KANT-STUDIEN Philosophische Zeitschrift der Kant-Gesellschaft 90. Jahrgang · 1999 Unter Mitwirkung von H.E.AIIison, Boston · L.W. Beckt, Rochester · G.Bird, Manchester· R. Brandt, Marburg · G. G. Brittan, Bozeman/Montana · M. Caimi, Buenos Aires · W. Carl, Göttingen · D. P. Dryer, Toronto · K. Düsing, Köln · J. Ferrari, Dijon · H.-G. Gadamer, Heidelberg · V. Gerhardt, Berlin · N. Hinske, Trier · L. Honnefelder, Bonn · W. Kersting, Kiel · R. Klibansky, Montreal · J. Kopper, Mainz · R Laberget, Ottawa · K. Mainzer, Augsburg · R. Meerbote, Rochester · O. O'Neill, Cambridge · E. W. Orth, Trier · E. Ortigues, Rennes · R Ricoeur, Paris · P. Rohs, Münster · G. Schrader, New Haven · J.R.Silber, Boston · B. Tuschling, Marburg · J. Vuillemin, Paris · H. Wagner, Bonn · A. W. Wood, New Haven
herausgegeben von
Gerhard Funke, Manfred Baum und
Thomas M. Seebohm
w G DE
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Herausgeber: Prof. Dr. Gerhard Funke, Viktoriastraße 5, 76646 Bruchsal; Prof. Dr. Manfred Baum, Beethovenstraße l, 42115 Wuppertal; Prof. Dr. Thomas M. Seebohm, Germanenstraße 12, 53175 Bonn. Redaktion: PD Dr. Bernd Dörflinger, Kant-Studien-Redaktion, Universität Mainz, Colonel-Kleinmann-Weg 2, 55128 Mainz. E-Mail:
[email protected] Wir bitten, Manuskripte (zwei Exemplare) und Rezensionsexemplare für die Kant-Studien an die Anschrift der Redaktion zu senden. Für nicht angeforderte Rezensionsexemplare kann die Redaktion keine Haftung übernehmen. Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich, je 4 Hefte bilden einen Band mit einem Gesamtumfang von ca. 520 Seiten. Das Jahresabonnement kostet z. Z. DM 190,- zuzüglich Porto. The frequency of issue is quarterly. The United States subscription price is $122,— postage extra. Periodicals postage paid at Rahway NJ.
Attention before copying: - Authorization to copy items for internal or personal use, or for the internal or personal use by specific clients is granted by Walter de Gruyter, for libraries and other users registered with the Copyright Clearance Center (CCC) Transactional Reporting Service, provided that the base fee of US $3.- per copy is paid to CCC, 222 Rosewood Drive, Danvers, MA 01923, USA. 0022-8877/98. © by Walter de Gruyter & Co. · Berlin · New York
ISSN: 0022-8877 © Copyright 1999 by Walter de Gruyter & Co. KG, D-10785 Berlin. All rights reserved, including those of translation into foreign languages. No part of this Journal may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopy, recording, or any Information storage or retrieval System, without permission in writing from the publisher. Printed in Germany Typesetting and Printing: Arthur Collignon GmbH, 10785 Berlin Binding; Lüderitz & Bauer, 10963 Berlin
KANT-STUDIEN Begründet von Hans Vaihinger; neubegründet von Paul Menzer und Gottfried Martin 90. J A H R G A N G
HEFT l
1999
Abhandlungen M. Koßler, Mainz: Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft nach der ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft
l
D. Sherry, Flagstaff/Arizona: Construction and Reductio Proof
23
D. James, Norfolk/Virginia: Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
40
V. Bryushinkin, Kaliningrad: Kant, Frege and the Problem of Psychologism
59
A. Grau, Berlin: "No Entity without Identity" — Schellings Identitätsbegriff im Lichte analytischen Denkens
75
Berichte und Diskussionen P. Steinberger, Portland/Oregon: The Standard View of the Categorical Imperative
91
T. Sturm, Marburg: Zustand und Zukunft der Akademie-Ausgabe von Immanuel Kants Gesammelten Schriften 100 Buchbesprechungen CD-ROM-Ausgaben Kants Gesammelte Schriften und Kant im Kontext (T. Sturm) 107 C. M. Stadier: Transzendentale Deduktion zwischen Theorie und Praxis. Vorüberlegungen zu einer Staatstheorie nach Kant (A. Riebel) 110 S. M. Shell: The Embodiment of Reason: Kant on Spirit, Generation and Community (P. Rossi) 114 A. Brook: Kant and the Mind (M. C. Altman)
117
J. Kohnen (Hrsg.): Königsberg. Beiträge zu einem besonderen Kapitel der deutschen Geistesgeschichte (J. Fehr) 124
E. Scribano: Uesistenza di Dio. Storia della prova ontologica da Descartes a Kant (R. Pozzo) 126 S. Marcucci: Kant in Europa (R. Pozzo)
128
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft nach der ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft Ein Kommentar zu Kr V, A 396-405* von Matthias Koßler, Mainz
Die Diskussion um den Vorzug der ersten oder zweiten Auflage von Kants Kritik der reinen Vernunft, insbesondere hinsichtlich der erheblich veränderten Kapitel über die Transzendentale Deduktion der Verstandesbegriffe und über die Paralogismen der reinen Vernunft, hält seit der Intervention Arthur Schopenhauers bei dem Herausgeber Karl Rosenkranz an1. Ein Gesichtspunkt, der in dieser Diskussion bisher weniger berücksichtigt wurde, ist der Umstand, daß die Lehre vom transzendentalen Schein als einer „natürlichen und unvermeidlichen Illusion" (A 298/B 354) in den Paralogismen der Seelenlehre nach der ersten Auflage eine Erläuterung erhielt, die in der zweiten Auflage keine Entsprechung hat2. Das mag seine Ursache darin haben, daß sich die Erläuterungen an einer unauffälligen und unerwarteten Stelle finden, nämlich ganz zum Abschluß des Paralogismuskapitels, weit entfernt von den in die zweite Auflage übernommenen Darlegungen zum transzendentalen Schein: Nachdem Kant dem Kapitel schon einen — mit seinem unter allgemeinem Gesichtspunkt zusammenfassenden und in einer Metapher ausklingenden Charakter — gera* Die Anregung zur Behandlung dieses Themas und einige wertvolle Hinweise verdanke ich einem Seminar, das Joachim Kopper im Sommer 1995 in Mainz hielt. 1 Der Briefwechsel zwischen Schopenhauer und Rosenkranz von 1837, der zum Wiederabdruck der ersten Auflage der Kritik führte, ist zusammengestellt in Arthur Schopenhauer: Philosophie in Briefen (ed. A. Hübscher/M. Fleiter). Frankfurt/M. 1989, S. 74-87. Auf die jüngste Arbeit, die zur Frage des Verhältnisses der beiden Auflagen Stellung nimmt, Heiner F. Klemme: Kants Philosophie des Subjekts. Systematische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen zum Verhältnis von Selbstbewußtsein und Selbsterkenntnis. Hamburg 1996, wird am Ende der vorliegenden Untersuchung ausführlicher eingegangen werden; andere Positionen kommen in ihrem Verlauf zur Sprache. Eine vollständige Erörterung der Literatur zu diesem Thema kann hier freilich nicht geleistet werden, sie ist aber auch nicht erforderlich, da das Hauptgewicht der Untersuchung auf der Darlegung von Kants Lehre vom transzendentalen Schein liegt, deren Konsequenzen für die Diskussion nur angedeutet werden können. 2 Vgl. Lüder Gäbe: Die Paralogismen der reinen Vernunft in der ersten und in der zweiten Auflage von Kants Kritik. Marburg (Diss.) 1954, S. 99; Alfons Kalter: Kants vierter Paralogismus. Eine entwicklungsgeschichtliche Untersuchung zum Paralogismuskapitel der ersten Ausgabe der Kritik der reinen Vernunft. Meisenheim/Glan 1975, S. 125. Kant-Studien 90. Jahrg., S. 1-22 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
2
Matthias Koßler
dezu klassischen Abschluß gegeben hat (A 395 f.), nimmt er dennoch das Thema noch einmal auf, und zwar ohne dem darauf folgenden Abschnitt einen eigenen Gesichtspunkt zuzuteilen; die Abgrenzung besteht lediglich aus drei nichtssagenden Sternchen. Es scheint, als sei Kant mit seinen Darlegungen noch nicht zufrieden gewesen und habe deshalb einen wichtigen Punkt erneut aufgegriffen. Diese Vermutung wird auch durch den einleitenden Satz des betreffenden Abschnitts eher bestätigt als ausgeräumt, wo es heißt: „Wir sind noch eine allgemeine Erörterung des transzendentalen und doch natürlichen Scheins in den Paralogismen der reinen Vernunft, imgleichen die Rechtfertigung der systematischen und der Tafel der Kategorien parallel laufenden Anordnung derselben, bisher schuldig geblieben" (A 396); denn in der Einleitung zur Transzendentalen Dialektik war durchaus schon vom unvermeidlichen transzendentalen Schein ausführlich die Rede gewesen (A 295 ff.), und auch die Anordnung der Paralogismen hatte Kant bereits zu Beginn des Paralogismuskapitels unter Rückgriff auf die Kategorientafel begründet (A 344 f.; vgl. A 323, 333 f.)3. In der Einleitung zur Transzendentalen Dialektik war Kant von den Bedingungen des Irrtums und des zu diesem verleitenden Scheins im allgemeinen ausgegangen und hatte festgestellt, daß er weder in den Sinnen noch im Verstand allein vorkommen kann, sondern nur dort, wo ein unbemerkter Einfluß der Sinnlichkeit auf den Verstand einen Irrtum im Urteil hervorbringt, indem „die subjektiven Gründe des Urteils mit den objektiven zusammenfließen" (A 294). Beim transzendentalen Schein, um den es in der Dialektik geht, kann jedoch, da die durch ihn verursachten 3
Vgl. Gäbe, a. a. O., S. 88 ff. Gäbe ist m. W. immer noch derjenige, der auf diesen doch immerhin auffälligen Umstand am ausführlichsten eingeht. Nach ihm ist der Abschnitt als Einleitung (S. 90) zur vorangegangenen Darlegung der Paralogismen zu verstehen, indem er die in der eigentlichen Einleitung fehlende „hinreichende" Rechtfertigung der Systematik und Erläuterung des dialektischen Scheins nachliefere (S. 88). Kalter, a.a.O., S. 119ff., vertritt die extremere Ansicht, Kant gebe in diesem Abschnitt überhaupt erst eine Erläuterung des natürlichen Scheins*, weshalb er eindeutig „nachhinke" (S. 120). Kalter schließt daraus und insbesondere aus der Charakterisierung des Paralogismus in A 402 f. (s. u. Anm. 23), daß es sich bei dem Abschnitt um eine nachträgliche Ergänzung Kants handele (S. 124f.). Heinz Heimsoeth: Transzendentale Dialektik. Ein Kommentar zur Kritik der reinen Vernunft. 1. Teil: Ideenlehre und Paralogismen. Berlin 1966, S. 156, der dem Abschnitt immerhin 9 Seiten einräumt, sagt dagegen lediglich, Kant nehme „noch einmal das für Kants Dialektik so grundwichtige Thema des transzendentalen Scheins auf ... zwecks Verdeutlichung des in der Einleitung (...) nur vorgreifend Skizzierten"; vgl. a. S. 162, wo Heimsoeth zu A 403 f. bemerkt, daß Kant dort „noch einmal" die Vierertafel der Behauptungen der rationalen Psychologie zusammenstelle, „mit neuem Nachdruck auf der Vollständigkeitsordnung". Herrmann Cohen: Kommentar zu Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft (= Werke Bd. 4). Hildesheim/New York 1978, S. 133, meint, hier werde „die Frage von der ,absoluten Totalität der Synthesis' für die Paralogismen insbesondere aufgenommen". InSook Choi: Die Paralogismen der Seelenlehre in der ersten und zweiten Auflage der ,Kritik der reinen Vernunft'. Frankfurt/M. u. a. 1991, Rolf-Peter Horstmann: Kants Paralogismen. In: Kant-Studien 84, 1993, S. 408-425 und Klemme, a. a. O. (seine Arbeit enthält ein umfangreiches Kapitel zum Paralogismuskapitel), gehen auf die Einordnung und Funktion des betreffenden Abschnitts nicht ein.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
3
Sätze nicht einmal auf Erfahrung hin angelegt sind, kein solcher Einfluß der Sinnlichkeit auf den Verstand stattfinden, wie er in der Erfahrung vorkommt; der transzendentale Schein betrifft daher auch nicht den transzendentalen Gebrauch von Grundsätzen, die auf bloß immanenten Gebrauch angelegt sind (was ein „bloßer Fehler" wäre, der beseitigt werden könnte), sondern er betrifft „transzendente Grundsätze", welche die durch die Beziehung auf Erfahrung gesetzten Schranken „zu überschreiten gebieten" (A 296). Schließlich unterscheidet Kant den transzendentalen Schein auch vom logischen Schein, der als bloße Ungenauigkeit nur im uneigentlichen Sinne Schein zu nennen ist. Der Paralogismus der Seelenlehre kann daher kein bloß formaler Fehler im Schließen sein, sondern hat „einen transzendentalen Grund: der Form nach falsch zu schließen ... in der Natur der Menschenvernunft" (A 341). Er betrifft also das Schließen als solches4. Dasjenige, auf dem der Paralogismus beruht, ist der „Begriff, oder, wenn man lieber will, das Urteil: Ich denke", wie er als „das Vehikel aller Begriffe überhaupt, und mithin auch der transzendentalen", der „nur dazu dient, alles Denken, als zum Bewußtsein gehörig, anzuführen" (A 341), aus der Transzendentalen Analytik bereits bekannt ist, wenngleich er dort (in der ersten Auflage) nicht als Urteil auftaucht, sondern „transzendentale Apperzeption", „transzendentales Bewußtsein", „Ich" oder „Selbstbewußtsein" heißt (A 107, 117 A.)5. Daß hier die transzendentale Apperzeption erstmals als Urteil formuliert wird, hat allerdings seinen Grund, denn die Urteilsform verleitet dazu, das Ich als ein denkendes Wesen und Gegenstand des inneren Sinnes vom Körper und von allem Empirischen überhaupt getrennt zu betrachten und in seiner „Reinigkeit" zum Gegenstand einer rationalen Psychologie zu machen (A 342 f.). Auf dieser Basis des Ichs als Ding werden dann die Paralogismen der Kategorientafel entsprechend, aber ausgehend von der Substanz und rückwärts, angeordnet. Im Hauptteil des Kapitels widerlegt Kant die Schlüsse der rationalen Psychologie, indem er nachweist, daß sie auf einer Hypostasierung des Ichs als denkendes Wesen beruhen, welche ohne Beziehung auf mögliche Erfahrung unzulässig ist. Dabei handelt es sich um den Nachweis formaler Fehler in den Schlüssen, also um die Aufdeckung eines logischen Scheins derselben, durch welche die Seelenlehre widerlegt wird. Die Seite des transzendentalen Scheins, wonach er auch infolge seiner Aufdeckung nicht verschwindet, da er kein bloßer Irrtum ist, kommt nicht zur Sprache. Zwar werden in der abschließenden Betrachtung der transzendentale Schein (A 384) und die „unvermeidliche Illusion" (A 388; hier allerdings auf die Existenz der Dinge an sich bezogen) kurz erwähnt, aber wie das „ich denke" den Grund des falschen Schließens (nicht nur den Gegenstand falscher Schlüsse) bildet, bzw. wie der natürliche Schein ohne den Einfluß der Sinnlichkeit in diesem 4 5
Vgl. Bruno Liebrucks: Sprache und Bewußtsein. Band 4: Die erste Revolution der Denkungsart. Kant: Kritik der reinen Vernunft. Frankfurt/M. 1968, S. 84 ff. Vgl. Liebrucks, a. a. O., S. 249. Vgl. a. Eckhard Kunkel: Das Jch denke'. Seine gnoseologische Relevanz in Kants .Kritik der reinen Vernunft' und sich hieraus eröffnende Perspektiven. Frankfurt/M. u. a. 1989, S. 59 ff., der sich jedoch mehr auf die zweite Auflage bezieht.
4
Matthias Koßler
Urteil zu denken ist, bleibt ungeklärt6. Insofern diese Klärung auch der Rechtfertigung der reziprok zur Kategorientafel laufenden Anordnung der Paralogismen vorausgesetzt ist — denn die bisherige Begründung ging von der Gegebenheit, nicht von der Unvermeidlichkeit des Scheins aus — ist mit ihr das Anliegen des in Frage stehenden Abschnitts (A 396—405) benannt. Im folgenden soll dieser schwierige Text durch einen fortlaufenden detaillierten Kommentar erschlossen werden. Vorrangiges Ziel der Untersuchung ist es, Kants Lehre vom transzendentalen Schein in der Seelenlehre darzulegen. Dabei wird sich auch zeigen, daß die in dem betreffenden Abschnitt enthaltenen Erläuterungen in zweierlei Hinsicht von Bedeutung für die Frage nach dem Verhältnis der beiden Auflagen der Kritik der reinen Vernunft sind: Zum einen stellen sie die Rollendes transzendentalen Gegenstandes, dessen Nichterwähnung in der Transzendentalen Deduktion nach der zweiten Auflage zur Bewertung herangezogen zu werden pflegt, hinsichtlich der Auffassung des Selbstbewußtseins klar; zum anderen hat ihr Fehlen in der zweiten Auflage Nachteile für das Verständnis der Lehre vom transzendentalen Schein zur Folge, die beim Vergleich der beiden Auflagen zu berücksichtigen sind. Als zentraler Begriff — so weit sei den Ergebnissen schon vorgegriffen — wird sich hierbei die „Einzelheit" der Vorstellung ,Ich bin4 bzw. ,Ich denke' erweisen.
Kant hebt an mit einer allgemeinen Bestimmung des Scheins, der darin besteht, „daß die subjektive Bedingung des Denkens für die Erkenntnis des Objekts gehalten wird" (A 396). Diese Definition stimmt mit der in der Einleitung zur Transzendentalen Dialektik gegebenen überein, ist aber weiter gefaßt, indem die subjektive Bedingung nicht wie dort auf die Sinne bezogen wird7. Im Fall des empirischen Scheins ist der subjektive Grund des Urteils die Sinnlichkeit der Anschauung, das Objekt der kategorial bestimmte Gegenstand derselben. Beides kann beim transzendentalen Schein nicht vorkommen. Was aber sind dann subjektive Bedingung und Objekt? Die subjektive Bedingung allen Denkens ist „das Ich, in dem allgemeinen Satze Ich denke" (A 398). Der Schein des Objektiven muß dann in der Allgemeinheit des Satzes zu suchen sein; das Denken als solches wird in der Seelenlehre zum Objekt: denkendes Wesen. Das ergibt sich auch aus der Bestimmung des reinen Vernunftgebrauchs, an den Kant an dieser Stelle erinnert: Die reine Vernunft beschäftigt sich ausschließlich „mit der Totalität der Synthesis der Bedingungen, zu einem gegebe6 7
Vgl. Kalter, a.a.O., S. 105ff. Das ist auch bereits in A 297 der Fall, wo es heißt: „Die Ursache hiervon [von der Unvermeidlichkeit des transzendentalen Scheins] ist diese, daß in unserer Vernunft (subjektiv als ein menschliches Erkenntnisvermögen betrachtet) Grundregeln und Maximen ihres Gebrauchs liegen, welche gänzlich das Ansehen objektiver Grundsätze haben ...". Was es heißt, die Vernunft subjektiv zu betrachten, setzt allerdings die ganze Entwicklung der Dialektik des Scheins voraus. Vgl. dazu a. Kalter, a. a. O., S. 66 ff. Zur allgemeinen Bestimmung des Scheins vgl. a. A 820 f.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
5
nen Bedingten" (A 396), also mit dessen unbedingter Bedingung (vgl. A 307 f., 322). Das Bedingte ist bei der Seelenlehre „ein Gedanke überhaupt" (A 397). Da die einzige Bedingung eines jeden Gedankens das begleitende Ich denke ist, so schließt die Vernunft notwendig auf die Unbedingtheit und damit Allgemeinheit dieser Bedingung8. Ein Objekt kommt nach Kant durch die Synthesis des Mannigfaltigen einer gegebenen Anschauung zustande9. Wird dabei von allem Empirischen abgesehen, so bleibt zur Bestimmung des Objekts nur die Einheit dieser Synthesis bzw. die Einheit der Regel, nach der sie hervorgebracht wird, übrig, deren „Begriff" Kant den transzendentalen Gegenstand nennt (A 105)10. Da diese Einheit, die im transzendentalen Gegenstand vorgestellt ist, auf der Handlung des Verstandes nach Regeln beruht, fällt sie mit der Einheit des Bewußtseins, der transzendentalen Apperzeption, zusammen (A 104ff.). Wenn nun der Schein darin besteht, daß die subjektive Bedingung des Denkens für die Erkenntnis des Objekts gehalten wird, so heißt das, daß die Gleichsetzung: Ich denke = Einheit der transzendentalen Apperzeption = transzendentaler Gegenstand, den transzendentalen Schein enthält. Ist die in der Analytik hergeleitete Identität der Einheit der transzendentalen Apperzeption und des transzendentalen Gegenstandes zutreffend, so muß das Problem im Verhältnis des Ich denke zur transzendentalen Apperzeption liegen. Die Einheit der transzendentalen Apperzeption ist synthetisch, insofern sie notwendig auf Erscheinungen bezogen ist (A 119). So sind in der Analytik auch die Begriffe „Ich", „Selbstbewußtsein" usw. als „Vermögen" der Erfahrung mit den Er8
9
10
Die Bemerkung Grabes, a. a. O., S. 93 f., die Vernunft habe hier nicht die Funktion, zur unbedingten Bedingung aufzusteigen, sondern „etwas nur subjektiv Gültiges objektiv" zu machen, und daher verhielten sich die Paralogismen „reziprok" zu den Antinomien, ist unzutreffend. Ausgangspunkt ist das Bedingte, der Gedanke, nicht das Ich denke, auf das geschlossen wird. Wenn Gäbe aus dem Umstand, daß die Synthesis der Bedingungen mit dem Bedingten nur zwei Glieder hat, schließt, sie sei als solche zugleich unbedingt (S. 92), so behauptet er gerade das, was im folgenden als Schein aufgedeckt wird. Unklar bleibt, warum Gäbe dann etwas später (S. 99) betont, der wesentliche Punkt im Paralogismus der ersten Auflage sei die Forderung der Vernunft, zum Bedingten das Unbedingte zu fordern. Da sie im folgenden eine Erläuterung erhält, sei diese verkürzte Formulierung erlaubt. Korrekterweise kann man von einem Objekt nur sprechen, wenn die Synthesis nach Regeln geschieht, die die Analogien der Erfahrung einschließen (vgl. A 189f./B 234f.). Es ist zu betonen, daß der transzendentale Gegenstand, der „als ein Correlatum der Einheit der Apperzeption ... dienen kann", nur der vorgestellte Begriff der Einheit ist, „also kein Gegenstand der Erkenntnis an sich selbst, sondern nur die Vorstellung der Erscheinungen, unter dem Begriffe eines Gegenstandes überhaupt, der durch das Mannigfaltige derselben bestimmbar ist" (A 250f.). Klemme, a. a. O., S. 272, zieht u. a. diese Stelle für seine Behauptung heran, ich könne mir nach der ersten Auflage der Kritik der reinen Vernunft „mit den Kategorien als leeren Begriffen ... Gegenstände (Dinge überhaupt) denken, die in keiner Erfahrung gegeben sind, woraus sich ihre transzendentale Bedeutung ergibt". Ich kann jedoch einen großen Unterschied zu der Formulierung „der ganz unbestimmte Begriff von einem Verstandeswesen, als einem Etwas überhaupt" (B 307) in der zweiten Auflage, an den Klemme seine These zur Differenz der beiden Auflagen des Paralogismuskapitels aufhängt (s. dazu weiter unten), nicht erkennen.
6
Matthias Koßler
scheinungen notwendig verknüpft; als dasjenige, auf dem die „Möglichkeit der logischen Form alles Erkennens beruht", steht ihre „Wirklichkeit" nicht zur Frage (A 117 A.). Es geht in der Analytik darum, wie Erkenntnis von einem Gegenstand, und damit Erfahrung, möglich ist. Es geht also nur um das Objekt, nicht um das Subjekt: dieser Begriff, verstanden als Korrelat zum Objekt, kommt in der Analytik (in der ersten Auflage) gar nicht vor. Dort ist stets vom Subjekt im Urteil, also nur im Verhältnis zu den Prädikaten, die Rede, und auch die Bestimmung der Substanz als Subjekt (sofern man von ihren sinnlichen Bedingungen absieht) wird ausdrücklich auf dieses rein logische Verhältnis eingeschränkt (A 147, 185, 205, 242 f.)11. Das ist noch bei der Ableitung der transzendentalen Ideen aus den Arten der Vernunftschlüsse der Fall, wo „Subjekt" noch nicht das Ich oder Selbstbewußtsein, sondern das logische Subjekt im Urteil bezeichnet (A 323), welches etwas später (A 333 f.) infolge der Ableitung der Ideen zum „denkenden Subjekt" wird, dessen unbedingte Einheit die Idee der Seele hervorbringt. Dabei soll die Einheit des denkenden Subjekts ebenfalls synthetisch sein, indem sie auf die Synthesis der Bedingungen eines Gedankens überhaupt zurückgeht. Da aber beim Denken überhaupt „von aller Beziehung des Gedankens auf irgendein Objekt (es sei der Sinne oder des reinen Verstandes)" abstrahiert wird, ist die Synthesis, die das Ich denke als unbedingte Bedingung des Gedankens überhaupt beinhalten soll, „gar nicht objektiv, sondern bloß eine Synthesis des Gedankens mit dem Subjekt, die fälschlich für eine synthetische Vorstellung eines Objekts gehalten wird" (A 397). Eine objektive Synthesis würde vorliegen, wenn Ich und Denken Vorstellungen wären, die im Ich als denkendem Wesen zur Vorstellung eines Objekts verknüpft wären. Man könnte den Paralogismus in seiner Grundform als „dialektischer Schluß" (A 397) daher so fassen: Der Gedanke hat eine unbedingte Bedingung: das Wesen, das denkt Ich denke ist die einzige Bedingung allen Denkens Also bin Ich das denkende Wesen in seiner allgemeinen Natur, d. h. ich begreife den Gedanken und in ihm mich selbst (nämlich als Substanz, einfach, Person, unsterblich) Nun ist aber das Ich im Ich denke „nur die formale Bedingung, nämlich die logische Einheit eines jeden Gedankens" (A 398), also von diesem gar nicht zu unterscheiden. Dennoch wird diese logische Einheit für die „unbedingte Einheit" des Ich gehalten; das logische Subjekt eines Urteils, das die Prädikate vereint, wird, wie die Ableitung der Ideen zeigte, zum denkenden Subjekt. Die logische Einheit des Gedankens überhaupt gibt jedoch nur eine analytische Erklärung des Denkens her und „keine erweiterte Erkenntnis von demjenigen, worauf dieses Denken seiner Möglichkeit nach beruht" (ebd.). Die Verwechslung der logischen Einheit des Gedankens mit der unbedingten Einheit des denkenden Wesens ist ein Irrtum bzw. ein Fehler. Der Schein, der zum 11
Der „metaphysische Aspekt", den Klemme, a. a. O., S. 273, Anm. 10, dem Substanz-/Subjektbegriff dabei in A 147 beilegt, kann m. E. dieser Stelle nicht entnommen werden.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
7
Irrtum verführt, ist hiervon noch zu unterscheiden. Während der Fehler durch die Erkenntnis berichtigt werden kann und damit verschwindet, kann der Schein zwar aufgedeckt, aber dennoch durch keine Erkenntnis beseitigt werden. Beim optischen Schein ist dieses Verhältnis gut nachzuvollziehen, etwa in Kants Beispiel vom aufgehenden Mond (A 297), der selbst dem Astronom, der seine Größe messen und den optischen Schein erklären und berechnen kann, weiterhin ebenso größer erscheint als demjenigen, der ihn aufgrund der Wahrnehmung tatsächlich für größer hielte und dadurch in einen Irrtum geriete. Die Sinnlichkeit hat zwar Einfluß auf das Urteil des Verstandes, aber dieses hat keinen Einfluß auf jene. Daß der Schein nicht betrüge, kann nur insoweit verhindert werden, als das Urteil sich nach den Regeln und der Einheit des Verstandes gegenüber dem sinnlichen Eindruck behauptet. Eine derartige Unterscheidung der Gebiete der Sinnlichkeit und des Verstandes, welche durch die „transzendentale Überlegung" (A 295) geschieht, ist im Fall des Ich denke ausgeschlossen, weil die Bedingung alles Denkens nicht nur dem Verstande voraus und zugrunde liegt, sondern, sofern die Einheit der Apperzeption auch die „notwendige Bedingung sogar aller möglichen Wahrnehmung" (A 123) ist, auch der sinnlichen Erfassung von Gegenständen. Das der Sinnlichkeit und dem Verstand Vorausgesetzte kann nicht wiederum mit den der Sinnlichkeit und dem Verstand entnommenen Begriffen subjektiv und objektiv belegt werden. Beziehe ich diese Begriffe aber auf das transzendentale Subjekt und Objekt, so fallen beide in der analytischen Einheit des Gedankens zusammen, und es ist nicht zu sehen, wo hier ein Schein bestünde. Es muß daher im Ich denke etwas enthalten sein, das nicht nur jenseits der Unterscheidung von Sinnlichkeit und Verstand liegt, sondern auch jenseits der Unterscheidung von transzendental und empirisch, wie sie in der Analytik dargelegt wurde. Darin hat die eingangs erwähnte Differenz zwischen den transzendenten Grundsätzen, mit denen es die Dialektik zu tun hat, und dem transzendentalen Gebrauch immanenter Grundsätze ihren Ursprung. Dieses Transzendente, das die Vernunft des Menschen ihrer Natur nach anzunehmen genötigt ist, ist die unbedingte Bedingung allen Denkens. Die unbedingte Bedingung ist weder in der Einheit des transzendentalen Subjekts noch des transzendentalen Objekts zu suchen, sondern in der Handlung, die diese beiden im Denken verknüpft. Das „Ding, welches denkt" (A 398) in seiner Allgemeinheit ist es, worauf die Vernunft ausgeht und welches sie nicht finden kann, weil es dem Objekt und Subjekt, das die bloße Form des ersteren ist, vorausgesetzt ist12. „Ob ich nun zwar allgemein auf jene Frage [nach der Beschaffenheit des Dinges, welches denkt] keine Antwort weiß: so scheint es mir doch, 12
„Ebenso kann niemand die Frage in ihrer Allgemeinheit beantworten: was wohl das für ein Ding sein müßte, welches beweglich ist?" (A 398); denn die Bewegung ist nicht nur das, was undurchdringliche Ausdehnung (Materie) erst ausmacht bzw. „kennbar macht", sondern selbst „bloße Vorstellung" (A 387), womit die Frage nach dem Ding, das beweglich ist, mit der nach dem Ding, das denkt, zusammenkommt; vgl. dazu B 155 A. In der Methodenlehre hat Kant noch einmal auf die Parallelität von Denken und Bewegung zurückgegriffen und die „Abstraktion" des einfachen Kraftpunkts mit der des Ichs verglichen (A 784f.).
8
Matthias Koßler
daß ich sie im einzelnen Falle, in dem Satze, der das Selbstbewußtsein ausdrückt: Ich denke, geben könne" (A 398 f.). In dem „einzelnen Falle" muß der Schein der transzendenten Bedeutung des Satzes vom Selbstbewußtsein begründet sein. Denn in ihm habe ich es nicht mit der transzendentalen Apperzeption als einem „Vermögen" zu tun, sondern mit der Wirklichkeit des Ich denke. Dabei ist zu beachten, daß „Wirklichkeit" hier nicht im Sinne der Kategorie verstanden werden kann, deren Anwendung auf die aller möglichen Erfahrung vorausliegende Bedingung des Denkens einen unzulässigen transzendentalen Gebrauch darstellen würde (vgl. A 219). In einer Anmerkung der zweiten Auflage des Paralogismuskapitels nennt Kant das Ich denke einen „empirischen Satz", der den Satz „Ich existiere" in sich enthalte, wobei jedoch die Existenz „hier noch keine Kategorie" sei; denn der Satz drücke lediglich „eine unbestimmte empirische Anschauung, d. i. Wahrnehmung, aus", die „nur zum Denken überhaupt, also nicht als Erfahrung, auch nicht als Sache an sich selbst, (Noumenon) sondern als etwas, was in der Tat existiert" gegeben sei (B 423 A.)13. Auch nach der ersten Auflage hat es die rationale Seelenlehre mit dieser „inneren Wahrnehmung", die „nicht als empirische Erkenntnis, sondern ... als Erkenntnis des Empirischen überhaupt angesehen werden" muß, zu tun (A 343)14. Das Verführerische des Scheins besteht darin, daß die Erkenntnis des Empirischen überhaupt nicht anders denn als objektive Erkenntnis, die unbestimmte Anschauung bzw. Wahrnehmung nicht anders denn als eine bestimmbare vorgestellt werden kann. Das Empirische ist nach den Ergebnissen der Transzendentalen Deduktion dem Menschen immer nur auf die Weise eines in der Anschauung gegebenen Gegenstandes erkennbar, weil alle Erfahrung die Beziehung der Vorstellungen auf ein Objekt voraussetzt. Die Erkenntnis des Empirischen überhaupt wäre die Erkenntnis desselben ohne Beziehung auf ein bestimmtes Objekt. Das Reale der Erscheinung, das in der Erfahrung als gegebene Empfindung subjektiv ist, muß hier selbst den Charakter von Allgemeinheit und Objektivität, mithin die Wahrnehmung den Charakter der 13
14
Der in dieser Anmerkung ausgesprochenen Feststellung, die Sätze Ich denke und Ich existiere seien „identisch", entspricht bereits in der ersten Auflage die Bemerkung Kants, daß „der vermeintliche kartesianische Schluß, cogito, ergo sum, in der Tat tautologisch ist, indem das cogito (sum cogitans) die Wirklichkeit unmittelbar aussagt" (A 355). Liebruck, a. a. O., S. 249, betont, Kant spreche hier nicht davon, daß wir mit der inneren Wahrnehmung „eine innere Erfahrung von so etwas wie Bewußtsein" hätten; vielmehr liege der „transzendentale Charakter dieser inneren Erfahrung" darin, „daß wir die innere Erfahrung ... nicht unabhängig von der transzendentalen Untersuchung annehmen, sondern sie als ein Objekt in der Idee von ihr setzen, die aber nicht unabhängig von dieser transzendentalen Untersuchung als transzendente Substanz angesehen werden darf". Dagegen ist nur zu sagen, daß Kant einmal von der „inneren Wahrnehmung" spricht, die „nichts weiter als die bloße Apperzeption: Ich denke" ist, dann aber von der ,,innere[n] Erfahrung überhaupt und deren Möglichkeit oder Wahrnehmung überhaupt und deren Verhältnis zu anderer Wahrnehmung", die zur transzendentalen Untersuchung gehöre. Beides ist nicht dasselbe, auch wenn die innere Wahrnehmung unter dem zweiten Apsekt betrachtet werden kann. Liebrucks behandelt aber beide Ausdrücke synonym.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
9
Erkenntnis der Wahrheit des Erscheinenden zu haben scheinen. Da von Objektivität und Erkenntnis nur unter Beziehung auf die Einheit eines Gegenstandes gesprochen werden kann, ein bestimmtes Objekt aber nicht gegeben ist, wird die Erkenntnis des Empirischen überhaupt auf den transzendentalen Gegenstand bezogen, so daß die unbestimmte Wahrnehmung im Ich denke für die Erkenntnis des objektiv Unbedingten, der Welt oder ihrer ersten Ursache gehalten wird. Dies geschieht jedoch nur dann, wenn der Schein der Wahrheit, der in der unbestimmten Wahrnehmung gegeben ist, nicht als solcher durchschaut, sondern als Erkenntnis des Wahren (oder auch des Falschen) genommen wird; der Schein, der unvermeidbar ist und bleibt, wird dadurch zu einem Fehler, bei dem dem transzendentalen Objekt Attribute wie Substanz, einfach usw. beigelegt werden, die nur einem bestimmten Objekt einer gegebenen Anschauung beigelegt werden dürfen. Den Fehler erklärt Kant aus dem „Ursprung dieser Attribute, die ich Mir, als denkendem Wesen überhaupt, beilege" (A 399). Der Ursprung der Attribute muß in dem Schein, den die unmittelbare Wahrnehmung des Selbstbewußtseins mit sich führt, liegen; dieser selbst ist nicht der Fehler, der vielmehr darin besteht, daß ich mir die Attribute als einem denkenden Wesen überhaupt, d. h. als einem erkannten Objekt, beilege. Die Attribute sind in ihrem Ursprung aber „nichts mehr als reine Kategorien, wodurch ich niemals einen bestimmten Gegenstand, sondern nur die Einheit der Vorstellungen, um einen Gegenstand derselben zu bestimmen, denke" (ebd.). Die Vorstellungen, durch deren Einheit ihr Gegenstand bestimmt wird, setzen wahrgenommene Anschauungen voraus: „nur durch Anschauung wird der Gegenstand gegeben, der hernach der Kategorie gemäß gedacht wird" (ebd.). Dieser Satz ist angesichts des zentralen Ergebnisses der Transzendentalen Deduktion, nach dem die Beziehung von Vorstellungen auf einen Gegenstand den Gebrauch der Kategorien erfordert (A 128 ff.), erklärungsbedürftig; denn was soll das für ein Gegenstand sein, bevor er durch Kategorien gedacht wird, bzw. was sollen die Kategorien „hernach" für eine Rolle spielen, wenn der Gegenstand schon in der Anschauung da ist? Das Wort „hernach" kann hier nur zum Zweck der Herausstellung der Unabdingbarkeit der gegebenen Anschauung für die Bestimmung eines Gegenstandes durch Kategorien verwendet sein; sachlich ist es verwirrend, denn ebenso wie ohne Anschauung kein Gegenstand gegeben ist, so ist ohne Kategorien kein Gegenstand gegeben (A 51)15. Daran zu erinnern ist angebracht, da in den folgenden Ausführungen Kants Erfahrung und Anschauung nicht immer deutlich genug unterschieden werden. Beim Gebrauch der Kategorie der Substanz in der Erfahrung wird das gegebene Mannigfaltige einer Anschauung so in eine Einheit gebracht, daß „ich das Substratum (Ding selbst) von demjenigen, was ihm bloß anhängt, unterscheide" (A 399 f.). Der Begriff „Substanz", den ich diesem Gegenstand dann in der Erscheinung zuspreche, bezeichnet nicht die Kategorie, sondern lediglich ein „beharrliches Bild der 15
Vgl. Gerold Prauss: Erscheinung bei Kant. Ein Problem der .Kritik der reinen Vernunft'. Berlin 1971, S. 115 f., 29 f.
10
Matthias Koßler
Sinnlichkeit und nichts als Anschauung, in der überall nichts Unbedingtes angetroffen wird" (A 526 f.); diese „Substantia phaenomenon" ist die Materie (A 277). Wird von ihr gesagt, daß sie einfach ist, so wird unter ihr der Teil der Materie verstanden, der nicht mehr teilbar ist. Insofern die Einfachheit hierbei auf eine Einheit von gegebenen Anschaungen bezogen ist, ist sie auch nur relativ, wie die zweite Antinomie zeigt, und nicht unbedingt. Betrachte ich hingegen die reine Kategorie der Substanz und stelle fest, daß sie einfach ist, so habe ich dadurch keine Erkenntnis von einem Gegenstand, „sondern nur von meinem Begriffe, den ich mir von etwas überhaupt mache, das keiner eigentlichen Anschauung fähig ist. Ich sage nur, daß ich etwas ganz einfach denke, weil ich wirlich nichts weiter als bloß, daß es etwas sei, zu sagen weiß" (A 400). Im Zusammenhang mit der unbestimmten Wahrnehmung im einzelnen Fall des Ich denke muß dieses „etwas überhaupt" von dem „etwas überhaupt" unterschieden werden, wie es in der Transzendentalen Deduktion als transzendentaler Gegenstand (A 104)16 vorkommt. Dort war das Etwas überhaupt der transzendentale Gegenstand als der Begriff für die Einheit der Regel, nach der ein Gegenstand überhaupt gedacht wird. Da diese Einheit nur dann vorkommt, wenn ein bestimmter Gegenstand durch die Synthesis anschaulich gegebener Vorstellungen gedacht wird, so ist klar, daß durch dieses Etwas überhaupt ohne gegebene Anschauungen kein Gegenstand gegeben ist17. Eine derartige Annahme wäre ein schlichter Fehler durch einen transzendentalen Gebrauch der Kategorien, und als solcher wird er auch in der Analytik behandelt. Dort wird der Umstand, daß das Etwas überhaupt, obgleich es „eine bloß logische Form ohne Inhalt ist, uns aber dennoch eine Art zu sein scheint, wie das Objekt an sich existiere (Noumenon)" als ein „Fehler" bezeichnet, der „auf die allerscheinbarste Art" dazu „verleitet", die Grenzen der Erfahrung zu überschreiten (A 289); es handelt sich also um einen Fehler, der zum (logischen) Schein verleitet, nicht aber um den (transzendentalen) Schein, der zu einem Fehler im Schließen verleitet. Im gegenwärtigen Zusammenhang geht es jedoch nicht allein um die Einheit der transzendentalen Apperzeption als formale Bedingung, sondern um deren Verknüpfung mit der unbestimmten Wahrnehmung im einzelnen Selbstbewußtsein; nur insofern letztere gegeben ist, wird die Vernunft durch einen transzendentalen Schein dazu verleitet, die reine Kategorie als etwas anzusehen, durch das das Ich als denkendes Wesen erkannt wird. Wenn das Ich denke nicht nur formale Bedingung, sondern auch, zwar unbestimmte, Wahrnehmung ist — so könnte man das Motiv des transzendentalen Fehlschlusses formulieren —, warum sollte durch die Kategorien, in deren Gebrauch die transzendentale Apperzeption stattfindet, nicht das Etwas überhaupt als Gegenstand gedacht werden können; oder anders formuliert: Warum sollten die Kategorien nicht auf die unbestimmte Anschauung 16 17
Das gilt auch für das „Etwas überhaupt", mit dem im Hauptteil des Paralogismuskapitels das transzendentale Subjekt bezeichnet wird (A 355). Hier hätte es keinen Sinn, zu sagen, das Etwas sei keiner eigentlichen Anschauung „fähig", denn es ist im Gegenteil gerade nur in Beziehung auf mögliche Erfahrung denkbar.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
11
des Ich denke anwendbar sein? Kant spricht in dem angeführten Zitat schließlich auch nur davon, daß das etwas überhaupt keiner „eigentlichen" Anschauung fähig sei. „Eigentliche*4 Anschauung steht hierbei für die Anschauung, die in Raum und Zeit gegeben ist und daher durch die Kategorien als Gegenstand der Erfahrung bestimmbar ist, nicht aber für die unbestimmte Anschauung des Selbstbewußtseins18. Wenn Kant in der Erörterung fortführt, die Lehrsätze der rationalen Psychologie hätten insofern „ihre unstreitige Richtigkeit", als das Ich als bloße Apperzeption in der Tat „Substanz im Begriffe, einfach im Begriffe usw." sei, jedoch werde „dadurch dasjenige keineswegs von der Seele erkannt, was man eigentlich wissen will, denn alle diese Prädikate gelten gar nicht von der Anschauung und können daher auch keine Folgen haben, die auf Gegenstände der Erfahrung angewandt würden, mithin sind sie völlig leer" (A 400), so spricht er von der gegebenen Anschauung und umgeht dabei den entscheidenden Punkt, daß es beim transzendentalen Schein der Seelenlehre um die unbestimmte Anschauung des Selbstbewußtseins geht, d. h. um einen Begriff von Anschauung oder Wahrnehmung, der weiter ist als der jener zu einer möglichen Erfahrung gegebenen19. Daß die Beziehung der Kategorie Substanz auf die transzendentale Apperzeption diese als Ich nicht zu einer substantia phaenomenon machen kann in dem Sinne, daß die Seele ein „einfacher Teil der Materie" wäre (A 401), ist offenkundig, steht aber auch gar nicht zur Frage an, sondern das Problem ist, daß die unstreitige Richtigkeit der psychologischen Sätze auch für das unbestimmt innerlich wahrgenommene existierende Ich denke zuzutreffen scheint. Es ist ja auch historisch nicht zutreffend, daß die Vertreter einer rationalen Psychologie die Seele als einen einfachen Teil der Materie angesehen hätten20. Auch im darauffolgenden Absatz wird das genannte Problem zunächst nicht angesprochen, allerdings aus einem anderen Grund: Wurde soeben der empirische Gebrauch der Kategorien hinsichtlich der Seele ausgeschlossen, so kommt nun der transzendentale in den Blick. Das wird darin deutlich, daß gleich zu Beginn schon von dem „Wesen, welches in uns denkt", und etwas später vom „Selbstbewußtsein überhaupt" die Rede ist, also nicht vom Selbstbewußtsein, das den Satz Ich denke im einzelnen Fall als Existenzaussage ausweist. Letzteres bezieht sich, wie oben (S. 7) angedeutet wurde, auf die Handlung, die den Subjekt- und Objektcharakter der Einheit der transzendentalen Apperzeption verknüpft. In der transzendentalen Deduktion heißt es dementsprechend: „... das Gemüt konnte sich unmöglich die Identität seiner selbst in der Mannigfaltigkeit seiner Vorstellungen und zwar a priori denken, wenn es nicht die Identität seiner Handlung vor Augen hätte, welche alle 18 19 20
Vgl. Heimsoeth, a. a. O., S. 160. S. dazu die näheren Ausführungen weiter unten. Daß Kant sich darüber im klaren war, zeigt die „Widerlegung des Mendelssohnschen Beweises der Beharrlichkeit der Seele" in der zweiten Auflage des Paralogismuskapitels (B 413 ff.); vgl. etwa Christian Wolff: Psychologia Rationalis S 49 f. Worauf Horstmann, a. a. O., S. 413, anspielt, wenn er sagt, es sei ein „zentrales Dogma" der traditionellen Metaphysik, daß wir „ein empirisches Wissen von dem Objekt ,Seele' haben", ist mir nicht ersichtlich.
12
Matthias Koßler
Synthesis der Apprehension (die empirisch ist) einer transzendentalen Einheit unterwirft, und ihren Zusammenhang nach Regeln a priori zuerst möglich macht" (A 108); die „Identität der Funktion" (ebd.) des Denkens im einzelnen Falle ist hierbei der Grund der Möglichkeit der Einheit sowohl des Bewußtseins als auch des Gegenstandes. Im gegenwärtig zu betrachtenden Abschnitt hingegen spricht Kant von der Apperzeption als dem „Grund der Möglichkeit der Kategorien" in dem Sinne, daß „das Selbstbewußtsein überhaupt die Vorstellung desjenigen, was die Bedingung aller Einheit und doch selbst unbedingt ist", ist (A 401). Damit ist der Forderung der Vernunft nach dem unbedingten Subjekt von vorneherein mit dem Ich als „Korrelatum alles Daseins, aus welchem alles andere Dasein geschlossen werden muß" (also nicht bloß des Objekts oder des Gedankens) im Sinne des Paralogismus nachgekommen. Und wenn Kant dann auf dieser Basis argumentiert, daß das so verstandene Ich „nicht sowohl sich selbst durch die Kategorien, sondern die Kategorien, und durch sie alle Gegenstände, in der absoluten Einheit der Apperzeption, mithin durch sich selbst erkennt", so ist es zwar in der Tat „sehr einleuchtend: daß ich dasjenige, was ich voraussetzen muß, um überhaupt ein Objekt zu erkennen, nicht selbst als Objekt erkennen könne ..." (A 402), aber dieser Zirkel tritt eben auch nur unter der Voraussetzung auf, daß er bereits geschlossen wurde, indem das Ich, das zum Ausgangspunkt genommen wird, im vorhinein als denkendes Wesen, d. h. als Objektives konzipiert ist21. Darum trägt diese Betrachtung wie die vorhergehende zur Erhellung der Unvermeidlichkeit des transzendentalen Scheins wenig bei; es bleibt unklar, weshalb, wie Kant fortfährt, „gleichwohl ... nichts natürlicher und verführerischer [ist], als der Schein, die Einheit in der Synthesis der Gedanken für eine wahrgenommene Einheit im Subjekte dieser Gedanken zu halten" (ebd.) Im darauffolgenden Satz nennt Kant sogar den Schein selbst eine „Subreption des hypostasierten Bewußtseins", also einen Denkfehler, der doch nach dem Dargelegten erst dann gegeben sein dürfte, wenn der Schein für objektive Wahrheit genommen würde. Die Formulierung, der Schein bestehe darin, „die Einheit in der Synthesis der Gedanken für eine wahrgenommene Einheit im Subjekte dieser Gedanken zu halten", hat jedoch eine andere Bedeutung als jener konstruierte Zirkel. Sie geht nicht von dem als Grund der Möglichkeit der Kategorien hypostasierten Selbstbewußtsein aus, sondern von der Einheit in der Synthesis der Gedanken, um von hier auf einen noch nicht bestimmten Begriff vom Subjekt dieser Gedanken zu kommen. Entscheidend für die Charakterisierung des transzendentalen Scheins ist nun, daß dieses Subjekt hinsichtlich seiner Allgemeinheit oder Einzelheit noch unbestimmt ist, also nicht dem Selbstbewußtsein überhaupt oder dem denkenden Wesen in den vorangegangenen Ausführungen entspricht. Es wird ja in der Tat die Einheit in der Synthesis der Gedanken nicht nur gedacht, sondern auch wahrgenommen, allerdings nicht als Einheit eines von den Gedanken trennbaren Bewußtseins, sondern als die Einheit des Aktes: Ich denke (vgl. B 423 A.), der in jedem einzelnen Fall stattfindet. Die 21
Vgl. Heimsoeth, a. a. O., S. 161; Liebrucks, a. a. O., S. 289.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
13
„Natur der Menschen Vernunft" (s. o. S. 3) ist jedoch nach Kant so beschaffen, daß sie den Akt des Denkens nicht ohne die Vorstellung vom Ich als objektive Bedingung des Denkens fassen kann, so etwa, wie sich sprachlich das Ich denke nicht ohne das Ich ausdrücken läßt. Die Vernunft wird durch ihr eigenes Wesen dazu aufgefordert, die unbestimmte innere Wahrnehmung des „Empirischen überhaupt", das Ich denke, zu denken, und sie kann dies nur mittels der Kategorien; von ihnen gibt es nur zweierlei Gebrauch: den transzendentalen, d. h. aber „gar kein[en] Gebrauch" (A 248, vgl. A 403), und den empirischen, der hier jedoch „unzulässig" ist (A 403). Was in unserer Erörterung der letzten beiden Abschnitte als ein Umgehen der Problematik des transzendentalen Scheins bezeichnet wurde, erweist sich aus dieser Perspektive, selbst Ausdruck des in sich dialektischen Zustands der Vernunft zu sein. Der Schein kann zwar gezeigt werden, aber über seinen Grund läßt sich vernünftig nur fehlerhaft reden. Das trifft insbesondere auch dann zu, „wenn man den Paralogism in den dialektischen Vernunftschlüssen der rationalen Seelenlehre, sofern sie gleichwohl richtige Prämissen haben, logisch betiteln will" (A 402). Kant bezeichnet ihn als ein „sophisma figurae dictionis" (ebd.), d. h., um einen geläufigeren Terminus zu verwenden, als eine quaternio terminorum, wobei zu beachten ist, daß es sich hierbei nicht um den „dialektischen Schluß" als Grund des falschen Schließens handelt, wie er oben zu formulieren versucht wurde, sondern um die allgemeinste Form der Fehlschlüsse der rationalen Seelenlehre, die aus diesem Grund entstehen. Der Mittelbegriff ist hier die Kategorie und nicht, wie dort, das Ich denke als die Bedingung allen Denkens. Die Doppelung des Mittelbegriffs entsteht dadurch, daß von der Kategorie im Obersatz ein transzendentaler, im Untersatz aber und im Schlußsatz ein empirischer Gebrauch gemacht wird. „So ist z. B. der Begriff der Substanz in dem Paralogismus der Simplizität22 ein rein intellektueller Begriff, der ohne Bedingungen der sinnlichen Anschauung bloß von transzendentalem, d. i. von gar keinem Gebrauch ist. Im Untersatze aber ist ebenderselbe Begriff auf den Gegenstand aller inneren Erfahrung angewandt, ohne doch die Bedingung seiner Anwendung in concreto, nämlich die Beharrlichkeit desselben, voraus festzusetzen und zum Grunde zu legen, und daher ein empirischer, obzwar hier unzulässiger Gebrauch davon gemacht worden" (A 403). Es fällt nun auf, daß die Rede von den „richtigen Prämissen" bei dieser Darstellung des Paralogismus rätselhaft erscheinen muß, wenn man „Prämissen" formallogisch als Ober- und Untersatz auffaßt. Denn beide Sätze sind in sich fehlerhaft, da sie auf einen unmöglichen bzw. unzulässigen Gebrauch der
22
Mit Adickes ist hier wohl „Substanzialität" zu lesen. Klemme, a. a. O., S. 297, Liebrucks, a. a. O., S. 289, Choi, a. a. O., S. 142 und Heimsoeth, a. a. O., S. 162, Anm. 242, behalten „Simplizität" bei, wobei nur letzterer eine Begründung angibt, nämlich daß Kant sich auf diesen Paralogismus als den „Achilles aller dialektischen Schlüsse" (A 351) beziehe. Auch diese Deutung ist möglich, jedoch kommt in der Formulierung des Schlusses der Begriff Substanz nicht vor.
14
Matthias Koßler
Kategorie zurückgehen23. Faßt man hingegen den Begriff „Prämisse" weiter als die einem Schluß zugrundeliegende Tatsache, so kann man durchaus sagen, daß einerseits die Behauptung zutrifft, die reine Apperzeption sei einfach, Substanz usw. im Begriffe, sofern nämlich keine Aussage über einen Gegenstand damit verbunden wird, und andererseits in der Tat eine innere Wahrnehmung der Bedingung des Empirischen überhaupt auf irgendeine Weise stattfindet24. Sowohl im Ober- wie im Untersatz des Paralogismus sind diese richtigen Prämissen bereits verfälscht, indem sie durch die Kategorie als objektive Erkenntnis gedacht werden; hierfür fehlt jedoch im ersten Fall das Gegebene der Anschauung, im zweiten die Materialität oder Raum-Zeitform desselben. Wenn es also zu Beginn des hier erörterten Abschnitts hieß, daß der „dialektische Schluß", der den Paralogismen zugrundeliegt, „allein in der Form fehle" (A 397 f.), so ist darunter nicht die quaternio terminorum zu verstehen, die in den vier Paralogismen jeweils enthalten ist, sondern der Umstand, daß die menschliche Vernunft als das „Vermögen der Prinzipien" (A 299, 405) überhaupt die Form des Schließens als „Ableitung einer Erkenntnis aus einem Prinzip" (A 300) hat25. Denn dadurch, daß ihre Behauptungen „billig auf Prinzipien und allgemeine Begriffe von denkenden Naturen überhaupt gegründet" sind (A 405), ist sie genötigt, die Prämissen als objektive, durch die Kategorien bestimmte, Erkenntnisse zu denken. Sie tut das, indem sie die logische Einheit eines jeden Gedankens mit der unbestimmt wahrgenommenen Bedingung der Gedanken im einzelnen Falle zu einem scheinbaren Gegenstand verknüpft und auf diesen die Kategorien anwendet. Da der Schein, der die Vernunft zu diesem Fehlschluß verleitet, in der Identität der Handlung der Synthesis, welche die Einheit des Bewußtseins wie des Gegenstandes begründet, liegt, also auf der Einheit, die aller kategorialen Einheit vorausgesetzt ist, beruht (in der zweiten Auflage der Deduktion wird Kant später die transzendentale Einheit der Apperzeption als „qualitative" deutlicher von der entsprechenden Quantitätskategorie abheben (B 131)), wird in den „dialektischen Behauptungen" 23
24
25
Klemme, a. a. O., S. 297. Kalter, a. a. O., S. 120 ff., 124, und Choi, a. a. O., S. 142 ff., meinen, der Untersatz sei zwar falsch, nicht aber der Obersatz. Bereits Heimsoeth, a. a. O., S. 162, hat die „paradoxe" Wendung vom transzendentalen Gebrauch, der gar kein Gebrauch ist, dahingehend interpretiert, daß damit nur gesagt sei, daß „durch die reine Kategorie kein usus realis, keine Sacherschließung erwartet werden darf", und ist deswegen zu Recht von Liebrucks, a. a. O., S. 289, mit dem Hinweis kritisiert worden, es handele sich hierbei um den transzendentalen Verstandesgebrauch, „der illegitim ist", nicht um den transzendentalen (regulativen) Vernunftgebrauch. Vgl. a. A 247: „Der bloß transzendentale Gebrauch also der Kategorien ist in der Tat gar kein Gebrauch ...". Die Erklärung Klemmes, a. a. O., S. 298, der, nachdem er die Unhaltbarkeit beider Prämissen herausgestellt hat, sagt, „Kant muß jedoch, da es sich um Paralogismen der reinen Seelenlehre handeln soll, zugleich zeigen, wie die beiden Prämissen für sich betrachtet wahr sein können", scheint mir die Rede von den ,richtigen Prämissen* unterzubewerten. Vgl. Liebrucks, a. a. O., S. 246: „Der transzendentale Paralogismus schließt auch der Form nach falsch. Aber der Grund liegt in der Natur der Vernunft selbst, die einen Fixpunkt braucht". Vgl. Klemme, a. a. O,, S. 314.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
15
der reinen Seelenlehre die Apperzeption auf diese Weise „durch alle Klassen der Kategorien, aber nur auf diejenigen Verstandesbegriffe durchgeführt..., welche in jeder derselben den übrigen zum Grunde der Einheit in einer möglichen Wahrnehmung liegen, folglich: Subsistenz, Realität, Einheit (nicht Vielheit) und Existenz ..." (A 403). Indem die Apperzeption nun auf die jeweils den übrigen zum Grunde der Einheit in einer möglichen Wahrnehmung liegende Kategorie „durchgeführt" wird, d. h. indem die durch diese Kategorie gedachte Einheit mit der (qualitativen) dialektischen Einheit identifiziert wird, ändert sich ihr Charakter. So steht bei den Quantitätskategorien die Einheit nicht im Gegensatz zur Vielheit, sondern sie ist, als der Anwendung der Kategorien Vielheit und Allheit zugrundeliegende „Einheit bei der Vielheit" (A 404), eine Einheit, die auf die Weise der Vielheit stattfindet und darin dennoch „numerisch-identisch" (A 344) bleibt. Eine kategoriale Verknüpfung der Kategorien durch Einheit würde von der Vielheit ausgehen, indem sie sie als Vielheit von Einheiten und selbst durch Einheit gedacht als Allheit auffassen würde (vgl. B 111). Daher fügt Kant in dem zitierten Satz noch „nicht Vielheit" ausdrücklich hinzu; denn die qualitative Einheit der Apperzeption ist die Einheit von kategorialer Einheit und Vielheit, die die Vielheit somit nicht außer sich bestehen läßt. Ebenso ist, wie schon gesagt, „einfach" keine kategoriale Bestimmung eines Gegenstandes, wenn es die Bedeutung „nicht als reales Ganze" (A 404) impliziert. Bei der Anwendung der Kategorie der Realität ist das (nur relativ) einfache Reale als Teil der Materie und damit unter dem Gesichtspunkt der Negation durch die Begrenzung aufgefaßt, während hier das Einfache die Grundlage bildet. Die einfache Substanz hat daher nicht das Merkmal der Beharrlichkeit, sie ist nicht aus der Relation zu etwas anderem gedacht, sondern durch die Subsistenz als die „Einheit des Verhältnisses" (ebd.). Schließlich ist auch bei der Kategorie der Existenz die Relation zu anderen Dingen derart auf die Einheit zurückgeführt, daß die Dinge als bloße Vorstellungen nicht aus der Einheit des Daseins fallen26. Die Existenz steht hier nicht der Notwendigkeit gegenüber (vgl. A 160), sondern ist insofern selbst notwendig, als die Möglichkeit von Gegenständen im Raum als Vorstellungen von ihr abhängt (vgl. A 344). Da somit die Unterscheidung der mathematischen und dynamischen Klassen der Kategorien hier hinfällig ist, was auch dadurch deutlich wird, daß nirgendwo mehr Korrelate auftreten (vgl. B 110, A-l60), kann die Neuordnung der Kategorientafel von der Substanzkategorie ausgehend „der Reihe rückwärts" nach (A 344), die zu Beginn des Paralogismuskapitels recht willkürlich erschien, begründet werden: Ausgehend davon, daß „hier zuerst ein Ding, Ich als denkend Wesen" (ebd.), d. h. als Substanz, gegeben ist, wird diese als in sich — 26
Hier besteht eine Differenz zur ersten Darstellung der Tafel im Einleitungsteil des Paralogismenkapitels (A 344). Dort ist die Formulierung nicht an der Existenzkategorie, sondern entsprechend der Ordnung der Kategorien (vgl. A 80) an der der Möglichkeit orientiert. Eine Anmerkung Kants zu dieser Formulierung, die darauf hinweist, daß damit die Existenz der Seele angesprochen sei, und dabei auf die nachfolgenden Erörterungen verweist, könnte durchaus eine nachträgliche Korrektur sein, was für die These Kalters von einer späteren Überarbeitung sprechen würde (s. Anm. 3).
16
Matthias Koßler
nicht im Verhältnis zu anderem — einfache gedacht, so daß diese Einfachheit auf die Weise der Vielheit, als Flüchtigkeit in der Zeit, stattfindet, indem sie sich als das Dasein des Raums der Vorstellungen, in dem aller zeitliche Wechsel der Dinge vor sich geht, versteht27. Damit ist die Einheit des Selbstbewußtseins als Bedingung der Einheit einer möglichen Wahrnehmung, d. h. als Bedingung des Denkens, ausgedrückt, und die Durchführung der Apperzeption auf die jeweiligen Kategorien hat ja ,ihre unstreitige Richtigkeit4, „nur daß die Vernunft sie hier alle als Bedingungen der Möglichkeit eines denkenden Wesens, die selbst unbedingt sind, vorstellt" (A 403). Die Einheit wird folglich aufgrund der Natur der Menschenvernunft jeweils als die „unbedingte Einheit", als Prinzip der Einheit der Verstandesregeln (vgl. A 302) begriffen. Wenn z. B. die Durchführung der Apperzeption auf die Quantitätskategorie der Einheit die qualitative Einheit von kategorialer Einheit und Vielheit zur Folge hatte, so wird diese durch die Vernunft wiederum kategorial als unbedingte Einheit und Grund der Möglichkeit der Kategorien gedacht. In der Tat (oder in der ,Wirklichkeit' in jenem vorkategorialen Sinne) besteht diese Einheit jedoch nur in der Identität der Handlung bei der Anwendung der Kategorien auf die Anschauung, ist also nicht von den Verstandesregeln als ihr Prinzip der Einheit ablösbar. Die Sätze der reinen Psychologie, die dadurch entstehen, daß dieses Scheinen des Unbedingten nicht durchschaut wird, enthalten also gar „nicht empirische Prädikate von der 27
Gäbe, a. a. O., S. 95, bezeichnet die Reihenfolge der Neuordnung unter Berufung auf B 409 und 416 ff. als „analytisch". Gerade dort jedoch kennzeichnet Kant den synthetischen Zusammenhang durch das Ausgehen von der Relationskategorie, während im „analytischen Verfahren" (B 418) die Modalitätskategorie den Ausgangspunkt bildet. Vgl. Klemme, a. a. O., S. 290. Dieser Unterschied ist aber nicht bloß formal, wie Klemmes kurze Ausführungen suggerieren, sondern hängt damit zusammen, ob die Betrachtung vom Begriff eines denkenden Wesen überhaupt ausgeht oder von der „Wirklichkeit" des empirischen Satzes: ich existiere denkend (B 418 ff.). In diesem Sinne sind Gäbe, a. a. O., S. 54ff., und Choi, a. a. O., S. 137f., 164ff. (ohne Gäbe dabei zu nennen), zu dem Ergebnis gekommen, daß Kant in der ersten Auflage die rationale Psychologie auf synthetischem, in der zweiten Auflage auf analytischem Wege widerlegt; vgl. Joachim Kopper: Reflexion und Determination. Berlin/New York 1976, S. 79. Die vorliegende Untersuchung soll zeigen, daß zumindest bei der Erörterung des transzendentalen Scheins bereits in der ersten Auflage auch der Analytische Weg' ins Auge gefaßt wird. Die synthetische Reihenfolge der Schlüsse läßt sich in eine analytische umwandeln, wenn in ihr das denkende Wesen als einzelne Vorstellung im unten erörterten Sinne und nicht als Objekt gefaßt wird, bzw. wenn es „unbestimmt [bleibt], ob darunter Substanz verstanden werden solle oder nicht" (B 419). Darauf deutet Gäbes Begründung der Bezeichnung der Tafel als analytisch mit der erst in B 409 zum Vorwurf gemachten Identifizierung der logischen Analyse des Bewußtseins mit einer metaphysischen Bestimmung des Objekts unfreiwillig hin. Liebrucks, a. a. O., S. 248 f., sieht in der Andeutung einer nicht positiven Selbstanschauung, die m. E. in der einzelnen Vorstellung Ich bin gegeben ist, einen Ausgangspunkt zu Hegels Forderung, „das Wahre nicht als Substanz, sondern ebensosehr als Subjekt aufzufassen" (G. W. F. Hegel: Phänomenologie des Geistes (Werke Bd. 3). Frankfurt/M. 1970, S. 23). Vgl. dazu Matthias Koßler: Substantielles Wissen und subjektives Handeln, dargestellt in einem Vergleich von Hegel und Schopenhauer. Frankfurt/M. u. a. 1990.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
17
Seele, sondern solche, die, wenn sie stattfinden, den Gegenstand an sich selbst unabhängig von der Erfahrung, mithin durch bloße Vernunft bestimmen sollen" (A 405). Die Vernunft zielt damit an ihrem intendierten Gegenstand vorbei, selbst wenn man unter ihm nicht die Seele als bestimmbare empirische Anschauung, sondern die unbestimmte Anschauung des Empirischen überhaupt versteht. Denn diese gibt lediglich „die einzelne Vorstellung, Ich bin", die gleichwohl als das einzige Datum die Sätze der reinen Seelenlehre „insgesamt regiert", indem sie, „weil sie die reine Formel aller meiner Erfahrung (unbestimmt) ausdrückt, sich wie ein allgemeiner Satz, der für alle denkenden Wesen gelte, ankündigt, und, da er gleichwohl in aller Absicht einzeln ist, den Schein einer absoluten Einheit der Bedingungen des Denkens überhaupt bei sich führt, und dadurch sich weiter ausbreitet, als mögliche Erfahrung reichen könnte" (ebd.). Dieser Satz, mit dem Kant das Paralogismuskapitel in der ersten Auflage endgültig abschließt, faßt noch einmal die wesentlichen Momente der Lehre vom transzendentalen Schein in der Seelenlehre zusammen. Ausgangspunkt ist die innere Wahrnehmung des Selbstbewußtseins, die die „einzelne Vorstellung, Ich bin" hervorbringt. Der Begriff „einzeln" ist hierbei problematisch zu nehmen, denn er bezeichnet keine kategoriale Bestimmung; vielmehr bedeutet er gerade, daß die innere Wahrnehmung zu keiner Vorstellung eines Objekts führt, als welche sie allein allgemein sein könnte. Die einzelne Vorstellung ist so wenig wie der „einzelne Fall", von dem oben die Rede war, einzeln wie ein Objekt im Raum, nicht einmal einzeln in der Zeit, denn was sie ausdrückt ist als die Einheit der Handlung der Synthesis auch der Zeit vorausgesetzt (vgl. a. B 154f.)28. Diese einzelne Vorstellung drückt damit „die reine Formel aller meiner Erfahrung (unbestimmt)" aus, so wie im einzel28
Der Begriff „einzeln" kommt in der Kritik sonst nur im Zusammenhang mit dem transzendentalen Ideal vor (A 568, 576) und in einer Anmerkung zur zweiten Auflage der Transzendentalen Deduktion (B 136 A.), wo es heißt: „Der Raum und die Zeit und alle Teile derselben sind Anschauungen, mithin einzelne Vorstellungen mit dem Mannigfaltigen, das sie in sich enthalten (...), mithin nicht bloße Begriffe, durch die eben dasselbe Bewußtsein, als in vielen Vorstellungen, sondern viel Vorstellungen als in einer, und deren Bewußtsein, enthalten, mithin als zusammengesetzt, folglich die Einheit des Bewußtseins als synthetisch, aber doch ursprünglich angetroffen wird. Diese Einzelnheit derselben ist wichtig in der Anwendung (siehe § 25)". Der Verweis bezieht sich wohl auf B 158 f.: „... so bedarf ich auch zum Erkenntnisse meiner selbst außer dem Bewußtsein, oder außer dem, daß ich mich denke, noch einer Anschauung des Mannigfaltigen in mir, wodurch ich diesen Gedanken bestimme, und existiere als Intelligenz, die sich lediglich ihres Verbindungsvermögens bewußt ist, in Ansehung des Mannigfaltigen aber, das sie verbinden soll, einer einschränkenden Bedingung, die sie den inneren Sinn nennt, unterworfen, jene Verbindung nur nach Zeitverhältnissen, welche ganz außerhalb den eigentlichen Verstandesbegriffen liegen, anschaulich machen, und sich daher selbst doch nur erkennen kann, wie sie, in Absicht auf eine Anschauung (...), ihr selbst bloß erscheint, nicht wie sie sich erkennen würde, wenn ihre Anschauung intellektuell wäre". Wäre die Anschauung intellektuell, so würde sie dem Begriff entsprechen und wäre nicht einzeln. So aber ist die Einheit des Bewußtseins synthetisch im einzelnen Falle. Daher ist „die analytische Einheit der Apperzeption ... nur unter der Voraussetzung irgendeiner synthetischen möglich" (B 133).
18
Matthias Koßler
nen Fall der Satz, Ich denke, das Selbstbewußtsein ausdrückt (s. o. S. S)29: Beide Aussagen bezeichnen dasselbe, auch wenn bei der ersten von der Vorstellung: Ich bin, und bei der zweiten von dem Satz: Ich denke, gesprochen wird. Denn im zweiten Fall wird der Satz, Ich denke, betrachtet, insofern er den Satz, Ich existiere, in sich enthält, oder genauer gesagt, „mit ihm identisch" ist (B 422 A.)30. Er kann aber auch für die bloß logische Einheit des Gedankens stehen, und daher ist es sinnvoll, im Ausgang die Form des Satzes zu wählen, die weniger mißverständlich ist. Ich bin oder Ich denke „drückt" die reine Formel aller meiner Erfahrung „aus". Der Terminus31 „ausdrücken" steht dafür, daß diese Vorstellung keine (objektive) Erkenntnis von der (subjektiven) Bedingung der Erfahrung gibt, da ihr keine bestimmbare Anschauung zugrundeliegt. Das Ich drückt die Einheit der Kategorien aus, aber diese können nicht zur Bestimmung auf es angewendet werden. Was das Subjekt oder Ich sei, das in der Vorstellung ausgedrückt ist, ist nicht bestimmbar, es ist die bloße „Formel" aller meiner Erfahrung. Daß es die Formel „meiner" Erfahrung bzw. die bloß „subjektive" Bedingung derselben ist, muß wie die Einzelheit der Vorstellung so verstanden werden, daß diese Ausdrücke nichts Bestimmbares bezeichnen, sondern vielmehr zur Abgrenzung gegen das Bestimmbare überhaupt verwendet werden; als Ausdrücke von Bestimmbarem aufgefaßt, wären sie transzendent. Gerade darin aber, daß die Vorstellung, Ich bin, bzw. der Satz des Selbstbewußtseins, Ich denke, etwas ausdrücken, was dennoch unbestimmbar ist, liegt der Schein. Denn das Nichtallgemeine und Nichtobjektive, das aus der Unmöglichkeit der Anwendung der Kategorien folgt, läßt sich nicht auf die Weise erfassen, wie der Gegensatz zum Allgemeinen und Objektiven im Bereich des kategorialen Erkennens gedacht wird, nämlich durch die Beziehung auf mich als einzelnes leibliches Wesen, wie ich mir in der Anschauung gegeben und gegenständlich bin. Der Verstand ist mit der Deutung dieser Vorstellung überfordert, weil sie etwas Transzendentes ausdrückt, er aber nur im Ausgang von der Welt begreifen kann. Die Vernunft fordert jedoch, die Bedingung des Denkens, die in dem Satz, Ich denke, ausgedrückt ist, zu erfassen. Auf diese Weise „gebietet" sie, die Grenzen der Erfahrung zu überschreiten und deren „Grenzpfähle niederzureißen" (A 296; vgl. o. S. 3). Heiner F. Klemme hat in seiner umfangreichen und eingehenden Untersuchung zu Kants ,Philosophie des Subjekts* nachzuweisen versucht, daß die Neufassung des Paralogismuskapitels in der zweiten Auflage mit einer „Neubestimmung des Verhältnisses von Urteilsfunktionen und Kategorien"32 zusammenhängt. Demnach hätte Kant erst in der zweiten Auflage der Kritik zwischen den logischen Funktionen des Denkens und den Kategorien, von denen nur in tatsächlicher Beziehung auf 29 30 31
32
Vgl. a. Cohen, a. a. O., S. 134 f., dessen kurze Ausführungen hierzu allerdings nicht sehr klar sind. Vgl. Choi, a. a. O., S. 202. Klemme, S. 114 f., 299, weist darauf hin, daß „ausdrücken" in den frühen Entwürfen Kants ein konstitutiver terminus technicus der empirischen Psychologie war, bei der Kant noch von der Möglichkeit einer unmittelbaren Selbstanschauung ausgegangen sei. Klemme, a. a. O., S. 271.
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
19
gegebene Anschauungen gesprochen werden kann, unterschieden und damit eine „transzendentale Bedeutung" (A 248/B 305) bzw. „terminologische Verwendung" der reinen Kategorien ausgeschlossen33. Während also in A durch die nicht-schematisierten Kategorien etwas, nämlich der transzendentale Gegenstand, gedacht, wenn auch nicht erkannt werde, sei in B ohne gegebene Anschauung nur das „logische Denken" als ein „rein formales Denken, welches keinen intentionalen Bezug auf ein Etwas hat", möglich34. Diese Neubestimmung führt Klemme darauf zurück, daß Kant sich gezwungen sah, das Verhältnis von (erlaubtem) praktischem und (unzulässigem) theoretischem Gebrauch reiner Kategorien zu klären35. Wenn diese Deutung zuträfe, nach der in der zweiten Auflage „die rationale Psychologie ein unmögliches (d. h. nicht nur irriges — M. K.) Unternehmen ist, weil dieses IchSubjekt als Intelligenz im bloßen Selbstbewußtsein überhaupt nicht als ein Gegenstand des inneren Sinnes gedacht werden kann"36, dann würde das bedeuten, daß die Lehre vom unvermeidlichen transzendentalen Schein dort keine Basis mehr hätte und die Behauptungen der rationalen Seelenlehre bloße Fiktionen wären. Die Ergebnisse der Arbeit Klemmes, die sich nicht auf das Paralogismuskapitel und auch nicht auf die Kritik der reinen Vernunft beschränkt, können und sollen hier nicht beurteilt werden. Die vorliegende Untersuchung hat aber zum einen gezeigt, daß bereits in der ersten Auflage der Kritik ein Gebrauch nicht-schematisierter Kategorien und damit eine Beziehung des Selbstbewußtseins auf ein wie immer geartetes „Referenzobjekt"37 ausgeschlossen und daß zum anderen unter dieser Voraussetzung dennoch — oder vielmehr gerade deswegen — die Lehre vom unvermeidlichen transzendentalen Schein nachvollziehbar gemacht werden kann. Nach beiden von Klemme herausgestellten Versionen ist nicht zu sehen, worin der Schein besteht, denn wenn wir gemäß der -Interpretation Klemmes „das Referenzobjekt selbst auch dann nicht erkennen können, wenn wir es objektivieren, also durch die reinen Kategorien denken"38, dann müßten wir eine objektive Erkenntnis von der Nichtigkeit unseres Gegenstandes haben; wird hingegen gemäß der B-Interpretation das Selbstbewußtsein als formales Denken ohne Intention auf etwas gefaßt, so ist die Illusion, die zur Hypostasierung desselben führt, weder natürlich noch unvermeidlich. Der transzendentale Schein kann nur dann stattfinden, wenn etwas vorliegt, das aufgrund der Beschaffenheit des Denkens inadäquat aufgefaßt wird. 33 34
35 36
37 38
Ebd., S. 274 f. Dagegen spricht natürlich schon, daß die Stelle, bei der von der transzendentalen Bedeutung der Kategorien die Rede ist, in der zweiten Auflage beibehalten wurde. Ebd., S. 275 f., vgl. S. 291, 387. Klemme greift damit auf eine These Horstmanns zurück, für die er den erkenntnistheoretischen Grund angeben will (S. 291). Vgl. Horstmann, a. a. O., S. 416 ff.; vgl. a. u. Anm. 44. Klemme, a. a. O., S. 278 ff., 292 f. Ebd., S. 391. Klemme stellt es selbst an dieser Stelle als ein Problem heraus, daß das von der rationalen Psychologie intendierte objektive Ich in der zweiten Auflage, selbst wenn es als durch Kategorien bestimmbar gedacht würde, gar keinen „systematischen Ort" mehr hat. Ebd., S. 400. Ebd.
20
Matthias Koßler
Das Ergebnis der Untersuchung stützt sich ausschließlich auf Zitate aus der ersten Auflage, bis auf die Anmerkung zu B 422 f. Um dem möglichen Vorwurf einer durch diese Heranziehung gegebenen petitio principii in der Argumentation hinsichtlich der Relativierung des Unterschieds der beiden Auflagen39 zuvorzukommen, muß sie noch erläutert werden. Wenn nämlich in der Anmerkung tatsächlich „zwei Sorten von Existenz in einem nicht-kategorialen Sinne" unterschieden werden müßten, deren eine die unbestimmte Wahrnehmung des Selbstbewußtseins betrifft, welche nur auf „irgendeine Empfindung, nicht jedoch auf Anschauung" bezogen und daher „an Inhalt gänzlich leer" ist, die andere dagegen das in der Tat existierende Reale als das unbestimmte anschaulich Gegebene dieser Wahrnehmung40, dann könnte nicht von der unbestimmten Anschauung des Selbstbewußtseins in dem Sinne gesprochen werden, wie sie oben zur Erläuterung des Scheins herangezogen wurde. Nun ist dazu zunächst zu sagen, daß Kant selbst an dieser Stelle unbestimmte Wahrnehmung und unbestimmte empirische Anschauung gleichsetzt41. Weiterhin ist das Reale nach Kant „ein Gegenstand der Empfindung" (B 207), d. h. beide Sorten der Existenz betreffen doch wieder ein und dasselbe, nämlich Empfindung. Diese schließlich ist eine „Vorstellung, von der man sich nur bewußt werden kann, daß das Subjekt affiziert sei" (B 208); affiziert werden kann das Subjekt jedoch nur als Gegenstand des inneren Sinnes, d. h. als erscheinendes in der Form der Zeit (B 153 ff.,506 f.)42. Die „unbestimmte empirische Anschauung, d. i. Wahrnehmung" des Ich denke umfaßt also beide Momente, oder genauer gesagt: sie betrifft das Eine Gegebene, das sich erst im Vollzug der Bestimmung gegebener Anschauungen in ein subjektives und ein objektives Moment teilt43. „Das transzendentale Objekt, welches den 39
40
41
42
43
Eigens zu erörtern wäre die These Kalters, der von uns behandelte Abschnitt stelle eine nachträgliche Überarbeitung dar (s. o. Anm. 3). Sie könnte zwischen dem Ergebnis unserer Untersuchung und den zu Recht herausgestellten Unterschieden der beiden Auflagen bezüglich anderer Abschnitte vermitteln. Leider finden sich weder bei Choi noch bei Horstmann und Klemme Stellungnahmen zu dieser These. Vgl. a. Anm. 26. Ebd., S. 386, 388. Vgl. o. S. 8. Klemme, a. a. O., S. 384, zitiert zwar diese Stelle, spricht dann aber in seinen Ausführungen dazu nur noch von unbestimmter Wahrnehmung im Gegensatz zur Anschauung. Die Empfindung hat eine intensive Größe, die auf der Möglichkeit verschiedener Zustände in der Zeit beruht (B 207ff.). Das gleiche trifft für das Ich denke zu, wenn, wie Klemme, a. a. O., S. 390, sagt, „das Reale im bloßen Aktus ,Ich denke* als intensive Größe zu verstehen" sein muß. Sofern daher das Selbstbewußtsein auf Empfindung bezogen ist, muß es auch auf mögliche Anschauung bezogen sein. Vgl. dazu Choi, a. a. O., S. 152 ff. Klemme geht weder in seinem Buch noch in seiner Rezension Chois in: Kant-Studien 84, 1993, S. 110—115, auf diese Passage ein. Kopper, a. a. O., S. 84 ff., Choi, a. a. O., S. 203, sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Doppelung des ,Ich denke*". Möglicherweise bezieht Choi sich dabei auf Kopper, S. 90, der sagt, das Erkennen wisse sich selbst „auf die Weise der unmittelbaren Doppelung seiner selbst": Dort wird aber auch sogleich darauf hingewiesen, daß die Doppelung von dem Begreifen „unter der Determination", d. h. von der Auffassung durch das kategoriale Erkennen, abhängt. Das Selbstbewußtsein im einzelnen Falle ist nicht aus der Doppelung
Der transzendentale Schein in den Paralogismen der reinen Vernunft
21
äußeren Erscheinungen, imgleichen das, was der inneren Anschauung zum Grunde liegt, ist weder Materie, noch ein denkend Wesen an sich selbst, sondern ein uns unbekannter Grund der Erscheinungen, die den empirischen Begriff von der ersten sowohl als zweiten Art an die Hand geben" (A 379f.)44. Stelle ich nun diesem transzendentalen Objekt, das den Grund des empirischen Objekts wie des Subjekts darstellt, ein transzendentales Subjekt gegenüber, so bezeichnet letzteres nur die Abstraktion der logischen Einheit von den empirischen Bedingungen, die immer gegeben sein müssen, um von der unbestimmten Wahrnehmung des Selbstbewußtseins sprechen zu können. Das Denken als „bloß logische Funktion, mithin lauter Spontaneität" (B 428) ist nichts als eine „mögliche Abstraktion von meiner empirisch bestimmten Existenz", welche nicht mit „dem vermeinten Bewußtsein einer abgesondert möglichen Existenz meines denkenden Selbst" verwechselt werden darf (B 427); d. h. es ist ein abgezogener Begriff, durch den „nichts zum Denken gegeben ist" (B429) 45 . Damit ist nichts anderes gesagt als in der ersten Auflage, wo es heißt, der transzendentale Gebrauch der Kategorien sei gar kein Gebrauch. Wenn Kant aber in der zweiten Auflage die Abstraktion mit der Idee der Vernunft direkt gleichsetzt (B 426), so entsteht sehr leicht der Eindruck, die Lehre vom Schein sei entweder überflüssig, da nur eine willkürliche Fiktion mit einer empirischen Tatsache verwechselt werde, oder aber die Idee reiner Spontaneität habe selbst eine Art nichtkategorialer Existenz, die sich nur auf Empfindung bezieht. Die nötige Erklärung, daß nämlich diese Abstraktion nur in dem einzelnen Fall, in dem ich tatsächlich durch die Anwendung der Kategorien auf gegebene Anschauungen der Identität meiner Handlung bewußt werde, den Charakter einer unvermeidlichen Illusion erhält und als solche nicht einem bloß abstrakten Begriff gleichkommt46, findet sich nicht in der zweiten Auflage47, so daß nur in der ersten die vollständige Lehre vom transzendentalen Schein zu finden ist.
44 45 46
47
heraus zu verstehen, sondern als jeweiliger Grund des kategorialen Erkennens im Sinne einer Bewegung zur Doppelung. Horstmann, a. a. O., S. 418, identifiziert den „Grund" in diesem Satz mit einem „Substratum", um seine These (s. Anm. 34) zu stützen. Dazu sehe ich keinen Anlaß. Vgl. Liebrucks, a. a. O., S. 304. Vgl. Koppers Rede von der „als Aposteriorität geschehenden Apriorität" des Erkennens (a. a. O., S. 86, 94). Liebrucks, a. a. O., S. 302, formuliert dieses Verhältnis, indem er es praktisch umkehrt: „Das Enthaltensein der Existenz ist das Enthaltensein der Existenz in einem Satz, von welchem Enthaltensein nicht auf die Existenz als absolute Position außerhalb des Satzes geschlossen werden darf. Darin möchte ich die Spitze der Argumentation im Paralogismuskapitel sehen. Es wird vorgeführt, daß die Einheit der transzendentalen Apperzeption nicht existieren darf, sondern reines Prinzip bleiben muß". Diese Sichtweise hängt mit den in Anm. 14 und 48 festgestellten Differenzen zusammen. Vgl. Choi, S. 201. Bei der zitierten Stelle (B 426) kann man allenfalls in dem Wörtchen „noch" das Satzes „Ich denke mich selbst zum Behuf einer möglichen Erfahrung, indem ich noch von aller wirklichen Erfahrung abstrahiere" einen Hinweis darauf vermuten, daß es sich hierbei um keine gewöhnliche Abstraktion handelt, denn das klingt so, als abstrahierte ich von etwas, das noch nicht gegeben sei. Gerade diese Formulierung ist der Deutung förderlich, das Selbstbewußtsein könne als bloße Intelligenz, die von aller Anschauung, nicht jedoch von der Emp-
22
Matthias Koßler
Die Lehre vom unvermeidlichen transzendentalen Schein ist nicht nur für die Transzendentale Dialektik von entscheidender Bedeutung, sondern auch für deren Verhältnis zur Analytik und zur praktischen Philosophie. Daß die Ideen der Vernunft im transzendentalen Schein begründet sind, hat für das Verständnis ihres regulativen Gebrauchs zur Folge, daß er nicht nur auf die Ermöglichung des Verstandesgebrauchs (im Sinne einer Philosophie des Als-ob) ,abgezweckt4 ist48. Zugleich wird damit die „nach sicheren Grundsätzen vollzogene Grenzbestimmung" (A 395) des Erkennens durch die Beschränkung auf mögliche Erfahrung, wie sie in der Analytik vorgenommen wurde, aufgeweicht, indem mit dem Schein das Erscheinende der Erscheinung thematisch wird. Und schließlich gerät auch die strikte Trennung von theoretischer und praktischer Vernunft in ein anderes Licht, wenn die Grenzen der ersteren im transzendentalen Schein gründen.
48
findung absieht, gefaßt werden; dagegen spricht aber die Rede von der Abstraktion von aller wirklichen Erfahrung, die immer Empfindung enthält. S. Anm. 2. So scheint mir Liebrucks, a. a. O., S. 92 f., den regulativen Gebrauch zu fassen, wenn er ihn in den Rahmen der „Selbsterhaltung" des Verstandes als „Bedingung der Möglichkeit formallogischen Denkens" stellt.
Construction and Reductio Proof1 by David Sherry, Flagstaff/Arizona
S 1. A Puzzle. Kant bans the method of reductio ad absurdum from philosophy (B 817 ff.). 2 This seems like sound advice in view of the antinomies. The antinomies arise from subreption, i. e., ascribing objective validity to that which has only subjective validity (B 537). Unlike latter day intuitionists, Kant allows RAA proofs in mathematics, "where this subreption is impossible" (B 820). While he calls proof by RAA a "last resort" and complains that it gives no insight into the grounds of truth, he sees no danger that mathematical RAA will lead to speculative illusion. Even mathematical proofs of last resort guarantee the objective validity of their concepts. Kant says little about why subreption cannot occur in mathematical RAA. But in introducing the antinomies he does write: In mathematics no false assertions can be concealed and rendered invisible, in äs much äs proofs must always proceed under the guidance of pure Intuition and by means of a synthesis that is always evident. (B 452)
Given the reductio method of the antinomies, there is reason to think that Kant applies this dictum to reductio proofs in mathematics. Thus, indirect proof is permissible in mathematics because it is intuitional rather than discursive, and hence the misrepresentation of the subjective äs the objective is not possible. 1.6, the first indirect proof in Euclid's Elements, assumes a triangle with equal base angles but unequal sides and thereby derives an absurdity. The proof employs a diagram in the same manner äs a direct proof like 1.32. As Kant describes the latter, first an instance of the concept is constructed, then one performs further construction on it and finally one reasons about the resulting figure (B 744). On the way to showing equal base angles subtend equal sides, 1.6 teaches that there is no object corresponding to the concept triangle with equal base angles and unequal sides. There is a puzzle here, a t least for anyone inclined toward the thesis that geometry is intuitive. The proof depends upon constructing a figure in Intuition, which turns out not to be a possible object of Intuition. It is the bürden of this paper to respond to this puzzle without abandoning the intuitive character of traditional geometry. The account avoids resources of contemporary mathematics and logic, 1 2
This project was supported by NEH Grant FT-38113-93 and benefited from many conversations with lan Dove. I received useful criticism from Gordon Brittan and Mike Malone. References to the Critique of Pure Reason are given by pagination of the second ("B" — 1787) edition, Kemp Smith translation.
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 23-39 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
24
David Sherry
which allow one to solve the puzzle by introducing a "less literal sense" of construction (cf. Brittan 1978, 72). In the end we discard a philosophical thesis Kant inherited from Aristotle (§ 5) and Stretch considerably Kant's notion of objective validity (S 6). There is a tempting way out of the puzzle, following a Suggestion of Aristotle's which still enjoys currency (cf. An. Prior 41a21ff.). If, from an assumption, a contradiction is deduced using only formal inferences, then it is irrelevant that the initial concept has no objective validity; a formal consequence is independent of the content of its concepts. Many scholars attribute such a view of mathematical reasoning — both direct and indirect — to Kant (Beck 1965, 89—90 and Brittan 1978, 55). But this view is difficult to reconcile with Kant's distinction between philosophical and mathematical reasoning (B 744—745). Philosophical reasoning is discursive, i. e., limited to conceptual analysis, the logic of which is formal. 3 Mathematical reasoning, on the other hand, is "guided throughout by Intuition", and I Interpret this to mean that the syntheticity of mathematics is not merely a function of the synthetic character of its axioms. The geometer's construction provides "the unknown = X" which makes possible the connection between the subject and predicate concepts (cf. B 13). Of course the construction depends upon the postulates for its validity. But their function consists in producing objects of intuition rather than in providing axioms from which conclusions are drawn by analytic means alone. This is evident from the impossibility of drawing even the most meager conclusions with the resources of syllogistic (Mueller 1974, 37—48 and Friedman 1992, eh. 1). It is difficult to accept that Kant so grossly over-estimated the powers of formal reasoning. I shall not discuss more fully whether, for Kant, geometrical inference requires Intuition. It suffices to note that those who hold that geometrical reasoning is intuitlonal have a problem with reductio proofs. § 2. Setting-out, Preparation and Construction. The geometer moves beyond conceptual analysis by "beginning at once with a construction" (B 744). But commentators have not noticed that "beginning at once with a construction" admits different interpretations. A Euclidean proof (whether theorem or problem) has six parts, illustrated by Elements 1.1.
1. Proposition. On a given finite straight line to construct an equilateral triangle. 3
Conceptual analysis seeks relations of Containment, exclusion and compatibility between concepts. The categorical forms represent just these relations. This is a wider notion of analyticity than Kant's dictum that the subject concept contains the predicate concept, but it is the best way of understanding how Kant connects general logic with reasoning. This
Construction and Reductio Proof
25
2. Setting-out. Let AB be the given straight line. 3. Determination. Thus it is required to construct an equilateral triangle on the straight line AB. 4. Preparation. With center A and distance AB let the circle BCD have been described; again with center B and distance BA let the circle ACE have been described; and from the point C in which the circles cut one another to the points A, B let the straight lines CA, CB have been joined. 5. Proof. Now since the point A is the center of the circle CBD, AC is equal to AB. Again, since the point B is the center of the circle CAE, BC is equal to BA. But CA was also proved equal to AB; therefore each of the straight lines CA, CB is equal to AB. And things which are equal to the same thing are equal to one another; therefore CA is also equal to CB. Therefore the three straight lines CA, AB, BC are equal to one another. 6. Summary. Therefore the triangle ABC is equilateral; and it has been constructed on the given finite straight line. Which was required to be done.
In which stage in the proof does the geometer begin to construct? Whereas construction by means of Euclid's postulates always begins in the preparation stage, Hintikka 1967 refers explicitly to "the figure constructed in the setting out" and points out that Kant used the German equivalent for setting-out (darstellen) in explaining his notion of construction (126). Hintikka's is the Standard view, which I shall accept only with a substantial modification. The Standard Interpretation is presented clearly in Friedman 1992. There, construction consists in iterations of the fundamental operations of joining two points, extending a line, and constructing a circle from a given center and radius (86). Euclidean proof then proceeds somewhat äs follows. Given a figure a satisfying a condition ...a..., we construct, by Iteration of the basic operations, a new constructive functiong yielding an expanded figure g(a) satisfying a condition ---g(a)---. From this last proposition we are then able to derive a new condition _a__ on our original figure a. (ibid.)
It is possible to treat this passage äs locating the constructive phase of the proof in the preparation; a could be set out for consideration without its being constructed by means of the three basic operations. But this is not Friedman's view. He holds that only by representation through the basic constructions it is possible to reason rigorously with a geometrical concept (126—127). Therefore an object occurring in a rigorous geometrical argument is ipso facto constructible by means of the basic operations, and so any object occurring in the setting out stage ought to possess constructive credentials. Of course this position conflicts with proof by R A A, or, more generally, any conditional proof whose hypothesis is not backed by a rigorous construction.4 Friedman is troubled by his Interpretation of construction. He recognizes there is no place for the fifth postulate because it is not an elementary, iterable constructive function (88 n). It is no mere coincidence that the fifth postulate makes its
4
is not, of course, the usual extensional Interpretation of the categorical propositions; however, it has the advantage of not leading one to "discover" invalid inferences in traditional logic and has a textual basis. Cf. Kant 1974, SS 20 ff. and Sherry 1991. Traditional geometry is filled with examples of both kinds, some of which appear in § 4.
26
David Sherry
first appearance in a reductio proof. In 1.29 Euclid begins by letting a straight fall upon two parallel straights and further letting the alternate interior angles so created be unequal; having set out this object, he then shows it is inconsistent with the fifth postulate. Everything which depends upon the parallel postulate — including 1.32, the Pythagorean theorem (1.47) and the theory of similarity — requires the intelligibility of the proof in 1.29, thus an account of objects like that set out in 1.29 is imperative for a philosophical account of traditional geometry. I shall argue that such cases are constructions different from but equally important äs the elementary constructions. Pace Friedman, there's no need to avoid discussing the parallel postulate with the excuse that it reflects a problem that could not be solved until after the discovery of non-Euclidean geometries (ibid., 89 n). An account of construction is possible which admits 1.29 and assumes nothing more than traditional geometry. It is not an account which Kant offers or even feels a need for, and it creates difficulties for his transcendental philosophy. § 3. Setting Out äs an Act of Construction. In order to account for the füll ränge of proofs in Euclidean geometry, there must be a type of construction different from the elementary constructions. These alone are insufficient to create the necessary intuitions. Since the elementary constructions occur only in the preparation stage, it seems wise to turn to the setting out stage, which, all hands agree, involves construction. What takes place when, in 1.32, one lets ABC be a triangle? What usually happens is this: Someone draws a triangle, labels its vertices A, B, C and then proceeds to focus attention on the diagram, perhaps adding to it, and ultimately reasoning about relations between its elements. Though they are empirical objects, diagrams are not inimical to the a priori Status of geometry. Kant recognizes this when he writes Thus I construct a triangle by representing the object which corresponds to this concept either by Imagination alone, in pure Intuition, or in accordance therewith also on paper, in empirical Intuition — in both cases completely a priori, without having borrowed the pattern from any experience. The single figure which we draw is empirical, and yet it serves to express the concept, without impairing its universality. For in this empirical Intuition we consider only the act whereby we construct the concept, and abstract from the many determinations (for instance, the magnitude of the sides and of the angles), which are quite indifferent, äs not altering the concept 'triangle'. (B 741—742)
Kant's indifference to a distinction between imagined and drawn triangles fits with geometrical practice, where there is never discussion whether a diagram is an accurate representation of a figure constructed in Imagination alone. For practical or theoretical purposes, there is no difference between the two figures, provided we consider only "the act whereby we construct the concept". The fact that empirical diagrams, properly employed, are acceptable objects of geometric reasoning provides a clue to construction not sanctioned by Postulates 1—3. Consider a theorem from which the first three postulates are entirely absent.
Construction and Reductio Proof
27
B
A
D
<-
Trivial Theorem. The bisector of the summit angle of an isosceles triangle is the perpendicular bisector of the base. Proof: Let ABC be an isosceles triangle and let BD bisect /.ABC (setting out). I say that BD bisects AC and that Z.ADB = Z.CDB are right (determination). (No preparation!) Now, since AB = BC, ^ABD = ^CBD and BD is common, AABD is congruent with ÄCDB. Therefore, AD = DC and ^ADB = /iCDB. Since 2!ADB = ^CDB and both are formed by setting one straight line upon another, both are right (proof). Therefore, the bisector of the summit angle of an isosceles triangle is the perpendicular bisector of the base. Which was required to be proved (summary).
This theorem is too trivial to merit the term "element". Its value is pedagogical, enabling students to practice reasoning with congruent triangles without having to discover a clever construction. It can be instructive for philosophers äs well. In setting out ABC, there is no question of measuring AB and BC to insure that they are equal; and there is no question of the proof failing for want of an accurate diagram. Rather, one draws a triangle ABC and simply stipulates that AB = BC. Such stipulations, which consist in treating a figure äs a figure of a certain sort, free the geometer to use an empirical diagram without impairing its universality.5 The capacity to see ABC äs a triangle of a certain sort presupposes the ability to recognize and to draw triangulär figures. Both are essential to mastering the concept of triangle which one brings to the study of geometry.6 In letting ABC be a triangle, it is not incidental that ABC falls under the empirical concept of triangle. Although one can see an apparently isosceles triangle äs scalene or equilateral, it will not work to let, say, a quadrilateral be a triangle, for that would contradict the definition. Not only does the empirical concept provide the diagram with which one works, but empirical features of the diagram also figure in proofs. Thus the diagram situates the three sides and three angles, distinguishes inside from outside and enables us to locate appropriately the bisector of the summit angle äs intersecting the opposite side. 5 6
See Sherry 1993. Here drawing is to be distinguished from constructing. A pencil suffices for drawing (setting out) a triangle, but not constructing one. Not only are a ruler and compass necessary for construction, but one must know also enough rigorous geometry to prove that one has constructed what one set out to construct.
28
David Sherry
The empirical concept is the source of the diagram but the diagram alone is insufficient for mathematical reasoning; it must be transformed into a full-blooded mathematical construct. The diagram for the Trivial Theorem is triangul r, the sides are reasonably straight and AB and BC are roughly the same length. Notice, though, that the diagram would be suitable for the theorem even if AB and BC had been less straight and of quite different lengths. That is because in learning geometry we learn to discount appearance in favor of treating elements of the diagram in accordance with rigid, rule-governed procedures. Moreover, we understand that in a different context the elements could be treated with different procedures. The elements of the diagram, then, are like pieces in a game which admits variations in its rules.7 What we have just described is idealization, which consists in ignoring certain features of an object or Situation while treating others in a rigid, rule-governed manner. The rules in this case prescribe how to treat certain elements of a diagram given Information about other elements of the diagram. When AB is assumed equal to BC and Z.ABD assumed equal to Z.DBC, the rules governing the congruence of triangles permit us to treat ΔΑΒΟ s congruent with ADBC, and to make additional inferences about relations between elements of the two. This inference is not independent of the diagram, but certainly independent of its metric characteristics. Generally speaking, a geometric proof begins with an empirically adequate diagram that takes on a mathematical character when we subsume elements of the diagram under rules governing inferences. New theorems constitute further rules for making inferences about elements of a diagram given initial stipulations. Problems (/'. e^ the constructions Euclid undertakes) constitute rules for producing figures that, in the ideal, satisfy certain requirements. But they still prescribe how certain elements of a geometrical structure can be treated in light of data about other elements of the structure. It is in virtue of treating a figure s a figure of a certain sort, that a geometer puts an empirical diagram to a non-empirical use. Stipulation of the characteristics of the elements of a diagram is, I submit, the type of construction necessary to underwrite conditional proof s and proof s by RAA. There is an obvious objection to this Suggestion. Consider again the Trivial Theorem. Stipulation seems unnecessary for setting out the figure which is the focus of the proof because isosceles triangles are constructible by means of the elementary operations of connecting two points, extending a line and drawing a circle given a center and a radius.8 In other words, the rigor of such a proof can be accounted within the Standard Interpretation.9 According to Brittan, the possibility of objects 7 8 9
My children's checker Board has ten variations printed on the reverse side. The elementary operations do not guarantee that the bisector of Z.ABC intersects AC. It's not clear that this matters to Euclid. He never considers the general problem of constructing an isosceles triangle analogous to his construction of an equilateral, and the definition of "isosceles" (I. 20) rules out appealing to the construction of an equilateral triangle. Euclid does construct an isosceles triangle in IV. 10, but only a specific type, which allows
Construction and Reductio Proof
29
reasoned about in direct proofs has sooner or later to be demonstrated, and this amounts to constructing those objects with ruler and compass.10 I do not believe this can stand äs a viable Interpretation of Euclid's geometry, for such a view such bars Euclid from using the parallel postulate. To support this position I turn to a sample of traditional geometry which illustrates, in a perspicuous and philosophically interesting way, the essential role of stipulative construction. § 4. Saccheri's Euclid Freed. A look at Saccheri's Euclid Freed of Every Fleck, originally published in 1733, will deepen our appreciation of stipulation äs a means of geometrical construction (Saccheri 1920). Euclid Freed is remarkable for its anticipation of non-Euclidean geometry, and although non-Euclidean geometry is one of the greatest discoveries in the history of mathematics, the methods Saccheri employed were, initially, a straightforward continuation of the methods of Euclid. So smooth is the transition that Saccheri was able to prove several important theorems of non-Euclidean geometry without being aware of it. This characteristic proves helpful for clarifying Euclid's own use of stipulative construction. Saccheri was prevented from discovering non-Euclidean geometry by the attitude he brought to his work. In Company with every learned person of his day, he regarded Euclid's fifth postulate äs a primal verity (237). For him, primal verities were distinguished by being provable from their contradictories, and his strategy in Euclid Freed was actually to derive the parallel postulate from each of its contraries (ibid.}.11 Thus his assumption of contraries to the fifth postulate was not in the spirit of developing alternative geometries. But äs far äs reasoning from assumption to conclusion is concerned, there is no difference between assuming a contrary to the parallel postulate äs an axiom and assuming it äs the hypothesis of a conditional proof. Euclid Freed begins by considering a bi-rectangular, isosceles quadrilatera1 ABCD, also called "Saccheri quadrilateral" (fig. 1).
D
C
A
B fig. l
In the figure ABCD, AD and BC are equal and perpendicular to the base AB, and plainly these lines are constructible by ruler and compass; CD, the summit line, is
10 11
him to construct a regulär pentagon. If there is a way to understand this practice without attributing an oversight to Euclid, then it is surely to be preferred. Personal communication, October 15, 1994. He used the strategy of Clavius's Law, (~p D p) D p. See Kneale 1957.
30
David Sherry
gotten by joining C and D, so a Saccheri quadrilateral is constructible by the elementary constructions. Congruent triangles suffice to show that Z_C = Z_D (Euclid Preed, Prop. 1) and that the line connecting the midpoints of the base and summit is perpendicular to both (Prop. 2) (fig. 2).
D
τ A
ι n II
H
L
r-
M
1
ι ι
Γ"
"
B
fig. 2
Saccheri ingeniously formulated the parallel postulate and its contraries in terms of the angle which CD makes with AD and BC. Hypothesis of the Right Angle (HRA): The summit angles of a Saccheri quadrilateral are right angles. Hypothesis of the Obtuse Angle (HOA): The summit angles of a Saccheri quadrilateral are obtuse angles. Hypothesis of the Acute Angle (HAA): The summit angles of a Saccheri quadrilateral are acute angles.
Assuming all of Euclid's first principles except the parallel postulate (absolute geometry, for short), he goes on to prove theorems under each of the three hypotheses. Saccheri's Proposition 32 occupies a prominent place in Bolyai and Lobachevsky's work, but we consider a more elementary result. Proposition 3. The summit line of a Saccheri quadrilateral is equal to the base, if HRA; less than the base, if HO A; and greater than the base, if HAA.
In order to turn the proof of this proposition into a proof in non-Euclidean geometry, one need only assume HAA s a postulate instead of an hypothesis. Had Saccheri postulated HAA, Proposition 3 would have been the first proposition of non-Euclidean geometry. It is worth examining one case of the proof in order to see how thoroughly Euclidean its techniques are.
D
H
M
B
Construction and Reductio Proof
31
Theorem: If ABCD is a Saccheri Quadrilateral, then if HAA, CD > AB. Proof: Suppose Z.C and Z. D are acute. Bisect AB and CD at M and H respectively, and join MH. Z.DHM and ZLAMH are both right (Prop. 2). Since Z.DAM is right and ΔΑΌΗ is acute, AM Φ DH (Prop. 2, contrapositive). But also -i(DH < AM). For suppose DH < AM. Produce HD to HL so that HL = AM. By Prop. l, then, /.MAL = ZLHLA. But this is absurd because by construction /.MAL > Z.MAD, which is right, and Z.HLA is internal, opposite and so less than Z.HDA, which is acute (Elements, I. 16). Hence, DH > AM and so CD > AB.
The concepts and techniques involved are all famili r from elementary geometry. Saccheri used this proposition to show that HOA and HAA "destroy themselves" (Props. 14 and 33). He was successful in the first case (HOA) but failed in the second.12 Prior to the Proposition 33, though, Saccheri's reasoning is adequate to the Standards of Euclidean rigor. There ought to be a place for it in any philosophy of geometry based upon Intuition.13 Saccheri used the reductio method liberally in his treatise. Not only was he trying to reduce to absurdity HOA and HAA, but he reduced to absurdity many other hypotheses along the way. We saw in the proof of Proposition 3, for instance, a reduction to absurdity of the hypothesis that the summit line of a Saccheri quadrilateral with acute summit angles is less than its base line. There is nothing similar to this protracted use of reductio in Euclid. Elements I and II, for example, use reductio sparingly, never developing an elaborate structure only to destroy it. Euclid Preed is remarkable for the sheer number of results it is able to balance upon hypotheses which the author regards s inconsistent. Were the Elements less firmly entrenched, Saccheri might have suspected the consistency of HAA in view of the numerous and elegant results he was able to obtain by its means. How is such an edifice possible? It is clearly not a formal logical construct, for the same reasons the Elements is not a formal logical construct: Neither the logical techniques nor a complete set of axioms were available. Saccheri, therefore, bases his reasoning upon Intuition, that is, constructions from concepts. A Saccheri quadrilateral (SQ) is constructible with ruler and compass and so possible according to the thesis that constructions demonstrate possibility. But Saccheri quadrilaterals simpliciter take us no farther than Proposition 2. The interesting results, from Proposition 3 onward, require further determinations of that concept by means of the three hypotheses. The resulting concepts are Saccheri quadrilateral with right summit angles (SQ/HRA), Saccheri quadrilateral with obtuse summit angles (SQ/HOA) and Saccheri quadrilateral with acute summit angles (SQ/HAA). Euclid Preed is philosophically interesting precisely because the analogy between the three concepts - SQ/HRA, SQ/HOA and SQ/HAA - makes clear that the logical function of the 12 13
See Dou 1970, 390—391, for a discussion of Saccheri's error. Euclid Preed constituted mainstream mathematics of Kant's day and there is reason to think he would have been famili r with it. Kant's correspondents included the mathematician J. H. Lambert (1728—1777), who may have convinced Kant that non-Euclidean geometries are consistent (Brittan 1978, 70 n). Lambert followed Saccheri in attempting to prove the parallel postulate by deriving contradictions from its contraries (Bonola 1955, 44).
32
David Sherry
fifth postulate is identical to the function of the hypotheses which Saccheri attacked. It emphasizes that the triangle which Euclid constructs at 1.22 is neither Euclidean nor non-Euclidean, but a triangle whose interior angles are metrically undetermined. Further, the triangle of 1.32, the sum of whose interior angles is proved equal to two right angles, is a Euclidean triangle only in virtue of Euclid's stipulating that it be treated according to the fifth postulate. And this is the only sense in which SQ/HRA or a Euclidean triangle can be constructed. This is not a welcome result to either Saccheri or Kant. Saccheri thinks he has proved that SQ/HOA and SQ/HAA are inconsistent with absolute geometry. He takes for granted the consistency of SQ/HRA with respect to absolute geometry. How does Saccheri understand the possibility, or objective validity, of SQ/HRA? In an earlier treatise, Logica Demonstrativ'a, Saccheri considers a distinction relevant to the preceding question, viz.^ the distinction of real from nominal definition (Saccheri 1920, xviiiff.). Nominal definitions are in themselves quite arbitrary, and neither require nor are capable of proof; they are merely provisional, and are only intended to be turned äs quickly äs possible into real definitions, either (1) by means of a postulate in which it is asserted or conceded that what is defined exists or can be constructed, e. g., in the case of straight lines and circles, to which Euclid's first three postulates refer, or (2) by means of a demonstration reducing the construction of the figure defined to the successive carrying-out of a certain number of those elementary constructions, the possibility of which is postulated. (ibid.)
These remarks are congruent with Kant's notion of objective validity. Moreover, Saccheri considers the distinction because of a worry that is reminiscent of Kant's attitude toward the antinomies: Nominal definitions, prior to their being turned into real definitions are "one of the most fruitful sources of illusory demonstration" (xix).14 Nominal definitions thrive on stipulation, and so we press Saccheri on this point. Since he thinks he has demonstrated their inconsistency, Saccheri thinks SQ/ HOA and SQ/HAA admit only nominal definitions. This allows him to disregard äs illusory demonstrations the uncomfortable results at which he arrived prior to an explicit contradiction. If, on the other hand, the definition of SQ/HRA is real, its construction is reducible to "a certain number of elementary constructions, the possibility of which is postulated". The bi-rectangular isosceles quadrilateral is, äs noted, constructible by elementary constructions, and, given Euclid's fifth postulate, its summit angles are provably right. Thus the possibility of SQ/HRA turns on whether to admit the fifth postulate äs an elementary construction. Saccheri (who was the first to worry about the consistency of sets of axioms (xix—xx)) cannot avoid the issue by appealing to bis results. Even if we grant that HOA and HAA are inconsistent with absolute geometry, there is still no guarantee that HRA is consistent. Lurking in Euclid's geometry there may be an antinomy, whose revela14
It is fair to say Kant's solution to the antinomies is to insist upon real definitions in demonstration.
Construction and Reductio Proof
33
tion, äs Saccheri's treatise illustrates, requires innovative mathematical developments. Kant is in a similar position. Even granting that the elementary constructions can prove objective validity by providing a concrete instance of a concept. Kant does not and could not make similar claims about the fifth postulate because concrete models are susceptible to various, incompatible stipulations. Like Saccheri, Kant is faced with a potential antinomy äs long äs he wishes to account for the triangle of 1.32, a square, etc., which require the parallel postulate to establish their properties (indeed, their possibility!). No matter how much mathematics can be developed by means of such concepts, an antinomy is, according to the Standard view of construction, a real possibility. This conclusion makes a hash of Brittan's requirement that the possibility of objects reasoned about in direct proofs has sooner or later to be demonstrated. 1.32 is a direct proof, yet if demonstration of possibility amounts to constructing the triangle of 1.32 with the first three postulates, none is forthcoming. Once stipulation enters the picture, our intuitions have to be weaned from this sense of objective validity. Contrary to the thrust of Kant's transcendentalism, the bounds of geometrical existence may not be specifiable. Of course, given a complete axiomatization of Euclidean geometry we can show that Saccheri quadrilaterals with right summit angles are consistent provided arithmetic is consistent; but a similar anachronism proves the relative consistency of Saccheri quadrilaterals with obtuse summit angles." § 5. Living with Existential Angst. Given the impotence of the elementary constructions for establishing objective validity, we may suspect that the first three postulates were never intended to perform the task Kant and his Interpreters set for them. Granted, since Aristotle geometric constructions have been regarded äs existence proofs.16 But recent historical work runs against this tradition (Knorr 1983, Seidenberg 1962, 1975, Mueller 1969, 1981). Knorr argues ... that constructions, far from being assigned a specifically existential role, were not even the commonly adopted format for treating of existential issues when these arose; that some central questions relating to existence were handled through postulates or tacit assumptions, rather than through explicit constructions; that, by contrast, when constructions were given, the motive lay in their intrinsic interest for the ancient geometers. (125)
Seidenberg complements these theses by stressing that Euclid's constructions are descendants of Solutions to practical problems. Thus the restriction to ruler and 15
16
I doubt, frankly, that Euclid, Saccheri or Kant would be impressed by the technique of reinterpretation, which makes possible a relative consistency proof. For this technique presumes that mathematical inference is purely formal and geometry, for them, is formal only in the sense that a dance is formal, viz., there are strict guidelines which must be followed. Brittan notes "There is evidence for this view in Euclid and Aristotle. See T. L. Heath, The Thirteen Books of Euclid's Elements ... I, 119." (Brittan 1989, 66). Heath's text does contain a discussion of Aristotle's view, but no mention of Euclid, and in fact Euclid left no textual evidence of his philosophical understanding of the Elements.
34
David Sherry
compass construction is no mere coincidence, but a holdover from peg and cord methods used in religious rites äs well äs surveying and engineering (Seidenberg 1962, 488—502).17 Mueller argues that the familiär theorems and problems of Euclid's plane rectilineal geometry are all organized around the practical problem of showing how to construct a square figure and be assured it has the same area äs a given rectilineal figure (Elements 11.14; cf. Mueller 1981, 16). These historical observations add to the suspicion that worries about existence are beside the point. There is a populär view that 1.22 is used to establish the possibility of a triangle (e. g., Friedman 1992, 124; cf. B 180). In fact, though, three co-planar points and postulate l are already sufficient to establish the existence of a triangle. Judging from the structure of Elements I—II, the purpose of 1.22 is not to allay existential angst, but to enable Euclid to prove 1.23 and so lay claim to the invaluable technique of copying an angle (Mueller 1981, 20—26). Euclid takes it for granted, äs we ourselves do, that triangles are possible. Surely the possibility of a triangle is at least äs clear äs its pre-requisite, the possibility of indefinitely extending a line, according to postulate 2.18 Even if we could give genuine sense to a worry about the existence or possibility of a triangle, there would be even deeper worries over postulate 2, rendering unhelpful the proof of the possibility of a triangle. While philosophical tradition has not usually noticed this, the systematic understanding of a practical task rather than existence worries motivate Euclid's constructions. Genuine concern for existence arises when Euclid introduces a complex concept, such äs regulär polyhedron, but not in the case of lines, circles, triangles and squares. Given these fundamental concepts, there can be a genuine worry over existence when one forms an unfamiliar complex from them, and this is the kind of problem with which Euclid concerns himself in XIII. 18. But in this context, ruler and compass constructions have no special role to play.19 The issue is whether the concept fits into the rest of the edifice, the objective validity of which is not for the most part guaranteed by a concrete model derived from the elementary constructions. 17 18 19
Once can well imagine why, on a large sacle, peg and cord constructions would be preferable to constructions by means of mechanical devices. Especially in an Aristotelian universe! If we look at individual propositions in their particular contexts we see that there is some freedom about whether to introduce an element of a diagram at the setting out or the preparation stage. An Illustration occurs in 1.47, the Pythagorean theorem. Euclid lets ABC be a right triangle — without having constructed a right triangle! — and alluding to the construction of a square on a given line (1.46) describes squares on each of the sides. But the construction of the squares is no more necessary for 1.47 than the construction of an isosceles triangle is necessary for 1.5; the reasoning would go through if Euclid had merely set out a triangle with three squares (cf. Mueller 1981, 27). Had he limited himself to theorems alone, Euclid could, from a logical point of view, have skipped the preparation stage. As it is, he seems, for expository reasons, to have selected a single figure äs the focus of a theorem and added the rest by construction; it is perhaps easier to remember and use the theorems if they are organized around a few basic figures.
Construction and Reductio Proof
35
§ 6. Objective Validity. Neither Kant nor his predecessors ever doubted the possibility of objects corresponding to the shapes from which systematic geometry arose. The employment of these figures was too widespread in science, engineering and civilian life to consider seriously that they might be the mere play of representations. In a certain sense we can infer from this that outer appearances are not possible without the conditions of Euclidean geometry. Take the case of the square. Probably because of its symmetry, the square has long been an important figure for human beings. For example, sacrificial altars were generally square or composed of squares (Seidenberg 1962). Squareness is constitutive of our experience in the sense that it is deeply embedded in our way of life; we could not, practically speaking, jettison this concept. The square — a rectangular, equilateral four-sided figure — is not a possible figure under HAA or HOA. Hence, even if the fifth postulate is not a condition of any objective experience, it is surely a condition of day to day life.20 A similar point can be made about Euclid's introduction of the fifth postulate. He (or a scholiast — cf. Seidenberg 1975, 279—281) introduced the parallel postulate to systematize a wealth of previously obtained results — many of which descended from centuries of successful engineering and surveying. Looked at this way, Kant was not far off in regarding the parallel postulate äs a condition of experience. Indeed, it is not entirely misleading to say the fifth postulate structures our perception. The parallel postulate structures the world we perceive provided we allow that perception is governed by the geometrical language and techniques we learn äs children. It is a leap from these observations to any possible conceptual structure that deals with space. Of course, the latter is what Kant seeks, and true to his transcendentalism he rules out non-Euclidean figures äs impossible to construct (B 268). At B 271 we are confronted with the demand that an objectively valid concept be constructed by an image forming synthesis [which is] precisely the same äs that which we exercise in the apprehension of an appearance, in making for ourselves an empirical concept of it.
The idea here is that geometrical construction and perception of empirical objects are governed by the same conditions, and it is this incompatibility which rules out non-Euclidean figures. This insight is especially valuable to Kant, because it protects the applicability of a priori concepts from skepticism. For Kant, the only escape from skepticism lies in explaining the applicability of mathematical concepts by requiring that we construct objects of experience according to the same principles by which we construct mathematical objects. Again, he holds that these principles are operative in the act of Sensation, which produces objects of experience from the manifold of Intuition (B 198; Kant 1985, 27). Thus postulates or concepts inconsistent with traditional geometry must be, for Kant, inconsistent with the notion of 20
Another example. There are no similarity relations, other than congruence, outside of HRA. Therefore, blueprints are not possible without presupposing the fifth postulate.
36
David Sherry
objective experience. For if postulates and concepts contrary to Euclid's geometry are consistent with objective experience, then the concepts of Euclid's geometry might not apply to empirical objects. Kant sees this sort of implication clearly when he writes The idle objections, that objects of the senses may not conform to such rules of construction in space äs that of the infinite divisibility of lines or angles, must be given up. For if these objections hold good, we deny the objective validity of space, and consequently of all mathematics, and no longer know why and how far mathematics can be applicable to appearances. (B 206)
It is äs though sensibility can arrange the manifold of Intuition only in conduits constructed by engineers limited by Euclid's postulates. Formally this works äs a solution to the problem of applications. If we could be assured that sensibility generates objects of experience in the same manner in which geometers construct their objects, then there could no objects of experience whose relations were not Euclidean., Philosophically, the solution is disappointing. The language of image forming syntheses suggests strongly that construction in geometry is productive, and that empirical objects are produced or generated by the same synthesis performed upon the manifold of Intuition (cf. B 204). But the analogy between geometrical construction and perception is much less plausible in view of the essential role of stipulation. Stipulative construction always requires an antecedently given object, and hence presupposes rather than makes possible objective experience. Even if the elementary constructions function to bring the manifold of Intuition to objective consciousness, our discussion shows that they have only limited authority to restrict the domain of possible intuitions. Kant's account of applicability ignores that through stipulative construction geometers are free to determine an object of pure Intuition in diverse, incompatible ways. Stipulative construction cannot operate behind the scenes; it requires a decision to treat an object in one way rather than another. We can impose a Euclidean structure upon objects in producing them after a plan of our own, but an object with a Euclidean structure is consciously produced after a plan of our own; it does not have that structure in virtue of being an object. Stipulative construction involves treating an object according to rigid rules, in effect, representing or modeling an object by means of a conceptual technique. This kind of representation is a sophisticated activity, that can be undertaken only after having mastered concepts which give one objects to represent. Therefore, stipulative construction is incompatible with the imaginative synthesis that makes possible any object of experience. So far we have presumed that stipulative constructions Supplement the elementary constructions, which are genuinely productive. Yet the ideal character of the basic operations shows that they too involve stipulation. Take Euclid's first postulate, Let it be postulated to draw a straight line from any point to any point, which he understands to mean a unique straight line (Heath 1956, I, 195 — 196). Heath points out that the postulate is asserted in order to guarantee that the "weakness of our equipment shall not prevent demonstration" (ibid.), the postulate is an ideal-
Construction and Reductio Proof
37
ization rather than a reflection of our actual capacities. It serves its ideal function only by prescribing the manner in which points and straight lines are to be treated. Anything we are willing to call a pair of points is to be treated äs containing one and only one straight line. Nothing prevents treating points, lines and circles differently from the manner described in the first three postulates, even if the immense Utility of the basic operations militates against doing so. By recognizing the role of stipulation among the techniques of elementary geometry it may seem we lose any hope for explaining the applicability of geometrical concepts and so grant that objects of the senses may not conform to our geometrical concepts. This is hardly the case. The question of applicability is beside the point for concepts, like square, which descend from empirical ancestors. The a priori concept, comprising ideal lines, points and angles, is abstracted from the empirical concept and applies ipso facto to instances of the empirical concept. Careful measurement which reveals that an object profitably treated äs a square is not in fact square, does not count against the applicability of geometry. Rather, it leads us to recognize that objects are treated only ideally by mathematics and might even lead us to wonder if incompatible idealizations might also be profitably applied to empirical objects. In more Kantian terms, we might wonder whether the imaginative synthesis by which appearances are apprehended could take diverse for ms. Once systematic geometry is underway, the mathematician's freedom to impose stipulations upon objects of Intuition can lead to suspicions of untried concepts such äs SQ/HOA and SQ/HAA. But prima fade such concepts are objectively valid in the sense that they are determinations of objects of pure Intuition which are constructible by operations whose applicability is unquestioned. Saccheri thought that determining a bi-rectangular isosceles quadrilateral by means of HAA or HOA leads to a contradiction, and he was right, with respect to absolute geometry, in the latter case. The contradiction is a function of the first two postulates, not a function of SQ/HAA and SQ/HOA per se.2l Saccheri cannot be faulted for failing to ask whether stipulations even more radical than HOA or HAA (e. g., straight lines cannot be indefinitely extended) could save HOA. But had he set himself this task, the tools for carrying it could have been found in (imaginative applications of) the techniques of elementary geometry. Whether a conceptual framework generable from the techniques of elementary geometry is applicable to empirical objects is a question with no easy answer. But 21
This leads to the following Interpretation of Kant's observation that the impossibility of a space enclosed by two straight lines is not a logical impossibility but a function of the conditions of space and its determination (B 268). Kant is right that the concept "space enclosed by two straight lines" is not per se logically contradictory. A contradiction is deducible only in conjunction with the remaining axioms. This contradiction is still logical, but not a function of the concept itself. My critic could try to save Kant, I suppose, by claiming that the impossibility of constructing a figure enclosed by two straight lines is known by immediate Intuition, rather than with a reductio proof. Had Saccheri been satisfied to invoke such a mode of knowledge, he would have had no motivation to free Euclid from every fleck. In deference to the fruits of his labor, I suggest we adopt the same posture.
38
David Sherry
given that such structures are developed by intuitive means, the bürden of proof rests with the nay-sayer, who must show that a given concept is inconsistent with the notion of objective experience. Remarks like the one from B 268 intimate that Kant has accomplished such a demonstration for concepts inconsistent with Euclid. But in fact he only assumes that Euclid's postulates are constitutive of experience and never undertakes the transcendental deduction of Euclid's postulates. Reflection upon Saccheri's treatise, based äs it is in Intuition, could have suggested to Kant that such labor would go unrewarded. More than once it has been noted that Kant's metaphysics of experience is an extension of his philosophy of mathematics (Hintikka 1965, 41 ff., Brittan 1978, 61). His Copernican revolution, that is, his recognition that seientific knowledge is possible only into that which [reason] produces after a plan of its own" (B xii—xiii), is consciously modeled upon Thaies' demonstration of the properties of the isosceles triangle. Euclid's need for stipulative construction suggests the domain of possible intuitions is more difficult to characterize than Kant supposed. Either we must recognize that apparently direct proofs may be the mere play of representations or we must recognize that only the fact of successful application elevates a conceptual structure beyond the rank of mere play of representations. In neither case is there a clear picture of objective validity. The former alternative is not feasible for Kant or us. Therefore, when Intuition is ostensibly involved, we ought to employ epithets like "mere play of representations" and "subjective validity" cautiously. References Aristotle 1989 Prior Analytics, trans. Smith (Indianapolis: Hackett). Beck, L. 1965 "Can Kant's Synthetic Judgments Be Made Analytic?" in Studies in the Philosophy of Kant (Indianapolis: Bobbs Merrill), 74-91. Bonola, R. 1955 Non-Euclidean Geometry, New York (Dover). Brittan, G. 1978 Kant's Theory of Science, Princeton (Princeton University Press). - 1989 "Constructibility and the World Picture" in Proceedings of the Sixth International Kant Congress, vol. II/2, ed. Funke and Seebohm, Washington D. C. (Center for Advanced Research in Phenomenology and University Press of America). Dou, A. 1970 "Logical and Historical Remarks on Saccheri's Geometry", Notre Dame Journal of Formal Logic 11, 385—415. Friedman, M. 1992 Kant and the Exact Sciences, Cambridge, M A (Harvard University Press). Heath, T. 1956 The Thirteen Books of Euclid's Elements, New York (Dover). Hintikka, J. 1967 "Kant on the Mathematical Method" in Kant Studies Today, ed. Beck, LaSalle IL (Open Court Publishing). Kant, I. 1929 Critique ofPure Reason, trans. N. Kemp Smith, New York (St. Martin's Press).
Construction and Reductio Proof
39
— 1974 Logic, trans. with introduction by Hartman and Schwarz, (New York: Dover). — 1985 Prolegomena to Any Puture Metaphysics, trans. Ellington (Indianapolis: Hackett). Kneale, W. 1957 "Aristotle and the Consequentia Mirabilis", Journal of Hellenistic Studies 77, 62-66. Mueller, I. 1969 "Euclid's Elements and the Axiomatic Method", British Journal for the Philosophy of Science 20, 289-309. — 1974 "Greek Mathematics and Greek Logic" in Corcoran, ed., Ancient Logic and its Modern Interpretations (Dordrecht: E. Reidel), 35—70. — 1981 Philosophy of Mathematics and Oeductive Structure in Euclid's Elements, Cambridge, M A (MIT Press). Saccheri, G. 1920 Euclides Vindicatus, trans. and ed. Halsted, Chicago (Open Court). Seidenberg, A. 1962 "The Ritual Origins of Geometry", Archive for History of Exact Science l, 488-527. — 1975 "Did Euclid's Elements, Book I, Develop Geometry Axiomatically?" Archive for History of Exact Science 14, 263—295. Sherry, D. 1991 "The Inconspicuous Role of Paraphrase", History and Philosophy of Logic 12 (1991), 155-166. - 1993 "Don't Take Me Half the Way: On Berkeley on Mathematical Reasoning", Studies in History and Philosophy of Science 24, 207—225.
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue by David N. James, Norfolk/Virginia
Though the originality of his ethics should never be denied, Kant has been called with much justice a "Christianized Stoic." Kant shares with the Stoics the conviction that reason can discover laws we should live by. He found deeply congenial the Stoics' Opposition to basing moral virtue on happiness and their aim of cultivating a calm and wise personality in which emotions and inclinations are governed by reason. Today, the Standard story about Kant's moral philosophy is to see it äs an attempt to seek a new starting point beyond Wolffian rationalist perfectionism and the moral sense theories advanced by British empiricists — an historical position Kant himself suggests at the end of Groundwork II (Ak. 441—443). Yet in his later moral philosophy Kant often has Epicurus and the Stoics, rather than his nearer contemporaries, in mind.l Classical Latin ethics had a profound and lasting influence on Kant. His talent and diligence in mastering Latin was such that when he began his university studies, it was thought he would pursue a career in classical philology, not philosophy. Throughout his life Kant read the Latin writers, and he loved to quote them in conversation.2 So we need to revise the Standard story, and begin to 1
2
An excellent example of this in the Doctrine of Virtue is Section 53, entitled "Ethical Ascetics" (Pp. 273-274; Ak. 484-485). Here Kant says that ethical ascetics - what we might call the "style" of the good persoe — will combine the Stoic ability to put up with misfortune and do without pleasures, with the "ever cheerful heart" of Epicurus. Page references to the Doctrine of Virtue and the Doctrine of Right are to Immanuel Kant, The Metaphysics of Morals, Mary Gregor, trans., Cambridge University Press, 1991, followed by the Akademie-Ausgabe pages. Another translation of the Doctrine of Virtue is in James Ellington, trans., Immanuel Kant, Ethical Philosophy, Hackett, 1983. Kant's love of, and familiarity with, Latin authors is mentioned several times in Stuckenberg's readable biography: "Not only was [Latin philology] his favorite study in the gymnasium, it was the only one for which he manifested a preference, and in which he made any special progress." (p. 27) "Kant's preference for the Latin language and literature might have continued at the university if he had there found a good instructor in Latin." (p. 42) "In his first Book, written when the impression of the classics was still fresh, Horace, Virgil, and Lucretius, are quoted. In his conversations he frequently referred to the Latin authors; and even in old age, when his memory for recent impressions had become very weak, he was still able to quote easily and correctly numerous passages from Latin writers, especially from the work of his favorite author, Lucretius' De Natura Rerum." (p. 28) John Henry Wilbrandt Stuckenberg, The Life of Immanuel Kant, Macmillan (London), 1882; reprinted with a new preface by Rolf George, University Press of America, 1986.
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 40-58 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
41
see Kant's moral philosophy äs, very often, a response to classical moral thought. This is the Interpretation I deploy here to examine Kant on suicide in the Doctrine of Virtue. Given his respect for the Stoics and their many points of agreement, Kant's deep disagreement with the Stoic teaching on the permissibility of suicide Stands out in high relief, once we begin looking at Kant this way. Perhaps reflecting this, Kant began his Doctrine of Virtue discussion of perfect duties to oneself with suicide.3 Besides the undoubted importance which Kant gave to this topic in its own right, he is here also highlighting differences and settling scores with the Stoics.4 The suicide passage begins with a direct counterargument to the Stoic position. Second, Kant formulates a less successful, universal argument against suicide. Third, Kant provides four examples or "casuistical questions" about self-killing. Two of these are Roman examples, one of which concerns the death of the Stoic philosopher Seneca, whose views on suicide Kant has just criticized. With most Kant scholars focusing on Kant's earlier arguments against suicide, and with few taking their lead from Kant's aim to answer the Stoics, this passage has been neglected in the literature.5
Moral Personality and Stoic Inconsistency Following the order of Kant's exposition, this paper has three parts, beginning with Kant's direct counterargument to the Stoic position, which is in this brief passage: It seems absurd to say that a man could wrong himself (volenti non fit iniuria). Hence the Stoic thought it a prerogative of his (the sage's) personality to depart from life at his discretion (äs from a smoke-filled room) with peace of soul, free from the pressure of present or anticipated ills, because he could be of no more use in life. But there should have been in this very courage, this strength of soul not to fear death and to know of something that man can value even more highly than his life, a still strenger motive for him not to destroy himself, a being with such powerful authority over the strengest sensible incentives, and so not to deprive himself of life. (P. 219; Ak. 422) 3
4
5
On the topic of suicide, two passages in Groundwork II have received the bulk of critical attention. In these, Kant presents the moral duty to preserve one's life äs an example to illustrate the universal law and moral end formulations of the Categorical Imperative. Kant also discusses suicide in his Lectures on Ethics, in two passages in the Critique ofPractical Reason, and in the Doctrine of Virtue, Part II. ofthe Metaphysics of Morals, the focus here. An in-depth discussion is Michael J. Seidler, "Kant and the Stoics on Suicide," Journal of the History of Ideas 44 (1983): 429—453. Despite our very different conclusions, I have learned much from Seidler's analysis. The works cited in this paper by Seidler, Novak, Batten, and Potter are the only ones in English I have been able to find which focus detailed attention on the Doctrine of Virtue suicide passage. This is quite a contrast with the mountain of literature on Kant's Groundwork examples.
42
David N. James
This is not a universal anti-suicide argument, since it is addressed only to potential suicides who must employ courage to overcome the fear of death. This may be true of most suicides, but it is not true of all, for it is easy to bring to mind counterexamples of self-killers who do not fear death. The Socrates portrayed in the Apology, Crito, and Phaedo, is a convincing picture of such a person. Today, some terminally ill persons who are reconciled to dying decide to end their lives to avoid what they consider the pointless and degrading ministrations of high technology modern medicine. Rather than struggling to overcome the fear of death, their psychological states are often a mixture of sadness and relief.6 The logical structure of Kant's counterargument is obvious. By using the word "hence" (daher) to begin the second sentence, Kant is attributing to the Stoics the view that the permissibility of suicide follows from the impossibility of harming oneself. The third sentence, with its many clauses, contains Kant's counterargument. Kant maintains in the first sentence that the Stoics considered duties to oneself to be absurd, the reason being that they held that nobody voluntarily harms herseif. The impossibility of self-harm for the Stoics is grounded in their view of the seif äs unified and undivided. As Plato was the first to point out, if the seif is a simple, undivided entity, then we cannot regard the seif äs both subject and object of the same action. A self-reflexive act such äs self-harm is possible only if we consider the seif to be a complex, divided entity whose parts are internally related.7 It might seem unfair of Kant to suppose that this is the main or most significant Stoic argument for suicide. For, it might be argued, the Stoics were interested in defending suicide, or at least some suicides in some circumstances, äs free acts of wise individuals. For example, according to J. M. Rist, "Seneca regards suicide äs the ultimate justification of man's freedom, perhaps even äs the only genuinely free act."8 According to Rist, this Latin Stoic view differs from the older Greek Stoics. The Greek Stoics assumed suicide to be permissible, and maintained that the wise man has the authority to take his own life, but they did not see suicide äs a special affirmation of freedom. All of the Stoics read the Phaedo to the effect that a divine sign, such äs the sign Socrates mentions just before drinking the hemlock, is required to authorize suicide. The Latin Stoics, unlike the Greeks, maintained that a free act of suicide could nonetheless require divine authorization. The problem for Kant seems to be that the Stoics did not stake their case for permissible suicide on the clairn that duties to oneself are impossible. This, however, is to miss Kant's target — the Latin Stoics such äs Seneca and Epictetus, whom he 6 7 8
I am speaking here from personal experience, specifically, from my work in clinical bioethics. Plato, Republic, 431 A. Plato's point is spelled out by David Novak in Suicide and Morality, Scholars Studies Press (1975), p. 97. John M. Rist, Stoic Philosophy, Cambridge Unviersity Press, 1969, p. 233. Rist provides a comprehensive discussion of the Stoic view of suicide in chapter 13.
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
43
knew very well. Kant is claiming that these philosophers held two incompatible propositions about the seif, seeing the seif äs both unitary and divided. The Greek and Latin Stoics differed on this point. According to Rist, the early Greek Stoics held a unitary, undivided view of the seif: [The] thesis that moral action is the result of a struggle between various elements inside the personality itself, is what Zeno and Chrysippus deny. ... In place of the model of a struggle in the personality, they wish to set the model of the health or sickness of a unitary individual.9
But while the ideal sage for the Greek Stoics was indeed possessed of an undivided seif, the later Latin Stoics of interest to Kant recognized that becoming a wise man or sage was virtually impossible. This is why the Latin Stoics began to discuss morality äs it appears to the non-unified, ordinary person beset by inner conflicts. Kant appears to have this undertaking of the Latin Stoics and their background moral psychology in mind when, in the Second Critique, he says: The Stoic System makes the consciousness of strength of mind [Seelenstärke] the pivot around which all moral intentions should turn; and if the followers of this System spoke of duties and even defined them accurately, they nevertheless placed the incentives and the real determining ground of the will in an elevation of character above the base incentives of the senses which have their power only through weakness of mind ...10
So when Kant later in the Doctrine of Virtue passage refers to the suicide's inner struggle to overcome the fear of death, he has put bis finger on an inconsistency in the Latin Stoic position. Kant's point is that it is inconsistent for the Latin Stoics to rule out the possibility of a duty to oneself by appealing to the impossibility of self-harm. For, Kant is supposing, self-harm is considered impossible for a Stoic such äs Seneca because he assumes a unified inner seif which cannot be divided. Yet, the Latin Stoics at the same time recommend courage and self-control, which presupposes just such a divided inner seif. The Stoics cannot have it both ways. Yet Kant's counterargument at Ak. 422 aims a t more than this. In the third sentence Kant clearly asserts that the Stoics should have adopted an anti-suicide position, not just that the Stoics were inconsistent in their rejection of duties to oneself. Why, exactly, does Kant suppose that the existence of courage in the act of suicide reveals something impermissible about suicide? The crucial point to capture in explicating Kant's counterargument in the third sentence, is that the argument is addressed to a person experiencing inner conflict 9
10
Rist, op. cit., p. 24. A less significant problem with the third sentence is Kant's erroneous assumption that when the Stoic philosophers were talking about the sage or wise man, they were talking about themselves. To the contrary, however, none of the Stoics claimed themselves to be wise men or sages. They thought such individuals could exist, but were extremely rare and by no means easy to identify. In speaking of "the wise man" the Stoics were doing something very much like Kant does in speaking of a rational agent — they were speaking about the properties of an archetype or ideal, not about specific individual persons. See Rist, pp. 242—243. Critique of Practical Reason, Louis White Beck, trans., Macmillan, Third Edition, 1993, footnote on p. 132; Ak. 127.
44
David N. James
äs she considers suicide. With this in mind, Kant's reply to the Stoics seems to be this: 1. You are afraid to die, that is, you have a powerful inclination to remain alive. 2. Overcoming your powerful inclination to remain alive requires courage (Mut) or "strength of soul" (Seelenstärke). 3. Anyone with the courage to overcome the inclination to remain alive meets with (kennen) the value of her own personality — the subject of morality — äs an end in itself. 4. Meeting with the value of your own personality äs an end in itself gives you a reason to maintain your life which overrides reasons based on sensible incentives. 5. Since your reason for committing suicide is to be free from present or anticipated ills, this reason is based on sensible incentives. 6. Therefore, you have an overriding reason not to kill yourself. Let us examine this argument more carefully. Premise l spells out what Kant considers an analytic relationship between emotions and inclinations and seems, given his philosophical vocabulary, uncontroversially true. By accepting the Stoic account of the psychology of suicide, namely, that suicide requires courage, Kant disagrees with the view affirmed by Augustine and many subsequent opponents of suicide, that suicide is an act which reveals moral weakness and cowardice rather than courage. In other words, rather than denying that suicide takes courage, Kant is turning the Stoic affirmation of suicide äs a courageous act around 180 degrees — into a moral criticism of suicide! Premise 2 uses the term Seelenstärke (which we have seen that Kant also used in the Second Critique) to characterize the basic attitude of mind fundamental to Stoicism. In the Doctrine of Virtue Kant identifies Seelenstärke and similar terms with virtue in general. Kant maintains that fortitude or strength of mind is needed to control inclinations for the sake of duty. Here again Kant accepts the Stoic moral psychology, at least for the sake of argument. Premise 4 translates Kant's language from motive-talk into reason-talk. Kant presumably would agree that 4 follows directly from 3, since to call something an end in itself is to say that someone who recognizes it äs an end in itself has an overriding reason to value and maintain it. Contemporary students of Kant are convinced that it is critical to see Kant äs a theorist of practical reason. So my proposed reconstruction of his argument takes Kant to be discussing reasons for action, not, contrary to how his language might be read, the strength of empirical motives. Appealing only to the strength of motives, and not to the overridingness of reasons, is to adopt Hume's moral psychology, not Kant's. Premise 5 is an uncontroversial classification of reasons into Kant's terms. The conclusion, 6, follows validly from the rest of the argument. If this reconstruction and analysis of Kant's argument is acceptable, then it should be clear that Kant's argument Stands or falls with Premise 3. To me, at least, there
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
45
is something beguiling about this premise, which directs us inward to a moment of self-recognition.11 The apprehension of oneself äs somehow "outside" the play of empirical motives, possessing the ability to freely choose among them, and the related recognition of oneself äs capable of formulating and acting upon principles of rational choice in such situations, are moral experiences which lie at the root of Kant's ethics. This is not a very populär view among today's Kantians, who prefer a less metaphysical and psychological Kant. Many today hope to eliminate reliance upon metaphysics and appeals to subjective experience in reformulations and defenses of Kant's moral philosophy. But to do so in this case, or in any other case where Kant's moral psychology is crucial to his argument, would destroy Kant's meaning. Kant's reply to the Stoics is grounded on a moment of self-recognition. The potential suicide meets or becomes acquainted with (kennen) herseif: "I am not a disposable thing; I am a person able to master my own inclinations" are the insights Kant thinks will force themselves upon the suicide struggling to overcome her fear of death. One may naturally remain doubtful about this. Kant has no way to prove the inevitable existence, or even the possibility, of such a "meeting," within the potential suicide's inner seif. But the psychological dynamic Kant dogmatically asserts may not be a total fiction. Is the ability to overcome the fear of dying psychologically related to the ability to overcome the despair of living? Is the person who discovers her own "strength of soul" sometimes enroute to regarding herseif äs a free and rational being with a moral value unlike that of any mere thing? Although its being based upon a priori psychology makes Kant's argument far from airtight, it is a noble effort quite in keeping with his overall project in moral philosophy. A Perfect Duty Argument Against Suicide In the next paragraph of the Doctrine of Virtue Kant provides a universal antisuicide argument, which, äs I see it, is far less interesting, far less successful, and far less consistent with the rest of his moral theory. Rather than being based on an inward encounter with one's own moral personality, the second argument maintains that suicide violates a perfect duty to oneself. Kant mentioned in passing in the first paragraph of this Section 6 passage on suicide that suicide usually is a violation of duties to others — to one's spouse, children, or fellow citizens. But the main moral objection to suicide in the second paragraph, äs in Groundwork II, is that suicide violates a perfect duty to oneself. His argument is this: Man cannot renounce his personality äs long äs he is a subject of duty, hence äs long äs he lives; and it is a contradiction that he should be authorized to withdraw from all Obligation, 11
An article depicting just this sort of self-encounter by a suicidal person, though without making any explicit reference to Kant, is H. A. Hielsen, "Margolis on Rational Suicide: An Argument for Case Studies in Ethics," Ethics 89 (1979): 195-201.
46
David N. James
that is, freely to act äs if no authorization were needed for this action. To annihilate the subject of morality in one's own person is to root out of existence morality itself from the world, äs far äs he can, even though morality is an end in itself. Consequently, disposing of oneself äs a mere means to sorne discretionary end is debasing humanity in one's person (homo noumenon), to which man (homo phenomenon) was nevertheless entrusted for preservation. (P. 219, Ak. 422-423)
Kant does not consider Obligation to be the product of a social contract or a divine command. Rather, duties to oneself are the foundation of all Obligation, because all duty involves self-constraint of the inclinations. As Kant puts this point: [S]uppose there were no such duties [to oneself]: Then there would be no duties whatsoever, and so no external duties either. For I can recognize that I am under Obligation to others only insofar äs I at the same time put myself under Obligation, since the law by virtue of which I regard myself äs being under Obligation proceeds in every case from my own practical reason; and in being constrained by my own reason, I am also the one constraining myself. (P. 214; Ak. 417-418)
Suppose we agree that there are duties to oneself, and that they are in some sense foundational to all morality. Even meeting him this far, Kant's perfect duty argument against suicide does not work. Let us first consider the historical influences clearly at work in the last sentence of Kant's argument. As David Novak has pointed out, Kant's "custodian" metaphor, which involves being "entrusted" with one's own life, is a reversal of the classical anti-suicide argument.12 The classical Platonic and theological argument against suicide assumes metaphysical dualism and the survival of the soul apart from the body after death. So when Aquinas speaks of life äs a gift not to be thrown away, the idea is that embodied, physical existence is a gift entrusted to the person viewed äs soul. Though Kant uses the same metaphor, he reverses its meaning. Since Kant believes that no knowledge of immortality is possible, he cannot see the body äs entrusted to the immortal soul. Kant, rather, has it that our moral natures are entrusted to our physical natures. Still, without a religious teleology to teil us who is doing the "entrusting" and for what purpose, a teleology which Kant in the First Critique and elsewhere rejects äs philosophically illegitimate, this metaphor cannot carry the argument. Although Kant's distinction between the noumenal man and the phenomenal man in this passage invites the metaphysical and dualistic Interpretation which Novak develops, in this case it is possible to decline the invitation and jettison the metaphysical baggage. To see this, we may contrast Novak's view with that of Nelson Potter, who says: [T]he teleological version of the argument against suicide is entirely abandoned [in this passage], and a different, and more defensible argument is presented.13 12 13
Novak, p. 99. Nelson Potter, "What is Wrong with Kant's Four Examples?" paper read at the American Philosophical Association Central Division Meeting, 1993.
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
47
Potter claims that the point of this argument, far from the apparent dualism and religious teleology, is simply that one does not have the moral right arbitrarily to terminate on-going life commitments for the sake of personal pleasure or avoidance of pain. The following reconstruction sidesteps Novak's metaphysical Interpretation and moves closer to Potter's view: U1. Morality is an end in itself. U 2. Morality exists in the world only in and through living persons. U 3. By killing oneself one is destroying a necessary condition of morality äs it exists in the world. U 4. Conditions necessary to preserve ends in themselves in the world must not be destroyed. U 5. Therefore, one ought not kill oneself.
Although indebted to Potter, this reformulation of Kant's universal argument parts Company with his Interpretation concerning the "authorization" to commit suicide. The reason is that, contrary to Potter, Kant cannot consistently maintain that such authorization is necessary. The urge to seek an "authorization" for suicide is omnipresent in classical and Christian moral philosophy, äs we have already seen. But this urge is inconsistent with Kant's moral theory. By suggesting that justified suicide requires a specific authorization, Kant is once again echoing the traditional view of Plato, the Stoics, and Augustine. For classical and Christian thinkers, the relevant authorization was a divine command. But Kant must consider such an authorization heteronomous. For Kant, only the law-giving agent herseif could give herseif a moral authorization for suicide. Why does Kant suppose that a self-authorization for suicide could not be given? The reconstructed argument just stated seems to be Kant's best, most consistent stab at an answer, but it is not persuasive. True, many suicides wrong others by withdrawing from commitments and obligations to others. But this does not establish that every suicide violates a duty to oneself, because not all acts of self-killing are based on arbitrary withdrawals from obligations to others. A man's duties äs a father or spouse are not violated when he decides to take active Steps to terminate his existence if, for instance, he is dying in an intensive care ward, and if, due to helplessness and incapacity, he is already unable to perform the duties connected to those roles. Even if there were such withdrawals from duty in every case of suicide, this would locate the reason in the wrong place, on duties to others, not on duties to oneself. For even if we grant that duties to others presuppose duties to oneself, this certainly does not mean that duties to others are the same äs duties to oneself, nor does it make duties to others redudble to duties to oneself. To make Kant's universal anti-suicide argument consistent with his moral philosophy generally, there would need to be a self-contradiction or inconsistency within the will of the suicidal agent, or between her maxims, or there would need to be a violation of her or someone eise's autonomy, or a moral devaluation of a moral end in itself. But none of these is here to be found. If Kant is talking about the existence of morality itself, and not just the long-term commitments of a particular
48
David N. James
individual, then Premise U 3 is simply false: Morality will survive any one individual's death. Morality itself is not mortal in any sense. Nor is it correct to say that self-killers are attempting to "root out" morality itself by that act. The maxim of a suicidal person may autonomously and consistently promote a moral end, such äs the survival of the organized political state.
The Casuistry of Self-Killing Indeed, Kant himself next provides examples of precisely this. At the close of this section of the Doctrine ofVirtue Kant poses four "casuistical questions," each about a specific example or case of self-killing. (Kant's fifth and final casuistical question in this concerns the ethics of risk taking, not self-killing, and so it will not be discussed here.) The first two questions focus on ancient Romans, the semi-mythical Curtius and the philosopher Seneca; the third concerns Kant's then-recently deceased contemporary, Frederick the Great; and the fourth treats the apparently contemporary case of an unnamed man bit by a rabid dog. These examples reveal that for Kant some kinds of self-killing (Entleibung) do not qualify äs willful self-murder (willkürliche Entleibung) or suicide (Selbstmord), and thus may not be unethical.14 These are among the "open" casuistical questions in the Doctrine of Virtue, called "open" because the answers to them require knowing or assuming further details about the circumstances and maxims of the agents in question. While Kant clearly thinks that the categorical imperative combined with relevant empirical Information sometimes yields definite, unambiguous answers, many casuistical questions are genuinely open-ended. Answers to open casuistical questions require judgment, for which no rules can be given. Only sensitivity to context and alertness to relevant facts will help one work out what ought to be done. There are no moral algorithms or easy answers in such circumstances.15 14
15
Kant accepts the common sense view that many heroic and saintly acts are self-killing, but not self-murder or willful self-destruction. In the Lectures on Ethics Kant distinguishes suicide from self-sacrifice, thereby considerably narrowing his concept of suicide. "No one under the sun can bind me to commit suicide; no sovereign can do so. The sovereign can call upon his subjects to fight to the death for their country, and those who fall on the field of battle are not suicides, but the victims of fate. Not only is this not suicide, but the opposite, a faint heart and fear of the death which threatens by the necessity of fate, is no true self-preservation; for he who runs away to save his own life, and leaves his comrades in the lurch, is a coward; but he who defends himself and his fellows even unto death is no suicide, but noble and high-minded." Louis Infield, trans., first published in 1930, p. 150; Hackett has in print a reprint of the 1979 Methuen edition. While Kant's Lectures on Ethics are only Student lecture notes, rather than something Kant wrote for publication, they are suggestive, nevertheless. For a fuller account of the nature and role of Kant's open and closed casuistical questions, and for a classification of the twenty Doctrine of Virtue casuistical questions into each sort, see David N. James, "Twenty Questions: Kant's Applied Ethics," Southern Journal of PhilosophylO (1992): 67-87.
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
49
The first two casuistical questions are where Kant continues his reply to the Roman Stoics. Kant's second pair of casuistical questions on suicide, interesting in themselves but less central to the project of this paper, will be treated in summary fashion. Besides contributing to the main theme of this paper — that we should understand Kant's discussion of suicide here äs a reply to the Stoic position — my analysis, which necessarily proceeds by analogy rather than by deduction, aims to demonstrate how an in-depth look at Kant's casuistical questions may increase our understanding of Kant's moral philosophy. Once we get beyond the oft-discussed four examples in the Groundwork, far too little scholarly attention has been paid to Kant's other examples, especially those found in the Doctrine of Virtue. Until we look and see how Kant thought we should apply the categorical imperative, how can we say we understand Kant's moral philosophy? It is vital to be clear at the outset that all four examples are very different from the suicide Kant considered and found impermissible in GroundworklL, where duty is in conflict with sensuous motives of self-love. Rather than a self-interested, sorrowful suicide, these Doctrine of Virtue cases concern very different issues. To be specific, they concern issues such äs resolving a conflict between two genuine moral goals, the morality of self-administered capital punishment, the moral Status of long-term intentions, and whether or not respect for one's moral personality may justify ending one's own life. It is perhaps unsurprising that Kant, who defends an absolute prohibition on suicide, might want to restrict application of the term "suicide" to exclude some forms of self-killing. This is precisely what we see happening in the first casuistical question, which asks: Is it murdering oneself to hurl oneself to certain death (like Curtius) in order to save one's country? Or is deliberate martyrdom, sacrificing oneself (sich zum Opfer hinzugeben) for the good (das Heil] of all mankind, also to be considered an act of heroism? (P. 219; Ak. 423)
Here Kant associates political sacrifice with religious sacrifice. The German could also be rendered äs Curtius' "making of himself an offering for the salvation of mankind." The moral question here concerns what to do when two moral ends — selfpreservation and the preservation of the Community — ought to be promoted, but the Situation is such that only one of them can be promoted. Knowing the historical basis of this example helps us appreciate how Curtius resolved this question. Marcus Curtius was a legendary Roman hero who may have lived in the 4th Century, B. C. He is said to have leaped in füll armor on horseback into a chasm that had been opened in the Forum at Rome by an earthquake. In so doing, the legend has it, he fulfilled a soothsayer's proclamation that the sacrifice of Rome's chief treasure, which Curtius interpreted to mean a brave man, would close the fissure.16 The story of Curtius involves a mythic dimension which rein16
William Smith, ed., A Dictionary of Greek and Roman Biography and Mythology, John Murray, 1876, p. 906.
50
David N. James
forces and illustrates the close similarity Kant evidently sees between religious martyrdom and political heroism. In his pre-Critical Lectures on Ethics, Kant drew a sharp line between suicide and self-sacrifice,17 and he spoke with approval of Cato's suicide. Kant inherited the Cato and Curtius case's from Latin moral theology and philosophy, and it is very instructive to compare and contrast the Cato case with the Curtius case. Cato was a Roman statesman who backed Pompey and the republican cause against Caesar, who had instituted increasingly autocratic rule. After Pompey's defeat at Pharsalus, Cato went with him into exile. When Caesar's legions defeated the army of the nobility in North Africa in 46 B. C., Cato — then at Utica — took his own life. As Kant teils Cato's story: Cato knew that the entire Roman nation relied upon him in their resistance to Caesar, but he found that he could not prevent himself from falling into Caesar's hands. What was he to do? If he, the champion of freedom, submitted, everyone would say, "If Cato himself submits, what eise can we do?" If on the other hand, he killed himself, his death might spur on the Romans to fight to the bitter end in defence of their freedom. So he killed himself. He thought that it was necessary for him to die. He thought that if he could not go on living äs Cato, he could not go on living at all. It must certainly be admitted that in a case such äs this, where suicide is a virtue, appearances are in its favor. But this is the only example which has given the world the opportunity of defending suicide. It is the only example of its kind and there has been no similar case since.18 Margaret Pabst Battin has noted that the Curtius example echoes this earlier discussion of Cato. Both cases, Battin cogently argues, leave room for some justified acts of suicide.19 Like Cato, Curtius must resolve a conflict between pursuit of the moral end of preserving one's life and the moral end of fostering a Community free to make its own laws. But Battin does not note three significant differences between the t wo cases. First, the association between religious martyrdom and political heroism is much clearer in the Curtius case than in the Cato case. Since Kant would be unlikely to doubt the permissibility of religious martyrdom, to associate Curtius with martyrdom, and to claim that he acted for the salvation (Heil) of mankind, makes it even more evident that for Kant heroic political sacrifice may sometimes be morally permissible. Kant does not take existing communities or nations to have ultimate or unconditioned worth. Yet he clearly does think that we have a duty to further the kingdom of ends by supporting free, lawful states. The entire Doctrine of Right is devoted to elaborating these political and legal duties which are for Kant perfect duties. Although Kant's ethics is well equipped to deal with cases where duty vies with self-interest, he seems to have no systematic ans wer to situations — all too frequent — when perfect duties to oneself and perfect duties to others are in conflict. In such 17 18 19
See note 14, above. Lectures on Ethics, p. 149. Margaret Battin, Ethical Issues in Suicide, Prentice Hall, 1982, pp. 122-127.
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
51
a Situation, judgment is required, because the question is not what the moral maxim is, or whether it passes the test of the categorical imperative, but rather which maxim that passes the test of the categorical imperative to apply in a specific case. (As noted above, I call Kant's examples of such situations "open casuistical questions.") The second difference is that the Cato case, unlike the Curtius case, involves mixed motives or, in the language of Kant's critical ethics, an impure maxim, for suicide. Besides seeking to inspire his soldiers to fight for their freedom, Kant says in the passage just quoted that Cato "thought that if he could not go on living äs Cato, he could not go on living at all." Kant supposes that Cato intends both to avoid the destruction of his own personality and to foster free, republican government. Cato's suicide appears to carry out both intentions by the same act. In contrast, there is no hint of such an impure maxim in the first Doctrine of Virtue casuistical question, not in how Kant describes it, nor in how it was understood in classical times. Curtius, unlike Cato, is a pure case of possibly ethical, sacrificial self-killing. The third difference between Cato and Curtius is between an induced or manipulated suicide and fully voluntary suicide.20 Though he took his life "with his own hand," and in some sense freely, Cato was in a desperate Situation with only two real options: 1) Surrender and imprisonment äs a conspirator, with a füll measure of dishonor, disgrace, and damage to the cause of free government; or 2) A noble, sacrificial death by his own hand. For Kant, Cato's suicide, like all genuine action, must of course be regarded äs imputable to Cato äs his own choice. Yet surely the circumstances which constrain options do affect both the rationality and permissibility of an action. In Kant's thought, "ought implies can," so that when an agent has few "means" at his disposal, few effective choices, the moral ends it is possible for him pursue are to that extent just äs limited. In this respect the Cato case is quite unusual, and perhaps it was this feature of the case which led Kant to say that no such cases have since been seen. The options open to Curtius were much wider. Picture Curtius there in the Forum with the other Romans when the fissure opened. Unlike Cato, Curtius' choice to throw himself into the fissure to save Rome was by no means an induced or manipulated choice. There were, presumably, other Romans there who might have done the same. No evidence exists in the legend that, prior to his act, Curtius had been pressured or induced — by Gods, soothsayers or men — to see himself in a special, self-sacrificial role. It would be a mistake to call Curtius a "victim of fate," äs Kant calls soldiers who die in battle in the Lectures on Ethics. Unlike soldiers who die in battle, Curtius did not merely allow himself to be killed, nor were his options 20
On manipulated or induced suicide, see Margaret Pabst Battin, "Manipulated Suicide," in The Least Worst Death: Essays in Bioethics on the End of Life, Oxford University Press, 1994, Ch. 10, pp. 195—204; and Suzanne Stern-Gillet, "The Rhetoric of Suicide," in John Donnelly, ed., Suicide: Right or Wrowgf, Prometheus Books, 1990, pp. 93-103.
52
David N. James
so limited. As far äs we know, Curtius instead might have calmly gone home to see if the earthquake had damaged his house! Even if Curtius had the soothsayer's prophecy in mind, so that the prophecy became, in Kant's terms, part of his maxim; even if Curtius feit himself "called" to sacrifice himself for Rome, the fact remains that Curtius chose to ride his horse into that fissure to die when he could easily have acted otherwise to preserve his own life. Curtius would not have violated any moral duties by failing to sacrifice himself. I am suggesting, in summary, that the Curtius case, unlike the Cato case, concerns a purely willed, uninduced, direct, active, sacrificial self-killing. Perhaps Kant would maintain that Curtius's self-killing should not be termed a suicide, that Curtius's death is an Entleibung but not a willkürliche Entleibung or Selbstmord. Whatever term we might use to describe it, Kant here opens up the possibility that many more cases of self-killing are justified than he does with the Cato case. Kant's second casuistical question on suicide focuses on a specific historical event, the suicide of the Stoic philosopher Seneca. Kant's argument against the Stoic position on suicide is echoed by this example, which "doubles" Kant's point by citing äs an example the suicide committed by the most famous Stoic defender of suicide. It reads: Is it permitted to anticipate by killing oneself the unjust death sentence of one's ruler — even if the ruler permits this (äs did Nero with Seneca)? (P. 219; Ak. 423) The circumstances of Seneca's death and his position on suicide would both have been well known to Kant. Seneca lived from about 4 B. C. until 65 A. D., when he was accused of conspiring against the emperor Nero and killed himself. Seneca's self-killing followed a rather complex series of events which are related in the Annals of Tacitus, chapter 15, sections 60 through 65. After Nero had put down a rebellion, he suspected Seneca of being one of the plotters. Nero's Information was based on the word of only one of the conspirators, and it may be that Seneca was not involved at all. Seneca was in a country house four miles outside of Rome, which Nero ordered to be surrounded by soldiers. Nero then demanded to know whether Seneca was in the process of suicide — presumably a sign of guilt. Although he was told that Seneca was not preparing to kill himself, Nero went ahead and ordered one of his staff, Silvanus, to go back to Seneca's house to pronounce a sentence of death. Now it so happened that this aide, Silvanus, actually was one of the plotters of the unsuccessful coup against Nero. So when Silvanus got to Seneca's house, he sent in an unnamed centurion to spare himself the anguish of a word or of a look. This centurion "announce[d] the last necessity" to Seneca. The key sentence is: Voci tarnen et aspectui percepit intromisitque ad Senecam unum ex centurionibus, qui necessitatem ultimam denuntiaret. Which may be rendered fairly literally äs:
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
53
However he [Silvanus] was so considerate of bis voice and his eyes äs to send one of his centurions in to Seneca, to announce the last necessity.21
That the centurion from Nero just "announced" that Seneca's time was up is presumably what led Kant to say that Seneca only anticipated Nero's death sentence. Kant's reading is that Seneca was not directly told that Nero had ordered him to carry out a death sentence on himself. Kant has it that Seneca committed suicide in anticipation of his death sentence, rather than to carry out his death sentence. It is true that we do not know for certain what the centurion said to Seneca. It is true that the centurion was relaying Nero's order at second hand, from his immediate commander, Silvanus. And it is also true, äs we shall see in a moment, that Seneca's writings depict a man who was glad to have a good excuse to kill himself. Even so, Kant's reading of this narrative seems little more that a willful distortion designed to discredit Seneca's position on suicide by describing Seneca's self-killing in a way that suits Kant's desire to condemn it. This is a harsh but a fair judgment, once we look more carefully at the whole Tacitus passage. First of all, Seneca's country villa was surrounded by soldiers under Nero's control, a fact Seneca could hardly have failed to notive. Second, Seneca obviously knew about the failed coup. Third, immediately after the centurion "announced the last necessity," Seneca asked for the tablets containing his last will and testament, which the centurion refused to give him. Fourth, and most damaging to Kant's reading, is that a few moments later, Seneca is quoted äs saying this to his friends there at his villa: "For to whom had Nero's cruelty been unknown? Nor was anything left him, after the killing of his mother and his brother, but to add the murder of his guardian and preceptor [that is, Seneca himself]?"22
This is hardly the Statement of a man left in doubt about whether Nero had ordered him to die! Seneca's defense of suicide, which Kant is eager to refute, seems surprisingly modern. In it Seneca appeals to the "modern" values of welfare and freedom. His welfare or "quality of life" argument is this: Life has carried some men with the greatest rapidity to the harbor, the harbor they were bound to reach even if they tarried on the way, while others it has fretted and harassed. To such a life, äs you are aware, one should not always cling. For mere living is not a good, but living well. Accordingly, the wise man will live äs long äs he ought, not äs long äs he can.23
Besides valuing life's quality more than it's quantity, Seneca also considers suicide to be a particularly noble exercise of freedom. He maintains that human beings 21 22 23
Tacitus, Annels, John Jackson, trans., Harvard University Press, 1937, Vol. 5, Book 15., See. 61, p. 314 (Latin) and p. 315 (English). Ibid., Section 62. Seneca, "On the Proper Time to Slip the Gable," in John Donnelly, ed., Suicide: Right or Wrong?, Prometheus Books, 1990, p. 27.
54
David N. James
have both the power and the freedom to fix the time of their own deaths, and that we therefore have the right to do so: You can find men who have gone so far äs to profess wisdom and yet maintain that one should not offer violence to one's own life, and hold it accursed for a man to be the means of his own destruction; we should wait, say they, for the end decreed by nature. But one who says this does not see that he is shutting off the path to freedom. The best thing which eternal law ever ordained was that it allowed us one entrance into life but many exits. Must I a wait the cruelty either of disease or of man, when I can depart through the midst of torture, and shake off my troubles? This is the one reason why we cannot complain of life: it keeps no one against his will.24 Kant, äs is well known, defends the death sentence for murder. In the Doctrine of Right section entitled "On the Right to Punish and to Grant Clemency" Kant says, for example: [E]very murderer — anyone who commits murder, orders it, or is an accomplice in it — must suffer death; this is what justice, äs the Idea of judicial authority, wills in accordance with universal laws that are grounded a priori. (P. 143, Ak. 334) Kant might have argued that Seneca deserved execution.25 But Kant did not argue this — in fact, he seems to accept Seneca's innocence äs a given, by saying that the death sentence by Nero would have been unjust. A different, if no less controversial, doctrine of Kant's political philosophy does apply here, however: Kant's view that citizens have an absolute duty to obey the law, even unjust laws of an unjust state. The duty to obey the law famously allows of no exceptions according to Kant: That one who finds himself in possession of supreme executive and legislative authority over a people must be obeyed; that obedience to him is so rightfully unconditional that even to investigate publicly the title by which he acquired his authority, and so to cast doubt upon it with a view to resisting him should this title be found deficient, is already punishable. [P. 176, Ak. 371] Kant's unqualified Opposition to civil disobedience and civil rebellion commits him to the view that an unjust: but legal order issued by an unjust but lawful ruler is still morally obligatory. Since Seneca's aim was to carry out Nero's order to administer his own death penalty, it should not matter to Kant whether or not such an order was unjust. It is altogether consistent with Kant's political philosophy to argue that such an act, äs long äs it was legal, would be ethical. 24
25
Seneca, p. 29. Historically, Seneca represents the high-water mark of a positive attitude toward suicide. Pagan Rome soon gave way to a Western culture dominated by Christianity, and the Stoic approval of suicide was soon replaced by a Christian prohibition, a position developed most influentially by Augustine. I shall not pause here to discuss Kant's view of capital punishment, a task others have carried out quite well. Two articles on Kant's theory of punishment by Jeffrie G. Murphy are especially helpful. Murphy's early discussion is in Kant: The Philosophy of Right, Macmillan, 1970, pp. 109—149. His more recent reevaluation is in "Does Kant Have a Theory of Punishment," Columbia Law Review, Vol. 87, 1987, pp. 509-532.
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
55
But approval of Seneca's death was evidently too much for Kant to accept. Rather than changing his position on civil disobedience, a position which few Kantians today are inclined to accept, Kant instead distorts Tacitus's account of Seneca's death. Kant would like to say that Seneca's goal, incorporated into the maxim of his action, was not to carry out a lawful order of the sovereign, because Seneca's aim was to antidpate such an order. Kant pretends that there is uncertainty about whether Seneca's death was a form of self-administered capital punishment following upon a clearly understood, legal order from Nero. This would enable Kant to say that Seneca acted wrongly in ending his own life. But äs I have argued, we cannot overlook the decisive evidence against Kant's reading, found in the only historical record he, and we, have of this matter. Contrary to Kant, once Seneca's death is seen äs a clear case of self-administered capital punishment, it cannot consistently be condemned by Kant. The third and fourth casuistical questions move from the Latin context, which sets the main agenda for Kant's Doctrine of Virtue suicide passage, towards modern times. The third casuistical question concerns a case of indirect intention by a king. It reads: Can a great king who died recently [Frederick the Great] be charged with a criminal intention for carrying a fast-acting poison with him, presumably so that if he were captured when he led his troops into battle he could not be coerced to agree to conditions of ransom harmful to his state? For one can ascribe this purpose to him without having to presume that mere pride lay behind it. (P. 220; Ak. 423) A motive of "mere pride," Kant suggests, would imply that Frederick had a "criminal intention." But suppose his goal was the one Kant suggests, to prevent a ransom harmful to his state? Margaret Pabst Battin and David Novak have pointed out that, like the first casuistical question, this case involves a conflict between two genuine moral ends, self-preservation and the well-being of the Community.26 They are quite correct. But we must also consider the differences between these cases, since the contrasting features of the Curtius and Frederick cases are presumably why Kant included them both. A sovereign, Kant insists in the Rechtslehre, has no legal duties to his subjects.27 A sovereign is the source of law, not a subject who is to obey the law. Kant may even have believed that sovereigns have no moral duties to subjects! But leaving this bizarre possibility aside, consider another feature of this example, namely, the role that a long-term, dispositional intention plays in this case. Frederick did not straightforwardly intend to kill himself. Over a long period of time, his intention or (perhaps more accurately) his disposition, was to intend to kill himself in the 26 27
See the works cited above. Kant says, "the head of a state has only rights against his subjects and no duties (that he can be coerced to fulfil)." [Doctrine of Right, Ak. 319, Gregor trans., p. 130.] Here äs in many places in the Rechtslehre, it is not entirely clear whether Kant is speaking only of legal duties and rights, or of moral duties and rights.
56
David N. James
specified circumstances. This is not at all like the sudden, spontaneous act of selfdestruction of Curtius. A final contrast seems just äs crucial: Curtius sacrificed himself to save the state when the state's very existence was at stake. In contrast, Frederick would be killing himself only to avoid financial härm to the state.28 Though a king has no legal duties to subjects, Kant might well have held that a sovereign does have a moral duty to his subjects to avoid harming them financially. But since this Obligation, for a hereditary monarch, cannot be seen äs a promissory or perfect Obligation, for Kant this would only be a defeasible, imperfect duty. This feature of the case reinforces our earlier: It would be wrong for Frederick to kill himself in the circumstances specified. Another aspect of this case also is of interest, namely, Frederick's long-term, second-order intention to kill himself only if he were captured by an enemy in battle. It is immoral to violate the categorical imperative, but is it immoral to intend to violate the categorical imperative? Is it immoral to form a long-term disposition according to a counterfactual maxim such äs: "If circumstances C were to obtain, I should do S to avoid harming my state, even though S violates the categorical imperative"? Kant's answer, I believe, would be "yes, it is immoral." Kant argues in the Doctrine of Virtue that agents have duties of virtue to cultivate long-term dispositions to act rightly. For example, Kant says that it is meritorious for a man to make [t]he Right of humanity, or also the Right of men, his end and in so doing widens his concept of duty beyond the concept of what is due (officium debiti), since another can indeed by his right require of me actions in accordance with the law, but not that the law be also my incentive to such actions. The same holds true of the universal ethical command, "act in conformity with duty from duty." To establish and quicken this disposition in oneself is, äs in the previous case, meritorious since it goes beyond the law of duty for actions and makes the law itself also the incentive. (P. 194, Ak. 390-391)
Frederick's second-order intention would be a violation of Kant's distinctive understanding of this duty of virtue. The point of Kant's "universal ethical command," is that we have an Obligation to cultivate the disposition to act from duty. Frederick's maxim is immoral because he is cultivating the disposition to do the reverse of what morality commands.29 Kant's fourth casuistical question treats a Situation where an agent knows that by losing the capacity for voluntary action in the near future, he is likely to härm others. It reads äs follows: 28
29
Nor is this case much like the twentieth Century spy who carry cyanide capsules to avoid betraying secrets under torture. If captured, Frederick would have been held for ransom, not tortured. There is a growing literature on Kant's virtue ethics. Essays by Onora O'Neil, Robert Louden, and others are considered in David N. James, "Kant's Virtue Ethics and the Cultivation of Moral Skills," in Cornmutarianism, Liberalism and the Good Society, Creighton Peden and Yeager Hudson, eds., Edwin Meilen Press, 1991, pp. 29-41.
Suicide and Stoic Ethics in the Doctrine of Virtue
57
A man who had been bitten by a mad dog already feit hydrophobia coming on. He explained, in a letter he left, that, since äs far äs he knew the disease was incurable, he was taking his life lest he härm others äs well in his madness (the onset of which he already feit). Did he do wrong? (P. 220; AK. 423-424)
This case also involves self-killing äs a means of avoiding härm to others. But unlike the previous three examples, analysis of the fourth question does not yield a definitive ans wer on Kantian grounds. This is unfortunate, because here we find a case which resembles many of today's cases of active voluntary euthanasia, such äs when incompetence to make moral decisions can be anticipated with confidence in cases of Alzheimer's Disease. Moreover, this is the only self-killing case Kant gives where political duties do not predominate, since the man in this case is worried about harming others, not harming the state äs such. Frederick intends to avoid harming the state, while the hydrophobic man intends to avoid harming others. But an ordinary citizen, unlike a hereditary monarch, has a perfect Obligation to avoid harming others, if under "härm" we include violating the rights of others. The third case is complicated by Frederick's Status äs a sovereign, while the fourth case is complicated by the fact that the agent expects — reliably, we may assume — to loose his own rational agency very soon. The latter feature of the fourth casuistical question resembles a case from the Lectures on Ethics, where Kant contrasts the value of moral personality and rational agency with the maintenance of mere biological functioning: If a man cannot preserve his life except by dishonoring his humanity, he ought rather to sacrifice it; it is true that he endangers his animal life, but he can feel that, so long äs he lived, he lived honorably. How long he lives is of no account; it is not his life that he loses, but only the Prolongation of his years, for nature has already decreed that he must die at some time; what matters is that, so long äs he lives, man should live honorably and should not disgrace the dignity of humanity; if he can no longer live honorably, he cannot live at all; his moral life is at an end.30
Is vegetative existence, or existence in a state of incurable madness or dementia, a dishonor to one's humanity? Do choices to continue living in such conditions "disgrace the dignity of humanity?" If continued existence in such a state also harms others, it is at least possible that Kant would have answered "yes," and thus it is at least possible that he would not have seen the hydrophobic's self-killing äs morally wrong. On the other hand, Kant might argue that the hydrophobic man, once he becomes incompetent, cannot be said to "act" at all, in the sense of making free rational choices. On this account a madman may cause härm, but he does not do härm. Kant may have wanted to insist that future harms that will result from continued life äs an incompetent non-agent are not the result of choices or actions imputable to any agent. Such future consequences, on this analysis of the hydropho-
30
Lectures on Ethics, p. 156.
58
David N. James
bic case, would never constitute a morally legitimate reason for a soon-to-be-incompetent agent to kill himself. Kant's Opposition to suicide ran very deep. (Though of course, if my arguments in the second section of this paper are correct, his Opposition is not philosophically well founded, even within his own moral theory.) Kant's own death by natural causes rather than suicide, after many months of increasing disorientation and dependency, long after confessing to friends that he wanted to die, suggests that Opposition to self-killing in such cases was Kant's considered position. In any event, it was the position he seems to have acted upon in his own case. Whether the antisuicide analysis of such cases, and Kant's own death äs an example of its being carried out in practice, preserves the most central Kantian insights about morality, or whether it is an irresponsible refusal to act upon those insights, I leave to the reader to ponder. In this paper I have pursued the idea that in his Doctrine of Virtue discussion of suicide, Kant is working out the implications of the critical moral philosophy within the framework of Latin ethics. Kant is attempting to settle his score with the Roman Stoics, both in his arguments and in his choice of examples. I have argued that although Kant does make a powerful counterargument against the Stoic view, he fails in his search for a sound universal argument against self-killing. Casuistry, äs the third section of this paper has demonstrated, functions with the probable, not the certain, and it operates with analogies rather than deductive arguments.31 Though uncertainties remain concerning any fact-bound, comparative case analyses, we may conclude with confidence that Kant's own examples, by themselves, prove that the gulf between his and the Stoic view is not unbridgeable. For Kant's first casuistical question, and possibly his fourth äs well, is a self-killing which affirms morality. Such a death, whether we decide to call it suicide or not, need not be considered self-murder and does not violate the categorical imperative.32 31
32
My understanding of casuistry and my efforts to explore Kant's casuistry have been stimulated by Albert R. Jonsen and Stephen Toulmin, The Abuse of Casuistry: A History of Moral Reasoning, University of California, 1988. I gratefully acknowledge the support of Old Dominion University for a 1993—94 research and development leave when niuch of this paper was written. I am also indebted to the National Endowment for the Humanities for supporting my participation in the 1993 NEH Summer Seminar on Kant's Moral Philosophy under the direction of Thomas Hill, Jr. at the University of North Carolina at Chapel Hill, where I developed some initial ideas. Among the many who have helped with suggestions and comments, I would particularly like to thank Thomas Hill, Robert Louden and the other members of the Chapel Hill Kant seminar; ODU colleagues Lawrence Hatab, Lewis Ford, and William Brenner, who discussed early versions in our Friday Philosophy Discussion Group; and William Jones and Richard White for help with Tacitus's Latin. Finally, I benefited from John Christman's insightful commentary on the first section at the 1995 meeting of the Southern Society for Philosophy and Psychology. This long list reflects the fact that philosophical ideas — or, at least, my philosophical ideas — only develop thanks to the help of others.
Kant, Frege and the Problem of Psychologisml by Vladimir Bryushinkin
In the literature devoted to Kant's philosophy in general, and to his philosophy of logic in particular, there are a variety of opinions concerning his conception of relations between formal logic ("die allgemeine reine Logik")2 and thought ("das Denken"). If we take into account Kant's position that pure logic is a doctrine independent of psychology, then we can characterise Kant's views äs antipsychologistic. However, Susan Haack, for example, can also Interpret Kant's doctrine of logic äs "strong psychologism" on the basis of his account of logic äs a theory of "forms of thought"3. This means that there is a problem of explicating Kant's views on the relations between formal logic and mental processes. With this in mind I will try to compare Kant's conception of logic with the most fully elaborated System of antipsychologism, that of Gottlob Frege.
Kant and/or Frege? It may appear that in their basic views on the nature of formal logic, Kant and Frege are in complete agreement. They both regard logic äs autonomous discipline, independent of all other sciences. They both agree that logic takes nothing from psychology. They both agree that in relation to mental processes logic can be regarded at most äs a normative science. Taking into account this identity of their basic views about logic it seems almost certain that Kant's and Frege's views on the problem of psychologism will be also 1
2 3
This paper was prepared during my Hermann von Helmholtz Visiting Professorship at Johannes Gutenberg-Universität Mainz in April—May 1995, sponsored by Daimler-Benz Foundation. I am also thankful to Prof. Allen Wood from Cornell University, who had carefully read this paper and corrected my English. With the term "logic" I will denote here only formal logic. For other kinds of logic I will mention the corresponding predicate (for example, transcendental logic). "One can begin by distinguishing ... three kinds of position: (i) logic is descriptive to mental processes (it describes how we do, or perhaps how we must, think) (ii) logic is prescriptive to mental processes (it prescribes how we should think) (iii) logic has nothing to do with mental processes. One might call these strong psychologism, weak psychologism and antipsychologism, respectively. Examples: Kant held something like (i); Peirce a version of (ii); Frege (iii)" (S. Haak, Philosophy of Logics. Cambridge: Cambridge University Press, 1980), p. 238.).
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 59-74 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
60
Vladimir Bryushinkin
identical. However, here we should bear in mind that Kant and Frege had very different pictures of logic itself. Kant knew Aristotelian or traditional scholastic logic, and he preferred an intensional Interpretation of it. Frege was the inventor of mathematical logic, and embraced the principle of extensionality. For Kant, pure general logic is based on the subject-predicate structure of judgement and has no relation to any object at all. For Frege, the subject-predicate structure of judgement is connected with the structure of natural language. If in logic we deal with natural language and the subject-predicate scheme, then "nennt man Logic, was eigentlich nur ein Zweig der Psychologie ist"4. This means that for Frege, Kant's Interpretation of pure general logic is already disposed toward psychologism. However, on the other side, following Kant's views, not everything is correct in Frege's conception of logic. For Kant, pure general logic deals only with concepts and bears no relations to objects, which can be given only through Intuition (pure or empirical). But for Frege the basic notions in logic are notions of an individual object and of a function. This means that for Kant, Frege's logic is not a pure general logic free of all psychological considerations, but a special logic having a special relation to a certain kind of object5 and it therefore cannot be guaranteed that psychological considerations will not find their way into it. The problem of psychologism What this shows is that in discussing Kant's and Frege's philosophies of logic with respect to the problem of psychologism, we have to formulate the problem of psychologism more precisely. Usually this problem is treated äs a question about the relation between logic, on the one side, and thought or mental processes, on the other. Thus to understand this question we would need to answer two other questions: What is logic? What is thought? But neither of these questions is easily answered in a general form. For the time being, by the term "logic", I will understand classical first order predicate calculus6, and by the term "thought", the reasoning of a cognitive subject when he tries to solve a problem of an arbitrary nature without using any formal logic means. "Thought", then, is reasoning carried on without the conscious application of formalised logical laws and rules of inference. 4 5
6
Gottlob Frege, Logik [1897]. In: G. Frege, Schriften zur Logik und Sprachphilosophie. Aus dem Nachlaß. Hamburg: Felix Meiner Verlag, 1990, S. 61. For a justification of this thesis see: Thomas Seebohm, Logic of Concepts äs the Presupposition of Pormal and Transcendental Logic (in Russian), in Kantovskij Shornik. Vol. 17. Kaliningrad, 1993, pp. 61-71. It is clear that Kant could not understand logic äs a predicate calculus. This convention is necessary only for the formulation of the problem of psychologism, since it helps to mention immediately the most representative case of a logical System. Later I will treat logic more widely. In Kant's case, formal logic is a theory of concepts and judgements, and also a theory of syllogistic inference (including several modi, which now belong to propositional logic).
Kant, Frege and the Problem of Psychologism
61
This is still not a very precise understanding of thought, but for the present it is sufficient for a formulation of the problem of psychologism. We shall call this kind of mental processes f( natural thought"7. Now we can formulate the problem of psychologism in the philosophy of logic. The problem of relation between logic and thought consists of two interconnected questions: (1) can logic be reduced to psychology? and (2) can logic be regarded äs a model of natural thought? But these questions in turn need some explication. (l*) We say that a theory F is reduced to a theory G if the terms of F can be defined in the terms of G and assertions of G can be deduced from assertions of F. This sense of reduction has been worked out in logicist attempts to reduce mathematics to logic. But it has a more general meaning. (2*) What does it mean to be "a model of natural thought"? A logical structure is a model of a natural thought process, which consists in step by step transformation of a concept or a judgment, if it reproduces a sequence of Steps of the course of this transformation. In this case we may say that it reproduces the content of the thought-process, and gives us essential Information about this process. The classical psychologism of the XIXth Century (John Stuart Mill is the best example of psychologists of this kind) answered these questions in the following manner: (Pl) Logic is reduced to psychology, i. e. logical notions can be defined in terms of psychological notions and logical laws can be deduced from psychological laws. For Kant, such a conception of logic is not plausible at all. One of the most important Kantian theses here is the autonomy of formal logic. Thus Kant is not a psychologist, at least in this sense. The psychologistic answer to question (1) makes question (2) superfluous or, more accurately, yields the trivial answer to it: (P2) Logic is the model of thought process, because it is simply a part of these processes. 7
Of course there are difficulties connected with the notion of natural thought and already mentioned by G. Frege: "Nicht danach hat der Logiker zu fragen, welches der natürliche Verlauf des Denkens in der menschlichen Seele sei. Was dem einen natürlich ist, kann leicht einem anderen unnatürlich sein" (G. Frege, Logik [1897], S. 65). However, modern psychology puts at our disposal certain means for the satisfactory solution of this problem. Cognitive psychology, for example, designs models of mental processes, which we can compare and choose the ones which are best for our purposes. There is a plurality of models of mental processes. Nevertheless a plurality of logical models can correspond to this plurality of psychological models. This demands, however, we change our views on the logical structures which can pretend to be models of thinking. An example of such attempt see in my Book: Vladimir Bryushinkin, Logic, Thought and Information (in Russian), Leningrad: Leningrad University Press, 1988. Of course, in this paper I do not understand the term "thought" in Frege's meaning of "der Gedanke", i. e. äs an ideal abstract object independent of judging subject, but rather, in the meaning he gave to "das Denken".
62
Vladimir Bryushinkin
Here again it seems obvious that Kant must reject such an answer to the question (2) on the grounds of the autonomy of logic. However, later we will examine Kant's attitude toward this thesis in more detail. Classical antipsychologism, äs represented in the works of Frege and Edmund Husserl, answered these questions in the following manner: (API) Logic cannot be reduced to psychology, it is autonomous, (AP2) Logic cannot be regarded in any sense äs a model of thought. Frege wrote: "Keinen Vorwurf braucht der Logiker weniger zu scheuen, als den, daß seine Aufstellungen dem natürlichen Denken nicht angemessen seien. ... Das Streben, den natürlichen Denkvorgang darzustellen, würde darum geradewegs von der Logik abführen"8. The second answer is usually represented äs implied by the first one. What is Kant's attitude toward these t wo theses? The question deserves to be considered in detail.
Kant To begin with, we take up a relatively simple question about reduction. Kant wrote in the KrV: "Als reine Logik hat sie keine empirischen Prinzipien, mithin schöpft sie nichts ... aus der Psychologie, die also auf den Kanon des Verstandes gar keinen Einfluß hat. Sie ist eine demonstrierte Doktrin, und alles muß in ihr völlig a priori gewiß sein" (A54/B78)9. We can find the same Statements, for example, in the Jaesche Logik. Those and other Statements by Kant decisively support the antipsychologistic thesis (API). But what about (AP2)? In Kant's writings we can find Statements which seem radically different from (AP2), or even opposed to it. In the Introduction to the second edition of KrV we find the passage: "die Logik beschäftigt sich nur mit der Form des Denkens überhaupt" (B XXIII). We can find similar Statements also in other passages in KrV and in others of Kant's works. It seems that Kant accepts the idea logic is descriptive in relation to thought, and this reminds us strongly of the psychologistic thesis (P2). To find out whether this impression is correct, we have to examine Kant's notion of logical form. Kant adopts the conception of logical form äs a rule10, given a priori, for transformation of judgements and concepts, i.e. representations of objects äs well äs 8 9
10
G. Frege, Logik [1897], S. 65. All quotations from the Kritik der reinen Vernunft are made according to Raymund Schmidt edition (Immanuel Kant. Kritik der reinen Vernunft. Hrsg. von Raymund Schmidt. Hamburg: Felix Meiner Verlag, 1990) with mentioning usual pagination (A/B) of pages of first and second editions in brackets in the text after a quotation. I shall abbreviate the Kritik der reinen Vernunft äs KrV. Sometimes Kant speaks of a rule instead of a form of thought: logic is a science which expresses and proves "nichts als die formalen Regeln des Denkens" (B IX).
Kant, Frege and the Problem of Psychologism
63
other mental representations11. However, the logical form is given completely a priori, i. e. is completely independent of objects of experience and other entities which are represented by concepts and judgements transformed with the aid of these rules. But this means that logical form is completely independent of its content and gives us no Information about the content of thought. The logical form in this sense is an "empty" form12. Logical forms, according to Kant, are indifferent to the content of thought and to thought processes. Therefore they cannot be regarded äs models of thought processes according to our criterion from (2*). Hence formal logic cannot be treated äs a model of thought processes13. Thus, Kant's concept of logic äs an a priori theory of the forms of thought is not psychologistic. That is why I can not agree with Haack in interpreting Kant's philosophy of logic äs a strong psychologism. However we can try to find a weaker sense of psychologism which might apply to Kant's philosophy. The example of J. S. Mill shows us that we can regard a theory of logic äs psychologistic if logic plays a normative role in relation to mental processes. In other words, logic is treated äs a System of norms for natural thought which should regulate the course of mental processes. In the KrV and other Kant's writings we find the conception of logic äs a canon. Kant adopts the following notion of a canon: "Ich verstehe unter einem Kanon den Inbegriff der Grundsätze a priori des richtigen Gebrauchs gewisser Erkenntnisvermögen überhaupt" (A 7967 B 824). Pure and general logic is the canon for understanding and reason (A 537 B 77)14. It is not very difficult to see that the doctrine of logic äs canon is identical with the doctrine of logic äs a normative science. It seems that this doctrine gives us sufficient reason to treat Kant's conception of logic äs psychologistic. However, 11 12 13
14
Logic works also with representations that cannot belong to the sphere of possible experience, for example with noumena or ideas of pure reason. This thesis is developed in details in my paper: V. Bryushinkin Kant's paradigms: logical form. In: Kantovskij Sbornik. Kaliningrad, 1985, Bd. 10, S. 30-40. (In Russian). In Kant's philosophy there is a notion of logical form which is connected with the content of thought-processes, but it belongs to transcendental logic: For example, Friedrich Kaulbach treats the notion of logical form in transcendental logic in the following manner: "Obwohl transzendentale Logik ihrerseits auch Formen des Denkens zum Thema macht, so unterscheidet sie sich doch von der „allgemeinen" Logik darin, daß sie von einem anderen Formbegriff Gebrauch macht: ihre Form ist nicht dem gegenständlichen Inhalt gegenüber indifferent, sondern versteht sich als Form von objektiven Inhalten überhaupt. Damit ist verbunden, daß die „Form" der transzendentalen Logik Eigenschaften eines gedanklichen Handelns und einer Bewegung des Denkens ist, in welcher einem „Material" eine Form gegeben wird: sie ist formende Form" (F. Kaulbach, Kants transzendentale Logik zwischen Subjektlogik und Prädikatlogik, in: Zur Kantforchung der Gegenwart, hrsg. von P. Heintel und L. Nagl, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1981, S. 125). According to this Interpretation we have to regard logical form in formal logic äs "nicht formende Form", i. e. form, which bears no relation to the "matter" of thought-process. The brilliant analysis of logic äs a canon can be found in: Georgio Tonelli, Kant's Critique of Pure Reason witbin the Tradition of Modern Logic. A Commentary on its History, Hildesheim: Olms, 1994, S. 110-116.
64
Vladimir Bryushinkin
J. S. Mill, in addition to accepting the normativ!ty of logic accepts also the idea of reduction of norms to facts, which makes his conception a genuinely psychologistic one. Kant, however, hold to a dualism of facts and norms. Norms cannot be reduced to facts. This means that the normativity of logic teils us nothing definite about actual thought-processes. The normativity of logic is acceptable even to Frege, who was a conscious antipsychologist: "Es handelt sich um Logik ... nicht um die Frage, wie das Denken des Menschen vorgeht, sondern wie es geschehen muß, um die Wahrheit nicht zu verfehlen"15. Frege adopts here the conception of the normativity of logic in relation to natural thought. In that respect also the fundamental principle of the irreducibility of norms to facts does not permit us to regard Kant's conception of logic äs psychologistic. Hence Kant is not even "weak psychologist" in Haack's sense. It seems that we can state now that Kant is not a psychologist in any reasonable sense of the word, and he gives a negative answer to our question (2) from the problem of psychologism. However let us not be so quick to draw such a sweeping conclusion. For this conclusion is fully justified only in relation to the level of understanding (concepts and judgements). But we know that general pure logic is also a canon for reason and therefore for inferences of reasons. Maybe it is possible to find a different answer to our question (2) in Kant's theory of reason and its relation to logic. The first answer to our question on the relation between formal logic and natural thought is also trivial. The theory of inference in formal logic is the pattern for the forms of reason: "... der logische Begriff zugleich den Schlüssel zum transzendentalen, und die Tafel der Funktionen der ersteren zugleich die Stammleiter der Vernunftbegriffe an die Hand geben werde" (A 299/B 356). Kant uses the usual division of logical inferences (categorical, hypothetical, disjunctive) for determining the forms of reason. But in this case we find the Situation analogous to the Situation with the forms of understanding. Forms of reason are also separated from content and so cannot teil us anything essential about the content of mental processes. To determine the content of the activity of reason Kant uses a somewhat different description of the process of inference: "Wenn, wie mehrenteils geschieht, die Konklusion als ein Urteil aufgegeben worden, um zu sehen, ob es nicht aus schon gegebenen Urteilen, durch die nämlich ein ganz anderer Gegenstand gedacht wird, fließe: so suche ich im Verstande die Assertion dieses Schlußsatzes auf, ob sie sich nicht in demselben unter gewissen Bedingungen nach einer allgemeinen Regel vorfinde. Finde ich nun eine solche Bedingung und läßt sich das Objekt des Schlußsatzes unter der gegebenen Bedingung subsumieren, so ist dieser aus der Regel, die auch für andere Gegenstände der Erkenntnis gilt, gefolgert. Man sieht daraus: daß die Vernunft im Schließen die große Mannigfaltigkeit der Erkenntnis des Verstandes auf die kleinste Zahl der Prinzipien (allgemeiner Bedingungen) zu bringen und dadurch die höchste Einheit derselben zu bewirken suche" (A 304-305/B 361). In the 15
G. Frege, Logik [1897], S. 69.
Kant, Frege and the Problem of Psychologism
65
last sentence of the passage cited Kant gives a cognitive Interpretation to the process of inference, described in the beginning of the quotation. He prepares the ground for extracting an activity of reason from this logical process. Of course, Kant also uses the Table of Judgements drawn from logic (and slightly corrected) äs a guide line for his construction of categories of understanding. But this gives us only the form of cognition of understanding. In the case of reason, Kant constructs activity of reason itself, which means its content^ on the basis of logic: "Das formale und logische Verfahren derselben in Vernunftschlüssen gibt uns hierüber schon hinreichende Anleitung, auf welchem Grunde das transzendentale Principium derselben in der synthetischen Erkenntnis durch reine Vernunft beruhen werde" (A 306/B 363). And further Kant describes how to construct this activity of reason on the ground of the process of logical deduction. We will not enter into the details of this construction. For us what is crucial is the mere fact that Kant constructs the content of reason's activity on the basis of a process of logical deduction. For this means that the logical procedure described by Kant in this passage (A 304—305/B 361) is a model for the content of this activity of reason, i. e. of a thought-process. But his means that a logical procedure is a model of a thought-process. Therefore, we have extracted from Kant's text a positive (and non-trivial) answer to our second question on the problem of psychologism. Formal logic is not itself a model of thought-process, it consists of different components, but it contains definite structures or procedures, which can play the role of being models for several processes of thought. Therefore, the important question is: what kind of logical structures can serve, according to this Kant's Statement, äs a model for a thought-process? I will now try to answer this question, and to my mind, the answer will have far reaching consequences. The passage already cited (A 304—305/B 361) contains a description showing us a type of logical activity which will be paradigmatic for the activity of reason: "Wenn ... die Konklusion als ein Urteil aufgegeben worden, um zu sehen, ob es nicht aus schon gegebenen Urteilen, durch die nämlich ein ganz anderer Gegenstand gedacht wird, fließe: so suche ich im Verstande die Assertion dieses Schlußsatzes auf, ob sie sich nicht in demselben unter gewissen Bedingungen nach einer allgemeinen Regel vorfinde". What is this activity from the standpoint of modern logic? It is not an inference or proof16 äs such, because the inference is a sequence (or a tree) of propositions (formulas), connected by certain rules. Here we do not meet a sequence of formulas, but rather the solution to the problem, äs Kant describes it, demands a sequence of actions of a cognitive agent. From the standpoint of modern logic, it is an activity of proof-search. Indeed, proof-search theory in logic can be defined äs "a part of mathematical logic that, given a hypothesis, discovers the 16
I do not make a sharp distinction between the terms "inference" and "proof" in this paper. I shall treat inference simply äs proof from premisses. Therefore, in the context of this paper these terms are interchangeable. This holds also for the terms "proof-search" and "inference-search" (and also "deduction-search").
66
Vladimir Bryushinkin
structure of its possible proofs or, more generally, given a calculus and object in this calculus language discovers the structure of possible deductions of this object"17. In Kant's text we find a special case of this general task of the proof-search theory. The calculus is fixed (for example, it can be Aristotelian syllogistic) and the problem is either to find logical relations between a given conclusion and its possible premisses, or to find these premisses themselves. Kant presupposes that a judgement A, which is a possible conclusion of an inference, is given ("die Konklusion als ein Urteil aufgegeben worden"), and that a set of possible premisses is also given ("aus schon gegebenen Urteilen"). Our task is to find a logical relation between A and , i. e. to find out, whether the relation of logical deducibility HA exists. Therefore, we can conclude from these consideration that the paradigm for the activity of reason is not a proof or an inference itself, but a search for a proof or inference. The grounds for this conclusion must be epistemological. For a logical inference is not a kind of mental or cognitive activity at all. It is an object or, more strictly speaking, a structure of formulas in the object language of a logical System. It does not include actions and that means that cognitive activity cannot be modelled according to its pattern. This is why Kant must describe a proof-search when he wants to find a pattern for an activity of reason. And it is this proof-search that can serve äs a model of the activity of reason. I regard this äs a radical shift of the whole approach to the problem of psychologism, äs a true "kopernikanische Wende". Thus we have found in the KrV a solution of the problem of psychologism which combines two assertions which at first sight seemed incompatible: (1) the assertion of autonomy of logic, its independence from psychology, and (2) the assertion of the possibility of regarding some logical structures äs models of thoughtprocesses. Now let's try to determine, whether this radical turn regarding the problem of psychologism can allow us to consider even Frege's ideas in a different light from that in which they are conventionally seen.
Frege
l mention four important ideas which ground Frege's antipsychologism. 1. The first idea concerns the motivation of antipsychologism. I note that Frege's antipsychologism was inspired by applying logic to foundations of mathematics. Before Frege, logic was applied mainly to introspective psychology and methods of thinking. This Situation had given rise to a natural assumption: if logic supplies us Information about natural thought, then it must be justified on the basis of natural thought. And this assumption forms a natural basis of psychologism in the philoso17
Sergey Maslov, Theory ofDeductive Systems and It's Applications^ Moscow: Radio i Svyaz, 1986, pp. 91-92. (In Russian).
Kant, Frege and the Problem of Psychologism
67
phy of logic. Such an orientation to applications was accepted, for example, by the pioneer of mathematical logic, George Boole. It was Frege who changed the dominant orientation of logic, by changing the applications which were envisioned for it. Frege's new symbolic logic had arisen from his attempt to develop a logic which can be applied in investigating the foundations of mathematics. Frege's logicism is the first example of reorienting logic exclusively to its application to the foundations of mathematics. In this connection it is sufficient to recall, for example, his polemic against "philosophical" logicians in the Forword to Grundgesetze der Arithmetik18. The productivity of such applications was so great, and it influenced the minds of philosophers and logicians to such a great extent, that a majority of them were (and still are) convinced that logic is no more than a branch of mathematics. But for the present purposes I am not interested in this attitude itself. More significant, it seems to me, is the fact that the shift in the application of logic from the psychology of natural thought to the foundations of mathematics correlates in the philosophy of logic with the transition from the paradigm of psychologism to the paradigm of antipsychologism. This reorientation, I submit, is what produces antipsychologism, since any connection between logical procedures and natural thought is superfluous and irrelevant to an inquiry into the foundations of mathematics. If logic is applied mainly to the foundations of mathematics, then there arises a natural tendency to disregard this connection entirely. Indeed, if logic is regarded only äs a branch of mathematics, then there is no reason to suppose that its relation to natural thought is different from that of any other part of mathematics. The application of logic to natural thought, where it takes place, is incidental in the sense that it exists on equal grounds with other applications. Thus, Boolean algebra certainly has some relation to natural thought, but the "laws of thought" are only one of its possible interpretations äs a mathematical theory, posessing a Status no greater than interpretations having to do with switching circuits or sets. Frege, for example, states that relation of logical laws to natural thought does not differ from geometrical and even physical laws: "Jedes Gesetz ... ist also in dem Sinne ein Denkgesetz. Das gilt von den geometrischen und physikalischen nicht minder als von den logischen"19. 2. Psychology is treated by Frege äs empirical and purely descriptive science in associationist manner. Under the heading of psychological data regarding mental processes he usually underStands the data of introspection. 3. For Frege, the main object of his logical and philosophical investigations are laws of logic or, in his own terms, universal laws of truth: "... die Logik ist die Wissenschaft der allgemeinsten Gesetze der Wahrseins"20. Antipsychologism is for him almost equal to maintaining independence of these laws and their justification from the thinking subject. 18 19
20
G. Frege, Grundgesetze der Arithmetik, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1962, S. XIV-XXVI. G. Frege, Grundgesetze der Arithmetik, S. XV.
G. Frege, Logik [1897], S. 39.
68
Vladimir Bryushinkin
4. This point is theoretically the most important — I mean the distinction between truth and taking to be true (Wahrsein und Fürwahrhalten). Truth for Frege is objective and independent of the judging subject. Taking to be true, by contrast, is subjective and psychological. Logic is based on the laws of truth and thus bears no relation to taking to be true. The latter process alone is studied by psychology: "Ich verstehe unter logischen Gesetzen nicht psychologische Gesetze des Fürwahrhaltens, sondern Gesetze des Wahrseins"21. Thus we can state that the account of logical laws and the distinction between truth and taking to be true were the main theoretical foundations of Frege's antipsychologism. It follows from these considerations that under certain conditions Frege's antipsychologism might be subject to revision. If we were able to discover that the orientation to its application has been changed, that the problem of logical laws is not the main problem in treating relations between formal logic and thought, and that there is once again a possibility of constructing logical models of "taking to be true", then we would have acquired some reasons for revising Frege's antipsychologism according to principles which are not so different from principles of Frege himself. Our analysis of Kant's philosophy of logic reveals the possibility of revising Frege's antipsychologism in just this direction. For this purpose I shall review points 1—4, which I have just distinguished in analysing the motivation for Frege's antipsychologism. 1°. Until recently the "mathematical" orientation of logic was completely dominant. A "psychological" orientation has been represented only in textbooks on conventional logic. But this picture began to change in the seventies under the influence of a new sphere of applications of logic concerned with the Computer Simulation of at least some mental processes. The most striking example of such applications is represented by the rapidly developing application of logic to artificial intelligence (AI) and to cognitive science in general. Logical calculi (to a major extent, classical first-order predicate logic) were historically the first ways of representing knowledge in the solution to AI-problems. The universality of the first-order predicate calculus was widely used in cognitive science äs a language of internal representation. In this approach, a process of solution of a problem is identified with a process of deduction search in some version of applied predicate calculus. This reorientation in the application of logic has brought about some changes in logic itself, and especially in the philosophy of logic. In symbolic logic it has created a new domain of research, so called deduction-search theory (DST). The basic apparatus of this theory had been elaborated by G. Gentzen in his classical works on calculus of sequents and by E. Post, S. Kleene, and A. Church in their works on algorithms still in the thirties. Nevertheless it had become a self-contained domain of research under the influence of some applications of logic to AI-problems, especially to the machine search of proofs of logical and mathematical theorems. DST 21
G. Frege, Grundgesetze der Arithmetik, S. XVI.
Kant, Frege and the Problem of Psychologism
69
was developed in the Seventies in works of Sergey Maslov22. However up to this point we still cannot say that it is a completely developed theory. In the philosophy of logic this new orientation of logic regarding it's applications can produce an effect similar to the shift of paradigms, which took place under the influence of the earlier orientation of logic when it was applied to the foundations of mathematics. Logic can establish new connections with natural thought. Logic itself can even be regarded, at a certain level of analysis, äs a model for natural thought. Thus, R. Kowalski writes about logical proof-search procedures: "Although the inference methods ... were originally designed for Computers, they can also be used by human beings. The problem-solving strategies developed for efficient mechanical theorem-proving are similar to those investigated by researches concerned with Computer Simulation of human problem-solving"23. A new way of applying logic establishes a new relation between logic and natural thought. This means that we have to change Frege's antipsychological attitude, and the direction of this change is indicated by Kant's philosophy of logic. 2°. After Frege, theoretical psychology was developed, and in the seventies and eighties cognitive psychology underwent rapid development. This kind of psychology proposes theoretical models for thought-processes. These psychological models are usually natural language descriptions of the mental activities of cognitive agents and they consist of two layers: 1) a sequence of mental actions by a cognitive agent (for example, actions which lead step by step to a solution of the problem under consideration), 2) a set of deterministic explanations of this sequence of actions. This second layer of a psychological model is not connected with logic. This is in complete agreement with Frege's views. Thus, H. Sluga expounding Frege's position, writes: "Psychology investigates the cause of our belief, logic and epistemology investigate their justifying reasons... Such justification is called inference and logic is concerned with stating the laws of right interference"24. Now, however, we have theoretical models of thought in psychology (the first layer of psychological model) and proof-search procedures in logic, which are not logical laws and not logical inference itself. This gives us an opportunity to establish new relations between logic and natural thought, which are based on the principles not so different from Frege's attitudes. 3°. For Frege, the most important task was to justify the independence of logical laws from psychological facts. However, if in logic we find structures (such äs proof-search procedures) which are different from logical laws and logical proofs, then it will be possible to regard them äs possible models of thinking without contradicting the basic views of Frege. 4°. The main theoretical foundation of Frege's antipsychologism is the distinction between truth and taking to be true (Wahrsein und Fürwahrhalten). Truth is inde22 23 24
See, for example, his book, mentioned in note 16, which contain his main articles, published in the seventies. R. Kowalsky, Logic for Problem-Solving. N.-Y., Oxford: North-Holland, 1979, p. III. H. Sluga, Gottlob Frege, London: Routledge & Kegan Paul, 1980, p. 112.
70
Vladimir Bryushinkin
pendent of all psychological properties of a cognitive agent and from this agent itself. Taking to be true is a kind of activity of a cognitive agent, but according to Frege it is the matter of psychology. However, we now can state that the development of logic after Frege has brought into being the new kind of formalized logical procedure — the procedure of proof-search. This procedure can be regarded äs the sequence of actions directed to the solution of the problem of finding a proof of a given proposition in a given logical calculus. Therefore we now may say that in logic there are counterparts of taking to be true. This means that this ground for Frege's antipsychologism has to be reconsidered and that his antipsychologism itself can be revised accordingly. I undertook such an attempt to revise the conception of antipsychologism in the eighties25. Such a revision of principles of antipsychologism, and — in a limited sense — a renewal of principles of psychologism, was advanced under the conception of metapsychologism. To my mind, this conception is the continuation of the line of thought found in Kanfs philosophy of logic, and whose possibility we have discovered by analysing Frege's conception of antipsychologism. Now I shall try to expound the main ideas of this conception.
Metapsychologism The central notion of metapsychologism is the notion of a logical procedure. A logical procedure is regarded äs a sequence of a cognitive agent's actions implemented in accordance with postulates (axioms or rules of inference) of a given formalised logical System. Formalization requires us to consider at least two languages: an object language L in which the logic in question is formulated, and a metalanguage ML, in which wie "speak" about expressions of object language and actions with them and which is usually a part of natural language. To understand the structure of logical procedures, we need to consider the subject matter of symbolic logic itself. Logic can be defined in the first approximation äs a theory of "what follows from what". Then the main business of logic is to formulate Statements about entailments or deducibility and to design methods of their justification or refutation. These Statements are logical laws, while the justifications and refutations are proof s and disproofs. The problem of discovering logical relations between Statements of a formalized language is formulated and solved in the corresponding metalanguage. An activity of a cognitive agent who deduces some Statements from others can be regarded äs seeking justifications or refutations of metastatements on deducibility or entailment. To develop such views of logic l shall use some considerations of J. A. Robinson concerning sequential calculi. He defines a sequent T —* äs a meaningful state25
See the second chapter of my Book: V. Bryushinkin, Logik, Thought and Information. Leningrad: Leningrad University Press, 1988. (In Russian).
Kant, Frege and the Problem of Psychologism
71
ment about formulas in an object language drawn from the lists Γ and Δ: "... Sequents say something quite specific, and what they say either is so or is not so, therefore they are true or they are false"26. In such a case logic can be treated s a theory which is involved in establishing the truth and falsity of some meaningful Statements of metalanguage: "One might almost say: the task of logic is to separate the true sequents from the false ones, and to find ways of establishing the truth of true sequents and the falsehood of false sequents"27. If the metalanguage, in which sequents are formulated is not formalized, then establishing their truth and falsity is a matter of natural thought. A cognitive agent, of course, uses some metalanguage counterparts of the rules of the logical System, formulated in the object language, but uses them informally. An order of application of logical rules is not fixed and is therefore determined by the natural thought of the cognitive agent. The crucial fact is that we can operate with metalinguistic Statements also in a purely formal manner. This is what calculi of a sequential type do. Under Systems of a sequential type I mean Gentzen's and Kanger's Systems, Beth's tableaux, Hintikka's models sets, etc. As we have already seen, a sequent Γ —> Δ is a metastatement about the deducibility of the list of formulas Δ from the list of Γ in the logic of the object language. We can already treat the classical work of G. Gentzen in such a manner, even though he himself formulated his sequents s expressions in the object language. In his sequential calculi G. Gentzen "has also axiomatized part of the metatheory of his Systems for natural deduction. The elementary sentences of his metatheory are of the form l/i, U2, ..., Un, Z, where [7l5 l/2, ..., C/M, and Z are sentences of the language for which the natural deduction System has been formulated. These new elementary sentences are called sequents and their intended Interpretation is that Z can be 'safely' derived from the premisses l/i, 1/2, ..., Un by means of the rules in his natural deduction System"28. The next fact, which is even more important for our purposes, is that formal models of the activities of justifying and refuting of such metastatements have also been invented in logic. These models are represented by proof-search procedures. Sequential Systems are well adapted for design of proof-search procedures. Since proof-search is used for establishing the truth or falsity of metastatements, and since it essentially involves objects of metalanguage (for example, metavariables), it can be labelled s a metaprocess. The possibility of formalizing of the part of metalanguage in which sequents are formulated, and in which the methods of their justification and refutation are developed, creates a new Situation in the treatment of logical procedures. We can now proceed from the usual one-level Interpretation 26 27 28
J. A. Robinson, Logic: Form and Function. The Mechanisation of Deductive Reasoning, Edinburgh: Edinburgh University Press, 1979, p. 93. Ibid. P. 94. E. Barth, E. Krabbe, From Axiom to Dialogue: A Philosophical Study of Logic and Argumentation, Berlin, 1982, pp. 10-11.
72
Vladimir Bryushinkin
to a new two-level one. Indeed, a logical procedure can now be represented in its füll extension äs consisting of two formalized levels and one informal level: (a) the object level, at which we specify a formal System which formalizes a class of valid formulas and their proofs; (b) the metalevel, at which we formalize metastatements on object-level deducibility and methods of their justification and refutation; and (c) the metametalevel which is the level of non-formal reasoning about (a) and (b), and which is similar to a metalanguage in the conventional sense. Such two-level procedures are usually employed in logic without theoretical and philosophical awareness. One example is given by semantic tableaux in original formulation by E. W. Beth. Here the logic of the object level is constructed in the form of a natural deduction calculus, the logic of the metalevels is formalized in the form of semantic tableauxs and there are some connections between these levels, expressed by the algorithm for reconstructing the results of the metalevel proofsearch in semantic tableaux into natural deduction in the object language. Another example is given by the algorithm of proof-search ALPEV-LOMI where the proofsearch takes place in the sequential calculus, and the resulting deduction is given in natural form. So we can state that the "two-level" construction of logical procedures is in some sense typical for the Organisation of proof-search procedures. In order to understand better such a two-level Interpretation, it is essential to attend to the different styles of formalization. Concerning our problem there are two main styles: (a) formal Systems that do not include a formalization of the proof-search, and (b) formal Systems that include a formalization of (at least some elements of) the proof-search. Axiomatic Systems of the Hubert type and Systems of natural deduction are examples of the first kind of System, and the Systems of the sequential type are examples of the second kind. The previous considerations allow us to conclude that the formalization of the first kind corresponds to the logic of the object level, and the second kind is appropriate to the logic of the metalevel. (The metametalanguage in this case is a part of natural languages, so its logic is not subject to formalization). Therefore a complete logical formalization of the notion of logical procedure presupposes (I) an object level, with a System of a Hubert or natural type, which formalizes notions of a valid formula and a proof, (II) a metalevel with a formal System of a sequential type, which formalizes metastatements on deducibility at the object level and the methods of processing them; and (III) a metalevel at which informal reasonings about the first two levels are carried on29. The crucial difference between the object level and metalevel of formal Systems is that the latter formalize at least several elements of a proof-search while the former do not. Since a sequential type System is, äs we have already seen, a formal29
Of course in practice we do not use such elaborate constructions. However, if we work with sequential Systems, then the existence of an object level System and an opportunity for the translation of the results of a proof-search in sequential calculi into the proofs of a Hubert type axiomatic or natural System are tacitly presupposed.
Kant, Frege and the Problem of Psychologism
73
ization of the metalevel of Hubert type axiomatic or natural deduction System, we shall understand what is formalized at the object level if we consider that it occurs at the corresponding metalevel. In such a System, a logical procedure develops, äs it were, in two dimensions: in the formal System itself, where the deduction is written out, and in the "mind" of the cognitive agent operating with this formal System. Everyone who has any experience in constructing deductions in such systems knows that the cognitive agent has to try many substitutions into axioms, or must form different concrete axioms from axiom Schemata, introduce auxiliary assumptions, choose relevant values of terms etc., and also eliminate any errors he has made. This process — which can be improved with experience, with working out in the "cognitive agent's mind" a supply of admissible rules that allows us to find the substitutions and assumptions needed more quickly — never can be completely eliminated. All such mental actions of a cognitive agent are actions of informal proof-search, which include building a structure of possible ways of constructing deductions, eliminating of the ways which do not promise to give the deduction needed, and at last choosing a way that can become a valid logical deduction (if one exists). But in object level Systems we have no means of expressing such mental actions. Only the results of a proof-search can be expressed in them. Since these actions are directed to the formulas and terms of the object language, they belong to a non-formal metalevel of logical procedure. This feature of object level Systems is connected with the fact that in such Systems their rules do not include any instructions on how to analyse the structure of a given formula or of the premisses and conclusion of a given deduction, so äs to find the deduction itself. The analysis is carried out by the cognitive agent in his "mind". Since the metalanguage is not formalized, such mental actions of deduction-search belong to the natural thought processes of the cognitive agent. I have mentioned earlier that for the metalevel of a logical procedure, the sequential style of formalization is appropriate. The main feature of sequential Systems is that they create a possibility of formalizing a proof-search by finding principles of analysis for the sequent proved, the rules governing the substitutions of terms, and some means permitting one to choose among ways of proof-search. Consequently, I can state that the complete formalization of the notion of logical procedure should include two interconnected levels: an object level and a metalevel of a logical system. At the object level, a Subsystem of proof (inference, deduction) is formalized, while at the metalevel a Subsystem of proof-search is formalized, and a description of this procedures takes place at the unformalized metametalevel. Thus I can state that procedures of proof-search, which are realised at the metalevel, replace the mental actions of a cognitive agent, directed at search for the intended deduction. The thesis of metapsychologism follows from these considerations: processes of natural thought are simulated by processes of proof-search, which take place at the metalevel of logical procedure. Metapsychologism raises the usual psychologistic considerations by one level in the hierarchy of logical procedures, while the possibility of a non-psychologist justi-
74
Vladimir Bryushinkin
fication of logical relations remains at the object level. It is important that the processes which take place at the metalevel (metaprocesses) depend on the properties of the cognitive agent (the supply of knowledge, the logical competence, even the speed of implementation of logical actions) and therefore the structure of his actions and the process of their implementation give us essential Information about the essential features of the natural thought-processes involved in reasoning. Thus the thesis of metapsychologism is a synthesis of conventional psychologism and antipsychologism, which restores at the metalevel the most essential features of the psychologistic Interpretation of logical procedures (the possibility of regarding Information on thought-processes conveyed by logical procedures) and which preserves the rational content of antipsychologistic thesis, i. e. non-psychologistic program of justification of logical relations among Statements at the object level. Metapsychologism differs essentially from conventional psychologism through the fact that it replaces the relation of identity between logical structures and structures of natural thought with the relation of Simulation. Therefore, we can speak only about a partial reproduction of a simulated System through a model advanced. There is, moreover, the possibility of a plurality of models for one and the same thought-process, which simulate different features of this process and, äs it were, complement each other. Thus at the metalevel we meet with a pluralism of logical models of thought, since a great many different proof-search procedures can be associated with a given logical System — for instance, with the classical first order predicate calculus. This eliminates the rigorous and unrealistic requirement of naive psychologism, that some specific structures defined in object language of predicate calculus (formulas, inferences, etc.) should reproduce some specific structures of thought. Conclusion I have found the first hint toward something like metapsychologism in Kant's philosophy of logic-specifically, in Kant's treatment of the inferences of reason. This is not a mere coincidence. In Kant's philosophy the faculty of reason is, in the exact meaning of this word, a meta-understanding. Reason "geht ... niemals zunächst auf Erfahrung, oder auf irgendeinen Gegenstand, sondern auf den Verstand, um den mannigfaltigen Erkenntnissen desselben Einheit a priori durch Begriffe zu geben ..." (A 302/B 359). This is why the task of proof search is paradigmatical for reason. Proof s are formulated at the level of understanding, but are designed by reason. This is a heuristic function of reason. In particular, ideas of reason for Kant play such a heuristic role in all theoretical inquiry. Proof search procedures can be treated äs explications of this heuristic. This leads to an idea of combined logical Systems, which include logical (proof) and heuristic (proof-search) components, and which are already used in the practice of automated procedures for proving theorems. Kant's philosophy opens up the prospect of constructing a working model of intelligence, part of which can be such a combination of logical Systems.
„No Entity without Identity" Schellings Identitätsbegriff im Lichte analytischen Denkens von Alexander Grau, Berlin „Identity is the very Devil!" Ludwig Wittgenstein
Seit Jahrzehnten wird — insbesondere im angelsächsischen Traditionsbereich — der Begriff Identität kontrovers diskutiert. Es war aber bekanntlich schon Leibniz, der wirkungsmächtig zwei Arten von Identität unterscheidet. Die erste erscheint unproblematisch: eadem sunt quorum unum in alterius locum substitui potest, salva veritate. — Zwei Aussagen sind identisch, wenn sie ohne Verlust des Wahrheitswertes ausgetauscht werden können: p = q = jf V (F) [F (p) D F (q)]. Problematischer ist die zweite Leibnizsche Aussage über die Identität, das principium idenütatis indiscernibilium^ das Leibnizsche Gesetz im engeren Sinne: Identisch sind zwei Dinge, die in allen, auch den räum/zeitlichen Attributen, übereinstimmen. Anders formuliert: = y = df V (F) [F (x)«-» F (y)]. Dieses Gesetz, aufgefaßt als Gesetz von der absoluten Gleichheit, hat einen Schwachpunkt, und Leibniz formuliert ihn selber: „Es gibt niemals in der Natur zwei Wesen, die einander vollkommen glichen und bei denen sich nicht ein innerer oder ein auf eine innere Bestimmtheit gegründeter Unterschied entdecken ließe".1 Es ist Wittgenstein, der das entstandene Problem griffig formuliert: „Von zwei Dingen zu sagen, sie seien identisch, ist ein Unsinn, und von Einem zu sagen, es sei identisch mit sich selbst, sagt gar nichts".2 Wenn ich nun im folgenden Schellings Ringen mit dem Identitätsbegriff an die zeitgenössische analytische Diskussion herantrage,3 so geschieht dies nicht nur in der Absicht zu zeigen, daß Schelling ein beachtenswerter Vorgriff gelungen ist, sondern aufgrund der Vermutung, daß Schellings „kühne spekulative Konsequenzen"4 helfen könnten, Auswege aus der 1 2
3 4
Monadologie § 9. Tractatus logico-phtlosophicus 5.5303. Das obige Motto stammt im übrigen aus einem Brief Wittgensteins an Bertrand Russell vom 17. Oktober 1913. Wittgenstein wiederholt diese Formulierung in einem Schreiben vom 29. Oktober. Dann fährt er fort: „it [die Identität] hangs — like everything eise — directly together with the most fundamental questions, especially with the questions concerning the occurrence of the same argument in different places of a function" (Wittgenstein, Briefe, Frankfurt/Main 1980, 242). Besonderen Dank schulde ich Prof. Manfred Frank, der mich auf die Analogien zwischen dem Identitätsbegriff Schellings und Geachs aufmerksam gemacht hat. M. Frank (1991, 101).
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 75-90 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
76
Alexander Grau
Problematik aufzuweisen und zu zeigen, daß die Rede von der Identität, zumindest in einem eingeschränkten Sinne, nicht ganz so sinnlos ist, wie Wittgenstein annimmt.
/. Hesperus und Phosphorits Hume hat das Problem des Identitätsbegriffs frühzeitig erkannt und als einer der ersten daraus die Konsequenzen gezogen: Begreift man Identität als relationales Verhältnis, in dem jede Entität sich zu sich selbst verhält, so ist nicht klar, wie sie sich von der Existenz unterscheiden soll. „Betwixt unity and number there can be no medium; no more than betwixt existence and non-existence. After one object is suppos'd to exist, we must either suppose another also to exist; in which case we have the idea of number: Or we must suppose it not to exist; in which case the first object remains at unity".5 Darüber hinaus ist die Relationalität einer Einheit logisch sowieso zweifelhaft, da Identität immer die Beziehung von etwas zu etwas meint. Mehrere Dinge aber können schon gar nicht identisch genannt werden, da sie eben mehrere sind und somit per definitionem nicht identisch. Bestenfalls macht die Rede von der Identität als zeitliches Verweisen Sinn: „We cannot, in any propriety of Speech, say, that an object is the same with itself, unless we mean, that the object existent at one time is the same with itself existent at another".6 Letztlich zeigt sich, daß sich hinter dem Begriff der Identität ein reiner Scheingedanke verbirgt. Es ist Frege, der eine neue Karte ins identitätsphilosophische Spiel bringt: Ist die Identität — Frege sagt: die Gleichheit — „eine Beziehung? eine Beziehung zwischen Gegenständen? oder zwischen Namen oder Zeichen für Gegenstände?" (1966, 40). Letzteres hatte Frege in seiner Begriffsschrift angenommen. Damit jedoch war die entscheidende Wendung in der Suche nach dem Identitätsbegriff vollzogen: Dieser bezieht „sich auf Namen, nicht auf Inhalte" (1964, 13). In der Begriffsschrift geht Frege noch davon aus, daß eine Aussage der Form A = B bedeutet, daß A und B denselben Gegenstand bezeichnen. Dadurch nähert er sich der Leibnizschen salva veritate Definition: „(A = B): das Zeichen A und das Zeichen B haben denselben begrifflichen Inhalt, sodass man überall an die Stelle von A B setzen kann und umgekehrt" (1964, 15). Genau diese Vorstellung weist Frege in Über Sinn und Bedeutung zurück. Dort heißt es nun: „Wenn sich das Zeichen ,a' von dem Zeichen ,b' nur als Gegenstand (hier durch seine Gestalt) unterscheidet, [...] so würde der Erkenntniswert von a = a wesentlich gleich dem von a = b sein, falls a = b wahr ist" (1966, 41). Dies hieße jedoch, daß auch Aussagen der Form a = b triviale Aussagen ohne Erkenntniswert sind. Das aber ist nicht der Fall, sagt Frege, denn der Unterschied der Zeichen entspricht „einem Unterschiede in der Art des Gegebenseins des 5 6
David Hume, A Treatise of Human Nature, ed. L. A. Selby-Bigge, London 1888, 200. A Treatise of Human Nature, 201.
„No Entity without Identity"
77
Bezeichneten". Und Frege bringt ein prominentes Beispiel für solche Unterschiede in der Art des Gegebenseins: jAbenstern4 und ,Morgenstern'. Beide bezeichnen einen Gegenstand, nämlich den zweiten Planeten des Sonnensystems. Sie deuten somit auf etwas, sie haben — das ist bekanntlich Freges Ausdruck — Bedeutung. Doch sie tun es in einer gewissen Art und Weise, die ihnen einen bestimmten Sinn verleiht, also einer gewissen Art des Gegebenseins. Nach dieser Definition „würde die Bedeutung von ,Abendstern' und ,Morgenstern4 dieselbe sein, aber nicht der Sinn" (c. L). Dieser Auffassung hat am nachhaltigsten Saul Kripke widersprochen. Kripke argumentiert wie folgt: „Let's suppose we refer to the same heavenly body twice, äs ,Hesperus* and jPhosphorus4. We say Hesperus is that star over there in the evening; Phosphorus is that star over there in the morning. Actually, Hesperus is Phosphorus. Are there really circumstances under which Hesperus wouldn't have been Phosphorus?" (1972, 102). Nein, sagt Kripke, selbst wenn jemand zwei verschiedene Sterne jHesperus* und ,Phosphorus4 nennt, obwohl die Bedingungen der Benennung die gleichen sind, wie bei der jrichtigen* Namenseinführung, so hätte sich dennoch nichts grundlegend geändert, denn Kripke betont, „that such terms äs ^esperus* and ^hosphorus' when used äs names, are rigid designators. They refer in every possible world to the planet Venus" (c. L). Wenn Hesperus Phosphorus /sf, dann ist er es in allen möglichen Welten. „There might be a possible world in which, a possible counterfactual Situation in which, ,Hesperus* and ,Phosphorus' weren't names of the things they in fact are names of. [...] But still that's not a case in which Hesperus wasn't Phosphorus. For there couldn't have been such a case, given that Hesperus is Phosphorus" (c. L). Gegen Frege betont Kripke also, daß ein Name für einen Gegenstand steht, und zwar ungeachtet seiner Gegebenheit. Namen haben keine eigentliche Bedeutung, vielmehr stehen Phosphorus und Hesperus notwendig für Venus, ebenso wie Venus notwendig für Venus, den zweiten Planeten des Sonnensystems, steht. Und sie stehen immer dafür.7 In bezug auf die Identität bedeutet das wiederum eine Trivialisierung, da die Feststellung, daß Hesperus Hesperus ist, sich kaum von derjenigen, daß Hesperus Phosphorus ist, unterscheidet. Sie besagen nur, daß die Venus nun einmal die Venus ist: „If anyone thinks about this seriously, I think he will see that therefore probably his original account of identity was not necessary, and probably not possible" (1972, 108). Das genau ist aber eine Position, die schon Frege selbstkritisch an sich bemängelt hat. Nun setzt Kripke sich nicht expressis verbis mit Frege auseinander. Vielmehr zielt er auf Quine. Dieser betont: „Identity is such a simple and fundamental idea that it is hard to explain otherwise than through mere synonyms" (1950, 208). Doch trotz ihrer Einfachheit: „identity invites confusion". — Inwiefern?
7
Für Kripke sind Identitätsaussagen nicht apriorische, aber dennoch notwendige Aussagen. Er widerspricht ausdrücklich dem Gefühl, „that leads one to think that, if you can't knowing something by a priori raticination, then it's got to be contigent" (1972, 101).
78
Alexander Grau
Quine unterscheidet drei Arten von Identitätsaussagen, nämlich falsche, triviale und solche, die weder falsch noch trivial sind.8 „For truth of a Statement of identity it is necessary only that ,=' appear between names of the same object" (1950, 209). Nicht die Bezeichnungen sind identisch, sondern die bezeichneten Objekte. — Cicero ist identisch mit Tullius, obwohl sich die Bezeichnungen unterscheiden. „What are identical are the objects with themselves and not the names with one another; the names stand in the Statement of identity, but it is the named objects that are identified" (1950, 209). Die Sprache kennt das Phänomen der Identität „to produce the equivalents of a wealth of familiär and useful idioms" (1960, 117). Aussagen der Form ,Gaurisankar = Everest4 oder ,Morgenstern = Abendstern4 sind tatsächlich informativ, doch sie sind es — um beim letzten Beispiel zu bleiben — aus einem einfachen Grund: „The named planet is one, but it took astronomy and not mere analysis of meaning to establish the fact" (1950, 200). Die Rede von der Identität bezeichnet für Quine mithin ein sprachliches Mittel.9 „The device of identity combines with that of indefinite singular terms to produce the equivalents of a wealth of familiär and useful idioms" (1960, 117). Tatsächlich verhalten wir uns in unserer täglichen Rede so, als hätte Kripke recht, doch nicht, weil Hesperus in allen möglichen Welten Phosphorus ist, sondern weil Identitätsaussagen, in denen Namen verwendet werden, es erlauben, nichtrelative Identitätsaussagen zu machen. Dies ist auch der Grund dafür, daß die Kopula ein relativer Terminus ist. „What makes identity a relation, and ,=' a relative term, is that ,=' goes between distinct occurrences of singular terms, same or distinct, and not that it relates distinct objects" (116). Ein Identitätsausdruck ist somit faktisch zweipolig. In ihm wird etwas mit etwas identifiziert. Der Bezug auf ein Drittes, das sowohl das eine als auch das andere in der Identitätsaussage ist, mag — aus der Perspektive der Spr&chentwicklung — tatsächlich auf den Anfang der Rede von der Identität zutreffen, der reife Umgang mit Identitätsprädikaten zeichnet sich jedoch dadurch aus, daß zwei singuläre Termini direkt miteinander in Beziehung gesetzt werden: „When [...] we reach the sophisticated stage of making Statements of identity with names on either side, or descriptions, or variables, then evidently we can affirm identities without relativizing them. We can say outright that a is identical with b\ whether a is the same dog äs b, or the same ear äs b, will depend on whether a is a dog or an ear" (1974, 59). Die Verknüpfung ,ist ein4, die traditionellerweise als Einheit angesehen wird, muß somit — und dies scheint mir Quines entscheidender Punkt — als Zusammensetzung interpretiert werden: „ ,Agnes is a lamb4 then ceases to be seen äs ,Fa\ and comes to be seen äs ,a = b( where ,b' represents an indefinite singular term of the form 8
9
Quine bringt ein weiteres nahezu klassisches Beispiel: Cicero = Cicero, Cicero = Catilina und Cicero = Tullius, wobei letztere Aussagen eine informative, wahre und nichttriviale Aussage ist. In Quine (1953, 71) heißt es: „Objects indistinguishable from one another within the terms of a given discourse should be construed äs identical for that discourse".
„No Entity without Identity"
79
,an F [...]; but the ,is' of ,is a lamb' becomes ,='" (1960, 118). Die Kopula als eine Einheit zu betrachten, verführt — so Quine — zu der grundsätzlich falschen Annahme, ,=' als Ausdruck einer Entität anzusehen, einem Soundso, daß Agnes ist und ein Lamm. Diese Ansicht macht für Quine jedoch keinen Sinn. Man kann sich letztlich auf Objekte überhaupt nur beziehen, indem man von generellen Termini Gebrauch macht und dadurch den Objektbereich und die Identitätsbedingungen klar umreißt. Nur innerhalb dieses Gegenstandsbereiches gibt es überhaupt Kriterien für Identität. Dann jedoch sind nichtrelative Identitätsaussagen mit Namen, Beschreibungen und Variablen möglich. Die vielleicht prominenteste Gegenposition zu Quine hat Peter Geach bezogen. Dieser beharrt auf der These, daß Identität im Grunde relativ ist. Die Aussage, daß ein a dasselbe ist wie ein fo, ist danach einfach sinnlos. Das Identitätsprädikat hat dann und nur dann Bedeutung, wenn es die beiden singulären Termini in Beziehung zu einem Dritten, einem generellen Terminus (,... derselbe Planet') setzt. Zur Verdeutlichung gebe ich ein längeres Zitat: „I am arguing for the thesis that identity is relative. When one says ,x is identical with /, this, I hold, is an incomplete expression; it is short for ,x is the same A äs y', where ,A' represents some count noun understood from the context of utterance — or eise, it is just a vague expression of a half-formed thought. Frege emphasized that ,x is one' is an incomplete way of saying ,# is one A, a single A', or eise has no clear sense; [...] the connection of the concepts one and identity comes out just äs much in the German ,ein und dasselbe' äs in the English ,one and the same'" (Geach 1972, 238). Geach betont also mit Frege und gegen Quine „that the bare copula has no special content" (Geach 1980, 60) und damit den zugleich ontologischen Wert des ,ein'.10 Argumentiert Quine in Word and Object, daß der Ausdruck jst ein' nicht als ein Ausdruck anzusehen ist, sondern „äs a composite of ,is' and ,an'" (Quine 1960, 118), so hält Geach daran fest, daß ,x ist eines' oder ,x ist ein y' im Grunde bedeutet, ,x ist eines, nämlich ein A' bzw. ,x und y sind eines, nämlich ein A'.11 Hierfür bringt er ein sublimes Argument: Geach gesteht zu, daß die salva veritate Definition als Axiom der Identitätstheorie dienen kann: „Whatever is true of something identical with an objectö is true of #, and conversely" (Geach 1972, 239). Ergänzt man die traditionalle Quantorenlogik um diesen Identitätssatz, so erhält man — hier stimmen Geach und Quine12 überein — ein System, das vollständig beweisbar ist. Und noch über einen weiteren Punkt herrscht Übereinstimmung: „For, äs Quine has said, no entity without identity; he and I agree in regarding äs 10 11
12
„Frege sees clearly that ,one* cannot significantly stand äs a predicate of objects unless it is (at least understood äs) attached to a general term" (Geach 1980, 64). „ ,The same A' and ,other A* can obviously be defined in terms of each other: ,# is the same A äs y' äs ,x is an A and y is an A and is not another A than y*, and ,x is another A than y* äs ,x is an A and y is an A and is not the same A äs y'" (Geach 1980, 212). In Quine (1950, 272) heißt es: „The Schemata of the logic of identity are the same äs the quantificational Schemata except that they may contain, along with clauses ,/?', ,g', ,Fjc', ,Gxy\ etc., additional clauses of the form of identities: ,x = y\ ,x — z\ etc."
80
Alexander Grau
entia non grata those philosophically postulated entities for which there is simply no telling whether men are talking about the same thing or not. And again Quine and I would both say: No identity without entity. Nonentities are not there to be the same or different" (1973, 288). Dennoch hat die klassische Identitätstheorie „an Achilles' heel" (1972, 239). Inwiefern? Zweistellige Prädikate — im Original: two-place predicables13 — drücken Identität dann aus, wenn sie für alle möglichen Sätze innerhalb einer Theorie — oder Sprache — die salva veritate Definition erfüllen. Mit anderen Worten: „A predicable is an I-predicable [Identitäts-Prädikat] if, whenever this predicable is true in L of and 3/, any predicable of L whatsoever is true of if it is true of y" (1973, 297). Zweistellige Prädikate sind I-Prädikate nur relativ zu einer bestimmten Theorie T oder Sprache L: „A two-place predicable is an I-predicable, not absolutely, but in relation to a given theory T. But so far this is no ground whatever for asserting the relativity of identity; for this so far amounts to no more than the fact that what an expression signifies is relative to the language we are using" (1972, 239 L·, cfr. 1973, 299 ff.). Geach möchte jedoch zeigen, daß I-Prädikate auch in bezug auf eine Theorie oder Sprache keine strenge, absolute und unspezifizierte Identität ausdrücken. Quine schafft (s. o.) durch seine Interpretation des Undefinierten Artikels in einer Identitätsaussage einen lexikalisch definierten Objektbereich — z. B. ein Lamm —, innerhalb dessen eindeutige Identitätsbedingungen herrschen. Diese verändern sich erst bei einer Neufestlegung des Lexikons, also bei einem Sprach- bzw. Theorienwechsel. Innerhalb einer Theorie oder Sprache jedoch sind somit klare und absolute Identitätsaussagen sinnvoll. ,Agnes ist ein Lamm' ist genau dann wahr, wenn Agnes eben ein Lamm ist. Für Geach hingegen ist Agnes ein Lamm, wenn beide, Agnes und Lamm, eines sind, nämlich ein Soundso. Geachs Argumentation läßt sich gut an einem von ihm selbst benutzten Beispiel exemplifizieren. Man betrachte die Buchstaben und Wörter in einem Buchband in Geachs Bücherregal in Leeds.14 Angenommen, man benennt jedes Wort und fertigt eine Liste aller benannten Worte an. „The arobiguity I have just mentioned is an ambiguity over what shall count äs the same word" (1973, 294). Der ganze Umfang des Problems zeigt sich, wenn man die Wörter zählen15 möchte. Dies kann auf die unterschiedlichste Art und Weise geschehen. Zählen nach type-words und token-words sind nur zwei unter vielen Möglichkeiten. Mit den Kriterien, nach denen die Wörter in einem Buch gezählt werden, steigt aber auch die Zahl der I-Prädikate innerhalb der Theorien über die Wörter. Hält man an der Quineschen Perspektive fest, so erhöht sich mit der Zahl der I-Prädikate gleichzeitig die Zahl der Entitäten. Verlassen wir 13 14 15
Predicables — in der Tradition: Prädikabilien — bezeichnen in der Terminologie Geachs seit Reference and Generality mögliche Prädikate, die also keinen Ausdruck prädizieren. Ich folge hier der kurzen Fassung dieses Beispiels aus Geach (1973, 290). Ausführlicheres über Geachs Bücherregal findet sich in (1972, 242-245). Geach betont selber, daß er hier nur eine alte Idee Freges wieder aufgreift: „The idea of counting, not ,numerically different' things, but things brought under a Begriff" (1973, 290).
„No Entity without Identity"
81
den Bücherschrank in Leeds und wenden uns wieder Agnes zu: Über Agnes läßt sich mehr aussagen, als daß sie ein Lamm ist. So ist sie zum Beispiel ein Säugetier und ein Wiederkäuer und vielleicht ein Merino-Schaf. Folgt man nun Quine, so lassen sich allein in bezug auf Agnes beliebig viele Entitäten konstituieren, z. B. Säugetiere, Wiederkäuer oder Merinos. „The universe now shows itself äs a baroque Meinongian structure, which hardly suits Quine's expressed preference for desert landscapes" (1972, 245). Geachs Ontologie ist hingegen wesentlich ökonomischer. Indem er von dem Begriff der absoluten Identität innerhalb einer Theorie T abrückt, erhöht sich die Zahl der Entitäten nicht durch die Zahl der Betrachtungsweisen: Da ist ein Soundso16 und das ist Agnes, ein Lamm, ein Merino u. s. w. In Geachs Worten: „We reject absolute identity, but admit äs many äs we need of two-placed predicables of the form ,— is the same A äs —' where ,A( is some count noun. The words in my book (say) will constitute just one universe of discourse; but criteria of relative identity, all applying with equal right within this universe, will be given by different two-place predicables" (245). Durch die Kriterien, unter denen ich Wörter in Büchern oder auch Lämmer zähle, erhöht sich somit nicht die Zahl der ontologischen Tatsachen, „our ontology is now firmly under control" (c. L), bzw. „it is äs well under control äs we could possibly hope" (1973, 302). Identität ist Identität immer nur in bezug auf eine Art und Weise des Gegebenseins, einem Kriterium, unter dem man Dinge zählen kann. Es ist dieses Kriterium, welches Dinge zählbar und Identitätsaussagen sinnvoll macht. Deshalb „ ,x is identical with y [...] is short for ,x is the same A äs / " (1972, 238). Schelling drückt diesen Sachverhalt wie folgt aus: „In dem Satz, A ist B, ist enthalten, erstens der Satz A ist X, (jenes nicht immer genanntes dasselbe', von dem Subjekt und Prädikat beyde Prädikate sind); zweytens der Satz, X ist B; und erst dadurch das diese beyden wieder verbunden werden, also durch Redublikation des Bandes entsteht drittens der Satz, A ist B" (WA I, 28).17
//. Cicero und Tullius Die erste veröffentlichte Darlegung des Identitätssystems Schellings ist bekanntlich zugleich auch die letzte, die Darstellungen meines Systems der Philosophie von 1801, die einzige, so wird Schelling später etwas trotzig behaupten, „welche der Urheber als die streng wissenschaftliche von jeher anerkannt hat" (X, 147). Das ändert jedoch wenig daran, daß das System von 1801 deutlich gegenüber den fol16
17
Daher kann Geach auch unmißverständlich betonen: „The doctrine of an individuaPs having selfidentity, and distinctiveness from others, logically prior to having any characteristics is anyhow absurd; apart from its characteristics an individual is nothing and the talk of bare particulars, which still oddly survives, is manifest nonsense" (1973, 289 f.). Die Weltalter (WA) der Fassungen I und II zitiere ich nach dem von Manfred Schröter herausgegebenen Nachlaßband zu dem Jubiläumsdruck der von Schellings Sohn besorgten Werkausgabe. Letztere zitiere ich wie üblich (Band, Seitenzahl).
82
Alexander Grau
genden — leider unveröffentlicht gebliebenen — Systemfragmenten zurückfällt. Ich werde mich daher auf das — insbesondere mit Blick auf eine Explikation des Identitätsbegriffs ungleich dankbarere — System von 1804, die Stuttgarter Privatvorlesungen und die äußerst anregenden Überlegungen aus den Weltaltern, beschränken. Das Grundgesetz aller Vernunft „ist das Gesetz der Identität oder der Satz A = A" (VI, 145). Es ist dies aufgrund der wechselseitigen Verschränkung von Wissendem und Gewußtem, denn — das ist Schellings eigentliches Anliegen — es geht darum zu zeigen, daß da eines ist, „das da weiß, und das da gewußt wird" (VI, 137). Doch wie verhält sich Wissendes zu Gewußtem, Subjektives zu Objektivem? Schelling spielt akribisch alle drei Möglichkeiten dieser Relation durch. Er kommt zu dem Ergebnis: Subjektives und Objektives stehen weder in einem einseitigen noch ausgeglichenen, wechselseitigen Verhältnis. Letztlich kann „unsere fernere Betrachtung [...] nur Entwicklung und Ergründung der Voraussetzung seyn, daß es Ein und dasselbe ist, das da weiß, und das da gewußt wird." (VI, 140). Es kann keine Verabsolutierung eines der beiden Aspekte geben. So ist der Subjektivismus bloß subjektiv. Man kann niemals sagen, es sei objektiv so, daß unser Wissen subjektiv ist. Schellings kühne Schlußfolgerung ist: Wenn Erkennen Erkennen ist, ist es Erkennen jenseits aller Subjektivität und Objektivität. Diese fallen in Eins, dasjenige, das weiß und das gewußt wird, sind identisch. Eine Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Erkenntnis macht nicht nur keinen Sinn, sie existiert nicht. Doch was heißt das nun, identisch sein? Formell, sagt Schelling, ist es so, daß in dem Satz A = A Subjekt und Prädikat in Eins gesetzt werden, z. B. in ,der Kreis ist rund*. Reell betrachtet jedoch sagt dieser Satz nichts aus, „weder daß A überhaupt, noch daß A als Subjekt oder daß es als Prädicat" (VI, 146) ist. Schelling unterscheidet also klar zwischen dem ,ist' als Existenzquantor und der Kopula. Der Satz A = A sagt nichts über irgendeine Realität aus, er behauptet lediglich die semantische Identität der Satzteile, die sich in ihm ausspricht. Daraus folgen nun zwei Überlegungen: Erstens kann nur das erkannt werden, was als identisch erkannt wird — no entity without identity —, und zweitens ist etwas, ist Identität unabhängig von Subjektivität und Objektivität. „Nur sofern die Gleichheit ist d. h. nur sofern beide ein und dasselbe sind, sind auch Subjekt und Objekt" (VI, 147). Gleichwohl ist das unbedingte Wissen — Schelling sagt auch: das Wissen von dem Absoluten — leeres Wissen. Es ist Wissen vom Wissenden und Gewußten, von Affirmierenden und Affirmierten oder auch Aussprechendem und Ausgesprochenem. Jedoch: Es ist eben analytisches Wissen und als solches bloß formell: „Wenn ich A denke, so denke ich A" (VI, 150). Dies ist aber eigentlich keine Erkenntnis. Erkannt wird stets nur das Bedingte. „In Ansehung des Nichtabsoluten ist das Seyn nie mit dem bloßen Begriff desselben schon gesetzt. Es muß hier immer etwas von dem Begriff, von dem Denken Unabhängiges hinzukommen, damit der Gegenstand sey" (VI, 149). Mit anderen Worten: Jedes endliche Etwas ist durch ein Anderes bestimmt. Es steht in einem Verweisungszusammenhang: Da ist ein Etwas, und dieses Etwas ist soundso. Schelling schreibt: „Ich muß also auf
„No Entity without Identity"
83
etwas von meinem Denken, welches ein bloßes Denken von A ist, Unabhängiges, auf ein anderes als A, auf B hinausgehen, um A als reell zu setzen, von B wieder auf C u. s. f." (c. L). Die reine Identität ist also denkbar, doch bleibt sie leer. Wirkliche Erkenntnis ist immer synthetische, also bedingte Erkenntnis und somit Differenz. Aber, sagt Schelling, es gibt noch ein Drittes, und dies findet sich bei der Analyse der Kopula. Diese behauptet, wie gesagt, die semantische Gleichheit der Satzteile, nicht deren Existenz. Gleichwohl ist in der Aussage A = A dennoch etwas, nämlich die Identität, und deshalb spricht sich in ihr „also auch allein jenes Selbsterkennen der ewigen Gleichheit und demnach die höchste Erkenntnis der Vernunft aus" (VI, 147, cfr. 150). Wichtig ist: Der Identitätssatz ist nicht das Selbsterkennen oder die höchste Erkenntnis der Vernunft, sie spricht sich in ihm aus. Höchste Vernunfterkenntnis ist ausgesprochene, also artikulierte Erkenntnis, da nur im Sprechen jener Dualismus auftritt, vor dessen Hintergrund die Kopula ihre Bedeutung gewinnt. „Alles, was ist, ist, insofern es ist, die absolute Identität" (VI, 156). Nur vor diesem Hintergrund ist Erkenntnis überhaupt möglich, da diese Identität das einzige ist, „wovon schlechterdings nicht abstrahirt werden kann" (VI, 146). Es ist geboten kurz einzuhalten und noch einmal zu betrachten, was sich bisher ergeben hat. Schelling sagt, es gibt drei Satzformen. Die erste ist formell, logisch korrekt, aber uninformativ und leer, sie besagt lediglich das A = A, was immer A ist: Einhörner sind Einhörner, ungeachtet der Tatsache, daß es keine Einhörner gibt. Die zweite Satzform ist der assertorische Satz. Er ist wahrheitsfunktional, informativ und bezeichnet echte Erkenntnis, wobei Schelling interessanterweise von einem infiniten semantischen Verweisungszusammenhang ausgeht. Die dritte schließlich ist reell, aber nicht empirisch, mithin a priori in einem bedeutungstheoretischen Sinn. Sie behauptet Existenz, aber nicht die Existenz des Subjekts oder des Prädikats, sondern die Existenz dessen, das sich in der Kopula ausspricht, mithin die Identität selbst. Identität wird hier zum Garanten von Entität. Dennoch ist das logische Verhältnis der Rede von der Identität nicht ausreichend geklärt. Schelling hat sich dieser Frage — wenn man will: der Binnenarchitektonik der Rede von der Identität — besonders in den Stuttgarter Privatvorlesungen gewidmet. Schelling beginnt diese mit einer dreifachen Bestimmung dessen, was Identität — und somit das Prinzip seines Systems — ist. Erstens ist Identität, verstanden als absolute Identität, nicht Einerleiheit. Auch absolute Identität ist stets eine Relation, sie identifiziert etwas mit etwas. Daher ist die absolute Identität — zweitens — weder numerische noch logische Identität. „Es ist eine wesentliche Einheit gemeint" (VII, 422). Schelling bringt ein Beispiel: „Wenn z. B. Jakob Israel heißt, so war es immer dasselbe Individuum, das durch die verschiedenen Namen nicht verschieden individualisirt wurde" (c. L). Das ist Schellings Argument gegen den Frege der Begriff sschrif t. Identität ist nicht einfach Identität der Bezeichnung. „Man setze z. B. B = c , hier sind B und C identisch, weil sie dem Wesen nach A sind, aber verschieden sind sie voneinander als Formen, oder für sich betrachtet; B kann ewig nicht
84
Alexander Grau
C, C nicht B werden, ebenso ist auch A in B und A in C jedes ein eigenes Wesen"
(c.l.).
Auch dieses Argument kennt der moderne Leser von Frege — und von Geach. Wenn Identität nicht Identität der Namen bedeutet, dann meint Identität Identität von etwas, das sich in der Form des Gegebenseins unterscheidet. Abendstern und Morgenstern sind die Venus. Sie sind identisch, weil es ihr Wesen ist, die Venus zu sein, sie können niemals nicht die Venus sein. Zugleich aber auch kann der Abendstern niemals der Morgenstern werden und umgekehrt. Das Identitätsprinzip ist somit logisch unhintergehbar, es ist — drittens — Ausdruck des Unbedingten selbst und somit der Ermöglichungsgrund von Aussagesätzen, indem es zwei semantisch Verschiedene18 in sich vereint. Dieses Ineinanderverwobensein zweier Verschiedener in einer Identitätsaussage versucht Schelling nun auf verblüffende Weise zu durchdringen. Aus Platzgründen habe ich es vorgezogen, mich nicht zu eng an Schellings Text anzulehnen und insbesondere seine Notation, die sich so auch nur in diesen Vorlesungen findet, zu umgehen. Ich paraphrasiere daher knapp: Identität von Identität und Nichtidentität kann es nur geben, wenn im Nichtidentischen dasjenige, womit es sich als identisch erweist, schon mitgesetzt ist. Damit wiederum wird das Identische zum Identischen ,zweiter Potenz', wie Schelling sagt: Es wird, da im Nichtidentischen schon gesetzt, zum Teil mit sich selber identifiziert. Beide aber, Identität und Nichtidentität, sollen ja identisch sein, sind also unter einer übergreifenden Identität ,dritter Potenz' gefaßt. Dem unbefangenen Leser muß das alles etwas sonderbar erscheinen. Was meint Schelling? Am Anfang steht der Satz der absoluten Identität. Es ist ein Satz, in dem ein Subjekt mit einem Prädikat identifiziert wird. Doch dieser besagt nichts, nur, daß A eben A ist. Damit der Identitätssatz sinnvoll ist, muß ein Moment der Differenz in ihn verlegt werden, das B, das mit dem A identifiziert wird. Diese beiden Satzteile sprengen den Satz als Identitätssatz jedoch nur dann nicht, wenn das jeweils Andere in seinem Gegenüber lebendig ist. Der gesamte Satz ist semantisch in seinen Satzteilen enthalten, sofern die Satzteile Satzteile dieses Satzes sind. Damit jedoch droht der Identitätssatz im Grunde analytisch, also trivial zu werden. Daß dies nicht geschieht, liegt an dem Begriff der Potenzen, die „einen Unterschied der Dignität" (VII, 427) bezeichnen. — Ich möchte vorschlagen zu lesen: einen Unterschied in der Weise des Gegebenseins. In einem Satz etwas mit etwas zu identifizieren, bedeutet dann: Das Prädikat des Identitätssatzes ist in einfacher, formal selbstbezüglicher Weise gegeben, es ist die Prädikation schlechthin, Beziehung auf ein Subjekt. Das Subjekt hingegen, dasjenige, über das in dem Prädikat etwas ausgesagt wird, bezeichnet ein schlechthin Identisches, das in der Aussage eine Differenzierung erfährt, also eine Art gegeben zu sein. Diese Differenzierung ist aber gleichzeitig gerade deshalb auch Identifizierung eines schon Identifizierten, da etwas über etwas nur ausgesagt werden kann, wenn dieses etwas etwas ist: In ,Cicero ist Tullius' meint Tullius eine spezielle Weise des Gegebenseins von Tullius, nämlich Cicero und 18
Cfr. M. Frank (1991, 114).
„No Entity without Identity"
85
nicht Catilina zu sein. Cicero, eben weil etwas von ihm ausgesagt wird, meint hingegen nur eines, nämlich selbstidentisch, also wirklich Cicero zu sein, über den etwas ausgesagt wird. Daß hier etwas über etwas ausgesagt wird, funktioniert aber nur deshalb, weil Cicero Cicero und Cicero Tullius ist und Cicero unter diesen beiden Aspekten betrachtet wird. Dies ist die Form des Gegebenseins von Cicero in dieser Aussage. Die semantische Relationalität des artikulierten Identitätssatzes extrapoliert Schelling jedoch näher in den Weltalterfragmenten: Das dritte Weltalterfragment von 1813 liefert eine interessante erkenntnistheoretische Einbettung des Identitätsproblems: Die „Verdoppelung unserer selbst, dieser geheime Verkehr, in welchem zwei Wesen sind, ein fragendes und ein antwortendes, ein unwissendes, das aber Wissenschaft sucht, und ein Wissendes, das aber sein Wissen nicht weiß, dieses stille Gespräch, diese innere Unterredungskunst [ist] das eigentliche Geheimnis des Philosophen" (WA III VIII, 201). Philosophie ist die Klärung des Verhältnisses von Fragendem und Befragtem, von Bezeichnendem und Bezeichnetem, und der Fehler der sogenannten dialektischen Philosophie ist es, diese innere Reflexion in ihrem Wesen zu verkennen und zu extrapolieren. Deshalb — und es dürfte klar sein, gegen wen Schellings Spitze sich hier richtet — ist alle dialektische Philosophie ,,leere[r] Schein und Schatten" (c. 1.). Philosophie ist nicht durch dialektische Spekulation zu ersetzen. „Alles, schlechthin alles, auch das von Natur Aeußerliche, muß zuvor innerlich geworden seyn, ehe wir es äußerlich oder objektiv darstellen können" (WA III VIII, 202). Am Anfang steht also immer empirische Erfahrung,19 hier bleibt Schelling treuer Kantschüler, doch muß diese, um ausgesprochen werden zu können, verinnerlicht, vor allem benannt werden: „Alles Erfahren, Fühlen, Schauen ist an und für sich stumm, und bedarf eines vermittelnden Organs, um zum Aussprechen zu gelangen"20 (WA III VIII, 204). Doch dieser Akt der erkennenden Benennung unterliegt einer permanenten Dynamik, deren Tempo durch die Wissenschaften vorgegeben wird. Das ist der Grund dafür, daß „es in der wahren Wissenschaft so wenig als in der Geschichte eigentliche Sätze, d. h. Behauptungen, die an und für sich, oder abgesehen von der Bewegung durch die sie erzeugt werden, einen Werth, oder eine unbeschränkte und allgemeine Gültigkeit hätten" (WA III VIII, 208). Und in an Popper gemahnender Weise: „Ein für allemal gültige Sätze streiten gegen die Natur wahrer Wissenschaft, als welche in Fortschreitung besteht" (c. L). Tatsächliche Erkenntnis und Wissenschaft spricht sich jedoch in Urteilen aus, und die haben die schon hinlänglich bekannte Form. Wenn ich etwas mit etwas identifiziere, so „liegt schon dem einfachen Begriff eine Doppelheit zu Grunde: A in diesem 19
20
An anderer Stelle heißt es: „Also um keinen Preis aufzugeben ist jenes beziehungsweise äußere Princip; denn es muß alles erst zur wirklichen Reflexion gebracht werden, damit es zur höchsten Darstellung gelangen könnte" (WA H, 116). Deshalb darf erkenntnistheoretisch auch nicht bei einem einfachen Empirismus stehengeblieben werden, „denn im Schauen an und für sich ist kein Verstand" (WA II, 116).
86
Alexander Grau
Urteil ist nicht A, sondern etwas = x, das A ist; so ist B nicht B, sondern etwas = x, das B ist, und nicht diese (nicht A und B für sich) sondern das x, das A, und das x, das B ist, ist einerlei, nämlich dasselbe x" (WA III VIII, 213). — Das ist in knapper Form die schon aus den Stuttgarter Privatvorlesungen bekannte innere Logik des Identitätsurteils. Aus ihr folgen zwei ebenfalls schon geläufige Überlegungen. Zum einen, „daß das Band im Urtheil das Wesentliche, allen Theilen zu Grunde Liegende ist" (WA III VIII 214), und zum anderen, „daß die Eine Einheit sich in zwei Einheiten zersetze, der einfache Gegensatz (den wir durch A und B bezeichnen wollen) zu einem verdoppelten sich steigere" (WA III VIII, 215). „Aber es bleibt dabei", betont Schelling, „daß ein und dasselbe = x beide Principien (A und B) ist" (WA III VIII, 216), weshalb, „der wahre Sinn jener anfangs behaupteten Einheit ist [...]: ein und dasselbe = x ist sowohl die Einheit, als der Gegensatz" (WA III VIII, 217), also die Identität höhere Potenz oder in einer gewissen Form des Gegebenseins. Wahre Identität zeigt sich als „in drei Mächte gewissermaßen zersetzt" (c. L), wobei jede dieser ,Mächte' für sich sein kann, jedoch niemals „ohne daß die anderen auch sind" (c.l.). Die dritte ^acht', die Kopula, das ,=', ist jedoch das Aussprechende, wie Schelling besonders im Fragment II eindringlich betont. Inwiefern spricht die Kopula aus? Sie spricht aus, indem sie trennt, was sie vereint. Indem die Kopula weder das eine ist, noch das andere, spricht sie die beiden Satzteile als das Eine aus. Damit jedoch zeigt sich, daß die beiden Satzteile — Schelling spricht hier von Sein und Seiendem — „nicht zwei verschiedene Wesen, sondern nur Ein Wesen in zwey verschiedenen Gestalten" (WA II, 126), also in zwei Formen des Gegebenseins sind. Das ist auch der einfache Grund dafür, daß die Identitätsformel, welche die Identität von Identität und Differenz behauptet, auch nicht gegen den Satz vom Widerspruch verstößt: Die Identitätsformel ist keine ontologische Aussage, sondern ein satzsemantisches Prinzip: „Richtig verstanden, sagt der Grundsatz des Widerspruchs doch nur, daß das Aussprechende (das Wesen der Copula, wie man in der Sprache der Logik sagen müßte) nur Eines seyn könne, welches aber nicht verhindert, daß das Ausgesprochene Zwey und Entgegengesetzte seyn" (WA II, 126 f.). Anders ausgedrückt: In dem Moment, in dem das Aussprechende „wirklich ausspricht, ist es auch wirklich beyde" (WA II, 127), eint es beide Satzteile. Wichtig ist hierbei nicht, daß das Aussprechende sich tatsächlich äußert, ausspricht, also zum Ausgesprochenen wird, sondern das Aussprechliche ist, also das logisch-semantische Potential in sich trägt. Der Gegensatz im Identitätssatz ist also kein wirklich ausgesprochener, sondern nur ein aussprechlicher, letztlich zuvorderst ein — das weiß Schelling auch ohne Frege — semantischer. „Also ist hier von einer Anwendung des Grundsatzes vom Widerspruch überall nicht die Rede; seine Anwendung beginnt erst, wo jene Einheit aufhört" (WA II, 128). Anders gesagt: Ein Widerspruch kann schon deshalb im Identitätssatz nicht auftreten, weil in ihm bei näherem Hinsehen keine Einheit der Satzteile behauptet wird, „sondern das X, das A und das X, das B ist, ist einerley" (WA II, 129).21 21
Deshalb unterstreicht Schelling, daß „überhaupt Entgegengesetzte als solche einerley seyn, dieß ist ja wohl unmöglich und bedarf keiner Versicherung; denn das Gegentheil behaupten,
„No Entity without Identity"
87
Hieraus nun lassen sich zwei Schlußfolgerungen ziehen. Da Prädikat und Subjekt beide für sich schon Einheiten sind, so ist „das Band im Urtheil niemals ein einfaches, sondern ein mit sich selbst sozusagen verdoppeltes, eine Einheit von Einheiten" (c. L). Daraus folgert Schelling, daß im Begriff schon das Urteil und in diesem der Schluß angelegt ist. Das aber kann nur bedeuten, daß assertorische Sätze im Grunde immer analytische Sätze sind. Synthetische Urteile haben nur dann eine Berechtigung als Ausdruck des Aufeinanderbeziehens von Weisen des Gegebenseins. Eigentlich also sind synthetische Urteile analytische Urteile. Da wir jedoch aus unserer semantischen Welt nicht hinaustreten können — weshalb es ja keine ein für allemal gültigen Sätze gibt —, ist diese Unterscheidung wiederum sinnlos. Genaugenommen gibt es aus unserer Perspektive nur synthetische Sätze. Das Universum analytischer Sätze bleibt für uns verschlossen. Es hat sich jedoch ein Einstiegstor in die semantische Welt menschlicher Erkenntnis offengelassen — die Kopula. In ihr als dem Aussprechenden spricht sich das Aussprechliche aus. Es ist der relative Terminus ,=', der die beiden anderen Termini als Satzteile miteinander ausspricht und ihnen so Dignität verschafft. Dies „erhellt zugleich die gänzliche und absolute Unabhängigkeit der Identität oder der Gleichheit an sich selbst von dem Subjektiven und Objektiven" (VI, 147). Erst im Aussprechen werden die Satzteile. Dies geschieht aufgrund der benennenden Kraft der Kopula. Durch diese semantisch — und in diesem Sinne ontologisch22 — zu verstehende, ,wesende' Kraft der Kopula ist die Welt als die Gesamtheit assertorischer Sätze.
///. Zwischen Scylla und Charybdis Jeder Versuch, dem Begriff der Identität habhaft zu werden, kann an zwei Punkten scheitern. Scylla und Charybdis einer jeden Identitätsphilosophie sind — mit Schelling gesprochen — die Einerleiheiten und die Differenz. Erstere sagt nichts aus, und die Identität der zweiten zu behaupten, ist „ein Unsinn", wie es Wittgenstein unzweideutig ausgedrückt hat. Jede Bemühung um den Identitätsbegriff muß also darauf abzielen, diese beiden Klippen samt ihren Nebenfolgen zu umschiffen. Schelling möchte sowohl dem Subjektivismus als auch dem Objektivismus in der Erkenntnistheorie entgehen, erweist sich doch der eine als ebenso haltlos wie der andere. Der einfache Identitätssatz der Form A = A, also die numerische Identität Leibniz', dasjenige, was Schelling Einerleiheit nennt, ist formal betrachtet leer, da in ihm keine Existenz ausgesagt wird. Tatsächliche Erkenntnis ist immer Erkenntnis des Bedingten, des Differierenden, mithin empirische Erkenntnis. Wirkliche Er-
22
hieße den menschlichen Verstand, hieße die Möglichkeit, sich auszusprechen, ja den Widerspruch selbst aufheben" (WA II, 129 f.). In diesem Sinne kann man die von Tugendhat (cfr. 1976, 3. Vorlesung) für die analytische Philosophie in Anspruch genommene Idee, Ontologie in Semantik zu überführen, schon für Schelling reklamieren.
88
Alexander Grau
kenntnissätze müssen daher prinzipiell fallibel sein. Dennoch gibt es eine epistemische Lesart des Identitätssatzes, die jedem assertorischen Satz zugrundeliegt: die Existenz der Identität, die sich in der Kopula ausspricht. Formal behauptet das ,=' lediglich die semantische Gleichheit der Satzteile. Ontologische Dignität bekommen diese erst, indem sie qua Kopula in Relation gesetzt werden. Die Kopula ist somit Ausdruck tatsächlicher, und das heißt: vorprädikativer Existenz. Erkennen bedeutet jedoch, Subjekten Prädikate zuzuordnen, also zu urteilen. „Der wahre Sinn eines jeden Urtheils, z. B. des einfachsten, A ist B, sey eigentlich der: das, was A ist, ist das, was auch B isf, wobey sich zeigt, wie das Band sowohl dem Subjekt als dem Prädikate zugrundeliegt" (WA I, 28). A und B sind also jeweils X. Nur X ist.23 A und B, zumal in ihren Potenzen, also als Formen des Gegebenseins von X, sind lediglich Bezeichnungen, sie sind unter einer gewissen Perspektive. Das bedeutet ausdrücklich nicht, daß sie nicht sind. Vielmehr sind sie, weil sie Formen des Gegebenseins dessen sind, was eigentlich ist, nämlich X, sie „bekommen beide das Recht zur Existenz" (VII, 422). Deshalb, so Schelling, hat „kein Einzelnes den Grund seines Daseyns in sich selbst" (VI, 193). „Jedes einzelne Seyn ist bestimmt durch ein anderes einzelnes Seyn, welches gleichfalls wieder durch anderes einzelnes Seyn bestimmt ist, u. s. f. ins Endlose" (VI, 194).24 Jedes Einzelne ist nur, indem es ausgesprochen wird. Es ist nur im Satz. Die Welt ist die Summe aller möglichen sinnvollen Sätze und Urteile, denn „die Realität der einzelnen Dinge besteht nämlich eben in der Nicht-Realität" (VI, 195). Dadurch jedoch wird „eine absolute Verneinung des an-sich-Seyns, d. h. des wahren Seyns der einzelnen Dinge als einzelner, ausgesagt" (c. 1.). Und gegen eine jede Identitätstheorie Kripkescher Provenienz: „Bloß diesem Schatten der Realität nach, kraft des Nichts, entspringen die Dinge auseinander. Ein Nicht-Seyn sucht in dem anderen seine Realität, die es an sich nicht hat" (c. L). In diesem Sinne betont Geach: „The doctrine of an individual's having self-identity, and distinctiveness from others, logically prior to having any characteristics is anyhow absurd; apart from its characteristics an individual is nothing, and the talk of bare particulars, which still oddly survives, is manifest nonsense" (1973, 290). Dies bedeutet ausdrücklich nicht, daß ein Einzelding die Summe seiner Eigenschaften im Sinne Russells ist: „It does not follow that otherwise an individual is a bündle of qualities. I suppose people are driven to the bare-particular theory by finding the bündle theory incredible" (c. L). Existenz ist nicht eine Anhäufung dieser und jener Attribute, weil Existenz von etwas eigentlich nicht ist. Ein Nicht-Sein 23
24
W. Hogrebe betont: „Schelling vertritt nicht die weitaus üblichere Inhärenztheorie (der Substanz inhärieren Prädikate), sondern eine Identitätstheorie der Prädikation: dasjenige, auf das der Subjektausdruck zutrifft, ist gerade dasjenige, auf das der Prädikationsausdruck zutrifft: Fa—*(3x) (x = aAFx), oder auch: (x) [(Fx—>(3y) (GyAx = y)]. [...] Es ist unverkennbar, daß Schelling hier eine Auffassung des Urteils vertritt, die prädikatenlogischen Charakter hat" (1989, 81). Bei Wittgenstein heißt das dann: „Jedes definierte Zeichen bezeichnet über jene Zeichen, durch welche es definiert wurde; und die Definitionen weisen den Weg" (Tractatus 3.261).
„No Entity without Identity"
89
leiht dem anderen eine Realität — um in Schellings Bild zu bleiben —, die es selber nur aufgrund der Beziehung zum jeweils anderen hat. In einer solchen Welt, wie sie Schelling und Geach beschreiben, kann es jedoch schlechterdings keine absolute Identität geben. Das Einzige, was identisch ist — hier triebt Schellings Spekulation ihn über Geach hinaus —, ist die Identität selber. Nur die Identität ist absolute Identität. Nur die Identität ist. Alles andere ist nur, hier nähert sich Schelling wieder Geach, kraft der Verknüpfung, die sich im Aussagesatz ausspricht. Das Ergebnis ist ein ausdrucksorientierter Holismus, der sich — „ein für allemal gültige Sätze streiten gegen die Natur wahrer Wissenschaft" (VIII, 208) — als grundsätzlich fallibles, infinites semantisches Verweisungssystem begreift. Gerät dadurch die Ontologie in Gefahr? „Can we have an ontology at all without absolute identity? And if identity can only be relative, how much ontological relativity does this let in?" (1973, 297). Weder Schelling noch Geach behauptet die Nichtexistenz dessen, worüber im assertorischen Satz etwas ausgesagt wird: „Therewith", betont Geach, „I have also reduced to absurdity the proposal for construing the quantifiers of any given language L so that the I-predicable of L gives a criterion for the absolute identity of the objects quantified over L" (1973, 300 f.). Und wie im stillen Dialog erläutert Schelling: „Richtig verstanden sagt dieser Grundsatz nicht anderes, als daß entgegengesetzte Subjekte nicht als Subjekte Eins seyn können, was aber nicht verhindert, daß sie als Prädikate Eins seyen" (WA I, 27). Das heißt: Die Ontologie wird nicht aufgehoben, sie wird lediglich transformiert, als — so gesprochen — eine Lehre der Erscheinungsweisen, des Redens über ein jeweiliges Etwas. „And if we list the things we are quantifying over by their names, one of these names may turn out to be not a proper name but a shared name, of objects that we now can discriminate by previously could not" (1973, 301). — Das semantische Verweisungssystem ist so in einer permanenten Metamorphose, da nichts „den Grund seines Daseyns in sich selbst" trägt. Die von Geach (cfr. 1972, 246 f.) und erst recht von Schelling aufgeworfene Frage nach der Selbstidenutät von Personen angesichts der zweifelhaft gewordenen Rede von absoluter Identität muß an dieser Stelle zurückgestellt werden. Immerhin scheint es mir so zu sein, daß an diesem neuralgischen Punkt Schellings Insistieren auf die ontologische Dignität der Identität als dem einzig Existierenden zu seiner ganzen Entfaltung kommt. Nunmehr läßt sich sehr wohl sagen, daß da wirklich Eines ist. Wenn Geach schreibt, daß „ ,Every man is a person* is tantamount to ,Every man is the same person äs something or other*" (246), so wird dieses Etwas aus der Schellingschen Perspektive zu jenem ursprünglich präreflexiven Sein, das schon Hölderlin gegenüber Fichte einklagte. Es ist diese unhintergehbare Identität des Selbst, die in jedem assertorischen Satz sich jeweils ausspricht. Doch dies zu zeigen muß einer späteren Untersuchung ebenso überlassen bleiben wie die Frage, was diese Identität eigentlich ist, die sich da, immer schon vorausgesetzt, im Sprechen äußert. Und Geach mahnt zu Recht: „This conclusion needs for its support an elaborate argument in the philosophy of mind, not a little logical manipulation in identity theory" (1972, 246).
90
Alexander Grau Literatur
M. Frank (1991): Identität und Subjektivität, in: Id., Selbstbewußtsein und Selbsterkenntnis, Stuttgart 1991, 79-157. G. Frege (1964): Begriffsschrift und andere Aufsätze, Darmstadt 21964. — (1966): Über Sinn und Bedeutung, in: Id., Punktion, Begriff, Bedeutung, Göttingen 21966, 40-65. P. T. Geach (1972): Identity, in: Id., Logic Matters, Oxford 21981, 238-247. - (1973): Ontological Relativity and Relative Identity, in: M. K. Munizt (ed.), Logic and Ontology, New York 1973, 287-302. — (1980): Keference and Generality. An Examination of Some Medieval and Modern Theories, Third Edition, Ithaca and London 1980. W. Hogrebe (1989): Prädikation und Genesis. Metaphysik als Fundamentalheuristik im Ausgang von Schellings „Die Weltalter", Frankfurt/Main 1989. S. A. Kripke (1972): Naming and Necessity, Oxford 1972. E. Tugendhat (1976): Vorlesungen zur Einführung in die sprach analytische Philosophie, Frankfurt/Main 1976. W. V. O. Quine (1953): From a Logical Point ofView, Cambridge (Mass.) 1953. - (1960): Word and Object, Cambridge (Mass.) 1960. - (1950): Methods of Logic, New York 31960. - (1974): The Roots of Keference, La Salle 1974.
BERICHTE UND DISKUSSIONEN The Standard View of the Categorical Imperative by Peter J. Steinberger, Portland/Oregon
According to the first formulation of the categorical imperative, you should "act only according to that maxim through which you can at the same time will that it become a universal law" (Grundlegung 421). The problem, of course, is to discover exactly when and why you cannot will the universalization of your maxim. Presumably the ans wer is that you cannot do this just in those cases where trying to do so would lead to a self-contradiction. But the specification and analysis of such cases has proven to be extremely difficult. Indeed, Hegel and Mill, who agree on very little, agree that there are in fact no such cases. According to Hegel, the categorical imperative is "an empty formalism" under which "any wrong or immoral line of conduct may be justified."1 In principle, anyone can coherently will that any maxim of action should become a universal law. Mill similarly finds that Kant "fails, almost grotesquely, to show that there would be any contradiction, any logical (not to say physical) impossibility, in the adoption by all rational beings of the most outrageously immoral rules of conduct."2 It should be emphasized that Kant is being criticized not simply for failing to achieve his evident goal, viz., to show that the formal criteria of rational willing are sufficient to establish for all rational agents a single, universal set of moral laws. Rather, the argument is that Kam's formulation fails to have any Substantive implications whatsoever. We should understand, moreover, that the issue is not whether one can discover maxims that are ruled out on grounds of self-contradiction. Anybody can formulate a maxim that is nonsensical or paradoxical (e. g. the maxim of always performing action A and never performing action A). Rather, the point is that any action that it is possible to perform can be interpreted äs being based on a maxim that we can without contradiction will to become a universal law. Much recent work on Kant's ethics has been concerned precisely to defend his account against the charge of empty formalism. The result is, by now, a Standard 1
2
G. W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts (Frankfurt: Suhrkamp, 1970 [1821]), S 135; also, G. W. F. Hegel, "Über die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts," in Gesammelte Werke: Volume 4, ed. by Hartmut Buchner and Otto Pöggeler (Hamburg: Felix Meiner, 1968 [1802]), pp. 435-438. John Stuart Mill, Utilitarianism (Indianapolis: Bobbs-Merrill, 1976 [1863]), p. 6.
Kant-Studien 90. Jahrg., S. 91-99 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
92
Peter J. Steinberger
view of the categorical imperative that is widely accepted on both exegetical and argumentative grounds. This view — presented most clearly by Onora O'Neill and Allen Wood — argues, roughly, that the categorical imperative rules out any maxim of action the universalization of which would make impossible the performance of the action itself. Such an account provides a resourceful and initially compelling defense of Kant's basic ethical scheme, one which has the additional virtue of seeming to comport closely with what Kant himself says. In my opinion, however, even the most influential formulations of this Standard view turn out to be unsuccessful. Either they fail to show how the categorical imperative can generate Substantive moral conclusions or eise they fail to fulfill the promise of a truly formalistic ethics. The age-old prejudice against Kantian ethical theory, äs articulated by Hegel and Mill, among many others, thus remains unrefuted.3 This does not mean, of course, that the prejudice is irrefutable. But it does suggest that the Standard view is far less promising than has generally been thought.4 The empty formalism charge is attendant to what one author has called the "traditional Interpretation of the categorical imperative."5 According to this Interpretation, "the moral value of maxims is determined by reference to their form alone without reference to ends and consequences. ..."6 Among Kant specialists, such an account is now almost universally rejected precisely because it is thought to leave Kant defenseless against the charge of empty formalism. These commentators have proposed, instead, an alternative kind of Interpretation that emphasizes outcomes: you cannot rationally will that a maxim of action should become a universal law if the (hypothetical) result of doing so would be the establishment of a universal law that could not possibly be obeyed. According to Paton's early and influential version of this argument, Kant insists that we cannot break our promises because "keeping ... promises and the mutual confidence thereby aroused are essential factors in the systematic harmony of human purposes."7 If no individual can rationally choose to destroy the systematic 3
4
5 6 7
See, for example, Philippa Foot, Virtues and Vices and Other Essays in Moral Philosophy (Berkeley: University of California Press, 1978), p. 1; Alisdair Maclntyre, After Virtue: A Study in Moral Theory (Notre Dame, Indiana: University of Notre Dame Press, 1984), pp. 45—47; and Bernard Williams, Moral Luck (Cambridge: Cambridge University Press, 1981), pp. 14,19. It should be apparent that my subject here is the so-called first formulation of the categorical imperative. The question of whether or not the first formulation entails further formulations — culminating in the idea of a kingdom of ends — is obviously crucial; but it cannot even be sensibly posed until one has clear purchase on just what the first formulation means. The discussion is also limited to what O'Neill has called "contradictions in conception" äs opposed to "contradictions in the will." The former kinds of contradictions are, I think, at the core of the Standard view. T. C. Williams, The Concept of the Categorical Imperative (Oxford: Oxford University Press, 1968), pp. 37-56. Ibid., p. 56. H. J. Paton, The Categorical Imperative (London: Hutchinson, 1947), p. 153. See also, Edward Caird, The Critical Philosophy of Kant: Volume 2 (Glasgow: Maclehose), p. 213.
The Standard View of the Categorical Imperative
93
harmony of human purposes, and if that harmony would be destroyed by universalizing the maxim of breaking promises if one so chooses, then one cannot will to universalize that maxim. An action based on such a maxim is thus not morally justified. Of course, the consequence involved here is not the outcome of an individual actually breaking a promise; it is, rather, the (hypothetical) result of universalizing the maxim of the action such that everyone would act according to the same maxim. Everyone would be free to break promises, the practice of promising would be gravely compromised, and the bad consequence would be to undermine, perhaps fatally, the systematic harmony of human purposes. The theory so interpreted seems unpersuasive for at least two reasons: First, it is by no means clear that an analysis of empirical consequences could possibly show that the universalization of the maxim would necessarily be selfcontradictory. As Harrison has argued, the maxim of breaking promises if one so chooses would, if universalized, undermine the practice of promising, or the systematic harmony of purposes, only under a variety of quite specific contingent circumstances. For example, such a result would occur only if people actually remember past instances of breaking promises. If they did not remember such instances, then "people could quite happily go on obtaining Services by making promises they could not keep, and promises would not cease to be made."8 There would be no selfcontradiction. Against this, Kemp has argued that Kant intends the categorical imperative to indicate and rule out self-contradictions that are entirely logical in nature, rather than those that arise from causal processes in the external world.9 However, Kemp does not describe clearly what such logical self-contradictions might be, and Harrison's point is precisely that the contradictions identified by Kant involve not logical impossibilities but only, at best, causal ones.10 As such, they are not necessary self-contradictions but are, rather, entirely dependent on circumstances, and this means, for example, that it is not necessarily the case that it is wrong to break a promise — a conclusion that Kant presumably could not accept. Second, it is also unclear why no individual could rationally choose to subvert the systematic harmony of human purposes. Of course, upon analysis it may turn out to be wrong to do so, but that would be the end, not the premise, of a moral argument. Paton provides no such argument. More particularly, he does not demonstrate that undermining the systematic harmony involves a self-contradiction; äs a result, he is unable to account for the most central feature of the categorical imperative äs a formal principle. 8
9 10
Jonathan Harrison, "Kant's Examples of the First Formulation of the Categorical Imperative," in Kant's Foundations of the Metaphysics of Morals: Text and Critical Essays, ed. by Robert Paul Wolff (Indianapolis: Bobbs-Merrill, 1969), p. 217. J. Kemp, "Kant's Examples of the First Formulation of the Categorical Imperative," in Wolff, ed., Kant's Foundations of the Metaphysics of Morals, p. 238. Jonathan Harrison, "The Categorical Imperative," in Wolff, ed., Kant's Foundations of the Metaphysics of Morals, p. 250.
94
Peter J. Steinberger
In attempting to circumvent both kinds of objections, Onora O'Neill has proposed a modified account: an action is enjoined if the "normal and predictable" results of universalizing the maxim of the action would lead to a proposed moral law that is literally self-contradictory.11 The emendation purports, I think, to operate at t wo levels. First, self-contradiction is said to occur not just in any set of contingent circumstances but, rather, in circumstances that are regulär and explicable features of the world äs we know it. This is presumably designed to address the kinds of objections raised by Harrison, among others. Second, a proposed moral law is self-contradictory if it would justify actions that would be, precisely because of the process of justification, actually and utterly impossible to perform. Specifically, I cannot break a promise if the maxim of my action, once universalized and adopted by everyone, would normally and predictably lead to the end of promising; for in such a circumstance, no one would be able to invoke the maxim of breaking promises if one so chooses since there would be no more promises to break. That is, the consequence would undermine the maxim of breaking promises, since if promising became impossible then it would be impossible to make, hence equally impossible to break, a promise. The result is that one could not without self-contradiction universalize a maxim of breaking promises. Harrison's criticism, that the appeal to consequences depends on contingent circumstances and cannot, therefore, lead necessarily to self-contradictions, is substantially modified: the self-contradictions identified by Kant are necessary self-contradictions given normal and predictable consequences. I take this to be a much stronger version of the argument from consequences. As such, it has become, in one form or another, the Standard view.12 According to this view, the maxim of action A is said to be ruled out if its universalization would make it impossible subsequently to perform actions similar to A. This formulation is not only widely accepted; it also has a very strong textual warrant (Grundlegung 423). We must, therefore, be surprised to realize that in fact it describes nothing that could even remotely be called a self-contradiction. If my maxim had said "break promises if you so choose and never undermine the practice of promising," then the universalization of this maxim would indeed be a self-contradiction, assuming that the widespread breaking of promises would undermine the practice of promising. But my maxim doesn't say this. It simply says "break promises if you so choose," and from this one can infer absolutely nothing about my views äs to whether or to what extent the practice of promising should 11 12
Onora O'Neill [Nell], Acting on Principle (New York: Columbia University Press, 1975), pp. 70-71. See, for example, Allen Wood, Hegel's Ethical Thought (Cambridge: Cambridge University Press, 1990), pp. 614-619; O'Neill [Nell], Acting on Principle, pp. 70-71; Brian Aune, Kant's Theory of Mords (Princeton: Princeton University Press, 1979), p. 54; O'Neill, Constructions of Reason: Explorations of Kant's Practical Philosophy (Cambridge: Cambridge University Press, 1989), pp. 132-133; B. Herman, The Practice of Moral Judgment (Cambridge: Harvard University Press, 1993), p. 137.
The Standard View of the Categorical Imperative
95
continue to thrive. Absent such an inference, there is nothing at all self-contradictory about universalizing my maxim. If I were to will its universalization, I would simply be willing the law that it is or can be justifiable for anyone who so chooses to break a promise if or whenever one has the opportunity to do so. To see this more clearly, consider that I am already very well aware that the opportunity for making, hence breaking, promises will always necessarily be limited, depending on the circumstances. It is difficult or impossible to make a promise when one is alone, or sleeping, or play-acting, and the like. I recognize, therefore, that any maxim I might propose regarding promising is not something that I could actually put into practice at any time and any place; it is constrained by those circumstances in which promising is unlikely or impossible. But this fact — that my opportunities to make, hence break, promises are necessarily limited — need not in any way affect the content of my maxims about promising. In this sense, then, the demise of promising would be merely another one of those circumstances that limit the opportunity to promise, albeit a very extreme one; and the fact that this circumstance would be the direct result not of extraneous factors but of the universalization of my maxim seems to make no difference whatsoever. The universalization of my maxim is completely consistent with such an outcome. Perhaps promising will end, perhaps not; all that my maxim teils me is to break promises if I so choose, a maxim that I can invoke whenever a promise is possible. To will the universalization of this maxim is simply to propose that one may justifiably break promises if one so chooses and whenever it is possible to do so. There is nothing self-contradictory in that. Thus, to universalize the maxim of action A is to say absolutely nothing at all about subsequent opportunities to perform actions similar to A; my maxim, once universalized, speaks only to the justification for performing such an action, should the opportunity arise. The Standard view, äs formulated by O'Neill and others, fails because it involves a most peculiar understanding of what it means to universalize a maxim of action. Universalization must, I think, mean that a maxim can justifiably be adopted by all rational agents who would perform a particular action A; but added to this, O'Neill and others seem to believe that universalization also means that a maxim can be justifiably acted upon at all times and in all conceivable circumstances. If it is justifiable to break promises, it must always be justifiable to break promises. This means, in particular, that it must be justifiable to break promises that have been made in circumstances where promising is impossible. But of course, it's impossible to break such promises since, because of the circumstance, the promises could not have been made in the first place. The maxim of breaking such promises is therefore an absurdity; hence to say that it is justifiable is an absurdity. Thus, it can never be justifiable to break promises; the maxim must be wrong, for its universalization leads to an absurdity. The argument fails at least in part because it overlooks the fact that actions such äs A are constituted in part by the circumstances in which they occur. If the circumstances change, A might no longer be A. If I kill you without provocation
96
Peter J. Steinberger
and with malice aforethought, I have committed an act of murder; if, on the other hand, I kill you on the field of battle under the rules of war, even with malice aforethought, then I have committed a quite different kind of act. The circumstances are unavoidably part of our understanding of the nature of the action performed, hence of the maxim upon which the action is based, and this obviously can have enormous practical moral consequences: the murderer is punished, the soldier is honored. Similarly, breaking promises if one so chooses when promising is possible — let's call this action A1 — is a different kind of action from breaking promises if one so chooses when promising is impossible, A2. The second of these, A2, is an absurdity; the first, A1, is not. If, äs an empirical matter, A1 in fact normally and predictably leads to A2, we may be unhappy with it. But universalizing the maxim of A1 — breaking promises if one so chooses when promising is possible — is, in and of itself, a perfectly coherent thing to do. And it is the maxim of that action, the action of breaking promises when promising is possible, that is being universalized. If such an action is indeed imnnoral, this cannot be because its maxim is self-contradictory in the way that O'Neill and others have described. By failing to take this into account, the Standard view produces at least two kinds of moral absurdity: 1. Imagine an action the consequences of which would be the elimination of poverty. According to the Standard view, the maxim of such an action, when universalized, would make it impossible to perform subsequent acts of the same kind. Poverty having been eliminated, one could not coherently will that others should act in the same way to eliminate poverty, since such actions would be impossible. The maxim of the action is, thus, self-contradictory and must be ruled out on moral grounds.13 Clearly, this cannot be what a Kantian would have in mind. The problem evaporates once we recognize that the action in question is precisely the action of trying to eliminate poverty when poverty still exists — the circumstance being an important part of the definition of the action. A Kantian can thus hold that all rational agents who have an opportunity to eliminate poverty should do so; and the fact that the elimination of poverty would make it impossible for others subsequently to do so cannot count against the maxim of the action. Allen Wood implicitly sees this in the case of unversalizing actions that are intuitively right: "If my maxim is simply that of trying to abolish poverty äs far äs possible, then there will be no self-annihilation if everyone follows the maxim and poverty is abolished."14 The key phrase here is "äs far äs possible." Unaccountably, Wood fails to deal with the universalization of intuitively wrong actions in the same way; hence, he makes the same kind of error that Paton and O'Neill have made.
13 14
Hegel, "Über die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts," p. 439. Wood, Hegel's Ethical Thought, p. 160.
The Standard View of the Categorical Imperative
97
Thus, universalizing the maxim of breaking promises if one so chooses means only that if or whenever it is possible to break a promise it may be justifiable for anyone to do so. You could clear-headedly break a promise and universalize the maxim of that action even knowing füll well that the normal and predictable result would be the subsequent end of promising. All that your universal law would say is that anyone who happens to face the same kind of opportunity would be justified in doing the same thing. It might be objected that the analogy with the elimination of poverty is imperfect, since the impossibility of universalizing the maxim of action in that case would arise only after a long process of cause and effect in the world, i. e., the actual elimination of poverty; the impossibility of universalizing the maxim of breaking promises, on the other hand, would be a nearly immediate consequence of everyone adopting that maxim, thereby making it psychologically impossible that anyone would trust anyone eise. I doubt that such a difference seriously undermines the analysis. But even if one accepts the objection, it is easy enough to identify other cases that are clearly immune to it. Imagine, for example, a religious principle that said: "Convert one unbeliever [other than yourself], and you will go to heaven." The universalization of the maxim of that action according to the Standard view would mean that no one would go to heaven. 2. By misconstruing the nature of what is to be universalized under the idea of the categorical imperative, the Standard view is unable to rule out certain important kinds of action that are, from a Kantian perspective, plainly immoral. With respect to promising, the interesting case is precisely the one in which you are tempted to break a promise knowing füll well that, even under normal and predictable circumstances, you will be able to get away with it and that the practice of promising will not thereby be undermined.15 Kantian ethics wants to ask if the maxim of that action undertaken in that circumstance could be coherently universalized: would it be all right for anyone to break a promise where the consequences, both for the individual and for society, would not be particularly bad? Imagine that I know that if I break my promise to you, no one eise will learn about it; äs a result, no damage will be done to the practice of promising. Further, let us assume that by reneging on my Obligation, I will profit; and since I have done no damage to the practice of promising, I will be able to continue to make promises in the future. Could I rationally will that anyone eise in the very same circumstance — i. e., having an opportunity to renege for profit and with utter impunity — may also justifiably break his or her promise? If, äs Paton and O'Neill imply, self-contradiction occurs only when the consequences of an action, once universalized in terms of time and circumstance, rule out all subsequent actions of the same kind, then one could with utter legitimacy break promises precisely in those universalizable circumstances where one can get away with it. This most surely cannot be what 15
This is simply a particular aspect of the more general problem raised by Adeimantus: Republic365a-366b.
98
Peter J. Steinberger
the Kantian has in mind. Rather, he or she must be interested in showing that breaking a promise is intrinsically wrong; and this means showing that universalizing the maxim of breaking promises if one so chooses leads to a self-contradiction regardless of the circumstances or consequences. It may also be that the Standard view confuses self-contradiction with perversity. Breaking a promise knowing füll well that the result might be the destruction of promising may seem to presuppose that you are at least somewhat indifferent, or perhaps even hostile, to the practice of promising, and this may be a perverse attitude. It is surely not necessarily perverse, since you may value promising highly while valuing even more highly other things that would require the end of promising. But even outright indifference or hostility to promising, however perverse, is hardly self-contradictory. Indeed, i t might be perfectly coherent for you to break a promise in order to undermine (or help undermine) the practice of promising. The Standard view would seem to have no argument against that since, among other things, what is an unacceptable consequence for one person might be perfectly acceptable to another. In the present case, the "bad" consequence is that promising would be impossible and this5 in turn, would eliminate the possibility of breaking promises in the future. But if you think that promising is a bad practice, then you would find neither its demise nor the resultant impossibility of breaking a promise to be a bad thing. Perhaps, though, some consequences are necessarily unacceptable. This may be what Paton has in mind when he speaks of the categorical imperative äs ruling out maxims that, if adopted by all agents in all circumstances, would tend to destroy the systematic harmony of purposes. Perhaps if we combine this with O'Neill's notion of normal and predictable results, we could get a stronger account of the bad consequences approach: a maxim cannot be universalized if doing so would, under normal and predictable circumstances, tend to destroy the systematic harmony of purposes. But it is difficult to see that this really gets us anywhere. For it may be that someone would want to destroy the systematic harmony or purposes. One cannot argue that it would be immoral to do so since, presumably, the criterion of morality is provided precisely by the categorical imperative, the Interpretation of which we are now seeking. To prove that one should not destroy the systematic harmony of purposes would require the application of the idea of the categorical imperative which cannot, therefore, presuppose that one should not destroy the systematic harmony of purposes. If one nonetheless insists that such a systematic harmony has some kind of moral primacy, then the categorical imperative ceases to be categorical and becomes, instead, a hypothetical imperative: if one seeks to sustain the systematic harmony of purposes, then one should do A or refrain from doing B. Hypothetical imperatives may indeed be important for Kant, but their recommendations are, by definition, not categorical. Those who wish to take Kant's ethics seriously must have a strong Intuition that the categorical imperative is not an empty formalism. They must believe that the universalization test, if properly interpreted, does indeed distinguish moral from
The Standard View of the Categorical Imperative
99
immoral actions. Without this, Kantian formalism would fail to provide any substantial ethical guidance whatsoever. And in such a circumstance, of course, it would become increasingly difficult to propose a serious alternative to either utilitarian or virtue-based ethics, each of which, in various ways, is thought to be objectionable on other grounds. It seems, though, that the bürden of proof is on those who would defend Kant's views. In the absence of such a defense, the empty formalism charge remains in force. The Standard view purports to provide just such an argument in support of Kant; and äs has been suggested, this view has the great virtue of seeming to comport, in many respects, with what Kant actually says. But äs a philosophical matter, I believe that it is, in the end, utterly unpersuasive. None of this is sufficient to show that Kant's ethics is a failure. But it does suggest that if we are to be persuaded by the Kantian ethical project, it needs a more satisfactory Interpretation. The Standard view doesn't do the Job. As noted above, Kemp proposes against Harrison that Kant had in mind "logical" rather than "causal" contradictions.16 While Kemp failed to identify adequately what those logical contradictions might be, his recommendation may nonetheless be on the right track. The failure of the Standard view to account for self-contradictory violations of the categorical imperative invites us to consider — by default, äs it were — the possibility that Kantian ethics is indeed based on purely logical criteria. I don't know if such a strategy could succeed, but I do believe that our argument has shown that the alternative approach, viz., what we have called the Standard view, produces only a dead-end.
Kemp, "Kant's Examples of the Categorical Imperative," p. 238.
Zustand und Zukunft der Akademie-Ausgabe von Immanuel Kants Gesammelten Schriften Bericht zu einer Tagung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an der Philipps-Universität Marburg vom 1.—4. Juli 1998 von Thomas Sturm, Marburg
1894/95 initiierte die Preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin auf Anregung von Wilhelm Dilthey und anderen Mitgliedern eines der bedeutendsten wissenschaftlichen Editionsprojekte: die Ausgabe von Immanuel Kants Gesammelten Schriften. Damit sollten zwei Ziele erreicht werden: Zum einen sollten sämtliche Schriften des wohl bedeutendsten deutschen Philosophen in einer kritischen und damit maßgeblichen wissenschaftlichen Kant-Ausgabe verfügbar gemacht werden; und zum anderen sollte damit ein vorbildliches Modell für wissenschaftliche Editionspirojekte überhaupt entwickelt werden. Kants Arbeitskraft hat schon vom Volumen her zu einem höchst umfangreichen philosophischen und wissenschaftlichen Werk geführt. Bereits zu seinen Lebzeiten hat Kant zahlreiche Bücher und Aufsätze zu Metaphysik und Erkenntnistheorie, zu Ethik und Ästhetik, zu Physik, Naturgeschichte, Anthropologie und zu zahlreichen weiteren wissenschaftlichen, philosophischen und politischen Themengebieten veröffentlicht. Hinzu kommen ein umfangreiches Briefwerk, der große handschriftliche Nachlaß und eine lange Reihe von studentischen Nachschriften der Vorlesungen Kants. Viele dieser Texte sind in einem Zustand gewesen, der eine philologisch umsichtige und historisch gründliche Bearbeitung erfordert hat und immer noch erfordert. Die Kant-Ausgabe ist derzeit auf 29 Bände angelegt, von denen die letzten zwei — Bd. XXV und XXVI (Vorlesungen zur Anthropologie und zur Physischen Geographie) — von Reinhard Brandt und Werner Stark (beide Marburg) im Auftrage der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen bearbeitet werden. Bd. XXV ist in einem Umfang von rund 1600 Seiten im vergangenen Jahr erschienen, Bd. XXVI ist für 2001 geplant. Jährliche Berichte über den Fortgang der Arbeiten sind im Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen enthalten. Kant-Studien 90. Jahrg., S. 100-106 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
Zustand und Zukunft der Akademie- Ausgabe von I. Kants Gesammelten Schriften 101
Der bevorstehende Abschluß der Akademie- Ausgabe gibt Anlaß zur Prüfung: Ist die Edition den Ansprüchen gerecht geworden, die ursprünglich mit ihr verbunden worden sind? Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat daher auf Initiative von Brandt und Stark eine Tagung unter dem Titel „Zustand und Zukunft der Akademie- Ausgabe von Immanuel Kants Gesammelten Schriften" veranstaltet. Auf der Tagung, die vom 1.— 4. Juli an der Philipps-Universität Marburg abgehalten worden ist, versammelten sich führende Kantforscher aus dem In- und Ausland, um über den Zustand der gesamten Edition zu diskutieren und zu überlegen, wo Neubearbeitungen notwendig und sinnvoll sind. Trotz der guten bis hervorragenden Leistungen in großen Teilen der Edition, die auch auf dieser Tagung bestätigt worden sind, ist manchen Kantforschern bereits seit einiger Zeit bekannt gewesen, daß verschiedene Teile in einem katastrophalen Zustand sind. Dies gilt insbesondere für die Bände XX-XXIV und XXVII-XXIX. Sie sind für Forschung und Lehre nur begrenzt, wenn überhaupt brauchbar. Es muß bereits gesagt werden, daß die deutsche Forschung in einigen Fällen von fremdsprachigen Editionen der Schriften Kants übertroffen wird. So gelten beispielsweise einige der Bände der englischsprachigen Cambridge Edition of Immanuel Kant's Writings als weitaus besser gelungen als die deutschen Ausgaben: Beispiele dafür sind Eckart Försters Auswahl aus Kants Opus postumum und die Übersetzung der Kantischen Metaphysikvorlesungen von Karl Ameriks und Steve Naragon, und ähnliches gilt für die spanische Ausgabe des Opus postumum von Felix Duque. Stellvertretend für die internationale Editions- und Forschungstätigkeit und als Vertreter der Cambridge Edition of Immanuel Kant's Writings betonten Karl Ameriks (University of Notre Dame) und Paul Guyer (University of Pennsylvania), daß eine grundlegende Revision von Bd. XX-XXIV und XXVII-XXIX auch aus ihrer Sicht unverzichtbar sei. Wie sind die Mängel der schwer mißlungenen Bände zu erklären? Teils muß man natürlich die Kompetenz der Bearbeiter infrage stellen; teils sind die Fehler aber auch auf grundlegende organisatorische Probleme der Edition zurückzuführen. Ganz allgemein gilt, daß ausgerechnet Kants Werk im Vergleich zu dem anderer führender Denker der Aufklärung geradezu stiefmütterlich behandelt worden ist. Vor allem die Wirren der deutschen Geschichte sind hier nicht ohne Wirkung gewesen. Kant hat sein ganzes Leben in Königsberg gelebt und gelehrt. Wäre er einem der verschiedenen ergangenen Rufe in das Gebiet des heutigen Deutschland gefolgt, so dürfte man wohl annehmen, daß es heute dort ein zentrales Institut zur Erforschung von Kants Leben, Werk und Wirkung gäbe. Auch hinsichtlich der Textbasis der Editionen erschwerte die deutsche Geschichte, insbesondere der zweite Weltkrieg, die Arbeit durch Vernichtung und Verschleppung von Dokumenten erheblich. In jedem Fall ist die Kantforschung in Deutschland nie fest institutionalisiert worden, und dies mit Konsequenzen, die sich gerade in der Akademie-Ausgabe erkennen lassen.
102
Thomas Sturm
Von Anfang an war die Ausgabe in vier Abteilungen unterteilt worden (I: Werke; II: Briefe; III: Handschriftlicher Nachlaß; IV: Vorlesungen). Im Fall von Abteilung I fand noch von Bd. I—VIII eine gründlichere Kontrolle der Arbeiten statt, doch in den weiteren Bänden und Abteilungen entfiel diese zunehmend. Die Bearbeiter erhielten ein festes Honorar; in der konkreten Arbeit waren sie im wesentlichen auf sich allein gestellt. Kontrollen der Ergebnisse durch Dritte gab es vor den Veröffentlichungen kaum oder gar nicht. Wenn einer der Herausgeber verstarb, wurde die Fortführung der Tätigkeiten schwierig. Zu oft wurde das durch langjährige Arbeit erworbene Wissen nicht rechtzeitig und nicht vollständig weiter vermittelt, schlicht wegen des Fehlens von wissenschaftlichen Kontrollkommissionen, wegen der Vereinzelung und tendenziellen Monopolisierung der Tätigkeiten. Die neuen Editoren standen häufig vor schwierigen Neuanfängen.
Auf der Tagung sollte die Chance zu einer Bestandsaufnahme der Leistungen und Defizite der gesamten Akademie-Ausgabe genutzt werden. Alle vier Abteilungen der Ausgabe wurden deshalb vorgestellt und besprochen. Wie sich in den Referaten und Diskussionen zeigte, gibt es auch in den gut gelungenen Bänden, zu welchen vor allem Werk- und Briefbände sowie Teile des Handschriftlichen Nachlasses zu zählen sind, viele Verbesserungsmöglichkeiten. Zur Abteilung I (Bd. I—IX) wurde eine ganze Anzahl von Referaten zu Texten aus fast allen Bänden gehalten. Lothar Kreimendahl (Mannheim) berichtete über die Edition der frühen Schrift Über den einzig möglichen Beweisgrund zur Demonstration des Daseins Gottes (in Bd. II); Bernd Kraft und Dieter Schönecker (Bonn) über die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (Bd. IV); Konstantin Pollok (Marburg) über die Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik und die Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft (beide Bd. IV); Piero Giordanetti über die Kritik der Urteilskraft (Bd. V); Vinicio Parma (Mainz) über die Metaphysik der Sitten (Bd. VI); Reinhard Brandt (Marburg) über den Streit der Fakultäten und die Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (beide Bd. VII); Heiner Klemme (Magdeburg) über verschiedene der in Bd. VIII enthaltenen kürzeren Essays Kants aus seiner kritischen Phase; und schließlich Norbert Hinske (Trier) und Werner Stark (Marburg) zu den in Bd. IX enthaltenen Texten: der Logik-]äsche, der Physischen Geographie und der Pädagogik. Mängel betreffen in allen Fällen zunächst sowohl kleinere als auch größere Verschreibungen in den Texten wie auch fehlerhafte oder irreführende sachliche Anmerkungen — unser besseres heutiges Wissen über solche sachlichen, nicht philologischen Defizite ist natürlich auf Fortschritte in der Kantforschung zurückzuführen und war den damaligen Bearbeitern noch nicht gegeben. Das ändert nichts an der Notwendigkeit von Korrekturen. Gravierender ist noch, daß einige der Schriften mit Werkstatus nicht angemessen ediert sind. Insbesondere gilt dies ausgerechnet für die Kritik der reinen Vernunft in den Bänden III und IV.
Zustand und Zukunft der Akademie-Ausgabe von I. Kants Gesammelten Schriften 103
Hier ist unter anderem zu klären, wie die zwei ersten Auflagen genau abzudrucken sind und wie mit Kants späteren Einfügungen sowie mit den bisweilen längeren Streichungen in zentralen Textstücken seines Handexemplars (etwa der Streichung von mehreren Absätzen in der wichtigen Diskussion des Kausalitätsprinzips) zu verfahren ist. Die Edition der Kritik der reinen Vernunft innerhalb der AkademieAusgabe muß den Anspruch auf die maßgebliche textkritische Ausgabe erfüllen können, und diesem Anspruch wird sie keineswegs gerecht. Andere Verbesserungsmöglichkeiten betreffen die Einordnung einiger Texte in die jeweiligen Abteilungen. So sind die in Bd. IX, also noch im Werkteil der Ausgabe, enthaltenen drei Texte hinsichtlich ihrer Authentizität nicht den von Kant selbst veröffentlichten Schriften gleichzustellen; sie sind eher den Vorlesungen, also der Abteilung IV zuzurechnen. Ähnliche Mängel der bestehenden Edition wies auch Werner Euler (Marburg) in seinem Bericht über Abteilung II, den Kantischen Briefwechsel, nach (Bd. X-XIH). Hier sind beispielsweise später aufgefundene Briefe teils außerhalb der Abt. H, nämlich in Bd. XXIII einsortiert worden, ohne dem Benutzer dafür einen Wegweiser zu geben; teils sind manche Kantische Briefe noch gar nicht in der Akademie-Ausgabe enthalten. Wiederum sind in Bd. XIII erneut Texte enthalten, die eher Werkcharakter haben, also in Abteilung I gehören (Anhang zu Soemmerrings Schrift Über das Organ der Seele, evtl. auch 6 Denkverse auf Kollegen). Ganz unklar ist schließlich, wie mit den Unterlagen zu Kants Amtstätigkeit umzugehen ist — einige Schreiben sind in Bd. XIII enthalten, aber durchaus nicht alle, und durchaus nicht alle wichtigen. Kant hat der Universität Königsberg nicht nur als Professor für Logik und Metaphysik gedient, sondern auch mehrfach als Dekan der philosophischen Fakultät, als Mitglied des akademischen Senats und als Rektor der Universität gewirkt. Die Akten sind nicht bloß biographisch sowie sozial- und wissenschaftshistorisch wichtig. Sie lassen auch Rückschlüsse auf Kants Werk zu — etwa hinsichtlich von Fragen seiner Religionsphilosophie und der damit verbundenen politischen Zensur durch die preußische Regierung. Sollen die Akten — für die umfangreiche Vorarbeiten aus einem DFG-Projekt bereitliegen — an den Briefwechsel angefügt werden oder soll dafür besser eine neue, fünfte Abteilung geschaffen werden? Zur Abteilung III, Kants handschriftlichem Nachlaß (Bd. XIV-XXHI). Hier erstatteten Norbert Hinske und Reinhard Brandt Bericht besonders über den letzten Teil, nämlich Bd. XX-XXIII (Handschriftlicher Nachlaß; Vorarbeiten und Nachträge). Für die Interpretation von Kants Werk ist oft der Rückgriff auf seinen handschriftlichen Nachlaß unverzichtbar, und Erich Adickes hatte in Bd. XIV angekündigt, in Bd. XXIII solle Rechenschaft über die Papierverhältnisse des Nachlasses geliefert werden. Dies geschieht jedoch weder in XXIII noch anderswo, so daß die Forschung hier oft auf unsicheren Pfaden gehen muß. De facto wurden in XXIII die unterschiedlichsten Dinge hineingesteckt, nur nicht die versprochene, wichtige Erklärung. Der Band enthält interessante Vorarbeiten zu der Kantischen Spätschrift Die Metaphysik der Sitten, und die bessere editorische Aufbereitung dieser Vorarbeiten könnte wiederum dazu beitragen, wichtige Fragen der Edition der Metaphysik der Sitten, aber auch interpretatorische und systematische Debatten über Kants
104
Thomas Sturm
Ethik voranzutreiben. Noch einige weitere Fälle von Verstellungen liegen hier vor: Neben den schon genannten, in Bd. XXIII abgedruckten Teilen des Briefwechsels, gehört auch die in Bd. XX enthaltene Preisschrift Welches sind die wirklichen Fortschritte, die die Metaphysik seit Leibnizens und Wolffs Zeiten in Deutschland gemacht hat? eher in eine andere, nämlich in Abteilung I. Gravierende editorische Mängel finden sich auch in den Bänden XXI und XXII. Sie enthalten Texte aus dem sog. Opus postumum, das von Kant als das entscheidende und unverzichtbare Verbindungsglied zwischen Transzendentalphilosophie und Naturwissenschaft bezeichnet wurde und das in völlig undurchschaubarer Weise ediert wurde. Eine Revision hätte Eckart Försters schon erwähnte englischsprachige Edition zu berücksichtigen. Zur Abteilung IV, den Vorlesungsnachschriften, wurden Referate über die Vorlesungen über Logik (Bd. XXIV) von Michael Oberhausen (Trier) und Tillmann Pinder (Berlin), sowie über die Vorlesungen über Moralphilosophie (Bd. XXVII) von Clemens Schwaiger (Benediktbeuern) gehalten. Der ursprüngliche Editionsplan hierfür war durch Beschluß der Kant-Kommission aus finanziellen und anderen Gründen im Jahre 1920 eingestellt worden. Erst nach dem 2. Weltkrieg nahm die damalige Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (später: Akademie der Wissenschaften der DDR) das Vorhaben wieder auf und übertrug Gerhard Lehmann die Bearbeitung der Texte. Nach dem Bau der Mauer 1961 übernahm die Göttinger Akademie der Wissenschaften 1962/63 die Herausgabe, und Gerhard Lehmann wurde weiter mit der Bearbeitung der Originaltexte für die Edition beschäftigt. Wie auch Günther Patzig — der als langjähriger Vorsitzender der Kant-Kommission der Göttinger Akademie mit dem neuen Vorsitzenden Konrad Gramer (ebenfalls Göttingen) an der Tagung teilnahm — erklärte, bestehen hierbei folgende Probleme: Wenn man sich die von Lehmann bearbeiteten Bände ansieht (XXIV und XXVII—XXIX), dann ist an zahllosen Stellen in keiner Weise ersichtlich, warum er sich zum Abdruck bestimmter Texte entschieden hat, aus welchen sachlichen Gründen genau er verschiedene Manuskripte kompiliert hat und wie er seine — oft schlicht falschen — Lesarten begründet hat. Lehmann war nicht nur in seiner editorischen Kompetenz weit überfordert, sondern auch in seiner Arbeitskraft überlastet: Für die Bearbeitung etwa der umfangreichen Vorlesungsskripte zur Moralphilosophie hatte er nur eine Hilfskraft, die zudem eine germanistische, keine philosophische Ausbildung hatte.
IV.
Ein erster Beschluß aus den Berichten und Diskussionen zu diesen und anderen Themen war, daß über die Leistungen und Defizite der Akademie-Ausgabe in einem Sammelband berichtet werden soll. Dieser Band soll den Lesern zugleich eine erste Orientierung zum umsichtigen Gebrauch der Edition anbieten. In den Diskussionen zeigte sich bei verschiedenen, noch zu klärenden Divergenzen, breites Einvernehmen darüber, daß bei einer Revision — von welchen Teilen
Zustand und Zukunft der Akademie-Ausgabe von I. Kants Gesammelten Schriften 105
auch immer — bestimmte Ziele leitend sein müssen. Darunter sind vor allem folgende zu zählen: • Um bei einer Überarbeitung der Ausgabe Zitierstabilität zu sichern, soll auf möglichst große Konservierung der Abteilungseinteilung, Bandzahlen und Paginierung geachtet werden. • Da die Akademie-Ausgabe primär nicht eine Studienausgabe, sondern die für die internationale Kantforschung und für die fremdsprachigen Kantausgaben maßgebliche textkritische Kantausgabe sein soll, ist eine Umstellung auf heutige Interpunktion und Orthographie weder notwendig noch sinnvoll. • Die Sachkommentare zu den einzelnen Texten bedürfen einer Berücksichtigung des gegenwärtigen Standes der Forschung, wobei Ergänzungen zurückhaltend gemacht werden sollen, um die Bände nicht zu überlasten. Weitergehende Textkommentare können leichter durch das Internet angeboten und kontinuierlich aktualisiert werden. Der nächste Schritt wäre, eine Überarbeitung der Ausgabe organisatorisch in Gang zu setzen. Dafür kristallisierten sich in den Tagungssitzungen vier wesentliche Schritte heraus: • Erstens: Der Verlag Walter de Gruyter wird gebeten, möglichst in Zusammenarbeit mit einer wissenschaftlichen Akademie, einen Wissenschaftlichen Beirat zu bestimmen, welcher die Neuausgabe in Gang setzt und mit dem ein Vertrag über die Edition abzuschließen ist. De Gruyter signalisierte Zustimmung zu dieser Absicht. Für den Beirat wurden vorläufig die Professoren Manfred Baum (Wuppertal), Reinhard Brandt (Marburg), Norbert Hinske (Trier), Lothar Kreimendahl (Mannheim) sowie Allen Wood (Yale) als Vertreter der Cambridge Edition vorgesehen. • Zweitens: Es soll bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Einrichtung einer Kant-Forschungsgruppe der DFG initiiert werden (Sprecher: Norbert Hinske). Die Forschungsgruppe hätte als erstes einen klaren, präzisen und begründeten Katalog von Editionsprinzipien zu entwickeln. Dafür gibt es bereits Vorlagen, nicht zuletzt innerhalb der Akademie-Ausgabe selbst. Schritte in diese Richtung sind nach Möglichkeit auf einer weiteren Tagung zu entwickeln, die für das kommende Jahr ins Auge gefaßt ist. Um die Aufgaben der Forschungsgruppe zu koordinieren, ist bereits vorher die Stelle eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters für organisatorische und inhaltliche Tätigkeiten zu beantragen. Das Internet mit seinen Angeboten, etwa der Marburger Homepage Kant Information Online, ist als mögliches Hilfsmittel oder als Plattform für organisatorische Aufgaben in Betracht zu ziehen. • Drittens: Die Kant-Forschungsgruppe hat in Abstimmung mit den Herausgebern dafür Sorge zu tragen, daß die Aufgaben nicht nur an sachkompetende Personen übertragen werden, sondern auch, daß die Umsetzung der Editionsprinzipien überprüft wird. Überarbeitete Texte müßten vor einer Veröffentlichung, oder bes-
106
Thomas Sturm
ser schon im Gang der Bearbeitung regelmäßig einer Prüfung durch die Forschungsgruppe unterzogen werden. Es wurde ebenfalls betont, daß es keine Zwischenlösungen bei der Edition von Texten geben darf, da dies zu weiteren schädlichen Verwirrungen in Forschungstätigkeiten und fremdsprachigen Editionen führen kann. Der Verlag signalisierte hier wieder, es könne vertragliche Zusicherung darüber geben, daß keine anderen Personen und Forschergruppen mit der Edition beauftragt würden. • Viertens: Das bei der Bearbeitung von den einzelnen Personen neu erworbene Spezialwissen über Kanttexte, über die Probleme ihrer Edition und die Lösung typischer Probleme muß kontinuierlich öffentlich verfügbar gemacht werden. Nur eine festere Institutionalisierung der Arbeit, die sich an Prinzipien der Öffentlichkeit und Nachprüfbarkeit zu orientieren hat, kann erwarten, vor öffentlicher Kritik standzuhalten und in jeder Hinsicht zu dem vorbildlichen Modell von wissenschaftlicher Edition und Editionspraxis zu werden, als das die Kantausgabe ursprünglich gemeint war. Was die inhaltlichen Probleme der Revision betrifft, so zeigten sich in zahlreichen Detailfragen neben vielen Übereinstimmungen selbstverständlich auch divergente Meinungen. Auch darüber, wie weit die Revision gehen sollte und mit welchen Bänden man zu beginnen hätte, wurde gestritten. Einigkeit erreichte schließlich der Vorschlag, zunächst eine Überarbeitung von Bd. I—VIII anzuvisieren. Hier seien vergleichsweise schnell und effizient Ergebnisse zu erreichen. Für die schwierigen Aufgaben in Bd. IX-XIII sowie in Bd. XX-XXIV und XXVII-XXIX müßten teilweise ohnehin erst Personen gefunden werden, die wohl auch nicht ohne ein solches Forschungsprojekt für derartige Aufgaben gewonnen werden könnten. Zustimmung fand der Vorschlag, den Kant-Kongreß in Berlin im Jahre 2000 zu nutzen, um für das Editionsprojekt zu werben und Nachwuchswissenschaftler für langfristige Aufgaben zu gewinnen.
BUCHBESPRECHUNGEN Kants Gesammelte Schriften. Wordcruncher für Windows-Version (Windows 3.11, Windows 95, Windows NT). Hg. vom Institut für angewandte Kommunikationsund Sprachforschung (IKS) Bonn. Aktualisierte Auflage. Berlin 1996. Kant im Kontext - Werke auf CD-ROM. Für Windows (Windows 95/98; Windows NT) und Mac OS. Hg. von Karsten Worm., 2., erweiterte und durchgesehene Auflage. Bonn 1997. Was ist relevant, was kann relevant sein, wenn es um eine Bewertung elektronischer Texteditionen wie den hier vorgelegten gehen soll? Die generelle Antwort fällt nicht allzu schwer. Es handelt sich offenkundig um ein neues Medium für die Nutzung wissenschaftlicher Texte, welche bereits durch ein traditionelles Medium — das gute alte Buch — gebraucht werden können. Daher liegt es nahe, das neue auf dem Hintergrund des traditionellen Mediums zu betrachten, um seinen möglichen Nutzen zu messen. In diesem Fall ist also die Akademie-Ausgabe von Kants Gesammelten Schriften als die — trotz bestimmter Mängel — wissenschaftlich maßgebliche Edition zu berücksichtigen. Zum anderen gilt es natürlich, die verschiedenen Leistungen der elektronischen Editionen selbst, also der beiden vorliegenden CDROMs, untereinander zu vergleichen. Die entscheidende, jedoch weniger leicht zu beantwortende Frage ist nun: Welche Gesichtspunkte genau sollen ausschlaggebend sein für die Bewertung? Was erwarten Forscher von elektronischen Editionen? Vermutlich sind dies Fragen, die ihrerseits noch einiger Diskussion bedürfen. Ohne an dieser Stelle näher dafür zu argumentieren, möchte ich folgende Gesichtspunkte als wesentlich vorschlagen: • • • •
Textauswahl; Korrektheit der Textwiedergabe und Sicherung der Zitierstabilität; Art und Qualität der elektronischen Hilfsmittel zur Recherche; allgemeine Benutzerfreundlichkeit.
Jeder dieser Gesichtspunkte hat natürlich seine spezifischen Unterpunkte; viele von ihnen können hier nur exemplarisch angedeutet werden. Zu beachten ist bei den folgenden Beurteilungen auch, daß sie im Licht der Computerkenntnisse der Nutzer zu sehen sind: Unterschiedliche technische Kenntnisse mögen zu unterschiedlichen Erwartungen an die CDs führen. Zur Textauswahl. Die zwei CD-ROMs unterscheiden sich inhaltlich in mehreren Hinsichten. Die IKS-Edition Kants Gesammelte Schriften lehnt sich eng an die Akademie-Ausgabe mit dem selben Titel an und enthält die Bände I—XIII — also die zwei Abteilungen „Werke" und „Briefwechsel". Die in der Buchausgabe auftretenden Doppelabdrucke von Briefen wurden gestrichen, und auch nicht enthalten sind die Kommentare der Herausgeber der Akademie-Ausgabe. Die Strategie der Edition ist jedoch völlig klar — man möchte das elektronische Pendant zur Akademie-AusKant-Studien 90. Jahrg., S. 107-128 © Walter de Gruyter 1999 ISSN 0022-8877
108
Buchbesprechungen
gäbe schaffen, und das gegenwärtige Ergebnis ist daher höchstens insofern hinterfragbar, als die Bände der Akademie-Ausgabe selbst hinterfragbar sind. Künftig könnte und dürfte die CD-ROM wohl zur elektronisch verbesserten AkademieAusgabe entwickelt werden. — Kant im Kontext bietet teils weniger, teils erheblich mehr. Zwar sind die meisten Texte aus der Werkabteilung enthalten, aber einige, insbesondere lateinische vorkritische Schriften und auch einige der kürzeren späten Aufsätze fehlen. Ebenfalls nicht geliefert wird die Physische Geographie. Die Wahl hat insofern eine gewisse Berechtigung, als die letztere Schrift einen zweifelhaften Status besitzt — aber dann hätte man ja auch die Logik oder die Pädagogik auslassen können, die ebenfalls streng genommen keinen Werkstatus besitzen. Für die Auslassung vorkritischer und später Schriften gibt es jedenfalls keine ersichtlichen Gründe. Andererseits enthält die Edition sehr erfreulicherweise Texte, die durchaus Werkstatus haben, ohne bisher in Bd. I—IX untergebracht worden zu sein: so etwa aus Bd. XII der Akademie-Ausgabe den Anhang, den Kant zu Samuel Thomas Sömmerrings Schrift Über das Organ der Seele (1796) verfaßt hat, und aus Bd. XX die Preisschrift Welches sind die Fortschritte, die die Metaphysik seit Leibnitzens und Wolffs Zeiten in Deutschland gemacht hat? Es folgen eine Auswahl aus dem Briefwechsel, und abschließend sind noch Vorlesungsnachschriften zur Religionsphilosophie und Metaphysik (Pölitz) beigefügt. Hierbei ist als positiv hervorzuheben, daß sich nicht an der Akademie-Ausgabe orientiert wurde (welche in den relevanten Bänden bekanntlich erhebliche Mängel auf weist), sondern an den ersten Buchausgaben von Pölitz aus den Jahren 1821 und 1830. Schließlich — und dies paßt wieder zum Titel — enthält die CD-ROM als Bonus die Schriften dreier bedeutender Vorgänger Kants: nichts weniger als John Lockes Essay Concerning Human Understanding (1690), George Berkeleys Treatise Concerning the Principles of Human Knowledge (1710) und David Humes Enquiry Concerning Human Understanding (1748). Das ist sicher ein attraktives Angebot, aber dennoch sei die Frage erlaubt: Warum die Konzentration auf die Tradition des britischen Empirismus? Man hätte ebensogut Texte von Leibniz wählen können, oder, wenn es nur um den historischen Kontext der Kantischen Philosophie gehen sollte, vielleicht mit gleichem Recht Texte von Christian Wolff, Alexander Baumgarten oder anderen Autoren mehr. Die Hauptabsicht der Edition ist denn wohl weniger, Kant im Kontext darzustellen, als vielmehr mit Texten zu punkten, die heutzutage auch sehr geläufige Seminartexte sind. Zur Textkorrektheit und Zitierstabilität. Beide CD-ROMs gehen von der Akademie-Ausgabe aus, mit den genannten Ausnahmen bei Kant im Kontext. Beide Editionen sind Neuauflagen älterer Versionen und sind auch darum schon weitgehend fehlerfrei. Bei Verdacht bietet es sich freilich immer an, noch einmal in den Buchfassungen nachzuschlagen, denn ganz auszuschließen sind einzelne Fehler nicht. Bei der IKS-Edition ist Nachschlagen noch aus einem weiteren Grund notwendig: Sie gibt nämlich nicht den in der Akademie-Ausgabe enthaltenen Kantischen Sperrdruck oder Fettdruck wieder. Nur die lateinischen Ausdrücke, mit denen Kant etwa seine Terminologie in seinen deutschsprachigen Texten zu fixieren versucht, sind hervorgehoben. Wer Zitate kopieren und in eigene Texte überführen möchte, und wer die Kantischen Hervorhebungen nicht entfallen lassen möchte, muß also Textkontrollen mit der Buchausgabe durchführen. Hier besteht also ein weiterer Vorteil für Kant im Kontext, wo alle Hervorhebungen bei Kanttexten wiedergegeben wer-
Buchbesprechungen
109
den. Was die Zitierstabilität bei den Kanttexten angeht, so braucht man keine Sorgen zu haben. Beide Editionen richten sich in klar erkennbarer Form nach den Bandund Seitenzahlen der Akademie-Ausgabe (wieder mit den genannten Ausnahmen bei Kant im Kontext). Die IKS-Edition bietet ein zusätzliches Plus dadurch, daß auch die Zeilen der Akademie-Ausgabe angegeben werden — was ja nicht bloß Nachlesen in der Buchausgabe erleichtert, sondern bisweilen mit zur Zitierpraxis in der Fachliteratur gehört. Einzig die Worttrennungen haben beide elektronische Editionen nicht wiedergegeben, doch die daraus entstehenden Verschiebungen sind zu vernachlässigen. Eher zu bemängeln ist, daß die IKS-Edition bei der Kritik der reinen Vernunft der Akademie-Ausgabe so streng folgt, daß nicht zusätzlich auch die A/ B-Seitenzahlen der ersten und der zweiten Auflage mit angegeben sind oder jedenfalls eine Konkordanz geliefert wird. Kant im Kontext hingegen zitiert zwar nur nach A/B, liefert jedoch eine Konkordanz mit. Während Kant also durchschaubar und gut ediert ist, ist dies bei den Bonustexten von Locke, Berkeley und Hume leider nicht der Fall. Sie richten sich jedenfalls nicht in erkennbarer Weise nach klassischen Buchausgaben, also bei Locke etwa nach der Ausgabe von Peter H. Nidditch. Wohl deshalb sind die drei Texte ohne Paginierung geliefert. Das könnte noch als nicht allzu dramatisch abgetan werden, weil die Edition auf die bei diesen Autoren üblichen Paragraphenzählungen zurückgreifen kann und dies auch tut. Sie ist insofern, was man auch bei empiristischen Autoren sagen darf, gleichsam ausgabentranszendent, und das kann sogar als Vorteil aufgefaßt werden. Merkwürdig bleibt jedoch, daß beispielsweise Lockes Essay ohne die Lockeschen Konventionen von Groß- und Kleinschreibung wiedergegeben wird, und daß — wie bei Hume und Berkeley — die ursprünglichen Hervorhebungen fehlen. Art und Qualität der elektronischen Hilfsmittel zur Recherche. Dieser wohl bedeutendste Vorteil elektronischer Editionen gegenüber dem traditionellen Buchmedium ist bei beiden CD-ROMs nicht bloß vorhanden, sondern sogar in ausgezeichneter Form vorhanden. Bei der IKS-Edition lassen sich Schreibvarianten schnell gemeinsam erfassen, verschiedene Wörter miteinander kombinieren, in Sekundenschnelle Karteidateien verschiedener Art (von bloßen Stellennachweisen bis zu Zitatsammlungen in verschiedenem, flexibel wählbarem Umfang) erstellen, welche dann in gängigen Textverarbeitungsprogrammen abrufbar sind. Beide Editionen erlauben sowohl die eigene Suche nach Worten als die Suche über einen vorhandenen Wortindex (der bei Kant im Kontext allerdings etwas knapp ausfällt). Kant im Kontext bietet nun zwar keine Optionen zur Anlage von Stichwortkarteien, hat aber dafür einiges anderes auf Lager: So kann man Textstellen markieren und dort jeweils eigene Anmerkungen anfügen, die man mit einfachem Mausklick erneut aufrufen und dann korrigieren, ergänzen oder wieder löschen kann. Das ist — wenn man an langfristige Benutzung denkt — wesentlich flexibler als die Praxis, Buchränder vollzukritzeln oder gar durchschossene Exemplare anfertigen zu lassen, deren Leerseiten dann in langer gelehrter Mühsal und in manchmal ja nicht uninteressanter Ungleichmäßigkeit aufgefüllt werden. Wer klagen will, darf sagen: Hier vernichtet das Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit Zeugnisse philologischer Praxis von historischem Einzigartigkeitswert. Andererseits: Sicherer, weil reproduzierbarer sind elektronische Anmerkungen ja doch. Was wäre, wenn Erich Adickes bereits über solche Technik verfügt hätte? Allgemeine Benutzerfreundlichkeit. Die Benutzeroberflächen fallen etwas unterschiedlich aus. Bei der IKS-Edition findet man eine sehr übersichtliche, fast schon
110
Buchbesprechungen
spartanisch wirkende Oberfläche. Aber was so schlicht wirkt, birgt einen bestimmten Vorteil. Kant im Kontext neigt nämlich zu einigen, wie man wohl sagen muß, unübersichtlichen und auch überflüssigen Details — etwa zu mehreren Arten von Inhaltsverzeichnissen mit weitgehend denselben Funktionen. Für bereits geübte Nutzer elektronischer Medien ist das wohl relativ gleichgültig, doch für Anfänger mag Kant im Kontext hier Hindernisse enthalten oder zu Verwirrungen führen. Was die Ansteuerbarkeit und Lesbarkeit der Texte angeht, so finden sich bei beiden Editionen jedoch keinerlei Schwierigkeiten: Alle Texte sind gut lesbar und werden auf Mausklick schnellstens geöffnet. Die IKS-Edition hat dabei noch einen bestimmten Vorteil: Bd. I—IX und Bd. X—XIII sind in jeweils einer Datei untergebracht, und es gibt auch eine Gesamtdatei beider Pakete. Man kann dadurch leicht, schnell und beliebig zwischen allen enthaltenen Schriften vor- und zurücksteuern. Bei Kant im Kontext hingegen sind alle Texte in kleine Einzelpakete aufgeteilt, die man über die Inhaltsverzeichnisse anklickt. Diese Möglichkeit wiederum besteht natürlich bei der IKS-Edition ebenfalls. Kurzum: Trotz der berichteten Mängel handelt es sich bei beiden CD-ROMs um gute, teils sogar hervorragende Arbeitsmittel. Man darf gespannt sein, was in den kommenden Jahren noch alles geboten werden wird. Die technische Entwicklung geht schnell voran, und es gibt ja inhaltlich noch einiges zu ergänzen: Wer als erster mit einer wissenschaftlich zuverlässigen Ausgabe von Kants handschriftlichem Nachlaß aufwartet, sei es auch nur eines Teils davon, wird bei der heute in der Forschung erwarteten, aber arbeitsaufwendigen Bezugnahme auf Kants Reflexionen sicher Erfolg haben. Zwar gibt es noch zahlreiche Kant-Forscher, die an ihren in mühevollen Jahren der Recherche aufgebauten Zettelkästen festhalten möchten oder die Texte weiterhin eigenhändig abschreiben möchten. Doch selbst wenn CDROMs Bücher nie ganz ersetzen können, werden die elektronischen Fassungen in den kommenden Jahren einen Siegeszug antreten und danach nicht mehr aus Forschung und Lehre wegzudenken sein. Vor fünfzehn Jahren haben viele Geisteswissenschaftler den Nutzen von Computern schließlich auch noch nicht recht einsehen wollen. Thomas Sturm, Marburg Christian Maria Stadier: Transzendentale Deduktion zwischen Theorie und Praxis. Vorüberlegungen zu einer Staatstheorie nach Kant. Cuxhaven und Dartford: Junghans-Verlag 1994, 160 Seiten. Kann die Geltung der Theorie über Recht und Staat bei Kant ebenso durch eine transzendentale Deduktion begründet werden wie die reinen Verstandesbegriffe? Diese Fragestellung ist die Ausgangslage des vorliegenden Buches, in dem der Autor Strukturanalogien zwischen der Fundierung von Theorie und Praxis untersucht. Stadier ist sich zwar Kants Auffassung bewußt, der die obersten Grundsätze der Moralität nicht der Transzendentalphilosophie zuordnet, weil die Gegenstände der praktischen Philosophie wie die Neigungen empirisch sind, aber Stadier glaubt dennoch Spuren des Transzendentalen in Kants praktischer Philosophie finden zu können. In einem ersten umfangreichen Kapitel zeichnet Stadier die transzendentale Deduktion der KrV nach. Er sieht dabei Kant wesentlich in der Perspektive von Bruno
Buchbesprechungen
111
Liebrucks und Felix Grayeff. Nach einem kurzen Überblick über die beiden Beweisschritte der B-Fassung hinsichtlich der Frage nach der Reichweite der Kategorien (SS 15—21) und der Frage nach der Grenze der Anwendung der Kategorien (SS 22—27) bespricht Stadier den Beweisgang in den einzelnen Paragraphen. Dabei stehen zunächst Einheit und Verbindung sowie das Verhältnis von transzendentaler zu formaler Logik im Vordergrund. Die Verbindung des Mannigfaltigen der Anschauung ist für Stadier nicht voraussetzungslos, sondern sie ist auf die Einheit der Synthesis als ihrem höchsten Grund rückführbar. Diese Einheit des „Ich denke" stellt als „Erhaltungstätigkeit" die Bewußtseinsidentität dynamisch immer wieder her. Stadier faßt den Verstand mit Liebrucks als Prinzip und Tatsache zugleich auf (31 ff.), der Verstand sei aber nicht die Einheit der Apperzeption, sondern „irrealer Fixpunkt" der Bestimmung des Mannigfaltigen. Allerdings sind die Erscheinungen auf den Fixpunkt hingeordnet, was Dinge an sich nicht nötig hätten. Ebenso findet Stadier bei Grayeff die Auffassung bestätigt, daß das „Ich denke" sowohl ein individuelles — das Individuum organisierendes Moment — wie ein prinzipielles Moment hat. Auch Stadier deutet das „Ich denke" als eine Kant selbst verborgen gebliebene Dialektik eines individuellen und eines allgemeinen Ich, weil dieser nicht gesehen habe, daß wie in B 135 f. die Synthesis zugleich die transzendentale Apperzeption sei, aber auch unter die Einheit der transzendentalen Apperzeption gebracht werden müsse. Der Grund dafür, warum die eigenen Vorstellungen, die bereits unter der Einheit der Apperzeption stehen, noch unter diese Einheit gebracht werden müßten, sei darin zu sehen, daß die Einheit im ersten Fall nicht die zuletzt genannte Einheit hervorbringe. Der Prozeß des Bewirkens der Einheit ist der vom Ansichsein zum Fürsichsein der Verstandeshandlung. Was der Autor hier zum Ausdruck bringen will, ist das Verhältnis von Bestimmtheit und Unbestimmtheit in der Ursprungsrelation von synthetischer Einheit und Mannigfaltigkeit. Da aber Bestimmtheit Unbestimmtheit nicht selbst hervorbringen kann, ist nach Kant das Urteil nötig, in dessen Struktur die Ansichbestimmtheit des Gegenstandes gewährleistet ist. Hierin sieht Stadier eine Einschränkung der formalen Urteilslogik auf die Erscheinungsgegenstände. Als problematisch erweist sich Stadiers Unterscheidung zwischen der objektiven und subjektiven Einheit des Bewußtseins der transzendentalen und empirischen Apperzeption. In seiner Unterscheidung der beiden Apperzeptionsarten spricht er diesen Einheit als deren Gemeinsamkeit zu; dabei ist die objektive Einheit kategoriale und die subjektive Einheit formallogische. Die formallogische Einheit gehört für Stadier auf die Seite des Subjektiven, Assoziativen. Stadier ist zu dieser Auffassung gelangt, weil er die formale Logik im Geltungsanspruch auf das Gebiet der Erscheinungsgegenstände eingeschränkt sieht. Die Erscheinungsgegenstände stehen in Bezug zu den Erfahrungsgegenständen im Verhältnis von Unbestimmtheit und Bestimmtheit. So kann man über den Erscheinungsgegenstand nur eine Aussage machen, wenn man ihn auf dem Weg zum Erfahrungsgegenstand begreift. Parallel dazu sieht Stadier eine Aufstufung der Geltungsbereiche von formaler zu transzendentaler Logik, was sich auch in seinem Ergebnis der transzendentalen Deduktion widerspiegelt. Denn der erste Beweisschritt bis zu S 20 habe über die subjektive Wirklichkeit und andererseits über die objektive Gültigkeit der Kategorien gehandelt. Stadier berücksichtigt nicht Kants Auffassung, nach der das Urteil und die formale Logik zu den objektiven Bedingungen der Erkenntnis und des Denkens gehö-
112
Buchbesprechungen
ren. Ohne Urteil kann sich die transzendentale Apperzeption auf kein Gegebenes beziehen. Stadier sieht in der transzendentalen Deduktion eine Zweiteilung, nach der bis zum § 20 die Konstitution der Gegenstände „aus den Kategorien heraus" gezeigt wird und ab S 21 die Einschränkung der Kategorien nur auf Erfahrungsgegenstände. Das Konstitutionsverhältnis in der Bestimmung der Anschauung durch den Verstand ist für Stadier das des Stoffknechts gegenüber dem Werkmeister — eine dem Verstand gegenüber bestehende Heteronomie der Anschauung gibt es nicht. Wegen des notwendigen Bezugs der Kategorien auf Anschauung habe die formale Logik „keine Bedeutung für die Erkenntnis, erst als transzendentale Logik hat sie Erkenntniswert." (51) Mit Liebrucks ist Stadier der Auffassung, daß bei Kant trotz der kopernikanischen Wende nicht der Mensch im Mittelpunkt steht. Stadier schließt sich auch der Meinung an, der Mensch sei im Denken unfrei durch die Herrschaft logischer Gesetze. Er führt auch aus, daß Kant die Erkenntnis auf eine mathematisch-naturwissenschaftliche Sichtweise enggeführt habe, in der die ,parasitäre' Herrschaft der Kategorien auf die Anschauung angewiesen ist. Man müsse aus dem dogmatischen Schlummer erwachen, daß das technische Denken die einzige und allmächtige Substanz sei. Stadier kommt zu dem Zwischenergebnis, daß die transzendentale Deduktion nur dialektisch, letztlich durch Hegel zu leisten sei, womit er die ,Überwindung' des formallogischen Denkens zur ,Sprachlichkeit des Denkens' meint. Nur wer den dialektischen Charakter des „ ,als Begriff existierenden Begriff (der Einheit der Apperzeption also)'" (73) sieht, kann die „Erkenntnis von der Vernichtung der Menschlichkeit" (73) retten. Der Autor sieht in der Überwindung des formallogischen Denkens auch den Übergang vom intersubjektiven zum objektiven Denken und übersieht dabei, daß Intersubjektivität, sie ist doch nur als konkrete denkbar, nur durch die objektive Einheit der Apperzeption begründbar ist. Stadier bezieht die theoretische und praktische Philosophie aufeinander, indem er nach Analogien sucht. Folgt man dem Sittengesetz nicht und handelt daher böse, so hat man ein Gewühl von Erscheinungen wie bei der Nichtbefolgung der Verstandesregeln. Der Verstand befiehlt aber mit größerem Zwang als das Sittengesetz, weshalb das Sittengesetz eher die Würde des Menschen repräsentiert als der Verstand. Der Verstand zwingt unerbittlich unter sein Gesetz, das Sittengesetz setzt die Freiheit der Nichtbefolgung voraus — fraglich wäre aber nach Kant, ob es sich bei der Nichtbefolgung überhaupt um Freiheit handelt. So wie Stadier gegen den als einseitig bezeichneten formalen Charakter der Erkenntnis polemisiert, dann die Sprachlichkeit des Verstandes und somit die Sprache als Einheit von Prinzip und Tatsache würdigt, so stellt er auch die Konkretion der praktischen Sphäre in den Vordergrund seiner Untersuchung. Es geht um die Frage der Verwirklichung von Moralität und Recht. Den Hintergrund dieses Ansatzes bildet die analoge Struktur von Kategorie und kategorischem Imperativ. Beide sind auf die Verwirklichung der erscheinenden Welt ausgelegt. Die Besonderung der transzendentalen Einheit ist die Kategorie, die Besonderung der transzendentalen Freiheit ist der kategorische Imperativ. Beide Konstitutionsmomente der Wirklichkeit heben das Allgemeine in das Besondere auf. So nennt Stadier analog zur Kategorie auch den kategorischen Imperativ einen reinen Verstandesgrundsatz a priori. Die
Buchbesprechungen
113
Einschätzung des kategorischen Imperativs als Verstandesgrundsatz unternimmt Stadier wegen des „defizienten Moments", durch das der kategorische Imperativ auf das formallogische Prinzip vom ausgeschlossenen Widerspruch zurückzuführen ist. Der normative Anspruch des kategorischen Imperativs kann daher nur durch eine transzendentale Deduktion gerechtfertigt werden. Transzendentale Deduktion ist die Rechtfertigung normativer Ansprüche der Allgemeinheit und Notwendigkeit, nicht aber die Demonstration der Verwirklichung von Kategorie oder kategorischem Imperativ in einem formallogischen Schluß, die die Aufgabe eines Schematismus wäre. Als Grundproblem der Philosophie Kants wird die mangelhafte Vermittlung von Sollen und Sein gesehen, in der Rechtsphilosophie speziell die von Rechtswirklichkeit und moralischem Prinzip. Das Vermittlungsproblem liegt nach Stadier in der Subjekt-Objekt-Spaltung, der Kant wie auch Fichte unterliegen. Erst Schelling hat durch den Einfluß Spinozas erkannt, daß die Überwindung der Spaltung mit dem Denken nicht zu erreichen sei, und Hegel endlich ist die Überwindung durch die Befreiung von formallogischen Denkfiguren vorbehalten geblieben. (141) Bezüglich des Staatsproblems, zu dem Stadier seine Vorüberlegungen anstellt, heißt dies, daß Kants Staatsbegriff nur kritische Idealität besitzt und einen formal-utopischen Charakter (145) im Hinblick auf den Übergang vom provisorischen Privatrecht zum Staat hat — es ist jedoch nur eine empirische Utopie, weil der Staat eine Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen ist. Denn bei Kant liegt dem Staat das Recht des einzelnen legitimatorisch zugrunde, während bei Hegel umgekehrt dem Einzelanspruch der Staat legitimatorisch vorausgeht, und dies nicht nur mit dem Gedanken des Zwangs. So ist die Verwirklichung des Rechts bei Hegel die Aufhebung des Einzelnen in das Allgemeine und somit von Stadier bevorzugt. (145, Anm. 753) In der Rechtslehre Kants geht es nach Stadier letztlich um die Legitimierung von Zwang, der aber sittlich gerechtfertigt wird, weil man sich das Rechthandeln zur sittlichen Pflicht machen soll. Da der äußere Zwang kein Bestimmungsgrund des Handelns ist und daher rechtliches Verhalten für Stadier a posteriorisch ist, bezeichnet er den Zwang überhaupt als ein Naturmittel (146, Anm. 758), das sowohl einen anorganischen Aspekt hat, etwa als Hindernis durch eine Mauer, wie auch den organischen Aspekt als Bestimmen eines sinnlichen Wesens. Neben der schon angesprochenen Strukturanalogie zwischen der Verstandeskategorie und dem kategorischem Imperativ stellt Stadier auch eine Strukturanalogie zwischen Recht und Moral fest; die Analogie besteht in der Gesetzmäßigkeit, und das heißt wiederum in Allgemeinheit und Notwendigkeit. Ist nun auch eine Deduktion politischer Sittlichkeit (149) möglich? Nach Kaulbach liegt sie im Erweis der praktischen Realität eines intelligiblen Begriffs (149). Als Beispiel dieser Deduktion nennt Stadier den Begriff des intelligiblen Besitzes; ebenso müsse es auch den Begriff eines intelligiblen Staates geben. In einem als intelligibel gedachten Staat wird durch die Erzwingung rechtlicher Freiheit die Verwirklichung der moralischen Freiheit ermöglicht (149). Damit kündigt sich schon an, daß die Vorüberlegungen zu einer Staatstheorie nach Kant entschieden über Kant hinausführen. In einer Stufung von vier Kurzformeln wird die Verwirklichung von Freiheit vorgeführt, wie sie Stadier bei Kant in der immer wieder zitierten mangelhaften ersten Revolution der Denkungsart sieht. Freiheit ermöglicht Sittlichkeit, Recht ermöglicht Freiheit, Staat ermöglicht Recht, und, wenn man Recht und Staat „herausstreicht",
114
Buchbesprechungen
ist das Ergebnis: Staat ermöglicht Sittlichkeit (151 f.). Aber Kant hat eben nach Stadier den Staat nur als die Möglichkeit der Verwirklichung der Sittlichkeit gedacht, und nicht wie Hegel den Begriff des Staates und die Wirklichkeit der sittlichen Idee, weshalb dann auch erst Hegel die zweite Revolution der Denkart vollzog. Die systematische Interpretation Kants liefert aber für Stadier schon Hinweise auf die Vollendung der Staatsauff assung bei Hegel. Und so deutet der Autor am Schluß der Arbeit noch einmal auf die von Hegel erkannte sprachliche Verfaßtheit des sittlich-vernünftigen Menschen hin, indem er mit Jaspers an die „existentielle Kommunikation" (153) erinnert, die ein Grundmovens des Deutschen Idealismus war. In der Schlußbemerkung erklärt der Autor, sich im heutigen philosophischen „Nest der Irrungen" (154) wieder auf die fundamentalen Fragestellungen besonnen zu haben. Dies geschah durch eine Mischung von Autoren, die, wie es heißt, bedauerlicherweise außerhalb des literarischen Mainstream liegen (154). Er wollte Ansätze dazu nachweisen, wie einzelne Dichotomien der Philosophie Kants, insbesondere Freiheit und Notwendigkeit, zur dialektischen Aufhebung gelangen, um so den Geist zu zeigen, der „die Welt im Innersten zusammenhält". (155) Alexander Riebel, Würzburg
Susan Meld Shell: The Embodiment of Reason: Kant on Spirit, Generation, and Community. Chicago and London: The University of Chicago Press 1996, vii + 483 pages. The Embodiment of Reason joins the ranks of a number of recent works — e. g., Richard Velkley's Freedom and the End of Reason (1989), Peter Fenves's A Peculiar Fate (1991), Alison Laywine's Kant's Early Metaphysics and the Origins ofthe Critical Philosophy (1993), Regina O. M. Dell'Oro's From Existence to the Ideal (1994), Susan Neiman's The Unity of Reason (1994) — which have reexamined, both from historical and systematic perspectives, the relationship between the views Kant articulated in his so-called "pre-critical" period and those he subsequently set forth in the three Critiques and other writings from the last two decades of his life. These works, while acknowledging the significant shifts and turns which warrant a demarcation of Kant's philosophical development into pre-critical and critical phases, nonetheless caution us against taking this division to be äs sharp and firm äs we might be tempted to portray it for pedagogical or polemical purposes. By identifying key continuities in the issues and interests which shaped Kant's thinking from the beginning of his career right to its very end, each of these works argues for the interpretive importance of attending to elements which link, rather than divide, the pre-critical and critical phases of Kant's philosophy. The continuity in Kant's philosophy which Shell tracks in this work is one she initially describes äs "Kant's insight into the perplexity intrinsic to our awareness of ourselves äs worldly or embodied beings, a perplexity heightened by modern notions of nature and the human subject" (p. 1). This insight, she argues, manifests itself äs early äs Kant's first published work, Thoughts on the True Estimation of Living Forces (1747), which is an effort to understand the world äs a " 'commercium,' or reciprocally interactive Community of substances" (p. 3). Within this work, Shell finds the presence of "Kant's peculiar conception of the mind—body
Buchbesprechungen
115
relationship" (p. 4). A phrase which she later uses in a discussion of "the central chasm of human knowledge, to whose articulation he will devote much of the remainder of his life — the engulfing relation between reason and the 'given'" (p. 22) — provides an initial characterization of this "peculiar conception" of the mind-body relationship: "the knowing soul — for all its longing to escape material entanglements — may be inextricably confined to and by bodily space" (ibid.). As Shell then follows the career of Kant's thinking, she finds this concern with the inextricable confinement of the human spirit to and by bodily space to be a recurrent motif sounded in almost every area of Kant's work. In fact, one of the more creative and intriguing aspects of ShelPs Interpretation is in the depth of the link she proposes for uniting the füll ränge of Kant's work in both its chronological and thematic breadth: lurking behind Kant's efforts to ground the füll ränge of distinctively human activity and inquiry, from physics to politics, is a recognition that the confines of our embodiedness quite literally press upon us the inescapability of our human finitude. She contends, moreover, that this motif of confinement by human embodiedness has its roots in Kant's life-long struggle for health within the frame of his physiologically fragile constitution: "a ehest (Brust) so narrow and flat so äs to border on concavity" (p. 266); Kant quite literally feit the pressure of his own embodiedness. Set forth in these terms, Shell's Interpretation captures in a strikingly concrete manner the abiding concern to decipher the human place in the cosmos which permeates so much of Kant's work. Yet, äs I shall note later in this review, some features of her Interpretation issue from a way of reading Kant's text that, at crucial junctures, is open to question about its methodological adequacy. According to Shell, Kant's early effort to account for the mutual influence of substances in terms of cosmological unity in his works of the 1750s (the Universal Natural History and the New Elucidation of the First Principles of Metaphysical Knowledge) "founders on the continuing tension between the individual self-subsistence of its elements and their unity" (p. 74). This tension is most notably encountered, moreover, in the "peculiarly balanced reciprocity of matter and spirit" unique to humankind (p. 75). It is against this background that Shell sees the significance of Rousseau's influence on Kant in the 1760s: "Rousseau did not so much moralize Kant äs redirect his moral concern from cosmic to human Community and its more satisfying economy of intrinsic worth or 'dignity'" (ibid.). She accordingly focuses on the Bemerkungen in den "Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen" äs a key record of Rousseau's influence and finds in these remarks significant anticipations both of Kant's mature moral philosophy and his concern with history (p. 103). The same tension between matter and spirit is found in Dreams of a Spirit-Seer which Shell terms "the essay Kant wrote while he was still struggling most explicitly with the problem of 'how the soul is present in the world,' with the position of man himself. The body is a walking root through/by which the mind opens into and gains purchase on the world" (p. 131). Shell opens her discussion of the writings of Kant's critical period with a chapter that highlights the concept of Community äs it functions in the Inaugural Dissertation^ the Critique of Pure Reason (specifically in the Analogies of Experience, the Paralogisms and the Ideal of Reason), the Grundlegung and the Metaphysics of Morals. In particular, Shell uses the concept of Community äs a way to deal with two long standing interpretive issues: first, Kant's claim to be both a transcendental
116
Buchbesprechungen
Idealist and an empirical realist; second, the construal of unity of theory and practice in Kant's account. Both issues, according to Shell, turn upon seeing them in terms of Kant's fundamental concern with "worldly possibility" — the universal connection of things äs a totality. These issues are coordinated with one another äs elements of the resolution of "the tension between individuality and universality," which Kant is now able to make practically in terms of "the idea of moral personality" rather than theoretically through "cognitive access to the noumenal" (p. 146). Shell next takes up Kant's treatment of history. In keeping with her overall interpretive Schema, she places Kant's treatment of history in the context of the unique relationship humankind bears to nature: the "discrepancy between the physical and spiritual entelechies of which Kant once complained — our inability äs natural creatures to develop all the rational capacities of which we find ourselves capable — [which] must be accepted äs the fate of a mortal animal endowed with reason" (p. 167). This provides the prelude to a two chapter discussion of the Critique of Judgment — which Shell intriguingly titles "Adventures of the Organism" — focusing on the theme of generation "whose logical and structural dominance of the work is frequently overlooked ... [and which] focuses regard on the tension in his work between assimilating mind and matter, and (more decisively) resisting such assimilation" (p. 190). Shell singles out this theme of generation because it is a "seminal expression of the problem raised by our contingency äs individuals and äs a species, and of our consequently ineluctable concern to discover how it is that we come to find ourselves in the world — to discover, that is, a sufficient ground for our own worldly existence" (ibid.). According to Shell, Kant is able to lay this problem "definitively to rest" in the Critique of Judgment inasmuch äs he shows in that text how "[t]he radical contingency of things, including one's own life, is not the sign of an inscrutable God (Who will be what He will be), nor of a chaotic, all-devouring nature, but the birthmark of a rational yet finite, or embodied being" (p. 250). It is thus through the "trope of human self-generation" (p. 258) that Kant finally resolves the perplexity of human embodiedness — including, äs Shell argues in her penultimate chapter, "Kant's Hypochondria: A Phenomenology of Spirit" — his own. This chapter offers the most extensive discussion of the connection Shell draws between Kant's preoccupation with his own state of health, which made him an "artist in the medium of his own body" (p. 265), and his philosophical preoccupation with the inextricable confinement of the human spirit to and by bodily space, from which emerges "the complexity of his understanding of human emancipation äs a rebellion against nature of which nature itself is in some sense the source" (ibid.). Shell's work is, in the best construal of that phrase, a tour de force-, it shows an erudite command of Kant's texts and wide-ranging acquaintance with the work of other scholars. Not surprisingly, however, the very scope of the Interpretation it ambitions renders it vulnerable to criticism on a number of points. I will briefly sketch the three which I find most significant. The first concerns the bearing which Shell claims that her interpretive project has for "the question of Kant's practical significance" (p. 8), i. e., for the retrieval of "a genuinely Kantian politics" (p. 9) in a contemporary context in which all liberalisms seem under siege. She is certainly correct, in my judgment, to maintain that "Kant's unparalleled effort to reconcile the competing demands of freedom and communal belonging has immediate contemporary bearing" (ibid.). She has, moreover, opened up useful fields for further
Buchbesprechungen
117
investigation, first, by tracing this effort to roots which go back äs far äs his earliest metaphysical and cosmological concerns and, second, by systematically retrieving human embodiedness äs a crucial concrete locus in Kant's articulation of this effort. Yet, when one looks back over the whole course of ShelFs argument, it remains unclear exactly what specific contribution this focus on human embodiedness makes to the defense of Kant's liberal politics against the criticisms which postmodern particularists, communitarians, neo-conservatives and others currently level against it. Given the fact that Shell makes a point of stressing the potential value which the retrieval of the theme of embodiment has for making Kant "invaluable ... äs a modern guide to decent politics" (p. 310), it is disappointing to find no fully articulated systematic treatment of this point but only occasional — and sometimes quite brief and allusive — discussions in the course of ShelPs argument. The second point on which I think ShelPs work is vulnerable to criticism is methodological. Shell's analysis is particularly attentive to the images and metaphors embedded in Kant's language — an interpretive tool which has recently been put to good use in a number of studies of Kant's texts (e. g., Onora O'Neill's "Reason and Politics in the Kantian Enterprise"). Shell's use of this method does help to locate previously unnoticed and potentially important connections among a ränge of Kantian texts; at the same time, it also seems to bear much of the weight of her arguments for the connection between Kant's struggle to overcome the confines of his physiological condition and the development of his philosophical views. To Shell's credit she is generally cautious in advancing claims about this connection — hers is far from an effort to write Kant's "psycho-biography" — but this kind of connection between biographical particularity and the content of intellectual development is one for which it is notoriously difficult to make a compelling case. At best, Shell makes this particular version of the connection intriguingly plausible. If one denies the connection, moreover, it does not seem to do serious damage to Shell's claims about the unique character of human embodiment äs a key locus for the examination of Kant's philosophical development. The third point of criticism concerns what I find to be a striking omission from the ränge of texts which Shell considers. Religion within the Limits of Reason contains a number of discussions that bear importantly upon Kant's mature understanding of matters central to Shell's work — e. g. the forces of attraction and of fragmentation in human Community, the reconciliation of the demands of freedom and communal belonging under the image of the ethical Commonwealth, the process of human moral regeneration äs (problematically) self-regeneration; yet the only reference to it is found in a endnote (n. 60, pp. 420—421). This suggests that the adequacy of this fascinating study still remains to be tested over against a key text in which Kant wrestles once again with the inescapability of our human finitude. Philip Rossi, Milwaukee Andrew Brook: Kant and the Mind. Cambridge: Cambridge University Press 1994, xii + 327 pages. In Kant and the Mind (1994), Andrew Brook advances what he takes to be a Kantian philosophy that is both normatively binding on possible mental descriptions and descriptive of the mind äs it is (and must be) in itself. In attempting to
118
Buchbesprechungen
formulate a position that is descriptive äs well äs normative, Brook denies that his Kantian philosophy of mind need consider the formal conditions for knowing. Rather, the mind is äs the seif represents it to itself, so the mind for Brook is a global representation that can be wholly understood in terms of materialism. In distancing his Position from the epistemological ground of Kant's normativity claims, however, Brook undermines the basis of Kant's approach to the Paralogisms, misconstrues Kant's philosophy of mind, and fails to justify its contemporary relevance. According to Brook, Kant's transcendental psychology enumerates the characteristics any mind must have in order for us to consider it a mind. Because apperceptive self-awareness, unity, and identity are requisite for mindedness, any philosophical picture of the mind must account for these features äs an initial test of explanatory adequacy. Kant's "top-dc wn" approach thus imposes normative constraints on any philosophy of mind that proceeds from the "bottom up": Ultimately, we would like to have a theory of the subject from the bottom up — from ensembles ^of neurons or some simple unit of behavior or a small unit of Information such äs Dawkins' 'memes' — to a subject of experience. Even if we found such a theory, however, we would still have to work the other way, too, that is, from the top down, before we could know that it was adequate; we would have to characterize the functions of a subject and the constraints that having such functions impose and work out what sort of apparatus could realize these functions within these constraints. This is the part of the project where Kant can still help, because he did precisely this sort of top-down work. He identified some of the functions, inferred some of the constraints, and studied the implications of both for various forms of awareness and self-awareness. (p. 31)
Kant subjects any empirical description of the mind to justificatory proof that cannot be grounded in empirical conditions. Instead, the conditions of mindedness are transcendental conditions for how the mind must be construed in order for experience to be possible: for example, it must be possible for the think' to accompany all my representations, and sensations must be intuited by a unitary subject. While the necessary functions of the mind are for Kant conditions for the possibility of epistemic content, however, Brook develops a Kantian philosophy of mind "stripped of the Jargon of transcendental necessity" (p. 5); the ground of Brook's justifications for characterizing the mind is given by the factual conditions we consider to be necessary in representing the mind qua being rather than qua experiencer: the conditions answering Kant's quaestio Juris become a quaestio facti for Brook (cf. p. 103). Brook's enterprise is thus largely descriptive rather than normative; the mind is the condition to which any subject would have to conform in order to be considered a minded subject, so the way the subject must represent its (mental) functions to itself is the way that it is (and must be) in itself. Brook conceives his Kantian enterprise äs a descriptive psychologism that nonetheless constrains possible accounts of the mind: By 'psychological reading', I mean a reading that takes Kant to be making claims, perhaps rather abstract claims, about the actual nature and functioning of the mind, not just about some sort of 'logically necessary conditions' that may teil us little or nothing about what actually goes on in a mind. (p. 5)
Brook recognizes that Kant takes himself to be enumerating the logical conditions for a mind capable of having experiences (p. 6), but in an attempt to make Kant relevant to contemporary philosophy of mind, he interprets Kant's doctrines to be descriptive of how we consider the mind rather than logical (necessary) constraints on what it is to be a knower.
Buchbesprechungen
119
By rendering transcendental psychology in largely descriptive terms, however, Brook abandons the epistemological basis of Kant's top-down approach and ignores what drives the normativity of the Kantian enterprise. Brook claims that "what interested [Kant] were the most general constraints on anything that could function äs a mind — a mind, a t least, that is dependent on sensible input äs we are" (p. 5), but Brook ignores what grounds the normative constraint of Kant's transcendental psychology: not just that the mind must be a certain way if it is "dependent on sensible input," but that in order for it to construe the sensible intuitions in epistemically meaningful ways, the mind must function apperceptively, with unity and identity. Because Brook's conditions for mindedness are not epistemic conditions — Brook disregards Kant's epistemology äs "merely a cultural artefact" (p. 1) — his approach has no basis for normatively constraining bottom-up philosophies of mind. Brook's conditions are not grounded in an epistemology of (synthetic a priori) constraints on experiencing; he rather insists that "we are not seeking a normative account of how [the mind] should work" (p. 5). Yet Brook formulates a philosophy of mind intended to establish conditions for which any adequate bottom-up cognitive science must account — "in some sense of 'must'" (p. 5). If these conditions are not normatively binding epistemic requirements of a mind capable of having objective experience, it is unclear what drives the 'must' of Brook's account and why his top-down approach constrains bottom-up approaches. In rejecting the framework of Kant's epistemology and describing the actual functioning of the human mind äs we consider it, Brook contends that the unity of experience necessary for mindedness corresponds to the way the seif must represent itself äs a global unity of its representations. The way the seif must ("in some sense of 'must'") consider itself äs unitary justifies considering the seif to be a "global representation." For Kant, conditions of the seif äs knower are necessary for the seif to be a human cognizer; for Brook, the transcendental psychology of the seif äs global representation is known in itself because it describes the seif äs it must consider itself1: "The global representation is not something the mind has, it is what the mind is; the mind is a representation" (p. 44). Because the way the mind must be is constrained by the way the seif must consider the mind to be, and because the way the mind is is determined by the way the mind must be, the way the mind must be considered by the seif is the way the mind is in itself. Because in knowing there must be a unity of experience and because the seif must therefore represent the mind äs global representation, the mind in itself is/must be a global representation. Although Brook considers the global representation to be the mind in itself, Kant emphasizes that the subject is not collapsible into representations. In order for 1
According to Brook Kant believed that we have awareness but not knowledge of ourselves äs the mind is in itself (p. 68). Indeed, this still commits Brook to a position that Kant would probably reject, that we are acquainted with the mind äs it is in itself despite its being beyond our conditions for knowledge: "what Kant actually meant was that we are directly aware of ourselves but in a different way, namely, via acts of transcendental (nonascriptive) designation (A 355). Saying that our awareness of ourselves is different from normal representational awareness is not the same thing äs saying that we have no direct awareness of ourselves at all" (p. 241). Apparently, the way we must consider the mind warrants our transcendentally designating the mind äs a global representation.
120
Buchbesprechungen
experience to be possible, an active seif must judge the representations under a priori conditions to be justified in being objectively unified äs (to use Brook's language) a global representation. Despite Kant's explicit remarks to the contrary in the Transcendental Deduction, Brook considers the ground of the organization of representations under the global representation to be given in the representation itself: "To be aware of the act just is to be aware of the actor; the actor being a global representation, act and actor are two aspects of the same thing" (p. 241). However, this offends against Kant's claim that no experience is possible without a subject äs a spontaneous Organizer of intuitions. Because intuitions are not given äs a manifold for a passive seif (äs global representation), the manifold must be actively snythesized by the Imagination; Brook's succession of representations cannot account for the constrained representation of succession. According to Kant, the manifold must be constrained by objective concepts "which render possible the formal unity of experience, and therewith all objective validity (truth) of empirical knowledge" (A 125).2 Unification under a global representation must occur in certain ways in order to have possible cognitive content — to be objectively valid, to be capable of truth or falsehood. The rules that provide for the objective unity of the subjective synthesis of the manifold can neither be derived from experience nor given by things in themselves; rather, the normative constraints for regularity in the manifold must have an a priori ground. To represent an object under conceptual constraints is simply to be warranted in making a claim about it, but the warrant itself cannot come from the object: one could only know the object to provide a warrant if one were warranted in making a claim about it. The object only becomes an object for the seif when the seif considers it conceptually; it has no epistemic content äs it is given to a global representation. Brook's contention that the constraints on our awareness are functions of how we must consider the mind thus disregards the epistemology that grounds the necessity of, among other things, unity and apperceptive self-awareness. In Kantian terms, there would be no way for representations to be epistemically meaningful without a subject over and above experience. Reducing the mind to a global representation yields no normative constraints on how the mind must function because it does not appeal to the conditions for the possibility of objective knowledge, and no element in the seif äs a global representation accounts for the spontaneity necessary for experience.3 Brook recognizes this objection to his position, but disregards it: The other objection is to the mind äs a global representation. 'This view is wrong in principle', it might go. 'To have the kind of unity you have been talking about, the mind would have to 2 3
Selections from the Critique of Pure Reason are from the translation by Norman Kemp Smith (New York: St. Martin's Press, 1929). Kant claims that "this representation [of the seif äs common subject of all its representations] is an act of spontaneity^ ... it cannot be regarded äs belonging to sensibility" (B 132). Brook even recognizes this äs Kant's position: "Kant's general view of representations was that a lot of activity of the mind goes into making them what they are. This activity is governed by the mind's own imperatives, not necessarily by patterns in even our intuitions, let alone in what is intuited" (p. 246). Although Brook cites the passage and notes that (for Kant) activity is a condition for representations having meaningful content for a subject, he nonetheless denies that spontaneity need be distinct and prior to representations (pp. 91-92).
Buchbesprechungen
121
be a structure that has representations, not a thing that itself merely is representations.' I do not see why. Everything we know of minds, whether our own or others, whether directly or by inference, is representational. (p. 241)
Brook construes the mind in terms of the way the seif must consider itself: because the seif must represent itself äs representational, the seif must be a representation in itself. Because Kant delineates the necessary constraints on any mind that could be an experiencer, however, the way the mind is known to the seif (or, rather, appears to itself) is not the matter of his inquiry. While Brook is concerned with "everything we know of minds," Kant is concerned with the conditions for the possibility of experience, one of which is active cognition. The 'must' of Kant's philosophical program is driven by the possibility of distinguishing objective from subjective representations. Epistemically meaningful objective experience is only possible for the subject äs representer, not äs representational state. Therefore, Brook's claim that "Kant tied synthesis, unity, and also apperceptive self-awareness (ASA) together in the idea of the subject äs a global representation" (p. 45) is simply false, describing how the seif represents the mind to itself (äs global representation) without explaining why it must. Brook's failure to substantiate his claims to normativity reveals itself in his treatment of materialism. Brook's philosophy appeals to how the seif must consider the mind; because the seif can consider the mind to be material, materialism is compatible with his philosophy. However, since Kant's constraints are necessary conditions for a mind capable of experience, any bottom-up account of the mind (including materialism) would have to account for those conditions — synthesis, unity, and apperceptive self-awareness. Because the conditions for experience include the spontaneous synthesis of intuitions, it seems doubtful whether an unrestricted materialism (i. e., one that professes to extend beyond mere appearances) can accommodate the strictures of the Kantian System. Brook claims that the doctrine of spontaneity is "not hostile to materialism" (p. 22), but Kant has a sense of active conceptualization that cannot be explained solely by the causal relations among material phenomena.4 Rather, the series äs it is given becomes a causal series by virtue of the active synthesis of representations in objectively-warranted relations. Of course, materialism is not disproven by its inability to account for the spontaneity necessitated by Kant's epistemology, but it is categorically inappropriate to reduce one to the other — i. e., to reduce mental explanations to material explanations. Since Kant's epistemology constrains what can count äs an adequate philosophy of mind, Kant leaves us, contrary to Brook's claims, with an incompatibilism of explanatory adequacy between the critical philosophy's normative restrictions and materialism, especially reductive materialism.
4
Robert Pippin describes the relationship between Kant's spontaneity and materialism in the following way: "if the formal conditions of knowledge require that the content of cognition be actively conceptualized in a way that is finally, at some stage, causally independent of the causally produced reception of that material, and of any initial causal-series processing of that Information, then a thinker cannot really be a causal System, whatever the System be made of" ("Kant on the Spontaneity of Mind," in Idealism äs Modernism: Hegelian Variations, [Cambridge: Cambridge University Press 1997], p. 31).
122
Buchbesprechungen
Since (äs Brook claims) Kant's top-down constraints are necessary in order to establish that a given philosophy of mind is "adequate" (p. 31), Kant's approach also could not be eliminated by materialism. But Brook's approach to eliminative materialism within his Kantian explication is symptomatic of the descriptive nature of his supposedly transcendental psychology. Brook says that, however improbable, it is possible that eliminative materialism could supplant his philosophy of mind (pp. 20—21); this is only possible, however, if the explanatory adequacy of a descriptive materialism could replace Brook's philosophy äs an inadequate folk psychology. Brook can give rio argument for why his theory, which has no clear sense of normative constraint, is necessary for any bottom-up approach. By contrast, Kant's philosophy of mind äs it relates to his epistemology provides the conditions for the possibility of experience. To the extent that eliminativism admits a seif that is capable of objective knowledge, eliminativism would have to accept the Kantian program äs irreducible and irreplaceable by explanation wholly in terms of matter and necessity. But by rejecting the epistemological ground of the Kantian constraint on bottom-up approaches to the mind, Brook must concede that eliminativism may supplant his position. Brook's attempt to accommodate a materialist explanation within his description of the mind (äs a global representation) betrays the descriptive nature of his enterprise: it is not binding on philosophies of mind and can be rejected under eliminativism or another competing description of how we do in fact represent the mind. In addition to betraying the descriptive character of his supposedly Kantian approach, Brook, in characterizing the mind äs a global representation, also construes materialism to be addressing the nature of the mind/brain in itself. Because one cannot infer the nature of the mind that underlies the (functional) conditions necessary for the self's representation of mindedness, Brook contends that Kant's approach is compatible with materialism, among other things. Under Kant's epistemology, however, because we have experience of intuitions organized according to a priori categories, our knowledge can only extend to nature äs "the sum of all appearances (natura materialiter spectata)" (B 163). Objects considered transcendentally are objects of claims warranted by a priori categories; objects of these claims äs objects for us therefore cannot be things in themselves, to which our conditions of knowing cannot apply and which can never (in principle) be objects of knowledge. In order to be able to claim that the mental Substrate may be material, Brook must deny that matter is only applicable to phenomena. Brook believes that we can disregard this "stränge theory of matter" (p. 22), so that Kant's philosophy (of mind) accommodates materialism. However, since matter (for Kant) is not applicable to the mind in itself, Brook's conception of materialism, like his theory of the mind äs representation, is symptomatic of his rejection of Kant's epistemology — in this case, his transcendental idealism. Given his neglect of the epistemological basis of Kant's normative constraints on mindedness, Brook's treatment of the Paralogisms is problematic. Brook contends that Kant's functionalism is most apparent in the Paralogisms, where Kant claims that the necessary restrictions on what could function äs a mind cannot determine its form. In the Second Paralogism, considering the subject to be unified in having an experience does not imply that the soul/mind itself is simple: "the requirement that the subject be single is specified functionally and implies nothing about what
Buchbesprechungen
123
beings who can function that way may be like" (p. 158). Rational psychology uses think' in two senses — to refer to apperceptive self-awareness and to the thinking being itself — even though apperception says nothing about what the mind is. Likewise, in the Third Paralogism, a unified consciousness does not imply that the mind is identical over time: the way the mind must be considered in order to have experience says nothing about how the noumenal mind is constituted, and "so far äs theoretical knowledge is concerned, we can establish nothing whatsoever about which earlier person we were or which future person we will be" (p. 187). Brook takes the section on the Paralogisms to be a cornerstone to his treatment of Kant äs a functionalist. However, because he jettisons the ground of Kant's demands for simplicity and unity — that they are necessary for experience — Brook has no reason to insist that they are indeed necessary functions. Kant's demand for functional unity and simplicity (äs opposed to unity and simplicity in itself) depends on their being necessary elements in a seif capable of meaningful representational content. Brook disregards Kant's epistemology äs "merely a cultural artefact," but if the normative ground that warrants the necessity of a unitary and simple seif is dismissed, and if the mind äs the seif must represent it to itself is äs it is in itself — i. e., global representation — then Brook's approach cannot support a functionalist reading of Kant. The findings of rational psychology are justified insofar äs we must consider the seif to be simple and therefore (under Brook's reading) the seif is simple. Indeed, if the mind in itself merely is a global representation that is known to the subject (äs representation), then the mind can be known to be simple (i. e., a singular global representation). Brook contends that Kant's description of the necessary functions of the mind (rather than its necessary structure) betrays his functionalism, that Kant's functionalism warrants "ontological neutrality" regarding what the mind is (p. 16). This is certainly true to a fuller reading of Kant, but only under the epistemological apparatus that warrants the necessity of unity and apperception. For Brook, the necessary functions of the mind in a top-down approach are the mind's functions in themselves. While any mind has to have these capacities to be a mind, Brook derives the mind's characteristics from how the mind must be represented, and he construes the unity of the mind in terms of the mind äs a global representation in itself.5 In describing the experienced properties of the mind to be conditions of mindedness, Brook tries to constrain approaches to the mind that proceed from the bottom up. But how the seif must — "in some sense of 'must'" — represent the mind to itself cannot ground the transcendental conditions of an 5
Often Brook's position on the unity of the subject is not given the metaphysical import that his construal of the mind äs a global representation is; rather, he often seems to consider unity of mind to mean that in any awareness of what I take to be my (past or present) experiences I have also to take it up äs mine: "There can be no awareness of something that is not someone's. Every representation of something represents it to someone. Every intention is intended by someone. Every action is the action of some agent. Everything meant by an utterance is meant by someone. That is why we must postulate a subject" (p. 26). However, this seems trivial and, like the consideration of mind äs a global representation, is merely descriptive psychologism. The Kantian position gains its normative force from the unity being necessary in order for experience to be possible äs objective and epistemically meaningful.
124
Buchbesprechungen
adequate philosophy of mind, and while Brook wants to describe the way the mind must function, he does not justify the normative constraint of such a consideration (of the seif äs global representation). Kant gives a truer top-down approach, with normative constraints given a priori äs the grounds of possible experience; a constraint on what can count äs a mind cannot itself be grounded (a posteriori] in an experience of the mind äs representation. For Kant, the important point is not what we must do to be a mind, but how the subject must be constituted (simple and unitary) in order for representations to have epistemic content. Identity is not metaphysical or even represented identity (äs is a global representation), but is (in Kant's words) "a merely logical qualitative unity of self-consciousness" äs a transcendental condition of experience (B 413). The normative force of Kant's philosophy of mind is driven by his epistemology, which Brook neglects but which is necessary for a Kantian philosophy of mind to have real binding force.6 Matthew C. Altman, Chicago
Joseph Kohnen (Hrsg.): Königsberg. Beiträge zu einem besonderen Kapitel der deutschen Geistesgeschichte. Frankfurt a. M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien: Lang 1994, viii + 438 Seiten. Aus Anlaß des 450. Gedächtnis Jahres der Gründung der Albertus-Universität zu Königsberg stellte Joseph Kohnen diese Aufsatzsammlung zusammen als ersten Band eines angekündigten langfristigen Projekts4, das der Kultur- und Literaturgeschichte Ostpreußens in vier Bänden gewidmet werden soll. Die Themenvielfalt — unter anderem sind Philosophie, Germanistik, Publizistik, Bildungswesen und Theologiegeschichte reichlich vertreten — spiegelt die unterschiedlichen Fachgebiete der Beitragenden wider. Die Untersuchungen lassen ahnen, wie lebendig und vielseitig das Kulturleben der Stadt zu Lebzeiten Kants war. Zwei Artikel von Kohnen und Angelo Pupi behandeln die Entwicklung des Verlags- und Zeitungswesens in Königsberg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Peter Wörster gibt Aufschlüsse über eine in Marburg archivierte Briefsammlung mit Bezügen zu Königsberg; Erich Mertens kommentiert die drei Huldigungen von 1701, 1740 und 1786 (Königsberg war Krönungsstadt der preußischen Könige); und Hamilton Beck folgt den Bemühungen um die Einpflanzung einer jGemeine' der Herrnhuter Brüder-Unität in Königsberg und Umgebung nach. Doch hier ist anzumerken, daß Beck die Materialien des Archivs der Brüder-Unität, insoweit sie die Stadt Königsberg betreffen, keineswegs vollständig ausschöpfte. Andere überaus wichtige Ereignisse der Stadt sind im Archiv belegt: Zinzendorfs Versuche, mit pietistischen Geistlichen der Stadt Königsberg zusammenzuarbeiten, seine verfehlten Bestrebungen nach Anerkennung durch die hiesige theologische Fakultät, eine Notiz über ein Treffen seiner Mitarbeiter mit Anna Regina Kant (die Mutter von Immanuel) im Jahre 1733 und die verbitterte Opposition der Königsberger gegenüber den missionarischen Tätigkeiten der Herrnhuter in der Zeit nach 1740. Mehrere Aufsätze untersuchen die schriftstellerischen Leistungen Theodor Hippeis: Seine Kritik am deutschen Universitätswesen (Kohnen) oder die Strukturen 6
I am indebted to Robert Pippin and Cynthia Coe for helpful comments on an earlier draft.
Buchbesprechungen
125
und Hintergründe seiner Komödie, Der Mann nach der Uhr (1764), worin die Einflüsse sowohl der italienischen und französischen Bühnenwelt, als auch der Ästhetik des deutschen Wolffianers, Gottscheds, mit reichen Details dargelegt werden (Pia Reimen). Leider wird hier das alte im 19. Jahrhundert beliebte Kantbild eines starren ordnungsliebenden Gewohnheitsmenschen ausgegraben und als Modell für die Figur Orbil in die 60er Jahre zurückgesetzt. Hippeis Plädoyer i. J. 1792 für die Gleichberechtigung der Frauen kurz nach der Veröffentlichung vergleichbarer Schriften in Frankreich und England wird nicht auf den Einfluß der französischen Revolution zurückgeführt, sondern als schon vor der Revolution bestehendes Ergebnis seines juristischen Systems gedeutet (Anke Lindemann-Stark). Renate Knoll schildert die vielseitigen und -schichtigen Beziehungen zwischen Königsbergern (u. a. Hamann) und Friedrich Stolberg. Das Hauptaugenmerk für Philosophen gilt den Beiträgen zu Kant. Ein inzwischen durch Internet abrufbarer Artikel Werner Starks untersucht die Frage nach den verschiedenen Wohnsitzen Kants während seiner Doziertätigkeit. Steffen Dietzsch zeigt, daß Kant häufig mit Juden an der Universität in Berührung kam und die akademische Karriere mehrerer jüdischer Studenten förderte. Problematisch ist dennoch die hier vertretene und durch veraltete Literatur unterstützte negative Auffassung der „absoluten Monarchie" zur Zeit Friedrich Wilhelms I. und seines Nachfolgers. Es darf nicht vergessen werden, daß der reformiert getaufte Soldatenkönig die Rechte der lutherischen Konfession gewissenhaft schützte, ohne diesen Glauben zu teilen. Von großem Interesse für die Entwicklung der rationalen Theologie Kants sind zwei unabhängige Artikel von Wolfgang-Dieter Baur und Robert Theis. Baur schildert die bissige Reaktion Hamanns in seiner Rezension eines Buches über die christliche Ethik, das der Theologieprofessor D. H. Arnoldt im Jahre 1764 veröffentlichte. Arnoldts theologischer Wolffianismus, wie sein älterer pietistischer Kollege, Franz Schultz, ihn vermittelte, versucht, die naturrechtliche Ethik eines gesunden Menschenverstandes mit der christlichen Sittenlehre gleichzusetzen. Die Offenbarung liefere (fast) keine zusätzlichen, übervernünftigen Gesetze, die nicht auch die Vernunft liefern könne, und diene hauptsächlich „der Bekräftigung und Ergänzung des Naturrechts", d. h. der Motivation durch „kräftige Bewegungsgründe" besonders derjenigen, denen es an „Einsicht, Überlegung und Erfahrung" fehle. Hamanns Rezension wendet sich gegen die jkompromittierende' Haltung Arnoldts und plädiert für eine strikte Entgegensetzung von Vernunft und Offenbarung. Der Glaube sei in sich unvernünftig und könne nur durch „vernünftige Begrifflichkeit" verstellt werden; die vernünftige Erläuterung der Moral führe nur zu „äußerlichen" Umstellungen eines handelnden Menschen — die Erzeugung einer neuen Gesinnung fehle ihr. Der Versuch, Schriftoffenbarung und Vernunft zu harmonisieren, lasse die neutestamentliche Trennung zwischen Gesetz und Evangelium außer acht. Theis untersucht die Behandlung der rationalen Theologie in den Vorlesungsnachschriften Kants, der Metaphysik Herder (1762—1764) und der Metaphysik Pölitz (die den einzigen längeren Kant-Text zur philosophischen Theologie aus den 70er Jahren liefert), und stellt die Entwicklung seiner Behandlung der Gottesbegriffund Gottesbeweisproblematik im Kontext der kritischen und vorkritischen Philosophie dar. Theis stellt fest, daß die frühere Metaphysik den Inhalt der zeitgleichen Druckschriften widerspiegele. Aber in der Zeit nach der Inauguraldissertation, in den Vorlesungen der Metaphysik Pölitz, lassen sich unvollständige Zeichen der
126
Buchbesprechungen
Wende aufspüren. Die sich entwickelnde kritische Philosophie, insbesondere ihre strenge Begründung der subjektiven Bedingungen der menschlichen Erkenntnis in der Form der Subjektivierung der Vernunftaussagen, beeinflusse die immer noch auf Baumgarten basierten Vorlesungen über die traditionelle rationale Theologie. Der Frage nach einem Gottesbeweis ist laut Theis nun eine neue Bedeutungsrichtung gegeben: Die vorkritische Beweiskritik wird durch erkenntnistheoretische Prinzipien vertieft. Die Forderungen der Vernunft, auch im Bereich der Theologie Erkenntnisse zu gewinnen, lassen sich nach Auffassung Kants erst dann erfüllen, wenn die Kompetenz der Vernunft festgelegt worden sei. Die Begründung eines zunächst abstrakten (ja, deistischen), später aber vollständigen Gotesbegriffs gehe auf das Bedürfnis zurück, etwas zugrundezulegen. Gott sei eine subjektiv notwendige Voraussetzung der Vernunft. Auf diese Weise komme den verschiedenen Gottesbegriffen die übergeordnete Rolle zu, da die Gottesbeweise nicht mehr als objektive Existenzaussagen gelten — diese „Transformation" der Grundaussagen der theologia naturalis in subjektive Vernunftnotwendigkeiten ist nach Theis von zentraler Bedeutung für die neue Auffassung Kants. Dazu weist Theis auf, daß die Metaphysik Pölitz nicht mehr als „eine Zwischenetappe in Kants Entwicklungsgang" darstellt, weil Kant in seiner Analogielehre nicht konsequent seinen Prinzipien treu bleibt. Er rekurriert auf die traditionelle Theorie der Gotteserkenntnis durch Attribution, d. h. die Betonung der Ähnlichkeit Gottes mit dem Menschen, die er künftig als anthropomorphisch abstempeln wird. Dieser Sammelband bietet den künftigen Forschungen, die die Deutung der Hintergründe und Absichten und darüber hinaus die intellektuelle Biographie Kants erläutern können, wertvolle P'orschungsergebnisse. Vor allem Theis und Baur zeigen, daß die beharrende Sympathie für den christlichen Glauben in der Behandlung der Religion in der Transzendentalphilosophie sich am besten im Kontext der Gespräche und Argumente seiner Kollegen und Mitstreiter, wie Hamann und Arnoldt, und durch die Nachzeichnung von Kants Entwicklungsgang darstellen läßt. James Jakob Fehr, Mainz Emanuela Scribano: Uesisteriza di Dio. Storia della prova ontologica da Descartes a Kant. Roma/Bari: Laterza 1994, 262 Seiten. Die Vf. lehrt Religionsphilosophie an der Universität Venedig, und diese Arbeit entstand als Umarbeitung der Materialien für eine Vorlesung aus dem Jahr 1991—92. Zum eigentlichen Gegenstand ihrer Untersuchung macht die Vf. die Geschichte des apriorischen Gottesbeweises von Descartes bis Kant. Das alte ontologische Argument von Anselm wurde von Descartes modifiziert und wieder ins Gespräch gebracht. Kants Kritik des ontologischen Arguments gründet sich auf der cartesischen Umgestaltung des apriorischen Gottesbeweises. Kants ontologisches Argument entspricht dem cartesischen apriorischen Beweis. Aber Thomas von Aquin wollte in dem anseimischen Argument weder einen Beweis noch ein apriorisches Argument erkennen. Die Vf. macht auf die radikale Zäsur zwischen Thomas und Descartes bei der Interpretation des anseimischen Arguments aufmerksam. Kants ontologisches Argument entstammt in seiner Lebendigkeit und Angriffsbereitschaft den cartesischen Meditationen. Descartes' Erneuerung besteht darin, in
Buchbesprechungen
127
der III. Meditation den thomistischen »zweiten Weg4, den Kausalbeweis, also ein aposteriorisches Argument uniformuliert zu haben (S. 62ff.). Nach Descartes müssen das kosmologische und das ontologische Argument zusammen berücksichtigt werden. Descartes ist davon überzeugt, daß die spätscholastische Theologie beim Gottesbeweis gescheitert sei. Das alte kosmologische Argument hat deswegen an Glaubwürdigkeit verloren, weil es zum einen als ein echter Beweis auftrat und zum zweiten das Ziel einer vollen Intelligibilität des Gottesbegriffs beanspruchte. Descartes unterstreicht, daß der thomistische Beweis das Unendliche nicht erreichen kann, da er vom Endlichen ausgeht. Will man Gott anstelle des ersten Prinzips der Naturphilosophie beweisen, so muß man den kosmologischen Beweis unter der Logik des von Descartes erneuerten apriorischen Beweises in der V. Meditation stellen. Zwischen beiden Beweisen — meint die Vf. — besteht keine Opposition, sondern Komplementarität und wechselseitige Unterstützung. Kant steht das Verdienst zu, die Logik dieser Verknüpfung des ontologischen mit dem kosmologischen Argument angemessen erkannt zu haben. Kant hat „einen philosophischen Roman inszeniert, einen Roman, der sich von der vierten Antinomie bis hin zur Kritik des kosmologischen Beweises erstreckt und die Vernunft mit ihren unmöglichen Erwartungen zur Hauptdarstellerin hat." (S. VI). Descartes hatte in der Tat die Vernunft vor eine dramatische Alternative gestellt: entweder beweist man das Dasein Gottes, oder man muß auf Gott verzichten. Dadurch, daß das Wesen Gottes der Grund seines Daseins wird, bewirkt Descartes eine Wiederaufnahme des Platonismus. Jeder Autor, der den apriorischen Beweis akzeptiert, verpflichtet sich auf einer bestimmten Form der platonischen Wesenslehre. Dies ist nicht nur bei Descartes der Fall, sondern auch bei Spinoza und Leibniz. Es würde lohnenswert — beteuert die Vf. — sein, die Geschichte des neuzeitlichen Platonismus im Hinblick auf die Erfolgsgeschichte des apriorischen Arguments neu zu verfolgen, weil sich dieses Argument nur innerhalb platonischer Kategorien vertreten läßt (S. VIII). Denn man widerlegt die »logische* Kritik Thomas' durch einen Verweis auf die angeborene Gottesidee und auf die »Realität' der Wesenheiten. Die ganze nachcartesische Kultur — meint die Vf. —, von Stillingfleet bis Clarke, von Leibniz bis Wolff, beruft sich auf den nicht willkürlichen Charakter der Definition Gottes (S. 251). In ihren sehr akkuraten quellen-, entwicklungs- und traditionsgeschichtlichen Ausführungen geht die Vf. auf Anselm und Thomas (Kap. I), auf Descartes (Kap. II-IH), auf Leibniz (Kap. IV), auf Spinoza, Newton, Clarke und Hume (Kap. V) und schließlich auf Kant (Kap. VI) ein. Von Kant analysiert die Vf. alle einschlägigen Stellen aus den gedruckten Werken. Man hätte sich mehr Hinweise auf die Texte aus dem Nachlaß gewünscht (vgl. die einzige Erwähnung S. 221). Die Literatur — man denke nicht nur an die inzwischen klassische Studie Henrichs zum ontologischen Gottesbeweis, sondern auch an die Beiträge von Casula, Sala, Gramer, Schmucker, Baumann sowie von Hintikka, Strawson und Remnant — wird ausführlich und an vielen Stellen erfrischend kritisch kommentiert. Es ist leider nicht möglich, bei dieser Gelegenheit auf alle Streitpunkte einzugehen. Man beschränkt sich auf eine einzige Fragestellung. Gegen die These von Mario Casula (vgl. Studi kantiani sul trascendente, Milano 1963), daß Kants kosmologischer Beweis nur aufgrund der Forderungen der Vernunft und ohne jede Verwertung der aposteriorischen Argumente aus dem Gedankengut der Schola-
128
Buchbesprechungen
stik und der leibnizianischen Theologie konstruiert wird (so daß die Kantische Kritik im Endeffekt erfolglos gegen die hergebrachte Rationaltheologie bleibt), wendet die Vf. ein, Kant habe den Weg der reinen Vernunft gerade ausgehend von den tatsächlichen Entwicklungen der historischen Rationaltheologie entworfen, wie man sie in den Darlegungen dieser Untersuchung nachvollziehen kann (S. 211). Riccardo Pozzo, Washington
Silvestro Marcucci: Kant in Europa. Lucca: Maria Pacini Fazzi Editore 1986, 155 Seiten. Der vorliegende Sammelband enthält sechs Kapitel und drei Anhänge, die aus bereits teils gedruckten, teils unveröffentlichten Beiträgen vom Vf. aus den Jahren 1961 — 1986 stammen und der Wirkungsgeschichte des Kantischen Denkens im Europa des 19. Jahrhunderts gewidmet wurden. Grundsätzlich aber beschränkt sich das Spektrum der Untersuchung auf England und auf Frankreich, mit besonderer Rücksicht auf das Werk von Samuel Taylor Coleridge, das aufgrund der eigentümlichen Mischung von Kantismus und Platonismus betrachtet wird (S. 13—40), von Henry L. Mansel, wegen der religionsphilosophischen Themen (S. 41—58), von William Whewell, wegen Fragen der Klassifikation in der Chemie und der Geologie (S. 59—83; 85—99) und von Emile Meyerson im Hinblick auf seine wissenschaftstheoretischen Stellungnahmen in den Debatten um die Jahrhundertwende (S. 101 — 115). Den Band schließen zwei Anhänge zur Philosophie Whewells mit bezug auf die Alternative zwischen Kantismus und Platonismus sowie auf die Methodenlehre und ein dritter Anhang über die Aktualität der Meyersonschen Wissenschaftstheorie ab (S. 119—141). Coleridge und Whewell wirkten in Cambridge, Mansel in Oxford, Meyerson in Paris. Coleridges Interesse für den Königsberger Philosophen geht auf das Jahr 1801 zurück und befaßt sich vorwiegend mit der transzendentalen Ästhetik (S. 16, 18). Mansel versuchte 1858 mit Erfolg, Kant in Oxford einzuführen, und zwar in Anlehnung an die Interpretation des Schotten Sir William Hamilton (S. 43). Whewell beschäftigte sich mit Kants Naturlehre bereits als Amtsinhaber einer Professur für Mineralogie (1828—1832). Der Vf. rekonstruiert die Hintergründe eines Briefwechsels Whewells mit Faraday aus dem Jahr 1834 zur chemischen Methodenlehre sowie die Hintergründe eines weiteren Briefwechsels Whewells mit dem Geologen Charles Lyell aus dem Jahr 1831. Die Philosophie des ,Bedingten' (aus dem Jahr 1908) von Meyerson wird vom Vf. wegen ihrer Kantischen Einflüsse untersucht. Es handelt sich dabei um sehr detaillierte Darlegungen, die das Vorhandensein einer steten Bezugnahme auf die Philosophie Kants bei der Entstehung der modernen Auffassungen zu Empirismus, Positivismus und Konventionalismus eindrucksvoll dokumentieren. Riccardo Pozzo, Washington