KANT-STUDIEN Begründet von Hans Vaihinger; neubegründet von Paul Menzer und Gottfried Martin 90. J A H R G A N G
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KANT-STUDIEN Begründet von Hans Vaihinger; neubegründet von Paul Menzer und Gottfried Martin 90. J A H R G A N G
HEFT 3
1999
Abhandlungen U. Pardey, Bochum: Über Kants ,Widerlegung des Mendelssohnschen Beweises der Beharrlichkeit der Seele 257 E.-J. Wit, Chicago: Kant and the Limits of Civil Obedience
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M. Savadogo, Ouagadougou/Burkino Faso: Kant et la politique
306
K. Mosser, Day ton/Ohio: Kant and Feminism
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Berichte und Diskussionen R. Brandt, Marburg: Immanuel Kant: „Über die Heilung des Körpers, soweit sie Sache des Philosophen ist." Und: Woran starb Moses Mendelssohn? 354 Literaturhinweise
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Buchbesprechungen H. Hudson: Kant's Compatibilism (W. Ertl)
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Über Kants ,Widerlegung des Mendelssohnschen Beweises der Beharrlichkeit der Seele' von Ulrich Pardey, Bochum
Im Mittelpunkt dieses Aufsatzes stehen zwei Überlegungen, die sich auf Kants ,Widerlegung des Mendelssohnschen Beweises'1 beziehen, aber voneinander bis zu einem gewissen Grade unabhängig sind. Zunächst werde ich die Frage behandeln, wie der zweite Satz in Kants Wiedergabe des Mendelssohnschen Beweises genau zu verstehen ist. Mendelssohns Beweis wird heute aufgrund dieses zweiten Satzes i. allg. so verstanden, daß er schon in sich offensichtlich ungültig ist, noch bevor er mit Kants Kritik konfrontiert worden ist. Mir scheint aber, daß man damit weder Mendelssohn noch Kant gerecht wird, der Mendelssohn hier ausdrücklich einen „scharfsinnige [n] Philosophen]" (B 414) nennt. Dann soll gefragt werden, ob Kants Kritik im dritten Satz seiner »Widerlegung4 den Beweis in dem ersten Gespräch von Mendelssohns Phädon tatsächlich trifft. An dieser Stelle geht Kant zwar wie Mendelssohn von der Annahme aus, die Seele habe eine „einfache Natur [...], da sie nämlich kein Mannigfaltiges außer einander, mithin keine extensive Größe enthält" (B 414); aber Kant glaubt trotzdem zeigen zu können, daß aus dieser Einfachheit nicht die Unsterblichkeit der Seele folge. Abschließend soll kurz erörtert werden, ob Kants Kritik an der rationalen Psychologie seiner Zeit auch die Argumentation im platonischen Phaidon trifft. Meistens wird diese Frage heute bejaht. Aber im Anschluß an eine These von Hans Georg Gadamer möchte ich zeigen, daß Kant in der Frage der Unsterblichkeitsbeweise als Verbündeter und nicht als Gegner Platons gesehen werden sollte. Zuvor muß ich aber auf die Polemik, die im Zusammenhang mit den Unsterblichkeitsbeweisen üblich ist, kurz eingehen. Denn diese Polemik macht einen klaren Blick auf die rationalen Aspekte der Unsterblichkeitsbeweise fast unmöglich. 1
Kant, L, Kritik der reinen Vernunft (kurz: Kr V), in: ders., Werke in sechs Bänden, hrsg. von W. Weischedel, Darmstadt 19835 (nach der sechsbändigen Ausgabe im Insel Verlag, Wiesbaden 1956), Band II, B 414—416. Alle Seitenangaben mit vorangestelltem „B" beziehen sich auf die 2. Auflage der Kritik der reinen Vernunft, zitiert wird immer nach der Ausgabe von Weischedel.
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 257-284 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
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Ulrich Pardey
1. Irrationales im Kontext der Unsterblichkeitsbeweise 1.1. Irrationales im Kontext des Glaubens an die Unsterblichkeit der Seele Kann man bzw. konnte man überhaupt jemals bei dem Thema „Unsterblichkeit der Seele" argumentieren, wo doch der Glaube an die Unsterblichkeit offensichtlich irrationale Wurzeln hat und auch sonst hinreichend diskreditiert ist? Nach Hoerster verhält es sich so, „daß der Wunsch nach Weiterleben offensichtlich eine starke biologisch-instinktive Verwurzelung im Menschen hat und schon aus diesem Grunde weit verbreitet ist"2. Es gebe jedoch auch „bewußter lebende Menschen [...], die sich von diesem instinktiven Wunsch mehr oder weniger befreit haben"3. Demnach würden Epikur und Hume zu den „bewußter lebenden Menschen" gehören, während Platon und Kant ihre „instinktiven Wünsche" nicht ausreichend unter Kontrolle gehabt hätten. Wenn man Macho glaubt, so ist seit 150 Jahren „die Unsterblichkeit aus dem Hoffnungsraum zivilisierter Menschen verschwunden; [...] an Unsterblichkeit wird nicht mehr geglaubt"4. Demnach dürfte man Bolzano und Brentano5 nicht zur zivilisierten Menschheit rechnen. Ebeling zufolge sind nach dem 1. Weltkrieg „Unsterblichkeit und Fortleben dazu verdammt, kein Thema der Philosophie mehr zu sein, sondern nur noch Sache erbaulicher Konventikel und schöner Kränzchen"6. Scheler, Jaspers und Scherer7 hätten somit philosophische Seminare als erbauliche Kaffeekränzchen abgehalten. Man sieht: Solche Bemerkungen gegen die Unsterblichkeitsthese dürfen nicht beim Wort genommen werden, sonst sind sie absurd. Ihre Funktion besteht wohl auch eher darin, das Thema Unsterblichkeit unter dem Aspekt der Argumentation als erledigt darzustellen und an dieser Stelle Denkhemmungen hervorzurufen. Denn 2
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Hoerster, N., Hrsg., Glaube und Vernunft, Texte zur Religionsphilosophie, München 1979, Einleitung des 7. Kapitels, S. 191 f. — Ähnlich Kamiah, W., Meditatio mortis, in: Ebeling, H., Hrsg., Der Tod in der Moderne, Frankfurt/Main 1984 (Originalausgabe Königstein 1979), S. 211. — Bertrand Russell meint: „Nicht vernünftige Argumente, sondern Gefühle führen zum Glauben an ein zukünftiges Leben." (Russell, B., Gibt es ein Weiterleben nach dem Tod?, in: ders., Warum ich kein Christ bin, Reinbek 1968 [Originalausgabe München 1963], S. 97.) Wichtig ist hier die Voraussetzung, daß die Alternative „Vernunft oder (irrationales) Gefühl" vollständig ist. Dieser Alternative werden dann auch Begriffe wie Religion oder Tradition unterworfen. Hoerster, N., Hrsg., Glaube und Vernunft, a. a. O., Einleitung des 7. Kapitels, S. 192. Macho, Th., Todesmetaphern, Zur Logik der Grenzerfahrung, Frankfurt/Main 1987, S. 116. Vgl. Bolzano, B., Athanasia oder Gründe für die Unsterblichkeit der Seele, Sulzbach 18382, unveränderter Nachdruck Frankfurt/Main 1970, S. 16 f.; Brentano, F., Vom Dasein Gottes, Hamburg 1968 (unveränderter Nachdruck der 1. Auflage von 1929), S. 3, 9. Ebeling, H., Hrsg., Der Tod in der Moderne, a. a. O., Einleitung, S. 12. Vgl. Jaspers, K., Unsterblichkeit (1957), in: ders., Philosophie und Welt, München 1963, S. 148 ff.; Scheler, M., Tod und Fortleben (Gesammelte Werke, Bd. 10: Schriften aus dem Nachlaß, Bd. 1), Bern 1957; Scherer, G., Das Problem des Todes in der Philosophie, Darmstadt 19882; ders., Sinnerfahrung und Unsterblichkeit, Darmstadt 1985.
Über Kants ,Widerlegung des Mendelssohnschen Beweises*
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wer möchte sich noch mit dem Thema Unsterblichkeit auseinandersetzen, wenn er sich dadurch als Knecht seiner instinktiven Wünsche, als unzivilisiert oder als Kaffeekränzchen-Philosoph entlarvt? 1.2. Irrationales im Kontext des Glaubens an die Sterblichkeit der Seele Früher hat auch die Gegenseite nicht mit Polemik gespart. Pascal schreibt: „[...] man muß den Verstand verloren haben, um behaupten zu können, die Sterblichkeit der Seele sei völlig klar. Ich finde es ganz in Ordnung, wenn man die Meinung des Kopernikus nicht gründlich erforscht; aber für jedes Leben ist wichtig zu wissen, ob die Seele sterblich oder unsterblich ist"8. Ähnlich drastisch äußert sich Bolzano: „Ob wir auch nach dem Tode zu leben fortfahren, und in welchem Zustande wir uns in jenem ändern Leben befinden? ist eine Frage, die für jeden Vernünftigen von der äußersten Wichtigkeit ist. Nur Kinder und Blöde vermögen sich zu dieser Frage nicht zu erheben, und starren den Todten gedankenlos an"9. Wenn den Befürwortern der Unsterblichkeit Wunschdenken u. ä. unterstellt wird, so lassen sich derartige Unterstellungen auch bei den Vertretern der Ganztodthese vornehmen. Die Kirchen hatten oder haben ihren Einfluß auf die Menschen teilweise mit Drohungen im Blick auf das Jenseits gesichert10, nämlich mit dem „Fege8 9 10
Pascal, B., Gedanken, übersetzt und herausgegeben von H. Hesse, München o. J., S. 251. Bolzano, B., Athanasia oder Gründe für die Unsterblichkeit der Seele, a. a. O., S. 15 (auch in: ders., Philosophische Texte, hrsg. von U. Neemann, Stuttgart 1984, S. 159). Pietro Pomponazzi hat in seiner Abhandlung über die Unsterblichkeit der Seele (übersetzt und herausgegeben von B. Mojsisch, Hamburg 1996) für die Sterblichkeitsthese argumentiert. Diese „Schrift erregte nicht nur ein starkes Aufsehen, sondern auch einen ungeheuren — Jubel. [...] Dieser Jubel ist nur erklärlich als Ausdruck einer großen Befreiung, der Befreiung von der damals alle Lebensbereiche überschattenden Angst vor dem Gericht am Ende des Lebens und vor der ewigen Verdammnis [...]. Pietro Pomponazzis Buch lehrte die Überwindung des Todes durch die Befreiung von der Angst vor der ewigen Verdammnis" (Pluta, O., Kritiker der Unsterblichkeitsdoktrin in Mittelalter und Renaissance, Bochumer Studien zur Philosophie, hrsg. von K. Flasch, R. Imbach, B. Mojsisch, Band 7, Amsterdam 1986, S. 6). — Man vergleiche damit Kamlahs Argumentation gegen die Unsterblichkeitsthese. Kamiah beginnt mit der Formulierung von zwei konträren Gegenthesen, die sehr tendenziös formuliert sind: „1. Der Tod ist eine Katastrophe, durch die ein Lebewesen, das eine Zeitlang gelebt hat, für alle Zukunft zu leben aufhört, und diese Katastrophe vernichtet irgendwann jedes Lebewesen, den Menschen nicht ausgenommen. 2. Das Lebensende im Sinne des Satzes l ist der Tod nur für Pflanzen und Tiere. Der Tod des Menschen hingegen ist der Durchgang von einem vorläufigen, leidvollen, irdischen zu einem neuen, leidlosen, ewigen Leben." (Kamiah, W., Meditatio mortis, a. a. O., S. 210). Bei dieser Alternative (zumal wenn sie als vollständige Alternative ausgegeben wird) läßt sich dann der Unsterblichkeitsglaube leicht als Wunschdenken disqualifizieren. „Daß [...] viele Menschen auch heute dazu ,neigen', Satz l für unwahr zu halten oder Jedenfalls nicht für das letzte Wort in dieser Sache', erklärt sich unschwer [!] so, wie sich auch die geschichtliche Entstehung von mannigfachen, miteinander zuweilen konkurrierenden Varianten von Satz 2 erklärt: Die Wahrheit des katastrophischen Satzes l ist, einmal obenhin gesagt, viel zu unerfreulich, eben viel zu katastrophal, als daß sich nicht verstehen ließ, daß man sie immer wieder durch Ewigkeits- oder Auferstehungshoffnungen zu überwinden versucht hat." (Kamiah,
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feuer", den „Höllenstrafen" und der „ewigen Verdammnis" (erst im Jahre 1996 hat die Anglikanische Kirche den alten Begriff der Hölle aufgegeben). Wer, wie Feuerbach, die Herrschaft der „Pfaffen" bekämpft11, wird die Nichtigkeit dieser Drohungen nachzuweisen suchen, indem er z. B. die Existenz eines Lebens nach dem Tode bestreitet. Wer, wie B. Williams, die Unsterblichkeit unerträglich langweilig findet12, hofft auf die Endgültigkeit des Todes. Beruhte der Einfluß der Kirchen teilweise auf der Annahme, daß es ein Jenseits gibt, so beruht umgekehrt die gegenwärtige Macht des medizinisch-industriellen Komplexes zu einem guten Teil darauf, daß heute die Überzeugung von der Sterblichkeit der Seele weit verbreitet ist. Und vermutlich steigert der Gedanke: „Mit dem Tode ist alles aus", den Umsatz in unserer Konsumgesellschaft. — Wunschdenken und handfeste Interessen gibt es also bei jeder der beiden Diskussionsparteien. Die Polemik, die die Diskussion über die Unsterblichkeit der Seele geprägt hat, könnte man leicht nehmen und als die Würze der ganzen Diskussion betrachten, wenn sie nicht auch Auswirkungen auf die inhaltliche Seite dieser Diskussion und die Bewertung der vorgetragenen Argumente gehabt hätte und immer noch hat. 1.3. Irrationales bei der Rezeption der Kantischen Kritik an den Unsterblichkeitsbeweisen 1.3.1. Daß Kant die Beweise für die Unsterblichkeit der Seele widerlegt habe, ist zu einem derartigen Gemeinplatz geworden, daß die Frage, was Kant da genau widerlegt hat, nur noch selten gestellt wird. Die Darstellung der Kantischen Argumentation ist daher auch i. allg. sehr kurz. Nach Windelband versucht Kant in dem Abschnitt über die Paralogismen „zu zeigen, daß alle Schlüsse, mit denen man [...] die Substantialität, die Simplizität, die Personalität [...] der Seele zu beweisen pflegte, Fehlschlüsse seien. Sie beruhen alle auf einer Quaternio terminorum, indem das Ich, welches in dem einen Satze als die allgemeine Form des Denkens verwendet wird, in dem ändern als ein substantiell bestehendes Wesen angesehen werden soll"13.
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W., a. a. O., S. 211). Demnach galt der Jubel von Pomponazzis Zeitgenossen einer, obenhin gesagt, äußerst unerfreulichen Katastrophe? Kamlahs Aufsatz Meditatio mortis enthält bedenkenswerte Überlegungen zum „Recht auf den eigenen Tod" (S. 216ff.), aber die Art, in der er hier (S. 210, 211) das Unsterblichkeitsthema behandelt, ist indiskutabel. In seinen Gedanken über Tod und Unsterblichkeit (in: Feuerbach, L., Werke in sechs Bänden, hrsg. von E. Thies, Frankfurt/Main 1975 Band 1) zitiert Feuerbach den folgenden Satz aus einem Brief von Friedrich II. an Voltaire: „Das Pfaffengeschmeiß rächt die kleinste Verletzung der Orthodoxie; man wagt es nicht, die Wahrheit entschleiert zu zeigen" (S. 78, im Original ist der ganze Satz kursiv gedruckt). Vgl. Williams, B., Die Sache Makropulos: Reflexionen über die Langeweile der Unsterblichkeit, in: ders., Probleme des Selbst, übersetzt von J. Schulte, Stuttgart 1978. Windelband, W., Die Geschichte der neueren Philosophie, 2. Band, Leipzig 19043, S. 99. Anschließend heißt es: „[...] daß infolgedessen die Identität des empirischen Selbstbewußtseins nur eine identische Funktion, nicht ein gleichbleibendes Ding bedeute [...]". Vgl. auch Cassirer, E., Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit, Darmstadt 1974 (Nachdruck der 3. Auflage 1922), Bd. II, S. 728 ff. - Schulz schreibt: „Die
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Wenn der Fehler tatsächlich darin bestünde, daß der Ausdruck „Ich" einmal die allgemeine Form des Denkens, dann aber eine geistige Substanz bezeichnen würde, so wäre unverständlich, wie diese relativ simple Äquivokation von Philosophen wie Platon, Descartes oder auch Mendelssohn begangen werden konnte. So gesehen wäre Kants Paralogismen-Kapitel keine zureichende Erklärung für den Fehler der Unsterblichkeitsbeweise, sondern zunächst einmal selbst erklärungsbedürftig: Wie konnte Kant nur zu der Meinung kommen, den Unsterblichkeitsbeweisen liege eine so leicht zu durchschauende Äquivokation zu Grunde? Wenn man hier dann die „instinktiven Wünsche" als den wahren Grund des Unsterblichkeitsglaubens und der vermeintlichen Unsterblichkeitsbeweise ansieht, so mag man auch Platon und Descartes solche simplen Äquivokationen zutrauen — aber damit ersetzt man Argumente durch Polemik und Unterstellungen. 1.3.2. Bei der Rezeptionsgeschichte der Kantischen Argumentation fällt weiter auf, daß man heute die Kritik Kants für durchaus vereinbar hält mit der These, aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse müsse man die Sterblichkeit der Seele behaupten. So beruft sich z. B. Walter Schulz einerseits auf die „glänzenden Argumentationen"l4 Kants gegen die Unsterblichkeitsbeweise, andererseits aber behauptet er aufgrund angeblicher wissenschaftlicher Erkenntnisse die Sterblichkeit der Seele: „[...] philosophische Aussagen über den Tod dürfen nicht gegen oder unabhängig von den Einsichten der Wissenschaft aufgestellt werden. Das besagt konkret: auch der Philosoph wird heute von den Vorstellungen ausgehen müssen, durch die unser Verstehen des Todes bestimmt ist: der Tod ist ein absolutes Ende des Lebens. Es wäre philosophisch nicht legitim, dieser Aussage ausweichen zu wollen, indem man erklärt, daß wir über den Tod nichts wissen können und alles offen sei. Die kantische Situation ist nicht mehr die unsrige"15.
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Unsterblichkeit ist unbeweisbar, denn das Ichbewußtsein ist, so lehrt Kant, eine inhaltsleere formale Bestimmung [...]. In glänzenden Argumentationen [!] zeigt Kant auf, daß der Übergang vom Ichbewußtsein zur Vorstellung einer Seelensubstanz auf einem Fehlschluß beruht: das Ichbewußtsein wird verdinglicht" (Schulz, W., Wandlungen der Einstellung zum Tode, in: Schwartländer, J., Hrsg., Der Mensch und sein Tod, Göttingen 1976, S. 98 f.). - Vgl. auch Strawson, P. F., Die Grenzen des Sinns, Ein Kommentar zu Kants Kritik der reinen Vernunft, Frankfurt/Main 1992 (bzw. Königstein 1981), S. 140ff. Vgl. die vorhergehende Anmerkung. — Nach Schulz beginnt das Ende der „metaphysischen Unsterblichkeitslehre" (Schulz, W., Zum Problem des Todes, in: ders., Vernunft und Freiheit, Aufsätze und Vorträge, Stuttgart 1981, S. 152) mit Kants Kritik. „Die entscheidende Zäsur stellt Kants Kritik an der Wissenschaftlichkeit der Metaphysik dar." (Schulz, W., Wandlungen der Einstellung zum Tode, S. 98). Schulz, W., Wandlungen der Einstellung zum Tode, S. 100 (ähnlich: Schulz, W., Zum Problem des Todes, S. 152f.). — Vgl. auch: „Es ist eine geschichtliche Tatsache, daß Sachverhalte, die als unerkennbar deklariert werden, ,hintergründig' werden. Sie werden nicht mehr als maßgebend angesehen und schließlich werden sie ,vergleichgültigt'. Nietzsche hat diese Tatsache herausgestellt. Eine unbekannte Welt kann nicht mehr, so sagt er, verpflichten, sie wird nebulös und verliert ihre Bedeutung" (Schulz, W., Wandlungen der Einstellung zum Tode, S. 99). Die These Nietzsches ist zumindest problematisch, wenn nicht falsch. Das Verbot eines Bildes von Jahwe im Dekalog (2. Mose, 20) und die negative Theologie, die sich darauf beruft, sind Beispiele dafür, daß der „unerkennbare" Gott gerade nicht
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Wenn aber die kantische Situation eine völlig andere als die unsrige wäre, dann könnten wir doch kaum noch seine Widerlegung der Unsterblichkeitsbeweise als „glänzende Argumentationen" nachvollziehen. Denn Kants Kritik läuft darauf hinaus, daß mit dem Tode die Grenze der Erfahrungswirklichkeit erreicht wird und daher Aussagen über die Unsterblichkeit ebenso wie über die Sterblichkeit der Seele diese Grenze überschreiten. Wenn die Wissenschaften heute sagen sollten: „Der Tod ist ein absolutes Ende des Lebens", so wäre das ebenso wie: „Die Seele ist unsterblich", keine erfahrungswissenschaftliche Aussage mehr (im Sinne Kants). Was Schulz hier zusammenbringen will, nämlich die transzendentale Kritik und die wissenschaftliche Begründung der Ganztodthese, ist mit Hilfe von Argumenten nicht zu machen. Aber vielleicht geht es Schulz mehr um Geistesgeschichte und die Möglichkeiten, die der Zeitgeist dem Denken läßt16. Dann ist Konsistenz vielleicht kein wesentliches Kriterium mehr für einen Gedankengang. Kant selbst ist der Meinung, daß seine Kritik der reinen Vernunfterkenntnis gleichermaßen einen Beweis für die Sterblichkeit wie für die Unsterblichkeit der Seele unmöglich mache: „Wenn ich höre, daß ein nicht gemeiner Kopf die Freiheit des menschlichen Willens, die Hoffnung eines künftigen Lebens, und das Dasein Gottes wegdemonstriert haben solle, so bin ich begierig, das Buch zu lesen [...]. Das weiß ich schon zum voraus völlig gewiß, daß er nichts von allem diesem wird geleistet haben, [...] weil mich die transzendentale Kritik, die mir den ganzen Vorrat unserer reinen Vernunft aufdeckte, völlig überzeugt hat, daß, so wie sie zu bejahenden Behauptungen in diesem Felde ganz unzulänglich ist, so wenig und noch weniger werde sie wissen, um über diese Fragen etwas verneinend behaupten zu können"17. Nur dann könnte man wie Schulz sich einerseits auf Kants Kritik der Unsterblichkeitsbeweise berufen und andererseits auf wissenschaftliche Gründe für die Sterb-
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„vergleichgültigt" wird. Entsprechend gibt es eine negative Psychologie: der Begriff der Freiheit ist bei Kant in theoretischer Hinsicht nur negativ bestimmt, bei Jaspers ist die Existenz, obwohl für die Wissenschaft „unerkennbar", entscheidend für das Gelingen des menschlichen Lebens. Das letzte längere Zitat steht bei Schulz im Kontext der „Frage, welche Möglichkeiten, über den Tod zu reden, der Philosophie heute noch offenstehen" (Schulz, W., Wandlungen der Einstellung zum Tode, S. 99). Kant, L, Kr V, B 781. — Bei Windelband und Simmel wird dieser Zusammenhang noch deutlich gesehen. So schreibt Windelband (Windelband, W., Die Geschichte der neueren Philosophie, 2. Band, a. a. O., S. 99): „Erweisbar also ist die Seele als Ding an sich nicht, aber sie ist ebensowenig widerlegbar. Dieselbe Kritik, welche sich gegen den Spiritualismus richtet, trifft auch den Materialismus." Und Simmel schreibt (Simmel, G., Kant, 16 Vorlesungen, Leipzig 19052, S. 72 f., nicht direkt bezogen auf die Paralogismen): „Materialismus und Spiritualismus begehen also den gleichen Fehler: dasjenige, was nur als ein partielles Erfahrungsgebiet, als Erscheinung vermittels bestimmter Wahrnehmungsfunktionen existiert, zu dem Dinge-an-sich der je anderen Erscheinungsqualität zu machen. Daß im 19. Jahrhundert der Materialismus noch einmal, trotz Kant, Schule machen konnte, beweist, wie sehr er Metaphysik ist, d. h. von Gefühlen und Willenstendenzen, von allgemeinen kulturellen und personalen Motiven abhängig ist, die jenseits der wissenschaftlichen Intellektualität stehen und alle Belehrung durch diese ausschlagen." Vgl. dazu das Zitat von Bieri in 1.4. als Kontrast.
Über Kants ,Widerlegung des Mendelssohnschen Beweises'
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lichkeit der Seele verweisen, wenn man Kants Widerlegung dieser Beweise außerhalb des transzendentalphilosophischen Rahmens so rekonstruiert hätte, daß sie sich einseitig gegen die Unsterblichkeitsbeweise richteten, aber mit wissenschaftlichen Beweisen für die Sterblichkeit der Seele durchaus vereinbar wären. Doch diese Rekonstruktion wäre erst noch zu leisten. Auch diese offensichtliche Argumentationslücke kann man leichter übersehen, wenn man seine Aufmerksamkeit auf die irrationalen Aspekte des Unsterblichkeitsglaubens richtet — und damit dann selbst die Ebene der rationalen Diskussion verläßt. 1.4. Die 1000 Qualifikationen des Materialismus Der Verdacht, daß die Unsterblichkeitsbeweise keinen diskussionswürdigen rationalen Aspekt haben, wird vom heute vorherrschenden Materialismus nahegelegt. Wenn das Leib-Seele-Problem durch den Materialismus aufgelöst wäre, so wäre damit in der Tat auch das klassische Thema der Unsterblichkeit der Seele in jeder Form endgültig erledigt. Denn wäre die Seele (bzw. die Rede von der Seele) auf den Körper (bzw. die Rede vom Körper) zu reduzieren, so wäre mit der Sterblichkeit des Körpers unmittelbar die der Seele verbunden. Wer vom Materialismus ausgeht, mag die Aufgabe mit Peter Bieri darin sehen, „unsere Innenperspektive so zu verstehen, daß sie mit der materialistischen Einsicht [!] in Übereinstimmung gebracht werden kann"18. Sobald diese Aufgabe endgültig gelöst ist, ergibt sich als Folgerung sofort die Sterblichkeit der Seele. Das Thema Unsterblichkeit scheint daher nicht aktuell zu sein: außer jener trivialen Folgerung gibt es zu diesem Thema nichts Sinnvolles zu sagen. Nun sind aber auch die hypermodernen Varianten des Materialismus nicht unwidersprochen geblieben. Franz von Kutschera schreibt: „Mit vielen anderen Positionen teilt der Materialismus das Schicksal, daß er seine anfangs sehr starken Thesen unter dem Eindruck der Kritik immer mehr abschwächen mußte." „Im Verlauf dieser Metamorphosen ist der Gehalt des Materialismus zunehmend verdunstet. Anthony Flew hat einmal von der Theologie gesagt, ihre Behauptungen stürben ,den Tod der 1000 Qualifikationen'; unter dem Druck der Gegenargumente hätten die Theologen ihre Thesen immer mehr eingeschränkt, so daß sie endlich jeden Gehalt verloren hätten. Dasselbe hätte er vom Materialismus sagen können"19. Wenn der Materialismus aufgrund seiner 1000 Qualifikationen nicht ganz so unstrittig ist, wie das von seinen Anhängern erhofft wird, lohnt es vielleicht doch, sich mit dem rationalen Aspekt der Unsterblichkeitsbeweise zu beschäftigen. Hier jedenfalls soll es nun um die logische Struktur einiger Argumente im Kontext der Unsterblichkeitsbeweise gehen. 18 19
Bieri, P., Hrsg., Analytische Philosophie des Geistes, Königstein 1981, Einleitung zum 3. Teil, S. 207. Kutschera, F. v., Die falsche Objektivität, Berlin, New York 1993, S. 2, 40.
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Ulrich Pardey 2. Kants Wiedergabe des Mendelssohnschen Beweises (im 2. Satz seiner ,Widerlegung()
2.1. Zur Rezeption von Mendelssohns Beweis Die übliche Geringschätzung der Unsterblichkeitsbeweise zeigt sich oft auch darin, daß man die kritisierten Beweise primär über die Texte der Kritiker rezipiert. So hat Kants sehr kurze und dunkle Darstellung des Mendelssohnschen Beweises sicher zu der Meinung beigetragen, dieser Beweis sei offensichtlich ungültig (auch unabhängig von Kants Gegenargument). Man versteht dann aber nicht mehr, warum Kant in diesem Kontext Mendelssohn einen scharfsinnigen Philosophen (B 414) nennt — will Kant dadurch etwa nur seine eigene ,Widerlegung' aufwerten? Ich versuche nun zu zeigen, daß das übliche Verständnis des Mendelssohnschen Beweises nicht zu halten ist. Dabei werde ich mit Kants dunkler Darstellung des Beweises beginnen, dann zu Mendelssohns eigenem Beweis übergehen und schließlich von Mendelssohns Text her die Dunkelheit in Kants Darstellung aufhellen. 2.2. Die einzelnen Elemente des Beweises Kant hat (mit dem zweiten Satz seiner Widerlegung') Mendelssohns Beweis folgendermaßen wiedergegeben: „In seinem Phädon suchte er nun diese Vergänglichkeit [das Verschwinden im Unterschied zur Zerteilung der Seele], welche eine wahre Vernichtung sein würde, von ihr [der Seele] dadurch abzuhalten, daß er sich zu beweisen getraute, (a) ein einfaches Wesen könne gar nicht aufhören zu sein, (b) weil, (c) da es gar nicht vermindert werden und also nach und nach etwas an seinem Dasein verlieren, und so allmählich in nichts verwandelt werden könne (indem es keine Teile, also auch keine Vielheit in sich habe), (b) zwischen einem Augenblicke, darin es ist, und dem ändern, darin es nicht mehr ist, gar keine Zeit angetroffen werden würde, (d) welches unmöglich ist."20 Etwas ausführlicher formuliert sieht der Gedankengang so aus: (1) Ein einfaches Wesen kann nicht aufhören zu sein, (2) weil [wenn das der Fall wäre] zwischen einem Augenblicke, darin es [das einfache Wesen] ist, und dem ändern, darin es nicht mehr ist, gar keine Zeit angetroffen werden würde. (3) [Es würde zwischen den beiden Augenblicken keine Zeit angetroffen werden,] da es [das einfache Wesen] gar nicht vermindert werden und also nach und 20
Kant, L, Kr V, B 414 (Gliederung von mir, U. P.).
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nach etwas an seinem Dasein verlieren, und so allmählich in nichts verwandelt werden könnte (indem es keine Teile, also auch keine Vielheit in sich hat). (4) Es ist [wegen der Stetigkeit der Zeit] unmöglich, daß zwischen zwei Augenblicken keine Zeit angetroffen wird. Diese Kantische Wiedergabe von Mendelssohns Beweis ist nur schwer verständlich, und, soweit man ihn (nach dieser Wiedergabe) auf den ersten Blick verstehen kann, scheint er ungültig zu sein. Die entscheidende Frage ist: Welche Rolle spielt in diesem Beweis Satz (2), der notwendig falsch ist, da er der Stetigkeit der Zeit widerspricht? Unklar ist auch zunächst, wie (3) die Begründung für (2) leisten soll. Vor allem eine Formulierung in (2) bereitet Verständnisprobleme: „zwischen einem Augenblicke, darin es ist, und dem ändern^ darin es nicht mehr ist" (Hervorhebung von mir, U. R). Sind damit zwei bestimmte Momente gemeint, z. B. der letzte Moment des Seins und der erste Moment des Nichtseins? Aber das sagt der Text nicht. — Oder sind damit zwei beliebige Momente gemeint: ein beliebiger Moment t0, in dem der einfache Gegenstand a ist, und ein beliebiger Moment t1} in dem a nicht mehr ist? Aber wie sollte dann zwischen den beiden Momenten keine Zeit mehr angetroffen werden? — Oder ist eine der beiden übrigen Möglichkeiten gemeint: einer der beiden Momente ist beliebig, der andere aber bestimmt? 2.3. Der Stellenwert von (2): Version (A) 2.3.1. Einer Beantwortung dieser Fragen kommt man näher, indem man untersucht, welchen Stellenwert Satz (2) in der gesamten Argumentation hat. Die übliche Version (A) besagt: (A) Satz (2) dient bei Kant bzw. Mendelssohn dem Nachweis, daß der Übergang eines einfachen Wesens vom Sein zum Nichtsein nicht wwstetig sein kann. Der Begriff der wwstetigen Veränderung ist (nach Mendelssohn) mit der Stetigkeit der Zeit unvereinbar. Dabei ist von dem folgenden Begriff der Stetigkeit der Zeit auszugehen21: (5) Die Zeit ist stetig (oder dicht) := Zwischen je zwei beliebigen Zeitpunkten t0 und t! gibt es stets einen dritten Zeitpunkt t, der von den ersten beiden Zeitpunkten verschieden ist. (Demnach gibt es nach einem Zeitpunkt t keinen nächsten Zeitpunkt.) Der Gedankengang Mendelssohns wäre dann folgender: Vorausgesetzt wird die Gültigkeit der Disjunktion, daß eine Veränderung entweder stetig oder unstetig ist. 21
Vgl. in 2.4.2. die Voraussetzung 3). — Von Mendelssohn und Kant wird bei der ganzen Diskussion vorausgesetzt, daß die Zeit eine kontinuierliche Größe ist. Kant schreibt: „Die Eigenschaft der Größen, nach welcher an ihnen kein Teil der kleinstmögliche (kein Teil einfach) ist, heißt die Kontinuität derselben. Raum und Zeit sind quanta continua [...]" (KrV, B 211).
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Würde ein einfaches Wesen a nun aufhören zu sein, so wäre das dementsprechend eine stetige oder eine unstetige Veränderung. Eine stetige Veränderung kann es nicht sein, da a ein einfaches Wesen ist [vgl. (3)]; eine unstetige Veränderung (hier: als Sprung ins Nichtsein) kann es auch nicht sein, weil unstetige Veränderungen mit der Stetigkeit der Zeit unvereinbar sind [vgl. (2)]. Also kann ein einfaches Wesen a nicht aufhören zu sein. — Die Version (A) wird in ähnlicher Form von Brentano, Bennett und Heimsoeth vertreten. 2.3.2. Brentano schreibt: „Mendelssohn hielt es für einen Widerspruch, daß etwas Einfaches aufhöre, weil nach dem letzten Moment des Seins kein erster Moment des Nichtseins kommen kann"22. Brentano behauptet aber, daß es „nicht widerspricht, daß etwas bis zu einem Zeitpunkt existiert und von ihm an nicht existiert. Es hört auf zu sein und beginnt nicht zu sein in demselben Augenblick"23. Der Widerspruch ergäbe sich nur, wenn der letzte Moment des Seins und der erste Moment des Nichtseins zwei verschiedene Momente wären, aber diese Annahme müsse man keineswegs machen, meint Brentano. Mendelssohns Beweis stimme also an dieser Stelle nicht, und auch Kant habe diesen Fehler offenbar übersehen24. Das Verständnis von „zwischen einem Augenblicke, darin es ist, und dem ändern, darin es nicht mehr ist" (Hervorhebungen von mir, U. P.) als „zwischen dem letzten Moment des Seins und dem ersten Moment des Nichtseins" ist vom Text her nicht besonders überzeugend. 2.3.3. Nach Bennett25 liegt der Fehler in Mendelssohns Beweis darin, daß er einen falschen Begriff von einer unstetigen (diskontinuierlichen) Veränderung habe: (6) (Mendelssohns Auffassung von der unstetigen Veränderung nach Bennett) Die Veränderung eines Gegenstandes vom Sein zum Nichtsein ist unstetig (diskontinuierlich) := der Gegenstand ist (existiert) in einem Augenblick t und in dem nächsten Augenblick nach t ist er nicht mehr. (Falls es unstetige Veränderungen im Sinne dieser Definition gibt, so gibt es auch nach einem gewissen Zeitpunkt t einen nächsten Zeitpunkt — was der Stetigkeit der Zeit widerspricht, s. o.) Wenn a im nächsten Augenblick nach t nicht mehr ist, so ist dieser nächste Augenblick der erste Augenblick, in dem a nicht mehr ist, und t selbst ist der letzte Augenblick, in dem a noch ist. Demnach versteht Bennett den in Kants Text problematischen Ausdruck „zwischen einem Augenblicke, darin es ist, und dem ändern, darin es nicht mehr ist" (Hervorhebung von mir, U. P.) genauso wie Brentano (Bennett schließt sich aber nicht der Kritik Brentanos an, daß nämlich beide Augenblicke zusammenfallen könnten). 22 23 24 25
Brentano, F., Kategorienlehre, hrsg. von A. Kastil (1933), Hamburg 1968, S. 92. Brentano, F., Kategorienlehre, a. a. O., S. 93. Vgl. Brentano, F., Kategorienlehre, a. a. O., S. 92, 94. Vgl. zum Folgenden Bennett, J., Kant's Dialectic, Cambridge 1974, S. 57 f.
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Bennetts These ist also, daß Mendelssohn einen falschen Begriff von einer unstetigen Veränderung habe (s. o.): Nach Mendelssohn könne eine Veränderung nicht unstetig sein, weil das mit der Stetigkeit der Zeit unvereinbar sei — es müsse Mendelssohn zufolge dann nämlich nach einem Zeitpunkt t einen nächsten Zeitpunkt geben. Dies sei aber falsch, weil nämlich die Unstetigkeit einer Veränderung (bei zwei beliebigen Zuständen F und G) anders zu charakterisieren sei: (7) (Die richtige Auffassung von der unstetigen Veränderung nach Bennett) Die Veränderung eines Gegenstandes vom Zustand F zum Zustand G ist unstetig (diskontinuierlich) : = Der Gegenstand ist in einem Augenblick t in dem Zustand F und in jedem Augenblick nach t im Zustand G (es gibt also keinen Zwischenzustand zwischen F und G, der dem Zwischenzeitpunkt bei der Stetigkeit der Zeit entspräche; daher nennt man diese Veränderung unstetig). Für die Unstetigkeit einer Veränderung sei es also keineswegs erforderlich, daß es einen nächsten Augenblick nach t gebe — was der Stetigkeit der Zeit widerspräche. Also folge umgekehrt aus der Stetigkeit der Zeit keineswegs, daß auch jede Veränderung stetig sein müsse — eben diese falsche Annahme mache aber Mendelssohn, und deshalb sei sein Beweis ungültig26. 2.3.4. Ähnlich scheint es Heimsoeth zu sehen, nach dem die „Stetigkeit der Zeit" für Mendelssohn und Kant die „Allmählichkeit [d. h. Stetigkeit] aller Veränderung [...] verbürgen" soll27. Heimsoeth geht auf diesen Begriff der stetigen Veränderung allerdings nicht näher ein. 2.4. Mendelssohns eigener Beweis im Phädon 2.4.1. In Mendelssohns Phädon beginnen die Überlegungen des Sokrates über die Unsterblichkeit der Seele so: „Der Tod, o Cebes! ist eine natürliche [!] Veränderung des menschlichen Zustandes, und wir wollen itzt untersuchen, was bey dieser Veränderung so wohl mit dem Leibe des Menschen, als mit seiner Seele vorgehet. Nicht? — Richtig! — Sollte es nicht rathsam seyn, erst überhaupt zu erforschen, 26
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Nachdem Bennett als 1. Voraussetzung Mendelssohns die Stetigkeit (Dichte) der Zeit angegeben hat (Die Zeit ist stetig [oder dicht] := Zwischen je zwei beliebigen Zeitpunkten gibt es mindestens einen dritten Zeitpunkt, der von beiden verschieden ist), fährt er fort: „All changes must therefore [!] be absolutely gradual: if the world is in state Sj at t1 and in a different state S3 at t3, then it must be in an inter-mediate state S2 at an intermediate time i2" (Bennett, J., Kant's Dialectic, a. a. O., S. 58). Man sieht sofort: Aus der Stetigkeit der Zeit folgt nur, daß es zwischen i2 und t3 einen von den beiden Zeitpunkten verschiedenen Zeitpunkt t geben muß, aber keineswegs folgt daraus, daß es zu einem dieser dazwischen liegenden Zeitpunkte auch einen von den beiden Zuständen verschiedenen Zwischenzustand geben muß. Heimsoeth, H., Transzendentale Dialektik, Ein Kommentar zu Kants Kritik der reinen Vernunft, Erster Teil: Ideenlehre und Paralogismen, Berlin 1966, S. 172. Dem Wort „verbürgen" entspricht bei Bennett das Wort „therefore" (vgl. das Zitat in der vorangehenden Anmerkung).
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was eine natürliche [!] Veränderung ist, und wie die Natur [!] ihre Veränderungen nicht nur in Ansehung des Menschen, sondern auch in Ansehung der Thiere, Pflanzen, und leblosen Dinge hervor zu bringen pflegt?"28. Der Ausgangspunkt des Beweises ist also der Gedanke, daß der Tod eine natürliche Veränderung ist. 2.4.2. Natürliche Veränderungen sind nach Sokrates bzw. Mendelssohn aber grundsätzlich stetig. Sokrates nennt für den eigentlichen Beweis im ersten Gespräch die folgenden Voraussetzungen, die den Begriff der natürlichen Veränderung näher bestimmen: „1) Zu einer jeden natürlichen [!] Veränderung wird dreyerley erfordert: (i) Ein Zustand eines veränderlichen Dinges, der aufhören, (ii) ein anderer, der seine Stelle vertreten soll, und (iii) die mittleren Zustände, oder der Uebergang, damit die Veränderung nicht plötzlich, sondern allmählig geschehe. 2) Was veränderlich ist, bleibet keinen Augenblick, ohne wirklich verändert zu werden. 3) Die Folge der Zeit gehet in einem fort, und es giebt keine zween Augenblicke, die sich einander die nächsten sind. 4) Die Folge der Veränderungen kömmt mit der Folge der Zeit überein, und ist ebenfalls so stätig, so unzertrennlich, daß man keine Zustände angeben kann, die sich einander die nächsten wären, oder zwischen welchen nicht ein Uebergang Statt finden sollte" (S. 66). Nach der Voraussetzung 4) besteht die Stetigkeit einer Veränderung darin, daß es zwischen jeweils zwei (verschiedenen) Zuständen stets einen Zwischenzustand (Übergang) gibt. Im wesentlichen dasselbe sagt Voraussetzung 1), daß nämlich jede natürliche Veränderung allmählich (stetig), d. h. über Zwischenzustände (mittlere Zustände) geschehe. Daher läßt sich die Definition der stetigen Veränderung, von der Mendelssohn ausgeht, etwa so formulieren: (8) Ein beliebiger Gegenstand b sei im Zeitpunkt t0 im Zustand F und er sei in einem späteren Zeitpunkt tj im Zustand G (t0 t l5 F G). Dann ist die Veränderung von b vom Zustand F zum Zustand G stetig : = Innerhalb des Zeitintervalls [t0, tx] gibt es für je zwei verschiedene Zustände Z^, Zn einen Zwischenzustand Z' von b, wobei die zugehörigen Zeitpunkte tk, tn in [t0, tj liegen und t 7 zwischen t^ und tn liegt. Man sieht leicht, daß die Stetigkeit der Veränderung, im Sinne dieser Definition genommen, nicht aus der Stetigkeit der Zeit folgt29 und daß deshalb die Unstetigkeit der Veränderung (in diesem Sinne) nicht der Stetigkeit der Zeit widersprechen kann. Denn wenn es z. B. keinen Zwischenzustand Z' von b zwischen F und G gibt, 28 29
Mendelssohn, M., Phädon oder über die Unsterblichkeit der Seele, hrsg. von D. Bourel, Hamburg 1979, S. 61. Etwas anderes ist die von Mendelssohn behauptete Entsprechung zwischen dem Ablauf der Zeit und dem Ablauf einer stetigen Veränderung (vgl. dazu 2.4.4. und 2.5.2.).
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so ist die Veränderung unstetig, aber es gibt sehr wohl noch Zeitpunkte zwischen t0 und ti, d. h. die Zeit ist trotzdem stetig30. Nach der Version (A) wird Mendelssohn aber unterstellt, er gehe von einem Begriff der unstetigen Veränderung aus, der der Stetigkeit der Zeit widerspreche31. 2.4.3. Der Beweis im ersten Gespräch des Phädon handelt fast nur von natürlichen, d. h. stetigen Veränderungen. Immer wieder finden sich Stellen wie die folgenden: „[...] wir haben aber gesehen, daß die Natur keine solche[n] Veränderungen, die plötzlich und ohne Uebergang geschehen, hervorbringen kann" (S. 67). „Die eine Todesart, die plötzliche Zernichtung, schreckt uns also nicht mehr [...]; denn sie ist in der Natur unmöglich" (S. 70). Nur auf etwa einer Seite (S. 69, 70) von 14 Seiten (S. 60—73) finden sich einige Bemerkungen zur Möglichkeit einer unstetigen (plötzlichen) Veränderung, die als solche aber ein Wunder und keine natürliche Veränderung mehr wäre. Sokrates erörtert dort die zwei Möglichkeiten, wie die Seele sterben könnte, nämlich „plötzlich" (unstetig) oder „allmählig" (stetig [S. 69]). „Vielleicht vergehet die Seele plötz30
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Mendelssohns Begriff von einer stetigen Veränderung, wie er in den eben zitierten Sätzen 1)—4) formuliert wird, wird m. E. durch die Definition (8) in etwa wiedergegeben. Man sieht leicht, daß dieser Begriff hinter dem beutigen Begriff von einer stetigen Funktion zurückbleibt. Denn es sei die Funktion f: R —» R definiert durch die folgenden Bedingungen: (a) f(x) = für < 2, (b) f(x) = + 3 für > 2. Dann erfüllt f alle in den Sätzen l)-4) genannten Bedingungen (und den Begriff der Stetigkeit im Sinne von (8)) — und hat trotzdem für das Argument 2 eine Sprungstelle, während Mendelssohn ja gerade mit seinem Begriff der stetigen Veränderung Sprünge in der Natur vermeiden will. — Dies wird man Mendelssohn aber in der Diskussion mit Kant kaum zum Vorwurf machen können, denn der Begriff der stetigen Veränderung ist in der Diskussion der Unsterblichkeitsbeweise zwischen Mendelssohn und Kant nicht kontrovers. So schreibt Kant 1770 (Mendelssohns Phädon erschien 1767) in seiner Abhandlung De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis: „Das metaphysische Gesetz der Stetigkeit [lex continuitatis metaphysica] aber ist dies: Alle Veränderungen sind stetig oder fließen, d. i. entgegengesetzte Zustände folgen nur durch eine dazwischenliegende Reihe verschiedener Zustände aufeinander" (zitiert nach der in Anmerkung l angegebenen Kant-Ausgabe, Band 3, S. 49, in der Übersetzung von N. Hinske). Auch Kants Begriff von Stetigkeit ist unzureichend, um die genannte Sprungstelle auszuschließen. — Allerdings würden Mendelssohn und Kant, gemäß dem damaligen Verständnis von Funktionen, die genannte Funktion f nicht als eine Funktion akzeptieren, sondern hier von zwei Funktionen fi(x) = und fz(x) = + 3 sprechen — und die sind in der Tat beide für sich stetig (sowohl im Sinne des damaligen als auch des heutigen Stetigkeitsbegriffs). Für Bennett gilt wohl, daß er den Text von Mendelssohn nicht gelesen hat, er verweist ausdrücklich nur auf die Kritik der reinen Vernunft (B 413—415) und sagt im Vorwort deutlich, daß er „weniger bedeutende" Philosophen wie Mendelssohn nicht behandeln werde: „[...] minor figures like Baumgarten and Mendelssohn. I am not equipped to handle the minor figures, and I am prepared to miss the subtleties in Kant's work that reflects them, referring the reader to Beck's admirable account of them" (Bennett, J., Kant's Dialectic, a. a. O., S. 5). Ebensowenig scheint Brentano den Text von Mendelssohn zu berücksichtigen. Heimsoeth bezieht sich zwar auf den Text von Mendelssohn, aber an dieser Stelle ohne Konsequenzen, denn sonst hätte er den Ausdruck „verbürgen" nicht gebrauchen können (s. o.).
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lieh, verschwindet in einem Nu. An und für sich [!] ist diese Todesart möglich. Kann sie aber von der Natur [!] hervorgebracht werden? — Keineswegs: wenn das wahr ist, was wir vorhin zugegeben, daß die Natur keine Zernichtung hervorbringen könne. [...] Zwischen Seyn und Nichtseyn ist eine entsetzliche Kluft, die von der allmählig wirkenden Natur [!] der Dinge nicht übersprungen werden kann" (S. 70). Die unstetige Veränderung („die plötzliche Zernichtung", S. 70) wäre nur durch ein Wunder Gottes32 möglich, ist aber nicht zu befürchten, weil „Gott, der allgütige Schöpfer und Erhalter der Dinge" als solcher keine „grundböse Handlung, die Zernichtung durch ein Wunderwerk" begehen kann (S. 70)33. Mendelssohn sagt, wenn ich recht sehe, nirgendwo, daß ein solches Wunder im Widerspruch zur Stetigkeit der Zeit stehen würde. 2.4.4. Allerdings finden sich einige Stellen bei Mendelssohn, die eine starke Entsprechung zwischen der Stetigkeit der Zeit und der Stetigkeit der (natürlichen) Veränderungen behaupten, z.B. die oben schon zitierte Voraussetzung 4): „Die Folge der Veränderungen kömmt mit der Folge der Zeit überein, und ist ebenfalls so stätig, so unzertrennlich, daß man keine Zustände angeben kann, die sich einander die nächsten wären, oder zwischen welchen nicht ein Uebergang Statt finden sollte" (S. 66). Ähnlich heißt es vorher: „Auch dünkt, alles Veränderliche könne keinen Augenblick unverändert bleiben, sondern, indem die Zeit ohne zu ruhen forteilet, und das Künftige beständig zu dem Vergangenen zurück sendet, so verwandelt sie auch zugleich alles Veränderliche, und zeigt es jeden Augenblick unter einer neuen Gestalt." (S. 63) „Es gibt keine zwey Augenblicke, die sich einander die nächsten sind? — Nein, sprach Cebes. — Und da die Veränderungen mit der Zeit in gleichen Schritten fortgehen, auch nicht zwo Zustände, die sich einander die nächsten sind? — Es scheinet also." (S. 65) Hiermit wird aber nur eine starke Entsprechung und nicht etwa eine Folgebeziehung zwischen der Stetigkeit der Zeit und der Stetigkeit der (natürlichen) Veränderungen behauptet. In dem letzten Zitat wird der parallele Fortgang („in gleichen 32
33
Vgl. das folgende Zitat von Leibniz: „Es gibt Wunder niederer Art [...]. Andere jedoch sind Gott vorbehalten und übersteigen alle natürlichen Kräfte und von dieser Art sind Schöpfung und Vernichtung". (Leibniz, G. W., Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie, Band I, übersetzt von A. Buchenau, hrsg. von E. Cassirer, Hamburg 19663, S. 152). — Auch noch in einem ändern Zusammenhang, nämlich bei der Begründung der zitierten Voraussetzung 2) [s. o.], befaßt sich Mendelssohn kurz mit dem Verhältnis von Gott und Natur: „[...] denn muß nicht eine Veränderung, die natürlich seyn soll, durch die Kräfte, die in die Natur gelegt sind, hervorgebracht werden? — Wie könnte sie sonst natürlich heißen? — Diese Kräfte aber sind stets wirksam, stets lebendig: denn wenn sie nur einen Augenblick entschliefen, so würde sie nichts als die Allmacht zur Thätigkeit aufwecken können. Was aber nur die Allmacht thun kann, wollen wir dieses natürlich nennen? — Wie könnten wir? sprach Cebes" (Mendelssohn, M., Phädon, S. 62, 63). Ähnlich äußert sich F. Brentano: Das „Vernichtetwerden eines einfachen Wesens [...] [ist] nach allgemeinem kosmologischen Gesetze ausgeschlossen [...], weil für Gott nichts zum Unrat werden kann". (Brentano, F., Kategorienlehre, S. 93). — Dies ist für eine „Wegwerfgesellschaft", die kaum noch Platz für ihren Unrat hat, ein interessanter Gedanke!
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Schritten fortgehen") von Zeit und Veränderungen vorausgesetzt und erst aufgrund dieser vorausgesetzten Parallelität wird dann aus der Stetigkeit der Zeit auf die Stetigkeit der Veränderungen geschlossen — und es wird nicht etwa allein aus der Stetigkeit der Zeit unmittelbar auf die Stetigkeit der Veränderungen geschlossen34. Und auch wenn nach dem vorletzten Zitat die Zeit die Ursache für die Stetigkeit der Veränderungen ist, da die Zeit alles Veränderliche fortlaufend verwandelt, so ist das ein anderer Gedanke als die These, die Stetigkeit der Veränderungen sei eine logische Folge aus der Stetigkeit der Zeit. 2.4.5. Weder Mendelssohns Gedanke vom Tod als einer natürlichen und daher stetigen Veränderung noch sein Verständnis von der unstetigen (plötzlichen) Veränderung als einem Wunder können die These begründen, daß nach Mendelssohn die Vernichtung der Seele als eine unstetige Veränderung vom Sein zum Nichtsein ausgeschlossen sei, weil sie der Stetigkeit der Zeit widerspreche. Wenn Satz (2) in Kants Wiedergabe des Beweises diese Funktion haben sollte, wie es die Version (A) besagt, so würde Kants Wiedergabe den Mendelssohnschen Gedankengang verfehlen35. 2.5. Der Stellenwert von (2): Version (B) 2.5.1. Mendelssohn versteht den Tod als eine natürliche Veränderung, die als solche stetig ist. In diesem Kontext weist er auf die „entsetzliche Kluft" zwischen Sein und Nichtsein hin, „die von der allmählig [!] wirkenden Natur der Dinge nicht übersprungen werden kann" (S. 70, vgl. S. 67), und deshalb ist für die Seele als „einfaches" Wesen36 der „Sprung"37 vom Sein zum Nichtsein unmöglich. Dies legt die folgende Alternative zu Version (A) nahe: 34
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Wollte man das letzte Zitat als eine strenge Begründung verstehen, so ergäbe sich eine Merkwürdigkeit: Mit dem Ausdruck „in gleichen Schritten fortgehen" beschreibt man unstetige Abläufe (denn zwei benachbarte Schritte sind „sich einander die nächsten" [das ist das Kennzeichen der Unstetigkeit]), und mit diesem Ausdruck für Unstetiges würde dann begründet, daß die Stetigkeit der Zeit (zusammen mit der genannten Parallelität) der Grund für die Stetigkeit der Veränderungen wäre. Nach dem Gesagten wird die folgende Darstellung der Argumentation von Mendelssohn im 1. Gespräch des Phädon nicht gerecht: „Zum Beweis für die Unsterblichkeit der Seele führte Mendelssohn an, daß die Seele als denkendes Wesen weder plötzlich noch allmählich in ihrem Sein vernichtet werden könne, weil das ein undenkbarer Sprung ins Nichts wäre [...]" (Friedrich Ueberwegs Grundriß der Geschichte der Philosophie, III. Teil: Die Philosophie der Neuzeit bis zum Ende des XVIII. Jahrhunderts, hrsg. von M. FrischeisenKöhler u. W. Moog, Basel 195313, $ 46, S. 472). Daß die Seele ein „einfaches" Wesen sei, versucht Mendelssohn im zweiten Gespräch des Phädon zu beweisen. Im ersten Gespräch aber, und um den Beweis im ersten Gespräch geht es hier, wird die Einfachheit der Seele vorausgesetzt und entsprechend von Kant in seiner Darstellung des Beweises auch als Voraussetzung angeführt. Zu der Bedeutung, die die Einfachheit (d. h. die Unzerlegbarkeit in Teile) der Seele für den Unsterblichkeitsbeweis hat, vergleiche man Abschnitt 3.3. „[...] und keine Zernichtung, haben wir gesehen, stehet in dem Vermögen der Natur. [...] Untergehen kann die Seele in Ewigkeit nicht; denn der letzte Schritt, man mag ihn noch so weit hinaus schieben, wäre immer noch vom Daseyn zum Nichts ein Sprung, der weder in
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(B) Satz (2) dient bei Kant/Mendelssohn dem Nachweis, daß der Übergang eines einfachen Wesens vom Sein zum Nichtsein nicht stetig sein kann. Der Versuch, diesen Übergang als stetige Veränderung zu verstehen, ist mit der Stetigkeit der Zeit unvereinbar. Dieser Gedankengang soll nun genauer rekonstruiert werden. 2.5.2. Dem Beweis von Mendelssohn liegt auch nach Kant die Voraussetzung zugrunde, daß natürliche Veränderungen stetig sind. Für eine stetige Veränderung gilt nach Mendelssohn der folgende Satz: (9) Innerhalb des Zeitintervalls [t0, tj, in dem die Veränderung stattfindet, gibt es zwischen dem Ablauf der Zeit und dem Ablauf der Veränderung eine genaue Entsprechung in dem folgenden Sinne: Wie es zwischen jeweils zwei Zeitpunkten tk und tn einen Zwischenzeitpunkt t' gibt, so gibt es zwischen den entsprechenden Zuständen Zk und Zn auch einen zu t' gehörenden Z wischenzustand Z'38. Nun beginnt der indirekte Beweis mit der zu widerlegenden Annahme: (10) Ein einfaches Wesen a existiere in dem Zeitpunkt t0 und existiere nicht mehr in dem späteren Zeitpunkt tj. (Der Übergang vom Sein zum Nichtsein erfolge also in dem geschlossenen Intervall [t0, t^; im übrigen können beide Zeitpunkte beliebig gewählt werden, es muß sich keineswegs um den letzten Zeitpunkt des Seins und den ersten Zeitpunkt des Nichtseins handeln.) Berücksichtigt man, daß a ein einfaches Wesen ist, so erhält man: (11) Zwischen dem Sein und dem Nichtsein gibt es bei einem einfachen Wesen a keinen Zwischenzustand Z', sondern nur eine „entsetzliche Kluft" [vgl. (3)]. Wegen der genauen Entsprechung zwischen den Zwischenzuständen und den Zwischenzeitpunkten nach (9) folgt aus (11):
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dem Wesen eines einzelnen Dinges, noch in dem ganzen Zusammenhange gegründet seyn kann" (Mendelssohn, M., Phädon, a. a. O., S. 73). Man könnte den Begriff der Entsprechung auch schwächer fassen, so daß nicht (9) gilt, sondern nur der folgende Satz: (9*) Innerhalb des Zeitintervalls [t0, ti], in dem die Veränderung stattfindet, gibt es zwischen dem Ablauf der Zeit und dem Ablauf der Veränderung eine genaue Entsprechung in dem folgenden Sinne: Wie es zwischen jeweils zwei Zeitpunkten tk und tn einen Zwischenzeitpunkt t' gibt, so gibt es zwischen den entsprechenden Zuständen Zk und Zn auch einen Zwischenzustand Z* zu einem Zwischenzeitpunkt t*, der zwischen tk und tn liegt (es kann sein, daß t* = t' ist, aber es muß nicht so sein). — Der Unterschied zwischen beiden Fassungen besteht darin: Nach (9*) gibt es zwischen tk und tn mindestens einen Zeitpunkt t* mit einem Zwischenzustand Z*, nach (9) gibt es zwischen tk und tn aber zu jedem Zwischenzeitpunkt t' einen Zwischenzustand Z'. Für den unten folgenden Beweis würde auch die schwächere Fassung (9*) reichen, aber die Fassung (9) entspricht dem Text von Mendelssohn genauer (vgl. das Zitat in 2.4.2.). Nach beiden Fassungen ist die Veränderung stetig im Sinne von Definition (8).
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(12) Zwischen t0 und tj gibt es keinen Zwischenzeitpunkt, d. h. es wird zwischen t0 und ti „gar keine Zeit angetroffen" [vgl. (2)]. (Oder: t! ist der nächste Zeitpunkt nach to, bzw.: to ist der letzte Moment des Seins und tj der erste Moment des Nichtseins.) (13) Das ist aber unmöglich wegen der Stetigkeit der Zeit [vgl. (4)]. (14) Also: Ein einfaches Wesen a kann nicht aufhören zu sein [vgl. (1)]. 2.6. Vergleich der Versionen (A) und (B) Für die Version (B) und gegen die Version (A) sprechen die folgenden Punkte: (i) Inhaltlich entspricht nur (B), nicht aber (A), dem Text von Mendelssohn, insbesondere seinem Begriff vom Tod als einer natürlichen, d. h. stetigen Veränderung. (ii) Kants Darstellung des Mendelssohnschen Beweises ergibt nur nach (B) einen gültigen Beweis, nicht aber nach (A). Da Kant im Zusammenhang mit diesem Beweis Mendelssohn einen scharfsinnigen Philosophen nennt, hielt er diesen Beweis offenbar für gültig (abgesehen von seinem eigenen Einwand). (iii) In seinem Einwand gegen Mendelssohn setzt auch Kant voraus, daß das Sterben eine stetige Veränderung ist. Obwohl die Seele einfach — als extensive Größe — ist, kann sie doch „durch alle unendlich viele kleinere Grade abnehmen" — als intensive Größe —, d. h. sie kann stetig „in nichts verwandelt werden" (B 414). (iv) Es ist unwahrscheinlich, daß Mendelssohn die unstetige Veränderung so definiert hätte, daß sie in einem unmittelbaren Widerspruch zur Stetigkeit der Zeit stünde [vgl. (6) und (8)], und ebenso unwahrscheinlich ist es, daß Kant diesen Fehler nicht sofort bemerkt hätte, da beide mit dem damaligen Begriff der Stetigkeit der Zeit gut vertraut waren. Nach der Version (A) läge aber genau dieser unwahrscheinliche Fall vor [vgl. auch (i)]. (v) Nach der Version (B) muß zunächst weder der Zeitpunkt t0 als „der letzte Moment des Seins" noch muß tj. als „der erste Moment des Nichtseins" verstanden werden, vielmehr können beide Zeitpunkte beliebig gewählt werden: t0 ist irgendein Augenblick, in dem das einfache Wesen a ist, und ti ist ein anderer beliebiger Augenblick, in dem a nicht mehr ist. Erst am Ende des indirekten Beweises kommt man zu der absurden Konsequenz, daß zwischen t0 und ti „gar keine Zeit angetroffen" wird [vgl. (2)]. — Dies entspricht dem Kantischen Text eher, als wenn man „der andere Augenblick, darin es nicht mehr ist"39 sofort als „der erste bzw. der nächste Augenblick, in dem es nicht mehr ist" versteht, wie das in der Version (A) der Fall ist. Danach wäre für Mendelssohn der Übergang vom Sein in t0 zum Nichtsein in t x unstetig genau dann, wenn zwischen t0 39
Wörtlich heißt es: „[...] dem ändern [Augenblicke], darin es nicht mehr ist" (Kant, L, Kr V, B 414).
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Ulrich Pardey und tt „gar keine Zeit angetroffen" würde [vgl. (2), (6)] — aber das entspricht nicht Mendelssohns Begriff von einer stetigen Veränderung [vgl. (8)].
3. Kants Kritik des Mendelssohnschen Beweises (im 3. Satz seiner ^Widerlegung') 3.1. Kants Unterscheidung von intensiver und extensiver Größe In seiner Kritik an den Paralogismen bestreitet Kant sonst vor allem, daß man die menschliche Seele als einfache Substanz erkennen kann. In seiner ,Widerlegung' aber will Kant einmal „der Seele diese einfache Natur einräumen" (B 414) und zeigen, daß daraus noch keineswegs ihre Beharrlichkeit folge. Seine Argumentation stützt sich dabei auf die Unterscheidung zwischen extensiven und intensiven Größen. Kant war wohl der Meinung, mit dieser Unterscheidung einen Punkt getroffen zu haben, den Mendelssohn übersehen habe: „Allein er [Mendelssohn] bedachte nicht..." (B 414). Die Seele könne nämlich sehr wohl stetig „in nichts verwandelt werden", da ihr eine intensive Größe zukomme, sie also einen gewissen Grad habe, und dieser Grad könne stetig, nämlich „durch alle unendlich viele kleinere Grade abnehmen" (B 414). Ohne im Sinne einer extensiven Größe teilbar zu sein, könne die Seele doch stetig ins Nichtsein übergehen. Mendelssohn hat diesen Punkt aber nicht übersehen, sondern bestreitet einen ähnlichen Gedanken ausdrücklich im ersten Gespräch des Phädon40. Die Frage ist dort, „ob die inneren Kräfte der Seele nicht so allmählig vergehen können, wie sich die Theile der Maschine trennen" (S. 71). Wenn der Leib krank wird, so wird die Seele „schwächer, empfindet unordentlich, denkt falsch und handelt öfters wider ihren Dank" (S. 72). — „Der Leib stirbt [...]; aber innerlich mögen wohl noch einige schwache Lebensbewegungen vorgehen, die der Seele noch einige dunkele Vorstellungen verschaffen" (S. 72). — Der Leib als „Maschine ist verweset" (S. 72). Hat damit auch die Existenz der Seele aufgehört? Mendelssohns Antwort ist eindeutig: „[...] keine Zernichtung, haben wir gesehen, stehet in dem Vermögen der Natur. [...] Untergehen kann die Seele in Ewigkeit nicht; denn der letzte Schritt, man mag ihn noch so weit hinaus schieben, wäre immer noch vom Daseyn zum Nichts ein Sprung, der weder in dem Wesen eines einzelnen Dinges, noch in dem ganzen Zusammenhange gegründet seyn kann" (S. 73). Demnach ist Mendelssohn hier entschieden anderer Auffassung als Kant. 3.2. Vom Zustand des Nichtseins und der Verwandlung in nichts Strittig zwischen Kant und Mendelssohn ist nicht (wie oben) die Frage, ob es zwischen dem Sein der Seele in t0 und dem (angenommenen) Nichtsein der Seele in 40
Mendelssohn, M., Phädon, S. 71—73; die Hervorhebungen in den drei letzten Zitaten des Abschnittes 3.1. sind von mir (U. P.).
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ti einen Zwischenzustand gibt. Wenn man t0 als einen Zeitpunkt wählt, in dem ein bestimmter Mensch m noch gesund war, bevor er kurz darauf todkrank wurde, und tj als einen Zeitpunkt, in dem der Leichnam von m schon teilweise verwest ist, so lassen sich auch nach Mendelssohn viele Zwischenzustände von m's Seele zwischen t0 und ti angeben (s. o.)· Strittig ist vielmehr, ob das Nichtsein als ein Zustand gedacht werden kann, der am Ende dieses stetigen Prozesses von der Seele erreicht wird. Es handelt sich hier um das alte Problem des Nichtseins von etwas: Nichtsein kann nicht ein Zustand eines Dinges a sein, weil a einerseits sein (existieren) muß, um überhaupt in einem Zustand sein zu können, andererseits aber nicht sein (existieren) darf, weil es im Zustand des Nichtseins (Nichtexistierens) sein soll. Etwas anders gesagt: Ein Ding a kann den Zustand des Nichtseins nicht erreichen, weil a einerseits sein (existieren) muß, um überhaupt einen Zustand erreichen zu können, andererseits aber nicht mehr sein (existieren) darf, weil es den Zustand des Nichtseins (Nichtexistierens) erreichen soll. Wenn man in Kants Ausdruck „in nichts verwandelt werden" das Wort „nichts" einmal versuchsweise im Sinne der Logik versteht, so zeigt sich dasselbe Problem in anderer Gestalt. Wählt man, wie es naheliegt, als zugrundeliegenden Gegenstandsbereich G die Menge aller irgendwann einmal existierenden Dinge (einschließlich Personen, je nach Überzeugung nehme man auch Geister, Engel und Dämonen hinzu), so bedeutet „die Seele wird in nichts verwandelt": die Seele wird in keinen der Gegenstände in G verwandelt — d. h. sie bleibt, was sie ist. Eine Verwandlung ist immer eine Verwandlung in etwas, eine Verwandlung in nichts führt daher zu keinerlei Veränderung. — Versteht man unter nichts aber eine Art Gegenstand, in den die Seele verwandelt würde (dieser sehr besondere Gegenstand wäre dann als „das Nichts" zu bezeichnen), so wäre die Seele nach der Verwandlung nicht nichts, sondern etwas, nämlich das Nichts. Die Lösungen für dieses Problem laufen i. allg. darauf hinaus, die Ausdrücke „nichtsein" und „in nichts verwandelt werden" zu einer uneigentlichen Redeweise zu erklären. Mendelssohn und Kant bieten hier verschiedene Lösungsvorschläge an. 3.3. Der Übergang ins Nichtsein als Zerteilung Nach Mendelssohn ist der Tod des menschlichen wie des tierischen Körpers als Auflösung oder Zerteilung in die Elemente des Körpers zu verstehen: Es „gehet bey der Auflösung des thierischen Leibes nichts verloren. Die zerfallenen Theile fahren fort zu seyn, zu wirken, zu leiden, zusammen gesetzt und getrennt zu werden, bis sie sich durch unendliche Uebergänge in Theile eines ändern Zusammengesetzten verwandeln" (S. 67). Wenn der Gegenstand a aus den Teilen a1? ..., an zusammengesetzt ist, derart daß „a" als eine abgekürzte Redeweise für die spezielle Zusammensetzung Za (al5 ..., an) verstanden werden kann, dann besagt „a ist nicht mehr" oder „a hat den Zu-
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stand des Nichtseins erreicht" genauer: Die Teile a l5 ..., an sind nicht mehr in der Form von Za (a l5 ..., a n ) angeordnet, sondern in andere Zusammensetzungen eingegangen. Dies ist für Mendelssohn die einzige natürliche Art, in der etwas „aufhören kann zu sein" bzw. „in nichts verwandelt werden" kann (das sind Kantische Ausdrücke). Daß a den Zustand des Nichtseins (als Endzustand des Übergangs ins Nichtsein) erreicht — und darum geht es ja bei dem Gedanken an den Tod —, ist bei diesem Ansatz eine uneigentlich e, aber deshalb auch unproblematische Redeweise, sie besagt nämlich nur: Die Teile a ls ..., an sind nicht mehr in der Form von Za (ai, ..., an) angeordnet, sondern in neue Zusammensetzungen eingegangen. Wesentlich für die Zerteilung ist, daß die Teile sowohl am Ausgangspunkt (in dem a existiert) als auch am Endpunkt (in dem a nicht mehr existiert) der Zerteilung existieren. An dieser Stelle gibt es keinen Unterschied zwischen den Materialisten („Ganztodthese") und den Spiritualisten („Unsterblichkeit"): Beide Parteien verstehen den Tod als Zerteilung von Teilen, die vor dem Tod (im lebendigen Menschen) und nach dem Tod existieren (nur im Leichnam oder vielleicht außerdem noch an einem anderen ,Ort'?). Strittig ist nur die Frage, welche Teile man voraussetzen muß, um diese Veränderung verstehen zu können: Genügt es, den Körper samt seinen Teilen (vor und nach dem Tod) vorauszusetzen, oder muß man außerdem noch die Existenz der Seele (vor und nach dem Tod) annehmen?41 3.4. Der Übergang ins Nichtsein bei einer intensiven Größe Selbst wenn die Seele in dem Sinne einfach sei, daß sie keine extensive Größe enthalte, meint Kant, daß man der Seele „doch, so wenig wie irgend einem Existierenden, intensive [!] Größe, d. i. einen Grad der Realität in Ansehung aller ihrer Vermögen ableugnen könne, welcher durch alle unendlich viele kleinere Grade abnehmen [könne], und [daß] so die vorgebliche Substanz [...], obgleich nicht durch 41
Bei Kant findet man eine auf den ersten Blick ganz ähnliche Auffassung vom ,Übergang ins Nichtsein': „Entstehen und Vergehen sind nicht Veränderungen desjenigen, was entsteht oder vergeht. Veränderung ist eine Art zu existieren, welche auf eine andere Art zu existieren eben desselben Gegenstandes erfolget. Daher ist alles, was sich verändert, bleibend, und nur sein Zustand wechselt" (B 230). Während Kant diesen Begriff des Vergehens aber auf die Erfahrungserkenntnis innerhalb der sinnlich wahrnehmbaren Welt beschränkt, kommt für Mendelssohn eine solche Beschränkung nicht in Frage: „Was mit dem Leibe nach dieser wichtigen Begebenheit [dem Sterben] vorgehet, kann uns die Beobachtung lehren; denn das Ausgedehnte bleibt unsern Sinnen gegenwärtig; aber wie, wo, und was die Seele nach diesem Leben seyn wird, muß bloß durch die Vernunft ausgemacht werden; denn die Seele hat durch den Tod das Mittel verloren, den menschlichen Sinnen gegenwärtig zu seyn" (Mendelssohn, M., Phädon, S. 66). Hier wird der Unterschied zwischen der Kantischen Transzendentalphilosophie und der vorkantischen Metaphysik deutlich, aber darauf kann ich hier nicht (und muß ich im Kontext der »Widerlegung* auch nicht) eingehen.
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Zerteilung, doch durch allmähliche Nachlassung [...] ihrer Kräfte [...] in nichts verwandelt werden könne" (B 414). Ob dieser Einwand Kants sticht, scheint mir sehr fraglich zu sein. Zwar kann ich hier nicht Kants Verständnis von intensiven Größen ausführlich erörtern, aber ich möchte doch Kants Einwand den folgenden Gedanken entgegenhalten: Eine RotEmpfindung hat eine gewisse Intensität, sie hat also eine intensive Größe — und sie kann zu nichts werden. Eine solche Rot-Empfindung scheint mir daher ein typisches Beispiel für das zu sein, was Kant unter einer intensiven Größe versteht (vgl. B 207 ff.). Nun gibt es Rot-Empfindungen aber nur in einem Bewußtsein und nicht an sich, meine Rot-Empfindung ist in mir, dagegen ist seine Rot-Empfindung in ihm. Wenn meine Rot-Empfindung zu nichts geworden ist, so heißt das doch nur, daß ich nichts Rotes mehr sehe, ich sehe etwas Nichtrotes oder habe keine Farbwahrnehmung mehr; es ist nicht so, daß meine Rot-Empfindung zu einem ,Nichts an sich' wird. Die Rot-Empfindung und das Nichts an Rot-Empfindung sind beide Bestimmungen meines Bewußtseins. Ich selbst muß noch sein, um diese NichtrotEmpfindung (oder dies Nichts an Rot-Empfindung) auf jene vorhergehende RotEmpfindung beziehen zu können. Noch einmal: Diese Rot-Empfindung und dies Nichts an Rot-Empfindung müssen zu demselben, jeweils meinem Bewußtsein gehören, damit dies Nichts an Rot-Empfindung auf jene vergangene Rot-Empfindung bezogen und gesagt werden kann: „Diese Rot-Empfindung ist zu nichts geworden". Unsinnig wäre es, mein Nichts an Rot-Empfindung auf seine vergangene Rot-Empfindung zu beziehen und zu sagen: „Diese seine Rot-Empfindung ist zu meinem Nichts an Rot-Empfindung geworden." Wenn dies aber stimmt, daß die Rot-Empfindung und das Nichts an Rot-Empfindung beide Bestimmungen meines Bewußtseins sind und ich selbst noch sein muß, um die Nichtrot-Empfindung (oder dies Nichts an Rot-Empfindung) auf die vorhergehende Rot-Empfindung beziehen zu können, dann muß der Empfindende etwas länger existieren als die Empfindung, die zu nichts wird. Soll nun nach Kant das Bewußtsein analog zur Rot-Empfindung als einer intensiven Größe zu nichts werden, so muß es nach dieser Analogie etwas länger existieren als es selbst — was ein Widerspruch und damit unmöglich ist42. Kants Unterscheidung von extensiver und intensiver Größe scheint mir daher nicht das zu leisten, was mit ihr beabsichtigt ist — sie führt zu keinem überzeugenden Einwand gegen Mendelssohns Unsterblichkeitsbeweis43.
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Franz Brentano hat Kants Intensitätslehre anders und ganz allgemein kritisiert (vgl. Brentano, F., Kategorienlehre, S. 92 ff.). Er schreibt zu dem hier interessierenden Punkt: „Wenn Kant behauptet, jedes Denken habe, ähnlich, wie jedes Empfinden, einen Grad der Intensität, so muß dies aufs entschiedenste bestritten werden. Man kann nicht den allgemeinen Begriff eines Denkenden mit verschiedenen Intensitätsgraden denken, wie man eine Tonempfindung lauter oder leiser haben kann" (S. 95). Diese Gegenkritik an Kant bezieht sich nur auf seine jWiderlegung' (insbesondere auf den dritten Satz), nicht etwa allgemein auf seine Kritik der rationalen Psychologie.
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4. Platons Unsterblichkeitsbeweise und Kants Kritik 4.1. Scholz und Gadamer über Platon und Kant Nach der heute vorherrschenden Auffassung beginnt die Geschichte der Unsterblichkeitsbeweise mit Platons Phaidon und endet mit der „alles zermalmenden"44 Kritik Kants an der rationalen Psychologie, wobei diese Kritik zugleich die platonischen Beweise treffe. So schreibt Heinrich Scholz45: Platon „hat das ganze Rüstzeug seiner Ideenlehre in Bewegung gesetzt, um die Unsterblichkeit der Seele streng zu erweisen" (S. 36). „An diesen berühmten Unsterblichkeitsbeweisen hat Kant eine ebenso berühmte Kritik geübt. Zwar bezieht er sich in dieser Kritik nicht unmittelbar auf Plato selbst, sondern das eine Mal auf die Erkenntnistheorie seiner Zeit, das andere Mal auf die aufgeklärte moderne Fassung, die Moses Mendelssohn dem Unsterblichkeitsbeweis aus der Einfachheit der Seele in seinem Phädon gegeben hatte. Aber tatsächlich wird beide Male Plato getroffen, und aus diesem Grunde dürfen wir die Kantische Kritik der Unsterblichkeitsbeweise doch unmittelbar auf Plato beziehen" (S. 44)46. Nach Scholz versucht Platon also, positive Beweise für die Unsterblichkeit vorzubringen. Ganz anders als Heinrich Scholz beurteilt Hans Georg Gadamer die platonischen Argumente: „Plato will gewiß nicht sagen, daß er nun die Unsterblichkeit der Seele bewiesen habe, die der religiösen Überlieferung zugrunde lag. Aber was er sagen will, ist, daß der aufgrund der wissenschaftlichen Aufklärung sich ausbreitende Zweifel die Dimension menschlichen Lebensverständnisses überhaupt nicht erreicht. Die wachsende wissenschaftliche Einsicht in die Ursachen von Werden und Vergehen und den Lauf des Naturgeschehens vermag das denkende Hinausfragen über das Hiesige nicht zu desavouieren und ist keine Instanz gegen die religiöse Zuversicht. Das, scheint mir, ist der Sinn jener Beweisführungen, daß sie Zweifel widerlegen, nicht daß sie den Glauben begründen."47 Nach Gadamer will Platon im Phäi44
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Mendelssohn, M., Morgenstunden oder Vorlesungen über das Daseyn Gottes, 1. Teil, hrsg. von D. Bourel, Stuttgart 1979, S. 5 (S. 3 nach der historisch-kritischen Jubiläumsausgabe, Band III, hrsg. von L. Strauss, Stuttgart 1974). Vgl. Scholz, H., Der Unsterblichkeitsgedanke als philosophisches Problem, Berlin 1920. Daraus stammen die folgenden Zitate. Ähnlich wie Heinrich Scholz urteilt z. B. auch Walter Schulz: „Die klassische Metaphysik von der Antike bis zu Hegel hin ist dadurch ausgezeichnet, daß sie verbindliche Aussagen über Tod und Sterben aufstellt, und zwar wesentlich vom Aspekt der Unsterblichkeit her" (Schulz, W., Zum Problem des Todes, a. a. O., S. 140). Die Aufhebung „der metaphysischen Unsterblichkeitslehre [...] vollzieht sich in zwei Schritten. Der erste Schritt ist in Kants Kritik sichtbar: Die Möglichkeit einer übersinnlichen Erkenntnis wird durch die Einsicht in die Begrenztheit der menschlichen Erkenntniskräfte in Frage gestellt." (ebenda, S. 152). Auch Schulz nimmt Bezug auf den unten genannten Text von Gadamer, aber das ändert nichts daran, daß er im wesentlichen mit Scholz übereinstimmt (S. 150f.). Vgl. Gadamer, H. G., Die Unsterblichkeitsbeweise in Platons .Phaidon', in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 6, Tübingen 1985, S. 199 f. — Ähnlich, aber in einem entscheidenden Punkt anders als Gadamer, urteilt Baumgartner. Nach ihm besteht die Ansicht des platonischen Sokrates darin, „daß wir in der Tat in diesen Dingen [nämlich bei der Unsterblichkeitsfrage] keinen sicheren Beweis finden, sondern nur die beste Ansicht ausfindig machen
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don keineswegs, wie H. Scholz meint, positive Beweise für die Unsterblichkeit vorbringen, sondern ihm geht es um Beweise im Sinne einer Widerlegung von Einwänden gegen den Unsterblichkeitsglauben. Im folgenden will ich diesen Gedanken Gadamers aufgreifen und auf einige Konsequenzen, die sich m. E. aus diesem Gedanken ergeben, hinweisen. 4.2. Positiver Beweis oder Widerlegung eines Einwandes Die Unterscheidung zwischen einem positiven Beweis für eine These T und einer Widerlegung einer Gegenthese G soll nun kurz verdeutlicht werden. Es lassen sich zwei mögliche Argumentationssituationen unterscheiden: (i) G ist der kontradiktorische Gegensatz zu T. Dann ist entweder T wahr oder es ist G wahr — eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Wenn nun G widerlegt wird, so ist damit zugleich die Wahrheit von T bewiesen. In diesem Fall ist also die Widerlegung von G zugleich ein positiver (indirekter) Beweis von T. Anders gesagt: Die Falschheit von G ist zugleich eine notwendige und eine hinreichende Bedingung für die Wahrheit von T. (ii) G ist ein konträrer Gegensatz zu T. Dann ist die Widerlegung von G noch kein positiver Beweis für T. Zwar ist T falsch, wenn G wahr ist — und deshalb muß jeder, der T behauptet, an einer Widerlegung von G interessiert sein —, aber umgekehrt folgt aus der Falschheit von G noch nicht die Wahrheit von T. Kurz: Die Falschheit von G ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Wahrheit von T. Ein Beispiel: Wenn Sokrates im Phaidon die These widerlegt, die Seele sei nichts anderes als die Harmonie des Körpers (und gehe deshalb zwangsläufig mit dem Körper im Tode zugrunde), so widerlegt er damit eine These, die einen konträren Gegensatz zur Unsterblichkeitsthese bildet. Diese Widerlegung ist kein positiver Beweis für die Unsterblichkeitsthese. können, die sich dadurch auszeichnet, daß sie allen jeweils bekannten Widerlegungsversuchen standhält. Bei dieser Ansicht darf man sich beruhigen, wenn man nicht auf ein göttliches Wort vertrauen will. Alle von Sokrates vorgetragenen Argumentationen scheinen in dieser Perspektive dadurch gekennzeichnet zu sein, daß sie die Unwiderleglichkeit der Annahme, die Seele sei unzerstörbar, dartun wollen: Sie begründen einen Glauben und nicht ein Wissen." (Baumgartner, H. M., Ist der Mensch absolut vergänglich*, Über die Bedeutung von Platons Argumenten im Dialog ,Phaidon', in: Bonner Philosophische Vorträge und Studien, hrsg. von W. Hogrebe, Nr. 2, Bonn 1998, S. 26). Nun kann es aber im oben genannten Sinne zwei „beste Ansichten" geben, falls nämlich die Unsterblichkeitsthese und ebenso die Sterblichkeitsthese allen bisher vorgelegten Widerlegungsversuchen standhalten. Das Scheitern der Widerlegungsversuche kann also keinen Glauben begründen, sondern nur einen anders begründeten Glauben gegen Zweifel (nämlich Widerlegungsversuche) verteidigen. Daher ist Gadamers Beschreibung der Argumentationssituation („Das, scheint mir, ist der Sinn jener Beweisführungen, daß sie Zweifel widerlegen, nicht daß sie den Glauben begründen.", s. o.) genauer als die von Baumgartner („Alle von Sokrates vorgetragenen Argumentationen [...] begründen einen Glauben und nicht ein Wissen.", s. o.).
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Die beiden wichtigsten Thesen bei der Diskussion des Todesproblems, nämlich die Unsterblichkeitsthese U und die Ganztodthese G, sind nur konträre Gegensätze. Eine dritte Möglichkeit besteht z. B. in der These, daß die Seele den Körper um einige (oder viele) Jahre überlebe — aber diese These ist nur selten vertreten worden48. Das Bestehen dieser dritten Möglichkeit hat aber zur Konsequenz, daß eine Widerlegung von G (bzw. U) kein positiver Beweis für U (bzw. G) ist. 4.3. Exkurs: Descartes' Beweis für die substantielle Verschiedenheit von Seele und Körper Descartes versucht in seinen Meditationen, „die substantielle Verschiedenheit des menschlichen Geistes vom Körper"49 zu beweisen. Ist damit ein positiver Beweis der Unsterblichkeitsthese oder die Widerlegung eines Einwandes gemeint? Anscheinend denkt Descartes zunächst an einen positiven Beweis, wie man dem Untertitel zur 1. Auflage entnehmen kann: „Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, in denen [...] die Unsterblichkeit[\] der menschlichen Seele bewiesen wird"50. Dem entspricht auch das Widmungsschreiben an die Sorbonne, wenn man es wie L. Gäbe versteht, daß nämlich Descartes „durch absolut zweifelsfreie Beweise für das Dasein Gottes und die Unsterblichkeit der Seele den christlichen Glauben sichern" wolle51. Aber einen solchen Unsterblichkeitsbeweis findet man in den Meditationen nicht52. Schon Mersenne, der Verfasser der zweiten Einwände gegen die Meditationen, schreibt, „daß aus dieser ihrer [der Seele] Verschiedenheit vom Körper nicht zu folgen scheint, daß sie unvergänglich oder unsterblich ist"53. Descartes' Entgeg48
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Eine ähnliche These wird kurz in Platons Phaidon (vgl. Platon, Phaidon, in: ders., Werke in acht Bänden, hrsg. von G. Eigler, übersetzt von F. Schleiermacher, Darmstadt 1990, Band 3, S. 105, 107 [88 a, b]) diskutiert: Dort erhebt Kebes (Schleiermacher schreibt „Kebes", Mendelssohn „Cebes") gegen den Unsterblichkeitsglauben den Einwand, die Seele könne mehrere Körper überdauern, aber schließlich bei der Trennung von ihrem letzten Körper zugrunde gehen. — Heute wird eher die These vertreten, daß die Seele vor dem Körper sterbe (und daher die Organentnahme zu Transplantationszwecken nicht gegen die Menschenwürde verstoße). Descartes, R., Meditationen über die Grundlagen der Philosophie (Meditationes de prima philosophia), hrsg. von L. Gäbe, Hamburg 1959, S. 11 f. Wenn nichts anderes angegeben ist, werden die Meditationen des Descartes nach dieser Ausgabe zitiert. Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. IX. Gäbe, L., Einleitung des Herausgebers, S. IX, in: Descartes, R., Meditationen. — Vgl. Schulz, W., Zum Problem des Todes, a. a. O., S. 151: Descartes will „die Unterschiedenheit der menschlichen Seele von ihrem Körper beweisen. Descartes erkennt klar, daß allein [!] auf dieser Unterschiedenheit die Unsterblichkeit beruht." Vgl. Gäbe, L., Einleitung des Herausgebers, in: Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. IX. — Gäbes Überlegungen gelten der „Frage nach der Absicht, die Descartes selbst im Rahmen seines eigenen Denkens mit den Meditationen verfolgt" (S. VIII). Dabei streift er das Thema der Unsterblichkeitsbeweise kurz auf den Seiten IX und X. Descartes, R., Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, mit sämtlichen Einwänden und Erwiderungen, übersetzt und hrsg. von A. Buchenau, Hamburg 1965, S. 116. Diese Ausgabe wird nur hier zitiert.
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nung auf diesen Einwand wirkt ziemlich schwach, und in der 2. Auflage hat er den Untertitel geändert: „Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, in denen [...] die Verschiedenheit [!] der menschlichen Seele vom Körper bewiesen"54 wird. Muß man daraus schließen, daß Descartes seine ursprünglichen Ziele zurückgenommen hat? Oder hat er mit dem zuviel versprechenden Untertitel der 1. Auflage nur die Aufmerksamkeit und das Wohlwollen der „sehr weisen und erlauchten Herren"55 der Sorbonne auf seine Schrift ziehen wollen? Mir scheint, daß man das Widmungsschreiben auch anders verstehen kann, als Gäbe das tut. Es heißt dort: „Was [...] die Seele betrifft, so meinen zwar viele, ihre Natur könne nicht leicht ermittelt werden, und einige wagen sogar zu sagen, daß menschliche Gründe zu der Überzeugung nötigten, sie ginge zugleich mit dem Leib zugrunde und nur im Glauben könne man vom Gegenteil überzeugt sein, jedoch das Laterankonzil unter Leo X. [...] verdammt diese Leute und trägt den christlichen Philosophen ausdrücklich auf, ihre Argumente zu entkräften und die Wahrheit nach Kräften zu beweisen. Deshalb habe auch ich nicht gezögert, damit einen Versuch zu machen"56. Das Laterankonzil hat demnach zwei Aufgaben formuliert: 1. Die Argumente der Gegner sollen entkräftet, d. h. (nach Möglichkeit) widerlegt werden. 2. Die Wahrheit (die Unsterblichkeitsthese) soll „nach Kräften" positiv bewiesen werden. Zweifellos hat Descartes versucht, die erste Aufgabe zu erfüllen — und er hat sie offenbar so gut erfüllt, daß man sich bis in die Gegenwart57 mit seinen Argumenten auseinandersetzt. Ähnlich klar ist aber, daß er die zweite Aufgabe nicht erfüllt hat und es wohl auch nicht ernsthaft versucht hat, denn sonst hätte er in der 2. Auflage der Meditationen die Argumentation entsprechend verbessert, statt den Untertitel, wie oben zitiert, abzuschwächen58. Wichtig ist der Kontext der Argumentation. Pomponazzi und andere humanistische Aristoteliker haben dem Unsterblichkeitsglauben widersprochen und „behaup54 55 56 57 58
Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. 1. Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. 3. Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. 5. Vgl. z. B. Kripke, S., Name und Notwendigkeit (Naming and Necessity], übersetzt von U. Wolf, Frankfurt/Main 1981, S. 165. Es ist auffällig, daß die zweite Aufgabe, die das Konzil gestellt hat, nämlich „die Wahrheit nach Kräften zu beweisen", erheblich schwächer formuliert ist als die Absicht, die Descartes nach Gäbes Interpretation in dem Widmungsschreiben äußert bzw. vorgibt (vgl. Gäbe, L., Einleitung des Herausgebers, in: Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. X), nämlich „durch absolut zweifelsfreie Beweise für das Dasein Gottes und die Unsterblichkeit [!] der Seele den christlichen Glauben [zu] sichern" (Gäbe, L., a. a. O., S. IX). Wenn man Descartes' Beitrag zu den Unsterblichkeitsbeweisen, wie es auch heute noch üblich ist, an diesem überzogenen Anspruch mißt, kann er nur schlecht abschneiden. Tatsächlich behauptet Descartes aber nur, die Verschiedenheit von Seele und Körper absolut sicher bewiesen zu haben. In der ,Widmung' nennt Descartes dreimal als Beweisziel die These, daß die Seele und der Körper (substantiell) verschieden seien (Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. 5, 11, 13), und wenn er zu Beginn von dem Glauben spricht, „daß die menschliche Seele nicht mit dem Körper untergeht" (S. 3), so formuliert er damit genau die Negation der schon zitierten Gegenthese, die „Seele ginge zugleich mit dem Leib zugrunde" (S. 5).
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tet, daß die natürliche Sterblichkeit der Seele eine triviale Folge ihres aristotelischen Wesensbegriffes als ,actus corporis organici' sei"59. Diese Gegenthese Pomponazzis ist nun in der Tat widerlegt, wenn Descartes, wie er es beansprucht, die Verschiedenheit von Seele und Körper beweisen kann. Wie auch immer Descartes' Intentionen im einzelnen gewesen sein mögen, für die Bewertung seiner Argumentation ist entscheidend, ob man sie als positiven Beweis oder als Widerlegung einer Gegenthese versteht. 4.4. Zur Verteilung der Beweislast Vermutlich gibt es keine überzeugenden positiven Beweise für die Unsterblichkeitsthese U oder die Ganztodthese G, aber es gibt etliche gelungene Widerlegungen von Thesen, aus denen sich die Gültigkeit von U bzw. G folgern ließe. Deshalb befinden sich — nicht erst seit Kant, sondern schon seit Platon — sowohl die Befürworter der Unsterblichkeit als auch die Vertreter des Ganztodes in einer anscheinend schwer erträglichen Beweisnot. Neuerdings versucht man dem argumentativen Patt dadurch zu entgehen, daß man dem Gegner die Beweislast aufbürdet. Wenn keiner einen (positiven) Beweis vorlegen kann, so ist doch der noch schlechter dran, der zuerst einen Beweis vorlegen muß. Schulz und Kamiah60 bringen dies Erstfizargument gegen die Anhänger des Unsterblichkeitsgedankens vor, Scheler gibt den Vertretern der Ganztodthese die Beweislast61. Da beide Seiten hier dasselbe versuchen, ist es verwunderlich, daß Schulz dies Vorgehen Scheler vorwirft: Scheler verschiebe „in einer fast raffinierten Weise die Beweislast"62. Schulz gibt den Anhängern der Unsterblichkeitsthese die Beweislast und versucht das folgendermaßen zu rechtfertigen: „Gründe für die Behauptung des totalen biologischen Todes anzuführen [...], erscheint heute als ein fast merkwürdig anmutendes Unternehmen. Beweise, und zwar Beweise sowohl für als auch gegen das Fortleben, haben nur Sinn als Gegenzüge gegen die jeweilig herrschende Vorstellung; ihre Intention ist es, der neuen Sicht als der wahren Sicht zum Sieg zu verhelfen. In der Gegenwart wird, bis auf wenige Ausnahmen, die Vorstellung vom Tod als dem biologischen Ende eines Lebewesens aber kaum bezweifelt"63. Diese Auffassung vom Sinn eines Beweises ist aus mehreren Gründen absurd. (i) Daß 2 + 2 = 4 ist, dürfte schon seit vielen Jahrhunderten die herrschende Vorstellung sein; aber trotzdem will man das in der Mathematik beweisen64, (ii) Inner59 60 61 62 63 64
Gäbe, L., Einleitung des Herausgebers, in: Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. IX; vgl. das Zitat von Descartes im vorletzten Absatz. Vgl. auch Anmerkung 10. Vgl. Schulz, W., Zum Problem des Todes, a. a. O., S. 154 f.; Kamiah, W., Meditatio mortis, a. a. O., S. 211. Vgl. Scheler, M., Tod und Fortleben, a. a. O., S. 64. Schulz, W., Zum Problem des Todes, a. a. O., S. 155. Schulz, W., Zum Problem des Todes, a. a. O., S. 154. Vgl. Frege, G., Die Grundlagen der Arithmetik (1884), Nachdruck der Ausgabe Breslau 1934, Darmstadt 1961, S 6.
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halb welcher Gruppe muß man die Mehrheitsmeinung bzw. die herrschende Meinung haben, damit man der Beweislast entgeht? Muß man vielleicht im Blick auf die gesamte Menschheitsgeschichte die Beweislast für die Ganztodthese auf sich nehmen, aber kann sich dieser Last entledigen, indem man seinen Horizont auf die Universitätsstadt Tübingen im 20. Jahrhundert beschränkt? (iii) Oft hat die Beweislast der, der einem ändern etwas beweisen will. Dabei ist unerheblich, ob die Meinung der Minderheit oder die der Mehrheit bewiesen werden soll. In jedem Falle muß der Adressat mit den gewählten Argumenten erreicht werden. Auch die Vertreter von Mehrheitsmeinungen können missionarischen Eifer entwickeln, (iv) Beweise und Argumente haben keineswegs immer die Intention, „der neuen Sicht als der wahren Sicht zum Sieg zu verhelfen". Man kann mit ihnen auch die alte Sicht verteidigen. Außerdem gibt es statt der Alternative von Sieg oder Niederlage auch die Möglichkeit der Koexistenz verschiedener Überzeugungen — beim Problem des Todes besteht diese Koexistenz seit Platon und Epikur bis hin zu Max Scheler und Nicolai Hartmann. Zwar ist die Argumentation von Schulz nicht haltbar, aber man erkennt an ihr deutlich die Vorteile, die die gewünschte Verteilung der Beweislast erbringen soll. (i) Während der Gegner einen positiven Beweis für seine These (U bzw. G) vorlegen muß, kann man selbst sich auf die Widerlegung dieses Beweises beschränken. Eine solche Widerlegung ist eine viel leichtere Aufgabe als ein positiver Beweis für die eigene These, (ii) Zwar stellt die Widerlegung keineswegs einen positiven Beweis für die eigene These (G bzw. U) dar, und daher kommt man auch bei gelungener Widerlegung über das argumentative Patt nicht hinaus, aber dieser Sachverhalt wird verdeckt durch den Gedanken, die Beweislast liege beim Gegner. Weil die eigene Position angeblich keines Beweises bedürftig ist, erübrigt sich die Frage, ob sie denn eines positiven Beweises fähig ist bzw. ob man selbst einen positiven Beweis vorlegen kann. 4.5. Zwei Skizzen der Argumentationsgeschichte Die heute vorherrschende Darstellung der Argumentationsgeschichte sieht, sehr grob und einseitig im Anschluß an Scholz und Schulz (s. o.) skizziert, so aus: Von Platon bis zum frühen Kant hat man geglaubt, die Unsterblichkeit der Seele positiv beweisen zu können. Kant hat in seiner Kritik der reinen Vernunft diese Beweise widerlegt, und mit der modernen Naturwissenschaft gehen wir heute davon aus, daß die Seele des Menschen zugleich mit seinem Körper stirbt und zerstört wird65. Wenn aber Gadamer Recht hat, dann geht es Platon nicht um positive Beweise, sondern um die Widerlegung von Einwänden, und dasselbe läßt sich vermutlich von Descartes sagen. Auch Kant gehört in diese Linie, geht aber in zwei Hinsichten über seine Vorgänger hinaus: Kant beansprucht mit seinem transzendentalphilosophi65
Vgl. z. B. die Zitate von H. Scholz in 4.1. und von W. Schulz in Anm. 46.
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sehen Ansatz, (i) jeden positiven Beweis widerlegen zu können und (ii) positive Beweise für beide Thesen widerlegen zu können, sowohl für die Unsterblichkeitsthese als auch für die Sterblichkeitsthese. Der obigen Skizze möchte ich nun einen anderen, allerdings ebenso groben und einseitigen Überblick gegenüberstellen: Bei Platon und auch in der Folgezeit ist der entscheidende Grund für den Glauben an die Unsterblichkeit immer eine religiöse (oder sonstige) Tradition. Beweise für die Unsterblichkeit sind zu verstehen als Widerlegungen von (i. allg. materialistischen) Einwänden. Auch Descartes' Beitrag zur Diskussion des Todesproblems besteht in der Widerlegung einer These, nämlich der These, daß „menschliche Gründe zu der Überzeugung nötigten, sie [die Seele] ginge zugleich mit dem Leib zugrunde"66, und nicht in einem positiven Beweis67. Die rationale Psychologie wird von Kant so verstanden, daß sie die Unsterblichkeit positiv zu begründen versuche. Dieser Versuch wird von Kant als unzureichend im Paralogismenkapitel kritisiert — und ebenso wird von ihm jeder positive Beweis für die Sterblichkeitsthese zurückgewiesen. Kant knüpft wieder an die platonische Tradition an, indem er außerwissenschaftliche, nämlich moralische, Gründe für den Glauben an die Unsterblichkeit angibt. Daher ist Kant in der Frage der Unsterblichkeitsbeweise eher ein Verbündeter als ein Gegner Platons68.
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Descartes, R., Meditationen, a. a. O., S. 5. Wenn Kambartel schreibt, daß „[...] nicht-theologische Behauptungen zur Unsterblichkeit der Seele heute mit Recht in der Philosophie nur noch Gegenstand historischer Untersuchungen sind oder — wie bei den Onsterblichkeitsbeweisen — zur Exemplifizierung zwar naheliegender, aber ungerechtfertigter Schlüsse dienen, [...]" (Kambartel, F., in: Hochkeppel, W., Hrsg., Die Antworten der Philosophie heute, München 1967, S. 133), so versteht er offenbar die Unsterblichkeitsbeweise als positive Beweise. Und zu vermuten ist, daß er Platon und Descartes, deren Argumente ja wohl die berühmtesten Unsterblichkeitsbeweise sind, zu denen rechnet, die einen positiven Beweis vorbringen wollen. Beide Skizzen sind sehr kurz und einseitig (so werden etwa die Positionen von Aristoteles, Thomas von Aquin u. a. übergangen), aber sie sollen auch nur den Unterschied der Betrachtungsweisen deutlich machen. Zu einer ausführlicheren Darstellung der Argumentationsgeschichte vgl. Scherer, G., Das Problem des Todes in der Philosophie, Darmstadt 19882, insbes. S. 81 — 161. — „Die rationale Beweisführung, die Mendelssohn aus der Erneuerung des jPhaidon* entwickelte, hat Kant in ihrer Scheinhaftigkeit aufgeklärt. Aber Kants eigene philosophische Einsicht führt ihn ganz in die Nähe des platonischen Dialogs. Seine ,Kritik* hat sowenig die menschliche Freiheit »bewiesen* wie Plato die Unsterblichkeit, wohl aber, daß die apriorische Gültigkeit der Kausalität, die Grundlage aller Naturerkenntnis, das Freiheitsbewußtsein des Menschen nicht zu widerlegen vermag" (Gadamer, H. G., Die Unsterblichkeitsbeweise in Platons ,Phaidon, a. a. O., S. 200). Auch Gadamer sieht Kant in der Nähe Platons, aber Mendelssohn ordnet er eindeutig der rationalen Psychologie zu. Ob diese Zuordnung auch dem Text Mendelssohns (vor allem im 1. Gespräch) und nicht nur seinen Intentionen gerecht wird, scheint mir noch diskussionswürdig zu sein. — Den Kollegen Bernd Buldt (Konstanz), Günter Gawlick, Hans-Ulrich Hoche, Werner Strube, den Teilnehmern des früheren phänomenologisch-sprachanalytischen Kolloquiums und meinen Hilfskräften Petra Berger, Armin Emmel und Dagmar Küstenhoff (alle Bochum) danke ich für ihre kritischen und ermutigenden Bemerkungen zu einer früheren Fassung dieses Aufsatzes.
Kant and the Limits of Civil Obedience by Ernst-Jan C. Wit, Chicago
1. Introduction All resistance against the supreme legislative power ... is the greatest and most punishable crime in a commonwealth, for it destroys its very foundations.l
Kant's general position is characterized by a strong suspicion of any form of civil disobedience. Kant does not seem to allow any challenge of legal authority, e. g., rejecting the right of revolution or rebellion even when the head of state has violated the contract which originally sanctioned his legitimate claim to power. Nonetheless, it is our central claim in this article that there exist Kantian limits to civil obedience. At times discrepancies will appear between our claim of what Kant's position should be and what it actually is. To deal with such discrepancies, we may introduce a distinction between Kant's position and a Kantian position. We shall use the word Kantian for either anything that Kant explicitly maintains or for something that follows from his general position — even if in his writings he holds the opposite. We shall say that a certain claim is Kant's position only when it is evident and indubitable that he defends it. This distinction allows us to put Kant's thoughts in a coherent form, even though he himself never expressed such claims so clearly. In this article it is our aim to find the Kantian limits to civil obedience. We shall follow Kant's writings diligently, and we shall not try to brush possible inconsistencies aside. The argument that we want to put forward is that Kant's absolute claim for civil obedience depends on two important presuppositions. First, Kant treats the sovereign as identical to the constitution. This enables Kant to argue against the legality of dethroning the sovereign; if we were to depose the sovereign we would break the law, and breaking the law is an inconsistent action, as the maxim underlying that action is not universalizable. Secondly, Kant presupposes that there exists only a single set of harmonious laws that demand our obedience. If there were to exist a strict autonomy, any form of disobedience would necessarily not be sanctioned by anything in favor of it. A single set of autonomous laws would not sanction any form of disobedience. However, by finding the limits of the application of these 1
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Kant-Studien 90. Jahrg., S. 285-305 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
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two assumptions, we shall analyze several ways that Kant accommodates or could have accommodated certain forms of civil disobedience. Kant himself notices a tension within the first assumption, generated by the fact that the sovereign is of a human nature. How can a mortal represent the ideal character of the law? It is clear that the empirical sovereign can be only a symbol of sovereignty. To resolve this tension Kant suggests a distinction between the physical and moral character of the head of state. The physical aspect of the head of state is the particular mortal individual who the sovereign is at the moment, while the moral character of the sovereign indicates the sovereign in the function of the sovereign. Because the argument of inviolability pertains only to the sovereign in the function of a sovereign, there exists the possibility of a physical change of sovereigns without any Kantian principle being violated. The second part of our argument will aim at the tension in the claim that there exists only a single set of harmonious laws. Kantian philosophy recognizes, besides the validity of the positive law, also the absolute validity of the moral law. What if the moral law and the positive law are in conflict? We shall argue that there is no a priori principle that can synthesize these two laws. The civilian has to apply her judgment in each particular case to resolve the conflict. This means that there exists a fundamental heteronomy of civil and moral law, which makes civil disobedience (as motivated by obedience to the moral law) an inherent possibility within any state. Although there exists no constitutive synthesis of moral and positive law, Kant argues for a regulative synthesis: it is our duty to hope that one day moral and positive law will coincide. Not only is it our passive duty to hope for such improvement, but duty calls upon us to act as well. We shall argue that for a Kantian civilian it is a duty to reason freely and to criticize laws that are not in harmony with the transcendental principles of the state. There is no guarantee that our criticism will result in improvement of the constitution, but hope is, Kantianly speaking, all we have.
2. Obedience and the Categorical Imperative We shall now investigate the two-fold root of the claim that all citizens have to obey the laws of the state. Kant claims that in addition to an enforceable obligation we also have within us a moral obligation to obey the law. The reason for this fact emerges from Kant's Critical philosophy. Nicholson argues, explicitly recognizing the importance of Kant's moral philosophy to his political writings, that Kant's position on resistance is a similar application of the Categorical Imperative, though he uses that terminology only occasionally. ... The maxim upon which the resister acts cannot be conceived as a universal moral law without contradiction. For example, is it right to resist a tyrannical sovereign? The maxim of the proposed action would be: "whenever it can prevent injustice and oppression, I shall resist the sovereign." When this maxim is universalized, it
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contradicts itself; it is willed that there be justice (by ending the sovereign's unjust actions) and simultaneously that there be no justice (by denying the sovereign the authority which is the necessary condition for justice).2
The Categorical Imperative conditions all actions, and a citizen should therefore test her act of disobedience to the law against this criterion. Kant's arguments against disobedience often involve an appeal to pure practical considerations. That human beings have to obey the laws of the state, he says, is "a requirement of pure reason."3 Nonetheless, the idea that the Categorical Imperative prohibits all instances of disobedience depends on two important presuppositions, both of which we shall challenge in the second part of this article. First, it argues that there is a single set of harmonious, i. e., non-contradictory, moral rules, because if we could find a pair of contradictory rules, then, on the basis of the Categorical Imperative alone, each maxim could be argued to be nonuniversalizable and thus the action immoral. Most commentators take this assumption for granted.4 What if a human being could be subject to contradictory laws? The tension lies in the fact that the system of positive law ties a plurality of free human beings together into a unity. Kant says: "A civil constitution is a relationship among free men who are subject to coercive laws, while they retain their freedom within the general union with their fellows."5 The system of laws demands strict obedience of the subjects of a state, because that is what makes them subjects of the state; but herein may lie the seeds of a possible conflict. Kant retains freedom only within the limits of the union, which leads to the possibility of disharmony between morality and the laws of the state. Unlike other moral duties, the moral duty to obey the laws of the state is enforceable. Its coerciveness is indeed peculiar to this duty, but this does not mean, as Beck suggests, that positive law is for Kant "prior in its claims."6 Neither does its empirical nature make positive law subordinate to morality as Reiss claims. The coerciveness of the laws of the state indicates that they are prior to moral laws in empirical implementation and that non-observance invalidates them. We shall discuss this issue in sections 4 and 5. The second assumption underlying the prohibition of disobedience to the sovereign is that the head of state is identical to law as such. Kant relies on the association of these two concepts in the arguments against revolution or rebellion. Kant rejected any form of rebellion by defending the legality of authority on an a priori basis. He argued that disobedience to the authority of the head of state cannot be a right, because if it were, then there would have to be a law permitting the abroga2 3 4
5 6
Nicholson, 1976, p. 222. Theory and Practice, p. 73. Beck, Nicholson and Reiss seem undisturbed by the combination of Kant's arguments for obedience to the positive law on the one hand and his "apparent" suggestion to disobey the law if the moral law demands accordingly, on the other. Theory and Practice, p. 73. Beck, 1971, p. 420.
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tion of the constitution — which is a contradiction. This argument relies on the fact that the head of state and the constitution are identical. We shall assess this presupposition carefully in the next section. We have shown in this section that it is a moral duty to obey the law. In this sense we agree with most commentators. However, they usually do not acknowledge that there are at least two presuppositions underlying such a view. In the subsequent sections we shall make these assumptions explicit. In both cases there emerges some kind of regulatory vacuum that makes room for Kantian disobedience.
3. Disobedience to the Head of State Head of State Although Kant explicitly rejected much of Hobbes' position, he adapted several Hobbesian principles for reasons not always very clear or convincing. In this section we specifically want to discuss the status of the head of state. In the previous section we sketched the view of an absolute legislator, who embodies, as it were, the law within herself. We shall suggest here that Kant's head of state is a curious mixture7 of a bit of Hobbes and a bit of Rousseau and we claim that the latter is closer to the Kantian position. The chapter in Theory and Practice where Kant argues for a Leviathan-like position for the head of state has surprisingly as its subtitle: "Against Hobbes." However, not seldom Kant seems to be deeply influenced by Hobbes; for example, concerning the concept of an original contract and the exceptional position of the head of state, or the sovereignty-transfer effected by the contract and the implications of these ideas for the issue of obedience. Kant deduced his idea of the state from the a priori form of the concept of the state. This concept included the idea of a social or original contract among the members of the state. Hobbes had recognized the impossibility of a transfer of rights by all the members of the community, because the people have to hand over the rights to someone who essentially has to stay out of this contractual transfer. Hobbes called her the Leviathan. Kant appropriates this view when he argues: Man's equality as a subject might be formulated as follows. Each member of the commonwealth has rights of coercion in relation to all the others, except in relation to the head of 7
See, for instance, Beck (1971, p. 415) or Reiss (1991): "The problem of sovereignty, in fact, greatly occupied Kant; for he reverts to it again and again in his unpublished notes. His discussion is not without occasional contradiction, as might be expected from a philosopher wrestling with a problem which he had not solved entirely to his satisfaction. The whole trend of Kant's thinking as revealed in these notes makes it, however, abundantly plain that, according to him, sovereignty resides or originates in the people that ought to possess legislative power. However, a monarch could possess it as a representative of the people in a derivative form." (p. 24—25)
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state. For he alone is not a member of the commonwealth, but its creator or preserver, and he alone is authorized to coerce others without being subject to any coercive law himself.8
As Williams correctly notices, "here Kant leans towards the Hobbesian view of sovereignty."9 The argument for the exceptional position seems to rely heavily on picturing the social contract as a historical event. From the point of view of the origin of a contract it might well be implausible, or even impossible, that those who gave their consent to it would comply with their agreement if there were no coercive power outside the contract which could enforce its observance, but that does not provide any justification of such coercive authority as such. It seems that Kant confuses the motivation of obedience with its justification — ironically, many of his commentators warn us not to make this mistake.10 In another instance Kant's writing suggests a similar move, in which he employs the original contract not just as an idea of reason, but, in fact, as a historical occurrence. The case concerns whether people have a right to depose their ruler if she has violated the original contract. Kant argues that they do not have such right and "the reason for this is that the people, under an existing civil constitution, has no longer any right to judge how the constitution should be administered."11 This comes very close not only to passively accepting, but also actively justifying a paternalistic government. The argument seems hardly concordant to the general tenor of Kantian thought. The call, Sapere aude!12, appeals to everyone to use her judgment. Moreover, the very idea that the constitution is based on the General Will of all the members of the state indicates that the original contract does not in an a priori sense abrogate the people's right to judge the constitution; rather it actually locates sovereignty in the will of that same people. Thus, whereas some of Kant's writings suggest a paternalistic Hobbesian view of sovereignty, a more Kantian attitude would adopt a Rousseauean stance, because the original contract should be taken as an idea of reason rather than as a historical event. However, one drawback of the Rousseauean view of sovereignty is that it leaves unspecified the question of authority, i. e., the practical implementation of the General Will. It will be our task to follow Kantian thought further to see what resolutions it may offer for this problem. Is the Head of State a Moral or Physical Person? Kant insists on clarifying how the head of state in the modality of sovereign can legitimately claim her authority. He admits that there is a problem, which resides in the fact that 8 9 10 11 12
Theory and Practice, pp. 74—75. Williams, 1983, p. 126. E. g., Reiss, 1956, p. 184. Theory and Practice, p. 81. What is Enlightenment?, p. 54.
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man is an animal who needs a master. For he certainly abuses his freedom in relation to others of his own kind. And even although, as a rational creature, he desires a law to impose limits on the freedom of all, he is still misled by his self-seeking animal inclinations into exempting himself from the law where he can. He thus requires a master to break his self-will and force him to obey a universally valid will under which everyone can be free. But where is he to find such a master? Nowhere else but in the human species. But this master will also be an animal who needs a master. Thus while man may try as he will, it is hard to see how he can obtain for public justice a supreme authority in a single person or in a group of many persons selected for this purpose. For each of them will always misuse his freedom if he does not have anyone above him to apply force to him as the laws should require it. Yet the highest authority has to be just in itself and yet also a man. This is therefore the most difficult of all tasks, and a perfect solution is impossible. Nothing straight can be constructed from such warped wood as that which man is made of.13
The human nature of the head of state is a true difficulty for Kant. Why should we obey another human being who herself remains outside the contract? Hobbes had solved the problem by creating an artificial creature, the Leviathan, for the enforcement of social rules.14 Kant, of course, did not have access to such a solution. Reiss suggests that Kant resolved the problem by turning to a moral perspective; it is the subject's duty to believe in the essential righteousness of the sovereign. 15 But this rests on a misreading of Kant. First of all, believing in the essential righteousness of the sovereign cannot be a duty, because it can be falsified empirically. Kant explains — in the case of the duty to believe in progress — that a certain proposition cannot be a duty if it can be falsified, because what is can never determine what ought. Secondly, Kant never says that it is a duty to believe in the sovereign's goodwill but only that "the non-resisting subject must be able to assume that his ruler has no wish to do him injustice."16 And an assumption is for Kant certainly not the same as a duty. The argument that Kant does employ to prove that there can be no coercive rights against the head of state is a reductio ad absurdum-, "if he too could be coerced, he would not be the head of state, and the hierarchy of subordination would ascend infinitely."17 This argument seems rather desperate, and relies entirely on the assumption that the regressus ad infinitum is a contradiction. Kant thus fails to justify a certain human being's entitlement to transcendental, absolute authority. What Kant, in fact, does is to accept the unqualified identification of the head of state with the constitution as such. In so doing Kant confuses physical power with transcendental authority, and we shall claim that this is unkantian. In order to resolve the issue of the human nature of the head of state, we shall introduce an important Kantian distinction. We take Kant's own words as a significant hint: In 13 14 15 16 17
Idea for a Universal History, p. 46. Hobbes, Leviathan, p. 11. Reiss, 1956, p. 181. Theory and Practice, p. 84. Theory and Practice, p. 75.
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the text where Kant excludes the sovereign from the coercive obligations as written in the social contract, we find: The only exception is a single person (in either the physical or moral sense of the word), the head of state.18
This sentence is crucial. We believe that Kant must have seen the objection that we have raised in this section — i. e., that sovereign and constitution are not identical — and that he therefore made an important Kantian modification to the exceptional position of the head of state in the form of this so-called riddle, or actually these two riddles: "in either the physical or moral sense of the word." The first riddle is whether the whole clause within the parenthesis refers either to the singleness of the person or to the person as person. Williams believes the former, namely that the clause "in either the physical or the moral sense of the word" applies to the singleness of the head of state. He says that "the souvereign need not merely be one person, it may be a group of individuals."19 This seems quite unconvincing first from a textual point of view, because the clause follows the word "person" rather than "single",20 and second because it is quite unintelligible that singleness could have a moral sense. Morality is a property of a rational creature not of some abstract entity. We, therefore, believe that the clause refers to the modality of the person. We shall show that the tension between the human nature of the sovereign and her transcendental status can be alleviated if we assume that only when taken in a moral sense does she stay out of the contract. We shall now try to resolve the second riddle: what does the distinction between a physical and moral person mean? From the passage quoted above we learn that Kant thought that every human being, even a possible sovereign, is warped wood. From a physical or empirical point of view everyone needs a master. This suggests that the sovereign taken in a physical sense cannot be an exception to the contract. The head of state as a private (or in Kant's terminology: "public") person is subject to the same laws as everyone else. However, when we take the sovereign in the moral sense of the term, that is, the sovereign as giving the law to herself (and to those who are subordinate to her, the people), or, the sovereign in the function of a sovereign, regardless of who she is, she cannot by any external force be coerced by the law because she gave it to herself. Notwithstanding Kant's own words, to identify the status of the head of state with the transcendental status of the law — i. e., not to distinguish the physical reality of the head of the state and the moral ideality of the law — is to commit a fallacy. The head of state is just an empirical human being in the need of her own 18 19 20
Theory and Practice^ p. 75, italics mine. Williams, 1983, p. 138. The German text drives my point home; "person" (Person) is taken inside the clause to which "moral" (moralische) and "physical" (physische) are adjectives; "...einen einzigen (physische oder moralische Person), das Staatsoberhaupt, durch das aller rechtliche Zwang allein ausgeübt werden kann, ausgenommen." (Ueher den Gemeinspruch·, A 237)
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master. Moreover, if we were to assume that head of state and law are one and the same, then the death of the sovereign would be identical to revolution. Therefore the death of the sovereign would not be allowed, which is clearly absurd. The Kantian point of view resolves these issues by recognizing the distinction between the sovereign and the sovereignty of the law. Rebellion in the Moral vs. Physical Sense Kant's argument against rebellion argues actually for the absolute sovereignty of the constitution. This hidden restriction has important consequences for the sovereignty of the head of state. Let us review the argument against rebellion. Rebellion cannot be a right because, if it were a right, then it would be either an innate or an acquired right. Since freedom is the only innate right, rebellion must be an acquired right. This means that there should be a law containing the right of rebellion; but a law entailing the destruction of law is an internal inconsistency. Therefore, rebellion cannot be allowed. It is important so see in what sense Kant defines rebellion in this argument. Under the assumption that rebellion is an acquired right, that is, allowed by the law, rebellion taken as the abrogation of law is what causes the internal inconsistency. The argument leaves the possibility of dethroning of the sovereign untouched. In this section we shall consider this issue using the distinction between moral and physical sovereignty from the previous section. The prohibition of rebellion in the moral sense, i. e., what we call an act against the universality of the laws by making an exception for oneself in breaking a law, remains unconditional. However, there seems to be leeway for certain actions against the physical phenomenon of the head of state. The head of state in her moral or official function should legislate according to the General Will of the people, so that her function is purely representative. Representation is not merely a picturing of the interests of the majority, because "the aim is not, as it were, to make people happy against its will, but only to ensure its continued existence as a commonwealth."21 So a merely unhappy state of mind among the majority of the people in a state can never be a valid ground for legitimate rebellion, because to ensure happiness was never the task of the sovereign in the first place. It is the task of the sovereign to secure the continuity of the commonwealth, that is, of its existence and of the principles that constitute it. These principles are firstly, the principle of freedom for all members of a society (as men); secondly, the principle of the dependence of everyone upon a single common legislation (as subjects); and thirdly, the principle of legal equality for everyone (as citizens). It is the only constitution which can be derived from the idea of an original contract, upon which all rightful legislation of a people must be founded.22 21 22
Theory and Practice, p. 80. Perpetual Peace, pp. 99-100.
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The observance of these three principles is essential for a state to be a commonwealth. It is also a necessary condition for the legitimacy of the sovereignty of the head of state, a legitimacy that she derives from the idea of an original contract. She would lose her legitimate authority if she either endangered the continued existence of the state or violated the principles of the original contract. In either case there may exist a legitimate ground for deposing the head of state. For two reasons Kant disagrees with the conclusion that this might justify a rebellion. First, according to him, it falsely assumes that the original contract has taken place in reality and that both parties sanctioned it. Secondly, there is no independent authority that can test whether the head of state has indeed violated the original contract, so that the legitimacy of any rebellion is undecidable. "For if we suppose that [the people] does have this right to judge [how the constitution should be administered] and that it disagrees with the judgment of the actual head of state, who is to decide which side is right?"23 These are serious objections, but we believe that there is a Kantian response to both of them. We should indeed be wary of confusing the idea of an original contract with a historical event. The head of state does not derive her legitimate authority from an original contract; its legitimacy stems from an idea of reason: it is as if the people gave their consent to be ruled according to the principles of freedom, dependence and equality. It is, however, not a fallacy to infer that the head of state loses her legitimate appeal to authority, if she violates these principles — even if the people submissively comply, do not complain at all and she reigns until the end of her days. The sanctioning of the original contract is not a historical event; on the contrary, it is a continuously recurring event. At each moment the contract demands that both parties sign, but the only pen and ink to be used are the people's observance of the law and the sovereign's respect for the transcendental principles of the state. Because there is no historical appeal to a conference of sovereign and subordinates, the original contract is legitimized only by sustained reciprocal observance. Secondly, who, in the case of a conflict between the head of state and the people, is to decide which side is right? According to Nicholson, Kant believes that "every state contains three powers (or authorities): sovereign, executive, and judicial. ... Every state must have these three powers or law is impossible: there would still be a state of nature."24 In case of a conflict between the sovereign and the people about the interpretation of a possible violation of the principles of the original contract, it is the task of the judicial power to mediate and finally decide which side is consistent with the law. Indeed the citizens of the state could bring a case to court to ask for jurisdiction about the issue whether or not a certain legislative action of the sovereign challenged her legitimacy to rule. The judicial power of the court would have the jurisdiction to present a final judgment. The verdict of the 23 24
Theory and Practice, p. 81. Nicholson, 1976, p. 216.
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court could have several forms: it could put right on the side of the head of state, or it could declare her controversial legislation to be illegitimate because it conflicts with the General Will — in which case she is required to replace the law in question. In the most extreme case the court could depose the head of state from her rule. She would become an ordinary citizen and another sovereign would be appointed. The concept of the division of powers keeps the 'rebellion' within the limits of the constitution and no lawless state of nature results. While its physical appearance changes, sovereignty in the moral sense remains uninterrupted.25 In addition, that the head of state possesses the sovereignty only in a moral and not in a physical sense suggests a solution for the problem of succession. Kant never solved this problem satisfactorily. His conception of absolute rule practically prohibits the head of state from dying. However, if we were to replace physical vulnerability of the sovereign by her moral invulnerability we would create a concept of sovereignty free of inconsistencies.
4. Postponement of Morality Some critics have argued that Kant fails to connect his later works, the political papers, with his Deontological theory of morality.26 Still others have tried to reconcile both aspects on a higher plan.27 The universal character of the moral law within Kant's philosophy has misled several critics to believe that the individual should always observe the moral law even at the cost of political obedience. Reiss, for instance, in his attempt to find the "limits of obedience to government" writes: To observe the law is a duty, but no one should be compelled to comply with laws which require him to commit immoral acts. For instance, a government does not have the right to compel anyone to lie, to commit murder or to subscribe to religious beliefs which he does not hold. Indeed, it is our moral duty not to abide by such commands.28
Thus Reiss decides the conflict between morality and legality in favor of the former. One should never act immorally, whether it is legal or not. Such a decision is rash and misses numerous subtleties. To explain this point, we shall first give a comprehensive picture of these subtleties. On the one hand there 25
26
27 28
There exists a small passage in his political writings where Kant recognized the possibility of dethroning the sovereign without internal inconsistencies: "In fact, the leaders ... of the British people, fearing some such accusation [of having an inconsistent concept of sovereignty] if their plans did not succeed, invented the notion of a voluntary abdication by the monarch they forced out, rather than claim a right to depose him (which would have made the constitution self-contradictory)." (Theory and Practice, p. 84) For instance, see Beck's accusation of "the inconsistency into which Kant falls in condemning revolution while holding that the enthusiasm for the French Revolution sprang from a moral disposition in mankind." (Beck, 1971, p. 420) E. g. Axinn, Reiss; also Beck, although he seems to change sides once in a while. Reiss, 1991, p. 267.
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is the demand on the citizen to obey positive law, while on the other the moral law conditions the actions of the individual. Obviously, there is a problem if these two sources of authority are in conflict. "Both obligations are rational and natural,"29 according to Beck. But the problem reaches deeper, because even assuming that moral law and positive law for some reason would always harmonize, still it would allow a fundamental heteronomy of authority. What we want to put forward here is, if not controversial, at least polemical. First of all, we believe that for the experiencing subject the possible contradiction of moral and positive law is a real one without a Kantian resolution. Although in the case of an actual conflict an individual has to give priority to one of the two, this does not mean that she synthesizes them on a higher level. We claim that an agent confronted with a law of the state that demands that she commits an immoral act has two rational strategies that tell her to do two different things. For that reason, secondly, we believe that there is no real general solution to the problem of heteronomy of authority because Kant's response allows tension between the two sets of laws to remain. The individual can only apply her judgment to decide what to do if the law calls upon her to act immorally. The issue of heteronomy and the importance of judgment will be studied in the next section in which no synthesis of the conflict is found. The issue of the infalsifiability of a duty that Reiss overlooked in "Is the Head of State a Moral or Physical Person?", will culminate in a further tension between morality and legality that will be resolved in " 'Nature's Secret Plan for Humanity'." We shall see in the following sections how Kant places this tension in a moral-historical horizon to come to a regulative, though not constitutive, synthesis: it is the duty of every individual to hope that one day the conflict will be resolved and morality will reign. Unresolvable conflict Kant did not intend the Categorical Imperative to prescribe all the actions of the human subject. The Categorical Imperative is one logical30 condition constraining human actions, in the sense that it is the prohibition of making an exception for oneself. This interpretation argues against those who have overestimated the status of the imperative; the Categorical Imperative cannot be decisive about the content of an action. On the other hand, the Categorical Imperative conditions all human actions. This argues against those who have underestimated the scope of the imperative. Those people refuse to integrate the three perspectives of a human being — moral agent, political agent and world-citizen — into a full picture of a human being. It is essential to study the internal relationships among those perspectives. We shall investigate the relationship between moral law and positive law, and consider whether a Kantian individual should give priority to either one of them. 29 30
Beck, 1971, p. 420. However, there is controversy about the issue whether the Categorical Imperative is a logical constraint.
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We return now to Reiss's words at the beginning of the section because, despite our criticism, they are not as faulty as we may have suggested. The first observation that a government should not compel its subjects to commit immoral acts is certainly Kantian. "The Kantian republic respects the liberty ('freedom under law') that is essential to moral activity, enforces some of the ends (though never the incentives) of morality and provides a context of legal security within which acting from good will is not benevolent folly ..."31 Certainly, positive law that is based on the moral law will evidently not be in conflict with morality, but although the head of state stands as any human being under the universal demands of the moral law within herself, there is no guarantee that she will actually legislate accordingly. Reiss's second point is more interesting. He hypothetically places himself in the position where the government actually does compel him, as a citizen, to act immorally. In that case, he claims, it is his moral duty to resist compliance. Although Reiss does not say it in so many words, we take this to mean that moral law has precedence over positive law. This claim is erroneous. There is little evidence for such a view.32 On the contrary, the view that Kant would have the moral law be decisive over positive law is based on a misunderstanding of the nature of both moral and positive law. The essential characteristic of the positive law is its coerciveness, whereas the moral law is unenforceable. Therefore, the moral law can never adequately justify resistance to the positive law. The moral law is valid even if it were the case that, in all of history, one could not find one instance in which it was observed. The validity of the moral law has, therefore, nothing to do with its actual observance or violation. With respect to positive law the case is different. Since coerciveness is part of the essence of positive law, only actual observance of the law validates it, while violation not only disregards the law, but even invalidates it. Therefore, when a subject is faced with a conflict between the demands of her moral being and her political being, the only alternative that she has available without disrespecting or invalidating any law, is to comply with the law of the state. That Kant did not think that morality had priority in the case of conflict becomes clear when we look at an example he gives. He describes the case of a soldier who is called upon to kill. Kant argues that it would be "very harmful"33 if the soldier were to disobey. Even stronger than the example that Kant provides us is simply the Kantian observation that arguments on both sides of the conflict remain strictly valid and that no side cancels the other. If we treat the issue as if one law has some kind of universal precedence over the 31 32
33
Riley, p. 99. Reiss only indicates the following practical example in the Critique of Practical Resaon: Kritik der praktischen Vernunft, Ak. V, pp. 155-156; trans. L. W. Beck (New York, 1956), 159 f., on the effort of Henry VIII to suborn a witness against Ann Boleyn. Furthermore, Reiss (1956, p. 190 n43) quotes a passage in Kant that we should obey God, rather than man. But to employ this as justification of active disobedience against the souvereign seems far-fetched. Beck (p. 412 n6) agrees. Both arguments are rather weak. What is Enlightenment?, p. 56.
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other, then we would make an uncritical move. We have to conclude that there exists a strict Kantian heteronomy of law: moral law vs. legislation of the state. When moral and positive law are in conflict, there is no Kantian necessity to obey the positive law. In that case there exists the Kantian possibility of civil disobedience in the act of following the moral law, under the condition that one is prepared to accept the legal repercussions of one's actions. Because the heteronomy is fundamental, there is an immanent possibility of disobedience. This situation resembles the antinomies in the Critique of Pure Reason. Both positions, the legalistic position and the Deontological moralistic position, have their legitimate claims to be observed. However, reason can bring them into conflict with each other. It depends on the judging subject whether to choose in favor of the one or the other. The role of judgment is essential in these conflicts. The only way that the subject has a guide of action is when judgment puts the particular claims in a hierarchy. This is not a hierarchy of principles — which is impossible — but a hierarchy of particular rules. In this way the subject resolves the conflict, even though at a transcendental level no synthesis has been found. There is no instantaneous synthesis of this conflict. In the next section we shall argue that the only possible synthesis lies in the future. The Kantian concept of the future has essentially a moral dimension. There is a genuine role for the human subject when she confronts a legal demand to commit a moral crime. Instead of a universal priority of either moral or positive law, in some cases one must obey the laws of the state, while in other cases the moral law should reign. The essential heteronomy of moral and positive law creates the inherent potentiality of civil disobedience. 'Nature's Secret Plan for Humanity' We have seen that no instantaneous synthesis of the conflicting moral law and the law of the state exists. If there exists any kind of synthesis at all, then it should be an essentially historical one, or, in our words, a postponed synthesis. A postponed synthesis is completely new to Kant's usual scheme in both the first and second Critique. There the syntheses are always instantaneous, or perhaps better, non-temporal. The Critique of Judgment creates a new concept that serves as mediator between the two poles of a conflict: teleology. We shall argue that the nature's so-called "secret plan" for humanity brings the conflict between moral and positive law to a truce on a higher level without, as Beck and Axinn seem to suggest, resolving the conflict; the individual can never know a unique Kantian answer to a disharmony between morality and legality from first principles. To reintroduce the problem we shall now briefly turn to the famous case that has been well-discussed among Kant scholars: the apparent paradox of his appraisal of the French Revolution on the one hand and his rejection of any revolution in general on the other. This has been the subject of long debates, but it seems that Kant scholars have come to a certain level of agreement about the treatment of this
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problem. Besides the so-called technical solution34 that claims it was not a real revolution, because Louis XVI had given up his sovereignty before the devolution' took place, there is a more substantial way of addressing the issue. We should not consider Kant a supporter of the revolution — he denied that explicitly35 — nor should we interpret his writings on the topic as an unqualified eulogy of revolution. He deplored the individual acts of terror that were part of the revolution, of which regicide was perhaps the most morally despicable. As Atwell correctly remarks, "It is not the Revolution nor its outcome ... which gives Kant reason for inferring that 'the human race has always been in progress toward the better and will continue to be so henceforth'; it is instead the universal and disinterested sympathy on the part of those who had nothing personal to gain by the Revolution. This sympathy is then a sure sign of a moral predisposition in man which in turn indicates continual moral progress throughout human history."36 Most commentators seem to share this position; we shall take it as our point of departure. Kantian philosophy condemns the French Revolution in so far as it acted against the legal authority of the moment because it represents an act that refuses to accept the coerciveness of the laws in which it takes place. Any revolution contradicts the concept of law and therefore has an underlying self-contradictory maxim. Moreover, Kant is well aware that the actors in the French Revolution were not driven by moral incentives while they were breaking the law. In fact, the actual revolution led to a lot of bloodshed. The actors in the revolution did not only violate the positive law, but also frequently violated the moral law. Kant realized at the time that the revolution might not lead to any positive results. In fact, recent historicallegal studies37 have shown that, in contrast to other European nations and the USA, the actual introduction of a constitutional state (Rechtsstaat) in France came only a century after the revolution. However, the fact that the revolution published its principles in which it recognized the sovereignty of the people and the need for a republican constitution, and the fact that so many people who were only outside spectators and could not expect any personal gain by what was going on, sympathized with these principles, constituted for Kant a hope of future harmony between the constitution of the state and the moral law. This hope might at first seem, Kantianly speaking, unjustified, because there can be no empirical proof of moral progress. Mendelssohn argues accordingly and defends the opinion that, throughout history, the level of morality remains constant. Kant opposes that opinion by using the distinction between the empirical and the practical realms. He points out that the hope for progress is not empirical optimism and, as Galston says, "the possibility of the disappearance of the human race from 34 35 36 37
E. g., Beck, 1971, p. 417. Kant quoted in Atwell, 1971, p. 435. Atwell, 1971, p. 435, italics mine. E. g., Dondorp, 1994.
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the face of the earth cannot be ruled out... Nor is it impossible that all civilization and culture could be annihilated through the devastation of a world war. Ultimately the affirmation of progress is motivated not by empirical or theoretical but by moral considerations."38 In Theory and Practice Kant points out what these moral considerations are: I base my argument on the inborn duty of influencing posterity in such a way that it will make constant progress (and I must thus assume that progress is possible), and that this duty may be rightfully handed down from one member of the series to the next. History may well give rise to endless doubts about my hopes ... But so long as they do not have the force of certainty, I cannot exchange my duty ...39
From a moral stand-point we have to believe in progress. The nature of this duty does not concern the empirical reality but, rather, our understanding of it. Our cognitive faculties require a purposeful understanding of nature, because the whole constitution of our faculties is ideological. This does not mean that we can actually point out events of progress in history. "It is one thing to say: the production of certain things of nature, or even of entire nature, is only possible through the agency of a cause that pursues designs in determining itself to action. It is a perfectly different thing to say: By the peculiar constitution of my faculties the only way I can judge of the possibility of these things and of their production is by conceiving for that purpose a cause working designedly."40 On other occasions Kant speaks of progress in another fashion; as if a secret mechanism traps humanity in a steady trend upwards. Moreover, the example of the 'society of devils' in Idea for a Universal History seems at first to suggest that nature has actually some kind of secret plan to subordinate ultimately even the most selfish group of people to the moral law. However, this is not what Kant means. His reply to Mendelssohn provides us with the clue to understand the example of the 'society of devils' and Kant's view on human inclinations. It is not that inclinations and selfish desires actually aim, consciously or unconsciously, towards improvement, but, when we are "confronted by the sorry spectacle not only of those evils which befall mankind from natural causes, but also of those which men inflict upon one another, our spirits can be raised by the prospect of future improvements. This, however, calls for unselfish goodwill on our part, since we shall have been long dead and buried when the fruits we helped to sow are harvested."41 The devils themselves are not fit for a civil society under coercive laws. How can that be, when the law demands unconditional obedience? But even if the devils are in constant battle and they "do not tire of it — for they are fools — the spectator does."42 Thus, we, the spectators of such a society, are inspired to enter into a constitutional state and to hope for moral improvement. 38 39 40 41 42
Galston quoted in Williams, 1983, p. 19. Theory and Practice, pp. 89-90. Critique of Judgment, pp. 50—51. Theory and Practice, p. 89. Theory and Practice, p. 88, italics mine.
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In the final analysis we see that the mechanism of nature and the duty to believe in progress are identical. That nature is purposeful and that the future bears in itself moral improvement are teleological assumptions, which cannot be proven empirically. They are regulative principles for our faculty of cognition and they cannot be constitutive for resolving the heteronomy of the moral and the political law. The dialectic between the moral perspective and the political perspective is never subsumed (aufgehoben) in the perspective of the world-citizen. The latter functions as an ideal limit to which we hope the other two will converge. At this point it almost seems that we are left with an impasse. Because both moral and positive law have their own legitimate claims the search for their instantaneous synthesis in section 3 was fruitless. When, in section 4, we attempted a historical approach, we found only a regulative and not a constitutive reconciliation between them. We conclude that it is our duty to hope for a solution of the conflict, but we cannot be certain that the solution will ever be accomplished empirically. This may seem to convict the citizen to passivity and submission but in the next section we shall see how a certain duty demands from her active involvement with the course of history. It will be shown that the epistemological limit to knowledge of empirical progress does not abrogate the citizens' duty to publicize their opinions about the law. 5. Duty of Publicity Deduction of the Principle of Publicity Although Kant remarks in Perpetual Peace that the principle of publicity is "like any axiom, valid without demonstration,"43 it is our opinion that Kant actually derives it. The principle of publicity is an important concept in Kant's political philosophy. It refers to what is commonly known as the freedom of expression' or the 'freedom of the pen.' There have been all sorts of claims about the status of this principle. Some have claimed that publicity is a merely unenforceable right, others44 have added that it is the government's moral duty to allow its subjects the freedom of expression, and Kant writes that citizens are "entitled" to utter criticism on unjust legislative actions of the sovereign.45 We shall investigate the shady realm of rights, entitlements and duties, and how the principle of publicity modifies obedience. The supreme principle of all legislation is the General Will. The sovereign tries in her legislation to represent the General Will, but like any empirical legislator she may err. The sovereign can never be taken as the ultimate principle of legislation, and Kant necessarily concludes, "the general principle, however, according to which 43 44 45
Perpetual Peace, p. 126. E. g., Axinn, 1971, p. 426. Theory and Practice, p. 84.
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a people may judge negatively whatever it believes was not decreed in good will by the supreme legislation, can be summed up as follows: Whatever a people cannot impose upon itself cannot be imposed upon it by the legislator either"46 This does not mean that legislation should be based on the principle of the happiness of the people, but on the fact that it would be possible for the people to agree that the law is in harmony with the principles and the continuity of the state, no matter how painful it might be for them to do so. This requires that laws should be open to the scrutiny of the people. If after public analysis the law appears to be in the interest of the state, then the people should accept the law. However, if the law does not meet this standard, then the people have the right to criticize this law in public. Laws need publicity to be just laws. Publicity is a fundamental right of citizens against the sovereign. Kant says "I maintain that the people too have inalienable rights against the head of state, even if these cannot be right of coercion."47 Publicity is such an inalienable right, and even though it is not enforceable, it has a specific status. Kant calls it the "transcendental formula of public right."48 He means that no law can be just if the sovereign cannot bring it before the judgment of the public. The principle of publicity shares important features with the principle of universality within Kant's moral philosophy. In moral philosophy the Categorical Imperative provides a similar negative test: an action is immoral if its maxim cannot be made into a universal law, a law that applies to everyone. It goes however too far to call the principle of publicity a mere corollary of the Categorical Imperative, as Nicholson does.49 In the rest of this section we shall elucidate the role of the principle of publicity. Progress and Publicity Publicity goes beyond the Categorical Imperative in the sense that it is not only the standard of morality and justice, but also carries in itself the germ of moral progress; something that the Categorical Imperative does not do. Kant connects the idea of moral progress and publicity in several places. The sovereign should be able, in the light of public debate, to correct legislation where necessary, so that the state would be reformed in the direction of a lawful, republican system. Moreover, in those instances it would be self-defeating for the sovereign to shun reform. "A secretive system of politics could ... easily be defeated if philosophy were to make its maxims public, would it but dare to allow the philosopher to publicize his own maxims."50 In the essay "What is Enlightenment?" Kant makes it clear 46
47 48 49 50
Theory and Practice, p. 85. There is an ambiguity in the sentence, "whatever a people cannot impose upon itself." Here, the "cannot" does not mean self-contradiction, but rather indicates a conflict between the proposed law and the transcendental principles or the cohesion of the state. Theory and Practice, p. 84. Perpetual Peace, p. 126. Nicholson, 1976, p. 224. Perpetual Peace, p. 130.
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that publicity is not merely a right, but that it is the condition of all rights and moral development. "The public use of man's reason must always be free, and it alone can bring about enlightenment among men."51 We should, however, be careful to specify the precise qualities of publicity. It is true that progress and publicity are intimately related. However, we do not argue that nature possesses a secret plan or teleology, but that it is our duty to believe in progress. Progress is, therefore, not a simple empirical concept. "For Kant, history does not end in the present, but extends into the future, and the goal of history is both political and ethical. Unless men are free to use their reason in public the progress of human enlightenment cannot continue. There cannot be any history without the philosophical awareness which enables us to discern the direction of history."52 If publicity is absent, it is a priori possible that dogmatic thought or despotic rule could obstruct the implementation of the ideal of a moral state. We have, however, a moral duty to believe in moral progress, and for that reason we have also a duty to use our reason publicly. We conclude that publicity is not only a fundamental right, but also a fundamental duty. Kant himself acknowledged the obligation to use our critical faculties. Specifically in the essay What is Enlightenment?, Kant expresses forcefully that we should not voluntarily stay in a state of muteness and he explicitly states that it is "... the duty of all men to think for themselves."53 The celebrated expression, Sapere aude!, in the same essay is grammatically an imperative, and thus indicates an obligation. Reiss writes, "... the rights of the subjects cannot be enforced by the process of law. Their principle right is that of being able to criticize the government in public through writing. This right, 'The freedom of the pen,' is 'the sole palladium of the rights of the people,' the watershed dividing republican states from those which are not. While the people must suffer injustice without resisting it, they have a right to voice their opinion freely, and it is in the long run, even their duty to do so."54 Thus the conclusion is that Kant recognized the duty of publicity, but an important question remains: For whom is it a duty? For each individual or for humanity in general? Several commentators have claimed that we ought to distinguish among "perspectives" or different modes of being in order to be able to give a consistent account of Kant's philosophy. Such distinction is helpful, but to cut the human subject in mutually exclusive parts without seeing them as intrinsically united in one and the same person is misguided. That is exactly what Axinn attempts to do. He finds himself in the predicament of being unable to ascribe moral progress on the one hand and unsociableness and evil on the other to the same human being. He therefore concludes, "because [Kant] takes us [individuals] to want inconsistencies, to 51 52 53 54
What is Enlightenment?, p. 55. Reiss, 1956, p. 187. What is Enlightenment?, p. 55. Reiss, 1956, p. 185.
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be simultaneously social and unsocial, he safely concludes that as individuals we are not apt to gain all that we seek. ... He sees mankind [however] through history pursuing the goal of a perfectly moral world and making progress toward that. He paints a picture something like the invisible-hand effect that Adam Smith made such a distinctive part of his Wealth of Nations.9'55 Should we therefore conclude that progress and publicity are only duties for humanity as a collective? No, we should not. It seems that Axinn has confused the empirical concept of progress, which is absent in Kant's entire philosophy, with the moral concept of progress, i. e., the duty to believe in progress. We cannot say that humanity as such is actually moving in the direction of a morally perfect world. It is only our cognitive faculty that interprets certain empirical events as signs of progress but each individual has a duty to make her ideas public. It is absolutely impermissible to agree, even for a single lifetime to a permanent religious constitution which no-one might publicly question. For this would virtually nullify a phase in man's upward progress, thus making it fruitless and even detrimental to subsequent generations.56
This means that publicity is not merely an issue for mankind as a whole, but for each person individually. Not only are we entitled to freedom of expression, but we also have the moral duty to express our ideas. Elsewhere, Kant expresses this two-fold root of publicity, inclination and vocation, i. e., right and duty, in the following words: Thus once the germ on which nature has lavished most care — man's inclination and vocation to think freely — has developed within this hard shell, it gradually reacts upon the mentality of the people, who thus gradually become increasingly able to act freely. Eventually, it even influences the principles of governments, which find that they can themselves profit by treating man, who is more than a machine, in a manner appropriate to his dignity.57
Specific Nature of the Duty of Publicity It is a moral duty for everyone to voice her opinion about matters of the state, but it is not an ordinary duty because it carries in itself the germ of hope for moral improvement. This means that the duty of publicity has a degree of self-reflectiveness and is, in a sense, more urgent than any other moral obligation. It is our aim in this section to specify this statement further. We shall imagine the case in which a state practices censorship over its citizens. Thus, each citizen finds herself confronted with two opposing duties. On the one hand, she should obey the law, which tells her not to speak out, while on the other hand the moral law calls upon her to voice her opinion. Which option should she choose? 55 56 57
Axinn, 1971, p. 428. What is Enlightenment?, p. 58. What is Enlightenment?, pp. 59—60, italics mine.
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Neither Kant's writings nor his personal life are very helpful in shedding light on this conflict. When, in 1794, the censors of the Prussian state told Kant not to lecture anymore on religion, he indeed complied. "If republican views or the public criticism of the government get suppressed Kant counsels patience, arguing that we should act as if the spreading of these ideas could not be arrested."58 But we cannot leave progress to nature because, first, there is no such concept of empirical progress in Kant's philosophy and, secondly, we can only hope for natural progress if public opinions do get expressed. Initially it might seem that we are dealing here with the kind of problem that we discussed in section 4. It is indeed true that here are two legitimate claims on the individual, a moral claim and a legal claim, and that, therefore, only judgment, rather than any Kantian principle, can solve the dilemma. In this case, however, there are certain specific considerations that have to be part of the judgment, which are lacking in Kant's own prudential civil obedience. Whereas the soldier who has received the order to kill can hope for a future without war and still obey the order, the citizen who is silenced by the censors cannot sit back and obey and, at the same time, hope for moral improvement of the state. Because only if there is active public criticism in matters of the state, can we hope for gradual reforms of the state by the sovereign toward a republican constitution. For that reason, the public spokesperson cannot have the hope that the future will bring any improvement, if she does not break the law on censorship and criticize openly. Whether we should ascribe it to cowardice or shrewdness, we shall probably never know, but Kant himself practiced patience toward the censorship to which he was subject. On the other hand, it is not the case that one should necessarily resist any infringement of one's freedom of expression. Although the duty to express one's criticism of the legislation of a state is a transcendental duty, in the sense that it is the condition of all other moral obligations, in each situation only judgment has the final say in deciding whether to obey that duty or to submit oneself to censorship. And, although Kant indeed chose the latter in 1794, in his lifetime he planted many seeds to develop ways in which we can rationally disobey the orders of the state.
References Arendt, H., 1982, Lectures on Kant's Political Philosophy, Chicago: The Harvester Press. Atwell, J. E., 1971, "A Brief Commentary" in Journal of the History of Ideas, XXXII, pp. 433-436. Axinn, S., 1971, "Kant, Authority, and the French Revolution" in Journal of the History of Ideas, XXXII, pp. 423-432. 58
Reiss, 1956, p. 188.
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Beck, L. W., 1971, "Kant and the Right of Revolution" in Journal of the History of Ideas, XXXII, pp. 411-422. Dondorp, P., 1994, 1776, 1789 en de wortels van de moderne rechtsstaat [1776, 1789 and the roots of the modern constitutional state], technical report, Amsterdam: VU Department of Law. Hobbes, T., 1651 [1962], Leviathan, ed. M. Oakeshott, London: Collier Macmillan Publishers. Kant, I., 1784, Idea for a Universal History with a Cosmopolitan Purpose, in Reiss 1991, pp. 41-53. — 1784, An Answer to the Question: 'What is Enlightenment?', in Reiss 1991, pp. 54-60. - 1787, [1969], Critique of Judgment, trans. J. C. Meredith, Oxford: Clarendon Press. — 1794, Theory and Practice [On the Common Saying: 'This May be True in Theory, but it does not Apply in Practice9], in Reiss 1991, pp. 61—92. - 1794, [9. Aufl. - 1991], "Ueber den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht fuer die Praxis", in Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik l, pp. 125—172, hrsg. von W. Weischedel, Frankfurt am Main: Suhrkamp. - 1796, Perpetual Peace, in Reiss 1991, pp. 93-130. Mertens, T., 1990, Kritische filosofie en politiek: Kant en de oorlog [Critical Philosophy and Politics: Kant and War], Nijmegen: Gerard Noodt Instituut. Nicholson, P., 1976, "Kant on the Duty Never to Resist the Souvereign" in Ethics, LXXXVI, pp. 214-230. Rawls, J., 1972, A Theory of Justice, London: Oxford University Press. Riley, P., 1983, Kant's Political Philosophy, Totowa, NJ: Rowman and Littlefield. Reiss, H., 1956, "Kant and the Right of Rebellion" in Journal of the History of Ideas, XVII, pp. 179-192. — 1991, Kant, Political Writings, trans. H. B. Nisbet, edited with an introduction and notes by H. Reiss, Cambridge: Cambridge University Press. Williams, H. L., 1983, Kant's Political Philosophy, Oxford: Basil Blackwell.
Kant et la politique par Mahamade Savadogo, Ouagadougou/Burkina Faso
II ne s'agit, ä travers ce titre, ni de retrouver l'attitude de Kant face aux evenements politiques de son temps, ni meme de degager la genese de l'interet de l'auteur des trois critiques pour la reflexion sur la politique. De telles preoccupations sont loin d'etre vaines; mais elles ne re£oivent de sens qu'a la condition de nous reconduire au pro jet de la philosophic en general et a celui de la philosophic politique en particulier, a la volonte de s'orienter dans le monde id et maintenant. Tout comme le passe ne se comprend qu'a la lumiere des interrogations du present, l'histoire de la philosophic doit son existence a la resolution actuelle de philosopher. Aussi, par dela la revelation de la position de Kant a 1'egard des defis politiques de son epoque, il convient de s'interroger sur la signification de ses ecrits pour la reflexion philosophique sur la politique dans son ensemble. Teile est 1'ultime vocation du present travail: il se propose de montrer comment, en nous appuyant sur Kant, nous pouvons affronter les differents enjeux de la reflexion sur la politique. S'eloignant de 1'exegese simple, il vise ainsi, en definitive, une discussion de la pensee politique de Kant. En elle-meme, la designation de cet objectif traduit de ja la conviction que 1'ceuvre kantienne importe pour la comprehension de la politique: cette conviction se justifie-t-elle quand on sait que Kant apparait essentiellement a la conscience moderne comme le philosophe des limites du savoir et des fondements de la morale? L'exposition de la signification de 1'ceuvre kantienne pour la reflexion sur la politique exige d'abord la confrontation avec cette interrogation.
La pensee politique de Kant consacre l'apparition de la philosophic politique moderne dont les lineaments remontent a Rousseau, Locke, Spinoza et Hobbes.1 1
II convient de relever qu'un autre penseur de la politique, Eric Weil, a aper9u Pimportance de Kant pour la reflexion sur la politique quand il ecrit dans ses Problemes kantiens, Paris, Vrin 1982, que: «La politique cesse, avec Kant, d'etre une preoccupation pour les philosophes; eile devient, en meme temps que Phistoire, probleme philosophique, agissant dans, et sur la totalite de la pensee». Cette remarque couronne cependant une etude intitulee Histoire et politique qui indique plus la localisation de la pensee politique dans Poeuvre de Kant qu'elle ne degage Pimplication de la reflexion kantienne pour la comprehension de la politique. Uoeuvre personnelle d'Eric Weil, notamment sä Philosophie politique^ revele neanmoins Pinteret de Kant pour la pensee politique, quand bien meme eile ne le thematise pas.
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 306-321 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
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Les principes a partir desquels Pauteur du Projet de paix ... considere le domaine de la politique traduisent radicalement la rupture, dans Phorizon de la reflexion politique, de la modernite avec la tradition dont les representants les plus typiques restent Aristote et son initiateur, Platon.2 Pour bien mesurer Pimportance de Poeuvre kantienne en politique, pour reconnaitre en eile Pepanouissement de la philosophic politique moderne, il convient de re-trouver la preoccupation rectrice de cette pensee politique traditionnelle dont nous avons nomme les edificateurs. La philosophic politique traditionnelle est Paboutissement d'un souci philosophique fondamental dont eile determine les implications dans la consideration de la politique. Annonce chez Platon et precise avec Aristote, ce souci est celui de Pelaboration d'une science complete qui apprehende P unite du monde a travers la diversite des etres qui le constituent. II s'agit, en philosophic, de rapporter chaque donnee de la realite naturelle et humaine ä ce qui fonde son existence pour parvenir a fixer Pordre immuable auquel ce qui est, tout ce qui est, est soumis. La connaissance philosophique vise Punification de toutes les formes du savoir et de tous les objets auxquels elles se rattachent a partir d'un principe fondateur, d'une Idee ou d'un Ideal. Elle definit ainsi une hierarchic entre les differents types de connaissance ainsi que les etres auxquels ils se rapportent. Quelle que soit la maniere dont la philosophic se met a Poeuvre, qu'elle remonte des etres seconds aux etres premiers ou qu'elle prefere redescendre des seconds aux premiers, il reste qu'elle institue une echelle entre les etres et leurs modes de connaissance et considere que le sens du monde se decouvre partir d'une pointe ultime, d'un principe qui transcende tous les autres: « La science maitresse, et qui est superieure a toute science subordonnee, est celle qui connait en vue de quelle fin chaque chose doit etre faite, fin qui est, dans chaque etre, son bien, et, d'une maniere generale, le souverain Bien dans Pensemble de la Nature». 3 L'essor de la philosophic politique s'inscrit dans le sillage de cette quete de la destination ultime de toute forme de manifestation de ce qui est.4 La philosophic politique est la consideration des conditions de Pexistence en commun en relation avec la fin qui lui donne un sens. Reflechissant sur la politique, le philosophe n'envisage, ni de reveler les mecanismes de la conquete et de Pexercice du pouvoir, ni meme de degager le fonctionnement de Porganisation sociale, mais, essentiellement, de retrouver la meilleure fa£on de vivre en commun, de comprendre la finalite de la reunion d'une diversite d'individus en une societe: «Toute cite est une sorte de 2 3 4
Au sujet de cette reunion d'Aristote et Platon dans le cadre de la philosophic politique traditionnelle, le lecteur pourra egalement se rapporter a toute Poeuvre de Leo Strauss. Metaphysique 982 b, traduction francaise J. Tricot, Paris, Vrin 1981. Voir egalement Platon, Kepublique 508e. La politique est, elle-meme, une science maitresse, architectonique, dominant des sciences telles que la Strategie, Peconomie et la rhetorique. Ethique ä Nicomaque 1094 b — mais eile reste subordonnee a la metaphysique tout comme Paction politique a la pensee philosophique percue par Aristote comme la plus haute forme de Pactivite humaine — La politique 1325 b.
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communaute et toute communaute est constituee en vue d'un certain bien (...): il en resulte clairement que si toutes les communautes visent un bien determine, celle qui est la plus haute de toutes et englobe toutes les autres, vise aussi, plus que les autres, un bien qui est le plus haut de tous. Cette communaute (...), c'est la communaute politique».5 Le regroupement d'hommes sous Pautorite destitutions solidaires les unes des autres n'est pas Penjeu dernier de la politique teile que la per^oivent les heros de la pensee traditionnelle, Aristote et Platon. L'Etat, donne supreme de la reflexion politique, n'est pas une simple somme d'individus preoccupes par la satisfaction de leurs desirs personnels mais une communaute constituee autour d'un ideal de vie, une unite guidant ses membres dans la quete de la perfection.6 La reflexion sur la politique est, de ce fait, indissociable de la quete de la meilleure forme d'organisation politique, de la definition de PEtat ideal, en definitive, de la designation du mode d'existence le plus conforme a la destination de Phomme. Cette maniere de considerer la politique la conduit inevitablement a se soumettre a la philosophie. Le meilleur regime politique est celui qui consacre Pautorite des philosophes puisqu'ils sont ceux qui se chargent precisement de retrouver la raison d'etre de tout ce qui est, ceux qui s'interrogent exclusivement sur le sens de Pexistence de cet animal raisonnable qu'est Phomme: «jamais de perfection possible, ni pour un Etat, ni pour un regime politique, et, semblablement, non pas meme pour un individu, jusqu'a ce que ces philosophes (...) se trouvent, en vertu d'une heureuse fortune, pris par la necessite, qu'ils le veuillent ou non, de s'occuper des interets de PEtat, et celui-ci, par la necessite de leur etre docile (,..)» 7 Aucune disposition humaine, aucune propension, ne merite d'etre louee tant qu'elle n'est pas subordonnee a cette vertu supreme qu'est le savoir. La quete systematique du savoir a travers le genre de vie philosophique est la meilleure forme de vie pour les hommes: eile traduit, en effet, le triomphe de la raison qui est la difference specifique par laquelle Phumanite s'oppose a Panimalite en Phomme. Le rayonnement de la philosophie est ainsi Pindice auquel se reconnait la grandeur d'un Etat. En eux-memes, les differents regimes politiques, les divers modes de gouvernement ne sont rien: ils valent ce que vaut le type d'homme dont ils favorisent Pepanouissement.
La question a laquelle cette pensee politique traditionnelle, qui admet une hierarchie entre les hommes et destine les philosophes a commander aux autres, est entramee a se heurter est de savoir comment PEtat historique, dont eile suppose 5 6 7
La Politique 1252 a, traduction J. Tricot, Paris, Vrin 1977. Aristote, La politique 1278 b et 1328 a. Platon, Les lots 828 d et Gorgias 512 e et ss. Platon, Republique 499 b. Aristote, La politique 1288 a.
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imperfection*, pourrait se transformer pour accueillir la direction eclairee des meilleurs hommes; comment des hommes qui, en majorite, ignorent la vie raisonnable pourraient se laisser diriger par une infime minorite d'individus qui la cultivent. La reponse de Platon et d'Aristote est que Petablissement du meilleur regime, de 1'Etat favorable a l'exercice de la raison depend d'un heureux concours de circonstances, d'une fortune9: en somme, il apparait comme un evenement extraordinaire, un miracle, dont la divinite seule detiendrait le secret. Cette observation a laquelle aboutit la pensee politique traditionnelle ne ruine-t-elle pas cependant son projet initial qui est de considerer la politique ä partir d'un ideal defini? II est absurde de s'attacher a un ideal dont la realisation est confiee au sort: teile est la conclusion dont la formulation guide Pentree en scene de la philosophic politique moderne dont Kant est, disions-nous, le representant le plus typique. La pensee politique traditionnelle considere Porganisation politique a partir d'un ideal dont eile se montre cependant incapable de fixer les conditions de realisation; manquant ainsi d'atteindre le but qu'elle s'assigne elle-meme qui est de transformer les hommes en reformant 1'Etat.10 La philosophic politique moderne quant a eile, se manifeste en s'interdisant toute velleite de redemption de l'humanite.11 La perfection de Phumanite est une mission devolue a la morale qui se doit d'etre clairement dissociee de la politique: la morale est une preoccupation individuelle, une affaire privee, 8
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Republique 497 b, traduction de L. Robin: «Quel est cependant, parmi les regimes politiques actuels, celui qui, selon toi, convient a la philosophic? — II n'y en a pas un seul, repondis-je, et c'est bien de quoi je me plains: que pas une des constitutions politiques actuelles ne soit digne du naturel philosophe». Voir egalement Aristote, La politique 1288 b. Platon, Republique 492 a a 493. II convient de noter que Leo Strauss souligne particulierement ce role de la fortune dans la pensee politique de Platon et d'Aristote dans son article intitule «Les trois vagues de la modernite»: «(...) selon la philosophic classique, Petablissement du meilleur regime depend necessairement de circonstances fortuites, d'une fortuna qui echappe a toute maitrise et a toute saisie». «Avec son pretendu realisme, Aristote rejoint Platon sur ces deux points capitaux: le meilleur regime est Pordre le plus favorable a la pratique de la vertu, et Pactualisation du meilleur regime depend de circonstances fortuites». Les cahiers philosophiques n°20septembre 1984 p. 10 traduction de Yves Hersant. Dans son analyse de la categoric-attitude de lObjet, dont Platon et Aristote restent bien evidemment les meilleures illustrations, Eric Weil degage clairement la mission reformatrice de la philosophic traditionnelle: « La politique, science technique de la realisation de PEtat bon, et la morale qui vise la formation de bons citoyens pour cet Etat, n'ont de valeur que parce que seul le bon Etat permet aux hommes doues pour la science de realiser pleinement la possibilite supra-animale de Phomme». Logique de la Philosophie Paris, Vrin 1950 p. 151. La resolution de prendre les hommes tels qu'ils sont comme point de depart de la pensee politique se retrouve clairement indiquee chez Hobbes, Spinoza, Locke et Rousseau des le debut de leurs ouvrages politiques. Le cas de Rousseau est particulierement interessant parce que tout en opposant la quete de la legitimite de Pordre politique au fait de cet ordre, il insiste pour partir de Phomme tel qu'il est: «Je veux chercher si dans Pordre civil il peut y avoir quelque regle d'administration legitime et sure, en prenant les hommes tels qu'ils sont, et les lois telles qu'elles peuvent etre». Du control social, livre premier. Les termes soulignes le sont par nous.
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alors que la politique designe Porganisation de la vie en collectivite et se comprend essentiellement comme une activite publique. L'enjeu principal de la pensee politique teile que la concoivent les Modernes est de comprendre la reunion meme des individus en un ensemble, une societe ou un Etat. L'institution de PEtat n'est pas une donnee naturelle dont il s'agit de degager la meilleure forme d'existence (Phomme n'est pas un animal politique comme le voulait Aristote) mais un evenement, une creation, dont il convient de retrouver les conditions de possibilite. Le regroupement des hommes en une collectivite, un Etat, n'est pas un fait ordinaire parce qu'aucun individu, aucun type d'hommes n'est naturellement, legitimement, predestine a diriger les autres: Pimpasse a laquelle la pensee politique traditionnelle a ete acculee, Pirruption de la fortune, de Pirrationnel, dans son horizon, est due ä Pignorance de cette evidence. Puisque les hommes sont fondamentalement egaux12 quelles que soient leurs constitutions physiques et leurs aptitudes intellectuelles, leur reunion en un Etat est une enigme que la pensee doit s'employer a vaincre. La confrontation avec cette difficulte constitue la preoccupation fondamentale de Pensemble de la philosophic pratique de Kant qui apparait comme Pillustration la plus achevee de la pensee moderne. Kant est en effet le philosophe qui oppose resolument vie privee et action publique. II distingue la lot morale qui engage la relation de Pindividu avec lui-meme, a tel point qu'il est profondement insense de vouloir juger de la moralite d'une action par ses effets, du droit qui organise les relations entre les individus dans le cadre de la societe sans se preoccuper de leurs convictions personnelles.13 Le domaine du droit se revele generalement au sens commun a travers la sentence du magistrat qui entrame Pintervention des forces de Pordre. Cette experience du phenomene juridique teile que la ressent Phomme ordinaire s'accorde avec la presentation qu'en donne le philosophe Kant. La regie juridique, selon lui, est destinee a orienter le comportement des individus les uns envers les autres sans exiger que la raison qui les pousse ä la respecter soit elle-meme particulierement louable, desinteressee. Aussi admet-elle que la crainte d'une even12
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Hobbes est le premier a formuler avec une radicalite indepassable ce principe fundamental de la pensee politique moderne: «La nature a fait les hommes si egaux quant aux facultes du corps et de Pesprit, que, bien qu'on puisse parfois trouver un homme manifestement plus fort, corporellement, ou d'un esprit plus prompt qu'un autre, neanmoins, tout bien considere, la difference d'un homme ä un autre n'est pas si considerable qu'un homme puisse de ce chef reclamer pour lui-meme un avantage auquel un autre ne puisse pretendre aussi bien que lui» Leviathan. Chap. XIII, traduction F. Tricaud. Chez Hobbes, Spinoza, Locke et Rousseau la distinction du bien et du mal, la moralite, coincide avec la formation de la societe politique. Rousseau, qui a la reputation de juger Phomme naturellement bon, reste pourtant convaincu que: « Ce passage de Petat de nature a 1'etat civil produit dans Phomme un changement tres remarquable, en substituant dans sa conduite la justice a Pinstinct, et donnant a ses actions la moralite qui leur manquait auparavant.» Du contrat social Chap. VIII. Kant sera suivi dans son entreprise de distinction de la morale et du droit par Fichte et Schelling. Hegel tentera de depasser cette opposition mais il sera conduit ä elaborer une philosophic de 1'histoire au lieu d'une philosophic pratique, une pensee de l'action accomplie et non de la decision ä prendre.
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tuelle punition puisse servir de motivation pour obeir aux indications de la societe. Parce qu'elle se propose modestement de garantir Pordre social indispensable au deroulement de tout projet, la loi juridique s'accommode de la compagnie de la contrainte: « Une faculte de contraindre ce qui lui est nuisible est, suivant le principe de contradiction, liee en meme temps au droit»14 Uinstitution juridique est certes loin de pouvoir etre confondue avec un culte de la force, ainsi que nous le rappelle la balance qu'elle s'est choisie comme Symbole, mais eile a peu foi en la bonte de Phomme et, a la difference de la morale, eile n'espere pas de lui que la valeur de la loi Pincite a la respecter. Alors que la legislation ethique est attentive au mobile de notre action et exige qu'il soit a la hauteur de la dignite de Phomme, la legislation juridique quant a elle, nous impose seulement de nous soumettre tous aux memes lois afin que chacun n'ait rien a craindre de l'autre. Le droit veut etre une instance impartiale qui instruit, apprecie et arbitre les differends qui surgissent entre les individus dans la societe. II ne reconnait Phomme que comme membre d'une collectivite dont la conservation est sa plus haute destination. Par principe, aucun particulier n'est maitre de Pinstitution juridique: la collectivite seule dans son ensemble doit en decider, elle veut echapper aux individus, s'affranchir des rivalries entre groupes sociaux, de la confrontation entre les interets personnels pour s'eriger en une reference independante avec ses conditions propres de fonctionnement devant lesquelles tous sont traites avec egalite. Ce n'est qu'ainsi qu'elle peut en effet remplir sa mission principale qui est de garantir Pordre dans la societe.
Cette vocation de la legislation juridique s'accomplirait plus aisement sans doute si son edification etait indifferente a la volonte des hommes. Tel n'est, helas, pas le cas! La loi juridique teile que nous la montre le philosophe Kant est loin d'etre une grace divine accordee aux hommes.15 Son institution est une oeuvre strictement humaine, une creation de cet homme dont Kant pense qu'il ne se soumet pas a un commandement par admiration pour sa splendeur mais par interet, qu'il est fondamentalement mauvais pour employer le langage de La Religion dans les limites de la simple raison.16 Puisqu'il en est ainsi, comment une regie voulue par un homme pour14
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Cf. Doctrine du droit, traduction A. Philonenko, Paris, Vrin 1979 p. 106. Egalement Theorie et pratique, traduction L. Guillermit, Paris, Vrin 1990 p. 30. Cette liaison du droit et de la contrainte se retrouve, apres Kant, dans bien de theories generales du droit. L'exemple le plus celebre reste sans doute la Theorie pure du droit de Kelsen. Sur ce point le lecteur pourra egalement se rapporter ä Pouvrage suivant de M. Tosel: Kant revolutionnaire: droit et politique, Paris, P. U. F. 1988. Bien avant cet ouvrage, Popuscule Idee d'une histoire universelle au point de vue cosmopolitique avait bien sür mis en evidence «Pinsociable sociabilite» de Phomme.
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rait-elle s'appliquer a d'autres? Faut-il considerer qu'il existe une classe d'hommes, moins humains que la majorite, a qui il revient d'elaborer les lois juridiques? Assurement pas. Une teile solution nous reconduirait au theme de Pinegalite naturelle des hommes que les Modernes desapprouvent precisement chez les Anciens. Et, sur ce point egalement le propos de Kant reste resolument moderne. L'institution de la legislation juridique coincide avec l'intervention de PEtat. La contrainte caracteristique de la regie juridique n'est pas celle d'un individu ou meme d'un groupe d'individus mais celle d'un pouvoir central qui s'impose a tous sans exception. Le representant de Pordre ne se designe pas lui-meme pour la täche qu'il remplit: il est delegue par ce centre unique de pouvoir, cette direction de la collectivite qu'est PEtat. L'organisation des relations entre les individus dans la societe a travers le droit est inconcevable sans la concentration de la puissance publique dans le cadre de PEtat. L'existence de Pinstitution juridique traduit la reunion des hommes en un Etat. Le droit ne se conserve que dans PEtat et tout Etat veritable est un Etat du droit: «Un Etat (civitas) est Punification d'une multiplicite d'hommes sous des lois juridiques».17 Comme Pinstauration de la legislation juridique coincide avec l'intervention de PEtat, la question de la genese du droit est, de ce fait, identique a celle de la formation de PEtat. Tout comme Rousseau, Locke, Spinoza et Hobbes, le grands edificateurs de la modernite, Kant retrouve au fondement de Pexistence de PEtat Pldee d'un contrat: «Uacte par lequel un peuple se constitue lui-meme en Etat, a proprement parier, Pldee de celui-la qui seule permet d'en penser la legalite est le contrat originaire d'apres lequel tous abandonnent dans le peuple leur liberte exterieure pour la retrouver derechef comme membres d'une republique (...)» 18 . L'hypothese du contrat permet de concilier Paffirmation de Pegalite des hommes19, principe fundamental de la modernite, avec Pautorite d'une institution etatique qui n'est plus directement rapportee a un Etre transcendant.20 Le contrat est un engagement volontaire qui engendre une obligation entre les parties prenantes. Il consacre une reconnaissance mutuelle entre des parties qui, en fait, est supposee au depart. La theorie du contrat
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Doctrine du droit, paragraphe 45. L'Etat du droit ne se confond pas avec PEtat de droit qui designe une forme particuliere de PEtat caracterisee par la separation des pouvoirs et la reconnaissance des droits de Phomme. Mais Pedification de PEtat de droit passe par celle de PEtat du droit. Doctrine du droit, paragraphe 47. Egalement Theorie et pratique, p. 36. Notons que pour Kant les principes constituant des «lois selon lesquelles seules Pinstitution d'un Etat est possible, conformement aux purs principes rationnels du droit humain externe en general» sont: «1. La liberte de chaque membre de la societe comme homme. 2. Uegalite de celui-ci avec tout autre, comme sujet. 3. Hindependance de tout membre d'une communaute comme citoyen» cf. Theorie et pratique, p. 30. Cette lai'cisation de la politique intervient avec Hobbes, des Pintroduction du Leviathan dans laquelle il presente la republique comme une oeuvre humaine.
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comme fondement de PEtat parvient a admettre le principe de Pegalite des hommes sans sacrifier Pinegalite caracteristique de la relation a Pautorite etatique: comme P a si bien dit Rousseau «L'obeissance a la loi qu'on s'est prescrite est liberte».21 II reste cependant evident que, dans la realite historique, il apparait bien souvent une distorsion entre la volonte des gouvernants et celle des citoyens. Kant, qui est contemporain de la revolution francaise, est bien place pour le savoir. Aussi, souligne-t-il clairement que le contrat constitutif de l'Etat n'est pas un fait historique: « C'est au contraire une simple Idee de la raison, mais eile a une realite (pratique) indubitable, en ce sens qu'elle oblige tout legislateur ä edicter ses lois comme pouvant avoir emane de la volonte collective de tout un peuple, et a considerer tout sujet, en tant qu'il veut etre citoyen, comme s'il avait concouru a former par son suffrage une volonte de ce genre».22 Tout comme son educateur, Rousseau, qui, au debut du Contrat social^ distingue nettement fait et droit, legalite et legitimite, et se met en quete des conditions d'une legitimation des contraintes civiles, Kant retrouve dans le contrat une Hypothese, une Idee regulatrice, permettant d'apprecier P action de l'Etat historique. Une decision politique est juste quand eile recueille Passentiment de la majorite des citoyens. Pour etre teile, il conviendrait non seulement qu'elle soit prise en concertation avec eux mais surtout quelle s'interdise de privilegier teile categoric de citoyens par rapport a teile autre^ qu'elle evite, en d'autres termes, de susciter une division du corps politique. Cette derniere condition est de loin la plus importante aux yeux du philosophe car, quand bien meme le peuple n'adhererait pas a une loi qui proscrit toute segregation en son sein, eile n'en reste pas moins juste, dans son principe, du point de vue de Kant: «S'il est seulement possible qu'un peuple y donne son assentiment, c'est alors un devoir de tenir la loi pour juste, a supposer meme que le peuple se trouve presentement dans une situation ou dans une disposition de sä facon de penser telles que, si on le consultait la-dessus, il refuserait probablement son assentiment.» 23
Cette proscription du populisme, fondee sur la designation d'un critere de la justice en politique,24 autorise-t-elle de son cote le peuple a s'opposer aux projets juges deraisonnables de ses dirigeants? En d'autres termes, devons-nous admettre, en suivant Kant, un droit a la revoke? 21 22 23 24
Ou contrat social^ Chap. VIII. Theorie et pratique, p. 39. Idem. Faut-il attirer Pattention sur Pinteret que Phomme contemporain confronte au triomphe universel de Pelectoralisme aurait a mediter cette pensee de Kant? II appartiendra au Projet de paix perpetuelle de preciser ce critere en ces termes: «Toutes les maximes qui ont besoin de publicite (pour ne pas manquer leur but) s'accordent avec la morale et la politique». Nous y reviendrons.
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Un droit ä la revoke serait une permission de resister a Pordre etabli. Une teile disposition marquerait la legislation juridique dans son ensemble du sceau de la precarite et eile perdrait, du coup, toute raison d'etre. L'ordre juridique a pour vocation d'imprimer une stabilite au cours des relations entre les individus dans le cadre de PEtat. La formation de PEtat est identique ä une conquete de la stabilite des regies qui orientent la conduite des hommes les uns envers les autres. Avant Pinstallation de PEtat, les hommes ne vivent pas dans Pignorance de toute loi. Uetat de nature, une autre hypothese qui designe la condition de Phumanite avant Pintervention de Pinstitution etatique, n'est pas considere par Kant comme exempt de toute regie. Seulement la validite de la loi dans le cadre de Petat de nature reste necessairement provisoire. En cas de controverse, il n'existe pas une instance dominante pour decider entre les parties opposees. La loi, dans Petat de nature apparait done instable et le contrat originaire qui introduit Petat civil supprime en meme temps cette instabilite, protege Pindividu contre la violence de son semblable. Admettre un droit a la revoke reviendrait a briser cette protection, a reintroduire Petat de nature en plein etat civil, ce qui contredit le but vise ä travers Pinstitution de PEtat.25 Aussi Kant, suivant en cela Hobbes, rejette-t-il fermement toute tentative de rebellion: «(...) Toute opposition au pouvoir legislatif supreme, toute revoke destinee a traduire en actes le mecontentement des sujets, tout soulevement qui eclate en rebellion est, dans une republique, le crime le plus grave et le plus condamnable car il ruine le fondement meme».26 La condamnation kantienne frappe cependant le projet de revoke et non Pacte accompli, Pevenement survenu. En d'autres termes, plus prosa'iques, Kant est legaliste et non contre-revolutionnaire: «(...) Quand une revolution a reussi et qu'une nouvelle constitution est fondee, Pillegalite du commencement et de son etablissement ne saurait liberer les sujets de Pobligation de se soumettre comme des bons citoyens au nouvel ordre de choses, et ils ne peuvent refuser d'obeir loyalement a Pautorite qui possede maintenant le pouvoir»27. Il ne faut pourtant pas se häter de deduire de cette exhortation kantienne a respecter tout ordre etabli que toute transformation, toute innovation, est impossible dans PEtat tel qu'il le per^oit. En maintenant que le contrat originaire est une Idee de la raison qui doit servir de reference dans Pelaboration des lois publiques, Kant suggere qu'il a clairement conscience de Pimperfection de PEtat historique. Il prefere cependant recommander aux gouvernants de veiller au perfectionnement des lois de PEtat plutöt que de confier une teile responsabilite au peuple qui, tant qu'il n'est pas organise, guide, reste incontrölable, imprevisible, et, de ce fait, dangereux pour lui-meme. En d'autres mots, Kant est reformiste: «un changement de la constitution (vicieuse) de PEtat peut bien etre parfois necessaire — mais il ne peut 25 26 27
Locke et Spinoza n'ont cependant pas recule devant cette contradiction. Cf. Tratte du gouvernement civil, chap. 18 et 19, et la Lettre ä Jarig Jelles du 2 Juin 1674. Theorie et pratique, p. 42. Doctrine du droit, p. 205.
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etre accompli que par le souverain lui-meme par une reforme et non par le peuple, c'est-ä-dire, par revolution»2*. II reste a savoir si ce reformisme29, complement indispensable au legalisme pour le philosophe qui ne veut pas desesperer de Thomme, est possible sous toutes les formes de PEtat.
Traditionnellement, les philosophes de la politique distinguent les formes de PEtat selon le nombre de personnes ayant en charge la direction de la collectivite: il en resulte trois regimes fondamentaux qui sont la monarchic, Paristocratie et la democratic. Cette demarche qui reste importante dans le cadre d'une pensee qui ignore le dogme de Pegalite des hommes perd de son interet avec l'intervention de celui-ci. A partir du moment il est admis que Petat civil dans son ensemble se fonde sur un contrat originaire de tous avec tous, la question decisive desormais est de savoir comment Pautorite directrice est instituee, comment, en d'autres termes, le gouvernement se rapporte a ly ensemble des citoyens. Reconnaissant cette nouvelle orientation imposee a la reflexion politique, Kant degage deux modes principaux de gouvernement qui sont le republicanisme et le despotisme: «Le republicanisme est le principe politique qui admet la separation du pouvoir executif (gouvernement) et du pouvoir legislatif; le despotisme execute de sä propre autorite les lois qu'il a edictees lui-meme, c'est done la volonte generale en tant qu'exercee par le souverain comme sa volonte privee. »30 Le republicanisme est un Systeme representatif. Il introduit entre le sommet de PEtat et la base un corps intermediate qui sert d'interlocuteur entre ces deux extremes. En distinguant ainsi une assemblee, deleguee par le peuple, qui decide des lois et un gouvernement qui les execute, il consacre une distance permanente entre la volonte de PEtat et son action definitive. En d'autres termes, le Systeme representatif institue une resistance au centre meme de Paction etatique. Le gouvernement n'etant pas libre d'agir comme bon lui semble parviendra difficilement a nuire au peuple et le peuple de son cote, n'ayant pas immediatement Pinitiative de Paction politique devra se contenter de la soumettre a Panalyse de ses delegues qui, connaissant mieux les ressources de PEtat que lui, ne seront pas prompts a soutenir n'importe quelle revendication. Cette resistance constante, fondee sur la separation des pouvoirs31, condamne PEtat republicain a transformer son action par reformes et non par revolution. En legalisant Popposition du peuple 28 29 30
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Ibidem p. 204. Dans son ouvrage deja cite M. Tosel consacre un titre au «reformisme permanent» chez Kant. Projet de paix perpetuelle, traduction J. Gibelin p. 18. La Doctrine du droit (1796) suivant en cela Theorie et pratique (1793) oppose au gouvernement despotique, le gouvernement patriotique. Dans la Doctrine du droit Kant montre que tout Etat devrait contenir en soi trois pouvoirs differents: Pexecutif, le legislatif et le judiciaire.
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au gouvernement a travers l'assemblee de ses representants, la forme republicaine de 1'Etat destine, en principe32, toute tentative de rebellion ä Pechec. Elle reussit ainsi a assurer le salut de 1'Etat dans sa totalite qui ne doit pas etre confondu avec le bonheur des citoyens. II consiste, en effet, en «la plus grande concordance, accord entre la constitution et les principes du droit, et auquel la raison par un imperatif categorique nous fait une obligation de tendre»33. Alors que le salut de 1'Etat exige le republicanisme, le bonheur du citoyen, quant a lui, n'est pas incompatible avec le despotisme. La conscience commune se represente le despotisme comme un gouvernement qui est allergique a toute velleite d'opposition. Cette image s'accorde parfaitement avec ce qu'en pense le philosophe Kant. Le despotisme est un regime politique dans lequel la conception et execution de Pinitiative politique incombe a une seule autorite, peu importe le nombre de personnes qui 1'incarnent. Dans un tel cadre politique, la base de PEtat, le peuple, est directement confronte au sommet, le gouvernement. II ne semble pas, de prime abord, totalement impossible, que cette forme d'organisation politique constitue un avantage. En eile, en effet, le prince communique directement avec ses sujets. Ses decisions sont immediatement executoires et il ne depend que de lui qu'elles soient favorables au peuple. Or, c'est precisement cette derniere consideration qui exprime le vice fondamental du regime despotique. En soumettant resolument le peuple a la volonte du prince, il erige celui-ci en pere et transforme ses sujets en enfants. Deja, en son temps, Aristote distinguait gouvernement domestique et gouvernement politique^ en precisant que dans le cas du second, le dirigeant est confronte a des hommes libres et qu'il doit avoir lui-meme appris a obeir. II est vrai qu'en destinant les meilleurs hommes par nature a commander aux autres, il reduit la portee de cette distinction qu'il a etablie. Mais il nous prepare a comprendre ce que Kant condamne sous le nom du despotisme. Ce regime nie fondamentalement la responsabilite du citoyen dans la conduite de 1'Etat. Au lieu de traiter le citoyen comme un inter-locuteur, un egal, dans la discussion de 1'action politique, le gouvernant despote le transforme en simple serviteur, en inferieur. Il pietine ainsi le principe de Pegalite des hommes sur lequel doit reposer tout P edifice de PEtat: «Un gouvernement qui serait fonde sur le principe de la bienveillance envers le peuple, tel celui du pere envers ses enfants, c'est-a-dire un gouvernement paternel (...) — un tel gouvernement, dis-je, est le plus grand despotisme que Pon puisse concevoir (constitution qui supprime toute liberte des sujets qui, des lors ne possedent plus aucun droit).» 34
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La reserve est importante car, dans la pratique, l'assemblee peut ne pas jouer son role. Elle finit alors par se confondre au gouvernement et les deux forment un groupe de privilegies isoles du peuple. Le regime degenere dans les faits en despotisme. Le cas est envisage par Kant. Doctrine du droit p. 205. Du point de vue kantien done, il ne saurait exister une antinomic entre la democratic, comprise comme le Systeme representatif, et le developpement. Theorie et pratique p. 31.
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La deficience principale de la forme despotique de l'Etat, du point de vue de la reflexion philosophique sur la politique, consiste en la confusion du pouvoir legislatif et du pouvoir executif. Quand bien meine l'ensemble des citoyens seraient a la fois legislateurs et gouvernants comme dans le cas d'une democratic directe, cette confusion reste prejudiciable au salut de l'Etat. Dans une teile situation en effet, toute velleite de transformation de l'orientation de l'Etat, toute tentative d'innovation politique, ebranle immediatement Pensemble du corps politique. La moindre decision prise par l'Etat en cas de conflit entre les citoyens par exemple, aboutit necessairement a une marginalisation d'une partie d'entre eux, si ce n'est a leur repudiation hors du corps politique35. Les reformes deviennent difficilement concevables dans le cadre d'un regime fondamentalement despotique quelle que soit sä nuance, qu'il soit monarchique, aristocratique ou democratique. La forme despotique de l'Etat, en ecartant la possibilite d'une resistance legale au pouvoir, accule les citoyens a la rebellion en cas de desaccord avec l'action de leurs dirigeants: « Le souverain veut rendre le peuple heureux selon l'idee qu'il s'en fait, et il devient despote; le peuple veut ne pas se laisser frustrer de la pretention au bonheur commune a tous les hommes, et il devient rebelle».36 Seul le republicanisme est en mesure de garantir l'ordre dans l'Etat. Le despotisme, qui suscite la revoke, devrait done lui ceder la place dans tout Etat. La philosophic politique exige ce passage du despotisme au republicanisme dans tout Etat. Et pourtant eile encourage le respect de l'ordre etabli, eile condamne tout projet de revolution, toute tentative de rebellion. Faut-il en conclure que republicanisme et despotisme doivent se partager eternellement l'humanite, que le regne du second est aussi incontournable que celui du premier.
Le regne universel du droit est le sens de l'histoire humaine pour la philosophic. Il ne s'agit pas d'un dessein cache imprime par une force transcendant l'homme qui guiderait ineluctablement le cours de son existence. II faut plutöt reconnaitre a travers cette assertion une täche, un devoir, que la philosophic, s'interrogeant sur la politique, prescrit a l'humanite dans son ensemble. La circonscription de cette obligation morale et politique serait cependant vaine si eile devait ignorer les regies qui president aux relations entre les individus dans un Etat d'une part et aux rapports entre les Etats dans le cadre de l'histoire universelle d'autre part. L'apparition de l'Etat resorbe les conflits entre les hommes dans l'hypothetique etat de nature 35
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Kant sera suivi dans cette critique de la democratic directe par Fichte. Il revient cependant ä Kelsen d'en degager la consequence positive pour le Systeme representatif lui-meme en erigeant la reconnaissance du droit de la minorite en exigence essentielle de la democratic. Cf. La democratic — sä nature — sä valeur^ traduction C. Eisenmann, Paris, Economica 1988. Theorie et pratique p. 35.
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mais 1'Etat reste lui-meme 1'organisation d'une societe particuliere localisee sur un territoire determine. La conquete de l'ordre dans les limites d'un regroupement humain particulier ne garantit pas la paix a 1'echelle generate de Phumanite. Les rapports entre les Etats dans l'histoire universelle reproduisent l'etat de nature que chaque Etat, dans les limites de sä competence, est cense avoir jugule. En d'autres termes, les relations entre les Etats sont fondees sur la force, elles expriment directement leur puissance. II n'existe pas une juridiction internationale accompagnee d'une capacite de contrainte dont les regies s'imposent immediatement et egalement aux differents Etats. Les principes internationaux, en matiere de droit, resultent de negociations, d'accords, de conventions, dont la transgression n'est pas toujours sanctionnee. Uhistoire universelle reste ainsi abandonnee a la lutte. Mais, aussi paradoxal que cela paraisse, c'est cette lutte elle-meme qui pourrait conduire a l'institution du droit entre les Etats aux yeux du philosophe. Toute confrontation entre Etats, toute guerre^ entrame d'autres Etats a prendre position pour ou contre l'un des belligerants. La guerre est ainsi, potentiellement, une menace contre l'equilibre de Phumanite dans sä totalite. A defaut de pouvoir proscrire definitivement l'initiative de la guerre, faute d'une instance internationale efficace qui dirige leurs relations37 les Etats vainqueurs d'une guerre sont libres d'imposer leur volonte aux vaincus. Us ne doivent pas aller jusqu'a aneantir completement la base meme d'un Etat, le peuple sur lequel il repose38: «En revanche ils peuvent lui imposer d'admettre une nouvelle constitution qui soit par sa nature defavorable au penchant a la guerre»39. Le droit reconnu a un Etat de bouleverser l'organisation d'un autre Etat autorise le philosophe reflechissant sur la politique a envisager un triomphe universel du republicanisme. Cette forme de 1'Etat est en effet, la plus apte a decourager les visees expansionnistes des gouvernants precisement parce qu'elle soumet leur action au contröle du peuple a travers ses representants. Les contraintes qu'une situation de guerre impose aux citoyens sont telles qu'ils sont rarement portes a en soutenir l'initiative par la voix de leurs elus. Et, au cas ou la constitution de 1'Etat le leur permet, ils prefereraient changer de dirigeants que de decreter, en toute liberte, une guerre. Ce pacifisme caracteristique du peuple est encourage par 1'esprit commercial qui, en se developpant au fil de l'histoire, abolit irresistiblement les frontieres qui separent les hommes. Seul 1'Etat despotique, parce qu'en lui l'avis de Pensemble des citoyens n'est pas requis pour une decision, serait capable, en toute tranquillite, de declarer une guerre. Son existence constitue ainsi, quand bien meme ses dirigeants du moment seraient pacifistes, une menace permanente pour la paix dans le monde. 37
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II convient de noter que Kant lui-meme appelle a 1'edification d'une teile instance, condition definitive de la paix entre les Etats. Sa designation varie selon les textes: dans Vldee d'une histoire universelle ... (1784) eile s'appelle Societe des Nations, Communaute civile internationale, Etat cosmopolitique universel; dans Theorie et pratique (1793) eile se nomme Etat universel des peuples; dans le Projet de paix ... (1795) c'est une Federation d'Etats libres, une Union federative; enfin dans la Doctrine du droit (1796) c'est une Union universelle des Etats. Autrement dit, le genocide est categoriquement condamnable. Doctrine du droit p. 233.
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II n'est cependant pas permis a l'Etat republicain de decreter une guerre centre le despotisme. Une guerre offensive contre un Etat est in juste selon les principes de la pensee politique moderne tels qu'ils apparaissent chez Kant. La regle fundamentale a la lumiere de laquelle toute action politique se doit d'etre jugee est I'exigence de publicite: «Toutes les actions relatives au droit d'autrui dont la maxime est incompatible avec la publicite sont injustes».40 En fondant l'institution de l'Etat sur l'Idee d'un contrat de chacun avec tous, la pensee politique moderne erige l'opinion publique en instance supreme devant laquelle toute initiative politique est sommee de se justifier. L'assentiment de l'ensemble des citoyens devient le entere indiscutable de la verite en politique. Cette irruption du peuple, de la foule, des masses, dans la discussion politique traduit radicalement la rupture de la theorie politique moderne avec la pensee antique.41 La politique n'est plus un domaine reserve a un cercle d'inites, de privilegies. Non seulement tout citoyen, dans des conditions fixees par la loi, est eligible a la tete de l'Etat, mais surtout, toute mesure politique a vocation a etre publiee. Cette exigence de publicite, appliquee aux rapports entre les Etats, rend insupportable toute guerre de conquete. Permettre a un Etat d'envahir tout autre qu'il se sentirait capable de vaincre reviendrait a consacrer Pinsecurite a Pechelle de Phumanite. Un Etat republicain qui prendrait sur lui de combattre directement le despotisme d'un autre commettrait ainsi une injustice, car l'Etat injuste « C'est celui dont la volonte publiquement exprimee (que ce soit en parole ou en acte) trahit une maxime, suivant laquelle, si eile etait erigee en regle universelle, aucun etat de paix ne serait possible entre les peuples, tandis qu'au contraire Petat de nature devrait etre considere comme eternel.» 42 Conformement done au droit, defini par la philosophic, et a son mode d'organisation propre, la republique n'est pas autorisee a engager une lutte contre le despotisme. Le despotisme par contre est en mesure, encourage par la simplicite de sa structure, en opposition au droit il est vrai, de decreter une guerre contre la republique. Pouvons-nous sortir de ce paradoxe, auquel nous accule la pensee politique de Kant, qui nous expose au risque d'abandonner Phumanite a la ferule du despotisme?
Bien que Kant admette un accord entre la morale et le droit en ce qui concerne leur forme (la loi juridique vaut pour tous les citoyens sans distinction tout comme le devoir moral exige que j'agisse conformement a une maxime susceptible d'etre erigee en regle universelle de conduite), il demeure fermement convaincu de leur 40 41
42
Projet de paix perpetuelle p. 76. Le lecteur pourra, a ce propos, se referer a Pouvrage de Kelsen dejä cite, a Particle d'Eric Weil intitule « Masses et individus historiques » en Essais et conferences^ tome II, Paris, Vrin 1991 ainsi qu'au livre de M. Chartier Les origines culturelles de la revolution franqaise, Paris, Seuil 1990. Doctrine du droit p. 233
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Mahamade Savadogo
separation relativement a leur mauere. Cette conviction est la raison profonde de la fidelite absolue ä 1'ordre etabli que recommande sa pensee politique qui, en nous interdisant de concevoir un droit de resistance, nous accule au risque d'assister, impuissants, au triomphe general du despotisme. Puisque la dignite de la legislation juridique consiste uniquement en sa forme, toutes les lois juridiques se valent, quant au fond, et il est vain d'invoquer une aspiration a une plus grande justice pour contester un ordre etabli. Toute regle de droit se fonde en definitive sur la malignite de la nature humaine qui s'avoue inextirpable. Afin d'eviter ce pessimisme et les fächeuses consequences politiques qui 1'accompagnent, il nous faut reconnaitre un passage entre morale et droit, un lien entre ethique et politique. La morale ne saurait rester completement indifferente a la mauere du droit. Parmi les lois juridiques, certaines sont plus justes que d'autres, bien qu'elles aient toutes la meme forme de Puniversalite. N'en deplaise au philosophe kantien, la conscience morale intervient dans l'appreciation de la legislation juridique par le citoyen. Elle contribue a la designation d'un droit naturel^3 d'un droit de 1'homme, que le droit positif d'un Etat est oblige de prendre en consideration. L'idee du droit naturel conduit en somme a la conception d'une legitimite qui transcende les iimites strictes de tout ordre juridique etabli. Cette distance entre le legitime et le legal introduit, dans le rapport du citoyen a l'Etat, le pressentiment d'un droit ä la resistance qui, a son tour, impose au philosophe de reflechir sur les modes d'accession au pouvoir44 afin de determiner leur relation a l'ideal de justice. Cette preoccupation, particulierement absente de la pensee politique de Kant, n'a pas encore ete suffisamment reconnue par la philosophic politique bien que toute 1'histoire contemporaine, post-kantienne, le lui recommande45. II apparait evident, 43
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Au chapitre I de sa Philosophie politique, Paris, Vrin 1956, Eric Weil developpe cette conception du droit naturel comme passage entre la morale et le droit positif et se retrouve confronte a l'idee de la revolution comme mode de transformation de l'Etat. II lui reconnait un role tout en en critiquant le projet a partir d'un point de vue semblable ä celui de Kant. En fait, il reduit le projet revolutionnaire a 1'insurrection populaire qui peut echouer, alors qu'une revolution est un processus emergeant dans une situation de crise politique complete et qui ne se comprend dans sa totalite qu'une fois parvenu a son terme, c'est-a-dire, au succes; comme il devait le reconnaitre lui-meme bien des annees plus tard en 1976 dans un article au titre significatif: «Hegel et le concept de revolution» en Philosophie et realite, Paris, Beauchesne 1982. II en existe trois principaux: Selection, le putsch et la revolution. Le premier se comprend dans le cadre d'un Etat de droit deja constitue, les deux autres quant a eux, engagent le passage d'une forme de l'Etat a une autre. Kant croit pouvoir condamner le projet d'une revolution en s'appuyant sur l'exigence de publicite. En fait, il confond le putsch, dont la conception ne souffre effectivement pas la publicite, avec la revolution qui, comme devait le montrer Lenine bien apres lui, suppose la formation du peuple ä travers un programme politique. II est interessant, a ce sujet, de noter qu'en Afrique, des constitutions comme celle du Benin et du Burkina reconnaissent un droit ä la desobeissance civile au citoyen en cas de coup d'Etat. Cette disposition qui, souvent, fait sourire les juristes ne saurait laisser indifferente les philosophes. Dans 1'histoire de la philosophic postkantienne Fichte a ete le premier philosophe ä entreprendre une defense philosophique du droit de resistance. II n'est cependant pas alle jusqu'ä envisager une typologie des modes d'accession au pouvoir.
Kant et la politique
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dans cette perspective, que le droit de resistance s'applique immediatement dans le cas de PEtat despotique, car cet Etat lui-meme ne laisse pas d'autre alternative que la confrontation a Phomme soucieux du droit, de son droit. Mais il doit rester egalement concevable dans le cadre meme du Systeme representatif ou il se manifeste souvent, sous une forme passive il est vrai, par le desinteret des citoyens pour les grandes consultations nationales. Lorsque les formations politiques, censees le representer, finissent par s'autonomiser en de gigantesques appareils entretenant des «specialistes», il est du röle de la pensee politique de rappeler au citoyen son droit a les contröler. En ne s'acquittant pas de cette täche, eile abandonnerait la communaute politique au risque de se retrouver confrontee a des chocs insurmontables qui remettraient en cause le sens meme de la vie en cite parce qu'ils resulteraient d'une rupture insondable entre le citoyen et son representant. Cette menace rappeile en retour au philosophe s'interrogeant sur la politique que toute reconnaissance d'un droit de resistance se doit de s'accompagner d'une reflexion sur les limites de Padmission de la violence en politique. Toute violence n'est pas sensee. Est-ce Pattachement a cette conviction qui, en definitive, aura pousse Kant un peu trop loin dans la volonte de fidelite ä Pordre etabli? ...
Kant and Feminism by Kurt Mosser, Dayton/Ohio
/. Introduction The juxtaposition of Kant's name with "feminism" seems almost designed to invite scorn and indignation. As we will soon see, throughout his career Kant made a variety of noxious and distasteful comments about women. As we will also see, Kant has been regarded, with Descartes, as the philosopher chiefly responsible for providing modern Western philosophy with a picture of reason that has been employed in a variety of ways oppressive to women. Yet the reader of Kant's works in practical philosophy, specifically the Foundations of the Metaphysics of Morals and the Critique of Practical Reason, could very well harbor a considerably different expectation, namely, that Kant's views of women — qua rational agents — should be able to provide the grounding for a liberatory project. After all, the second formulation of the Categorical Imperative — "Act so that you treat humanity [Menschheit], whether in your own person or in that of another, always as an end [Zweck] and never as a means only"l — appears, prima facie, to yield precisely that grounding. One might expect still further support for such a project from Kant's extensive and detailed discussion of human freedom. Kant's readers, then, are faced with the hermeneutical task of either 1) reconciling these seemingly inconsistent claims, 2) trying to eliminate that material that is indefensible, while retaining that which remains of philosophical interest, or 3) rejecting the entire Kantian approach as irredeemably sexist and oppressive. In what follows, I seek to address the issues raised by this conflict between Kant's sexist remarks and the "official" picture of human agency one finds in his work. As might be expected, most of the attention of Kant's feminist critics has been concentrated on his practical philosophy, as well as other remarks of his found in the lectures and less systematic works. I will focus, instead, on a text that plays a surprisingly small role in these discussions, the Critique of Pure Reason, particularly its account of the subject, its cognitive capacities, and its theoretical limitations. In 1
Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, IV, p. 429; Beck, p. 54. All references to Kant's texts, except the Critique of Pure Reason, will be given to the Academy edition — Kants gesammelte Schriften, herausgegeben von der Preussischen Akademie der Wissenschaften (Berlin: Walter de Gruyter, 1902—) by volume and page number, and to the translation by the translator's last name. Hence, here Beck, L. W. foundations of the Metaphysics of Morals (Indianapolis: Bobbs-Merrill, 1969). These translations may be altered; if no translation is cited, it can be assumed that it is my own.
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 322-353 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
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so doing, it will be shown that some — although certainly not all — of the feminist critique of Kant can be deflected. This raises, in turn, two general historiographical questions that frequently arise: is it ever possible to detach, or otherwise eliminate, the "problematic" — if not simply reprehensible — claims made by a philosopher whose insights we otherwise hope to retain and utilize? And if it is, how can it be done? Although I return briefly to these difficult questions in concluding this discussion, I am more interested here in pursuing a philosophical point. For on the interpretation of the subject given here, and the consequences of this interpretation, we can see that there may be good reasons to regard this Kantian (or perhaps, more appropriately, "neo-Kantian") account as not resulting in the kind of sexism conveyed by Kant's own remarks. Indeed, it may have the surprising result of grounding, in a remarkably robust way, a progressive liberatory project many feminists have seen Kant as actively preventing. It is not my intention, here, to show what such a Kantian feminism would look like; rather I only want to argue that the results of Kant's critical philosophy, including the essential contribution to that philosophy made by the First Critique, are too valuable for feminism to be dismissed without considerably more careful attention than it has often received.
//. Kant's Remarks about Women It is not difficult to find Kant making denigrating remarks about women. They are scattered throughout his writings, although the majority can be found in two works: the 1764 Observations on the Feeling of the Beautiful and Sublime, and the Lectures on "Anthropology From A Pragmatic Point of View."2 While briefer comments can be found in other lecture series, the essay on Theory and Practice, the Metaphysics of Morals, and elsewhere, the first two texts mentioned are Kant's most systematic treatment of the sexes and hence, understandably, are those on which Kant's feminist critics have focused. To modern ears, Kant's observations may sound embarrassingly crude — if not laughable — both for their sheer generality and, relatedly, as based on Kant's minimal exposure to women. As J. H. W. Stuckenberg sympathetically notes in his 19thcentury biography of Kant: Those who expect from Kant broad views respecting woman, must not forget to study his opinions in the light of that day; even then they will likely conclude that the philosophic 2
References to these two works will be abbreviated, respectively, as Observations and Anthropology, and be given parenthetically. The Observations may be found in vol. II of the Academy edition, and has been translated by John Goldthwait (Berkeley: University of California Press, 1960). The Anthropology may be found in vol. VII of the Academy edition, and has been translated by Mary Gregor (The Hague: Martinus Nijhoff, 1974). These lectures were published in 1797, although Kant had been giving them "for some thirty years," as Gregor points out in her translation (p. ix).
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bachelor, limited in his observations of humanity to Königsberg, early losing his mother, and avoiding all intercourse with his sisters, was not the man to do justice to woman.3
Yet Kant's relative isolation from the company of women4 hardly justifies what can be described, at best, as his paternalism. So we see Kant's well-known remark that a woman of scholarly accomplishment might as well be a man: "A woman who has a head full of Greek, like Mme Dacier, or carries on fundamental controversies about mechanics, like the Marquise de Chätelet, might as well have a beard" (Observations II. 230/Goldthwait 78). More generally, Kant wishes to distinguish two types of understanding: that of the fair sex, which concerns itself with the beautiful and belongs to women, and that of the noble sex, which concerns itself with the sublime and belongs to men. While women, it is worth noting, have "as much understanding" as men, the two are specifically distinct. This difference is crucial to much of Kant's discussion in the Observations and elsewhere. Thus, in the Blomberg Logic: There are sciences which require a sharp mind, much reflection, and profundity. These are for the male sex. On the other hand there are sciences that require wit and a kind of feeling, and these are proper for women.5
In the Anthropology, Kant focuses on the different roles men and women play in the household and in civil society. In the former, "woman should reign [herrschen] and the man govern" for women are driven by passion and inclination, while men are characterized by their understanding (VII. 310). The functions of women in civil society consist of their biological role in the "preservation of the species" and in their social role of refining and cultivating society, specifically the men who dominate — politically, economically, and otherwise — that society (VII. 306). The latter point echoes one made in the Observations: "The content of woman's great science ... is humankind [Mensch], and among humanity, men," for they "refine even the masculine sex" (II. 229f.(Goldthwait 78 f.). Women, then, in general, are subject to men politically, economically, pedagogically, and in virtually all ways in which society reflects its power, power that is, with few or no exceptions, vested in men. This situation, presumably, is amenable to Kant, who refers, in the Metaphysics of Morals, to "the natural superiority of the husband to the wife in his capacity to promote the common interest of the household," and almost offhandedly mentions the lack of all women's fitness to vote, thus depriving them 3 4
5
Stuckenberg, J. H. W. The Life of Immanuel Kant (London, MacMillan, 1882), p. 184; reprinted (Lanham MD: University Press of America, 1986). Pauline Kleingeld ("The Problematic Status of Gender-Neutral Language in the History of Philosophy: The Case of Kant"; Philosophical Forum XXIV (1992-1993), pp. 143-144), has pointed out that Kant was familiar with learned women and socialized with them on occasion; this doesn't, however, affect the point that such interaction was relatively rare and, as Kleingeld also points out, Kant actively avoided it. Blomberg Logic, vol. XXIV, p. 29; translated by Michael Young Lectures on Logic (Cambridge: Cambridge University Press, 1992), p. 17. As Young notes in his Introduction (p. xxiv), these lectures could not be earlier than 1770.
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of the "only qualification for being a citizen."6 As Pauline Kleingeld has summarized Kant's account: Because women, according to Kant, are weak, fearful, and guided by their inclinations — that is, because women cannot act autonomously or think for themselves — they need the competent guidance of men.7
As we will now see, views such as these cannot — or certainly should not — be palatable to us 200 years later.
///. Kant's Feminist Critics Given the odiousness of the above comments from Kant, one need not read very widely in the feminist literature to discover that Kant is frequently taken to be the central philosophical figure responsible for a picture of reason that has been used in a variety of ways to exploit and oppress women.8 Thus Barbara Herman has referred to Kant's "unhappy status as the modern moral philosopher feminists find most objectionable."9 While Martha Nussbaum has claimed that "Kant's evident misogyny and disdain have caused feminists to dismiss his arguments without seriously considering them,"10 there has been an enormous amount of work "seriously considering" those arguments, if only, in the end, generally, if not unanimously, to reject them. Without trying to perform the impossible task of surveying this literature, it is worthwhile to look at some of the representative criticisms feminists have leveled against Kant. The fundamental charge against Kant is his exclusion of women from the province of reason. At times, this charge is qualified, as when Ruth Ginzberg writes that "Aristotle, Kant, Hegel, Rousseau, and Schopenhauer were but a few of the 6
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VI. 279 ("Rechtslehre" §26), translated by Mary Gregor (Cambridge: Cambridge University Press, 1991), p. 98. For the discussion of voting and dependence, ibid., VI. 314, Gregor 126. Kleingeld, op. cit., p. 137. The other discussions of women I have been able to track down in Kant's works are all in the tone of those given above, and consistently have the flavor of offhand remarks or asides: Logik Blomberg XXIV.1.46, 65, 68, 75, 79-80, 185, 290; Logik Phillipi, XXIV.1.380; "Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?," VIII. 35; "Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis," VIII. 295, Kritik der praktischen Vernunft V.153, Briefwechsel XI. 411-412. There are no doubt many others scattered throughout Kant's writings, particularly in the various lecture series and in Kant's own notes (the "Reflexionen"). The other central figure in these discussions is Descartes (Bacon is also occasionally mentioned); see Bordo, Susan The Plight to Objectivity (Albany: State University of New York Press, 1987). Herman, Barbara "Could It Be Worth Thinking About Kant on Sex and Marriage?" in Antony, L. and Witt, C. (eds.) A Mind of One's Own (Boulder: Westview Press, 1993), p. 50. Nussbaum, Martha "Feminists and Philosophy," New York Review of Books vol. XLI. 1 (Oct. 20 1994), p. 62.
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philosophers who asserted that woman is not rational, at least not in the same way as man."11 Jean Grimshaw, specifying Kant's accoutn of practical reason, argues: There is a clear sense ... in which aspects of Kant's moral philosophy might be seen as 'masculine.' Like Aristotle, he in effect excludes women from a philosophical idea, this time of 'moral worth.' ... [I]n a way Kant's exclusion of women is less arbitrary than that of Aristotle. And the reason is that the ideal of moral worth itself encapsulates qualities seen as paradigmatically masculine, and excludes those seen as feminine.12 At other times, the charge is leveled without qualification — thus Robin May Schott takes Kant's view of objectivity "to be correlated with a dismissal of women as sexual beings, who are incapable of rational thought."13 Susan Mendus argues that "It would appear that in the kingdom of rational beings there are only adult males."14 Val Plumwood notes that for Kant, "it is not only women who are excluded from reason by their possession of a gallantly presented but clearly inferiorised 'beautiful understanding', but also workers and blacks, the latter being ascribed an inferiority 'as great in regard to mental capacities as in color'."15 In a similar vein, Sandra Harding writes of the "fathers of our intellectual traditions" — presumably including, if not chiefly, Kant — have insisted for centuries that we are exactly not the kind of persons whose beliefs can ever be expected to achieve the status of knowledge. They still claim that only the impersonal, disinterested, socially anonymous representatives of human reason — a description that refers to themselves, of course — are capable of producing knowledge. Mere opinion is all that folks like us can hope to produce.16 Carole Pateman provides what is perhaps the most strongly-worded version of this objection: "Kant excludes women from the category of persons or individuals. Women can only be property."17 The vast majority of feminist complaints against Kant focus on what Harding here describes as the commitment to an "impersonal" and "disinterested" concep11
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Ginzberg, Ruth "Feminism, Rationality and Logic" American Philosophical Association Newsletter on Feminism and Philosophy vol. 88 no. 2 (March 1989), p. 35; my emphasis. Similarly, in the preface to Antony and Witt (op. at.), p. xv, they write that both "Aristotle and Kant defined reason in their own male image and denied women full rationality." Grimshaw, Jean Philosophy and Feminist Thinking (Minneapolis: University of Minnesota Press, 1986), p. 45. Schott, Robin May Eros and Cognition (Boston: Beacon Press, 1988), p. viii. Mendus, Susan " 'An Honest but Narrow-Minded Bourgeois'?" in Williams, H. (ed.) Essays on Kant's Political Philosophy (Chicago: University of Chicago Press, 1992), p. 180. Plumwood, Val "The Politics of Reason: Towards a Feminist Logic," Australasian Journal of Philosophy vol. 71 no. 4 (Dec. 1993), p. 436. (Plumwood misidentifies the final citation as being from the Grundlegung-, all her citations are in fact from the Observations.) Harding, Sandra "Who Knows? Identities and Feminist Epistemologies" in Hartman, J. and Messer-Davidow, E. (eds.) (En)Gendering Knowledge (Knoxville: University of Tennessee Press, 1991), p. 100. Harding concludes the point by adding "(We reply that 'human reason,' reason that claims to be race-free, gender-free, free of sexual identity, and classfree, is in fact unselfconsciously racist, sexist, heterosexist, and bourgeois reason)." Pateman, Carole The Sexual Contract (Stanford: Stanford University Press, 1988), p. 171.
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tion of reason. Kant's austere detachment then becomes the basis for criticizing both his theoretical and practical philosophy. In his epistemology he fails to take into account, or explicitly excludes, ineliminable aspects of the cognitive context, including the passions, emotions, desires, and interests; Schott refers to his approach as the "fetishism of objectivity," writing that his "restriction of the cognitive portion of sensibility to intuition itself expresses an interest in selecting from and modifying the real."18 Thus by restricting cognitive judgements to those countenanced by his epistemology, Kant introduces a systematic bias into his account of knowledge. Furthermore, Kant's approach, by its emphasis on the subjective contribution to cognition, is seen as generating a radical individualism, if not solipsism; Schott thus sees the thinker, on Kant's view, as having "sundered all immediate bonds with other individuals."19 As Selya Benhabib makes the point: The question of classical epistemology from Descartes to Hume, from Locke to Kant was how to make congruous the order of representations in consciousness with the order of representations outside the self. Caught in the prison-house of its own consciousness, the modern epistemological subject tried to recover the world it had well lost.20
The criticism of Kant's practical philosophy, as too austere and too "otherworldly," is undoubtedly the longest-standing and most influential complaint leveled at his work in ethics, and is well-known enough not to require further review here.21 It is worth noting, however, that it has been incorporated as well into the feminist critique of Kant. Along these lines, Carol McMillan writes that "Kant goes so far to say that no action springing from natural inclination can have moral worth. For him, an action has genuine moral worth only when it is done solely out of duty, without any liking or preference for it."22 In sum, then, the general critique of Kant revolves around what feminists have seen, in both the theoretical and practical dimensions of his work, as his commitment to an austere formality. By abstracting, in a fundamentally distorting way, from the flesh-and-blood contingencies of interpersonal relationships, as well as bracketing the essential components of the full context of experience in his account of cognitive judgements, Kant imposes a false set of standards for the employment of reason. These standards, in turn, have been used to characterize reason simpliciter, thus imposing a systematic masculine bias in the standard conception of ratio18 19 20
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Schott, op. cit., p. 110. Ibid., p. 124. Behnabib, Selya "Epistemologies of Postmodernism: A Rejoinder to Jean-Fran£ois Lyotard" in Nicholson, Linda J. (ed.) Feminism/Postmodernism (New York: Routledge, 1990), p. 110. The reference in the concluding comment is, of course, to Richard Rorty's influential "The World Well Lost." For an account of this, and other long-standing criticisms of Kant's practical philosophy, see Allison, Henry Kant's Theory of Freedom (Cambridge: Cambridge University Press, 1990), chapter 10. McMillan, Carol Women, Reason and Nature (Princeton: Princeton University Press, 1982), p. 20.
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nality, thus opening the way for a philosophically-grounded rejection of female reason as either inadequate (by not satisfying this masculine standard) or inferior (by not being able to satisfy this masculine standard). It furthermore has the effect of discounting those aspects of human experience such a picture of rationality does not take as its ultimate desiderata. Jane Flax has provided a clear summary of the basic complaint: In philosophy, being (ontology) has been divorced from knowing (epistemology) and both have been separated from either ethics or politics. These divisions were blessed by Kant and transformed by him into a fundamental principle derived from the structure of mind itself. A consequence of this principle has been the enshrining within mainstream Anglo-American philosophy of a rigid distinction between fact and value which has had the effect of consigning the philosopher to silence on issues of utmost importance to human life.23
IV. Kant's Conception of the Subject Much of the basis for the kinds of criticism we have just surveyed focuses on the Kant's conception of the subject, frequently, and with some justice, taking that conception to be a response to the Cartesian project of the Meditations. In turn, Kant's own account of the subject had extraordinary impact, both within the Enlightenment and beyond. As Iris Young writes: Beginning with Descartes, modern philosophy is particularly preoccupied with the unity of consciousness and its immediate presence to itself. The tradition of transcendental philosophy from Descartes through Kant to Husserl conceives the subject as a unity and an origin, the self-same starting point of thought and meaning, whose signification is out of its grasp.24
In short, Kant is seen as imposing an even more austere, and more detached — if possible — solipsism than Descartes on the methods of modern philosophy. This results in an empty and formalistic picture of this subject, achieving universality by abstracting from all content, and illegitimately claiming universality for what, in fact, is a masculine model of reason. Hence the very emptiness of Kant's subject
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Flax, Jane "The Patriarchal Unconscious" in Harding, S. and Hintikka, M. B. (eds.) Discovering Reality (Dordrecht: D. Reidel, 1983), p. 248. Young, Iris "The Ideal Community and the Politics of Difference," in Nicholson, Feminism/ Postmodernism, p. 303. Margaret Atherton has offered an important account challenging this picture of Cartesianism; see her "Cartesian Reason and Gendered Reason" in Witt and Antony, op. cit., pp. 19—34. Drawing on her extensive reading of the history of seventeenth-century philosophy, specifically here Mary Astell and Damaris Masham, she concludes "The arguments of Astell and Masham, however, remind us that there is another use of reason, one that picks out whatever it is that all styles of reasoning have in common"; p. 32, my emphasis.
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— that represented by the transcendental unity of apperception — becomes the philosophical basis for denying women rationality, or full rationality.25 There is much of interest in this argument, but before turning to those issues, I want to sketch briefly the picture Kant provides, in the Critique of Pure Reason26, of the thinking subject. Part of the motivation for doing so is the occasional misinterpretation of that picture by some feminist critics of Kant27; more important, however, is that this may provide a way to critique Kant's sexism using precisely the tools he develops in the "canonical" works of the Critical philosophy.28 A central concern — if not the central methodological locus — of the Critique of Pure Reason is Kant's desire to show "how subjective conditions of thought can have objective [objektive] validity" (A 89/B 122). The articulation of this relationship, which is fundamentally the result of Kant's "Copernican Revolution," proceeds by an elaborate characterization of the subject, represented by the "I think" of the transcendental unity of apperception. This "I think," as an ineliminable component of thought and cognitive experience, in turn becomes the basis for Kant's epistemology. Kant begins the Transcendental Deduction with a discussion of the possibility of combination (Verbindung, conjunctio] in general. This act of combining, which Kant calls synthesis, is a spontaneous act of the understanding. As spontaneous, it cannot be given through the senses, but rather is an act that imposes unity on that given through the senses; indeed, "of all representations combination is the only one which cannot be given through objects [Objecte]" (B 130). This spontaneous act is grounded in Kant's transcendental unity of apperception. It is then crucial for understanding Kant's conception of the subject that we see how he describes this apperceptive unity. 25
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Schott (ibid., p. 125) argues "Since the unity of consciousness constitutes the unity of the object, and since all consciousnesses are identical in this relation, the object that is thereby unified is valid for all thinkers." She precedes to connect Kant's radically subjective approach to the exploitation both of women and of workers, who are reified by means of the formal claims Kant makes about the subject and their alleged universality. All references to the First Critique will be given parenthetically, to the standard pagination of the A (1781) and B (1787) editions; passages that occur in only one edition will indicate "A" or "B." In general, I follow Kemp Smith's translation (London: MacMillan, 1929), but on occasion alter it. It probably goes without saying that in the confines of this discussion, a full picture of Kant's views of the thinking and judging subject cannot be attempted here, nor can I consider the vast range of criticisms that have been raised against these views, by selfconscious feminist critics and others. By this term I mean, minimally, the three great Critiques, as well as the Prolegomena, the Grundlegung, the Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft, and the Metaphysik der Sitten. Others may well wish to add other texts, such as the Religion', others may wish to subtract some texts from this list. The point, which should be obvious but is consistently ignored in much of the writing on Kant's sexism, is that his entire corpus cannot be viewed as a whole, but that different texts have different statuses within that corpus.
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In § 15 of the second-edition Transcendental Deduction, combination is characterized as "an Aktus of the self-activity of the subject," an activity that "can only be carried out by the subject itself" (ibid.). Kant describes this combinatory function in a variety of ways: obviously enough as transcendental and as unified or unifying, but also as objective, spontaneous, original, universal, necessary, and identical. This set of adjectives, taken together, denote a unique capacity of a thinking subject. The peculiar status of this subject's capacity — to assert "I think" — is noted by Kant in the introduction to the Paralogisms of Pure Reason: We now come to a concept which was not included in the general list of transcendental concepts but which must yet be counted as belonging to that list, without, however, in the least altering it or declaring it defective. This is the concept or, if the term be preferred, the judgement, "I think." As is easily seen, this is the vehicle of all concepts, and therefore also of transcendental concepts, and so is always included in the conceiving of these latter, and is itself transcendental. But it can have no special designation, because it serves only to introduce all our thought, as belonging to consciousness (A 341/B 399—400).
It is evident from this passage that the "I think" introduces a complex set of issues. It is a transcendental concept, yet doesn't appear on the list of transcendental concepts, and its absence doesn't affect the completeness of that list. It is a concept, but must be presupposed in the conception of other concepts, including transcendental concepts. Kant is even willing to call the "I think" a judgement, although it clearly lacks some of the requisite features of a judgement (e. g. a predicate), and hence is at best an incomplete judgement. The peculiar nature of the "I think" stems from its unique logical status. It is, in effect, an ultimate presupposition, a presupposition sine qua non, for all thought and possible experience. Through a process of reflection, the "I think" can be isolated as a starting point, lacking any special designation save its function of introducing all my thoughts as belonging to one consciousness. In this way, it serves as the Archimedean point Descartes sought in the Second Meditation, although with dramatically different results. Viewing this "I think" as such an Archimedean point allows us to see that "apperception, and with it thought, precedes all possible determinate ordering of representations" (A 289/B 345; my emphasis). The combination involved here is the act of "bringing the manifold of given representations under the unity of apperception" (B 135) and, as original, cannot be given through objects. Kant is quite emphatic on this point: combination is the only representation which cannot be given through objects, but is an affair or achievement (Verrichtung) of the understanding alone (B 134—135). The strength of this claim, and the universality of this characterization of combination, is underscored in a footnote to § 15, where Kant points out that this synthetic activity is necessary even for analytic judgements. Given an analytic judgement "All S are P," where "P" is "contained under" the concept represented by "S," the consciousness of the one concept is distinct from the consciousness of the other. It is the original act of combination that makes possible the bringing together of the two concepts in this analytic judgement, and "it is with the synthesis of this (possible) conscious-
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ness that we are here alone concerned" (B 131 n.; cf. B 133 n.). It is the transcendental unity of apperception that allows me (reflectively) to attach "I think" to all my representations, and thus bring all my representations under one general or universal (allgemeine) self-consciousness (B 132). This possibility serves as the "supreme principle of all employment of the understanding," for this possibility is necessary for anything to be thought or cognized (B 137). Thus the role of combining — an ineliminable component of cognition — must be carried out by the thinking subject, by means of the epistemic function of the transcendental unity of apperception. And it is this claim — which serves as "the highest principle in the whole sphere of human knowledge" (B 135) — that begins § 16 of the Transcendental Deduction, and serves as the fundamental claim in Kant's argument about the subject: It must be possible for the "I think" to accompany all my representations; for otherwise something would be represented in me which could not be thought at all, and that is equivalent to saying that the representation would be impossible, or at least be nothing to me (B 131-132).
To be sure, Kant's support for the premise is difficult and, at times, bewildering.29 Very briefly, however, the central notion operative in the argument is summarized at B 134: ... only in so far as I can grasp the manifold of representations in one consciousness, do I call them one and all mine. For otherwise I should have as many-colored and diverse a self as I have representations of which I am conscious to myself.
This is a straightforward argument in modus tollens. Without a logically simple subject grounding a set of diverse representations, it would be impossible for that subject to judge that its different representations were all its representations, and hence could not unify them into a coherent, rule-ordered experience. Thus, if I don't have a unifying consciousness, my self is as diverse as my representations. Kant takes it as self-evident that the thinking subject is not as diverse as its representations;30 therefore it must have some kind of unified, or unifying, consciousness. As Kant indicates in a significant, although obscure, addition to the second edition of the Critique, the unity in question is "the unity of the theme in a play, a speech, or story" (B 114), a qualitative unity effected by relating diverse elements to a com29
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The difficulties Kant has in explaining and developing his views about the thinking subject, and what those views entail, are best exemplified in the long footnote of the second-edition Paralogisms, beginning at B 422. While in this argument Kant takes it as self-evident that the subject of the "I think" is not as diverse as its representations, the point is really an outcome of a general theme running throughout the Transcendental Doctrine of Elements, and particularly emphasized in the second edition — that the unity of the subject is reflected in the unity of objects. This notion has been clearly outlined by Arthur Melnick in his Kant's Analogies of Experience (Chicago: University of Chicago Press, 1973), pp. 144—149, and is discussed in detail in A. C. Ewing's Kant's Treatment of Causality (London: Kegan Paul, 1924), chapter five, and Michael Washburn's The Problem of Self-Knowledge and the Evolution of the Critical Epistemology 1781-1787 (Dissertation: University of California San Diego, 1970).
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mon ground, in contrast to the numerical unity or identity proposed in the first edition.31 In this way, Kant seeks to establish the "I think" of the transcendental unity of apperception as a universal and necessary condition for the possibility of thought and objective experience. But it must be emphasized that the radical subjectivity of this apperceptive unity is not the kind of radically individualistic, relativistic, idiosyncratic views, such as those Socrates attributes to Protagoras in the Theaetetus. First, the arguments of the Transcendental Analytic yield only a formal, albeit universal, framework that structures experience, and doesn't address the issue of specific perceptual claims. Second, as noted, such conditions themselves are necessary for the possibility of experience and for the objects of experience — they are conditions for the ascription of objectivity itself. Finally, subjective conditions possess objectivity not so much in the sense of being justified by an independent reality, but by having the salient characteristic of being recognized, on reflection, as unavoidable presuppositions. This last point is fundamental to Kant's "first-person" perspective, that a priori conditions must be provided by a subject, yet hold universally and necessarily because we have no choice but to accept them. As Manley Thompson has observed, "we also regard as objective whatever we cannot make otherwise — what we are forced to accept whether we like it or not."32 On such a view, all necessity must be found in this contribution that is in one sense subjective — contributed by the subject — and in another sense objective — universal and necessary qua transcendental condition. In this way, the subject—object relation must be seen in Kant's treatment as considerably more complex, subtle, and (even) dialectical than it is frequently taken to be. I have gone on at some length here to show that, indeed, Kant's account of the self — insofar as that self is represented by the "I think" of the transcendental unity of apperception — is remarkably empty and formal, functioning solely as a necessary "logical placeholder" in order to make possible the unity presupposed by 31
32
This point is ignored in Frank Kirkland's interpretation of the "B" Deduction — "Apperception and Combination: Some Kantian Problems," Philosophy and Phenomenological Research 49 (1989), pp. 447—461. Kirkland stresses "numerical identity" as a "structural characteristic" of apperception. However, he offers no textual support from the second edition for this reading, and in quoting B 407, he goes so far as to add (in brackets) the qualification "numerically" singular in giving Kant's description of the "I" of apperception; see p. 449. On my reading, Kant expressly avoids this terminology, and in the second edition consistently refrains from characterizing this "I" as numerically singular or numerically identical. This change in the Deduction is reflected, as well, in changes Kant makes for the second-edition chapter "The Ground of the Distinction of All Objects in General into Phenomena and Noumena"; cf. especially A 250 with 307 f. The first-edition language, referring to the transcendental object as "correlate," is cited by Schott (op. cit., p. 130) without any indication of the changes that occur in the second edition; in a similar way, she relies on the first-edition Paralogisms to discuss the difficult conceptual relationship between Kant's epistemic and moral subject; ibid., p. 224 n. 4. Thompson, Manley "On A Priori Truth," Journal of Philosophy 78 (1981), p. 464.
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thought and experience. Without question, the issues here are extraordinarily complex, and lie at the heart of trying to give even a sketch of the role of the thinking subject; as such, a variety of Kant scholars have re-focused their attention on clarifying that role, led by Dieter Henrich's Identität und Objektivität.33 More recently, in his Locke lectures, John McDowell has argued that Kant has much to offer in helping us see what is at stake in understanding the relationship between the subject and the world about which it seeks to make cognitive claims. Yet, as Graham Bird has observed, McDowell's interpretation founders by failing to recognize the crucial context provided by the perspectival shift of the "Copernican Revolution"; simply put, Kant's various claims about subjectivity, objectivity, and the relationship between them don't make sense outside of that context. In this way, McDowell contributes to a long line of Kant's readers — among whom one might include Jacobi, Hegel, Schopenhauer, Nietzsche, and Rorty — who continue to demand of Kant's text philosophical obligations that text has shown are untenable.34 In contrast, S. L. Hurley has argued that despite Kant's essential contribution to the recognition of the "myth of the given," his inability to provide a plausible account of the subject within his own phenomena/noumena framework causes him to succumb to what she calls the "myth of the giving." Hurley's account raises important points that are unquestionably fundamental for giving a complete picture of the Kantian subject, including the systematic ambiguity of "objectivity" and the peculiar logic of the "I think"; unfortunately, I cannot hope to do justice to the issues she raises here.35 To return to the topic at hand, however, one other relevant aspect of Kant's view must be considered, however briefly, namely what might be called his "conceptual scheme," or, in more Kantian terms, Kant's conception of logic. The German text of the second-edition of the Critique of Pure Reason is almost 900 pages long; the "Doctrine of Elements," which constitutes the vast majority of the text, (excluding the Prefaces, Introduction, and the Doctrine of Method) is divided into two radically uneven halves, the Transcendental Aesthetic and the Transcendental Logic. We can regard the Transcendental Aesthetic and Transcendental Analytic as the "positive" dimension of Kant's epistemology, while the Dialectic presents its "negative" dimension, where Kant provides critical argument after critical argument, taking on, in a sense, the entire history of Western philosophical thought. In general, then, Transcendental Logic constitutes most of the Critique of Pure Reason. 33 34
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Heidelberg: Carl Winter Universitätsverlag, 1976. See McDowell, Mind and World (Cambridge: Harvard University Press, 1994), and Bird's review in Philosophy vol. 71 (1996), pp. 219—243. I have argued for the historical claim involved here, relative to the misinterpretation of Kant's views of the thing-in-itself, in "Stoff and Nonsense in Kant's First Critique11 (History of Philosophy Quarterly Vol. 10, no. 1 (Jan. 1993) and "Nietzsche, Kant, and the Thing in Itself," International Studies in Philosophy, XXV/2 (1993). "Kant on Spontaneity and the Myth of the Giving," Proceedings of the Aristotelian Society 94 (1994), pp. 137—164. It is worth noting that Hurley does not directly take up the crucial claims made at B 422 n.
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A logic is designed to exhibit a grounded, systematic set of rules for thought. General (allgemeine) logic, what in contemporary terms is called "formal" logic,36 presents such a set of rules for thought in general. It "abstracts from all content of the knowledge of understanding and from all differences in its objects, and deals with nothing but the mere form of thought" (A 54/B 78). General logic serves as a "canon of understanding and reason, but only in respect to what is formal in their employment" (A 53/B 77). Finally, general logic "has nothing to do with the origin of cognition" (A 56/B 80). General logic is concerned only to secure a systematic doctrine, certain and a priori, for the formal employment of all thought in judgement. It adds nothing to the content of cognition; its sole tasks are to make clear the concepts given to it, and to provide the "principles of all logical criticism of our cognition" (A 60/B 84). For the human being, all thinking is expressed in judgement, and the faculty of judgement is the same as the faculty of thought (A 69/B 94; A 81/B 106). In general logic we abstract from all content of cognition, and "consider only the mere form of understanding" (A 70/B 95). Only the formal relations between representations are involved, regardless of their source or what they represent. As H. J. Paton reminds us, it is not that general logic has no objects, but that "it ignores differences in objects."37 Kant's claim then is that the act of judging reveals the capacity to unite the manifold of representations under the unity of thinking in general, and that the various syntactic moments of this act can be displayed in a systematic table of judgements which provides a set of general or universal rules for the possibility of thought. Transcendental logic is presented in comparison and contrast to general logic. Kant gets a good bit of philosophical mileage out of this connection; it allows him to display the formal structure of the intellectual understanding, and permits him to display the table of judgements as a "Leitfaden" or "guiding thread," for the table of categories. Indeed, the discussion of general logic in the Critique seems to have been written expressly to emphasize what is common to both qua logics, as well as to underscore what distinguishes one from the other. The details involved here are both complex and contentious; for present purposes, I can only discuss transcendental logic in the broadest of terms.38 Transcendental logic exhibits a set of rules for the possibility of experience, and for the knowledge of objects that constitutes experience. As a logic, it must consist 36 37 38
It is probably, however, a mistake to identify Kant's conception of general logic with a contemporary conception of formal or symbolic logic. Paton, H. J. Kant's Metaphysic of Experience (New York: MacMillan, 1936), vol. I, p. 191 n. 1. The success of Kant's analogy between general and transcendental logic, as described here, clearly rests on providing a plausible reading of the so-called Metaphysical Deduction. Rolf-Peter Horstmann has insisted on the crucial significance of the Metaphysical Deduction for Kant's project, a point that is often, and surprisingly, overlooked. See his "Die metaphysische Deduktion in Kants 'Kritik der reinen Vernunft'" in Tuschling, B. (ed.), Probleme der "Kritik der reinen Vernunft" (Berlin: de Gruyter, 1984).
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of secure, a priori rules, and abstract from all empirical — i. e. contingent — content. As transcendental, it must show that such rules can be applied a priori, and how they are to be applied. But transcendental logic does not "abstract from the entire content of cognition" (A 55/B 80). Rather, just as Transcendental Aesthetic isolates sensibility, transcendental logic isolates the understanding to determine what, if any, a priori elements can be presented in a systematic doctrine. In this fashion, transcendental logic — specifically transcendental analytic — exhibits "the laws of the understanding and reason solely in so far as they relate to objects [Gegenstände]" (A 57/B 81), and thus transcendental analytic yields the canon of pure understanding. It is clearly no accident that Kant calls the science "which should determine the origin, the scope, and the objective validity" of the capacity to know objects a priori "transcendental logic" (ibid.). The point can be obscured by referring to "general logic" as "formal logic," for both logics are in an important sense formal. Again, general logic is a "canon of understanding and of reason, but only in respect of what is formal in their employment" (A 53/B 77; my emphasis).39 Transcendental logic provides a set of formal rules that serve as necessary conditions for the thought of objects; Kant refers to the "pure modes of cognition" given in transcendental logic as "pure and merely formal principles" (A 62/B 88; cf. A 136/B 175; A44/B 62). The distinction between the two logics is not so much made with respect to their formality, but with respect to their application and employment — by distinguishing and specifying the domains over which their respective rules range.40 We can regard (with some qualification41) Kant's logic — the legitimate rules of general logic and transcendental analytic — as a conceptual scheme, imposing a set of unyielding, invariant synthetic a priori concepts and principles. But these concepts and principles must be regarded as conditions of possible thought and experience, and fixing the limits within which they occur.42 The structure Kant argues for in the Transcendental Analytic, and the exposure of the errors of attempting to transcend the limits imposed by that structure (along with those of the Aesthetic), 39
40 41
42
For a very valuable discussion of Kant's technical terms "Canon" and "Organon," see Carboncini, S. and Finster, R. "Das Begriffspaar Kanon—Organon" Archiv für Begriffsgeschichte 26 (1982), pp. 25-59. See Amihud Gilead, "The Relationship Between Formal and Transcendental-Metaphysical Logic According to Kant," The Monist 65 (1982), pp. 437-443. The qualification is, of course, that introduced by Donald Davidson calling into question the very coherence of conceptual schemes in his "On the Very Idea of a Conceptual Scheme," reprinted in Inquiries into Truth & Interpretation (Oxford: Oxford University Press, 1984), pp. 183 — 198. While Davidson's refusal to embrace the a priori in any strong sense distinguishes his position from Kant's, there are strong similarities to the conclusion Davidson draws in this article and Kant's own views. The question, which goes beyond the scope of this discussion, is whether in attributing agency to another, we must attribute some set of minimal logical constraints on meaning and communicability, and, if so, whether they can be satisfactorily identified. See Prolegomena^ IV.352, where Kant distinguishes "Schranken" from "Grenzen"
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is for many difficult enough to accept. Any "defense" of Kant's project becomes hopeless if his conceptual scheme is taken as establishing anything more than formal conditions for the possibility of experience, or worse, if formal conditions are taken as establishing substantial, material conclusions about the content of that experience. Thus, I think we must regard that conceptual scheme as both immodest yet minimal — immodest in establishing absolutely universal and strictly necessary conditions for the possibility of experience, yet as such imposing only a minimal framework within which questions of science, mathematics, and empirical experience are investigated. As Arthur Melnick has succinctly stated the point, "at least part of Kant's empirical realism is that everything is 'left open' that could be left open," where "left open" is construed as "undecideable on a priori grounds or not in any way contributed by the subject."43
V. Kant and His Critics It would be an arduous task, and would unreasonably extend the length of this discussion, to consider the full range of the vast feminist literature that has been produced in the last two decades or so, even if the attempt were to be limited solely to discussions explicitly involving Kant's attitudes toward women. Instead, I will focus on some prominent discussions of Kant's views that, when taken together, represent the broad contours of the feminist critique of Kant.44 Genevieve Lloyd's well-known The Man of Reason45 presents a history of the idea of reason, a history that has consistently emphasized the "maleness" of reason and concomitantly devalued or denied the rationality of women. While Lloyd only devotes a short section to Kant, it is worth considering, if only briefly, what she says there, given the wide and significant influence her text has had. Lloyd focuses on two essays by Kant, "An Answer to the Question: What is Enlightenment?" and "The Idea for a Universal History from a Cosmopolitan Point of View." She pays particular attention to Kant's notion that the development of the freedom and independence of reason reflects the motto of the Enlightenment — sapere aude — and that this notion is fundamentally tied to the maturing of reason 43 44
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Melnick, op. at., p. 156. Unfortunately, I have thus had to exclude from this account the provocative feminist critiques of reason one can find in the "postmodern" literature, e. g. the work of Luce Irigaray, beyond the discussion of Schott, whose analysis reflects the strong influence of Marx, Merleau-Ponty, the Frankfurt school, and postmodernism. I have also neglected (beyond whatever aspects of the view may be shared by the critics I consider, e. g. Lloyd) what is sometimes referred to as "standpoint" feminism, i. e. the view that women — whether for biological, political, and/or social reasons — think, perceive, know, and reason about the world in ways fundamentally distinct from men. I think there are in-principle conceptual limitations to such a view, roughly for the kinds of Kantian reasons I discuss here. (Minneapolis: University of Minnesota Press, 1981); further references will be given parenthetically.
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during this era. At the same time, however, women are explicitly denied such independence: by his own logic, the immaturity of women must be connected with their systematic exclusion both from the private use of Reason in the duties of civil functionaries, and from the public use of Reason, in which those roles are set aside (67).
Lloyd further points out that while on "Kant's view, moral consciousness pertains to what is common to all minds," he "has nevertheless has been caught up in the articulation of sexual difference" (69), thus grounding, implicitly, a hierarchical evaluation of the sexes and, consequently, the inferiority of women. Lloyd's discussion, while brief, is representative of much of the feminist criticism of Kant, and serves well to bring out a tension — if not an outright contradiction — in Kant's philosophy. As noted, she focuses specifically on two essays of Kant, and her discussion does not take into account what I previously referred to as Kant's "canonical" works. It is not surprising that such discussions have not taken into consideration those works — which must, minimally, include the Critique of Pure Reason, the Critique of Practical Reason, and the Critique of judgement — for these texts simply do not explicitly attempt to characterize women, or articulate their political status as women. At the same time, an interpretation that ignores Kant's remarks on duty, freedom, and agency, central topics in the first two Critiques especially, would seem to fail to do justice to Kant's mature views. This is not to say Kant did not hold the views expressed in the relatively minor, and sometimes pre-critical works — e. g. the Observations — or the lectures — such as those on Anthropology — throughout his career. It is, rather, to point to the tension between those texts that must, on any account of Kant's work, be counted as central to his philosophy, and those texts that have been, understandably, the focus of Kant's feminist critics. The hazards of not considering the most detailed conception of rationality Kant provides, namely that of the Critique of Pure Reason, are reflected in Lloyd's account. As discussed above, Kant's account of reason and agency is couched in terms of the transcendental unity of apperception, represented by the "I think," or what Kant calls in the Paralogisms "this I or He or It (the Thing) that thinks" (A 3467 B 404). The fundamental condition for rationality sketched in the Critical philosophy is the ability ("Vermögen" or "Fähigkeit") to refer to oneself as "I," a condition Kant is explicitly unwilling to restrict to human beings, and, a fortiori, to men.46 He is interested in carving out space for the kind of intellect that does not create its own objects (i. e., for Kant, God), but also one that does not simply react passively to external stimuli, without making judgements (e. g., for Kant, non-human animals). Lloyd, by relying on some of Kant's relatively minor, and in any case nonsystematic, works in her account, ignores this important aspect of Kant's analysis, 46
See Beck, L. W. "The Fact of Reason" in Studies in the Philosophy of Kant (New York: Bobbs Merrill, 1965), pp. 200—214, and "Toward a Meta-Critique of Pure Reason" in Essays on Hume and Kant (New Haven: Yale University Press, 1978), esp. pp. 31—32.
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as in her reference in this context to "female consciousness" (70). If referring to the consciousness of the "I think," she commits a category mistake, in that the apperceptive unity, as formal, is detached from any such characteristics.47 If, on the other hand, she is referring to empirical consciousness, Lloyd has simply changed the subject. In a similar neglect of Kant's argument of the first Critique, she remarks that on Kant's view there, theoretical reason is "impotent" (68). Kant's point, rather, is that the theoretical use of reason is not constitutive but plays an indispensable regulative or heuristic role in organizing the results arrived at by the understanding, which is considerably different than being "impotent." Kant devotes an appendix to the Transcendental Dialectic — "The Regulative Employment of the Ideas of Pure Reason" — outlining this role. At the same time, Lloyd's account is valuable in highlighting the conflict we have already observed. Kant presents in the Critique of Pure Reason (and the Critique of Practical Reason) his account of reason (which contains within it an explicit commitment to autonomy) in the context of a purely formal conception of reason. As Thomas Hill jr. puts it, "Despite some appearances to the contrary, Kant typically treats autonomy as an all-or-nothing trait that grounds a basic respect due to all human beings."48 Yet in those texts where he specifically discusses women, they are characterized as lacking reason, or reason in its fullest sense, presumably on the basis of properties due to their biological sex, their gendered social roles, or both. How these two points can be reconciled — //they can be reconciled — is an issue to which I will return. Robyn May Schott's Eros and Cognition*9 is an extended discussion of what Schott calls the "Kantian paradigm" of objectivity; as such, it provides a much fuller account of Kant's views than Lloyd tries to do. Indeed, Schott's text is not fundamentally concerned with presenting a specifically feminist critique of Kant's philosophy but, much more ambitiously, seeks to connect what Schott sees as Kant's asceticism and purism — here echoing the criticism first expressed by J. G. Hamann — with the reification of the. person, the authoritarian control of capitalism, and the fetishism of the commodity. At the same time, Schott's critique of Kant's approach to the subject, as one detached from its historical and embodied context, is representative of a central thread of the feminist critique of Kant, a relationship she outlines toward the conclusion of her work. 47
48 49
As we have seen, and will see again, this very detachment has been the basis for much of the feminist critique of Kant. It is, of course, the very "emptiness" of the "I think" that allows Kant to present the powerful critique of Descartes's cogito argument, the focus of the Paralogisms of Pure Reason. "The Kantian Critique of Autonomy" in Hill's Dignity and Practical Reason in Kant's Moral Theory (Ithaca: Cornell University Press, 1992), p. 79. (Boston: Beacon Press, 1988); further references will be given parenthetically. While I discuss only Schott's account of Kant to the extent that it treats what are now standard feminist issues, it should be emphasized that she has a great deal to say about other important forms exploitation has assumed in the guise of objective reason, particularly the exploitation of the working class.
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After presenting the historical background of asceticism, from the Greeks through medieval Christianity (and its influence in the development of the modern University), Schott turns to Kant's account of objectivity, which "has become paradigmatic for modern views about knowledge" (vii). Her interpretation fundamentally rests on a reading of Kant's conception of objective knowledge — Erkenntnis — as a secularization of the ascetic desideratum of purity. Thus, "Modern philosophical theories such as Kant's maintain the principles of the dominance of reason over passion and of pure truth over temporal existence" (71). This emphasis on the search for "pure truth," on Schott's reading, rejects any role for the sensual — "the erotic" — in knowledge and, in turn, in morality and in aesthetic judgement. This results in a suppression of the erotic and in a distorted conception of human life. In general, Kant's demand for rational control echoes the Calvinist imperative to rationalize every moment of existence. For the Calvinist, one's natural state must be subjugated to a rational discipline, eliminating any trace of spontaneity. Similarly, Kant's principle of apathy and selfcontrol must be completely repudiated by the rational man (107).
While Schott's thesis is undoubtedly provocative, and raises important issues that have been neglected, to a large extent, in many standard accounts of Kant's Critical philosophy, her critique ultimately fails to compel. Instead of trying to clarify these issues individually, here I can only address some of the systematic problems that vitiate her account. Whether or not it is accurate — which I doubt — to regard Kant's conception of objectivity as "paradigmatic" for contemporary philosophy, or even "analytic" philosophy, Schott tends to neglect important aspects of that Kantian conception. As characterized above, Kant tries to provide a "logic" of experience by establishing a set of universal and necessary rules for the possibility of experience. Such rules, while a priori in the strongest sense (B 2), must be construed as necessary conditions of experience, whereas Schott frequently seems to regard them as sufficient conditions. Thus she claims that on Kant's analysis, individuals "will arrive at identical results in their thought" (129); in general: Not only are all objects known in exactly the same way by the individual thinker, but all thinkers know each object in the same way as every other thinker (131).
It is difficult to know precisely how to interpret this claim. Certainly Kant is not claiming that all cognitive agents make the same cognitive judgements, nor can he be seen as claiming that all such agents should make the same cognitive judgements. Transcendental analytic provides an framework within which judgements of experience are possible, hence, a framework within which meaningful disagreement can take place. If, for instance, two people find themselves arguing over the relationship between interest rates and the effect on the stock market, both presuppose a basic cause-and-effect framework within which they pursue the specifics of their respective causal (and empirical) analyses. The structure that makes this debate possible
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is that which Kant argues for in the Transcendental Analytic, most specifically the Second (and Third) Analogy. For Kant, "the conditions of the possibility of experience in general are likewise conditions of the possibility of the objects of experience" (A 158/B 197). Cognitive claims — claims about objects of experience — are made in cognitive judgements. One set of universal and necessary rules for possible judgements of experience is that contributed by the understanding. The other set is provided by the Transcendental Aesthetic, where Kant argues that the pure forms of intuition — space and time — provide a priori conditions for sensible receptivity. When brought together, by means of Kant's notorious account in the "Schematism of the Pure Concepts of the Understanding," we have in place a set of necessary conditions for the possibility of experience. But any specific cognitive claim is still very much underdetermined; for Kant specific empirical cognitive claims are always contingent. A sufficient and at the same time general criterion [Kennzeichen] of truth cannot possibly be given. Since we have already entitled the content of cognition its matter, we must be prepared to say that of the truth of cognition, so far as its matter is concerned, no general criterion can be demanded. Such a criterion would by its very nature [in sich selbst] be self-contradictory (A 59/B 83; cf. A 480/B 508).
Beyond the formal conditions imposed by a thinking subject, the truth of a given empirical proposition must be determined by returning to what Kant calls "the fruitful bathos of experience."50 Thus Transcendental Analytic cannot by itself yield the truth; it serves only as a "logic of truth" (A 62/B 87). Given these remarks, it also becomes difficult to understand precisely what Schott means by her frequently repeated observation that Kant seeks "pure truth" (20; 71; 110 inter alii.). Similarly, Schott frequently refers to Kant's fundamental philosophical goal as the discovery, or establishment, of "pure reason" (3; 168; 171), without pausing to consider that an ineliminable motivation of Kant's project is the critique of pure reason. Schott also comes perilously close to giving a caricature of the transcendental unity of apperception, by uncritically treating the account of subject found in the Critique of Pure Reason as of a piece with the account found in the Anthropology. Thus she writes that Kant's "discussion of human nature in the Anthropology is not merely an addendum to his picture of human knowledge. It provides the substantive correlate to his model of cognition" (105).51 Below, I will take up briefly the histo50
51
Prolegomena, Appendix; IV. 373 n. (Ellington, 113 n.). For an illuminating discussion of the role "truth" plays in Kant's philosophy, see Prauss, Gerold "Zum Wahrheitsproblem bei Kant," Kant-Studien 60 (1969), pp. 166—182, as well as Prauss's Erscheinung bei Kant (Berlin: de Gruyter, 1971), pp. 275 ff. Compare Kant's remark at (A 841 —842/B 869—870), "... the metaphysics of morals is really pure moral philosophy, with no underlying basis of anthropology or of other empirical conditions." Given the intimate connection between the metaphysics of morals and the scope and limits of human cognition established in the First Critique, Schott seems to give undue emphasis to the empirical (and hence contingent) observations Kant makes about human nature in the Anthropology.
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riographical and philosophical problems raised by Kant's remarks — particularly about women — in the Anthropology. But here I will only note that, again, Schott seems either to confuse necessary and sufficient conditions in her interpretation of the "I think," or to employ an inappropriately reductive model of Kant's claims concerning apperceptive unity, as when Schott writes that "In Kant's system the essential features of consciousness become reduced to the formal condition Ί think,' which establishes an equivalence between all subjects" (124). Keeping the account of the first Critique distinct from that given in the Anthropology, we do indeed see Kant emphasize the empty, formal of the "I think." Insofar as agents are rational, we might be able to substantiate Schott's claim concerning the "equivalence" between all subjects. But that merely commits us to the minimal claims involved in the attribution of agency: the ability to use the first-person pronoun, the ability to make judgements, and the ability to regard oneself as free. To be sure, this conflicts markedly with Kant's empirical account, in the Anthropology and elsewhere. At the same time, however, these abilities, as characterized in the Critique of Pure Reason, are minimal characteristics Kant attributes to an agent, and cannot, on the account given there, be limited to men. Indeed, such a view only distinguishes this kind of agent from non-human animals — in that they do not make (discursive) judgements — and from what Kant calls an "archtypal" intellect — in that such an intellect doesn't make judgements at all, in the sense of judgements that could be true or false.52 Only if we conceive of the human being's characteristics as exhausted by what Kant described in terms of the transcendental unity of apperception can we say, with Schott, that "All possible impressions become equal and exchangeable in the face of a possible relation to the Ί think'" (121). But this would amount to a radically reductive, and distorted, reading of what Kant says in the first Critique. Furthermore, Schott's analysis neglects what amounts to a dialectical view of the Kantian subject: not only in the subject's (partial) determination in relationship to the external world, but in its universality. Schott emphasizes Kant's atomistic individualism, grounded in "an T who is not part of the 'we'" (146). Yet, as others have pointed out, including Lucien Goldmann, from whose interpretation Schott draws,53, the very universality of the attribution of agency, via the transcendental unity of apperception, imposes in-principle demands on our view of others. Those to whom we attribute rationality are then seen as possessing the capacities mentioned above, and we demand that others recognize these same ca52
53
I have argued for this in more detail in "Kant's Critical Model of the Experiencing Subject," Idealistic Studies Vol. 25, no. 1 (Winter 1995). While one may indeed be dismayed at Kant's cavalier attitude toward other species of animals, I obviously cannot take up the issue here. Goldmann, while repeatedly pointing out that Kant was unable to transcend the limits of his own bourgeois individualist social order, also remarks that he was able "to take the first decisive steps towards a new philosophical category, that of the universe, of the whole, and thus to open the way for the later development of modern philosophy" (by which Goldmann means, at least, Hegel and Marx). Immanuel Kant (London: New Left Books, 1971), translated by Robert Black, p. 27.
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pacities in ourselves. Thus while the "I" is radically subjective, it is at the same time objective in the sense of being a universal and ineliminable feature of all agents. As Goldmann suggests, "For Kant, man is a rational being and, since reason implies universality and community, at least in part a 'social' being."54 While Kant may have not been able to transcend many of the cultural and intellectual limitations of his day, there is no in-principle reason that the atomistic individualism attributed to Kant by Schott is entailed by his conception of the thinking subject. Finally, only on the kind of picture of the Kantian subject outlined by Schott are we compelled to the bleak description of human life she attributes to Kant, where we are, or ought to be, hostile to emotion (106), apathetic (109), and sexually repressed (173), where feelings are irrational (141) and property is valued over life (147), and where there may be an attraction to, if not a tendency, to fascism (224 n. 10).55 There is no question that Kant's life was rigidly organized and prone to the excesses of the stereotypical Prussian bourgeois — indeed Kant's life is largely responsible for the stereotype. Nor is there any doubt that Kant's life was overwhelmingly spent, as he desired, in the company of men. At the same time, the biographical accounts of Kant's life do not support quite the portrait Schott's does, nor do Kant's own texts require the joylessness or melancholy (107) Schott takes Kant to urge as most desirable.56 Kant seeks to impose rules — universal and necessary — for the possibility of cognition and of moral behavior and, in the case of the latter, strong prohibitions are imposed on certain kinds of behavior, including, notoriously, lying. It is not clear to me that Kant's morality, even at its most stringent, requires our wwhappiness, which Schott, at times, suggests. "In Kant's view, if an individual derives inner satisfaction in spreading joy, his action has no moral worth" (139).57 Kant's point, rather, is that whether we feel miserable or ecstatic in doing what duty demands, such feelings are irrelevant for the moral evaluation 54 55
56
57
Ibid., p. 222. It is interesting in this context to note Goldmann's comparison between "race" for National Socialism and "instinct" for Bergson, where "the collective and the biological replaced the intellect." Goldmann remarks that "Kant had seen just this danger; hence his categorical rejection of any feeling which does not arise from the 'reverence for the law' " (ibid., p. 151 n. 29). Schott, and most of Kant's contemporary critics, ignore the long tradition of seeing in Kant's philosophy the foundations for an emancipatory politics, including the socialism of many of the members of the Marburg school of neo-Kantianism, such as Hermann Cohen. For a discussion of this tradition, see Karl Vorländer's generally neglected Kant und Marx (Tübingen: M. C. B. Mohr, 1926); more recently, Harry van der Linden's Kantian Ethics and Socialism (Indianapolis: Hackett, 1988). Kleingeld (op. cit., pp. 144—145) mentions van der Linden's interpretation, criticizing it for failing to challenge the sexist framework within which Kant works. Even Kant's famous reputation for sexual asceticism has been called into question; see Gulyga, Arsenij Immanuel Kant (Frankfurt a. M.: Insel Verlag, 1983), translated by Sigrun Bielfeldt, pp. 76-77. See Korsgaard, Christine, "From Duty and for the Sake of the Noble: Kant and Aristotle on Morally Good Action" in Whiting, J. and Engstrom, S. (eds.) Rethinking Happiness and Duty: Aristotle, Kant, and the Stoics (New York: Cambridge University Press, 1996).
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of the act, in that such feelings are idiosyncratic, and — significantly — we can never know whether or not an act was done for the sake of duty or not. Only by recognizing this limitation to introspection are we able to recognize that aspect of ourselves that is not ultimately characterizable, or reducible, to the empirical self, thus "making room" for freedom. In sum, Schott's account presents a caricature of Kant's conception of the subject in both its transcendental and empirical dimensions, and thus fails to do justice to the Kantian conception of the subject, insofar as that conception plays a significant role in Kant's practical philosophy. While Schott's interpretation is seriously hampered by what might be viewed as her exegetical legerdemain in treating all of Kant's texts as equivalent in status, Pauline Kleingeld has been considerably more careful in setting out her argument against Kant's views on women. In her article "The Problematic Status of GenderNeutral Language in the History of Philosophy: The Case of Kant,"58 Kleingeld is quite specific in focusing on the work on Kant's critical period, a strategy which has not always been followed by many of Kant's feminist critics, as we have seen. Drawing predominantly from the Anthropology, Kleingeld argues that Kant, as we have seen, omits women from the role of active citizens and thus as fully rational. This in turn infects his apparent sexless, or gender-neutral, references, in the published works on moral and political philosophy, specifically the Foundations of the Metaphysics of Morals, the Critique of Practical Reason, and the Metaphysics of Morals (she does not discuss the Critique of Pure Reason or the Critique of Judgement). On the basis of this argument, Kleingeld goes on to reject interpretations of Kant's philosophy that either 1) accept his sexism, 2) reject his work as irredeemably misogynist, or 3) ignore his remarks about women and "translate" them into gender-neutral language (139 ff.). She quite correctly dismisses the first option as inadequate, and notes that the second is not "self-evident," and its "rejection out of hand is not possible" (140). As she further remarks, the last approach has been that which mainstream Kant scholarship has generally adopted and concludes, also correctly I think, that even if someone would be willing to excuse Kant for holding them (his sexist views), this would not by itself entitle her to ignore these views (144). Kleingeld's discussion is quite valuable, then, not just in drawing our attention to the noxious remarks Kant makes about women, which are generally well-known, but in making the connection between those remarks and Kant's systematic works in practical philosophy and the tension to which this connection gives rise. Her specific proposed remedy, that we "draw attention, where appropriate, to Kant's limitation of his argument to men" by means of "interjected clarifying remarks, discussions, digressions, footnotes and annotations" (146) is perhaps less valuable than the general lesson she offers, that we should, in general, be aware of the tension implicit in any passage of Kant's employing gender-neutral language. 58
Philosophical Forum XXIV (1992-1993), pp. 134-150; further references will be given parenthetically.
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Kleingeld's approach is to recognize that there is a conflict between Kant's alleged gender-neutral language in the systematic works and an in-principle exclusion of women — as passive, as inferior, and as less than rational — in the Anthropology and other texts. She argues that we must then read the exclusionary language back into the other texts, cognizant of the fact that when Kant speaks of "Menschheit," for instance, he really only means "men." One might pursue an alternate strategy, however: one that insists on the gender-neutral language of the systematic works, and rejects the assumptions and conclusions of the other texts. Kleingeld recognizes such a possible strategy that argues "Kant does not discuss the characters of the sexes in his Critiques, therefore this issue clearly does not affect transcendental philosophy" (141), while dismissing it. Her argument for this dismissal, again drawing on the Anthropology, is that given Kant's claims there that the exercise of reason is "deficient," his characterization holds at the level of transcendental philosophy (142). There are really two distinct issues here: one concerns the exegesis of Kant's oeuvre, and one that concerns the assumptions, strategies, and conclusions of transcendental philosophy. The two are obviously related, for only if one takes the latter set of issues as equivalent to Kant's texts überhaupt are we faced with the problem that the Critical philosophy is unrepentantly sexist. This requires, however, some consideration of the status of the various texts in Kant's ceuvre^ a point that has been surprisingly overlooked by virtually all of Kant's feminist critics. While Kleingeld, as noted, distinguishes the critical and pre-critical texts, the Anthropology has to be viewed with considerably more suspicion than she gives it. As we have seen, the lectures, which are student notes, had been given by Kant "for some thirty years;" we know that he had been lecturing on philosophical anthropology as early as 1772—1773.59 While Kant approved their publication, it is not yet clear what kind of changes they underwent during the decades in which Kant delivered them.60 Furthermore, it is clear that the relevant claims made in the Anthropology are not a priori in the strong sense discussed above; as Kleingeld notes, "Kant apparently does not want to give transcendental status to the sexual difference" (141). Indeed, the kinds of remarks Kant makes about women, understandably, lack much if any argument or support. Such arguments cannot come from any kind of biological account for, as far as I know, Kant gives none; at best, Kant's remarks about the "natural" superiority of men are based, at best, on a hasty inductive generalization with his mind, as Susan Mendus puts it, "almost wholly uncluttered by any actual experience."61 As Mendus makes the more general point,
59 60
61
See the remarks in the Academy edition VII. 354—356. Some light may be shed on this question with the forthcoming publication of volume XXV of the Academy edition, edited by Reinhard Brandt, containing transcripts of Kant's anthropology lectures from 1772 to the 1780s. Mendus, op. cit., p. 179.
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his reasons for insisting on this [the passivity of women] are far from clear: sometimes he gestures at reasons, sometimes he merely states baldly that this is so, but nowhere does he spell out explicitly and consistently exactly why women cannot be active citizens.62
The rest of Kant's remarks about women, as we have seen, are in pre-critical works — such as the Observations — or given as offhand remarks or asides in relatively minor works, such as the essay on Theory and Practice. The only exception to this I am of aware of is the comment Kant makes about the husband's "natural superiority" to his wife in the Metaphysics of Morals: but here again, Kant gives no argument supporting this view, and it is entirely unclear how he could support this rather Aristotelian-sounding claim on the basis of anything else he says in the systematic works. It should be remembered, as well, that Kant's remarks about the dependence and passivity of women are in some sense politically accurate, given his era's de jure and de facto denial to women of their own, independent, identities. Robert Paul Wolff reminds us that Kant "persists in claiming, as logical consequences of his argument, doctrines which are both manifestly false in themselves and not even implied by his philosophy."63 Kant's claims about women are not claimed to be logical consequences of the Critical philosophy, can draw no support from that philosophy, and seem to be the blinkered and confused generalizations by a philosopher whose interaction with women was limited and uncomfortable. Such remarks, at best, are contingent empirical claims, and, as we know from Kant's own account, are subject to falsification. This suggests as an alternate approach to Kleingeld's: that we happily reject the sexism of Kant's texts, while retaining that which can, and should, be read in a gender-neutral fashion. This may well conflict with what Kant says and believes — which is, of course, Kleingeld's point. The question remains whether we can preserve and utilize the insights of Kant's own systematic philosophical texts without being committed to the sexism one finds in the other works. If we can, we may discover, from a surprising source, that those insights ground a robust liberatory and progressive approach. In this way, we need neither ignore not excuse Kant's sexism. Indeed, it may be that Kant simply did not care much about this issue. In spite of the fact that he knew well-educated women, and the radical (for his day) views of Theodor Hippel,64 the issues that related to women per se did not matter much to Kant. Kant 62 63 64
Ibid., pp. 166-167. The Autonomy of Reason (New York: Harper, 1973), p. 29. Kleingeld mentions Hippel (p. 144; see n. 35). For an excellent discussion of HippePs views, in contrast to the neo-humanism of Humboldt and others which came to dominate, see William Rasch, "Mensch, Bürger, Weih: Gender and the Limitations of Late 18th-Century Neohumanist Discourse," The German Quarterly, 66.1 (Winter 1993), pp. 20—33. Humboldt emphasizes the lack of a woman's "Selbstätigkeit," in contrast to men, a term worth considering in light of Kant's similar claims about the dependence of women, but also in terms of his remarks about spontaneity in the first Critique and the role it plays in his conception of freedom. See also Jauch, Ursula Immanuel Kant zur Geschlechterdifferenz (Wien: Passagen Verlag, 1988), who sees Kant, in some sense, as an early or proto-feminist ("Frühfeminist"), yet unwilling to pursue in practice what he argued for in his theoretical work. However Jauch, with whom I share the approach that "turns Kant against Kant himself" (ibid., p. 225), also neglects to consider the Critique of Pure Reason in any depth.
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lived in a society that was pervasively oppressive — and not solely to women — and Kant not only failed to see this as a problem, he not infrequently provided it intellectual support. This hardly singles him out; one might consider how radical, much later, and in a politically much more progressive society, J. S. Mill was considered for proposing his own views on the emancipation of women. That Kant failed to see this problem is regrettable, and those of his views that invite and deserve censure should receive it; but beyond that, it seems unproductive to criticize him for not having been a visionary in Prussia relative to women. We should, at the same time, acknowledge how little influence views such as Hippel's had in Kant's era,65 how generally misogynist that society was, and that Kant in fact was considered, relatively speaking, a political radical — being referred to, on occasion, as "the old Jacobin" for his support for the French Revolution. We should remember as well that he was regarded, even by his friend Moses Mendelssohn, as "der Alleszermalmer," was censored from teaching religion by Friedrich Wilhelm II, and served as a threat to many of the standard ways and conventions of his day by insisting (if on occasion disingenuously) that his intellectual era was "the age of criticism," and that "to criticism everything must submit" (A xi). While Kleingeld has shown quite clearly the tension that remains within Kant's work, it seems at least a plausible strategy to develop an alternate, albeit weo-Kantian, approach that at the same time dispenses with the contingent views of Kant the "narrow-minded bourgeois," and preserves the insights of the radical implications of the Critical philosophy's commitment to freedom, independence, and criticism.
VI. Feminism and Naturalized Epistemology While the discussions surveyed above offer significant contributions to the critique of Kant's views of women, the most valuable account in helping focus on the conflicts relative to feminism within Kant's philosophy is, perhaps surprisingly, a text that for the most part ignores Kant: Louise Antony's "Quine as Feminist: The Radical Import of Naturalized Epistemology."66 This article is far too rich to do justice to here; rather, I will simply sketch the basic argument Antony presents in order to identify precisely those aspects of Kant's position that might be exploited to ground a feminist project. This will, in turn, lead to questions about whether naturalized epistemology is in a position to supply adequate support to such a project. 65
66
See Rasch, op. cit., p. 20: Hippel's "radical call for the full integration of women in society had virtually no impact on contemporary political debates in Germany." I would like to thank Professor Marion Gray for alerting me to Rasch's article, and for some very valuable discussions about the social and cultural characteristics of late 18th-century Prussia. In Antony and Witt (eds.), op. cit.; further references will be given parenthetically. Antony herself observes that for the most part she is "going to pretty much ignore" Kant (220 n. 23).
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Antony's general approach is to reject the idea that "there is some kind of natural antipathy between radicalism on the one hand and the methods and aims of analytic philosophy on the other" (188). Indeed, as we have seen, not only analytic philosophy but the history of Western philosophy has frequently been attacked, with some justification, as fundamentally phallocentric and patriarchal, wherein those views characteristic of masculine reason are universalized as characteristic of human reason, yielding a standard that simultaneously excludes women and marginalizes them for failing to satisfy this standard of rationality. Antony argues that this attack has led to a "bias paradox," where such masculine standards — Antony mentions impartiality and objectivity — are criticized as displaying male bias, while the critique itself relies on some kind of appeal to an unbiased criterion: ... how is it possible to criticize the partiality of the concept of objectivity without presupposing the very value under attack? Put baldly: If we don't think it's good to be impartial, then how can we object to men's being partial? (189).
Antony employs this strategy to criticize feminists who have embraced various "anti-Enlightenment" perspectives in developing their analyses, mentioning, among others, Jane Flax, Allison Jaggar, Sandra Harding, Evelyn Fox Keller, and Lorraine Code.67 In addition to being ensnared by this bias paradox, Antony argues that too many of these feminist critiques rely on an inadequate and oversimplified reading of the history of philosophy, obscuring "the enormous amount of controversy surrounding such notions as knowledge and the self during the seventeenth and eighteenth centuries" (193). Futhermore, Antony suggests that feminist objections to the dated conceptions they employ of "objectivity" and "scientific method" suffer from a consistent neglect of the criticism one finds of these very conceptions "among American analytic philosophers from the 1950s onward" (193).68 This combined lack of historical and philosophical context leads to a picture of analytic epistemology Antony regards as at times "downright cartoonish" (193). More specifically, Antony wants to call into question the attribution to contemporary epistemology a view she calls "the Dragnet theory of knowledge," a view which 1) is strongely foundationalist, 2) regards the mind as a mechanism for processing the sensory reports which serve as these foundations and 3) sharply distinguishes fact from 67
68
I won't attempt here to clarify the various strands that constitute these approaches, which include, but are not limited to, standpoint feminism and postmodernism. Harding has paid particularly close attention to these issues; see her "Feminism, Science, and the AntiEnlightenment Critiques" in Nicholson, op. cit., pp. 83 — 106. It is worth noting that, elsewhere, Antony has glossed the problem of normativity in Quine's own philosophy in terms of this issue of "bias," as well; see her "Naturalized Epistemology and Language" in Shimony, A. and Nails, D. (eds.), Naturalistic Epistemology (Dordrecht: D. Reidel, 1987), p. 25Iff. Antony qualifies this slightly (220 n. 4), noting that Harding mentions Quine (but "nothing after"), while Code mentions, but does not discuss Alvin Goldman, a situation Antony finds "ironic" in light of Goldman's arguments for reliabilist accounts of knowledge.
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value, observation from theory, and discovery from justification (205). In short, the caricature Antony sees as emerging from a wide range of feminist literature fails to exploit the powerful liberatory tools that analytic philosophy itself has provided: ... the stereotyping of contemporary analytic philosophy — the tendency to link it with views (like the Dragnet theory) to which it is in fact antipathetic — has turned feminists away from fruitful philosophical work, limiting our collective capacity to imagine genuinely novel and transformative philosophical strategies (218).
In contrast, Antony argues for a naturalized epistemology that retains a "minimally realist notion" of truth (190), and insists on the ineliminable situatedness of the knowing subject. Thus, rather than simply criticizing the pervasive problems generated by bias and falling into the paradox described above, Antony urges that we recognize and include this bias within our account of knowledge, while remaining cognizant that "we have no possibility of getting a priori guarantees that our biases incline us in the right direction" (215). Rather, "We must treat the goodness or badness of particular biases as an empirical question" (ibid.). Antony adopts what I take to be an "expansive" reading of Kant's epistemology, by attributing to him what she calls "cognitive essentialism," characterized by the possession of universal cognitive properties, distinctive of human beings and which are "a kind of innate knowledge," and which are connected to "our status as moral agents" (194). In contrast, as sketched above, I have argued for a "minimalist" reading of Kant's view of cognition: an interpretation that takes seriously Kant's refusal to restrict that view to human beings, and that emphasizes that to qualify as a rational agent, one must satisfy a rather modest set of conditions qua capacities: the ability to refer to oneself as "I"; the ability to judge discursively, or by means of concepts; and the ability to regard oneself as free. To be sure, Kant couches his discussion in the Critique of Pure Reason largely in terms of human capacities; yet there is no in-principle limitation given there to human beings (and a fortiori no in-principle restriction to men). Furthermore, those concepts such agents possess — absolutely universal and strictly necessary — are not regarded by Kant as "innate" in any rich sense. Kant's arguments in the Critique for rejecting any strong sense of innateness to the categories — for instance his obscure discussion of epigenesis at B 167 — are hardly helpful. Kant does, however, explicitly deny the innateness of the categories in the polemic with J. A. Eberhard, where he asserts that the "transcendental concepts of the understanding" are acquired and not innate, but their acquisitio ... is originaria and presupposes nothing innate except the subjective conditions of the spontaneity of thought (in accordance with the unity of apperception).69
In general, then, Kant's account of agency, including moral agency, requires considerably less, in terms of that account's a priori commitments, than the full-blown "cognitive essentialism" Antony attributes to both him and the rationalists. 69
VIII. 223; translated by Henry Allison as The Kant—Eberhard Controversy (Baltimore: Johns Hopkins University Press, 1973), p. 136.
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More important, however, is that Kant takes great pains to distinguish the explanation of certain notions from their justification, indeed, this distinction motivates the centerpiece of Kant's transcendental philosophy in the Critique of Pure Reason, the Transcendental Deduction. Some concepts, Kant readily admits, are widely employed without controversy; that this is the case, however, only responds to the quaestio facti. In contrast, those concepts "marked out for pure a priori employment" must submit to the quaestio juris, requiring a transcendental deduction (A 84—85/B 116—117). Only the latter can provide legitimacy and warrant, rather than merely offering an account in terms of a "de facto mode of origination" (A 857 B 117): The principle, that all cognition arises from experience alone, and which concerns a quaestio facti, thus does not belong here, and the fact is accepted without reservation. But whether it is also derived from experience alone, as its highest cognitive ground, is a quaestio juris, an affirmative answer to which would establish the empiricism of transcendental philosophy and the denial of its rationalism.70
It is this question of justification, and how we respond to it, that generates the central tension between an approach such as Kant's and the naturalized approach endorsed by Antony. In short, is there a requirement above and beyond the wholly empirical account sought for and provided by naturalized epistemology? It is not clear to me that this is an issue that can be decided on the basis of any specific argument, or "fact of the matter." This points to a central tension that ultimately arises within any contemporary discussion that involves justification. On the one hand, Kant's view is that no "naturalized" approach can respond in a satisfactory way to the demands that normative constraints require. If Kant's account of a logic of experience is at all plausible, it becomes at least coherent to see why a rule such as the causal principle should be viewed as playing a necessary constitutive role in making experience for the "healthy" understanding possible. If we extend the strategy to Kant's moral philosophy, we can also begin to see why the attribution of agency to another brings with it normative practical constraints on its behavior. As Christine Korsgaard has glossed this last point, ... your whole sense that another is for you a person, someone with whom you can interact in characteristically human ways, seems to depend on her having a certain complement of the moral virtues — at least enough honesty and integrity so that you are neither a tool in her hands nor she in yours.71
These normative constraints may be shown to be operative in a wide variety of human societies by the naturalized approach Antony recommends; but as we have 70
71
"Welches sind die wirklichen Fortschritte, die die Metaphysik seit Leibnitzens und Wolff's Zeiten in Deutschland gemacht hat?," XX. 275. One might compare this with Darwin's remark in The Descent of Man (London: Murray, 1874) (2nd ed.), p. 486: "The imperious word ought seems merely to imply the consciousness of the existence of a rule of conduct, however it may have originated." The Sources of Normativity (Cambridge: Cambridge University Press, 1996), p. 11.
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seen, if we insist that such constraints, in addition to being explained must be justified, that approach fails to provide that legitimacy at the same time it presupposes it within its own account. On the other hand, a position found in much contemporary work in the philosophy of logic, the philosophy of mind, epistemology, and elsewhere has taken as its Leitmotifthat, whether glossed as convention or otherwise, no non-natural account is forthcoming that can provide the justification sought, and that we have no choice but to work within such a naturalized context. A resolution of this issue is, of course, beyond the scope of this discussion. But the virtue of Antony's approach is not only to highlight this issue, but to bring it to the forefront as perhaps the central point of tension between Kant and his feminist critics, with the further suggestion that how we respond to this issue will determine whether or not a conception of feminism along Kantian or neo-Kantian lines is at all plausible.
VII. Kant as Feminist I began this discussion by looking at what, on almost any view, must be regarded as the noxious remarks Kant made about women, and at the responses those remarks have generated. I want to conclude by suggesting what a Kantian feminism — a notion many may find oxymoronic — might look like, if only in the barest of outlines. Initially, one must distinguish the central texts presenting Kant's philosophical doctrine from the various minor works, unpublished notes, and student lectures. With the sole exception of Kant's remark about the "natural superiority" of men in the Metaphysics of Morals, the views Kant expresses about women, and which have earned him, justifiably, harsh reactions from feminists, cannot be found in the systematic works such as the First Critique. Indeed, the texts focused on by Kant's feminists critics are the Observations, a pre-critical work on aesthetics, and the Anthropology, a collection of student notes. Kant clearly rejected much of the aesthetic doctrine of the Observations in writing the Critique of Judgement-, the Anthropology lectures were given, as we have seen, as early as the 1770s, and it is unclear how much, if any revision they underwent. In any case, these two texts cannot be regarded as having the same status in Kant's work as the three Critiques and other systematic texts. To treat all of Kant's texts, from the early essay De Igne to the unpublished Prize Essay on the Progress of Metaphysics, as a seamless whole is intellectually irresponsible in neglecting the evolution of Kant's thought over 50 years; it is, as well, an impossible task, given Kant's own rejection of many of his earlier views. One might, in this context, compare Hegel, who has received relatively less attention than Kant from feminist critics. Yet in The Philosophy of Right, a text which must be regarded as central to the presentation of Hegel's views, we see the following:
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Man [der Mann] has then his actual substantial life in the state, in science and similar areas, and in the struggle and work with the external world and with himself ... the woman has her substantial determination in the family and her moral sense in this piety. Women can indeed be educated, but are not made for the higher sciences, philosophy and certain productions of art, which demand a sense of the universal [ein Allgemeines].72
In general, feminist critics of the Western philosophical tradition have provided an invaluable service by insisting that we recognize and consider the long history of oppression, implicitly and explicitly endorsed by a wide range of philosophers. At the same time, one may find a great deal of inspiration in Plato, while rejecting his elitism and anti-democratic leanings; similarly, one need not accept Aristotle's remarks on banausic ways of living, nor his support for slavery, to find value in his work. Hume held some rather distasteful views of minorities, and was hardly alone; indeed, he is quoted to this effect by Kant. A long and sad story of anti-Semitism can be traced through Western philosophy, from Luther to Wagner, if not Heidegger. Schopenhauer's remarks on women, frequently endorsed by his erstwhile follower Nietzsche, need not be regarded without suspicion by those who find great insight in either philosopher's work. Indeed, the more one writes, and takes up diverse subjects, the more likely one is to treat issues of controversy. Historical figures guilty of such ambitions, one might say, are likely to venture into social, political, and — in general — ideological territory where their views will come to be seen not just as wrong-headed, but as fundamental errors, ranging from the venial to the unforgivable. This situation presents the interpreter of a given philosopher with the problem Pauline Kleingeld has articulated: can one separate aspects of a philosopher's views — particularly those we find distasteful, or worse — from other positions held by that same philosopher we find insightful and important? (This issue becomes particularly acute in the case of Heidegger, in determining the relationship between his philosophical views and his more overt political activity and commitment.) And if one can, in principle, do so, how does one go about it? Kleingeld, as we have seen, suggests that we keep in mind Kant's views about women when we read his remarks about subject and rational agency as presented in the purportedly "gender free" systematic works. I have suggested, instead, that we censure Kant's views about women, and recognize that there is no in-principle connection, and certainly no argument worth the name, connecting his systematic treatment of rationality and agency in the first Critique and those views.73 Thus what we may regard as 72
73
Grundlinien der Philosophie des Rechts (Stuttgart-Bad Cannstatt: Friedrich Fromann Verlag, 1964) (reprint of Jubiläumsausgabe of E. Gans), S 166; the second comment is a Zusatz from student notes. Kleingeld, op. cit.9 p. 142 observes that one can justifiably distinguish between the "essential and inessential elements in Kant's writings." As I have tried to argue here, Kant's views on women do not need to be seen as essential to his philosophical doctrine as presented in the systematic works; at worst, the noxious views of women Kant puts forward may characterize his beliefs, without being essential to what one might call the Kantian philosophy, unless we take everything Kant says throughout his work as essential to that philosophy.
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Kurt Mosser
insightful in Kant's critical philosophy may be retained and utilized, without committing us to some of the indefensible positions Kant held. This is, in fact, considerably easier to do in Kant's case, relative to some of the other thinkers mentioned above, given what we have seen about where the majority of his remarks about women occur. Again, it should be emphasized that none of this should be taken as indicating in any way that Kant did not hold the noxious views of women expressed in the Observations, the Anthropology, and elsewhere. Indeed, it seems quite likely that many of Kant's positions, including those about women, were held by him precisely as stated in those texts. The point, rather, is that those views can be, and should be, rejected, without fundamentally altering the results one might draw on from the systematic works. And it seems to me that those results can, in fact, ground a robust and progressive version of feminism. In beginning this discussion, I mentioned that one version of the Categorical Imperative — that which prohibits treating another solely as a means, and insists on regarding all human beings as ends in themselves (and thus as members of the Kingdom of Ends) — could ground a progressive and liberatory project. And as several contemporary Kant scholars have shown, notably Herman, this imperative can indeed be a powerful tool, not only in constructing a moral doctrine along Kantian, yet progressive, lines, but also in criticizing traditional ideological positions (including Kant's) that conflict with that doctrine. As Herman remarks, We would do well, I believe, to attend to the details of what happens when Kant's views about women engage with matters he takes to be central to his enterprise. It is in such places that his forced to go beyond what he otherwise casually accepts, and that is where things can get interesting.74
In addition, several of Kant's interpreters, including Korsgaard, Herman, Jauch, van der Linden, Marcia Baron, and Onora O'Neill, have defended a robust moral conception along Kantian lines that can well be exploited in providing a framework for progressive politics and the rejection of oppression of not just women, but children, workers, and others excluded from traditional hierarchical manifestations of power. Both those sympathetic to Kant's philosophical project, broadly construed, as well as those feminist critics we have seen who are, for various reasons, hostile to that project, have tended to neglect the Critique of Pure Reason. Yet, as Kant himself remarks, those views presented in the practical philosophy are themselves made possible by the extensive critical investigation of the First Critique. It is there that Kant characterizes the thinking subject as spontaneous, playing a constitutive role in its cognition and reflectively able to discover the universal and necessary condi-
74
Thus it is important to distinguish Kant from Kantianism, and I have tried to show here that the latter cannot be reduced unproblematically to the former. Herman, op. cit., p. 51. For a more thorough treatment of Kant's practical philosophy, see her The Practice of Moral judgment (Cambridge: Harvard University Press, 1993).
Kant and Feminism
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tions of its own objective experience. It is there, furthermore, that Kant shows the errors that arise when theoretical reason attempts to go beyond its legitimate cognitive scope, as established in the Transcendental Aesthetic and Analytic. It is there, as well, that Kant attempts to demonstrate that freedom and the causal principle of the Second Analogy are not incompatible, thus making room for genuine human freedom. For these reasons, Kant can claim in the Critique of Practical Reason that practical reason shows its reality in its actions, having already cleared the way by showing both the scope and limits of pure speculative reason.75 What, then, would a Kantian or neo-Kantian feminism look like? As Sandra Harding has observed, "There is no single set of claims beyond a few generalities that could be called 'feminism' without controversy among feminists."76 Yet among those generalities surely are a strong commitment to the dignity, autonomy, freedom, and respect for the human being, and an equally strong rejection of heteronomy and the objectification of that human being. This is, I have tried to show above, precisely the picture that emerges from what Kant says about rational agency in the Critique of Pure Reason. It is not a picture of the solipsistic individual, but rather of an agent that recognizes within itself capacities, rights, and obligations that are binding not just on that agent but on all the members of that agent's community, where that community is taken to consist of all rational agents. It is, at the same time, a picture of that community that does not evaluate normative standards in terms of convention or utility, criteria that have long been used in an arbitrary and oppressive fashion. To be sure, a Kantian feminism would be an Enlightenment feminism, which may be sufficient for many of his critics to reject it outright. But as Antony and others have pointed out, there are systematic problems in sustaining a feminist perspective that rejects a realistic commitment to truth and some commitment, however minimal, to objectivity and impartiality. At the same time, it is unclear how a feminist perspective that is unwilling to endorse some set of conditions that makes possible communication and community itself can put forth the kind of criticism that feminism itself has shown to be a painful lacuna in the history of Western philosophy. It is, in the end, difficult to see how to defend a feminism that fails to be committed to the freedom and autonomy of all the individuals who interact to constitute the human community and thus remains susceptible to the profound dangers of arbitrariness and relativism. As I have tried to show here, in spite of his own noxious personal views, a surprisingly robust account of the autonomy and interdependence among the members of that community emerges from Kant.*
75
V. p. 4 ("Preface"). Whose Science? Whose Knowledge? (Ithaca: Cornell University Press, 1991), p. 6. * I would like to thank an anonymous referee for this journal for detailed comments and extremely helpful suggestions.
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BERICHTE UND DISKUSSIONEN Immanuel Kant: „Über die Heilung des Körpers, soweit sie Sache der Philosophen ist."1 Und: Woran starb Moses Mendelssohn? von Reinhard Brandt, Marburg
Präambel Im folgenden wird die nach meiner Kenntnis erste deutsche Übersetzung von Kants Manuskript bzw. seinen Notaten zur Rede: „De Medicina Corporis, quae Philosophorum est" gebracht.2 Kant hielt diese Rede „sehr wahrscheinlich"3 anläß1
2 3
Es wird der von Erich Adickes edierte Text Kant 1900ff., XV 939-951 (Refl. 1526) zugrunde gelegt. — Herrn Dr. Achim Heinrichs (Marburg) danke ich für die Durchsicht meiner Übersetzung. Herrn Dr. Werner Euler (Marburg) danke ich für die Anregung zu dieser Arbeit und für Informationen aus seinem Manuskript „Kants Amtstätigkeit" (demnächst in den Kant-Forschungen). — Bei Verweisen auf die Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (1798) s. jeweils den Kommentar zu den Stellen in Brandt 1999. — „Medicina", aus dem ursprünglichen „regimine" verbessert. Die Titelformulierung ist vorgegeben durch Hieronymus D. Gaubius, der zwei Reden mit dem Titel „De Regimine Mentis quod Medicorum est" (1747 und 1763, gedruckt 1763) hielt, von Kant aufgenommen u. a. XV 946,7: „Regimen mentis, quod Medicorum est" und als Kontrapunkt „Regimen Corporis, quod philosophorum est" (XV 948,5). Für die Titeländerung („medicina" statt „regimen") ist an folgendes zu erinnern: Kant notierte nach 1775 in seinen Logik-Reflexionen: „Pharus intellectus. Medicina mentis et corporis" (XVI 50,9). Vgl. dazu die Aufschlüsselung von Adickes. Außer auf Johann Albrecht Gesner und Ehrenfried W. von Tschirnhaus läßt sich noch auf Joachim Lange (1670—1718) verweisen, der 1718 in Halle eine Logik unter dem Titel Medicina Menüs publizierte (s. Risse 1965, 189). Lange war Kant aus seiner Schulzeit vertraut, s. Klemme 1994, 129, s. v. „Lange". — Es ist daran zu erinnern, daß die Amtszeit des Rektors nicht ein Jahr, sondern ein Semester dauerte. Eine englische Fassung stammt von Mary J. Gregor, Kant 1992. „There are no translations into modern languages." (Kant 1992, 192) So Adickes XV 938,13. Adickes hält auch den 4. Oktober 1788 (Niederlegung des zweiten Rektorats) für ein mögliches Datum. Der Grund jedoch, die Randnotiz „Huttenii Epist. In Erasmum" (XV 946,5 und Adickes' Anmerkung), kann nicht überzeugen, denn der von Adickes herangezogene 1787 edierte Brief hat, wie auch Adickes schreibt, mit den Kantischen Ausführungen nichts zu tun. Die Erörterung des Todes Moses Mendelssohns ist in einer öffentlichen Rede dagegen nur im Jahr 1786 sinnvoll, nicht jedoch zwei Jahre später. Man muß daher annehmen, daß Kant die Randnotiz, wenn sie denn auf die Publikation von 1787 zu beziehen ist, 1787 oder später eintrug. Auffällig ist, daß sie auf Lateinisch gefaßt
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 354-366 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
Immanuel Kant: „Über die Heilung des Körpers"
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lieh der Niederlegung4 seines ersten Rektorats am 1. 10. 1786. In den Ausführungen verbinden sich zwei Hauptlinien, die jede für sich einer ausführlichen Kommentierung bedürfte. Einerseits spricht Kant zum Streit zweier Fakultäten, der medizinischen und der philosophischen. Er greift damit das komplexe Thema der Psychosomatik auf und versucht, die Grenzen von Seele und Leib in diätetischer Hinsicht und der unterschiedlichen Kompetenz von Philosophie und Medizin näher zu bestimmen. Die Rede greift das schon Platon geläufige Thema der Verwandtschaft des Arztes und des Philosophen, des Seelen- und des Körperarztes auf. Zum anderen flicht Kant eine Stellungnahme zum Tode Moses Mendelssohns ein. Das plötzliche Ableben Mendelssohns am 4. Januar 1786 fand ein intensives publizistisches Echo, weil er mit dem brisanten Thema des Lessingschen Spinozismus und mit der Frage des Spinozismus überhaupt verbunden wurde.5 Kant war nolens volens sogleich in die Diskussion schon dadurch geraten, daß Christian Gottfried Schütz in der Allgemeinen Literatur Zeitung vom 2. bis 9. Januar die Mendelssohnschen Morgenstunden positiv (trotz seiner kritischen Bedenken)6 rezensierte und einen Brief Kants, wenn auch anonym, einrückte. Am 11. Februar nahm Schütz zu Friedrich Heinrich Jacobis Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn (1785) Stellung und bestritt die Nähe der Philosophie Kants und der Spinozas. Ebenfalls noch im Januar 1786 publizierte Johann Jakob Engel postum Mendelssohns Jacobireplik An die Freunde Lessings',7 in der Vorrede beschuldigte Engel implizit Jacobi, den Tod Mendelssohns verursacht zu haben. Am 27. Februar schrieb Marcus Herz Kant einen Brief, in dem wohl eher zufällig die beiden Themen der Rektoratsrede nebeneinander stehen: „[...] ich liebe das Umherwandeln in den Gränzörtern der beyden Länder, der Philosophie und der Medizin, und habe meine Freude daran, wenn ich da Vorschläge und Einrichtungen zu Gemeinregirungen entwerfen kann. [...] Was sagen Sie denn zu dem Aufruhr der seit und über Moses Tod unter Predigern und Genies, Teufelsbannern und possigten Dichtern, Schwär-
4 5
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ist; wenn nicht die lateinische „Ulrichi ab Hütten cum Erasmo Roterdamo expostulatio" (zuerst 1523) gemeint ist, sondern das deutsche Schreiben von 1787, so hat Kant vermutlich nicht einfach ein freies Stück Papier benutzt, wie er es häufig tut, sondern die Notiz hier eingetragen, weil er bei einer etwaigen Veröffentlichung einen Zusammenhang herstellen wollte. — Unser „sehr wahrscheinlich" zitiert Adickes und bezieht sich auf die Frage, ob der Text überhaupt das Manuskript zu einer der beiden Rektoratsreden darstellt; ich meine mit dem „sehr wahrscheinlich" also nicht, daß, wenn Rektoratsrede, auch 1788 in Frage kommt. Gregor 1992, 185 plädiert dagegen für 1788, „if a jotting on one of the manuscript sheets refers to a letter from Hütten to Erasmus which had been first published in 1787." Gregor referiert einfach Adickes.
Vgl. Reicke 1881, 300 Anm. 19. Vgl. die Dokumentation Tavoilloz 1995, bes. die Zusammenstellung der einschlägigen Publikationen vom September 1785 bis zum Oktober 1786 S. 404—406. S. auch die Informationen, die Rose Burger und Paul Menzer XIII 162—165 zusammenstellen. Vgl. den Brief von Schütz an Kant vom Ende November 1785; Kant 1900ff., X 428-429. Mendelssohn 1786; ohne die Einleitung von Engel ist die Schrift abgedruckt in: Mendelssohn 1971 ff., 177-218. Einen Textauszug der Einleitung mit Paraphrasen bringt Adickes XV 941,19-942,29.
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Reinhard Brandt
mern und Musikanten begint, zu dem der GeheimRath zu Pimplendorf das Zeichen gab? Wenn doch ein Mann wie Sie diesem lumpigten Schwärm ein einziges ernsthaftes: stille da!: zuriefe; ich wette, er würde zerstreut wie Spreu vom Winde." (X 431,32—432,11). Aber Kant selbst hatte das Geist-Körper-Thema mit Blick auf Mendelssohn schon in einem Brief vom 11. Mai 1781 an Marcus Herz, seinen Schüler und Mendelssohns Arzt, angesprochen: „Daß Herr Mendelssohn mein Buch [die Kritik der reinen Vernunft] zur Seite gelegt habe ist mir sehr unangenehm aber ich hoffe daß es nicht auf immer geschehen seyn werde. [...] Ich bitte nebst meiner großen Empfelung ihm doch eine diätetische Beobachtung mitzutheilen die ich an mir selbst gemacht habe und von der ich glaube daß sie bei der Ähnlichkeit der Studien und zum Theil daraus entsprungenen schwächlichen Gesundheit vielleicht dazu dienen könnte der gelehrten Welt einen so vortreflichen Mann wieder zu geben der sich mit Recht so lange entzieht als er findet daß dergleichen Beschäftigung mit seiner Gesundheit nicht zusammen bestehen will." (X 270,7—19)8 Die Ratschläge beziehen sich auf die Form der Beschäftigung im Tagesverlauf. Spätestens durch die Engeische Vorrede und den hinzugefügten Arztbericht von Marcus Herz war Kant über die mißlichen Eßgewohnheiten Mendelssohns informiert; Krankheit und Tod rührten also vermutlich von Mendelssohns unvernünftiger Eßweise. Kant schrieb eine vom 4. August 1786 datierte Vorrede zu Ludwig Heinrich Jakobs Prüfung der Mendelssohnschen Morgenstunden oder aller spekulativen Beweise für das Dasein Gottes in Vorlesungen (VIII 149—155). Johann Erich Biester bat Kant am 11. Juni 1786, eine Stellungnahme zur Auseinandersetzung um Jacobi und Mendelssohn für die Berlinische Monatsschrift zu verfassen. (X 453—458; dort 456) Am 8. August bestätigte er den Empfang der kurzen Schrift, die im Oktober 1786 unter dem Titel „Was heißt: Sich im Denken orientieren?" (VIII 131-147) erschien.9 Die Rektoratsrede nimmt einen Teilaspekt dieser Auseinandersetzungen auf. Sie rubriziert den Fall Mendelssohn nicht unter ein philosophisches Stichwort wie „Spinozismusstreit", sondern „falsche Eßgewohnheit". Sie bildet damit eine Brücke zum Kapitel „Von dem höchsten moralisch-physischen Gut" in der Anthropologie von 1798 (VII 277-282). Vielleicht zielt dessen Schlußsatz noch auf Mendelssohn, daß die „Pleischestödtung des Anachoreten ohne gesellschaftliches Wohlleben" eine verzerrte Gestalt der Tugend sei und „für diese nicht einladend; sondern, von den Grazien verlassen", könne „sie auf Humanität nicht Anspruch machen." (VII 282,6—9) Kant nimmt zugleich ein altes Motiv auf, das für uns spätestens mit dem „Versuch über die Krankheiten des Kopfes", also 1764, greifbar wird. Voltaire sagt irgendwo, er gäbe hundert Jahre Unsterblichkeit für einen Tag mit guter Verdauung, und Kant bekennt am Schluß seines „Versuches", er habe zwar von den Krankheiten des Kopfes und des Herzens gehandelt, aber am Ende sei alles ein Problem der Verdauung: „Ich habe auch nur auf die Erscheinungen derselben [sc. der Krankhei8 9
Vgl. dazu Mendelssohns eigene Äußerung im Brief vom 10. April 1783 (X 308); Altmann 1973, 674-675. Vgl. Altmann 1973, 750-775.
Immanuel Kant: „Über die Heilung des Körpers"
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ten] im Gemüthe acht gehabt, ohne die Wurzel derselben ausspähen zu wollen, die eigentlich wohl im Körper liegt und zwar ihren Hauptsitz mehr in den Verdauungstheilen, als im Gehirne haben mag, wie die beliebte Wochenschrift, die unter dem Namen des Arztes wohlbekannt ist, es im 150, 151, 152ten Stücke wahrscheinlich darthut.10 Ich kann mich sogar auf keine Weise überreden: daß die Störung des Gemüths, wie man gemeiniglich glaubt, aus Hochmuth, Liebe, aus gar zu starkem Nachsinnen11 und wer weiß, was für einem Mißbrauch der Seelenkräfte entspringen solle. [...] Wenn man nur ein wenig auf die Beispiele acht hat, so wird man gewahr, daß zuerst der Körper leide, [...]." (II 270,20-33) Eine typisch Kantische Reduktionsformel, die er für empirisch gestützt hält, halb ernst, halb im Scherz: Der Geist am Ende das Epiphänomen seines Körpers? Der Mensch denkt, der Körper bzw. die Natur lenkt — „[...] und so endigt die Mahlzeit mit Lachen-, welches, wenn es laut und gutmüthig ist, die Natur durch Bewegung des Zwergfells und der Eingeweide ganz eigentlich für den Magen zur Verdauung als zum körperlichen Wohlbefinden bestimmt hat; indessen daß die Theilnehmer am Gastmahl, Wunder wie viel! Geistescultur in einer Absicht der Natur zu finden wähnten." (VII 281,3 — 8) Kants These in der Rektoratsrede besagt, daß Mendelssohns Tod ein Problem der Verdauung und der falschen Diät war, die Philosophie hatte mit dem Tod nichts zu tun. Die Rede wurde am 1. Oktober 1786 gehalten. Friedrich II. war am 17. August 1786 in Potsdam gestorben. Wie würde das Regiment seines Nachfolgers aussehen? Friedrichs Vater, Friedrich Wilhelm L, war den diabolischen Einflüsterungen der Pietisten erlegen und hatte Christian Wolff aus Halle gejagt, binnen 24 Stunden, sonst würde er hängen. Wolff entschied sich dann doch für Marburg. Was kam jetzt?12 Friedrich Heinrich Jacobi, der elegante Glaubensmann, hatte die Fackel entzündet, mit der die Hof camarilla wenn nicht die Menschen-, so doch die Bücherverbrennung beginnen konnte: Lessing ein Spinozist, d. h. ein Atheist. Und die übrigen Aufklärer? Und Kant? Er hatte einen Amtseid auf die „Confessio Augustana" geschworen: „Ego [...] teste DEO juro, [...] nullas fanaticas opiniones ac sectas sive Anabaptistarum, sive Sacramentariorum, sive aliorum quorumcunque hie probaturum ac defensurum esse. Quinimo me amplecturum veram ac puram Evangelii Doctrinam [,..]."13 Wenn man ihm Atheismus nachwies, konnte ihm das Schicksal Christian Wolffs drohen. Der letzte Satz, den Kant für die Rede notiert zu haben scheint, beschwört den eigenen Anti-Spinozismus: Nicht „hen kai pan", kein „deus sive natura", Welt und Gott sind nicht eins — „Jedes reißt alles andere herum und 10
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Dazu die Information der Akademie-Ausgabe II490: „Der Arzt. Eine medicinische Wochenschrift, Hamburg, VI. Theil 1761. Sie wurde verfaßt und herausgegeben von Joh. Aug. Unzer zu Altona." (Folgt Angabe der Titel der von Kant aufgezählten Stücke). Vgl. dazu Bilger 1990. — Zu Kants eigenen Verdauungsproblemen vgl. die (allerdings nur flüchtigen) Hinweise bei König 1954, 145-146. So auch in der Anthropologie von 1798 S 53; VII 217,19-218,10. Vgl. Beiser 1987, 114-115. Zit. nach Arnoldt 1746, I 142 („Beylagen Nr. 47: Statuta acad. regiomont. de 1554 Cap. VII"). S. auch S. 190.
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Reinhard Brandt
wird von ihm wiederum fortgerissen. Nur der Gründer und Erhalter von allem ist Urheber des Systems, nicht Teil." Gott ist nicht mit der Welt identisch, wird den neuen gefährlichen Herrschern in Berlin bedeutet. Hermann Andreas Pistorius hatte in seiner Rezension von Johannes Schultz' Erläuterungen über des Herrn Professor Kants Kritik der reinen Vernunft (1784) vom März 1786 in der Allgemeinen deutschen Bibliothek (LXVI, 92—123) überlegt, ob denn das Kantische System wirklich spinozismusresistent sei (97—98). Ein für Kant nicht ungefährlicher Hinweis. Liest man die Schlußpassage des ebenfalls im Oktober 1786 publizierten Aufsatzes „Was heißt: Sich im Denken orientieren?" (VIII 144—147) mit dem ungewöhnlichen Aufruf: „Männer von Geistesfähigkeiten und erweiterten Gesinnungen!" (VIII 144,8), so sieht man, daß Kant die Intellektuellen davor warnt, das neuerwachte Monstrum nicht zu reizen, sondern solidarisch und klug die Aufklärung zu erhalten, die Denk- und Rede- und Druckfreiheit, die die Auseinandersetzung allererst ermöglicht.
Text [939] „Es ist dafür zu sorgen, daß ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei."14 Bei dieser Wechselbeziehung15 ist es Sache der Mediziner, dem kranken Geist durch die Heilung des Körpers zu helfen, Sache der Philosophen ist es jedoch, dem bedrängten Körper durch die Beherrschung des Geistes zu helfen. [940] Zunächst ist es ja sogar den Triefäugigen und den Bartscherern16 völlig klar, wie große Kraft dem Geiste innewohnt, die vitalen Bewegungen zu fördern oder auch zu hindern, besonders bei den Affekten. Hierher gehört der Lebensimpuls des Hippokrates.17 Wir nun nehmen hier nur dasjenige in Betracht, was auf Dauer geschieht, nicht was als außerordentlicher Zustand die Natur gewissermaßen erschüttert, und was zum Leben als notwendig befunden wird. Da ist zuerst die Einbildungskraft, die im Schlaf den Körperbau in einer Lebenserregung erhalten soll18 und ihn beim Wachzustand allein durch Überlegung schwächen kann.19 So erweist sich die Einbildungskraft durch die Geistesbewegung beim Plaudern als eine freundliche Einhilfe für den Magen, wir können seine Lebenskraft unterstützen und umgekehrt dadurch, daß wir während des Mahles nachdenken, Kräfte von ihm abziehen.
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Nach Juvenal, Saturae 10, 356: „Orandum est ut sit mens sana in corpore sano." Das Wort „commercium" verweist auf die Körper-Geist-Beziehung; vgl. Wolff 1738, 711 — 720 (Psychologia empirica II 2, 3: „De commercio inter mentem et corpus") und Baumgarten 1779, 289—292 (Metaphysica III l, 22: „Commercium animae et corporis"). Horaz, Saturae I 7,3: „Opinor omnibus et lippis notum et tonsoribus esse." „Impetum faciens" ist die Übersetzung des „enhormon"; s. Adickes' Anmerkung. Vgl. in der Anthropologie in pragmatischer Hinsicht §37; Kant 1900ff., VII 190,3-6; 32-34; s. a. 106,2-8. Dies letztere wird der Fall Mendelssohns sein, wie sich im folgenden zeigt.
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Die Apathie ((der heitere Geist) sieht unter seinen Füßen die Wolken und tritt auf die rauhen Gewitter)20, soweit sie in der Freiheit von den Neigungen des Geistes besteht, die zu Recht Leidenschaften genannt werden, die an den Eingeweiden nagen und sie verzehren und die die Lebenskraft gleichsam mit Fesseln einengen, die ist als solche aufs höchste zu empfehlen. Ganz anders muß man jene inneren Bewegungen des Geistes beurteilen, die Affekte genannt werden21 und die mit einem gewissen Impuls den Körper in gleicher Weise erschüttern und die, wenn sie nicht bis zur Zügellosigkeit angespannt werden, durchaus gesund sein können. Die Affekte der Freude, der Entrüstung, die in die Unterhaltung eine gewisse Hitze einfließen läßt, die Bewunderung, ein gewisser Wechsel von Furcht und Hoffnung so wie es bei den Spielen geschieht, die obwohl sie einen gewissen Anschein der willkommenen Muße vor sich hertragen (vortäuschen), dazu eingerichtet, die Zeit zu vertreiben,22 doch offen nach Gewinnsucht riechen und viel beitragen zur Bewegung eines kränkelnden Körpers.23 Dies geschieht besonders deswegen, weil der Geist, wenn er auf keinen besonderen Gegenstand fixiert ist, große Teile des Körpers mit schneller Bewegung durchstreift und diese ihm selbst nicht das geringste ausmacht. [941] Ein Philosoph ist, wer um der Pflege der Vernunft willen den Geist den Dingen zuwendet und, nachdem er diesen Genuß gleichsam wie eine Lotusfrucht geschmeckt hat, alle sinnlichen Verlockungen und Begierden verachtet. Aber da wir nun einmal den strengen bürgerlichen Pflichten unterliegen, können wir uns ihr nur in der Muße widmen und ihre Gärten kultivieren, uns aber nicht mit ihr wie mit einem Geschäft belasten. Aber auch der Körper beschwert den von gestrigen Fehlern belasteten Geist zugleich und heftet den Funken der göttlichen Aura am Boden fest. Daher muß gerade der Philosoph seinen Körper disziplinieren, und zwar nicht aus der Kenntnis des körperlichen Mechanismus, sondern aus der Erfahrung eben des Erkennens. Die Anhänger des großen Mendelssohn geben die Schuld an seinem Tod bald dem einen bald dem anderen Gelehrten, die mit ihm stritten [942]. — Nach meinem Urteil freilich kann man wohl niemanden eines so schrecklichen Verbrechens bezichtigen, sondern die Lebensweise des teuersten Mannes selber ist an seinem Tod schuld. Obwohl es nämlich zur Verlängerung der Lebenszeit wenig hilfreich ist, die Haut zu pflegen24 und Beschwerlichkeiten aus dem Weg zu gehen, so verzehrt auf der ändern Seite die zu strenge Zucht des Körpers und die festgeschriebene Mäßigung unseres Geistes, der hierbei eher ein harter und unkultivierter Herr ist als ein Freund und dem Körper zugetaner Genösse, die Kräfte des Körpers spür20 21 22 23 24
Nach Adickes ein Zitat aus Claudius Claudianus, Panegyris de PL Mallii Theodori consulatu (Vs. 210). Zur Unterscheidung von Leidenschaft und Affekt vgl. in der Anthropologie §61; Kant 1900ff., VII 235,14-20 mit Kommentar. „ad fallendum tempus instituti"; vgl. Anthropologie § 14; Kant 1900 ff., VII 152,5: „tempus fallere". Zur „Motion", die z. B. durch Kartenspielen verursacht wird, vgl. XXV 381 mit Anmerkung 185. Die gleiche Redeweise 947,19.
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Reinhard Brandt
bar (zu schnell). Hierher gehört auch besonders eine allzu starke, gewissermaßen Maßlosigkeit in der Enthaltsamkeit nur wegen einiger Unbequemlichkeiten, die den vollen Magen zu begleiten pflegen, so daß er bei dauerndem Hunger und mit dem Naturinstinkt in Konflikt liegend, ein Prasser nur in Meditationen einer harten Forschung, schließlich wie eine Laterne, die kein Öl mehr erhält, unter Entbehrung dessen, was seiner Natur notwendig zukommt, endlich aufzugeben gezwungen ist. Meine Meinung ist dagegen, daß man wenigstens bei einer Mahlzeit Nahrung bis zur Sättigung zu sich nimmt und die Beschwerlichkeiten, die daraus entstehen, erträgt, bis der Körper eine größere Stärke erlangt hat. g-Zusätze: z. 16—18: [Bei denen von Fanatikern [gewissen einer Seele Seele eines Geistes der aus seinem Platz verrückt ist] gebannt durch die Spiele leerer Vorstellungen25, was den Fanatikern geschieht oder sie sind erregt durch schreckerregende Lügengebilde, z. 19 [Bei vielen, deren Geist aus seinem Sitz verrückt ist] Zeile 20 ff.: Bei sehr vielen Geisteskrankheiten, wo die zügellose Einbildungskraft entweder große und nie gehörte Töne [943] erschallen läßt oder wo sie durch Krankheit niedergedrückt zutiefst unter leeren Schreckgespinsten leidet, da ist es besser, jemanden zur Ader zu lassen, als seinen aus seinem Platz verrückten Geist mit Argumenten zur Besserung führen zu wollen, und für viele Rasende ist es besser, die Nieswurz26 anzuwenden, als die gesunde Vernunft als Ärztin heranzuziehen.27 Zusatz g (Zeile 6): Damit wir besser zu unserem Ziele gelangen, ist nach meiner Meinung besonders darauf zu achten, daß Ärzte oder Philosophen nicht auf einem Wege, der der Natur der Dinge vollkommen widerspricht, vorangehen und dabei die Grenzmauer ihres eigentlichen Berufs überspringen und sie, gleichsam von Vielgeschäftigkeit hingerissen, der Philosoph den Arzt und der Arzt den Philosophen, spielen zu wollen scheint. Die Grenzen aber sind jedem der beiden zweifellos so aufgestellt, daß es dem Arzt zukommt, dem kranken Geist Hilfe zu bringen durch Mittel, die auf den Körper angewendet werden, dem Philosophen jedoch dem kranken Körper durch Beeinflussung des Geistes zu helfen. S. II: Es ist die Frage, ob die Medizin beim Menschen in gleicher Weise angewendet werden soll wie die Kunst beim knechtischen Vieh, die Kunst, die die veterinarische genannt wird. Diejenigen, die einer Medizin als bloßer mechanischer Kunst folgen wie diejenigen Ärzte, die aus der Schule von Hoff mann 28 hervorgegangen sind, die treten für das letztere ein, nämlich soweit es möglich ist im Hinblick auf die gleiche Körperstruktur bei beiden Gattungen von Lebewesen. Diejenigen, die das letztere 25 26 27 28
Die „species" enthalten eine Anspielung auf die epikureische Sehtheorie, vgl. Lukrez, De rerum natura IV 26—238. Vgl. Anthropologie § 4, Kant 1900ff., VII 134,7-8. Vgl. Anthropologie § 52, Kant 1900ff., VII 214,15-19. Friedrich Hoffmann (1660-1742).
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meinen,29 die man Stahlianer30 nennt, betonen die besondere Kraft des Geistes bei der Heilung von Krankheiten. Es ist Aufgabe des Philosophen, dieser letzteren Position seine Aufmerksamkeit zu schenken. [944] Es gibt nämlich sowohl beim Tier wie auch beim Menschen jene bewundernswerte Kraft des Fühlens und der Bewegung, die Einbildungskraft genannt wird, wodurch sie dasjenige, was abwesend ist, wie anwesend darstellen, und Dinge, die niemals gewesen sind und vielleicht auch nicht sein können, dem Geiste als wirklich vorstellen können. Beim Tier jedoch wird diese Kraft nicht durch eine bestimmte Willensentscheidung des Tieres selbst und durch einen überlegten Vorsatz beherrscht, sondern es handelt auf Reize hin und aufgrund von Triebfedern des Gemüts, die ihm von Natur innewohnen, ohne jeden Einfluß des Willens. Hierher kommt es, daß, obwohl auch ein gewisser Gemütsschmerz das Tier quälen kann, das in die Gefangenschaft gebracht worden ist, doch jene schwarze Sorge, die das elende Menschengeschlecht bedrängt, dem Tier, das diese Angst nicht kennt, fremd ist. Hierher erlangen die übermächtigen Geistesbewegungen, die Affekte genannt werden, beim Menschen durch die nichtigen Spiele der Einbildungskraft, wenn nicht einen größeren Impetus, so doch eine längere Dauer und rühren zutiefst die Brust. Hierher rührt die Ansteckung von gräßlichen Bewegungen, die man konvulsivisch nennt, und der epileptischen Krankheit,31 die durch eine gewisse Einbildung entsteht; sie beruht auf gemeinsamem Umgang und künstlicher Veranstaltung, was nicht Sache des Arztes ist, sondern nur durch die Kraft der Einbildung, die durch eine Verschiedenheit der Reize abgelenkt und woandershin gerufen wird, die Heilung zu bringen. (Hierher kommt es, daß das Vertrauen des Kranken, das er dem Arzt entgegenbringt, auch den schwächsten Heilmitteln eine besondere Kraft verleiht.)32 Was die Gehirnkranken betrifft, so meine ich, daß sie eher der Sorgfalt der Ärzte als der der Philosophen anempfohlen werden müssen, weil der Geist, der aus seinem Platz ver-rückt ist, [945] wenig auf die Regeln eines gesunden Geistes hört; um auf sie zu hören, wird erfordert, daß der Geist seiner selbst mächtig ist, und weil wir finden, daß diese Krankheit meistens angeboren und erblich ist, oder wenn es irgendeinen ändern Grund gibt, muß man annehmen, daß dieser gleichwohl eher in den Eingeweiden als im Inneren des Gemüts wohnt. Ob alle Arzneimittel nur durch die Kraft des Fühlens und der Bewegung des Gemütes, das den ganzen Körper durchwaltet und ihn am Leben hält, Hilfe bringen, wie Stahl meint, oder ob ihre Kraft zum größten Teil nur mechanischer Natur ist, das soll im Urteil der Fachgelehrten der Medizin liegen. Ob aber die menschliche Fähig-
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»Qui posterius statuunt" — wohl auf ein ausgelassenes „an non ..." im Anschluß an „utrum ..." im ersten Satz des Absatzes zu beziehen. Georg Ernst Stahl (1695—1734). S. bes. die „Disputatio inauguralis de passionibus animi corpus humanum varie alterantibus" (1695). Vgl. Anthropologie § 32; Kant 1900 ff., VII 179,15-24. Zur Heilung durch Placebo vgl. in der Anthropologie S 50; Kant 1900 ff., VII 213,1-2: „[...] auch nicht anders als ein Kind (mit Pillen aus Brotkrumen statt Arzneimitteln) [...]."
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keit der Überlegung eine besondere Kraft ausübt, durch die er die belebten Tiere übertrifft, hierüber zu urteilen ist Sache des Philosophen. g-Zusätze: Zeile 14—21: Vielleicht hängt der Schlaf selber nicht von der Müdigkeit des Körpers ab, sondern eher diese Müdigkeit von der Abwesenheit im sensorischen Organ dessen, der schläfrig und seiner vitalen Bewegungen enthoben ist. Wer seinen Geist völlig des Bewußtseins seiner selbst beraubt, der wird leicht im Schlafe begraben. Ein Spiel wenigstens, das um des Gewinnes wegen begonnen wird, erregt den Geist auf unterschiedliche Weise. Die Bewegungen des Körpers, die einem Kranken von einem nichtphilosophischen Arzt diktiert werden, schwächen den Körper, es sei denn, sie würden durch eine gesellschaftliche Erheiterung gewürzt und dem Geist guttun. Zeile 23—25: Es gab einen Dialektiker, der so auf ein bestimmtes Sophisma verfallen war und beständig darauf fixiert war, es zu lösen, daß er völlig abmagerte und bleierne Schuhe brauchte.33 Zeile 27 ff.: Beim Essen ist es für den Körper gut, daß der Geist nicht nur von Sorgen gelöst ist, sondern auch zur Heiterkeit geneigt ist und von aller fixierten und festen Überlegung [946] abgewendet sei. Dem dient am meisten die Unterredung, die freundschaftliche Auseinandersetzung, besonders auch das Gelächter, das in ein lautes Lachen ausbrechen kann. Hierbei übt der Geist seine Kraft aus, den Körper intensiv zu bewegen. Huttens Brief an Erasmus.34 S. III: Die Lenkung des Geistes, so weit sie Aufgabe der Ärzte ist,35 besteht nur in verschiedenen Medikamenten, durch die man dem Geist mit Hilfe der Behandlung des Körpers helfen und die Gemütskrankheiten vertreiben oder drohende abwehren und seine feste und gut geschützte Gesundheit erhalten kann. Der Arzt nun tritt in der Rolle des Philosophen auf, so oft er durch unmittelbare medikamentöse Behandlung des Geistes dafür sorgt, das Gemüt zu erheitern oder Sorgen zu lindern oder auch die Affekte teils einzuschläfern, manchmal aber auch sie anzuregen und dadurch dem kranken Körper zu Hilfe zu kommen und die heilsame Wirkung der Medikamente zu fördern. Es wäre derart weit entfernt, getadelt werden zu können, daß 33
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Dieser Dialektiker ist Philetas von Kos, geboren um 320 v. Chr., Dichter und Lehrer des Ptolemaeus II Philadelphus. Vgl. den Hinweis auf ihn in der Logik-Reflexion 3305 (XVI 767,1—2); sodann in der Logik Hechsei 180: „Phylotas [sc. Philetas] hat sich um diesen Lügner recht aufzulösen, den Kopf so zerbrochen, daß er bleierne Sohlen tragen muste, damit ihn der Wind nicht über die Brükke wehte." (Kant 1998, II 482) Bei diesem Brief handelt es sich, wie Adickes festgestellt hat, höchstwahrscheinlich um ein 1787 publiziertes Schreiben Ulrichs von Hütten an Erasmus von Rotterdam; s. dazu die Anmerkung von Adickes. Mit der Formulierung „Regimen mentis, quod Medicorum est" wird hier der Titel der Schrift von Gaubius aufgenommen.
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eher kaum etwas mit größerem Lob herausgestellt zu werden verdiente. Aber solche Leitung des Geistes ist nicht eigentlich Aufgabe der Mediziner zu nennen, sondern der Philosophen oder, wenn man es lieber will, der Mediziner nicht als solcher, sondern als philosophischer. Nichtsdestotrotz ist die Lenkung des Geistes, so weit sie Sache der Ärzte ist, ein weites Gebiet. [947] Die schlimmsten Übel, die das menschliche Geschlecht umlauern und die den Geist selber aus seinem Sitz verrücken (was bei den Geisteskranken geschieht) oder in hitzige Affekte treiben, was bei den jähzornigen Menschen oder den lasziven geschieht, die rauben den Gebrauch der Vernunft, was bei den aberwitzigen Menschen geschieht, oder sie lassen die Leute Schattenbilder fangen, die durch die Leere fliegen,36 und machen sie mit irgendeinem Anschein von Vernunft irre, die wir Fanatiker nennen, oder auch die Krankheiten, die den Geist unter dem Namen der Melancholie oder der Hypochondrie elend quälen: diese und noch mehr Krankheiten werden zu Recht der Herrschaft des Geistes, soweit sie Sache der Ärzte ist, unterworfen, weil die Quelle des Übels eher im Körper als im Geist zu suchen ist und man dem Geist durch einen Aderlaß oder ein Reinigungsmittel eher helfen kann als durch Unterricht und Argumente. Zuerst tritt in Betracht die Hilfe, die von der vorsorgenden und helfenden Natur durch den Geist zur Gesundheit des Körpers selber geleistet wird, wenn der Mensch im Normalzustand seiner Gesundheit ist, abgesehen von jenem widernatürlichen Einfluß, wenn die Affekte die Verschlüsse durchbrechen, mit denen die Natur versucht hat, den Geist vor den Vitalbewegungen zu schützen. Sich um den Körper zu kümmern bedeutet nicht, die Haut, wie man sagt, zu pflegen (seinem Gemüt immer nachzugeben) und die Mühen und Beschwerden fernzuhalten, denn das ist [948] die Sache nur eines weichlichen und delikaten Menschen, sondern jenes uns gleichsam von der Natur anvertraute Pfand wohl bewahrt und unversehrt sowie für seine eigentliche Bestimmung, das heißt für alle Tätigkeiten des Lebens, das Ertragen von Beschwerden wie auch das Aushalten von Mühen fähig zu erhalten. Die Herrschaft über den Körper, soweit sie Sache der Philosophen ist, ist ein Regime, dessen Gesetze die Philosophen jedem diktieren, sei es nun aus dem untersten Volk oder wodurch es notwendig ist, daß auch der Philosoph selber, der als Gelehrter der Lenker seines Lebens ist, diesen Gesetzen notwendig gehorcht soweit er Philosoph ist, d. h. sein Leben verbringt mit der Aufmerksamkeit auf die Untersuchung der Dinge. Es kann nämlich auch ein Gesetz gegeben werden, das zur Lenkung des Geistes des Arztes dient, so weit er die Medizin betreibt, wie ein solcher ist, der seinen Geist von den Bewegungen durch Mitleid frei hält. Am Rande rechts von oben nach unten: Zuerst ernährt sich der Geist, der von Sorgen gelöst ist und nicht wie bei den Tieren, die vornübergeneigt sind und dem Magen gehorchen, nur der Erde verhaftet 36
Vgl. Anm. 25.
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ist, durch eine bestimmte Nahrung, die ihm selbst bekommt, nämlich durch die verschiedenen und wechselnden Überlegungen; wenn das Herz diese nicht findet, so zernagt und verzehrt es die Vitalkräfte des Körpers selber. Oder wenn dieser schon an einem bestimmten Übel krankt, das die wohlwollende Natur, wenn sie nur in ihrem Geschäfte nicht gestört wäre, leicht korrigieren könnte, legt sich der Geist noch schwerer auf diese Krankheit und vergrößert die Übel. Daher ist es nötig, daß der Geist durch Lustbarkeiten erheitert oder durch Arbeit entspannt wird. Was der Schlaf ist, das weiß ich gemeinsam mit den Unwissendsten nicht, und derjenige, der diese künstliche Einrichtung der Natur zur Wiederherstellung der Kräfte zu durchschauen glaubt, dem sage ich kühn mit dem Dichter (Horaz): Was er mit mir nicht weiß, das zu wissen, will er alleine scheinen. Der Geist, der der Überlegungen entbehrt, taucht uns in den Schlaf und die Träume, die als Statthalter des Wachseins fungieren. Die Aufgabe des Arztes bezieht sich unmittelbar auf den Körper, nie auf die Seele, es sei denn mittels des Körpers und dessen Pflege. Wenn der Arzt dem Körper zu helfen sucht durch die Kraft des Gemütes, dann übernimmt er die Rolle des Philosophen. Dagegen ist die Hilfe, die dem Körper durch den Geist gewährt wird. [949] Wieviel der Geist, der nicht nur von Sorgen frei und heiter ist, sondern durch Spiele und Scherze37 angeregt ist und zur Ermunterung der Gesellschaft gleichsam wie in einem begonnenen Wettkampf, die Hitze der Redenden bis hin zur Grenze des Affektes gesteigert ist, die Vitalfunktionen des Körpers bei der Mahlzeit unterstützt, das erfahren täglich diejenigen, die das Gastmahl zusammen einnehmen; die also, denen es möglich ist, ausführlich zu speisen und sich eine Fülle von Nahrung einzuverleiben, wovon auch nur die Hälfte diejenigen, die einzeln essen, nicht wohl ungestraft verzehren würden. So leuchtet die wunderbare Kraft des menschlichen angeregten Geistes hervor bei der Vermehrung der körperlichen Kraft, solange sie in den Grenzen des Geistes, der seiner selbst Herr ist, bleibt. Sobald sie aber diese Grenzen überschreitet und derart die Schranken der Vernunft hinter sich läßt, ist es ganz unglaublich, mit welchem Impetus sie das Vitalprinzip angreift und erschüttert, indem sie etwa jene Riegel durchbricht, die nach der Meinung eines bestimmten englischen Arztes (Johnstone)38 die willentlichen Bewegungen vor einem Eingriff in die Vitalorgane, die man Nervenganglien nennt, [950] abhalten. Es ist daher für den Philosophen eine beschlossene Sache, allen, deren Lebensführung zu einer Bestätigung zwingt, die stärker auf den Geist als den Körper konzentriert ist, ein 37 38
Zur Rolle der Scherze bei Geselligkeit und Gastmahl s. II 211,22 und VII 280,11. Zum Lachen generell vgl. Thouard 1998. James Johnstone (1730—1802). Johnstones Essay on the use of the ganglions of the nerves von 1771 wurde zwar erst 1787 ins Deutsche übersetzt (Versuch über den Nutzen der Nervenknoten), Kant konnte jedoch 1786 auf die Anzeige eines Aufsatzes von Johnstone in den Göttingischen Anzeigen von gelehrten Sachen von 1766 und auf spätere Anzeigen und Rezensionen zurückgreifen, s. Adickes XV 950,21—31.
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Gesetz vorzuschreiben, in Geselligkeit, wenn es möglich ist, zu speisen, nicht nur, um so dadurch den Geist durch Muße wiederherzustellen, sondern auch durch den gesundheitsfördernden Impuls des Plauderns angenehm zu bewegen, besonders wenn man auf die Ernährung des Körpers achten muß. Obwohl nämlich die Maßlosigkeit, die nur dem Magen frönt, im höchsten Grad zu meiden ist, und, wie besonders Horaz sagt: „Der Körper, noch voll von gestrigen [...]"39, so fordert doch die Weisheit, seinen Geist nicht stiefmütterlich zu betrügen und durch Frugalität auszuzehren. So haben wir vernommen, daß der berühmte Philosoph Mendelssohn, von verschiedenen Körperkrankheiten befallen und daher zu einer streng einzuhaltenden Enthaltsamkeit veranlaßt, [951] um nicht durch kleine und bald vorübergehende Beschwernisse behelligt zu werden, so abstinent lebte, daß er bei dauerndem Hunger zwar die Unversehrtheit seines den Studien verhafteten Geistes bewahrte, aber die Kräfte seines Körpers derart zerrüttete, daß das Unglück, das einen Menschen, der sich wenigstens einmal am Tage ausreichend ernährt, kaum treffen würde, ihn aber, den teuersten Mann, durch die allzu große Enthaltsamkeit erschöpft, vernichtete und aus dem Kreis der Lebenden entführte.40 Der Wechsel der menschlichen Dinge wendet, was auch immer das wagemutige Geschlecht des Japetus41 macht, hin und her und dreht es in unruhigem Wirbel und duldet nicht, daß etwas auf festem Fuß steht. Daher ist weder den Reichen noch den Völkern noch den Sitten und Künsten — sei es den feineren, sei es den Künsten, die dem gemeinsamen Nutzen dienen — derselbe Zustand und dieselbe Farbe eigen, sondern die Masse wird, damit sie nicht träge erstarrt, in ewigem Wirbel gedreht und herumgeführt. g-Zusatz Zeile 21—23: Jedes reißt alles andere herum und wird von ihm wiederum fortgerissen. Nur der Gründer und Erhalter von allem ist Urheber des Systems, nicht Teil.
Literatur Altmann, Alexander: Moses Mendelssohn. A Biographical Study, London 1973. Arnoldt, Daniel Heinrich: Ausführliche und mit Urkunden versehene Historie der Königsbergischen Universität, Band l, Königsberg 1746. Baumgarten, Alexander Gottlieb: Metaphysica (1739), Halle 1779. 39 40
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Horaz, Saturae II 2, 77—79: »[...] Quin corpus onustum / Hesternis vitiis animum quoque praegravat una / Atque adfigit humo divinae particulam aurae." Mit Adickes und gegen Reicke (s. 951,25-29) läßt sich annehmen, daß die Restpartie die „peroratio" der Rede ist, die sich inhaltlich und auch rhetorisch vom Vorhergehenden unterscheidet. Ich versuche, den Schlußsatz auf die Situation des Spinoza-Streits und damit auch Mendelssohns Tod zu beziehen. Horaz, Carminal 3, 27—IS: „[...] / audax lapeti genus / ignem fraude mala gentibus intulit."
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LITERATURHINWEISE Abdelkader Bachta: UEspace et le temps chez Newton et chez Kant (Essai d'explication de Pidealisme Kantien ä partir de Newton). Preface de J. Merleau-Ponty. Publications de la faculte des Sciences Humaines et Sociales de Tunis 1991 (Universite de Tunis I, sixieme serie: Philosophie, Vol. XXXVII), 377 pages. Das Merleau-Ponty zugeeignete Buch wird von dem Geehrten mit einem kurzen Vorwort begleitet (7—10), an das sich ein eigenes Vorwort des Verfassers sowie eine Einführung (15—23) anschließen. Im Hauptteil der Untersuchung wird eine These aufgestellt, die besagt, daß Kant den Newtonschen Wissenschaftsbegriff, soweit er der Erfahrung und der Geometrie verpflichtet ist, als Modell nehme für die Philosophie des Erkennens. Insbesondere interessiere sich Kant für Newtons Mathematik des Unendlichen; unter dieser Perspektive will der Autor das Verhältnis zwischen Kant und Newton betrachten. Es soll gezeigt werden, daß der transzendentale Idealismus mit dem Newtonschen Begriff der Mathematik des Kontinuums konform geht. Nur in seinem Verhältnis zu diesem Begriff sei der transzendentale Idealismus wahrhaft zu begreifen. Das Buch ist in drei Teile gegliedert, die in sich weiter unterteilt sind. Der erste Teil (27—132) geht der Frage nach, was transzendentaler Idealismus bedeute und wie seine Bedeutung davon abhänge, daß er auf die Begriffe von Raum und Zeit als reinen Anschauungen zurückführbar ist. Die reine Anschauung sei insofern die erforderliche Grundlage für den transzendentalen Idealismus; sie verkörpere zugleich die kantische Synthese von Idealismus, Rationalismus und Empirismus, die für Kants Idealismus charakteristisch sei. Der zweite Teil (133—263) hat 3 Begriffe als Überschrift: Raum, Zeit und Synthese; der Autor beschäftigt sich näher mit der Synthese zwischen Rationalismus und Empirismus; sie wird im ersten Kapitel in Differenz zu Newton unter den verschiedensten Einflüssen auf Kant (Epikur, Hume, Maupertius, Buffon, Lambert) beleuchtet. Kant stimme aber darin wieder mit Newton überein, daß die Mathematik des Kontinuums epistemologisch die Synthese zwischen Empirismus und Rationalismus verkörpere. Der dritte Teil (265—357) hat den Titel: Raum, Zeit und Idealität. Er zeichnet den Weg der Entstehung der Theorie der Idealität von Raum und Zeit nach unter Berücksichtigung auch äußerer Einflüsse (Berkeley, Leibniz); wiederum ist es Newtons Infinitesimalrechnung, die als mit der reinen Anschauung in ihrer Idealität übereinstimmend befunden wird. Werner Euler, Marburg
Manuel Mendez-Burguillos: Zweckmäßigkeit und Autonomie im Zusammenhang mit den Versuchen Kants, die Gültigkeit des moralischen Gesetzes zu begründen. Frankfurt a. M.: Peter Lang 1996 (Europäische Hochschulschriften, Reihe XX Philosophie, Bd. 494), 210 Seiten. Kant-Studien 90. Jahrg., S. 367-370 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
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Literaturhinweise
Auf der Grundlage von Kants Transzendentalphilosophie untersucht die Studie die Verbindung zwischen Zweckmäßigkeit und Autonomie, die als Grundproblem jeder Moraltheorie interpretiert wird. Gezeigt werden soll, daß innerhalb der praktischen Philosophie Kants die Autonomie schlechthin die autonome Bestimmung der selbstgesetzten moralisch-praktischen Zwecke impliziert. Diesem Ziel nähert sich die Studie in 4 Schritten: Im ersten Kapitel (12—45) wird der Begriff der Vollkommenheit, der dem wahren Wesen des Organismus (nämlich dessen Zweckrealisation) entstamme, als Grundlage der Moral in der vorkantischen und frühkantischen Philosophie behandelt. In Kapitel II (46—82) wird gezeigt, daß die Vorstellung Kant nicht fremd war, mit Hilfe des aus der Idee der Zweckmäßigkeit hergeleiteten Begriffs des Lebens die Moral zu begründen. Die Einsicht, daß die Erkenntnis der Zweckmäßigkeit die Erkenntnis der Autonomie der Vernunft voraussetzt, führt auf das Kernproblem der Arbeit, nämlich das Problem der Autonomie der Vernunft als Zweckmäßigkeit, das dann im dritten Kapitel (83 — 141) behandelt wird, und zwar unter Beleuchtung der Deduktion des Sittengesetzes. Die Lösung des Problems erfordert noch weitere Klärungen, die im abschließenden vierten Kapitel (142—198) auf Umwegen vorgenommen werden: ausgehend von der Kritik des Aenesidemus an Kant und der Antwort Fichtes darauf wird die zweckmäßige Struktur der Vernunft als Endzweck in der KrV untersucht, um zum Problem der Bestimmung der moralischen Handlung zurückzukehren; es folgt die Interpretation der Absicht der Transzendentalphilosophie mittels der Idee der Analogie (in Anlehnung an Kants Sprachgebrauch in der Teleologie), um das hierarchische Verhältnis zwischen sensibler und intelligibler Welt zu bestimmen und dadurch die moralische Handlungsfähigkeit der Vernunft zu begründen. Zur Illustration werden abschließend zwei Diskussionszusammenhänge beleuchtet: der Pantheismusstreit und die Diskussion um den Begriff der Freiheit (Creuzer, Fichte, Reinhold). W.E.
Carl Christian Erhard Schmid: Wörterbuch zum leichtern Gebrauch der Kantischen Schriften. Neu herausgegeben, eingeleitet und mit einem Personenregister versehen von Norbert Hinske. Dritte, um ein Nachwort ergänzte Auflage. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1996, XXXII/674 Seiten. Das historische Nachschlagewerk zu Kants Schriften erscheint als reprographischer Nachdruck der vierten vermehrten Ausgabe, Jena 1798 (Erstausgabe verbunden mit Schmids Vorlesungskompendium: Critik der reinen Vernunft im Grundrisse zu Vorlesungen nebst einem Wörterbuch zum leichtern Gebrauch der kantischen Schriften, Jena 1786; ab der 2. Aufl. (1788) separat; 3. Aufl. 1795); die vorliegende Ausgabe ist bereits die dritte Auflage des Nachdrucks (1. Aufl. 1976, 2. Aufl. 1980). Bei dem Schmidschen Wörterbuch handelt es sich um das erste Kant-Lexikon überhaupt. In seiner Einleitung zur 1. Aufl. (VII—XXXII) gibt Norbert Hinske einen Abriß der Entstehung des Wörterbuches und eine biographische Skizze seines Autors. Den Hauptteil des Buches bildet der Nachdruck, dessen Originaltitel vollständig lautet: Wörterbuch zum leichtern Gebrauch der kantischen Schriften nebst einer
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Abhandlung von Carl Christian Erhard Schmid. Das Wörterbuch besteht aus einer 6-seitigen (unpaginierten) Vorrede, einem daran anschließenden Verzeichnis der Abkürzungen von Kants Schriften, dem alphabetisch geordneten Lexikon (1—616) und einem Anhang mit dem Titel: Einige Bemerkungen über den Empirismus und Purismus in der Philosophie; durch die Grundsätze der reinen Philosophie von Herrn Seile veranlaßt. (617—668). Es folgt ein von Jutta und Norbert Hinske zusammengestelltes Personenregister (669—672) sowie ein kurzes Nachwort zur dritten Neuauflage (673-674). Das Lexikon begnügt sich nicht mit bloßen Begriffsdefinitionen oder einem mit Originalzitaten ausgefüllten Schlagwortkatalog; vielmehr enthält es interpretierende Worterklärungen des Verfassers, die den systematischen Zusammenhang der Begriffe berücksichtigen. Dadurch wird es für heutige Leser zugleich zu einem wirkungsgeschichtlichen Dokument der Beeinflussung der frühen Kantrezeption und speziell der Aufnahme des Kantianismus in Jena Ende des 18. Jahrhunderts. Die kantischen Fachtermini sind im wesentlichen den Hauptschriften der kritischen Periode entnommen, nur selten kleineren Schriften. Es werden aber auch philosophiegeschichtliche Reflexionen angestellt und Hinweise auf andere zeitgenössische Autoren, wie z. B. Herz, Seile u. a. gegeben. W.E. David E. Klemm and Günter Zöller (Eds.): Figuring the Self. Subject, Absolute, and Others in Classical German Philosophy. State University of New York Press 1997, XL/271 pp. Die Untersuchungen in diesem Band sollen einen Beitrag leisten für das im Fortschreiten begriffene Unternehmen, das klassische deutsche Denken über das Selbst wieder in die zeitgenössischen philosophischen Diskussionen einzubringen. Der Sammelband soll mit den Hauptfragen und Standpunkten des Denkens über das Selbst um 1800 bekannt machen und darüber hinaus eine Einführung in die Philosophie des Deutschen Idealismus unter dem Gesichtspunkt der Theorie des Selbst bieten. Die insgesamt 12 Beiträge erörtern das Selbst in der Philosophie der bedeutendsten Autoren der Epoche: Kant, Fichte, Schelling, Hegel; daneben aber auch Schleiermacher, Hölderlin, Novalis; der letzte Beitrag folgt Spuren der kantischen Theorie des Selbstbewußtseins im 20. Jh. bei Heidegger und Wittgenstein. Das Buch ist in 3 Teile mit speziellen Obertiteln (als Schlüsselbegriffen) gegliedert, denen je 4 Artikel zugeordnet sind: Part 1: Self and Subject (3—95); Part 2: Self and the Absolute (97-190); Part 3: Self and Others (191-259). Teil l untersucht die Rolle des Ich als Subjekts, das unserer Erfahrung von der Welt zugrunde liegt; Teil 2 widmet sich der Frage der Abhängigkeit des Selbst von einem absoluten Grund; Teil 3 beschäftigt sich mit dem Wechselverhältnis von Selbst und Anderen. Die Autoren sind: M. Frank, R. E. Aquila, K. Ameriks, G. Zöller (Part 1); D. Henrich, J. E. Kneller, R. L. Velkley, D. E. Klemm (Part 2); W. Jaeschke, J. L. Hoover, J. D. Peters, D. G. Stern (Part 3). 10 der 12 Beiträge beruhen auf älteren Versionen, die auf einer Tagung der Universität Iowa vom 9. bis 11. April 1992 unter dem Titel Figuring the Self abgehalten wurde. Die Beiträge von Henrich und Franck erschienen deutschsprachig 1982 bzw. 1991 und wurden für diesen Sammelband übersetzt. W.E.
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Literaturhinweise
K a n t i a n Review, Volume 1 1997. Edited by Howard Williams, University of Wales, Aberystwyth, Graham Bird, University of Manchester, with the assistance of Richard Aquila, University of Tennessee, Philip Stratton-Lake, University of Keele. University of Wales Press Cardiff 1997. IV/188 pp. Der erste Jahrgangsband der in Verbindung mit der Kant Society of Great Britain und der North American Kant Society herausgegebenen Kantzeitschrift, die einmal jährlich erscheinen soll, enthält 7 Aufsätze und 3 Rezensionen (162—185) sowie einen Nachruf auf Lewis White Beck (186f.). In dem einleitenden editorischen Überblick (1 — 16) stellt Graham Bird die wissenschaftlichen Leitlinien des Journals vor: Die Zeitschrift soll von Beginn an ein Forum bieten für englischsprachige Diskussionen über Kants Philosophie mit Schwerpunkt ihrer gegenwärtigen Relevanz auf dem Gebiet der Erkenntnistheorie, der Moralphilosophie und des politischen Denkens. Ausdrücklich sollen interpretierende und historische Herangehensweisen an Kants Gedanken kultiviert werden, da sie die einzig gesunde Grundlage für jedes gegenwärtige Interesse an ihr abgeben. Die Aufsätze haben folgende Thematik und Verfasser: Richard E. Aquila: Unity of Apperception and the Division of Labour in the Transcendental Analytic (17—52); Henry E. Allison: Beauty and Duty in Kant's Critic of Judgement (53 — 81); Daniel Guevara: The Two Standpoints of the Will (82-114); Susan Meld Shell: Kant on Punishment (115-135); Ralf Meerbote: Allison on Freedom and Idealism (136—150); Christopher Janaway: Aesthetic Autonomies: A Discussion of Paul Guyer, Kant and the Experience of Freedom (151 — 161). WE. Miklos Veto: Etudes sur Pldealisme Allemand. Paris/Montreal: UHarmattan 1998, 303 pages. Das Buch besteht aus einer Sammlung von Aufsätzen und Kongreßbeiträgen, die größtenteils seit 1972 an anderen Stellen bereits veröffentlicht wurden und nun unter systematischen Gesichtspunkten neu zusammengestellt worden sind. In den zwölf durchnumerierten Studien, deren Folge die zeitliche Reihe ihrer Ersterscheinung durchbricht, versucht der Autor die logische Genese und Entwicklung des kantischen und nachkantischen Idealismus nachzuzeichnen, indem er sich auf die wesentlichen Aspekte dieser umfassenden philosophischen Bewegung beschränkt. Auf die allgemeine Präsentation des „Projekts des Deutschen Idealismus" (L, 11—24) das in der anschließenden Darstellung des Buches zeitlich und systematisch, und zwar in zwei inhaltlich gegenläufigen Richtungen, einen Bogen von Kant zu Fichte bis Hegel und Schelling spannt, folgen vier Artikel, die der kantischen Philosophie gewidmet sind (II.-V., 25-100). Artikel VI. (101-130) hat das „Ich und Nicht-Ich in der Wissenschaftslehre Nova Methodo" zum Gegenstand. In drei weiteren Artikeln wird der Übergang von Kant zu Schelling und Hegel, unter reichhaltigen Bezügen zur Philosophiegeschichte (u. a. zu Platon, Leibniz) beleuchtet (VII.—IX., 131—217). In den letzten drei Artikeln schlägt der Autor eine zur bis dahin referierten Entwicklung gegenläufige Richtung der Betrachtung ein: der Infragestellung des absoluten Idealismus durch die moralisch-praktischen Motive in Schellings Spätphilosophie, ausgehend von der Freiheitsschrift (1809) und der Konzeption des Begriffs vom Grunde (X.-XIL, 219-284). W.E.
BUCHBESPRECHUNGEN Hud Hudson: Kant's Compatibilism. Ithaca and London: Cornell University Press 1994. Die Frage nach dem Verhältnis von Freiheit und Determinismus hat den Philosophen seit geraumer Zeit einige Schwierigkeiten bereitet und eine Vielzahl von Vorschlägen zu ihrer Beantwortung hervorgebracht. Eine Möglichkeit, diese Positionen zu ordnen1, sieht folgendermaßen aus: Man unterscheidet auf einer ersten Ebene Kompatibilisten und Inkompatibilisten, auf einer zweiten Ebene harte Deterministen, weiche Deterministen und (metaphysische) Libertarianer. Während erstere Unterscheidung lediglich danach fragt, ob man konsistenterweise sowohl die Freiheit des Menschen behaupten als auch den Standpunkt eines Deterministen einnehmen kann, was der Kompatibilist bejaht, der Inkompatibilist dagegen verneint, geht es auf der zweiten Klassifikationsebene um den Wahrheitswert der Freiheits- und Determinismus-These. Der harte Determinist behauptet die Wahrheit der Determinismus-These und die Falschheit der Freiheitsthese, während für den Libertarianer genau das Gegenteil gilt; der weiche Determinist geht von der Wahrheit beider Thesen aus. Harte Deterministen und Libertarianer sind immer auch Inkompatibilisten, weiche Deterministen immer auch Kompatibilisten; die beiden Umkehrschlüsse gelten dagegen nicht. Der entscheidende Unterschied zwischen harten Deterministen, Libertarianern und Inkompatibilisten auf der einen, weichen Deterministen und Kompatibilisten auf der anderen Seite besteht nach dieser Einteilung in der unterschiedlichen Bewertung der Bedeutung der sogenannten libertas indifferentiae für menschliche Freiheit2. Die erste Gruppe erachtet das Vermögen, unter denselben Antezedensbedingungen alternative Ereignisverläufe initiieren zu können, als notwendige Bedingung für das Bestehen menschlicher Freiheit, die zweite Gruppe glaubt auf diese Fähigkeit verzichten zu können. Grundlage der Unterscheidung der beiden Gruppen ist damit der wenigstens auf den ersten Blick plausible Gedanke, wonach die libertas indifferentiae mit der lückenlosen Geltung eines Determinismus unvereinbar ist.
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Vgl. Anthony Kenny: The Metaphysics of Mind. Oxford, New York 1992 (1989). S. 149 f. Vgl. Ted Honderich: How Free Are You? Oxford, New York 1993. S. 137 u. S. 139. Dieses Buch ist die Kurzfassung von Ted Honderich: A Theory of Determinism: The Mind, Neuroscience, and Life-Hopes. Oxford 1988. Honderich verwendet dabei nicht den Ausdruck „libertas indifferentiae", sondern „origination", deren Vorhandenheit beziehungsweise Fehlen den Kern von Inkompatibilismus und Kompatibilismus ausmache. „Origination" selbst wird bestimmt als „the emergence or bringing-about of a mental event like a decision, or an action [...] in such a way that the opposite mental event or action might at that moment as well have occurred although the person had remained in every respect the same and his or her situation had remained the same [...]". (op. cit. S. 140).
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 371-384 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
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Was Kants Beitrag zur Diskussion um Freiheit und Determinismus anbelangt, so hat Allen W. Wood3 vor einiger Zeit angemerkt, es gehe hier um die Vereinbarkeit von Kompatibilismus und Inkompatibilismus selbst. Diese paradox anmutende Wendung soll verdeutlichen, daß Kant auf irgendeine Weise doch gerade die Kompatibilität von libertas indifferentiae und Determinismus aufzeigen wolle. Dies ist Woods Interpretation zufolge allerdings nur im Rahmen einer Zwei-Welten-Ontologie möglich: der Determinismus gilt nur in der Sinnenwelt, eine Wahlmöglichkeit gibt es — und zwar bezogen auf den intelligiblen Charakter als Ganzen — lediglich in der Verstandes weit. Der intelligible Charakter zieht einen entsprechenden empirischen Charakter des Subjekts in der Sinnenwelt nach sich, dem gemäß es handelt und dem gemäß sogar Konversionen und moralischer Fortschritt möglich sind, der das Netz spezieller Kausalgesetze in der Sinnenwelt aber intakt läßt. Hudson greift Woods Vorstellung eines Kompatibilismus höherer Ordnung auf, allerdings unter Preisgabe des dualistischen Ansatzes. Er will zeigen, daß Kant die Vereinbarkeit von libertas indifferentiae und Determinismus in bezug auf ein und dieselbe Welt behaupten kann, eine These, die selbstverständlich nicht nur für die Kant-Exegese von erheblicher Bedeutung ist. Näherhin will Hudson verdeutlichen, daß sich Kants Position vergleichen läßt mit einer zur Zeit hoch im Kurs stehenden Variante des nicht-reduktiven Materialismus, dem anomischen Monismus, wie er etwa von Donald Davidson vertreten wird4. Auf die damit verbundenen methodologischen Probleme werde ich weiter unten eingehen, zunächst soll aber der Gedankengang Hudsons vorgestellt und kommentiert werden. Hudson liefert in seinem Buch eine umfassende Analyse der für die Kantische Theorie der Willensfreiheit relevanten Teilaspekte wie etwa der Interaktion zwischen Geist und Körper, der Problematik einer tragfähigen Begründung der Determinismus-These sowie eine ordnende Sichtung der verschiedenen Freiheitsbegriffe Kants, als deren wichtigste Autonomie (aus der Platonischen Tradition) und transzendentale Freiheit (aus der Aristotelischen Tradition) zu nennen sind. Letzteres dient vor allem dem Nachweis, daß Kants terminologische Vorgaben keineswegs nolens volens dazu zwingen, unmoralische Handlungen als unfrei und damit als nicht imputierbar bezeichnen zu müssen. Bleiben wir zunächst allerdings beim Problem der Vereinbarkeit von libertas indifferentiae und Determinismus. Hudson vertritt die Ansicht, daß Harry Frankfurts Gegenbeispiele gegen das von ihm sogenannten Principle of Alternate Possibilities5 nicht stichhaltig seien. Frankfurt setzte sich mit diesem Prinzip zwar hinsichtlich der Frage der moralischen Verantwortung auseinander, während es Hudson um das Problem der menschlichen Freiheit geht. Da Frankfurt aber die Vorstellung attackiert, die Unfähigkeit, anders zu handeln, verleihe der entsprechenden Handlung Zwangscharakter, wodurch die Freiheit des Handelnden unterminiert werde und Freiheit wiederum notwendige Be3 4
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Allen W. Wood: Kant's Compatibilism. In: id. (ed.): Self and Nature in Kant's Philosophy. Ithaca, London 1984. S. 73-101. Hier S. 74. Hudson greift hier zurück auf Ralf Meerbote: Kant on the ,Nondeterminate Character" of Human Actions. In: William L. Harper and Ralf Meerbote (eds.): Kant on Causality, Freedom, and Objectivity. Minneapolis 1984. S. 138-163. Harry G. Frankfurt: Alternate Possibilities and Moral Responsibility. In: The Journal of Philosophy 66 (1969). S. 829-839.
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dingung für moralische Verantwortung sei, gelten diese Überlegungen Frankfurts eben auch für die Freiheit des Menschen. Die Unfähigkeit, anders zu handeln, macht also für Frankfurt eine Handlung keineswegs zu einer erzwungenen und damit unfreien, was sich anhand von Beispielen externer Manipulationen eines Handlungssubjekts aufzeigen lasse. Hudson konstruiert dementsprechend folgendes Beispiel im Stil Frankfurts: Betrachten wir Hektor und Achilles kurz nach ihrer Verfolgungsjagd um die Mauern von Troja, unmittelbar bevor Achilles Hektor den tödlichen Stoß versetzt. Das muntere Treiben wird von einem göttlichen Zuschauer beobachtet, der es auf den Tod Hektors angelegt hat. Dieser Gott hegt folgenden Plan: Sollten Achilles in letzter Sekunde doch noch Bedenken beschleichen, die ihn dazu bringen, den entscheidenden Schlag zum vorgesehenen Zeitpunkt t nicht auszuführen, so werde er, Gott, Achilles auf eine Weise manipulieren, daß der gewünschte Hieb doch erfolgen wird. Achilles bleibt allerdings bei seinem ursprünglichen Plan und streckt Hektor nieder. Nebenbei bemerkt soll es sich bei diesem Gott offenbar nicht um Athene handeln, die der Überlieferung zufolge ja den Weg der Täuschung Hektors gewählt hat, um ihn überhaupt in den Nahkampf mit Achilles zu locken. Nach der Ermordung Hektors scheinen wir damit vor einer recht ungewöhnlichen Situation zu stehen: Achilles scheint nicht die Möglichkeit gehabt zu haben, anders zu handeln, und dennoch scheint die betreffende Handlung nicht als erzwungen bezeichnet werden zu dürfen. Wenn die Handlung von daher als frei zu bezeichnen wäre, wäre damit das Vermögen, anders zu handeln, nicht konsumtiv für Freiheit. Hudson hält Frankfurts Argumentation nun aber gerade nicht für stichhaltig, weil sie sich einer Typ-Exemplar-Äquiyokation bezüglich des Terminus „Handlung" schuldig mache: Wenn wir die fragliche Handlung, hier die Tötung Hektors, dagegen durchgehend im Exemplar-Sinn auffassen, so ergebe sich folgendes: Handlungen sind eine Species von Ereignissen, und Ereignisse individuieren kraft ihrer Kausalgeschichte. Dann läge im Fall der göttlichen Intervention in der Tat ein anderes Ereignis-Exemplar vor. Dann wiederum trifft es nicht zu, daß Achilles nicht anders hätte handeln können, denn seine Entscheidung, den Schlag nicht auszuführen, hätte eben die göttliche Intervention provoziert. Wenn wir andererseits die Handlung im Typ-Sinn verstehen wollen, dann müssen wir zulassen, daß sie von verschiedenen Personen zu verschiedenen Zeiten instantiiert werden kann. Dann aber würden wir nicht sicher sagen können, daß der Handlung das Attribut frei zukommt, denn um dies zu entscheiden, müßten die genauen Umstände des Handlungsindividuunis Berücksichtigung finden, das den Handlungstyp instantiiert. Im Fall der göttlichen Interaktion liege jedenfalls keine freie Handlung des Achilles zugrunde, im Hinblick auf die wir von der Tötung Hektors sprechen können. Frankfurt gelinge es also nicht zu zeigen, daß der Anhänger der Freiheitsthese auf die libertas indifferentiae verzichten könne (S. 76—82). Hudson hat an dieser Stelle seines Arguments einen ausgesprochen kontra-intuitiven Vorschlag abgewehrt, um seinerseits eine ausgesprochen kontra-intuitive These aufzustellen. Denn von dieser für sein Beweisziel zunächst eher ungünstigen Ausgangslage aus greift Hudson das seiner — durchaus zutreffenden — Ansicht nach beste Argument zum Aufweis der Inkompatibilität von libertas indifferentiae und Determinismus an (S. 90—98), das von Peter van Inwagen entwickelt wurde6. Wie 6
Peter van Inwagen: An Essay on Free Will. Reprinted Edition. Oxford, New York 1989 (1983). S. 68-78.
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Hudson zugesteht, könne damit keineswegs schon die Wahrheit der Vereinbarkeitsthese gezeigt, sondern lediglich nachgewiesen werden, daß ihre Falschheit nicht demonstriert werden konnte. Dies wiegt allerdings dennoch schwer, da die Unvereinbarkeitsthese selbst ja — wie bereits erwähnt — Anspruch auf Zustimmung durch den sogenannten common sense erheben kann. Van Inwagens Argument operiert mit einer kausalen, näherhin physikalischen Lesart von „Determinismus": (i) Für jeden Zeitpunkt gibt es eine Proposition, die den Zustand der Welt zu diesem Zeitpunkt beschreibt, (ii) Wenn P und Q Propositionen sind, die den Zustand der Welt zu verschiedenen Zeitpunkten beschreiben, so folgt P logisch aus der Konjunktion von Q und der Proposition L, die die Gesamtheit aller Gesetze der Natur umfaßt. Angenommen, mit P werde auch die Handlung einer bestimmten Person beschrieben, z. B. das Heben eines Armes, und Q beziehe sich auf einen Zeitpunkt, der vor der Geburt der betreffenden Person liegt, so ergibt sich für den Anhänger der libertas indifferentiae folgendes Problem. Wenn die Person das Heben des Armes zum betreffenden Zeitpunkt auch hätte unterlassen können, so hätte die Person — wie van Inwagen sich ausdrückt — P in eine falsche Aussage verwandeln können. Vor dem Hintergrund der oben erwähnten Implikationsbeziehung gilt damit aufgrund der Schlußform modus tollens aber auch, daß die Person mit P auch die Konjunktion L Q in eine falsche Aussage verwandelt hätte. Da nach de Morgan aber gilt — (L Q) <=^ (— L V —i Q), hätte die Person damit auch L oder Q in eine falsche Aussage verwandelt. Da ein Mensch aber weder an der (Beschaffenheit der) Vergangenheit noch an den Naturgesetzen etwas ändern könne, schieden beide Optionen aus; Determinismus und die Fähigkeit, anders handeln zu können, seien von daher inkompatibel. Hudson attackiert die bei van Inwagen zugegebenermaßen recht unscharf bleibende Konzeption der Fähigkeit, eine Aussage in eine falsche verwandeln zu können, und behauptet, daß sich Kompatibilisten und Inkompatibilisten kaum auf eine gemeinsame Lesart einigen können dürften (S. 93—98). Dies insbesondere deshalb, weil es in Gestalt des „altered-past compatibilism"7 und des „altered-law" bzw. „divergence-miracle compatibilism" 8 Positionen gebe, die die Schlagkraft der beiden letzten Schritte in van Inwagens Reduktionsargument unterminierten. Altered-past compatibilists gehen davon aus, daß im Fall dessen, daß die Person anders gehandelt hätte, auch die Vergangenheit anders ausgesehen hätte; den altered-law oder divergence-miracle compatibilists zufolge hätten in diesem Fall die Naturgesetze eine andere Gestalt. Hudson merkt an, daß damit keineswegs behauptet werden solle, der Mensch habe die Möglichkeit, die Vergangenheit oder die Naturgesetze kausal zu beeinflussen. Aufgrund der Tatsache, daß Hudson den beiden Varianten des Kompatibilismus ein erhebliches argumentatives Gewicht im Rahmen seines Angriffs auf van Inwagens Argument gibt, hätte man sich aber doch etwas detailliertere Ausführungen zu dem keineswegs trivialen Problem gewünscht, wie die erforderlichen Veränderungen im Weltgefüge sonst zustande kommen sollen. Es ist davon auszugehen, daß hierfür eine ausgesprochen leistungsfähige metaphysische Maschinerie vonnöten ist, bezüglich derer man wohl nicht ohne weiteres annehmen kann, 7 8
Vgl. etwa Richard Foley: Compatibilism and Control over the Past. In: Analysis 39 (1979). S. 70-74. Vgl. etwa David Lewis: Are We Free to Break the Laws? In: Theoria 47 (1981). S. 113-121.
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daß sie mit den Grundannahmen materialistischer Ansätze, wie nicht-reduktiv sie auch immer sein mögen, verträglich sein wird. Jedenfalls liegt die Beweispflicht bei Hudson, eine solche Vereinbarkeit aufzuzeigen. Davon einmal abgesehen, schafft die Attacke auf van Inwagens Argument für den Inkompatibilismus im Rahmen des Gedankengangs Hudsons jedenfalls in einer wichtigen Hinsicht die Voraussetzung dafür, Kants Position als die eines anomischen Monisten betrachten zu können. Der anomische Monismus geht davon aus, daß sich mentale Entitäten trotz ihrer Identität mit physischen im Hinblick auf Beschreibung, Vorhersage und Erklärung weder definitorisch noch nomologisch auf letztere reduzieren lassen9. Hudson faßt dies schlagwortartig mit „token-token identity" und „type-type irreducibility" (S. 7) zusammen. Wenn nun im Bereich der Physik ein lückenloser Determinismus gilt, dann, so könnte man meinen, ist wenigstens der sich in der Außenwelt manifestierende Teil oder Aspekt menschlicher Handlungen fixiert, auf welche Weise auch immer man deren physikalische Ursachen darüber hinaus noch beschreiben kann. Wenn Hudson mit seiner Argumentation recht hätte, so würde dieses Problem in der Tat gegenstandslos. Aber ähnelt Kants Position nun wirklich der eines anomischen Monisten? Hier sind zunächst einmal einige grundsätzliche methodologische Erwägungen anzustellen, von denen aus sich ein interpretatorischer Einwand formulieren läßt. Wie Hudson vollkommen richtig sieht, sind nicht alle Kant-Kommentatoren Versuchen gegenüber aufgeschlossen, Kant im Rahmen zeitgenössischer Kontexte zu diskutieren oder ihn als Vorläufer zeitgenössischer Trends zu verstehen. Hudson betrachtet Henry E. Allison als geradezu exemplarischen Gegner einer solchen Vorgehens weise und macht zwei Haupteinwände aus. Zum einen führe der Versuch, Kant als „proto-proponent" (S. 58) irgendeiner zeitgenössischen Theorie verstehen zu wollen, zur Unterdrückung bestimmter Eigenheiten seines Systems und seiner Epoche. Zum anderen werde es geradezu als „degrading" (ebd.) erachtet, Kant mit zeitgenössischen Denkern und Methoden zu assoziieren. Hudson macht hier eine Tendenz bei Kant-Interpreten aus, Kants Schwächen als Schriftsteller und Philosoph herunterzuspielen. Kant sei zum einen ein schrecklicher Stilist, zum anderen gelinge es ihm nicht, seine philosophische Position sorgfältig und in alle Einzelheiten durchzukonstruieren und so den Zusammenhang seiner philosophischen Ansichten klarzumachen. Weiterhin gibt Hudson zu bedenken, daß es Kant gegenüber keineswegs abwertend sei, auf spätere Schriften zu bestimmten Problembereichen zurückzugreifen, die seinen Einfluß verrieten, aber oftmals eine ausgearbeitetere Fassung von Theorien böten, denen er lediglich ersten Ausdruck verliehen habe. Allison sei zwar insoweit zuzustimmen, als es in der Tat fehlerhaft sei, Kant eine bestimmte philosophische Position des 20. Jahrhunderts zuzuschreiben, die mit Begriffen arbeite, mit denen Kant nicht vertraut gewesen sein könne. Doch, so Hudson weiter, „to show 9
S. Donald Davidson: Geistige Ereignisse. In: ders.: Handlung und Ereignis. Frankfurt 1990. (= stw 895). S. 291—320. Hier insbes. S. 300—317. Zum anomischen Monismus allgemein vgl. Brian P. McLaughlin: Anomalous Monism and the Irreducibility of the Mental. In: Actions and Events. Perspectives on the Philosophy of Donald Davidson. Edited by Ernest LePore and Brian P. McLaughlin. Oxford, New York 1985. S. 331-368. Zur Einordnung des anomischen Monismus in die zeitgenössische Philosophie des Geistes vgl. Tyler Bürge: Philosophy of Language and Mind: 1950-1990. In: The Philosophical Review 101 (1992). S. 3-51. Hier insbes. S. 34-39.
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on rational reconstruction of his views that Kant anticipated some such theory, that the theory is broadly Kantian in its foundations, that it is consistent with and is a reasonable extension and appropriate refinement of Kant's general system, is of great interest in Kant studies and certainly does not require misrepresenting his original views." (S. 59). Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Zurückhaltung der Kant-Kommentatoren, ihm einen Platz in gegenwärtigen Diskussionen zuzuweisen, von seinen Kritikern kaum geteilt werde, die nicht zögerten, ihn vom Standpunkt der fortgeschrittensten philosophischen Einsichten aus zu kritisieren. Zu diesen Überlegungen Hudsons ist folgendes anzumerken: Zunächst einmal muß hervorgehoben werden, daß Hudson selbst seine Art des Vorgehens zutreffenderweise nicht als Interpretation, sondern als „rational reconstruction" bezeichnet. Von daher ist davon auszugehen, daß er Kant weder mit seiner Wirkungsgeschichte kurzschließt oder verwechselt noch ein adäquates Kant-Verständnis an die Applikation Kantischen Denkens auf zeitgenössische Kontexte bindet. Jedoch scheint Hudson hier nicht konsequent genug zu sein. Problematisch ist nämlich die Wendung „broadly Kantian in its foundations", und zwar schlicht aufgrund ihrer Vagheit. Es scheint kaum ein operationalisierbares Kriterium für dieses Prädikat angebbar, von der Berufung auf den „Geist" der Kantischen Philosophie vielleicht abgesehen. Aber wie wir aus der „Erklärung in Beziehung auf Fichtes Wissenschaftslehre" (AA XII, 370 f.) wissen, verwahrte sich Kant selbst mit aller Entschiedenheit gegen diese Vorgehensweise. Zweckmäßiger erschiene es, Interpretation und Rekonstruktion auch insofern genau zu trennen, als explizit dargelegt wird, was an Kantischen Theoriestücken aufgegeben werden muß, um seine Position als Vorläuferin zeitgenössischer philosophischer Bemühungen begreifen zu können. Denn daß dies ohne Verlust möglich sein sollte, liegt keineswegs auf der Hand. Was die ebenfalls von der Aufgabe der Interpretation zu trennende Bewertung oder Beurteilung von philosophischen Klassikern anbelangt, so ist hier in der Tat zu fordern, daß sie von der elaboriertesten philosophischen Theorie aus zu unternehmen ist. Der Rekurs auf bestimmte Intuitionen allein kann hier nicht genügen; zu rechtfertigen wäre nämlich, warum ein Konflikt mit — wenn man so will — „vorphilosophischen" Intuitionen für einen philosophischen Ansatz von Nachteil sein muß. Leibniz und Hegel etwa hätten eine solche Kritik kaum akzeptiert. So bedarf etwa die naheliegende Vorstellung eines Konflikts von libertas indifferentiae und Determinismus tatsächlich einer philosophischen Begründung, und sei es nur, um diese dann selbst wieder kritisieren zu können, wie dies von Hudson mit exemplarischer Klarheit durchgeführt wird. Von diesen eher allgemeinen Erwägungen aus läßt sich nun ein konkreter Einwand formulieren, wenn wir fragen, ob das Etikett „anomischer Monist" wirklich zu Recht angeheftet werden kann. Der anomische Monismus will das Problem der Interaktion zwischen Geist und Körper letztendlich dadurch lösen, daß er es als Scheinproblem zu entlarven versucht. Es sind nicht Entitäten, insofern sie als mentale gefaßt werden, die eine kausale Wirkmächtigkeit ausüben, sondern insofern sie mit physikalischen im Exemplar-Sinn identisch sind. Denn nur im Hinblick auf ihre Beschreibung als physikalische Entitäten stehen die für die Kausalbeziehung erforderlichen Kausalgesetze zur Verfügung; weder gehorchen sie Kausalgesetzen unter ihrer Beschreibung als mentale Entitäten noch gibt es so etwas wie Brückengesetze, die eine eindeutige Zuordnung einer mentalistischen und einer physikalistischen Beschreibung eines Ereignis-Exemplars ermöglichen (S. 69). Folgende vier
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Probleme, die sich Kant-Interpreten mit zäher Beharrlichkeit immer wieder stellten, glaubt Hudson mit diesem Ansatz in den Griff bekommen zu können: (i) die Unabhängigkeit des Menschen von „pathologischer" Nezessitation (S. 49 f.), (ü) die Möglichkeit des Initiierens von neuen Ereignisketten der Kausalität nach (S. 50—55), (iii) die Zeitlosigkeit des intelligiblen Grundes einer Handlung (ebd.), und (iv) das Entspringen von erklär- und voraussagbaren Handlungen aus unerklärbaren und unverstehbaren Gründen (S. 55 f.). Hudson ordnet die genannten Konzeptionen der Beschreibung von Entitäten mit Hilfe eines mentalistischen Vokabulars zu, die Gegenkonzepte wie etwa lückenlose kausale Verklammerung der Ereignisreihe und Zeitlichkeit gelten für dieselben Entitäten unter ihrer Beschreibung als physikalische Entitäten. Der anomische Monismus entpuppt sich so zweifellos als ausgesprochen schlagkräftige Waffe; aber ist damit die Kantische Position wirklich adäquat erfaßt? Betrachten wir eine Passage aus dem Auflösungsabschnitt der „dritten Antinomie", die dies mehr als zweifelhaft erscheinen läßt: Allein der Mensch, der die ganze Natur sonst lediglich nur durch Sinne kennt, erkennt sich selbst auch durch bloße Apperzeption, und zwar in Handlungen und inneren Bestimmungen, die er gar nicht zum Eindrucke der Sinne zählen kann, und ist sich selbst freilich einesteils Phänomen, anderenteils aber, nämlich in Ansehung gewisser Vermögen, ein bloßer intelligibler Gegenstand, weil die Handlung desselben gar nicht zur Rezeptivität der Sinnlichkeit gezählt werden kann. Wir nennen diese Vermögen Verstand und Vernunft, vornehmlich wird zudem die letztere ganz eigentlich und vorzüglicherweise von allen empirischbedingten Kräften unterschieden, da sie ihre Gegenstände bloß nach Ideen erwägt und den Verstand darnach bestimmt, der dann von seinen (zwar auch reinen) Begriffen einen empirischen Gebrauch macht. (B 574 f.) Aus den oftmals untersuchten Reflexionen 5611-5620 (AA XVIII, S. 251-259), aber auch aus der von Allison sogenannten „incorporation thesis"10 der Religionsschrift, geht zudem hervor, daß die Vernunft ein „complement der Zulänglichkeit" (R 5611, AA XVIII, S. 252) beisteuern muß, damit eine Triebfeder handlungswirksam werden kann. Wenn das Vernunftvermögen nun von allen „empirischbedingten Kräften unterschieden" ist, dann trifft dies auch für seine Akte im Vergleich mit empirischen Ereignissen zu. Kant knüpft hier wohl an die stoische Lehre der synkatathesis an, wie sie von Cicero in De fato präsentiert wird11, nach der die Vernunft Sinneseindrücken zustimmen muß, damit diese ihre motivationale Kraft entfalten können. Dieses Theorie-Stück entstammt zwar ebenfalls einer monistischen Position, aber einer vitalistisch-pantheistischen, die mit der eines Physikalisten neuzeitlicher Provenienz von daher kaum zu vergleichen ist. Bei Kant wird zudem die synkatathesis als intelligible Aktivität dem sinnlich Gegebenen gegenübergestellt. Eine „rational reconstruction" Kants im Sinne des anomischen Monismus scheint somit in der Tat nur auf Kosten der Ausblendung eines dualistischen Ansatzes möglich, den man allerdings nicht notwendigerweise als Cartesianischen Substanzen-Dualismus begreifen muß, wie dies von Wood versucht wurde. Ein solcher Cartesianismus findet sich bei Kant erst im Kontext der Postulate der reinen praktischen Vernunft, 10 11
Henry E. Allison: Kant's Theory of Freedom. Cambridge et al. 1990. S. 5. Cicero: fat. 40.
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deren Geltung aber nicht für die Auflösung des Problems von Freiheit und Determinismus notwendig ist. Wie aber läßt sich Kants Dualismus abseits der Postulatenlehre verstehen? Verstand und Vernunft und ihre jeweiligen Akte sind bei Kant ja Elemente der sogenannten transzendentalen Psychologie, die seit kurzem — unter dem allmählich nachlassenden Einfluß von Strawsons schroffer Ablehnung12 — gerade unter englischsprachigen Kant-Forschern wieder auf verstärktes Interesse zu stoßen scheint. So hat beispielsweise Patricia Kitcher versucht, die transzendentale Psychologie zu „naturalisieren", also die Akte des transzendentalen Ich mit denen des empirischen Ich zu identifizieren13. Wie Allison in einem Aufsatz gegen Kitcher allerdings geltend macht, liege ihrem Ansatz die Überlegung zugrunde, das transzendentale Ich müsse sich erstens in eine der Rubriken Phänomenon und Noumenon einordnen lassen und müsse zweitens — um das Jacobische Problem der Anwendung der Kategorien über die Grenzen möglicher Erfahrung hinaus zu vermeiden — letztendlich als empirisches Objekt verstanden werden14. Die genannte Distinktion betreffe aber, so Allison, lediglich „objects of cognition"; dasjenige, was die Erkenntnis von Objekten ermöglicht, das transzendentale Ich und seine „Aktivitäten", könne laut Kant eben selbst nicht Objekt der Erkenntnis werden (vgl. A 402). Der Kantische Dualismus ist von daher wesentlich ein Dualismus von Erkenntnisobjekt und Erkenntnissubjekt. Aufgrund der Kantischen Nachordnung der Ontologie hinter die Erkenntnistheorie ist dies nicht auf die Irreduzibilität von Beschreibungsweisen ein und derselben Gegebenheit zurückzuführen. Der Objektbereich der Physik konstituiert sich als Teil des Inbegriffs möglicher Erfahrung; dagegen können wir über den ontologischen Status von Vernunft und Verstand laut Kant nur so viel wissen, daß sie nicht mit empirischen Gegebenheiten identisch sind; Kant war also kein Physikalist. Die „rational reconstruction" Kants als anomischen Monisten scheint von daher in den der Göttinger Rezension entgegengesetzten Fehler zu verfallen. Wurde dort die idealistische Komponente in Kants Philosophie überbetont, so scheint sie hier nahezu völlig ausgeblendet zu werden. Wenn dies allerdings der Preis der Bevorzugung eines rekonstruktiven Verfahrens zuungunsten einer Interpretation ist, dann ist zu fragen, inwieweit dessen Ergebnis in der Tat als „broadly Kantian in its foundations" bezeichnet werden kann. Was Hudsons Stilkritik anbelangt, so ist Kants Stil (im engeren Sinn) weitaus besser als sein Ruf; dazu muß man gar nicht auf Schopenhauers Bonmot einer „glänzenden Trockenheit"15 verweisen. Die Vorrede zu den Prolegomena etwa kann man schwerlich als vollständig mißlungenes Stück deutscher Prosa bezeichnen. Das ei12 13 14
15
Peter F. Strawson: The Bounds of Sense. An Essay on Kant's Critique of Pure Reason. Reprinted Edition. London, New York 1989 (1966). S. 31 f., S. 88 u. S. 97. Patricia Kitcher: Kant's Transcendental Psychology. Oxford, New York 1990. Henry E. Allison: On naturalizing Kant's transcendental psychology. In: id.: Idealism and Freedom. Essays on Kant's Theoretical and Practical Philosophy. Cambridge et al. 1996. S. 53-66. HierS. 65 f. Arthur Schopenhauer: Kritik der Kantischen Philosophie. Die Welt als Wille und Vorstellung. Bd. L Anhang. Sämtliche Werke. Bd. I. Textkritisch bearbeitet und herausgegeben von Wolfgang Freiherr von Löhneysen. Stuttgart, Frankfurt am Main 31987 (1960). S. 561-715. Hier S. 578.
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gentliche Problem des Schriftstellers Kant wird m. E. von Hudson gar nicht genannt: es betrifft die Organisation und den Aufbau seiner Werke. Die entscheidenden Hinweise für das korrekte Verständnis eines bestimmten Theoriestücks finden sich an mitunter entlegen anmutenden Stellen, wie ein Blick auf Kants Behandlung der Kausalität zeigt. Damit kommen wir zur Frage, ob Kant tatsächlich von der Wahrheit der Determinismus-These ausgeht, denn die von Kant behandelte Form des Determinismus ist zweifellos ebenfalls eine kausale. Hudson antwortet mit einen klaren Ja (S. 142—147), so daß der Titel seines Buches auch „Kant's Soft Determinism" hätte lauten können, wenn man von der eingangs erläuterten Terminologie ausgeht. Hudson zufolge ergibt sich die Determinismus-These (im Sinne einer starken Interpretation) im wesentlichen aus dem Argument für die zweite Analogie der Erfahrung. Kant behaupte hier nämlich nicht nur die (1) Universalität (S. 142), sondern auch (3) die Verallgemeinerbarkeit der Kausalverknüpfung, nach der alle Zustandsabfolgen an einem Objekt gesetzmäßig verlaufen und gleiche Ursachen notwendigerweise die gleichen Wirkungen hervorbringen (S. 142—146)16. Hudson hat drei weitere Prämissen in einem systematischen Argument für den kausalen Determinismus namhaft gemacht (S. 113), denen Kant zumindest implizit zustimmen könne. (2) Die Notwendigkeit der Kausalverknüpfung ergebe sich aus der Bindung des Fungierens eines Ereignisses als Ursache an einen Charakter und damit an ein Gesetz (S. 142). (4) Die Restriktion der Relata von Kausalbeziehungen auf Ereignisse selbst ergebe sich wiederum aus dem anomischen Monismus (S. 146). (5) Aus Kants These der vollständigen Bestimmbarkeit aller Ereignisse in der Zeit ergebe sich schließlich, daß für jede Kausalkette, die über kein frühestes Element verfüge, für jeden beliebigen Zeitpunkt t ein Ereignis dieser Kette angegeben werden könne, das vor t stattfindet (S. 146 f.). Was Hudsons Rekonstruktion des Arguments für die zweite Analogie der Erfahrung anbelangt, so greift er auf Ansätze Gordon Brittans17 und Arthur Melnicks18 zurück. Brittan stützt sich — wie Hudson selbst zugesteht — auf Passagen aus dem Anhang zur transzendentalen Dialektik, wenn er Kant in seiner Antwort auf Hume eine „Goodman-style resolution to the problem of induction" (S. 137) attestiert, die „projectability" als notwendige Bedingung für induktives Schließen verstehe. Gleichförmigkeit allein genügt laut Goodman nämlich nicht, wir benötigten Gründe, bestimmte Formen der Gleichförmigkeit vorzuziehen, weil die Vorstellung der Gleichförmigkeit sonst leer bleibe19. Vom Kantischen Konzept eines empirischen Objekts ausgehend versucht Brittan so, über die Konzepte der natürlichen Arten und des systematischen Gesetzeszusammenhangs alle (nicht ,,grue"-artigen) Veränderungen an diesem Objekt als kausalgesetzlich gesteuert zu erweisen20. Letzteres soll aber laut Hudson schon das Argument für die zweite Analogie leisten; über-
16 17 18 19 20
Ich orientiere mich hier an der Numerierung Hudsons. Gordon Brittan: Kant's Theory of Science. Princeton 1978. Arthur Melnick: Kant's Analogies of Experience. Chicago 1973. Nelson Goodman: Fact, Fiction, and Forecast. Cambridge (Mass.) 1955. Hier insbes. S. 63-126. Brittan S. 198-208.
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nommen wird von Brittan damit lediglich zum einen die Strategie, eine bestimmte Annahme für Humes eigene Analyse als notwendig zu erweisen. Aus Brittans Arbeit übernimmt Hudson zum anderen die These, daß laut Kant die kausale Ordnung das einzige, empirische und objektive Kriterium für die Zeitordnung liefere21. Diese These stützt das (hier gekürzt wiedergegebene) Argument der zweiten Analogie in der Rekonstruktion durch Hudson an entscheidender Stelle. Hudson wählt als Ausgangspunkt die Prämisse (0) „We sometimes represent objective successions (events)." (S. 138). Der nächste Schritt lautet dann: (i) „We can represent an objective succession only if we can empirically determine the position of the event in time". (Ebd.). In Anlehnung an Melnick22 folgt schließlich (ii) „We can emipirically determine the time position of an event only if we can empirically determine its position relative to any other state or event." (Ebd.). Und für diese „empirical determination" stehen nun laut Hudson drei Alternativen zur Verfügung. (iii) „We can empirically determine the time position of an event relative to any other state or event only if we can do so either on the basis of mere perception, or by relating the state or event to time itself, or by recognizing it as the consequence of a previous event and a rule." (Ebd.). Die ersten beiden Disjunkte scheiden nach Hudson aus, denn laut B 243 könne Wahrnehmung in dieser Hinsicht allein wenig ausrichten, und laut B 233 könne die Zeit selbst nicht wahrgenommen werden. Damit sei die Kantische Lehre die, daß zur „representation of objective successions" die Anwendung der schematisierten Kategorie der Kausalität erforderlich sei, also der „succession subject to a rule (a causal law) such that when the real (an instance of the previous event type) is posited, something (an instance of the event type in question) always follows." (S. 140). Die entscheidende Schwierigkeit scheint mir nun in dem ersten erläuternden Zusatz zu liegen, der „Regel" hier im Sinne von „Kausalgesetz" verstanden wissen will23. Hudson stellt nämlich zum Abschluß seiner Rekonstruktion klar: „Once again, note that maintaining the thesis of a thoroughgoing determinability of all events in time does not require that we have knowledge of which previous event is in fact the cause of some given event, or which universal generalizations are in fact the causal laws governing the necessary relations between events [Hervorhebung nicht original — W. E.]." (S. 141). Doch wenn wir zur „representation of objective successions" nicht auf (das Wissen um das) relevante Kausalgesetz angewiesen sind, wird es gerade fraglich, das Beweisziel des Arguments für die zweite Analogie unter anderem darin sehen zu wollen, die Geltung von Kausalgesetzen zu garantieren, was wiederum zur Etablierung der Determinismus-These notwendig ist. In der in diesem Kontext oftmals angeführten Reflexion 5414 heißt es etwa: „Doch nimmt man von Regeln der Natur immer an, daß sie nothwendig seyn, denn darum ist es Natur, und daß sie a priori können eingesehen werden; daher man sie anticipando gesetze nennt." (R 5414, AA XVIII, S. 176). Zudem muß daran erinnert werden, 21 22 23
Ebd. S. 171-180.
Melnick S. 95. Dies obwohl Hudson selbst expressis verbis auf die notorische Mehrdeutigkeit dieses doch zentralen Terminus „Regel" hinweist und in diesem Zusammenhang Lewis White Becks einschlägige Diagnose anführt (S. 144): Lewis White Beck: Kant on the Uniformity of Nature. In: Synthese 47 (1981). S. 453 f., S. 460 f. u. Anm. 11.
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daß die „objektive Gültigkeit", die für die Kategorien als reine Verstandesbegriffe reklamiert wird, nicht mit Wahrheit verwechselt werden darf. Objektive Gültigkeit sichert lediglich die Wahrheitsfähigkeit von Urteilen (vgl. B 142), etwa über „objective successions". Weiterhin heißt es in B 222 f., die Analogien der Erfahrung seien lediglich regulativ, was eine starke Lesart insbesondere der zweiten Analogie generell zweifelhaft erscheinen läßt. Und schließlich lesen wir im Anhang zur transzendentalen Dialektik, die Vernunfteinheit sei der „Probierstein der Wahrheit der Regeln" (B 675) und es sei „auch nicht abzusehen, wie ein logisches Prinzip der Vernunfteinheit der Regeln stattfinden könne, wenn nicht ein transzendentales vorausgesetzt würde, durch welches eine solche systematische Einheit, als den Objekten selbst anhängend, a priori als notwendig angenommen wird." (B 678 f.). Dies legt den Verdacht nahe, daß die Geltung (spezieller) Kausalgesetze nur im Rahmen eines regulativen Vernunftgebrauchs etabliert werden soll. Näherhin verweist die Kopplung des Gesetzesstatus einer Aussage an deren Integrierbarkeit in ein Gesetzessystem auf eine regulative Lesart des Konzepts einer Weltschöpfung, wenn es etwa heißt: „So sage ich, der Begriff einer höchsten Intelligenz ist eine bloße Idee, d. i. [...] ein nach Bedingungen der größten Vernunfteinheit geordnetes Schema, von dem Begriffe eines Dinges überhaupt, welches nur dazu dient, um die größte systematische Einheit im empirischen Gebrauche unserer Vernunft zu erhalten, indem man den Gegenstand der Erfahrung gleichsam von dem eingebildeten Gegenstand dieser Idee, als seinem Grunde, oder Ursache, ableitet. Alsdann heißt es z. B. die Dinge der Welt müssen so betrachtet werden, als ob sie von einer höchsten Intelligenz ihr Dasein hätten." (B 698 f.). Zur Beantwortung der Frage, ob Kant Determinist war, darf der Anhang zur transzendentalen Dialektik wie auch die Methodenlehre also unter keinen Umständen übergangen werden. Zu untersuchen wäre dann allerdings, ob im Rahmen dieser metaphysischen Annahmen, die sicherlich mit den Vorgaben auch eines nichtreduktiven Materialismus unverträglich sind, der Nachweis einer Kompatibilität der Fähigkeit, anders zu handeln, mit dem Determinismus gelingt. Das Schlußkapitel von Hudsons Arbeit steht wiederum unter dem Leitmotiv der Fähigkeit, anders zu handeln, und zwar — wenn man so will — von der Seite der Freiheit her. In der Literatur ist, ausgehend von Kants Theorie des Willens und der sogenannten Reziprozitätsthese, wonach Moralität und Freiheit wechselseitig aufeinander zurückweisen, immer wieder behauptet worden, daß Kant nolens volens die Freiheit unmoralischer Handlungen bestreiten müsse24. Hudson versucht dies auf folgende Art und Weise zu widerlegen: Er unterscheidet zunächst einmal zwei verschiedene Funktionen oder Aspekte des Willens bei Kant und damit de facto zwei Bedeutungen des Ausdrucks „Wille". Einmal bezeichnet er für Hudson den legislativen Aspekt des menschlichen Begehrungsvermögens, dem das exekutive Vermögen der Willkür gegenüberstehe, einmal das menschliche Begehrungsvermögen als Ganzes, das Willkür und Wille im engeren Sinn umfaßt (S. 151 — 155). Aufgrund der oben bereits erwähnten These Kants, wonach das Fungieren von etwas als Ursa24
So etwa schon Karl Leonhard Reinhold: Erörterungen des Begriffs von der Freiheit des Willens. Greifbar in: Materialien zu Kants Kritik der praktischen Vernunft. Herausgegeben von Rüdiger Bittner und Conrad Kramer. Frankfurt 1975. (= stw59). S. 252-274.
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ehe an die Vorstellung eines Gesetzes gebunden sei, versucht Hudson nun einen Weg zu finden, nicht nur sowohl moralische als auch unmoralische Handlungen als frei und damit als imputierbar bezeichnen, sondern zudem in beiden Fällen auf ein Gesetz verweisen zu können, das die jeweilige Aktivität steuert. Zu diesem Zweck unterteilt er im Anschluß an Ralf Meerbote25 den Willen im engeren Sinn weiter in reine praktische und empirisch praktische Vernunft (S. 155—162). Im Fall moralischer Handlungen sei es „the law given by pure practical reason", das wohl in irgendeiner Form dem kategorischen Imperativ zugeordnet ist, das als das gesuchte Gesetz fungiert, im Fall von Handlungen, die den Neigungen folgen, ist es das einem hypothetischen Imperativ jeweils zugeordnete und von der empirisch praktischen Vernunft beigesteuerte Naturgesetz (S. 162). Die Grundlage dieser Überlegung bildet die bereits erwähnte handlungstheoretische Leitprämisse Kants, wonach Triebfedern nicht von sich aus handlungswirksam werden, sondern auch im Fall von Handlungen, die der Sinnlichkeit folgen, der — wie Hudson sagt — Vermittlung durch Maximen bedürfen (S. 159). Vor diesem Hintergrund unterscheidet Hudson nun vier Freiheitsbegriffe Kants. Die Freiheit der Willkür im positiven Sinn wird im Ausgang von B 581 f. mit der transzendentalen Freiheit als Vermögen, einen Zustand von selbst anzufangen, identifiziert (S. 167). Die praktische Freiheit als Unabhängigkeit von den Nötigungen der Sinnlichkeit in Wahl und Handlung ist dagegen die Freiheit der Willkür im negativen Sinn (ebd.). Diese beiden Formen der Willkürfreiheit bedingen sich Hudson zufolge wechselseitig (S. 166). Autonomie und Heteronomie sind für Hudson die beiden Arten von Freiheit, die dem Willen im engeren Sinn zukommen. Die Autonomie des Willens ist der Wille als reine praktische Vernunft, die der Willkür das Sittengesetz vorschreibt. (S. 168). Heteronomie des Willens ist der Wille als empirisch praktische Vernunft, die der Willkür Anleitungen (directions) in bezug auf Zweck-Mittel-Beziehungen gibt, um das sinnliche Streben ins Ziel zu führen (S. 169). Hudson zufolge läßt sich zwar kein Bedingungsverhältnis etablieren, jedoch bestehe zwischen der Willkür- und den Willensfreiheiten folgende Beziehung. Heteronomie oder Autonomie gibt es dann und nur dann, wenn die Willkür im positiven und negativen Sinn frei ist (S. 170f.). Dieser Ansatz Hudsons ist zwar ebenfalls ausgesprochen leistungsfähig, dennoch sind auch hier Bedenken geltend zu machen. Zum einen erscheint die Identifikation des kategorischen Imperativs beziehungsweise des ihm zugeordneten praktischen Gesetzes auf der einen, der speziellen Kausalgesetze auf der anderen Seite als den jeweils relevanten Gesetzen, kraft deren man von Ursache oder Kausalität sprechen kann, merkwürdig inkohärent. Denn auch eine moralische Handlung ist immer ein Ereignis in der Welt, für das angesichts des geltenden Determinismus ein Kausalgesetz zur Verfügung stehen muß, während der kategorische Imperativ insofern als praktisches Gesetz höherer Ordnung fungiert, als er ein Testverfahren zur Universalisierbarkeit von Maximen zur Verfügung stellt. Aber selbst wenn man anstelle des kategorischen Imperativs universalisierbare Maximen als die für den Fall moralischer Handlungen relevanten Gesetze heranzieht, so bleibt doch ein gravierender Unterschied. Praktische Gesetze beziehen ihren Gesetzesstatus von ihrer Universali25
Ralf Meerbote: Wille and Willkür in Kant's Theory of Action. In: Interpreting Kant. Edited by Moltke S. Gram. Iowa City 1982. S. 69-84.
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sierbarkeit, während Kausalgesetze in der Tat universal sein müssen, um als „covering law" für ein Ereignis in der Sinnenwelt zu fungieren. Ein zweiter Einwand betrifft die Unterscheidung verschiedener Freiheitsbegriffe bei Kant, und zwar zunächst die Charakterisierung der transzendentalen Freiheit als „freedom of the Willkür in a positive sense" (S. 189). In der Metaphysik der Sitten ist es „das Vermögen der reinen Vernunft für sich selbst praktisch zu sein" (MS AA VI, 213 f.), das von Kant als „positive(r) Begriff" der „Freiheit der Willkür" bezeichnet wird. Wenn man zudem mit Hudson zwischen „Wille" im engeren und „Wille" im weiteren Sinn unterscheidet, wird die Zuordnung von Autonomie als „positive conception of the freedom of Wille" (S. 190), wobei Wille im engeren Sinn verstanden wird, ebenfalls zu hinterfragen sein. Kants Ausführungen in der Grundlegungsschrift, die den „positive(n) Begriff" der Freiheit auf den Willen beziehen (vgl. GMS A A IV, 446 f.), scheinen mit Allison in der Tat so gedeutet werden zu müssen, als sei hier „Wille" im umfassenden Sinn zu verstehen26. Denn man kann zweifelsohne nur dann von Autonomie, von Selbstgesetzgebung also, sprechen, wenn etwas vorliegt, für das der kategorische Imperativ das Gesetz ist, in unserem Fall die Willkür. Der legislative Teil formuliert das Gesetz lediglich, er kann nicht auf seiner Basis handeln. Was die transzendentale Freiheit anbelangt, so kann man mit Allison sagen, daß Willkürfreiheit im positiven Sinn zunächst einmal als Vermögen definiert wird, wobei man Allison zufolge Kants Formulierung einer kleinen Korrektur unterziehen muß. Kant hätte sagen müssen, daß Willkürfreiheit im positiven Sinn im Vermögen bestehe, auf der Basis der Vorschriften der reinen Vernunft zu handeln. Dies zugestanden, können wir weiter mit Allison27 davon ausgehen, daß dieses Vermögen zweifelsohne die Voraussetzung dafür ist, menschliche Handlungen als Taten am Standard des kategorischen Imperativs messen zu können. Ebenso klar ist, daß ein bestimmtes Vermögen nicht immer aktualisiert werden muß. Die Frage ist nun, ob mit der nicht erfolgten Aktualisierung dieses Vermögens Handlungen schon als unzurechenbar gelten müssen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit der verfehlten Aktualisierung auch transzendentale Freiheit wegfallen würde. Aber warum sollte dies so sein? Das Vorliegen von praktischer Freiheit kann gerade durch das Vorliegen transzendentaler Freiheit handlungstheoretisch ,erklärt' werden, so daß sie sowohl moralkonformen als auch moralwidrigen Handlungen zugrunde liegt. Denn auch im letzteren Fall werden sinnliche Antriebe laut Kant nicht von sich aus handlungswirksam. Transzendentale Freiheit steht somit quer zur Unterscheidung eines positiven und eines negativen Begriffs der Willkürfreiheit. Sie ermöglicht als ratio essendi des kategorischen Imperativs (vgl. KpV AA V, 4 Anm.) und als handlungstheoretische ,Erklärung4 praktischer Freiheit beide Konzeptionen. Damit erlaubt sie auch dann von einer für die Imputation hinreichenden Art von Freiheit zu sprechen, wenn das Vermögen, den Vorschriften der reinen Vernunft gemäß zu handeln, nicht aktualisiert wird. All diese Einwände dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß Hudson ein außerordentlich gutes Buch geschrieben hat. Seine Argumentation ist mustergültig klar, die Orientierung an den Rationalitätsstandards der sogenannten analytischen Philosophie unverkennbar. Die intrikatesten Aspekte einer der klassischen philosophi26 27
Allison: Kant's Theory of Freedom. S. 130 f. Ebd. S. 132.
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sehen Fragen werden direkt in Angriff genommen. Namentlich seine Behandlung des Problems der Vereinbarkeit von libertas indifferentiae und Determinismus wird die Bemühungen um ein adäquates Verständnis der Kantischen Position einen entscheidenden Schritt voranbringen. Wenn eine herkömmliche Interpretation den durchaus berechtigten Ansprüchen philosophischer Diskussionen der Gegenwart nicht genügen sollte und dies im Rahmen einer Rekonstruktion zu erreichen versucht wird, müßte allerdings detaillierter über die Kosten einer solchen Unternehmung informiert werden. Wolfgang Ertl, Erlangen