KELLER, DIE ENTSTEHUNG DES OGOM.
Aus dem Bapstschen gesangbuch Aus der vorrede zur Sammlung der begräbnislieder Frau Mu...
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KELLER, DIE ENTSTEHUNG DES OGOM.
Aus dem Bapstschen gesangbuch Aus der vorrede zur Sammlung der begräbnislieder Frau Musica Verse für das bild Friedrichs des weisen Hausberechnung Vom Weihwasser Abbildung des papsttums
HALLE.
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seite 113 113 f. 114 114 f. 115 115 115
GEORG BAESECKE.
DIE ENTSTEHUNG DES OGOM. Die discussion über die altirische schrift ist neuerdings wieder in fluß gekommen, nachdem H. A r n t z , Runenkunde (1935), s. 277ff.; Beitr. 59 (1935), s. 321ff. die ableitung des ogom aus den runen mit neuen und verblüffenden gründen zu stützen versucht hat. Nicht die gewöhnlichen runen zeigen die auffallende Übereinstimmung mit dem ogom, obwol auch bei ihnen die einteilung in 4geschlechter' (altir. aicme : altnord. ättir), d. h. gruppen zu 8 (og. 5) zeichen, die benennung der zeichen durch volle begriffswörter, deren anlaut der bedeutung des buchstaben entsprach, endlich das vorkommen eines Zeichens für y in beiden Schriften, eine erklärung fordert — wol aber die geheimrunen der hagaloder zweigrunen, die eine enge verwantschaft mit der altirischen schrift im p r i n c i p zeigen. [n dieser runenform, die allerdings erst spät (9. jh.) und nicht häufig bezeugt ist, werden die buchstaben nicht richtig geschrieben, sondern durch ihre Stellung im alphabet (fufrark) bezeichnet. Um die bedeutung der zeichen festzustellen, muß man die zahl des 'geschlechts' und die stelle des Zeichens innerhalb dieser gruppe auszählen. Man schreibt die geheimbuchstaben so, daß links von einem verticalstrich horizontale (oder schräge) striche in der zahl des geschlechts, rechts davon solche in der zahl der stelle innerhalb des geschlechts angebracht werden. In der Alcuin-hs. von St. Gallen 270 aus dem 9. jh. wird das beschrieben: 'Hahal-
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runa dicuntur ista quae in sinistra parte quotus versus ostendunt, et in dextera quota littera ipsius versus sit.' Das beigefügte beispiel, leider nur ein lateinisches wort, ist für uns der älteste beleg dieser geheimschrift:
11FTT c o r v i
Der mächtige runenstein von Rök in Östergötland wird von 0. v. Friesen im Reallexikon f. germ. alt. 4, 32 in die 2. hälfte des 9. jh.s, von Wimmer, Die runenschrift s. 234, allerdings in die mitte des 10. jh.s gestellt, während die umfangreichsten dieser Inschriften in zweigrunen in der großen grabkammer von Maeshowe auf Mainland (Orkneys) von beiden übereinstimmend als 1100—1150 datiert werden (Wimmer s. 240, v. Friesen s. 45). Das princip der hagalrunen ist also das folgende (die drei geschlechter sind mit römischen, die einzelstellen mit arabischen Ziffern bezeichnet): 1 2 3 4 5 6 7 8
I f u
ta
r k g W
II h n i
i
e P z S
III
t
b e m 1 i) d o
Aus dem St. Galler beispiel sehen wir, daß u l 2, r I 6, c (k) 16, i II 3 und o III 8 stehen muß. Es ist also nicht wie in Rök und Maeshowe das kürzere nordische fu{>ark von 16 zeichen zugrunde gelegt. Ebensowenig ist wie dort zur weiteren erschwerung reihe I und III vertauscht. Sievers, Pauls grundriß l, 249, schloß aus dem umstand, daß o die bezeichnung III 8 führt, also am schluß des alphabets an 24. stelle steht, daß hier ein angelsächsisches fu{>ark benutzt sei, wie sich ja auch die stelle in der St. Galler handschrift im anschluß an das angelsächsische runenalphabet finde. Freilich hat auch unser ältestes, gotisches fu{>ark auf dem stein von Kylver (Gotland) von ca. 400 das o an letzter
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(24.) stelle, während der schwedische bracteat von Vadstena (ca. 600) es an vorletzter (23.) ansetzt. Dieser hat andererseits die einteilung in die drei geschlechter zu 8 zeichen durchgeführt, die auf dem Kylverer gräbst ein fehlt. All dies deutet aber darauf hin, daß die im 9. jh. überlieferte geheimrunenschrift auf ein hohes alter und wol auch auf eine Verbreitung bei Ost-, Nord- und Westgermanen zurückblicken kann. Der einteilung der 24 runen in diese drei geschlechter zu 8 zeichen entspricht nun die der 20 ogom-buchstaben, 15 consonanten und 5 vocale, in vier reihen, die hier denselben namen aicme wie altnord. cett, 'geschlecht', führen. Genau wie bei den hagalrunen werden innerhalb der drei consonantischen reihen die lautzeichen durch die anzahl horizontaler striche, die senkrecht (oder schief) zur verticale (strich oder kante)»sitzen, unterschieden. Während aber bei den runen die striche nach links die reihe, das geschlecht, bezeichnen, so daß die rechte seite für die stelle des lautes innerhalb der reihe übrigbleibt (z. b. ^, d. h. 5. rune der II. reihe, also Z; oder -t, d. h. I 2 oder u), wird im ogom das geschlecht durch die richtung der querstriche selbst bezeichnet: I nach links, II nach rechts, III quer nach rechts und links (z. b. =J I 2 oder Z; ||j III 6 oder r; fe II 4 oder c). Die vocalreihe steht abseits und wird durch punkte ausgedrückt. Daß 'das princip der striche und Strichgruppen' im ogom k von grund aus verschieden ist', wie T h u r n e y s e n in seiner außerordentlich dankenswerten und überzeugenden erwiderung auf Arntz meint, möchte ich nicht zugeben. Es ist genau dasselbe, etwas schulmeisterliche abzählen nach reihe und lautstelle in beiden alphabeten. An eine Unabhängigkeit der beiden schriftformen voneinander vermag ich wegen dieser principiellen Übereinstimmung nicht zu glauben. Wenn aber der Zusammenhang zwischen ogom und geheimrunen unzweifelhaft erscheint — welches ist dann der gebende, welches der empfangende teil? Unzweifelhaft sind die ogom-inschrif ten viel älter als die der hagalrunen: das ogom dürfte um 450 zu belegen sein, die hagalrunen um 800, etwas früher im St. Galler Alcuin-codex als auf dem Röker stein.
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Der Ursprung des ogom wird von T h u r n e y s e n , Beitr.61, 197, auf das kerbholz zurückgeführt, das uralte mittel, zahlen durch eingekerbte schnitte festzuhalten, wie wir es an alten türpfosten als solidere Vorstufe des ankreidens finden. Bei dieser herleitung der form des ogom aus dem kerbholz, also aus Zahlzeichen, könnte man an den englischen ausdruck score 'kerbe', für 20, denken. Die Wörterbücher (Clark Hall, Anglo-Saxon dict., wol nach Skeat, Et. dict. und Mayhew, Middle-Eng. dict. ?) notieren ein (spätaltengl.) scor, auch scoru. Das erstere ist dem an. slcor 'kerbe, zahl 20', entnommen. Ich möchte dazu auch mhd. schar (m. n.)< ahd. scaro 'pflugschar', eigentlich 'das in den pflüg gesteckte kerbmesser', stellen, das auch Kluge, Et. wb., zu scheren, ahd. sceren 'einschneiden, die haare schneiden', stellt, aber auch mhd. schar (f.) 'truppe aus 4 oder mehr mann, heerhaufen', das er ausdrücklich ausscheidet mit der begründung 'die bedeutung fügt sich nicht zu schereri. Die bedeutungsentwicklung ist indessen dieselbe wie bei score1). Daß score zu der bedeutung 20 durch die vigesimalzählung nach fingern und zehen, einer primitiven zählung, die das barfußgehen voraussetzt, gekommen ist, ist zweifellos. Auch das französische quatre-vingt-treize setzt diese zählung voraus. Es muß also kerbhölzer mit der vigesimalzählung gegeben haben, die auf gallischem und inselkeltischem boden, sowie — vielleicht daher entlehnt — bei Skandinaviern heimisch waren (vgl. S c h r a d e r , Indogerm. reallexikon s. 968). Eine kerbe, score, muß 20 bedeutet haben, andere kerben selbstverständlich je 1. Wenn sie zu beiden Seiten eines längsstrichs oder einer kante angebracht wurden, hätten wir schon das princip der zweigrunen und in zweiter linie des ogom, indem eine zahl four score thirteen = quairevingt-treize etwa durch 4 kerben links und 13 rechts bezeichnet würde: links das 'geschlecht' und rechts die einzelstelle. In der literarischen Überlieferung Irlands kommen ogomstäbe als botenstäbe vor in derselben function wie die l
) Vgl. auch scores of people für eine unbeschränkte zahl.
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mnenstäbe der Germanen1), und Thurneysen scheint geneigt anzunehmen, daß hier, nicht in den Steininschriften, die erste Verwendung der kerbstriche als lautzeichen zu suchen sei. Auch hier trifft die entstehung der runen, deren technik deutlich auf den Ursprung im holzschnitt hinweist, obwol uns fast kein beispiel in diesem vergänglichen material erhalten ist, scheinbar mit der des ogom zusammen. Und doch gibt ein kleiner umstand zu denken. Thurneysen citiert a. a. o. als beispiel die nachricht, daß in Baue in Scäil die namen der sämtlichen künftigen irischen könige auf vier riesige achtkantige eibenstäbe geschrieben waren. Das phantastische mag hier nicht nur in der riesigen länge der stäbe, sondern auch in der zahl der kanten liegen. Das ogom setzt eine kante voraus, an der sich die Querstriche herauf oder herunter ranken. Schon ein vierkantiger stab ist aber — für einen stab — nicht das gewöhnliche, viel weniger ein mehrkantiger. Dagegen kommen die großen kanten in der unorganischen natur vor und ganz besonders bei den auf den schottisch-irischen inseln so häufigen basaltsäulen. Diese durch Schrumpfung entstandenen natürlichen pfosten sind mit vier bis acht — meistens mit sechs — scharfen kanten ausgestattet, wie geschaffen, um daran die kerben anzubringen. Hier, eher als am künstlichen kantigen holzstab, möchte ich den Ursprung des ogom suchen. Kanten finden sich überhaupt zunächst am stein (auch am behauenen), nicht am holz. Es war dann doch zunächst eine monumentalschrift, nicht eine geschäftsschrift, wenn auch die äußerst primitive form mehr auf diese hinzudeuten scheint als auf jeiiü. Die monumente der Iren sind ja aus der primitiven technik vielfach nicht herausgekommen. Auch sonst ist das ogom nur scheinbar so ursprünglich, wie man bisher allgemein glaubte. Ich habe im Beiblatt zur Anglia 47, 33 in einer besprechung der arbeit von Arntz gezeigt, daß das princip des ogom mit der einteilung in vier geschlechter aufs engste verknüpft ist, daß aber diese erstaunlicherweise auf p h o n e t i s c h e n b e o b a c h t u n g e n bel ) Vgl. Paul H e r r m a n n , Die heldensagen des Saxo grammaticus 2 (1922), 262, wo beispiele aus der nordischen sage citiert sind.
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ruht, wie wir sie dem Iren, der die schrift erfand, nicht zutrauen können. Schon das absondern der vocale von den consonanten setzt phonetisches denken voraus. Es geht nicht wie im semitischen auf ein lebendig geübtes ablautsystem zurück, bei dem man den vocal als etwas secundäres empfindet, sondern unzweifelhaft auf die tradition der griechisch-römischen grammatiker. Wenn wir dieser fährte folgen und etwa die allgemein gebrauchte Schulgrammatik, die Ars minor des D o n a t u s , des im 4. jh. zu Rom wirkenden lehrers des Hieronymus, nachschlagen — bei Keil, Grammatici latini 4, 367 — kommen wir zu viel erstaunlicheren entdeckungen. Der erfinder des ogom hat seine reihen nach der lateinischen schulgrammatik gebaut1). Die lateinischen consonanten werden durch ihre benennungen, wie Donatus hervorhebt, wie aber m. w. in neuerer zeit nirgends beachtet worden ist, in zwei phonetische gruppen eingeteilt, in 9 mutae, deren bezeichnung auf einen vocal endet, und 7 semivocales, bei deren namen der vocal (e) im anlaut steht : mutae b cd g hkpqt semivocales flmnrs (dazu das griechische z) vocales aeiou (dazu das griechische y). Das ogom übernimmt die vocale ganz, ordnet sie allerdings anscheinend phonetisch: aouei. Nach ihnen, nicht nach den fünf fingern der band, worauf die vier fünferreihen scheinbar hindeuten, richtet sich die einteilung der anderen zeichen in der fünfzahl, obwol das so erreichte zusammentreffen mit der keltischen systemzahl 20 auch wol verstärkend — vielleicht auf die Zauberkraft — wirken konnte. Die mittelreihe der consonanten wird von fünf mutae gebildet — hdtcq —, die erste und dritte reihe von den semivocales. Dabei bleiben zwei mutae übrig, die in diesen beiden außenreihen untergebracht werden müssen, so daß sie jetzt so aussehen: Iblfsn, Illmgyzr. Das läßt sich im einzelnen nun begründen durch die Übertragung der zweigrunen. Arntz hat herausgefunden, J
) Daß Rudolf Thurneysen, Beitr. 61 (1937), 203, seine vollständige Übereinstimmung mit meiner ansieht ausspricht, ist mir eine besondere genugtuung.
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daß man zu der strichzahl der ogomzeichen, die ja nur die stelle innerhalb der reihe ausdrückt, kommt, wenn man die reihenzahl der hagalrune (römisch, d. h. links vom längsbalken) von der stellenzahl (arabisch, d. h. rechts) subtrahiert, oder umgekehrt. Arntz hat sich aber mehrere male verrechnet, so daß seine resultate nicht stimmen. Er hat t < p I 3 als 3 statt 2 angesetzt, und d III 8 statt (wie es die St. Galler hs. verlangt) 7 = 4 überhaupt ausgeschieden; er hat aber auch s II 8 als 5 errechnet, statt des freilich für das ogomsystem unbrauchbaren 6. Das ogom mit 15 consonantenzeichen hat drei reihen zu 5 stellen, kann also höhere zahlen als 5 nicht unterbringen. Bei kleineren zahlen, wo die subtraction 0 oder weniger ergeben würde, hilft man sich mit addition. Hohe stellenzahlen, die wie bei s mehr als 5 ergeben würden — die höchste reihenzahl, die subtrahiert werden kann, ist ja 3 —, werden statt dessen um 5 gekürzt. So ergibt sich folgendes resultat: hag. h II l = og. l b III2 l m III4 = l
hag. g I 7 = og. 2 (7-5) t III l = 2 l III5 = 2
hag. w I 8 = og. 3 (8—5) s 118^ 3(8-5) III6 = 3
hag. r I 5 = og. 4 n 112= 4 ( 2 + 2) p II6 = 4 d III 7 4
hag.
k I 6 = og. 5 z II 7 == 5
Das / war ein dem altirischen ursprünglich fremder laut, der sich erst gegen 600 aus w entwickelt hat1); deshalb müssen wir von run. w, nicht von/, ausgehen, um den später im ogom durch / transscribierten laut zu bekommen. Für p trat lat. q ein, weil das irische p nicht kannte. Der Ogommeister', der vielleicht auf britischem gebiet einen anfangsunterricht in der lateinischen grammatik genossen und wenigstens das erste capitel seines Donatus behalten hat, muß irgendwo die eigentümlich zählende geheimschrift der Germanen, die hagalrune, kennen gelernt haben. Vgl. Thurneysen a. a. o. s. 203f.
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Das führt ihn auf die idee, eine ähnliche schrift, vielleicht auch zunächst zu geheimen zwecken, für seine irische muttersprache zu construieren. Auch er ordnet die laute oder buchstaben nach dem muster der hagalrune in geschlechter. Seine lateinische schulgrammatik hat das schon angedeutet, hat die 5 vocale herausgehoben und die consonanten in zwei gruppen mutae und semivocales eingeteilt. Den 6 vocalen entsprechend, braucht er drei reihen für die consonanten. Um dieselben geheimen zwecke wie die hagalrunen zu erreichen, muß er aus diesen durch berechnung gleichartige zeichen gewinnen, die sich ebenso leicht, vielleicht noch leichter, schreiben lassen. So zählt er aus und bekommt fünf verschiedene zeichen zu l, 2, 3, 4, 5 strichen, von jedem zeichen aber drei (vier oder zwei) buchstabenbedeutungen. Mit l strich (querstrich) h, 6, m; „ 2 strichen g, t, l; „ 3 ,, w. 89 ij;
mit 4 strichen r, p, n, d; „ 5 ,, k, z.
Die 15 consonanten hat der ogommeister aus den 17 des Donatus übernommen.Von den acht semivocales flmnrs xz blieb weg als 'teilbarer' laut, dafür setzte er das im germanischen durch die rune Ing ausgedrückte y ein. Von den neun mutae bcdg h k p qt fiel c als dublette von k. An die stelle von p trat ?, obwol dafür kaum ein bedürfnis vorhanden war. Vielleicht spiegelt sich hier doch eine entwicklung auf britischem boden. Aber der erfinder mußte ja 15 zeichen übernehmen. Mehr konnte er nicht brauchen, aber auch nicht weniger. Dazu kamen die 5 vocale a ei o u. So wie im lateinischen schließlich noch eine diphthongreihe an die einzelbuchstaben angehängt war, die eigentlich nichts damit zu schaffen hatte, so auch im ogom, wo natürlich statt der 4 lateinischen 5 irische diphthonge unter dem zwang des fünferschemas eingesetzt wurden. Sie ist deutlich secundär und braucht hier nicht berücksichtigt zu werden. Aber auch die vocale können wir als selbständig entwickelt weglassen: sie haben nichts mit den runenzeichen zu tun. Daß die vocale mit a, wie im lateinischen, beginnen, verschafft auch dem b .seinen platz als erster consonant.
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Nach dem lateinischen Verhältnis von 9 mutae zu 8 semivocales kann die Verteilung auf 3 fünferreihen nicht restlos aufgehen. Der ogommeister beginnt die mutae in die mittelreihe einzusetzen, es bleiben ihm aber zwei übrig, die in die 1. und 3. reihe eingeschoben werden müssen: Mittelreihe cdhqt, 1. reihe b + /, Z, n, s und 3. reihe g + m, r, x, z. Statt / setzt er, wie gesagt, w, statt y ein. Nun unterscheidet er die drei reihen durch die Stellung der querstriche. Während die hagalrune die reihenzahl links anschrieb und so nur die rechte seite für die querstriche, die den platz in der reihe anzeigen mußten, freihatte, stehen dem ogommeister beide Seiten zur Verfügung. Er bezeichnet reihe I durch linke, reihe II durch rechte, reihe III durch querdurchgeführte striche. Nun setzt er die aus den runen errechneten zeichen ein. Aus den Umrechnungen der hagalrunen hat sich das folgende Zeilenschema der consonanten ergeben, wenn wir die zahl der querstriche mit arabischen Ziffern bezeichnen und die runenordnung noch beibehalten. 1 [- h b m 2
|=
g t
l
3
t
ws
ij
4
E
n r
q d
5
fe
k(c)
z
Das muß nun nach Donatus so umgestellt werden, daß in der mittelreihe (mit römischer Ziffer bezeichnet) nur mutae stehen. Die zwei ersten zeilen haben je zwei mutae. Das 6, das durch sein runenzeichen schon in der 1. zeile stand, tritt jetzt an seinen durch das lateinische alphabet angewiesenen platz in der I. reihe als erster consonant. Für das in der 2. zeile stehende g ist bei gleichmäßiger Verteilung also nur reihe III verfügbar: es muß also mit / seinen platz tauschen. Zeile 3 hat gar keine mutae: das in zeile 4 überzählige d rückt deshalb in zeile 3, natürlich reihe II, und das s aus zeile 3, das ihm weichen muß, kommt an den leeren platz von zeile 5. Die beiden mutae von 4 und 5 (g, c) behalten ihren platz, Beiträge zur geechichte der deutschen spräche. 62.
9
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KBLLEB
natürlich in reihe II, weil sie in ihren zeilen ja die einzigen mutae sind. So bekommt das ogom vorläufig sein aussehen. Ich stelle daneben gleich die endgültige form. I l b 21 3w 4 n 5s
II h t d q c
III m g
r z
I II l b h 21 d 3w(f)t 4 s c 5 n q
III m g
z r
Die mittelreihe II hatte nur mutae, die beiden überzähligen waren auf I und III verteilt. Später tauschten dann die beiden engverwanten laute t und d ihren platz, so daß die lateinische Ordnung hergestellt wurde. Kann man in dem letzteren umstand vielleicht noch eine erklärung finden, so erscheint es doch völlig rätselhaft, warum schließlich die beiden schlußzeilen 4 und 5 miteinander ausgewechselt werden. So wie das Schema vorher war, stimmte es doch mit dem lateinischen alphabet wunderbar überein, indem zufällig das z an die letzte stelle gekommen war, wie das 6 an die erste, auch die folge nqrs stimmte zum lateinischen. Vielleicht findet ein anderer die lösung dieses rätsels. Aber es ist das einzige, das übriggeblieben ist. Ich brauche zu meiner erklärung keine der von Arntz angenommenen lautsubstitutionen: og. d durch hag. Z; og. t durch hag. p, auch nicht og. g durch hag. j. Und es sind alle von mir früher, Änglia beiblatt 47, 33, noch als 'willkürlich eingesetzt' unerklärt gelassenen buchstaben/^ wns jetzt erklärt. Ich hoffe, damit auch Thurneysens einwände weggeräumt zu haben, der eben an der vermeintlichen Willkür anstoß genommen zu haben scheint (a. a. o. s. 205). Wie haben wir uns also die entstehung des ogom vorzustellen? Wir müssen in die zeit uin 400 zurückgehen, wo sich in Irland und Britannien, wol auch an der nordküste Galliens, cultur und barbarei, Christentum und heidentum, irisches und britisches, romanisches und sächsisches volkstum in merkwürdiger mischung durchflochten1). Es ist die *) Vgl. R. H. Hodgkin: History of the Anglo-Saxons l, s. 62ff.
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zeit, wo Britanniens romanische cultur unter den angriffen der Sachsen, Pikten und Iren zusammenzubrechen droht, dieselbe zeit, als Patricius bei einem gewaltigen irischen einfall mit tausenden von Briten als sclaven nach Irland entführt wird. Damals mag ein Ire, der in der Jugend vielleicht in Britannien eine schule besucht und da den Donatus gelernt und wenigstens das anfangscapitel sich fest eingeprägt hatte, mit runenkundigen Sachsen zusammengekommen sein. Vielleicht hat ihm ein sächsischer priester irgendwo am Ärmelkanal, auf britischem oder gallischem boden, die kenntnis der zweigrunen vermittelt. Das geheimnisvolle dieser schrift, bei der die zahl das maßgebende war, zog den Iren an; vielleicht auch die einfachheit der form, die keinerlei kunst des ritzers oder Steinhauers voraussetzte. Handelsschiffe verkehrten damals zwischen Irland und der nordgallischen küste, wie jenes schiff, mit dem Patricius aus Irland floh, das irische hunde in die galloromanische culturwelt brachte1). Es scheint überhaupt trotz der unruhigen zeiten ein nicht unbeträchtlicher verkehr auf dem Ärmelkanal und der irischen see geherrscht zu haben. Der Ire, der beim umrechnen der zweigrunen auf einfachere formen immer das lautsystem der lateinischen schulgrammatik vor äugen hatte, nahm die kante des basaltpfeilers oder des behauenen Steins bez. holzbalkens statt des hochstrichs der runen in sein System auf, so daß er nur Querstriche brauchte, und beschränkte im anschluß an Donatus die zahl auf 5 statt der 8 striche der Germanen. Er drückte die reihenzahl, viel einfacher als diese, durch die dreifache Stellung der Querstriche, rechts, links oder quer, aus. Die vocale hatte er nach Donatus ausgeschieden und bezeichnete sie durch übereinandergestellte punkte. Demselben gewährsmann entnahm er die phonetische einteilung der consonanten in mutae und semivocales. Nun war das ganze nur noch ein einfaches rechenexempel, und das ogom war fertig. Es muß sich bei seinen landsleuten, die die lateinische schrift ja noch nicht 1 ) Hodgkin a. a. o. Daß es sich um Nordgallien handelt, scheint daraus hervorzugehen, daß Patricius von da wieder in seine britische heimat zurückkehrte. 9*
132
BEUSCHEL
kannten, sehr schnell verbreitet haben — vielleicht mit der römischen sitte der beschriebenen grabsteine. Um die mitte des 5. jh.s war es wol schon im allgemeinen gebrauch. Aus dieser zeit stammen wahrscheinlich nicht nur viele grabsteine mit ogom-inschriften in Irland, sondern auch solche, die in Westbritannien bis nach Silchester gefunden worden sind. MÜNSTER i. W. WOLFGANG KELLER.
OVID UND DIE AGS. ELEGIEN. Die angelsächsischen elegien haben immer wieder zu der frage angeregt: wo konnte ein dichter im England altgermanischer zeit diesen ton der Weichheit, der wehmut und Innigkeit herhaben? Wie konnte er überhaupt darauf kommen, einen beiden oder eine heldin in einer bestimmten Situation ihr Schicksal beklagen zu lassen, kurz: wie kommt man dort dazu, elegien zu dichten? Die keltische1) und die Vergilantwort2), der hinweis auf die totenklage3) und späte datierung4) helfen weiter und lassen manches verständlicher erscheinen. Doch die frage nach den quellen der elegien läßt sich auch grundsätzlich anders stellen. Es handelt sich um: Wanderer, Seefahrer, Klage der frau, Wulfklage (= 1. rätsei) und Botschaft des gemahls. Alle fünf gedichte werden auch von denen zeitlich und morphologisch nahe aneinander gerückt, die sie nicht für stücke einer zusammenhängenden dichtung halten. Die Botschaft steht für sich, soweit sie nicht klage, sondern Werbung ist. Von diesen gedichten 1
) Ernst Sieper, Die altenglische elegie, Straß bürg 1915, bes. s. 65ff. 2 ) Rudolf Imelmann. Forschungen zur altenglischen poesie. Berlin 1920, s. 180ff. 3 ) L. L. Schücking, Das angelsächsische totenklagelied. Engl. stud. 39, 1908, s. Iff.; vgl. auch Theodora Idelmann, Das gefühl in den altenglischen elegien. Münsterer diss. 1932, s. 62ff. *) L. L. Schücking, Wann entstand der Beowulf ? Beitr. 42, 1917; L. L. Schücking, Angelsächsisches dichterbuch. Cöthen 1919. Die ags. texte werden im folgenden hiernach citiert.