersponnen werden.
5.9.4.
Poly(vinylf1uorid)
Vinylfluorid CH,=CHF wird aus Acetylen oder Ethen mit Fluorwasserstoff erhalten. Es wird radikalisch polymerisiert, und zwar wegen der niedrigen Siedetemperatur von -72°C unter einem Druck von 30 MPa. Das Polymere (PVF) ist partiell kristallin und ahnelt in seinen physikalischen Eigenschaften dem Poly(ethy1en) (Tab. 5-22). Die Schmelztemperatur (200°C) und die Witterungsbestandigkeit sind jedoch vie1 hliher. PVF wird als Folie und fur Lacksystcme venvcndet.
5.9.5.
Pol y (vin y li den fl uo r i d )
Vinylidenfluorid CH2=CF2 erhalt man durch Pyrolyse von 1,1 -Difluor- 1-chlorethan, das man wiederum aus Acetylen, Vinylidenchlorid oder 1,l,I-Trichlorethan durch Reaktion rnit Fluorwasserstoff gewinnt. Das Monomere wird wegen seiner niedrigen Siedetemperatur von -84°C unter Druck radikalisch in Suspension oder Emulsion polymerisiert. Dabei entstehen erhebliche Anteile an Kopf/Kopf-Verkniipfungen.
22 1
5. Ko hlenstoff-Ketten
Das thermoplastische PVDF lhnelt in seinen physikalischen Eigenschaften mehr dem Poly(ethy1en) als dem Poly(vinylidench1orid) (Tab. 5-22). Es kann extrudiert und spritzgegossen werden. Die P-Modifikation ist piezo- und pyroelektrisch; Folien erzeugen bei Deformationen Stromsttjsse und umgekehn Schwingungen unter dem Einfluss von StromstUssen. Die Witterungs- und Chemikalienbestlndigkeiten sind ausgezeichnet. Aus Vinylidenfluorid CH2=CF2 und Hexafluorisobutylen CHz=C(CF3)2 entsteht durch radikalische Suspensionspolymerisation ein altemierendes Copolymer, das nicht nur die gleiche Schmelztemperatur wie Poly(tetrafluorethylen), sondem auch praktisch gleiche mechanische Eigenschaften aufweist. Die Reissfestigkeiten und Schlagzahigkeiten sind dagegen sehr vie1 niedriger. Im Gegensatz zu FIFE kann das Poly(viny1idenfluorid-alt-hexafluorisobutylen) aber aus der Schmelze verarbeitet werden. Copol ymere des Vinylidenfluorids mi t Chlortrifluorethylen, 1-Hydropentafluorpropylen bzw. I-Hydropentafluorpropylen-Tetrafluorethylen,Hexafluorisobutylen, Hexafluorpropylen bzw. Hexafluorpropylen-Tetrafluorethylen (mit/ohne vemetzbares Quatermonomer) oder Hexafluorpropylen-Tetrafluorethylen-Perfluormethylvinylether(plus vemetzbares Quintemonomer) sind Elastomere. Vemetzbare Comonomere emdglichen die Vulkanisation mit Peroxiden anstelle von Diaminen oder Bisphenol. Alle mit Peroxiden vulkanisierten Fluorelastomeren sind wesentlich bestlndiger gegen Heisswasser und Dampf, weil sie keine hydrolysierbaren Bindungen aufweisen. Da bei der Peroxid-Vulkanisation im Gegensatz zu den Diamin- und Bisphenol-Vemetzungen kein Wasser frei wird, kann man bei Peroxid-Vulkanisationen drucklos oder mit nur geringem Pressdruck arbeiten, ohne dass schwammige Produkte entstehen.
5.10.
Poly(acry1verbindung)en
Acrylverbindungen sind Abkommlinge der Acrylslure CH2=CHCOOH. Der Name stammt wohl von dem stechenden Geruch dieser Saure (L: ucer = scharf). Als "Acryl" werden Fasem bezeichnet, die aus mindestens 85 % Acrylnitrileinheiten bestehen.
5.10.1. Poly(acry1saure) Acrylslure CH2=CHCOOH wird heute grdsstenteils durch Direktoxidation von Propen hergestellt. Daneben werden einige andere Verfahren ausgefuhrt: direkte Oxidation von Acrolein, Oxidation von Ethen zu Ethylenoxid mit weiterer Anlagerung von Cyanwasserstoff zu Ethylencyanhydrin und anschliessender Verseifung und Dehydratisierung, Anlagerung von Kohlenmonoxid und Wasser an Acetylen, sowie aus Aceton nach Pyrolyse zum Keten CH2=C=O, an das Formaldehyd zum P-Propiolacton angelagert wird. P-Propiolacton polymerisiert zum entsprechenden Polyester, der bei 150°C zu Acrylslure depolymerisiert (Verfahren zum Reindarstellen von Acrylslure): HZC-CO
(5-48)
n
1
H2C-0
1
CH2=CH +
I
COO- (CH2CH2COO),-,H
+
n CH -CH 2- I
COOH
222
5.10. Poly(acry1verbindung)en
Acrylsaure und ihre Alkalisalze ldsen sich in Wasser und werden daher in diesem Ldsungsmittel radikalisch mit K2S2Og als Initiator polymerisiert. Poly(acry1saure) wird auch durch Verseifen ihrer Poly(acry1saureester) hergestellt. Poly(acry1saure) ist ein gutes Flockungsmittel zum Klaren von Abwassem. Sie wird femer wasserloslichen Anstrichmitteln als Pigmentverteiler zugesetzt. Als polyfunktionelle Verbindung vemetzt sie die Oberflache von Leder, die dadurch abgeschlossen wird. Vemetzte, teilweise neutralisierte Poly(acry1saure) und Pfropfcopolymere von Acrylsaure auf Starke sind superabsorbierende Materialien. Sie nehmen das ca. 30fache ihres eigenen Gewichtes an Wasser auf. Die Weltproduktion dieser Superabsorber betragt ca. 350 000 t/a; 95 % davon gehen in Hygieneartikel, z.B. Windeln. Salze der Poly(acryls2ure) dienen wegen der hohen Viskositat ihrer wlssrigen Ldsungen als Schlichten oder Verdicker fur Latices und Kosmetika, als Bohrspiil-Hilfsmittel bei der Erddlgewinnung sowie ebenfalls als Flockungsmittel. Fur die beiden letztgenannten Anwendungen eignen sich besonders Copolymere der Acrylsaure rnit Acrylamid. Diese Copolymeren sind im Gegensatz zur Poly(acry1saure) selbst erdalkaliloslich und stellen nicht nur Flutwasserzusatze, sondem auch Bodenverbesserer dar. Niedrigmolekulare Copolymere verbessem bei Zugabe von Alaun die Trockenfestigkeit von Papieren. Dank der Carboxylgruppe der Acrylsaure-Einheiten weisen statistische Copolymere der Acrylsaure rnit Ethen (EAA) gute Adhasion zu Metallen, Papier und anderen Substraten auf. Anwendungen solcher Laminate reichen von Zahnpastatuben bis zu Drahten und Kabeln.
5.10.2.
Poly(acry1saureester)
Acrylsauremethylester (Methylacrylat) CH2=CHCOOCH3 wird nach ahnlichen Verfahren wie Acrylsaure aus Acetylen, Ethen oder Keten hergestellt, wobei das Wasser jedoch durch Methanol ersetzt wird. Acrylsaureester hdherer Alkohole entstehen durch Verestem von Acrylsaure. Acrylsaureester werden wegen der niedrigen Glastemperatur der Polymeren radikalisch in Emulsion polymerisiert. Die anfallenden Emulsionen werden direkt als Schlichten, Appretiermittel, Autolacke, Fussbodenpflegemittel oder Lederhilfsmittel verwendet. Poly(pentabrombenzylacry1at) CCH2-CH(COOCH2C6Brs)+, ist ein gut vertragliches Hammschutzmittel fur glasfaserverstarktes Polyamid 6 und Poly(butylterephtha1at). Monomere und oligomere Acrylsaureester CH2=CH-COOR mit funktionellen Estergruppen R dienen als losungsmittelfreie Beschichtungsmittel mit niedrigem VOC-Gchalt (VOC = volatile organic chemicals). Solche funktionellen Estergruppen umfassen z.B. Tnmethylolpropantriacrylat (I), ethoxylierte Trimethylolpropantriacrylate (11), acrylierte Epoxide (III), acrylierte Urethane und viele andere (1-111 s. nachste Seite). Diese Beschichtungsmittel werden aufgetragen und dann nach Zusatz von Benzophenonderivaten u.a. als photochemische Radikallieferanten radikalisch durch UV-Bestrahlung, durch Elektronenstrahlen (ESH = Elektronenstrahlhartung; EBC = electron beam curing) oder themisch durch zugesetzte Radikalinitiatoren polymerisiert (vemetzt gehartet) (E: cure-in-place; Band IV).
223
5. Kohlenstoff-Ketten CHZ-0--0CH=CH2 I -CH, -C -CH, - CH3 I CH~-OO-CO-CH=CH,
- OfCH2 -CH, -03 CH, -C -CH2 -CH3 I CH,
CH, -CH2
I
CH,
- 0 CO- CH =CH, +Y
t
- O ~ C H -CH, , - o CO- CH =CH,
0TQ-
-CH2 -CH, - CI 0 OH
I
CH3
0- cI - c H , -cH2
OH
II
-0- co- c H =CH,
m
Durch Copolymerisation von Acrylestem mit (5-15) % Acrylnitril oder 2-Chlorethylvinylether gewinnt man Elastomere. Diese Copolymeren sind wegen der fehlenden Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungenbesser warme- und oxidationsbestandig als Butadien/Acrylnitril-Copolymere.Sie eignen sich aus dem gleichen Grund als Dichtungen und Membranen fur technische Ole mit hohem Schwefelgehalt, z.B. fur Wellendichtungen im Automobilbau. Wegen der schlechten Hydrolysebestandigkeit der Seitengruppen wird nicht mit Dampf, sondem kalt mit Diaminen vulkanisiert. Emulsionpolymerisate des Butylacrylats (PBA) liefem nach dem Pfropfen mit StyroVAcrylnitril ASA-Polymere mit in einer SAN-Matrix dispergierten PBA-Teilchen. Andere Acrylelastomere sind Terpolymere des Ethylacrylats mit Methoxy- oder Ethoxyethylacrylat) und kleineren Anteilen an Vinylchloracetat, aus Ethen, Methylacrylat und Acrylsiure sowie aus Ethen, Methylacrylat und z.B. Acrylsiure (ACM-Elastomere). Im letzteren Fall wird z.B. mit Hexamethylendiamincarbamat vemetzt. Besonders ljlbestlndige Elastomere sind Poly( 1,I-dihydroperfluorbutylacrylat)und Poly(3-perfluormethoxy- 1,l-dihydroperfluorpropylacrylat). Auf Acryl- oder Methacrylsaureestem basieren auch die sog. Vinylester-Harze (Vinylharze, modifizierte Vinylharze). Diese Harze enthalten zwar manchmal Vinylgruppen CHz=CH-, sind jedoch im Gegensatz zu ihrem Namen keine Vinylester. Bei ihnen handelt es sich vielmehr um "Makromonomere" mit Acryl- (R = H) oder MethacrylEndgruppen (R = CH3), z.B. aus der Reaktion eines Epoxidharzes mit (meth)acrylsaure:
Diese Harze kommen als Lljsungen in Styrol oder Vinyltoluol in den Handel und werden ihnlich wie ungesgttigte Polyesterharze radikalisch vemetzend zu Duroplasten polymerisiert ("gehartet").
224
5.10. Poly(acry1verbindung)en
5.10.3.
Poly(acro1ein)
Acrolein CH2=CH-CHO erhalt man durch Oxidation von Propen. Die Reaktion von Fomaldehyd mit Acetaldehyd oder die Dehydratisierung von Glycerin sind dagegen veraltete Verfahren. Die radikalische Polymerisation von Acrolein fuhrt zu Polymeren, die eine ganze Reihe verschiedener Grundbausteine enthalten, z.B.:
-CH2 -CH
1
- -CH2 -CH
CHO
-
I WOW,
-CH2 - 0I CH =CH2
Die anwesenden Ringstrukturen durften fiir die relativ hohe Glastemperatur des Poly(acrolein)s von 85°C verantwortlich sein. Ionische Polymerisationen laufen j e nach Initiator und Reaktionsbedingungen uber die Vinylgruppe, die Aldehydgruppe oder uber beide ab. 1,4-Polymerisationen wie beim Butadien wurden nicht nachgewiesen. Homopolymere werden nicht technisch verwendet. Durch oxidative Copolymerisation von Acrolein mit Acrylsaure erhalt man Rostentfernungsmittel. Polykondensate des Acroleins mit Formaldehyd werden in 40 %iger wassriger Losung als Biozide verwendet, z.B. bei der Zirkulation von Kuhlwassern.
5.10.4.
Poly(acrylnitri1)
Acrylnitril (Vinylcyanid, Acrylsaurenitril) CH2=CHCN entsteht durch Ammonoxidation von Propen oder Propan mit NH3 und 0 2 . Die Weltkapazitat betragt ca. 4,3.106 t/a. (1996). Ca. 60 % des Acrylnitrils wird fur Acrylfasem verwendet, ca. 20 % fur Acrylnitril-Butadien-Styrol- und Styrol-Acrylnitril-Themoplaste, ca. 4 % f i r Nitrilkautschuke, 8 % fur Adiponitril, der Rest fur Acrylamid u.a. Nicht mehr technisch angewendet werden Synthesen mit Hydroxypropionitrilen als Zwischenprodukten, und zwar aus Acetaldehyd und Cyanwasserstoff uber a-Hydroxypropionitril (2-Hydroxypropionitril, Lactonitril, Milchsaurenitril) oder aus Ethylenoxid und Cyanwasserstoff uber P-Hydroxypropionitril (3-Hydroxypropionitril, Ethylencyanhydrin, Hydracrylsaurenitril). Monomeres Acrylnitril ist wasserloslich. Die radikalische Polymerisation zu Poly(acrylnitril) (I) erfolgt als Fallungs- oder Losungspolymerisation in saurer Losung. Im alkalischen Bereich werden gelblich gefarbte Polymere erhalten. Vermutlich werden dabei einige Nitrilgruppen polymerisiert, so dass leiterartige Sequenzen I1 entstehen. Die Stickstoffreste werden anschliessend in Nitrone 111 umgewandelt:
225
5 . Ko hlenstoff-Ketten
Das handelsubliche Poly(acrylnitri1) ist ein ataktisches Polymeres mit ca. 47 % syndiotaktischen Diaden. Sein Kristallinitltsgrad betrlgt ca. 30 %. Die Kristallinitlt wird vermutlich durch Cokristallisation von langeren isotaktischen und syndiotaktischen Sequenzen erzeugt. Das Kurzel PAN ist in Deutschland ein registriertes Warenzeichen. Poly(acrylnitri1) 16st sich nur in sehr polaren LBsungsmitteln wie N,N-dimethyl formamid, yButyrolacton, Dimethylsulfoxid, Ethylencarbonat und azeotroper Salpetersaure. Aus ihnen werden Fasem trocken oder nass ersponnen. Die Fasem sind gut licht- und wetterbestindig und weisen zudem eine hohe Bauschkraft und ein gutes Wllrmeriickhaltevermogen auf. Die schlechte Anflrbbarkeit wird durch Copolymerisation mit ca. 4 % basischen (2-Vinylpyridin, N-Vinylpyrrolidon, Ethylenimin), sauren (Acrylslure, Methallylsulfonsiure, Itaconsiure) oder weichmachend wirkenden Monomeren (Vinylacetat, Acryl- oder Methacrylester) verbessert. Die Fasem durfen nicht bei Temperaturen oberhalb 150°C gebugelt werden, da sonst Cyclisierung von I nach I1 eintritt. Acrylfasern enthalten definitionsgemass stets mindestens 85 % Acrylnitril-Einheiten. Sog. Modacrylfasern bestehen definitionsgemass aus (35-84) % Acrylnitrilgruppen, meist als Copolymere mit Vinylchlorid oder Vinylidenchlorid. Poly(acrylnitri1)-Fasem sind wichtige Vorprodukte fur Kohlenstoff- und Graphit-Fasem. Die Fasem werden zunachst in einer oxidierenden Atmosphare auf (200-300)"C erhitzt, urn durch die dabei eintretende Vemetzung eine Formstabilitat zu erzielen. Die Fasem werden dabei gespannt, urn ein Schrumpfen zu vermeiden. Anschliessend wird unter Argon oder im Vakuum weiter auf (1000-2OOO)"C erhitzt, wobei Ringsysteme vom Typ I1 entstehen, die anschliessend bei 3000°C graphitisiert werden.
5.10.5.
Pol y (acryla mi d)
Acrylamid CH2=CHCONH2 wird technisch jetzt hauptsachlich durch katalyiisches Hydratisieren von Acrylnitril CH2=CHCN hergestellt. Bei der llteren Methode wurde Acrylnitril mit H2S04.H20 umgesetzt und das Acrylamid von seinem Sulfat durch Neutralisieren mit Kalk abgetrennt. In Japan wird Acrylamid in Ausbeuten von 99 % auch durch Anlagem von H20 an Acrylnitril durch immobilisierte Zellen von Pseudomonas chloraphis B 23 oder Rhodococcus sp. N 774 synthetisiert. Acrylamid polymerisiert in wissriger saurer Losung radikalisch zu Poly(acry1amid) I. Sehr hochmolekulare Poly(acry1amid)e erhalt man durch Strahlungspolymerisation mit 6oCo. Bei Temperaturen uber 140°C spaltet sich intramolekular (11) oder intermolekular (111) Ammoniak ab, was zu Imidstrukturen fiihn. In zu stark alkalischen Medien verseifen Amidgruppen zu Carboxylgruppen. Bei der anionischen Polymerisation von Acrylamid in organischen LBsungsmitteln mit sehr starken Basen entsteht nicht Poly(acrylamid), sondem Poly(P-alanin) mit dem Grundbaustein IV (Nylon 3, PA 3). -CH,-CH
I
-
CONH,
-CH2
a.
-CH,
0
H I
II
-CH
I
-
co-NH
-CH2 -CH2 -C
-co
-CHz-CH
m
II 0
I
-
rv
- NH -
226
5.10. Poly(acry1verbindung)en
Poly(acry1amid) dient ahnlich wie Poly(acry1saure) als Gerbstoff, Fixierungsmittel und Sedimentationshilfsmittel, dazu auch als Flutungshilfsmittel bei der tertiaren Erdolgewinnung sowie als Trager. Durch Umsetzen von Poly(acry1amid) oder Poly(methacrylamid) mit Aldehyden werden Methylolverbindungen erhalten, die wertvolle Textilhilfsmittel sind. Vemetzte Copolymere des Acrylamids werden als Trager fiir Enzyme sowie in der biochemischen Analytik als Matrix bei Elektrophoresen verwendet. Aus Acrylnitril, Isobutylen und Schwefelsaure wird in einem Einstufenverfahren bei Temperaturen zwischen 4 0 ° C und +60°C nach Art einer Ritter-Reaktion direkt ein Sulfonsluregruppen enthaltendes Acrylamid-Derivat erhalten: 7H3
(5-50)
CH -CH 2- I CN
+ C=CH2 + HZSO, + CH -CH I CH,
2-
I
y
3
CO-NH -C -CH2 -SO,H I CH3
Das trockene Monomer ist gegen Autoxidation stabil. Es wird sowohl fur Hornopolymere als auch als Comonomer verwendet.
5.10.6.
Poly (acyanac r y I a t ) e
Poly(a-cyanmethylacrylat) +CH2-C(CN)(COOCH3)+ wurde im 2.Weltkrieg als glasklarer Kunststoff fur Gewehrvisiere entwickelt, erwies sich aber dafiir als zu klebrig. a-Cyanacrylsiureester CH2=C(CN)(COOR) polymerisieren namlich bereits in Gegenwart so schwacher Basen wie z.B. Wasser. Die Monomeren werden daher zusammen mit einem Verdicker, einem Weichmacher und einem Stabilisator (z.B. SO;?) als Einkornponentenkleber eingesetzt. Die Polymeren der hoheren Homologen (R = Butyl, Hexyl, Heptyl) werden gut von Blut benetzt. Derartige Monomere werden daher auf Gewebeoberflachen aufgespritzt, um einen Polymerfilm auszubilden, der das Bluten stoppt. Die Wundumgebung wird dabei durch eine Poly(ethy1en)-Folie abgedeckt, an der die Monomeren nicht haften. Diese Monomeren dienen auch als Gewebekleber, und zwar sowohl von Chirurgen zum Kleben von Schnitten als auch von Leichenbestattem zum Zusammenkleben von Lippen und Augenlidem. Da die Monomeren aber auch benachbarte Zellen angreifen, konnen sie nur zum Kleben solcher lcbenden Gewebe verwendet werden, bei denen der Zelltod (Nekrose) toleriert werden kann, z.B. bei Operationen der Leber und der Niere, nicht aber des Herzens. Der Polymerfilm wird innerhalb von 2-3 Monaten biologisch abgebaut. Dabei entsteht der antiseptisch wirkende Formaldehyd, der im Korpcr entweder mit NH3 Hamstoff gibt oder aber weiter zu C02 und H20 verbrannt wird.
5.10.7.
Poly(methylmethacry1at)
Bei der klassischen technischen Synthese dcs Methacrylsauremethylesters wird HCN an Aceton zu Acetoncyanhydrin (CH3)2C(OH)(CN) angelagert. Mit Schwefelsaure und H 2 0 entsteht (CH3)2C(CONH2)(0S020H), das zu [CH2=C(CH3)(CONH31e[HS041@
5 . Kohlenstoff-Ketten
227
isomerisiert und schliesslich mit Methanol in CH2=C(CH3)(COOCH3) uberfuhrt wird. Bei diesem Verfahren werden pro 1 kg Methylmethacrylat (MMA) 2,5 kg schwer absetzbares (NH4)HSOd gebildet.. Die f-Butanol-Route oxidiert (CH3)3COH (aus Isobuten + 02) zu einem Gemisch von Methacrolein CH2=C(CH3)CHO und Methacrylsiure CH2=C(CH3)COOH. Die gleiche Mischung entsteht beim Umsetzen von C2HsCHO rnit HCHO. Methacrolein wird daM oxidiert. Ein anderes Verfahren lagert CH30H + CO an Methylacetylen CH,C = CHzu MethacrylsPure an. Die Weltkapazitat fur Methylmethacrylat betrPgt ca. 2,2.106 t/a.
Polymerisation in Masse Methylmethacrylat wird radikalisch in Masse, Ltisung, Emulsion oder Suspension polymerisiert. Die Polymerisation in Masse erfolgt, um optisch Mare Formteile (Platten, Rohre) zu erhalten. Polymerisationen in Substanz sind jedoch wegen der grossen Polymerisationswirme und des auftretenden Geleffektes nur schwierig zu beherrschen. Das Monomere wird daher bei 90°C bis zu einer Viskositit von 1 Pa.s anpolymensiert, wodurch gleichzeitig der im Ester geltiste Sauerstoff ausgetrieben und der Schwund bei der eigentlichen Polymerisation verminden wird. Bei hBheren Viskositiiten des Vorpolymerisates sind Blasen nur schwierig zu vermeiden. Viele handelsubliche PMMA sind Copolymere rnit wenigen Prozenten anderer Acrylmonomerer, wodurch entweder die Verarbeitbarkeit verbessert ( T c erniedrigt) oderhnd die thermische Stabilitat erhoht werden sol1 (der Abbau von reinem PMMA setzt bei Temperaturen oberhalb ca. 180°C ein). Platten werden in verstellbaren Formen aus Spiegelglas hergestellt, da die bei der Polymerisation auftretende Volumenkontraktion ausgeglichen werden muss. Formen aus Metall verkratzen zu leicht; als bewegliche Abstandshalter werden Elastomere oder Pappscheiben venvendet. Sie werden entfemt, wenn die Masse geniigend, aber noch nicht vtillig verfestigt ist. Die grossen Formwande folgen dann der Schrumpfung der Masse. Die Polymerisationswanne wird darauf durch Luftkuhlung abgefiihrt, wobei sich keine Wirbe1 bilden diirfen, da sonst an der Oberflache ein "Hammereffekt" auftntt. Die Polymerisation ist langsam und erfordert bei (40-5O)"C und Plattendicken iiber 5 cm Wochen, um bis zu einem Umsatz von 90 % zu kommen. Der Rest wird kun. oberhalb der statischen Glastemperatur von Poly(methylmethacry1at) (1 15°C) auspolymerisiert. PMMA ist unter Normalbedingungen nicht verseifbar und gut witterungsbestindig (Eigenschaften s. Tab. 5-24). Die Festigkeit von Flugzeugfenstem wird durch vemetzende Copolymerisation von Methylmethacrylat rnit Glycoldimethacrylat erhtiht. Poly(methylmethacry1at) besitzt mit 92 % Lichtdurchlissigkeit bessere optische Eigenschaften als konventionelles Silikatglas und wird daher als organisches Glas bezeichnet. Es wird bei Lampen, Leuchtreklamen, Fernsehbildschirmen usw. verwendet. Absatzweise gegossenes PMMA wird dabei zunehmend durch extrudiertes ersetzt. Die gute Lichtdurchlissigkeit des PMMA nutzt man auch bei Lichtleitem und harten Kontaktlinsen aus. Diese Linsen sind jedoch nicht gasdurchlassig, so dass das Auge nicht atmen kann. Gasdurchlissige harte Kontaktlinsen bestehen z.B. aus Copolymeren des Methylmethacrylats rnit Methacryl-Comonomeren, die in der Seitengruppe Siioxaneinheiten enthalten.
228
5.10. Poly(acry1verbindung)en
Polymerisation in Losung Die Polymerisation von in Ketonen, Estem oder Aromaten geltisten Methacrylaten wird fur die Synthese von Lackharzen verwendet, und zwar sowohl fur physikalisch trocknende Copolymere von Methylmethacrylat rnit z.B. Laurylmethacrylat als auch fur hitzehartbare Copolymere von Methylmethacrylat rnit dem Methacrylsiureglycidylester oder dem Methacrylsaureglycolester. Wasserltisliche Harze aus Methylmethacrylat rnit etwas Methacrylsaure werden auf die gleiche Weise erzeugtt. Die Harze werden anschliessend rnit Ammoniak neutralisiert. Copolymere aus Methylmethacrylat und Methacrylsaureestem htiherer Alkohole (z.B. Laurylester) werden in Mineral61 plymerisiert. Sie dienen als Viskositatsindexverbesserer fiir Motortile (Band IV).
Polymerisation in Suspension In Suspension polymerisierte Typen werden fur Spritzguss- und Strangpressmassen sowie fur Dentalzwecke eingesetzt (Gaumenplatten und Zahnfiillungen). Die Monomeren fur Zahnfiillungen sind rnit feinstgemahlenem Glas bzw. Kieselsaure gefiillte Spezialtypen, z.B. Isopropylidenbis[2(3)-hydroxy-3(2)-4-phenoxypropylenmethacrylat]. Tab. 5-24 Eigenschaften von Poly(methylmethacry1at) (PMMA), Styrol-Acrylnitril-Copolymeren (SAN) rnit 75/24 (w/w) = 62/38 (mol S/mol AN), Poly(methacrylnitri1) (PMAN) und alternierenden Ethen-Kohlenmonoxid-Copolymeren(PK). Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte dcm3 Brechungsindex 1 LichtdurchlWgkeit 70 Schmelztemperatur (DSC) "C W&mestandfestigkeit (1,82 MPa) T Glastemperatur (DSC) T Dauerstandtemperatur "c Linearer therm. Ausdehnungskoeffizient K-l Spezifische W&mekapazit;it( 1 0 0 O C ) J K-' g-' Wt4rmeleitf2higkeit(20°C) W m-l K-' Zugmodul MPa Biegemodul MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa Biegefestigkeit MPa Reissdehnung % Kerbschlagziihigkeit (Izod,3,l mm) J/m (CharpY) M/m2 HMe (Rockwell) Relative Permittivit2t (1 kHz) 1 Durchgangswiderstand (2 min) R cm Durchschlagfestigkeit kV/mm Dielektrischer Verlustfaktor (1 kHz) 1 Wasserabsorption (24 h) %
PMMA
SAN
1.18 1,491 92
PMAN
PK
1.13
1.22-1,24 245
320 100 113 100 7.10-5 1,s 0,19 3300 3100 68-75 110-130 3-4,5 16-27 2 M97 3,3 > 10'5 30
0,05 0,4
I00
100 12
25
30
0,26 68
4000 69 90
2.9 21
M95 5,5
3,83 1.1 *lo16
0,085
0,038 0,24
1000-1700 45-70 > 300 80-150
229
5. Kohlenstoff-Ketten
Copolymere von Styrol mit Methylmethacrylat weisen eine erh6hte Schlagzahigkeit bei nur wenig verminderten optischen Eigenschaften auf. Bei einem anderen schlagzlhen Typ sind in der PMMA-Matrix Modifizierpartikeln rnit einer Kem-Schale-Struktur eingebettet. Diese Partikeln bestehen aus einem PMMA-Kem, der von einer vemetzten Poly(butylmethacry1at)Schale umhullt ist. Damit diese zweiphasige Struktur optisch klar bleibt, wird der Brechungsindex der PBMA-Schale durch einpolymerisierte Styroleinheiten demjenigen des PMMA angepasst. Eine weitere Schale aus PMMA dient zum Verankern der Modifizierpartikeln in der PMMA-Matrix.
5.10.8.
Poly(2-hydroxyethylmet hacrylat)
2-Hydroxyethylmethacrylat (Glycolmethacrylat) CH2=C(CH3)COOCH2CH20H wird mit Glycoldimethacrylat radikalisch zu chemisch vemetzten hydrophilen Gelen copolymerisiert. Die Gele nehmen in Kontakt mit der Trkenflussigkeit etwa 37 % Wasser auf und werden fur weiche Kontaktlinsen verwendet. Ihr Porendurchmesser betrigt zwischen 0,8 nm und 3 3 nm und ist daher zu klein, um Baktenen (Durchmesser ca. 200 nm) eindringen zu lassen. Die Kontaktlinsen mussen aber periodisch enzymatisch gereinigt werden, da sich auf und in ihnen sonst Proteine ablagem, die einen guten Nlhrboden fur Bakterien darstellen.
5.10.9.
Poly(methacry1imid)
Poly(methacry1imid)e werden aus Poly(methacry1saure-co-methacrylnitril) durch Zugabe eines NH3 abspaltenden Treibmittek (2.B. NH4HC03) bei Temperaturen oberhalb der Glastemperatur von ca. 14OOC erhaltcn: CH, CH3
(5-5 1)
CO
I
CN
OH
H
0
OH
OH
Die Imidiemng l2uft gleichzeitig mit der Bildung eines Zellgefiiges durch das abgespaltene Gas ab. Die entstehenden Hartschaume sind offenzellig und sehr temperaturbest2ndig (Glastemperatur ca. 2OOOC). Sie besitzen hohe Zug- und Druckfestigkeiten, nehmen wegen ihrer hydrophilen Natur aber auch vie1 Wasser auf.
510.10.
Poly(methacrylnitri1)
Ataktisches Poly(methacrylnitri1) +CHyC(CH3)CN+, entsteht durch radikalische Polymerisation von Methacrylnitril in Masse, Emulsion oder Losung. Einige Eigenschaften der Polymeren (PMAN) sind in Tab. 5-24 aufgefuhrt. Aus den Polymeren werden Filme, Beschichtungen, Elastomere und Photoresists hergestellt.
230
5.1 1.
5.11. Poly(ally1verbindung)en
Poly(ally1verbindung)en
Allylverbindungen weisen die Gruppierung CHz=CH-CH2- auf. Der Name "Allyl" geht auf die Knoblauchpflanze (Allium sativa) zuriick. Durch Wasserdampfdestillation des Knoblauchs wird ein gelbes 0 1 enthalten, dessen iibler Geruch von verschiedenen Allylsulfiden stammt. Allylmonomere CH~=CH-CHZYmit Y = OH, OOCCH3, C1 usw. sind radikalisch wegen des starken Kettenabbruchs durch das Monomere nur zu niedrigen Polymerisationsgraden polymerisierbar (Band I). Technisch bedeutsam sind daher nur die zu Duroplasten fuhrenden Di- und Triallylmonomeren. Da die bei der Polymerisation von Di- und Triallylestem entstehenden vemetzten Polymeren Estergruppierungen als Substituenten tragen, werden derartige Polymere in der Technik manchmal auch als "Polyester" bezeichnet. CH, =CHCH,OOC
CH, =CHCH,OCOOCH,CH,, CH, =CHCHZOCOOCHzCH2/" DADC CH,=CHCHZO
YHZCH
1% N
CH, =CHCH,OOC
=CHz
DAP
OCHZCH =CHz
TAC
Diallyldiglycolcarbonat DADC erhalt man durch Reaktion von Diethylenglycolbis(chloroformiat) O(CH2CH20COC1)2 (aus Ethylenglycol und Phosgen) rnit Allylalkohol in Gegenwart von NaOH. Diallylphthalat DAP wird konventionell durch Verestem von Phthalsaureanhydrid rnit Allylalkohol CH2=CHCH20H hergestellt. Triallylcyanurat (= 2,4,6-Tris(allyloxy)-s-triazin) TAC gewinnt man durch Umsetzen von Trichlor-s-lriazin mit Allylalkohol. Die Monomeren werden radikalisch polymerisiert, oft nur bis zu Umsatzen von weniger als 25 % bezogen auf die Allylgruppen. Die stark verzweigten, aber noch nicht vernetzten Vorpolymerisate rnit Molmassen von ca. ( I 0 000-25 000) g/mol werden anschliessend unter Formgebung ausgehartet, meist in ihrer Mischung mit dem Monomeren. Die Schrumpfung des Vorpolymcrisates ist sehr gering, namlich nur 1 %, verglichen mit 12 % h i m Monomeren. DADC fuhrt zu optisch klaren Teilen mit etwa der gleichen Lichtdurchliissigkeit wic Poly(methylmethacrylat), aber mit ca. 30-40 ma1 hoherer Kratzfestigkeit. Sie werden z.B. fur Sonnenbrillen verwendet. Poly(diallyldiglyco1carbonat) dient auch zum Nachweis von a-Partikeln, schnellen Neutronen usw., deren Spuren nach dem Entwickeln mit Alkali sichtbar werden. Die ausgeharteten Harze von Diallylphthalat und dem isomeren Diallylisophthalat weisen elektrische Leitf3higkeiten auf, die zwischen denen von Porzellan und Poly(letrafluorethylen) liegen. Sie werden daher auch fur elektrische lsolatoren eingesetzt. Mit Vorpolymerisaten getrankte Harzmatten sind als Prepregs im Handel. Triallylcyanurat TAC und das isomere Triallylisocyanurat dienen meist als Vemetzer fur andere Monomere.
23 1
5 . Kohlenstoff-Ketten
5.12.
Aliphatische Polyketone
Bei aliphatischen Polyketonen +Z-CO+, altemieren aliphatische Kettenstucke -Zrnit Carbonylgruppen -CO-. In der Natur kornrnen als Acetogenine bezeichnete niederrnolekulare Polyketide vor, die eine Poly(P-keton)-Struktur aufweisen: OH
(5-52)
OH
OH
L
7
Technische Polyketone sind Copolyrnere aus Ethen bzw. Propen und Kohlenrnonoxid. Sie bestehen aus zwei Farnilien. Durch Polyrnerisation rnit Pd(I1)-Katalysatoren Die entstehen hochrnolekulare, streng altemierende Copolyrnere, z.B. +CH2CH2-C0+,. radikalische, unter Druck ausgefuhrte Polymerisation liefen dagegen niedermolekularere (M,< 8000) Polyrnere rnit weniger als 50 mol-% Kohlenmonoxid-Einheiten. Die aliphatischen Polyketone sind sernikristalline Ingenieur-Thermoplaste (Eigenschaften s. Tab. 5-24). Sie haben sich aber nicht durchgesetzt, denn die Produktion von ca. 20 OOo t/a wurde irn Jahre 2000 eingestellt.
Literatur zu Kap. 5 5.0. ALLGEMEINE LITERATUR K.-U.Buhler, Spezialplaste, Akademie-Verlag, Berlin 1978 H.-G.Elias, F.Vohwinkel, Neue polymere Werkstoffe, 2. Folge, Hanser, Miinchen 1983; New Commercial Polymers 2, Gordon and Breach, New York 1986 5.1. KOHLENSTOFFE P.L.Walker, jr., Hrsg., Chemistry and Physics of Carbon, Dekker, New York, Bd. 1 ff. (1965 ff.) H.Marsh, Introduction to Carbon Science, Butterworth, London 1989 H.O.Pierson, Handbook of Carbon, Graphite, Diamonds, and Fullerenes. Properties, Processes and Applications, Noyes, Park Ridge (NJ) 1993 P.A.Thrower, L.R.Radovic, Hrsg., Chemistry and Physics of Carbon, Dekker, New York 1999 5.1.1. DIAMANT R.A.Gael, The Diamond Dictionary, Gemmolog.Inst.America, Santa Monica (CA) 2. Aufl. 1977 J.E.Field, Hrsg., The Properties of Diamond, Academic Press, New York 1979 C.H.Yaverbaum, Hrsg., Synthetic Gems Production Techniques, Noyes, Park Ridge (NJ) 1980 G.Davies, Diamond, Hilger, Bristol 1984 -,Diamond Films, Technhights, Fort Lee, NJ 1987 J.Wilks, E.Wilks, Properties and Applications of Diamond, Buttenvorth-Heinemann, Oxford 1991 J.E.Field, Hrsg., The Properties of Natural and Synthetic Diamond, Academic Press, San Diego (CA) 1992 P.K.Bachmann, A.Matthews, Diamond, Diamond-like and Related Coatings, Elsevier Science, Amsterdam 1992 (Symposiumsbericht) R.F.Davis, Hrsg., Diamond Films and Coatings, Noyes Data Corp., Park Ridge (NJ) 1993 M.A.Prelas, G.Popovici, L.K.Bigelow, Handbook of Industrial Diamonds and Diamond Films, Dekker, New York 1998 K.E.Spex, J.P.Dismukes, Hrsg., Synthetic Diamond. Emerging CVD Science and Technology, Wiley, New York 1994 B.Dischler, C.Wild, Low-Pressure Synthetic Diamond, Springer, Berlin 1999
232
Literatur zu Kap. 5
5.1.2. FULLERENE W.E.Billups, M.A.Ciufolini, Hrsg., Buckminsterfullerenes, VCH, Weinheim 1993 A.Hirsch, The Chemistry of the Fullerenes, Thieme, Stuttgart 1994 H.Schuster, Hrsg., Von Fuller bis zu Fullerenen, Vieweg, Braunschweig 1996 M.S.Dresselhaus, G.Dresselhaus, P.C.Eklund, Science of Fullerenes and Carbon Nanotubcs, Academic Press, Orlando (FL) 1996 T.W.Ebbesen, Carbon Nanotubes: Preparation and Properties, CRC Press, Boca Raton (FL) 1996 S.Yoshimura, R.P.H.Chang, Supercarbon. Synthesis, Properties and Applications, Springer, Berlin 1998 A.Hirsch, Fullerens and Related Structures, Springer, Berlin 1999 J.Shinar, Z.V.Vardeny, Z.H.Kafafi, Optical and Electronic Properties of Fullerenes and FullereneBased Materials, Dekker, New York 1999 P.J.Harris, Carbon Nanotubes and Related Structures, Cambridge University Press, New York 1999 PCEklund, A.M.Rao, Hrsg., Fullerene Polymers and Fullerene Polymer Composites (Springer Series in Materials Science, Band 38). Springer, Heidelberg 2000 5.1.3. GRAPHIT B.T.Kelly, Physics of Graphite, Appl.Sci.Publ., Barking (Essex) 1981 5.1.4. KOHLENSTOFF- und GRAPHITFASERN D.J.ONei1, Precursors for Carbon and Graphite Fibers, 1nt.J.Polym.Mater. 7 (1979) 203 G.Henrici-OlivC, S.OlivC, The Chemistry of Carbon Fiber Formation from Polyacrylonitrilc, Adv.Polym.Sci. 51 (1983) 1 J.-B.Donnet et al., Carbon Fibers, Dekker, New York, 3.Aufl. 1998 The Plastics and Rubber Institute, Hrsg., Carbon Fibers: Technology, Uses and Prospects, Noyes, Park Ridge (NJ) 1986 L.H.Peebles, Jr., Carbon Fibers: Formation, Structure, and Properties, CRC Press, Boca Raton (FL) 1995 Mhagaki, New Carbons. Control of Structure and Function, Elsevier, Kidlington (UK) 2000 5.1.5. GLASKOHLENSTOFF G.M.Jenkins, K.Kawamura, Polymeric Carbons: Carbon Fibre, Glass and Char, Cambridge Univ. Press, London 1976 Mhagaki, New Carbons. Control of Structure and Function, Elsevier, Kidlington (UK) 2000 5.1.6. RUSSE R.C.Bansal, J.-B.Donnet, FStoeckli, Active Carbon, Dckker, New York 1988 J.-B.Donnet, Carbon Black, Dekker, New York 1993 5.2. POLY(OLEFIN)E, allgemein F.M.McMillan, The Chain Straighteners: Fruitful Innovation. The Discovery of Linear and Stereoregular Polymers, MacMillan, London 1981 H.R.Sailors, J.P.Hogan, A History of Polyolefins, Polym. News 7 (1981) 152 R.B.Seymour, T.Cheng, Hrsg., History of Polyolefins, Reidel, Hingham (MA) 1985 L.F.Albright, Processes for Major Addition-Type Plastics and Their Monomers, Krieger, Melbourne (FL), 2. Aufl. 1985 (Ethylen, Propylen, Vinylchlorid, Styrol) D.B.Sicilia, A Most Invented Invention, Amer. Heritage of Invention and Technology 6/1 (1990) 45 KSoga, T.Shiono, Ziegler-Natta Catalysts for Olefin Polymerizations, Progr.Polym.Sci. 22 (1997) 1503 L.A.M.Utracki, Polyolefin Alloys and Blends, Macromol.Symp. 188 (1997) 335 LScheirs, W.Kaminsky, Hrsg., Metallocen-Based Polyolcfins, Wiley, New York 1999 (2 Bde.) C.Vasile, R.B.Seymour, Hrsg., Handbook of Polyolefins, Dekker, New York, 2.Aufl. 2000 5.2.3. POLY(ETHYLEN)E K.Ziegler, Folgen und Werdegang einer Erfindung, Angew.Chem. 76 (1964) 545 P.Ehrlich, G.A.Mortimer, Fundamentals of the Free-Radical Polymerization of Ethylene, Adv.Polym.Sci. 7 (1970) 386 F.P.Baldwin, G.Ver Strate, Polyolefin Elastomers Based on Ethylene and Propylene, Adv.Polym. Sci. 7 (1970) 386
5 . Ko hlenstoff-Ketten
233
S.Cesca, The Chemistry of Unsaturated Ethylene-Propylene Based Terpolymers, Macromol.Rev. 10 (1975) 1 G.Luft, Hochdruck-Polyethylene (Synthese), Chem.-1ng.Tech. 51 (1979) 960 J.P.Hogan, Catalysis of the Phillips Petroleum Company Polyethylene Process, in E.B.Leach, Hrsg., Applied Industrial Catalysis, Academic Press, New York, Bd. 1 (1983) S.Bork, Lineares Polyethylen niedriger Dichte (LLDPE) - Eigenschaften, Verarbeitung und Anwendung, Kunststoffe 74 (1984) 474 T.E.Nowlin, Low Pressure Manufacture of Polyethylene, Progr.Polym.Sci. 11 (1985) 29 R.Miilhaupt, B.Rieger, Ubergangsmetall-Katalysatorenfur die Olefinpolymerisation. 1. Die Niederdrucksynthese von Polyethen, Chimia 49 (1995) 486 A.J.Peacock, Handbook of Polyethylene. Structures, Properties, and Applications, Dekker, New York 2000 J.Heidberg, K.Krejci-Graf, Elaterite - A Fossil Polyethylene, Naturwiss. 56 (1969) 5 13 5.2.5. ETHEN-COPOLYMERE S.Schick, Hrsg., Ionomers. Characterization, Theory, and Applications, CRC Press, Boca Raton (FL) 1996 A.Eisenberg, J.S.Kim, Introduction to Ionomers, Wiley, New York 1998 5.2.6. POLY(PR0PYLEN)E T.O.J.Kresser, Polypropylene, Reinhold, New York 1960 G.Natta, Von der stereospezifischen Polymerisation zur asymmetrischen autokatalytischen Synthese von Makromolekulen, AngewChem. 76 (1964) 553 H.P.Frank, Polypropylene, Gordon and Breach, New York 1968 E.G.Hancock, Hrsg., Propylene and Its Industrial Derivatives, Halsted, New York 1973 A.Zambelli, C.Tosi, Stereochemistry of Propylene Polymerization, Adv.Polym.Sci. 15 (1974) 3 1 S. van der Ven, Polypropylene and Other Polyolefins. Polymerization and Characterization, Elsevier, Amsterdam 1990 D.B.Sicilia, A Most Invented Invention, Amer. Heritage of Invention and Technology 6/1 (1990) 45 J.Karger-Kocsis, Hrsg., Polypropylene, Chapman and Hall, London 1995 (Bd. 1: Structure and Morphology, Bd. 11: Copolymers and Blends, Bd. 111: Composites) E.P.Moore. Jr., Hrsg.. Polypropylene Handbook. Polymerization, Characterization, Properties, Processing, Applications, Hanser, Miinchen 1996 E.P..Moore, Jr., The Rebirth of Polypropylene: Supported Catalysts, Hanser, Miinchen 1999 H.G.Karian, Handbook of Polypropylene and Polypropylene Composites, Dekker, New York 1999 J.Karger-Kocsis, Polypropylene, Kluwer Academic, Dordrecht (NL) 1999 5.2.7. POLY( 1-BUTEN) I.D.Rubin, Poly(1-butene), Gordon and Breach, New York 1968 B.A.Krentse1, Y.V.Kissin, V.I.Kleiner, L.L.Stoskaya, Hrsg., Polymers and Copolymers of Higher a-Olefins, Hanser-Gardner, Cincinnati 1997 5.2.8. POLY(4-METHYL-1-PENTEN) K.J.Clark, R.P.Palmer, Transparent Polymers from 4-Meihylpentene-1, Soc.Chem.Ind., Monograph No.20, London 1966, p.82 5.2.10. POLY(IS0BUTYLEN) H.Giiterbock, Polyisobutylen und Isobutylen-Mischpolymerisate,Springer, Berlin 1955 J.P.Kennedy, I.Kirschenbaum, Isobutylene, in ECLeonhard, Hrsg., Vinyl and Diene Monomers, Vol. 2, Wiley, New York 1971 5.3. POLY(DIEN)E, ijbersicht G.S.Whitby, Synthetic Rubber, Wiley, New York 1954 S.BostrUm, Kautschuk-Handbuch, Berliner Union, Stuttgart, 6 Bde. 1958-1962 P.W.Allen, Natural Rubber and the Synthetics, Crosby Lockwood, London 1972 W.M.Saltman, Hrsg., The Stereo Rubbers, Wiley, New York 1977
234
Literatur zu Kap. 5
5.3.2. POLY(BUTAD1EN)E F.A.Howard, Buna Rubber: The Birth of an Industry, Van Nostrand, New York 1947 W.Breuers, H.Luttropp, Buna, Verlag Technik, Berlin 1954 W.Hofmann, Nitrilkautschuk, Berliner Union, Stuttgart 1965 C.Heuck, Ein Beitrag zur Geschichte der Kautschuk-Synthese: Buna-Kautschuk IG (1925-1945), Chem.-Ztg. 94 (1970) 147 H.Logemann, G.Pampus,Buna S - seine grosstechnische Herstellung und seine Weiterentwicklung - ein geschichtlicher Uberblick, Kautsch.Gummi-Kunststoffe 23 (1973) 479 V.Herbst, A.Bisio, Synthetic Rubber: A Project that Had to Succeed, Greenwood, New York 1985 5.3.3. POLY(IS0PREN)E W.K6nig, Cyclokautschuklacke, Colomb, Stuttgart 1966 ESchoenberg, H.A.Marsh, S.J.Walters, W.M.Saltman, Polyisoprenes, Rubber Chem.Techno1. 52 (1979) 526 A.D.Roberts, Hrsg., Natural Rubber Science and Technology, Oxford Univ.Press, Oxford 1988 Y.Tanaka, Structure and Biosynthesis of Natural Polyisoprenes, Progr.Polym.Sci. 14 (1989) 339 R.Friedel, Crazy about Rubber, American Heritage of Invention and Technology 513 (1990) 44 5.3.5. POLY(CHLOR0PREN) R.M.Murray, D.C.Thompson, The Neoprenes, DuPont, Wilmington, DE 1963 P.R.Johnson, Polychloroprene Rubber, Rubber Chem.Technol. 49 (1976) 650 5.4. POLY(CYCLO0LEFIN)E 3 J.K.Stille, Diels- Alder Polymerisation, Fortschr.Hochpolym.-Forschg.-Adv.Polym.Sci. (1961/1964) 48 A.Renner, F.Widmer, Vernetzung durch Diels-Alder-Polyaddition,Chimia 22 (1968) 219 W.J.Bailey, Diels-Alder Polymerization, Kin.Mech.Polym. 3 (1972) 333 5.4.7. POLY(ACETYLEN)E S.Cesca, A.Priola, M.Bruzzone, Synthesis and Modification of Polymers Containing a System of Conjugated Double Bonds, Adv.Polym.Sci. 32 (1979) 1 C.I.Simionescu, V.Percec, Progress in Polyacetylene Chemistry, Progr.Polym.Sci. 8 (1982) 133 J.W.Chien, Polyacetylene. Chemistry, Physics, and Materials Science, Academic Press, NY 1984 - (Verschiedene Beitrage), Polydiacetylenes, Adv.Polym.Sci. 63 (1984) A.M.Saxman, R.Liepins, M.Aldissi, Polyacetylene: Its Synthesis, Doping and Structure, Progr.Polym.Sci. 11 (1985) 57 5.5. AROMATISCHE POLY(KOHLENWASSERSTOFF)E, allgemein H.F.Mark, S.M.Atlas, Aromatic Polymers, Int.Rev.Sci., 0rg.Chem.Ser. Two 3 (1976) 299 V.V.Korshak, A.L.Rusanov, Novel Trends in Ladder Polyheteroarylenes, J.Macromol.Sci.-Rev. Macromol.Chem. C 21 (1981-1982) 275 5.5.1. POLY(PHENYLEN)E G.K.Noren, J.K.Stille, Polyphenylenes, J.Polym.Sci. D (Macromo1.Rev.s.) 5 (1971) 385 J.G.Speight, P.Kovacic, F.W.Koch, Synthesis and Properties of Polyphenyls and Polyphenylenes, J.Macromol.Sci. C 5 (1971) 295 D.R.Wilson, H.Jathavedam, N.W.Thomas, in J.C.Salamone, J.S.Riffle, Contemporary Topics in Polymer Science, Bd. 7, Advances in New Materials, Plenum, New York 1992, S. 181 5.5.2. POLY(p-XYLYLEN)E M.Szwarc, Poly-para-xylylene: Its Chemistry and Application in Coating Technology, Polym.Sci.Eng. 16 (1976) 473 L.Baldauf, C.Hamann, L.Libera, Parylene-Polymere I. Synthese, Eigenschaften, Bcdeutung; Plaste Kautsch. 2512 (1978) 61
5.5.3. PHENOLHARZE T.S.Carswell, Phenoplasts, Interscience, New York 1947 K.Hultzsch, Chemie der Phenolharze, Springer, Berlin 1950 R.W.Martin, The Chemistry of Phenolic Resins, Wiley, New York 1956
5. Kohlenstoff-Ketten
235
N.J.L.Megson, Phenolic Resin Chemistry, Buttenvorths, London 1958 D.F.Gould, Phenolic Resins, Reinhold, New York 1959 A.A.K.Whitehouse, E.G.K.Pritchett, G.Barnet, Phenolic Resins, Iliffe, London 1%7 G.W.Becker, D.Braun, W.Woebcken, Hrsg., Duroplaste (= Kunststoff-Handbuch, Bd. lo), Hanser, Miinchen 1988 A.Knop, L.A.Pilato, Phenolic Resins, Springer, Berlin 1985 A.Gardziella, L.A.Pilato, A.Knop, Phenolic Resins, Springer, Berlin 2000
5.5.5. POLY(BENZOCYCL0BUTENE)E R.A.Kirchhoff, K.J.Bruza, Benzocyclobutenes in Polymer Synthesis, Progr.Polym.Sci. 18 (1993) 85 R.A.Kirchhoff, K.J.Bruza, Polymers from Benzocyclobutenes, Adv.Polym.Sci. 117 (1994) 1 5.6. ANDERE POLY(KOHLENWASSERST0FF)E W.Sandermann, Naturharze, Terpentindl, Talldl - Chemie und Technologie, Springer, Berlin 1960 E.Hicks, Shellac, Chem.Publ.Co., New York 1961 P.Wagner, H.F.Sarx, Lackkunsthane, Hanser, Miinchen, 5.Aufl. 1971 B.Keszler, J.P.Kennedy, Synthesis of High Molecular Weight Poly(&Pinene), Adv.Polym.Sci. 100 (1992) 1 R.Mildenberg, M.Zander, G.Collin, Hydrocarbon Resins, Wiley-VCH, Weinheim 1997 5.7.1. POLY(STYR0L) R.H.Boundy, R.F.Boyer, Styrene, Reinhold, New York 1952 H.Ohlinger, Polystyrol, Springer, Berlin 1955 C.H.Basdekis, ABS Plastics, Reinhold, New York 1964 H.-L.von Cube, K.E.Poh1, Die Technologie des schaumbaren Polystyrols, Hiithig, Heidelberg 1965 R.Vieweg, G.Daumiller, Kunststoff-Handbuch, Bd. V, Polystyrol, Hanser, Miinchen 1969 A.Echte, F.Haaf, J.Hambrecht, Fiinf Jahrzehnte Polystyrol - Chemie und Physik einer Pioniersubstanz im iiberblick, Angew.Chem. 93 (1981) 372 C.A.Brighton, G.Pritchard, G.A.Skinner, Styrene Polymers: Technology and Environmental Aspects, Appl.Sci.Publ., London 1979 G.W.Becker, D.Braun, HGausepohl, RGellert, Hrsg., Polystyrol (Kunststoff-Handbuch, Bd. 4). Hanser. Miinchen, 2.Aufl. 1996 R.Po', N.Cardi, Synthesis of Syndiotactic Polystyrene: Reaction Mechanism and Catalysis, Progr.Polym.Sci. 21 (1996) 47 5.7.2. SUBSTITUIERTE POLY(STYR0L)E W.W.Kaeding, L.B.Young, L.Brewster, A.G.Prapas, Para-methylstyrene, ChemTech 12 (1982) 556 M.Camps, M.Chatzopoulos, J.-P.MonthCard, Chloromethylstyrene: Synthesis, Polymerization, Transformation, Applications, J.Macromo1.-Sci.-Rev.Macromol.Chem.Phys. C 22 (19821983) 343 B.Bdmer, H.Hagemann, Polytrifluormethylstyrole, eine Polymerklasse mit aussergewdhnlichen optischen Eigenschaften, Angew.Makromol.Chem. 109-110 (1982) 285 5.7.3. POLY(VINYLACETAT) -,Polyvinyl Acetate, Chem.Soc.Monograph No.30, London 1969 G.Matthews, Hrsg., Vinyl and Allied Polymers, Bd. 2, Iliffe, London 1972 C.A.Finch, Hrsg., Polyvinyl Acetate - Properties and Applications, Wiley, New York 1973 H.Yildirim Erbil, Vinyl Acetate Emulsion Polymerization and Copolymerization with Acrylic Monomers, CRC Press, Boca Raton (FL) 2000 5.7.4. POLY(VINYLALKOH0L) F.Kainer, Polyvinylalkohole, Enke, Stuttgart 1949 J.G.Pritchard, Poly(viny1 alcohol) - Basic Properties and Uses, Gordon and Breach, New York 1970 C.A.Finch, Hrsg., Polyvinyl Alcohol. Developments, Wiley, New York 1992 I.Sakurada, Polyvinyl Alcohol Fibers, Dekker, New York 1986 5.7.6. F'OLY(V1NYLETHER) N.D.Field, D.H.Lorenz, Vinyl Ethers, in E.C.Leonard, Hrsg., Vinyl and Diene Monomers, Bd. 1, Wiley, New York 1970
236
Literatur zu Kap. 5
G.B.Butler, Synthesis and Antitumor Activity of “Pyran Copolymer”, J.Macromol.Sci.-Rev. Macromol.Chem.Phys. C 22 (1982/1983) 89 5.7.7. PoLY(N-VINYLVERB1NDUNG)EN
W.Reppe, Polyvinylpyrrolidon, Verlag Chemie, Weinheim 1954 W.Klopffer, Polyvinylcarbazol, Kunststoffe 61 (1971) 533 R.C.Penweell, B.N.Ganguiy, T.W.Smith, Poly(N-vinylcarbazole): A Selective Review of the Polymerization, Structure, Properties, and Electrical Characteristics, Macromol.Rev. 13 (1978) 63 J.M.Pearson, M.Stolka, Poly(N-Vinylcarbazole), Gordon and Breach, New York 1981 5.8.1. POLY(VINYLCHLOR1D) H.Kainer, Polyvinylchlorid und Vinylchlorid-Mischpolymerisate, Springer, Berlin 1965 M.Kaufman, The History of PVC - The Chemistry and Industrial Production of Polyvinylchloride, MacLaren, London 1%9 J.V.Koleske, L.H.Wartman, Poly(vinylchloride), Gordon and Breach, New York 1969 W.S.Penn, PVC Technology, MacLaren, London, 3.Aufl. 1972 R.H.Burgess, Hrsg., Manufacture and Processing of PVC, Hanser, Miinchen 1981 G.Butters, Hrsg., Particulate Nature of PVC, Elsevier, New York 1982 W.V.Titow, Hrsg., PVC Technology, Elsevier Appl.Sci., New York, 4.Aufl. 1984 E.D.Owen, Hrsg., Degradation and Stabilisation of PVC, Elsevier AppLSci., New York 1984 M.K.Naqvi, Structure and Stability of Polyvinyl Chloride, J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol. Chem.Phys. C 25 (1985) 119 G.W.Becker, D.Braun, Hrsg., Kunststoff-Handbuch, Bd. 2, H.Felger, Hrsg., Polyvinylchlorid, Hanser, Miinchen 1986 (2 Tle.) J.Wypych, Polyvinyl Chloride Stabilization, Elsevier, Amsterdam 1986 L.I.Nass, C.A.Heiberger, Hrsg., Encyclopedia of PVC, Dekker, New York, 2.Aufl. 1988-1992 (4 Bde.) 5.8.2. POLY(VINYLIDENCHLOR1D)
R.A.Wessling, Polyvinylidene Chloride, Gordon and Breach, New York 1975 5.9. FLUOR ENTHALTENDE POLYMERE M.A.Rudner, Fluorocarbons, Reinhold, New York 1958 O.Scherer, Fluorkunststoffe, Fortschr.Chem.Forschg. 14 (1970) 161 L.A.Wall, Hrsg., Fluoropolymers, Wiley, New York 1972 R.G.Arnold, A.L.Bamey, D.C.Thompson, Fluoroelastomers, Rubber Chem.Technol. 46 (1973) 619 R.E.Banks, Hrsg., Preparation, Properties and Industrial Applications of Organofluoro Compounds, Wiley, New York 1982 L.D.Albin, Current Trends in Fluoroelastomer Development, Rubber Chem.Technol. 52 (1982) 902 D.P.Carlson, W.Schmiegel, Fluoropolymers, Organic, Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry A 11 (1986) 393 A.E.Feiring, J.F.Imbalzano, D.L.Kerbow, Developments in Commercial Fluoroplastics, Elsevier Science, Amsterdam, 1992 R.E.Banks, B.E.Smart, J.C.Tatlow, Hrsg., Organofluorine Chemistry, Plenum, New York 1995 J.Sheirs, Hrsg., Modem Fluoropolymers, Wiley, New York 1997 J.G.Drobny, Technology of Fluoropolymers, CRC Press, Boca Raton (FL) 2000 5.10. POLY(ACRYLVERB1NDUNG)EN M.B.Horn, Acrylic Resins, Reinhold, New York 1960 H.Rauch-Puntigam, Th.Volker, Acryl- und Methacrylverbindungen (= Bd. 9 von K.A.Wolf, Hrsg., Chemie, Physik und Technologie der Kunststoffe in Einzeldarstellungen), Springer, Berlin 1967 5.10.3. POLY(ACROLEIN) R.C.Schulz, Polymerization of Acrolein, in G.E.Ham, Hrsg., Vinyl Polymerization, Bd. I , Dekker, New York 1967 C.W.Smith, Hrsg., Acrolein, Huthig, Heidelberg 1975
5 . Kohlenstoff-Ketten
237
5.10.4. POLY(ACRYLNITR1L) R.H.Beevers, The Physical Properties of Polyacrylonitrile and Its Copolymers, MacromoLRev. 3 (1%8) 113 M.A.Dalin, I.K.Kolchin, B.R.Serebyakov, Acrylonitrile, Technomic, Stamford, CN 1971
5.10.5. POLY(ACRYLAM1D) N.M.Bikales, Acrylamide and Related Amides, in E.C.Leonard, Hrsg., Vinyl and Diene Monomers, Vol. 1, Wiley, New York 1970 W.-M.Kulicke, R.Kniewske, J.Klein, Preparation, Characterization, Solution Properties and Rheological Behaviour of Polyacrylamide, Progr.Polym.Sci. 8 (1982) 373 5.10.6. FQLY(a-CYANACRYLAT)E H.Lee. Hrsg., Cyanoacrylate Resins - The Instant Adhesives. A Monograph of Their Applications and Technology, Pasadena Technol.Press, Pasadena, CA, 1981 5.10.7. PoLY(METHYLMETHACRYLAT) R.Vieweg, F.Esser, Hrsg., Kunststoff-Handbuch, Bd. IX, Polymethacrylate, Hanser, Miinchen 1975 W.Reidt et al., Methacrylat-Reaktionsharze, expert Verlag, Sindelfingen 1986 W.Wunderlich, Polymethacrylate - Werk- und Wirkstoffe mit breiter Anwendung, Angew.Makromo1. Chem. 244 (1997) 135 5.1 1. POLY(ALLYLVERBINDUNG)EN H.Raech, Allylic Resins and Monomers, Reinhold, New York 1965 HSchildknecht, Ally1 Compounds and Their Polymers, Wiley-Interscience, New York 1973 5.12. ALIPHATISCHE POLYKETONE G.E.Ash, Alternating OlefinfCarbon Monoxide Polymers: A New Family of Thermoplastics, J.Mater.Educ. 16/1 (1994); 1nt.J.Polym.Mater. 30 (1995) 1
Quellennachweise [l] -, Was ist Russ?, Firmenschrift der Degussa AG,Frankfurt (keine Jahresangabe) [2] D.C.Miles, J.H.Briston, Polymer Technology, Chemical Publ., New York 1965, Abb. 9-1 [3] V.Lorenzo, J.M.Pereiia ,J.M.G.Fatou, Angew.Makromol.Chem. 172 (1989) 25, Abb. 1 , 5 und 6 [4] I.D.Burdett, CHEMTECH (Oktober 1992) 616, Abb. 1 [5] H.Hopff, Die Technik der Polymerisation, Kunststoffe 49 (1959) 495, Abb. 1; C.C.Winding, G.D.Hiatt, Polymeric Materials, McGraw-Hill, New York 1961, Abb. 8-14 A.Krause, Chem.Engng. 72 (20.12.1965) 72, Abb. 6
[a
238
6.
Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
6.1. Ubersicht Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten enthalten mindestens ein kettenstandiges Sauerstoffatom -0- pro Repetiereinheit des Polymeren. Das Kettenstuck kann dabei offen sein oder den kiirzesten Weg durch einen Ring darstellen. Kettenglieder mit ringstindigen Sauerstoffatomen, die nicht auf dem kiirzesten Weg liegen, werden in diesem Buch nicht zu den Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten gerechnet. Beispiele:
D X
m C H 2 -0 - CH2 * kettenstindig
ringsmdig
Die kettenstandigen Sauerstoffatome sind durch Gruppierungen mit mindestens einem (E) oder mindestens zwei (Z, Z') kettenstandigen Kohlenstoffatomen verbunden, die noch Substituenten R (H, CH3, C2H5 usw.) enthalten koMen. Zu ihnen gehoren auch die in einem separaten Kapitel 7 besprochenen Polysaccharide. Bei den einfachen Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten unterscheidet man entsprechend ~0 - C H R m
mo-zm
Pol yacetale
Polyether
~0-c-0-z~
mO-C-Em II 0 Polyester
6.2.
1 I 0 Polycarbonate
m0-Z-CC-Z'~ I1 0 Polyetherketone
~c-0-c-z~ II
II
0 0 Polyanhydride
Polyacetale
6 . 2 . 1 . Ubersicht In den Ketten der Polyacetale mit der charakteristischen Einheit -0-CHR- altemieren Sauerstoffatome mit einfach substituierten Kohlenstoff-Atomen. Polyacetale erhalt man durch Polymerisation der C=O-Doppelbindung von Aldehyden oder durch Ringoffnungspolymerisation von deren cyclischen Trimeren und Tetrameren. Beispiele:
Formaldehyd
s-Tri-
s-Tetr-
oxan
oxocan
Acetddehyd
Paraldehyd
Metaldehyd
Chloral
239
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Tab. 6-1 Namen der cyclischen (c) und offenkettigen (0)Oligomeren des Formaldehyds (F)und Acetaldehyds (A) mit N Aldehydeinheiten pro Molekiil. Typ
cA., cAC6
S ystematischer Name
Semisystematischer Name
Trivialnamen
1,3,5-Trioxan 1,3,5,7-Tetroxocan Oligo(oxymethy1en) 2,4,6-Trimethyl1,3,5-trioxan 2,4,6,8-Tetramethyl1,3,5,7-tetroxocan Cyclo-oligo(oxy(1-methy1)ethylen)
s-Tnoxan (nicht Temxan)
Trioxymethylen
Metaformaldehyd F'araformaldehyd Paraldehyd Metaldehyd Mddehyd
Die meisten dieser Verbindungen sind unter einer Vielzahl von historischen und semisystematischen Namen bekannt (Tab. 6- 1). die teilweise leicht zu Verwechslungen fuhren kiinnen (z.B. Metaformaldehyd vs. Metaldehyd, Paraformaldehyd vs. Paraldehyd). Der Name "Metaldehyd" wird femer sowohl auf alle cyclischen Oligomeren des Acetaldehyds mit 4-6 Monomereinheiten bezogen als auch nur auf das cyclische Tetramere. Das cyclische Tetramere des Formaldehyds (1,3,5,7-Tetroxocan) wird in Analogie zu Trioxan oft falschlich als "Tetroxan" bezeichnet (E: tetroxane). Das echte Tetroxan ist vielmehr ein Sechsring mit vier -0- in 1,2,4,5-Stellung, also ein Diperoxid. Auch fur die halogenierten Acetaldehyde werden meist nur die Trivialnamen verwendet z.B. Chloral (von Trichloraldehyd) fur den Trichloracetaldhyd CC13CHO und Fluoral fur den Trifluoracetaldehyd CF3CHO (Fluoraldehyde@' ist ein in der Chromatographie gebrauc htes Farbem ittel fur Am inos au ren !),
6.2.2.
Poly(oxymethy1en)e
Monomere Poly(oxymethy1en) (POM; Poly(methy1enoxid)) weist den Grundbaustein -0CH2auf. Es entsteht technisch durch Polymerisation von Formaldehyd oder von s-Trioxan. In der Natur wurde es im Gasschweif des Halleyschen Kometen gefunden. Poly(oxymethy1en) wird technisch auch als Polyacetal, Acetal-Kunststoff oder einfach als Acetal bezeichnet. Das aus Formaldehyd erhaltene Polymere ist femer unter den Namen Poly(forma1dehyd) oder Polyacetal-Homopolymer bekannt. Trioxan wird noch mit kleinen Mengen anderer Monomerer copolymerisiert; das Poly(trioxan) heisst daher auch Polyacetal-Copolymer. Der Rohstoff fur beide Typen ist Formaldehyd. Uber 2/3 des weltweit hergestellten Formaldehyds gehen in verschiedene Polymere. Formaldehyd (Methanal) ist das Aldehyd der Ameisensaure (L: formica = Ameise). Es wird jetzt fast ausschliesslich aus Methanol erhalten, und zwar durch Dehydrierung (CH30H P HCHO + Hz), Oxydehydrierung (CH30H + (1/2) 0 2 + HCHO + H20) oder Oxidation (ebenso), friiher auch durch radikalische Oxidation von Propan und Butan (USA) oder durch Oxidation von Dimethylether (Japan). Die partielle Oxidation von Methan erfordert so hohe Temperaturen, dass das gebildete HCHO wieder zerfallt.
240
6.2. Polyacerale
Der anfallende Formaldehyd wird in Wasser absorbiert. wobei sich das Hydrat bildet. Wassrige Ltisungen mit bis zu 30 % Formaldehyd sind klar, aus Ltisungen rnit hoheren Konzentrationen fallt amorpher Paraformaldehyd aus. Gehandelt wird nicht das reine Monomere, sondem (35-55) %ige Ltisungen des Formaldehyds in Wasser. Diese Ltisungen enthalten das
Hydrat des Formaldehyds HOCH20H (Methylenglycol) sowie die oligomeren Oxymethylenglycole H(OCH2),0H. Paraformaldehyd, die htiheren Oligomeren des Formaldehyds, die man durch Eindampfen der wassrigen Formaldehyd-Losungen erhalt. Reiner Paraformaldehyd depolymerisiert bei (1 80-200)"C zum Formaldehyd. Trioxan, hergestellt durch Erhitzen wassriger Formaldehyd-Losungen rnit 2 %iger Schwefelsaure und anschliessende Extraktion mit Chloroform. Trioxan wird fur Polymerisationszwecke durch fraktionierte Destillation oder durch Rekristallisation aus Methylenchlorid oder Petrolether gereinigt.
Poly(forma1dehyd)e Formaldehyd kann zu zwei Poly(forma1dehyd)en polymerisiert werden, namlich zu Poly(oxymethy1en)en tOCH2-fii oder zu Poly(hydroxymethy1en)en t C H ( O H & . Poly(hydroxymethy1en)e sind Zucker. Sie bilden sich meist nur in kleinen Ausbeuten; nur rnit TlOH als Katalysator wurden 90 % Umsatz erhalten. Cannizzaro-Reaktionen sorgen dafiir, dass maximal Hexosen gebildet werden. Die Polymerisation zu Poly(forma1dehyd)en liefert die technisch verwendeten Acetal-Homopolymeren. Sie kann Im Prinzip kationisch, anionisch, durch Insertionen oder sogar durch Polykondensationen erfolgen. Die technische Polymerisation verwendet vermutlich anionische Initiatoren. Poiykondensationen treten in wassrigen oder etwas Wasser enthaltenden alkohoiischen Losungen des Formaldehyds auf. Unter diesen Bedingungen ist der Formaldchyd zu H2C(OH)2 hydratisiert. Da C=O-Doppelbindungen abwesend sind, kann keine Polymerisation auftreten. Dagegen ist durch Abspalten von Wasser eine Polykondensation zu Oligomeren moglich. Die Oligomeren sind in den verwcndeten Losemitteln unloslich und kristallisieren aus. Die treibende Kraft ist somit die Kristallisation. Bei der kationischen Polymerisation mit z.B. Protonsauren wird an Formaldchyd zuerst ein Proton angelagert. Das entstehende Carbeniumion startet die Polymerisation: H*+
O=CH,
f3 HO-CH,
+ HCHO
HO-CH2-O-CH2
f3 USW.
Die anionische Polymerisation wird durch Amine, Amide, Amidine, Ammoniumsalze, Phosphine usw. rnit Spuren von Wasser ausgelost. Tertiare Amine lagem z.B. Wasser zu [R3NH]@[0Hle an. Das Anion bildet mit HCHO ein Alkoxy-Ion, welches d a m die Polymcrisation auslost und fortpflanzt: Hoe+ H,C=O + HO-CH2-0
+HCHO
HO-CH2-O-CH*-0
e USW.
24 1
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Durch eine Ubertragung des wachsenden Makroanions zu H20 wird die Polymerkette abgebrochen: (6-3)
f
HO CH2-0
I"
CH2-O8+H2O
Das Hydroxylanion H o e wird regeneriert und startet gemiss G1.(6-2) eine neue Polymerkette. Die kinetische Kette bleibt somit erhalten. Ein neueres technisches Verfahren arbeitet in Suspension. Dazu wird hochgereinigter gasforrniger Fonnaldehyd in Hexan eingetragen. Die halbacetalischen Kettenenden der durch eine anionische Polymerisation gemiss G1.(6-2) erzeugten Polymeren werden noch durch Umsetzen mit Acetanhydrid stabilisiert, wodurch an beiden Kettenenden Acetatgruppen gebildet werden. Dabei gehen etwa 10 % des Formaldehyds verloren. Durch die Verkappung wird eine Depolymerisation von den Kettenenden her verhindert, nicht jedoch eine Reissverschlussreaktion nach einem vorhergehenden Kettenbruch. Solche Kettenbriiche kiinnen bei der Verarbeitung der Polymeren auftreten. Da die thermodynamische Ceiling-Temperatur des kristallinen Polymeren bei ca. 127°C liegt, depolymerisiert das Polymere bei den meist htjheren Temperaturen anschliessend reissverschlussartig unter Ruckbildung von Formaldehyd.
Acetal-Copoly mere Zur Synthese der Acetal-Copolymeren wird s-Trioxan zusammen mit kleinen Anteilen (< 5 %) eines cyclischen Ethers oder Dimethylformal durch Bortrifluoridhydrat H[BF30H] bzw. -etherat C4H9[BF3.OC4H9] in Gegenwart von Spuren Wasser kationisch polymerisiert. Da bei rigorosem Ausschluss von Wasser keine Polymerisation erfolgt, erfolgt die Initiation nicht durch BF3 (nach BF3 + O< P F3Be-@O<). Das Proton des He[BF30HIe lagert sich vielmehr an den Trioxanring an. Das Oxoniurnion Bffnet sich, weil das offenkettige Carbeniumion resonanzstabilisien ist. Bei der Initiation wird femer vom Ende des Tri(oxymethy1en)-Segmentes Forrnaldehyd abgespalten:
(6-4)
L o
Q
+ HOCH20CH20CH2
H-?Ir0)
Or')
-He
L
O
+
HCHO~L-
,I
Q
HOCH20CH20=CH2
HCHO
e
HOCH20CH2
Q
HOCH20=CH2
Die Kette wichst durch Anlagem des Carbeniumions an Trioxan (G1.(6-5)) bzw. an das ebenfalls gebildete Tetroxocan (s. G1.(6-7)) zu einer Oxoniumstruktur oder an den mit Trioxan nach G1.(6-4) im Gleichgewicht stehenden Formaldehyd, z.B.
(6-5)
L 8
(6-6)
Q
+ HOCH20CH2-'Or')
HOCH22H2 + Or') O
-+ HO(CH20),0CH2 usw. L
O
HOCHZOCH, + O=CH2 + HOCH2OCH2OCH2 USW.
242
6.2. Polyacetale
Durch eine Ruckkopplungsreaktion (E: back-biting reaction) bildet sich femer Tetroxocan (“Tetroxan“), und zwar bereits aus den Oligomeren: @
H(OCH2),OCH2OCHzOCH2OCH,OCH,
--*
‘07J H(OCH2)nOCHz-0
(6-7)
Anfanglich sind die Kettenlagen der entstehenden Polymeren kurz. Die Bildung von Tetroxocan nach G1.(6-7) und die Bildung von Formaldehyd nach G1.(6-4) fallen daher im Anfangsstadium relativ starker ins Gewicht als in spateren Stadien. Durch diese Reaktionen werden folglich nur relativ wenige Polymcrmolekule gebildet und es tritt eine Induktionsperiode fur die Polymerbildung auf. Eine schnelle Polymerisation erfolgt erst, nachdem die Konzentrationen von Formaldehyd und Tetroxocan ihre Maxima uberschritten haben. Die Induktionsperiode ist bei Ethylenoxid weit grosser als bei 1,3-Dioxolan oder Dimethylformal HCH(OCH3)2 als Comonomeren. Aus Ethylenoxid und Formaldehyd bilden sich namlich ausser niedermolekularen Comonomeren zuerst noch viele andere copolymerisationsfahige cyclische Verbindungen:
01,3,5,7,10-
1,3,5,7-
Pentaoxacyclododecan
Trioxan
Tetnoxacyclononan
1,3,6-
1.3-
Trioxepan
Dioxolan
Die im System befindlichen Wassermolekule sorgen ferner fur Ubertragungsreaktionen, durch welche die Polymerkctte abgebrochen wird:
(6-8)
03
H(OCH,),0CH2
+ H20
+
+ H@
H(OCH2),0CH20H
Auch das als Stabilisator verwendete Dimethylformal ist ein starker Kettenubertrager:
(6-9)
*(OCH,),OCH,
03
+ CH3OCH2OCH3
03
+ *(OCH2),OCH,OCH2OCH,OCH3
1 *(OCH2),OCH20CH3
+
03
[CH,OCH,
I
CH3 0
3
CH2 =OCH3]
‘
Die neu gebildeten Kationen starten neue Ketten. Pro eingesetztes DimethylformalMolekul werden auf diese Wcise bis zu ca. 40 Polymermolekule gebildet.
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
243
Bei der Polymerisation treten ausserdem Transacetalisierungen auf, wodurch sich die Molmassenverteilung bei Beibehalt des Zahlenmittels der Molmasse an die Schulz-FloryVeneilung annahert. Transacetalisierungen sorgen auch fur eine gleichmlssigere Verteilung der Comonomereinheiten:
Ein neueres technisches Verfahren geht von Formaldehyd anstelle von Trioxan aus. Die Copolymerisation mit einem cyclischen Formal wird hier in der Gasphase mit BF3 oder dessen Komplex mit Diethylether durchgefuhrt. Diblockcopolymere werden durch die Polymerisation von Formaldehyd in Gegenwart eines funktionalisierten Polymeren R-%-OH erhalten. Stabilisierung von Acetal-Copolymeren Der Einbau der Comonomeren sol1 die Acetal-Copolymeren gegen einen Abbau durch WPrme und/oder Alkalien schutzen. Cyclische Ether wie Ethylenoxid (Oxiran) sind Warmestabilisatoren; sie werden als reaktivere Comonomere schon bei kleinen Umsatzen quantitativ eingebaut (siehe oben), wobei wegen der htiheren Reaktivitat des Oxirans anfanglich llngere Ethylenoxid-Sequenzen entstehen. Die gleichzeitige Transacetalisierung (G1.(6-9)) sorgt jedoch fur eine spatere statistische Verteilung der Oxyethylen-Reste im Copolymeren. Die OxyethylenEinheiten stabilisieren gegen Depolymerisationen von durch Kettenspaltungen gebildeten aktiven Kettenenden, da die Ceiling-Temperatur von Poly(oxyethy1en) htiher als diejenige von Poly(oxymethy1en) ist. Eingebaute Ethylenoxid-Einheiten stabilisieren auch gegen Alkaliabbau. Gute Alkalistabilisatoren sind auch Dimethylfonnal und die technisch verwendeten cyclischen Acetale Dioxolan (1,3-Dioxacyclohexan) und Dioxepan (1,3-Dioxacycloheptan). Alle diese Verbindungen versiegeln folglich beide Kettenenden. Alkohole und Ester eignen sich nicht als Alkalistabilisatoren, da sie nur eine stabile Endgruppe bilden ktinnen. Technische Polyacetale werden femer rnit Hamstoff, Hydrazin oder Polyamiden gegen einen Wirmeabbau stabilisiert. Diese Additive reagieren mit dem Abbauprodukt Formaldehyd oder dessen Oxidationsprodukten wie 2.B. AmeisensPure. Zur Erhohung der Oxidationsbestandigkeit setzt man femer noch sekundare und tenilre Amine zu.
Eigenschaften Polyacetale sind durchscheinend weisse Ingenieurkunststoffe, die gegen schwache Sauren und Alkalien, Aliphaten, Aromaten, halogenierte Kohlenwasserstoffe und Detergentien gut bestindig sind (keine Spannungsrissbildung). Ihre Wasseraufnahme ist gering (Tab. 6-2), ihre Masshaltigkeit entsprechend hoch. Sie losen sich unter Abbau bei Raumtemperatur in Hexafluoracetonhydrat und bei htiheren Temperaturen in rn-Kresol. Homopolymere sind etwa 70 % rontgenkristallin, Copolymere etwa 55 %. Die dichte Packung der Ketten und die hohe Kristallinitat verleiht den Polymeren metallahnliche Eigenschaften. Anders als viele andere Ingenieurkunststoffe weisen Acetal-Polymere z.B. keinen ausgepragten Fliesspunkt auf (Abb. 6-1).
244
6.2. Polyacetale
.-C Kupfer
1
Acetal-Copolymer Polycarbonat A
- Dehnungin%
+
Abb. 6-1 Zugspannungs-Dehnungs-Verhalten eines Acetal-Copolymeren im Vergleich zu Polycarbonat A und Metallen [la]. Mit freundlicher Genehmigung des Hanser-Verlages, Miinchen. Wegen dieser metallahnlichen Eigenschaften verdrangen Acetal-Polymere zunehmend durch Spritzguss verarbeitetes Zink sowie Messing, Aluminium und Stahl in Armaturen, Automobilteilen, Pumpen, Schrauben usw. Polyacetale werden gegen einen Abbau durch ultraviolettes Licht stabilisiert. Am besten wirkt Russ. Organische Stabilisatoren sind weniger gut wirksam.
6.2.3.
Poly(aceta1dehyd)
Acetaldehyd CH3CHO kann wegen seiner niedrigen Ceiling-Temperatur von -60°C nur bei sehr tiefcn Temperaturen polymerisiert werden. Anionische Polymerisationen fuhren zu hoch syndiotaktischen, kristallinen Produkten, kationische dagegen zu "ataktischen", kautschukartigen. Die Polymeren +O-CH(CH3)+ werden nicht technisch hergestellt, weil sic wegen des tertiar gebundenen Wasserstoffatoms leicht oxidieren. Copolymere sind durch Anlagcrung von Diolen an Divinylether erhaltlich, werden aber ebenfalls nicht gcnutzt: (6-1 1)
CH,=CH-O-CCH=CH,
+ HO-Z-OH
+ *CH-O-CH-O-Z-OI
CH3
6.2.4.
I
CH3
Poly(fluora1)
Poly(fluora1) -kO-CH(CF3)+ depolymerisiert bei Temperaturen uber ca. 380°C zum Monomeren, ohne vorhcr Glas- oder Schmelztemperaturen zu zeigen. Es ist sehr chemikalienbestandig, z.B. gegen 10 proz. Natronlauge oder kochende rauchende Salpetersaure. Wegen seiner schlechten Verarbeitbarkeit wird es aber nicht technisch verwendet.
245
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
6.2.5.
Poly(chlora1)
Chloral CC13CHO polymerisiert anionisch oder kationisch zu -k(O-CH(CHClj)%. Die Polymerisation wird oberhalb der Ceiling-Temperatur von 58°C mit Phosphinen oder Lithium-tert-butoxid initiiert und dann weit unterhalb der Ceiling-Temperatur ablaufen gelassen. Tertiare Amine als Initiatoren erzeugen nur Poly(chlora1)e niedriger thermischer Stabilitat. Die anionische Copolymerisation von Chloral mit einem Uberschuss von Isocyanaten fiihrt zu alternierenden Copolymeren, ebenso die kationische Copolymerisation von Chloral mit Trioxan. Poly(chloral) ist weitgehend isotaktisch. Es kristallisiert als 41-Helix. Das Polymere ist sehr chemikalienbestandig, wird aber thermisch oberhalb ca. 200°C vollstandig zu seinem brennbaren (!) Monomeren depolymerisiert. Da Poly(chlora1) in allen Ldsungsmitteln unldslich ist, kiinnen Formstucke nur spanabhebend oder durch Monomergiessen (Polymerisation nach Abkuhlen einer oberhalb der Ceiling-Temperatur hergestellten Mischung mit dem Initiator) hergestellt werden. Wegen dieser Verarbeitungsschwierigkeiten ist es kein technisches Produkt, obwohl es recht gute mechanische Eigenschaften aufweist (Tab. 6-2). Tab. 6-2 Eigenschaften von Polyacetalen. * Beginn der Zersetzung; kB = kein Bruch. Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte gJcm3 Schmelztemperatur (DSC) “c Wtirmestandfestigkeit (1,82 m a ) , Kurzzeit “c Langzeit “c Vicat-Temperatur B “c Glastemperatur (DSC) “c Linearer t h e m Ausdehnungskoeff. K-1 WtinneleitfWgkeit (2OOC) W m-l K-l Zugmodul MPa Biegemodul MPa Streckspannung MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa Biegefestigkeit MPa Kompressionsfestigkeit MPa Streckgrenze % Reissdehnung % Kerbschlagztihigkeit (Izod, 3.1 mm) J/m H/m2 (CharpY) HMe (Rockwell) Kugelfallhihte (30 s) Relative PermittiviEit (1 MHz) 1 OMchenwiderstand R Durchgangswiderstand (2 min) R cm Durchschlagfestigkeit kV/mm Dielektrischer Verlustfaktor (100 Hz) 1 Wasserabsorption (96 h) %
AcedAcedHomopolymer Copolymer 1.42 175 124 110 173 - 75 90.104 08 2800 65-70 69 120
1.41 165 120 110 163 110.10-6 1,1 3200 3300 67-72 71 90
Polychloral 1.9 >260 200*
- 3000 2200 38 - 45 10 5
25-70 69-122 94 145 3,7 1013 1015 700 0,0055 0.7
25-70 53-80
60-80
kB
kB
80 160 3,7 1013 1015 700 0,001
R10, M50 23 4.1015 0,003
246
6.2.6.
6.2. Polyacetale
Poly(phthaldia1dehyd)
Phthaldialdehyd cyclopolymerisiert anionisch oder kationisch:
Poly(phthaldia1dehyd)e werden als Resiste verwendet, da sie durch "Selbstentwicklung" spontan positive Abbildungen liefem. Durch photochemisch erzeugte Sauren werden C-0-Bindungen katalytisch gebrochen. Da die Ceiling-Temperatur bei ca. 4 0 ° C liegt, depolymerisiert das Polymere dann zu seinem Monomerem.
6.2.7.
Poly(diphenolforma1)e
Durch Polykondensation von Diphenolen wie z.B. 1,3-DihydroxybenzoI (Resorcin; E: resorcinol), 1,4-Dihydroxybenzol (Hydrochinon; E: hydroquinone), 4,4'-Methylmethylidenbisphenol (Dioxydiphenylpropan, Dian, Bisphenol A) oder 4,4'-Thio- und 4,4'Sulfonyldiphenol (beide Abfallprodukte von Zellstofffabriken) rnit MethylendicNorid in Gegenwart von NaOH entstehen Polyformalc, z.B. mit Bisphenol A:
- : H h O H
+
Cl-CH,-CI
Die Kettenenden werden durch 4-tert-Butylphenol verkappt, das dem Polymensationsansatz in kleinen Anteilen zugemischt wird. Bei der Polyreaktion entstchen cyclische Oligomere rnit 2-40 Repetiereinheiten pro Ring in Ausbeuten bis zu 50 %. Die Bildung dieser Ringverbindungen wird unterdriickt, wenn dem Ansatz etwas N-Methylpyrrolidon zugefijgt wi rd. Das in G1.(6- 13) wiedergegebene Poly(4,4'-isopropylidendiphenylformal)besitzt eine Biegefestigkeit von 83 MPa und eine Zugfestigkeit von 49 MPa bei einer Reissdehnung von 80 %. Dieses Polymere ware daher ein guter amorpher Ingenieurkunststoff, wenn es nicht eine relativ tiefe Glastemperatur von 94°C aufweiscn wurde.
6.2.8. Poly( 1,3-dioxolan) 1.3-Dioxolan polymensiert unterhalb seiner Ceiling-Temperaturen T , kationisch rnit z.B. HC104, H[BF30H] oder B F ~ - O ( C ~ Hzu S ) linearcn ~ und/oder cyclischen Polymeren rnit der Repetiereinheit -O-CH2-O-CH2-CH2-.
247
6 . Kohlenstof-Sauerstoff-Ketten
Die Polymerisation von gasformigem 1,3-Dioxolan (Siedetemperatur 78°C) zum amorphen Polymeren weist bei einem Druck von 0,101 MPa eine Ceiling-Temperatur T, = 87°C auf. Fur die Polymerisation in Masse zu einem kristallinen Polymeren wird T , = 144°C angegeben, fur diejenige in einer 4,95 mol/L Llisung in Benzol -8°C. Unterhalb einer kritischen Monomerkonzentration werden bei T c 25OC praktisch ausschliesslich Ringe gebildet (Band I, Kap. 7.5.1). oberhalb uberwiegend offene Ketten: (6- 14)
Poly( 1,3-dioxolan) (PDXL) ist ein semikristallines Polymeres mit Kristallinitatsgraden zwischen 55 % und 80 %. Die Dichten betragen im amorphen Zustand p/(g ~ m - = ~ )1,OO und in den kristallinen Zustanden 1,325 (triklin), 1,414 (rhombisch) bzw. 1,331 (hexagonal). Die Schmelztemperaturen werden als 93°C (triklin), 55°C (rhombisch) bzw. 60°C (hexagonal) angegeben. Das konventionelle Polymere weist je nach Molmasse und Bestimmungsmethode Schmelztemperaturen zwischen 52°C und 93°C auf. Die Glastemperatur wurde zu -63°C bestimmt. Eine industrielle Verwendung ist nicht bekannt. 4-Methylen-l,3-dioxolaneenthalten ausser der Formal-Gruppe noch eine VinylidenGruppe und damit zwei polymerisierbare Gruppierungen. Sie konnen daher uber die C=C-Doppelbindung, unter Ringoffnung und durch Elimination von Ketonen zu Poly(4-methylen-I ,3-dioxolan)en mit sehr verschiedenen Grundbausteinen polymerisieren: (6- 15)
1
1-
1 y
- C H 0f.R' 2To R'
Vinylpolymerisation
6.2.9.
R'- CO- R'
3
m C H 2 - C - C H ~ - O O - C C J ~ \ ~mCH2-C-CH2 II I II 0 CH3 0
Ringoffnung
AWV
Elimination
Poly(aceton)
Die Ketten-Polymerisation von Aceton zu Ketalstrukturen -C(CH3)2-O- weist eine Ceiling-Temperatur von weniger als -80°C auf. Sie scheint mit Mg-Atomen, Al(C2H5)3 + Tic13 oder anionisch moglich zu sein. Mit Siuren tritt bei hbheren Temperaturen unter Wasserabspaltung Kondensation zu Phoron (CH~)~C=CH-CO-CH=C(CH~)Z auf. Das Phoron kann dann zu hyperverzweigten Oligomeren weiter kondensieren. Isophoron wird nicht gebildet.
24 8
6.3.
6.3. Polyether
Poiyether
Als Polyether werden Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten t O - Z h bezeichnet, wobei Z ein aliphatischer Rest rnit zwei oder mehr Kohlenstoffatomen in der Kette oder ein aromatischer oder cycloaliphatischer Ring ist. Die Ethergruppierung kann auch Teil eines ke ttens t b d i gen Ringe s sc i n .
6.3.1.
Poly(oxyethy1en)e
Poly(oxyethy1en)e mit der Reptiereinheit -0-CH2-CH2werden technisch je nach ihren Molmassen bczeichnet: bei Molmassen unter ca. 40 000 g/mol als Poly(ethy1englycol)e, bei Molmassen uber ca. 100 OOO glmol dagegen als Poly(ethy1enoxid)e. Beide Typen entstehen aus Ethylenoxid (EO; Oxiran), welches technisch praktisch ausschliesslich durch die direkte Oxidation von Ethen rnit Sauerstoff hergestellt wird. Die Abspaltung von HCI aus Ethylenchlorhydrin HOCH2CHzCI ist zu teuer und wird daher nicht mehr technisch ausgefuhrt. Nur etwa 15 % der weltweiten Ethylenoxid-Produktion von ca. 10 Millionen Tonnen pro Jahr werden fur Poly(oxyethylen)e, Polyole fur Polyurethane (Kap. 9.5) usw. verbraucht. Etwa 60 % werden in Ethylenglycol umgewandelt, hauptsachlich fur Polyester (Kap. 6.5-6.8). Aus dem restlichen Ethylenoxid stellt man nichtionische oberflachenaktive Substanzen, Ethanolamine und Glycolether her. Poly(ethylenglyco1)e rnit Molmassen unter ca. 40 000 g m o l erhalt man durch Polymensation von EO mit wenig Natriummethylat oder Alkalihydroxiden. Da technische Systeme stets etwas Wasser enthalten, werden bei diesem Prozess Poly(ethylenglyco1)e H(OCH2CH2)"OH bzw. deren Alkalialkoholate gebildct. Poly(ethy1enoxid)e mit Molmassen bis zu ca. 3 000 000 gfmol gewinnt man durch Polymerisation von EO rnit Erdalkalioxiden bzw. Erdalkalicarbonaten als Katalysatoren. Poly(oxyethy1en)e sind kristalline Polymere, die als 72-Helices kristallisieren. Sic losen sich in Wasser und bei nicht zu hohen Molmassen auch in allen organischen Losungsmitteln, ausgenommen Alkane und Schwefelkohlenstoff. Poly(ethy1enoxid)e dienen als Verdicker und Schlichten, Poly(ethylenglyco1)e z.B. auch fur kosmetische und pharmazeutische Praparate. Fur die Kosmetik ist dabci wertvoll, dass sich die Schmelztemperaturen durch Abmischen verschiedener Polymerisationsgrade leicht auf die Korpertemperatur einstellen lassen. Die Schmelztemperaturen von H(OCH2CH2)"OH betragen z.B. 2,l"C (n = 6), 7,7"C (n = 7), 30,O"C (n = 9) und 50,O"C (n = 45).
6.3.2.
Poly(propy1enoxid)
Die Weltproduktion von Propylcnoxid (PO) betragt ca. 4.106 t/a. Etwa 50 % PO wird durch Abspalten von HCI aus Propylenchlorhydrin CH3-CHOH-CH2Cl erzeugt. Die anderen 50 % entstehen durch die indirekte Oxidation von Propen rnit Hydroperoxiden (tert-Butylhydroperoxid, a-Methylbcnzylhydroperoxid) oder Peroxycarbonsauren. Die Hydroperoxide werden in Alkohole umgewandelt, die Peroxysluren in Sauren. Die direkte Oxidation von Propylen rnit Sauerstoff liefert hauptsachlich Acrolein.
249
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Propylenoxid existiert in zwei Antipoden. Die (+)-Verbindung weist die [RI-Konfiguration auf. Sie ist das D-Monomere, wird jedoch in alteren Arbeiten als L-Propylenoxid bezeichnet. Die (-)-Verbindung hat entsprechend die [S]-Konfiguration (L-Propylenoxid; friiher "D-Propylenoxid"). Die Polymerisation eines der Antipoden liefert daher stereoregulire Produkte. Die Polymerisation des racemischen Monomeren gibt dagegen oft "ataktische" Produkte, die dazu noch viele Kopf-Kopf-Verknupfungen aufweisen. Bei anionischen Polymerisationen wird der Oxiran-Ring bevorzugt in P-Stellung gespalten, bei kationischen dagegen uberwiegend in der a-Position: y
3
HZC-CH
A!\
P-Spaltung
anionisch: p > a kationisch a > p
a-Spaltung
Ataktisches Poly(propy1enoxid) (PPOX) ist amorph; es weist eine Glastemperatur von ungefahr -70°C auf. Die Polymeren 16sen sich in Benzol, 1,4-Dioxan, Tetrahydrofuran, Aceton, Ethanol und Chloroform. NJv"Dimethy1acetamid und Diethylether sind Nichtlbser. Isotaktisches Poly(propy1enoxid) kristallisiert orthorhombisch; seine Schmelztemperatur betrlgt ca. 75°C. Propylenoxid wird technisch vor allem fur Copolymere verwendet. Die Copolymerisation von Propylenoxid mit Ethylenoxid liefert Segmentcopolymere, die in Wasser wegen ihrer hydrophilen/hydrophoben Natur assoziieren und Detergentien darstellen. Durch Copolymerisation von Propylenoxid rnit nichtkonjugierten Dienen entstehen 61feste und tieftemperaturbestandige Elastomere, die mit Schwefel vulkanisierbar sind. Die durch Copolymerisation von Propylenoxid mit Allylglycidylether oder anderen ungesattigten Epoxiden erhaltenen Elastomeren sind dagegen nur wenig olfest, jedoch gut ozon- und tieftemperaturbestlndig.
7
CI -CH2 -C -CH2
\/
CH2 =CH -CH2 -0-CH2
0
a-Epichlorhydrin 1-Chlor-2,3-epoxypropan
6.3.3.
7
-C -CH2
\/ 0
Allylgl ycidolether (Allylglycid ylether)
7
HO-CH2 -C -CH2
\ / 0
Glycidol 2,3-Epoxy-1-propanol
Poly(epich1orhydrin)
Epichlorhydrin erhalt man durch Oxidieren von Allylchlorid rnit Persauren, Hochtemperaturchlorierung von Propen mit anschliessendem Anlagem von Chlor/Wasser und Abspalten von Chlorwasserstoff, sowie rnit einem 3-Stufen-Verfahren aus Acrolein. Die Homopolymerisation von Epichlorhydrin (EPI) rnit z.B. EtgAl/H2O/Acetylaceton als Katalysator fiihrt zum linearen Poly(epich1orhydrin) -kOCH2CH(CH2CI% (PECH). Das Polymere ist etwas regioirregular und vermutlich ataktisch. Poly(epich1orhydrin) sowie die Bipolymeren von EPI rnit Ethylenoxid GO), Allylglycidolether (AGE) oder Propylenoxid (PO) bzw. das Terpolymere EPI-EO-AGE stellen nach dem Vemetzen ozon-, 61- und kiltebestiindige Elastomere dar.
250
6.3. Polyether
Die Vemetzung der handelsiiblichen Polymeren EPI, EPI6g-EO32, EPIyj- AGE5 und EPI63-70-(EO-AGE)37-30 erfolgt meist rnit z.B. 2-Mercaptoimidazolin iiber die Chlormethylgruppen. Die EPI-PO-Copolymeren werden mit auf Schwefel basierenden Systemen vulkanisiert. Die Glastemperatur des Poly(epich1orhydrin)s wird rnit -15°C bis -22OC angegeben. Die Epichlorhydrin-Elastomeren weisen einen 100 %-Modul von ca. 5 MPa und einen 200 %-Modulus von ca. 12 MPa auf. Ihre Zugfestigkeit betragt etwa 17 MPa und ihre Reissdehnung ca. 280 %. Der Druckverformungsrest belauft sich nach 70 h auf 26 % bei 100°C und 57 % bei 150°C.
6.3.4.
Poly[l,2-di(chlormethyl)ethylenoxid]
Ein dem Epichlorhydrin ahnlichcs Monomeres erhalt man durch CNorieren von Butadien und anschliessende Oxidation des Chlorierungsproduktes CICH2CH=CHCH2Cl zum 1,2-Di(cNormethyl)ethylenoxid. Das Monomere l a s t sich rnit Katalysatoren wie z.B. Dialkylmagnesium + H2O oder Dialkylzink + H20 zu Poly[ 1,2-di(chIormethyl)ethylenoxid) umsetzen. Je nach Katalysator werden vcrschieden konfigurierte Polymere crhalten, in G1.(6-16) z.B. das diisotaktische Poly[oxy-l.2-di(chlormethyl)ethylen]:
(6-16)
4
R = CH2Cl H
0
R
'
R
'
R
'
Die Polymeren bilden Ingenieur-Thermoplaste und wollahnliche Fasem, sind jedoch nicht technisch. Sie 2hneln dem Polymeren aus 3,3-Bis(chlormethyl)oxacyclobutan:
(6-17)
CICH2-C-CH2
I
H2C-0
6.3.5.
I
+
Phenoxy-Harze
Phenoxy-Harze werden aus Bisphenolen und Epichlorhydrin mit Hilfe von Natriumhydroxid in einer Zweislufen-Reaktion erzeugt. In der ersten Stufe arbeitet man mit einem Uberschuss Epichlorhydrin und stochiometrischen Mengen Natriumhydroxid. Das gebildete Phenolation greift den Oxiranring an, der sich offnet und eine sekundare Hydroxylgruppe bildct: (6- 18) -0,
+ H,C-CH-CH,CI \ / 0
+
'-'
0-CH2 -CH -CH2CI
1
00
25 1
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Die sekundlre Hydroxylgruppe kann in zwei Weisen weiter reagieren: Abspalten von HCl unter Ringbildung und Reaktion rnit weiterem Epichlorhydrin unter Vernetzung. Die unerwunschte Vemetzung wird durch uberschussiges Epichlorhydrin verhindert. Die Natriumionen wirken als Dehydrohalogenierungsmittel:
(6-19)
G O - C H 2 - C H - C IH z C l
S - NaCl ~
O
-
c
H -H , c \-cH2 / 0
08
In der ersten Stufe bilden sich wegen des eingesetzten Uberschusses an Epichlorhydrin nur Oligomere. Um hochmolekulare Produkte zu erhalten, muss aber in der zweiten Stufe exakt sttichiometrisch gearbeitet werden. Man entfernt daher das restliche Epichlorhydrin und Natriumhydroxid. Statt dessen fugt man die berechnete Menge Bisphenol und katalytische Mengen an Natriumhydroxid zu. Der Oxiranring lagert sich an ein Phenolation an und tiffnet sich dabei: (1 6-20) -O-CH2-HC-CH2
\ /
-
Die so entstehenden Alkoxidionen reagieren rnit phenolischen Hydroxylgruppen, wodurch Phenolationen regeneriert werden. Niedermolekulare Produkte stellt man durch Reaktion in Masse her. Hochmolekulare Produkte f i r Uberzuge werden dagegen in Butanon, Spritzgussqualitlten in wasserltislichen Ltisungsmitteln synthetisiert. Die Polymeren werden aus den letztgenannten Ltisungen in Wasser ausgefallt. Phenoxy-Harze sind wegen der sekundlren Hydroxylgruppen hervorragende Primer (Grundanstriche) fur Metalle. In der Automobilindustrie wird auf diese Primer zuerst ein spezielles Epoxidester-Harz und anschliessend ein Acryl-Harz als eigentliches Lackharz aufgetragen. Phenoxy-Harze eignen sich nur beschrankt fur Spritzgussartikel, da die Glastemperatur bei ca. 80°C liegt.
6.3.6.
Epoxid-Harze
Typen Epoxid-Harze (Epoxy-Harze, Epoxies, EP) sind Oxirangruppen enthaltende aliphatische, cycloaliphatische oder aromatische Oligomere, die rnit sog. Hlrtern zu Duroplasten vernetzt werden. Sie werden entweder durch Reaktion einer Verbindung rnit einem aktiven H-Atom (z.B. Phenol) rnit Epichlorhydrin (G1.(16-18) und (16-19)) oder durch direkte Epoxidierung von Olefinen rnit Persluren synthetisiert. Uber 85 % der Weltproduktion entfallen auf Epoxid-Harze aus Bisphenol A und Epichlorhydrin.
252
6.3. Polyether
Andere Epoxid-Harze basieren auf epoxidierten Phenol-Formaldehyd- oder KresolFormaldehyd-Harzen, Hydantoin, Hexahydrophthalsaure, dem Tetraglycidylether von Bisamin A, epoxidierten Olen aus ungesattigten Fettsauren usw. Handelsubliche EpoxidHarze sind formuliert, d.h. sie enthalten Harter, Weichmacher, Verdunner, Fiillstoffe usw.
Synthesen Fliissige Epoxid-Harze erhalt man technisch, indem man Bisphenol A rnit uberschussigem Epichlorhydrin bei 60°C reagieren lasst. Das abgespaltene HCI wird laufend durch pulverformiges NaOH neutralisiert. In der exothermen Reaktion entsteht eine Mischung verschiedener Produkte, z.B.
I
Anschliessend wird die Temperatur langsam auf 120°C erhoht und das Reaktionswasser bei leichtem Unterdruck entfemt, wobei cine weitere Kondensation erfolgt. Das verbliebene NaOH und das entstandene Kochsalz werden durch Waschen des Reaktionsproduktes entfemt, die fluchtigen Bestandteile bei 140°C durch Anlegen eines Vakuums. Das so entstandene Harz besteht aus niedermolekularen Diglycidylethem des Bisphenols A (DGEBA) rnit der idealisierten Struktur
H~C-CH-CH~-O
O-CH2-HC-CH2
\ /
0
\ /
CH3
0
CH3
87 % des DGEBA weisen q = 0 auf, 11 % ein q = 1 und 1,5 % ein q = 2, was einem mittleren q von ca. 0,14 entspricht. Verbindungen mit 0,l < q < 0,6 sind fliissig, solche rnit 2 < q < 30 fest (Tab. 6-3). Niedermolekulare feste Epoxid-Harze werden durch den sog. Ta ffy-Prozess erhalten (E: taffy = zahe, kaugummiartige Sussmasse). Bei diesem Verfahren wird eine Mischung aus Bisphenol A und der stochiometrischen Menge 10 %iger NaOH unter starkem Ruhren bei 45°C schnell rnit Epichlorhydrin versetzt. Bei der exothermen Reaktion steigt die Temperatur auf 95°C an. Es entsteht ein zahes DGEBA rnit q = 3.7 = 1400 g/mol), das nach dem Ende der Reaktion griindlich gewaschen und getrocknet wird. Hohermolekulare feste Epoxid-Harze rnit q > 4 entstehen durch den sog. Advancement-Prozess (E: advance = aufriicken, befordem usw.) oder Fusions-Prozess (E: fusion = Verschmelzung). Hier wird das zuerst hergestellte, flussige DGEBA unter der Wirkung von Katalysatoren (z.B. Triethanolamin, quartemare Ammoniumsalze, Alkalihydroxide, Alkalicarbonate usw.) rnit Bisphenol A verlangert.
(zn
253
6. Kohlensroff-Sauerstoff-Ketten
Tab. 6-3 Einfluss des Verhztnisses der Stoffmengen von Epichlorhydrin (ECH) und Bisphenol A (BPA) auf das Zahlenmittel Mn der Molmasse und die Enveichungstemperatur TE [2]. mol ECWmol BPA
M,/(g mol-1)
q
3,7
8.8 12,o
1,11 : 1
65 - 75 95 - 105
900
2
1.57 : 1 1.22 : 1 1,15 : 1
T$C
1400 2 900 3 750
125 - 135 145 - 155
Hartung Bei der Wurmehartung mit Carbonsauren oder deren Anhydriden bei (80- l00)"C werden die Epoxid-Harze uber Polyester- und Polyetherester-Strukturen vemetzt:
ANVv-M
J w w - m
Polyfunktionelle Amine wie Diethylentriamin, Isophorondiamin und 4,4'-Diaminodiphenylmethan bewirken dagegen unter Bildung von Poly(P-hydroxypropy1amin)-Strukturen eine sog. Kalthurtung (hier fur ein monofunktionelles Amin wiedergegeben):
(6-22)
R, R
N-H
+ H&-CH-CH,* \ /
0
4
R. 8 N-CH2-CH-CH2m R'A R.
1
N - CH2 -CH - CH, R'
I
AWJ
OH
Bei der Vemetzung steigt der Vemetzungsgrad und damit auch die Glastemperatur mit zunehmendem Umsatz an. Da die Segmente unbeweglicher werden, reagieren nicht alle Gruppen und es wird kein vollkommenes Netzwerk ausgebildet. Gehartete EpoxidHarze weisen daher in der Regel nicht die fur ideale Netzwerke zu erwanenden Eigenschaften auf. Die Vemetzung nimmt zudem noch Iangsam zu (Nachhanung).
254
6.3. Polyether
Tab. 6-4 Eigenschaften von gehiirteten, ungefullten (u), flexibilisierten (0 oder mit Si02(g) verst&rkten Epoxid-Giessharzen auf Basis Bisphenol A (BA) oder (nicht spezifizierten) Cycloaliphaten (CA). Physikalische Einheit
Eigenschaft
Dichte Wmestandfestigkeit (1.82MPa) W-eleimigkeit (20°C) Zugrn odu 1 Kornpressionsmodul Zugfestigkeit (Bruch) Biegefestigkeit Kornpressionsfestigkeit Reissdehnung Schlagzaigkeit (Izod, 3,1 mm) Relative Permittivitit Durchgangswiderstand (2 min) Durchschlagfestigkeit Wasserabsorption (24h)
g/cm3
CA
BA
U
U
BA f
BA g
1.16-1,21 1.2-1,3 0.96-1,35 1,6-2,0 97-237 47-287 23-117 67-287 0,19 0,42-0,84 3-5 3 $4 0,007-2,4 55-83 28-90 14-70 48-90 55-170 100-140 100-170 7-97 100-240 3-6 20-85 1-3 2-10 10-50 120-170 16-24 4.6
"c
W m-' K-' GPa GPa MPa MPa MPa % J /m
1 12cm
10'6
14,2
kV/mrn %
< 1,0
< 0.5
< 0,1
Einige Eigenschaften von rnit Carbonsaureanhydriden bzw. Aminen geharteten Epoxid-Giesshanen sind in Tab. 6-3 zusamrnengestellt. Die konventionellen Epoxid-Harze beruhen slmtlich auf den Glycidylethem des Bisphenols A. Sie dienen hauptsichlich fur Innenanwendungen. Wesentlich witterungsbestandiger sind cycloaliphatische Epoxide. Solche Epoxide und ihre gebrauchlichen (nicht-systernatischen) Narnen sind z.B.
.acH2 -o-cno omo 9
oo!,;CH2
CH,
Vinylcyclohexandioxid
H3C
3,4-Epoxy-2-methyIcyclohexylrnethyl Dicyclopentadiendioxid
Cycloaliphatische Epoxid-Harze werden ausser rnit Anhydriden oder Aminen auch mit Poly(aze1ainsaureanhydrid) HOOC(CH~)~COO[CO(CH~)~COO],,H gehartct. Ein anderer Harter ist Poly@-vinyl phenol), das bei Ternperaturen zwischen 100°C und 150°C aus p-Vinylphenol CH2=CH@-C6H40H) ohne zugesetzten Initiator entsteht. Auf Bisphenol A beruhende Epoxid-Harze sind recht warmebestadig. Cycloaliphatische Epoxid-Harze sind etwas weniger warmebestandig, gehen aber bei Hartungsreaktionen weniger Nebenreaktionen ein als arornatische. Aliphatische Epoxid-Harze sind wegen der geringeren Steifheit der Ketten weniger warmebestadig als arornatische. Epoxid-Harze werden als Zweikomponenten-Kleber. fur Anstrichzwecke, in der Elektroindustrie und nach Verstarkung mit Glasfasem auch fur Bauelernente und Grossbehdter eingesetzt. Epoxid-Harze konnen deshalb als technische Konstruktionswerkstoffe fur hijhere mechanische und thcrmische Beanspruchungen verwendet werden. Der Rohstoffpreis ist aber hoher und die Aushartungszeit Ianger als bei den rnit ihnen in Konkurrenz stehenden ungesattigten Polyester-Harzen.
255
6. Kohlenstoff-Suuerstoff-Ketren
6.3.7.
Poly(tetrahydr0furan)
Tetrahydrofuran (Tetramethylenoxid, 1,4-Epoxybutan, Oxolan, Diethylenoxid) erhalt man aus landwirtschaftlichen Abfallen (G1.(3-19)), durch selektive Oxidation von Butan, Hydrolyse von 1,4-Dichlorbutan zum Diol und anschliessender Abspaltung von Wasser sowie durch Hydneren von Maleinsiureanhydrid. Das Monomere polymerisiert bei Temperaturen unter 83°C (Ceiling-Temperatur in Masse) kationisch via wachsende terti%re Oxoniumionen zum Poly(tetrahydr0furan): (6-23)
#
-+ fO-CH2-CH,-CH2--CH2+
0
Niedermolekulare Produkte, sind viskose Ole, hochmolekulare dagegen kristallin. Die Glastemperatur betragt -84°C die Schmelztemperatur 59°C. Die Polymeren (PTHF) ldsen sich in Benzol, Tetrahydrofuran, Chloroform und Ethanol, nicht aber in Aliphaten. Methanol und Wasser. Hochmolekulare Poly(tetrahydr0furan)e weisen einen Zugmodul von E = 97 MPa, eine Reissfestigkeit von ag = 29 MPa und eine Reissdehnung von Q = 820 % auf. Polymere H ( O C H ~ C H ~ C H Z C H ~ ) , Omit H 2 Hydroxylendgruppen und Molmassen von ca. 2000 g/mol werden manchmal Poly(tetramethy1enoxid)e oder Poly(tetramethy1enether)glycole (PTMG) genannt. Sie dienen als Weichsegmente fiir elastische Polyurethan-Fasem oder fur Polyetherester-Elastomere.
6.3.8.
Furan-Harze
Der aus landwirtschaftlichen Abfalen gewonnene Furfurylalkohol geht in Gegenwart von Siuren beim Erhitzen auf 100°C in ein dunkles Polymer mit Furaneinheiten uber:
Haupteinheit
Nebeneinheit
Das nach dem Neutralisieren und Entwassem erhaltene Harz wird mit grossen Mengen von Hamstoff/Formaldehyd- bzw. Phenol/Formaldehyd-Harzen vermischt und in Eisengiessereien als Bindeharz fur Sandgussformen verwendet. Ein Zusatz von schwachen SPuren gibt Produkte mit langen Topfzeiten, die bei (100-20O)"C harten. Starke Sauren harten dagegen schon bei Raumtemperatur, wobei die Vemetzung vermutlich uber die Doppelbindungen erfolgt.
6.3.9.
Polyphenylenoxide
Die oxidative Kupplung von 2,6-disubstituierten Phenolen fuhrt zu Polyphenylenoxiden (Poly(oxypheny1en)en. Poly(pheny1ether)n). Das von General Electric in den USA entwickelte Poly(oxy-2,6-dimethy1- 1,4-phenylen) ("POP") ist ein Poly(2,6-xylenol); es wird noch in Polen und Russland hergestellt.
256
6.3. Polyerher
Das Kurzel PPOTM(Warenzeichen!) bezeichnete urspriinglich das reine POP, dann eine mechanische Polymermischung von POP mit Poly(styro1) und heute einen 50:50Blend aus POP und kautschukmodifiziertem Poly(styro1) (modifiziertes PPO (PPOm), z.B. NorylTM).Auf dem Markt sind femer Blends aus PPOm und Polyamiden (z.B. LuranylTM).Diese Produkte werden oft unter der Bezeichnung Polyphenylether (PPE) zusammengefasst. Der Name "Polyphenylether" wird aber auch manchmal speziell fur Copolymere aus (90-95) % 2,6-Xylenol- und (5-10) % 2,3,6-Trimethylphenol-Einheiten verwendet. Sowohl der Stammkiirper Poly(oxy-l,4-phenylen) als auch das nicht modifizierte Poly(oxy-2,6-dimethyl-l,4-phenylen)sind keine technischen Produkte.
Poly(oxy- 1,4-phenylen) POP
Poly(oxy-2,6-dimethyI-1,4-phenylen) PODP
Synthese Polyoxyphenylene werden durch oxidativc Kopplungen synthetisiert. Poly(oxy-1,4phenylen) (Poly(p-phenylenoxid)) crhalt man durch Polymerisation von 4-Chlorphenol Cl@-C6H4)0H (oder der entsprechenden Bromverbindung) in Gegenwart von CuC1. Poly(oxy-2,6-dimethyl-l,4-phenylen)entsteht durch eine mit Kupfer/Amin-Komplexen katalysierte Oxidation von 2,6-Dirnethylphenol in aromatischen Liisungsmitteln bei (25-4O)"C. Nach der einen Quelle werden "Diarnine" verwendet. Nach anderen Quellen sind primare bzw. sekundare Amine unbrauchbar, weil sie zu Azoverbindungen bzw. (vermutlich) zu Hydrazoverbindungen oxidiert werden. Die Polyelimination lauft vermutlich uber einen Chinon-Mechanismus ab, bei dem zwei Molekule I gekoppelt werden:
R
H. H R
In einer Nebcnreaktion werden 2 I1 zu gefarbtcn Diphenochinonen gekoppelt.
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
257
Dafur spricht, dass die Kupplung nur erfolgt, wenn die para-Stellung zur phenolischen Hydroxylgruppe durch H (wie in G1.(6-25)). tert-CqHg oder HOCH;! besetzt ist, aber nicht, wenn CH3, C2H5 oder C6H5 vorliegen. Die Kupplung gelingt auch nicht, wenn die Substituenten R zu volumintis oder zu negativ sind (NO2, CH3O). Die Polyreaktion wird gestoppt, indem man Stickstoff statt Sauerstoff einleitet. Die modifizierten Polyphenylenoxide erhalt man durch nachtragliches Aufpfropfen von z.B. Styrol, 2hnlich wie bei der ABS-Technologie. Poly(oxy-2,6-dimethy1-1,4-phenylen) und Poly(styro1) sind uber den gesamten Zusammensetzungsbereich vertrlglich. Eigenschaften Poly(oxy-1,4-phenylen) ist ein kristallines Polymeres, das sich in N-Methylpyrrolidon, Hexamethylphosphorsauretriamid, Diphenylether, Tetralin, Naphthalin und Benzophenon liist. Es ist nicht im Handel. Die durch Licht hervorgerufene Vernetzung von Chinonaziden fuhrt zu unltislichen (verschieden substituierten) Poly(phenylenether)n, was in der Reproduktionstechnik ausgenutzt wird. Im einfachsten Fall erfolgt die Reaktion nach
Poly(oxy-2,6-dimethyl-l,4-phenylen) = Poly(2,6-dimethyl-l,4-phenylenoxid)kristallisiert als 41-Helix, kann aber auch durch Abkiihlen der Schmelze rnit 12 K/h amorph erhalten werden. Die in den 60er Jahren handelsublichen Produkte (PODP) waren etwa 40 % kristallin (Kalorimetrie). Das Polymere ist vermutlich leicht venweigt. Es enthalt auch von der Polyreaktion her Hydroperoxid-Gruppen. Das Polymere lost sich in Benzol, Toluol und halogenierten Kohlenwasserstoffen sowie in CH2C12 oberhalb von dessen Theta-Temperatur von 8 = 69,l"C. Das Polymere besitzt sehr gute Endeigenschaften (Tab. 6-5), baut aber in Luft bei Temperaturen oberhalb 110°C schnell oxidativ ab. Aus diesem Grunde und wegen seines schlechten Schmelzflusses kann es nur schwierig oberhalb seiner Glastemperatur verarbeitet werden. Es wurde daher durch sein 1: 1-Blend mit Poly(styro1) ersetzt. Die jetzt im Handel befindlichen modifizierten Produkte sind hart, zShfest und nicht transparent. Sie sind besser verarbeitbar als das Homopolymere, weisen jedoch langst nicht so gute thennische Eigenschaften auf. Ausser den Produkten rnit Poly(styro1) und Polyamiden gib es auch noch solche rnit z.B. Poly(butylenterephtha1at). Poly(oxy-2,6-diphenyl-l,4-phenylen)ist ebenfalls durch oxidative Kupplung zuganglich. Das Polymere besitzt eine Glastemperatur von 235°C und eine Schmelztemperatur von 480°C. Es ist in Luft bis 175°C stabil und kann aus organischen LBsungsmitteln trocken versponnen werden. Die Faden werden nach dem Verstrecken bei hohen Temperaturen hochkristallin. Kurzfasern werden zu Papieren verarbeitet, die fur die Kabelisolation unter superhohen Spannungen dienen. Poly(2,6-dibrom-1,4-phenylenoxid) erhalt man durch ein radikalisch initiiertes Abspalten von HBr aus der 4-Stellung von 2,4,6-Tribromphenol mit Hilfe von katalytischen Mengen oxidierender Substanzen, wahrscheinlich rnit OHe/K3[Fe(CN)6]. Das Polymere ist ein Flammschutzmittel fur bei hohen Temperaturen uber die Schmelze verarbeitbare Polymere, z.B. thermoplastische Polyester oder glasfaserverstarkte Polyamide.
6.4. Polyketone
258
Tab. 6-5 Eigenschaften von Poly(oxy-l,4-phenylen) (POP), Poly(oxy-2,6-dimethyl-l,4-phenylen) (PODP), einem 5050-Blend aus PODP mit aufgepfropftem Poly(styro1) (modifiziertesPPE (PPE/S)) und einem Blend aus modifiziertem PPE und einem Polyamid (PPE/S/PA). Physikalische Einheit
Eigenschaft
g/cm3 Dichte, Schmelze Dichte, amorph g/cm3 g/cm3 Dichte, 100 % kristallin T Schmelztemperatur (DSC) Wmestandfestigkeit (1.82 MPa) T G lastemperatur (DSC) T Lineam therm. Ausdehnungskoeffizient K-' amorph, T < TG K-' kristallin, 0,7 TM < 7'< 0,95 TM W m-l K-l WSirmeleif2higkeit (20°C) MPa Zugmodul MPa Biegemodul MPa S treckspannung MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa Biegefestigkeit % Smkgrenze % Reissdehnung Schlagz2higkeit (Izod, 3.1 mm) J /m KerbschlagzAhigkeit (hod, 3,l mm) J /m U/m2 (CharpY) H&te (Rockwell) 1 Relative Permittiviat R Olmfliichenwiderstand R cm Durchgangswiderstand (2 min) kV/rnm Durchschlagfestigkeit 1 Dielektrischer Verlustfaktor (100 Hz) 1 Sauerstoffindex % Wasserabsorption (24 h)
6.4.
POP
1,270 1,407 262
PODP
PPE/S PPE/S/PA Noryl" Luranyl" N 300 KR 2401
0,958 1.06
1.06
1,07
263 174 225
149 140
115
6.
6.
0.18 2500
2690 2590
24 10
80 114
76 104
20-40
20
64
530
M78 2,6
R119 25
52 45 4 28
kB 11 43
20
1014 1015 80
0,06
< 0.1
> 10'5
> 1015 20 0,0005 0,00035 29
Polyketone
Polyketone enthalten in den Ketten intakte Ketogruppen -CO- (s.a. Kap. 5.12).
6.4.1.
Poly(koh1ensuboxid)
Die einfachsten Polyketone entstehen durch Polymerisation von Kohlensuboxid (Propadien-l,3-dion) O=C=C=C=O. Das Monomere ist ein farbloses, giftiges Gas, das in Gegenwan von Verunreinigungen zu einer amorphen roten Masse ("Rote Kohlc") polymerisien, die Pyranon-Strukturen enthalt (Pyranon = Keton des Pyrans).
259
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Kohlensuboxid kann entsprechend auch durch Anionen An*, Kationen Kte oder Radikale R' polyrnensiert werden. Dabei entstehen verschiedene Einheiten, die sich wiederurn zu Polypyron-Strukturen (Polypyranon-Strukturen)zusamrnenschliessen: (6-27)
Ane+
C=C II II
-+
An+C-Ce
o cII
II
0
0
0
Kt@+ C=C II II
+ Kt+C-C@ II
c o
0
II
c o
II 0
6.4.2.
&&ox
0
II
0
0
0
Polypyranon-Strukturen
,
Polyaryletherketone
Polyetherketone enthalten in der Kette Ether- und Ketogruppen, alle technisch interessanten Polymeren ausserdem immer 1,4-Phenylen-Einheiten (Polyaryletherketone, PAEK). Ihr altemativer Name Polyarylenether (PAE) urnfasst auch Polyethersulfone. Das einfachste Polyetherketon (PEK) erhalt man z.B. durch die Fnedel-Crafts-Acylierung des Saurechlonds des Diphenylethers in CH2C12 bei 20°C, eine AB-Reaktion. (6-28)
Q - O ~ C - C , II 0
0
oder durch die entsprechenden, ebenfalls elektrophilen AABB-Reaktionen, z.B. von Diphenylether C6H50C6Hs mit Isophthalshredichlorid CIOC(i-C6H&OCl mit BF3 in flussiger Fluorwasserstoffslure (aromatische elektrophile Substitutionen). Diese Synthesen, wie auch die Selbstkondensation von KO(p-C6H4)-CO-(p-C6H4)F in Diphenylsulfon (C6H5)2S02 bei hohen Temperaturen zu PEK, liefem jedoch nur niedemolekulare Produkte, da die anfanglich gebildeten kristallinen Oligomeren aus dem LBsungsmittel ausfallen und praktisch nicht weiterreagieren.
260
6.4. Polykelone
Die Synthese hochmolekularer PEK gelingt jedoch durch die entsprechende AABBReaktion:
(6-29)
Die Polyetheretherketone PEEK erhalt man durch Umsetzen des Dikaliumsalzes des Hydrochinon (1,4-Dihydroxybenzols) mit 4,4'-Difluorbenzochinon in Diphenylsulfon (C6H5)2S02 bei ca. 330°C (nucleophile aromatische Substitution):
(6-30)
Industriell werden eine ganze Reihe von Polyaryletherketonen hergestellt. Die einzelnen Typen werden durch die Reihenfolge der Ethergruppen (E) und Ketogruppen (K) in der Repetiereinheit gekennzeichnet:
PEK
PEKK
PEKEKK
PEEK
PEEKK
Polyaryletherketone sind spezielle Hochleistungskunststoffe (Band IV). Die Produktion der einzelnen Typen durfte zwischen 500 t/a und 1500 t/a betragen.
26 1
6. Kohlensfoff-Suuersloff-Ketten Tab. 6-6 Eigenschaften einiger Polyaryletherketone. ~
Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte, amorph g/cm3 handelsublich dcm3 100 % kristallin g/cm3 Schmelztemperatur (DSC) T Formbestiindigkeitstemperatw (IS0 A) T Glastemperatur (DSC) T Dauerstandtemperatur T K-1 Linearer them Ausdehnungskoeffizient Wbneleif&igkeit (20°C) W K-l Zugmodul h4Pa Streckspannung MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa Smkgrenze % Reissdehnung % Schlagz&igkeit (Izod, 3,l mm) J /m U/m2 (CharpY) Kerbschlagzihigkeit (Izod, 3,l mm) J/m U/m2 (CharpY) H m (Rockwell) 1 Relative Permittiviat (50 Hz) Obedtichenwiderstand R Durchgangswiderstand f2 cm Dielektrischer Verlustfaktor (50 Hz) 1 Wasserabsorption (24 h) %
PEK Kadel@
PEEK PEEKK PEKEKK Victrex@ Hostatek@Ultrapek@
1,272
1,264 1,320 I ,40 1 334 140 143 250 4,7.10-6 0,25 3650 92 92 4,9 50
1,430 364 153
3190 104
kB kB 59
1.30
1,32
363 103 167 220
377 170 175 260 4,2.1 W6 0.24 4700
4000 100 90 5.5 28
13
kE3
83
82 M99
118
8
32
80 10 3,4
1015
5.1016 0,003 0.5
> 10'6 0.002 0.2
Polyaryletherketone sind semikristalline Polymere. Sie besitzen hohe Schmelztemperaturen, aber nicht aussergewohnlich hohe Schmelzeviskositaten. Sie konnen daher nach einer griindlichen Vortrocknung bei (370-4OO)"C mit den ublichen Maschinen verarbeitet werden. Die Polymeren besitzen hohe Festigkeiten, Steifigkeiten und Schlagzahigkeiten. Sie sind gegen die meisten Losemittel besthdig, werden aber von halogenierten Kohlenwasserstoffen angegnffen. PEEK l6st sich z.B. in Fluorwasserstoffsiure, Trifluormethansulfonsiure und Benzophenon.
6.5.
Aliphatische AB-Polyester
Polyester enthalten in der Hauptkette die Estergruppe -COO-. Zu ihrer Synthese eignen sich viele Methoden: Selbstkondensation von a,w-Hydroxysiuren, Ringbffnungspolymerisation von Lactonen, Polykondensation von Dicarbonsauren oder Dicarbonsauredichlonden mit Diolen oder deren Alkalialkoholaten und die Polyelimination von 0Carboxyanhydriden der a-oder P-Hydroxycarbonsauren. Einige Polyester kommen in der Natur vor und/oder werden biotechnologisch hergestellt.
262
6.5.1.
6.5. Aliphatische AB-Polyester
Poly( a-hy d r o x yessi gsau re)
Die AB-Polykondensation der a-Hydroxyessigsaure (Glykolsaure) liefert kein hochmolekulares Produkt. Die Poly(a-hydroxyessigslure) bzw. Poly(g1ycolslure) (PGA) wird daher technisch durch die anionische Polymerisation des cyclischen Dimeren der a-Hydroxyessigsiure (Glycolid I) synthetisiert. Die Festkiirper-Polykondensationdes Natriumsalzes der Chloressigsaure ist ebenso wie die Polyelimination von Kohlenstoffdioxid aus dem 0-Carboxyanhydrid der Glykolsaure (11) ein Laboratoriumsverfahren:
Poly(glyco1id) wird fur chirurgische Nahfaden verwendet (s. Tab. 6-7), da es im Korper keine Entzundungen hervorruft und vom Korper nicht eingekapselt, sondem durch einen biologischen Abbau resorbiert wird.
6.5.2.
Poly(lactid)
Poly(1actid) tOCH(CH3)CO.ff; tritt wegen seines asymmetrischen Kohlenstoffatoms in verschiedenen Stereoisomeren auf den beiden isotaktischen Poly-D- und Poly-L-Verbindungen, dem syndiotaktischen alternierenden D,L-Copolymeren, dem statistischen Copolymeren mit L- und D-Einheiten usw. Je nach dem Anteil an D- und L-Einheiten sowie der Sequenzlange der stereoregularen Sequenzen werden amorphe, semi-kristalline oder kristalline Polymere erhaiten.
isotaktisches Tetrameres (R = CH,)
syndiotaktischesT e m e r e s (R = CH,)
Die ersten Poly(1actid)e wurden durch Polymerisation des cyclischen Dimeren der Milchsaure (Lactid) erzeugt. Die Poly(D,L-1actid)e werden als Verkapselungsmaterial fur dient zur Herstellung von chirurPharmaka verwendet. Poly[(~actid)~-stat-(g~ycolid)~~] gischen N2hfaden. Copolymere aus L-Milchsaure und &-Caprolacton sind biologisch abbaubare orthopadische Reparaturmaterialien, z.B. f i r Knochenreparaturen. Die neueren Poly(1actid)e (PLA) wurden als Kunststoffe konzipiert. Mais (E: corn) wird zu Dextrose (D-Glucose) hydrolysiert. Die Dextrose wird zu Milchsaure fermentiert. Die beim Verdampfen des Wassers bei (180-200)"C entstchende Mischung aus Lactiden und Milchsaure wird durch Destillation gereinigt. Die Polyreaktion erfolgt mit Milchsaure als Initiator und Zusatz von Transveresterungs-Katalysatoren. Fasem aus PLA liegen in den Eigenschaften zwischen Poly(ethylenterephtha1at) und Standard-Polyamiden. Filme verhalten sich ahnlich wie Cellophan. Sie besitzen relativ hohe Zugfestigkeiten (Tab. 6-7) und gute Barriereeigenschaften fur Aromen.
263
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Tab. 6-7 Eigenschaften von Poly(glyco1id) (PGA), PolyOactid) (PLA) und Poly(P-D-hydroxybutyrat) (P3HB). Messungen bei 23°C. Parallel (11) und senkrecht (I) zur Richtung hochorientierter Fasem. Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte
amorph handelsublich 100 % kristallin Brechungsindex nll
PGA
L
g/cm3 g/cm3 g/cm3
I ,45 1.5- 1.64 1,707 1 1,556 1 1,466 nl T 230 Schmelztemperatur @SC) 36 T Glastemperatur (DSC) Spezifische WmekapaziCLt J K-1 g1 2,08
Zugmodul, Film Faser Biegemodul Zugfestigkeit (Bruch), Film Faser Biegefestigkeit Streckgrenze, Film Reissdehnung, Film Faser KerbschlagzAhigkeit(Izod) Wasserabsorption (24 h)
GPa GPa GPa MPa MPa MPa % % %
PLA
340-390
15-35
PLA DS.
100
1,290
57
175 -1
145 -1
1.9-2,4
35
12
4 ,0 40
0.8
29-35
3.5-4.0 5,O-6.0
8
50
50 0.7
200
Jim %
80120
1,177 1,250 1,262
1,248
188 64 0.54 1,2-3,0 < 9,2 2.8 28-50 < 870 132 1.8-3,7 2,O-6.0 25
P(3HB) P(3HB-3HV)
28
20
Poly(1actid) kaM 2hnlich wie Poly(styro1) durch Warmformen, Extrudieren, Blasformen, Spritzgiessen und FaserspiMen verarbeitet werden. Es ist jedoch bei tieferen Temperaturen als andere Thermoplaste heisssiegelbar. Poly(1actid) ist ein hydrophobes Polymer, das sich in Aceton, 1,4-Dioxan, Benzol, Chloroform und anderen organischen Ldsungsmitteln ldst. Es zersetzt sich thermisch bei Temperaturen uber 235°C. Das Polymere ist biologisch abbaubar; es eignet sich daher fur Kompostiersacke, Verkapselungen von Samen, Wegwerfbecher usw.
6.5.3.
Poly( hydroxypropi0nsaure)n
Die Polymerisation von /l-Propiolacton (2-Oxetanon; I) liefert Poly(propio1acton) (11) und die Wasserstoffiibertragng beim Erhitzen von Acrylsaure (111) auf uber 120°C
(Kap. 5.10.1) die mit dem Poly(propio1acton) mit Ausnahme der Endgruppen identische Poly(/3-hydroxypropionsaure) bzw. Poly(3-hydroxypropionsaure) 11:
I
n
III
Der praktischen Venvendung als Werkstoff, Faser usw. steht entgegen, dass das Monomere stark krebserzeugend ist (Restmonomer!).
264
6.5. Aliphatische AB-Polyester
6.5.4.
Poly(hydr0xyfettsaure)n
Poly(hydroxyfettsaure)n ( P H F ) sind aus Hydroxyfettsauren entstandene lineare Polyester (E: poly(hydroxya1kanoic acid)s; PHA). Die Starnrnktirper besitzen die allgemeine Konstitution HO(CH2),COOH (n = 2 - 4), z.B. HO -CH, - CH, -COOH HO -CH, -CH, -CH, -COOH HO -CH, -CH, -CH, -CH, -COOH
3-Hydroxypropion~ue 3HP 4-Hydmxybutters&re 4HB 5-Hydroxyvalerians~uree 5HV
(Ae) (Ae) (Ae)
In der Natur werden von uber 100 Mikroorganisrnen ausser diesen drei linearen Polyestem aus geradkettigen Repetiereinheiten noch uber 40 verschiedene andere Poly(hydroxyfetts2ure)n produziert. Von den PHF mit 4 kettenstandigen C -Atomen pro Repetiereinheit ist nur 5HV bekannt und von solchen rnit 3 kettenstadigen C-Atornen pro Repetiereinheit nur das geradkettige 4HB und das in 2-Stellung rnethylsubstituierte 4HV. Dagegen gibt es eine grosse Zahl von Repetiereinheiten, die sich von der 3-Hydroxypropionslure ableiten, und zwar ausser gesattigten und ungesattigten auch unsubstituierte und substituierte, femer ausser aliphatischen auch cycloaliphatische und arornatische und zudem ausser reinen Kohlenwasserstoffen auch hydroxylierte und halogenierte, z.B. : HO -CH,
-CH -CH, -COOH I CH3 HO-C = CH -COOH
4-Hydroxyvaleriansaure
4Hv
(Ae)
3-Hydroxy-2-butensauree 3-Hydrox ycrotondure
3HB:2en
(Nocarah)
CH3 HO -CH - CH, -COOH 3-Hydroxybutters;iuree
3HB
(Bm)
CH3 HO- CH - CH2- COOH 3-HydroxyvaIeriansauree
3Hv
(Ae)
3HV:4en
(Rr)
3HHxSMe
(Po)
I
I
I
CH2-CH3 HO- CH - CH,
I
- COOH 3-Hydroxy-4-pentensauree
CH =CH, HO- CH - CH,- COOH
3-Hydroxy-5-methylhexanduree
CH, -CH(CH,), HO-CH-CH,-COOH
3-Hydroxy-11-bromundecandure 3HVUDI 1Br
I
I
(CH2)7-CH2Br HO -CH - CH, -COOH 3-Hydroxy-5,8-tetradecens;iure
I
3HTD:5,8dien
(Po)
(Po)
CH, -CH=CH -CH2 -CH=CH -(CH2),-CH3
Die Namen der Hydroxyfettsauren werden haufig durch Kurzel wiedergegeben, die von den konventionellen organisch-chernischen Narnen abgeleitet werden. Die verschiedenen Hydroxyvaleriansauren (Pentansauren) werden z.B. mit "HV" gekennzeichnet und die Stellung der Hydroxylgruppe durch eine vorgesetzte Zahl. Abkurzungen fur weitere Substituenten werden mit ihren Positionsnurnrnem nachgestellt (vgl. 3HHx5Me).
265
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Die aliphatischen PHF werden von den Bakterien Alcaligenes eutrophus (Ae), Bacillus megaterium (Bm), Pseudomonas oleovorans (Po), Rhodosprillum rubrum (Po) und Nocarda synthetisiert, die Apfelslure HOCH(COOH)CH2COOH auch von Pilzen. Eine Phenylgruppen enthaltende Poly(hydroxyfettsiure), das Poly(3-hydroxy-5-phenylpentanoat) -kCO-CH2-CH(CH2CH2C,jH5)-03+ entsteht durch das Bakterium Pseudomonas oleovorans aus der 5-Phenylvalerians2ure C6H5( CH2)4COOH als alleiniger Kohlenstoffquelle. PHF in Mengen von (15-20) % werden auch von Pflanzen gebildet, z.B. von Arabidopsis thaliana. Die Synthese erfolgt jeweils nur, wenn einerseits die Kohlenstoffquelle (Zucker, Alkane usw.) im Uberschuss vorhanden ist und andererseits ein wichtiger Nahrstoff fehlt (N, S , P, Mg, Fe, K usw.), so dass PHF statt neuer Zellen gebildet wird. An der Synthese sind jeweils mehrere Enzyme beteiligt. Bei dem bekanntesten Weg, der Ae-PHF-Synthese, wird die Kohlenstoffquelle bei der P(3HB)-Synthese zunachst in die aktivierte Essigsaure, den Essigsaureester des Coenzyms A (Acetyl-CoA) uberfiihrt. Anschliessend werden zwei Acetyl-CoA-Molekule durch das Enzym P-Ketothiolase nach Art einer Claisen-Kondensation zum Acetoacetyl-CoA dimerisiert (GL(6-33)). Die CH3CO-Gmppe dieses Molekuls wird durch eine NADPH-abhangige Acetoacetyl-CoAReduktase zu einer HOCH(CH3)-Gruppe reduziert. Das so entstehende D-(-)-3-Hydroxybutyryl-CoA (Acetoacetyl-CoSH) ist also das eigentliche Monomere: Adenosin-5’-diphosphat-3’-phosphat-Rest Pantethein-Rest A
f
-CHZ-CHZ-N-C-CH-
H,C-FH-CH,-C-S-CHz-CH,-N-
OH
I i i
I1
0
I I I I
H O
I
H 0 OH CH,
0 J
f
Hydroxybutter- Cysteamin-Rest saurerest
0
Pantothenslure-Rest O=roe 06
Das D-(-)-3-Hydroxybutyryl-CoA wird dann durch die P(3HB)-Synthase in einer Eliminations-Polyreaktion zur Poly(3-hydroxybuttersaure) umgesetzt, wobei das Coenzym A als HSCoA abgespalten wird. Der Gesamtprozess lautet also (6-33)
2H3C-
fi
-SCoA
P-Ketothiolase - HSCOA
H,C--fi--CH,--fi--SCoA 0
0
AcetoacetyI-CoA-Redukase + NADPH + He - NADP@
HO-
F
H-CH,-
CH3
0
fi0--SCoA
PHF-Synthase - HSCOA NADP = Nicotinamid-adenin-dinucleotidphosphat;NADP + 2 H P NADPH + He.
266
6.5. Aliphatische AB-Polyester
Die PHF sind in den Zellen der Bakterien in vivo uberwiegend amorph in Form hydrophober Granulen von ca. 500 nm Durchmesser gespeichert. Sie dienen dort als Reservestoffe, ahnlich wie Starke bei Pflanzen und Glycogen bei Tieren. Die chemische Zusammensetzung der PHF hangt einerseits vom Bakterienstamm und andererseits von der verwendeten Kohlenstoffquelle ab. Die Molmassen kdnnen bis zu 3.106 d m o l betragen. Sie sinken mit zunehmender Fermentationsdauer sowie durch Hydrolyse bei der Aufbereitung der Ansatze. 3HP, 4HB und 5HV besitzen kein Chiralitatszentrum. Die Grundbausteine aller anderen natiirlich vorkommenden PHF sind die D-(-)-Enantiomeren. Diese Polymeren sind also 100 % isotaktisch (xi = 1). P(3HB) ist auch durch Polymerisation des P-Butyrolactons zuganglich. Zn(C2H5)2 polymerisiert das [SI-Monomere zu einem Polymeren mit xi = 1,0, wahrend das 1-Ethoxy-3-chlortetrabutyldistannoxandas [R]-Monomere nur zu xi = 0,94 polymensiert und das [R,S]-Monomere sogar nur zu xi = 0,30. Keines dieser Verfahren ist bis zur industriellen Reife gediehen, hauptsachlich wohl aus Kostengriinden. Im Handel sind sowohl P(3HB) als auch P [ ( ~ H B ) ~ o - c o - ( ~ H V ) ~Sie O ]werden . nach zwei Verfahren hergestellt. Die Biopol@-Produkte benutzen Glucose (fur P(3HB)) bzw. Glucose + Propionsaure (fur P(3HB-co-3HV)) als Kohlenstoffquelle und die Enzyme des Bakteriums Alcafigenes eutrophus als Katalysator. Bei dem anderen, f i r P(3HB) verwendeten Verfahren, geht man von Saccharose oder Starkesirup als Kohlenstoffquelle und dem Stickstoff fixierenden Bakterium Afcafigeneslatus aus. Beim Biopol-Verfahren werden Fermenter mit bis zu 200 m3 Fassungsvennogen verwendet. In der ersten Stufe fennentiert man, bis eine bestimmte Zelldichte erreicht ist. Dieser Prozess dauert bis zu 60 Stunden; er wird durch die eingesetzte Phosphatmenge kontrolliert. Anschliessend fuhrt man uber 60 Stunden die Kohlenstoffquelle so lange nach, bis die Zellmasse ca. 75 % Polymer enthalt. Bei der Synthese der Copolymeren muss man dabei die Propionsaure sorgfaltig dosieren, da sie bereits bei Konzentrationen von unter 0,1 % als Zellgift wirkt. Man kann sie aber in Anteilen bis zu 30 mol-% in das Copolymere einbauen. Mit Valeriansaure als Kohlenstoffquelle sollen sogar Copolymere rnit bis zu 90 mol-% 3-Hydroxyvaleriansaure-Resten erhaltlich sein. Die Zellmasse betragt bis zu 10 % des Volumens. Beim Erwarmen der Briihe werden die Zellen ausgeflockt. Das Polymer wird daM durch Behandeln der feuchten Zellen mit Hydrolasen und Detergentien isoliert. Die PHF sind als biologisch abbaubare Werkstoffe vorgesehen (Eigenschaften s. Tab. 6-7). Der erste Einsatz des Copolymeren P(3HB-co-3HV) erfolgte in Europa fur abbaubare Verpackungen, und zwar fur Kosmetikflaschen. Die PHF haben aber aus einer Reihe von Griinden nicht recht Fuss gefasst: P(3HB) besitzt nur ein relativ enges Verarbeitungsfenster zwischen der Schmelztemperatur von 175°C und dem Beginn der Zersetzung bei ca. 205°C. Es ist ausserdem recht sprode, was zur Entwicklung des Copolymeren P(3HB-co-3HV) mit ca. 20 mol-% 3HVEinheiten fiihrte. Dessen Synthese erfordert aber die relativ teure Propionsaure als Kohlenstoffquelle, was die Wettbewerbsfahigkeit weiter herabsetzt. Schliesslich ist da noch die Frage, ob eine biologische Abbaubarkeit durch Bakterien undtoder Atmospharilien zu zwar okologisch harmlosen, aber menschlich nicht wieder verwertbaren Abbauprodukten vorteilhaft ist, wenn leichter verarbeitbare und preiswertere Kunststoffe bei geeigneter Aufbereitung als Altwertstoffe wieder verwendet werden konnen.
267
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
6.5.5.
Poly(pivalo1aeton)
Hydroxypivalinsiure HO-CH2-C(CH3)2-COOH lisst sich nicht zu hohen Molmassen polykondensieren. Das entsprechende Polymere wird daher durch Polymerisation von Pivalolacton hergestellt. Mit Tributylphosphin als Initiator bilden sich lebende Zwitterionen, an die sich weitere Monomermolekule anlagem: (6-34)
CH3
(C4H9)3P + H 3 C f i = 0
( C 4 ~ ) 38 P-CHz~-CO-Oe
usw.
CH3
Das Phosphin wird als Endgruppe eingebaut. Ahnlich wirken ungespannte tertiPre Amine. Gespannte tertiire Amine sind jedoch nicht nur Initiatoren, sondem auch Comonomere:
Bei hdheren Temperaturen treten Ubertragungsreaktionen auf. Dadurch bilden sich Endgruppen, die das Polymere gegen eine Depolymerisation vom Ende her stabilisieren:
Das Polymere zersetzt sich oberhalb seiner Schmelztemperatur von 245°C zu Pivalolacton und weiter zu Isobutylen und Kohlendioxid. Beim Verarbeiten der Schmelzen zu Formartikeln, Filmen oder Fasem muss daher sehr schnell aufgeheizt werden. Ausserdem mussen den Polymeren zur besseren Kristallisation Nukleierungsmittel zugesetzt werden. Diese Verarbeitungsschwierigkeiten und die ungunstigen Umwandlungen der verschiedenen Kristallmodifikationen sind vermutlich der Grund, warum die Polymeren nicht technisch hergestellt werden, obwohl die mechanischen Eigenschaften gut sind.
6.5.6.
Poly(j9-malonsaureester)
Poly(P-malonsaureester) I11 (E: poly(P-malic acid esters) entstehen durch kationische oder anionische Polymerisationen der entsprechenden Lactonester 11: (6-37)
HO-
7
H-CHZ-COOH
+
COOR I
ROOC
II
m
268
6.5. Aliphatische AB-Polyester
Die Lactonester I1 sind aus Hydroxybemsteinsaureestem I bzw. aus der Brombemsteinsaure HOOC-CHBrCH2-COOH zuganglich. Altemativ kann man auch die Lactonsaure (I1 rnit R = H) direkt zur Poly(P-malonsaure) (111 mit R = H) polymerisieren. Kationen greifen am -CH2- des Ringes, Anionen dagegen am -CH(COOR)- des Lactons an. In beiden Fallen entstehen isotaktische Polymere, die jedoch wegen des verschiedenen Angriffs spiegelbildlich zueinander sind. Die Ester sind biologisch abbaubar und werden als Trager fur Pharmaka verwendet. Die Saure ist ein Polyelektrolyt.
6.5.7.
Poly(&-cap rolac ton)
Die radikalische Polymerisation von Lactonen fuhrt zwar zu hohen Ausbeuten, wegen starker Ubertragungsreaktionen aber nur zu niedrigen Molmassen. Lactone konnen jedoch anionisch oder kationisch zu hohen Molmassen polymerisiert werden, z.B. rnit Zinnoktanoat in Gegenwart eines Initiators mit einem aktiven H-Atom. Bei den hoheren Lactonen, wie z.B. &-Caprolacton, erfolgen vermutlich Acylspaltungen (G1.(6-38)), wahrend beim P-Propiolacton eine Alkylofhung diskutiert wird (Kap. 6.5.3).
Poly(&-caprolacton) (PCL) ist ein semikristalliner Polyester (TM = 58"C, TG = - 72°C). der sich in Benzol, Chloroform und N,N-Dimethylacetamid ldst. Da es cine niedrige Glastemperatur aufweist und zudem mit vielen anderen Polymeren mischbar ist, wird es als polymerer Weichmacher verwendet sowie als Zusatz zum Verbessem der Farbbarkeit und Schlagfestigkeit von Poly(o1efin)en. Das Diol des Poly[(~-capro1acton)-co-ethylenls dient als flexibler Extender fur Polyurethane.
6.5.8.
Andere Poly(w-hydroxya1kanoat)e
In der Natur kommen ausser den Poly(hydr0xyfettsaure)n (Kap. 6.5.4) noch andere aliphatische AB- und AA/BB-Polyester vor. Erdbienen kleiden ihre Nester mit hochmolekularen Copolyestem aus, die sie aus den Lactonen der 18-Hydroxyoctadecansaure HO(CH2)17COOH und der 20-Hydroxyicosansaure (20-Hydroxyeicosansaure, Arachinsaure) HO(CH2)lgCOOH herstellen. Die Hauptkomponente des Korks (L: cortex = Baumrinde) ist Suberin, cine hochmolekulare Verbindung rnit Ester- und Lactonstrukturen aus verschiedenen Hydroxycarbonsauren und Dicarbonsauren, insbesondere Phello(ge)nsaure HOOC(CH2o)COOH und Phloion(o1)saure HOOC(CH2)170H.
269
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Cutin besteht aus Cie-Fettsauren mit 2-3 Hydroxylgruppen pro Molekul, die durch Ester- oder Peroxidbriicken vemetzt sind. Das Cutin ist der wesentliche Bestandteil der Busseren Schutzhaut (L: cuticufa = Huutchen) der Epidermis von Pflanzen. Die Epidermis (G: derma = Haut; epi = nach, auf, an, zu) ist wiederum die oberste Schicht der Haut (L: cutis) von Pflanzen und Tieren.
6.6.
Aliphatische AA/BB-Polyester
6.6.1. Poly(alky1encarbonat)e Poly(alky1encarbonat)e besitzen die allgemeine Konstitution -€-Z-O-CO-~, 2 ein aliphatischer Rest ist. Poly(ethy1encarbonat) -kCH2-CH2-O-CO-%
wobei (11) ent-
steht nicht durch Ringiiffnungspolymerisation von BemsteinsBureanhydrid (I). Mit anionischen oder kationischen Initiatoren wird vielmehr CO2 abgespalten und es bildet sich Poly(oxyethy1en) (111). Metallalkoxide wie z.B. V fuhren zu einem altemierenden Copolymeren (IV) aus Ethylencarbonat- und Ethylenoxid-Einheiten:
Poly(ethy1encarbonat) (11) erhalt man jedoch durch die mit (C2H5)2Zn oder ahnlichen Verbindungen unter Druck katalysierte Copolymerisation von Kohlendioxid mit Oxiranen wie Propylenoxid oder Ethylenoxid (G1.(6-40)). Die Polymeren sind biologisch abbaubare, klare Elastomere (niedrige Glastemperaturen, Tab. 6-8). (6-40)
L O + CO,
-
~H2-CH2-O-~-O~
II
Poly(l,3-trimethylencarbonat) t(CH2)3-O-CO-% bildet sich bei der Polykondensation von 1,3-Propandiol HO(CH2)30H mit Diethylcarbonat C2H50-CO-OC2H5. Tab. 6-8 Eigenschaften von Poly(aikylencarbonat)en und Poly(ecapro1acton).
Poly(ethy1encarbonat) Poly( 12-propylencarbonat) Poly( 1,3-trimethylencarbonat) Poly( E-caprolacton)
5 30
36 59
- 15 - 60
205 295 295 2110
580
50 246
160 150
270
6.6.2.
6.6. Aliphatische AAIBB-Polyester
Andere Poly(alkylena1kanoat)e
Durch Polykondensation von Ethylenglycol HOCH2CH20H mit Dicarbonsauren, insbesondere Adipinsaure HOOC(CH2)4COOH oder Sebacinsaure HOOC(CH2)&OOH, erhilt man aliphatische Polyester mit relativen Molmassen von einigen Tausend. Diese Poly(ethy1enadipat)e und Poly(ethy1ensebacat)e besitzen niedrige Glas- und Schmelztemperaturen. Sie dienen daher als Weichsegmente fiir Elastomere und elastische Fasem, als sekundare Polymerweichmacher, als nichtfettende Salbengrundlagen und, wegen der Wasser abstossenden Wirkung, auch zum Undurchlassigmachen von Leder. Beim Herstellen von Adipinsaure durch Oxidieren von Cyclohexan tritt als Nebenreaktion eine Dieckmann-Kondensation auf. Aus der Adipinsaure wird durch diese Reaktion Cyclopentanon gebildet, das weiter zur Glutarsaure HOOC(CH2)3COOH oxidiert wird. Die Glutarsaure wird technisch mit nicht n&er spezifizierten Glycolen zu Poly(a1kyleng1utarat)en polykondensiert. Diese Polymeren sind hochviskose Flussigkeiten, die als Weichmacher fiir PVC, Klebstoffe oder Synthesekautschuke verwendet werden.
6.6.3.
Alkydharze
Alkydharze sind verzweigte Polyester aus drei- und/oder mehrwertigen Alkoholen (Glycerin, Trimethylolpropan, Pentaerythrit, Sorbit usw.), zweiwertigen Sauren (Phthalsauren, Bemsteinsaure, Maleinsaure, Fumarsaure, Adipinsaure) oder Saureanhydriden (Phthalsaureanhydrid) und Fettsauren (aus Lein61, Ricinusol, Sojaol, Kokosol). Sie erhielten ihren Namen, weil sie aus Alkoholen und Sauren entstehen (E: alcohol + acid). Die auf der Phthalsaure basierenden Alkydharze werden auch Phthalatharze genannt. Auf Phthalsaure und Glycerin beruhende Alkydharze heissen Glyptalharze. Alkydharze werden nach der Fettsaure-Methode oder der Alkoholyse-Methode hergestellt. Bei der Fettsaure-Methode werden Polyole, polybasische Sauren und Fettsauren direkt miteinander polykondensiert. Bei der Alkoholyse-Methode estert man zunachst ein Glyceridtjl (z.B. ein Triglycerid einer Fettsaure RCOOH) mit einem Polyol (z.B. Glycerin) bei (225-250)"C zu einem Monoglycerid um:
(6-41)
7FHZrnCR HOOCR
CHZOOCR
+ 2
y2OH HOH
7
CHZOH
3
YHzOOCR HOH
FCHZOH
Das Monoglycerid lasst man dann mit einer dibasischen Saure (z.B. Phthalsaure) zu einern homogenen Harz reagieren. Die Umsetzung wird bis kurz vor dem Gelpunkt zu noch loslichen Produkten gefuhrt. Auf halbtrocknenden oder trocknenden Olen (Kap. 3.11) beruhende Alkydharze "trocknen" bei Zusatz von Katalysatoren bereits bei Zimmertemperatur an der Luft, d.h. sie oxidieren unter Vemetzung. Derartige Alkydharze sind jedoch sprode. Weniger sprode und hellerfarbig sind die olfreien Alkydharze, die keine Fettsluren enthalten, dafur aber nicht-reagierte OH- und COOH-Gruppen. Alkydharze dienen fur Anstrichmittel, Dichtstoffe, Spachtelmassen, Kitte und Schleifstoffe (Band IV).
27 1
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
6.7.
Ungesattigte Polyester
Ungeslttigte Polyester werden in der Technik durch Polykondensation von Maleinsaureanhydrid (I), Phthalsaureanhydrid (II), Isophthalsaure (III), Terephthalslure (IV), Adipinsiure HOOC(CH2)4COOH oder HET-Siure (Hexachlor-endomethylen-tetrahydrophthalsaure) (V) rnit Ethylenglycol HOCH2CH2OH (VI), 1,2-Propylenglycol (VII), 1,4-ButandioI HO(CH2)40H, Diethylenglycol HOCH2CH20CH2CH20H. Neopentylglycol (VIII) oder oxethylierten Bisphenolen (IX) hergestellt.
Bei der Reaktion von Ethylenglycol rnit dem preiswerten Maleinsaureanhydrid isornerisiert dieses grtisstenteils zur technisch erwunschteren Fumarsauregruppierung (X):
I--\
OCH,CH,O-C,
- I
“ 1
4
H ,
x=c,
I
Ausserdem lagern sich Glycole an bis zu 15 % der Maleinsaure-Doppelbindungen unter Ausbildung von Ethergruppierungen an, so dass bei der Polykondensation nicht sttichiometrisch gearbeitet werden kaM. Anschliessend werden den so erhaltenen ungesattigten Pol yestem (45-55) % Styrol oder andere Monomere als “Vernetzer” zugesetzt; die eigentlichen Vernetzer sind jedoch die multifunktionellen ungesattigten Polyester-Molekule. Diese Mischungen werden technisch als ungesattigte Polyester-Harze (UP) oder ebenfalls als “ungesattigte Polyester” bezeichnet. Die Mischungen werden dann durch radikalische Copolymerisation der Doppelbindungen der Polyester-Ketten mit den Doppelbindungen der zugesetzten Monomeren vernetzt (”ausgehanet”), meist nach einer Verstlrkung mit Glasfasem. Durch Variation der Sauren, Glycole und Vinylmonomeren konnen die Eigenschaften der Duroplaste dem gewunschten Verwendungszweck angepasst werden. Die Copolymerisation der ungesattigten Polyester mit elektronegativeren Cornonomeren wie Styrol oder Vinylacetat fiihrt z.B. zu “alternierenden” Copolymeren, d.h. zu kurzeren Vemetzungsbriicken und folglich zu harteren Duroplasten. Elektropositivere Comonomere wie z.B. Methylrnethacrylat bilden dagegen lange Methylmethacrylatblocke zwischen den Polyester-Ketten und entsprechend weichere Duroplaste. Spezialharze enthalten z.B. auch Vinyltoluol, a-Methylstyrol oder Diallylphthalate. Ungesattigte Polyesterharze dienen dann fur viele Anwendungszwecke von transparenten Bauelementen bis zu Bootsriimpfen (Weltverbrauch von UP (2000): 2,5106 t/a).
212
6.8. Arornatische Polyester
6.8.
Aromatische Polyester
6.8.1.
Polycarbonate
Polycarbonate (PC) sind Polyester der Kohlensaure mit Diolen. Fur aromatische Polycarbonate werden technisch iiberwiegend Bisphenole verwendet, und zwar Bisphenol A fur Standardtypen sowie Bisphenol I, Isatinbiskresol (IBK) usw. fur Spezialtypen. Vernetzte aromatische Polycarbonate enthalten Trisphenole (2.B. THPE) und Tetrakisphenole. Die Weltverbrauch aller aromatischen Polycarbonate betragt ca. 1,5.106 t/a (2000).
\
/c(cF3)2 \
HFBA
,C(CH,)(C,H,OH)
THPE
c\ ,
BPC
=CCI,
I OH
I OH
Di[di@-hydroxyl)triphenylmethyl] 1,.l-phenylen
Bisphenol A entsteht durch Reaktion von 2 Phenolmolekulen mit 1 Acetonmolekul unter Wasserabspaltung. Bisphenol I (von Isophoron) bzw. TMC (von Trirnethylcyclohexan) erhzlt man analog aus Phenol und Dihydroisophoron (Isophoron s. G1.(9-43)). Polycarbonate werden technisch jetzt fast ausschliesslich durch Grenzflachenpolykondensation der Bisphenolate rnit Phosgen COC12 hergestellt. Die Polykondensation von Bisphenol A in Pyridin (evtl. plus Chlorkohlenwasserstoffe (CKW)) mit Phosgen wurde wegen der teuren Wiederaufbereitung der LGsungsmittel aufgegeben. Bei der bei Raumtemperatur ausgefiihrten Grenzflachenpolykondensation zwischen dern in wassriger NaOH/CKW emulgienem Na-Salz des Bisphenols A und dem eingeleiteten Phosgen bildet sich zunachst der Chlorkohlensaureester des Bisphenols A. Die Bruttoreaktion lautet
273
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Die Grenzflachenpolykondensation ist billiger als der Esteraustausch und fuhrt zu hbheren Molmassen. Bei der heterogenen Ausfuhrung dieses Verfahrens mit in uberschussiger verdiinnter NaOH gelbstem Bisphenol A und tertiaren Aminen oder quatemaren Ammoniumsalzen als Phasentransfer-Katalysatoren entstehen nur dann einheitliche Produkte, wenn dem Ansatz ein Ldsungsmittel f i r das Polycarbonat zugesetzt wird (CH2C12, CsHsCl). Die Produkte sind nur schwierig vom entstandenem Natriumchlorid zu befreien, z.B. in Ausdampfextrudem; anderenfalls entstehen keine klaren Produkte. In dieser Beziehung ist die homogene Polykondensation in Pyridin oder anderen tertiaren Aminen, evtl. unter Zusatz von Methylenchlorid oder Chlorbenzol, gunstiger. Durch Zusatz einwertiger Phenole werden sowohl die Molmassen reguliert als auch die Endgruppen versiegelt, da sich das Polycarbonat sonst durch eine Photo-Fries-Reaktion verfarben wiirde (Band I, p. 360). Beim nur noch selten verwendeten Umesterungsverfahren wird Bisphenol A mit einem leichten Uberschuss Diphenylcarbonat in der Schmelze mit basischen Umesterungskatalysatoren in zwei Schritten umgesetzt, wobei Phenol abgespalten wird:
(6-44)
Im ersten Schritt wird bei 180-200°C ein nichtfluchtiges Oligomeres mit PhenolesterEndgruppen erhalten. Im zweiten Schritt erfolgt unter langsamer Temperatursteigerung auf ca. 300OC die eigentliche Umesterung zu Molmassen von ca. 30 000 g/mol. Hbhere Molmassen sind wegen der hohen Viskositat der Schmelze nicht elzielbar. Saure Katalysatoren ergeben zwar grbssere Reaktionsgeschwindigkeiten als basische, fuhren aber auch uber die Kolbe-Reaktion zu Verzweigungen:
(6-45) CH3
0
COOH
Die mit dem Umesterungsverfahren hergestellten Polycarbonate sind weniger thermostabil und weniger transparent als diejenigen aus der Grenzflachenpolykondensation. Polycarbonate besitzen sehr niedrige Wasserabsorptionen. missig gute Whnebestandigkeiten, gute elektrische Isolierfahigkeiten, fast theoretische Lichtdurchlassigkeiten sowie hervorragende Dimensionsstabilitaten und Schlagzihigkeiten (Tab. 6-9). Sie werden daher hauptsichlich fur masshaltige Spritzgussartikel (z.B. optische Speicherplatten (CD)), Isolierfolien. bruch- bzw. kugelfeste Platten (Fenster usw.) eingesetzt. Grbssere Videoplatten wurden jedoch aus extrudiertem Poly(methylmethacry1at) hergestellt. Polycarbonat-Fasern werden auch in Mischgeweben mit Cellulose fur pflegeleichte Kochwlsche verwendet. Hochwamebestandiges PC ist mit ABS verschnitten.
274
6.8. Aromatische Polyester
Bisphenol A-Polycarbonat ist gegen Wasser, verdunnte Sauren und Alkalien, Ethanol und hohere Alkohole bestandig. Es lost sich in Tetrahydrofuran, p-Dioxan, Cyclohexanon, Chloroform, und N,N-Dimethylformamid. Benzol, Toluol, Xylol, andere chlorierte Kohlenwasserstoffe, Methanol und starke Basen und Sauren eneugen Spannungsrisse. Die Bruchfestigkeit erreicht bei Molmassen von ca. 30 OOO g/mol einen Grenzwert, da dann die Polymerketten vollig verhakt sind. Polycarbonate mit solchen Molmassen besitzen grosse Schmelzviskositaten. Zum Pressen von CDs wird jedoch eine hohe Fliessfahigkeit benotigt, also niedrigere Molmassen von ca. 10 000 glmol. Die dadurch bewirkte Einbusse an Eigenschaften kann teilweise durch voluminCise Endgruppen abgefangen werden. Besonders schlagzahe Hochleistungspolycarbonate erhalt man bei teilweisem Ersatz des Bisphenols A durch Bisphenol TMC (Bisphenol I). Die Dihydroisophoron-Gruppe behindert die Rotation um die Kettenachse und erhoht so die Glastemperatur des homopolymeren Poly(TMC) auf ca. 239°C. Die Glastemperatur der Copolymeren Iasst sich je nach Zusammensetzung zwischen 149OC und 239°C einstellen. Bei Temperaturen oberhalb der Glastemperatur sorgen die standigen Sessel # Boot-Umwandlungen des Cyclohexanringes fur erhohte Kettenflexibilitaten und damit emiedrigte Schmelzviskositaten. Einige Polycarbonate sind Copolymere rnit anderen Bisphenolen, wodurch z.B. die Warmeformbestandigkeit (I), die Flammwidrigkeit (11) oder die Kerbschlagzahigkeit (111) erhoht wird.
Poly(ester-co-carbonat)e entstehen, WCM Phosgen in cine kraftig geriihrte Losung von Diphenolen und freien Dicarbonsauren eingeleitet wird. Je nach Wahl der Menge und der Zufuhr der Monomeren entstehen statistisch oder blockartig aufgebaute Copolycarbonate. Poly(ester-co-carbonat)e mit bis zu 10 Gew.-% Dodekandisaure dienen z.B. fur dunnwandige Artikel. Die Copolymeren mit Terephthalsaure sind als Polyphthalatcarbonate bekannt. Poly(ether-co-carbonat)e rnit bis zu 20 Gew.-% Poly(ethylenglyco1)-Einheiten verwendet man fur Dialysemembranen. Auf dem Markt sind ferner verschiedene Blends von PC mit ABS, Poly(buty1enterephthalat) (PBT), Poly(oxy-l,4-phenylen) (PPE), Poly(methy1methacrylat) (PMMA) und Propylen-Copolymeren. Polycarbonate, die an den Kettencnden mit Bcnzocyclobuten-Einheiten(IV) verkappt sind, lassen sich wie Thermoplaste verarbeiten. Sic vernetzen thermisch durch Ringoffnung des Vierringes. Bei niedriger Vernctzungsdichte sind sic zahe Ingenieurwerkstoffe, bei hoher dagegen Hochleistungs-Duromere.
275
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Tab. 6-9 Eigenschaften von semikrislallinen aromatischen Polyestern. Eigenschaft
Ph ysikalische Einheit
g/cm3 Dichte Bmhungsindex 1 Schmelztemperatur @SC) “c Wlirmestandfestigkeit(1,82 MPa) “c: Vicat-Temperatur B “c Glastemperatur 97 Dauersmdtemperatur T Linearer t h e m Ausdehnungskoeff. K-’ Spezifische Wiinnekapaziut J K-’g-1 WiinneleitMigkeit (20°C) W m-l K-’ Zugmodul MPa Biegemodul MPa Streckspannung MPa Zugfestigkeit (Bruch) MPa Biegefestigkeit MPa % Streckgrenze Reissdehnung % Schlagzaigkeit (Izod,3.1 mm) Jlm (CharpY) kJlm2 Kerbschlagzaigkeit (Izod, 3.1 mm) J/m (CharpY) kJ/m2 HSLrte (Rockwell) 1 Relative Permittivimt (50 Hz) Oberfltichenwiderstand R Durchgangswiderstand (2 min) R cm kVlmm Durchschlagfestigkeit Dielekmscher Verlustfaktor (50 Hz) 1 Sauerstoffindex 1 Wasserabsorption (24 h) %
PC
PHB
1,22 1,586 550 142 157 150
161 450
6,5.10-’ 0.2 1 2300 2340 62 69 93 6 110
6900
PET
PBT
PEN
1,38
1,30
1.35
255 72 115 98
227 67 175 60
266
7.10-’ 12 0,29 2800 2000 81 42
76 4 70
121
7.10-5 4.4. 1.35 0,21 2440 2600 2300 2500 52 50 83 108 4 120 49 53 kJ3
kB kJ3 850 90 28 3 3,5 R122 R 105 R120 3,O 3,O 3.4 > 1015 6.1014 5.1013 > 10’6 1.1015 2.1014 > 45 26 60 > 80 2.104 0,002 0,001 0.9 25 0,09 0.1
6.8.2. Poly(p-hydroxybenzoat)e p-Hydroxybenzoesaure HO@-C6H4)COOH ist leicht durch die Kolbe-Schmidt-Reaktion aus Kaliumphenolat und Kohlendioxid zuganglich. Die Saure decarboxyliert bei Ternperaturen uber ca. 200°C und kann daher nicht in der Schmelze polykondensiert werden. Technisch wird der Phenylester in Terphenyl als Losungsmittel polykondensiert, da fur hohe Umsatze unbedingt ein guter Warmeubertrager erforderlich ist. Die Homound Copolyrneren der p-Hydroxybenzoesaure werden in der Technik oft kun. “aromatische Polyester” genannt. Poly@-hydroxybenzoesaure) (PHB) weist eine Schmelztemperatur von mindestens 550°C auf und ist thermisch ausserordentlich stabil. Es ist in allen bekannten Losungsmitteln unloslich und kann nur spanabhebend oder durch Harnmem, Sintem oder Plasmaspriihen verarbeitet werden. Blends mit Poly(tetrafluorethy1en) bzw. mit Aluminiumund Bronzepulvem dienen zur Herstellung von Lagem, Packungen usw.
276
6.8. Aromatische Polyester
Industriell werden verschiedene Copolymere erzeugt (Tab. 6-10). Die Zusammensetzung der Copolymeren spiegelt dabei jedoch nicht notwendigerweise die Zusammensetzung der Ausgangsmonomeren wider. Bei der Synthese der Copolymeren aus stochiometrischen Anteilen von 4-Acetyloxybenzoesaure (Ia) und 6-Acetyloxy-2-naphthalincarbonsaure (Va) wird z.B. das Monomergemisch unter Stickstoff langsam von 195°C auf 325°C aufgeheizt. Anschliessend wird ein Vakuum angelegt, um die durch die Acetolyse gebildete Essigsaure und das aus ihr entstehende Acetanhydrid zu entfemen: (6-46) Va
la
Bei grtisseren Monomerumsatzen als 70 % und hoheren Temperaturen wird ein Teil der endstandigen Einheiten -0( 1,4-C6H&OOH decarboxyliert, nicht aber die endstandigen Einheiten -0(2,6-CloH6)COOH. Ein Teil der endstandigen CH3COO-Gruppen der Einheiten CH3COO( 1,4-C6H4)- und C H ~ C O O ( ~ , ~ - C ~ Owird H ~ )ausserdem -zu HOpyrolysiert. Die durch die Decarboxylierung entstandenen Phenylester reagieren dann in einer Phenolyse mit den durch die Pyrolyse entstandenen phenolischen OH-Gruppen unter Abspaltung von Phenol:
(6-47)
Decarboxylierung
Pyrolyse
m C 0 0 G C O O H
C H 3 C O O e C O O m
1-CH,=C=O +
H O G C O O w
1
Phenolyse
+ Da aus zwei Monomermolekulen nur eine einzige Monomereinheit entsteht, andert sich sowoN die Zusammensetzung als auch die Sequenzverteilung der Monomereinheiten. Das abgespaltene Phenol wirkt im Polymeren als Weichmacher; es ruft zudem durch photochemische Reaktionen Verfarbungen hervor. Ein Co-Polyester X7G aus 60 mol-% p-Hydroxybenzoyl- und 40 % Tercphthaioylglycol-Einheiten war der erste selbstverstarkende Kunststoff. Er wird jedoch nicht mehr produziert, da die preiswerteren glasfaserverstarkten gesattigten Polyester ahnliche Eigenschaften aufweisen.
277
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
Tab. 6-10 Zusammensetzung (in mol-%) von Copolymeren der p-Hydroxybenzoedure. + Anteil nicht bekannt, (+) kleiner Anteil. Monomereinheit
X7G
XydarTM
VectraTM
EconolTM HITBP
Industriell werden verschiedene Copolymere hergestellt (Tab. 6- 10). Unter dem gleichen Namen verkaufte Typen konnen dabei durchaus verschieden zusammengesetzt sein. Viele, aber nicht alle, Vectra-Typen bestehen aus 1,4-0xybenzoyl- und 2,6-oxynaphthoyl-Einheiten im Verhaltnis 73/27 = mol/mol. Vectran-FasemTMenthalten noch andere Grundbausteine. Vectra B 950 weist uberhaupt keine 1,4-0xybenzoyl-Einheiten auf. Es wird vielmehr aus 60 Gew.-% 6-Hydroxynaphthalinsiure, 20 Gew.-% Terephthalslure und 20 Gew.-% Aminophenol synthetisiert, ist also ein Copolyesteramid.
6.8.3.
Poly(ethy1enoxybenzoat)
p-Hydroxybenzoesaure ist auch eines der Ausgangsmonomeren fur Poly(ethy1enoxybenzoat). Die Reaktion der p-Hydroxybenzoesaure mit Ethylenoxid liefert die p - p Hydroxyethoxybenzoesaure HOCH2CH2O(p-C6H4)COOH, deren Methylester im Vakuurn bei ca. 250°C zum Poly(ethy1enoxybenzoat) H t O C H 2 C H 2 0 ( p - C 6 H 4 ~ O O H kondensiert. Fasem aus diesem Polymeren fuhlen sich seidentihnlich an; sie haben eine hervorragende Knitterfestigkeit.
6.8.4.
Poly(ethylenterephtha1at)
Poly(ethylenterephtha1at) t o C H 2 C H 2 0 0 C ( p - C 6 ~ ) C o + besteht aus altemierenden Ethylenglycol- und Terephthalstiure-Einheiten. Es wird chemisch auch Poly(ethyleng1ycolterephthalat) genannt. Systematisch heisst es Poly(oxyethylenoxyterephthaloy1). In der Kunststoffndustrie wird das Polymere manchmal nur schlicht thermoplastischer Polyester (TPE) genannt, um es von dem duromeren "ungeslttigten Polyester" abzuheben. In der Textilindustrie heisst es Polyester-Faser. Die offiziellen Kurzel sind PET fiir Kunststoffe, PETE (oder "1") fur Altwertstoffe aus PET und PES fur Polyester-Fasem. Terephthalsiure ( P A ) entsteht durch Oxidation von p-Xylol (s. Kap. 6.8.9). Das alteste technische Verfahren fur PET estert Terephthalsauredimethylester und Ethylenglycol in einem 2-Stufen-Verfahren urn. Zuerst wird der Dimethylester mit einem 1,7fachen molaren Uberschuss an Ethylenglycol unter langsamem Anstieg der Temperatur bis auf ca. 245°C zu einem Oligomeren mit Ethylenglycol-Endgruppenkondensiert:
278
(6-48)
6.8. Aromatische Polyester
n CH3OOCG C O O C H 3 + (n + 1) HOCH,CH,OH ----*
HOCH2CH20-OC +-OCH2CH20-H
+ 2 n CH,OH
Bei der Weiterkondensation im Vakuum wird Ethylenglycol abgespalten und entfemt. Im Allgemeinen weisen durch kontinuierliche Schmelzpolykondensationen hergestellte Polymere bessere thermische und thermo-oxidative Bestlndigkeiten als absatzweise erzeugte auf, vermutlich wegen eines geringeren Anteils an -0CH2CH2OCH2CH20-Einheiten aus der Dimerisation von Ethylenglycol-Molekulen.Als Endgruppen findet man OH, COOH und -CH=CH2 (durch thermisches Spalten von Esterbindungen). Die anfallenden Granulate werden dann bei 180-240°C im festen Zustand weiter polykondensiert, wobei die fluchtigen Komponenten (Acetaldehyd, Oligomere) durch Anlegen eines Vakuums oder durch einen Stickstoffstrom entfemt werden. Diese Behandlung reduziert z.B. den Anteil an Oligomeren von 2,8 auf 1,4 %. Die Hauptkomponente ist das cyclische trimere Terephthalat, das z.B. beim Faserspinnen auf der Faser auskristallisiert und so die Verarbeitung storen kann. Der Weg uber den Dimethylester war notwendig, weil die schwer losliche und hoch schmelzende Terephthalsaure (TM = 402°C; Sublimation) schwierig zu reinigen war. Da jetzt reine Terephthalsaure erhaltlich ist, wird sie zunehmend direkt mit Ethylenglycol verestert. Man vermeidet so das kostspielige Ruckgewinnen des beim Umestem anfallenden Methanols. Auch in diesem Falle verwendet man ein 2-Stufen-Verfahren. Je nach dem Verwendungszweck sind verschiedene Molmassen erforderlich. Als Mass fur die Molmasse wird meistens die Grenzviskositatszahl [ q ] verwendet. Wahrend die Vorkondensate aus Terephthalsaure (oder dessen Dimethylester) und Ethylenglycol Werte von [q]/(mL g*) = 10-30 aufweisen, benotigt man fur Textilfasern solche von 4065, fur Flaschen 75-85 und fur das Blasformen 90-110. Der grbsste Teil des PET wird aus der Schmelze zu Fasern versponnen. Die Fasem haben ausgezeichnete Trage- und Wascheigenschaften, vergilben jedoch am Licht. Ihre Hydrophobizitat und die dadurch bewirkte Verschmutzungsneigung kann durch Aufpfropfen von etwas Acrylsaure oder durch Freilegen von Carboxylgruppen durch partielle Hydrolyse der Oberflache beseitigt werden. Eine bessere Anfarbbarkeit resultiert aus dem Herabsetzen der Kristallinitat durch Einbau von etwas Adipinsaure oder von polaren Gruppen. PET-Filme werden in der Elektronik und fur Verpackungszwecke verwendet. Diese Filme lassen weniger Wasserdampf durch als Polyamide aber mehr als Poly(o1efin)e. PET wird auch nach Zusatz von Kristallisationskeimbildnern durch Spntzgiessen zu Formteilen verarbeitet, wobei jedoch sehr genaue Arbeitsbedingungen eingehalten wcrden mussen. Das Polymere ist steif, hart, reibungs- und verschleissarm, mechanisch hoch belastbar und sehr kriechfest (Tab. 6-10). Technische Kunststoffe werden oft mit Glasfasem verstarkt. Grosse Mengen an PET werden zunehmend durch Extrusionsblasen zu transparenten Flaschen fur kohlensaurehaltige Getranke verarbeitet. Die PoIymeren mussen f i r diesen Zweck niedrigere Molmassen als z.B. fur Formteile und praktisch keine Kristallisationskeimbildner aufweisen; ausserdem wird die Kristallisationsneigung durch Einbau von Comonomeren unterdriickt. Zur bessercn Verarbeitung enthalten PET fur Flaschen auch kleine Mengen an Zusatzen, z.B. Polyamide.
279
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ke"en
6.8.5.
Poly( 1,4-bismet hylencyclohexan tereph t hala t)
Das Hydrieren des Terephthalsiuredimethylesters CH3OOC( 1,4-C6H4)COOCH3 mit Hilfe eines Palladium-Katalysators fuhrt zum Dimethylcyclohexan-l,4-dicarboxylat CH300C( 1,4-C6Hlo)COOCH3, das dann mit einem Kupferchromit-Katalysator weiter zum Cyclohexan-l,4-dimethylolHOCH2( 1,4-C6Hlo)CH20H hydriert wird. Dieses Diol bildet je eine cis- und trans-Form:
+cHzoH
H - w c H z o H cis
tXaIlS
Das durch Polykondensation des Diols mit Terephthalsiuredimethylester industriell erzeugte Polymer (PCT) enthalt die beiden isomeren Diol-Einheiten im Verhaltnis cis:trans = 2:l. Die Schmelztemperatur des PCT ist mit TM = 318°C betrachtlich hoher als diejenige des PET (TM = 255°C). Fasem aus diesem Polyester sind besser und mit brillanteren Farben anfarbbar als diejenigen aus PET.
6.8.6.
Poly(trimethylenterephtha1at)
Poly(trimethylenterephtha1at) (PTT)wurde erst vor einigen Jahren technisch zuganglich, da industriell brauchbare Synthesen fur das 1,3-Propandiol (1,3-PropyIenglycol; PDO) fehlten. Zur Zeit ist unklar. welche von den konkurrierenden Methoden wirtschaftlicher ist. 1.3-Propylenglycol kann einerseits durch Hydroformylieren von Ethylenoxid nach C2H4O + CO + 2 H2 -b HO(CH2)30H erzeugt werden. Andererseits 12sst es sich auch mikrobiologisch aus Glucose (aus Stlrke) gewinnen. Einige naturlich vorkommende Hefen wandeln Glucose in Glycerin urn, das dann durch genetisch modifizierte Bakterien in 1,3-Propandiol uberfuhrt wird. Poly(trimethylenterephtha1at) entsteht konventionell durch Umsetzen von PDO mit Terephthalsiure. Das Polymere besitzt eine Schmelztemperatur von 247°C und eine Glastemperatur von 42°C. Es ist fur den Einsatz als Konstruktionswerkstoff, Film und Faser (Teppiche, Polster) vorgesehen.
6.8.7.
Poly(butylenterephtha1at)
Poly(butylenterephtha1at) (PBT) ist der Polyester aus Terephthalsaure und 1,4-Butylenglycol (1.4-Butandio1, Tetramethylenglycol) HO(CH2)40H. Es wird daher auch Poly(tetramethylenterephthalat) (PTMT) genannt. Die Eigenschaften des PBT ahneln denen des PET (Tab. 6-9). Das Polymere kann jedoch wegen seiner niedrigeren Schmelztemperatur (TM = 227OC) bei wesentlich tieferen Formentemperaturen als PET verarbeitet werden (TM = 255°C). Dieser Vorteil wird aber mit einer niedrigeren Glastemperatur (TG = 60°C vs. TG = 98°C) und etwas verschlechterten mechanischen Eigenschaften erkauft (Tab. 6-9).
280
6.8. Aromatische Polyester
h
PBT + rnodifiziertes BR-Pfropfpoiyrner
N
E
PBT + BR-Pfropfpolyrner PBT + PC + BR-Phopfpolyrner PBT + PO-Pfropfpolyrner
0-40
PBT
-20
20
0 -T/OC
40
--+
x~
Abb. 6-2 Temperaturabhagigkeitder Kerbschlagdhigkeiten eines nicht modifizierten Poly(buty1enterephthalat)es (PBT) und seiner (teilweise gepfropften bzw. modifizierten) Blends mit AcrylesterAcrylnitril-Styrol-Terpolymeren(ASA), Butadien-Kautschuken (BR), Polycarbonat A und Poly(olefin)en (PO). Die gestrichelten Linien geben den iibergang vom sprden in den duktilen Bereich an. Mit freundlicher Genehmigung des Hanser-Verlages, Munchen [ 1b].
Zum Verbessern der Kerbschlagzahigkeit wird PBT oft mit anderen Polymeren gemischt (Abb. 6-2), wobei j e nach Polymer u.U. Pfropfcopolymere entstehen (Band IV). Durch das Zusetzen amorpher Acrylester-Acrylnitril-Styrol-Terpolymererwird die Kristallinitat des PBT verringert, wodurch die Schwindung sinkt und die inneren Spannungen vermindert werden. Auf dem Markt sind auch Blends mit 2.B. Poly(ethy1entet-ephthalat) oder Polycarbonat A.
6.8.8.
Thermoplastische Polyester-Elastomere
Durch Umestern des Dimethylterephthalates CH300C(p-C6H&OOCH3 rnit einem Gemisch aus Poly(tetrahydr0furan) HO[(CH2)40JnH und 1,4-ButandioI HO(CH2)40H werden Multiblockcopolymere mit "harten" Blocken aus PTMT-Einheiten und "weichen" Bl6cken aus Poly(tetrahydrofuran)terephthalat-Segmenten PTHFT eneugt.
-~~~--O-(CHz--CHz--CHZ-~Hz-~
3
n = 1 4GT-Hartsegmenl n >> 1 PTMEGT-Weichsegment
Segmentc der thermoplastischcn Polyester-Elastomeren
"Hart" und "weich" beziehen sich hier auf die relativen Lagen der Umwandlungstemperaturen: die 4GT-Segmente (PTMT-Blocke) sind wegen ihrer hohen Schmelztemperatur "hart" und die PTMEGT-Segmente (PTHFT-B16cke) wegen ihrer niedrigen Glastemperatur "weich". Diese Polymeren sind thermoplastische Elastomere. Von den vielen moglichen Polyether-Blocken eignet sich nur Poly(tetrahydrofuran) als Baustein, da nur dann unmittelbar nach der Vcrarbeitung die volle Harte des Polymeren erreicht wird. Polyetherester mit Poly(oxyethy1en)-Einheiten -(OCH2CH2),- brauchen dagegen wegen der langsameren Kristallisation ungefahr einen Tag bis zum Erreichen der Endeigenschaften.
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
6.8.9.
28 1
Poly(alkylennaphtha1at)e
Naphthalin-2,6-dicarbonsiure(Naphthalindicarboxylat, NDC) erhalt man durch eine durch Radikale katalysierte Oxidation von 2,6-Dimethylnaphthalin in 95 % Essigsaure mit Cobaltacetat + Manganacetat als Katalysator. Der Cokatalysator NH4Br + CBr4 dient als standig emeuerbare Radikalquelle. Das gleiche Amoco-Verfahren dient zur Herstellung faserreiner Terephthalsaure (TPA). Poly(ethylen-2,6-naphthalat)(PEN) wird &nlich wie Poly(ethylenterephtha1at) synthetisiert:
Poly(ethylen-2,6-naphthalat)verhPlt sich als fliissigkristallines Polymeres. Das semikristalline Polymere (PEN) wird fur Fasem, Flaschen, Folien, und Konstruktionsteile eingesetzt. Die Hauptanwendung ist zur Zeit fur die Filme des Adventix-Photosystems, da die Filme dunner sind und scharfere Negative liefem. Wegen seiner guten mechanischen und thermischen Eigenschaften sollte es sich auch als Reifenkord fur Hochgeschwindigkeitsreifen eignen. Als amorphes Material (APEN) dient es fur gespritzte Teile oder warmgeformte Platten. Wegen seiner niedrigen Sauerstoffdurchlassigkeit ist APEN auch fur Verpackungen interessant. Beim Verstrecken der Filme werden die Barriere-Eigenschaften vie1 starker als beim PET erhtiht. Poly(l,4-butylen-2,6-naphthalat) besitzt eine htihere WPrmeformbestPndigkeit und eine bessere thermische Alterungsbestandigkeit als Poly(butylenterephthalat), was es fur Anwendungen in der Elektronik interessant macht (htihere Betriebstemperaturen durch Miniaturisierung).
6.8.10.
Polyaryla te
Polyarylate sind Copolyester aus Diphenolen und aromatischen Dicarbonsauren. Ein typisches Polyarylat weist z.B. Terephthalat-, Isophthalat- und Bisphenol A-Einheiten im Stoffmengenverhaltnis 1: 1:2 auf. Die Sequenzverteilungen sind in der Regel nicht bekannt. Polyarylate werden wahrscheinlich durch Grenzfllchenpolykondensation zwischen den in Chlorkohlenwasserstoffen geltisten Dicarbonsaurechloriden und den wassrigen Ltisungen der Alkalisalze von Bisphenol A mit quatemlren Ammoniumsalzen als Katalysatoren hergestellt.
282
6.9. Polyorrhoester
Polyarylate sind transparente bis opake, bemsteinfarbene technische Thermoplaste rnit guter Z&higkeit, sehr guter elastischer Erholung, geringer Kerbschlagempfindlichkeit und hoher Warmeformbestandigkeit. Neuere Polyarylate gehen auch von Terephthalsaure- und Isophthalsaure bzw. dercn Saurechloriden aus, ersetzen aber das Bisphenol A (links) durch starker sterisch gehinderte Diphenole (Mitte und rechts), z.B.
6.9.
Polyorthoester
Sowohl die Orthoameisensaure HC(OH)3 als auch die Orthokohlensaure HOC(OH)3 existieren nicht im freien Zustand, sondern nur in Form ihrer offenen oder cyclischen Ester, der Orthoformiate bzw. Orthocarbonate. Bei Polyorthoestern ist entsprechend mindestens eine -C-0-Bindung Teil einer Polymerkette, wahrend die andercn -C-0Bindungen Teile von Substituenten sein kbnnen. Die Polyorthoester sind von den Orthopolyestem der Technik zu unterscheiden, welche keine polymeren Orthoester sind, sondem auf der Orthophthalshre ("Phthalsiiure")basierende Polyester, also Polyphthalsgureester.Die "Orthopolyester"werden auf diese Weise von den "Isopolyestem" unterschieden, den PolyphthalsSureestem auf Basis Isophthalsaure. Poly(orthokoh1ensaureester) kann man entsprechend durch Transesterifizieren der niedermolekularen Orthoester rnit di- und polyfunktionellen Alkoholen herstellen. Da jedoch die Orthoester drei- bzw. vierfunktionell sind, resultieren auf diese Weise vemetzte Polymere. Lineare Polyorthoester rnit einer aus dem monomeren Orthoester stammenden -C-0Bindung pro Repetiereinheit erhalt man durch Reaktion von 1,1,4,4-Tetramethoxybutadien rnit Diolen, wobei jedoch auch Vemetzungen auftreten kbnnen:
(6-50) (330,
PCH3
CH,O
OCH3
,C=CH-CH=C,
+
HO-Z-OH
+
Poly(orthoester) rnit zwei ortho-C-0-Bindungen pro Repetiercinheit entstehen durch Umsetzen von Diolen mit Diketenacetalen
283
6. Kohlensroff-Sauerstoff-Kerren
oder auch durch Umsetzen von cyclischen Orthoameisensaureestem mit Diolen unter Abspaltung von Alkohol:
(6-52)
+ HO-Z-OH
- 2 CzH.jOH
Das Strukturelement -C(CH3)(OR)-O-Z kaM dabei auch Teil eines Spirosystems sein, bei dem alle drei -C-0-Bindungen Teil der Kettenstruktur sind:
(6-53)
Die Polyorthoester sind biologisch abbaubar. Das Polymere der G1.(6-52) hydrolysiert 2.B. zum Lacton und weiter zur cuHydroxysaure:
Die Polyorthoester erodieren hydrolytisch von der Oberflache her; sie brechen nicht katastrophenanig zusammen. Sie eignen sich damit zum Verkapseln von Medikamenten, die langsam freigesetzt werden sollen. z.B. Empfbgnisverhutungsmitteln.
6.10.
Polyanhydride
Polyanhydride entstehen durch Reaktion von Dicarbonshren mit Saureanhydriden:
(6-55)
HO-$ -Z-$-OH 0 0
+ (CH3CO)zO - H,O
P
- (CH3CO),0
H3C?-O-$-Z-$-O-$-CH3 0
0
0
0
Anhydridcopolymere aus Sebacinsaure und 1,3-Bis@-carboxyphenoxy)propan mit Z = (1,4-C6H4)O(CH2)30( 1,4-C6H4) sind kristailine Materalien, die ahntich wie die Polyorthoester von der Oberfliche hydrolysiert werden. Auch sie eignen sich zum Verkapseln von Medikamenten. Wenn die Medikamente in diesen Polymeren dispergiert oder geltist sind, werden sie durch den sukzessiven Abbau der Polymeren von der Oberflache her mit zeitlich konstanter Dosis freigesetzt (s.a. oben).
284
Literatur zu Kap. 6
2,7 mm dicke Plattchen von 14 m m Durchmesser aus Polyanhydrid-Copolymeren von Sebacinsaure und dem Dimeren der Erucasaure (Kap. 3.10)
€
CO-(CH&-
F
H-(CH&--CH,
CH,-(CH&-CH-(CH*),-CO-O
erodieren z.B. unter physiologischen Bedingungen mit Geschwindigkeiten von 0,3 m g h , was hydrophobe Medikamente mit (1-3) % pro Tag und hydrophile Medikamente mit (3-6) % pro Tag freisetzt.
Literatur zu Kap. 6 6.1. ALLGEMEINE LITERATUR H.-G.Elias, Neue polymere Werkstoffe 1969-1974, Hanser, Munchen 1975; New Commercial Polymers, Gordon and Breach, New York 1977 K.-U.Buhler, Spezialplaste, Akademie-Verlag, Berlin 1978 H.-G.Elias, F.Vohwinke1, Neue polymere Werkstoffe, 2. Folge, Hanser, Miinchen 1983; New Commercial Polymers 2, Gordon and Breach, New York 1986 L.Bottenbruch, Hrsg., Engineering Thermoplastics. Polycarbonates, Polyacetals, Polyesters, Cellulose Esters, Hanser Gardner, Cincinnati 1996 6.2. POLYACETALE J,Furukawa, T.Saegusa, Polymerization of Aldehydes and Oxides, Wiley, New York 1963 M.Sittig, Polyacetal Resins, Guld Publ., Houston, 3. Aufl.1964 O.Vog1, Polyaldehydes, Dekker, New York 1967 S.J.Barker, M.B.Price, Polyacetals, Iliffe, London 1970 H.Tani, Stereospecific Polymerization of Aldehydes and Epoxides, Adv.Polym.Sci. 11 (1973) 57 O.Vog1, Kinetics of Aldehyde Polymerizations, J.Macromol.Sci. [Rev.] C 12 (1975) 109 16 (1981) 1 K.Neeld, O.Vogl, Fluoroaldehyde Polymers, J.Polym.Sci.-Macromol.Rev. J.Masamoto, Modem Polyacetals, Progr.Polym.Sci. 18 (1993) 1 A.L.Rusanov, Condensation Polymers Based on Chloral and Its Derivatives, Progr.Polyrn.Sci. 19 (1994) 589 6.3. ALIPHATISCHE POLYETHER J.Furukawa, T.Saegusa, Polymerization of Aldehydes and Oxides, Wiley, New York 1963 A.F.Gurgiolo, Poly(alky1ene oxides), Rev.Macromol.Chem. 1 (1966) 39 F.E.Bailey, jr., J.V.Koleske, Poly(ethy1ene oxide), Academic Press, New York 1976 P.Dreyfuss, Poly(tetrahydrofuran),Gordon and Breach, New York 1982 G.W.Goke1, S.H.Korzeniowski, Macrocyclic Polyether Syntheses, Springer, Berlin 1983 F.E.Bailey, jr., J.V.Koleske, Alkylene Oxides and Their Polymers, Dekker, New York 1991 J.M.Harris, Hrsg., Poly(ethy1en glycol) Chemistry: Biotechnical and Biomedical Applications, Plenum Press, New York 1992 P.M.Hergenrother, J.W.Lonnel1, J.W.Labadie, J.L.Hedrick, Poly(Ary1ene Ether)s Containing Heterocyclic Units, Adv.Polym.Sci. 117 (1994) 67 V.M.Nace, Hrsg., Nonionic Surfactants. Polyoxyalkylene Block Copolymers, Dekker, New York 1996 6.3.6. EPOXID-HARZE A.M.Paquin, Epoxydverbindungen und Epoxydharze, Springer, Berlin 1958 LSkeist, Epoxy Resins, Reinhold, New York 1958 H.Lee, K.Neville, Handbook of Epoxy Resins, McGraw-Hill, New York 1967
6. Kohlenstoff-Sauerstoff-Ketten
285
P.F.Bruins, Hrsg., Epoxy Resins Technology, Interscience, New York 1968 H.Jahn, Epoxidharze, VEB Deutscher Verlag fiir Grundstoffindustrie, Leipzig 1969 W.G.Potter, Epoxide Resins, Iliffe, London 1970 R.Vieweg, H.Scheurlen, Hrsg., Kunststoff-Handbuch, Bd. XI, Polyacetale, Epoxidharze, fluorhaltige Polymerisate, Silikone usw., Hanser, Munchen 1971 H.S.Eleuteno. Polymerization of PerfIuoro Epoxides, J.Polym. Sci. [A-11 6 (1972) 1027 J.I.DiStasio, Epoxy Resin Technology, Noyes, Park Ridge (NJ) 1982 C.A.May, Hrsg., Epoxy Resins, Chemistry and Technology, Dekker, New York, 2.Aufl. 1988 B.Ellis, Hrsg., The Chemistry and Technology of Epoxy Resins, Blackie, Glasgow 1993 6.3.8. FURAN-HARZE C.R.Schmitt, Polyfurfuryl Alcohol Resins, Po1ym.-Plast.Technol.Eng. 3 (1974) 121 A.Gandini, The Behavior of Furan Derivatives in Polymerization Reactions, Adv.Polym.Sci. 25 (1977) 47 6.3.9. POLY(PHENYLENOX1D) A.S.Hay, Aromatic Polyethers, Adv.Polyrn.Sci. 4 (1967) 496 A.S.Hay, Polymerization by Oxidative Coupling - A Historical Review, Polym.Eng.Sci. 16 (1976) 1 R.C.Cotter, Engineering Plastics. A Handbook od Polyarylethers, Gordon and Breach, New York 1995 6.4. POLYKETONE M.J.Mullins, E.P.Woo, The Synthesis and Properties of Poly(aromatic ketones), J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol.Chem.Phys. C 27 (1987) 313 6.5.-6.7. ALIPHATISCHE und UNGESATTIGTE POLYESTER J.Bjorksten, H.Tovey, B.Harker, J.Henning, Polyesters and Their Applications, Reinhold, New York 1959 H.B.Boenig, Unsaturated Polyesters, Elsevier, Amsterdam 1964 V.V.Korshak, S.V.Vinogradova, Polyesters, Pergamon Press, Oxford 1965 1.Goodman. J.A.Rhys, Polyesters, Bd. I, Saturated Polyesters, Iliffe, London 1965 B.Parkyn, F.Lamb, B.V.Clifton, Polyesters, Bd. 11, Unsaturated Polyesters, Iliffe, London 1967 E.W.Laue, GlasfaserverstiirktePolyester und andere Duromere, Zechner und Huthig, Speyer, 2.Aufl. 1969 P.F.Bruins, Unsaturated Polyester Technology, Gordon and Breach, New York 1976 S.Inoue, High Polymers from CO?, ChemTech 6 (1976) 588 K.Holrnberg, High Solids Alkyd Resins, Dekker, New York 1987 Y.Doi, Microbial Polyesters, VCH, New York 1990 A.Steinbiiche1,Polyhydroxyfettsiiun - thermoplastich verformbare Polyester aus Bakterien, Nachr.Chem.Techn.Lab. 39/10 (1991) 1 1 12 C.Scholz, R.Grass, G.Leatham, Polymers from Renewable Resources. Polyesters of Biomedical and Environmental Importance, Oxford University Press 2000 (ACS Symposium Series) 6.8. AROMATISCHE POLYESTER H.Schnell, Chemistry and Physics of Polycarbonates, Interscience, New York 1964 I.Goodrnan, J.A.Rhys, Polyesters, Bd. I, Saturated Polyesters, Iliffe, London 1965 H.Ludwig, Polyester-Fasern. Akademie-Verlag, Berlin, 2.Aufl.1975;Polyester Fibers, Wiley, New York 1971 R.Vieweg, Lhonhard, Hrsg., Kunststoff-Handbuch, Bd. VIII, Polyester, Hanser, Munchen 1973 H.Ludewig, Polyester Fibers, Chemistry and Technology, Wiley, New York 1979 B.M.Walker, Handbook of Thermoplastic Elastomers, Van Nostrand Reinhold, New York 1979 N.R.Legge, G.Holden, H.Schroeder, Thermoplastic Elastomers, Research and Development, Hanser, Miinchen 1987 H.H.Yang, Aromatic High-Strength Fibers, Wiley, New York 1989 L.Bottenbruch, Hrsg., Polycarbonate, Polyacetale, Polyester, Celluloseester, Hanser 1992 (G.W.Becker, D.Braun, Hrsg., Kunststoff-Handbuch 3/1) D.G.LeGrand, J.T.Bendler, Handbook of Polycarbonate Science and Technology, Dekker, New York 2000
286
Quellennachweise zu Kap. 6
Quellennachweise [l] H.Domininghaus, Plastics for Engineers, Hanser, Miinchen 1993, (a) Abb. 207 und 208, (b) Abb. 416 [2] L.V.McAdams, J.A.Gannon, Concise Encyclopedia of Polymer Science and Engineering (JKroschwitz, Hrsg.), Wiley, New York 1990, S. 345
287
7.
Polysaccharide
7.1.
Saccharide
7 . 1 . 1 . Ubersicht Polysaccharide sind Homo- oder Copolymere mit Zuckerresten als Grundbausteinen
(G: sakcharon = Zucker (Sanskrit: sarkara = Sand, Kies)). Sie sind in der Regel Naturprodukte. Synthetische Polysaccharide besitzen z.Zt. nur geringes industrielles Interesse. Polysaccharide kommen in Tieren und Pflanzen vor, wo sie als Geriiststoffe (Strukturpolysaccharide; E: structural polysaccharides) oder Speicherstoffe (Reservepolysaccharide; E: reserve polysaccharides) dienen. Bei Bakterien und Pilzen stellen sie auch Stoffwechselprodukte dar. Polysaccharide werden ausser nach ihren chemischen Strukturen hlufig nach ihren Funktionen eingeteilt. Man unterscheidet so faser- oder fllchenftirmige, linear aufgebaute Strukturpolysaccharide (Beispiele: Cellulose, Chitin) von den schwach bis stark verzweigten, spharoiden Reservepolysacchariden (Beispiele: Amylose, Glycogen) und den physikalisch vemetzten, gelbildenden Polysacchariden (Beispiele: Pflanzengummen, Mucopol ysaccharide). Die Kettenlangen von aus Tieren und Pflanzen gewonnenen Polysacchariden variieren mit der Spezies, dem Teil oder Glied (z.B. Blatt, Stengel usw.), dem Alter des Individuums und der Aufbereitungsart. Viele native Polysaccharide sind auch nicht "rein". Sie weisen vielmehr einige Prozent an (wahrscheinlich covalent gebundenen) Peptidresten auf. Diese Peptidreste stammen von der Biosynthese der Polysaccharide und werden bei der technischen Aufbereitung haufig entfemt. Polysaccharide werden in grtisstem Ausmass wirtschaftlich genutzt, und zwar direkt (Bauholz, Kartoffeln usw.) oder nach der Aufbereitung und Verarbeitung (Baumwolle, Papier usw.), der Isolierung (Starke, Rayon, Pektine usw.), der Transformation in andere Polymere unter Beibehalt der Hauptkette (Celluloseacetat, Chitosan usw.) oder nach Umwandlung der Hauptkette selbst (Pullulan usw.), femer aber auch als Rohstoff fur die Gewinnung anderer Stoffe (Ethanol, Starkesirup usw.). Sie dienen als Nahrungsmittel, Werkstoffe, Faserstoffe, Sprengstoffe, Verdicker, Blutplasmaersatz usw. Statistische Daten iiber den Weltverbrauch sind praktisch nicht existent, selbst diejenigen fur einzelne Lander sind nur sehr grobe Schatzungen (Tab. 71). Selbst tiltere Daten zeigen jedoch die ungeheure wirtschaftliche Bedeutung der Polysaccharide auf (ca. 2000. lo6 t/a). Zum Vergleich: die Weltproduktion alfer synthetischen Polymeren betrug im gleichen Zeitraum nur ca. 100.106Tonnen pro Jahr.
7.1.2.
Einfache Zucker
Zucker sind Monooxo-polyhydroxy-Verbindungen.Wegen ihrer Zusammensetzung (CH20), werden sie auch Kohle(n)hydrate oder Carbohydrate genannt. Nach der Zahl n bezeichnet man die einzelnen Vetreter als Tetrosen (n = 4), Pentosen (n = 5 ) , Hexosen (n = 6). Heptosen (n = 7) usw. Praktisch alle in Polysacchariden vorkommenden Zuckerreste sind Hexosen oder Pentosen.
288
7.1. Saccharide
Tab. 7-1 Jlhrliche Weltproduktion und jarlicher US-Verbrauch einiger Pol ysaccharide (I 983). a ) "Brennholz" schliesst die in tropischen Lhdem vie1 venvendete Holzkohle ein. b, Der Verbrauch an Papier und Karton nimmt stark zu, vor allem dank der durch die Computer und Kopiermaschinen entstehenden "papierlosen Bums": im Jahre 1988 stieg der Verbrauch weltweit auf 380.106 t an, davon allein in den USA auf 130.106 t. c, Die Weltproduktion an Baumwolle erhdhte sich von 1983 bis 1996 auf 20-106tla, diejenige an regenenerten Cellulosefasem leicht auf 3,5.106 t/a. d, Hwhindustrialisierte Under importieren weniger nicht-textile Pflanzenfasem aus DrittweltlBndern: von 1963 bis 1984 sank die US-Einfuhr von Sisal und Henequen aus Brasilien und Kenya von 92 500 t auf 1 500 t, diejenige von Jute aus Bangladesch und Thailand von 75 500 t auf 9 500 t. e, "Andere" umfasst alle Non-food"-Anwendungen (Verdicker, Schlichten usw.). CMC = Natriumcarboxymethylcellulose,HAC = Hydroxyalkylcellulosen (Ethyl- und Propyl-). Polysaccharide
Quelle
Holz und Holzprodukte Blume, Str&cher Brennholz a) Bauholz Baume Papier, Karton b, Holz Andere Holzprod. Holz
Weltproduktion in t/a
Total
600 000 OOO 900000000 200000000 400000000
58 OOO 000 110000000 86000000 30000000
Poly(p 1,4-D-glucose)(Cellulose und Cellulosederivate) Baumwolle Baumwolle 18000Ooo 3000000 Rayon, Acetat Holz CMC Holz HAC Holz Methylcellulose Holz 3500000 Jute Jutestrauch Kenaf Hibiscus cannabinus 1 060 000 Sisal *) Sisalagave 350 000 Leinen Flachs 700 000 Hanf Hanf 120 000 Poly(a-1.4-glucose)n S&ke verschiedene Pflanzen St2rkesirup verschiedene Pflanzen Tapioca Maniokwurzeln Dexm Saccharose Andere Poly(g1ucose)n Xanthan Dextrose
US-Verbrauch in t/a Andcre Nahrungsmittel
1 300 OOO
500 000 29 000 24 000 12 000 I5 400
0 58000000 0 110000000 0 86000000 0 30000000 0 0
1300 000 500000
=
15 400
43
0 0 0 0 0
37 000 000 1 200 000
25 000 000 1 200 000
12 000 000 0
6 000
5 000
1 500
3 500
2 530
2 530
43
33 000 62 600
Poly(galactose)n Gummi arabicum Agar Pektin Carrageenan Karaya-Gummi Traganth Ghatti-Gumm i Furcellem
Kranke Akazien Rotalgen Hohere Pflanzen Rotalgen Karaya-/Sterculia-Baume Astragalus-Arten Anogeissus lalifalia Furcellariafastigiata
70 000 10 ooo 10 OOO 9000 4 500 1 500 1 200 1200
14 OOO
350 3 200 4 100 3 600 500 900
10 000 150 3 200 4000 450 400 450
4 000 200 0 100 3 150 100 450
Poly(mannose)n GW Carobin Algin
Guarsamen Johannisbrotbaum Braunalgen
90 OOO 20 OOO 13 000
30 000 8 000 5 800
10 000 6 000 4 000
20 000 2 000 1 800
7. Polysaccharide
289
Zucker klinnen in der Aldehydform I oder der Ketoform I1 vorliegen (vgl. Band I, Kap. 14.4). Bei den Aldehydzuckern (Aldosen) befindet sich die Oxogmppe am C1Kohlenstoffatom, bei den Ketozuckern (Ketosen) am C2, 2.B. bei den Hexosen 6
5
4
3
2
1
H-CH-CH-CH-CH-CH-CH dH d H d H d H AH I
8
6
5
4
3
2
1
H-CH-CH-CH-CH-C-CH-H dH dH dH dH dH 11
8
Da die Aldehydzucker j = n - 2 und die Ketozucker j = n - 3 asymmetrische Kohlenstoffatome aufweisen, gibt es 22 Aldotetrosen. 23 Aldopentosen, Z4 Aldohexosen usw. sowie 22 Ketopentosen, 23 Ketohexosen usw., und zwar jeweils in der D- und L-Form (vgl. unten). Die verschieden konfigurierten Zucker werden durch historisch bedingte Trivialnamen unterschieden (Abb. 10-1); die Nachsilbe "ose" deutet jeweils die Bruttozusammensetzung CnH2nOn an. Einige dieser Zucker sind Epimere, die sich voneinander nur durch die Konfiguration urn ein einzelnes Kohlenstoffatom unterscheiden. D-Glucose ist daher epimer mit DMannose in Bezug auf das C2 und epimer mit D-Galactose in Bezug auf das C?.
Dihydroxyaceton
I I I I I I I I
9
D-Glycerinaldehyd
$ rib
$ $ % alt
man
ido
Abb. 7-1 D-Formen der Tetrosen (2. Reihe), Pentosen (3.Reihe) und Hexosen (4.Reihe). Die D-Ketozucker (links) stammen vom Dihydroxyaceton ab, die D-Aldehydzucker (rechts) vom D-Glycerinaldehyd. Die OH-Gruppen sind durch wiedergegeben, die C=O-Gruppen durch =. Die Zucker sind in der Fischer-Projektion gezeigt. Die offiziellen Abkiirzungen bedeuten (inoffizielle in Klammem): all Allose gal Galactose man Mannose (tag) Tagatose tal Talose alt Altrose glc Glucose (psi) Psicose (Allulose) ara Arabinose gul Gulose (rbu) Ribulose (Araboketose) (threo) Threose (ery) Erythrose id0 Ides rib Ribose (xlu) Xylulose lyx Lyxose (sor) Sorbose xyl Xylose (etu) Eryhrulose fru Fructose
290
7.1, Saccharide
Wird die CHO-Gruppe der Aldehydzucker C,H2,0, durch eine CH2OH-Gruppe ersetzt, so entstehen Zucker der Zusammensetzung CnH2,+20n. Diese Zucker tragen in der Regel die gleichen Trivialnamen wie die entsprechenden Aldosen. Die Nachsilbe "ose" ist jedoch durch "it" ersetzt. Es gibt folglich 3 Pentite: Ribit (auch Adonit genannt), Arabit = Lyxit und Xylit, und sechs Hexite: Allit, Altrit ("Talit"), Glucit ("Gulit"; der iibliche Name ist Sorbit), Mannit (Mannazucker), Idit und Galactit (Melampyrit; auch als Dulcit bekannt). IUPAC schlagt vor, diese Zucker im Einklang mit den angelsachsischen Gepflogenheiten durch die Nachsilbe "itol" zu kennzeichnen. Sorbit ist also Sorbitol usw. Alle "Osen" und "Ite" kommen in D- und L-Formen vor; die R,S-Nomenklatur ist bei Zuckem nicht ublich. Die L-Formen sind die Spiegelbilder der in Abb. 10-1 gezeigten D-Formen. Die Konfiguration ist auf dasjenige Kohlenstoffatom bezogen, das derjenigen CH20H-Gruppe benachbart ist, die am weitesten von der CO-Gruppe der Aldosen entfemt ist. D-Zucker sind konventionsgemass solche, bei denen das der CH20H-Gruppe benachbarte Kohlenstoffatom die gleiche Konfiguration wie der D-Glycerinaldehyd aufweist, z.B. bei der Glucose:
HF
CHO
HO
HO
H
CH,OH
L-Glucose
OH S H CH,OH D-Glucose
Die einfachcn Zucker liegen jedoch im Kristall ausschliesslich und in wassriger Losung uberwiegend als Ringe und nicht als offene Ketten vor. Bei Hexosen stellen diese Ringe bei Aldehydzuckem Dcrivate dcs Pyrans (Oxacyclohexans) und bei Ketozuckem AbkSmmlinge des Furans (Oxacyclopentans) dar (Gl. (7-1)). Die systematischen Namen dcr Ringfomen der Hexosen schieben entsprechend zwischen dem Trivialteil und der Nachsilbe noch die Bezeichnungen "pyran" bzw. "furan" ein. Die Ringform der D-Glucose heisst also systematisch D-Glucopyranose und diejenige der D-Fructose entsprechend D-Fructofuranose. 1
6
HXHXH-CH-CH-CH-C-H
I
I
I
l
l
l
6
l
OH OH OH OH OH 0 6
(7-1)
HOCH,
1
H-CH-CH-CH-CH-CH-C-H I I I I 1 I OH OH OH OH 0
11
11 H
6
1
HOCH, L
HO
Pyranose (Aldehydzucker)
Furanose (Ketozucker)
I
OH
29 I
7. Polysaccharide
H
H
H
H
H
H
OH
OH a-D
P-L
a-L
P-D
Abb. 7-2 Die vier mOglichen Glucopyranosen (H-Subsdtuenten sind nicht eingezeichnet). Aus Platzgriinden ist die CHzOH-Gruppe durch Durch die Ringbildung tritt am C1 eine spezielle Form der Epimerie auf, die bei Zukkern als Anomerie bezeichnet wird. Bei dem a-Anomeren der D-Glucopyranose ist die anomere Hydroxylgruppe axial orientiert und der anomere Wasserstoff daher aquatorial; bei dem p-Anomeren ist es gerade umgekehrt. Man unterscheidet daher a-und P-D-Glucopyranosen (Abb. 7-2) und entsprechend auch bei den anderen Zuckem. Die a- und P-Anomeren sind thermodynamisch verschieden stabil. P-D-Glucopyranose kann z.B. zwischen der CH2OH-Gruppe und der gquatorialen anomeren OH-Gruppe eine intramolekulare Wasserstoffbriicke ausbilden, nicht jedoch das a-Anomere. Im kristallinen Zustand liegt entsprechend ausschliesslich die P-D-Glucopyranose vor. In wlssriger Ltisung werden die Wasserstoffbriicken teilweise gesprengt und es stellt sich uber die offenkettige Form ein P/a-Gleichgewicht ein (Mutarotation der optischen Aktivitlt). Das C1-Atom der Aldosen befindet sich bei den offenen Zuckem in einer AldehydGruppe und bei den Ringen entsprechend in einer Hemiacetal-Gruppe. Dieses Zuckerende wirkt reduzierend, wahrend das andere Ende nicht-reduzierend ist. Durch Acetalisieren der Hydroxyl-Gruppe am anomeren (Cl) Ende des Zuckers mit einem Alkohol wird das reduzierende Ende entfemt und eine bestimmte Konformation eingefroren; die entstehenden Alkylglucopyranoside mutarotieren nicht mehr. Derartige Alkylzucker heissen Glycoside; die Acetalbindung wird entsprechend glycosidische Bindung geDie Verknupfung von nannt. Ein Beispiel ist das l-0-Methyl-P-D-glucopyranosid. Monosacchariden zu Polysacchariden erfolgt immer uber glycosidische Bindungen. 6
6
6
6
6
COOH
HO OH
I-0-MethylPD-glUcoPYranW
OH 6-AcetylPD-glumPYranOf=
MI2
OH
2-Amino-2-desoxyPD-GlumPDglucopyranosyldurepyranose (Glucurondure)
OH
3 6-AnhydroPDglumPYranOS
292
7.1. Succhuride
Auch die ubrigen OH-Gruppen konnen substituiert werden, z.B. durch Verethem, Verestem oder Anhydridbildung. Bei einigen Zuckem sind OH-Gruppen durch andere Gruppierungen ersetzt. Falls die OH-Gruppe durch H substituiert ist, spricht man von Desoxy-Verbindungen, falls durch NH2, von Aminodesoxy-Zuckem. Der Ersatz von CH20H durch COOH fuhrt zu Uronsauren.
7.1.3.
Nomenklatur
Die bislang beschriebenen einfachen Zucker bzw. ihre Abkommlinge werden Monosaccharide genannt. Ihre Dimeren aus zwei gleichen oder zwei verschiedenen einfachen Zuckem heissen Disaccharide, aus drei einfachen Zuckem Trisaccharide usw. Oligosaccharide bestehen aus "wenigen" Zuckereinheiten, d.h. 2 und mehr aber weniger als ca. 20, und Polysaccharide a m "vielen" Zuckerbausteinen. Wie bei den synthetischen Polymeren besteht keine scharfe Grenze zwischen Oligo- und Polysacchariden. Die Bezeichnung als "Saccharide" geht auf den am haufigsten vorkommenden Zucker zuriick, die Saccharose (Sucrose, Rohrzucker, Rubenzucker; E: sucrose, saccharose, cane sugar, beet sugar). Die Saccharose ist ein Disaccharid aus a-D-Glucose und P-D-Fructose, namlich ein P-D-Fructofuranosyl-a-D-glucopyranosid. Da zwischen je zwei Zuckerresten eine glycosidische Bindung besteht, sieht die systematische IUPAC-Nomenklatur fur derartige Molekule den Namen Glycan vor. Entsprechend sollte man von Di-, Tri- _..Oligo- und Polyglycanen reden. Der Name Polyglycane ist jedoch ungebrauchlich. Homopolymere mit einem einzigen Typ von Grundbausteinen heissen Homoglycane, solche mit zwei odcr mehr verschiedenen Typen von Zuckerresten Heteroglycane. Namen wie "Co-Polyglycane" oder "Poly(cog1ycane)" usw. werden nicht verwendet. Polymere Zucker sind fcmer in der Lebensmittelchemie als "komplexe Polysaccharide" oder "komplexe Kohlenhydrate" bekannt. Die chemische Struktur von Polysacchariden wird durch verschiedene Nomenklaturen beschrieben. Falls die Verknupfung der Zuckerreste nicht bekannt ist, benutzt man gelegentlich einc Poly(monomer)-Nomenklatur wie Poly(g1ucose) oder Poly(D-glucose). Eine andere Nomenklatur beriicksichtigt, dass die glycosidischen a- und p-acetalischen Bindungen zwischen der anomercn Hydroxylgruppe des einen Zuckerrestes und der nicht-anomeren Hydroxylgruppe des anderen Zuckerrestes zu Anhydrogruppierungen fuhren. Falls die Art der glycosidischen Bindung nicht bekannt ist, charakterisiert man daher das Polymere durch den Namen des Monosaccharides, das Wort "anhydro" und die Vorsilbe "Poly", z.B. Poly(anhydr0-D-glucose). Die Bindungen zwischen den beiden Zuckerresten werden durch die Positionsnummem der an der Bindung beteiligten Kohlenstoffatome charakterisiert. Da man ferner Bindungen zwischen zwei Zuckerresten betrachtet und nicht intramerare Bindungcn zwischen Gruppierungen des gleichen Restes, pflegt man ferner diese Positionsnummem mit einem Pfeil zu vcrbinden. Ein Beispiel ist Poly[( 1+4')-anhydro-D-glucose]. Eigentlich musste man auch angeben, ob der Zuckerrest in der Pyranose- oder der Furanose-Form vorliegt, z.B. Poly[( I+4')-anhydro-D-glucopyranose]. Da die naturlich vorkommenden Zucker meist Aldehydzucker sind, die praktisch immer in der PyranoseForm auftreten, wird auf diese Angabe meist verzichtet.
293
7. Polysaccharide
Ausserdem muss der Typ der Anomerie angegeben werden, in der alten Nomenklatur also a bzw. /3 und in der neueren axial (ax) bzw. aquatorial (eq; E: equatorial), z.B.:
a-D-Glucose
anomere OH-Gruppe anomerer H-Rest
p-D-Glucose
axial
Aquatorial
aqlquatorial
axial
Man kommt so zu systematischen Namen wie Poly[p-( 1+4')-anhydro-D-glucopyranose] oder Poly[P-( 1eq-4eq)-anhydro-D-glucopyranose]fur Cellulose. Die LBnge und Schwerfglligkeit solcher Namen sind gute Griinde, Trivialnamen zu verwenden. Polysaccharide aus Mikroben (Exopolysaccharide, Schleimpolysaccharide) charakterisiert man wegen ihrer komplexeren Struktur mit einer speziellen Kurzschrift. Diese Verbindungen sind entweder Homopolymere oder periodische Copolymere aus bis zu sieben verschiedenen Zuckerbausteinen. Sie sind meist regelmhsig verzweigt. Beispiele sind die Klebsiella-Typen K-4und K-17: 2 glcA 13 man 1a 3 glc 12 glc 1-
P
a
3 ha 1 4 glc-1 2 ha-1 L!glcA 1P P a 31a 1
K-4
K-17
;ha
Polysaccharide kommen in einer grossen Zahl molekularer Architekturen vor. Es gibt lineare, verzweigte und vemetzte Polysaccharide, Homopolymere und solche mit einigen "falschen" Zuckerbausteinen, Copolymere mit Regio- und Blockstrukturen, sowie Polysaccharide mit Peptid-, Protein-, Lipid- oder Nucleinsiureresten. Peptid- und Proteinreste sind manchmal auch nicht-covalent an die Polysaccharide gebunden. Solche covalent oder nicht-covalent an Nucleinsauren, Proteine, Peptide oder Lipide gebundenen Polysaccharide wurden friiher konjugierte Polysaccharide genannt. Heute bevorzugt man den Ausdruck "heterogene Vergesellschaftung". Am wichtigsten sind die Vergesellschaftungen zwischen Polysacchariden und Proteinen. Wenn Proteinketten Oligosaccharid-Seitenketten aufweisen, handelt es sich um Glycoproteine. Bei Proteoglycanen ist umgekehrt die Hauptkette ein Polysaccharid, wlhrend die Seitenketten aus Proteinresten bestehen. Diese Proteinreste ktinnen dann wiedemm Seitenketten aus Oligosacchariden tragen. Glycane mit Molmassenverteilungen werden wie bei synthetischen Polymeren "polymolekular" genannt. "Polydisperse" Glycane bestehen dagegen aus Mischungen von konstitutiv anlichen Molekulen, die sich in geringeren konstitutiven Merkmalen unterscheiden, 2.B. in der Zahl und Lange der Seitenketten, dem Ausmass der Acetylierung usw.; "polydispers" wird hier also anders als in der synthetischen Polymerchemie verwendet (vgl. dazu Band I, p. 41). Als "polydivers" werden schliesslich Mischungen von Polysaccharid-Molekulen mit verschiedener Konstitution der Grundbausteine bzw. Repetiereinheiten bezeichnet.
294
7.1.4.
7.1. Saccharide
Biosynthese
Die Natur produziert (und zerstort!) jedes Jahr ca. 3.1011t Kohlenstoffverbindungen, davon 95 % in Pflanzen und 5 % in Tieren. Der Anteil an Cellulose betriigt ca. 40 %, ein sehr grosser Teil der restlichen 60 % entfslllt auf andere Polysaccharide. Die Biosynthese der Polysaccharide ist keine Umkehrung der Hydrolyse. Die direkte "Polykondensation" von Monosacchariden weist vielmehr im wassrigen Milieu cine positive Gibbs-Energie auf. Die Monomeren sind entsprechend nicht die hydratisierten Grundbausteine, d.h. nicht die den Grundbausteinen entsprechenden Zucker. Die Zucker werden vielmehr zuerst in Zucker-6-phosphate S-6-P umgewandelt, und zwar durch Reaktion des Zuckers mit Adenosintriphosphat ATP unter Abspalten von Adenosinphosphat ADP. Das S-6-P wird dann enzymatisch in das entsprechcnde Zucker- I-phosphat S-1-P iiberfiihrt. S - 1-P reagiert anschliessend mit einem Nucleosidtriphosphat NTP unter Abspaltung von H4P207 zu einem Nucleosiddiphosphat-Zucker NDP-S, der dann in das eigentliche Monomere iiberfiihrt wird, ein phosphoryliertes Tragerlipid NDP-SLipid (vgl. Band I). Fur die Bildung der Polysaccharid-Ketten werden verschiedenc Zucker und Nucleoside verwendet. Wiederum andcre Nucleoside dienen zur Verkniipfung der Zucker-Reste mit Proteinen. Cellulose-Ketten werden z.B. aus Guanosindiphosphatglucose als NDP-S aufgebaut; der "Startschritt" vom Protein aus erfolgt jedoch mit Uridindiphosphatglucose. Die unterschiedliche Struktur der Nucleosiddiphosphatzucker fur Start- und Wachstumsschntte erkliirt auch, warum viele Homopolysaccharide an den Kettenenden andere Zuckerreste tragen. So werden die meisten Glucosaminglycane von einem Protein-xylose-galactose-galactose-glucuronsaure-Kernaus aufgebaut (Kap. 7.4.2)
7.1.5.
Wirtschaftliche Bedeutung
Mono-, Oligo- und Polysaccharide machen ca. 95 % der in der Natur jahrlich produzierten Biomasse aus. Sie konnten daher eine wichtige, erneuerbarc Rohstoffquelle darstellen. Nur 3 % werden jedoch vom Menschen genutzt, und zwar einige Mono-, Di- und Trisaccharide als Nahrungsmittel und cine Reihe von Polysacchariden sowohl als Nahrungsmittel als auch fur industrielle Zwecke, wenn man einmal von der direktcn, nichtwirtschaftlichen (aber politisch korrekten) Umwandlung von Biomasse in Alkohole absicht, z.B. Methanol aus Holz oder Ethanol aus Getreide als Benzinersatz. Die von Menschen verwendeten Saccharide kommen in der Regel in der Natur vor oder werden aus natiirlichen Oligo- und Polysacchariden durch Hydrolyse erhalten, gelegentlich auch durch enzymatische oder fermentative Umwandlungen. Synthetisch werden nur einige industriell genutzte Polysaccharide hergestellt, und zwar durch enzymatische oder fermentative Polyrcaktionen von Mono- und Disacchariden. Andere Zuckerabkommlinge wie z.B. Vinylsaccharide besitzen bislang nur akademisches Interesse. Die Griinde dafur sind teilweise in den Kosten und teilweise in den Eigenschaften der Saccharide bzw. ihrer Abkommlinge zu suchen. Saccharose, der weltweit in den grossten Mengen produzierte Zucker (ca. 108 t/a), wird z.B. zu ahnlichen Prciscn wie Vinylchlorid oder Ethylen verkauft (Abb. 7-3). Wahrend aber Ethylen praktisch ohne Verlust in Poly(ethy1en) umgewandelt werden kann (siehe abcr Schema 3-7), wird bei der Poly-
295
7. Polysaccharide o
301
J 102
103
104
Sorbose
105
106
107
108
109
Weltproduktion in Tonnen pro Jahr Abb. 7-3 Preise von D-Mono- und Disacchariden ( 0 )und L-Sorbose (0)als Funktion der Weltjahresproduktion (jeweils fur das Jahr 1989 [l]). Zum Vergleich sind die Daten fur Vinylchlorid und Ethen eingezeichnet (+). Die Erfahrungslinie - - - fur die Produktion synthetischer Polymerer (Neigung 4 4 , s. Abb. 4-25) wurde den Daten fur kleine Zuckerproduktionen angepasst.
reaktion von Saccharose zu z.B. Dextran die Hllfte des Zuckers als nicht wirtschaftlich gewinnbare Fmctose freigesetzt, ganz abgesehen davon, dass die Eigenschaften von Dextran nur eine beschrankte Verwendung zulassen. Die weltweit in grossen Mengen produzierten Zucker wie Saccharose und Glucose sind gemessen an der Erfahrungslinie fur rein synthetische Produkte auch zu teuer. Wie alle landwirtschaftlichen Produkte bendtigen sie nimlich zu ihrem Anbau weitrlumige Landfllchen und mussen daher im Kleinverkehr uber verhlltnismassig grosse Distanzen zu ihrem Verarbeitungsort transportiert werden. Grtissere Zuckerraffinerien werden aber bei zu hohen Transportkosten unwirtschaftlich, d.h. die Kosten und Preise von Zuckem streben im Gegensatz zu denen von Erddlprodukten mit zunehmender Weltproduktion wegen der praktisch konstant bleibenden Grdsse der Produktionseinheiten einem Grenzwert zu (Abb. 7-3). Die meisten Saccharide und Polysaccharide werden daher nicht als Rohstoffe fur andere Chemikalien verwendet, sondem direkt (Glucose, Cellulose, Alginate usw.) oder allenfalls nach einer chemischen Substitution (Starkeacetat, Methylcellulose usw.).
7 . 2 . Pol y ( a-g lu c ose) n 7.2.1.
Ubersicht
D-Glucose-Reste kbnnen im Prinzip zu 8 verschiedenen linearen Poly(g1ucopyranose)n mit jeweils der gleichen Repetiereinheit aus einem einzigen Glucoserest verknupft werden. Jede der vier mdglichen Verknupfungen (1+2, 1+3, 1+4, 1+6) kann namlich im Prinzip sowohl a-anomer als auch p-anomer erfolgen. In der Natur dominieren die Polysaccharide mit 1.3- und 1,4-VerknUpfungen (Tab. 7-2). Bei Repetiereinheiten aus zwei, drei ... Glucoseeinheiten sind auch 1.6-Verknupfungen moglich.
296
7.2. Polyfa-glucoseln
Tab. 7-2 Polyglycane rnit Ketten aus Glucose-Einheiten glc, glcA = Glucuronsaure, AcN2 = N-Acetyl-2-amino, Su6 = 6-Sulfat, Su2 = 2-Sulfat. A = altemierend, L = Linear, LRP = linear regio-periodisch, PS = Polysaccharid, V = verzweigt. a = ax = axial, br = verzweigt, P = eq = aquatorial. Polyrnere
Grundbausteine
Verkniipfungen
Typ Vorkornrnen (* Bakterien)
DeXtran
Dglc
(la-6a)-br-(la-3a)
V
Bakterien
Arnylose Pullulan Arnylopectin Glycogen
Dglc Dglc Dglc Dglc
( 1a-4a) (la-4a)-alt-(la-6a) (la4a)-br-( la-6a) (la4a)-br-( la&)
L A V V
viele Pflanzen Hefepilz A. pullulans viele Pflanzen Tiere, Mikroorganisrnen
Dglc Pseudonigeran Dglc Nigeran Pneurnokokken-PS Dglc
(la-3a) (la-3a)-alt-(l a 4 a ) (la-3a)-alt-(la-6a)
L Pilze, Streptococcus m. LRP Pilze L Pneumococcus
Pustulan
Dglc
(lP-6P)
L
Flechten, Hefen
Cellulose Xanthan Chitin Hyaluronsaure Chondroitin-6-sulfat Chondroitin4-sulfat
(WP) D-glc (1 P4P)-br-(rnan-glc-rnan) Dglc ( 1P-4 P) Dglc(NAc2) (Ip4P)-glcA (1P-3P) D-glc(NAc2) D-gal(NAc2,SuCi) (lp-4P)-glcA(lP-3P) D-gal(NAc2,Su4) (lp-4P)-glcA(1P-3P)
L
Pflanzen (Zellw~de) Xanthomonas campesrris * Gliederfiisser (Schalen) Tfinen, Gelenkfliissigkeit Matrix der Knorpel Matrix der Knorpel
Callose Curdli3l-l Pachyrnan Laminaran
Dglc Dglc Dglc Dglc Dglc Dglc
L L L
Dglc Dglc
LRP Flechten Flechten, Hafer, Gerste ?
Dglc
L ? Agrobacterium tumufmcens
Schizophyllan (Scleroglucan) Isolichenin Lichenin
V
L A A A
*
hohere Pflanzen einige Bakterien einige Pilze, Protozoen OI) einige braune Algen V viele Hefen V Pilz Schizophyllum comm.
Von niedrigen Organismen produzierte Polysaccharide besitzen vielfaltige Funktio-
nen. Curdlan wird z.B. von Agrobakterien produziert, denen es sowohl als Struktur- als auch als Reservepolysaccharid dient. Hohere Organismen sind spezialisierter: Cellulose ist ein ausgesprochenes Struktur-Polysaccharid, das z.B. vom Menschen nicht mehr verdaut werden kann (wohl aber von Kuhen!). Amylose ist andererseits ein ausgesprochenes Reserve-Polysaccharid, das keinerlei Geriistfunktionen aufweist. Ausser linearen Homoglucanen gibt es auch verzweigte, die in den Seitenzweigen die gleichen Einheiten wie die Hauptkette aufweisen (z.B. Amylopektin) oder verschiedene (z.B. Xanthan). In der Hauptkette konnen femer die Bindungstypen altemieren, z.B. beim Nigeran und beim sogenannten Pneumokokken-Polysaccharid (Typ 3). Einige OH-Gruppen der Glucose-Einheiten konnen femer durch andere chemische Gruppierungen ersetzt sein, z.B. durch N-Acetyl-2-amino-Reste beim Chitin. Die Reptiereinheit kann zudem nicht nur aus Mono- und Disacchariden bestehen, sondem auch aus Triund Tetrasacchariden und sogar aus noch grosseren Einheiten
7. Polysaccharide
7.2.2.
297
Starke
Die wichtigsten Poly[a-( 1+4)-glucopyranose]n kommen in der Starke vor E: starch), einem in vielen Pflanzen vorhandenen Reserve-Polysaccharid, das chemisch eine Mischung von Amylose (Kap. 7.2.3) und Amylopektin (Kap. 7.2.4) darstellt. Sowohl Amylose als auch Amylopektin sind Polymere mit Hauptketten aus in a-1.4-Stellung miteinander verknupften D-Glucose-Resten. Amylose weist lineare Ketten auf. Amylopektin ist dagegen verzweigt.
Vorkommen Stlrke liegt in Pflanzen in (2-900) prn grossen Kdmchen vor (Tab. 7-3). und zwar in
9
Knollen oder Wurzeln: Kartoffel, Batate. Maranta, Maniok; Samen: Mais, Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Hirse, Dinkel, Sorghum, Amaranth; Friichten: Hiilsenfurchte (Erbsen, Bohnen usw.). Kastanien, Eicheln, Bananen; Pflanzenmark: Sagopalme.
Batate (E: sweet potato) ist ein in vor allem in Afrika, China und den Siidstaaten der USA kultiviertes Windengewgchs mit knollenartigen Wurzeln. Die Wurzeln von Maranta (Pfeilwurz)enthalten ca. 84 % leichtverdaulicheSWke, die auch Arrowroot genannt wird. Der Name Arrowroot wird jedoch heute auch fur Stiirken aus Wurzeln von anderen tropischen Pflanzen verwendet, z.B. aus Cannaceen (afrikanischer oder australischer Arrowroot) oder aus Tacca pimatifolia (Tahiti-Arrowroot). Maniok ist ein in Afrika, Indien, Ostasien und den tropischen Gebieten Amerikas kultiviertes Wolfsmilchgewgchs (Mandioka, Cassava, Kassava, Yucca) (Produktion ca. 100~106t/a). Dinkel (Spelz, Schwabenkorn) ist eine altertiimliche,erst heute wieder angebaute, anspruchslose Weizenart. Sorghum ist eine in Afrika, Asien und den USA angepflanzte Hirseart (Mohrenhirse). von den Unterarten wird der Milo (Milokorn) hauptsgchlich zu Stiirke verarbeitet und die Zuckerhirse zu Sorghumsirup. Die Sagopalme liefert Perlsago. Der sog. echte Sago wird dagegen aus Maniok-StArke gewonnen. Aus Kartoffeln erhat man Kartoffelsago.
Die verschiedenen Starken unterscheiden sich sowohl im Komdurchmesser als auch im Amylosegehalt (Tab. 7-3). Das Verhaltnis von Amylose zu Amylopektin beeinflusst die Kristallinitat der Starken und damit auch die Quellternperatur und die Loslichkeit (Tab. 7-3). Die Quell- bzw. Gelierungstemperatur ist dabei die Temperatur, bei der die Stlrkekomer quellen und die Dispersion in ein Gel iibergeht. Die sog. Wachs-Sorten enthalten kein Wachs; sie haben ihren Namen von dem wachsartigen Aussehen der Maisbzw. Reiskiimer.
Gewi nnung Stlrke wird in den USA hauptsachlich aus Mais, in Europa iiberwiegend aus Mais und Kartoffeln und in den Tropen praktisch ausschliesslich aus Maniok (Tapiokawurzeln) gewonnen. Uber 65 % der industnell produzierten Starke starnmt vom Mais. Zur Starkegewinnung werden z.B. Maiskomer geschalt und anschliessend 40 h bei 125°C in Schwefelslure von pH = 3 3 - 4 getaucht. Die so weichgemachten Maisktjmer werden gmb gemahlen und die Keime abflotiert. Anschliessend wird unter kaltem Wasser fein gemahlen, wobei sich die wasserunliislichen Starkekomer absetzen. Faseranteile werden abgetrennt und die StarkekGmer aus der verbleibenden Proteinlosung abfiltriert. Die so gewonnenen Stirkektimer werden dann gewaschen und getrocknet.
298
7.2. Poly(a-g1ucose)n
Tab. 7-3 SClrkanteile wsl, Korndurchmesser d, Quelltemperatwen T, Loslichkeiten wLbei 95°C und Amylosegehalte warnder Stirken verschiedener Pflanzen. Herkunft und Typ Mais Kartoffel Weizen Maniok Reis
(Amylomais) (normal) (Hybrid-Wachs-M.) (Tapioka) (normal)
J%
d/w
60-70
10-25
12-20 53 20-30 70-75
20-180 25-45 5-35 2-10
Ws
TJ"C
WIj%
> 100
62-70 63-72 58-62 53-64 52-64
25 82
warn/%
50-85 27 <2 17-23
41
19
48
17-23 19
Um das Nahrungsmittel Tapioka zu erhalten, werden zerkleinerte und getrocknete Maniokwurzeln zerrieben und das erhaltene Mehl durch Siebe gepresst (E: tapioca; Tupi-indianisch: tipioca = Ruckstand). Anschliessend werden die Komer gerostet, um das in den Maniokwurzeln enthaltene, bitter schmeckende Blausaureglykosid zu zerstoren. Aus Tapioka wird dann Tapiokastarke erzeugt. Die weltweite jahrliche Starkeproduktion betrug 1995 ca. 37 000 000 t. Davon entfielen ca. 19 000 000 t auf Maisstarke, 10 000 000 t auf Tapiokastarke und 8 000 000 t auf Weizenstarke und nur kleine Mengen auf Kartoffelstarke.
Verwendung Etwa 2/3 der weltweit produzierten Starke wird fiir Nahrungsmittel (Verdicker, Geliermittel) verwendet, z.B. direkt bzw. in abgewandeiter Form (Tab. 7-1). Die partielle Hydrolyse liefert Starkesirup, die vollstandige Hydrolyse Dextrose (Glucose). Die "Nonfood"-Anwendungen der Starke umfassen solche in der Textil-, Papier- und Waschmittelindustrie. Starke dient auch als nachwachsender Rohstoff zum GewiMen niedermolekularer Verbindungen, aus denen dann wiederum eine Reihe anderer Substanzen hergestellt werden, z.B. Antibiotika oder Thermoplaste (s. unten). Die in der Nahrungsmittelindustrie verwendeten Starken mussen je nach Anwendungszweck verschiedene Amylose- bzw. Amylopektin-Gehalte aufweisen, da Amylose leicht retrogradiert (s. unten), Amylopektin aber nicht. Maisstarke mit ca. 26 % Amylose kann aus diesem Grunde z.B. nicht fur tiefgefrorene Fertiggerichte verwendet werden, da diese eine unansehnliche Textur bekommen wurden. Eine Retrogradation scheint auch fur das Altbackenwerden von Brot verantwortlich zu sein, da helicale Strukturen andere Geschmacksempfindungen erzeugen als nichthelicale. Fur Fertiggerichte venvendet man daher arnylopektinreichere Starken (Tab. 7-3) oder aber modifizierte Starken. Starke kann sogar in einem eng begrenzten Bereich von Temperatur, Druck und Gehalt an Weichmacher durch Spntzguss zu biologisch abbaubaren Formartikeln verarbeitet werden. Zum Gewinnen dieser thermoplastischen Starke wird native Starke unter Kneten in einem Weichmacher gequollen, z.B. Glycerin. Das resultierende Produkt ist bei Temperaturen uber 160°C strukturviskos und kann dann thermoplastisch verarbeitet werden. Die teilkristalline Masse weist je nach Weichmachergehalt Glastemperaturen zwischen - 60°C und + 150°C auf. Sie ist zwischen - 45°C und + 65°C gummielastisch und besitzt 2hnliche Eigenschaften wie weichgemachtes Poly(viny1chlond).
299
7. Polysaccharide
Modifikation von Starken Bei der Hydrolyse der Stlrke unterhalb der Quelltemperatur (Gelierungstemperatur) werden nur die amorphen Bereiche angegriffen. Diese sauremodifizierte Starke weist eine niedrigere Viskositat und eine geringere Gelfestigkeit auf. Die Oxidation der Stirke rnit NaOCl fuhrt in den amorphen Bereichen zu Aldehydund Carboxylgruppen (Gl.(7-2)). Diese chloritoxidierte Oxyamylose (COAM) besitzt eine niedrigere Gelierungstemperatur und ist weniger verdickend; sie ist bei relativ geringer Toxizitat auch antiviral.
CH2OH
I + -CH-CH-O-CH-OI I
(7-2)
CHO
'
COOH
OH
Stirke liisst sich wegen der vielen OH-Gmppen pro Monomereinheit vielfaltig modifizieren. Ahnlich wie Cellulose (vgl. unten) wird sie mit Ethylenoxid in hydroxyethylierte Starke (HES)bzw. mit Propylenoxid in hydroxypropylierte Starke rnit Substitutionsgraden von 0.05-0,lOumgewandelt. Derartige Starken werden dem Papier zur Erhohung der Festigkeit und Steifheit zugesetzt; damit beschichtetes Papier lasst sich besser farbig bedrucken. In der Textilindustrie dienen diese Starken als Schlichten, in der Nahmngsmittelindustrie als Verdicker. Kationische Starken enthalten tertiare oder quaternare Amingruppen. Zur ihrer Synthese werden die Hydroxylgruppen dispergierter Starken rnit den reaktiven Gruppen (Epoxid-, P-halogeniertes Alkyl-) eines tertiiren Amins umgesetzt. Die so eingefuhrten tertilren Amingruppen kBnnen dann spiter quaterniert werden. Kationische Stirken werden hauptslchlich in der Papierindustrie verwendet. Starkephosphate und Starkeacetate (SAC) gewinnt man durch Verestem der Starke rnit den entsprechenden SBuren bzw. Anhydriden. Phosphate der Maisstarke (Substitutionsgrade meist unter 0,15) besitzen ihnliche Eigenschaften wie eine Phosphatgruppen enthaltende Kartoffelstarke. Die Monophosphate eignen sich wegen ihrer guten Gefrierund Auftaueigenschaften zum Herstellen von Fertiggerichten. Starkeacetate weisen meist hohere Substitutionsgrade zwischen 0.5 und 3 auf. Die niedrigsubstituierten Typen werden in Nahrungsmitteln, die hochsubstituierten als Verpackungsfilme verwendet. Radikalisches Aufpfropfen von Acrylnitril auf Starke liefert Pfropfcopolymere, in die durch alkalische Verseifung Carboxyl- und Carboxyamid-Gruppen eingefuhrt werden. Die Siurefonn dieser Polyelektrolyte lost sich bereitwillig in Wasser; sie liefert nach der Neutralisation eine dicke, elastische Masse aus einer dichtgepackten Dispersion von Gelteilchen. Aus diesen Dispersionen kann man selbsttragende Filme giessen, die ihre Form uber einen weiten pH- und Temperaturbereich beibehalten. Die Viskositat der Dispersionen wird durch sehr kraftiges Ruhren um den Faktor 1000 emiedrigt. Aus den resultierenden echten Losungen sind ebenfalls Filme giessbar, die beim Altem unter hoher Luftfeuchtigkeit, beim Erhitzen oder durch 60Co-Bestrahlung unloslich werden. Diese Filme nehmen bis zum 2000-fachen ihrer Masse an Wasser auf und werden daher "Superschlurfer" genannt (E: super slurpers).
300
7.2. Poly(a-g1ucose)n
Starke als Rohstoff Die vollstandige Saurehydrolyse von Starke liefert Glucose, die wiederum als solche verwendet oder weiter modifiziert wird. I-Methyl-a-D-glucose kann z.B. als Pol yo1 bei der Synthese von Polyurethanen dienen oder als Modifikator bei Alkyd-, Amino- und Phenolharzen. Die partielle Saurehydrolyse fuhrt zu Oligomeren der Glucose (Dextrinen, Kap. 7.2.4). Der Bacillus muceruns hydrolysiert Starke partiell zu Cyclodextrinen (Kap. 7.2.4). Mit dem Enzym a-Amylase erhalt man Glucosesirup, eine konzentrierte wassrige Losung von Sacchariden. Glucosesirup (Starkesirup) wird sowohl als Sussmittel als auch neuerdings als Rohstoff verwendet. Zum Sussen soil er mindestens 20 % Glucose enthalten. Die Susskraft wird erheblich gesteigert, wenn ein Teil der Glucose durch das Enzym Glucose-Isomerase in Fructose umgewandelt wird (high-fructose syrups). Glucosesirup kann durch Bakterien auch in eine Milchsaure enthaltende Briihe ubcrfuhrt werden, aus dcr man durch Elektrodialyse die Milchsaure gewinnt. Durch Erhitzen der konzentricrtcn wassrigen Losung entsteht Poly(mi1chsaure) (Kap. 6.5.2).
Molmassen Starke bildet im nativen Zustand Superstrukturen, die erst beim Behandeln der wassrigen Starkedispersionen im Autoklaven bei (1 35- 160)"C zu einer "molekularen" Losung fuhren. Selbst in diesen Losungen sind die Starkemolekule noch teilweise zu grosseren Einheiten assoziiert, was die hohcn Massenmittel der Molmassen erklart (Tab. 7-4). Durch Auslaugen der Starkekorner werden namlich bis zu einem Faktor 50 niedrigere Molmassen erhalten. Die Zahlenmittel der Molmassen sind naturgemass niedriger als die Massenmittel. Es ist unklar, ob die Amylosen und Amylopektine nativer Starkcn molekulareinheitlich sind und die Werte von > 1 durch Assoziation erzeugt werden oder ob native Amylosen und Amylopektine Molmassenverteilungen aufweisen. Die Molmassen der Starkemolekule hangen von der Herkunft und dem Alter der Pflanzen sowie der Aufbereitung und dem Losungszustand ab. Amylosen besitzen niedrigere Molmassen als Amylopektinc (Tab. 7-4). Die Molmassen der Amylopektine sind weitgehend unabhangig von deren Herkunft; sie betragen fur diese Proben bei diesen Bedingungen ca. (70 f 15).106 g/mol. Mit steigendem Amylosegehalt der Starke nehmen entsprechend die Massenmittel der Molmasse der Starken ab (Tab. 7-4).
uw/u,,
Tab. 7-4 Amylosegehalt und Massenmittel fi,,,derMolmasse von Wrken und der in ihnen enthaltenen Amylosen und Amylopektine [2a]. Die Daten beziehen sich auf 0,l % wassrige Losungen. Gehalt an Amylose in %
TYP
WXhs-Mais Weizen Mais Kartoffel Gerste Erbse Erbse Am ylomais
waxy maize wheat
maize potato barley smooth pea wrinkled pea am ylomaize
0
20 22 24 30 42 63 76
Massenmittel der Molmasse in g h o l Wrke Arnylose Amylopektin 77 000 000 64 000 000 88 000 000 51 000 000 49 000 000 33 500 000 30 500 000 16 700 000
8 500 000 2 100 000 20 000 000 12 500 000 5 500 000 2 600 000 2 500 000
77 000 000 78 000 000 122 000 000 61 000 000 65 000 000 54 000 000 78 000 000 69 000 000
30 1
7. Polysaccharide
Wachsmais-SWe 0 % Amylose
Am ylomais-St2rke 76 % Amylose
A.
f
-i
Stake
3
h
g
N
2
y1
0
0
2
4
6
8
- sq
0
+
2
4
6
8
Abb. 7-4 Kratky-Diagramme des Lichtstreuungsverhaltens von Wachsmais-Smke (waxy maize starch) und Amylomais-SWke in Wasser [2b]. Theoretische Kurven fur statistische Knluel linearer Ketten und Knliuel aus statistisch homogen verzweigten Makromolekulen. s = Tragheitsradius; q = (4 A q/&)sin (t9/2) = Streuvektor; P(q) = Streufunktion. V Messungen an SWkelhungen bei einer Wellenlwge von 488 nm, 0 Messungen bei 632,8 nm. Die verzweigten Ketten des Amylopektins der Wachsmais-Starke nehmen in verdunnten wlssrigen Ltisungen nach Streulichtmessungen die Makrokonformation von Kniueln aus inhomogen verzweigten Molekulen an, da ihre Streufunktion zwischen denen von KnPueln aus flexiblen, linearen Ketten und Knaueln aus statistisch homogen verzweigten Ketten liegt (Abb. 7-4).Das Streuverhalten der Amylornais-Stlrke wird dagegen trotz des grtisseren Amylose-Anteils vom Einfluss der weit htihermolekularen Amylopektin-Molekiile dominiert. Das Streuverhalten dieser Starke entspricht demjenigen von wurmartigen (steifen) Ketten, deren KonturlPnge ca. 60-70 ma1 grosser als die Persistenzlinge ist (Band 11, Abb. 5-10).
Amylose Durch Behandeln mit heissem Wasser wird Starke in die "losliche" Amylose und das "unltisliche" Amylopektin zerlegt. Altemativ kann man auch die Amylose vom Amylopektin aus wassrigen StarkelGsungen durch Fallen mit Butanol oder durch Herausltisen aus der Starke mit flussigem Ammoniak abtrennen. Amylose ist eine praktisch lineare Poly[a-( 1+4)-anhydro-D-glucopyranosel. Bei der Slurehydrolyse von Amylose entsteht namlich ausschliesslich D-Glucose, beim enzymatischen Abbau dagegen Maltose (Dimeres der Glucose). Nach Permethylierungsversuchen mit anschliessendem Abbau ist Amylose nur sehr wenig verzweigt.
Amylose Poly[a-(14)-anhydro-D-glucopyranose] OH
OH
OH
302
7.2. Poly(a-g1ucose)n
Q0CHZOH QOQOH
Q0QOH
HO
HO OH
OH
OH
OH
OH Maltose
Maltotriose
Die axialen Bindungen fordem bei Amylosen die Bildung von Helices. Die einfachen Helices werden durch Einlagem von Iod, Lipiden und Phosphatiden stabilisiert. Das Inclusionsprodukt mit Iod ist stark blau gefarbt. In diesem Produkt liegt das Iod in Form langer eindimensionaler Ketten mit I5*-Gruppen vor. Die stabile Form der Amylose ist die aus Losungen durch "Retrogradation" oder "Gelbildung" entstandene Doppelhelix.
Abb. 7-5 Einfache Helix der Amylose
pYQ0& 0
0
Die helicale Struktur der Amylose-Segmente erklan das eigentumliche Losungsverhalten der Starke. In der Starke sind die Amylose-Molekiile in ein physikalisches Netzwerk aus Amylopektin-Molekulen eingebettet. Dieses Netzwerk verhindert, dass sich vollstandige Helixstrukturen der Amylose ausbilden. Beim Behandeln der Starke mit heissem Wasser bleibt das Amylopektin-Netzwerk erhalten und die Amylose-Molekiile gehen als statistische Knauel aus ungeordneten Segmenten und kurzen Helixstucken in Losung. In verdiinnter Losung wachsen die kurzen Helixstucke relativ rasch unbehindert zu lageren Helixsegmenten. Die mehr oder weniger perfekten Helices lagem sich lateral unter Ausbildung von Doppelhelices aneinander an. Die Amylose kristallisiert dann langsam aus der wassrigen Losung aus und wird unloslich. Diese Retrogradation ist bei Polymerisationsgraden von ca. 80 am starksten, da langere Ketten aus kinetischen Griinden nicht gut kristallisieren. Getrocknete Amylosen sind nicht mehr wasserloslich.
303
7. Polysaccharide
In konzentrierten Ldsungen bilden sich dagegen langere Doppelhelices wegen der Behinderung durch andere Segmente nur sehr langsam. Kurzere doppelhelicale Segmente kdnnen aber mit anderen Segmenten inter- und intramolekular assoziieren, d.h. partiell kristallisieren und ein physikalisches Netzwerk bilden: die Amylose geliert. Amylose wird in der Nahrungsmittelindustrie fur sofortldsliche Produkte, essbare Wursthullen, Puddings, Verdicker usw. verwendet. In der pharmazeutischen Industrie dient sie fur Verkapselungen, Bindemittel, Schwimme oder Bandagen, in der Papierindustrie zum Verbessern der Nassfestigkeit und in der Textilindustrie als Schlichte.
Amylopektin Die Hauptkette des Amylopektins besteht wie diejenige der Amylose aus in a-(1+4)Stellung verknupften D-Glucose-Resten. Die Permethylierung mit nachfolgendem Kettenabbau fuhrt jedoch zu ca. (4-5) % Tetramethylglucose, wPhrend bei Amylose nur weniger als 0,3 % Tetramethylglucose gefunden wird. Da die Tetramethylglucose nur von endstandigen Glucose-Einheiten stammen kann, die Molmassen der Amylopektine aber hoch sind, mussen Amylopektine verzweigt sein, und zwar uber die 1,6-Stellung. Die Seitenketten sind etwa 18-27 Glucose-Reste lang. Die Seitenketten lagern sich nur sehr iangsam zu Doppelhelices zusammen. Amylopektin-Stirken retrogradieren daher praktisch nicht. Aus diesem Grunde verwendet man bei Tiefkuhlgerichten amylopektin-reiche Starke-Varietaten (waxy-Sorten). Bei den retrogradierenden (amylose-reichen) Sorten macht nlmlich die Bildung von Doppelhelices die Textur und das Erscheinungsbild der Tiefkuhlkost unansehnlich und damit schlecht verkauflich. Die Bildung von Doppelhelices der Amylopektin-Seitenaste wird durch Amylosezusatze beschleunigt. Umgekehrt verzdgert Amylopektin das Gelieren der Amylose. Dabei werden die Seitenketten des Amylopektins in das Netzwerk der Amylose eingebaut. Die kristallinen Bereiche werden durch heisses Wasser nicht aufgelost ("geschmolZen"); Amylopektin lost sich daher nicht molekular in heissem Wasser. In kaltem Wasser wird aber Amylopektin durch schnelles Ruhren kolloidal dispergiert ("geltist"). Beim Trocknen entstehen amorphe Pulver, die erneut in Wasser dispergiert werden ktinnen. CHZOH I
J(-+J
CHZOH I
J$-
OH
Ho
~
o
Am ylopektin
OH HO
Q
o
1 Q
o
~
o
~ Ow
OH
OH
OH
OH
OH
304
7.2. Poly(a-giucose)n
amorphe Lamelle
Amylopektin-
kristalline Lamelle
Doppelhelix amorphe Lamelle Amylose-Kette kristalline Lamelle amorphe Lamelle
Abb. 7-6 Schematische Darstellung des Aubaus von Stiirkektimchen (E: starch granules) [2c].
Physikalische Struktur der Starkekorner Die Starke wird bei allen Pflanzen intrazellular biosynthetisiert, und zwar in vivo aus Adenosyldiphosphat-Glucose mit Hilfe des Enzyms Transglucosylase in den Chloroplasten griiner Pflanzen und Algen. I n virro kann man auch von UridinyldiphosphatGlucose und dem Enzym Phosphorylase ausgehen. Aus Kartoffel-Presssaften erhaltene Phosphorylasen erzeugen aber nur niedrige Polymerisationsgrade, da sie noch ein hydrolysierendes Enzym enthalten. Da dieses Enzym thermolabil ist, wird es durch ErhitZen des Presssaftes zerstbrt. Die so behandelten Presssafte erzeugen dann Am ylosen mit Polymerisationsgraden von ca. 10 000. Die Seitenketten des Amylopektins entstehen vermutlich nachtraglich durch ein verzweigendes Enzyrn. Die Starke wird nicht in den Chloroplasten gespeichert, sondem in Plastidcn. Bei der Biosynthese dcr Starke entstehen aus den kurzen Amylopektin-Seitenketten steife Doppelhelices, die sich lateral zu kristallinen Lamellen zusammenlagem (Abb. 7-5). Das so erzeugte Netzwerk verhindert weitgehend die Kristallisation der vie1 langeren Amyloseketten, von denen nur einige Segmente in die Kristallite eingebaut werdcn, und zwar ebenfalls als Doppelhelices. Die restlichen Segmente der Amyloseketten verblciben im amorphen Zustand. Sie bilden mit den Hauptketten der Amylopektinrnolekiile analog zu den amorphen Deckschichten des Poly(ethy1en)s (Band 11, Abb. 7-15) amorphe Zwischenschichtcn. Dic nativen Amylopektin-Ketten befinden sich in den Starkekomern nicht im thermodynamischen Gleichgewichtszustand. Beim Erhitzen in Wasser unter Druck bci Ternperaturen bis zu 160°C (nicht aber durch normales heisses Wasser, s. oben) wird der semikristalline Zustand aufgelost. Nach dem Abkiihlen verbleibt amorphcs Arnylopektin. Die im nativen Zustand weitgehend amorphe Amylose lost sich unter diesen Bedingungen. Sie bildet aber mit Wasser ein thermodynamisch instabiles System, aus dern die Amylose beim Abkuhlen der Losung ausfallt und langsam kristallisiert (Retrogradation). Bei Broten erzeugt die Retrogradation das Altbackenwerden. Das Brot nimmt eine grobere Struktur an, kriimelt starker und bekommt einen unangenehmen Geruch. Da die Geschmacksnerven nunmehr mit Glucose-Einheiten in geschlossenen Helixstrukturen statt in offcnen Knauelstrukturen konfrontiert werden, andert sich auch der Geschmack.
7. Polysaccharide
305
Bei hiiheren Temperaturen bilden sich die Helices relativ schnell. Die entstandenen helicalen Segmente werden aber auch schnell in die Helices anderer Molekule eingebaut, wodurch anstelle von langen, gut kristallisierenden Helices ein hoch gequollenes Netzwerk hervorgerufen wird. Bei tiefen Temperaturen entstehen die Helices dagegen nur langsam. Andererseits sind dann aber auch die Amylosesegmente nur wenig beweglich. Es muss also eine Temperatur geben. bei der relativ schnell gut ausgebildete Helices entstehen, ohne dass ihre Segmente vorher in intermolekulare Assoziate eingebaut werden. Diese Temperatur liegt bei Teigen gerade uber dem Gefrierpunkt des Wassers, also bei der ublichen Kuhlschranktemperatur. Brote werden daher in Kuhlschranken am schnellsten altbacken. Vorteilhafter ist das Aufbewahren des Brotes im Tiefgefrierfach oder bei Raumtemperatur. Das Altbackenwerden wird verzogert, wenn das Brot noch Gluten enthalt, das Klebereiweiss der Getreidekomer. Diese Proteine binden sich iiber ihre Amidgruppen an die Hydroxylgruppen der Glucosereste und blockieren damit die Helixbildung. Da Vollkombrote noch viel Gluten enthalten, ausgemahlene weisse Mehle aber nicht, werden Vollkombrote langsamer altbacken als Weissbrote. Deren Altbackenwerden wird durch Zusatz von Poly(oxyethylen)-20-sorbitanmonostearat verhindert, das mit den Hydroxylgruppen der Glucose Wasserstoffbriicken ausbildet und so die Helixbildung verhindert. Den Teigen aus Mehl und Wasser bzw. Milch werden zum Gehen Backpulver, Hefen oder Sauerteig zugesetzt. Hefen und Sauerteige enthalten Enzyme, die einen Teil der Stlrke in Glucose und dann in Kohlendioxid und Ethanol uberfuhren. Ethanol bindet sich uber die Hydroxylgruppe ebenfalls an die Glucose und verhindert so die Helixbildung. Beim Backen wird nicht alles Ethanol entfemt. Es verdunstet aber langsam beim Lagem des Brotes. Das Einwickeln des Brotes verzogert das Verdunsten und damit das Altbackenwerden.
7.2.3.
Glycogen
Ahnlich aufgebaut wie Amylopektin ist Glycogen, das hauptsachliche Reserve-Polysaccharid der Tiere. Es findet sich in der Leber (bis zu 10 % des Trockengewichtes), im Gehim, in den Nieren und in vielen Muskeln, kommt jedoch auch in einigen Hefen und Pilzen vor. In allen glycogenhaltigen Zellen liegt es in sog. P-Partikeln von (20-40)nm Durchmesser vor und in der Leber als a-Partikeln von ca. (100-200)nm Durchmesser, welche rosettenftirmige Aggregate der P-Partikeln sind. Glycogen kann aus Geweben durch heisse, konzentrierte Alkalilosungen extrahiert werden, baut dabei jedoch ab. Milder wirken Dimethylsulfoxid oder wlssrige Losungen der Trichloressigsaure. Die Hauptkette des Glycogens besteht wie bei Amylose und Amylopektin aus a-1,4verknupften D-Glucose-Einheiten. Glycogen ist jedoch viel starker verzweigt als Amylopektin, da hier bereits auf 8- 16 Glucose-Reste eine Verzweigungsstelle entfallt. Wegen der starken Verzweigungen und Folgeverzweigungen ist Glycogen ein sehr kompaktes Molekul von hoher Knlueldichte, das sich hydrodynamisch wie ein Spharoid verhllt. Die angegebenen relativen Molmassen schwanken zwischen ca. 1,6.106beim Muskelglycogen und ca. 300.106beim Leberglycogen. Wie bei der Starke ist es unklar, inwieweit es sich urn Molmassen von Assoziaten und nicht von Molekulen handelt.
306
7.2.4.
7.2. Poly(a-g1ucose)n
Dextrine
Die niedermolekularen Abbauprodukte (C6H10H5) . x H20 der Starke werden als Dextrine bezeichnet (L: dexter = rechts; die wlssrigen Losungen sind stark rechtsdrehend. E: dextrin, starch gum). Sauredextrine entstehen bei der unvollstandigen Hydrolyse mit verdiinnten Sauren, Rostdextrine durch die Hitze beim Backcn und Grenzdextrine beim enzymatischen Abbau mit Amylasen. Die Grenzdextnne sind reich an 1,6glycosidischen Bindungen, da diese nicht von P-Amylase angegriffen werden. Aus Mais hergestellte Dextrine sind geruchlos, aus Kartoffelstarke erhaltene riechen dagegen nach Gurken. Die relativen Molmassen liegen zwischen 2000 und 30 000. Mit wenig Wasser angeteigte Dextrine bilden stark klebende Sirupe (Starkegummi). Amylose, Amylopektin und Glycogen werden durch den Bacillus macerans oder den B. circulans zu unverzweigten, oligomeren Cycloamylosen aus in a-1.4-Stellung verknupften D-Glucose-Resten abgebaut (Abb. 7-4). Diese wasserloslichen Oligomeren werden Cyclodextrine oder Schardinger-Dextrine genannt. Je nach den Versuchsbedingungen entstehen cyclische Oligomere aus 6, 7 oder 8 Glucoseresten in unterschiedlichen Mengen (Cyclohexaamylose = a-Cyclodextrin; Cycloheptaamylose = P-Cyclodextrin; Cyclooctaamylose = y-Cyclodextrin). Die Ringstruktur ist durch die helicalen Segmente der Polysaccharid-Ketten vorgebildet. In wlssriger Losung und im festen Zustand nehmen die Cyclodextrinmolekule eine konische Zylinderstruktur von ca. 0,8 nm Hohe an (Abb. 7-7). Die "Locher" in den Ringen der Cyclodextrine sind ca. 0,7 nm tief. Ihre Durchmesser betragen ca. 0,45 nm (Cyclohexaamylose), ca. 0,70 nm (Cycloheptaamylose) und ca. 0,85 nm (Cyclooctaamylose). Wegen der intermeraren Wasserstoffbriicken -OH...O...HO- ist das Innere der Cyclodextrine lipophil. In diese Locher konnen sich daher ollosliche Gastmolekule einlagem, was sie "wasserloslich" macht (Anwendung z.B. bci Kosmetika).
Abb. 7-7 Chemische (links) und physikalische (rechts) Struktur von Cyclodextrinen
307
7 . Polysaccharide
7.2.5.
Dextrane
Dextrane sind uber a-(1+3)-Stellungen verzweigte Poly[a-( 1+6)-D-glucose]n. Ihre Bildung wurde zuerst als lastige (weil die Kristallisation verhindemde), durch Bakterien hervorgerufene Produktion von Schleim bei der Zuckerfabrikation beobachtet. Dextran wird extrazellular aus Saccharose durch das Enzym Dextransaccharase gebildet. Zunichst entsteht dabei ein Enzym-Dextran-Glucose-Saccharose-Komplex, aus dem dann in einer Polyeliminations-Reaktion Fructose abgespalten wird (Band I, Kap. 14.4.6). Ein Primer wie bei der Amylose-Synthese ist nicht erforderlich. Die Molmasse ist bereits bei kleinen Umsatzen hoch. Einige Akzeptoren (Glucose, Maltose, Isomaltose) erhdhen die Polyrnerisationsgeschwindigkeit,wahrend andere (Fructose, Glycerin, Saccharose) sie emiedrigen; gleichzeitig werden Anteile niedrigerer Molmassen gebildet.
6
-0-TH2
Hauptkette der Dextrane aus iiber a-(1 4 ) rniteinander verkniipften D-Glucoseresten.
6
0- VH2
HO 4 3 2
'
0
OH
Praktisch alles in Europa und in den USA erhaltliche Dextran wird durch die Dextransaccharase des Bakteriums Leuconostoc mesenteroides NRRL B-5 12(F) erzeugt, und zwar entweder in Gegenwart oder in Abwesenheit der Bakterienzellen. Dieses Dextran weist 95 % a-(l+6)-Bindungen und 5 % a-(l-+3)-Bindungen auf. 80 70 der Zweige sind nur eine Glucose-Einheit lang, die restlichen 20 % sind Langkettenverzweigungen. Das Zahlenmittel der relativen Molmasse betrlgt bei nativen Dextranen ca. 200 000; das scheinbare Massenmittel kann jedoch wegen der auch in Wasser auftretenden Assoziation bis auf iiber 500 Millionen ansteigen. In Japan und Russland werden andere Bakterienstamme verwendet, die aber offenbar zu ihnlichen Strukturen fuhren. Der Stamm Leuconostoc mesenteroides NRRL B-742 liefert dagegen ein starker verzweigtes Dextran mit 50 % a-(1+6)-Bindungen und 5 % a-(1+3)-Bindungen. Im Allgemeinen werden mit verschiedenen Stammen von L . mesenteroides und L. dextranicum bis zu 50 % a-(1-+3)-, bis zu 35 % a-(1+2)- und bis zu 13 % a-(1+4)-Verzweigungsbindungen erhalten. Streptococcus muteus erzeugt sogar 95 % a-(l+3)-Bindungen und nur 5 % a-(1+6). Das bei der Synthese entstehende hochmolekulare Dextran wird aus der wbsrigen LBsung durch Methanol oder Aceton gefallt und gereinigt. Die anschliessende Saurehydrolyse und Fallfraktionierung liefert Dextrane mit Molmassen von 40 000 gmol bis 60 000 gmol.
308
7.2. Poly(a-g1ucose)n
Diese Dextrane werden als Blutplasma-Expander verwendet: die Infusion einer sechsprozentigen Losung fuhrt zu einem zusatzlichen, erheblichen Einstrom von Gewebewasser in die Blutbahn. Die Nierenschwelle liegt bei M, = 60 000; hdhermolekulare Dextrane werden nicht ausgeschieden, sondem im Korper gespeichert. Vernetzte Dextrane werden als Kolonnenfullung bei der Gelpermeationschromatographie benutzt. Derivatisierte Dextrane sind in grosser Zahl bekannt: Dextransulfate dienen als Blutantikoagulantien und fur die Behandlung von Magengeschwiiren, Diethylaminoethyldextrane bei der Behandlung von Maul- und Klauenseuche, kationische Dextrane zum Trockenfestmachen von Papieren usw.
7.2.6.
Poly(dextrose)
Durch Schmelzkondensation einer Mischung von 89 Gew.-% D-Glucose (Dextrose), 10 Gew.-% Sorbit (D-Glucit) und 1 Gew.-% Zitronensaure erhtilt man eine statistisch verzweigte Poly(dextrose) mit hauptsachlich a-( 1+6)-Bindungen und Molmassen bis zu ca. 22 OOO g/mol. Diese Poly(dextrose) wird als wasserlosliches Full- und Texturiermittel fur Nahrungsmittel mit reduziertem Energiegehalt verwendet.
7.2.7.
Poly[a-(l+ 3)-D-glucose]n
Poly [ a-(1+3)-D-glucopyranose] (Pseudonigeran) besitzt eine der Cellulose sehr ahnliche bandahnliche Makrokonformation. Da es von niedrigeren Organismen als Cellulose synthetisiert wird (Pilze vs. Pflanzen) und daher stammesgeschichtlich alter ist, sollte es eigentlich weiter verbreitet als Cellulose sein. Vermutlich ist jedoch seine Synthese aus Selektionsgriinden auf Pilze, Streptokokken usw. beschrankt. Im festen Pseudonigeran sind namlich die Ketten antiparallel angeordnet, was bei der simultanen Biosynthese und Kristallisation schwieriger zu bewerkstelligen ist als bei der nativen Cellulose, bei der die Celluloseketten parallel laufen. Moglicherweise ist dies auch der Grund, warum die Glucose in einigen der niederen Organismen alternierend verknupft ist, namlich a-(1+3) mit a-(l-4) im Nigeran und a-(1+3) mit a-(1+6) im Pneumokokken-Polysaccharid (Tab. 7-2).
7.2.8.
Pullulan
Durch Behandeln von Starke mit der Hefe Pullularia pullulans (auch Aureobasidium pullulans genannt) entstehen lineare Polymere aus uberwiegend in a-( 1 +6) verknupften D-Maltotriose-Einheiten. Dieses "Pullulan" ist also in der Sprache der synthetischen makromolekularen Chemie ein Homopolymeres in Bezug auf die Grundbausteine der D-Glucose), aber ein periodisches Copolymeres in Bezug auf die Verknupfungen der Grundbausteine, d.h. der Sequenzen [(a( 1+4))-per-(a-( 1+4)-per-(a-( 1+6)]. Einige Maltotriose-Einheiten dieses Pullulans sind ausserdem in a-( 1+3)-Stellung verknupft. Das Polymere enthtilt ausserdem noch Maltotetrose-Einheiten.
309
7. Polysaccharide
Pullulan
a-1.4
a-1.4
a-1.6
Pullulane mit Molmassen zwischen ca. 10 000 g/mol und 400 000 glmol sind sehr gut wasserlbslich. Durch Anteigen von Pullulan-Pulver mit wenig Wasser kann das Polymere zu biologisch abbaubaren Folien, Filmen oder Formartikeln verpresst werden. Die essbaren Filme sind transparent und nur wenig sauerstoffdurchlassig. Pullulan wird auch zum Beschichten und Laminieren von Sperrholz verwendet.
7.3.
Cellulose
7.3.1. Chemische Struktur Cellulose ist das wichtigste P-Anomere der Polyglucosen (Tab. 7-2). Der Name "Cellulose" bedeutet jedoch in den einzelnen Wissenschaftszweigen jeweils etwas Verschiedenes. Urspriinglich bezeichnete der Botaniker Payen im Jahre 1847 damit den Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwlnde (L: cellula = kleine Zelle). Die Botaniker verwenden das Wort auch heute noch in diesem Sinne, ganz gleich, ob die Pflanze eine Blutenpflanze, ein Fam oder eine Alge ist. Der Fasertechnologe versteht dagegen unter "Cellulosen" Materialien, die aus einer kleinen Zahl von Pflanzen durch bestimmte Grundprozesse isoliert werden. Der Kristallograph bezeichnet als "Cellulosen" kristalline Substanzen mit ganz bestimmten Einheitszellen. Fur den Chemiker sind Cellulosen dagegen hochmolekulare Substanzen aus in p-( 1+4)-Stellung miteinander verknupften D-Glucose-Resten, d.h. Poly[p-( 1+4)-D-glucopyranose]n mit Cellobiose als Repetiereinheit (Abb. 7-8). Nur wenige Cellulosen sind jedoch reine Poly[p-( 1+4)-anhydro-D-glucopyranose]n, z.B. die sog. a-Cellulosen der Algen Valonia und Cladophora. Alle anderen Cellulosen enthalten noch verschiedene Anteile anderer Zuckereinheiten. Baumwolle weist z.B. ausser 1,5 % Xylose noch kleinere Anteile an Mannose, Galactose und Arabinose auf.
OH
P-Cellobiose, die Repetiereinheit der Cellulose
OH
D-Glucose
Abb. 7-8 Links: P-Cellobiose, die Repetiereinheit der Cellulose. Rechts: D-Glucose mit Nummerierung der Kohlenstoffatome (senkrechte Zahlen). Die Sauerstoffatome (kursive Zahlen) tragen die gleichen Zahlen wie die dazugehorigen Kohlenstoffatome,ausgenommen 05.
310
7.3. Cellulose
Die a-Cellulose der Rotalge Rhodumenia palmata besteht andererseits zu 50 % aus Xylose. Auch in diesem Fall erh2lt man aber das gleiche Rontgendiagramm wie bei der a-Cellulose aus Valonia. Bei der a-Cellulose der Rotalge R . palmata muss daher urn einen kristallinen Kem aus reiner Poly[p-( 1+4)-anhydro-D-glucopyranose] eine nichtkristalline Hulle aus den anderen Zuckerresten liegen. Native Cellulosen enthalten femer stets COOH-Gruppen, und zwar jeweils 1 COOH-Gruppe auf 500-1000 Glucose-Reste bei Baumwolle und 1 COOH-Gruppe pro 100-3000 Reste bei Zellstoffen. Die Bezeichnungen a-, p- und y-Cellulose werden unterschiedlich verwendet. Oft bezeichnet man eine hochreine Cellulose als a-Cellulose, z.B. diejenige aus der Alge Valonia. In der Botanik nennt man a-Cellulose die Mikrofibrillen von (10-30) nm Durchmesser, die nach dem Entfemen der nicht-cellulosischen Komponenten der Zellwand durch Kochen mit Wasser, Chlorieren und Behandeln mit Kalilauge anfallen. In der Zellstoffindustrie ist dagegen a-Cellulose der in 17,5 % NaOH oder 24 % KOH unlosliche, hochmolekulare Anteil (X > 200), j3-Cellulose die in 17,5 % NaOH losliche und anschliessend beim Zusatz von Methanol ausfallende Fraktion, und y-Cellulose der dann loslich bleibende Anteil. Die j3- und y-Cellulosen der Zellstoffindustrie sind teilweise oxidierte Cellulosen niedrigen Polymerisationsgrades. Tab. 7-5 Zahlenmittel der Polymerisationsgrade verschiedener Cellulosen Quelle Valonia-Alge Baumwolle, nativ Baumwolle, konventionell geerntet Baumwolle, gereinigt Baumwoll-Linters Flachs Ramie
X, < 44 000 < 18OOo 7 000 < 1 500 6 500 8 000 6 500
Quelle Holzcellulose Zellstoff Viskosegam Acetatgarn Cellophan Bakteriencellulose Acetobacter-Cellulose
< loo00 < 2000 < 450 250 300 2 700
600
Native Cellulosen weisen sehr hohe Molmassen und enge Molmassenverteilungen auf. Die Cellulose der Alge Valonia besitzt einen Polymerisationsgrad von ca. 44 000, diejenige von unter Ausschluss von Licht und Sauerstoff vor Offnen der Samenkapseln geemtete Baumwolle dagegen einen von ca. 14 000-18 000 (Tab. 7-5). Konventionell geemtete Baumwolle ist dagegen schon etwas abgebaut; ihr Polymerisationsgrad betragt nur noch ca. 7 000. Viele der aus Holz hergestellten industriellen Zellstoffe und ihre Derivate weisen weit niedrigere Polymerisationsgrade von 300-2000 auf. Bei der Hydrolyse streben die Zahlenmittel der Polymerisationsgrade zunachst einem Plateau von etwa 360 f 40 zu, was als Hinweis auf eine Substruktur gilt (360 ist 2 % des Polymerisationsgrades 18 000 von Baumwolle; 2 % ist etwa der Anteil "falscher" Zucker-Reste mit leichter hydrolysierbaren Bindungen, den sog. Lockerstellen). Durch starken hydrolytischen Abbau von Cellulose werden sog. Hydrocellulosen oder mikrokristalline Cellulosen mit Polymerisationsgraden von ca. 100-200 erhalten. Schlagt man 5 %ige Dispersionen dieser Cellulosen in Wasser mit schnellaufenden Ruhrwerken, so entstehen cremeartige Massen, die als nichtverdaubare Verdicker in der Nahrungsmittelindustrie eingesetzt werden. Die cremeartige Konsistenz kommt durch eine physikalische Vemetzung von Cellulose-Kristalliten zustande.
311
7. Polysaccharide
7.3.2.
Physikalische Struktur
Cellulose kommt in verschiedenen kristallinen Modifikationen vor, die sich in den relativen Kettenrichtungen, den Gitterkonstanten a, b und c und den Gitterwinkeln unterscheiden (Tab. 7-6). In der nativen Cellulose I liegen die Celluloseketten gestreckt und parallel vor (Abb. 7-10), wie durch rdntgenographische Messungen an Oligomeren und durch Abbauversuche an Ramie bewiesen wurde. Die parallel gelagerten Elementarfibrillen wurden d a m mit einem Mikrotom senkrecht zur Faserachse im Abstand der aus dem Polymerisationsgrad bekannten Konturllnge geschnitten. Im Mittel wurde so jede Kette einrnal getroffen und das Zahlenmittel des Polymerisations sank entsprechend urn die Hllfte ab. Bei gefalteten Ketten wurden dagegen bei diesem Vorgehen jedoch einige Ketten gar nicht, andere aber in der Nahe der Kettenfaltungen sehr haufig getroffen. Bei weitgehendem Erhalt der Lage der anfanglichen Molmassenverteilung sotlte sich hier eine zusitzliche Veneilung bei kleinen Molmassen aufbauen. Bei gestreckten Ketten erfolgt jedoch der Kettenabbau rein statistisch: die ganze Molmassenverteilung verschiebt sich zu kleineren Werten, wie es auch experimentell gefunden wurde. Cellulose I ist jedoch nicht physikalisch einheitlich, sondern besteht aus zwei, sich auch IR-spektroskopisch unterscheidenden, kristallinen Allomorphen. Cellulose Ia ist nach Rdntgen- und Elektronenbeugungs-Messungen triklin, Cellulose Ip dagegen monoklin. Da Ia metastabil ist, kann es leicht in Ip umgewandelt werden (Abb. 7-9).
0.1 N NaOH 260OC
siedendi Saure
Glycerin 260°C
I
Glycerin 260T
Glycerin 260'C
I
Abb. 7-9 Urnwandlungen der verschiedenen Cellulose-Modifikationen.
Glyceri 260°C
riedende Sbre
7.3. Cellulose
312 Tab. 7-6 Modifikationen der Cellulose (vgl. Text fur Cellulose I). TYP naturlich
Vorkomrnen synthetisch
Cellulose I, Cladosphora sp. Ramie, Baumwolle Cellulose Ip (native Cellulose) Helicystis-Algen Cellulose I1 (Hydrat-C.; regenerierte C.) Cellulose 111 (Ammoniak-C.) Cellulose IV (Hochtemp.-C.)
Huflattich
-
Gitterkonstanten Winkel alnm blnm clnrn y l o 0,674 0,593 0,801 0,817
1,036 1,036
117 97.3
aus 111 mit Wasser unter Druck Auflosen und Wieder- 0,801 0,899 1,036 116,6 ausfdlen von I; mercerisierte Fasern vorsichtige Zersetzung 0,774 1,03 0,99 122 von Arnrnoniak-C. (aus I1 mit NH3) Erhitzen von 111in 0.81 1 1,03 0,791 90 Glycerin bis 290°C
Cellulosen aus Algen und Bakterien enthalten vie1 Ia, z.B. 76 % in Cladosphora sp. und 64 % in Valonia ventricoa. Ramie, Baumwolle und Holzer weisen dagegen uberwiegend Ip auf, ebenso Tunicin, die Stutzsubstanz der Tunikate (= meeresbewohnende Manteltiere; 100 % Ip). Die physikalischen Strukturen der Cellulosen 1s und I1 sind weitgehend geklart, und zwar durch Faser-Rontgendiffraktionsdaten, Computermodellierungen und Energieminimierungen der Modelle sowie bei Cellulose I1 auch durch Vergleich mit den vom Hemihydrat der P-D-Cellotetraose erhaltenen S ynchrotondiffraktionsdaten. Die monokline Raumgruppe der Cellulose 1~ ist demnach P21. Aufeinanderfolgende A- und B-Ketten sind identisch und jeweils parallel zur c-Achse angeordnet. Sie bestehen aus aufeinanderfolgenden p-D-Glucoseeinheiten, von denen jede zweite, vierte, sechste ... relativ zur vorhergehenden um 180" gedreht ist (Abb. 7-10). Jede Kette ist durch intramolekulare, intermerare Wasserstoffbriicken 03,..05 und 0 6 . , . 0 2 zwischen einem Glucose-Rest und dem jeweils nachsten stabilisiert . Die Ketten sind in der a-c-Ebene untereinander durch intermolekulare Wasserstoffbriicken vom 03 der einen Kette zum nachstliegenden 0 6 der nachsten Kette verknupft. Daraus ergeben sich Schichten von Cellulosemolekulen, die sich in b-Richtung im Abstand von ca. 0,4 nm folgen (in Abb. 7-10 nicht gezeigt). Die einzelnen Schichten sind nicht durch Wasserstoffbriicken miteinander verbunden. Bei der Cellulose I1 sind die Celluloseketten ebenfalls parallel zur c-Achse angeordnet. Alternierende Ketten laufen aber jeweils antiparallel, so dass sich eine Struktur ...ABABAB ... ergibt, wobei die Kettenrichtung von B umgekehrt ist wie die von A. Nach Messungen an dem Cellotetraose-Hemihydrat haben jedoch die beiden Typen A und B jeweils die gleiche trans-gauche-Orientierung der C6-06-Bindungen. Die fur die Orientierung um die glycosidischen Bindungen verantwortlichen Torsionswinkel unterscheiden sich jedoch um ca. 11". Diese wohl zuverlassigeren Messungen an Cellotetraose widersprechen den alteren Strukturvorstellungen bei Cellulose 11, nach denen man A-Ketten mit trans-gaucheOrientierungen der C6-06-Bindungen von B-Ketten mit gauche-trans-Orientierungen dieser Bindungen unterscheiden kann.
313
7. Polysaccharide
A
B
Cellulose I p
B
A
Cellulose 11
Abb. 7-10 Ausschnitt aus den Strukturen von Cellulose Ip (native Cellulose) [3] und Cellulose I1 (Celloteuaose als Modell, [4]). Die Ketten laufen in c-Richtung $ und sind in a-Richtung t)parallel zueinander angeordnet. Wasserstoffbriicken sind durch - - - angedeutet. Die Zahlen geben die Positionsnummern der Suuerstoffafome an (nicht diejenigen der Kohlenstoffatome) (vgl. Abb. 7-8). Die Ketten sind intramolekular durch Dreizentren-Wasserstoffbriicken stabilisiert, und zwar mit 0 3 H als Donor und den 05 und 06 des nBchsten Glucoserestes als Akzeptoren. Intermolekulare Wasserstoffbriicken bestehen in den Schichten zwischen 0 2 A und 0 2 B sowie zwischen 0 6 A und 0 6 B (Abb. 7-10) und, anders als bei Cellulose Ip. auch zwischen den Schichten bei 02A.-06A bzw. 02B.-06B (in Abb. 7-10 nicht gezeigt). Die Cellulosen III und IV weisen dagegen Mischstrukturen auf. Ihre Ramanspektren stellen lineare Uberlagerungen der Spektren der Cellulosen I und I1 dar.
7.3.3.
Physikalische Eigenschaften
Cellulosen verschiedener Herkunft weisen unterschiedliche Kristallinitaten auf. So ist Baumwolle ca. 70 % rontgenkristallin, Rayon aber nur 40 %. Die Kristallinititen h h g e n jedoch noch von der verwendeten Methode ab. Baumwolle ist nach den Ergebnissen der Saurehydrolyse zu ca. 85 % kristallin, nach dem RBntgenverfahren zu 70 % und nach Dichtemessungen oder dem Deuteriumaustausch zu 60 %. Die einzelnen Methoden sprechen offenbar unterschiedlich auf die verschiedenen Ordnungszusttinde an. Ausserdem ktinnte die urspriingliche Faserstruktur durch eine Quellung modifiziert sein usw.
314
7.3. Cellulose
Die Wasserstoffbriicken sind vcrmutlich fur die hohe Glastemperatur trockener Cellulosen von ca. 230°C verantwortlich. Wasser wirkt als Weichmacher und setzt die Glastemperatur auf etwa 20°C herab, weshalb weichgemachte (verschwitzte) Baumwoll- und Rayongewebe einerseits leicht knittern, andererseits aber nach dcm Befeuchten mit Wasser bzw. Wasserdampf gut gebugelt werden kbnnen. Als Folge der hohen Kristallinitat und/oder der vielen Wasserstoffbriicken lost sich Cellulose nicht in Wasser. Man kann aber Cellulose in Chloral unter Bildung von Hemiacetalen Itisen, sowie in verschiedenen Metallkomplexen wie z.B. Cuoxam [Cu(NH3)4I2+, Cuen [ C U ( N H * C H ~ C H ~ N H ~oder )~]~ EWN + (Eisen-Weinsaure-Natrium-Losung), einem 3: I-Komplex aus [(C4H306)Fe]3Na rnit HOOC-CHOH-CHOH-COOH. EWN ist dabei weniger oxidationsempfindlich als Cuoxam und Cuen. In diesen Losungsmitteln durften Hydratkomplexe vorliegen. Man kann weiterhin Cuoxam-Losungen sehr stark mit Wasser verdunnen, ohne dass die Cellulose ausfallt. Cellulose lost sich auch in verschiedenen organischen Losungsmitteln, z.B. in trockenem Hydrazin, in hochkonzentrierten wassrigen Losungen von Diethyldibenzylammoniumhydroxid, in Mischungen von Methylamin + Dimethylsulfoxid usw. Das wichtigste dieser Losungsmittel ist N-Methylmorpholin-N-oxid (Kap. 7.3.7).
7.3.4.
Cellulosische Naturfasern
Vorkommen In Samenhaaren, Stengeln und Blattern bilden Cellulosen mit ihren Begleitstoffen Fasem, die rein mechanisch abgetrennt werden konnen, was schon seit Jahrtausenden genutzt wird. In neuerer Zeit konnen Fasern auch durch nicht-mechanische Trennverfahren aus Laub- und Nadelholzem sowie von Stengeln von Einjahrespflanzen gewonnen werden. Die Anteile an den Begleitstoffen Hemiceflulose, Pektin, Lignin, Fen, Wachs usw. sind je nach Herkunft der Faser verschieden. Sie bleiben je nach der Aufbereitung entweder erhalten oder werden teilweise entfemt. Baumwolle (E: cotton) ist das Samenhaar einer 1-2,5 m hohen buschartigen, subtropischen Malvenart (Gossypium). Friihe Baumwollkulturen existierten in Indien (ca. 1500 v.Chr.) und Peru (ca. 500 v.Chr.). Die grossten Baumwollproduzenten sind jetzt (1995) China (22 %), die USA (20 %), Indien (12 %) und Pakistan (9,6 %) (Band IV). Tab. 7-7 Zusammensetzung natiirlicher Cellulosefasern und Hiilzer
Faser
Baumwolle Ramie Hanf
Sisal Jute
Flachs Hartholzer
WeichhBlzer Bagasse
Zusammensetzung der Trockenmasse in % an Cellulose Hemicellulosen Pektine Lignine Extrakt 92,9 76,2 74,4 73,1 71,s 71.2 = 45 = 42 = 40
2,6 14.6 17,9 13.3 13,3 18,6 = 30 = 27 = 30
09 0,7 09 1l,o 11.0 22 = 20 = 28 = 20
7 . Polysaccharide
315
Baumwollpflanzen brauchen 3-4 Monate von der Saat bis zur Blute und nach einer Blutezeit von nur 10 Stunden weitere 2-3 Monate bis zur Reife. Die Frucht wird von Hand oder mit Maschinen gepfluckt; sie besteht aus dem Samen (2/3 des Gewichts) und den Samenhaaren (1/3). Durch Walzen mit vielen aufgesetzten Slgebllttem (E: saw gin) werden die Samen von den Haaren getrennt (Ginning). Diese Sageblatter greifen durch einen Rost in den Raum, in dem sich die Baumwollsamen befinden. Auf der anderen Seite befindet sich eine Burstenwalze zum Abstreifen der Baumwollfaserchen von den Slgez2hnen. Die Fasem (Lints) werden dann durch Luft weggeblasen; aus ihnen werden die Baumwollfiden gesponnen. Mit einer Art grossem elektrischen Rasierapparat werden dann die Keme zum zweiten Ma1 geschert. Die anfallenden Linters werden vorwiegend fur Kunstseide und Schiessbaumwolle verwendet. Die rohen Samen werden ausgepresst. Das Baumwolldl (15-20 % der Keme) ist hochwertig; der Presskuchen wird als Viehfutter verwendet. Flachs ist kein Samenhaar, sondem eine Bastfaser aus der Bastschicht der Stengel des (30-80) cm hohen Leins. einem Storchenschnabelgewachs (Linum usitatissimum). Die Pflanze wird kurz vor der Samenreife mitsamt der Wurzel ausgerissen, auf dem Feld getrocknet und anschliessend geriffelt (Entfemen der BlPtter und Seitenzweige). Das Dreschen der Pflanzen entfemt auch deren Samen, aus denen Leintil gewonnen wird. Die Stengel werden dann auf dem Felde (3-5) Wochen zur RGste abgelegt ("rotten"; E: retting), wodurch die Kittsubstanzen der Pflanzen abgebaut werden (Pektine durch Bakterien, Lignine oxidativ usw.). Durch Brechen auf Riffelwalzen werden die Fasem freigelegt und einige Verunreinigungen entfemt. Anschliessend wird der Werg (Holzanteile, Kurzfasem) entfemt, friiher durch Klopfen bzw. Schlagen, heute durch Schwingturbinen. Beim anschliessenden "Hecheln" werden die aneinanderklebenden Bastfasem durch StahlkPmme gezogen, wodurch die einzelnen Langfasem getrennt werden. Aus 100 kg trockenen Stengeln werden so 12 kg Flachs erhalten, die zu Leinen verarbeitet werden. Flachs wird praktisch ausschliesslich in ntirdlichen Staaten angebaut (Russland, Polen, Deutschland, Frankreich, Belgien). Die Staudenpflanze Hanf (Cannabis safiva indica), wird etwa in den gleichen Gebieten wie Flachs angebaut, ausserdem aber in Oberitalien. Hanf wird wegen seiner hohen Festigkeit neuerdings in Faserverbunden fiir Dammstoffe verwendet, wird aber f i r Leinwand durch Jute und fur Seile durch Sisal- oder Manilahanf (kein Hanf!) bzw. Nylon ersetzt. Weil die getrockneten, zerkleinerten Bluten und Deckblltter Marihuana liefem und das H a n der Blutensprossen Haschisch, ist der Hanfanbau in den USA verboten. J u t e (altindisch: iata = Haafflechte) ist der Name der Fasem aus den Stengeln von Pflanzen der Gattung Corchorus. Sie ist stark ligninhaltig und wird fiir Sacke, Matten und Linoleum-Einlagen verwendet. Anbaugebiete sind in Turkestan, am Kaspischen Meer und in Bangladesch. Sunn ist eine tihnlich wie Jute gewonnene Faser von Pflanzen der Erbsenfdmilie. Kenaf ist eine einjahrige Pflanze (Gattung Hibiscus), aus welcher eine der Jute ahnliche Bastfaer (Combofaser, Gambofaser) gewonnen wird. Abaca kommt hauptsachlich in Ostindien vor. Er ist eine mit der Bananenpflanze venvandte harte Blattfaser. Der meist verwendete Name Manilahanf ist irrefuhrend: die Pflanze w k h s t nicht bei Manila und sie liefen auch keine Weichfaser wie der Hanf. Sisalhanf (Sisal = Hafenstadt in Mexiko) ist ebenfalls eine Blattfaser und kein Hanf, und zwar aus einer in Indien und Mexiko wachsenden Agavenart (Agave sisalava).
316
7.3. Cellulose
Henequen ist eine grobe, rotliche Fascr aus den Blattem der Agave fourcroydes. Kokosfasern (E: coir) sind die braunen, sehr leichten Fasem, welche die Friichte der Kokospalme umgeben. Ramie (Malayisch: rami) wird aus Chinagras erhalten. Die mehj2hrige Pflanze gibt dickere Fasem als Flachs und Leinen; sie liefert auch ein sehr reissfcstes Papier ("japanisches Papier"). Sie kommt in zwei Arten als weisse Ramie (Boehmeria nivea) und griine ( B . tenacissima) vor, besonders in China, Japan, Thailand, Indien, Malaya und Florida, daneben auch in Mexiko. Die Rohfaser enthalt noch 25-35 % Xylan und Arabinan, die durch Kochen mit Alkali entfemt werden. Espartogras wachst in Nordafrika; es wird fur feine Papiere, Matten und Strohhalme fur Brissago (Zigarren) verwendet. Die Papiere heissen auch "englische Papiere", da fur Nordafrika bestimmte englische Kohlendampfer auf dem Ruckweg Esparto mitfiihrten. Kapok sind die luftgefiillten Haare der Friichte des Kapokbaumes. Sie wird fur Matratzen- und Kissenfullungen sowie fur thermische und akustische Isolierungen benutzt. Bagasse (L: bacca = Beere) ist der nach dem Herauslosen des Zuckers aus Zuckerrohr verbleibende Ruckstand, der weltweit in Mengen von ca. 25.106 t/a anfallt. Sie wird grtjsstenteils verheizt, teils aber zum Herstellen von Cellulose (Papier, Pappe) sowie von Chemikalien verwendet (Furfurol, Aconitinsaure).
Struktur Cellulosen kommen verhaltnismassig rein in Samenhaarcn (Baumwolle) vor. Sie sind in Stengeln und Blattem (Flachs, Hanf, Ramie) sowie in Stammen und Zweigen (Baume, Stroh) starker mit Hemicellulosen (Polyosen), Lignin, Pektin, Proteinen, Fctten und Wachsen vergesellschaftct (Tab. 7-7). Hartfasem wie Jute, Sisal und Kenaf enthalten besonders betrachtliche Mcngen an Lignin. Natiirliche Cellulosefasem sind recht kompliziert aufgebaut, wie z.B. Abb. 7-1 1 fur die Baurnwollfascr zeigt. Der aussere Mantel (E: cuticle) der Faser aus Lignin, Pektin, Fetten und Wachsen stellt eine chemisch widerstandsfXhige Schutzschicht dar. Weiter innen liegt die primare Zellwand (E: primary wall), die nur 8 % Cellulose und wenig Pektin enthalt, dagegen sehr viele Polyosen. Die primare Zellwand weist eine netzartige Struktur mit nur geringer Orientierung der Fibrillen auf. Die primare Zellwand wird von der sekundaren durch eine pektinartige Mittellamelle getrennt. Diese Mittellamelle (E: winding) bildet cine Art Leim. Mantel
1
Mittellamelle
1
primXre
Zellwand
Lumen
I
sekundae %llwand aus mehreren Schichten
Abb. 7-1 1 Schematischer Aufbau der Baumwollfaser. Der Mantel besteht aus Lignin, Pektinen, Fetten und Wachsen. Die Schichten der sekundaren Zellwand (hier nur drei gezeigt) weisen verschiedene
Orientierungen der Fibrillenachsen auf.
7. Polysaccharide
317
Abb. 7-12 Querschnitte von Baumwollfasem.
Die sekundare Zellwand (E: secondary wall) ist aus hochorientierten Makrofibrillen aufgebaut., die in mehreren Schichten mit gegenlaufigen Spiralrichtungen angeordnet sind (Abb. 7-1 1). Durch diese Struktur wird eine hdchstmtigliche Festigkeit erzielt. Im Innern der Baumwollfaser befindet sich das Lumen. Die Baumwollfaser ist somit eine Hohlfaser (Abb. 7-12), ebenso Flachs, Jute, Hanf, Kenaf, Kokosfasem usw. Die Faserlangen LF variieren je nach Spezies, Alter und Aufbereitungsmethode zwischen 1 mm und 140 mm, die Faserdurchmesser d ~ z w i s c h e n0,006 mm und 0,9 mm (Tab. 7-8). Die Fasem bestehen aus Makrofibrillen von (60-900) nm Durchmesser und mit Llngen bis zu 14 cm. Die Makrofibrillen setzen sich wiedemm aus Mikrofibrillen von (3080) pm Llnge und (10-50) nm Durchmesser zusammen und diese wiederum aus Elementarfibrillen von (10-20) pn Llnge und ca. 3 5 nm Durchmesser. Zwischen den Makro- und Mikrofibrillen ist Lignin als eine Art Zement eingelagert. Ausserdem befinden sich zwischen den Elementarfibrillen kleinere Zwischenraume von ca. 1 nm Breite, die zwar fur Wasser, Iod oder Zinkchlorid zuginglich sind, nicht aber fur Farbstoffe. Femer sind hier Vakuolen ("intermicellare Zwischenraume") vorhanden. Die Dichten von Cellulosefasem sind entsprechend mit 150-15 5 @cm3 geringer als die rtintgenographische Dichte der Cellulose von 1,59 g/cm3. In den Fasem dominiert die cellulosereiche, hochgeordnete sekundare Zellwand. Derartige Fasem lassen sich daher relativ leicht fiir textile Zwecke nutzen wie 2.B. Baumwolle, Flachs und Ramie, f i r Seile und andere Faselzwecke wie Jute, Hanf und Kapok, oder fur Papiere aus Espartogras, Textillumpen oder Bagasse. Cellulosefasem lassen sich durch Reorientieren ihrer Faserstruktur in anderc nutzliche Produkte umwandeln. Dazu gehoren mercerisierte Baumwolle sowic Papiere einschliesslich Pergamentpapier und Vulkanfiber (Band IV). Wiederum andere Eigenschaften besitzen regenerierte Cellulosen (Kap. 7.3.7), wie 2.B. Rayon und Zellglas. Aus Cellulosen wird femer eine ganze Reihe von Derivaten hergestellt, 2.B. Cclluloseether und Celluloseester (Kap. 7.3.9).
7.3. Cellulose
318
Tab. 7-8 Dichten p, Faserlangen LF und Durchmesser von Fasem (dF) bzw. Mikrofibrillen (dM).
P -LF
Faser
Baumwolle (Linters) Jute Flachs Ramie, normal Kokosfaser Bakteriencellulose Valonia-Cellulose Bagasse Kenaf (Gambo-F.) Abaka, Manilahanf Sisal, normal Hanf
7.3.5.
mm
g E: cotton E: jute E: flax E: ramie E: coir E: bacterial c. E: valonia c. E: bagasse E: kenaf E: abaca E: sisal E: hemp
1.5-1,6 1,3-1,45 1,54 1,56 1,15
9 15-140 2-14
8-10
dF
dM
Pm
nm
10 x 50 19 25-200 40-620 10-15 6-900 100450
Querschnitt
rund/oval pol y gonaVoval polygonal hexagonaVoval
7 10 x 20 1,42 1,45
1-4 2.5 10-20 6-10 10-30
1040 15 10-280 50-200
z ylindrisch
rund/oval zylindrisch polygonal
Bakteriencellulose
Bis vor kurzem wurden Cellulosen ausschliesslich aus land- und forstwirtschaftlich erzeugten Naturprodukten gewonnen (Baumwolle, Zellstoff, Rayon usw.). Ncuerdings wird Cellulose auch bakteriell im Bioreaktor produziert. Bakteriencellulose (E: microbial cellulose) wird von Acetobacter xylinum erzeugt, einem gramnegativen, aeroben, stabchenformigen Bakterium. Dieses Bakterium kaM viele preiswerte Stoffe als Kohlenstoffquelle verwenden, z.B. Glucose, Saccharose oder Melasse. Es wird in den Philippinen zum Herstellen eines fermentierten Nahrungsmittels verwendet (Nufu de Coco). Beim Fermentieren zu Essig produziert es Verunreinigungen. Die Bakteriencellulose wird aus Glucose, Starkesirup und verschiedenen Salzen durch einen speziellen Stamm des Bakteriums Acetobacter in 180 000 L-Fermentem erzeugt. Bei Wildstammen wird die Celluloseproduktion wahrend des erforderlichen Einleitens von Luftsauerstoff bei zu starkem Ruhren unterbrochen. Die industrielle Produktion verwendet einen durch Mutation und Selektion verbesserten Baktenumstamm, der nicht nur auf das Ruhren unempfindlich ist, sondem auch nur wenig Nebenprodukte liefert. Die Celluloseketten werden in den Bakterien in einen Multienzym-Komplex enthaltenden Partikeln von ca. 12 m Durchmesser synthetisiert und aus diesen Partikeln extrudiert. Ausserhalb der Partikel assoziieren die Ketten via Wasserstoffbriickenbindungen zu Elementarfibrillen. die etwa 63 % I,-Cellulose enthalten. Da die Synthesc/ExtrusionsStellen regelmlssig auf der Zelloberflache angeordnet sind, entstehen durch weitere Zusammenlagerung von Elementarfibrillen schliesslich Mikro- und Makrofibrillen. Die Synthese wird bei einem Feststoffgehalt von 5-6 % beendet. Die Bakterien werden mit heisser Lauge abgetotet. Die Cellulose wird kontinuierlich abfiltriert und entwassert. Pro Gramm Glucose erhalt man 0,2 g Cellulose. Bakteriencellulose besteht aus extrem feinen, nur 0,1 pm dicken Cellulosefasem; Fasem aus Nadelholz haben dagegen Durchmesser von 30 pm. Die spezifische Oberflache der Fasem der Bakteriencellulose ist entsprechend 200 ma1 grosser. Die Faserchen sind
319
7. Polysaccharide
ausserdem wie bei Nonwoven-Textilien stark miteinander vemetzt; einzelne Fasem kommen nicht vor. Bakteriencellulosen eignen sich fur die Beschichtung von Druckpapieren. Sie sind kostengunstiger als Starke und Latex. Sie sind ausserdem als Flotationshilfsmittel fur Enkonzentrate und als Hydraulikflussigkeiten bei der Erdiilgewinnung brauchbar.
7.3.6.
Synthetische Cellulose
p-D-Cellobiosylfluond ist mit dem Enzyrn Cellulase in CH3CN-Puffer ( 5 :1) in vitro zu Cellulose I1 polymerisierbar, wobei HF abgespalten wird:
(7-3)
7.3.7.
4
- HF
Regenerierte Cellulosen
Bei der Regenenemng von Cellulosen nach dem Cuoxam-, Viskose- oder Organosoh-Verfahren werden Linters (Kap. 7.3.4) oder Zellstoffe (Kap. 3.7.8) in molekular liisliche Zwischenverbindungen uberfuhrt, aus denen anschliessend die Cellulose wieder regeneriert wird. Diese Prozesse erlauben die Herstellung von Fasem und Folien aus nicht-faserbildenden, preiswerten Rohstoffen wie z.B. Holz. Nachteilig sind die hohen Kosten fur die Aufbereitung der bei den Cuoxam- und Viskoseverfahren verwendeten enormen Mengen Wasser und die im Allgemeinen schlechteren Fasereigenschaften. 76 % der Regeneratcellulosen wurden im Jahre 1988 zur Herstellung von Fasem verwendet, 24 % fur andere Zwecke. Auf Viskosefasem entfielen total 61,9 %, auf Acetatfasern 14,2 %, auf Cellophan 7,4 %, auf Celluloseether und -ester 10,O %, auf Spezialpapiere 2,O % und auf andere Produkte 4,5 %.
Cuoxam-Verfa hren Beim Cuoxam-Verfahren (Bemberg-Prozess) ltist man Linters oder Edelzellstoff in ammoniakalischen Losungen von Kupfer(I1)oxid (Cuoxam). Kupferseide und Zellglas werden dabei nach etwas unterschiedlichen Verfahren eneugt. Zum Herstellen von Kupferseide wird Cellulose in einer Ltisung von 40 % Kupfersulfat in 25 %igem Ammoniak gelost und dann 8 % NaOH zugegeben. Die klare SpinnIosung wird wahrend des Ruhrens durch Luftsauerstoff angegriffen, wodurch der Polymerisationsgrad sinkt. Die Spinnlosung ist nach dem Filtrieren und Vakuumluften unter Licht- und LuftausscNuss haltbar. Das Verfahren ist darum einfacher als das Viskoseverfahren; es ist jedoch teurer, weil die Fabnkationshilfsstoffe nur teilweise wiedergewinnbar sind (Kupfersulfat 95 %, Ammoniak 80 %). Die kupferammoniakalische Losung wird
320
7.3. Cellulose
im Streckspinnverfahren versponnen, d.h. im Spinntrichter von warmem Wasser mitgerissen und verstreckt. Im anschliessenden Schwefelsaurebad wird die Faser von Kupferund Ammoniakresten befreit. Das Verfahren wird heute kaum noch ausgefiihrt. Bei der Produktion von Zellglas (= Folien aus Cellulosehydrat) muss man hohere Cellulosekonzentrationen als beim Herstellen von Kupferseide verwenden, da sonst die frisch gebildete Folie zu vie1 Losungsmittel enthalten und leicht reissen wurde. Damit man aber hbhere Cellulosekonzentrationen erreichen kann, muss man von einem basischen Kupfersulfat oder von Kupferhydroxid ausgehen. Bei der Verwendung von Kupfersulfat wiirde namlich zu vie1 Natriumsulfat entstehen, wodurch die Losefahigkeit der Cuoxam-Lbsung fiir die Cellulose sinken wurde.
Viskose-Verfahren Beim Viskose-Verfahren werden Cellulosen cell-OH (meist Sulfitzellstoffe) zunachst in Alkalicellulose I und diese mit CS2 in das Cellulosexanthogenat I1 umgewandelt, gelost und beim Verspinnen in Schwefelsaure zu Cellulose regeneriert: Cell -OH
+ NaOH ___*
-H20
(7-4)
Cell -0Na I
+ cs, b
Cell-0-C=S I II SNa
+ H2SO4 - CS2; - NaHSO,
b
Cell -OH
Der Viskose-Prozess besteht aus verschiedenen Verfahrensschritten (Abb. 7- 13):
Zerkleinem
--+& - -@ #.,,..
Maischen
Filtern
Pressen
Zerkleinem
Verfliissigung Xanthogenieren zur Viskose
-
Erspinnen zu Fasem
Nachreife
Abb. 7-13 Herstellung von Rayon nach dem Viskose-Verfahren.
Alkalicellulosen I werden heutzutage meist nach dem Maischalkalisicrungsverfahren hergestellt, wobei der Zellstoff in (1 8-20) % Natronlauge bei Tcmperaturcn von 40-55°C zu einer homogenen Maische aufgeschlagen wird (E: steeping). Die uberschussige Lauge wird auf siebartigen Platten abgepresst, bis die Alkalicellulose etwa 1/3 Cellulose enthalt. Das Abpressen entfemt gleichzeitig geloste Polyosen und kurzkettige Cellulosen. Die abgepresste Alkalicellulose wird zu einer kriimeligen Masse zerfasert und dann der
7. Polysaccharide
32 1
sog. Vorreife (Murissement) unterworfen, wobei die Celluloseketten in Gegenwart von Luftsauerstoff abgebaut werden. Der Abbau erfolgt bei Normalviskose bis zu Polymensationsgraden von ca. 300-350, um die Viskositat der Viskose bei hinreichend hohem Cellulosegehalt in technisch ertriglichen Grenzen zu halten. Beim anschliessenden Xanthogenieren (Sulfidieren, Barattieren; E: xanthation) lasst man die Alkalicellulose mit einer Schwefelkohlenstoffmenge reagieren, die etwa 1/3 der Cellulosemenge entspricht. Das entstehende Cellulosexanthogenat I1 enthllt bei Normalviscosen 0,5-0,6Xanthogenat-Gruppen pro Glucose-Rest (sog. y-Wert von 50-60). Reine Natriumcellulosexanthogenate sind farblos. Die orangerote Farbe der technischen Produkte ist vielmehr durch das bei der Umsetzung von CS2 mit NaOH entstehende Nebenprodukt Natriumtrithiocarbonat Na2CS3 bedingt. Natriumxanthogenat wird rnit 3 %iger Natronlauge zur jungen Roh-Viskose gelGst, die etwa (8-10) % Cellulose und ca. 6 % Alkali enthat. Die Viskosen werden zum Entfemen ungel6ster Teilchen mehrmals filtriert und auch einige Male entluftet, um Luftblaschen zu entfemen; Teilchen und Blaschen wurden beim Spinnen Dusen verstopfen oder Fadenbriiche erzeugen. Frisch hergestellte Viskose ist unter nonnalen Bedingungen nicht spinnbar. Sie wird deshalb durch eine Lagerung von 10-100 Stunden bei 15-2OoC einer Nachreife (Maturation) unterworfen. Hierbei spaltet das Cellulosexanthogenat laufend Schwefelkohlenstoff ab, der teils rexanthogenierend wirkt und teils mit der Natronlauge zu Natriumtrithiocarbonat und Natriumsulfid reagiert. Normalerweise ist nun die primare OH-Gruppe am c6 der Glucosereste am reaktivsten, z.B. verlhft dort die Veresterung 10 ma1 so schnell wie an den anderen OH-Gruppen. Wegen der bei Cellulose vorliegenden Wasserstoffbriicken reagieren jedoch beim Xanthogenieren die OH-Gruppen der Cz-Atome rascher als diejenigen der C6-Atome. Beim Nachreifen werden dann die Xanthogenatgruppen an den C2- und C3-Atomen bevorzugt gespalten und die primare OH-Gruppe am c6 rexanthogeniert. Durch die Nachreife nimmt daher einerseits der Substitutionsgrad laufend ab, andererseits wird jedoch die Verteilung der Xanthogenatgruppen gleichmassiger. Als Folge beider Prozesse sinkt die Viskositat der Viskose zunachst ab und steigt dann nach Durchlaufen eines Minimums wieder an, was bei zu langem Stehen der Viskose bis zur Koagulation fuhren kann. Der Viskositatsabfall wird sowohl auf die Anderung der Verteilung der Xanthogenatgruppen als auch auf die dadurch verursachte AuflGsung von Assoziationsbereichen zuriickgefuhrt. Der nachfolgende Wiederanstieg der Viskositit beruht auf der Wiederausbildung von (teils intermolekularen) Wasserstoffbriicken zwischen den OH-Gruppen. Beim Spinnprozess wird die Viskose durch Spinndusen mit Lochdurchmessem zwischen etwa 40 pm und 100 pm in ein Fallbad aus Schwefelslure und Natriumsulfat versponnen. Die Flllbader enthalten teilweise auch Zinksulfat und in Spezialfallen Ammoniumsulfat. Beim Eintritt in das Fallbad koaguliert das Cellulosexanthogenat; es wird anschliessend unter Bildung von Natriumsulfat und Ruckbildung von CS2 und Cellulose zersetzt. Aus dem in der Viskose vorhandenem Na2CS3, CS2 und NazS, entstehen bei der Slureeinwirkung CS2, H2S und elementarer Schwefel, der sich teilweise auf den Fasem ablagert. Beim Spinnprozess werden die Faden mehr oder weniger stark verstreckt. Die Flden bzw. Fasem mussen nach dem Spinnen noch entsauert, entschwefelt, teilweise gebleicht, gewaschen, aviviert und getrocknet werden (Avivage = Glattung der Fa-
322
7.3. Cellulose
sem rnit Olen zur Verbesserung der Spulfahigkeit). Endlose Faden werden Rayon genannt (Reyon; friiher: Kunstseide). Die entsprechenden Stapelfasem heissen Zellwolle. Normale Viskosefasern besitzen einen wesentlich geringeren Polymerisationsgrad und eine schlechtere Ordnung und Onentierung der Celluloseketten als Baumwolle. Ihre Formstabilitat ist daher besonders im nassen Zustand geringer. Durch Anderungen in der Herstellung der Viskose wie 2.B. Einsatz hoherwertigerer Zellstoffe, kurzere Vorreife, erhtihte Mengen an Schwefelkohlenstoff, andere Zusammensetzung der Viskose, Zusatz von Modifikatoren zur Viskose und zum Spinnbad, und veranderte Spinnbedingungen ist es miiglich, die Eigenschaften der Regeneratfasem in weiten Grenzen zu variieren (Band IV). Unter speziellen Bedingungen hergestellte sog. Polynosic-Fasern und Modalfasern (HWM-Fasem; HWM = high wet modulus) weisen z.B. eine geringere Alkaliloslichkeit und ein verbessertes Festigkeits- und Dehnungsverhalten auf, besonders im nassen Zustand. Diese Fasem sind baumwollPhnlicher als normale Viskosefasem und eignen sich besonders zur Mischung rnit Baumwolle oder Synthesefasem (Band IV). Zellglas (Cellophan@) wird analog wie Rayon hergestellt, nur wird noch rnit Glycerin, Propylenglycol, Ethylenglycol oder Hamstoff weichgemacht. Die Folien und Filme weisen einen hoheren Glanz und eine grossere Steifheit als Kunststofffolien auf. Nachteilig ist jedoch ihre Durchlassigkeit gegen Wasserdampf. Sie werden daher noch rnit Nitrolacken lackiert, rnit Poly(vinylidench1orid)-Dispersionen beschichtet oder mit Poly(ethy]en)-Folien kaschiert, wobei die Haftung mit PUR-Klebem oder UF-Harzen erfolgt.
Organosolv-Verfahren Beim neuen Organosolv-Verfahren lost man die Cellulose in einer wassrigen N-Methylmorpholin-N-oxid (NMMO). Die Losung wird gefiltert und anschliessend in ein Wasserbad versponnen. Das Verfahren weist weit weniger Schritte als das Viskose-Verfahren auf. Es ist auch umweltfreundlicher, da das NMMO zu 99 % wicdergewonnen werden kann und weniger Wasser und Luft aufbereitet werden muss. Die so hergestellten Fasem besitzen weit bessere Eigcnschaften als die konventionellen Rayonfasem. N-Methylmorpholin-N-oxid erzeugt man durch Oxidation von N-Methylmorpholin in einer C02-Atmosphare (GL(7-5)). Durch Verwenden eines hochreinen Methylmorpholins und eines speziellen Oxidationsverfahrens konnte der Gehalt an Nitrosaminen in NMMO auf unter 30 ppb gedriickt werden. Nitrosamine rnit der Gruppierung >N-NO gelten als starke Carcinogene und mussen daher vermieden werden.
(7-5)
7.3.8.
n
0
+
HZOZ
- HZO
, 0l - 7
/CH3
Mercerisierung
Alkalicellulose ist nicht nur das Zwischenprodukt beim Viskoseprozcss, sondem auch das Ausgangsprodukt fur cinige Cellulosederivate. In beiden Fxllen wird dabei der Molekulverband der festen Cellulose aufgeldst. Anders ist es beim Mercerisicren. Bei wassri-
323
7. Polysaccharide 100 -
80 .
Natriumcellulose I
I 60-
3
4
w" 4 0 .
20 .
-
8
10
12
-W N ~ O H
14
16
18
Abb. 7-14 Stoffrnengenanteile an Natriurncellulose I und Cellulose I1 bei den Urnwandlungen Cellulose I Natriurncellulose I und Natriurncellulose I + Cellulose I1 als Funktion des Massenanteils des Alkalis [5]. Mit keundlicher Genehrnigung von Gordon and Breach, Newark, NJ.
gen Alkalikonzentrationen zwischen 8 % und 22 % wird hier das Kristallgitter der Cellulose I der Baumwolle bzw. des Holzschliffs (E: wood pulp) in dasjenige der Natriumcellulose I uberfuhn, woraus sich beim Neutralisieren die Cellulose I1 bildet. Der Anteil der Cellulose I1 hinkt dabei dejenigen von Natriumcellulose I nach (Abb. 7-14). Vermutlich wandeln sich bei der Reaktion Cellulose I + Natriumcellulose I nicht alle Segmente der geradkettigen Molekule der Cellulose I in die verdrehtere Makrokonformation der Ketten der Natriumcellulose I um, die nach 13C-NMR und WAXS-Messungen durch verdrehte Konformationen um die Cl-C4-Bindung erzeugt werden. Beim Neutralisieren der Natriumcellulose werden dann einige Segrnente wieder in die Makrokonformation der Cellulose I zuriickverwandelt statt in diejenige der Cellulose 11. Wzhrend oder nach dem Mercerisieren wird an das Gewebe bzw. Gam eine Zugspannung angelegt. Fuhrt man das Mercerisieren ohne eine solche Spannung aus, so entstehen durch dieses Laugieren geschrumpfte, elastische Game und Gewebe (Stretchartikel). Das Verfahren wurde 1844 von dem Englander Mercer erfunden. Es wird bei Baumwollgarnen und -geweben sowie Modal- und Polynosic-Fasem angewendet. Die Mercerisierung verbessen den Glanz, die Reissfestigkeit, die Farbstoffaufnahrne und den Griff.
7.3.9.
Cellulosederivate
Cellulosederivate sind Verbindungen der Cellulose, bei den ein, zwei oder alle drei Wasserstoffreste der Glucoseeinheiten durch Substituenten R, R' und/oder R" ersetzt sind. Bei z.B. Celluloseacetaten kann dabei jeder Glucoserest ein, zwei oder drei COCH3Gruppen aufweisen. Da die einzelnen Reste unterschiedlich stark substituiert sein ktinnen, muss die mittlere Zusammensetzung der Substanz nicht notwendigerweise einer ganzen Zahl entsprechen. Cellulose-2 1/2-acetat enthalt daher irn Mittel 2,5 Acetatgruppen pro Glucoserest.
7.3. Cellulose
324
Ausser den nachstehend gezeigten, in Bezug auf den Typ des Substituenten einheitlichen Polymeren, gibt es auch "Copolymere" mit zwei verschiedenen Typen von Substituenten. Bei Celluloseacetobutyraten sind z.B. die OH-Gmppen der Glucosereste teils durch Acetatreste OCOCH3 und teils durch Butyratreste OCO(CH2)2CH3 ersetzt.
- O m
R. R' undoder R"
Name der Cellulosederiva&
COCH3 COCH2CH3 COCH2CH2CH3
Celluloseacetate Cellulosepropionate Cellulosebutyrate Cellulosenitrate Methy lcellulosen P-Hydrox yeth ylcellulosen Carboxymelhylcellulosen Benzylcellulosen Cyanoethylcellulosen Cellulosexanthogenate
N02 CH3 CH2CH20H CH2COOH CH2Cd5 CH2CH2CN C(S)SNa
Reaktionen der Cellulose Cellulosederivate werden durch Umsetzen der festen (angequollenen) Cellulose mit den entsprechenden Reagenzien hergestellt. Auch die entstehenden Derivate sind nicht immer ldslich. Die Reaktionen verlaufen daher zumindest anfanglich heterogen und es tritt eine breite Verteilung an Umsetzungsprodukten auf. Bei manchen Derivaten konnen femer einige der zuerst eingefuhrten Gruppen noch weiter reagieren. Man muss folglich zwischen dem Reaktionsgrad DR und dem Substitutionsgrad DS unterscheiden. Der Reaktionsgrad DR gibt die mittlere Zahl der pro Saccharidrest umgesetzten Molekule Reagenz an. Er wird im Englischen neuerdings auch als molarer Substitutionsgrad MS bezeichnet. Der Substitutionsgrad DS beschreibt dagegen die mittlere Zahl substituierter Hydroxylgruppen pro Glucoserest (DR = MS 2 DS). Bei monofunktionellen Reagenzien wie z.B. Essigsaure gilt immer DR = DS, nicht aber bei multifunktionellen wie z.B. Oxiranen. Ein Beispiel ist die Umsetzung der Cellobiose-Bausteine mit Propylenoxid, bei der unter Ringoffnung 2-Propanol-Gruppen R entstehen, die weitere Propylenoxid-Reste anlagem konnen. Beim nachstehenden Beispiel wurden insgesamt sechs Propylenoxid-Molekule pro Cellobiose-Rest umgesetzt (DR = 3). Fur den linken Glucose-Rest gilt DS = 3, fur den rechten aber DS = 2:
Om
R = CH2-YH-CH3 OH
O-CH2-7HXH3 OR Bei monofunktionellen Reagentien berechnen sich die Stoffmengenanteile x i der nicht (i = 0 ) , einfach (i = l), doppelt (i = 2) und dreifach (i = 3) substituierten Glucosereste bei gleichen Reaktionswahrscheinlichkeiten an den C2, C3 und C6 aus dem mittle-
7. Polysaccharide
325
Abb. 7-15 Stoffmengenanteile xi von Glucose (i = 0; H), Mono-0-carboxymethylcellulosen (i = 1; 0 ) .Di-0-carboxymethylcellulosen(i = 2; A) und Tri-0-carboxymethylcellulose(i = 3; V) nach der Hydrolyse der Polymeren aus der Reaktion von Alkalicellulose mit Chloressigshe [6a]. Die Linien fur 0, 1 , 2 und 3 entsprechen der Spurlin-Gleichung. Die Verteilungen wurden durch HPLC etmittelt.
+ 2 x2 + 3 xg der Cellulosemolekule und der Zahl N der funktionalen Gruppen pro Glucoserest nach der Spurlin-Gleichung zu
ren Substitutionsgrad DS = XI
Die Spurlin-Gleichung ist fur die Verteilung der 0-Carboxymethylreste bei den Produkten aus der Reaktion von in wassrigen NaOH-Ltisungen gequollener Alkalicellulose mit Chloressigsiure gut erfullt (Abb. 7-15). Wenn dagegen die Cellulose echt in N,N-Dimethylacetamid + LiCl geltist ist, das NaOH aber als Ktimchen vorliegt, ist die Verteilung der 0-Carboxymethylreste nicht mehr statistisch (Abb. 7- 17).
Abb. 7-16 Stoffmengenanteile xi nach der Hydrolyse der Polymeren aus der Reaktion von Cellulose mit Dichloressigs&re in NJ-Dimethylacetamid + LiCl [6b]. Vgl. Abb. 7-15.
326
7.3. Cellulose
Cellulosenitrate Cellulosenitrat (CN) weist Nitratgruppen -CO-N02 auf, aber keine Nitrogruppen -CR2N02; es ist keine "Nitrocellulose". Cellulosenitrat wird durch Nitrieren von Cellulose mit Nitriersiure (Salpetersaure + Schwefelsaure) hergestellt. Als Ausgangsstoff fur Fotofilme, Nitrolacke und Celluloid dient Linters. Zellstoffe konnen dagegen nur fur Schiessbaumwolle verwendet werden, da sie Carbonyl- und Carboxylgruppen aufweisen und daher nicht lichtbestandig sind. Die gewunschten Substitutionsgrade werden direkt durch das Mischungsverhlltniss der Nitriersaure-Komponenten eingestellt: DS = 2,7-2,9 fur Schiessbaumwolle, 2S-2,6 fur Fotofilme, 2,25-2,6 fur Nitrolacke, 2,25-2,4 fur Celluloid und ca. 2 fur Pyroxyline. Cellulosenitrate sind weisse, geruchlose Massen, die sich bei ca. 90°C zu zersetzen anfangen und bei ca. 160°C in Luft von selbst entzunden. Sie verbrennen auch ohne Sauerstoff beim Entzunden mit einer Flamme rauchlos zu C02, CO, H20, N2 und H2. Verbliebene H2SOq-Spuren fiihren langsam zum Abspalten von NO2 und HNO3. Cellulosenitrat und dessen Produkte werden manchmal auch Pyroxylin genannt (G: pyr = Feuer; xylon = Holz). Patentleder sind mit Pyroxylin beschichtete Gewebe. Kollodium (Collodium; G: kollodes = klebrig) ist eine Losung von Pyroxylin in einer Mischung von Ether und Ethanol. Cellulosenitrat heisst deshalb auch Kollodiumwolle. Chardonnet-Seide (Nitroseide, Collodiumseide) war die erste grosstechnische Kunstseide. Fasem aus Cellulosenitrat werden jedoch wegen der aussergewohnlich hohen Feuergefahrlichkeit nicht mehr verwendet. Fur Celluloid (Zellhorn) geeignetes Cellulosenitrat weist nach dem Nitrieren noch (40-50) % Wasser auf, das durch Zentrifugieren oder Pressen rnit Ethanol "verdrangt" wird. Das entstehende Produkt enthat (30-45) % "Feuchtigkeit", ein 80:20-Gemisch von Ethanol und Wasser. Es wird rnit (20-30) % Campher als Weichmacher vermischt und anschliessend in Knetem unter Zusatz von Ethanol gelatiniert. Beim darauf folgenden Walzen vemngert sich der Gehalt an Ethanol auf (12-18) %. Die Walzfelle werden dann durch "Kochpressen" bei (SO-90)"C unter Druck zu festen Blocken verschweisst und die Blocke zu Halbzeug verschnitten. Celluloid ist leicht verarbeitbar und besonders gut einfarbbar. Nachteilig sind die lohnintensive Herstellung und die leichte Entflammbarkeit. Schiess(baum)wolle (E: guncotton) wird mit einem Wassergehalt von (15-25) % gehandelt. Sie wird in der Regel rnit anderen Nitroverbindungen verwendet. Eine Mischung von 55 % Cellulosenitrat rnit 45 % Glycerintrinitrat gibt z.B. einen homogenen, festen Raketentreibstoff, der beim Verbrennen neutrale Reaktionsgase freisetzt.
Celluloseacetate Zur Herstellung von Celluloseacetaten (Acetylcellulosen, CA) wird entweder von Linters oder von Zellstoffen rnit geringen Anteilen an Hemicellulosen ausgegangen. Anders als beim Nitrieren ist keine direkte partielle Acetylierung der Cellulosemolekule moglich. Statt dessen werden Mischungen von nicht acetylierten und vollig acetylierten Molekulen gebildet. Partiell acetylierte Produkte erhalt man vielmehr durch nachtragliches Verseifen des primlr erhaltenen Cellulosetriacetates (> 92 % acetyliert), was friiher mangels geeigneter Losungsmittel die einzige Methode war, um Fasem herzustellen. Das Triacetat wird daher auch Primaracetat genannt und das 2 1/2-Acetat auch Sekundaracetat.
7. Polysaccharide
327
Cellulosetriacetat wird heute aus Methylenchlorid-LBsung zu Fasem versponnen. Die Triacetatfaser ist sehr wetterbestadig und gut knitterfest. Ein Teil des Triacetates wird oxidativ abgebaut und dann aus Methylenchlorid oder Chloroform zu Fasem fur Kabelummantelungen versponnen. Durch partielles Verseifen des Triacetates werden verschiedene Produkte hergestellt: das 2 1D-Acetat (meist nur Celluloseacetat genannt) fur Acetatseide und heute hauptslchlich fur Zigarettenfilter und ein kleinerer Teil mit DS = 2.2-2,8 ahnlich wie Celluloid fur Spritzgussmassen, Fotofilme oder Folien (Eigenschaften: Tab. 7-9). Beim vollst2ndigen Verseifen der Acetatseide entstehen sehr feinfasrige, hochorientierte Cellulosefasem. Cellulosepropionat (CP) gewinnt man durch Einwirken von Gemischen aus Propionsiure und Propionslureanhydrid auf Cellulose in Gegenwan von konz. Schwefelsaure. Es ist von -40°C bis 115°C anwendbar, also uber einen weiteren Temperaturbereich als Celluloseacetat. Es nimmt auch weniger Wasser auf und ist bestadiger gegen Licht. Das Umsetzen von Celluloseacetat mit Butterslure liefert Celluloseacetobutyrate (CAB) mit (17-48) % Butyryl- und (29-6) % Acetylgruppen (Acetylbutyrylcellulosen). Sie laden sich nur wenig elektrostatisch auf; die Formbestandigkeit ist jedoch gr6sser. Celluloseacetobutyrate und Celluloseacetopropionate werden fur AutozubehBr und fur Rohre in der Petroleumindustrie verwendet, ausserdem fur korrosionsfreie Packungen durch Eintauchen der Guter in die geschmolzenen Polymeren. Celluloseacetophthalat erhalt man durch Reaktion von partiellen Celluloseacetaten mit Phthalslureanhydrid. Es lost sich in Darmslften, nicht aber im Magensaft, und wird daher fir Tablettenuberzuge verwendet, die sich erst im Darm auflBsen sollen. Einige unlBsliche Ester und Ether der Cellulose dienen als Cellulose-Ionenaustauscher. Beispiele fur Anionenaustauscher sind die Aminoethyl-, Diethylaminoethyl-, Guanidinoethyl-, Triethylammoniomethyl- und p-Aminobenzylcellulosen, fur Kationenaustauscher Carboxymethyl- und Sulfoethylcellulosen sowie Cellulosephosphat.
Celluloseether Celluloseether werden nicht aus Cellulosen, sondem aus Alkalicellulosen hergestellt, da bei den letzteren das Cellulosegitter aufgeweitet ist und die Hydroxylgruppen somit besser zuglnglich sind. Technisch unterscheidet man Verfahren mit und ohne Alkaliverbrauch. Zur Herstellung der Methyl- und Ethylether lasst man die entsprechenden Alkylchloride mit der Alkalicellulose unter Alkaliverbrauch reagieren. Die Polymeren werden dann mit Wasser ausgewaschen, auf Wassergehalte von (55-60) % geschleuden und anschliessend in Schneckenpressen homogenisiert und verdichtet. Cellulosemethylether (Methylcellulosen, MC) werden technisch mit DS = 152.0, Celluloseethylether (Ethylcellulosen, EC; AT-Cellulose) mit DS = 2,l-2,6 hergestellt. Methyl- und Ethylcellulosen dienen als Textilhilfsmittel, Anstrichmittel und Spritzgussmassen, sowie f i r Mikroverkapselungen f i r kontrollierte Freisetzungen von Pharmaka, Klebstoffen usw. Die Reaktionen der Alkalicellulose mit Ethylen- oder Propylenoxid verlaufen dagegen ohne Alkaliverbrauch. An die neu gebildeten Hydroxylgruppen ktjnnen sich weitere Ethylenoxid- oder Propylenoxid-Molekule anlagern (s. oben). Technische Hydroxyethylcellulosen (HEC) und Hydroxypropylcellulosen (HPC) besitzen DR = 4. Sie losen sich unterhalb 38°C in Wasser und dienen daher als Suspensionsmittel bei der Emul-
328
7.3. Cellulose
Tab. 7-9 Einige physikalische Eigenschaften von Celluloseester-Kunststoffen. Schlagzlhigkeiten werden als Energie pro Querschnittsflkhe angegeben (1 ft Ibf/in2 = 2106 J/m2), Kerbschlagzlhigkeiten in den USA (US) als Bruchenergie pro Breite der Kerbe (1 ft Ibf/in = 53,5 J/m) und in Europa (E) als Bruchenergie pro Breite der Kerbe und Dicke des Priitlings (J/m2). kB = kein Bruch. Eigenschaft
Physikalische Einheit
Allgemein Dichte Thermisch "Schme1z"temperatur Erweichungstemperatur(Vicat B) Heat distortion-Temperatur (B) (C) Linearer Ausdehnungskoeffizient Spezitische WtirmekapaziCtt Wheleifaigkeit Mechanisch Zugmodul(23OC) Biegemodul Zugfestigkeit (Streckgrenze, 23OC) Reissfestigkeit Reissdehnung Biegefestigkeit (Streckgrenze) Druckfestigkeit(Streckgrenze) Schlagzilhigkeit Kerbschlag&igkeit (E) (US, Izod, 23'C) (US, hod, 4 0 ° C ) H&te, Rockwell R
Celluloid
2 1/2-acetat
gkm3
1.35
T T T T
70-75
10-5~4 J
K-1
10
-1
W m-$K-'
0,25
MPa MPa MPa MPa
1800
%
MPa MPa k~ m-2 kT m-2 J m-l J m-l
Elektrisch Relative Permittiviat, 50 Hz 1 kHz 1 MHz Dielektrischer Verlustfaktor 50 Hz 1 kHz 1 MHz Durchschlagfestigkeit (0,125 cm) Spezifischer Durchgangswiderstand
f2 cm
Optisch Brechungsindex (25OC) Lichtdurchlassigkeit
1 %
Sonstige Wasseraufnahme, 24 h Gewichtsverlust, 72 h bei 82°C
% %
40-60 30-50 60-65 60
Celluloseacetoacetobutyrat propionat
1.22-1,34
1.15-1.22
1,17-1,24
235-255
155-200
190
70- 120 55-120 60-1 10 50-110 44-113 50-100 11-16 11-16 11-16 1,2-1,6 1.2-1,6 1,2-1.6 0,16-0,33 0,16-0,33
620-1800 1448 13-59 50-6 14-110 13-64
48-1400 10-48 14-52 74-38 10-64 8-52
690-1900 1048 14-52 60-35 21 -76 21-69
7-133 2- 14 40-120
10-150 7-24 30- 120
13-180 2-19 20-120
kB 20-30
7,O-7,5 6.0-7,0 6,O-6,5 1 1
1
v mm-1
0,09-0,12 0,02-0,03 0,06-0,09 300-450 250-3670 250-400 1olO-1ol3 1010-1012 1012-1015
130
1.46-1 3 0 88
1.46-1.49 88
1,46-1.48 88
2.0-6.5 0.4-12
1,O-4,0 0,l-4,0
1,0-3.0 0.1-2.0
7. Polysaccharide
329
sionspolymerisation, als Schlagrahmstabilisatoren, Verdicker, Bindemittel fur Keramik usw. Man kann sie jedoch auch thermoplastisch verarbeiten, z.B. zu wasserloslichen Verpackungsfolien. Durch Umsetzen von Alkalicellulose rnit dem Natriumsalz der Chloressigsaure erhllt man das Natriumsalz der Carboxymethylcellulose (Natriumsalz des Celluloseglykolats) mit DS = 0,4-1,4. Die Natriumform ist als CMC bekannt (E: CMC; in der Nahrungsmittelindustrie: cellulose gum). Technische Typen enthalten (95-98) % (USA) bzw. (60-95) % (Europa) CMC, gereinigte Qualititen stets mehr als 95 %. Carboxymethylcellulosen dienen als Waschmittel-Zusatz, Verdicker fur Lebensmittel und als Bohr-, Textil- oder Papierhilfsmittel. Das Umsetzen von Cellulose rnit zwei Veretherungsmitteln liefert sogenannte Cellulosemischether, Ein Beispiel ist Ethylmethylcellulose (EMC). Hydroxypropylmethylcellulosen (HPMC) und Hydroxybutylmethylcellulosen(HBMC) werden zusammen rnit Methylcellulosen als MethocelTM vertrieben. Durch Umsetzen von Hydroxyethylcellulose rnit Natriumchloracetat entsteht der Mischether Natriumcarboxymethylhydroxyethylcellulose (CMHEC). Celluloseether werden in vielen Varietlten weltweit in Mengen von ca. 300 000 t/a produziert. Am bedeutetsten sind die Carboxymethylcellulosen, gefolgt von den Methylund Methylhydroxyalkylcellulosen sowie von den Hydroxyethylcellulosen.
7.3.10.
Chitin und Chitosan
Chitin ist ein Cellulosederivat, bei dem die beiden Hydroxylgruppen der C2-Gruppen der p-Cellobiose-Repetiereinheit durch N-Acetylamino-Gruppen ersetzt sind. Chitin ist somit eine Poly[p-( 1+4)-N-acetyl-2-amino-2-desoxy-D-glucopyranose]:
Chitin ist das Geriistpolysaccharid der Gliederfusser, d.h. der Insekten (Kafer, Spinnen usw.), Krustentiere (Langusten, Krabben usw.), Molusken (Austern, Krill usw.) und der Pilze. Es ist stets rnit Calciumcarbonat und/oder Proteinen vergesellschaftet, wodurch ein natiirlicher, sehr harter Verbundwerkstoff gebildet wird (G: chirun = Panzer). Zum Isolieren des Chitins aus Hummer- und Langustenschalen wird das Calciumcarbonat rnit funfprozentiger kalter Salzsiure weggeldst. Nach dem Filtrieren und Waschen des anfallenden Pulvers werden die Proteine rnit siedender 4 %iger Natronlauge oder mit proteolytischen Enzymen entfernt. Das nach dem Bleichen gewonnene Chitin ist unlbslich in Wasser, verdunnten Sauren und Basen sowie in organischen Lbsungsmitteln. Es lbst sich unter Hydrolyse in Ameisensaure und in konzentrierten Mineralsauren. Durch Behandeln von Chitin mit 40 % Natronlauge bei erhohten Temperaturen entsteht Chitosan, das zu ca. 80 % deacetyliene Chitin. Chitosan lost sich im Gegensatz zu
330
7.3. Cellulose
Chitin in verdunntcn Sauren. Es wird f i r biologisch abbaubare Filme fur Lebensmittelverpackungen, als Additiv zum Verbesscm der Nassfestigkeit von Papieren, als Ionenaustauscher, zum Abdecken von Wunden und in Haarpflegemittcln verwendct. Durch Behandeln von Chitosan in Gegenwart von Alkali entsteht ein N,O-Carboxymethylchitosan. Wassrige Ltisungen dieses Polymcren wcrden venvendet, um auf Friichten und Gemusen Filme zu erzeugen, welche die Lagerfahigkeit erhohen.
7.3.11.
Murein
Murein ist die Stutzsubstanz der Zellwandc der Bakterien (L: murus = Wand). Die Repetiereinheit dcs Mureins ist ein Disaccharid aus altemierenden 2-N-Acetylglucosamin- und 2-N-Acetylmuraminsaure-Einheiten. Die letzteren sind 2-N- Acetylglucosamin-Einheiten, bei denen in 3-Stellung noch ein Milchsaurerest etherartig gebunden ist. An die COOH-Gruppe des Milchsaurerestes sind noch Oligopeptide gcknupft, meist Tetrasaccharide a m L-Lysin, L- und D-Alanin und D-Glutaminsaure sowie Diaminosauren. Da das Murein den Proteoglycanen tihnelt, wird es auch Peptidoglycan genannt. Die Pcptidseitenkctten sind untereinander vernetzt, so dass ein sackartiges Riesenmolekul cntsteht, welches das gesamte Bakterium einhullt. Die Oligopeptidreste sind je nach Bakterium verschieden. Bei Gram-positiven Bakterien sind an das Murein noch Teichonslurereste gebunden, bei Gram-negativen Lipide. CH, -CH
I
-CWpeptid
Murcin
'
NHCOCH,
2-N-Acetylglucosamin
7.3.12.
CH,OH
2-N-Acetylmuraminsaure
Xanthan
Xanthan entsteht unter aeroben Bedingungen durch Einwirkung des Bakteriums Xanthomonas campestris NRRL B- 1459 auf wassrige Nahrlosungen, die Glucose, eine Stickstoffquelle, Dikaliumphosphat und Spurenelementc enthalten. Die relativcn Molmassen des Xanthans sind ausserordentlich hoch. Sie betragen etwa 5 000 000. Xanthan ist ein Poly(disaccharid, das wie Cellulosc eine Hauptkette aus p-( 1+4)-DGlucopyranosyl-Einheiten besitzt. An jedem zweiten Glucoserest der Cellobiose-Rcpctiereinheiten sitzt jedoch eine kurze Seitcnkette aus drci Zuckerresten, die ubcr p-( 1+3) mit der Hauptkette verknupft ist. Diesc Seitenketten bestehen aus p-D-Mannopyranosyla-(1+4)-D-glucopyranosyl-p-( 1+2)-dimannopyranosid-6-O-acetat, das am Ende uber die 4- und 6-Positionen mit Brenztraubensaure verestert ist, also eine Pyruvylgruppe aufweist.
7. Polysaccharide
331
Xanthan Mt = Na, K, Ca
Die regelmassig an der /3-( 1+4)-D-Glucose-Kette des Xanthans angeordneten kurzen Seitenketten erzeugen eine ziemlich steife Helix mit einem Durchmesser von 5-6 nm und einer Linge von ca. 600 nm. Bei Konzentrationen uber ca. 2,5 g/L werden salzfreie Losungen doppelbrechend: Xanthanldsungen sind lyotrope Fliissigkristalle. Die Struktur dieser Helix fiihrt zu interessanten rheologischen Eigenschaften. Wassrige Losungen des Xanthans sind ausgesprochen strukturviskos, aber nur wenig thixotrop. Die Viskositlt der Losungen hangt kaum vom pH-Wert (2-12) oder der Temperatur ab (< 9OOC). Geringe Konzentrationen von (5-10). 10-3 % Xanthan verringern betrichtlich die Turbulenz wassriger Losungen. Salzkonzentrationen unter 0,Ol % erniedrigen die Viskositlt von Xanthan-Losungen, solche uber 1 % erhohen sie. Zweiwertige Kationen fdlen Xanthan bei pH-Werten iiber 9 aus, dreiwertige dagegen bei niedrigerem pH. Xanthan wird fur die Gewinnung von Sekundar- und Tertiarerdol, als Trager fur Agrikulturchemikalien, Geliermittel fur Explosivstoffe, Verdicker von Kosmetika usw. eingesetzt. Da es nicht metabolisiert wird, kann es als kalorienarmer Zusatzstoff fur Puddings, Salatsossen, Trockenmilch, FruchtgetrWe usw. verwendet werden.
7.4.
Mucopolysaccharide
Mucopolysaccharide kommen in der Haut vor, in Bindegeweben und Knorpeln, im Schweiss, in Korperschleirnen (L: mucus = Schleim) und in den Zellwanden von Bakterien. Die Gattungsbezeichnung "Mucopolysaccharid" ist veraltet, wird aber immer noch anstelle des nunmehr empfohlenen Glycosaminoglycan verwendet. Mucopolysaccharide sind Polysaccharide mit meist Disaccharid-Resten als Repetiereinheiten, doch sind auch solche mit Tetrasaccharid-Resten bekannt. Die DisaccharidReste sind haufig Gal-Glc; es gibt aber auch Glc-Glc, Glc-Ido oder Gal-Ido (Tab. 7-9).
332
7.4. Mucopolysaccharide
Tab. 7-10 Struktur von Mucopolysacchariden. Alle Zuckerreste sind D.
w V A
(1-+3)
Name
A
Y
B
p
o04A B
1+4
Q
R
1+3 T
v
w
Hyaluronstiure Heparin
x
H OH OH P-Gk P-Gk COOH H OH OH H OH OS03H H P-Gk P-Gk COOH H COOH OH OS03H H OH P-Glc a-Ido H OH H OH OH Chondroitin P-Gal P-Glc COOH H OH H OS03H OH Chondroitin-4-sulfat P-Gal P-Glc COOH H OH H OH OS03H Chondroitind-sulfat P-Gal P-Glc COOH OH OSO3H Keratansulfat P-Gal P-GlcCHZOS03H H NHCOCH3 H Dermatansulfat P-Gal a-Ido H COOH OH H OS03H OH
Z
NHCOCH3 NHS03H NHS03H NHCOCH3 NHCOCH3 NHCOCH3 OH NHCOCH3
Einer der Monosaccharid-Bausteine stcllt einen N-acetylierten Aminozuckerrest dar und der gleiche oder ein anderer Baustein einen Uronsaurerest. Uronsauren sind Aldosen, bei denen in der cyclischen Acetalform die endstandige CH20H-Gruppe durch eine COOH-Gruppe ersetzt ist. Sie sind somit Aldehydsauren. Der Uronsaure-Rest ist bei Mucopolysacchariden glycosidisch mit der OH-Gruppe des C3 des andercn Zucker-Restes verkniipft. Haufig sind auch noch Schwefelsauregruppierungen an 0- oder NH- gebunden. Diese Mucopolysaccharide reagieren daher stark sauer. Die meisten Mucopolysaccharide sind Bestandteile von Proteoglycanen. Die Hyduronsaure nimmt z.B. die Struktur einer Helix an, nach einigen Autoren auch diejenige einer Doppelhelix. In vielen Fallen sind auf die Mucopolysaccharid-Ketten uber geeignete Vermittler noch Oligopeptidgruppen "aufgepfropft", die in einigen Fallen weitere Zuckerreste tragen, z.B. Keratansulfat oder Chondroitinsulfat (Abb. 7- 17). Die Proteoglycane unterscheiden sich daher von den Glycoproteinen, bei dencn umgekehrt eine Proteinkette Zweige aus linearen oder verzweigten Oligosaccharid-Resten tragt. Zuckerreste
Proteinkette
Protein-Kette KeratansulfatKette Hyaluron-
+
saure
Oligosaccharid-Kette
t Zuckerreste
GI ycoprotein
Proteoglycan
Abb. 7-17 Beispiele fur Glycoprotcine und Proteoglycane (Band I, Kap. 14.4). An die Stelle des Keratinsulfates kann z.B. auch Chondroitinsulfat treten.
7. Polysaccharide
7.4.1.
333
Hyaluronsaure
Hyaluronsaure ist ein anionisches alternierendes Copolymer aus D-Glucuronsaureund N-Acetylglucosamin-Resten, wobei anders als in der Formel der Tab. 7-10 die beiden Saccharid-Reste jeweils uber b-(1-4) miteinander verknupft sind. Mit Ausnahme der Augenhornhaut ist sie ein Bestandteil aller Bindegewebe. Hyaluronsaure kommt auch in den Schmierflussigkeiten der Gelenke (Synovialflussigkeit) und den Glasktirpern der Augen vor (G: hyalos = Glas). 1 g Hyaluronsaure bindet ca. 200 mL Wasser, mehr als jeder andere natiirliche Stoff. Sie dient auch als eine Art Zement bei der extracellullren Grundsubstanz des Bindegewebes.
7.4.2.
Chondroitinsulfate
Chondroitin-4-sulfat (Chondroitinsulfat A) und Chondroitin-6-sulfat (Chondroitinsulfat C) sind wie Hyaluronsaure ebenfalls alternierende Copolymere, jedoch aus D-Glucuronslure und N-Acetyl-D-galactosaminsulfaten(Tab. 7-10). Die beiden Chondroitinsulfate bilden rnit Hyaluronsaure die Hauptkomponenten der Stutz- und Bindegewebssubstanzen, wo sie meist rnit Kollagen vereint sind. Sie sind auch an Proteine gebunden, und zwar salzartig in Bindegeweben und covalent in Knorpeln (C: chondros = Knorpel, Kom). Die covalente Bindung wird beim Chondroitinsulfat und den meisten anderen Glucosaminglycanen durch ein Tetrasaccharid bewerkstelligt, das rnit dem einen Ende an das Chondroitinsulfat gebunden ist und mit dem anderen an eine Seringruppe des Proteins: -Chondroi tinsulfat-Glucuronsaure-Galactose-Galactose-Xylose-Serinc Die Chondroitinsulfate A und C sind im Ktirper fur den Sulfataustausch und die Calcification der Knochen verantwonlich. Sie nehmen rnit dem Alter der Lebewesen ab. Chondroitinsulfat wird daher neuerdings zusammen rnit Glucosamin oral eingenommen, in der Hoffnung, so die Stutz- und Bindegewebe zu emeuem und die Arthritis zu vermindern (klinisch nicht bewiesen). Es ist nicht klar, um welche Chondroitinsulfate es sich handelt (unterschiedliche Ausgangsmaterialien (Hummerschalen usw.)). Chondroitinsulfat B (Dermatansulfat; &Heparin) weist altemierende Einheiten von N-Acetyl-D-galactosamin-4-sulfat und L-Iduronsaure auf. Es bildet die interzellulare Matrix der Haut. Im Gegensatz zu Heparin ist es nicht gerinnungshemmend.
7.4.3. Heparin Das Heparin ist im Gegensatz zu Hyaluronsaure und den Chondroitinsulfaten A und C kein Polydisaccharid, sondem ein heterogenes Quaterpolymeres rnit Einheiten aus DGlucuronsaure, N-Acetyl-D-glucosaminsulfat, D-Iduronsaure und N-Acetyl-D-glucosaminsulfat (32 mtjgliche Disaccharid-Einheiten!). Es ist wegen der vielen anionischen Gruppen stark geladen. Heparansulfat ahnelt dem Heparin, weist aber nur eine Sulfatgruppe pro Tetrasaccharid-Einheit auf.
334
7.5. Poly(/3-(1+3)-D-glucose)n
Heparin kommt in der Leber vor (G: hepar = Leber), ausserdem im Herz, in der Lunge und in der Darmschleimhaut. Heparansulfat findet sich in der menschlichen Aorta. Die Sulfatgruppierungen des Heparins sind, wenn auch nicht allein, verantwortlich fur die gute Wirkung des Heparins als schnellwirkendes, aber nicht lange anhaltendes (weniger als 24 h) Blutanticoagulans, vor allem in der Chirurgie. Heparin muss dazu subcutan in das Fettgewebe injiziert werden; es wird nicht oral aufgenommen. Als lang wirkende Blutanticoagulantien verwendet man dagegen niedermolekulare Cumarinabkommlinge. Heparinoide sind Substanzen mit 3hnlicher Wirkung wie das Heparin und nicht-Heparinderivate. Beispiele sind das Protein Hirudin (aus Blutegeln), Dextransulfat und Poly(ethy1ensulfonsaure) = Poly(vinylsulfons8ure) -CH2-CH(S03H)-.
7.4.4. K e r a t a n s u l f a t Keratansulfat ist starker sulfatisiert als die anderen Mucopolysaccharide (Tab. 7- 10). Es findet sich zusammen mit Kollagen in den Proteoglycanen des Bindegewebes, also als Matrix der Knorpel, als Ossein (= Knochenknorpel) und besonders in der Homhaut des Auges (G: keras = Horn).
7.5.
Poly(P- (1+3) - D -glucose)n
Poly(p-( 1 -+3)-D-glucose)n kommen in vielen niederen Organismen vor (Tab. 7-2). Callose (Kallose) ist unverzweigt (X = 100). Sie tritt in Wulzelzellen, Pollen usw. von hoheren Pflanzen, Braunalgen und Pilzen auf. Das ebenfalls unverzweigte Curdlan findet sich in Agrobakterien; es wird als Lebensmittelzusatz verwendet. Laminaran (E: laminarin) enthalt noch etwas D-Mannitol. Es ist das Reselvepolysaccharid einiger Braunalgen und wird in geringem Ausmass als chirurgisches Pulver verwendet. Beim Schizophyllan (vom Pilz Schizophyffum commune) bzw. Scleroglycan (von Scferotium spp.) ist die CH20H-Gruppe jedes dritten Glucoserestes uber eine p-(6-+ 1)Bindung mit einem D-Glucoserest als Seitengruppe verkniipft. Die Kette wird dadurch stark versteift (Persistenzlange 200 nm), wodurch die Viskositat wassriger Losungen schon bei kleinen Konzentrationn sehr gross wird. Bei hoheren Konzentrationen bildet Schizophyllan thermoreversible Gele mit Tripelhelices in den Vernetzungsregionen. Die Losungen dienen wegen ihren rheologischen Eigenschaften z.B. als Borfliissigkeit. Das lineare Lichenin (Flechten- oder Moosstarke) weist p-1,3- und p- 1,4-Bindungen im Verhaltnis 1:2 auf. Beim Isolichenin sind diese Bindungen dagegen in a-Stellung.
f
335
7 . Polysaccharide
7.6.
Gellan-Gruppe
Die Polymeren der Gellan-Gruppe werden von Mikroben erzeugt: Gellan von Pseudomonas (Auromonas) elodea und Welan von Alcaligenes spp. Die Repetiereinheit der Polysaccharide der Gellan-Gruppe ist ein Tetrasaccharid mit der Sequenz Glucose-Glucuronslure-Glucose-Rhamnose.Gellan selbst ist ein lineares Polymeres, wahrend Welan und Rhamsan Saccharid-Seitengruppen tragen. Welan und Gellan tragen noch 0-Acetylgruppen: 1 Gruppe pro 2 Monosaccharidreste beim Welan und 1 Gruppe pro Disaccharidrest beim Rhamsan (hier an den sekundlren OH). Die Alkalisalze des Gellans bilden im festen Zustand parallel liegende, antiparallel laufende und etwas gegeneinander verschobene Doppelhelices, die durch intracatenare Wasserstoffbriicken zwischen den Glucuronslure- und Glucose-Resten versteift sind. Die physikalische Struktur wird femer durch die gebundenen Kationen stabilisiert. Die Polymeren der Gellan-Gruppe bilden Gele. Gellan und Welan werden wegen ihrer versteifenden Wirkung in der Lebensmittelindustrie verwendet. Tab. 7-11 Chemische Struktur von Gellan, Welan und Rhamsan. * Bindung zu -OCH3 oder -0-.
COOH -(1-3)-
-(1 4 ) -
PD-glucose
OH -(1 4 ) -
-(1 4 ) -
PD-glucuronsiiure
OH OH
PD-glucose
-(1-3)-
a-L-rhamnose
R
R'
R"
Gellan
H
H
-
Welan
H
H(tlJ OH OH
'
OH
PD-Glucose-(1-h)-a-D-glucose-(1 4 ) -
CH3 (a-L-Rhamnose-Gruppe) und CH,OH (a-L-Mannose-Gruppe) im Verhlltnis 2:l
336
7.7.
7.7. Poly(ga1actose)n
Pol y (g alact ose)n
Ausser den Homopolymeren der Glucose (Starke, Cellulose, Dextran usw.) kommen in der Natur auch andere Homopolysaccharide vor. Technisch wichtig sind vor allem Polysaccharide mit Galactose-Resten als hauptsachliche Grundbausteinen (Tab. 7- 12). Deranige Polysaccharide sind entweder Extrakte (z.B. aus Algen), Exsudate (z.B. von Baumen), Samen- oder Wurzelharze oder Fermentierungsprodukte. Im Deutschen fasst man solche Polysaccharide meist als Untergruppe der Naturharze auf (Kap. 3.9). Als Gummen bezeichnet man in der Regel nur Pflanzenexsudate. Die englische Begriff "gum" war urspriinglich mit dem deutschen "Naturharz" identisch. Er umfasste also ausser Polysacchariden auch Proteine und Terpene. Heute bezeichnet man im Englischen als "gum" alle industriell niitzlichen, wasserloslichen Polysaccharide oder deren Derivate (E: modified gums), die viskose Losungen oder Dispersionen ergeben. Nur wenige dieser Polysaccharide sind Homopolymere. Viele tragen Verzweigungen oder ionische Gruppen oder sind Blockcopolymere. Die meisten von ihnen sind wasserloslich und erzeugen durch Assoziation hochviskose Losungen. Gummen werden daher als Verdicker (Lebensmittel) sowie als Emulgatoren und Schutzkolloide (Kosmetika, Klebstoffe, Flockungsmittel, Filmbildner) verwendet. Tab. 7- 12 Polyglycane rnit Ketten aus Galactose-Einheiten gal oder Galacturonsaure-Einheiten galA. Su = Sulfatgruppen,Su2 = 2-Sulfat. a h = altemierend. L = Linear, V = vcrzweigt. a = ax = axial, P = eq = ~quaiorial. Polyrnere
Grundbausteine
Verkniipfungen
Typ
Vorkornrnen
Fucoidan
L-gal(6-deoxy) (Su)
la-2a
V?
Braunalgen
D-gal
L
Rosaglauca
V L V
NadelhUlzer
D-gal
I P-3P (1~ - ~ P ) - c1oP-6P) -( 1P-4P (IP4P)-c0-(1P-6P)
PJ=, P P - @
(1-~)-CO-( 1-6)
V
Schnecken
Carrageenan Agarose
a,P-D (Su) a-L, P-D
(la-4a)-alt-(lP-3P) (la4a)L-alr-(lp-3P)D
L L
Rotalgen s.Text
Pektin
a-D
14
L
s. Texi
Arabinogalactane I1 Arabinogalactane I
7.7.1.
D-gal
D-gal
Agar- Agar
Agar(-Agar) (Gelose, Florideenstarke) ist der Extrakt gewisser Rotalgen (Florideen: Gelidium, Gracilaria usw.). Es lost sich in heissem Wasser und bildet beim Abkiihlen Gele (Malaysisch: agar = Gelee). Agar wird heute in Japan, Taiwan, Korea, Chile, Marokko, Spanien, Portugal und den USA produziert. Es ist wegen der aufwendigen Gewinnung teurer als ahnliche von Landpflanzen gewonnene Hydrokolloide, besitzt aber einige Eigenschaften, die es fur gewisse Zwecke unersetzlich machen.
337
7. Polysaccharide
Die Algen werden von Hand geemtet (sogar von Tauchern in Druckanzugen), zunlchst gewaschen und dann zwei Stunden in Wasser gekocht. Anschliessend werden sie 14 Stunden bei 80°C mit verdunnter Schwefelshre (pH = 5-6) aufgeschlossen. Nach dem Bleichen mit Sulfit wird die Flussigkeit abfiltriert, das abgekuhlte Gel in Stucke geschnitten, eingefmren und wieder aufgetaut. Durch die dadurch bewirkte Desintegration der Zellwgnde werden die in kaltem Wasser ldslichen Bestandteile entfemt. Nach einem zweiten Gefrierprozess wird mit kaltem Wasser gewaschen oder das Polysaccharid rnit wasserldslichen organischen Losungsmitteln gefallt, worauf sich eine Dialyse anschliesst. Agar ist eine Mischung aus mindestens zwei Polysacchariden: Agarose (bis 70 %) und Agaropektin (bis 30 %), dazu Cellulose (10 %) und Xylan (ca. 3 %). Da Agar unverdaulich ist, wird es in der Diltetik vie1 als Verdickungsmittel venvendet. Man trifft es aber auch in normalen Marmeladen, Susswaren, Sorbets, amerikanischem K2se (!), Jogurts, Tunfisch-Konserven usw. an. Andere Anwendungsgebiete sind fur Bakterien-Nlhrbdden (es wird nur von wenigen Baktenen abgebaut!) oder als Abfiihrmittel. Als Trlger in der Immundiffusion, Immunelektrophorese, Gelelektrophorese, und Gelchromatographie wurde Agar weitgehend durch Agarose verdrangt. Die Weltproduktion von Agar belluft sich auf ca. 40 000 t/a, wovon ca. 2000 t/a fur Bakterien-Nlhrbdden verbraucht werden.
7.7.2.
Agarose und Agaropektin
Die Repetiereinheit des linearen Polysaccharides Agarose ist die Agarobiose aus p(1 +3)-gebundenen D-Galactose-Einheiten und uber a-1.4-Stellung verknupften 3,6Anhydro-L-galactopyranose-Resten.Die Galactose-Einheiten sind teilweise noch in 6Stellung methyliert. Entgegen friiheren Berichten sollen in 6-Stellung keine Sulfatgruppen vorliegen. In der Agarose sollen jedoch einige a-L-Arabinose-Einheiten vorhanden sein.
8 0-
AgarobioseRepetiereinheit derAgarose
Die Ketten der Agarose bilden Doppelhelices. Da die doppelthelicalen Segmente aus Stucken verschiedener Molekiile bestehen, wird ein thermoreversibles Netzwerk erzeugt, und zwar bei 35°C schon bei (0,04-2) %igen Ldsungen. In den "Maschen" dieses Netzwerks wird Wasser festgehalten. Es bildet sich ein Gel, das bei (60-97)"C "schmilzt". Auf dem Markt ist eine noch teilweise hydroxyethylierte Agarose (Ersatz von -OH durch -0CH2CH2OH). Dieses Produkt besitzt eine niedrigere Gelierungstemperatur. Agaropektin besitzt die gleiche Grundstruktur wie Agarose. Einige Saccharid-Bausteine sind jedoch durch 4,6-O-( 1-Carboxyethyliden)-D-galactopyranose-Einheitenoder durch sulfatisierte oder methylierte Zuckerreste ersetzt.
338
7.7.3.
7.7. Poly(ga1aclose)n
Carrageen(an)
Unter dem Namen Carrageen oder Carrageenan werden Polysaccharide zusammengefasst, die mehrere Sorten von Kationen enthalten (Na, K, NH4, Ca, Mg). Die Polysaccharide kommen in den Rotalgen Chondrus crispus und Gigartina stellata des Atlantischen Ozeans vor. Diese Algen heissen auch Irisches Moos, Knorpeltang oder Perltang. Die Bezeichnung Carrageen wird manchmal nur fur die getrockneten Algen verwendet und die Bezeichnung Carrageenan nur fiir den daraus erhaltenen Extrakt. Carrageenate sind halbsynthetische Produkte, die nur eine Ionensorte enthalten Der Name Carrageen (E: carrageenine) stammt von dem irischen Kustenort Carragheen. Die in Irland, Nordfrankreich und den USA gesammelten Algen werden von Hand geemtet. Mechanische Vorrichtungen waren bislang nicht zufriedenstellend. Die linearen Ketten der Carrageenane bestehen aus alternierenden Einheiten von 1,3verkniipften P-D-Galactose-Resten und 1,4-verkniipften a-D-Galactose-Resten. Bei den verschiedenen Galactose-Resten ist dabei eine Hydroxylgruppe (oder deren mehrere) durch den Halbester der Schwefelsaure ersetzt. Man kennt mindestens 12 Typen von Carrageenanen, namlich a-.p-, y-. L-, K-, h-, p-,v-, 6-, n-,x- und o-Carrageenane, die sich in der Anwesenheit, Zahl und Stellung der Sulfatgruppen und in der An- bzw. Abwesenheit von Anhydrogalactoserestcn unterscheiden. Einige bekannte Strukturen sind in Tab. 7-13 aufgefuhrt. Tab. 7-13 Strukturen wichtiger Carrageenane.
kappa
iota 1,3-verknUpft
Name
p-Carrageenan 1-Carrageenan K-bg~llZl v-Carrageenan
(MU-C.) (Iota-C.) (Kappa-C.)
k-Carrageenan
(Lambda-C.)
(NU-C.)
D-Galactose-4-sulfat D-Galactose-4-sulfat D-Galactose-4-sulfat D-Galactose-4-sulfat D-Galactose-4-sulfat(70 %) + D-Galactose-2-sulfat(30 96)
1,4-verknUpft D-Galactose-6-sulfat D-Galactose-2,6-disulfat
3.6-An hydro-D-galactose 3,6-Anhydro-D-galactose-2-sulfat 3,6-Anhydro-D-galactose-2-sulfat
p-Carrageenan ist der biologische Precursor von K-Carrageenan, v-Carrageenan derjenige von 1-Carrageenan. Gewonnen werden K-, 1- und h-Carrageenan. K- und 1-Carrageenan bilden beim Abkiihlen heisser wassriger Losungen durch Ausbilden und latcralem Lagem partieller Doppelhelix-Strukturen elastische, thermoreversible Gele, besonders in Gcgcnwart von K+ und Ca2+ (Abb. 7-19). Losungen von Natriumcarrageenan bleiben dagegen nach dem Aufkochen und Abkuhlen lediglich hochviskos.
339
7. Polysaccharide
I
II
Abb. 7-18 Beim Abkuhlen verdunnter wlssriger Losungen von K- und k-Carrageenan lagem sich die urspriinglich vorliegenden statistischen Knluel I partiell intermolekular zu Doppelhelices I1 zusammen, die sich weiter zu Aggregaten I11 zusammen schliessen. Das entstehende Netzwerk 1st elastisch. Die Bildung dieser helicalen Segmente (und damit die Gelierung) wird nicht durch sich in C4-Stellung an den 1,3-verknupften Einheiten befindende Schwefelsaureester beeintrachtigt, wohl aber durch solche Gruppierungen am C2 der 1,4-verknupften Galactose-Reste. K-Carrageenan geliert deshalb, h-Carrageenan aber nicht, wahrend 1-Carrageenan sowohl in kaltem Wasser lijslich ist als auch geliert. Uber 80 % der Carrageenane wird in der Nahrungsmittelindustrie als Geliermittel (Verdicker), Stabilisator (Eiscremes) usw. verwendet, der Rest in Pharmazie und Kosmetik, z.B. als Salbenzusatz oder wegen der starken Quellbarkeit als fullendes, nicht-verdauliches Schlankheitsmittel.
7.7.4.
Furcelleran und Funoran
Furcelleran (D2nisches Agar) wird aus der Rotalge Furcellaria fastigiata gewonnen. Seine genaue chemische Struktur ist unbekannt. Es setzt sich etwa zur Halfte aus K-Carrageenan zusammen, ist jedoch weniger stark sulfatisiert. Wie Carrageenan wird es wegen seiner starken Quellbarkeit in der Lebensmittelindustrie verwendet. Funoran ist eine in Japan gewonnene sulfatisierte Poly(ga1actose). Es dient als Schlichte und als Adhasiv.
7.7.5.
Pektine
Pektine sind gelierbare Polysaccharide (G: pekros = geronnen), die in den Friichten, Blattem und Wurzeln aller hijheren Pflanzen vorkommen, und zwar im Zellsaft, in der Zellwand und in der primlren Zellmembran. Zitronen und Orangen enthalten z.B. bis zu 30 % Pektine. Wichtig sind auch die Pektine des Saftes von Zuckerriiben. Selbst junge Baumwolle enthalt bis zu 5 % Pektine; der Pektingehalt nimmt jedoch beim Reifen bis auf ca. 0,8 % ab.
340
7.7. Poly(ga1actose)n
Pektine dienen biologisch als eine Art Zement fur die Zellwande, rcgeln wahrschcinlich die Permeabilitat fur Ionen und haben moglicherweise auch etwas mit dem Metabolismus der Reservesubstanzen zu tun. Tcchnisch werden sie als Geliermittel oder Verdicker venvendet. Das Grundgeriist des Pektins von Citrusfriichten besteht aus reiner Poly[ a-D-galacturonsaure]. Alle anderen Pektine enthalten noch bis zu 20 % neutrale Zucker-Reste wie L-Rhamnose, L-Arabinose, D-Glucose, D-Galactose oder D-Xylose. Die L-RhamnoseReste kommen ausschliesslich 1,2-verknupft in den Hauptketten vor. Alle anderen neutralen Zucker-Reste befinden sich in kunen Seitenkettcn, mcist an den Rhamnose-Einheiten, aber auch an D-Galactose-Resten. Bei den Pektinen sind noch (20-80) % der Carboxylgruppen der GalacturonsaureReste rnit Methanol verestert. Man unterscheidet entsprcchend zwischcn hochvercsterten (> 50 %) und niedrigveresterten (< 50 %) Pektinen. Der Veresterungsgrad und die relativen Molmassen (20 000 - 40 000) variieren mit der Herkunft der Pektine sowie den Bedingungen bei der Aufarbeitung. Bei den Pektinen der Zuckerrube ist ausserdem ein geringer Teil der Hydroxylgruppen acetyliert, nicht jedoch bei den Pektinen von Citrusfriichten . Die Gewinnung der Pektine richtet sich nach dem Verwendungszweck. Sollen die Pektine als Geliennittel dienen, so wird die Pflanze rnit Wasscr unter Saurczusatz extrahiert. Die Pektine werden dann rnit Alkohol ausgefallt. Fur die Verwendung von Pektinen als Verdicker wird dagegen alkalisch extrahiert. Bei den Geliennitteln unterscheidct man Typen rnit und ohne Ca2+. Bei den Calciumtypcn ist es wichtig, dass die Pektinsaure nur wenig verestert ist, da dann sehr viele Carboxylgruppen fur eine Koordinierung mit dem Ca2+ bercitstehen. Weil sich an der Koordinierung eincs Ca2+-Ions COOH-Gruppen verschiedener Ketten beteiligen, tritt eine Vernetzung ein, die in verdunnten wassrigcn Losungen zu einer Gclierung fuhrt. Bei den calciumfreien Typen wird die Vernetzung dagegen umgekehrt nur durch einen hohen Veresterungsgrad gefordert. Hochveresterte Pektinc weisen viele hydrophobe Gruppen pro Kette auf. Diese Gruppcn versuchen, hydrophobe Bindungen einzugehen. Die Ketten sind jedoch durch die ionisicrten Carboxylgruppen vcrsteift. Die optimale Zahl der hydrophoben Bindungen kann daher nur intcrmolckular ausgebildet werden. So erklart es sich, dass die steifsten Gcle bei einem Veresterungsgrad von ca. 50 % erhalten werden, ein Zusatz von Sauren die Gclierung fordert (der Anteil von COOe sinkt bei den Polymeren), und ein Zusatz von Zuckern oder Glycerin wegcn der dann erfolgenden Dehydratation der OH- und COOH-Gruppcn die Gelierung begunstigt.
7.7.6.
Tragant(h)
Tragant(h) (Tragacantha) ist ein Pflanzenexsudat bestimmter Leguminoscn (Hiilsenfriichte). Zum Gewinnen schneidet man die Stamme oder Zweige an. Dcr austretende Saft erstarrt nach einigen Tagen. Traganth besteht aus einer Mischung von bis zu 40 % wasserloslichern, schwach sauren Traga(ca)nthin ( M , = 10 000) und weniger als 60 % wasserunloslichem (abcr quellbarem) Bassorin (M,= 100 000). Die Polysaccharid-Ketten cnthalten L-Arabinose, DGalactose, L-Fucose und D-Xylose, dazu D-Galacturonsaure.
34 1
7. Polysaccharide Traganth Karaya-Gummi
-d
I
/
Ghatti-Gummi
10
der M c h e
11 1
.
0
0.1
0.2
0.3
- c / (g mL-1)
0.4
0,s
4
Abb. 7-19 Konzentrationsabhangigkeit der Viskositiit 7 kalter wassriger Liisungen verschiedener Pflanzengummen [7]. Die Viskositiit des Wassers betragt bei 20°C ca. 1 mPa s.
Traganth weist im Vergleich zu anderen Hydrokolloiden schon in kleinen Konzentrationen eine sehr grosse Viskositit auf (Abb. 7-20). Es ist ein in unbegrenzten Mengen zugelassener, sehr effektiver Verdicker fur Nahrungsmittel (vgl. Abb. 7-19). In der Pharmazie dient es als Bindemittel, in der Kosmetik als Grundlage fur Hautcremes, Handlotionen usw., in der Textilindustrie als Appretur, in der Druckfarbenindustrie usw. Da es teuer und nicht immer verfugbar ist, wird es gelegentlich verfascht.
7.7.7.
G . Ghatti
Ghatti Gummi (Indisches Gummi) ist keine Poly(galactose), wohl aber ein Hydrokolloid und sei deshalb der Vollstlndigkeit an dieser Stelle erwahnt. G. Ghatti wird in Indien und Sri Lanka aus Absonderungen der Stamme von Anogeissus latifolia gewonnen, Es ist ein verzweigtes Polysaccharid aus L-Arabinose. D-Galactose. DMannose, D-Xylose und D-Glucuronsaure im Verhaltnis 10:6:2: 1:2. Das Ruckgrat der Polysaccharid-Ketten besteht aus 1,6-verknupften /?-D-Galactopyranosyl-Einheiten. Die Seitenketten sind uber L-Arabinofuranose-Reste mit der Hauptkette verbunden. Die Polymeren sind Verdickungsmittel sowie Emulgatorcn.
7.7.8.
Gummi Arabicum
Gummi arabicum (arabisches Gummi, Sudangummi, Akaziengummi) ist das getrocknete Ausscheidungsprodukt der Rinden kranker Akazien; gesunde BPume sondem kein Harz ab. Die Ausbeute betragt ca. 250 g pro Baum und Jahr. 75 % des j 8 d i c h e n Weltbedarfs von ca. 70 000 t werden im Sudan produziert, der Rest in West-Afrika. In Arabien wird kein Gummi arabicum gewonnen; der Name riihrt daher, dass dieses Gummi friiher uber Arabien eingefuhrt wurde.
342
7.8. Poly(mannose)n
Chemisch ist Gummi arabicum eine Mischung von Calcium-, Magnesium- und Kaliumsalzen der Arabinsaure, einem hochverzweigten Polysaccharid. Das Polymere (ein Polymerengemisch?) ist aus Einheiten von L-Arabinose, D-Galactose, L-Rhamnose und D-Glucuronsiure im Verhlltnis 3:3: 1: 1 aufgebaut; man kann es also sowohl als Poly(galactose) als auch als Poly(arabinose) auffassen. Die Galactose-Einheiten sind in (1-+3)-Stellung verknupft. Einige Grundbausteine sind in C6-Stellung substituiert. Gummi arabicum wird hauptsachlich als Verdicker in der Nahrungsmittel- und Kosmetikindustrie verwendet, daneben fur Textilfarben, Tinten, Appreturen von Kattun (Nessel) und Seide sowie zum Binden der Zundmasse von Streichholzem. Als Klebstoff oder fur pharmazeutische Praparate wird es kaum mehr gebraucht.
7.8.
Poly(mannose)n
Polymere mit Mannose-Einheiten in der Hauptkette sind auch als Mannane bekannt. Der zu Grunde liegende Cs-zucker Mannose ist ein Epimeres der Glucose (Abb. 7-1). Der Name stammt von Manna (aramaisch: Geschenk), dem beim Auszug der Juden aus Agypten vom Himmel gefallenen sussen "Brot" (Moses 2, 16). Diese Substanz war wahrscheinlich das Sekret einer sich von den Friichten der Tamarisken-Baume emahrenden Schildlaus. Die gelbe, honigahnliche Substanz erstarrt in der Abendkuhle zu Fladen, erweicht aber bei Sonneneinstrahlung. Ein ahnlicher susser Saft scheidet sich als Honigtau auf den Blattem vieler Baume ab (Kirsche, Pflaume, Ahom, Linde, Eiche usw.). Er stammt teils von Blattlausen und teils von der Perspiration der Blatter. Das heute gehandelte Manna ist der getrocknete Saft der in Suditalien heimischen Manna-Esche, einem Olbaum. Die Masse enthalt (40-60) % Mannit sowie andere Zucker und Bestanteile. Mannit (Mannazucker) ist ein Hexit. cH20H
H OQOH
CHO I HO -C -H I HO -C -H
HO-C-H I
H -C -OH H -C -OH
H-C-OH
I I
CH2OH
7.8.1.
I
HO-C-H I H-C-OH
I
D-Mannose
CH20H
D-Mannosc
I I
CH2OH Mannit
CHO I
H-C-OH
CH,OH
I
HO-C-H
I I
H-C-OH H-C-OH
I
CH,OH D-Glucose
D-Glucose
Guaran
Die Pflanze Guar wird auf dem indischen Subkontinent und im Sudwesten der USA angebaut. Aus ihrem Samen wird das bereits in kaltem Wasser losliche Polysacchand Guaran (USA: guar oder guar gum) gewonnen. Guaran (M,= 200 000) besteht aus einer linearen Hauptkette aus Poly[p-( 1~4)-D-maMOpyranoSyl].An jeden zweiten MannoseRest ist noch eine einzelne D-Galactose-Einheit uber a-(1-36) als Seitengruppe gebunden.
343
7. Polysaccharide CHzOH*
HoQ7
e D-Galactose-Seitengruppe
hoe t a-l.6-Bindung
HO CHz
e /%( Hauptkette l-A)-D-Mannopyranosyl-
0-
I
1
I
CHzOH *
Technische Produkte sind teilweise mit Ethylenoxid oder Propylenoxid umgesetzt; die mit * gekennzeichneten H-Atome sind daher teils entweder durch (CH2CH20)nH oder durch (CH2CH(CH3)0),H ersetzt. Die Reaktionsgrade DR und Substitutionsgrade DS wurden nicht bekanntgegeben. Durch die Hydroxyalkylierung wird die Flockungstendenz emiedrigt oder sogar ausgeschlossen. Beim Aufltisen hydroxyalkylierter Guarane in Wasser steigt die Viskositat schneller an als bei nicht-hydroxyalkylierten Typen; auch wird durch diese "schnellere Hydratation" der Endwert friiher erreicht. Ein Zusatz mehrwertiger Ionen fuhrt zur Gelierung der Losungen. Guaran und seine Derivate werden als Flotations- und Flockungsmittel im Bergbau, als Filtrationsmittel, als Verdicker, zur Papierfabrikation usw. verwendet.
7.8.2.
Carobin
Carobin (Carubin, Karobbe) ist das Mehl der h0mchenformigen Samenktimer des Johannisbrotbaums (Johannisbrotmehl, Kernmehl). Das ziemlich konstante Gewicht der Ktimer von 0,2 g ist die Grundlage der Gewichtseinheit von Edelsteinen (0.2 g = 1 Karat; G: keration = Htimchen). Carobin lost sich bei Temperaturen oberhalb von 82°C in Wasser. Die Ltisungen gelieren nicht beim Wiederabkuhlen. Das Polysaccharid ist unverdaulich. Es quillt aber im Darm, bindet Sluren und absorbien Gifte. Carobin wird fur diltetische Lebensmittel, als Verdicker fur Eiscreme, Uberzuge von Niissen und Rosinen usw. verwendet. Gemahlenes Johannisbrot dient als Kakaoersatz. Die Hauptkette des Carobins besteht aus D-Mannose-Einheiten. Ca. 25 % dieser Einheiten tragen je eine einzelne Galactose-Einheit. Wahrscheinlich folgen sich derartige Galactosemannopyranosyl-Einheiten in blockartigen Segmenten.
7.8.3.
Alginate
Alginate sind die Salze und Ester der Alginszure, eines in den Zellwanden der Braunalgen vorkommenden Polysacchandes, das don als Ionenaustauscher wirkt. Die Braunalgen gehoren zu den groben Algen (Tang). Die aus solchen Algen erhaltenen Polysaccharide werden als Algin bezeichnet (L: alga = Seegras).
344
7.9. Hernicellulosen
Alginsaure wird in England, Frankreich, Norwegen, Japan, Sudkalifornien und Australien durch Extraktion der Zellwande der Algen mit Sodalosung als Natriumsalz (Natriumalginat) gewonnen. Die relativen Molmassen von M,= 200 000 sinken bei regenerienen Alginaten auf etwa 30 000 bis 60 OOO. Alginsaure ist ein lineares Multiblock-Copolymeres aus drei Typen von Blocken. Ein Typ besteht aus p-( 1+4)-D-Mannuronslure-Einheiten ManA, der zweite aus a-(1+4)L-Guluronsaure-Einheiten GulA und der dritte aus alternierenden Mannuronsaure- und Guluronsaure-Resten. Diese Blocke sind zu (13-40) % (ManA), (60-18) % (GulA) und (27-42) % (ManA-alt-GulA) vorhanden. Die einzelnen Grundbaustein-Typen liegen zu (31 -65) % (Mannuronsaure) bzw. (69-35) % (Guluronsaure) vor. Technisch eingesetzt werden die Salze der Alginsaure, d.h. die Alginate, nicht aber die Alginsaure selbst. 1-2 %ige wassrige Losungen von Natriumalginat werdcn als Suspensions- und Emulgiermittel verwendet. Ammoniumalginat wird Eiscremes zugesetzt. Fasem aus wasserloslichen Alginaten dienen militarischen Zwecken, z.B. fur Wegwerf-Fallschirme fur Kommandoeinsatze. Fasem aus dem wasserunldslichen Calciumalginat werden f i r feuerresistente Gewebe sowie fur assimilierbare chirurgische Nahfaden benutzt. Aus Alginsaure und Propylenoxid entsteht das nicht toxische Propylenglycolalginat, das im Gegensatz zu den Alkalialginaten nicht bei hoheren Konzentrationen geliert. Typische Verwendungszwecke sind als Stabilisator fur Puddings, Eiscremes, Orangensaft, Bierschaum (in den USA), Tinten, kosmetische Artikel usw. Propylenglycolalginat ist in Deutschland nicht fiir Nahrungsmittelzwecke zugelassen.
7.9.
Hemicellulosen
Hemicellulose ist jetzt der intemationale Name fiir cine Gruppe von Polysacchadden, die mit Cellulose und Lignin vergesellschaftet sind. Sie sind mit Cellulose und Lignin die wohl am hlufigsten vorkommenden Polymeren. Anders als Cellulose und ahnlich wie Lignin werden sie jedoch nur wenig als Rohstoffquelle genutzt. Hemicellulosen sind trotz ihres Namens keine niedermolekularen odcr teilweisen Ccllulosen (G: hemi = halb), da sie keine p- 1,4-Glucosesegmente aufweisen und Glucosereste zudem nur einen kleinen Anteil ihrer chcmischen Struktur ausmachen. Sie bestehen vielmehr aus einer Vielzahl von verschiedenen Zuckerresten, und zwar sowohl aus Hexosen (Glucose, Galactose, Mannose usw.) als auch aus Pentosen (Xylose, Arabinose usw.). Hemicellulosen sind also Polyosen Cpoly bezieht sich hier auf die Vielfalt der Zuckerreste und nicht auf die Anzahl der Grundbausteine) Im Deutschen werden sie wegen ihres Auftreten in Holzern haufig als Holz-pol yosen bezeichnet. Auch dieser Name is1 nicht ganz zutreffend, da sie ausser in Holzem auch in Grasem und Stengeln vorkommen oder in den Schalen von Kartoffeln und Zuckcn-iiben. Die Polyoscn sind in diesen Pflanzen wesentliche Komponenten der Zellw3nde, und zwar mit Antcilen von (20-25) % bei Laubbaumen und (15-20) % bei Grasem (Tab. 3-18). Hemicellulosen sind Mischungen verschiedener Polysaccharide. Die hauptsachlich vorkommenden Polysaccharide besitzen eine Hauptkctte aus 50-250 Xylosc-Einheiten. Diese Xylane sind teilweise noch acetyliert. In der Regel tragen die Ketten noch einzelne Zuckerreste als Seitengruppen, und zwar haufig als die entsprechenden Uronsauren.
7. Polysaccharide
345
In Hartholzem (Ahom, Alkazie, Buche, Eiche, Esche, Nussbaum usw.) sind die Xylane noch mit Glucomannanen vergesellschaftet, in Weichhtilzem (Birke, Fichte, Linde, Tanne, Weide usw.) noch mit Galactoglucomannanen. Mannane finden sich auch in Johannisbrotsamen und den Steinnussen der Elfenbeinpalme (vegetabilisches Elfenbein). Htilzer und Stroh mussen zuerst delignifiert werden, damit die Hemicellulosen isoliert werden k6Men. Das Lignin (Kap. 3.8) wird dazu mit Hilfe von Chlor, Chlordioxid oder Peroxyessigsiure CH3C(O)OOH abgebaut. Anschliessend wird die Cellulose mit einem Gemisch aus Dimethylsulfoxid und Wasser extrahien, da auf diese Weise die in den Hemicellulosen vorhandenen Esterbindungen erhalten bleiben. Heisses Wasser, Kalkwasser und zehnprozentige Natronlauge als Extraktionsmittel bauen die Hemicellulosen teilweise ab, der Holzaufschluss nach dem Sulfit- oder Sulfatverfahren zerst6rt sie vtillig. Hemicellulosen sind wasserltislich und dienen daher als Verdicker, zum Frischhalten von Brot und als Schaumstabilisatoren in der Bierfabrikation. Derivate werden als Druckhilfen, fur photographische Prozesse und in der Kosmetik-Industrie eingesetzt. Hemicellulosen sind auch das Rohmaterial fur die Produktion von Furfural, Methanol, Glycole und Ameisenslure; die so hergestellten Mengen sind jedoch gering.
7.9.1.
Hemicellulosen der Hartholzer
Die Hemicellulosen der HartMlzer bestehen aus einem Gemisch von Xylanen (Hauptkomponente) und Glucomannanen (Minoritatskomponente). Diese Hemicellulosen enthalten anders als diejenigen der Weichholzer keine Galactose-Einheiten. Die Ketten der Xylane der Hartholzer sind Poly[p-( 1+4)-xylopyranose]n mit Polymerisationsgraden von ca. 200. In den Ketten sind einige wenige Xylose-Einheiten durch Rhamnose- und GalacturonsIure-Einheiten ersetzt. Etwa 70 % der C-2- und C-3-Hydroxylgruppen der Xylosereste sind acetyliert, wobei ein Rest 0, 1 oder 2 Acetylgruppen tragen kann. 10 % der Xylosereste tragen eine 4-0Methylglucuronsaure als Substituenten. Der Methylglucuronsaurerest ist dabei uber die 1-Stellung an das C-2 der Xylose gebunden. Die nachstehende Formel zeigt die wesentlichen Strukturelernente; sie gibt keine Repetiereinheit wieder.
Partiell acetyliertePoly[P(1+4)-xylopyranose] ; Ac = CH3C0
346
7.9. Hemicellulosen
Die Polyosen der Harthtilzer enthalten ausser dem Xylan noch (3-9% eines Glucomannans, einer Polyose aus p-( 1-34) verknupften D-Glucose-Einheiten und p-( 1+4) vcrknupften D-Mannose-Resten, anscheinend in statistischer Verteilung Das Verhaltnis Glucose zu Mannose betragt meistens 1:2, bei einigen Spezies jedoch I:].
Poly[p( 1+4)-glucopyranose-co-mannopyranose]
7.9.2.
Hemicellulosen der Weiehholzer
Die Hemicellulosen der Weichholzer sind komplizierter aufgebaut als diejenigen der Harthtilzer. Die Hauptkomponenten sind wie bei den Hartholzem Poly[p-( 1 +4)-xylopyranoseln, die jedoch anders als bei den HarthBlzem nicht acetyliert sind und etwas niedrigere Polymerisationsgrade von ca. 150 aufweisen. Der Anteil der an Xylose-Einheiten befindlichen 4-0-Methylglucuronsaure-Einheitenist von 10 % auf 70 % erhtiht. An ca. 1 1 % der Xylose-Einheiten sind Arabinose-Einheiten uber 1 4 3 gebunden.
1
4-0-Methylglucuronsaure-Rest
Poly[p-(1+4)-xylopyranose] el-ArabinoseHOCH,
GruPpe
OH
Die Hemicellulosen der Weichholzer enthalten ausserdem mindestcns zwei verschiedene Galactoglucomannane. Die Majoritatskomponente besteht aus einem gut wasserloslichen Copolymeren aus jeweils p-( 1 +4) gebundenen, offenbar statistisch verteilten Mannopyranose-, Glucopyranose- und Galactopyranose-Einheiten im Vcrhaltnis 3:3: 1 . Im nativen Zustand sind wahrscheinlich alle diese Galactoglucomannane acetyliert. Nach der Isolierung betragt der Acetylgehalt zwischen 6 % und 9 %.
341
7. Polysaccharide CH,OH ~ ~ ~ ~ ~ - G d x t o p y m o ~
HO CH2
* o CH,OH & # o ~ o Q CHZOH o ~
CHZOH
O w
Partiell acetylierte Poly(P( 14)-D-gdactose-co-D-gIucose-co-D-mannose) Je nach Arbeitsgruppe werden bei der Majorititskomponente die Acetylreste entweder an den C-2 und C-3 der Mannose-Reste gefunden oder nur am C-3, aber sowohl an den Mannose- und Glucose-Resten. Einige der Zuckereinheiten tragen uber (1+6) mit der Hauptkette verknupfte a-D-Galactopyranose-Einheiten. Die Minoritatskomponente ist ahnlich aufgebaut wie die Majoritatskomponente, enthilt aber die Mannose-, Glucose- und Galactose-Einheiten im Verhaltnis 3: 1:O,l. Wegen des nur kleinen Anteils an Galactose wird die Minoritatskomponente daher oft einfach als Glucomannan bezeichnet.
7.9.3.
Hemicellulosen der Graser
Gr2ser weisen je nach Spezies recht unterschiedliche Xylane auf. Das Xylan des Espanograses ist z.B. eine lineare Poly[p-( 1+4')-D-xylopyranose] mit einern Polymerisationsgrad von nur ca. 70. Die Hemicellulosen anderer Graser sind verzweigt, schematisch:
1
4-0-Methylglucuron~ure-Rest
Poly[P(l-+ 4)-xylopyranose]
HOCH2
HOQCH
=CH-$-O-CH, Q1 0
OH
a-L- Arabinose-Gruppe
H3C0
Ferulasaure
OH a-L- Arabinose-Gruppe
7.10. Poly(fructose)n
348
Die Poly[p-( 1+4')-D-xylopyranose]n der anderen Graser enthalten weniger Glucuronsaure-Reste als die Hemicellulosen der Hartholzer, dafur aber erhcbliche Anteile an a-L-Arabinose-Resten, z.B. in den Knotchen der Weizenstengel etwa 1 Arabinose-Einheit pro 7 Xylose-Reste. Die Arabinose ist sowohl an das C-3 als auch an das C-2 der Xylose-Reste gebunden. Beim Gerstenstroh sind etwa (6-7) % der Arabinose-Reste mit Ferulasaure (= 4-Hydroxy-3-methoxyzimtsaure) HO(CH30)C6Hy-CH=CH-COOH verestert und etwa 3 % mit p-Cumarsaure (= 4-Hydroxyzimtsaure) HOC~HS-CH=CH-COOH.
7.10.
Poly(fructose)n
Poly(fructose)n sind Polymere mit Fructosc-Einheiten in der Hauptkettc. Sie werden auch als Poly(fructosan)e, Fructosane oder Fructane bezeichnet. Bei der Untergruppe der Phleane sind die Fructose-Reste 2,6-glycosidisch verknupft, bei der Untcrgruppe der Inuline dagegen 1,2-glycosidisch. Poly(fructose)n kommen als Reservcstoffe in Wurzeln, Blattem und Samen von PflanZen vor. Sie werden ausserdem durch gewisse Bakterien produziert, z.B. die zur PhleanGruppe gehorenden Lavane aus Saccharose.
Fructose-Rest
lnulin
qpL y0y
n
CH,
OH
OH
0-
Saccharose-Rest
CH,OH
OH
Inulin ist ein lineares Polysaccharid aus 10-40 furanosiden Fructose-Einhcitcn, die
p-
1,2 gebunden sind ( M , < 5000). Es wurdc erstmals aus dem Rhizom (Wurzelstock) dcs ca. 1 3 m hohen, grosse gelbe Bluten aufweisenden Alant (Inula helenium) durch Erhit-
Zen der Rhizome mit Wasser und anschliessendem Fallen mit Ethanol isoliert. Industriell wird es aus den Wurzeln der Wegwarte (Cichorium intybus) gewonnen; die gcrostcten Wurzeln dienen seit ca. 200 Jahren als Grundlagc fur Kaffee-Ersatz (Zichorie). Inulin kommt ausserdem in den Sprossknollen der Topinambur (Helianthus tuberosus; Erdartischoke; E: Jerusalem artichoke), dcn Hullblattem der echten Artischoke (Cynara scolymus) und in ca. 22 000 weiteren Vcrtretcm der Korbblutler (Asteracae, Compositae) vor, z.B. in Astern, Chrysanthemen und Sonnenblumen
7. Polysaccharide
349
Aus Inulin gewinnt man Fructose (Fruchtzucker). Es wird schon lange in Diabetikerbroten verwendet. Neuerdings wird es zunehmend anderen Lebensmitteln zugesetzt, wo es z.B. ebenso wie Gelatine, Carrageenan und Pektin als Fettaustauschstoff dient. Der Gehalt an Poly(fructose) nimmt bei Grgsem unserer Breitengrade im Friihling zu und liuft d a m ca. Mitte Mai durch ein Maximum. Der Gehalt an Cellulose steigt dagegen s t w d i g an. Da Vieh zwar im Gegensatz zum Menschen Cellulose verdauen kann, aber nicht gem frisst, und der Nahnuen der Griser mit zunehmendem Cellulosegehalt sinkt, schneidet man das Gras etwa Mitte Mai und nicht erst beim spateren HBchstwuchs. Roggen e n t h g t Graminin (Trifructosan) mit einem Polymerisationsgrad von X = 10.
Literatur zu Kap. 7 7.1. E I m H R U N G : Kohlenhydrate, allgemein P.M.Collins, Hrsg., Carbohydrates, Chapman and Hill, London 1987 H.S.EI Khadem, Carbohydrate Chemistry, Academic Press, San Diego, CA 1988 J.F.Kennedy, Carbohydrate Chemistry, Oxford Science Publ., New York 1988 A.LiptAk, P.Fiigedi, Z.Szurmai, J.Harangi, CRC Handbook of Oligosaccharides, CRC, Boca Raton, 3 Bhde: I Disaccharides (1990); I1 Trisaccharides (1990); 111: Higher Oligosaccharides(1991) F.W.Lichtenthaler, Hrsg., Carbohydrates as Organic Raw Materials, VCH, Weinheim 1991 (Monound Disaccharide, keine Polysaccharide) 7.1. E I m H R U N G : Polysaccharide -,Nomenclature of Polysaccharides, J.Org.Chem. 28 (1963) 281 B.Bernfeld, Hrsg., Biogenesis of Natural Compounds, Pergamon Press, London 1967 A.G.Walter, J.Blackwell, Biopolymers, Academic Press, New York 1973 (keine Synthese) G.D.Fasman, Hrsg., CRC Handbook of Biochemistry and Molecular Biology, Section C: Lipids, Carbohydrates and Steroids, CRC Press, Boca Raton, FL, 3.Aufl. 1976 E.A.MacGregor, C.T.Greenwood, Polymers in Nature, Wiley, Chichester 1980 G.Ebert, Biopolymere, Steinkopff, Darmstadt 1980 (keine Synthese) C.R.Cantor, P.R.Schimme1, Biophysical Chemistry, Freeman, San Francisco 1980 (3 Bde.) G.O.Aspinall, Hrsg., The Polysaccharides, Academic Press, New York, Bd. 1 (1982), Bd. 2 (1983) W.Burchard, Polysaccharide, Springer, Berlin 1985 V.Creszenzi, I.C.M.Dea, S.S.Stivala, New Developments in Industrial Polysaccharides, Gordon and Breach, New York 1985 P.M.Collins, Hrsg., Carbohydrates, Chapman and Hall, London 1987 M.Yalpani, Hrsg., Industrial Polysaccharides, Elsevier Sci.Publ., New York 1987 E.Dickinson, Food Polymers, Gels, and Colloids, CRC Press, Boca Raton, FL, 1991 K.Hill, W. von Rybinski, G.Stoll, Hrsg., Alkyl Polyglycosides, Wiley-VCH, Weinheim 1996 RGross, CScholz, G.Leatham, Polymers from Renewable Resources, Carbohydrates and Agroproteins, Oxford Univ. Press, Oxford 2000 (ACS Symp. Series) 7.2.2. STARKE J.A.Radley, Starch and Its Derivatives, Chapman & Hall, London, 4.Aufl. 1968 W.Banks, C.T.Greenwood, Starch and Its Components, Edinburgh University Press, Edinburgh 1975 J.A.Radley, Hrsg., Examination and Analysis of Starch and Its Components, AppLSci. Publ., Barking, Essex 1976 J.A.Radley, Hrsg., Starch Production Technology, AppLSci. Publ., Barking, Essex 1976 J.A.Radley, Hrsg., Industrial Uses of Starch and Its Components, Appl.Sci. Publ., Barking, Essex 1976 J.C.Johnson, Industrial Starch Technology, Noyes Publ., Park Ridge, NJ 1979 R.L.Whistler, J.N.BeMiller, E.F.Paschall, Starch: Chemistry and Technology, Academic Press, New York,2.Aufl. 1984
350
Literatur zu Kap. 7
O.B.Wurzburg, Modified Starches: Properties and Uses, CRC, Boca Raton (FL) 1986 T.Galliard, Hrsg., Starch: Properties and Potential, Wiley, Chichester 1987 7.2.4. DEXTRINE M.L.Bender, M.Komiyama, Cyclodextrin Chemistry, Springer, Berlin 1978 WSaenger, Cyclodextrin-Einschlussverbindungen in Forschung und Industrie, Angew.Chem. 92 (1 980) 343 J.Szejtli, Cyclodextrins and Their Inclusion Complexes, Akademiai Kiado, Budapest 1982; -,Cyclodextrin Technology, Kluwer Academic, Dordrecht 1988 7.2.5. DEXTRANE A.Gr@nwall,Dextran and Its Use in Colloidal Infusion Solutions, Almquist & Wiksell, Stockholm 1957 A.N. de Belder, Dextran, Pharmacia, Uppsala, 2. Aufl. 1990 7.2.8. PULLULAN S.Yuen, Development of Pullulan: Its Characteristics and Applications, in R.D.Deanin, Hrsg., New Industrial Polymers, ACS SympSer. 4 (1974) 172 7.3. CELLULOSE (einschl. Derivate) F.D.Miles, Cellulose Nitrate, Interscience, London 1953 E.Ott, H.M.Spurlin, Hrsg., Cellulose and Cellulose Derivatives, Interscience, New York, 2. Aufl. 1956, Band 1-3; dito, N.M.Bikales, L.Segal., Hrsg., Band 4-5, 1971 V.E.Yarsley, W.Flavell, P.S.Adamson, N.G.Perkins, Cellulosic Plastics, Iliffe, London 1964 R.D.Preston, The Physical Biology of Plant Cell Walls, Chapman and Hall, London 1974 A.Frey-Wyssling, The Plant Cell Wall, Gebr.Bomtrager, Berlin 1976 R.M.Rowell, R.A.Young, Hrsg., Modified Celluloses, Academic Press, Orlando, FL 1978 S.M.Hudson, J.A.Cuculo, The Solubility of Unmodified Cellulose: A Critique of the Literature, J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol.Sci.C 18 (1980) 1 A.Hebeish, J.T.Guthrie, The Chemistry and Technology of Cellulosic Copolymers, Springer, Berlin 1981 (Pfropfcopolymere) R.M.Brown, Jr., Hrsg., Cellulose and Other Natural Systems: Biogenesis, Structure, and Degradation, Plenum, New York 1982 Z.A.Rogowin, LXGalbreich, Die chemische Behandlung und Modifizierung der Zellulose, Thieme, Stuttgart 1983 D.T.Clark, A.H.K.Fowler, P.J.Stephenson, Application of Modern Analytical Techniques to the InC 23 (1983) 217 vestigation of Cellulose Nitrates, J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol.Chem.Phys. T.P.Nevell, S.H.Zeronian, Hrsg., Cellulose Chemistry and Its Applications, Wiley-Horwood, Chichester 1985 R.A.Young, R.M.Rowel1, Cellulose. Structure, Modifications and Hydrolysis, Wiley-Interscience, New York 1986 L.-T.Fan, M.M.Gharpuray, Y.-H.Lee, Cellulose Hydrolysis, Springer, Berlin 1987 J.F.Kennedy, G.O.Phillips, P.A.Williams, Cellulose: Structural and Functional Aspects, Prentice Hall, Englewood Cliffs 1989 Th.Nevel1, PZeronian, S.Haig, Hrsg., Cellulose Chemistry. Its Application, Horwood Publ., Chichester 1989 L.V.Backinowski, M.A.Chlenov, Cellulose. Biosynthesis and Structure, Springer, Berlin 1990 L.A.Tarchevsky, G.N.Marchenko, Cellulose: Biosynthesis and Structure, Springer, Berlin 1991 H..Kr&isig, Cellulose. Structure, Accessibility and Reactivity, Gordon and Breach, New York 1993 J.F.Kennedy, G.O.Phillips, P.A.Williams, Cellulosics: Chemical, Biochemical and Material Aspects, Ellis Honvood, New York 1993 E.Doelker, Cellulose Derivatives, Adv.Polym.Sci. 107 (1993) 199 R.D.Gilbert, Hrsg., Cellulosic Polymers. Blends and Composites, Hanser, Munchen 1994 J.F.Kennedy, G.O..Phillips, P.A.Williams, L.Piculell, Hrsg., Cellulose and Cellulose Derivatives: Physicochemical Aspects and Industrial Applications, Woodhead Publ. Ltd., Cambridge 1995 J.C.Roberts, The Chemistry of Paper, Royal SOC.Chem., London 1996 D.Klemm, B.Philip, T.Heinze, Comprehensive Cellulose Chemistry, VCH-Wiley, Weinheim 1998 (hauptskhlich Viscose und Rayon) D.-N.S.Hon, N.Shiraishi, Hrsg., Wood and Cellulosic Chemistry, Dekker, New York, 2.Aufl. 2000
7. Polysaccharide
35 1
7.3.10. CHITIN UND CHITOSAN R.A.Muzarelli, Chitin, Pergamon, Oxford 1976 W.D.Comper, Heparin (and Related Polysaccharides),Gordon and Breach, New York 1981 J.P.Zikakis, Hrsg., Chitin, Chitosan, and Related Enzymes, Academic Press, New York 1984 R.A.Muzarelli, C.Jeuniaux, G.W.Gooday, Hrsg., Chitin in Nature and Technology, Plenum, New York 1986 A.F.Roberts, Chitin Chemistry, MacMillan Press, London 1986 E.R.Pariser. D.P.Lombard. Chitin Sourcebook. Wiley, New York 1989 7.4. MUCOPOLYSACCHARIDE J.S.Brimacombe, J.M.Webber, Mucopolysaccharides, Elsevier, Amsterdam 1964 R.W.Jeanloz, E.A.Balasz, Hrsg., The Amino Sugars, Academic Press, New York 1965 ff. (4 Bde.) R.A.Bradshaw, S.Wessler, Hrsg., Heparin: Structure, Function and Clinical Implications, Plenum, New York 1975 N.M.MdDuffie, Hrsg., Heparin. Structure, Cellular functions and Clinical Applications, Academic Press, New York 1979 W.D.Comper, Heparin (and Related Polysaccharides),Gordon and Breach, New York 1981 J.P.Zikakis, Chitin, Chitosan and Related Enzymes, Academic Press, New York 1984 7.5-7.8. ANDERE POLYSACCHARIDE M.Glicksman, Gum Technology in the Food Industry, Academic Press, New York 1969 N.Sharon, Complex Carbohydrates: Their Chemisuy, Biosynthesis, and Functions, Addison-Wesley, Reading, MA 1975 R.L.Davidson, Hrsg., Handbook of Water-Soluble Gums and Resins, McGraw-Hill, New York 1980 M.Neukom, W.Pilnik, Gelier- und Verdickungsmittel in Lebensmitteln, Forster-Verlag, Zurich 1980 R.L.Whistler, J.N.BeMiller, Hrsg., Industrial Gums: Polysaccharides and Their Derivatives, Academic Press, San Diego, 3.Aufl. 1993 A.N. de Belder, Industrial Gums, Academic Press, New York 1993 7.9. HEMICELLULOSEN R.L.Whistler, E.L.Richards, Hemicelluloses, in W.Pigman, D.Horton, Hrsg., The Carbohydrates, Chemistry and Biochemistry, Academic Press, New York, Bd. 11B (1970) 447 R.L.Whistler, R.N.Shah, Recent Developments in the Industrial Use of Hemicelluloses, in R.M.Rowel1, R.A.Young, Hrsg., Modified Cellulosics, Academic Press, New York 1977, 341 G.T.Maloney, Chemicals from Pulp and Wood Waste, Noyes Data, Park Ridge, NJ, 1978 K.C.B.Wilkie, The Hemicelluloses of Grasses and Cereals, Adv.Carbohydr.Chem.Biochem.36 (1979) 215 C.-%Gong, L.F.Chen, M.C.Flickinger, G.T.Tsao, Conversion of Hemicellulose Carbohydrates, in A.Fiechter, Hrsg., Adv.Biochem.Engng. Bioenergy, Springer, Berlin 1981, p.93 K.C.B.Wilkie, Hemicellulose, ChemTech (Mai 1983) 306 J.W.Rowe. Hrsg., Natural Products Extraneous to the Lignocellulosic Cell Wall of Woody Plants, Springer, Berlin 1987 D.N.-S.Hon, Hrsg., Chemical Modification of Lignocellulosic Materials, Dekker, New York 1995
Quellennachweise [lJ F.Lichtenthaler, Nachr.Chem.Techn.Lab. 38 (1990) 860, Tab. 1 [2] T.Aberle, W.Burchard, G.Galinsky, R.Hanselmann, R.W.Klingler, E.Miche1, MacromolSymp. 120 (1997) 47, (a) Tab. 1, (b) Abb. 2 und 3, (c) Abb. 1 [3] L.M.J.Kroon-Batenburg, J.Kroon, M.G.Nordholt, Polym.Commun. 27 (1986) 290, Abb. 1 [4] K.Gessler, N.Krauss, Th.Steiner, Ch.Betzel, C.Sandmann, W.Saenger, Science 266 (1994) 1027, Abb. 2A und 2B, Nachr.Chem.Tech.Lab. 43/3 (1995) Abb. 1B [5] B.Philipp, H.-P.Fink, Polymer News 24 (1999) 122, Abb. 2 [6] T.Heinze, Macromol.Chem.Phys. 199 (1998) 2341, (a) Abb. 13, (b) Abb. 14 [7] J.K.Baird, in Kirk-Othmer, Encycl.Chem.Technol., 3. Aufl., 12 (1980) 45, Tab. 10
352
8.
Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
Polymere mit Schwefelatomen oder -gruppierungen in der Hauptkette sind analog den entsprechendem Sauerstoffverbindungen aufgebaut, sind jedoch weit weniger technisch bedeutsam. Der Schwefel kann dabei in einer der einfachen Gruppierungen -S-, -Si-, -SO-, - S o p , -0-CO-S-, -NH-CS- usw. vorliegen oder in einem in der Hauptkette vorhandenen Ring oder Ringsystem eingebaut sein.
8 . 1 . Aliphatische Polysulfide rnit Monoschwefel Aliphatische Polymere rnit Monoschwefel in der Hauptkette besitzen die allgemeine Konstitutionsformel -k-Z-S*,, wobei Z ein aliphatischer oder cycloaliphatischer Rest ist.
8.1.1.
Polythioacetale
Polythioacetale -€-S-CHR+ (R = H, CH3 usw.) weisen die einfachste Kettenstruktur aller Polymerer rnit Schwefcl in der Hauptkette auf. Sie werden nicht als Polysulfide bezeichnet. Poly(thioforma1dehyd) -€-S-CH& entsteht durch Polymerisation von Thioformaldehyd HCHS oder dessen cyclischem Trimercn. Es hat ebenso wie die hoheren Homologen -k-S-CHR+ (mit R = CH3, C2H5 usw.) keine technische Bedeutung, da sich diese Polymeren leicht zu ihren Monomeren zersetzen.
8.1.2.
Polysulfide
Als Polysulfide bezeichnet man sowohl Polymerc rnit monoschwefelhaltigen Grundbausteinen -5s- als auch solche mit "po1y"schwefelhaltigen Gruppierungen -Z-Si- (i I2) in der Hauptkette (Kap. 8.1.3). Z kann aliphatisch, cycloaliphatisch oder aromatisch sein, muss aber mindestens zwei Kohlenstoffatome in der Kette aufweisen. Bei Verbindungen mit nur einem Kohlenstoffatom als Kettenatom in Z handelt es sich dagegen bei -Z-S- entweder um Polythioacetale ( Z = CHR) oder Polythioketale (Z = CR1R2). Aliphatische Polysulfide mit zwei odcr mehr Kohlenstoffatomen pro Grundbaustein sind durch (A) Ringoffnungspolymerisation cyclischer Sulfide, (B) Polykondensation von Sulfiden R2S oder Dithiolen HS-Z-SH rnit geeigneten Partnem oder (C) Polyaddition von Thiolgruppen an Vinylgruppen zuganglich. Altemativ kann man (D) funktionclle Gruppen von Monomeren mit vorgcformten Thioether-Gruppen umsetzen. Die Ringoffnungspolymerisation von Ethylensulfid (Thiiran) mit z.B. eincm Initiator aus der Reaktion von Dicthylzink mit Wasser liefert ein hochmolekulares Poly(ethy1ensulfid) rnit einer Schmelztemperatur von ca. 210"C, dass sich erst oberhalb 140°C in Nitrobenzol, o-Dichlorbenzol oder Dimethylsulfoxid lost: (8-1)
S
-+
+CH2CH2S+
n
353
8. Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
Die Polykondensation von 1.2-Dibromethan mit Dikaliumsulfid (8-2)
nBrCHzCHzBr
+ nK2S
----)
+CH2CHzS+
n
+
2nKBr
fuhrt dagegen nur zu niedenolekularen Produkten. Hochmolekulares Poly(propy1ensulfid) ist analog durch Ringiiffungspolymerisation von Propylensulfid erhatlich. Die anionische Polymerisation von Propylensulfid mit Alkyllithium als Initiator unterscheidet sich jedoch von derjenigen der Cycloether. Bei Cycloethem greift z.B. ein Alkylanion ein Kohlenstoffatom an. Bei der mit Ethyllithium initiierten Polymerisation von Propylensulfid bildet sich aber zuerst Lithiumethanthiolat (G1.(8-3)), dessen Anion d a m die Polymerisation von Propylensulfid C3H6S ausliist.
Sowohl die kationische Polymerisation mit z.B. BF3-Ether als auch die anionische liefem amorphe, ataktische Polymere (TG = - 48°C). Diese Polymeren weisen ahnliche Eigenschaften wie Styrol-Butadien-Kautschuke auf und konnen wie diese mit Russ gefullt und mit Schwefel vulkanisiert werden. Obwohl sie gut witterungs- und ltisemittelbestlndig sind, haben sie jedoch noch keine kommerzielle Anwendung gefunden. Funktionalisierte Oligomere kiinnen als Adhasive oder Dichtungsmittel dienen. Zinkhaltige Koordinationskatalysatoren liefem dagegen kristalline, isotaktische Polymere (TM = 52°C). Diese Polymeren sind optisch aktiv, wenn optisch aktive Koordinationskatalysatoren verwendet werden. Aliphatische Polysulfide des Typs -S-R-S-R'entstehen durch Polyaddition von Thiolgruppen an Divinylverbindungen: (8-4) HS-7-SH
+ CHz=CH-Z-CH2=CH2
-b
S-Z-S-CHz-CH~-Z-CHz-CHz
n
Diese Polyaddition ist radikalischer Natur; als Radikalquelle konnen Peroxide, Elektronenstrahlen oder UV-Licht dienen. Technisch benutzt man multifunktionelle Monomere. Man erhat so vemetzte Polymere, die sich als Uberzuge eignen. Llngere Kettenstucke zwischen den Schwefelgruppen erhalt man durch Polymerisation viergliedriger Ringe. Anders als bei G1.(8-3) werden die Ringe jedoch direkt angegriffen und es bilden sich Carbanionen:
Aus Pentaerythrit C(CH20H)d und Chloracetaldehyd lasst sich eine Spiroverbindung gewinnen, die mit Dinatriumsulfid polykondensiert wird:
354
(8-6)
8.2. Aliphatische Polysulfide rnit Polyschwefel
+2 Na2S NaCl
CICH, - ( 0 x 0 ) - C H 2 C I 0
-
CH2
0
-(I XI> 3, CH2-S
Zur Stabilisierung werden die Kettenenden mit Ethylenchlorhydrin verkappt. Das Polymere. kann bei 200-260°C zu z a e n Filmen verarbeitet werden. Statt Schwefel durch eine Polyreaktion als Kettenatom einzufiihren, kann man auch Monomere rnit mittelstandigen Schwefelatomen verwenden. Ein solches Monomeres ist z.B. Thiodiethanol (Thioglycol, Bis(2-hydroxyethy1)sulfid) HOCH2CH2-S-CH2CH20H, das durch Reaktion von Ethylenoxid rnit Schwefelwasserstoff entsteht. Durch eine saurekatalysierte Polykondensation erhalt man im Vakuum bei erhohten Temperaturen unter Technische PolyWasserabspaltung Poly(thiodiethano1) HW-CH2CH2SCH2CH20*H. mere enthalten noch geringe Mengen eines anderen Glycols (um die Kristallisation des Polymeren zu unterdriicken) sowie ein drittes Monomeres, das ungesattigte Seitengruppen bereitstellt. Das resultierende Poly(ether)-Elastomere wird konventionell rnit SchwefelfZinkmercaptobenzthiazo1oder mit einem zinkfreien System aus Schwefel und Polyaminen vulkanisiert. Polymere Acrylate, Butadien, Urethane usw ., die zwei oder mehr SH-Endgruppen tragen, werden technisch als Polymercaptane bezeichnet. “Poly”bezieht sich hier auf die “vielen”Endgruppen und nicht auf die vielen Monomereinheiten. “Mercapto”sollte nach IUPAC eigentlich nur dann anstelle von “thiol”verwendet werden, wenn gleichzeitig auch Substitutenten mit hBherer hiontiit vorliegen.
8.2.
Aliphatische Polysulfide mit Polyschwefel
Technisch bedeutsame aliphatische Polysulfide 4-Si-Zh mit i = 2, 3 ... entstehen durch Polykondensation von am-Dichlorverbindungen CI-Z-Cl mit Natriumpolysulfiden Na2Si. Die mittlere Zahl i > 1 der Schwefelatome pro Repetiereinheit der bej der Polykondensation entstehenden Polysulfide -f-Z-S,k wird als Schwefelgrad bezeichnet. Diese Thioplaste sind seit 1926 als Thiokole@ bekannt. Als Dichlorverbindung setzt man heutzutage als Halogenverbindung tcchnisch iiberwiegend das Bis(2-chlorethy1)forma1 (ClCH2CH20)2CH2 ein, das zum Schwefelgrad 2 fiihrt. In einigen Ftillen wird noch das historisch erste Monomere 1.2-Dichlorethan benutzt (gibt Schwefelgrad 4) oder ein Gemisch von Bis(2-chlorethy1)foral und 1.2-Dichlorethan (fuhrt zum Schwefelgrad 2,2). Als Verzweiger wird haufig etwas 1,2,3-Trichlorpropan zugcsetzt. (Bis(2-chlorethy1)ether wird nicht mehr verwendet. Cl(CH2)2S(CH2)2Clkann nicht als Monomer verwendet werden, da es ein Hautgift ist, das irn ersten Weltkrieg als Giftgas eingesetzt wurde (Senfgas, Lost; E: mustard gas). Die beiden Reaktionspartner brauchen nicht in stochiometrischen Mcngen vorliegcn. Bei einem Uberschuss an Na2Si bildcn sich namlich NaS- bzw. NaSi-Endgruppen, die entweder disproportionieren oder oxidiert werden
(8-7)
-R-SI-Na
(8-8)
2 -R-S-Na
--+ *R-SI-R-
+ Na-S,-Na +
1/20,
+
H20
----*
*R-S-S-R-
+ Na,Si
+ 2NaOH
355
8. Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
Durch diese Reaktionen erhiiht sich die Molmasse uber den Wert hinaus, den man aus der StCIchiometrie der Polykondensation berechnen kann. Die leichte Oxidierbarkeit der Polysulfide wird bei technischen Hartungen hochmolekularer Thioplaste rnit Bleidioxid, organischen Peroxiden oder p-Chinondioxim zu vernetzten Polymeren ausgenutzt. Die Reaktion ist stark endotherm und daher nicht fiir niedermolekulare Produkte rnit vielen SH-Gruppen brauchbar. Bei diesen Hlrtung werden die SH-Endgruppen der verzweigten Polymermolekule zu kettenstandigen Gruppierungen umgewandelt:
(8-9)
4 MZ-SH
+ Pbo, - 2 H20
+ *z-s-s-z*
*Z-s-PbS-z*
b
1
+Pbo*, - 2 P b o
t
Das weniger giftige Mangandioxid wirkt tihnlich. Es liefert eine griissere Topfzeit (E: shelf life) und lichtbestgndigere Produkte, bentitigt aber einen Aktivator wie z.B. Tetramethylthiuramdisulfid (CH3)2NC(S)S2C(S)N(CH3)2 oder Diphenylguanidin: (8-10)
2 MZ-SH
+ MnO, +
MZ-S-S-ZJW~
+
MnO
+ H,O
Andere Hlrter sind ZnCr04, Na2Cr207, CaO2, NaB02, H202 und Cumolhydroperoxid. Die Vemetzungen kCInnen auch addierend durch Zusatz von Diisocyanaten oder Epoxiden und kondensierend mit Phenol-Formaldehyd-Harzenvorgenommen werden. Die Eigenschaften gehirteter Polymerer hangen in erster Linie vom Schwefelgrad ab (Tab. 8-1). Die Schwefelatome in Polymeren mit hiiherem Schwefelgrad liegen dabei in Form von Schwefelketten ...S-S-S ... vor. Htihere Schwefelgrade ktinnen durch Behandeln der Polymeren rnit Natriumpolysulfid emiedrigt werden. Beim Umsetzen gleicher Stoffmengen von -S4-R- und Na2S4 entsteht so z.B. -S3,1-R- und Na2S4.9. Die Thioplaste werden ausser rnit Vernetzern noch mit Weichmachem (z.B. Phthalate), Fullstoffen (z.B. CaCO3), Pigmenten, (TiO2, Russ) Thixotropierungsmitteln (z.B. Montmorillonit, Tab. 11-4), Haftvermittlem und anderen Additiven formulien. Im fertig formulierten Produkt ktinnen Zusatze bis zu 70 Gew,-% ausmachen. Feste Polysulfide werden wegen ihrer Bestadigkeit gegen Ltisungsmittel, Sauerstoff und Ozon fur Dichtungen (Isolierglas, Hoch- und Tiefbau) und andere Formartikel (z.B. Zahnabdruckmassen) verwendet, ausserdem als Blends rnit Epoxiden fur Kleber und als Beschichtungsmittel im Strassenbau. Gemische von flussigen Polysulfiden mit gewissen Oxidationsmitteln verbrennen mit grosser Intensitat und Gasentwicklung. Sie dienten als Grundstoffe fur Feststoffraketen, werden dafur aber nicht mehr verwendet. Tab. 8-1 Einfluss des Schwefelgrades auf die Konsistenz.aliphatischer Polysulfide +(CH2),Si Zahl i der Schwefelatome
pro Repetiereinheit
1
Zahlj der Methylengruppen pro Repetiereinheit 2
1 2 3
pulvrig fest, plastisch
4
gummiartig
pulvrig homartig, kalt verstreckbar gummiartig gummiartig, kristallisiert beim Stehen
fr . 3
pulvrig
gummiartig
356
8.3. Pol(pheny1ensulfid)
8.3.
Poly(phenylensu1fid)
8 . 3 . 1 . Synthesen Das Poly(phenylensu1fid) (PPS) genannte Polymere tS-@-CsH4)+ ist ein Poly( I ,4thiophenylen). Technisch wird es aus 1,4-Dichlorbenzol Cl(p-C6H4)CI und Dinatriumsulfid Na2S in N-Methyl-2-pyrrolidon unter Abspaltung von NaCl synthetisiert:
(8-11)
n
Na,S
+
n
C I O C I -+ {
S
a
+ 2 n NaCl
Bei diesem Phillips-Prozess werden bei kleinen Umsatzen hohere Molmassen gefunden als fur Gleichgewichts-Polykondensationenerwartet wird, vermutlich, weil Verzweigungsreaktionen auftreten. Bei der Reaktion entstehen femer einige -S-S- Bindungen, die bei Temperaturen uber ca. 300°C unter Bildung von s8 zerfallen; die Reaktion kann somit keine nucleophile Substitution sein. Sie wird als 1-Elektronen-Prozess mit Radikalkationen als reaktiven Zwischenprodukten aufgefasst. Die Reaktion (8-1 1) liefert niedrige bis mittlere Molmasscn. Urn zu hohcren Molmassen zu gelangen, werden die primaren Polymeren noch gehartet (s. unten). Hohe Molmassen konnen jedoch auch direkt erhalten werden, und zwar beim Phillips-Prozess durch zugesetzte Alkalimetallcarboxylate als Polymerisationsmodifikatoren. Diese hochmolekularen PPS brauchen nicht gehartet werden. Nach Kureha Chemical entstehen lineare Polymere, wenn wahrend der letzten Reaktionsstufe Wasser zugesetzt wird. Die Reaktion verlauft nur in N-Methylpyrrolidon als Ldsungsmittel, vermutlich, weil dieses Ltisungsmittel das richtige Oxidationspotential aufweist, um aus den NaSe-Anionen Radikale zu bilden:
+
NaS'
(8-12)
no N
NaS'
+
nOe N
Die Radikale addieren sich dann an das Dichlorbenzol:
C
I
~
C
+I NaS'
CI
-
1L (8-13)
cle +
CI-@SNa
L-cle
357
8. Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
Die mesomere Form des gebildeten Radikalkations reagiert daM weiter nach
Aus dem primar gebildeten Radikalkation Cl(p-C6H4)-S-(p-C6H4)*eCle wird 4.4'Di(chlorpheny1)sulfid gebildet:
und der Wachstumszyklus beginnt von vom. Radikalkationen sind sehr reaktive Spezies; die bei kleinen Umsltzen anfanglich gebildeten Polymerisationsgrade sind daher verhlltnismassig hoch. Die Reaktivitat der Radikalkationen strebt jedoch wegen der mit steigender Kettenlange zunehmenden Resonanzstabilisierung einem Grenzwert zu, und die Polymerbildung wird dann ab ca. X > 20 nach den Gesetzen der Gleichgewichts-Polykondensationen rein statistisch durch die Zahl der vorhandenen Molekule bestimmt. Aus 1,4-Diiodphenylen und Schwefel erhalt man in der Schmelze ein Polymeres mit Thio- und Dithiophenylen-Einheiten:
-
(8-16)
s
o
+
- s - s G
Das entstehende Iod wird nach I2 + C6H6 + 02 -+ I(p-C6H4)I + H 2 0 mit Benzol und Sauerstoff umgesetzt, wobei das Diiodphenylen regenerien wird.
8.3.2.
Eigenschaften
Nichtgehanete PPS weisen relative Molmassen zwischen 18 000 und 35 000 auf. Sie losen sich bei Temperaturen uber 200°C in solchen Ltisemitteln wie 1-CNomaphthalin, Biphenyl oder o-Terphenyl. PPS sind im reinen Zustand weiss. Die etwas gelbliche Farbe der ungeharteten technischen Produkte ist durch FeC13 von den Reaktoren bedingt. Das Polymere verfarbt sich beim Erhitzen in der Luft (Harten) nach braun und wird unl6slich.
358
8.4. Aromatische Polysulfidether
Tab. 8-2 Eigenschaften von ungefiillten bzw. mit 40 Gew.-%Glasfasem gefiillten, hochmolekularen Poly@henylensulfid)en.Messungen bei 25OC sofem nichts anderes erwahnt. Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte gJcm3 Schmelztemperatur @SC) T Glatemperatur @SC) “c Linearer thermischer Ausdehnungskoeff. K-l Spezifische W’drmekapaziCit J K-1 g1 Wmeleimigkeit (20°C) W m-’ K-* Zugfestigkeit (Bruch) MPa Streckspannung MPa % Streckgrenze Reissdehnung % Biegemodul MPa Biegefestigkeit MPa Kerbschlagfestigkeit J/m Schlagfestigkeit J/m H m (Rockwell) Kompressionsfestigkeit MPa Relative PermittiviUt 1 Durchschlagfestigkeit kV/mm 1 Dielektrischer Verlustfaktor Dmhgangswiderstand(2 min) R cm 1 Sauerstoffindex
Typen von Poly@henylensulfid)en linear, verzweigt, verzweigt, verzweigt, ungeh&tet ungehiirtet g e h m t geh&t, ungefiillt ungefullt ungefiillt gefiillt 1,425 315 85 4,9.1V5
86 80 5 3-21 3 700 130 26 900
1,35 285
1,6 4.10-5
4,9.
66
1,09 0.29 65
1,05 0,29 122
1,6-2 3 900 96 16 100 R- 120 110
0.5-1,7 12 OOO 160 69 180 R-123 145 38 17,7 3.8 4,5.1016 46,s
44
Die theoretische Dichte betragt 1,440 g/cm3. Ungehartete lineare PPS weisen cine Dichte von nur 1,425 g/cm3 auf (Tab. 8-2); sie sind zu ca. 65 % rtintgenkristallin. Poly(phenylensu1fid) ist in Luft bis ca. 500°C stabil und nicht entflammbar. PPS wird daher fur korrosionsfeste Uberzuge von Pumpen und Ventilen sowie fur KochtCipfe und -pfannen eingesetzt. Der grcjsste Verbraucher ist jedoch die Elektro- und die Elektronikindustrie (Schalter, Regler, Verpackung elektronischer Bausteine usw.), gefolgt von der Automobilindustrie (Pumpen, Ventile, Dichtungen usw.). Dazu wird PPS in der Regel mit Glas- bzw. Kohlenstofffasem oder anorganischen Fullstoffen (Kreide, Eisenoxid usw.) ausgeriistet. Mineralische Fiillstoffe verbessem die Verarbeitbarkeit und verringem das Schrumpfen. Ungefulltes PPS wird auch fur Fasem und nicht-gewebte flachige Gebilde (Filme, Folien usw.) verwendet.
8.4.
Aromatische Polysulfidether
Aromatische Polysulfidether enthalten aromatischc und aliphatische Reste sowie Ether- und Thioether-Gruppierungen in der Kette. Monomere mit vier Methylengruppen werden aus Thiophen und Phenol hergestellt:
359
8. Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
ooH + c1,
(8-17)
+
HCI, -Cle'
Die Monomeren werden mit Natriummethylat oder Anionenaustauschem in Zwitter-
ionen umgewandelt, die d a m in einer sog. Death charge-Polymerisation unter Aufgabe der Ladung und Ringdffnung zu den Polysulfidethem polymerisieren, z.B.
Fur Polymere mit funf Methylengruppen pro Repetiereinheit wird das entsprechende Monomere jedoch iiber eine Ringschlussreaktion erzeugt: (8-19)
Br(CH&Br + C H 3 - S o O H
e
- CH3Br, - Br
Die technische Bedeutung der Reaktion (8-18) liegt darin, dass aus wassrigen Ldsungen der Monomeren wasserbestindige Uberzuge erhalten werden. Die aus bifunktionellen Monomeren hergestellten linearen Polymeren sind jedoch verhaltnismlssig weich. Harte Uberziige erzielt man durch Copolymerisation mit multifunktionellen Zwitterionen. Die Hlrte dieser Uberzuge kann durch Filmbildung in Gegenwart von Latices oder kolloidalem Siliciumdioxid erhdht werden. Die Polymeren werden jedoch nicht als technische Produkte genutzt, weil die Monomeren zu toxisch sind.
8.5.
Polysulfone
Polysulfone -FZ-S02+ enthalten in der Hauptkette ausser bifunktionellen aliphatischen, cycloaliphatischen oder aromatischen Gruppierungen -Z- auch Sulfongruppen -S02-. Ihre IUPAC-Namen sind Poly(sulfony1-1-alkylen), Poly(sulfony1- 1-arylen) usw. In der Technik bezeichnet man als "Polysulfone" jedoch nur solche Polymeren, deren Kohlenstoffreste ammatisch sind und die zusatzlich noch aromatische Ethergruppierungen enthalten. Diese Polymeren sind daher eigentlich aromatische Polyethersulfone mit der allgemeinen Konstitutionsformel tO-Ar-SO2-Ar'Si; (Kap. 8.5.3). Urn das eigene Produkt von Konkurrenzprodukten abzuheben, werden sie je nach Firma als Polysulfone, Polyarylsulfone, Polyphenylsulfone, Polyethersulfone, Polyphenylethersulfone oder sogar als Polyarylenether ("Polyarylether") bezeichnet.
8.5.1.
Poly(alkylensulfon)e
Polysulfone mit aliphatischen oder cyclopaliphatischen Gruppierungen in der Hauptkette entstehen entweder durch radikalische Copolymerisation der entsprechenden Olefine bzw. Cycloolefine mit Schwefeldioxid, z.B.
360 (8-20)
(8-21)
8.5. Polysulfone
CH2=CH2
+
0+
SO2
-+
+S02-CH2-CH2+
n
- tso2Cft
oder durch Oxidation der korrespondierenden Polysulfide:
Die radikalische Copolymerisation (GL(8- 19) und (8-20)) erfolgt oberhalb der sog. Ceiling-Temperatur T, ("Deckentemperatur") aus thermodynamischen Griinden nicht zu hochmolekularen Polymeren (Band I). Da Schwefel-Kohlenstoff-Bindungenweit schw2cher als Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen sind (240 kJ/mol vs. 345 kJ/mol), sind sie thermisch leicht homolytisch spaltbar. Die gebildeten Makroradikale werden dann wegen der niedrigen Ceiling-Temperaturen (Tab. 8-3) in Retro-Polymerisationen zu den Monomeren abgebaut. Wegen dieser leichten Abbaubarkeit konnen die aliphatischen Polysulfone nicht als Werkstoffe verwendet werden. Sie sind aber aus den gleichen Griinden umgekehrt als Abdecklacke (Resists) beim Herstellen integrierter Schaltungen brauchbar (Band IV). Technisch verwendet wird hier vor allem der Abbau von Poly(1 -butensulfon) mit Elektronenstrahlen. Poly(2-methyl-] -pentensulfon) zerfallt am schnellsten (niedrigste T J . Tab. 8-3 Dichten p. Glastemperaturen TG ud Schmelztemperaturen TH von 1:1-Copolymeren aus Olefinen bzw. Cycloolefinen und Schwefeldioxid. Tc = Ceiling-Temperatur bei der Copolymerisation mit einern iiberschuss SO2 von den ZustAnden I zu den Zustiinden 11, welche gasformig (g), flussig (I), gelost (s), amorph (a) oder kristallin (c) sein konnen. * (31 % S02).
Olefin
Ethen Propen 1-Buten 1-Hexen 1-Hexadecen 1-Octadecen Isobuten 2-Methyl-1-penten 4,4-Dimethyl-l-penten 2,4,4-Trimethyl- 1-penten Cyclopenten Cyclohexen Cyclohepten Bicylo[2.2. llhepten 1-Buten + Cyclopenten (I:])
TC
P
TG
TM
"C
g crn"
"C
"C
5 - 34 14 < - 80 103 24
(a)
1,457 1,245 1,220 0,990 0,990 1,406
81-95
135 * 280 150-160 76
77 45 230
(ss)
(d
(ss) (ss) 11 (ss)
82 200-205 117 57
240-290
36 1
8. Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
8.5.2.
Poly(phenylensu1fon)
Poly(sulf0- 1,4-phenylen) + S o y ( 1,4-C6H4)% entsteht durch Oxidation von Poly(thio- 1,4-phenylen)-Suspensionenbei Temperaturen von (40-90)"C:
(8-23)
-
S
+ O2
D
--*
*:+ 0
Wegen seiner sehr hohen Schmelztemperatur von 520°C kann das Poly(su1fo- 1,4phenylen) ("Poly(pheny1ensulfon)") nur schwierig zu Werkstoffen verarbeitet werden. Es wird jedoch als Ceramer@ Fluorpolymeren zugesetzt, wo es den Abriebwiderstand erhoht und bei Uberzugen die Haftung an Metallen verbessen.
8.5.3.
Polyethersulfone
Aromatische Polysulfone PSU werden thermoplastisch verarbeitbar, wenn in ihre Ketten flexibel machende Ethergruppen (niedrige Rotationsschwelle, s. Band I) eingefuhrt werden. Je nach der Struktur der Grundbausteine bzw. Repetiereinheiten werden diese Polysulfone von den Herstellem schlicht als Polysulfone oder je nach Firma als Polyaryl(en)sulfone, Polyphenyl(en)sulfone, Polyethersulfone oder sogar als Polyarylether bezeichnet. Diese kommelzielle Unterscheidung ist chemisch nicht gerechtfertigt, da alle Produkte immer Sulfon- und Ethergruppen sowie aromatische Reste enthalten: sie sind aromatische Polyethersulfone. Einige PSU sind jedoch Blends mit ABS oder SAN, andere sind mit 30 % Glas- oder Kohlenstofffasern verstarkt. Alle handelsublichen Polyethersulfone weisen in der Kette die charakteristische Gruppierung -C6H4-S02-C6H4-0auf, die jedoch nur in den ersten drei der unten stehenden vier Strukturen auch eine Monomereinheit ist (s. unten). Im nachstehenden werden alle aromatischen Polyethersulfone durch die Abkurzung PSU gekennzeichnet und die vier handelsublichen Typen durch PESU, PPSU, PBSU und PAESU. In der Literatur werden auch viele andere Kurzel verwendet (z.B. PES, PSF oder PSO). Die Konstitutionsformel der Polyarylethersulfone PAESU wurde nicht bekannt gegeben, doch scheint es sich um die nachstehend aufgefiihrte chemische Struktur zu handeln. PESU (PES)
+SO2
0-
0
PPSU (PPSF) 0
S
0
2
PBSU (PSF) 0
S
0
20 0 - 0 -
(Pusm -
--(3-s02
Polyethersulfon
-
0-0
0
0
Polyphenylensulfon
Polybisphenolsulfon CH3 0 so,
+
Polyarylethersulfon
362
8.5. Polysulfone
Poly sulfonierungen Polyarylensulfone konnen durch Polysulfonierungen oder durch Polyether-Synthesen hergestellt, und zwar jeweils als AB- oder als AA/BB-Reaktionen. Bei Polysulfonierungen wird aromatisch gebundener Wasserstoff durch Sulfonyliumionen elektrophil substituiert. Die Reaktionen werden bei (lOO-250)"C mit katalytischen Mengen von Lewis-Sauren wie FeC13, SbC13 oder InCl3 in Ldsungsmitteln wie Nitrobenzol, Tetrachlorethylen oder Sulfonen oder aber in der Schmelze ausgefuhrt. Die AB-Reaktion zu Polyethersulfonen (PESU) erfolgt also nach
Bei dieser AB-Reaktion werden wie gezeigt praktisch nur para-substituierte Gruppierungen gebildet. Da das Monomere jedoch sehr teuer ist, stellt man das Polyethersulfon PESU nicht rnit der Reaktion (8-23) her, sondem mit der Reaktion (8-26). Um mit einer AA/BB-Reaktion zur gleichen Repetiereinheit -C6H4-0-C6H4-S02zu gelangen, muss man von den entsprechenden Diphenylethem ausgehen: (8-25)
0
0
-
0
+
CISoz-(-J-o~sozcI
- 2 HCI
n
Die Reaktion (8-25) fuhrt jedoch zu ca. 20 % ortho- und nur 80 % para-Gruppierungen. Sie ist fur die Synthese von PESU unbrauchbar, weil die Polymeren rnit steigendem ortho-Anteil zu sprode werden. Sie eignet sich jedoch fur die Synthese von Polyarylethersulfonen (die nachstehend gezeigte Struktur ist rnit der auf der vorhergehenden Seite Er PAESU gezeigten identisch!)): (8-26)
( - J O G
+
c I s o z ~ s o z c I
- 2 HCI
pol yether-Synthese Die Polyether-Synthese ist eine nucleophile Substitution von aromatisch gebundenem Halogen durch Phenoxyionen unter Abspaltung von Metallchloriden MtC1. Sie kann als AB- oder als AA/BB-Reaktion ausgefuhrt werden. Die AB-Reaktion ist die Methode der Wahl f i r die Synthese der Polyethersulfone (PESU):
363
8. Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
Die entsprechende AABB-Reaktion eignet sich sowohl fur die Synthese von Polyphenylensulfon (PPSU)
- 2 MtCl
#
-
-
+
0
2
~
0
~
0
als auch die von Polybisphenolsulfon, wenn (MtO(p-C6H4)-C(CH3)2-(p-C6H4)oMt anstelle von Mt0(4,4'-C6H4-C6H4)OMt) verwendet wird. Diese AB- und AABB-Reaktionen erfolgen bei (1 30-25O)"C in Llisungsmitteln, die sowohl die Monomeren als auch die Polymeren Ibsen, z.B. in Mischungen von Chlorbenzol und Dimethylsulfoxid. Bei AB-Polyether-Synthesen reagieren die Monomermolekiile nicht so schnell wie die Polymermolekiile (6. Aufl., Band I, S. 447). Die Monomermolekule liegen daher anfanglich in grbsseren Anteilen vor als die klassische Polykondensationstheorie vorhersagt. Die Verteilung der Polymerisationsgrade wird breiter und die Molmasse steigt zuerst nur schwach und erst spater steiler mit der Zeit an. Bei AA/BB-Synthesen werden dagegen anfanglich relativ mehr Monomermolekule verbraucht. Die Molmassenveneilung wird enger und die Molmasse nimmt erst steil und dann weniger steil mit der Zeit zu. Bei den nucleophilen Reaktionen (8-26) und (8-27) werden Polymere mit reaktiven Endgruppen gebildet, die bei der Verarbeitung weiterkondensieren. Dabei steigen die Molmassen und folglich auch die Schmelzviskositaten an. Zur Stabilisierung werden daher die Phenolatgruppen mit Methylchlorid umgesetzt, wodurch nichtreaktive Methoxygruppen entstehen.
Pol yarylensulfidsulfone Polyarylensulfidsulfone entstehen durch Copolykondensation von Cl(p-C6H4)Cl und Cl(P-C6H4)S02@-C6H4)Cl mit Na2S. Die amorphen Polymeren weisen eine Glastemperatur von 215°C auf.
Eigenschaften Aromatische Polyethersulfone sind transparent und leicht gelblich gefarbt. Sie bauen bei der Bestrahlung mit ultraviolettem Licht mit Wellenlangen Lo < 320 nm ab. Dieser Photoabbau ist hauptsachlich durch die Sulfongmppen und weniger durch anwesende Verunreinigungen bedingt. Beim Abbau entstehen hauptsachlich Hydroxylgmppen. Als Schutzmittel eignen sich daher Peroxid-Desaktivatoren und sterisch gehinderte Amine (HALS, s. Band IV). Die Polymeren sind amorph und besitzen hohe Glastemperaturen zwischen 190 und 230°C (Tab. 8-4). Sie thermisch und hydrolytisch stabil und weisen gutes Kriechverhalten auf. Ihre Schmelzeviskositaten sind hoch, werden aber nur wenig von der Schergeschwindigkeit beeinflusst. Beim Verarbeiten durch z.B. Spritzgiessen treten daher nur wenig molekulare Onentierungen auf; die Eigenschaften von Formteilen sind praktisch richtungsunabhangig.
~
364
8.5. Polysulfone
Aromatische Polyethersulfone eignen sich wegen ihrer guten thermischen und hydrolytischen Stabilitat fur Anwendungen, bei dencn sie dauemd und/oder wiederholt Wasserdampf und heissem Wasser ausgesetzt sind. Beispiele sind konstruktive und elektrische Teile, Beschichtungen von Pfannen und Topfen. mikrowellenfeste Behalter und sterilisierbare medizinische Utensilien. Die guten dielektrischen Eigenschaften fuhren zu Anwendungen bei 2.B. spritzgegossenen Leiterplatten. Sie werden als Membranen fur Gastrennungen benutzt und in Form ihrer Sulfonierungsprodukte auch fur die Meerwasserentsalzung. In organischen Losungsmitteln tritt Spannungsrissbildung auf. Die Loslichkcit in organischen Losungsmitteln (Anilin, DMF, DMSO usw.) nimmt in der Reihenfolge PBSU > PAESU > PESU > PPSU ab. Die Polymeren sind gut bestaindig in wassrigen Losungen von Mineralsauren. Alkalien und Salzen. Tab. 8-4 Eigenschaften von Polyethersulfonen. kB = kein Bruch. Olefin
Dichte Brechungsindex Wamestandfestigkeit (1,82 MPa) Vicat-Temperatur B Glastemperatur (DSC) Linearer therm. Ausdehnungskoeff. Wbneleitf2higkeit(20°C) Zugmodul Biegemcdul Streckspannung Zugfestigkeit (Bruch) B iegefestigkeit Kompressionsfestigkeit Smkgrenze Reissdehnung Schlagfestigkeit (Izod, 3.1 mm) (CharpY) Kerbschlagfestigkeit (Izod, 3.1 mm) (CharpY) Hate (Rockwell) Relative Permittiviat Otcfichenwiderstand Durchgangswiderstand (2 min) Durchschlagfestigkeit Dielektrischer Verlustfaktor (50 Hz) Lichtbogenfestigkeit Sauerstoffindex Entflammbarkeit Wasserabsorption (24 h) (Gleichgewicht)
Physik. Einheit
dcm3 1
T T T K-' W m-I K-' MPa MPa MPa MPa MPa MPa % %
PPSU PAESU PESU Victrex@ Radel@ Radel* A400 4100G R5000 1,37 1,545
1,29
1,37
1,24 1,63
210 222 230 55.104 0,18 2440 2570
204
204
220 56.104
217 49.10-6
2140 2280
2650
64
12
84 129
83 91
174 188 192 56. 0,26 2480 2690 70
86
60
7 60
90
340 640
85
M88 3,5
3.4
MI 10 3.5
6.5 1340
M/m2 1 R Q cm
kV/mm 1 S
% 90 %
100
8.9.1 014 7,7.1016 14.6 0,002 41
34
38
v-0
v-0
0,43 I,]
0,3 1,8
106 96 6 75
kB kB
Jim N/m2
Jlm
PBSU UdeF PI700
v-0 0,62
69 5 M69 3.2 3.1016
5.1016 20
0,001 122 30 v-2 0,22
365
8. Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
8 . 6 . Polymere rnit Schwefel in Ringstrukturen 8.6.1.
Poly(thiophen)e
Poly(2S-thiophen) existiert in einer aromatischen und in einer chinoiden Form:
aromatisch
chinoid
Synthesen Substituierte und nicht substituierte Poly(thiophen)e sind durch verschiedene Synthesen erhiltlich. Die Polyreaktion von 3-substituierten 2,5-Dichlorthiophenen und Magnesium wird durch Nickelkomplexe katalysiert:
Die Reaktion verlauft ubenviegend unter Kopf-Schwanz-Kopplung. Grossere Regiospezifizitaten mit 91 % Kopf-Schwanz-Kopplung erzielt man durch die Ein-Topf-Reaktion von (I) 2-Brom-3-dodecylthiophen mit Lithiumdiisopropylamid in Tetrahydrofuran bei -40°C. gefolgt von (11) einem Zusatz von MgBr2-O(C2Hg)2 und daM von (111) NiC12.( 1,3-Bis(diphenylphosphino)propan):
Cl
(8-30)
S
Br + Li
d
2
S
C 5H Br
n ---*
BrMg
n C12H25
Hohere Molmassen, aber auch grossere Anteile an Verunreinigungen, werden bei der oxidativen Kupplung von Thiophenen und Bithiophenen in organischen Losungsmitteln rnit FeC13 als Oxidationsmittel erhalten. Die Plasmapolymerisation (s. Band I) ist dagegen ein fur die Erzeugung dunner Filme brauchbarer Trockenprozess. Dunne Filme von Poly(3-methylthiophen) lassen sich durch elektrolytische Abscheidung aus Elektrolytlosungen (quaternare Ammoniumsalze usw.) der Monomeren an Platin- oder Goldelektroden herstellen. Im ersten Schritt wird hier von dem Monomermolekul ein Elektron entfemt. Das entstehende Radikalkation kombiniert dann entweder rnit einem anderen monomeren, oligomeren oder polymeren Radikalkation oder reagiert rnit einem neutralen Monomemolekul unter Abspalten von H2 usw. Die Elektroneutralitat wird durch die Gegenionen des Elektrolyten aufrechterhalten, z.B. durch [BF4Ie.
366
8.6. Polymere mi[ Schwefel in Ringstrukruren
Eigenschafien Poly(thiophen) ist amorph, substituierte Poly(thiophen)e sind schwach kristallin. Das durch die konjugierten Doppelbindungen erzeugte sc-System fuhrt zu elektrischen Leitftihigkeiten, deren GrSsse von der Konstitution der Monomereinheiten, deren regiospezifische Verknupfung, der Makrokonformation der Polymermolekule, der Morphologie der Polymeren sowie des Typs und der Konzentration des Dotierungsmittels abhangt. Nicht dotienes Poly(thiophen) weist eine elektrische Leitfahigkeit von ca. S/cm auf, ein mit I2 dotiertes aber eine von 7 S/cm und ein mit S03CF3e dotiertes sogar eine von 100 S/cm. Poly(thiophen)e zeigen auch Elektrochromie und Thermochromie. Poly(thiophen)e sind sowohl im nicht dotierten als auch im dotierten Zustand recht stabil gegen Sauerstoff und Feuchtigkeit. Sie werden zur Zeit fur antistatische Filme und Uberzuge verwendet. MSgliche andere Anwendungen sind fur Biosensoren, Batterien, Dioden und Transistoren.
8.6.3.
Andere Polymere
Poly(3,4-ethylendioxythiophen) wird zum antistatischen Vcrpacken elektronischer Bausteine verwendet. Sehr dunne, fast unsichtbare Schichten dieses Polymeren machen Kunststoffe oberflachenleitfahig. Poly(tetrathiafulva1en) entsteht durch oxidative Polymerisation von Tetrathiapentalen. Es ist auch ohne Dotierung elektrisch leitfahig.
")-cs7f)q S
C6H5
Poly(3,4-elhylendioxythiophen)
S
C6H5
Tetrathiapentalen
Polybenzthiazole werden mit den entsprechenden Oxazolen in Kap. 9.7.4 besprochen.
N
N Hgd Ae
'
N, Ae CH,
-
Polyb-phenylenbenzbis(1,3-thizol)) Poly(p-phenylenbenzbis(1,3-thiazolium))salz
8. Kohlenstoff-Schwefel-Ketten
367
Literatur zu Kap. 8 8.0. ALLGEMEINE UBERSICHTEN E.J.Goethals, Sulfur-Containing Polymers, J.Macromol.Sci.[Revs.] C 2 (1968) 73 E.J.Gcethals, Sulfur-Containing Polymers, Topics Sulfur Chem. 3 (1977) 1 8.1. ALIPHATISCHE POLYSULFIDE MIT MONOSCHWEFEL P.Sigwalt, Stereoregular and Optically Active Polymers of Episulfides, 1nt.J.Sulfur Chem. C 7 (1972) 83 W.H.Sharkey, Polymerization through the Carbon-Sulfur Bond, Adv.Polym.Sci. 17 (1975) 73 8.2. ALIPHATISCHE POLYSULFIDE MIT POLYSCHWEFEL GGaylord, Polyethers, Pt. 3, Polyalkylene Sulfides and Other Polythioethers, Wiley, London 1962 E.R.Bertozzi, Chemistry and Technology of Elastomeric Polysulfide Rubbers, Rubber Chem. Technol. 41 (1968) 114 C.Placek, Polysulfide Manufacture, Noyes Data Corp., Park Ridge, NY 1970 W.Cmper, Polyalkylensulphides, Brit.Po1ym.J. 3 (1971) 28 E.Dachselt, Thioplaste, VEB Dtsch.Vlg. Grundstoffindustrie, Leipzig 1971 F.Lautenschlaeger, Alkylene Sulfide Polymerizations, J.Macromol.Sci. [Chem.] A 6 (1972) 1089 H.Lucke, ALIPS. Aliphatische Polysulfide, Hiithig und Wepf, Basel 1992 8.3. POLY(PHENYLENSULF1D) V.A.Sergeev, V.K.Sitikov, V.Nedlekin, Polyarylensulfide: Herstellungsmethoden, Zusammensetzung und Eigenschaften, Usph.Khim. 47 (1978) 2065 (in Russ.) D.G.Brady, Poly(pheny1ene Sulfide) - How, When, Why, Where, and Where Now, J.Appl.Polym.Sci. Appl.Polym.Symp. 36 (1981) 231 L.C.Lopez, G.L.Wilkes, Poly@-Phenylene Sulfide) - An Overview of an Important Engineering Thermoplastic, J.Macromol.Sci. - Revs.Macromol.Chem.Phys. C 29 (1989) 83 8.4. AROMATISCHE POLYSULFIDETHER D.L.Schmidt, H.B.Smith, M.Yoshimine, M.J.Hatch, Preparation and Properties of Polymers from Aryl Cyclic Sulfonium Zwitterions, J.Polym.Sci. [Chem.] 10 (1972) 2951 8.5. POLYSULFONE K.J.Ivin, J.B.Rose, Polysulphones, Organic and Physical Chemistry, Adv.Macromol.Sci. 1 (1976) 336 V.J.Leslie, J.B.Rose, G.O.Rudkin, J.Feltzin, Polyethersulphone - A New High Temperature Engineering Thermoplastic, in R.D.Deanin, Hrsg., New Industrial Polymers [ACS Symp.Ser. 41, Amer.Chem.Soc., Washington, DC 1974, 63 8.6. POLYMERE MIT SCHWEFEL IN KETTENSTmDIGEN RINGSTRUKTUREN S.Roth, One-Dimensional Metals. Physics and Materials Science, VCH, Weinheim 1995 G.Schopf, G.Kossmeh1, Polythiophenes - Electrically Conductive Polymers, Adv.Polym.Sci. 129 (1997) D.Fichou, Hrsg., Handbook of Oligo- and Polythiophenes, Wiley-VCH, Weinheim 1998
368
9.
Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.1.
Polyimine und verwandte Polymere
9.1.1. Nomenklatur Verbindungen des Typs RrR2C=NH werden in der organischen Chemie Imine genannt; Azomethine R1R2C=NR3 werden entsprechend als substituierte Imine aufgefasst. Imine heissen aber auch solche organischen Verbindungen, bei denen die NH-Gruppierung identische Molekulteile mit Benennungsprioritat vcrbindet (Beispiel: 4,4'-Iminodibenzoeslure HOOC-C6H4-NH-C6H4-COOH). Das Diethylamin (C2Hs)zNH z2hlt man andererseits zu den sekundaren Aminen. In der Polymerchemie benutzt man meist die Poly(monomer)-Nomenklatur.Polymere des Vinylamins bzw. seiner Derivate werden entsprechend als Poly(viny1amine) und Polymere des Ethylenimins als Poly(ethy1enimin)e bezeichnet. Polymere N-Methylisocyanide heissen Poly(N-methylisocyanide) bzw. Poly((N-methy1imino)methylen)c. Beispiele fur Monomere und ihre Polymeren sind: CH, =CH
H2C -CH2
I/
I
CH3 -N -C
CH3-CCN
N H
NHCH,
N-Methylvinylamin
Ethy lenimin
Methylisocyanid
Methylcyanid
(Aziridin)
1
1
1
m C H 2 -CH
I
w v v
m C H 2 -CH2 -NH
NHCH,
Poly(N-methylvinylamin)
WC
w
II
N -CH3
Poly(ethy1enimin)
Poly(N-methylisocyanid)
wC=Narv
I
NH-CH3
Poly(N-methylcyanid)
Die systematische IUPAC-Nomenklatur wird dagegen praktisch nur fur archivarische Zwecke (2.B. Chemical Abstracts) verwendet; sie wird nur selten in der wissenschaftlichen Literatur benutzt und praktisch nicht in der technischen. Nach ihr wiirde z.B. das Poly(N-methylvinylamin) den systematischen Namen Pol y(( I -mcthylamino)cthylen) erhalten; Poly(ethy1enimin) wurde Poly(iminoethy1en) heissen.
9.1.1.
Polyisocyanide
Die Polymerisation von Alkylisocyaniden I mit Ni(I1)-Vcrbindungcn, H2S04/02 oder BF3 als Initiatoren liefert hochmolekulare Poly(alky1isocyanid)e I1 ( M , = 105):
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
369
Die Polymerisation erfolgt nicht uber die Isonitril-Gruppe. Die Polymeren weisen also keine C-N-Ketten auf, sondern vielmehr eine Poly(alkyliminomethy1en)-Struktur. Sie wurden an dieser Stelle nur wegen der Verwandschaft der Monomeren mit anderen Stickstoff enthaltenden Monomeren aufgenommen. Poly(isocyanide) mit sperrigen Alkylsubstituenten (R = t-CqH9, CH(CH3)C6H5 usw.) scheinen weitgehend, aber nicht vtillig, stereoregular zu sein. Die stereoregularen Sequenzen bilden im festen Zustand 4 1-Helices. Die dadurch hervorgerufene zylindrische Stlbchenstruktur der Segmente bleibt auch in apolaren Ldsungsmitteln (CHC13, Toluol usw.) erhalten, was zu Persistenzlangen von ca. 3 nm fuhrt. Das gesamte Molekul bildet jedoch statistische Knluel aus, so dass der Koeffizient a in der Beziehung [ q ]= K,Ma Werte von ca. 1,35 annimmt (steife Stabchen: 2; gesttirte KnPuel: ca. 0,8 (Band 11)). Poly(isocyanat)e mit nicht optisch aktiven Substituenten bilden gleiche Mengen von Polymennolekiilen mit jeweils umgekehrten Drehsinn. Da die helicalen Segmente sehr steif und in Ltisungsmitteln stabil sind, war es beim it-Poly(t-butylisocyanat) mtiglich, das Polymere anders als beim it-Poly(propy1en) chromatographisch in links- und rechtshlndige Helices aufzutrennen. Das Erhitzen der Poly(alky1isocyanat)e mit kleinen Anteilen an Protonen liefert planare Poly(azaetheny1en)e 111, die auch durch kationische Polymerisation von Nitrilen IV wie Benzonitril (R = CgH5) oder Acetonitril (R = CH3) zugbglich sind:
Die Hydrietung der Poly(azaetheny1ene) gibt Poly(alkylmethy1enimin)e 4-NH-CHR4.
9.1.2.
Polycyanide
Der bei 26°C siedende, ausserst giftige Cyanwasserstoff H-C=N (Blausaure) liegt gasftirmig als HCN und flussig als Dimer (HCN)2 vor. In Kontakt mit Alkalien (Glaswande!) wandelt er sich langsam in ein schwarzbraunes, vemetztes Polymeres urn. Die anionische Polymerisation des Cyanwasserstoffes fuhrt zur komplex aufgebauten Azulminsaure (polymere Blausaure) und nicht zum linearen Polymeren -f-CH=N+. Das lineare Polymere entsteht durch die ringtiffnende Polymerisation von s-Triazin (1,3,5Triazin):
H
Cyanogen (Cyan, Dicyan, Oxalsaurenitril) N=C-C=N weist zwei Polymere auf, Poly(cyanogen) und Paracyanogen. Die Elektropolymerisation liefert ein Poly(cyanogen), aus dessen konzentrierten Ltisungen in Tetrahydrofuran Faden gezogen werden ktinnen. Die Pyrolyse fiihrt bei 18 O o C zu elektrisch leitfahigen Kohlenstoff-Fasem.
9.1. Polyimine und verwandte Polymere
370
CN
CN
Poly(cyanogen) iddisiert
'i
II
I
Paracy anogen real
Paracyanogen ideal cis
Paracyanogen ideal trans
Das Erhitzen von Cyanogen (300-4OO0C), die Photolyse von Cyanogen, die Pyrolyse von Silbercyanid und die Kompression von Cyanogen (4-10 GPa) fuhren zu Paracyanogenen. Im letzteren Fall entstand in einer reversiblen Reaktion ein lineares Polymeres rnit der Struktur eines Poly(2,3-diiminobernsteinsaurenitril)s -kC2N2-)i;. Bci Driicken oberhalb 10 GPa wird dieses feste Polymere in ein schwarzes, vernetztes Paracyanogen umgewandelt, dass sich anders als Poly(cyanogen) nicht in Graphitfasern iiberfuhren Iiisst. Paracyanogen rnit einer idealen (hypothetischen) Leiterstruktur sollte nach theorctischen Berechnungen ein metallischer Leiter sein. Das bislang erhaltenc Produkt ist jcdoch ein Halbleiter ( 0 = 3.10-5 S/cm (25OC)). Von den beiden moglichen Isomeren des Cyanogens, Isocyanogen :C=N-C=N und Diisocyanogen :C=N-N=C: , ist nur das erstere bekannt. Isocyanogcn polymerisiert bereits bei -80" zu seinem Polymeren (Paraisocyanogen). Es ist kein Halblcitcr wic das rnit ihrn isornere Paracyanogen, sondern ein Isolator (cz = lo-* S/cm).
9.1.3.
Poly(dinitri1)e und Poly(tetranitri1)e
Dinitrile NC-CH=CH-CN wie Fumarsauredinitril und Maleinsauredinitril sind lcicht anionisch uber die Nitrilgruppen polymerisierbar, wegen der rnit steigendem Polymerisationsgrad zunehmenden Resonanzstabilisierung jedoch nur zu niedrigen Molmasscn von unter 1000 grnol. Die Homopolymerisation von Tetracyanoethylen ist noch nicht gelungen, wohl aber die Copolymerisation mit N-Vinylcarbazol oder Schiffschcn Basen.
Maleinsauredinitril
9.1.4.
Fumarsauredinilril
Tetracyanocthylen
Polycyanoacetylene
Dicyanoacetylen N=C-CzC-CrN ist rnit anionischen Initiatoren (CH30Na. Natriumnaphthalin, (CgH5)3CNa) und Ubergangsmetallkatalysatoren (MoC15, TiC14/Et3AI) ubcr die Acetylengruppe zu loslichen Polymeren mit Molmasscn von mchrercn Tausend S/cm iihnliche elekpolyrnerisierbar. Die nicht dotierten Polymeren weisen mit 5 = trische Leitfahigkeiten wie cis-Poly(accty1en) PAZ auf ( S/cm).
37 1
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Die kationische Polymerisation von Dicyanoacetylen mit AsF5 bei -78OC lieferte ein schwarzes Polymeres mit M, = 20 000, das keine Dreifachbindungen aufwies. Das nicht dotierte Polymere zeigte eine elektrische Leitf2higkeit von 0,46 S/cm. Dicyanodiacetylen N=C-C=C-C=C-C=N erhalt man beim Kuppeln von Dicyanoacetylen durch Kupfer(1)chlorid Cu2C12. Die htiheren Oligomeren CiN2 (i = 8, 10, 12, 14, 16) entstehen bei der Reaktion von Cyanogen N=C-C=N mit verdampfiem Kohlenstoff.
9.1.5.
Poly(ethy1enimin)e
Lineare Poly(ethy1enimin)e Poly(alky1enimin)e sind Polymere mit zwei oder mehr Kohlenstoffatomen zwischen je zwei Stickstoffatomen der Kette. Unverzweigte Poly(ethy1enimin)e -kNH-CH2-CH& erhXlt man durch die von C ~ H S ~ [ B F ~ O C bewirkte ~ H S ] ~ isomerisierende Polymerisation des unsubstituierten 2-Oxazolins und anschliessende Verseifung des Polymeren:
Ringe polymerisieren normalerweise nur, wenn sie gespannt sind. Das ungespannte 2Oxazolin polymerisiert jedoch, weil die Iminoether-Gruppierung -N=CH-0- zur Gruppierung >N-CO-H isomerisiert. Unverzweigte (lineare) Poly(ethy1enimin)e (PEI) sind kristallin (TM = 58.5OC). Sie sind sehr hygroskopisch und nur in heissem Wasser ltislich. Im Gegensatz zu den verzweigten Poly(ethy1enimin)en werden sie nicht grosstechnisch hergestellt. Da das kettenstandige Stickstoffatom zwei ungleiche Substituenten tragt (H und ein Elektronenpaar). besitzt Poly(ethy1enimin) zwei Makrokonfigurationen, eine isotaktische und eine syndiotaktische. Die gleichen N-Substituenten befinden sich bei Ketten in der cis-Makrokonformation (Fischer-Projektion auf eine Ebene) der isotaktischen Spezies jeweils auf der gleichen Seite der Kette, bei Ketten in der trans-Makrokonformation dagegen auf verschiedenen Seiten (abwechselnd unterhalb und oberhalb der Kettenebene). Die syndiotaktischen Polymeren verhalten sich entsprechend umgekehrt (gleiche NSubstituenten auf der gleichen Seite bei der trans-Konformation).
cis-Konformalion
trans-Konforrnation
312
9.1. Polyimine und verwandre Polymere
Die drei moglichen Segmenttypen -CH2-NH-CH2-, -CH~-CHZ-NH- (iso) und -CH2-CH2-NH(syndio) liegen jeweils in der Sequenz trans-trans (TT) der Mikrokonformationen vor, wenn elektrostatische Krafte wie z.B. Wasserstoffbriickenbindungen anwesend sind. Solche Bindungen sind bei den entsprechend gestrecktkettig kristallisierenden Sesqui- und Dihydraten der linearen PEI anwesend. Bei Abwesenheit von elektrostatischen Kraften treten dagegen die Dimikrokonformationen TT (-CH;?-NH-CH;?-), TG(-CHz-CH2-NH(iso)) und TG- (-CH2-CH2-NH(syndio)) auf. Wasscrfrcies PEI bildet entsprechend 51-Helices, die zu Doppelhelices zusammengelagert sind. Zwischen den drei Energieminima bei 0", 120" und 240" bestehcn nur niedrige Barrieren. Die Ketten sollten daher kinetisch sehr flexibel sein und statistischc Knauel bilden. Wegen der durch die in wassrigen Losungen auftretenden Versteifungen der Kette durch elektrostatische Effekte sollten aber die charakteristischen Verhaltnisse ca. doppelt (isotaktisch) bzw. vier Ma1 (syndiotaktisch) so gross sein wie bcim Poly(ethy1enoxid). Da die theoretischen Temperaturkoeffizienten d In (r02)/dT der ungesthrten Fadenendenabstande ro jeweils negativ sind, sollten die Knauel mit stcigender Temperatur immer kompakter werden.
Substituierte lineare Poly(ethy1enimin)e 2-Alkyl-2-oxazoline lassen sich trotz abwesender Ringspannung untcr Ringoffnung kationisch zu Poly(2-acyl-2-oxazolin)en tN(COR)-CH2-CH2f;; polymcrisieren, weil die Iminoethergruppe zu einem tertiaren Amid isomerisicrt (Kap. 9.7.5). Diese Polymeren werden als Adhasive ( f i r Papier, Glas, Aluminium, Polyamide, Ccllophan@j,Schlichten, Dispergierungsrnittel usw. verwendet.
Verzweigte unsubstituierte Poly(ethy1enimin)e Das technisch wichtige Ethylenimin wird industriell nach zwei Vcrfahrcn hergestellt. Beim Wencker-Prozess setzt man Ethanolamin H2NCH2CH2OH (aus Ethylenoxid und Ammonia) mit Schwefelsaure zur P-Aminoethylschwefelsaure H2NCH2CH20S03H um, das daM in einer zweiten Stufe beim Erhitzen rnit 2 NaOH untcr Druck wicder die Saurc abspaltet, wobei ausser Ethylenimin (Aziridin) auch Natriumsulfat und 2 H20 entstehen. Beim Dow-Prozess reagiert man bei 100°C 1,2-Dichlorethan mit NH3 und CaO, wobei neben dem Aziridin auch CaC12 und H20 gebildet wird. Bei der kationischen Polymerisation von Ethylcnimin (Aziridin) mit Protonsauren oder alkylierenden Agenzien als Initiatoren entstehcn hypervcrzwcigtc Poly(ethy1enimin)e, z.B. nach
Verzweigte Poly(ethy1enimin)e enthalten neben den regularcn sckundiircn Stickstoffatomen der Hauptketten wegen Ubertragungsreaktioncn auch tcrtiiirc Stickstoffatome als Velzweigungsstellen und wegen der daraus resultiercnden vielcn Enden auch viele primare Stickstoffatome als Endgruppen. Bei Handclsproduktcn betragt das Verhaltnis von primaren : sekundaren : tertiaren Aminogruppen ca. 1 :2: 1 .
313
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Diese Poly(ethy1enimin)e ldsen sich in kaltem Wasser. Sie werden z.B. als Papierhilfsmittel oder als Klebstoffe fur z.B. die Bindung von Polyestercord an Kautschuk eingesetzt. Quatemierte Poly(ethy1enimin)e dienen als Flockungsmittel in der Wasseraufbereitung.
Substituierte Polyimine N-Substituierte Ethylenimine konnen in iihnlicher Weise wie der Starnrnkdrper kationisch mit Kettenabbruch polymerisiert werden. Eine Ausnahme bildet N-t-Butylethylenimin, dessen Polymerisation lebend ohne Abbruch und ohne Ubertragung ablauft. Poly(alky1enimin)e mit llngeren Alkylenresten zwischen den sekundaren Amingruppen bilden sich bei durch N-Alkylierung tertilrer Diamine bei der Menschutkin-Reaktion. Diese starken Polyelektrolyte sind unter dem Namen Ionene bekannt:
9.1.6.
Poly(forma1dazin)
Aldazine sind nach IUPAC die Kondensationsprodukte von Aldehyden mit Hydrazin H2N-NH2. Formaldazin CH2=N-N=CH2, das einfachste Aldazin, ist das Stickstoffanaloge des Butadien. Es polymerisiert anionisch wie Butadicn, anders als Butadien aber auch kationisch und nicht radikalisch. Wie Poly(butadien) kann es 1.4- und 1,2-Strukturen aufweisen. -CHZ
fH2--c\H2 N=N
\
-CH N=N
\
CH,
cis- 1.4
9.1.7.
trans-1,4
-N
I
-
N =CH,
1,2 (is0 oder syndio)
Poly(ani1in)
Die Oxidation von in Salzslure geldstem Anilin C6H5NH2 oder anderen Anilinsalzen mit Dichromaten oder anderen Oxidationsmitteln in Gcgenwart von Sauerstoffubcrtrggem (Eisen-, Kupfer- oder Vanadiumsalzen) fiihrt zu tiefblauen bis schwarzen Pulvem, die unter den Namen Anilinschwarz (E: aniline black), oder Poly(ani1in) bekannt sind. Diese Pigmentfarbstoffe bestehen aus Polymeren, die kettenfhrmig angeordncte Phenazingruppierungen enthalten, aber wohl nicht streng linear aufgebaut sind. Die zur Gruppe der Azinfarbstoffe gehdrenden Polymeren werden rneist direkt auf Baumwolle oder Seide erzeugt. Sie sind sehr echt und von ausserordentlich schoner Farbc.
374
9.1. Poiyimine und verwundte Polymere
Phenazin (Dibenzopyrazin)
Die Pigmentfarbstoffe enthalten ausser Phenazingruppen noch cine Reihe anderer Stickstoff-Kohlenstoff-, Kohlenstoff-Kohlenstoff- und Stickstoff-Stickstoff-Bindungen und vermutlich auch Verzweigungen. Lineare Poly(ani1in)e (PANI) werden technisch durch Oxidation von Anilin durch Ammoniumpersulfat (NH4)&08 in Gegenwart von uberschussiger Saure erzeugt (Versicon@). Altemativ kann man auch mit FeC13 oxidieren oder elektrochemisch polymerisieren. Eine biochemische Methode verwendet H202 und Meerrettich-Peroxidase als Katalysator. Da bei niedrigen pH-Werten gearbeitet werden muss, wird jedoch bei der Polymerisation die teure Peroxidase zerstort. Poly(anilin) existiert in einer voll reduzierten gelben Form (Leukoemeraldin; G: leukos = weiss, farblos (!); E: emerald = Smaragd(griin) (!)), einer 50 % oxidierten, blaucn Form (Emeraldin) und einer 100 % oxidierten, purpumen Form (Pernigranilin). Alle drei Formen sind Isolatoren. Nach NMR-Messungen liegen beim Emeraldin Benzoidund Chinoid-Strukturen vor; die Elektronen sind nicht delokalisiert. Beim Pemigranilin wechseln sich Benzoid- und Chinoidgruppen ab. Die Oxidation des Leukoemeraldins (E: leucoemeraldinc base) sowic die Protonierung des Emeraldins (E: emeraldine base) liefem das elektrisch leitende, grune Emeraldinsalz (s. nHchste Seite). Die weitere Oxidation des Emeraldinsalzes fuhrt zum ebenfalls elektrisch leitenden blaupurpumen Pemigranilinsalz.
0; 0 0 0X f r
L
1
Leukoemeraldin (gelb)
n r
E
~
1
~
0
~
e
EmeraldinN
(blau) ~
Emcraldinsalz
(an)
n r
ES
1
DTe
f
7
H
H
H
H
n
N
375
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Bei der Synthese wird Anilin (I) zum Radikalkation (11) oxidiert, das dann mit seinem Mesomeren (111) zum Dikation dimerisiert. Abspalten der Protonen liefert das neutrale Dianilin (V), das weiter zum Mono(radika1kation) (VI) und schliesslich zum Di(radika1kation) (VII) oxidiert wird. Beim Kuppeln von VII mit I1 werden zwei Protonen eliminiert. Das resultierende Trikation (IX) ist mesomer mit X, das bereits die Repetiereinheit des Pemigranilins enthalt.
1
+ 111; - 2 H 0
1 - 2 8
Ix
X
Das Pemigranilinsalz entsteht somit direkt bei der chernischen Synthese, wird aber durch uberschussiges Anilin zum Emeraldinsalz reduziert. Bei all diesen Schritten stabilisieren die Anionen Ae der uberschussigen Saure die jeweiligen Kationen der Polymeren als Salze stabilisiert. Die Saure solubilisiert femer das Anilin in der wassrigen Losung und stellt zudem die Anionen als Dotierungsmittel fur die Polymeren bereit. Die verschiedenen Poly(ani1in)e ktinnen durch Andem des pH-Wertes oder ihres Oxidationszustandes ineinander uberfuhrt werden, wie G1.(9-8) fur eine Dianilin-Einheit zeigt. Die Repetiereinheit des Leukoemeraldins besteht aus zwei I-Gruppen, diejenige des Emeraldins aus je einer I- und 11-Gruppe und diejenige des Pernigranilins aus zwei 11-Gruppen (s. oben).
376
9.1. Polyimine und verwandre Polymere
+2e@11-2e +2H
-2H
@
Die chemischen und physikalischen Eigenschaftcn der Poly(ani1in)e werden sehr stark durch ihren Oxidationszustand, ihre Ladung und ihre Gegenanionen sowie ihrc Kristallinitlt beeinflusst (Abb. 9- 1). Leukoemeraldin weist z.B. eine nicht konjugierte Polymerkette auf, wahrend Pemigranilin vollig konjugiert ist. Weitere Modifikationen sind durch das Einfuhren von Substituenten moglich. Die elektrische Leitfahigkeit variiert z.B. uber 11 Zehnerpotenir.cn, bcim Emeraldinhydrochlorid z.B. von ca. 10-lo S/cm im neutralen Bereich bis zu ca. 40 S/cm im stark sauren (Abb. 9-1). Die grossten elektrischen Leitfahigkeiten werden bei den Emeraldinsalzen beobachtet, z.B. bei einer aus m-Kresol ersponnencn Faser aus mit (+)-Camphersulfonsaure dotienen Emeraldin (c= 200 S/cm). Derartige Fasem weiscn einen textilen Elastizitatsmodul von Etex = 7,3 gf/den (entspricht E = 1,l GPa bei p = 1,7 g/cm3) und eine "spezifische Reisskraft" (E: tenacity) von ctex = 0,2 gf/den bzw. eine Reissfestigkeit von ca. og = 30 MPa auf. Die Glastemperaturen liegen bei ca. 200°C. Geeignet dotierte Poly(ani1in)e behalten ihre elektrischcn Leitflhigkciten uber viele Jahre bei. Sie dienen daher fur viele elektronische Anwendungen: Licht cmitticrende Dioden, wieder aufladbare Batterien, Biosensoren, Membranen fiir Gastrennungen, organische Halbleiter usw. 10
1
10-1 -
-
10-31
c
10-5.
ring-sulfonierte Poly(anilin)e
h
I
1
b
10-7.
10-9. a'
10-11
-0-0
-
o
Emeraldinhydrochlorid
I 0 2 4 6 8 10 - PH
-2
Abb. 9-1 Einfluss des pH-Wertes auf die elektrische Leitfahigkeit CT von Emeraldinhydrochlorid und an der Phenylengruppe sulfonierter Poly(ani1in)e (0)[I].
(0)
371
9. Kohlensroff-Stickstoff-Ketten
9.1.8.
Imin-Dendrimere
Chemische Struktur und Synthesen Von den vielen in der Literatur berichteten Dendrimeren werden bislang nur zwei industriell hergestellt (AstramolB, Starburst@). Beide Dendrimertypen enthalten die Imingruppe; die Polyamidoamin-Dendrimeren weisen auch noch eine Amidgruppe auf.
@p
Pol y (propylenimin)-Dendrimer (POPAM)
-CH2-CH2-N:
Asuamol@
CH2 -CH2 F* -
CH2 -CH2 -CO
Polyamidoamin-Dendrimer (PAMAM) Starburst@
-CH2 -CH2-N: CH2 -CH2 -CO
-F*
Poly(l,3-trimethylenimin)-Dendrimere (POPAM) Zur Synthese der POPAM-Dendrimeren wird an 1,4-Diaminobutan zuerst Acrylnitril in einer doppelten Michael-Addition angelagert. Anschliesscnd wird unter Druck in der Gegenwart von Raney-Kobdt hydriert. H.
H
H'
(9-9)
NEC-CH2CH2,
+
N(CHd4N: H
4 CH2:CH-CGN
+ N E C - CH2CH[
CH2CH2 - C N N(CH2)4N: CH2CH2- C N
H2NCH2CH2CH2, CHlCH2CH2NH2 N(CH2)4N: H2NCH2CH2CH,/ CH,CH,CH,NH2
Zum Aufbau der nachsten Generation wird der Prozess wiederholt usw. Nach dem obigen Schema besteht der Kem somit aus der tetrafunktionellen Gruppe >N(CH2)4N< (Multiplizitlt F* = 4). Die Verzweigungszellen - C H Z C H ~ C H ~ N ( C H Z C Hbesitzen ~ ) ~ < jeweils die Funktionalitlt F = 2. Die Endgruppen -R sind entwcdcr -CN oder -CHzNH2. POPAM-Dendrimere sind mit 0 Ij 5 4 Verzweigungsgenerationen im Handel (Tab. 9-1). Diese Dendrimeren werden jedoch vom Hersteller nicht nach der Anzahl j der Verzweigungsgenerationen klassifiziert, sondem nach der Anzahl i der Iterationsschritte, wobei i = j - 1 gilt.
378
9.1. Polyimine und venvandle Polymere
Polyamidoamin-Dendrimere (PAMAM) Die Synthesc der PAMAM geht dagcgen von z.B. 1,2-Diaminocthan aus. Die doppclte Michael-Addition von Methylacrylat wird dann von cincr Amidierung der resultierenden Carbomethoxygruppen mit einem grosscn Uberschuss an Ethylendiamin gcfolgt. (9-10) H
H
:N(CH,),N H
;
H
+4
0 CH, =CHCOCH3 II II CH,OCCH,CH,, 0
0
II CH,CH,COCH, N(CH214N:
b
CH,OCCH,CH,/ II 0
+ 4 H,N(CH&NH,
1
CH2CHZCOCH3 II 0
- 4 CH3OH
0 II CH,CH,CNH(CH,),NH,
0
II
H,N(CH,),NHCCH,CH,, N(CH2)4N, H,N(CH,),NHCCH,CH,
II
0
/
CH,CH,CNH(CH&NH,
II
0
Zum Aufbau dcr nachstcn Generation wird wiedcrum Methylacrylat angelagcrt und mit Ethylcndiamin amidiert usw. Die Vcrzwcigungsgencrationen weisen somit die Konstitution -NHCH2CH2N(CH2CH2CO)2< mit der Multiplizitat F = 2 auf. Da man bei den kommerziell crhaltlichcn PAMAM-Dendrimeren von Ethylendiamin oder Ammoniak ausgeht, sind die Keme cntweder >[(COCH2CH2)2NCH2CH2N(CH2CH2CO)2]< (F* = 4) oder -COCH2CH2N(CH2CH2CO)2< (F* = 3). Die Endgruppen -R (hicr auch Oberflachenzcllcn genannt) sind jcweils die Gruppierungen -NHCH2CH2NH2. Die PAMAM-Dendrimeren sind kommerzicll mit 1 Ij S 9 Verzweigungsgenerationen erhiltlich. Im Labormassstab wurden PAMAM-Dendrimerc mit bis zu 10 Vcrzweigungsgcnerationcn und Kerncn aus >NCH2CH2N< hergestellt (M,= 934 720).
Struktur und Eigenschaften Die totale Anzahl dcr Vcrzweigungszellen pro Molekul (= Polymerisationsgrad) bcrechnet sich aus der Multiplizitat F* des Kemes und der Multiplizitat F der Verzweigungszellcn zu N,(V) = F*(FJ - l)/(F - 1) und die Zahl der Endgruppen pro Molekul zu Nend(V) = F*FJ, wobei j die Zahl der aufcinander folgenden Verzweigungszellen (Verzwcigungsgencrationen) ist. Die Synthesen licfem im Idealfall molckulareinheitliche Polymere ( E w / a n = 1). In praxi sind jedoch immer Baufehler vorhanden. Sclbst bei sehr hohcn Molmassen (viclen Generationen) wird jcdoch aw/E,, < 1,1 gefundcn. Die Dendrimeren nahem sich der Kugclform an, wenn dcr Kern tctraedrisch ist (etwa beim Stickstoff mit 3 Valcnzen und 1 freiem Elcktroncnpaar); sic sind bei Kemen von Typ >-< mehr ellipsoidal. Die viclcn Folgcverzweigungen und die daraus resultierenden vielcn Endgmppcn fiihren zu Strukturen, die durch eine relativ schwachere Dichtc im Inncm und eine relativ grosse Dichtc an der Pcripheric gekennzeichnet sind. Als Folge dieses Aufbaus wciscn die Dendrimcren nicdrige hydrodynamische Durchrncsscr und Volumina auf (Tab. 9-1).
319
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Tab. 9-1 Anzahl j der Verzweigungsgenerationen, Anzahl N,=nd(V) der Endgruppen pro Molekiil, relative Molmassen M,, GrenzviskosiCltszahlen [ q ] in Aceton bei 25°C (POPAM) bzw. 0,1 m o w Zitronenshre in Wasser bei 25OC (PAMAM), aus GrenzviskosiCltszahlen berechnete hydrodynamische Durchmesser dh beiAnnahme der Gestalt einer Kugel sowie Glastemperaturen TG bei POPAM mit CN-Endgmppen bzw. bei PAMAM mit EDA-Kern. j Nend(V)
0 1 2 3 4 6
5
4 8 16 32 4 128
Relative Molmasse POPAM PAMAM 300 741 1622 3 385 6910
517 1430 3 256 6909 14215 28 826
[111 I (mL g-9 POPAM PAMAM 2,6 3,l 33 3,8 3.8
4,54 5.78 6,12 6,93 7.79
dh / nm TG I "C POPAM PAMAM POPAM PAMAM
0,49 0,71 0.96 1.23 1,56
- 59.7
2,02 2.88 3.89 5,OO 6,58
54,4 - 47,4 - 45,4 - 40.3 -
-
11
-3
0 11 14 14
Die PAMAM-Dendrimeren werden wegen ihres "hohlen" Inneren und/oder der vielen reaktionsfahigen Endgruppen als Trager fur Medikamente, synthetische Vakzine und andere biomedizinische Anwendungen verwendet. Sowohl PAMAM als auch POPAM dienen als Bindemittel fur Uberziige sowie als Schmiermittel. POPAM mit CHzNH2Endgruppen eignet sich auch als Initiator fur die Polymerisation von Caprolactam zu stemftirmigen Polyamid 6-Typen.
9.1.9.
Benzochinon-haltige Polyimine
Die Polykondensation von Diaminen und p-Benzochinon liefert unter Abspaltung von 1,4-Dihydroxybenzol ("Diphenol") Benzochinon- und Imin-Gruppen enthaltende Polymere, die sich fur Beschichtungen und Schutzanstriche eignen, evtl. nach einer thermischen und/oder chemischen Hanung:
0
Die Polymeren ahneln Marinezement, also den an 3,4-Dihydroxyphenyl-L-alanin-reichen, von Mollusken erzeugten Proteinen. Sie sind wie diese vollkommen wasserbestandig, nicht benetzbar und gut haftbar auf Metallen, Holz, Beton, Asphalt und elektronischen Materialien. Sie schutzen diese Materialien vor durch die Feuchtigkeit hervorgerufenen SchPden.
380
9.2.
9.2. Polyamide
Polyamide
9.2.1. Ubersicht Polyamide enthalten in der Hauptkette die Amidgruppe -NH-CO-. Sic lasscn sich in zwei Klassen einteilen: AB-Polymere vom Typ tNH-Z-C% und AA/BB-Polymere vom Typ -kNH-Z1-NH-C0-Z2-C%, wobei die bifunktionellen Gruppen Z, Z1 und Z2 aliphatisch, cycloaliphatisch oder aromatisch sein konnen. Das erste technisch brauchbare Pol yamid, Poly(hexamethy1enadipamid) mit der Struktur tNH(CH2)6NHCO(CH2)4CGl+ wurde im Jahre 1937 von W. H. Carothers fur die Fa. DuPont de Nemours patentiert. Fasem aus Poly(hexamethy1enadipamid) wurden ab 1939, nach Carothers' Selbstmord, unter dem Markennamen "Nylon" vertrieben. Nylon ist heute nicht mehr ein Markenname, sondcm eine allgemeinc Bezeichnung, die speziell in den USA fiir alle aliphatischen Polyamide (ohne Pcptide) vcrwendet wird. Carothers bezeichnete aliphatische Polyamide mit Molmassen iiber ca. 10 000 g/mol als "Superpolyamide". Dieser Name wurde in den letzten Jahrcn gelegentlich fiir aromatische Polyamide verwendet, fur die sich aber der Name "Polyaramide" eingeburgert hat. "Aramid" sol1 jedoch laut der US-amerikanischen Federal Trade Commission nur fur solche faserbildenden aromatischen Polyamide verwendct wcrden, bei dcncn mindestens 85 % der Amidgruppen direkt an aromatische Ringe gebundcn sind. Carothers polykondensierte 1930/1932 auch die 1-Aminocapronsaurc, sah abcr dic entstandene Poly( 1-aminocapronsaure) nicht als brauchbar an. Nur ein Jahr nach dem Carothers-Patent (1937) wurde von W. ScNack bci der IG Farbenindustrie die Ringoffnungspolymerisation des &-Caprolactams zu Poly(&-caprolactam)-kNH(CH2)5CO+ patentiert, so dass nunmehr ein unabhangiger Weg zur Poly( l -aminocapronsaure) bckannt war. Fasem aus diesem Polymeren erhielten den Markcnnamcn Perlon@. Die Nylonfasern wurden anfhglich fur Damenstriimpfe verwendct. Da diese Striimpfe bei den damaligen dicken Fasem im Gegensatz zu den echten Seidenstriimpfen weitgehend laufmaschenfrci waren, wurde d s Markenname zunachst "No-run" gewahlt, woraus iiber "Nuron" und "Niron" schliesslich "Nylon" wurde. Der Ursprung des Namens "Perlon" wurde nicht bckanntgegebcn. Moglicherweise handelt es sich um eine Kontraktion des Wortes Supernylon zu Perlon. Die Polyamide werden industriell haufig durch Nummcm und/odcr Buchstaben charakterisicrt. Bei diesen zuerst bei aliphatischen Pol yamiden vcrwendeten Bezeichnungen geben Zahlen die Anzahl der Kohlenstoffatome pro aliphatische Monomereinheit an. Das AB-Polyamid Poly(&-caprolactam)tNH(CH2)5C% ist also Pol yamid 6 (PA 6, Nylon 6). Bei den AA/BB-Polyamiden bezieht sich die erstc Zahl auf den Diamin-Rest und die zweite auf die Dicarbonsaure-Einheit. Poly(hcxamethy1enadipamid) ist also Polyamid 6.6 (PA 6.6, PA 66, Nylon 66; gesprochcn "sechs-scchs", nicht "sechsundsechzig"). ASTM trennt die Zahlen durch einen Punkt (PA 6.6 usw.), DIN aber nicht (PA 66 usw.). Fur Monomereinheiten mit Ringen werden Buchstabcn verwendct, z.B. T fiir den Terephthaloyl-Rest -CO-(p-C6H4)-CO-. PA 6.6 und PA 6 sind die klassischen Polyamide. Da nach ihrcr Entwicklung von DuPont und IG Farben Patcnte ausgctauscht und Markte aufgeteilt wurdcn, dominiert noch heute PA 6.6 den Markt in den USA und im Vereinigten Konigrcich, wahrcnd in DeutscNand und in Japan PA 6 vorherrscht. Ausscr diescn beiden Polyamiden wurde noch eine Vielzahl anderer von den weltweit ungcfahr 100 Produzentcn von Polyamiden entwickclt (vgl. unten).
381
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.2.2.
Aliphatische AA/BB-Polyamide
TYPn Zur Zeit werden sechs homopolymere aliphatische AA/BB-Typen technisch erzeugt: PA PA PA PA PA
4.6 6.6 6.9 6.10 6.12
tNH(CH2)4NH-OC(CH2)4CO% tNH(CH2)6NH-OC(CH2)4Co+ +NH(CH2)6NH--OC(CH2)7COjii tNH(CH2)6NH-OC(CH2)8COjii +NH(CH~)~NH-OC(CH~)~OC%
Poly(tetrarnethy1enadipamid) Poly(hexamethy1enadiparnid) Poly(hexamethylenaza1arnid) Poly(hexarnethy1ensebacamid) Poly(hexamethy1endodecanamid)
Fur Pilotstudien wird PA 4.2 hergestellt: PA 4.2
tNH(CH2)4NH-OCCO-Jii
Poly(tetramethylenoxa1amid)
Vom Markt genommen wurde PA 12.12. PA 13.13 erlangte nie Marktreife:
Poly(dodecarnethy1endodecanarnid) PA 12.12 -FNH(CHZ)~~NH-OC(CH~)~~C% PA 13.13 ~NH(CH~)~~NH-OC(CH~)~IC% Poly(tridecanbrassy1arnid) Ausserdem gibt es auf dem Markt eine Reihe von Copolymeren mit anderen AA/BBMonomeren (z.B. 6.6 + 6.12) bzw. AB-Monomeren (z.B. 6.6 + 6). Industriell werden ausser Firmennamen (Ultramid (BASF), Zytel (DuPont) usw.) und den Kurzbezeichnungen (PA 6.6 usw.) meist die oben stehenden Poly(rnonomer)-Namen verwendet. In der wissenschaftlichen Literatur benutzt man ausserdem noch die von der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) und dern Chemical Abstracts Service (CAS) eingefuhrten Narnen, die leider nicht nur urnstandlich sind, sondem sich auch mit der &it gewandelt haben. Beispiele sind die fur das PA 6.6 vorgeschlagenen "systematischen" (englischen) Namen, die auf idealisierten, nach den Prioritaten der Gruppierungen geordneten Konstitutionsformeln beruhen:
t
+NHCO(CH&CONH(CH~)~
poly[imino(1,4-dioxo-l,4-butandiyl)imino-l,6-hexanediyl] poly[imino(l,6dioxohexamethylene)iminohexamethyleneJ poly[iminoadipoyliminohexamethylene) poly(irninodipoyliminohexane-l,6-diyl] poly[irnino( 1,6-dioxohexamethylene)iminohexane-I bdiyl]
CAS, veraltet IUPAC (1975) IUPAC, alternativ (1975) CAS + IUPAC (1996) CAS + IUPAC, alternativ (1996)
Monomere Die Nutzung der AA/BB-Polyarnide wird nicht nur durch die geforderten Eigenschaften bestimmt, sondem auch durch die verfiigbaren Rohstoffe. Adipinsuure (fir PA 4.6 und PA 6.6) wird durch Oxidation von Cyclohexan erzeugt. In der ersten Stufe entsteht mit Luft uber das Cyclohexylperoxid ein Gemisch von Cyclohexanol und Cyclohexanon (Anol-Anon, Keton-Alkohol, KA-01). In der zweiten Stufe wird dann das KA-01 oder aber Cyclohexanol aus der Kemhydrierung von Phenol katalytisch zur Adipinsaure weiter oxidiert. Ein neueres Verfahren scNIgt vor, Benzol mit N20 (Nebenprodukt der Oxidation von KA-01) zu Phenol zu oxidieren, dieses zum Cyclohexanon zu hydrieren und das Keton mit HNO3 zu Adipinssure zu oxidieren. Das dabei entstehende N20 wird in den Kreislauf zuriickgefuhrt.
382
9.2. Polyamide
Azelainsuure ( f i r PA 6.9) erhiilt man durch Ozonolyse von Olsaure (Gl.(3-17)). Die Sebacinsuure ( f i r PA 6.10) gewinnt man ebenfalls aus einem naturlichen Produkt, namlich durch thermisches Spalten der Ricinolsaure (GL(3-14)) aus Ricinusol (hauptsachlich aus Nordafrika, Indien und Brasilien). Der dabei ebenfalls anfallende Heptylaldehyd wird weiter zur Heptansaure CH3(CH2)5COOH oxidiert. Die Sebacinsaure wird wegen der unsicheren Versorgungslage zunehmend durch die Dodecandisuure HOOC(CH2)loCOOH (fur PA 6.10) ersetzt. Diese Saure entsteht durch Oxidation von Cyclododecatrien, dem cyclischen Trimeren des Butadiens. Oxalsuure (fur PA 4.2) entsteht als Dinatriumsalz Na00C-COONa durch Dimerisieren von Natriumformiat HCOONa in einer NaOH-Schmelze, wobei H2 abgespalten wird. Die Brassylsuure HOOC(CH2)11COOH (fur PA 13.13) stammt ebenso wie das Tridecandiamid H2N(CH2)13NH2 von der Erucasaure (cis-13-Docosensaure) aus Crambe ab (Kap. 3.10). Die Produktion von PA 13.13 ist jedoch unwirtschaftlich, weil der bei der Gewinnung des Crambe-01s anfallende Presskuchen nicht an Kuhe und Huhner verfuttert werden kann (Geschmacksubertragung auf Milch bzw. Eier). a,w-Alkylendiamine erzeugt man technisch in der Regel durch Hydrieren der entsprechenden a,w-Dinitrile. Das Tetramethylendiamin H2N(CH2)4NH2 (fur PA 4.2) gewinnt man entsprechend durch Hydrieren von Bemsteinsauredinitril NC(CH2)2CN, das wiederum bei der Adagerung von HCN an Acrylnitril CH2=CHCN entsteht. Hexamethylendiamin H2N(CH2)6NH2 (fur PA 6.6, 6.9. 6.10 und 6.12) ist auf verschiedenen Wegen erhaltlich. (1) Ausgehend von der Adipinsaure gelangt man uber dessen Diammoniumsalz durch Dehydratisieren zum entsprechenden Diamid und weiter zum Adipodinitril NC(CH2)dCN. (2) Das Anlagern von HCN an Butadien liefert zunachst ein Gemisch der verschiedenen Mononitrile. Nach dem Isomerisieren zu den 3und 4-Pentennitrilen wird in einer Anti-Markownikow-Reaktion HCN zum Adipodinitril angelagert. (3) Bei einem alteren, nicht mehr verwendeten Verfahren wird Butadien zunachst zu einem Gemisch von Dichlorbutenen chloriert, das dann mit HCN oder einem Alkalicyanid in die Butendinitrile uberfuhrt wird. (4) Acrylnitril wird bei der reduktiven (kathodischen) Dimerisierung gemass 2 H2C=CHCN + 2 ce + 2 He + NC(CH2)dCN zu Adipodinitril umgesetzt. Das 1,12-Dodecandiamin H2N(CH2)12NH2 (fur PA 12.12) wird durch Hydrieren des entsprechenden Dinitrils NC(CH2)loCN erhalten, das wiederum aus der dcr Dodecandisaure HOOC(CH2)loCOOH (und damit aus Cyclododecatrien) zuganglich ist.
Technische Synthesen Aliphatische Polyamide vom AAIBB-Typ werden industriell durch Polykondensation von primiren Amingruppen -CH2NH2 aufweisenden Diaminen H2N-Z-NH2 mit Dicarbonsauren HOOC-Z'-COOH bzw. Dicarbonsaureestem ROOC-Z-COOR hergestellt, wobei Z bzw. Z aliphatische Reste aus zwei und mehr C-Atomen und R Alkylreste sind: (9-12)
H2N-Z-NH2
+
ROC-Z-COR
+
tNH-ZNH-CO-Z-COt
+ 2 HR
Bei derartigen Polykondensationen von Dicarbonsauren mit Diaminen muss die Stochiometrie sehr genau eingehalten werden ( S . 86), da sich sonst keine hohen Molmassen des Polymerisationsgrades von minbilden. Technisch wird z.B. ein Zahlenmittel destens 200 gefordert, was bei exakter Stdchiometrie der Monomeren ( r , = 1) einem
r,,
383
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Reaktionsausmass von 99.5 % (p = 0,995) entspncht (Kap. 4.1.5). Beim gleichen Reaktionsausmass wird jedoch bei einem I %igen Unterschuss (to= 0,99) des einen Monomeren nur ein Zahlenmittel des Polymerisationsgrades von 100 erzielt. Die erforderliche Stochiometrie wird erreicht, wenn man aus aquivalenten Anteilen von Diamin und Dicarbonslure zuerst ein Salz [H3N-Z-NH3]2@"00C-Z-COO]2' herstellt. Das aus Adipinslure und Hexamethylendiamin entstehende AH-Salz (Nylon-Salz) kann nach der Umkristallisation direkt fur Schmelzkondensationen verwendet werden. Das Amidierungsgleichgewicht liegt so giinstig (Gleichgewichtskonstantenim Bereich 100-lOOO), dass die Polykondensation in Gegenwan von Wasser erfolgen kann; Wasser wird daher als Wlrmetrlger verwendet. Typisch fur technische Synthesen ist die Polykondensation des AH-Salzes, bei der eine (60-80) %ige wassrige Aufschlammung des Salzes mit etwas Essigsgure als Regulator (1-2) h bei (275-280)"C und (13-17) bar, d.h. dem Dampfdruck des Wasserdampfes, vorkondensiert wird. Dieser Eigendruck verhind e n das Verdampfen des Wassers. Beim Fortschreiten der Polykondensation wird dann der Wassergehalt durch Entspannen des Dampfes zunehmend vermindert. Nach einem Umsatz von (80-90) % wird oberhalb der Schmelztemperatur des Polymeren (264°C) unter Vakuum weiter kondensiert. Die Polykondensation lauft auf diese Weise immer als Schrnelzkondensation in einer flussigen Phase ab. Alternativ kann man die Reaktion auch bei (150-2OO)"C als Festkorperkondensation fortsetzen. Das AH-Salz ist in Wasser ionisiert. Die Aktivitatskoeffizienten weichen daher von 1 ab, was beim Verwenden von Stoffmengenkonzentrationen statt Aktivitaten in der Beziezur Abhangigkeit der "Gleichgewichtshung K = [-CONH][H20]/([-COOH][-NH2]) konstanten" K und der aus K =AT) berechneten Reaktionsenthalpien vom Wassergehalt der Reaktionsmischung fuhrt (Tab. 9-2). Bei anderen Ausfiihrungsarten wird einstufig mehrere Stunden bei 280°C kondensiert (Abb. 9-2). Die Schmelze wird auf einer Giessmaschine zu Bandern gegossen, die dann zu Schnitzeln geschnitten werden. Schnitzel aus verschiedenen Ansatzen werden anschliessend gemischt (homogenisien).
B
e PA 6.6
Abb. 9-2 Diskontinuierliche Polykondensation von AH-Salz zu Polyamid 66. Das in einem Vorratstank gelagerte AH-Salz wird durch ein Filter F in einen Wiegetank W gepumpt, mit Essigslure als Katalysator und Regulator versehen, und durch einen Verdampfer E (Evaporator) in einen geheizten Autoklaven A geschickt, wo es nach dem Versetzen mit dem Mattierungsmittel TiOz unter Stickstoff polykondensiert wird. Die Polymerschmelze wird auf einer Giessmaschine C mit Wasser und dann mit Luft gekuhlt. Das erstante Polymere wird in einer Schneidemaschine S in Schnitzel geschnitten und dann in einem Homogenisator B (Blender) mit Schnitzeln anderer Ansltze homogenisiert.
384
9.2. Polyamide
Tab. 9-2 Technische Polykondensation von wiissrigem AH-Salz [2a] Gew.-% des AH-Salzes vor Reaktionsbeginn 80 90 100
AH-Vorkondensat
Bereich (in "C) der Einstel- Gew.-% des Wassers lung des Gleichgewichts im Gleichgewicht 200 - 220 200 - 230 210 - 250 250 - 270
29,5 - 29,6 20,9 - 21,2 12,4 - 12,8 4.6 - 4,9
Scheinbare Reaktionsenthalpie in kJ/mol
+ 13 + 4 - 12.5 - 27
Die Polykondensation kann auch kontinuierlich in Rohrenreaktoren ausgefuhrt werden (Abb. 9-3). Die Verweilzeiten betragen hier z.B. 1 Stunde bei 290°C und 2,7 MPa. Die Nylon-Schmelze fliesst im Rtihrenreaktor laminar an den Wanden entlang, wahrend der Kem der polykondensierenden Masse aus turbulent abziehendem Wasserdampf gebildet wird. Die Schmelze kann beim kontinuierlichen Verfahren direkt in die Spinnvorrichtung gepumpt werden. Beim diskontinuierlichen Verfahren der Abb. 9- 1 werden die Schnitzel dagegen mit fahrbaren Fulitrichtem den Spinneinrichtungen zugefiihrt. Die reaktiven Endgruppen -COOH und -NH2 der so erzeugten Polyamide konnen beim Weiterverarbeiten aus der Schmelze durch Extrudieren, Spinnen, Spritzgiessen usw. weiter reagieren. Solche Nachkondensationen wurden zu rnit der Zeit ansteigenden Molmassen und damit immer grosser werdenden Schmelzviskositaten fuhren, wodurch die Maschinenleistung standig nachreguliert werden musste. Den Polymeren wird daher vor Ende der Schmelzkondensation Essigsaure CH3COOH, Acetanhydrid (CH3C0)20 oder Keten CH2=C=O zugesetzt. Diese Verbindungen stabilisieren die Kettenenden, indem sie die Endgruppen -NH-COCH:, bzw. -CO-O-COCH3 bilden. Technisch werden sie daher als Regulatoren, Stabilisatoren oder Kettenabbrecher bezeichnet (vgl. die davon abweichende Bedeutung dieser Worte in der wissenschaftlichen Literatur (Band I)). Ein einziges Polyamid scheint durch Reaktion eines Esters mit einem Diamin hergestellt zu werden, namlich Polyamid 4.2. Dam setzt man Tetramethylendiamin rnit DiH SPhenol/l,2,4-Trichlorbenzol bei 140°C um; dieser ethyloxalat C ~ H ~ O O C - C O O C ~ in Reaktion folgt eine Nachkondensation in einer Wirbelschicht.
" 1
PA 66
Abb. 9-3 Kontinuierliche Polykondensation von AH-Salz [4]. Eine ca. 50 %ige wassrige Losung des AH-Salzes wird rnit Wasser verdiinnt und in einen auf 290°C geheizten Rohrenreaktor R gepumpt. Am Ende des Reaktors entweicht abgespaltener Wasserdampf. Die sich am Boden ansammelnde Schmelze des PA 6.6 wird durch Pumpen in die Spinnvorrichtung befordert. Mit freundlicher Genehmigung der American Chemical Society, Washington, DC.
385
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Mechanismus AABB-Polykondensation von Diaminen und Dicarbonsauren sowie A/B-Polykondensationen von w-Aminocarbonsauren (s. Kap. 9.2.3) verlaufen nach dem sogenannten Carbonyladdition-Elimination-Mechanismus. Die Reaktion kann katalysiert (durch zugesetzte Katalysatoren) oder selbstkatalysiert (durch z.B. die COOH-Gmppen der Monomeren; "unkatalysiert") sein:
+ H:
-HZO
11
-H?
+ H,O
(9- 13)
Bei technischen Polykondensationen verwendet man nicht-stochiometrische Ausgangskonzentrationen [NH2]o und [COOHlo der reaktiven Gmppen bzw. der entsprechenden Monomeren sowie Konzentrationen [COOH]o* an zugesetzten monofunktionellen Regulatoren. Das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades ergibt sich im Gleichgewicht zu (vgl. dazu Band I, Kap. 13.3.4) (9-14)
X,,=
l+r+q
(1 + r)(l- p ) + q
;
[COOH] + [NHz] [COOHI0 + "H2 10 "H2 1 r= [ COOH] o*
p=l-
[COOH] * (I=
[COOHI0
Die Geschwindigkeit der Reaktion (9- 13) kann bei gleicher chemischer Reaktivitat aller Gruppen durch die zeitliche Anderung dpldt des Reaktionsausmasses p wiedergegeben werden, wobei K die Gleichgewichtskonstante ist: (9-15)
*=2k[COOHl0(1-r) dt
Die Geschwindigkeitskonstante k nimmt fur fremdkatalysierte Polykondensationen den Wen k = k,[COOH]* an und fur selbst durch die eigenen COOH-Gruppen der Monomeren katalysierte Reaktionen den Wert k = kc + k,,o[COOHI. Die Reaktionsgeschwindigkeit wird nach G1.(9-15) ausser durch [COOHIo,p . r und K noch durch den momentanen Stoffmengenanteil XH*O des Wassers kontrolliert. Das Wasser wird durch die Polykondensation gebildet und durch die Diffusion aus der Schmelze entfemt. Die resultierende Nettogeschwindigkeit wird durch die Reaktorgeometrie und die angewendete Verfahrensweise bestimmt. Urn G1.(9-15) zu losen, mussen daher spezielle Differentialgleichungen angesetzt werden, welche den Diffusionskoeffizienten und den Weg des Wassers sowie einen geometrischen Faktor beriicksichtigen.
386
9.2. Polyamide
Eigenschaften Die durch Polykondensation von AA/BB-Monomeren linearen Polyamide folgen in Bezug auf Molmassen und Molmassenverteilung praktisch, aber nicht vollig, den Vorgaben der Theorie fur bifunktionelle Gleichgewichtsreaktionen (Band I, Kap. 13.2). Sie enthalten namlich noch geringe Anteile an von der Theorie unberiicksichtigten cyclischen Oligomeren, z.B. (1-2) % beim PA 6.6 (hauptsachlich der 14-gliedrige Ring). Solche Ringe wirken etwas weichmachend. Die handelsublichen Polymeren sind auch stets durch Feuchte weichgemacht. Die Feuchteaufnahme wird durch die hydrophilen Amidgruppen bewirkt. Sie steigt naturgemass mit dem relativen Anteil der Amidgruppen in Richtung PA 6.12 + PA 6.10 -+ PA 6.6 -+ PA 4.6 an (Tab. 9-3). Tab. 9-3 Mittlere thermische und mechanische Eigenschaften von als ungefiillte Kunststoffe verwendeten A-B-Polyamiden bei 23°C (sofern nicht anders vermerkt). Eigenschaft
Physik. Einheit
Dichte dcm3 T Schmelztemperatur (DSC), trocken Wi4rmestandfestigkeit(1.82 ma) T Vicat-Temperatur B T Glastemperatur (DSC, uocken) T (DSC, 50 % RH) T (DSC, 100 % RH) T Linearer therm. Ausdehnungskoeff. 10" K-' Spezifische WMekapazitiit J K-' g-' WMeleitfWgkeit (20°C) W m-l K-I Zugmodul, trocken MPa 50 %RH MPa Biegemodul, trocken MPa 50 % R H MPa Streckspannung, trocken MPa 50 % R H MPa Zugfestigkeit, trocken MPa 5 0 % RH MPa Biegefestigkeit, trocken MPa 50 % R H MPa % Streckgrenze, mken 50%RH % Reissdehnung, trocken % 50%RH % Schlagzi4higkeit (Izcd), trocken J/m 50 % R H l/m Kerbsch1agz;ihigkeit (Izod), trocken J/m 50%RH J/m Rockwell-Hgite (Shore), trocken 50%RH Wasserabsorption,24 h, 50 % RH % 100%RH %
PA 4.6
1,18 295 160 281 80
35 -37 8,4 2.1 0,29 3000 1 000 3100 1000 19 40 99 65 150 50
PA 6.6 PA 6.9 PA 6.10 PA 6.12
1,14 262
90 200 48 15 -32 8,1 1,7 0.23 3200 1600 2830 1210 83 59 83 77 117 42 5 25 60 > 300
96 400 96 400 R 123 R 107 3.8 15
53 107 53 112 R 119 R 108 2.5 8.5
1,08 210 75
8,1 1,7 1900 2300 1070 70 45
1,08 227 66 175 46 10
1.06 218 90
10 1,8 0,23 2400 1500 1970 1100 59 49 59 49
9 1,7
45 20
2100 2030 1240 61 51 61 61 76
10 10 50 115 53 85
10 30 100 220 53 85 69
M 61
R 110
7 40 15 34 53 75 53 75 R 114
1,8 4,7
1,4 3,3
1.3 3 ,O
3 87
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
0.2 0
6 8 10 12 2 4 Zeit in feuchter Luft bei 23°C in Stunden
Abb. 9-4 Absorption von Feuchte durch PA 6.6-Granulat bei verschiedenen relativen Luftfeuchtigkeiten RH [31. Der Feuchtegehalt variiert auch stark mit mit der vorgegebenen Luftfeuchtigkeit und der Einwirkungszeit (Abb. 9-4) sowie der Temperatur. Da absorbiertes Wasser als Weichmacher wirkt, nehmen die Moduln und die Festigkeiten mit zunehmendem Feuchtegehalt ab, die Dehnungen und SchlagzPhigkeiten dagegen zu (Tab. 9-2). Mit zunehmender Temperatur steigen die Beweglichkeiten der Kettensegmente und darnit die Dehnungen. wahrend die Festigkeiten sinken (Tab. 9-4). Die handelsiiblichen Polyamide sind zu etwa (40-60) % rontgenkristallin. Sie kristallisieren monoklin und triklin (4.6, 6.6) oder triklin (6.10), und zwar oft in verschiedenen Modifikationen. Die Schmelztemperaturen sind wegen der H-Briicken zu anderen Kettensegmenten umso hbher, je gr6sser der Anteil an Arnidgruppen ist. Die mechanischen und z.T. auch die thermischen Kennwerte werden naturgemass noch von einer ganzen Reihe anderer Faktoren beeinflusst, speziell bei Fasem (Band IV), so dass die in den Tab. 9-2 bis 9-5 aufgefuhrten Daten nur Richtwerte fur Ingenieurkunststoffe sind. Unterschiede bestehen je nach Hersteller in der Type (Molmasse, Nukleierungsmittel, Fullstoffe usw.), der Verarbeitung (Formpressen vs. Spritzgiessen der Priiflinge) und den verwendeten Priifverfahren (ASTM, DIN, ISO, CAMPUS@). Tab. 9-4 Einfluss der Temperatur und des Feuchtegehaltes auf einige mechanische Eigenschaften eines Polyamids 6.6. Eigenschaft
Zugfestigkeit (huchster Wen von u = f ( ~ ) ) Streckgrenze Reissdehnung
Physik. Einheit
40°C
23°C
77°C
121°C
50
MPa MPa
108 103
83 71
62 41
45 37
0 50
% %
20
60 200
340 350
380
20
0 50
% %
4 6
5 20
30 30
Feuchte Gew.-% 0
Temperatur
350
388
9.2. Polyamide
Tab. 9-5 Einige elektrische Eigenschaften der ungefiillten Polyamide 4.6, 6.6, 6.10 und 6.12 bei 23OC und den relativen Luftfeuchtigkeiten RH von 0 %, 50 % und 100 %. Eigenschaft
Physik. Einheit 4.6
Relative Permittivitit
Dielektr. Verlustfaktor
50Hz 1 kHz 1 MHz 50 Hz 1 kHz 1 MHz
Durc hgangswiderstand
1 1
1 1
1
1
Rcrn
3.9 3,8 3,6
O%RH 6.6 6.10 6.12 3,9 3,8 3,5
3,9 4,O 3,6 4,0 3,3 3.5
0,Ol 0,02 0.04 0,02 0,Ol 0,02 0,04 0,02 0,03 0,03 0,03 0,02
50 % RH 4.6 6.6 6.12 22 11 4,5
7,O 6,5 4.1
6,O 5,3 3,3
0.87 0,11 0.08 0,35 0,lO 0.12 0,08
1015 1015 loi5 10’5 109
1013
1OI3
100 % RH 6.6 6.12 31 29 18
12
0.50 0,25 0.23 0,28
109
1O1I
Polyamide sind bei niedrigen Temperaturen und niedrigen relativcn Luftfeuchtigkeiten relativ gute Isolatoren (Tab. 9-5). Die relative Permittivitat (friiher: Dielektrizitatskonstante) ist bei den trockenen Polyamiden der Tab. 9-5 etwa gleich gross. Sic steigt bei feuchten Polyamiden mit zunehmendem Feuchtegehalt, fallender Temperatur, grosserem Amidgehalt und fallender Frequenz an. Die gleiche Tendenz wird fur die dielektrischen Verlustfaktoren gefunden. Der Durchgangswiderstand sinkt erwartungsgemass mit steigendem Amidgruppengehalt und zunehmender Feuchte.
Verwendung Die weltweite Herstellungskapazitat f i r Polyamide betragt ca. 6 Millioncn Tonnen, die Produktion etwa 4 Millionen Tonnen. 95 % der Polyamid-Produktion entfallen auf PA 6 und PA 6.6 und davon wieder je nach Staat zwischen 75 % und 90 % auf die Produktion von Chemiefasem. Der Anteil der Polyamid-Fasern an der gesamten Chemiefaser-Produktion ist leicht sinkend und betragt z.Zt. ca. 20 % (Band IV). Ihr “seidenahnliches” Verhalten pradestinierte die pol yamid-Fasern 1939 fur Damenstriimpfe (”Nylons”), ihre gute Reissfestigkeit wahrend des 2. Weltkrieges f i r Fallschirme. Fasem aus den Polyamiden 6, 6.6 und 6.10 werden jetzt im Bekleidungssektor eingesetzt (Damenstriimpfe, Sport- und Freizeitbekleidung), wegcn der guten Scheuerfestigkeit auch fur TeppichbBden und dazu fur technische Borsten und Faden. Je nach Staat werden (10-25) % als technischc Kunststoffe verwendet, z.B. E r Rohre, Zahnrader, Walzenlager, Ventilatoren usw.
9.2.3.
Aliphatische AB-Polyamide
Ubersicht AB-Polyamide -NH-Z-CO- werden im Gegensatz zu AA/BB-Polyamidcn nach sehr vielen verschiedenen Methoden hergestellt (Tab. 9-6). Industrielle Synthcscn umfassen die direkte Polykondensation von a,w-Aminosauren (zu PA 9 und PA 1 1 ) (9-16)
H2N-Z-COOH
+ +NH-Z-CO*
+
H20
3 89
9. Kohlenstoff-Sticksroff-Ketten
Tab. 9-6 Industriell durch Polymerisation von N-Carboxyanhydriden (NCA), anionische (A) oder hydrolytische (H)Polymerisation von Lactamen und/oder Polykondensation von Estern (COOR), Sauren (COOH) oder S&mchloriden (COCl) hergestellte AB-Polyamide +NH-R-CO -f;. Chemische Struktur Typ Rest Z
ijblicher Name
2 3
Poly(ymethy1-L-glutamat) Poly(palanin)
3
Poly(3,3-dimethyl-palanin)
4 6
Poly(ybutyro1actam) Poly(&-caprolactam) Poly(6nanthlactam) Poly(capryl1actam) Poly( w-aminopelargondure) Poly( 1I-aminoundecanaure) Poly(laurin1actam) Poly(p-benzamid)
7 8 9 11
12 PPB
Polyreaktion von NCA Lactam - C O R m i t R = A H OR OH C1
+ -
+ + + + -
-
-
-
-
-
-
-
+
-
+ +
-
-
-
+
+
-
-
+ + -
4
-
die Polykondensation der Ester von a,w-Aminosauren (zu PA 7) (9-17)
HzN-Z-COOR -+ +NH-Z-CO+
+
ROH
die Polykondensation von Saurechloriden (zu PPB) (9-18)
HzN-Z-COCI -+ +NH-Z-CO+
+
HCI
die hydrolytische Polymerisation (zu PA 6, PA 8, PA 12) bzw. die anionische Polymerisation (zu PA 6 und zum dimethylsubstituierten PA 3) von Lactamen
0
die anionische Wasserstoffiibertragungs-Polymerisation von Acrylamid mit starken Basen zu Polyv-alanin)
(9-20)
n CHz=CH-CO-NH2
-+ 4-CHz-CHz-CO-NH -f;
und die Polyelimination von N-Carboxyanhydriden (Leuchs-Anhydriden) von a-Aminosauren (zu PMLG = Poly(ymethy1-L-glutamat), mit R = CH2CH2COOCH3):
390
9.2. Polyamide
Monomere Wenn die Monomeren und Polymeren geniigend stabil sind und keine Rohstoffgriinde dagegen sprechen, erzeugt man AB-Polyamide durch Polymerisation ihrer Lactame (E-Caprolactam C6H1 ION, Capryllactam C8H150N, Laurinlactam C12Hz30N). Caprolacram CL wird technisch nach verschiedenen Verfahren synthetisiert:
1. Phenol + Cyclohexanol + Cyclohexanon + Cyclohexanonoxim + CL 2. Cyclohexan + Cyclohexanol + Cyclohexanon + Caprolacton + CL 3. Cyclohexan + Cyclohexanonoxim (photochemisch mit NOC1) + CL 4. Cyclohexan + Nitrocyclohexan + Cyclohexanonoxim + CL 5. Toluol + Benzoesauiure + Cyclohexancarbonsaure + CL Beim Verfahren 5 bildet sich aus der Cyclohexancarbonsaure und Nitrosylschwefelsaure O=N-OS03H zunlchst das gemischte Anhydrid und schliesslich unter Abspalten von C02 das Sulfat des &-Caprolactams. Alle uber das Oxim fuhrende Verfahren erzeugen bei der Beckmann-Umlagerung zum Lactam grosse Mengen Ammoniumsulfat, und zwar in bis zu 9 Stufen bis zu 5 kg (NH4)2S04 pro Kilogramm Caprolactam. Das billige und als Dunger minderwertige Ammoniumsulfat (Bodensauerung) lasst sich jedoch nur bei kurzen Transportwegen gewinnbringend verkaufen. Die Grtisse der Caprolactam-Anlagen ist aus diesem Grunde in vielen Fgillen durch die Mtiglichkeit des Absatzes von Ammoniumsulfat beschrakt. Man bemuht sich daher um Verfahren, bei denen kein Ammoniumsulfat anfallt. Eine neue industrielle (aber noch nicht technische) Synthese stutzt sich nicht mehr auf die teuren Aromaten (Toluol; Benzol fur Phenol und Cyclohexan), sondem geht statt dessen von Butadien aus, das entweder mit HCN oder dem preiswerteren CO uber mehrere Zwischenstufen zum E-Caprolactam umgesetzt wird:
+ 4 H2
(9-22)
0
+H20
g' I
-m3
0
,
t - CH30H + CO
+ CH,OH
,C C O O C H 3 + CO,+ H2 ,C C O O C H , CHO
+ NH3,+ H, - H2O
COOCH, CH2NH2
Laurinlactam (Dodecanolactam; E: laurolactam) wird in vielen Fallen analog wie das &-Caprolactam hergestellt. Das Ausgangsmaterial ist das durch Trimerisieren des Butadiens erhiiltliche 1,5,9-Cyclododecatrien, wobei je nach Katalysator die trans,trans,cis- oder die trans,trans,trans-Verbindungentsteht. Die ttc-Verbindung wird hydriert und zum Cyclododecanol oxidiert, das dann auf verschiedenen Wegen in das Laurinlactam uberfuhrt werden kann (Wege 1 + 2). Altemativ kann man das Cyclododecatrien hydrieren und dann rnit NOCl photochemisch das Oxim bilden (Weg 3). Man kann femer mit Nitrosylschwefelsaure direkt das Laurinlactam erhalten (Weg 5).
9. Kohlenstoff-SlicksIoff-KeIIen
391
Ein neueres Verfahren fuhrt zur w-Aminododecanslure, die ja ebenso wie Laurinlactam ein Monomeres f i r PA 12 ist. Bei diesem bislang halbtechnischen Prozess wird Cyclohexanon in Gegenwart von NH3 katalytisch peroxidiert. Das entstandene Peroxydicyclohexylamin wird hydrolytisch zur w-Cyanundecansgure gespalten (Nebenprodukte: Cyclohexanon und &-Caprolactam), die dann zur w-Aminoundecansaure hydrien wird:
(9-23)
2 0
0
+ H202' iNH3
- 2 H20
~
o 5 NC-(CH2)lo ~ -CWH
2-Pyrrolidon (a-Pyrrolidon, 2-Pyrrolidinon, 4-Aminobutters~urelactam, YButyrolactam), das Monomere fur PA 4 und Poly(N-vinylpyrrolidon), wird technisch meist aus Ammoniak und YButyrolacton uber das Oxim erzeugt. Vorgeschlagen wurde auch die Umsetzung von Acrylnitril CH2=CHCN mit HCN zu Bemsteinsauredinitril (Succinodinitril) NC-CH2CH2-CN, das partiell zu NC-CH2CH2CH2-NH2 hydriert wird. Anschliessend wird hydrolytisch zum 2-Pyrrolidon cyclisiert.
Hydrolytische Polymerisation Das wichtigste Verfahren fur Polyamid 6-Fasem ist die chargenweise hydrolytische Polymerisation. Eine (80-90) %ige Losung von E-Caprolactam in Wasser wird in einem Autoklaven unter Zusatz von (0,2-05) % Essigsiure als Regulator reagieren gelassen (Abb. 9-5). Unter diesen Bedingungen hydrolysiert eine kleine Menge Lactam zur entsprechenden o-Aminosaure. Die Amino- und Carboxylgruppen dieser Aminosiure losen dann die Polymerisation des Lactams aus:
Spinnvorrichtung
Schmelztank
Mischer
Reaktor
Verdampfer
Abb. 9-5 Produktion von Polyamid 6. E-Caprolactam CL wird mit Wasserdampf unter Stickstoff in einem Schmelztank aufgeschmolzen, wobei ein Teil des CL zur WAminosaure hydrolysiert. Anschliessend wird die Schmelze in einem geheizten Mischer mit Wasser zu einer (80-90) % Ltjsung von CL gemischt und Essigdure als Regulator R zugegeben. Nach der Zugabe von TiOz wird im Reaktor bei 260°C hydrolytisch polymerisiert, wobei Wasserdampf entweicht. Die Schmelze des entstandenen PA 6 wird in einen Verdampfer (Evaporator) beftjrdert, wo die wasserltjslichen Fraktionen WF iiber Kopf abgezogen werden. Die Fraktionen werden dann in einem Vakuumsystem in Wasser(dampf) und Extrahierbares Ex (Monomere, Oligomere) zerlegt, wobei letztere zuriickgefiihrt werden. Die PA 6Schmelze wird mit einem Wikmestabilisator H versehen und der Spinnvorrichtung zugefiihrt.
o
9.2. Polyamide
392
Lactamkonzentration
-L
- Zeit in Stunden
-
@
Abb. 9-6 Zeitlicher Verlauf der Monomer- und der Endgruppenkonzentration bei der Polymerisation von E-Caprolactam bei 221,5"C mit einem anfinglichen Wassergehalt von 1,06 Gew.-% [5]. Diese Ringoffnungs-Polymerisationist die Startreaktion. Sie ist um ca. eine Grossenordnung schneller als die ebenfalls stattfindende Polykondensation von Amino- und Carboxylgruppen (Tab. 9-7)
und auch schneller als die Polyaddition (Anlagerung des Lactams an eine offene Kette):
(9-26)
Q
H
+ Hw(CH2)5CO],OH + H[NH(CH2)5COIp,OH
O
Durch das Mit- und Gegeneinanderwirken der drei Teilreaktionen ergibt sich ein komplizierter Reaktionsverlauf (Abb. 9-6). Er zeichnet sich durch einen anfanglichen autokatalytischen Verlauf aus. Durch die Polykondensation (G1.(9-25)) stellen sich ferner zwischen allen Reaktionsteilnehmern Gleichgewichte ein. Das entsprechend diesen Gleichgewichten im Polymerisat verbleibende Monomere wirkt weichmachend. Es wird daher mit z.B. heissem Wasser entfernt, bei anderen Verfahren auch durch Anlegen von Vakua. Tab. 9-7 Gleichgewichtskonstanten und Polyreaktions-Enthalpien der drei Teilreaktionen der Polyreaktion von E-Caprolactam bei niedrigem Wassergehalt (nach einer Zusammenstellung von [2bl. Reaktion
Ringoffnung Polykondensation Polyaddition
Physikalische Einheit mol/kg 1 mol/kg
Gleichgewichtskonstante bei T = 220°C 240°C 260°C 280°C 2500 770 1.9
2700 590 1,6
3000 460 1,4
3200 370 12
Reaktionsen thalpie in kJ/mol + 9 - 27 -
18
393
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Caprolactam wird auch yereinfacht-kontinuierlich drucklos mit 6-Aminocapronsiure oder AH-Salz als Initiator polymerisiert (VK-Verfahren). Bei diesem Verfahren wird die mit (0,3-5)% Wasser versehene Caprolactam-Schmelze dem VK-Reaktor von oben kontinuierlich aufgegeben. Die Schmelze polyreagiert bei der Abwartsbewegung. Die langen Venveilzeiten von 15-30 Stunden kbnnen verkiirzt werden. wenn dem VK-Rohr eine Vorpolymerisation mit (2-8) % Wasser vorgeschaltet wird. Die Schmelze wird beim Austritt aus dem Reaktor entweder rnit Wasser abgekiihlt und dann granuliert oder aber kontinuierlich aus dem Reaktor zu Fasem versponnen. Bei der Polymerisation bilden sich ausser den offenkettigen Molekiilen auch cyclische Oligomere mit i = 2, 3, 4 ... Monomereinheiten. Ihr Anteil (2 Ii I6) betragt bei 250°C ca. 5 Gew.-%. Ausser den Carboxyl- und Amin-Endgruppen finden sich femer semicyclische Amidincarbonsiuren. An der Luft werden zudem an den Kettenenden langsam Pyrrol-Strukturen gebildet, wodurch die PA 6-Fasem mit der Zeit vergilben. Handelsiibliche Polyamidfasem sind auch nicht notwendigerweise Homopolymere. So enthalten Fasem aus PA 6 in der Regel noch wenige Prozent eingebautes Ethylendiamin, um das Aminaquivalent und damit die Flrbbarkeit zu erhbhen. Durch hydrolytische Lactam-Polymerisation wird auch PA 12 hergestellt, wahrend das PA 8 anscheinend nicht iiber das Stadium der halbtechnischen Polymerisation des Capryllactams herausgekommen ist. Wegen der erschwerten Ringbildung (13-gliedriger Monomerring) ist der Monomer- und Oligomergehalt sowie die Tendenz zur Depolymensation sind beim PA 12 weit geringer als beim PA 6 (7-gliedriger Monomerring).
Anionische Lactam-Polymerisationen 4- bis 7-gliedrige Lactame (PA 3-6) sind anionisch mit starken Basen polymerisierbar. Die anionische Polymerisation des t-Caprolactams zu Poly(ecapro1actam) wird z.B. durch Natrium oder (Erd)alkalihydroxide initiiert, wobei in siru Lactamanionen entstehen. Die Lactamanionen I greifen dann die Molekiile der zugesetzten Co-Initiatoren (z.B. das N-Acetylcaprolactam 11) an, wobei sich der Ring bffnet und ein N-substituiertes Lactamanion 111 gebildet wird, das dann weiter zu V reagiert: (9-27)
Ge
+ GN-t--CH3
I
0
no
0
4
c
e
N - C- (CH2)s - N-C -CH3 II mo O I 0
n
N O
I
0
394
9.2. Polyamide
Derartige Co-Initiatoren sind z.B. durch am N-Atom rnit elektronenanziehenden Substituenten aktivierte Lactamderivate. Sie konnen in situ durch Zugabe von Acetanhydrid oder Keten zum Lactam erzeugt werden. Das N-substituierte Lactam I11 reagiert sehr rasch unter Protonenaustausch mit einem Lactammolekul IV unter Bildung von Polylactam-Molekulen V rnit Lactam- und Acetyl-Endgruppen. Die auf diese Weise regenerierten Lactamanionen I starten eine neue Kette usw. Co-Initiatoren sorgen fur schnelle Startschritte. Ohne Co-Initiator musste namlich das Lactamanion durch freies Lactam acyliert werden, eine sehr langsame Reaktion. Anionische Lactampolymerisationen sind sehr schnell und werden daher in der Technik als sog. Schnellpolymerisationen zum Giessen grosser Fonnteile aus PA 6 benutzt. Das gleichfalls m6gliche RIM-Verfahren ("reaction injection molding") scheint sich dagegen nicht durchgesetzt zu haben. Beim Nylon-RIM-Verfahren werden zwei Flussigkeiten simultan in die Form eingespritzt: eine Losung von Caprolactam-MgBr2 in Caprolactam und eine Caprolactam-LGsung von z.B. Poly(propylenglyco1) als elastifizierende Blockcomponente und Adipyl-bis-caprolactam als Co-Initiator. Bei der raschen Polymerisation entstehen Blockcopolymere aus Caprolactam- und Polyether-Blocken. Die anionische Lactampolymerisation weist die Charakteristiken einer lebenden Polymerisation rnit anfhglicher homogener Verteilung des Initiators auf: das Molmassenverhaltnis ist rnit G,/M,,= 1.2-1,3 recht eng. Die Molmassenvertcilung verbreitert sich jedoch mit zunehmender Z i t , 2.B. beim Aufheizen von Spritzgussmassen. Da dabei das Zahlenmittel der Molmasse konstant bleibt, kann die beobachtete Zunahme des Massenmittels oder der von dieser abhangigen Schmelzviskositat nicht von zusatzlichen Polymerisationen oder Polykondensationen stammen. Sie stammt vielmehr von einer Umamidierung (Transamidierung) durch eine sgurekatalysierte Aminolyse: m M k -0- NH -M,,
(9-28)
+ m M , -NH,
*Mk
A -
-CO
+
L 7
H,N-M,m
WM, -NH
Bei technischen Polymerisationen werden dic Aminendgruppen durch die zugesetzten Regulatoren (Acetanhydrid, Keten) in Acetamidgruppen umgcwandclt. Da dann praktisch keine Umamidierung mehr beobachtet wird, zeigt dies die Abwcsenheit direkter Transamidierungen zwischen beliebigen kettenstandigen Amidgruppen an. Polyamid 4 (Poly(a-pyrrolidon), Poly(2-pyrrolidinon), Poly(ybutyro1actam)) kann im Prinzip durch anionische Polymerisation von Pyrrolidon rnit Alkalipyrrolidon als Initiator und Acylverbindungen bzw. Kohlendioxid als Co-Katalysatorcn gemass dem allgemeinen Schema der G1.(9-27) hergestellt wcrden. Dic rnit Acylverbindungen als Regulator gestarteten Polymerisationen fiihren dabei zu brciteren Molmassenverteilungen als die rnit Kohlendioxid initiierten, vennutlich, weil im crsteren Falle eine Transinitiation stattfindet, z.B. bei N-Acetylpyrrolidon:
395
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Diese Transinitiation regeneriert den Coinitiator, wodurch auch bei den niedrigsten
Initiatorkonzentrationen s t h d i g neue Polymermolekule gebildet werden. Bei den mit C 0 2 gestarteten Polymerisationen ist dagegen CH3 durch Oe ersetzt. Im Ubergangszustand stossen sich hier die negativen Ladungen ab. Eine Transinitiation ist damit ausgeschlossen. PA 4 ist bislang kein technisches Produkt, ebenso auch nicht PA 5 = Poly(piperidon) = Poly(valero1actam). Ausser Poly(E-caprolactam) wird durch anionische Polymerisation das Poly(3,3-dimethyl-/3-alanin) hergestellt, das 3,3-dimethylsubstituierte PA 3. An ClS02NCO (aus SO3 und ClCN wird dazu Isobutylen CH2=C(CH3)2 angelagert. Das erhaltene Zwischenprodukt I wird verseift und das Monomere I1 anionisch polymerisiert:
Das Polyamid 3 ist ebenfalls durch eine anionische Polymerisation zug2nglich, allerdings nicht aus dem entsprechenden Lactam, sondem aus Acrylamid (Band I, S. 236): (9-31)
CH2 =CH -CONH2
-H@
+H@
CH, =CH -CONH
1
+ CH, =CH -CONH2 0
CH, =CH -CO-NH
-CH, -CH -CONH2
1 CH,=CH -CO-NH
-CH2 -CH2 -CONHe
Kationische Lactampolymerisationen Lactame sind mit starken Protonsauren bei Temperaturen uber 200°C polymerisierbar. Sie fuhren jedoch nur zu geringen Umsatzen und Polymerisationsgraden, vermutlich, weil Amidin-Endgruppen gebildet werden:
Polykondensationen Die direkte Polykondensation von WAminosauren (9-33)
H,N-Z-CCOOH
-+
€NH-Z-CO$
+
H20
396
9.2. Polyamide
muss in der Regel bei heheren Temperaturen ausgefiihrt werden, da bei tieferen Temperaturen die Reaktivitat der Carboxylgruppe wegen der Resonanzstabilisierung zu gering ist. Bei htiheren Temperaturen setzen aber Nebenreaktionen ein, welche die Polymerisationsgrade begrenzen: Cyclodimerisierungen bei a-Aminosauren, Ammoniakabspaltung und Bildung von Acrylsaure bei der /I-Aminosaure sowie intramolekulare Cyclisierungen zu Lactamen bei 7- und 6-Aminosauren. Erst bei hoheren als 6-Aminosauren tritt beim Erhitzen uberwiegend Polykondensation ein. Aus diesem Grunde werden nur PA 9 und PA 11 durch Polykondensation der freien Sauren hergestellt. PA 1 1 basiert auf Ricinusol als Rohstoff und ist daher Klima- und Marktschwankungen unterworfen (Kap. 3.10). In Russland gewinnt man 1 1-Aminoundecansiure auch aus den Produkten der Telomerisierung von Ethylen mit Tetrachlorkohlenstoff. PA 9 wurde in der Sowjetunion durch Polykondensation der w-Aminopelargonsiure hergestellt; das Verfahren ist jedoch unwirtschaftlich. PA 12 ist auch durch Polykondensation erhaltbar, da nunmehr eine direkte technische Synthese f i r die 12-Aminododecansaure H2N(CH2)1lCOOH existiert. Der Weg iiber das Lactam scheint jedoch bislang die einzige technische Route zu sein. Aminosaureester sind leichter zu polykondensieren, da die Estergruppe weniger resonanzstabilisiert als die Carboxylgruppe ist. Aminosaureester sind aber kostspieliger, da der bei der Polykondensation der Ester abgespaltene Alkohol wiedergewonnen werden muss. Poly(onanth1actam) (PA 7) ist aus diesem Grunde unwirtschaftlich. Die Synthese von PA 2 und dessen Abkommlingen wird zusammen mit der Polyreaktion von N-Carboxyanhydriden in Kap. 10.2.2 besprochcn.
Andere Polyamid-Bildungen Amidgruppierungen entstehen auch durch Umsetzen von Ketcnderivaten rnit Aminogruppen, was bei dem sog. Negativverfahren der Reproduktionstechnik ausgenutzt wird. Azoketone I zersetzen sich bei der Belichtung zu Carbcnen 11, die sich weiter in Ketene I11 umlagem. Die Ketene werden dann in situ mit z.B. Poly@-aminostyrol) IV vemetzt:
1 (9-34)
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
397
Eigenschaften und Verwendung Das Polyamid 6 besitzt naturgemiss ihnliche Festklirpereigenschaften wie PA 6.6 (vgl. Tab. 9-8 und Tab. 9-3). Es wird ebenso wie das Polyamid 6.6 uberwiegend fur Fasem verwendet, ein kleinerer Teil fur Konstruktionswerkstoffe (s. oben und Band IV). Die ebenfalls als Ingenieurkunststoffe verwendeten Polyamide 12 und 11 kombinieren auf Grund ihrer Struktur die Eigenschaften von PA 6 und Poly(ethylen), vor allem die niedrige Feuchteaufnahme und die Unempfindlichkeit gegen Spannungsrissbildung. Polyamid 3 wird von der Herstellerfirma nur selbst a h Stabilisator fur Poly(oxymethylen) verwendet. Die Versuchsproduktion von PA 4 scheint eingestellt zu sein. Tab. 9-8 Mittlere thermische und mechanische Eigenschaften von als ungefiillte Kunststoffe verwendeten AB-Polyamiden bei 23°C (sofern nicht anders vermerkt). Eigenschaft
Physikalische PA 3 Einheit
Dichte g/cm3 1,32 “c Schmelztemperatur (DSC), trccken Whestandfestigkeit (1,82 MPa) “c Vicat-Temperatur (10 N) “c Glastemperatur (DSC, trocken) “c 123 (DSC, 50 % RH) “c (DSC, 100 % RH) “c Linearer therm. Ausdehnungskoeff. 10-5 K-1 Spezifische Whekapaziat J K-l g-l Wheleitflihigkeit (20°C) W m-l K-l Zugmodul, trocken MPa 50 % RH MPa verstreckte Faser 50 % RH < 12 000 MPa Biegemodul, trocken MPa 50 % RH MPa Streckspannung, trocken MPa 50 % RH MPa Zugfestigkeit, trocken MPa 50 % RH MPa verstreckte Faser 50 % RH MPa < 360 Biegefestigkeit, trocken MPa 50 % RH MPa Streckgrenze, trocken % 50 % RH % verstreckte Faser 50 % RH % 3 Reissdehnung, trocken % 50 % RH % verstreckte Faser 50 % RH % < 20 trocken Schlagzaigkeit (Izod), Jim 50 % RH Jlm (Charpy) 50 % RH) kT/m2 Rockwell-HiWe (Shore), trocken 50 % RH Wasserabsorption, 50 % RH % 7 100 % RH %
PA4
PA6
PA 11
PA 12
1,25
1,13 220 62
1,03 190 55
56 3 -22 8,s 1,7 0,23 3300 1700
43
1,Ol 180 52 170 42
9 1.26 0,19
42 13 1,26 0,24
2720 970 81 44 81 69
36
< 10
1450 1170 1030 36 57 54
113 40 9
22
200 300
120 300
58 215
40
R117 R99 3,O 9,s
R108 RlO8 03 2,4
1410 1030 49 40 49 47
56 40 10 20 250 250 58
64 6 R108 0.7 2 ,o
398
9.2. Polyamide
Die Polyamide 3, 6, 11 und 12 losen sich ebenso wie die PA 6.6, 6.9, 6.10 und 6.12 bei Zimmertemperatur nur in Ameisensaure, Dichloressigsaure und Trifluoressigsaure und gihnlichen Ltisungsmitteln. Bei hoheren Temperaturen lost sich PA 3 auch in Chloralhydrat, PA 6 auch in m-Cresol und in Dimethylsulfoxid. Das 3,3-dimethylsubstituierte PA 3 ist ebenfalls schwerloslich; es kann nur aus einer methanolischen Losung von Calciumthiocyanat versponnen werden. Gesponnene Faden sind auch ohne Verstrecken hochkristallin. Die Polymeren besitzen hohe Schmelztemperaturen und sind sehr oxidationsbestandig. Sie werden daher als Nahgame fur technische Nahmaschinen eingesetzt. Technische Nahmaschinen arbeiten sehr schnell und haben folglich sehr heisse Ngihnadeln. Bei einem Stillstand der Maschine wiirden Nahfaden aus niedrigschmelzenden Polymeren durchschmelzen und die Produktion wegen des muhsamen Wiedereinfadelns lahmlegen.
9.2.5.
Verzweigte AA/BB-Polyamide
Hyperverzweigte Polyamide Durch Polyreaktion von Anhydriden wie Bemsteinsaureanhydrid, Hexahydrophthalsaureanhydrid, Phthalsaureanhydrid oder Dodecanylbemsteinsaureanhydrid
Bernstein- HexahydrophthalPhthaldureanhydrid dureanhydrid dureanhydrid
Dodecanylbernsteindureanhydrid
Diisopropanolamin
mit Diisopropanolamin entstehen via reaktive Oxazolinium-Zwischenprodukte hyperverzweigte Amidester-Polymere, die von der Herstellerfirma dendritische HybranTM-Polymere genannt werden:
+ o H I H3C C H 3 0 H
usw., (9-35)
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
399
Bei der Reaktion entstehen hauptsichlich 111-Einheiten und daneben auch einige IVEinheiten. Die Zahlenmittel der Molmassen der im Handel erhaltlichen Produkte betragen zwischen 670 g/mol und 2700 g/mol, was Zahlenmitteln der Polymerisationsgrade der 111-Einheiten zwischen 2,3 und 9,4 entspricht. Wegen des statistischen Charakters der Reaktion weisen die Polymeren relativ hohe Polymolekularitatsindices Hw/Hn von 3-4 auf. Pro Molekul liegen zwischen 5 und 13 Hydroxylgruppen vor. Durch Modifikation der Synthese sind Polymere mit verschiedenen Endgruppen erhlltlich (Ester, tertilre Am ine, Tri alkox ysil ane us w .). Die Polymeren 16sen sich nicht in Wasser, WONaber in aromatischen und chlorierten Kohlenwasserstoffen, Estem, Alkoholen und Ketonen sowie in Tetrahydrofuran. Die Glastemperaturen nehmen mit steigendem Polymerisationsgrad bei den BemsteinsaurePolymeren von 10°C auf 4OoC zu, bei den Hexahydrophthalsiure-Abkomrnlingen von 30°C auf 70°C und bei den Phthalsaureanhydrid-Polymerenvon 60°C auf 100°C. Die Hybran-Polymeren wurden als Keme fur stemformige Polykondensate, Verzweiger fur Elastomere und Epoxidharze, Dispergiermittel fiir Schmiermittel bzw. Fullstoffe, usw. vorgeschlagen, dazu fiir den Einsatz als Adhasive, als Antigefriermittel in Dieselolen, in der Kosmetik und in Tonem.
Versamide Statistisch verzweigte aliphatische Polyamide entstehen aus dibasischen Fettsauren (c13. c19, c21, (236) bzw. "polymensierten" pflanzlichen Olen und di- und polyfunktionellen Aminen. Technisch wird vor allem die sog. Dimer-Saure verwendet, die bei der Reaktion von zwei oder mehr ungesittigten C18-FettSBU~nbeim Erhitzen rnit Ton entsteht. In dieser Dimer-Saure liegen viele verschiedene chemische Strukturen vor, die je nach der Anzahl kondensierter Ringe als acyclisch, monocyclisch oder bicyclisch bezeichnet werden. Beispiele:
Die verzweigten Fettslure-Polyamide werden VersarnideTMgenannt. Sie weisen niedrige bis mittlere Molmassen auf, sind gut loslich und besitzen Schmelztemperaturen zwischen Raumtemperatur und 185°C. Mit Ethylendiamin H2NCH2CH2NH2 erhdt man aus der Dimer-Saure in der K a t e lagerfihige Klebstoffe, die beim kurzem Erwarmen "harte" Polymere geben. Mit Diethylentriamin ( H Z N C H ~ C H Z ) ~ N bekommt H man dagegen "weiche" Polyrnere, die gut mit Epoxiden sowie Phenol- und Kolophoniumharzen kombinierbar sind. Versarnide werden ausserdem fur Uberzuge und Druckfarben verwendet.
400
9.2.6.
9.2. Polyamide
Aramide
Aromatische Polyamide (Polyaramide, Aramide) sind nach der gangigen chemischen Definition solche, die in der Kette eine aromatische Gruppierung enthalten, wobei die Amidgruppen direkt oder uber z.B. CH2-Gruppen mit dem aromatischen Rest verbunden sind. Nach einer Definition der U.S. Federal Trade Commission werden als Aramide jedoch nicht Polyamide mit aromatischen Gruppierungen in der Hauptkette p e r se bezeichnet, sondem nur solche langkettigen synthetischen Polyamide, bei denen mindestens 85 % der Amidgruppen direkt an zwei aromatische Ringe gebunden sind. Nach IS0 klinnen demgegenuber bei Aramid-Polymeren bis zu 50 % der Amidgruppen durch Imidreste ersetzt sein. Aramide sind in AB-Typen oder AA/BB-Typen einteilbar.
AB-Typ p-Aminobenzoesaure (PABA) lasst sich nicht direkt in der Schmelze polykondensieren. da das Polymere (PBA, PPBA) sich bereits unterhalb seiner Schmelztemperatur von 550°C zersetzt. Technisch gangbar ist der Weg uber die Schotten-Baumann-Reaktion des Saurechlorides, das man durch Chlorieren der COOH-Gruppe mit Thionylchlorid erhalt:
+ 2 SKI, H2N -$-OH-
-
SO,,
0
O=S=N
3 HCl
+ 3 HCI
1
(9-36)
-
-
0
I
SOCI,
Anstelle des p-Aminobenzoesaurechlorids kann auch das Dimere verwendet werden, also das 4-(4'-Aminobenzamido)benzoylchlorid-hydrochlorid.Als Losungsmittel dient Tetramethylhamstoff oder Dimethylacetamid. Fur die Synthese des Poly(p-benzamid)s wurde auch zwei alternative Verfahren vorgeschlagen, einmal uber die Polykondensation des Isothiocyanates (9-37)
---+ 4- cs,
H 2 N e C - O H -
II 0
S C N O i - O H
- HZS 0
w f
H
N
e
- cos
und dann uber die Polykondensation von PABA mit Hilfe von Sic14 in Pyridin: (9-38)
+ n SiCl, 2 n H,N o
;
-
O
H 0
-
n SiO,, - 4 n HCI
f
f 0
401
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten 104
1
Poly@-benzarnid)
AP
103
h
II4n
E 102
v
I
Pol yamid 6.6
lo
14 100
300
1000
3000
-
10000 30000 100000
- M, / (g mol-’)
Abb. 9-7 Abhmgigkeit der Grenzviskositiitszahl [q] vom Massenmittel der Molmasse bei Losungen von Poly(p-benzamid) [6] und Polyamid 6.6 [7] in konzentrierter Schwefelsaure bei 25°C. Das protonierte Polymere bildet in konzentrierter Schwefelsaure verhaltnismassig steiHw< 12 000 hervorgeht (Abb. 9-7). Die Persistenzlange betragt in 96 % H2SO4 ca. 50 nrn (s. Band I, Tab. 4-8). Bei M > 12 000 wird das Molekul mehr knauelahnlich und a wird zu ca. 1,07. Die Modifikation I des Poly(p-benzamid)s kristallisiert orthorhombisch, wobei die Molekule die Makrokonformation trans-cis-trans-cis annehmen. Bei 214°C geht die Modifikation I in eine Modifikation I1 uber, aus der sich bei 544°C thermotrope nematische Flussigkristalle bilden. Tetramethylhamstoff, N,N-Dimethylacetamid, N-Methylpyrrolidon und ihnliche Losungmittel bilden mit PBA lyotrope nematische Flussigkristalle, aus denen Filme gegossen oder Fasem ersponnen werden konnen. Fasern aus PB A weisen betrachtliche Zugmoduln und Zugfestigkeiten auf, die durch erhtihte Spinn-VerstreckungsfaktorenAdA2, kurzes Tempern der Fasern oder konzentnertere Spinnlosungen noch vergrossen werden konnen (Tab. 9-9). Wegen ihren hohen Temperaturbestadigkeiten eignen sich die Fasern als Ersatz fur Asbest. PBA wurde urspriinglich von DuPont als Faser B hergestellt. Die Produktion wurde jedoch eingestellt, vermutlich wegen der hohen Monomerkosten, der begrenzten Lagerfihigkeit der Spinnlosungen undloder des schwierigen Wiederauflosens der Polymeren. Es wurde durch Poly(p-phenylenterephthalamid) ersetzt, das ursprunglich ebenfalls Faser B genannt wurde. PBA wird offenbar noch in Russland als “Terlon” pmduziert.
fe Ketten, wie aus dem Exponenten a = 1,7 in [q]= K,Hwa bei
Tab. 9-9 Eigenschaften von PBA-Fasern durch Spinnen anisotroper Losungen [8] bzw. Schmelzspinnen [9]. AdA2 = Querschnittsflache der Spinndiise/Querschnittsflachedes Fadens beim Erstarren. Verfahren Losungsspinnen, 4,6 Gew.-% PBA in Tetramethylhamstoff + 6.5 % LiCl Ltlsungsspinnen, 5,8 Gew.-% in Tetramethylhamstoff + 6.5 % LiCl Ltlsungsspinnen, 6,7 Gew.-% in Tetramethylhamstoff + 6,5 % LiCl Schmelzspinnen mit AdA2 = 3,2 Schmelzspinnen mit AdA2 = 3.2, Sekunden langes Tempern bei 525°C
EIGPa ae/GPa Eglo/o 23,8 43
55 65 137
0,85 1.11 1.27 1.05 2,2
10.9 9,7
0.86 3,1 1,9
402
9.2. Polyamide
AAIB B -Typen Auch bei Aramiden vom AAIBB-Typ sind die Schmelztemperaturen hoher als die Zersetzungstemperaturen. Sie werden daher wie Poly@-benzamid) in Losung durch Schotten-Baumann-Reaktionen zwischen Dicarbonsauredichloriden CIOC-Ar-COCI und Diamindihydrochloriden CI[H3N-Ar'-NH3]Cl hergestellt:
(9-39)
CIOC-Ar-COCl
+ H2N-Ar'-NH2 + tCO-Ar-CO-NH-Ar'-NH*
+ 2 HCl
Ein Beispiel ist die Polykondensation von p-Phenylendiamin mit Terephthalsauredichlorid zu Poly(p-phenylenterephthalamid)PPTA, die von DuPont in einer 2:l -Mischung von N-Methylpyrrolidon + Hexamethylphosphortriamid und von Akzo in N-Methylpyrrolidon + CaC12 durchgefuhrt wird. Nach Zugabe von Wasser wird das Polymere vom LBsungsmittel befreit.
Pol y@-phenylenterephthalamid) PPTA (KevlarTM, ArenkaTM,Vniivlon)
Das Erspinnen zu Fasem erfolgt aus Losungen von ca. 20 Gew.-% PPTA in konzentrierter Schwefelsaure bei 80°C. also oberhalb der kritischen Konzentration fur den Ubergang von isotropen verdunnten zu anisotropen konzentricrteren Losungen. In diesen LBsungen liegen Schwarme aus PPTA-H2S04-Komplexen mit mehr oder weniger parallel gelagerten Polymersegmenten vor (Band 11, Kap. 8.2), wodurch die Losungsviskositlt drastisch emiedrigt wird. Die hohe Segmentorientierung bleibt nach dem Erstarren des Polymeren im Fallbad erhalten. Die Fasern weisen daher auch ohne Streckprozess bereits sehr hohe Festigkeiten auf (Tab. 9-10). PPTA weist bei niedriger Dichte hohe Moduln, niedrige Zugdchnungen, grosse Zugfestigkeiten, niedrige elektrische Leifahigkeiten und ausgezeichnete Dimensionsstabilitaten auf. Es ist chemisch gut bestandig, sowie flammwidrig und selbstverloschend. PPTA wird 2.B. als Reifencordfaser verwendet, das hochverstreckte Kcvlar 49 als Hochmodulfaser fur z.B. schnittfeste, warmebestwdige und kugelsichere Bcklcidungsstiicke. Poly(m-phenylenisophthalamid) PMIA wird in Dimethylacetamid als Losungsmittel mil NaOH als HCI-Fanger und Trimethylaminhydrochlorid als Katalysator synthetisiert. Nach der Polymerisation wird rnit Ca(OH)2 neutralisiert. Die Losung wird nach dem Trockenspinnverfahren versponnen. PMIA (11) mit seiner unregelmassigeren Struktur bildet keine Flussigkristalle, Iasst sich aber zu temperaturbestandigen, klaren (aber gelblichen) Filmen und Fasem verarbeiten.
Pol y(m-phenylenisophthalamid)PMPI (NomexTM,ConexTM,PhenylonTM)
403
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Tab. 9-10 Dichte p. Zugmodul E (in Faserrichtung), Zugfestigkeit CQ, Reissdehnung Q. Wasserabsorption Aw (2loC, 65 % relative Luftfeuchtigkeit)und Sauerstoffindex LO1 von Aramid-Fasem. (N/tex).@ in g/cm3) = GPa. Kevlar 49 und Arenka HM sind verstreckt (HM = Hochmodul). Handelsname
p/(g cmS)
Poly(pbenzamid) Terlon
TGPC
1,4
Poly(p-phenylenterephthalamid) 1,44 Kevlar 1.45 Kevlar 49 1.44 Arenka 1.45 Arenka HM
345
Poly(m-phen ylenisophthalamid) 1,38 Nomex 1,37 Conex Phenylon 1,37
280
EIGPa
og/GPa
83
0,69
50 138 61 125
2.9 2.8 2.7 2,7
15 12 14
0,67 0.60 0.60
4%
A,,,/%
LOU%
4,8
27,s
1.5
31
6 3,5
29 29
4,8
27.5 28 27,s
23 4.5 2.1 3,7 2.3 23 43 23
Poly[(p-phenylen-co-3,4'diphenylether)1:lterephthalamid] HM-50
1,40
242
69
5s
3.7
Die schwierige Verarbeitbarkeit von PPTA wird durch den Einbau von 4,4'-Diaminodiphenylether-Einheiten verbessert, deren "gewinkelte" Struktur die "starre" PPTA-Kette aufbricht. Die Hochmodulfaser HM-50 (TechnoraTM)ist ein Copolymer aus Terephthalsluredichlond und einer 50/50-Mischung von p-Phenylendiamin und 3,4'-Diaminodiphenylether. Das Polymere wird aus 6 % isotropen LGsungen in N-Methylpyrrolidon + CaC12 versponnen. Die Flden werden dann bei (460-500)°C verstreckt.
p-Phenylenterephthalamid-Einheit
3,4'-Diphenylethetterephthalsaureamid-Einheit
Etwas mehr exotisch ist ein Poly(chinazolindionisophtha1amid) (ATF-2000). Der Heterocyclus entsteht in mehreren Stufen aus der 1-Amino-4-nitrobenzoesaure:
/o:
COOH
0 C N 0 N O 2+ 02N
MI2
O2N
MI-co-NH
+ COCI, (9-40)
1- CO,,
0 -
-
2 HCI
NO2
9.2. Polyamide
404
Das resultierende 3-(p-Aminophenyl)-7-amino-2,4( 1H,3H)-chinazolindion wird in N Methylpyrrolidon oder Dimethylacetamid gelost und dann mit Isophthaloylchlorid zu A T - 2 0 0 0 polykondensiert. Die viskose Losung ist trocken oder nass verspinnbar. Die Fasem besitzen ausgezeichnete mechanische Eigenschaften ( E = 9,8 GPa, og = 700 MPa, a= 14 %). Sie sind hygroskopisch, temperaturbestandig und schwer entflammbar (LO1 = 38 %) und dienen z.B. fur Schutzanzuge und Heissgasfilter.
9.2.7.
Andere aromatische und cycloaliphatische Polyamide
Durch Variation der beiden Monomeren in AA/BB-Polyamiden, Cokondensationen von drei oder mehr Monomertypen, Einfuhren von aromatischen undloder cycloaliphatischen Ringen und/oder Heterogruppen ( h i d , Hydrazid usw.) lassen sich StandardPolyamide vielfaltig abwandeln. Die meisten dieser Polyamide sind Nischenprodukte, teils wegen ihrer speziellen Eigenschaften, teils wegen der hoheren Monomerkosten.
Polyphthalamide Das Polyamid aus 1,6-HexamethyIendiamin und Terephthalsaure (PA 6.T) ist z.B. technisch unbrauchbar, weil die Schmelztemperatur (37 1"C) grosser als die Zersetzungstemperatur (360°C) ist. Um die durch die aromatische Gruppierung erzielten verbesserten mechanischen Eigenschaften zu erhalten, mussen daher entweder die Hexamethylendiamin- oder die Terephthalsaure-Gruppierungen teilweise durch andere Reste ersetzt werden. Der Weg uber langere Diamin-Ketten wird technisch offenbar nicht begangen. Fur den Ersatz der Terephthalgruppe bieten sich dagegen die beiden anderen preiswerten Phthalsauren an. Derartige Polymere sind als Polyphthalamide bekannt. sie sind entgegen ihrem Namen keine Homopolymeren aus Phthalsaure und Diaminen, sondem viclmehr Copolymere. Unter dem Namen "Polyphthalamid" verbergen sich zwei Typen: 6,6-Copolymere aus Hexamethylendiamin + Terephthalsaurc (Majoritatskomponente), Isophthalsiure (Minoritatskomponente) und Adipinsaure (PA 6T/61/66; PPA; AmodelTM). 6-Copolymere aus .s-Caprolactam (Majoritatskomponente) sowie Hexamethylendiamin + Terephthalsaure (PA 6/6T; Ultramid TTM). Diese Copolymeren sind kristalline Materialien, die sich nur in Hcxafluorisopropanol losen (6T/61/66 auch in heissem Phenol oder in heisser konzentrierter Schwefelsaure). Sie weisen entsprechend gute Chemikalienbestandigkeiten auf. Dank der PhthalsaureGruppierungen besitzen sie gegenuber PA 6.6 erhohte Schmelz- und Glastemperaturen sowie Wlrmestandfestigkeiten (Tab. 9- 1 1). Wegen ihren ausgezeichneten mechanischen und elektrischen Eigenschaften werden sie f i r temperaturbestandige Teile (Autoradiatoren, gedruckte Schaltungen usw.) vcrwendet.
405
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Tab. 9-11 MiUlere thermische und mechanische Eigenschaften von als ungefiillte Kunststoffe verwendeten aromatischen Polyamiden bei 23°C (sofem nicht anders vermerkt). Eigenschaft
Physikalische PA 6.6 6T161166 6l6T Einheit
Dichte g/cm3 1.14 Schmelztemperatur (DSC), trocken “c 262 Wiimestandfestigkeit (1,82 MPa) “c 90 Vicat-Temperatur B “c 200 Glastemperatur @SC, trocken) “c 48 (DSC, 50 % RH) “c 15 (DSC, 100 % RH) “c -32 Linearer them. Ausdehnungskoeffizient l t 5 K-1 8.1 Spezifische WWnekapaziCit J K-1 g1 1,7 Wiimeleitf%igkeit (20°C) W m-l K-I 0,23 Zugmodul, trocken MPa 3200 50 % RH MPa 1600 Biegemodul, trocken MPa 2830 50 % RH MPa 1210 Sueckspannung, trocken MPa 83 50 % RH MPa 59 Zugfestigkeit, trocken MPa 83 50 % RH MPa 77 Biegefestigkei t, trocken MPa 117 50 % RH MPa 42 Streckgrenze, trocken % 5 50 % RH % 25 Reissdehnung, trocken % 60 50 % RH % > 300 Schlagziihigkeit (Izod), trocken Jlm 53 50 % RH Jlm 107 Kerbschlagfiigkeit (Izod), trocken Jlm 53 50 % RH Jlm 112 Rockwell-H&te (Shore), trocken R 119 50 % RH R 108 Wasserabsorption, 24 h 50 % RH % 2.5 100 % RH % 8,5 Relative Permittivit;it, trocken, 1 kHz 33 lMHz 3.5 50 % RH.1 kHz 6,s lMHz 4.1 Dielektr. Verlustfaktor, trocken, 1 MHz 0.03 50%RH,1 MHz 0.08 Durchgangswiderstand, trocken R cm 1015 50 % RH R cm 1013 100 % RH R cm 109
1.27 310 120 107 127
1,18 298 113 40
0.24 3650 110 110
3500 3600 3500 110 110 120 104
310 3
6-3T
1,22 24 3 %
1,12
85 52 15 5,1
150
0.38 4700 4400
2660 90 70
99 75 160
19 6.0 4
,o
135
8 2 > 10 20
35 40
120
6,O 1.45 0.21 2800
4s
> 10
110 100
MXD6
20 R108 13
5.8 3.9
10‘6
Poly(m-xylylenadipamid) Das Polymere MXD6 (RenyTM,IXEFTM)aus rn-Xylylendiamin und Adipinslure
70 180
kB 360 13 M93 3 ,O 7-5 3s 3,1 3.9 3,4 0,02 0.03 1015
1015
406
9.2. Polyamide
wird trotz des 1,3-Phenylenrestes zu den aliphatischen Polymeren gerechnet, weil die Amidgruppen nicht an den aromatischen Rest gebunden sind. Es weist niedrigere thermische Eigenschaften und, trotz erhdhter Moduln, auch niedrigere (aber immer noch hohe) mechanische Kennwerte als die Polyphthalamide auf (Tab. 9-1 1). Das verhaltnismassig preiswerte Polymere wird fur Monofilamente (Bursten, Filtertucher), fur Sportartikel und fur elektrische/elektronische Teile verwendet. Da es selbst bei hohen Luftfeuchtigkeiten nur wenig sauerstoffdurchlassig ist, dient es auch in Form von extrudierten Filmen und Folien fur Lebensmittelverpackungen (evil. als Laminat mit Poly(o1efin)en, PET oder PA 6) und fur blasgeformte Flaschen.
Poly[ bis(4-aminocyclohexan)methylendodecanamid] Die Rohstoffe fiir die Monomeren dieses Polymeren sind Anilin und Butadicn. Anilin wird mit Formaldehyd kondensiert und das entstehende Diamin zum Bis(4-aminocyclohexan)methylen hydriert (G1.(9- 15)). Butadien wird mit einem Ziegler-Katalysator oder Nickelo- bzw. Chromkomplexen trimerisiert und dann zum Cyclododecan hydriert, welches mit Luftsauerstoff zum Cyclohexanol/Cyclohexanon-Gemisch oxidiert wird. Das On/01-Gemisch wird dann mit Salpetersaure zur Dodecandisaure oxidiert: (9-41) H,N
0
+ CH20 + G
N
H
z
3 H,C=CH--CH
=CH2
1
Die Cyclohexan-Reste des durch Polykondensation dieser beiden Monomeren entstehenden Polymeren sind zu etwa 70 % in der trans-Konfiguration. Das Polymer schmilzt im trockenen Zustand bei 145°C. Durch Schmelzspinnen bei 275°C entstehen seidenahnlichc Fasem (QianaTM),die zu leuchtenden Farben farbbar sind. Die Fasem sind formbestandig und knitterfest. Da sich das Polymere nicht in chlorierten Losungsmittcln lost, konnen Gewebe trocken gereinigt werden.
407
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Polyamid 6-3T Das Polyamid 6-3T (PA TMDT) ist ein statistisches Copolymeres aus gleichen An(darum 6-3 oder TMD) teilen von 2,2,4- und 2,4,4-Trimethyl-1,6-hexamethylendiamin und Terephthalsiure T:
;t
PA 6-3T
0
Verzweigte Diamine sind ungewohnliche technische Produkte. Sie verdanken ihre Existenz der Hock-Synthese von Phenol. Cumol (aus der Propylierung von Benzol) wird zurn Cumolhydroperoxid oxidiert, das anschliessend durch Protonen gespalten wird: (9-42)
Das Cumol-Verfahren ist wirtschaftlich, obwohl pro Tonne Phenol 0,62 Tonnen Aceton entstehen. Bei der Suche nach Verwertungsmtiglichkeiten fur Aceton stiess man auf dessen Trimerisation zu Isophoron. Die Hydrierung zum entsprechenden Cyclohexanolderivat und dessen Oxidation liefert die isomeren 2,2,4- und 2,4,4-Dicarbonsauren: (9-43) 3 (CH3)2CO
CH3 -2
H,0,cH3vE:: 0
CH3
' + H20, + 0 2 * HOOC- 21CI -3CH2 -4 CH -5CH, -COOH
CH3
(hier nur als 2.2.4-Isomer)
Deren Diamide H2NOC--CONH2 werden iiber die Dinitrile NC--CN in die Diamine H~N-CH~--CH~-NHZ(1 :1-Mischung der 2,2,4- und 2,4,4-Isomeren) uberfiihrt. Das Polyamid 6-3.T (Trogamid TTM)besitzt wegen der beiden Diamin-Reste und deren mtiglichen Einbau uber Kopf-Schwanz-, Kopf-Kopf- und Schwanz-Schwanz-Stellungen eine recht unregelmlssige Struktur, was eine Kristallisation verhindert. Das amorphe Polymere ist auch in dicken Schichten glasklar. Es wird jedoch weiss, wenn es eine Woche lang heissem Wasser von 90°C ausgesetzt wird. Die relativ hohe Wassersattigung von 7 5 % bei 23°C (Tab. 9-11) emiedrigt jedoch die recht hohe Glastemperatur von ca. 145°C nur auf ca. 135°C. Durch die Wasseraufnahme sinkt die Streckspannung und steigt die Reissdehnung. Im Gegensatz zu Polycarbonat A, mit dem Polyamid 6-3.T in Konkurrenz steht, zeigt es jedoch keine Spannungsrissbildung.
408
9.2. Polyamide
Tab. 9-12 Transparcnte Polyamid-Copolymerc IndusmcCode
Lactame Diaminc 12 PACM IPD TMD 6
Dis;iurcn 6 MACM 6 I
0
0 0
T
X
HandelsprWe
6V6 6V6T 6/PACMT 61/6T/PACMI/PACMT 61/6T/MACMI/MACMT 61/6T/MACMI 12/MACMI 12/MACMT TMDT
0
0 0
0 0 0
0 0
0 0 0 0 0 0
0 0 0 0
0 0 0 0 0 0 0
0
Versuchprodukte
6/rMDT/6T 66/IMDImDT 61/6T/6IPD 66/6I/MACMIjklACMT MACMIIMACMX XT/MACMT
0
0 0 0
0 0 0 0
0
0 0 0
0
0 0 0 0
0 0 0 0
0 0
0
Andere transparente Polyamide Das Polyamid 6-3.T war das erste transparente Polyamid, das Marktreife erlangte. In der Folge wurden von verschiedenen Firmen weitere transparente Polyamide entwickelt, die alle auf dem gleichen Prinzip beruhen: Storung der Kristallisationstendenz geradkettiger Sequenzen durch Einbau sperriger Gruppen (meist aromatische oder hydroaromatische Ringstrukturen) und/oder Verwendung von Comonomeren. Die meisten dieser Polymeren kamen nicht iiber das Versuehsstadium hinaus, die restlichen sind wegen der teureren Monomeren naturgemass Nischenprodukte. Fur transparente Polyamide werden von mehreren Firmen 2 Lactamtypen, 5 Amintypen, 3 Dicarbonsauretypen und 2 weitere Monomertypen (X) in verschiedenen Kombinationen von 3 bis 5 Monomenypen verwendet (Tab. 9-12). Ausser den Standardmonomeren (Lactam 6 und 12; Hexamethylendiamin; Adipin-, Isophthal- und Terephthalsaure) handelt es sich um die folgenden Monomeren:
acH2 d3
H3C MACM H2N PACM
NH2
H2N e
C
H
20
N
H
3,3'-Dimcthyl4,4'-diaminodicyclohcxylmcthan
2
Bis(p-aminocyclohexyI)mcthan
H2NCHz 1-Amino-3-aminomethyl-3,5,5-trimethylcyclohcxan
IPD
H 2 N q z : t NH2
(Isophorondiamin)
409
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
1 -Arnino-3-aminomethyl-3,5,5-trimethylcyclohexan (Isophorondiamin)
(733
y
3
H2N -CH2 -C -CH2 -CH -CH2 -CH2 -NH2 I CH3 y
3
y
2.2.4-Trimethylhexamethylendimin
3
H2N -CH2 -CH -CH2 -C -CH2 -CH2 -NH2 I CH3
2,4,4-Trimethylhexamethylendiamin
Nicht durchgesetzt haben sich transparente Polyamide aus den folgenden Monomeren:
HzNCH, ~
C
H
~
N
H
~ CH2NH2 D 1,4- und 1,3-Bis(aminornethyl)norboman
AMNB H2NCH2
TCD
MC
5BI
N
Qj 1: '5 4,
HOOC
1,1,3-Trirnethyl-3-phenylindan-4,5-dicarbon~ure
COOH C6H5 MDI
Diphenylmethan-4,4'-diisocyanat
410
9.3.
9.3. Po/yharnsto#e und Aminoharre
Polyharnstoffe und Aminoharze
9 . 3 . 1 . Polyharnstoffe Polyhamstoffe sind Polymere mit dem Grundbaustein -NH-CO-NH-Z-. Fur ihre Synthese sind mindestens 15 verschiedene Verfahren vorgeschlagen worden, von denen sich die meisten wegen Nebenreaktionen nicht fur die Technik eignen. Bei der Umsetzung von Diisocyanaten OCN-Z-NCO rnit Diaminen HzN-Z-NH2 entstehen z.B. leicht Biuretgruppen -NH-CO-NH-CO-NHund damit vemetzte Polymere. Polymere aus der Reaktion von Diaminen rnit COS sind nicht schwefelfrei zu erhalten usw. Technisch geht man von Hamstoff aus, der nach 2 NH3 + C 0 2 + H2NCOONH4 -) HzNCONH;! + H20 aus Ammoniak und Kohlendioxid uber das intermediar gebildete Ammoniumcarbamat entsteht. Der Hamstoff wird daM rnit Diaminen in der Schmelze oder in Phenol in Gegenwart kleiner Mengen von Regulatoren (einbasische Sauren, Amine, Amide) umgesetzt: H,N-CO-NH2
(9-44)
+ H2N-Z-NH2
&+H-CO-NH-Z~
+
2NH3
Die Reaktion lauft mljglicherweise unter intermediarer Bildung von Isocyansaure ab. Da die Reaktion eine Gleichgewichtsreaktion ist, sind Hamstoffumlagerungen moglich. Das beim Erhitzen auf (140-16O)"C erhaltene Prspolymere wird dann im Vakuum bei ca. 250°C auskondensiert. Durch die Regulatoren werden die labilen Endgruppen (vermutlich Hamstoff- oder Isocyanatgruppierungen) stabilisiert. Technisch stellt man aus Nonamethylendiamin H2N(CH2)9NH2 und Hamstoff cine Faser her. Dieses Polymere besitzt eine Schmelztemperatur von 240°C. eine hohere Alkalibestandigkeit als Poly(ethy1enterephthalat) und eine gute Farbbarkeit rnit sauren Farbstoffen. Durch Umsetzen von Gemischen verschiedener Diamine rnit Hamstoff gelangt man zu weitgehend amorphen Copolymeren, die durch Spritzgiessen, Extrudieren, Blasen oder Wirbelsintem verarbeitet werden konnen. Aliphatische Polyhamstoffe oder deren Copolymere dienen fur Uberzuge, aromatische auch fur Anstrichmittel und Copolymere mit Urethaneinheiten fur Schaumstoffe, Elastomere und Klebstoffe.
9.3.2.
Aminoharze
Monomere Aminoharze bzw. Aminoplaste sind Kondensationsprodukte NH-haltiger Verbindungen mit nucleophilen Komponenten und Carbonylverbindungen, die in einer Art Mannich-Reaktion mi teinander verknupft wcrdcn:
(9-45)
R I
WZ-H
+ C=O I R'
nucleophile Kornponente
CarbonylVerbindung
+
/
H-N
\
NHKornponente
+
R I WZ-C-N I R'
/ \
AminoharzStruktur
+
H2O
411
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Da Hamstoff die wichtigste NH-Komponente ist, wird die Reaktion auch als a-Ureidoalkylierung bezeichnet (E: urea = Hamstoff). Als NH-gruppenhaltige Verbindungen werden hauptsachlich Hamstoff und Melamin (2,4,6-Triamino-1,3,5-triazin) verwendet, daneben auch substituierte und cyclische Hamstoffe, Thiohamstoffe, Guanidine, Cyanamide, Saureamide usw. Hamstoff entsteht aus Ammoniak und Kohlendioxid (s. vorhergehende Seite), Melamin durch Trimerisieren von Hamstoff unter Druck in der Schmelze oder drucklos in Fliess- oder Festbettreaktoren:
Die Carbonyl-Komponente war einst nur Formaldehyd (Synthese: Kap. 6.2.2). Jetzt werden auch hdhere Aldehyde und Ketone verwendet. Die Brauchbarkeit dieser Aldehyde und Ketone wird jedoch durch Aldolisierungen, Cannizzaro-Reaktionen, Enamin-Bildungen und sterische Hinderungen eingeschrankt. Als nucleophile Komponenten dienen alle H-aciden Verbindungen, die an der Kondensationsstelle ein ungebundenes Elektronenpaar aufweisen. Hierzu gehiiren einmal die Halogenkohlenwasserstoffe, dann als OH-acide Verbindungen Alkohole, Carbonsauren bzw. Halbacetale, als NH-acide Verbindungen Saureamide, Hamstoffe, Guanidine, Melamine, Urethane, primare bzw. sekundare Amine und als SH-acide Substanzen z.B. Mercaptane. Auch kdnnen alle Verbindungen verwendet werden, die unter Abgabe von Protonen Carbanionen bilden (CH-acide Verbindungen) oder wie z.B. enolisierbare Ketone durch Prototropie in tautomere Formen iibergehen. Ausser entsprechend mit COOH-, N02-, CN-Gruppen usw. aktivienen Substanzen gehdren h i e m auch einige substituierte aromatische Verbindungen wie z.B. Anilin.
Synthese Im Primlrschritt wird die Carbonylkomponente in einer Gleichgewichtsreaktion mit der NH-Verbindung durch saure- oder basenkatalysierte Reaktionen verkniipft, 2.B.: (9-47)
H,N -F-NH2 0
+ OHe 8 + H2N -F-NH - H2O
0
+CH20
H2N-~-NH-CH2-Oe 0
H
H2N\
C -N\
+H@ (9-48)
H2N-C-NH-CH2-Oe
6
/
4
+H2N-$-NH-CH2-OH 0
0,*
I
/ CH2
H -0
Der entstehende N-Methylolharnstoff I ist durch eine intramolekulare Wasserstoffbriicke stabilisiert. Bei der Basenkatalyse bleibt die Reaktion auf der Stufe der Methylolhamstoffe stehen. Unter dem Einfluss von Siuren geht jedoch die Methylolverbindung sehr leicht in ein resonanzstabilisiertes Carboniumflmmonium-Ion uber:
412
9.3. Polyharnstofle und Aminoharze
Die a-Ureidoalkyl(carbonium/immonium)-Ionenreagieren d a m in einer elektrophilen Substitutionsreaktion mit geeigneten nucleophilen Reaktionspartnern. Da Hamstoff selbst ein solcher Partner sein kann, erhut man nach (9-50)
eine Kettenverlangerung. Neuere Untersuchungen scheinen dafur zu sprechen, dass bei dieser Reaktion lineare Polymere entstehen (eine Methylolgruppe pro NH2-Gruppe). Es bildet sich eine kolloide Dispersion, deren Teilchen schliesslich agglomerieren, ausfallen und so das Harz durch Wasserstoffbriickenbindungen "harten". Die geharteten Harze 16sen sich z.B. in Formaldehyd oder Schwefelsaure, wobei die gleichen Produkte wie die nicht-geh8rteten Harze erhalten werden. Die Methylolierung NH-gruppenhaltiger Verbindungen rnit Formaldehyd ist jeweils von 1. Ordnung in Bezug auf die NH-Verbindung, den Formaldehyd und den Katalysator. Da eine termolekulare Reaktion unwahrscheinlich ist, muss sich zuerst ein Assoziat bilden, z.B. aus dem Formaldehyd und dem Katalysator. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ware dann die Reaktion des Assoziates mit der NH-Verbindung. Mit Katalysatoren wie HC03e, H2P0de und HP042e erhalt man grossere Reaktionsgeschwindigkeiten als rnit CH3COOe oder HR3Ne, da die Verbindungen der erstgenannten Gruppe bifunktionelle Katalysatoren sind, die als Saure ein Proton aufnehmen und als Base ein Proton abgeben k6nnen. Neben der normalen a-Ureidoalkylierung Iauft eine Transureidoalkylierung ab, bei der eine H-acide Komponente nucleophil durch eine andere nucleophile Verbindung ersetzt wird:
(9-51)
\
/
N-CHZ-OH
+ H-Z-
---+
\
/
N-CH2-Z-
+ H2O
Derartige Transureidoalkylierungen spielen nicht nur bei der Herstellung von Hamstoff-Harzen eine Rolle, sondem auch bei der Hartung von Novolaken durch Polymethylenharnstoffe und bei der sog. Textilhochveredlung von Baumwolle. Ausser aus Hamstoff werden auch andere Aminoharze hergestellt, z.B. aus Melamin und in geringerem Umfange auch aus Anilin. Die Kondensationen von Formaldehyd mit diesen Aminoverbindungen laufen prinzipiell ahnlich wie diejenigen rnit Hamstoff ab. Beim Melamin reagieren jedoch im Gegensatz zum Hamstoff zwei Molekule Formaldehyd rnit einer NH2-Gruppe. Beim Anilin wirkt in sauren Medien der aromatische Ring als geeigneter nucleophiler Reaktionspartner, wobei wegen der drei moglichen Substitutionen (2 ortho, 1 para) sowie der bifunktionellen Aminogruppe Vernetzungen auftreten.
9. Kohlenstoff-SticksIoff-KeIten
413
Technische Produkte Bei den Aminoharzen entfallen ca. 80 % auf Harnstoffharze (international: UF; in Deutschland: HF (DIN (1988)) und ca. 20 % auf Melaminharze (MF). Der Anteil der Aminoharze aus anderen Aminen ist vemachlassigbar. Weltproduktion: ca. 2.106 t/a. Hamstoff-Harze werden zu uber 85 % als Bindemittel fur Holzwerkstoffe (Sperrholz usw.) verwendet, in den USA auch als Bindemittel fur Dachabdeckungen. Kleinere Mengen dienen als Formmassen, Lackharze, Giessereiharze, Schaumstoffe oder Dungemittel. Die aus Hamstoff und Formaldehyd ohne weitere Zusatze entstehenden, preiswerten Kondensationsprodukte sind stark polar und im unvemetzten Zustand wasserloslich. Sie werden als Leimharze, zum Knitterfestausriisten von Baumwolle, zum Erzeugen nassfester Papiere und zum Herstellen von Schaumstoffen eingesetzt. Wird die Polykondensation in (5-30) %igen wlssrigen Losungen ausgefuhrt, entstehen kugelformige Teilchen mit grosser innerer OberflPche, die als Fullstoffe und Pigmente fur Papiere dienen. Wenn Butanol oder i-Butanol als zusitzliche nucleophile Komponenten verwendet werden, entstehen in organischen Ltisungsmitteln losliche Aminoharze. Kurzerkettige Alkohole liefem nicht genugend ltisliche Lackharze, lagerkettige weisen eine zu geringe Verethemngsgeschwindigkeit auf. Diese Harze werden meist in 50 %iger Losung in Butanol bzw. ButanoVXylol geliefert. Mit Methanol teilveretherte Aminoharze sind sehr gut wasserltisliche Lackharze. Alkoholmodifizierte Hamstoff-Harze nehmen nur relativ schlecht Pigmente auf. Da sie ausserdem beim Einbrennen ziemlich sprode und unelastische Filme geben, werden sie hlufig "plastifiziert". Eine solche Plastifizierung besteht in einer Kombination rnit Nitrocellulose und Weichmachem fur lufttrocknende Harze oder in einer Kombination rnit Alkydharzen fur Einbrennlacke. Im letzteren Fall erfolgt die Kombination technisch uberwiegend durch einfaches Mischen der Harze und nicht durch Erzeugen beider Strukturtypen in situ. Die chemische Reaktion der Hamstoff-Ham rnit den Alkydharzen tritt also erst beim Hirten der Lackfilme ein. Ein Teil der Aminoharze wird fur Pressmassen verwendet, z.T. mit Tragem wie z.B. Cellulose. Aminoharze sind farbloser und weniger lichtempfindlich als Phenolharze, jedoch feuchtigkeits- und temperaturempfindlicher. Hamstoffharze konnen bis zu Temperaturen von 90°C eingesetzt werden, Melaminharze bis zu 150°C. Hamstoffharze eignen sich vorzuglich als Schnellpressmassen, Anilinharze jedoch nicht. Bei Anilinharzen mussen namlich vorvemetzte Produkte verwendet werden, da ohne Zusatz saurer Katalysatoren keine Kemkondensation eintritt und die Harze dann rnit Verbindungen wie Paraformaldehyd, Hexamethylentetramin oder Furfurol nachgehlrtet (vemetzt) werden mussen. Schaumstoffe aus Hamstoffharzen dienen zum Isolieren von Bauten gegen Kalte und Schall (Konkurrenz zu Schaumpoly(styro1)). Gegen die Verwendung als Schaumstoffe im Bauwesen sind ebenso wie gegen den Einsatz der Hamstoffharze als Bindemittel fur Holzwerkstoffe gesundheitliche Bedenken erhoben worden, da die UF-Harze langsam Formaldehyd abgeben. Formaldehyd macht sich allerdings schon in kleinen Konzentrationen geruchlich bemerkbar (maximale Arbeitsplatzkonzentration: 1,2 mg/m3). Aus Hamstoff und Formaldehyd erzeugte Harze werden auch als Dungemittel verwendet, da sie bei ihrem Zerfall langsam Stickstoff abgeben. Aus Mischungen von Hamstoff-Harzen rnit z.B. Poly(&-caprolacton) werden Behalter fur Baumsetzlinge, Blumen usw. hergestellt, die im Boden langsam zerfallen.
414
9.3.3.
9.4. Polycyanate
Polyhydrazide
Aus Terephthaloylchlorid und p-Aminobenzhydrazid entstehen sog. Polyhydrazide
=
(9-52)
+co e
c
o -HN e
c
o -NH -NH
3
Der Aminobenzhydrazin-Rest -NH-@-C(jH&NH-NHkann dabei teilweise umgekehrt angeordnet sein, so dass in der Technik von "partiell geordneten" Polyamidhydraziden gesprochen wird. Die Polymeren werden zu Fasem mit hohen Elastizitatsmoduln versponnen, die als Reifencord und zum Verstarken von Kunststoffen verwendet werden.
9.4.
Polycyanate
9 . 4 . 1 . Ubersicht Verbindungen rnit aus Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff bestehenden funktionellen Gruppen sind Abktimmlinge von vier Sauren: der Cyansaure und der mit ihr tautomeren Isocyansaure sowie der Knallsaure und der mit ihr tautomeren Isoknallsaure (manchmal auch umgekehrt bezeichnet):
Cyandure
Isocyandure
(E: cyanic acid)
(E: isocyanic acid)
Knalldure
Isoknallsiiurc (E: isofulminic acid)
(E: fulminic acid)
Die Salze und Ester der Cyansaure heissen Cyanate, diejenigen der Isocyansaure Isocyanate und diejenigen der Knallsaure Fulminate. Die anorganischen Salze der Isoknallsaure werden Isofulminate genannt, die organischen Verbindungen der Isoknallsaure dagegen Nitriloxide. Aus Nitriloxiden entstehen thermisch Isocyanate. Alle Sauren und ihre Ester konnen im Prinzip polymerisieren, dimerisieren und trimerisieren sowie andere Verbindungen anlagem. Von der Knallsaure und der Isoknallsaure bzw. ihren Derivaten sind keine Polymeren bekannt, offenbar wegen des instabilen Charakters der Monomeren. Dagegen gibt es einige polymere Abkommlinge von Cyansaureestem (Kap. 9.4.2) und ausserordentliche viele Polymere, die durch Polymerisationen (Kap. 9.5) und Polyadditionen (Kap. 9.6) der Isocyanatgruppe entstehen.
415
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.4.2.
Polyamid 1 und Cyamelid
Cyanslure H-O-C=N schmilzt bei -86°C und ist bei Temperaturen unterhalb 0°C wochenlang bestlndig. Oberhalb 0°C geht sie schnell in ein weisses Produkt uber, das aus einer Mischung von Cyanursaure und Cyamelid besteht. Die Cyanursaure steht im tautomeren Gleichgewicht mit Isocyanursaure. Das Cyamelid wurde als Trimeres der Cyanslure aufgefasst und als vemutetes Isomer der Cyanursaure wegen seiner Unliislichkeit in allen Llisungsmitteln auch "unliisliche Cyanursaure" genannt. Tatsachlich ist es jedoch ein vemetztes Polymeres. Technisch wird Cyanursaure durch Erhitzen von Hamstoff unter Abspaltung von Ammoniak nach 3 H2N-CO-NH2 -+ (CHON)-j + 3 NH3 hergestellt.
H
cyanmre
Isocyanrnure
Cyamelid Cyanurchlorid (unlosliche Cyanursaure)
Melamin
Da Cyansaure mit Isocyansaure tautomer ist, erfolgt ihre durch tertiare Amine oder Zinntetrachlorid beschleunigte Polymerisation entsprechend nicht uber die C=N-Gruppe, sondem uberwiegend uber die N=C-Gruppe und etwas uber die C=O-Gruppe zu Poly(c yanslure):
(9-53)
H I N=C
II
H
I + -N-C-
0
1 I
+
0
Das so entstandene Polymere wird nach der Struktur des Grundbausteins oft als Polyamid 1 oder Nylon 1 bezeichnet. Nach seinem Verhalten bei chemischen Reaktionen ist es wegen der Sequenzen ...NH-CO-NH ... bzw. ...CO-NH-CO ... jedoch als Polyhamstoff oder als Polyimid anzusprechen. Die Cyansaure ist potentiell tetrafunktionell, da sie sowohl iiber die N=C-Gruppe als auch uber die C=O-Gruppe polymerisiert. Das entstehende Polymere ist entsprechend vemetzt und unliislich. Es ist mit der "unloslichen Cyanursaure" (Cyamelid) identisch.
9.4.3.
Poly(isocyanat)e
Substituierte Poly(isocyanat)e -f-NR-CO% erhalt man entsprechend durch Polymerisation von Isocyanaten RNCO mit z.B. KCN als Initiator. Diese Poly(isocyanate) bilden Helices und sind demgemass sehr steife Molekule. Sie haben nur akademisches Interesse als Modellsubstanzen zum Studium des Losungsverhaltens "stabchenartiger" Ketten.
416
9.4. Polycyanate
Cyanatester-Harze
9.4.4.
In der Technik bezeichnet man als Cyanatester-Harze sowohl die Prepolymeren als auch die gehirteten (vemetzten) Polymeren, die durch Cyclotrimerisierung von aromatischen Dicyanatestem entstehen (GL(9-54)). Die resultierenden Duromeren werden technisch auch als Poly(cyanurat)e, Poly(cyanat)e oder Triazin-Harze bezeichnet. Zur Synthese der Dicyanatester N=C-0-Ar-0-C=N werden Bisphenole HSAr-OH mit Cyansgure HO-C=N unter Abspaltung von H20 oder mit gasftitmigcn ClCN unter Abspaltung von HCI umgesetzt. Industriell werden vcrschiedene Bisphenole verwendet:
Ho
R
ei
R'
CH3 CH3 CH3 H CF, CF,
00.
R'
-($!
BisphenolA BisphenolE Hexafluorbisphenol A
H3C
HO
H: $ ( -
H3C
Tetramethylbisphenol F CH3
H3C, p
3
H3C, /CH3
\
\
~ HO
c \
Bisphenol M
~
OH
Bei der Reaktion in Masse ohne Katalysatoren entstehen ausschliesslich s-Triazindnge und damit vemetzte Polymere, die hauptsachlich fur Laminate bei gedruckten Schaltungen sowie fiir lasttragende Verbundwerkstoffe verwcndet werden:
Bei der Reaktion mit t-C4H90K (in Masse oder Losung) oder mit Triethylendiamin (nur in Masse) als Katalysatoren werden dagegcn ausser s-Triazin-Ringen uberwiegend bioabbaubare Polyiminocarbonat-Strukturen gebildet:
(9-55)
c
417
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.4.5.
Polyisocyanurate
Polyisocyanurate (PIR) entstehen analog wie die Cyanatester-Harze durch Cyclotrimerisierung von Di- und Polyisocyanaten (GL(9-55)). Technisch wird meist PDMI verwendet (Kap. 9.5.4). Die Reaktion wird durch Phenolate, tertiare Amine, Zinnverbindungen usw. katalysiert. Bei der Vemetzungsreaktion werden erhebliche Wgrmemengen frei. Zur Schaumstoffbildung zugesetzte Chlorfluoralkane verdampfen und es werden Hartschaumstoffe gebildet (PIR-Schlume). Der hohe Vemetzungsgrad macht jedoch reine Poly(is0cyanurat)-Schaumstoffe sprtide, so dass technische Produkte immer noch flexibilisierende Urethanreste (aus den Ausgangsmonomeren zugesetzten Polyolen) enthalten. Isocyanurat-Strukturen dienen auch als Vemetzer fur Lacke und Klebstoffe.
9.5.
Polyurethane
9.5.1. Ubersicht Polyurethane enthalten in der Kette die charakteristische Gruppierung -NH-CO-0-. "Urethan" war urspriinglich der Trivialname fur das Ethylurethan (Ethylcarbamat, Carbamidslureethylester) H~N-CO-OC~HS,das z.B. aus Hamstoff H2N-CO-NH2 und Ethanol C2H50H synthetisiert werden kann. Da Hamstoff erstmals aus Urin isoliert wura + -01 (F) = urethan). de, bekam das Ethylcarbamat den Name "Urethan" ( ~ i n (L) Polyurethane werden technisch fast ausschliesslich durch Reaktion von Di- und Triisocyanaten mit Di- und Polyhydroxy-Verbindungen hergestellt. Der grosse Bedarf an Isocyanaten fur die 1937 von Otto Bayer (IG Farben) entdeckten Polyurethane und die vielen Reaktionsmiiglichkeiten der Isocyanatgruppierung -NCO haben dann zur Verwendung von Isocyanaten fur andere Polymenypen gefuhn. Isocyanat-Gruppen k6nnen mit sich selbst reagieren. Monoisocyanate polymerisieren zu Polyisocyanaten (Kap. 9.4.3). Diisocyanate dimerisieren zu Polyuretdionen, trimerisieren zu Polyisocyanuraten (Kap. 9.4.5) und bilden nach dem Abspalten von C 0 2 Polycarbodiimide (Kap. 9.6.4), die mit weiterem MZNCO Polyuretdionimine bilden.
3
Z
/Kzm
I
O Y N Y O
-z-NYN0
Polyuretdion
Polyisocyanurat
Polycarbodiimid
Polyuretdionimin
418
9.5. Polyurethane
Wichtiger sind die Additionen von Isocyanatgruppen an andere Verbindungen, vor allem an Hydroxylgruppen -OH zu Polyurethanen (dieses Kapitel):
Additionen erfolgen auch an -SH, -NH2, -NRH, -PH2 und -SiH2, wobei aus geeignet substituienen aromatischen Aminen auch Heterocyclen aufgebaut werden konnen, z.B. Polychinazolindione (Kap. 9.2.6). 1,3-Dipolare Reaktionen des Typs
(9-58)
R-N=C=O
@ + Q-Z-Q'
e
--+
R, N -C
,o
' '
Q,
Z
/Q
liefern heterocyclische Gruppierungen. Epoxide addieren sich z.B. an Isocyanatgruppen zu Oxazolidonen. Aus Diisocyanaten und Diglycidylethem entstehen entsprechend Pol y( 2 -0xazoli don)e (K ap. 9.7 S). Andere Additionen verlaufen unter Abspaltung von Wasser: die von Carboxylgruppen zu Polyamiden (Kap. 9.3.1) und die von Anhydriden zu Imiden (G1.(9-68)). Bei der Addition von Oxamidsaureestern und Isocyanaten werden Alkohole freigesetzt und es entstehen Polyparabansauren (Kap. 9.7.8).
9.5.2.
Syn t hesen
Die technisch wichtigste Polyreaktion der Isocyanate ist deren Addition an Verbindungen des allgemeinen Typs XH. Die Reaktion wird durch Protonsauren, tertiare Amine oder metallorganische Verbindungen katalysiert. Sie verlauft mit Hydroxyl- und Aminogruppen als Polyaddition und mit Carboxylgruppen als Polykondensation. Je nach Aquivalenz der Reaktanden oder Uberschuss an Isocyanatgruppen entstehen verschiedene Gruppierungen (Tab. 9- 13). Tab. 9-13 Ismyanat-Additionen
-
Addition von NCO an
HO
-
Entstchende Strukturen bei Aquivalenz
-NH--0-0-
herschuss an -N
(Urethan)
-N
I
- CO-
O w
= C =0
(Allophanat)
CO-NHH,N-
-NH-CO-NH-
(Hamstoff)
-N-CO-NH-
I
(Biurct)
CO-NHHOOC-
-NH-CO-
+ CO, (Amid)
.N..N-COI CO-NH-
(Acylharnstoff)
419
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Technisch wird die Polyurethan-Bildung durch Basen katalysiert. Als Katalysatoren dienen tertilre Amine (Triethylamin, Triethylendiamin usw.) und metallorganische Verbindungen, hauptskhlich Zinnverbindungen. Als Mechanismen werden eine allgemeine Basen-Katalyse (9-59)
ROH
+
:B
+ R'NCO
ROH...B
R-NH-CO-0-R'
+
:B
und die Aktivierung der Isocyanate durch eine nucleophile Katalyse diskutiert: (9-60)
R'NCO
+
:B
R-N-?-0
+ ROH
I
R-NH-CO-0-R'+
:B
B
Die Geschwindigkeitskonstanten der Reaktionen sinken bei gegebenem Isocyanat bei Raumtemperatur in der Reihenfolge NH2 (zu Amid) > OH (zu Urethan) > NH-CO-NH (zu Biuret) > NH-COO(zu Allophanat) ab. Die Addition von Isocyanaten an Hydroxylgruppen ist eine Gleichgewichtsreaktion. Die entstehenden Urethane sind meist umso stabiler, je geringer ihre Bildungsgeschwindigkeit ist. Urethane aus aliphatischen Isocyanaten sind also stabiler als solche aus aromatischen und solche aus sekundaren Alkoholen stabiler als die aus primlren. Bei sekundlren Alkoholen kann jedoch eine Olefinspaltung als Nebenreaktion auftreten: (9-61)
+
m -co-
0-
cm -cH,R' --*
O
N
H
Z
+
CHR=CHR'
+
CO,
Die mangelnde Stabilitlt mancher Isocyanat-Additionsprodukte nutzt man zur Synthese verkappter Isocyanate, die ein physiologisch gefahrloses Arbeiten bei Raumtemperatur erlauben (Isocyanate sind stark giftig und von grosser Reizwirkung). Vefkappte Isocyanate dissoziieren bei hiiheren Temperaturen und setzen die Isocyanatgruppe frei, die dann mit den gewunschten Komponenten reagiert. Verkappungen erfolgen z.B. durch Reaktion von Isocyanaten mit Phenolen, Acetessigester, Malonestem, Acetonoxim oder Caprolactam. Mit Natriumhydrogensulfit verkappte aliphatische Mono- oder Diisocyanate dienen als sog. Bisulfitabspalter bei der Textilausriistung. Uretdione sind verkappte Isocyanate; bei ihnen muss nach der Reaktion mit Hydroxylgruppen kein Verkapper entfemt werden. Allophanate dissoziieren ebenfalls oberhalb von ca. 100°C.
9.5.3.
Rohstoffe
Diisocyanate Die Standard-Diisocyanate Diphenylmethan4P'-diisocyanat (Methandiphenyl-4,4'diisocyanat, MDI) und m-Toluylendiisocyanat (TDI) werden in der Technik meist aus den entsprechenden Diaminen und Phosgen COC12 hergestellt. Aus Diphenylmethan bzw. Toluol werden zunlchst durch Nitrieren die Dinitroverbindungen erzeugt, die dann zu den entsprechenden Diaminen hydriert werden.
420
9.5. Polyurethane
NCO
,Toluylen-2,4diisocya~tToluylen-2.6-diisocyanat. I
TDI 80:20 oder TDI 6535 (2,4:2,6)
Diphenylmethan-4,4’-diisocyanat (Methandiphenyl-4,4’-diisocyanat, MDI) 4,4’-Diisocyanatodiphenylmethan
Bei der Nitrierung von Toluol entsteht dabei ein Gemisch der 0-,p - und m-Nitrophenole, die durch Destillieren und Kristallisieren aufgetrennt werden. Bei der weiteren Nitrierung zu den Dinitrotoluolen wird dann entweder ein reines o-Nitrophenol oder ein Gemisch von 0-und p-Nitrophenol eingesetzt. Die nach dem Hydrieren und Phosgenieren entstehenden Toluylendiisocyanate werden entsprechend in 3 Typen angeboten: reines TDI sowie TDI 80:20 bzw. TDI 65:35 (Verhaltnis 2,4- zu 2.6-). Die Phosgenierung wird nach zwei Verfahren ausgefiihrt. Die sog. Basenphosgenierung erfolgt in zwei Stufen, um die Bildung von Polyhamstoffen zuriickzudrangcn. In der ersten Stufe wird die Ltisung bzw. die Suspension des Amins bei (0-50)”C rnit einem Uberschuss Phosgen versetzt, wobei ein Gemisch aus Carbaminsaurechlorid und Carbamids8urechlorid-Hydrochlorid entsteht (Kaltphosgenierung): (9-62)
2H2N-Z-NH2
+ 4COCI2
cloc-NH-z-NH-cocI
-
2 HCI
+
@
@
C P [c10C-NH2-z-NH2-cocIlcl~
Ein Unterschuss Phosgen wiirde zu Polyhamstoffen und dem Aminhydrochlorid fihren. In der zweiten Stufe wird bei (170-185)OC in die Suspension der Carbamidsaurechloride weiter Phosgen eingeleitet, wobei unter Hydrochlorid-Abspaltung das Isocyanat entsteht (Heissphosgenierung): (9-63)
ClOC-NH-Z-NH-COCl
- 2 HCI
O=C=N-Z-N=C=O
In einem zweiten Verfahren setzt man die Hydrochloride der Diaminotoluolc rnit Phosgen um. Die Produkte werden dann durch fraktionierte Destillalion aufgearbcitct. Da Phosgen ein Atemgift (Giftgas!) ist, wurde in den vergangenen 30 Jahren vcrsucht, phosgen-freie Isocyanat-Synthesen zu entwickeln. Sie haben sich beim TDI und MDI aus technischen. wirtschaftlichen und okologischen Griinden nicht durchgesetzt. Aus Nitrobenzol C6HsN02, Kohlenmonoxid CO und Ethanol lasst sich z.B. rnit Selen-Katalysatoren unter Sauerstoffabspaltung das Urcthan C~HS-NH-CO-O-C~HS erhalten. Umsetzen mit Formaldehyd CH20 gibt ( C ~ H S - O - C O - N H - ( ~ - C ~ H ~ ) ) ~ C das H~, bei der thermischen Spaltung zu MDI fuhrt. Altemativ kann man auch durch oxidatives Carbonylieren von Anilin C6HgNH2 rnit CO, 1/2 0 2 und C ~ H S O Hzum Urethan gelangen, wobei Wasser abgespalten wird. Ein weiteres Verfahren verwendet Dimethylcarbonat anstelle von Phosgen, zum Beispiel bei 2 (CH3)2CO + CH2[(P-C6H4)NH2] + CH2[(P-C6H4)NCO] + 4 CH4.
421
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
OCN O
W
OCN U
0
Phenylen-1,4-diisocyanat(PHDI)
N
C
O
Cyclohexan-l,4-diisocyanat (CHDI)
Wirtschaftlich sind dagegen die Synthesen von Phenylen- 1,4-diisocyanat (PHDI) aus Terephthalsiure und Cyclohexan- 1,4-diisocyanat (CHDI) aus der hydrierten Terephthalslure mittels des Hofmannschen Abbaus. Bei diesem Verfahren wird zuerst das Diamid hergestellt, das dann mit Brom oxidiert wird. Das entstehende Diacylnitren lagert sich dann in das Dicyanid urn, z.B.:
(9-64)
H2NOC-(3-CONH2 -
+ Br2 -2HBr*
[NOC O C O N ] + OCN O
K
0
Der Hofmannsche Abbau von Sgureamiden zu Aminen iiber die Zwischenstufe der Isocyanate wird im Englischen als "Hofmann reaction" bezeichnet (D: Hofmann-Abbau). Die "Hofmann degradation" ist dagegen die thermische Spaltung quart2rer Ammoniumhydroxide (D: Hofmann-Eliminierung). Technisch werden viele verschiedene Isocyanate hergestellt, die anders als die Standarddiisocyanate TDI und MDI im Wesentlichen nur fur jeweils bestimmte Einsatzzwecke der Polyurethane als Schaumstoffe, Elastomere, Uberzuge usw. verwendet werden (siehe Kap. 9.5.4).
Hydroxylverbindungen Die verschiedenartigen Diisocyanate werden mit einer ebenso grossen Vielzahl hydroxylgruppenhaltiger Substanzen (Polyole) umgesetzt. Die Funktionalitat dieser Polyole, d.h. die Anzahl der Hydroxylgruppen pro Molekul, variiert bei den einfacher aufgebauten Verbindungen zwischen 2 und 8, kann aber bei den sog. modifizierten PolyetherPolyolen auch sehr grosse Werte annehmen. Uber 90 % der bei der Polyurethan-Herstellung verwendeten Polyole sind sog. Polyether-Polyole, hochmolekulare Polyether mit zwei oder mehr OH-Gruppen pro Molekul. Sie werden durch eine mit Wasser oder Ethylenglycol bzw. Propylenglycol initiierte Polymerisation der cyclischen Ether Ethylenoxid, Propylenoxid oder Tetrahydrofuran hergestellt. Zu den Polyether-Polyolen mit der Funktionalitat 2 gehoren PEG
Poly(ethylenglyco1)
H[OCH2CH2In0H HtoCH2CH21nOCH2CH20[CH2CH201"H
PPG
Poly(propylenglyco1)
H[OCH(CH3)CH2In0H H~OCH(CH~)CH~l,OCH(CH~)CH~O[CH(CH~)CH~O]~H
PTMG
Poly(propy1enoxidco-ethylenoxid) Poly(tetramethy1englycol) = Poly(tetrahydrofuran)
H[(OCH(CH~)CH~)-C~-(OCH~CH~CH~)]OH
Poly(tetrahydrofuranco-ethylenoxid)
H[(OCH~CH~CH~CH~~C~-(OCH~CH~CH~)]OH
H[OCH2CH2CH2CH2In0H
422
9.5. Polyurethane
Einige Poly(propy1enoxid)e sind auch mit Ethylenoxid verkappt (-CH2CH20H als Endgruppe). Ausserdem werden zur Herstellung flexibler Polyurethane als Diole auch verschiedene Polyester-Polyole. z.B. HO(C4HsOOC-C4Hs-COOC4H8),0H, sowie Poly(&-caprolacton) rnit Hydroxyl-Endgruppen verwendet. Zur Herstellung "harter" Polyurethane setzt man auch niedermolekulare Diole wie Butandiol (BDOL) oder Hydroxyethylhydrochinon (HEHQ) ein. Polyole rnit htiheren Funktionalitaten erhalt man durch Reaktion von Propylenoxid rnit verschiedenen Verbindungen, und zwar mit den Funktionalitaten
3 mit Glycerin oder Trimethylolpropan, 4 mit Pentaerythrit, Ethylendiamin oder Phenolharzen, 5 rnit Diethylentriamin, 6 mit Sorbit, 8 mit Saccharose. Multifunktionell sind auch die sog. modifizierten Polyether-Polyole, von denen es drei Haupttypen gibt. Bei diesen Polyolen sind Hydroxylgruppen enthaltende Verbindungen auf Polymerteilchen aufgepfropft, und zwar bei den (1) sog. Polymer-Polyolen auf z.B. Acrylnitril/Styrol-Copolymeren, (2) PHD-Polyolen auf Polyhamstoff-Dispersionen (Polyhamstoff-Dispersionen), (3) PIPA-Polyolen auf Polyurethan-Dispersionen (Polyisocyanat-Polyaddition).
Polyole rnit Funktionalitaten von 3-8 und relativen Molmassen von 400-1200 werden fur harte Schaumstoffe, Werkstoffe und Uberziige verwendet, da hier die Kettensegmente zwischen den Vemetzungsstellen kurz sind. Polyole rnit Funktionalitaten von 2-3 und relativen Molmassen von 1000-6500 dienen dagegen fur flexible Schaumstoffe und Elastomere. Polyurethane rnit Isocyanat-Endgruppen konnen nachtraglich rnit sog. Kettenverlangerem zu hbhermolekularen Polymeren umgesetzt werden. Dazu gehoren bifunktionelle Verbindungen wie einerseits niedemolekulare Alkohole wie z.B. Butandiol oder Hydroxyethylhydrochinon, andererseits aber auch Diamine wie Methylenbisorthochloranilin (MOCA), Methylendianilin und Ethylendiamin.
9.5.4.
Anwendungen
Polyurethane sind sehr bestandig gegen alkalische oder saure Verseifungen; sic konnen zudem mit hoher Geschwindigkeit erzeugt werden. Diese Eigenschaften und die Vielzahl mtiglicher Grundbausteine fuhren zu einer Reihe von Polymeren, die von harten Kunststoffen bis zu weichen Elastomeren reichen. Weltweit wurden im Jahre 2000 ca. 8,6.106 t/a Polyurethane verbraucht, davon 40% Weichschaumstoffe ( f i r Mobel, Matratzen, Autositze, Verpackungen), etwa 30 % Hartschaumstoffe (fur Isolierungcn) und der Rest fur Elastomere, thermoplastische PUR, Lacksysteme usw. Ca. 1/3 der Weltproduktion an Polyurethanen wird in der Bauindustrie verwcndet, je 1/6 in der Autoindustrie und fur Kuhlaggregate.
423
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Elastomere Polyurethane wurden urspriinglich fur die Anwendung als Elastomere entwickelt. Die ersten Elastomermassen aus aliphatischen Diisocyanaten und Pol yestem waren jedoch so stark rnit Blasen durchsetzt, dass sie nach Meinung der Priifabteilung allenfalls zum Herstellen von Schweizer-Kise-Imitationenbrauchbar waren (genauer: Emmentaler Kise). Aus der Not machte man eine Tugend. Bereits 1941, nur vier Jahre nach dem Basispatent, erschienen die ersten Hart- und Weichschaumstoffe (s. unten). Modeme PUR-Elastomere UE fur Werkstoffe und Fasem sind aus "Hartsegmenten" und "Weichsegmenten" aufgebaut. "Hart" und "weich' beziehen sich hier nicht auf den Widerstand gegen Belastungen, sondem auf die Lage der Glastemperatur relativ zur Anwendungstemperatur. Die Weichsegmente bestehen aus Polyether-Polyolen, z.T. auch aus Polyester-Polyolen. Die Hartsegmente sind ammatische Diisocyanate und zwar neben dem hauptslchlich verwendeten MDI auch hydriertes MDI (H12MDI) sowie p-Phenylendiisocyanat (PPDI), 1,5-Naphthalindiisocyanat(NDI) und 2,4'-Methylendiphenylisocyanat (MDPI).
$&Jh NCO
OCN
NCO
\
\
/
NCO
H12MDI
PPDI
\
\
NCO
NCO NDI
MDPI
Die Synthese erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten Schritt wird die Hydroxylkomponente rnit uberschussigem Diisocyanat (Verhaltnis 2:3,5) umgesetzt, wobei "verliingerte" Diisocyanate entstehen (Copolymere mit Isocyanat-Endgruppen). Im zweiten Schritt werden die verlangerten Diisocyanate vemetzt, was wie folgt erreicht werden kann: a. Mit im Unterschuss vorliegenden aromatischen Diaminen erfolgt zunachst eine weitere Kettenverlangerung uber Hamstoffgruppen und daM unter Vemetzung eine Reaktion der uberschussigen Isocyanatgruppen rnit den Hamstoffgruppen zu Biuretgruppen. b. Mit im Unterschuss vorhandenen Glycolen (z.B. 1,4-Butandiol) entstehen unter Kettenverllngerung Urethangruppen und rnit uberschussigen Isocyanatgruppen weiter Allophanate. Die Allophanate werden bei Temperaturen von ca. 150°C gespalten, so dass die bei Raumtemperatur vemetzten Polymeren bei hBheren Temperaturen wie Thermoplaste verarbeitet werden ktlnnen. c. Bei sorgfaltiger Kontrolle der Aquivalenz (schwacher Uberschuss des Isocyanats wegen Nebenreaktionen) werden "lineare" (schwach vemetzte) Polymere erhalten, die als elastische Fasern dienen (Europa: Elasthan; USA: Spandex). Spandex-Fasem sind nach der Definition der U.S. Federal Trade Commission elastische Fasem, deren faserbildende Komponente zu wenigstens 85 % aus einem segmentienen Polyurethan besteht. Bei der LycraTM-Faser(DuPont) ist das Weichsegment -kOCH2CH& und das Hansegment
424
9.5. Polyurethane
Das Diphenylmethandiisocyanat MDI ist ein Festkorper rnit niedriger Schmelztemperatur. Zum Herstellen von Polyurethanen durch Reaktionsspritzgiessen (RIM) verwendet man ein "flussiges" MDI, das aus einer Mischung von MDI rnit einer kleinen Menge eines trifunktionellen cyclischen Adduktes besteht. Dieses Addukt ist ein Uretonimin, das uber die Zwischenstufe eines Carbodiimids entsteht: (9-65) OCN
2
OCN
NCO
N=C=N
NCO
I
OCN
NCO
kNruYNc I
0
\
\
Das Carbodiimid ist nicht nur ein Vemetzer. Mit Carbonsauren bildet es namlich leicht saurestabile Acylhamstoffe, so dass das Carbodiimid als Stabilisator gegen einen Abbau durch Sauren wirkt. Konventionelle RIM-PUR sind spriide und besitzen nur niedrige Schlagzahigkeiten. Diese beiden Eigenschaften werden wesentlich verbessert, wenn die Polymeren "harte" Hamstoffgruppierungen aufweisen, was durch Zusatz von Aminen als Kettenverlangerer erzielt werden kann. Noch hohere Anteile an Harnstoffgruppierungen (bis zu 70 %) werden erreicht, wenn man aminierte Polyole ("Polyetheramine") verwendet, d.h. Polyether mit Amin-Endgruppen.
Schaumstoffe Weichschuumstoffe entstehen durch chemisches Schaumen einer Mischung von Toluylendiisocyanat rnit Polyether-Polyolen oder Polymer-Polyolen als Weichsegmenten. TDI ist preiswert, neigt aber zum Vergilben. Zum chemischen Schiumen werden die Isocyanat-Polyol-Mischungen rnit dosierten Wassermengen als Blahmittel umgesetzt. Die Polymerbildung und das Aufblahen durch das gebildete C 0 2 erfolgen simultan. Die genaue Wasserdosierung ist wichtig, da bei einem zu friihen Entweichen des CO2die Masse in sich zusammenfallt und bei einer zu spaten C02-Entwicklung das bereits gebildete Netzwerk aufreisst. Derartige Schaumstoffe werden rnit Geschwindigkeiten von bis zu 250 kg/min produziert. Hurtschuumstoffe werden dagegen physikalisch durch Expandieren komprimierter Gase oder Verdampfen leichtfluchtiger Flussigkeiten geschaumt (Band IV). Sie entstehen aus multifunktionellen Isocyanaten und niedermolekularen Diolen, so dass nur kurze Segmente zwischen den vielen Vemetzungsstellen gebildet werden.
425
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Das bevorzugte Isocyanat zur Herstellung starrer PUR-Schaumstoffe ist "polymeres MDI" (PMDI). Das "polymere" MDI ist eine Mischung aus di-, tri- und hoherfunktionellen Isocyanaten, die noch einige Hamstoff- und Biuretgruppierungen enthalt. Hartschaumstoffe werden bevorzugt zur Warmedlmmung verwendet.
Uberziige und Anstrichmittel Polyurethane eignen sich wegen ihrer chemischen Bestandigkeit, schnellen Hartung sowie guten Flexibilitlt und Widerstandsflhigkeit gegen Abrieb ausgezeichnet fur Uberzuge. Als Isocyanate setzt man fiir Beschichtungen (E: coatings) und Anstrichmittel @: paints) wegen ihrer Lichtbestandigkeit (E: lightfastness) aliphatische Diisocyanate ein, also solche, bei denen die Isocyanatgruppen an aliphatische Gruppen und nicht an aromatische Reste gebunden sind. Auf dem Markt erhaltlich sind ausser dem H12MDI (s. oben) das 1,6-Hexamethylendiisocyanat(HDI), das 1,4-Cyclohexandiisocyanat(CDI), das Isophorondiisocyanat (IPDI) und das m-Xylylendiisocyanat (XDI). HDI wird als Biuret verwendet, das bei der Reaktion von HDI mit Wasser uber das Amid entsteht.
OCN-(CH,),-NCO
%; NCO
HDI
CDI
CH2NC0 H3c&CH3 H,C
CH2NCO
CHZNCO
IPDI
XDI
Beschichtungen werden auch mit wassrigen PUR-Dispersionen ausgefuhrt. Alle bekannten Prozesse verwenden NCO-Prapolymere aus TDI, HDI und/oder IPDI und flussigen Polyolen, sowie manchmal auch Glycolen. Die Prapolymeren erzeugt man durch Reaktion der Isocyanate mit den Polyolen in Gegenwart von (5-70) % organischen Losungsmitteln wie Aceton, N-Methylpyrrolidon, Toluol usw. Sie werden anschliessend zusammen mit verkappten Aminen, z.B. Ketazinen (CH3)2C=N-N=C(CH3)2, Hydrazonen (CH3)2C=N-NH2 oder Aldazinen R"-CH=N-N=CH-R"', in Wasser dispergiert, worauf die genannten Stickstoffverbindungen unter Abspalten von Aceton (CH3)2CO bzw. Aldehyden R'CHO zu Hydrazin H2N-NH2 hydrolysiert werden. Das Hydrazin reagiert dann mit den Isocyanat-Prapolymeren unter Kettenverlangerung. PUR-Lacke werden durch Umsetzung von Triisocyanaten mit drei- und mehrfunktionellen Polyolen in geeigneten Losungsmitteln erzeugt. Die Produkte besitzen wegen ihrer schon bei Raumtemperatur ablaufenden exothermen Reaktion eine von der Grosse des Behalters (Warmeabfuhrung!) abhlngige Topfzeit (= maximal zulassige Lagerzeit fur eine bestimmte Gebindegrosse; E: shelf life). Lagerbestandige Lacke werden mit blockierten Isocyanatabspaltem erhalten, z.B. Einbrennlacke mit Phenolabspaltem.
426
9.6. Polyimide
Klebstoffe Polyurethane sind auch gute Klebstoffe. Die Klebstoffwirkung von IsocyanatPolyolMischungen kommt durch eine Kombination mehrerer Effekte zustande: Entfernung des Wasserfilmes auf den zu verklebenden Teilen durch Polyharnstoffbildung mit den Isocyanaten, Ausbildung von Wasserstoffbriicken undloder chemischen Bindungen zwischen OH-Gruppen an der Oberflache der Teile (Silanolgruppen bei Glasern, OH-Gruppen bei Cellulosen, Metallhydroxide bei Metallen usw.) und den Komponenten des Klebstoffs usw.
Reproduktionstechnik Beim Zersetzen aromatischer Carbonsaureazidester durch Licht entstehen Isocyanate, die sich mit Poly(vinylalkoho1) tCH2CH(OH& zu vernetzten Polyurethanen umsetzen (G1.(9-66)). Das Klischee entsteht dann durch Herauslosen der nicht vemetzten Anteile des Poly(vinylalkoho1)s. (9-66)
9.6.
Polyimide
Imide -CO-NH-COentstehen formal durch Ersatz der OH-Gruppen von zwei Carbonsauren durch eine gemeinsame NH-Gruppe. Alle technisch verwendeten Polyimide (PI) enthalten die Imidgruppen als Teil kettenstudiger Ringe. Die Imidgruppe kann dabei wahrend der Polyreaktion ("in situ") gebildet werden (Kap. 9.6.1) oder bereits vorgebildet in den Monomeren vorliegen (Kap. 9.6.2). Jede Synthese kann zu vernetzten oder unvemetzten Polymeren fiihren. Bei der in-situ-Bildung werden als Saurekomponente uberwiegend Pyromellithsaure (1,2,4,5-Benzoltetracarbonsaure) und Trimellithsaure (1,2,4-Benzoltricarbonsaure)bzw. deren Anhydride oder Saurechloride verwendet, bei den vorgebildeten Imiden dagegen Maleinsiureanhydrid. Die Pyromellithsaure und die Trimellithsaureerhielten ihre merkwiirdigen Namen (G: me1 = Honig, melitfa = Honigbiene) d s AbkOmrnlinge der Mellithsaure (Benzolhexacarbonsaue).Die Mellithsaure wurde erstmals als Kornponente eines in Braunkohlelagern vorkommenden Minerals gefunden, dem honigfarbigen Honigstein (Mellit), das Aluminiumsalz A12C12012 .18 H20 der Mellithsaure. Die Pyromellithsaure wurde so genannt, weil Mellithsaure beim starken Erhitzen (G: pyr = Feuer) zwei C02 verliert und in die 1,2,4,5-Benzoltetracarbonsaureiibergeht. Die Trimellithsaure erhielt ihren Namen wahrscheinlich aus Analogie. Fur Polyrnere ist von den Tetracarbonsauren nur die Pyromellithsaure (1,2,4,5) wichtig, nicht aber die Mellophandure (1,2,3,4) und die Prehnitsaure (1,2,3,5). Bei den Tricarbonsauren spielt nur die Trirnellithdure (1,2,4) eine Rolle, nicht die Hernimellithsaure (1,2,3) und die Trirnesinsaure (1,3,5).
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.6.1.
421
In-situ gebildete Polyimide
Polyimide aus Tetracarbonauren Das klassische Poly(pyromel1ithimid) wird durch Polykondensation von Pyromellithsiureanhydrid I mit 4,4'-Diaminodiphenylether(4,4'-Oxydianilin) I1 hergestellt. Die erste Stufe wird in polaren Ltisungsmitteln wie N,N-Dimethylformamid, N,N-Dimethylacetamid, Tetramethylharnstoff oder Dimethylsulfoxid unter Stickstoff und Feuchtigkeitsausschluss ausgefiihrt, wobei sich eine Polyamidslure 111 (E: polyamic acid) bildet:
Moo \
H2N
(9-67)
\
NH2
II
+ HOOC
co-NH
m
NHm
Die Verknupfung erfolgt wie gezeigt hauptsachlich in para-Stellung und nur wenig in rneta-Stellung. Urn wihrend dieser Stufe Vemetzungen zu vermeiden, wird der Festk6rpergehalt der Ltisungen auf (10-15) % und der Umsatz auf unter 50 % beschrankt. In der zweiten Stufe wird dann bei 300°C unter Ringschluss Wasser abgespalten:
(9-68)
___)
- 2 H,O
PMDA-ODA
Bei diesem Verfahren ist nachteilig, dass die Polyamidsauren nur begrenzt lagerfahig und hydrolyseempfindlich sind und dass die L(isungsmitte1 und das abgespaltene Wasser nur schwierig entfemt werden ktinnen. Das bei der Reaktion abgespaltene Wasser kann Irnidgruppen hydrolysieren und so Polymerketten spalten. Vor der endgultigen Reaktion (G1.(9-68)) trinkt man daher z.B. Filme mit Akzeptoren fur das Wasser, z.B. Acetanhydrid oder Pyridin. Die Reaktion erfolgt auch keinesfalls so exakt intramolekular wie G1.(9-68) nahelegt. Die ebenfalls stattfindenden intermolekularen Reaktionen fuhren zu Vernetzungen. Die Formgebung der Artikel muss daher gleichzeitig mit der Ringschluss-Reaktion ausgefuhrt werden. z.B. die Herstellung von Filmen oder die Beschichtung von Kondensatoren aus Ltisungen der Polyamidsauren in Mischungen von N-Methylpyrrolidon mit N,N-Dimethylformamid oder Xylol. Das gleiche Syntheseprinzip kann zur Synthese von Polyimiden mit anderen Bausteinen verwendet werden. Statt des Pyromellithsaureanhydrids kann man z.B. die Anhydride anderer Tetracarbonsiuren verwenden, wobei industriell Abkommlinge der Trimellithsaure bevorzugt werden. Es werden auch andere Diamine eingesetzt. Beispiele:
428
9.6. Polyimide
Amine sind stets schwieng zu reinigen; sie sind ausserdem stark basisch. Es ist daher zweckmassig, die weniger basischen und leichter zu reinigenden verkappten Amine zu verwenden, z.B. Carbaminslureester, Hamstoffe, Aldimine oder Ketimine. Als verkappte Amine kbnnen ferner Isocyanate aufgefasst werden. Bei deren Verwendung wird auch der bei der Reaktion (9-68) erforderliche aufwendige Cyclisierungsschritt vermieden. Die durch starke Basen (Alkoxide, tertiare Amine usw.) in aprotischen Lbsungsmitteln katalysierte Reaktion erfordert die Anwesenheit von Spuren Wasser, damit sich aus der Anhydridgruppe -CO-0-CO-, zwei Isocyanatresten OCN-Ar- und Wasser H 2 0 durch Ringbffnung der Anhydndgruppe intermediar je eine Amidgruppe -CGNH-Ar- und eine instabile N-Carboxyanhydndgruppe -CO-0-CO-NH-Arbilen kann. Anschliessend wird durch Abspalten von C 0 2 und H2NAr- der Ring geschlossen. Die Bruttoreaktion lautet:
0'
0
1-co, Die so entstehenden Polyimide sind gut loslich und thermoplastisch. Sie sind direkt aus der Lbsung nach dem Trocken- oder Nassspinnverfahren verspinnbar.
429
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Die beiden zur in sku-Imidbildung erforderlichen Funktionen ktinnen femer in einem Molekul vereinigt werden, so dass im Prinzip ausser AA/BB-Polyimiden auch ABPolyimide zugtinglich sind, z.B.:
(9-70)
OCN
Jy$+ao* \
- CO,
\
0
0
Polyesterimide (PEI (ISO, ASTM)) Die regularen Polyimide weisen in der Kette ausser den Imidgruppierungen und aromatischen Resten nur die Gruppiemngen CH2, C(CH3)2 und 0 auf. Sie verformen sich auch bei htjheren Temperaturen nicht wesentlich, sind aber schwierig herzustellen und zu verarbeiten. Polyesteramide und Polyamidimide weisen diese Nachteile nicht auf, sind jedoch weniger gut wlrmeformbestandig. Fur die Synthese von Polyesterimiden aus Diaminen und Esterdianhydriden fur z.B. Drahtlacke stellt man die Esterdianhydrid-Komponentedurch Reaktion eines Anhydrides (A: Trimellithsiureanhydrid (I), Pyromellithsaureanhydrid, Benzophenontetracarbonsluredianhydrid) mit Diphenolestem (11) her, wobei RCOOH abgespalten wird. Altemativ kann man A auch mit (C) Diestem aus Ethylenglycol bzw. Glycerin mit Terephthalslure (z.B. III), Itaconsaure, Phenylindandicarbonsaure bzw. Benzophenondicarbonsaure) umsetzen, wobei H20 freigesetzt wird.
opJcmH R-C-0-Ar-0-C-R II 0
0
O
HOCH,CH,O
I
II
0$
0
0
-C
Die entstehenden Dianhydride der Diester, z.B.
0
\
fi -0- Ar -0 -
o
0
'3 OCH2CH20-
0 0
\
fi 0
-OCH2CH20H
fa: o \
050
ll
I1 0
m
I + I1
0 OCH2CH20
0
I+III
\
0
setzt man dann in einer konventionellen Imidiemngsreaktion mit 4,4'-Diaminodiphenylmethan, p-Phenylendiamin, p-Aminobenzoesaure, Aminoethanol oder Aminoessigsaure zu den Polyesterimiden um. Die Verwendung von trifunktionellen oder tetrafunktionellen Verbindungen fuhrt beim Einbrennen zu Vemetzungen.
430
9.6. Polyimide
Polyamidimide (PAI) Polyamidimide enthalten in der Kette Amid- und Imidgruppen. Sie werden als Formmassen, Elektroisolier- und Einbrennlacke, Folien und Fasem verwendct. Sie werden nach zwei verschiedenen Verfahren hergestellt: 1. Fur Formmassen eignet sich das Phosgenieren von z.B. Trimellithsaureanhydrid und das anschliessende Umsetzen des Saurechlorids mit z.B. 4.4'-Diaminodiphenylmethan in z.B. N-Methylpyrrolidon als Ldsungsmittel bei Raumtemperatur. Die zunachst entstehende Polyamidsaure wird entsprechend G1.(9-68) zum Polyamidimid cyclisiert. 2. Zum Herstellen von Einbrenn- und Elektroisolierlacken bevorzugt man die Reaktion zwischen Trimellithsaureanhydrid und 4,4'-Diisocyanatodiphenylmethan (MDI) in aprotischen Ldsungsmitteln (vgl. G1.(9-69)), z.B. N-Methylpyrrolidon (NMP). Aus den Losungen der Polymeren in solchen Ldsungsmitteln lassen sich direkt Fasem erspinnen.
Polyetherimide (PEI (DIN)) Pol yetherimide (s. z.B. Tab. 9-14) werden aus aromatischen Bis(etherphtha1saure)n oder deren Anhydriden und aromatischen Diaminen hergestellt. Zu ihrer Synthese wird z.B. N-Phenyl-4-nitrophthalimidin einer unkonventionellen Reaktion mit dem Dinatnumsalz des Bisphenols A umgesetzt, wobei durch den nucleophilen Angriff des Bisphenol-Dianions die N02-Gruppe als NaN02 abgespalten wird. Bci der darauf folgenden Hochtemperaturhydrolyse werden die Phthalimidgruppcn in COOH-Gruppen umgewandelt. Das freigesetzte Anilin wird abdestilliert. (9-71)
1 2 NaNO, -
Die nach dem Ansauem erhaltene Tetracarbonsaure wird dirckt odcr als Dianhydrid mit 4.4'-Diaminodiphenylmethanoder auch mit rn-Phenylendiamin oder 4,4'-Diaminodiphenylether in N-Methylpyrrolidon, o-Dichlorbenzol, Toluol usw. kondensiert. Je nach den Bedingungen entstehen dabei Losungen mehr oder weniger imidierter Polyetherimide. Die Losungen kdnnen zum Beschichten, Lackieren odcr Folicngiesscn eingesetzt werden. Thermoplastisch verarbeitbare Polyetherimide erzeugt man durch Schmelzkondensation von I mit Diaminen (siehe z.B. Ultem 1000 in Tab. 9-15).
431
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
PMR-Polyimide PMR ist die Abkurzung von in-situ Polyreaktion von Monomer-Reaktanten. Das Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass von einer Lbsung aller an der Polyreaktion beteiligten Monomeren (Slure + Amin + Kettenabbrecher) in Losungsmitteln wie Methanol oder Ethanol ausgegangen wird. Die Usungen reagieren nicht bei Raumtemperatur und weisen daher eine ausgezeichnete Lagerstabilitat auf. Als Monomere werden die Sauren, Amine, Kettenabbrecher und Stoffmengenverhaltnisse der Tab. 9-14 verwendet: Tab. 9-14 Monomermixhungen fur PMR-Polyimide. Bezeichnung
SlUre
Amin
Abbrecher
Molverhdtnis
PMR 15 PMR 15 I1 LARC 160
BTDE HFDE
MDA PPDA
BTDE
Jeffamin AP-22
NE NE NE
2 2 0,335 : 0,610 : 0,539
3,3',4,4'-Benzophenontetracarbonsiluredimethylester (BTDE)
n
: (n+l)
:
4
:
:
5
Jeffamine@AP-22
COOH HOOC
4,4'-(Hexafluorpropyliden)bis(phthalsilure)
4,4'-Di(aminophenyl)methan (MDA)
(HFDE)
H3c-xD
H2N 0
N
H
2
HOW
4-endo-Meth y lentet ydmphthal~ure-
p-Phenylendiamin (PPDA)
monomethylester (Nadicester, NE) Durch stufenweises Erhitzen auf immer hohere Temperaturen werden durch die einsetzende Polykondensation simultan Imidgruppen und Polymermolekule aufgebaut. Die Polymeren kbnnen dann bei noch hoheren Temperaturen uber die simultan eingefiihrten Endgruppen durch Polymerisation vemetzt werden. Das Verfahren vermeidet das Isolieren von Pripolymeren. Prepregs (vorimprlgnierte Fasem und Matten; hier mit der stabilen Monomerlbsung, sonst mit Oligomerldsungen begrenzter Haltbarkeit) sind daher leicht herzustellen. Da ausserdem die bei Imidsynthesen sonst verwendeten hochsiedenden aprotischen Lbsemittel vermieden werden. sind verbleibende Lbsungsmittelreste leicht zu entfemen.
432
9.6. Polyimide
Eigenschaften Alle Polyimide werden wegen ihrer hervorragenden thermischen Eigenschaften in vielen Spezialgebieten verwendet. Sie werden von sehr vielen Firmen in sehr unterschiedlichen Typen angeboten, hlufig auch verstarkt (Glasfasem, Graphit, MoS2 usw.). Einige Eigenschaften typischer Vertreter sind in Tab. 9- 15 wiedergegeben. Tab. 9-15 Thermische und mechanische Eigenschaften von ungefiillten Polyimiden (23°C. sofern nichts anderes vermerkt ist).
KaptonTMSPI
TorlonTM4 W T
Eigenschaft
Physikalische Einheit
Dichte p/cm3 Wiimestandfestigkeit(1.82 MPa) “c Vicat-TemperafurB “c Glastemperatur (DSC) “c Linearer them. Ausdehnungskoeffizient K-* WMeleimigkeit (20°C) W m-l K-l Zugmodul MPa Biegemodul, 23°C MPa 260°C MPa Zugfestigkeit, 23°C MPa 260°C MPa Biegefestigkeit, 23°C MPa 260°C MPa Streckgrenze % Reissdehnung % Schlagmigkeit (Izod) J/m Kerbschlagzl4higkeit(Izod) J/m Rockwell-H&te M Wasserabsorption, 24 h % Relative Permittiviat, 1 kHz Dielektr. Verlustfaktor, 100 Hz 1 MHz Durchgangswiderstand, trocken R cm 0berfl;ichenwiderstand n Sauerstoffindex %
PMDA-ODA PA1 KaptonTM TorlonTM 1,43 260 410 s,4 0,35 3100 1700 86 41 117 62 7s 750 43 97 0,32 3.6 0,0018 0,0034 10’4
1015 53
PEI (DIN) UltemTM
260
1.27 200 219
3.6 0,24 5200 3600
5,6 0,22 3000 3300
117
10s
189
150
1,38
10-18 1088 136 78 4.0 0,009 3.1013 1.10*7
7 60 1030 50 109 0,25 3,15 0,0015 1.10’s
47
433
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.6.2.
Vorgeformte Imidgruppen
Polybismaleinimide (BMI) Bei den in situ gebildeten Polyimiden wird die Imidgruppe gleichzeitig mit den Polymermolekulen erzeugt. Vemetzungen sind nicht zu vermeiden, so dass die Formgebung gleichzeitig mit der Polyreaktion erfolgen muss. Abspaltungsprodukte und restliche Ltisungsmittel sind ausserdem nur schwierig zu entfemen. Die Synthese- und Verarbeitungsschwierigkeiten fuhrten zur Entwicklung von Monomeren und Prlpolymeren mit vorgefomten Imidgruppen. Da deren Polyreaktion nicht zur Vemetzung fuhrt, werden deranige Polyimide auch als thermoplastische Polyimide bezeichnet. Geeignete Monomere sind z.B. Bismaleinimide (I), die aus Maleinshreanhydrid und Diaminen (z.B. 4,4'-Di(aminopheny1en)methan)in Gegenwart von Acetanhydrid und katalytischen Mengen von Nickelacetat und Triethylamin erhalten werden:
(9-72)
+ H2N-Z-NH2
2<:
- 2 H2O
___)
0
0
0
I
Bismaleinimide werden radikalisch mit Peroxiden oder Azoverbindungen und ionisch mit Verbindungen wie DABCO (1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan),2-Methylimidazol oder Triphenylphosphin vernetzt ("thermische Hlrtung"). Die sprtiden Harze lassen sich durch niedemolekularen Kautschuk oder Thermoplaste zaher machen. Altemativ kann man "Kettenverl&gerer" einfuhren, z.B. durch eine Michael-Addition aromatischer Diamine an die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungender Bismaleinimide:
+ H2N-A-NH2 0
0
0
0
Kettenverllngerungen ktinnen auch durch Diels-Alder-Reaktionen erfolgen, z.B. mit Benzocyclobutenderivaten oder Divinylbenzol (zusltzlich noch eine En-Reaktion). Anstelle solcher AA/BB-Polyreaktionen kann man auch Prapolyimide mit polymerisierbaren Endgruppen verwenden. Prapolymere Polyimide mit Norbomen-Endgruppen polymerisieren unter Ringtiffnung:
0
0
Ausserdem werden Acetylen-Endgruppen venvendet. Die Struktur der Polymerisationsprodukte dieser Gruppen scheint unbekannt zu sein.
434
9.6. Polyimide
BT-Harze Die Monomeren der BT-Hane sind Bismaleinimide und Dicyanate, z.B
wobei die Dicyanate durch Umsetzen von Bisphenol A mit Cyanurchlorid (2,4,6-Trichlor- 1,2,3-triazin) erhalten werden. Beim Erhitzen werden die Harze gehartet, weil vernetzende Gruppierungen entstehen, z.B. durch Polymerisation der C=C-Doppelbindungen der Maleinimide (I), Trimerisation der Cyanatgruppen zu s-Triazinen (11). Anlagerung einer Cyanatgruppe an eine C=C-Doppelbindung (111), Bildung von Triazin-Imidazol durch Reaktion von 2 Cyanatgruppen mit einer C=C-Doppelbindung (IV), Reaktion dieser Struktur mit einer C=C-Doppelbindung (V) usw.
oa
M N
0- Ar-
0
Ar
I
I
I
II
III
i
I
0
N
N
$
9.6.3.
N
0
AO m
N
0 V
Andere Polyimide
Polyimide entstehen auch durch isomerisierende Polymerisationen von solchen Lactamen, bei denen eine Carboxygruppe mit der Amidgruppe wechselwirken kann. Ausgangsmonomere und entstehende Grundbausteine sind hier nicht strukturell identisch. Anders als bei der normalen ringoffnenden Polymerisation von Lactamen liegen keine Gleichgewichte zwischen Monomeren und Polymeren vor:
435
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.6.4.
Polycarbodiimide
Aus Diisocyanaten entstehen mit Dihydrophospholoxiden ("Phospholenoxiden") als Katalysatoren unter Abspaltung von Kohlendioxid Polycarbodiimide:
Fiinfgliedrige Heterocyclen rnit einern P irn Ring heissen Phospholane (geattigt), Dihydrophosphole (einfach ungeattigt; friiher "Phospholene") und Phosphole (zweifach ungeslttigt). Vdllig ausreagierte Polycarbodiimide stellen leichte offenzellige Hartschaumstoffe dar. Sie kdnnen aber auch durch Formpressen zu Werkstiicken verarbeitet werden. Aus unvollstindig reagierten Ldsungen lassen sich klare Filme giessen, die nachgehartet werden kdnnen.
9.6.4.
Polyuretdione
Uretdione kann man als modifizierte Imide auffassen. Sie entstehen durch Dimerisierung aromatischer Diisocyanate OCN-Ar-NCO (oder auch Triisocyanate usw.) mit Hilfe von Siuren oder Basen. Durch weiteres Anlagem von Isocyanatgruppen gehen sie in vemetzte Produkte iiber, was beim Modifizieren von Polyurethanen ausgenutzt wird:
N-h-N=C=O
K 0 Polyuretdion
9.7.
--"KN0
Polyazole
9 . 7 . 1 . Ubersicht Azole sind nach IUPAC ungeslttigte Fiinfringe, die im Kem 1-5 Stickstoffatome enthalten, von denen sich mindestens ein Stickstoffatom an einer Doppelbindung beteiligt. Der Stammkdrper mit einem Stickstoffatom weist eine Doppelbindung -N=C- auf, wahrend die Di-, Tri- und Tetrazole jeweils zwei Doppelbindungen besitzen (-N=C-, -N=N- und/oder -C=C-). Die Stellungen der Imingruppen werden jeweils durch die Positionsnummem und "H" charakterisiert, wahrend die Positionen der Doppelbindungen in der IUPAC-Nomenklatur nicht speziell gekennzeichnet werden.
436
9.7. Polyazole
Beispiele f i r Azole sind
Azol
Pyrazol
Imidazol
lH-1,2,3- 1H-1,2,4Triazol Triazol
1H-1,3,4- lH-1,2,3,4- 2H-1,2,3,4Trim1 Tetrazol Tetrazol
Die einfach hydrienen Azole charakterisierte man friiher durch die Endung -in, die doppelt hydrierten durch die Endung -idin. Die Stellung der verbleibenden Doppelbindung wurde durch die Zahl fur die Position indiziert, an der die Doppelbindung im Uhrzeigersinn anfangt, manchmal auch mit einem zusltzlichen A-Symbol. Beispiele (mil veralteten Namen in ('I..."):
H
Q 4,5-Dihydro-lH-pyrazol 4,5-Dihydro-lH-1,2,3-triazol 4,5-Dihydro-l/f,2/f,3/i-l,2,3-triazol ("2-Pyrazol") ("A2-1,2,3-Triazolin") ("Tetrahydro-1,2,3-triazol") (" 1,2,3-Triazolidin") ("A2-Pyrazol") Zusatzliche Heteroatome oder Heterogruppen im Ring wie -0- (oxa) oder -SH(thia) erhalten bei der Namensgebung Prioritat. Ketone der Funfringe sind durch die Endung -on im Namen der Verbindungen gekennzeichnet. Der Trivialname des Ketons des Oxazols ist z.B. "Oxazolon". Beispiele:
Oxazol
4J-Dihydrooxazol Tetrahydrooxazol ("2-Oxazolin") ("Oxazolidin") 0
Benzoxazol
0
0
"c? 4,5-Dihydrooxazol-5-on ("2-Oxazolin-5-on") ("Azlacton") ("Oxazolinon")
Bernimidazol
("YO LNH
4,5-Dihydro-3H-oxazo1-2-on ("2-Oxazolidinon") ("2-Oxazolidon")
0
Bmthiazol 0
Y Y
4-Hydro-3H-oxazol-2,5-dion (Leuchs-Anhydndbzw. NZarbox yan h ydrid des Glycins)
In manchen Fallen sind noch Trivialnamen im Gebrauch, z . B . Glycin-N-Carboxyanhydrid fur das 4-Hydro-3H-oxazol-2,5-dion. Ein anderes Beispiel ist "Urazol" fur das
1,2,4-Triazolidin-3,5-dion. Bei Polyazolen sind intakte Azolstrukturen in die Polymcrmolekule eingebaut. Zu ihnen fuhrende Polyreaktionen crfolgen in der Regel durch einen Aufbau der Azolgruppen und nicht uber Polyrcaktionen von Azolgruppen enthaltcnden Monomeren.
437
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.7.2.
Poly(pyrro1)e
Der Funfring des Pyrrols weist ein Stickstoffatom und zwei C=C-Doppelbindungen auf. Da keine C=N-Doppelbindung vorhanden ist, wird es nicht zu den Azolen gezahlt. Pyrrol ist bei Raumtemperatur eine farblose Flussigkeit, die sich an der Luft nach braun verfarbt und verharzt. Mit Sluren bildet sich das polymere Pyrrolrot (G: p y r = Feuer, pyrros = feuerrot; L: oleurn = 01). Bei der elektrochemischen Polymerisation von Pyrrol in 1 % Wasser enthaltendem Acetonitril in Gegenwart von Sauerstoff und dem Elektrolyten [(C2H5)4N]@[BF4Ie entsteht an der Anode ein mit [BF4]' dotiertes, blauschwarzes Polymer PYR (Pyrrolschwarz) mit der idealisierten Struktur
(9-78)
2n
0 y
-2H2O
H
H
n
Die Polymerisation kann auch wasserfrei in Acetonitril mit AgC104 als Elcktrolyt zu kupferbronze-farbenen Polymeren ausgefuhrt werden. Die Polymerisation erfolgt hauptsachlich in a,a'-Position, was zu einer planaren Struktur fuhrt. Die Polymeren enthalten mehr Wasserstoff als der idealen Zusammensetzung (C4H3N)n entspricht, was auf Polymerisationen uber die C=C-Doppelbindungen deutet. Ausserdem treten Isomerisierungen, Verzweigungen und Vemetzungen auf. Nach Elektronenspinresonanz-Messungen sind auch ungepaarte Elektronen vorhanden. Dotierte Polymere kBnnen auf den Elektroden direkt als flexible, leitf2hige Filme erzeugt werden. Die Leitfghigkeiten betragen (50- 100) S/cm; die Energiedichten entsprechen denen von Nickel-Cadmium-Akkus. Solche dotierten Polymeren sind anders als die elektrisch leitenden Poly(acetylen)e, Poly@-pheny1en)e und Poly@-phenylensulfid)e iiber Monate in Luft bzw. bei Temperaturen bis 250°C bestandig. Mogliche Anwendungen sind Batterien sowie Photoanoden oder Solarzellen. Mit ClO4' dotierte Filme sind in Losungen von [C4HgN]e[C104]0 in Acetonitril elektrochemisch zu den gelblich-griinen, neutralen Polymeren reduzierbar. Die Filme lassen sich mit Ag-, Cu- und Fe-Salzen zu leitfahigen Polymeren oxidieren. Neutrale Polymere nehmen rasch Luftsauerstoff auf; sie werden innerhalb von 15 Minuten schwarz. Die Leitf2higkeit steigt dabei von ca. 10-5 S/cm auf 10-2 S/cm an.
9.7.3.
Poly(benzimidazo1e)
Poly(benzimidazo1)e PBI entstehen aus Dicarbonsauren und aromatischen Tetraminen. Technisch geht man bevorzugt vom Tetrahydrochlorid des 3,3'-Diaminobenzidins I und von Diphenylisophthalat I1 aus. Der Phenylester wird benutzt, weil (a) die freie Saure bei den hohen erforderlichen Reaktionstemperaturen von 250-400°C decarboxyliert, (b) Saurechloride zu schnell reagieren wurden, so dass der Ringschluss schwierig wird und (c) bei Verwendung der Methylester die Aminogruppen partiell methyliert wurden. Aminhydrochloride sind erforderlich, weil die freien Amine empfindlich gegen Oxidation sind. Die Polykondensation wird industriell in der Schmelze durchgefuhrt.
438
9.7. Polyazole
Bei der in zwei Stufen erfolgenden Polykondensation wird in der ersten Stufe unter Phenolabspaltung und Aufschaumen zunachst ein Prapolymercs IV gebildet:
Das erstarrte Prapolymere wird pulverisien und unter Stickstoff bei (260-425)"C in Gegenwart von (5-50) % Phenol als Weichmacher in einer Festkorper-Polykondensation in Poly(benzimidazo1) V mit Molmassen von ca. 20 OOO g/mol uberfuhrt:
Bei vollstandigem Umsatz der Amingruppen mussen aus Wahrscheinlichkeitsgriinden einige intermolekulare Verknupfungen und damit Vernetzungen auftreten. Bei technischen Polymeren sind daher die Ringschlussreaktionen nie komplett; im Poly(benzimidazol) VI befinden sich immer noch einige offenkettige Strukturen IV oder V. Das goldfarbene Polybenzimidazol ist ein hochtemperaturbestandiges, flammwidriges Polymer mit ausgezeichneten mechanischen und elektrischen Eigenschaften (Tab. 916). In Abwesenheit von Luftsauerstoff ist es selbst bei 350°C Hunderte von Stunden bestandig. In Gegenwart von Sauerstoff baut es bei Temperaturen iiber ca. 200°C rasch ab (labiles NH).Es lost sich in N,N-Dimethylacetamid, Dimethylsulfoxid und N-Methylpyrrolidon, ist aber gegen andere organische Losungsmittel gut best2ndig (Eisessig, rn-Cresol usw.).
439
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Tab. 9-16 Eigenschaften von nicht-stabilisierten (N) bzw. stabilisierten (S) Fasem und unbehandelten 0, getemperten (7') bzw. weichgernachten (W) Filmen aus Polybenzirnidazol. Physikalische Einheit
Eigenschaft
Dichte Glasternperatur Zugmodul
g
U
Film T
W
2750
3790
2270
117 14
186 24
103 20
5
12
Faser N
S
1.39
1,43
79 11OOOO 2.3 3 200 30
40 57000 23 3290 30
T Nftex MPa N/tex MPa
Zugfestigkeit
Reissdehnung % Relative PennittiviCIt, 1 0 0 Hz 1 Oberflachenwiderstand, 100 Hz R Durchgangswiderstand, 100 Hz R cm-' Wasserabsorption, 65 % RH % Dielektrischer Verlustfaktor, 100 Hz 1 Durchschlagfestigkeit, 100 Hz kV/m 1 Sauerstoffindex (LOI)
5,4 10"
15
1013 10 0,013 3.9
41
Polybenzimidazole werden hauptsachlich als Spezialfasem verwendet, vor allem im Weltraum- und Militarbereich. PBI-Fasem werden fur temperaturbestandige Schutzbekleidungen eingesetzt sowie als Prlkursoren fur die Herstellung von Graphitfasem. Hohlfaden und Filme aus PBI dienen zur Aufbereitung von See- und Brackwasser mit Hilfe der umgekehrten Osmose. Wegen ihrer guten Adhasion zu Metallen werden sie auch als temperaturbestlndige Metallkleber verwendet. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die Temperaturbestandigkeit von PBI durch geeignete Ausgangsmonomere noch weiter zu erhohen. Ersetzt man die Dicarbonsauren durch Tetracarbonsluren bzw. deren Dianhydride und reagiert diese mit Diaminen, so gelangt man zu mehr oder minder perfekten Leiterpolymeren. Die Synthesen mussen wegen der schwerloslichen Polymeren meist in Losungsmitteln wie Poly(phosphordure), Zinkchlorid oder eutektischen Mischungen aus Aluminiumchlorid und Natriumchlorid erfolgen. Die Polymeren weisen alle um ca. 100 K hohere Temperaturbestandigkeiten als PBI auf, sind also bis ca. 600OC verwendbar. Beispiele:
0
0
440
9.7. Polyazole
9.7.4.
Poly(benzoxazo1)e und Poly(benzthiazo1)e
Poly(benzoxazo1)e (PBO) und Poly(benzthiazo1)e (PBT: gleiches technisches Kurzel wie Poly(butylenterephthalat)!) weisen ahnliche Strukturen wie die konventionellen Poly(benzimidazo1)e (PBI) auf. Sie konnen sowohl durch AB- als auch durch AA/BBPolykondensationen synthetisien werden, und zwar entweder in der Schmelze oder in Losungen in Poly(phosphorsaure) (PPA), Methansulfonsaure oder Chlorsulfonsaure. Die Polymeren losen sich auch in Antimonpentachlorid oder in AlCl3 + Nitroalkanen. Bei AB-Polykondensationen geht man wegen der Oxidationsempfindlichkeit der freien Amine von den entsprechenden Hydrochloriden aus, z.B. vom 3-Amino-4-hydroxybenzoesaurehydrochlorid (Z = 0) und analog vom 3-Mercapto-4-amino-benzoesaurehydrochlorid (Z = S):
(9-81) COOH
- 2 H,O, - HCI
Bei AA/BB-Polykondensationen venvendet man z.B. Terephthalssure und ebenfalls die Hydrochloride, z.B. 2,5-Diamino- 1,4-benzoldithiol-Dihydrochloridfur "cis"-PBO fur das "trans"-PBT: oder 4,6-Diamino-l,3-benzoldiol-Dihydrochlorid (9-82)
c"NH,lm
"H31c1 + HOOC@-C,H,)COOH
HO
OH
c 1 [ w 3 1 m SH HS
[NH,ICl
- 4 H20, - 2 HCI
+ HOOC@-C,H,)COOH - 4 H20, - 2 HCI
Die bei der Polykondensation in Losung verwendete Poly(phosph0rsaure) (PPA) dient als Losungsmittel, Katalysator und Dehydrationsmittel. Wahrend der Polykondensation vemngert sich durch das abgespaltene Wasser laufend die Konzentration der PPA. Es wird daher standig P2O5 zugegeben, um die PPA-Konzentration aufrecht zu erhalten. Die so hergestellten Polymeren sind also im technischen Jargon die "cis"-Verbindung beim PBO und die "symmetrische" oder "trans"-Verbindung beim PBT. Anders als bei den Polybenzimidazolen nehmen die Heteroatome in jeder Repetiereinheit stets die gleiche Lage ein. Diese strukturelle Regelmassigkeit und die Starrheit der Repetiereinheiten fuhren dazu, dass PBO und PBT lyotrope und thermotrope Flussigkristalle bilden. Da lyotrope Flussigkristalle erst oberhalb einer kritischen Konzentration auftreten und die Viskositat lyotroper Losungen niedriger ist als diejenige isotroper. werden LOsungspolykondensationen entsprechend in konzentrierteren Losungen und nicht in verdunnten vorgenommen. Nach dem Verspinnen der Losungen bleibt in den Fasem die Vorzugsrichtung der Segmente erhalten. Die Parallelisierung in Richtung Faserachse fuhrt entsprechend zu ausserordentlich guten mechanischen Werten, z.B. Ell = 320 GPa und UII= 4.2 GPa (Tab. 9-17).
Poly(p-phenylene-2,6-benzoxazoldiyl) PBO Dichte Lhearer thermischer Ausdehnungskoeffiient Elastiziatsmodul(Rtintgen) Zugmodul Kompressionsmodul Torsionsmodul Zugfestigkeit Kompressionsfestigkeit Reissdehnung Sauerstoffindex (oben) (unten)
Poly(p-phenylen-2,6-benzobisthiazo~diyI) PBT Dichte Lhearer thermischer Ausdehnungskoeffiiient Zugmodul Torsionsmodul Zugfestigkeit Kompressionsfestigkeit Reissdehnung Relative Permittiviat Dielektrischer Verlustfaktor Durchschlagfestigkeit Sauerstoffindex(oben) (unten)
Eigenschaft
% % %
g/cm3 K-' GPa GPa GPa GPa GPa GPa
% %
1 1 V/mm
%
@cm3 K- 1 GPa GPa GPa GPa
40
e
22,8
0.8
0.3
7,6
0s
Physikalische B Einheit
OS 3,O 36,l
387 166 240 1 4,6
= 8*1@
],SO
35,7 22,6
1,8
1,3
1.2
3.0
5,O
3.4
433 290
T 665°C
477 320
1,58
2,7
< 320 1.2 < 4,2 < 0,4 < 7,l
1,58
Fasern T T 600°C 650°C
1,SO
U
< 7,l
2,3
< 170
< 1,4
< 4,2
< 330
Filamente T
U
34
BA
2,s 2.8 0,005 8900
0,55
Film
0,88 2,8 0,005 8900
2,O
270
UA
Tab. 9-17 Eigenschaften von Badem (E: ribbons), unbehandelten (U; E: as spun) bzw. bei verschiedenen Temperaturen getemperten (T; E: heat treated) Fasem und Filamenten sowie uniaxial (UA) bzw. biaxial (BA; quasi-isotrop)verstreckten Filmen aus PBT und PBO. Alle Messungen in Faserrichtung bei Raumtemperatur.
+
P P
E
2
2
6
3
u,
442
9.7. Polyazole
Fur den lateralen Elastizitatsmodul des orangefarbenen PBT sagt die MO-Theorie einen Wert von Ell = 730 GPa voraus. Experimentell wurden rdntgenographisch Gittermoduln von 350 GPa und durch Spannungs-Dehnungs-MessungenZugmoduln von bis zu ca. 320 GPa gemessen. Bei Messungen an getemperten Fasem wurden Reissfestigkeiten von 1,7 % und Zugfestigkeiten von 4,2 GPa erreicht. PBT besitzt bessere oxidative und thermische Stabilitlten als PBI oder PBO. Sein Nachteil ist die relativ geringe Kompressionsfestigkeit. PBT und PBO eignen sich fiir Hochleistungsfasem, -filme und Uberzuge. PBO ist als Zylon@ auf dem Markt.
9.7.5.
Oxazol- und Oxadiazol-Polymere
2-Oxazoline konnen unter Ringoffnung zu Poly(2-oxazo1in)en polyrnerisiert werden; Polymere mit intakten 2-Oxazolin-Einheiten in der Kette scheinen dagegen nicht bekannt zu sein. Polyoxazolidone besitzen dagegen Oxazolidon-Gruppen in der Kette. Auch Polyoxadiazole weisen die entsprechenden kettenstandigen Ringe auf. Zum Vergleich seien noch die Polymeren mit kettenstandigen Hydantoin-Gruppen (Kap. 9.7.6) bzw. Parabansaure-Gruppen (Kap. 9.7.7) wiedergegeben.
2-Oxazolin
Poly(oxazolidon)
Poly(oxadiazol)
Poly(hydantoin)
Poly(parabanshre)
Poly( 2-oxazolin)e 2-Alkyl-2-oxazoline polymerisieren kationisch unter Ringoffnung. Die Polymerisation ist lebend, wenn das Gegenion nicht nucleophil ist. Die durch Alkylsulfonate, z.B. Alkyl(p-toluolsulfonat) = Alkyltosylat (RTsO), initiierte Polymerisation ist kationisch, weil die kationische Endgruppe nucleophiler als das Monornermolekul ist, z.B.
A,$
R-N
(9-83)
C2H5
TsOe
+pa
‘ZH5
--*
R mN-CH2 co I C2H5’
-CH2
-N
,&>
TsOe
C2H5
Mit Alkylhalogeniden RI als Initiatoren treten dagegen covalente Polymerisationen auf, weil das wachsende Kettenende instabil ist:
44 3
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
Die Polymerisation von 2-Ethyl-2-oxazolin und anderen 2-Alkyl-2-oxazolinen fuhrt also nicht zu Polymeren mit intakten Oxazolin-Ringen. Es entstehen vielmehr offenkettige Polymere, bei den Beispielen der G1.(9-83) und (9-84) z.B. Poly(N-propionylethy1enimin)e. Die Poly(2-alkyl-2-oxazolin)e sind also Poly(N-acylethylenimin)e, von der Polymerkonstitution her folglich tertiare Polyamide. Die amorphen Polymeren ldsen sich sowohl in Wasser als auch in organischen Ldsungsmitteln wie z.B. Chloroform, Methylacetat, Acetonitril und Ethanol. Die Glastemperatur betdgt ca. 70°C. Sie eignen sich f i r Adhasive, Schlichten usw. (Kap. 9.1.5). Poly(2-oxazo1idon)e Poly(2-oxazo1idon)e mit intakten Oxazolidon-Ringen in der Kette entstehen aus Diisocyanaten und Diglycidylethem nach dem allgemeinen Schema der G1.(9-58) fur 1.3dipolare Reaktionen: O=C = N - Z - N = C = O
(9-85)
+
-+
+N-z-N/\~Q--
TQT 0 0
0 4
0
L o
0
Diese Polymeren stellen je nach den Gruppen Z und Q entweder Duromere oder Elastomere dar. Aus mit Isocyanaten verkapptem Poly(oxytetramethylenglyco1) und Bispheno1 A-diglycidylether rnit den Resten 2 = A-NH-CO-O-[(CH2)40],-CO-NH-A
; A = alkyl, XYI
Q =C H 2 o ( p - C 6 ~ ) - C ( C H 3 h - ~ ~ 4 ~ H 2 entstehen z.B. Elastomere, die rnit Polyurethan-Elastomeren konkurrieren. Sie sollten aber preiswener als diese sein, weil Epoxide weniger kosten als Amine.
Poly(oxadiazo1)e Polyoxadiazole enthalten in der Kette intakte Oxadiazol-Ringe. Sie kBnnen auf verschiedenen Wegen hergestellt werden. Poly(phenylen-1,3,4-oxadiazol)wird z.B. direkt aus Terephthalsaure und/oder Isophthalsaure und Hydrazin (bzw. dessen Salz mit Schwefelsaure) in Poly(phosphorsaure) oder Oleum in einem Schritt erhalten:
Aus der Schwefelsaureldsung konnen direkt Filme gegossen werden (POD-Filme). Die gelben Filme sind transparent und teilkristallin. Sie lBsen sich nur in konzentrierter Schwefelslure oder Poly(phosphorslure), nicht aber in organischen Ldsungsmitteln. Nachteilig ist die recht hohe Wasseraufnahme (2,5 % bei 25°C und 50 % RH). Die Filme bleiben selbst in flussigem Stickstoff noch flexibel. Bei 440°C fangen sie an, sich zu zersetzen. Die Polymeren besitzen gute mechanische und ausgezeichnete elektrische Eigenschaften.
444
9.7. Polyazole
In einem ahnlichen Verfahren baut man Hochmodulfasern aus Poly[(phenylen1,3,4-oxadiazol)-co-(N-methylhydrazid)J in drei Schritten, aber ohne Isolierung der Zwischenprodukte, auf. Die drei Monomeren Terephthalsaure, Dimethylterephthalat und Hydrazinsulfat werden in rauchender Schwefelsaure H2S04/S03 als Lose- und Dehydrationsmittel erhitzt, wobei zunachst Poly(p-phenylen- 1,3,4-0xadiazol) und eine Methylschwefelsaure CH3Sn03n+lH entstehen (n = 2: Methylpyroschwefelsaure). Die Methylschwefelsaure methylien einige Oxadiazolringe, die anschliessend hydrolysiert werden:
+ H,O
1
- CH3Sn03n+lH
Das resultierende weiss bis schwach gelbe Copolymere lasst sich direkt aus der rauchenden Schwefelsaure nass in ein Bad mit wassriger Schwefelsaure verspinnen. Die fur Reifencord entwickelten Fasem zeigen hohe Reissfestigkeiten, die auch nach sieben Tagen in Wasser von 100°C noch zu 90 % erhalten blieben. Der Verschleiss solcher Reifencords ist geringer als bei Stahl, Glas und Poly(p-phenylenterephthalamid).
9.7.6.
Poly(terephthaloy1oximidrazon)
Oximidrazon H2N-NH-C(=NH)-C(=NH)-NH-NH2wird aus zwei Molekulen Dicyan NC-CN und und zwei Molekulen Hydrazin H2N-NH2 synthetisiert. Seine isomere Verbindung H~N-N=C(NH~)-C(NH~)=N-NHZwird mit Terephthaloyldichlorid zum Poly(terephthaloyloximidrazon) (PTO) umgesetzt:
445
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ket1en
Poly(terephthaloy1oximidrazon) (PTO) llsst sich durch Abspalten von Wasser in das Polytnazol (F’TA) bzw. durch Abspalten von Ammoniak in das Polyoxadiazol (POD) umwandeln. Mit konzentrierten wissrigen Losungen von Alkalihydroxiden geht das gelbe PTO in eine tiefrote Losung des ionisierten Polymeren (PTOA) uber: (9-89)
PTO
Die Alkalilosung kann direkt in ein Siurebad versponnen werden. Beim Umsetzen der koagulierten Filamente oder aber auch der fertigen Gewebe mit ammoniakalischen Losungen von Metallhydroxiden vereinigen sich je eine Oximidrazon-Gruppe von zwei Terephthaloyloximidrazon-Repetiereinheitenunter Pseudocyclisierung zu Chelaten
(9-90)
4N-NHN-Nm +
@NH2 H Y 08
H-N
0’
\\
’.
N-C
/
\-0
/Mt.
wobei ein koordinatives Netzwerk entsteht, das ausser der gezeigten Einheit noch viele andere Gruppierungen aufweisen kann. Das Polymere wird unliislich. Die Farbe des Metallchelats variiert je nach der Natur des Metallions und je nach dem Stoffmengenverhaltnis Metall/PTO von gelb (Zfl@/PTO= 0,35)uber tiefgelb (Sn4@/PT0 = I), orange (Zn2@/PT0= 2), tiefrot (Pb2@/FT0= I), olivgriin (Cu2@/PT0= 0,66) und hellbraun (Ni2@/PT0= 1) nach braun (Ca*@/PTO = 1) und schwarz ( F e 2 @ R O = 1). Weisse und blaue Farbtiine werden nicht erhalten. Die mechanischen Eigenschaften der chelierten Polymeren entsprechen etwa denjenigen von Rayon. Anders als Rayon besitzen sie jedoch ausserordentlich gute thermische Eigenschaften. Die mit Zink, Strontium oder Calcium chelierten Polymeren brennen nicht bei Temperaturen unter 1000°C. Sie schrumpfen nicht und sie schmelzen nicht. Beim Brennen geben sie nur Wasser, Kohlendioxid und Ammoniak ab. Quecksilberionen geben strahlenfeste Polymere, aber keine flammfesten. Die Polymeren wurden fiir flammfeste Gewebe vorgeschlagen, wurden aber nie technisch hergestellt (Preis, mangelnde Flexibilitat beim Einfarben?).
9.7. Polyazole
446
9.7.7.
Poly(hydant0in)e
Zur technischen Synthese von aromatischen Polyhydantoinen kondensiert man aromatische Diamine mit Dimethylchloressigsaureethylesterzu I, das dann mit aromatischen Diisocyanaten in Losungsmitteln wie Phenol oder Kresol umgesetzt wird:
(9-91)
xC,H5
I
+ OCN-Z-NCO
1 ' ~ " 2 ~ 5
0
0
Bei den im Handel befindlichen Produkten ist die aromatische Gruppierung Ar vermutlich (P-C6H4)-0-@-C6H4) und die Gruppierung Z entweder (P-C6H4)-0-@-C6H4) oder (P-C6H4)-CH2-(P-C6H4). Aromatische Poly(hydantoin)e eignen sich fur elektrische Isolationsfolien Sie besitzen gute Wlrmebest2ndigkeiten (im Zugversuch: 27OoC), nehmen jedoch verhaltnismassig vie1 Wasser auf (4,5 % in 24 h). Die Polymeren widerstehen den meisten organischen Losungsmitteln sowie wassrigen Sauren und Basen. Poly(hydantoin)e mit sowohl aromatischen als auch aliphatischen Bausteinen in der Hauptkette entstehen durch Reaktion von aromatischen Diisocyanaten mit dem Reaktionsprodukt aus Fumarsaureestem und aliphatischen Diaminen:
(9-92)
2 ROOC-CH=CH-COOR
+ HZN-Z-NH2
Y
ROOC\
'
/COOR CH2 H2C ROOC, 1 I,COOR C H I 'H NH HN, / Z
-7
- -NTN-A-NTNI:
+OCN-Ar-NCO
)CH2COOR
o7
H
- 2 ROH
-z
0
0
Diese aromatisch/aliphatischen Polyhydantoine dienen als Isolierlacke. Da die Viskositaten der Losungen in z.B. Methylenchlorid sehr hoch sind, fuhrt man in die Ketten zur Viskositatsemiedrigung Verzweigungsstellen ein. Altemativ kann man den Losungen VerduMer zufugen.
447
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.7.8.
Poly(parabansaure)n
Poly(parabans2ure)n sind Polymere mit 2,4,5-Triketoimidazolidin-Gruppenin der Kette. Sie sind daher enge Verwandte der Polyhydantoine (Kap. 9.7.7). Polyparabansiuren kiinnen nach verschiedenen Verfahren hergetellt werden, z.B. aus Oxamidsaureestem und (verkappten) Isocyanaten:
0
Altemativ kann man in einer dreistufigen Synthese aus Isocyanaten und Cyanwasserstoff Cyanformamide I bilden, und diese zu den substituierten Hamstoffen 11, den Poly(iminoimidazolidinonen) 111 und schliesslich zu den Poly(parabansaure)n IV umsetzen:
AAr
+ H20 ----
NH
0.
m
’
-z-NA0
nJ
0
Poly(parabansaure)n sind amorphe Polymere, die durch Filmgiessen und Formpressen zu Filmen, Ubeniigen und Isoliermaterialien verarbeitet werden. Losungen der Poly(parabansaure)n in z.B. N-Methylpyrrolidon eignen sich auch fur Drahtlacke oder Klebstoffe.
9.7.9.
Poly(triazo1)e
Durch den in GL(9-89) beschriebenen Prozess werden Poly(triazo1)e mit j e zwei Heteroringen pro Repetiereinheit erhalten. Polytriazole mit nur einem Triazolrest pro Repetiereinheit entstehen aus Hydrazin und Terephthalsiure, wobei zunachst das Polyphenylenhydrazid I anftillt, das dann zum Polytriazol I1 cyclokondensiert wird: H H
(9-95)
dNiNm
4:Io C6H5NH2,
-2H,O
I
I C6H5
Das entstehende Poly(triazo1) I1 besitzt eine sehr hohe Glastemperatur von ca. 260°C. Es kann aus Ameisensaure nass oder trocken versponnen werden. Die Fasem behalten selbst bei 300°C noch 30 % ihrer urspriinglichen Reissdehnung bei.
44 8
9.8. Polyazine
Poly(aminotriazo1)e entstehen durch Umsetzen von Dicarbonsaureestern mil Hydrazin und weiterer Reaktion der primar erhaltenen Dihydrazide mil uberschussigem H ydrazin: N -N
(9-96)
H2N-NH-C-(CH,),-C-NH II II 0 0
-NH2
4N h ( C H , ) , *
----b
- 2 H2O
I
NH2
9.8.
Polyazine
9 . 8 . 1 . Ubersicht Azine sind sechsgliedrige heterocyclische Kohlenwasserstoffe mit 1-4 Stickstoffatomen im Ring. Polyazine weisen entsprechend einen intakten Azinring in der Kette auf. Von der sehr grossen Zahl mtiglicher Polymerer sind zwar solche mit Pyrazin- und Diketopiperazin-Gruppierungen bekannt, industriell aber nicht bedeutsam. Polycyanurate wurden schon in Kap. 9.4.4, Polyisocyanurate in Kap. 9.4.5 und Melaminharze in Kap. 9.3.2 behandelt. Polytriazine werden im nachstehenden Kapitel 9.8.4 besprochen. Die sog. Triazin-Harze sind in Wirklichkeit Polyisocyanurate.
cN I
H
O
N?
NN ,
N 'O '
Pyrazin
cNy
H
Diketopipemin s-Triazin
H
HOyNyOH
NYN OH Cyanursiiure
OyNyO
H2NYNYNH2
NYN 0 Isocyanurslure
NH2
Melamin
Die Ringe konnen ferner mit anderen Ringen anelliert sein (L: anulus = kleiner Ring; E: annular = ringformig). Fur Polymere sind kettenstandige Ringe des Chinolins (Kap. 9.8.2), Chinoxalins (Kap. 9.8.3) und Chinazolindions (Kap. 9.8.4) wichtig. H
0
Chinolin
Chinoxalin (Benzpyrazin)
9.8.2.
Chinazolin (Benzopyrimidin)
Chinazolon
0
Chinazolindion
Poly(chino1in)e
Poly(chino1in)e sind durch eine Reihe von Reaktionen zuganglich. Die hochsten Molmassen scheint die Polykondensation von Bis(aminoket0n)en (2.B. 4,4'-Diamino-3,3'-dibenzoyldiphenylether) mit Diketonen (z.B. 4,4'-Diacetyldiphenyletherbzw. 4,4'-Dibenzoyldiphenylether) in rn-Kresol + Di(m-kresy1)phosphat zu geben:
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
449
Je nach dem Bis(aminoketon) und dem Diketon werden halbsteife bis steife Polychinoline erhalten. Halbsteife Polymere sind im Allgemeinen amorph; steife Polymere ktinnen jedoch auch kristallin sein. Die Zugmoduln variieren zwischen ca. 2 GPa (halbsteif) und 5 GPa (steif); die Zugfestigkeiten betragen ca. 100 MPa. Die Glastemperaturen liegen zwischen 250°C und 390°C.
9.8.3.
Poly(phenylchinoxa1in)e
Poly(pheny1chinoxalin)e PPQ entstehen aus Bis( 1,2-dicarbonyl)-Verbindungen und aromatischen Tetraminen. Z ist dabei ein aromatischer oder aliphatischer Rest, Q z.B. die Ethergruppierung -0- und R eine Alkyl-, Hydroxyl-, Ester-, Alkoxy- oder Nitrilgruppe bzw. ein Halogenrest: (9-98)
R
R
Die Synthese kann in der Schmelze ausgefuhrt werden, wird jedoch meist in Aufschlimmungen in Chloroform, 1,1,2,2-Tetrachlorethan oder rn-KresollXylol mit einem Uberschuss der Dicarbonylverbindung vorgenommen. Filme aus PPQ verflrben sich beim Erhitzen, behalten aber ihre Transparenz und auch einen grossen Teil ihrer mechanischen Eigenschaften bei. PPQs eignen sich als hochtemperaturbestlndige Klebstoffe und als Matrices fur Verbundwerkstoffe. Bei der dafur erforderlichen Nachhlrtung bauen die PPQ thermisch und/oder thermooxidativ ab, wobei sie gleichzeitig vemetzen.
450
9.8. Polyazine
9.8.4.
Polytriazine
Der s-Triazinring ist ahnlich wie der Benzolring sehr resonanzstabilisiert und daher hochtemperaturbestandig. Diese Eigenschaft hat man sich zuerst bei den MelaminFormaldehyd-Harzen nutzbar gernacht (Kap. 9.3.2), bei denen die Arninogruppen der vorgebildeten Triazinringe des Melarnins polykondensiert werden. Die in der Technik als Polytriazine bezeichneten Polymeren enthalten in der Regel nicht den s-Triazin-Ring per se (also C-substituierte Triazin-Gruppen). Sie weisen vielmehr entweder Polyisocyanurat-Strukturenauf (wie die Triazin-Harze oder die BT-Harze) oder Polyrnelamin-Strukturen (wie die Melarnin-Haze):
a
y"r"
a
a
a
H-NyNyN-H
OYNYO
OYNYO
.YN
NYN
NYN 0
Polytriazine
Polycyanurate
Pol yrnelarnine
Polyisocyanurate
Echte Polytriazin-Strukturen erhalt man z.B. durch Cyclotrimerisation von Nitrilen -Z-CEN in situ, wobei Z ein Kohlenstoffrest ist. Die Triazin-Ringe der Polycyanurate erhllt man bei den sog. BTriazin A-Harzen aus den Biscyanatestern des Bisphenols A (Kap. 9.4.4) und bei den @BT-Harzen aus Bismaleinirniden und Dicyanaten (Kap. 9.6.2). Triazin-Ringe enthaltende Melamin-Gruppierungen entstehen nicht nur bei den Melarnin-Harzen, sondern auch bei den N-Cyansulfonamid-Polymeren(@NCNS-Polymeren). Die Reaktion von elektrophilen Gruppen R (z.B. Arylsulfonyl) enthaltenden prirnaren und sekundaren aromatischen Biscyanarniden im Molverhaltnis 1:1 bis 2: 1 in niederen Alkoholen oder Ketonen licfert ein losliches Prapolymeres (A-Stufe):
Das Erhitzen der A-Stufe auf (100-120)"C liefert die handelsiibliche, hoherviskosc BStufe. Durch Ausharten bei (150-180)"C entstehen dann die eigentlichen Triazin-Ham: (9- 100)
NH
S Z " ? , , T - C - N - A r - N II R
I
I
CN
CN
Die 1:1-Harze konnen durch Spritzgiesscn und Spritzpressen verarbeitet werden, die 2: 1-Harze durch Formpressen.
45 1
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
9.9.
Andere C-N-Polymere
9 . 9 . 1 . Nitroso-Kautschuk Aus Trifluomitrosomethan und Tetrafluorethylen bildet sich bei hbheren Temperaturen ein Vierring und ein Oligomeres, bei tieferen Temperaturen jedoch spontan ein hochmolekulares altemierendes Copolymeres: (9-101)
CF3-N
* 2pc CF3-N-CF2
-N-O--CF,-CFz
I1 +
0
tFZ
CF2
s+ CF3 I
__*
I
I
0 -CF,
Der entstehende Nitroso-Kautschuk weist eine Glastemperatur von -5 1°C auf; er ist selbst in reinem Sauerstoff nicht brennbar. Wegen seiner schlechten Zugfestigkeit wird er jedoch nicht mehr hergestellt.
9.9.2.
Azo-Polymere
Azo-Polymere sind Polymere mit kettenstandigen Stickstoff-Stickstoff-Doppelbindungen. Der einfachste Vertreter ist das Poly(fonna1dezin) (Kap. 9.1.6). Aliphatische Azo-Polymere entstehen durch Polymerisation von Dinitroso-Verbindungen, z.B. zu Poly(azoalky1en-N,N’-dioxid)en
und cycloafiphatische Azo-Polymere durch Brom-Oxidation von Hydroxylaminen, z.B. zum Poly(azo- 1,4-cyclohexylenisopropyliden1,4-cyclohexylen-N,N’-dioxid)
Das feste weisse Polymere wandelt sich bei 170°C reversibel in einen gelben Festkbrper um, der dann bei ca. 215°C zu einer riitlichbraunen Flussigkeit schmilzt. Aromatische Nitrosoverbindungen dimerisieren zu Vierringen. Die entsprechenden Saurechloride setzen sich mit Diaminen zu Polyamiden um, welche Vulkanisationshilfsstoffe sind (VANAX-PY@): 0
(9-104)
C I O C O N ’\ ‘/ N o C O C l
+
H,N-Ar-NH,
0
0
7Ti?
-&)-N( 0
:No$-+-Jm-0
0
452
Literatur zu Kap. 9
Literatur zu Kap. 9 9.0. ALLGEMEINE LITERATUR H.-G.Elias, Neue polymere Werkstoffe 1969-1974, Hanser, Miinchen 1975; New Commercial Polymers, Gordon and Breach, New York 1977 K.-U.Buhler, Sptzialplaste, Akademie-Verlag, Berlin 1978 H.-G.Elias, F.Vohwinkel, Neue polymere Werkstoffe, 2.Folge, Hanser, Munchen 1983; New Commercial Polymers 2, Gordon and Breach, New York 1986 9.1. POLYIMINE UND VERWANDTE POLYMERE Th.Vblker, Polymere Blauaure, AngewChem. 72 (1960) 379 W.Drenth, R.J.M.Nolte, Poly(iminoethy1enes): Rigid Rod Helical Polymers, Acc.Chem.Res. 12 (1979) 30 F.Millich, Polyisocyanides, J.Polym.Sci.-Macromol.Rev.15 (1980) 207 D.Wohrle, Polymere aus Nitrilen, Adv.Polym.Sci. 10 (1972) 35 R.P.Subrayan, P.G.Rasmussen, An Overview of Materials Composed of Carbon and Nitrogen, Trends Polym. Sci. 3 (1995) 165 9.1.6. POLY(ETHYLENIM1N) O.C.Dermer, G.E.Ham, Ethyleneimine and Other Aziridines, Academic Press, New York 1969 M.Hauser, Alkyleneimines, in K.C.Frisch, S.L.Reegen, Hrsg., Ring-Opening Polymerizations, Dekker, New York 1969 Suppl. 1 (1976) 25 G.E.Ham, Alkylenimine Polymers, Encycl.Polym.Sci.Technol., P.Femti, R.Barbucci, Linear Amino Polymers: Synthesis, Protonation and Complex Formation, Adv.Polym.Sci. 58 (1984) 55 S.Kobayashi, Ethylenimine Polymers, Progr.Polym.Sci. 15 (1990) 75 1 9.2. POLYAMIDE H.Hopff, A.Muller, F.Wenger, Die Polyamide, Springer, Heidelberg 1954 V.V.Korshak, T.M.Frunze, Synthetic Heterochain Polyamides; Akad.Wiss.USSR, Moskau 1962; Israel Program Sci.Transl., Jerusalem 1964 R.Graf, G.Lohan, K.Bbrner, E.Schmidt, H.Bestian, PLactame, Polymerisation und Verwendung als Faserrohstoff, Angew.Chem. 74 (1962) 523 K.Dachs, E.Schwan, Pyrrolidon, Capryllactam und Laurinlactam als neue Grundstoffe fur Polyamidfasern, Angew.Chem. 74 (1962) 540 C.F.Horn, B.T.Freure, H.Vineyard, H.J.Decker, Nylon 7, ein faserbildendes Polyamid, Angew.Chem. 74 (1962) 531 M.Genas, Rilsan (Polyamid 1 I), Synthese und Eigenschaften, Angew.Chem. 74 (1962) 535 H.Klare, E.Fritzsche, V.Grobe, Synthetische Fasern aus Polyamiden, Akademie-Vlg., Berlin 1963 W.K.Franke, K.-A.Muller, Synthesewege zum Laurinlactam fiir Nylon 12, Chem.-1ng.Techn. 36 (1W960 ) R.Vieweg, A.Muller, Hrsg., Polyamide (Kunststoff-Handbuch, Bd. VI), Hanser, Miinchen 1966 M.I.Kohan, Hrsg., Nylon Plastics, Wiley, New York 1973 W.E.Nelson, Nylon Plastics Technology, Newnes-Butterworth, London 1976 H.K.Reimschuesse1, Nylon 6, Chemistry and Mechanisms, Macromol.Rev. 12 (1977) 65 J.Sebenda, Recent Progress in the Polymerization of Lactams, Progr.Polym.Sci. 6 (1978) 123 R.S.Lenk, Post-Nylon Polyamides, Macromol.Rev. 13 (1978) 355 Z.Tuzar, P.KrawhviI, M.Bohdaneckj, Dilute Solution Properlies of Aliphatic Polyamides, Adv.Polym.Sci. 30 (1979) 117 C 17 (1979) 1 E.H.Pryde, Unsaturated Polyamides, J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol.Chem. 22 (1984) 1373 R.J.Gaymans, V.S.Venkatraman, J.Schuijer, J.Polym.Sci.-Polym.Chem.Ed. R.J.Gaymans, A.G.J.Van der Ham, Nylon 4,I: An Amorphous Polyamide, Polymer 25 (1984) 1755 R.J.Gaymans, The Synthesis and Some Properties of Nylon 4.T. J.Polym.Sci.-Polym.Chem.Ed. 23 (1985) 1599 R.Puffr, V.Kubinek, Lacram-Based Polyamides, CRC Press, Boca Raton, 1990 und 1991 (2 Bde.) M.I.Kohan, Hrsg., Nylon Plastics Handbook, Hanser, Miinchen 1995 S.M.Aharoni, n-Nylons. Their Synthesis, Structure and Properties, Wiley, New York 1997 E.E.Magat, In the Pursuit of Strength: The Birth of Kevlar, Eugen Magat, Chapel Hill (NC) 1996 (cine Veroffentlichung von DuPont)
9. Kohlenstoff-Stickstoff-Ketten
453
9.3.2. AMINOHARZE J.F.Blais, Amino Resins, Reinhold, New York 1959 C.P.Vale, W.H.G.K.Taylor, Aminoplastics, Iliffe, London 1964 A.Bachmann, T.Bertz, Aminoplaste, VEB-Verlag fur Grundstoffindustrie, Leipzig 1970 B.Meyer, Urea-FormaldehydeResins, Addison-Wesley,Reading (MA) 1979 9.4. POLYCYANATE LHamerton, Hrsg., Chemistry and Technology of Cyanate Ester Resins, Blackie Academic, London 1994 9.5 POLYURETHANE O.Bayer, Das Di-Isocyanat-Polyadditionsverfahren(Polyurethane), Angew.Chem. 59 (1947) 257 J.H.Saunders, K.C.Frisch, Polyurethanes, Chemistry and Technology, Interscience, New York 1%1 (Bd. I), 1%2 (Bd. 11) B.A.Dombrow, Polyurethanes, Reinhold, New York, 2.Aufl. 1965 R.Vieweg, A.H(lchtlen, Polyurethane (= Kunststoff-Handbuch, Bd. VII), Hanser, Miinchen 1966 J.M.Buist, H.Gudgeon, Hrsg., Advances in Polyurethane Technology, Maclaren, London 1968 P.Wright, P.C.Cumming, Solid Polyurethane Elastomers, Maclaren, London 1969 P.F.Bruin, Polyurethane Technology, Interscience, New York 1969 N.Doyle, The Development and Use of Polyurethane Products, McGraw-Hill, New York, 2.Aufl. 1971 K.C.Frisch, S.L.Reegen, Hrsg., Advances in Urethane Science and Technology, Technomic, Westport, CN, 7 Bde. 1971-1979 M.N.Berger, Addition Polymers of Monofunctional Isocyanates, J.Macromol.Sci.[Rev,] C 9 (1973) 269 D.J.Walsh, Newer Synthetic Routes to Isocyanates and Urethanes, Dev.Polyurethanes 1 (1978) 9 J.M.Buist, Developments in Polyurethanes, Applied Sci., London 1978 Z.W.Wicks, jr., New Developments in the Field of Blocked Isocyanates, Progr.0rg.Coatings 9 (1981) 3 D.Dieterich, Aqueous Emulsions, Dispersions and Solutions of Polyurethanes; Synthesis and Properties, Progr.0rg.Coatings 9 (1981) 281 G.Woods, Flexible Polyurethane Foams - Chemistry and Technology, Applied Science Publ., London 1982 C.Hepburn, Polyurethane Elastomers, Appl.Sci.Publ., Barking, Essex 1982 G.Woods, The ICI Polyurethanes Book, Wiley, New York, 2.Aufl. 1990 G.Oertel, Hrsg., Polyurethane (= G.W.Becker, D.Braun, Hrsg., Kunststoff-Handbuch, Bd. 7), Hanser, Miinchen, 3.Aufl. 1993; G.Oertel, Hrsg., Polyurethane Handbook, Hanser, Miinchen, 2.Aufl. 1994 Z.Wirpsza, Polyurethanes. Chemistry, Technology and Applications, Ellis Horwood, New York 1993 H.Ulrich, Chemistry and Technology of Isocyanates, Wiley, New York 1997 M.Szycher, Handbook of Polyurethanes, CRC Press, Boca Raton (EL) 1999 K.Uhlig, Polyurethan-Taschenbuch,Hanser, Miinchen 1998; -,Discovering Polyurethanes, Hanser, Miinchen 1999 9.6. POLYIMIDE H.Lee, D.Stoffey, K.Neville, New Linear Polymers, McGraw-Hill, New York 1967 M.W.Ranney, Polyimide Manufacture, Noyes Data Corp., Park Ridge (NJ) 1971 C.E.Sroog, Polyimides, Macromol.Rev. 11 (1976) 161 M.I.Bessonov, M.M.Koton, V.V.Kudryavtsev, L.A.Lains, Polyimides - Thermally Stable Polymers, Consultants Bureau, New York 1987 T.Takekoshi, Polyimides, Adv.Polyrn.Sci. 94 (1990) 1 C.Feger, M.M.Khojastech, J.E.McGrath, Hrsg., Polyimides: Materials, Chemistry and Characterization, Elsevier, Amsterdam 1990 D.Wilson, H.D.Stenzenberger, P.M.Hergenrother, Hrsg., Polyimides, Chapman and Hall, New York 1990 M.J.M.Abadie, B.Sillion, Hrsg., Polyimides and Other High-Temperature Polymers, Elsevier, Amsterdam 1991 M.I.Bessonov, V.A.Zubkov, Hrsg., Polyamic Acids and Polyimides, CRC Press, Boca Raton (FL) 1993
454
Quellennachweise zu Kap. 9
C.Feger, M.M.Khojastech, M.S.Htoo, Hrsg., Advances in Polyimide Science and Technology, Technomic, Lancaster (PA) 1993 H.D.Stenzenberger, Addition Polyimides, Adv. Polym.Sci. 117 (1994) 165 W.Volksen, Condensation Polyimides: Synthesis, Solution Behavior, and Imidization Characterisucs, Adv.Polym.Sci. 117 (1994) 111 M.K.Gosh, K.L.Mittal, Hrsg., Polyimides. Fundamentals and Applications, Dekker, New York 1996 -,Polyimide, Adv.Polym.Sci. 140 (1999) und 141 (1999) (verschiedene Autoren) 9.7. POLYAZOLE J.P.Critchley, A Review of the Poly(azoles), Progr.Polym.Sci. 2 (1970) 47 V.V.Korshak, M.M.Teplyakov, Synthesis Methods and Properties of Polyazoles, J.Macromol.Sci. mev.] C 5 (1971) 409 P.E.Cassidy, N.C.Fawcett, Thermally Stable Polymers: Polyoxadiazoles, Pol yoxadiazole-N-oxides, Polythiazoles, and Polythiadiazole, J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol.Chem. C 17 (1979) 209 E.W.Neuse, Aromatic Polybenzimidazoles: Syntheses, Properties, and Applications, Adv.Polym.Sci. 47 (1982) 1 J.P.Critchley, G.J.Knight, W.W.Wright, Heat-Resistant Polymers, Plenum, New York 1983 G.M.Moelter, R.F.Tetreault, M.J.Hefferon, Polybenzimidazole Fiber, Polymer News 9 (1983) 134 9.8. POLYAZINE P.M.Hergenrother, Linear Polyquinoxalines, J.Macromol.Sci. C 6 (1971) 1 J.K.Stille, Polyquinolines, Macromolecules 14 (1981) 870 J.P.Critchley, G.J.Knight, W.W.Wright, Heat-Resistant Polymers, Plenum, New York 1983
Quellennachweise [I] J.Yue, Z.H.Wang, K.R.Cromack, A.P.Epstein, A.G.MacDiarrnid, J.Am.Chem.Soc. 113 (1991) 2665, Abb. 3 [2] P.Matthies, Polyamide, Ullmann’s Enzyklopadie der technischen Chemie 19 (1979) 39, (a) Tab. 2, (b) Tab. 3 [3] E.I. DuPont, Bulletin E-97221, Molding Guide for Zytel@Nylon Resins (1988), S. 22 [4] -,Chem.Engng.News 43/26 (28.6.1965) 49 [5] P.H.Hermans, D.Heikens, P.F. van Velden, J.Polym.Sci. 30 (1958) 81, Abb. 2A [6] J.R.Schaefgen, V.S.Voldi, F.M.Logullo, V.H.Good, L.W.Gulrich, F.L.Killian, ACS Polymer Preprints 17/1 (1976) 69 [7] H.-G.Elias, R.Schumacher, MakromoLChern. 76 (1964) 23
455
10.
Peptide und Proteine
10.1.
Ubersicht
10.1.1.
Definitionen
a-Aminosauren H2N-CHR-COOH bilden eine grosse Zahl von natiirlich vorkommenden oder synthetisch hergestellten Oligomeren und Polymeren, deren Grundbausteine durch eine charakteristische Amidbindung, die Peptidbindung -NH-CO-, verkniipft sind. Je nach der Zusammensetzung und der Molmasse unterscheidet man
.
Poly( a-aminos8ure)n f-NH-CHR-C0-f : Homooligomere und Homopolymere der a-Aminosauren; Peptide (exakt: a-Peptide): naturlich vorkommende oder synthetisch erzeugte oligomere bis polymere Homo- oder Copolymere, die weiter unterteilt werden in Oligopeptide rnit Polymerisationsgraden von 2 bis ca. 10, Polypeptide mit Polymerisationsgraden von ca. 10 und mehr, Retropeptide, deren Peptidreste in umgekehrter Sequenz wie bei natiirlichen Peptiden vorliegen, Isopeptide, bei denen die Peptidbindung zwischen einer a-Gruppe (NH2- oder -COOH) und einer p-, y usw. Gruppe zweier a-Aminosaurereste besteht und nicht zwischen zwei a-Gruppen wie bei normalen Peptiden; Depsipeptide: altemierende Copolymere aus a-Amino- und a-Hydroxysauren; Proteine: natiirliche Copolymere aus verschiedenen a-Aminosauren oder a-Aminosiuren und Iminosauren; Nucleoproteine: Assoziate aus Proteinen und Nucleinsauren (2.B. Nucleosome); Glycoproteine: Proteine rnit weniger als ca. 4 % Polysacchariden; Mucoproteine: Proteine rnit mehr als ca. 4 % Polysacchariden, und konjugierte Proteine: Verbindungen von Proteinen mit sog. prosthetischen Gruppen (= nicht-a-Aminosiuren), z.B. Chromoproteine: Proteine rnit gebundenen Farbstoffen, Flavoproteine: Proteine mit gebundenen Flavinderivaten, Hamoproteine: Proteine rnit Eisen-Porphynn-Verbindungen, Lipoproteine: Proteine mit gebundenen Lipiden, Metalloproteine: Proteine mit gebundenen Metallen, usw. -NH-CH-C-
I R
a-Peptid
II O
-NH-CH-(CH2)i
I COOR
Isopeptid
-C-
I1
0
-NH-CH-C-O-CH-C-
I
R
II
O
I R’
II
0
Depsipeptid
Ausser den a-Peptiden mit jeweils 1 Kohlenstoffatom zwischen der NH- und der COGruppe der Monomereinheit gibt es auch B-Peptide mit 2 Kohlenstoffatomen, yPeptide mit 3 Kohlenstoffatomen und &Peptide mit 4 Kohlenstoffatomen zwischen den NHund den CO-Gruppen der Einheiten (Abb. 10-1). Bei den htiheren Peptiden ktinnen dabei die CHR-Kettenglieder Teile eines Ringes mit mindestens 3 (p), 4 (y), 5 (6)usw. Ringatomen sein, z.B. eines Zuckerrestes bei den S-Peptiden.
456
10.1. Ubersicht
-NH - CH -C I II R O
a-Peptide
-NH - CH -CH - CI II RI R' 0
-NH - CH -CH - CH -CH - CI I I I II R
R'
R"
p Peptide
4H
R"'
0
--y
0
=$'
SPeptide
H
PeptidnucleinGiuren
Abb. 10-1 Grundbausteine von Peptiden und Peptidnucleinsauren. Ausser strcng linearen Ketten (links) sind auch Ketten mtjglich, deren Kettenglieder Teil eines kleines Ringes sind (mittlere Beispiele, z.B. Zuckerreste bei den &Pepliden). Verwandt mit diesen hoheren Peptiden sind die sog. Peptidnucleinsiuren (E: peptide nucleic acids, PNA), die trotz ihres Namens weder Peptide noch Nucleinsauren sind. Bei ihnen ist vielmehr das Phosphodiester-Ruckgrat der Nucleinsauren durch ein PolyamidRuckgrat ersetzt, bei der Peptidnucleinsaure der Abb. 10-1 z.B. durch N-(2-Aminoethy1)glycyl-Einheiten. Das Polyamid-Ruckgrat ist so gewtihlt, dass die Makrokonformation der Peptidnucleinsauren moglichst denen der Nucleinsauren ahnelt. Wie die echten Nucleinsauren tragen die Peptidnucleinsauren daher auch Purin- und Pyridinbasen. Irn Gegensatz zu den Poly(a-aminos2ure)n bestehen die meisten der naturlich vorkommenden Peptide und Proteine aus von Molekiil zu Molekul gleichen, jedoch unregelmassig aufeinander folgenden Peptidresten. Die Aufeinanderfolge der Peptidreste gibt deren Sequenz an. Bei der Angabe der Sequenz wird die N-terminale Aminosaure immer links geschrieben, die C-terminale immer rechts. Das Tripeptid gly-ala-ser aus den 3 a-Aminosauren Glycin (gly) H2N-CH2-COOH, Alanin (ala) H2N-CH(CH3)-COOH und Serin (ser) H2N-CH(CH20H)-COOH wird also geschrieben als
Die Zahl der Peptideinheiten in der kleinsten relevanten Sequenz dieser Reste wird als Komplexitat bezeichnet. Die Komplexitaten des Tripeptides gly-ala-ser sowic dessen Polymeren H[gly-ala-ser],OH sind also jeweils 3. Enzyme besitzen sehr hohe Komplexitaten, Seiden verhaltnismassig niedrige und homopolymere Poly(a-aminosaure)n die Komplexitat 1. Andere Proteine, wie 2.B. Wolle, bestehen aus Mischungen vieler verschiedener Proteine, wobei unklar ist, ob jedes dieser Proteine molekulareinheitlich aufgebaut ist und wie gross die Komplexitaten sind.
10. Peptide und Proteine
457
10.1.2. a-Aminosauren Die kleinsten Einheiten der Peptide, Poly(a-aminoslure)n und Proteine sind a-Aminosiuren H2N-CHR-COOH und Iminosiuren mit dem Rest -NR'-CHR"-CO-, wobei R und R" Teil eines Ringsystems sein klinnen (Tab. 10-1). Falls R' und R" Teile eines gemeinsamen Ringes sind, wie z.B. beim Prolin, spricht man von heterocyclischen Aminosluren. Die a-Aminosiuren weisen ein asymmetrisches C-Atom auf und klinnen daher in L- und D-Formen vorkommen. a-Aminosluren und Iminosluren wurden in der Natur in der Urzeit aus Ammoniak, Methan und Wasser durch wiederholte elektrische Entladungen synthetisiert. Die a-Aminosiuren fielen dabei als racemische Mischungen der D- und L-Formen an. Die heutige biologische in vivo Synthese beruht auf dem Aminieren von a-Ketosluren R-CSCOOH mit Ammoniak zu Iminosluren R-C(=NH)-COOH. Die Iminosauren werden anschliessend zu R-CH(NH2)-COOH hydriert. HBhere Lebewesen bauen in Peptide und Proteine ausschliesslich L-a-Aminosluren ein; diese Aminosluren sind mit wenigen Ausnahmen in der [S]-Konfiguration. Bei niedrigen Lebewesen finden sich in Proteinen auch D-a-Aminoslurereste, in den Zellw2nden von Bakterien z.B. bis zu 15 %. Der Grund fur die biologische Selektivitlt ist zur Zeit unklar (vgl. auch Band I). Durch derartige primlre Synthesen erzeugt die Natur 20 verschiedene a-Aminosluren sowie die Iminosaure Prolin. Bei den a-Aminosauren handelt es sich um die 19 in Tab. 10-1 mit Grossbuchstaben gekennzeichneten Verbindungen sowie das Selenocystein H2N-CH(CH2SeH)-COOH. Da Selenocystein-Reste in der Glycin-Reduktase, der Glutathion-Peroxidase und einigen anderen Enzymen vorkommen, ist Selen ein essentielles Spurenelement. Organismen enthalten ausserdem noch ca. 240 weitere, "ungewohnliche" a-Aminosluren, die in der Natur durch nachtrlgliche biologische Reaktionen der in Proteinen eingebauten a-Aminosaurereste zustande kommen. Ausserdem sind noch mehr als 260 andere a-Aminosluren bekannt. a-Aminosluren und Iminosluren werden industriell durch verschiedene Methoden hergestellt (Tab. 10-1): Extraktion (X) von hydrolysierten Proteinen, z.B. Casein oder Zuckeniibenriickstlnden, zu den L-a-Aminosauren arg, asn, cys, leu, tyr; Fermentation (F) durch ungesteuerte Prozesse von z.B. Glucose zu den L-a-Aminosiuren arg, gln, glu, his, ile, leu, lys, Ornithin, phe, pro, thr, trp, tyr, val oder von gly zu ser, Enzymatische Umwandlung (E) von Fumarsaure zu L-Asparagin, von L-Asparagin zu L-Alanin und zu den L-a-Aminosluren Citrullin, cys, met, phe und trp; Chemische Synthese, und zwar entweder durch Umwandlung anderer Aminosluren oder durch Vollsynthese. Omithin wird in Arginin iiberfuhrt und Glutaminslure in Glutamin. Glutaminsiure gewinnt man vollsynthetisch aus Acrylnitril und Lysin entweder aus Acrylnitril oder &-Caprolactam. Durch die Strecker-Synthese (Anlagerung von NH3 und HCN an Aldehyde zu Aminonitrilen R-CH(NHz)-CN und nachfolgende Hydrolyse) werden ala, gly, met, phe, ser, thr, trp und val erhalten. Die bei den Vollsynthesen entstehenden Racemate werden anschliessend gespalten (Ausnahme: Methionin, weil D vom KCirper enzymatisch in L umgewandelt wird). Die anfallenden D-a-Aminosluren werden wieder racemisiert.
458
10.1, Ubersicht
Tab. 10-1 Konstitution, Namen, Symbole, Konformationen in Poly(a-aminosaure)n (PAS) bzw. Proteinen (PR), sowie Produktionsmethoden [I] und Tonnagen [I]. Symbole: glx wird verwendet, wenn zwischen glu und gln nicht unterschieden werden kann, dito asx = asplasn, Z = E/Q und B = D/N.* N u fiir L-Isomere (alle anderen fur D und L). "Konformation" bezieht sich auf die jeweils stabilste Mikrokonformation der a-Aminosiiure- bzw. hinoshre-Reste in Proteinen, Peptiden und Poly(a-aminos2ure)n. a = Helix, P = Faltblattstruktur, 103 bzw. 31 = andere Helixtypen. Werte in [ 3 geben die Konformation nach dem Verstrecken der Makromolekule an. h = Helixbildend, o = indifferent, r = helixbrechend. Produktion: C = chemische Vollsynthese, E = enzymatisch, F = fermentativ, X = extraktiv aus hydrolysierten Proteinen. Die Zahlen beziehen sich auf die jahrliche Weltproduktion bzw. nur auf Japan (kursiv), falls nicht bekannt. 1977: s. Band I. Substituent R
Trivialname
Symbol
Konformation PAS PR
adminosauren NH2-CHR-COOH mit Substituenten R -H Glycin glY G Alanin -CH3 ala A
a
P
r
a a P a P P
h r h h (h) o o
[PI h
-CH~C~HS -CHz(p-C&)COOH -CH(CH3)2 -CH2CH(CH& -CH(CH3)CH*CH3 -CHOH-CH3 -CH20H
Phenylalanin Tyrosin Valin Leucin Isoleucin Threonin Serin
phe tYr Val leu ile thr ser
F
-CHZSH -CH2S-SCH2-CH2CH,SCH3
Cystein Cystin Methionin
CY s
C
cys-Scy met
-
-
0 0
M
a
h
Asparaginawe XH2COOH -CH2CH2COOH Glutaminslure -CHZCONHz Asparagin Glutamin -CH2CH2CONH2 - C H ~ C H ~ C H Z N H ~ Ornithin - C H ~ C H Z C H ~ C H ~ N HLysin ~ -CH2CH2CH2NHCONH2 Citrullin -CH2CH2CHOHCH,NHz Hydroxylysin Arginin -CHZCHzN=C(NH2)2 Histidin s. unten s. unien Tryptophan
Iminosauren CH3NHCH2COOH s. mien s. unten
Sarcosin Prolin Hydroxyprolin
Histidin (his) Tryptophan (trp) a-Aminosauren
Y V L I T S
D(B*) E(Z*) N(B*) Q@*)
Produktion (1987) Methode tla
P
a
o
a
h r h
-
P
-
-
-
K
a
h
R H
-
0
a a
h h
l l
C 6000 E 150 L 1500 DL C C,E,F 3 000 L 60 L F,X 200 L C,F 200 L F,X 200 L F 200 L C,F 60 L E ,F C DL L E,X 1000 E C E F X F F F E -
w
150 L
100000 4000 340000 30 850 70 70000 50
DL L L L L L L L
-
F,X 1 OOO L F 250 L 250 L C,E,F -
-
F X
150 L 50
Prolin (pro) Hydroxyprolin (hyp) Iminosauren
459
10. Peptide und Proteine
10.1.3.
Makrokonformationen
Die a-,p-, y- usw. Peptide, Poly(a-aminosiuren), Proteine usw. gehtiren samtlich zur Klasse der Polyamide +NH-ZCO+,. Bei Polyamiden mit Z = CHR ist jedoch die Peptidbindung -NH-CO- kurzer als die Amidbindung und die Carbonylgruppe >C=O grtisser als die entsprechenden Bindungen bei aliphatischen Pol yamiden mit langeren Kohlenstoffresten Z (Band I). p- und ypeptidbindungen sollten dazwischen liegen. Wegen des Doppelbindungscharakters der a-Peptid-Bindungen, der intramolekularen Wasserstoffbruckenbindungen zwischen nicht-sukzessiven Peptidbindungen und der Wechselwirkungen zwischen sukzessiven nichtgebundenen Seitengruppen R in den aPeptidresten -NH-CHR-COnehmen homopolymere a-Peptide und Poly(a-aminosaure)n im kristallinen Zustand sowie in gewissen Ltisungsmitteln die Gestalt einer Helix an (Abb. 10-2). Die Helices sind meist rechtsgangig (P-Helix (Band 11)); eine Ausnahrne ist z.B. Poly(L-0-benzylasparat) ~NH-CH(CH~COOCH~C~HS)-CO~-,. Es gibt sehr viele Typen von Helices. Bei den a-Helices der Polyamide aus a-L-Aminosauren sind 3,6 Aminoslurereste fur eine vollstindige Schraubenwindung (P) erforderlich, bei denen aus P-Peptiden 3,O (M) und bei denen aus y-Peptiden 2.6 (M). Die MHelices sind linksgangig, die P-Helices dagegen rechtsgingig. a-Peptide bilden jedoch auch 51-Helices (y-Helices), 4,4-Helices (x-Helices) usw. Helices liegen auch in Proteinen in einigen Sequenzen aus verschiedenen a-Aminosauren (vgl. Tab. 10-1) vor. Andere a-Aminosluren sowie alle htiheren Aminosluren (E-Aminocapronsaure usw.) bilden dagegen im kristallinen Zustand p-Strukturen (Faltblatt-Strukturen) aus parallel gelagenen Kettenstucken mit intermolekularen Wasserstoffbriicken (Abb. 10-2). Benachbane a-Peptidketten laufen in der Regel antiparallel. Wiederum andere a-Aminosaurereste halten sich in Proteinmolekulen bevorzugt in knluelartigen Segmenten auf, d.h. Segmenten mit regelloser Aufeinanderfolge von verschiedenen Mikrokonformationen (trans, gauche usw.). Statistische Knauel liegen auch bei denatunerten Proteinen sowie bei Poly(a-L-aminosaure)n in bestimmten Ltisungsmitteln vor, z.B. bei Poly(yL-benzylglutamat) in Dichloressigsaure.
parallele
antiparallele
Faltblattstruktur
Fa1tblattstruk tur
a-Helix
Abb. 10-2 Sekundastrukturen von Poly(a-aminoslure)n,Poly(a-peptid)en und Proteinen aus L-Aminosluren. 0 Methylgruppen in Helices, o Kohlenstoffatome in Helices und Faltblattstrukturen,0.. Carbonylsauerstoff, o Wasserstoffatome in Helices, 0 Stickstoffatome, - - - Wasserstoffbriicken.
10.2. Poly(a-aminosaure)n
460
10.2.
Poly( a-aminosaure)n
1 0 . 2 . 1 . Synthese a-Aminosauren lassen sich weder direkt als Sauren noch in Form ihrer Ester in hochmolekulare Polymere umwandeln, da bei den erforderlichen htiheren Temperaturen Cyclodimerisationen und evtl. sogar unkontrollierte Abbaureaktionen eintreten. Saurechloride sind zu reaktiv und auch die Ringoffnungspolymensation der cyclischen Dimeren der a-Aminosauren (Dioxopiperazine) fiihrt nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Hochmolekulare Poly(a-aminos2ure)n bilden sich jedoch durch die basen-initiierte Polymerisation der N-Carboxyanhydride (NCA, Leuchs-Anhydride) (11) von a-Aminosauren (Band I, Kap. 8.3.5). Leuchs-Anhydride entstehen durch die Reaktion von aAminoduren (I) mit Phosgen. Primare Amine bzw. deren Anionen RNH' als Initiatoren greifen die N-Carboxyanhydride (11) nucleophil am @-Atom an. Dadurch entstehen Carbamatanionen (111), die sich im Gleichgewicht mit ihren Aminanionen (IV) und Kohlendioxid befinden: (10-1)
m + CO211 - co, R-NH-C-CH-NH~ II I 0 R' IV
Die Aminanionen (IV) l6sen dann cine Polymerisation der N-Carboxyanhydride (11) nach dem sog. Amin-Mechanismus aus und die Carbamatanionen (111) cine Polymensation der Leuchsanhydride nach dem sog. Carbamat-Mechanismus. Diese Polyreaktionen sind Polyeliminationen. da beim Verknupfungsschritt Kohlendioxid abgespalten wird. Sic verlaufen bei chiralen Initiatoren enantioasymmetrisch, d.h. es wird bci racemischen I1 nur einer der beiden Antipoden polymerisiert. Bei nicht-chiralen Initiatoren erfolgt cine (fast vollige) enantiosymmetrische Polymerisation und man erhalt eine Mischung von jeweils (fast vollig) isotaktischen L- und D-Polymercn. Die Polymerisation ist bei gelost bleibenden Polymcrcn lebend. Der erzielbare Polymerisationsgrad ist entsprechend durch das Stoffmcngenverhaltnis von N-Carboxyanhydrid zu Initiator begrenzt. Er ubersteigt selten Werte von 100. Weit hdhere Polymerisationsgrade bis zu ca. 5000 enielt man bei der Polymcrisation der NCA mit tertiaren Aminen. In der geschwindigkeitsbestimmendcn, langsamen Startrcaktion greift ein NCA-Anion cin NCA-Molekiil an:
46 1
10. Peptide und Proteine
Das Carbamatanion V kann z.B. mit R3NH@reagieren, wobei von V C02 abgespalten wird. Der dabei zuriick gebildete Initiator R3N erzeugt ein neues NCA-Anion. Wegen der niedrigen Initiatorkonzentration wird NCA praktisch nur durch die Wachstumsreaktion zwischen Polymeren VI (aus V) und NCA-Anionen verbraucht:
H
k
0
0
HkL R'
R'
(10-3)
T 0
+
0
0
co0
R' -
COCHR'NH -COB
co,
Die Polymerisation der N-Carboxyanhydride der L-a-Aminosauren Alanin, Lysin, Glutaminslure, Glutaminsauremethyl- und -benzylester, Phenylalanin, Leucin und Methionin liefert Poly(a-aminos2ure)n in Helix-Konformationen (a-Helix), diejenige der Leuchsanhydride der a-Aminosauren Cystein, Glycin, Serin und Valin dagegen solche in Faltblattstrukturen (P-Strukturen). Die P-Strukturen sind wegen ihrer hochregularen intermolekularen Vemetzungen in allen LLisungsmitteln unltislich. Die helicalen a-Strukturen liisen sich dagegen in helicogenen Ltisungsmitteln wie z.B. N,N-Dimethylformamid.
10.2.2.
Polymere
Poly(g1ycin) (= Polyamid 2) und Poly(L-alanin) werden kommerziell in kleinen Mengen durch Polymerisation ihrer Leuchs-Anydride ezeugt. Sie dienen als Modellsubstanzen fur Proteine. Poly(L4eucin) fNH-CH[CH2CH(CH3)2]-CO-f,wird durch Polymerisation seines Leuchs-Anhydrides erhalten. Beim Verspinnen der Polymeren aus geeigneten helicogenen LSsungsmitteln bei Konzentrationen unterhalb der kritischen Konzentration fur die Bildung von Mesophasen entstehen wollahnliche Fasern. Durch Verstrecken und anschliessendes Lagem wandeln sich dann die a-Helices in die erwunschteren Faltblattstrukturen urn, die seidenahnliche Fasem liefem. Durch Kochen in bestimmten LLisungsmitteln kann man u.U. die P-Formen wieder in die a-Formen uberfuhren. Fasem mit PStrukturen lassen sich dagegen nicht direkt durch Verspinnen erhalten, da die hoch regular intermolekular vemetzten Faltblatt-Strukturen unliislich sind. L-Glutaminsaure ist ein grosstechnisches Podukt (Tab. 10-1). Sie wird hauptsachlich in Form des Natriumsalzes als Geschmacksverstarker verwendet (MSG = monosodium glutamate). L-Glutaminsaure ware bei niedrigeren Gestehungspreisen ein aussichtsreiches Monomer fiir seidenahnliche Fasem. Poly(yL-glutaminsaure) fNH-CH(CH2CH2COOH)-CO+, fallt wie Poly(L-leucin) bei der Polymerisation des Leuchsanhydndes der yL-Glutaminsaure als a-Struktur an. Wie dort werden die a-Helices in die P-Strukturen umgewandelt. Die so entstehenden, seidenahnlichen Fasem lassen sich wegen der freien COOH-Gruppen mit brillanten Farben farben. Das D-Polymere kommt in der Natur in Milzbrandbakterien (Bacillus anthracis) vor. Der Bacillus licheniformis produzien extrazellular ein D,L-Polymeres mit a- und y-Verknupfungen.
462
10.3. Poly(P-aminosaure)n
In Japan wird Poly(pmethy1-L-glutamat) als Ausgangsstoff fiir Beschichtungen von kunstlichen Ledem gehandelt. Eine Zeitlang wurden daraus Fasem hergestellt. Poly(ybenzyl-L-glutamat), ebenfalls aus der Polymerisation des Leuchs-Anhydndes, dient zum Mikroverkapseln von pharmazeutisch aktiven, hydrophoben Flussigkeiten. Es wird auch als stationare Phase beim Trennen von Racematen verwendet. Poly(asparaginsaure) wird als "thermisches Poly(aspartat)" (111) erhalten. Die Polymensation von Asparaginshre (I) fuhn zum Poly(bemsteinsaureimid) (II), das beim Behandeln mit 2.B. NaOH in das Natriumsalz der Poly(asparagins2ure) (111) ubergeht:
4
+ H,N
COOH
0
0 I
m
U
Das Verhaltnis von a-zu p-Strukturen betragt etwa 30:70. Das in jahrlichen Mengen von ca. 20 OOO t produzierte wasserlosliche Polymere ist ein Dispergier- und Sequestnermittel (zum Komplexieren von Metallionen). Es wird bei der Wasseraufbereitung, bei der Erdolforderung, in der Landwirtschaft und in der Industrie verwendet.
10.3.
Poly(P-aminosaure)n
Die einfachste Poly(P-aminosaure), Poly(P-alanin), entsteht in hohen Molmassen durch Polymerisation von Acrylamid CH2=CH(CONH2) mit starken Basen, 2.B. dem Kaliumsalz (CH3)3CO@Ke des tert-Butanols in Ggw. anorganischcr Salze (verhindert Vinylpolymerisationen uber die C=C-Doppelbindung): ( 10-5)
CH,'CH-CONH,
e + CH, =CH -CONH, 5 CH,=CH -CONH +He e
-He
CH,=CH -CO-NH -CH, -CH -CONH,
-b
b
e
CH,=CH -CO-NH -CH, -CH, -CONH
Wenn in Acrylnitril gasformiges NH3 und dann H20 eingeleitet wird, entsteht P-Aminopropionitril (I), das sich uber das Poly(iminomethylenethy1en) (Pol yamidin) in Poly(palanin) umwandelt: (10-6)
Poly(P-alanin) ist ein technischer Stabilisator fur Poly(oxymcthy1en).
463
10. Peptide und Proteine
Lineare substituierte Oligo(B-alanin)e, also B-Peptide, sind in den letzten Jahren als Modellsubstanzen fur die Helixbildung in Proteinen sowie als miigliche anti-bakterielle Verbindungen interessant geworden. Cyclische Tetra@-peptide) bilden Supramolekiile, indem sie sich riihrenfiirmig ubereinander stapeln.
Cyclisches Tetrawpeptid) 0
Poly(3,3-dimethyl-B-alanin) entsteht durch anionische Polymerisation eines Zwischenproduktes, das aus Isobutylen, SO2 und ClCN erhalten wird (G1.(9-30)). Dieses Polymere ist schwer liislich und kann nur aus einer methanolischen Liisung von Calciumthiocyanat versponnen werden. Die erhaltenen Faden sind auch ohne Verstrecken hochkristallin. Die Polymeren sind sehr oxidationsbestandig. Da sie auch hohe Schmelztemperaturen aufweisen (Modifikation 11: TM = 27OoC), werden sie als technische Nahgame verwendet. Technische Nihmaschinen arbeiten sehr schnell und haben daher sehr heisse Nihnadeln. Bei einem Stillstand der Maschine wiirden Nahfiden aus niedrigschmelzenden Polymeren durchschmelzen und die Produktion wegen des miihsamen Wiedereinfidelns lahm legen.
10.4.
Proteine
10.4.1. Ubersicht Proteine sind Copolymere aus a-Aminosauren und Iminosauren. Die Anzahl der Sorten der in der Natur vorkommenden Proteine wird auf 50 000 bis 2 000 000 geschatzt, die Zahl der Typen ihrer miiglichen Makrokonformationen (Formen) auf etwa 5000. Diese Formen werden durch die Sequenzen der verschiedenen Amino- und Iminosaurereste kontrolliert, also den Typ, die Anzahl und die Aufeinanderfolge der Grundbausteine sowie deren intra- und intersegmentalen Wechselwirkungen. Die experimentelle und theoretische Aufilirung dieser komplizierten Zusammenhange ist das Ziel einer grossen eigenen Forschungsrichtung (E: proteomics). Die kleinste molekulare Einheit eines Proteins ist eine Kette aus covalent miteinander verkniipften Amino- und Iminosaureresten, einer sog. Untereinheit (E: sub unit) (s.a. Bd. 1, Kap. 14.3). Ein sog. Proteinmonomer besteht aus einer solchen Kette oder aber aus deren mehreren Ketten (Untereinheiten), die covalent aneinander gebunden sind. Die Molmassen solcher Proteinmonomerer iiberschreiten selten 200 000 g/mol. Gebilde aus zwei oder mehr nicht covalent miteinander verbundenen Untereinheiten werden neuerdings als Proteinoligomere und wurden friiher als Quartarstrukturen bezeichnet. Bei diesen Assoziaten aus mehreren echten Molekiilen sind die nicht-covalenten Wechselwirkungen pro Assoziat so stark, dass das Gebilde als Supramolekiil erscheint.
464
10.4. Proteine
Proteine werden in Organismen in der Regel in zwei Schritten synthetisiert: Transkription des DNA-Codes in denjenigen der m-RNA, gefolgt von der Translation des RNACodes in das Signal fur den Einbau einer bestimmten Aminosaure. Die Codes sind Tnplett-Codes. Sie gelten universe11 fur alle Eukaryonten und mit Ausnahme des Startschrittes auch fur Prokaryonten. Der Ort der Proteinsynthese ist je nach Protein verschieden (vgl. Bd. I). Einige Peptide entstehen jedoch nicht durch Codierung, sondern direkt enzymatisch, z.B. Glutathion (in Saugetieren) und Gramicidin (in Bakterien). Die Bezeichnung "Protein" stammt von der Annahme, dass Proteine die ersten Molekiile waren, aus denen sich Lebewesen entwickeln konnten (G: protos = zuerst). Proteine werden im Deutschen manchmal noch als Eiweisskorper bezeichnet. Bei Proteinen kann man zwei grosse Gruppen unterscheiden:
.
Spharoproteine: in verdunnten Salzidsungen losliche Proteine von kugelformiger bis ellipsoider Gestalt (globulare Proteine). Zu ihnen gehoren u.a. die Enzyme sowie die Blut- und Milchproteine. Skleroproteine: in verdiinnten Salzlosungen unlbsliche, fibrillar aufgebaute Faserproteine bzw. Gerustproteine (Proteinfasem, Kollagen und Proteingummen).
Proteine werden direkt in grossen Mengen als Nahrungsmittel verwendet (Fleisch), als Fasem (Wolle, Seide), als Faserstoff (Leder), als Klebstoff (Knochenleim), als Verdicker (Gelatine), als Katalysatoren (Enzyme), als Tierfutter (aus Erdol) und sogar als Kunststoff (Casein). Die folgenden Unterkapitel befassen sich nur mit technischen Anwendungen. Anwendungen in Nahrungsmitteln sind die Domane der Lebensmittelindustrie und Verwendungen im Gesundheitswesen solche der Biomedizin.
10.4.2. Enzyme Einteilung Enzyme sind Biokatalysatoren. Mit Ausnahme der sog. RNA-Enzyme sind sie samtlich globulare Proteine. Sie kommen in allen Lebewesen vor, und zwar entweder als von den Zellen ausgeschiedene extrazellulare oder als an Zellmembranen oder Organellen gebundene intrazelluhre Enzyme. Enzyme werden durch ein Nummernsystem gekennzeichnel. Jedes Enzym bekommt vier Zahlen zugeteilt, die durch Punkte getrennt sind. Die erste ZaN gibt die Enzymklasse an, die zweite die Subklasse, die dritte die sog. Sub-Subklasse und die vierte die SubSub-Subklasse. Ein Enzym 1.1.3.X ist 2.B. eine Oxidoreduktase (1 ...), die CHOH-Gruppen oxidiert (1.1 ...), und zwar mit Hilfe von molekularem Sauerstoff als Akzeptor (1.1.3). Je nach der Wirkung der Enzyme unterscheidet man sechs verschiedene Klassen: Klasse Klasse Klasse Klasse Klasse Klasse
1: Oxidoreduktasen iibertragen Elektronen; 2: Transferasen ubertragen chemische Gruppcn (z.B. 2.3 = Acylreste); 3: Hydrolasen ubertragen funktionelle Gruppen zu Wasser; 4: Lyasen addieren Gruppen zu Doppelbindungen oder entfernen sie davon; 5: Isomerasen katalysieren Isomerisierungen; 6: Ligasen (Synthetasen) bilden C-C, C - 0 , C-S und C-N-Bindungen unter Brechung der Pyrophosphat-Bindung von Adenosintriphosphat.
10. Peptide und Proteine
465
Herstellung von Enzymen Enzyme sind auf Grund ihrer Struktur und Reaktionsweise ausserordentlich wirksame Biokatalysatoren. Im Gegensatz zu konventionellen Katalysatoren sind sie spezifisch: sie wirken nur mit ganz bestimmten Substraten. Sie zeigen keine Nebenreaktionen und produzieren keine Nebenprodukte. Die Reaktionsgeschwindigkeiten sind zwischen 1O8 und 1OZo ma1 hoher als bei vergleichbaren niedermolekularen Reaktionen. Nachteilig ist, dass enzymatisch katalysierte Reaktionen oft nur in verdunnten wassrigen LBsungen ablaufen und nur bei mlssigen Temperaturen und pH-Werten. Die Wirkung der Enzyme wurde schon seit Urzeiten bei Fermentationen genutzt. Die eigentlichen Fermentationen arbeiten aber mit Lebewesen (Hefen, Bakterien, Pilze, Algen), deren Wachstum unter den Fermentationsbedingungen nicht immer leicht zu kontrollieren ist. Fur viele Prozesse zieht man daher den Einsatz isolierter Enzyme vor. Enzyme werden industriell bevorzugt aus Mikroorganismen gewonnen, da diese im Gegensatz zu Pflanzen und Tieren schnell und unter kontrollierbaren Bedingungen wachsen. Eine Bakterienzelle enthalt aber 1000-2000 verschiedene Proteine, so dass die gewunschten Enzyme in Wildstimmen nur in Konzentrationen von Bruchteilen von Prozenten vorhanden sind. Durch Selektion, Mutation und Wahl geeigneter Wachstumsbedingungen kaM jedoch das gewunschte Enzym manchmal bis zu Konzentrationen von ca. 10 % hochgezuchtet werden. Die Zellen werden dann zersttirt. Anschliessend werden die Enzyme durch eine Kombination von Flllprozessen, Chromatographie, Zentrifugation usw. isoliert und stufenweise gereinigt.
Struktur und Wirksamkeit Einfache Enzyme bestehen aus Ketten mit zwischen ca. 60 und 2000 Peptidresten), d.h. mit relativen Molmassen zwischen ca. 6000 und 200 000 (Primarstrukturen). Konjugierte Enzyme enthalten ausser dem Apoenzym (dem Proteinanteil) noch eine nichtproteinische (prosthetische) Gruppe, die auch Coenzym oder Cofaktor genannt wird. Das Zusammenspiel der Primar-, Sekundar-, Tertiar- und evtl. Quartar-Strukturen fuhrt zu einer "Faltung" der Proteinketten zu globularen Gestalten, die kugelformig bis ellipsoidal sein konnen. Diese Struktur sorgt bei extrazellularen Enzymen und Transport-Proteinen dafiir, dass das mit einem sehr kleinen Volumenbruch $2 vorliegende Protein bei seinem Transport die Viskositat q , der KBrperflussigkeit entsprechend der Einstein-Gleichung nur geringformig auf die Viskositat q = ql[l + (5/2) + ...I erhbht. Bei den spharoidalen Strukturen dieser Proteine befinden sich die hydrophilen Aminoslure-Reste meist auf der Oberfliche, die hydrophoben dagegen iiberwiegend im Innem. Alle Sphlroproteine enthalten Vertiefungen (Spalten), in denen der Rezeptor (die Himgruppe beim Myoglobin) bzw. das katalytisch wirkende aktive Zentrum des Enzyms sitzt. Diese Spalten werden bei den meisten respiratorisch wirkenden Enzymen durch Faltungen der Primlrketten gebildet, bei den meisten regulativ wirkenden Enzymen dagegen durch die Assoziation von Untereinheiten. In die Spalten passen nur ganz bestimmte Substrate, von denen wiederum nur einige ihre reaktiven Gruppierungen in sterisch und/oder elektronisch gunstige Lagen zu den katalytisch wirksamen Gruppen des aktiven Zentrums bringen konnen. z.B. zwei Aminogruppen des Histidins und eine Hydroxylgruppe des Serins beim Enzym Chymotrypsin.
466
10.4. Proteine
Dank dieser Strukturen weisen Enzyme daher eine sehr hohe Spezifizitat auf. Die Wirkung ist optimal, wenn sich Substrat und aktives Zentrum zueinander wie ScNussel und Schloss verhalten. In diesem Fall wird das Substrat vom Enzym bis zur Sattigung des aktiven Zentrums adsorbiert. Die Bindung des Substrates an das aktive Zentrum des Enzyms erhoht enorm die effektive Substratkonzentration, wodurch die Reaktionsgeschwindigkeit gegenuber derjenigen fur normale Ltisungen stark ansteigt. Die Gleichgewichtskonstanten fur die Bindung eines Substrates an eine Enzymgruppe betragen ca. 104 L/mol, diejenigen der Komplexierung der gleichen Gruppen in LBsung dagegen nur ca. Llmol. Die effektive Substratkonzentration und damit auch die Reaktionsgeschwindigkeit erhoht sich also im Enzym um den Faktor 1@/10-* = lo1*. Die Bindung des Substrates an das Enzym verringert die Entropie, was aber durch eine vorteilhafte Enthalpieanderung bei der Bindung uberkompensiert wird. Diese Anderung der Enthalpie kommt durch hydrophile und hydrophobe Wechselwirkungen des Substrates mit den es in der Spalte des Enzyms umgebenden vielen Peptidresten zustande. Die durch diese nicht-covalenten Wechselwirkungen hervorgerufene Bindungsenergie ist fur die stark emiedrigte Aktivierungsenergie enzymatischer Reaktionen relativ zu denjenigen konventioneller Reaktionen verantwortlich, z.B. bei Hydrolysen. Ein anderer Beitrag zur Emiedrigung der Aktivierungsenergie stammt von rein katalytischen Effekten. Bei nucleophilen Katalysen (durch Serin-, Tyrosin-, Histidin-, Cystein- oder Lysin-Reste) werden oft covalente Zwischenprodukte aus Enzym und Substrat gebildet. Die Gesamtreaktion besteht somit aus zwei Teilreaktionen; die Aktivierungsenergie wird uber diese verteilt und dadurch emiedrigt. Bei elektrophilen Katalysen ist nicht das Enzym die elektrophile Spezies, sondem das Coenzym bzw. der Cofaktor. Ein Enzym wie das Thiaminpyrophosphat weist quatemaren Stickstoff auf, der als Stabilisator fiir Carbanionen wirkt. Metallionen als Cofaktoren sind ebenfalls elektrophil. Bei SaureBase-Katalysen besitzt das aktive Zentrum sowohl Donor- als auch Akzeptorgruppen, wodurch die Aktivierungsenergie ebenfalls sinkt. Die Adsorption des Substrates an das Enzym fuhn zu den charakteristischen Enzymkinetiken (Michaelis-Menten-Kinetik). Im einfachsten Fall reagieren Enzym E und Substrat S in einer Gleichgewichtsreaktion zu einem Enzym-Substrat-Komplex ES, der dann irreversibel unter Ruckbildung des Enzyms zum Produkt P abreagiert: (10-7)
E
+
S
kl
4 ES
k 2 b
E + P
k- 1
Diese einfache Michaelis-Menten-Kinetik kann durch vide Faktoren modifiziert werden: - Wechselwirkungen zwischen zwei Enzymmolekulen oder einem Enzymmolekul und
einem niedermolekularen Effektor konnen zu konstitutiven oder konformativen Anderungen der Enzymmolekule fuhren. Falls dabei die Enzymfunktion geandert wird, spricht man von allosterischen Effekten. - Der Enzym-Substrat-Komplex reagiert nicht unter Ruckbildung des Enzyms direkt zum Produkt P, sondem zungchst mit einer Substanz P,. Ein Beispiel ist die Reaktion einer Polymerase E mit einem Zucker M als Monomerem zu einem Enzym-SubstratKomplex EM, der d a M mit dem polymeren Zucker M, einen Komplex EM,M bildet, der wiederum in EM,+1 und ein Abgangsmolekul L zerfallt.
467
10. Peptide und Proteine
- Das Enzymmolekul kombiniert mit einem Inhibitor, z.B. SH-Gruppen mit Schwermetallen (nicht-kompetitive Inhibition). Der Inhibitor kann aber auch mit dem Substrat um die aktiven Gruppen des Enzymmolekuls konkurrieren (kompetitive Inhibition). - Enzyme ktinnen in ihren wassrigen Ltisungen eine Autolyse eingehen, d.h. sie ktinnen ihr eigenes Substrat sein und sich selbst verdauen. Gegen Autolyse kann durch zugesetzte Salze oder bestimmte Metallionen stabilisiert werden. Proteasen reagieren jedoch nur mit denaturierten und nicht rnit nativen Proteinen. Die Enzym-Kinetik wird auch durch die technischen Reaktionsbedingungen beeinflusst, z.B. durch eine Diffusionskontrolle bei der Verwendung immobilisierter Enzyme. Bei technischen Reaktionen bevorzugt man im Allgemeinen absatzweise betriebene Ruhrkessel uber geriihrte kontinuierliche Reaktoren bzw. deren Kaskaden, weil die CSTR eine zu breite Verweilzeitverteilung aufweisen (vgl. Abb. 4-14). Bei Strtimungsrohren ist im Vergleich zu Ruhrkesseln der pH-Wert schwierig zu kontrollieren. Immobilisierung Enzyme liegen meist in stark verdiinnten Ltisungen vor; sie sind dann nur schwierig wiedergewinnbar. Industriell verwendete Enzyme werden daher zunehmend an oder in festen Tragem durch Einschluss, Mikroverkapselung, covalente Bindung, Adsorption oder Vemetzung immobilisiert (Abb. 10-3). Anstelle von isolierten Enzymen kann man auch Organellen (Zellkeme, Chloroplasten, Mitochondrien) oder ganze Zellen (von Baktenen und Pflanzen, sogar von Menschen) einschliessen oder mikroverkapseln. Bei einem solchen Vorgehen Bllt die aufwendige Isolierung und Reinigung der Enzyme weg. Nachteilig beim Immobilisieren von Organellen und Zellen ist, dass einmal die Bildungsgeschwindigkeit der gewunschten Produkte wegen der niedrigen Enzymkonzentration in den Organellen bzw. Zellen recht gering ist, und dass zum anderen die gebildeten Produkte nicht durch die Zellwande exkretiert werden k6Men. Um Zellwhde fur Produkte durchlassig zu machen, werden sie z.B. mit Dimethylsulfoxid behandelt. Die Produkte konnen dann durch die gequollenen Zellwiinde herausdiffundieren. Anschliessend lasst man die Zellwiinde heilen und beginnt von vom. Die Aktivitit der immobilisierten Zellen kann femer durch eine allfallige Toxizitat der bei der Immobilisierung verwendeten Reagenzien herabgesetzt werden. Umgekehrt ktinnen jedoch immobilisierte Zellen auch aktiver als freie Zellen sein. Bei einer teilweisen oder vtilligen Zersttirung der Zellwiinde werden namlich aus der Zelle bestimmte Proteasen entfemt, die Enzyme spalten und damit unwirksam machen ktinnen. In Poly(acry1amid)-Gelen eingeschlossene E.coli-Bakterien werden z.B. fur die Umwandlung von Natriumfumarat in L-Aspartinsaure industriell genutzt.
Einschluss in eine Matrix
Mikroverkapselung
covalente Bindung an einen Trtiger
physikalische Adsorption
Abb. 10-3 Schematische Darstellung immobilisierter Enzyme (@).
Vemetzung der Enzymmolekule
468
10.4. Proteine
Bei den Einschlussverfahren werden die Enzyme direkt von einer Polymermatrix umhullt. Die Matrix ist durch verschiedene Methoden erzeugbar: - Beim Falverfahren wird das Enzym zusammen mit einem wasserunltjslichen Polymeren (z.B. Poly(styro1)) in einem geeigneten Ltisungsmittel geltist und dann das matrixbildende Polymere ausgefallt. Die Enzymmolekule bzw. Zellen werden in dem ausgefallenen Polymeren eingeschlossen. Das Verfahren ist sehr einfach; die so eingeschlossenen Enzyme sind aber weder fur die Substrate noch f i r die Produkte gut zuganglich. Zellen kiinnen auch von den erforderlichen nicht-physiologischen Ldsungsmitteln leicht abgetotet werden. - Enzyme und Zellen konnen durch Gelieren eines zugesetzten Polymeren wie z.B. Agar oder Kollagen umhullt werden. Derartige Gele sind jedoch mechanisch nicht sehr stabil. - Die Zuglnglichkeit der Enzyme kann erhtiht werden, wenn die Ausfylung als ionotropes Gel erfolgt. Ionotrope Gele bilden sich aus synthetischen Polyelektrolyten und mehrvalenten Gegenionen. Beim Uberschichten von z.B. wassrigen Losungen von Alginaten (+ Enzymen) mit Losungen von Calciumchlorid fallen die Alginate unter Bildung geordneter, offener Strukturen aus, in denen die Enzyme eingeschlossen werden. Altemativ kiinnen die naturlichen Polyelektrolyte Chitosan, Carrageenan oder Carboxymethylcellulose verwendet werden. Nachteilig ist hier die begrenzte Stabilitat der ionischen Netzwerke gegen ionische Substrate und Puffer-Losungen. - Der Einschluss kann auch durch Polyreaktionen erfolgen. Das Enzym wird dazu z.B. zusammen mit einem Initiator und evtl. einem Vernetzer in einem Monomeren gelost. Die Ltisung wird d a m polymerisiert. (Beispiele: Methacrylamid oder 2-Hydroxyethylmethacrylat). Die Vemetzung kann auch durch Polyadditionen vorgenommen werden (z.B. bei Epoxiden oder Polyurethanen) oder durch Polykondensation (z.B. durch Schotten-Baum ann-Reaktionen). Bei der Mikroverkapselung schliesst man die Enzyme in Kapseln von (5-300) pm Durchmesser ein, z.B. in Polyamide, Celluloseacetat, Ethylcellulose oder Polyester. Die dunnen Wande der Kapseln erlauben einen relativ ungehinderten Zutritt der Substrate zum Enzym, das selbst wegen seiner Grosse nicht herausdiffundieren kann. Die Adsorption von Enzymen auf der Obcrflache fester Trager ist die alteste Methode zur Herstellung immobilisierter Enzyme. Dic Enzyme werden dabei an oberflachenaktive Materialien wie Gelatine, Aluminiumoxid, Glas, Aktivkohle, Ionenaustauschharze, Cellulose oder Ton physikalisch gebunden. Bei der Vemetzung werden die Enzymmolekiile untereinander durch multifunklionelle Reagenzien wie Diisothiocyanate, Alkylierungsmittel, Aldehyde usw. covalent verknupft. Die Enzymmolekiile bilden also die Vemetzungspunkte des Netzwerks. In einer Variante werden Enzym-Makrokristalle durch Glutardialdehyd quewemetzt. Die temperatur-, ldsemittel- und pH-stabilen Produkte werden kaum von Proteasen angegriffen. Am haufigsten werden Enzyme covalent an einen Trager gcbunden. Dabei werden fur die Enzymfunktion nicht benotigte Aminosaurereste iiber Isocyanat-, Carbodiimidund Azid-Reaktionen usw. 2.B. an Cellulose, Carboxymethylcellulose oder Poly(g1ycidylmethacrylat), an Silanolgruppen auf der Oberflache von Glaskugeln oder an oberflachenmodifizierten Poly(ethy1en)-Teilchen fixiert. So immobilisierte Enzyme besitzen Lebenszeiten zwischen einigen Tagen und ca. zwei Jahren. Die Kosten der Immobilisiemng wiegen jedoch teilweise die Erspamis beim Wiedergewinnen freier Enzyme aus Losungen auf.
469
10. Peptide und Proteine
Industrielle Nutzung Von den etwa 2100 bekannten Enzymen werden ungefghr 150 in Milligramm- bis Kilogramm-Mengen fur Handelszwecke hergestellt und in Medizin, Analyse und biochemischer Forschung eingesetzt. Die industriell genutzten Enzyme werden meist in der Lebensmittelindustrie verwendet; sie sind uberwiegend Hydrolasen (Tab. 10-2). Enzymatische Reaktionen in organischen LBsemitteln oder zu Polymeren sind noch nicht technisch brauchbar. Der Gesamtumsatz an Enzymen wird weltweit auf jahrlich 800 Millionen US-$ geschatzt. Davon entfallen etwa 25 % auf Proteasen fur Waschmittel (Abbau von Proteinen), 20 % auf Enzyme fur die Umwandlung von Starke (Starkeverflussigung, hochfructose-haltige Sirupe, Ethanol), 15 % auf Rennin (Kaseproduktion) und 40 % auf die restlichen Anwendungen. Der verhaltnismassig geringe Umsatz an Enzymen fuhrt jedoch zu grossem Nutzen: die 35 Millionen US-$ Umsatz an Glucoseisomerase helfen, Fructosesirup im Wen von 3000 Millionen $ zu erzeugen. Tab. 10-2 Industriell genutzte Enzyme. a) Bierhefe. Enzym
Hydrolasen Proteasen Pancreatin Bromelain Papain Pepsin Rennin Endo-Protease Trypsin Xylanase Aminoacylasen L-Aminoacylase Penicillinacylase
Quelle
Verdauungshilfe Verdauungshilfe Miirbemachen von Fleisch 6 Verdauungshilfe, Milchgerinnung Spaltung von K-Casein (Klseherstellung) 90 Waschmittel (Proteinabbau) 140 12 Lederherstellung Papierbleichung
Aspergillus oryzae Escherichia coli
Trennung racemischer a-Aminosduren 6-Aminopenicillin~ureaus Penicillin G St&keverfliissigung,Bierbrauerei Glucose, SWkeverfliissigung Maissirup Invertzucker aus Saccharose K k e n von Fruchtsaft, Wein, Pflanzentjl Spaltung von Lactose Verbesserung von Zellstoff
Aspergillus niger
Lebensmittelkonservierung
Isomerasen Glucose-Isomerase Strepfornyces sp.
Fructose-Sirup aus Glucose
Lipasen
Umsatz in 106 $/a
Slugetier-Pankreas Ananas comosus Papaya Schweinemlgen Cloning, Schweinemggen
Carbohydrasen Bakterit~-AmylaseB . subtilis Aspergillus niger Glucoamylase Pilz-Am ylase. Aspergillus oryzae Invertase Saccharomyces cerevisiae a) Aspergillus niger Pektinase PGalactosidase Cellulase Asp.niger, Trichoderma viridae Oxidoreduktasen Glucoseoxidase
Anwendung
verschiedene
Lederwaren, Waschmittel, Spaltung von Fetten
23 35 24
30
470
10.4.3.
10.4. Proleine
Kollagen
Ubersicht iiber Skleroproteine Skleroproteine sind Proteine, die in Organismen Geriistfunktionen ausuben und daher auch Geriistproteine (E: structural proteins) genannt werden. Im Gegensatz zu den Enzymen sind sie fibrillar aufgebaut. Zu ihnen gehtjren die Keratine der Haare, Fedem, Nlgel und Seiden, die Kollagene der Haut, Knochen und Knorpel, sowie die Elastine des Bindegewebes. Da einige Skleroproteine echte Fasern (Wolle, Seide) bilden, werden alle Skleroproteine auch als Faserproteine bezeichnet. Weil sie in ihrer nativen Struktur nicht wie die Enzyme zu globulgren Strukturen gefaltet sind, nennt man sie auch lineare Proteine. Im Gegensatz zurn sonstigen Gebrauch des Wortes "linear" bei Makromolekulen sind einige Skleroproteine jedoch vernetzt. Geriistproteine werden gewtjhnlich nach ihrer Makrokonformation eingeteilt: Bei Skleroproteinen mit Faltblatt-Strukturen (P-Strukturen) liegen die Peptidketten jeweils in einer Ebene, und zwar entweder parallel wie beim P-Keratin der Vogelfedern oder antiparallel wie bei den htjherkristallinen Seiden. Diese Skleroproteine sind wenig dehnbar, jedoch sehr reissfest. Wollkeratin, Myosin, Fibrinogen und Kollagen sind Beispiele fur Skleroproteine mit Helixstrukturen (a-Strukturen). Sie sind auf circa die doppelte Lange dehnbar und von ungewtjhnlicher Elastizitat. Denaturiene Proteine und regeneriene Proteinfasern liegen als statistische Knauel vor. Zu den ersteren gehtjrt Gelatine, Beispiele fur die letzteren sind Arachin (Erdnussprotein), Zein, Casein und Eialbumin. Skleroproteine sind in den Pflanzen- und Korperflussigkeiten unloslich. Ihre Peptidketten werden daher getrennt biosynthetisiert und erst an ihren Funktionsorten zum eigentlichen Skleroprotein zusammengefugt (Band I, Kap. 14.3.1 1). Skleroproteine bestehen in der Regel aus vielen kurzen Blocken (Triplerts, Quadruplets, Quintuplets, Sextuplets), die zu langeren Sequenzen vereinigt oder durch andere Aminosaurereste getrennt sind. Skleroproteine weisen daher vie1 kleinere Komplexitaten als Spharoproteine auf.
Synthese und Struktur Kollagen und Elastin sind die Hauptbestandteile tierischer Bindegewebe, d.h. der Haut, Sehnen, Knorpel, D a m e , Blutgefasse usw. Das Elastin sorgt dabei fur die Elastizitat bei kleinen Deformationen. Das Kollagen verhinden dagegen das Reissen des Gewebes. Die Biosynthese des Kollagens ist recht gut bekannt. Im Organismus werden zuerst sog. Pro-al- und Pro-a.~-Kettenim Verhaltnis 2:l gebildet (Band I). Die Ketten bestehen im Wesentlichen aus Tripletts gly-X-Y. X ist dabei Prolin, Leucin, Phenylalanin oder Glutaminsaure und Y hauptsachlich Hydroxyprolin oder Arginin. Anschliessend werden einige Prolinreste zu Hydroxyprolin sowie einige Lysinreste hydroxyliert. Die Hydroxylysinreste werden dann mit Glucose und Galactose verknupft und die Kettenenden uber Disulfidbriicken vemetzt. Im Zentrum des so entstehenden Prokollagen-Molekuls bildet sich cine rechtsdrehende Tripelhelix aus 2 linksdrehenden al-Ketten und 1 linksdrehenden a2-Kette aus.
10. Peptide und Proteine
47 1
Das Prokollagen-Molekul ist somit ein Proteintrimer. Es wandert aus der Zelle zu seinem Bestimmungsort, wo die meisten der sich an den Enden der Ketten in Knhel-konformation befindenden Peptidreste bis auf je 41 pro Kettenende abgespalten werden; die verbleibenden kniuelftirmigen Peptidreste bilden die Telopeptide. Aus den ProkollagenMolekulen entstehen so Tropokollagen-Molekule. Das Tropokollagen hat die Bussere Form eines Stibchens von 300 nm Llnge und 1,2 nm Durchmesser. Die Protofibrillen des Tropokollagens schliessen sich zu Subfibrillen in einer solchen Weise zusammen, dass jedem ungeordneten Bereich aus polaren Sequenzen mit uberwiegend positiver Ladung der Seitengruppen der Aminosiurereste ein polarer Bereich rnit uberwiegend negativer Ladung gegenuberliegt. Die Tropokollagene sind femer in den Subfibrillen covalent uber Kohlenhydrate vemetzt. Die Subfibrillen sind zu Kollagenfibrillen und diese zu Kollagenfasem zusammengeschlossen. Der geordnete Aufbau der Subfibrillen aus den altemierenden polaren und apolaren Bereichen der a1- und a2-Molekule fuhrt zu charakteristischen Querstreifungen nach dem Anfarben der Kollagenfibrillen rnit Uranylsalzen. Die dunklen Bander entsprechen den polaren, die hellen Interbinder den apolaren Bereichen. Bringt man gequollene Kollagenfasem in Wasser, so werden die ungeordneten polaren Bereiche angequollen und die Krafte zwischen den Protofibrillen geschwicht: die Kollagenfaser streckt sich. In saurer bzw. alkalischer Ltisung werden die basischen bzw. sauren Seitengruppen in den polaren Bereichen neutralisiert und die als Vemetzer wirkenden Salzbindungen nehmen ab. Die Faser quillt entsprechend in diesen ungeordneten Bereich stark auf. Durch die kleinen Gegenionen der Neutralisationsmittel wird aber ein osmotischer Quellungsdruck erzeugt, so dass die Kollagenfaser sich verkurzt. Falls die urspriingliche Faseranordnung zersttirt wird, die Faserstruktur aber noch erhalten bleibt, kann man angequollene Kollagenfasem durch Extrudieren zu KollagenStapelfasem oder Wursthullen verarbeiten. Endlose Kollagenfasern erhalt man durch Aufltisen von Kollagenfasem mit Hilfe von Enzymen und anschliessendem Nassspinnen. Das meiste Kollagen wird jedoch zu Leder oder Gelatine verarbeitet.
Naturleder Naturleder entstehen durch chemische oder physikalische Vemetzung der in tierischen Hluten und Fellen enthaltenen Kollagenfasem. Wegen der vielen mtiglichen Haute und Vemetzungsverfahren gibt es sehr viele Ledenypen (Band IV).
Gelatine Beim langeren Erwarmen gequollener Kollagenfasem uber die Schrumpftemperatur von (40-60)OC zerfallt zunachst das Tropokollagen in die al- und az-Ketten, die d a m teilweise hydrolytisch gespalten werden: das Kollagen geht in Gelatine uber. Gelatine wird als Verdicker und fiir Wursthullen in der Lebensmittelindustrie (55 %) und als Verkapselungsmittel in der pharmazeutischen Industrie (25 %) verwendet. Unersetzbar ist die Gelatine fur photographische Filme (15 % des Verbrauchs), da bislang trotz vieler Bemuhungen kein synthetisches Polymer gefunden wurde, das die gleichen Eigenschaften fur die Reifung der Silberchlorid-Kristalle aufweist. Niedemolekularere Gelatine dient als Knochenleim. Die Weltproduktion von Gelatine mit Schwerpunkt Europa betragt ca. 130 000 t/a.
472
10.4. Proteine
Gelatine wird aus Hauten oder Knochen gewonnen. In Europa sind Knochen die Hauptquelle, in den USA Schweinehaute. In Europa werden die Knochen zunachst mit Salzsaure zum Ossein demineralisiert. Das Ossein liefert bei der nachfolgenden Extraktion hohe Ausbeuten an Gelatine. In den USA wird dagegen praktisch kein Ossein hergestellt. Hier wird vielmehr die Gelatine durch direktes Kochen der Knochen unter Dmck extrahiert. Dieses Verfahren liefert niedrige Ausbeuten (ca. 12 %) und wegen der drastischeren Hydrolysebedingungen eine niedermolekularere Gelatine, die nur fur Knochenleim verwendbar ist. Qualitatsgelatine f i r photographische Zwecke erhalt man in den USA aus Schweinehiuten in (20-30) % Ausbeute. Eine andere Gelatinequelle sind die bei der Vorbereitung von Hauten oder Fellen fbr die Gerberei anfallenden Stucke. Gelatine wird aus Ossein oder Schweinehauten in mehreren Schritten gewonnen. Durch Kochen mit Siuren oder Alkali werden unerwunschte Verunreinigungen entfemt; solche Verunreinigungen ktinnten z.B. als Keime bei der photographischen Gelatine wirken. Die Alkalikochung liefert den sog. B-Typ, der hauptsachlich fur photographische Zwecke dient. A-Typ Gelatine aus der Saurekochung wird dagegen uberwiegend in der Lebensmittelindustrie verwendet. Anschliessend wird gewaschen, um Slure- oder Alkalispuren zu entfernen. Die eigentliche Extraktion erfolgt mit Dampf oder heissem Wasser. Die aufkonzentrierte Ltisung wird anschliessend getrocknet, indem durch Blasen von kalter Luft uber die Gelatinelosung eine abziehbare "Haut" erzeugt wird. Ein anderes Verfahren ist die Spriihtrocknung.
10.4.4.
Proteingummen
Die regelmlssige Struktur des Skleroproteins Kollagen fuhrt zu dessen hoher Kristallinitat. Die trotz dieser Kristallinitat noch vorhandene Dehnbarkeit von ca. 5 % stammt von den anwesenden amorphen Bereichen. Es gibt jedoch in Muskeln und Sehnen andere, weit elastischere Skleroproteine (Elastin, Abductin, Resilin), die als Proteingummen bekaMt sind. Diese Proteingummen besitzen (bislang?) keine technische Bedeutung, seien aber wegen ihrer ausserordentlichen Eigenschaften beschrieben.
Elastin Elastin ist das wichtigste elastische Protein der Wirbeltiere und dort die Hauptkomponente der elastischen Fasem des Bindegewebes. Es kommt gewohnlich vergesellschaftet mit Kollagen in Organen hoher Elastizitat vor (Haut, Sehnen, Blutgefasse, Lunge usw.). Elastin wird biologisch ahnlich wie Kollagen synthetisiert. Die Proelastin-Molekule bestehen aus a-Elastin (im Mittel 17 Peptidketten mit je 35 Aminosaureresten) und pElastin (zwei Ketten zu je 17 Peptidresten), darunter kein Cystin. Bei der Umwandlung von Proelastin in Elastin muss dagegen Cystin eingebaut werden, da die Elastin-Ketten Cystin enthalten. Die Peptidreste sind hauptsachlich in Triplets ala2lys und Quadruplets alaslys vereinigt, daneben in Sequenzen ser-ala-lys, ala-pro-gly-lys und try-gly-ala-arg. (90-95) % des Elastins sind rontgenamorph, (1-5) % fibrillar. Die amorphen Bereiche des Elastins weisen 983 Peptidreste auf (davon 4 cys), die fibrillaren 1331 (davon 48 cys).
473
10. Peptide und Proteine
Die Ruckprallelastizitat der amorphen Bereiche betragt fast 100 %. Sie stammt aber nicht von den wenigen Disulfidbriicken, sondem von Vemetzungen uber die fur Elastin charakteristischen Desmosin- und Isodesmosin-Strukturen. Beim Desmosin ist ein Pyridiniumkem in 1-Stellung mit einem 2-Aminocapronsaurerest, in 3- und 5-Stellung mit je einem 2-Aminobuttersiurerest, und in 4-Stellung mit einem 2-Aminovaleriansaurerest substituien (im Isodesmosin in 2-Stellung). Diese Strukturen enthalten also je 4 LysinSeitengruppen. Sie entstehen aus je vier Lysin-Molekulen, 2.B. Desmosin:
(10-8)
0
HOOC - CH - (CHZ)2 I
I
(CH2)2-CH I - COOH
Desmosin
Gedehntes Elastin nimmt im Gegensatz zu ungedehntem in den hydrophoben Bereichen Fluoreszenz-Farbstoffe auf. Die Hydratation der hydrophoben Bereiche muss also zunehmen. Das Spannungs-Dehnungs-Verhaltenvon Elastin folgt femer der klassischen Theorie der Kautschukelastizitat: die Netto-Entropie des Systems verringert sich. Durch die Wasseraufnahme nehmen die hydrophoben Bindungen ab. Dadurch werden zum einen die Proteinketten beweglicher; ihre Entropie nimmt zu. Zum anderen wird aber die Entropie des Wassers wegen dessen htiherer Ordnung um die nicht-polaren Bindungen kleiner. Der letztere Effekt ist griisser als der erstere: die Entropie des Systems sinkt.
Resilin und Abductin Abductin ist ein in den inneren Bandem (Ligamenten) von Weichtieren (Mollusken: Muscheln, Austem usw.) enthaltenes und Resilin ein in Gliederfussern (Arthropoden = Insekten, Spinnen, Krebse usw.) vorkommendes elastisches Protein. Die Cuticula aller geflugelten Insekten besteht aus meist (2-5) pm starken Resilinschichten, die durch 0,2 p n dicke Chitinlamellen getrennt sind. Resilin besteht aus (3040) % Glycin, 16 % Asparagin- und Glutaminsaure, (14-19) % Hydroxyaminosauren und ca. 10 % Alanin. Resilin enthat praktisch kein Cystin. Es ist uberwiegend uber Dimere und Trimere des Tyrosins vernetzt (analog zum Desmosin aus Lysin). Beim Flug der Insekten wird das Resilin der Flugelansatze bei den Extrempositionen der Flugel abgelenkt, wodurch die Flugelbewegung verlangsamt und die kinetische Energie der Flugel als Dehnungsenergie gespeichert wird. Die Dehnungsenergie wird dann wieder abgegeben, was einen raschen und gleichmassigen Flug ermoglicht.
474
10.4. Proteine
Beim Hupfen und Springen von 2.B. Flohen wird die Energie langsam durch Muskelkontraktionen zum Resilin geliefert. Wiihrend des Sprunges wird dann die Energie vom Resilin sehr schnell freigesetzt. Die Ruckstellelastizitat von Resilin betragt (96-97) %. Sie ist grosser als diejenige der allerbesten Gummis. Dieses hohe Ruckstellvermogen sorgt dafur, dass nur wenig Warme produziert wird und die Flugel sich nicht uberhitzen. Das hohe Ruckstellvermtjgen und die betrachtliche Elastizitat des Resilins sind vermutlich durch sehr gleichmassige Abstande der Vernetzungsstellen bedingt, moglicherweise fehlen auch eingeschlossene Verhakungen. Das Ruckstellvermogen des Abductins von Muscheln betragt dagegen nur ca. 80%. da sich Muscheln nicht so haufig offnen oder so rasch wie Insektenflugel bewegen.
10.4.5.
Proteinfasern
Seide Naturseiden werden von gewissen Raupen und Spinnen produziert. Die wirtschaftlich wichtigste Seide ist die vom Maulbeer-Seidenspinner (Bombyx mori LinnC) stammende edle Seide, in die sich die Raupe in Form von Kokons einspinnt. Die Kokons bestehen zu etwa 78 % aus den aus Seidenfibroin bestehenden Rohseidenfaden und zu 22 % aus dem die Seidenfaden umhullenden Seidenleim (Sericin). Zum Gewinnen der Seide werden die Puppen der Seidenraupen mit Wasserdampf oder heisser Luft abgetotet. Durch Eintauchen der Kokons in heisses Wasser wird der Seidenleim erweicht. Rotierende Bursten erfassen die A n f b g e der Seidenfaden, von denen je 4-10 zusammen auf eine Haspel aufgewickelt und getrocknet werden. Da die ausseren und inneren Fadenschichten der Kokons zu stark verunreinigt sind, konnen abcr von den (3000-4000) m Faden pro Kokon nur ca. 900 m als Rohseide abgehaspelt werden. Die anderen Faden werden zusammen mit beschadigten Kokons in der Schappespinnerei verarbeitet. Die Rohseidenfaden werden durch Eintauchen in 0 1 geschmeidig gemacht und anschliessend rnit moglichst alkalifreier Seife vom Sericin befreit ("entbastet"). Das Sericin ist chemisch ein Protein aus Serin (37 %), Aspartat (26 %), Glycin (17 %) und anderen Aminosluren. Es dient als Nahrboden fur Bakterien. Beim Entbasten verliert die Seide bis zu 25 % Gewicht. Sic wird daher wieder kunstlich erschwert ("chargiert"). Dazu wird sie mit wassrigen Losungen von SnC14 und Na2HP04 behandelt. Diese Verbindungen werden auf der Faser zu Zinnphosphat umgesetzt, das dann rnit Wasserglas in Silicate umgewandelt wird. Der kristalline Teil des Seidenfibroins (ca. 60 %) besteht aus einheitlichen Hexapeptiden ser-gly-ala-gly-ala-gly. Beim Seidenfibroin von Bombyx mori L. sind zehn dieser Hexapeptide, also ingesamt 60 Peptidreste, zusammen mit 33 Peptidrestcn des amorphen Teils in einer Peptidkette vereinigt. Die sehr verschiedenen Peptidreste des amorphen Teils liegen in Peptidsequenzen unterschiedlicher Lange und Zusammensetzung. In den kristallinen Bereichen sind die Peptidketten parallel in Faltblattstrukturen dicht gepackt. Diese Packung sorgt fur eine hohe Festigkeit. Der amorphe Anteil ist andererseits fur die Dehnbarkeit von Seiden verantwortlich (Band IV). Der hohe Glanz der Naturseide stammt vom dreieckigen Querschnitt der Seidenfaden.
475
10. Peptide und Proleine
Wolle Wolle ist das abgeschnittene Haar von Schafen, Ziegen, Lamas usw. Die Wollfasem der Rohwolle sind noch mit Wollfett, Wollschweiss und pflanzlichen Verunreinigungen verklebt. Diese Bestandteile werden durch "Carbonisieren" entfemt. Das Carbonisieren besteht aus drei Teilpmzessen: Foulardieren in (4-7) % Schwefelslure, Trocknen ("Brennen") bei (100-1 2O)OC und Klopfen ("Rumpeln"), einem mechanischen Abtrennen von Cellulosebestandteilen. Beim Carbonisieren laufen mehrere chemische Prozesse ab, n m l i c h eine N/O-Peptidylverschiebungbei Sennresten (1 0-9)
)1 OH-HN
HN
r\
0
I
c=o
1
-H20,
'h
'yo
bo boH
+H20, H3N +He
I
+H20,
c=o I
)(OH
H3N
+
HOOC-
eine Veresterung von Serin unter P-Eliminierung mit nachfolgender Zersetzung (10- 10)
1
i
i
@NH,
und eine Sulfidierung von Tyrosin sowie wahrscheinlich in kleinem Ausmass auch die Bildung von Sulfaminsaure -NH-S03H aus -NH2 und H2SO4. Wollfasem haben einen schuppenformigen Aufbau (Band IV). Sie bestehen aus zwei Teilen mit unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung und verschiedenen Eigenschaften, dem Paracortex und dem Orthocortex. Technologisch ist die Wollfaser daher eine Bikomponentenfaser (Band IV). Der komplizierte Aufbau der Wollfaser spiegelt sich in ihrer chemischen Zusammensetzung wider. Wolle besteht chemisch aus ca. 200 verschiedenen makromolekularen Verbindungen. 80 % davon sind Keratine (Hornsubstanzen; G: keras = Hom), 17 % Nichtkeratin-Proteine, 1,s % Polysaccharide und Nucleinsauren und 1 5 % Lipide und anorganische Verbindungen. Bei den Keratinen kBnnen wiederum drei Gruppen unterschieden werden: schwefelarme helixbildende Proteine (ca. 20 Sorten), cystin-reiche Proteine (ca. 100 Sorten) und glycin/thyrosin-reiche Proteine (ca. 50 Sorten). Bei den Nichtkeratin-Proteinen unterscheidet man Zellkemreste, Cytoplasmaproteine und Zellkemproteine. Die meisten Peptidreste der Wollproteine (a-Keratine) besitzen sehr voluminose Seitengruppen, die vie1 PIatz erfordem und so bei den a-Keratinen die Ausbildung von Faltblattstrukturen verhindem. Die resultierenden Helices sind iiber Querbriicken aus Disulfiden -S-S- und N,-(yglutamy1)lysin-Resten -CH2CH2CO-NH(CH2)4- vernetzt. Wolle ist daher im Gegensatz zu anderen Naturfasem in allen Losungsmitteln unloslich.
476
10.4. Proteine
Eiweissfasern Einige Proteine liegen im nativen Zustand und andere nach der Aufbereitung als statistische Knauel vor und werden in diesem Zustand oder nach der Verspinnung zu Fasem verwendet. Diese Proteinfasem k6Men pflanzlichen Ursprungs (Ardein, Zein) sein oder von Tieren stammen (Casein). Die so erhaltenen Chemiefasern werden als Proteinfasern oder Eiweissfasern im engeren S h e bezeichnet; Wolle und Seide werden im Allgemeinen nicht zu den Proteinfasern gezlhlt, obwohl auch sie Proteine sind. Zu fleischahnlichen Massen durch NassSpinnen oder Extrusion verarbeitete hoch-proteinreiche pflanzliche Produkte (z.B. Soja) nennt man texturierte Proteine. Die Proteinfasem sind streng genommen Fasem aus regencrierten Proteinen, aber nicht eigentlich regenerierte Proteinfasem, da die Proteine urspriinglich nicht als Fasem vorlagen und daher auch nicht als "Fasem" regeneriert werden konnen. Sie werden vielmehr unter ZerstBrung ihrer nativen Konformationen in Alkalien gelost und aus diesen Losungen in Saurebader versponnen. Nach dem Verstrecken werden die Fasem mit Aldehyden oder Aluminiumsulfat gehartet, d.h. die Proteinmolekule werden vemetzt. Erdnusse enthalten das Eiweiss A r d e i n , dessen Hauptbestandteile die Proteine Arachin und Conarachin sind. Die aus Ardein herstellbare Arachinfaser hat sich nicht durchgesetzt. Maiskleber (Gluten aus Mais) enthalt als Hauptprotein das Zein. Aus Zein kann eine Eiweissfaser hergestellt werden, doch wird es uberwiegend als Klebstoff, in Druckfarben und Emulsionen, als Ubetzug und zur Gewinnung von Glutaminsaure verwendet.
Casein Casein ist das wichtigste Protein der Milch; es kann in die a-, P- und y-Casein-Fraktionen zerlegt werden. Die a- und P-Fraktion enthalten an Seringruppen gebundene Phosphatgruppen. Die y-Fraktion ist verhaltnismassig phosphatarm. Jede Fraktion besteht aus Unterfraktionen. Die wichtigste Unterfraktion des a-Caseins ist das K-Casein, ein phosphorarmes Glycoprotein. Caseine werden zu Kunsthom, Caseinwolle oder Leimen und Bindemitteln fur Anstrichfarben verarbeitet. Die Weltproduktion betragt ca. 180 000 tla. Zum Herstellen von Kunsthorn (GalalithB) wird Magermilch bei 35°C mit Rennin (Labferment, Chymosin), dem Ferment des Labs (E: rennet) aus dem Labmagen von Saugkilbem, versetzt (s.a. Tab. 10-2). Beim Erhohen der Temperatur auf 65°C oder beim Ausflocken mit Sauren koagulieren die Proteine unter Denaturierung zum Magerquark, der ca. 60 % Wasser enthat. Der Quark wird gewaschen und d a m in Leinenbeuteln getrocknet und zerkleinert. Aus 30 kg Magermilch gewinnt man so 1 kg getrocknetes Casein. Das Handelsprodukt enthalt noch Fett und ist daher gelblich-milchig. Wegen der unterschiedlichen Eigenfarbe werden vor der weiteren Verarbeitung verschiedene Partien gemischt, um ein gleichmassiges Rohmaterial zu erhalten. Das Casein wird daM in Wasser gequollen, eingefarbt und in geheizten Pressen plastifiziert. Die erhaltenen Platten oder Stabe werden anschliessend - oft tagelang - in Badem aus Formaldehyd gelagert. Nach dem Behandeln mit Weichmachem (Glycerin oder 01) bei 100°C ist Kunsthom biegbar. Es kann spanabhebend bearbeitet werden, vor allem zu Bijouteriewaren (Knopfe usw.). Kunsthom hat wegen seiner leichten Einfarbbarkeit auch heute noch eine gewisse Bedeutung, da man sich schnell Modestromungen anpassen kann.
10. Peptide und Proteine
477
Caseinwolle wird lhnlich wie Kunsthom hergestellt. Sie ist wie Natunvolle empfindlich gegen Siuren, Alkali und Wsrme, jedoch weniger nassfest. Im Gegensatz zu Naturwolle besitzt sie eine plastische Dehnung. Durch Pfropfen von 70 % Acrylnitril auf 30 % Casein und anschliessendes Verspinnen des Pfropfcopolymeren entsteht eine seidenlhnliche Faser. Die Faser ist besser lichtecht als Seide und weist auch bessere Trocken- und Nassfestigkeiten auf.
10.4.6.
Technische Proteine
Aus Ammoniak und verschiedenen organischen Substraten (Paraffine, Alkohole, Zucker, Stlrke, Cellulose usw.) erzeugt man mikrobiologisch durch Hefen, Baktenen, Pilzen oder Algen sog. Einzelzellproteine (E: single cell proteins, SCP). Diese aus Proteinen, Fetten, Kohlenhydraten, Salzen und Wasser betehenden Pulver werden als Tierfutter verwendet (Band I, S. 522). Eine neuere Arbeitsrichtung versucht durch chemische Synthese und/oder Genexpression Poly(o1igopeptide) zu erzeugen, die ahnliche elastische Eigenschaften wie Kollagen aufweisen. Die kleinsten Einheiten solcher Poly(o1igopeptid)e sind Pentapeptide, z.B. GEGFP, GVGVP, GVGFP usw., die wiederum zu Hexa(pentapeptid)en gekoppelt werden, z.B. zu
GEGFP-GVGVP-GVGFP-GFGFP-GVGVP-GVGFF' Gleich oder ungleich strukturierte Hexa(pentapeptid)e werden wiedexum zu hdheren Peptiden gekoppelt, z.B. zu einem Hexatricosapeptid aus sechs Hexa(pentapeptid)en. Auf diese Weise kann eine schier unerschdpfliche Vielzahl von Peptidstrukturen erzeugt werden, deren Verwendung als Biosensoren, biologisch abbaubare Matnzes, Superabsorbentien usw. erprobt wird.
Literatur zu Kap. 10 10.0. ALLGEMEINE LITERATUR B.Bernfeld, Hrsg., Biogenesis of Natural Compounds, Pergamon Press, London 1967 A.G.Walter, J.Blackwell, Biopolymers, Academic Press, New York 1973 (keine Synthese) E.A.MacGregor, C.T.Greenwood, Polymers in Nature, Wiley, Chichester 1980 G.Ebert, Biopolymere, Steinkopff, Darmstadt 1980 (keine Synthese) C.R.Cantor, P.R.Schimmel, Biophysical Chemistry, Freeman, San Francisco 1980 (3 Bde.) P.E.NieIsen, M.Egholm, Hrsg., Peptide Nucleic Acids. Protocols and Applications, Horizon Sci. Press, Wymondham, UK 1999 10.1.2. ~-AMINOSAUREN T.Kaneka, Y.Izumi, LChibata, T.Itoh, Synthetic Production and Utilization of Amino Acids, Kodansha, Tokio, und Halsted, New York 1974 K.Yamada, S.Kinoshita, T.Tsunoda, K.Aida, Hrsg., The Microbial Production of Amino Acids, Kodansha, Tokio, und Halsted, New York 1974
478
Literatur zu Kap. 10
10.2. POLY (a-AMIN0SAURE)N C.A.Bamford, A.Elliott, W.E.Hanby, Synthetic Polypeptides, Academic Press, New York 1956 M.Szwarc, The Kinetics and Mechanism of N-Carboxy-a-Amino-Acid Anhydride (NCA) Polymerization to Polyamino Acids, Adv.Polym.Sci. 4 (1965) 1 J.Noguchi. S.Tokura, N.Nishi, Poly-a-Amino Acid Fibres, Angew.Makromol.Chem. 22 (1972) 107 H.Block, Poly(yBenzy1-L-Glutate) and Other Glutamic Acid Containing Polymers, Gordon and Breach, New York 1983 H.R.Kricheldorf, a-Aminoacid-N-Carboxyanhydrides and Related Heterocycles, Springer, Berlin 1988 10.4. PROTEINE (hersichten) H.Neurath. R.L.HiI1, Hrsg., The Proteins, Academic Press, New York, 3.Aufl. 1975-82 (5 Bde.) G.D.Fasman, Hrsg.. CRC Handbook of Biochemistry and Molecular Biology, Section A: Proteins (3 Bde.), CRC Press, Baton Rouge (FL), 3.Aufl. 1976 S.P.Bragg, The Physical Behavior of Macromolecules with Biological Functions, Wiley, New York 1980 R.E.Dickerson, I.Geis, The Structure and Action of Proteins, W.A.Benjamin, New York 1981 T.E.Creighton, Proteins: Structures and Molecular Properties, Freeman, New York 1983 A.M.Lesk, Protein Architecture; A Practical Approach, Oxford Univ. Press, New York 1991 C.Branden, J.Tooze, Hrsg., Introduction to Protein Structure, Garland Publ., New York 1991 S.Tuboi, N.Taniguchi, N.Katunuma, Post-Translation Modification of Proteins, CRC Press, Boca Raton (FL) 1992 10.4.2. ENZYME (ijbersichten) -,Enzyme Nomenclature: Recommendations (1984) of the Nomenclature Committee of the International Union of Biochemistry, Academic Press, Orlando (FL) 1985 P.D.Boyer, Hrsg., The Enzymes, Academic Press, New York, 3.Aufl. 1970-1983 (15 Bde.) D.Schomburg, M.Salzmann, Enzyme Handbook, Springer, Berlin, Bd. 1 (Class 4: Lyases) (1990), Bd. 2 (Class 5: Isomerases; Class 6: Ligases) (1990), Bd. 3-5 (Class 3: Hydrolasen) (1991) 10.4.2. ENZYME (Struktur) M.A.Dayhoff, Hrsg., Atlas of Protein Sequence and Structure, Natl.Biomed.Res.Found., Silver Spring (MD), 1972-1976 S.B.Needleman, Hrsg., Protein Sequence Determination, Springer, New York, 2.Aufl. 1975 T.L.BIundel1, L.N.Johnson, Protein Crystallography, Academic Press, New York 1976 S.Blackburn, Hrsg., Amino Acid Analysis, Dekker, New York, 2.Aufl. 1978 S.Lapanje, Physicochemical Aspects of Protein Denaturation, Wiley, New York 1978 G.E.Schulz, R.H.Schirmer, Principles of Protein Structure, Springer, New York 1979 L.R.Croft, Handbook of Protein Sequence Analysis, Wiley, New York, 2.Aufl. 1980 H.Bisswanger, E.Schmincke-Ott, Hrsg., Multifunctional Proteins, Wiley, New York 1980 G.Walton, Polypeptide and Protein Structure, Elsevier, Amsterdam 1981 C.Frieden, L.W.Nicho1, Protein-Protein Interactions, Wiley-Interscience, New York 1981 C.C.Ghtlis, J.Yon, Protein Folding, Academic Press, New York 1982 A.McPherson, Preparation and Analysis of Protein Crystals, Wiley, New York 1982 P.M.Harrison, Hrsg., Metalloproteins, VCH Verlagsges., Weinheim 1985 (2 Tle.) 10.4.2. ENZYME (Wirkung) M.V.Volkenstin, Enzyme Physics, Plenum, New York 1969 P.D.Boyer, Hrsg., The Enzymes, Academic Press, New York, 3.Aufl. 1970-1982 (15 Bde.) E.Zeffren, P.L.Hall, The Study of Enzyme Mechanisms, Wiley, New York 1973 I.H.Segel, Enzyme Kinetics, Wiley, New York 1975 J.Tze-Fei Wong, Kinetics of Enzyme Mechanisms, Academic Press, London 1975 K.G.Serimgeour, Chemistry and Control of Enzyme Reactions, Academic Press, London 1977 A.Comish-Bowden, Fundamentals of Enzyme Kinetics, Butterworths, London 1979 C.Walsh, Enzymatic Reaction Mechanisms, Freeman, San Francisco 1979 H.Bisswanger, Theorie und Methoden der Enzymkinetik, Verlag Chemie, Weinheim 1979 M.Dixon, E.C.Webb, C.J.R.Thome, K.F.Tipton, Enzymes, Academic, New York, 3.Aufl. 1980 S.Kobayashi, S.-I.Shoda, H.Uyama, Enzymatic Catalysis, in S.Kobayashi, Hrsg., Catalysis in Precision Polymerization, Wiley, New York 1997
10. Peptide und Proteine
479
10.4.2. ENZYME (industrielle Nutzung) -,Immobilized Enzymes, Coming Glass Works, Coming, NY, Bd. I (1972), Bd. I1 (1973), Bd. I11 (1974) O.R.Zaborsky, Immobilized Enzymes, CRC Press, Cleveland 1973 R.A.Messing, Hrsg., Immobilized Enzymes for Industrial Reactors, Academic Press, New York 1975 J.Konecny, Enzymes as Industrial Catalysts, Chimia 29 (1975) 95 K.J.Skinner, Enzymes Technology, Chem.Eng.News (18.Aug.1975) 22 H.T.Weetal1, S.Suzuki, Hrsg., Immobilized Enzyme Technology, Plenum, New York 1975 L.B.Wingard, Jr., E.Katchalsky-Katzir, LGoldstein, Immobilized Enzyme Principles (= Appl.Biochem.Bioeng. I), Academic Press, New York 1976 L.Chibata, Hrsg., Immobilized Enzymes, Wiley, New York 1978 J.C.Johnson, Immobilized Enzymes: Preparation and Engineering, Noyes Data, Park Ridge, NJ 1979 N.D.Pintauro, Food Processing Enzymes, Noyes Publ., Park Ridge, NJ, 1979 K.Buchholz, Hrsg., Characterization of Immobilized Biocatalysts, Dechema-Monograph 84 (1979) D.I.C.Wang, C.L.Cooney, A.L.Demain, P.Dunnill, A.E.Humphrey, M.D.Lilly, Fermentation and Enzyme Technology, Wiley, New York 1979 H.Ruttloff, J.Huber, F.Zickler, K.-H.Mangold, Industrielle Enzyme, Steinkopff, Darmstadt 1980 M.G.Halpern, Hrsg., Industrial Enzymes from Microbial Sources, Noyes Publ., Park Ridge (NJ) 1981 L.Chibata, L.B.Wingard, Jr., Hrsg., Immobilized Microbial Cells, Academic Press, New York 1983 (= Appl.Biochem.Bioeng. 4 (1983)) T.Godfrey, J.Reichelt. Hrsg., Industrial Enzymology: The Application of Enzymes in Industry, Macmillan, The Nature Press, London 1983 W.Gerhartz, Hrsg., Enzymes in Industry, VCH, Weinheim 1990 10.4.3. SKLEROPROTEINE (allgemein) E.D.T.Atkins, A.Keller, Hrsg., Structure of Fibrous Biopolymers, Butterworths, London 1975 D.A.D.Pery, L.K.Creamer, Fibrous Proteins, Academic Press, New York 1979 (2 Bde.) J.F.V.Vincent, Structural Biomaterials, Wiley, New York 1982 10.4.3. KOLLAGEN G.Reich, Kollagen, Steinkopff, Dresden 1966 G.N.Ramachandran, A.H.Rheddi, Hrsg., Biochemistry of Collagen, Plenum, New York 1976 J.Woodhead-Galloway, Collagen, The Anatomy of a Protein, Arnold, London 1980 M.Nimni, Hrsg., Collagen: Biochemistry, Biotechnology and Molecular Biology, Bd. 3, CRC Press, Boca Raton (FL) 1988 10.4.3. LEDER F.OFlaherty, W.T.Roddy, R.M.Lollar, Hrsg., Chemistry and Technology of Leather, Reinhold Publ., New York 1956-1965 (4 Bde.) T.C.Thorstensen, Practical Leather Technology, Krieger, Huntington, NY 1975 T.Hayashi, Man-Made Leather, ChemTech 5 (1975) 28 10.4.3. GELATINE E.Sauer, Chemie und Fabrikation der tierischen Leime und der Gelatine, Springer, Berlin 1958 A.Veis, Macromolecular Chemistry of Gelatin, Academic Press, New York 1964 R.H.Cox, Hrsg., Photographic Gelatin, Academic Press 1972 A.G.Ward, A.Courts, Hrsg., The Science and Technology of Gelatin, Academic Press, London 1977 10.4.4. PROTEINGUMMEN L.B.Sandberg, W.R.Gray, C.Franzblau, Hrsg., Elastin and Elastic Tissue, Plenum, New York 1977 10.4.5. PROTEINFASERN R.L.WormeI1, New Fibres from Proteins, Academic Press 1954 R.S.Asquith, Chemistry of Natural Fibers, Plenum, New York 1977 M.Gutcho, Textured Protein Products, Noyes Publ., Park Ridge, NJ 1977 D.A.D.Pany, L.K.Creamer, Hrsg., Fibrous Proteins: Scientific, Industrial, and Medical Aspects, Academic Press, New York 1980
480
Quellennachweise zu Kap. 10
10.4.5. WOLLE W. von Bergen, Wool Handbook, American Wool Handbook Co., New York 1963 (2 Bde.) C.Earland, Wool, Its Chemistry and Physics, Chapman and Hall, London, 2.Aufl. 1963 R.D.B.Fraser, T.P.McRae, G.E.Rogers, Keratins - Their Compositions, Structure, and Biosynthesis, Thomas, Springfield (IL) 1972
10.4.5. REGENERIERTE PROTEINFASERN J.H.Collins, Casein Plastics and Allied Materials, Plastics Inst., London 1952 H.D.McKenzie, Milk Proteins, Academic Press, New York 1970 P.F.Fox, Developments in Dairy Chemistry, Appl.Sci.Publ., London 1982 10.4.6. TECHNISCHE PROTEINE D.W.Urry, Molecular Machines: How Motion and Other Functions of Living Organisms Can Result From Reversible Chemical Changes, Angew.Chem.Int.Ed.Eng1. 32 (1993) 819; Angew.Chem. 105 (1993) 859
Quellennachweise [l] [2J
S.Kinoshita, Proc. 4th European Congress on Biotechnology, Amsterdam 1987 J.P.O'Brien, Trends Polym.Sci. 1/8 (1993) 228, Tab. 1
48 1
11.
Anorganische Polymere
11.1. Einleitung Kohlenstoff bildet mit sich selbst (Kap. 5 ) oder mit anderen chemischen Elementen wie Sauerstoff (Kap. 6 und 7). Schwefel (Kap. 8) und Stickstoff (Kap. 9 und 10) verhiltnismissig einfach Polymerketten. Derartige Polymere werden zu den organischen Polymeren gezihlt, weil ihre Ketten iiberwiegend aus Kohlenstoffatomen bestehen. Ausser Kohlenstoff k6Men jedoch auch viele andere chemische Elemente mit sich selbst oder mit anderen Elementen Kettenstrukturen bilden. Polymere ohne Kohlenstoffatome in den Hauptketten werden anorganische Polymere genannt (E: inorganic polymers), und zwar auch, wenn sie kohlenstoffhaltige Substituenten aufweisen. Im weiteren Sinne zahlt man zu den anorganischen Ketten oft auch solche, bei denen in der Hauptkette (lineare Polymere) oder im Geriist (zwei- und dreidimensionale Polymere) mehr als 50 % der Atome keine Kohlenstoffatome sind. Derartige Polymere bezeichnet man oft als semianorganisch (E: semi-inorganic). Polymere mit Metallatomen in oder an organischen Ketten werden metallorganische, organometallische oder metallenthaltende Polymere genannt, in der russisch-sprachigen Literatur auch elementorganische Polymere (E: metallo-organic, organometallic, oder metal-containing polymers). Nur wenige der metallorganischen Polymeren zihlen zur Gruppe der anorganischen Polymeren, da die meisten von ihnen zu mehr als 50 % aus Kohlenstoff bestehen wie die nachfolgenden Beispiele I-IV einiger Wiederholungseinheiten zeigen (Mt = Metall, L = Ligand):
Rein anorganische Polymere gibt es in grosser Zahl, und zwar hauptsachlich solche aus zwei oder mehr Elementen. Die Fahigkeit, Elementpolymere aus nur einem Element zu bilden, ist auf wenige, eng beieinander stehende Elemente beschriinkt (Tab. 11-1): Bor (E: boron) ist im festen Zustand ein Polymeres. Die anderen Elemente der Gruppe 13 (Al, Ga, In, Tl)sind dagegen Metalle. In der Gruppe 14 tntt Kohlenstoff (E: carbon) in drei polymeren Modifikationen auf (Kap. 5). und die Elemente Silicium (E: silicon), Germanium (E: germanium) und Zinn (E: tin) in je einer Polymerform. Blei (E: lead) bildet dagegen kein Polymeres. Bei der Gruppe 15 gibt es polymere Modifikationen beim Phosphor (E: phosphorus), Arsen (E: arsenic) und Antimon (E: antimony), nicht aber beim Stickstoff (E: nitrogen). In der Gruppe 16 scheint eine bei tiefen Temperaturen auftretende Ozon-Modifikation aus Sauerstoff-Ketten zu bestehen (E: oxygen). Schwefel (E: sulfur) bildet in der Schmelze lange Ketten, Selen (E: selenium) und Tellur (E: tellurium) im festen Zustand. Weder in den Gruppen 17 (Halogene) und 18 (Edelgase) noch in den Gruppen 1-12 scheinen dagegen Elementpolymere aufzutreten. Iod bildet jedoch beim Einlagern in die Helices der Amylose (Kap. 7.2.2) lange Ketten.
482
11 .I. Einleitung
Tab. 11-1 Polymere Modifikationen bildende Elemente (kursiv).
Periode
Gruppe 1
1 2
3 4
5 6
H Li
2
3
4
Be Mg Ca Sc Ti
5
6
7
8
9
10 11
12
13
14
15 16 17 18
B C N Al Si
P
Cr Mn Fe Co Ni Cu Zn Ga Ge As Z r Nb Mo Tc R u Rh Pd Ag Cd In Sn Sb Cs Ba La Hf Ta W Re 0s Ir Pt Au Hg TI Pb Bi
K Rb Sr Y
V
He O F N e S CI Ar Se Br Kr re I Xe Po At Rn
Von ca. 1200 kristallographisch untersuchten Verbindungen aus zwei Elementen waren dagegen nur 5 % nicht makromolekular. Als lineare Polymere kamen 1.5 %, als Flachenpolymere 7 3 % und als Gitterpolymere 86 % vor. Bei Flachen- und Gitterpolymeren muss jedoch anders als bei linearen Polymeren beim Verarbeiten zu Werkstoffcn, Fasem usw. die Formgebung in der Regel simultan mit der Synthese erfolgen. Dies ist einer der Griinde, warum so wenige synthetische anorganische Polymere industriell hergestellt werden. Andere Griinde sind bei der Synthese und der Struktur selbst zu suchen. Einige anorganische Bindungen weisen hohere Bindungsenergicn E/(kJ mol-*) als Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen (320) auf, so z.B. Bor-Kohlenstoff (370). SiliciumSauerstoff (370), Bor-Stickstoff (440) und Bor-Sauerstoff (500). Polymere mit solchen anorganischen Heteroketten sollten daher gegen thermische Kettenspaltungen stabiler als Kohlenstoffketten sein. Derartige Bindungen sind jedoch im Gegensatz zu KoNenstoff-KoNenstoff-Bindungen immer recht stark polarisiert. Ausserdem sind oft freie Elektronenpaare odcr Elektronenpaarlucken vorhanden. Die Aktivierungsenergie fur die Reaktion solcher Bindungen mit chemischen Agenzien ist folglich niedrig: anorganische Ketten werden oft leicht oxidativ und/oder hydrolytisch abgebaut. Die gute Temperaturbestandigkeit solcher linearer Ketten kann daher nur in inerter Atmosphare ausgenutzt werden, z.B. im Weltraum. Oxidations- und Hydrolysebestandigkeiten werden durch verschicdene Massnahmen erh8ht. Man kaM einmal die Einzelketten geeignet substituieren, so dass der Angriff auf die Hauptkette sterisch behindert oder elektronisch erschwert wird. Bei Leiter-, Schichten- und Gitterpolymeren ist es ausserdem statistisch unwahrscheinlich, dass benachbarte Bindungen simultan angegriffen werden; der Angriff wird hier ausserdem durch eine dichte Kettenpackung herabgesetzt. Derartige Strukturen sind aber nur schwierig oder uberhaupt nicht zu verarbeiten. Ein anderes Problem ist dic beschrankte ZaN an fur anorganische Ketten geeigneten Synthesen. Polymermolekule werden im Allgemeinen ausgehend von vier Typen von Ausgangsstoffen synthetisiert: Die Additionspolymerisation ungesattigter Monomerer ist bei organischen Monomeren weit verbreitet. Es gibt aber nur wenige isolierbare ungesaltigte anorganische Monomere.
11. Anorganische Polymere
483
Ringdffnungspolymensationen sind andererseits bei organischen Verbindungen nicht so hiufig wie Additionspolymerisationen. Sie stellen jedoch die wichtigste Verfahrensgruppe bei anorganischen Makromolekulen dar. Die Polykondensation oder Polyaddition funktioneller Gruppen zu linearen Polymeren ist bei anorganischen Verbindungen recht selten, da anorganische funktionelle Gruppen nur ausnahmsweise monovalent reagieren. Organische Makromolekule werden wegen des erhdhten Aufwandes in der Regel nur dann industriell polymeranalog umgewandelt, wenn die gewunschten Makmmolekule auf keinem anderen oder keinem einfacheren Weg zuginglich sind. Sie sind jedoch bei anorganischen Polymeren oft die Methode der Wahl. Wegen der Stellung des Siliciums im Periodensystem ist es nicht verwunderlich, dass bei den anorganischen Polymeren Siliciumverbindungen dominieren. Phosphor enthaltende anorganische Ketten werden in weit geringerem Umfang verwendet und noch weniger bor- und schwefelhaltige.
11.2.
Bor-Polymere
11.2.1.
Elementares Bor
Das Element Bor (E: boron; Name abgeleitet von Borax (armenisch: buraq; persisch: burah)) besitzt mehrere allotrope Formen. Die rote a-Form und die dunkel gllnzende pForm sind beide rhomboednsch. Die a-Form besteht aus praktisch kubisch-dichtest gepackten B12-Ikosaedem, zwischen denen schwachere intermolekulare Bindungen existieren (TM = 2180°C; Sublimation bei 3650°C; p = 2,45 g/cm3). Die p-Form weist ebenfalls B 12-Ikosaeder auf, die aber uber B-B-Bindungen miteinander verbunden sind, also makromolekularen Charakter besitzen. Die Existenz von zwei schwarzen tetragonalen Formen (ebenfalls a und b genannt) wird heute manchmal bestritten. Bei diesen Formen wechseln sich nach llteren Angaben Schichten von BIZ-Ikosaedem mit Schichten aus einzelnen Boratomen ab. Das sogenannte amorphe Bor sol1 eine "Schmelz'lemperatur von 2300°C und eine Sublimationstemperatur von 255OOC aufweisen. Bor wird technisch hauptsachlich durch die Reduktion von Dibortrioxid B2O3 mit Magnesium hergestellt (Moissan-Verfahren), daneben auch in reinerer Form durch thermisches Zersetzen von Borhydriden wie z.B. B2H6. Bonnoxid (E: boric oxide) erhalt man durch Erhitzen von (0rtho)-Borsaure B(OH)3 (E: boric acid), wobei Wasser abgespalten wird. Borsaure kommt als Mineral Sassolin vor (E: sassolite). Sie wird technisch aus Borax Na2B407.10 H 2 0 = Na2O. 2 B203.10 H20 (E: borax) oder Ulexit (Boronatrocalcite) NaCaB509.8 H20 (E: ulexite) gewonnen. Borfasern (E: boron fibers) erhalt man, wenn auf Wolfram- oder Kohlenstoffseelen von ca. 10 pm Durchmesser durch thermisches Zersetzen von BClyDampf im Wasserstoffstrom Borschichten abgelagert werden. Die so erhaltenen Borfasem (Symbol nach DIN: BFK) weisen Durchmesser von (120-140) pm auf, Dichten von 2 5 8 g/cm3, Schmelztemperaturen von 2100"C, Elastizitltsmoduln von 400 GPa und Zugfestigkeiten von ca. 3.5 GPa. Sie werden wegen ihrer Temperaturbestlndigkeit und hohen Festigkeiten zum Verstirken von Kunststoffen, Aluminium, Titan usw. verwendet (Band IV).
4 84
11.2.2.
11.2. Bor-Polymere
Bor-S tickstoff-Verbindungen
Bor bildet mit Stickstoff eine Reihe von niedennolekularen Verbindungsgruppen. Die Grundktjrper sind das cyclische Borazin B3HgN3 (IUPAC: Cyclotriborazan; "anorganisches Benzol" = Borazol), das Aminoboran (Borazen) R2Ne=BeR2 und das Amin-Boran (Borazan) R3Ne-BeR3. Diese Verbindungen sind leicht hydrolysierbar. Das einfachste Aminoboran ist das Ethen-Analogon H2Ne=BeH2, das bereits bei -196°C langsam pol ymerisiert. Zur Synthese von Bornitrid (E: boron nitride) (BN), geht man von Poly(aminoboran) (H2BNH& aus, das beim Erhitzen auf 135-200°C Wasserstoff abspaltet und in das weisse Bomitrid (BN), ubergeht: (1 1-1)
(H2BNHz)n
+ (BN)n + 2 n H2
Technisch durchgesetzt hat sich das sog. CCPF-Verfahren (Chemical Conversion of Precursor Fibers), bei dem eine zuvor hergestellte Faser nachtraglich in eine andere umgewandelt wird. Vorlaufer-Fasem aus Dibortrioxid B2O3 werden dabci gemass G1.( 11-2) mit Ammoniak zu BN-Fasem mit Stickstoffgchalten von (48-52) % umgesetzt. Diese Fasem werden dann bei Temperaturen uber 1800°C kontinuierlich zu weissen BomitridFasem verstreckt. Bornitrid bildet ein gegen Hydrolyse und Oxidation sehr stabiles Schichtenpolymeres, das bis ca. 2000°C verwendbar ist.
I
11.2.3.
Bor-Kohlenstoff-Verbindungen
Fasem aus Borcarbid B4C werden wie Bornitrid-Fasem nach dem CCPF-Verfahren hergestellt. Man geht d a m von einer Kohlenstoff-Faser aus, die bei 1800°C mit BCl3 und H2 umgesetzt wird. Sowohl B4C- als auch BN-Fasem eignen sich als verstarkcnde Fasem fiir Verbundwerkstoffe.
11.2.4.
Poly(carboransi1oxan)e
Poly(carboransi1oxan)e enthalten in der Kette rn-Carboran- und Siloxangruppcn. Zur Synthese dieser hochtemperaturbestajldigen Polymeren wird zunachst unter Wasserstoffabspaltung Acetylen C2H2 an Decaboran B10H14 (oder auch an Pentaboran B5H9) addiert. Das entstehende o-Carboran B1 oC2H 12 (1,2-Dicarboclavodecaboran)lagert sich bei 475°C in rn-Carboran B10C2H12 um. Beim anschliessenden Anlagem von Lithiumbutyl LiC4H9 zum Dilithium-rn-carboran Li2B 1oC2H 10 wird Butan C4H10 freigesetzt (Abb. 11-1):
485
11. Anorganische Polymere
-
+ BuLi
475OC
C2H2, - 2H2
+
___)
Li
- c4H10
Abb. 11-1 Synthese von Dilithium-m-carbran Li2[m-B1&2H101 aus Decabran B10H14 uber das orrho-Carbran o-B1&2H12 und das mera-Carbran m-BloC2H12. 0 Boratome, 0 Kohlenstoffatome; die Wassentoffatomesind nicht gezeigt. Das Dilithiumcarboran Li2B 10C2H10 wird d a m saurekatalysien rnit Dichlordisiloxan
Cl-Si(CH3)2-O-Si(CH3)2-C1 umgesetzt. Die entstehende Dichlorverbindung wird anschliessend rnit Wasser zu Polymeren rnit der Repetiereinheit I und Molmassen von ca. (15 000-30 000) g/mol polykondensiert, in denen sich die Kettenreste in meta-Stellung am Carboran befinden (vgl. Abb. 11-1):
(1 1-3)
Li[m-CBloHloC]Li
+
y 3 7H3 2 CI-Si--O-Si-Cl
- 2 LiCl
-+ H2O
I
I
CH3
CH3
CI-Si-O-Si-[m-CBloHloC]-Si--O-Si-C1 I I I I CH3
7%
CH3
y
CH3
3
y
3
y
*Si--O-Si-[m-CB1#loC]-Si-O-Si-O* I I I
- 2 HCl
CH3
CH3
CH3 3
I CH3
CH3
I
Die Polykondensation gelingt nur mit Siloxangruppen -Si(CH3)2-O-Si(CH3)2-C1 als Endgruppen, nicht aber rnit endstandigen Silylgruppen -Si(CH3)2Cl. Silylgruppen treten auf, wenn rn-LiCBloHloCLi nicht wie in G1.(11-3) rnit ClSi(CH3)20Si(CH3)2Cl reagien, sondem mit (CH3)2SiC12. Carborane rnit endstandigen Silylgruppen kann man jedoch rnit den entsprechenden Dimethoxyderivaten (aus der Reaktion der Dichlorverbindungen rnit Methanol) und FeC13 als Katalysator polykondensieren. Die entstehenden Polymeren rnit der Repetiereinheit I1 bilden Elastomere. da ihre Glastemperatur tiefer als die Raumtemperatur ist (Tab. 11-2): y33
(1 1-4)
y
3
CI-Si-~m-CB1,,HloCl-Si-C1 I I
CH3
y
3
I CH3
CH3
I y 3 7H3 CH3 *Si-[m-CB loHloC]-Si--O-Si-[m-CB - 2 CH3CI I I I CH3
y
3
+ CH30-Si-[m-CBloHloC]-~i~H3
CH3
CH3
CH3 y
3
loHloC]-Si-O * I CH3 II
486
11.3. Silicium-Polymere
Tab. 1 1 -2 Schmelzternperaturen T M ,Glastemperaturen TG,relative PermittiviMten ("DielektriziMtskonstanten") h,SauerstoffindicesLO1 (E: limiting oxygen index, flammability index) und Pyrolysierbarkeiten P (unter Argon bei 800°C) von einigen Carboransiloxan-Polymeren111. n
R'
R
R"
TMPC
TGPC
240 66 40
- 30
2,27
-68 - 70 - 88
5.92
Er
LOU%
25
P/% 20 29 36 47 48
62
- 12
-+ 22 - 29
-3
Technische Polymere leiten sich vom Grundbaustein 111 ab. Sie sind Homopolymere mit den Grundbausteinen SiB-1 (n = 0) bzw. SiB-2 (n = 1) oder Copolymere aus SiB-1 und SiB-2 bzw. deren Derivate mit Phenyl-, Tnfluorpropyl- und/oder Vinylgruppen (vgl. Tab. 1 1-2). Ihre Temperatur- und Flammbestandigkeiten sind ausserordentlich gut. U b e r Vinylgruppen vemetzbare Carboransiloxan-Polymere konnen wie Silicone verarbeitet werden und dienen dann als hochtemperaturbestandige Flachdichtungen (E: gaskets), Nutringdichtungen (E: O-rings) und Drahtbeschichtungen (E: wire coatings). Unvemetzte Polymere dienen auch als flussige Phase in der Gaschromatographie.
IIJ
R I
SiB-1: n = 0
*WIE
SiB-2: n = 1 CH3
11.2.5.
Bor-Wasserstoff- und Bor-Sauerstoff-Verbindungen
Bei B ranen (Borwasserstoffen) existieren teilweise Bor-Bor-Bindungen in den Kc ten, teilweise aber Bor-Wasserstoff-Bor-Bindungen; hochmolekulare Borane sind unbekannt. Bei den Bor-Sauerstoff-Verbindungen kennt man ein polymeres Boroxid (BO),, sowie polymere Metaborate (B203)3- rnit geschlossenen Ring- oder offenen Kettenstrukturen. Zinkborat 2 ZnO . 3 B2O3 . (7/2) H 2 0 als flammhemmender Hilfsstoff verwendet.
11.3.
Silicium-Polymere
Silicium bildet wie Kohlenstoff mit sich selbst und mit anderen Elementen einc ganze Reihe polymerer Verbindungen, die in den verschiedensten Strukturcn von linearen Kctten bis zu dreidimensionalen Raumgittem vorkommen. Silicium sclbst weist im festen Zustand ein diamantahnliches Gitter auf. Im reinsten Zustand ist es ein Isolator (elektrische Leitfahigkeit ca. I@'* S/cm). Silicium kann kein graphittihnliches Gitter bilden.
487
11. Anorganische Polymere
Die kettenftirmigen, substituierten Homoketten -kSiR2* des Siliciums werden Polysilane genannt. Falls die Silicium-Kettenatome rnit anderen Kettenatomen altemieren, spricht man z.B. von Polycarbosilanen -kSiRrCR2'-?+ Polysiloxanen -kSiRyOjTi oder Polysilazanen -kSiRyNR'*. Diese Ketten ktinnen sich teilweise auch zu Leiter-, Doppelleiter-, Schicht- und Neuwerkstrukturen zusammenschliessen. Die sich von der Poly(kieselslure) -kSi(OH)2-O-lii ableitenden Strukturen sind als Silicate bekannt.
11.3.1.
Polysilane
Offenkettige W a n e H(SiH2),H sind bis zum Dekasilan SiloH22 synthetisiert worden. Bei Raumtemperatur sind Silan SiH4 und Disilan Si2H6 gasftirmig. Tri-, Tetra-, Pentaund Hexasilan flussig und das Dekasilan kristallin. Wie bei den analogen Alkanen treten ab dem Trisilan Konstitutionsisomerien auf. Die Ringverbindungen (SiHz),, heissen entsprechend Cyclosilane; sie sind bis zum Hexameren bekannt. Silane und Cyclosilane sind sehr instabil. An der Luft oxidieren sie explosiv zu Siliciumdioxid. Das sog. Poly(si1en) (SiH2), ist ein hellgelbes, selbstentzundliches Pulver. Es scheint wie Poly(si1in) (SiH), ein Polymer zu sein. Beim Poly(silin) (SiH), bilden die Siliciumatome kondensierte, hexagonale Ringsysteme, bei denen jedes Siliciumatom noch rnit Wasserstoff substituiert ist. Auch das entsprechende Poly(si1iciummonochlorid) (SiCl), ist ein weisses Schichtenpolymeres (Band I, S. 595). Es bildet sich aus dem gasftjrmigen carbenanigen Siliciumdichlorid (Dichlorsilylen, Dichlorsilandiyl) :SiC12. Substituierte Silane sind wesentlich stabiler als die unsubstituierten. So sind die linearen Siliciumchloride bis zum Glied Si25C152 synthetisiert worden und die Cyclosilane bis zum Dekameren SiloC120. Noch stabiler sind die mit Alkyl- bzw. Arylresten substituierten Poly(silan)e (= Poly(sily1en)e) -kSiRR'%). Die Homo- und Copolymeren werden durch Polykondensation der entsprechenden Dichlorsilane RR'SiC12 (z.B. R, R' = CH3) rnit Natrium synthetisiert, wobei die Reaktion wahrscheinlich uber Radikalkopplungen an der Natriumoberflache ablauft: y
(11-5)
3
CI-Si-CI I CH3
y
+
2Na
3
4 W S i M
I CH3
+ 2NaCl
Poly(si1in)e (SiR), sind ltislich. Sie bestehen aus hochverzweigten (planaren?) SiNetzwerken, die durch die organischen Reste voneinander getrennt sind. Poly(si1an)e absorbieren zwischen 290 nm und 420 nm stark das UV-Licht, obwohl die Siliciumatome nur durch o-Bindungen verbunden sind (Tab. 11-3). Diese Eigenschaft ist jedoch nicht den Silanketten inharent. Sie stammt vielmehr von Abweichungen von dcr Coplanaritat durch konformative Unvollkommenheiten, die sich j e nach den Substituenten verschieden auswirken. Unterbrechungen der Coplanaritat der Kette durch gauche-Konformationen zwingen namlich zu einer Lokalisierung der Anregung auf die langeren trans-Sequenzen. Poly(dialkylsily1en)e mit langen n-Alkylresten zeigen beim Abkuhlen ihrer Ltisungen bzw. festen Filme ungewtihnliche diskontinuierliche reversible Thermochromatizitaten rnit dem Auftreten neuer Banden bei 354 nm (Ltisung) bzw. 373 nm (Festktirper).
488
11.3. Silicium-Polymere
Tab. 1 1 -3 Schmelztemperaturen TM (beim Poly(dihexylsi1an) iibergang kristallin + smektisch), Glastemperaturen TG. Maxima der UV-Absorptionen und elektrische Leitfhigkeiten (nach dem Dotieren mit SbF5) von Poly(dimethylsi1an) (PDMS), Poly(dihexylsi1an) (PDHS), Poly(methylpheny1silan) ( P M P S ) und den Copolymeren mit Methylphenylsilan- und Dimethylsilan-Einheiten (PSS). Substi tuen ten
Umwandlungen TMIOC TG/"C
Dimethyl Dihexyl Methyl, phenyl Methyl, phenyl + dimethyl
UV-Absorption Elektrische Leitfaigkeit in S/cm Unm nicht dotiert dotiert <
340 318 342 320-330
42 120
1 0-3
10-12
2.10-4 10"
< 10-12
Poly(si1ane) tSiRR'+ und Poly(carbosi1an)e t(SiRR')i-CH& mit drei und mehr aufeinanderfolgenden Si-Kettenatomen und Alkylsubstituenten R bzw. R' werden in Ltjsung photochemisch gespalten. Als Abbauprodukte entstehen dabei entweder nur Silylene (Reaktion A), nur Silylradikale (Reaktion B) oder sowohl Silylene als auch Silylradikale (Reaktion C): R' R' R' I l l WSi-Si-Si I l l R R R
(11-6)
R' R'
R'
\ /
R
A -
Si: +
I I WSi-Si I I R
JIMT
R
Reaktion A
oder
3
R;
R'
R'
Si*
oder
\
/
R
Reaktion B
I
Si: + 2 W S i .
I
/
R
R
Reaktion C
Durch diesen photochemischen Abbau verkutzt sich die Sequenzlange der Si-Kettender Lichtabsorpatome und damit auch die a-Konjugation. Sowohl das Maximum ha, tion als auch die Absorption pro Si-Si-Bindung nehmen ab. Licht kann dadurch in dicke Filme eindringen, was fur die Anwendung von Poly(si1an)en als Photoresists wichtig ist. Poly(methylpheny1silan) wird in der optischen Lithographie eingesetzt, seine Copolymeren mit Dimethylsilan auch als Photoinitiatoren fur Vinylpolymerisationen.
11.3.2.
Poly(carbosi1an)e
Poly(carbosi1an)e sind a h Polymere mit den Monomereinheiten -SiRR'-CR"R"'- definiert, also als solche mit altemierenden Si- und C-Kettenatomen. Manchmal zahlt man zu ihnen jedoch auch Polymere mit mehr als einem C-Kettenatom in der Monomereinheit, also Polymere mit Monomereinheiten vom Typ -SiRR'-(CR"R"')i- mit i 2 2. Sie dienen als Vorlaufer fur Siliciumcarbid-Fasem.
489
11. Anorganische Polymere
Das einfachste Poly(carbosi1an) ist das lineare Poly(silylenmethylen) (PSM) bzw. Poly(silaethy1en) (PSE) mit der Struktur -kSiH2CH&. Es entsteht durch Ringoffnungspolymerisation von 1,1,3,3-Tetrachlor-l,3-disilacyclobutan.Das entstehende hochmolekulare Polymere wird anschliessend mit Lithiumaluminiumhydnd reduziert: (11-7)
C12S'
1-
CHZ 1
C1
H2C- SiCI,
C1
I
-+
I
+ LiAIH,
I
- LiCI, - AICI,
JvvvSi-CH,Si-CH,-
I
C1
CI
'
-
H H I I Si--CH2-Si-CH2 I I H H
m
Verwendet man statt dessen C13SiCH2Cl und eine Grignard-Reaktion, so erhllt man ein verhlltnismPssig niedemolekulares, hochverzweigtes Polymeres, das Hydridopoly(carbosilan) (HPCS, HBPSE) genannt wird. Das Poly(silamethy1en) und das Hydndopoly(carbosi1an) dienen ebenso wie das Poly(dimethylsi1an) und das Poly(dimethylsi1anco-methylphenylsilan) als Ausgangsstoffe f i r Siliciumcarbid-Fasem (Sic-Fasem). Beim Erhitzen auf 450°C lagert sich das unltjsliche und schwierig zu verarbeitende Poly(dimethylsi1an) I teilweise zum heptanltislichen Poly(silapropy1en) (Poly(rnethylsi1methylen) I1 um. Teilweise wird es jedoch unter Abspaltung von Wasserstoff und Methan zu anderen (unloslichen) Poly(carbosi1an)en vemetzt:
( 1 1-8)
7H3 WSi-
I
CH,
---+ I
CH3 I -Si -C I H
H 1 MW
1 H J I
---+
Siliciurncarbid-Fasem
Das Poly(silapropy1en) I1 wird aus der Schmelze zu Faden versponnen, die dann an der Oberfllche oxidiert werden, urn die Faden dimensionsstabil zu machen. Ein weiteres Erhitzen auf ca. 1300°C unter Argon erzeugt Siliciumcarbid-Fasern (Sic-Fasern), die hauptsichlich aus kristallinem P-Siliciumcarbid S i c bestehen, daneben auch aus amorphem S i c und Si02. Anstelle von Poly(dimethylsi1an) I bzw. Poly(rnethylsilmethy1en) I1 geht man technisch auch von Dodecamethylcyclohexasilan aus. Mischungen von Dimethyldichlorsilan (CH3)2SiC12 und Phenylrnethyldichlorsilan (C6H5)(CH3)SiC12 liefem bei der Polykondensation mit Natrium entsprechend G1.( 11-5) ein sog. Poly(silastyro1) ~ S ~ ( C H ~ ) ~ - S ~ ( C H mit ~ ) (relativen C ~ H SMolmassen ~ bis zu 400 OOO, das unter Verlust von Wasserstoff, Methan und Benzol ebenfalls in p-Sic uberfuhrt werden kann. Ein drittes Verfahren geht von einem loslichen Poly(carbosi1an) aus, das durch Reaktion von ClCH2Si(CH3)2Cl, CH2=CHSi(CH3)C12 und (CH3)2SiC12 mit Kalium entsteht. Poly(carbosi1an)e entstehen auch beim Durchleiten von (CH3)dSi oder Alkylarylchlorsilanen durch ca. 700°C heisse Rtjhren. Die entstehenden Polymeren werden zu Fasem, Filmen, Schaumstoffen usw. verarbeitet und anschliessend bei (800-2OOO)"C durch Pyrolyse in Siliciumcarbid uberfiihrt. Siliciumcarbid-Fasem mit einer Seele aus Kohlenstoff (Sic-Fasem) werden durch Abscheidung von p-Sic an Kohlenstofffasem bei Stromdurchgang durch eine Mischung von Si(C2H5)4 und H2 (als Tragergas) bei (1 100-13OO)"C hergestellt.
490
11.3. Silicium-Polymere
Poly(carbosi1an)e mit lingeren Methylensequenzen zwischen den Siliciumatomen der Kette sind durch verschiedene Reaktionen zuginglich, und zwar mit zwei Methylengruppen durch Hydrosilylierung und rnit dreien durch Ringoffnungspolymerisation: R
R ..
(11-9)
~~
I
H,PtCI,
H -Si -CH =CH2 I
-
R
H2C-CH2
(11-10)
11.3.3.
I
*
I
CH3- Si -CH2 I CH3
I
-..S i - C H 2 2 H 2 I
-
R (73
-..Si-CH2-CH2-CH2
I
JIMT
CH3
Poly(si1azan)e
Poly(si1azan)e enthalten Si-N-Bindungen in der Kette. Sic sind als Vorprodukte f i r keramische Siliciumnitride Si3N4 interessant. Solche Vorprodukte miissen aber leicht verarbeitbar sein, also nicht vemetzt, sondem hochstens verzweigt. Da Silicium vierwertig ist und Stickstoff dreiwertig, sind lineare und leicht verzweigte Poly(si1azan)e wegen der begrenzten Auswahl an geeigneten Substituenten aber nur schwierig zu synthetisieren. Organische Substituenten wurden bei den hohen Temperaturen der Keramikbildung leicht unerwunschte kohlenstoffhaltige Pyrolysate geben. Wasserstoff-, Halogen- und Stickstoff-Substituenten lagem sich zudem an Silicium leicht um. Durch Aminolyse von Dichlorsilan entstehen z.B. neben linearen Oligosilazanen nach (11-11)
(3n+l)CH3NH2
+
nH2SiC12
- 2 n [H3CNH3]Cl
auch ca. 30 % cyclische. Die Ammonolyse von Methyldichlorsilan fuhrt zu cyclischen Oligomeren, die d a M rnit Kaliumhydrid zu prakeramischen Massen polymerisieren: ( 1 1 - 12)
CH3HSiC12
+ NH3
b
- NHdCI
11.3.4.
(CH3HSNW3-,
KH __+
(CH3HSiNH)i(CH3SiN)j
- H2
Poly(kiese1saure)n
Orthokieselsaure Si(OH)4 entsteht durch die Reaktion von Siliciumtetrachlorid Sic14 mit Wasser. Das unbestandige H4Si04 kondensiert je nach pH-Wert mehr oder weniger rasch intermolekular. Dabei bilden sich iiber die Orthodikieselsaure (Pyrokieselsaure) (H0)3Si-O-Si(OH)3 und ringformigen Oligomeren (O-Si(OH)2)3.6 zuerst Polykieselsauren H(O-Si(OH)2),0H (n > 6) und schliesslich kcttenformige Metakieselsauren H[O-Si(OH)2],0H (= "H2Si03", Poly(kiese1saure)). Die Ketten konnen xu komplexeren Strukturen zusammentreten (Kap. 1 1.3.5). In wassrigen Losungen liegen quadratische Tetramere, kubische Octamere usw. vor, aber keine Polymeren.
49 1
11. Anorganische Polymere
Die Natriumsalze (und auch die Kaliumsalze) der Kieselsaure Na20.m Si02-n H20 bzw. ihre wissrigen Ltisungen heissen Wasserglas. Je nach dem molaren Verhiltnis m = [Si02]/[Na20] unterscheidet man hochsiliciumreiches Wasserglas (m = 3,9-4,l), NatronWasserglas (m = 3,3-3,5) und alkalisches Wasserglas (m = 2,O-2.2). Das Behandeln von Wasserglas mit Mineralsiuren fuhrt zu Kieselgel (E: silica gel) (L:sifex = Kiesel). Wasserglas wird fast ausschliesslich als 35 %ige Ltisung gehandelt. In diesen Ltisungen liegen nebeneinander Monosilicate N ~ S i 0 4 Disilicate , Na6Si207, Poly(metasi1icat)e (NazSiOs), und Poly(disi1icat)e (Na2Si205),, vor. Die hohe Viskositit der Ltisungen stammt teils von den Polymeren und teils von den stark hydratisierten 0--1onen. Die jlhrliche Weltproduktion an Wasserglas betrigt ca. 3,5 Millionen Tonnen. Etwa 1/4 dieser Produktion wird fur Detergentien verwendet, ca. 50 % als Siliciumquelle fur Pigmente, Zeolithe, Katalysatoren usw., der Rest f i r Klebstoffe, Flotationshilfsmittel, Bindemittel fur Sande in der Giesserei usw.
11.3.5. S i l i c a t e Strukturen Silicate sind nieder- oder hochmolekulare Salze und Ester der Orthokieselsaure bzw. deren Oligomeren und Polymeren. Bei einigen Silicaten sind die eigentlichen Silicatstrukturen mit anderen Strukturen kombiniert, z.B. mit Bindern aus (polymerem!) Mg(OH)2. Bei anderen Silicaten sind Siliciumatome durch andere Atome wie Mg, Al, Fe usw. ersetzt. Neso-, Soro-, und Cyclo-Silicate sind niedermolekular. Neso-Silicate (Insel-Silicate) sind direkte Abktimmlinge der Orthokieselsiure, wihrend Soro-Silicate (Gruppen-Silicate) auf der Pyrokieselsiure basieren (Abb. 11-2 und Tab. 11-4). Cyclo-Silicate (RingSilicate) besitzen 3, 4 oder 6 SiO-Gruppierungen pro Repetiereinheit. Tab. 11-4 Beispiele fur Silicate rnit Neso- 0,Soro- (S), Cyclo- (C,), Ino- (I), Phyllo- (P) und Tecto-Strukturen (T). * Mg und Si konnen leilweise durch A1 oder Fe (evtl. auch Ti) ersetzt sein. Strukturgruppe Typ Namen N New-S. S Soro-S.
Insel-S. Gruppen-S.
Cyclo-s. Cyclo-s. c6 cyCl0-s. I Ino-S. IB Ino-S. P Phyllo-S.
6-Ring-S. 8-Ring-S. 12-Ring-S. Ketten-S. Bmd-S. Blatt-S.
T Tecto-S.
Geriist-S.
c3
c4
Anion
Beispiele O/Si Name
,oo Forsterit 3 ,SO Thorveiti t Gehlenit 3 ,oo Wollastonit 3 ,oo Neptunit 3 ,oo Beryll 3 ,oo Augit 2.75 Chrysotil 2,SO Muskovit 2,SO Talk 2,SO Montmorillonit 2,50 Quarz 4
Suukturformel
11.3. Silicium-Polymere
492
Q
soro
neso
0
cyclo-3
6
cyclo4
cyclo-6
0
phyllo
ino
I
I
Abb. 11-2 Strukturen von niedermolekularen (oben) und polymeren (unten) Silicaten. @ Siliciumatome, 0 Sauerstoffatome. Die Bindungswinkel sind nur schematisch wiedergegeben. Die Sauerstoffatome sind teilweise negativ geladen (Ladungen nicht eingezeichnet).
Hochmolekulare Silicate kommen als Ketten-, Schichten- oder Netz-Strukturen vor. Bei den Ketten-Silicaten (Catena-Silicaten; Ino-Silicaten; G: ino = Genitiv von is = Faser) kann man Einzelketten I (Ketten-Silicate) und Doppelketten IB (Bander-Silicate; Leitersilicate) unterscheiden (Abb. 1 1-2). Einzel- und Doppelketten ktinnen sich ausserdem zu rohrenartigen Silikaten zusammenschliessen (Abb. 1 1-3). Der in japanischer Vulkanasche vorkommende, aus Gibbsit-Einheiten (OH)3A1203SiOH bestehende r6hrenftirmige Imogolit ist z.B. bis zu mehrere Hundert Nanometer lang.
Narsarsukit Na2CuSi,O,
Apophyllit KCa,Si,O,,F.
8 H20
Dalyit
(K,Na)2ZrSi60,
Abb. 11-3 Beispiele fur rohrenartige Silicate. Oben: dreidimensionale Darstellung (nur die mit Si besetzten Ecken). Unten: Iangsweise geijffnete und auf eine Hache projizierte Gitter [I].
493
11. Anorganische Polymere
Schicht-Silicate wie die Tonmineralien werden auch Phyllo-Silicate oder Blatt-Silicate genannt (G: phyllon = Blatt). Die dreidimensionalen Strukturen (Tecto-Silicate; Gerust-Silicate) weisen den Grenzfall Quarz (SiOz), auf (G: tekton = Baumeister). Die ublichen Schreibweisen f i r die Strukturformeln hochmolekularer Silicate deuten nicht den polymeren Charakter dieser Verbindungen an (Tab. 11-4). Man schreibt vielmehr wie bei den niedermolekularen Silicaten den Silicat-Rest der Repetiereinheiten in eckige Klammem und setzt die Gegenionen davor. OH-Substituenten werden als zum Silicat-Rest gehUrig betrachtet und deshalb innerhalb der eckigen Klammem geschrieben, und zwar auch dann, wenn sie nicht an Si gebunden sind, sondem an die Gegenionen. Beispiele sind das Mg im Talk oder das A1 im Montmorillonit (Tab. 11-4). Falls Silicium oder das ublicherweise vorkommende Gegenion auch durch andere Elemente ersetzt sein kUnnen, werden diese meist durch Klammem angedeutet (z.B. Ersatz von Ca durch A1 oder Mg in Gehlenit). Gelegentlich benutzt man auch sog. OxidFormeln (vgl. Chrysotil). Der Thortveitit wird dann z.B. als Sc2O3.2 Si02 geschrieben und die Gibbsit-Einheit als Si02.Al203.2 H20. 95 % der oberen Erdkmste bestehen aus Quarz und Silicaten. Silicate werden als naturlich vorkommende Werkstoffe in Form von Sanden, Kiesen, Steinen, Tonen, Feldspaten usw. in grUsstem Umfang verwendet, z.B. als Baumaterial, Fullstoffe, Ionenaustauscher. Katalysatoren usw. Ihre Eigenschaften hangen weitgehend von ihrer Struktur ab. BPnder-Silicate bilden fasrige Kristalle (z.B. Asbest), Phyllo-Silicate dagegen Bllttchen (z.B. Glimmer). Andere Phyllo-Silicate wie die Tone k6nnen zwischen den SilicatSchichten Wasser auhehmen und dabei erheblich quellen (z.B. Montmorillonit).
Synthesen Silicate sind formal die Kondensationsprodukte des Orthosilicatanions: 2 [Si04l4- P [Si207l6-
(1 1-13)
+
02- usw.
Wenn von gleichen Stoffmengenanteilen xi an Si02 und Oxiden MtO zweiwertiger Metalle ausgegangen wird, bilden sich lineare Ketten (I) mit unendlich grossen Zahlenmitteln der Molmassen. Bei X S ~ O ~ / X M > ~ O1 treten dagegen verzweigte Silicatketten (11) auf, weil nun nicht mehr genugend Gegenkationen vorhanden sind. Bei noch hiiheren Si02-Anteilen treten Ketten zu Band- und Schichtenstrukturen zusammen, bis schliesslich bei xsioz = 1 das Tectopolymere (Quarz) gebildet wird.
-
0I
0-
0-
0-
0-
0-
0-
0-
I I Sic\-Si-0-5-0-Si-0I 1 I I
I
I
0-
00I I I JVW Si-O-Si-O-Si-O-Si4*
I
0-
I
1
0 0I 0 - S i -0-
I
0
0-
I I Sic\-Si-0 I I 00-
0-
I
I
0-
II
11.3. Silicium-Polymere
494 1
,. NiO
0.8
3 I
0,6
0,4 0.2
0 0
0.1
0,2
0,3
0,4
-Xsio,
0,5
0,6
0,7
----*
Abb. 11-4 Aktiviaten uMtOverschiedener Metalloxide MtO als Funktion des Stoffmengenanteilsx an Si@ in Silicatschmelzen von NiO-SiO2 bei (1650-1950)"C,SnO-Si02bei 1 100"C, FeO-SiO2 bei (1785-1960)"C,PbOSi2 bei 1OOO"Cund CaO-Si02 bei 1600°C. Die Linien wurden rnit Gl.(ll-14) fur lineare (-) und verzweigte (- - -) Polymere berechnet [2]. Die Lage des Gleichgewichtes und die Struktur der Silicate wird durch die Kationen kontrolliert. Wenn Cyclisierungen abwesend sind, besteht nach der Theorie der konsekutiven Gleichgewichte bei bivalenten Metalloxiden MtO eine Beziehung zwischen dem Stoffmengenanteil xsio2 des Si02 in der Schmelze aus Si02 und MtO, der Aktivitat U M ~ O der Metalloxide MtO und der Gleichgewichtskonstanten K , wobei b = 1 f i r lineare Ketten und b = 3 fiir venweigte:
Das Temkin-Gesetz besagt, dass bei bivalenten Kationen die Aktivitat U M ~ Odes Metalloxides gleich dem Stoffmengenanteil an 02--Ionen ist. Nach dem Verkappen der Silicatanionen mit Trimethylsilyl-Radikalen (CH3)3Si* lasst sich die Konzentration der 02--Ionen massenspektrometrisch aus dem Gehalt an CH3-Gruppcn bestimmen. Nach diesen Messungen bildet NiO lineare Ketten, wahrend SnO, FeO, PbO und CaO zu verzweigten Polymeren fuhren (Abb. 11-4). Das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades berechnct sich fur Schmelzen linearer und verzweigter Polymerer aus dem Stoffmcngenantcil xsio, an Si02 und der Aktivitat U M t O der Metalloxide zu
Die mit GI.( 1 1-15) bercchneten Zahlenmittel der Polymerisationsgrade sind bei Silicaten aus Schmelzen von SiO2 und Metalloxiden MtO rccht niedrig. Bei einem Vcrhaltnis von Mt0:SiOz von 6:4 betragen sie z.B. bei CaO (1600°C) nur 2,l ( K = 0,0016), bei SnO (1 IOOOC) 6.3 ( K = 2,55) und bci NiO (1700°C) 11,8 ( K = 46). Bei grosseren MtOAnteilen sind sie naturgemass niedriger. Die entsprechenden Werte lauten hier 1,0 (CaO), 2,O (SnO) und 4,8 (NiO).
I I.
495
Anorganische Polymere
11.3.6.
Silica tglaser
Wenn man von Glas spricht, ist in der Regel Silicatglas gemeint, obwohl es auch andere anorganische Gliser gibt, z.B. von B2O3, P2O5, As203 usw., und auch organische wie z.B. Zellglas (Cellulosehydrat) oder Acrylglas (Poly(methylmethacry1at)). Gllser sind immer amorph (glasig) erstante Schmelzen. Das in den griissten Mengen produzierte Normalglas (Fenster- und Behilterglas) weist etwa die Zusammensetzung Na20Ca0.6 Si02 auf (75 Gew.-% Si02, 13 Gew.-% Na20, 12 Gew.-% CaO) auf; es steht mit einem Verhlltnis 0:Si = 2,33 zwischen den Phyllo- und Tecto-Silicaten. Beim schwerer schmelzbaren Kaliglas (Bohmisches Kristallglas) mit einer Zusammensetzung von ca. K2O.Ca0.8 Si02 tntt Natrium an die Stelle von Kalium und der SiO2-Gehalt ist grosser (0:Si = 2,25). Im chemisch widerstandsfahigeren. fiir Laboratoriumsglaer verwendetem Jenaer Glas sind Na20 und CaO weitgehend durch B2O3, A1203 und BaO ersetzt. Ein ihnliches wasser- und witterungsbestlndiges Borosilicatglas ist das urspriinglich fur die Elektroisolation entwickelte E-Glas. Dieses Glas wird auch zu Filamenten und Fasem mit (5-13)pm Durchmesser versponnen, die zur Verstarkung synthetischer Polymerer dienen. Durch neuere Entwicklungen auf dem Gebiet der Haftmittel sind jedoch auch rnit dem preiswerteren, alkalireichen A-Glas gute, wasserfeste Laminate erhaltbar. C-Glas ist besonders korrosionsfest (E: chemical glass), D-Glas weist gute dielektrische Eigenschaften auf, R-Glas ist widerstandsmhig gegen Sauren (E: resistant), S-Glas und T-Glas besitzen gute Festigkeiten (E: strength, tensile strength). Die therrnischen und mechanischen Eigenschaften der Silicatglaser werden direkt durch ihre Kettenstrukturen bestimmt. Ein Natriumsilicat-Glas Na2Si03 mit 49 % Si02 weist ein Verhlltnis 0:Si = 3,O auf. Es liegt in Form linearer Ketten vor. Die Glastemperatur dieses Glases betragt ca. 420°C. ErhCiht man den Si02-Anteil auf 70 %, so entstehen wegen 0:Si = 2,33 nunmehr Siloxan-Polymere rnit kurzen Seitenketten, die das Zusammenlagem der Ketten st6ren (erhiihtes freies Volumen) und die Glastemperatur auf 355°C herabsetzen. Steigert man den Si02-Gehalt noch weiter auf 92 % (0:Si = 2,l l), so werden viele Siloxan-Gruppierungen in Band-, Blatt- und Gitterstntkturen vereinigt und die Glastemperatur steigt wegen der Strukturversteifung auf 540°C an. Tab. 11-5 Zusammensetzungen in Gew.-% von Silicatgllsern fur Fasern und Filamente [3,4]. Komponente
A
C
D
E
ECR
R
S, T
Si 0 2
I0 - 12
A1203
0 - 2,s 5-10 1-4 0 - 0.5
60-65 2-6 14 1-3 2-1
1 3 - 14 0-0,3 0,3 - 0,6
58 - 63 10 - 13 21 -23 2-4 0,1
60 25
60 - 65 20 - 25
12- 15
8 - 10
52 - 56 12 - 16 16 - 25 0-5 5 - 10 0,15 0-2 <1 0 - 0,8
CaO MgO B203 F Na20 K20 Fez03 Ti02 ZnO
- _
0.2
22-23 0 - 0,l 1 - 1.3 1s Spur
0 - 1,2 0,4 0 - 0,4 2.1 0 - 3,5
9 6
10
0 - 1,2
0 - 1,l
496
11.3.7.
I I .3. Silicium-Polyrnere
Faserformige Silicate
Asbest (G: asbestos = unverbrennlich) ist keine definierte chemische Substanz, sondem die handelsubliche Bezeichnung fiir faserige Silicate mit hoher Zugfestigkeit und ausgezeichneter Warmebestandigkeit. Alle Asbeste sind Band-Silicate, d.h. Silicate mit Leiterstrukturen (Doppelketten). Sie unterscheiden sich in der chemischen Zusammensetzung, der Kristallstruktur und der Fasergrosse. Ihre Kristallisation erfolgt gewohnlich in nicht-faserigen, steinahniichen Formen, bei bestimmten Bedingungen aber in Bundeln von hunderten und tausenden Fibrillen von meist (1-2) cm Lange und Achsenverhaltnissen bis zu 1000. Man teilt Asbeste in Serpentine und Amphibole ein. Der Name Serpentin bezieht sich auf die manchmal einer Schlangenhaut ahnlichen Farbe dieser Mineralien (L: serpes = Schlange). Er wird als mineralogischer Begriff sowohl auf Band-Silicate wie Chrysotil (Faserserpentin) als auch auf Schicht-Silicate wie Antigorit (Blattserpentin) angewendet. Die meist angegebene "mineralogische" Chrysotil-Formel Mg3Si205(OH)4 bzw. Mg6[(OH)gSi4] lasst anders als die Schreibweise Mg3[SieO11].3 Mg(OH)2.H20 nicht erkennen, dass beim Chrysotil Leiterstrukturen des Magnesiumsilicats Mg3[ Si40 11 ] (s. ino-band in Abb. 11-2) mit "Spiro-Ketten" des Mg(OH)2 altemieren. Die weissen, seidig-glanzenden Hohlfaserchen des Chrysotils schmelzen bei ca. 1100°C (G: chrysos = Gold; tilos = feines Haar). Chrysotil ist der wirtschaftlich wichtigste Asbest. Er ist im Gegensatz zu den Amphibolen verhaltnismassig gutartig in Bezug auf Carcinogenitat.
Amphibole (G: amphi bolos = zweideutig) sind Silicate, die zur Mineralfamilie der Homblenden mit der allgemeinen Formel X ~ Y ~ [ S ~ ~ Z Ogehoren, I I ] A ~wobei X = Li, Na, K , Mg, Ca oder Fe(I1); Y = Mg, Al, Ti(III), Fe oder Mn; Z = A1 oder Si; sowie A = F oder OH. Bei den Amphibolen umgeben zwei Band-Silicate sandwichanig ein Band aus Magnesiumhydroxid. Zu den Amphibolen gehoren Aktinolith Amosith
CaMg3Si4012 ahnlich wie Anthophyllit
Anthophyllit Krokydolith Tremolit
(OH)2(Mg3Fe)7[Si401112 Na4MgdOHISi401112 Ca2Mg5 [ OHlSi 4 0 1112
Die Tremolit-Aktinolith-GruppeCa2(Mg,Fe(II))~Sig022(OH)2 und die AnthophyllitGruppe (Mg,Fe(II))7Sig022(0H,F)2 sind die wichtigsten Untergruppen. Der TremolitAktinolith ist folglich als 2 Ca(Mg,Fe(II))2[Si4011].Mg(OH)2 zu schreiben. Asbeste wurden wegen ihrer feuerdammenden Eigenschaften vie1 als Isoliermaterialien verwendet. Da ihre Faserchen jedoch beim Einatmen Asbestose (eine der Silicose Bhnliche Verstopfung der Lungenepithelien) erzeugen, was langfristig zu Lungenkrebs fiihren kann, werden z.Zt. viele Bautcn aufwendig von Asbest entsorgt.
497
11. Anorganische Poiymere
Schichtsilicate
11.3.8.
Schichtsilicate (Phyllosilicate, (Abb. 11-2)) sind aus aufeinander gelagerten Silicat-, Aluminiumsilicat- und/oder Magnesiumsilicatschichten verschiedener Zusammensetzung aufgebaut, die teilweise noch durch Alkali- bzw. Erdalkali-Ionen und/oder Wasserschichten voneinander getrennt sind (Abb. 11-5). Die Grundeinheiten der Silicatschichten weisen eine tetraedrische Struktur auf, diejenigen der mit ihnen verbundenen aluminiumbzw. aluminium/magnesiumhaltigen Schichten eine octaedrische. Schichtsilicate ktinnen femer auch bBnderartige Brucit-Einheiten Mg(OH)2 und/oder schichtftirmige GibbsitEinheiten A1203 2 3 0 2 - 2 H20 enthalten. In den rtihrenfiimigen Imogoliten sind dagegen die Gibbsit-Einheiten gekriimmt: zehn solcher Einheiten umschliessen hier zylinderftirmig ein Orthosilicat-Anion, das mit der vakanten octaedrischen Seite innerhalb jeder Gibbsit-Einheit verbunden ist.
e Wasserschichc
0
Kaolinit
Halloysit
Muskovit
Montmorillonit
Chlorit
Abb. 11-5 Schematische Darstellung der Aufeinanderfolge der Gmndeinheiten in den Schichten einiger Tonmineralien [ 5 ] . 0 Silicium, o Silicium oder Aluminium, 0 Sauerstoff, 0 Aluminium, H Aluminium oder Magnesium; T = tetraedrisch, 0 = octaedrisch, B = Brucit, G = Gibbsit. Der trikline Kaolinit, ein Hauptbestandteil des Kaolins (s. unten), besteht z.B. aus A14(0H)8[Si4010] = Al2O3. 2 Si02 . 2 H20. Die gleichen Einheiten sind beim Halloysit noch durch Wasserschichten getrennt. Muskovit weist dagegen durch Kaliumionen getrennte Doppelschichten auf. Seine allgemeine Zusammensetzung ist K2A14(A12Si6020)(OH)4. Der helle Muskovit geh6rt wie der dunkle Biotit zu den glitzemden Glimmern, hellen bis dunklen Tonerdemineralien, die als Schichtsilikate ausgezeichnet nach einer Flache spaltbar sind. Muskovit wird in Plattenform (bis zu 2 m Durchmesser!) als elektrisches Isoliermaterial verwendet, in kleinen PlBttchen als Fullstoff und als Perlglanzpigment. Biotit ist technisch bedeutungs10s.
498
1I .3. Silicium-Polymere
Auch der bei 150°C getrocknete Montmorillonit A12(OH)2[Si4010] weist Doppelschichten auf, wobei aber das Aluminium teilweise durch Magnesium ersetzt sein kann. Die Ionenschichten bestehen hier nicht aus Kalium wie beim Halloysit, sondem aus Natnum und/oder Calcium. Gewohnlich nimmt der Montmonllonit aber Wasser auf. Er setzt sich dann aus (A1203 . 4 Si02 . H20) . n H20 zusammen (Abb. 11-6). Beim Chlorit sind andererseits die Aluminium/Magnesiumsilicatschichtennicht durch Na,Ca-Ionen getrennt, sondem durch Brucit- und/oder Gibbsit-Einheiten (Abb. 11-5).
si, AI 0.OH A1 (Mg) 0,OH Si, A1 O
Wasser und austauschfaige Kationen Tetraederschicht Oktaederschicht Tetraederschicht
Abb. 11-6 Zwei der vielen aufeianderliegenden Schichten eines Montmorillonits [6]. Beschriftung oben: Zusammensetzung; Beschriftung unten: Strukturen.
Die zweidimensional "unendlich" grossen Polyanionen des Montmorillonits sind durch die Natrium- bzw. Calciumkationen der Zwischenschichten elektrostatisch verbunden. Wegen dieser Struktur kann Montmorillonit erhebliche Mengen Wasser aufnehmen und andere Kationen einlagem. Es wird als Spiilmittel bei Bohrungen verwendet, sowie als Adsorptionsmittel, Fiillstoff, Umhiillung von Pflanzensamen, Katalysator u.a.m. Mit Montmorillonit als Matrix konnen z.B. aus einfachen a-Aminosauren in vitro Polypeptide synthetisiert werden. Beirn Aufquellen des Montmorillonits in Wasser wird der normal ca. (1 -2) nm betragende Abstand zwischen den Oktaederschichten vergrossert. Die Anziehungskrafte zwischen den Schichten sinken dann bis auf etwa diejenige der thermischen Energie ab, wenn nur wenig 1,l-Elektrolyte vorhanden sind. Jede Schicht wird dann eine selbstandige kinetische Einheit. Diese Schichten sind replikationsfahig. In verdunnten N2hrlosungen aus z.B. Na+, K+, Mg2+, A13+, Si(OH)4 usw. wirken sie als Wachstumskeime fiir neue Schichten. In der Natur erfolgt dieser Prozess, weil sich Schneeschmelzen bzw. Regenzeiten und Diirreperioden abwechseln. Wahrend der feuchten Perioden nehmen die hochgequollenen Montmorillonite nur wenig Elektrolyte auf und die Schichten sind voneinander isoliert. Wenn d a m das Wasser in den durren Zeiten verdunstet, steigt der Elektrolytgehalt wieder an. Mit dem Montmorillonit sind eine Reihe anderer Tonmaterialien verwandt. Der Vermiculit mit der ungefahren Zusammensetzung Mg3(0H)2[(Al,Si)4010] . 4 H20 verliert beim Erhitzen Wasser und blaht sich zum etwa 50fachen seines Volumens auf. Dabei werden die Schichten delaminiert. Es bilden sich covalente Bindungen zwischen den Plattchen aus, und das Material wird steif und sprode. Tauscht man jedoch die "bindenden" ausseren Schichten von Magnesiumionen durch Waschen mit wassrigen NaC1- und f (C4H9)dN JC1-Losungen gegen monovalente Gegenionen aus, dann werden die Lamel-
499
11. Anorganische Polymere
+ \ + Abb. 11-7 Chemisches Delaminieren und mechanisches Mahlen liefern isolierte Schichten.
len nur partiell zu Plittchen von ca. 30 nm Dicke und Achsenverhaltnissen von ca. 200 delaminiert. Sie wirken nunmehr als "Kristallbriicken" fur die gesamte Struktur. Diese Briicken bzw. Ankermolekiile werden durch Mahlen in Kugelmiihlen gebrochen. Die resultierenden Einzelschichten sind ca. 1 nm dick (Abb. 11-7). Kaolin (chinesisch: kuo fing = hoher Hugel) ist ein Gemenge von Schicht-Silicaten der Formeln A14(OH)g[Si4010] (Kaolinit, Dickit, Nakrit) bzw. A12(OH)2[Si4010] (Montmorillonit) mit gelftirmigen Tonerdesilicaten (Allophanen). Es ist das Endprodukt der Verwitterung von Granit und Feldspat (E: feldspar). Hochreines (weisses) Kaolin dient zur Porzellanherstellung. Es wurde daher friiher auch Porzellanerde genannt (E: china clay, porcelain earth). Ca. 50 % des geftirderten Kaolins werden zum Herstellen von Papier verbraucht. In der Gummiindustrie ist Kaolin der zweitwichtigste Fiillstoff (Russ ist der wichtigste).
11.3.9.
Zement und Beton
Zemente (E: cement) sind hydraulische Bindemittel aus Calciumsilicaten und -aluminaten mit wechselnden Mengen CaO, Si02, A1203 und Fe2O3, die rnit Wasser steinartig hirten (L: cuementurn = rauher, unbehandelter Stein; Bmchstein). Wirtschaftlich am wichtigsten ist der Portland-Zement aus Tricalciumsilicat Ca3SiO5, 0-Dicalciumsilicat CazSiO4, gebranntem Kalk CaO und komplex zusammengesetzten Aluminiumsilicaten. Er hat seinen Namen nach dem gleichfarbigen Naturstein der Halbinsel Portland ("Isle of Portland") im siidlichen England. Zement wird hiufig mit Sanden und Kiesen zu Beton (Zementbeton) verarbeitet (von L: bitumen = Pech, Erdharz. E: concrete, von L: concrescere = zusammenwachsen, harten). Ein typischer Beton besteht aus einer Mischung von 45 kg Portland-Zement, 20 L Wasser, 90 kg Sand und 120 kg Kiesen verschiedener Komgrtissen. Nach dem Zusammenmischen bindet der Zement mit dem Wasser zum Zementleim ab, dann zurn Zementgel und nach wenigen Stunden zum Zementstein. Die Zuschlige (Sande, Kiese) weisen weit htihere Festigkeiten als der Zementstein auf. Die Festigkeit des Betons wird also durch den Zementstein kontrolliert und dieser wiedemm durch den Wasser-Zement-Wert w = wlz. Zum hundertprozentigen Abbinden des Zements werden 40 Gew.-% Wasser bentitigt. 25 Gew.-% werden chemisch gebunden. Die anderen 15 % hinterlassen beim Trocknen Gelporen von (1-10) nm Durchmesser. Das Gelporenwasser gefriert erst bei -20°C bis -80°C. Bei o > 0,40 entstehen Kapillarporen von (10-105) nm Durchmesser, in denen das Wasser schon bei -10°C gefriert. Wlhrend des Abbindens wachsen aus den Zementteilchen igelftimig faserartige Silicat- und Aluminatkristalle, die miteinander verfilzen und so die Sande und Kiese einbetten. Die Druckfestigkeit nimmt zunachst rasch, dann langsamer zu. Die Endfestigkeit ist erst nach Monaten erreicht. Beton kriecht jedoch unter Last, was durch Stahlarmierungen reduziert wird. Bei dynamischen Belastungen entstehen bei Strassen Spumllen, wobei ein 25 t-Lastwagen etwa den gleichen Schaden wie 6500 Personenwagen hetvorruft.
500
11.3. Silicium-Polymere
Der Beton h6rt nach Erreichen der Endfestigkeit jedoch nicht auf, weiter zu reagie-
ren. Schon wahrend des Abbindens schrumpft das Ca(OH)2 und es bilden sich Lunker. In die Poren dringt Wasser ein, das in den grtisseren Poren gefriert, wodurch es sich ausdehnt und den Beton sprengt. Kohlendioxid der Luft wandelt femer das nichtreagierte CaO in CaC03 um. Der Beton verliert seinen hohen alkalischen pH-Wert und wird neutral. Als Folge davon nimmt die Schutzwirkung fur Stahlbeton ab, weil Eisen im sauren Bereich angegriffen wird. Wasser und Luft dringen in die Poren ein und bilden auf dem Eisen Rost. Da aber Rost weniger dicht als Eisen ist, wird der Beton auch durch diesen Vorgang gesprengt. Der Prozess wird noch durch Streusalz geftjrdert, welches Wasser anzieht und so die Poren- und Rostbildung ftirdert. Poren ktinnen bis zu 25 % des Betons ausmachen. Die Porenbildung wird daher durch Mischen des Betons mit Polymeren zu verhindem gesucht. Einmal werden dem frischen Zement vor dem Ausharten Dispersionen von Polymeren wie Dextran, polymerer Schwefel, Naturkautschuk, Silicone, Poly(viny1chlorid) usw. zugemischt ( P P C C = polymer-Portland cement concrete). Zum Anderen werden beim sog. polymerimpragnierten Beton (PIC = polymer impregnated concrete) die fertigen, getrockneten Betonteile mit Monomeren wie Methylmethacrylat, Styrol, Styrol/Acrylnitril, Vinylacetat usw. geslttigt. Die Monomeren werden anschliessend durch Bestrahlen oder vorher zugesetztes N,N-Azobisisobutyronitril(AIBN) polymerisiert. Dieser Prozess reduziert das Kriechen und die Wasserabsorption (von 7 auf 0,4 %). Er erhoht z.B. den Elastizitatsmodul von 25 auf 37 MPa, die Zugfestigkeit von 1,7 auf 9.5 MPa. die Kompressionsfestigkeit von 35 auf 140 MPa und die Scherfestigkeit von 5 auf 15 MPa. Polymerbeton (E: polymer concrete, P C ) ist dagegen kein anorganischer Bcton mit einem Polymerzusatz, sondem die polymerisierte Mischung von Monomeren wie ungesattigten Polyesterharzen, Epoxidharzen oder Methylmethacrylat mit Aggregaten (Kiese und Sande), evtl. auch Farbstoffen usw. Das Bindemittel (die Matrix) ist hier nur das organische Polymere; Portland-Zement ist abwesend. Derartige Polymerbetons eignen sich fur kunstlichen Marmor, Maschinenfundamente usw., da sie bei guter Schlagzahigkeit erheblich zug-, druck- und kompressionsfester als Zementbeton sind (Tab. 1 1 -6). Tab. 11-6 Eigenschaften von Zementbeton (CB) und Polymerbeton (PC) aus Poly(methy1methacrylat) (F'MMA), ungesiittigtem Polyester Cup)und Epoxid-Harz (EP) mit den in Klammem angegebenen Mischungsverhatnissenvon Bindemittel zu Aggregat. Eigenschaft
Phys. Einh.
Thermischer Ausdehnungskoeffizient l@ K-l Wmeformbest&digkeit (Martens) T ( I S 0 150)
E1astizit;itsmodul Reissdehnung Zugfestigkeit Biegefestigkeit Druckfestigkeit Schlag&igkeit
CB
PMMA
UP
(1:s)
(1:lO)
(1,2:9,6)
1.0-1.4
1,7
1,s-2.5 45-90
1.45 60
30
106 18-38
20-40
2.8-12.7
10-20 18-16 80-130 11
45-55 50-110 85-120 15
T G Pa %
MPa MPa MPa kJ/m2
EP
0.1
4 40
15 29-43 105-140 0.6-0,8
11. Anorganische Polymere
11.3.10.
50 1
Keramische Werkstoffe
Unter Keramik (G: kerarnos = Ton) verstand man urspriinglich gebrannte Tonwaren aus Tonen (A1203.2-4 SiO2.1-2 H20) mit oder ohne Magerungsmittel (Sand usw.), Flussmittel (Feldspat, Eisenoxide usw.) und Flrbungsmittel (Metalloxide), die durch Sintem (Brennen) ohne durchgehendes Schmelzen der Massen hergestellt wurden. Heute bezeichnet man als keramische Werkstoffe mehr oder weniger schwer schmelzbare Produkte aus verschiedenen anorganischen Materialien (einschl. Carbiden, Nitriden, usw.), die auch nicht notwendigerweise mehr durch Sintem erzeugt werden. Siliciumnitrid Si3Nq entsteht z.B. aus Polysilazanen, die man wiederum durch Polykondensation von Silanen bzw. Chlorsilanen mit Ammoniak bzw. Aminen erhllt. Bei den sog. Sol-Gel-Prozessen bildet man z.B. aus 16slichen Verbindungen durch chemische Reaktionen zunlchst ein Gel, welches daM in eine keramische Masse umgewandelt wird. Zur Herstellung eines Natriumborsilicat-Glases geht man z.B. von der flussigen Mischung von Natriumalkoholaten NaOR, Borslureestem B(OR)3 und Kieselslureestem Si(OR)4 aus, die durch Wasser zu den entsprechenden Hydroxyl-Verbindungen NaOH, B(OH)3 und Si(OH)4 hydrolysiert werden. Durch Wasserabspaltung entsteht ein Gel (Na20.B20ySi02).H20, das beim BreMen in das Glas Na20.B203.Si02 ubergeht. Der Sol-Gel-Prozess elzeugt im Gegensatz zu den klassischen keramischen Prozessen weit homogenere Werkstiicke mit niedrigen Gehalten an Lunkem. Die Ausbeuten an keramischen Massen sowie deren Eigenschaften h&gen dabei weitgehend von der Struktur der bei der Gelbildung entstehenden Polymeren ab. Lineare Polymere fiihren nur zu geringen keramischen Ausbeuten, da beim Brennen grosse Mengen niedrigmolekularer Ringmolekule und anderer fluchtiger Abbauprodukte entstehen. Ring- und Klfigpolymere geben gute keramische Ausbeuten, da die Bildung niedennolekularer Produkte das wenig wahrscheinliche gleichzeitige Sprengen von zwei (oder mehr) Bindungen an einem Molekul erfordert. Die besten Ausbeuten werden bei velzweigten Ringpolymeren elzielt, doch sind die Eigenschaften nicht immer optimal (siehe z.B. p-Sic).
11.3.11.
Silicone
Der Name "Silicone" ist in der Chemie eine Sammelbezeichnung fur monomere und polymere siliciumorganische Verbindungen mit Silicium-Kohlenstoff-Bindungen.Der Name stammt von dem englischen Forscher Kipping, der in einer Verbindung der Bruttozusammensetzung R2SiO ein siliciumorganisches Analogon zu den Ketonen R2CO der Kohlenstoffchemie gefunden zu haben glaubte. Die Verbindungen R2SiO sind jedoch swtlich hochmolekular und weisen Si-O-Ketten auf und keine Si=O-Bindungen. Auch sonst unterscheidet sich die Chemie der Organosilicium-Verbindungen wegen der freien 3d-Orbitale, der Koordinationszahl 6 des Siliciums und der Polaritlt der Si-C-Bindungen charakteristisch von der Chemie der Kohlenstoff-Verbindungen. In der Technik bezeichnet man als Silicone nur die Polysiloxane -0-SiRR'- mit organischen Substituenten R und R'. Silicone sind zwar durch polymeranaloge Umwandlungen Bus Silicaten herstellbar, technisch werden sie jedoch durch Polyreaktionen niedermolekularer siliciumorganischer Verbindungen erzeugt (ca. 500 OOO Va).
502
11.3. Silicium-Polymere
Silicat-Umwandlungen Einige Silicate kdnnen in polymeranaloger Reaktion rnit Hilfe von Hexamethyldisiloxan, Isopropanol und Salzsaure bei 75°C in Polysiloxane umgewandelt werden. Bei diesem Prozess wird zunlchst das Hexamethyldisiloxan zu Trimethylsilanol hydrolysiert: (1 1- 16)
(CH3)3Si-0-Si(CH3)3
+
HzO
+
2 (CH3)3SiOH
Die Silicate (hier als -kO-Si(OMt)2+ angenommen) werden unter Abspaltung von Metallhydroxiden Mt2O in Poly(dihydroxysi1oxan)e tO-Si(OH)& iiberfuhn. Diese Verbindungen setzen sich daM rnit dem anwesenden Trirnethylsilanol zu loslichen Polymeren um. Schematisch:
(11-17)
OMt I mSi-0I OMt
+ 2 HZO - 2 MtOH
b
OH I MSi-0I OH
OSi(CH,), I
+ 2 (CH,),SiOH - 2 H-0 H,O
mSi-0-
b
II OSi(CH,),
L
Die Zusammenhange zwischen der Struktur der Silicate und ihrer Bereitschaft zur Trimethylsilylierung sind nicht vdllig klar. Alle untersuchten Ino-Silicate sowie einige Phyllo-Silicate reagieren uberhaupt nicht, werden nur teilweise silyliert oder geben unlosliche Produkte. Einige Schicht-Silicate wie z.B. Vermiculit, liefem nach dem vollstandigen Entfernen der Kationen in Ausbeuten bis zu 18 % vollig trimethylsilyliene, in organischen Losungsmitteln losliche Produkte. Die Reaktion erfolgt jedoch nicht bei Einzelketten oder Band-Silicaten. Die Reaktionsfiihigkeit scheint eng rnit dem Anteil an Aluminium in den Schichtenstrukturen verbunden: Silicate rnit hohen Aluminiumanteilen geben niedermolekulare Produkte, Silicate mit geringeren dagegen hochmolekulare.
Polyreaktionen Technische Silicone stellt man ausschliesslich durch Polykondensation oder Polymerisation niedermolekularer Verbindungen her. Die Polykondensation der Dialkylsilandichloride rnit Wasser sol1 uber die primar gebildeten Dialkylsilanole ablaufen: (1 1 - 18)
R2SiC12
+ 2 H,O - 2 HCI
w
R2Si(OH),
-
HO(SiR,O),H
+ (R2SiO)3.,o
-H20
Neben linearen Poly(dialky1siloxan)en werden auch Oligocyclosiloxane rnit n = 3-10 gebildet. T n - und Tetrachlorsilane fuhren zu verzweigten und vemetzten Polymeren. Die Ringoffnungspofymerisation von Cyclosiloxanen rnit z.B. dem Dikaliumsalz des Tetramethyldisiloxandiols als Initiator liefert hochmolekulare Polysiloxane:
(1 1 - 19)
R
R
I R
R
I I KO-Si-0-Si4K I
+ 2 n (R2SiO),
R
R
R
I I KO(SiO),,4-Si-O-Si-O-(SiO),K I
R
I
I
I
I
I
R
R
R
R
11. Anarganische Polymere
503
Die hochmolekularen Poly(dialkylsi1oxan)e werden anschliessend an den Enden durch Reaktion mit Trimethylchlorsilan versiegelt. Im Polymerisationsgleichgewicht sind ausser den gezeigten linearen Polymeren noch Cyclosiloxane (R2SiO), enthalten. Octamethylcyclotetrasiloxan ((CH3)2Si0)4 polymerisiert auch mit Alkali in wissriger Emulsion in Gegenwart von z.B. Benzyldimethyldodecylammoniumhalogenid als Emulgator. Es wird eine Ringtiffnungspolymerisation zu Polymeren rnit OH-Endgruppen mit anschliessender Polykondensation postuliert. Die Ringtiffnungspolymerisation von Cyclosiloxanen gelingt nicht nur basisch, sondem auch mit starken Protonsiuren, da die Sauerstoffatome in Siloxanen basisch und somit protonierbar sind. Die Polymerisation der Cyclotrisiloxane (R2SiO)j mit Trifluormethansulfonsaure (E: triflic acid) ist kinetisch kontrolliert. Bei ihr entstehen gleichzeitig lineare Polymere und Ringe (R2Si0)3,, (n = 1, 2, 3, 4, ...). Mtiglicherweise laufen eine nichtlebende Kettenpolymerisation und eine Polykondensation nebeneinander ab. Schon am Anfang der Polymerisation werden namlich hochmolekulare Polymere gebildet. Die Molmassen und Ausbeuten dieser Polymeren sind einander proportional und die Molmassen sind der Siurekonzentration reziprok proportional, was auf eine Kettenpolymerisation hinweist. Eine Polykondensation lasst sich jedoch nicht ausschliessen. Die Ringtiffnungspolymerisation von Cyclosiloxanen (RzSiO),,, mit m 2 4 ist dagegen unabhiingig von der Konzentration der Trifluorrnethansulfonslure. Die Polymerisation strebt einem Endzustand zu, in dem die Konzentration und die Molmasse des Polymeren unabhingig von der Konzentration der Saure sind. Je grosser der Monomerring, umso grosser ist die Polymerisationsgeschwindigkeit und umso kleiner ist die Ausbeute an grtisseren Ringen. Diese Ringe entstehen durch von der Saure aktivierte intramolekulare Ringschlussreaktionen der Kettenenden (E: back-biting reactions). Alle Reaktionsteilnehmer befinden sich in Polymerisations-Depolymerisations-Gleichgewichten. Es gibt keine via aktivierte Silanolgruppen ablaufende Polykondensation.
Aquilibrierung Die leichte Einstellung der Gleichgewichte zwischen Poly- und Cyclosiloxanen wird als sog. Aquilibrierung technisch zur Verschiebung der Oligomeranteile bzw. der Molmassenverteilungen ausgenutzt. Aquilibrierungen sind andererseits nicht immer erwilnscht: bei der Apollo 8-Kapsel beschlugen die Fenster mit Cyclosiloxanen, die im Vakuum aus den Silicondichtungen verdampften. Aquilibrierungen kann man zur Synthese von I' Leiter"-Polymeren verwenden. Phenyltrihydrox ysilan C6H 5Si (OH)3 bzw . Phen yltrialkox ysilan C6H 5 s i (OR)3 kiinnen je nach Ltisungsmittel in niedermolekulare Kifigverbindungen (C6H5Si03/2)i uberfuhrt werden: aus heissem Toluol fallt eine Verbindung mit i = 8, aus Aceton eine mit i = 10 und aus Tetrahydrofuran eine mit i = 12 aus. Die Verbindungen polymerisieren beim Erhitzen zum Poly(phenylsesquisi1oxan) (Abb. 11-8). Die Struktur dieses Polymeren wird wahrscheinlich durch die Synthesebedingungen kontrolliert. Es liegen sicher, wie urspriinglich angenommen, nicht die reinen Leiterstrukturen I vor, sondem auch Perlstrukturen I1 sowie partielle Kafigstrukturen und auch statistisch verzweigte Einheiten. Die Polymeren weisen ausgezeichnete Temperaturbestandigkeiten (> 500°C) und gute dielektrische Eigenschaften auf. Sie werden 2.B. fur dielektrische Zwischenschichten und als antireflektierende Ubenuge verwendet.
11.3. Silicium-Polymere
504
i=8
.
i = 12
i = 10 v
i = 12 ,
fl
IIII, Abb. 11-8 Polymerisation von Phenylsilsesquioxanen (C&jSi03/2)i zu Polymeren mit Leiterstrukturen I und Perlstntkturen 11, sowie partiellen Kafigstrukturen (abgeleitet von den Strukturen der oberen Reihe) und statistischen Anordnungen (nicht gezeigt). Die ausgefullten Kreise zeigen die Lage der Siliciumatome an; Sauerstoffatome und Phenylgruppen sind nicht eingezeichnet.
Polymeranaloge Umwandlungen Oftmals ist man an Siliconen mit reaktionsfahigen organischen Gruppen interessiert. Diese organofunktionellen Silicone weisen reaktionsfahige Gruppen auf, die durch mindestens eine Methylengruppe von den Siliciumatomen getrennt sind. Fluorhaltige Silicone ktinnen z.B. direkt durch Polykondensation der entsprechenden Monomeren hergestellt werden, z.B. von CF3CH2CH2Si(C12)CH3 (aus CH3SiHC12 und CH2=CHCF3) mit Wasser. Dabei werden nur y-substituierte Fluorsilicone verwendet, da a-und P-substituierte thermisch und hydrolytisch instabil sind. In vielen Fallen lassen sich die gewunschten Silicone nicht durch Einfuhren funktioneller Gruppen in Monomere und anschliessende Polyreaktionen erhalten. Man stellt dann zuerst Polymere her und setzt nachtraglich um. Methylgruppen von Poly(dimethy1siloxan)en -Si(CH3)2-O- konnen z.B. direkt chloriert werden. Vorteilhaft ist auch die Addition von Allylverbindungen an Silangruppierungen -SiHR-0-:
Man ktinnte zwar CH3SiHC12 mit CH2=CHCH2Y umsetzen; das entstehende Monomere CH3Si(CH2CH2CH2Y)C12 reagiert aber bei der Polykondensation rnit Wasser auch uber die funktionelle Gruppe, falls Y = OH. Gerade die Polymeren der GI.(] 1-20) mit Silanolgruppen sind aber als vulkanisierbare Elastomere erwunscht (vgl. unten).
Produkte Lineare Poly(dimethy1siloxan)e -Si(CH3)20- sind je nach Molmasse nieder- bis hochviskose Ole (Tab. 11-7). Die Polymermolekule liegen in Substanz in Helixkonformation vor, wobei die anorganische Kette durch eine Hulle von Methylgruppen abgeschirmt ist. Silicone sind daher relativ unpolar, was sich auch in ihrer Hydrophobizitat und in ihrer relativ niedrigen Obcrflachenspannung aussert.
505
11. Anorganische Polymere
Tab. 11-7 Dichten und Glas-, Schmelz- und Klwemperaturen von Polysiloxanen -(SiRRa)-.
R
R'
P g cm-3
0,970 0.990 1,015
- 123 - 141 - 109
- 116 - 106 - 105
cyclisc h CH3 CH3 CH3
CH3 C6H5 CH=CH2
1.1 15 1,22
- 26
0,972
- 123 - 28 - 128
1,006
45
- 37
17 60 - 19 - 23 23 35 268
53 55 300 3 30 3 30 540
- 35
Auf polaren Oberflachen reichern sich die polaren Si-0-Bindungen auf der polaren Seite (z.B. Wasser oder Metalle), die Methylgruppen auf der anderen Seite (Luft) an. Poly(dimethy1siloxan)e sind daher wegen ihrer hohen OberflachenlBslichkeit und geringen Volumenltislichkeit in Wasser gute Antischaum- und Trennmittel. Organofunktionelle Polysiloxane mit stark elektronegativen Gruppen sind dagegen Schaum- und Haftmittel. Die Bindungsenergie der Si-0-Bindung ist mit 373 kJ/mol etwas hoher als diejenige der C-C-Bindung (343 kJ/mol). Die Siloxan-Kette ist daher thermisch recht stabil. Die Bindungsenergie der Si-C-Bindung ist jedoch mit 243 kJ/mol wesentlich niedriger als diejenige der C-C-Bindung. Nun werden Si-C-Bindungen durch elektronendonierende Methylsubstituenten verfestigt, durch elektronenaufnehmende Phenylgruppen dagegen gelockert. Methylsubstituierte Silicone sind daher weniger gut oxidierbar als phenylsubstituierte. Methylgruppen polarisieren andererseits die Siloxan-Kette starker als Phenylgruppen, so dass phenylsubstituierte Silicone schlechter hydrolysierbar sind. Da die technische Warmebestbdigkeit eines Polymeren sowohl auf dem Widerstand gegen Kettenspaltungen als auch auf die Bestlndigkeit gegen Oxidationen und Hydrolysen beruht, zeigen Silicone mit sowohl Methyl- als auch Phenylsubstituenten die besten Warmebestandigkeiten. Organofunktionelle Polysiloxane dienen als Elastomere. Silicone mit ca. 0,2 % Vinylgruppen werden mit Peroxiden oder durch Anlagerung von Si-H-Gruppen an die Vinylgruppen in der Warme vemetzt. Silicone mit Silanolgruppen konnen dagegen in der Kalte mit Methyltriacetoxysilan, Tetrabutyltitanat usw. vulkanisiert werden (RTV = room temperature vulcanizing) (Band IV). Siliconkautschuke sind immer gefullt, in der Regel mit hochdispergiertem Siliciumdioxid (AerosilTM;E: fumed silica). Ungefullte Kautschuke sind als Elastomere unbrauchbar. Ein kurioses und nur als Kinderspielzeug verwendetes Silicon-Elastomeres ist der sog. "bouncing putty" (elastisch zuriickspringender Kitt), der durch Erhitzen von Poly(dimethy1siloxan)en mit Dibortrioxid B2O3 in Gegenwart von FeC13, Fullstoffen und Weichmachern hergestellt wird. Der Einbau der Borsaure-Reste erzeugt trifunktionelle Vemet-
506
11.3. Silicium-Polymere
zungsstellen; Kugeln aus diesen Polymeren springen cntsprechend elastisch zuriick. Die Bindungen sind jedoch nur schwach, so dass Polymerplatten bei einem raschen Knick sprlidartig brechen. Da Austauschgleichgewichte vorhanden sind, fliessen andererseits Polymerstucke unter ihrem eigenen Gewicht viskos weg. Blockcopolymere rnit Dimethylsiloxan-Einheiten werden in grosser Zahl hergestellt, 2.B. rnit Poly(styro1)- oder Polycarbonat-Blocken. Dreiblockcopolymere rnit "weichen" zentralen Siloxanbllicken und "harten" thermoplastischen Endblocken zeigen die typischen Eigenschaften thermoplastischer Elastomerer.
11.3.12.
Siliciumdioxid
Der tectopolymere Quarz [SiO2], tritt sowohl kristallin als auch amorph auf (E: quartz; vom westslawischen kwarty). In der Natur kommt er kristallin sowohl farblos und durchsichtig als Bergkristall vor als auch als durch Zusatze gefarbte Halbedelsteine (Citrin, Rosenquarz usw.) sowie in mikrokristalliner, weisslicher Form. Der gewohnliche Quarz ist der bis 573°C bestandige trigonal-trapezoedrische a-Quarz (Tiefquarz). Bei (573-87O)"C ist der J3-Quarz (Hochquarz) bestandig, bei (870- 1470)"C der Tridymit und bei (1470-171O)"C der Cristobalit. Beim Abkuhlen von Schmelzen unter 1710°C werden nur die Hochtemperaturformen erhalten, nicht aber der a-Quarz. Synthetische Quarzkristalle werden daher hydrothermisch hergestellt, indem eine sich bei 400°C unter einem Druck von 17 MPa befindliche ubersattigte Llisung von Natriumsilicat in NaOH oder Na2C03 mit Quarzkristdlchen angeimpft wird. Die synthetischen Quarzkristalle werdcn hauptsachlich wegcn ihrer piezoelektrischen Eigenschaften verwendet (elektrische Filter, Oszillatoren usw.), in geringerem Umfang auch wegen ihrer optischen (Prismen). Synthetische Quarzkristalle konnen bis zu 0,1 % Wasser enthalten. Dieser weichgemachte Quarz kann im Gegensatz zu a-Quarz bereits bei 400°C verformt werden. Quarzfasem werden durch Erweichen und Ziehcn naturlicher Quarzkristalle in einer Knallgas-Flamme (2 H2 + 0 2 ) erhalten. Die Hydrolyse von Siliciumtetrachlorid in einer Knallgasflamme liefert Aerosila, eine "pyrogene Kieselsaure" mit eincm Gehalt von mehr als 99.8 % Si02: (11-21)
nSiC14
+
2nH2
+ n02
-b
(SiO&
+ 4nHCI
Aerosil besteht aus amorphen, kugelformigen Tcilchen von (10-20) nm Durchmesser. Wegen ihrer niedrigen Trockendichte von ca. 0,067 glcrn3 und hohen spezifischen Oberflache von bis zu 800 m2/g werden Aerosile als Fullstoff fur Elastomere verwendet (besonders fur Siliconkautschuke), als Verdickungsmittel, Thixotropiermittel fur Anstrichfarben, und vieles andere mehr. Zum Verfestigen petroleumfuhrender, lockerer Sandsteinformationen hydrolysiert man Siliciumtetrachlond nach G1.( 1 1-22) direkt in den Reservoiren. Altemativ kann man den losen Sand auch mechanisch entfemen oder durch in-situ-Polymerisation von Furfurylalkohol rnit HClO4 + FeC13 verfestigen. (1 1-22)
n Sic14
+ 2 n H20
-b
(Si02),
+ 4 n HCI
11. Anorganische Polymere
11.4.
507
Germanium- und Zinn-Polymere
Entsprechend der Stellung im Periodensystem besitzt festes Germanium wie Silicium ein Diamantgitter, ist also ein polymerer Kdrper. Germane H(GeH2)iH sind nur als Oligomere bis Ge9Hzo bekannt. Poly(dialky1germane) bzw. Poly(alkylpheny1germane) konnen jedoch wie die entsprechenden Siliciumverbindungen mit hohen Molmassen synthetisiert werden, allerdings in geringen Ausbeuten. Diese Polymeren zeigen wegen der Delokalisierung der a-Elektronen entlang der Kette starke UV-Absorptionen. Sie sind auch thermochmm und photoaktiv. Das nichsthdhere Element dieser Gruppe, Zinn, bildet drei kristalline Modifikationen. Bei Zimmertemperatur liegt das "weisse" Zinn (p-Zinn) vor, eine tetragonal-kristalline Modifikation mit hoher Dichte (p = 7,31 g/cm3 bei 20°C). Diese Modifikation geht bei 161°C in das rhombisch-kristalline y-Zinn uber, das beim Fall zerspringt und pulvensiert werden kann ("sprtides Zinn"). Das y-Zinn schmilzt bei 232°C. Unterhalb 13,2"C ist das "graue Zinn" (a-Zinn) die stabile Modifikation. Das a-Zinn besitzt eine Diamantstruktur, ist also polymer. Die Urnwandlung erfolgt zwischen 13,2"C und 0°C nur sehr langsam, bei -5OOC dagegen schon in wenigen Stunden. Da das aZinn ( p = 5,75 g/cm3 bei 20°C) weniger dicht ist als p-Zinn, zerfallen Zinngerate in graue Pulver. Die Tieftemperatur-Umwandlung des p-Zinns kann durch a-Zinn infiziert werden. Sie wird daher auch Zinnpest genannt. Zinn hat das Symbol Sn (L: stannum). Die aus diesem Grund Stannane genannten Wasserstoffverbindungen des Zinns sind nur bis zum Dimeren bekannt.
11.5.
Phosphor-Polymere
In der 15.Gruppe treten bei Zimmertemperatur erst vom Phosphor an stabile polymere Modifikationen und Verbindungen auf. Elementarer Stickstoff besitzt keine polymere Modifikation, wohl aber Phosphor. Stickstoffwasserstoff (NH)n scheint zwar bei sehr tiefen Temperaturen polymer vorzuliegen (Band I); die stabilere Form ist aber Ammoniumazid NH4N3. Phosphane sind bis P10H12 bekaMt, Arsane bis AsgH7 und Stilbane bis Sb3H5. Das ebenfalls bekannte gelbe flussige Diphosphin P2H4 geht bei Zimmertemperatur in einen amorphen gelben polymeren Festkdrper P2H uber.
11.5.1.
Elementarer Phosphor
Phosphor (G: phosphoros = lichttragend) existiert in mehreren allotropen Modifikationen. Weisser Phosphor besteht aus diskreten Pq-Tetraedermolekulen. Er schmilzt bei 44°C und Idst sich in Schwefelkohlenstoff. Unter der Wirkung von Katalysatoren geht der weisse Phosphor bei 2OoC und Driicken von mehr als 3500 MPa uber den roten und violetten Phosphor in den schwarzen Phosphor uber. Der schwarze Phosphor weist ein kompliziertes graphitahnliches Schichtgitter auf. Er lost sich nicht mehr in CS2. Der rote und der violette Phosphor besitzen weniger ausgepragte Schichtgitter als der schwarze Phosphor. Ihre Polymerisationsgrade sind entsprechend niedriger.
508
11.5.2.
1 1 .S. Phosphor-Polymere
Poly(phosphorsaure) und deren Salze
Poly(phosphorsaure) -F-O-P(=O)OH+ ist formal das unter Wasserabspaltung entstehende Polykondensationsprodukt der Orthophosphorsaure H3P04. Sie wird durch Aufldsen von Diphosphorpentoxid P2O5 in Orthophosphorsiure hergestellt. Entsprechend ihrer Entstehung bzw. dem Wassergehalt von P2O5 und H3P04 zeigt Poly(phosphorslure) eine Verteilung der Polymerisationsgrade. Die Eigenschaften der Poly(phosphorslure) sind daher nicht einfach zu kontrollieren bzw. zu reproduzieren, z.B. bei der Verwendung als Ldsungsmittel oder als Kondensationshilfsmittel. Die sog. Metaphosphorsauren besitzen die gleiche Zusammensetzung [HP03], wie die Poly(phosphors2ure). Sie sind nur in Form ihrer Salze bekannt, z.B. als [MtP03]n7 die aber in Wirklichkeit cyclo-Oligophosphate mit n = 3, 4, 5 usw. sind. Die “Metaphosphorsiuren” der Technik sind in Wirklichkeit Poly(phosphorsaure)n. Polyphosphate sind die Salze der Poly(phosphorslure). Sie treten beim kontrollienen Entwlssern von Orthophosphaten auf. Aus Natriumdihydrogenphosphat I entsteht bei Temperaturen bis 160°C zunachst das Diphosphat 11, das beim weiteren Temperaturerhdhen zum wasserunloslichen Maddrellschen Salz 111 (X > 1000) polymerisiert:
n
I
m
N
Beim Abschrecken der Schmelze entsteht das wasserlosliche Grahamsche Salz ( X = 40-50),dessen niedermolekulare Form mit X = 15-20 als Calgon@ bckannt ist (Wasserenthartungsmittel; Name von “Calcium gone”). Beim Grahamschen Salz sind P04-Tetraeder kettenfdrmig uber je zwei Sauerstoffatome miteinander verknupft. Das Erhitzen von I11 auf 600°C liefert das cyclische Metaphosphat IV (TM = 620°C).
I
n
rn
N
V
VI
Abb. 11-9 Die sechs Kettenkonformationen dcr kristallinen Polyphosphate [7]. Projektionen rcchtwinklig (oben) bzw. parallel (unten) zur Kettenrichtung. Von links nach rechts: (I) [RbP031,, [CSPO~],;(11) [KP03],, [LiPO31,; (111) [Na2H(PO3)3ln, Maddrellsches Salz; (IV) [Pb(P03)2In,[Ca(P03)2],; (V) [NaP03],, Natrium-Kumolsches Salz A; (VI) Natrium-Kurrolsches Salz B.
509
11. Anorganische Polymere
Das Tempem des Maddrellschen Salzes bei 500°C liefert je nach den Bedingungen eine der beiden Formen A und B des Kurrolschen Salzes (Abb. 11-9, V und VI). Die Kurrolschen Salze bilden hochpolymere, wasserltisliche Fasem. Alle diese Formen sind als kondensierte Phosphate oder Schmelz- bzw. Gliihphosphate bekannt. Beim Schmelzen und Kristallisieren dieser Verbindungen bleiben nicht die individuellen Ketten erhalten. Die Polymerketten werden vielmehr durch trans-Reaktionen zwischen verschiedenen Ketten gespalten und als neuer Kristallverband wieder aufgebaut. Derartige Austauschgleichgewichte wurden rtintgenographisch uber die Verteilung der Arsenatome in Phosphat/Arsenat-Copolymerennachgewiesen. Die Verteilung ist z.B. beim Grahamschen Salz statistisch, beim Maddrellschen Salz dagegen regular. Ahnlich wie Silicate stehen hochmolekulare lineare Polyphosphate in Schmelzen in Gleichgewichten mit niedermolekularen Cyclophosphaten und mit verzweigten bzw. vernetzten Polyphosphaten. Der relative Anteil an den einzelnen Verbindungstypen hangt ausser von der Temperatur auch vom Verhiltnis N a p und vom Wassergehalt ab. Als Endgruppen treten OH- und ONa-Gruppen auf. Oligo- und Polyphosphate komplexieren mehrwertige Kationen so stark, dass sie mit den ublichen Flllungsreagenzien nicht mehr nachgewiesen werden kbnnen. Sie werden daher technisch zum Weichmachen von Kesselspeisewasser, Kuhlwasser und Wasch- und Flrbeflotten verwendet sowie ausserdem als Dispergiennittel in der Lebensmittelindustrie (Herstellung von Klse und Wurst).
11.5.3.
Poly(phosphorsaureester)
Die Natur kennt zwei Typen makromolekularer organischer Phosphorsaureester: Teichonsluren und Nucleinsluren. Teichonsauren kommen in den Zellwinden von Bakterien vor. Sie sind Polyester aus Phosphorslure und substituiertem Glycerin (R = H. DAlanyl oder ein Zucker) bzw. Ribit (R' = H; R" = H oder N-Acetylglucosamin):
Nucleinsauren sind lineare Polyester der Phosphorslure mit den Zuckem Ribose oder 2'-Desoxyribose. Die Zuckerreste der Ribonucleinsauren RNA sind mit den Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Uracil substituiert, die Zuckerreste der Desoxyribonucleinsauren (DNS, DNA) mit Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin (Band I).
RNA
DNA
5 10
11.5. Phosphor-Polymere
Phosphorsaure (HO)3P(O) bildet niedenolekulare Mono-, Di- und Triester, die bei Polymeren als Weichmacher, Flammschutzmittel, Harter usw. dienen (Band IV). Poly(bstradiolphosphat), ein polymerer Phosphorslureester des Ostradiols (M = 26 OW), wird als Ostrogen gegen Prostatakarzinome venvendet.
11.5.4.
Polyphosphonate
Die hypothetische phosphorige Saure P(OH)3 ist tautomer mit der stabilen Phosphonsaure HP(O)(OH)z und die stabile phosphonige Saure HP(OH)2 mit der hypothetischen Phosphinsaure H2P(O)OH. Die phosphinige Saure ist entsprechend H2POH. Phosphorsiiure OH
I
HO-P-OH II 0
Phosphonsaure H I HO-P-OH II 0
[Phosphins;iure] H I H-P-OH II 0
1L HO - P- OH
I
H-P-OH
I
H-P-H
I
OH
OH
OH
[Phosphorige S.]
Phosphonige S.
Phosphinige S.
Weil bei der Phosphonsaure ("phosphorigen Saure") maximal nur die H der beiden OH-Gruppen ersetzt werden kbnnen, sind die primaren S a k e und Ester XH2P03 und sekundlren Salze und Ester X2HP03 (X = Mt, R) nicht Phosphite, sondem Phosphonate. Nur die dreifach substituienen Verbindungen X3P03 sind echte Triphosphite. Industriell werden Polyphosphonate tO-Ar-O-P(=O)R+ durch Polykondensation von Phosphonsaurediphenylestem mit 4,4'-Dioxydiphenyl mit Hilfe alkalischer Umesterungskatalysatoren (Alkaliphenolate, Erdalkalihydride, Natriumcarbonat usw.) erzeugt:
(11-24)
51 1
1I . Anorganische Polymere
Polyphosphonate werden auch mit anderen aromatischen Diphenolen synthetisiert, z.B. mit HO(p-C6H4)-Z-(p-C6H4)OH (2= S, S02). Die Umestemngskatalysatoren werden nach der Polykondensation durch lquivalente Mengen saurer Substanzen (Dialkylsulfate, Carbonsiurechloride) neutralisiert. Die durch Vemnreinigungen (aus der Luftoxidation der Phenole) braun gefarbten Polymeren sind amorph und transparent sowie hoch brandwidrig. Die Zersetzungstemperatur des Polymeren der G1.( 11-24) betrlgt z.B. 395°C (Glastemperatur 120°C), diejenige mit -C6H4-S02-C6H4als Kettenglied anstelle von - C ~ H ~ - C ~ H A dagegen 465°C (Glastemperatur 146°C).
11.5.5.
Polyphosphazene
Aus in Chlorbenzol, Tetrachlorethan usw. geltistem Phosphorpentachlorid und Ammoniumchlorid entsteht durch Erhitzen "Phosphomitrilchlorid" NPC12: (11-25)
PCls
+
NH4CI
-b
(PNC12)
+ 4 HCl
Phosphomitrilchlorid ist eine Mischung von linearen Oligomeren -PC12=N- mit cyclischen Trimeren, Tetrameren usw. Das cyclische Trimere Hexachlorcyclophosphazen I (und entsprechend das cyclische Tetramere) polymerisiert bei 250°C "thermisch":
Die schlecht reproduzierbare Ringoffnungspolymerisationwird vermutlich nicht thermisch, sondem durch Spuren kationisch initiierender Vemnreinigungen ausgelost. Die entstehenden Poly(dich1orphosphazen)e = Poly(phosphomitrilch1orid)eI1 weisen meist PC13-Endgmppen auf. Bei hoheren Umsatzen entstehende Produkte sind vemetzt. Sie weisen alle Eigenschaften anorganischer Elastomerer auf und werden daher auch "anorganische Kautschuke" genannt. Altemativ erhllt man Phosphomitrilchlorid auch durch eine Polykondensation
oder durch eine PClg-initiierte lebende Polymerisation bei Raumtemperatur:
c1 (1 1-28)
CH,P=N-Si(CH,),
+
I
*P=Nm
I Cl
+
(CH,),SiCI
Die Polymeren hydrolysieren an feuchter Luft und depolymerisieren bei htiheren Temperaturen zu Hexachlorcyclotriphosphazen I und Octachlorcyclotetraphosphazen.
512
11.5. Phosphor-Polymere
Man schirmt daher die Phosphazen-Kette durch organische Substituenten gegen Hydrolyse ab. Nun kann man Hexaorganocyclotriphosphazene (R2PN)3 nicht zu den entsprechenden Polymeren -€-PR2=N% umsetzen, weil die Ceiling-Temperaturen zu niedrig sind und die Polymerisationsgleichgewichte daher auf der Seite der Oligomeren liegen. Poly(organophosphazen)e werden daher durch polymeranaloge Umsetzungen der Poly(chlorphosphazen)e I1 synthetisiert. Dazu sind viele Reaktionen geeignet, z.B. Alkoholysen mit RONa oder Aminolysen mit R2NH. Mit mehrfunktionellen Reaktanden wie Ammoniak NH3 oder Methylamin CH3NH2 entstehen vemetzte Polymere. Technische Polyphosphazene werden durch Alkoholyse von Poly(dichlorphosphaZen) rnit Alkoholaten RONa aus Gemischen fluorierter Alkohole hergestellt, z.B. in Tetrahydrofuran rnit einem Gemisch aus CF3CH2ONa und H(CF2),CH20Na oder mit einem Gemisch aus C6H50Na und R1(p-C6H4)0Na(Aryloxyphosphazene, APM):
(11-29)
CI I AwP=NI CI
+ 2NaOR +
OR I .hhlrP=N.hnr + 2NaCI
I
OR
Die amorphen Copolymeren sind im Gegensatz zu den Poly(dich1orphosphazen)en hydrolysebestandig. Sie besitzen sehr niedrige Glastemperaturen und konnen mit organischen Peroxiden, Schwefel oder hochenergiereicher Bestrahlung vulkanisiert werden. Die Zugfestigkeit dieser Spezialelastomeren ist gresser als die von Siliconen und erreicht diejenige konventioneller Elastomerer, und zwar uber den verhaltnismassig breiten Temperaturbereich von -60°C bis +200"C. Die verhaltnismassig teuren Polymeren werden daher fur Dichtungen, Dampfungslager und Treibstoffleitungen fur polare Regionen eingesetzt, speziell im militarischen Bereich. Die Polykondensation zu Polyphosphazenen mit direkt an die Phosphoratome gebundenen organischen Substituenten R (CH3, C6H5) gelingt nur rnit CF3CH20Si(CH3)3 als Abgangsgruppe (GL(11-30)). Die resultierenden Polymeren sind so stabil, dass sie mit HN03/H2S04 ohne Abbau nitriert werden konnen. R
(1 1-30)
I CF3CH20-P=N-Si(CH3), I R
+
R I
wP=NI R
+
CF3CH20-Si(CH3)3
Polycarbophosphazene werden durch Ringoffnungspolymerisation der entsprechenden Ringe erhalten. Die anschliessende Reaktion der C1-Substituenten mit NaOC6Hg unter Freisetzen von NaCl fuhrt die Gruppe -OC6H5 ein und diejenige mit C6H5NH2 unter Abspalten von HCI die Gruppe -NH-C6H5.
r.
513
11. Anorganische Polymere
11.6.
Schwefel-Polymere
11.6.1. Elementarer Schwefel Elementarer Schwefel besteht bei Zimmertemperatur weitgehend aus der "gewbhnlichen" gelben Schwefelmodifikation, dem orthorhombischen Cyclooctaschwefel S s oder a-Schwefel. Bei 96°C wandelt sich diese Modifikation in den monoklinen Ss-Schwefel (P-Schwefel) urn, der bei 119°C in eine hellgelbe, dunne Schmelze ubergeht, die aus etwa 95 % S s - und 5 % S,-Schwefel besteht. Der Ss-Schwefel wird unabhingig von dessen Kristallform auch li-Schwefel genannt. Als S,-Schwefel bezeichnet man alle diejenigen Schwefelmolekule, die weder ss-noch S,-Schwefel (polymerer Schwefel, Catenaschwefel) sind, d.h. alle anderen Cycloschwefel (s6.S7. S9, Slo usw.). Die Konzentrationen aller ldslichen Spezies kbnnen durch Hochdruck-Flussigkeitschromatographiean Extrakten von aus der Schmelze abgeschreckten Proben ermittelt werden, die Konzentration an polymerem Schwefel aus dem Ruckstand. Nach diesen Messungen beginnt ab ca. 140°C die Konzentration der Ss-Ringe abzunehmen. Sie durchliuft bei ca. 255°C ein schwaches Minimum und wird d a m mit W s = 0,56 konstant (Abb. 11-10). Gleichzeitig nimmt die Konzentration des unldslichen (polymeren) S,-Schwefels zu, liuft durch ein schwaches Maximum bei 255°C und wird dann mit ca. 34 % konstant. Die Konzentration an anderen Ringen (n-Schwefel) ist mit Ausnahme eines schwachen Maximums bei 159°C sowohl unterhalb dieser Temperatur (ca. 6,5 %> als auch oberhalb (ca. 10 %) praktisch konstant. 100
-
159°C
255°C
80
1i-60.: \ ; ! . - I
-
8
;-;-:-/
I
I I I I
I
I
I
~
.
S8
20 . 40:
0.
I I
I
I
I
sp sz
I
Bei der Umwandlungstemperatur von ca. 159°C steigt die Viskositat der Schmelze stark an (Abb. 11-1 1). Sie lauft bei ca. 187°C durch ein Maximum und fallt dann langSam wieder ab. Gleichzeitig beobachtet man bei Elektronenspinresonanz-Messungen, dass ab ca. 170°C freie Radikale auftreten. Die Konzentration dieser Radikale kann durch Titrieren mit Iod bestimmt werden. Da bei linearem polymeren Schwefel jedes
5 14
11.6. Schwefel-Polymere 106
Auftreten von Radikalen
100
1 a, . 102 104
80
h v1
m
60
c
..
.-
3
%
' *=
I
t
4
40
1
I
20 10-2
0 100
150
200
250
300 -T/"C +
350
400
Abb. 11-11 Temperaturabhlngigkeitendes Anteils wi des polymeren Schwefels S , (rechte Skala; aus Abb. 11-lo), der Schmelzeviskosit%n q [9] und der mit einer einfachen Themje des Polymerisationsgleichgewichts unter Annahme von n S 8 F) [ S & berechneten Zahlenmittel Xn der Polymerisationsgrade des polymeren Schwefels [ 101 (jeweilslinke Skala). freie Radikal eine Endgruppe darstellt und nach rontgenographischen Messungen jedes Schwefelatom zwei Nachbam aufweist (keine messbaren Verzweigungen), kann man so das Zahlenmittel des Polymerisationsgrades ermitteln. Die so berechneten Polymerisationsgrade sind hock aber aus den folgenden Griinden unwahrscheinlich. Oberhalb 159°C sind noch erhebliche Mengen an Cyclooctaschwefel und anderen Ringen vorhanden (Abb. 11-10). Die Umwandlungstemperatur kann daher nicht die Floor-Temperatur fur einen "Alles-oder-Nichts"-Prozess n s8 8 *S8n' sein. Ausserdem sind zwischen 160-17OOC durch Elektronenspinresonanz keine Radikale nachweisbar, sondem erst oberhalb 170°C (Band I, Abb. 2-3). Dieser Befund spricht allerdings nicht unbedingt gegen eine Reaktionsfolge n C-SS F? n 'SS' P *S8n*, da bei der "Floor-Temperatur" von 159°C die Konzentration der 'Sg,'-Biradikale noch recht niedrig ist und die Zahlenmittel der Polymerisationsgrade sehr hoch sind. Kettenspaltungen vom Typ *Sm+n* @ 'Sm* + 'Sn' sind auch nicht wahrscheinlich, da die homolytische Spaltung der S-S-Bindung ein stark endothermer Vorgang ist. Moglicherweise setzen bei der Umwandlungstemperatur von 159°C Ringerweitemngsreaktionen ein, durch welche grosse Ringe gebildet werden (nur relevante gezeigt): (1 1-32)
Erst bei h6heren Temperaturen setzen Polymerisationen der S8-Ringe ein, wobei die instabilen S+g-Ringe die polymerisationsauslosenden Radikale bereitstellen. Die positive Polymerisationsenthalpie von ca. 19 kJ/(mol Sg) wird dabei durch eine positive Polyme-
11. Anorganische Polyrnere
515
risationsentropie von 44,7 J/(mol K) uberkompensiert. Die Translationsentropie des Systems nimmt bei der Polymerisation wegen der verringerten Zahl der Molekule ab, wird aber durch den Gewinn an Konformationsentropie beim Ubergang von den starren, kronenartigen Sg-Ringen zu den flexiblen Ketten des polymeren Schwefels mehr als aufgewogen. Oberhalb von ca. 200°C setzen daM statistische Kettenspaltungen ein. Beim Abschrecken der Schmelze frieren die Polymerisationsgleichgewichteein und man erhat den sog. plastischen Schwefel, welcher ein durch Cyclooctaschwefel weichgemachter Polymerschwefel ist. Entfemt man die S8-Ringe, so kristallisiert der Polymerschwefel und die Substanz wird sprode. Im kristallisierten Polymerschwefel liegen die Schwefelketten als 72-Helices vor. Diese Gleichgewichte spielen eine grosse Rolle bei verschiedenen Anwendungen des elementaren Schwefels, speziell bei den klassischen Vulkanisationsprozessen (Band IV). Fur solche Vulkanisationen wird u.a. auch polymerer Schwefel eingesetzt.
11.6.2.
Poly(thiazy1)
Tetraschwefeltetranitrid S4N4 bildet orangegelbe, luftbestandige Kristalle, die eine korblhnliche Struktur aufweisen. Gasfermiges Tetraschwefeltetranitrid S4N4 (erhaltlich aus z.B. S2C12 + NH3) geht beim Uberleiten iiber Silberwolle bei (200-3OO)"C in das potenziell explosive ringformige Dimere S2N2 iiber. Die farblosen diamagnetischen Kristalle des Dimeren polymerisieren im festen Zustand zuerst zu einem blauschwarzen paramagnetischen, dann zu einem goldschimmemden diamagnetischen Produkt, vermutlich iiber eine Sene von Biradikalen:
S4N4-Dampf kann auch photochemisch polymerisien werden odcr in einem HeliumPlasma. LClsungspolymerisationen sind ebenfalls moglich, und zwar in fliissigem Schwefeldioxid (Siedetemperatur - 10°C). Bei - 20°C polymensiert S2NAsF6 mit N3@ als Initiator und bei - 18°C femer (NSC1)3 + (CH3)3SiN3. Auch die elektrochemische Polymerisation von S5NgC1 gelingt in flussigem Schwefeldioxid. SiN,Clk kann man andererseits in Acetonitril bei - 15°C polymerisieren. Das entstehende Poly(thiazy1) = Poly(azasu1fen) = Poly(schwefe1nitrid) bildet "Einkristalle", d.h. hochorientiene Faserbundel. Es verhalt sich in Bezug auf Reflektion, spezifische Wirmekapazitat. magnetische Suszeptibilitat und elektrische Leitfahigkeit wie ein Metal1 (bei Raumtemperatur parallel zur b-Achse: 2000 S/cm, senkrecht dazu 40 S/cm; lo6 S/cm bei T c 20 K). Bei 0,26 K wird nicht-dotiertes Poly(thiazy1) supraleitend. Aus kristallinem, filmartigen oder pastosem Poly(thiazy1)en werden Elektroden hergestellt. Poly(thiazy1) explodiert aber bei einem Schlag mit einem Hammer und zerfNlt bci langerem Aufenthalt in Luft oder Wasser zu einem grauen Pulver und bei langerem Erhitzen zu N2 und S02.
516
11.7.
11.6. Selen-, Tellur- und Gallium-Polymere
Selen-, Tellur- und Gallium-Polymere
1 1 . 7 . 2 . Elemente Das silbrige Selen (G: selene = Mond; E: selenium) bildet zwei niedermolekulare Modifikationen und eine hochmolekulare Modifikation. Die niedermolekularen Modifikationen sind rhombisch bzw. monoklin. Sic bestehen WONaus Se8-Ringen. Das niedermolekulare Selen lost sich mit dunkelroter Farbe in CS2. Beim Eindampfen dieser Losungen bei Temperaturen unterhalb 72°C scheiden sich die bei 119°C schmelzenden niedermolekularen Kristalle ab. Beim Eindampfen oberhalb 75°C bzw. beim Abkuhlen von Selen-Schmelzen entsteht eine graue, kristalline Selenmodifikation, die stabiler als Se8 ist. Diese trigonale Modifikation (TM = 22 1°C) hat ein metallisches Aussehen, ist ausgepragt photoleitfahig und lost sich in keinem bekannten Losungsmittel. Sie besteht aus langen 31-Helices, zwischen denen nur schwache intermolekulare Wechselwirkungen herrschen. Tellur (L: teflus = Erde; E: tellurium) bildet nur eine silberweisse metallische Modifikation. Diese Modifikation ist mit dem grauen Selen isomorph. Sie ist wie dieses in allen bekannten Ltisungsmitteln unltislich.
11.7.2.
Galliumchalkogenide
Verbindungen von Gallium mit Chalkogeniden (0, S, Se, Te) sind fur Materialien interessant, die empfindlich auf Anderungen magnetischer Felder sind. Dazu muss die feste Phase hexagonal sein, also polymer. Das Cuban (tert-CqHg)GaqSq des Galliumsulfids spaltet 2.B. bei 350°C alle vier tertiaren Butylgruppen ab und bildet auf Substraten beim Abkuhlen nur eine flachenzentrierte kubische (nicht-polymere) Phase. Das entsprechende Selenid I verliert dagegen nicht alle Butylgruppen. Bei ihm werden vielmehr Ga-SeBindungen gebrochen und es entsteht ein (fert-CqH9)3GagSe3-Segment I1 (G1.( 11-34)), das auf Oberflachen als hexagonale Phase 111 mit Ga-Ga- bzw. Se-Se-Bindungen aufwachst. Auch das entsprechende Tellurid fuhrt zu einer hexagonalen Phase, die aber beim Erhitzen in eine aus 5- und 6-Ringen bestehende monokline Phase iibergeht. (1 1-34)
R,
517
11. Anorganische Polymere
11.8.
Organometall-Polymere
Polymere mit Metallen in den Seitengruppen sind aus Monomeren durch Polyreaktionen (Polymerisation, Polyelimination. Polykondensation. Polyaddition) oder aus anderen Polymeren durch polymeranaloge Umsetzungen synthetisierbar. Diese Synthesen verlaufen analog zu denjenigen von metallfreien organischen Monomeren und Polymeren. Wegen der Anwesenheit von Metallatomen kiinnen aber einige Besonderheiten auftreten. Ein Beispiel fur eine Polymertransformation ist die polymeranaloge Umsetzung von Poly(p-iodstyrol) tCH2-CH(p-C6H41& mit Lithiummetall zum Poly(p-lithiumstyrol) -kCH2-CH(p-C6H4Li&. Bei der Polytransformation von Polyb-chlormethylstyrol) mit Natriumwolframpentacarbonyl wirken die Metallanionen als nucleophile Reagenzien:
Eine spezielle Gruppe von metallhaltigen Polymeren sind die Metallocenpolymeren. Darunter versteht man Polymere, die iiber n-Bindungen an Ubergangsmetalle gebundene aromatische Ringsysteme als Liganden enthalten. Die Metallocengruppen kiinnen als Substituenten vorhanden sein, wie bei dem durch Polymerisation von Vinylferrocen mit AIBN (Dibenzoylperoxid gibt Nebenreaktionen) entstehenden Poly(ferrocenylethy1en): CH -CH 2-
mCH2 -CH
I
Q
I
:-:
(1 1-36)
Fe
-
0 :-:
--b
Fe
Sic ktinnen aber auch durch Offnen gespannter Ringe entstehen, z.B. bei der Polymerisation von Ferrocenophan zu Poly(ferroceny1-X). wobei X z.B. eine Ethylen- oder eine Dimethylsilangruppe ist:
(11-37)
In der Technik hat sich in den letzten Jahren eingebiirgert, mit Metallwen-Katalysatoren(Kap. 5 und Band I) hergestellte Poly(o1efin)e als Metallwen-Poly(o1efin)ebzw . Metallocen-Polymere zu bezeichnen. Diese Metallwen-Poly(ethy1en)eund Metallwen-Poly(propy1en)e sind trotz ihres Namens keine Metallwen-Polymeren, da sie keine Metallwen-Gruppierungen in den Monomereinheiten enthalten, sondem allenfalls RiickstAndeder Metallmen-Katalysatoren.
518
11.8. Organometall-Polymere
Die meisten metallorganischen Polymeren mit Metalfen in der Haupfkefte kiinnen dagegen nur durch Polykondensation hergestellt werden. In einigen dieser Reaktionen liegt die gewunschte chelierende Metallgruppierung schon im Monomeren vor, z.B. bei der Reaktion der Ethylacetoacetat-Derivate des Kupfers mit Glycolen:
OCH3 UCH3 0.
(11-38)
.o
cH3YY0-R0. .o
+ HO-R-OH
cu
- 2 CZHSOH
C2H50
-0
Bei anderen Polykondensationen beteiligt sich dagcgen das Metal1 direkt an der Verknupfungsreaktion. So bilden sich aus organischen Sauren RCOO- und Fe3+ (oder anderen Eisenmetallen) unter der Wirkung von Aldehyden unvemetzte, in Aceton oder Butanon liisliche Koordinationspolymere: R I
R
/
\
+ Fe3+ +
4
0J ,I
/
JWLO 0 - F e - 0 \Y
::
c\
o”0 \
In\
/ \
/
O-Fe-
/ \
O\W/O C
O\W?
R : :
R
I
Yc
E\ 0 0
(11-39) 3R-COO-
R
I R
R
Da sich diese Polymeren langsam in Wasser zersetzen, wurde vorgeschlagen, dass man als Siurekomponente solche mit biologischer Aktivitat nimmt, um auf diese Weise Herbizide, Insektizide usw. kontrolliert freizusetzen. Andere Beispiele sind I, I1 und 111: R
I
R
I C
o”0 \ /
-0- Al -0/ \
9-P C
I
I
R
O\VO
YR I I
Mt = Ni, Cu, Pd, Fe
m Metallorganische Polymere eignen sich auch fur v i d e andere Anwendungen. Aluminiumseifen (11) mit Resten R aus Naphthen-, Palmitin- und Olsaure gelieren Benzin, was zum Napalm des 2.Weltkrieges fiihrte. Heute werden alle Brandwaffcn als Napalm bezeichnet, auch die nach dem 2.Weltkrieg entwickelten und z.B. in Vietnam eingesetzten Gele aus 25 % Poly(styro1). 25 % Benzol und 50 % Benzin ohne Aluminiumseifen.
519
11. Anorganische Polymere
Der Porphynn-Rest von Phthalocyanin-Polymeren (IV) kann durch Polykondensation von 3,3',4,4'-Tetracyanverbindungen ( N C ) ~ C S H ~ - Z - C ~ H ~ mit ( C NMtXz ) ~ aufgebaut werden, wobei Z z.B. (CHz)", CO, SO2 oder 0 sein kann. Derartige Polymere ktinnten als Katalysatoren oder Photosensibilisatoren dienen. X
/
V
X-
Koordinationspolymere V des Phthalocyanins Pc sind nach dem Dotieren mit SbF5 halbleitende Materialien mit elektrischen Leitfahigkeiten bis zu ca. 0,l S/cm. In V mit der allgemeinen Struktur -Mt(Pc)O- kann Mt z.B. Silicium, Germanium oder Zinn sein. V kann aber auch die allgemeine Struktur -Mt(Pc)L- aufweisen:
Mt ist dabei Fe2+, Fe3+, Co2+, Co3+, Mn2+, Mn3+ oder Cr3+ und L einer der folgenden Liganden:
N
520
Literatur zu Kap. I 1
Literatur zu Kap. 11 11.I. EINLEITUNG F.G.A.Stone, W.A.G.Graham, Hrsg., Inorganic Polymers, Academic Press, New York 1962 F.G.R.Gimblett, Inorganic Polymer Chemistry, Butterworth, London 1963 D.N.Hunter, Inorganic Polymers, Wiley, New York 1963 H.R.Allcock, Heteroatom Ring Systems and Polymers, Academic Press, New York 1967 N.H.Ray, Inorganic Polymers, Academic Press, London 1978 A.D.Wilson, S.Crisp, Organolithic Macromolecular Materials, Appl.Sci.Publ., Barking 1978 J.E.Mark, H.R.Allcock, R.West, Inorganic Polymers: An Introduction, Prentice Hall, Englewmd Cliffs, NJ 1992 (enthat nur Poly(phosphazen)e, Poly(si1oxan)e und Poly(si1an)e) R.Steude1, Y.Dresdova, Chemie der Nichtmetalle, De Gruyter, Berlin 1998 11.2. BOR-POLYMERE H.A.Schroeder, Polymer Chemistry of Boron Cluster Compounds, 1norg.Macromol.Rev. 1 (1970) 45 I.B.Atkinson, B.R.Currel1, Boron-Nitrogen Polymers, 1norg.Macromol.Rev. 1 (1971) 203 E.N.Peters, Poly(dodecacarb0rane-siloxanes),J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol.Chem. C 17 (1979) 173 11.3. SILLICIUM-POLYMERE: allgemein R.G.Jones, Hrsg.. Silicon-Containing Polymers, Royal Soc.Chem., Cambridge, UK 1996 (Symposiums-Bericht) M.A.Brook, Silicon in Organic, Organometallic and Polymer Chemisuy, Wiley-VCH, Weinheim 1999 11.3.4. POLY(KIESELSAURE)N R.Iler, The Chemistry of Silica: Solubility, Polymerization, Colloid and Surface Properties and Biochemistry, Wiley, Chichester 1979 11.3.5. SILICATE W.Eitel. Silicate Science, Academic Press, New York 1964 W.Hinz, Silicat-lexikon, Akademie-Verlag, Berlin 1985 F.Liebau, Structural Chemistry of Silicates, Springer, Berlin 1985 11.3.6. SILICATGLASER D.R.Uhlmann, N.J.Kreide1, Hrsg., Glass - Science and Technology, Academic Press, New York, Bd. l(1983) ff. R.H.Doremus, Glass Science, Wiley, New York, 2.Aufl. 1994 M.Voge1, Glass Chemistry, Springer, Berlin 1994 J.E.Shelby, Introduction to Glass Science and Technology, Royal SOC.Chem., Cambridge, UK 1997 11.3.7. FASERFORMIGE SILICATE H.C.W.Skinner, M.Ross, C.Fronde1, Asbestos and Other Fibrous Minerals, Oxford Univ. Press, London 1988 11.3.8. SCHICHTSILICATE R.W.Grimshaw, The Chemistry and Physics of Clays, E.Benn, London, 4.Aufl. 1971 B.K.G.Theng, Formation and Properties of Clay-Polymer Complexes, Elsevier, New York 1979 A.Weiss, Replikation und Evolution in anorganischen Systemen, Angew. Chem. 93 (1981) 843 A.C.D.Newman, Chemistry of Clays and Clay Materials, Wiley, New York 1987 H.-P.Rieck, Natriumschichtsilicate und Schichtkieselsauren, Nachr.Chem.Tech.Lab. 44 (1996) 699 11.3.9. ZEMENTUND BETON J.J.Beaudoin, Handbook of Fiber-Reinforced Concrete, Noyes Data, Park Ridge, NJ 1990 H.F.W.Taylor, Cement Chemistry, Academic Press, London 1990 E.Kirlikovali, Polymer/Concrete Composites - A Review, Polym.Eng.Sci. 21 (1981) 507 T.M.Aminabhavi, P.E.Cassidy, L.E.Kukacka, Use of Polymers in Concrete Technology, J.Macromol.Sci. - Rev.Macromol.Chem.Phys. C 22 (1982-1983) 1 S.Chandra, Y.Ohama, Polymers in Concrete, CRC Press, Boca Raton 1994 Y.Ohama, Handbook of Polymer-Modified Concrete and Mortars, Noyes Publ., Park Ridge, NJ 1995
11. Anorganische Polymere
52 1
11.3.10. KERAMISCHE WERKSTOFFE K.J.Wynne, R.W.Rice, Ceramics via Polymer Pyrolysis, Ann.Rev.Mater.Sci. 14 (1984) 297 L.L.Hench, D.R.Ulrich, Hrsg., Science of Ceramic Chemical Processing, Wiley-Interscience, New York 1986 J.D.Mackenzie, D.R.Ulrich, Hrsg., Ultrastructure Processing of Advanced Ceramics, Wiley, New York 1988 CJ.Brinker, G.W.Scherer, Sol-Gel Science, Academic Press, San Diego 1990 A.R.Bunsel1, M.-H.Berger, Hrsg., Fine Ceramic Fibers, Dekker, New York 1999 11.3.11. SILICONE: Geschichte H.A.Liebhafsky, S.S.Liebhafsky, G.Wise, Silicones under the Monogram, Wiley, New York 1979 (Geschichteder General Electric-Silicone) E.G.Rochow, Silicon and Silicones, Springer, Berlin 1987 (hauptskhlich Geschichte der General Electric-Silicone) E.L.Warrick, Forty Years of Firsts - The Recollections of a Dow Coming Pioneer, MacGraw-Hill 1990 (Geschichte der Entwicklung der Dow Coming-Silicone) 11.3.11. SILICONE: Synthesen und Eigenschaften W.Noll, Chemie und Technologie der Silicone, Verlag Chemie, Heidelberg, 2.Aufl. 1968 R.J.H.Voorhoeve, OrganohalosiIanes, Precursors to Silicones, Elsevier, Amsterdam 1967 S.N.Borisova, M.G.Voronkov, E.Ya.Lukevits, Organosilicon Heteropolymers and Heterocompounds, Plenum, New York 1970 A.D.Wilson, S.Crisp, Organolithic Macromolecular Materials, Appl.Sci.Publ., Barking 1978 B.A.Currel1, J.R.Parsonage, Trimethylsilylation of Mineral Silicates, J.Macromol.Sci.-Chem. A 16 (1981) 141 P.R.Dvomic, R.W.Lenz, High Temperature Siloxane Elastomers, Hiithig und Wepf, Basel 1990 A.Tomanek, Hrsg., Silicone und Technik, Hanser, Miinchen 1990; -, Silicones and Industry - A Compendium for Practical Use, Instruction and Reference, Hanser, Miinchen 1991 GKoerner, M.Schulze, J.Weis, Silicones: Chemistry and Technology, CRC Press, Boca Raton, FL 1992 S.J.Clarson, J.A.Semlyen, Hrsg., Siloxane Polymers, PTR Prentice-Hall, Englewood Cliffs, NJ 1993 N.Auner, J.Weis, Organosilicon Chemistry 11. From Molecules to Materials, VCH, Weinheim 1995 R.M.Hi1I. Hrsg., Silicone Surfactants, Dekker, New York 1999 R.G.Jones, W.Ando, J.Chojnowski, Hrsg., Silicon-Containing Polymers, Kluwer, Dordrecht 2000 11.5. PHOSPHOR-POLYMERE E.Thilo, Zur Strukturchemie der kondensierten anorganischen Phosphate, Angew.Chem. 17 (1965) 1065 MSander, E.Steiniger, Phosphorous Containing Polymers, J.Macromo1.Sci.Rev. C 1 (1967) 1, 7.91; C 2 (1968) 1, 33, 57 H.R.Allcock, Phosphorus-Nitrogen Compounds. Cyclic, Linear and High Polymeric Systems, Academic Press, New York 1972 M.Schmidt, D.Freitag, L.Bottenbruch, U.Reinking, Aromatische Polyphosphonate: Thermoplastische Polymere von extremer Brandwidrigkeit, Angew.Makromol.Chem. 132 (1985) 1 R.C.Ropp, Inorganic Polymeric Glasses, Elsevier, Amsterdam 1992 (4 Kapitel iiber Phosphatglker, 1 Kapitel iiber Silicatglas) J.U.Otaigbe, G.H.Beal1, Inorganic Phosphate Glasses as Polymers, Trends Polym.Sci. 5 (1997) 369 11.6. SCHWEFEL-POLYMERE A.V.Tobolsky, W.J.MacKnight, Polymeric Sulfur and Related Polymers, Interscience, New York 1965 L.Pintschovius, Polysulfur Nitride, (SN),, the First Example of a Polymeric Metal, Colloid Polym.Sci. 256 (1978) 883 P.Love, Some Properties and Applications of Polysulfur Nitride, Polymer News 7 (198 1) 200 R.Steude1, Molekulare Zusammensetzung von fliissigem Schwefel, Z.Anorg.Allgem.Chem. 478 (1981) 139
522
Quellennachweise zu K a p . 11
A.Muller, B.Krebs, Hrsg., Sulphur - Its Significance for Chemistry, for the Geo-, Bio- and Cosmosphere and Technology, Elsevier, Amsterdam 1984 B.Meyer, Elemental Sulfur: Chemistry and Physics, Interscience, New York 1985 M.M.Labes, P.Love, L.J.Nichols, Polysulfur Nitride - A Metallic Superconducting Polymer, Chem.Rev. 79 (1979) 1 11.8. ORGANOMETALL-POLYMERE K.A.Andrianov, Metalorganic Polymers, Interscience, New York 1965 E.W.Neuse, H.Rosenberg, Metallocene Polymers, J.Macromol.Sci.Rev. C 4 (1970) 1 C.E.Carraher, Jr., J.E.Sheats, C.U.Pittman, Jr., Organometallic Polymers, Academic Press, New York 1978 R.S.Ward, E.Nyilas, Organometallic Polymers, Academic Press, New York 1978 R.V.Subramanian, B.K.Grag, Recent Advances in Organotin Polymers, Po1ym.-Plast.Technol.Eng. 11 (1978) 81 J.E.Sheets, History of Organometallic Polymers, J.Macromol.Sci.Chem. A 15 (1981) 1173 N.Hagihara, K.Sonogashira, S.Takahashi, Linear Polymers Containing Transition Metals in h e Main Chain, Adv.Polym.Sci. 41 (1981) 149 H.Szaliirska, M.Pietrzak, Metal-Containing Polymers, Po1ym.-Plast.Technol.Eng. 19 (1982) 107 D.W6hrle, Polymer Square Planar Metal Chelates for Science and Industry. Synthesis, Properties and Applications, Adv.Polym.Sci. 50 (1983) 45 A.D.Pomogallo, V.S.Savostyanov, Advances in the Synthesis and Polymerization of MetalC 25 (1985) 375 Containing Monomers, J.Macromol.Sci.-Rev.Macromol.Chem.Phys. A.D.Pomogailo, V.S.Savost'yanov, Synthesis and Polymerization of Metal-Containing Monomers, CRC Press, Boca Raton 1994 F.Ciardelli, E.Tsuchida, D.Wohrle, Hrsg., Macromolecule-Metal Complexes, Springer, Heidelberg 1996
Quellennachweise [l] J.Hefter, M.E.Kenney, 1norg.Chem. 21 (1982) 2810, entnommen aus den Abb. 4 , 8 und 9 [2] C.R.Masson, J.Non-Cryst.Solids 25 (1977) 1, Abb. 1, 2 und 3 [3] R.Kleinholz, G.Heyn, R.Stolze, in RGachter, H.Miiller, Hrsg., Plastics Additives Handbook, Hanser, Miinchen 1990, Kap. 10, Tab. 3 [4] S.Kessler, In J.Edenbaum, Hrsg., Plastics Additives and Modifiers Handbook, Van Nostrand Reinhold, New York 1992, Tab. 48-1 [5] T.Dombrowski, in Kirk-Othmer, Encyclopedia of Chemical Technology, Wiley, New York, 4.Aufl. 1993, Band 6, S . 381, Abb. 1. Nach G.Brown, Hrsg., The X-ray Identification and Crystal Structure of Clay Minerals, Mineralogical Society, London 1961 [6] U.Hofmann, Angew.Chem. 80 (1968) 736; Angew.Chem.Int.Ed.Eng1. 7 (1968) 681, Abb. 7 [7] E.Thilo, Angew.Chem. 77 (1965) 1056; Angew.Chem.Int.Ed.Eng1. 4 (1965) 1061, Abb. 10 [8] R.Steude1, R.Suauss, L.Koch, Angew.Chem.Int.Ed.Eng1. 24 (1985) 59, Tab. 1 [9] R.F.Bacon, R.Fanelli, J.Am.Chem.Soc. 65 (1963) 639, entnommen aus Abb. 3 [lo] A.V.Tobosky, AEisenberg, J.Am.Chem.Soc. 81 (1959) 780, Abb. 4
523
12.
Anhang
12.1. SI-Einheiten und IUPAC-Symbole Viele physikalische Eigenschaften sind nach Maxwell quantitativ durch physikalische GrUssen (E: physical quantities) als Produkt aus einem Zahlenwert (E: numerical value) und einer physikalischen Einheit (E: physical unit) beschreibbar: physikalische GrUsse = Zahlenwert x physikalische Einheit Symbole physikalischer Grossen werden dabei stets kursiv geschrieben, z.B. L als Symbol fur eine L b g e , t als Symbol fur die Zeit, usw. Symbole vektorieller GrUssen sind kursiv und feu, z.B. M als Symbol fur "Moment". Symbole fur physikalische Einheiten werden niemals kursiv geschrieben. Zwischen Zahlen und Symbolen fiir physikalische Einheiten steht kein Multiplikationszeichen Die Beziehung zwischen physikalischen GrOssen, Zahlen und physikalischen Einheiten ist mit den ublichen Regeln der Algebra zu behandeln. Wenn z.B. die physikalische Grtisse "Lwge" (Symbol L) in der physikalischen Einheit "Meter" (Symbol: m) gemessen wird und ein Objekt 0,002 Meter lang ist, dann kann dies nach den Regeln der Infinitesimalrechnung von GrUssen (E: quantity calculus) als L = 0,002m oder L = Z l t 3 m oder l b L / m = 2 oder L = 2 m m oder L/mm = 2 geschrieben werden, aber nicht als i t 3L/m = 2. Die gleiche Regel gilt fur Eintragungen in Tabellen. Wenn beim obigen Beispiel die Tabellen Usse z.B. "2" ist. dann lautet der Tabellenkopf lo3 L/m und nicht l t 3 L/m d e r 103L, m oder 10 L [m]. Die Maxwell-Regel wird jetzt meist als SI-Regel (SI = Systkme International) bezeichnet, weil sie von der "International StandardizationOrganization" (ISO) als Standard eingefuhrt wurde. Die SI-Regel wurde von anderen internationalen Organisationen iibernommen, z.B. von der IUPAP (International Union of Pure and Applied Physics), IUPAC (International Union of Pure and Applied Chemistry), und IUB (International Union of Biology). Das internationale Masssystem beruht auf sieben SI-Grundeinheiten (E: base units) (Tab. 12-1) und einer Reihe von abgeleiteten Einheiten (E: derived units) (Tab. 12-2). Die fruher als Erganzungseinheiten (E: supplementary units) bezeichneten physikalischen Einheiten Radiant und Steradiant werden seit 1995 zu den abgeleiteten Einheiten gerechnet. Federfuhrend ist das Cornit6 International des Poids et Mesures (CIPM); die offizielle Zeitschrift des Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) ist Metrologia. In Deurschland und einigen anderen M d e r n sind SI-Einheiten die einzigen Einheiten, die laut Gesew fiir wirtschaftliche Zwecke zugelassen sind. Mit Ausnahme der Vereinigten Staaten von Amerika verwenden praktisch alle Lhder nur noch SI-Einheiten. Auch in den USA sollten laut Bundesgesetz ab 1993 alle BundesbehUrden nur noch SI-Einheiten venvenden, doch werden von Bundes- und LbderbehUrden, Firmen und in der wissenschaftlichen Literatur weiterhin nicht-SI-Einheiten benutzt. Diese Einheiten beruhen zum Teil auf dem US-System und zum Teil auf dem UK-System (British oder Imperial). Sie werden in diesem Buch als "angels&hsische Einheiten" zusammengefasst.
Y
Tab. 12-1 Physikalische Grundmssen (E: base physical quantities) und SI-Grundeinheiten (E: SI base units) sowie ihre SI-Symbole. Genera: rn = mannlich, s = skhlich, w = weiblich. a) Schweiz. Physikalische Grundgr6sse Symbol Deutscher Name Symbol L, 1 rn t
I T I, n
Lhge Mass Zeit Elektrische StromsWe ThermodynamischeTemperatur Lichtstitrke Stoffmenge
Englischer Name
Physikalische Einheit Name
length mass time electric current thermodynamic temperature luminous intensity amount of substance
Meter (s, ma') Kilogramm (s) Sekunde(w) Ampere (s) Kelvin (s) Candela (w) Mol (s)
m kg s A K cd mol
524
12.1. SI-Einheiten und IUPAC-Symbole
Tab. 12-2 Abgeleitete SI-Einheiten fur physikalische Grossen und von der IUPAC fur physikalische Grossen vorgeschlagene Symbole. Physikalische Gr6sse Symbol Deutscher Name
F G E P P V
Q 0
B
% E" A D
D X
1
L l)
*)
3, 4,
5, 6,
7,
Winkel in der Ebene Winkel im Raum Geschwindigkeit Beschleunigung Winkelgeschwindigkeit Winkelbeschleunigung Kraft Gewicht Energie, Arbeit, W m e Leistung, Energiefluss Druck, mechan. Spannung Impuls, Moment Frequenz Elekbizitlitsmenge, elektrische Ladung Elektrische Potentialdifferenz, elektr. Spannung Elektrischer Widerstand Elektrischer Leitwert Elektrische Kapaziat Relative Permittivitlit 7, Magnetischer Fluss Eigeninduktiviat. magnetischer Leitwert Magnetische Flussdichte Magnetische Feldswke Lichtstrom BeleuchtungssEirke Radioaktiviat Energiedosis Energiedosisleistung Ionendosis Ionendosisleistung Aquivalentdosis Lineare Energieiibertragung
Englischer Name
plane angle solid angle speed 4), velocity acceleration angular velocity angular acceleration force weight energy, work, heat power pressure, stress impulse, momentum frequency electric charge
Physikalische Einheit Name1) Symbol rad = m/m = 1 Radiant 2, Steradiant 3, sr = m2/m2 = 1 m/s m/s2
mdfs rad/S2
Newton Newton Joule Watt Pascal Hertz 6, Coulomb
electric potential, emf
Volt
electric resistance electric conductance electric capacitance relative permittivity magnetic flux magnetic inductance
Ohm Siemens Farad
magnetic flux density magnetic field strength luminous flux illuminance radioactivity (absorbed dose) (absorbed dose rate) (exposure) (exposure rate) (dose equivalent) linear energy uansfer
Tesla
N=Jm-I N=Jm-I J=Nm w = v A = J S-1 Pa = N m-2= J m-3 Ns Hz = s-I C=As
Weber Henry
Lumen Lux Becquerel
Sievert
T=Wbm-2 A/m Im = cd sr Ix = Im m-2 Bq = S-I Gy = J kg-I Gy S-' = W kg-I C kg-I A kg-I SV= J kg-' J
Im Englischen werden die Namen dieser Einheiten auch bei Personennamen stets klein geschrieben (d.h. kelvin, newton usw. und nicht Kelvin, Newton usw.). Ausnahme: degree Celsius. Im Englischen: radian Im Englischen: steradian Nicht-vektoriell; die Lichtgeschwindigkeit hat iiblichenvcise das Symbol c. Vektoriell; die Symbole sind dann fett (u, v, w). Die physikalische Einheit "Hertz" sol1 nur fur "Frequenz" im Sinne von "Schwingungen pro Zeiteinheit" verwendet werden. Winkelgeschwindigkeiten und Zirkularfrequenzenbesitzen die physikalische Einheit rad/s, was als s-l geschrieben werden kann, aber nicht als Hz. Friiher: Dielektriziutskonstante
525
12. Anhang
Tab. 12-3 Neben oder mit SI-Einheiten venvendete atere Einheiten. Nur die mit * gekennzeichneten Einheiten diirfen mit SI-Vorsatzzeichenund/oder zusammen mit SI-Einheiten venvendet werden. Physikalische Grusse
Physikalische Einheit Name
Zeit Zeit Zeit mge Flkhe Volumen
Minute Stunde Tag Angstr6m
min h d
Bam
b L t
Masse Masse Energie Druck Winkel in der Ebene Winkel in der Ebene Winkel in der Ebene Temperatur
Liter Tonne Atommassenkonstante 4, Elektronenvolt
Bemerkung Symbol
A
u eV
Bar
bar
Grad Minute Sekunde Celsius-Temperatur
0
Qc
Wert in SI-Einheiten 60s
3600 s 86 400 s 10-10 m = O,1 nm
1) 1)
If 2)
10-28 m2
m3= 1 L lo3 kg = 1,66054*10-27kg = 1,60218~10-'9 J 105Pa (4180) rad (410 800) rad (rc/648OOO) rad 8PC = (VK)- 273,15
3)
* *
4*5)
6,
2)
* *
7,
I ) IUPAC erlaubt den Gebrauch der Einheiten "Minute", "Stunde" und "Tag", obwohl diese physikalischen Einheiten keine SI-Einheiten sind. Diese drei Einheiten durfen jedoch nicht mit SI-Vorsilben versehen werden. "Monat" und "Jahr" sind keine wissenschaftlichen Einheiten; sie werden aber bei Halbwertszeiten oder Lebensdauem von Radionukliden gebraucht. Wirtschaftsdaten sowie Angaben von Lebensdauem und Halbwertszeiten verwenden fur "Jahr" oft das Symbol "a" (L: annus = Jahr). Englisch-amerikanische Symbole sind "yr" fiir "Jahr" (E: year) und "mo" fur Monat (E: month). 2, Diese Einheit ist fur den temporaen Gebrauch mit SI-Einheiten in solchen Teilgebieten zugelassen, in denen sie zur Zeit verwendet wird. 3, IUPAC erlaubt den Gebrauch der physikalischen Einheit "Tonne" (1 t = loo0 kg) (speziell in der Technik und der Wirtschaft), obwohl "Tonne" keine IUPAC-Einheit ist. "Tonne" [E: (metric) ton(ne)] darf nicht mit "long ton" (= 1016,047 kg) und "short ton" (= 907,185 kg) verwechselt werden; sowohl "long ton" als auch "short ton" werden haufig ohne die Adjektive "long" und "short" verwendet. 4, Der nummerische Wert u = m,(l2C)/12 der Atommassenkonstante (= atomare Masseneinheit; E: unified atomic mass constant) h h g t von dem experimentell bestimmten Wert der Avogadro-Konstanten N A ab. Er ist daher nicht exakt. s, Die Atommassenkonstante (physikalische Einheit kg) wird manchmal "Dalton" (Symbol: Da) genannt. In den Biowissenschaften wird mit "Dalton" fdschlicherweise die relative Molekulmasse (physikalische Einheit 1) oder die Molmasse (physikalische Einheit g/mol) bezeichnet. 6, Der nummerische Wert dieser Einheit hangt vom experimentellen bestimmten Wert der Elementarladung e ab. Der Wert der entsprechenden SI-Einheit ist daher nicht exakt. ') Die SI-Einheit des Celsius-Temperaturintervalls ist das "Grad Celsius" (Symbol der Einheit: "C). Die Einheit dieses Inrervalls ist mit dem Kelvin identisch (nicht "Grad Kelvin"). IUPAC empfiehlt fur die Celsius-Temperatur die Symbole f oder 8, DIN dagegen f oder 19. Das Symbol t kann aber mit dem gleichen Symbol fur die Zeit verwechselt werden. Das Symbol 8 wird nach der Erfahrung des Autors auch von sehr kundigen Polymerwissenschaftlern meist falschlich als das Symbol 8 identifiziert, welches das in der Polymerwissenschaft allgemein anerkannte Symbol fur die Theta-Temperatur ist. Aus diesen Grunden wird in diesem Buch das Symbol T sowohl fiir die thermodynamische Temperatur als auch fiir die Celsius-Temperatur verwendet. Verwechslungen sind ausgeschlossen, da bei physikalischen Gleichungen T stets die thermodynamische Temperatur bedeutet und bei Zahlenangaben immer die Einheit angegeben wird.
526
12.1. SI-Einheiten und IUPAC-Symbole
Tab. 12-4 VorsAtze fur SI-Einheiten im Dezimalsystem. Herkunft: D = &nisch, G = griechisch, I = italienisch, L = lateinisch, N = norwegisch. a) Beim Vorsatz fiigt IS0 den Buchstaben "y" zu, weil "0"als Symbol missverstAndlich wiire. wurde durch "z" ersetzt, urn den doppelten Gebrauch von "s"als Symbol zu vermeiden. Faktor Vorsatz
1024 1021 10'8 1015 10'2 109 106 103 102 10' 10-1 10-2 10-3 10-6 10-9 10-12 10-15 10-18 10-21
Vorsatz- Umgangssprachlicher Name zeichen deutschsprachig USA
YOtta8) Zettab) Exa
Peta Tm
Giga Mega Kilo Hekto I ) Deka2) Dezi3) Zenti 4, Milli 7, Mikro 5~7) Nan0 Piko6) Femto Atto Zeptob) 10-24 Yoctoa)
Y
z
E P T G M k h da d c m p
n p f a z y
Quadrillion Trilliarde Trillion Billiarde Billion Milliarde Million Tausend Hundert Zehn Zehntel Hundertstel Tausendstel Millionstel Milliardstel Billionstel Billiardstel Trillionstel Trilliardstel Quadrillionstel
b,
'IS"
Herkunft der Vorsatzes
septillion sextillion quintillion quadrillion trillion billion million thousand hundred ten one tenth one hundredth one thousandth one millionth one billionth one trillionth one quadrillionth one quintillionth one sextillionth one septillionth
L: octo = acht [loz4= (103)81 L septem = sieben [ 1021 = ( 1 0 ~ ) ~ i G: hexa = sechs [10l8= (ld)6] G: penfa = fiinf = (103)5] G: term = Ungeheuer G: gigas = Riese G : megas = gross G : khilioi = tausend G : hekafon = hundcrt G: deka = zehn L: decimapars = Zehntel L pars centesimo = Hundertstel L pars millesima = Tausendstel G : mikros = klein G: nan(n)os= Zwerg I: piccolo = klein D, N:femten = fiinfzchn D, N: atten = achtzehn L: septem = sieben [10-21 = (10-~)~1 L: octo = acht [l(Sz4= (10-3)81
Englische Namen: l ) hecto; 2 ) friiher: deca; 3, deci; 4, centi; 5 ) micro; 6 , pico. 7, USA: Da dem allgemeinen Publikum p als Abkiirzung fur "mikro" nicht bekannt ist und p zudem hlufig bei Schreibmaschinen usw. fehlt, wird es manchmal durch "mc" ("micro") ersetzt (2.B. 1 mcg = 1 pg). Der Vorsatz "m"fur "milli" wird dann zu "ml" (1 mg = 1 mlg). Franzdsische Zahlwdrter folgen seit 1948 den international gebrauchlichen (in Klammern: vor 1948): 103 miIIe 10l2 billion (trillion) 1021 - (sextillion) 106 million 1015- (quatrillion, quadrillion) loz4quadrillion (septillion) 10l8trillion (quintillion) 109 milliard (billion, milliard)
Tab. 12-5 VorsAtze fur bintire Systeme (Computerindustrie). Die von der International Electrotechnical Commission (IEC) eingefiihrten Voratze sollen die konventionell gebrluchlichen ablosen. Faktor IEC-Vorsatz
21° 220 230 240
250 260
kibi mebi gibi tebi pebi exbi
IEC-Vorsatzzeichen Ki Mi Gi Ti Pi Ei
Zahlenwert exakt
gcrundet
1024 1048 576 1073 741 814
= = = = = =
1,024.103 1,049.106 1,073.109 1,100.10'2 1,126.1015 1,253.1018
Konvention Wen Zeichen I03 106 109 10'2
K, k M G T
1015 10'8
P E
527
12. Anhang
Tab. 12-6 Vorsatzzeichen in der U.S. Finanz- und Gaswirtschaft. Zahl
Symbol
Bedeutung
Zahl
Symbol
Bedeutung
103 106
M MM oderm
L: milk (tausend) L: miIIe x miIIe
109
B T
amerikanische Billion amerikanische Trillion
10l2
Tab. 12-7 RUmische Zahlenzeichen. Von links nach rechts gelesen werden die Zahlen addiert (Beispiel: XX V I = 26). Eine kleinere Zahl vor einer grusseren wird jedoch von der letzteren abgezogen (Beispiel: MCMX L I V = 1944). RUmisch Arabisch I V
Romisch Arabisch X L
1
5
10 50
RUmisch Arabisch C D
Romisch Arabisch
100 500
loo0
M
Die rornischen Zahlenzeichen V, X, L, C, D und M entstanden wahrscheinlich aus griechischen Buchstaben. Sie sind keine Abkiirzungen der Namen von Grundzahlen: Q D €9
@h) in der Form I$ fur lo00 als rechte Halfte von @ @s)
V
als obere Halfte von X
= M (keine Abkiirzung fur milk!) = D
= lo00
= V
=
= 500 = C (keine Abkiirzung von centurn!) = 100 = L = 50
5
Tab. 12-8 Fundamentale Konstanten (Zahlenwerte nach CODATA = Committee on Data for Science and Technology of the International Council of ScientificUnions (1986)). Physikalische Grtisse
Symbol = Zahlenwert x physikalische Einheit
Lichtgeschwindigkeit im Vakuum Elementarladung Faraday-Konstante Planck-Konstante Boltzmann-Konstante Avogadm-Konstante 2, Loschmidt-Konstante *) Molare Gaskonstante Permittivitllt des Vakuums Permeabilitiit des Vakuums, magnetische Feldkonstante Molvolumen eines idealen Gases Atomare Massenkonstante, (unified atomic mass constant)
= 299 792 458 m s-l (exakt) = 1,602 177 33.10-19 C F = 96 485,309 C mo1-l h = 6,626 075 5.10-34J s k = 1,380 658.10-23 J K-' N A = 6,022 136 7.1023 mol-I = L no = NAIV,,, = 2,686 763.1025 m-3 R = 8,314 510 J K-' mol-1 ~0 = l / @ ~ c o=~ (8,854 ) 187 817...). = 4 ~t N A" (exakt)
*.
c
e
F m-I (exakt)
V,,, = 22 414,lO cm3 mol-I (T= 273.15 K,p = 101 325 Pa) m u = 1,660 540 2-10-27kg (= rn(12C)/12)
Das IUPAC-Symbol N, fur eine reziproke Stoffmenge ist nicht konsistent mit dem IUPACSymbol fiir Zahlen. Die Avogadro-Zahl-Konstante wurde zuerst von Loschmidt bestimmt (daher das alternative Symbol L), nicht von Avogadro. Sie hiess im Deutschen friiher "Loschmidtsche Zahl". 2, Das IUPAC-Symbol no fiir ein reziprokes Volumen weicht von der IUPAC-Empfehlung von n als Symbol fiir die Stoffmenge (mol) ab. Diese Grusse wurde zuerst von Avogadro bestimmt: sie hiess daher in deutschsprachigen Lbdem friiher Avogadro-Zuhl, obwohl sie ein reziprokes Volumen ist.
528
12.2.
12.2. Konzentrationen
Konzentrationen
Konzentrationen messen die Haufigkeit einer Substanz 1 in allen Substanzen i = 1 , 2 ...
Massenbruch = w1 = m l / C i m i = m l / m = cI/c = Masse ml der Substanz 1 dividiert durch die Summe der Massen mi aller Substanzen i . Da auf alle Massen das gleiche Schwerefeld wirkt, kann der Massenbruch (E: mass fraction) auch Gewichtsbruch (E: weight fraction) genannt werden. 100 wl = Massenprozent = Gewichtsprozent (Gew.-%). Die amerikanische Literatur verwendet fiir Massenbriiche meist auch "parts per mil- und ~ "parts per lion" (1 ppm = lo4 %), "parts per (American) billion" (1 ppb = l ~ %) (American) trillion" ( 1 ppt = lO-lo %). Volumenbruch = $1 = V l / C i Vi = Volumen der Substanz 1 dividiert durch die Sum-
me der Volumina aller Substanzen i (E: volume fraction). Die Volumina V1, V2 usw. beziehen sich auf die Volumina vor dem Mischprozess.
Molenbruch = Stoffmengenanteil = Zahlenbruch = x1 = n l / C i ni = N l / Z i Ni = Stoffmenge nl der Substanz 1 dividiert durch die Summe der Stoffmengen aller Substanzen i ( n l = N ~ / N A (E: ) mole fraction = amount fraction = number fraction). Diese Grosse ist keine Molzahl. Der Begriff der Stoffmenge (E: amount of substance) bezieht sich immer auf "Mole", niemals auf Massen (gemessen in Kilogramm) oder Gewichte (gemessen in Newton). Statt "Stoffmenge" wird haufig nur "Menge" verwendet, vor allem in Abkurzungen. "Stoffmenge" und "Menge" sind nicht synonym mit "Masse". Massekonzentration = Massendichte = c1 = ml/V = Masse ml der Substanz 1 dividien durch das Volumen V der Mischung nach dem Mischen (E: mass concentration, mass density). IUPAC empfiehlt y1 oder p1 anstelle von c1, doch hat sich c in der Polymerliteratur eingefuhrt und p kann leicht mit dem gleichen Symbol fur die Dichte einer reinen Substanz 1 verwechselt werden @ 1 = m1/V1; E: density). Die Massekonzentration wird oft nur Konzentration (E: concentration) genannt. Zahlenkonzentration = Zahlendichte = C1 = N1/V = Zahl N1 der Einheiten der Sorte 1 (Molekule, Gruppen, Atome, Ionen, Teilchen. usw.) pro Volumen V der fertigen Mischung aller Einheiten (E: number concentration, number density). IUPAC empfiehlt als Synonym "concentration", das jedoch meist fur die Massekonzentration verwendet wird.
Stoffmengenkonzentration = Mengenkonzentration = nl/V = Stoffmenge nl der Einheiten der Sorte 1 pro Volumen V der fertigen Mischung aller Einheiten (E: amount concentration). In der Chemie wird fur die Stoffmengenkonzentration fast ausschliesslich das in eckigen Klammern geschriebene Symbol der Substanz verwendet, z.B. das Symbol [MI] fur die Mengenkonzentration des Monomeren MI. IUPAC empfiehlt das Symbol c1 = n l / V , das jedoch mit dem Symbol fur die Massenkonzentration verwechselt werden kann. Die Mengenkonzentration wird meist Molkonzentration (E: mole concentration) oder Molaritat (E: molarity) genannt und durch M syrnbolisiert. Das Symbol M wird jedoch nicht von IUPAC empfohlen und sollte nicht mit einem SI-Prafix verwendet werden (also nicht mM fur eine Mengenkonzentration in "millimol" pro Liter). Molalitat eines Gelosten = a1 = nl/m2 = Stoffmenge der Substanz 1 pro Masse des Ltisungsmittels 2 . Molalitaten (E: molalities) erhalten oft das Symbol m, das jedoch nicht fur die Einheit der Molalitat (mol kg-') verwendet werden sollte.
529
12. Anhang
12.3. Zahlworter Tab. 12-9 Altgriechische (G) und lateinische (L) ZahlwUrter sowie griechische (G), lateinische (L) und chemische (C)Multiplikativprafixe. Die letzteren sind 2.T.Verfremdungen griechischer und (seltener) lateinischer Wurter, erstere oft in lateinischer Schreibweise (2.B. "c" statt "k). Zahl x
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Grundzahlen G
heis,mia,hen dyo treis, tria tettares, teuara pen& hex kPta okto
unus,una,unum duo, W ,-0 WS,tres, tria quattuor quinque Sex septem
e n m &ka
novem
11 12
20 30 40 50 60 100 hekaton 200 300 400 500 1000 khilioi 2000 3000 4000 5000 viele l) 2,
3, 4,
L
Mu1tiplikativprgfixe GI) Cl) G2) x-ma1 mono 4,
octo
decem undecim duodecim vigin ti triginta quadraginta quinquaginta sexaginta centum ducenti, -ae, -a tmenti quadringenti quingenti mille, milia duo milia
multi
tres
& triS
tetra penta hexa hepta octa nona deca
tetrakis pentakis hexakis heptakis oktakis enakis usw.
di 5)
C2) L7) C3) komplex x-mal x-mal
bis triS
tetrakis
uni bis ter qquinter sexi Septi octa nona
pentakis hexakis heptakis oktakis nonakis usw. &€a
bi te€ qsuinsue sexi septi octi
novi deci
undeca dodecaa icosa 6, maconta tetraconta pentaconta hexaconta hecta
hecta
dicta triCta ternla ptacta
khilia
POlY
kilia dilia trilia tedia pentalia POlY
multi
Multiplikativpriifixefiir Vielfache der gleichen Art. Multplikativpr8fixe fiir Vielfache der gleichen Art in komplexen Verbindungen, z.B. substituierten Substituenten. MultiplikativprXixe fur unverzweigte Verbindungen aus zwei oder mehr identischen Repetiereinheiten, beispielsweise Copolymere. Nur fur "Ein..."(2.B. monosubstituiert). In Verbindung mit anderen nummerischen Ausdrucken wird "hen" verwendet, z.B. in "henicosan" (21). Eine Ausnahme ist "undeca" (1 1). Falls alleinstehend, also fur 2 ("di"), 200 ("dicta"), 2000 ("dilia"), ausgenommen bei 20 ("icosa"). In Verbindung mit anderen nummerischen Ausdriicken wird "do" verwendet, vgl. "dodeca" (12) und "docosan" (22). Die Multiplikativprtifixefiir die auf 12 folgenden ganzen Zahlen setzen sich aus den Multiplikativprgixen der einfachen Zahlen 1-9 sowie einer Stammsilbe fiir die jeweiligen Zehnerpotenzen zusammen: "conta" fur die Zehnerreihe (Ausnahme: 20 = icosa; Beilstein und CAS: eicosa), "cta" fur die Hunderterreihe (Ausnahme: "hecta" statt "hencta") und "lia" fur die Tausenderreihe. Bei zusammengesetzten Zahlen werden die Ziffern in umgekehrier Reihenfolge zitiert. Das Prtifix fur eine Verbindung aus 537 gleichen Einheiten lautet daher "heptamacontapentacta". x von jedem: bini, ierni, quaterni, quini, seni, sepieni, ocioni, noveni, deni usw.
530
12.4. Abkurzungen von Namen fur Poiymere
Tab. 12-10 Griechische Grundzahlen (eins, zwei , drei ...), Ordnungszahlen (ordinaria) (m: erster, zweiter, dritter ...;f= erste, zweite, dritte ...), Zahladverbien (einmal, zweimal, dreimal ...), Verviefaltigungszahlen (einfach, zweifach (doppel), dreifach (tripel) ...) GlWldzahlen Zahl Name 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 20
heis, mia, hen dy0 treis, tria tettares, tettara pen@ hex hepta okto
Ordnungszahlen (m) Zahl Name
1. 2. 3. 4. 5.
protos deuteros tritos tetartos pemptos
10.
dekatos
Zahladverbien Zahl Name
lx 2x 3x 4x 5x
dis tris tetraws) penrakis
20.
eikostos
Vervielfdtigungszahlen
haplodiplotriplo-
ennea
cleka eikosi
100. 1000.
hekatostos chiliostos
12.4. Abkurzungen von Namen fur Polymere In Tabellen, Schemata usw. werden im Band I11 aus Platzgriinden vielfach Abkiirzungen von Namen von Polymeren, Kunststoffen, Elastomeren, Fasern usw. verwendet. Diese Abkiirzungen sind entsprechend dem internationalen Gebrauch teilweise historischem Ursprungs. Andere Abkiirzungen basieren auf denen von ISO, DIN undloder IUPAC vereffendichten Empfehlungen. Eine ausfiihrliche Liste aller Abkurzungen mit einem Vergleich der von ISO, DIN und ASTM vorgeschlagenen Kurzzeichen findet sich in Band IV. ABS ACM ACS AES APB APEN ASA BPA BR CA CAB CMC CN CNR CP CPE CR CSM CSR DAP E-SBR
Schlagzfier Kunststoff auf Basis Acrylnitril + Butadien + Styrol Elastomer aus Copolymeren aus Acrylestem + vukanisierbarem Comonomer Thermoplast aus Acrylnitril-Styrol-Copolymer + chloriertem Poly(ethy1en) Thermoplastisches Copolymer aus Acrylnitril, Ethen, Propen und Styrol Ataktisches Poly( 1-buten) Amorphes Poly(ethy1en-2.6-naphthalat) Thermoplastisches Copolymer aus Acrylnitril, Styrol und Acrylestem Bisphenol A-Polycarbonat Butadien-Kautschuk Celluloseacetat Celluloseacetatbutyrt Carboxymethylcellulose Cellulosenitrat Elastisches Terpolymeres aus Tetrafluorethylen, Trifluoronitrosomethan plus einem ungeattigten Termonomeren Cellulosepropionat Chloriertes Poly(ethy1en) Poly(ch1oropren) Chlorsulfoniertes Poly(ethy1en) Chlorsulfoniertes Poly(ethy1en) Diallylphthalat-Harz SBR aus der Emulsionspolymerisation
531
12. Anhang
EP ENA EAA EC ECTFE EMC EP EPDM EPR
EPT EVA EVAC EVAL FEP FM HDPE HEC HNBR HPC HPMC IIR L-SBR L-VSBR LLDPE MF
NR P4MP PA PAE PAEK PAESU PA1 PAN PB PBA PBI PBO PBR PBSU PBT PC PCL PCTFE PDHS PDMS PE PE-C PE-HD PE-LD PE-LLD PE-MD PE-X PEC PEEK PEEKK PEG PEI PEK PEKEKK
Copolymer aus Ethen und Propen Copolymer aus Ethen und Vinylacetat Copolymere aus Ethen und AcrylsSure Ethylcellulose Copolymeres aus Ethen und Chlortrifluorethylen Ethylmethylcellulose Ep~xid-HarZ Terpolymer aus Ethen, Propen und einem nichtkonjugierten Dien Ethen-Propen-Kautschuk Terpolymer aus Ethen, Propen und einem nichtkonjugierten Dien Copolymer aus Ethen und Vinylacetat Copolymer aus Ethen und Vinylacetat Copolymer aus Ethen und Vinylalkohol Copolymer aus Tetrafluorethylen und Hexafluorpropylen Copolymer aus Tetrafluorethylen und Hexafluorvinylmethylether Poly(ethy1en) hoher Dichte Hydmxyeth ylcelldose Hydrierter Acrylniml-Buta~en-Kau~chuk Hydrox yjmpylcellulose (Hydroxypropy1)methylcellulose Isobutylen-Isopren-Kaufxhuk In Usung hergestelltes SBR In Losung hergestelltes SBR mit vielen Vinyleinheiten Lineares Poly(ethy1en) niedriger Dichte Melamin-Fonnaldehyd-Han. Naturkautschuk Poly(4-methyl-1-penten) Polyamid Polyarylenether Polyaryletherketon Poly arylethersulfon Polyamidimid Poly(acrylnitri1) Poly( 1-buten) Poly@-benzamid) Polybenzimidazol Poly@henylenbenzoxazol) Copolymer aus Butadien und Vinylpyridin Polybisphenolsulfon Poly(butylenterephtha1at)oder Poly(phenylenbenzthiazo1) Polycarbonat Poly (E-caprolacton) Poly(chlortrifluorethylen) Poly(dihexy1silan) Poly(dimethylsi1oxan) Poly(ethy1en) Nachchloriertes Poly(ethy1en) Poly(ethy1en) hoher Dichte Poly(ethy1en) niedriger Dichte Lineares Poly(ethy1en) niedriger Dichte. Poly(ethy1en) mittlerer Dichte Vemetztes Poly(ethy1en) Chloriertes Poly(ethy1en) Polyetheretherketon Polyetheretherketonketon Poly(ethylenglyco1) Polyetherimin Poly etherketon Polyetherketonetherketonketon
532 PEKK PEN PEOX PES PESU PET PETE PF PFA PGA PHB PI PIB PIP PIR PMAA PMAN PMIA PMLG PMMA PMP PMPI PMPS PN PNA PNR POD PODP POE POM PP PPA PPB PPBA PPE PPG PPOTM PPO PPOX PPS PPSF PPSU PPTA PPX PS PSE PSF PSM PSU PTA PTFE PTHF PTMG PTMT PTO F'TOA
m PUR
12.4. Abkiirzungen von Namen fur Polymere
Polyetherketonketon Poly(ethylen-2,6-naphthalat) Poly(ethy1enoxid) Poly(ethy1enterephthalat) Polyethersulfon Poly(ethy1enterephthalat) Poly(ethy1enterephthalat) Phenol-Formaldehyd-Harz Copolymer aus Tetrafluorethylen und perfluonerten Akylvinylethern Poly(glycols3ure) Poly(p-hydroxybenzoesiiure) Polyimid Poly(isobuty1en) Synthetisches 1,4-cis-Poly(isopren) Poly(is0cyanurat) Poly(methacry1dure) Poly(methacrylnitri1) Poly(m-phen ylenisophthalamid) Poly(ymethyl-L-glutamat) Poly(methylmethacry1at) Poly(4-methyl-1-penten) Poly (m-pheny lenisophthalmid) Poly(methylphenylsilan) Poly(norbornen) Peptidnucleindure Poly(norbomen)-Kautschuk Polyoxadiazol Poly(oxy-2,6-dimethyl-1,4-phenylen) Polyolefin-Elastomer Poly(oxymethy1en) Poly(propy1en) Copolymer aus Hexamethylendiarnin + Terephthalaure + Isophthaldure + Adipindure Poly@-benzamid) Poly@-aminobenzoesau) Polypheny lether Poly(propy1englycol) Poly(pheny1enoxid) Mcdifiziertes Poly(pheny1enoxid) Poly(propy1enoxid) Poly @-phenylensulfid) Polyphenylensulfon Pol yphenylensul fon Poly(p-phenylenterephthaiamid) Poly@-xyl ylen) Poly(styro1) Poly(silaethy1en) Pol ysulfon Poly(si1amethylen) Polysulfon Polyuiazol Poly (tetrafluorethylen) Poly(tetrahydr0furan) Poly(tetramethy1englycol) Poly(tetrarneth ylenterephthalat) Poly(terephthaloy1oximidrazon) Ionisienes Poly(terephthaloy1oximidmon) Poly(trimethy1enterephthalat) Polyurethan
533
12. Anhang
PVA PVAC PVAL PVB PVC PVC-c PVC-E PVC-M PVC-s PVC-w PVDC PVDF PVF PYR S-B S-B-S
Poly(viny1acetat) Poly(viny lacetat) Poly(vinylalkoho1) Poly(viny1butyrat) Poly(vinylch1orid) Nachchloriertes Poly(vinylch1orid) In Emulsion synthetisiertesPoly(viny1chlorid) In Masse synthetisiertes Poly(vinylch1orid) In Suspension synthetisiertes Poly(viny1chlorid) Weichgemachtes Poly(vinylch1orid) Poly(vinylidench1orid) Poly(viny1idenfluorid) Poly(viny1fluorid) POlY (PYrnJ)
SAN SB SBR SMA TPE TPO TPR VLDPE XLPE
Styrol-Acrylnitril-Copolymer Thenoplastisches Copolymer aus Styrol und Butadien Styrol-Butadien-Kauthuk Copolymer aus Styrol und MaleinsUeanhydrid Thermoplastischer Polyester = Poly(ethylenterephtha1at) Thermoplastisches Polyolefin-Elastomer frm-Poly(pentenamer) Poly(ethy1en) sehr niedriger Dichte Vemetztes Poly(ethy1en)
s-I-s
Styrol-Butadien-Diblockcopolymer Styml-Butadien-Styrol-Triblockcopolymer Styrol-Isoprendtyrol-Triblockcopolymer
5 34
Sac hregister
Sachregister Bei der Anordnung der Stichworte wurden bei Begriffen aus Adjektiven und Substantiven die Adjektive rnit wenigen Ausnahmen hinter den Substantiven angeordnet (Beispiel: "osmotischer Druck", siehe "Druck, osmotischer". Die zur niiheren Kennzeichnung chemischer Verbindungen verwendeten Prafixes 2-, 3-, 0-,m-,p - , D-, L- ,N-,a-,p-, it-, stusw. wurden bei der alphabetischen Anordnung nicht beriicksichtigt. Die Umlaute 2, au, 6 ,u wurden wie die nicht umgelauteten Vokale a, au, o und u behandelt, jedoch nach diesen angeordnet (Beispiel: aa, ab, ab, ad, ad). Worte, die sowohl rnit "ph' als auch mit ' I f " geschrieben werden konnen (wie z.B. PhotoPoto), wurden stets mit "ph" geschrieben. Bei Schreibweisen rnit c oder k wurde bei Namen chemischer Verbindungen die wissenschaftliche Schreibweise vorgezogen (z.B. Glycogen und nicht Glykogen, Cellulose und nicht Zellulose). Bei anderen Worten rnit c bzw. k wurde entweder die gebrauchlichste Form benutzt (z.B. Viskositat und nicht Viscositat) oder im Interesse der Homogenitat eine einheitliche Schreibweise gew2hlt (z.B. covalent, statt wie meist ublich "kovalent", weil man auch Copolymerisation schreibt und nicht mehr Kopolymerisation). Bindestriche wurden nicht beriicksichtigt, da manche Worter rnit oder ohne Bindestrich geschrieben werden konnen. Im Ubrigen wurde eine Rechtschreibung nach den neuen Regeln vom 1. Juli 1996 angestrebt, jedoch mit einer Ausnahme: das "0" wurde nach guter alter (und weiterhin gut geheissener) Schweizer Sitte konsequent als "ss" geschneben. Die Abkurzungen bedeuten: anion. CoPM Def. ff. G1. kat.
= anionisch(e)
= Copolymerisation = Definition = folgend(e) = Gleichung = kationisch(e)
M MS P PD PK PL
= Monomer = Monomersynthese
= Polymer = Polyaddition = Polykondensation = Polyelimination
PM rad. Vbdg. Z ZS ZN
= Polymerisation = radikalisch(e) = Verbindung(en) = Zwischenprodukt = Synthese von Z = Ziegler-Natta
Die ZaNen gebcn die Seiten an, auf der das Stichwort erw2hnt ist oder seine Behandlung beginnt. Weiterfuhrende Literatur wurde nicht in das Sachregister aufgcnommen. Sie befindet sich stets am Ende jedes Kapitels.
3HB 264 3HB:Zen 264 3HHx5Me 264 3HP 264 3HTD:5,8dien 264 3Hv 264 3HV:4en 264 3HVUDllBr 264 3P-Regel 23 4HP 264
4HV 264 5BI 409 5HV 264 6-3 409 A 458 AA/BB-Polyamide 381 -,aromatische 402 ff. -,verzweigte 398 AA/BB-Polyester, aliphatische 269 ff.
Sachregister
-,aromatische 272 AABB-Polyreaktion 82.90 AB-Monomer, Def. 82 AB-Polyamide 388 ff. AB-Polyester 261 AB-Polykondensation 389 AB-Polyreaktion 82.90 ABz-Monomer, Def. 82 Abaca 315 Abductin 473 Abietindure 72 ABS 50-53.205 ABS-Polymere, PM 101 Acetal 239 Acetal-Copolymer, Eigenschaften 245 -,Stabilisierung 243 Acetal-Homopolymer 240 -,Eigenschaften 245 Acetal-Kunststoff 239 Acetaldehyd 50,238,244 Acetatseide 327 Acetogenine 23 1 Aceton 51 PM 247 Acetoncyanhydrin 42 Acetylbutyrylcellulose 327 Acetylcellulose 326 Acetylen 42.58-59.68 Acetylenruss 150 ACM 223 Acrolein 5 1,224, 248 Acryl, Name 221 Acrylamid 51,225 -,PM 225,462 Acrylfaser 5 1,224 Acrylglas 49 5 Acrylnitril 5 1,224 Acrylnitril-Butadien-Kautschuk52, 179 -,hydrierter 179 Acryldure 221 Acryldure(ester) 51,222 Acrylduremethylester 222 Acryldurenitril 224 -,s.a. Acrylnitril ACS 205 Acylhamstoffgruppierng 418 Additionspolymerisation, Def. 83 Adipinsllure 51, 53, 76, 82, 381-382 Adipodinitril 382 Adiponitril 52 Adonit 290 Advance-Prozess 252 AerosiP 505-506 AES 205 AF 219 Agar 336 -,d2nisches 339 Weltproduktion 288 Agaropektin 337
-.
-.
5 35 Agarose 336-337 AGE 249 A - G h 495 AH-Salz 103,383 Akaziengummi 34 1 Aktinolith 496 Aktionskonstante 102 Aktivatoren, radikalische PM 102 Aktivierungsenergie 102 -,radikalische Initiation 103 Aktivierungsvolumen 121 Aktivkohle 150 ala 458 Alanin 458 Aldazine 373,425 Aldehyde, PM 238 Aldehydzucker 289 Aldose 289 Aleurindure 72 Alfin-Polymerisation 177 Algin 343 -,Weltproduktion 288 Alginate 343 Alginsaure 344 Alkalicellulose 320 Akoholyse-Methode 270 Alkydharze 50,53,270 Alkyl-2-oxazoline 442 -, 2-, PM 372 Alkylcycloakane 53 Alkylendiamine, a,& 382 Alkylglucopyranosid 29 1 Alkylphenolharz 198 Alkyltosylat 442 all 289 Allit 290 Allophanatgruppierung 418 Allose 289 Allulose 289 Allyl, Def. 202 -,Name 230 Allylchlorid 51 Allylglycidolether 249 Allylglycidylether 249 Allylmonomere 230 alt 289 Aluit 290 Altrose 289 Aluminium, Energieaufwand 136 Amidester-Polymere,hyperverzweigte 398 Amidgruppierung 41 8 Amin-Mechanismus, NCA 460 Amine, verkappte 428 Aminoacylase 469 Aminobenzoesaure,p- 400 Aminoboran 484 Aminobuttersaurelactm, 4- 391 Aminodesoxy-Zucker 292 Aminododecansaure, a+ 391,396
536 -, 12 396 Aminohme 101,410 ff. Aminononamsure, 1- 74 Aminopelargonslure, m 396 Aminopropionitril 462 Aminoauren, a- 457 ff. -,a-,aromatische, Synthese 76 -,a-,Produktion 458 - , a , m , P K 388 -,W ,PK 395 -,heterocyclische 457 Aminoundecansaure, 11- 74,84,396 Ammoniakgas 41 Ammonoxidation 51 AMNB 409 A m o d e P 404 Arnorphiziut 22 Amosith 496 Amphibole 496 Amylomais 298 Amylopektin 296, 303 Molmasse 300 Amylose 296, 301 ff. -, Molmasse 300 Anilin, Oxidation 373 Anilinschwarz 373 Anol-Anon 381 Anomerie 291 Anthophyllit 496 Anthrazit, Zusammensetzung 56 Anti-Konformation 19 Antigorit 496 APB 172 APEN 281 Apoenzym 465 Apophyllit 492 Aquilibrierung. Silicone 503 ara 289 Arabinogalactan 336 Arabinose 289 Arabit 290 Araboketose 289 Arachinfaser 476 Arachinaure 268 Aramide 380,400 ff. Ardein 476 ArenkaTM402403 arg 458 Arginin 458 Aromaten, Erzeugung 43-44,58 Arrowroot 297 Arsane 507 ASA 223 Asbest 496 asn 458 asp 458 Aspamgin 458 Asparaginaure 82,458 Asphalt 55
-.
Sac hregister
Asphalten 56 Asphaltit 56 Asphaltoid 56 Asplit 198 ASTM 10 Astrarnol@ 377 AT-Cellulose 327 Afaktiziut 17 ATF-2000 403 Atornmasse 14 Aufbereitung, Polyrnere 135 Augit 491 Avivage 321 Azelainshre 382 Azine, Def. 448 Aziridin 368 Azlacton 436 Azo-Polyrnere 451 AzObe-Holz 61 Azol, Def. 435-436. Azomethine 197, 368 Azulrninsaure 369 B* 458 B-Stufe 14 Bagasse 60, 316,318 Bakterienarnylase 469 Bakteriencellulose 318 -,Polyrnerisationsgrad 310 Balata 180-181 Balm-Holz 61 Balsam 71 Bandsilicat 492 Bandreaktor 127 Barattieren 321 Basenphosgenierung 420 Batatc 297 Baumwolle 314,318 -,Polymerisationsgrad 3 10 -,Weltproduktion 288 -,Zusamrnensetzung 60 Baumwollsamenol 73 BBB 439 bbl 45 BCB 199 BDOL 422 Benzirnidazol 436 Benzin 47-48 Bcnzoesaure 53 Benzofuran 201 Benzol 53,68 -,anorganisches 484 -,PM 192 -,Pyrolyse 147 Benzolsulfonsaure 53 Benzophenontetracarbonsaurdianhydrid 429 Benzophenontetracarbns&ndimethyles ter, 3,3',4,4'- 431 Benzopyrimidin 448
Sachregister
Benzoxazol 436 Benzpyrazin 448 Benzthiazol 436 Benzylcellulose 324 Bergius-Verfahren 59 Bemstein 71 Bernsteinshreanhydrid 398 - , P M 269 Bernsteinsiiuredinitril 382 Beryl1 491 Beton 499 BFK 483 Bicyclo[2.2.1]-2-hepten 187 Biodiesl 75 Biomass 75 ff. -,jarliche Biosynthese 27 -,menschl. Verbrauch 27 Biopol@ 266 Biotit 497 Bipolymer, Def. 13 Birkenteed 68 Bis(p-aminocyc1ohexyl)methan 408 Bis(aminocyclohexy1)propan. 2,2- 409 Bis(aminomethyl)norboman, 1,3- und 1,4409 Bis(aminoethy1)cyclohexan. 1,3- 409 Bishydroxyethylsulfid, 2- 354 Bismaleinimid 433 Bisphenol 272 Bisphenol A 51,246,272,416 Bisphenol A-Diglycidylether 252 Bisphenol C 272 Bisphenol E 272,416 Bisphenol F 272 Bisphenol I 272 Bisphenol M 416 Bisulfit-Verfahren (Zellstoff) 66 Bitumen 47,55 Biuret-Gruppierung 418 Blattserpentin 496 Blattsilicate 493 Blaustiure 42,369 -,polymere 369 Blockcopolymer 13 -,Morphologie 21 Blockpolymer, Def. 13 Blockpolymerisat 103 Blockpolymerisation 103 BMI 433 Bor, elementares 483 Bor-Polymere 483 Borazen 484 Borazin 484 Borazol 484 Borcarbid 484 Borfasem 483 Bornitrid 484 Boroxid, polymeres 486 Boston-Diagramm, Kunststoffe 139
537 -,Zucker 295 Bouncing putty 505 BPA 272 BPC 272 BPE 272 BPF 272 BPI 272 BR, s.a. Butadien-Kautschuk BR 52, 124, 126, 177, 183 BR-Fliissigkautschuk 177 BR-Kautschuk 177 Brassylsiiure 382 Brassylsiiuremethylester 75 Braunkohle 56.60 Brennbenzin 47 Brennstoffe, s. Energie Bromelain 469 Bruchdehnung 24 Bruchfestigkeit 24 Brucit 497 Bruttoinlandprodukt 77 Bruttosozialprodukt 77 -,Staaten 33 BT-HXZ@ 434,450 BTDE 431 BTU 29 BTX 44,53 BucheckernBl 73 Buckminsterfulleren 144 Buna 177 Buna N 179 Buna S 178 Butadien 52 -,1.3- 52 -,Herstellung 48, 176 -,PM 176, 177 ff. Butadien, Ziegler-Natta-PM 179 Butadien-Kautschuk 52,177 Butan 52 -,Verarbeitung 48 Butandiol, 1,4- 52, 76,279 Butane, Herstellung 48 Buten, 1- 48, 52, 172 Buten, 2- 48, 52 Butylisophthalsaure, 5-r- 409 Butylkautschuk 101, 174 -,chlorierter 175 Butyraldehyd 51 Butyrolactam, y 391 Butyrolacton, y 52 C (Aminodure) 458 C (Reaktor) 124, 128 C-Faser 147 C-Glas 495 C-Stufe 23 CA 43,50,326 CAB 51,327 Calgon@ 508
538 Callose 296, 334 Caprindure 73 Caprolactarn, E- 51, 53, 82 Caprolactarn, E-, PM 390-393 Capryllactam 390 Capryls&m 73 Carbarnat-Mechanismus,NCA 460 Carbohydrat 287 Carbonisieren 475
Carbonyladdition-Elimination-Mechanisrnus 385 Carboran,rn- 484 Carboxyanhydride,N- 389,460 Carboxyrnethylcellulose 324, 329 Carboxynitroso-Polymer 220 Carobin 343 -,Weltproduktion 288 Carrageen 338 Carrageenan 336,338 -,Weltproduktion 288 Carubin 343 CAS 9, 381 Casein 476 Caseinwolle 477 Cassava 297 Catena-Schwefel 513 Catena-Silicat 492 CB 500 CCPF-Verfahren 484 CDI 425 Ceiling-Ternperatur 87 Cellobiose 309 Cellophan, Polyrnerisationsgrad 3 10 Cellulase 469 Celluloid 326, 328 Cellulose 296, 309 ff. -,a-310 -,Def. 66 Derivate 323 ff. -,Eigenschaften,physikalische 313 -,Mercerisieren 322 -,mikrokristalline 310 -,physikalische Struktur 31 1 -,Polyrnerisationsgrad 3 10 -,Reaktionsgrad 324 - , regenerierte 3 19 -, Substitutionsgrad 324 Synthese 61 -, synthetische 319 Celluloseacetat 324,326-328 Celluloseacetobutyrat 327-328 Celluloseacetophthalat 327 Celluloseacetopropionat 327-328 Cellulosebutyrat 324 Celluloseether 327 Celluloseethylether 327 Cellulosefasern,Abmessungen 318 -,phys. Struktur 316 -,Zusarnrnensetzung 314
-.
-.
Sachregister Celluloseglykolat,Na-Salz 329 Cellulosemethylether 327 Cellulosemischether 329 Cellulosenitrat 324, 326 Cellulosepropionat 324, 327 Cellulosetriacetat 327 Cellulosexanthogenat 320, 324 Ceramer@ 361 Ceresin 56 CF 219 Channelruss 149 Chardonnet-Seide 326 Chargenkessel 124 Charpy-Verfahren 24 CHDI 421 Chemical Abstracts Service 9 -, s.a. CAS Cherniebenzin 47 Cherniefasem, Weltproduktion 3 Chicle 180-181 Chinashre 76 Chinazolin 448 Chinazolindion 448 Chinazolon 448 Chinodimethan 199 Chinolin 448 Chinonmethid 197 Chinoxalin 48 Chitin 296, 329 Chitosan 329 Chlor, Produktion 212 Chlor-2,3-epoxypropan, 1- 249 Chloral 238, 245 Chlorbenzol 53 Chlorit 498 Chlorkautschuk 184 Chloropren 52, 176, 185 Chloropren, PM 176 Chlortrifluorethen 220 Chondroitin 332 Chondroitinsulfat 296, 332-333 Chromoproteine 455 Chrysotil 491, 496 cis-Konfomation 19 cis-Taktizit;it 18 Citrullin 458 CMC 329 -,Weltproduktion 288 CN 326 CNR 219 COC 188-189 COD 1&I Coenzym 465 Cofaktor 465 Collodiurn 326 Collodiumseide 326 ConexTM402-403 Coniferylalkohol 69 Copolyester X7G 276
Sachregister
Copolymer, altemierendes 13
-,Def. 13 -,periodisches 13
-,segmentiertes 13 -,statistisches 13 Copolymerisation 97 ff. -,Emulsion 116 Copolymerisationsparameter 97 CP 327 CPE 163 -,s. Poly(ethylen),chloriertes CPFR 124. 127 CR 52, 183, 185 -,s.a. Chlorkautschuk Crackbenzin 48-49.53 Cracken 47 Crambe 382 CSpe 181 Cristobalit 506 CRU 10 CSM 163 CSR 163 CSTR 124, 128 Cumaron 201 Cumaron-1nden-W 201 Cumaraure, p- 348 Cumarylalkohol,p- 69 Cumol 51,53 Cuoxam 314 Cuoxam-Verfahren 3 19 Curdlan 296, 334 Cutin 269 CVD-Verfahren 144 CWRT 37 Cyamelid 415 Cyan 369 Cyanate 414 Cyanatester-Harze 4 16 Cyanoethylcellulose 324 Cyanogen 369 CyansBure 4 14-415 Cyanurchlorid 415,434 CyanurszIure 4 15,448 -,unltisliche 415 Cyanwasserstoff 42, 369 Cycloalkane 53 Cyclodextrine 306 Cyclododecatrien, I ,5,9- 52,390,382 Cyclohexane 53 Cyclohexandicarbonsgure, 1,4- 409 Cyclohexan-1.4-diisocyanat421,425 Cyclohexan-1,4-dimethylol279 Cyclohexanol 5 1 Cyclohexanon 51 Cyclokautschuk 184 Cyclooctadien, cis,cis- 164 Cyclooctaschwefel 5 13 Cycloocten 82, 186 Cycloolefine, Copolymere 189
53 9 -, PM 186 ff. Cyclopentadien 49.53, 186 Cyclopenten 186-187 Cyclopolymer 11 Cyclosilane 487 Cyclosilicate 491 Cyclosiloxane, PM 502 Cyclotriborazan 484 cys 458 CYS-SCY 458 Cystein 458 Cystin 458
D 458 D - G h 495 Da 14 da 14 DABCO 433 DADC 230 Dalton 14 Dalyit 492 Dammar 71 Dampfcracken 47 Dampfexplosions-Verfahren 67 DAP 230 DBP 1.50 DCP 164 DCPD 189 Decaboran 484 DEW 215 Dehydroshikimilure, 3- 76 Dendrimer, Def. 12 Dendron, Def. 12 Depsipeptide 455 Dermatansulfat 332-333 Desmosin 473 Desoxyzucker 292 Deutsche Industrie Norm 10 Dextran 295-296,307 Dextransulfat 334 Dextrine 306 DGEBA 252 Diacetylen 191 Diacylnitren 421 Dialkylsilanchloride, PK 502 Diallyldiglycolcarbonat 230 Diallylphthalat 230 Diamant 143 Diaminodiphenylether, 4,4'- 427 Di(aminophenyl)methan, 4,4'- 43 1 Dian 246 Diazabicyclo[2.2.2]otan, 1,4- 433 Diazo], Def. 435 Diazomethan, Polyraktion 152 Dibenzopyrazin 374 Diblock(co)polymer 13 Dicarboclavodecaboran, 1,2- 484 Dichlorethan, 1.2- 50, 212 Dichlorsilandiyl 487
540 Dichlorsilylen 487 Dicyan 369 Dicyanatester 416 Dicyanoacetylen 370 Dicyanodiacetylen 370 Dicyclopentadien 49, 164, 186, 189,201 Dicyclopentadiendioxid 254 Dieckmann-Kondensation 270 Dielektrizit2tskonstante 25 Dielektriziti4tszahl 25 Diels-Alder-Reaktion 433 Dieseldl 47 Diethinylbenzol, p- 192 Diethyl-4,C-diaminodicyclohexylmethan, 3,3'408 Diethylenglycol 50 Diethylenoxid 255 Diethylhexylphthalat, 2- 215 Diethyloxalat 384 Diglycan 292 Dihydrophosphol 435 Dihydrophospholoxide 435 Dihydroxyaceton 289 Dihydroxybenzole 246 Diisocyanate 419 Diisocyanatodiphenylmethan, 4,4'- 420 Diisocyanogen 370 Diisopropanolamin 398 Diketopiperazin 448 Dimer-Saure 399
Dimethyl-4,4'-diaminodicyclohexylmethan, 3,3'- 408 DIN 10 Dinitrile, a,* 382 Dinkel 297 Dioctylphthalat 215 Dioxacycloheptan, 1.3- 243 Dioxacyclohexan, 1.3- 243 Dioxepan 243 Dioxin, Emission 215 Dioxolan, 1.3- 242, 243, 246 Dioxydiphenylpropan 246 Dipenten 201
Diphenylmethan4,4'-diisocyanat409,419 Disaccharide 292 Disilicate 491 Dispersion, Def. 106 Dispersionspolymerisation 105 Dispersiat 14 DitaktiziBt 17 DIVEMA 210 DNA 509 DNS 509 Docosenssure, cis-13- 382 Dodecandiamin, 1,12- 382 Dodecandisaure, 1,2- 52,382 Dcdecanolactam 390 Dodecanylbemsteinsaureanhydrid 398 DOP 215
Sachregisrer Doppelkette 12 Dotierung 191 Dow-Prozess (EI) 372 DPX 194 DR 324 DS 324 Dulcit 290 Durchflusskessel, homogener kontinuierlicher 131 -,idealer 124 -,kontinuierlicher 124 -,segregierter kontinuierlicher 131 Durchgangswidersmd 25 Durchschlagfestigkeit 25 Duromer 23 Duroplaste 23,91 DV 210 E 458 E-CTFE 220 E-Glas 495 E-SBR 183 E/P 50 E/VA 165 EAA EAA-Copolymere 166 EBC 222 EC 327 EconolTM277 ECTFE 166 EDC 212 Eigenschaften, elektrische 25 -,mechanische 24 -,physikalische 22 -, thermische 23 Ein-Zentrum-Katalysator(Polyethylen) 161 Einheit, physikalische 523 Einheitlichkeit, Def. 14 Einstein-Batchelor-GI. 122 Einzelzellprotein 477 Eiweissfasern 476 Eiweisskorper 464 Elasthan 423 Elastin 470,472 Elastiziatsrnodul 24 Elastomere, Def. 23 -,Eigenschaften 183 -,thermoplastische 23, 164 Elaterit 56, 153 Elektrizitat, Anlagen 38 -,Umwandlung in 30 Elektrographit 147 Elementarreaktionen 88 ff. Elemente, polymere Modfikationen 48 1 EMC 329 Emeraldin 374 Emulsion, Def. 106 Emulsionspolymer 108 Emulsionspolymerisation 108 ff.
Sac hregister
-,Geschwindigkeit 112 ff. -,Viskosiut 122 Enantiomer 16 ENB 164 Endgruppe, Def. 8 Endo-Protease 469 Endprodukt, Def. 28 Energie 29 ff. -,Nutzung 31 -,Produktion 30 -,Reichweite 34 ff. -,Resemen 34 -,Ressourcen 34 Energie, Umwandlung 30 -,Verwendung 32-33 -,Vorrate 34 Energiegehalt 30 Energieintensiut 37 Energietrager 29 ff. -,Umrechnung 29 ENR 185 Enzyme 464 ff. -,Immobilisierung 467 EO 248 EP 51,251,254 EPDM 50-51,183 -,Sulfonierung 164 EPDM-Kautschuk 101, 164 EPI 249 Epichlorhydrin 51,249 Epidermis 269 Epimer 289 Epoxid-Harze 251,254 Epoxy-1-propanol,2,3- 249 Epoxy-Harz 251 Epoxybutan, 1.4- 255
Epoxy-2-methylcyclohexylmethyl,3,4- 254 EPR-Kautschuk 164 EPT-Kautschuk 164 Erdgas 38ff. -,Abfackelung 40 -,Produktion 39 -,synthetisches 41 -,Verarkitung 42 ff. -,VOmate 40 -,Zusammensetzung 38 ff. Erdgasflussigkeit 39 Erdnusdl 73 ErdOl 43 ff. Jahresproduktion 45 -,Preisentwicklung 138 -,Vorrate 45 Erdpech 55 Erdwachs 56 Erfahrungs-Diagramm 139 -,Zucker 295 Erucashre 73,75,382 cry 289 Erythrose 289
-.
541 Erythrulose 289 ESH 222 ESI 205 Espartogras 316 Essigaure 50 Esskohle 56 ET 219 Ethanol 50 Ethen, Biosynthese 153 -,Copolymere 164 -,Erzeugung 44,47-50,68, 153 -,HKhdruck-PM 155 -,Niederdruck-PM 158 -,PM 87, 120, 155-158 -, PM, radikalische 156 Polymere aus 50 -,Verwendung 50 Ethenyl 202 Ethylbenzol 50, 53 Ethylcellulose 327 Ethylen, s. Ethen Ethylencopolymer, homogenes 161 Ethylenglycol 50 Ethylenimin 368, 372 Ethylenoxid 50 Ethyliden-2-norbornen,5- 164 Ethylmethylcellulose 329 Ethyl-2-oxazolin, 2- 443 etu 289 Eulersche Regel 145 EVA 165 EVAC 165 EVAL 154, 165 EWN 314 Exopolysaccharide 293 Expandat 146 Extruderreaktor 127
-.
F 458 Fahrbenzin 47 Faktis 202 Fallungspolyrnerisation 118 Faltblatt-Struktur 459 Faltungsmizelle 20 FAM-Normalbenzin 47 FA0 61 FaserB 401 Fasem, Def. 23 -,elastische 423 -,Weltproduktion 3 Faserproteine 464,470 Faserserpentin 4% Fasersilicate 496 FEF 150 FEP 219 Ferulasaure 348 Festmeter 29.61 Fette 73 Fettkohle 56
542 FettssLure-Methode 270 Fikentscher-Wert 15 Fisher-Tropsch-Verfahren 59 Flachs 315,318 -,Polymerisationsgrad 310 Flammkohle 56 Flammruss 149 Flavoproteine 455 Flechtenstiirke 334 Flemion@ 166 Floor-Temperatur 87 Florideens~ke336 Flugbenzin 47 Fluor-I-chlorethan, 1- 50 Fluoral 239 Fluoraldehyde@239 Fluorsilicone 504 Fliissiggas 39.48 Fliissigkautschuk 177 FM (Polymer) 219 FM (Raummass) 61 Fm 29 fm 29,61 Folienpolymer 12 Formaldazin 373 Formaldehyd 43,238-239 -,PK 240
FormbesChdigkeitstemperatur 23 Forsterit 491 Fransenmizelle 20 fru 289 Fructane 348 Fructosan 348 Fructose 289 Fucoidan 336 Fullerene 144 Fulminate 414 Fumarsauredinitril 370 FunktionalitAt 82 Funoran 339 Furan 75 F u ~ - H x z 255 Furanosen 290 Furcelleran 339 -,Weltproduktion 288 Furfural 75 Furfurylalkohol 255 Fumaceruss 149
G 458 gal 289 Galactit 290 Galactose 289 Galactosinase 469 Galalitha 476 Galliumchalkogenide 516 Galliumsulfid 516 Gasflammkohle 56 Gaskohle 56
Sachregister Gasol 47-48 Gasruss 149 Gauche-Konformation 19 Gehlenit 491 Gelatine 471 Gelbildung, St2rke 302 Geleffekt 96, 109, 117 Gellan 335 Gelose 336 Gelpunkt 91 Germane 507 Geriistproteine 464,470 Geriistsilicate 493 Ghatti-Gummi 341 -,Weltproduktion 288 Gibbsit 492,497 Gilsonit 56 Gitterpolymer 12 Glas 495 -,Def. 22 -,Energieaufwand 136 -,Jenaer 495 Glaseffekt (Polymerisation) 96 Glaskohlenstoff 147, 149 Glastemperatur, Def. 23 glc 289 Glimmer 497 gln 458 glu 458 Glucit 290 Glucoamylase 469 Glucopyranose 291 Glucose 289-290 Glucoseisomerase 469 Glucoseoxidase 469 Glucosesirup 300 Glucuronsaure 291 Gliihphosphate 509 Glutamin 458 Glutaminaure 458 Glutarsaure 270 gly 458 Glycan 292 GlyceridSl 270 Glycerin 82 Glycerinaldehyd 289 Glycidol 249 Glycin 458 Glycogen 296,305 Glycolid, PM 262 Glycolmethacrylat 229 Glycolstiure 43,262 Glycoprotein 293,332,455 Glycoside 291 Glyptalharze 270 Gorham-Prozess 194 GPF 150 GR-M 185 GR-N 179
543
Sachregisler
GR-S 178 Gradientencopolymer 13 Graftpolymerisation 99 Grahamsches Salz 508 Graminin 349 Granulat 135 Graphit 146-147 -,Verdampfung 145,191 Graphitfasem 147-148,225 Graphitgitter 144 Grenzdexhine 306 GrenzfUchenkondensation 272 Grenzviskositiltszahl 15 GrOsse, physikalische 523 Grundbaustein, Def. 8 Gruppensilicate 491 Guajak-Holz 62 Guar, Weltproduktion 288 Guaran 342 Guayule 180 gul 289 Gulit 290 Gulose 289 Gum Ghatti 341 Gummen 71,336 Gummi(m) 71 Gummi (s) 71 Gummi arabicum 71,341 -,Weltproduktion 288 Gutrapercha 180-181 H 458 H - H n 192 H12MDI 423 HAF 150 Halbwertszeit 102 ff. Halloysit 497 Hiimoproteine 455 Hanf 315,318 -,Weltproduktion 288 HanfO1 73 Harkins-Theorie 110 Hamstoff 410 Hamstoffgruppierung 418 Hamstoffharze 43,413 Hartbraunkohle 56,58 Hartfaserplatte 64 Hartharz 71 Hartholz 63 Hartsegment 423 Harz 14 -,fossiles 71 -,rezentes 71 -,synthetisches 70 H a r z 6 l - H ~201 ~ Haschisch 315 HBMC 329 HBPSE 489 HCSTR 131
HDI 425 HDPE 154 -,s.a. Poly(ethy1en) HDT 23 HEC 327 HEHQ 422 Heissphosgenierung 420 Heiz6l 47-48 Helix 20 Hemicellulose 344 ff. -,Hydrolyse 75 Hemimellithdure 426 Henequen 316 Heparansulfat 333 Heparin 332-333 Heparinoide 334 Heptanal 74 Heptandure 382 Heptose 287 Heptylaldehyd 382 Herkunftsname 9 HES 299 HET-SBure 271 Heteroglycan 292 Heterokette, Def. 11 Heteroketten-Polymer 11 Heteropolymer 13 Heterotaktiziut 17 Hexa 196 Hexachlorcyclophosphazen 51 1 Hexadien, 1.4- 164 Hexafluorbisphenol A 416 Hexafluorisobutylen 221 Hexafhorpropylidenbis(phthaMure),4,4'43 1 Hexahydrobenzoesiim 53 Hexahydrophthddureanhydrid 398 Hexamethylendiamin 51-52,76, 382 Hexamethylendiisocyanat, 1,6- 425 Hexose 287 HF 413 HFBA 272 HFDE 431 Hirse 297 Hirudin 334 his 458 Histidin 458 HM-50 403 HNBR 179 Hochmodulfaser 403 Hochquarz 506 Hock-Synthese 407 Hofmann-Abbau 421 Hofmann-Eliminierung 421 Holz 60 ff. -,Energieaufwand 136 -,Produktion 288 -,Verbrauch 62 -, USA 288
-.
544 -,Vergasung 68 -,Verzuckerung 67 -,weichgemachtes 65 -,Weltbestand 61 -,Zusammensetzung 60 Holzessig 68 Holzfaserplatte 64 Holzgas 68 Holzgeist 68 Holzkohle 151 Holztjl 73 Holzpolyosen 344 Holzschliff 66 Holzspanplatte 64 Holzstoff, mechanischer 66 Holzteer 68 Holzzellstoff 66 Homoglycan 292 Homokette, Def. 11 Homoketten-Polymer 11 Homopolymer, Def. 13 Honigstein 426 Honigtau 342 Hornblende 496 Homsubstanzen 475 Hostatek@ 261 HPC 327 HPCS 489 HPMC 329 HV 264 HWM-Faser 322 HX 164 Hyaluronsliure 296,332-333 HybranTM 398 Hyc@ 166 Hydrazone 425 Hydridopoly(carbosi1an) 489 Hydrocellulose 3 10 Hydrochinon 246 Hydrolase 464 Hydroxybenzoesiiure,p - 275 Hydroxy-1I-bromundecansiiure,3- 264 Hydroxybuttersaure, 3- und 4- 264 Hydroxybutylmethylcellulose 329 Hydroxyeicosansaure, 20- 268 Hydroxyessigs&ue 262 Hydroxyethylcellulose 324,327 Hydroxyethylmethacrylat 229 Hydroxylysin 458 Hydroxy-5-methylhexansaure, 3- 264 Hydroxyoctadecansaure,18- 268 Hydroxy4-pentansiiure, 3- 264 Hydroxyphenylpyruvinsaure,p - 76 Hydroxypivalinsaure 267 Hydroxyprolin 458 Hydroxypropionsiiure, 3- 264 Hydroxypropylcellulose 327 Hydroxypropylmethylcellulose 329 Hydroxy-5,8-tetradecensaure,3- 264
Sac hregister
Hydroxyvaleriansaure, 3-, 4- und 5 - 264 hyl 458 hyp 458 Hypalon@ 166 Hyperverzweigung 12
I 458 IBK 272 ICC 37 Idit 290 ido 289 Idose 289 IEA 30 IIR 52, 174, 183 Ikosaeder 144 ile 458 Imid 426 Imidazol 436 Imin, Def. 368 Imin-Dendrimere 377 Iminodibenzoesaure, 4,4- 368 Iminosauren 457 Immobilisierung 467 Imogolit 492 ImuIsionTM55 Inden 201 Industrieruss 149 Initiatoren, Aktivierungsenergie 103 -,Halbwcrtstemperatur 102, 104 -,PM 101 radikalische 101 ff. -, -,Lagerung 104 Inkohlung 56 Ino-Silicate 49 1-492,502 Inselsilicate 491 Insertionspolymerisation, Def. 84 International Standardization Organization 10, 523 International Union of Pure and Applied Chemistry 9 Intemationale Energie-Agentur 30 Interpolymer 13,205 Interpolymerisation 97 Inulin 348 Invertase 469 Iodzahl 73 Ionene 373 Ioncnscifen 106 Ionomerc 166 IPD 408409 IPDI 425 I S 0 10, 523 Isobutan 52 Isobuten 48-49, 52, 174, 562 Isobutylen, s. Isobuten Isocyanate 414 Isocyanogen 370 Isocyansiiure 414 Isocyanursaure 415,448
-.
Sachregisrer Isodesmosin 473 Isofulminate 414 Isokautschuk 184 Isoknalldure 414 Isoleucin 458 Isolichenin 296, 334 Isomerase 464 Isomerie, geometrische 18 Isopeptide 455 Isophoron 407 Isophorondiamin 4 0 8 4 9 Isophorondiisocyanat 425 Isopolyester 282 Isopren 49.52-53.82 -,PM 176, 183 Isotaktizillt 17 IUB 523 IUPAC 9,381, 523 IUPAC-Symbole 523 IUPAP 523 IXEFTM405 Izod-Verfahmn 24 JeffamineTM 43 1 Johannisbrotmehl 343 Jute 315, 318 Weltproduktion 288 -,Zusammensetzung 60
-.
K 458 K-Wen (Viskosiut) 15 KA-01 381 Kadel@261 Kaliglas 495 Kallose 334 Kalorie 29 Kaltphosgenierung 420 Kammmolekiil 12 Kaolin 499 Kaolinit 497 Kapazillt 137 Kapok 316 KaptonTM 432 Karaya-Gummi, Weltproduktion 288 Karobbe 343 Kartoffel 297 Kanoffelsago 297 Kaskade 124, 128 Kassava 297 Katcracken 47 Kautschuk 23 -,anorganischer 51 1 Kautschuke, Eigenschaften 183 -,Weltprduktion 3 Kautschukhydrochlorid 184 Kenaf 315,318 Keramische Werkstoffe 501 Keratansulfat 332,334 Keratin 475
545
Kerbschlagaigkeit 24 Kernfusion 37 Kemkraft 30-32,37-38 Kernmehl 343 Kerogen 54 Kerosin 47 Kesselkaskade 125 Ketazine 425 Keton-Alkohol 381 Ketose 289 Ketozucker 289 Kettenabbrecher, PK 384 Kettenatom, Lkf. 10 Kettenglied, Def. 8, 10 Kettenpolymerisation, Def. 83 -,kondensierende, Def. 83 ff. Kettensilicat 492 KevlarTM 402-403 Kieferndl 67 Kiendl 68 Kieselgel 491 Knallsaure 4 14 Knauel, gestortes 22 -,statistisches 21 -,ungest6rtes 22 Kohle 56 ff. -,Wrderung 57 -,medizinische 151 -,rote 258 -,Verarbeitung 58 -,Verfliissigung 58 ff. -,Vorrate 57 -,Zusammensetzung 56 Kohlendioxid, Kreislauf 36 Kohlenhydrate 287 -,komplexe 292 Kohlenstoff 143 -,Eigenschaften 147 Kohlenstoff-Fasern 147-148,225 Kohlenstoff-Ketten 143 Kohlenstoff-Nanordhrchen 146 Kohlenstoff-Zwiebel 146 Kohlensuboxid 258 Kokosfaser 316,318 Kolbe-Radikal-Theorie 202 Kolbe-Schmidt-Reaktion 275 Kolbenflussreaktor 124, 127 Kolbenreaktor 127 Kollagen 470 ff. Kollagenfaser 471 Kollodium 326 Kolophonium 71-72 Komplexiut, Proteine 456 Konfiguration 16 ff. -,relative 17 Konfigurationsisomer 16 Konformationsisomer 16 Konstanten, fundamentale 526 Konstitution 10 ff.
546 Konzentration, Def. 528 Koordinationspolymere 5 18 Kopal 71 Kopf-Kopf-Verkniipfung 11 Kopf-Schwanz-Verkniipfung 11 Kraft-Lignin 70 Kraft-Verfahren 67 KrSUzschmer-Huffman-Verfahren 145 KreosotOl 58 Kreuveaktion 97 Kristallglas, Mhmisches 495 Kristallpolystyrol 104, 203 Krokydolith 496 Kunsthan 70 Kunstholz 64 Kunsthorn 476 Kunstkohle 147 Kunststoffe, Energieaufwand 136 -,Preis 139 -,Wachstum 140 Kupferseide 3 19 Kurrolsches Salz 508-509 Kurzkettenverzweigung,Def. 12 L 458 L-SBR 179 L-VSBR 179 Lac-& 72 Laccain 195 Lackbenzin 47 Lactame, PM 95,389-390 393,434 Lactid 262 Lactonester, PM 267 Lamelle (Kristall) 20 Laminaran 296,334 Langkettenverzweigung,Def. 12 Latex, Naturkautschuk 180-181 Latexteilchen 108, 111, 114-116 Laugieren 323 Laurinlactam 52,390 Laurindure 73 LDPE 154 Leichtol 58 Leinen, Weltproduktion 288 Leindl 73 Leistungsfahigkeit 137 Leiterpolymere 503 Leitersilicate 492 leu 458 Leuchs-Anhydride 389,460 Leuchtbenzin 47 Leuchtgas 41 Leuchtol 44 Leuchtpetroleum 44 Leucin 458 Leukoemeraldin 374 Lichenin 296, 334 Ligase 464 Lignin 69
Sachregister
Lignit 56, 58 Limonen 201 Linolensgure 73 Linoleum 202 Linoldure 73 Linoxyn 202 Lipase 469 Lipoproteine 455 LLDPE 52, 154, 161 -, s.a. PE-LLD LNG 39 Lockerstelle 89 Lost 354 Losung, kritische Konzentration 123 LPG 3Zh48 Luranyl 256,258 Lyase 464 LycraTM 423 lys 458 Lysin 458 lyx 289 Lyxil 290 Lyxose 289 M 458 M-Helix 459 MA 210 MACM 408 Maddrellsches Salz 508 Magerkohle 56 Magnesiumhydroxid 496 Maisol 73 Makroanion, Def. 13 Makroemulsion 108 Makrofibrille, Cellulose 317 Makroion, Def. 13 Makrokation, Def. 13 Makromischen 131 Makromolekiil, Def. 8-9 Makromonomer 223 Makroradikal, Def. 13 Maleinsaureanhydrid 52-53 Maleinsauredinitril 370 Malten 56 Maltose 302 Maltotriose 302 man 289 Mandioka 297 Manilahanf 315 Maniok 297 Manna 342 Mannane 342 Mannazucker 290 Mannich-Reaktion 410 Mannit 290 Mannose 289 MA0 161 Maranta 297 Marihuana 315
547
Sachregisfer
Markenname 10
Masse, molare 8,14 Masseintensiat 37 Massenkonstante, atomare 14 Massepolymerisation 103 -,Viskosiat 122 Mastix 71-72 MC 327,409 MDA 431 MDI 409,419420,430 -,fliissiges 424 -,polymeres 425 MDPI 423 Melamin 411,415,448 Melaminharze 43,413 Melampyrit 290 Mellit 426 MellithsSure 426 Mellophandure 426 MEN 164 Mengenleistung, effektive 124 Mer, Def. 8, 10 Mercerisieren 322 met 458 Metaborat, polymeres 486 Metaformaldehyd 239 Mefakieseldure 490 Metaldehyd 238 Metallocen-Poly(ethy1en) 155, 161 Metallocen-Poly(propy1en) 170 Metallocenpolymere 5 17 Metallofulleren,endohedrales 145 Metallopmteine 455 Metaphosphordure 508 Metathese-Polymerisation 94 Methacrylnitril 42,229 Methacryldure, MS 42 Methacrylduremethylester 226 Methan, Chlorierung 42 -,Erzeugung 44 Methanal 239 Methandiphenyl4,4'-diisocyanat419-420 Methanol 4 2 4 3 Methanol-Synthesegas 41 Methionin 458 MethocelP 329 Methyl-I-penten, 1- 172 Methyl-1-penten, 4- 51 Methyl-endo-methylen hexahydronaphthalin 164
Methylacrylat 222 Methylaluminoxan 16I Methylbrassylat 75 Methylcellulose 324, 327 Weltpraduktion 288 Methylcyanid 368 Methylen-1.3-dioxolane. 4- 247 Methylendiisocyanat 4 3 Methylenglycol 240
-.
Methylentetrahydrophthalslluremonomethy1 ester, 4-endo- 431 Methylethylidenbisphenol,4.4'- 246 Methylisocyanid 368 Methylkautschuk 1885 Methylmethacrylat 42, 51,105, 117,226 Methylmorpholin-N-oxid,N- 322 Methylolharnstoff, N- 41 1 Methyloxiran, s. hopylenoxid Methylstyrol, a-,PM 87 Methylstyrol, p- 206 Methylundecenat 74 Methylvinylalkohol, PM 208 Methylvinylamin, N- 368 MF 43,413 MFI 15 Michael-Addition 377,433 Michaelis-Menten-Kinetik 466 Mikroemulsion 108 Mikrofibrille, Cellulose 317 Mikrokonformation 19 Mikromischen 131 Mikroverkapselung 467 Miktoarm 12 Milchdure 82, 300 Milchduredimer 262 Milo 297 Mineralkautschuk 153 Mineralwachs 55 Miniemulsion 108 Mischpolymer 13 Mischpolymerisation 97 Mizelle, Def. 108 Mizellkonzentration, krit. 109 ff. mLLDPE 161 MOCA 422 Modacrylfaser 225 Modalfaser 322 Mohnol 73 Mohrenhirse 297 Molekulargewicht, Def. 8, 14 -,Gewichtsmittel 15 Zahlenmittel 14 Molekularsprungreaktion 179 Molekularuneinheitlichkeit 14 Molekiilmasse 14 relative 14 Molmasse, Def. 8, 14 -,Massenmittel 15 -,relative, Def. 8 -,Zahlenmittel, Def. 14 Molmassenverteilung, Reaktor 132 MonodispersiC4t 14 Monolignol 70 Monomere, offenkettige, Def. 82 -,Restgehalte 102. 135 -.Typen 82 Monomereinheit, Def. 8, 10 Monomermolekiil, Def. 82
-.
-.
548 Monornenveichmacher 215 Monosaccharide 292 Monosilicate 49 1 Monotaktiziut 17 Montanwachs 55 Montmorillonit 491,498 Mooney-ViskositAt 16 Mooney-Wert 16 MoosstArke 334 Morphologie 20 Motorenbenzin 47 mPE-LLD 161 MS 324 MSA 52 Mucopolysaccharide 33 1 Mucoproteine 455 Murein 330 Murissement 321 Muskovit 491,497 Mutarotation 29 1 MVI 15 MWNT 146 MXD6, Eigenschaften 405 Myristinaure 73 N (Asparagin) 458 N (Naphthalindicarbonsaure) 409 NADP 265 Nation@ 166 Namen, chemische Verbindungen 9 Napalm 518 Naphtha 43,47-48,53 Naphthalin 49, 53 Naphthalin-2,6-dicarbonsaure281,409 Naphthalindicarboxylat 28 I Naphthene 44 Narsarsukit 492 Natriumformiat 382 Natsyn 52 Naturasphalt 55 Naturfasem, Weltproduktion 3 Naturhm 70 Naturholz 62 Naturkautschuk 180 ff. -,cyclisierter 184 Eigenscbaften 183 -,epoxidierter 185 -,harz-modifizierter 184 -,isomerisierter 184 -, Produktion 3, 180 -,synthetischer 52 Naturleder 471 Naturtile, PM 202 Naturseide 474 Naval Store 71 NBR 51-52, 179 -,carboxylierter 179 NCA 460 -,Aminoshren, PM 389
-.
Sachregister
NCNS-PolymereTM 450 NDC 281 NDI 423 NDP 84 NE 431 NennkapazitAt 137 Neopentylglycol 51,271 Neptunit 491 Neso-Silicate 491 Newton-Zahl 130 NGL 39.48 Nigeran 296, 388 Nitrierdure 326 Nitrilkautschuk 179 Nitriloxide 414 Nitrocellulose 326 Nitrolack 326 Nitron 224 Nitroseide 326 Nitroso-Kautschuk 451 NMMO 322 NMP 430 NornexTM 402-403 Nonamethylendiamin 410 Norbornen 53, 186-187 Norbomen-Polyrnere 187 Normal las 495 Noryl" 256,258 Novolak 195 NR 183 Nucleinduren 509 Nucleoproteine 455 Nusselt-Zahl 130 Nussol 73 Nylon 380 -,s.a. PA Nylon-Salz 383 Obetfhchenwiderstand 25 Octarnethyltetrasiloxan 82 Okologie 36 Ole, fette 73,202 -,trocknende 73 Olefin-Elastomer, thermoplastisches 206 Olefine, Erzeugung 4344 -,Name 151 Oleostearindure 73 Oligomer, Def. 14 Oligopeptide 455 Oligophenyl 192 Oligosaccharide 292 Oliveno1 73 Olsand 55 OIsaure 73 Olschiefer 54 OPEC 40,46 OQDM 199 Organometall-Polymere 5 17 Organosol 2 15
Sachregister
Organosolv-Verfahren 322 OrirnuIsionTM55 Ornithin 458 Orthoameisenslure 282 Orthocarbonat 282 Orthodikieselslure 490 Orthoformiat 282 Orthokieselsiiure 490 Orthokohlensiiure 282 Orthophosphorsilure 508 Orthopolyester 282 Ossein 472 OX 199 Oxadiazol-Polyrnere 442 Oxalsiiure 382 Oxaldurenitril 369 Oxazol 436 Oxazol-Polymere 442 Oxazolidin 436 Oxazolidinon, 2- 436 Oxazolidon. 2- 436 Oxazolin, 2- 371,436,442 Oxazolinon 436 Oxetanon, 2- 263 Oxidoreduktase 464 Oxirnidrazon 444 Oxiran 243,248 -,CoPM rnit C02 269 -,s. Ethylenoxid OXO-G~S 41 Oxolan 255 oxoprodukte 51 Oxyamylose, chloritoxidierte 299 Oxydianilin, 4,4' 427 Oxyrnethylenglycol 240 Ozokent 56 P 458 P-Helix 459 P3HB 263 P3HB-3HV 263 P4MP 51, 172 PA, s.a. Polyamide ... PA 1 415 PA2 461 PA 3 395, 397 -,dimethylsubstituiertes 389, 398 PA 4 394, 397 PA 4.2 381-382, 384, 386 PA 4.6 381, 388 PA 6 51.53, 101, 380, 389,393, 397 PA 6-3T 405,407 PA 6.6 51-53, 101, 380-383, 386-388,405 PA 6-6.T 404-405 PA 6.9 75, 381-382, 386 PA 6.10 51, 381-382, 386 PA 6.12 52, 381-382, 386 PA 6.T 404 PA 6.T-6.1-6.6 404-405
549 PA 7 389,396 PA8 389,393 PA 9 388, 396 PA 1 1 74,84,388,396-397 PA 12 52, 389,393, 396-397 PA 12.12 381-382 PA 13.13 381-382 PA MXD6, Eigenschaften 405 PATMDT 407 PABA 400 Pachyrnan 296 PACM 408 PAE 259 PAEK 259 PAESU 361, 364 PA1 430,432 Pale crepe 181 Palmitinolslure 73 Palmitinslure 73 Palrnkernol 73 Palm01 73 PAMAM 377-379 PAN 51 PAN@ 225 Pancreatin 469 PAN1 374 Pantothenslure 265 Papain 469 Papier 31.61, 66-67 Energieaufwand 136 -,englisches 316 -,japanisches 316 -,US-Verbrauch 288 -,Weltproduktion 288 Paracyanogen 369 Paraffine 44,47 Paraffinwachs 47 Paraforrnaldehyd 239-240 Paraisocyanogen 370 Paraldehyd 238-239 PB 52, 172 PBA 400 PBI 437,440 PBO 440 PBR 53 PBSU 361,364 PBT 52,275,279,440 PC 43,51,271,215, 500 PCL 268 PCT 279 PCTFE 218,220 PDHS 488 PDMS 488 PDO 279 PDXL 247 PE 50 PE-C 163 PE-HD 154, 157 ff. PE-LD 154ff.
-.
550 PE-LLD 160ff. PE-MD 154 PE-X 163 PEC 163 PEEK 260-261 PEEKK 260-261 PEG 421 PEI 429-432 PEK 259-261 PEKEKK 260-261 PEKK 260 Pektin 336, 339 -,Weltproduktion 288 Pektinase 469 PEN 275,281 Penicillinacylase 469 Pentaboran 484 Pentadiene, Herstellung 49 Pentaerythrit 43,50 Pentagon-Regel,isoliertes 145 Pentahydroxyflavon,3,3',4',5,7- 65 Pentane, Herstellung 49 Pentaoxacyclododecan, 1,3,5,7,10- 242 Pentene, Herstellung 49 Pentennitrile 382 Pentite 290 Pentosan 75 Pentose 287 PEOX 50 Pepsin 469 Peptid, a-,y . 6 455 Peptid, p- 455,463 Peptidbindung 455 Peptidnucleinsauren 456 Peptidoglycan 330 Perilladl 73 Perlon@ 380 Perlpolymerisation 105 Perlsago 297 Perrnittivittit, relative 25 Pemigranilin 374 PES 10,277, 361 PESU 361-362,364 PET 10,43,50, 53,275,277 PETE 10,277 Petrochemikalien 43 Petrolen 56 Petrolether 47 Petroleum 44 Petrolkoks 47 PF 43,51, 195 PFA 219 Pflanzen, Zusammensetzung 60 Pfropfpolyrnerisation 99 PGA 262 Phasenvermittler 21 PHB 275 PHD-Polyole 422 PHDI 421
Sachregister phe 458 Phellogensilure 268 Phellonsiiure 268 Phenazin 374 Phenol 51, 53,407 -,2,6-disubstituiertes,PM 255 Phenol-Aralkyl-Harz 199 Phenolharze 43, 101, 195 ff. Phenoldl 58 Phenoxy-Harz 250 Phenyl-4-nitrophthalimid, N - 430 Phenylalanin 458 Phenylendiamin, p - 43 1 Phenylen-l,4-diisocyanat421 PhenylonTM402-403 Phenylsilsesquioxan 504 PHF 264 Phillips-Prozess (PPS) 356 Phillips-Verfahren (PE) 158 ff. Phlean 348 Phloionolsaure 268 Phloionsaure 268 Phoron 247 Phosgen 43,420 Phosgenierung 420 Phosphane 507 Phosphate, kondensierte 509 Phosphinige Saure 510 Phosphinsiiure 510 Phosphite 510 Phosphol 435 Phospholan 435 Phospholen 435 Phospholenoxide 435 Phosphonate 5 10 Phosphonige Saure 510 Phosphonsaure 510 Phosphor 507 Phosphorige Saure 510 Phosphornitrilchlorid 5 11 Phosphorsaure 510 Phthalatharze 270 Phthaldialdehyd 246 Phthalocyanin-Polymere 519 Phthalsaureanhydrid 53,398 Phyllo-Silicate 491,493, 502 PI 426 PIB 52, 174 PIC 500 Picketing-Emulgatoren 106 Pilzamylase 469 Pimarsaure 72 Pinen-Harz 201 PIP 52 PIPA-Polyole 422 Piperylen 182 PIR 417 Pisuzienharz 72 Pivalolacton 267
55 1
Sachregister
PK, Eigenschaften 228 PLA 262 Plastifizierung,Phenolhane 198 Plastisol 215 Plastomer 163 PlexiglasTM 104 PMAA 42 PMAN 42,228-229 PMDA 432 PMDI 425 PMIA 402 PMLG 389 PMMA 42,51,227 PMP 172 PMPI 402 PMPS 488 PMR-Polyirnide 431 PN 188 PNA 456 PNR 188 POD 445 PODP 256-257 POE 163 Polyacetal 239 Polyacetal-Copolymer 239,241 ff. Polyacetal-Homopolymer 239 Poly(acetaldehyd) 244 Polyacetale 238 ff. -,Def. 238 -,Eigenschaften 245 Poly(aceton) 247 Poly(acety1en) 190-191 Poly(acro1ein) 224 Poly(acry1arnid) 5 1, 101,225 Poly(acrylester),PM 101 Poly(acry1ester-co-acrylnitril)223 Poly(acrylnitri1) 51, 101, 148, 224 Poly(acryls2ure) 101,221 Poly(acry1dureester) 5 I, 222 Poly(acry1verbindungen) 221 ff. Poly(2-acyl-2-oxazolin) 372 Poly(N-acylethylenimin) 443 Polyaddition 86,88,90 ff. -,Def. 83 ff. -,s.a. Polyreaktion Poly(p-alanin) 225, 389,462 Poly(L-alanin) 461 Polyalkane, Def. 152 Polyalkenamer 187 Polyalkene 152, 186 Polyalkylenalkanoate 270 Polyalkylencarbonate 269 Polyalkylene 186 Poly(alkylenglutarat) 270 Poly(alky1enimin) 370 Poly(alkylennaphtha1at) 281 Poly(alkylensu1fon) 359 Poly(alky1isocyanid) 368 Poly(alkylmethy1enimin) 369
Poly(alkylphenylgeman) 507 Polyallylverbindungen 230 Polyamid, s.a. PA Polyamid 6 101 Polyamid 6.6 101 Polyarnid 9 388,396 Polyamid 11 74,84 Polyamid 12 52, 389, 393, 396 Polyamide 380 ff., 397 -,AA/BB-Tw 382 -,AB-Typ 388 ff. -,aliphatische 386 -,aromatische 400.45 1 -,hyperverzweigte 398 -,Uslichkeit 398 -, Produktion 388 -,s.a. PA 1, PA 2 usw. -,transparente 408 -,verzweigte 399 Polyamidester 398 Polyamidimide 430 Polyamidin 462 Polyamidoamin-Dendrimer 377 Polyamidsaure 427 Poly(1-aminocapronslure) 380 Poly(oaminope1argonsLre) 389 Poly(a-aminodure)n 455,460 Poly(paminosaure)n 462 Poly(aminotriazo1)e 448 Poly( 11-aminoundecandure) 389 Polyanhydride 238,283 Polyanhydrid-Harz 173 Poly(ani1in) 373 Polyanion, Def. 13 Polyaramide 101, 380,400 ff., 403,405 Poly(armethy1en) 199 Polyarylat 281 Polyarylenether 259,359 Polyarylensulfidsulfone 363 Polyarylether 359 Polyaryletherketon 259-261 Pol yarylethersulfon 36 1-362 Poly(asparagin&ure) 462 Poly(aspartat), thermisches 462 Poly(azaetheny1en)e 369 Poly(azasu1fen) 515 Poly(aze1ainsauranhydrid) 254 Polyazine 448 Polyazole 435 ff. Polybase, Def. 13 Poly@-benzamid) 389,400,403 Polybenzirnidazole 437 ff. Polybenzocyclobuten 199 ff. Poly(benzo1) 192 Polybenzoxazol 440 Polybenzthiazol 440 Poly(ybenzy1-L-glutat) 462
Poly[bis(4-aminocyclohexan)metylendodecanamid] 406
552
Poly[3,3-bis(chlormethyl)oxacyclobutanJ 250 Poly(bismaleimid) 433 Poly( 1,4-bismethylencyclohexanterephthalat) 279 Polybisphenolsulfon 361, 363 Poly(butadien) 176 -, 1.44s 180 -,IP-trans 179 -,-,Konformation 19 -,st-1.2- 180 Polybutadien-Ol 180 Poly(1-buten) 172-173 -,it-, Eigenschaften 169 -,s.a. PB Poly(butene) 174 Polybutensulfon, 1- 360 Poly(l,4-butylen-2,6-naphtalat)281 Poly(buty1enterephthalat) 52,279 -. s.a. PBT Poly(ybutyro1actam) 389,394 Poly(&-caprolactam) 380, 393 Poly(&-caprolacton) 268-269 Poly(capryllactam) 389 Polycarbodiirnid 417,435 Polycarbonat A 43, 118,271 Polycarbonate 101,271 ff. -,Def. 238 -,s.a. PC Polycarbonfluorid 146 Polycarbophosphazene 512 Poly(carboransi1oxan)e 484 Poly(carbosi1an) 487-488 Poly(chinazolindionisophtha1amid) 403 Poly(chino1in)e 448 Poly(chlora1) 245 Poly(ch1oropren) 52, 101, 185 Poly(chlortrifluorethy1en) 218,220 Poly(cumu1en) 190 Poly(a-cyanacry1at)e 226 Polycyanate 414 ff. Polycyanide 369 Poly(a-cyanmethylacrylat) 226 Polycyanoacetylene 370 Poly(cyanogen) 369 Poly(cyansgure) 4 15 Poly(N-cyansu1fonamid)e 450 Polycyanurate 416,450 Poly(cycloo1efin)e 186, 188 Poly( 1,3-~yclopentylenvinylen)188 Polydextrose 308 Poly(diacety1en)e 191 Poly(dialky1german)e 507 Poly(dialkylsilylen) 488 Poly(diallyldiglycolcarbonat) 230 Poly(diallylphtha1at) 101 Poly(2,6-dibrom-1,4-phenylenoxid)257 Poly( 1,2-dichlormethylethylcnoxid)250 Poly(dicyc1opentadien) 189 Polydiene 175 ff.
Sachregister -, Def. 152 Poly(dihexy1silan) 488
Poly(2,3-diiminobernsteinsaurenitril) 370 Poly(3,3-dimethyl-P-alanin)389, 395,463 Poly(2.3-dimethylbutadien) 185 Poly(dimethylsi1an) 488-489 Poly(dimethylsi1oxan) 19, 504 Poly(dinitri1) 370 Poly( 1,3-dioxolan) 246 Poly(diphenolforrna1) 246 Poly(diphosphin) 507 Poly(disi1icat)e 491 Po1ydispersit;it 15, 293 PolydispersitAtsindex 15 PolydiversitAt (Glycane) 293
Poly(dodecamethylendodecanamid) 381 Polyelimination, Def. 83 ff. Polyene, Def. 152 Poly(epich1orhydrin) 249 Polyester, Allyltyp 230 -,aromatische 272 ff., 275 -, Def. 238 -, thermoplastische 277 -,ungesgttigte 52, 271 Poly(ester-co-carbonat) 274 Polyester-Elastomere, thermoplastische 280 Polyester-Faser 277 Polyester-Harze,ungesattigte 101,271 Polyesterimide 429 Polyester-Polyole 50,422 Polyethen s. Polyethylen Polyether 238,248 ff. Poly(ether-co-carbonat) 274 Polyetherimide 430 Polyetherketon 238, 259 Polyether-Polyole 421 Polyethersulfone 359, 361 ff. Poly(ethy1en) 101, 153 ff., 162 chloriertes 163 -,Copolymere 164 -, Dichte 158 -,elastomeres 163 -,Hate 158 -, Konformation 19 -,lineares niedriger Dichte 155 -,Nettoausbeute 54 -,Preisentwicklung 138 -, s.a. PE, HDPE, LDPE, LLDPE -,sulfochloriertes 163 -,vernetztes 163 -,verzweigtes 154, 156 Poly(ethy1en-co-buten) 160 Poly(ethy1en-co-chlortrifluorethylen)166 Poly(ethy1en-co-dicyclopentadien) 165 Poly (ethylen-co-hexen) 160 Poly(ethy1en-co-kohlenmonoxid) 228, 23 1 Poly(ethylen-co-rnethacryldure) 166 Poly(ethylen-2.6-naphthalat) 281 Poly(ethylen-co-norbornen) 165, 188
-.
553
Suchregister Poly(ethy1en-co-octen) 160
Poly(ethy1en-co-vinylacetat) 165,207 Poly(ethy1en-co-vinylalkohol) 165 Poly(ethy1enadipat) 270 Poly(ethy1encarbonat) 269
Poly(3,4-ethylendioxythiophen) 366 Poly(ethylenglyco1) 248,421 Poly(ethylenglyco1terephthalat) 277 Poly(ethy1enimin) 368, 370 Poly(ethy1enoxid) 248 Poly(ethy1enoxybenzot) 277 Poly(ethy1ensebacat) 270 Poly(ethylensu1fid) 352 Poly(ethylensu1fonshre) 334 Poly(ethylenterephtha1at) 101,277 -,s.a. PET, PETE, PES Poly[ethylen-co-(N-vinylcarbazol)] 166 Poly(femenylethy1en) 5 17 Poly(fluorat) 244 Poly(f0rmaldazin) 373 Poly(f0rmaldehyd) 239 ff. Polyfonnale 246 Poly(fructosan)e 348 Poly(fructose)n 348 Poly(galactose)n 336 Poly(g1ucose)n 295 Poly(glutaminshre), L- und D- 461 Polyglycane, Struktur 296 Poly(g1ycin) 461 Poly(glyco1id) 262-263 Polygruppen-Name 10 Polyharnstoffe 410 Poly(hexamethy1enadipamid) 380 Poly(hexamethylenaza1amid) 38 1 Poly(hexamethy1endodecanamid) 381 Poly(hexarnethy1ensebacamid) 38 1 Poly(1-hexen) 173 Poly(hydantoin) 442,446 Polyhydrazide 414 Poly@-D-hydroxy-butyrat) 263 Poly(whydroxyalkanoate) 268 Poly(p-hydroxybenzoat) 275 Poly(a-hydroxyessigsbe) 262 Poly(hydroxyethylmethacry1at) 229 Poly(hydmxyfettsiiun) 264 Poly(hydroxymethy1en) 240 Poly(3-hydroxypropions8ure) 263 Polyimide 53, 101,426 ff., 432 -,in-situ Bildung 427 -,thermoplastische 433 Polyimine 368 ff. -,benzochinon-haltige 379 Polyiminocarbonat 416 Poly(iminoimidazo1idinon) 447 Poly(iminomethylenethylen) 462 Polyinsertion 93 ff. Polyion, Def. 13 Poly(isobuten) 52, 173-174 Poly(isobutylen), s. Poly(isobuten)
Polyisocyanate 415 Polyisocyanurate 417,450 Poly(isopren), 1,4& 52, 101, 180 ff. -,1.4-trans 180-181 -,natiirliche 180 -,synthetische 182 Poly(4,4'-isopropylidendiphenylfonnal)246 Polykation, Def. 13 Polyketone 258 -,aliphatische 23 1 Polykiese1s;iure 490 Polykohlensuboxid 258 Polykohlenwasserstoffe, aromatisierte 191 Polykondensation 86,88,90 ff. -,CSTR 132 -,Def. 83 ff. -,fester Zustand 119 -,Geschwindigkeit 385 -,Ltisung 117 -,Masse 103 -,multifunktionelle 91 s.a. Polyreaktion -,Suspension 119 Poly(1actid) 262-263 Poly(laurin1actam) 389 Poly(L4eucin) 461 Poly(bmalonstiureester) 267 Polymannosen 342 f. Polymelamine 450 Polymerbeton 500 Polymercaptane 354 Polymerdispersion 108 Polymer-Polyole 422 Polymere, amorphe 22 -,anorganische 481 -,Aufbereitung 135 -,cyclische 11 -,Def. 1, 9, 82 -,elementorganische 481 -,hyperverzweigte 12 -, industrielle, Geschichte 2 -,irregulae 11 -,Konstitution 10 ff. -,Kosten 137 ff. -,kristalline 22 -,lineare 11 -,metallorganische 481 -,Namen 9,381 -,organometallische 481 -,Preis 137 ff. -,Produktionskapazit2t 137 reguke 1 3 -,semi-anorganische 481 -,taktische 16 -,technische, Anwendung 101 -, technische Synthesen 101 -,Transformation 98 -,Urnwandlung 98 -,vemetzte 12
-.
-.
554 -,Weltproduktion 3 Polymerholz 64 Polymerisation, anionische 88, 92 -,Def. 83 ff. - , h c k 120 -,Emulsion 108 ff -,Fi4llungsmittel 118 Gasphase 119 -,hydrolytische 391 insertierende 84,89 ionische 92 ff., 116 -,kationische 88, 93 -,lebende 84.85 Masse 103 -, rad. 86, 88, 94 ff., 116 -,s.a. Polyreaktion Substanz 103 -,Suspension 105 Themodynamik 87 Polymerisationsgrad, Def. 15 Polymerkolloid 108 Polymerlatex 108 Polymermolekiil, Def. 9, 82 -,Namen 9 Polymernetzwerk 12 Polymertransformation 98 Polymerumwandlung 98 Poly(metasi1icat)e 49 1 Poly(meihacry1imid) 229 Poly(methacrylniui1 229 Poly(methacrylnitri1) 228 Poly(3-methyl-1-buten), Konform. 20 Poly(Nmethy1cyanid) 368 Poly(methy1en) 152 Poly(4-methylen-l,3-dioxolan)247 Poly(methy1enoxid) 239 ff. Poly(a-methyl-L-glutamat)462 Poly(ymethy1-L-glutamat) 389 Poly(N-methylisocyanid) 368 Poly(methylmethacry1at) 101,226,228 Poly(4-methyl-1-penten), it- 169, 172-173 Poly(methylphenylsi1an) 488 Poly(methylsily1enmethylen) 489 Poly(a-methylstyrol) 206 Poly(pmethylstyro1) 205-206 Poly(3,5methylthiophen) 365 Poly(N-methylvinylamin) 368 Polymolekularitit (Glycane) 293 Polymolekulariti4tsindex 15 -,Reaktoreinfluss 133 Poly(monomer)-Name 10 Poly(norbomen) 187-188 Polynosic-Faser 322 Poly(octenamer) 188, 190 Polyole 182, 300,421 ff. Polyolefin, Def. 152 Polyolefin-Elastomer 163 -,thermoplastisches 170 Polyolefin-Plastomer 161
-.
-.-.
-. -. -.
Sac hregister
Poly(o1igopcptid)e 477 Poly(6nanthlactam) 389, 396 Polyorthoester 282 Poly(6stradiolphosphat) 5 10 Poly(oxadiazol) 442-443 Poly(2-oxazolidon) 442-443 Poly(2-oxazolin) 442 Poly( 1-oxo-2-methyltrimethylen) 172 Poly(oxy-2,6-dimethyI-1Pphenylen) 255 ff. Poly(oxy-2,6-diphenyl-l,4-phenylen)257 Poly(oxyethy1en) 19, 248 -,s.a. PEOX Poly(oxymethy1en) 43, 101, 239 ff., 245 Poly(oxy-l,4-phenylen) 255 ff. Poly(paraban&iure) 442,447 Poly(penfabrornbenzy1acrylat) 222 Polypentenamer 187 Polypentenylen 187 Polypeptide 455,498 Poly(4-perfluorisopropylstyrol)207 Polyphenyl 192 Poly(phenylchinoxa1in)e 449 Poly@henylen) 191-192 Poly(pheny1en-1,3,4-oxadiazol)443 Polyb-phenylenbenzbisoxazol] 440 Polyb-phenylenbenzbis(1,3-thiazol)J 366,440 Polyb-phenylenbenzbis(1,3-thiazolium)Jsalz 366,440 Polyphenylenether 257 Poly(rn-phenylenisophthalamid) 402-403 Poly( 1,4-phenylenoxid) 255-256 Poly@henylensulfid) 356 ff. -, s.a. PPS Poly(pheny1ensulfon) 361 Poly(p-phenylenterephthalamid) 40 1-403 Polyphenylether 255-256 Polyphenylethersulfone 359 Polyphenylsulfone 359 Poly(phosphat)e 508 Poly(ph0sphazene)e 51 1 ff. Poly(phosphonat)e 510 Poly(phosph0rsaure) 508 Poly(phosphorsiiureester) 509 Poly(phthala1dehyd) 246 Polyphthalamide 404 Polyphthalatcarbonate 274 Poly(pivalo1acton) 267 Polyprene 180 Poly(propen), s. Polypropylen Poly(propy1en) 101, 167 -,ataktisches 171 -,elastomeres 170-171 -,isotaktisches 19, 101, 169 -,s.a. PP -,schlagfestes 170 -, syndiotaktisches 19, 20, 171 Poly(propy1en-co-kohlenmonoxid) 172 Poly@ropylenimin)-Dendrimer 377
Sachregister
Poly(propy1enoxid) 248
Poly(propy1enoxid-co-ethylenoxid) 421 Poly(propylensu1fid) 353 Polypyranon 259 Poly(pyromel1ithimid) 427 Polypyron 259 Poly(pyrro1) 437 Poly(2-pymlidon) 394 Poly(a-pyrrolidon) 394 Polypyrrolon 439 Polyradikal, Def. 13 Polyreaktionen,82 ff. -,Elementarreaktionen 88 -,Energieaufwand 136
-,Geschwindigkeitskonstanten 89 -.Uisung 116 -,Okonomie 136 -,Reaktorauswahl 126 -,Reaktorverwendung 134 -,Viskositiit 122 Polysaccharide 287 ff. -,Biosynthese 84,294 -,komplexe 292 -,konjugierte 293 -,Produktion 287-288 -,Verbrauch 288 Polysalz. Def. 13 Polysiiure, Def. 13 Poly(schwefe1nitrid) 5 15 Poly(si1amethylen) 489 Poly(si1an)e 487-488 Poly(silapropy1en) 489 Poly(silastyro1) 489 Poly(si1azan) 487,490 Poly(si1en) 487
Poly(siliciumrnonoch1orid) 487 Poly(si1in) 487 Poly(sily1en) 487 Poly(silylenmethylen) 489 Poly[spiro-2,5-(3-methyltetrahydrofuran)]172 Poly(styro1) 203 ff. -,glasklares, schlagzhes 206 -,Preisentwicklung 138 Poly(styro1-co-methylmethacrylat)229 Polysulfide, aliphatische 352 ff. Polysulfidether, aromatische 358 Poly(sulfo-l,4-phenylen) 361 Polysulfone 359 ff. Polysulfonierung 362 Poly(su1fonylalkylen) 359 Poly(sulfonylary1en) 359 Poly(terephthaloy1oximidrazon) 444 Poly(tetrafluorethy1en) 101.2 17-218 -, s.a. PTFE, Teflon Poly(tetrahydrofuran) 52,255,421 -,s.a. PTHF, PTMG Poly(tetrahydrofuran-co-ethylenoxid) 421 Poly(tetramethy1enadipamid) 381 Poly(tetramethylenetherglycol) 255
555 Poly(tetramethylenglyco1) 421 -,s.a. PTMG, PTHF Poly(tetramethy1enoxalamid) 38 1 Poly(tetramethy1enoxid) 255 Poly(tetramethy1enterephthalat) 279 Poly(tetranitri1) 370 Poly(teoathiafu1valen) 366 Poly(thiazy1) 515 Poly(thioacetal) 352 Poly(thioethano1) 354 Poly(thioformaldehyd) 352 Poly(thiophen) 365 Polytriazine 450 Poly(triazo1)e 445,447 Poly(2,4,6-tribromstyrol) 207 Poly(tridecanbrassy1amid) 381) Poly(trifluorch1orethylen) 101 Poly(2-trifluormethylstyrol) 207 Poly( 1,3-trimethylencarbonat)269 Poly(trimethylenterephtha1at) 279 Poly(tri0xan) 239 Polyuretdion 417,435 Polyuretdionimin 417 Polyurethane 52, 84, 101,417 ff. -,elastomere 423 -,s.a. PUR Poly(acetal) 209 Poly(N-vinylacetamid) 210 Poly(viny1acetat) 43, 101,207 -, s.a. WAC, PVA (veraltet) Poly(vinylalkoho1) 43, 208 -,s.a. PVAL Poly(viny1amin) 210 Poly(N-vinyl-rert-butylcarbamat) 2 10 Poly(vinylbutyra1) 43, 209 Poly(N-vinylcarbazol) 211 Poly(vinylch1orid) 101, 212 ff., 215 -,Preisentwicklung 138 -,s.a. PVC -,wlmebestbdiges 163 Poly(viny1chlorid-co-butadien) 2 16 Poly(viny1chlorid-co-propen) 216 Poly(vinylch1orid-co-vinylacetat) 216 Polyvinyle 202 ff. Poly(viny1ether) 50,209 Poly(viny1fluorid) 101, 218,220 -,s.a. PVF Poly(vinylforma1) 209 Poly(viny1formiat) 208 PoIy(vinylidench1orid) 2 16 -,s.a. PVDC Poly(viny1idenfluorid) 101,218, 220 -,s.a. PVDF Poly( vin ylidenfluorid-co-hexafluorisobutylen) 22 1 Poly(N-vinylimidazol) 21 1 Poly(viny1isobutylether) 210 Poly(vinylmethy1ether) 210 Poly(vinyloctadecy1ether) 210
556 Poly(p-vinylphenol) 254 Poly(N-vinylphthalimid) 210 Poly(2-vinylpyridin-1-oxid) 210 Poly(N-vinylpyrrolidon) 21 1 Poly(N-vinylsuccinimid) 210 Poly(vinylsulfons2ure) 334 Poly(vinyltoluo1) 207 Polyvinylverbindungen 202 ff. Poly(2,6-xylenol) 255 Poly(p-xylylen) 101, 194 ff. Poly(m-xylylenadipamid) 405 POM 43,239 POP 255 POPAM 377-379 Portland-Zement 499 Porzellanerde 499 PP 51, 167, 171 PPA 404,440 PPB 389 PPBA 400 PPCC 500 PPDA 431 PPDI 423 PPE 256 PPG 421 PPOTM256 PPO,modifiziertes 256 PPOm 256 PPOX 51,248 PPP 192 ff. PPQ 449 PPS 356 PPSF 361 PPSU 51, 361,363-364 PPTA 402 PPX 194 Prallblech 129 Prandtl-Zahl 130 Prapolymer, Def. 14 Prehnitsaure 426 Preise, Kunststoffe 138-139 -,Saccharide 295 Pressholz 63 Primaacetat 326 Primikenergie 3 1 -,Wohlstandsverbrauch 33 pro 458 Prokollagen 470 Prolin 458 Propadien-l.3-dion 258 Propan, Verarbeitung 48 Propandiol, 1,3- 279 Propen 48-49, 51, 167 -,Oxidation 203 -,PM 167 Propenol, 1-, PM 208 Propiolacton, p- 221,263 Propylen 167 Propylen, s.a. Propen
Sachregister Propylen-Blockcopolymere 170 Propylenchlorhydrin 248 Propylenglycol, 1,3- 5 1 , 279 Propylenoxid 51,248 Proteine 455 Proteine 455,463 ff. globultire 464 -,konjugierte 455 -,lineare 470 Makrokonformation 459 -,technische 477 -,texturierte 476 Proteinfasem 474,476 Proteingummen 472 Proteinmonomer 463 Proteinoligomer 463 Proteoglycan 293, 332 PS 50, 53,203 PSE 489 Pseudocopolymer,Def. 13 Pseudonigeran 296,308 PSF 361 psi 289 Psicose 289 PSM 489 PSS 488 PSU 361 PT 219 PTA 445 PTFE 42,217 PTHF 52 PTMG 255,421 PTMT 279 PTO 444 PTOA 445 PTT 279 Pullulan 296, 308 Pulpe 66 -,US-Verbrauch 62 Pulverkautschuk 188 PUR 50-53 Pustulan 296 PVA 208 PVAC 43, 50 PVAL 43, 50,208 PVB 43,50,51 PVC 50,212 -,nachchloriertcs 215 PVC-C 215 PVC-E 213 PVC-M 213 PVC-S 213 PVC-W 215 PVDC 50, 215 PVDF 218,221 PVF 50, 218,220 PX 194 PYR 437 Pyran-Copolymer 210
-. -.
Sachregisrer
Pyranon 258 Pyranosen 290 Pyrazin 448 Pyrazol 436 Pyrobenzin 53 Pyrobitumen 55-56 Pyrokieselshre 490 Pyrolysebenzin, Verarbeitung 53 Pyromellithsllure 53,426 Pyromellithsaureanhydrid 427,429 Pyroxylin 326 PyKOl 437 Pyrrolidinon, 2- 391 Pyrrolidon, 2- 391 Pyrrolidon, a- 391 Pyrrolrot 437 Pyrrolschwarz 437 Pyrron 439 Q 458 QianaTM406 Quaniirstruktur,Proteine 463 Quarz 491,506 Quaterpolymer, Def. 13 Quercitin 65 Quinterpolymer,Def. 13
R 458 R-Glas 495 Ramie 316,318 -,Polymerisationsgrad 3 10 -,Zusammensetzung 60 Rapsol 73,75 Raummeter 61 Rayon 322 -,Weltproduktion 3,288 Rayonfaser 67 rbu 289 Reaktion, polymeranaloge 99 Reaktionsgrad 324 Reaktionsschnecke 125 Reaktoren 121 ff. -,Molmassenverteilung in 132 Polyreaktionen in 134 -,segregierte 131 -,Typen 124 Reaktorleistung 124 Redox-Polymerisation, Entdeckung 185 Reformatbenzin, Verarbeitung 53 Reformieren 47,53 Regeneratcellulose 319 Regulariat, Def. 11 Regulatoren, Polyamide 394 -,PK 384 Reis(keim)ol 75 Reissdehnung 24 Reissfestigkeit 24 Rennin 469 RenyTM405
-.
557 Repetiereinheit, Def. 8 -,isotaktische 17 -,konfigurative 16 -,konstitutionelle 10 -,sterische 16 -,syndiotaktische 17 Reproduktionstechnik 396,426 Reservepolysaccharide 287 Resilin 473 Resina 71 Resit 195 Resitol 195 Resol 195 Resorcin 246 Restgas 48 Restmonomer 102, 135 Retrogradation 298,302, 304 Retropeptide 455 Reynolds-Zahl 130 Rhamsan 335 rib 289 Ribit 290 Ribose 289 Ricinolsaure 73 Ricinusol 73-74 Riechwachs 56 RIM-Verfahren 189 -,Polyamide 394 -,Polyurethane 424 Ringpolymer 11 Ringscheiben-Reaktor 128 Ringsilicate 491 Ritter-Reaktion 226 rm 61 RNA 509 Rohbenzin 43 Rohiil 43-44,47-49, 53 Rohrreaktor 127 Rohrzucker 292 Rohstoffe 26 ff. -,historische Folge in der Chemie 28 Rostdextrine 306 RTsO 442 Riibenzucker 292 Riibol 73 Riihrer 129 ff. Riihrkessel 127 -, homog.kontin. 131 -,idealer 124, 126 -, kontinuierlicher 124, 128 Riihrkesselkaskade 128 Riihrkesselreaktor, kont. 124, 128 Riihrleistung 130 Russ 149
S 458 S-B 206 S-B-S 177,206 S-Glas 495
558
s-I-s 206 SA 205
SABR 52 SAC 299 Saccharose 292 Sagemehl 65 Sago, echter 297 SAN 50-53, 205 sar 458 Saran@216 Sarcosin 458 Sluredexmne 306 SIureprozess (Zellstoff) 66 SB 50,206 SBR 50.52-53, 177-178 SBS-Elastomere 177,206 Schardinger-Dextrine 306 Schaschlik-Struktur 20-21 Schaumstoffe 424 Schellack 72, 195 -,Ersatz195 Schellolsaure 72 Schichtenpolymer 12 Schichtsilicate 493, 497, 502 Schiefertjl 54 Schiessbaumwolle 326 Schikane 129 Schizophyllan 296, 334 Schlagzahigkeit 24 Schlaufe (Kristall) 20 schhfenreaktor 128 Schleirnharz 71 Schleimpolysaccharide 293 Schmelzindex 15 Schmelzphosphate 509 Schmelztemperatur 23 Schmiertjl 47 Schotten-Baumann-Reaktion 92,400,402 Schutzkolloide 106 Schwabenkom 297 Schwanz-Schwanz-Verknupfung 11 Schwefel 513 -,plastischer 515 -,polymerer 513 ff. Schwefelgrad 354 Schwelteer 58 SchwerBl 58 Schwerruss 149 Scleroglucan 296 Scleroglycan 334 SCP 43 SCSTR 131 Sebacinaure 74,382 Segment(co)polymer Segregation,Reaktor 131 Seide 474 Seidenleim 474 Sekundliracetat 326 Selen 457
Sac hregister
-,polymeres 516 Selenocystein 457 Senfgas 354 ser 458 Sericin 474 Serin 458 Serpentin 496 Shikimisaure 76 Shirikawa-Verfahren 190 SHOP-Prozess 161 SI-Einheiten 523 Sic-Fasem Silane 487 Silicate 491 ff. -,faserftjrmige 496 -,Umwandlungen 502 Silicatglas 495 Silicium 486 Siliciumcarbid-Fasem 489 Siliciumdichlorid 487 Siliciumdioxid 506 Siliciumnitrid 490 Silicone 501 ff. -,Aquilibrierung 503 -,Eigenschaften 505 Silylen 488 Silylradikale 488 Sinapylalkohol 69 SIS 206 Sisal 318 Sisalhanf 315 SKE 29 Skleroproteine 464,470 SMA 205 Smith-Ewart-Theorie 113 ff. Smoked sheets 181 SNG 41 Soda-Verfahren (Zellstoff) 66 SojaBl 73 Sol-Gel-Prozess 501 Solarenergie 37 Sonnenblumenol 73 sor 289 Sorbit 290 Sorbitol 290 Sorbose 289 Sorghum 297 Soro-Silicate 491 Spaltgas 41-42 Spandex 423 Spelz 297 Sperrholz 64 Sphaolith 20 Sphaoproteine 464 Spirokette 12 SPS 204 Spurlin-Gleichung 325 SR-Benzin 47 Stabilisatoren,PK 384
Sachregister
Stadtgas 41 Stahl, Energieaufwand 136 Standard Oil-Verfahren (PE) 158 Stannan 507 Starburst@ 377 Stikke 297ff. -,gepfropfte 299 -,hydroxyethylierte 299 -,kationische 299 -,Molmasse 300 -,physikalische Struktur 301, 304 -,duremodifizierte 299 -,thermoplastische 298 -,Weltproduktion 288 Stiirkeacetat 299 Swkegummi 306 Stikkephosphat 299 Stauelement 129 Stearinshe 73 Steinkohle 56 Stereoisomerie 16 Sternmolekiil 12 Stickstoffwasserstoff 507 Stocklack 72 Storax 203 STR 124 Streckgraphitierung 148 Streckgrenze 24 Streckspannung 24 Stroh, Zusarnmensetzung 60 Str6mungsrohr,ideales 124 Struktur, chemische 8 -,physikalische 19 Strukturelement 10 Strukturpolysaccharide 287 Styrax 71, 203 Styrol 50, 53, 203 -,Emulsions-PM 111 -,thermische PM 203 Styrol-Acrylnitril-Copolymer, Eig. 228 Styrol-Butadien-Kautschuk 52, 178 Suberin 268 Substanz, Def. 82 -,makromolekulare, Def. 8 Substanzpolymerisation 103 Sucrose 292 Sudangummi 341 Sulfat-Lignin 70 Sulfat-Verfahren (Zellstoff) 67 Sulfatzellstoff 67 Sulfidieren,Cellulose 321 Sulfitzellstoff 66 Sulfonyldiphenol,4,4'- 246 Sunn 315 Superpolyamid 380 Superschliirfer 299 Surlyn@ 166 Suspension, Def. 106 Suspensionspolykondensation 119
559
Suspensionspolymerisation 105 -,Visk. 122 SWNT 146 Syncrude 54 Syndiotaktizitiit 17 Synthesefasem, Weltproduktion 3 Synthesegas 38 ff., 41 ff., 59 Synthesekautschuk, Produktion 3, 180 Synthesen, technische 82 Synthetase 464 T 458 T-Glas 495 TAC 230 Taffy-Prozess 252 tag 289 Tagatose 289 tal 289 Talit 290 Talk 491 Tall61 71 Talose 289 Tapioka 298 Tapiokast&ke 298 Tapiokawurzeln 297 Taumler 127 TCD 409 TDI 419-420 TechnoraTM 403 Tecto-Silicate 491,493 Teer 58 Teersand 55 Teflon 217 TeflonAF 219 Teflon CF 219 Teflon CNR 219 TeflonET 219 Teflon FEP 219 TeflonFM 219 Teflon PFA 219 Teflon PT 219 TeflonXR 219 Teichonsfiuren 509 Telegen 177 Tellur 516 Temkin-Gesetz 494 Tensid 108 Terephthalsfiure 53 Terlon 401,403 Terminalmodell 97 Terpentin 71 Terphenylen, PM 192 Terpolymer, Def. 13 Testbenzin 47 Tetracyanoethylen 370 Tetrafluorethen 42,217 Tetrahydrofuran 52,75,82,255 Tetramethylbenzol 49,53 Tetramethylbisphenol F 416
560 Tetramethylendiamin 382,384 Tetramethylenglycol 279 Tetramethylenoxid 255 Tetraoxacyclononan,1,3,5,7- 242 Tetraschwefeltetranitrid 5 15 Tetrathiapentalen 366 Tetrazol, Def. 435-436 Tetrose 287 Tetroxan 239 Tetroxocan, s- 238 Thermalruss 149 Thermoplast, Def. 23 Theta-LBsungsmittel 22 Thiodiethanol 354 Thiodiphenol,4,4'- 246 Thioformaldehyd 352 Thioglycol 354 Thiokole@ 354 Thioplaste 354 Thorveitit 491 THPE 272 thr 458 threo 289 Threonin 458 Threose 289 Tiefquarz 506 TMC 272 TMD 409 TMDT 407 TOE 29 Tolubalsam 71 Toluol 53 Toluylendiisocyanat,2,4-, 2,6- 53,4 19-420 Tonmineralien 498 Tonne Ollquivalent 29 Tonne Steinkohleeinheit 29 TOP 206 Topfzeit 425 TOR 188, 190 Torf, Zusammensetzung 56 TorlonTM 432 Torsionsstereomerie 18 TPE 277 TFQ 170 TPR 183, 187-188 Tragacanth 71 Tragacantha 340 Tragant(h) 340 -,Weltproduktion 288 Trans-Konformation 19 Trans-Taktizidt 18 Transacetalisierung 243 Transamidierung 394 Transferase 464 Transmetallierung 177 Transureidoalkylierung 412 Tremolit 496 Triacetatfaser 327 Triallylcyanurat 230
Sac hregister
Triamino-1,3,5-triazin,2,4,6- 41 1 Triazin 448 Triazin A - H n @ 450 Triazin-Harze 416,450 Triazol, Def. 435-436 Triazolidin 436 Triazolin 436 Triblcck(co)polymer 13 Trichlor-l,2,3-triazin 2,4,6- 434 Trichloracetaldehyd 239 Trichloraldehyd 239 Trichlorethan 50 Tridecandiamid 382 Tridymit 506 Triethylenglycol 50 Trifluoracetaldehyd 239 Triglycan 292 Trihydroxypalmitinsaure 72 Trimellithsaure 426 Trimellithsaureanhydd 53,429 Trimesinsaure 426
Trimethyl-3-phenylindan-4,5-dicarbons;iu, 1,1,3- 409 Trimethylbenzole 49.53 Trimethylhexamethylendiamin 409 Trimethylolpropan 50 Trioxan, s- 238,240-241 Trioxepan, 1,3,6- 242 Trioxymethylen 239 Triphosphite 510 Trisacccharide 292 Trivialname 9 Trockenzucker 67 Trogamid F M 407 Trommsdorff-Nomsh-Effekt 96 Tropokollagen 470 trp 458 Trypsin 469 Tryptophan 458 Tungdl 73 Turm-Kaskade 128 Turmreaktor 127 tyr 458 Tyrosin 458
UF 43,413 UltemTM 432 Ultramid@381 Ultramid'PM 404 Ultrapek@261 Umlenkblech 129 Umsatz, relativer 124 Undecenstiuremethylester 74 Uneinheitlichkeit 14-15 Unipol-Verfahren (PE) 158, 160 Untereinheit 463 UP 50-53, 271 Urazol 436 Ureidoalkylierung, a- 41 1
Sachregister Urethan 417 Urethangruppierung 418 Uretoimin 424 Uronauren 292,332 Urotropin 196 V 458 Val 458 Valin 458 VANAX-PYQ 451 VBR 177 vc 212 VectraTM277 Vectran-FaserTM277 Verbrauch 137 Vergesellschaftung, heterogene 293 Verlustfaktor, dielektrischer 25 Vermiculit 498 VersamideTM399 Verweilzeit, mittlere 124 Velzweigung, Def. 11 ff. Vicat-Erweichungstemperatur 23 Victrex@261 Vinyl, Kunststoffindustrie 203 -,Name 202 -,technische Bezeichnung 212 Vinyl-Polybutadien 177 Vinylacetat 43, 50,207 Vinylalkohol, PM 208 Vinylamin 210 Vinylbenzol 203 Vinylchlorid 50,212 -,Suspensions-PM 107 Vinylcyanid 224 Vinylcyclohexandioxid 254 Vinylester-Harz 223 Vinylether 50,209 Vinylferrocen, PM 517 Vinylfluorid 50,220 Vinylharz, modifiziertes 223 Vinyliden 203 Vinylidenchlorid 50,216 Vinylidenfluorid 220 -,Copolymere 221 Vinylphenol,p-, PM 254 Vinylpivalat 207 Vinylstearat 207 Vinyltoluol 206 Vinylverbindungen 202 Viskose, Polymerisationsgrad 3 10 Viskose-Verfahren 320 Viskosefaser 322 Viskositiit 122 ff. spezifische 15 Viskositiitsinkrement, rel. 15 VK-Verfahren 393 VLDPE 154 Vniivlon 402 voc 222
-.
561 Volumenwiderstand 25 Vorprodukt, Def. 30 VPE 163 W 458 Wald, Weltbestand 61 W&mestandfestigkeit 23 Whnestrom 130 Wassergas 41 Wasserglas 491 Wasserkraft 30-32,38 WBC 37 Weber-Zahl 107 Weichbraunkohle 56,58 Weichhan 71 Weichholz 63 Weichsegment 423 Weingas 202 Weingeist 202 Welan 335 Werkstoffe, keramische 501 Wetterlampenbenzin 47 Wiederholungseinheit, Def. 8 -,konst. 10 Wildkautschuk 180 Windenergie 37 Wirbelbett-Reaktor 128 Wollastomit 491 Wolle 475 Wurzelharz 72 X 194 X7G 276 Xanthan 296,330 -,Weltproduktion 288 Xanthogenieren 321 XDI 425 XLPE 163 xlu 289 XR 219 XydarTM277 xyl 289 Xylanase 469 Xylane 344 Xylit 58, 290 Xylole 53 Xylose 75, 289 Xylulose 289 Xylylen, 0- 199 Xylylendiisocyanat, m- 425 Y 458 Yucca 297
Z* 458 Z* 458 Zahlenmittel 14 Zein 476 Zellglas 320, 322,495
562 Zellhom 326 Zellstoff 66 -,Polymerisalionsgrad 3 10 Zellwolle 322 Zement 499 -,Energieaufwand 136 Zementbeton 499 Zementstein 499-500 Zichorie 348 Zickzack-Kette 20 Ziegler-Verfahren (PE) 158 ff. Zinn 507 Zinnpest 507 Zucker 287 -,Preise 294 Zuckerhirse 297 Zugfestigkeit 24 Zugmodul 24 ZylonTM 442 Zytel@ 381
Sac hregister
Englische Fachausdriicke
563
Englische Fachausdrucke A polymerization 83 absorbeddose 524 absorbed dose rate 524 acceleration 524 acidificaion 38 addition polymerization 83 adduct formation 83 advancement process 252 amber 71 amount concentration 528 amount fraction 528 amount of substance 523,528 amylomaize 300 angular velocity 524 aniline black 373 annular 448 anthracite 56 antimony 481 angular acceleration 524 arsenic 481 associatedgas 39 axial 293
back-biting reaction 156,242,503 barley 300 base physical quantity 523 baseunit 523 batch reactor 124 bead polymerization 105 beetsugar 292 bituminous coal 56 bituminous sand 55 borax 483 boric acid 483 boricoxide 483 boron 481,483 boronfiber 483 boron nitride 484 browncoal 56 bulk polymerization 103 butyl rubber 174
c polymerization 83 canesugar 292 canola oil 74 carbon 481 carbon black 149 carbonfiber 147 carbon vapor deposition 144 carrageenine 338 cascade 124 castor oil 74 catalytic reforming 47 ceiling temperature 87 cellulose gum 329 cement 499 chain 8
chain polymerization 83 chain unit 8, 10 chain-growth polymerization 83 channel black 149 chemical glass 495 chemical woodpulp 66 chinaclay 499 chip board 64 coating 425 coir 315 comb molecule 12 concentration 528 concrete 499 condensate (oil fraction) 39 condensation polymerization 83 condensative chain polymerization 83 constitutional repeating unit 10 consumption 137 continuous plug flow reactor 124 continuous-flow stirred tank reactor 124 corn 262 corncob 75 cotton 314 CRU 10 ciudeoil 44 cure-in-place 222 cuticle 316 dammar resin 71 degree of polymerization 15 density 528 derived unit 523 dextrin 306 dielectric constant 25 dielectric strength 25 dose equivalent 524 drop-in technology 170 drygas 39 economy of scale 139 elastomer 23 electric capacitance 524 electric charge 524 electric conductance 524 electric current 523 electric potential 524 electric resistance 524 electric strength 25 electron beam curing 222 elongation 24 elongation at break 24 elongation at yield 24 emerald 373 emeraldine base 374 endgroup 8 energy 524 equatorial 293
564 exposure 524 feedstock 43 feldspar 499 fiber 23 fiberboard 64 flammability index 486 floor temperature 87 folded micelle 20 force 524 fracture elongation 24 fracture strength 24 frequency 524 fringed micelle 20 fumed silica 505 furnace 149 furnace black 149 fusion process 252 fusion temperature 23 gas 47 gas oil 47 gasket 486 gasoline 47 germanium 481 glass temperature 23 glass transition temperature 23 government rubber 178 graphite 146 greenhouse gas 37 gross domestic product 77 gross national product 77 guncotton 326 gusher 44 hardboard 64 hard brown coal 60 heat 524 heat distortion temperature 23 hornochain polymer 1 1 hotspot 130 hydroquinone 246 hyperbranched polymer 12 illuminance 524 impact strength 24 impact strength with notch 24 impulse 524 inner liner 175 inner tube 174 inorganic polymer 481 intrinsic viscosity 15 Jerusalem artichoke 348 kerosene 44,47 kerosine 47 laminarin 334 laurolactam 390
Englische Fachausdrucke lead 481 length 523 leucoemeraldine 374 lightfastness 425 lignite 56, 60 limiting oxygen index 486 linear energy transfer 524 liquefied natural gas 29 liquefied petroleum gas 39 living polymerization 84 long ton 525 luminous flux 524 luminous intensity 523 macromolecular compound 9 macromolecule 9 magnetic field strength 524 magnetic flux 524 magnetic flux density 524 magnetic inductance 524 maize 300 mass 523 mass concentration 528 mass density 528 mass fraction 528 mastic 72 mechanical pulp 66 melt flow index 15 melt volume index 15 melting temperature 23 mer 8, 10 metallo-organic 481 microbial cellulose 318 modified gum 336 molality 528 molar mass 8 molarity 528 molded fiber board 64 mole concentration 528 mole fraction 528 molecular mass 8 molecular weight 8 momentum 524 monomer(ic) unit 8, 10 mustardgas 354 natural gas 37, 38 natural gas liquid 39 natural resin 70 natural rubber 180 naval stores 71 nitrile-butadien rubber 179 nitrogen 481 nonassociated gas 39 non-uniform 14 number concentration 528 number density 528 number fraction 528 numerical value 523
Englische Fachausdriicke oil sand 55 oil shale 54 organometallic 481 oxygen 481 paint 425 pale crepe 181 paraffin 47 part per billion 528 part per million 528 part per trillion 528 Pea 300 peat 56 peptide nucleic acid 456 perturbed coil 22 petrol 47 petroleum 44 phosphorus 481 physical quantity 523 physical unit 523 pipeline 39 pit coal 56 plane angle 524 plug-flow 127 plywood 64 polyaddition 83 polyamic acid 427 polycondensation 83 polydisperse 14 poly(hydroxyalkanoic acid) 264 polymer 9 polymer, metal-containing 481 polymer concrete 500 polymer molecule 9 polymer wood 64 polymerization 82 porcelain earth 499 potato 300 power 130,524 pressure 524 primary wall 316 proteomics 463 Pulp 66 quantity calculus 523 quartz 506 quinic acid 76 radioactivity 524 randomcoil 22 randomizer 177 reaction injection molding 189 relative molar mass 8 relative permittivity 25, 524 repeat(ing) unit 8 reserve polysaccharide 287 resin 14, 71 resin-modified natural rubber 184 resistant 495
565 resorcinol 246 retting 315 rosin 71 round wood 62 rubber 23 saccharose 292 sassolite 483 sawdust 65 saw gin 314 sealant 174 secondary wall 317 segregated continuous stirred tank reactor 131 selenium 481, 516 semi-batch 126 semi-inorganic 481 shale 38 shaleoil 54 shelf life 355,425 shish-kebab structure 21 short ton 525 SI 523 SI base unit 523 silica gel 491 silicon 481 single cell protein 43,477 single-site catalysis 161 single-site catalyst 170 smoked sheet 184 smoothpea 300 soccer 144 soft brown coal 60 solid angle 524 soot 149 sour gas 38 soy bean oil 74 speed 524 star molecule 12 starch granule 303 starchgum 306 steam reforming 42 steeping 320 step-growth polymerization 83 step polymerization 83 stirred tank reactor 124 strength 495 stress 524 structural polysaccharide 287 structural protein 470 styrene 203 styrene-butadiene rubber 178 sub unit 463 substitute natural gas 41 sucrose 292 sulfur 481 super slurper 299 supplementary unit 523 surface resistivity 25 sweetgas 38
566 sweet potato 297 synthetic natural gas 41 taffy process 252 tapioca 298 tarsand 55 tellurium 481, 516 tenacity 376 tensile modulus 24 tensile strength 495 tensile strength at break 24 tensile strength at yield 24 tensile stress 24 tetroxane 239 thermal black 149 thermodynamic temperature 523 thermoset 23 theta solvent 22 time 523 tin 481 ton(ne) 525 triflic acid 503 turpentine 71 ulexite 483 unified atomic mass constant 525 uniform 14 unity 8 urea 411 velocity 524 veneer 64 volume fraction 528 volume resistivity 25 waxy maize 300 weight 524 weight fraction 528 wetgas 39 wheat 300 winding 316 wire coating 486 wood flour 65 woodmeal 65 woodpulp 66,323 work 524 wrinkled pea 300 xanthation 320 yield point 24 yield stress 24 Young's modulus 24
Engtische Fackausdrucke