KÖNIG ARTUS und die Ritter der Tafelrunde
Für Jennifer in Liebe, R.K. Für Theo, T.H.
EINE GEKÜRZTE FASSUNG FÜR KINDE...
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KÖNIG ARTUS und die Ritter der Tafelrunde
Für Jennifer in Liebe, R.K. Für Theo, T.H.
EINE GEKÜRZTE FASSUNG FÜR KINDER AB 10 JAHREN
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek erhältlich.
Ein Dorling-Kindersley-Buch Originalausgabe: Eyewitness Classics: King Arthur Copyright © 1998 Dorling Kindersley Ltd., London Lektorat: Alastair Dougall, Rebecca Smith Layout und Gestaltung: Kim Browne, Jacquie Gulliver, Lisa Lanzarini Herstellung: Katy Holmes; Bildrecherche: Louise Thomas Gesetzt nach neuer Rechtschreibung Aus dem Englischen von Karin Rother, München Redaktionelle Bearbeitung der deutschsprachigen Ausgabe von Sylke Hachmeister, Brühl Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 1999 Gerstenberg Verlag, Hildesheim Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Satz bei Gerstenberg Druck GmbH, Hildesheim Printed in China ISBN 3-8067-4747-4
VORWORT KAPITEL 1 DAS SCHWERT IM STEIN MAGIE UND GEHEIMNIS KAPITEL 2
EXCALIBUR KAPITEL 3 DIE RITTER DER TAFELRUNDE KÖNIG ARTUS ' RITTER KAPITEL 4 BÖSER ZAUBER KAPITEL 5 DER HEILIGE GRAL
KAPITEL 6 DAS ENDE DER KAMERADSCHAFT KAPITEL 7 DIE LETZTE SCHLACHT
KAPITEL 8 DER EINSTIGE UND KÜNFTIGE KÖNIG
KÖNIG ARTUS und die Ritter der Tafelrunde Rosalind Kerven Illustrationen von Tudor Humphries
Gerstenberg Verlag
ORWORT Die Sage von Artus, dem heldenhaften König, der das prächtigste Königreich in Europa schuf, hat ihren Ursprung in der Anarchie, die in Britannien ausbrach, nachdem die Römer das Land zu Beginn des 5. Jahrhunderts verlassen hatten. Die Römer hatten Ordnung ins Land gebracht. Sie hatten Städte errichtet, die durch gut ausgebaute Straßen miteinander verbunden waren. Und sie hatten den christlichen Glauben eingeführt. Doch mit ihrem Abzug begann der Niedergang. Das einheimische keltische Volk spaltete sich in untereinander zerstrittene Königreiche und wurde von Eindringlingen bedroht. Aus diesem Chaos heraus wurde die legendäre Artusgestalt geboren, vielleicht als Ausdruck der Sehnsucht des Volkes nach einer besseren Welt. Jahrhundertelang wurden die wundervollen Heldentaten des König Artus von den keltischen Barden besungen und an den Lagerfeuern erzählt, bevor sie dann im Mittelalter niedergeschrieben wurden. Seitdem wuchs die Artuslegende immer weiter, immer neue Geschichten kamen hinzu. Dieser Band macht durch Farbfotografien und Illustrationen den historischen Hintergrund anschaulich und führt uns die keltische Welt voller Magie und Rätsel vor Augen, in der die Sage entstand. Wunder geschehen, Schwerter rasseln, Ränke werden geschmiedet, kühne Worte gesprochen und noch kühnere Taten vollbracht, wenn wir uns in das Schloss von Camelot begeben und in das goldene Zeitalter von König Artus, Königin Ginevra, Sir Lancelot und den Rittern der Tafelrunde eintauchen.
Schloss Bamburgh, Northumberland, der sagenumwobene Sitz Sir Lancelots
AS SCHWERT IM STEIN Der alte König war tot. Der Thron war verwaist, niemand erhob Anspruch auf die Krone, und die Angst zog durch das Land wie finstere Gewitterwolken. Ohne König gab es keine Gesetze. Ohne Gesetze war das Land bald skrupellosen Eindringlingen und einheimischen Kriegern ausgeliefert. Grausame Banditen überfielen die Dörfer, stahlen Vieh und Geld, brachen gewaltsam in die Häuser ein und raubten die Kinder. Ohne einen neuen König -einen guten, starken König - gab es keine Hoffnung, sondern nur die Aussicht auf noch mehr Finsternis, noch mehr Angst. Aus dieser Finsternis kam, auf den geheimen Pfaden des Großen Waldes, eine seltsame Gestalt, die Gestalt eines Zauberers. Sein Name war Merlin. Dieser Merlin war so alt wie die Wurzeln der Eichen. Er konnte den Wind einfangen und in Gedichte verwandeln. Seine schwarzen Augen konnten die Zukunft lesen und seine Zaubersprüche konnten sie verändern. Jetzt sah er eine Zeit voller Sonnenschein, Gold und Ruhm vor sich, dem Ruhm eines großen, neuen Königs. Merlin kannte den Namen dieses Königs und wusste, wo er sich verbarg, denn er selbst hatte mit seinen Zauberkräften über die Geburt des Jungen gewacht und ihn vor Gefahr in Sicherheit gebracht. Nun war die Zeit des Jungen gekommen. Merlin trat aus dem Wald. Er war groß und hager, hatte einen langen Bart und war in einen grauen Umhang gehüllt. Wegen des heftigen Regens ging er vornübergebeugt und er murmelte in seltsamen Sprachen vor sich hin. Er ließ den Wald hinter sich und setzte seinen Weg auf der Landstraße fort, die nach London führte.
Uralte Wälder
Der letzte Druide
Die Geschichte beginnt im späten 5Jh. Die Römer hatten Britannien verlassen. Der größte Teil des Landes war Wildnis. In den Wäldern und Mooren trieben bewaffnete Männer ihr Unwesen.
Die Gestalt Merlins geht vermutlich auf die alten keltischen Priester zurück, die man Druiden nannte. Bis sie im 1.Jh.v.Chr. von den Römern verjagt wurden, war die Macht der Druiden in Britannien sehr groß.
Als Merlin die Stadtmauern erreichte, wimmelte es auf den Straßen von finsteren, bewaffneten Männern, die bedrohlich ihre Speere und Schwerter schwangen. Sie alle waren Kriegsherren und gekommen, um bis aufs Messer um die Krone Britanniens zu kämpfen. Derjenige, der die meisten Gegner tötete, sollte König werden. Allmählich wurde es dunkel. Wie ein Schatten schlüpfte der alte Zauberer durch das Gedränge der Krieger. Auf sein Flüstern hin öffneten sich die Stadttore, er trat ein und lief durch die verwinkelten Gassen von Die Straßen waren wie ausgestorben. Wegen der bevorstehenden Schlacht waren alle Türen verriegelt. Nicht einmal das Bellen eines Hundes oder das Schreien eines Kindes war zu hören, nur das Heulen einer Eule durchbrach die angespannte Stille. Rasch lief Merlin zum Vorhof der großen Kathedrale. Dort setzte er sich nieder und wartete. Die Nacht verging langsam. Weder der Mond noch ein Stern erhellte das Dunkel. Endlich brach der Morgen an. Eine Gruppe von Mönchen, angeführt von einem Bischof, betrat den Kirchhof auf dem Weg zum Morgengebet. Merlin erhob sich und verbeugte sich vor ihnen, dann deutete er auf die andere Seite des Hofes. »Brüder«, rief er, »da drüben - schaut!« Alle drehten sich um. In dem niedrigen Gras vor der Kirche war etwas Seltsames und Wunderbares aufgetaucht. Es war ein riesiger Marmorblock, auf dem ein eiserner Amboss lag. Und mitten durch Amboss und Stein ging ein Schwert. Das Schwert war schwer, glänzend und wunderschön und in den Marmorblock war in geschwungenen, goldenen Lettern eingemeißelt: WO IST DER MANN, DER DIESES SCHWERT AUS DEM STEIN ZIEHEN KANN? ER IST DER RECHTMÄSSIGE KÖNIG VON BRITANNIEN. Die Mönche starrten auf die Inschrift, und Merlin verbeugte sich noch einmal. »Friede sei mit euch, Brüder«, sagte er. »Befehlt den Wachen, die Tore zu öffnen, Lasst die Kriegsherren herein und zeigt ihnen den Stein. Sagt ihnen, dass die Schlacht vorüber ist, noch ehe sie begonnen hat. Erlaubt dem neuen König, seinen Anspruch auf das Schwert zu erheben.«
Der Griff war mit Holz, Knochen oder Leder überzogen.,
Waffe der Macht Schwerter waren damals aus Eisen und hatten einen verzierten Griff. Nur hochrangige Krieger konnten sich solche Waffen leisten. Das Schwert in dieser Episode ist ein Symbol der Macht. Nur ein Mann kann dieses Schwert aus dem Amboss ziehen - aber welcher?
Lange, breite, doppelseitige Klinge
Keltisches Kreuz
Neu geschmiedet Ein Amboss ist ein Eisenblock, auf dem man Waffen schärfte. Das Schwert in diesem Amboss verleiht ungeheure Macht.
In Trümmern Die Große Kathedrale wurde von Plünderern zerstört. Sie stand an der Stelle der heutigen Westminster Abbey.
Die Stadttore nach Norden, Süden, Osten und Westen wurden aufgestoßen. Die rivalisierenden Kriegsherren und ihre Banden marschierten ein. Sie gingen zur großen Kathedrale. Dort sahen sie den Marmorblock, den Amboss und das Schwert. Sie lasen die goldene Inschrift und bemerkten den alten Zauberer, der auf sie wartete. Seine Macht war stärker als ihre eigene rohe Gewalt: Sie konnten nicht anders als stehen zu bleiben und den Atem anzuhalten. Merlin sprach: »Freunde, jeder Mann soll einen Versuch haben, das Schwert aus dem Stein zu ziehen. Die Edelleute kommen zuerst an die Reihe. Falls es keiner schafft, sollen es auch alle einfachen Soldaten versuchen. Gebt jedem Mann eine Chance - auch dem jüngsten und geringsten. Ich bitte euch inständig: Habt Geduld! Denn Gott weiß, dass nur ein Mann in Britannien dazu bestimmt ist, dieses Schwert aus dem Stein zu ziehen. Und bevor der heutige Tag zu Ende geht, werdet ihr wissen, wer es ist.« Dann begann der Wettstreit. Der stolzeste Kriegsherr ergriff das Schwert, spannte die Muskeln an und zog. Aber die funkelnde Klinge bewegte sich nicht. Die anderen Kriegsherren machten es auch nicht besser. Sie gingen davon und fluchten zornig. Dann stürmten die Soldaten herbei und drängelten ungeduldig, bis sie an die Reihe kamen. Der Wettstreit dauerte den ganzen Tag. Aber alle scheiterten. Kurz vor Sonnenuntergang trat ein junger Mann vor. Ohne zu zögern schritt er auf den Stein zu und ergriff das Schwert. Er zog nur leicht daran. Und siehe da - es ließ sich mühelos aus dem Stein herausziehen. Ein Aufschrei der Empörung ging durch die Menge. Merlin wirbelte herum und blickte den Leuten ins Gesicht. »Ihr habt gesehen, was er getan hat«, rief er. »Er ist es!« Er wandte sich dem jungen Mann zu. »Euer Name, Sir?« »Ich bin Artus.« »Artus«, wiederholte Merlin, »ich kenne diesen Artus.« Seine Stimme klang unheimlich. Spannung lag in der Luft. »Er ist kein gewöhnlicher junger Mann, sondern das lange verloren geglaubte Kind unseres alten Königs, des guten Königs Uther Pendragon. Dieser Junge wurde im Nebel gezeugt, im Sturm geboren und heimlich weggebracht, um im Verborgenen aufzuwachsen. Jetzt ist seine Zeit gekommen. Schenkt ihm euer Vertrauen! Denn ich schwöre euch bei allem Gold Britanniens, dieser Artus wird euch zu ungeahntem Ruhm führen ...« Aber Merlins Worte gingen im Tumult unter.
Schloss Tintagel
Merlin und das Kind
Nach einer Überlieferung wurde Artus auf Tintagel, Cornwall, geboren. Sein Vater, König Uther Pendragon, verliebte sich in Ygerna, die Frau von Gorlois, des Herzogs von Tintagel. Er besuchte sie als ihr Mann verkleidet und sie liebten sich. Danach wurde Artus geboren.
Merlin prophezeite Artus eine große Zukunft, aber e fürchtete um Artus' Sicherheit. Daher bestand er darauf, dass das neugeborene Kind ihm übergeben wurde Heimlich brachte er es zu Ritter Ector, der Artus zusammen mit seinem Sohn aufzog und zum Edelmann und Krieger ausbildete.
Der junge Mann ergriff das Schwert. Er zog nur leicht daran. Und siehe da - es ließ sich mühelos aus dem Stein herausZiehen
Die Krieger drängten mit ihren blitzenden Schwertern und Streitäxten nach vorne. Denn jeder von ihnen fühlte plötzlich den Wunsch den Zauberer und den jungen Mann zu töten..
Artus schwang das Schwert über dem Kopf. Die funkelnde Klinge blitzte in der Dämmerung. Der erste Krieger kam auf ihn zu. Artus reagierte blitzschnell. Geschickt parierte er jeden Schwerthieb seines Angreifers, bis dieser niedergestreckt auf dem Boden lag und um Gnade flehte. Dann stürzte sich der nächste Krieger auf Artus, gleich darauf mehrere auf einmal, sodass Artus jetzt in alle Richtungen zugleich kämpfte. Mühelos wehrte er jeden Angreifer ab, die gegnerischen Hiebe schienen ihm überhaupt nichts anhaben zu können. Schon bald wichen seine Herausforderer zurück und ihre Wut verwandelte sich in Verblüffung. Artus stützte sich auf sein Schwert. »Hört mir zu!« rief er. »Ihr habt nun gesehen, dass ich leicht jeden, der mich angegriffen hat, hätte töten können, aber ich habe euch alle am Leben gelassen. Ich werde euch den Grund dafür sagen. Ich glaube, wir verschwenden nur unsere Zeit und unsere Kräfte, wenn wir gegeneinander kämpfen. Mit diesem Irrsinn richten wir unser ganzes Königreich zugrunde und geben unseren Gegnern die Gelegenheit, es zu erobern.« Alle schwiegen. Artus fuhr fort: »Ich habe gerade bewiesen, dass mich niemand schlagen kann. Wenn ihr mit mir kämpft statt gegen mich, wenn ihr mich als euren König anerkennt, dann können wir unsere Feinde ein für allemal aus Britannien verjagen! Dann werde ich euch den Frieden bringen und euch geben, was ihr am meisten begehrt: Macht und Wohlstand. Ja, in meinem Königreich wird jeder von euch sein eigenes Schloss bekommen, sein eigenes Land und seine eigenen Leute. Und ich werde euch Gold geben! Ich schwöre, dass jeder Edelmann, der mir den Treueeid leistet, seinen Anteil aus der königlichen Schatzkammer erhalten wird.« Jetzt zitterte Artus' Hand, die noch immer auf dem Schwert lag. Er ließ die misstrauische Menge keinen Moment aus den Augen. Noch immer herrschte Stille. Das letzte Tageslicht verschwand. Fackeln wurden angezündet und von der Kirche schallten die sanften Klänge der Abendandacht herüber. Schließlich ging ein Raunen durch die Menge: »Das sind ja starke Worte ...« »Er ist klug für sein Alter ...« »Es kostet ja nichts, wenn wir ihm eine Chance geben ...« Im Schein der Fackeln legte Merlin seine Hand auf Artus' Schulter. »Zu Ostern wird Artus hier gekrönt werden«, sagte er. Gebannt beobachtete die Menge, wie er sich umdrehte und den jungen Mann wegführte. Fremde Eindringlinge Die Hauptfeinde Britanniens waren die Sachsen, die Angeln und die Juten aus Nordgermanien und Skandina vien. Sie besetzten das heutige Ostengland. Gleichzeitig fielen die Franken an der Südostküste ein und die Pik ten eroberten den Norden. Einige Briten flohen mit dem Schiff in die französische Bretagne .
XCALIBUR Schnell verbreitete sich die Nachricht von der Ankunft eines neuen Königs, der versprach, das Land von den Eindringlingen zu t freien und die sinnlosen Kriege zu beenden. Die Edelleute, die sich weigerten den neuen König anzuerkennen, waren bald geschlagen, bis zum Osterfest stand ganz Britannien auf Artus' Seite. Die Eindlinge erkannten, dass sie ein so geeintes Land niemals besiegen kö nnten, und zogen sich zurück. Endlich wurde Britannien mit Wohlstand und Frieden gesegnet. Alle, die für eine Reise nach London kräftig genug waren, erschinen zur Krönung. Nach der Zeremonie lud König Artus den Adel einem Fest und verteilte reiche Geschenke, Ländereien und Schätze Dann ritt er mit Merlin davon, um in Camelot Hof zu halten. Die Zeit verging. Eines Tages sagte Artus zu Merlin: »Guter Zauberer, du weißt, dass ich das Schwert im Stein bei der großen Kathe drale zurückgelassen habe, weil es dort hingehört. Aber ich brauche eine eigene Waffe, eine, wie sie einem König gebührt.« »Sattle dein Pferd und folge mir«, sagte Merlin. Sie ritten von Camelot weg, tief in den Grünene Wald. Bald kamen sie an einen risigen, glitzernden See»Warte«, sagte Merlin, »und schau.« Wind kam auf. Das ruhige Wasser kräuselte sich. Aus der Mitte des Sees tauchte ein anmutiger Arm auf, der ganz in reine, weiße Seide gehüllt war. Die Hand umklammerte ein Schwert. Während Artus das Schwert anstarrte, kam eine Frau auf ihn zu. Leichtfüßig schwebte sie über das Wasser. Als sie bei ihm war, nahm sie das Schwert, steckte es in eine fein gearbeitete Scheide und reichte es Artus. »Ich bin Nimue, die Dame vom See«, sagte sie, »und dieses Schwert heißt Excalibur. Es wurde von Zauberschmieden in Avalon gemacht, und ich habe es über lange Jahre nur für dich gehütet.« Artus nahm es und verbeugte sich. »Ich bin tief geehrt«, sagte er. Die Dame lachte. »Sag mir, gefällt es dir?« »Es ist ein Schatz«, sagte Artus. »Ja«, sagte sie. »Excalibur wird viele Schlachten für dich gewinnen. Aber denk immer daran, Artus: Seine Scheide ist mehr wert als tausend Schwerter. Denn solange du sie trägst, wirst du nie an einer Verletzung sterben. Doch solltest du diese Scheide jemals verlieren, Artus, dann nimm dich in Acht!« »Ich werde immer daran denken und gut auf sie aufpassen«, sagte Artus. »Dann leb wohl, guter König, leb wohl, alter Zauberer«, sagte Nimue.Und sie löste sich auf wie Nebel .
Der junge König wuchs zu einem stattlichen Mann heran. Seine Geschicklichkeit als Krieger war bereits in aller Munde. Jetzt wurden neue Geschichten über ihn verbreitet: Wie er sieben Tage lang hinter einem Hirsch herjagen konnte, ohne jemals müde zu wer wie er jeden Streit mit wenigen Worten schlichten und mit ein Lächeln Trauer und Schmerz lindern konnte. Britannien sonnte sich im Frieden. Artus und Merlin ritten kreuz und quer durch das Land, besiegelten alte Freundschaften und begründeten neue. Eines Abends ritten sie durch die hügelige Landschaft Cameliard. Als sie am Schloss von König Lodegrance ankamen, baten sie um Unterkunft für die Nacht. In der Halle wurden sie von Ginevra begrüßt, der eigenen Tochter des Königs. Artus war beeindruckt von ihrer Schönheit, ihrem kupferroten Haar und ihren Augen, in denen Lichter zu tanzen schienen. Es machte Ginevra keineswegs verlegen, den berühmten Artus zu treffen Eigenhändig reichte sie ihm ein Trinkhorn mit Wein fragte ihn, welche Neuigkeiten er von Camelot mitbrächte. Artus war überrascht, wie viel er ihr zu erzählen hatte Ginevra hörte ihm aufmerksam zu. Die Diener brachte Fleisch, Früchte und Honig und legten Holz nach. Dann erzählte Ginevra und Artus hörte zu. Spät am Abend kam Ginevras Vater nach Hause. Artus sprang auf und verbeugte sich tief. »Sir«, sagte er, »ich habe eine große Bitte. Erlaubt mir, Eure Tochter zu heiraten. Ich will sie zur Königin machen.« König Lodegrance überlegte eine Weile. »Junger Mann«, sagte er dann, »viele Väter würden ihr Leben für eine solche Ehre geben. Ihr habt meinen wärmsten Segen.« Artus nickte und wandte sich an Ginevra. »Herrin, willst du mich zum Mann nehmen?« Ginevra lächelte. »Ja«, antwortete sie. Und so wurde voller Freude die Hochzeit geplant. Aber am nächsten Morgen, als Artus und Merlin nach Camelot zurückritten, schüttelte der alte Zauberer den Kopf und seufzte. »Du glaubst vermutlich, Liebe sei alles, Artus«, sagte er, »aber ich fürchte, du wirst deine Heirat bereuen. Denn ich habe letzte Nacht geträumt, dass Ginevra dir Verderben bringen wird.« Aber Artus lachte nur über die düsteren Worte des Zauberers.
König Artus' Schloss Camelot war der berühmte Wohnsitz von König Artus. Als die Sage immer bekannter wurde, wurde Camelot zum Symbol für einen mystischen, phantastischen Ort, ein Paradies voller Harmonie und Tugend. Das Bild rechts, aus dem Film Der erste Ritter (1995), zeigt Artus' Quartier als wunderschönes Märchenschloss
Die Nymphe Nimue Nimue ähnelt den Nymphen, die häufig in griechischen und römischen Mythen vor kommen. Die Sage erzählt, dass Nimues Vater Artemis verehrte, die griechische Göttin der Jagd, der Wälder und Seen, und dass Nimue von dieser Göttin beschützt wurde. In der Geschichte von Artus ist Nimue eine Zauberin, der nur Merlin an Macht überlegen ist.
Mächtige Frauen Bei einigen keltischen Völkern hatten die Frauen großen Einfluss auf die Politik. Königin Boudicca (Abb. links) führte 60 v.Chr. sogar eine Revolte gegen die Herrschaft der Römer in Britannien an. Auch Königin Ginevra erwartete beim Regieren des Reiches eine wichtige Rolle zu spielen.
Keltische Königin Keltische Frauen waren stolz auf ihre Schönheit, besonders auf ihre kunstvollen Frisuren. Sie wurden oft gemalt. Dieses Porträt von Königin Ginevra stammt von dem englischen Maler. William Morris.
IE R ITTER DER T AFELRUNDE Kurz vor der Hochzeit begleitete Lodegrance Ginevra nach Camelot. Und er brachte sein Hochzeitsgeschenk mit, einen massiven runden Eichentisch. Artus schaute zu, als er in die große Halle des Schlosses getragen wurde. Lodegrance sagte: »An jedem Platz dieses Tisches soll ein Ritter sitzen. Wenn du dich regelmäßig mit deinen Gefolgsleuten triffst, Artus, und offen mit ihnen sprichst, werden sie keinen Groll entwickeln oder gefährliche Ränke schmieden.« »Aber der Platz eines Königs ist am Kopfende des Tisches, und in diesem Kreis gibt es keinen solchen Platz«, sagte Artus. Ginevra nahm seine Hand. »Wenn du an diesem Tisch sitzt, Herr solltest du allen Männern das gleiche Stimmrecht einräumen.« »Selbst dann«, sagte er, »könnte es Streit darüber geben, wer wo sitzen soll.« Merlin trat vor. »Lasst mich dieses Übel beenden, noch bevor es anfängt.« Er streckte seine knorrigen Hände nach dem runden Tisch hin aus. Funken sprühten von seinen langen, krallenartigen Fingernägeln herab und der Tisch erstrahlte. Nun waren Namen in das polierte Holz eingebrannt, einer für jeden Platz. »Dies sind die Namen aller Ritter der Tafelrunde«,
Eine königliche Hochzeit Die Hochzeit von Artus und Ginevra - hier in einer Darstellung aus dem Film Excalibur von 1981 - läutet den Beginn der Kameradschaft der Tafelrunde ein.
Gleichheit für alle Ein runder Tisch ist ein Symbol der Gleichheit. In einer »Diskussion am runden Tisch« sind alle gleichberechtigt. Dieser mittelalterliche Tisch steht im Schloss Winchester, England.
sagte Merlin. »Einige sind bereits in Camelot eingetroffen, die meisten sind noch unterwegs.« »Ich werde sie alle herzlich willkommen heißen«, sagte Artus. Aber einen Augenblick später deutete er auf einen der Plätze an der Tafel. »Hier steht kein Name, nur das Wort >Unheilssitz<.« »Ja«, sagte Merlin mit sanfter Stimme, »dies ist ein verzauberter Platz. Er ist nur für einen Mann bestimmt. Wenn sich ein anderer dorthin setzt, wird er zu Asche verbrennen!« Er führte Artus zur Tür und der König sah, dass viele Ritter über die grünen Hügel auf Camelot zuritten. Sie kamen aus allen Ecken des Königreichs und sogar von jenseits der Küste. Und jeder von ihnen war so stattlich und edel, wie nur ein Ritter es sein kann.
Die Ritter kamen aus allen Ecken des Königreichs.
Artus und Ein weißer Hirsch kam hereingesprungen, Ginevra heirateten gefolgt von sechzig kläfin einer kleinen Kirche fenden Hunden. in der Nähe von Camelot. Danach gab es im Schloss ein großes Fest. Mitten in den Hochzeitsfeierlichkeiten sprang das Schlosstor auf und ein weißer Hirsch kam hereingesprungen, gefolgt von sechzig kläffenden Hunden. Hinter ihnen her rannte eine Dame, die kreischte, der Hirsch sei ihr Haustier und dürfe nicht getötet werden. Sie jedoch wurde wiederum verfolgt von einem übel aussehenden Kerl, der die schreiende Dame gewaltsam auf sein Pferd hob und mit ihr davonritt. Es herrschte erschrockenes Schweigen. Dann hörte man Ginevras klare, sanfte Stimme: »Die Dame ist in großer Not.« Sie blickte sich im Saal um. »Wer hilft ihr?« Keiner der Ritter antwortete. »Schämt euch!«, rief sie. »Wenn Artus Freiwillige suchen würde, um in den Krieg zu ziehen, würdet ihr euch alle darum reißen zu kämpfen. Ist denn das Leid einer Dame weniger wert als irgendeine Streiterei um Gold oder ein Stück Land?« Alle rutschten verlegen hin und her. »Du, du und du!« Ginevra deutete auf Gawain, Sir Tor und Sir Pellinor. »Folgt dieser armen Dame und kommt nicht zurück, bevor ihr sie gerettet habt!« Die drei verbeugten sich vor der Königin und gingen hinaus. Dann nahm Ginevra Artus bei der Hand und führte ihn hinaus, um mit ihm unter vier Augen zu reden. Stunden vergingen. Artus und Ginevra kamen zurück in den Saal, aber sie feierten nicht mit den anderen. Schließlich kehrten die drei Ritter mit der Herrin des weißen Hirsches zurück. Die Königin begrüßte die Dame und dankte den Rittern. Dann bat der König um Ruhe. »Hört mir zu, Männer der Tafelrunde!«, sprach er. »Von heute an müsst ihr der Königin ebenso dienen wie mir. Gemeinsam befehlen wir euch nach Gerechtigkeit zu streben, nicht nach bloßer Macht! Niemals sollt ihr einer Frau eure Hilfe verweigern. Ihr sollt die Schwachen und Unschuldigen beschützen. Und ihr sollt immer gütig und freundlich sein!« Die Ritter traten der Reihe nach vor und schworen auf die Bibel immer zu gehorchen. Aber einige von ihnen blickten finster auf die Königin und murrten, dass eine solche Frau es verdiene tief zu fallen.
Der weiße Hirsch In der christlichen Kunst ist ein weißer Hirsch ein Symbol der Reinheit. Ein weißer Hirsch, der von Hunden ge jagt wird, ist für die Ritter ein Signal, zu den Waffen zu greifen, das sie nicht hätten überhören dürfen.
Jagdfieber Hunde, die den irischen Wolfshunden ähnelten, wurden in den Wäldern Britanniens bei der Jagd auf Hirsche und Wild Schweine eingesetzt. Dieser Sport (Abb. unten) war bei Adeligen und Kriegern bereits in vorrömischer Zeit beliebt. Der Sage nach war Artus ein großer Jäger.
ÖNIG ARTUS ' RITTER Die besten Ritter Britanniens und Europas versammelten sich an Artus' Tafelrunde. Schnell wurden der König und sein Hof berühmt für Tapferkeit, Großzügigkeit und vorbildliches Verhalten. Jeder Ritter schwor dem König zu dienen, barmherzig zu sein, Frauen zu schützen und nie für eine schlechte Sache zu kämpfen. Als die Sage umfangreicher wurde, wurden Ritter eingeführt, die eine entscheidende Rolle beimAufstieg und Fall von Artus spielten. Hier von werdend die wichtigsten von ihnen vorgestellt.
ir Bedivere Einer der ersten Ritter der Tafelrunde und verantwortlich für Turniere und Feste auf Camelot. Er bleibt bei Artus bis zum Schluss, als sein Gehorsam auf eine schwere Probe gestellt wird.
Sir Galahad Der frommste Ritter. In der Schlacht trägt er eine rote Rüstung als Symbol für das Blut Jesu und hält einen weißen Schild mit einem roten Kreuz. Jahrelang hatte ein spezieller Platz an der Tafelrunde auf ihn gewartet.
Sir Gareth
Sir Mordred
Es wird behauptet, Ein enger Freund dass Mordred der Sohn Lancelots, rücksichtsvoll und gütig, von Artus' Schwester Anna sei. Am Tage ganz anders als seine von Mordreds Geburt stolzen älteren Brüder sagt Merlin voraus, Gawain und Gaheris dass Mordred Artus' und sein grausamer Thron besteigen wird. Bruder Agravain.
Sir Parzifal Parzifal ist einer der größten Krieger der Tafelrunde, gleich nach Lancelot und Galahad. Er ist unschuldig und demütig wie ein Heiliger.
Sir Bors Bors, Sohn des Königs von Gallien und Artus' Cousin, ist einer der tugendhaftesten Ritter und ein enger Freund von Galahad und Parzifal, zwei jüngeren Rittern, denen religiöse Überzeugung wichtiger ist als irdisches Vergnügen.
Sir Gawain Gawain ist Artus' Neffe und ältester Sohn König Lots von Orkney. Er ist der beste Kämpfer nach Lancelot und Artus ergebener als dieser. Sir Gawain kann sehr stolz sein, fühlt sich leicht angegriffen und ist rachsüchtig.
Sir Kay
Sir Pellinor
Sir Tristan
Artus' Milchbruder Kay verwaltet die Hofhaltung in Camelot. Er ist jähzornig und ein schlechter Kämpfer, aber sehr treu.
Vor langer Zeit hatte Pellinor, der Vater Tors und Parzifals, den Vater von Gawain und seinen Brüdern ge tötet. Daher gibt es böses Blut zwischen beiden Familien. Sir Pellinor ist oft unterwegs, auf der Jagd nach einer Bestie
Tristan kommt voller Sehnsucht nach Isolde, der Frau seines Onkels, zum Schloss. Er erweist sich als mächtiger Krieger, der es sogar mit Lancelot aufnehmen kann. Später befreundet er sich mit ihm.
Gareth und Lynet; Illustration von H. ]. Ford (1902)
Der Küchenritter Gareth geht als Diener verkleidet nach Camelot und bekommt eine Stelle in der Küche. Eines Tages sucht Lady Lynet, einen Ritter, der ihre Schwester Lyonors befreit. Gareth bittet Artus, ihn ziehen zu lassen. Lynet behauptet, Gareth rieche nach Küche, doch er beweist seine Tapferkeit, indem er den Schwarzen, Grünen und Roten Ritter besiegt. Schließlich überwältigt er den Entführer, den grausamen Roten Ritter, und heiratet die schöne Lady Lyonors.
Diese Illustration zeigt nur 12 Ritter, aber Untersuchungen ergeben, dass es 16 gewesen sein müssen.
Film von 1973 mit Murray Head als Gawain und Nigel Green als Grüner Ritter.
Tristan und Isolde Tristan, der Neffe König Marks von Irland, soll dessen Braut Isolde aus Irland abholen. Auf dem Schiff trinken er und Isolde versehentlich einen Liebestrank. Mark und Isolde heiraten, aber sie liebt Tristan. In Frankreich heiratet er eine andere Frau, aber seine frühere Geliebte vergisst er nie. Als er in der Schlacht verwundet wird, bittet er seine Frau, nach Isolde zu schicken. Falls sie an Bord ist, soll das Schiff weiße Segel setzen, sonst schwarze. Tristans eifersüchtige Frau sieht ein Schiff mit weißen Segeln, aber sie erzählt Tristan, sie seien schwarz. Überzeugt, dass Isolde ihn nicht mehr liebt, stirbt er. Isolde findet seine Leiche und stirbt an gebrochenem Herzen.
ÖSER Z AUBER
Niemals war ein Hof majestätischer als Camelot. Auf der ganzen Welt sang man Loblieder auf seinen tapferen und großzügigen König. Im Laufe der Jahre wurde Artus sanft, gütig und auch weiser. Er fragte Merlin nicht mehr um Rat wie früher. Dadurch war der Stolz des alten Zauberers tief verletzt. Eifersüchtig beobachtete er, wie Artus jetzt nur noch Ginevra vertraute. Er dachte sich: »Jetzt bin ich fast siebenhundert Jahre alt und habe noch nie die Früchte der Liebe gekostet!« Er begann in allen entlegenen Winkeln des Königreiches und in den Tiefen seiner Erinnerung nach einer Frau zu forschen, die seinem ausgefallenen Geschmack entsprach. Und immer wieder kehrten seine Gedanken zurück zu Nimue, der Dame vom See. Er eilte in den Wald und rief nach ihr, bis sie aus dem glitzernden Wasser auftauchte. »Nimue», flüsterte er, »ich liebe dich.« Erst lachte die schöne Nimue und neckte ihn. Aber Merlin wandte einen Zauber an, um sie mit unsichtbaren Fesseln an sich zu binden. Da bekam sie es mit der Angst zu tun. Sie wusste, dass er mit seiner Zauberkraft sowohl die Dunkelheit als auch das Licht beherrschte und dass sein Wille Berge versetzen konnte. Daher heuchelte sie, mit der Zeit werde sie schon lernen, seine Liebe zu erwidern. Und sie bat ihn, sie bis dahin in den Geheimnissen der Zauberkunst zu unterrichten. Der törichte Merlin willigte ein. Er brachte die Dame zu einer abgeschiedenen Höhle in Cornwall, die hinter duftendem Farn verborgen lag. Tief im Inneren waren die moosgepolsterten Felsen durch Silberfäden erleuchtet.
Nimue sang Merlin ein Zauberlied vor.
Hier erkannte Nimue ihre Chance. Sie überredete Merlin sie hineinzuführen. Dann sang sie ein Zauberlied, das er selbst ihr beigebracht hatte, und versetzte ihn in einen tiefen Schlaf. Sie kroch ins Freie und verschloss den Eingang der Höhle mit einem Zauberspruch, sodass nur noch ein undurchdringlicher Spalt offen blieb. So entkam die Herrin des Sees Merlins merkwürdiger Liebe und der Zauberer war dazu verdammt, für immer in tiefster Finsternis zu schlafen. Zunächst vermisste Artus ihn kaum. Doch als sich die Gerüchte über Merlins Ende verbreiteten, verfiel er in tiefe Schwermut. Seine Bestürzung blieb nicht unbemerkt. Denn ein paar Schurken am Hof lauerten seit langem auf eine Gelegenheit ihn vom Thron zu stoßen. Sie sahen im Verschwinden Merlins ein Zeichen, dass die Zeit nun reif sei, um gegen Artus ein Komplott zu schmieden.
Merlins Höhle Viele halten »Merlins Höhle« in Tintagel, Cornwall, für den Ort, an dem Nimue Merlin gefangen hielt. Merlins Verschwinden war der Anfang vom Ende der Tafelrunde.
Morgan le Fay schloss einen Pak t mit dem Teufel.
Morgan le Fay
Morgan le Fay ist Artus' Halbschwester. Sie hatten dieselbe Mutter, Ygerna. Morgans Vater Gorlois, Herzog von Tintagel, war Ygernas erster Mann. In den ersten Artusgeschichten heilt Morgan verwundete Krieger mit Kräutermedizin. In späteren Erzählungen wird sie zur Hexe, die auf den Ruhm ihres Bruders krankhaft eifersüchtig ist.
Der gefährlichste dieser Feinde war König Artus wohl bekannt. Es war Morgan le Fay, seine eigene Schwester. Morgans Herz war voller Neid und Bitterkeit. Sie wollte Artus vernichten und sein Ansehen in den Schmutz ziehen. Daher schloss sie einen Pakt mit dem Teufel und übte sich in der Hexenkunst. Als Artus auf die Jagd ging, folgte sie ihm und verwandelte sich in einen Hirsch. Als er ihr nachjagte, lockte sie ihn tief in den Wald, immer weiter und weiter, bis er vor Müdigkeit ganz schwach war. Dann verschwand sie am Ufer eines reißenden Flusses. Dort hörte Artus eine lockende, verführerische Musik. Sie kam von einem kleinen Schiff, das in seine Richtung segelte. Wie im Traum taumelte er darauf zu und ging an Bord. Dort gab ihm eine Frau, deren Gesicht hinter einem Schleier verborgen war, Honigkekse zu essen und sang ihn in einen benommenen Schlaf. Als er erwachte, waren das Schiff und die verschleierte Frau nicht mehr da. Er war in einen finsteren Kerker gesperrt. Und sein wunderbares Schwert Excalibur mitsamt der magischen Scheide war verschwunden!
Da stand die verschleierte Frau mit einem Schwert in der Hand.
Plötzlich wurde die Kerkertür aufgestoßen. Artus sprang auf. In der Tür stand die verschleierte Frau mit einem Schwert in der Hand. »König Artus!«, spottete sie. »Ich vermute, Ihr möchtet Euer geliebtes Schwert Excalibur wiederhaben. Dann kommt und holt es Euch - und erkämpft Euch den Weg in die Freiheit!« Artus nahm das Schwert. Dann folgte er ihr die Kerkertreppe hinauf in den Schlosshof. Mit einem wilden Schrei stürzte sich ein Ritter auf ihn und sie begannen zu kämpfen. In diesem Moment bemerkte Artus, dass das Schwert, das man ihm gegeben hatte, eine Fälschung war - Excalibur funkelte in der Hand seines Gegners! Die Wut verlieh Artus die Kraft eines Löwen. Er schleuderte das falsche Schwert zu Boden, stürzte sich auf den Ritter, entrang ihm Excalibur und tötete ihn mit einem einzigen Hieb. Im nächsten Moment stieß die Frau ein schrilles Lachen aus, stürzte davon und riss ihren Schleier herunter. Es war Morgan le Fay und sie umklammerte die magische Scheide! Sie floh durch den Schlosshof hinunter zum Fluss.
Wasserhexe In walisischen Sagen taucht Morgan als gefährliche Wasserfee auf. In französischen Erzählungen lockt sie Fischer in den Tod. Und Luftspiege lungen vor der Küste Siziliens wurden »La Fata Morgana« zugeschrieben.
Dann gab es einen weißen Blitz – und der Umhang stand in Flammen!
Artus keuchte hinter ihr her, aber es war zu spät: Sie hatte die Scheide schon fortgeworfen, hinein in die reißenden Fluten. Artus blickte auf das Wasser, wo die Scheide verschwunden war. Seine Wunden schmerzten, aber er wusste, dass er in Zukunft, ohne den Schutz der Scheide von Excalibur, noch viel schlimmere erleiden würde. Er dachte an die Warnung der Dame vom See und erschauderte. Aber in seinem Herzen gab es keine Furcht. Er kehrte um, lief zurück zum verlassenen Schloss von Morgan le Fay und bestieg das Pferd des toten Ritters. Mit Hilfe der Sonne, die ihm die Richtung wies, ritt er heim nach Camelot. Von Morgan le Fay war nichts mehr zu sehen. Doch er spürte ihre Anwesenheit in den aufragenden Felsen, an denen er vorbeikam, und in dem unheimlichen Rauschen des Windes in den Bäumen. Als am Abend die Schatten länger wurden, erreichte er endlich die Wärme und das Licht von Camelot. Dort erzählte er seine traurige Geschichte. Ginevra tröstete ihn und seine Ritter erteilten ihm Ratschläge. Darüber verging die Nacht. Am nächsten Morgen erschien eine Dame am Hof und fragte nach dem König. Man schickte sie in den großen Saal, wo Artus und Ginevra mit ihren Rittern sprachen.
Sie reichte Artus ein Päckchen in Seidenpapier mit Bändern aus Satin. »Majestät, dies ist ein Geschenk meiner Herrin, Morgan Le Fay«, sagte sie. »Sie bereut den kindischen Streich, den sie Euch gestern gespielt hat, und hofft, dass Ihr dieses Geschenk als Entschuldigung annehmt.« Artus betrachtete das Päckchen misstrauisch. »Öffne es nicht!«, rief Ginevra. »Die Dame soll uns selbst zeigen, was darin ist.« Ohne ein Wort gab Artus es zurück. Die Dame sah Ginevra wütend an, als sie es vorsichtig auspackte. Es enthielt einen prächtigen Umhang, der mit schneeweißem Hermelin besetzt und mit Edelsteinen bestickt war. Alle waren gebannt von seiner Schönheit. Die Dame fragte: »Majestät, darf ich Euch seinen wahren Glanz zeigen und den Umhang um Eure edlen Schultern legen?« »Nein!«, schrie Ginevra sofort. »Wie können wir der Botin dieser verräterischen Hexe trauen? Ich befehle dir: Lege das Gewand selbst an und beweise uns damit, dass es nicht verhext ist!« »Aber Majestät, das ist ein Umhang für einen Mann und viel zu schwer ...« »Gehorche der Königin«, sagte Artus ruhig. Die Dame senkte den Blick. Sehr langsam und widerstrebend hob sie den Umhang auf und schlüpfte hinein. Sobald sie ihn am Hals geschlossen hatte, begann das kostbare Kleidungsstück zu schwelen und zu rauchen. Dann gab es einen weißen Blitz - und der Mantel stand in Flammen! Nach ein paar Sekunden war von Morgan le Fays Botin nur noch ein Häufchen grauer Asche übrig. König im Hermelinmantel.
Morgans Spott Umhänge, die mit Hermelin eingefasst waren, schmückten traditionell königliche Kleidung. Morgan spielt Artus einen grausamen Streich, als sie ihm das Symbol der Königswürde schickt, das in Flammen aufgeht.
Artus und Ginevra Diese Episode zeigt, wie wichtig Ginevras Liebe und Unterstützung für Artus ist. Solange zwischen den beiden Harmonie herrscht, ist die Kameradschaft der Tafelrunde gesichert.
Als Morgan le Fay hörte, dass ihr Mordanschlag auf den König fehlgeschlagen war, tobte sie vor Wut. »So«, zischte sie, »die Königin denkt wohl, sie kann mich überlisten. Nun, dann muss ich sie ebenso vernichten wie Artus!" Sie verkleidete sich als Hofdame und eilte nach Camelot. Dort erschlich sie sich schnell das Vertrauen der anderen Damen, erschmeichelte sich ihre Freundschaft und brachte sie dazu, ihr alle Klatschgeschichten über den König zu erzählen. Sehr bald erfuhr sie etwas Hochinteressantes. Denn obwohl Artus alle seine Ritter respektierte und bewunderte, schien einer besonders hoch in seinem Ansehen zu stehen, und das war Sir Lancelot. Er war ein hervorragender Kämpfer und so klug, lustig und charmant, dass Artus ihn zu seinem engsten und vertrautesten Freund gemacht hatte. Er war der perfekte Köder. Morgan le Fay setzte alles daran, Lancelots Freundschaft für sich zu gewinnen. Dann begann sie ihn mit verleumderischen Gerüchten über die Königin herauszufordern. »Man sagt«, erzählte sie, »dass Ginevra oft allein und traurig ist. Artus ist so damit beschäftigt, sein Reich zu regieren, dass er für sie kaum Zeit hat. Und ich habe sogar gehört ...«, sie senkte die Stimme, »... dass sie sich über die Gesellschaft des Lieblingsritters ihres Mannes sehr freuen würde.« Sir Lancelot hörte ihr zu und sagte nichts. Aber von da an betrachtete er die Königin aufmerksamer. Er sah, wie sie sich am Hof bewegte und auch, dass in ihren meerblauen Augen oft eine versonnene Traurigkeit lag, obwohl sie viel lächelte. Er fragte sich, ob das, was Morgan ihm erzählt hatte, nicht vielleicht stimmte. Und schon bald begann er sich nach Ginevra zu sehnen. Wenn er nicht seinen ritterlichen Pflichten nachging, suchte er nun immer ihre Nähe. Zuerst wurde er mit freundlichen Bemerkungen belohnt, dann mit längeren Gesprächen. Schließlich begann Ginevra ihm zu vertrauen und erzählte ihm ihre heimlichen Sorgen. Doch über Artus sprach sie nie. Wenn sie miteinander redeten, wurde Lancelot immer stärker bewusst, wie schön und geistreich sie war. Er konnte sehr gut verstehen, warum König Artus Ginevra zur Frau gewählt hatte. Morgan le Fay blieb genau so lange in Camelot, bis sie sicher war, dass das Übel, das sie gesät hatte, Wurzeln geschlagen hatte. Dann zog sie sich zurück in die schattigen Gemächer ihrer Burg. Sie wusste, dass sie nur geduldig warten musste, bis sich die Romanze zwischen Lancelot und Ginevra entwickeln und alle in den Abgrund fegen würde.
Immer stärker wurde Lancelot bewusst, wie schön und geistreich Ginevra war.
Liebling der Königin Der Name Lancelot stammt vermutlich aus Wales. Doch die Figur wurde hauptsächlich von französischen Dichtern des frühen Mittelalters ge staltet. Der höfliche, tapfere Liebling der Königin (oben, dargestellt von Humbert Balsan in Lancelot, Ritter der Königin, 1973) wurde ein unsterblicher Held.
Lancelot vom See Lancelot war der Sohn des Königs Bans von Benwick. Nach dessen Tod setzte seine Frau den Thronfolger Lancelot an einem See aus. Nimue, die Dame vom See, fand ihn, zog ihn auf und brachte ihn an Artus' Hof. Lancelot vom See wurde der größte Krieger der Tafelrunde.
Die Lady von Skalott von J. W. Waterhouse
Die Lady von Shalott Viele Frauen verliebten sich in Lancelot, aber er wies sie alle ab. Elaine von Astolat, auch bekannt als Lady von Shalott, starb vor Kummer.
ER HEILIGE GRAL Mit der Zeit wurde der verliebte Sir Lancelot immer angespannter und ungeduldiger. Seine Stimmung übertrug sich auf die anderen Ritter, die seinem Beispiel immer folgten. So kam es zu Streitigkeiten und kleinen Kämpfen, und die herzliche Freundschaft der Tafelrunde begann zu zerbrechen. Als Artus das sah, rief er alle Ritter zusammen, um ihre Kameradschaft durch ein großes Fest zu erneuern. Als sie sich versammelt hatten und die Feier gerade begann, kam ein Diener hereingerannt. »Majestät«, rief er, »draußen ist etwas ganz Verwunderliches aufgetaucht!« Der König und alle Ritter liefen hinaus, hinunter zum grünen Ufer des Flusses. Mitten im Wasser sahen sie einen großen Stein aus rotem Marmor, aus dem ein Schwert herausragte. Plötzlich setzte die Strömung den Stein frei und er wurde ans Ufer getrieben. König Artus watete in den Fluss und schleppte ihn ans Ufer. »Auf dem Schwert ist eine Inschrift«, rief er, »sie lautet: >NUR DER BESTE RITTER DER WELT KANN MICH HERAUSZIEHEN.< Lancelot, versuch du es!« »Aber Majestät, ich bin nicht ...« »Ich befehle es dir!« Es herrschte Stille, als Lancelot sich über den Stein aus rotem Marmor beugte, das Schwert packte und daran zog. Es bewegte sich nicht. »Versuch es noch einmal«, befahl der König. Doch genau in diesem Moment kam der alte Einsiedler Nasciens am Flussufer herbeigelaufen. Neben ihm ging ein junger Fremder, ein Ritter mit einem offenen, hübschen Gesicht. Die beiden liefen direkt zu dem Stein. Lancelot wurde blass, als er den jungen Ritter anschaute, und ging hastig aus dem Weg. Der junge Ritter stellte seinen Fuß auf den Marmor und zog an dem Schwert. Mühlos ließ es sich herausziehen. »Bei Gott!«, rief Artus, »du bist also der beste Ritter der Welt - und ich weiß nicht einmal deinen Namen!« »Ihr werdet ihn in Eurem Saal finden, Sir«, sagte der Einsiedler und ging weg. König Artus schritt mit dem Ritter neben sich zurück zum Schloss. Als sie zum runden Tisch kamen, zögerte der Ritter keinen Neben dem alten Moment und ging Einsiedler ging ein direkt zum Platz junger Fremder. der Gefahr.
»Setz dich nicht dorthin, wenn du nicht sterben willst!«, riefen viele Stimmen auf einmal. Mit seinen klaren, blauen Augen blickte der junge Ritter um sich. »Aber dieser Platz ist für mich reserviert«, sagte er. Und tatsächlich war die verhängnisvolle Inschrift »UNHEILSSITZ« verschwunden. Stattdessen verkündeten goldene Lettern: »DIES IST DER PLATZ DES GUTEN SIR GALAHAD.« So nahm der gute Sir Galahad den Platz ein, der ihm rechtmäßig zustand. Dann setzten sich auch der König und alle übrigen Ritter. Während sie darauf warteten, dass das Festmahl aufgetragen wurde, musterten alle den jungen Ritter mit neugierigen Blicken und konnten es kaum erwarten, ihn mit Fragen auf die Probe zu stellen. Doch bevor jemand etwas sagen konnte, ertönte ein ohrenbetäubender Donnerschlag, der das ganze Schloss erschütterte. Das Getöse erstarb und im Saal herrschte tiefe Stille. Da erhob sich ein Licht, mild und hell wie die Morgensonne. Das Licht explodierte, ergoss sich nach allen Seiten und wurde zu einer Vision. Es war wie ein Versprechen oder ein Geschenk, ein Geheimnis, das man nicht begreifen kann, von Engeln getragen und unter den weißen Falten eines glänzenden Seidentuches verborgen. Der Blick und das Herz aller wurden davon angezogen. Es leuchtete heller und heller, bis seine Schönheit kaum noch zu ertragen war. Dann wurde es langsam schwächer und verlosch. Zurück blieben nur Friede und tiefe Stille. König Artus flüsterte: »Was haben wir da gesehen?« Zunächst wagte keiner zu antworten. Doch dann erhob sich zitternd Sir Gawain und sagte: »Herr, ich glaube, wir haben eine Vision des Heiligen Gral gesehen. Man sagt, dass Jesus beim Abendmahl aus diesem goldenen Kelch getrunken hat und dass er Das Licht explodierte, einige Tropfen seines heiligen ergoss sich nach Blutes enthält. Ich habe allen Seiten und wurde gehört, dass der Gral zu einer Vision. Wunder bewirken kann. Sein bloßer Anblick soll Kranke heilen und Verwirrten wieder Klarheit schenken können.«
»Wo befindet sich der Gral?«, fragte Artus. »Er liegt im Schloss einer Stadt«, antwortete Gawain, »und beide heißen Carbonek. Niemand weiß, wo dieser Ort liegt.« Er hielt inne und blickte über die Tafelrunde. »Aber ich schwöre, jetzt, wo ich einen flüchtigen Eindruck davon bekommen habe, finde ich keine Ruhe mehr: Ich muss losziehen und ihn suchen. Herr, ich bitte um Eure Erlaubnis und um Euren Segen für die Suche nach dem Heiligen Gral!« Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als schon alle Ritter ausriefen: »Auch ich will an dieser Suche teilnehmen!« Artus saß da und strich sich über den Bart. Dann schlug er auf den Tisch, um für Ruhe zu sorgen. »Wenn sich zu viele Ritter an dieser Suche beteiligen«, sagte er, »wird mein Königreich sehr geschwächt. Oh, was für ein grausames Schicksal ruft euch alle ausgerechnet an dem Tag, an dem Sir Galahad gekommen ist, um unseren edlen Kreis komplett zu machen? Und doch ... muss diese Vision nicht direkt von Gott kommen? Wenn jener kostbare Gral nur gefunden und hierher gebracht werden könnte, dann könnte ich ihn zum Wohl meines Volkes nutzen. Der Ruhm dieses Reiches wäre grenzenlos!«
Der beste Ritter Galahads Eltern waren Lancelot und Elaine von Carbonek. Lancelot hatte Elaine ein einziges Mal geliebt, weil er sie durch einen Zauber für Ginevra gehalten hatte. Galahad wurde in einem Kloster zu einem frommen Christen erzogen. Als er nach Camelot kommt, ist Lancelot erschrocken, seinen Sohn zu sehen, und schämt sich für seine früheren Untaten.
Galahads Platz Von Anfang an war ein Platz der Tafelrunde, der »Unheilssitz«, für den reinsten Ritter reserviert. Jeder andere, der sich dorthin gesetzt hätte, wäre gestorben. In dieser Illustration von Walter Crane geht Galahad mit Nasciens auf den Platz zu.
Der Gral Die Suche nach dem Heiligen Gral ist die größte Herausforderung für jeden Ritter. Alle Zeugen der Gralsvision an Artus' Hof wollen diese Herausforderung annehmen. Statt nach irdischem Ruhm streben sie damit nach religiöser Vollkommenheit.
Das Gralsschloss Der Heilige Gral wird im Schloss von Carbonek aufbewahrt, dem Sitz von König Pelles. Gawain kann nicht sagen, wo das Schloss liegt, denn durch einen Spruch des Zauberers Tanaburs liegt es im Verborgenen. Sichtbar wird es nur für wirklich fromme Ritter.
Am folgenden Morgen stellten sich alle Ritter der Tafelrunde vor Schloss Camelot auf. Sie kamen zu Pferd und in voller Rüstung, wie Helden, die in den Krieg ziehen. Aber ihr Anliegen war viel edler: Sie wollten eine der heiligsten Reliquien des Christentums suchen und zur Ehre ihres Königreichs nach Hause bringen. Artus wurde warm ums Herz, als er sie der aufgehenden Sonne entgegen davonreiten sah. Doch als er sich zu Ginevra umwandte, sah er, dass sie leise weinte. Und da beschlich auch ihn plötzlich eine böse Vorahnung.
Sie waren lange, lange Zeit auf der Suche. Monate und Jahre vergingen. Zuerst gab es überhaupt keine Neuigkeiten von den Rittern. Aber Artus erhielt andere Nachrichten: von Verschwörungen, Verbrechen und Aufständen in abgelegenen Gebieten des Königreichs. Er sandte Soldaten aus, doch sie hatten nicht solchen Einfluss wie die Ritter der Tafelrunde. Dann kehrten die Ritter zurück, einer nach dem anderen. Sie brachten keine Beute und keine ruhmreichen Geschichten mit. Stattdessen erzählten sie von ihrem Scheitern: von ihrer endlosen, eintönigen Reise durch öde Wildnis und gefährliche
Wälder, ohne einen Hinweis auf den Gral. Sie berichteten von Kameraden, die elend gestorben waren. Einer der Letzten, die nach Hause kamen, war Sir Lancelot. Er begrüßte König Artus mit leiser, rauher Stimme, ohne ihm in die Augen zu blicken. Dann erzählte er eine seltsame Geschichte von Träumen und Visionen, wie er den Heiligen Gral gesehen hatte und ihm ganz nahe gekommen war, so quälend nahe! Aber bevor er die Hand nach ihm ausstrecken konnte, hatte ihn ein Blitz niedergestreckt, wegen seiner Sünde, sagte er. Königin Ginevra wusste nur zu gut, worin seine Sünde bestand und sie wandte sich beschämt ab. König Artus hörte ruhig zu. Er sagte nichts. Aber ihm kamen schreckliche Gedanken und sein Herz begann heftig zu schlagen. Die Glastonbury-Schale, um 250 v.Chr.
Schatzsuche
Joseph von Aritmathia
»Gral« bedeutet im Altfranzösischen »Gefäß«. Die Suche nach dem Gral geht auf keltische Mythen zurück. Sie berichten von einer Zauberschale, die stets Essen enthält, Wunden heilt und sogar Tote wieder lebendig macht. Bronzeschalen wie die von Glaston-bury wurden religiöse Zeremonien benutzt.
Der Sage nach wurde der Gral von Joseph von Aritmathia nach Britannien gebracht, einem reichen Anhänger von Jesus. Durch ihn ge langten auch andere Reliquien, darunter das Schwert, mit dem der römische Soldat Longinus Jesus am Kreuz verwundete, auf die britische Insel.
Der verbotene Gral Lancelots Beichte Voller Hoffnung bricht Lancelot zur Gralssuche auf, doch nach und nach wird ihm klar, dass er scheitern muss, weil er durch seine Liebe zu Ginevra zum Sünder geworden ist. Um Gottes Vergebung zu erwirken, sucht er den Einsiedler Nas-ciens (Abb. oben) auf, dem er alle seine Sünden beichtet. Der Einsiedler fordert ihn auf Buße zu tun, ein Haarkleid zu tragen, zu fasten und zu beten.
Nachdem Lancelot versucht hat sich von seinen Sünden zu reinigen, findet er schließlich das Schloss Carbonek und erblickt den Gral. Doch er missachtet die himmlische Warnung, nicht näher zutreten, und wird zu Boden geworfen. Auf diesem Bild sieht man links die angstvolle Gestalt Lancelots.
Einer der letzten Ritter, die nach Hause kamen, war Lancelot.
Sir Bors Gesicht war von den Jahren gezeichnet, doch in seinen Augen lag ein seltsamer, ruhiger Glanz.
Weitere Monate und Jahre vergingen. Die überlebenden Ritter wandten sich wieder ihren Aufgaben zu und vollbrachten viele mutige Taten, um die Menschen zu beschützen. Eines Tages, als sie sich alle mit Artus und Ginevra auf Camelot versammelt hatten, klopfte es ans Tor und ein Ritter trat ein. Unter dem weißen Bart erkannten sie sein Gesicht kaum. »Mein Herr und König!«, sagte er, »Königin! Erinnert Ihr euch an mich?« König Artus rief: »Sir Bors! Wir fürchteten, du seist bei der Suche ums Leben gekommen. Herzlich willkommen!« Der gute Ritter lächelte. Sie sahen, dass sein Gesicht von den Jahren gezeichnet war, doch in seinen Augen lag ein seltsamer, ruhiger Glanz. »Vergib mir, dass ich so spät zurückkehre, Herr. Ich hatte mich auf einer langen, wundersamen Reise verirrt. Ich zog durch ödes Land, eisige Wildnis und glühende Wüsten. Ich überlebte unsägliche Schrecken ... Aber zur rechten Zeit traf ich meine Ritterfreunde, Sir Galahad und Sir Parzifal, und fuhr mit ihnen auf einem Schiff mit weißen, seidenen Segeln über endlose, nebelverhangene Meere.
» Ich
segelte mit Galabad und Parzifal über endlose, nebelverhangene Meere.«
Wir kamen an eine unbekannte Küste und durchquerten ein wildes Land, bis wir das märchenhafte Schloss von Carbonek erreichten. Und dort fanden wir - zu guter Letzt - den Heiligen Gral!« Alle am Tisch hielten den Atem an. Sir Bors fuhr fort: »Freunde, dieser Schatz erfüllt alles, was wir uns erhofft haben, und noch viel, viel mehr. Wenn man ihn anschaut, ist es, als trinke man reines Sonnenlicht, den süßen Geschmack frischen Honigs und den Duft sämtlicher Blumen, die jemals geblüht haben. Er vereinigt Liebe, Frieden und Harmonie - das vollkommene Glück!« König Artus rief: »Bring ihn sofort herein und zeige ihn uns!« Sir Bors rührte sich nicht. Er sagte mit sanfter Stimme: »Mein Herr Artus, wir drei hatten keine Wahl, wir mussten die Suche beenden, wie Gott es vorgesehen hatte. Denn er führte uns mit dem Gral in ein anderes, weit entferntes Königreich. Dort war Sir Galahad überwältigt von seinem Licht und vollbrachte Wunder, für die es keine Worte gibt. Danach starb er. Ich denke, er ist jetzt ein Heiliger im Himmel, an der Seite von Sir Parzifal.« Artus fragte: »Ja, aber wo ist der Gral denn jetzt?« »Er wird von einem Mann gehütet, den man den Fischerkönig nennt.« Bors zögerte, bevor er weitersprach: »Er würde uns nicht gestatten, Euch den Schatz zu bringen. Er sagte, Britannien habe ihn nicht verdient. Er sagte ... in unserem geliebten Königreich gebe es zu viele Sünder.« »Ich verstehe«, sagte König Artus. Er blickte in die Runde. Königin Ginevra hatte die Hände vors Gesicht geschlagen. Die meisten Ritter schüttelten ungläubig und traurig den Kopf. Ein Ritter jedoch hütete sich, seine Gedanken preiszugeben. Sein Name war Sir Mordred und er brannte vor Verlangen, König Artus' Platz einzunehmen. Mordred lachte, als er erfuhr, dass Artus' Suche gescheitert war. Er konnte es kaum erwarten, diese Nachricht seiner Komplizin, der bösen Morgan le Fay, mitzuteilen. Der Fischerkönig Der Wächter des Grals ist König Pelles, ein Nachfahre Josephs von Aritmathia. Er heißt Fischerkönig, weil Bron, ein früherer Wächter, den Menschen Fisch aus dem Gral zu essen gegeben hatte. Einige Quellen behaupten, Pelles sei von einem heiligen Speer verwundet worden, als der Gral verschwand und das Land rund um das Schloss verwüstet wurde. Nur der Ritter, der den verlorenen Gral zurückbringt, kann Pelles heilen.
Ein Ritter jedoch hütete sich, seine Gedanken preiszugeben - Sir Mordred.
Das Ende der Suche Im Schloss Carbonek sehen Galahad, Parzifal und Bors, wie Engel den Gral vom Himmel holen und auf einen Tisch stellen. Dann erscheint Christus und gibt ihnen daraus zu essen. Galahad heilt mit dem Gral den Fischerkönig. Parzifal und Bors treten in ein Kloster ein, Parzifals Sohn und Galahad kommen in den Himmel.
AS ENDE DER
KAMERADSCHAFT
Sir Mordred schrieb Morgan le Fay einen Brief: »Der König ist verzweifelt und geschwächt. Es ist Zeit zu handeln.« Morgan le Fay ging zu der Truhe, in der sie ihre Hexenwerkzeuge aufbewahrte, und nahm ein goldverziertes Trinkhorn heraus. Sie wickelte es in ein Päckchen und schickte es an den König.
Artus war in einer Versammlung mit seinen Rittern, als ein Diener das Geschenk brachte. »Dieses Trinkhorn ist von meiner Schwester, Morgan le Fay«, sagte Artus. »Sie schreibt, es sei ein Zauberhorn, mit dem man herausfinden könne, ob eine Frau ihrem Mann treu ist. Sie rät mir, unsere Frauen zu zwingen daraus zu trinken, und ihnen zu sagen: >Wenn eine Dame den Wein verschüttet, beweist das, dass sie einen heimlichen Liebhaber hat.<« Alle schwiegen betreten. Sir Lancelot erhob sich. »Sir, wie Ihr wisst, habe ich keine Frau und daher nichts zu verlieren.« Er vermied es, den König anzusehen, als er weitersprach. »Wir alle wissen, dass Eure Schwester eine durchtriebene Hexe ist. Es wäre eine Schande, ihr zu erlauben, die Damen von Camelot mit einem derartigen Schwindeltest in den Schmutz zu ziehen!« »Das sind kluge Worte«, sagte König Artus und befahl seinem Diener das Trinkhorn ins Feuer zu werfen. Als Morgan das hörte, ließ sie von einem Bergschmied einen Schild machen, auf dessen Vorderseite ein Ritter abgebildet war, der auf den Köpfen eines Königs und einer Königin herumtrampelte.
Die Botschaft des Schilds Schilde waren oft mit Mustern verziert, an denen man den Ritter erkennen konnte. Das Bild auf Morgans Schild stellt jedoch einen Konflikt in der Liebe dar.
Sie schickte den Schild als zweites Geschenk an Artus. Artus blickte ihn lange an. Dann ging er zu seinen Männern und fragte sie, was dieses rätselhafte Bild bedeuten könne. Sir Mordred schlich sich an Artus heran. »Majestät«, zischte er, »es ist doch ganz klar, dass Ihr der König seid, der hier abgebildet ist, und die Königin ist Lady Ginevra. Der Ritter ist derjenige, der Macht über euch beide hat.« Er machte eine Pause, dann sprach er laut weiter: »Jeder in Camelot - mit Ausnahme von Euch, Sir erkennt, dass der Ritter auf dem Bild Sir Lancelot ist, Euer Liebling. Und dass seine Macht von seiner langen heimlichen Liebesaffäre mit der Königin herrührt.« Im Saal wurde es ganz still. Artus richtete sich auf. Seine Stimme klang drohend. »Du lügst! Wo ist Sir Lancelot? Ich fordere ihn auf gegen jeden Mann zu kämpfen, der ihn eines solchen Verrats beschuldigt!« »Oh«, sagte Sir Mordred ruhig, »wir alle wissen, dass niemand Lancelot im Kampf besiegen kann. Aber bald, Majestät, werde ich beweisen, dass ich die Wahrheit gesagt habe.<
Duell Fragen der Ehre wurden häufig im Duell ausgetragen. Man glaubte, der Ritter, der im Recht war, würde automatisch gewinnen. In dieser Episode will Mordred nichts riskieren und verweigert den Kampf gegen den mächtigen Lancelot.
Rachsüchtiger Thronräuber Merlins Prophezeiung, Mordred werde Artus eines Tages den Thron streitig machen, bewahrheitet sich nun. Eine von Artus' weniger edlen Taten war es, Mordred als Säugling in der Hoffnung im Meer auszusetzen, er würde ertrinken. Doch wundersamerweise überlebte er. Artus bereute seine Tat und nahm ihn an seinem Hof auf. Lange wartete Mordred auf seine Rache.
Einige Tage später ritt Artus zum Jagen in einen entfernten Wald und war die Nacht über von Camelot weg. Ginevra blieb zu Hause. Viele Freunde begleiteten den König, Sir Lancelot aber blieb zurück. Ebenso Sir Mordred und zwölf weitere treulose Ritter, die seinen Hass auf den König teilten. Gut gelaunt kehrte Artus nach Hause zurück. Als er durch das Tor von Camelot ritt, schaute er sich fröhlich um, ob Ginevra kam, um ihn zu begrüßen. Doch stattdessen trat Sir Mordred aus dem Schatten und schrie: »Herr, ich habe furchtbare Neuigkeiten!« Der König zuckte nicht mit der Wimper. Er führte Mordred vor die Tafelrunde und rief seine übrigen Ritter als Zeugen auf. »Sprich«, sagte Artus kalt. In der Mitte des Tisches lag die Bibel. Mordred legte seine Hand darauf. »Ich schwöre«, sagte er, »dass alles, was ich Euch erzählen werde, wahr ist. Letzte Nacht habe ich mit zwölf Freunden Sir Lancelot nachspioniert. Wir haben ihn auf frischer Tat ertappt: Er hat Eure Abwesenheit ausgenutzt, um sich heimlich mit Eurer Frau, der Königin, zu treffen.« »Sprich weiter«, sagte Artus. »Ich forderte Lancelot auf herauszukommen und seine Schuld zu gestehen. Doch er wandte eine hinterhältige List an und tötete alle meine Kameraden. Er ermordete sie, Sir, zwölf Eurer eigenen, guten Ritter, darunter Sir Agravain, Euren Neffen.« König Artus strich sich über die Stirn. Er sagte: »Ich bin verraten, von den beiden Menschen, die ich am meisten geliebt habe. Bei Gott, noch nie war ein Mann so elend wie ich! Mein Königreich wird auseinander gerissen werden, und meine Ehe ... Aber ich muss schnell entscheiden, was ich tun soll.« Er schaute in die Runde. »Wer möchte mich beraten?« Keiner wagte ihm in die Augen zu blicken. Doch Mordred sprach eifrig weiter: »Die Königin muss ebenso bestraft werden wie Lancelot. Sie ließ ihn freiwillig in ihr Schlafgemach. Ihre Untreue ist ein Verrat an Euch!«
Gut gelaunt kehrte Artus nach Hause zurück.
Einen Augenblick schien Artus zu schwanken. Dann seufzte er tief und sagte: »In den Gesetzbüchern ist es ganz klar festgelegt: Die Strafe für den Verrat einer Frau ist die Hinrichtung, sie muss auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Und wenn sich ein Ritter gegen seinen eigenen König erhebt, gibt es keinen Zweifel: Die beiden müssen gegeneinander Krieg führen. Der Tod meiner Männer muss gerächt werden. Ich weiß, dass einige von euch sich auf die Seite von Lancelot stellen werden. Ihr könnt alle frei wählen, was ihr tun wollt. Wie immer freue ich mich über jeden Ritter, der mir die Treue hält.« Er stand auf, hoch gewachsen und sonnengebräunt. »Ich werde tun, was ich tun muss.« Seine Stimme zitterte. »Aber die goldenen Zeiten sind vorüber. Und die Freundschaft der Tafelrunde ist sicher für immer zerbrochen.«
Ein hinterhältiger Trick Als Mordred und zwölf weitere Ritter Lancelot und Ginevra im Gemach der Königin überraschen, trägt Lancelot keine Rüstung, er hat nur sein Schwert. Er lockt einen der Ritter hinein, tötet ihn, nimmt seine Rüstung und greift Mordred und dessen Komplizen an. Unter den Getöteten ist auch Agravain, Artus' Neffe.
Die Königin wurde ins Gefängnis geworfen und der Tag ihrer Hinrichtung wurde festgelegt. Sie legte ihren Schmuck und ihre vornehmen Kleider ab, saß aufrecht und barfuß in ihrer Zelle wie ein Einsiedler und sprach mit niemandem. Für König Artus war die Hinrichtung seiner geliebten Königin die grässlichste und schmerzvollste Aufgabe, die er je zu erledigen hatte. Sein Herz war für immer gebrochen. Wie versteinert kam er seinen Pflichen nach. Er ging zu Sir Gawain und sagte: »Nach Lancelot warst du immer mein treuester Ritter. Ich befehle dir, dich um die Königin zu kümmern und sie am festgesetzten Tag zum Scheiterhaufen zu führen.« Aber Sir Gawain schüttelte den Kopf. »Herr, das kann ich nicht, denn ich liebe Königin Ginevra, als wäre sie meine Schwester. Und Sir Lancelot hat mir immer vertraut und mich ehrenvoll behandelt.
Lancelot, der Retter Lancelot liebt Ginevra zu sehr, um ihre Hinrichtung geschehen lassen zu können. Er ist eine tragische Figur, hin- und hergerissen zwischen seiner Liebe zur Königin und der Loyalität gegenüber Artus. Dieses Bild von N. C. Wyeth zeigt ihn bei der Rettung der Königin.
Mörder der Brüder Gaheris und Gareth waren nicht nur Ga-wains Brüder und Lancelots Freunde, sondern auch Artus' Neffen. Ihre Mutter Morgause war Artus' Halbschwester. Dass Lancelot seinen hinterlistigen Bruder Agravain getötet hatte, konnte Gawain ihm vergeben, nicht aber den Mord an Gaheris und Gareth.
Ich bitte dich: Folge der Lehre Christi und vergib ihnen. Denn diese Bestrafung wird nichts Gutes bringen.« Artus seufzte. »An dem Tag, als ich König wurde, habe ich einen Eid geschworen, dass ich die Gesetze immer treu befolgen werde. Glaub mir, ich würde lieber sterben, als diese Strafe zu vollziehen. Aber um meines Königreichs willen zwingt mich das Gesetz es zu tun.« Dann ernannte er Sir Mordred zu Ginevras Henker, denn kein anderer seiner Ritter wollte diese Aufgabe übernehmen. Der Tag der Hinrichtung brach an. Der Himmel war düster und es wehte ein eisiger Wind. Hunderte von Zuschauern hatten sich versammelt. Sie sahen, wie Königin Ginevra in einem schneeweißen Kittel zum Scheiterhaufen geführt wurde. Sie war so bleich wie der abnehmende Mond, hielt den Kopf hoch erhoben, und ihre langen Haare wehten im Wind. Lancelot schlug blindlings auf Und dann sahen sie Sir Lancelot! Freunde und Feinde ein, denn er Er tauchte ganz plötzlich auf und dachte nur daran, die Königin zu retten. gab seinem Pferd die Sporen. Sein Schwert funkelte. Viele Rittter sprangen vor, die einen, um ihn anzugreifen, die anderen, um ihn zu verteidigen. Lancelot schlug blindlings auf sie ein, ob Freund oder Feind, denn er dachte nur daran, die Königin zu retten. Er tötete viele Männer, darunter Sir Gawains Brüder und seine eigenen guten Freunde, Sir Gaheris und Sir Gareth. Die erschrockene Menge floh. Lancelot durchschlug die Stricke, befreite Ginevra, warf ihr einen Umhang
um die Schultern und hob sie auf sein Pferd. Dann galoppierte er mit einem Triumphschrei davon. Sie ritten Meile um Meile, Stunde um Stunde, bis sie zu seiner Festung Joyous Garde kamen.
Joyous Garde Lancelot bringt Ginevra auf sein Schloss Joyous Garde (frohe Festung). Der Sage nach befand es sich in Bamburgh, an der Küste von Northumberland. Ursprünglich hieß es Dolorous Garde (traurige Festung), bis Lancelot es eroberte und von einem bösen Zauber befreite. Das heutige Schloss (links) wurde viele Jahrhunderte später an gleicher Stelle errichtet.
Reinigendes Feuer Zur Zeit dieser Geschichte, und noch 1000 Jahre danach, war das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen eine verbreitete Strafe. Sie wurde vor allem bei Hochverrat und Hexerei verhängt. Die Christen glaubten, die Flammen würden das Opfer vom Bösen »reinigen«.
Nun war Britannien in zwei Teile geteilt, denn nur die Hälfte von Artus' Rittern blieb bei ihm in Camelot. Die restlichen wurden abtrünnig und zogen nach Joyous Garde, wo sie als Männer Lancelots und als Feinde des Königs lebten. Und so endete die lange, glückliche Zeit des Friedens, denn auf beiden Seiten bereiteten sich die Ritter auf den Krieg vor. Doch bevor eine Seite gewinnen oder verlieren konnte, traf ein Bote des Papstes aus Rom ein. Er befahl König Artus und Sir Lancelot Frieden zu schließen und wies Lancelot an, Ginevra zu ihrem Mann zurückzubringen. In beiden Truppen erhoben sich erboste Stimmen, doch Artus und Lancelot gehorchten dem Befehl gern. Der Befehl des Papstes Als Oberhaupt der Kirche hatte der Papst ungeheure Macht. Sein Befehl den Kampf zu beenden, musste deshalb sehr ernst genommen werden.
Das Volk stand an den Straßen und jubelte, als Lancelot Ginevra zum König heimbrachte. Als ihr Pferd langsam den Hügel heraufkam, lief Artus ihr mit ausgestreckten Armen entgegen. Lange Zeit blickten sie einander tief in die Augen. Dann wandte sich Ginevra ab. Sie sagte: »Wahrhaftig, Artus, ich habe immer nur dich geliebt. Ich bitte dich, mir zu glauben!« »Ich bringe dich nach Hause«, sagte Artus sanft. Aber Ginevra schüttelte den Kopf und seufzte. »Es ist zu spät. Ich bin völlig erschöpft von dieser Geschichte, die Eifersucht hat mich zerstört. Ich habe genug von den Männern, denen jeder Anlass zum Kämpfen recht ist um zu kämpfen und die denken, sie könnten über eine Dame verfügen wie über ein Spielzeug! Du und deine Ritter, ihr habt geschworen, euch immer ehrenhaft und respektvoll zu verhalten. Was ist daraus geworden?« Sie zog ihren Ehering vom Finger und ließ ihn zu Boden fallen. »Ich bin nicht länger deine Königin, nicht länger die Frau oder Geliebte irgendeines Mannes. Ich werde in ein Kloster eintreten. Von heute an gehört mein Herz niemandem mehr, nur noch Gott.« Letzte Begegnung Dieses Bild von Gustave Dore aus dem 19.Jh. zeigt Ginevra, die Artus um Vergebung bittet. Sie sieht ihn danach nie wieder und lebt bis zu ihrem Tod abgeschieden in einem Nonnenkloster.
Für Männer verboten Seit dem 4Jh. haben sich immer wieder Frauen dafür ent. schieden ihr Leben Gott zu widmen und in einem Kloster zu leben. Die Klöster boten Frauen auch Zuflucht. Männern war der Zutritt verboten.
Ginevra warf ihren Ehering weg
Es sah aus, als würde der König nun auch den letzten Rest von Freude und Hoffnung verlieren. Sir Lancelot trat vor und kniete nieder. »Mein Herr«, sagte er. »Ich bereue aus tiefstem Herzen!« Aber das Herz des Königs war leer. »Geh!«, erwiderte er. »Verlasse Britannien für immer, fahr übers Meer. Lass mich mein armes, zerbrochenes König reich wieder gesund machen.« Lancelot verbeugte sich. »Ja, Sir.«
» Von beute an gehört mein Herz niemandem mehr, nur noch Gott. «
Ruhig ging er davon, gefolgt von einer großen Schar von Männern. Danach hörte Artus nichts mehr von ihm, nur dass er, wie Artus es befohlen hatte, nach Frankreich gesegelt war. Eine Zeit lang herrschte nun Frieden. Doch er sollte nicht andauern, denn nun wurde Sir Gawain vom Kummer gepeinigt. »Herr«, sagte er, »Ihr habt mit eigenen Augen gesehen, wie Lancelot meine geliebten Brüder ermordet hat, als er die Königin entführte. Sie haben immer zu ihm gehalten und trotzdem hat er sie kaltblütig getötet! Denkt daran, dass Ihr unser Onkel seid: Es ist Eure Pflicht, mir zu helfen Rache zu nehmen.« Mordred unterstützte seine Klage und auch viele andere Ritter, die fürchteten, der König würde Schwäche zeigen. Artus dachte viele einsame Nächte lang über das Problem nach. Um seine Ehre zu retten, sah er nur eine Lösung.
Er rief ein großes Heer zusammen und führte es zum Angriff gegen Lancelot nach Frankreich. Wenn ein König in den Krieg zieht, muss er einen Stellvertreter einsetzen, der sich um sein Reich kümmert. Für diese Aufgabe wählte Artus den Mann, auf dessen Gesellschaft er gern eine Zeit lang verzichten wollte, den verlogenen Ritter Mordred. Sobald Morgan le Fay hörte, dass Mordred Herrscher von Britannien geworden war, eilte sie zu ihm und bot ihm an seine Frau zu werden. Aber Mordred schickte sie zum Teufel, denn er hatte ihre Zauberkunst nicht mehr nötig. Morgan stob davon. Sie kochte vor Wut und schwor auch Mordred zu vernichten, sobald sie Artus zu Fall gebracht hätte. Die Monate vergingen, ohne dass Artus zurückkehrte. Mordred verbreitete böse Gerüchte, bis ganz Britannien davon überzeugt war, dass der Krieg gegen Lancelot verloren und Artus tot sei. Dann krönte sich Mordred selbst zum König. Er missbrauchte seine Macht und unterdrückte sein Volk grausam. Bald erreichte die Kunde von seinen Taten auch Frankreich, wo König Artus sehr wohl noch am Leben war. Der Krieg war nicht vorangekommen. Weder Artus noch Lancelot konnten ihre Männer zum Sieg führen. Keiner der Männer brachte es übers Herz, seine ehemaligen Freunde zu töten. Artus suchte nach einem Anlass, um nach Hause zurückzukehren. Und als dann ein Bote in sein Lager gerannt kam und die Nachricht verbreitete, Mordred habe ihn vom Thron gestürzt, verlor er keine Zeit. Er befahl seinen Männern umzukehren und zum Meer zu marschieren. Dann setzten sie die Segel, um das Königreich zu befreien. Artus und seine erschöpften Soldaten segelten an die Küste Britanniens, wo Mordred schon mit seinem Heer auf sie wartete, um sie abzuwehren. Auch Morgan le Fay lag dort unsichtbar auf der Lauer. Sie hatte durch einen Zauber ihr Aussehen verändert und versteckte sich zwischen den kalten, dunklen Steinen. Dort wartete sie auf eine Gelegenheit ihren Bruder zu vernichten. Der Kampf war kurz. Schnell hatte Artus' Seite gesiegt. Der gute König wollte den elenden Krieg nicht in die Länge ziehen, daher bot er Mordred einen Friedensvertrag an, mit dem er dem Schurken viel fruchtbares Land überließ. Morgan schwor Dann wandte sich Artus an die beiden Heere. »Ohne auch Mordred zu vernichten, sobald Vertrauen kann es keinen Frieden geben«, sagte er zu ihnen. sie Artus zu Fall »Dieses Vertrauen hängt von euch allen ab. Daher verbiete gebracht hätte.. ich jedem Mann das Schwert zu ziehen, bevor wir das Schlachtfeld verlassen haben. Falls diese Regel von einer Seite gebrochen wird, dann zerbricht auch das Vertrauen, und wir müssen in die bittere Schlacht
zurückkehren.« »Einverstanden!«, riefen alle Männer. Der Friedensvertrag wurde unterzeichnet. Große Krüge mit Wein wurden gebracht und herumgereicht, um ihn zu besiegeln. Doch die Stimmung blieb angespannt. Während sie tranken, lachte Morgan le Fay in sich hinein. Ihre Stunde war gekommen! Sie flüsterte eine Reihe von geheimen, teuflischen Worten und veränderte ihr Aussehen noch einmal: von einem Stein in eine Schlange, in eine giftige Viper. Sie kroch vom Strand herauf und glitt über das Schlachtfeld. Ein Soldat sah sie. Er zuckte zurück, erschreckt über ihre züngelnde Zunge und voller Angst vor ihrem tödlichen Biss. Ohne nachzudenken, zog er sein Schwert und tötete sie. Morgan starb mit einem schrillen Schrei boshafter Freude. Denn ihr Ende bedeutete den Untergang aller. Symbol des Bösen Für ihren letzten Auftritt verwandelt sich die Zauberin Morgan le Fay in das Tier, das in der christlichen Tradition das Böse am stärksten verkörpert, in eine Schlange.
Morgan verwandelte sich von einem Stein in eine Schlange.
IE LETZTE SCHLACHT Sobald der Soldat sein Schwert zog, war der Friedensvertrag gebrochen. Da brach die Schlacht mit ihrer ganzen entsetzlichen Wucht los. Der Kampf dauerte den ganzen Tag, es gab unbeschreibliche Grausamkeiten und unendlich viele Tote. Er hörte erst auf, als tausende von Männern gestorben waren. Nur vier blieben am Leben. Diese vier waren Artus, zwei seiner Ritter, Sir Lucan und Sir Bedivere, und der elende Thronräuber Mordred. König Artus starrte grimmig auf das leichenübersäte Schlachtfeld. Mordred kam auf ihn zu wie ein dunkler Schatten. Artus ergriff Excalibur. Die überirdische Kraft des Schwerts übertrug sich auf ihn. Er lief seinem letzten Feind entgegen. Excalibur blitzte in der Dämmerung, als Artus es unter Mordreds Schild stieß und dem Schurken ins Herz bohrte. Aber eine Laune des Teufels verlieh Mordred einen letzten Atemzug, um zurückzuschlagen. Er hob sein Schwert, ließ es herabfallen und zertrümmerte Artus' Helm auf seinem Kopf. Dann starb Mordred. Und König Artus sank in tödlicher Ohnmacht zu Boden. Kampf bis aufs Messer Mordreds Hass auf Artus ist grenzenlos. Auf diesem Bild von Arthur Rackham wird er von Artus aufgespießt, findet aber noch die Kraft, ihm eine tödliche Wunde beizubringen.
Kriegsvögel Nach einer Schlacht fraßen Raben und Krähen die Toten. Vor allem Raben galten als Kriegsvögel. Nach einer kornischen Sage verwandelte sich Artus in einen Raben
ER EINSTIGE UND KÜNFTIGE KÖNIG Wenn König Artus nur seine Scheide nicht verloren hätte! Denn keine menschliche Kunst konnte seine Wunde heilen. Sir Lucan und Sir Bedivere knieten neben ihm. »Unser König stirbt«, flüsterte Lucan. Bediveres Blick war voller Angst. »Nein«, keuchte Artus. »Ich sterbe nicht. Noch nicht. Niemals, wenn ... Bringt mich ... zum Großen Wald. Findet ... die Dame vom See.« Er war zu schwach, um weiterzusprechen. Lucan und Bedivere bauten eine Trage, legten den König darauf, hüllten ihn in Felle und trugen ihn weg. Bald erreichten sie den stillen, grünen Schatten des Großen Waldes. Sie stapften immer weiter durch das fleckige Licht, über knorrige Wurzeln und verrottetes Laub, immer tiefer in den Wald hinein. Schließlich kamen sie an einen See, dessen gegenüberliegendes Ufer in Nebel gehüllt war. In der Nähe stand die verlassene Hütte eines Einsiedlers. Sie trugen Artus hinein, damit er ruhen konnte. »Bedivere«, keuchte der König, »nimm mein Schwert Excalibur.
Sie kamen an einen See, dessen gegenüberliegendes Ufer in Nebel gehüllt war.
Wirf es in den See. Dann komm zurück und berichte mir, was du gesehen hast.« Bedivere nahm Excalibur. Noch nie hatte er ein so kostbares Schwert in den Händen gehalten. Er konnte es nicht ertragen, einen solchen Schatz wegzuwerfen, daher versteckte er es unter einem Baum. Dann lief er zurück zu Artus, »Hast du es getan?«, fragte Artus. »Ja, Herr.« »Und was hast du gesehen?« »Nur die Wellen und den Wind, Herr.« »Dann hast du mich angelogen!«, schrie Artus. »Tu, was ich dir befohlen habe.«
Bedivere ging zurück zum See. Wieder bewunderte er die überirdische Schönheit Excaliburs, wieder versteckte er es, wieder log er den König an. Artus wurde schwächer. »Bei Gott«, keuchte er, »wenn du nicht gehorchst, wird es keine Zukunft geben ...« Er konnte nicht weitersprechen. Diese Worte berührten Bedivere. Ohne ein Wort lief er zurück zum Seeufer. Diesmal nahm er Excalibur und schleuderte es mit aller Kraft hinaus in die Mitte des Sees. Sofort tauchte eine Hand aus dem wirbelnden Wasser auf, nahm das Schwert und schwang es dreimal. Dann hörte man aus dem Nebel den Gesang von Frauenstimmen: »Bringt ihn über das Wasser, damit er geheilt wird!« Bedivere erzitterte. Er drehte sich um und rannte zu seinem verwundeten Herrn.
Wassergeister Dieses Bild von Arthur Wragg zeigt Bedive re, wie er Excalibur in den See wirft. In der keltischen Tradition wurden oft Gaben an die Götter in Flüsse und Seen geworfen.
»Schnell!«, rief er Lucan zu. »Wir müssen den König wegbringen!« Sie trugen Artus hinunter zum See und strauchelten dabei in ihrer Eile. Als sie ans Ufer kamen, sahen sie ein Boot heranfahren, schwarz wie die Nacht. Darin saßen neun Damen in schwarzen Kleidern. Jede von ihnen trug die goldene Krone einer Königin. Sie sangen noch immer: »Bringt ihn über das Wasser, damit er geheilt wird!« »Wir kommen rechtzeitig«, seufzte König Artus. Das schwarze Boot legte am Ufer an. Lucan und Bedivere trugen König Artus an Bord und legten ihn den Königinnen vorsichtig in den Schoß. »Los!«, rief die Königin, die am Steuer saß. Und die anderen sangen darauf: »Stärker als ein Zauberwort ist der heilende Ort - durch den Nebel nach Avaloni« Dann streckten sich neun mondweiße Hände aus, um das Boot vom Ufer abzustoßen. Sie hatten keine Ruder, kein Segel und keinen Wind, um vorwärts zu kommen. Eine geheimnisvolle Kraft trug sie davon. »Wartet!«, rief Sir Bedivere. »Bitte, sagt uns: Wird er sterben?«
Der Gesang hörte auf. Es wurde ganz still. Das Boot fuhr weiter. Plötzlich erhob sich die Königin, die am Steuer saß, und warf ihre Kapuze zurück. Es war Nimue, die Dame vom See. Ihre Stimme ertönte: »Artus wird niemals sterben! Aber lasst ihn die Jahrhunderte hindurch in Frieden schlafen. Und alle guten Menschen sollen für seine Rückkehr beten. Denn er ist der einstige und künftige König!«
AVALON! Wer kann sagen, wo sie liegt, diese entlegene Insel der feengleichen Frauen und der goldenen Äpfel? Wer kann sagen, wie lange Artus dort lag, während die Königinnen der lindernden Nacht an seinem Lager sangen und ihre Zauberkräuter mixten, die ihm die Lebenskraft zurückgaben? Und wohin brachten sie ihn dann? Wo ruht er jetzt? Er schläft und wartet, geborgen in der Höhle eines Berges, mitten im Herzen seines geliebten Königreichs. Denn die Zeit wird kommen, da der Große Wald wachsen und sich wieder in Britannien ausbreiten wird, und Merlin wird sich befreien, um der Welt den guten Zauber zurückzubringen. Dann wird König Artus erwachen und in all seinem früheren Ruhm erscheinen, um erneut zu regieren. Plötzlich erhob sich die Königin, die am Steuer saß, und warf ihre Kapuze zurück. Es war Nimue, die Dame vom See.