Forschungen zum Alten Testament herausgegeben von Bernd Janowski und Hermann Spieckermann
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Die Komposition des Psalt...
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Forschungen zum Alten Testament herausgegeben von Bernd Janowski und Hermann Spieckermann
9
Die Komposition des Psalters Ein formgeschichtlicher Ansatz von
Matthias Millard
J. C. B. Mohr (Paul Sieb eck) Tübingen
Matthias Millard, geboren 1964; 1983-88 Studium der ev. Theologie in Wuppertal und Heidelberg; 1985-90 Studium der Judaistik an der Hochschule für jüdische Studien in Heidelberg; 1990-92 Vikarsassistent an der Kirchlichen Hochschule Bethel; 1992 Promotion; seit 1992 wiss. Mitarbeiter an der Kirchlichen Hochschule Bethel.
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort.
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Millard, Matthias: Die Komposition des Psalters: ein formgeschichtlicher Ansatz / von Matthias Millard. - Tübingen: Mohr, 1994 (Forschungen zum Alten Testament; 9) ISBN 3-16-146214-9 NE:GT
© 1994 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zu~timmung des Ver~ages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, MIkroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Times Antiqua belichtet, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier der Papierfabrik Gebr. Buhl in Ettlingen gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 0940-4155
Vorwort Die Arbeit entstand zu weiten Teilen im Gespräch mit meinem Doktorvater R. RENDTORFF in Heidelberg. Er hat mich kontinuierlich über fast fünf Jahre als Hilfskraft gefördert, auch über Nebenziele wie dem Abschluß meines Judaistikstudiums hinweg. Wichtig für das Wachsen dieser Arbeit waren die Anregungen der Studierenden im Seminar über den Psalter in Heidelberg im WS 1989/90, aber auch in verschiedenen Veranstaltungen in Bethel. Hier erfolgte die Umarbeitung des zunächst synchronen Ansatzes in ein diachrones Modell, wie es dann im dritten Hauptteil der Arbeit entfaltet wird, nicht zuletzt auf Anregungen von F. CRÜSEMANN. Er geWährte mir nach der Emeritierung von R. Rendtorff zwei Jahre als Vikarsassistent in Bethel Unterschlupf. Die Verschriftung dieser Arbeit erfolgte also auf einer Stelle der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Dank gilt auch dem Verständnis in meiner Landeskirche für wissenschaftliche Arbeit und geht an die Person von OKR Dr. M. STIEWE. Der Dank an F. CRÜSEMANN schließt nicht zuletzt sein Verständnis dafür ein, daß die Promotion in Heidelberg erfolgte. H. P. MATHYS sei für die Übernahme des Korreferates gedankt, B. JANOWSKI sowie H. SPIECKERMANN für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe Forschungen zum Alten Testament. Zahlreiche Hinweise aller Genannten, aber auch von Freunden und Kollegen, namentlich R. KESSLER, sind in die Arbeit eingeflossen. Gedankt sei auch meinen Eltern und nicht zuletzt meinem Freund und Kollegen A. RUWE sowie G. GEBUREK, die mir bei den Korrekturen und dem Erstellen der Register halfen. Bedauerlicherweise konnte der jüngst fertiggestellte Psalmenkommentar von F.-L. HOSSFELD und E. ZENGER nicht mehr eingearbeitet werden. Der dort vertretene redaktionsgeschichtliche und an Stichworten orientierte Ansatz einer Komposition des Psalters ist jedoch bereits in den vorveröffentlichten Aufsätzen insbesondere von E. Zenger erkennbar. Beide Arbeiten ergänzen sich, da ihr heuristisches Prinzip ein durchaus anderes ist, die ermittelten Strukturen aber ähnlich sind. Die Vielfalt der Modelle kann - bei allen Widersprüchen im Detail- der Texterfassung nur dienen. Die hier vorgelegte Arbeit hat größere Parallelen zum englischsprachigen Forschungsbereich. So verwundert es nicht, daß zeitgleich mit der Abgabe der Dissertation im Frühjahr 1992 das Heft 46/2 der Zeitschrift Interpretation zum Thema erschien, dessen Beiträge in größter Nähe zu dem hier Vertretenen stehen. Da die vorliegende Arbeit den Psalter primär nicht als Dichtung interpretiert, ist die Darbietung des hebräischen Textes nicht an metrische Regeln gehalten. Bielefeld-Bethel, Ostern (und Pessach) 1993
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III
Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
.............................................
1
Einleitung
Teil I
Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt 1. Der Psalm als Parasehe des Psalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen . . 2.1 Zwillingspsalmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Reihenbildung von Psalmen an Beispielen aus dem ersten Psalmbuch . . . 2.3 Durch Überschriften gekennzeichnete Psalmengruppen . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 DasÄgyptischeHallel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs: Zur Bezeichnung" Großes Hallei" . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 DaskleineHallel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Die Korachpsalmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.6 Die zweite Sammlung von Davidpsalmen (Ps 51ff.) . . . . . . . . . . . 2.3.7 DieAsaphpsalmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.8 AndereTextbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.9 Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Weiterführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 19 23 27 27 30 32 34 35 41 42 44 44 45 46
3. Methodische Voruberlegungen aus der Formgeschichte der Einzelpsalmen. . . 3.1 Beschreibende und normierende Formgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Formgeschichtliche Doppelung innerhalb eines Psalms . . . . . . . . . . . . 3.3 Wechsel der Personenstrukturinnerhalb eines Psalms . . . . . . . . . . . . . 3.4 Der Stimmungswechselinnerhalb von Psalmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 DerStimmungswechselvonderKlagezumLob . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Der Stimmungswechselvon Lob und Dank zur Klage . . . . . . . . . . 3.5 Der Wechsel der vorausgesetzten Not innerhalb eines Klageliedes des Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47 47 50 52 53 53 57 60 62
VI
Teil II Eine Formgeschichte der Psalmengruppen 1. Wallfahrtspsalmengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Die beiden Korachpsalmgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Wallfahrtspsalmen als Einleitung (Ps 42/43 und 84) . . . . . . . . . . 1.1.2 Eine Volksklage als Themenklage (Ps 44 und 85) . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Ein Einschub im Singular (Ps 45 und 86) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4 Zionspsalmen und Hymnen als Höhepunkt (Ps 46-48 und 87) ... 1.1.5 Der weisheitlich-klagende Schluß (Ps 49 und 88) . . . . . . . . . . . . 1.1.6 Zusammenfassung: Die Komposition der Korachpsalmgruppen .. 1.2 Die Sammlung von Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
63 63 63 66 68 70 72 74 76
1.3 Das Ägyptische Hallel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
1.4 Gebet und Lied der Hanna (lSam lf.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
1.5 Zwischenergebnis: Zur Formgeschichte der Wallfahrtspsalmengruppen .
87
2. Eine Klagekomposition im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
2.1 Die Asaphpsalmsammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
2.2 Exilische Psalmkompositionen außerhalb des Psalters . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Threni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Jesaja40-55 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Historische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
. . . .
104 104 105 106
2.3 Weitere Klagekompositionen über die Zerstörung J erusalems ....... . 2.3.1 Ein scheinbar exilischer Kompositionsbogen im vierten Psalmbuch . 2.3.2 DiePsalmenSalomos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
107 107 109
2.4 Zwischenergebnis: Zur Formgeschichte der Klagekompositionen ..... .
113
3. Clusteranordnungen von Psalmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
115
3.1 Die Sammlung von Davidpsalmen im elohistischen Psalter ......... 3.1.1 Der einleitende Klagecluster (Ps 51 - 64). . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Die Hymnus-Danklied-Gruppe Ps 65ff. im Kontext. ......... 3.1.3 Der Schluß der Sammlung (Ps 69-72) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
115 116 121 123
3.2 DaserstePsalmbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Zur Abgrenzung der Sammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Der erste Kompositionsbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Der Kompositionsbogen im Zentrum des ersten Psalmbuches ... 3.2.4 Der Schluß des ersten Psalmbuches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Das erste Psalmbuch als weisheitliche Komposition . . . . . . . . . . 3.2.6 Vergleich der beiden großen Davidpsalmsammlungen ........
. . . . . . .
124 124 127 135 138 140 143
3.3 Die Sammlung von Davidpsalmen Ps 138 ff. und das kleine Hallel ..... . 3.3.1 Das kleine Halle! als Kompositionseinheit. . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Die Davidpsalmsammlung Ps 138ff. vordem kleinen Halle! ..... .
144
3.4 Das vierte Psalmbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
147
144 146
3.5 Zur Verortung von Clustern anhand nachkanonischer Beispiele ...... 3.5.1 DasAchtzehn-Bitten-Gebet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Die Hodajot von Qumran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Zwischenergebnis: Zur Formgeschichte der Cluster . . . . . . . . . . . . .
. . . .
152 152 158 161
4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Eine Formgeschichte der Psalmengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 1: Die Psalmgruppen mit Pluralkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 2: Kompositionsbögen mit Dankliedhöhepunkt . . . . . . . . . . . Tabelle 3: Kompositionsbögen mit Dankelementen am Anfang ...... 4.2 Editorische Einzelpsalmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabelle 4: Übersicht über den Psalter in Kompositionsbögen ........
. . . . . .
162 162 162 163 163 165 168
Teil III Die Entstehung des Psalters 1. Der elohistische Psalter als Vorstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Der Ansatzpunkt: Das Problem der Klein- und Teilpsalter ......... . 1.2 Textbeschreibung des elohistischen Psalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Ps 49 und 73: Weisheitspsalmen an den Nahtstellen der umrahmenden Psalmengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Ps 50 f.: Ein einzelner Asaphpsalm und sein Zwilling ......... . 1.2.3 Ps 68-72 als Teil der zweiten Nahtstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Themen und historischer Ort der Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Die Orientierung auf J erusalem im elohistischen Psalter . . . . . . . . 1.3.2 Trägergruppen des Psalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. 3.3 Gott als Richter und König .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Ergebnis: Der elohistische Psalter als Klagekomposition . . . . . . . . . . .
169 169 173
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Der Ansatzpunkt: Die Neukonstitution J erusalems als Zentrum ...... . 2.1.1 Historische Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Die Wiedererrichtung des Tempels und das Bleiben in der Diaspora. 2.1.3 Die Herausbildung kanonischer Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Textbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Die zweite Sammlung von Korachpsalmen als Übergang ....... . 2.2.2 DieJhwh-König-PsalmenalsZielpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Das Problem des literarischen Abschlusses der Ausbaustufe des Psalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Der Vorbau von Davidpsalmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Themen und historischer Ort der Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Lob als Zielpunkt der Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Der Lobpreis Gottes als König . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Der Psalter als Mustergebetsbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Ergebnis: Der Psalter in persischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
188 188 188 192 196 199 199 200
173 173 177
180 180 184 185 187
203
204 205 205 208 208 212
VIII
Inhaltsverzeichnis
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.1 Der Ansatzpunkt: Verschiedene vorliegende Textgestalten . . . . . . . . .. 3.2 VergleichendeTextbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Ps 151 als erstes Fallbeispiel . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Der Schluß der Sammlung von Wallfahrtspsalmen beispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Charakterisierungvon 11Q Ps(a). . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. als zweites Fall. . . . . . . . . .. . . . . . . . . . ..
3.3 Themen und historischer Ort der Komposition. . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.1 Der masoretische Psalter als nachkultisches Wallfahrtsliederbuch .. 3.3.2 David als Integrationsfigur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.3 GottalsKönig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.4 DieToraalsVerbindungsthema .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.4 Ergebnis: Der Psalter in der Zeit von Qumran
213 213 216 216 219 224 227 227 230 234 237 239
Ausblick
240
2. Der Psalter als häusliches Gebetsbuch und das entstehende Pflichtgebet. . . ..
245
Anhang 1. Übersichtstabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
251
Anhang-Tabelle 1: Überschriften im masoretischen Psalter . . . . . . . . . . . .
251
Anhang-Tabelle 2: Hallelujah in den verschiedenen Versionen. . . . . . . . . ..
255
Anhang-Tabelle 3: Übersicht 11 QPs( a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
256
Anhang-Tabelle 4: Das Achtzehn-Bitten-Gebet und verwandte Stücke . . . ..
257
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
hebr.: insbes.: Ken: Ms:
1. Die Stellung des Psalters im Kanon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
. . . . .
Die Abkürzungen richten sich nach dem Verzeichnis von: S. SCHWERTNER, Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin u. a. 21994 Darüber hinaus sind folgende Abkürzungen verwendet:
Ros: SBA:
Der Psalter als Teil des Kanons
2. Literaturverzeichnis . . . . . . . . 2.1 Quellen und Übersetzungen 2.2 Hilfsmittel. . . . . . . . . . . . 2.3 Psalmenkommentare . . . . . 2.4 Weitere Sekundärliteratur. .
Abkürzungen
. . . . .
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. . . . .
. . . . .
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. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
.. .. .. .. ..
259 259 261 261 262
3. Register. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.1 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Sachregister .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.1 Bibel und Septuaginta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.2 Qumran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.3 FrühchristlicheSchriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Rabbinisches Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3.3.5 AndereQuellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
279 279 281 283 283 296 296 297 298
hebräisch insbesondere Kennicott, Dissertatio Handschrift de Rossi, Variae Lectiones, Vol. 4 Stuttgarter Biblische Aufsatzbände
Einleitung "Nun ist es aber ein unverbrüchlicher Grundsatz der Wissenschaft, daß nichts ohne seinen Zusammenhang verstanden werden kann. Es wird demnach die eigentliche Aufgabe der Psalmenforschung sein, die Verbindungen zwischen den einzelnen Liedern wieder aufzufinden." 1
Mit diesen Worten konnte H. Gunkel, dem die Psalmenforschung ihre wichtigste Methode, die Form- bzw. Gattungsgeschichte, verdankt, die Aufgabe seiner Psalmenerklärung zusammenfassen. Doch meint Gunkel mit dem Zusammenhang zwischen den einzelnen Psalmen keineswegs den literarischen Zusammenhang zweier textlich nebeneinanderstehender Psalmen, sondern die Rekonstruktion des gemeinsamen Hintergrundes der Psalmen derselben Gattung, des Sitzes im Leben. Eine Hypothese zur Bestimmung des historischen Ortes der Gattung von Psalmen ist in diesem Verständnis der Formgeschichte also das primäre Ziel der Auslegung. Im extremen Fall einer formgeschichtlichen Psalmenkommentierung wie der von E. König oder W. Staerk führt dieser Ansatz zu einer völligen Umordnung der zu erklärenden Psalmen gegenüber dem literarischen Kontext des Psalters, damit in der Kommentierung formgeschichtlich gleiche Psalmen zusammenstehen. Dieser konsequent die vorgegebene literarische Form verlassende Kommentargestaltung arbeitet auch J. Begrich zu, indem er in der von Gunkel konzipierten und von ihm vollendeten Einleitung in die Psalmen den literarischen Zusammenhang des Psalters folgendermaßen beurteilt: "Daß die Anordnung der Psalmen nicht aus einem sachlichen Einteilungsgrunde erfolgt ist, ist leicht einzusehen. Nach den einzelnen Gattungen sind sie jedenfalls nicht zusammengestellt worden. So stehen z.B. im ersten Buche die Hymnen (lJI 8.19.24 1_ 2 .29.33) nicht beieinander, die Königspsalmen (lJI 2.18.20.21) bilden keine zusammengehörige Gruppe, auch die Klagelieder des Einzelnen, um noch diese zu nennen, stehen verstreut (lJI 3.5.6.7.13.17.22 usw.). Den gleichen Befund zeigen die übrigen Bücher. ,,2
C. Westermann bemerkt zu dieser Passage in treffender Polemik: "Man spürt an diesem kurzen Absatz, mit dem dann die Frage ein für allemal abgetan ist, daß ein echtes Interesse an der Frage kaum vorhanden war; nur so lassen sich die wenig sorgfältigen und kaum exakten Feststellungen dieses Abschnittes erklären. Es ist Einleitung 4. Einleitung 434.
1 GUNKEL (IBEGRICH), 2 GUNKELIBEGRICH,
3
Einleitung
Einleitung
übersehen, daß das erste Psalmbuch fast ausschließlich Psalmen des einzelnen enthält, daß auf den ersten Blick die KE (Klage des einzelnen) im ganzen ersten Psalmbuch absolut überwiegt ... ,,3
Der zuerst 1860 erschienene Psalmenkommentar von F. Delitzsch ist so für über 130 Jahre der einzige christliche, deutschsprachige Psalmenkommentar, der Beobachtungen oder Vermutungen hinsichtlich des Zusammenhanges von Psalmen nicht ausschließlich in der Einleitung versteckt, wo sie für die weitere Auslegung folgenlos bleiben, sondern bei der Kommentierung einzelner Psalmen Überlegungen zu ihrem Zusammenhang einfließen läßt. Ähnlich sieht die Lage bei den speziell theologischen Monographien zu den Psalmen aus: So entfalten beispielsweise sowohl H.-J. Kraus 4 als auch H. Spieckermann 5 eine Theologie der Psalmen, zugespitzt formuliert: eine Theologie einzelner, vom Exegeten aus Gründen der vermuteten thematischen Wichtigkeit freigewählter Psalmen, während eine Veröffentlichung zur Theologie des Psalters fehlt. 6 Nach vereinzelten Aufsätzen in den 60er Jahren sind seit Mitte der 70er Jahre gehäuft Studien zu einzelnen Psalmengruppen erschienen. 7 Seit Mitte der 80er Jahre kommen nun auch spezielle Arbeiten heraus, die den Psalter als Buch betrachten. 8 Nach dem Psalmenkommentar von Delitzsch ist der Psalmenkommentar von F. L. Hossfeld und E. Zenger der erste, der intensiv den Zusammenhang der Psalmen im Psalter erörtert. 9 Dieser neue Psalmenkommentar ist damit Teil eines sich abzeichnenden exegetischen Trends. Daß die Betrachtung des Psalters insgesamt also ein Spätling der Exegese ist, hat einerseits Gründe, die speziell durch den Psalter vorgegeben sind, andererseits prinzipielle Gründe, die in der Eigenart des methodischen Neuansatzes liegen, in dem sich ein Teil der Arbeiten zum Psalter auch explizit versteht. 10 Methodisch ist in den letzten Jahren eine Neubesinnung auf den Bibeltext der vorliegenden Gestalt erfolgt, der die postulierten Vorstufen nicht als exegetisches Ziel und vorrangige Interpretationsebene sieht, sondern als Hilfsmittel zur besseren Beschreibung des vorliegenden Textes. Dabei wird der vorliegen-
de Text nicht nur im Kontext des gesamten Buches gesehen (holistic interpretation), sondern auch das Buch im Kontext des Kanons (canonical approach). Im angelsächsischen Sprachraum ist letzterer Ansatz im wesentlichen mit B. S. Childs verbunden, im deutschsprachigen Forschungsbereich hat R. Rendtorff federführend diesen Ansatz aufgenommen. 11 Innerhalb dieses methodischen Neuansatzes war es konsequent, daß der Pentateuch als systematischer und zudem wahrscheinlich historischer Kernpunkt des Kanons 12 auch der Anfangspunkt des Canonical Approach war. Forschungsgeschichtlich war der Pentateuch zudem als das klassische Tumrnelfeld der Literarkritiker der Platz, an dem Sinn oder Unsinn eines wissenschaftlichen Paradigmenwechsels in der Exegese hin zu größeren Textzusammenhängen zu beweisen war. 13 In einem zweiten Schritt wurde insbesondere das Jesajabuch Gegenstand der holistischen Betrachtung. 14 Nach dem Kanonsteil der Tora wurde damit der Kanonsteil der Propheten (C~~~JJ) exemplarisch untersucht. Doch ist es nicht nur die Position des Psalters in dem historisch späten wie wenig zusammenhängend erscheinenden Kanonsteil der Schriften (C~J,n:J), die den Psalter zu einem schwierigen Thema innerhalb eines solchen Ansatzes werden läßt. Während bei jedem anderen biblischen Buch die Teile als Kapitel bezeichnet werden, führt der Psalm bereits umgangssprachlich ein Eigenleben, das nicht auf den Psalter als Buch verweist. Nur eine jüdische Auslegungstradition bis hin zu wenigen neueren jüdischen Exegeten verweist mit der Bezeichnung der Psalmen als Kapitel auf den Psalter als Buch, indem sie die Teile dieses Buches sprachlich eindeutig als Teile zu erkennen gibt. 15 Die bisher vorliegenden Arbeiten haben den Zusammenhang des Psalters bzw. größerer Teile aus ihm im wesentlichen mit den Methoden der Traditionsund Redaktionsgeschichte untersucht. Die für die Einzelpsalmenauslegung so erfolgreiche Methode der Formgeschichte blieb bisher nicht zuletzt wohl aufgrund ihrer eigenen Ignorierung des literarischen Zusammenhanges der Psalmen im Psalter für die Betrachtung des Zusammenhanges des Psalters nahezu
WESTERMANN , Sammlung 337 f. KRAus, Theologie. 5 SPIECKERMANN, Heilsgegenwart. 6 Auch E. ZENGER hat trotz offensichtlichen Interesses an der Frage des Zusammenhanges der Psalmen im Psalter unlängst eine Theologie von Psalmen für einen breiteren Leserkreis herausgebracht, die trotz breiter Berücksichtigung des Kontextes einzelner Psalmen in ihrer Anlage nicht den Psalter, sondern die Formgeschichte der Einze1psalmen als Theologie darstellt (ZENGER, Morgenröte). Ähnliches ist zu BRUEGGEMANN, JSOT 50, zu bemerken, der außer Rahmenpsalmen des Psalters die freigewählten Psalmen 73; 25 und 103 auslegt. 7 Vgl. GESE, Entstehung, und die Arbeiten von Goulder, Nasuti, Seybold und Wanke (dazu unten in Kapitel 1.2.3). 8 V gl. die zahlreichen Arbeiten von WILSON, insbesondere seine 1985 erschienene Dissertation: The Editing of the Hebrew Psalter, sowie FÜGLISTER, Verwendung, sowie den älteren methodisch sehr problematischen Entwurf von ARENS, Psalmen. Zu Arens siehe unten S. 17 f. 9 Der Band wurde schon für 1991 angekündigt, ist aber aus verlagstechnischen Gründe erst nach Fertigstellung der vorliegenden Arbeit erschienen. 10 So besonders ZENGER, FS Füglister.
11 Einen neueren Überblick zur Forschungslage bietet JBTh 3, 1988, hier besonders der Aufsatz von MILLER. Zum Einstieg in den Anfang der Diskussion eignet sich besonders gut der Themenband JSOT 16 (1980), der ausschließlich der Diskussion der damals gerade erschienenen lntroduction to the Old Testament as Scripture von CHILDS gewidmet ist. 12 Vgl. jedoch STECK, Abschluß, der den prophetischen Kanon von der Tora unabhängig sieht. 13 Dazu RENDTORFF, Methode, dort der Hinweis auf KUHN, Struktur. Dorther stammt der Begriff Paradigmenwechse/. In der alttestamentlichen Debatte um synchrone und diachrone Exegese ist auch auf RICHTER, Exegese, zu verweisen. 14 Vgl. nun insbesondere den Aufsatzband von RENDTORFF, Kanon, der u. a. drei Aufsätze zum Jesajabuch vereint. Zum Ganzen siehe unten 11.2.2.2 und 111.2.1.3. 15 Vgl. z.B. den Midrasch zu den Psalmen (:m, ,mlV .C'7';1M lV"7J), außerdem: HIRSCH, Psalmen, und KAUFMANN, Religion, 310. Während sich bei Hirsch des öfteren Hinweise auch zum literarischen Kontext des Einzelpsalms finden, vermag NOBEL (Libanon 1,8) einen solchen Zusammenhang nicht zu erkennen, obwohl auch er die Psalmen sowohl als Psalm wie als Kapitel einführt. Siehe unten 1.1.
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Einleitung
Einleitung
ungenutzt. Hier setzt das Postulat von K. Seybold 16 nach der Anwendung der Formgeschichte auf literarische Zusammenhänge in der Psalmenexegese an, das die vorliegende Arbeit einzulösen versucht. Das setzt allerdings eine Umorientierung in der Zielsetzung der Formgeschichte voraus: Hypothesen zum historischen Ort bleiben im folgenden weitgehend zurückgestellt, um die Arbeit zu entlasten. Ein wichtiges Beispiel für die Anwendung formgeschichtlicher Methodik zur Betrachtung der Komposition waren für diese Arbeit die Heidelberger Dissertationen von E. Blum und F. Matheus. 17 Zu denken ist nicht zuletzt auch an den Ansatz von G. von Rad "Das formgeschichtliche Problem des Hexateuch" und die anderen Arbeiten zum Deuteronomium 18 als Beispiel für die Anwendung formgeschichtlicher Kategorien auf Großtexte. 19 Für den Psalter ist ein solcher Ansatz bereits von C. Westermann 20 entwickelt worden. Westermann notiert Gruppen von Klageliedern insbesondere in der ersten Hälfte des Psalters und Gruppen von Hymnen insbesondere in der zweiten Hälfte des Psalters. Königs- und Torapsalmen weist er eine Rahmungsfunktion größerer literarischer Zusammenhänge zu. Als Entsprechungen zu Ps 2 findet Westermann Ps 72; 89 und 110, die als Königspsalmen jeweils Abschlußfunktion für Psalmgruppen bzw. Teilpsalter haben. Deswegen postuliert er insbesondere Ps 2-89 und 1-119 als Vorstufen des Psalters, was gegenüber der üblichen literarkritischen Aussonderung des elohistischen Psalters (Ps 42-83) ein alternativer und ergänzender Ansatz ist.
zweite Schritt wird dann der Versuch eines formgeschichtlichen Neuansatzes zur Beschreibung der Psalmengruppen sein. Als dritter Schritt schließt sich eine Skizze der Entwicklungsgeschichte des Psalters an. Abschließend soll dann noch kurz der Psalter als kanonisches Buch in seinen wirkungsgeschichtlichen Zusammenhang gestellt werden. Dieses weitgefaßte Thema hat es erfordert, Lücken bei der Aufarbeitung und Darstellung der Sekundärliteratur zu Einzelpsalmen und Motiven im Psalter zu lassen. 22 Einerseits ist es forschungsgeschichtlich wegen der beträchtlichen Anzahl von Einzeluntersuchungen zu Psalmengruppen 23 an der Zeit, einen Gesamtansatz zum Verständnis des Psalters zu wagen, andererseits stellt ein solcher Gesamtansatz Anforderungen an den Exegeten, denen nur mit einer erheblichen Einschränkung des Themas hätte Genüge getan werden können. Eine Einschränkung des Themas hätte jedoch wohl oder übel seine Aufgabe insgesamt nach sich gezogen. 24 Wenn hier ein Entwurf über das Ganze des Psalters erfolgt, hat das den Sinn einer Hypothesenbildung, die auch seine Teile, die Einzelpsalmen, Psalmengruppen und Teilpsalter, nach deren intensiver Diskussion insbesondere im angelsächsischen Sprachbereich auch in deutscher Sprache neu diskussionsfähig zu machen hofft.
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Tora König
Ps Ps 1
2 2
Klagen (Kern) 3-88 3-109
König 89 110
Tora
119
Innerhalb dieses vermuteten Kerns des Psalters postuliert er kleinere Gruppen von formgeschichtlich gleichen Psalmen ähnlich der Sammlung der Threni. Modifizierte Ansätze dieser Art haben Gese und Wilson vorgelegt. 21 Wir werden nun im folgenden ersten Hauptteil zunächst versuchen, anhand offener Fragen der Einzelpsalmenauslegung den Gewinn des literarischen Kontextes als notwendige Aufgabe der Psalmenexegese zu begründen. Der SEYBOLD, Psalmen 103. BLUM, Komposition, MATHEus, Singt. Vgl. dazu unten II.2.2.2 und III.2.1.3. 18 VON RAD, Gottesvolk, und ders., Deuteronomium-Studien. Vgl. zur Forschungsgeschichte KREUTzER, Frühgeschichte 4ff. 19ff. Zur Bedeutung für die Psalmgruppen siehe z. B. S.123 (zu Ps 67) und S. 78 (zu Ps 134). 19 Einen singulären Versuch, die formgeschichtliche Methode auf die Bibel als Ganzes anzuwenden, hat unlängst SCHMIDT, FS Koch, vorgelegt. Schmidt sieht am Anfang und am Ende der Bibel universale Themen (vgl. dazu bereits den Ansatz von GUNKEL, Schöpfung). Schmidt geht von den vorliegenden Druckfassungen der deutschen Bibel aus (SCHMIDT, FS Koch 569), was ihn zu der These verleitet, die Psalmen als Mitte der Bibel zu verstehen (aaO. 572ff.). 20 WESTERMANN, Sammlung, leicht modifiziert aufgenommen insbesondere bei RENDTORFF, Einführung 261. 21 GESE, Entstehung; WILSON, Editing; ders., JSOT34. Hier wird auch Psalm 41 in dieses Konzept einbezogen. 16 17
22 Sprechenderweise hat PFEIFER, VT 37, bei der Darstellung des Problemes der Aufarbeitung der Sekundärliteratur ein Psalmwort gewählt: "Ich bin in tiefe Wasser geraten ... " (Ps 69,3). Es gibt kein Thema der alttestamentlichen Wissenschaft, zu dem derart viel und völlig unterschiedliche Publikationen erfolgen. Auch der monumentale Psalmenkommentar von KRAUS hat in seiner neuesten Auflage lediglich einen Literaturnachtrag von immerhin 8 Druckseiten, der aber nur einen Bruchteil der tatsächlich erschienenen Literatur wiedergibt. Allein AUFFRET hat über 30 Beiträge zu Psalmen geschrieben. Vgl. zu dem Problem der Arbeit mit der Sekundärliteratur auch die Diskussion über die Relevanz wissenschaftlicher Kommentare in BThZ 2ff., besonders: WELTEN, BThZ 4, 149ff., der herausarbeitet, wie die ausschließlich im Kontext wissenschaftlicher Literaturdiskussion entstandenen Fragestellungen auch nur noch intern rezipiert werden. 23 S. u. besonders 1.2.3. 24 WILSON, Editing, hat bereits mit der Beschränkung auf die Auswertung der Handschriftenüberlieferung mit relativ wenigen, aber wichtigen theologischen Bemerkungen eine mögliche Einschränkung des Themas vorweggenommen, was hier dankbar als Vorarbeit rezipiert ist. Eine andere mögliche Einschränkung, beispielsweise die formgeschichtliche Analyse nur einer Psalmengruppe, scheitert daran, daß jede Psalmengruppe zwar in das in Teil II. vorzustellende formgeschichtliche Schema paßt, aber zugleich mindestens eine Ausnahme von der hier vorgestellten makroformgeschichtlichen Regel hat. Die Regel ist damit nur zu erkennen, wenn das gesamte Material vorgestellt wird.
1. Der Psalm als Parasehe des Psalters
Teil I
Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt 1. Der Psalm als Parasehe des Psalters Wir gehen aus von einer Voraussetzung, die der üblichen Exegese von Einzelpsalmen zugrundeliegt: Der Psalter ist ein Buch, das aus Einzelpsalmen besteht. Diese Feststellung scheint der hier angestrebten kontextuellen Exegese zunächst entgegenzustehen. Gleichwohl ist sie bereits von der handschriftlichen Überlieferung des Psalters her unbestreitbar. Der Psalter, der wie alle poetischen Schriften der Hebräischen Bibel nur zweispaltig geschrieben ist, während Prosatexte dreispaltig angeordnet sind,l hat die Anordnung in Einzelpsalmen als festen Textbestandteil: In den masoretischen Manuskripten fällt die gegenüber anderen poetischen Texten wesentlich gegliedertere Anordnung des Psalters mit Leerzeile oder Lücke an den Stellen auf, an denen ein neuer Psalm beginnt. 2 Diese Textgliederung ist von ihrem Gewicht innerhalb des masoretischen Textes nur noch mit der doppelten Leerzeile vergleichbar, die in dem masoretischen Mustercodex Aleppo am Neuanfang eines biblischen Buches, also beispielsweise des Hiobbuches, steht. Eine solche doppelte Leerzeile markiert aber auch den Anfang der fünfTeilbüch~r des Psa1t~rs. 3 Das Ende der ersten vier Psalmbücher , also die Übergänge zwische~ m:el Psalmbüchern, sind zudem durch eine im Detail allerdings unterschiedlIche Segensformulierung markiert. Die Grenzen zwischen zwei 1
~salter,.Hiob und Sprüche gelten als poetische Bücher sowie Ex 15,1-20 und Dtn 32 als
poetische E~nzeltexte, die gemäß rabbinischer Vo~schrift zweispaltig angeordnet sind (siehe bShab 103b, bMen 31a; Sof 1,11, vgl. als erster Uberblick die Abbildung bei WÜRlHWEIN Text 169 und 185 mit 175, sowie OESCH, Petucha 12lf.). ' ,,2 Der .Kodex Aleppo hat die Psalmen durchweg mit einer Leerzeile getrennt. In seltenen F~llen Wird der Wechsel eines Psalms nur durch zwei aufeinanderfolgende Halbzeilen angezeigt (v.or Ps 11; 36; 38; 68; 81; 106; 116; 142; 147; 148; 149; 150), seltener auch nur durch eine Halbzeile (vor Ps97; 99; 105; 108; 114; 117; 118; 136). Auch in diesen Fällen ist jedoch die Trennung. d~s Psalters in Einzelpsalmen deutlich markiert. Lediglich Ps 115 wird im Codex A!e~po wie In der Septuaginta mit Ps 114 zusammengeschrieben, ohne daß diese Abweichung Wie In der Septuaginta beispielsweise durch die Teilung von Ps 116 ausgeglichen wird. Dazu unten S. 13f. und 1.2.3.2. 3 Gegen SEYBOLD, Psalmen 13, der bei der Beschreibung des Anfanges des Psalters die leicht oberlinig geschriebene Halbzeile der Schlußmasora der Chronikbücher als volle Zeile rechnet (Kommentar zur Abbildung aus dem Kodex Aleppo).
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einzelnen Psalmen sind zumeist zusätzlich durch Psalmüberschriften deutlich markiert, die in den Handschriften zumeist von der Textgestalt her leicht zu erkennen sind, da sie als überlange oder zu kurze Halbzeilen geschrieben sind und nicht die sonst übliche Gliederung der Textzeile in zwei parallele Halbzeilen (bzw. Halbstichen) vollziehen. Der Text der Überschrift ist als einleitender Prosatext kenntlich gemacht. Nun könnte man bei vielen mittelalterlichen masoretischen Handschriften sagen, daß diese bereits späte und besonders sorgfältig edierte Texte sind, deren Untergliederung Teil ihrer Edition sei. 4 Doch ist die Edition des Psalters in einzelne Psalmen mit voranstehender Leerzeile bzw. deutlichem Neuanfang einer Zeile bereits in Qumran bezeugt. G. H. Wilson 5 unterscheidet im Anschluß an M. Malachi 6 für die Qumranpsalter fünf Arten der Psalmabtrennung: Wenn die Schlußzeile eines Psalms nur wenig beschrieben ist, beginnt der neue Psalm einfach bei einer neuen Zeile (1.), wenn die Schlußzeile fast durchgehend beschrieben ist, beginnt die Anfangszeile eingerückt (2.), endet die Schlußzeile am Zeilenende, beginnt der folgende Psalm mit einer eingerückten Zeile (3.) oder es steht eine Leerzeile (4.). In wenigen Fällen sind die Psalmen nur durch eine kleine Lücke in derselben Zeile abgetrennt (5.). Dieser Befund entspricht dem, was wir in den masoretischen Bibelhandschriften als Gliederung mit Setuma und Petucha kennen: Die Fälle 1. -4. sind typische Anordnungen der offenen Abschnittsgliederung (Petucha), der seltene Fall der Gliederung in der Zeile selbst (5.) entspricht der . geschlossenen Abschnittsgliederung (Setuma).7 Da im Psalter die übliche Paraschenuntergliederung fehlt, 8 liegt es nahe, die Untergliederung des Psalters in Psalmen mit der auch außerhalb des Pentateuch üblichen Untergliederung der Hebräischen Bibel mit Paraschen zu identifizieren. In der jüdischen Auslegungsgeschichte wird dies praktiziert, da die Einzelpsalmen als Parasche angesprochen werden. Im mittelalterlichen Kommentar Midrasch Tehillim wird beispielsweise Ps 2 Paraschat Gog genannt, Ps 3 Paraschat Ab4 VgL z. B. den Aleppo Codex. Am leichtesten greifbar ist die Wiedergabe einer solchen Handschrift bei WÜRTHWEIN, Text 185 (Tafel 25, Oxford, Bodleian Library, ein Fragment mit besonderer Punktation). Beispiel einer solchen Edition ist auch KenMs 240, wo im Hiobbuch die Dialoggänge durch Hervorhebung des 131" in Rotschrift gekennzeichnet sind (KENNICOTT, Dissertatio 430). 5 WILSON, Editing 93ff. Vgl. die vorsichtigere Darstellung bei OESCH, Petucha 274ff. 6 MALACHI, Charakter. 7 Zu Petucha und Setuma vgl. zur Einführung WÜRTHWEIN, Text 24f. Unersetzlich ist für diese Fragestellung die Monographie von OEseH, Petucha. 8 So bereits GINSBURG, aaO. 17. YEIVIN, Textus 7, 76-102, hat eine solche Liste der Abschnitte des Psalters (Bodeleian Library Oxford, Ms. Heb.d. 33, 3v-6r) veröffentlicht und mit den großen Bibelhandschriften des Codex Aleppo, Leningradensis, Cambridge u. a. verglichen. Bis auf Ps 115, einer Unregelmäßigkeit, wie sie für das Ägyptische Hallel typisch ist (dazu unten S. 13f. und 1.2.3.2), ist in der Liste jeweils der erste Vers der masoretischen Psalmanfänge notiert, gelegentlich auch der Schlußvers des vorhergehenden Psalms.
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
1. Der Psalm als Parasche des Psalters
schalom etc. 9 In Qumran ist zudem auch die Einteilung des Psalters in fünf Psalmbücher präsent. 10 J. Oesch hat für die Paraschenuntergliederung in der Antike herausgearbeitet, daß bereits im babylonischen Talmud verboten ist, die Paraschen zu verändern. 11 Das setzt also bereits im frühen Mittelalter wenigstens den Versuch der Bildung einer festen Paraschentradition voraus. Der Versuch, die konkrete Paraschenabgrenzung zu ermitteln, ist bei Oeschs Analyse, die hauptsächlich Texte aus dem Jesajabuch behandelt, nicht gelungen. 12 Anders sieht es jedoch bei den Psalmen aus. 13 Selbst dort, wo die paraschenähnliche Untergliederung des Psalters wohl aus Raumgründen nicht im Text präsent ist, wird die Psalmenzählung deutlich im Text als Psalmentrenner vermerkt. 14 Der Psalter ist deswegen wohl das einzige Buch der Hebräischen Bibel, in dem Chancen bestehen, die konkreten Paraschen zu ermitteln. Auch die Psalmenzählung der Septuaginta weicht bei einer Gesamtzahl von 150 Psalmen an nur wenigen Stellen von der des masoretischen Textes ab:
solches sichtbar ist. Die andere Zählung der Septuaginta bei Ps 9 f. bezeugt also eine in diesem Fall schwache hebräische Handschriftenüberlieferung. 18 Alles deutet damit darauf hin, daß die Gliederung des Psalters in einzelne Psalmen bereits der Septuaginta vorlag. Wir müssen das Problem der Abgrenzungen von Psalmen also vor allem innerhalb der hebräischen Textüberlieferung betrachten. Die Qumranüberlieferung ist dabei nur dann aufgeführt, wenn sie die Trennung eines Psalms oder das Zusammenziehen von zwei Psalmen ausdrücklich bestätigt. Fälle, die nur auf Rekonstruktionsversuchen beruhen, sind nicht aufgenommen. 19 In der weitaus größten Zahl der Fälle unterstützt damit auch die Qumranüberlieferung die masoretische Psalmenabtrennung, auch wenn in der Reihenfolge der Psalmen in den Qumrantexten erhebliche Abweichungen zu verzeichnen sind. 20 Gehen wir nun zunächst die Psalmen durch, die in der Textüberlieferung gelegentlich zusammengefaßt sind:
Masoretischer Text Ps 9/10 Ps II4/ll5 Ps II6,1-9/10-19 Ps 147,1-11/12-20
Septuaginta 9,1-21/22-39
II3,1-8/9-26 II4/ll5 15 146/147
Wenn wir uns die Stellen genauer ansehen, finden sich die wenigen Abweichungen der Septuaginta in der Psalmeinteilung an ganz speziellen Stellen: Ps 9/10 ist der Fall des Zusammenziehens eines überschriftslosen Psalms zum vorhergehenden Psalm. Die restlichen drei der vier Stellen sind im Bereich der bei den Hallel-Psalmengruppen Ps 113-118 und 145-150, die als einzige im Psalter überlieferte literarische Zusammenhänge von Psalmen in der Liturgie zur Zeit des Schreibens der Handschriften vorkommen. 16 Bei Ps 9f. reißt der masoretische Text ein Akrostichon-Fragment auseinander, der griechische Text korrigiert damit eventuell ein Problem, das - wenn Akrosticha überhaupt in der Schreibweise sichtbar gemacht wurden 17 - nur im hebräischen Text als 9 Unter Midrasch Tehillim (MShir) verstehe ich hier wie im folgenden den bekanntesten und auch wichtigsten Psalmenmidrasch J'~ 1mw. Vgl. auch oben S. 3 Anm.15. 10 Vgl. die Bezeichnung gefünftelte Bücher (C'Wl:ln C'1ll0) in 1Q 30 (DJD 1, 133), die sich wahrscheinlich auf den Psalter bezieht, sowie bQid 33 a. 11 OESCH, Petucha 91 ff., mit Verweis auf bShab 103 b. 12 OESCH, Petucha 361-365 (e silentio). 13 Vgl. OESCH, Petucha 11. 14 Der Papyrus Bodmer (2. -4. Jh. n. Chr.) vertritt beispielsweise eine Tradition, in der die Psalmen als Prosa-Kontinuatext geschrieben sind (vgl. die Tafel bei SEYBOLD, Psalmen 18). Obwohl der Papyrus Bodmer keine Zwischenräume zwischen den Psalmen hat, bezeugt er doch die feste Zählung der Psalmen. 15 In der Septuaginta ist Halleluja (AA/.'llAOULU) auch beim Beginn von LXX Ps 115 Trenner. Vgl. als Überblick im Anhang Tabelle 2. 16 Siehe unten 1.2.3.2 und 1.2.3.3. 17 Die Akrosticha werden in der masoretischen Überlieferung des Textes oft nicht mit dem
Psalm 1/2 werden in verschiedenen Handschriften als ein Psalm gelesen. 21 Beide Psalmen haben ein gemeinsames Wortfeld insbesondere mit :-J:\:-J (Ps 1,2; 2,1) und ''J~15 (Ps 1,1; 2,12) an den RahmensteIlen. Gemeinsam ist beiden Psalmen trotz des unterschiedlichen Motivfeldes von Weisheits- bzw. Königspsalmen die Gegenüberstellung des einzelnen Gottgemäßen mit den vielen Gegnern Gottes. 22 Ps2 ist verschiedentlich zusammen mit Ps 1 als ein Psalm angesprochen worden. Das bekannteste Beispiel ist dabei eine sogenannte westliche Variante von Apg 13,33, in der ein Zitat aus Ps 2 als aus dem ersten Psalm stammend eingeführt wird. Während diese Zählung eventuell auch mit
Buchstaben, der die Buchstabenfolge konstituiert, am Zeilenanfang geschrieben. Ps 119 bildet hier eine Ausnahme, hier werden beispielsweise im Codex Aleppo alle Zeilen mit akrostichischem Anfang geschrieben, lediglich v.80 ist in zwei Zeilen geteilt, so daß die Strophe mit ' neun Zeilen hat. Es ist daher fraglich, ob weiterhin dem Phänomen des Akrostichons in der modernen Textedition und Interpretation derart viel Rechnung getragen werden sollte. Nach SEYBOLD, Prophetie 74, ist die Beobachtung des Akrostichons erst Mitte des 19. Jh. von dem württembergischen Pfarrer Gottlieb Frohmeyer neu gemacht und F. DELITZSCH mitgeteilt worden, der sie in die zweite Auflage seines Psalmenkommentares 1867 aufnahm. Dies gilt jedoch höchstens für den deutschsprachigen Bereich, da LOWTH bereits 1787 seine Vorlesungen zur hebräischen Poesie mit der Behandlung des Akrostichons als erstem Hauptstück publizierte (Lectures 55 ff.). Da jedoch akrostichische Formen auch in der mittelalterlichen jüdischen Poesie immer wieder verwendet wurden, ist anzunehmen, daß das Phänomen von Akrosticha auch in der Bibel immer wieder Einzelnen auffiel. 18 Siehe unten Anm. 29. r 19 So z.B. Ps26/27, die eventuell in 4QPs als ein Psalm geschrieben sind (dazu WILSON, Editing 107). 20 Dazu unten in Teil III.3. 1 und 3.2 sowie im Anhang Tabelle 3. 21 KenMs 17; 37; 216; 409; 505 (Wilson, Editing 134, bietet hier irrtümlich Ms 142, was zur Tabelle zu Ps 9/10 gehört), RosMs 554; 596; 782 Toletano (DE RossI, Lectiones). Zu letzterer Ms vgl. GINSBURG, aaO. 775. Eine gemeinsame Zählung von Ps 1 und 2 bietet KenMs 164. Diese folgenden Übersichten mögen als erste, überblicksartige Hinweise verstanden werden. Vollständigkeit ist zwar angestrebt, aber angesichts der Widersprüche in den zugrundeliegenden Darstellungen auch in einer Einzelstudie kaum erreichbar (vgl. unten Anm. 48 zu Psalm 94/95; 96/97 und 98/99). 22 Vgl. z.B. LIPINSKI, RB 75, 321-367, hier 330-333, und AUFFRET, Sagesse 173ff.
10
Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt 23
einer extrem späten Ansetzung oder der Tradition der Nicht-Zählung von Ps 1 als Überschrift zum Psalter 24 erklärbar ist, scheidet diese Erklärung bei den späteren Zeugnissen aus: Sowohl der palästinische Talmud (jTaan 2,2,65c; jBer 4,3,8a) als auch der babylonische Talmud (bBer 9b.10a) ziehen vereinzelt Ps1 und 2 als einen Psalm zusammen. Doch sind dies Zeugnisse einer sehr speziellen Exegese, die das Ziel hat, den Anfang des Psalters und das Achtzehn-Bitten-Gebet zu parallelisieren. 25 Neben dem gemeinsamen Wortfeld legt insbesondere die Betrachtung des Schlusses von Ps 2, der mit einem Glückwunsch das Eingangsmotiv von Ps 1 aufnimmt, nahe, beide Psalmen auch bewußt verknüpft zu denken. Dieser Glückwunsch ist in der literarkritischen Betrachtungsweise als vermutlich nachträgliche Zufügung auch historisch ein Beleg für die Intention, beide Psalmen zusammenzustellen. 26 Sie sind damit als eine unterschiedene Einheit von zwei Psalmen zu sehen. 27 Für die Sicht von Ps 1 und 2 als inhaltlich bedingte Verknüpfung zweier zu unterscheidender Psalmen spricht auch die Qumranschrift 4QFlor, die Ps2,1 in einer Reihe weiterer Stellen in Anschluß an Ps 1,1 zitiert. 28 Psalm 9/10 werden, wie wir sahen, regelmäßig in der Tradition der Septuaginta als ein Psalm gezählt. Nur wenige hebräische Handschriften ziehen demgegenüber beide Psalmen zusammen. 29 Die bereits am Schluß von Ps 9 brüchige Anordnung als Akrostichon wird in Ps 10 nur noch - wenn überhaupt - sehr locker fortgesetzt. Inhaltlich führt Ps 10 den bereits inn~rhalb von Ps 9 begonnenen Umbruch vom Danklied in die Klage (Ps9,20f.) weiter. Es gibt Stichwortverbindungen zwischen beiden Psalmen wie ;,?~~ ("in der Not", Ps 9,10; 10,1) und ;";" ;'~~j:' ("erhebe dich, Jhwh", Ps 9,20; 10,12), aber 23 So unlängst wieder BERGER, Weisheitsschrift 78. Bergers extreme Spätdatierung von Ps 1 ist im Zusammenhang mit seiner Frühdatierung der Gnizaschrift zu sehen. Die Frühdatierung der Gnizaschrift hat Berger erneuert in: ders., NTS 36, 415-430, und ZAW 103,113-121. Zur berechtigten Kritik dieses Ansatzes vgl. RÜGER, Weisheitsschrift 3ff., der insbes. wegen der Abhängigkeit der Gnizaschrift von Mischna Abot auf eine mittelalterliche Abfassung der Gnizaschrift schließt. Zur Datierung von Psalm 1 siehe unten 11I.3.3.4. 24 Siehe KenMs 168; RosMs 234; 879. Vgl. auch Anm. 21. 25 Siehe dazu unten im Ausblick Kapitel 2 (S. 245ff.). 26 Vgl. dazu insbes. ZENGER, FS Groß 495-511, der einen von der ägyptisch-altorientalisehen Königsideologie beeinflußten Grundpsalm in v.I-4.6-9 (aaO. 506, vgl. auch die Bilder S. 510f. aus WRESZINSKI, Atlas 118.53a) von den Versen aus der Zeit der militärischen Auseinandersetzung zwischen Ptolemäern und Seleukiden (v. 5.10-12, sowie PsI) unterscheidet (508, dgl. ZENGER, Gott 52). Zum altorientalischen Hintergrund von Ps 2, der das stärkste Argument für eine frühe Ansetzung eines Kernes von Ps 2 ist, vgl. auch WIDENGREN, Psalm 110,185-216, hier 193f. 27 So durchweg die Kommentare z. St. 28 Zwischen dem Zitat von Ps 1,1 und 2,1 finden sich noch Jes 8,11 und Ez 37,23, vgl. MAlER, FS Gunneweg 353-365, hier 356, zu 4Q Flor siehe weiterhin BROOKE, Exegesis. WILSON (Editing 134f.) zählf nach KENNICOTI (Hg.), Vetus Testamentum, 7 Codices auf, die Ps 2 mit Ps 1 zusammenschreiben. Zum Problem der Abgrenzung zwischen Ps 1 und 2 vgl. z. B. BRoWNLEE, BibI. 52,321-336, und als Gegenposition z.B. WILLIS, ZAW 91,381-401, der Ps 1 als abgeschlossene Einheit sieht. Nicht mehr zugänglich wurde dem Vf. die Dissertation von STENDEL, Midrasch, die 4QFlor als Anfang des Kommentares einer Ausgabe des ersten Psalmbuches sieht. 29 Von den bei KENNICOTI gesammelten Handschriften bietet nur Ms 142 und 222 (bei WILSON, Editing 134, ist die Ms 142 irrtümlich in die Spalte von Ps 1/2 geraten) Ps 9 f. als einen Psalm, de Rossi ergänzt Ms 2 und 244. GINSBURG (aaO. 721) vermag für diesen Fall nur zwei Handschriften (Vienna Nr. 4 und Or 4227, Deutschland um 1300) aufzuführen.
1. Der Psalm als Parasehe des Psalters
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beides ist nicht so spezifisch für Ps 9/10, daß sich damit eine besondere Beziehung zwischen beiden Psalmen begründen ließe. 3o Die Frage des Verhältnisses von Ps 9 zu Ps 10 läßt sich nicht ohne weiteres lösen, eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit von Ps 10 zu Ps 9 als zweiter Teil desselben Psalms 31 kann also keineswegs als sicher gelten, auch wenn eine Tradition des Zusammenziehens bei der Psalmen der Septuaginta bereits vorlag. 32 Ps 10 kann auch an Ps 9 als passender Psalm angefügt sein. 33 Eine einzelne Handschrift zieht Psalm 25/26 zusammen: Kennicott Ms 173. Da diese jedoch auch 17 weitere Psalmen nicht abtrennt, die in keiner anderen Handschrift zusammengezogen sind, ist dies eine Eigenart dieser Handschrift. Eine ganze Reihe von Handschriften faßt Psalm 32/33 als einen Psalm auf. 34 Der weisheitliche Ps 32 endet mit einer Aufforderung zu Lob und Freude, an die der imperativische Hymnus Ps33, der ebenfalls Weisheitselemente (z.B. v.4) hat, anschließt. Dennoch ist Ps 33 von der äußeren Textbezeugung recht sicher als Einzelpsalm belegt. Psalm 42/43 wird von einer erheblich größeren Zahl von hebräischen Handschriften als ein Psalm aufgefaßt. 35 Innertextlich ist die Zugehörigkeit von Ps 43 zu Ps 42 durch den gemeinsamen Refrain beider Psalmen Ps42,6.12; 43,5 verständlich. Jedoch ist unsicher, ob Ps 42f. ursprünglich zusammengehörten, 36 oder ob Ps 43 ein Nachtrag zu Ps 42 ist. Da die Mehrzahl der Handschriften Ps 43 gegenüber Ps 42 trotz der Nähe beider Psalmen als abgetrennten Psalm auffaßt und dies textkritisch gesehen die schwierigere Lesart ist, scheint mir die wahrscheinlichere Lösung zu sein, daß Ps 42 gegenüber Ps 43 ursprünglich selbständig war. Inwiefern Ps43 einen Nachtrag zu Ps42 darstellt, wird noch eingehend zu prüfen sein. 37 Psalm 47/48 sind Korachpsalmen. Zusammengefaßt werden sie nur in zwei Hand38 schriften. Die Zusammenstellung der beiden thematisch verwandten Psalmen 39 ist damit wahrscheinlich erst im Zuge der Handschriftenüberlieferung entstanden. 30 Beispielsweise ;";" ;'~~j:' ("erhebe dich, Jhwh") erscheint im näheren Umfeld von Ps 9f. auch in Ps 3,8; 7,7; 17,13. 31 So Z.B. KAISER, Einleitung 350, sowie beispielsweise EWALD, HENGSTENBERG, GUNKEL, DUHM, WEISER, KRAUS und GERSTENBERGER z. St. 32 Zu den Bedenken, Ps 10 mit Ps 9 zusammenzuziehen, vgl. z. B. auch KITTEL und DE WETTEZ. St. 33 Dazu unten III.3.3.3. 34 KenMs 74; 97; 133; 137; 173; 210; 245; 541 und 571 (Ms 571 fehlt bei WILSON, Editing 134), RosMs 670 und 879. 35 KenMs2; 4; 36; 39; 73; 82; 89; 156; 158; 172; 175; 178; 188;210;216;224;227;245;318; 326; 355; 356; 360; 373; 377; 379; 403; 405; 409; 431; 499; 579; 587; 590; 591; 607; 625 und 639, davon sind bei WILSON, aaO. 134, nur KenMs 36; 82; 89; 156; 178; 210; 216; 245; 326; 356; 409; 499; 590; 25 ce notiert sowie irrtümlicherweise Ms 260, obwohl gerade Ms 260 durch Einfügung eines "", vor Ps33 die Psalmtrennung sichert); RosMs 31; 380; 480; 670; 782; 846; 865; 879 und 954, GINSBURG ergänzt eine Handschrift (aaO. 725: Or 4227). 36 So die Mehrzahl der Ausleger (z.B. DE WETIE, DUHM, KITTEL, GUNKEL, WEISER, KRAUS). Zu Ps 42f. siehe nun auch: P. R.RAABE, Structures 29ff. sowie ZENGER Morgenröte 256ff. ' , 37 Dazu siehe unten III.1.3.3. 38 KenMs 97 und 133. 39 Zu den thematischen Gemeinsamkeiten zwischen dem Jhwh-König-Psalm Ps 47 und dem Zionspsalm Ps 48 siehe unten 11.1.1.4.
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1. Der Psalm als Parasehe des Psalters
Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
In wenigstens einem Fall faßt eine Handschrift auch Psalm 53154 zu einem Psalm zusammen. 40 Da hier eine Überschrift textkritisch eindeutig vorliegt, handelt es sich sicher um eine textgeschichtlich späte Variante. In der Handschriftenüberlieferung sind auch Psalm 70171 von einigen Handschriften als ein einziger Psalm überliefert. 41 Als Klagelieder mit starkem Vertrauensanteil passen beide Psalmen zusammen. Spezielle Gründe für die Vereinigung beider Psalmen außer der fehlenden Überschrift von Ps 71 sind aber nicht ersichtlich. Psalm 71/72 werden nach einigen Handschriften 42 als ein Psalm zusammengefaßt, obwohl Ps 72 als Salomopsalm eigentlich eine Überschrift hat. Ein möglicher Grund für die Zusammenstellung beider Psalmen kann die Vorstellung des alten David in Ps 71,9-11 sein, die zum Salomopsalm überleitet. 43
Psalm 73174 werden in sehr wenigen Handschriften zusammengezogen. Beide sind Asaphpsalmen, haben also eigentlich auch jeweils eine Überschrift. Spezielle Gemeinsamkeit zwischen beiden Psalmen ist die Verwendung von Heiligtumsbezeichnungen im Plural (Ps73,17; 74,8).44 Dies könnte neben traditionsgeschichtlichen Gründen, den Psalmen eine gemeinsame Überlieferungsgeschichte zuzusprechen, ein Grund dafür sein, sie zusammenzuziehen. 45 Auch zu Psalm 77178 ist eine einzelne Handschrift aufzuführen (KenMs 89). Im Fall von Psalm 90/91 ziehen einige Handschriften 46 einen überschriftslosen Psalm zum vorhergehenden Psalm. Beachtlich sind insbesondere die inhaltlichen Parallelen zwischen beiden Psalmen, die das Vertrauen des Beters gegenüber Gott ausdrücken. Sprachlich sind die Parallelen dabei aber eher geringer, al~ es vom Inhalt her zu erwarten gewesen wäre: Das Themenwort von Ps 90 1;31~ ("Aufenthalt", "Zuflucht") wird in Ps 91 nur an einer Stelle (v. 9) aufgenommen und sonst in Ps 91 durch das nahezu bedeutungsgleiche Wort ;'lJ.t;1~ (Ps 91,2.9) ersetzt. Die Funktion als einleitendes Themenwort wird in Ps91 von "mO (Versteck, Schutz) wahrgenommen (Ps91,1). Semantisch steigert Ps91 damit gegenüber Ps 90 die Vertrauensaussagen. Auch das Motiv der "Länge der Tage" am Schluß von Ps 91 (C'~~ 1jN, Ps 91,16) nimmt zwar inhaltlich ein wichtiges Motiv aus Ps90 auf (v. 4.9), aber die exakte sprachliche Parallele findet sich dort nicht. Da die inhaltlichen und sprachlichen Berührungspunkte über Ps 90 und 91 hinausgehen, 47 haben wir auch hier den Fall von bewußt zusammengefügten Einzelpsalmen, deren Nähe 40 KenMs 173 (nur KENNICOTI, Dissertatio, s. u. Anm. 48) sowie Ms Or 4227 (nach GINSBURG, aaO. 725). Letztere Handschrift hat zudem zu Ps42f. und Ps 119 textgeschichtlich interessante Varianten. 41 KenMs 82; 93; 97; 133; 155; 156; 206; 245; 260; 590, RosMs 33; 218; 350; 367; 379; 380; 413 Hilleliano; 480; 554; 572; 596; 628; 632; 670; 847; 874; 954. GINSBURG, aaO. 776f., nennt Vienna Nr. 4, Deutschland 1299. Vgl. auch das Auslassen der Zählung bei Ps 71 im Codex Leningradensis B 19 a (BHS z. St.). 42 KenMs 36; 206 und 259. 43 KenMs 97 und 133. 44 Vgl. auch zu Ps 74,4 im Apparat der BHS die Plurallesart "'lm~ in 152 Handschriften (nach Kennicott und de Rossi). 45 Dazu unten 1.2.3.7 und II.2.1. 46 KenMs 74; 97; 133; 245; 326, WILSON (Editing 134) zieht unerklärlicherweise wieder Ms 260 hinzu. 47 Zu Ps 90-94 als weisheitlichem Textzusammenhang siehe unten II.3.4.
gelegentlich in der Handschriftenüberlieferung zum Zusammenziehen von Einzelpsalmen geführt hat. Die Psalmen 93-99, die bis auf Ps94 alle zur Gruppe der Jhwh-König-Psalmen gehören, haben bis auf Ps 98, dessen Überschrift mit einem einfachen ';~T~ denkbar ~urz.ausfällt, keine Überschrift. Alle diese Psalmen, einschließlich Ps 98, sind gelegenthch m der Handschriftenüberlieferung zusammengezogen worden. 48 Das hohe Alter dieser möglichen Psalmenverbindungen ist durch das Lesen von Ps 92/93 und Ps 94/95 als ein Psalm in 40Psb gesichert. Das Zusammenziehen dieser Psalmen wird sowohl an der inhaltlichen Nähe dieser Psalmen als auch an den fehlenden Überschriften liegen. Besonders in diesem Textbereich, wo Psalmüberschriften fast völlig fehlen, fällt weniger auf, daß diese Psalmen gelegentlich zusammengeschrieben worden sind, als daß sie in den meisten Fällen trotz fehlender Überschrift eindeutig getrennt werden. Psalm 1031104 sind in einigen Handschriften zusammengeschrieben 49 und in allen über den gemeinsamen Anfang wie Schluß ;";"-1'1'5 'W~~ ':;)':r~ ("Lobe Jhwh, meine Seele") verbunden. Ps 104 ist als eigentlich überschriftsloser Psalm wieder ein typischer Fall einer möglichen Fehlerquelle der Textüberlieferung. In etlichen Handschriften wird a~er diese Rah~.enzeile als selbständige Halbzeile geschrieben, so daß graphisch der Emdruck einer Uberschrift entsteht. Ps 103 und 104 sind damit wohl in den wenigen Handschriften, die beide Psalmen zusammenziehen, eindeutig der Fall der sekundären Verknüpfung zweier als Einzelpsalmen bewußt nebeneinandergestellten und über den Rahmenvers verbundenen Psalmen zu einem Psalm. Innerhalb des Ägyptischen Halleis wird Psalm 1141115 auch in der hebräischen Texttradition häufiger zusammengeschrieben. 50 Grund dafür ist einerseits die fehlende Überschrift bzw. das fehlende Hallelujah als Texttrenner. Neben der Septuaginta ist insbesondere noch 40Pso als Textzeuge für das Zusammenschreiben von Ps 114/115 zu nennen, womit das hohe Alter dieser Tradition gesichert ist. Als weitere Zeugen dieser Psalmabtrennung nennt der Apparat der BHS den Kodex Leningradensis, die Übersetzung des Theodot und der Peschitta sowie Hieronymus. Die Trennung beider Psalmen entspricht einer Eigenart der Verwendung des Ägyptischen Halleis innerhalb der Pessachliturgie: Nach der bis heute gültigen Lehrauffassung der Schule Hilleis wird die 48 Psalm 92/93: KenMs 37; 74; 82; 89; 93; 97; 133; 681; RosMs 379; 380; 596; 733. Psalm 93194: KenMs 74; 97; 133; 173 (Ms 173 nur nach KENNICOTI, Dissertatio). Psalm 94195: KenMs 30; 36; 37; 74; 93; 97; 133 (bei WILSON, Editing 134, fehlt Ms 30); RosMs 596 und 732. Psalm 95196: KenMs 36 und 67; RosMs 596 und 874. Psal.m 96/97: KenMs 30; 36; 74; 93; 97; 133; 141; 245 (bei WILSON, Editing 134, fehlt Ms 30, Ms 245 1st zu Ms 145 verschrieben); RosMs 379; 596; 670; 874, in exteris Ms 33 und 49. Psalm 97198: KenMs 74; 97; 133; 173 (Ms 173 nur nach KENNICOTI, Dissertatio). Psalm 98199: KenMs 30; 36; 74; 93; 97; 133; 173 (bei WILSON, Editing 134 fehlt Ms 30)· RosMs
n9;~~
,
,
KenMs 37; 74; 93; 97; 133; 156; 173; 245; RosMs 380; 864. 50 KenMs 1; 89; 94; 102; 119;121;131; 144; 148; 155; 192; 198;201;208;217;219;220;222; 300; RosMs 1;3;33;35;37;40; 186;187;193;215;218;224;231;234;249;263;275;276;277; 287;289;304;343;346;367;369;466;480;517;518;570;579;596;615;632;633;644;677;683; 758; 7.?9; 7?5; 779; 782; ~01; 824; 828; 829; 865; 873; 899; 954 (primo 553). GINSBURG, aaO. 777,. fügt Vle~na .Nr.: 4 hmzu. Dgl. neben so wichtigen Codices wie dem Codex Aleppo und Lenmgradensls die Ubersetzungen der Septuaginta, Vulgata, Peschitta u. a. 49
1. Der Psalm als Parasehe des Psalters
Teill: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
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Zitierung des Ägyptischen Halleis beim Pessachmahl nach Ps 114 unterbrochen (mPes 10,6). Die Abtrennung von Ps 114 und Ps 115 hat also mit einiger Sicherheit liturgische Gründe. Auch die restlichen Psalmen des Ägyptischen Halleis sind jeweils in wenigen Handschriften zusammengezogen: sehr wenige hebräische Handschriften ziehen Psalm 115/116 zusammen. 51 Erheblich mehr Handschriften ziehen den extrem kurzen Psalm 53 117 zum vorhergehenden Psalm 11652 bzw. zum nachfolgenden Psalm 118 . Wie bei Ps 103/104 wird in diesen Psalmen meist das einleitende bzw. auslautende Halielujah halbzeilig geschrieben, so daß der Eindruck einer Überschrift entsteht. Wo das nicht geschieht, sind die Psalmen des Ägyptischen Halleis wie die überschriftslosen Psalmen besonders gefährdet, zusammengeschrieben zu werden. Immerhin 5 Handschriften ziehen selbst Psalm 119 mit Ps 118 zusammen, 54 obwohl Ps 119 als Akrostichon 55 mit 8 Zeilen pro Buchstabe des Aleph-Bet gegenüber Ps 118 sehr auffällig ist. 56 Psalm 128/129 sind in lediglich einer Handschrift 57 als ein Psalm gezählt. Diese sekundäre Tradition wird durch die Zugehörigkeit beider Psalmen zur selben Psalmen-
gruppe verständlich. Psalm 134/135 sind als Hymnen miteinander verwandt. Daß Ps 135 gelegentlich in der Handschriftentradition mit zu Ps 134 gezogen wird, 58 mag an der Kürze von Ps 134 und der fehlenden Überschrift in Ps 135 liegen. Daß der ebenfalls ohne Überschrift folgende Ps 136 textlich eindeutig immer von Ps 135 getrennt wird, liegt nicht zuletzt an dem für Ps 136 typischen Refrain ;'t?t1 07;317 ':;l ("Denn in Ewigkeit ist seine Treue"). 59 Außer-
KenMs 220; 356; RosMs 4 hispanico. Vgl. auch die griechische Tradition. KenMs36; 37; 74; 80; 82;93; 94;97; 131; 133; 142;150;153;178;216;220;222;260;264; 370; 545; 664; RosMs 2; 31; 32; 244; 287; 367; 379; 380; 554; 596; 645; 846; primo 249; 632, außerdem Targumhandschriften. 53 KenMs 92; 93; 141; 150; 156; 170; 173; 205; 207; 220; 239; 356; 404; 409; 437; 454; 476; 499; 525; 531; 541; 601; RosMs 244; 367; 782; 801; 874; 1007; nunc 328. Vgl. GINSBURG, aaO. 536, zu Add. 9399. Demnach ziehen also drei Handschriften (KenMs 93; 150; 220) sowohl Ps 116 und 117 als auch Ps 117 und 118 zusammen. 54 KenMs 74; 97; 99; 133; 173. 55 Beispielsweise im Codex Aleppo werden Akrosticha nicht konsequent akrostichisch geschrieben, Ps 119 bildet hier eine Ausnahme (s. o. Seite 8f. Anm. 17). 56 Bemerkenswert ist weiterhin, daß die 22 verschiedenen Strophen zu 8 Versen von Ps 119 in sehr vielen Handschriften, u. a. dem Codex Aleppo, jeweils wie ein neuer Psalm geschrieben sind. In wenigen Handschriften werden diese einzelnen Strophen von Ps 119 sogar als jeweils ein Psalm gezählt, so z. B. Or 4227 (Deutschland, um 1300, GINSBURG, aaO. 725). Diese Handschrift zieht zusätzlich noch Ps 42f. und 53f. zusammen. Durch Teilung von Ps 118 (v. 1-25. 26-29) entstehen in dieser Handschrift 170 Psalmen. GINSBURG, aaO. 536f., beschreibt außerdem noch eine völlig ausgefallene Handschrift (Add.9939, Deutschland um 1250), die Ps 119 in acht Psalmen unterteilt und dabei selbst die Strophen mit gle~~hem Buchstabenanfang unterbricht. Da die Handschrift neben verschiedenen Varianten im Agyptischen Hallel ganze Psalmen ausläßt bzw. zusammenzieht (Ps 57; 128f.) und teilt (Ps 78; 118 nach v. 24), sowie Ps 151 überliefert, ist der textgeschichtliche Wert dieser Handschrift sicherlich gering einzuschätzen. 57 Add.9399 (nach GINSBURG, aaO. 537) und KenMs 173. 58 KenMs 74; 97; 133. Bei WILSON, Editing 134, ist KenMs 245 irrtümlicherweise aus der Spalte zu Ps 144/145 in die Spalte von Ps 134/135 geraten. 59 Eine Ausnahme bildet wieder einmal KenMs 173, die Ps 135 und 136 zusammenfaßt. 51
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dem ist Ps 136 als das Große Hallel 60 ein Text mit einer selbständigen, profilierten Wirkungsgeschichte. Letzter Fall von in der Handschriftentradition zusammengezogenen Psalmen ist Psalm 144/145. 61 Beides sind Davidpsalmen und gehören - nach unserer noch auszuführenden Interpretation - zur Einleitung des kleinen Halleis Ps 146ff. 62 Das Zusammenziehen beider Psalmen ist angesichts der wenigen Handschriften, die diese belegen, sicher sekundär. Beachtlich ist, daß die Probleme mit der Psalmabgrenzung zu einem hohen Teil in immer denselben Handschriften auftreten, die zudem aufgrund offensichtlicher Schreibfehler nicht zu den qualitativ hochwertigen Textzeugen gehören. 63 Da diese Handschriften durchweg spät sind und teilweise der christlichen polyglotten Textüberlieferung angehören,64 bezeugen sie die Lesepraxis der Psalmen als Kontinuatext beispielsweise im Mönchtum zur Zeit der handschriftlichen Überlieferung des kanonischen Textes, 65 nicht aber eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit von zwei Psalmen als ein Psalm.
Insgesamt gibt es nur in wenigen Fällen wie bei Ps 1/2,9/10,32/33,42/43 oder 114/115 Gründe dafür, eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit zweier Psalmen ernsthaft zu erwägen. In keinem Fall fanden wir jedoch zwingende Gründe für eine Annahme der ursprünglichen Zusammengehörigkeit zweier Psalmen als ein Psalm. Oft sind in den hebräischen Handschriften die Psalmabgrenzungen dort fraglich, wo keine Psalmüberschriften stehen. In wesentlich weniger ~ällen entstehen die Probleme mit der Psalmabgrenzung trotz eindeutiger Uberschrift in der Textüberlieferung. 66 In solchen Fällen gehören diese Psalmen aber mit einer Ausnahme zur selben durch das Überschriftensystem konstituierten Psalmgruppe.67 Bemerkenswert ist jedoch weniger, daß gelegentlich ein Psalm, der nur durch eine Petucha bzw. Setuma vom folgenden Psalm abgegrenzt ist, als Psalm seine Selbständigkeit verliert, sondern daß er umgekehrt seine Selbständigkeit in den meisten Handschriften trotz der fehlenden Überschrift behält. Die Einteilung des Psalters in Psalmen scheint damit Dazu unten S. 32f. KenMs 141; 245 (Ms 245 fehlt bei WILSON, Editing 134). 62 Dazu unten 11.3.3. 63 Vgl. Z. B. KenMs 74; 97; 133; 173. 64 Soz.B. KenMs36; 38; 73; 74; 97. .65 Vgl. aus der Benediktregel die Regel 17. In dieser Regel findet sich auch eine Anleitung, wie entsprechend der Kontinualesung des Psalters die Psalmgrenzen nach Bedarf neu ziehbar sind. Diese Lesepraxis macht den Psalter im griechischen Sprachbereich zum häufigst überlieferten Text (dazu RALPHS, in: Septuaginta 10. 6Off.). 66 Theoretisch mögliche Psalmenverbindungen wegen fehlender Überschrift beim zweiten Psalm: Ps 1/2, 9/10, 32/33, 42/43, 70/71, 90/91, 92/93, 93/94, 94/95, 95/96, 96/97, 98/99, 106/107, 114/~~5, 118/119, 134/135. Nur bei Ps 47/48, 71/72, 73/74, 97/98, 144/145 gibt es trotz vorhandener Uberschrift Unterschiede bei der Psalmabgrenzung. In den restlichen Fällen (Ps 1031104, 106/107, 115/116, 116/117, 117/118) haben wir in der Textüberlieferung wie eine Überschrift als Halbzeile geschriebene Wendungen wie ;";" lllt 'tI1!ll '::l,:J oder ;""',;,. 67 Ps 47/48 sind beides Korachpsalmen, Ps 73/74 sind Asaphpsalmen, Ps 97/98 sind Psalmen ohne Personenüberschrift, Ps 144/145 sind beides Davidpsalmen. Lediglich Ps 71/72 fallen als überschriftsloser bzw. als Salomopsalm aus dem Rahmen. 60 61
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
1. Der Psalm als Parasehe des Psalters
Teil der Gestaltung des Buches in der ältesten erhaltenen Überlieferung ~u sein und sich damit von der übrigen Textüberlieferung der Hebräischen Bibel zu unterscheiden. 68
henden Psalm kenntlich. 75 Die Tradition der 150 Psalmen ist jedoch keineswegs die einzige, was angesichts der in den Handschriften immer wieder differierenden Abtrennung von Psalmen nicht verwundert. Beispielsweise der palästinische Talmud gibt die Zahl von 147 Psalmen an, die eine feste Zahl mit besonderer Symbolik ist. 76 Masoretische Codices wie Brescia (1494) und Neapel (1491-94), eventuell auch der Codex Aleppo,77 teilen den Psalter in 149 Psalmen. Weit größere Zahlen entstehen durch die Zählung von Ps 119 als mehrere Psalmen. 78 Von hierher ergibt sich eine Stellungnahme zu der wohl bekanntesten These zur Komposition des Psalters, die mit dem Namen A. Arens verknüpft ist, der die alte These, der Psalter sei eine Sammlung von Psalmen zur Begleitung der zyklischen Pentateuchlesung, aufgriff. 79 Positiv an dieser These ist einzuschätzen, daß hier die durch die Voranstellung des Torapsalms Ps 1 und die Einteilung des Psalters in fünf Bücher erfolgte Perspektive des Psalters auf den Pentateuch als Ansatz der Auslegung gewählt wird. Problematisch wird jedoch die direkte Identifikation des Psalters als eine Sammlung von Segenssprüchen zur Pentateuchvorlesung nach dem dreijährigen Zyklus, wie sie Arens nahelegt. 8o Diese These ist zudem fragwürdig, weil die sich bei Arens ergebenden 148 Segenssprüche 81 bereits zahlenmäßig nicht mit 150 Psalmen zusammen-
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Dies bestätigt auch die Gegenprobe weitgehend. Die Psalmen werden in der Handschriftenüberlieferung nicht nur mit Psalmen der textlichen Umgebung zusammengezogen, sondern erscheinen in se~~ener~n Fällen auch.weiter unte~teilt. Beispi~~e dieser Art finden sich insbesondere im AgyptIschen und kiemen Halle! m Psalm 116 und Psalm 14770, die in der Septuaginta gegenüber dem masoretischen Text geteilt ~erden. Inn:rhalb des Ägyptischen Halle!s können wir in den hebräischen Handschnften auch em: Teilung von Psalm 11571 und Psalm 11872 feststellen. Eine d~r in de~ späteren mas?re~l schen Handschriften befindlichen Teilungen von Ps 118 fmdet Sich auch bereits m 11QPs.: so stehen die Verse 25-29 eventuell als Einzelpsalm in 11QPs· frag. E col. 1. 73 74 Völlig singulär ist wohl eine Teilung von Psalm 78.
Für die Komposition des Psalters haben wir damit von den Einzelpsalmen als Ausgangsgröße auszugehen. Für die Septuaginta ist die Zahl der Psalm~n bereits eine feste Größe gewesen, die mit der Untergliederung des Psalters m Einzelpsalmen feststand, denn die Septuaginta macht den auch aus anderen Quellen bekannten Ps 151 ausdfücklich als einen außerhalb der Zählung ste-
68 Der Nachweisversuch beispielsweise von Oesch, Setuma, die konkreten Paraschen des Jesajabuches zu ermitteln, ist, so das Ergebnis des Buches, nicht gelungen. 69 Teilung vor v.11: KenMs 222; Teilung vor v.12: KenMs 30; 76; 133; 142; 150; 156; 157; 245; FlosMs 34; 244; 379; 380; 412;551; 572;595;628; 632;847; 864 ; 874; außerdemi\dd. 9399 (nach GINSBURG, aaO. 536). . ' 70 Ps 147 ist einer der wenigen hier genannten Psalmen, dessen Teilung auch formgeschIchtlich diskutabel ist (dazu unten 1.3.2). 71 KenMs 76; 97; 133; 150; 156; 264; FlosMs 34; 37; 215; 244; 270; 275; 328; 412; 551; 572; 595; 640; 644; 645; 847 teilen Ps 115 vorv.12, dgl. i\dd.9399 (GINSBURG, aaO. 536). 72 v. 5: KenMs 82; 150; 156; 157; 178; 198; 208; 245; 318; 499; FlosMs 31; 34; 38; 187; 287; 350;368;369; 380; 551;554; 572; 593; 595; 612; 628; 645; 732; 782; 801; 846;847; 874;879; außerdem i\dd 9399 und Vienna Nr. 4 (letztere nach GINSBURG, aaO. 536 bzw. 777). v. 25: KenMs 148; 157; 178; 245 (sic!); 251; 260; FlosMs 2; 37; 270; 275; 368; 510; 609; 645; 829; außerdem i\dd 9399 (nach GINSBURG, aaO. 537). v. 26: KenMs 150; 153; 156; 198; 245 (sic!); FlosMs 34; 270; 287; 368; 595; außerdem Or 4227 (nach GINSBURG, aaO. 725). Wie z. B. die angeblich doppelte Trennung am Schluß :on Ps ~18 in KenMs 245 (Deutschland, 1290 geschrieben, 1292 punktiert) zu verstehen Ist, bleibt rätselhaft. 73 Der Text an dieser Stelle ist nur als Fragment erhalten, vgl. Y ADIN, Textus 5, 1-10. Das ;" '77;' "on C7'117 ':J ;";"7 m;, in dem i\bschnitt der Hauptrolle vor Ps 145 (col.xi) muß nicht aus Ps 118,29 sein, da insgesamt nur 3 Verse aus Ps 118 (Fleihenfolge: v. 15f..8) sicher identifiziert werden können (gegen SANDERS, DJD 4, 37 u.ö.). Bis auf das;" ''';', das auch am Schluß von Ps 118 im masoretischen Text nicht erscheint, ist der Vers zu geläufig (Ps 106,1; 107,1; 118,1.29; 136,1), um ihn in dem in 11QPs' völlig zerlegten Ps 118 zwingend dem Schlu~ zuzuordnen. Beachtlich ist, daß die Probleme mit der Einteilung von Ps 118 an den Stellen nJlt Stimmungswechsel auftreten, dazu unten 1.3.4.2. 74 Vor v. 38: KenMs 76; 82; 178. Vgl. auch GINSBURG, aaO. 536, zu i\dd 9399. Es gibt auch weitere Beispiele dieser i\rt: so wird Ps 90 nach v. 16 von den Handschriften KenMs 36; 43; 80; 245; 249; 680; FlosMs 38; 403; 441; 536; 572; 632; 645; 865; 919 geteilt bzw. abgeschlossen.
75 LXX Ps 151,1: Oii'tO~ 6 'ljJaA!!O~ LÖLoYQa<jJo~ cL~ ~aULÖ xai E~w8EV 'tOU aQL8!!ou .. : ("Dieser Psalm wird David zugeschrieben außerhalb der Zahl ... "). Zu Psalm 151 siehe auch unten III.3.1. Die Septuaginta stellt diesen Psalm also deutlich außerhalb der 150 Psalmen auch die Überschrift ist nicht ein einfaches T0 ~auLö, sondern ein distanzvennittelnde; i\usdruck. Mit beiden Einleitungen überliefert die Septuaginta diesen Psalm gewissermaßen als deuterokanonischen innerhalb des Psalters. Zu Ps 151 vgl.: FABRY, FS Groß 45-67, und unten III.3.2.1. Zu hebräischen Handschriften, die 151 Psalmen zählen, siehe SARNA, EJ 13, 1303-1322, hier 1306. 76 jShab 16,1, 15c; vgl. bBer 9b.lOa; Sof 16,11; MShir zu Ps22,4 (22,19; 104,2). Nach dieser Tradition ist die Zahl 147 eine i\nalogie zu der Zahl der Lebensjahre Jakobs. Zudem hat 147 den Zahlenwert 3 x 7 x 7. Die Tradition von 147 Psalmen gibt es auch in Handschriften, so erzielt beispielsweise der Codex Vienna 4 147 Psalmen durch Zusammenziehen von Ps9f.; 70f. und 114f. (GINSBURG, aaO. 777). 77 Der Codex i\leppo zieht Ps 115 zu Ps 114, ohne wie die Septuaginta die Zahlendifferenz durch die Teilung von Ps 116 auszugleichen. Wegen der unvollständigen Erhaltung des Codex i\leppo bleibt die Zahl der Psalmen jedoch nur eine Vermutung. Zur i\btrennung von Ps 114 und 115 vgl. auch WILSON, Editing 179f. 78 Vgl. dazu oben i\nm. 56. 79 i\RENS, Psalmen, auch bereits in: ders., in: Le Psautier, 107-132. i\rens These ist im Kern keineswegs neu, vgl. BücHLER, JQFl5, 420-468; KING JTS 5 203-213' DAHsE Flätsel' SNAITH, Zi\W 10,302-307; GUILDING, JTS 3, 41-55. Wei~ere Li~eratur bei WILSO~ Jsm
~
,
80 Beispielsweise das Problem, ob der sogenannte dreijährige Lesezyklus nicht ein 3 1/2 jähriger Zyklus war, wird von i\RENS nicht ernsthaft erwogen . .81 ELBOGEN, Gottesdienst, 160.162, nennt 153 bzw. 154 (verschiedene Schlußmasora); 155 (em ungenannter Midrasch); 167 (Schlußmasora des Codex Leningradensis nach Dtn 34) und 175 (nach Sof 16,10) Leseabschnitte der Tora nach dem dreijährigen Zyklus als belegbare Zahlen.
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
paßten. 82 Der Ansatz ist zudem ~uch als yer~tehensmodell zum Psalter un~e eignet, solange nicht mehr über dIe Leseemtellung des Pentateuch ~ekannt.lst, sondern weitgehend Unbekanntes mit zu Interpretierendem verglIchen WIrd. Andererseits ist auch die Unterteilung des Psalters in 150 Einzelpsalmen von der Textüberlieferung her keineswegs völlig eindeutig. Die gesamte Kon~t.ruk tion von Arens hat eine ganze Reihe von Schwächen: Neben der oft unkn~lsch unhistorischen Sicht der Texte 83 ist dies insbesondere die Allegorese, mIt der Arens Verbindungen zwischen den Rahmentexten des Pent~teuch und der Psalmbücher herstellt. Ärgerlich ist hierbei besonders, daß dIe vorgegebene Einteilung des Psalters in Bücher im Fall des fünften Psalmbuches. entgegen seiner Vorgabe, die vorliegenden Einteilungen erklären zu wol~en,.~l~ht ern~t genommen wird. Arens Arbeit hinterläßt also einen sehr zWIespaltlgen Em-
Die Frage, auf welcher historischen Ebene wir den Psalter als Textzusammenhang beschreiben können, stellen wir vorerst zurück. Sie wird uns im dritten Hauptteil dieser Arbeit ausführlich beschäftigen. Dort werden wir auch die Frage nach literarischen Vorstufen und Teilpsaltern behandeln. Betrachten wir zunächst exegetische Ansätze, die das Verhältnis von literarisch benachbarten Psalmen beschreiben.
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druck. Noch einen weiteren Ertrag nehmen wir aus der Betrachtung der Handschriften mit: Die überschriftslosen Psalmen waren wegen des fehlenden unterstützenden Texttrenners der Überschrift häufige Problemfälle bei der Psalmtrennung. Diese Psalmen sind bereits von Wilson teilweise als e~itorisc~ wichtige Psalmen erkannt worden. 84 Wilson meint an diesem Punkt dlf~erenzler.~n zu müssen: er zieht die überschriftslosen Psalmen der ersten dreI Psalm~ucher jeweils zum vorhergehenden Psalm und weist diesen keine text~bergrelfende Funktion zu. 85 Ob diese Unterscheidung zwischen den überschnftslosen Psalmen der ersten drei Psalmbücher und denen der letzten beiden Psalmbüc~er hilfreich und notwendig ist, wird im Fortgang unserer Analyse zu fr~gen sem. Von der textkritischen Betrachtung der Psalmgrenzen her gehen WIr von der Selbständigkeit auch der überschriftslosen Psalmen der ersten drei Psalmbücher aus. In Umkehrung der Fragestellung von Wilson werden deswegen auch diese Psalmen besonders auf ihren Kontext- und Kompositionsbezug zu befragen sein. 86 82 So TRIEL, JLH25, 55-69, hier 64. Zur allgemeinen Kritik vgl. auc~ KRAUS 13f., dort ~er Hinweis auf die wichtige Dissertation von NIEMEYER, Problem, der diese Vorstellungen Im Detail bereits vor der Untersuchung von ARENs widerlegt hatte. . 83 TRIEL, aaO., führt hier eine ganze Reihe von Beispielen an. Bei~pielsweise ~ekons~rU1ert Arens den israelitischen Gottesdienst bis in vorsinaitische Zeit (!), mdem er mcht ZWischen erzählter Zeit und Zeit des Erzählers unterscheidet. 84 Diese These von WILSON wird im dritten Hauptteil der Arbeit noch eingehend untersucht werden. 85 WILSON, aaO. 173ff. Ein älterer Ansatz dieser Art, der überschriftslose Psalmen zu~ vorhergehenden Psalm zieht, findet sich z. B. bei Hilearius, vgl. DEISSLER, Psal~ 119, 42. Mit dem Modell von Zwillingspsalmen werden wir eine Methode kenn~nl~rnen, die d~n Aspekt der offensichtlichen Psalmtrennung mit dem der bewußten Kombmahon von zwei Psalmen vermittelt. Siehe dazu unten 1.2.1. 86 Zu Ps H. s. u. 11.3.2.1 und 3.2.2, zu Ps 9f. s. u. 11.3.2.2, zu Ps 32f. s. u. 11.3.2.4 und zu Ps70f. s.u. 11.3.1.3. Zu Ps 114f. lassen sich vergleichbare kompositorische Beobachtungen nicht machen hier scheint das Problem der Psalmtrennung eher eine Folge einer liturgischen Varianz zu sein (dazu unten S. 30-32). Vgl. außerdem Kap. 111. passim.
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen 2.1 Zwillingspsalmen K. Seybold notiert die gegenwärtig forschungsgeschichtlich besondere Bedeutung der kontextuellen Psalmenauslegung, wenn er in einer Rezension schreibt: "Es entspricht einem Trend der Psalmenforschung der letzten Jahre, nach gewachsenen Einheiten zu fragen und deren Gemeinsamkeiten nach Herkunft und Gestaltung zu untersuchen. Dies geschieht offenbar in der Erkenntnis, daß der Zwischenraum zwischen den individuellen Texten und ihrer Entstehung und dem mehr oder weniger im Dunkeln liegende Abschluß des Gesamtpsalters durch die Gattungsforschung mit ihren idealtypischen Modellen nicht zureichend abgedeckt werden kann. Die Sammlungen oder Einzelpsalter werden Gegenstand von Spezial untersuchungen. ,,87
Als solche Teilsammlungen werden in der gegenwärtigen Forschungsdiskussion vor allem die durch die Überschriften konstituierten Psalmgruppen angesprochen. Doch beginnen wir mit der kleinsten möglichen Gruppe von Psalmen, der Kombination von zwei Psalmen und stellen die durch Überschriften ausgewiesenen, größeren Psalmgruppen zurück. Zwei gleichartige Psalmen, die in Reihe zusammenstehen, werden in Anschluß an W. Zimmerli als Zwillingspsalmen bezeichnet. 88 Zimmerli gibt in seinem kurzen Aufsatz zwei Beispiele für solche Zusammenstellungen von zwei Psalmen: die akrostichischen Weisheitspsalmen Ps 111 und 112 und die Geschichtspsalmen 105 und 106. Zimmerli weist ausführlich nach, wie beide Psalmen jeweils in einer Doppelaussage Ähnliches unter anderem Aspekt entfalten: Ps 105 bietet beispielsweise die Geschichte Israels unter dem Aspekt der Heilsgeschichte, während Ps 106 fast denselben Bereich der Geschichte Israels unter dem Aspekt des Abfalls Israels wiederholt. Beide Psalmen umspielen das Thema der Tora: Ps 105 erzählt Geschichte, soweit sie im Pentateuch steht, und endet mit dem Hinweis, daß der Landbesitz Israel von Gott geschenkt sei, damit es seine "Satzungen und Weisungen" ("~"'in~ "i?tI, v.45) halte. Ps 106 beurteilt die 87
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SEYBOLD, ThLZ 115, 102-103, hier 102. ZIMMERLI, Zwillingspsalmen 105-113.
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Geschichte Israels unter dem Aspekt des "Glücklich sind die, die das Recht bewahren und ist der, der alle Zeit Gerechtigkeit tut" .89 Ps 106 nimmt also die Tora als Maßstab für die Beurteilung von Geschichte. 90 Ähnlich eng berühren sich Ps 103 und 104 mit der gleichen Über- bzw. Unterschrift ;,,;,'-n~ 'W~l ':;l':)~ ("Lobe Jhwh, meine Seele!") und verschiedenen Stichwort- und Motivbezügen, insbesondere zwischen Ps 103,19-22 und Ps 104,la und ~em Schluß vo~ Ps 104 und Ps 103. 91 Ein weiteres Beispiel für einen Parallehsmus von zwei Psalmen sind Ps 127 und 128: Beides sind Weisheitspsalmen, die inhaltlich sehr gut zusammenpassen. 92 Formal endet Ps 127 mit einer Glücklich-Preisung (''J~15, v. 5) und Ps 128 beginnt mit einer solchen (v. 1). Bis h~n z~r~erss~ruk~ur stimmen beide Psalmen überein: Beide Psalmen lassen sich m JeweIls vier Zeilen untergliedern,93 die thematisch abgrenzbar sind. Diese Zwillingspsalmen sind also sogar in sich gedoppelt. 94 Doch gibt es nicht nur Verbindungen zwischen den beiden Hälften innerhalb der Einzelpsalmen, 95 sondern auch beispielsweise zwischen den beiden Schlußhälften der Zwillingspsalmen untereinander, die über das Thema der Kinder als Zeichen von umfassendem Segen verbunden sind. Unlängst hat auch E. Zenger die Beobachtungen von Zimmerli aufgenommen. 96 Zenger verweist auf weitere Beispiele für Zwillingspsalmen wie Ps 20 und 21 sowie Ps 135 und 136. Mit diesem Phänomen der Parallelanordnung zweier Psalmen wiederholt sich im Großkontext des Psalters etwas, das auch im Kleinkontext der Versebene poetischer Texte bekannt ist: der parallelismus membrorum. Exegeten unterscheiden seit R. Lowth 97 gemäß dem inhaltlich-logischen Verhältnis des Ausgesagten drei Arten von Parallelismen: den synthetischen, den antithetiPs 106,3: nl1-"~~ :1i?7'.\' :1wY ,,~t;i7;l ''J?;lW ''Jt;i~. Zur Umspielung von Motiven der Tora im vierten Psalmbuch vgl. bes. ZENGER, FS Ehrlich 236-254, und unten II.3.4 und IIL3.3.4. 91 Mit ZENGER, Morgenröte 36. Ob nun Ps 103,22 und 104,1.35 redaktionell sind (so Zenger, aaO. 201) und damit ein literarkritisch ursprünglicher Psalm rekonstruierbar ist, bleibt ungewiß, desgleichen der beachtliche Versuch von SEYBOLD, ThZ 40, 1-11, Ps 104,31-35 für von Ps 103 abhängige Redaktionsarbeit zu halten. KOCH, FS Amirtham 64-69, hat demgegenüber diesen Ansatz erweitert, indem er Ps 103,19-22; 104,1 a.33- 35 und 105,1.45 für redaktionell hält. Hier tendiert, wie so oft, der Versuch, Beziehungen speziell zwischen zwei Psalmen nachweisen zu wollen, zu einer Verkettung weiterer Psalmen. Da jedoch Ps 105 und 106 als Geschichtspsalmen mit unterschiedlichem Akzent sehr deutliche Verbindungen aufweisen, sind Ps 103-106 als zwei miteinander verbundene Paare von Zwillingspsalmen zu verstehen. 92 So bereits ZIMMERLI, Zwillingspsalmen 263, und unlängst WESTERMANN, Wurzeln 119. 93 Ps 127,lf.. 3-5; 128,1-3.4-6. Vgl. BHS z. St. 94 Vgl. zu Ps 127 unter diesem Aspekt besonders die Auslegung von KEEL, FS Füglister 155-163. 95 V gl. zur Verbindung zwischen der ersten und zweiten Hälfte von Ps 127 das Wortspiel n':J :1l:J (ein Haus, den Tempel, bauen bzw. eine Dynastie gründen) in 2Sam 7. 96 Z. B. ZENGER, FS Füglister 397-413. 97 LoWTH, Praelectiones, vgl. auch die übersetzte Neuausgabe: ders., Lectures. Zu Lowth vgl. z.B. BLEEK, Einleitung 444, und BERLIN, Dynamics 1ft. 89
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2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
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schen und den explikativen Parallelismus. 98 Wenn wir nun alle drei Arten von Parallelismen mit der Darstellung von Zwillingspsalmen bei Zimmerli und Zenger vergleichen, bieten sie Beispiele für den synthetischen und den antithetischen, nicht aber für den explikativen Parallelismus. Dabei lassen s~ch bereits d~e beiden ersten Psalmen als Beispiel für einen solchen explikatIven Parallehsmus verstehen: Ps2 spezifiziert den Gerechten von Ps 1 auf den ~önig ~nd die Frevler von Psalm 1 auf die feindlichen Könige, dem entspncht dI~ Ansage von Heil für den Gerechten bzw. den König. Da Ps 1 und 2 auch m der Textüberlieferung gelegentlich als ein Psalm verstanden wurden, sehen wir, wie hier unsere Interpretation mit der in der antiken Textüberlieferungsgeschichte möglichen Tradition konvergiert. 99 . ~ie ertr~greich die Betrachtung von Zwillingspsalmen ist, sei noch an emlgen weIteren Beispielen erläutert. In Ps 51 werden gern die letzten beiden Verse als Ergänzung abgetrennt. 100 Die bedingt positive Stellung dieser Verse zum Opfer passe nicht zur schroffen Opferkritik in v. 18. 101 Im Kontext ~on Ps 51 fällt auf, daß nur Ps 50 das Thema Opfer überhaupt entfaltet. ~a dIe Hal~ung hier positiver als in der harten Kritik Ps 51,18 ist, läßt sich dIe vennuthche Ergänzung Ps 51,20f. am besten auf dem Hintergrund der Anfügung d~s einzelnen Asaphpsalms Ps 50 vor den ersten Psalm der beginnenden Davldsammlung Ps51 verstehen. Obwohl wir hier die historische Ein?rdnung dieses Themas einer systematischen Behandlung aller Opferstellen 1m Psalter vorbehal~en wollen, 102 läßt sich doch bereits soviel sagen, daß Ps 50 und Ps 51 thematIsch sehr eng zusammengehören und im Kontext des Phänomens der Zwillingspsalmen zu verstehen sind. 103 Auch Ps 90 und 91 haben einige weisheitliche Grundelemente gemeinsam: So nimmt Ps 91 aus Ps 90 das Motiv Gottes als Zu[luchtstätte (1i17~, Ps 91,9) auf, obwohl Ps 91 das synonyme Wort ;'9J;1~ bevorzugt. 104 Auch am Schluß nimmt Ps 91 das Grundmotiv von Ps 90, das lange Leben und das Schauen des Eingreifens Gottes (Ps 90,16), auf. Allerdings ist auch Ps 92 motivisch eng mit Ps 90f. verwandt. 105 Aber nicht zuletzt durch seine Überschrift n!lW:J ci', ,,'w .,i1:JT1:J (S.abbatlied) ist Ps 92 deutlicher von Ps 90f. getrennt als Ps 91 v~n Ps 90. 1'06 DIe Betrachtungsweise von ~salmen als Zwillingspsalmen ist also nicht völlig trennbar von dem allgememeren Fall der Beziehung zwischen mehreren T
98 Der sogenannte klimaktische Parallelismus, der eine steigernde Kette von wiederaufgenommenen Aussagen bezeichnet, entspricht logisch meist dem synthetischen Parallelismus. Vgl. als .ne~ere I?arstellung auch WILLIS, in: Directions 49-76. Andere Unterscheidungen hat beispielsweise PARDEE, Parallelism. 99 S.o. LI. 100 So z. B. KRAus 542. Dazu unten III.1.2.3. 101 KRAus 548. 102 S. u. m.1.2.1, 1.2.3 und 1.3.1 sowie IIL3.3.1. 103 Vgl. ZENGER, Morgenröte 292. 104 Vgl. zu beiden Wörtern die Einzelstudie von HUGGER, Gott. 105 So betont zuerst REINDL, VT.S 32, 333-356 hier 350-354 106 D , . er Kontext dieser Psalmen ist auch noch weiter faßbar, vgl. dazu z.B. 11.3.4.
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2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
Psalmen in einem zusammenhängenden Text, wie wir es im folgenden Kapitel erörtern werden. Auch am Beispiel von Ps 90 und 91 sehen wir, wie exegetische Beobachtungen von Zwillingspsalmen mit den Problemen der Abgrenzung von Psalmen in den Handschriften zusammenfallen können. 107 Diese in der Textüberlieferung erfolgten Vereinigungen von Psalmen sind also wenigstens teilweise als Zeugen einer exegetischen Tätigkeit verstehbar, die bestehende Verbindungen zwischen zwei literarisch zusammenstehenden Psalmen zu einer Neuabgrenzung benutzt. Das Problem des Zusammenziehens von Psalmen in der Textüberlieferung und unser Verständnis von Zwillingspsalmen decken sich aber keineswegs in allen Fällen: es gibt Zwillingspsalmen, die in der Textüberlieferung nicht als ein Psalm verstanden wurden,108 und umgekehrt gibt es in der Textüberlieferung zusammengeschriebene Psalmen, die nicht als Zwillingspsalmen verstehbar sind. Gleichwohl kann die Bedeutung dieses von Zimmerli erkannten Phänomens insgesamt also kaum überschätzt werden, weil mit dem Ansatz von Zimmerli methodisch differenziert eine Verbindung von zwei Psalmen beschreibbar wird, die gegenüber ihrem Kontext charakteristisch verschieden sind. Von der Formgeschichte der Einzelpsalmen her fällt auf, daß insbesondere zwei Gattungen als Zwillingspsalmen greifbar sind: Weisheitspsalmen und die sogenannten Geschichtspsalmen 109. Bei den sogenannten Geschichtspsalmen sind sogar bis auf Ps 78 alle Psalmen zu den Zwillingspsalmen zu rechnen. Ps 78 hat nun innerhalb des Psalms selbst Doppelungen. So wird beispielsweise vom Exodus zweimal berichtet: zuerst am Anfang des Geschichtsrückblicks (v. 12), der als Erinnerung der Väter gegenüber den Kindern motiviert ist (v. Sf.), und dann als Rückblick auf die Taten Gottes, die die Vätergeneration in der Wüste vergessen hat (v. 42ff.). Innerhalb eines Geschichtspsalms ist damit die in die Grundmotivik integrierte Doppelung von Ps 78 110 gegeben: Geschichte ist Erinnerung der Kinder an die Erlebnisse der Eltern. Wichtiges muß zweimal gesagt werden. Diese Sonderstellung von Ps 78 ist um so bemerkenswerter, als Ps 78 nach masoretischer Zählung die Mitte des Psalters ist. 111
2.2 Reihenbildung von Psalmen an Beispielen aus dem ersten Psalmbuch
107 Siehe oben 1.1. In diese Richtung kann auch ein Verstehensansatz zu Ps9f. und 42f. erfolgen. 108 Beispielsweise Ps 127 und 128. 109 Nach KÜHLEWEIN , Geschichte 85, hat LAUHA (Geschichtsmotive 128) diese Gattungsbezeichnung begründet. GUNKEL rechnete diese Psalmen den Legenden (Einleitung § 8,5) bzw. der Weisheitsdichtung (§ 10) zu. 110 Es ist deshalb sachgemäß, nicht an eine literarkritische Zweiteilung von Ps 78 zu denken. Auch innerhalb der Handschriftenüberlieferung teilt m. W. nach nur eine einzige Handschrift, Add. 9399 (London British Library, Deutschland 1250, nach GINSBURG, aaO. 536) Ps 78 in zwei Teile (v. 1-37; 38-72). 111 Vgl. die Masora z. St. Nach den Masoreten ist Ps 78,36 die Mitte des Psalters, während in der rabbinischen Tradition als Mitte Ps78,34 (bKid 30a) angegeben wird. Doch kann die rabbinische Tradition spezielle theologische Gründe haben: in diesem Vers steht wie im mittleren Vers der Tora die WurzellZh, (Lev 10,16, dazu MILLARD, Gebote 6f.). Insgesamt erscheinen im Umfeld von v.34-36 etliche Begriffe, die theologische Zentralbegriffe der
F. Delitzsch war wohl der erste historisch-kritische Exeget, der im Psalter "den Stempel Eines ordnenden Geistes" 112 entdeckte. Delitzsch vertrat die These, daß die Psalmen nicht nur mit formalen Stichwortverbindungen, sondern "mit gleichen Hauptgedanken"113 aneinandergefügt seien. Die von ihm beschriebene "Verkettung" versucht er im gesamten Psalter nachzuweisen. ehr. Barth resümiert die Wirkungsgeschichte von Delitzsch lapidar: "Man kann nicht sagen, daß diese These in der Forschung viel Anklang gefunden hätte. "114 Barth selbst kann zwar eine durchgehende Stichwortverknüpfung, nicht aber einen durchgehenden Themenzusammenhang innerhalb der Psalmen im ersten Psalmbuch feststellen. Obwohl die in diesem Abschnitt vorgestellten Methoden der Verkettung von Psalmen sich auch in anderen Bereichen des Psalters anwenden lassen,115 belassen wir es hier an Beispielen aus dem ersten Psalmbuch, weil diese Methode in diesem so schwer zugänglichen Textbereich besonders häufig angewendet wird. Bemerkenswert ist bereits für Barth die relativ wenig verbundene Anordnung der Hymnen (Ps 8; 19; 33) im ersten Psalmbuch. Barth denkt sich die Arbeit des Sammlers dieser Psalmen als eine "Nachgestaltung"116 der Texte, was seine Forderung einer ,,,kontextmäßigen' Psalmenerklärung"117 als Aufforderung zur Redaktionskritik am Psalter präzisiert. Barth ist damit der erste innerhalb einer ganzen Reihe von neueren Psalmenexegeten, die den Psalter redaktionsgeschichtlich untersuchen. 118 Heute ist das Programm von Delitzsch und Barth, Stichwortverbindungen zwischen einzelnen Psalmen zu suchen, erheblich geläufiger, als es in der Mitte Hebräischen Bibel sind: so findet sich in v.35 1::1T, was in Gen 8,1 Zentralbegriff der Noahgeschichte ist (dazu GUNKEL, Genesis 145; VON RAD, Genesis 96; SCHOTIROFF, Gedenken 186; WENHAM, VT 28,336-348, hier 340f.; RADDAY, in: Chiasmus, 50-117, hier 99; MILLARD, Gebote 44f.; vgl. auch BLUM, Studien 284). In Ps 78 stehen v. 36 mit "!tl und v. 38 mit 1!l::l Pi ebenfalls theologisch gesättigte Begriffe. Wir werden auf die Zwillingspsalmen noch im Kontext der Betrachtung der Rahmen- und Mittelstücke der Psalmengruppen zurückkommen, dazu zusammenfassend H.4.2. 112 DELITZSCH e1867) 14 (der Kommentar von Delitzsch weist innerhalb der verschiedenen Auflagen große Unterschiede auf, diese Auflage ist zitiert nach BARTH, FS Rapp 30-40, hier S. 30 Anm. 2). 113 AaO.15. 114 BARTH, FS Rapp 30-40, hier 31. Beispielsweise aus der Fülle der Psalmkommentatoren kann Barth nur BERTHOLET und BÖHL eine eingeschränkt positive Aufnahme der These Delitzschs zusprechen. Vgl. jedoch auch die wenigen Hinweise bei ZIMMERLI, Zwillingspsalmen 262f. 115 Vgl. dazu z. B. BECKER, Wege 117, und SCHELLING, Asafpsalmen, aber auch GROSSBERG, Structures 48ff. (zu den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff.). 116 BARTH, FS Rapp 38. 117 BARTH, FS Rapp 39. 118 Hier sind außer BARTH insbesondere die verschiedenen Arbeiten von KOCH, SEYBOLD und ZENGER zu nennen (siehe Literaturliste). ZENGER hat diesen Ansatz ausführlich reflektiert und als einziger der hier zu nennenden Autoren mit dem Ansatz einer kanonischen Exegese in Verbindung gebracht. Vgl. dazu bes.: ZENGER, Bibel und Liturgie 62, 10-20.
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
der 70er Jahre war. 119 Einer der ersten, die ähnliche Ideen weiterverfolgten, war P. Auffret im Zusammenhang seiner Strukturanalysen von Psalmen. Mit dieser Methode nimmt Auffret gleichzeitig aber eine Sonderstellung unter den Exegeten ein, die diesem Verständnis des Psalters weiter nachgegangen sind. Auffret erleichert dem Leser nicht den Zugang zu seinen Analysen, weil das von ihm verfolgte Programm der Suche nach Stichwortverbindungen und Textstrukturen in aller Regel ohne erkennbaren Bezug zu historisch-kritischen Forschungsergebnissen anderer Exegeten praktiziert wird. 120 Auffret hat neben zahlreichen Arbeiten, die er der Struktur von Einzelpsalmen gewidmet hat, auch zwei Studien über den Zusammenhang von Psalmen verfaßt. 121 Während wir die eine Untersuchung Auffrets, die in der Anordnung von Ps 15-24 einen Großchiasmus herausarbeitet, im folgenden besprechen, fällt die zweite Untersuchung über die Wallfahrtspsalmen und ihren literarischen Anhang erst in das folgende Kapitel, das die Psalmgruppe mit einheitlicher Überschrift behandelt. Auffret arbeitet mittels einer Fülle von Stichwortverbindungen heraus, daß Ps 19 Zentrum einer Komposition ist, innerhalb derer er Ps 15 mit Ps24, Ps 16 mit Ps23, Ps 17 mit Ps22 und Ps 18 mit Ps 20 sowie 21 vergleicht. Für Leser, die Auffrets strukturalen Exegesestil nicht teilen, ist die Materialfülle, die er ausbreitet, eher verwirrend. Doch lassen sich die Beobachtungen, die Auffret macht, auch mit den Mitteln der klassischen Formgeschichte nachvollziehen: 122
(sogenannte ) Toreinzugsliturgie . . . . . . . . . . . . . . Ps 15 . . . . . . . . . . . . . Ps 24 Vertrauenspsalm des Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . Ps 16 . . . . . . . . . . Ps23 Klagelied des Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ps 17 . . . . . . . . Ps22 Königsdanklied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ps 18 . . . . . . Ps 20f. Schöpfungshymnusrrorapsalm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ps 19
119 Vgl. z.B. BRENNAN, BTB 10, 25-29; SCHREINER, in: Beiträge 241-277, LOHFINK, FS Füglister 189-204, hier 201ft., und ders., KuI 6,115-133, hier 120ft. 120 Die Kritik von SPIECKERMANN an den "Spanischen Stiefeln", mit denen einige Exegeten Psalmenexegese betrieben, (Heilsgegenwart 19) scheint nicht zuletzt auf Auftrets strukturale Analysen zu zielen. Doch stellt sich die Frage, ob die Ausgrenzung solcher neuen Methoden, wie sie Spieckermann - und er nicht allein - praktiziert, einer wissenschaftlichen Arbeit angemessen ist. M. E. entspricht es einer solchen methodischen Herausforderung eher, sic zu verstehen und zu integrieren zu versuchen, als sie mit pauschaler Polemik zu überziehen und praktisch zu ignorieren. 121 AUFFRET, Sagesse, dort S.407-438 eine Studie über Ps 15-24 und S.439-549 eine Studie über die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. und ihre Nachschrift. 122 Hierbei greifen wir auf die üblichen formgeschichtlichen Charakterisierungen der einzelnen Psalmen zurück, d. h. beschreiben Ps 15 und 24 als Einzugsliturgie ungeachtet des Problems, ob diese nun wirkliche oder literarisch nachgeahmte Gattungen sind, dazu unten S. 135f. (bes. Anm. 353 und 354) und S. 140ff. (II.3.2.5, bes. Anm. 382). Dergleichen bestimmen wir Ps23 als Vertrauenspsalm, obwohl gelegentlich Ps23 auch als Danklied aufgefaßt wird (so z.B. SCHOTTROFF, in: Traditionen 78-113, und MITTMANN, ZThK 77,1-23). Diese Interpretation hat bei einer Betrachtung des Gefüges von Ps22-24 ihr Recht, da Ps23 zwischen einem Klagepsalm mit Lobschluß und einer Toreinzugsliturgie steht (s. u. II.3.2.3). Doch vom Gesichtspunkt der Einzelpsalmauslegung ist die Einordnung von Ps 23 als Danklied sehr problematisch, es fehlt z.B. die für Danklieder typische Eröffnungsformel mit ;", Hi. Ps 23 ist wohl einer der vielen Psalmen, die nicht in die Schemata der klassischen Formgeschichte hineinpassen (dazu unten 1.3.1). Da die Wurzel ;'1' in Ps 23 nicht erscheint, wohl aber Vertrauensaussagen, liegt es insgesamt nahe, Ps23 als Vertrauenspsalm aufzufassen, wenn man überhaupt eine solche Gattung unterscheiden will (dazu unten 1.3.3). Auch die Gattungsbestimmung von Ps 18 ist schwierig, vgl. dazu unten 1.3.2.
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Der Ansatz von Auffret erscheint mir damit trotz aller methodischen Probleme, die beispielsweise die Verwendung auch von sehr allgemeinen Wörtern zur Herstellung der gesuchten Stichwortverbindungen bereitet, unterstützenswert. Die methodischen Probleme der Suche nach Stichwortverbindungen teilt Auffret mit vielen anderen Vertretern des hier zu besprechenden Erklärungsmodells des Psalters. Psalmensprache ist in einem sehr hohen Grad traditionell geprägte Sprache, so daß auch jede vom Exegeten selbstgemachte Zusammenstellung von Psalmen viele solcher Stichwortverbindungen aufweisen dürfte. Methodisch zugänglicher sind historisch-kritisch geschulten Exegeten die Ansätze der Forscher, die auch die historischen Ansätze in Barths Verkettungsmodell aufnehmen. E. Zenger hat in einem jüngst erschienenen Aufsatz Barths Ansatz verallgemeinert, indem er generell fordert: "Bei kanonischer Psalmenauslegung sind die Beziehungen eines Psalms zu seinen Nachbarpsalmen zu beobachten. "123 Zenger übernimmt Barths Fragestellung einschließlich der Methode, die Entstehung des Psalters mit redaktioneller Detailarbeit erklären zu wollen. 124 Neu führt er dabei den Begriff der "kompositionellen Einheit" 125 ein. Er hat zugleich den Ansatz von Auffret weitergeführt, indem er ihn in den Kontext seiner Analyse der kompositorischen Einheiten stellt. Nach Zenger sind die Ps3-14; 15-24; 25-34 und 42-49 jeweils um die Hymnen Ps 8; 19; 29; 46 herum chiastisch angeordnet. 126 Diese weiteren Beobachtungen von Zenger, die uns in der Detailanalyse der Kompositionseinheiten noch eingehend beschäftigen werden, führen aber über den strengen Chiasmus von Ps 15-24 hinaus und konstatieren eine Tendenz innerhalb der Kompositionseinheiten von der "Sehnsucht zur Begegnung mit dem in Ps 29 gefeierten Götter- und Weltenkönig, ... während Ps 30-34 Zeugnis davon ablegen wollen, wie sich im konkreten Alltag die Güte des in Ps 29 gefeierten und im Tempel gegenwärtig werdenden himmlischen Königs erweist. "127 Zenger arbeitet damit heraus, daß es weniger um die formal-ästhetische Übereinstimmung von Psalmen in ihrer Anordnung geht, als um einen kultischen oder nachkultischen 128 Prozeß, der sich in den Psalmen darstellt. Unwahrscheinlich hingegen ist m. E. ein
ZENGER, FS Füglister 399. Vgl. Z. B. die verschiedenen Deutungen von Ps2 durch ZENGER, siehe dazu oben S. 10 Anm.26. 125 ZENGER, FS Füglister 403. 126 ZENGER, FS Füglister 403-406. 127 ZENGER, FS Füglister 406. 128 Dazu STOLZ, Psalmen. 123 124
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
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Lösungsversuch, mit dem J. Schreiner 129 Ps 22 als Mitte des ersten Psalmbuches verstehen will. Ps 22 hat zwar als Klagepsalm mit sehr ausführlichem Lobschluß eine besondere Bedeutung für die kanonische und insbesondere die christliche Psalmenauslegung. 130 Doch reißt die postulierte MittelsteIlung von Ps 22 diesen Psalm aus der Reihe von Ps 22 - 24 heraus, in der der klagende Beter von der Not (Ps22) über das Vertrauen (Ps23) zum Tempel (Ps24) geleitet wird. 131 Außerdem hat Ps 22 keine Beziehung zur Überschrift des Psalters Ps 1 f., während in der Analyse von Auffret Ps 19 als Mittelpunkt des mittleren Kompositionsbogens mit den umgebenden Psalmen mit Königsmotiven Ps 18 und 20f. synchron als Rückbezug zur Abfolge Tora- und Königspsalm Ps 1 f. im Eingangsteil verstehbar ist. Im Gegensatz zu den Psalmengruppen, die wir im folgenden behandeln werden, sind sowohl die Beobachtung von Stichwortverbindungen als auch chiastische Konstruktionen nicht deutlich begrenzbar: Beispielsweise die Chiasmusanordnung von Ps 15-24 läßt sich formgeschichtlich auch auf die umgebenden Klagelieder ausdehnen. Hierbei entsprechen Ps 14 Ps 25 Geweils weisheitliche Klagen) und Ps 11-13 Ps 26-28. An diese Kleingruppen von Klagepsalmen grenzen jeweils Hymnus und Danklied. 132 Beobachtungen wie die von Stichwortverbindungen und Chiasmen im Großkontext haben also eine gewisse Randunschärfe, während die im folgenden Kapitel zu untersuchenden Psalmgruppen durch ihre gemeinsamen Überschriften klar begrenzt sind. Obwohl- besser gesagt: ger-ade weil- sich die Beobachtungen zu Stichwortverbindungen nahezu durchgängig im Psalter finden, werden wir diesen Weg also in dieser Arbeit nicht vorrangig weiterverfolgen. Auch der vereinzelte Ansatz in einem früheren Aufsatz von M. D. Goulder, eine Psalmengruppe unter ausdrücklichem Verzicht auf die Beachtung der Überschrift zu konstruieren, bereitet diese Schwierigkeiten. 133 Goulder setzt hier die von ihm erst zu begründende Psalmgruppe des vierten Psalmbuches als zusammengehörige Herbstpsalmen voraus und stellt fest, daß dazu nicht die Überschriften passen. Daß die unpassenden Überschriften aber ein weiteres Gegenargument gegen seine höchst problematische Liturgiekonstruktion sind, in der er beispielsweise 17 Psalmen auf 8 Festtage zu jeweils 2 Gottesdiensten verteilt und deswegen noch einen besonderen Abschlußgottesdienst postulieren muß, wird bei ihm ausgeblendet. Hier ist der Ansatz von E. Zenger,der die Systematik des vierten Psalmbuches auf der Ebene des vorliegenden Textes untersucht, ohne dem vierten Psalmbuch einen gottesdienstlichen Sitz im Le-
SCHREINER, Stellung. Vgl. insbes. DEiSSLER, in: "Ich will ... " 97 -121, und GESE, Psalm 22. 131 Siehe dazu unten vor allem 11.3.2.3. 132 Ps8/9(f.) und Ps 29/30. Zur Nicht-Invertierung der Folge von Hymnus-Danklied siehe unten S. 126f. 133 GOULDER, ITS 26, 269-289, hier 269: "The headings do not suggest any sub-collection: xc is ,A Prayer for Moses, the man of God', ci and ciii are ,Psalms of David' ... " 129
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ben zuzuweisen, ~~scheidener und methodisch präziser. 134 Implizit hat sich Gould.er, w~s das U~~rg~hen der Psalmüberschriften angeht, selbst korrigiert, d~ er m b.elden umfanghch:n neueren Arbeiten Psalmengruppen behandelt, dIe durch Ihre gemeinsame Uberschrift gekennzeichnet sind. 135
2.3 Durch Überschriften gekennzeichnete Psalmengruppen 2.3.1 Übersicht Die Psalmenüberschriften werden oft literarkritisch behandelt. 136 Erst mit vereinzelten jüngeren Arbeiten über Psalmgruppen, die durch eine gemeinsame Personenüberschrift konstituiert werden, ist die Bedeutung der Psalmüberschriften zur Gliederung des Psalters zum Ausgangspunkt der Exegese ge~acht ,,:ord~n. Am markantesten sind dabei die Psalmengruppen, die durch eme~ Hmwels auf eine gemeinsame Person zusammengehören. G. H. Wilson, der Im Rahmen seiner Dissertation ausführlich über die Psalmüberschriften gearbeitet hat, 137 stellt sogar heraus, daß nicht nur die Psalmüberschriften die einen Namen nennen, in Gruppen angeordnet sind, sondern auch die ~eit gehend ungekl~~ten anderen Überschriften. Solche Kleingruppen werden durch folgende Uberschriftselemente konstituiert: 138 'i~F~
Ps3-6; 19-24; 29-31; 38-41; 47-51; 62-68; 75-77; 82-85' 108-110'
CN~
Ps55-60 (insgesamt nur noch Ps 16) Ps4-6; 11-14; 18-22; 39-42; 44-47; 51-62; 64-70; 75-77; 139-144 Ps52-55 Ps65-68 (+ ni'l17;1: Ps 120-134).
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Be~onders ~n den Stellen, an denen ein neues Psalmbuch beginnt, wechselt zugleich das Uberschriftensystem vollständig, während es an anderen Über~angsstellen immer teilweise gemeinsame Elemente gibt, die die unterschiedl~.chen Psalmgruppen verbinden. 139 Schließlich haben auch die Psalmen ohne . Ub ersch n'ft 140 emen markanten Schwerpunkt im vierten Psalmbuch :
.134 :Z:E~GER,
FS Ehrlich. Zenger sieht das vierte Psalmbuch als kompositionell gestaltete mIt Bezug auf dieTora (aaO. 245f.), dazu unten 11.3.4, vgl. auch 111.3.3.4. 35 GOULDER, Prayers; sowie ders., Psalms. 136 Vgl. als jüngstes Beispiel SMITH, ZAW 103,258-263, hier 259. 10~3; WILSON, VT34, 337-352, hier 341ff., sowie ders., Editing, vgl. auch SEYBOLD, Psalmen
El~heIt
1:~ Eine ausführliche Tabelle zu allen Überschriftselementen findet sich bei WILSON, EdItmg 238-244. Vgl. auch im Anhang Tabelle l. 139 Vgl. z. B. Ps 89/90 als völligen Bruch des Überschriftensystems vom 3. zum 4.Psalmbuch ~WI~SON, y! 34, 348) g~.genüber Ps49-51, wo zwar die Personenzuordnung wechselt, aber JeweIls wemgstens em Uberschriftenelement erhalten bleibt und kein Psalmbuch beginnt (aaO.345).
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
28 Ps 91; 93-97; 99.
Sogar der Ausruf Hallelujah steht in der Hebräischen Bibel, wo er zumeist als Psalmeinleitung in einer selbständigen Halbzeile geschrieben ist, als Psalmtrenner,141 also gleichsam als Überschrift,142 in Reihe. Deutlicher noch als im hebräischen Text ist dies in der Septuaginta, wo die Neuabgrenzung von Psalmen durch die Setzung von Hallelujah gesichert wird. Die Septuaginta bereinigt sogar die Setzung von Hallelujah, das im masoretischen Text bald als Überschrift, bald als Unterschrift erscheint, innerhalb der Psalmen MT Ps 111-119, indem es den transliterierten Text (AAA'I']AOmu) konsequent als Überschrift einsetzt, und zwar auch über den durch Teilung von MT Ps 116 neugebildeten Psalm LXX Ps 115 und vor LXX Ps 118 (= MT Ps 119). Umgekehrt läßt sich die Septuaginta bei der Textzusammenfügung von Ps 114 und Ps 115 eventuell von dem vor Ps 115 fehlenden Hallelujah leiten. Mit einleitendem Hallelujah werden die Psalmen Ps 104-106; 111-118; 135f. und 145-150 zusammengeordnet. Wir behandeln sie im folgenden wie die anderen durch eine Überschrift zusammengestellten Psalmen. 143 Die Hinweise auf Personen sind zudem auch die einzigen Hinweise aus den Psalmüberschriften, für die es einen inhaltlich sicheren Hinweis zur Interpreta-
140
Der Talmud hat die Bezeichnung "Waisenpsalm" (1(~11' "~T~, bAZ 24b) für über-
schriftslose Psalmen geprägt. 141 Zur Ausnahme von Ps 115 siehe oben S. 13f. und unten 1.2.3.2. Die Aufforderung zum Lobpreis Hallelujah gehört auch sachlich vor den Lobpreis (vgl. z.B. Neh 9,5ff., dazu WESTERMANN, Lob 99 Anm. 85, dort weitere Literatur, insbes. die Abgrenzung gegen GUNKEL, Einleitung 37 f., der den Ausdruck Hallelujah für die Urzelle des Hymnensingens hielt). 142 So auch bPes 117a, wo ;"'77;' in eine Reihe mit Überschriften wie ntill, 1Ul, 7':JW~, "~T~, "W, "WI(, ;'7';'11, ;'7!l11 und ;'1("11 gestellt wird. Beachtlich ist auch die Nennung des Psalmanfangs "WI( (glücklich) in dieser Reihe von sonst vermutlich technischen Psalmüberschriften. Vgl. jedoch auch die Diskussion bPes 117a, ob ;"''';' als Anfang oder Ende des Psalms zu verstehen sei. Die Diskussion bleibt unentschieden, weil ein Rabbiner ;"''';' in der Mitte eines Abschnittes (d. h. Psalms) in einer Handschrift gesehen hat (ebd.). Während letzteres Einzelproblem durch die Überlagerung zweier verschiedener Psalmtrennungen im Ägyptischen Halle! bedingt sein dürfte, liegt die Lesart, die Hallelujah als Psalmschluß versteht, auf einer anderen Ebene: Hallelujah ist in bestimmten Fällen Antwort auf die Zitierung des Halleis (mSuk 3,10). Vgl. auch die Übersicht im Anhang Tabelle 2. ;"''';' ist auch in llQPs' deutlich als Überschrift verwendet (mit SANDERS, ZAW75, 73-86, hier 75). Interessanterweise übersetzen die antiken Übersetzungen Hallelujah, wenn es überhaupt übersetzt wird, mit Begriffen für Danklied (aaO. 77). Zur Diskussion, ob Hallelujah ein Begriff oder mit Maqef zu trennen und damit eine Aufforderung sei, vgl. bereits die Diskussion bPes 117a, wo beide Traditionen auf bereits in tannaitischer Zeit vorhandene unterschiedliche Schreibweisen zurückgeführt werden. Wegen der unterschiedlichen Schreibweisen (ein oder mehrere Worte) benutzen wir hier undifferenziert den deutschsprachigen Begriff.
143 V gl. auch den Ansatz von BARRE, CBQ 45, 195 - 200, der den Ausdruck insbesondere im Textbereich von Ps 104f. als Texttrenner versteht.
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t"~on ~I'b t: 144 A lle anderen Textbestandteile der Psalmüberschriften sind hinslch~lich Ihrer speziell~n Bedeutung mehr oder weniger ungeklärt. 145 Wir interprebe~en deswegen dIe Psalmüberschriften nur als Zuordnungsverweis innerhalb. emes Textzusammenhanges und lassen die Frage des Inhaltes der Überschnftsele~ente offen. Auch für die personenbezogenen Überschriften ist eine s~lch~ Zuru~~haltung zunächst angesagt, da es als eines der ersten Ergebnisse histonsch-k~Ib~cher ~rfo~schung des Alten Testamentes gelten kann, daß die Psal~en beIspI~lsw~Ise mcht davidischen Urspunges sind. 146 Ob diese Über. schnften ursprünglich zum Psalm selbst gehören oder'T"l .LeI emer R d k . nun. histonsch d . e a. bon sm ,ISt für die Feststellung unerheblich, daß sich in den Überschriften em Zuordnungssystem de: Ps~lmen widerspiegelt. Sie wird allerdings im ~uge der Frage, auf w~lcher histonschen Ebene die Psalmgruppen zu verorten smd, zu ve~handeln sem ... Es erscheint also als der methodisch sicherste Weg, dem VerweIs system der Uberschriften nachzugehen. 147 Wir gehen nun einige solch~r Psalmg~uppen durch, wobei deren Behandlung an dieser Stelle durch den bIsher erreIchten Forschungsstand vorgegeben ist. 148 In~erhalb der du~ch Pe~sonennam~n gekennzeichneten Psalmgruppen stehen msbeson~ere dIe Davidpsalmen m zwei großen (Ps3-41; 51-70 149) und ~ehre:en kIeme? Gruppen zusammen. Die erste Gruppe von Davidpsalmen bildet Im wesentlichen das erste Psalmbuch, die zweite Gruppe steht im zweiten Psalmbuch, 150 wobei diese Gruppe durch die erste Sammlung von Korachpsalmen (Ps 42 ~nd 4~-49) u~d den einzelnen Asaphpsalm Ps 50 eingeleitet wird und durch emen uberschnftslosen (Ps 71) und einen Salomopsalm (Ps 72) abS'leh e unten ~II.~.3..2 zu den Levitengruppen im Kontext der Vorstellung des davidisO':"le die Ube.~leg~ngen zur historischen Ebene III.1.3.2. Emen der vielen unzulanghchen Versuche dieser Art hat unlängst KOENEN ZAW 103 ~09-112:. vorgele~t. Koenen kann für seine neue Deutung zwar einleuchtende wo~tgeschicht: lIche Grunde anführe?, doch sind. die mit "':;l~r,I überschriebenen Psalmen vom Inhalt her weder. als :W~chselgedlchte ausgewiesen, noch sind sie (so die üblichere Deutung) durchweg als welsheIthch zu kennzeichnen. Vgl. zur Übersicht über den Forschungsstand immer noch KRAus 14ff. 146 GOULDER, P~ayers 9, hat als einer der wenigen neueren Exegeten die Idee einer Autorenschaft .DaVlds oder von Personen der Davidzeit bei den unter Davids Namen laufenden Psalmen wieder aufgegriffen. 147 So auch in.seine.m unlängst erschienenen Buch: GOULDER, Prayers 8.247. Dort kündi t GOULDER auch em .welte:es Buch über Psalmen an, die ebenfalls durch Überschriften mitei!ander verbunden smd: die Asaphpsalmen (mit der Ausnahme von Ps50). Vgl. auch WILSON VT 34, der dort Psalmbuch~echsel beobachtet, wo das Überschriftensystem völlig wechsel~ ~z .. B'pPsI89/90, aaO. 348), wahrend dort, wo nur ein Teil des Überschriftensystems wechselt em sambuchneubegmnt(z.B.Ps49-51 aaO.345). ' 1" ' . 148 h b E' . me vo1 ständige Ubersicht über die erscheinenden Termini in den Überschriften findet SIC el WILSON, y!34,. 238ff. Vgl. auch im Anhang Tabelle 1. Relevant sind in derfol enden nur Hmwelse auf einen gemeinsamen traditions- oder fOrmgeSChichtlich;n Hinergrun er Psalmengruppen. e 149 Ps 1? und 33 sin.d n~ben Ps 1 f ..überschriftslose Psahnen, Ps 67 hat nicht das Überschriftslernent' 177. Zur EmglIederung dieser Psalmen siehe unten II 3 1 und II 3 2 150 Ps51-70, ohne Ps 67. . . . .. 144
sc~:~ P~alters,
~arsteldludng
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
Teill: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
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geschlossen wird. Da sich im dritten Psalmbuch wieder Asaphpsalmen (Ps 73-83) und Korachpsalmen (Ps 84; 85; 87; 88) anschließen, kann man abgesehen von den Einzelpsalmen sagen: Die zweite Sammlung von Davidpsalmen wird durch Asaph- und Korachpsalmen gerahmt. 151 Während das erste Psalmbuch nur Davidpsalmen und einige wenige überschriftslose Psalmen enthält, sind im zweiten und dritten Psalmbuch alle Psalmen levitischer Sängergilden vertreten. Das vierte und fünfte Psalmbuch hingegen enthält alle Gruppen von überschriftslosen, Hallel- und Wallfahrtspsalmen, sowie kleinere Gruppen von Davidpsalmen. Diese Psalmgruppen sind i~mer wieder von einzelnen Psalmen teils ohne Überschrift, teils mit anderer Uberschrift durchbrochen bzw. gerahmt. Das Verhältnis der Psalmgruppen zu diesen Einzelpsalmen wird uns noch beschäftigen müssen. 152 2.3.2 Das Ägyptische Hallel
Wir bemerkten bereits die besonders großen Probleme mit der Psalmabgrenzung in Ps 113-118. 153 Diesem Problem der Abgrenzung der einzelnen Psalmen entspricht, daß Ps 113-118 die für Juden und Christen wohl bekannteste Psalmengruppe sind. Dort, wo die Psalmengruppe in der Wirkungsgeschichte dominant wird, schwindet offensichtlich die Wichtigkeit der Abgrenzung von Einzelpsalmen. Diese Psalmen sind in der Zeit vor 70 n. Chr. als Teil der Liturgie beim Schlachten der Pessachlämmer im Tempel und beim häuslichen Pessachmahl belegt. 154 In diesem Zusammenhang treten sie auch im Neuen Testament auf. 155 Aber auch ihre Verwendung bei den anderen Wallfahrtsfesten ist belegt. So faßt beispielsweise die Tosephta Sukkot die Verwendungen dieses Halleis zusammen: 156 V gl. dazu folgende Tabelle: Korach Asaph David Salomo Asaph Korach Ps 42;44-49 50 51-7072 73-8384f.;87f. 152 Siehe dazu unten den dritten Hauptteil, der den Aufbau des Psalters behandelt, passim. 153 Siehe oben S. 13 f. 154 mPes 5,7; 9,3; tPes 3 (4),11 (Belege für das Hallelsingen beim Pessachopfer im Tempel); 10,5-7 u. a., vgl. Mt 26,30 (Belege für das Halle!singen beim Hausseder) (dazu z. B. SCHÄFER, in: Literatur 391-413, hier 410). 155 Vgl. die Stellen Mt 26,30; Mk 14,30, nach denen das Halle! das letzte Mahl Jesu abschloß. Auf die sehr kontroverse Diskussion, ob das letzte Mahl Jesu ein Pessachmahl gewesen sei, wofür seine Datierung bei den Synoptikern spricht, kann hier nicht eingegangen werden. Auch in der seit BLINZLER, Prozeß, üblichen Bevorzugung der johanneischen Datierung der Leidensgeschichte Jesu als historisch originaler Chronologie, in der der Tod Jesu selbst dem Pessachopfer im Tempel entspricht, ist der Bezug zwischen dem letzten Mahl Jesu und dem Pessachmahl keineswegs irrelevant. Gemäß dieser Datierung rückt das Abendmahl der nachösterlichen Gemeinde allerdings mittelbar ebenfalls in den Kontext des Pessachmahles, weil es in diesem Fall im gemeindlichen Abendmahl um die Erinnerung an das Pessachopfer Christi geht. 156 tSuk 3,2. Vgl. z. B. auch mSuk 3,lOf. zu Sukkot, dem Laubhüttenfest. Von der heutigen jüdischen Liturgie her ist der Monatsanfang als Zeit der Hallelzitierung hinzuzufügen (siehe 151
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An 18 Tagen und in einer Nacht spricht man das Hallel, nämlich: an den 8 Tagen des Laubhüttenfestes 157 und an den 8 Tagen von Chanukka, am ersten Tag von Pessach und in (beiden) Pessach-Nächten l58 und am ersten Tag des Wochenfestes.
Innerhalb dieser Verwendungen des Halleis ragt die am Pessach-Abend eindeutig hervor. Das legt sich von der Verknüpfung besonders der Pessachfeier mit der Erinnerung an den Auszug aus Ägypten auch von Ps 114 her nahe. Beispielsweise in bPes 118a findet sich folgende Aufzählung von wichtigen Motiven der Pessach-Feier und ihre Entsprechung in den Hallel-Psalmen: -
der Auszug aus Ägypten (Ps 114,1) die Spaltung des Schilfmeeres (Ps 114,2) die Gabe des Gesetzes (Ps 114,3) die Auferstehung der Toten (Ps 116,9) die Leiden der messianischen Zeit (Ps 115,1).
Der Auszug aus Ägypten steht hier an erster Stelle. Dem antiken Leser war offensichtlich der Zusammenhang dieser Psalmengruppe und ihr Bezug auf den Auszug aus Ägypten selbstverständlicher, als es modernen literarkritisch und in der Einzelpsalmexegese geschulten Exegeten erscheint. Es ist deswegen angemessen, die Bezeichnung von Psalm 113-118 als Ägyptisches Hallel (:1K1~~ K77:1)159 aus der rabbinischen Tradition zu übernehmen. Der Bezug dieser Psalmengruppe insbesondere auf Pessach wird auch durch die Unterteilung des Großtextes Ps 113-118 in Einzelpsalmen deutlich: Hier weicht die Unterteilung nach dem psalmtrennend gebrauchten Hallelujah genau dort von der Einteilung in Einzelpsalmen ab, wo in der Pessachliturgie nach der geltenden Halacha der Hillel-Schule eine Pause beim Zitieren des Halleis gemacht wird: zwischen Ps 114 und 115. 160 Hier ist also offensichtlich die Einteilung in Einzelpsalmen durch die Liturgie gegenüber der Einteilung, die durch das
111;l~ 11~~ '1'1Q 203). Bei weniger wichtigen Festtagen werden bei der Zitierung des Halleis die Ps 115 und 116 allerdings ausgelassen (dazu ELBOGEN, Gottesdienst 125). 157 Mit absolutem ln;, (das Fest) ist immer das Herbstfest gemeint, auch wenn SAFRAI, Wallfahrt 45, betont, daß alle drei großen Wallfahrtsfeste in etwa gleich viele Pilger hatten. 158 Der Plural kommt durch die Möglichkeit des Nachpassa (Num 9,6ff.) zustande, auch hier ist also Halle! zu sagen. Das ist keine Spannung zur Einleitung des Abschnittes ("in einer Nacht"), da die einzelnen Teilnehmer natürlich nur einmal pro Jahr Passa feiern. 159 SOZ.B. bBer56a. 160 mPes 10,6 in der Auffassung der Hillelschüler (gegen die Auffassung der Schüler von Schammai). Die Septuaginta (dazu bereits oben S. 8ff.) teilt also das Ägyptische Halle! nicht der Pessachliturgie im Sinne Hillels entsprechend.
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2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
H II I 'ah erfolgte sekundär. 161 Der vorliegende masoretische Text i~t in
se~n:rU~bgrenZUng 'in Einzelpsalmen durch die bis heute übliche Pessachhturgie der Hillelschule geprägt. . Diese Psalmengruppe wird in der rabbinischen Literatur. oft ~~c~ e~nfach .... D H 11 1" genannt. 162 Da diese Bezeichnung aber mcht volhg emdeu11:1:1,,, as a e , . (P 146 150) d'n ti ist,163 weil es auch ein sogenanntes Klemes Hall~l . s . .. ~n el Jroßes Hallel (wahrscheinlich Ps 136, ~ie~e unt~n) gIbt, .~st. dIe gelaufIge Bezeichnung Ägyptisches Hallel zugleich dI~ em~eutIgs~e. Moghch, aber dann nur Kontext her eindeutig, ist weiterhm dIe BezeIchnung der Psalmgruppe vom 64 l nach dem Psalmtrenner Hallelujah. Exkurs: Zur Bezeichung "Großes Hallel" . Das Große Hallel ist nach bPes 118 a ein Psalm bzw. eine Psalmengr~p~~5 die nach de~ letzten Segensbecher der Pessachliturgie, also nach Ps 118, zu b~ten I~t. Von der noc . . d St llung im Psalter her 166 steht also der hturglsche Abschluß des zu mterpretIeren en e d' t t H'nÄ tischen Halleis in der Pessachliturgie durch Ps 119ff. von lesern ge renn .. ~ si;~Iiich der Abgrenzung des Großen Halleis überliefert der Talmud folgende POSItiOnen: R. Jehuda: R. Jochanan: R. Acha ben Jaqob:
Ps 136 167 Ps 120 (bzw. 134 ) -136 Ps 135-136.
Insbesondere H. Graetz hat dabei die Lösung favorisiert, das Großel!!allel seien die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. mit den nachfolgenden Hymnen Ps 135f. Graetz argumentiert damit, daß ein Großes Hallel umfangreicher als die an.deren bekannte~ Ha~l~l sein müsse. Mit diesem Argument setzt sich nun aber bereits der Talmud ImpllZlt auseinander, wenn es weiter heißt: 7"',~ 77~ ,?JW N'j;'~ ~?J7, l~m' ')' '?JN 07'37 7W ,?J,,) )W,' N'~ ",) Izmj;'~W '~~?J ~") 7::l7 m~'T?J j;'7n?J'
Und warum wird es "Großes Halle/" genannt? Sagt Rabbi Jochanan: Weil der Heilige, gepriesen sei er, in seiner Höhe des Weltalls wohnt und doch allem Geschöpf Nahrung zuteilt. (bPes 118a)
161 Von dorther erklären sich die Differenzen bei der Abgrenzung der Psalmen des Halle\s in der Textüberlieferung s.o. i,1 (S.8f. und 13f.). . .... II 162 So etwa mPes 10,7. Ähnlich z.B. N7"m in bPes 115b. Nicht ganz emdeuttg Ist die Ste e bSchab 118b, dazu unten 1.2.3.3 (S. 34 Anm. 181). 163 So in mTaan 4,4. 164 So z B bBer 9b' bPes 117a.b (20 Stellen); bSuk 38b (5 Stellen). . 165 Nach einer in bPes 118a überlieferten Sondertradition tritt der beliebte Ps 23 an diese Stelle. 166 Siehe unten III.3.2.1 und 3.3.1. ... .. 167 Es wird nur das der Gruppe Ps 120-134 gemeinsame Uberschnftselement zittert. 168 GRAETZ, MGWJ28, 193-215.241-259, hier 24lf.
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Bemerkenswert ist dabei, daß die inhaltliche Argumentation zur Bezeichnung Großes Hallel von R.Jochanan erfolgt, also dem, der in der Interpretation von Graetz überhaupt nicht den Ausdruck hätte begründen müssen, wenn seiner Meinung nach das Große Hallel umfangreicher als die anderen Hallel gewesen wäre. Damit scheidet also die Lösung, die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. insgesamt zusammen mit Ps 135 und 136 für das Große Hallel zu halten, aus. Inhaltlich bezieht sich die Argumentation auf die in Schöpfungshymnen geläufige Rede von Gott als Nährer der Tiere, die beispielsweise im sogenannten kleinen Hallel l69 vorkommt, aber nicht explizit im Großen Halle!. Nun hat aber Ps 136 einen sehr ausführlichen Teil über Gott als Schöpfer, und R.Jochanan wird in seiner Argumentation, wenn er überhaupt auf einen in unserem Zusammenhang relevanten Text anspielt, Ps 136 gemeint haben. Die Deutung von Graetz, die eine Weiterinterpretation der ersten Aussage von R.Jochanan darstellt, scheidet also aus. Mit dem Großen Hallel ist mit einiger Sicherheit Ps 136 gemeint,170 der auch in der heutigen Pessachliturgie nach dem Ägyptischen Hallel gesungen wird. Bestenfalls käme noch die Variante von R.Acha ben Jaqob in Frage, nach der Ps 135 und 136 zusammen das Große Hallel genannt würden. Aber dies ist ebenfalls weder auslegungs- noch liturgiegeschichtlich weiter belegt. 171 Daß Ps 136 ein zusätzlicher Abschlußpsalm des Ägyptischen Halleis bei der PessachLiturgie ist, ist nicht nur die mischnisch belegte Sitte, sondern hat auch eine Entsprechung in den Texten selbst: Ps 118 und 136 haben denselben Anfang. 172 Ps 136 ist aber auch in anderem Zusammenhang verwendet worden. Beispielsweise singt nach der Darstellung von 1Makk 4,24 das Heer von Judas Makkabäus diesen Psalm als Siegeslied. Bemerkenswert ist auch, daß bPes 118a von Ps 136 als Pessach-Psalm her sogar fragt, warum zusätzlich noch die Psalmen des Ägyptischen Halleis zu beten wären. Formgeschichtlich zeichnet sich das Ägyptische Hallel durch die ausschließliche Verwendung von Hymnen und Dankliedem aus. Zudem fällt die Doppelung der Abfolge von Hymnus-Danklied am Schluß der Sammlung (Ps 115f. und 117f.) auf. 173 Gerahmt ist diese Gruppe von akrostichischen Weisheitspsalmen (Ps 111; 112 und 119), die aufeinander bezogen sind. 174 Gegenüber der wirkungsgeschichtlichen Zusammengehörigkeit von Ps 113-118 wird das Vgl. z. B. Ps 145,15 und 147,9. SO Z. B. auch mTaan 3,9, wo eine regelrechte Definition erfolgt, um deren Eindeutigkeit willen sogar als Psalmanfang ausnahmsweise zwei Verse zitiert werden. Vgl. mTaan 3,9; mSuk 4,1.5.8; mRH 4,7; mMeg 2,5; mSot 5,4; mB er 4,2; bPes 118 a sowie die Übersicht bei CORRENS (Hg.), Taanijot 95 Anm.109. 171 Der Anfang vermutlich von Ps 136 erscheint z. B. bereits auch in IMakk 4,24, womit auf den ganzen Psalm angespielt wird. 172 Die Formel ;'90 c'?;1I7 '~ );1:) '~ ;";"7 1';;' erscheint auch in der Eröffnung der Ps 106f., siehe dazu unten III.3.3.1 sowie 2.1.2. 173 Beim Beten des halben Ägyptischen HalleIs beispielsweise an den Neumondstagen und den meisten Mazzottagen (ab mittelalterlicher Zeit) wird die formgeschichtliche Doppelung aufgehoben, indem Ps 115f. ausgelassen werden (siehe dazu ELBOGEN, aaO. 125). 174 Ps 111 und 112 haben auch die" Überschrift" ;"-'77;'. In der Septuaginta hat auch Ps 119 (LXX Ps 118) diese Überschrift. Ps 112 und 119 beginnen mit dem gleichen Wort, ']W!$. Zur engen Beziehung von Ps 111 und 112 vgl. ZIMMERLI, Zwillingspsalmen (s.o. 1.2.1). Zu Akrosticha wie Ps 111; 112 und 119 als späte, schriftliche Psalmen hat CRÜSEMANN, Studien 296ff., das Nötige gesagt. 169 170
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2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
überschriftsartige Hallelujah also auch für den schriftlichen Rahmen 175 dieser Psalmen gebraucht.
bildung wohl einen ausschließlich schriftlichen Sitz im Leben hat, wird zudem zu fragen sein, welche Funktion sie als Gruppe für den Psalter als Ganzen hat. 184
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2.3.3 Das kleine Hallel Wie das Ägyptische Hallel umfaßt das sogenannte kleine Halle1 Lobpsalmen (Ps 146-150), die mit einem Akrostichon (Ps 145) eingelei~e~ we~den. F~r~ge schichtlich sind die Psalmen des Kleinen Halleis einhelthch ImperatlVlsche Hymnen. Gegenüber dem Ägyptischen Hall~l fehlen die Dank~salmen ... Der Bezug der Psalmen aufeinander als Gruppe Ist durch das gem.emsame ub~r schriftsartig verwendete Element Hallelujah 176 sowie du.rch StIchwo~tverbm dungenl77 und Themenwiederholungen 178 gesichert. DIe ThemenwIederholungen sprechen für ein Wachstum dieser Gruppe insbeso~dere am Schluß179 im Zuge der Komposition des Gesamtpsalters. 180 Doch Im Gegensatz .zum Ägyptischen Halle1 ist ein originaler gottesdienstlicher Sitz im Leben dIeser Psalmen als Gruppe erst talmudisch bzw. mittelalterlich nachweisbar 181 und damit für die Zeit der Formation des Psalters unwahrscheinlich. Da Ps 146,4 in 1Makk 2,63 verwendet wird, scheiden eine späte makka?äische Datierung dieses Einzelpsalms sowie der Psalmgruppe oder gar. eme nachmakkabäische Datierung aus. 182 Dies ist besonders interessant, weIl der Schluß des kleinen Halleis gern in seiner Funktion als Abschluß des Psalters interpretiert wird. 183 Wenn die gesamte Psalmengruppe zur Zeit der KanonsSiehe vorherige Anmerkung. Zur Sache vgl. auch unten 1.2.4. ." . . In Ps 146,1 findet sich der Ausdruck mit Maqef (::J;-~'7;J)· Vgl. dIe Uberslcht Im Anhang Tabelle 2. 177 ZENGER, Morgenröte 47, verweist z. B. auf Ps 146,10 mit 147,12; ~47,4 mit 148,3; 147,11 mit 149,4; 147,20 mit 148,14; 148,14 mit 149,1.9, sowie generell Ps 148 mIt 150. 178 Beispielsweise KSELMAN, CBQ 50, 587-599, verweist auf die doppelte Aufnahme der Themen "David und Jerusalem" in Ps 146f. und 149 und "Schöpfung" in Ps 148 und 150. 179 KSELMAN, CBQ 50. 180 So z.B. STRAUß, Gott 14, und ZENGER, Gott 53ff. . 181 Gegen GRAETZ, MGWJ 28, 253f. Graetz verweist ~uf die .heute g~ngige Pr~I~, das kleine Hallel täglich zu beten. Doch ist die von ihm für eme D~tterung dles~r PraxIs m der Antike angeführte Stelle aus bShab 118b, die er zudem met~odlsch s~hr un~lcher nach dem Rabbinennamen R. Josse einen Tannait um 130 n. Chr., dattert und mhalthch aus der noch späteren Stelle S~f 17, 11 al~ auf das kleine Hallel bezogen interpretiert, sowie das noch spätere Responsum Salomo Ibn-Bergas zu spät, um als historische Q~elle für die .Zeit ~.e~ En.tstehu~g des Psalters zu dienen. Die von Graetz angeführten Belege smd zudem mcht volh.~ emdeuttg. Heute werden sie oft dahingehend interpretiert, daß die tägliche Rezita~ion. des ~gyp~ischen Hallel verboten sei (z. B. THoMA, in: Liturgie, 91-104, hier 98). Beachthch ISt wett.erhm, d.aß bShab 118b von einer besonderen Gruppe spricht, die ein Hallel täglich sprechen WIll. Da dl~s eine abgewiesene Meinung ist, legt sich die auc~ phil~logisch einf~~h~te Lösung nahe, daß m bShab 118 b die Meinung abgewiesen wird, das Agypttsche Hallel taghch zu beten (dazu oben
2.3.4 Die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff.
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Eine weitere Gruppe von Psalmen ist durch das Überschriftselement ni'~~0 185 eindeutig als zusammenhängende Gruppe von Psalmen ausgewiesen': die sogenannten Wallfahrtspsalmen. 186 Die formgeschichtliche Bezeichnung Wallfahrtspsalm wird innerhalb dieser Psalmen besonders gern auch für den einzelnen Psalm 122 verw~ndet. 187 Teilweise geben sich Psalmen dieser Gruppe durch das zusätzliche Uberschriftselement ,.",188 als im Kontext der Davidpsalmen stehend zu erkennen. Die Wallfahrt~psalmen Ps 120ff. teilen als Gruppe, wie wir noch sehen werden, mit den Sammlungen von Davidpsalmen auch deren Probleme einer höchst komplizierten, diachron mehrfach gestaffelten Struktur. 189 Bereits die Mischna überliefert einen gemeinsamen Sitz im Leben dieser Psalmgruppe: nach mMid 2,6 sangen die Leviten diese 15 Psalmen auf den 15 Treppenstufen im Tempel zwischen dem Vorhof der Frauen und dem Vorhof der jüdischen Männer. In der modernen historischen Forschung wird diesem Zeugnis der Mischna weniger Gewicht beigemessen. 190 Auch innerhalb der judaistischen Forschung ist der Quellenwert der Mischna für die Zeit vor 70
175
176
Anm.162). . ' h'f' . 182 Gegen DUHM (z. St.), der übersieht, daß Ps 146 m IMakk 2,63 bereIts als Sc nt zittert wird, also bereits vorhanden ist, was seine Interpretation der Entstehung des Psalms aus makkabäischer Zeit widerlegt. 183 STRAuß, Gott 14, betont die Abschlußfunktion von Ps 150, vgl. z. B. auch ARENs,
Psalmen 177, sowie SEIDEL, NedThT 35,89-100, letzterer mit der interessanten Theorie, daß die in Ps 150 genannten Musikinstrumente bestimmten Plätzen im Tempel zuzuweisen seien. Wichtig ist auch sein Hinweis, daß Ps 150 entgegen der in der exegetischen Literatur vielgeäußerten Meinung nicht als Schlußdoxologie des fünften Psalmbuches zu verstehen ist. Gleichzeitig nimmt aber auch Seidel einen ausschließlichen Sitz im Leben des Psalms in der Literatur an. ZENGER, Gott 53ff., erweitert die These des Abschlußcharakters von Ps 150, indem er Ps 149 und 150 als Entsprechung zu dem zweifachen Eingang des Psalters mit Ps H. versteht. 184 S. u. bes. 111.3.3.3. 185 Nur Ps 121 hat als Überschrift ni,~~'2 "W. llQPs' und andere Handschriften vereinheitlichen an dieser Stelle. . 186 Zu den Bedeutungsmöglichkeiten des Begriffes ;,'?V7;l (Hinaufzug, Heimkehr, Stufe, Wallfahrt, sowie im übertragenen, geistigen Sinn) vgl. die Übersichten bei SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 14 ff.; GROSSBERG, Structures 15 ff., sowie die einschlägigen Lexika. Die Bedeutungsbestimmung des Begriffes erfolgt hier vorläufig und wird inhaltlich in der Auslegung der Psalmengruppe festgelegt werden. . 187 SO Z. B. DONNER, FS Fensham 81-91, hier 81: "Psalm 122 is a pilgrim song. As far as that IS concemed, nearly all scholars agree." 188 Ps 122,1; .1~~,1; !31,1 ergänzen die Überschrift ni'~~;J ("Wallfahrtspsalm") durch '177 ("vonDavld ). BIS auf Ps 127,1 (;'~"~7, "von Salomo") sind alle anderen Wallfahrtspsalmen ohne Namensangabe. Der Salomopsalm Ps 127 steht wie der andere Salomopsalm Ps 72 im Kontext einer davidischen Sammlung. 189 Vgl. unten 11.1.2 mit 11.3.2. 190 Vgl. den Forschungsüberblick bei SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 13ff.
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2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
Teill: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
v. Chr. als im 2. Jh. n. Chr. redigiertes Dokument durchaus umstritten. 191 Eine Auskunft über die Zuverlässigkeit der Mischna ist daher nur in einer Einzelanalyse der Stelle möglich. Unmittelbar vor der Stelle Mischna Middot 2,6 differenziert die Mischna besonders deutlich zwischen einer Vision des zukünftigen Tempels, die sie ausdrücklich aus Ezechiel 46 herausinterpretiert, und historischen Fakten, die sie überliefert. Daß im Text von mMid 2,6 durchaus historische Fakten überliefert werden, zeigen Detailangaben, die kaum aus einer idealtypischen Sicht des Tempels verstehbar sind, sondern die wiedergeben, was an Informationen erhalten ist. 192 So wird überliefert, daß in der nordöstlichen Ecke des Vorhofes der Frauen von Priestern, die mit einem Fehler behaftet waren, das Holz für den Brandopferaltar nach Würmern durchsucht wurde (mMid 2,6). Bei der Wichtigkeit der Holzversorgung für den TempeF93 ist dies ein Detail, das nicht in eine idealtypische Ausgestaltung des Tempels passen will. Nachdem drei Ecken des Vorhofes der Frauen in ihrer Funktion von der Mischna bestimmt sind, wird zu der vierten Ecke überliefert, daß ein Rabbi nicht wußte, was sich dort befunden habe, und dann wird außerdem noch die Meinung eines weiteren Rabbinen sehr kritisch zitiert. Die Aussage, Mischna Middot gehe auf R.Eliezer ben Jaqov zurück, 194 also einem Rabbinen, der aus einer levitischen Familie stammt 195 und zur Zeit des Tempeldienstes gelebt hat, ist also von dem inneren Befund der in der Mischna getroffenen Aussagen prinzipiell möglich und von dem Aussagegehalt, daß die Angaben in Mischna Middot Augenzeugencharakter haben, wahrscheinlich.196Von dorther gewinnen die in Mischna Middot getroffenen Aussagen ein wesentlich höheres Gewicht als die rein exegetischen Mutmaßungen eines Späteren wie beispielsweise Saadja Gaon (882-942), der das umstrittene Wort ~'17~ im Sinne einer jeweils zu erhöhenden Stimmlage interpretiert. 197 Bemerkenswerterweise haben nun unterschiedliche historisch-kritische Untersuchungen den Sitz im Leben, den die Mischna zu den Wallfahrtspsalmen überliefert, zwar nicht in jedem Detail, aber von dem prinzipiellen Verständnis der Textsammlung als Sammlung von Wallfahrtspsalmen her bestätigt. B. 191 Zur Redaktion der Mischna vgl. als einführende Standardliteratur ALBECK, Einführung 94ff. 145ff.; (Strack!) STEMBERGER, Einleitung 127ff. 192 Gegen HOLzMANN , in: Middot 71. 193 Dazu unten 111.2.1.2. 194 jYom 2,3, 39d; bYom 16a. 195 mMid 1,2. 196 So bereits Safrai, Wallfahrt 12. 197 Nach: R.David ben Kimi)i (etwa 1160-1235, KommentarzuPs 120, Komm. S.1f.). Als weitere Bedeutungsmöglichkeit nennt bereits Kimi)i das Heraufsteigen aus dem Exil (ebd.) und die dunkle allegorische Umdeutung auf 100 Stufen (zu Ps 121,1, aaO. 8f.). Eine allegorische Deutung auf einen Gedankenfortschritt innerhalb der Lieder findet sich in jüngerer Zeit bei GESENIUS (nach SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 14) und DELITZSCH. Delitzsch interpretiert zwar auch die Wallfahrtspsalmen von mMid 2,6 her, aber die 15 Treppenstufen dort faßt er als 5 Analogie zum geistigen Aufstieg der Psalmen (DELITZSCH, Psalmen 733f., in der Einleitung zu Ps 120-134).
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aco? 198 und E. J. Liebreich 199 haben sich beispielsweise in einer Untersuchung Jeweils dem Sp~ach~eld der Wallfahrtspsalmen gewidmet. Die Häufigkeit von Segensformeln m dIesen Psalmen erklären sie als Reflexe von Liturgie, besonders von Haftaren, also als Ergänzungen von Bibellesungen. Liebreich sieht die 15 Worte des ~aronidi.sche.n Segens in Entsprechung zu den 15 Wallfahrtspsalme~ ..Do~h shm~t dIe Bmnenstruktur des aaronidischen Segens mit seiner drelghedngen Khmax von 3, 5 und 7 Worten 2OO nicht mit der Struktur der Wallfahrtspsalmen überein: gliedernd ist dort beispielsweise die Aufforderung '~'J~' ~q-"~N" ("es spreche Israel") jeweils am Anfang des 5. und 10. Wallfah~spsal~s,201 was einer Teilung der Psalmgruppe in drei gleiche Teile entspncht. Eme Anwendung des klimaktischen Schemas 3 5 und 7 Psalmen sch~i~et nicht zuletzt wegen des dadurch verursachten Aus~inanderreißens der Zwilhngspsalmen Ps 127 und 128 aus. Schließlich ist Ps 132 als 13. Psalm der Sammlung. für die anso~sten sehr kurzen Wallfahrtspsalmen überlang, so daß auch an dIeser Stelle eme Zäsur bzw. ein Höhepunkt der Sammlung naheliegt. 202 Keine dieser Tex~strukturelemente der Sammlung von Wallfahrtspsalmen ents~reche~ also emer möglichen Struktur des aaronidischen Segens. Auch speZIelle Shchwortverbindungen führen nicht linear von einem Wort des Segens zum nächsten Psalm. Die These einer direkten Beziehung des aaronidischen Segens zu den Wallfahrtspsalmen ist daher kaum haltbar. Wahrscheinlich ist.allerdi.ngs aufg~nd des gemeinsamen Wortfeldes und der gemeinsamen Za~l eI~e weItere Verbmdung beider liturgischen Elemente etwa traditionsgeschlchthcher Art. 203 Allerdings führt die Tendenz der Sammlung hin zum Segen und in den Tempel (vgl. Ps 133 und 134).204 Eine interessante narrative Deutung der Sammlung hat nun D. Grossberg vorgelegt. 205 Er versteht die Sammlung in Entsprechung zu 15 Stationen der Wallfahrt: aus einer heidnischen Umgebung (Ps 120) über die Berge Israels (Ps 121) in die Nähe von Jerusalem (Ps 122 und 125). Die erste Sicht der Stadt (Ps 127), die Begrüßung der Einwohner (Ps 128), die erste Sicht des Tempels vom Tal her (Ps 130) und die volle Sicht des Tempels (Ps 132) sind phantasievolle Erklärungen, die die Grundstruktur der Psalmengruppe aus der Fremde JACOB, ZAW 16, 129-181. LIEBREICH, JBL 74, 33-36. Zur Kritik vgl. insbesondere SEYBOLD, Segen 58ff. und GROSSBERG, Structures 50ff. ' 200 V gl. dazu insbesondere SEYBOLD, Segen 18 ff. . 201 P~1~4,lb; 129,lb. An den 15. Psalm der Gruppe (Ps134) schließen sich dann die ImperatIVIschen Hymnen Ps 135 und 136 an. . D UHM (428) urteilt deshalb, daß "Ps 132 wohl erst nachträglich (unter diese . 202B. erelts Pilgerheder) gerate~" sei. ygl. SEYBOLD, ZAW 91, 247 - 268, hier 256; ders., Wallfahrtspsalmen 20.~1 (do.rt weitere ~Ite~atur), für den die Sonderstellung von Ps 132 Hauptbeleg für die These emer ZlOnsredaktlOn 1St. Zur Statistik der Psalmlängen siehe bes. SEYBOLD, ZAW 91 257 Anm. 51 und 52. Zum Ganzen vgl. nun auch ausführlich GROSSBERG, Structures 15ff. ' 203 So auch SEYBOLD, Segen 58. 204 GROSSBERG, Structures 51ff. 205 GROSSBERG, Structures 52ff. 198
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Teill: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
(Ps 120) zum Gottesdienst in den Tempel (Ps 134) eher verdunkeln. Als Erklärungsmodell für die Komposition der gesamten Gruppe ist dieses Modell daher gewiß ungeeignet, wie auch die Deutung von Ps 123 als Gebet aus der Angst vor Räubern und Ps 124 als Dank für die Rettung aus dieser Gefahr zeigt. 206 Daß der Wallfahrtspsalter besonders in liturgischer Hinsicht und in Perspektive auf den Zion hin bearbeitet worden ist, hat Seybold auch redaktionsgeschichtlich überzeugend nachgewiesen. 207 Das einheitliche Konzept der Redaktion der Wallfahrtspsalmen sieht Seybold besonders in den Segenssprüchen und der Zionsmotivik. 208 Von diesem Verständnis der Redaktion her gelingt es Seybold, den überlangen Ps 132 zu verstehen: "Ps 132 bildet das Hauptstück für die Zionsredaktion. "209 Er interpretiert die Sammlung von Wallfahrtspsalmen jedoch als ein "Vade Mecum des Zionswallfahrers, eine Sammlung zum kultischen und privaten Gebrauch, zur Einstimmung des Festpilgers auf die Segenszuwendungen, die ihn erwarteten". 210 Neben der Sicht dieser Psalmen als unmittelbar auf einer Wallfahrt gesungene Psalmen erscheint hier bei Seybold also das Moment des zusätzlichen privaten Gebrauchs der Sammlung. Die zeitliche Ansetzung der Sammlung ist in der Forschung sehr umstritten. Zwei extreme und spezielle Datierungsansätze seien hier notiert: so versteht R. Press 211 die Psalmen als exilische Hoffnung auf den Hinaufzug nach Jerusalem. Wegen der nachexilischen Ansetzung insbesondere von Ps 126 212 scheidet ~ine exilische oder gar vorexilische Datierung der Gruppe sicherlich aus. Es spncht daher zunächst einmal viel für eine Ansetzung der Gruppe in der persischen Zeit. 213 Eine extrem späte Ansetzung der Wallfahrtspsalmen als Sammlung in der vorliegenden Gestalt wird hingegen von H. Graetz vertreten, der die
mischnische Verortung der Wallfahrtspsalmen bereits 1879 nachdrücklich aufgenommen und spezifiziert hat. 214 Aus der genauen Angabe von Ps 134, daß der Lobgesang in den Vorhöfen des Tempels zur Nacht erfolgte, schließt Graetz, daß Ps 134-136 auf die Feier des Wasserschöpfens am Schluß von Sukkot zu beziehen ist, da die Innenhöfe des Tempels sonst über Nacht verschlossen waren. 215 Diese Zeremonie versucht Graetz aufgrund ihrer Ablehnung durch die Sadduzäer auf die Zeit der pharisäischen Herrschaft in der Regentschaft Salome Alexandras (78-69 v. ehr.) zu datieren. 216 Historisch bewegt sich Graetz mit diesem Ansatz im Kontext der Bevorzugung makkabäischer Datierungen in seiner Zeit. Heute sind auch für diese Sammlung von Wallfahrtspsalmen frühere Datierungen beispielsweise in das vierte Jahrhundert v. ehr. üblich. 217 Mittlerweile ist es zudem durch die Funde von Qumran neu fraglich geworden, ob Ps 133f. zur Zeit von Qumran bereits fester Bestandteil des Schlusses der Wallfahrtspsalmen waren. 218 Wir werden also diese extreme Spätdatierung von Graetz erneut zu prüfen haben. 219 Methodisch wichtig ist dabei, daß Graetz ein sogenanntes argumentum e silentio verwendet: Graetz schließt aus dem Fehlen früherer Hinweise darauf, daß die nächtliche Wasserschöpfliturgie erst im ersten Jahrhundert v. ehr. eingeführt worden ist. Möglich wäre aber auch, daß hier lediglich die Quellenlage unvollständig ist. Ein Ansatzpunkt für eine nächtliche Liturgie wäre beispielsweise in der Pessachnacht denkbar (Dtn 16,7). Doch fehlen dafür historische Quellen. Die rabbinischen Quellen schließen eine solche Interpetation, wie gesehen, sogar ausdrücklich aus. Hier fehlen also vor allem unterstützende Argumente für eine Spätdatierung der vorliegenden masoretischen Textfonn auf das pharisäische Laubhüttenfest, der wir uns mit einer Analyse des Qumranbefundes neu werden stellen müssen. 220 Graetz zieht auch die beiden nachfolgenden Psalmen 135 und 136 mit in seine Deutung hinein: enden die Wallfahrtspsalmen mit der nach Graetz levitischen Aufforderung zum Lob (Ps 134), so stimmt die Gemeinde in Ps 135 und 136 in
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206 Gegen GROSSBERG, Structures 53. Anstelle beider Psalmen wäre in dieser Interpretation wohl Psalm 23 passender, da dieser Psalm die Perspektive auf ein Leben im Heiligtum hat. 207 SEYBOLD, ZAW 91; ders., Wallfahrtspsalmen. Auf die Einzelanalyse Seybolds kann hier nur summarisch verwiesen werden. Seine differenzierte Analyse einer Redaktion, die das Individuum in den Kontext von Gesamtisrael stellt, und seine Herausarbeitung des Zusammenhanges der Wallfahrt als Kompositionschema waren ein erster Ansatzpunkt zu der hier vorgelegten Analyse. 208 Besonders SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 67. 209 SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 66. 210 SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 84 U.ö. Auf die nachkultische Verwendung der Wallfahrtspsalmen verweist auch die Einzelstudie von BEYERLIN, Vergewisserung. 211 PREß, ThZ 14, 401-415. Vgl. auch schon oben die Interpretation von BEN KIMI;II. PREß verzeichnet auch viele Motiv- und Stichwortverbindungen innerhalb der Psalmgruppe, die hier aus Raumgründen nicht aufgeführt werden, da sie z.B. überarbeitet auch bei SEYBOLD (Wallfahrtspsalmen, und ders., ZAW 91) zugänglich sind. 212 So mit MOSIS, FS Reinelt 181-201, gegen BEYERLIN, "Wir sind ... ", der die exilische Datierung des Psalmes zurecht wegen seines Bezuges auf das Leben im Land ablehnt, aber eine nachexilische Datierung trotz Ansetzung des Psalmes im Kontext des Joelbuches nicht ernsthaft erwägt. Die Ansetzung der gesamten Gruppe "im bäuerlichen Milieu" vertritt insbesondere auch SEYBOLD, ZAW 91, 260. Der Ansatz von KEET, Study, der die Wallfahrtspsalmen speziell als Psalmen zum Fest der Darbringung der ersten Früchte versteht, interpretiert diesen agrarischen Kontext jedoch zu speziell. 213 In diese Richtung geht auch Seybolds sehr differenzierte Analyse der Gruppe (SEYBOLD,
ZAW 91,267, mit Verweis auf Esr 7,9), sowie beispielsweise auch SEIDEL, FS Voigt 26-40, und STRAUß, FS Gunneweg 390- 398. 214 GRAETZ, MGWJ 28. 215 GRAETZ, MGWJ 28, 243, mit Berufung auf mTam 1; 3,7; mMid 1; Josephus contra Apionem 2,9. Vgl. auch den Hinweis auf die Sinnsprüche der frommen Männer mSuk 5 (und Gemara) bei Graetz (ebd.). 216 GRAETZ, MGWJ 28,247. 217 So etwa unlängst ZENGER, Morgenröte 128. 218 Siehe dazu unten 111.3.2.2. In 11QPs' cols ii-vi steht nach Ps 132 Ps 119, was angesichts der Länge dieses Psalms ein denkbar deutliches Abschlußsignal ist. Ps 133; 134; 135 und 136 sind an anderer Position erhalten (vgl. insbesondere die Übersichten DJD 4, 5 und die Photographien im Anhang; sowie WILSON, Editing 116f.). Zum Überblick über 11QPs' vgl. die Tabelle 3 im Anhang. Obwohl Ps 132 gegenüber den anderen Wallfahrtspsalmen überlang ist, ist er damit doch sicherer Bestandteil der Wallfahrtspsalmen. 219 Dazu unten 111.3.2, bes. S. 222ff. 220 Siehe dazu unten 111.3.2.2 und 3.2.3.
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
das Lob ein. 221 Zur formgeschichtlichen Parallele von Ps 134-136 notiert Seybold bemerkenswerte Beobachtungen von K. Koch zur ~ombination v~n imperativischen und partizipialen Hymnen in Ps 134-136, dIe Koch auch 1m Sinne einer redaktionellen Textbearbeitung meint nachweisen zu können: 222
zeigt. 229 Nicht zuletzt paßt der Nachtrag Auffrets nicht in seine eigene eindrucksvolle Analyse von Ps 120-134, die drei Gruppen von je fünf Psalmen miteinander in Beziehung setzt. 230 Die Wallfahrtspsalmen gewinnen damit insgesamt in der gegenwärtigen Forschungslage trotz unterschiedlichen Herkommens der Einzelpsalmen ein beachtliches Profil als Gruppe, das mit dem Zeugnis der Mischna konvergiert. Auch wenn Detailinterpretationen wie die gen aue Lokalisierung der Mischna und die zeitliche Einordnung offen bleiben, zeichnet sich ein gemeinsamer traditions- und wirkungs geschichtlicher Ort dieser Psalmen als Gruppe in der Zeit des zweiten Tempels ab. Formgeschichtlich bemerkenswert ist, daß in dieser Gruppe Psalmen aller Gattungen vertreten sind, nicht aber das individuelle Danklied. 231
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Aufforderung: Ausführung: partizipialer Hauptteil: Schlußteil:
Ps 134,lf. Ps 134,3a Ps 134,3b Ps-
135,lf. 135,4f. 135,6ff. 135,13ff.
136,1-3 136,4ff. ('~-Hälfte)' 136,4-25 136,26
Für diese Erweiterung mag auch sprechen, daß dann Ps 127 zusammen mit seinem Zwillingspsalm Ps 128 in der Mitte der Sammlung steht. 223 Doch auch Ps 137 der beklagt, daß Zionslieder224 nicht im Exil singbar sind, wird gele, . . 225G d ' gentlieh als Kommentar zu den Wallfahrtspsalmen Inte~re~lert. era e In Kombination mit der These von Graetz zu Ps 135f. als hturglschem Schluß der Wallfahrtspsalmen gewinnt diese These hohes Gewicht, das uns jedoch wied~r in die These der Verortung der Psalmgruppe in die Exilszeit führt. Ps 136 hat In dieser Perspektive also eine mehrfache Funktion: Einerseits ist liturgiegeschichtlich der Bezug zum Ägyptischen Hallel gesichert, andererseits liegt der Bezug auch auf die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. nahe. In dem Vers~ändnis ~on Ps 137 als Nachschrift zur Sammlung von Wallfahrtspsalmen gewInnen diese Psalmen einen nachkultischen Charakter: sie sind Wallfahrtpsalmen, aber aus dem Blickwinkel von Ps 137, dem Exil. 226 Die Wallfahrtspsalmen erscheinen also insgesamt nach hinten weniger deutlich als Gruppe abgegrenzt als nach vorn. Signifikant ist dafür auch die fehlende Überschr~~t in Ps 135-137. . P. Auffret hat nun versucht, gegen den Befund des Uberschriftensystems dIe Gruppe der Wallfahrtspsalmen bis Ps 138 weiterzuverfolgen. 227 p.s 138 leitet vorn Überschriftensystem her eine kleine Gruppe von Davldpsalmen, Ps 138-145, ein. Auffrets Argumente, die ausschließlich über Stichwortverbindungen laufen, sind wenig stichhaltig: Sowohl den Stichwortverbindungen zwischen Ps 135-138 als vermuteter Gruppe 228 als auch deren Verbindung zu Ps 120-134 fehlt die Signifikanz, wie die Verwendung von Allerweltswörtern wie ClP. , '9D, ;,iV37 , ,;,~, n~, '7.~ zur Kennzeichnung einer Stichwortverbindung
Im Unterschied zu den bisher behandelten Psalmengruppengibt es zu den im folgenden zu behandelnden Psalmengruppen keine Bezeugung ihrer Verwendung als Gruppe in der rabbinischen Literatur. Wir sind hier also ganz auf die Methoden der modernen Exegese angewiesen. Innerhalb dieser Ansätze nimmt ein kurzer Hinweis von E. Zen ger insofern eine Sonderstellung ein, als Zenger die erste Korachpsalmgruppe unter einern mehr formalen Gesichtspunkt behandelt, innerhalb dessen er Ps 46 als Mitte der ersten Korachpsalmsammlung versteht. 232 Dominierend in der Forschungsdiskussion zu den Korachpsalmen sind zwei große Untersuchungen: die Monographien von G. Wanke und M.D. Goulder. 233 Wanke vertritt den Bezug der Korachpsalmen auf Jerusalem. 234 Goulder widerspricht Wanke hinsichtlich der Gestalt des vorliegenden Textes nicht, aber postuliert eine Vorstufe des Textes, in der die Korachpsalmen als Wallfahrtspsalmen dem Heiligtum in Dan zugeordnet seien. Diese These, die bei Goulder im Zusammenhang einer Gesamttheorie zur Entstehung des nachmaligen Israel aus kanaanäischen Wurzeln zu verstehen ist,235 können wir im folgenden außer Betracht lassen, da sie in jedem Fall nicht den durch Wanke
GRAETZ, MGWJ 28, 245. KOCH mündlich, zitiert nach: SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 74. Koch hält Ps 134,3a; 135,14ff.; 136,23f. für redaktionelle Passagen in kontextueller Funktion. 223 Siehe oben 1.2.1 zu der Stellung der Zwillingspsalmen. 224 "'lV ist immer das positiv gestimmte Lied. 225 Ähnlich fragt bereits BEAUCAMP, DBS 9, 147: "Est-ce acette collection que fait allusion le Psaume cxxxvii lorsqu'il parle des "cantiques de Sion" (vv. 3-4)?". Deutlich für diese Position ist die struktural-linguistische Studie von AUFFRET, Sagesse 549, der allerdings auch Ps 138 in seine Analyse miteinbezieht, sowie FREEDMAN, FS Albright 187-205, hier 192. 226 Zur Bedeutung der überschriftslosen Psalmen vgl. bereits oben S. 18 und unten III. passim. 227 AUFFRET, Sagesse 544. 228 AUFFRET, Sagesse 545f.
Gegen AUFFRET, Sagesse 546ff. Zur Kritik s. 0.1.2.2. V gl. dazu insbesondere AUFFRET, Sagesse 529, und die Beobachtungen zum liturgischen Element "Es spreche Israel" ("~'J~, 19 .,~·K', siehe oben S.37) und zur Drittelung der Sammlung von Wallfahrtspsalmen (siehe unten II.1.2). 231 So bereits GUNKErJBEGRlCH, Einleitung 453. 232 ZENGER, FS Füglister 406f. Anm. 23 (s. o. S. 25). Zum kontextuellen Ansatz von Zenger vgl. die konzentrische Analyse von Ps 46 als Einzelpsalm durch TsuMuRA, AJBI 6, 29 - 55. 233 WANKE, Zionstheologie; GOULDER, Psalms. 234 WANKE, Zionstheologie 32: "Eine derartige Fülle von Aussagen über Zion und Jerusalem in direkter wie in indirekter Form im Zusammenhang mit einer annähernd bekannten und auch datierbaren Personengruppe, wie es die Korachiten sind, findet sich nirgendwo im Alten Testament." 235 GOULDER, Psalms 239ff.
221
222
2.3.5 Die Korachpsalmen
229 230
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
bereits hinreichend charakterisierten Text der vorliegenden Gestalt berührt. Allerdings nehmen wir von Goulder den Hinweis auf, daß die Korachpsalmengruppen jeweils mit einem Wallfahrtspsalm beginnen,236 den wir allerdings auf der Ebene der Gestalt des vorliegenden Textes als Wallfahrt nach Jerusalem zu verstehen haben. Für unsere Analyse ist Goulders Arbeit insbesondere dadurch wichtig, daß er die parallele Anordnung der beiden Gruppen von Korachpsalmen vollständig herausarbeitet, die Wanke bereits für Ps42f. und 84 angedeutet hatte: 237
der konstruiert die Psalmen als Reflex einer Prozession im Kontext der dramatischen Ereignisse des Absalomaufstandes (ISam 15 ff.). Er bemerkt dabei den Zusammenhang zum ersten Psalmbuch, in dessen Eröffnung Ps3,1 mit der midraschartigen Überschrift auf diese Geschichte rekurriert, und setzt auch das gesamte erste Psalmbuch in Relation zu ISam 16-1Kön 1. 241 Ähnlich verortet er Psalm 51-72 im Kontext der sogenannten Thronfolgeerzählung, die Goulder die Leidensgeschichte Davids 242 nennt. Im Anschluß an K. McCarter 243 u. a. notiert er, daß die Flucht Davids aus Jerusalem den Charakter einer Wallfahrt hat. 244 Die Stationen dieser Wallfahrt setzt er dann in Beziehung zu den Psalmen der Gruppe Ps 51 ff. Kritik verdient Goulders Ansatz, weil er den literarischen Verweis auf David in der Psalmüberschrift für die Spiegelung einer historischen Wirklichkeit der Thronfolgegeschichte hält, dem Überschriftselement 1'177 also historisch alles zutraut, die in dieser Gruppe gehäuft vorkommenden midraschartigen Überschriften aber noch nicht einmal auf der Textverweisebene interpretiert. Auch das ÜbeTschriftselement Cl'1:l~ das Ps 56-60 verbindet, ignoriert Goulder beispielsweise. 245 Er erklärt ~l~~ 'nicht den vorliegenden Text, der durch die Psalmüberschriften eine andere Beziehung vieler dieser Psalmen der elohistischen Sammlung von Davidpsalmen auf die Samuelbücher nahelegt, 246 sondern eine von ihm postulierte Vorform. Wenn die These von Goulder einer originalen Davidpsalmsammlung anläßlich einer Prozession zutreffen würde, wäre sie also bereits von dem Redaktor der die midraschartigen Psalmüberschriften eingefügt hätte, nicht verstande~ oder bewußt übergangen worden. Selbst Goulders Hypothese, :1?9 sei gegenüber den Psalmgrenzen zusätzlicher Texttrenner, führt er keineswegs konsequent durch, da er in seiner Interpretation andere Texttrennungen vorgibt. 247 Dieser Ansatz von Goulder zu der zweiten Davidpsalmgruppe läßt insgesamt also erheblich mehr Fragen offen, als er beantwortet. Er ist deshalb nicht weiterzuverfolgen.
42
Ps 42f. Ps 44 Ps45f. Ps 47f. Ps 49
Ps 84 Ps 85 Ps 87 Ps 88
(Wallfahrt) (Volksklage ) (König, Zion, vgl.Ps 86 als Davidpsalm) (Zion) (weisheitliche Klage)
Beachtlich ist die Anfangsstellung der durch die Wallfahrt motivierten Psalmen in bei den Gruppen. Von daher liegt ein Vergleich dieser Psalmengruppen mit den als solchen betitelten Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. nahe, der im folgenden formgeschichtlichen Teil anzugehen sein wird. 238 Nicht einleuchtend bei Goulders Ansatz ist mir die Zuordnung von Ps 46 zu Ps 45, da Ps 46 als Zionslied größere Nähe zu Ps 48 hat.
2.3.6 Die zweite Sammlung von Davidpsalmen (Ps 51ff) M. D. Goulder hat unlängst nach seinem Aufsatz zum vierten Psalmbuch und der Arbeit über die Korachpsalmen eine weitere Arbeit vorgelegt, in der er seinen Ansatz, Psalmgruppen formgeschichtlich zu beschreiben, auf die Davidpsalmgruppe Ps 51-72 239 ausgedehnt hat. Er wagt es in diesem Buch, die Psalmen in die durch die Namensüberschrift vorgegebene Zeit zu datieren: "the Prayers were indeed written ,for David', by one of his dosest attendents, a priest"240 .
Obwohl sich Goulder über die dadurch erfolgende Provokation im klaren ist und sich bereits als Fundamentalist verdächtigt sieht, ist die argumentative Grundlage seiner Hypothese an dieser Stelle bemerkenswert schwach. Goul236 GOULDER, Psalms 23ff. Vgl. bereits GUNKErJBEGRlCH 309ff., sowie SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 16. 237 WANKE (Zionstheologie 18) sieht allerdings Ps 84 als Lied zum Ende der Wallfahrt, während GOULDER beide Psalmen dem Beginn des Wallfahrtsfestes zuordnet. Zum Vergleich siehe nun auch Ono, ThWAT6, 994-1028, hier 1014f., der ähnlich wie Goulder die Parallele zwischen beiden Korachpsalmgruppen vervollständigt. Die Themenangaben am rechten Rand der Tabelle sind von mir ergänzt. 238 S. u. 1I.1. 239 GOULDER (Prayers) bezieht Ps 71 als überschriftslosen und Ps 72 als Salomopsalm in die Analyse ein. 240 GOULDER, aaO. 9. Vgl. aaO. 229 u. Ö.
2.3.7 Die Asaphpsalmen War bei den bisher behandelten Psalmgruppen in der Forschung ein Verständnis der Gruppe als kohärenter Text möglich, so bewegt sich die Forschungslage bei den Asaphpsalmen noch ausschließlich auf der Ebene der 241 GOULDER, aaO. 85f. Vgl. dagegen die unterschiedliche Behandlung der midraschartigen Psalmüberschriften in 1I.3.1. und 1I.3.2. 242 GOULDER, aaO. 40ff. Die Abkürzung "PD" bedeutet bei Goulder Passion o[ David. 243 MCCARTER, 1I Samuel, z. St. 244 GOULDER, aaO. 46. 245 Vgl. die Gliederung GOULDER, aaO. 141. 246 Der grundlegende Aufsatz von CHILDS, JSS 16, 137-150, der die Psalmüberschriften mit narrative~ Element, die ihren Schwerpunkt in der Sammlung von Davidpsalmen Ps 51 ff. haben, als M1draschelement behandelt, erscheint bei GOULDER (aaO.) noch nicht einmal in der Literaturliste. 247 Vgl. GOULDER, aaO. 162ff.
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
2. Exegetische Ansätze zur Beschreibung des Zusammenhanges von Psalmen
Traditions- und Formgeschichte von Einzelpsalmen, innerhalb derer dann Gemeinsamkeiten gefunden werden, ohne daß Hypothesen zu der Reihenfolge dieser Psalmen zu verzeichnen wären. 248 In einem frühen Ansatz hat bereits M. J. Buss einen Teil dieser Psalmen im Nordreich verankert. 249 In der Weiterarbeit dieses Ansatzes kommt H. Nasuti 250 zu dem Ergebnis, daß die Asaphpsalmen einen gemeinsamen traditionsgeschichtlichen Hintergrund haben, den er auf die Region Ephraims festlegt. 251 Vorsichtiger hat sich auch Seybold in dieser Richtung geäußert: Die Asaphpsalmen stammen "aus dem Traditionsstrom und Erbe des Nordens". 252 Da aber in der vorliegenden Fassung die Gruppe mit dem Zionspsalm Ps 76 auf Jerusalem bezogen ist, können wir in jedem Fall die Psalmengruppe in der Endfassung hier verorten. 253 Wichtiger als die traditionsgeschichtliche Hypothese Nasutis ist für unseren Zusammenhang seine Beobachtung, daß in den Asaphpsalmen im wesentlichen zwei Gattungen vertreten sind: Klagelieder des Volkes und prophetische Psalmen. Leider verzichtet Nasuti auf eine Beschreibung der Asaphpsalmen als Gruppe in der vorliegenden Form. Von der Anordnung der Psalmen her außerhalb der Sammlung von Asaphpsalmen steht Ps 50 als Einzelpsalm, dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe aber auch von den traditions- und formgeschichtlichen Untersuchungen her unbestritten ist.
Wir brechen hier ab und sammeln hier nicht auch bereits die Forschungsergebnisse zu den nächstgrößeren Einheiten, den Kleinpsaltern wie etwa dem elohistischen Psalter, da wir die Fragen nach den literarischen Vorstufen des Psalters nach der Analyse der Psalmgruppen ohnehin stellen werden. 257 Insbesondere das erste Psalmbuch, das zwar überwiegend Davidpsalmen enthält, 258 fällt bereits rein umfangmäßig mit 37 Davidpsalmen deutlich gegenüber den anderen hier beschriebenen Psalmgruppen heraus, die etwa ein Dutzend Psalmen meist in zwei Teilgruppen umfassen. Die Gruppe von Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. mit 15 Psalmen mit gemeinsamem Überschriftselement ist hier nur scheinbar eine Ausnahme, weil es sich bis auf Ps 132 um sehr kurze Psalmen handelt. Da das erste Psalmbuch zudem mit überschriftslosen Psalmen durchbrochen ist, liegt es nahe, es als eine mehrfach untergliederte Einheit zu verstehen und nicht als eine geschlossene Psalmengruppe. Solche zusätzlichen Untergliederungen von durch Überschriften gekennzeichneten Psalmengruppen werden wir im folgenden Kompositionsbögen nennen. Nicht behandelt worden sind weiterhin die kleineren Sammlungen von Davidpsalmen (Ps 138-145, eventuell auch Ps 101; 103; 108; 109; 110). Während dies in den Psalmen im Textbereich von Ps 101-110 nicht zuletzt an der vereinzelten Stellung dieser Psalmen liegt, ist dies für Ps 138-145 - soweit ich sehe - ein Literaturdefizit.
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2.3.8 Andere Textbereiche
2.3.9 Zwischenergebnis
Auch zu anderen Psalmengruppen gibt es vereinzelt Hinweise auf literarische Bezüge. So sind oft die thematischen Gemeinsamkeiten der Jhwh-KönigPsalmen notiert worden, die - mit der eigens zu interpretierenden Ausnahme von Ps 94 254 - dieselben Motivfelder variieren. 255 Daß mit der Ausnahme des Ägyptischen Halleis und der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. in antiker Zeit keine Psalmgruppen im jüdischen Gottesdienst zitiert wurden, gilt auch für die JhwhKönig-Psalmen Ps 92f. und 95-100, die erst in späterer Zeit im aschkenasischen Sabbatgottesdienst nachweisbar sind. 256
Die verschiedenen hier betrachteten Psalmgruppen haben insgesamt einen unterschiedlichen nachweisbaren Sitz im Leben: Neben der Verwendung des Ägyptischen Halleis in der Tempelliturgie ist seine Verwendung in den Hallel-Einschüben im jüdischen Gottesdienst nach der Zerstörung des zweiten Tempels an den drei Wallfahrtsfesten sowie an Chanukka und am Monatsanfang belegt. 259 Das kleine Hallel fanden wir hingegen nur deutlich nach der Zerstörung des zweiten Tempels als liturgische Gruppe verwendet. 260 Für die Wallfahrtspsalmen hingegen ergab sich ein
248 Die von GOULDER (aaO. 8) angekündigte Arbeit über die Asaphpsalmen wird die hier bestehende Forschungslücke zu schließen versuchen. Vgl. auch die Hinweise von BECKER, Wege 117, der zahlreiche Stichwortverbindungen zwischen verschiedenen Asaphpsalmen notiert. 249 Buss, JBL 82, 382-392. 250 NASUTI, History. 251 NASUTI, aaO. 115f. 252 SEYBOLD, Psalmen 104. 253 So die traditionsgeschichtliche Analyse von SCHELLING, Asafpsalmen. 254 Siehe dazu ZENGER, FS Ehrlich, und unten II.3.4 sowie III.2.2.2. 255 So insbesondere HOWARD, Strukture, und ohne Berücksichtigung der Frage nach dem vorliegenden Kontext JEREMlAS, Königtum 107ff., und dazu besonders die kaum weniger ausführliche Rezension von JANOWSKl, ZThK 86, 389-454, bes. 396ff. 256 Vgl. MAlER, Verwendung 68ff. In dieser liturgischen Zitation fehlt Ps94, die Ps92f. werden nach den Ps 95ff. zitiert, und beispielsweise Ps 29 wird eingeschoben. Deshalb wird
diese Psalmenzitation hier nicht als Zitierung einer Gruppe verstanden. Die Überschrift von Ps 92, die diesen als Sabbatpsalm ausweist, wird auf die folgenden Psalmen abgestrahlt haben. Daß die Zitierung der Jhwh-König-Psalmen am Sabbat alte jüdische Tradition ist, ist ausgeschlossen, da Ps 93 bereits in der Antike dem Freitagabend und Ps 94 dem Mittwoch zugeordnet werden (so übereinstimmend mTam 7,4; bRHSh 31 a; Sof 18,1.8 und die Überschriften der Septuaginta, vgl. Pirke Rab Eliezer 19; Psikta Rab Kahana 22,l06b; Midrasch Tanchuma 1,19; GenR 22,13; LevR 110,4; Shr 4,4; bBB 14b). 257 Siehe unten III.1. 258 Überschriftslose Psalmen sind lediglich Ps 1; 2; 10 und 33. 259 Vgl. die Übersicht tSuk 3,2. Siehe oben S. 30f. 260 So im mittelalterlichen Siddur R. Saadja Gaon (Kitäb Gämi' A~-~alawät wat-tasäblh) und R. Amram Gaon nachweisbar. Eine Vordatierung der liturgischen Zitierung des kleinen Halleis wie auch anderer liturgischer Texte, wie ihn WERNER, Bridge, vollzieht, bleibt den historischen Nachweis schuldig.
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
3. Methodische Vorüberlegungen aus der Formgeschichte
möglicher Sitz im Leben als Gruppe aus den mischnischen Quellen im wesentlichen nur vor der Zerstörung des zweiten Tempels. 261 Für alle anderen Psalmengruppen fehlen Hinweise auf die Verwendung als Gruppe aus der jüdischen Liturgie völlig. 262 Wir haben damit für die verschiedenen Psalmgruppen eine ganz unterschiedliche Ausgangsposition: am weitreichendsten ist dabei die Forschungslage zu den Psalmen des Ägyptischen Halleis und zu den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff., die sich aufgrund mischnischer Quellen und moderner Exegese als zusammengehörige Psalmgruppe mit einem gemeinsamen Sitz im Leben herausstellten. Ein den Wallfahrtspsalmen vergleichbarer Sitz im Leben zeichnet sich für die Korachpsalmen ab, wobei wir nur eine diesbezügliche Hypothese moderner Exegese vorfinden. Ein formgeschichtlicher Vergleich dieser Psalmgruppen bietet sich nach dieser ersten Übersicht an. 263 Dagegen bewegt sich die Forschung an den Asaphpsalmen weitgehend auf der traditionsgeschichtlic~en Ebene, sie kann daher eine gemeinsame Herkunft der Asaphpsalmen plausIbel machen, aber ein Ansatz zum Verständnis der Gruppe als zusammenhängendem Text fehlt. Offen bleibt auch, wie die anderen Psalmgruppen, insbesondere das kleine Hallel und die Davidpsalmgruppen, zu den Psalmgruppen der levitischen Sängergruppen und den Wallfahrtspsalmen stehen.
man weiterhin den zwingenden Gedankengang von Psalm zu Psalm etc. Die rein innertextliche Betrachtung der Psalmengruppe hat also eine nicht zu unterschätzende Unsicherheit. Diese Unsicherheit begleitet den Versuch, auch andere Psalmgruppen verorten zu wollen. Aber die "Unzulänglichkeiten" dieser sicher als Gruppe zu verortenden Psalmsammlung kann ein Hinweis sein, Kriterien für andere Psalmgruppen zu bilden. Die Verortung des Ägyptischen Halleis als Teil der Pessachliturgie wäre z. B. bei einer Betrachtung nur des biblischen Textes möglich, wenn die einzeltextisolierende Wahrnehmung von Psalmen aufgegeben würde: Ps 114 steht nicht nur als Einzeltext sondern auch innerhalb der durch Hallelujah gekennzeichneten Gruppe für den Bezug auf den Exodus, Ps 118 für die ursprüngliche Tempelliturgie etc. Es genügt also innerhalb der durch die Überschriften als gemeinsam ausgewiesenen Gruppe zunächst jeweils ein Psalm, um einen ersten Hinweis auf die Verortung der Gruppe zu geben, wenn die anderen Psalmen dieser Verortung nicht explizit widersprechen. Zu beachten ist dabei aber, daß sich das Überschriftensystem offensichtlich nicht nur auf die eigentlich liturgischen Teile, sondern auch auf Rahmenpsalmen wie Ps 111 f. bezieht. Weiter wird zu fragen sein, ob und - wenn ja - wie liturgischer Kern und Rahmen voneinander trennbar sind. Ein solcher weitreichender Interpretationsvorgang wird jedoch sehr behutsam anzugehen sein. Formgeschichtliche Exegese der Psalmgruppen muß versuchen, diese für die Formgeschichte der Gruppe wichtigen Einzelelemente sicher und das heißt methodisch nachvollziehbar zu ermitteln, ohne den möglichen Aussagehorizont zu überschreiten. Was wir benötigen, ist - kurz gesagt - eine Formgeschichte der Psalmengruppen.
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2.4 Weiterführung Die Frage ist, was Kennzeichen einer liturgisch verwendeten Psalmengruppe wäre, wenn ihre Verwendung nicht als antike jüdische Liturgie außerhalb der Bibel belegt wäre. Machen wir deshalb ein gedankliches Experiment, indem wir die Psalmengruppe, die zweifelsfrei in antiker Zeit im jüdischen Gottesdienst verwendet wurde, das Ägyptische Hallei, nur als Text ohne die äußeren Hinweise auf ihre Verortung betrachten. Innertextlich legt sich die Zusammenordnung dieser Psalmen abgesehen von dem überschriftartig gebrauchten Hallelujah keineswegs zwingend nahe. Zudem ist das überschriftartig gebrauchte Element nicht völlig einheitlich,264 und es geht über Ps 113-118 hinaus in die akrostichische Umgebung des Hallels. 265 Der inhaltliche Bezug auf den Auszug aus Ägypten steht nur in einem Psalm (Ps 114). Die Kennzeichnung als Wallfahrtsliturgie zum Tempel paßt vom Gesichtspunkt der Einzelpsalmenexegese nur zu einem Psalm (Ps 118). Es fehlt insbesondere die Möglichkeit, von Psalm zu Psalm signifikante Stichwortverbindungen zu notieren. Vermissen könnte 261 Die mittelalterliche Verwendung von Ps 120-134 als Teil des Sabbatgebetes bleibt zeitlich und örtlich sehr beschränkt (mit GOLDSCHMIDT, Liturgy 194f.; MAlER, in: Liturgie 55-90, hier 69 Anm. 50 der Hinweis auf Goldschmidt). . 262 Mit THOMA, Psalmenfrömmigkeit; MAlER, Verwendung und SCHÄFER, GottesdIenst. 263 Siehe dazu 11.1. 264 Vgl. Ps 115 als Psalm ohne Hallelujah als Psalmtrenner. 265 Ps 111 und 112, zu Ps 119 siehe oben S. 33 (bes. Anm. 174).
3. Methodische Vorüberlegungen aus der Formgeschichte der Einzelpsalmen 3.1 Beschreibende und normierende Formgeschichte Mit dem Versuch einer Formgeschichte der Psalmengruppen wagen wir uns in ein von der Forschung bisher so nicht erschlossenes Terrain. Es fragt sich, warum der Versuch einer formgeschichtlichen Beschreibung von Psalmengruppen bisher noch nic~t erfolgt ist, obwohl die Zusammenordnung der Psalmen in Gruppen nach der Uberschrift in fast allen Einleitungen und Psalmenkommentaren vermitteltes Grundwissen ist und die Formgeschichte die bedeutendste Methode der Psalmenexegese darstellt: Die Elemente der hier vorzustellenden Beschreibung sind wohlbekannt, die Analyse ist gleichwohl neu. Es wird daher zuerst auch nach den impliziten Voraussetzungen zu fragen sein, die einer formgeschichtlichen Beschreibung der Psalmengruppen im Wege stehen. Eines dieser Hindernisse scheint mir die Orientierung der Formgeschichte
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
3. Methodische Vorüberlegungen aus der Formgeschichte
auf die Frage nach der ursprünglichen reinen Form zu sein. Forschungsgeschichtlich ist der Widerspruch gegen diese literarkritisch orientierte Formgeschichte insbesondere mit dem Namen von M. Weiss 266 verbunden. Weiss wendet sich gegen die sehr detaillierte und damit auch literarkritische Formgeschichte von C. Westermann. Dieser beschreibt beispielsweise einen detaillierten fünfteiligen Aufbau des Klageliedes des Volkes, den er ausdrücklich als "konstitutiv" bezeichnet: 267
Bei Westermann geht diese enge Normvorstellung hinsichtlich formgeschichtlich korrekter Psalmen einher mit einer Systematisierung und Reduktion formgeschichtlicher Analysekriterien: mit den Polen der negativen und positiven Stimmung (Klage und Lob) sowie der Personenzahl (Singular und Plural) blendet Westermann in diesem frühen Ansatz Psalmen, die nicht in ein solches Analyseschema passen, aus. Dies sind im wesentlichen die sogenannten kleinen Gattungen, bei denen diese bis in die kleinsten Details gehenden formgeschichtlichen Bestimmungen auch nur im Ansatz nicht greifen würden. 270 Derartige kleine Gattungen, die in der Neufassung der Gunkelschen Formgeschichte durch Westermann nicht behandelt werden, sind Segens- und Fluch worte, das Wallfahrtslied, das Siegeslied, das Danklied des Volkes, die Legende, die Tora sowie beispielsweise die Königspsalmen. Westermann selbst hat in späteren Werken sich nicht mehr auf die beiden großen Gattungen von Klage- und Lobpsalmen beschränkt und auch die kleineren Gattungen behandelt. 271 Hier werden seine Analysekriterien erheblich großzügiger. Doch in seinem sehr schematischen frühen Ansatz werden die impliziten Normen deutlich, nach denen ein Psalm einer Gattung zugeordnet wird: die Einheitlichkeit der Personen- und Stimmungsstruktur. Umgekehrt sind vom Standpunkt der deskriptiven Formgeschichte her die Ausnahmen von diesen impliziten Normen die entscheidenden Herausforderungen. Während wir in dieser Arbeit die Grenze von Einzelpsalmen in der formgeschichtlichen Beschreibung überschreiten werden, wird sie in der üblichen formgeschichtlichen Exegese oft unterschritten: Formgeschichte ist innerhalb des Postulates der ursprünglich reinen Form lediglich ein Hilfsmittel der Literarkritik. Die Grenzfälle, die wir im folgenden behandeln, betreffen also das Verhältnis von Formgeschichte und Literarkritik. Es geht um Psalmen, die von einigen Exegeten formgeschichtlich als Einheiten beschrieben werden und andererseits aufgrund formgeschichtlicher Analysen in mehrere Psalmen getrennt werden können. In allen im folgenden zu verhandelnden Beispielen bieten sich uns zwei formgeschichtliche Beschreibungsmöglichkeiten an: eine, die den Text in seiner vorliegenden Fassung formgeschichtlich beschreibt, und eine, die aufgrund der formgeschichtlichen Analyse zu literarkritischen Urteilen gelangt und einen als Einheit überlieferten Psalm in mehrere Psalmen oder Textstufen teilt. In der Formgeschichte, die die literarkritisch geteilten Psalmen als Einheit beschreibt, haben wir also in gewisser Weise einen Analogiefall zu der von uns intendierten formgeschichtlichen Beschreibung von Psalmgrup-
,,1. Anrede Einleitende Bitte 11. Klage 111. Bekenntnis der Zuversicht IV. Bitte (Doppelwunsch) V. Lobwunsch"
Anschließend stellt er fest: 268 ,,1. Der konstanteste von allen Teilen ist die Bitte. Sie fehlt nie. 2. Deutlich wahrnehmbar ist eine Tendenz des Anwachsens der Bitte und des Schwindens (oder Ersatzes) der Klage. Diese Tendenz kann bis zur Einebnung des ganzen Psalms zur Bitte führen ... "
Mit diesen Sätzen relativiert Westermann seine eigene Beschreibung der Volksklage: die Detailbeschreibung stellt einen Idealfall dar, der nur wenige Psalmen, oft sogar nur einen einzigen Psalm beschreibt. Ähnliches unterläuft Westermann bei der Beschreibung des Modellfalles eines von ihm genannten beschreibenden Lobpreises (partizipialer Hymnus), Ps 113. Nachdem Westermann v. 6b hinter v. 5a gestellt hat, schreibt er: 269 ,,5b und 6a ist die Mitte des Psalms. 5b faßt 4-5 zusammen, 6a wird in 7-9 entfaltet. Der Psalm hat einen sehr einfachen und klaren Aufbau."
Die Feststellung des einfachen und klaren Aufbaus im Sinne seiner Formgeschichte betrifft noch nicht einmal den als Musterpsalm gewählten Ps 113 in der vorliegenden Textform, sondern einen Psalm, den Westermann erst durch Umstellung bzw. Entfernung von v. 6 b konstruiert hat. Er konstruiert damit aufgrund eines formgeschichtlichen Ideals einen literarkritisch als ursprünglich vermuteten Psalm. Die Formgeschichte ist hier Hilfsmittel der Literarkritik. Wenn nun aber schon die Detailbeschreibung einzelner Psalmen mit der Formgeschichte Psalmen derselben Gattung nicht vollständig erfassen kann, ohne literarkritisch zu werden; können wir erst recht bei der Beschreibung der Formgeschichte der Psalmgruppen nicht die Klärung aller Details erwarten, wenn wir auf den Notbehelf der Literarkritik verzichten wollen. 266 WEISS, VT.S 22, 88-112. Neben diesem wohl prägnantesten Aufsatz von Weiss vgl. auch: ders., Wege, und ders., Bible. 267 WESTERMANN, Lob 39. 268 Ebd. 269 WESTERMANN , Lob 88.
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Vgl. WESTERMANN, Lob 12. V gl. WESTERMANN , Psalter. Ein kompositorisch besonders interessantes Ergebnis dieser Hinwendung zu den kleinen Gattungen wurde bereits referiert (s. o. S.4 zu WESTERMANN , Sammlung). Ein Gegenpol zu Westermanns Versuch der Weiterentwicklung der Gunkelsehen Formgeschichte stellt der bei KRAUS ab der fünften Auflage seines Psalmenkommentars e1978) erfolgte Neuansatz dar, der die Gattungen der Psalmen eher anhand thematisch festgelegter Psalmen gruppen analog zu den bei Gunkel sogenannten kleinen Gattungen bestimmt. Vgl. jedoch den ganz ähnlichen Denkansatz bei WESTERMANN, Lob 60. 270
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
pen. Wir hoffen, im Nachvollzug einiger Beispiele einer formgeschichtlichen Analyse von Einzelpsalmen, in denen normative und deskriptive Analysen gegenüberstehen, erste Kategorien zu finden, die auch Einheiten von mehreren textlich getrennt überlieferten Psalmen beschreibbar machen.
3.2 Formgeschichtliche Doppelung innerhalb eines Psalms Als erstes Fallbeispiel wählen wir Ps 18. Während insbesondere noch H. Schmidt die Aufteilung von Ps 18 in zwei Teilpsalmen vorschlug, 272 wird heute zumeist der Psalm als Einheit von zwei Teilen angesehen. Die Gattungsbestimmungen beider Teile sind problematisch: Der Anfang des Psalms beginnt danklieduntypisch mit '91tO';l!5 (mit der Septuaginta wohl: "Ich will dich lieben") 273 , auch der breite Theophanieteil in der ersten Hälfte des Psalms ist für das Danklied untypisch. 274 Der zweite Teil stellt weder ein ausschließlich als Danklied noch als Königspsalm zu verrechnendes Stück dar, sondern eine Mischung aus beidem. 275 Da wir bei einer formgeschichtlichen Betrachtung der postulierten Teilpsalmen ohnehin besondere Mischgattungen annehmen müßten, können wir auch gleich mit der Abtrennung des vorliegenden Textes Ps 18 als ganzen Psalm einer speziellen Gattung zuweisen. Ps 18, der mit wenigen textlichen Abweichungen auch durch die Übernahme in 2Sam 22 als ein Psalm bestätigt wird,276 ist eine einheitlich lesbare Größe, für die eine Gattungsbestimmung wie Königsdankpsalm 277 als Näherungsbestimmung zutrifft, wenn wir nicht einfach in Anschluß an J. Begrich Mischungen oder F. Stolz Mischpsalm 278 sagen wollen. Das Problem des Neuansatzes innerhalb von Ps 18 ist nun keineswegs singulär und auf Psalmen mit problematischer Gattungszuweisung beschränkt: Ins-
272 SCHMIDT z. St. und BAuMANN, ZAW 61,131-136; GUNKEL (z. St.) verweist als weitere, ältere Vertreter dieser These u. a. auf BUDDE (Bücher Samuel314 ff.) u.a ... V gl. auch SELLINI FOHRER, Einleitung 309 und distanziert CRÜSEMANN, Studien 254ff. SPOER, ZAW 27, 145-161, hier 149ff., ging gar von 2 Psalmen und einem zusätzlichen Fragment, v. 8-16, aus (so auch bereits GRAETZ z. St.). 273 Die Wurzel on, ist als Qal-Form ein Hapax Legomenon und mit Gott als Objekt auch semantisch ungewöhnlich, wird aber bereits von der Septuaginta (aymtT]aU)) bestätigt. Andere Lösungen wie die Konjektur '97?7;l"~ (BHS z. St.) beseitigen zwar das semantische Problem, schaffen aber neue wie etwa die dann völlig ungewöhnliche Weiterführung ohne '~ (dazu CRÜSEMANN, Studien 269). Dieser schwierige Vers ist in der Variante 2Sam 22 weggelassen. 274 GUNKELIBEGRICH, Einleitung 265 ff.; CRÜSEMANN, Studien 21Off., bes. 258; KRAUS z. St. 275 CRÜSEMANN, aaO. 256f. Vgl. auch WEISER 126, der besonders in v.44f. 49 beide Themen verbunden sieht. 276 Zu dem Ergebnis, daß Ps 18 in 2Sam 22 aufgenommen wurde, gelangen neben der Monographie von SCHMUTTERMAYR, Psalm 18, 16, auch WEISER, KRAUS u. a. (z. St.). 277 So CRÜSEMANN, aaO. 256f., zu Ps 18B. Vgl. auch HOSSFELD, FS Groß 171-190. 278 GUNKELIBEGRICH, Einleitung § 11 (S. 397ff.); STOLZ, Psalmen. S. u. Anm. 291.
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besondere Ps 30 279 als gedoppeltes Danklied, Ps 47 280 und 147 281 als gedoppelte Hymnen und Ps 27 282 und 102 283 als gedoppeltes Klagelied weisen auch das formgeschichtliche Phänomen der Doppelung innerhalb eines Psalms ohne deutlichen Gattungswechsel auf. Die Lieddoppelung innerhalb eines überlieferten Psalms ist daher weder für bestimmte Gattungen typisch noch auf bestimmte Gattungen beschränkt. Die gedoppelten Psalmen haben kompositorisch ihre nächste Parallele in den bereits beschriebenen Zwillingspsalmen, also in den Fällen, in denen zwei gleichartige Psalmen - dann allerdings mit deutlichem Trenner - hintereinandergestellt sind. 284 Hier entspricht also ein formgeschichtliches Phänomen innerhalb von Psalmen einem Phänomen in der Reihung von Psalmen. Als formgeschichtliches Ergebnis nehmen wir also mit, daß dieselbe Form sich innerhalb eines Psalms wiederholen kann. Auch wenn zwei oder mehr gleichartige Psalmen zusammenstehen, muß deshalb nicht von einem Bruch in aus anderen Gründen als zusammengehörig ausgewiesenen Psalmengruppen ausgegangen werden. Diese Aneinanderreihung gleicher Motive wird auf der kleineren Ebene von Sprachmotiven und Formeln innerhalb eines Psalms Cluster genannt. 285 Ähnlich kann die Reihung von formgeschichtlich gleichen Sätzen oder Satzteilen innerhalb eines als textlicher Einheit überlieferten Psalms als Cluster verstanden werden. Diesem Phänomen der Reihung ähnlicher Elemente innerhalb eines Psalms werden wir auch auf der Ebene der Psalmkomposition begegnen.
279 Dazu GUNKEL 127. Zu beachten ist insbesondere die doppelte Schilderung der Klage (v. 3.9-11) und der Errettung (v. 4.12f.). v. 7 ist in diesem Verständnis Neuansatz nach der Mitte des Psalms v. 5 f. Durch die Rahmenverse des Gesamtpsalms ist ein Verständnis des Psalms als Einheit jedoch gesichert. 280 Dazu JEREMIAS, Königtum 50f. Bei Hymnen ist es schwieriger, einen definitiven Neuansatz zu bestimmen, da sie ohnehin Doppelungen als Strukturelement haben. 281 Ps 147 setzt in v. 12 neu an. Die Abfolge ist: Lobaufruf (v. 1.12), der '~-Teil mit dem ~hema Jerusalem (v.2f .. 13f.), Schöpfung (v. 4-9.15-18) und Israel (v.l0f..19f.) (so unlangst LOHFINK, Lobgesänge 117). 282 WESTERMANN , Lob 49. V gl. die Auseinandersetzung mit der älteren Literatur, die in Ps 27 zwei ursprüngliche Psalmen sah (z. B. KITTEL Z. St.), bei BIRKELAND ZAW 51 216-221 283 DUHM, GUNKEL u. a. z. St.; vgl. die Vorbehalte bei WEISER 446. W~STERMAN~ Lob 49' sieht Ps 102 als einen Psalm. ' , 284 Kompositionell scheint in einem Fall ein gedoppelter Psalm (Ps 18) zwei Zwillingspsalmen (Ps 20f.) zu entsprechen, was angesichts der Länge von Ps 18 als drittlängstem Psalm des Psalters nicht verwundert. Dazu oben 1.2.2 (S. 24 f.). 285 So insbesondere AEJMELAEUS, Prayer, hier bes. SOff. Auf der Ebene der mündlichen Texte hat dies bereits CULLEY, Language, herausgearbeitet. Die deutsche Fassung des englis~hen Aus~~ks cl~ter (Gruppe, Traube) ist nicht in allen deutschen Wörterbüchern geläufig, aber b~lsplelswelse von dem Bremer MAcKENsEN (Wörterbuch 511) als niederdeutsches Wort verzeIchnet. Der Ausdruck dürfte außerdem aus der Musikwissenschaft bekannt sein.
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Teill: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
3.3 Wechsel der Personenstruktur innerhalb eines Psalms
In der Regel ist ein Psalm durch eine einheitliche Personenstruktur und Sprechrichtung gekennzeichnet. Doch auch innerhalb der Formgeschichte der Einzelpsalmen gibt es mehrere Möglichkeiten von Personenwechseln innerhalb eines Psalms. Schauen wir uns also auch hier die Ausnahmen von der Regel an, um einer Formgeschichte der Psalmengruppen vorzuarbeiten. Der erste und einfachste Fall ist der Wechsel zwischen Singular und Plural und der zweite der Wechsel des Modus von direkter und besprechender Rede derselben Person. Nehmen wir Ps 66 als Beispiel für den Numeruswechsel innerhalb eines Psalms. Ps 66 wird üblicherweise in zwei Teile zerlegt, weil die erste Person Plural v. 8-12, in der Israel von den Heilstaten Gottes erzählt, ab v. 13 einer ersten Person Singular weicht. Formgeschichtlich wird so der Hymnus bzw. das Danklied des Volkes vom Danklied des Einzelnen unterschieden. 286 Die strenge Trennung der Gattungen hinsichtlich der Zahl der beteiligten Personen wird jedoch bereits innerhalb des pluralischen ersten Psalmteils durchbrochen, wenn wiederholt die Völker zum Lob Gottes aufgefordert werden. Damit ist bereits innerhalb des ersten Psalmteiles eine weitere Gruppe integriert, die von der Wir-Gruppe zu unterscheiden ist, nur daß das Auftreten dieser Gruppe von der Formgeschichte in die Beschreibung der Gattung Imperativischer Hymnus integriert wird. 287 Eine Formgeschichte, die lediglich Texte beschreiben will, ohne aufgrund vereinfachender Textbeschreibung literarkritische Kriterien für einen Normaltext zu entwickeln, wird in Ps 66 also lediglich das Phänomen des Numeruswechsels feststellen und sich hinsichtlich der formgeschichtlichen Einordnung des Phänomens fragen, ob es vergleichbare Formen gibt. Der Personenwechsel zwischen einem einzelnen Sprecher und einer Sprechergruppe erscheint beispielsweise auch bei der umstrittenen Gattung des Hymnus des Einzelnen 288 (Ps 8; 103). Da ein beträchtlicher Teil der Hymnen des Einzelnen deutliche weisheitliche Formen hat 289 und alle sogenannten Hymnen des Einzelnen im Psalter auch Pluralelemente aufweisen oder wie Ps 111; 145 und 146 Teil einer pluralischen Psalmengruppe bzw. deren Einleitung sind,290 ist das Phänomen des Numeruswechsels innerhalb eines Psalms also auch ein Teil des Phänomens der Gattungsmischung. Eine andere Möglichkeit, den Numeruswechsel zu verstehen, bildet die 286 So z.B. CRÜSEMANN, aaO. 174ff. GUNKEL (z.St.) unterteilt Ps 66 sogar in drei Teile (v. 1-7: Hymnus; v. 8-12: Danklied des Voikes; v. 13ff.: Danklied des Einzelnen). Er sieht aber die einzelnen Teile dann doch in ihrem Zusammenhang: "Auch die Gattungsmischung führt in ein spätes Zeitalter" (278). 287 Vgl. den Überblick bei CRÜSEMANN, aaO. 39ff. 288 CRÜSEMANN, aaO. 285ff., arbeitet die Nähe dieser Hymnen zum Klage- und Danklied heraus. Der Hymnus des Einzelnen ist daher als Mischgattung zu verstehen. 289 CRÜSEMANN, aaO. 296ff. 290 S.o. 1.2.3.2 und 3 und unten 11.1.3 und 11.3.3.1.
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formgeschichtli~he Kategorie der Liturgie. 291 Während der Mischpsalm in aller Regel nachkulhsch verstanden wird, ist die Liturgie als unmittelbarer Teil des G.ottesdienstes ~edacht. Solche Liturgien haben wir in der Formgeschichte der Emzelpsalmen m einigen Variationen. Deutlich ist der Personenwechsel als gattungskonstitutives ~lement bei den sogenannten prophetischen Liturgien (P~50; 75; 81; 82; 95), m denen die Gottesrede mit der l.Person Singular dem WIr der Psalmbeter gegenübersteht. Den Wechsel zwischen einzelnem Sprecher u~d Sprechergruppe haben wir des weiteren auch im Danklied des Einzelnen, emer Gattung, bei der die Haftung in der Liturgie sehr offensichtlich ist. 292 I~ diesem Fall fin~en wir das Phänomen, daß dieselbe Person, Gott, einmal dI.rekt angeredet WIrd und dann wieder von ihr in indirekter Rede gesprochen ~Ird. Der ~echsel ~on anre~ender und besprechender Rede ist ein gattungstypIsches Phanomen 1m Dankhed des Einzelnen. Besonders krass ist der Wechsel v?n besp.rechender und anredender Sprache in Ps 118, für den auch deswegen dIe BezeIchnung als Dankliturgie naheliegt, weil er eine liturgische Prozession (v. 19f.) voraussetzt und mit einem Segen schließt (v. 26f.).
3.4 Der Stimmungs wechsel innerhalb von Psalmen 3.4.1 Der Stimmungs wechsel von der Klage zum Lob
.Psalmen haben oft ein Stimmungsgefälle von der Klage zu Lob und Dank. DIeses Stimmungsgefälle finden wir in zwei formgeschichtlichen Varianten wieder: zu~ einen blickt das Danklied im Klagebericht auf die vergangene ~lage und dIe erfolgte Rettung zurück. Hier ist die Abfolge Klage-Dank Reflex emer konkreten Erfahrung. Das Danklied ist der sprachliche Ausdruck dieser Erfahrung. Manchmal wird im Danklied sogar die Klage in direkter Rede wieder aufgegriffen (Ps 30,10): Was für ein Gewinn ist an meinem Blut, an meinem Hinabsteigen zur Grube? Kann dich etwa der Staub preisen? Erzählt er deine Treue?
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Das~elbe Stimmungsgefälle von der Klage zu Lob und Dank gibt es auch im KlagelIed, an dessen Schluß wir des öfteren Elemente von Lob- und Dankliedem finden. Gehen wir einige Beispiele für solche Schlußelemente durch (Ps7,18):
291 ~GUN~rJ) BEGRlCH, Einleitung 397ff., faßt beide Phänomene formgeschichtlich unter de.m TItel "Mlschun~en, Wec~selgedlchte und Liturgien" (§ 11) zusammen. Der Begriff des Mlschps~lms kann ~er nur eme vorläufige Etikette sein (vgl. STOLZ, Psalmen 27: "wieder verschleiert der Begnff mehr, als daß er klärt"). S. o. Anm. 278. 292 Dazu hat CRÜSEMANN, aaO. 21Off., das Nötige geschrieben.
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3. Methodische Vorüberlegungen aus der Formgeschichte
Teill: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
ipiP ;";''' ;"i~ :1i"7v' ;";'''-CW ;'??Pl~l Ich will Jhwh nach seiner Gerechtigkeit danken und den Namen Jhwhs, des Höchsten, loben. Dieser Schluß eines Klageliedes kann auch die Form von Vertrauens- oder Segens aussagen haben:
... '9N,)~ '9?p17-717 ;')!~W~v ;";'''7 Bei Jhwh ist die Hilfe, über deinem Volk dein Segen . .. (Ps 3,9) 1lf"~1 ;'~f~~ '1J;1~ Ci7lff
"H7 ;";''' ;'1;.1~-"~
:"~~"Wi1'1IJ~~7 In Frieden lege ich mich zugleich nieder und schlafe ein, denn du, Jhwh, allein läßt mich sicher wohnen. (Ps4,9)
Dieser Teil des Klagepsalms kann in extremen Fällen sogar fast die Hälfte des gesamten Psalms einnehmen. Ps 4 wird beispielsweise verschiedentlich wegen seiner deutlichen Vertrauens aussagen auch als Vertrauenspsalm angesehen.293 Das große Gewicht der positiven Aussagen im Klagelied ist besonders deutlich am Schluß von Ps 22, der etwa ein Drittel des gesamten Psalms einnimmt und mit den typischen Kennzeichen eines Dankliedes erweitert ist: neben die direkte Rede zu Gott tritt die Anrede an die Gemeinde, in der von Gott in der 3. Person geredet wird (Ps 22,23.24a):294
Ich will meinen Brüdern deinen Namen bekannt machen, "O~7 '97?W ;'?~Q~ in der Mitte der Versammlung werde ich dich loben. :17.7v~ 7:)i? 1iT1 f Jhwh-Fürchtige, lobt ihn! ~;'~77v ;";''' "~')~ Das ganze Geschlecht Jakobs, ehrt ihn! ~;'~'f~ ::fPl?~ 37jr7~ Von den Formelementen des Dankliedes am Schluß von Psalm 22 her ist es nicht verwunderlich, daß dieser Schluß von Psalm 22, der sich über die Verse 23- 32 erstreckt, in der älteren Exegese als eigener Psalm betrachtet wurde. 295 Doch seit Gunkel überwiegen eindeutig die Vertreter der Einheitlichkeit von Psalm 22, die in ihm den für Klagelieder typischen positiven Schluß erweitert sehen. 296 Die Sicht, die auch den extremen und ausführlichen Stimmungswechsel innerhalb eines Psalms von der Klage zu Lob und Dank ermöglicht, ist 293 So Z.B. GUNKEL und WEISER (z. St.). GERSTENBERGER (z. St.) verwendet beide Gattungsbezeichnungen von Klage- und Vertrauenspsalm gleichzeitig, ähnlich WAHL, FS Groß 457 -470, hier 459. 294 Zur Formgeschichte des Dankliedes vgl. GUNKErJBEGRlCH, Einleitung 265ff., und dessen Weiterführung gegen die Kritik durch WESTERMANN (Lob) durch CRÜSEMANN, aaO. 21Off. 295 DUHM, KAUTscH-BERTHOLET u. a. z. St. 296 GUNKEL, KÖNIG, STAERK, DE WETTE, KRAus z. St. Nun besonders: DEISSLER, in: "lch will . . ." 97 -121, der wegen des Schlusses Ps 22 als Musterpsalm sieht. Zu den älteren Ansätzen, Lobschlüsse aus Klagen zu entfernen, vgl. die literarkritischen Urteile der älteren Literatur beispielsweise von BALLA, Ich 16; SCHMIDT, Gebet 1l.37f., aber auch noch DELEKAT, Asylie
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forschungsgeschichtlich durch eine außertextliche Konjektur ermöglicht: die Annahme, daß ein Heilsorakel beim klagenden BeteT einen Stimmungsumschwung bewirkt. Seit F. Küchler 297 besteht die Vermutung, daß der klagende Einzelne am Heiligtum den Ausgang seiner Not erfährt. Unter dem Begriff des Orakels wird eine Fülle von Reaktionen Gottes zusammengefaßt: üblich ist in der Orakelpraxis eine Entscheidungsfrage, die durch Losen beantwortet werden kann. 298 Die komplexere Antwort in Form einer Gottesrede bildet dagegen eindeutig die Ausnahme. Zudem ist das Orakel nur für die Klagelieder des Volkes unbestritten, da nur hier sich regelmäßig ein Orakel in den Psalmen selbst findet. 299 Die Frage nach der Ursache des Stimmungswechsels bei den Psalmen des Einzelnen ist also weiterhin offen. 300 Es fällt auf, daß Begrich die ersten umfangreichen Textbelege für Heilsorakel in der Bibel in Jes 40-55 gefunden hat, also in Texten aus der Zeit des babylonischen Exils bzw. in der ersten Phase nach dem babylonischen Exil. Doch bietet beispielsweise auch Ez 20,1 als Text aus dem Jahr 591- wenn die Datierungsangabe zutrifft - ein Orakel. 301 Zudem gibt es vereinzelte vorexilische Stellen (z.B. 1Sam 9,6ff.), die die Orakel als vorexilische Einrichtung sichern. Die vorexilische Orakelpraxis ist auch in der Umwelt Israels eindrücklich belegt. 302 Ebenfalls die Erzählung von der Geburt Samuels 1Sam 1 f. ist ein mit einiger Sicherheit vorexilischer Beleg für ein Orakel. 303 Unlängst hat M. Weippert 304 das Orakel auch als Ursache des Stimmungswechsels innerhalb der sogenannten Konfessionen Jeremias (Jer 11,18-20.21-23; 15,1018.19-21) bekräftigt. Weippert widerlegt damit eine der bei den Stellen Jer 11,18-20; 20,10-12, deretwegen Gunkel 305 offenließ, ob das Jeremiabuch einen Hinweis auf ein Orakel gibt. Doch sind die Belege für Orakel innerhalb der Klagen des Einzelnen zu selten und in offensichtlichen Ausnahmetexten, 306 als daß der Analogieschluß von 101, und RIDDERBOS, Psalmen 225 (so die Stellenübersicht bei MARKSCHIES ZAW 103 386-398, hier 388, zuPs31). ' , 297 KÜCHLER, FS Graf von Baudissin 285 - 301, hat zuerst auf die priesterlichen Orakel als Deutehorizont der Psalmen aufmerksam gemacht. BEGRlCH (Heilsorakel) hat diesen Entwurf ausgebaut (vgl. GUNKErJBEGRlCH, Einleitung 246ff.), besonders, indem er die ersten umfangreicheren Texte für das Heilsorakel bei Deuterojesaja ausmachte. 298 Vgl. KESSLER, WuD 21, 43-57, hier 52. 299 So unlängst mit Nachdruck KESSLER, WuD 21, 49ff. 300 Gegen BEYERLIN, Rettung, der als Psalmen mit institutionellen Rettungsaussagen Ps9f.; 12; 25; 54; 55; 56; 59; 62; 64; 86; 90; 140; 142; 143 und als Psalmen ohne institutionelle RettungsaussagenPs3; 4; 5; 7; 11; 17; 23; 26; 27; 57; 63 herausarbeitet. Zur älteren kultinstitutionellen Psalmendeutung vgl. MOWINCKEL, Psalmenstudien 6, 154ff., und BIRKELAND, Feinde, sowie SCHMIDT, Gebet (dazu GUNKErJBEGRlCH, Einleitung 252ff.). Viele Details der kultinstitutionellen Deutung sind sehr problematisch. Z. B. Zeph 3,5 (eine Belegstelle bei BEYERLIN, Rettung 149) ist auch so verstehbar , daß der Morgen Recht bringt, weil es hell wird und die bösen Taten sichtbar werden. Zu Ps 5,4 vgl. bereits GUNKErJBEGRICH, Einleitung 246: "diese Anspielung steht innerhalb der Klagelieder des Einzelnen völlig vereinzelt da." 301 Vgl. z.B. ZIMMERLI, Ezechiel441. 302 SCHMITT, Gottesbescheid. JANOWSKI, Rettungsgewißheit. 303 Dazu ausführlich unten II.1.4 . 304 WEIPPERT, FS Deller 287-319, bes. S. 312ff., dort weitere Literatur. 305 GUNKELlBEGRlCH, Einleitung 246. 306 Vgl. dazu bes. II.1.4 zu 1Sam H.
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Gerstenberger 307 von der altorientalischen Orakelpraxis auf Orakel im israelitischen Bereich bei der Klage des Einzelnen sicher wäre. Sicher ist nur diese Praxis bei der Klage des Volkes. Diese weist aber eindeutig in die vorexilische Zeit. Insgesamt ahmt daher auch Jes 40ff. eine ältere, vorexilische Praxis nach. Wenn wir von dem Extremfall eines ausführlichen Dankliedes am Schluß eines Klageliedes in Ps 22 ausgehen, so fällt auf, daß in der neueren Zeit die Tendenz zu einer kultinstitutionell unabhängigen Deutung des Stimmungswechsels in Ps 22 zu beobachten ist. 308 Als textlicher Hinweis gilt beispielsweise die universale Orientierung im Schlußteil von Ps22, Ps22,23ff. Der formgeschichtliche Wechsel von der Klage zum Dank gibt in Ps 22 Zeugnis eines formgeschichtlichen Prinzips, das unabhängig von einer konkreten Heilswende oder einem Heilsorakel vermittelt wird. Von der Betrachtung des regelmäßigen Wechsels von der Klage zu Vertrauen, Lob und Dank werden auch die Ansätze, die Klage-, Vertrauens- und Danklieder der gemeinsamen Großgattung der Gebetslieder zuweisen wollen, neu verständlich. 309 Bereits Gunkel sah den Vertrauenspsalm als verselbständigten Vertrauensteil der Klage des Einzelnen. 310 Auch der Zusammenhang zwischen Klage- und Danklied ist dahingehend zu verstehen, daß der Klagende vor der Wendung der Not steht und der Dankende auf sie zurückblickt. 311 Indem Kraus Klage- und Danklieder einer gemeinsamen Gattung Gebetslieder zuweist, verwischt er diesen für das individuelle Befinden gewiß nicht unerheblichen Unterschied, ob der Klagende sich bereits gleichsam als gerettet sieht oder ob er wirklich gerettet ist. 312 Auch der Verweis auf die vermutlich professionelle Fertigung der Gebete 313 vermag diesen gravierenden Unterschied nicht zu beseitigen, da der Psalmdichter sich auf die Situation des Klagenden oder Dankenden einstellen muß. Seine Aufgabe ist es, dem Klagenden zu helfen, seine Klage zu formulieren, ihn in das gottesdienstliche Geschehen der Umwandlung von der Klage zum Lob hinzuführen, und umgekehrt den Dankenden an seine Klage zu erinnern. 314 Unter dem Aspekt des Zustandes vor oder nach der Rettung rückt das Vertrauenslied in die Nähe des Klageliedes. Diese beiden Literaturgattungen zusammenzufassen, ist vom Sitz im Leben daher möglich und aufgrund der literarischen Abgrenzungsprobleme beider Gattungen auch geboten. 315 GERSTENBERGER, Mensch. So besonders DEISSLER, aaO., und STOLZ, ZThK 77,129-148; ders., Psalmen 35ff. 309 So bes. in der Neubearbeitung seines Psalmenkommentares ab der 5. Auflage 1978: KRAus 49ff. Vgl. aber auch bereits WESTERMANN, Lob 60. 310 GUNKErJBEGRICH, Einleitung 254. 311 So bes. CRÜSEMANN, aaO. 309 u.ö. 312 Dazu nun auch KESSLER, WuD 21. 313 KRAus 51, und GERLEMANN, VT 32, 1982, 33-49, gegen die Vorstellung der "schlichte(n) Privatleute" (GUNKErJBEGRICH, Einleitung 200). 314 Gleichwohl werden wir die These der Gebetslieder von KRAus innerhalb der Betrachtung der Psalmengruppen aufnehmen (dazu unten 11.4). 315 So GUNKErJBEGRICH, Einleitung 253 ff.; WESTERMANN , Psalter 59. So auch MARKSCHIES,
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3.4.2 Der Stimmungswechsel von Lob und Dank zur Klage Mit der Abweichung von der normalen Folge von der Klage zu Lob und Dank ergibt sich ein anderer Fall, den wir hier zu untersuchen haben, nämlich die ungewöhnliche Folge von positiver und negativer Stimmung durch Anfügung einer Klage an ein Lob- oder Danklied. Betrachten wir Ps 40 als Beispiel. Kraus urteilt zu Ps 40 kurz: "Ps 40 zerfällt in zwei verschiedene Lieder, die sich in ihrer Form und Thematik deutlich voneinander abheben. Ps 40A (2-12) gehört zur Formgruppe der Gebetslieder , die sich als "Danklieder des Einzelnen" abheben. ( ... ) Demgegenüber ist das Gebetslied Ps 40B (13-18) deutlich von der Grundform des Bittens und Flehens her geprägt .• <316 Unter Verweis auf Gunkels Bestimmung von Ps 40,14-18 als selbständiges Klagelied, das aus Ps 70 angefügt ist, wird bei Kraus der Gesamttext von Ps 40 als solcher nicht mehr interpretiert. 317 Die Formgeschichte ist hier völlig der Literarkritik untergeordnet. Nun sind bei Ps 40 die literarkritischen Verhältnisse wegen der teilweisen Doppelüberlieferung in Ps 70 relativ sicher zu bestimmen. Ps 40 erweist sich dabei literarkritisch als eine Neukomposition. Ps 70 entspricht nur einem Teil von Ps 40, nämlich v. 14-18. Innerhalb des zu vergleichenden Abschnittes gibt es die im sogenannten elohistischen Psalter typischen Abwei· chungen. 318 Wie wenig damit aber über den Text selbst ausgesagt ist, wird daran deutlich, daß sich in Ps 70,2 b ;";" findet und Ps 70,6b den Gottesnamen sogar dort setzt, wo in Ps 40,18 b ';:f7l;) steht. Spätestens hier sollte deutlich sein, daß die Vorstellung einer elohistischen Redaktion der Psalmen 42-83, also einer nachträglichen Eintragung von C';:t'7l;), viel zu oberflächlich erscheint angesichts der tatsächlichen Setzung von Gottesname und Gottesbezeichnung in diesem Abschnitt des Psalters. 319 Beim Vergleich der Textvarianten fällt der andere Einstieg von Ps 70 auf: Gegenüber Ps 40,14 fehlt der einleitende Imperativ ;'~':1, dessen Funktion in Ps 70,2 von dem den Vers beschließenden ;'!f~n mit übernommen wird. Ps40,15a bietet nun gegenüber Ps 70,3 zwei zusätzliche Wörter ('IJ~ und rl\l;!lt?7), die verstärkende und erklärende Funktion haben, also gegenüber Ps 70 sekundär sind. Während Ps 70,4 die Ha,Ha-Rufer wegen ihres Frevels nur umkehren läßt, sagt Ps 40,16 ihren Untergang voraus. Auch hier scheint Ps 40 eher Ps 70 zu verstärken. Das in Ps 40,16 gegenüber Ps 70,4 überschießende '7 wirkt wie eine Ergänzung. Damit erscheint eher Ps 40,14-18 die jüngere Variante zu Ps 70 darzustellen,320 obwohl Ps 40,17 mit ;'W~tVf;1 das gegenüber Ps 70,5 (;'W~tV:) seltenere Wort bietet. Da Ps 70 als ein zwar blasser, aber vollständiger Psalm gelten kann und
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ZAW 103, 74 Anm.1. Dagegen SEIDEL, Spuren 30, der die Vertrauenspsalmen den Dankliedem zuordnet. 316 KRAUS 458. 317 KRAUS 459: "Doch bei näherem Zusehen ist kein Anlaß zu irgendeiner Verklammerung wahrzunehmen." "Im Folgenden beschränkt sich die Interpretation mit ihren Voruntersuchungen aufPs40A. Zu Ps40B vgl. zu Ps70." Vgl. unten 111.1.2.3. 318 Ps 40,14aJ70,2a; 40,17a/70,5a. 319 Dazu siehe unten 111.1, sowie als ersten Einstieg in die Kritik SEIDEL, Spuren 60-64. 320 Vgl. GOULDER, Prayers 229, in Anschluß an GUNKEL, WEISER und KRAUS z. St. Dagegen z.B. DELITZSCH (z. St.).
Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
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sich Ps 40 ohnehin als ein Gefüge aus unterschiedlichen Stilarten zeigt, wird vermutlich Ps 70 in Ps 40 sekundär eingefügt sein. 321 Die Setzung der Gottesbezeichnung statt des erwarteten Gottesnamens muß aus noch zu untersuchenden Gründen in dem ursprünglicheren Text selbst erfolgt sein. Mit der diachronen Feststellung, daß Ps 40 eine sekundäre Neukomposition darstellt, ist jedoch die Frage nach der Beschreibung von Ps 40 als Einheit keineswegs unsinnig geworden. In der Literatur gibt es zwei Typen von Ansätzen, Ps 40 als Einheit zu verstehen. A. Weiser versucht Ps 40 als Einheit und typischen Bundesfestpsalm zu verstehen. Er setzt dabei voraus, daß in dem altisraelitischen Bundesfestkult "das Opferwesen nicht die zentrale Stellung innegehabt hat wie im zweiten Tempel".322 Dieser Ansatz der Frühdatierung von Ps 40 ist durch unsere literarkritische Analyse des Psalms sehr unwahrscheinlich geworden, es sei denn, man hielte Ps 70 für einen noch älteren Psalm. Einen zweiten Versuch der Gesamtinterpretation hat in Aufnahme der von Begrich stammenden Bezeichnung Mischpsalm F. Stolz unternommen. 323 Die Bezeichnung "Mischpsalm" ist für Stolz weniger der Versuch der Konstituierung einer neuen Gattung, als der Hinweis auf den nachkultischen Hintergrund ganzer Psalmen. Mit der Bestimmung von Ps 40 als nachkultischem Psalm vertritt Stolz die Gegenthese zu Weiser. Während Weiser diesen Psalm zeitlich vor den typischen Opferdienst des Tempels stellte, ordnet Stolz ihn dem Tempelgottesdienst zeitlich nach bzw. distanziert ihn räumlich. Beide Ansätze gelangen damit zu einem Gesamtverständnis des Psalms aufgrund seines speziellen Inhaltes, hier also der kritischen Stellung zum Opfer, während bei den Ansätzen der reinen Form der spezielle Inhalt dem Formschema untergeordnet wird. Wer den vorliegenden Psalm interpretieren will, wird sich also vom Postulat der reinen Form lösen müssen und stärker auf spezielle Inhalte von Psalmen Rücksicht nehmen müssen. 324 Denn während die Formgeschichte die Umwendung des Klageliedes in ein Lob- bzw. Danklied in ihr formgeschichtliches Schema hat integrieren können, fehlt eine solche Integration der umgekehrten Wende von der hohen Stimmung in die Klage. 325 Notieren wir kurz die betreffenden Psalmen: Ps 9(f.)326; 19 327 ; 27; 31; 40; 89; Zu den Gründen der Einfügung siehe unten H.3.1 und H.3.2.6. WEISER 216. Weiser kommentiert umgekehrt Ps 70 ausschließlich mit den Worten: "vgl. Ps40,14-18" (WEISER 337). 323 S. o. Anm. 278 und 29l. 324 S. 0.1.3.1 zur Kritik von M. WEISS an der Formgeschichte der reinen Form. 325 GUNKEUBEGRICH, Einleitung 135f., notiert das Problem kurz, ohne es wirklich in seine Formgeschichte zu integrieren. Bemerkenswert für die Behandlung dieses Phänomens ist auch die abwertende Sprache ("In späterer Zeit schließen andersartige Erzeugnisse nicht selten mit Bitten", aaO. 135). 326 Bereits innerhalb von Ps9 wendet sich der Dank zurück in die Klage. Es ist daher für diese Frage gleichgültig, ob Ps 9 isoliert betrachtet wird oder wie in der Septuaginta mit Ps 10 zu einem Psalm verbunden wird (siehe oben S. 8 und 10f.). 327 Zu Ps 19 vgl. die neuere literarkritische Untersuchung von SPIECKERMANN (Heilsgegen321
322
3. Methodische Vorüberlegungen aus der Formgeschichte
59
90; 94; 1O~; 118; 119; 144, so zeigt sich, daß alle Psalmen Weisheitspsalmen sind bzw. wemgstens mehr oder weniger deutliche weisheitliche Elemente haben. 328 Eine Ausnahme bilden hier Ps 108, der aber wie Ps 40 aufgrund einer Doppelüberlieferung innerhalb des Psalters ein sekundärer Psalm aus mehreren sicher literarkritisch abtrennbaren Teilen ist, und Ps 118, der aber an seinem Umbruch vom Dank zur Klage in der Textüberlieferung umstritten ist. 329 Die Analyse von Stolz, die dieses formgeschichtliche Problem als Motiv ~.er Weisheit begreift, ist insgesamt als These zur Weiterarbeit eher geeignet. Uberprüfen wir diese These an einem zweiten Beispiel, der literarkritischen Analyse von Ps 108. Ps 108 entspricht in v.2-6 Ps 57,8-12 und in v. 7-14 Ps 60,7-14. A. Weisers Kommentierung dieses Psalms sei beispielhaft für den Umgang der Exegese mit diesem Psalm vollständig zitiert: 330 "Psalm 108 ist wahrscheinlich zu liturgischen Zwecken zusammengestellt aus alten Kulttraditionen, die auch in Ps. 57,8-12 und 60,7-14 verwendet sind (vgl. die Erklärung von Ps. 57 und 60; besonders zu 60,8-10)." Außer dem historischen Urteil, der Psalm sei sekundär, erfährt der Leser hier nur die ~ermutung, der Psalm sei "zu liturgischen Zwecken" zusammengestellt worden. Da diese vermuteten liturgischen Zwecke keiner Präzisierung gewürdigt werden, zeigt der Kommentator statt einer Auslegung, daß er kein Interesse an diesem Psalm hat was er zudem durch die Nichtübersetzung dieses Psalms auch eindrücklich dokumentie:t. Als Indiz dafür, Ps 108 als sekundäre Neubildung aus Stücken von Ps 57 und 60 anzusprechen, gilt beispielsweise die Verwendung von C';"N, das in v.~.6.12 aus dem elohistischen Psalter für den Kontext von Ps 108 ungewöhnlich übernommen wird. 331 Etwa die Auslassung des zweiten '~7 li:l~ kann als Vereinfachung in Ps 108,2 gegenüber Ps57,8 gelten. Desgleichen vereinfacht Ps 108,10 ("über das Philisterland werde ich jauchzen") Ps 60,10 ("über mich jauchze, Philisterland").332 Ps 108,5 steigert C'?:IW-,lI (Ps57,11: "bis zum Himmel") zu C'I;1W-'lil;1 ("bis über den Himmel"). Ps 108,7Ii~-st da~
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:-var: 60ff.), der Ps 19 nicht wie üblich in z~ei Teile zerlegt, sondern das Klagelied als zu ~soherende In~erpretat.ionsschicht auffaßt. Ahnlich STECK, FS Westermann 318-324. Vgl. Jedoch auch die zahlreichen neueren Ansätze, die Ps 19 als literarkritisch unteilbare Einheit auffassen (insbesondere GESE, Einheit; OESCH, BN 26,71-89). Zwar mit diachronen Überle~ungen, aber mit d~m Entwurf eines Konzeptes von Ps 19 in der vorliegenden Form interpretieren: DOHMEN, BibI. 64,501-517; FISCHER, BN 21,16-25; GLASS, FS Murphy 147-159; MAYS, JBL 106, 3-12. 328 Vgl. bei den üblicherweise nicht als Weisheitspsalmen eingeordneten Psalmen z. B. Ps 27,11.: 89,16;. 144,1~. Ps30 gehört nicht in diese Reihe von Psalmen, da die Klage v.11 Teil der Erzahlung Im zweiten Durchgang des Dankliedes ist (s. o. 1.3.2). 329 S.O.1.1 zur Psalmtrennung. Von unserer Betrachtung her legt sich nahe, daß die ~usnah~e v~n .Ps 118 durch seine AbschlußsteIlung im Ägyptischen Hallel her bedingt ist, die emen welshelthchen Schluß verlangt (dazu unten H.l.3) und diesen durch den Schluß von Ps 118 und die N~chord~ung von Ps 119 auch außerhalb der Psalmgruppe bekommt. Der Schluß von Ps 118 Ist damit möglicherweise Teil der Nachschrift des Ägyptischen Hallels. 330 WEISER 472. 331 Vgl. auch das Einsetzen von ;";" statt 'l'N in Ps 108,4. 332. v,gl. lIWi'l;1~ l1W7.~-'7.l! (Ps 108,lOb) als Fortführung gleichartiger Aussagen mit dem schWIengen und deswegen wohl vorgängigen 'lIW'1I;1::r l1W7.~ '7.W (Ps 60,10 b). i'
I
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Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
3. Methodische Vorüberlegungen aus der Formgeschichte
Qere von Ps 60,7 ('mn) bereits als Ketib. 333 Ps 108 hat also die erleichternde Textfassung. Das historische Urteil, Ps 108 sei aus Ps57 und 60 sekundär gebildet, hat damit alle Wahrscheinlichkeit für sich. Doch ist damit der neugeschaffene Psalm selbst noch nicht charakterisiert. Ein Verständnis der Neukomposition ist aber durchaus möglich. Insbesondere der Übergang zwischen dem Ausschnitt aus Ps 57 und 60 ist gedanklich möglich. Es ergibt sich folgende Gliederung: v. 1 Überschrift Vertrauensäußerung v.2a Ankündigung eines Dankliedes v.2b-5 Bitte mit Begründung v.6f Zitat eines Orakels v.8-10 v.ll-13 erneute Bitte v.14 Vertrauensäußerung Die Disposition mit der einleitenden und abschließenden Vertrauens äußerung legt für Ps 108 insgesamt die Bezeichnung Vertrauenslied nahe. Doch ist die Nähe der Neukomposition dieses Psalms mit ihrer Lobliedankündigung in der ersten Hälfte zu den Weisheitspsalmen mit klagendem Schluß beachtlich. Von daher erklärt sich auch das Weglassen der zweiten Vershälfte in Ps 108,2a gegenüber der Vorlage: Ps 108 ist keine Dichtung, sondern Prosa. Auch Ps 108 fügt sich damit in das gewonnene Bild:
daß insbesondere W. Beyerlin und K. Seybold spezielle Untersuchungen zu den von ihnen aus den Klageliedern herausgegrenzten Feindklagen und Krankenpsalmen geschrieben haben. 336 Diese Unterscheidung verschiedener Motive der Klage ist einerseits hilfreich und bei Psalmen außerhalb des Psalters noch durch weitere spezielle Klagen zu erweitern. 337 Doch bleiben bei der Unterscheidung von Untergattungen innerhalb des Klageliedes des Einzelnen Fragen offen: es gibt sehr wenige Psalmen, bei denen sich die Unterscheidung zwischen Feindklagen und Krankenpsalmen, die Ausgangspunkt für eine solche Differenzierung ist, randscharf vollziehen läßt. Beispielsweise selbst zwei der drei von Seybold als sichere Krankenpsalmen eingestuften Psalmen haben Feindmotive:
60
Die Rückwendung vom Lob in die Klage ist ein weisheitliches Motiv. Da dieses Motiv bei der Zusammenfügung von Psalmen in einem psalmübergreifenden Kontext verwendet wird, werden wir auf die Funktion dieses Motives auch innerhalb der Komposition der Psalmgruppen zu achten haben. 334
3.5 Der Wechsel der vorausgesetzten Not innerhalb eines Klageliedes des Einzelnen Das Problem der formgeschichtlichen Uneindeutigkeit der Gattung trifft insbesondere die Klagelieder. Die Kritik an dieser Gattung geht dabei allerdings in zwei gegenläufige Richtungen: einerseits beobachteten wir Versuche, die bei Gunkel vom Klagelied abgegrenzten Gattungen des Vertrauens- und des Dankliedes zu einer Großgattung Gebetslied zusammenzufassen,335 andererseits gibt es neuere Differenzierungsversuche, innerhalb dieser Gattung Teilgattungen festzuschreiben. Der Versuch, innerhalb des Klageliedes Untergattungen zu bestimmen, ist durch die Auseinandersetzung um die Frage bestimmt, welche Not der Beter eigentlich habe. Die in den Psalmen genannten Notlagen gehen dabei erheblich auseinander. Einige der genannten N ötlagen scheinen dabei unvereinbar, so 333 Schwieriger ist hingegen der Schluß von Ps 108,2: '!;:J~-'l~ ("Zorn meiner Ehre") sollte angesichts der nochmals anderslautenden Übersetzungen nicht vorschnell entsprechend Ps 57,9 korrigiert werden. 334 S. u. II.1.l.5, 3.1.3, 3.2.4 u. ö. 335 Dazu bereits oben 1.3.4.1.
Meine Verfolger legten Schlingen, die mein Unheil suchten, redeten Verderbliches und ersinnen den ganzen Tag Trügerisches. (Ps 38,13)
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Jhwh möge ihn bewahren und leben lassen, damit er im Land glücklich werde. Und er liefere ihn nicht der Gier seiner Feinde aus. (Ps 41,3) Diese deutlichen Hinweise auf Feindmotive innerhalb der Krankenpsalmen wären nun eigentlich ein typischer Fall für die Literarkritik, wenn man streng zwischen beiden Typen von Klagen trennen wollte: der Text setzt unterschiedliche Situationen voraus, also ist er nicht einheitlich. Stattdessen haben Exegeten nach immer neuen möglichen Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Motiven gesucht. Der Extremfall einer solchen Position ist sicher der von S. Mowinckel und anderer Vertreter der skandinavischen Schule die meinten, daß die Feinde des Beters Zauberer seien, die ihn krank machte~. 338 Einen realistischen Ansatz hat F. Crüsemann vorgelegt, der auf den möglichen Zusammenhang zwischen verschiedenen Nöten hinweist. 339 Beispielsweise ein Pächter kann aufgrund von Krankheit seine Ernte nicht einbringen, er gerät 336 BEYERLIN, Rettung, zählt Ps 9f.; 12; 25; 54; 55; 56; 59; 62; 64; 86; 90; 140; 142; 143 zu den Psalmen mit Rettungsaussagen ohne Institutionsbezug Ps 3· 4· 5· 7· 11· 17· 23· 26· 27· 57· 63 zu den Psalmen mit institutionsbezogenen Rettungsau;sage~. M:n bea~hte' de~ Schw~rpu~kt der Klagepsalmen mit Feindmotiven in der Davidsammlung im elohistischen Psalter (Ps 54; 55; 56; 57; 59; 62; 63; 64 nach Beyerlin, vgl. jedoch auch die Feindmotive in Ps57; 61; 64). SEYBOLD, Gebet 76, bestimmt Ps38; 41; 88 als sichere Krankheits- und Heilungspsalmen, Ps30; 39; 69; 102 als relativ sichere Krankheits- und Heilungspsalmen, sowie Ps6; 13; 31; 32; 35; 51; (71;) 73; 91 als wahrscheinliche Krankheits- und Heilungspsalmen. . 337 Vgl. z. B. die Leichenklage, dazu die profilierte Extremposition von JAHNOW, LeichenlIed. 338 So bes. MOWINCKEL, Psalmenstudien I. 339 CRÜSEMANN, FS Westermann 139-148, dort bes. die Tabelle S. 143 zu den möglichen
62
Teil I: Der einzelne Psalm als Ausgangspunkt
deswegen in einen Prozeß mit dem Landbesitzer , hat damit Feinde etc. Einen beachtlichen Ansatz noch anderer Art hat A. Aejmelaeus vorgelegt, in dem sie die Unterschiede in der Motivik der Klage mit Traditions- und Rezeptionsprozessen, also mit der Übernahme traditioneller Sprache erklärt. 340 Gleichgültig, ob wir nun die Motivkombination in den Klageliedern real- oder traditionsgeschichtlich erklären, um einen Begriff wie Cluster kommen wir bei der Beschreibung der Klage nicht vorbei: Die eigentliche Not gibt es auf der Ebene der vorliegenden Psalmtexte zumeist nicht. 341 Sie gibt es erst recht nicht auf der Ebene der Rezeption der kanonischen Texte, auf der jeder Leser mit seinen Nöten an Psalmen herangehen kann und sich oft genug in ihnen wiederfindet. Gemeinsam ist den Klageliedern lediglich, daß sie sich in einer Notlage an Gott wenden, ihre Not schildern und deren Wendung erhoffen und erbitten.
Teil 11
Eine Formgeschichte der Psalmengruppen 1. Wall[ahrtspsalmengruppen 1.1 Die beiden Korachpsalmgruppen
3.6 Zwischenergebnis Ausgehend von dem textkritischen Ergebnis, daß der Psalter deutlich in Einzelpsalmen unterteilt ist, betrachteten wir unterschiedliche Problemfälle innerhalb der Formgeschichte der Einzelpsalmen. Weder ein Wechsel der Personenstruktur , noch ein Stimmungswechsel, noch eine Variante in der vorausgesetzten Situation sind formgeschichtlich zwingende Gründe, einen literarkritischen Bruch innerhalb eines Psalms anzunehmen. Mit der Beobachtung von Doppelungen innerhalb eines Psalms haben wir sogar Elemente in der Formgeschichte der Einzelpsalmen gefunden, die uns gehäuft auch bei der Beschreibung der Komposition der Psalmengruppen begegnen werden. Positiv haben wir insbesondere mit den Bezeichungen Liturgie und Mischpsalm bzw. nachkultischer Psalm innerhalb der Formgeschichte der Einzelpsalmen Ansatzpunkte, um den Personenwechsel innerhalb eines Psalms beschreiben zu können. Wir werden zu prüfen haben, ob sich diese Begriffe auf die Beschreibung der Psalmengruppen übertragen lassen. Doch auch weitere Gattungsanalogien bieten sich an: Während das Klagelied nur den Stimmungswechsel erklärbar macht, bietet das Danklied des Einzelnen eine Analogie, den Wechsel der Sprechrichtung innerhalb einer Psalmengruppe zu beschreiben. Die sogenannte prophetische Liturgie wiederum bietet von der Formgeschichte der Einzelpsalmen her eine Beschreibungsmöglichkeit für Orakelelemente. Wir werden versuchen, diese Ansatzpunkte bei der formgeschichtlichen Beschreibung von Psalmgruppen zu berücksichtigen. Weiterführend für unsere Untersuchung ist zunächst die Perspektive des Klageliedes auf einen Hymnus bzw. ein Danklied hin. Wir werden dies als Textverweis lesen. Verknüpfungen zwischen Krankheit, (falscher) Anklage, Isolierung, Feinden, Armut, Schuld. 340 AEJMELAEUS, Prayer. Aejmelaeus ist hier offener als GERSTENBERGER, Mensch, der die traditionellen Elemente der individuellen Klagepsalmen ausschließlich institutionell verortet. 341 Hier stimmen die Klagelieder insbesondere mit Hymnen überein, in denen beispielsweise verschiedene Aussagen über Gott oder Aufforderungen an Mitbeter gereiht werden.
Wir beginnen mit den Korachpsalmgruppen, weil diese leicht überschaubar und textlich eindeutig in zwei Gruppen gesammelt sind, auch wenn wir keine außertextlichen.Hinweise für die Verortung dieser Psalmen als Wallfahrtspsalmen fanden. WIr gehen von folgendem gemeinsamen Schema beider Korachpsalmgruppen aus: 1 Ps42f. Ps 44 Ps 45 Ps 46-48 Ps49
Ps 84 Ps 85 Ps 87 Ps 88
(Wallfahrt) (Volksklage ) (König, Zion vgl.Ps 86 als Davidpsalm) (Zion, Ps 47: Gott als König) (weisheitliche Klage)
Abgesehen von Ps 45 und 86, die keine direkten Gemeinsamkeiten haben und der Erweiterung der Zionsmotive in Ps 46-48, denen nur ein Psalm in de; zw~iten Korachpsalmgruppe gegenübersteht, sind beide Psalmgruppen nahezu gleIch aufgebaut. Gehen wir die einzelnen Positionen durch. 1.1.1 Wallfahrtspsalmen als Einleitung (Ps 42/43 und 84) Am Anfang beider Korachpsalmgruppen wird das Thema der Wallfahrt deutlich angekündigt. Ps 42,5 erinnert an frühere Wallfahrtsfeste in Jerusalem: 'lV!;l~ '731 ;'::l!:llVK' ;":;'TK ;"K c':)"!$ zi'~-,~ C;J~"1Q~T "'J~l5"~~ ::qin li~:;.t ;'1i11' ;'~"-7ij?~
. . Daran wzllzch denken und meine Seele in mir ausschütten, daß ich dahinzog in der Menge, (daß) ich sie leitete 2 zum Hause Gottes mit Lob- und Danklied die feiernde Schar. ' 1 Siehe ?ben 1.2.3.5 S. 42. Gegenüber dem Schema von GOULDER ist Ps 46 umgesetzt, da Ps 46 als ZlOnspsalm zu Ps 48 gehört. 2 GUNKEL, KRAUS U. v. a. konjizieren hier ",~, da der vorliegende Text unverständlich sei.
64
TeillI: Eine Formgeschichcf der Psalmengruppen
1. WallfahrlSpsalmengruppen
Ps43 3 hat auch eine gegenwärtige oder zukUnftige Wallfahrt im Blick (v. 4):
"n nol,lW 7~-7~ 0':;'\1 0;!!1jl-7~ :;l$iJI$) :,:;'711 0':;'11 'Ü'J '11i1l1
Ich will zum Altar Gottes gehen, zum Gott der Fre~de ~eines inchens, 4 und ich will dir auf der Harfe danken , Gott, mein Gott. 5 Wie zentral das Motiv der Wallfahrt in Ps 42f. ist, wird durch die Wahl des Refrains in Ps42,6. 12; 43,5 deutlich, in der die Perspektive des Dankes eröffnet wird, die nach dem eben zitierten Ps 43,4 Teil der Wallfahrt ist (42,6 u. ö.):
... 1lJill 1iY-'~ 0':;'117 ''?'ni:; Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken . .. Auch in Ps 84,7f. wird von einer Wallfahrt berichtet : 1:;WW: ':~~ II~~;] v\ll1~ 'j:;Jl1 ::;Ji~ :;\117~ ni'~~-o~
:,i'7$~
0':;'\1-711 :;l!~~ 7'O-7l! 7'01,) 1'7'
Wenn sie durch das Baka-Tal wandern, macht er (Jhwh) es zur Quelle, ja, als Segen umhüllt der Frühregen. Sie wandern von Kraft zu Kraft, er mlige erscheinen vor Gott in Zion.
Diese Textpassage ist unsicher : sie wird oft konjiziert, da das Verb vom Singular zum Plural wechselt, ohne daß deutlich wird, wer gemeint ist. Die hier erfolgte Übersetzung von :;l!~~ (.. er möge erscheinen") stUtzt sich im wesentlichen auf Ex 23,17, wo die Wallfahrt dreimal jährlich zu den Hauptfesten" mit einer fast ähnlichen Formulierung geboten wird: :;ltf~ O'1jlV~ :;1:;' "1$;;1
W7W
'W 7l! '1'i1'r7~ :;l!~~
Dreimal jährlich soll aU dein Männliches vor dem Angesicht deines Herrn, Jhwh, erscheinen.
3 Zur Abtrennung von Ps42 und Ps43 vgl. oben S.l1 und unten 1II.J.3.3. Ps43 wird von uns insgesamt als Einzelpsalm verstanden, der Ps 42 weiterführt. 4 Die unnötige, aber von vielen Exegeten vertretene Änderung des masoretischen Textes an dieser Stelle nach der Septuaginta ist bereits von H. BARDTKE, dem Bearbeiter des Psalters in der BHS. in die Textausgabe eingearbeitet, indem er die Zeilen gegen die masoretische Akzentuierung trennt. .5 Zu den Tempora in den Psalmen sind zwei sehr bedeutende Arbeiten zu nennen: MICHEL, Tempora, und ZUBER. Tempussystem. vgL dazu die ProbeUbersetzung: ders., Psalmen. Zuber arbeitet für die Präfonnativkonjugation eine modale bzw. futurische Bedeutung als Regel heraus. Michel betont zwar, daß die Verbalformen "nicht zum Ausdruck einer Zeitstufe" dienen (aaO. 176). Gleichwohl sind die Bedeutungen. die er für die Präformativkonjungation herausarbeitet, zumeist modal oder futurisch. aber auch beispielsweise iterativ. Als Grundbedeutung arbeitet Michel die Abhängigkeit der Handlung heraus. von der in der PK berichtet wird. z.B. ihre Beabsichtigung (ebd.). 6 Vgl. dazu CaOsEMANN, Tara 157ff.
65
Fast ähnlich formulieren Ex 34,23 und Dtn 16,16, doch ohne die Ex 23,17 und Ps 84,8 gemeinsame Präposition 7l!. Damit ist deutlich, daß der Numeruswechsel in Ps 84,8 auf geprägte Wallfahrtsprache zurückzuführen ist. Ob jedoch die Angaben in Ps84 realen Wegen entsprechen, ob also das II~~~ 1'\l11 (v. 7) ein konkretes Tal ist und nicht ein symbolischer Begriff, 7 bleibt offen. Da der Frühregen erwähnt wird , ist das Fest, um das es in Ps 84 geht, das Herbstfest. 8 Doch die Lokalisierung von Ps 42 ist schwierig: in v: 7 werden der Jordan, Hermon und Mizar genannt, das wohl im Quellgebiet des Jordan liegt. 9 Eine einheitliche Lokalisierung ist hier kaum möglich. 10 1m Unterschied zu Ps 42 f. durchsetzen Ps84 verschiedene weisheitliehe Redewendungen. Eine dieser Formulierungen bringt auch das Motiv der Wallfahrt zur Sprache (Ps 84,6):
Glücklich ist der Mensch, dessen Stärke in dir liegt: Wege sind in seinem 11 Herzen.
~~ i7-rip 0'11$ 'j'~ :C~~7:) ni'i'l;ll,l
Eine andere Formulierung preist das Vertrauen zu Gott. 12 Beides ist in Ps 84 mit dem Motiv des Wohnens im Tempel verknüpft. Entsprechend lautet eine der drei GlUcklichpreisungen von Ps 84 in v. 5:
Glücklich sind die, die dein Haus bewohnen: sie werden dich noch l3lahen ...
'1U'~ '~tVi' 'j'~ .. . '1'177;]: '!ip
Ähnlich gebraucht der vorhergehende Vers ein Bild vom Wohnen (Ps 84,4): n~~ ~1$~7t 'i97$-0~
;;I'O'Ql! :;OW-'W!! ~7 ,,, ,i''11 :';;1"111 '~7~ nill.~ :;1:;' '1'uin~!1jl-n~ Auch der Vogel hat sein Haus gefunden, und die Schwalbe hat ein Nest, in das sie ihre Jungen legt, - deine Altäre, Jhwh Zebaot, mein König und mein Gott. 7 GUNKEL (z. St.) verweist beispielsweise auf JoeI4.18, wo ein Tal mit Namen C'Q~'O~ ("Akaziental") getränkt wird. Doch ist auch ein symbolischer Begriff (etwa: "Tal des Weinens") nicht ausgeschlossen. 8 Soz.B. KRAus (z. SI.). GOULDER (Psalms39 u.ö.) hat aus den Problemen , den Frühregen bereits zur Zeit des Herbstfestes in Jerusalem zu verorten. auf die Lokalisierung des Psalms im Umfeld von Dan geschlossen. 9 Vgl. dazu insbes. GOULDER, Psalms 13. 10 Gegen GOULDEK, Psalms 13 u. Ö. 11 Das Suffix im Plural ("seinen"') ist eine constructio ad sensum zu 'J". Obwohl der masoretische Text korrekt ist, haben die verschiedenen antiken Übersetzungen (vgl. BHS z. St.) deshalb zurecht einen Singular Ubersetzt. Vgl. Ps 89. 16: :'TfI'J:' 'iTl' C,:] 'J". 12 VgJ. ,~ IjQ":J Cl' 'J" (.. GIUcklich der Mensch, der dir vertraut .... Ps84,13). Vgl. dazu insbesondere den Schluß von Psalm 2 (dort allerdings :'Tcn statt n1:)l). 13 'TiP aufgrund der Septuaginta zu'5' 'Ji'~ zu konjezieren (so BHS z. St.), bedeutet einen Eingriff nicht nur in deo Text von Ps84. sondern auch in die gesamte Komposition. die zwar nicht einen Hymnenschluß hat . aber auf einen solchen mit dem Orakel (Ps85.9ff.) und dem Zionspsalm Ps 87 hindrängt. ,;P kann zwar auch Dauer, immerzu etc. bedeuten, aber zusammen mit der Präformativform legt sich als erste Bedeutung ein futurischer Sinn nahe.
c"
Teil 11: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
66
Die letzte Vershälfte schließt grammatisch nicht klar an die vorhergehende an. Eine spätere Ergänzung dieser Vershälfte ist nicht ausgeschlossen, 14 aber auch ohne den durch die zweite Vershälfte nahegelegten Vergleich zwischen dem Vogel nest und dem Tempel wird diese Intention des Vergleichs auch durch die Zusammenstellung von v. 4a und v. 5 deutlich. Der Vergleich mit dem Vogelnest stellt das Wohnen im Tempel als etwas Selbstverständliches dar. Eine Datierung des Psalmes in der Zeit der Zerstörung des Tempels scheidet daher mit einiger Sicherheit aus. Die Eröffnungspsalmen bleiben insgesamt recht unkonkret. Es gibt nur wenige Hinweise auf die Situation , die vorausgesetzt ist. Insgesamt bestimmt
der Ton der Klage die Einführung. \S
I.
Fortgang der Komposition der ersten Korachpsalmgruppe ist die Verwendung des Königstitels für Gott in derThemenklage wichtig. Entsprechend zur weisheitlichen Formung des Eingangs finden wir die Themenklage der zweiten Korachpsalmgruppe, Ps85, sehr unkonkret gehalten. Auch hier wird wieder mit geschichtlicher Erfahrung argumentiert (Ps 85,2f.): Du hast, Jhwh, dein Land begnadet, du hast das Geschick Jakobs gewendet. Du hast die Schuld deines Volkes aufgehoben und all' ihre Sünde bedeckt . ..
NW '1~")~ ;,w I;I'~' :JP!!~ n1~l!i
'11i1? li~ I;IKtv~ ...
CI;lK90-711;1'Q~
Die Erlösung der Gefangenen Jakobs I9 und das Thema der Sündenvergebung als geschichtlicher Prozeß sprechen dafür, daß Ps 85 die Erfahrung des
1.1.2 Eine Volksklage als Themenklage (Ps 44 und 85)
Bei einer fortlaufenden Lektüre der Psalme~gruppen erfolgt nach der Einleitung mit Wallfahrtspsalmen der Wechsel von Singular- zu Pluralpsalmen. In dem singularischen Vorspann der Komposition ist von Feinden (J"K, Ps42 ,1O; 43,2) des Beters die Rede, aber die Präzisierung als "1;)O-K"' 'il ("untreues Volk" , Ps43,1) und ;'7?")r.nzi'~ ("Lügner", ebd.) ist zu unspezifisch, als daß aus dem Vorspann etwas zur Situation der Kompositionseinheit zu entnehmen
wäre. Informativer hingegen erscheint Ps44. Wie in anderen Volksklagepsalmen wird in Ps 44 mit früherer Geschichte argumentiert (v. 2): 1l'7-1'~Q 1l'OiJ~ 1lVQl!i 1l'l!l$~ C';,'II :cJP '1.l'~ CiJ'1.l'~ J;I,?I1~ 7l1ll Gott, mit unseren Ohren haben wir gehört. unsere Väter haben uns erzählt: Du hast gehandelt in ihren Tagen, in den Tagen der Vorzeit.
Als Taten dieser Vorzeit werden dann die Siege über fremde Völker genannt. Schließlich berichtet Ps 44 dann aber von einer militärischen Niederlage (v. 10): Doch du hast uns verstoßen und geschmäht, und du ziehst nicht hinaus mit unserem Heer.
67
J. WaJl[ahrtspsalmengruppen
1l1.l''1~01 J;I~l!"~~ :1l'OiK~~~ K~O-K')
gewendeten Exils voraussetzt. 20 Wieder wird die vergangene positive Erfah-
rung mit augenblicklich negativer Erfahrung kontrastiert, weswegen dieser Teil in eine Bitte mündet (Ps85,5): Bringe uns wieder zurück, Gott unseres Heils, und laß ab von deinem Unmut über uns.
1lVIF~ '0'~
1l;J111i
:1l~~ '19~~ '~:;r)
Als Zeitansatz für Ps 85 liegt daher die frühnachexilische Zeit nahe. 2I Die Bitte wird nun mit einem Orakel beantwortet. Das Besondere von Ps 85 ist,
daß die Orakelkundgabe in indirekter Rede erfolgt. Folgende Orakelelemente finden sich in Ps85,9ff.:
7!!:;r ';1;:-;'1;) ;'~7,l1f1! 'T1;)O-7~) illl~-71l Ci7lV
';n: '~ ;";"
Ich will hören, was der Gott Jhwh sagt: ja, er spricht von Frieden zu seinem Volk und zu seinen Frommen. (v. 9a)
Zusammen mit den anderen theologisch gesättigten Begriffen wie
n/?IIP90 und Ci7l!i) PH (v.ll) legt sich ein Verständnis des Orakels von Ps 85 als Bericht von einem Heilsorakel nahe. Damit wird angekündigt, daß die Wendung auch der gegenwärtigen Not bevorsteht. In Ps44 findet sich
Die geschichtliche Erfahrung der Hilfe Gottes in den Jhwh-Kriegen der Vorzeit wird hier mit konkreter Erfahrung kontrastiert. Dos Bild vom Verkau-
fen Israels (v. 13) und noch deutlicher die Zerstreuung unter die Heiden (v. 12) verweist zusätzlich auf die Exilierung als Erfahrungshintergrund von Ps 44. 10 Das Exil ist damit terminus ante quem non für den Einzelpsalm. 17 Für den 14
So z.B. BHS und KRAus z. St. Zu historischen Fragen hinsichtlich der Prädikation
~.~~._rn.133,232_333
.
Vgl. den zweiten leicht varuerenden Teil des Refrains Ps42,6bp.12.bp; 43,5bP, IR dem Gott als Retter angerufen wird. 16 Soz.B. JANssEN,Juda 19. 17 Vgl. dazu insbes. BEYEIUJN, ZThK 73, 446-460. Beyerlin meint den doppelten Bezug 1:5
des Psalms auf die militärischen Niederlagen Ende des 7. und Anfang des 6. Jh. und die Exilszeit zu einer Literarkritik innerhalb des Psalms nutzen zu können. Zur hier vertretenen Lösung, die den doppelten Bezug auf der Ebene des elohistischen Psalters kompositorisch vermittelt sieht, vgl. insbes. m.l. IS Vgl. Ps45 ,7; 47,3.7.9. 19 l·P~~ m:), l!":tw (Ps85,2b). Vgl. zur Redewendung BEYERUN , .. Wir sind ..... 42ft., der trotz der Bezeugung des Ausdruckes im 8. Jahrhundert und entgegen seiner eigenen Tendenz der Vordatierung von Ps 126 die Hauptmasse der Belege für den Ausdruck. nach 586 v. Chr. datiert. Zur Kritik vgl. MOSIS , FS Reinelt, und oben 1.2.4 (S. 38Anm. 212). 20 Vgl. die thematischen AnklAnge zur Sündenvergebung in Ps85,3 an Jes 40,2 u.ö.; Thr 4,22u.a. 2 1 Zur Beschreibung der Zeit siehe unten 1U.2.t.
Teil 1/: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
1. Wall[ahrupsalmengruppen
kein explizites Heilsorakel. Doch hier steht zwischen dem Teil, der die frühere Rettung Israels durch Gott beschreibt, und der gegenwärtigen Bitte die Aussage, daß Lob und Dank das normale Verhalten gegenüber Gott ist (Ps44,9):
"Jeder ist in ihm geboren, (denn) er hat sie gegründet, der Höchste." Jhwh zählt beim Schreiben Völker auf: "Dies ist dort geboren. "Sälah.
68
... ~1il c'1il17 '1liWl ci'ö-'" U71;:1 C';:I7K;) Gott loben wir jeden Tag, und deinem Namen danken wir immer . .. Von daher ist für den Fall der Lösung der gegenwärtigen Not wieder die Rückkehr zu Lob und Dank zu erwarten. Dieses sahen wir in der zweiten Korachpsalmgruppe bereits in ihrer Eröffnung auch direkt angekündigt (Ps84,5). Damit wird ein deutlicher Hinweis auf den erwarteten Fortgang gegeben: Nach der Klage werden Hymnen folgen. 1.1.3 Ein Einschub im Singular (Ps 45 und 86)
69
Ps 86 kündigt also etwas an, das in der Psalmengruppe selbst nicht eingelöst wird. Wir werden untersuchen, ob in dem der Korachpsalmgruppe folgenden Textbereich Hymnenelemente zu finden sind, die sich auf die zweite Korachpsalmgruppe beziehen lassen. An der Grenze zwischen dem klagenden und dem hymnischen Teil der ersten Korachpsalmgruppe steht ein im Psalter einmaliger Psalm, der eine königliche:
Hochzeit besingt: Ps45. 2J Kennzeichen dieses Königspsalms ist, daß hier Motive des menschlichen 24 und des göttlichen Königtums" ineinanderfließen. In der vorneuzeitlichen Exegese wurde Ps 45 überwiegend allegorisch auf das Verhältnis zwischen Jhwh und seinem Volk ausgelegt. Die nächste Parallele zu Ps45 ist das Hohelied , das als Bestandteil des Kanons vor der Neuzeit nur in seiner allegorischen Deutung nachweisbar ist. 26 Die Interpretation von Ps 45
Der erwartete Stimmungswechsel findet sich in beiden Psalmgruppen nicht sofort. Es folgt jeweils ein Zwischenpsalm: Ps45 und 86. Bei Ps86 in der zweiten Korachpsalmgruppe ist bereits durch die Überschrift "'17 ~1~T;I ("Gebet Davids") deutlich, daß dieser Psalm die Abfolge von Korachpsalmen durchbricht. Als Klage variiert Ps 86 einerseits den vorhergehenden Ps 85.22 Andererseits eröffnet Ps 86,9 eine Perspektive für den weiteren Textverlauf (Ps 86,9):
1KiJ' n'iul1 '!VK c'i;.-'~
"11t1 ~'l.~~' nq!J!V~i :'17,l!V7 nf~"
Alle Völker, die du gemacht hast, werden kommen und vor dir anbeten, Adonaj, und sie werden deinen Namen ehren.
Das Motiv der Erschaffung aller Völker erscheint im folgenden Psalm wieder, allerdings, ohne daß der Vollzug der Anbetung Jhwhs durch die Völker eingelöst wird (Ps 87,3-6): : ~'19 c';:I',\!O "\1 ,~ ,~!1t ni'~ill
'rl'7 '~~1 Jöl "~!I:! ,ix) nTif7~ ~m
cl!;-'~~. ~.T. !V1~-C\1
,~tI~ li'~~1
:li'7\1 OHiJ: 1I1~) ~:P1: !V'II) !V'1I IIT'/Pi Jinil;1 ,lll? ~,~,
:~'19 Cl!h1:~!
Herrliches erzählt man sich über dich, du Stadt Gottes. Sälah. Ich erinnere an Rahab und Babel gegenüber denen, die mich kennen.
Siehe, Philisterland und Tyrus samt Kusch: Dies ist dort geboren. Und über Zion sagt man: 22 Zu der sich hier andeutenden Clusterbildung, wie sie innerhalb der Klagelieder, also vor allem bei davidischen Psalmen, üblich ist, siehe unten H.3.
auf das Verhältnis zwischen Jhwh und seinem Volk hat damit als kanonischer Textsinn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich. Man wird hier allerdings mit 23 Vgl. GUNKEIlBEGRlCH, Einleitung 158: "so unterscheidet sich tp 45 von den übrigen Liedern durch seinen weltlichen Ton". 24 Man hat hier insbesondere an Salomo gedacht: v. 13 erzählt von den Töchtern von Tyrus. die Gaben bringen. Das Motiv der Geschenke von anderen Völkern findet sich vor allem in der Salomogeschichte (1Kön 5,15ff.; 10). Don erfahren wir auch von den vielen ausländischen Frauen Salomos (lKön 11,1 ff.). 15 Vgl. insbesondere Ps45 ,7: Dein Thron, Gott, isl immer und ewig. 'il C7;P C';:I~ '1~9~ Ein Stab der Gerechtigkeit ist der Stab deines Königtums. ~U~~70 C;lW 'W'Q t)~W Oie übliche Ansicht, C';:I~ 'lt~tj);t als Konstruktusverbindung aufzufassen (so insbesondere die Spezialstudie von MULDER, Studies 73ff.), scheitert an dem Suffix, so mit aller Entschiedenheit bereits GESENrusIKAUTZSCH, § 128d, hier werden alle vermeintlichen Beispiele für solche Konstruktusverbindungen auf andere Phänomene wie beispielsweise Appositionen zurtickgeführt , GeseniuslKautzsch hält C';:I~ in Ps45 ,7 a für einen Zusatz. [n einer l..eseperspektive des kohärenten Textes legt sich jedoch ein Verständnis von C';:t~ als Apposition zum Suffix nahe. Diese grammatische Auffassung des Textes ist prinzipiell unabhängig von der Frage, ob in Ps45 ,7a Gott oder der König auf dem Thron sitzen, da wirkungsgeschichtlich C';:I~ auch als Bezeichnung für Menschen nachweisbar ist, siehe dazu unten in 1l.2 S. 97ft. Als einfache Bedeutung des Textes legt sich allerdings zunächst einmal die Deutung auf Gott nahe. 26 tSan 12,10; bSan 101a; vgl. mJad 3,5. Rabbi Akiba wendet sich gegen die profane, nicht allegorische Benutzung des Hoheliedes. Daß es eine nicht allegorische Deutung des Hoheliedes gab, ist damit sicher. Wahrscheinlich ist auch, daß die profane Deutung seinen ursprünglicheren Sinn wiedergibt. Daß das Hohelied in einer profanen Deutung Bestandteil des Kanons sein könnte, ist völlig unbewiesen (gegen die Kritik GERLEMAN, Ruth 51, u.a.). Zur allegorischen Auslegung des Hoheliedes in der christlichen Tradition vgl. die Monographie von OHLY, Hohelied-Studien. Die Parallelen zwischen Ps45 und dem Hohelied hat besonders DUKEMA, ZAW27, 26-32, zusammengestellt (Ps45,9- Hld 3,6; Ps45 , lO - H1d 6,81.; Ps45,14 - Hld 7,1; Ps45,4a -Hld 3,71.; Ps45,12- Hld4,1-7 ; Ps45,12-Hld 1,151.; Ps45 ,9- Hld4,1I ; Ps45,16 - Hld 1,4). Dijkema schließt genau umgekehn von der Analogie zwischen Ps45 und dem Hohelied auch auf eine Aufnahme von Ps45 in allegorischer Interpretation in den Kanon, was m. E. wahrscheinlich ist.
70
Teil Il: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
1. Wallfahrtspsalmengruppen
einer Überarbeitung in diesem Sinn rechnen müssen. 27 Ps45 nimmt bereits Motive der Jbwh-König-Psalmen vorweg, die im Zions- und Hymnenteil,
Ps46-48, ebenfalls umspielt werden. Doch da in den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. ein Königspsalm, Ps 132,28 an dem Wendepunkt von der Klage zum Lob steht, ist es auch nicht völlig ausgeschlossen, daß ebenfalls Ps 45 in einem früheren Kontext, insbesondere ohne Ps47, ursprünglich nicht allegorisch gemeint war. 29 1.1.4 Zionspsalmen und Hymnen als Höhepunkt (Ps 46-48 und 87)
Die Perspektive auf das Gotteslob in Ps 84,5 gibt das Signal für die Komposition, die auf einen Hymnenschluß hinzielt. Die Wende von der Klage zum Lob war in Ps85 bereits durch Orakelelemente weiter vorbereitet worden. Solche Orakelelemente finden sich auch in der ersten Sammlung von Korachpsalmen,
hier aber am Anfang des Hymnenteils. Ein solches Orakel ist in der Gottesrede Ps 46,11 angedeutet: Gebt auf, und erkennt, daß ich Gott bin. Ich werde mich erheben unter den Völkern,
C'07~ '~i~-'.1Y7110';1" C';':l . - C1,1I,
ich werde mich erheben im Land.
:n~~C1'~
Diesem Orakel korrespondieren im Psalm Vertrauensaussagen der Psalm beter, die Gottes militärische Stärke ausdrücken (v. 2ff.). Ps 46,7 führt sogar das direkte Eingreifen Gottes unter Aufnahme von Völkerkampfrnativen ein: nb'?7?~ 10/t C~il1~y :n~ l1~J;I i"ij?~ ml
Die Völker toben, es wanken die Königreiche, er greift mit seiner Stimme ein, da schwankt die Erde.
Die Klage, die Ps46 inhaltlich voraussetzt, hat mit der Klage von Ps44 gemeinsam, daß sie eine Klage gegen feindliche Völker ist. Allerdings stimmt die Sicht der anderen Völker von Ps46 nicht ganz mit der von Ps 44 überein: Ps46 hat größere Nähe zu Psalmen wie Ps2, die von einer Auflehnung der Völker gegen die göttliche Herrschaft ausgehen, während Ps 44 die Perspektive des Leidens Israels unter der Herrschaft der anderen Völker aufzeigt. Doch auch in der Klage ist bereits Gott als höchste Appellationsinstanz anerkannt
(Ps44,24a) :
71
Du bist mein König, Gott.
Der theologische Hintergrund, der der Klage von Ps 44 die realistische Hoffnung auf Wendung der Not gibt, deckt sich daher mit der Aussage, die im Zentrum des Zions- und Hymnen!eils, in Ps 47, steht und von den umgebenden Psalmen mehrfach umspielt wird (v. 9a): Gott ist König über die Völker. Auch wenn der Gottesname Jhwh in Ps 47 wie in den meisten anderen Psalmen des sogenannten elohistischen Psalters nicht konsequent vermieden
wird (vgl. Ps 47,6), läßt sich doch mit dem Hinweis auf den elohistischen Psalter die singuläre Wendung C'0·?~ 1't~ ("Gott herrscht als König")30 erklären . Die Motive der Jhwh-König-Psalmen finden sich aber auch in den Zionspsalmen, dIe Ps 47 umgeben. So schließen Ps 46 wie Ps48 universale Motive des JhwhKrieges ein (Ps 46,7.9f.; 48,7f.; vgl. Ps 44,2ff.). Geprägte Sprache bzw. einen festen Motivhintergrund verraten realitätsfremde Bezeichnungen für Jerusa-
lern wie die Rede vom fluß mit seinen Kanälen (Ps 46,5)3\ und die Anwendung des Motivs vom Gottesberg im Norden auf den Zion (Ps 48,3). Ps 46 und 48 zeigen so einen Vorstellungshintergrund an, der mit dem von Ps 47 identisch ist. Die Umprägung des "Mythos zur (?) Geschichte" in Ps 47 ist also dadurch weitergeführt, daß Ps 47 durch "die Überlieferung unter die Zionspsalmen der Korachiten eingereiht" ist 32 .
Zu dieser Gruppe von Jhwh-König-Psalmen ist auch Ps 45 in allegorischer Deutung zu rechnen. Wir sahen bereits, daß an einer Stelle, Ps45,7, Gott und König identifiziert werden. Besonders im Kontext von Ps45 mit dem JhwhKönig-Psalm Ps 47 legt sich damit eine allegorische Deutung von Ps 45 auf die Hochzeit Gottes mit seinem Volk nahe. 33
Der Hymnenteil nimmt nun den Klageteil nicht nur mit dem Motiv der anderen Völker auf, auch die Gestaltung des Hymnenteils mit Zionspsalmen korrespondiert dem Sehnen der Seele nach der Nähe Gottes (l'Y, Ps42,2f.), das Ausgangspunkt der Wallfahrt war. So steht am Schluß des Hymnenteils kein Hörensagen mehr vom Zion, sondern konkretes Sehen (Ps 48,9). Die Beter ziehen um Zion herum und zählen sogar die Türme (v. 13). Der Beter von Ps42f. ist damit am Schluß des Hymnenteils am Zion angekommen. Gleichwohl ist es wohl nur textliche Fiktion, daß der Beter tatsächlich 3m Zion
angelangt ist, da er realitätsfern beschrieben wird. Einen Hymnus , wie er in Ps84,5 angekündigt wurde, suchen wir in der
Wach auf, warum schläfst du, Herr?
Gott als höchste Appellationsinstanz kann deswegen bereits in der Klage als König gepriesen werden (Ps 44,5 a): 27 Siehe oben zu C':'I'K in Ps45,7a. 28 29
Vgl. auch Ps 110 für das Ägyptische HalIeI. dazu unten II.I.3. Zum Problem der Stellung von Ps 47 und 48 vgl. unten IlI.!.3.3 und 1.4.
30 Ps 47,9. Die nächste Parallele (dort mit i'I1:'1') findet sich in Ps93,1; 97,1; 99,1. Vgl. jedoch auch Ps 45,7. Zur Übersetzung vgL KRAus, Königsherrschaft. 31 Vgl. dazu in der zweiten Korachpsalmgruppe Ps 87,7: ,; '~:""."; (alle meine Quellen sind in dir). 32 JEREMlAS, Königtum 50. 33 Zum Traditionszusammenhang vgl. die Anspielungen auf einen Ehevertrag zwischen Gott und Israel z. B. in den prophetischen Zeichenhandlungen Hoseas (Hos 1-3: Israels Götzendienst ist Ehebruch) und den biblischen Geschichtsrtickblicken Ezechiels (Ez 16; 23).
72
Teil Il: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
J . Wall!ahrtspsalmengruppen
zweiten Korachpsalmgruppe vergeblich. Hymnen finden sich allerdings in großer Zahl unmittelbar nach der zweiten Korachpsalmsammlung, in Ps 92f. und 95 ff. Dort wird auch das Motiv der Ehrung Gottes durch die anderen Völker aufgegriffen." Stattdessen haben wir mit dem Zionspsalm Ps 87 einen Vertreter der Gattung, die in der ersten Korachpsalmgruppe den Hymnus Ps 47 rahmt und auf diesen bezogen ist. Wir sahen bereits, daß auch im ersten Bogen der Asaphpsalmsammlung mit einem Zionspsalm ein Hymnenschluß angedeutet ist. Mit den Ps 46-48 hat Ps 87 auch die universale Orientierung gemeinsam (vgl. v.4fL). Vom Fehlen des Hymnenteils innerhalb der zweiten Korachpsalmgruppe her macht diese Gruppe einen unabgeschlossenen Eindruck. Wir werden deswegen den weiteren Kontext der zweiten Korachpsalmgruppe auf Verbindungen zu ihr hin untersuchen müssen. Ps 87 korrespondiert gleichwohl Ps 85. Ps 85 beklagt das gegenwärtige Elend Israels, obwohl Gott seinem Volk bereits Vergebung zugesagt hat. Die Antwort nach dem Orakel ist der Zionspsalm Ps 87, in dem Gottes Fürsorge für den Zion (v. 2.5) gepriesen wird. Der Inhalt paßt gut in die persische Zeit, in der Jerusalem aufgebaut wird. 35
Ps 88 ist damit höchstwahrscheinlich sowohl Bestandteil der zweiten Korachpsalmsammlung als auch einer möglichen Edition des dritten Psalmbuches. Versteh bar wird auf dem Hintergrund einer auf das dritte Psalmbuch hin ausgerichteten Edition der zweiten Korachpsalmsammlung dann auch der eingeschobene Davidpsalm Ps 86, in dessen Mitte - vom Duktus des Psalms eher unerwartet - Weisheits- und Dankliedelemente (v.llL) stehen. Dieser Psalm deutet die für die Davidpsalmen typische Stellung in Clustern an: Ps 86 variiert die in Ps85 ausgesprochene Klage , ohne den forrngeschichtlichen Duktus von der Themenklage über das in Ps 85 bereits erfolgte Orakel zum Hymnus weiterzutreiben. Weisheitliehe Elemente finden wir also in Ps 88 nicht ausdrücklich. Sie finden sich aber im folgenden Königspsalm Ps 89, der mit Ps 88 über das in Ps 88 zusätzliche Überschriftselement einer Person verbunden ist , die als 'r"T~~, als "Esrachiter", eingeführt wird. 39 Ps 89 formuliert Klage und Bitte auf dem Hintergrund der Davidverheißung und der Krise von 586. 40 Wir sahen bereits, daß die Rückwendung zur Klage oft weisheitliche Züge
1.1.5 Der weisheitlich-klagende Schluß (Ps 49 und 88) Mit Ps88 wendet sich der letzte Psalm der zweiten Korachpsalmgruppe wieder zur Klage zurück, was wir im Anschluß an unsere Beobachtungen zu
Rückwendung zur Klage bei Einzelpsalmen im Kontext von Weisheit verstehen. Wie am Anfang und im Einschub finden wir auch am Schluß der Psalmengruppe jeweils Psalmen im Singular. Die Überschrift von Ps 88 weist diesen Psalm aber nicht nur als Korachpsalm , sondern auch wie Ps 89 als Psalm eines namentlich benannten Esrachiden aus. Da Ps 89 als Königspsalm zur Komposition des 3.Psalmbuches gerechnet werden kann ,36 ist ein solches Verständnis
auch für Ps 88 nicht ausgeschlossen: Auch am Schluß des ersten und zweiten Psalmbuches können wir die Häufung der Psalmmotive von Krankheit und Alter beobachten. 37 Damit läßt sich auch Ps 88 im Kontext der Komposition der Psalmbücher verstehen: Die Todesbedrohung des Psalmbeters von Jugend an (v. 16) ist wohl als Krankheit zu interpretieren , aber in jedem Fall ist damit ausgeschlossen, daß der Psalmbeter gegenwärtig als jung vorzustellen ist. Von dorther ist auch die offensichtlich gegenüber der Korachpsalmnotiz ergänzte Namensbezeichnung 17t'iJ7 ("von Heman") Ps88,l zu verstehen: Heman ist nach den Chronikbüchern ein von David zum Psalmengesang bestimmter korachitischer Levit. 38 ~
Dazu unten JII.2.2.2.
35 So unlängst STADELMANN, FS Füglisler 333-356. Zur Verortung der zweiten Korach-
psalmsammlung in der Perserzeit siehe unten IlI.2. 36 Vgl. WPSTERMANN, Sammlung; WILSON, JSOf34, dazu oben S. 4f. 37 S. o. 11.3.1.3 und 3.2.6. )8 lehr 6,18ff.; 16,41f. Zur Beziehung der Personenbezeichnungen in den PsalmUberschriften auf Oavid s. u. IIl.1. 3.2, 2.1.1 und 3.3.2.
73
hat. 41 Wenn wir den weisheitlichen Elementen nachgehen. finden wir sie auch
am Anfang der zweiten Korachpsalmgruppe, nämlich in Ps84. Mit Anfang, Mitte und Schluß sind die typischen Positionen der Edition der Psalmengruppen besetzt. Lediglich Ps 85 und 87 bleiben als nicht von der Edition her zu verstehende Kernpsalmen . Mit der Anrede an alle Völker nimmt Ps 49 die universale Tendenz des vorhergehenden Hymnenteils auf (v. 2): :,~O '~1!i'-'~ 1l'Tl\v C'~l1~-'f nllt-1117,1W Höret dies, alle Völker, und merkt auf, alle Bewohner der Welt.
Auch umgekehrt ist der Schluß von Ps 48 mit einer kurzen Anspielung auf die Todesproblematik auf den folgenden Ps49 ausgerichtet (Ps48,15all.b):
:n1I.l-'111l'C1l: 111:1 '1I) C7i111l ';''I\! Gott ist immer und ewig. Er wird uns leiten über den Tod hinaus.
Zwar ist diese Aussage für den vorhergehenden Kontext von Ps 48 ungewöhnlich , aber sie leitet innerhalb der ersten Sammlung von Korachpsalmen (Ps42-49) von Ps48 zur Vergänglichkeitsklage Ps49 über. Der Schluß der ersten Korachpsalmgruppe ist also weisheitlieh gefaßt. In den Spättexten des Alten Testamentes finden sich auch an anderer Stelle Aussagen, die die Hoff~ 39 Vgl. z. B. v.16. Die weisheitlichen Elemente sind in der Diskussion um Ps89. die im wesentlichen den altorientalischen Hintergrund der Vasallenverträge zu erleuchten versucht hat, kaum in den Vordergrund getreten. VEIJOLA , ZAW 95, 9-31, beispielsweise datiert zwar die zugrundeliegende Form von Ps 89 in die Davidzeit (aaO. 27), setzt aber die konkrete Ausgestaltung erst in deuteronomischldeuteronomistischer Zeit an (29). Uns interessien hier nur der terminus post quem des vorliegenden Einzelpsalms als terminus post quem auch seiner kompositorischen Einbindung, die also auch nach Veijola exilisch-nachexilisch erfolgt sein muß. .a JANSSEN , Juda 20. .1 Siehe oben 1.3.2.2.
Teil//: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
1. Wall[ahrrspsalmengruppen
nung auf ein Leben nach dem Tod zum Ausdruck bringen. 42 Ps 49 ist auch mit Ps88 über das Motiv des Sterbens verbunden , da Ps88,4b in Todesgefahr klagt: 43
der zweiten Korachpsalmsammlung durch den Wechsel im Überschriftensy_ stem besonders deutlich. Fast alle Gattungen sind in den Korachpsalmen vertreten. Es fehlt allerdings ein Danklied, obwohl die Einleitung der ersten Korachpsalmgruppe die Erfahrung des Dankens voraussetzt. Das Fehlen des Dankliedes gibt nun aber zugleich einen Hinweis auf die Situation der Komposition: Die in der Themenklage geschilderte Not ist noch nicht gewendet. Die Entsprechung zum Klagelied gilt also besonders für die erste Korachpsalmgruppe, wenn wir auf den
74
Aber mein Leben ist dem Totenreich nahe.
Von der Disposition der Psalmgruppe mit einem Anfang im Singular erscheint der Abschluß mit dem ebenfalls singularischen Ps 49 als notwendiger Schluß der Komposition auch der ersten Korachpsalmsammlung. Während die ZionspsalmenIHymnengruppe Ps 46-48 durchweg Plural psalmen sind, kann auch Ps 45 im Kontext der Rahmung der Psalmgruppe verstanden werden. Die Edition der ersten Korachpsalmgruppe ist auf die Asaphpsalmsammlung inhaltlich bezogen: Ps49 und 73 sind mit der weisheitlichen Frage nach dem Geltungsbereich der Gerechtigkeit Gottes zu sehr verwandt, als daß ibre Stellung als Klammem um die Davidpsalrnen Ps 51ft. mit den umgebenden Einzelpsalmen Ps 50 und 70f. 44 zufällig sein könnte. Die Gesamtkomposition des elohistischen Psalters (Ps 42-83) ergibt sich also durch die Davidpsalmen Ps 51ff. mit den umgebenden Einzelpsalmen und den Korach- und Asaphpsalmgruppen. Sie wird noch eingehend zu untersuchen sein. 4S
1.1.6 Zusammenfassung: Die Komposition der Korachpsalmgruppen Beide Koracbpsalmgruppen bestehen aus Singular- und Pluralpsalmen. Die Pluralpsalmen bilden dabei den Kern der Sammlungen, während die Singularpsalmen die Rahmenpositionen und eine Einschubposition in der Mitte der Komposition einnehmen.
Das formgeschicbtliche Grundscbema im pluralischen Kern bei der Korachpsalmgruppen können wir analog zum Klagelied als Übergang von der Klage zum Lob verstehen. Diese Entsprechung wird besonders durch die Verwen-
dung von Orakelmotiven an den Übergangsstellen zwischen Klage und Lob bzw. Zuversicht in beiden Psalmgruppen deutlich. Beachtlich ist allerdings die im Detail unterschiedliche Position der Orakel: In der ersten Koracbpsalmgruppe beginnt mit dem Orakelelement der Zions-lHymnenteil (Ps46,1l) , in der zweiten Korachpsalmgruppe endet damit die Klage (Ps 85 ,9). Ps 45 und 86 stehen damit auch makroformgeschichtlich jeweils an ungewöhnlicher Stelle: Der einzelne Davidpsalm Ps 86 steht als Klagelied nach dem Orakel in Ps 85, der singularische Ps45, der eher zum Zions- und Hymnenteil paßt, steht vor dem Orakel in Ps46. Auch von daher liegt es - ähnlich wie für Ps 43 - nahe, diese Psalmen als im Zuge der Edition größerer Textzusammenhänge hinzugewachsen anzunehmen. Daß beide Psalmen einen Einschub darstellen, wird in Jes 26,19; Ps 22 ,30ff. ; Dan 12,2; vgl. aber auch die Totenauferweckungsgeschichten lKön 17; 2Kön4 und 13 sowie Ez 37. 43 Vgl. den ausführlichen Teil gle icher Motivik in Ps 88 ,11 ff. 44 Zur Übersicht siehe oben S. 30 die Tabelle in Anmerkung 151. 42
45 S.U.
In.1.
75
vermuteten formgeschichtlichen Kern der Gruppe , die Volksklage Ps 44 und ihren Respons im Zions- und Hymnenteil, Ps 46-48, blicken. Die Gruppe als Ganzes ist offensichtlich diachron gestaffelt ,46 wobei einerseits insbesondere
für Ps 44 exilische Erfahrung naheliegt, andererseits für Ps 42,7 die sehr präzisen Ortsangaben Jordan , Hermon und Mizar tür die Lokalisierung im Quellge.
biet des Jordan sprechen. Diese Beobachtungen sollten jedoch nicht voreilig in eine redaktionsgeschichtliche Hypothese zum Verhältnis zwischen pluralischem Kern und singularischem Rahmen umgewandelt werden, da insbesonde·
re Ps46, aber auch mit Vorbehalt Ps48, als Einzelpsalmen gut als Reflex der Bewahrung Jerusalems 701 verstehbar sind. Auch der Kern der zweiten Korachpsalmgruppe, Ps 85 und 87, entspricht dem Schema des Klageliedes mit seinem Übergang zur positiven Stimmung.
Überlegungen, ob der Kern mit Pluralpsalmen als ursprünglich selbständige Liturgie angesehen werden kann , sind spekulativ und übergehen das Gewicht
der Edition mit ihrem weisheitlichen und davidischen Interesse. Besonders bei der zweiten Korachpsalmsammlung kann also vermutet werden , daß diese von
vornherein als Nachahmung der ersten angelegt ist und auch ursprünglich weisheitlich-nachkultisch zu verorten ist, auch wenn die Stichwortverbindun·
gen zwischen beiden Gruppen zwar regelmäßig erfolgen , aber an entscheidenden Stellen nun gerade nicht auftreten. 47 Gegenüber der ersten Korachpsalmgruppe fehlt der zweiten der hymnische Schluß trotz seiner Ankündigung am Anfang der Gruppe. Die Rückwendung in die Klage am Schluß beider Gruppen ist der Rückwendung in die Klage bei den Weisbeitspsalmen vergleichbar. Doch nur der Schluß der ersten Korachpsalmgruppe hat einen speziellen Weisheitspsalm, in der zweiten Korachpsalmgruppe folgt allerdings im Anschluß an das Überschriftensystem der Koracbpsalmen der weisheitlieh gefärbte und in der Klage endende Ps 89. 48
46 Zur diachronen Absetzung von Ps 47 und eventuell auch von Ps 48 siehe unten 111.1 .3.2 und 1.4. 47 Vgl. z. B. die anderen Ausdrücke des Sehnens in Ps 84,3 gegenüber Ps42 .2. 48 Zu der Rückwendung in die Klage als Element weisheitlicher Psalmen siehe oben 1.3.4.2. Zur Position von Ps88 vgl. den doppelten Personenbezug in der Überschrift. Zur Darstellung siehe unten Ill.1.2.1. 1.2.3 und I1I.2.2.1.
76
77
TeillI: Eine Formgeschichte der PsalmengruppeIl
1. Wall[ahrtspsalmengruppen
1.2 Die Sammlung von Walljahrtspsalmen Ps 120ff.
Psalmen stehen die Beter in der Nacht im Hause Jhwhs (Ps 134,1 b; vgi. Ps 135,2). Die in Ps 122 ins Auge gefaßte Wallfahrt ist also am Ende dieser Sammlung wie am Schluß der ersten Korachpsalmsammlung geographisch zu ihrem Ziel gekommen . Innerhalb der Wallfahrtspsalmen fällt Ps 132 sowohl wegen seiner Länge als auch wegen seiner Orakelmotive aus der Reihe der anderen Psalmen heraus. Das Orakel in Ps 132 bezieht sich nun auf den Fortbestand der davidischen Dynastie (v. llf.). Mit diesem Orakel sind über den Kommentarsatz v.13 die Erwählung des Zion, das Heil der Priester und der Jubel der Frommen als zweites Orakel (v. 14-18) verbunden. Diese spraChliche Gestalt von Ps 132 sieht nach einer Ergänzung am Schluß aus: K. Seybold spricht hier von einer Zionsredaktion, die den Psalm in die Sammlung von Wallfahrtspsalmen eingebunden hat. " Das Heilsorakel steht nun an einer sehr speziellen Stelle in der Sammlung: am Schluß vollzieht die Komposition der Wallfahrtspsalmen einen ausgeprägten Stimmungsumschwung vom Klagelied des Einzelnen (Ps 130) zum imperativischen Hymnus (Ps 134). Der Stimmungsumschwung erfolgt wie in den Asaph- und Korachpsalmsammlungen durch einen Orakelpsalm, der hier die Motive eines Königspsalms hat: Ps 132 .... Ps 131 fällt als Vertrauenspsalm eher auf die Seite der Klage und Ps 133 als Segenspsalm eher auf die der Hymnen. Die Sicht von Ps 132 als Stimmungsumschwung paßt also in jedem Fall für den Teilbogen der Komposition Ps 130ft. Problematisch erscheint auf den ersten Blick, Ps 132 als Wendepunkt innerhalb der gesamten Wallfahrtspsalmsammlung Ps 120ft. anzusehen , da bereits Ps 124 und 129 Dankliedmotive haben. 5S Doch sahen wir bereits, daß diese Psalmen Zwischenhöhepunkte nach jeweils fünf Psalmen darstellen. 56 Ps 124 und 129 haben für die Sammlung von Wallfahrtspsalmen gliedernde Funktion: schließt Ps 124 die einleitende Klimax ab, so leitet Ps 129 den makroformgeschichtlich "reinen" Teil von Ps 130ff. ein." Dazwischen stehen die Zwillingspsalmen 127 f. und die exilisch-nachexilischen Psalmen 125 und 126, die als exilisch-nachexilische Psalmen Bezug zur Nachschrift Ps 137 haben. 58 Damit ist wohl das gesamte Mittelstück Ps 125-129 nachexilisch anzusetzen.
Die Sammlung beginnt mit einem kurzen und allgemeinen Dankbericht (Ps 120,1):49
:'ll~~l 'l)K~~'~ ~J;l'~~ ~'~'-'!! Zu Jhwh rief ich in meiner Not, und er antwortete mir.
Dann wechselt der Psalm mit der Anrufung Jhwhs und der Schilderung der Not in die Sprache der präsentischen Klage. Die Not wird allerdings recht
unkonkret geschildert. Konkret kommt eigentlich nur zum Ausdruck, daß der Beter in der Diaspora lebt, aber selbst die gen aue Lokalisierung der Ortsnamen bleibt problematisch. 50 In Ps 122 entschließt sich der Beter zur Wallfahrt. Gegenüber der ersten Korachpsalmsarnmlung sind also der Entschluß zur Wallfahrt und die Klage, die bier als Klage des Einzelnen erscheint, vertauscht. Gegenüber den Korachpsalmen ist der Eingangsteil der Sammlung durch Ps 121 und 123 erweitert: Ps 121 wendet sich dabei gegen die Vorstellung, von außerisraelitischen Kulten könne Hilfe kommen. 51 Ps 123 richtet den Blick des Beters auf den Gott im Himmel. Ps 121-123 als Ganzes bilden daher eine Klimax: die Berge , Jerusalem, Gott im Himmel. Diese Klimax wird von dem ersten dankliedähnlichen Ps 124 abgeschlossen. 52 Vom Dankliedanfang in Ps 120,1 bis zum Psalm mit Dankliedelementen schließt sich damit nach fünf Psalmen ein erster Bogen innerhalb der Wallfahrtspsalmsammlung. Am Schluß der durch das Überschriftselement n;,~~~/~ "I!i verknüpften 49 So betont SEYBOLD. ZAW 91, 261. Die Verbform in der Afformativkonjugation sollte also nicht der Einfachheit halber in ein zeitloses Präsens umgewandelt werden (vgl. dazu die Kritik von ZUBER, Tempussystem 19). Auch clie prinzipielle Auffassung von MICHEL, Tempora 98 u. ö. , daß auch die Afformativkonjugation nicht Ausdruck einer Zeitstufe sei, berechtigt keineswegs dazu, die unwahrscheinlichere präsentische oder futurische Auffassung der Aussage, die auch vom Kontext her nicht geboten ist , anzunehmen. 50 Vgl. SEYBOLD , Wallfahrtspsalmen 72. 51 Ps 121 hat ein Metrum, das sich oft in der ugaritischen Literatur (z. B. dem Aqht-Epos) findet : die Strophen (unter Ausschluß der Überschrift, die Teil der vermutlichen Redaktion der WalLfahrt'psalmen ist) haben 12 (6 + 6, v. 11.) , 1J (5 + 6, v. 31.), 11 (6+ 5, v. 5 f.) und 10 (5 + 5, v. 7f.) Hebungen nach dem akzentuierenden System. Sie entsprechen damit der Strophenmetrik, die für die Eingangsstrophe eine Hebung mehr und für die Schlußstrophe eine Hebung weniger als für die Mittelstrophen fordert (vgl. MARG .... LfT. Poem , zusammenfassend S. l04f.) . So ist auch von der Metrik her der kanaanäische Hintergrund von Ps 121 (vgJ. v. 1 a .6). gegen den sich der Psalm allerdings inhaltlich wendet . deutlich. Dieses rein kanaanäische Metrum . das innerhalb des Psalters singulär ist , verdeutlicht zugleich die unterschiedliche Vorgeschichte der einzelnen Wallfahrtspsalmen. Zu einem anderen Ergebnis gelangt LoRETZ. Psalmen 11, 242 , der aufgrund seiner Konsonanten-Kolometrie zu dem Ergebnis kommt, daß mehr oder weniger alle Psalmen einem ugaritischen Versmaß entsprechen. Ohne die fragwürdige metrische Theorie von Loretz hier umfassend kritisieren zu wollen, bleibt als Besonderheit von Ps 121 jedoch festzuhalten, daß nur hier das durch das masoretische Akzentsystem vorgegebene Versmaß ohne Texteingriffe metri causa einem kolometrischen System entspricht. 52 Vgl. CROSEMANN, Studien 161H.
SEYBOLD, ZAW91. Dazu bereits oben 1.2.3.4. VgL Ps45 als Übergang zwischen Ps44 und 46 (s.o. 11.1.1.3), und unten Ps 110 als Bindeglied zwischen Ps 107-109 und Ps 111 H. (dazu unten 11.1.3). 55 Zur engen Verbindung zwischen Psalm 124 und 129 vgJ. insbes. WF..SnRMANN, Loben 63; CROSEMANN, Studien 160ft. VgL aber auch die präscntische Klage in Ps 129,Sff_ Mit CrUMmann ist daher nicht von einer selbständigen Gattung Danklied des Volkes auszugehen_ 5f.j S. 0.1.2.3.4 , vgl. insbesondere die Aufforderung ""':Itv~ Kr'~K' (..es spreche Israel") mit der folgenden markanten Wiederholung jeweils eines Halbverses, die an den Schluß der Komposition mit imperativischen Hymnen Ps 134(ff.) erinnen. $7 Innerhalb des Versuches einer narrativen Exegese der Sammlung von Wallfahrtspsalmen hat GaossBERG (Structures 52ft.) den Stimmungsumschwung im Kontext von Ps 130 als erneute Klage nach dem Erreichen des Tempels verstanden (aaO. 53). Zur Kritik s. o. S_ 37f. 58 MOSIS (FS Reinelt) hat unlängst für die nachexilische Deutung von Ps 126 (paraDei zu Joel) geworben (so z.B. auch AEJMELAEUS, Prayer 37), wahrend die Studie von BEYEltUN, "Wir sind .. _" 68 u.ö., den Psalm eher in exilische Zeit zu datieren sucht (SO, vgl. insbes. das inschriftliche Material S.43), aber die nachexilische Deutung prinzipiell nicht ausschließen 53
S4
78
Teil 11: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
1. Wall[ahrtspsalmengruppen
Das Überschriftenelement n;'I1~" "t!i (" Wallfahrtspsalm" ) endet mit dem imperativischen Hymnus Ps 134. Dieser Psalm hat nun nicht nur wie viele andere Wallfahrtspsalmen Segenselemente, sondern bringt den Segen als performative Aussage (Ps 134,3):
die Gesamtkomposition mit Ps 136 als Schluß eine Klage- oder eine Dankliedliturgie ist und wie deren Verhältnis zu der mit Ps 138 eingeleiteten DavidpsaJm-
:~,~'-n~ 1~1~111i7i? C~1:-111i1'
:n!$) c~~t!i ~iP.1I1;'~/:) ;m' 'P:)~: Erhebet eure Hände zum'9 Heiligtum, und segnet Jhwh: es segne dich Jhwh vom Zion her, der Himmel und Erde gemacht hat. Der Segen erscheint damit wie in den Gesetzessammlungen als möglicher
Schluß einer Großsammlung. 60 Ps 134 ist nun als Schluß einer langen Sammlung von im wesentlichen durch den Ton der Klage bestimmten Psalmen mehr als dürftig. In der vorliegenden Form des Wallfahrtspsalters sind deshalb Ps 135 und 136 an diese Sammlung herangewachsen. Der imperativische Hymnus Ps 134 markiert gewissermaßen nur den Einsatzpunkt, an dem der eigentliche Hymnus zu beginnen hat. Zwei inhaltlich eng verbundene Psalmen finden sich hier hintereinander: dabei ist Ps 135 situativ enger mit der Sammlung von Wallfahrtspsalmen verknüpft als Ps 136. Nur Ps 135 setzt mit der Notiz vom Stehen im Tempel eine ähnliche Situation voraus wie Ps 134,61 außerdem sahen wir bereits, daß Ps 136 eine eigene liturgische Wirkungsgeschichte hat. 62 Ps 135 schließt zudem mit einem Segensspruch ab, wie er auch an anderen Stellen wie
beispielsweise den Psalmbüchern kompositionsabschließende Funktion hat. 63 Umgekehrt sahen wir bereits für das Große HaUel Ps 136 eine eigene, vielfältige Wirkungsgeschichte, die durch die Verwendung von Ps 136 als Schluß der Pessach-Liturgie nach vorn über den Anfang der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. hinaus wenigstens bis zum Ägyptischen Hallel Ps 113 ff. einen Zusammenhang herstellt. 64 Ps 136 fordert zum Dank auf. In der Gesamtkomposition findet sich nun aber kein Danklied. Erst Ps 138 bringt als Einleitungspsalm der folgenden Gruppe von Davidpsalmen individuellen und konkreten Dank vor. Auch Ps 136 selbst erzählt nicht die erfolgte eigene Rettung, sondern berichtet allgemein von Gottes Rettungstaten in der vergangenen Geschichte. Es bleibt daher offen, ob kann (z.B.41ff.). Zu BeyerJin vgl. bereits PREUSCHEN, ZAW 15,1-74. Vgl. auch oben S. 38 Anm. 212. Zu Ps 125 vgl. BEYERUN, der diesen Psalm in der "Spätzeit des Alten Testaments, in der fortgeschrittenen Epoche der Perser oder der des Hellenismus" verortet (Vergewisse-
79
sammlung ist.
Wir sahen bereits, daß Ps 137 in synchroner Hinsicht als Nachwort zu den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. steht. 65 Von unserer Kenntnis der Psalmkomposition haben wir mit Ps 49 für die erste Korachpsahngruppe und Ps 88f. für die zweite Korachpsalmkomposition bereits Beispiele, um auch großgattungsgeschichtlich die Rückwendung in die Klage wahrscheinlich zu machen. Ps 137 und wohl auch Ps 126 66 sichern damit die Exilszeit als terminus ante quern non
der Sammlung. Auch von den Auslegungen einzelner Wallfahrtspsalmen her hat die Beschreibung der persischen Zeit als Lebenswelt des größten Teils der Sammlung alle Wahrscheinlichkeit für sich. 67 Gleichwohl ist in 110 Ps' die bis in die späteste Zeit hineingehende Variabilität des Schlusses von Wallfahrtspsalmen textlich belegt: dort endet die Komposition bei Ps 132, d. h. der gesamte Hymnenschluß einschließlich des Segenspsalms 133 ist in Qumran, wenn auch offensichtlich sekundär, weggelassen. 68 Dies ist ein Indiz für unsere noch zu begründende Vermutung, daß bis in späte
Zeit hinein neben den gattungsübergreifenden Klage-Hymnus-Kompositionen aucb noch Kompositionen bestehen, die den Stimmungswechsel nur ankündigen. 69 Das individuelle Danklied, das beispielsweise in das Ägyptische Hallel integriert ist, fehlt in den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. An seine Stelle tritt kompositorisch der imperativische Hymnus Ps 136, der zum Dank auffordert. Zusammenfassend können wir festhalten, daß die Struktur des Überganges von der Klage zum Lob, die wir als Kern beider Korachpsalmsammlungen ermittelten, sich auch in der Sammlung von Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. wiederfindet. Wie in den KorachpsaJmsammlungen findet sich an der Stelle des Wechsels von der Klage zum Lob ein Psalm mit Orakelelementen. Auch der Anfang der Wallfahrtspsalmengruppe Ps 120ff. ist mit klimaktisch aufgebauten Psalmen zur Motivation der Wallfahrt ähnlich gestaltet. Ps 137 bringt als Kommentar zu den Wallfahrtspsalmen wie die SchlußpsaJmen der KorachpsaJmsammlung die Rückwendung zur Klage als retardierendes Moment. Im MitteIteil ist jedoch die Sammlung Ps 120ff. erheblich erweitert, was sie formgeschichtlich weniger transparent macht als die beiden Sammlungen von Korachpsalmen, die nur eine kurze "Störung" im Mittelteil aufweisen. Insgesamt fehlt auch die für die Verortung der Korachpsalmen so zentrale, einzelne
Themenklage als Klagelied des Volkes. Doch finden wir Klageelemente in den
rung81). Zur Begründung vgl. KRAus z. St. So z.B. VON RAD , Deuteronomium-Studien, für das Dtn (dazu oben S. 4). Vgl. als nächste Parallele in den Psalrngruppen unten H.3.1.2 zu Ps 67. 6 1 Ps 134,1 konkretisiert durch Mi",~ (.. zur Nacht") , Ps 135,2 konkretisiert l'1i':~m~ ("in den Vorhöfen"). 62 S. o. 1.2.2 Exkurs S. 32ff. 63 Die Nähe zu den PsalmbuchschJüssen hat gelegentlich dazu geführt, Ps 135 für einen älteren Schluß des fünften Psalmbuches zu halten, so wohl zuerst JACOB, ZAW 16, 129-181. 64 Dazu oben 1.2.3.2. 59
60
65 S. o. 1.2.3.4. Diachron gesehen ist Psalm 137 gleichwohl auch dann älter als mancher der Psalmen insbes. aus dem Schlu8teil, bes. Ps 134f., wenn man mit KELLERMANN, ZAW 90, 43-58, Ps 137 für nachexilisch hält. Dazu unten S. 182f. 66 Zur nachexilischen Ansetzung von Ps 126 s.o. 1.2.3.4 (S. 38 Anm. 212). 67 Siehe z. B. STItAu8, Erbbesitz, zu Ps 127, der Mitte der Sammlung bei der Beschränkung auf die durch das Überschriftselement M"»"~:1 /' "1' verbundenen Psalmen. 68 Dazu s. u. 111.3.2.2. 69 Vgl. dazu unten H.2.
80
TeillI: Eine Formgeschichce der Psalmengruppen
1. Wallfahrtspsalmengruppen
Pluralpsalmen 124; 126 und 129 70 Aber außer daß die in diesen Psalmen vorausgesetzte Situation in die nachexilische Situation weist, erfahren wir wenig über die konkrete Situation, aus der die Komposition zu verstehen ist. Mit dem Fehlen der Themenklage, in die sich der einzelne Beter integriert, und dem weisheitIichen Mittelteil der Sammlung tendieren die Wallfahrtspsalmen Ps 120 ff. wie das im folgenden zu behandelnde Ägyptische Hallel zu den Clusterkompositionen, mit denen wir uns noch gesondert beschäftigen wer-
also innertextlich der Wechsel von der Klage zum Lob. Formgeschichtlich ist damit das Ägyptische Hallel ein Beispiel für einen Lob- und Danklied-Cluster. 7S Nun gibt es aber verschiedene Möglichkeiten, das Ägyptische Hallel auf eine Klage zu beziehen. Bereits die liturgische Verwendung dieser Psalmgruppe in der Pessachliturgie zeigt, daß diesem Cluster ein Klagelied vorangestellt zu denken ist : als ein Indiz für die SchlußsteIlung dieser Psalmengruppe kann die Gestaltung der Pessachliturgie als jährlich erneuerte Dankliturgie für die erfolgte Befreiung aus der ägyptischen Gefangenschaft gelten, wie sie insbeson· dere aus dem Rettungsbericht Ps 114 deutlich wird. Die Klage der Israeliten in Ägypten wird in diesem Zusammenhang gewissermaßen außertextlich dem Ägyptischen Hallel vorgeschaltet 76 Innertextlich ist das Vorangehen einer Klage durch die unterschiedlichen Berichte über die erfolgte Rettung (Ps 114; 116,2ff.; 118,lOff.) gesichert, wobei insbesondere Ps 114 auf die Rettung am Meer zurückblickt. Eine andere Deutung des Ägyptischen HalIeis stammt von C. Westermann, der das Ägyptische Hallel als Schlußform des gesamten vorhergehenden Psalters ansieht. 77 Westermann postuliert also eine Vorstufe des Psalters, die die Ps 1-119 umfaßt, und sieht damit implizit die Klagen der ersten Hälfte des Psalters in dem Ägyptischen Hallel zu einem Ziel geführt . Diese Hypothese eines Psalters, der Ps 1-119 umfaßt, wird aufgrund unserer Analyse nicht bestätigt werden können,'" aber es wird deutlich , wie von ganz unterschiedlichen liturgischen und exegetischen Ansätzen her eine dem Ägyptischen Hallei vorhergehende Klage konjiziert wird. Eine weitere Deutung der Komposition, innerhalb derer das Ägyptische Hallel steht, ist durch die Beachtung des Nahkontextes, in dem diese Psalmengruppe steht, möglich. Wir sahen bereits, daß die Weisheitspsalmen 111 f. und 119 das Ägyptische Hallel rahmen. 79 Vor Ps 111 finden wir nun einen Königspsalm, in dem Gott in direkter Rede David den Sieg über seine Feinde verheißt. 80 Der Königspsalm ist damit als Orakelpsalm ansprechbar und steht unmittelbar vor dem ersten nachkultisch-weisheitlichen Danklied der Kompo-
den. 71
1.3 Das Ägyptische Halle!
Die Zugehörigkeit dieser Psalmengruppe zur Wallfahrt geht innertextIich aus dem Schlußpsalm Ps 118,19 hervor: 72 Offnet mir die Tore der Gerechtigkeit! PJ~-'jI1W "nnJ:1Q Ich werde durch sie hineinkommen, um lah zu loben. ::1! ;qiN C~·N~l$
Ps 116,17-19 legt nun allerdings eher eine individuelle Wallfahrt zur Erfüllung eines Gelübdes nahe, was sich jedoch mit dem Anlaß einer Wallfahrt zu einem der drei Hauptfeste nicht auschließt, da diese Feste auch geeignete Gelegenheiten für die Darbringung von Gelübdeop[em sind (v. 17-19):73 :K~i(l! ;m' cvi~' :17in nJ! n~1l!-'17 :i7.lI1-,.,?IIP7H C~W!! :1,:1', 'J"11
:;;:-"7" I;l?W":
'~~in~ :1':1' n'~ ni'~o'1 Dir will ich opfern ein Dankopfer und den Namen Jhwhs anrufen. Ich will mein Gelübde Jhwh erfüllen vor seinem ganzen Volk, in den Vorhöfen des Hauses Jhwhs, in deiner Mitte, Jerusalern. Hallelujah! Formgeschichtlich ist Ps 118 ein liturgieartig erweitertes Danklied, dem der Hymnus Ps 117 vorangeht . Davor steht wieder ein Danklied (Ps 116), dem Hymnen bzw. Hymnenteile (Ps 113-115) vorangehen . Der Hymnus-Danklied-Schluß, den wir noch in den Kompositionsbögen der Davidpsalmsammlungen finden werden, 7< liegt also im Ägyptischen Hallel mehrfach vor. Zudem bildet diese Form der Komposition eine Psalmengruppe ohne eine vorangehende Klage. Gegenüber den vorher besprochenen Wallfahrtspsalmgruppen fehlt 7Q Vgl. auch den zweiten Bogen der Asaphpsalmsammlung, in der wir auch zwei Klagelieder des Volkes als Themenklage in Reihe finden werden (Ps 79f.). 71 S.u.lI.3. 72 Zur Bezeugung des Sitzes im Leben dieser Psalmgruppe in der rabbinischen Literatur s.o. 1.2.3.2. Vgl. auch CROSEMANN, Studien 226, der die explizite Lokalisierung vor den Tempeltoren als Besonderheit von Ps 118 gegenüber den anderen Dankliedern herausarbeitet. Ccüsemann schließt aus Ps 118, daß der berichtende Teil der Danklieder vor den Tempeltoren , der anredende im Tempel gesprochen wurde. 73 S.u. IU.2.1.2. 74 S.u. 11 .3. 1 und 3.2.
81
75 Weitere auster dieser Art finden sich in Ps95-100; 103-107; 145 -150 (dazu unten lJ.3), vergleichbar ist als Häufung von Hymnen auch Ps 46-48, dort allerdings mit vorhergehender Klage in demselben Überschriftensystem. 7'; Vorbildlich hat BRAULLK , Leidensgedächnisfeier 95-121, die deuteronomisc.he Pe5.\8Chliturgie in dieser Hinsicht beschrieben. 71 WESTERMANN, Sammlung. 78 Vgl. oben S. 4 und unten [H .2 und 3.
,. S.o. 1.2.3.2. ., PsllO,l:
'~"''1 :n:'1'.~
...
:~"m'7 Q'T~ "~:' n'tV~-'i 'I'Q"1lW ... Spruch Jhwhs zu meinem Herrn : Selze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde als Schemel zu deinen FUfJen lege. Zum altorientalischen Hintergrund von Psalm 110 vgl. immer noch WIDENGREN. Ps 110,
bes. 190.
82
Teil Il: Eine Formgeschichce der Psalmengruppen
1. Wallfahrtspsalmengruppen
sition, Ps 111. Vor Ps 110 müßte nach den Regeln der Komposition von Psalmgruppen ein Klagepsalm stehen. Wir finden in Ps 109 einen solchen Klagepsalm, in dem aber die Motive der Klage so intensiv gesteigert sind, daß Ps 109 als Standardbeispiel der sogenannten Fluchpsalmen gilt. 81 Ps 109 ist von seiner Stellung her als Klage zum Ägyptischen Hallel zu verstehen. In dieser Stellung vor so intensivem Lob und Dank Gottes wird der Fluchpsalm Ps 109 auch hermeneutisch erträglich. 82 Ps 110 als Orakel psalm ist also der Wendepunkt, an dem sich der Fluchpsalm über die Gegner (Ps 109) und der Psalm über das Glück des Gottesfürchtigcn (Ps 112) spiegeln. Ps 107 wird als ein möglicher Abschluß der vorhergehenden Psalmgruppe angesehen, dieser Psalm wird damit über die Psalmbuchgrenze bin weg zur Hymnengruppe Ps 103-106 gezogen. 83 Dieses Springen über die Psalmbuchgrenze ist aber eine bei der Auslegung der Gestalt des vorliegenden Textes keineswegs unproblematische Angelegenhe;it, die nur dann angewendet werden sollte, wenn alle anderen Lösungen scheitern. Probeweise beziehen wir
deshalb Ps 107 als Anfang des fünften Psalmbucbes auf die folgende Kompositlonsemhelt. DIeser Psalm ist das Dank- und Wallfahrtslied schlechthin,84 bei dem allerdings auffällt, daß der Dank lediglich angekündigt wird: Ps 107 leitet
83
;'90 0'?;1I'1 '~ J;1:)-'~ ~'~'7 "i~ Danket Jhwh, denn er ist gut und seine Treue ist ewig.
Diese Zeile findet sich außer in Ps 107 am Anfang des vorhergehenden Ps 106, verknüpft also zwei nebeneinanderstehende Psalmen, andererseits am Schluß der beiden nachfolgenden Wallfahrtskompositionen in Ps 118 und 136. Wir finden hier einen ersten Hinweis, daß der Vorbau des Ägyptischen HalIeIs und die Nachschrift der Wallfahrtspsalmen Ps 120ft. in Beziehung zueinander zu sehen sind. 88 Der Beter. dessen Danklied in Ps 107 beginnt, wird also
textlich bis in den Tempel geführt. Daß die Anlässe der Wallfahrt in Ps 107 individueller Natur sind, aber die Wirkungsgeschichte des Ägyptischen HalIeIs auf die großen jährlichen Wallfahrten weist, wird im Zuge einer allgemeineren Betrachtung der jüdischen Wallfahrt zu vermitteln sein . 89 Wie die Sammlung von Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. in Ps 120,1 beginnt also auch der Vorbau zum Ägyptischen Hallel mit der Ankündigung von Dank. In der Spätphase der Hebräischen Bibel und dem außerkanonischen Schriftraum werden wir zudem einige Beispiele für nachkultische Kompositionen keooeolernen, die nicht nur mit der Ankündigung von Dank, sondern sogar mit einem
damit zu einer Wallfahrt ein, die erst im folgenden vollzogen wird. 85 Von der
Danklied selbst beginnen. 90 Der Anfang der Kompositionseinheit mit Ps 107 ist
Parallele der Wallfahrtskompositionen her sind daher Ps 107 wie Ps 42f. und 120 als Psalmen zur Motivation der Wallfahrt zu verstehen. Die verschiedenen Fälle derer, die Jhwh ein Danklied sagen sollen, werden dabei in Ps 107 ausführlich aufgelistet. Gleichzeitig schließt Ps 107 als Weisheitspsalm mit einer Frage (v. 43):
also nur im Vergleich zu den älteren Kompositionen auffällig und verweist die
:~';'I'
'190 'll;~\l') ~~!!-'~qi') 010-'1;)
Wer ist weise, daß er dieses bewahrt und die Gnadenerweise Jhwhs versteht?
Ps 107 ist also als Weisheitslied mit der Perspektive hin auf eine Dankfeier zu verstehen . 86 Die Perspektive, den Dank abzustatten, bildet von Ps 107 einen Kompositionsbogen bis hin zu Ps 116 und 118. Gemäß letzterem Psalm durchschreitet der Psalmbeter die Tore (Ps1l8,19f.).87 Textlich wird der Bezug zwischen Ps 107 und dem Ende des Ägyptischen HalleIs durch eine Fangzeile deutlich (Ps 107,1; 118,1 u. ö.):
Gesamtkomposition von Ps 107 -119 in die Spätpbase des entstehenden Psalters , wie wir es bereits auch für Ps 120ff. vermuteten. Insofern verlien auch die
Frage an Gewicht, ob Ps 107 nun primär als Neuanfang mit Ziel auf Ps 118 und 136 oder als Weiterführung von Ps 106 zu verstehen ist: auf der späten Ebene, auf der wir uns in Ps 1071. mit der erweiterten Edition des Ägyptischen HalieIs befinden, hat Ps 107 beide Funktionen. Zwischen Ps 107 und der Klage Ps 109 steht nun der formgeschichtlich schwer beschreibbare Ps 108, der überwiegend aus Vertrauens- und Dankliedelementen, aber auch aus Bitten aus Ps 57 und 60 kombiniert ist!1 Wir bemerkten bereits, daß Ps 108 damit den Weisheitspsalmen mit retardierender Funktion vergleicbbar ist. 92 Das würde nun eher für Ps 108 als Schlußpunkt eines hier endenden Kompositionsbogens sprechen. Ps 108 können wir damit innerhalb des von uns analysierten Psalmschemas nicht recht einfügen. Für Ps lOB als auszugsweisem Zitat zweier Davidpsalmen legt sich also ähnlich wie bereits für
81
Zur Konnotation dieser Klassifizierung als Untergruppe der Klagepsalmen vgl.
DECKER
(Wege 131), der kurz befindet: ..Fluchpsalmen ... sind einfachhin unchristlich". 82 VgJ. hingegen die hermeneutischen Überlegungen bei BECKER, Wege 134f. Der Psalm sollte nichlzuletzt von v. 28 her verstanden werden: der Beter hat den Fluch , den seine Gegner aussprechen, als Voraussetzung und bittet Gott, diesen Auch in Segen zu verwandeln. Der Auchpsalm ist daher eine Segensbitte in großer Not. 8J So vor allem GESE, Sammlung. 84 Ps 107 wird von GUNKEtJBEGRlCH (Einleitung 281) bezeichnenderweise "Massendanklied" genannt. 8!1 So insbes. KRAUS (z. St.). Vgl. auch BEYERUN , Werden. 86 Mit BEYERUN, Werden. S? S. o. Zitat S. SO.
Ps 40 und 70 eine bucbkompositorische Stellung nahe: an zweiter Stelle·' des insgesamt wohl nachgetragenen fünften Psalmbuches 94 steht eine Rückwendung zu den Davidpsalmen des zweiten Psalmbuches. Die Wiederholung zwei.. 5. u. 1II.3.3.1. 89 Dazu unten m.2.1.2. 90 So aUe Kompositionsbögen des fünften Psalmbuches . Vgl. auch unten 11.3.4 zu Ps92f. " 5.0.1.3.4.2(5. 59!.). " 5. o. 1.3.4.2 (5. 60). 93 Vgl. Ps 40 und 70 als vorletztem bzw . drittletztem Psalm der Sammlung. Dazu oben S. 57!. und unten 11.3.1.3 (5. 123!.), 3.2.4 (S. 140) und 3.2.6 (5.144). 94 Siehe dazu unten 111.3.
84
85
TeillI: Eine Formgeschichlt der Psalmengruppen
1. Wallfahrtspsalmengruppen
er Psalmteile der Davidpsalmgruppe im elohistischen Psalter durch Ps 108 ist damit ein Textverweis zurück in eine vorhergehende Psalmengruppe, während der unmittelbar vorhergehende Ps 107 einen Vorverweis darstellt. Beide Psalmen zusammen klammern daher wohl Psalmgruppen bzw. Teilpsaller zusam-
Es gibt in der Hebräischen Bibel eine Geschichte, in der die Wende von der Bitte zu Lob und Dank mit Psalmelementen erzählt wird: die Erzählung von der kinderlosen Hanna und der Geburt Samuels 1Sam 1 f. Eingangs schildert der Erzähler die Not der Frau. Dann berichtet er von der jährlichen 97 Wallfahrt, auf der Hanna in Schilo Gott anruft und ihn um ein Kind bittet. Diese Bitte, die ausdrücklich als Gelübde ('") eingeführt wird, hat weitere Merkmale eines Klageliedes des Einzelnen (lSam 1,11):
men.
Der Vorbau des Ägyptischen Halleis mit Davidspsalmen wirkt nicht wie genuin zu dieser Psalmengruppe gehörig. Allerdings ist der Vorbau einer Sammlung verschiedener Anlässe zur Dankwallfahrt vor einer Wallfahrtslitur-
'lO')~P ~O~II 'l~~ ;'~')(1
gie zu den Hauptfesten inhaltlich sinnvoll. Gegen eine ursprüngliche Zusam-
mengehörigkeit des Vorbaus mit dem Hallel sprechen aber außer der Wirkungsgeschichte, die das Ägyptische Hallel isoliert hat, und dem nicht im Vorbau weitergeführten Hallelujah nicht zuletzt die fehlenden inhaltlichen Bezüge zwischen beiden Teilen. Gleichwohl ist die Voranstellung von Ps 107-110 deutliches Indiz für das Verfahrer der Komposition, die offensichtlich neben Liturgien und nachgeahmten Liturgien, die den Wechsel von Klage und LoblDank umfaßten, auch solche vorfand, die aus nur einer der bei den
;'K')-Oll nill~~ ;";"
O'Wl~ Yj! ~il1tl!'t ;'PNl ~01?t!-n~ O~~(1-K'1J
1'·'0 '1.l:-7~ ;";"71'1:11:111 :itliK'-7~ ;,7~~-K·" ;'';IiI.l1 Jhwh Zebaot, wenn du das Elend deiner Magd ansiehst, meiner gedenkst, deine Magd nicht vergißt und deiner Magd einen männlichen Nachkommen gibst, dann werde ich ihn für Jhwh alle Tage seines Lebens geben, und ein Schermesser wird nicht über sein Haupt kommen.
Großgattungen bestand. Solche Kompositionen wurden also offensichtlich im Sinne der den formgeschichtlichen Wechsel umfassenden Großgattung ergänzt. Insgesamt ist also festzuhalten: das Ägyptische Hallel ist eine Sammlung von
Person. Der Priester, der hinzukommt, spricht nach einer retardierenden Zwischenszene, in die ein Mißverständnismotiv eingebracht wird, 98 ein Orakel
Hymnen und Dankliedern, die durch einen Vorbau erweitert ist. Durch den
(ISam 1,17):
Vorbau der Davidpsalmen wird die Hymnus-Danklied-Sammlung mit einer Motivation zur Wallfahrt (Ps 107) sowie Klagen und einem Orakel (Ps 110) ergänzt. Der Mittelleil um das Orakel, aber auch der Anfang ist stark weisheitlich erweitert. Es fehlt eine markante Themenklage, aber durch die Reihe von konkreten Not- und Rettungssituationen, die Ps 107 auflistet, ist auch eine einheitliche Situation der Komposition nicht zu erwarten. 95 Von den anderen
Wallfahrtskompositionen her kennen wir bereits ebenfalls eine weisheitliche Rückwendung in die Klage am Schluß der Sammlung. Diese finden wir innerhalb des Kerns bereits in Ps 118,25 und außerhalb der Sammlung durch das Weisheitslied Ps 119, das am Schluß immer mehr in den Ton der Klage fällt!6
1.4 Gebet und Lied der Hanna (JSam If.) Vergleichen wir nun die Psalmkompositionen mit einer Erzählung. Wir
haben bisher nur Sammlungen kennengelernt, die weisheitliche Elemente aufwiesen. Von einer Erzählung wird vielJeicht am wenigsten zu erwarten sein, daß sie weisheitlich überarbeitet ist. Zudem können wir anhand einer Erzäh-
lung die Vorgänge bei einer Wallfahrt näher kennenlernen . 95 Das Ägyptische Hallel entspricht in dieser Hinsicht noch stärker als die Wallfahrtspsalmen Ps 120ft. den Clusterkompositionen, die wir in 11.3 verhandeln werden. 96 So bes. GUNKEL (z. St.).
Das Klagelied mündet im Gelübdeteil in die Rede über Jhwh in der dritten
Oi7'';> ,~';> :i~l!I.lI)';>~' 'Wt! 1o'1l1i-n!l11:1' 7K';I~" '~?Kl Geh in Frieden! Der Gott Israels wird dir die Bitte erfüllen, die du an ihn gerichtet /wst.
Im Fortgang der Erzählung erfahren wir dann auch, wie die Bitte Hannas erfüllt wird. So kommt es zu einer erneuten Wallfahrt, nun allerdings, um das Gelübde zu halten und Gott zu danken. Bei der Beschreibung dieser Wallfahrt wechselt der Erzähler erneut in die direkte Rede. Das Lied Hannas nimmt in einigen Punkten sehr exakt auf Hannas Situation Bezug und ist deshalb vom vorhergehenden Kontext kaum zu trennen. 99 Wir sehen, wie in ISam H. Klage und Danklied in einem Erzählzusammenhang verknüpft sind . Der Stimmungswechsel beim Klagelied wird seit F. Küchler'oo mit dem 97 Beispielsweise Ex 23,14ff.; 34,24 gebieten drei jährliche WaUfahrtsfeste. Ob die Sitte ELkanas und Hannas, jährlich zu wallfahren, mit den großen Wallfahrtsfesten zusammen· hängt, teilt uns der Erzähler nicht mit. Die jährliche Wallfahrt ist als feste Sitte in der vorexilischen Zeit wenig bezeugt (mit SAFRAI, Wallfahrt, gegen HARAN, Temples 304ft.). Zum Ganzen s. u. Ill.2.1.2. 98 Dieses Mißverständnismotiv paßt zu den anderen Elementen, mit denen der Erzähler diese Zeit als gottlos darstellen will, vgl. ISam 3,Ib ( .. Das Wort Jhwhs war aber selten in diesen Tagen. Keine Vision machte sich Bahn"). 99 So MACHOLZ. Untersuchungen 65. gegen die Mehrzahl der neueren Exegeten. 100 KOCHLER, Orakel; aufgenommen insbes. von BroRleH, Heilsorakel. Siehe zum Ganzen
oben 1.3.4.1.
86
Heilsorakel in Verbindung gebracht. Hier in ISam 1 f. haben wir einen solchen Zusammenhang von Klage und Lob in zwei getrennten Redeteilen und einem Erzählzusammenhang, wobei auch ein Orakel der Klage antwortet. Die Wende von der Klage zum Dank erfolgt bei Hanna nicht durch die priesterliche Ankündigung des Heils. Auf diese antwortet Hanna sehr verhalten (ISam 1,18): 'n'V~ 10 ~l)J;1~qi
87
1. Wall[ahrtspsalmengruppen
Teil 11: Eine Formgeschichle der Psalmengruppen
tqr,ll)
Deine Magd möge Gnade finden in deinen Augen.
Erst nach der erfolgten Geburt des Sohnes , also Gottes Antwort mit der Tat,IOI antwortet Hanna mit einem Lied. Jedoch auch die Zusammenstellung
von Klage und LoblDank in ISam 1 f. hat deutlich weisheitliehe Elemente, da das abschließende Lied weisheitlich geprägt ist: 102 C~'~1,) Pl)V I(~~ ;'OJ~ ;'OJ~ 1'~JI) 111')~-'~ :ni'7111l~l)ll('1 ;";" nill,! 'II'~ Redet nicht viel hohes Zeug, Vermessenes gehe ,nicht' aus eurem Mund,
denn ein Gott des Wissens ist Jhwh, die Taten werden, . .. 'geordnet. (lSam 2,3)
'b1F~ 'I't;lQ '7n;
170lT 1WOli C'~'f')1 :IV'II-'~r IJJ~ I('-'~
Die Füße seines Frommen 103 wird er behüten,
die Frevler werden in der Dunkelheit zur Ruhe gebracht, denn nichts vermag der Mann mit (seiner eigenen) Kraft. (1Sam 2,9)
Im Vergleich zu unserer Analyse der Wallfahrtspsalmgruppen fallen einige Unterschiede auf. Beispielsweise wird eine mehrfache Wallfahrt Hannas erzählt. Fassen wir die Einzelelemente des Textes zusammen: - Hanna befindet sich sowohl bei der Klage als auch beim Dank am Heiligtum, also auf einer Wallfahrt (ISam 1,3. 7ff.), - Ausdruck der Klage ist das Fasten (1 ,8) , - die Klage ist mit einem Gelübde verbunden (1 ,11) , - der Priester spricht das Orakel zu beiläufig , als daß es als fester Bestandteil einer Kultpraxis für die Klage einer Einzelnen (1 ,17) denkbar wäre, - die Wallfahrt bedingt erzählerisch die Obernaehrung (1,19) , '04 - nicht das Heilsorakel , sondern die konkrete Erfüllung der Bitle wird mit einem Lied beantwonet , So betont KESSLER, WuD 21. CROSEMANN , Studien 299. Da die als Hymnen des Einzelnen vermuteten Texte insgesamt ein sehr buntes Bild ergeben, versteht CTÜsemann den Hymnus des Einzelnen nicht als eigene Gattung, sondern als Mischgattung. 103 So mit dem masoretischen Konsonantentext als Ketiv (;1'00 . als ein Singular. vgl. eh~ v.9b) gegen das Qere ("1'00. einer Pluralform). Die GegenObersteIlung des einzelnen Frommen und der vielen Frevler ist typisch für Weisheitspsalmen. vgJ. z. B. Ps 1. 104 Zum Problem der institutionellen Deutung der Klagepsalmen s.o. 1.3.5.
- Hanna singt als Danklied einen Psalm , der formgeschichtlich am ehesten als weisheitlieher Hymnus zu bezeichnen ist (2,lff.) , t05 _ das Lied Hannas enthält Elemente zur Verallgemeinerung ihrer eigenen Situation, _ Opfer (l.24f.) und Lied (2 ,1ft.) stehen nebeneinan'ae r als Teile des gottesdienstlichen Ausdruckes des Dankes.
Nicht alle Elemente der Erzählung ISam H. müssen die korrekte Praxis widerspiegeln, denn ISam 1 f. steht in einem Kontext, der von der Unterschrift des Richterbuches geprägt ist: :;,~~~ "I'V~ 'W;::J IV'II '1I~if"~ 1?~ 1'~ CDO C'~:~ ZU der Zeit war kein König in Israel; jeder tat, was ihm recht dünkte.
106
Dem entsprechen die Verzerrungen, die der vorhergehende Kontext bietet: Ri 13-16 karrikiert mit dem Gewaltmenschen und Einzelkämpfer Schirnschon den charismatischen Volkshelden, indem Schimschon als Richter bezeichnet wird, 107 Ri 17f. beschreibt das Verkommen der priesterlichen Institutionen, Ri 19 schließlich die sittliche Verfehlung. 108 Solche verzerrende Darstellung haben wir auch am Anfang der Samuelbücher in der Schilderung, wie sich die Söhne Elis die Priesteranteile holen (lSam 2,12ff.) , und in der fast komischen Szene der Samuelberufung mit ihren Mißverständnissen, wer des Nachts Samuel gerufen hat (lSam 3). Wir müssen also auch bei der Schilderung der Wallfahrten Hannas ISam 1 f. mit ironischen Erzählelementen rechnen. Doch auch solche Verzerrungen haben nur ihren Darstellungssinn, wenn der prinzipielle Handlungsablauf bewahrt und erkennbar bleibt. Deshalb ist es letztlich für die Grundstruktur des Zusammenhanges von Klage und LoblDank gleichgültig, ob Einzelzüge verzerrt sind oder nicht, in jedem Fall finden wir in ISam 1 f. die Grundstruktur der Kombination von Klage und LoblDank mit dem Orakel als Wendepunkt innerhalb der Redeteile des Textes als Wallfahrtsgeschehen erzählt. Die Folge der Redeteile Klage, Orakel und LoblDank bestätigen die Kompositionselemente der Wallfahrtspsalmengruppen in einem Erzähltext.
1.5 Zwischenergebnis: Zur Formgeschichte der Wa/lfahrtspsalmengruppen Es kann hier nur darum gehen, erste gemeinsame Kennzeichen dieser PsaImengruppen zu notieren. Eine Beschreibung der Psalmengruppen kann nicht jedes einzelne Element jedes Psalms aufführen. Da wir aber Einzelpsalmen als
10 1
102
105 Zu den Problemen der Gattung des sogenannten Hymnus des Einzelnen vgl. oben Anm.l02. 106 Ri 21,25. Vgl. zum Ganzen: CROSEMANN, Widerstand. 107 Zu diesen verschiedenen Elementen von Ironie im Richterbuch gibt es eine höchst bemerkenswerte Studie von KLEIN, Triumph. 108 Vgl. als neueren Kommentar SoooIN, Judges.
88
89
TeillI: Eine Formgeschichce der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
Ausgangsgröße des Psalters feststellten , l09 genügt es, wenn wir Merkmale einzelner Psalmen zu einer Fonngeschichte der Psalmengruppen zusammenfügen. Alle Sammlungen von Wallfahrtspsalmen haben in der vorliegenden Form deutliche Kennzeichen der Verschriftung. Die verschriftenden Psalmen sind jedoch nur beim Ägyptischen HaUel wegen der externen Bezeugung von Ps 113 ff. als Liturgie deutlich von dem Kern der Gruppe abgrenzbar. Insgesamt haben die Wallfahrtspsalmgruppen folgende gemeinsame Kennzeichen, die im Einzelfall erheblich erweitert sein können: - Es gibt einen Einleitungsteil, in dem etwas über die bevorstehende Wallfahrt, die Sehnsucht nach dem Heiligtum, den Zweck der Wallfahrt etc. gesagt wird. Hier kann auch bereits ein Danklied angekündigt werden. - Es folgt bei den Psalmgruppen mit Pluralkern die Themenklage, in der ein überindividueller Grund der Klage benannt wird. Diese Klage bietet meist einen zeitlichen Orieotierungspunkt für die Komposition. - Zwischen Klage- und Hymnenteil wird der Stimmungswechsel mit einem Orakelpsalm oder Orakelelementen markiert. Das Orakel muß nicht in einem eigenen Psalm stehen, es kann sich auch am Schluß der Themenklage oder am Anfang des Hymnenteils finden. - In der Umgebung des Orakelpsalms haben wir Einschübe oft weisheitlichen Inhalts. Wir vermuten hier neben dem Anfang und dem Schluß einen dritten Ansatzpunkt der Edition. - Am Ziel der Komposition liegt der Hymnenteil. Spätestens hier ist der Beter in Jerusalem angekommen, deswegen kann auch dieser Teil Zionspsalmen umfassen (Ps 46; 48; 87, anders Ps 122). Hier kann der Beter auch seinen individuellen Dank (bes. Ps 116; 118) formulieren. Letzteres kennzeichnet die Gruppe als Dankliedsammlung, während die Sammlungen ohne Danklied eher der Situation vor der Wendung der Not entsprechen. - Der Abschluß der Psalmengruppen erfolgt weisheitlich bzw. nachkultisch. Hier haben wir vermutlich einen Ansatzpunkt für Elemente der Komposition, die zur nächsten Kompositionseinheit überleiten. 1lO Versuchen wir abschließend, grob die Grundtendenzen der Sammlungen von Wallfahrtspsalmen zu skizzieren, so ergeben sich drei Richtungen:
Die emotionale Tendenz kann am Schluß wieder weisheitIich in die Klage zurUckgeführt werden , in diesem Fall erfolgt auch der Wechsel zurUck in den Singular. In dieser Hinsicht ist also ein abschließender weisheitIich-klagender Singularpsalm ein retardierendes Moment. 111 Für das Ägyptische Hallel mit den vorangestellten Psalmen kann die Bezeichnung nachkultische Dankliedliturgie als sicherer Ausgangspunkt gelten. Ob die anderen Psalmengruppen eher dem Klage- oder dem Dankliedfall zuzurechnen sind, wird nach der Behandlung weiterer Psalmengruppen zu überlegen sein. Die nächste Parallele zu den Korachpsalmgruppen sind neben den anderen Wallfahrtspsalmgruppen die Asaphpsalmen als Psalmengruppe mit einem Pluralkern bereits in der Klage. 112 Diese haben jedoch keinen Hinweis auf eine Wallfahrt. Wir werden deshalb im folgenden die Asaphpsalmen anhand eines anderen Motivs mit anderen Psalmgruppen vergleichen (siehe 11.2). Umgekehrt finden sich Wallfahrtsmotive auch in anderen Psalmengruppen, deren Aufbau sich jedoch von den bereits besprochenen Psalmengruppen insbesondere dadurch unterscheidet , daß mehr Psalmen gleicher Gattung in Reihe stehen (siehe 11.3).
emotional:
von der Klage tiber ein Orakel zu Lob (und Dank),
lokal: von der Fremde in den Tempel nach Jerusalem, sozial: von der Vereinzelung in die Gemeinschaft.
2. Eine Klagekomposition im Vergleich 2.1 Die Asaphpsalmsammlung In den bisherigen Analysen liefen das Überschriftensystem und die formgeschichtlich bestimmten Psalmgruppen parallel. Einen Ausnahmefall haben wir bereits kennengelernt: Beim Ägyptischen Hallel und den Wallfahrtspsalmen Ps 120 ff. werden die durch gemeinsame Überschrift gekennzeichneten Psalmgruppen durch einzelne Psalmen mit anderer oder fehlender Überschrift e~ gänzt. Bei den Asaphpsalmen ll3 verschiebt sich das Bild ein wenig: halten WIr unser Analysekriterium, die Konvergenz von Überschriftensystem und fonngeschichtlichem Befund bei, legt sich eine vom Überschriftensystem her nicht gekennzeichnete Unterteilung der Psalmgruppe in zwei Kompositionsbögen nahe. Mit dem Begriff des Kompositionsbogens ke~ichnen ~ir makrofo,?,geschichtlich bestimmte Einheiten, die die durch die Uberschnften. aus~W1e senen Psalmgruppen unterteilen oder zusammenfassen. Das legt stch bet der Gruppe der Asapbpsalmen nahe, weil in ihr Ps 78 sowohl wegen seiner ~ge, die innerhalb des gesamten Psalters nur noch von Ps 119 übertroffen wud, als auch seiner Gattung als weisheitlicher Geschichtspsalm aus der Gruppe der Vgl. oben 1.3.4.2. Vgl. unten S.l62 TabeUe 1. Ps 50 steht als einzelner Asaphpsalm außcrhalb der Gruppe von Ps 73-83. Zu Ps SO s. o. 1.2.3.7 und unten W.l.2.2. III
109
Siehe oben 1.1.
110
Zur Verknüpfung der Psalmengruppen siehe unten den dritten Haupueil.
112 113
90
TeilII: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
Asaphpsalmen herausfällt. lI < Da Ps 119 zwischen zwei wirkungsgeschichtlich bekannten Gruppen von Psalmen steht, postulieren wir auch Ps 78 als Trenner zweier Gruppen von Asaphpsalmen. Ps 74 und 79 gehören formgeschichtlich als Klagen über die Heiligtumszerstörung zusammen. Ps 75 und 76 sowie Ps 81 und 82 thematisieren die Erscheinung Gottes als Richter. Wenn wir diese Psalmen einander zuordnen, ergibt sich vorläufig folgendes Bild:
komposition die Situationsschilderung am Anfang der Teilkompositionen suchen. Die markanten Themenklagen, die die Zerstörung des Heiligtums bzw. mehrerer Heiligtümer l17 beklagen, finden wir vor den Orakelpsalmen. Offensichtlich wird in Ps 79 die Zerstörung des Tempels 586"8 beklagt (v. 1 b):
Weisheit
Volksklage Richterthema
Klage
Ps 73 (Anfang) Ps 74 Ps75;76 Ps 77 (Überleitung)
zuwenden.
Für beide Kompositionsbögen bilden die Klagen über die Heiligtumszerstörung Ps 74 und 79 charakteristische Anfänge. Diese Klagen sind als thematisch bestimmbare Klagen Musterbeispiele für die von uns sogenannte Themenk/age, die mit den Koracbpsalmsammlungen darin übereinstimmen , daß sie die ersten Pluralpsalmen nach vorhergehenden Singularpsalmen sind. Beide Themenklagen bieten nun auch gleichzeitig die beste Möglichkeit eines Zeitansatzes der Psalmengruppe, da von den anderen Psalmen der Gruppe insbesondere den schwer datierbaren Orakeln Ps 75 und 81 f. her kaum ein Zeitansatz der Komposition möglich ist. Auch allgemeine Hinweise auf Konflikte mit den anderen Völkern geben keine Datierungshinweise, besonders der Völkerkampfpsalm Ps 83 entzieht sich als fiktionaler Text allen auf Eindeutigkeit bedachten Datierungsversuchen. 1lS Ebenso liefert der in der Literatur geläufige Hinweis auf nord israelitische Traditionen 116 nur erste Anhaltspunkte für die Datierung des Vorstellungshintergrundes von Einzelpsalmen. In Einzeipsalmen, die wir formgeschichtIich als Klagepsalmen beschreiben, steht die Schilderung der Not vor dem Orakel, entsprechend sollten wir auch in einer KlageZu Ps78 siehe auch oben 1.2.1. Beachte jedoch die Geschichtsmotive der Klage im
Umfeld von Ps 78: Ps 77-8J. 11.5 Vgl. die völlig anderen Datierungen von KNAuF,lsmaellO-12, der die Völkerkoalition Ps 83,7-9 meint in die spätnachexilische Zeit datieren zu können, und KRAus (z. St.) , der für die vorexilische Zeit plädiert. Beide gehen zwar von einer als fiktiv erkannten Völkerkoalition aus, aber meinen den Text trotzdem aufgrund von Detailbeobachtungen datieren zu können. Doch reicht zu einer Datierung des Psalms weder der Verweis auf die SchlußsteIlung von Assur (Kraus) aus, noch befriedigt eine ins Allegorische tendierende Deutung (Knauf). Beide Deutungen haben dabei durchaus ihr gewisses Recht , da das Schlußgewicht einer Kette ihren Zielpunkt markiert und wir in einer solchen Reihe mit Ergänzungen und Neuinterpretationen rechnen müssen. 116 So NASUTI, History 115f. u. Ö., und vorsichtiger bereits SEYBOLD, Einleitung 104.
C':;'I\!
~t;ii~ '~'!J-n~ 1K1jl~ :C"l!7 I;l7tV1,:-n~ 11.liV
Ps 78 (Mitte) Ps79;80 Ps81;82 Ps83 (Schluß)
Gehen wir auch in dieser Psalmgruppe die einzelnen Positionen durch. Beide Teilgruppen beginnen mit weisheitlich geprägten Psalmen. Daß sich jedoch die Sammlung von Asaphpsalmen in zwei Teilgruppen gliedern läßt, wird am deutlichsten an den jeweils folgenden Psalmen. Wir werden uns deshalb den Weisheitspsalmen in dieser Gruppe erst am Ende der folgenden Besprechung
114
~!)7Qlll c~illl(~
91
Gott, Heiden sind in dein Erbe einKedrungen. Sie haben den Tempel, dein Heiligtum, verunreinigt. Sie haben Jerusalem zu Trümmern gemacht.
Der extrem späte Ansatzpunkt von B. Duhm, der die Tempelschändung von Antiochus Epiphanes in Ps 79 widergespiegelt sieht, scheitert an der Aussage von v. 1, daß Jerusalern in Trümmer gelegt wurde. ll9 Von Ps 79 her legt sich auch eine exilische Deutung der folgenden Themenklage Ps 80 nahe. 120 Im Bild des aus Ägypten geholten Weinstocks (v.9) ist das Motiv der zerbrochenen 117
Beachte jedoch den Plural '~-'l~;~ in Ps 74,8 (vgl. v. 4.7 sowie Ps 73,17). Dazu unten
S.93f. 118 Die Frage, ob die Eroberung Jerusalems und die Zerstörung des Tempels 587 oder 586 erfOlgten, ist seit langem umstritten , vgl. dazu den Forschungsbericht bei AcuoYD, Exile 20 Anm.19. Im deutschsprachigen christlichen Forschungsbereich hat sich die Jahreszahl S87 durchgesetzt, nicht zuletzt aufgrund der Beiträge von KUTSCH, ZAW71 , 270-274, und den., Jahr , aber auch BICKERMAN , in: History t, 60-69, ACKROYD,lsraeI3ff., DANDAMEV, History 61. Da Kutsch jedoch bei den judäisch-babylonischen Synchronismen Jer 25,1; 32, 1; 2Kön 24,12 mit einer Verschiebung von einem Jahr rechnet (Kutsch, Jahr 539 bzw. 22), ist die Alternativdatierung 586, wie sie oft im jüdischen Forschungsbereich vertreten wird, keineswegs ausgeschlossen (so etwa beiläufig TALMON, Sektenbildung 108, und mit Vorbehalt TADMOR, in: Geschichte 1, 115-228, hier 197). Am sinnvollsten erscheint es daher. die Entscheidung zwischen beiden Jahreszahlen offenzuhalten (so zuletzt SoGGIN. Einführung
182). 119 DUHM 308, folgt hier einer Septuaginta-Variante. Daß IMakk 7,17 Ps 79 zitiert, ist kein Argument für eine Spätansetzung dieses Psalms, da er auch sekundär auf die makkabaische Zeit appliziert sein kann. TREVES, Dates , hat unlängst die Duhmsche Position mit einer makkabäischen Deutung fast aller Psalmen überboten: " In my opinion about aU these poems belong to the period 170-103 B. C. Only two or three are earlier" (aaO. 9). Zu frühen Deutungen von Psalm 79 in makkabäischer Zeit vgl. BAETHGEN, ZAW6, 261-288; ZAW7. 1-60, dort S.48, mit Verweisen auf Theodor von Mopsuestia, Theodoret, Athanasius, Apollinaris und Saadja Gaon. Ps 79 wird zumeist in die Zeit kurz nach 586 datiert. vgl. z. B . KRAus 714f. in Anschluß an JANSSEN, Juda 19, sowie KAIsER, Klagelieder 299 und KlageüederA 102. Wenn wir nicht 586 als in Ps 79 reOektiertes Ereignis annehmen wollen und die Datierung in makkabäische Zeit ausscheidet, bleibt nur die Möglichkeit. ein anderes Ereignis gleicher Tragweite .. in dem uns sonst dunkeln Jahrhundert von Esra bis auf Alexander d .Gr." anzunehmen (so GUNKEL 350). Daß ein Ereignis derartiger Tragweite keinen sonstigen literarischen Niederschlag gefunden hätte, ist aber denkbar unwahrscheinlich. Auch NAStm (History 94 ff.) betont zwar den ephraimitischen Traditionsstrom in Ps 79, sieht dies aber nicbt als Gegensatz zu einem Bezug dieses Psalms auf die Ereignisse von 587/586. Wie sehr Nasuti hierbei den ephraimitiscben Traditionsstrom dehnt, wird daran deutlich, daß er z. B. auch den Zionspsalm Ps 76 als Teil dieses Traditionssuoms ansieht (History 75 ff.). 120 Ps 79 und 80 sind die einzigen Psalmen, die als zusammenstehende Klagen des Volkes so
92
Teil Tl: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
Mauer (v. 13) und des Feuers (v. 17) ein Element, das zu der Einnahme und Zerstörung Jerusalems 586 v. ehr. paß!.!2! Während die Auslegung von Ps 79f. insgesamt doch problemlos ist, bereitet der parallele Ps 74 erheblich mehr Schwierigkeiten: Ps 74 bietet nun im Unterschied zu Ps79 Bezeichnungen für Gotteshäuser im Plural (?~-'1~il.l , v.8b) , viele Handschriften lesen darüber hinaus auch in v. 4.a.7a 1Ii'1~1.l bzw. '~il.l im Plural. Duhm hat deswegen wie zu Ps 79 an Synagogen in makkabäischer Zeit gedacht, 122 doch zitiert 1Makk 2,29.38 bereits aus Ps 74, was für einen größeren Abstand zwischen bei den Texten spricht. Nun fällt auf, daß hinter Ps 74 mit Ps 76 ein Zionspsalm steht, während ein Zionspsalm hinter Ps 79, der vom Heiligtum im Singular spricht upd damit im Gegensatz zu Ps 74 eindeutig auf die Zerstörung des Jerusalemer Tempels zu beziehen ist, fehl!.'23 Von der Stellung von Ps 76 her scheint Ps 74 daher wohl nachträglich dahingehend interpretiert worden zu sein, daß es hjer UIII: die Zerstörung des Jerusalemer Tempels geht. 124 Für den kontextuellen Bezug von Ps 74. auf 586 spricht auch das Motiv des Weinbechers in Ps75 ,9, den nach Jer 25,15f. alle Völker einschließlich Jerusalem trinken müssen. Für Jerusalem bedeutet dies im Zusammenhang von Jer 25f. die Begründung für die 70 Jahre Gefangenschaft. Doch betreffen die Überlegungen zu den Heiligtumsbegriffen im Plural nicht den vorUegenden Text. Der vorliegende Textzusamrnenhang ist nicht nur durch den Zionspsalm Ps 76 eindeutig auf Jerusalem bezogen, sondern auch innerhalb von Ps 74 wird die Klage über die Trümmer unmißverständlich auf den Zion bezogen (Ps74,2f.):
du hast den Stamm deines Erbbesitzes herausgelöst: '1n?m tlJIIi ..... n?N~ T ' -T der Berg Zion, der ist's, aufdem du wohnst. :iJ !;1l~lV;'Il li'T':] Erhebe deine Schritte 'tl'~17~ ;'~":'I zu den Trümmern der Vorzeit, n~i niNVi~S alles hat der Feind im Heiligtum verwüstet. :IIiJP~ J~iK Yjv'..S~
Gedenke deiner Gemeinde, die du in Vorzeiten gekauft hast,
'1l!i~ ,~! CJ~ J;1'l~
präzise Themen angeben , daß wir sie hier als Themenklagen bezeichnen , obwohl sie nicht als Klagen allein stehen. m Vgl. 2Kön 25,411. 122 DUHM 286f. Ähnlich auch DONNER, FS Ziegler 2, 41-50 , hier41ff. , und TREVES, Dates 63. Donner weiß H. KEßLER als einen der ersten sogenannten Frühdatierer von Ps 74 in einer Phase der generellen Spätdatierung von Ps74 (außer Duhm noch HITZIG , REUSS , DELITZSCH , G UNKEL, BAETHGEN, KrrrEL) zu nennen. Die makkabäische Psalmendeutung ist dabei keines· wegs neu. Bereits Theodor von Mopsuestia hat außer Ps 74 16 weitere Psalmen für makkabä· isch gehalten (s. BAETHGEN TI 42ft. zu Ps 74). Donner selbst will die makkabäische Datierung nur als "Möglichkeit, wenn nicht Wahrsch~inlichkdt " " wi~d~r in den Horiwnl der Belrach· tung" stellen (47). Gegen die Spätdatierung z.B. neuerdings FÜGUSTER, in: Beiträge 320. STEMBERGER (Judentum 94) resümiert: "Doch läßt sich diese Spätdatierung des Psalms ebenso· wenig wie die Deutung von moade el auf Synagogen beweisen." Die exilische Datierung von Psalm 74 haben hingegen z. B. JEREMIAS , Königtum 158, und KAISER , Klagelieder 3 299 (nicht mehr in Klagelieder4 ), unlängst vertreten. 123 Die erste Asaphpsalmsammlung entspricht in der Einfügung eines Zionspsalms in den Hymnenteil den Korachpsalmsammlungen. Vgl. dazu bereits oben II.1.1 und OITO, ThWAT
6,1015. 124 Auf die Schilderung der Tempelverbrennung 2Kön 25,9 hat unlängst auch GELSTON , VT 34,82-87, hier 83, verwiesen. Doch meint Gelston insgesamt, den Psalm auffrühe Synagogen deuten zu können, die 587 zerstört worden seien (86).
93 ·.· T ·'~
Im vorliegenden Text ist die Klage über die Zerstörung damit auf Jerusalem als heilige Stadt generell bezogen. Ein vergleichbares Problem, daß Heiligtümer (c'W'1P'1?) im Plural erscheinen, findet sich auch im unmittelbar vorhergehenden Psalm, Ps 73,17. '25 Ältere spiritualistische Deutungen dieses Ausdrucks sind zu Recht nicht mehr in der Diskussion. 126 Für die Deutung, der Plural könne sich problemlos auf den Jerusalemer Tempel beziehen - schließlich besteht er aus mehreren Teilgebäuden - , '27 vermag Kraus außer Ps 68,36 und Ez 21,7 nur noch Ez 28,18 anzuführen, wobei letztere Stelle als Beleg sicher ausscheidet, da es dort ausdrücklich um die Heiligtümer des Angesprochenen , des Königs von Tyrus, geh!.12. In Ez 21,7 stehen die prophetische Beauftragung zum Gerichtswort gegen Jerusalem und die C'IIi,pl.l zwar parallel. Zwingend ist aber der Schluß, die O'tV'P~ müßten deswegen in Jerusalem sein und den Jerusa]emer Tempel bezeichnen, keineswegs. 129 Ps 73,17 hat wie die Gerichtsbeauftragung Ez 21,7 das Ende der Tempel im Blick, wobei Ps 73 aus dem Untergang dieser Tempel auf den weisheitlichen Tun-Ergehen-Zusammenhang schließt. 130 Ps 68 fällt schließlich aus der Argumentationsmöglichkeit ganz heraus, da dieser Psalm zeitgeschichtlich schwer einzuordnen ist. 131 Welche Heiligtümer hat nun aber dann der Kern von Ps 74 nicht zuletzt ohne die erklärende kompositionelle Zufügung von Ps 75 und 76 im Blick? Wenn Ps 74 nachträglich auch durch die Positionierung von Ps 76 auf die Zerstörung Jerusalems gedeutet wurde, liegt es nahe, daß der Kern von Ps 74 zeitlich diesem Ereignis vorausgeht. Dazu hat F. Crusemann 132 einen bemerkenswerten Hinweis gegeben. Nach Crüsemann ist die Zerstörung in den Heiligtümern , wie sie Ps 74 voraussetzt, im Kontext der josianischen Reform versteh bar . Ps 74 wäre in diesem Verständnis die Klage von Priestern an den sogenannten Höhenheiligtümern, deren Tempel mit der josianischen Reform zerstört wurden. 133 Dies kann sowohl die Vernichtung der "Zeichen" (ninN, v. 4) als auch das l2."i Die Ps 73 und 74 gehören zu den Psalmen , die in der mittelalterlichen Handschriftenüberlieferung trotz einer trennenden Überschrift gelegentlich als ein Psalm zusammenge· schrieben werden (WILSON, Editing 134 f.). Dazu bereits oben I.l. 126 Vgl. dazu GUNKEL 318. 127 SO Z. B. lRSIGLER, Psalm 73, 367 (ohne Begründung) u.ö., und KRAus (z. Sc). 128 Vgl. ZIMMERLI z. St. 129 ZIMMERU (z. St.) beseitigt hier den Plural textkritisch , womit er allerdings den leichte· ren dem schwereren Text vorzieht, obwohl der Plural beispielsweise auch durch die Septuaginta gesichert ist. 130 Vgl. insbes. KOCH, Vergeltungsdogma. 131 Zur Einordnung von Ps 68 in den Kompositionszusammenhang der Davidpsalmsamm· lung s. u. 1I.3.1.2. Vgl. auch den Zusammenhang des elohistischen Psalters III.l.2.3. 132 F. CROSEMANN (md!.). 133 2Kön 22f.
94
Teilll: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
Verbrennen des Tempels (v. 7) erklären. 134 Der Erklärungsversuch von Crüsemann ist mir für den einzelnen Psalm sehr einleuchtend. Schwierigkeiten bereitet allerdings die Annahme, daß ein solcher Text dann später in eine Klage über Jerusalem integrierbar gewesen wäre. Doch auch die Annahme eines nordisraelitischen Hintergrundes etlicher Asaphpsalmen 135 legt einen solchen Zusammenhang nahe. Ein Textsignal für eine derartige Vorgeschichte könnte weiterhin die Verwendung der Jhwh-König-Motivik in Ps 74,12ff. sein. Auch wenn die Sprachgestalt dieses Abschnittes eine nachexilische Ausgestaltung nahelegt 136 und das Motiv sowohl Teil der Komposition des elohistischen Psalters als auch seiner Ausbaustufe in persischer Zeit ist,137 so ist der Abschnitt
Mit Verweis auf Ps 95 postuliert Gunkel hier wieder eine spezielle Gattung: die prophetische Liturgie. i ' 2 Da nun aber die Psalmen mit direkter Gottesrede zwischen dem Klageabschnitt der Komposition und dem Hymnenteil stehen, scheint es angebracht zu sein, diese Psalmen durch ihre Funktion innerhalb der Gruppe zu bestimmen. In Entsprechung zur formgeschichtlichen Analyse des Klageliedes schlagen wir deshalb die Bezeichnung Orakelpsalm für diese Psalmen vor. 143 Inhaltlich ist nun das ausführliche Orakel in Ps 75,3ff. durch die Ankündigung eines universalen Gerichtes gegen "alle Frevler der Erde"l44 bestimmt. Dieses Thema wird im folgenden Zionspsalm weitergeführt (Ps 76,9f.):
Ps 74,12ff. doch auch Teil von "Israels Begegnung mit dem kanaanäischen My thos" 138 und als solcher Indiz für die Vorgeschichte des Psalms, deren vielfältige Probleme hier nur angedeutet werden können.
Bemerkenswert ist weiterhin eine Passage aus Ps 74, in der ausdrücklich auf die Vernichtung auch der Propheten hingewiesen wird: 11':;11 1;YTK ("es gibt keinen Propheten mehr"). Diese Klage steht im Kontext unmittelbar vor dem Orakel in Ps 75, was wohl als Kontrast zu interpretieren ist: obwohl keine Propheten mehr da sind, gibt es dennoch das Gotteswort. In beiden Teilgruppen der Asaphpsalmsammlung folgen der Themenklage Psalmen mit sehr markanten Orakeln. 139 Sie stehen in Psalmen, bei denen man den Formgeschichtlern eine gewisse Ratlosigkeit hinsichtlich der Gattungsbestimmung des Einzelpsalms anmerkt. So notiert H. Gunkel zum Anfang von Ps75: "Der eigenartige, phantastisch-barocke Psalm beginnt in hymnischem Ton 2 ... und schließt 10 gleichfalls in der Art des Hymnus ... Eingesetzt ist 3.4 ein göttliches Orakel. Das Ganze ist also eine ,prophetische Liturgie' ... ,,140
Gunkel bemerkt also vereinzelte formgeschichtliche Hinweise auf einen Hymnus, die sonst besonders am Anfang und Schluß eines Psalmes sichere Gattungshinweise bilden, sowie das störende Element des Orakels, und greift schließlich zur Bestimmung der Gesamtgattung zum Hilfsbegriff der prophetischen Liturgie, die die divergierenden Elemente zusammenhalten soll. Ähnlich analysiert Gunkel Ps 81: "Der Psalm besteht aus zwei sehr verschiedenen Teilen: 1. einem kurzen Hymnus ... und 2. einer Gottesrede ... " 141
Vgl. die Schilderung2Kön 23,6ff. 15ff. u.Ö. Vgl. dazu NASUTI, History 115f. u.ö., und SEYBOLD, Einleitung 104, aber auch bereits Buss, JBL 82. Dazu oben 1.2.3.7. 136 So unlängst unter Aufgabe der Einheitlichkeit des Psalms JEREMIAS, Königtum 50. 137 S. u. 111.1.3.3 und 2.3.2, außerdem 3.3.3. 138 So der Untertitel der Monographie von JEREMlAS, Königtum. 139 Zur Stichwortverbindung '~I:l zwischen Ps74,4.8 und 75,3 vgL BOCKElt, Wege 117. 140 GUNKEL 327. 141 GUNKEL 356. Vgl. auch Boou, Bibi. 65, 465-475. 134
135
Vom Himmel her läßt du Gericht vernehmen, die Erde gerät in Furcht und erstarrt beim Aufstehen zum Gottesgericht l45 , um allen Elenden der Erde zu helfen . ..
95
1"7 {I~~!f~ c'~tf1;l
:~9~1!il ~l$i: n~ C'~?~ O~!f1;1'rc1p~ ... r:J!!-'11?-?~ i'tU;;'!?
Das Thema des Gerichtes bestimmt auch die Orakel, die an der parallelen Stelle in der zweiten Teilkomposition der Asaphpsalmen erscheinen. Ps 81 beginnt wie Ps 75 hymnisch und hat die ausführliche Gottesrede in den Begründungsteil des imperativischen Hymnus eingebaut (Ps81,5.6a): :Jp~~ ',)"'111'1 o~!f~ K1;,!'K'if~7 pn'~ C~'~7,) r:JK-'l1 ;nll1!~ ;~i!' ~Q;;'!':;I m1l!
Denn das ist eine Satzung für Israel, Recht des Gottes Jakobs. Als Zeugnis in Joseph hat er es gesetzt, als er gegen Ägyptenland auszog.
In dieser Rückorientierung an der Geschichte paßt Ps 81 gut zu den vorhergehenden Psalmen 76-80, die ebenfalls mit der Geschichte argumentieren. Insbesondere der Ps 81 vorangehende Ps 80 setzt bei seiner Rückorientierung
142 GUNKEL 356. Zur Beziehung zwischen Ps81 und 95 vgJ. auch ScHMIDT, FS Ziegler 2, 91-96, und JEREMIAS , Königtum 156. Ders., Kultprophetie 125, sowie beispielsweise HossFELD, in: Bund 170, haben Ps50; 81; 95 als Festpsalmen zu einer Gattung zusammengestellt. Auch diese Bezeichnung kehrt also das liturgische Element hervor. Doch der anklagende Ton des Einzelpsalms (bes. Ps81) stimmt mit der Konnotation des Begriffes Fest nicht überein, wenn wir die Ausnahme, die Störung der festlichen Stimmung beispielsweise durch die prophetische Anklage, nicht zur Regel machen wollen. Hier erscheint mir der Vorschlag zur Bezeichnung der Gattung des Einzelpsalms als Orakelpsalm offener zu sein. Zur Auseinandersetzung vgl. auch oben 1.3.4.1 und 1.3.5. 143 NASUTI (History 127) hat die überragende Bedeutung der Gottesrede für die Formbestimmung dieser Psalmen ebenfalls betont, auch wenn er in der Darstellung an den üblichen Gattungsbezeichnungen festhält (S.71: Danklied des Volkes zu Ps75; S.81: prophetiscbe Liturgie zu Ps81). 14. n~-'?"," (Ps 75,9). 145 Vom Vollzug des Gottesgerichtes im Zuge der weiteren Komposition (Ps82,1 ff.) ber ist es sprachlich zunächst nicht möglich zu entscheiden, ob O"i1?lt ("GoU") in Ps 76,10 logisches Subjekt oder Objekt von 9W ( .. Gericht") ist. Vom Kontext Ps 75 her legt sich allerdings zunächst ein Gericht mit Gott als Subjekt nahe.
96
Teil 11: Eine Formgeschichce der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposirion im Vergleich
beim Auszug aus Ägypten ein (Ps 80,9ff.).!46 Die Gottesrede von Ps 81 bietet verschiedene Anspielungen an das SinaiIHorebgeschehen, insbesondere den Dekalog, die aber nicht als Zitate gefaßt sind.!47 Auch das Motiv des Honigs aus dem Felsen (Ps 81,17) hat große Ähnlichkeit mit einer speziellen Tradition aus dem Lied des Mose (Dtn 32,13), aber auch dort stimmen die Formulierungen nicht völlig überein.!48 Es spricht daher viel dafür, in Ps 81 eine Tradition zu sehen, die den Pentateuch noch nicht als autoritative zitable Schrift voraussetzt, aber seine zugrundeliegenden Traditionen kennt. Inhaltlich wird aus der Gottesoffenbarung die Mono13trieforderung herausgehoben. 149 Der Weg dieser Psalmengruppe aus dem kanaanäischen Hintergrund ist auch hier ersichtlich. Für den Fall des Gehorsams des Volkes (v. 14) wird als Höhepunkt der Gottesrede die Demütigung der Feinde (v.lS) angekündigt. Der Höhepunkt von Ps 81 bestimmt daher die Anordnung der folgenden Psalmen: Ps 82 greift mit dem Gericht zugunsten der Armen ein S,t andardthema der Tara 150 auf, in Ps 83 geht es um Israels Bedrohung durch die Völker. Ps 82 ist in weiten Teilen (v.2-4.6f.) als Gottesrede gehalten und sollte deshalb am ehesten als Orakelpsalm angesprochen werden. Aber die Gottesrede ist wohl in die Vision einer himmlischen Ratsversammlung (Ps82,1) integriert. 15! Ps 82 gibt damit eine ganze Reihe von Rätseln auf. Sein Thema, das Eingreifen Gottes als Richter, erschien bereits im ersten Kompositionsbogen innerhalb des Zionspsalms Ps 76. Ps 76,4-10 entfaltet eine Reihe von Aussagen über das frühere Eingreifen Gottes, die in die Ankündigung mündet. Die in Ps 76 angekündigte Szene himmlischen Gerichtes erhält in Ps 82 zunächst ein himmlisches Vorspiel und wird dann in Ps 83 als Bitte um Gottes Eingreifen auf der Erde erneuert. Bereits der erste Vers von Ps 82, der vermutlich eine visionär gesehene Szene darstellt, bereitet sprachlich große Schwierigkeiten (Ps 82,1):
Eingangs wird C'::t?K als Gottesbezeichnung für Jhwh im Singular konstruiert, während am Schluß andere Götter mit C'::t?K bezeichnet werden, was durch deren Anrede in der 2. Person Plural deutlich wird. 152 Üblicherweise wird nun Ps82 als himmlische Szene verstanden, in der Gott über andere Götter richtet. 153 Daß mit C'::t?K in den pluralisch konstruierten Stellen Götter gemeint sind, wird zudem durch den Parallelismus von cf:llt C'::t7\\ ( .. Götter seid ihr") mit c~7~ 1;'7\1 'l~ (.. Söhne des Höchsten seid ihr alle", v. 6) gesichert. Doch bleiben bei dieser Auffassung von Ps 82 Fragen offen: Wie verhält sich z. B. die eigentli-
?~-n;I1~ J~l C'::t7~ :t"~~' c'::t'?~ J'f'~
Gott (~Iohim) hat sich hingestellt im Rat der Götter (eI), inmitten von Göttern (relohtm) richtet er.
146 BECKER, Wege 117, verweist beispielsweise auf die gemeinsame Erwähnung Josephs in Ps 80,2 und Ps81,6. 147 Vgl. z.B. C'j'~ n~~ '1?l1~v '1'";~ ",", '~l~ (Ps 81,11 a) mit C~~~1;) r,~~ ~l'mq~;;, 'Wt$ i'!J;~ ;";" ':;JJtt (Ex 20,2IDtn 5,6). 1... ~~'!iu~ IU.; ,,.~ (Ps 81,17) mit .'19~ IUn (Dtn 32,13). 149 Vgl. Ps81,10 mit der Stelle im Dekalog Ex 20,3IDtn 5,7. Die Formulierung von Ps81,10 'l'~ findet sich nur noch in Ps 44,21. ISO Z.B. Lev 19,15.35. 151 JEREMlAS , Kultprophetie 122, KRAus (z.St.) und TSEVAT, HUCA 40,123-137, hier 13lf., haben für Ps 82 als Vision plädiert. Trotz sprachlicher (vgl. z.B. ~'J Ps82,1 mit Am 7,7) und inhaltlicher (vgl. z. B. das Bild der Götterversammlung 1Kön 22,19) Nähe zu Visionstexten ist festzuhalten, daß Ps 82 nicht als Vision eingeleitet ist (zur Kritik dieser Ansätze vgl. auch HÖFFKEN, ThZ 39,129-137, hier 135).
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che Gottesrede, in der ein Richterspiegel geboten wird, zur vermuteten himm-
lischen Szene? Beispielsweise stellt Kraus fest: "Bemerkenswert ist es, daß in Ps82 der Gegensatz zwischen den Gerechten und den Frevlern in die Götterwelt hineingetragen wird .... Die Ungerechtigkeit auf Erden wird demnach jenen Potenzen zugeschrieben, die zwischen lahwe und der Welt als Machthaber und Schutzgeister von Gruppen, Völkern und Staaten ihr Wesen treiben." 154
Als Ergebnis des Psalms hält Kraus dann zu v. 7 fest: "Die Götter werden aus der himmlischen Sphäre des Lebens in die Welt des Todes herabgestürzt." 155
Die Frage, ob die am Anfang des Psalms mit C'::t?K bezeichneten Richter nun wirklich Götter sind, ist also vom Schluß des Psalms her zu verneinen. Diese Verneinung ist aber gerade rhetorisches Ziel dieses Psalms: der Tod der Götter. 156 Der Psalm bewegt sich damit auf einen Monotheismus ZU. 157 Eine interessante Lösung zu dem Problem, ob in Ps 82 Götter oder Menschen gemeint sind , hat unlängst H. Niehr vorgetragen. 158 Er arbeitet heraus, daß beide Lösungsmöglichkeiten unwiderlegbare Gründe für sich vorbringen können, aber daß auch heide Schwächen haben. Die Rechtswelt des Textes ordnet er der Sozialkritik der Prophetie des 8.1ahrhundens zu. Da Niehr nun göttliches und menschliches Handeln in einem Analogiedenken verknüpft sieht, faßt er die beiden Deutungsmöglichkeiten nicht als Alternativen auf: Es geht in der Kritik um kanaanäische Beamte, die andere Götter anbeten. Nun gibt es auch innerhalb des Bundesbuches Stellen, bei denen es ebenfalls strittig ist. ob mit C';"X Götter oder Menschen bezeichnet sind. So übersetzen die Septuaginta, die Peschitta und die Targume C';"X in Ex 21,6 so, daß der Sklave, der sich gegenüber seinem Herrn zu lebenslangem Dienst verpflichtet, nicht" vor Gon" (.,~ IS2 Ähnlich au~h am Schluß des Psalms: v. 6 redet in der Gottesrede andere Götter im Plural an, v.8 bezeichnet in der Gebetsbitte Gott als O';"K. Zur seltenen grammatischen Konstruktion von C';"K im Plural vgl. auch Ex 32,4.8 (der Fremdkult am Gottesberg) als philologische wie typisierend historiographische Parallelstelle zu 1Kön 12,28 (der Jerobeamkuh). 153 Vgl. z.B. GUNKEL; KRAUS u. a. z. St. , NAsun, History 131. 154 KRAus 737. 155 KRAUS 738. 15<:i So bes. JONGUNG, Tod , der die Textpragmatik des Psalms gut herausarbeitet (bes. S.105-107). 157 So unlängst NIEHJ.. Gott 79ft. 158 NIEHR, ZAW99, 94-98.
Teil 11: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
C'::;'~:j ,
so die naheliegende Übersetzung des masoretischen Textes), sondern "vor das Gericht" ('tc, xQtnlQtOv) bzw. "vor die Richter" (N!~~J) gebracht werden soll. Im ver-
haben zusätzlich einen Hinweis , wie ein Element aus den Asaphpsalmen in die zweite Davidpsalmsammlung hineingetragen wurde. 164
gleichbaren Fall des Eides des der Veruntreuung Beschuldigten Ex 22,7 übersetzen die Targume ebenfalls K~~~j (Richter), während die Septuaginta an Gott als Richter denkt. Auch in Ex 22,27steht ein menschlicher Würdenträger (K'tv~) im parallelismus membrorum zu C';:J;~ als Personen, denen man nicht fluchen soll. In Ex 22,27 denkt die Septuaginta an Götter, während die Targume wieder an menschliche Richter denken. Daß die
Das Ergebnis, auf das Ps82 zusteuert, die Etablierung Gottes als höchster Richter, findet sich noch nicht in Ps 82 selbst, sondern in aller Deutlichkeit erst im ErkenntnissatzI.' am Schluß der gesamten Psalmengruppe von Asaphpsalmen (Ps 83,19):
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Übersetzungen an den heiden letztgenannten Stellen voneinander abweichen, macht deutlich, daß die Targume stärker als die Septuaginta den Text bei der Übersetzung interpretierend erleichtern. Doch ist diese Fehlübersetzung Zeichen der Wirkungsgeschichte der Texte: die juristische Funktion der Heiligtümer ist in der Zeit, die die Übersetzungen vor Augen haben, offensichtlich an Gerichte übergegangen. Das heißt aber auch, daß in der späten Zeit Richter ein Teil "göttlicher" Funktionen wahrnehmen. 159 Außerdem erfordert der strenge Monotheismus der späteren Zeit die Interpretation der strittigen Stellen auf Menschen. Die wirkungsgeschichtliche Tendenz, die Gottesbezeichnung C';"I7l< für menschliche Richter zu gebrauchen, ist mit der Spannung von Anfang und Schluß von Ps 82 identisch. Hier stellt die Bezeichnung von Richtern als Götter oder Göttern als Richter wie in Ez 28,12ff. 160 einen Teil einer Gerichtsrede dar. Es gibt in der Hebräischen Bibel noch eine weitere Stelle, in der menschliches und göttliches Gericht sprachlich ähnlich eng zusammenstehen: Ps 58. Dieser Psalm konstruiert C';"I,tc bedeutungsgleich im Singular (v. 7) wie im Plural (v. 12) 161 als Bezeichung für Gott. In der Konstruktion von C,;"tc im Plural am Ende des Psalrns ist das Richtersein von c,;"tc als Thema des Psalms gesichert. In einer textkritisch schwierigen Passage am Anfang des Psalms (v. 2) kann das Thema der Götter, die richten , erschlossen werden
(Ps 58,2): 11'~jT;l PJ~ C7.!I Cll,1!!v :cj~ 'lil1tlQlf1;l C'jlf'1;l
9'P'1 ;";" 9C12i ;,ml-'~ 1311" :r:ll$~-~;-"l? li'~~
. -,
... damit sie erkennen, daß du - dein Name ist Jhwh - einzig 166 bist, der Hächste über der ganzen Erde.
Der folgende Völkerkampf ist also Teil der Etablierung Gottes als Einzigem. Entsprechend wiederholt der Schluß von Ps 82 die Bitte um das Eingreifen Gottes als Richter (v. 8): :C'ÜV-'1~ '10l1;l ;'~ln, n~:;J ;,~~, 0';';\1 ;'~1P
Erhebe dich, Gott, richte die Erde, damit l67 du unter allen Völkern Besitz erhältst.
Im Schluß vers von Ps 82 wird also die juristisch-irdische Ebene angesprochen, die vorher bereits mit der Bevorzugung der C'l7lfi ("Frevler") und der Benachteiligung der Geringen 168 angsprochen wurde. Auch mit dem Thema der Herrschaft Gottes über die Völker leitet Ps 82 zu Ps83 über, der Gottes Herrschaftsantritt in einem Völkersturm erbittet. Neben der Bitte um ein (im Kontext von Ps8lf.: weiteres) Gotteswort in Ps83,2 stehen Bitten, die ein weitergehendes Eingreifen Gottes fordern (Ps 83,10):
Wahrhaftig redet ihr, Gätter'l62 gerecht, als Rechtschaffene richtet ihr, Menschensähne. Im vorliegenden Text sind die C7l$ '~~ (Menschensöhne) als Richter angesprochen, die erste Vershälfte ist unverständlich. Die Herabsetzung der göttlichen Richter von Ps 82 hat in Ps 58 ihr Ziel erreicht, indem die .. Götter" mit menschlichen Wesen parallelisiert und schließlich in der weiteren Textüberlieferung entfernt werden. 163 Wir 159 In diesem Sinn interpretiert auch Midrasch Tehillim Ps82 auf ein menschliches Gericht. Zum Problem der göttlichen Gerichtsbarkeit vgl. auch die grundSätzliche Kritik durch ZENGER, FS Reinelt 377 -403 160 Zum Tyrosorakel vgl. auch WJDENGREN, Psalm 110201 f. 161 Die Septuaginta liest )tQtvrov a\"'tou~ ( ..er richtet sie"), also auch C'n?K als Singular. Vgl. zur seltenen Konstruktion von C';"K im Plural auch die oben Anm.152 aufgeführten Stellen. 162 C7.~ (nur noch Ps56,1) ist bereits den antiken Übersetzern unverständlich. Die von Psalm 82 her naheliegende Konjektur (C'::t~) ist textkritisch möglich. So z. B. auch BEGG, EThL 64, 397-404. Auch NIEHR, Götter 96 Anm. 96, hat die Gründe für die Konjektur C"7~ oder I:I':'~ unlängst noch einmal zusammengetragen. 163 Zu der hier skizzierten wirkungsgeschichtlichen Tendenz vgl. auch die literarkritischen Überlegungen zu Ps 58 von SEYBOLD, Vf30, 53-66, der in Ps58 e.inen Grundtext mit einem Gericht über Götter (v.2r. 8.10.12) und eine moralisierende Überarbeitung auf Frevler (v.4.6f. 11) unterscheiden will. Mir selbst geht es hier jedoch nicht um eine literarkritische
99
l:i7,l~
cry'1-;'Wl1
:li12i'k' '10l~ 1':;1::;1 K'\l'I;l~ Mach's mit ihnen wie mit Midian, wie mit Sisera, wie mit Jabin am Bach Qischon. Scheidung mit allen Unwägbarkeiten der so isolierten Verse als ursprünglicher Textzusammenhang, sondern um den Hinweis auf eine Tendenz, die zu einer Mehrfachinterpretation des vorliegenden Textes führt. 164 Vgl. dazu unten 11.3.1 und IIlt. 1';,\ Vgl. 5"~ in Ps 73,11.16.22; 74,9; 78,3.6; 79,6; 81,6; 82,5. Ps 79,6 und 82,5 fonnulicren dabei das Nicht-Erkennen der Heiden. 166 Mit der masoretischen Textabtrennung gegen die Abgrenzung metri causa bei :nn' (so KRAus z. St. u.a.). 167 Zum finalen '~ siehe GESENIUslKAUTSCH § 166,2. 168 Die Sprache von Ps82 ,2-4 ist so nuanciert wie kaum ein anderer Text der Hebräischen Bibel: während die D',,", (.. Frevler") nw mit einem Begriffgekennzeichnet werden, wird mit den Begriffen des li'~~ ("arm"), ("gering", "gedrückt"), ein: ("Waise"), '1' ("unglücklieh ", .. demütig") und w., (.. arm") jeweils ein spezieller Aspekt des Gesamtphänomens der Armut herausgehoben. Das breile Spektrum der Reihe von sozialen und körperlichen Befindlichkeiten illustriert sehr schön, was CaOsEMANN (FS Westermann) im Begriff der Multikausa· lität der Klage faßt (5. o. 1.3.5).
.,J
100
Teil 11: Eine Formgeschichce der Psalrnengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
Der Beter von Ps 83 fordert hier ein Eingreifen Gottes wie bei den JhwhKriegen der Vorzeit (v. 16):
vorgeschlagen, die über die sonst herrschende exegetische Ratlosigkeit über die Datierung des Psalms angesichts seiner zeitlosen Aussagen hinausführt.l11 Auch in dieser Hinsicht ist also der weisheitliche Ps 73 wohl nicht von der :,"em~nklage r.s 74 trennbar. Aus der Perspektive der Komposition als Klage uber die Zerstorung lerusalems kann der Vers mit der Heiligtumsbezeichnung im Plural auch ganz anders gedeutet werden (Ps 73,16f.):
:c't~~\1 '1\1~10~1 '1J~tl~ C~T~T:1 P Verfolge sie mit deinem Sturm und erschrecke sie mit deinem Unwetter.
Die Klage, auf die das Orakel reagiert, ist also am Schluß der Sammlung nicht gewendet. Die Not besteht weiter. Hymnische Formen klingen an (Ps 75; 81), aber der Hymnus wird nicht durchgeführt. Erst recht erfolgt kein Rückblick auf die erfolgte Rettung, das Kennzeichen eines Dankliedes wäre. Von diesem Schluß der Sammlung her ist deshalb deutlich, daß die Gesamtkomposition der Asaphpsalmsammlung der Großgattung der Klage zuzuordnen ist. Die zweiteilige Klagekomposition Ps 74-76 und 79-83 umrahmen Weisheitspsalmen. Deutlich ist dies insbesondere bei Ps 73, dem einleitenden Psalm der Gesamtgruppe, und Ps 78, der als Abschluß der ersten und Anfang der zweiten Teilkomposition eine Zentralstellu~g für die gesamte Gruppe einnimmt. Kennzeichen der weisheitlichen Edition gegenüber den Motivk1ageund Orakel psalmen ist der Gebrauch des Singulars. Doch sind nicht nur Ps 73 und 78 innerhalb der Asaphpsalmgruppe singularische Psalmen, sondern auch die dem Orakelteil folgenden Klagelieder sind Psalmen eines Einzelnen. Es liegt deshalb insbesondere für Ps 77 nahe, diesen Psalm ähnlich wie die Klagelieder in den Buchschlüssen des 1. und 2. Psalmbuches l6• und die Einzelpsalroen, die vom Lob in die Klage zurückfallen, als retardierendes Element auf der Ebene der Komposition zu verstehen. Auch Ps 77 ist also vermutlich Teil einer weisheitlichen Edition. Innertextlich bleibt dies jedoch nur schwach belegbar. 170 Ps73 beginnt mit einer Sentenz (v. 1 b):
:~~'t 'J~'? c'~,\! '!!~it'~7 ~;I:l'~ (Nur) gut ist Gott für Israel, für die, die reinen Herzens sind. Diese Einleitung steUt die weisheitliche Klage von Ps 73 in den Horizont von Gesamtisrael. Es wird ein Diktum in den Raum geworfen, dessen Gültigkeit der Beter sofort zu bezweifeln beginnt , indem er sein individuelles Schicksal mit dem "Glück der Frevler" (C'~!f,) C;,o/, v. 3) vergleicht. Die weisheitliehe Lehre des Psalms erfolgt in der Widerlegung dieser Erfahrung, die der Beter einem Traum (v. 20) gleichstellt. Die einleitende Sentenz wird also im Fortgang des Psalms gegen ihre Anfechtung durch individuelle Erfahrung verteidigt. Die Situation , aus der der Beter spricht, scheint dabei unverändert: Am Schluß steht weisheitliches Vertrauen, das auf Veränderung der Lage noch wartet (v. 27). Als Situation für Ps 73 hat dabei bereits E. Würthwein aus Erwägungen zum politischen Kontext von Ps 73 heraus vorsichtig eine vorexilische Deutung
:'I'V~ K'~ 'ItV nKl nn7 ~~'~I!l :CI;I'':1n~'? ~p~ 'l\-'W7i?7,l-'!! K;~K-'V Und ich sinne nach, um dies zu verstehen. Eine Qual ist es in ~eine~ Augen, bis ich in die Heiligtümer Gottes kommen und ihr Ende erkennen werde. 172 Dieser Psalmbeter, der den Tod im Blick hat (v. 26), sehnt sich nach Gott im Himmel (Ps 73,25): Wer ist für mich im Himmel und bei dir? 173 Ich habe keinen Gefallen an der Erde.
'11;l~1 g~~,~ '7-'7,l
:n~;, 'T:1'~~-lC;
Dieser Gedanke legt eine neue Auslegung des strittigen Verses mit der Heiligtumsbezeichnung im Plural Ps 73,17 nahe : Mit den Heiligtümern Gottes kann der Himmel gemeint sein. Damit entspricht der Einstieg der Sammlung von Asaphpsalmen in charakteristischer Varianz der Eröffnung der Wallfahrtspsalmen : Fanden wir in dem Einstieg in die Wallfahrtspsalmen die Sehnsucht nach dem Heiligtum ausgedrückt, so sehnt sich der Beter in der Situation des zerstörten Tempels nach Gott im Himmel. Das weisheitsübliche Lehrstück in Ps 73, nämlich die Unterscheidung zwischen Gerechten und Frevlern, findet sich in etwa auch in der Mitte der Asaphpsalmsammlung. Während in Ps 73 die von Gott Abgefallenen (vgl. v. 27) sich vom Ich des Beters deutlich unterscheiden, sind die, die abfallen, in Ps 78 die sogenannten Väter. l74 Die Antitypik von Ps 73 ist damit in der Weiterführung durch Ps 74 nicht als Abgrenzung gegen andere Gruppen, sondern als Kritik an der eigenen Gruppe aufgefaßt. Thematisch ist dabei Ps 78 eng mit dem Kontext verwoben. Sein Schluß als Geschichtsrückblick mit dem Hinweis auf den Tempel und die davidische Dynastie als neue Chance für das Volk wird durch die Motivklagen über die Zerstörung des Tempels in Ps 74 und 79 kontrastiert. Von der in Ps 78 beschriebenen Erfahrung her kann diese Katastrophe nur als Schuld des Volkes aufgefaßt werden. Entsprechend heißt es in Ps 79,9b in Reaktion auf die Zerstörung des Heiligtums: WORTHWElN, PS Bertholet 532-549, hier 549, Die Übersetzung der Verbformen richten sich hier wie in der ganzen Arbeit nach der Theorie von ZUBER, Tempussystem, 173 Die Entscheidung gegen die masoretische Halbverseinteilung verbinden noch größere Texteingriffe wie die sonst übliche Einfügung etwa eines 'U~, außer die", DHS z. St.). 174 Mit dem Auftreten des Vätermotivs v. 3ff. wechselt Ps78 nach der singularischen Einleitung in den Plural. So wird deutlich, daß die Väter Metapher für Gesamtisrael sind und nicht nur eine individuelle Ahnenreihe. 171
In
(.
S.O. H.3.l.3, 3.2.1 und 3.2.6. 170 Vgl. die Einführung der die folgenden Psalmen 77-81 prägenden Geschichtsargumentalion und das weisheitliche Won :'1l:'1 ( .. murmeln, sinnen", v. 7). 169
101
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Teilll: Eine Formgeschichll! der Psalmengruppen
:'1~'f W~7 1l'OKt)O-"~ 'P.~11l;'~ül Rette uns und sühne wegen unserer Sünden, um deines Namens willen!
Die geschichtliche Erfahrung von Ps 78 gibt damit das für Klagelieder des Volkes typische Verstehensmuster ab, innerhalb dessen die Klage sinnvoll iS1. 17' Denn Gottes Gericht umfaßt die Frevler generell (Ps 75,5), es ist also auch Gericht über Israel selbst (vgl. Ps81,9ff.). Die weisheitliehe Geschichtserfahrung vermittelt aber nicht nur eine Perspektive zum Verstehen der Lage, sondern auch Hoffnung auf ein rettendes Eingreifen Gottes. In der Erwartung dieses Eingreifens sind nun die Psalmen am Schluß der Teilkompositionen verstehbar. So schließt Ps77,12f. aus den früheren Wundern Gottes auf sein nun bevorstehendes Eingreifen. Entsprechend steigert Ps 83,10ff. das erwartete Eingreifen Gottes zu einem JhwhKrieg. 17. Die Klagepsalmen am Schluß derTeilkompositionen sind also als Teil der weisheitlichen Editionsebene begreifbar.. Daß die weisheitliehe Edition bei den Asaphpsalmen nicht von der Verwendung dieser Psalmengruppe als exilische Klagekomposition zu trennen ist, gilt also insbesondere auch für Ps 78, der als weisheitlicher Geschichtspsalm mit erheblicher Überlänge am ehesten aus der Gruppe auszuscheiden wäre. Daß jedoch das Erinnern eine wesentliche Funktion des Gottesdienstes im alten Israel war, wird bereits aus der priesterlichen Erzählung des Pessach deutlich. Die Gesamterzählung steht unter dem Satz (Ex U,24, vgl. v.17 u.ö.):
C7;l/-,., '1'~~71 '17-PO'? ~:lü ':nü-n\! Cl)")~'f1 Bewahrt also dieses als Satzung für dich und deine Söhne fortwährend! Dies wird nun dadurch konkretisiert, daß die Erzählung des Auszugs aus Ägypten Teil des Pessach nach dem Einzug ins Land ist (v. 25ff.). Die Belehrung des Sohnes, die auch als Motiv der Weisheit auftritt, 177 erweist sich also auch als Teil der Historisierung der Feste. Auch wenn Ps 78 sicher nicht direkt vom priesterlichen, vielleicht auch überhaupt nicht vom schriftlichen Pentateuch beeinflußt ist,178 sind beide Texte doch deutlich Teil desselben Traditionsstromes. Die enge Verbindung zwischen der weisheitlichen Edition und dem Kern der Klagekompositionen 179 legt es nun nicht nahe, für die weisheitliehe Edition eine andere Verortung als für den Kern der Klagekomposition zu suchen. Die Edition der Klagekomposition kennt keine historische Auflösung des Problems 17$ Vgl. auch die Verbindung von Ps 77,6; 78,2 über dasThema Vorzeit (Cj~) , dazu BECKER . Wege 117. Gleichwohl ist Ps 78 sicher nicht der frOheste Psalm dieser Gruppe, wie es die extrem frühe Datierung von A . F. CAMPBELL, CBQ 41, 51-79, nahelegen will. 176 JEREMIAS (Königtum 178) verweist auf die Motive des Jhwh-Krieges auch in Ps 76,4. 171 Prov2, 1; 3, l u.Ö. 178 Zur Beziehung von Ps 78 auf die Exoduserzählung vgl. z. B. KOHATA, Jahwist 255ff. 179 Vgl. z.B. den Plural '~-~W'7t?1,l (.. Heiligtümer", Ps73,17) mit den Begriffen für die Gotteshäuser, die in Ps 74,4*.7f. stehen. Umgekehrt vgl. die typisch weisheitliche Antithese der C~JI'f' ("Frevler") zum i",", ("Gerechten") in Ps 75 ,11.
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
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der Zerstörung des Tempels. Weder die Rückführung der Deportierten noch der Wiederaufbau des Tempels sind in Sichtweite der Beter. Am Schluß steht die sichere, aber unkonkrete Erwartung eines Eingreifens Gottes in einem Kampf. Am Schluß der zweiten Teilgruppe der Asaphpsalmsammlung findet sich auch keine weisheitliche Rahmung, diese erfolgt erst durch den weisheitlichen Beginn der zweiten Korachpsalmsammlung mit Ps84. Nach unserem Verständnis der Psalmengruppe 73-83 haben wir mit dieser ersten vollständig in einer für die Psalmenexegese recht frühen Zeit beschreibbaren Psalmengruppe ein höchst bedeutsames Dokument für die Frage Israels nach seiner Geschichte. ISO Für den weiteren Gang unserer Untersuchung ist festzuhalten, daß mit der Asaphpsalmkomposition das einzige klare Beispiel einer Komposition mit Klageschluß im Psalter vorliegt. Außerhalb des Psalters finden wir jedoch noch die im folgenden zu untersuchenden Threni, die zeitgeschichtlich als exilische Komposition und formgeschichtlich mit dem Fehlen von Hymnus und Danklied zu den Asaphpsalmen passen. Alle anderen nun zu behandelnden Psalm gruppen im Psalter ordnen sich makroformgeschichtlich mehr oder weniger deutlich dem Dankliturgie-Fall zu. Aber selbst die Volksklageliturgie , wie wir sie in Ps 73-83 finden, hat die Erwartung eines künftigen (Ps 75,10) und sogar die Andeutung eines präsentischen Hymnus (Ps 76, vgl. auch den Anfang von Ps 75) nach dem Orakel (Ps 75). Die Komposition hat damit Kennzeichen der Lob- bzw. Dankliturgie, wie wir sie in den Wallfahrtspsalmsammlungen fanden , nur daß diese Komposition am Schluß als offene Klage gebaut isl. Auch der Schluß der Klageliturgie ist allerdings für ein künftiges Danklied nach dem Eingreifen Gottes hin offen. 181 Die Kompositionsform mit dem Kompositionshöhepunkt in Lob oder gar Dank scheint damit in der Komposition der Psalmgruppen als der Regelfall, dessen Ausnahme spezie11er Situationen wie etwa der Zerstörung des Tempels bedarf, wie wir sie in der Themenklage ausgedrückt finden. Wenn wir für die Komposition einen Namen suchen, erscheint ein Begriff wie Klageliturgie oder - unter Aufnahme einer Hypothese hinsichtlich der visionären und Orakelelemente prophetische Klageliturgie angebracht, die von ihrer weisheitlichen Gestaltung her deutlich nachkultische Züge hat. Vergleichen wir nun die Asaphpsalmen als exilische Klagekomposition mit anderen Kompositionen, die auch exilischen Urspunges (2.2) oder wenigstens formgeschichtlich als thematisch verwandte KJagekompositionen zu klassifizieren sind (2.3). Mit dem Vergleich der Sammlung von Asaphpsalmen mit zeitlich nahen Kompositionen arbeiten wir bereits dem historischen dritten Hauptteil zu, in dem die Sammlung von Asaphpsalmen den diachronen Fixpunkt für die erste Stufe der Komposition bildet.
So bereits SEYBOLD, ThLZ 115 , 102r. Vgl. dazu insbes. die Analyse in Auseinandersetzung mit einem strukturalistischen Verständnis (von T. COLLINS) in 111.1.4 und 2.3.1. 180
18 1
104
TeilII: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
2.2 Exilische Psalmkompositionen außerhalb des Psalters
ve erfolgte. 189 Ein Bezug auf den Tempelgottesdienst haben die Threni insofern, als der normale Gottesdienst nicht mehr stattfindet (Thr 1,4):
2.2.1 Threni
i17i~ ~~:J ~':J~ 1'1i':J~ ,i·~x ~::l"
Für die Threni bedarf es kaum der Erläuterung, daß die Einzellieder nach der Zerstörung des Tempels 586 182 und - wenigstens die sehr konkreten Klagen Thr 2 und 4 und damit der Kern der Sammlung - deutlich vor dem Wiederaufbau des Tempels 520-515 zu datieren sind. 183 Eine Ausnahme bildet hier Thr 1, das gelegentlich zwischen den beiden babylonischen Eroberungen von Jerusalem, also zwischen 597 und 586, datiert wird. 184 Eine Ansetzung der gesamten Threni kurz nach 586 wird dabei meist bevorzugt. 185 Thr 1-4 sind akrostichische Klagelieder im Singular, wobei Thr 1; 2; 4 eventuell als politische Leichenlieder bezeichenbar sind. 186 Thr 5 ist hingegen ein Klagelied des Volkes. Vor diesem einzigen pluralischen Klagelied der Sammlung findet sich das einzige Klagelied mit der Andeutung eines positiven Schlusses, in dem das Ende der Schuld angekündigt wird (Thr 4,22a): 187 Gesühnt ist deine Schuld, Tochter Zion. Nicht wird er dich weiter in der Verbannung halten.
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'lJi'~07 :l'Q'~ ~',
Diesen positiven Schluß von Thr 4 und der Wechsel vom Singular zum Plural in Thr 5 können wir als zusätzliches Argument dafür betrachten, Thr 5 für eine spätere Ergänzung zu halten. 188 Die fünf Klagelieder sind aber auch mit Thr 5 als Cluster angeordnet, da der einzelne positiv gestimmte Vers für die Beurteilung des Gesamtgefüges nicht überzubewerten ist. Umstritten ist, ob die Komposition in Jerusalemer oder exilischer PerspektiZum Problem der Datierung des Falls Jerusalems siehe oben S. 91 Anm. 118. 183 Frühere Datierungen der Threni in makkabäischer Zeit werden heute nicht mehr diskutiert, vgl. BOECKER, Klagelieder 13. Lediglich KAISER, Klagelieder3 301, datiert in seiner aus der Kommentierung von Jes 1-12 (KAISER, Jesaja 1-125) bekannten Weise Thr 1; 3-5 nach Thr 2 teilweise bis in das 4. Jh. herab. Kaiser hat seine Spätdatierung der Threni selbst teilweise widerrufen (EKL 2, 1295 -1297), eine Mittelposition nimmt neuerdings ders., Klagelieder4 103 ff., ein). 184 So insbes. RUDoLPH, Klagelieder, WEISER, Klagelieder z. St., und GROß, Klagelieder 6, dagegen z. B. BOECKER, Klagelieder 14f. und z. St. sowie KAISER, Klagelieder3 301. 185 So zuletzt BOECKER, Klagelieder 14f., und GROß, Klagelieder 6f. 186 WEISER, Klagelieder 299. Vgl. auch bereits JAHNOW, Leichenlied 169. Kritisch dagegen z. B. GROß, Klagelieder 5. Die Bezeichnung "Gerichtsklage des leidenden Gerechten" (so BRANDSCHEIDT, Gotteszorn) für Thr 3 ist wohl zu speziell. KAISER (Klageliede~ 298) hat zu Recht auf den Charakter von Thr 1-4 als Mischgattung aufmerksam gemacht, wie er nicht zuletzt durch die Form des Akrostichons bedingt ist. 187 Zu Thr 4,22 vgl. insbes. Jes 40,2. 188 Vgl. BOECKER, Klagelieder 14: Da in Thr 5 "neben den Bezugnahmen auf die Geschehnisse, die in unmittelbarer Verbindung mit der Zerstörung Jerusalems stehen, auch auf die ärmlichen und bedrückenden Lebensumstände der Zeit danach angespielt wird, legt es sich nahe, die Entstehung von Kap. 5 etwas später als die von Kap. 2 und 4 zu vermuten." Vgl. jedoch die Stellung von Ps 12 und 60 als Klagelieder des Volkes in den entsprechenden Klageclustern des Psalters. Dazu unten 11.3. 182
105
c~iiJ~J '~~J~~ i~~~iii~~,yw":~;
;'~~:.;'~' ~~;,; iiil~; ~~r,'~m; Die Wege nach Zion trauern, niemand kommt zum Fest, alle ihre 190 Tore sind verödet, ihre Priester seufzen. Ihre Töchter wehklagen und was sie selbst angeht: Bitter ist es für sie. • T
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Das Postulat von Klagefeiern am zerstörten Heiligtum 191 ist daher nicht sehr wahrscheinlich. Wir werden dies aber im historischen Teil dieser Arbeit noch weiter untersuchen. 192 Gemeinsames Moment der Threni und der Asaphpsalmen ist der Aufweis der Schuld Israels, die zur Katastrophe geführt hat. 193 Die Threni setzen wie die Asaphpsalmen den gottesdienstlichen Vorgang des Heilsorakels als Wende der Klage zum Lob voraus (Thr 3,57), aber kompositionell erfolgt in den Threni diese Wende gerade nicht. Die Komposition hat damit die Perspektive auf die Wende der Gefangenschaft noch nicht, wie sie Jes 40-55 hat. Daß die Komposition mit der Ausnahme Thr 4,22 nicht die Perspektive des Endes der Gefangenschaft hat, gilt auch für die Datierung einzelner Lieder in der nachexilischen Zeit: In diesem Fall halten die Lieder die Stimmung der exilischen Zeit in Erinnerung. 2.2.2 Jesaja 40-55
Daß J es 40-55 hier unter dem Gesichtspunkt der Psalmkomposition verhandelt wird, ist Ergebnis der neueren kompositionsgeschichtlichen Forschung am Jesajabuch, die die Bedeutung der Hymnen für Jes 40-55 herausgearbeitet hat. Es ist dabei der Verdienst von F. Melugin, formgeschichtliche Kategorien zur Bestimmung der Komposition von Jes 40-55 angewandt zu haben. 194 Die drei Gattungen, durch die Melugin Jes 40-55 geprägt sieht, sind dabei Gerichtsrede, Disputationswort und Heilsorakel. Den Gottesknechtsliedern spricht Melugin keine eigene Gattung zu. 195 Diese drei Hauptgattungen ordnet Vgl. den Überblick bei KRAUS, Klagelieder Bf. 1;'l! ist im Hebräischen ein weiblicher Name. 191 So bes. WEISER, Klagelieder 300, unter Berufung auf Jer 41,5f.; Sach 7,lf.; 8,18f. Vgl. auch JANSSEN, Juda 94 ff. u. Ö. 192 Zu Klageliturgien während der Zeit des zerstörten Tempels siehe unten 111.1.3.1. Beispielsweise GROß, Klagelieder 6, denkt eher an ursprünglich literarische Arbeit. Vgl. dazu auch die Form als Akrostichon. 193 Thr 2,14; vgl. auch die Gerichtsdoxologie Thr 1,18. 194 MELUGIN, Formation. 195 Vgl. auch METIINGER, ASTI 11, 68-76; ders., Farewell. Dazu kritisch: HERMISSON, ThR 49,209-222. Die kompositorische Stellung der Hymnen bleibt in diesem Streit jedoch unberührt. 189 190
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Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
er nun Kompositionseinheiten zu, die durch den Wechsel von Gerichts-/Disputationswort und Heilsorakel gekennzeichnet sind und jeweils einen hymnischen Schluß haben. Jes 40,1-11 und 55,6-13 fallen als einander korrespondierender Prolog und Epilog aus dem Kompositionsschema heraus. 196 Im Anschluß an Melugin hat nun F. Matheus insbesondere die Hymnen als auch inhaltlich textstrukturierende Elemente der Komposition erarbeitet. 197 Eine beachtenswerte Neuerung in dem weitgehend analogen Ansatz bildet die Analyse des Kyros-Orakels: Matheus versteht den durch einen imperativischen Hymnus abgeschlossenen Abschnitt Jes 44,24-45,8 als eigenen Block, 198 während Melugin wegen der fehlenden Gerichts- und Disputationsworte diesen Abschnitt der folgenden Kompositionseinheit zuordnet und die originale Stellung des Hymnus 45,8 bezweifelt. 199 Damit haben wir im Kern des Jesajabuches 2 °O inhaltlich wie formal bestimmbare Einheiten, die ähnlich unseren Psalmkompositionen durch Orakel und Hymnenschluß gekennzeichnet sind. 201 Die Psalmkompositionen, insbesondere die nahezu zeitgleiche Asaphpsalmkomposition, enthalten demgegenüber die parallel gebaute Struktur aus der Sicht der klagenden Gemeinde: Statt der Gerichtsrede bzw. dem Disputationswort steht dort das Klagelied, das im Fall der davidischen Sammlungen und den Threni ebenfalls in Clustern auftreten kann.
40-55 zum Ende des Exils hin oder sogar in die nachexilische Zeit. Die Asaphpsalmen mit ihrer Perspektive auf einen Hymnus haben nun weder die völlig klagende Stimmung der Threni noch die hymnische Stimmung der unmittelbar bevorstehenden Befreiung von Jes 40-55. Es liegt daher zu einer ersten zeitlichen Orientierung nahe, die Komposition der Asaphpsalmen stimmungsmäßig wie zeitlich zwischen den beiden anderen hier untersuchten exilischen Kompositionen zu verorten.
2.2.3 Historische Einordnung Die Komposition von Jes 40-55 spiegelt mit den Hymnenschlüssen eine völlig andere Stimmung wider, als wir sie in den Threni fanden. War dort kompositionell keine Perspektive auf die bevorstehende Wende des Geschicks Israels ersichtlich, so ist die bevorstehende Wende thematischer Kern von Jes 40-55. Dieser unmittelbar bevorstehenden Wende entsprechen die Hymnenschlüsse in der Komposition von Jes 40-55. Während die Threni damit eher der ersten Phase des Exils zuzurechnen sind, rückt die Komposition von Jes MELUGIN, Formation 87. MATHEUS, Singt. Vgl. dort bes. S. 108ff. die Kritik der Kritik von Hermisson. Einen erweiterten Auszug der Dissertation stellt der Aufsatz MATHEUS, VT 37,312-326, dar. Vgl. auch (die offensichtlich von Melugin unabhängigen) Beobachtungen von WESTERMANN, Heilsworte 36ff. 41ff., sowie HESSLER, Heilsdrama, vgl. den Überblick S. 308. 198 MATHEUS, Singt 73ff. 199 MELUGIN, Formation 125. Die Beziehung von Jes 44,28; 45,lff. zu babylonischen Texten hat bereits KITTEL, ZAW 18,149-162, herausgearbeitet. 200 Vgl. dazu insbes. RENDTORFF, Komposition. Zum wichtigsten Argument des Ansatzes von Rendtorff, der Verwendung von ;'i?7~ in Jes 56,1 vgl. die Tabellen mit der Deutungsbreite dieses Begriffs bei Tritojesaja bei CRAMER, ZAW27, 79-99, hier zwischen S. 98 und 99. 201 BUDDE, ZAW 2, 1-52, hier 36ff., hat das Qina-Metrum in Jes 40,9-11; 44,23-28; 45,14-25; 47; 50,4-11; 51,9f. 17-20; 52,lf. 7-11 nachweisen wollen. Obwohl Buddes Ansatz für unser Verständnis der Komposition der Psalmen sehr vorteilhaft sein könnte, weil dann auch das Klagelied in Jes 40-55 nachweisbar wäre, ist Buddes Argumentation mit äußerster Vorsicht zu begegnen, da sie eine Fülle von textkritischen Änderungen metri causa voraussetzt. 196 197
107
2.3 Weitere Klagekompositionen über die Zerstörung Jerusalems 2.3.1 Ein scheinbar exilischer Kompositionsbogen im vierten Psalmbuch Innerhalb des vierten Psalmbuches fällt Ps 102 als Klagelied des Einzelnen heraus. Vorher finden wir Hymnencluster (insbes. Ps 93 ff.) und auch nachher Psalmen mit hymnischen Anklängen, wie die Rahmenzeilen von Ps 103-106 202 zeigen. Vor Ps 102 findet sich nun mit Ps 101 ein Psalm mit weisheitlichen und Toraelementen. Ps 101-106 ist damit als eine Folge von Klage und Hymnus mit weisheitlicher Einleitung verstehbar . Allerdings fehlt das zusätzliche Element der gemeinsamen Überschrift, das bei unserer bisherigen Analyse das Kontrollzeichen war, das die Intention der Zusammengehörigkeit der Psalmen sicherte. Innerhalb von Ps 101-106 finden sich Davidpsalmen (Ps 101 und 103), Psalmen ohne Namensüberschrift (Ps 104-106) und Ps 102, dessen Betitelung auf seine Applizierbarkeit zielt (Ps 102,1):
in'W ':r!l)~~ ;";"
'J31? ;"!)l'1
'~~7; ~bi~--'~
Gebet eines Elenden, wenn er schwach wird und vor Jhwh sein Anliegen ausschüttet.
Ps 102 hat nun, obwohl er von der Überschrift und von der Sprachgestalt her als individuelles Klagelied ausgewiesen ist, eine spezielle Situation, die er voraussetzt und die ihn mit den von uns als Themenklagen bezeichneten Psalmen verbindet (Ps 102,14-17): li~~ ClJjT;l C~j;'~ ;'z;1~
:'v.i~ N~-':;!
:m07 nv.-':;!
:J'~~~-n~ ~'j~lr ~!'T':;!
;";"
:u~n~ ~?~lr-n~, cw-n~ C~;l ~N!'~'
:~ji:J:rn~ YjI$t1 ';)7~-'~' ... i'i:J~:;l ;'I$!~ li~~ ;";" ;'1~-':;! Du wirst dich erheben, du wirst Erbarmen mit Zion haben, denn es ist Zeit, ihm gnädig zu sein, ja, es ist die rechte Zeit gekommen. 202
;,,;,'-n~ 'tV~~ ':;l'~ ("Preise Jhwh, meine Seele") bzw. (J~-~',?ü ("Lobet Jah").
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
TeilII: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
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Ja, deine Knechte haben Gefallen an seinen Steinen und sein Staub jammert sie. Die Völker werden den Namen Jhwh fürchten und alle Könige der Erde deine Herrlichkeit, wenn Jhwh Zion erbaut hat, wird seine Herrlichkeit sichtbar.
Ps 102 ist wegen seiner Bitte um die Wiederherstellung von Jerusalem der exilisch-nachexilischen Zeit zugeordnet worden. 203 Der Psalm setzt als Erfahrung eine Zerstörung Jerusalems voraus, die noch nicht durch einen umfassenden Wiederaufbau beseitigt worden ist. Eine Datierung in die exilische Zeit oder die lange Zeit des Wiederaufbaus nach 538 liegt daher nahe. In jüngster Zeit hat jedoch O. H. Steck eine Datierung von Ps 102 in die Zeit nach dem fünften syrischen Krieg nach 202 v. Chr. erwogen. 204 Auch wenn dies aufgrund der bereits von J. Marböck 205 herausgearbeiteten Parallele zum Sirachbuch als historisch-kritische Auffassung der Entstehungszeit des Psalms nicht unwahrscheinlich ist, liegt vom Kontext des Psalmes zunächst eine andere Lösung als fingierter Textsinn nahe: am Schluß des hier betrachteten Kompositionsbogens von Psalmen findet sich mit Ps 106 ein Psalm, der die Geschichte Israels bis zum babylonischen Exil skizziert. Die Gefangenschaft und Befreiung des Volkes Israel nach der Landnahme wird nun aber in Ps 106 nicht als ein einmaliges, sondern sich wiederholendes Ereignis dargestellt: Viele Male errettete er sie, sie widersetzten sich aber absichtlich 206 und kamen durch ihre Schuld herunter. (Ps 106,43) Er ließ sie Erbarmen finden vor allen, die sie gefangen hielten. (Ps 106,46)
C7'~~ ni::!J C'~ilQ ClJ~V~ "I?~ ;'~::J1 :c1iV~ ':lb~J
C'~t)J? ClJiK H'!"J
204 205 206
eine hohe Wahrscheinlichkeit, wenn wir nicht auf noch spätere Ereignisse zurückgreifen wollen. 207 Ein Orakel, wenn man die Gottesrede hinsichtlich der Landverheißun (~s 105,11) überhaupt so ansprechen darf, findet sich innerhalb des Hymnen~ teils erst am Anfang von Ps 105, also von den bisherigen Beobachtungen h b '1 . er eurtel t, g~wlssermaßen zwei Psalmen zu spät. Doch werden wir diese Stellung noch manderen Clusterkompositionen kennenlernen. 208 Für eine diachrone Staffelung spricht nicht zuletzt die Verwendung von Psalmen unterschiedli~her Betitelung in diesem Kompositionsbogen. Der Bogen ist außerdem kemeswegs abgeschlossen, sondern hat deutliche Bezüge insbesondere auf andere Psalmen des vierten Psalmbuches. 209 2.3.2Die Psalmen Salomos
Die Psalmen Salomos werden üblicherweise der frühpharisäischen Literatur zugeordnet. 210 Wir vergleichen sie im folgenden mit der Asaphpsalmsamml~ng, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten zweier Klagesammlungen über dIe Zerstörung des Heiligtums mit großem zeitlichem Abstand zu verdeutlichen. . Die Sammlung ist bereits mehrfach als "bewußt gestaltetes Werk"211 analysIert worden. Anfang und Schluß verschiedener Psalmen der salomonischen Sammlung sind gleichförmig gestaltet: so fehlt nur in PsSall die Überschrift ~.anz, all~ anderen haben zumindest ein 't(!> 1:aAWf.tWV ("von Salomo") als Uberschnftselement. Auch innerhalb der weiteren Elemente der Überschrift~n gibt es deutliche Beziehungen: beispielsweise PsSa13 (JtE(lL oLxaLWV , "über dIe Gerechten") und PsSal4 ('tOL~ aVe(lwJta(lE(JxOL~, "den Heuchlern") stehen
:CV':;)iT,lj-'f '~~7
Die Uneindeutigkeit, innerhalb derer sich die exegetische Interpretation von Ps 102 - vom Exil bis in die makkabäische Zeit hinein - bewegt, findet vom Schluß des Kompositionsbogens her ihren Sinn: besonders dieser Kompositionsbogen, der im Hymnenteil mit Geschichtspsalmen (Ps 105f.) schließt, ist auf mehrere Situationen der Geschichte Israels hin angelegt. Die Komposition zielt damit eindeutig auf Ereignisse nach 586, die diesem Ereignis vergleichbar sind. Der Bezug der Themenklage und damit des gesamten Kompositionsbogens in der vorliegenden Form auf den fünften syrischen Krieg gewinnt damit
203
109
Vgl. JANSSEN, Juda 20, der Ps 102 in die exilische Zeit datieren will. STECK, Abschluß 152ff. MARBÖCK, in: FS Sauer 93-115. Es besteht kein Anlaß, die erleichternde Lesart ;n~~ n~ vorzuziehen (vgl. BHS z. St.).
. 207 I?as .schließt eine frühere Ansetzung von Einzelpsalmen dieses Kompositionsbogens emschheßhch von Ps 103-106 als vorgängigerTeilsammlung keineswegs aus. 208 Vgl. bes. II.3 zu Ps 12 und 60, außerdem Ps 108. 209 Vgl. als Einzelmotiv die Verehrung Jhwhs durch die anderen Völker, die z.B. im Kontext der vorhergehenden Jhwh-König-Psalmen verstehbar sind. Dazu unten 111.2.3.2 und 3.3.3. 210 So zuletzt insbesondere CAMPONOVO, Königtum 200ff. Dort Anm. 1 ein Bericht über die Textausgabe~ und Handschriftenfunde. Die frühpharisäische Bildung des salomonischen Psalters war m der Gefolgschaft von WELLHAUSEN, Pharisäer, lange Zeit unbestritten. Im Gefolge der Entdeckung der Qumranfunde wurden die Psalmen Salomos intensiv mit der Qumran-Bewegung verglichen. Im Ergebnis sind die Trägerkreise der Psalmen Salomos weder eindeutig mit den Qumran-Leuten noch mit den Pharisäern zu identifizieren (so ~'DELL, RdQ 3, 241-257; ähnlich WRIGHf, ~CS 2, 136-154, vgl. auch HOLM-NIELSEN, NRW 19,2, 172-180, HULTGARD, Eschatologte 303) denkt eher an weisheitliche Kreise. Doch ist die ~ezeichnung Protopharisäer in jedem Fall so offen, daß die von diesen Autoren betonten BeZIehungen zu eschatologischen bzw. weisheitlichen Kreisen und die Distanz zu späteren Positionen der Pharisäer in diesen Begriff einschließbar sind (so auch CAMPONOVO Königtum 205). ' 211 CAMPONOVO, Königtum 201, verweist besonders auf SCHUEPPHAUS, Psalmen Salomos.
110
Teil Il: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
deutlich antithetisch nebeneinander. 212 Auch weitere Anfänge der Psalmen haben ähnliche Formulierungen. PsSal 3 und 4 beginnen mit LVU TL, die beiden messianischen Psalmen PsSal 17 und 18 haben nicht nur das Überschriftselement '\IJaAIlO~ ("Psalm") gemeinsam, sondern auch den Anfang mit XVQlE ("Herr").213 Den bei den Dankliedern am Höhepunkt der Komposition, PsSal 15 und 16, ist der Anfang mit EV T<1> und folgendem Infinitiv gemeinsam. 214 Auch die Schlußverse der Psalmensammlung sind ähnlich gestaltet: so haben PsSal 9-12 einen doxologischen Abschluß mit einem wu XUQLOU ("des Herrn") eingeleiteten Nominalsatz. 215 Ein anderer typischer Abschluß einzelner Psalmen Salomos sind Segensformeln :
des Psalms mit einer solchen Formel (Ps 18,47; 28,6; 31,22; 124,6). Wirkungsgeschichtlich für die jüdische Liturgie ist dabei der mit einem Personalprono_ men erweiterte Segensspruch Ps 119,12 und lehr 29,10 wichtig:
EVAOY'llTO~ XVQlO~ EL~ TOV
UtGlvu EVWJUOV ÖOVAWV uvwu (PsSaI2,37) EVAOY'llIlEv'll ~ M~u XUQLOU, ön uVT6~ ßumAE'lJ~ ~IlGlv (PsSaI5,19) EVAOY'llTO~ XVQlO~ 0 nmGlv fAEO~ WL~ ayunGlmv UVTOV EVaA'll0dc,x (PsSaI6,6) Gepriesen sei der Herr in Ewigkeit vor seinen Knechten. (PsSaI2,37) Gepriesen sei die Herrlichkeit des Herrn, weil dieser unser König ist. (PsSaI5,19) Gepriesen sei der Herr, der denen Barmherzigkeit schafft, die ihn in Wahrheit lieben. (PsSaI6,6)
Gelegentlich wird UtVETO~ statt EUAOY'llTO~ verwendet: 216 UtVE'tO~ XVQlO~ EV TOL~ XQLIlUOlv UVTOU EV m61lun OOLWV, XUL EVAOY'llIlEVO~ IOQu'llA uno xunLou Et~ TOV UtGlvu Gepriesen sei der Herr in seinen Gerichten im Mund der Heiligen, und gesegnet sei Israel vom Herrn in Ewigkeit. (PsSaIB,34) UtVE'tO~ wird hier über Gott ausgesagt, EVAOY'llIlEVO~ über Israel. Die Differenzierung macht durchaus Sinn, zeigt aber, daß diese Formeln nicht Sprache einer auf Einheitlichkeit bedachten Redaktion sind, sondern traditionelle Elemente, die auf eine hebräische Vorlage mit ,~,~ -Formeln schließen lassen. 217 Vergleichbare Formulierungen begegnen uns auch in kanonischen Psalmen: so finden sich nicht nur in den Schlußpsalmen der ersten vier Psalmbücher unterschiedliche Segens-Formulierungen in den Schlußversen, sondern auch andere Psalmen meist nahe einer Schlußstellung haben solche Formeln im Schlußvers (Ps66,20; 68,36; 135,21)218, und bei weiteren Psalmen beginnt der Schlußteil
Vgl. oben den Abschnitt zu den Zwillingspsalmen 1.2.1. Der Anfang mit XUQtE findet sich innerhalb der Psalmen Salomos nur noch in PsSa112. 214 Diese Figur erscheint auch in PsSal 2 und 9. 215 Eine vergleichbare Formulierung findet sich im masoretischen Psalter nur am Schluß vonPs3 (v. 9): Von Jhwh ist die Rettung, über dein Volk dein Segen. ':1N':I:;I ':17jl~-'~ ;'!l~l1i:::J ;";'" 216 Vgl. PsSaI8,24. 217 Vgl. z.B CAMPONOVO, Königtum 200. 218 MORAWE, RdQ 4, 323-356, hier 327. Morawe bemerkt jedoch nicht, daß die PsSal hier mit Psalmen und Psalmgruppen der Hebräischen Bibel übereinstimmen (vgl. aaO. 343). 212
213
111
Gepriesen seist du, Jhwh ... Dieser Segensspruch wird mit folgendem Nomen bzw. Partizip verwendet. Vergleichbare Formeln finden sich insbesondere aber auch in Psalmanfängen der spät- bzw. frühnachkanonischen Zeit. 219 Diese literarische Verwendung bezeugt einen Zusammenhang zur Erbauungsliteratur dieser Zeit, wie sie auch durch eine andere Formel naheliegt. Diese weitere geprägte Formel gibt es am Anfang zweier Psalmen Salomos: PsSal 6 und 10 beginnen mit IlUxaQlO~ avilQ ("Glücklich der Mann") mit folgendem Relativsatz, einer Formulierung, die aus der Septuagintaübersetzung des Anfangs von Ps 1 und der 'jt;i~ - Psalmen 220 bekannt ist. PsSallO nimmt als Weisheitspsalm in der Mitte der Komposition eine Stellung ein, die mit der Edition der Psalmen Salomos verbunden ist. 221 Unklar ist jedoch die kompositorische Stellung und Funktion von PsSal 6. Inhaltlich beschreibt PsSal6 das morgendliche Gebet des Hausvaters. 222 Wie bei den Psalmgruppen des Psalters lassen sich die Verbindungen zwischen den Einzelpsalmen nicht nur durch Überschriften, thematische und Stichwortverbindungen zwischen einzelnen Psalmen herstellen. Die Sammlung der Psalmen Salomos läßt sich auch innerhalb des formgeschichtlichen Grundschemas der Psalmgruppen verstehen. Die Sammlung beginnt wie die Teilsammlungen der Asaphpsalmgruppe mit der Themenklage über die Entweihung des Heiligtums (PsSall). 223 Diese Themenklage wird im folgenden Psalm theologisch vertieft, indem die Entweihung des Heiligtums mit den Sünden der Israeliten in Verbindung gebracht wird. Bezieht sich der erste Psalm eventuell 219 LXX Dan 3,26 (Gebet Asarjas). 52 (Gebet der drei Männer); Tobias 3,11; 8,5.15-17; 11,14; Judit 13,17f.; 1Makk 4,30; Luk 1,68; 2Kor 1,3; Eph 1,3; 1Petr 1,3 (Zählungen richten sich im Zweifelsfall nach der LXX). 220 Vgl. insbesondere Ps 112 und 119. 221 V gl. die MittelsteIlung von Ps 127 f. in den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. 222 Das ist zusammen mit den "'J-Formeln an gliedernder Stelle ein Element, das die Psalmen Salomos mit dem Achtzehn-Bitten-Gebet gemeinsam haben, siehe dazu unten II.3.5.1. 223 Vgl. bereits FRANKENBERG, Datierung. Das Problem der formgeschichtlichen Einordnung der Psalmen Salomos ist in der Forschung mit einem gewissen Recht problematisiert worden. Bereits für GunkellBegrich sind die Psalmen Salomos Beispiel für die "Auflösung der Formen" (GUNKErJBEGRICH, Einleitung 264). Krasser noch urteilt CAMPONOVO (Königtum 206): "Die am ati Psalter orientierten Kriterien erweisen sich als ungeeignet." Da die Probleme einer auf reine Formen bedachten Gattungsforschung aber bei den kanonischen Psalmen nun auch nicht gerade klein sind (vgl. oben 1.3 die Kritik der Formgeschichte durch WEISS und die weiteren dort behandelten Problemfälle), sind die Probleme der Zuordnung der PsSal zu den Psalmgattungen mit denen der alttestamentlichen Gattungsforschung durchaus zu vergleichen (vgl. die von CAMPONOVO, Königtum 206 Anm. 24 genannte Literatur). Generell ist durch die weisheitliche Formung der Psalmen Salomos eine Gattungsmischung und Häufung kompositorischer Motive zu beobachten.
112
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
auch auf den Frevel in der Hasmonäerzeit, so beklagt PsSal 2 den Untergang des zweiten Tempels. 224 Die Psalmen Salomos haben mit der Thematik der Entweihung des Heiligtums durch die Sünden der Israeliten und der Anrufung Gottes als Richter und König eine enge thematische Verbindung zur Theologie der Sammlung von Asaphpsalmen (PsSaI2,30-32):225
2. Eine Klagekomposition im Vergleich
sias erwartet. Die Gesamtkomposition erhält somit den Charakter eines ins eschatologische zielenden Lobpreises, der das Präsens der Klage überhöht. Die ~~mposition ist ~amit. glei.c~zeitig Klage- und eschatologische Hymnenkompo_ sItIon. Es fehlt dIe weIsheIthche Rahmung der Komposition. Aber die Einzelpsalmen sind insgesamt weisheitlich geprägt, besonders im Mittelabschnitt. 229
al)'to~ ßaOLA.EU~ bd t&V oUQav&v xai xQ(vwv ßaOLA.Ei:~ xai aQxa~' ... xai vvv tönE, OL !!EYLataVE~ tij~ yij~, tO xQ(!!a tOV X1JQ(01J, ÖtL !!Eya~ ßaaLA.EU~ xai ö(XaLO~ xQ(v&v tYjv im;' oUQav6v.
Dieser ist König im Himmel und richtet Könige und Gewalten . .. Und nun seht, ihr Großen der Erde, das Urteil des Herrn, weil er ein großer König ist und die unter dem Himmel gerecht richtet.
Der Einleitungsteil der Psalmen Salomos wird mit der Aufforderung zum Lob (PsSaI3) abgeschlossen. Es folgen in d~n Psalmen PsSa14-8 verschiedene Klagepsalmen. PsSal 9 und 10 bilden als Weisheitspsalmen die Mitte der Komposition. 226 Der Schluß der Komposition ist durch Hymnen (PsSalll und 14), Danklieder (PsSal 15 und 16) und Königs- bzw. messianische Psalmen PsSal 17 und 18 227 geprägt. Hier am Schluß wird auch das Eingangsmotiv der Entweihung Jerusalems wieder aufgegriffen (PsSaI17,25 - 33). Am Anfang des Schlußteils finden sich noch je ein Klage- und Vertrauenslied (PsSal 12 und 13).228 Die Gesamtkomposition entspricht damit dem Kompositionsschema mit seinem Gesamtgefälle von der Klage zum Lob, das wir bereits bei den Wallfahrtskompositionen im Psalter vorfanden und das in ~~n Asaphpsalmen variiert wurde. Die kompositorischen Schwierigkeiten der Uberlagerung der formgeschichtlich linearen Struktur von der Klage zum Lob und der zentralen Struktur um die Weisheitspsalmen gleichen denen bei den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. Besonders markant ist dabei die Weiterführung der Danklieder , in denen aber auch noch Bitten stehen (PsSaI16,6ff.), durch die Jhwh-König- und Messias-Psalmen PsSal17 und 18: Die endgültige Rettung wird erst vom Mes224 V gl. die Anspielung auf das Ende des Pompejus PsSaI2,30. Gegenüber PsSal1 ist damit die zweite Themenklage PsSal2 wohl erheblich später anzusetzen. 225 V gl. auch die Parallelisierung beider Ereignisse mit der Schilderung der Wegführung in die Gefangenschaft PsSaI2,6. . . 226 Vgl. insbesondere Ps 19; 78 und 127f. (siehe bes. unten II.4.2). PsSal 9 hat mIt semer Reflektion über Geschichte zudem enge Beziehungen zum vorhergehenden PsSa18. 227 PsSal17 verbindet verschiedene Motive von der Länge des Menschenlebens (v. 2, vgl. Ps 90) bis zur Geschichtsbetrachtung, insbes. die Erwählung Davids und der Ab~all der Davididen (v. 5ff., vgl. insbes. Ps 89, aber auch Ps 78 und 106). Umfassendes Thema 1st aber das Königtum Gottes (v. 1.4.51, vgl. neben Ps 93 und 95-99 insbes. 1Chr 17,14, wo das davidische Königtum von Gottes Königtum abgeleitet wird). CAMPONOVO (Königtum 207 - 228) arbeitet deutlich das Gewicht der Gott-ist -König Thematik in der Komposition der Psalmen Salomos heraus, in~em er den ~nfang (PsSall und 2), den schwierig einzuordnenden PsSal5 und den Schluß aufemander bez~eht. . 228 Vgl. Ps 130 als Wiederaufnahme der Klage nach dem MIttelteil Ps 125-129. Dazu insbesondere oben 1I.1.2.
113
2.4 Zwischenergebnis: Zur Formgeschichte der Klagekompositionen
Eine eigene formgeschichtliche Ordnung der Klagekompositionen gegenüber den Wallfahrtspsalmsammlungen ergab sich nicht. Die einleitende Themenklage kann durch ein Orakel abgeschlossen werden. Im Fall der Asaphpsalmen schlagen wir die Bezeichnung Orakelpsalm für Ps 75 und 81 vor. 230 Die Klagekompositionen sind gegenüber den Wallfahrtspsalmsammlwlgen um den Hymnenschluß verkürzt. Entsprechend fehlt das Danklied, das den Vollzug der Rettung anzeigen würde. Da der hymnische Schluß fehlt, ist in der Komposition eine Leerstelle angezeigt: Eine Erwartung wird geweckt,231 aber nicht erfüllt. Vom Spannungsbogen her setzt daher die Klagekomposition das vorher beschriebene Schema der Sammlungen von Wallfahrtspsalmen voraus: Die Klage ist auf künftiges Lob und Dank offen, sie wird in Erwartung künftigen Lobes und Dankens angestimmt. Als Bezeichnung für die Gesamtkomposition legt sich damit die Bezeichnung Klageliturgie nahe, wir könnten auch mit stärkerer Betonung des Orakelelementes und belastet mit einer Hypothese hinsichtlich der Person, die die Orakel spricht, prophetische Liturgie sagen. Von der Verbindung der Themenklagen mit dem eschatologischen Schluß in PsSal 17 und 18 legt sich eine solche Bezeichnung auch für die Psalmkompositionen mit Hymnenschluß nahe, sofern dieser Hymnenschluß eschatologisch zu verstehen ist, doch sind die Psalmen Salomos sicher nachkultisch zu verorten. Die nachkultische Verortung legt sich bei den hier zusammengestellten Psalmgruppen auch insofern nahe, als sie thematisch um die Zerstörung des Tempels und Jerusalems und deren Folgen kreisen. 232 Von daher haben diese Psalmkompositionen auch nicht lokal die Bewegung von der Fremde nach Jerusalem. Die Themenklage als Klagelied des Volkes ist den Asaphpsalmgruppen mit den bei den Korachpsalmgruppen gemeinsam. Deswegen liegt trotz des unterSchiedlichen Schlusses beiderTypen von Sammlungen eine gemeinsame Verortung beider Gruppen in einer ähnlichen Situation nahe. Verwandt sind beide Vgl. die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. (dazu oben II.1.2). Vgl. insbes. auch Ps95. Keine der hier zusammengestellten nachasaphitischen Klagesammlungen hatte Orakelelemente. 231 Vgl. bes. Ps 75,10. . 232 AI~ eine Klagekom~osition, die nicht die Zerstörung Jerusalems zum Gegenstand hat, 1st das Hiobbuch beschreibbar (vgl. dazu MlLLARD, WuD 22, in Weiterarbeit von WESTERMANN, Aufbau, u.a.). 229
230
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Gruppen vom Überschriftensystem her zudem als Psalm gruppen von Leviten. 233 Die Asaphpsalmen erweisen sich als eine in der Zeit des zerst?rten ~rsten Tempels komponierte Gruppe. Der formgeschichtliche VergleIch .mlt den Threni als im Kern frühexilische Komposition und Jes 40-55 als 1m Kern spätexilische Komposition sprach für eine Ansetzung in der .mittleren Phase der exilischen Zeit nicht unmittelbar nach 586, aber vor dem Emmarsch von Kyros in Babyion 539, weil eine konkrete Wende der Not noch nicht ersichtlich ist. Diese Hinweise sind im dritten Hauptteil aufzugreifen. Bei der Asaphpsalmsammlung waren die Weisheitselemente auf die Rahmenstellen verteilt, sie fehlten allerdings ganz am Schluß der Sammlung. ~om formgeschichtlichen Vergleich mit der Sammlung der Psalmen .Salomos ~elgt~ sich deren durchgängige weisheitliche Formung und GattungsmIschung, dIe bel gleicher Thematik der Klage, der Zerstörung des .Heiligtums, den großen zeitlichen Abstand zwischen beiden Sammlungen SIcherstellten. Daß solche Trauergottesdienste immer wieder stattgefunden haben, ist auch für die makkabäische Zeit in der wir keine solche Komposition verorten konnten, durch 1Makk 3,50-54 belegt. Die nahezu durchgehenden Weisheitsmotive in den Psalmen Salomos erlauben folgendes Urteil:
3. Clusteranordnungen von Psalmen
114
Die Beschäftigung mit der deutero- und nachkanonischen Psalmenliteratur ergibt, daß die Sapientialisierung und damit der didaktisch-individualistische Trend ~er .Psalmendichtung stetig zunimmt und mithin in der unmittelbar vor- und nachchnsthchen Ära im Judentum sehr im Schwange war. ,,234
In den Psalmen Salomos fehlt insbesondere das Orakelmotiv . Die weisheitliche Edition setzt hier wie bei den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. ihre Psalmen ins Zentrum doch sind die Psalmen Salomos insgesamt weisheitlich geformt. Auch bei' den Psalmen am Schluß des vierten Psalmbuches Ps 101 ff. finden wir wohl einen weisheitlichen Anfang, die Fortführung mit einer Themenklage un.d die Wende hin zur hymnischen Stimmung. Gleichwohl legt sich ihr Verstän~ms als ursprünglich selbständige Gruppe keineswegs nahe,.. da das ?rakel mc~t vorhanden bzw. deplaziert ist und da die gemeinsame Uberschn~t fehlt. W~r werden auf diesen Kompositionsbogen im Zuge des folgenden KapItels, das dIe Reihung von Psalmen gleicher Gattung bespricht, zurückkommen müssen.
Vgl. zur Übersicht Tabelle 1 unten in Kapitel 11.4.1 S.162. . . FüGLISTER, in: Beiträge 319-384, hier 357. Füglister verweist bereits auf WILSON, Editing 143.207; CHILDS, Introduction 513. 233
234
115
3.1 Die Sammlung von Davidpsalmen im elohistischen Psalter Die beiden bisher behandelten Typen von Kompositionen von Psalmengruppen hatten ein gemeinsames Kennzeichen: Im Fortgang der Gruppe wechselte nahezu von Psalm zu Psalm die Gattung des Einzelpsalms . Gelegentlich fanden wir lediglich zwei oder gar drei 235 Psalmen, innerhalb derer der formgeschichtliche Bogen bei unserem grobrastigen und im wesentlichen synchronen Durchgang nicht weitergetragen wird. Im Fall von Ps 86, dem Davidpsalm innerhalb der zweiten Sammlung von Korachpsalmen, erweist sich eine solche Stelle bereits vom Überschriftensystem her als Eintragung, die vermutlich mit dem Ausbau am Schluß der Sammlung (Ps 89) in Verbindung steht. Für weitere Stellen werden wir dies noch vermuten. 236 Mit dem Gattungswechsel von Psalm zu Psalm baut sich innerhalb der Gruppe ein Spannungsbugen auf, der die Gruppe zusammenhält. Nun gibt es aber im Psalter wie in den Threni und den Hodajot 237 auch Sammlungen von Psalmen, in denen weitgehend Psalmen gleicher Gattung zusammenstehen. Derartige Gruppen von Psalmen gleicher Gattung finden sich als Klage- bzw. Vertrauenslieder unter den Davidpsalmen (Ps3-7; 11-14; 25-28; 51-64; 140-143) und als Loblieder zumeist unter den Psalmen ohne Personenüberschrift (Ps 95-100; 103-107; 111-118; 134-136; 145-150; vgl. jedoch auch Ps46-48 als Korachpsalmen und Ps65-68 als Davidpsalmen). Einen Teil dieser Gruppen von Lobliedern haben wir bereits Kompositionen mit vorhergehendem Klagelied zugewiesen, so verstanden wir Ps 102 im Kontext von Ps 101-106, und Ps 135 f. legte sich als Erweiterung der Sammlung von Wallfahrtspsalmen nahe, die vom System der Überschriften nur durch den Hymnus Ps 134 abgeschlossen sind. Gehen wir deshalb im folgenden die weiteren Cluster mit der Fragestellung durch, wie sich die Cluster zum bisher beobachteten formgeschichtlichen Grundschema der Folge Klage-Hymnus in weisheitlicher Rahmung verhalten. Wir werden schließlich nach dem Durchgang durch die verschiedenen Gruppen am Beispiel zweier nachkanonischer Psalmsammlungen Überlegungen zur situativen Verankerung von Clusterkomposition und des Klage-Hymnus-Schemas anschließen. Auch in der Davidpsalmsammlung Ps5lff. ist ihre Komposition nach der formgeschichtlichen Abfolge von Klage und HymnuslDanklied mit retardierendem Klageschluß offensichtlich. Bei einer Übersicht über die Gattungen innerhalb dieser Sammlung ergibt sich ein deutlicher Schwerpunkt der Klagelieder des Einzelnen am Anfang der Sammlung von Davidpsalmen, der im wesentlichen nur in Ps 65-68 durch eine Gruppe von Hymnen und Danklie235 Dieser Fall erscheint nur bei Hymnen (Ps 113-115; 134-136). Im Fall des Ägyptischen Halleis sind jedoch die Abgrenzungsprobleme und das Gattungsproblem von Ps 114 als Hymnenfragment zu berücksichtigen, Ps 135 und 136 sind nachgetragen. 236 Siehe unten II1.1.3.3 und 1.4 zu Ps43; 47 und 48. 237 So bereits der Hinweis von WESTERMANN , Sammlung.
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Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
dern unterbrochen wird. Anschließend kehrt die Sammlung wieder in die Klage zurück.
ten zu haben, was für Ps 53 als älteren Psalm spricht. Weiterhin gibt es andere Stell . en,m · R' h denen dle IC tung der Textabweichung nicht deutlich wird, insbesondere in der lan en Passage Ps 14,5f.153,6: g
3.1.1 Der einleitende Klagecluster (Ps 51-64) Wegen der langen Sammlung von Klageliedern (Ps 51-64) könnten wir hier am ehesten im Sinne der Westermannschen Hypothese von der ursprünglichen Zusammenordnung gleichartiger Psalmen 238 einen historischen Kern des Psalters vermuten. Doch wenn wir diesen hypothetischen Kern des Psalters näher betrachten, stellen wir fest, daß er deutliche Spuren von Überarbeitung aufweist, die das Textmaterial für eine solche vermutlich ursprüngliche Sammlung von Klageliedern erheblich schwinden läßt. Wir sahen bereits beim ersten Psalm der Sammlung, Ps 51, wie er in der vorliegenden Gestalt als Zwillingspsalm mit dem Asaphpsalm Ps 50 verbunden ist. 239 Da der Bußpsalm Ps 51 gegenüber den folgenden Klagepsalmen mit Feindmotiven 24o eine deutlich andere Haltung einnimmt, werden wir die Positionierung dieses Psalms eher im Kontext der asaphitischen Rahmung der Sammlung von Davidpsalmen zu verstehen haben denn als originaler Bestandteil der vermuteten Sammlung von Klageliedern. Ps 52 hat nun W. Beyerlin eine eingehende Untersuchung gewidmet, in deren Ergebnis er Ps 52 als Ps 49 und 73 verwandten Weisheitspsalm versteht. 241 Ps 49 und 73 sind nun aber die korachitischen bzw. asaphitischen Rahmenpsalmen, die die zweite Sammlung von Davidpsalmen umschließen, was uns im Kontext der Überlegungen zum elohistischen Psalter noch ausführlich beschäftigen wird. 242 Von dem Verständnis von Ps 50 und 51 als Zwillingspsalmen her wird nun deutlich, wie die Rahmung der Davidpsalmsammlung sich mit Ps 52 in die Sammlung von Davidpsalmen hinein fortsetzt. Gleichwohl ist Ps 52 mit den folgenden Psalmen bis Ps 55 durch das Überschriftselement r:nm~? verbunden. Der folgende Ps 53 ist eine Doppelüberlieferung zu Ps 14. Es gibt Stellen, an denen Ps53 deutlich den gegenüber Ps 14 sekundären Text bietet. Zuerst ist die längere Überschrift von Ps53 als Erweiterung zu verstehen. Weiterhin erläutert Ps53,2b mit 'iW das blasse ;'7'7~ aus Ps 14,1b. '9 (Ps14,3a) wird in:l9 (Ps 53,4 a) präzisiert. Daß Ps 53 gegenüber Ps 14 die ungewöhnlichere Sprache bevorzugt, wird auch durch ;'y~ (Ps53,4a) gegenüber 'i'!I;:) (Ps 14,3a) deutlich. Doch ist auch hier wohl eher Ps53 gegenüber Ps 14 im Ausdruck gesteigert, als daß Ps 14 sprachlich geglättet hätte. Umgekehrt scheint jedoch Ps 14 in v. 2 die elohistische Sprache beibehalWESTERMANN, Sammlung 336f. S.o. 1.2.1 zu den Zwillingspsalmen. 240 BEYERLlN, Rettung 23ff. 129ff., zählt Ps54; 55; 56; 57; 59; 62; 63 und 64 zu den Feindklagepsalmen. Doch haben auch die anderen Psalmen dieser Sammlung (insbesondere Ps58 und 61) Feindmotive. Zum Problem der Differenzierung innerhalb der Gattung Klagelied des Einzelnen s. 0.1.3.5. Zu Ps 58 vgl. 11.2.1 (S. 98f.). 241 BEYERLlN, 52. Psalm 108ff. 242 S. u. 111.1.2.1. 238
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Dort haben sie sich gewaltig erschrocken, denn Gott ist im Geschlecht des Gerechten. Am Plan gegen den Armen werdet ihr scheitern, denn Jhwh ist seine Zuflucht. (Ps 14,5f) Dort haben sie sich gewaltig erschrocken, (wie bisher) kein Schrecken war, denn Gott hat die Gebeine des Belagerers zerstreut. Mache zu Schanden, denn Gott hat sie verworfen. (Ps 53,6) Eine erste Sichtung dieses schwer verständlichen Textes läßt wieder Ps 53 als den gegenüber Ps 14 erweiterten Text erscheinen. Insbesondere das nicht völlig verständliche '09 ;,~;rN' (Ps53,a) schießt in Ps53 gegenüber Ps 14 über. Der Hinweis auf den Gerechten (v''J'~) und den Armen ('~l!) fehlt nun in Ps 53, während in Ps 14 kein Hinweis auf ein.en Belagerer. (1~'n) zu finden ist. Das macht deutlich, daß beide Aussagen in völlig verschiedenen Honzonten erscheinen: Spricht Ps 14 in der Sprache der psalmentypischen Armentheologie, so greift Ps 53 die Sprache des Krieges auf, genauer gesagt, die Sprache des Jhwh-Krieges. 243 Die Vorstellungswelt des Jhwh-Krieges gibt auch einen Hinweis auf den eingefügten Kurzsatz '09 ;'~;TN'" der das für den Jhwh-Krieg typische Motiv des Gottesschreckens einführt. 244 Beide Psalmen haben also einen unterschiedlichen Vorstellungshintergrund: Weist Ps53 eher auf einen militärischen Hintergrund, so hat Ps 14 den Hintergrund eines Konfliktes zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb von Israel. Von dem Kontext von Ps 52 her wird nun auch deutlich, wie die Kriegsmotivik in den PS~lm hi~einkommt: Ps 52 und 54 sind in der Überschrift als Psalmen in der Verfolgungszeit Davlds gekennzeichnet, Ps 53 reflektiert genau dies durch die Einfügung des Belagerers (1~n).
Auch innerhalb von Ps 54-64 gibt es weitere deutliche Unterschiede, die ein undifferenziertes Verständnis der Psalmensammlung ausschließen: Völlig aus dem Rahmen fällt Ps 58, der die Gerichtsthematik behandelt. 245 Ebenso eigen243 Vgl. VON RAD, Heiliger Krieg; WEIPPERT, ZAW 84,460-493; vgl. auch SCHUNCK, VT 14,319-330, und JEREMlAS, Theophanie. 244 Vgl. den militärischen Kontext in den midraschartigen Überschriften in Ps 52ff. 245 S.o. S.98f. Zum Motiv der Zahnverletzung (Ps58,7) als nonnalem Bestandteil der Rechtsdurchsetzung in biblischer Zeit vgl. jetzt CRÜSEMANN, Tora 191.
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Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
ständig ist Ps 60 als Volksklagelied, das als solches gattungstypisch explizit ein Orakel hat. 246 Zu unterscheiden sind weiterhin Klagepsalmen mit deutlichem VertrauensteiF47 und die Psalmen mit midraschartiger Überschrift 248 , die in diesem Teil des Psalters einen deutlichen Stellenschwerpunkt haben. Doch ergeben weder die Überschriften einen durchgehenden Erzählsinn, wenn wir sie hintereinander lesen, 249 noch sind die überschriftslosen Psalmen deutlich in ein mit den midraschartigen Psalmen gegebenes Gesamtgefüge integriert. Es liegt daher nahe, daß die midraschartigen Überschriften in dieser Psalmgruppe nicht mit der Gesamtkomposition dieses Teils des Psalters in Zusammenhang stehen. 25o Diese Überschriften ergeben jedoch einen kontextuellen Sinn in Zweiergruppen. So finden sich beispielsweise Ps 56f. und 59f. in der auch von den Samuelbüchern her bekannten Reihenfolge. Der Psalm dazwischen, Ps 58, hat ein deutlich anderes Gepräge 251 , so daß er aus der Kleingruppe der Psalmen mit dem Überschriftselement CN~ (Ps 56-60) deutlich herausfällt. Die anderen Psalmen gruppieren sich vermutlich auch in Zweiergruppen um diese Psalmen herum. 252 Ein möglicher Sitz im Leben dieser Psalmen ergibt sich aus ihrem Thema: die Klage gegen Feinde, die in den Überschriften als militärische Bedrohung gekennzeichnet sind. 253 Das legt als Kontext zunächst einmal die staatliche Existenz Israels nahe. Doch selbst eine solche Minimalaussage ist für alle Psalmen der Gruppe keineswegs selbstverständlich. Eine andere Verortung legt sich von Ps 61 her nahe. Die Schilderung der Not des Beters ist extrem kurz und unkonkret. Der Beter befindet sich an den Enden der Erde 254 , er will
aber im Tempel sein (v. 5), um dort sein Gelübde zu erfüllen (v. 6.9). Zum Kreis der Jerusalem-Motive ist auch die Bitte für den König zu rechnen (Ps 61,7):255
246 Ps 57 und 60 sind in Auszügen zu Ps 108 neu kombiniert. Zum literarkritischen Vergleich der Texte s. o. 1.3.4.2. Ps 108 ist auch als Textverweis deutbar, der den Vorbau des Ägyptischen Halleis an den bereits bestehenden Psalter anbindet (dazu oben S. 82 ff. ). 247 Zu Ps 62 hat dies insbesondere STOLZ, Psalmen 50ff., betont. 248 Ps 51; 52; 54; 56; 57; 59; 60 und 63. 249 Beispielsweise steht der Hinweis auf die Geschichte von der Ergreifung Davids in Gath (ISam 21,11ff. in Ps56,1) hinter dem Hinweis auf den Verrat Davids durch die Sifiter (ISam 23,19; 26,1 in Ps54,2). Die Anspielung auf ISam 19,11 (Ps59,1) folgt der auf ISam 22,1 (Ps 57,1). 250 Ähnlich Ps 34 und 142. Zu Ps3 und 7 siehe hingegen H.3.22. Zu Ps 18 siehe H.3.3. 251 S.o. H.2.1 (S. 98f.). 252 Nehmen wir nun die midraschartigen Überschriften als zusätzliche Texttrenner, so ergeben sich bei den Feindklagepsalmen auch für die anderen Psalmen jeweils Zweierpaare: Ps52f.; 54f.; 63f. Die Bedeutung von Ps52f. als Einleitung der Komposition sahen wir bereits. Ps 54 f. verbindet das besonders für den Zusammenhang zu Ps 65 ff. wichtige Anfangsmotiv der Bitte um Gebetserhörung, der Parallelismus Ps 54,4 ist dabei in Ps55,2a zu einem Ausdruck zusammengezogen (s. u. Anm. 266). Doch sind auch andere Zuordnungen möglich. Bei den letzten vier Psalmen lassen sich auch Ps 62f. aufgrund ihrer gemeinsamen Bezeichnung von David als König zusammenordnen, was für die Zeit, in der sie sich vom Kontext her geben, der Zeit der Kämpfe Davids gegen Saul, bemerkenswert ist, und Ps61 und 64 wegen der gemeinsamen Einleitung mit einer Bitte um Erhörung. 253 Das schließt für die Betrachtung der vorliegenden Texte, d.h der Psalmen einschließlich der Überschriften, Theorien wie die beispielsweise von MOWINCKEL (Psalmenstudien I), die Feinde seien Zauberer, aus. 254 N'i?~ 'l1'''-~ nl$~ :1l!i?7;1 ("Von den Enden der Erde rufe ich zu dir", Ps61,3a).
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t'pQ;n 17~-'~:-'17 C'~' :"i' 1·i-;~~ "l'1Ülli •
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Den Tagen des Königs mögest du (weitere) Tage hinzujagen, ' seine Jahre mögen gleichsam immerdar sein.
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Kraus hat deswegen Ps 61 mit Vorbehalt zu den Wallfahrtspsalmen gezählt. 256 Diese Beobachtung von Kraus ist für die gesamte Komposition von großer Bedeutung. Zwar ist Ps 61 der einzige Psalm, dessen Beter sich im Psalm selbst explizit in der Diaspora verortet,257 jedoch sind alle anderen Klagepsalmen des Clusters, wenn sie verortet sind, über die midraschartigen Überschriften außerhalb von Jerusalem angesiedelt. Die einzige Ausnahme ist hier, wie bereits unter zahlreichen anderen Gesichtspunkten, wieder das Gebet Davids wegen der Batseba-Affaire, Ps 51. 258 Wie Ps61,7 setzt auch Ps 63,12 die Existenz eines lebenden davidischen Königs voraus: 259 C'::t·'N~ n~w: 17~::J1 ;:1:1 31:1:1uh;,-~~ '~~l'1~ T
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:1l?W-":;t;i '!;l 1;:)!il' ':;l Aber der König wird sich an Gott freuen, es rühme sich, wer bei ihm schwört, denn den Lügnern wird das Maul gestopft werden.
Die Position der Gegner, gegen die der Psalm betet, ist - in der Sprache des Psalms gesprochen - die, daß der König sich nicht mehr freut. Vorausgesetzt wird damit eine Notsituation speziell des Königs als Person oder als Repräsentant des Staates, deren Wende nicht ohne weiteres in Sicht ist. Trotzdem ist gerade in dieser Komposition der König präsent (Ps 61,7; 63,12). Damit ergibt sich für die vorliegende Form der Komposition ein erster Datierungsansatz in der letzten staatlichen Zeit (vielleicht Josia)260 oder der frühen Exilszeit (dann 255 Diese Verse literarkritisch abzutrennen, besteht kein Anlaß, da sich dasselbe Problem einer plötzlich auftretenden Prädikation Davids als König auch am Schluß von Ps63 zeigt (gegen GUNKEL, KRAus u. a. z. St.). 256 KRAUS z. St. 257 Dazu unten HI.1. 258 S. 0.1.2.1 und unten III.1.2.1 und 1.3.1 zur Opfertheologie in Ps50f. 259 Ps 63 ist der einzige Psalm innerhalb des Zusammenhanges der Davidpsalmen 51-70, der nicht zusätzlich das Überschriftselement 1J'l!~7;1; hat. Ps 67 hat jedoch keine Davidüber. schrift, dazu unten S. 123. 260 Insbesondere Josia wird als David redivivus geschildert. Vgl dazu beispielsweise die Kultreformberichte, die Josia als einzigem die Rolle zuweisen, auch die unter Salomo eingerichteten Höhen abgeschafft zu haben (2Kön 23,13, dazu bes. HOFFMANN, Reform 169ff., und - als dem Quellenwert mehr vertrauende Gegenposition - SPIECKERMANN, Juda, sowie ders., TRE 17, 264-267). Dadurch rückt Josia in wesentlich höherem Maße als alle seine Vorgänger
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Teil Il: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
wohl Zedekia)261. Ein sprachliches Indiz für eine solche Verortung besteht in der midraschartigen Überschrift in Ps60, des einzigen Volksklageliedes in dieser Sammlung. 262 Gegenüber der Vorlage 2Sam 8,3 ist nicht nur der Bezug auf Mesopotamien eindeutig hergestellt,263 sondern diese Passage steht auch vor den anderen Aussagen über Aram Zoba und Edom, die in 2Sam 8 dominant sind. Wie sehr sich die Psalmüberschrift hier von der Situation der frühvorexilischen Zeit 2Sam 8 her neu versteht, wird deutlich, wenn wir uns vor Augen halten, daß David nach 2Sam 8 verschiedene Schlachten gewann. Der Gewinn des Kampfes wird aber im Korpus von Ps 60 nur im Heilsorakel angekündigt (v.8ff.), wobei zudem die in der Überschrift thematisierten "Aramäer aus Mesopotamien" (C''Jtl~ C'J~) nicht zu den von Gott verteilten Völkern gehören. Dieser anachronistische Begriff weist auf die Situation von Ps 60, also eine bestehende Kriegsnot gegen die "Aramäer aus Mesopotamien". Innerhalb des Clusters von Klageliedern finden sich gattungstypisch in einzelnen Psalmen Gelübde bzw. Ankündigungen eines Hymnus oder Dankliedes. Gelübde sind in Ps 56,13; 61,6.9 anzutreffen. 264 An vielen weiteren Stellen werden Lob und Dank für den Fall der Rettung angekündigt. 265 Die Klagepsalmen verweisen damit im Kontext der Psalmengruppe auf die Lob- und Danklieder Ps 65ff. Besonders deutlich ist die Zusammengehörigkeit von Klage und Lob auch in den beiden Ps54f., denen wir wegen der Sonderstellung der vorhergehenden Psalmen 51-53 eine gewisse Anfangsstellung zuschreiben können. In Ps 54f. ist der Anfang jeweils als Bitte um die Erhörung des Gebetes (:1?!;lT;1) gestaltet. 266 Die nächste Parallele zur Bitte um Erhörung in Ps 54 und 55 findet sich in Ps 61 und 64, also einerseits unmittelbar vor dem Umbruch von der Klage zum Lob in Ps 65.
und Nachfolger an das Urbild David heran. VgL als Einzelzug aber auch die versuchte Flucht Zedekias ins Ostjordanland analog zur Flucht Davids, dazu GUNNEWEG, Geschichte 115. 261 VgL die Notiz über die Begnadigung Zedekias am Hof in Babyion (2Kön 25) als eine Möglichkeit, die Aussage über den judäischen König in exilischer Zeit zu verstehen. 262 Weitere Volksklagelieder in Clustern von Klageliedern des Einzelnen sind außer Ps 60 Ps 12 und Thr (3;) 5. Bei den Beispielen im Psalter finden sich hier makroformgeschichtlich nicht einzuordnende Orakel, die allerdings für Klagelieder des Volkes gattungstypisch sind. 263 Diese steht in 2Sam 8,3 erst im interpretierenden Qere des Textes. 264 VgL auch ;,:n~ ("freiwilliges Opfer") in Ps54,8. Ps54 nimmt mit diesem Begriff eine wichtige Zwischenstellung zwischen der opferkritischen Haltung von Ps 50f. und Ps 56 und 61 ein. VgL dazu unten II1.3.1. 265 '~T, loben, in Ps57,8.10; 59,18; 61,9, und ;"" Hi, danken, in Ps52,11; 54,8; 57,10. Bemerkenswert ist, daß beide Wörter im Kleinkontext eines Verses immer in dieser Reihenfolge auftreten (Ps 57,10, weitere Stellen s. u. S. 127 Anm. 303), w~rend i~ Großkontext der Psalmen immer der Hymnus dem Danklied vorausgeht (beachte Jedoch dIe Ausnahme von Ps 92f., dazu unten 11.3.4). 266 Ps 54,4: ... '!r'')1t~7 ;'~'T~::! 'J:1?!;)1;1l1~t;i c'::t"'~. Gott höre auf mein Gebet, merke auf die Worte meines Mundes." 55,2: 'J:1?!;)1;1 c'::t'~ ;,tT~::r. "Höre, Gott, mein Gebet,"
Ps
3. Clusteranordnungen von Psalmen
121
3.1.2 Die Hymnus-Danklied-Gruppe Ps 65ff im Kontext Was die Klagelieder erbitten, ist in Ps 65 Teil der Gottesprädikation: Gott erhört Gebete (v. 3). Die in Ps 65 vollzogene Wendung bringt der Psalm bereits an seinem Anfang zum Ausdruck. Nach der Überschrift setzt Ps 65 betont mit dem Stichwort :1?;:1T;1 (Hymnus) ein und nimmt zugleich die vorausgegangene Klage (:1?!;lT;1) generalisierend auf (Ps 65,2f.):
l i"P C';:1"!5 :1?;:1l;1 :1~/;'1 ~7 :11rc~tp' ~7~
:~K:J; 1~~-'f ~'J~ ':1?!;l~ i~iv
Dir ,gebührt'267 Lobpreis, Gott in Zion, und dir wird man Gelübde erfüllen. Erhörer eines Gebetes, zur dir kommt alles Fleisch.
1J~, das Gelübde, ist ein möglicher Bestandteil des Klageliedes, mit dem der Beter für den Fall seiner Rettung ein Dankopfer (:11il'1) ankündigt. 268 Doch neben diesem partizipialen Lobpreis Gottes und der weisheitlichen Vertrauensäußerung (v. 5) stehen in Ps 65 konkrete Bitten (v. 4b. 6a):
C19:::11'1 :1l'1K U'37W9
UV~~ 'ü"!5 ~l~~~' PJ~~ 1'1iN?il
Unsere Sünden mögest du uns vergeben. Mit furchtbaren Taten in Gerechtigkeit antworte uns, Gott unseres Heils.
Der Hymnus Ps 65, in dem an Gottes Schöpfermacht erinnert wird (v. 7-14), steht also inhaltlich an der Grenze zwischen Klage und Dank, erst der Dankpsalm Ps66 blickt ausschließlich auf das rettende Tun Gottes zurück (v. 5):
C11$ ,~~-,~ :1?'7~ K':11) C';:1'!5 1'1i'~~/;' ~K':1~ ~:::I7 Kommt her und seht die Werke Gottes, eine wunderbare Tat gegenüber den Menschenkindern. Wir sahen bereits, daß Ps 66 formgeschichtlich gern in zwei Teile unterteilt wird, die aber als Einheit betrachtet als Liturgie verstanden werden können. 269 Interessant ist nun, daß der erste Teil von Ps 66 als Hymnus zum Hymnus Ps 65 paßt, während der Dankliedschluß von Ps 66 zum Segens- und Dankpsalm Ps 67 überleitet. Ps 65 ff. ist also als Textzusammenhang lesbar. Von diesem Textzusammenhang erschließt sich die formgeschichtliche Besonderheit des 267 So mit der Septuaginta, die den masoretischen Text hier anders vokalisiert (dergleichen GUNKEL, KRAUS, WEISER u. a. z. St.). Der masoretische Text heißt übersetzt: "Für dich ist Schweigen Lob". Wird in der masoretischen Vokalisation dem Leser bzw. Hörer, der eine so große Zahl von Klageliedern gelesen bzw. gehört hat, gesagt, daß das Schweigen, also kontextuell wohl das Aufhören mit der Klage, bereits Gotteslob ist? Der masoretische Text bleibt dunkeL 268 GUNKErJBEGRICH, Einleitung 247f. Siehe als Beispie1erzählung auch 1Sam H. (dazu oben II.1.4). 269 S. 0.1.3.3.
123
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Einzelpsalms Ps 66 neu. Der Höhepunkt dieser Gesamtliturgie ist das Dankopfer, das nach Ps 66,15ff. dargebracht wird. Einen genauen Hinweis, wann das Dankopfer erfolgte, fehlt allerdings. Bemerkenswert ist außerdem die alttestamentlich seltene Verwendung der ;'7'31 als Dankopfer . 270 In Ps 66 erscheint auch das typische Hymnenmotiv der Aufforderung aller Völker zum Lob (Ps 66,1 ff.):
Segen ein. 276 Ps 67 fällt auch als einziger Psalm ohne das Überschriftenelement "", aus den umgebenden Psalmen heraus, ist aber mit anderen Überschriftenelementen fest mit dem Kontext verbunden. Das Fehlen der Davidüberschrift in Ps 67 kann nun auch inhaltliche Gründe haben, da Ps 67 mit seiner performativen Sprache als pluralischer Segenspsalm die liturgische Kompetenz bei aller Hochbewertung Davids in den Psalmen doch eindeutig übersteigt. 277 Gleichwohl sind alle hymnischen Psalmen der elohistischen Sammlung von Davidpsalmen mit dem Überschriftenelement "'W ("Lied") verbunden. Am Schluß von Ps 67 wird nun betont darauf hingewiesen, daß alle Enden der Erde Gott fürchten werden. 278 Der Schluß von Ps 67 nimmt also die Lokalisierung von Ps 61 wieder auf. Damit wird deutlich, daß die Komposition des Textzusammenhanges in einer Diasporasituation erfolgte. 279
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;~~-';:J~ ~"1?I :n~::rli" 0'0·'~7. ~31'}~ 0'0·'~7. ~"1?1:t
:;11701;1 ';:J~ ~~'W 1W~~ ~?'~-;'~ 1"iV. :J"':;1
:1'~'~ 17 ~tVlJ~'
11?W ~"1?I~ '?-~"1?I~i 17 ~'nlJ~' r;~~-li; Jauchzet Gott, alle Lande! Besinget die Ehre seines Namens! Machet zur Ehre sein Lob! Sprechet zu Gott: " Wie furchtgebietend sind deine Werke, in der Fülle deiner Macht heucheln dir deine Feinde Ergebung. Die ganze Erde bete dich an und lobsinge dir, lobsinge deinem Namen . .. "
Wenn man den vorhergehenden Kontext von Psalm 66 berücksichtigt, sind aus den Feinden des klagenden David im Loblied Gottes Feinde geworden, die vor seiner universalen Macht in die Knie gehen. Der Gegenwart oder Erwartung des Lobes entspricht die Aussage des Hörens Gottes im Realis (Ps 66,19):271 :'J:l7~1;1';P~ :J'Wi(0 0'0',~ 31~W p~
Fürwahr, Gott hat gehört, er hat auf die Stimme meines Gebetes gemerkt.
Demgegenüber hat Ps 68 eine auf den ersten Blick völlig andere Sprechhaltung: neben Hymnenformen 272 und weisheitlichem Vertrauen 273 finden sich in Ps 68 auch Bitten an Gott: v. 29: Gebiete, Gott, deiner Macht . .. v. 31: Schelte das Tier des Schilf. ..
... 1W 0'0',~ ;,p: ... ;'~i? l1~lJ ":\l~
Die Besiegung der Feinde steht also wenigstens teilweise noch aus. 274 Es ist auch nicht deutlich, ob sich der Psalmbeter wirklich in Jerusalem als der Stätte des Lobes (Ps 65,2) befindet, oder ob ervon Gott erst noch "aus Baschan" (1W~~) und "aus den Tiefen des Meeres" (0; l1;'~1?~) zurückgeholt werden muß (Ps 68,23). Gerade von den Bitten dieses Psalms her, die kompositionell in weitere Klagepsalmen münden (Ps 69-71), legt sich nahe, daß in der grandiosen Szene von Ps 68, in der Traditionen von Jhwh-Krieg und Theophanie 275 zusammenfließen, die gegenwärtige Not eschatologisch überhöht wird. Ps 67 nimmt damit wohl die Schlußstellung der eigentlichen Liturgie mit dem 270 271 272 273 274 275
Vgl. Lev 22,18. Dort kann die :"17;)1 als freiwilliges Opfer gegeben werden. Vgl. die Tempustheorie von ZUBER, Tempussystem 27 u. Ö. Ps 68,5ff. u.Ö. Vgl. Ps 68,2l. Ps 68,2.22. Vgl. insbesondere JEREMlAS, Theophanie 185 ff. , sowie oben Anm. 243.
3.1.3 Der Schluß der Sammlung (Ps 69-72)
Der Schluß der im Vergleich zu den anderen Psalmgruppen außergewöhnlich großen Sammlung der Davidpsalmen im elohistischen Psalter ist mit vier Psalmen gestaltet. Dem größeren Umfang der Klage am Anfang entspricht also auch ein umfangreicherer Schluß der Sammlung, der in den levitischen Psalmengruppen nur einen Psalm ausmachte. Doch für alle vier Psalmen des Schlußteils legen sich kontextuelle Funktionen nahe, die hier kurz skizziert werden sollen. Am deutlichsten ist dies beim abschließenden Ps 72, der auch als Salomopsalm aus der Reihe der Davidpsalmen herausfällt. 280 Dieser Psalm wird als Königspsalm insbesondere seit C. Westermann 281 als Teil der Edition der Psalmbücher verstanden. Deutlich ist dies auch für Ps 70, der in Ps40 aufgegriffen wird, 282 womit der Schluß des zweiten und der des ersten Psalmbuches verknüpft sind. Ähnliches legt sich für Ps 71 nahe. Da er von zwei Psalmen umgeben ist, die vermutlich eine Funktion auf der Ebene der Ausgestaltung der Psalmbücher haben, liegt auch für ihn eine solche großkontextuelle Funktion nahe. Inhaltlich führt Ps 71 gegenüber den vorhergehenden Feindklagepsalmen das Motiv des kranken und alternden Menschen ein (v. 9-11).283 In 276 Als formgeschichtliche Parallele vgl. Ps 133f. als Schluß der Sammlung der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. ohne die Erweiterungen Ps 135 ff. und die Schlußstellung der Segen- und Fluchkapitel in den Rechtsabschnitten derTora Lev 26; Num 28f.; Dtn 27f., dazu bereits von VON RAD, Hexateuch, u. v. a. 277 Vgl. jedoch Ps 133, der allerdings keine performative Sprache hat. 278 ntt-'I;;!!?I$-'''' ~N'?'1 ("dann werden dich fürchten alle Enden der Erde", Ps 67,8b). 279 V gl. in diesem Kontext auch die Aufforderung der Fremdvölker zum Lob Gottes (Ps66,lff.). 280 Daß Salomopsalmen im Kontext der Davidpsalmen erscheinen, ist keineswegs ungewöhnlich, da auch der zweite Salomopsalm des Psalters, Ps 127, inmitten von Psalmen steht, die, soweit sie eine personengebundene Überschrift haben, auf David verweisen. 281 WESTERMANN, Sammlung; vgl. aber auch WILSON, JSOT 34. Siehe oben S. 4. 282 S. 0.1.3.4.2. 283 Durch die enge inhaltliche Verbindung zwischen Ps 38 und 71 kann 4Q Ps' (frag. g) Ps 38
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TeilII: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
diesem überschriftslosen Psalm am Schluß der zweiten Davidpsalmsammlung gibt David gewissermaßen das Wort ab, und zwar an Salomo, seinen Sohn und Nachfolger,284 so daß es am Ende heißen kann (Ps 72,20):
Anzeichen für jüngste Editionselemente. 289 In der exegetischen Literatur werden also aus dem ersten Psalmbuch die überschriftslosen Eingangspsalmen wegen ihrer Funktion für den Gesamtaufbau des Psalters oft ausgegrenzt. Das ist jedoch methodisch höchst problematisch: So finden sich im ersten Psalmbuch mit Ps 10 und 33 weitere Psalmen, die keine Überschrift haben, und die sich textkritisch, wenn auch mit Vorbehalt, als Einzelpsalmen erweisen. 290 Betrachten wir zunächst den Schluß des ersten Psalmbuches. Dort finden wir mit der Schlußdoxologie von Ps 41 ein Textelement, das entsprechend den Schlußdoxologien des zweiten bis vierten Psalmbuches als redaktioneller Zusatz gilt und daher literarkritisch abgetrennt wird. 291 Mit dieser literarkritischen Operation, zu der aus Ps41 selbst heraus kein Anlaß besteht, wird die Frage verhindert, ob Ps41 als ganzer eine Funktion für das erste Psalmbuch hat. Diese Frage ist insofern neu zu stellen, als C. Westermann und G.H. Wilson für die Königspsalmen Ps 72 und 89 eine abschließende Funktion für das zweite und dritte Psalmbuch nachgewiesen haben. 292 Vereinzelt gibt es auch in der Literatur Hinweise, Ps 41 als gesamten Psalm in kompositorischer Funktion zu lesen. So verweist bereits N. M. Sarna insbesondere auf die Entsprechungen von Ps 1 und 41 durch die Wurzelverbindungen von ''JW~ (Ps 1,1; 41,2), f!ln (Ps 1,2; 41,12) und ':J~ (Ps 1,6; 41,6).293 Wilson versteht die FeindsteIlen in Ps41 (insbesondere v. 5.11f.) als Aufnahme der Verheißung, daß der König auf dem Zion über seine Feinde triumphieren wird (Ps2,7ff.). Damit stellt er Ps 41 wie Ps 72 und 89 in einen von Ps 2 konstituierten Textzusammenhang von Königspsalmen an den Nahtstellen des Psalters. 294 Nun wäre es falsch, die Verstehensversuche, die Ps41 mehr in die Nähe von Ps2 ziehen wollen, und diejenigen, die Ps41 als Entsprechung zu Ps 1 sehen, voneinander zu trennen, weil Ps 1 und 2 gemeinsam ihre Funktion als Einleitung zum Gesamtpsalter wahrnehmen. 295 Wir stellten bereits fest, daß Ps 40 vermutlich Ps 70 integriert hat. 296 Beide Psalmen stehen zwar nicht an letzter, wohl aber an vor- bzw. drittletzter Stelle innerhalb des jeweiligen Psalmenbuches. 297 Es liegt also
:'lf'·P '11 ni'!;)J;1 ~'f Zu Ende sind die Gebete Davids, des Sohnes Isais. Auch Ps 69 fällt schließlich aus dem Rahmen der Feindklagen des vorhergehenden Klageclusters heraus. Er hat deutliche sprachliche Verbindungen insbesondere mit Ps 22 und 102, also mit Texten aus dem ersten und vierten Psalmbuch. 285 Auch an der Nahtstelle zwischen den Psalmengruppen findet sich die Perspektive von der Klage zu Lob und Dank (Ps69,31): Ich werde den Namen Gottes mit einem Lied loben, ich werde ihn mit Dank vergrößern.
"'W:;I c';:!"I,rClP. :177;:J~ ::1jin:;l U?n~1
Diese Ankündigung des Lobes wird kontextuell weder in derselben Psalmengruppe noch in der folgenden eingelöst. Damit verweist auch der Schluß der Davidpsalmen in der vorliegenden Form wie die Sammlung von Asaphpsalmen auf ein noch ausstehendes Lob. Betrachten wir nun das erste Psalmbuch, das bis auf wenige überschriftslose Psalmen 286 ebenfalls aussschließlich Davidpsalmen enthält.
3.2
Das erste Psalmbuch
3.2.1 Zur Abgrenzung der Sammlung Die Beschreibung der Komposition der Davidpsalmen im ersten Psalmbuch ist erheblich schwieriger als die der Davidpsalmen im elohistischen Psalter: Das erste Psalmbuch ist einer der unübersichtlichsten und schwierigsten Textbereiche im Psalter überhaupt. Die wenigen Forschungsergebnisse, auf die wir hier zurückgreifen können, sind Motiv- und Stichwortverbindungen von Psalm zu Psalm, wenige Strukturhinweise und der Hinweis auf die Häufung von Klageliedern des Einzelnen und Davidpsalmen in diesem Textbereich. 287 In der diachronen Interpretation dieses Textbereiches finden wir in der Forschung nur wenige Hinweise: neben der beliebten Theorie, in der Davidpsalmsammlung Ps3-41 fände sich eine der ältesten Sammlungen des Psalters,288 gibt es und 71 als einen Psalm verknüpfen. Zum Parallelaufbau zwischen Ps 71 und 31 vgl. AEMELAEUS, Prayer 95. 284 Siehe auch unten III. 1.2.3, vgl. dort auch die Interpretation der Rahmung Ps 51 und 72. 285 Die Verbindungen zwischen Ps69 und 102 hat insbesondere ALLEN, JBL 105, 577-589, herausgearbeitet. 286 Ps 1; 2; 10 und 33. 287 S. 0.1.2.2. 288 Vgl. GESE, Entstehung 161; GUNKErJBEGRICH, Einleitung 454; SELLINlFoHRER, Einleitung 319; SMEND, Entstehung 190; vgl. WEISER 67; WESTERMANN, Sammlung 339.
125
So bes. zu Ps 1, dazu unten IIL3.3.4. S.o. LI. 291 GUNKEL 176; GESE, Entstehung 162; KRAUS 8.469. 292 WILSON, Editing 21Off.; ders., JSOT 34; vgl. auch bereits WESTERMANN, Sammlung 340.342. 293 SARNA, EJ 15, 1303-1322, hier 1311. Die formgeschichtliche Debatte, ob Ps 41 nun als ein "Krankheitspsalm mit didaktischer Einführung" (so KITTEL 160, vgl. BERTHOLET 117) aufzufassen ist oder ein Danklied sei (so SCHMIDT, CRÜSEMANN, Studien 242, ähnlich KRAus 466), greift zu kurz, weil der Psalm Elemente des Klage-, Dank- und Weisheitsliedes vereinigt (siehe KRAUS 466). Er ist deshalb formgeschichtlich den sogenannten Mischpsalmen zuzurechnen. Kraus vertritt die Ansetzung des Psalms als "Gebetslied" (z. St.), neben Klage- und Dankliedern fließen bei Kraus also auch weisheitliche Momente in seine neue Gattungsdefinition ein. 294 WILSON, Editing 209ff.; vgl. ders., JSOT34. 295 S. 0.1.2.1 und u. III.3.3.2 und 3.3.3. 296 S. o. 1.3.4.2. 297 Eventuell nimmt auch Ps 70 die vorletzte Stelle im zweiten Psalmbuch ein, wenn wir der 289 290
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Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
nahe, daß die Übernahme von Ps70 in Ps40 auf dem Hintergrund einer bewußten Parallelgestaltung beider Psalmbücher bzw. der entsprechenden Davidpsalmsammlungen erfolgte. Der weitere Inhalt von Ps 40, das heißt insbesondere die kritische Einstellung zum Opfer, die uns bereits im Vorspann zur zweiten Davidpsalmsammlung begegnete, verstärkt diesen Eindruck. Die Motive von Alter, Krankheit und Tod begegnen uns auch am Ende des ersten Psalmbuches, insbesondere in Ps 37,25 a: 298
diachrone Hypothese verwandelt werden, die die Hymnen aus makroformgeschichtlichen Gründen nachgetragen sähe, da der Schlußteil der Klagelieder regelmäßig auf Dank (:1i' Hi) und Lob ('~T Pi) verweist. 303 Es liegt damit sowohl von den Stichwortverbindungen, der Strukturuntersuchung als auch den inhaltlichen Textelementen her nahe, Ps 8f. und 29f. als Zielpunkte der Cluster aufzufassen, durch die die Cluster zu Kompositionsbögen im Sinne des formgeschichtlichen Schemas Klage-Lob-Dank werden.
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Ich bin jung gewesen und alt geworden.
Da die Motive von Alter und Krankheit auch am Schluß der elohistischen Sammlung von Davidpsalmen und damit am Schluß des zweiten und dritten Psalmbuches erscheinen,299 sehen wir, daß die Gemeinsamkeiten am Schluß der ersten Psalmbücher keineswegs auf einen Vers oder Psalm zu beschränken sind, sondern tiefer in die Struktur des jeweiligen Psalmbuches bzw. der es abschließenden Sammlung hineingehen. Wir sahen die Gesamtkomposition der zweiten Sammlung von Davidpsalmen insbesondere durch das Gefälle von Klageliedern zu Lob- und Dankliedern bestimmt. Wenn wir uns in dieser Perspektive das erste Psalmbuch ansehen, finden wir zweimal den Ps 65ff. entsprechenden Übergang vom Hymnus ins Danklied, in Ps 8f. und 29 f., aber es stehen auch zwei Hymnen (Ps 19 und 33) allein ohne folgendes Danklied, wobei wir Ps 19 bereits als Zentrum einer Reihe von Psalmen im ersten Psalmbuch kennenlernten. Unser Versuch, eine Chiasmusstruktur im ersten Psalmbuch auszubauen, endete bei der Abfolge von Hymnus und Danklied, die nicht invertiert war. 300 Die Abfolge HymnusDanklied steht offenbar als Block außerhalb dieses Chiasmus. Wenn die Abfolge von der Klage zu Lob und Dank von der rein schriftlich-kompositorischen Chiasmusanordnung nicht veränderbar ist, wird sie wohl vorausgesetzt, und zwar wohl weniger als fester Textzusammenhang als als formgeschichtliches Muster. Chr. Barth 301 und E. Zenger 302 haben bereits darauf hingewiesen, daß die Hymnen im ersten Psalmbuch (Ps 8; 19; 29 und 33) deutlich lockerer mit dem Kontext verknüpft sind als etwa die Klagelieder untereinander. Diese Beobachtung, die mit einer Vielzahl von Stichwortverbindungen belegt wurde, sollte jedoch nicht vorschnell im Sinne unserer Beobachtung eines der Komposition zugrundeliegenden Schemas von Klagelied-Hymnus-Danklied in eine Hypothese von WILSON der Zuordnung der überschriftslosen Psalmen zum vorhergehenden Psalm im 1. bis 3. Psalmbuch folgen wollen (vgl. dazu oben die kritische Auseinandersetzung auf dem Hintergrund der Psalmzählung und Manuskriptgestaltung LI) oder den Salomopsalm Ps 72 nicht mitrechnen. 298 Vgl. auch Ps38,7ff.; 39,5, da die Vergänglichkeitsklage wohl eher im Mund eines alten als eines jungen Menschen denkbar ist. Zu diesem Motiv als Anfang eines Abschlußpsalms vgl. hebr.Sir 51,51. 299 Vgl. Ps37-41 und 88. Dazu oben II. 1. 1.5. und II.3.2.4. 300 S. 0.1.2.2. 301 BARTH,FSRapp37f.,zuPs8;19;29. 302 ZENGER, FS Füglister. Zu beiden Ansätzen siehe oben 1.2.2.
3.2.2 Der erste Kompositionsbogen
Der Kern des ersten Kompositionsbogens ist der Klagecluster Ps 3 -7. 304 Vorher finden sich Ps 1 und 2, die oft auf das Ganze des Psalters bezogen interpretiert werden und weisheitlich gestaltet sind (Ps2,12). Es folgen Hymnus, Danklied und erneute Klage in ebenfalls weisheitlicher Fassung (Ps 8-10). Damit entsprechen Ps 1-10 dem form geschichtlichen Schema der weisheitlichnachkultischen Dankliturgie. Wir unterteilen also die Davidpsalmen des ersten Psalmbuches ähnlich wie die Sammlung von Asaphpsalmen in mehrere Kompositionsbögen. Doch arbeiten wir auch hier nicht losgelöst von den Psalmüberschriften, da wir die überschriftslosen Psalmen als Trenner der Kompositionsbögen verstehen. Aber es gibt auch noch andere Gründe, den ersten Kompositionsbogen als Einzelgröße zu betrachten. 305 Ps 1 und 2 werden als sogenannter Überschrift des Psalters großkontextuelle Funktion nicht nur für den Psalter, sondern auch dessen Verknüpfung mit dem Kanon zugesprochen. 306 So sieht beispielsweise H. Gunkel Jer 17,5-8 in Ps 1,1.3 nachgeahmt 307 und H.-J. Kraus betont, daß Ps 1,2 mit der Erwähnung 303 Ps6,6 (ohne '~T Pi); Ps7,18; 9,2f. 12 (ohne ;", Hi); 18,15; 27,6 (ohne ;", Hi); 28,7 (ohne '~T Pi); 30,5.13; 32,5 (ohne '~T Pi); 33,2; 35,18 (ohne '~T Pi). Die Stellen, an denen beide Vokabeln vorkommen, haben stets zuerst ;", Hi und dann '~T Pi, während im Großkontext der Psalmen die Reihenfolge regelmäßig umgekehrt ist. Vgl. auch Ps 100,4a: ;";'1'1:1 ,'n"ln ;";1'1:1 "'YlV ~lf:l Kommet zu seinen Toren mit Dank, zu seinen Vorhöfen ~it Lob . .. -, • , •, 304 Ps4 wird oft als Vertrauenspsalm angesehen (so z.B. GUNKErJBEGRICH, Einleitung 256). Wir unterscheiden hier nicht zwischen Vertrauenspsalmen und Klageliedern, sofern die Vertrauenspsalmen auch Klage- und Bittelemente haben (dazu bereits ausführlich 1.3.4.1) 305 V gl. zu Ps 1-10 auch die "Probegrabung" mit zahlreichen Stichwortverbindungen von SEYBOLD, Psalmen 106f., sowie Brennan, BTB 10. 306 So z.B. WESTERMANN, Sammlung 338.340; SMEND, Entstehung 190, u.v.a. mehr. Vgl. insbesondere SHEPPARD, Wisdom 136-144, sowie ders., Future. 307 GUNKEL 2f. Vgl. Jer 17,7f. mit Ps 1,1.3:
•.. ;";":J
n~:jI' 'Vl!'\ ';:!l!(J 1~'~
. .. C~~-'i ,~ri'V rv.~ ;,~::r1
Gesegnet sei der Mann, der auf Jhwh vertraut . .. Der ist wie ein Baum, gepflanzt am Wasser. (Jer 17,7f.)
... c'Y'V! mn?iI 1'2;:t K', 'W~ lL;'~;:t ''Jtf~ . .. C~~ ';!7~-'i ,~n'V T!1~ ;,~;:t,
Glücklich der Mann, der nicht auf dem Weg der Frevler geht . .. Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wassergräben. (Ps 1,1.3)
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3. Clusteranordnungen von Psalmen
der Tora eine "autoritativ gültige "Heilige Schrift"", den Pentateuch oder eine seiner Vorstufen, voraussetzt. 308 Kanonisches Bewußtsein 309 ist also in Ps 1 genauso vorhanden wie beispielsweise in der parallelen Formulierung am Anfang des zweiten Teils des Kanons der Hebräischen Bibel, den Propheten (Jos 1,7f.), sowie an dessen Schluß (Mal 3,22). 310 Auch Ps 2, der formal wie inhaltlich eng mit Ps 1 zusammenzusehen ist,311 hat einen solchen kanonischen Horizont, wenn er in seinem zentralen Gotteswort Ps2,7f. eine Verheißung an den König ausspricht, wie sie der Leser des Kanons beispielsweise aus 2Sam 7,13f. 312 kennt: Rekurriert bei fortlaufender Lektüre der Bibel Ps 1 auf die Tara, so bezieht sich Ps 2 insbesondere auf den Kanonsteil der Propheten zurück. 313 Vorsichtiger, aber mit einer redaktionsgeschichtlichen Hypothese belastet, formuliert R. Smend:
üblich. 316 J. Calvin beispielsweise nimmt diesen Vers als Interpretationsschlüssel zu dem gesamten Psalm. So faßt er den Inhalt des Psalms zusammen: "David war vom Thron gestoßen. Alles schien verloren zu sein. Dennoch ruft er Gott um Hilfe an und stärkt sich mit seiner Verheißung gegen die große Angst, gegen den Spott der Feinde und gegen ihre gemeinsamen Angriffe, ja wider den Tod selbst, den er vor Augen hatte. Zum Schluß wünscht er sich selbst und der Gemeinde Glück wegen des guten Ausgangs. ,,317 Calvin gelingt es also problemlos, von der Überschrift her den gesamten Psalm zu verstehen. H.-J. Kraus, den wir hier als Vertreter der neueren Psalmenkommentatoren zitieren, schreibt hingegen: "Die erläuternde Beischrift in 1 sucht den Ps 3 als "Davidpsalm" ( ... ) in eine bestimmte Situation des Lebens Davids einzuordnen: 2Sam 15-18. Diese Ansetzung wird von dem Inhalt des Ps als irrig erwiesen und dient nicht zur Klärung des Textes. Denn der Sänger unseres Ps flieht nicht wie David und läßt keine Spur von Trauer (um Absalom) erkennen. Die Divergenz im einzelnen ist offenkundig."318 Während für Calvin die Entsprechung zwischen Überschrift und Psalm völlig gegeben ist, sieht Kraus eine totale Divergenz, die er noch nicht einmal meint, detailliert begründen zu müssen. Gegenüber der Abwertung der Psalmüberschriften durch Kraus nimmt B. S. Childs das Anliegen der Psalm überschriften programmatisch auf. Er führt aus, daß die Psalmen außerhalb des Psalters historisch verortet 319 und umgekehrt deshalb innerhalb des Psalters, besonders auch noch weitergehend in seinen Übersetzungen, 320 historisiert worden sind. Diese sehr spezielle Situations angaben machenden Psalmtitel versteht er damit als innerbiblische Exegese, als Ansatz zu einem Midrasch. 321 Zu einer vergleichbaren Würdigung kommt auch Kraus in einem an dieser Stelle ab der fünften Auflage 1978 eingefügten Absatz seines Psalmenkommentares, der neben dem eben zitierten zu finden ist: "Die erläuternde Beischrift ist redaktionelle (spätere) Hinzufügung. Es kommt dem Redaktor offensichtlich nicht darauf an, durch eine historisierende Überschrift den Eindruck einer exakten historischen Angabe zu erwecken; vielmehr geht es darum, eine Situation aus der Geschichte seines Volkes, einen Ort in der Erwählungsgeschichte zu finden, von wo aus der Psalm jeweils verstanden werden kann. Man wird also in den Psalm titeln Zeugen erster exegetischer Tätigkeit zu sehen haben."322 Kraus und Childs beschreiben damit die historische Position und Intention der Psalmüberschrift gleichermaßen als Textverweis und innerbiblische Exegese. Während sich
"Durch die beiden Eingangspsalmen steht das ganze Buch im Licht der Tora-Frömmigkeit einerseits (1), des Messiasglaubens andererseits (2). Das ist natürlich redaktionelle Absicht". 314 Nun könnte man meinen, Ps 1 und 2 seien als Überschrift des Psalters ein besonderer Text, und wir könnten bei der Auslegung des restlichen Psalters zur exegetischen Tagesordnung übergehen. Eine solche Auffassung widerspricht nicht nur der Bedeutung von Ps 1 und 2 als Überschrift des Psalters, die als solche eine Aussage über den Inhalt des Folgenden machen will, sondern vor allem auch den Texten selbst: Bereits der nächste Psalm verweist mit seiner Überschrift in die in den Samuelbüchern erzählten Geschichten hinein (Ps3,1):
:iJJ ci,tzj:n~ 'J~~ in.,:!J "" .,i~i~ Ein Psalm Davids, als er vor Absalom, seinem Sohn, floh. :
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Vom Text her legt es sich deshalb nahe, der kanonischen Perspektive der Psalmen und des Psalters auch außerhalb der sogenannten Überschrift des Psalters, Ps lf., nachzugehen. 315 Diese Exegeseperspektive war vor dem Beginn der historisch-kritischen Exegese und besonders vor der Ausgrenzung der Überschriften bei der Psalmenexegese durchaus
KRAUS 136. 309 Vgl. dazu SHEPPARD, Wisdom. 310 Zum Problem der Stellung der Psalmen im dritten Kanonteil der Hebräischen Bibel s. u. im Ausblick Kapitell (S. 240ff.). 311 S. o. LI. 312 Gelegentlich wird gerade 2Sam 7,13f. als sekundär innerhalb seines Kontextes angesehen (KRAUS 152). 313 STECK, FS Pannenberg 231-252, hier 242. 314 So SMEND, Entstehung 190. Ähnlich z.B. SCHREINER, FS Plöger 55-66, hier 64t. Vgl. auch MAlER, FS Gunneweg 355. 315 Vgl. auch den Versuch einer Methodologie kanonischer Psalmenauslegung bei ZENGER, FS Füglister. 308
129
316 Die Ausgrenzung der Psalmenüberschriften ist nicht zuletzt eine Folge der Formgeschichte GUNKELS, der die Psalmen unbekannten einzelnen Dichtem mit ihren individuellen Erfahrungen zusprach. 317 CALVIN 29f. Vgl. auch die älteren modemen Kommentare, z.B. KALT (z. St.). 318 KRAUS (1. Aufl.) 25 (= 6. Auflage 160). In der hier ausgesparten Klammer verweist Kraus auf einen allgemeinen Paragraphen der Einleitung. 319 CHILDS, JSS 16, 139 verweist auf Ex 15; Ri 5; Dtn 32. 320 Einen Überblick bietet dazu PIETERSMA, VT 30,1980,213-226. Vgl. auch die Spezialstudie von CAL6z, Etudes. 321 CHILDS, JSS 16, 143: "To summarize: the Psalm titles do not appear to reflect independent historical tradition but are the result of an exegetical activity which derived its material from within the text itself. " 322 KRAUS 160 mit Zitierung von BERNHARD, Problem 11.
130
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Kraus jedoch auch mit den neu aufgenommenen Sätzen nicht auf die Position des Redaktors einlassen will,323 ist genau dies bei Childs Teil seines Programms des Canon Criticism. 324
Da die Lade, das Symbol der kriegerischen Präsenz Gottes in den Landnahmeerzählungen, während der Flucht Davids in Jerusalem bleibt, kann David von den Bergen Jerusalems her Hilfe erwarten. Von daher erklärt sich auch die Aufnahme des Ladespruches ;";" ;'~1P ("erhebe dich Jhwh", Num 10,36) in Ps 3,8. In der Darstellung Davids als Beter liegt offensichtlich das besondere Interesse im Psalter. Wir sehen also eine ganze Reihe von Textelementen aus 2Sam 15ff. in Ps3 vertreten so daß es nicht ausgeschlossen ist, daß der Psalm als Ganzer als Midrasch zur Davidsge: schichte verfaßt wurde. Kraus beklagt demgegenüber das Fehlen insbesondere von zwei tragenden Erzählmotiven: die Flucht und die Trauer um Absalom. Hinsichtlich des ersten Motivs ist nun deutlich, daß Kraus hier wie viele andere Psalmenausleger methodisch eine petitio principii vollzieht: erst trennt er die Überschrift ab und konstatiert anschließend, daß das abgetrennte Motiv im Resttext fehlt. Dem ist entgegenzuhalten: nirgendwo setzt Ps 3 voraus, daß David nicht flieht. Auch nachbiblische erzählende (aggadische) Midraschim schließen mit einem kurzen Hinweis an den behandelten Text an, ohne ihn vollständig zu wiederholen, und entfalten ihre eigenen Aussagen als Ergänzung oder gar Korrektur des Ausgangstextes. So trägt Ps 3 die in den Samuelbüchern nicht mitgeteilte direkte Rede an Gott nach. Die nächste Psalmüberschrift, die einen deutlichen Verweischarakter hat, steht in Ps7,1:
Doch stellt sich auch die Frage, ob die Beobachtungen zu eventuellen Beziehungen zwischen dem Psalm und seiner Überschrift, denen sich Kraus in seiner Kommentierung verschlossen hat und die Childs nicht thematisiert, zu einem Verständnis des Psalms geführt hätten, das Calvins Deutung der Psalmüberschrift als integralem Bestandteil des Psalms noch weiter entgegenkommt. Gehen wir deshalb Ps 3 durch und vergleichen wir ihn mit der Situation, wie die Samuelbücher die Flucht Davids vor Absalom (2Sam 15,14 ff.) schildern. Ps 3,2 beklagt: Jhwh, wie zahlreich sind meine Feinde, viele sind gegen mich aufgestanden.
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Im weiteren Text der deuteronomistischen Aufstandsgeschichte 2Sam 17,1 findet sich als konkrete Zahlenangabe die Anzahl von 12000 Männern, mit denen Ahitofel David verfolgen will. 325 Zur Motivik von Ps 3 gehört, daß die Rettungsgewißheit mit dem Überstehen einer Nacht zusammenhängt (v. 6).326 In den Samuelbüchern ist der Zeitgewinn einer Nacht das entscheidende Motiv der Erzählung: Hier setzt David eigens einen Agenten namens Huschai ein, dessen einzige Funktion es ist, den klugen Rat Ahitofels zu vereiteln (2Sam 15,3lff.). Der konkrete Rat, den Ahitofel den Aufständigen gibt, ist nun der, David noch in der Nacht nach seiner Flucht aus Jerusalem anzugreifen (2Sam 17,lff.). Wie geplant gelingt es dem heimlichen Parteigänger Davids bei Absalom, die Durchführung des Rates Ahitofels zu verhindern (2Sam 17,8ff.). Vom erzählerischen Duktus her ist damit klar, daß dieser Zeitgewinn von einer Nacht für Davids Sieg am nächsten Tag grundlegend ist. Ps 3 illustriert damit midraschartig das Geschehen der Nacht, in der sich Davids Ergehen im Absalomaufstand entscheidet, indem er David ein Gebet in den Mund legt. Von daher erklären sich weitere Züge des Psalms: der Psalm kontrastiert die Aussage der Vielen, daß David keine Hilfe mehr finde, mit der Vertrauensaussage des Psalmisten. Daran schließt ein Gebetsruf Davids an, in dem er Gottes Eingreifen "vom Berg seiner Heiligkeit" (itV7i? ";:J~) her erwartet. Auch im Kontext der Samuelbücher findet sich zu Beginn des Aufstandes ein Gebet Davids (2 Sam 15,32): C';:1',~?
cW ;'~.t)1J~~-"W~ !Jj~.,;:ni ~f in ';:1;1
Danach ging David auf die Höhe, auf der er Gott anzubeten pflegte.
323 Die völlige Abwertung der Überschrift in der 1. -4. Auflage bleibt gleichwohl weiter im Text stehen! 324 Siehe oben Anm. 321. Daß die Psalmüberschriften im Zuge der Übersetzung der Bibel weitergeschrieben worden sind, zeigt jede Zusammenstellung (so z. B. bereits STAERK, ZAW 12,91-151). 325 Zur hohen Zahl der Gegner Davids während des Absalom-Aufstandes vgl. auch 2Sam 15,13; 16,5-13.18f. 326 Die Deutungen dieses Motivs in der kultorientierten Psalmendeutung (zuletzt zusammenfassend JANOWSKI, Rettungsgewißheit 180f. u. a.) lassen wir hier unberücksichtigt.
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in71;'~t;i :'~'I,);-P !Jj~::J-'j~~-7i :11;"7 "W-"W~
Ein Klagelied Davids, das er sang für JHWH wegen der Worte Kuschs, ,des Benjaminiters'. 327 Normalerweise wird nun tV1:ll als Eigenname verstanden und aus dessen Fehlen in den Samuelbüchern geschlossen, daß hier auf eine biblisch nicht erzählte Begebenheit verwiesen wird. 328 tV1:ll ist jedoch im Sprachgebrauch der Bibel Name eines Landes bzw. eines Volkes. 329 In der Völkertafel Gen 10, in der Völker genealogisch geordnet sind, und in deren Aufnahme in 1Chr 1 wird u. a. auch tV1:ll zu einer Person, die Söhne haben kann. 330 Ähnlich ist auch die Überschrift Ps 7,1 zu verstehen: es geht um einen Kuschiter ('W1:ll).331 In der gesamten deuteronomistischen Davidsgeschichte wird nur an einer Stelle ein Kuschiter erwähnt: 2Sam 18,21 ff. Ein Kuschiter, also ein vermutlich versklavter Neger, den die Überschrift von Ps7 dem Stamme Benjamin zuordnet, wird als Überbringer der schlechten Nachricht für David vom Tode seines Sohnes Absalom ausgewählt. 332 Daß als Bote für die Nachricht vom Tod des Königssohnes ein Negersklave gewählt wird, wird nicht zuletzt mit dem Risiko einer solchen Botschaft für den Boten zusammenhängen. Die Psalmen mit midraschartiger Überschrift Ps 3 und 7 schließen Ps 4-6 ein, die über das Überschriftensystem zu einer Kleinstgruppe verbunden sind. 333 Ps 3-6 spiegeln die 327 '~'~~-1~ wird üblicherweise von den Exegeten zusammengezogen. Anlaß der vorliegenden Auseinanderziehung des Namens wird ein Etymologieversuch zur Entstehung des Namens des Stammes Benjamin sein. 328 Z. B. AUGUSTIN/KEGLER, Bibelkunde 273; GUNKEL, KRAus und WEISER z. St. 329 Gen 2,13; Jes 11,11; 20,3.5; 43,3; Jer 46,9; Ez 30,4f. 9; 38,5 u. ö. 330 Gen 10,7 und lChr 1,9. 331 Vgl. BHS z. St. 332 Vgl. die Wiederholung des Motivs, daß Absalom nicht sterben soll (2Sam 18,5.12ff.). 333 Ps 4-6: '177 ";7.lT~ ... mnl,l'2. Ps 4 und 6 haben zudem das Element l1il'?-~:;I gemeinsam.
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Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Abfolge von Abend (Ps 4,9)334 und Morgen (Ps 5,4) wider bzw. reflektieren die Situation der Nacht und des sich Niederlegens allgemein (Ps3,6; 6,7). Diese mehrfache Abfolge von Abend und Morgen paßt gut zu dem entscheidenden Motiv der deuteronomistisch überlieferten Absalomgeschichte, daß eine Nacht Zeitgewinn der entscheidende Faktor für Davids Sieg war. Das Motiv des Sich-Niederlegens und Aufstehens in Ps3-6 ist also ein zentraler Bestandteil der Interpretation des Textzusammenhanges von Ps3ff. als Midrasch zur Absalomgeschichte. Entsprechend fehlt dieses Motiv in Ps 7, wo bereits auf den Sieg Davids in der Überschrift hingewiesen wird. Von der Interpretation von Ps 3 ff. her betet David in dieser Nacht, die für seinen Sieg entscheidend ist. Bei dem Verständnis von Ps 7 stehen wir vor dem Problem, daß dieser Psalm als Klagepsalm von einer Feindbedrohung ausgeht, die auf den ersten Blick nicht recht zur Überschrift passen will. Doch wenn wir den Duktus der Absalomgeschichten weiterverfolgen, so wird beispielsweise von erheblichen Widerständen innerhalb der Bevölkerung gegenüber David nach dessen Rückkehr berichtet (2Sam 19,1Off.). Nicht zuletzt ist in der Darstellung des deuteronomistischen Geschichtswerkes der Aufstand Schebas (2Sam 20) Folge des beschädigten Ansehens Davids. Daß die Überschrift von Ps 7 gegenüber dem restlichen Psalm nicht völlig isoliert ist, wird auch deutlich, wenn wir die ausführliche Reflektion über den verdienten Tod des Frevlers (v. 13-17) mit der Absalomgeschichte vergleichen: der Tod des aufständigen Sohnes erscheint in der Sicht der Belohnung des Frommen und des Todes der Gottlosen zwangsläufig.
Psalm im Kontext. In Ps 9 sind nun die Feinde des Beters zurückgewichen (v. 4) und getötet (v. 7). Von daher legt sich ein neues Verständnis der Überschrift von Ps 9 nahe (Ps 9,1):
Mit dem Dank- und Lobgelübde Ps 7,18 leitet die Clusterkomposition Ps3-7 zu Ps8 über. 335 Im Gegensatz zu dem Schwerpunkt der Psalmen mit midraschartigen Überschriften im elohistischen Psalter konstituieren also die midraschartigen Überschriften im Kompositionsbogen, der den Psalter eröffnet, einen psalmübergreifenden Textzusammenhang. 336 Ps 8 ist ein Hymnus des Einzelnen 337 und relativ wenig mit dem Kontext verbunden. Mit Ps3-7 und dem folgenden Kontext hat Ps 8 das Motiv der Feinde gemeinsam. 338 Der Beter reflektiert zwar nicht über einen erwachsenen Sohn, wohl aber über Kinder (v. 3 ff.) und über die von Gott gegebene Macht (v. 6 fr.). 339 Ps 8 steht damit nicht völlig außerhalb der Komposition, er bleibt aber ein sperriger Ps3-7 sind also insgesamt vom Überschriftensystem her chiastisch gebaut. Ps5 ist hierbei Mittelpunkt. 334 Die enge Verknüpfung von Ps3 und 4 ist des öfteren in der Literatur notiert (z.B. BUDDE z. St., dagegen KRAUS 166). 335 ZENGER, FS Füglister. 336 S.o. jedoch lI.l.1 den Hinweis auf Kleingruppen von jeweils zwei Psalmen in der elohistischen Davidpsalmsammlung, die ggf. einen Zusammenhang konstituieren können. Zum Problem der nicht in das chronologische System der Samuelbücher passenden Überschriften vgl. bereits bBer lOa zu Ps3 und 57. 337 Zu den Problemen dieser Mischgattung siehe CRÜSEMANN, Studien 285ff. 338 "9'j':1i:ll ("deine Gegner") und :J~;I( ("Feind", Ps 8,3). Zum Suffix, das aus Davids Feinden Gottes Feinde macht, vgl. auch Ps 66,3 u. ö. Ähnlich SEYBOLD, Psalmen 107. Dort finden sich insbesondere auch Hinweise auf die Schildmetapher in Ps 3; 5 und 7. 339 Vgl. die Interpretation des Psalms auf den königlichen Menschen nicht nur in der skandinavischen Schule (Demokratisierung der Königstradition, ähnlich auch WEISER 65: "Die Ausdehnung der Davidsüberschriften auf andere als Königspsalmen ... ").
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in? ";~F~ P7 m~?~ 1J~~~7 In diese wird üblicherweise die Präposition ,~ eingefügt, was heißen würde: "Für den Vorsänger, nach der Weise der jungen Frauen (rm.J7~-'~), für den Sohn, ein Lied Davids. ,<340 Dieses Verständnis stützt sich auf Ps 46,1, wo aber ausdrücklich ein zusätzliches ,~ im masoretischen Text steht. Ist nun ein Verständnis des masoretischen Textes auch ohne Einfügung möglich? Nun gibt es den Ausdruck ml.J-'3/ am Schluß von Ps 48 in zwei verschiedenen Bezeugungen, und zwar mit und ohne das worttrennende Maqef.341 Die modernen Kommentare übersetzen oft, wenn sie den Ausdruck überhaupt übersetzen,342 die Version ohne Maqef, die ml.J'3/ als ein einziges Wort auffaßt, was aber die Zufügung eines weiteren ,~ bedingt. 343 Der Text des Codex Leningradensis und des Codex Aleppo mit Maqef ist aber verständlich und es besteht kein Grund, ihn zu ändern (Ps 48,15b):
Er wird uns leiten bis über den Tod hinaus. 344 Zwar ist diese Aussage für den vorhergehenden Kontext von Ps 48 ungewöhnlich, aber sie leitet innerhalb der ersten Sammlung von Korachpsalmen (Ps 42-49) von Ps 48 zur Vergänglichkeitsklage Ps 49 über. Entsprechend haben wir nun zwei Möglichkeiten, den Text von Ps9,1 zu verstehen: Entweder fügen wir vor ml.J'3/ ein zusätzliches ein oder wir trennen das Wort in zwei Teile. 345 Der geringere und damit zu bevorzugende Texteingriff ist gewiß die Trennung in zwei Wörter, womit sich folgendes Neuverständnis des Verses ergibt (Ps9,1):
,3/
lamena/j/jealJ, wegen des Sterbens, in Bezug auf den Sohn, ein Psalm Davids. Bei unserem Versuch, möglichst nah an der masoretischen Textüberlieferung die Überschrift von Ps 9 zu lesen, stoßen wir damit wieder auf unser Verständnis von Ps3ff. als Absalom-Midrasch: der Tod Absaloms den die Überschrift von Ps 7 dem kundigen Bibelleser andeutet, wird in Ps 9:1 explizit ausgedrückt. Der Tod der Feinde Davids (v. 4.7.18) konkretisiert sich über die Psalmüberschrift im Tod Absaloms. Wie am Schluß von Ps 7 reflektiert der Beter dabei das Richtersein Gottes (v.8ff.). Der durch die midraschartige 340 341 342 343
So der Vorschlag der BHS im Anschluß an verschiedene griechische Übersetzungen. Vgl. Apparat der BHS. KrrrnL, KRAUS, MARTI z. St. GUNKEL (z. St.): "Nach der eJamitischen", er ergänzt damit ein 7:\1 und zieht den ~usdruck als Überschrift zum folgenden Psalm, ohne jedoch konsequenterweise dies bei der Ubersetzung von Ps 49 zu berücksichtigen. Sachlich ähnlich KRAUS z. St. Beachtlich auch die Lesung der Septuaginta, die l1i7:l'i17 bezeugt. 344 Vgl. die Übersetzungen von WEISER. Ähnlich, aber mit einem anderen Verständnis von 1117:l 717 die Kommentatoren KÖNIG ("trotz des Sterbens") und DE WEITE ("bis zum Tod"). Diesem Textverständnis, das sich zusätzlich auf die Übersetzung der Peschitta und Hieronymus (BHS z. St.) stützen kann, kommt inhaltlich auch die Auffassung der Septuaginta nahe. 345 Diese Lesart ist m. E. auch durch den an dieser Stelle schwer lesbaren Codex Aleppo bezeugt.
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Überschrift in Ps 3 konstituierte Textzusammenhang setzt sich also bis in Ps 9 fort: Dank und Klage sind aufeinander bezogen. 346 Im Anfangs- und Schlußteil des Kompositionsbogens korrespondieren auch Ps 2 und 10 durch einen seltenen Psalmanfang: Beide überschriftslose Psalmen beginnen mit dem Fragewort ;,~? ("warum?"). Im Schlußt~il dieses Kompositionsbogens korrespondiert die weisheitliche Prägung der hmteren Begrenzung der Kompositionseinheit mit den weisheitlichen Zwillingspsalmen Ps 1 f. Ps ~ f. hat also neben den großkontextuellen Funktionen für den Psalter auch eme kleinkontextuelle Funktion als Einleitung der ersten Kompositionseinheit. Umgekehrt hat der erste Kompositionsbogen als Midrasch der A~salom~rzäh lung auch eine großkontextuelle Funktion mit Bezug auf den ber.elts vorhege~ den Kanon. Während wir die elohistische Sammlung von Davidpsalmen mIt Vorbehalt an die Schwelle der frühvorexilischen und frühexilischen Zeit datieren können, ist der erste Kompositionsbogen des ersten Psalmbuches gewiß später anzusetzen. . . Beim Vergleich der Komposition von Ps 3ff. mit der zweIten Davidpsalmsammlung Ps 51 ff. fällt weiterhin auf, daß "David" die Klage wie in der zweiten Davidpsalmsammlung zwar außerhalb Jerusalems ausspricht,347 daß aber nicht gesagt wird, daß der Psalmbeter zu Lob und Dank nach Jerusale~ kommt. 348 Auch der Hymnus Ps 8 im ersten Kompositionsbogen formuliert 1m Rahmenvers (Ps8,2a.1O):
einzugsliturgien. 350 Mit der Deutung dieses Motives als Textverweis erwarten wir also, daß wir auch im Duktus der Komposition in den Tempel geführt werden. Die Ankündigung eines Dankopfers wird also in Ps 5 verstärkt. Wir haben nun zwei Möglichkeiten: Entweder sehen wir das in Ps 4 angekündigte Dankopfer (;'1i1'l) noch innerhalb des Kompositionsbogens in Ps8f. erfüllt, dann entspräche der Kompositionsbogen einer Dankliturgie ohne Opfer in Jerusalem,351 oder aber Ps 4 und 5 haben einen weiträumigeren Textverweis in sich, der erst im folgenden Kompositionsbogen aufgelöst wird. Wir erproben zuerst im Fortgang der weiteren Textbesprechung den letzteren Weg (3.2.3), um nach der Behandlung des Schlusses des ersten Psalmbuches (3.2.4) beide Möglichkeiten in einem Gesamtverständnis des ersten Psalmbuches abzuwägen (3.2.5).
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:n~;T'~f '9~W 1'7W;,/t U'~'i~ ;";" Jhwh, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen.
Auch nach dem Wendepunkt des Kompositionsbogens bleibt die Komposition also in der Diaspora verortet. Dem entsprechen inhaltliche Aspekte des Klageclusters: Ps4,6 hat zwar ausdrücklich zu einem Opfermahl n~~. aufgefordert, aber insgesamt treten die in der zweiten Davidpsalmsammlung tragenden gottesdienstlichen Begriffe der Opferterminologie in dieser Ko~positionsein heit doch deutlich zurück. 349 Die Perspektive auf den Tempel WIrd auch durch Ps5 weitergeführt: Nach einer Selbstprüfung des Beters, was Gott gefällt (in v. 5-7), heißt es (Ps5,8a): '9!J'~ Ki:J~ '971;10
:J'"1 f '~~1
Aber ich werde in der Fülle deiner Treue in dein Haus gehen.
Diese Kombination der Motive der Erinnerung an den Gotteswillen mit dem bevorstehenden Betreten des Gotteshauses erinnert an die sogenannten Tor346 Vgl. dazu aus der Formgeschichte der Einzelpsalmen zusammenfassend CRÜSEMANN, Studien 309. . 347 Vgl. den Übergang von Ps 2 mit der Erwähnung des Zion als Ort des Kömgs (Ps 2,6) zu Ps ~~ Der einzige Hinweis auf Jerusalem findet sich über den Begriff des Zion in P~ 9,12. Dort wird aber nur gesagt, daß Jhwh den Zion bewohnt, nicht aber, daß der Beter dort 1st. 349 Vgl. auch unten 111.1.2.2,1.2.3 und 1.3.1.
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3.2.3 Der Kompositionsbogen im Zentrum des ersten Psalmbuches
Einen ersten Hinweis auf Jerusalem finden wir in diesem um Ps 19 zentrierten Kompositionsbogen, der wieder durch Hymnus und Danklied (Ps29f.) abgeschlossen wird, in der Erwähnung des Zion (Ps 14,7):352 '~'Jtp~ n~mv~ li~~~ m~ '~ i~:\l m:J~
;";" :JWlf
:'~'Jtp~ n~tp~ :J'j?V~ ,~~
Wer wird von Zion her Rettung für Israel geben? Wenn Jhwh das Geschick seines Volkes wendet, wird Jakob lachen, Israel sich freuen.
Dieser Schlußvers von Ps 14 steht im Kontext als Einleitung zu Ps 15, einem Psalm, der an seinem Anfang folgende Fragen stellt (Ps 15,1): '97.~~f 1U~-'~ ;";"
:'9Wii? 1t1:;I r"~~-'~ Jhwh, wer darf als Fremdling wohnen in deinem Zelt? Wer darf wohnen auf dem Berg deiner Herrlichkeit?
Mit diesen Fragen nimmt Ps 15 die am Schluß von Ps 14 eröffnete Perspektive auf Jerusalem auf: War in Ps 14 von der Rettung vom Zion her die Rede, so geht es in Ps 15 um den Einzug in Jerusalem. Formgeschichtlich wird dieser Psalm in der älteren Literatur als Einzugsliturgie 353 und in der neueren Forschung als weisheitlich nachgeahmte bzw. überarbeitete Einzugsliturgie 354 be350 Siehe unten zu Ps 15; 24 und 101. 351 Vgl. die weisheitlichen Züge von Ps 8-10. Zum Verständnis des ganzen Textzusammenhanges als weisheitlich-nachkultischer Komposition siehe unten 1.3.2.5. 352 Ps 11-14 sind über das Überschriftselement 1J~~~7 zu einer Kleingruppe verbunden. 353 So zuerst wohl MOWlNCKEL, Decalogue 141ff.; vgl. aber auch in der neueren Forschung KOCH, Tempeleinlaßliturgien. 354 Für SfEINGRlMSSON, Tor, ist Ps 15 die einzige Einzugsliturgie mit originalem Sitz im
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Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
bezeichnet. Wenn wir die Lokalisierung des Psalmbeters durch den Midrasch in dem ersten Kompositionsbogen Ps 3 ff. aufnehmen, heißt dies, daß der Psalmbeter sich nun auf dem Weg nach Jerusalem befindet. Es geht also insgesamt um eine Wallfahrt. Von hierher erschließt sich nun auch die Erwähnung des Zion Ps 14,7, die ihre nächste sprachliche Parallele in Ps 126,1 hat,355 einem exilisch-nachexilischen 356 Wallfahrtspsalm. Ähnliches können wir bei Ps 24 beobachten, dem in der Chiasmuskomposition entsprechenden Gegenüber von Ps 15. Der vorhergehende Psalm schließt mit dem Vertrauensspruch "ich werde bleiben im Hause Jhwhs immerdar" (Ps23,6b). Darauf folgt die Einzugsliturgie Ps 24, in der im Unterschied zu Ps 15 sogar konkret von "Türen" und "Toren" (C'}ll~ und C'IJ~~) gesprochen wird. Während Ps 15 als allgemeine Vorbereitung einer Wallfahrt verstehbar ist, erreicht der Psalmbeter in Ps 24 Jerusalem selbst. Diese großen Linien werden durch die midraschartigen Überschriften grundsätzlich bestätigt. Gleichzeitig verläßt aber der Kompositionsbogen im Mittelteil des ersten Psalmbuches den engen Bezug auf die Absalomgeschichte: Wie im Anhang der Samuelbücher steht nach den Aufstanderzählungen in 2Sam 22 Ps 18. 357 Nachdem David in Ps24 in Jerusalem angekommen ist, kann er "das
Haus" (n'~;:J)358 (wieder) einweihen (Ps30,1).359 In diese Linien sind wohl Kleingruppen eingefügt, wie etwa die Zwillingspsalmen Ps 21 f., die eine formgeschichtlich eigenständige Mischung von Danklied und Königspsalm bil360 den , und Ps 22- 24 als Kleinfolge von Klagelied, Vertrauenspsalm und Liturgiepsalm mit anfänglichen kleinen Hymnuselementen. 361 Besonders die Einheit von Ps 22- 24 ist als originale Einheit einer kleinen Wallfahrtsliturgie zur Einlösung eines Gelübdes (Ps 22,26) denkbar. Sie stellt mit dem einleitenden Klagepsalm mit starkem Lobteil (Ps22), Vertrauenspsalm auf dem Weg zum Heiligtum (Ps 23, bes. v. 6) 362 und Toreinzugsliturgie (Ps 24) inhaltlich wie motivisch ein besonders eng verzahntes Gebilde dar. Demgegenüber finden sich auf der anderen Seite der Chiasmusstruktur Psalmen, die weniger kontextuell verstehbar sind. Ps 16 und 17 fallen von der Überschrift 363 her völlig aus dem Rahmen. Ihr Gefälle vom Vertrauen zur Klage erinnert an die Rückwende von Lob und Dank zur Klage und ist als chiastischer Kontrast zu Ps 22 und 23 zu verstehen. Ps 16 und 17 haben dabei deutlich weniger Kontur und Intensität als ihre Entsprechung im Chiasmus, was sich in der wesentlich größeren Wirkungsgeschichte von Ps 22, Ps 23 und auch von Ps 24 niederschlägt. Der Chiasmus im ersten Psalmbuch hat also ein deutliches Achtergewicht hin zu den makroformgeschichtlich stimmigen Psalmen der zweiten Hälfte. Der ersten Hälfte (Ps 15 -19) kommt umgekehrt als Ganzer wie Ps 19 als Einzelpsalm ein retardierendes Moment zu. 364 Ein Verständnis von Ps 1-19 als Einheit scheint hier also wenigstens als zweite Verstehensmöglichkeit angelegt. Es ist zudem auslegungsgeschichtlich als Analogie zum Achtzehn-Bitten-Gebet nachweisbar. 365
Leben im Tempelgottesdienst. BEYERLIN, Heilsordnung 51 ff. 105 ff., hat einen solchen Sitz im Leben auch für Ps 15 mit guten Gründen verneint. Er vertritt insgesamt eine Bearbeitungshypothese, also eine literarkritische Aufteilung des Psalms mit einem Sitz im Leben der Schlußform in der nachkultischen Situation. Vgl. dazu bereits WILLIS, in: Essays 147-163, und GRoß/REINELT (z. St.) sowie den Überblick über die gesamte Diskussion bei HOSSFELD, FS Reinelt 135-156. 355 Vgl. die Parallelkonstruktion Ps 14,7: i~11
m:lW ;'1;"
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:l~1V:;t
:'i~"Jif' n~if' :li'i?: 'i~:
Wenn Jhwh die Gefangenschaft seines Volkes wendet, wird Jakob jubeln, Israel sich freuen. und Ps 126,lf.: :C'~7'nf ~J"V li'~ n~'1V-rll:! ;'1;"1' :l~1V:;t ~J~i1V7~ ~J'!l i'inif X7~' 11$
;,n
Wenn Jhwh die Gefangenschaft Zions wendet - wir sind wie Träumende-, dann wird Lachen unseren Mund füllen und Jubel unsere Zungen. Das syntaktische Verständnis von Ps 126,1 richtet sich nach BEYERLIN, Träumende 33ff. 356 Mit MOSIS (Jauchzen) gegen BEYERLIN (Träumende), dazu oben 1.2.3.4, S.38 Anm. 212. 357 Die Überschrift von Ps 18: ''i~X1V ,,~~
1':l'X-'i:;, IP~ inix ;'1;"-7'~;' ci':!!
... an dem Tag, an dem ihn Jhwh aus der Haniall~~ sei~~r F;ind~ gerettet hatte ~~d a~ der Hand Sauls (Ps 18,1 b = 2Sam 22,1 b) .. wirkt in den Samuelbüchern mit der Erwähnung Sauls genauso überfüllt wie Im Kontext von Ps 18. Sie rekurriert offensichtlich nicht nur auf den engeren Kontext der Davidgeschichte, sondern will den Einschnitt einer Lebensepoche markieren. Vgl. auch die Entsprechung in der Komposition von 2Sam 21-24 als Chiasmus (Binnenteil: 2 Gebe~~ 2Sam 2~,1-23,7; l:Rahmung: Heldenlisten 2Sam 21,15-22; 23,8-39; 2. Rahmung: Erzahlung unt dem Motiv der Hungersnot 2Sam 21; 24).
Gebete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Sam22 + 23,1-7 Heldenlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Sam21,15-22 ...... 2Sam23,8-39 Erzählung um Hungersnot .... '" ... 2Sam21,1-14 . . . . . . . . . . . . . . . . 2Sam24 358 Normalerweise wird die Überschrift auf den Tempel gedeutet. Zum Problem siehe unten IIL3.3.2, bes. S. 231 Anm. 289. 359 Ps 18 und 30 sind auch formgeschichtlich als zweigliedrige Psalmen mit Dankmotiven sehr eng zusammenzusehen (vgl. oben 1.3.2). Zu Ps 29 s. u. 3.2.5. 360 GUNKEL z. St. S. o. 1.2.1. 361 Ps 24,lf. Vgl. dazu bereits insbes. GUNKEL lOH., sowie trotz seines berechtigten formgeschichtlichen Vorbehaltes auch WEISER (157). 362 Gelegentlich wird Ps23 sogar als Danklied angesprochen (so z.B. SCHOTIROFF, in: Traditionen, u. a.). Dazu oben S. 24f. Anm. 122. 363 Cl'1::l~ (Ps 16,1) erscheint nurnoch in den Überschriften von Ps 56-60, ;"'!ll'1 findet sich als Überschrift nur noch in Ps 86,1; 90,1; 102,1; 142,1, also jeweils in Einzelpsal~~~ mit spezieller kompositorischer Funktion, die in Psalmgruppen eingelagert sind. 364 S. o. die Betrachtungen zu weisheitlichen Psalmen 1.3.4.2. 365 bBer 9b.lOa mit dem Hinweis, daß Ps 1 und 2 als ein Psalm aufzufassen seien. Die weiteren Stellen dieser breitgestreuten und wohl bereits tannaitischen Auslegung s. u. im Ausblick Kapitel 2 (S. 245ff.).
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Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3.2.4 Der Schluß des ersten Psalmbuches
Die letzten Psalmen des ersten Psalmbuches sind, wie wir bereits sahen,366 in Entsprechung zum Anfang des ersten und des Schlusses des zweiten Psalmbuches gestaltet. Wo beginnt nun aber dieser Schlußteil des ersten Psalmbuches? Aufgrund unserer Hypothese der Abfolge Hymnus-Danklied-weisheitlicher Psalm bestimmten wir Ps29-31 als Schluß des Mittelteils des ersten Psalmbuches, wobei Ps 31 Schluß- und Überleitungsfunktion zukommt. 367 Zur Illustration der Schlußfunktion von Ps 31 ist auf seine Parallelen zu Ps 71, dem überschriftslosen Psalm am Schluß der elohistischen Davidpsalmsammlung, hinzuweisen. 368 Dieses formgeschichtliche Postulat läßt sich nun durch eine Detailbetrachtung von Ps 31 und 32 unterstützen. Ps 31 endet mit der Aufforderung:
;";'''' C"7t!~??:T":;) C~~~7 f~~~1 ~vTIJ Stärkt und befestigt eure Herzen, alle, die auf den Herrn warten. (Ps 31,25) In Ps 32 finden sich nun eine ganze Reihe von Parallelen zu Ps 1: beachtlich sind der Anfang mit "j~~ (glücklich), die Redewendung ;'7;?1 C~;" (Tag und Nacht, v.4) und der Ausdruck '")j ,,;, (einen Weg gehen) als Inhalt der Unterweisung (v. 8). Diese Ausdrücke sind zwar auch allgemeine weisheitliche Stilformen, doch ihre Häufung spricht insgesamt für einen auch literarischen Bezug zwischen Ps 32 und Ps 1. 369 Auf diesem Hintergrund ist nun auch der Schlußvers von Ps 31 neu zu verstehen. Die Verwendung der Verben pm (Q) und fl:JK (Q) als Imperative ist am Schluß des Pentateuch und Anfang des losuabuches ein sehr hervorgehobenes Mittel deuteronomistischer Paränese: Sie sind geprägt als Abschiedsmahnung von Mose und Aufforderung Gottes an losua. 37o Kontextuell stehen diese Imperative damit in dem Zusammenhang, auf den Ps 1 mit dem Bild des Tag und Nacht bi beiles enden Frommen ebenfalls anspielt. Damit befindet sich der Übergang von Ps 31 zu Ps 32 in einem kanonischen Zusammenhang, wie er bei einer fortlaufenden Lektüre des Psalters von Ps 1 konstituiert ist. Für die Komposition des ersten Psalmbuches ergibt sich damit, daß vermutlich vor Ps32 eine Zäsur ist. Vom Überschriftensystem her legt sich die Zäsur in Analogie zu Ps 10 allerdings erst bei dem mit Ps 32 eng verbundenen überschriftslosen Ps 33 nahe. 371 Hier deckt sich unsere Forderung einer Übereinstimmung von Inhalt und Überschriftensystem also nicht ganz, aber die Abweichung von einem Psalm sollte angesichts des vermutlich mehrfachen Wachstums des ersten Psalmbuches gewiß kein Anlaß sein, diese UngeS.O. II.3.2.1. Ps 29-31 sind über das Überschriftselement 1i7:lF;l verbunden. 368 Zu den Ähnlichkeiten von Ps31 und 71 besonders am Psalmanfang vgl. z.B. AEMELAEUS, Prayer 95. 369 Vgl. dazu z. B. AUFFRET, VT38, 257-285, dort weitere Literatur. . 370 Beachtlich ist die Häufung in Dtn 31,6.7.23; Jos 1,6.7.9. Zur Welterverwendung der Formel nach deren deuteronomistischer Prägung und chronistischer Aufnahme (vgl. 1Chr 22,13; 28,20; 2Chr 32,7) im militärischen Zusammenhang vgl. z.B. 1QM 15,7. 371 V gl. zur Verbindung von Ps 32 und 33 bereits 1.1. 366
367
3. Clusteranordnungen von Psalmen
139
nauigkeit für ein prinzipielles Argument gegen unsere Komposition zu halten. Von dem Neuansatz bei Ps 32 oder 33 her ist nun auch die Überschrift von Ps 34 verständlich (Ps34,1): '~~":;1~ "~!;l7 ;I:J~~-n~ ;nüw~
j'j'
.. . . . :"?~J ~;'W~1:\~' Von David, als er seinen Verstand wechselte vor Abimelech, da vertrieb er ihn, und er ging. 'T , -
Diese auch sprachlich nicht ganz einfache Überschrift 372 ist kontextuell nicht in den von der Überschrift von Ps 3 konstituierten Zusammenhang integrierbar, der bereits im mittleren Bereich des ersten Psalmbuches - wenn überhaupt vorhanden - sehr locker scheint. Dieser Zusammenhang ist in Ps 34 insofern deutlich unterbrochen, als seine Überschrift im Kontext der Samuelbücher zeitlich vor der Überschrift von Ps 3 zu stehen kommt. 373 Diese Nichtentsprechung zwischen Reihenfolge des Psalms und Chronologie der Überschrift konnten wir bereits in der elohistischen Davidpsalmsammlung beobachten. 374 Doch ist damit m. E. die spezielle Funktion von Ps 34 noch nicht erfaßt: Die Psalmen mit der midraschartigen Überschrift Ps51ff. stehen in einer deutlich begrenzten Gruppe von Klageliedern. Ps 34 ist aber ein akrostichischer Weisheitspsalm, der Züge eines nachkultischen Dankliedes hat. Die nächste Entsprechung zur midraschartigen Überschrift von Ps 34 ist bei den beiden Psalmen zu suchen, die ebenfalls als Einzelpsalmen mit wenig Kontextbezug midraschartige Überschriften haben: Ps 142 und sogar als Psalm außerhalb des kanonischen Psalters die Nachschrift Ps 151. 375 Die midraschartige Überschrift von Ps 142 ist nun sehr pauschal und am ehesten als Nachahmung einer anderen midraschartigen Überschrift, vielleicht der von Ps 57, zu begreifen. Ps 151 hat nun als außerkanonischer Psalm einen offensichtlichen Nachtragscharakter , der in der Überschrift der Septuaginta sogar explizit hervorgehoben wird. Auch in llQ Ps a hat dieser Psalm Abschlußfunktion. 376 Da nun das textliche Umfeld von Ps 34 ebenfalls nur in der Betrachtung der Komposition des ersten und zweiten Psalmbuches zu verstehen ist, legt sich ein Verständnis von Ps 34 als Teil eines Abschlusses des ersten Psalmbuches ebenfalls nahe. Die gesamte Komposition von Ps 32-41 ist damit wohl nicht als selbständige Einheit begreifbar, sondern nur im Kontext der entstehenden Sammlungen auf dem Weg zum Psalter. Sie stellt aber auch in dieser Abschlußfunktion ein keineswegs in einem Wurf entstandenes Gebilde dar, da die unterschied372 V gl. insbesondere den hier mit KRAus (z. St.) u. a. angenommenen Subjektwechsel zwischen beiden Narrativen: Abimelech vertreibt David, David geht. 373 Ps 34 bezieht sich auf 1Sam 21,12ff., während die literarisch im Psalter vorgeordneten Ps3ff. die Beziehung zum in den Samuelbüchem nachgestellten und im Handlungsablauf späteren Text 2Sam 15ff. herstellen. 374 S. 0.11.3.1.1. 375 Zu den Versionen von Ps 151 siehe unten 111.3.2.1. a 376 Zu llQPs vgl. 111.3.2.2 und 3.2.3.
140
TeilII: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
lichsten Kompositionsformen von überschriftslosen Psalmen (Ps 33), weisheitlicher Formung im weiteren Umfeld von Ps 1 (Ps 32; 33; 40; 41), Parallelordnung der bei den ersten Psalmbücher (Ps37-41) in dem Kompositionsbogen Ps32-41 nebeneinanderstehen. 377 Auffällig im Schluß teil ist dabei insbesondere auch die Häufung von Selbstzitaten in Ps 38-41,378 auch dies ist wohl ein Teilaspekt einer Schlußform. Der Schluß des ersten Psalmbuches ist uns damit nicht völlig erklärbar. Er scheint mehrfach auf den Schluß der zweiten Sammlung von Davidpsalmen bzw. das zweite Psalmbuch bezogen zu sein. Formgeschichtlich fällt die Umkehrung des üblichen Stimmungsgefälles in der Komposition auf: Ps32 setzt mit Weisheitsmotiven ein, der Lobteil (Ps 33f.) steht am Anfang dieses Kompositionsbogens, es folgt die Klage (Ps35ff.). Entsprechend zu unserer Beobachtung, daß die Umkehrung des Stimmungsgefälles Teil der weisheitlichen Psalmenbearbeitung ist, sind Ps 32-41 als weisheitliche Komposition zu verstehen, die wohl bereits mit Ps 19 als Zentrum der Gesamtkomposition den einleitenden Kompositionsbogen spiegelt.
tion der Mitte des ersten Psalmbuches königliche Psalmen (Ps 18,51; 20,7) als erster Rahmen um Ps 19 herum. 384 Doch die erwartete Entsprechung am Schluß des ersten Psalmbuches finden wir bereits in Ps 28,8, also in der Vorbereitung des Hymnus-Danklied-Schlusses des Mittelteils des ersten Psalmbuches. Die sogenannten Toreinzugspsalmen 385 mit ihren konkreten Torafragen stellen einen wichtigen Nebenpfeiler der Komposition neben dem Zentrum Ps 19 dar. Wichtig für das Verständnis der Gesamtkomposition ist die Beobachtung, daß auch die Weisheitspsalmen an den kompositorischen Nahtstellen stehen und von einer zur nächsten Psalmengruppe überleiten: genauso ist es in Ps 9f., am Höhepunkt des Chiasmus Ps 19 und in Ps 31, aber auch in Ps 14 und 25. 386 Genauso ist in mehrfacher Hinsicht der Schluß des ersten Psalmbuches gestaltet,387 wobei durch mehrere Psalmen das erste und zweite Psalmbuch verknüpft sind. Die formgeschichtliche Eigenart einzelner Weisheitspsalmen, die Rückwendung von Lob und Dank zur Klage, 388 ist also ein kompositorisch bewußt eingesetztes retardierendes Moment. Unser erster Blick über das erste Psalmbuch 389 ergab zwei Wendepunkte der Komposition von der Klage zu Lob und Dank. Wir konnten aber bei unserem ersten Durchgang keine Hinweise auf Orakel an den Wendepunkten von der Klage zum Lob entdecken. In bei den Hymnen an diesen Wendepunkten finden sich jedoch Hinweise auf eine Antwort Gottes, die in den Psalmen vorher erbeten wurde. So beginnt Ps28 (v.H.):
3.2.5 Das erste Psalmbuch als weisheitliche Komposition
Zum Gesamtverständnis der Komposition des ersten Psalmbuches dürfte das Zentrum des mittleren Kompositionsbogens und damit der gesamten Komposition des ersten Psalmbuches, Ps 19, nicht unwesentlich sein. Das Verständnis von Ps 19 als gefügter Einheit aus formgeschichtlich zwar unterscheidbaren, aber in unserem Zusammenhang einheitlich zu interpretierenden Teilen setzen wir hier voraus. 379 Die nächste Analogie zu Ps 19 als formgeschichtlicher Mittelpunkt des ersten Psalmbuches haben wir bereits in Ps 78 als Trenner der beiden Kompositionsbögen erkannt. 38o Die Ps 78 einleitende Tora-Ankündigung wird in einem Geschichtspsalm eingelöst: Tora ist Geschichte. 381 Wir erkannten als tragende Hauptpfeiler der Komposition des ersten Psalmbuches Toramotive am Anfang (Ps 1), in der Mitte (Ps 19) und am Schluß des ersten Psalmbuches. 382 Nun sahen wir bereits, wie Ps 1 und 2 als Einheit von Tora- und messianischem Psalm 383 verbunden sind. Entsprechend stehen in der Komposi377 378
Zum Parallel aufbau zwischen Ps 41 und 88 vgl. AEMJELAEUS, Prayer 91 f. Ps38,17; 39,2; 40,8; 41,5. Vgl. auch 30,7; 31,15.22; 32,5. Dazu bereits BECKER, Wege
117. 379 S.o. S. 58 Anm. 327. Vgl. zum folgenden besonders MAYS, JBL 106, 2-13, der darstellt, wie bei den großen Torapsalmen Ps 1; 19 und 119 jeweils ein weiteres Thema zum Grundthema der Tora hinzugefügt wird (in Aufnahme von Mays nun auch MCCANN, Interp. 46, 119ff.). Für Mays ist ein solches zweites Thema besonders die Eschatologie (so in Interpretation von Ps 18 und 118). 380 Beachte jedoch, daß Ps 78 zwei linear parallele Kompositionsbögen trennt, während Ps 19 Mittelpunkt einer chiastischen Ordnung ist. 381 Dazu bereits oben H.2.1. 382 Vgl. auch die Rahmung von Ps 15-24 durch Weisheitpsalmen Ps 14 und 25. 383 1j'W~ erscheint in den Psalmen in Ps2,2; 18,51; 20,7; 28,8; 84,10; 89,39.52; 105,15; 132,10.17.
Zu dir, Jhwh, rufe ich, mein Fels, sei nicht still vor mir. Sei nicht still vor mir, damit ich nicht denen gleich werde, die in die Grube hinabgehen. Höre die Stimme meines Flehens, wenn ich zu dir um Hilfe rufe, wenn ich meine Hände aufhebe zum Inneren deines Heiligtums.
141
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In höchster Not betet der Psalmist mit erhobenen Händen. Daß diese nicht nach Jerusalern gerichtet sind, zeigt sich im folgenden Psalm: Ps 29 umspielt mit dem Hinweis auf die Stimme Gottes ein Orakelmotiv, das als ein Gewitter geschildert wird (v. 3 ff. 390). Der Beter reagiert mit dem Dank für die erfolgte Rettung aus der vorher geschilderten Todesnot (Ps 30,2-4):
384 385 386 387 388 389 390
So bereits ALLEN, Bib. 67, 544-546, hier 545. S.o. Anm. 353f. Zu Ps 25 vgl. bes. RUPPERT, ZAW84, 576-582. Vgl. Ps 34 und 37. S. o. 1.3.4.2. S. o. II.3.1. Vgl. dazu auch MILLARD, WuD 22.
142
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
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:'Rt~~r:n '9'7.~ "l:1~'~W ~6'S~ ;,,;,~ 'W~~ 'i~!f-l~ J:1'7~ij
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:,i:J '!~,~~ 'm"'1J Ich erhebe dich, Jhwh, denn du hast mich hinaufgezogen. Und du hast meine Feinde sich nicht über mich freuen lassen. Jhwh, mein Gott, ich rief zu dir um Hilfe und du heiltest mich. Jhwh, du hast mein Leben aus dem Totenreich emporgeholt, du hast mich lebendig gemacht aus der Schar derer, die zur Grube fahren. Entsprechend der Klage von Ps 28 dankt der Beter hier über die Rettung aus dem Machtbereich des Totenreiches. Im Unterschied zu Ps 28 wird die Not allerdings in der ersten Hälfte von Ps 30 als Krankheit geschildert, die Schlußhälfte von Ps 30 ist jedoch offener formuliert. 391 Die scheinbar so sicher unterscheidbaren Krankenpsalmen und Feindklagen sind also nicht nur als Klagelieder oft nicht unterscheidbar, auch verschiedene Dankpsalmen sind vieldeutig angelegt. 392 Eine ähnlich deutliche Wendung von der Klage zum Lob erfolgt nach Ps 7, der mit der Ankündigung endet (v. 18):
Ich will Jhwh gemäß seiner Gerechtigkeit danken und den Namen Jhwh, des Höchsten, bejubeln.
ij?7~f ;";" ;'Ji~
:li'7V- ;";"-CW ;"7?I~1
Entsprechend beginnt Ps 9 (v. 2 f.):
Ich will Jhwh mit meinem ganzen Herzen danken, ':;17-'~~ ;";" ;'Ji~ ich will alle seine Wunder erzählen. :'9'{)i~7~r'f ;"~Q~ Ich will mich freuen und seinetwegen fröhlich sein, ,~ ;'~7V-~1 ;'07t~~ ich will den Namen des Höchsten bejubeln. :li'7V- '97tW ;"7?I~ In Ps 8,2 ist nun ein Heilsorakel in einem textkritisch schweren Text erschließbar: nl$;T'~~ '97tW "1~-;'~ U'~'i~ ;";"
:C~~W;T'~ '97i ;, ;'1T;! 'W~
Während nun die erste Vershälfte problemlos übersetzbar ist, 393 gilt die zweite als nur mit einer Konjektur übersetzbar. Gegen die üblichen textkritisch sehr schwierigen Konjekturvorschläge, die aus ;1ln die Wurzellnl herauslesen wollen, hat F. CRÜSEMANN unlängst eine Variante vorgeschlagen, die im wesentlichen nur eine neue Worttrennung liest und v. 2 b als hymnische Anrufung der Aschera in Parallele zur Anrufung Jhwhs in v. 2a auffaßt. 394 Diese Lesung erklärt zudem auch die poetisch ungewöhnliche Relativpartikel 'W~. Der Grund, weswegen der so rekonstruierte Text zerstört wurde, liegt auf 391
Zur Doppelung innerhalb von Ps 30 s.o. 1.3.2.
392
S. 0.1.3.5.
393 394
"Jhwh, unser Herr, wie mächtig ist dein Name auf der Erde." CRÜSEMANN, FS Wolff 48-60.
lln"WI(, unsere Aschera.
143
der Hand. Doch bl~ibt die Frage, ~b ein bedeutungsloser Text bei diesem Eingriff hergestellt wurde. Em Versuch, den bisher ungeklärten vorliegenden Text zu verstehen kann auf der Ebene des vorliegenden Textes über das Aramäische erfolgen, was zusätz: lieh zu ~nser~r A~alyse ~es ersten Kompositionsbogens als Midrasch auf einen späten Text weist. Hier gibt es die Wurzell(ln/:1Jn, die wiederholen, erzählen, lehren 395 heißt. Ps 8,2 lautet also in der masoretischen Textfassung übersetzt:
Jhwh, unser Herr, wie mächtig ist dein Name auf der Erde, 396 die deine Herrlichkeit, die über dem Himmel ist, erzählt. Daß die Himmel die Ehre Gottes erzählen, ist ein übliches Hymnenmotiv ,397 wie die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes aus der Schöpfung. 398 Die Aussage von Ps 8 fügt sich also in das hymnentypische Aussagefeld. Hier übernimmt die Erde die ~ufgabe, von Gott zu reden. Die enge Verknüpfung von Schöpfung und Tora III Ps 19 erstreckt sich damit bis in die Orakelmotive der Kompositionsbögen. 3.2.6 Vergleich der heiden großen Davidpsalmsammlungen Im ersten Psalm buch müssen wir das Überschriftensystem als Hilfslinie zur Abgrenzung der Psalmengruppen durch weitere Abgrenzungen in Kompositionsbögen unterstützen. Dieses Problem hatten wir bereits auch bei den Asaphpsalmen, die mit 11 Psalmen eine der größten bisher betrachteten Psalmgruppen bilden. Die Notwendigkeit zur weiteren Unterteilung in Kompositionsbögen ist also wohl von der Menge der Psalmen, die mit ähnlicher Überschrift zusammenstehen, abhängig. Als zusätzliche Hinweise zur Bildung dieser Kompositionsbögen können wir uns auf die überschriftslosen Psalmen und die Psalmen mit midraschartigen Überschriftselementen stützen. Die Folge Klagelied-Hymnus-Danklied, die wir als Grundschema der Dankliedkomposition abgesehen von ihrer weisheitlichen Edition herausarbeiteten,399 finden wir auch als Grundschema der Davidpsalmgruppen. Der erste Hauptteil, das Klagelied, ist jedoch erheblich erweitert. Die Bündelung individueller Anliegen in einer kollektiven Themenklage fehlt. Diese Clusterbildung von Klagepsalmen ist ein Phänomen, das nur innerhalb der Davidpsalmen auftaucht. In der elohistischen Davidpsalmgruppe gibt es jedoch keinen Hinweis auf ein Orakel am Übergang von der Klage zum Lob. Das Orakel in den Klageliedern des Volkes Ps60,8ff. steht vom Gesichtspunkt der hier versuchten formgeschichtlichen Analyse an nicht erklärbarer Stelle. Zu den formgeschichtlich nicht befriedigend gelösten Problemen dieser Klagelieder gehört So z.B. DALMAN, Handwörterbuch. Der Relativsatz bezieht sich auf das nächste Nomen. T)l:! (Erde) ist hier wie in Jos 17,8 und Ri 11,3.5 maskulin konstruiert. 397 Vgl. z.B. Ps 19,2 sowie Ps 29. 398 Vgl. z.B. Ps 104. .. 399 Das Danklied fand sich in den unter 1I.1 verhandelten Gruppen insbesondere im Agyptischen Hallel, dieses hat aber die Klage wohl nachträglich vorangeschaltet (Ps lO8f.). 395
396
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
damit die Einbettung der Volksklagen in die von Klageliedern des Einzelnen dominierten Clustern. 4oo Im ersten Psalmbuch fanden sich Hinweise auf ein Reden Gottes am Übergang von der Klage zum Lob, doch waren dies keineswegs Orakel im genuinen Sinn, sondern - wenn überhaupt - Variationen dieses Motivs. Gegenüber der elohistischen fallen in der ersten Davidpsalmsam~lu.ng die Tora- und Königspsalmen als Gliederungs- und Rahmenbestandtelle ms Gewicht. Das erste Psalmbuch hat mit diesen Gattungen und der größeren Motivvarianz in den Klagec1ustern ein größeres Themenspektrum als die zweite Sammlung von Davidpsalmen, in der beispielsweise Krankenmotive erst in der parallel zum ersten Psalmbuch erfolgten Buchredaktion er~~heinen (Ps 69ff.). Seine Komposition scheint damit mit der Gesamtk.o~pOSltlOn d~r Bucheinteilung des Psalters und besonders im ersten KompOSItIOnsbogen mIt dem Kanon als Kontext in engem Zusammenhang zu stehen. 401 Nicht behandelt haben wir bisher die letzte Sammlung von Davidpsalmen, Ps 138ft. Diese ist, wie wir sehen werden, über den Brückenpsalm Ps 145 und die umgebenden Psalmen mit dem folgenden kleinen Hallel verbunden.
Gottes 403 verwendet. E. Zenger hat diesen Psalm überzeugend als vorletzten Psalm des Psalters in einer Rahmenfunktion für den masoretischen Psalter der vorliegenden Gestalt interpretiert. 404 Im Vergleich zu Ps 2 fällt auf, daß bei gleicher Motivik des Streites Israels mit den anderen Völkern und des Eingreifens Gottes der davidische König, der in Ps 2 noch eine Zentral stellung innehatte, völlig fehlt. Dafür steht gewissermaßen als Ersatz der Lobpreis Gottes als König. 405 Dieser findet sich außerdem im kleinen Hallei, am Ende des zweiten Psalms der Lobliedkomposition (Ps 146,10). Ps 146 formuliert gewissermaßen das Programm, das den Unterschied zwischen Ps 2 und 149 ausmacht (Ps 146,3):
144
3.3 Die Sammlung von Davidpsalmen Ps 138ft und das kleine Halle! 3.3.1 Das kleine Hallel als Kompositionseinheit Das kleine Halle1 (Ps 146-150) war uns als historische Psalmsammlung mit einem gottesdienstlichen Sitz im Leben erst nachbiblisch ~~chw~isbar. 402 Wir bemerkten zusätzlich bereits den parallelen Aufbau zum Agyptlschen Hallel. Insbesondere die Einleitung mit einem akrostichischen Psalm (Ps 145) ist dafür ein deutliches Zeichen. Am Schluß des vorhergehenden Psalms finden wir zwei ',lZi~-Formeln (Ps 144,15), wie sie auch am Anfang der das Ägyptische Hallel r~h~enden Psalmen stehen (Ps 112,1; 119,lf.). Formgeschichtlich fällt am kleinen Hallel gegenüber dem Ägyptischen Halle1 das Fehlen eines Dankliedes auf. Thematisch sind Ps 145-150 eine Sammlung aus verschiedenen Motiven, die wir auch an anderer Stelle finden. Besonders fällt die Parallele zwischen Ps 148 und 150 auf. Beide sind zusätzlich zu dem wie in Ps 111-118 überschriftartig gebrauchten Halleluja als imperativische Hymnen eingeleitet. Inhaltlic~ fordern beide Psalmen den gesamten Kosmos zum Lob Gottes auf, wobeI Ps 148 außerdem die Gabe des j?"n (Satzung) hervorhebt. Ps 148 erinnert hier in seiner listen artigen Aufreihung an die Einleitung der Tora~ Gen 1. D~~ im.plizite Hinweis auf die Tora verbindet Ps 148 mit Ps 147, der mIt dem ausfuhrhchen Lobpreis Gottes als Stifter der Tora endet (Ps 147,15.18-20): Zwische.~ ~s 148 und 150 steht mit Ps 149 ein Psalm, der zentral das MotIV des Komgtum
400 401 402
V gl. neben Ps 60 vor allem Ps 12. Dazu unten 111.3.3.3 und 3.3.4. S. 0.1.2.3.3.
145
C'::l'iJ:J ~n~::ll'1-'~
:~~~lZiJ;l ;', i;~w C'1~~1;:)~ Verlaßt euch nicht auf Fürsten, auf einen Menschensohn, bei dem es keine Hilfe gibt.
Dieses Programm ist am ehesten aus der Erfahrung des Scheiterns der davididischen Dynastie verständlich. Eine exilisch-nachexilische Datierung dieses Psalms liegt also auch von daher nahe. Ps 146 gehört zusammen mit dem Akrostichon Ps 145, das ausdrücklich als "Lobpsalm" (~?';:TT;1) Davids überschrieben ist, zu der Einleitung in die Psalmengruppe im Singular, während die folgenden Psalmen pluralische Psalmen sind. Ps 146 hat mit Ps 145 auch Weisheitselemente gemeinsam. So findet sich in ihm wie in dem dem kleinen Hallel vorhergehenden Psalm ein 'jt?i~-Satz. Ps 144, der mit der Weisheitsformel zudem betont aufhört, hat als Psalm mit einer Segens-Einleitung (':J~'~) deutliche Verwandtschaft zur folgenden Hymnengruppe. Mit der Betrachtung von Ps 144 und 145 als Einleitung zum kleinen Hallel gelangen wir wie bei unserer Betrachtung des Ägyptischen Hallels 406 in die vorhergehende Sammlung von Davidpsalmen. Bemerkenswert ist bei dem kleinen Hallel die Häufung kompositorischer Motive. Weisheits-, Tora- und Gott-König-Motive steigern die Gruppe hin zum großen Finale des universalen Gotteslobes. Der Gesamteindruck der Gruppe, ihr relativ spätes Alter und die fehlenden Nachrichten über ihre Verwendung als Gruppe im antiken Gottesdienst lassen den Schluß zu, daß nicht nur einzelne Psalmen am Schluß des Psalters, sondern das kleine HalId insgesamt als Abschluß des Psalters komponiert sind. 407
403 Die Freude der Söhne Zions "über ihren König" (C~7~~, Ps 149,2), muß sich wegen des Parallelismus zur ersten Vershälfte, der Freude Israels "über seinen Schöpfer" O',p~), auf Gott als König und nicht auf ein menschliches Königtum beziehen. 404 ZENGER, Gott 53ff. 405 S. u. III.2.3.2 und 3.3.3. 406 S. o. 11.1.3. 407 So beispielsweise auch BECKER, Wege 115.
146
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3.3.2 Die Davidpsalmsammlung Ps 138ft vor dem kleinen Halle! Wie vor dem Ägyptischen Hallel steht auch vor dem kleinen eine kleinere Sammlung von Davidpsalmen, die im wesentlichen Klagepsalmen dem Halle1 vorschalten. Der Aufbau dieser Psalmengruppe weist ähnliche Probleme auf, wie wir sie bei der Betrachtung des Anfanges des fünften Psalmbuches fanden: am Anfang der Sammlung steht ein Danklied (Ps 138). Mit seiner Perspektive auf den Tempel (v. 2) würde dieses Danklied auch noch als Anhang zur Sammlung von Wallfahrtspsalmen passen. 408 Da Ps .120 ~ls Anfang der Samml.ung von Wallfahrtspsalmen mit einem .~urzen HmweiS auf .den Dan~. b~gmnt (Ps 120,1) und auch der Vorbau des Agyptischen HalleIs mIt der Ankun~Igung von Dank beginnt (Ps 107), beginnen also alle Psalmgruppen des funft~n Psalmbuches von einem Standpunkt des Dankliedes her und tragen dann dIe Klage nach. Diese makroformgeschichtliche Sonderregel, daß bei den Psalmgruppen des fünften Psalmbuches der Hinweis auf den Dank der Psalmengruppe vorangeht, bestätigt umgekehrt wieder unsere Auffassung, Ps 138 ~ntspre chend seiner Personenüberschrift zur nachfolgenden Psalmgruppe zu ZIehen. Der folgende Ps 139 ist wie die Psalmkomposition Ps 108 409 . ei~ Weishei~~ psalm. Der Psalmgruppe Ps 138ft. fehlt eine markante Klage, WI: SIe Ps 109 f~r die Komposition des Großen HalleIs darstellt. Auch. hat der Uber~ang ZWIschen der letzten Davidpsalmsammlung und dem kIemen Hallel kemen Or~ kelpsalm, obwohl Ps 143,1.7 eine Antwort Gottes fordert: Als Nahtstelle ZWIschen Klage und Lob würden wir ein Orakel am ehest~n m d.em a~ch f?rm~e schichtlich sehr eigenständigen Ps 144 erwarten, doch fmdet SIch kem Hmweis. Mit der Wendung tV10 "W ("neues Lied") hat Ps 144,9 einen Bezug z~ Ps 149,1. Da jedoch auch die Orakel in der elohistischen Sammlung von I?avidpsal~en ganz fehlten und im ersten Psalmbuch nur in einer speziellen Textmt:rpretahon erschließbar waren, scheint das Fehlen eigentlicher Orakel an der Ubergang~ stelle zwischen Klage und Lob eine Eigentümlichkeit der Davidpsalmkomposltionen zu sein, die mit der anderen Eigentümlichkeit der Davidpsal~en, der Bildung von Klagec1ustern von Singularpsalmen, zu~am~enhängen wI~d. Insgesamt wirkt die Sammlung von Davidpsalmen WIe em Nachtrag, m dem verschiedene Themen wie z. B. das Opfer (Ps 141,2ff.)4IO, der Bezug auf David (Ps 142,1)411 und Vergebung (Ps 143) noch einmal in einem Cluster von Psalmen ohne einen erkennbaren Zusammenhang zusammengebracht werden. Am ehesten ist diese Komposition deshalb im Zuge .?er D.avidisierung a~ch d~s kleinen HalleIs (Ps 145,1) zu verstehen. Wie beim AgYPh.sche~ Hallel smd. dIe Klagen jedoch ohne inneren Bezug zum Hallel. InhaltlIch WIrd durch dIese 408 So AUFFRET, Sagesse 544. Dazu bereits oben S. 40f. ~ür.~ie Abtrennung von Ps 1~8 von beiden Psalmgruppen läßt sich als zusätzliches Argument emführen, daß Ps 139-144 mit dem Überschriftselement IJl~~7 eingeleitet werden. 409 Dazu oben 1.3.4.2. 410 Dazu unten 111.3.3.1. 411 Dazu unten 111.3.3.2.
3. Clusteranordnungen von Psalmen
147
Sammlung ein Bezug zu den Clustern von Davidpsalmen im ersten und zweiten Psalmbuch geschlagen. Wir bewegen uns hier, wie wir sehen werden,412 auch historisch auf der letzten Ebene der Komposition des Psalters. Deswegen geht die Frage, ob Ps 138 und 139 nun als Abschluß der Sammlung von Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. oder als Einleitung zum kleinen Hallel zu verstehen seien, an den Texten vorbei. Sie ist zwar für die Betrachtung von Psalmgruppen mit vermutlicher Selbständigkeit vor Einbindung in Groß sammlungen sinnvoll. Aber da wir keinen Anlaß haben, eine Selbständigkeit von Ps 138ff. zu vermuten, verbinden wohl Ps 138f. auf der Ebene der Edition des Gesamtpsalters die vorhergehende Sammlung von Wallfahrtspsalmen, die offensichtlich als Gruppe vorlag, mit den nachfolgenden Psalmen.
3.4 Das vierte Psalmbuch Nur einen Textbereich des Psalters haben wir innerhalb unseres formgeschichtlichen Ganges durch den Psalter noch nicht behandelt: Anfang und Mitte des vierten Psalmbuches (Ps 90 ff.). Innerhalb des vierten Psalmbuches beschrieben wir bereits Ps 101-106 als Komposition einer Gruppe von Hymnen und Geschichtspsalmen, die durch den Klagepsalm Ps 102 und den Torapsalm Ps 101 eingeleitet wird. Ähnlich wie beim ersten Psalmbuch und bei der Sammlung von Asaphpsalmen müssen wir also auch das vierte Psalmbuch als eine Zusammenstellung mehrerer Kompositionsbögen verstehen. Ps 101 ist nun aber auch im Kontext der vorhergehenden Psalmgruppe verstehbar: nach der Toreinzugsliturgie Ps 100 folgt also das Toragelöbnis 413 "Davids", der hier im Verlauf des vierten Psalmbuches zum ersten Mal erscheint. Die Zusammenstellung von Ps 100 und 101 erfolgte damit nach dem Prinzip der Toreinzugsliturgien, in denen Toreinzug und Rechtsverpflichtung verknüpft sind. Das Spezielle dieser durch die Zusammenstellung zweier Psalmen entstandenen Toreinzugsliturgie ist, daß der König hier sich selbst den Rechtsspiegel vorhält. Ps 101 handelt von den königlichen "Pflichten, die er zu erfüllen gelobt" . 414Die Verbindung der Motive von König und Recht ist zudem innerhalb der Psalmen des vierten Psalmbuches nicht neu (Ps 99,4): Und ein Starker ist König, 17.11 T37' er liebt das Recht. J:1l( "etV~ Du hast Aufrichtigkeit gegründet C'''''~ N~;:l :11;113 und in Jakob Recht und Gerechtigkeit geschaffen. :l.?W:v :11;113 Jp~~~ :1i?1~~ "9~~ •• T
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Vgl. unten 111.3. Vgl. STEINGRIMSSON, Tor 138, der wie viele andere die Nähe von Ps 101 zur sogenannten Eingangsliturgie herausarbeitet, die Steingrimsson selbst für Ps 101 als nachkultische Gattung versteht. S. o. Anm. 353f. 414 GUNKErJBEGRlCH, Einleitung 140. 412
413
148
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Daß "David" sich den Rechtsspiegel vorhält, ergibt sich im Duktus der Psalmen des vierten Psalmbuches aus dem Anspruch Gottes, der das Recht liebt. Die Jhwh-König-Psalmen zielen jedoch nicht nur auf die Vorstellung von Gott als Begründer des Rechtes, auch am Anfang der Komposition findet sich die Verbindung beider Motive durch den Hinweis auf den Tempel (Ps 93,5):
schrift darstellt, ist diese Sonderstellung von Ps 92 auch im Kontext der Voranstellungen von Dankliedern oder Dankversen in den Kompositionseinheiten des fünften Psalmbuches zu verstehen. 417 Daß das formgeschichtliche Muster des Übergangs von der Klage zu Lob bzw. Dank das Formprinzip dieser Gruppe darstellt, wird besonders deutlich, wenn wir das Orakel in diesen Psalmen betrachten. Die erste direkte Gottesrede im vierten Psalmbuch steht in Ps 91,14ff. Hier wird explizit die Rettung des Klagenden in einem Orakel angekündigt (Ps 91,14ff.):
iK~ u~~~ ';l'n'i~
:C'~; ':r:"K? ;";" !VJ"p-;,'~~~ ~l:i'~? Deine Satzungen sind überaus fest, deinem Haus gebührt Heiligkeit, Jhwh, immerdar.
Gegenüber der literarkritischen Analyse, die Ps 93 von dem Toraelement meint befreien zu müssen,415 ist festzuhalten, daß auch Ps 93 in den weisheitlichen Zusammenhang, der mit dem Mosepsalm Ps 90 beginnt, integriert ist. 416 Es endet sowohl Ps 92 mit dem Hinweis, daß Gott gerecht ist (vgl. '!f; v. 16), als auch die Gruppe der Jhwh-König-Psalmen insgesamt mit Ps 99, der Gottes Gerechtigkeit preist. Da auch die Geschichtspsalmen Ps 105f. dort, wo sie konkret werden, sich auf die Wiedergabe der in der Tora erzählten Geschichte beschränken, erschließt sich der gesamte Zusammenhang des vierten Psalmbuches von der Tora her. Die Binnenstruktur des vierten Psalmbuches ist auch dort von der Abfolge Klage-Hymnus bestimmt, wo wir dies bisher nicht sahen. Wenn wir uns bei der Gliederung des vierten Psalmbuches wieder von dem Wechsel von der Klage zum Lob leiten lassen, zeichnen sich drei Kompositionsbögen ab: Klagelieder bzw. Motive davon finden sich in den Psalmen Ps 90f.; 94; 102, es folgen jeweils Lobpsalmen (Ps92f.; 95-100; 103-106). Der erste Kompositionsbogen beginnt makroformgeschichtlich ungewöhnlich mit einem Volksklagelied (Ps 90), das zudem Vertrauens- und Reflexionsteile hat, sodaß der Psalm auch als weisheitliche Mischgattung bezeichenbar ist. Der folgende Ps 91 hat mit dem Eingangssmotiv des Wohnens in der Gegenwart Gottes Ähnlichkeit mit der Eröffnung der zweiten Korachpsalmgruppe, Ps 84. Da Ps 90 auch von seiner Überschrift als Mosepsalm innerhalb von Ps 91-100, die sonst ohne personenbezogene Überschriften auskommen, singulär ist, ist fraglich, ob Ps 91 nicht der ursprünglichere Anfang dieser Gruppe ist, Das Motiv des Wohnens im Tempel verbindet Ps 91 mit dem folgenden Psalm. In der formgeschichtlichen Analyse des ersten Kompositionsbogens fällt die ungewöhnliche Stellung von Hymnus und Danklied auf: das weisheitliche Danklied Ps 92 steht vor dem mit Toraformen endenden Hymnus Ps 93. Wir haben hier eine Abweichung von der Folge Hymnus-Danklied, die durch weisheitliche Prägung des gesamten ersten Kompositionsbogens bedingt sein wird. Da vom Überschriftensystem her Ps?2 als Psalm mit Überschrift eine Einleitung zu den folgenden Psalmen ohne Uber415 So unlängst wieder JEREMlAS, Königtum 25f., zu v. 5a im Kontext einer Frühdatierung des Kerns von Ps93. Zur synchronen Betrachtung von Ps 93 einschließlich v. 5 vgl. unlängst AUFFRET, ZAW103, 101-109. 416 Gegen REINDL, VT.S 32, vgl. ZENGER, FS Ehrlich.
Weil er an mir hängt, werde ich ihn erretten. Ich will ihn schützen, denn er kennt meinen Namen. Er ruft mich, und ich antworte ihm. Mit ihm bin ich in der Not. Ich reiße ihn heraus und bringe ihn zu Ehren. Mit einer Länge von Tagen sättige ich ihn, und ich lasse ihn mein Heil sehen.
149
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Die Gottesrede erfolgt innerhalb eines weisheitlichen Vertrauenspsalms. Vor diesem Psalm steht ein weisheitliches Klagelied, ihm folgt ein weisheitliches Danklied. 418 Der Orakelpsalm steht also makroformgeschichtlich an der UmbruchsteIle von der Klage zu Lob bzw. Dank, wie wir es von den levitischen Psalmgruppen her kennen. Das Nachklappen des Lobpsalms Ps 93 könnte mit der ursprünglichen Zugehörigkeit dieses Psalms zu einem Cluster von JhwhKönig-Psalmen (Ps 95ff.) zusammenhängen. In diesem Fall wäre der Hinweis auf die mi~ ("Rechtszeugnisse") Ps 93,5 Zeichen einer toraorientierten Redaktion. Auch der nächste Orakelpsalm, Ps 95, bietet deutliche Hinweise auf die Tora. In einem Stil, der der deuteronomischldeuteronomistischen Aktualisierung und Wiederholung derTora vergleichbar ist, erinnert Ps 95,8 an Meriba und Massa: Verhärtet eure Herzen nicht wie in Meriba, wie am Tage von Massa in der Wüste.
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Die Tora scheint hier bereits eine Größe zu sein, auf die angespielt werden kann. 419 Die Gottesrede, die die Stelle des Orakels eingenommen hat, ist als Toraerinnerung gestaltet. Makroformgeschichtlich steht vor Ps 95 wieder ein Klagepsalm in weisheitlicher Gestalt, nach Ps 95 folgt eine ganze Reihe von Hymnen. Auch thematisch ist nun der zweite Kompositionsbogen von den beiden anderen durch das Thema geschieden, das in der Klage Ps 94 angeschnitten wird: das Kommen Gottes als Richter (Ps 94,2). Die Gewißheit, daß 417 Insofern ist diese Anfangsstellung von Ps 92 als Sabbatpsalm auch mit dem Gebrauch der folgenden Jhwh-König-Psalmen als Sabbatpsalmen ab dem Mittelalter in Verbindung zu bringen (s. o. S. 44f., bes. Anm. 256), doch ist diese Verwendung nur als liturgische Exegese nachweisbar, nicht als Tradition in biblischer Zeit. 418 Zur Verknüpfung von Ps 90-92 vgl. REINDL, VT.S 32. 419 Vgl. bes. Ex 17,7.
150
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
Gott sein Recht durchsetzen wird (Ps 94,15), entfalten die folgenden Psalmen hymnisch. 420 Da Ps 94 als einzelne Klage vor dem Hymnencluster zu stehen kommt, hat sie die Stellung der Themenklage, wie wir sie für Ps 102 sahen. Doch setzt Ps 94 nicht die Zerstörung Jerusalems oder des Tempels voraus. Ps 94 klagt allerdings über Unrecht in der Justiz, was ihn in die Nähe des Schlusses der Sammlung von Asaphpsalmen bringt (Ps 94,5 f.):
:m7; '91;17tm ~~~'J; ;,,;,~ '91?~ :m~'J; C~l?;n'1 ~).,::)~ '~i ;'~~?1:5 Dein Volk, Jhwh, zerschlagen sie und dein Erbe unterdrücken sie. Witwe und Fremden töten sie, Waisen morden sie.
Das Unrecht in der Justiz hat wohl etwas mit dem Unrecht an der politischen Spitze zu tun (Ps 94,20): n;~::t ~!i)~
'9';1:t IT::t
:vn-'7V, ,~~ ,~~
Hat etwa der Thron des Verderbens Gemeinschaft mit dir, der Unheil statt Recht schafft?
Es ist unklar, auf welche politische Situation hier angespielt wird. Aber in der Situation der Zeit war hier in uns heute nicht mehr zugänglichen Metaphern vermutlich sehr konkret geklagt, bevor das Thema Gottes als König und Richter in den folgenden Psalmen hymnisch entfaltet wird. In den folgenden Hymnen wird die Erscheinung Gottes als Richter thematisiert, die ebenfalls von der Asaphpsalmgruppe her bekannt, 421 aber gegenüber dem vorhergehenden Jhwh-König-Psalm Ps 93 neu ist. Das durchgehende Thema der Durchsetzung von Recht und Gerechtigkeit macht es aber unwahrscheinlich, daß eine Toraredaktion diese Psalmen überarbeitet hat, da sie insgesamt von diesem Thema bestimmt sind. 422 Modus der Darstellung ist dabei die Sprache der Wallfahrt (Ps 96,8): ;~~ i;:J~ ;,,;,~, ~:JV
:"n;,~n, ~~":J~ ;,m~-~~iv T ; ; T : • :
Bringet Jhwh dar die Ehre seines Namens, tragt eine Gabe herbei und kommt zu seinen Vorhöfen.
Auch im nachkultischen Dankpsalm Ps 92 war bereits das Leben im Tempel gepriesen worden (v. 14), was dort das Leben in der Zuflucht und Nähe Gottes (bes. Ps 91,lf.) konkretisierte. Wenigstens in der Sprachwelt von Ps 100,4 befindet sich nun der Beter vor den Toren des Tempels: Vgl. Ps 96,10.13; 97,2.6; 98,2.9; 99,4. . S.O. H.2.I. Auch NASUTI hat bereits die Wirkungsgeschichte der Asaphpsalmen m das vierte Psalmbuch hinein zu Ps105f. beschrieben, die mit Ps 96 in lehr 16 als Asaphpsalm neugestaltet werden (NASUTI, History 174ff.). 422 Vgl. beispielsweise Ps 99,4. 420 421
151
;'?;:lN "~"~p ;'7;n~ ,~,~~ ~~~ :;~~ ~::J,:);J ;'-~i;;'
Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben, danket ihm, lobet seinen Namen.
Hier am Schluß des zweiten Kompositionsbogens wird also das Thema des Dankens, das auch am Anfang des Hymnenteils stand (Ps 95,2)423, aufgegriffen. 424 Bemerkenswert ist ebenfalls die Verbindung der ersten beiden Kompositionsbögen des vierten Psalmbuches mit dem Gesamtpsalter: so endet der Psalter insgesamt wie die Jhwh-König-Psalmen Ps95ff. mit imperativischen Hymnen. Auch motivisch werden wir zwischen dem Schluß des Gesamtpsalters und dem zweiten Kompositionsbogen des vierten Psalmbuches Verbindungen finden. 425 Die Toraelemente insbesondere im ersten Kompositionsbogen, die dann im zweiten Bogen durch den Lobpreis von Gottes Gerechtigkeit aufgenommen werden, erinnern wiederum an den Anfang des Psalters, Ps 1. Beispielsweise Ps 92 hat mit Ps 1 das Bild von dem Gerechten als wachsendem Baum gemeinsam (Ps 92,13ff.). Mit der Einführung Davids wechselt auch der in der Psalmengruppe verwendete Numerus: der in seiner Überschrift als überindividuell gekennzeichnete 426 Klagepsalm Ps 102 wird im Singular formuliert. Bemerkenswert ist, daß Ps 102 in der Klage mit Motiven des Königtums Gottes argumentiert (v. 13). Dieses Motiv erhält dadurch besonderes Gewicht, daß es an der Nahtstelle des Psalms die Wende der Klage in die Zuversicht markiert. Ps 102 rekurriert an dieser zentralen Stelle die Jhwh-König-Psalmen. Im Gegensatz zu den durch ihre Orakel klar ausgewiesenen ersten beiden Kompositionsbögen des vierten Psalmbuches hat der bereits beschriebene dritte Kompositionsbogen kein an der Nahtstelle zwischen Klage und Lob plaziertes Orakel. 427 Dieser über Ps 102 sehr spät verortete Kompositionsbogen ist ähnlich wie der dritte Kompositionsbogen des ersten Psalmbuches formgeschichtlich nicht völlig erklärbar. Insgesamt legt sich für ihn allerdings die Funktion eines Neubeginns nach den JhwhKönig-Psalmen nahe. 428 Im vierten Psalmbuch haben wir ähnlich wie im fünften Psalmbuch Cluster von Hymnen. Doch auch im vierten Psalmbuch finden wir die formgesehiehtliehe Zusammenstellung des Überganges von der Klage zum Lob gewahrt, indem Psalmen wie Ps 94 und 102 den Hymnenclustern vorgeordnet werden. Es fehlt bemerkenswerterweise im vierten Psalmbueh das Danklied, das den
423
:i? :?')~ l'li'1;lT~ :1'Jil'l~ "~~ mni?1
Laßt uns seinem Angesicht begegnen mit Dank, mit Liedern ihm jauchzen! (Ps 95,2) 424 Vgl. auch die Überschrift Ps 100,1: :1'Ji1'17 ,ir.lT1;l ("Danklied"). 425 Vgl. Ps 92ff. mit dem Schluß des Psalters, dazu III.3.3.3. 426 Das ist in der Literatur immer wieder hervorgehoben worden, vgl. insbesondere BRANDSCHEIDT, TIhZ 96,51-75. 427 S. o. 11.2.3.1 zu Ps 105,lI. 428 Vgl. dazu die Analyse im dritten Hauptteil.
152
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
Vollzug der Rettung anzeigt. 429 Dieses haben die Psalmgruppen des vierten Psalmbuches mit den levitischen Psalmgruppen gemeinsam. Einen formgeschichtlich einheitlichen Cluster fanden wir nur in den Threni, dort allerdings von Klageliedern. Damit scheint der Übergang von der Klage zum Lob das Kennzeichen der formgeschichtlichen Komposition der Psalmengruppen des Psalters zu sein. Bemerkenswert ist weiterhin, daß alle Hymnencluster am Schluß gedoppelt wirken: Ps 98f. scheinen Ps 96f. zu wiederholen, Ps 117f. Ps 115f. und Ps 149f. Ps 147f. Daß alle Hymnencluster diese Doppelung haben, sollte als Argument gegen eine literarkritische Abtrennung der Doppelung erwogen werden.
3.5 Zur Verortung von Clustern anhand nach kanonischer Beispiele 3.5.1 Das Achtzehn-Bitten-Gebet Bei der Formgeschichte der Psalmengruppen ergaben sich Hinweise auf den historischen Ort der Komposition regelmäßig bei den Klagekompositionen, aber auch bei vielen Wallfahrtspsalmengruppen aus den Themenklagen. Da in den Clusterkompositionen zwar auch ein Hymnenschluß, aber keine Themenklage zu finden ist und Hinweise auf die vorausgesetzte Situation sich eher zufällig ergaben, benötigen wir ein neues Modell zu einer Annäherung an den historischen Ort der Clusterkompositionen. Wir betrachten dazu nachkanonische Psalmengruppen, deren Verortung wir aufgrund externer Quellen mit dem Ergebnis ihrer formgeschichtlichen Untersuchung vergleichen können. Die bedeutendste Gebetssammlung der nachkanonischen Zeit ist das Achtzehn-Bitten-Gebet, hebräisch genannt Schmoneh Esreh (;"lV17 ;'l~lV), Tephila (;,,~~n, Gebet) oder auch Amida (;'i~~17), weil es im Stehen gebetet wird. Die Amida wird bereits in der Mischna (mBer 4f.) als Teil des täglichen Gebetes vorausgesetzt und hat in der ältesten Überlieferung im Rahmen des Talmuds eine differierende babylonische und palästinische Rezension. 43o Da die Redaktion der Mischna in der vorliegenden Form im wesentlichen im 2. Jahrhundert n. Chr. erfolgte,431 ist die Amida älter. Im Talmud wird erzählt, daß ca. 90 n. Chr. bereits eine Textveränderung der Amida erfolgte, die berühmte Einfügung des Ketzerfluches, der Birkat Hamminim (e'J'?:);' 11:J":J). 432 Dies setzt eine frühere Entstehung einer .~rund form der Amida voraus, was im folgenden zu überprüfen ist. Die verschiedenen Uberlie429 Ps 92 hat zuviele weisheitliche Motive, um als reines Danklied gelten zu können. 430 Zu weiteren Einzelvarianten, z. B. in der Kairoer Gniza, vgl. HOLTZMANN (Hg.), Berachot 12. 431 ALBEcK, Einführung 145ff.; (STRACKI)STEMBERGER, Einleitung 127ff. 432 jBer 4,3, 8a; bBer 28b; bMeg 17b. Zur Di~kussion über die .Einfügung der ~irkat Hamminim und die vermeintliche Synode von Jamma vgl. auch unten 1m Anhang Kapitel 2. , dort weitere Literatur. bMeg 17b scheint dabei von einer bloßen Neugruppierung der Bitten auszugehen, während der ältere Bericht jBer 4,3, 8a ausdrücklich von einer Hinzufügung einer weiteren Bitte ausgeht. Mit jBer 4,3, 8a kann dafür ein 17-Bitten-Gebet als Vorform des
3. Clusteranordnungen von Psalmen
153
ferungen der Amida unterscheiden sich zum Teil erheblich voneinander. Die verschiedenen Versionen haben jedoch gleiche Anfänge 433 und insbesondere Schlußteile 434 der einzelnen Segensbitten. Man wird diese Variation mit dem Schreibverbot für Gebete in frührabbinischer Zeit 435 sowie dem Ziel, jeden Tag ein anderes Gebet sprechen zu wollen,436 in Verbindung bringen können. Ziel dieser Variation war es, die Intensität des Gebetes trotz der Verpflichtung zu festen Gebetszeiten aufrecht zu erhalten. 437 Die Schlußabschnitte der einzelnen Bitten sind mit der Formel "Gepriesen seist du, Jhwh" (;";" ;'l)~ .,~.,~) und folgender nominaler Aussage zur Begründung des Lobes analog gestaltet. Nur die erste Bitte hat nach der Eröffnungsformel ("Herr, tue meine Lippen auf, daß mein Mund deinen Ruhm verkünde"438) eine solche Formel auch am Anfang der Segensbitte. Diese gleichen Anfänge und insbesondere Schlußteile bei innertextlicher Varianz sind Zeichen eines Textwachstums innerhalb eines Grundbestandes, wie wir es aus den mittelalterlichen Gebetserweiterungen (Pijjut)439 kennen. Die Ergänzungen betreffen nun durchweg die babylonische Rezension, die insbesondere die 11. und 13. Segensbitte palästinischer Rezension erweitert und die 14. Bitte palästinischer Rezension geteilt und erheblich erweitert hat. 440 Diese Teilung der 14. Segensbitte palästinischer Rezension bringt inhaltlich für die babylonische Rezension eine Unterscheidung zwischen der Bitte um Jerusalem und der Bitte um den davidischen Messias. 441 Im Gegensatz zu den Kompositionen, bei denen die Bitte für Jerusalem bzw. den Wiederaufbau des Tempels die markante Position als Themenklage einnehmen,442 ist im Achtzehn-Bitten-Gebet die Jerusalem-Bitte Teil eines größeren Zusammenhanges. 443 Die Textdifferenz am Anfang der 4. Segensbitte ist anderer Art als die in der JerusalemBitte: während die palästinische Rezension eine Bitte um Erkenntnis formuliert, setzt die babylonische Variante den Stil des einleitenden hymnischen Gotteslobes mit dem Achtzehn-Bitten-Gebetes vermutet werden. Vgl. auch jBer 2,4, 5a und 4,3, 7 d.8a, wo u. a. 17, 18 und 19 Segensbitten diskutiert werden. 433 Eine Ausnahme bildet hier lediglich die 4. Bitte, dazu unten S. 161, und die eingefügte 15. Bitte der babylonischen Rezension, die durch Teilung der 14. Bitte der palästinischen Rezension in zwei Bitten neu geschaffen wurde, wodurch der alte Name Achtzehn-BittenGebet in der babylonischen Rezension zu einem historischen Relikt wurde (mit HOLTZMANN, Berachot 25). 434 Die Schlußteile sind in der 11. und 13. Bitte in der babylonischen Rezension ergänzt. 435 jShab 16,1, 15c; bShab 115b. Man wird aus diesen Stellen nicht schließen dürfen, daß keine Gebete in frührabbinischer Zeit schriftlich fixiert wurden. Umgekehrt bezeugen diese Stellen gerade, daß es immer wieder Tendenzen gegeben hat, Gebete aufzuschreiben, da sonst die Polemik überflüssig wäre. 436 jBer 4,4, 8a. Vgl. auch bereits mBer 4,3. 437 jBer 4,4, 8 a1b. 438 ':T'U?;:JT;l "~~ '~~ n/j~l'I 'tI~ip ;";" (die babylonische Rezension korrigiert die Eröffnung Ps 51,17 entsprechend ,~',~). 439 Vgl. als erste Einführung zum Pijjut als Erweiterung der überlieferten Gebete ELBOGEN, Gottesdienst 280ff.; MAlER, in: Liturgie 89-102; YAHALOM, in: Synagogue 111-126. 440 Zur Zählung s. u. S. 154. 441 Vgl. dazu bereits tBer 3,25, wo die Fassung, die die Davids- und Messiasbitte zusammenzieht, bevorzugt, aber auch die Teilung in zwei Bitten akzeptiert wird. Beide Varianten sind also recht alt und lassen sich auch nicht ohne weiteres nur lokal differenzieren. 442 Siehe oben 11.1.1.2 und2.1 sowie unten 1104.1. 443 Die Jerusalem-Bitte kann jedoch auch allein oder in vielen anderen Segensgebeten beispielsweise beim Tischgebet oder Hochzeitssegen stehen, vgl. die Übersicht bei HEINEMANN, Prayer 70ff.
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Lobpreis Gottes als Verleiher der Erkenntnis fort. 444 Doch gibt auch diese Variante zu erkennen, daß hier bei der Gestaltung der einzelnen Segensbitten ein formgeschichtliches Prinzip am Werk war. Insgesamt wirkt die palästinische Rezension älter als die babylonische. Die Textvarianten der Amida haben ein gemeinsames formgeschichtli-
formuliert der Beter hier zuerst zwar nicht den Dank, aber das Lob Gottes und trägt dann die Klage nach. Den Schlußteil bildet die eigentliche Bitte um Segen, die in den Schlußversen der einzelnen Bitten bereits vorbereitet ist. 451
ches Grundmuster:
Die Kurzfassung des Mittelteils mit den konkreten Bitten der Amida im Habinenu verdeutlicht zusammen mit der Einfügung bzw. wahrscheinlichen Umgestaltung der Ketzerbitte, daß der Anfangsteil mit den ersten drei Bitten und der Schlußteil mit der Erhörungs-, Dank- und Segensbitte relativ früh inhaltlich feststanden, während insbesondere der Mittelteil mit den inhaltlich konkreten Bitten lange Zeit noch offenstand. 452 Das wird besonders deutlich bei einer anderen Nebenform der Arnida, die nur am Sabbat verwendet wird: dem Sieben-Bitten-Gebet, das die ersten drei und die letzten drei Bitten der Amida Schmoneh Esreh umfaßt und dazwischen eine spezielle SabbatBitte einfügt. In dieser Fassung, die gelegentlich sogar dem Achtzehn-Bitten-Gebet zeitlich vorgeordnet wird,453 sind also alle anderen konkreten Gebetsanliegen zugunsten des Sabbats zurückgestellt. 454 Entsprechend gibt es Variationen, die in die 6 Rahmenbitten Bitten für andere Feiertage einfügen. 455 In mRH 4,5 hat diese Grundform mit den sechs Rahmenbitten bereits feste Namen, die anzeigen, daß sich der Inhalt des Achtzehn-Bitten-Gebetes seit der Zeit der Mischna nur in Formulierungen verändert haben kann:
154
Funktion Einleitung: Hauptteil: Ziel: Abschluß:
Form Lobpreis Gottes Bitten 446 Dank Segen
palästinische 1. - 3. 4. -16. 17. 18.
babylonische Version 1. -4. Segensbitte 5. -17. Segensbitte 18. Segensbitte 19. Segensbitte
445
Der Aufbau der Amida gleicht im Kern dem Klagelied-Danklied-Schema der biblischen Psalmkomposition. Dieses Grundschema wird besonders deutlich in einer späteren Kurzfassung der Amida aus dem 3. Jahrhundert n. ehr., dem Habinenu 447 , das beim Bitteteil (4.Bitte palästinischer Rezension) einsetzt, die einzelnen Bitten extrem kurz streift und den Dankteil deutlich an den Schluß setzt. Dort ist die "":J-Formel Schluß der Gesamtkomposition, wie wir es bei der Komposition verschiedener Buchschlüsse, Psalmgruppen und Einzelpsalmen im Psalter finden. 448 Dieses Grundschema ist in der Vollfassung der Amida 449 von einem Einleitungs- und Schlußteil umgeben. Der Einleitungsteil motiviert das Gebet mit dem Lob Gottes, womit der Beter sein Zutrauen zum Ausdruck bringt. 450 Wie in den Psalmkompositionen des fünften Psalmbuches 444 Der Text der babylonischen Rezension läßt bei der Erweiterung der eigentlichen Bitten durch die neugeschaffene 15.Bitte die Zahl der Bitten unverändert. Die Zahl 13 (1nl( = 13, babylonische Rezension) scheint gegenüber der Zahl 12 (palästinische Fassung) sekundär, da sie auf das Schma Jisrael anspielt. Wegen der abweichenden Zählung entsprechen die 16. -19. Segensbitte babylonischer Rezension der 15. -18. Segensbitte palästinischer Rezension. 445 Diese Unterscheidung in den Siddurtraditionen ist seit DALMAN, Worte, üblich. Dort S. 298ff. die Texte. 446 Aus dem Hauptteil fällt sprachlich wie inhaltlich die 12. Segensbitte heraus, die sogenannte Birkat Hamminim, die als einzige negativ formuliert ist. Sprachlich läßt sich damit die talmudische Erzählung von der späteren Einfügung dieser Bitte (jBer 4,3, 8a) unterstützen. 447 jBer 4,3,8 a sowie in gebräuchlicherer Variation bBer 29b. Der T~xt ist auch zu~ängli~h bei DALMAN, Worte 62f. Das Habinenu setzt (auch in seiner babylomschen RezensIOn) dIe palästinische Rezension der Amida voraus, da es mit der Bitte um Einsic.ht beginnt. Zur möglichen Zufügung von Hymnenelementen im Rahmen vgl. auch den hymmschen Abschluß durch die spätere, bis heute liturgisch gebräuchliche Schlußvariante zum Text des Un~e~ Vater in Mt 6,13. Gerade diese Schlußvariante des Unser Vater entspricht sehr genau rabblmschen Gebetsvorschriften (vgl. mYom 2,1; 4,2, dazu THOMA, in: Liturgie 97). 448 In Ps 66,20; 68,36; 135,21 stehen diese Bitten am Anfang des Schlußverses des Psalms, in Ps 18,47; 28,6; 31,22; 124,6 leiten sie den Schlußteil ein. Wenigstens in den Psalmbuchschlüssen Ps41,14; 72,18f.; 89,53; 106,48 sind sie zudem als Schlüsse von Psalmsammlungen eingesetzt. Vgl. aber auch 1Chr 16,36, wo der Schlu~ von Ps 106 als Schluß der Zu~ammenstel lung einer Psalmneukomposition aus Psalmen des vIerten Psalmbuches benutzt wud. 449 Zu den rabbinischen Bedenken, daß das Achtzehn-Bitten-Gebet als tägliches Gebet zu lang sei, vgl. bereits mBer 4,3. Selbst am Versöhnungstag setzt bPes 3a einen Auszug aus dem Achtzehn-Bitten-Gebet für das Abendgebet voraus. . . . 450 Vgl. das Schöpfungsmotiv in der ersten und das TotenerweckungsmotIv In der zweIten
1. 2. 3. 16.
Bitte: Bitte: Bitte: Bitte:
m::JK m"::J). CTV:"l TV"P
:"l1,::J3I
155
(Väter) (Stärke) (Heiligung des Namens) (Dienst)
Bitte. Später ist der hymnische Einleitungsteil insbesondere durch ein eigenes Eingangsgebet mit dem Lobpreis des Schöpfers (das Gebet '~i" vgl. mBer 5,4, dazu ELBOGEN, Gottesdienst 17.248) erweitert worden. Vgl. auch den Einleitungsteil PsSa11-3. 451 Bereits der erste erhaltene, frühmittelalterliche Siddur, Seder R. Amram Gaon (n;) bringt dies deutlich zur Sprache: Man beugt sich beim Dank, am Anfang und am Ende. Anfangs- und Schlußteil des Achtzehn-Bitten-Gebetes werden also gleichermaßen als :'11(":'1, als Dank, bezeichnet, vgl. die Dankliedkompositionen S. 163. 452 Vgl. z. B. die Diskussion über die Einschaltung einer zusätzlichen Bitte am Gedenktag der Tempelzerstörung (9 .Ab) in jBer 4,3, 8a. 453 So SCHÄFER, in: Literatur 391-413, hier S.408. tBer 3,15 kennt bereits ein SiebenBitten-Gebet für den Sabbat, aber die Textrekonstruktion bleibt an ein kompliziertes Hypothesengebäude geknüpft. Vgl. auch VON DER OSTEN-SACKEN, Katechismus 197. 454 Eine Variante des Sieben-Bitten-Gebetes, das die Christenheit des vierten Jahrhunderts als jüdisches Gebet in ihren Katechumenenunterricht aufgenommen hat und das ein Zeugnis einer jüdisch-christlichen Symbiose darstellt, überliefern die Apostolischen Konstitutionen 7, 33ff. (so VON DER OSTEN-SACKEN, Katechismus 228, vgl. bereits BOUSSET, Gebetsammlung, und WERNER, Bridge 283, der auf KOHLER, HUCA 1,1924, 4Olf., und ders., Art. Didascalia: The Jewish Encyclopedie 4, 588-594, verweist. Text bei: DE LAGARDE [Hg.], Constitutiones 212ff.; METZGER, Constitutions, in Auszügen nun auch bei TREpp, Gottesdienst 286f.). 455 Vgl. die Diskussion mRH 4,11 zwischen der Hallel- und Schammaischule, ob bei einem Festtag, der auf einen Sabbat fällt, sowohl die Sabbatbitte als auch die Bitte für den Festtag eingefügt werden. Bei Rosch Haschanah geht der Streit zwischen beiden Schulen, ob drei oder vier Bitten diesen Tag betreffend in die Grundform eingeschaltet werden.
IN
tri
156 17. Bitte: 18. Bitte:
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
(Dank) (Segnung des Namens)
Mit den sechs Rahmenbitten ist aber auch das formgeschichtliche Grundschema der Amida bereits deutlich vorchristlich anzusetzen. Da zudem nach mTaan 5,1 die Priester im Tempel bereits eine Gebetsform verrichtet haben, die der Amida in der 1., 3. und 16. Bitte entspricht, können wir den Grundbestand der Amida im Tempelgottesdienst verorten. 456 Bemerkenswert ist, daß die Jerusalem-Bitte für den Tempelgottesdienst damit entgegen dem formgeschichtlichen Befund zum ältesten Bestandteil dieses Gebetes, dem Rahmen, gehört. Diese Zugehörigkeit der Jerusalembitte zum festen Teil des Gebetes scheint offensichtlich inhaltliche Gründe zu haben: kein rechtes Gebet kann in einem noch so speziellen Fall ohne sie auskommen. Am Anfang der Amida steht ein Zitat aus Ps 51,17. 457 Dieser Vers steht im Schlußteil eines Psalms, dem wir bei unserer kompositionellen Analyse einen Platz an einer Nahtstelle des Psalter zuwiesen. 458 Insbesondere ist Ps 51 Anfang der folgenden Sammlung von Davidpsalmen, die nach dem Schema von Klage, Lob und Dank aufgebaut ist und damit prinzipiell dem Kompositionsschema der Amida verwandt ist. Innerhalb der Amida gibt es nun eine ganze Reihe von Formulierungen, die der Bibel entnommen sind: beispielsweise innerhalb der ersten Bitte wird deutlich auf Gen 15 angespielt. 459 Die dritte Bitte ist mit zentralen Worten aus dem Jesajabuch gestaltet. 4~0 Doch überwiegen insgesamt die Traditionen aus dem Psalter: so ist die einzige menschliche Person, die erwähnt wird, David 461 , und zahlreiche Formulierungen sind der Psalmensprache entnommen. 462 Besonders die Gliederungselemente d~r Amida, die. Abschlußbitten, entstammen der Psalmensprache: die exakte Formulierung "Gepnesen seist du, Jhwh" (;";" ;'J;I~ ,~,~) findet sich innerhalb der Hebräischen Bibel zwar nur zweimal und dort nicht in Schlußstellung, 463 aber ähnliche Bitten sind im Psalter am Schluß der ersten vier Psalmbücher 464 und am Schluß zahlreicher weiterer Psalmen 465 anzutreffen. In dieser Schlußposition beziehen sich diese Formeln im Psalter wie in der
456 Vgl. zu diesen Vorformen im weiteren Sinn, die nicht das formgeschic~tliche.Grund~u ster der sechs Rahmenbitten der Amida, aber Wort- und Formparallelen Im weIteren SInn haben, die 8 Bitten des Hohepriesters am Versöhnungstag jYom 7,1, 44b. 457 Zum Text s. o. Anm. 438. 458 Siehe unten III.1.2.2. 459 C;":;1~ p,r.l ("Schild Abrahams") ist eine Formulierung, die an Gottes Selbstvorstellung gegenüb~r Abr~ham in Gen 15,1 (1'? p/t ':;lll,(, "Ich bin dein Schild") erinnert. 460 Vgl. les 6,3; 45,21. . .. 461 14. Bitte palästinischer Rezension. Die Bedeutu~g des Davldspros~es Wird In der babylonischen Rezension durch die Abtrennung der 15. Blt~e no.ch eher verstarkt. .. 462 Vgl. beispielsweise ';'l ,;, (1. Bitte) mit ~s90,1; die BI~te um .Gebetse~horu~g (16: Bitte palästinischer Rezension, 17. Bitte babylOnIscher RezensIon) mit Ps 17,6, 27,7, 28,2, 30,11; 54,4; 64,2; 143,l. 463 Ps 119,12; lehr 29,10. 464 S. o. Anm. 448. 465 S. o. Anm. 448.
3. Clusteranordnungen von Psalmen
157
Amida immer auf Gott. 466 Daß die Amida hier keine Sonderbildung verfolgt, sondern die Sprache der Zeit spricht, zeigt dic Variante von Ps 145 in 11Q Psa, in der innerhalb eines Akrostichons jeweils eine Segensbitte nach jedem Vers eingefügt ist. Wie sehr Psalmen und Segensbitten ineinandergefügt werden können, wird auch an einer speziellen Erweiterung der Amida für Fastentage wegen Trockenheit, dem 24Bitten-Gebet, deutlich: hier werden dem 18-Bitten-Gebet zwei Sammlungen von Bibel467 und vier Psalmen angefügt. Drei dieser Psalmen sind dabei aus den Wallzitaten fahrtspsalmen, Ps 120; 121 und 130, der vierte und abschließende Psalm ist wie Ps 130 ein aus der kirchlichen Tradition bekannter Bußpsalm, Ps 102. 468 Dieser Zusatzteil ist in sich äußerst unterschiedlich: Die bei den zu Gebeten umgestalteten Bibelstellensamm_ lungen stammen aus der Liturgie des Großen Versöhnungstages 469 , eine Stelle innerhalb dieser Sammlung ist sogar ein ganzer Psalm, während die kleineren Wallfahrtspsalmen als ganze Bitte gezählt sind. 470 Jeder dieser Zusatzteile wird mit einer eigenen Bitte 471 Diese Abschlußbitten passen besser zum Vorhergehenden als die abgeschlossen. Bibelverse selbst. Es liegt daher nahe, auch hier die Bibelstellen als nachträgliche Ausschmückungen der älteren Bitten anzusehen. 472 Mit den Psalmen teilt das Achtzehn-Bitten-Gebet den Wechsel zwischen Klage und Lob und Dank, wobei die Einleitung allerdings im Achtzehn-Bitten-Gebet hymnisch formuliert ist. Doch in allen Varianten wie der erschlossenen Vorstufe ist das formgeschichtliche Grundschema Lob, Klage, Dank und Segen deutlich ersichtlich. Inhaltlich notwendig und deswegen Bestandteil des Rahmens ist dabei offensichtlich die Bitte für Jerusalem, die in keiner Variante wegfällt.
Der Cluster von Klagen wird also von einem formgeschichtlichen Grundschema eingeschlossen, das enge Parallelen mit der von uns skizzierten Formgeschichte der Psalmgruppen hat. Neue Klagen sind in den Klagec1uster im Mittelteil je nach Situation einfügbar , ohne daß das formgeschichtliche Grundschema verändert wird. Dasselbe Schema ist auch mit nur einer Bitte für eine spezielle Situation verstehbar, wie wir an der Variante des Grundschemas als 466 In Ps 115,15 (dort Plural) und 118,26 finden sich die beiden einzigen Stellen innerhalb des Psalters, in denen 1"::1 auf Menschen bezogen ist. Dort haben die Formeln jeweils keine Schlußstellung. 467 Bei den Gedenkstücken (nm':JT) werden 10 Bibelstellen mit ':JT ("gedenken") zu einem Gebet zusammengestellt (3 TorastelIen, Gen 8,1; Ex 2,24; Lev 26,42, drei PsalmsteIlen, Ps 111,4; 111,5; 106,45, und drei ProphetensteIlen, Jer 2,2; Ez 16,60; ler 31,19, sowie eine abschließende Torastelle, Lev 26, 45), während in den Schofarstücken (m'lmu) 10 Stellen mit '~;tV ("Schofar") zusammengestellt sind (3 TorastelIen, Ex 19,16; Ex 19,19; Ex 20,18, 4 PsalmensteIlen, Ps47,6; 98,6; 81,4; 150, und 3 ProphetensteIlen, les 18,3; les 27,13; Sach 9,14). Die konkreten Stellenangaben sind in anderem Zusammenhang belegt (mYom 4,6, dort mit 10 m:J'm-Stellen für die Liturgie des Großen Versöhnungstages). Beachte die Verwendung nur von Psalmen für die Repräsentation des Kanonteils der Ketiibim (vgl. dazu die Diskussion um die Psalmen als Kern des Kanonteils der Schriften unten im Ausblick Kapitel 2.), sowie die Anordnung der Psalmen vor den ProphetensteIlen. 468 Die Fastenstellen nach mTaan 2,lff. 469 S. o. Anm. 467. 470 Vgl. Ps 150 innerhalb der Schofarot-Stellen. R.lehuda schlägt wohl deshalb lKön 8,37ff. und ler 14,lff. anstelle der Gedenk- und Schofargebete vor (mTaan 2,3). 471 mTaan 2,4. So aber auch die Variante von R.Jehuda (siehe vorherige Anm.). 472 Vgl. auch die Varianten tTaan 1,12-14 und bTaan 16b.
158
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
Sieben-Bitten-Gebet für den Sabbat sahen. Alle anderen Bitten entfallen dann. Der feste Rahmen und das formgeschichtliche Grundschema geben damit dem Gebet den Rahmen, innerhalb dessen verschiedene Anlässe mit Bitten bedenkbar sind.
3.5.2 Die Hodajot von Qumran Wir haben bei unserem Durchgang durch den Psalter und bei der Behandlung der Amida nur solche Psalmgruppen kennengelernt, in denen Klagecluster wenigstens ansatzweise durch einen Hinweis auf einen Hymnus durchbrochen waren oder Hymenclustern Klagelieder kompositionell vorgeordnet waren. Innerhalb der Hebräischen Bibel ist an die Threni als Beispiel für einen reinen Klagecluster zu denken, doch sahen wir, wie diese Gruppe von Psalmen in der sehr speziellen Situation der aktuellen Tempelzerstörung wurzelt und wahrscheinlich auch nur als liturgisches Stück für den besonderen Gedenktag der Tempelzerstörung erhalten blieb. Außerdem haben sogar die Threni einen kleinen Hinweis auf heilvolle Perspektive, die an die Botschaft Deuterojesajas erinnert (Thr 4,22 a) . Daß wir zur Betrachtung eines reinen Klageclusters den Psalter verlassen müssen, kennzeichnet den Psalter, der bereits mit seiner Überschrift C'~01;1 auf die Perspektive des Gotteslobes hinweist. Daß aber auch der einzige selbständige Klagecluster , dessen erste Form in der speziellen Situation der Tempelzerstörung entstand und der als Erinnerung an diese Zerstörung in den Kanon gekommen ist, innerhalb der Hebräischen Bibel die Andeutung einer heilvollen Perspektive hat, kennzeichnet den Kanon. Neben den Threni wählte Westermann in seiner Hypothese, daß dem Psalter Sammlungen gleichartiger Psalmen vorangegangen wären,473 die Hodajot von Qumran als Beispiel. Betrachten wir deswegen auch diese Sammlung kurz. Die Danklieder von Qumran (Hodajot) leben aus der Sprache der Psalmen. 474 Formgeschichtlich werden die Hodajot im Anschluß an G. Morawe 475 in Lehrer- und Gemeindelieder unterteilt. Den Lehrerliedem wird gemäß diesem Ansatz der Reflex individueller Erfahrung zugesprochen, die auf den Lehrer der Gerechtigkeit zurückgeht. Dafür sprechen die "Motive des Offenbarungsmittlers"476, die Kennzeichen der Lehrerlieder sind. Ein Beispiel für ein solches Mittlermotiv findet sich in lQH 2,8:
7':l7 ~El"~' C'37W'El7 nEl :1':1N' Ich wurde zur Falle für die Übeltäter und zur Heilung für alle.
WESTERMANN, Sammlung. So unlängst LOHFINK, Lobgesänge 41. Aus der älteren Literatur vgl. bes. MORAWE, RdQ 4,323-356, hier 323f. 475 MORAWE, Aufbau. Zur frühen Wirkungsgeschichte von Morawe siehe: JEREMIAS, Lehrer 171; BEcKER, Heil 53; KUHN, Enderwartung 23, und STEGEMANN, Rekonstruktion. 476 So z.B. KUHN, Enderwartung24. 473
474
3. Clusteranordnungen von Psalmen
159
Diese sehr unterschiedlichen Notizen für ein individuelles Erlebnis, das für andere stellvertretende Bedeutung hat, ist nun Teil der Schilderung der Not, wie wir sie auch in den soge~a~nten Gemeindeliedern finden. 477 Der für die Bestimmung der Gattung charaktenstIsche Anfang der Lieder lautet nun jeweils gleich ':;' 'l'N ;':;"'N ( ich w'll · h loben, Herr, denn ... " ) 478 oder ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied" für deI dIC . K n weIteren ontext ,~,~ ("gepriesen") mit folgenden nominalen Aussagen. 479 Die erstere Formel mit ;", (Hi) ist aus der Hebräischen Bibel als Dankliedformel bekannt. Sie steht außerdem in den späten nachkultischen Dankliedern Jes 12,1; Ps 9,2; 111,1 480 und 138,1 sowie i~ den Qumrantexten als Eröffnungsformel. 481 Sie erfreut sich zudem in griechischer Ubersetzung in der apokryphen und neutestamentlichen Literatur größter Beliebtheit. 482 Es ist nicht erkennbar, daß bei diesen zwei Sprachformen mit ",:1 oder ':;' 'l"N ;':;"'N eine unterschiedliche Gattung beginnt oder auch nur eine andere Person als Sprecher vorgestellt ist. Desgleichen ist die Unterscheidung zwischen Lehrer- und Gemeindeliedern nur für die historische Analyse der Entstehung der Qumrangemeinde wichtig, 483 aber für die Betrachtung der Hodajot als Psalmsammlung kann sie außer acht bleiben. 484 Die Hodajot sind in der Perspektive der alttestamentlichen Formgeschichte durchweg stark mit weisheitlichen und eschatologischen Motiven angereicherte Danklieder des Einzelnen. 485 Doch wird gerade im Vergleich zur Komposition des Psalters die theologische Eigenart der Hodajot von Qumran deutlich: ist den Lob- und Dankliedern im Psalter kompositionell stets wenigstens ein eigenständiges Klagelied vorgeordnet,486 so fehlt das Klagelied in der Sammlung der Hodajot völlig. Diese Klage macht nun selbst in den Hymnenclustern des vierten Psalmbuches das Element der Bodenhaftung aus, das den eschatologischen Hymnen- bzw. Dankliedkompositionen im Psalter einen Bezug zur
477 lQH 2,4ff. Vgl. als Beispiel einer typischen psalmennahen Formulierung aus den sogenannten Gemeindeliedern lQH 3,19:
')'1N ;':;'1'N l'1:1N "NIV~' l1nIV~ 'IV!)) :111'1!) ':l
Ich danke dir, Herr, denn du hast meine Seele aus der Grube und der Unterwelt des Verderbens erlöst.
478 lQH 2,20.31; 3,19.37; 4,5; 5,5; 7,6; 11,3.15, wahrscheinlich auch 7,26.34; 8,4; 9,37; 17,17.26 sowie 14,23 (ohne '~). Die Textkonjekturen beziehen sich auf LoHsE, Texte 112 ff. 479 lQH 5,20; 10,14. 480 Ps 111 ist ein Weisheitslied mit Dankliedelementen, das wie Ps 9 (dort nur teilweise) die Form eines Akrostichons hat. 481 CRÜSEMANN, Studien 267f. u.ö ... Vgl. MORAWE, Vergleich 326. 482 JesSir 51,H.; Mt 11,25/Lk 10,21 (f~OJ.tOt..OyojjJ.tu( (JOL); Jh 11,41 (eux;uQL<J'tOO (JOL); weitere Stellen siehe ROBINSON, FS Haenchen 194-235, und CRÜSEMANN, Studien 277f.). 483 So bes. STEGEMANN, Entstehung. 484 Zu den Problemen der Unterteilung in Lehrer- und Gemeindelieder vgl. z.B. KUHN, Enderwartung 24, zu lQH 2,20-30. 485 Formgeschichtlich haben die Hodajot von Qumran große Ähnlichkeit mit den weisheitlich-eschatologischen Varianten von Hymnus und Danklied im vierten Psalmbuch. Vgl. insbesondere Ps 95 und 99, aber auch Jes 12. 486 Vgl. z.B. die Vorordnung von Ps 94 vor den Hymnencluster Ps 95ff. oder die Vorordnung von Ps 102 vor Ps 103ff.
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160
Teil Il: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
3. Clusteranordnungen von Psalmen
Klage gibt. H.-W. Kuhn 487 hat demgegenüber das Selbstbewußtsein der Qumrangemeinde treffend in der Spannung zwischen futurischer und präsentischer Eschatologie beschrieben. Diese Spannung wird dadurch gelöst, daß das Heil mit dem Eintritt in die Gemeinde präsentisch verstanden wird, da das Unheil "nie als Möglichkeit für die Beter" gedacht ist. 488 Entsprechend fehlt in 1QH das Klagelied als selbständige Form. Das Fehlen einer präsentischen Klage ist also in Qumran keineswegs Zufall, sondern die formgeschichtliche Eigenart zeigt das theologische Profil dieser Gruppe an.
Dankliedes spricht nicht zuletzt der in dieser Formel typische Wechsel der Re~e von Gott ~nd zu Gott. 496 Wenn nun die eine Formel sicher im WirkungskreIS des Dankhedes verortbar ist, legt sich dies auch für die parallel verwende~e "":J-Formel nahe. Da diese beim Abschluß von Großsammlungen und ms~esondere von Psalmbüchern 497 verwendet wurde, haben wir also ein erstes IndIZ dafür, daß Sammlungen bis hin zur Bucheinteilung des Psalters im Kontext der Vorstellung eines nachkultischen Dankes erfolgte, die aber der Klage ihr Gewicht als eigenem Psalm läßt.
Das wird auch an der Verwendung der "i::J-Formel in Qumran außerhalb der Hodajot-Literatur deutlich. In 1QM 13,2f., in der sogenannten Kriegsrolle, sprechen ",Mose'489, seine Brüder, die Priester, die Leviten und alle Ältesten der Schlachtordnung":490
",:J
'~"lZl~ ,~ u,~~ ~lZl17~' 'lZl"j? n:JlZln~ ":J:J ":J C~:J'["]:J' ::-m~~:J '~17"~ j?U:J ,~n.,[lZl~] Gepriesen sei der Gott Israels in seinem gesamten heiligen Plan und dem Wirken seiner Wahrheit, und gepriesen seien alle, die ihm in Gerechtigkeit dienen, die ihn in Treue erkennen. 491
Hier bildet die Segensformel die Einleitung eines Psalms, der in der Gewißheit der Rettung als vorweggenommenes Danklied bereits vor Beginn der großen Schlacht angestimmt wird. 492 Die "":J-Formel findet sich im Psalter nur in Ps 144,1 als Eröffnungsformel. Dieser Psalm hat mit dem Lobpreis Gottes als Kriegsheld auch inhaltlich große Ähnlichkeiten mit den Lobliedern aus Qumran. Aber auch in anderen Psalmen außerhalb des masoretischen Kanons leiten Segensformeln einen Psalm ein. 493 Üblicher als die Anfangsstellung ist für beide Formeln im Psalter die Schlußstellung: so leitet '97;~ ("Ich will dir danken") bzw. ;,,;,~ ;,:r;~ ("Ich will Jhwh danken") im Psalter zumeist einen Dankliedschluß im Klagelied, seltener auch ein Danklied selbst ein. 494 Auch die "":J-Formel findet sich am häufigsten in der Schlußstellung. 495 Für eine Verortung der "":J-Formel im Kontext des 487 488 489 490
KUHN, Enderwartung. KUHN, Enderwartung 179. Dies ist wohl in der Textlücke zu ergänzen. Dieser einleitende Text lautet nach LOHsE, Texte 208:
161
3.6 Zwischenergebnis: Zur Formgeschichte der Cluster Auch die untersuchten Clusterkompositionen erweisen sich in ihrer vorliegenden Form mit Ausnahme der Hodajot als Variationen des formgeschichtliehen Schemas, das wir anhand der Wallfahrtspsalmgruppen erarbeiteten. Die Klage- und Lobc1uster sind so miteinander kombiniert bzw. durch Einzelpsalmen so unterbrochen, daß die Abfolge Klage - LoblDank zu erkennen ist. Die Kom.bination wird hierbei wie der Vorbau des Ägyptischen Halleis durchweg erst 1m Zusammenhang der Komposition des Psalters erfolgt sein, wie beispielsweise die relativ lockere Anknüpfung der Hymnen im ersten Psalmbuch zeigt. Typisch für die Davidpsalmen sind Cluster von Klagen des Einzelnen, während Psalmen ohne personenbezogene Überschrift Hymnenc1uster bilden. Eine Besonderheit der Hymnenc1uster sind offensichtlich ihre Doppelungen am Schluß. Als Sonderfall der Kompositionsbögen des vierten und fünften Psalmbuches zeichnet sich die Einleitung mit dankliedartigen Elementen ab. Die Orakel fehlen entweder in den Clusterkompositionen oder sind durch orakelartige Elemente ersetzt. Die Verortung der Cluster ist schwer, weil das sichere Zeichen der Verortung anderer Psalmkompositionen, die Themenklage, fehlt. Dieses Fehlen einer Themenklage deutet auf die Tendenz hin zur Verallgemeinerung der Gebetsanliegen. Die Verallgemeinerung der Klage, wie sie für die Cluster typisch ist, ist aber auch Teil der Anwendung des Formschemas auf individuelle Klagen: Die Clusterbildung bei den Klagen ist die formgeschichtliche Entsprechung zur Verallgemeinerung der Klage für die vielen unterschiedlichen Nöte der Einzelnen.
'~37 "0:1 'lj;>T 7::1' 0"'7:1' O'l:1[1::1]:1 ,'nN'
Übersetzung und Punktation nach LoHSE, Texte 209. Zu den Einleitungsfragen zu lQM vgl. z. B. aaO. 109f. und CAMPONOVO, Königtum 292ff. 492 Vgl. dazu insbesondere MORAWE, Vergleich 336, und Ps 144,1. 493 S. o. Anm. 479. 494 Ps 7,18; 18,50; 30,13 (dort sogar als letztes Wort im Psalm); 42,6.12; 43,4; 52,11; 54,8; 57,10; 71,22; 118,21.28; vgl. auch Gen 29,35. 495 S. o. Anm. 448. 491
Vgl. dazu bes. HEINEMANN, Prayer l04ff. Vgl. die Schlußverse von Ps41; 72; 89 und 106, aber auch das Ende von Ps 135 und JesSir 51. Dazu oben Anm. 448. 496 497
162
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
4. Zusammenfassung
4. Zusammenfassung
der klagende Schlußpsalm ist ein retardierendes Moment mit Überleitungs_ funktion.
4.1 Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
Tabelle 2: Kompositionsbögen mit Dankliedhöhepunkt
Wir versuchten, die durch Überschriften konstituierten Psalmengruppen formgeschichtlich in Anschluß an die in der Formgeschich~e d~r Einzelpsal~ auslegung verwendeten Kategorien zu beschreiben. DabeI ze~ch~ete sIch dl~ Folge von Klage-Orakel-Hymnus/Danklied als Anordnungspnnzip ab, wobeI ein Element von Fall zu Fall fehlen, aber auch erheblich erweitert sein kann. Oft wurde diese Folge offensichtlich erst durch die Zufügung von Einzelpsalmen zu den Gruppen auf der Ebene der Edition des Psalters erreicht. Einen sicheren Fall dieser Art haben wir allerdings nur dadurch, daß wir beim Ägyptischen Hallel den überlieferten Sitz im Leben mit der Reichweite der Komposition in der Fassung im Psalter vergleichen ki?nnen. . . Die Beschreibung der durch personenbezogene Uberschnften markierten Psalmgruppen war besonders leicht bei den Psalmen der levitischen Sänge~ gruppen, den Asaph- und Korachpsalmen. In diesen Psalmgruppen unterscheIden wir einen Rahmen mit Singularpsalmen von einem Kern mit Pluralpsalmen. Der Kern ist durch die Tendenz von der Klage zum Lob gekennzeichnet, die jedoch in diesen Psalmen - wohl bedingt durch die exilische Situation - nur in einem Fall durch Lobpsalmen in der Psalmgruppe selbst an ihr Ziel kommt.
Tabelle 1: Die Psalmgruppen mit Pluralkern Einltg. Sg. Asaph Ps73 Ps 78 Korach Ps 42f. Ps 84
Themenklage PI. Ps 74 Ps 79f. Ps 44 Ps 85
Orakel (Einschub) PI. Sg. Ps 75 Ps81 Ps 45 Ps 85 (Davidps: 86)
ZionspslHymnus PI. Ps 76 Sonderps : Ps 82 Ps 46/47/48 Ps 87
Schluß Sg. Ps 77 Ps 83 Ps 49 Ps 88
Mußten wir bereits bei den Asaphpsalmen eine Trennung in zwei Kompositionsbögen vornehmen, so wurde dies bei den umfangreicheren Psalmengru~ pen insbesondere im ersten und vierten ..Psalmb~ch zum Regelfall. Doch m diesen Fällen fanden wir vom System der Uberschnften als auch vom Inhalt der Psalmen her unterstützende Kriterien für die Einteilung in diese Kompositionsbögen, die auf größere Einheiten bezogen sind. Die in drei Analysegängen erarbeiteten Kompositionstypen von Wallfahrts-, Klage- und Clusterkompositionen erweisen sich als V~?anten eines Grundtyps : Im Kern der Psalmgruppen finden wir durchweg d~~ Ubergang von der Klage zum Lob, im Fall verschiedener Clusterkomp'osltt~nen, genauer gesagt der verschiedenen Davidpsalmengruppen und des Agypttschen Halleis, auch den Übergang von der Klage über das Lob zum Dank. 498 Letztere Fälle sind wegen ihres Achtergewichtes als Dankliedkompositionen zu bezeichnen, 498
Vgl. dazu die Übersicht S. 168 Tabelle 4.
163
Ps Ps Ps Ps
Einltg. lf. 25 51-53 107
Klage 3-7 25-28 51-65 108f.
Orakel (8) 29 110 117
Lob 8 29 65f. 113ff. 118
Dank 9 30 66f. 116 119
Klageschluß 10 31 68ff.
Eine Spezialität der Psalmgruppen des vierten und fünften Psalmbuches ist die mögliche Vorwegnahme des Dankliedes ganz am Anfang der Gruppe, so daß der Dankliedcharakter der Komposition bereits am Anfang der Gruppe deutlich hervortritt.
Tabelle 3: Kompositionsbögen mit Dankelementen am Anfang Ps 92-100 Ps 107 -119 (Ps 120-137 Ps 138-150
Dankelement 92 (93 Hymnus) 107 120,1 b 138 (139 Weisheitsps)
Klage 94 108f 121-131 [... ] 140-143
Orakel 95 110 132 [ ... ]
Hymnus 95-100 113-115+117 134-136) 145-150
Bei den Fällen, in denen der Hymnenschluß lediglich angedeutet war, bezeichneten wir die Kompositionen als Klagekompositionen. Den einzigen eindeutigen Fall für eine solche Komposition, die Asaphpsalmen, deuteten wir von der speziellen Situation der Tempelzerstörung her. Doch auch die als Klagekompositionen gekennzeichneten Gruppen haben nicht im Zuge der Gruppe selbst eingelöste Textverweise auf einen Hymnenschluß: die Klage ist in der Erwartung künftigen Lobens und Dankens formuliert. Deswegen kann der Schluß dieser Kompositionen auch mit einem eschatologischen Hymnus gestaltet sein. Damit weisen wir die in einem Hymnus gipfelnden Psalmengruppen ohne Danklied insgesamt der Situation der Klage zu. Psalmgruppen, die als Klage- oder Hymnencluster diesem Schema nicht entsprechen, erwiesen sich als kontextuell durch Einzelpsalmen oder Psalmgruppen in dieses Schema eingepaßt. 499 Die Westermannsche Vorstellung von Gruppen formgeschichtlich gleicher Psalmen als Basis der Komposition des Psalters bestreiten wir als mögliche Vorstufe des Psalters keineswegs, aber als Basis der Komposition der Psalmgruppen im vorliegenden Psalter zeichnet sich der beschriebene formgeschichtliche Wechsel ab, der als solcher in die Zeit des ersten Tempels weist. Klage- und Hymnenteile sind teilweise getrennt überliefert und sekundär neukombiniert worden, so vermutlich in der Vorordnung 499 Vgl. bes. die Voranstellung der Kleingruppen von Davidpsalmen vor das Ägyptische' und kleine Halle!.
164
TeilII: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
4. Zusammenfassung
von Ps 102 vor den Hymnencluster Ps 103ff. Anschauliches Beispiel für eine solche Neukombination ist die Auswechslung der Bitten innerhalb des hymnischen Rahmens der Amida, die mit ihrem hymnischen Anfang und dem Dankliedschluß die nächste Parallele zu den Dankliedkompositionen des vierten und fünften Psalmbuches darstellt. Obwohl wir die ersten Kompositionen von Psalmgruppen erst in der Zeit kurz vor dem Exil bzw. als durchgehender Textzusammenhang erst im Exil verorten konnten,500 legt sich in verschiedenen Fällen nicht nur ein älterer traditionsgeschichtlicher Hintergrund der Einzelpsalmen, sondern auch des formgeschichtlichen Schemas der Kompositionen von Psalmgruppen nahe. Das formgeschichtliche Grundschema des Überganges von der Klage zu Lob und Dank, das Grundbestand sowohl der Klage- als auch der Danklieder ist, wird nicht zuletzt deswegen vorexilisch zu datieren sein. 501 Die These von H.-J. Kraus, Klage- und Danklieder zu einer Gattung zusammenzufassen,502 ist also aufgrund unserer Betrachtung der Psalmgruppen zu modifizieren: Klage- und Danklieder entstammen zwar beide der Erfahrung der Rettung. Doch diese Erfahrung wird dadurch vermittelt, daß die Situation der Klage und der bestehenden Not innerhalb dieser Psalmgruppen ihren eigenen Psalm behält. Der Übergang von der Klage zu Lob und Dank ist eine textpragmatische Funktion der Psalmgruppen, die nur leistbar ist, wenn die Klage ihr Eigengewicht behält. In etlichen Fällen von Psalmengruppen ist der Übergang von der Klage zum Lob deutlich durch ein Orakel markiert. Doch finden sich weitere Orakel sowohl in Klageclustern (Ps 60; 108) als auch in durch das Überschriftensystem als Einzelpsalmen markierten Psalmen. So steht Ps 50 als Psalm mit einem Orakel (v. 7ff., vgl. aber auch v. 3a)503 nicht an einem Übergang zwischen Klage und Lob, wie es von unserer makroformgeschichtlichen Regel her zu erwarten wäre. Er ist aber auch von dem System der Namensüberschriften her isoliert. Ps 50 teilt diese makroformgeschichtliche Sonderstellung mit Ps 89, der als einzelner Psalm ebenfalls nach der anderen Korachpsalmgruppe steht. Beide Psalmen sind von ihrer Stellung an einer Nahtstelle zwischen Psalmgruppen her zu verstehen, wir werden also diese und andere Einzelpsalmen im folgenden Teil dieser Arbeit im Kontext der Edition der Großsammlungen zu untersuchen haben.
4.2 Editorische Einzelpsalmen
5()()
Vgl. 1I.3.1 zu den Davidpsalmen im elohistischen Psalter und 1I.2.1 zu den Asaphpsal-
men. 501 502 503
Vgl. auch oben zu ISam If. S.o. S. 56. In Ps 50 ist das Element der Rettung nur in v. 15b.
165
Bereits innerhalb der Psalmgruppen fanden wir Hinweise auf einen zumeist weisheitlichen Rahmen, der oft in die Struktur der Gruppe selbst hineinverwo_ ben und deswegen meist nicht vom Kern der Psalmgruppen abtrennbar war. ~ir kennzeichnen deshalb die im Psalter vorliegenden Formen der Komposihon durchweg als nachkultisch. Diese Rahmenteile werden wir im folgenden besonders auf ihre Hinweise auf literarisch selbständige Sammlungen untersuchen. Doch tragen wir zuerst die bereits gefundenen Hinweise zusammen. An den Anfangs- und Schlußpositionen der Psalmengruppen fanden wir durchweg Weisheitspsalmen oder Psalmen zur Motivation einer Wallfahrt bzw. Zions-lKönigspsalmen. Beide Psalmtypen können aber auch die Mittelposition in einer Psalmgruppe einnehmen, und zwar sowohl eine Mittelposition, was die Zahl der Psalmen der Gruppe angeht (z. B. Ps 127f. in den Wallfahrtspsalmen Ps ~20ff.), als auch eine formgeschichtliche Mittelposition am Wendepunkt zWIschen Klage und Lob (z. B. Ps 110-112 im Kompositionsbogen Ps 107-118). Im fünften Psalmbuch notierten wir jeweils den Sonderfall, daß sich am Anfang der Gruppen regelmäßig Hinweise auf ein Danklied finden. Diese Rahmenpsalmen sind teilweise integrale Bestandteile der Psalmengruppen, teilweise sind sie aber durch Psalmen anderer Überschriften außerhalb der Psalmgruppen angefügt. Dabei erscheinen die Tora- und Weisheitsmotive wie die Zions- und Königsmotive jeweils besonders häufig auch in einem Psalm gemeinsam. Wir fassen deshalb im folgenden Tora- und Weisheitspsalmen zum Weisheitspsalm zusammen, die Zions- und Königspsalmen nennen wir im folgenden Zionspsalmen. Wenn Weisheits- und Zionspsalmen zusammen auftreten, so hat der Zionspsalm stets die innere und der Weisheitspsalm stets die äußere Position. Diese makroformgeschichtliche Regel weist etliche Sonderfälle auf, die wir im folgenden durchgehen. So werden die Asaphpsalmen zwar von einem Weisheitspsalm eingeleitet (Ps 73) und von einem Weisheitspsalm in zwei Kompositionseinheiten untergliedert (Ps 78), aber ein weisheitlicher Schluß fehlt. Erst außerhalb des Überschriftensystems, in dem Korachpsalm Ps84, wird dieser weisheitliche Schluß nachgetragen. Doch ist der fehlende weisheitliche Ausgang der Psalmgruppe wie die Form, in der das Zionsmotiv auftritt, Zeichen der Situativität der Psalmengruppe: der Zionspsalm am Anfang hat die Form einer Klage über die Zerstörung des Heiligtums (Ps 74 und 79).504 Hier erscheint das Zionsmotiv wohl situativ bedingt in die Klage eingebunden. Auch der Schluß Psalm 83 hat die Form der offenen Klage, die nicht weisheitlich überformt ist, spielt aber mit der Völkerkampfmotivik auf ein Motivfeld an, das auch im Kontext der rahmenden Zionspsalmen erscheint (vgl Ps2; 48; 149). Die erste Korachpsalmgruppe hat zwar einen weisheitlichen Schluß (Ps 49), aber keinen weisheitlichen Anfang. Dieser wird erst außerhalb der Gruppe durch den Davidpsalm am Schluß des ersten Psalmbuches (Ps 41) vorgebaut. Das Zionsmotiv ist am Schluß der Gruppe breit belegt (Ps 46 und 48) und am Anfang durch das Wallfahrtsthema präsent (Ps 42f.). In der zweiten Korachpsalmgruppe 504
S. o. II.2.1.
166
Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
4. Zusammenfassung
mit den angegliederten Psalmen (Ps 86; 89) sind Weisheits- und Zionsmotive in den Rahmenpsalmen Ps 84 und 89 miteinander verbunden. In den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. findet sich die Zionsthematik ähnlich wie in der ersten Korachpsalmgruppe als nahezu durchgehendes Motiv. Wie in diesen Psalmen steht jedoch am Anfang insbesondere die Motivik zur Wallfahrt (Ps 120-122) und am Schluß der überlange Zionspsalm Ps 132. Die weisheitliche Rahmung erfolgt extern durch den vorangestellten Ps 119. Am Schluß wird die nachkultische Nachschrift Ps 137 die Funktion des Weisheitspsalms übernommen haben, eventuell ist aber auch an die weisheitliche Formung am Anfang der letzten Davidpsalmsammlung (insbes. Ps 139) zu denken. 505 Innerhalb dieser Psalmengruppe sind die Weisheitsmotive konzentriert in den Zwillingspsalmen in der Mitte der Kompositionseinheit (Ps 127f.). Das Ägyptische Hallel hat als Rahmenpsalmen Weisheitspsalmen (Ps lUf.; 119).506 Zionsmotive erscheinen nicht explizit. Auch das kleine Halle/beginnt mit einem Weisheitspsalm (Ps 145). Es folgt ein Psalm, der in den Lobpreis Gottes als König endet (Ps 146,10). Als vorletzter Psalm steht wieder ein Jhwh-KönigPsalm, der in der Motivik deutlich auf den Königs- und Zionspsalm Ps 2 anspielt. 507 Statt eines weisheitlichen Ausklangs findet sich in Ps 150 eine Aufforderung zum Lobpreis. 508
Die Ergebnisse bei unserem Versuch einer Formgeschichte der Psalm ru _ pen lassen ~uc~ begr.enzt.Rückschlüsse auf die Formgeschichte der Einzefps~_ men zu. Beispielsweise dIe These, daß die aus Gründen der Symmetrie vermute.te Gattung Hymnus des Einzelnen eine nachkultische Mischgattung Eillzelel~menten ist, 511 läßt sich von der Beobachtung der Stellung der für di:~: Ga.ttu.ng III Anspruch genommenen Psalmen her bekräftigen: Die deUtlichsten Belsp~ele der sogenannten Hymnen des Einzelnen finden sich wie in Ps 111 und 145f. III besonders markanten Rahmenpositionen oder wie Ps 8 in eine K t t d d h' . m onex, er urc. eillen Midraschzusammenhang geprägt ist. Nachde.m WIr zur formgeschichtlichen Beschreibung der Psalmgruppen besonders dIe Kerne der Psalmgruppen betrachteten, werden wir im fol d sch kt "ß' d' " gen en werpun ma Ig lese edltonschen Einzelpsalmen und die Nahtstellen der Psalmgruppen a~sehen, u~ Rücksc~lüsse auf die literarische Verknüpfung der Psalmgruppen zIehen zu konnen. Wu werden zudem die vereinzelten diachronen Be~bach.~ungen z~sa~menfassen und versuchsweise in einen historischen ~nsatz uberfu?ren. ~~t ~Ies~r Beschreibung der Entwicklung des Psalters wird mcht ~uletzt dIe Tragfahlgkelt des kompositorischen Ansatzes bei einer FormgeschIchte der Psalmgruppen zu überprüfen sein.
Immer wieder begegnen wir Zwillingspsalmen an den Stellen, an denen das Klage-Lob(lDank)-Schema des Kompositionskerns editorisch umrahmt bzw. zentriert wurde. Als Beispiele seien Ps H. als Anfang des Psalters, Ps20f. als Anfang der zweiten Hälfte der Chiasmusstruktur im ersten Psalmbuch, Ps 90f. als Anfang und Ps 105 f. als Abschluß der Komposition des vierten Psalmbuches, Ps 111 i. als Anfang des Ägyptischen Hallels, Ps 127f. als Mitte und Ps 135f. als Abschluß der Wallfahrtspsalmen genannt. 509 Wir haben also alle Zwillingspsalmen nicht nur mit wenigen Gattungen vertreten, sondern zugleich fast durchweg in Anfangs- und Schlußpositionen, also an den Nahtstellen der Psalmkomposition oder in der editorisch ebenfalls wichtigen Mittelposition. 510 Etliche dieser Psalmen werden üblicherweise so spät angesetzt, daß ihre Entstehung mit der Edition in Verbindung gebracht werden kann. Beispielsweise Ps 111 f. sind nicht nur synchron als Einleitung in das Ägyptische Hallel betrachtbar , sondern diachron sind auch der nachkultische weisheitliche Dankpsalm Ps 111 und das weisheitliche Vertrauenslied Ps 112 als Einleitung zum Ägyptischen Hallel zu sehen, das durch seine weisheitliche Edition auch gerade den Sitz im Leben von Ps 11lf. adaptiert und so Teil des Psalters ist. 505 Zu der Rückwendung in die Klage als Motiv der Weisheit vgl. oben 1.3.4.2. Zur Auseinandersetzung mit Ps 138f. vgl. oben Il,3.3.2. 506 S.o. II.1.3. 507 Zu Ps 149 siehe bes. ZENGER, Gott 53ff. Dazu oben auch unten IIl,3.3.3. 508 Die Davidpsalmen sind komplizierter gebaut. Die Analyse oben II.3.1- 3, die sich in die hier gebotene Skizze einfügt, soll hier nicht wiederholt werden. 509 Siehe oben 1.2.1. 510 Eine Ausnahme bilden hier Ps 50 f. , bei denen auch die Stellung als Zwillingspsalmen am wenigsten deutlich ist. Hier ist Ps 51 deutlicher der Anfangspunkt der folgenden Davidpsalmsammlung, aber Ps 50 ist zugleich Abschluß der vorhergehenden Korachpsalmgruppe und Parallele zum Schluß von Ps51 (siehe unten III.1.2.2). Ps79f. sind wohl die einzigen Zwillingspsalmen ohne RahmensteIlung. Sie haben als Klagelieder des Volkes zudem eine für Zwillingspsalmen untypische Gattung.
511
CRÜSEMANN, Studien 304.
167
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Teil II: Eine Formgeschichte der Psalmengruppen
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TeilIII
Die Entstehung des Psalters
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1. Der elohistische Psalter als Vorstufe 1.1 Der Ansatzpunkt: Das Problem der Klein- und Teilpsalter
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Die großen Psalmengruppen wie die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. werden gern als Teilpsalter beschrieben.! Dieser Ausdruck impliziert das literarkritische Urteil der ursprünglich selbständigen Überlieferung dieser Psalmengruppe. Daß es selbständig überlieferte Kleingruppen von Psalmen gegeben hat, ist prinzipiell von der Parallele beispielsweise der Psalmen Salomos mit 18 Psalmen oder den Threni mit 5 Psalmen her deutlich. Auch wenn grundsätzlich eine selbständige Überlieferung der Psalmengruppen und weiterer Großsammlungen als der im folgenden beschriebenen nicht ausgeschlossen werden kann und am Schluß dieser Arbeit für die beiden wirkungsgeschichtlich bezeugten Psalmgruppen auch nahegelegt werden wird, 2 soll im folgenden angesichts der immer beliebteren literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Arbeit am Psalter3 zunächst nach einem sicheren Ausgangspunkt für die Frage nach den Vorstufen des Psalters gesucht werden. Es gibt nur wenige zwingende Hinweise, Vorstufen der Sammlung des Psalters anzunehmen. Ein solcher Hinweis ist neben den Doppelüberlieferungen im Psalter Ps 14/53, Ps 40/70 und Ps 57 + 60/108 und den Hinweisen auf den deutlich häufigeren Gebrauch der Gottesbezeichnung C';"l( gegenüber dem Gottesnamen ;";" in Ps42-83 im strengen Sinn nur der Schlußvers von Ps 72 (v. 20):
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:'~;'-H!
Zu Ende sind die Gebete Davids, des Sohnes Isais.
~~R~~~Q!;~~~~:3
''1 ni~~1,'l ~~il
Ein solcher Satz am Schluß eines Salomopsalms, der eine Sammlung von Davidpsalmen abschließt, bezieht sich offensichtlich nicht auf den Psalm, in dem er steht, sondern auf die Sammlung oder Teilsammlung, die er abschließt. Da aber im vorliegenden Psalter noch weitere Davidpsalmen folgen, liegt
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2
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So z. B. SEYBOLD, Wallfahrtspsalmen 69ff., SEIDEL, Spuren 64. Siehe unten S. 204 und 239. DazuobenS.23.
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170
Teil III: Die Entstehung des Psalters
I. Der elohistische Psalter als Vorstufe
zwischen Ps 72 und dem nächsten Davidpsalm des vorliegenden Psalters, Ps 86, offensichtlich mindestens ein literarkritischer Bruch vor, an dem eine Vorstufe des Psalters nach hinten erweitert ist. Zwischen Ps 72 und 86 verläuft nun die Grenze des elohistischen Psalters. Beide literarkritische Argumente, das der Inkonzinnität und das der Änderung des Sprachgebrauches, fallen also möglicherweise zusammen. Weiter fällt auf, daß auch die Doppelüberlieferungen innerhalb des Psalters auf Psalmen beschränkt sind, bei denen ein Teil im elohistischen Psalter steht. Auch hier lassen sich also die zwingenden literarkritischen Indizien durch die Annahme eines elohistischen Psalters erklären. Analog zur Unterscheidung zwischen den Pentateuchquellen nach dem Gebrauch des Gottesnamens JHWH (;,,;,,) und der Gottesbezeichnung C';:t'~~ wird auch im Psalter ein elohistischer Psalter abgetrennt: Ps 42 -83 4 bevorzugen C';'7N, während diese Gottesbezeichnung in den anderen Psalmen deutlich seltener ist. 5 Eine der wenigen Arbeiten, die diesen Unterschied nicht nur feststellt, sondern versucht, Gründe für diese sprachliche Ausnahme anzugeben, stellt ein Ansatz von L. Delekat 6 dar, der so gut wie nicht rezipiert wurde. Delekat sieht C';'7N als durchgängigen Ersatz von 7l!~. 7 Er argumentiert, daß C';'7N durchgängiger Ersatz für einen anstößigen Namen gewesen sein wird. 8 Daß dies nun die Bezeichnung 711:J gewesen sein muß, schließt er vor allem aus Hos 2,18: 'tQ'~ '~}PT:1 ;";"-C~~ I(~;';TC;"~
;,;;:n
.. :'7jf~ ';1( '7-'~!i?l:1-1("1 An diesem Tag wird sie, Spruch Jhwhs, mich "mein Mann" nennen, aber sie wird mich nicht mehr "mein Herr" (ba'al) nennen.
Diesen Vers kommentiert Delekat losgelöst von dem Kontext der prophetischen Zeichenhandlung als exilischen Text: "Aus Hosea 2,18 geht hervor, daß man Jahwe vor dem Exil '711:J nannte". 9 Die Delekatsche These bleibt damit ihren Nachweis schuldig. In welchem Ausmaß Delekat Texteingriffe zur Begründung dieser These heranzieht, mag man daran ersehen, daß 711:J im masoretischen Text des Psalters nur einmal erscheint, nämlich in Ps 106,21 als Bezeichnung für den ';N~ 7l!~. Der Ansatz von Delekat ist damit nicht weiterzuverfolgen. 4 GESE (Entstehung 162) rechnet den ersten Psalm der folgend.en K~rachpsal~g~ppe, Ps 84 noch zum elohistischen Psalter hinzu, was er aber nur systematisch mit dem Hmwels auf Ps 50'und 72 als einzelne Abschlußpsalmen anderer Psalmgruppen begründet, nicht aber mit einer konkreten Exegese von Ps 84. Da sowohl Geses Auffassung von Ps 50 und 72 (siehe dazu unten III.1.2.2 und 1.2.3) der komplexen Struktur dieser Psalmen nicht vollständig gerecht wird als auch Ps 84 keine deutlich erkennbare Bevorzugung von C';'7N (4x) gegenüber ;";" (6x) 'hat, erklärt Geses Hypothese auch hier nur einen Teil der Funktion von Ps 84: dieser Psalm hat sowohl Anfangsfunktion für die mit ihm beginnende Korachpsalmgruppe als auch Abschlußfunktion gegenüber der vorhergehenden Psalmgruppe (s. u. III.2.2.1). . 5 C';,"N erscheint 61 mal in Ps 1-41 und 84-150 (bei 599 Vorkommen von ;,,;,,), m Ps 42-83"dagegen erscheint C':"!$ 239 mal (bei 45 Belegen für ;";"). 6 DELEKAT, Asylie, Exkurs S. 343-380. 7 DELEKAT, Asylie 358ff. 8 DELEKAT, Asylie 359. 9 DELEKAT, Asylie 359. Dagegen z. B. WOLFF, Ho~ea, ANDERSONIFREE~MAN, Hosea, ~ERE MlAS, Hosea. Vgl. jedoch als neueren Ansatz in der Richtung von Delekat (jedoch ohne diesen zu rezipieren) NIEHR, Gott.
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Wenn wir auf den elohistischen Psalter als beschreibbare Vorstufe des Psalters zugehen, ist die wichtigste Frage: welches Profil hat dieses Gebilde, das drei Psalmgruppen und einige Einzelpsalmen umfaßt und nicht auf die Bucheinteilung des Psalters bezogen ist? Die literarkritische Hypothese, der elohistische Psalter sei eine Quelle des Psalters, bleibt dann eine sehr fragwürdige Theorie, wenn die Frage nach der literarischen Zielsetzung einer solchen Sammlung unbeantwortet bleibt. Die Besonderheit des Sprachgebrauches von Ps 42-83 ist zunächst einmal als semantisches Phänomen zu sehen, das eine Bedeutungsvariation mit sich trägt. 0';"1( wird beispielsweise als Distanzbegriff gebraucht. Am deutlichsten ist dieser andere semantische Gebrauch in der Geschichte von der Bindung Isaaks, Gen 22. Der erste Teil der Geschichte wird mit der Bezeichnung 0';"1( für Gott erzählt. Beim Eingreifen des Engels Gottes wechselt die Gottesbezeichnung in ;";" (v. 11), die im weiteren Fortgang der Geschichte nur durch die Bezeichnung Abrahams aufgrund der Erfahrung der Geschichte mit dem Ausdruck C';:J',~ K'J~ (" Gottesfürchtiger", v. 12) unterbrochen wird. lO Daneben läßt sich fes'tstel~ len, daß 0';"1( die neutralere, in der Fremde verständlichere Gottesbezeichnung ist. u Die hier vertretene Zurückhaltung gegenüber der Annahme konkret in Texten nachweisbarer redaktioneller Änderung wird dadurch bekräftigt, daß bei der These einer elohistischen Redaktion von Ps42-83 die Verwendung auch des Gottesnamens in diesen Psalmen erklärt werden müßte. Für die Verwendung des Gottesnamens im sogenannten elohistischen Psalter gibt es einige Hinweise, die jedoch keineswegs alle 45 Stellen erklären. Zunächst einmal gibt es Nebenbezeichnungen für Gott, die semantisch in aller Regel die Verwendung des Gottesnamens erfordern. InN:Jl ;";" ist ein in der Hebräischen Bibel geläufiger Ausdruck. 12 Die Verbindung InN:Jl C';'7N erscheint in der Hebräischen Bibel nur zweimal und zwar an Stellen im elohistischen Psalter, in Ps 80,8.15. Doch auch im elohistischen Psalter finden wir im Zusammenhang mit InN:Jl in der Regel die Verwendung des Gottesnamens. 13 Andere Verwendungen des Gottesnamens im elohistischen Psalter dienen der Varianz des Ausdrukkes insbesondere im Parallelismus. 14 Auch wenn in einer Parallelstelle eines Psalms im elohistischen Psalter, Ps 70,6/40,18, im nicht elohistischen Teil '::f~~ vermutlich aus Ps 70,6 stehengeblieben ist, obwohl Ps 70,6 selbst an dieser Stelle den Gottesnamen bietet, sollte man nicht von einer jahwistischen Redaktion des elohistischen Psalters 10 Vgl. zum Ganzen BLuM, Komposition 320-331, zum Gebrauch der Gottesbezeichnungen insbesondere 323. Die semantische Ausnahme, die Erwartung der C':"!$ m!'~i? ("Nähe Gottes", Ps73,28) ist hingegen typisch für den elohistischen Psalter. Grundlegend für die nicht nur literarkritische Bearbeitung der Differenzierung von Gottesname und Gottesbezeichnung ist immer noch: BAUMGÄRTEL, Elohim. 11 Vgl. z. B. die Verbindung von n'J ausschließlich mit C':"'!$ in den exilischen Texten Ez 7,12.14.21.25f.; Dan 6,6; sowie den Sprachgebrauch im sogenannten Kyrosedikt (dazu unten 1II.2.1.1). 12 Nach der Konkordanz von EBEN-SHosHAN erscheint die Verbindung in der Hebräischen Bibel 256 mal. 13 Ps 48,9; 69,7. Beachte auch den Ausdruck mN:Jl C';'7N m;,' Ps 59,6; 80.5.20. 14 Ps 47,6; 55,17; 56,11; 58,7; 68,17.27; 69,14; 70,2.6; 71,5.
172
Teil IIl: Die Entstehung des Psalters
ausgehen. Dazu weisen die Beobachtungen in zu viele verschiedene Richtungen, als daß wir von einer absichtsvollen, durchgängigen Bearbeitung ausgehen könnten. Die formale Geschlossenheit des elohistischen Psalters können wir jedoch als Chiasmus beschreiben: die zweite Sammlung von Davidpsalmen wird durch einen Asaph- und Salomopsalm gerahmt. 15 So stehen Ps 51, der Psalm Davids, der auf die Batseba-Episode zurückverweist, und der Psalm des BatsebaSohnes Salomo sich gegenüber, den beispielsweise der Deuteronomist mit erzählerisch wohl beabsichtigter Mühe nicht als Sohn aus dem Ehebruch Davids erscheinen läßt. 16 Diese Episode, die wir bei der Betrachtung Davids als Beter behandeln werden, 17 ist in jedem Fall für die Psalmentheologie von nicht unerheblicher Brisanz. Diese Psalmengruppe wird von den formgeschichtlich zusammengehörigen Ps 49 und Ps 73 umrahmt, die Schl~ß- bz,,:,' Anf~ngspunkt zweier Sammlungen von Korach- bzw. Asaphpsalmen smd. DIe zweIte Sam~ lung von Korachpsalmen steht innerhalb dieses Modells außerhalb, obwohl SIe mit der ersten Sammlung deutlich verbunden ist. Anhand der Doppelüberlieferungen im Psalter haben wir bereits Hinweise auf die diachrone Struktur im Psalter gefunden. Der Vergleich der Doppelüberlieferungen des Psalters ergab, daß Ps 108 sicher sekundär gegenüber de~ Psalmen des elohistischen Psalters ist. Im letzten Teil des Psalters müssen WIr also am ehesten mit späten Weiterentwicklungen rechnen. Auch für das erste Psalmbuch läßt sich dies vermuten, da Ps 40 gegenüber Ps 70 sicher sekundär war wobei allerdings wegen der offenen Frage des Verhältnisses zwischen Ps 14 und 53 ein Vorbehalt besteht. Beachtlich ist weiterhin, daß sich die Doppelüberlieferungen zwischen dem ersten Ps~lmbuch ~nd dem elohist.ischen Psalter im Textbereich der Einzelpsalmen befmden, dIe an den erweIterten Nahtstellen zwischen den großen Psalmgruppen plaziert sind. Nachdem wir also im vorhergehenden Hauptteil schwerpunktmäßig die Psalmengruppen selbst betrachtet haben, geht es im folgenden um die Nahtstellen 18 an den Rändern der Psalmengruppen selbst und um die zwischen den Psalmengruppen sich findenden Einzelpsalmen.
1. Der elohistische Psalter als Vorstufe
173
1.2 Textbeschreibung des elohistischen Psalters 1.2.1 Ps 49 und 73: Weisheitspsalmen an den Nahtstellen der umrahmenden Psalmengruppen Die Gemeinsamkeiten von Ps 49 und 73 sind oft herausgestellt worden. 19 Thema dieser Psalmen ist eine weisheitliche Reflektion über das positive Geschick der Gottlosen, die im Fall von Ps 73 bis zur Erwartung des Todes gesteigert ist (v. 26), aber auch die Perspektive auf künftige Rettung hat (v. 24.28).20 Ps52, dessen Verwandtschaft zu diesen Psalmen bereits von Beyerlin herausgestellt wurde,21 nimmt gegenüber den weisheitlichen Reflektionen Ps 49 und 73 insbesondere durch seine Überschrift Ps 52,2, die auf einen Verrat hinweist, die Rolle eines Modellfalles ein, der den Grund weisheitlicher Klage illustriert. Die Verbindung zwischen Ps 49 und 52 unterstützt unsere Vermutung weiter, daß die durch diese beiden Psalmen eingeschlossenen Psalmen 50f. a~feinan der bezogen zu lesen sind. Während sich jedoch bei der folgenden Analyse die Hinweise auf eine Verortung der Komposition in der Zeit der Tempelzerstörung, also analog zu den Asaphpsalmen, erhärten werden, gibt es in Ps 52 einen Hinweis, der gegen die Datierung dieses Einzeltextes in die Zeit des zerstörten Tempels spricht (Ps 52,10): C~;:f'!$ n~~~ H~j n~rf ~~!$l :i~~ C?i17 C~;:T"!$-ig!J:;t ~l'1J;1~~
Aber ich bin wie ein grüner Baum im Hause Gottes, ich vertraue auf die Treue Gottes immer und ewig. Eine Datierung von Ps52 in der Exilszeit scheidet damit aus. Der Psalm könnte also beispielsweise Anfang der von uns vermuteten Vorstufe der Sammlung von Davidpsalmen im elohistischen Psalter gewesen sein. 22 In jedem Fall sichert die Verbindung von Ps49 und 52 unser Verständnis von Ps50f. als zusammenhängende Psalmen.
1.2.2 Ps 50f: Ein einzelner Asaphpsalm und sein Zwilling Wir sahen bereits, daß der einzelne Asaphpsalm Ps 50 und der die elohistische Davidpsalmsammlung einleitende Ps 51 vom Thema der Opferkritik her
15 Siehe oben S. 30 Anm. 151 die Tabelle. . 16 Siehe 2Sam 12,24 als Abschluß der Ehebruchgeschichte von Dav1d und Batseba, zum Ganzen: CRÜSEMANN, Widerstand. 17 S. u. III.3.3.2. 18 Diesen Ausdruck ("seams") hat WILSON, JSaT34, geprägt.
19 Vgl. z.B. KRAUS (665, dort auch der Verweis auf Ps37 als ähnlichem Psalm). Vgl. auch unsere Analyse oben 11.1.1.5 und 11.2.1. 20 Zur Dramatik dieser Steigerung von Ps 73 gegenüber den anderen weisheitlichen Klagen vgl. insbes. IRSIGLER, Monolog. Vgl. zur Todesproblematik auch die Unterschrift in Ps48, dazu oben S. 73f. 21 BEYERLIN, 52. Psalm 108ff. 22 S. o. 11.3.1.
174
TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
1. Der elohistische Psalter als Vorstufe
zusammengehalten werden, das in den umliegenden Psalmen nicht erscheint. 23 Beide Psalmen nehmen dabei inhaltlich durchaus unterschiedliche Positionen ein. Ps 50 setzt beispielsweise den bestehenden Opfergottesdienst voraus. Ausdrücklich wird das tägliche Opfer erwähnt (Ps 50,8 b):
der Zerstörung der Mauern Jerusalems und einem erst wieder zukünftigen Opfergottesdienst aus (v. 20f.): li"~-n~ ~~ix!:;1 ;'~'~'tr :t;l'tV~." ni~in
;'J:J1-l pn-'tJ:;1T ybr:m TI(
. . . deine Brandopfer sind täglich vor mir.
T
i~~ Y)m
Tue gut nach deinem Wohlgefallen an Zion, baue die Mauern Jerusalems. Dann werden dir die Schlachtopfer der Gerechtigkeit, das Brandopfer und das Ganzopfer gefallen, dann werden auf deinem Altar Rinder emporsteigen.
:m .o'~?-C~
Wenn du einen stehlen siehst, rennst du mit ihm fort. Bei den Ehebrechern ist dein Teil.
(Ii'~ 'tJ~iV nl('T I(rU'~ :,,~~ 1'~1 r"J"t?~-1~
Von daher erscheint auch die Aufforderung v.15 in neuem Licht: Und rufe mich an am Tag der Not, ich werde dich herausreißen und du wirst mich ehren.
;,.,X ci':::I 'JI("P~
:'~J:;t~1;l'~ ~~'i.rJ~
Auch Ps 51 resümiert Gottes Widerwillen gegen Opfer (v. 18f.): ;'1t1~1 n~! t~r;I1J-I(" '~
;'.,:::ItVJ m., C';"'I( 'n:n :;,x.,n 1(" ;"i37 ':;9J:l1(:' C'~'~~ ;,~7~i.,~t.V~::J7. T
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Denn du hast kein Gefallen an Schlachtopfern, daß ich sie dir gebe, Ganzopfer willst du nicht. Schlachtopfer Gottes sind ein zerbrochener Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.
Der Psalm argumentiert bei seiner Ablehnung der Opfer nicht, er setzt sie als bekannt voraus. Exegeten haben deswegen schon oft die Opferkritik in den Prophetenbüchern zur Klärung dieses Verses herangezogen. 24 Diesem traditionsgeschichtlichen Verständnis soll hier keineswegs widersprochen werden. Doch dabei wird die kontextuell einfachste Möglichkeit, daß Ps51 hier die Opfer kritik von Ps 50, die der Leser des Psalmbuches unmittelbar vorher gelesen hat, voraussetzt, außer acht gelassen. Während aber Ps 50 einen bestehenden Opfergottesdienst voraussetzt, gehen wenigstens die Schlußverse von Ps 51 von 23 Siehe oben 1.2.1. Die nächsten thematisch verwandten Stellen, die eine distanzierte Sicht des Opfers haben, finden sich in Ps 40,7 und 69,32. 24 So z. B. GUNKEL 225 ("der Dichter weiß es, daß Gott Teil- und Ganwpfer nicht gefallen"), der neben Ps4O,7-11; 50,14f.; 69,32 insbesondere aufJes 1,11ff. und Hos 6,6 hinweist.
".":
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~"::l' ';'~i~
:C'':I~ ~tJ:;)T~-'~ ;~~~T TI(
:~~7n C'~~11? C~1
Die Situation steht offensichtlich am Rand der Katastrophe, die Gott als sein Gericht ankündigt. Deswegen mündet die Gottesrede in einen dramatischen Appell (v. 22):
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Dieses tägliche Opfer kritisiert Gott mit dem Hinweis auf seine Weltherrschaft (v.lOff.). Gegenstand der göttlichen Kritik sind verschiedene soziale Verfehlungen (Ps 50,18, vgl. 17ff.):
Erkennt doch dies, Gottvergessende, damit ich nicht zerreiße und es keinen Retter gibt.
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Mit dem Hinweis, daß die Erneuerung des Opfergottesdienstes noch bevorsteht, scheidet eine Ansetzung dieser Verse in die Zeit kurz vor Nehernia aus. 25 Die Textwelt ist damit in der Zeit vor der Errichtung des Tempels, also vor 515, zu suchen. Da der Bau des Tempels noch nicht unmittelbar bevorzustehen scheint, kann auch ein Datum vor 520 angesetzt werden. Diese Verse gehören nun zu denjenigen, die immer wieder als Ergänzungen zu Ps 51 interpretiert worden sind. 26 In diesem literarkritischen Verständnis wird die Opferkritik von v.18f. durch die positive Haltung v.20f. als korrigiert angesehen. So hält beispielsweise Weiser die Anfügung von v. 20f. für den Versuch eines Redaktors, Ps 51 zu einem exilischen Psalm zu machen. 27 Der Exeget ist sich hier also in seiner Literarkritik so sicher, daß er einem Redaktor historisch-kritische Täuschungsabsicht unterstellt. Die Alternativmöglichkeit, daß die Verse aus der Zeit zwischen der Zerstörung und dem Wiederaufbau des Tempels stammen, wird noch nicht einmal ansatzweise erwogen. Die übliche Auffassung setzt damit eine inhaltliche Spannung zwischen beiden Teilen voraus. Eine solche Spannung besteht aber nur, wenn v. 18f. nicht als Zustandsbeschreibung, sondern als Ideal angesehen wird. Der katholische Exeget G. Braulik hat die Deutung der Opferkritik als Ideal sehr deutlich als spezielle Vorgabe protestantischer Exegese erkannt: 28 "Die protestantische historisch-kritische Forschung des ausgehenden 19. Jahrhunderts vermochte für kultische Phänomene äußerst wenig Verständnis aufzubringen. Weltanschaulich vom Gedanken einer Menschheitsentwicklung zu höheren Stufen des geistigen Lebens bestimmt, als Ideal die autonome Persönlichkeit vor Augen, zielte sie auf eine stärkere Entfernung des Kultus aus der Religion. Die Auffassung von der Materialisierung der Jahwereligion durch den Kult und von der Verkündigung der Propheten als erbitterter Absage an eine solche Kultreligion charakterisiert eine ganze Forschergeneration. " 25
26 27 28
Gegen KRAus (z. St.) u. a. Soz.B. GUNKEL 226. WEISER (z. St.). Ähnlich BOOUSLAWSI, Irish Biblical Studies 5,14-41. BRAULIK, Psalm 40,3, mit Verweis auf GYLLENBERG, FS Mowinckel, 72-84, hier 72.
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Teil III: Die Entstehung des Psalters
Daß dies keineswegs nur ein Problem der Exegeten des 19. Jahrhunderts ist, zeigt ein kurzer Blick auf die weitere Auslegungsgeschichte dieses Psalms: beispielsweise verweist Kraus ausdrücklich auf seine reformatorische Verwendung als Zentralstelle für die Lehre von der Rechtfertigung des Menschen ohne eigene Opferhandlung. 29 Die Deutung der opferkritischen Verse v.18f. als Ideal ist also dogmengeschichtlicher Grundbestand der protestantischen Bibelauslegung. H. Lamparter ist einer der wenigen neueren Exegeten, der sich trotz ausdrücklicher Aufnahme der reformatorischen Wertschätzung von v. 18f. dazu durchringen kann, den Psalm von der Situation von v. 20f. her zu verstehen. 30 Unserem Verständnis nach ist also Ps 51 ein exilischer Psalm. Damit entspricht die Situation von Ps 51 der Zeit, die wir bereits als Hintergrund der Sammlung von Asaphpsalmen vermuteten. Diese haben für den elohistischen Psalter von ihrer Stellung am Schluß her besonderes Gewicht. Da aber Ps50 einen bestehenden Opfergottesdienst voraussetzt (Ps50,8), ist bei diesem Psalm von der vorexilischen Zeit auszugehen. Wir vermuteten auch bereits, daß ein Teil der Sammlung von Feindklagen in den elohistischen Davidpsalmen in die Zeit der Bedrohung Jerusalems vor 586 zu setzen ist. Ein ähnliches Verständnis legt sich auch für Ps 50 nahe, da er die Rettung (YW~, v. 23) erst erwartet. Gleichwohl spricht der Psalm auch vom Dank, der bereits zu bringen ist (v. 14.23) und von der Erfüllung von Gelübden (v. 14). Der Psalm ist also in eine Zeit zu setzen, in der Rettung und erneute Bedrohung unmittelbar aufeinander folgen. Ein weiterer Hinweis auf die Welt des Textes findet sich auch in v. 5:
:n:lT-';Y '1"':1 'n'''~ '1'QO ,ln~QI:\
Versammelt mir die Frommen, die mei~e~' Bu~d ~chl~sse~ b~im Schlachtopfer. Ps 50 reißt damit die Perspektive an, die über den folgenden Klagecluster bis hin zum Danklied Ps 66 geht. 31 Daß ein Bundesschluß mit einem Opfer verbunden ist, kennen wir als einen im Alten Testament geläufigen Vorgang. 32 Ein Merkmal des Bundes von Ps 50 ist, daß sein Inhalt die Gebote Gottes sind. Die nächste Parallele zu einem solchen Vorgang stellt die Sinaiperikope dar, besonders Ex 24,4 ff. als fiktionaler Text. 33 Zu denken ist aber auch an die Erzählungen von der Bundeserneuerung, insbes. durch Josia (2Kön 22f.). Alle diese Texte berichten von einem Bundesschluß, der menschlicherseits zwar zuerst geschlossen, aber unmittelbar nachher gebrochen wird. In der Spätphase v~r der Zerstörung des ersten Tempels müssen wir weiterhin an die Sklavenbefre1ung unter Zedekia denken (Jer 34,8ff.): wohl um in der militärisch ~rekären Lage zur Zeit der Belagerung Jerusalems ein größeres Heer rekrutIeren zu 29 30 31 32 33
KRAUS 548. LAMPARTER 265. Lamparter datiert allerdings auch v. 20f. in die Zeit kurz vor Nehemia. Vgl. Ps 66,13, aber auch Ps 68,20-22. Vgl. z.B. Gen 31,54. Dazu bes. BLUM, in: Pentateuque 271-295.
1. Der elohistische Psalter als Vorstufe
177
können, hatte Zedekia alle Oberen und das ganze Volk (Jer 34,10)34 auf die Durchführung des Erlaßjahres 35 durch einen Bund 36 verpflichtet. Als die Gefahr vorüber war (Jer 34,21), nahmen die Sklavenhalter die Freilassung wieder zurück. Statt das Gelübde zu erfüllen, wird der geschlossene Bund mit der Verpflichtung auf das Gottesrecht nach der Rettung gebrochen. Die Folge ist die Ankündigung der Zerstörung der Stadt (Jer 34,17-22). Ps50 geht von einer ähnlichen Situation aus, die aber auch charakteristische Unterschiede gegenüber der Jer 34 beschriebenen Situation hat: diejenigen, die den Bund geschlossen haben, werden in Ps 50,5 als '7'QfJ, als "meine Frommen", beschrieben. Die einzige Stelle, an der dieser Ausdruck außerhalb von Psalmen benutzt wird, Mi 7,2, gebraucht ihn zur Bezeichnung von Leuten, die im Unterschied zur breiten Masse die Gebote halten. Ps 50,5 geht also von einer Sondergruppe aus, nicht wie in Jer 34,10 von allen Leuten. Während Jer 34 nur die Verpflichtung auf ein spezielles Gebot beschreibt, von dem ausdrücklich gesagt wird, daß auch die Väter es bereits nicht gehalten hätten (Jer 34,14), werden die Frommen in Ps 50 wegen des Nicht-Haltens einer ganzen Reihe von Geboten angeklagt (v. 16-20). Die Ps50 vorhergegangene Gebotsverpflichtung wird also viele Gebote umfaßt haben. Die Situation der zurückgenommenen Sklaven befreiung zur Zeit von Zedekia ist deshalb zwar eine zeitlich wie sachlich naheliegende Parallele, aber Ps 50 bezieht sich auf eine parallele Situation, die wir nicht kennen. 37 Wir datieren daher Ps 50 spätvorexilisch. Die diachronen Verhältnisse sind vermutlich einer der Gründe, deretwegen Ps 50 mit Ps 51 einen eigenen exilischen Kommentar bekam und nicht in die Gruppe von Asaphpsalmen integriert wurde. Das Motiv der Theophanie ist nahezu singulär innerhalb des elohistischen Psalters. Es findet sich außer in Ps 50 auch in Ps68. So sind beide Nahtstellen der Psalmengruppen miteinander thematisch verknüpft. 38
1.2.3 Ps 68-72 als Teil der zweiten Nahtstelle Da sich mit Ps 49 bereits der retardierende Schluß der ersten Korachpsalmgruppe als Teil der Nahtstellen des elohistischen Psalters bewährte, legte sich Ähnliches für Ps 68 nahe, der klagend endet und so zum folgenden Klagepsalm überleitet. Dieser erwartet aufgrund der Erfahrung mit Gott in Jer 34,10: Oll;'-':" O"iv;'-':l. Vgl. Jer 34,14 Ex'i1;2; Lev 25,39-41; Dtn 15,12. 36 Zur Durchführung des Bundesschlusses vgl. Jer 34,18f. mit Gen 15,10.17. 37 Vgl. jedoch die Erwägungen der Verortung eines Teils der zweiten Davidpsalmsammlung in der frühvorexilischen Zeit 11.3.1. 38 Vgl. z.B. die Erwähnung des Sinai in Ps 68,9.18 und die des Zion Ps 50,2, die wie les 2,lff. mit Elementen der gebietenden Gottesrede (v.3.16), also einem im kanonischen Kontext typischen Sinai-lHoreb-Element, verknüpft ist. Umgekehrt verbindet auch Ps68 Sinai und das Heiligtum in Jerusalem, indem er aus der Theophanie Gottes am Sinai die Bitte der Theophanie Gottes vom Heiligtum her (v. 29f.) folgen läßt. 34
35
mit'
178
TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
I. Der elohistische Psalter als Vorstufe
der Geschichte eine Theophanie. Von den Tempelzeremonien wird in der Sprachform der Vergangenheit berichtet (Ps 68,25 f.): C'0',~ ~'l'Jb'70 ~~,
:W'r'ii':;) ,~~~ ~7~ ni~'7t!
C'J)') ,n~ C"W ~~'P
Sie sahen deine Umzüge, Gott, die Umzüge meines Gottes, meines Königs im Heiligtum. Vorn waren Sänger, hinten die Musikanten, in der Mitte die Mädchen, die trommelten.
Vom Kontext her legt sich zunächst nahe, diesen Psalm als Kom~entar der unmittelbar vorher von unserer formgeschichtlichen Analyse als mIt dem Segenspsalm 67 abgeschlossen vermuteten Ps~lme~gruppe zu ~estimmen. 39. Auf dem Hintergrund der Erinnerung an das Emgrelfen Gottes m der GeschIchte und die Feste in Jerusalem wird Gottes Eingreifen erneut erbeten. Ps 68 steht mit der Motivierung der Bitte um das Eingreifen Gottes damit den Asaphpsalmen sehr nahe. Auch Ps69 hat eine sehr bestimmte Sicht vom Tempel und J erusalem (Ps 69,10): '~l;17~\$ ~l;1'~ nl$~j(-':;l
:'7)1 ~7~1 ~'~';1in ni0';1!J1 Denn der Eifer um dein Haus hat mich verzehrt und die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.
Dieser Vers nimmt eindeutig Partei für den Tempel, was angesichts der vorher an den Nahtstellen bemerkten Opferkritik verwundern mag. Das Problem, um das es geht, wird am Ende des Psalms deutlicher erwähnt (Ps 69,34):
';"IT::l ~', ""ON-m~, ;"1';"1' C'~i':;1~-7~ ~~'W-':;l 40 T, T
T
• -;
• ',';
";9
Ähnlich wie in Ps 51 ist also die distanzierte Haltung zum Opfer in Ps 69 aus der Situation des Exils und des zerstörten Tempels heraus zu verstehen. Die opferkritische Haltung von Ps 40 würde auf dem Hintergrund von Ps 69 gut in diesen Zusammenhang passen, aber da die Untersuchung der Doppelüberlieferung von Ps 70 in Ps 40 ergab, daß eher Ps 70 in Ps 69 integriert ist, legt es sich nahe, daß die opferkritischen Aussagen am Anfang von Ps 40 eher aus dem Ps 70 vorhergehenden Ps 69 entnommen, als daß sie in einer umgekehrten Bewegung gestrichen sind. 42 Ps n leitet das Thema des Richter-Seins Gottes ein,43 das wir bereits als Zielpunkt der Asaphpsalmkomposition fanden (v. 1):44
:'7.~n;;!7 ~l;1i?7~' m '7.~7 ~'T:?~~7.' e'0',~
Gott, gib deine Gesetze dem König und deine Gerechtigkeit dem Königssohn.
Diese Übergabe des Gerichtes leitet über in die Schilderung eines messianischen Reiches (Ps n,8-11):
er
Es gibt also offensichtlich so etwas wie Gefangene, die auf der Seite Gottes stehen. Vollends wird in den Schlußversen klar, daß das in Ps 69 verhande~te Problem die babylonische Gefangenschaft und die Zerstörung Jerusalems 1st (Ps 69,36f.):
,·W ;"IP"
Ich will den Namen Gottes mit einem Lied loben, "W:! e';"I',~-ew ;"I77;"1~ ich will ihn groß machen mit Dank. ., :';"I~'in::l"U7T""N' Das wird Jhwh besser gefallen als ein Rind, 'i!V~T ;"I'~'7 ;~;r;, ein Stier mit Hörnern und gespaltenen Klauen. :O~':1~~ 1':1;;';
•..
Denn Jhwh hört auf die Germgen und seme Gebundenen verachtet nicht.
;"I1~;"I7
Denn Gott wird Zion retten und die Städte Judas erbauen, daß man dort wohne und ihn in Besitz nehme. Aber die Nachkommen seiner Knechte werden ihn besitzen und die, die seinen Namen lieben, werden in ihm wohnen.
Ps 69 hat also nur die Perspektive, daß die künftige Generation in Jerusalem wohnen wird. 41 Aus dieser heraus sind auch die Aussage über Opfer zu verstehen (v. 3lf.):
:ni~Pi;;' -ni~~~ ,in~
.1
179
?
1i~~ ~'Wi' C'~·'~ ::J~Wj'J ew ~::l~~'
:'n7m' ,',::lV 37'Jn ::1~:U~~~ i~~ ~~0~; 39 Vgl. hingegen die Erwägungen, die die stärker kultge~chichtlich orientierte Formgeschichte der norwegischen Schule zu Ps68 angestellt hat (msbesondere MOWINCKEL, 68.
Psalm). .' I . I b . t 40 Die Zeitstufe von :'1!~ wird über das parallele i7;)1U a s zelt os eshmm.
e~-,~ e~7.' 7';1~'
:Yjl$-'P~l{-'~ ':J~7.'~
~~077 '~)1 "~7N' e'~~ ~37'~' "1~7
41 Die Formen der Präformativkonjugation in Ps 69,36 sind nicht präsentisch zu verstehen (gegen Kraus, z. St., der den Psalm in die fTÜh-nachexilische Zeit datieren will). In Ps 69,23 geht es nicht um Opfer (gegen die Konjektur von KRAUS u. a. von C'7,l;'~ zu C'7,l,?~). Der Ausdruck ist entweder mit den antiken Übersetzungen (vgl. BHS z. St.) auf C'7,l~"'t;i zu deuten. In diesem Fall ist der Ausdruck parallel zu n~? zu verstehen ("zum Fangnetz und zur Vergeltung"). Oder die Form stammt von C;'!V, die Aussage besagt in diesem Fall, daß Friedensschlüsse zum Fallstrick werden. Beide Deutungen haben jedoch Schwierigkeiten: der ersten steht im masoretischen Text der Atnach entgegen, außerdem steht dann die Kopula Waw ungewöhnlich, bei der zweiten schießt das Lamed vor C'I:I;'tV über. 42 Vgl. oben 1.3.4.2. . . 43 Vgl. dazu auch Ps 58 als Davidpsalm (oben S. 98 f.) 44 Siehe oben 11.2.1. Vgl. auch den Hinweis von RENDTORFF, Altes Testament 2OOf., auf Ps 72 als Einleitung zu den folgenden Psalmen.
180
I. Der elohistische Psalter als Vorstufe
TeiIIIl: Die Entstehung des Psalters
:~:J"W~ :11)~~ C"'~~1lV"W';1lJ "~71;1 :~:J"'Ji?~ ,~tq~ ~~Q~ ~~tq "~71;1
C":J7~-7:J i7-m!lJW~1
. T'~:1"l:J37" C"'i:\~7~ •
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Er wird herrschen von Meer zu Meer, vom Euphrat bis zu den Enden der Erde.. . Vor ihm beugen sich die Widersacher und seme Femde lecken Staub. Die Könige von Tarschisch und den Inseln bringen Gaben, die Könige Schebas und Zabas liefern Tribut. Und alle Könige huldigen ihm, alle Völker dienen ihm.
Die hier geschilderten Szenen sind wohl a~s Visi.on ~u verst~hen, die der Wirklichkeit auf das äußerste entgegengesetzt 1st. WIe dIese aussIeht, ver~eu~ lichen andere Stellen des Psalms, in denen als Ausgangspunkt des meSSIamschen Reiches die Befreiung der Elenden angesehen wird (Ps 12,4):
Asaphpsalmen als nicht durch einen Hymnus entschärfte Klage über die Zerstörung Jerusalems nahe, daß der Tempel zur Zeit der Komposition des elohistischen Psalters zerstört ist. Obwohl der Tempelgottesdienst vermutlich nicht stattfindet und David als Psalmsänger im Mittelstück des elohistischen Psalters in den übrigen Teilen von anderen Psalmsängergruppen verdrängt wird, fällt an allen Psalmengruppen des elohistischen Psalters die bleibende Orientierung an Jerusalem auf. So thematisiert die erste Sammlung von Korachpsalmen die erhoffte Wallfahrt nach Jerusalem, während die Asaphpsalmen ausdrücklich die Zerstörung des Tempels beklagen. Wenn wir dem Textduktus im großen Bogen nachgehen, scheint es sich um eine Wallfahrt (so die Ankündigung in der ersten Korachpsalmsammlung) zum zerstörten Tempel (so besonders die Asaphpsalmsammlung) zu handeln. In der Tat ist eine solche Wallfahrt belegt (Jer 41,4f.): Am zweiten Tag nach der Ermordung Gedaljas - es wußte aber kein Mensch davon - kamen Männer aus Sichem, Schilo und Samaria, 80 Mann mit geschorenem Bart, zerrissenen Kleidern und Trauerwunden, um eigenhändig Gabe und Weihrauch in das Haus Jhwhs zu bringen.
C37-"~l37 ~'~lV"
,i.,:t~ "i~~ ~.,~;~ :PWi37 ~:;l11"1 Er wird die Elenden des Volkes richten, er hilft den Söhnen des Geringen, er zerschlägt den Bedrücker.
Die Vision der Befreiung setzt die Erfahrung von Unterdrückung vor~us. ~.n Ps 12,2. 12f. finden sich ähnliche Aussagen, die damit da~ Thema der HIlfe fur d' Elenden als das zentrale Thema von Ps 72 erschemen lassen, das das ~~chterthema und das Thema des messianischen Reiches verbindet: Got~ bzw. sein irdischer Stellvertreter, der König, werden für die ~lenden als R1~~ter eintreten, und so wird das messianische Reich beginnen. DIe Leben.su~stan~e der Beter sind damit die der Elenden. Die Machtaussagen, auch d1.e uber dIe Ausdehnung eines Groß-Israel (v. 8), erscheinen damit als PhantasIen UnterI drückter. Fassen wir nach diesem Durchgang durch die Rahmenpsalmen der Psa mgruppen und die Einzelpsalmen, die als Scharniere zwischen den Psalmgruppen stehen, die Aussage des elohistischen Psalters zusammen.
1.3 Themen und historischer Ort der Komposition 1.3.1 Die Orientierung auf Jerusalem im elohistischen Psalter
Ab' d N htstellen der Komposition des elohistischen Psalters finden . hnd' tel ~nrteaStellungnahmen zum Opfer in Verbindung mit Bitten, JerusaSlC 1S anZle .., d r lern wieder aufzubauen. Dies legt zusammen mit der Pos1t1omerung e
181
Diese Wallfahrt, die durch ihren Bezug zur Ermordung Gedaljahs sehr gen au in die Frühphase der exiIischen Zeit zu datieren ist, ist nun, auf das Ganze der Exilszeit gesehen, die Ausnahme, die die Regel bestätigt, daß es während des Exils am Tempel in Jerusalem keine Gottesdienste gab: die einzige Gruppe, von der in der hebräischen Bibel berichtet wird, daß sie eine Wallfahrt zum zerstörten Tempel unternimmt, wird ermordet. Deutlicher kann man wohl kaum ausdrücken, daß dieser Versuch einer Wallfahrt ein Einzelfall war. So wird immer wieder Jerusalem als menschenleer beschrieben. 45 Die These, daß es regelmäßige Klagefeiern am zerstörten Tempel gegeben habe, scheidet mit einiger Sicherheit aus. 46 Gegen die These, der elohistische Psalter habe etwas mit Klagefeiern am zerstörten Tempel zu tun, spricht nicht zuletzt der Befund innerhalb des Psalters selbst: wir sahen an der ersten Korachpsalmgruppe, daß der Psalmbeter in ihrem Textduktus wohl nur scheinbar in Jerusalern ankommt. 47 Denkbar ist allerdings auch eine Verortung des elohistischen Psalters in die Zeit der ersten Heimkehrer vor dem Wiederaufbau des Tempels 520-515. Ein regelmäßiger Opferdienst in exilischer Zeit am Tempel ist nicht zuletzt deswegen unwahrscheinlich, weil die heimkehrenden Exilierten zuerst einen Notaltar errichten mußten. 48 Wir wählen also hier als diachronen FixSo z.B. Jer 44,2. Vgl. den Versuch von JANSSEN, Juda 94ff., einen "Kultus im Lande" zu beschreiben (ähnlich BEcKER, EsralNehemia 25; GUNNEWEG, Esra 72f.), der für solche Feiern am Tempel keine direkten Lokalangaben anführen kann. 47 Siehe oben II.1.1.4 zur Spannung zwischen den exakten Lokalangaben am Schluß von Ps 48 (v. 10: inmitten des Tempels, vgl. v. 13ff.) und der mythologischen Sprache vom Zion als Berg im Norden (Ps 48,3) und als Stadt mit Strömen (Ps 46,5). 48 Esra 3,lff. Dem Verständnis von HERRMANN (Geschichte 356, ähnlich vor allem JANS45
46
1. Der elohistische Psalter als Vorstufe
TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
182
punkt die Zeit des zerstörten und noch nicht wiederaufgebauten Tempels. Dies erscheint ein sichererer Ausgangspunkt zu sein als die Datierung von der exilischen Situation her, wie am Problem der Datierung von Exilspsalmen zu zeigen ist. Exakte Psalm datierungen sind in der Geschichte der Psalmenauslegung immer wieder versucht worden. 49 Als einziger fester Anhaltspunkt zur Psalmendatierung wird oft das Exil angesehen. Bekanntestes Beispiel für einen Exilspsalm ist sicher Ps 137,50 dessen markanter Anfang "An den Wassern zu Babyion saßen wir und weinten ... " gleicherma52 ßen in Phasen der Frühdatierung 51 wie der Spätdatierung von Psalmen die exilische Datierung dieses Psalms vermeintlich sicherstellte. Doch die genaue Betrachtung dieses Psalms widerlegt die vermeintlich sichere Datierung (Ps 137,1): U'::l!l-C!J. U:lTth C!U 7::l!l ni";:l~ 731 'T
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An den Gewässern Babyions, dort saßen wir, auch weinten wir. Die entscheidenden Verben stehen in der Afformativkonjugation. Als absolute Zeitstufe sind daher ein Präsens oder ein Vergangenheitstempus gleichermaßen möglich. 53 Damit ist ein Verständnis dieses Psalms aus nachexilischer Zeit keineswegs ausgeschlossen, es legt sich sogar als einfache Textbedeutung nahe. 54 Zudem ist die Begrenzung der exilischen Zeit höchst problematisch. Begonnen hat sie für einen Großteil bereits 597 mit der ersten Deportierung, auch wenn sie üblicherweise erst mit der größeren Deportierung nach der Zerstörung Jerusalems 587 bzw. 586 55 angesetzt wird. 56 Völlig unsicher ist zudem das Ende des Exils: 539 verändert sich mit dem triumphalen Einzug des Perserkönigs Kyros in Babylon 57 die Lage der Exilierten dahingehend, daß s.i~ über k.urz o?er lang Babyion verlassen können. Das Kyros-Edikt, nach dem den EXIlierten die Heimkehr gestattet wird, 58 datieren' die alttestamentlichen Quellen auf das Jahr nach dem Einzug von Kyros. 59 Doch die Rückkehrbewegungen, von denen wir auch aus der Zeit von Esra und Nehemia erfahren, werden nie als vollständige Rückkehr aller Exilierten SEN Juda 103 außerdem BECKER und GUNNEWEG z. St., siehe vorvorherige Anmerkung), der ein~ "Fortfüh~ng des Kultes in Jerusalem in reduziertem Maße" annimmt, ist also entschie. ' den zu widersprechen (mit ACKROYD, Exile 28f.). 49 Vgl. bes. die Detaildatierungen der Psalmen durch DUHM (Psalmen) Im Kontext semer Spätdatierungen. . 50 Vgi. die Hinweise von HARTBERGER, Wassern. Vgl. auch Kenmcott Ms 108 und 111, wo Ps 137 den Threni folgt. 51 Man denke beispielsweise an ALBRIGHT. 52 Vgl. hier insbesondere DUHM. Weitere Namen siehe oben II.2.1 Anm. 119 u.nd 122. 53 So die Spezialuntersuchung von ZUBER, Tempussystem 16 U.ö. Vgl. auch die Spannung bei HARTBERGER, Wassern, zwischen Übersetzung ("dort saßen wir und weinten", aaO. 212) und Paraphrase in der Interpretation ("An den ~anälen, wo ~ich. die Deporti~rt,~n niedergesetzt haben, kommt in ihnen die Erinnerung an ZlOn schmerzlIch ms Bewußtsem , aaO. 218). 54 So insbes. KELLERMANN, ZAW90, 43-58. 55 Zum Problem der Jahreszahl siehe oben II.2.1 S. 91 Anm. 118. 56 DONNER, Geschichte 377f. 57 Vgl. als neuere Darstellung DANDAMAEV, History31ff .. 42ff. . 58 So mit Esra 1,3ff. gegen Esra 6. Zur Verbindung von Heimkehr und Tempelbau siehe unten III.2. 1. 1. 59 2Chr 36,22; Esra 1,1. Zu den historischen Problemen dieses Ediktes siehe unten 111.2.1.1.
183
beschrieben. 6o So konstituiert sich ab 515 mit dem Wiederaufbau des Tempels Jerusalern als jüdisches Zentrum im Land neben anderen Zentren in der Diaspora neu. Daß Jerusalern in der Folgezeit von Alexandrien als Zentrum hellenistischen Judentums und von Babyion als Zentrum rabbinischer Gelehrsamkeit Konkurrenz bekommt,61 ist in der Art der Neukonstitution von Jerusalem als Zentrum bereits angelegt. Kurz: das Exil stellt einen Dauerzustand eines Großteils des Judentums dar. Was wir benötigen, ist also ein terminus ante quem für die Datierung exilischer Psalmen bzw. exilischer Kompositionen, der, wie wir am Beispiel von Ps 137 sahen, durch die bloße Erwähnung der exilischen Situation nicht gegeben ist. 62 . Wenn schon die Datierung der Einzelpsalmen schwierig ist, bereitet die Gewinnung emes Ansatzpunktes für die Datierung der Psalmgruppen noch viel größere Schwierigkeiten. Wir sahen bereits, daß die Psalmgruppen vermutlich nicht in einem Zug entstanden sind. 63 Einen sicheren Ausgangspunkt haben wir in unserer formgeschichtlichen Analyse der Psalmengruppen in der Asaphpsalmkomposition gefunden, deren Motivklage die erfolgte Tempelzerstörung und den noch nicht erfolgten Wiederaufbau voraussetzte. Die Zeit des zerstörten Tempels ist daher am ehesten als Fixdatum für eine Komposition des Psalters geeignet.
Obwohl die Komposition mit den Asaphpsalmen als Schlußpunkt eindeutig in die Zeit vor der Restauration des Tempels verweist, gibt es keine ausdrücklichen Hinweise auf eine Verortung der Psalmgruppe in Babyion. Nun wird es in der Diaspora auch Gottesdienststätten gegeben haben. So ist z. B. an die Lokalisierung von Ps 137 "an den Flüssen von Babyion" zu denken, die für die rituellen Waschungen wichtig sind. 64 Eine der weitverbreitetsten Thesen ist, daß die Einrichtung der Synagoge in der babylonischen Gefangenschaft begonnen habe, als der Opfergottesdienst zu ersetzen war. 65 Doch sichere Hinweise, welcher Art diese jüdischen Gottesdienststätten in dieser frühen babylonischen Zeit gewesen sein mögen, haben wir keineswegs. 66 Neben dem Ort der Komposition ist an die zeitlichen Anlässe zu denken, an denen die Komposition Esra 1,5; 7,lff.; Neh 1,lff. Vgl. den Überblick z.B. bei TALMON, Sektenbildung 110. 62 Auch der Fluch gegen Edom (Ps 137,7) ist auf dem Hintergrund nachexilischer Konflikte denkbar, vgi. HARTBERGER, Wassern. 63 Siehe z. B. II.2.1. 64 Vgl. z.B. die Reinheitsvorschriften bei der Geburt eines Kindes (Lev 12), während der Monatsregel und beim Samenerguß des Mannes u. a. (Lev 15). 65 So z.B. bereits bMeg 29a, Igeret Scherira Gaon (Hinweis von SAFRAl, in: People 2, 908-944, hier 910), SIGONIO, De re publica, Frankfurt 1583,86: "Origo autem Synogogarum non fuit vetusta ... Ego vero, si quid in eusmodi antiquitate concipienda coniecturae et concedendum, eas in Babylonica exilio primum construetas putarim ... " Als neuerer Vertreter dieser These ist FINKELSTEIN zu nennen (Pharisees 563, vgl. auch die frühere These Finkelsteins eines vorexilischen prophetischen Gottesdienstes in dem Aufsatz in PAAJR 1, 49-59, sowie HRUBY, Synagoge 14f. 66 So insbes. ODED, in: History 435-488, hier 485, LEVINE, in: Synagogue 7-31, und MAlER, Testamenten 43. Einen Überblick über die archäologischen Untersuchungen der Synagogen, die ab dem e~te~ J~hunde~ n. Chr. nachweisbar sind, gibt MEYER, in: Synagogue 127 -137. Vgi. auch die Hinweise auf Agypten als Ursprungsort des Synagogengottesdienstes bei GRIFFITHS, JThS 38, 2-15. 60 61
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184
TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
1. Der elohistische Psalter als Vorstufe
Verwendung finden konnte. Fastentage sind in exilischer Zeit in großer Zahl belegt. Neben dem durchgehend bis heute als Tag der Tempelzerstörung begangenen 9. Ab wurde beispielsweise auch der 3. Tag des 7. Monats, der Tag der Ermordung Gedaljahs, als Fastentag gehalten. 67 An allen diesen Tagen wandte sich der Blick der Juden besonders nach Jerusalem. Sie waren gewissermaßen auf einer geistigen Wallfahrt, indem sie an den zerstörten Tempel dachten. Daß der elohistische Psalter eine Orientierung auf Jerusalem ermöglicht, wird als seine wesentliche Funktion in der Zeit seiner Komposition anzusehen sein.
Gruppen zu wenig, um solche detaillierten, kriminalistisch anmutenden Aussagen wagen zu können. Ein Datierungsansatz von dem Geseschen Modell der Entwicklung der Levitengruppen scheidet daher als zu hypothetisch aus. Von unserem historischen Ansatz des elohistischen Psalters in der Zeit des zerstörten Tempels her legt sich nahe, die Dominanz levitischer Psalmengruppen vom Wegfall der königlichen Aufsicht über den öffentlichen Gottesdienst her zu verstehen. Die fast vollständig deportierten priesterlichen und hohen levitischen Familien bilden die Kerngruppen für die Erhaltung und Weiterentwicklung des Judentums in BabyIon. Sie sind die Trägergruppen, die das vorexilische Formschema der Komposition und einzelne Psalmen mit in das Exil nehmen. Gleichzeitig wird aber "David" nicht aus dem Gottesdienst entfernt. Hier hat J. Maier auf die Begnadigung Jojachins (2Kön 25,27-30) hingewiesen, die ein Zeichen für die babylonische Tolerierung der Aufrechterhaltung davidischer Ansprüche in exilischer Zeit ist. 72 Wir können außerdem die Integration Davids in den von Leviten dominierten elohistischen Psalter als ein Zeichen der bleibenden Orientierung auf Jerusalem verstehen. Doch wird das Verhältnis zwischen "David" und den Leviten auf den folgenden diachronen Ebenen der Psalmkomposition zu verdeutlichen sein.
1.3.2 Trägergruppen des Psalters
185
Beachtlich ist, daß der elohistische Psalter als erster beschreibbarerTeilpsalter von Psalmengruppen levitischer Sängergilden dominiert wird. Nach den im Esra/Nehemia-Buch enthaltenen Listen kommen die Asaphiten 68 , nicht aber die Korachiter aus dem Exil zurück. Doch gerade bei der ersten Korachpsalmsammlung ergaben sich Bedenken gegen eine Lokalisierung in Jerusalem. Forschungsgeschichtlich müssen wir uns an dieser Stelle insbesondere mit einem oft aufgegriffenen Ansatz von H. Gese beschäftigen. 69 Die Gesesche Hypothese zur Datierung der Korachpsalmen in eine bestimmte Phase der nachexilischen Geschichte ist höchst unsicher, da sie auf einer bereits hypothetischen literarkritischen Analyse der Chronikbücher beruht, also den Charakter einer Hypothese mindestens zweiten Grades hat. 70 Gese geht zwar auch von dem elohistischen Psalter als erstem beschreibbaren Kleinpsalter aus, datiert diesen aber in die späte persische Zeit. Er schließt dabei von der bloßen Erwähnung einzelner Levitengruppen in vermuteten Schichten der Chronikbücher auf eine höchst wechselhafte Geschichte dieser Gruppen in der Zeit des zweiten Tempels, wobei das Paradigma dieser Geschichte für Gese ausschließlich in einem Machtkampf zu bestehen scheint. Daß es zwischen den Priestergruppen Machtkämpfe gegeben hat, ist zwar fast in allen Phasen der jüdischen Geschichte belegbar, aber gleichwohl sind auch andere Kriterien zu erwägen, bevor derart weitreichende Interpretationen gewagt werden. Beispielsweise eine Aufgabendifferenzierung zwischen den verschiedenen Levitengruppen kommt bei Gese nicht ins Blickfeld. Schließlich nimmt sein Ansatz keinen Bezug auf den Inhalt der Psalmen selbst. 71 Wir wissen über die levitischen
In Jer 44 wird dies als Gegenposition zum Gerichtswort Jeremias deutlich: nicht das Abweichen von der Alleinverehrung Jhwhs (Jer 44,3) führt zum Unglück, sondern die Nichtverehrung einer anderen Gottheit. Wir sehen an diesem exilischen Konflikt zwischen Jeremia und einigen Juden in Ägypten, 74 wie ambivalent die Deutung auch des Unterganges des Tempels in Jerusalem
Vgl. Sach 8,19. Dazu TADMOR, in: Geschichte 1, 202. . . Esra 2,41: Leviten kehren mit Esra aus dem Exil zurück (vgl. WANKE, m: History 1, 162-188, hier 185). . . . . 5 . 69 Zur Wirkungsgeschichte von GESE vgl. beIspielsweIse KAISER, JesaJa 1-12 (msbes. zu Jes 2,2-5). 70 GESE, Entstehung, unter Aufnahme von: ders., Geschichte. 7l Der geistesgeschichtliche Hintergrund dieses Ansatzes ~ird i~ Wieder~bd~ck dieses Aufsatzes im Sammelband Vom Sinai zum Zion (1974) deuthch. Hier erschemt dIeser Aufsatz, der auf ein Nachsprechen der altkirchlichen Polemik gegen den jüdischen Bezug des
Psalters auf die Tora mit den Mitteln der historischen Kritik zielt, im Kontext der Geseschen biblischen Theologie. n MAlER, Testamenten 41. 73 Dazuz.B. GUNNEWEG, Geschichte 121; ACKROYD, Exile40f. 74 Es ist bemerkenswert, daß dieser Konflikt gerade mit ägyptischen Juden besteht. Noch Jahrzehnte nach dem Wiederaufbau des Tempels zeigt die Elephantine-Korrespondenz, daß der Monotheismus Jerusalemer Prägung sich in Ägypten nicht durchgesetzt hatte. Während das andere Hauptgebiet der Diaspora, Babyion, geradezu als Garant der rechten Lehre erscheint (vgl. dazu unten 111.2.3.3), kann gleiches für den ägyptischen Raum nicht gelten.
67
68
1.3.3 Gott als Richter und König Eine der theologischen Herausforderungen der exilischen Zeit erfahren wir in Jer 44,18: 73 C"~Wv n~?~7 '~ii? U710 Tln~~ ~j ~l';1QO C":;l9~ (Jlr=l~v1
:m?z;1 :I~;~~ :lj!J~~ Seitdem wir aber aufgehört haben, der Himmelskönigin zu opfern und ihr Trankspenden auszugießen, leiden wir Mangel an allem, wir kommen um durch Schwert und Hunger.
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186
Teil III: Die Entstehung des Psalters
1. Der elohistische Psalter als Vorstufe
war. Aus der Zerstörung des Tempels konnte man auch den Schl~ß z.ieh~n, daß es ein Fehler war, nur Jhwh als Gott zu verehren. Daß Gott der eInZIge Ist: war also nicht zuletzt infolge der Zerstörung des Tempels in Jerusalem zu beweIs~n. Von der Ambivalenz der Deutungsmöglichkeit der Tempelzerstörung her wIrd der Duktus der Sammlung von Asaphpsalmen neu deutlich: ausgehend von der Klage über die Tempelzerstörung wird Gottes Eingreifen als Richter im. Götterrat (Ps 82) und auf Erden (Ps 83) gefordert. Das Thema des Gottesgenchtes beginnt also bereits in Ps 82 (v. 1-3):
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Gott sitzt im Gottesrat, inmitten von Göttern richtet er. Wie lange noch wollt ihr falsch richten und die Gesichter der Frevler aufrichten? ... Richtet den Geringen und die Waise, schafft Recht dem Elenden und Bedrückten.
In diese präsentische Gerichtsbeschreibung, in der ?otte~.gericht und menschliches Gericht miteinander bis hin zur Erwartung eInes Volkerst~rmes verwoben sind,75 mündet die Sammlung von Asaphpsalmen und damIt .d~r elohistische Psalter. Das ist keineswegs nur das Thema am Ende des elohistIschen Psalters. Wir sahen bereits, wie in der elohistischen Davidpsalmsammlung Ps 58 sich das Motivfeld des Richter-Seins Gottes am Schluß der Asaphpsalmsammlung in weiterentwickelter Form eben~alls findet. 76 Zudem ist das Motivfeld des kriegerischen Eingreifens Gottes In der erste~ Kor~~hpsalm sammlung (Ps 44,10) und Ps68 durch die Sprache der Jhwh-Knege prasent .. Am Eingang der ersten Psalmengruppe im elohistischen Ps~lter stellte SIC? uns das Problem, warum Ps 42 und 43 in den meisten Manusknpten und d~mIt nach den Regeln der Textkritik vermutlich auch ursprünglich .g~~re~nt SIn~, während sie formal wie inhaltlich so gut zusammenpassen, daß SIe ubhcherwelse als Strophen desselben Gedichtes aufgefaßt werden. 77 Anders gefragt: ~a~ ist das inhaltlich Spezifische, das Ps 43 zu einem eigenen Psalm. werden laßt. Wenn wir uns die Anordnung der Manuskripte mit der ~eerzelle v~r Augen halten so wird bei einer Trennung des Psalters in Psalmen Im wesenthch~n der Anfan~ des Psalms hervorgehoben. Dieser lautet nun bei dem überschnftslosen Ps43 (v. 1): 75 76 77
Zur engen Verbindung zwischen Ps 82 und 83 s. o. 1I.2.1. S. O. S. 98f. S. O. I.1 (S. 11 und 15).
187
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Richte mich, Gott, und führe meinen Streit vor untreuem Volk. Rette mich vor Männern 78 der List und Verkehrtheit.
Das Motiv des Richter-Seins Gottes verbindet Anfang und Ende des elohistischen Psalters. Die textkritische Überlegung, Ps 43 als einzelnen, überschriftslosen Psalm, der an den älteren Ps 42 angefügt wurde, zu verstehen, läßt sich also durch eine kompositionelle Überlegung zum elohistischen Psalter erhärten. Gleichzeitig ist aber beachtlich, daß Ps 43 gegenüber Ps 42 die Perspektive auf eine künftige Wallfahrt ergänzt. Damit weist Ps 43 wohl als ergänzter Einzelpsalm in die Frühphase der persischen Zeit. Das Thema Gottes als Richter ist bereits im elohistischen Psalter eng verbunden mit dem Thema Gottes als König. Es erscheint an wichtigen Nahtstellen der Komposition des elohistischen Psalters, Ps 45-48 und Ps 74. Es bildet damit kompositorisch einen erweiterten Kern um die weisheitliche Klammer, die die verwandten Psalmen 49 und 73 bilden. Daß die Vorstellung von Gott als König in dem hier behandelten Textbereich _bereits verankert ist, kann durch die neueren Spezialuntersuchungen zu diesem Motivfeld mindestens für Ps 74,12ff. als gesichert gelten. 79 Zweifel an der ursprünglichen Zugehörigkeit des Motives trifft hingegen die volle Ausprägung dieses Feldes in der ersten Korachpsalmgruppe. Besonders Ps47 und 48 sind als mögliche Psalmen für eine Ansetzung nach Abschluß des elohistischen Psalters zu nennen, da in ihrer Entsprechung in der zweiten Korachpsalmengruppe wie bei den Asaphpsalmen Hymnen nach den Orakeln fehlen und der Hymnus Ps 47 in enger Verbindung mit dem Ausbau des elohistischen Psalters, insbesondere mit den Jhwh-König-Psalmen im vierten Psalmbuch stehen.
1.4 Ergebnis: Der elohistische Psalter als Klagekomposition Der elohistische Psalter erweist sich als eine formgeschichtlich aus drei Psalmengruppen zusammengesetzte Komposition, deren Nahtstellen mittels der editorischen Stücke in den Psalmengruppen selbst sowie weiterer Einzelpsalmen gebildet sind. Als Ganzes erscheint der elohistische Psalter als die Verknüpfung einer Wallfahrtsliturgie, eines Klagec1usters mit Hymnus-Danklied-Schluß und einer Klage über die Tempelzerstörung. Insgesamt scheint die Sammlung von Asaphpsalmen prägend für die Komposition des elohistischen Psalters gewesen zu sein, wie die Untersuchung von aus dem formgeschichtlichen Schema bzw. dem Überschriftssystem herausfallenden Einzelpsalmen insbesondere an den Nahtstellen der Psalmgruppen ergab. Der Schluß domiIm hebräischen Text ein generalisierender Singular. Königtum 28f. u. ö. rechnet Ps 74, 12ff. zu den bereits vorexilisch erfolgten Umprägungen des Mythos zur Zustandsschilderung. 78
79 JEREMIAS,
Teil III: Die Entstehung des Psalters
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
niert damit bei einer Beschreibung der Gesamtkomposition : die Zerstörung des Tempels wird beklagt und Gott um Hilfe angerufen. Gleichzeitig hat das Ende des elohistischen Psalters eine Offenheit für einen anderen Schluß: zweimal wurde im Duktus des Textes die Klage in Lob verwandelt, nur die dritte Komposition endet in der Klage, obwohl ein Hymnus angekündigt wurde. Hier entsteht vom Duktus des Textes her die Erwartung, daß auch diese Klage in Lob verwandelt wird. 80 Da die Notizen über Klagefeiern am Tempel die Ausnahme sind, legt sich als historischer Ort der Komposition eine Verortung in der Diaspora in der Zeit des zerstörten Tempels nahe. Vorformen reichen allerdings in die spätvorexilische Zeit hinein. Es wird kein Zufall sein, daß die früheste von uns beschreibbare Vorstufe des Psalters in die exilische Zeit verweist: In der Zeit, in der der zentrale Gottesdienst in Jerusalem nicht mehr stattfindet, entsteht eine Sammlung von Gebeten, die eine Ersatzfunktion für diesen Gottesdienst einnimmt. So leistet der elohistische Psalter in der Situation des Exils zuerst und vor allem die Orientierung der jüdischen Gemeinschaft auf ihren Gott: Er erinnert an die Wallfahrt zum Tempel, beklagt dessen Zerstörung und vermittelt eine Hoffnung auf ein künftiges Eingreifen Gottes. Wohl auch diachron am Rand des elohistischen Psalters entwickelt Ps 43 auch wieder neu die Erwartung einer künftigen Wallfahrt.
Bereits der Einzug von Kyros in Babyion spiegelt das gegenüber der babylonischen Oberherrschaft neue Klima der Perserzeit : Teil des Einzuges des neuen Herrschers ist das Opfer an den Stadtgott Marduk. 83 Die besondere Pointe diese~ Einzuges ist dabei, daß Kyros mit der Verehrung Marduks die religiöse Partei der Stadtbevölkerung ergreift, die - so die Sicht der persischen Quellenvon der Religionspolitik der bisherigen Herrscher unterdrückt wurde. 84 Diese Sicht der persischen Religionspolitik ist jedoch keineswegs die einzig mögliche: In neuerer Zeit hat insbesondere R.G. Kratz hervorgehoben, daß die beherrschten Völker der persischen Religionspolitik durchaus auch kritisch gegenüberstanden. 85 Kratz verweist beispielsweise auf die Aufforderung der Anbetung fremder Götter Dan 3 und das Verbot der jüdischen Religionspraxis ~a~ 6 als antipersische biblische Texte, sowie auf das Vorgehen des Kambyses m Agypt~? gegen den Widerstand der dortigen Priester bei der persischen Eroberung Aygptens (530-522 v. Chr.). 86 Mit dem Einzug von Kyros in Babyion ändert sich die Lage der Juden wohl erst langsam. Zwar erhalten die Exilierten nach Angabe des sogenannten Kyrosediktes 87 sofort die Erlaubnis, wieder zurückzukehren. Wann jedoch die ersten Heimkehrer wirklich zurückgekehrt sind, ist ungewiß. 88 In der alttesta-
188
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit 2.1 Der Ansatzpunkt: Die Neukonstitution Jerusalems als Zentrum 2.1.1 Historische Einführung Unter der Perserzeit verstehen wir die Zeit der persischen Dominanz über die jüdischen Lebensräume in Israel und Babyion. Diese Zeit beginnt mit dem Einzug von Kyros dem Ersten 539 in Babyion. 81 Berühmt ist die Toleranz der Perser gegenüber den Religionen der von ihnen beherrschten Bevölkerung. 82 Vgl. zu diesen Beobachtungen bes. COLLINS, JSOT37, 41-60. . Zu den näheren Umständen des Einzuges vgl. z. B. ACKROYD, Israel 138ff.; ders., ExIle 162ff.; DONNER, Geschichte 392ff.; GALLlNG, Studien 30ff. u. Ö. 82 Vgl. dazu beispielsweise BOYCE, in: History 3,5-31, KUHRT, in: ~story 5, 121-1.30, hi~r 122ff., und den Versuch von KOCH, in: Reichsidee 45-119, die perslsc~e Tol~ranz In Rel~ gionsangelegenheiten als Teil ihres religiösen Denkens zu verstehen. D.les~ SI~ht der persIschen Religionspolitik basiert auf älteren iranistischen Forschungen: dIe. SIC~ Insbesondere gegen das einseitige negative Bild der persischen Herrschaft durch d.le ~nechlschen.
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Palästina 690).
189
83 Schmähgedicht col. VI 4ff. (ANET, 315); vgl. To 23.35-38 (nach GALLING, Studien 34), vgl. auch DANDAMAEV, History 51 ff. 84 So etwa die Darstellung der Nabonidchronik und des Kyroszylinders (TUAT 1, 407ff., sowie zum Kyroszylinder auch TGI 82ff., und ANET 315f.), dazu GALLlNG, Studien 32ff.
u.Ö. 85 KRATZ, Translatio 140ff. Dort eine umfängliche Literaturbesprechung. Vgl. aber auch DONNER, Geschichte 395 f., und ohne Erwähnung der bereits 1987 zugänglichen Dissertation von Kratz mit ähnlichen Vorstellungen WILLI-PLEIN, Judaica 47, 12-21. 86 KRATZ, Translatio 140ff. Zum Vorgehen von Kambyses in Ägypten vgl. insbesondere Herodot, Geschichte III,Hf., sowie die Darstellungen von BRESCIANI, in: Cambridge History 1, 358-372; DONNER, Geschichte 395f. Zu den Aufstellungen von Statuen im zentralen ~erserreich vgl. DANDAMAEV, Persien 219f., sowie die - heute nur noch forschungsgeschichthch relevante - Interpretation von BEEK, Danielbuch 69f., eines direkten Zusammendenkens des in Dan 3 und in den persischen Quellen geschilderten Vorgehens. V gl. auch zusammenfassend DONNER, Geschichte 395 f. 87 Der Quellenwert des Kyrosediktes Esr 1,2ff. ist umstritten. Während die ältere Literatur die Wiedergabe einer persischen Quelle im Wortlaut vermutete (so bes. RUDOLPH, Esra z. St., aber auch GALLlNG, Bücher z. St.), wird die Einschätzung von Esra 1,2ff. in jüngerer Zeit vorsichtiger beurteilt, vgl. WILLIAMSON, Ezra 2ff., und BECKER (z. St.), die Esra 1,2ff. und die Parallelstelle am Schluß der Chronikbücher für eine sekundär rezipierte persische Quelle halten. Zurückhaltend urteilt auch Ackroyd über Esra 1: "a kind of new Exodus, a ceremoni~l, processional, move, a pil~rimage of return to Jerusalem" (ACKROYD, in: Cambridge HIstory 1, 130-161, hier 145). AhnIich lautet das historische Urteil zu Esra 6,3ff. und Esra 7,12ff., das nur bei Williamson im Sinne des Quellenwertes historisch günstiger als für Esra 1 ausfällt. Anders jedoch BLENKINSOPP, der formal in Esr 1; 6; 7 von verschiedenen Originalen bzw. Originalübersetzungen ausgeht, die eventuell überarbeitet sind, und zur inhaltlichen Differenz lapidar bemerkt, daß die Erlaubnis des Tempelbaues die der Rückkehr einschließt (Ezra 125). 88 Vgl. auch die gewichtigen poli~ischen Gründe, die GALLING (Studien 41) gegen eine Frühdatierung der Heimkehrerlaubms eingewandt hat: mit dem Einzug von Kyros in Babylo-
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Teil III: Die Entstehung des Psalters
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
mentlichen Wiedergabe des Kyrosediktes (2Chr 36,22ff.; Esra ~,lff.) i~t die Erlaubnis zur Heimkehr nur eine nicht eigens erwähnte BegleIterschemung zum Tempelbau, zu dem sich Kyros berufen sieht (Esr 1,2f.):
nicht mehr begangen werden sollten. 92 Wirkungsgeschichtlich wissen wir zudem, daß das Zentral datum , die Erinnerung an die Tempelzerstörung am 9.Av, erhalten blieb, während die anderen Fastentage immer mehr in Vergessenheit gerieten. Entsprechend werden Klageliturgien über die Zerstörung des Tempels spätestens ab 515 v. Chr. als Textform auf die wenigen Anlässe der Erinnerung an die Katastrophe beschränkt sein. Die Hauptmasse der Liturgien hatte gewiß andere Themen und Stimmungen. Während die Threni in der Grundform als Klagecluster speziell für den 9.Ab erhalten bleiben, macht der Psalter eine im folgenden zu beschreibende Entwicklung durch, innerhalb derer die Klageliturgie zwar erhalten bleibt, aber durch Hinzufügungen in einen anderen Grundton eingebettet wird. Die Erzählung von der Wiedereinweihung des Tempels Esra 3 beschreibt dabei sehr anschaulich die Stimmung, die dem Ausbau des Psalters zugrunde liegt (Esra 3,10-13):
So spricht Kyros, der König von Persien: . Alle Herrschaft hat mir Jhwh, der Himmelsgott, gegeben, und er hat mIr ~ufgetragen, ihm in Jerusalem, das in Juda liegt, ein Haus zu ba.uen.. . Mit jedem von euch, aus welchem Volk unter e~ch er a~ch seI, seI sem Gott, er möge hinaufgehen nach Jerusalem, das m Juda hegt, und Jhwh, dem Gott Israels, ein Haus bauen. Er sei der Gott in Jerusalem. '
Bis zum wirklichen Beginn des Tempelbaus 520 vergeht jedoch eine beträchtliche Zeitspanne. Es liegt deswegen nicht fern, auch das. sogenannte Kyrosedikt selbst für eine Vordatierung einer ~ersi~chen Erlaubms zu ~alte~, die erst kurz vor 520 erteilt wurde. 89 Dafür spncht msbesondere, daß sI~h die persischen Machtverhältnisse im syrisch-paläs~inischen Ra~~ .erst 529~ mIt der Festigung der Herrschaft von Dar~us über A?ypte? stabIhsIerten. In ~er jüdischen Tradition der Zeit haben sIch zudem mcht dIe Daten der DeportatIOn - hier wäre neben 586 z. B. auch an 597 zu denken - und der Ermöglichung der Rückkehr 539 durchgesetzt, sondern als epochal wird die Tradition der :.0 Jahre angenommen, also eine Zeitspanne, die den Zeitra~m von d.er Z~rsto rung des Tempels bis zu seinem Wiederaufbau umfaßt. 91 Die ~lagehturgIe, a~s die wir den elohistischen Psalter beschrieben, und die Threm haben also b~s zum Beginn des Tempelbaues 520 weiter ihr unfragliches Recht als Beschre~ bung der Stimmung der Gegenwart. Erst nach dem Te~pe!bau ~rfahren WIr von Diskussionen, ob die verschiedenen Fastentage, die m Ennnerung an wichtige Daten im Kontext der Tempelzerstörung eingeführt worden waren, nien war die persische Oberherrschaft im babylonischen Herrsc.ha~tsbereich keineswegs ge.sichert, eine Heimkehr der Exilierten in politisch unsicheres Ge~let Ist nun sehr unwahrsche.mlich. Vgl. auch zusammenfassend GALLING, Studien 56ff. sOWIe 109ff., bes. 126, wo Gal.lmg die Heimkehr der Gola nach 526, zur Zeit des Kambyses, ansetzt. Dagegen hat neuerdmgs wieder DANDAMAEV, History 60, 539 v.Chr als Datum für den Fall des gesamten Raums von Syrien und Palästina angesetzt. . 89 So sehr betont außer GALLING (Studien) GUNNEWEG, Geschichte 126f., und ders., Esra
~l.
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4\0 Dazu z. B. neben GALLING, Studien 41, HERRMANN , Geschichte 368 .. V jedoch 1,4, wo eine Zeitspanne vorausgesetzt ist, in der den Heimgekehrten ledlghch der Wille zum Tempelbau fehlte (so HERRMANN, Geschichte 369, und zusammenfassend BECKER, Esra
25~'~er 25,11-13; 29,10; 2Chr 36,21 (vgl. Esra 1,1); Dan 9,2; zum ~intergru.nd der.?O ~ahre auch in Dan 1 vgl. jetzt insbes, KRATZ, Translatio 38f. Anm.108 u.o., dort em umfanghcher Literaturbericht, vgl. auch aaO. 150ff. 26Off. Die Stelle Ez 4,4-6, nach.der Juda 40 Jahre lang Schuld zu tragen habe, bleibt hingegen historisch wie wirkungsgeschichtlich folgenlos, was e en eine Nachdatierung dieser Stelle spricht (gegen ZIM~ERLI z. St). Auch ACKROYD, Israel i6~ff., läßt die Beschreibung der persischen Epoche mit dem Wiederaufbau des Tempels beginnen.
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Dann legten die Bauleute den Grund für den Tempel Jhwhs. Die Priester stellten sich im Ornat mit den Trompeten und die Leviten, die Söhne Asaphs, mit Zimbeln hin, um Jhwh zu loben nach Maßgabe Davids, des Königs Israels. Und sie stimmten Lob und Dank an für Jhwh: ,Ja, er ist gut, in Ewigkeit währt seine Huld über Israel, ' und das ganze Volk lobte lautstark Jhwh, weil das Haus Jhwhs gegründet wurde. Aber viele von den Priestern, den Leviten und den alten Familienvorstehern, die das erste Haus (Jhwhs) noch gesehen hatten, als es stand, als nun dieses Haus vor ihren Augen stand, da weinten sie mit lauter Stimme, viele (andere) aber erhoben laut und mit Freude ihre Stimme. Man konnte nicht das Freudengeschrei und das Weinen des Volkes unterscheiden, denn das Volk schrie so laut, daß das Geschrei von weither gehört wurde.
Zwei Gruppen und zwei Stimmungen sind in dieser eindrucksvollen Erzählung dargestellt: Auf der einen Seite steht das offizielle Lob der Priester und der Leviten, in das die Menge des Volkes einstimmt, dazwischen gibt es einzelne, ältere Menschen, denen angesichts des neuen, erheblich ärmlicheren Tem93 pels die Tränen kommen. Bemerkenswert ist dabei, daß die Psalmsängergilde der Asaphiten, die gemäß unserer Analyse Träger der Tempelklage war, hier den Lobpreis anstimmt. Im Text wird den Asaphiten gewissermaßen ein "neu es Lied" (tV 10 ,~~) in den Mund gelegt. Dieses neue Lied, das bei der Tempeleinweihung Verwendung findet, wird in Esra 3 nach der Erzählung von 92 Vgl. die Anfrage eines Beamten namens Betel an Sacharja (Sach 7,2ff.), die mit einem Mahnwort beantwortet wird, das einerseits die Begründung für das vergangene Exil bietet, andererseits eine Handlungsperspektive für die Zukunft aufreißt (Sach 7,9b):
:"mrn~ lzh~ ~iv~ C'l,ltl"J' 1ll.m ~tl!llF n~~ tlQlFl,l Richtet mit wahrem Gericht, tut Treue und Erbarmen, ein jeder seinem Bruder. 93 Vgl. Hag 2,3; Sach 4,10.
192
Teil/II: Die Entstehung des Psalters
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
den ersten Opfern - in der Datierung des Textes im zweiten Jahr nach dem Kyrosedikt - fast in demselben Wortlaut genannt, der auch mit leichter Variation in der chronistischen Fassung des Tempelweihgebetes Salomos verwendet ist (2Chr 5,13; 7,3):94
Eid gegenüber seinem Vater zu erfüllen, ihn im Land zu begraben (Gen 50,5).101 Gerade Babyion ist in der Folgezeit neben Jerusalem so weit Zentrum, daß in späterer talmudischer Zeit die Hochschätzung Babyions mit einer Liste von Personen zum Ausdruck gebracht werden kann, die von Babyion her in Jerusalem die Tora wieder begründen (bSuk 20a):
i1t;l1J 07i317 ':;1 :Ji~ ':;1
Ja, er (Jhwh) ist gut, denn in Ewigkeit währt seine Treue.
'N1!Zr~ ;"mll ;,n:llllVJlV:l ;"nll:JlV ;'1m ;"0" ':J:J~ N1T31 ;"31 ;,n:llllVJ' ;'1m ;"0" ',:J:J;' ,,;, ;"31
Mit diesem Lobpreis werden in der Theologie dieser nachdeuteronomistischen Schriften der Gottesdienst des ersten (2Chr 5,13; 7,3) und der des zweiten Tempels (Esr 3,11)95 parallelisiert. Diesen erschlossenen und ausdrücklichen Textelementen im Gottesdienst des zweiten Tempels werden wir im Kontext der Textbeschreibung weiter nachgehen. 2.1.2 Die Wiedererrichtung des Tempels und das Bleiben in der Diaspora
War die Hoffnung auf die Wegführung der führenden Schichten Judas nach Babyion eine Angelegenheit militärisch-staatlicher Repression, so daß beispielsweise Jeremia um die innere Zustimmung zum Exil werben mußte (Jer 29*)96, so erfolgt die Rückwanderung der Exilierten nach Israel spärlich. Mehrfach lesen wir von Rückwanderungswellen im EsralNehemiabuch, doch wird zudem keine der Esra 1 f.; 8; Neh 2 beschriebenen Rückwanderungen im 6. und 5. Jahrhundert als vollständige Rückkehr aller beschrieben. 97 Durch die Neukonstitution von Jerusalem als Zentrum mit einem funktionierenden Tempel entstand das Problem, wie die Diaspora, in der weiterhin die Mehrzahl von Juden lebte, auf den Tempel zu beziehen war. Die innere Seite dieser zwiespältigen Situation spiegelt sich auch in der Literatur des nachexilischen Judentums wider. So finden wir wenigstens einen Teil der Komposition des Pentateuch von einer Welt aus geprägt, die nicht die des Landes Israel ist. Es entstehen Erzählungen wie die Josephsnovelle 98 , der Estherroman und die Danielerzählungen 99 , die das Leben frommer Juden und Jüdinnen außerhalb des Landes sogar am fremden Herrscherhof beschreiben. 100 Bei allem persönlichen und politischen Erfolg hat Daniel nicht wie Esra und Nehemia die Perspektive, selbst nach Jerusalem zu kommen. Auch Joseph, der wie Daniel und Nehemia als Berater eines fremden Königs geschildert wird, zieht nur ins Land, um den Vgl. auch Jer 33,11. V gl. dazu auch J er 33,11. 96 Als neuere Arbeit zur schwierigen Analyse von Jer 29 siehe bes. HARDMEIER, FS Rendtorff301-317, und BÜSING, ZAW104. 97 Vgl. GUNNEWEG, Esra, und ders., Nehemia (z. St.). Vgl. auch OEMING, Israel, bes. 208, der die Listen als Mittel der Auseinandersetzung um das wahre Israel versteht. 98 Dazu immer noch bes. wichtig: VON RAD, Josephsgeschichte 272-280. 99 Zu den Danielerzählungen vgl. bes. KRATZ, Translatio 77ff., dort S. 78 Anm. 7 weitere Literatur. 100 V gl. auch die Hiobserzählung in der bedenkenswerten Interpretation von MÜLLER, WO 9,77-98. 94
193
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Als die Tara zum ersten Mal in Israel in Vergessenheit geraten war, zog Esra aus Babel herauf und begründete sie neu (;"0'), als sie wieder in Vergessenheit geriet, zog der Babyionier Hillel herauf und begründete sie neu, als sie wieder in Vergessenheit geriet, zogen Rabbi Chijja und seine Söhne herauf und begründeten sie neu. 102 ~,
Inhaltlichsetzt der Talmud hier voraus, daß das Diasporajudentum mehrfach auf Jerusalem und Israel bezogen ist. So ist die Ausrichtung des Gebetes nach Jerusalem wohl allgemeine Gebetssitte. Bereits Daniel beispielsweise betet täglich in Richtung auf Jerusalem (Dan 6,11): Als Daniel aber erfuhr, daß die Anordnung verfaßt war, ging er in sein Haus, wo er Fenster in Richtung Jerusalem hatte, und dreimal täglich betete, lobte und dankte er Gott auf seinen Knien, wie er es vor der Anordnung getan hatte.
Diese Gebetsrichtung wird im Kontext des Bekenntnisfalles zu verstehen sein, daß kein anderer Gott verehrt werden darf (Dan 6,8f. ).103 Ähnlich setzt das deuteronomistische und damit exilisch-nachexilische Tempelweihgebet Salomos 1Kön 8 eine Ausrichtung des Gebetes nach Jerusalem voraus (lKön 8,47-49):104 Wenn sie also 105 ihre Herzen umkehren in dem Land, in dem sie gefangen sind, und bekehren sich und flehen zu dir in dem Land ihrer Gefangenschaft:
95
101 SAFRAI, Wallfahrt 16, meint, die Sitte der Bestattung von Diasporajuden in Israel erst am Ende des 2. Jh. v. ehr. nachweisen zu können (jKiI9,32b; jKet 12,35a; Sem 10). Das ist nun für Gen 50 in jedem Fall eine zu späte Datierung, die Sitte der Bestattung auswärtiger Juden in Israel wird also wenigstens als Ideal älter sein. 102 Übersetzung nach RENDTORFF, ZAW 96, 165 -184, hier 165. 103 Zu den Danielserzählungen als Bekenntniserzählung vgl. KRATZ, Translatio 132ff. 104 So Z.B. LEVENsoN, in: Traditions 143-166. 105 Der Satz ist wie die folgende Reihe eine lange Folge von Satzteilen eines Bedingungssatzes, der mit v. 46 beginnt.
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TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
, Wir haben gesündigt, uns vergangen und versündigt', wenn sie also sich zu dir bekehren mit ihrem ganzen Herzen und ihrer ganzen Seele in dem Land ihrer Feinde, in dem sie gefangen sind, und wenn sie zu dir beten in Richtung auf das Land, das du ihren Vätern gabst, die Stadt, die du erwählt, und das Haus, das du für deinen Namen gebaut hast, dann wollest du - der Himmel ist der Ort deines Wohnens - ihr Gebet und Flehen erhören und (ihnen) ihr Recht tun. Dan 6,11 und 1Kön 8,48 spiegeln damit eine allgemeine Gebetssitte wider, die die Kultzentralisation voraussetzt. 106 Mit der Wendung nach Jerusalem im Gebet 107 orientiert sich der Jude auf das Zentrum der Geschichte seines Volkes, auf das Land Israel und speziell Jerusalem als Zentrum. lOS Die leichteste Möglichkeit, diesen örtlichen Traditionsbezug zum Ausdruck zu bringen, ist die Verbindung des Beters mit David: die Person Davids verbürgt auch in der Zeit des zweiten Tempels die Orientierung auf die Davidstadt. "David" ist nachexilisch nicht mehr Repräsentant einer Herrscherdynastie, die die Aufsicht über den Tempel hat. Die Versuche, die davidische Dynastie wieder einzuführen, scheiterten. 109 Signifikant für diese Lücke ist die Anwendung davidischer Attribute auf Nicht-Davididen: der Hohepriester Jehoschua wird nach Sach 6,11 gekrönt und als "Sproß" (n~1l., v. 12) bezeichnet, weil er den Tempel hat aufbauen lassen. 110 Es liegt deshalb nahe, dem Hohenpriester eine Ersatzfunktion für den König zuzusprechen. Das Tempelpersonal und "David" konvergieren also in nachexilischer Zeit. Das Ereignis, bei dem die religiöse Bezogenheit auf Jerusalem am deutlichsten wird, ist die Wallfahrt. Diese war die Gelegenheit, bei der das Diasporajudentum mit dem Jerusalemer Zentrum unmittelbar in Verbindung trat. 111 S. Safrai 112 hat herausgearbeitet, in welch hohem Maße die Wallfahrt für die Zeit des Zweiten Tempels prägend war. Erste wichtige Beobachtung ist dabei, daß Vgl. als weitere Stellen Tob 3,11; 3Esr 4,58; Apg 10,9, sowie als neuere Darstellung KRATZ, Translatio 144. 107 Aus der Wirkungsgeschichte ist die Auseinandersetzung der muslimischen Glaubensgemeinschaft mit der Juden und Christen gemeinsamen Gebetsorientierung hervorzuheben (Koran, Sure 2, 142-152). Vgl. dazu die Interpretation von SCHEDL, FS Sauer 185-204: "Die Änderung der Gebetsrichtung führte tatsächlich zur klaren, auch nach außen erkennbaren Scheidung der Bekenntnisse" (192), nachdem die Erwartung Mohammeds enttäuscht worden war, die Juden in Medina würden ihn als Propheten anerkennen (186f.). 108 V gl. dazu bei der Lektüre der Hebräischen Bibel als kohärentem Text die Komposition bereits der Vätergeschichte von den Landverheißungstexten her (dazu bes. BLuM, Komposition), vgl. aber auch die Motivation der drei oft als exemplarisch hervorgehobenen nachexilischen Gebetstexte Dan 9 (v. 3: Jerusalem liegt in Trümmern); Esra 9 (v. 7ff.: Ehen mit NichtIsraelitinnen gefährden den Landbesitz Israel); Neh 9 (v. 2: wie Esra 9; v. 7f.: Einsatz bei der Landverheißung an Abraham). 109 Hag 2,20-23; Sach 4,6-10. 110 Vgl. auch die Prädikation von Kyros mit den Zügen eines davidischen Königs (Jes 45,1). 111 So unlängst sehr pointiert BAUER, Korpus, bes. 312ff. 323ff. mit der These der Versöhnung von Peripherie und Zentrum im Fest. 112 SAFRAl, Wallfahrt. 106
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
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das biblische Gebot der jährlichen Wallfahrt zu den drei Hauptfesten 113 ke' _ d 114 mes · . Das h~t wohl nicht zuletzt rein praktische Gründe, weIl eme Wallfahrt emen derartIg hohen zeitlichen und materiellen Aufwand erforderte, der von den meisten im Ausland lebenden Juden noch nicht ein I jedes Jahr aufzubringen war. 115 Neben den jährlichen Festen gab es we·;na Anlässe ~u Wallfahrtsfahrten wie das Opfer nach der Geburt eines Kinde~~I~~ das Entnchten der wohl erst in der Frühphase des Zweiten Tempels eingeführ117 ten Holzsteuer und der Erstlingsfrüchte, die zu den Hauptfesten noch nicht 'f 118' rel waren, SOWIe den Wechsel des levitischen Tempelpersonals das a . Wh' , us semen 0 ngebleten zu seinem Dienst nach Jerusalem zog.119 Neben die ~allfahrt z.u den Hauptfesten treten also individuelle Gründe. Beides ist wohl nIcht vonem.~nd.er z~ trennen: ~ie Beter, deren individuelles Dankopfer in P~ 107 angekundlgt Wird, werden m aller Regel bis zum nächsten Wallfahrtstermm gewartet haben, so daß sie in die Liturgie beispielsweise von Pessach oder Sukkot integriert wurden. I~ der persischen Zeit wurde das Straßennetz gepflegt und ausgebaut. 120 ~Ielchwohl nah~ mit der lokalen Entfernung zu Jerusalem zwangsläufig auch dIe VerbundenheIt zum Tempel ab. Besonders aus der Frühzeit des Zweiten Tempels lesen wir nichts von Wallfahrern aus der Diaspora, was aber auch mit den spärlichen Quellen aus dieser Zeit zusammenhängen kann. Selbst von der Drittel-Schekel-Steuer, die nach Neh 10,33 für den Tempel bestimmt war wird weder im Nehemiabuch selbst noch beispielsweise in 2Makk berichtet' daß auswärtige Juden sie zahlen. Erst im 1. Jh. v. Chr. haben wir Quellen: daß Gelder aus dem Ausland nach Jerusalem fließen. 121 Gleichwohl werden über di~ Wallfahrten aber auch früher die Tempelsteuern nach Jerusalem geflossen sem. we~s ~eaIISlert wur~.
113 Ex 23,14ff. ist in der Forderung der dreimaligen Wallfahrt gegenüber den anderen Festkalendern Lev 23; Num 28f.; Dtn 16 der deutlichste Text. 114 SAFRAl, Wallfahrt 43 u.ö ... .115 Neben den Kosten für die Reise und die Tempelgaben ist beispielsweise noch der Emkommensausfall zu Hause zu berücksichtigen. 1.16 Lev 12,6f.; vgl. Luk 2,22ff. Vgl. die rabbinische Interpretation, die es erlaubt, die ReinIgung von mehreren Geburten durch ein Opfer zusammen zu vollziehen (Sifra z. St., dazu SAFRAI, Wallfahrt 100). 117 Ne~ 10,35 ..Daß die.Holzspenden von den Männern der großen Synagoge verordnet wurden, mterpretIert bereits tTaan 3 aus dem biblischen Text (vgl. SAFRAl, Wallfahrt 271ff.; BAUER, Korpus 204), vgl. zum Holzmangel im Judäa der exilisch-nachexilischen Zeit auch Thr 5,4 (.13). 118 SAFRAI, Wallfahrt 277ff. u. ö. 119 SAFRAl, Wallfahrt 264ff. (mit der Diskussion eines erst pharisäischen Ursprunges der Sitte des Wechsels der levitischen Standmannschaft). 120 WEIPPERT, Palästina 687. . 121 ~os, Ant XIV,. 7,2: 10; 6; Cicero, Pro Flacco 28 (SAFRAl, Wallfahrt 66f., interpretI~rt diese Stelle rem .~stonsc~, während STERN, Authors 1, 193ff., auf den rhetorischen ~mtergrund de~ Verteidigung emes Statthalters hinweist). Besonders letztere Stelle, nach der em Statthalter diesen Geldtransfer unterbinden konnte, zeigt, wie schwierig die Erhebun von Tempelsteuem auBerhalb von Israel war. g
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Teil III: Die Entstehung des Psalters
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
Damit ist in den Texten einerseits eine eher spirituelle Orientierung auf Jerusalem in der Diaspora durch die Gebetssitten und die zugrundeliegende Tradition belegt und andererseits eine sehr konkrete in der Wallfahrt.
den .Tag Jhwh~ dar. 128 Mit diesem Brückenvers wird die Komposition des JesaJ~buches mcht nur durch hymnische Zwischenhöhepunkte gegliedert, Sondern m den Ko~tex.~ einer ~allfahrt gestellt. Im weiteren Fortgang des Jesajabuches erfolgt dIe nachste Zasur durch das nachkultische Danklied 129 J es 12 vor den folgenden gleichlautend mit Nif~ eingeleiteten Kapiteln mit Fremdvölkero~akel~ (Jes 1~~23).130 Auch in Jes 12 findet sich wieder ein Abschluß mit emem ImperatIvIschen Hymnus (v. Sf.):
2.1.3 Die Herausbildung kanonischer Bücher
Auf dem Hintergrund der Spannung zwischen Jerusalem und der Diaspora kann auch die Entstehung der kanonischen Literatur betrachtet werden. Nehmen wir die Komposition des Jesajabuches als Beispiel, weil hier die Forschung zunehmend neben der literarkritischen auch die synthetische Fragestellung berücksichtigt hat. Wir betrachteten bereits die Hymnenkomposition in Jes 40ff. als Beispiel einer spätexiiisehen Komposition unter Verwendung von Psalmen. 122 Die formgeschichtliche Analyse Melugins hat nun P. R. Ackroyd in zwei Aufsätzen auf Jes 1-12 und 36-39 iibertragen. 123 Dabei arbeitet er nicht nur für die aus dem deuteronomistischen Geschichtswerk übernommenen und durch das Klagelied Jes 38 ergänzten Kapitel Jes 36-39, sondern auch für Jes 1-12 narrative und psalmartige Elemente als Kompositionsmittel heraus. Die Funktion von Jes 1-12 bestimmt er als "presentation of a prophet" .124 Jes 1 ist schon lange als "Zusammenfassung der Verkündigung Jesajas" angesprochen worden. 125 Ackroyd zieht zu Jes 1 die Doppelüberlieferung von Mi 4,1-3 und Jes 2,2-4. 126 Diese Vision von der Völkerwallfahrt zum Zion hat besondere Parallelen zu Motiven im dritten Teil des Jesajabuches, bes. Jes 60-62. 127 Jes 2,1 ff. ist nun aber ganz ähnlich wie die Kompositionseinheiten in Jes 40-55 nach Melugin und Matheus mit einem an einen imperativischen Hymnus erinnernden Zwischensatz angeschlossen (Jes 2,5):
:;";" 'iN~ ;'~7n ':l7 :l'v~~ 11'~ Haus Jakobs, geht! Und laßt uns gehen im Licht Jhwhs!
Dieser Vers hat keinerlei Entsprechung zum Michabuch und stellt die kompositionelle Überleitung zwischen J es 2,1 ff. und dem folgenden Abschnitt über
Siehe oben II.2.2.2. ACKROYD, VT.S 29,16-48; ders., FS Ploeg 3-21. 124 So der Untertitel von Ackroyds Arbeit zu Jes 1-12 (in: VT. S. 29). 125 FOHRER, Jesaja 1, 148-166. 126 Für ACKROYD, ZAW75, 320f., ist die Überschrift Jes 2,1 das Textsignal, das die auch in Micha überlieferte Vision für Jesaja reklamiert. KAISER, Jesaja 1-125 63 Anm. 14, bietet einen Forschungsüberblick zur Frage der Autorenschaft von Jes 2,1 ff., nach dem sich Befürworter und Gegner der Autorenschaft Jesajas von Jes 2,lff. in etwa die Waage halten. Kaiser selbst (ebd.) plädiert - wie für den Rest von Jes 1-12 - für eine nachexilische Verfasserschaft von Jes 2,1ff. im Kontext der korachitischen Theologie, die er in Anlehnung an GESE (Kultsänger) etwa um die Wende vom 5. zum 4. Jahrhundert datiert. Zur Kritik Geses s. S. 184f. Anm. 71, S. 211f., aber auch S. 237. 127 Vgl. die Wallfahrtspsalmkompositionen, die in 11.1. beschrieben sind. Zu Jes 60-62 als Kern von Jes 56-66 mit besonderer Beziehung zu Jes 40-55 vgl. bes. ACKROYD, Israel 237ff. 122 123
Lobsingt Jhwh, denn Herrliches hat er getan, kund sei dies auf der ganzen Welt. Juble und jauchze, Bewohnerin Zions, denn groß in deiner Mitte ist der Heilige Israels.
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Hier findet sich nicht nur die für den imperativischen Hymnus typische Aufforderung, sondern auch die Spannung von ganzer Welt und Zion die an dieser Stelle allerdings nicht explizit mit der Aufforderung zur Wallf~hrt zusammengeführt wird. Die Gesamtkomposition von Jes 1-12 ist also mit Ackroy(t als Einheit von zwei Kompositionsbögen jeweils mit Hymnenschluß zu verstehen. Elemente dieses Schlusses sind die (endzeitliehe) Wallfahrt Jes 2,1ff. un.d der nac~kult~sche Dank Jes 12,1ff. l3l Die Motive der Komposition des JesaJabuches m semen ersten Kapiteln entsprechen dem Kern von Jes 56-66. So findet sich in dieser Kapitelgruppe mit Jes 60-62 ein Zentrum der Komposition von Jes 56-66,132 das Motive der Wallfahrt umspielt. Ein beachtlicher Parallelfall, in dem Wallfahrt und Danklied Elemente der Komposition darstellen, die nicht einer realen Wallfahrt entnommen sind findet sich zudem in Jes 40,1 ~f. als. Eröffnungsmotiv der Deuterojesaja genann;en Kapitelgruppe, aber auch m weIteren Kapiteln. 133 Zeitlich ist die Komposition des Jesajabuches wie die des Pentateuch dem persischen Zeitalter zuzurechnen. Die positive Würdigung von Kyrus als dem 128 Vgl. die unterschiedliche Ansetzung von v.5 zu v. 1-4 (WILDBERGER, Jesaja 75ff.; KArSER, Buch 5 60ff.) und v. 6ff. (DUHM, Buch 5 39). 129 Vgl. hierzu bereits CRÜSEMANN, Studien 227 f. 130 So unlängst wieder JACOB, Esäie 170f. 5 131 Vgl. zu Jes 12,lff. KArSER, Buch 63, der die Parallele zu den Korachiten-Psaimen he.r~~sarbeitet, diese Parallele aber lediglich zeitgeschichtlich unter Aufnahme der bereits kntlSIerten These von Gese zur Entwicklung der Sängergruppen (zur Kritik s. o. S. 211 f.) nutzt. Vgl. auch WILDBERGER, Jesaja479f. (zuJes 12), KAISER, Buch 5 63 (zuJes 2,lff.) und 256 (zu Jes 12,lff.). Auch ~enn Je~ 2,1ff. überwiegend unter dem Gesichtspunkt der ursprünglichen Zuordnung ~u Micha (~I 4). oder Jes~ja diskutiert wird (vgl. den Forschungsüberblick WILDBERGER, Jesaja 78ff.), hegt dI~ Aktu~htät von Jes 2,1ff. als Schlußabschnitt von Jesaja 1 als ~usammenfassung der ProphetIe Jesajas (FOHRER, Jesaja 1) in der Zeit des entstehenden Jesajabuches. 132 So bereits mehrfach STECK, zuletzt Steck, Studien; ACKROYD, Israel 237ff. Auch SEKINE, Sammlung 182, hält bis auf wenige Verse Jes 60-62 für die Grundschicht A" 133 . ' " Vgl. z. B. das Jes 45,1 folgende KapItel Jes 45, das die Heimkehr Israels im Zuge einer Völkerbekehrung und -wallfahrt schildert.
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TeilIII: Die Entstehung des Psalters
Messias paßt dabei gut zu der Vorstellung, die Perser hätten kanonische Bücher billigen müssen. Die vermutete antimessianische Tendenz des Pentateuch 134 wird in diesem Verständnis durch die Titulierung des Perserkönigs als Messias Jes 45,1 weit übertroffen. Doch paßt diese Konzeption einer persischen Billigung und Durchsetzung wohl auf den Pentateuch und Jes 40-55, nicht aber auf das Jesajabuch in seiner Komposition, wie wir sie anhand der Hymnen in Jes 1-12 herausarbeiteten. Die Völkerwallfahrt Jes 2,1-5 ist ein Schlag ins Gesicht jeder Fremdherrschaft. 135 Während in der persischen Verwaltung Abgaben an die persische Zentralgewalt zu leisten waren 136 und die lokalen Gesetze durch die Zentralgewalt gebilligt werden mußten, heißt es beim Bericht von der Völkerwallfahrt, daß die Völker nach Jerusalem ziehen und von dort Recht ausgeht (Jes 2,3). Dieses ist als Aussage im Pentateuch nicht präsent und durch die Verortung der Gesetzgebung am Sinai bzw. Horeb wahrscheinlich bewußt vermieden. 137 In derGesamtkomposition des Jesajabuches stehen also extrem perserfreundliche Elemente neben völlig autonomen und damit perserfeindlichen Tendenzen. Für die Entstehung des Jesajabuches in seiner vorliegenden Form und damit eines gewichtigen Teils des Kanonteils der C'~':Jl kann also persisches Interesse oder auch nur Billigung eines solchen Unternehmens nicht geltend gemacht werden. 138 Die Interessenlage der Gesamtkomposition ist innerjüdisch zu suchen, auch wenn ein Teil des Buches, insbesondere ein Teil des vermutlichen Kernes 139, sehr perserfreundliche Tendenzen hat. Wegen der motivisch und formgeschichtlich ähnlichen Komposition des Jesajabuches und des Psalters liegt es nahe, auch das Interesse an der Komposition des Psalters innerjüdisch zu suchen. Auf dem Hintergrund der Perserzeit ist im folgenden der Ausbau des elohistischen Psalters an Textbeispielen zu skizzieren.
CRÜSEMANN, in: Sicht 205-232, hier 215ff. CRÜSEMANN, in: Sicht 219. Vgl. beispielsweise auch die Fremdvölkersprüche Jes 13-23, außerdem z. B. Sach 8,20ff. 136 Vgl. hierzu die neue, vorbildliche Einzelstudie von H. KOCH, Verwaltung, dort insbesondere die anschaulichen Kartenskizzen z. B. S. 295, die die Fixierung des Abgabensystems auf die jeweils übergeordnete Provinz- bzw. Hauptstadt veranschaulicht. 137 Vgl. dazu CRÜSEMANN, Tora 73ff. u. ö. 138 Auch für die Tora gibt es erhebliche Bedenken gegen eine direkte Identifikation des persischen Interesses und der Komposition der Tora, wie sie BLUM, Studien 339ff., nach der Benennung der innerjüdischen Interessen (aaO. 333ff.) nahelegt. Vgl. dazu CRDsEMANN, EvTh 49, 250-267, sowie ders., 1992. 139 Zu J es 40- 55 als Kern der Komposition des Jesajabuches vgl. insbesondere RENDTORFF, Komposition 141-161. Dieses Verständnis von Jes 40-55 als ~ern d~s v?rli.egenden Jesaj~ buches schließt eine Auffassung dieser Sammlung als Fortschreibung JesaJamscher Prophetie nicht aus (dazu ALBERTZ, FS Rendtorff241-256). 134 135
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
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2.2 Textbeschreibung 2.2.1 Die zweite Sammlung von Korachpsalmen als Übergang
D~ ~ie zweite Korachpsalmgruppe auf die erste und damit auf einen Teil des elohistIschen Psalters rekurriert, 140 liegt ein Ausbau des elohistischen Psalt 11 . ers vor ~ ~m an seme~ Schluß nahe. Der Anbau erfolgt wie der Übergang von der elohIstI~che~ Davidpsalmsammlung zu den Asaphpsalmen mit einem einleitend~n WeI~heItspsalm an der Nahtstelle zwischen beiden Psalmengruppen, Ps 84. DIe zweIte Korachpsalmgruppe bildet wahrscheinlich die erste Ergänzung zum el?histischen ~salter. 141 ?a ",:ir .?en elohistischen Psalter von seinem Schlußge":Icht her als eme Kla~ehturgIe uber den zerstörten Tempel beschrieben, erhält dIe Verortung der zweIten Korachpsalmsammlung im Tempel bzw. in unmittelbarer Er:w~rtung seines Wie~eraufbaus ~esonderes Gewicht. Wie der Anfang des elohistIschen Psalters begmnt Ps 84 mIt der Beschreibung der Sehnsucht des Beters nach dem Heiligtum, die, wie wir sahen, für Ps 84 und damit für die gesamten Psalmen der zweiten im Unterschied zu den Psalmen der ersten Krn;achpsalmgruppe die Existenz des Tempels oder seinen unmittelbar bevorstehenden Wiederaufbau voraussetzt. 142 Noch meh.r als d~.e Psalmen der zweiten Korachpsalmgruppe verdeutlicht Ps 89, der, WIe das Uberschriftensystem zeigt, an diese Gruppe angeschlossen is~, 143 die Ambivalenz der frühen persischen Zeit: Einerseits war der Tempel WIeder aufgebaut, und die Juden konnten sich in Israel ansiedeln. Damit waren aber keineswegs alle durch den Krieg und die Deportation der führenden Schichten entstandenen Probleme gelöst. So beklagt der Psalm, daß Gott Jerusalem zerstört hat (v. 41ff.). Das Problem, um das es jedoch in dem Psalm vor allem geht, ist die Dauerhaftigkeit der davidischen Dynastie (v. 4f. 22ff., vgl. auch die Frage v. 50). Dem entspricht, daß der Psalm kein Davidpsalm ist. Lediglich der in die zweite Sammlung von Korachpsalmen eingesetzte Ps 86 ist ein Davidpsalm. 144 Üblich erweise wird in der Literatur nicht nur die zweite Sammlung von Korachpsalmen als Ausbaustufe des elohistischen Psalters postuliert,145 son140
Dazu bereits oben 11.1.1.
141
~as ist auch die übliche Auffassung der Literatur (vgl. GESE, Entstehung, vorsichtiger,
aber mit mehreren literarkritischen Optionen GUNKErJBEGRlCH, Einleitung 448: "Dies Liederbuch der Korachiten ist, wie die Nachträge lJ1 84-88 zeigen, nur teilweise und aus unbekannten Gründen in den elohistischen Psalter übernommen worden. Oder soll man daran denken, daß der korachitische Psalter zur Zeit der Entstehung des elohistischen Psalters erst 1J142-49 allein umfaßt habe?"). 142 Siehe dazu oben 11.1.1. 143 ~s 89 ist wie Ps 88 .~ls ~~alm ein~s EZFachiters betitelt. Ps 88 hat diese Überschrift jedoch als ZWeite, wohl sekundare Uberschnft ~ der Angabe, daß es sich um einen Psalm der Söhne Korachs handelt. Diese Ergänzung der Uberschrift von Ps 88 sowie die Überschrift von Ps 89 weisen damit in eine spätere persische Zeit. 144 Siehe oben 11.1.1.3. 145 GUNKErJBEGRlCH, Einleitung 451; GESE, Entstehung 163; u. v. a.
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Teil III: Die Entstehung des Psalters
dem auch ein Teilpsalter , der die ersten drei Psalmbücher umfaßt hat. 146 In diesem Fall wäre Ps 89 als Abschluß des dritten Psalmbuches auch das Ende einer Großsammlung von Psalmgruppen gewesen. Ps 89 endet insgesamt im Ton der Klage. Thema ist hier die Klage über die Rücknahme der Davidverheißung durch Gott. Dies ist nun vor allem auch als Problem der nachexilischen Zeit zu begreifen: Zwar war der Tempel restauriert, aber das davidische Königshaus, das mit dem Tempel in vorexilischer Zeit auf das Engste verbunden war, bestand nicht mehr. 147 Der Schluß des dritten Psalm buches ist nicht als Abschluß eines ursprünglich selbständigen Buches aufzufassen, sondern als retardierendes Moment innerhalb eines größeren Duktus. Gleichzeitig markiert Ps 89 mit seinem Davidsorakel den Wendepunkt von der Dominanz der Klage im gesamten Psalter hin zum eher durch Hymnen geprägten Teil: 148 Di.e Erwartung eines Hymnus 149 wird aus der Asaphpsalmsammlung über dIe zweIte Korachpsalmsammlung auf den weiteren Text hin gesteigert. 2.2.2 Die lhwh-König-Psalmen als Zielpunkt
Auch die folgenden Psalmengruppen gehen im Gesamtduktus ihrer Komposition von der Existenz des Tempels aus. So steht in der weisheitlichen Anfangsgruppe des vierten Psalmbuches eine kurze Notiz, die das Vorhandensein des Tempels bzw. seine unmittelbar bevorstehende Wiedereinweihung voraussetzt (Ps 92,14f.): 150 Die gepflanzt sind im Hause lhwhs, werden in den Vorhöfen unseres Gottes blühen. Sogar im Alter werden sie noch gedeihen, fett und saftig werden sie sein.
;";" 11'::;:)~ C'7~11~ :~n'':1~~ U'::J"!$l1i'~IJ~ ;,~'tp~ l~:m~ ii37 :~';" C'mr:q C'~W7
Auch der andere Psalm, der die Jhwh-König-Psalmen umgibt, die Toreinzugsliturgie Ps 100, setzt die Existenz eines funktionierenden Tempels voraus. 151 Wir bemerkten bereits, daß die Asaphpsalmen zwar einen Hymnus ankündigen, ihn aber nicht innerhalb der Psalmengruppe selbst bieten. Desgleichen hat die zweite Korachpsalmsammlung keinen Hymnus. Die Erwartung des Umschwunges zum Lob wird damit bei einer Lektüre des Psalters von den AsaphGUNKEUBEGRICH, Einleitung 454; WESTERMANN, Sammlung, GESE, Entstehung 165. Zum Problem des ersten Psalmbuches siehe unten H.2.2.4. 147 Das Verständnis von Ps 89 aus der nachexilischen Zeit scheint plausibler zu sein als beispielsweise die Ansetzung von Ps 89 in die exilische Zei~, di~ T?URNA~ (Voir 162) unlängst vorgeschlagen hat. Er bringt Ps 89 mit der Begnadigung JOJachllls III Verbllld~ng. 148 Vgl. dazu auch die Beobachtungen von SHEPPARD, Future 75ff., zur Mlttelstellung von Ps 89 und besonders Ps 90. Dazu unten IH.3.3.4. 149 Vgl. Ps 84,3; 86,12; 89,17. 150 V gl. dazu auch Ps 93,5. .. 151 Zur Verknüpfung von Ps 100 auch mit dem nachfolgenden Komposlt1onsbogen s. o. II.3.4. 146
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
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psalmen über die zweite Korachpsalmsammlung zur folgenden Psalmengruppe hin weitergeleitet. Hier findet sich dann gleich ein großer Cluster von Hymnen, die Jhwh-König-Psalmen. Die Erwartung des Eingreifens Gottes als Richter findet ihre formgeschichtliche Auflösung in der Prädikation Gottes als König. Besonders deutlich ist dieser Bezug bei Ps 96. Hier wird die einleitende Aufforderung zum Lob Gottes mit seiner Prädikation als höchstem Gott begründet (Ps 96,4):
:C';:!'!$-'f-':V K~;' K,Ü i~~ '?t1~~ ;";,, 'ii~ ':;1 Denn groß ist lhwh und sehr gepriesen, furchtbar ist er über alle Götter. Das Motiv der Erhabenheit Gottes über die Götter findet sich in diesen Psalmen wie im Jesajabuch häufiger. 152 Es folgt in Ps 96 wie im Jesajabuch eine Aufforderung der Völker zur Wallfahrt. 153 Erbittet der Schluß der Asaphpsalmen (Ps 83) das Eingreifen Gottes bei den Fremdvölkern, so preist Ps 96 sein Eingreifen als Richter (Ps 96,10): Sagt unter den Heiden: Gott ist König. ,la, die Erde steht fest, sie wankt nicht. Er wird die Völker richten in Gerechtigkeit.
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Von der Verbform her ist an ein künftiges Eingreifen Gottes als Richter zu denken, die Ursache der Klage über die fremden Völker wird also noch nicht beseitigt sein. Ähnlich wie Ps 96 preisen auch insbesondere Ps 97 -99 Gott als gerechten König. So schließen Ps 96 und 98 mit dem gleichen Vers (Ps 96,13, leicht variiert in Ps 98,9): (Man jubele) vor lhwh, denn er kommt. Ja, er kommt l54, um die Erde zu richten. Er wird den Erdkreis richten in Gerechtigkeit und die Völker mit seiner Treue.
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Das Thema der Verehrung Gottes als König (vgl. Ps 96,10; 98,6) mündet hier direkt in die Ankündigung seines Gerichtes. So können auch die Aussagen über Gott als Richter unmittelbar in die Königsprädikationen eingebaut werden: Jhwh ist König, die Erde jubelt, n~o '~J;117~ die vielen Inseln freuen sich. C':;1':1 C"~~ m~~' Wolke und Dunkelheit sind um ihn, "~':;Jt;l '~'V,l r Gerechtigkeit und Recht die Basis seines Thrones. :iKt;l:;l li:l~ ö~~~~ n~ (Ps 97,1f)
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152 Ps 97,9. Vgl. im Jesajabuch z.B. die Götzenpolemikstellen Jes 40,19ff.; 41,6f.; 44,6ff.; 46,1 ff. 153 Jes 2,1ff.; 60,3. 154 Die Doppelung von K.'~ ("Ja [bzw.: denn], er kommt") ist in Ps 98,9 entfallen.
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
Teil III: Die Entstehung des Psalters
202
J::JI$ ö~t.p~ '7.~ T31'
C'':1W'~ J;1~lb ;'J;1~
:z:1'W~ ;,~~ Jp~~~ ;'i?n~ ö~t.p~
Aber eine Macht ist König, der das Recht liebt, du hast die Rechtsordnung begründet, Recht und Gerechtigkeit hast du in Jakob gemacht. (Ps 99,4)
Die bei den kompositorischen Motive des elohistischen Psalters werden also in der Erweiterung dieses Kerns verbunden. Außerdem erscheint in Ps 96,1 und 98,1 das Stichwort lV10 "!Q ("neues Lied"), das wir bereits aus der Tempeleinweihungsszene Esra 3 erschlossen. Allerdings zeigt es innerhalb der Psalmengruppe auch an, daß mit Ps 96f. und 98f. gegenüber den vorhergehenden Jhwh-König-Psalmen eine Wiederholung erfolgt. Außerdem kommt es auch in Ps33,3 und 149,1 vor. Es wurde damit auch in der Schlußphase der Komposition des Psalters verwendet. In Ps 97 sind wie in der Asaphpsalmgruppe das Motiv Gottes als höchstem Gott und die Erwartung seines Eingreifens auf der Erde unmittelbar verknüpft. 155 Wie in der Asaphpsalmgruppe, aber auch in anderen Klageliedern des Volkes, finden sich Aussagen, daß Gott Israel in der Vergangenheit geholfen hat. 156 Der Bericht der Wendung der augenblicklichen Not fehlt aber, da in der konkreten Bericht-Form hymnentypisch nur Ereignisse der Vergangenheit erzählt werden. 157 Der Hymnencluster der Jhwh-König-Psalmen hat also einige Ähnlichkeit besonders mit den Asaphpsalmen. Explizit wird die Klage der Asaphpsalmen um das Erscheinen Gottes als Richter durch die Themenklage vor dem Hymnencluster, Ps 94, aufgegriffen (v. lf.): :~'!;li;, !1i~i?.f ,~ ;";" !1i~i?r'~ :C'lW'~ ,~~~ JW;:r r~)I$;:r ö!:1lV ~W~::r
Gott der Rache, Jhwh, Gott der Rache, erscheine! Erhebe dich, Richter der Erde, kehre die Tat auf die Hochmütigen zurück!
Da auch die Geschichtsmotivik Verbindungen zur Theologie der Asaphpsalmen hat,158 verwundert es nicht, daß in lehr 16,7 die Zusammenstellung aus Psalmen des vierten Psalmbuches (in Reihenfolge: Ps 105; 96 und 106) mit der Sängergilde der Asaphiten verbunden wird, hier allerdings in der chronistischen Erzählung in davidischer Zeit. Es legt sich daher nicht nahe, zwischen den Asaphpsalmen und den Jhwh-König-Psalmen einen weiteren Abschluß im Sinn der Literarkritik anzunehmen, vielmehr sind die Psalmen vom Anfang der zweiten Korachpsalmsammlung (Ps 84) bis hin zum Anfang des vierten Psalmbuches (Ps 90 ff.) als nahezu durchweg weisheitlieh geformte Psalmen im weiteren Sinn als Nahtstellen anzusehen. Mit den Jhwh-König-Psalmen im vierten 155
156 157 158
Ps 97,7ft. So besonders Ps 98 im '~-Teil. So bes. Ps 99,8. S. O. S. 95f. und l00f.
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Psalmbuch wird in der Ausbaustufe des elohistischen Psalters die in den Asaphpsalmen beobachtete Spannung auf einen Hymnus hin aufgelöst. Die Schluß stellung der Jhwh-König-Psalmen zur Klagekomposition der Asaphpsalmen entspricht dem hymnischen Abschluß der ersten Korachpsalmsammlung mit einem Jhwh-König-Psalm (Ps 47) und dessen Umfeld. 2.2.3 Das Problem des literarischen Abschlusses der Ausbaustufe des Psalters
Es ist nicht ganz deutlich, ob wir mit der Beschreibung der Komposition über Ps 97 hinaus nicht schon die Grenze des Faßbaren überschritten haben. Ps 97 wird beispielsweise von J. Jeremias erst in die hellenistische Zeit datiert. 159 Doch urteilt Jeremias sicher zu vorsichtig, wenn er nach einer ganzen Reihe von Beobachtungen zur Verknüpfung von Ps 97 mit Ps 96 und 98 feststellt: "Deutlich wird in Y.9 ... auf die Abschlußverse der Psalmen 96 und 98 angespielt, was für ihren Bekanntheitsgrad spricht." 160 ~ dieser Bereich des Psalters noch in den Textbereich gehört, der in Qumran bereits als textstabil vorausgesetzt wird, 161 ist Ps 97, wenn er tatsächlich so spät zu datieren sein sollte, ein Psalm, der bereits in seinen Kontext hineingedichtet worden ist: ein kompositorischer Psalm, der zentrale Themen wie Gottes Herrschaft und Monolatrie hymnisch neu formuliert. Es ist deutlich, daß zur Zeit der Entstehung von lehr 16 wegen des erhaltenen Schlusses von Ps 106 Ps 105f. und 96 als Buchzusammenhang vorgelegen haben müssen. 162 Gleichwohl erreichen wir auf dem Wege der kohärenten Textbeschreibung keineswegs das in lehr 16 bereits weiterverarbeitete Ende des vierten Psalmbuches in spätpersischer Zeit, da wir Ps 102 deutlich später ansetzen mußten. 163 Das bedeutet, daß wir die Wendung C7;377-':;I J;O ':;I "~':1~~-"~ ;,t;l1J ("J a gut ist er, denn in Ewigkeit währt seine Treue über Israel"), die zwar wörtlich in den Psalmen nicht erscheint, aber bis auf die Wendung '~':1~~-'~ ("über Israel ") in Ps 106; 107; 118 und 136 erscheint, nicht als kohärenten Textzusammenhang einfach aus dem Ausbau des elohistischen Psalters ableiten können. Deshalb ist ein einfacher Anbau der großen Wallfahrtsliturgien des Ägyptischen Halleis und der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. - letztere zudem mit einem zusätzlichen Vorbehalt hinsichtlich des Schlusses -, die gut in die persische Zeit passen würden, ausgeschlossen. Wir müssen hier neben dem
Königtum 136ff. Königtum 143f. 161 Vgl. die Übersicht WILSON, Editing 93ft. Ps 93 bildet hier nur scheinbar eine Ausnahme: dieser Psalm ist zwar in llQPs·(col. 22f.) in nicht kanonischer Reihenfolge überliefert, aber in 4QPs b (co1.5) wird die kanonische Reihenfolge bezeugt. Zum Schluß des Psalters ausführlich unten 111.3, dort auch eine Charakterisierung des Schlusses von llQPs a 159 JEREMlAS, 160 JEREMlAS,
(111.3.2.3) . 162 S. U. S. 215. 163 S. o. 11.2.3.1.
204
TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
Ausbau des elohistischen Psalters mit von diesem Kernpsalter unabhängigen Quellen rechnen. Solche Teilsammlungen legen sich besonders für die auch durch die mischnischen Quellen belegten Liturgien des Ägyptischen Halleis und der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. nahe. Für eine vom Psalter zuerst isolierte literarische Überlieferung speziell des Ägyptischen Halleis spricht weiterhin die Verwendung des überschriftsartig gebrauchten Hallelujah auch für dessen editorischen Vorbau durch Ps 111 f., aber nicht für den makroformgeschichtlich im Kontext des Psalters offensichtlich zwingenden Klage-Orakel-Teil der Davidpsalmen (bes. Ps 109 und 110).
nach kultischen Toreinzugsliturgien Ps 15 und 24 als Umgebung des Zentrums der Komposition in Ps 19 bilden. Da dieser Textzusammenhang gewiß nicht als Wallfahrtsliturgie anzusprechen ist, kann die Komposition wohl nur im Kontext eines literarischen Ersatzes für eine Wallfahrt angesprochen werden. Doch dies ist eher als Thema der Komposition anzusprechen. Eine literarische Beschreibung des Textprofils kann hier mangels Kriterien nicht über das hinaus gehen, was wir bereits bemerkten. 170 Als Denkansatz ist lediglich zu notieren, daß diese vermutliche Vorstufe des ersten Psalmbuches in persischer Zeit durch die Doppelüberlieferungen Ps 14/53 und 40/70 angedeutet wird, die in der elohistischen Sammlung von Davidpsalmen Rahmenfunktionen haben. Für eine solche Begrenzung der Vorstufe des ersten Psalmbuches spricht auch die mi drasch artige Konstruktion des ersten Kompositionsbogens (Ps 1-10), so daß an einen Anfang im Bereich von Ps 11-13 zu denken wäre. Mit unserer Analyse ist auf jeden Fall gegenüber dem bei Wilson erreichten Forschungsstand nachgewiesen, daß auch die überschriftslosen Psalmen in den ersten Psalmbüchern als Nahtstellen von Kompositionsbögen großkontextuelle Funktion haben. 171 II$altlich bietet das erste Psalmbuch mit seinen Klageclustern das Identifikationsfeld, mit dem der Einstieg in die Sprachbewegung des Psalters von der Klage zum Lob in einer Zeit gelingen kann, in der der Anlaß zur Klage vorrangig individuell und damit unterschiedlich ist.
2.2.4 Der Vorbau von Davidpsalmen Der Textbereich des ersten Psalmbuches ist teilweise erst in der Schlußphase der Komposition des Psalters als dessen Vorbau ausgestaltet. Dieses ist für Ps 1 und 2 Konsens der Forschung. Gleichwohl müssen wir den Grundbestand des ersten Psalmbuches, das bis auf wenige überschriftslose Psalmen nur aus Davidpsalmen besteht, deutlich früher ansetzen. Ziehen wir deswegen hier die Betrachtung des ersten Psalmbuches, das in der vorliegenden Form zur Spätphase des Psalters gehört, vor. Der Textbereich des ersten Psalmbuches (Ps 1-41) ist in Qumran nur bruchstückhaft überliefert. Der Bereich der ersten zwei Drittel des Psalters bildet bereits in Qumran einen festen Textzusammenhang, auch wenn diese Aussage wegen der in diesem Textbereich nur sehr kleinen Handschriftenfragmente einen Unsicherheitsfaktor hat. 164 Der erste Bruch des Kontinuum des masoretischen Textes ist die Auslassung von Ps 32 in 4QPs a (frag.c.d) und 4QPsQ (col.1).165 Diesen Psalm brachten wir bereits mit der Komposition des ersten Psalmbuches in Verbindung. 166 Außerdem wird Ps 38 in 4QPs a (frag. g) mit Ps 71 zusammengezogen. 167 Hier sind wohl aus Gründen der inhaltlichen und sprachlichen Übereinstimmung zwei Psalmen zusammengefügt worden. 168 Gegen diese beiden 169 Stellungsprobleme im Textbereich der ersten zwei Drittel haben die 30 Zeugnisse für auch kanonisch überlieferte Zusammenstellungen von Psalmen großes Gewicht. Wir müssen also davon ausgehen, daß auch der Textbereich des ersten Psalmbuches deutlich vor der Stabilisierungsphase des Textes des Psalters in der Zeit von Qumran bereits komponiert worden ist. Hinweise auf das hier beschriebene Themenfeld dürfte die Verwendung der V gl. die Zusammenstellung bei WILSON, Editing 93 ff. Siehe WILSON, Editing 96f. 107, und die Zusammenfassung aaO. 117 166 Siehe oben 11.3.2.4, dort besonders die Unsicherheit, ob der letzte Kompositionsbogen mit Ps 32 oder 33 anzusetzen war. 167 Siehe WILSON, Editing 97, und die Zusammenfassung aaO. 117. 168 WILSON, Editing 132, verweist auf Ps 38,23 und 71,12 ('J:1'!~7 :1lfm bzw. :1lf~n 'J:1"~7, jeweils: "eile zur Hilfe") und Ps38,12 und 71,13.24 ('l!i,?~ 'tP.i?~1? bzw. 'tP.i?~I?, "die meine Seele verfolgen" bzw. "die meinen Schaden verfolgen"). Beachtlich sind auch die Hinweise auf die gemeinsamen Elemente von Ps 38; 70 und 71, dazu bes. oben S. 123f. 169 ZuPs93s.0. 11.3.4. 164 165
'mn
205
2.3 Themen und historischer Ort der Komposition 2.3.1 Lob als Zielpunkt der Komposition Den elohistischen Psalter charakterisierten wir ähnlich wie die Asaphpsalmen als Klagekomposition. Demgegenüber ist der Grundton der Komposition des Psalters in persischer Zeit freudiger: die Klage über die Tempelzerstörung wird nicht aus dem Psalter entfernt, aber über die zweite Korachpsalmsammlung durch die Jhwh-König-Psalmen des vierten Psalmbuches in den Ton des Hymnus überführt. Auch die von uns als eigenständig postulierten Wallfahrtsliturgien haben diese positive Grundstimmung des Hymnen- oder gar Dankliedschlusses. War der Psalter in der Zeit des Abschlusses der elohistischen Davidpsalmsammlung durch den Begriff ni';JT;1 ("Klagegebete", so Ps 72,20) kennzeichenbar ,so ist ab der persischen Zeit der Oberbegriff der C'~::r1:1 ("Lobgesänge") gerechtfertigt, der bis heute die gängige Bezeichnung des Psalters im hebräischen Sprachraum darstellt. Diese Bezeichnung ist nur von dem Schlußgewicht der Hymnen her verständlich, das der Psalter seit persischer Zeit hat. Dieses Schlußgewicht der Hymnencluster nimmt in der vorliegenden TextS. 0.11.3.2. So in jedem Fall zu Ps 10, mit dem oben 11.3.2.4 geschilderten Vorbehalt auch zu Ps 33 (gegen WILSON, Editing 173ff.) Zu Ps 71 s.o. 11.3.1.3. 170
171
206
Teil III: Die Entstehung des Psalters
form, die gegenüber der persischen Zeit besonders am Schluß noch einmal erheblich gewachsen ist, das kleine Hallel ein. Vom Schlußgewicht der Hymnen her zeigt sich, daß die Vielfalt der Klage, wie sie insbesondere im ersten Psalmbuch zum Ausdruck kommt, auf den hymnischen Schluß der Komposition des Psalters in persischer Zeit hin ausgerichtet ist. Umgekehrt löst der Hymnus nicht wie das Danklied die Klage völlig auf: er bleibt hinsichtlich der Realitität des Eingreifens Gottes in der selbst erfahrenen Geschichte vieldeutig. Es spricht nun sehr viel dafür, daß diese Orientierung Israels auf das Gotteslob mit dem Tempelgottesdienst und vor allem mit den Wallfahrtsgottesdiensten verbunden war. Die persische Zeit ermöglicht die Wallfahrt nicht nur als Fiktion der Exilierten, sondern als Praxis, die gemäß den Festgesetzen des Pentateuch wie in vorexilischer Zeit jährlich mehrfach zu unternehmen war. 172 Vergegenwärtigen wir uns, was an den großen Festen Israels geschieht. Der Jude, der sich auf die Wallfahrt begibt, wird in ihrem Vollzug eine Identität vermittelt, die durch die Geschichte seines Volkes konstituiert wird. Der Anlaß der jährlichen Wallfahrtsfeste ist jeweils ein Ereignis im agrarischen Kalender, zu dem ein anderes Ereignis aus der Heilsgeschichte Israels gestellt wird. Dtn 26 illustriert dieses Geschehen recht anschaulich, dieser Text sei deswegen in Erinnerung gerufen (Dtn 26,1-5): Wenn du in das Land kommst, ... dann nimm vom Ersten jeder Frucht des Bodens, die du einbringst aus deinem Land, ... lege sie in einen Korb und gehe zu dem Ort, den Jhwh ... erwählen wird ... , und komme vor den Priester . .. und sage zu ihm: ,Ich erzähle heute Jhwh, deinem Gott, daß ich an den Ort gekommen bin, den Jhwh unseren Vätern geschworen hat, uns zu geben. ' Dann soll der Priester den Korb aus deiner Hand nehmen und vor dem Altar Jhwhs, deines Gottes, hinlegen. Und du sollst antworten und vor Jhwh, deinem Gott, sprechen: ,Ein umherziehender Aramäer war mein Vater. Er zog nach Ägypten herab und wohnte dort als Fremdling . .. '. DieserText, der für G. von Rad die Keimzelle der israelititschen Geschichtstheologie in frühester Zeit war, wird heute als deuteronomistischer Text angesehen. 173 Das Heute der Tora-Predigt des Deuteronomiums ist auf dem Hintergrund dieses Textes als Integration des Wallfahrers in die Geschichte seines Volkes zu verstehen. Die Wallfahrt mündet in ein Bekenntnis zur Geschichte 172 Das trifft bereits für das vorexilische Bundesbuch Ex 23,17 zu und wird - im literarischen Verlauf der Texte gesehen - von dem schwierig zu datierenden Tex~ Ex 34 (hier Ex 3~,23) wiederholt (zur Interpretationsdifferenz zwischen Ex 34 als recht frühem Text ~der spatem Nachtrag bis in jüngste Zeit vgl. die unterschiedlichen Ansätze von BLUM, StudIen, CRÜSEMANN EvTh 49). Auch das Deuteronomium (Dtn 16,11.15) läßt darin, daß Schabuot und Sukk~t als Wallfahrtsfeste zu feiern sind, nicht an Deutlichkeit zu wünschen übrig. 173 So in der seit ROST, Credo 11-25, geläufigen Kritik an VON RAD, Problem, u.ö.
2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
207
seines Volkes. Besonders deutlich wird dies innerhalb der Komposition von Psalmen in der Erweiterung der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff., deren Schluß allerdings wohl aus nachpersischer Zeit stammt: 174 nachdem der Beter im Tempel angekommen ist (Ps 134), schließen sich zwei Geschichtspsalmen an (Ps 1.~5f.). Der Wallfahrer legt ein Bekenntnis zur Geschichte seines Volkes ab. Ahnlieh münden der Kompositionsbogen Ps 102ff. und das vierte Psalmbuch in zwei Geschichtspsalmen (Ps 105 f.). Wie paßt nun dies zur Charakterisierung der Psalmkompositionen als Dankliedsammlungen? Einerseits haben wir eine Verbindung in der historischen Dimension: der Dank, der Gott abgestattet wird, ist als Erinnerung an die Klage und Dank für vergangene Hilfe an den Vätern (und Müttern) Israels zu 175 Der Beter vollzieht diese Integration auch, indem er Gebete verstehen. spricht, die Ereignisse behandeln, die in seiner Vergangenheit liegen. Die Ambivalenz zwischen Klage und Dank, die wir insbesondere bei den auf einen .Hy~nu~ zielen.den Kompositionen ohne Danklied beobachteten, spiegelt dIe SItuatIOn ZWIschen dem Vertrauen auf das Eingreifen Gottes wider: Dieses Vertrauen wirkt das Nachsprechen vergangener Rettung beim Beter, und ~ies erleichtert die Hoffnung auf die Wendung der gegenwärtigen Not. Der Betet kennt Gott als Helfer in der Geschichte und kann deswegen schon jetzt auf seine eigene Rettung hoffen. Diese Doppelung des historischen und des präsentisch-futurischen Aspektes des Nachsprechens der Gebete der Vergangenheit drückt sich sprachlich in ~em Doppelsinn des Wortes ;'11;1'1 aus, das über seine Verwendung in der Uberschrift von Ps 100 ein wahrscheinlicher Zielpunkt der Komposition des Psalters in persischer Zeit ist: einerseits ist es auf das Erzählen der Wendung der eigenen Not bezogen, was durch die Bedeutung Dank zu fassen ist, 176 andererseits bedeutet es Bekenntnis zur vergangenen Geschichte. 177 Was die Bezogenheit auf Jerusalem vollbringt, ist zuerst und vor allem die Integration des Beters auch auf der Ebene der literarischen Textrezeption in den Jerusalemer Gottesdienst. Das, was der Gottesdienst mit dem Beter in Jerusalem vollzieht, die Integration in die religiöse Gemeinschaft und das Erlebnis der Wende von der Klage zum Lob, ist als Textfunktion der Psalmen auch unabhängig von der Wallfahrt zu verstehen. Kurz: Der Dank ist auch nachkultisch das Bekenntnis zu Gott als dem Retter. Diese Textfunktion auch auf der rein schriftlichen Ebene läßt sich aus der durchgehenden Verwendung weisheitlicher Formen an der langen Nahtstelle zwischen dem elohistischen Psalter und dem formgeschichtlich erwarteten Hymnenduster in den Jhwh-König-Psalmen erkennen. 174 Zu den diachronen Verhältnissen am Schluß der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. vgl. unten 111.3.2.2. 175 Das hat in jüngerer Zeit besonders BRAULIK, Freude 161-218, für die Spätphase des ersten Tempels betont. Vgl. auch ders., Leidensgedächnisfeier. 176 So betont CRÜSEMANN, Studien 279ff., gegen WESTERMANN, Lob 21ff. 177 So insbesondere die Septuaginta, und WESTERMANN, Lob 20ff.
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2.3.2 Der Lobpreis Gottes als König Wir beschrieben die Ausbaustufe des Psalters in persischer Zeit als eine an das Motivfeld der Wallfahrt angelehnte Komposition, die in die Jhwh-KönigPsalmen mündet. Nun fanden wir aber auch bereits Jhwh-König-Psalmen und Einzelverse im Hymnenteil der ersten Korachpsalmsammlung (Ps 47 und Umgebung) und in der ersten Motivklage der Asaphpsalmsammlung (Ps 74,12ff.). Der Höhepunkt der Ausbaustufe des Psalters in persischer Zeit führt also ein älteres Motivfeld weiter. Dazu paßt, daß auch formgeschichtlich die von den Asaphpsalmen her bestehende Erwartung wenigstens eines Hymnus erst durch die Jhwh-König-Psalmen eingelöst wird. Forschungsgeschichtlich sind die Jhwh-König-Psalmen oft mit der Herbstfestliturgie in Verbindung gebracht worden, die in Babyion als Proklamati~n des Königtums gestaltet ist. 178 Bereits in der Einzelpsalmauslegung wurden m neuerer Zeit die Beziehungen auf das Herbstfest bestritten. 179 Auch von der kontextuellen Deutung dieser Psalmen legt sich ein viel umfassenderer Bezug dieser Psalmen nahe: sie stehen zwischen dem einzigen Sabbatlied des Psalters (Ps 92) und dem einzigen von der Überschrift als Danklied bezeichneten Psalm (Ps 100). Mit dem Hinweis auf den zyklischen Festtag des Sabbats und dem besonderen Anlaß des Dankes ist der Lobpreis Gottes als König von der nachkultischen Verortung dieser Psalmen im Kontext des Psalters als ein Vorgang aufzufassen, der auf das gesamte religiöse Leben Israels zu beziehen ist. 180
2.3.3 Der Psalter als Mustergebetsbuch Die historische Erfahrung von Rettung, die Vertrauen zu Jhwh als Retter weckt und in dem Lobpreis Gottes als König gipfelt, hat zugleich ein normierendes Element. Dieses findet sich nun aber auch schon in den exilischen Volksklagen (Ps 44; 74 und 79f.), die mit der Geschichte als Grund der H~ff nung auf Rettung argumentieren. Bereits die Wallfahrt als solche stellt eme Eingliederung des frommen Juden in einen religiösen Zusamme~hang da~, der normative Züge hat. Aufgrund der nachkultischen Elemente m zahlreIchen Einzelpsalmen, besonders in den weisheitlichen Rahmenpartien der Psalmengruppen, ist nun eine direkte Normierung, wie sie die Wallfahrt am Bet~r vollzieht, als Textfunktion des Psalters ausgeschlossen. Wir müssen hier dIe Beobachtungen aufnehmen, daß die distanzierten Stellungnahmen zum Opfer
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2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
TeiIIIl: Die Entstehung des Psalters
178 So bes. MOWINCKEL, Thronbesteigungsfest, der betont, das Jhwh im Herbstfest imm~r neu König wird. Gegen die Vorstellung, daß Jhwh zwischen den Festen nic~t auch als Kömg angesehen werde, hat KRAUS, Königsherrschaft, und .~e.rs. (Komm. 47) Wl~erspru.~h ~nge meldet. Zur neueren Diskussion vgl bes. JEREMIAS, Komgtum (dort S. 7ff. em ausführlIcher Forschungsüberblick), und JANOWSKI, ZThK 86. . . 179 So vor allem JEREMlAS, Königtum, der diese Psalmen Jedoch allgemem den Jerusalemer ., . Festgottesdiensten zuordnet. 180 Zur Verbindung der Zuordnung Davids zur Klage und des Komgtums Gottes zum Hymnus in dieser persischen Zeit vgl. zusammenfassend unten III.3.3.3.
209
sich nicht nur auf die Nahstellen der Komposition des elohistischen Psalters beschränkten, sondern darüber hinaus bis in das erste und fünfte Psalmbuch gingen. 181 Einerseits nimmt also der Psalter offensichtlich die Normvorstellungen des Tempelgottesdienstes auf, andererseits vertritt er sie in einer Sphäre, die diesem Gottesdienst nicht selbst zugänglich ist. Der Hintergrund eines derartigen Vorganges dürfte nicht zuletzt in den bereits beschriebenen Schwierigkeiten liegen, die besonders Juden in der Diaspora mit einer auch nur jährlichen Wallfahrt hatten. Unsere Betrachtung des Textes sprach dagegen, die sicher als Wallfahrtsliturgien zu verortenden Texte bereits in persischer Zeit mit dem Psalter verknüpft zu denken. Der Psalter ist in persischer Zeit nicht einfach als Edition von Wallfahrtsliturgien zu denken. Vielmehr werden Themen der Wallfahrtsliturgie in einem nachkultischen Zusammenhang umspielt. Der Psalter ist also einerseits in persischer Zeit Ersatz für die Wallfahrt, doch andererseits wirkt er mit der Umspielung der Wallfahrtsthemen wie ein Propagandabuch der Wallfahrt. Er tritt an die Stelle des Gottesdienstes, 182 aber weckt auch die Sehnsucht nach ihm. 183 Bereits den elohistischen Psalter kennzeichneten wir durch seine Orientierung auf den Zion. Daß die Orientierung auf Jerusalem als normatives Element der Gebete zu verstehen ist, zeigt sich besonders in dem nachkanonischen normativen Gebet schlechthin, dem Achtzehn-Bitten-Gebet, in dem die Bitte um den Opferdienst in Jerusalem zum ältesten Kern dieses Gebetes gehört. 184 Von daher erschließt sich auch die Verwendung einer Jerusalem-Bitte bei so unterschiedlichen Anlässen in späterer Zeit wie Tischgebeten, Haftara-Gebeten und Hochzeitssegen. 185 Sie verdeutlicht, daß der Beter zu der Gruppe gehört, die wesentlich auf Jerusalem bezogen ist. Von der Kennzeichnung der Orientierung der Komposition auf Jerusalem erschließt sich auch die Verwendung von Davidpsalmen in der Zeit des zweiten Tempels neu: Sind die Davidpsalmen aus der Zeit des ersten Tempels noch - in welcher Form auch immer - als Psalmen eines Davididen verstehbar , so muß die Dichtung und Verwendung von Psalmen als Davidpsalmen in der Zeit des Zweiten Tempels eine andere Bedeutung haben. Es liegt nahe, David als Eroberer von Jerusalem und Begründer Jerusalems als Hauptstadt beider Teilreiche und des zentralen Tempels zu verstehen. Der Aufstieg Davids zur zentralen religiösen Persönlichkeit in der Zeit des Zweiten Tempels, wie er etwa durch den Vergleich der deuteronomistischen und chronistischen Davidüberlieferung zu gewinnen ist, ist eine Funktion der Orientierung auf Jerusalem S. o. III.2.2.3 und 4. Vgl. die opferkritischen Passagen, die aus dem elohistischen Psalter übernommen werden (dazu oben I1I.1.2.2 und 1.2.3). 183 Vgl. das Eingangsmotiv der korachitischen Psalmengruppen (dazu oben II.1.1.1). 184 Siehe dazu oben II.3.5.1. 185 Vgl. das umfängliche Material aus Mischna, Talmudim, den Siddurim von R.Arnram und Saadja Gaon, bei Maimonides und den heutigen Gebetsbüchern, das HEINEMANN, Prayer 70ff., gesammelt hat (dazu bereits oben 11.3.5.1). 181
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TeiIIIl: Die Entstehung des Psalters
als religiöses Zentrum. 186 Insofern stellt beispielsweise die ~infügun~ des Davidpsalms Psalm 86 in die zweite Korachpsal~sammlung em kanom~ches Zeichen dar. Für die Funktion Davids als KanonssIgnal, das dem KanonssIgnal Jerusalem zuzuordnen ist, spricht auch die Verknüpfung des Themas .vom irdischen König und Zion in der Überschrift des Ps~lt~rs, in. Psal:n 2, SOWIe an weiteren Nahtstellen der Komposition. 187 Auffälhg 1St welterhm, daß außer dem Block von Davidpsalmen mitten im elohistischen Psalter die Sa~~lung~n von Davidpsalmen im ersten Psalmbuch und in der letzten KomposltlOnsemheit des Psalters erscheinen. Die normative Funktion des Psalters wird nicht nur durch die positive Orientierung des Beters ersichtlich, sondern auch d~rc~ die ~bg~enz.ung gegen andere Möglichkeiten des Gottesdienstes. Daß belsp1els,:"else dIe Hmwe?dung zu anderen Göttern eine mögliche Antwort auf dIe Knse des baby10msehen Exils darstellt haben wir bereits anhand der in Jer 44 bekämpften Rückwendung zur Him~elskönigin beschrieben. 188 Der Psalter hat demgegenü~er eine Theologie, wie sie Gen 14,18ff. narrativ mit der Tributzahlung ~elchlsedeks an Abraham ausdrückt: Er bindet "kanaanäische" Elemente m den JhwhGlauben ein, aber ordnet sie dem jüdischen, streng auf den einen G~tt bezo~~ nen Geschichtsdenken unter. Beispielsweise wird trotz des vermutlIch uganttsehen Versmaßes l89 und des "kanaanäischen" Hintergrundes Psalm 121 durch die Redaktion des Wallfahrtspsalters als einleitende Klimax auf dem Weg zum Zion verwendet. 190 Desgleichen ist die Variation des ägyptischen Schöpfungspsalms l91 in Psalm 104 Einleitung zu zwei toraorienti~rten Geschichtspsalmen, Ps 105f. die auch zahlreiche Berührungspunkte mIt dem Psalm vor Ps 104, Ps 103, haben. 192 So ist der Gewitterpsalm Psalm 29 mit seinem außerisraelitischen Hintergrund 193 dadurch eingebunden, daß er im Kontext des ersten 186 Auch das Jesajabuch zeichnet einen Davididen, Hiskia, als klagenden Psalmbeter (Jes 38). . h' d' . 187 Neben den Psalmbuchschlüssen Ps n und 89 als Königspsalmen 1st 1er an 1e rem literarisch geschaffenen Übergänge von Klage- zu Hymneng~ppen Ps 110 und 144 zu denken. Insofern als Ps 89 den Übergang zwischen den Klagekomposlt1on.~n vorher und dem Hymnencluster nachher bildet, ist auch Ps 89 als ein solcher literarischer Ubergang ansprechbar. 188 S.o. III.1.3.3. Vgl. auch ACKROYD, Exile 40ff. 189 Dazu oben S. 76 Anm. 51. 190 S.o. S. 76f. . D ZAW 103 191 Vgl. dazu auch die jüngste doppelte HintergrundsrefleXIOn v?n ION, , 43-71, sowie UEHLINGER, Bib.71 , 499-526, der einen phönizischen Hmtergrund von v.25f. annimmt. Aus der älteren Literatur sei die umsichtige Analyse von VON NORDHEIM, Hymnus 227-251, hervorgehoben, der - ausgehend von den oft ~eoba.c~teten ~~ral~elen von Ps 104 mit dem Echnatonhymnus - unägyptische und typisch IsraelItIsche Zuge m v. 1-19.3lff. herausarbeitet. . f d' VI ., 192 Vgl. die Erwähnung des Mose Ps 103,7, aber auch die Anspielungen au ~e erganglichkeitsklage Ps 103, 14 ff. , die an den Mosepsalm Ps 90 ~rinnert. KOCH: FS Aill1rtham, ha~ t d' Beziehung zwischen Ps 103-105 redaktlOnell zu erklaren (Ps 103,19-22, P 104 31 35 fü n Ps 103 abhängig versuch , le 104,la.33-35; 105,1.45), ähnlich SEYBOLD, ThZ 40, der s , r vo hält. S. 0.1.2.1 (S. 20 Anm. 4). . .. . . . d 193 MALAMAT, ZAW 100 Supp!. 156-160, hat unlängst eme Prazlslerung des Hintergrun es
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2. Der Ausbau des Psalters in persischer Zeit
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Psalmbuches als formgeschichtlicher Ersatz für das Orakel steht, das von der Klage über.?as Schweigen Gottes (Ps28,1) zum Danklied im Tempel (Ps30) überleitet. Ahnlich ist, wenn man einen ursprünglichen altorientalischen Hintergrund in Psalm 19 als Quelle vermuten will, dieser durch die Verbindung mit dem Toralob israelisiert. 194 Von dieser strengen Orientierung der Psalmkomposition an dem Prinzip der Monolatrie fällt auch ein neues Licht auf den Lobpreis Gottes als König, das Gott als Höchsten preist (Ps 97,9). Die Tendenz der Sammlung von Asaphpsalmen und damit des elohistischen Psalters wird in diesen Psalmen also aufgenommen und verstärkt. Die Kompromißtheologie des Psalters ist also nur insofern tolerant und offen, als die Prinzipien der Orientierung auf den Gott des Zions und der Tora, also das Prinzip der Monolatrie, gewahrt bleiben. Dieses war bereits im elohistischen Psalter als Zielpunkt der Gerichtssitzung Gottes über andere Götter anvisiert. Die Orientierung an der Tora und dem Zion geben den Maßstab vor, innerhalb dessen Psalmen Teil kanonischer Kompositionen sein können. Die Art der Einbindung außerisraelitischer Motive zeigt also, daß die Komposition des Psalters implizit nach Kriterien erfolgt, die in der Überschrift Ps 1 und 2 wohl erst nachträglich offengelegt sind. 195 Wenigstens implizit finden wir die Orientierung auf die Tora auch bereits deutlich in persischer Zeit. Neben dem schon erwähnten Ps 19 sprechen dafür die Umspielung der Tora mit dem Mosepsalm Ps 90 an der Nahtstelle zwischen Klage und Lob als Grundton der Psalmengruppen und die Beschränkung der Geschichte auf das in der Tora Erzählte im - für die persische Zeit allerdings historisch als Textkorpus fraglichen - vierten Psalmbuch (Ps 105f.). Doch bereits im elohistischen Psalter findet sich mit Ps 78 ein Psalm, der Geschichte als Unterweisung, als ;"i1'1 (v. 1), erzählt und dabei mit dem Lehreröffnungsruf deutliche Parallelen zu kanonischen RahmensteIlen aufweist. 196 Die gewichtigste der Vermittlung dieser Normelemente ist die nachkultische Einzugsliturgie (Ps 15; 24; 118, vgl. aber auch Ps5 und 101), die das Thema der Wallfahrt und der Tora verbindet. Das Leben in der Fremde wird in diesen Texten auf einen gedachten Einzug in Jerusalem ausgerichtet: So muß der sein, der würdig ist, von Ps 29 versucht. Einen jebusitischen Hymnus nimmt demgegenüber MACHOLZ, FS Westermann 325-333, an. Vgl. zum Ganzen auch SEYBOLD, ThZ36, 208-219. 194 Soz.B. DOHMEN, Bib. 64. Weitere Literatur s.o. S. 58f. Anm. 327. 195 Siehe dazu auch die umsichtige hermeneutische Reflexion der Wechselbeziehung von Überschrift und Inhalt bei MALER, FS Gunneweg 353-365. Jetzt auch MCCANN, Interp. 46. 196 V gl. den Anfang von Ps 78 als Mitte des Psalters (Ps 78,1 b): :'!r'j~l:t,?
C;ml$ ~tm '1:1?;l'1 '/;li :1~'T!$;:J
Hört, mein Volk, meine Tara, neigt eure Ohren zu den Worten meines Mundes. und den Anfang des Moseliedes (Dtn 32,1): :'~-'j7,l1:t
1'11$;;1 177JlfJ:l1 :1?i!j!$l C'~';j U'T~;j
Merkt auf, Himmel, ich will reden, und höre, Erde, die Worte meines Mundes. sowie den Anfang des Jesajabuches (Jes 1,2aa): Vernehmt, Himmel, und höre, Erde!
ewe"j'g""W'!'
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TeilIII: Die Entstehung des Psalters
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
nach Jerusalem zu kommen. 197 Die von H. Gese anvisierte Möglichkeit, den Bezug des Psalters auf das kanonische Buch der Tora ausschließlich der spätesten Entwicklungsstufe des Psalters zuzuweisen, scheidet daher eindeutig aus. Gleichwohl sind die markantesten Bezüge des Psalters auf die Tora - neben der Voranstellung von Ps 1 ist an die Ordnung des Psalters in fünf Bücher zu denken, die zumindest über Ps 41 und 90 mit der Toraorientierung des Psalters zusammenhängt,198 sowie die Positionierung von Ps 78 als Mitte des Psalters in der vorliegenden Form 199 - erst der spätesten, nachpersischen Phase der Komposition des Psalters zuzurechnen.
wohnt. Doch fanden wir bereits auch in der vorliegenden Form der Wallfahrtspsalmgruppen nachkultische Elemente. Analoges können wir für de Psal~er in persischer Zeit annehmen. Die Umgestaltung des elohistischen Psa~ ters m persischer Zeit zu einer nachkultischen Wallfahrtsliturgie finden wir' de: vermutlichen Ergänzung zum elohistischen Psalter, Ps 43, bereits angeleg~~ WIr beschreiben damit den Psalter sowohl als Propagandabuch zur Wallfahrt als auch als Ersatz für die Wallfahrt. Ausgehend von der oft geäußerten Thes der Psalter sei das Mustergebetsbuch der nachexilischen Gemeinde könn e, . d ' en WIr e~ Psalter als normierende Größe analog zu Ereignissen der Wallfahrt für das Pnva~g~bet verstehen. Diese normierenden Elemente machen zugleich wahrschemhch, daß der Psalter spätestens seit seinem Ausbau in persischer Zeit als kanonisches Buch angelegt war. 203 Mangels anderer eindeutiger diachroner Hinweise auf weitere Vorstufen des Psalters betrachten wir nun die Ebene der vorliegenden Texte, auf der vielleicht noch der eine oder andere diachrone und inhaltliche Trend kurz vor der Fixierung der Sammlung von Psalmen zu verfolgen ist.
2.4 Ergebnis: Der Psalter in persischer Zeit Wir haben in unserer Analyse auf die literarkritische Abgrenzung des Psalters in persischer Zeit verzichtet, da wir zwar Hinweise auf Psalmen haben, die in persischer Zeit gewiß noch nicht Teil des Psalters waren, aber sich eine solche Ausbaustufe nicht literarkritisch genau festlegen läßt. Von der Art und Weise des Ausbaus her legt sich aber ein Hymnen-Schluß im Bereich von Ps 96 bis 100 nahe. Den vermuteten Hymnenschluß, der sich auch durch die größere Varianz der Psalmen im Psalter etwa ab Ps 100 nahelegt, finden wir damit in den Jhwh-König-Psalmen, die eng an das bereits im elohistischen Psalter vorhandene Kompositionsmotiv von Gott als Richter und König anknüpfen. 200 Mit der Fortführung des elohistischen Psalters über die zweite Korachpsalmgruppe hinweg zu den Jhwh-König-Psalmen erfolgt die Komposition des Schlusses der Ausbaustufe des Psalters analog zur ersten Korachpsalmgruppe, bei der der Jhwh-König-Hymnus bereits in der Psalmgruppe selbst zu finden war (Ps 47). Den Psalter kennzeichnen in seiner Ausbaustufe in persischer Zeit folgende Tendenzen: die emotionale Tendenz der Umwandlung von Klage in Lob und die soziale Tendenz der Integration des Beters in das gemeinsame Gebet Israels. 201 Gegenüber den Kompositionstendenzen der Wallfahrtspsalmgruppen ist die lokale Tendenz der Wendung von der Fremde nach Jerusalem weniger deutlich. 202 Der letzteren Tendenz widerspricht sogar zumindest partiell die große universale Tendenz, die dem Lobpreis Gottes als König inne197 Vgl. dazu bes. WILLIS, in: Essays. 198 Zur Interpretation von Ps 90 als Mosepsalm am Wendepunkt des Psalters zwischen Klage und Lob vgl. bereits SHEPPARD, Future 75ff. Zu Ps 1 und 41 vgl. oben S. 125f. 199 Dazu oben S. 22. 200 So oben III.l.3.3. 201 Die hier vorgelegten Überlegungen treffen sich mit verschiedenen Ansätzen, wie sie im Themenheft Interpretation 46 vorgestellt sind. So arbeitet beispielsweise WILSON (aaO. 138f.) die soziale und emotionale Tendenz des Psalters heraus. 202 Vgl. dazu die optimistischere These von SMITH (Interp. 46), der mit ~inem direkte~en Bezug auf die Wallfahrt rechnet. Innerhalb des Themenheftes Interpretatwn 46 muß s1ch Smith jedoch mit dem Ansatz von MCCANN (aaO.) auseinandersetzen, der mit den Psalmen
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3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters 3.1 Der Ansatzpunkt: Verschiedene vorliegende Textgestalten Fanden wir im ersten Kapitel des dritten Hauptteils dieser Arbeit den Wiederaufbau des Tempels als terminus ante quem der Komposition einer Vorstufe des Psalters, so geht es nun um eine Bestimmung des terminus post quem der Komposition, die wir in die persische Zeit datierten. Während wir für die Spätphase des Exils bzw. die Frühphase der persischen Herrschaft eine literarkritisch ermittelbare Vorstufe des Psalters beschrieben, haben wir für den Ausbau des Psalters in persischer Zeit im wesentlichen nur die Rahmenbedingungen bereitgestellt und mit der vorhandenen Komposition verglichen ohne eine literarkritische Detailbeschreibung der Ausbaustufen zu wagen. Während E. Blum als Summe seiner Beschäftigung mit dem Pentateuch zu dem Ergebnis ~ommt, daß "die Existenz ,der Endgestalt' ein notwendiges Postulat der exegetIschen Vernunft" ist,204 steht es für eine solche Hypothese hinsichtlich des Psalt~rs zunächst ungünstiger, da im Psalter wesentlich mehr Abweichungen in der Uberlieferung auftreten. Die drei Hauptgruppen der Textüberlieferung, der masoretische Text, die Qumranüberlieferung und die Septuaginta, werden deswegen im folgenden verglichen. 205 Neben der sprachlichen Differenzierung als Lehre rechnet. Der hier vertretene Ansatz nimmt damit eine Mittelposition in dem Spektrum dieses Themenheftes ein. ~: Zum Psalter als Zentrum .des entstehenden dritten Kanonteils s. u. Ausblick, Kapitell. BWM, VT.S 43, 46-57, hier S. 57. 205 D!e weiteren. ii1:'ersetzungen können hier unberücksichtigt bleiben, da sie von der Septuagmta abhängtg smd (so z. B. HIEBERT, Psalter 1).
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Teil III: Die Entstehung des Psalters
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
durch die Verwendung der hebräischen Sprache und ihrer Übersetzungen haben wir auch lokale und soziale Unterschiede, die sich möglicherweise in der Textüberlieferung widerspiegeln: die Bibelüberlieferung von Qumran ist von der Verbreitung der Gruppe her zunächst auf den syrisch-palästinischen Raum beschränkt, gleichzeitig repräsentiert dieser Trägerkreis eine von den Kreisen am Jerusalemer Tempel abgesonderte Gruppe. 206 Relativ einfach sind die Textvariationen zwischen dem masoretischen Psalter und der ältesten griechischen Übersetzung, der Septuaginta, zu fassen: was die Reihenfolge der Psalmen anbetrifft, steht die Septuaginta auf der Seite der Textzeugen des masoretischen Textes. Außer Einzelvarianten im Bereich der Einzelpsalm- und Einzelversauslegung überliefert sie darüber hinaus zusätzliches Material mit weiteren Überschriften und einem weiteren Psalm am Schluß des Psalters, Ps 151. Da Ps 151 auch in Qumran in anderer Variation überliefert ist, werden wir diesen Textbereich speziell untersuchen müssen. 207 Leichter sind die gegenüber dem masoretischen Text zusätzlichen Überschriften der Septuaginta zu beurteilen: überschriftslose Psalmen oder Psalmen ohne Namensbestandteil in der Überschrift werden mit neuen Überschriften oder zusätzlichen Überschriftselementen ergänzt. Dabei erscheinen im Psalter auch Namen wie die von Haggai und Sacharja (Ps 146ff.) oder zusätzliche Situationsangaben wie die Angabe, Ps 143 sei in der Verfolgung Davids durch seinen Sohn oder Ps 144 im Kampf gegen Goliat zu verorten. Hier werden offensichtlich Tendenzen des masoretischen Psalters ausgeweitet. Gleichzeitig wird aber die für den masoretischen Psalter bis auf den Mosepsalm Ps 90 charakteristische Beschränkung auf David und sein Tempelpersonal durch die Hinzunahme weiterer biblischer Gestalten aufgehoben. 20s Erheblich komplizierter ist die Textüberlieferung in Qumran zu beurteilen. Der Psalter war in Qumran eine beliebte Schrift. Beispielsweise wird das Motto des Psalters, das Gesetzesstudium Tag und Nacht,209 in 1QS VI,6 Teil der Gemeinderegel. Ps 1 ist in den Psalmrollen von Qumran selbst nicht überliefert. Daß dies wohl ein überlieferungstechnisch bedingter Zufall ist, zeigt z. B. der Kommentar zu Ps lf. in 4Q Flor. Der Psalter als Buch wird hingegen in Qumran in einer vom masoretischen Text nicht nur in der Orthographie, sondern auch von der Reihenfolge her erheblich abweichenden Gestalt überliefert, so daß wir uns zur Bestimmung der Endphase der Entstehung des Psalters besonders mit den Textfunden bei Qumran auseinandersetzen müssen. Die dort gefundenen Psalmrollen aus der Zeit des 2. Jh. v. Chr. bis 70 n. Chr. weisen insbesondere im letzten Drittel des Psalters eine deutlich andere Gestalt als der masoretische Text und die bekannten Über-
setzungen des Psalters auf. Außerdem gibt es in Qumran apokryphe Psalmen, die nicht als solche kenntlich sind. 210 Von den Psalmen, die im masoretischen Text vor Ps 103 stehen, ist außer Ps 32, 38 und 71 nur noch Ps 93 in Qumran gegenüber dem masoretischen Zusammenhang im Psalter an anderer Stelle überliefert: er steht in llQPsa (co1.22f.) zwischen einem apokryphen Zionspsalm und Ps 141. 211 Da dieser a Schluß von llQPs jedoch den Charakter eines Nachtrages hat 212 und Ps 93 in 4Q~Sb(~01.5) .i~ der vom kanonischen Text her bekannten Reihenfolge steht, 1st dIe POSItIon von Ps 93 auch in Qumran bekannt. Angesichts der 30 teilweise me.hrfach belegten Anordnungen von Psalmen in der Reihenfolge des masoretIschen Textes im Textbereich bis Ps 103 kann innerhalb des ersten Drittels des Psalters von einer der Qumrangemeinde bereits bekannten und von ihr übernommenen Reihenfolge der Psalmen ausgegangen werden. Die Psalmen im letzten Drittel des masoretischen Psalters geben ein anderes Bild wieder: hier stehen 26 Abweichungen von der Reihenfolge des masoretischen Textes gegen nur 24 Bestätigungen dieser Reihenfolge. 213 In diesem Textbereich finden sich in den Qumranpsalmenhandschriften auch etliche nicht-kanonische Psalmen. Dieser hintere Textbereich scheint also zur Zeit der Qumrangemeinde wesentlich weniger abgeschlossen gewesen zu sein als die vorderen und mittleren Teile des Psalters. Nun muß die Tatsache, daß Psalmen außerhalb des Psalters nicht in der im masoretischen Psalter überlieferten Reihenfolge erscheinen, nicht dagegen sprechen, daß die Reihenfolge der Psalmen im Psalter bereits feststeht. So gibt es neben den Psalmen im Psalter bereits innerbiblisch eine Reihe von Psalmen, die auch außerhalb ihres im Psalter überlieferten literarischen Kontextes zu finden sind: neben Ps 18 in 2Sam 22 214 gilt dies für die Aufnahme von Psalmen des vierten Psalmbuches in 1Chr 16. Hier weicht die Zitation in 1Chr 16 von der Reihenfolge im Psalter ab. Gleichwohl gibt es zahlreiche Hinweise, daß lehr 16 gegenüber den Einzelpsalmen sekundär ist. 215 Deutlich ist vor allem anhand
206 Vgl. dazu auch die Überlegungen zur Formgeschichte des Dankliedclusters in Qumran (II.3.5.2). 207 S. u.III.3.2.1. 208 Dazu unten III.3.3.2. 209 Ps 1,2, vgl. Jos 1,8.
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210 Vgl. Ps 151 AlB, die auch im syrischen Psalter erhaltenen Psalmen II und III, Sir 51,13ff. u. a. in llQ Ps". Siehe bes. DJD 4, 53ff. Zur Rekonstruktion der fünf syrischen Psalmen durch NOTH (ZAW 48) vergleiche die wichtigen Nachbemerkungen von SANDERS, 'Z:AW 75,73-86, hier S. 73f., der herausarbeitet, daß man keineswegs von einer ursprünghch selbständigen Gruppe dieser Psalmen ausgehen kann. Leider sind die Textvarianten de~ Qumranschriften in den kritischen Apparat der BHS nicht eingearbeitet, obwohl zum ZeItpunkt der Edition der Psalmen in der BHS, 1967, das wichtigste Material zugänglich war. 211 WILSON, Editing, 113.117, und ders., CBQ 47, 524-542. 212 Zur Beschreibung und Charakteristik von 11QPs" siehe unten III.3.2.3. ~13 Vgl. die Übersicht bei WILSON, Editing 116f. Man sollte jedoch nicht wie Wilson den weItgehend konstanten und den stärker variablen Textbereich nach den Psalmbüchem abgrenzen, also mit dem 1. bis 3. Psalmbuch (Ps 1-89) und dem 4. und 5. Psalmbuch (Ps 90-150) identifizieren (so leider auch in seinen gewichtigen Nachträgen zu Wilson mit neuem Material aus 4Q FLINT, Psa1ms SeroIls 8). 214 Vgl. dazu bes. SCHMU'ITERMAYR, Psalm 18. 215 Beispielsweise 1Chr 16,28.35f. sind sekundär ergänzt, 1Chr 16,15.19.35 wirkt gegen-
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TeiIIIl: Die Entstehung des Psalters
des Segensspruches am Schluß von Ps 106, der zur Einteilung des Psalters in fünf Bücher mit einem variierenden Segensspruch und '~I$ als Buchtrenner innerhalb des Psalters gehört,216 daß diese Psalmen hier aus ihrem Kontext gerissen und in einen neuen Zusammenhang gestellt sind. Noch in mittelalterlichen Handschriften tauchen sekundäre Neukombinationen immer wieder auf: beispielsweise wird Ps 137 in einigen Handschriften inhaltlich durchaus passend als Abschluß der Threni verwendet. 217 Die Einzelüberlieferung von Psalmen ist also kein zwingendes Argument gegen die feste Textkohärenz im Psalter, sondern möglicherweise lediglich ein Zeichen einer weiteren Verwendung dieser Texte. Die Komposition der ersten zwei Drittel des Psalters ist bis auf wenige Nachträge mit einiger Sicherheit weit vor dem ersten Jahrhundert v. ehr. abgeschlossen. Wir werden in der folgenden Textbeschreibung deshalb im wesentlichen das letzte Drittel des Psalters, also die Psalmen etwa ab Ps 101, zu behandeln haben. 218 Wir gehen bei dem anstehenden Vergleich von den Textformen aus, die vom masoretischen Text abweichen, da wir die Form des masoretischen Textes nun bereits mehrfach durchgegangen sind.
3.2 Vergleichende Textbeschreibung 3.2.1 Ps 151 als erstes Fallbeispiel Gegenüber dem masoretischen Psalter fällt in der Septuaginta insbesondere die Zufügung eines weiteren Psalms auf, der auch in Qumran überliefert ist. Da hier ausnahmsweise das Zeugnis der Septuaginta mit dem aus Qumran übereinstimmt, nehmen wir Ps 151 als erstes Fallbeispie!. In Qumran ist Ps 151 wie der Schluß des masoretischen Textes mit einem ;,~"';, eingeleitet, das wie in der Septuaginta als Psalmüberschrift verstanden wird. 219 Ein weiterer Bedeutungsaspekt erschließt sich durch die syrische Übersetzung, die Hallelujah mit einem Begriff der Bedeutung "Danklied"220 wiedergibt. Dabei fällt nun auf, daß der über den entsprechenden Psalmversen geglättet. Daß aus dem. Abrahamsbun~ Ps 105,6 ~in Israelbund wird (lChr 16,13), scheint eine Weiterinterpretatton des Chromsten zu sem. ;m" (lChr 16,27) ist spätbiblische Sprache (;mn erscheint in der Hebräischen Bibel nur n~~h Neh 8,10). Diese Tendenz notiert beispielsweise auch BECKER, 1Chronik nff. 216 Dazu unten III.3.3.4. 217 KenMs 108 (nach Ps 137 folgt in dieser Handschrift noch Ps 79) und Ms 111. Daß diese Zusammenstellungen thematisch-liturgischen Sinn haben, wird durc~ di~ Zusammenstel.lung von Pentateuch, Haftaren und Megillot mit einigen Ergänzungen m diesen Handsehnften deutlich. 218 So der Streit zwischen SANDERS (z. B. in: Directions 113-130 und ders., in: Language 79-99) auf der einen Seite als Vertreter von 11QPs' als Bibelhandschrift und GOSHENGOITSTEIN (Seroll 22-33) und TALMON (z.B. Entstehung) sowie (LEHMANN, RdQ 11, 239-251) auf der anderen Seite als Vertr~t~r von 11QPs' ~ls liturgischer Sondersammlung. 219 Zum Hallelujah als Psalmüberschnft In der Septuagmta s. o. S.13f. 220 NOTH, ZAW 48,8; SANDERS, ZAW75, 77.
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
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Inhalt Ps 151A mit der Bezeichnung Hallelujah keineswegs gedeckt ist: Ps 151A ist kein Lob- oder Dankpsalm, sondern ein formgeschichtlich schwer einzuordnender Psalm, der das Königtum Davids anhand der Nacherzählung seiner Erwählung reflektiert. Er ist daher am ehesten durch Begriffe wie nachkultisch oder weisheitlich zu kennzeichnen. Wie kommt es aber zu der Überschrift Hallelujah? Wir sahen bereits, daß Hallel- bzw. Lobpsalmen im Psalter notwendiger Schlußpunkt einer Komposition sind, sofern sie nicht aus besonderen Gründen in der Klage abbricht. 221 Ps 151A steht in der Fassung von 11Q Ps a zwar nicht an letzter, aber an vorletzter Stelle der Sammlung, wobei er nur durch die Teilung von Ps 151 in zwei Teile von dieser letzten Stelle weggerückt ist. Die Überschrift, die Ps 151 in Qumran in zwei Psalmen, Ps 151A und 151B teilt, ist ausschließlich in 11Q Ps a überliefert. Auch die noch zu skizzierenden formgeschichtlichen Überlegungen zu 11 Q Ps a sprechen dafür, sie für eingefügt zu halten. 222 Nun verweist Ps 151B, dessen Inhalt wir wegen des Textverlustes am unteren Drittel der Rolle aus der Septuaginta und dem syrischen apokryphen Ps I ergänzen müssen, auf Davids Kampf gegen Goliat. Die Überschrift voi;l Ps 151B teilt also Ps 151 an einem Punkt, an dem der Inhalt von Ps 151 ein anderes Thema anschneidet: war vorher von der Erwählung Davids die Rede, geht es nun um seine erste Bewährung. Genau das reflektiert die eingefügte Überschrift von Ps 151B (11QPs a co!. 28): i~['i]' ;'1[']:Jl
n,nn
C~;"'K K~:JJ 1MlV~un~
Der Anfang des Heldentums Davids, nachdem er von einem Propheten Gottes gesalbt worden war. Die Überschrift von Ps 151B setzt also die Verbindung zu Ps 151A voraus. Als neues Element tritt in der Überschrift gegenüber der Fassung von Ps 151 als Gesamttext nur das Verständnis der Heldentat Davids als Anfang, ;"nn, hinzu. Dieser Anfang steht aber in 11Q Ps a am Schluß der Psalmrolle. Es wäre möglich, sich vorzustellen, daß der Schreiber von 11Q Ps a nach Ps 151B weitere Psalmen hätte anfügen wollen - es wäre noch wenigstens eine Seite freier Platz gewesen -, doch bleibt dieses Verständnis höchst ungewiß, da dann die Überschrift von Ps 151A als Nachahmung eines Hallel-Schlusses immer weiter vom Ende der Sammlung wegrücken würde. Versuchen wir also, den Text zu verstehen, so wie er ist. Kontextuell gesehen erfolgt hier ein Verweis zuerst auf den vorhergehenden Psalm, aber Ps 151A entfaltet zudem ein Geschehen, das der bibelkundige Leser bereits aus den Samuelbüchern kennt. Auch Ps 151B spielt auf ein Geschehen an, das aus den Samuelbüchern bekannt ist. Mit dem Begriff des Anfanges vollzieht nun die Überschrift ebenfalls einen Verweis auf 221 S. o. einen Teil der Sonderfälle der Komposition, wie sie unter dem Aspekt der Klage in II.2 zusammengestellt sind, bes. die Asaphpsalmen und die Threni. 222 S. u. III.3.2.3.
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TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
. . .IS t . 223 etwas, das aus den Samuelbüchern oder anderen PsaI men zu erganzen Das Ende ist auf einen neuen, anderen Anfang hin offen gestaltet. 224 Von daher erklärt sich auch die Ergänzung von Ps 151 durch weitere Psalmen, die der textüberliefernden Gemeinde entstammen, in einigen syrischen Handschriften. Diese Erweiterung ist lediglich die Einlösung des durch Ps 151 nach hinten hin offenen Schlusses des Psalters. Da auch die kleine Sammlung von Davidpsalmen Ps 138ff. wie die nur im syrischen Psal.~er über~ieferten zusätzlichen Psalmen eine Auswahl verschiedenster Motive, Uberschnftenelemente und Kleingattungen darstellt, legt sich eine abschließende summarische Funktion nicht nur für die zusätzlichen syrischen Psalmen, sondern auch für die letzte Sammlung von Davidpsalmen nahe. Auch etliche Septuagintahandschriften haben nach Ps 151 eine Reihe von Psalmen gesammelt, die außerhalb des Psalters in anderen kanonischen Schriften stehen. Daß diese Sammlung textgeschichtlich sehr jung ist, wird durch die Aufnahme des Lobgesanges Simeons und einer Passage aus den Apostoli.schen Konstitutionen de~t lich. Daß solche Erweiterungen möglich waren, zeIgt aber, daß Ps 151 auch In der von der griechischen Texttradition abhängigen Überlieferung als offener Schluß für weitere Psalmen verstanden wurde. Inhaltlich ist Ps 151 verschiedentlich als antihellenistische Tendenzschrift betrachtet worden. 225 Dafür sprechen eindeutig die gegenüber der griechischen Übersetzung und den davon abhängigen Übersetzungen in der hebräischen Fassung zusätzlichen Verse (Ps 151,3f. nach 11QPsa col. 28): 'lV~l::J '11'~N i'::J:> ;";'" ;'~'lVN' 'i'l' N" m37::Jl;" " 'i'37' N" C',;';' 'lV37~ I1N lN':ll;" "::Ji I1N C':ll37;' "37 'lV37~ I1N '~O' ,~, '::Ji' ,~, i'l' ,~ ':> ;'N' ,,:>;, 1'iN 1'TN;' N';" 37~lV N';' ,,:>;, ;"'N
Ich gab Jhwh Ehre und sagte bei mir: . Die Berge legen für ihn kein Zeugnis ab und die Hügel erzählen (es) mcht. Die Bäume lassen meine Worte emporsteigen und die Schafe meine Taten. Ja, wer wird berichten, wer wird reden und wer wird meine Taten erzählen?
223 Besonders ist hier an die Davidpsalmen aus der Zeit des noch nicht etablierten Königtums Davids (Ps 52ff.) zu denken. S. o. II.3.1.1. 224 Vgl. dazu auch den Schlußabschnitt III.3.2.3. 225 So insbesondere FABRY, FS Groß 45-67, vgl. auch CROSS, BASO~ 231, 69-~1, .und SMITH, ZAW 93,247-253, jeweils mit unberechtigten Texteingriffen, die. den sChW1enge~ Text erleichtern. Fabry wendet sich gegen SANDERS, DJD 4, 61 ~f., u. a., die den .Bezug au Orpheus in Ps 151 positiver sehen. Die Identifizierung von DavI~ un~ Orpheus Ist aus der nachbiblischen Synagogenkunst bekannt (vgt. die Synagogenmosaiken m Dura Europos und Gaza, abgebildet z.B. bei LEVINE (Hg.), Synagogue in Late Antiquity 209 (~bbildung 13.1) und 210 (Abbildung 13.2). Vgt. dazu die Interpretation von GUTMANN, m: Synagogue 210-232 (dort weitere Photos aus der Synagoge).
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
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Der Herr des All hat es gesehen, der Gott des All, er hat vernommen und er hat gehört.
Der Hintergrund der orphischen Motivik wird in der Qumran-Version von Ps 151 eng an das Zeugnis der Schöpfung für Gott gebunden, das bereits das Thema vieler Hymnen des Psalters, besonders des kleinen Halleis ist. Gegenüber den Hymnen des kleinen Halleis (z. B. Ps 148) stellt die hebräische Version von Ps 151 fest, daß die Schöpfung selbst Ihwh nicht lobt. Sie hören Davids Worte und sehen seine Taten. Dieses ist jedoch weniger wichtig, als daß Gott alles gesehen und gehört hat. 226 3.2.2 Der Schluß der Sammlung von Wallfahrtspsalmen als zweites Fallbeispiel
Die Sammlung von Wallfahrtspsalmen ist in Qumran nur in 11Q Ps a überliea fert. 11Q Ps datiert paläographisch in die l.Hälfte des 1. Ih. n. ehr. 227 Ps 121-132 sind als zusammenhängender Text erhalten. 228 Am Anfang des Textes befindet sich durch das Fehlen des unteren Drittels von 11Q Ps a eine etwa achtzeilige Lücke, in die Ps 120 von der Größe her passen würde. 229 Davor steht allerdings nicht wie in den übrigen Textüberlieferungen Ps 119, sondern zwei Psalmen des kleinen Halleis, Ps 146 und 148. 230 Auch das Ende der Sammlung von Wallfahrtspsalmen weicht vom kanonischen Text ab: nach Ps 132 folgt in 11Q Ps a col. vi Ps 119, der im kanonischen Text als Trenner zwischen den bei den Psalmgruppen des Ägyptischen Halleis und der Wallfahrtspsalmen steht. 231 Auch in seiner Stellung im Qumranpsalter wirkt Ps 119 deutlich als Abschluß einer Psalmgruppe. In der Psalmtrennung gibt es im Qumranpsalter gegenüber dem masoretischen Text keine Abweichung. Ps 133 und 134 stehen in 11Q Ps a an anderer Stelle. 232 Da Ps 132 als Königspsalm und mit seiner Überlänge deutlich von den übrigen Wallfahrtspsalmen absticht, legte er sich bereits fonngeschichtlich als Ankündigung des 226 Vgl. die Betonung der Personalpronomina in Oumran-Ps 151,4. Oumran-Ps 151 hat damit die Funktion der Rückwendung in die Klage, wie wir sie bereits bei etlichen Psalmengruppen des masoretischen Psalters fanden. 227 SANDERS, DJD 4, 9. Dgl. FABRY, FS Groß 55. 228 110 Ps' col II - VI. Vg!. WILSON, Editing 110f.. 116. 229 110 Ps' col.III - VI. Der erhaltene Teil der Seite bricht beim vorletzten Vers von Psalm 148 ab. Auch SANDERS, DJD 4, 23, und WILSON, Editing 116, nehmen an, Ps 120 habe in der Lücke gestanden. 230 110 Ps' co!. II. Die Themenwiederholung (s. o. S. 34) ist hier Prinzip der Psalmanordnung. 231 S. u. III.3.3.1. Vgl. auch die Länge von Ps 119, der in 110 Ps' acht Seiten (col. vi-xiv) einnimmt. 232 Ps 133 steht in llQ Ps· col. XXIII zwischen Ps 141 und 144. Die Verbindung von Ps 141 und 133 ist außerdem in 110 Psb frag. c,d und e belegt. Ps 134 steht in 110 Ps· coI.XXVIH. zwischen Ps 140 und 151A als vorletzter Psalm der Handschrift.
220
TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
Schlusses der Sammlung nahe. 233 Welchen inhaltlichen Unterschied stellt nun der Abschluß der Sammlung von Wallfahrtspsalmen mit Ps 132 dar? Innerhalb der Sammlung von Wallfahrtspsalmen in 11Q Ps a haben wir zwar die Ankündigung einer Wallfahrt zum Tempel in Ps 122,1, aber der Beter ist nicht - wie im kanonischen Psalter durch Ps 134,1 ff. angezeigt - im Tempel angelangt. Als Höhepunkt bleibt die Bekräftigung der Wallfahrtsabsicht in Ps 132,7. Ps 134 fällt im Qumranpsalter wie Ps 133, der die aaronidische Priesterschaft thematisiert, aus der Reihe der Wallfahrtspsalmen heraus. Die in der jetzigen Stellung von Ps 133 in 11QPs a (col 23) funktionslose Überschrift a m731~;' ,,'Ill ("Ein Wallfahrtspsalm") setzt in 11Q Ps jedoch ein deutliches Signal dafür, daß die Stellungsveränderung von Ps 133 in 11Q Ps a sekundär ist. 234 Die beiden Abweichungen der Qumranüberlieferung der Wallfahrtspsalmen treffen zwei zentrale Konfliktpunkte zwischen der JerusalemerTempelgemeinde und den Qumran-Essenern: nach Aussagen von Philo und Josephus wallfahren die Essener nicht nach Jerusalem. 235 Die Hoffnung der Qumrangemeinschaft richtet sich auf den erwarteten eschatologisch erneuerten Tempel. Beide Positionen spiegeln sich in der Anordnung der Sammlung von Wallfahrtspsalmen: während der Qumranpsalter die Ankunft im Tempel aus der Sammlung herausnimmt, also mit dem messianisch interpretierten Ps 132 in eine unbestimmte Zukunft verlegt, gelangt der Beter des kanonischen Psalters über den messianischen Ps 132 hinein in den Tempel. Nun können messianische Psalmen durchaus Schlußpunkte von Kompositionen sein, wie der Schluß der Psalmen Salomos belegt. 236 Allerdings gelangt der Beter dort über einen weisheitlichen Danklied-Schluß zu den messianischen Psalmen, die dort wie im masoretischen Psalter beispielsweise Ps 72 und 89 Überleitungsfunktion zwischen den entsprechenden Psalmengruppen haben. Die Komposition der Wallfahrtspsalmen in 11Q Ps a wirkt daher auch formgeschichtlich unvollständig und - diachron betrachtet - verkürzt: gegenüber der Ankündigung einer Dankkomposition
Ps 120,1 ist der Schluß abgetrennt, so daß ein Klagecluster entstanden ist dessen weisheitlicher Kern nun zudem nicht mehr im Zentrum steht. Ps 133 ha~ in Qumran nicht nur die gegenüber dem masoretischen Text veränderte Position, sondern auch einen anderen Text. So lautet der Schlußvers von Ps 133 im masoretischen Text (v. 3):
S.o. II.1.2. Bei Ps 134 ist die Überschrift wegen des Textverlustes im unteren Drittel der ~olle nicht erhalten. Es spricht aber nichts dagegen, daß in Ps 134 wie in Ps 133 in l1Q Ps· die Uberschrift erhalten blieb. 235 Philo, Quod omnis probus liber sit 75; Josephus, Ant. XVIII 1,5. Die Frage, ob die Teilnahme der Qumranleute am Jerusalemer Tempelgottesdienst möglich war, hängt wesentlich von der Frage ab, ob der andere Kalender in Qumran als für die Feste normativ erachtet wurde. So vertritt beispielsweise STEGEMANN, Entstehung, von der Betrachtung der Entstehung der Qumrangemeinde her die Auffassung, daß der Trennun.gsprozeß der Qumrangemeinde durchaus punktuell gewesen sei und daß deswegen Angehönge der Sekte am Jerusalemer Tempelkult hätten teilnehmen können. Dagegen stellt TALMO~, Kalender, ~nd ders., Entwicklung, von der vorliegenden Literatur aus dem gesamten Zeitraum der EXistenz der Gruppe her fest, daß der Kalender von Qumran eine Tei~nahme am Jerusalemer T~mpelgot tesdienst ausschloß. Denkbar ist damit auch ein fortschreitender Trennungsprozeß, mnerhalb dessen Josephus' Angabe, die Essener brächten keine Abgaben in den Tempel (AJ XYlII, 1,5) die späteste Phase widerspiegeln würde. 236 PsSal17und 18. S.o. II.2.3.2. 233 234
221
,i":;t ''J}:]-7~ i'J'W ,i~"tr7~:1 :07i31;'-i31 o"n ;':::l;:J;,-nK ;,,~, ;,~x ClV ,~ Wie der Tau des Hermon, der he~abgeht aU/die B~;ge Zions, T
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ja, dort hat Jhwh den Segen befohlen: ,,(euer) Leben sei ewig!"
Demgegenüber hat 11Q Ps a diesen Segensschluß variiert: 7K.,Ill' 731
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Wie der Tau des Hermon, der herabgeht auf den Berg Zion, ja, dort hat Jhwh den Segen bis zur Ewigkeit befohlen: "Friede über Israeli"
Der Qumrantext enthält gegenüber dem masoretischen Text mehrere Vari~nten rein orthographischer Art. Wenigstens eine der sprachlichen Varianten
erScheint jedoch als Glättung des masoretischen Textes: so wurde in 11Q Ps a der grammatisch wie inhaltlich ungewöhnliche Plural ,i·':;t ''J';1:] ("Berge Zions") beseitigt. Auch der Schluß des Psalms mit dem anderen Segen stellt gegenüber dem masoretischen Text eine Erleichterung dar, da der Segen in der Qumranversion innerhalb der Sammlung von Wallfahrtspsalmen auch im masoretischen Text textlich unbestritten bereits am Schluß von Ps 125 und 128 erscheint. 238 Doch auch im literarischen Umfeld paßt die Segensvariante in Qumran gut: an Ps 133 schließt sich sowohl in 11Q Ps a als auch in 11Q Psb Ps 144 an, der mit dem Lobpreis (1~"~) Gottes als Lehrer des Krieges beginnt. Von daher ist der Friede, wie ihn die Qumranrolle meint, am ehesten von der sogenannten Kriegsrolle 1QM her zu verstehen: es ist der endzeitliche Friede, der der großen Schlacht Gottes folgt. Demgegenüber hat die Version des masoretischen Schlusses von Ps 133 den von Gott erbetenen Segen im Sinne eines ewigen Lebens in individualisierter Form. 239 Es spricht insgesamt also viel dafür, die Fassung des Schlusses der Wallfahrtspsalmen in Qumran für eine tendenzielle Neubildung zu halten, die den vorgefundenen Zusammenhang im Sinne eines Klageschlusses entfernt. Gleichwohl ist zu beachten, daß diese Abtrennung an der Stelle erfolgt, wo es Anhaltspunkte für sehr junge Redaktionsarbeit gibt. Bereits 1879, also lange vor Entdeckung der Qumranfunde und der dadurch ausgelösten Diskussion um Der Gottesname ist in Qumran in der Regel in althebräischer Schrift geschrieben. Diese Segensformel verwendet Paulus mit einer beachtlichen Variante auch am Schluß des Galaterbriefes (GaI6,16) (vgl. die Kommentare). 239 Vgl. dazu den zweiten Segensspruch des Achtzehn-Bitten Gebetes, in dem Gott als "Vollender des Lebens" (c"n 7;'7;'/:) und "Erwecker der Toten" (c'n/:);, ;,'n/:) gepriesen wird. Zum Alter der Vorstellung von der Auferweckung der Toten siehe bes. Ez 37 und Dan 12,3. 237
238
222
TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
die Textstabilität in der Zeit von Qumran, hat H. Graetz die Sammlung von Wallfahrtspsalmen in die Zeit des politischen Machtgewinns der Pharisäer datiert. 240 Er argumentiert, daß Ps 134 einen nächtlichen liturgischen Abschluß einer Wallfahrt im Tempel voraussetzt. In der Nacht ist aber der Tempel selbst an hohen Feiertagen geschlossen. 241 Die Hymnen Ps 135 f. werden mit Ps 134 eingeleitet. Sie fallen aber vom Überschriftensystem her als eigentliche Tempelliturgie aus der Sammlung von Wallfahrtspsalmen heraus, die den Beter nur bis zu den Treppenstufen des Tempelvorhofes begleiten. Die einzige Liturgie, innerhalb derer der Beter im Tempelvorhof zur Nacht zu lokalisieren ist, ist nach Graetz die in mSuk 5 belegte Wasserschöpfliturgie innerhalb des Herbstfestes. Bemerkenswert ist auch der Hinweis von mSuk auf die Weisheitssprüche, die während der Feier zu sprechen waren: sie beginnen mit 'j~l5, also dem Wort, mit dem die Weisheitspsalmen in der Mitte der Komposition schließen (Ps 127,5) bzw. anfangen (Ps 128,1).242 DieseWasserschöpfliturgie ist zwischen Sadduzäern und Pharisäern umstritten, 243 so daß Graetz ihre Durchsetzung auf die Zeit der politischen Herrschaft der Pharisäer datieren kann, die er in die Zeit der Regentschaft Salome Alexandras (78-69 v. Chr.) datiert. Bestenfalls kann die Liturgie in der vorliegenden Form in die Zeit des entstehenden Pharisäismus ab der Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. datiert werden, doch spricht gegen ihre öffentliche In-Kraft-Setzung die Verfolgung der Pharisäer unter Alexander Jannai (103-76).244 Diese Datierung ist keineswegs zwingend, da die Pharisäer auch eine ältere Liturgie übernommen haben könnten, auch wenn sich dann die Frage stellt, weswegen sie von den Sadduzäern abgelehnt wird. Außerdem paßt diese Datierung der Sammlung von Graetz in die Vorgabe des terminus post quem, der durch den Ansatz des Grundstocks
dieser Sammlung in persischer Zeit gegeben ist, und des terminus ante quem, der wegen der Paläographie des Qumranpsalters llQPs a bei 50 n. Chr. liegt. Beide Sammlungen, die in Qumran überlieferte und die des masoretischen Textes, entsprechen der jeweiligen Tendenz der Gruppe. Überwiegend erscheint die masoretische Fassung älter als die in Qumran. Andererseits hat die Sammlung der Wallfahrtspsalmen in Qumran andere, möglicherweise ältere Züge wie die Hervorhebung von Ps 132 als Schluß. Wie wir schon in der Formgeschichte der Psalmengruppen sahen, sind Psalmengruppen aus Einzelpsalmen oder Clustern von Psalmen anhand formgeschichtlicher Grundrnuster kombinierbar. Ähnlich ist auch die Sammlung von Wallfahrtspsalmen im masoretischen Psalter mit und in Qumran ohne Hymnenschluß verwendbar. 245 Daß solche Variationen eines Teils der Sammlung in einer prinzipiell festen Textgruppe erfolgen können, sahen wir bereits am Beispiel der Veränderung des Klageteils im Achtzehn-Bitten-Gebet. 246 11QPsa bezeugt also beides: der Hauptteil der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. ist eindeutig vor der Zeit von Qumran ein zusammenhängender Textkomplex, der isoliert überliefert wird, und gleichzeitig ist der Schluß dieser Wallfahrtspsalmen bis in späteste Zeit variabel. Die Hymnensammlung, deren Anfang in Qumran durch Ps 119 vom vorhergehenden Wallfahrtspsalter abgetrennt ist, umfaßt in Qumran wohl neben Ps 135 f. auch die freie Nachformulierung von Ps 118 und 145 247 sowie syrPs II. Die sekundären Neuformulierungen von Psalm 118 und 145 sowie die Hineinnahme eines sonst nur apokryph überlieferten Psalms lassen auf ein junges Alter dieses Hymnenschlusses schließen, die im folgenden bei einer Gesamtbetrachtung von 11QPsa weiter zu überprüfen sein wird.
GRAETZ, MGWJ 28, 248. S. o. 1.2.3.4. So Josephus, bellum jud VI 293; Ap II 105.119; mTaan 4,1. Nach mTaan 1,1 konnten selbst unrein gewordene Priester nicht über Nacht das Heiligtum verlassen, bis in der Frühe die Tore wieder geöffnet wurden. Vg!. auch die Liturgie zum Abschluß der Tempeltore selbst am Abend des Versöhnungstages als 4.Segnung dieses Tages GBer 4,1,7c). Mischnisch ist auch für die Pessach-Nacht keine Liturgie im Tempel belegt, vg!. aber Dtn 16,7, wo es aber nicht heißt, daß das Essen des Pessach-Mahles im Tempel selbst stattfinden solle. Letzteres ist allerdings auch aus Platzgründen sicher auszuschließen. Da es im Kontext des Deuteronomiums immer um das religiöse Schlachten im Tempel geht (Dtn 12), wird in Dtn 16,7 wohl auch nur das Schlachten der Pessachlämmer im Tempel verordnet. Dieses hat aber nachmittags stattgefunden (mPes 5), damit abends der Tempel geschlossen und außerhalb des Tempels gegessen werden konnte. 242 bSuk 53a; vg!. auch bereits tSuk 4,2; jSuk 5,3, 55b.56(ff.). 243 Graetz, MGWJ 28, 242 ff. 244 Vg!. zu den Ursprüngen des Pharisäismus als neuere Untersuchungen KAMPEN, Hasideans, der die Pharisäer mit den Asidäern der Makkabäerbücher im wesentlichen identifiziert, während STEMBERGER, Pharisäer 91ff., diese Identifizierung mit guten Gründen ablehnt. Stemberger selbst (aaO. 98 ff.) datiert das Aufkommen das Pharisäismus we~ige Jahre spä.ter, da auch er von einer Verfolgung der Pharisäer durch Alexander Jannal ausgeht. Diese Ansetzung des Pharisäismus wird auch in der älteren dreibändigen Studie vertreten vo~ NEUSNER, Traditions 3, zusammenfassend 248ff., der die Pharisäer ab 160 ansetzt. Zur Zelt Alexander Jannais vgl. die sehr detaillierte Darstellung von STERN, in: Cathedra 1, 22-46.
223
240 241
245 Vg!. die lockere Verknüpfung der Hymnen im ersten Psalmbuch oder den externen Anschluß von Hymnen durch die Jhwh-König-Psalmen an die vorhergehenden Sammlungen. 246 S. o. II.3.5.1. Vg!. auch die Zusammenstellung des kleinen HalleIs mit der Sammlung von Davidpsalmen Ps 138ff., dazu bereits oben 11.3.3. 247 Wenigstens für Ps 145 ist dabei mit dem eingefügten Refrain und den textkritischen Erleichterungen deutlich, daß es sich hier um eine textbildende Weiterdichtung von Psalmen handelt, die der masoretische Psalter in einer ursprünglicheren Version überliefert. Ps 145 ist in 11QPs' (co!. 1Of.) als Akrostichon nicht nur um die fehlende Zeile mit einem l (co!. 12) ergänzt, sondern auch durch die kontinuierliche Einfügung eines Refrains nach jedem Vers völlig neugestaltet :
131' C"31' ,!)!V
",:n ;";" ",:::1
Gepriesen seist du, Jhwh, und gepriesen sei sein Name von Ewigkeit zu Ewigkeit. Der Refrain leitet sich offensichtlich aus dem Schluß von Ps 145 im masoretischen Text ab (v. 21): '9-':.11' ;";"
"';'l'1
:1~l C? i117iWii? eilt ',~~-,~ ,i~',
Das Lob Jhwhs möge mein Mund sprechen, jedes Geschöpf möge den Namen seiner Heiligkeit loben immer und ewig.
·1.~ ·'· '.
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TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
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3.2.3 Charakterisierung von llQ Ps(a) Wir fanden den Schluß von 11Q Ps a wie in anderen Bibelhandschriften mit einem apokryphen Psalm gestaltet, in dem auf die Frühzeit der im Kanon beschriebenen Davidgeschichte rekurriert wird. 248 Der doppelte Schluß von 11Q Ps a in der Zweiteilung von Ps 151 ist nun nicht die einzige Schlußform dieser Rolle. Formgeschichtlich fällt aus der Sammlung 11Q Ps a deutlich das Werkverzeichnis Davids heraus, das nicht als Psalmtext verstehbar ist. 249 Dieser Text, der 4050 Psalmen Davids nach ihrem Verwendungszusammenhang aufschlüsselt, die der Mehrzahl nach offensichtlich nicht in der vorliegenden Rolle überliefert sind,250 verweist damit wie Ps 151B auf andere Psalmen. 251 Dem Werkverzeichnis Davids ist nun ein Halbvers aus den letzten Worten Davids, 2Sam 23,7, vorangestellt. Der formgeschichtliche Wechsel von Psalmen zum Werkverzeichnis wird damit in den Zusammenhang des Todes Davids gesetzt. An dieser Stelle ist nun auch ein Werkverzeichnis ein sinnvoller Text. 252 Als letzter Psalm vor dem Halbvers aus den letzten Worten Davids steht ein sonst nicht bezeugtes Loblied auf den Schöpfer, dem Ps 149 und 150 vorausgehen. 253 Der doppelte Schluß des masoretischen Psalters 254 ist also, wenn auch in Verbindung mit einem apokryphen Psalm, in 11Q Ps a als Schlußform präsent. Die wenigen Psalmen nach dem Werkverzeichnis Davids, Ps 140; 134; 151A und B sind also Teile eines Nachtrages zur Psalmensammlung 11Q Ps a • Zu Ps 134 sahen wir bereits, daß die Anordnung in diesem Nachtrag zeitliche wie inhaltliche Gründe haben kann. 255 Daß Ps 151 Nachtrag zum Psalter ist, wird sowohl in der Septuaginta als auch den fünf syrischen Psalmen deutlich. 256 Nicht ganz klar bleibt, wie Ps 140 in diesen Nachtrag geraten ist und wie umgekehrt beispielsweise die apokryphen syrischen Psalmen II und III in 248 Sanders (ZAW75, 81) zu Ps 151 in der Septuaginta und 11 QPs a : "Both psalms are based on ISam 16 and 17." Sanders verweist außerdem auf die orphischen Elemente im Davidsbild von Ps 151 (in Anschluß an AUDET, Didache 417-428). ISam 16f. werden also hellenistisch reflektiert aufgenommen (SANDERS, ZAW75, 84, vg!. FABRY, FS Groß). 249 11Q psa co!. xxvii. Zur Interpretation siehe z. B. FÜGLISTER, in: Beiträge 321. 250 3600 Psalmen, 364 weitere Psalmen für die tägliche 'Dlii, 52 für den Sabbat-qorban, 30 für zusätzliche qorban-Opfer, sowie 4 Lieder der Bedrängten. Die Mehrzahl der Psalmen ist damit nicht kultisch spezifiziert. Die Zahlen 364, 52 und 30 entsprechen offensichtlich kalendarischen Gegebenheiten von Opferanlässen. 3600 sind eventuell auf einen Psalter a 150 Psalmen für jede der 24levitischen Standmannschaften zu beziehen (so FüGLISTER, in: Beiträ-
F~·
..
251 Deutet sich hier eine Sicht des davidischen Ursprunges auch der qumranspez1fischen Psalmen der Hodajot (IQH) und der Sabbatlieder (hg. v. NEWSOM) an? 252 Vg!. die Häufung von Selbstzitaten am Schluß des ersten Psalmbuches (dazu oben II.3.2.4). 253 Ps 150 ist auch in einer Handschrift in Massada (MasMsPs b ) als Schluß einer Psalmenhandschrift belegt (nach FLINT, Psalms Scrolls 11). . 254 Vg!. dazu insbesondere ZENGER, Gott 53ff. S. o. S. 152 zur Doppelung mallen Hymnenclustern. 255 S. o. III.3.2.2. 256 Die Septuaginta hat in der Überschrift von Ps 151 ausdrücklich den Hinweis:
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
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den Text vor das Werkverzeichnis gelangt sind. Wir verstehen diese Stellung von Ps 140 als einen Hinweis, daß auch die kleine Sammlung von Davidpsalmen Ps 138-145 im masoretischen Text eine sehr späte Zusammenstellung von Psalmen ist, die das Ziel hat, vor Abschluß des Psalters noch einmal mit einer Auswahl verschiedener Davidpsalmen auf den Anfang des Psalters zurückzulenken. Offensichtlich ist in Qumran der Prozeß der Kanonisierung des Psalters auch hinsichtlich der Frage, welcher Psalm in die Sammlung gehört, durchaus noch offen. 257 Innerhalb von 11Q Ps a fällt nun Psalm 119 in jeder Hinsicht auf. Er ist rein vom Umfang her mit etwa 8 Seiten umfangreicher als beispielsweise die Sammlung von Wallfahrtspsalmen, die insgesamt etwa 4 Seiten einnimmt. Ps 119 ist entsprechend der masoretischen Praxis 258 als Akrostichon mit 22 Strophen geschrieben, so daß er rein äußerlich wie 22 Einzelpsalmen wirkt. Ps 119 gehen in 11 QPs a 22 oder 23 Psalmen voraus, 259 und ebenfalls etwa 21 oder 22 Psalmen stehen zwischen Ps 119 und dem Werkverzeichnis Davids. 26o Damit ist wahrscheinlich, daß 11Q Ps a wie etliche biblische Psalmensammlungen, die wir bereits untersuchten, eine Sammlung mit markantem Zentrum ist. 261 Die erste Hälfte von 11Q Ps a läßt sich in dem Schema der Danklied-Kompositionen verstehen. 262 In der zweiten Hälfte dominieren die Hymnen, besonders am Anfang und Schluß, in der Mitte ist ein Zionsteil eingefügt. Eine Komposition ist in diesem Teil nicht erkennbar, vielleicht ist die zweite Hälfte aber als alternativer Schluß zu der nun ohne Hymnus-Danklied-Schluß stehenden Sammlung von Wallfahrtspsalmen gedacht. Dieses Verständnis kann sich auf den Beginn der zweiten Hälfte mit Ps 135f. stützen, die die Funktion als zusätzlicher Hymnenschluß zu den Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. auch im masoretischen Psalter ausfüllen. OVTO~ 61/JaAllo~ UiL6YQacpo~ EL~ L'lamö E~w9fV TOD aQL91l0D .. .
Dieser Psalm wird David zugeschrieben außerhalb der Zahl . . . 257 So unlängst sehr betont Fabry, FS Groß 54. 258 S. O. I.1 (S. 8f. Anm. 17). 259 Durch den Textfund von Fragment E (Dokumentation bei YADIN, Textus 5, 1-10) hat sich gegenüber Sanders Darstellung in DJD 4 die Zahl der Psalmen in der ersten Hälfte der Rolle erhöht. Wegen der großen Textlücken ist unklar, ob alle Psalmen wirklich als Einzelpsalmen präsent sind, oder ob nicht beispielsweise Ps 103 oder das eventuell aus Ps 118 stammende Fragment lediglich als Zusatz an einen anderen Psalm angefügt wurde. Besonders bei dem eventuellen Fragment aus Ps 118 spricht alles gegen eine Wertung als Einzelpsalm. 260 Es bleibt insbesondere wegen des Textverlustes im unteren Drittel der Rolle unklar, ob dem Halbvers von 2Sam 23,7 weitere Verse aus den letzten Worten Davids voranstanden und ob diese Verse wie ein Psalm gezählt wurden. 261 S. o. beispielsweise zu Ps 78 als Zentrum der Asaphpsalmsammlung oder Ps 127f. als Zentrum der Sammlung von Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. Auch im masoretischen Psalter hat Ps 119 als Texttrenner zwischen den beiden mischnisch zu verortenden Psalmkompositionen des Ägyptischen Halleis und der Wallfahrtspsalmen ebenfalls eine MittelsteIlung. 262 Ps 101-103 gehören auch im masoretischen Psalter zusammen. Ps 109 nimmt die Anfangsstellung der Motivklage vor der freien Zusammenstellung von Lobliedern Ps 118 i. A.; 104; 147; 105; 146; 148 ein. Es folgt die oben beschriebene Sammlung von Wallfahrtspsalmen, bei der der Hymnus-Danklied-Schluß weggebrochen ist.
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TeilIll: Die Entstehung des Psalters
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
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11Q Ps erweist sich als Sammlung mit mehrfachem Schluß. Ausgehend von der Beobachtung der MittelsteIlung von Ps 119 in der Sammlung können wir nun auch andere, diachrone Beobachtungen wagen. So fällt beispielsweise auf, daß nur in der ersten Hälfte mit Ps 120-132 ein Block auch im masoretischen Text zusammenhängender Psalmen überliefert ist. Umgekehrt finden sich nur nach Ps 119 apokryphe Psalmen. Auch der mehrfach gestaffelte Anhang spricht für ein Wachstum der Textsammlung besonders im hinteren Teil. 263 Auch bei einer Gesamtbetrachtung von 11Q Ps a scheint der Kern der Sammlung daher in der Tat der Wallfahrtspsalter Ps 120ff. zu sein, der nach Ps 119 als weisheitlichem und toraorientierten Wendepunkt mit einem Hymnenblock und Zionspsalmen fortgeführt ist. Von der Betrachtung der Samlung von Wallfahrtspsalmen Ps 120ft. als Kern von 11QPsa gewinnt die Interpretationsdifferenz dieser Rolle zwischen J.A. Sanders auf der einen und M. H. Goshen-Gottstein und Sh. Talmon auf der anderen Seite eine neue Dimension. Hält Sanders 11QPsa für eine Teilsammlung des Psalters als kanonischem Buch, so betonen Goshen-Gottstein und Talmon, daß 11QPsa eine Sammlung zu eigenen liturgischen Zwecken darstellt, also einen vorkanonischen Text repräsentiert. 264 Für Goshen-Gottsteins und Talmons Auffassung lassen sich textlich gewichtige Gründe anführen, beispielsweise die Umgestaltung von Ps 145 in 11QPsa mit einer Segensformel als Refrain. Aber auch Sanders hat mit seiner Betrachtung von 11QPsa als Zeuge des masoretischen Psalters teilweise recht. Neben der Übernahme von Ps 120-132 in der Reihenfolge des masoretischen Textes spricht insbesondere der Anfang von 11QPsa mit den Brückenpsalmen, die auch im masoretischen Psalter eine Nahtstelle von der Ausbaustufe des Psalters in persischer Zeit hin zu Ps 102 als Themenklage im Kontext des fünften syrischen Krieges bilden, für 11QPsa als Teil des masoretischen Psalters. Die Frage, ob 11QPsa älter als die Ausbaustufe des Psalters ist, die die heutige Form des masoretischen Textes (Ps 1-150) umfaßt,265 ist in dieser Form nicht beantwortbar: Als Vorform von 11QPsa zeichnen sich die Wallfahrtspsalmen Ps 120ft. als selbständiger Teilpsalter ab. Diesen haben wir in Qumran in einer verschrifteten und qumranspezifischen Variante überliefert, gegenüber der die masoretische Textform als eine speziell pharisäische Variante erscheint. Die Rolle 11QPsa ist jedoch in der vorliegenden Form mit ihrem mehrfachen Schluß jünger als der masoretische Text des Psalters Ps 1-150. Daß der entscheidende Übergang von den JhwhSKEHAN, BEThL 46,163-182, hier 169. 264 S. O. S. 216 Anm. 218. Vgl. auch die gewichtigen Gründe von FABRY, FS Groß 54, gegen diese Alternative, weil gerade liturgische Bücher Kern des Kanons waren. Leider ist SANDERS Position zu llQPs' auch Prinzip seiner Edition in DJD 4 geworden. Dieser Band bietet zwar die photographische Wiedergabe der Rolle, aber in Sanders Wiedergabe und Kommentierung des Textes meint er zwischen "Text" und "The Apokryphal Compositions" trennen zu können, was etwa angesichts des Textzustandes von Ps 145 (dazu oben S. 223 Anm. 247) sehr fraglich ist. 265 Dazu bes. WILSON, Editing 90ff. 263
König-Psalmen Ps 93 ff. als Zielpunkt der Komposition des Psalters in persis~her Zeit zur The~enklage Ps 102 in Qumran bereits vorausgesetzt wird, ist
mcht zuletzt durch dIe Handschrift 4QPsb belegt. 266 . Der.P~alter ist damit i~ der Zeit von Qumran zwar als Textzusammenhang bIS weIt m das letzte Dnttel des Psalters belegt, gleichzeitig zeigt aber seine Variabilität in dieser Spätphase, daß die kanonische Autorität, die der Psalter zu dieser Zeit bereits wenigstens in anderen jüdischen Gruppen genoß, 267 nicht die Stabilität des Textes als solchem garantierte. Daß das kanonische Ansehen von Texten nicht die Weiterarbeit an ihnen verhinderte, ist aber eine aus der Text~ritik altbekannte Tatsache. Insbesondere aus der Überlieferung der Septuagmta kennen wir genügend Beispiele, daß auch ganze Kapitel nach der Phase der Formation des Kanons 268 variiert werden konnten. 269
3.3 Themen und historischer Ort der Komposition 3.3.1 Der masoretische Psalter als nachkultisches Wallfahrtsliederbuch I
A~s Neuansatz der Komposition legt sich die Themenklage Ps 102 nahe, die
wemgstens auf der Ebene der kompositorisch angelegten Applikation, vermutlich auch auf der Ebene der Psalmbildung selbst, in die Zeit des fünften syrischen Krieges, also um 202 v. ehr., zu datieren war. 270 Wenn wir von dort ausgehend den Schluß des Psalters betrachten, stellen wir fest, daß zwei der dort gesa~melten Psalmengruppen den Wallfahrtspsalmen zuzurechnen waren, das Agyptische Hallel und die Wallfahrtspsalmen Ps 120ft. Wir sahen bereits, wie das Ägyptische Hallel bis Ps 107 nach vorn literarisch ausgeweitet ist, umgekehrt faßten wir die Wallfahrtspsalmen Ps 120ft. bis hin zur Nachschrift Ps 137. Bis auf die letzte Kompositionseinheit, der Zusammenstellung der Davidpsalmen Ps 138ff. und des kleinen Halleis, und den Kompositionsbogen mit der Klage über die Zerstörung Jerusalems Ps 102-106 ist der gesamte Textbereich von diesem Gedanken geprägt. Scheinbar bildet Ps 119 hier eine Ausnahme. Dieser Psalm überragt mit 176 Versen selbst die umgebenden Psalmengruppen, da das Ägyptische Hallel nur 85 Verse und die Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. 95 Verse erreichen. 271 Das Ägyptische Halle! ist, wie wir sahen, auf alle Wallfahrtsfeste zu beziehen, aber seinen speziellen Sitz im 266 WILSON, Editing 100, verweist auf Vorbehalte hinsichtlich der Identifikation von Ps 101 in.der Lü~ke zwischen Ps 100 u,nd 102, da das Fragment an dieser Stelle stark beschädigt ist. Die Textlucke hat aber genau die Größe, in die Ps 101 passen würde. 267 Philo, De Vita Contemplativa 25 (zitiert unten S. 243 Anm. 17). 268 Zu den historischen Rahmendaten s. u. S. 243f. 269 Vgl. etwa die Zusätze zum Danielbuch oder die unterschiedliche Anordnung des Buches Jeremia. 270 Siehe dazu oben 11.2.3.1. 271 Die Versangaben beziehen sich jeweils auf die Minimalfassung der masoretischen Textforrn, d. h. Ps 113-118 und 120-134. In den Handschriften einschließlich 11QPsa sind die
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TeilIlI: Die Entstehung des Psalters
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
Leben hat es nicht zuletzt wegen des Berichtes vom Auszug Ps 114 in der Pessachfeier. Ähnlich haben die Wallfahrtspsalmen Ps 120ft. in der Fassung des vorliegenden masoretischen Textes ihren speziellen Sitz im Leben in der Sukkotliturgie. Dazwischen steht nun Ps 119. Wenn wir von den drei großen Wallfahrtsfesten Pessach/Mazzot, Schabuot und Sukkot ausgehen, liegt es nahe, Ps 119 Schabuot, dem Wochenfest, zuzuordnen, da dieses im Festkalender zwischen den beiden anderen Festen liegt. Da spezieller Inhalt des Wochenfestes der Dank für die Gabe der Tora ist, paßt Ps 119 mit seinem akrostichischen Toralob hervorragend. 272 Für Ps 119 kann nun wohl kaum ein Sitz im Leben als Liturgie vermutet werden, umgekehrt bestätigt also Ps 119, daß auch die umgebenden Liturgien im Psalter in einer schriftlichen Fassung mit schriftlichem Sitz im Leben erhalten sind, wie wir es bereits anhand der weisheitlichen und nachkultischen Edition beider Psalmgruppen mit Einzelpsalmen nahelegten. Für einen schriftlichen Sitz im Leben der Edition der Liturgien im letzten Psalmbuch spricht auch, daß die Theologie des Opferersatzes durch Gebete im letzten Teil des Psalters in ihrer wohl refIektiertesten und systematischsten Art vorgebracht wird (Ps 141,2):
Zu~ahme von Wallfahrtsberichten ab der Hasmonäerzeit zu verweisen. 276 Gleichwohl können wir auch in dies.er ~päten Zeit nicht von einer regelmäßigen Wallfahrt aller ausgehen. Von vorbIldlIchen Gerechten wie Tobias wird berichtet, daß er als einziger oft nach Jerusalem zog. 277 Die Theologie im Umfeld von Joc?anan ben Zakkai, ~~e Wohltaten und Gebet als möglichen Ersatz für Opfer ans.leht und damit die Uberlebensgrundlage des Judentums als religiöser Gememschaft nach der Zweiten Tempelzerstörung 70 n.Chr bildet,278 ist also im Judentum vorher bereits angelegt. Als eine dieser Ersatzfunktionen für de wirklichen Gottesdienstbesuch im Tempel können wir das Lesen des Psalter~ annehm.en, da, so die Theologie etwa von Ps 141, Gebete Opfer ersetzen. So b~schrelbt Ps 40 die Applikation des geschriebenen Gotteswortes auf der Basis emes opferlosen Gottesdienstes (v. 8f.): 'm~:J-;'U:1 'm~N
'T:1~~OT ;ü"l$ ~~ii~-ni-~~~ :'i,1?,? 1in :;I '91;1?in,
Da sprach ich: Siehe, ich bin gekommen. , In der Schriftrolle ist von mir geschrieben. Ich habe Gefallen daran, deinen Willen, mein Gott, zu tun. Und deine Tara ist mitten in mir.
::Jji,1-nNI? '~~ nl$ip~
Hier wird das Gebet um seine Anerkennung als Opfer nicht in Verbindung mit der Bitte um die Erbauung Jerusalems vorgebracht, was uns veranlaßte, vergleichbare Stellen in den Nahtstellen des elohistischen Psalters für exilisch oder frühnachexilisch zu halten. Ps 141 hat in dieser Theologie seine nächste Entsprechung in Ps 40, der ebenfalls nicht erkennbar durch eine spezielle Situation wie die Tempelzerstörung motiviert Opferkritik übt. 273 Hier drückt sich vielmehr ein Verständnis des Gebetes als Ersatz für Opferhandlungen aus. 274 Die Charakterisierung des letzten Drittels des Psalters als literarische Nachahmung der Wallfahrtsliturgien ist im Kontext der Ausweitung der Wallfahrt zu sehen. Daß sich die Institution der Wallfahrt in der Spätphase des Zweiten Tempels ausweitete, hat insbesondere S. Safrai eindrücklich gezeigt. 275 Neben den in herodianischer Zeit erforderlichen Erweiterungsbauten ist hier auf die akrostichischen Strophen von Ps 119 meist wie Einzelpsalmen geschrieben, s. o. S.8f. Anm.17. 272 Vgl. als Überblicksdarstellung zu den Festen MAlER, Testamenten 230. Vgl. zum Bezug zwischen Ps 119 und dem Wochenfest bereits BERGLER, VT 29, 257-288, dessen in der Überschrift seines Aufsatzes gestellte Alternativfrage ("Anthologie oder Liturgie"?) nicht beantwortbar ist: Ps 119 ist keine eigentliche, sondern - wenn überhaupt - eine nachkultische Liturgie. 273 Gegen BRAULIK, Psalm 40. 274 Vgl. bBer26b. 275 SAFRAI, Wallfahrt.
TN
:"31 :Ji'n::l',!)o'-n~;~;
~n~7 njbi( 'n?!;lI;11~::lT:1
Mögest du mein Gebet vor dir als Räucherwerk hinstellen, das Aufheben meiner Hände als Abendopfer.
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Bei~e Verse sind im Kontext zu sehen, Spekulationen über eine spezielle KlagelIedrolle für den einzelnen Beter erübrigen sich damit. 279 Die Verse haben das deuteronomistische Motiv der Tora im Herzen 280 durch das ebenfalls deuteronomistische Motiv, daß die Tora jeder Generation offenbart wurde. 281 Wegen der deutlichen Tempelkritik unmittelbar vorher (v.7) ist auch die Gemeinde, in der der "David" des Psalms spricht, wohl als Synagogengemeinde zu verstehen (Ps 40,10 f. ):
:J? '0i?:;I j?T~ 'T:1~iq:;l
:mn' :1l'11$ :1,:1' N'::JN N', 'n!)iv :13:1 T. TT T':;I7 1in :;I ~~~I;):;l-N'~ ~~i?1~ 'T:1~~1$ '91;1i,1~lV1;1~ '9N~~l$
::J? '0i?7 '9I;11?~1 '97t?1J 'T:171J:;l-N',
Ich verkündige Gerechtigkeit in großer Gemeinde, siehe, meine Lippen halte ich nicht zurück. Jhwh, du weißt es.
SAFRAI, Wallfahrt 8ff. Tobias 1,6. 278 bBer 26b. Ähnlich auch in Qumran, vgl. die Zweckangaben der Psalmen für bestimmte Opfer im Werkverzeichnis Davids in 11QPs'. 279 Gegen HERMISSON, Sprache 45. 280 Vgl. neben den zahlreichen Stellen, in denen im Dtn die Tora mit dem Herzen verbunden ist, Jer 31,33. 281 Vgl. z.B. das V~rsc~melzen des angeredeten Du in den verschiedenen Generationen der Wüstenwanderer biS hin zu der Generation der "letzten Tage" (C'7,lZtJ l1'jt)~:;J, Dtn 4,30). 276
277
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Teil I/I: Die Entstehung des Psalters
Deine Gerechtigkeit verberge ich nicht in der Mitte meines Herzens, deine Glaubwürdigkeit und Hilfe erzähle ich, deine Treue und deine Wahrhaftigkeit verstecke ich nicht vor großer Gemeinde.
Wie im Danklied finden wir den Dankbericht, allerdings in einem nachkultischen Psalm. Der "David" dieser Zeit hat also eine Gemeinde, die nicht direkt auf den Opfergottesdienst im Tempel bezogen ist. Von diesem nachkultischen Sitz im Leben des Psalters her ist auch Ps 4 zu verstehen, der im ersten Kompositionsbogen des Psalters das Thema der Opfer anspricht (v. 6):282 :~'~'-7~ ~n19~~ j?1~-'IJ~T m~T
Opfert Jhwh gerechte Opfer, vertraut auf Jhwh!
Der für die Opferterminologie ungewöhnliche Begriff der "Opfer der Gerechtigkeit"283 kann deswegen auch im Kontext der nachbiblisch dominanten Theologie als Ersatz der Opfer durch mj?':l (Almosen) verstanden werden. 284 3.3.2 David als Integrationsfigur
Wer ist der David der Psalmen? Wir haben in den verschiedenen Phasen der Komposition des Psalters unterschiedliche Lösungen angeboten: Während ,:ir in unserer Analyse der ersten Phase der Komposition des Psalters noch memten, einige Psalmen zeitlich in der Zeit eines Davididen verorten zu können, 285 fanden wir bereits in der exilischen Zeit neben David levitische Sängergilden als Psalmautoren und in der persischen Zeit neben Psalmen mit David als Psalmautor vor allem überschriftslose Psalmen. Daß David als Gewährsmann der Psalmen auch in der spätesten Zeit der Komposition des Psalters geführt wird ist nicht nur durch die Zitation des Psalters als Davids Buch,286 sondern auch' durch die Bibliographie Davids im Schluß von llQPs a belegt. Die beliebte 282 So auch WAHL, FS Groß, und vor allem ZENGER, FS Reinelt 377-403, dort.S. 378ff. ~in umfassender Forschungsüberblick und eine a~sführliche Au~einande.rsetzung rmt d~r kultmstitutionellen Psalmendeutung. Zenger bestreitet vor allem eme. spezielle Tem~elg~nchtsbar keit und damit die große Bedeutung von Asylie für das täghche Leben, wie sie Delekat annimmt. 283 KRAUS (z. St.) etwa versteht den Begriff im Kontext der Rechtsprechung .. 284 mAv 1,2 legt bereits einem Rabbinen der Großen Synagoge (der Zelt nach Esra), Schimschon dem Gerechten, die Worte in den Mund:
1~137 C"137;' C":11 :1TV"W-"37 C'10n m"'~l "371 ;'11:137;' "371 ;"1" "37
Auf drei Dingen steht die Welt: auf Weisung (Tara), auf dem Opferdienst und auf Wohltaten der Fromm.en:. Mit dem Wegfall des Opferdienstes bleiben also auch nach mAv 1,2 zwei Saulen der Welt bestehen. . 285 Vgl. bes. die Analyse der elohistischen Sammlung von Davldpsahnen (11.3.1.1). 286 Soz.B. mAv6,9.
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
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Lösung der messianischen Interpretation von Psalmen sollte nicht zu schnell befürwortet werden, da der weitaus größte Teil der David zugeschriebenen Psalmen Klagepsalmen sind. 287 Näher liegt es, den David der Psalmen als einen Chiffre-Begriff zu verstehen. Der Talmud gibt innerhalb der Möglichkeiten der Exegese seiner Zeit eine solche Dechiffrierung (bPes 117a):
mnJIV,m m,'IV 7:l1JJ' m, C'7~11 ':lOJ ", '~NIV l'~N '~:l31 '''J:l '~'N 'T31'7N 'J, l'~N "J':l '''J:l '~'N 3l1V'~' 'J, "J':l '''J:ll~~ IV' C"~'N C'~:ln1 '~:l31 '''J:ll~~
'~:l31
IV"
'''J:l ,'n' l'IV7J m"'~N~ "J':l '''J:l C'J, l'IV7J m"~N~
Die Rabbanan lehrten: Von allen Liedern und Lobgesängen, die David im Buch der Psalmen gesagt hat, gilt: Rabbi Eliezer sagte: Er hat sie auf sich selbst hin gesagt. I Rabbi Jehoschua sagte: Er hat sie auf die Gemeinschaft hin gesagt. Die Weisen sagen: Einige hat er auf die Gemeinschaft hin gesagt, einige hat er auf sich selbst hin gesagt. Die, die er im Singular formuliert hat, hat er auf sich selbst hin gesagt, die, die er im Plural formuliert hat, hat er auf die Gemeinschaft hin gesagt.
Die geltende Lehre der Weisen ist also durch einen Streit zweier Meinungen entstanden, ob die Psalmen nur auf David und seine Person zu beziehen seien oder von David für die Gemeinde formuliert seien. Die kollektive Interpretation aller Davidpsalmen wird in rabbinischer Zeit wenigstens diskutiert. Wenn der Name David als Personenchiffre zu verstehen ist, legt sich zunächst einmal die Deutung nahe, daß David den Bezug auf ganz Israel andeuten soll.2sS Das gilt einerseits lokal und sozial: für ein Israel, das - im Duktus der biblischen GeschichtSdarstellung - noch nicht in Nord- und Südreich, geschweige denn in verschiedene Diasporagruppen aufgespalten ist. Das hat andererseits aber auch eine Bedeutung in Bezug auf den Tempel: David betet zu Gott in einer Zeit, in der es den Jerusalemer Tempel als Gebäude noch nicht gibt. 289 Die 287 Gegen die hier ansonsten weitgehend vorbildliche Darstellung von FÜGLISTER (in: Beiträge 371ff.). 288 Vgl. zur symbolischen Interpretation bereits ALLEN, Bib. 67, in der Weiterarbeit eines Ansatzes von WILSON, Editing. In dem Zusammenhang der Deutung auf Gesamtisrael ist wohl auch die symbolische Zahl von 3600 Psalmen in der Nachschrift vonllQPs· zu verstehen (dazu oben S. 224 Anm. 250). 289 Die umfangreichen Vorbereitungen, mit denen die Chronikbücher David mit dem Tempelbau befaßt sein lassen, werden in Psalm 30,1 dahingehend gesteigert, daß David sogar den Psalm zur Einweihung gediChtet haben soll (vgl. MEYERs, FS Cross 357-376). Doch die historische Grenze, die durch die Überlieferung der Deuteronomisten gesetzt wird, daß der Tempel erst unter Salomo erbaut und eingeweiht wurde, wird weder in 1Chr 17 noch in den Psalmen überschritten.
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Teil III: Die Entstehung des Psalters
3" Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
lokale wie teilweise auch inhaltliche Differenz zum Tempelgottesdienst wird in der Wahl Davids als Trägergestalt der Psalmen dadurch überwunden, daß die Psalmen dem Tempelgottesdienst vorgeordnet werden. Der Gottesdienst ohne Tempel zu Davids Zeit gibt das Vorbild ab für die Wendung zu Gott in der Situation, in der der Tempel zwar als Zentralheiligtum anerkannt ist, aber faktisch unerreichbar ist. Diese situative Analogie eröffnet dem Beter, der sich mit David identifiziert, aber nicht einfach nur die Möglichkeit der gegenwärtigen Begegnung mit Gott außerhalb des Tempels, sondern zugleich die Hoffnung auf eine künftige Begegnung mit Gott im Tempel. Die Orientierung auf David ist innerhalb des masoretischen Textes am deutlichsten: Fast die Hälfte der Psalmen sind Davidpsalmen, die Psalmen der levitischen Sängergilden sind innerhalb der Welt der biblischen Texte Werke des von David eingesetzten Tempelpersonals: in lehr 16,5.7 tritt explizit Asaph als Sänger von Davidpsalmen auf, wobei die dann in lehr 1? gebotene Auswahl von Psalmen im masoretischen Text des Psalters ohne Uberschrift gehalten ist. Daß die Auswahl der Psalmautoren im masoretischen Text auf David bezogen ist, zeigt auch die Namensverwendung von Heman Ps 88: nach lehr 15,17.19; 16,4lf.; 25,4-6 ist auch Heman, der einzige im Psalter konkret genannte Korachite, von David eingesetzter Tempelsänger. Asaph, Heman und J edutun 290 sind nach 2ehr 5,12 auch noch unter Salomo Tempelsänger , sie wirken bei der Einweihung des Tempels (2ehr 5) mit. Insofern kann auch Jedutun im Psalter als Sänger Davids vermutet werden, obwohl Ps 62,1 (1um~-7~) personenuntypisch formuliert und Ps 62 zusätzlich als Davidpsalm eingeführt wird. 291 Auch in Esra 3 loben die Asaphiten ausdrücklich Gott im Auftrag Davids (Esra 3,10 b): n;,~"~n::l C'1ll::l7~
C'J:1":;):1 ~i'~37"
, -, -C~1J~~~~ 1l9"~~'i~ C~1~~J
:7~":1ip~-1?7.?
i'l1 'T-7~ :1':1'-nl5 7~0?
Da traten die Priester in ihren Gewändern mit Trompeten und die Leviten, die Söhne Asaphs, mit Zimbeln herzu, um Jhwh zu loben im Auftrag von David, dem König Israels.
Der Talmud überliefert eine vermutlich ältere Interpretation, die eine bereits biblisch vorhandene Tendenz aufnimmt, das Singen von Psalmen auf David zu beziehen, wenn der Talmud mit einem "j;"n 7~ eine Stelle in den Psalmen variiert (bPes 117 a):
':I, :1':1 ~'Jn '~~JlV 1'~~ i'i 17':::l C'7:1n '~C:l m"~'~:1 mn:llV,n 7:::l 'lV' 1:1 i'i m7~n '7:::l '7:::l "j;"n 7~ ,~,~ ,,~~
'7~':::l ~,~ 290 291
Jedutun erscheint als Tempelsänger Davids in 1Chr 16,41 f. Ähnlich Ps39,1 und 77,1 im Qere, hier innerhalb eines David- bzw. Asaphpsalms.
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Es wird gelehrt: Rabbi Meir sagt: Alle Lobgesänge, die im Buch der Psalmen stehen, hat David gesprochen, wie es heißt: ,Zu Ende sind die Gebete Davids, des Sohnes Isais' (Ps 72,20). Lies nicht: ~,~ (kallCi), "zu Ende sind", sondern :~7~ 7":;, (kol 'elCi), "alles dies sind".
Von der Dominanz Davids und des von ihm eingesetzten Tempelpersonals her ist auch die David-Bibliographie am Schluß von 11QPsa zu verstehen. Hier wird wie im masoretischen Text David als Psalmist schlechthin angesehen. Das Verständnis Davids als des Verfassers des Buches der Psalmen schließt durchaus ein, daß nicht alle Psalmen von David selbst gedichtet sind. So zählt der babylonische Talmud bBB 14 b .15 a eine Reihe von zehn anderen Autoren von Psalmen im Psalter auf und läßt damit David nicht nur als Autor, sondern auch als Herausgeber erscheinen (bBB 14b.15a):
C'Jj;'T :1'lV37 ',,37 C'7:1n '~C :In::! i'i C:1':I~ 'i' 737' j;'i~ ':::l7~ 'i' 7371'lV~':1 CiN '''37 IlC~ 'i' 737' 1,mi' '''37' 1~':1 'i' 737' :1lV~ '''37'
n,j;' 'J:I :1lV7lV 'i' 737' David schrieb das Buch der Psalmen mit Hilfe von zehn Älteren: mit Hilfe des ersten Adam, Melchisedeks, Abrahams, Moses, Hemans, Jedutuns, Asaphs und drei Söhnen Korachs.
Von den bereits im masoretischen Psalter genannten Autoren ist hier der Davidsohn Salomo (vgl. Ps 72,1 und 127,1) ausgelassen, so daß die davidische Autoren- und Herausgeberschaft über den ganzen Psalter nahe gelegt wird. 292 Gleichwohl gibt es auch im masoretischen Text in der Spätphase der Komposition Tendenzen, David und sein Tempelpersonal als Psalmbeter zurückzudrängen. Dafür sprechen die ab der persischen Zeit eingefügten überschriftslosen Psalmen, aber auch die Überschrift von Psalm 102, den wir als Themenklage zur nachfolgenden Gruppe von Lobliedern aus dem Kontext des fünften syrischen Krieges verstanden (Ps 102,1): Gebet eines Elenden, wenn er schwach wird und vor Jhwh sein Anliegen ausschüttet.
Ilb~~-':;l ,~~? :17~T;1
:;n'~ 1b~~ :1,:1' '~~7'
Als Gebet im Stil der Armenpsalmen gehört dieser Psalm, dessen Überschrift auf umfassende Applikationsfähigkeit zielt, in die Wirkungsgeschichte
292 Diese Tradition der zehn von David redigierten Psalmautoren findet sich auch in MShir 1,6 sowie Shr 8,9. Abweichend ist dagegen die Überlieferung Shr 4,4, die statt Melchisedek Esra als Psalmautor einführt. Mit der Benennung von Esra als Psalmautor schließt dieser Midrasch das Verständnis Davids als Herausgeber des Psalters aus, David ist in diesem Verständnis nur noch wichtiger Autor von Psalmen.
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TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
der Davidpsalmen. 293 Die Charakterisierung des größten israelitischen Königs als Armen gehört jedoch auch in einen theologischen Zusammenhang: Durch die Bezeichnung Davids als Armen wird die Prädikation Gott als König um so herrlicher und notwendiger. 3.3.3 Gott als König
Wir haben das Motiv Gottes als König bereits als Rahmenmotiv im elohistischen Psalter betrachtet, wir bemerkten den Ausbau dieses Motives auch auf der Ebene des Psalters in persischer Zeit. Bei der Weiterverfolgung des Motivs gelangen wir nun zu den Rahmenstücken des Psalters als Ganzem, d~m ersten (Ps 1-10) und dem letzten Kompositionsbogen (Ps 138-150). Wir stellten bereits fest, daß der Klagecluster , um den sich der erste Kompositionsbogen herum konstituiert, Ps 5 als Zentrum hat. 294 Dieser ist ein so treffendes Beispiel der Konzentration der hier als kompositorisch verstandenen Motive, daß sich von seiner Stellung als Mitte des ersten Kompositionsbogens sein Verständnis als speziell für diese Stelle geschaffenen Psalms aufdrängt. Der Psalm beginnt klageliedtypisch mit einer Anrufung Gottes. Untypisch besonders. für ..d~s Klagelied des Einzelnen ist die Anrufung Gottes als ":)7t'Q ":;l?~, "mem Komg und mein Gott" (v. 3). Im Stil der Toreinzugsliturgie erfolgt eine Selbstprüfung des Beters (v. 5ff.), wie in den wenigstens teilweise nachkultischen Toreinzugsliturgien Ps 15; 24 und 101 werden also Toraelemente mit der Orientierung auf den Tempel verbunden. Der Abschluß erfolgt in der Erwartung von Lob (v. 12) und Segen (v. 13). Die Rahmung des Klageclusters Ps3-7 einschließlich seines Hymnus-Danklied-Schlusses Ps 8f. hat nun ebenfalls das Motiv Gottes als König (Ps 10,16-18): i~J C? i31 17.1.? ;";''' :i~';1tt~ c~;" 'i~l$ ;";''' l'131~W C"U31 ml(l'1
:~mi ~,,-ti~lJ CT~~ l~~~ 17J cin~ "bW7 T)I$:)-l~ wil~ y.,V,7 ii31 t'j"t;li"-7~ Jhwh ist König immer und ewig, die Heiden sind aus seinem Land verschwunden. Das Flehen der Elenden hast du gehört, Jhwh,
293 Einen Überblick über die weitverzweigte Diskussion, ob die Armen im Psalter eine besondere Gruppe seien, bietet LOHFINK, Bib. 67, 153-176. Wir g~he~ hier nicht auf diese weitverzweigte Diskussion ein, obwohl die Berührungspunkte mIt dle~er ~om I~halt der Psalmen her argumentierenden Position mit der hier vertretenen wesentlIch uber dIe Psalmüberschriften argumentierenden Position sicher sehr interessa~t ,,:ären. Unsere. Auffassu~g geht hier dahin, daß mit den Armen keine eigene Gru~p~ gemeInt Ist, ~,ondern eIn KollektIvbegriff gebraucht wird: Der David der PsalmentheologIe Ist de~. "Arme .' . 294 S. O. S. 132 den Hinweis auf die in Ps 3-7 verwendeten Uberschnften, Innerhalb derer Ps 3 und 7 (mit Ps 9) sowie Ps 4 und 6 einander zuzuordnen sind.
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du wirst ihr Herz festigen, du wirst deine Ohren merken lassen, auf daß du dem Waisen und Gedrückten Recht schaffst, es soll kein Mensch von der Erde mehr Schrecken verbreiten. In dem überschriftslosen Ps 10 295 wird das Königtum Gottes eng mit dem Verschwinden der Heiden aus dem Land verknüpft. Gemeint sein kann hier in dieser spätesten Zeit der Komposition des Psalters die staatliche Unabhängigkeit Judas, wie sie unter der persischen Oberherrschaft mit ihrer Achtung lokaler Autonomie aufkam, in der zweiten Phase der persischen Herrschaft mit der Bildung der selbständigen Provinz Juda wuchs und in makkabäischer Zeit Wirklichkeit wurde. Thematisch ist dieses Motiv in engster Verbindung zur Bevorzugung der Person Davids als klagendem Einzelnen zu sehen: Der Gründer der Jerusalemer Dynastie ist ein "Armer", Gott selbst ist König. Die Verbindung beider Motive wird wohl in keiner Zusammenstellung von Psalmen deutlicher als in der Kombination von Ps2 und 3. Ps2 beschreibt den im Himmel thronenden Gott, der über die Könige, die den König in Jerusalem bekämpfen wollen, lacht und mit einem Orakel sein Eingreifen zugunsten des Jerusalemer Königs ankündigt. Die Situation des Königs auf dem Zion wird in der Interpretation oft ausschließlich aus himmlischer Perspektive gesehen: Der König in Jerusalern kann gewissermaßen mitlachen, die prekäre Situation ist schon vorbei. Nun sahen wir von der formgeschichtlichen Exegese her, daß das Orakel zumeist vor der Wende zur Rettung steht. Auch Ps 2 nimmt daher eine erst zukünftige Rettung vorweg. Insofern hat Ps 2 wie die folgenden Klagepsalmen als vorausgesetzte Situation die des klagenden David. Exemplarisch führt Ps 3 deshalb die Klage Davids über seinen Sohn Absalom ein. Beachtlich ist weiterhin, daß im Kontext zu Ps 2 gerade diese Psalmüberschrift gewählt wird: Kann Ps 2 als eine Legitimation einer Dynastie gelesen werden, so scheidet eine solche Interpretation auf dem Hintergrund des Verständnisses von Ps 3 aus. Absalom, der Sohn Davids, der gegen seinen eigenen Vater einen Aufstand unternimmt, ist sicherlich kein passender König im Sinn von Ps 2. Da der Aufstand gegen den Vater gewiß nicht im Sinn der Tora ist,296 wird - in der Sprache von Ps 1 formuliert - der Weg des Gottlosen vergehen (Ps 1,6).297 Den von der Einleitung des Psalters zu erwartenden Ausgang der Geschichte führt nun der erste Kompositionsbogen Ps 1-10 nicht nur bis zum Tod Absaloms durch (Ps 7; 9),298 sondern weiter bis hin zum Preis Gottes als König (Ps 10,16, vgl. auch bereits Ps 5,3), der dieses Hymnenmotiv allerdings im Kontext der Klage vorbringt. Demgegenüber fehlt in der letzten Kompositionseinheit, den Davidpsalmen 295 Zur These von Ps 10 als Einzelpsalm mit seiner Beziehung auf Ps 9 vgl. oben 1.1 (S. 8. lOf.15). 296 Man denke an das Gebot der Ehrung speziell der alten Eltern (Ex 20,12 u.Ö.). 297 :':;jl'fl'1 C'lllV-' ~1j:n ("der Weg des Gottlosen vergeht", Ps 1,6b). 298 Vgl. oben II.3.2.2.
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TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
Ps 138ff. und dem kleinen Hallei, das Motiv der Tora. 299 Sehr durchdacht ist hingegen das Königsmotiv aufgenommen: Aufschlußreich sind dafür die Nahtstellen zwischen den beiden Teilen der letzten Komposition und der Schluß. Die Nahtstelle beider Kompositionsteile ist im engeren Sinn Ps 145, der einerseits als Davidpsalm eingeführt ist, andererseits mit dem Überschriftselement ;'~~;:Jl;1 ("Loblied"), das im Schlußvers wiederholt wird, zu der Sammlung der Hallelujah-Psalmen überleitet. Doch auch der vorhergehende und der nachfolgende Psalm sind von ihrer Nahtstellenfunktion her zu verstehen: so leitet Ps 144 mit einem sonst meist an einer Schlußposition zu findenden Segensspruch ein (Ps 144,1). Sowohl Ps 144 als auch Ps 146 haben darüber hinaus weisheitliche Elemente. 300 Ps 146 enthält außerdem Jhwh-König-Formulierungen. 301 Die Kombination der Davidpsalmen und des kleinen Halleis erscheint deswegen zusätzlich zentriert. 302 Sehr eindrücklich ist insbesondere die Aufnahme von Ps2 in Ps 149. 303 Der vorletzte Psalm des masoretischen Psalters ist mit Ps 144 durch die Wendung W70 ,~W ("neues Lied") verbunden. 304 Gegenüber Ps 2 fehlt in der Vorstellungswelt von Ps 149 allerdings der davidische König. Entsprechend wird Gott selbst als König gepriesen (Ps 149,2): '~~"17~ ,~,~: n~~~ :Cf?~~ ~,~~~ ,i~~-~~~
Es freue sich Israel über seinen Schöpfer, die Söhne des Zion sollen frohlocken über ihren König. 305 Der Vergleich beider Kompositionseinheiten legt nahe, daß beim Abschluß der Komposition des Psalters nicht nur die Gestaltung seines letzten Drittels erfolgte, sondern auch am Anfang, besonders durch die Ergänzung von Ps 1 und 10, Detailarbeit geleistet wurde.
299 Bestenfalls kann man es aus der Reihung der Gegenstände der Schöpfung (Gen 1) in Ps 148,lff. herauslesen, die bemerkenswerterweise in der Wiederholung von Ps 148 in Ps 150 nicht aufgegriffen wird, obwohl in Ps 150 als Abschluß des masoretischen Psalters eine Verbindung mit Ps 1 zu erwarten wäre. 300 Vgl. die Glückwünsche ('j~~) Ps 144,15 und Ps 146,5; zu Ps 144,3 vgl. Ps8,5, zu Ps 144,4 Ps90. 301 Ps 146,10: c,?il77 ;";" .,'71,1' ("Jhwh wird als König herrschen für immer"). Eine vergleichbare Formulierung findet sich in Ex 15,18. 302 Vgl. die in Ps 144, 12 ff. parallelen Gedanken zur Mitte der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff., Ps 127f. Vgl. dort bes. die Verbindung bei der Psalmen mit 'j~~ ("glücklich") und den Abschluß von Ps 144 mit einem 'j~~-Satz. 303 S.o. II.3.3.1 (S. 145). 304 Weitere Stellen: Ps33,3; 96,1; 98,1; 144,9. Neben den beiden Stellen am Höhepunkt der Komposition in den Jhwh-König-Psalmen findet sich die Wendung nur noch in Ps33, dem außer Ps 10 einzigen überschriftslosen Psalm mitten im ersten Psalmbuch, und Ps 144, also jeweils an Nahtstellen der Komposition. . 305 Der Parallelismus zwischen "if17~ ("über seinen Schöpfer") und Cf7~:;t ("über Ihren König") legt die Deutung auf Gott zwingend nahe.
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3.3.4 Die Tara als Verbindungsthema
B~trachtet man die Überschriften des masoretischen Psalters unter dem GeSIchtspunkt ihrer inhaltlichen Gewichtung, innerhalb derer David wohl al der Bedeutendste gedacht ist, fällt eine Überschrift heraus, die nicht in diese: System paßt: Ps 90 ist ein Mosepsalm. Mose ist die einzige Person des Psalters ~ie es ~it. David an Dignität aufnehmen kann. Wenn man den Namen Mose al~ mnerbIbhschen Verweis liest, ist zunächst an das Werk des Mose, die Tora z ~.enken. :-"ie wir bereits sahen, steht Ps 90 an der Stelle des Psalters, wo da~ Uberge':Icht der.~lage zugunsten der Hymnen im Psalter umbricht. 306 Ps 90 ist zudem em.e der Ubergangsstellen, an denen das Überschriftensystem in allen BestandteIlen wechselt und an denen deswegen die Möglichkeit bestand als zusätzliche Grenzen in der Textsammlung des Psalters die Abtrennung ei~el ner Psalm bücher einzuziehen. 307 Die Abgren~ung in Psalmbücher erachten wir damit wie H. Gese als spät. 308 Doch haben dIe Psalmbücher ein durchaus eigenes Profil: So zeichnet sich der Vorbau des ers~en Psalmbuches mit Klageclustern von überwiegend Singularpsalmen verschIedenster Themen aus. Die erste Erweiterung des elohistischen ~salte~s mit ~er zweiten Sammlung von Korachpsalmen ist so abgeteilt, daß die m?althch WIe kompositionell zentrale Sammlung von Asaphpsalmen in das mIttlere Psalmbuch gelangt. Das vierte Psalmbuch hat mit seiner Umspielung derTora b~so~ders am A?fang und Schluß in Verbindung mit den Jhwh-KönigPsalmen em eIgenes ProfIl. Das fünfte Psalmbuch schließlich enthält alle nachkultisch gebrauchten Liturgien und überliefert sie in einem weisheitlichen Rahmen. 309 Wir hab~n die Orientierung auf die Tora bereits in Verbindung mit einer ganzen ReIhe von Themen kennengelernt: so ist das Lob der Tora in Ps 19 mit dem Lob der Schöpfung verbunden,310 Ps 78 und 103-106 preisen die Geschichte, soweit sie in der Tora erzählt wird. Ps 119 trennt als Tora-Psalm die ?eiden ausschließlich wirkungsgeschichtlich als Liturgien belegten Texte und Ist vermutlich im Kontext des vorliegenden masoretischen Textes dem Wochen~est zuzuordnen. 311 Ps 1 f. schließlich, die Einleitung zum Psalter, verbindet dIe Themen von Tora und Königtum. Wir können den Psalter als kanonischen Text wesentlich durch die Verbindung seiner Themen mit der Tora
So sehr prägnant SHEPPARD, Future 75. S. o. S. 200 Anm. 148. So bes. WILSON, VT34. 308 GESE, Entstehung. 309 Hier ist auch der Sonderfall des vierten und fünften Psalmbuches mit der Voranstellung des Dankes zu nennen. Zu den Dankelementen als Gliederungszeichen im fünften Psalmbuch vgl. auch KRATZ, ZThK 89,1-40, hier S. 37 Anm. 106. 310 S. O. S. 58f. Anm. 327. Vgl. auch bereits S.14O Anm. 379. 311 S.o. III.3.3.1. S. 27f. 306 307
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TeiIIII: Die Entstehung des Psalters
gekennzeichnet sehen. In diesem Sinn ist Maier zuzustimmen, der zur Einleitung des Psalters mit Ps 1 schreibt: 312 "nicht nur der Psalter wird durch seine "Einleitung" hermeneutisch determiniert, ~u nächst dürfte wohl eine bestimmte Auffassung vom Psalter zur Vorschaltung der "Emleitung" geführt haben."
Mit der Voranstellung von Ps 1 ist die bereits ältere Orientierung des Psalters auf die Tora noch einmal betont an den Anfang gestellt worden. Die Weisheit, die der Psalter vermittelt, 313 wird mit Ps 1 in Beziehung zurTora gesetzt. Ps 1 ist nun mit seiner Lehre der zwei Wege ein überaus polemischer Text. Bei dem Versuch, die Gegner, gegen die sich Ps 1 wendet, zu bestimmen, .ist ~ie b~i Ps 151 an die hellenisierenden Kreise gedacht worden, gegen dIe sIch die Makkabäer wenden. 314 Diesem Versuch des Verständnisses von Ps 1 als vorangestellter Überschrift des Psalters entspricht die Deutung von Ps 151 als makkabäischer Nachschrift,315 nur daß Ps 1 in den masoretischen Text aufgenommen wurde, Ps 151 aber nicht zuletzt aus Gründen des jungen Alters dieses Psalms nur in der Septuaginta und in Qumran erhalten ist. Auch hier zeigt sich, wie fließend einerseits die Abgrenzung des Psalters an seinem Rand in dieser Zeit noch war und wie hart andererseits um das Verständnis von rechtem Judentum gerungen wurde. . Die Vorschaltung von Ps 1 ist in jedem Fall im Kontext von NormIerungsversuchen zu verstehen, die wir in allen Kompositionsstufen des Psalters feststellten. Daß beim Psalter solche Normierungsversuche besonders nötig waren, zeigt ein Blick in die Wirkungsgeschichte dieses Buches: es ist für die Trägerkreise des Psalters mit ihrem Versuch, die Randgemeinde an Jerusalem zu binden, ein kaum erträgliches Unterfangen, wenn eine Sondergeme~nde w~e die Qumranleute den Eingang des Psalters in eigenem Sinn interpretIert, WIe sie es in 4QFlor tut: dieser Midrasch kündigt für die bevorstehende Endzeit die Ankunft eines davidischen Messias und priesterlichen Toraerklärers an. 316 Er appliziert damit die Antithesen von Ps 1 für die eigene Gruppe als die Gerechten. 317
3. Die Stabilisierungsphase des Textes des Psalters
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Sondergruppen, innerhalb derer der Psalter überliefert wird. 318 Beispielsweise im entstehenden Christentum wie in Qumran wird der Psalter zur meistzitierten Schrift. 319 Die Applikation des Textes ist damit auch außerhalb der Trägergruppe möglich. Wirkungsgeschichtlich sind damit die Versuche, mit der Textedition Elemente einzubringen, die die Leser nicht nur auf Jerusalem, sondern auch auf den vermutlichen Trägerkreis des Psalters orientieren, letztlich gescheitert: Textapplikation ist ein historisch offener Prozeß. 320
3.4 Ergebnis: Der Psalter in der Zeit von Qumran Der Psalter erweist sich in der Zeit von Qumran als vorher bereits weitgehend abgeschlossene Schrift. 321 Fest ist der Text dort, wo wir ihn bereits in persischer Zeit als komponiert beschreiben können, offen dort, wo wir mit späteren Nachträgen rechnen müssen, also im ersten Kompositionsbogen und im Bereich des Psalters ab Ps 101. Völlig neue kompositorische Aspekte ergab~n sich in dieser Ausbaustufe des Psalters nicht. Unserer Analyse nach werden die in persischer Zeit angelegten Tendenzen durch den Ausbau des Psalters ausgeweitet und präzisiert. Der masoretische Psalter erweist sich gegenüber der in Qumran vorliegenden Version als durchweg älter. Auch der Schluß der Sammlung von Wallfahrtspsalmen bildet hier keine Ausnahme. Diese späteste Variation eines weitgehend bereits zugrundeliegenden Textzusammenhanges finden wir am Schluß der Sammlung von Wallfahrtspsalmen, den wir in seiner vorliegenden masoretischen Form kompositionell für in frühpharisäischer Zeit abgeschlossen halten. 322 Vom Befund in dieser spätesten Zeit her zeigt sich damit aber auch, daß die außerbiblisch bezeugten Liturgien des Ägyptischen Halleis (wohl in der Fassung Ps 111ff.) und der Wallfahrtspsalmen Ps 120ff. als Quellen in diese späteste Komposition eingearbeitet wurden.
Auch in der weiteren Wirkungs geschichte finden wir insbesondere jüdische 312 MAlER, FS Gunneweg 354. Vgl. nun auch die ähnlich hermeneutisch reflektierten Überlegungen von MCCANN, Interp. 46. Zur Kritik an Gese vgl. oben S. 211f. 313 Vgl. dazu auch MILLARD, WuD 22. . . 314 MAlER, FS Gunneweg. Maiers Interpretation ist von d~r rabblmsche~ Deutung d~s Psalms her zu unterstützen: beispielsweise jBer 1,7, 40a deutet die Orte der Spotter, geg~n dIe sich Ps 1 wendet, auf die hellenistischen Vergnügungen wie Theater, Rennbahn und Zlr~u~. Oft wird Ps 1 so gedeutet, daß sich der Mensch nur mit der überliefert~n Gotteslehre besch~ftl gen solle (bAZ 19b: ein Drittel Schrift, ein Drittel Mischna, ein Dnttel Talmud), also mcht etwa mit der griechischen Literatur. ANDRE, VT 32, 327, h~t die Deutung ~?n Ps 1 auf ~as Zitieren des Schma Jisrael in jüngster Zeit wiederholt, allerdm?s ohne zu erw~hnen, daß dIes eine in der mittelalterlich jüdischen Kommentarliteratur geläufIge Auslegung 1st. 315 FABRY FS Groß. S.o. 11I.3.2.l. 316 Vgl. z~m Folgenden: MARBÖCK, FS Groß 207-222, hier 218. 317 MARBÖCK (FS Groß) hat weitere derartige Umdeutungen von Ps 1 zusammengestellt.
Die christlich interessanteste Umdeutung bietet dabei wohl der Barnabasbrief (11,6-8), der in einer Reihe prophetischer Stellen in Ps 1 Wasser und Kreuz verbunden sieht. 318 So betont FÜGLISTER, in: Beiträge 344ff. mit zahlreichen Belegen aus dem Gottesdienst von Sondergruppen wie den Qumranleuten, den ägyptischen Therapeuten (Philo, De Vita Contemplativa 25) und neutestamentlichen Stellen. 319 Vgl. dazu die Stellen bei Nestle/Aland26 752ff., und als Interpretation KRAUS, Theologie 223, und die Weiterführung durch WALKENHORST, ZKTh 104, 25-47, sowie FABRY, FS Groß 51 für Qumran. 320 Vgl. das Plädoyer von BERGER, Hermeneutik. 321 S.o. S. 203f. (insbes. Anm.161) zu 4QPsb als Textzeugen für den fraglichen Übergang um Ps 100. 322 Mit FÜGLISTER, in: Beiträge 38Off., der allerdings den Psalter auch weitgehend inhaltlich in diese Zeit hineinversetzt.
1. Die Stellung des Psalters im Kanon
241
R~.~apitulat~on dieses Erzählzusammenhanges, der etwa die Hälfte der Hebralsche~ Blbel um~aßt, wird in den Chronikbüchern auf den ersten Tempel kon~ent~lert: vo~ semer Planung und zur Einteilung des Tempeldienstes unter D~vld biS zu semer Zerstörung. Von dem Inhalt der Chronikbücher her ist
Ausblick Der Psalter als Teil des Kanons 1. Die Stellung des Psalters im Kanon Wir betrachteten die Auslegungsebenen der Einzelpsalmen, der Psalmgruppen und der diachron erkennbaren Stufen des Psalters. Statt einer Zusammenfassung wollen wir nun noch die Erträge der Arbeit mit der umfassendsten Ebene der Auslegung in Beziehung setzen, mit dem Kanon in seiner vorlicgcnden Form. Der literarische Ort des Psalters ist in der Textausgabe der Biblia Hebraica Stuttgartensia (BHS) der Anfang des dritten Kanonteils der Hebräischen Bibel, der Schriften (c':m1:». Diese Stellung des Psalters ist zwar in anderen Traditionen gut bezeugt, 1 aber mit dieser Positionierung des Psalters in der kritischen Bibelausgabe weichen die Herausgeber von der Stellung ab, die der Psalter in dem Codex Leningradensis B 19A einnimmt, nach dessen Text die BHS gehalten ist. Dieser Codex stellt die Chronikbücher vor den Psalter an die Spitze des dritten Kanonteils, der Schriften. 2 Diese Stellung ist eine inhaltlich sehr gewichtige Position, da mit ihr eine Verknüpfung der verschiedenen Kanonteile erreicht wird: die Chronik erzählt die Geschichte von David bis zur Zerstörung des ersten Tempels neu. In Listen und kurzen Andeutungen reicht die Chronik sogar von der Schöpfung bis zum Kyrosedikt. Von der Reichweite der in den Chronikbüchern erzählten Geschichte ist daher der gesamte Erzählzusammenhang von Gen 1 bis 2Kön 25 zum Vergleich heranzuziehen. Die 1 BECKWITH, Canon 452ff., zählt über 20 Handschriften und außerbiblische Kanontraditionen auf. Ähnlich ist auch die Stellung des Psalters in der griechischen Tradition, innerhalb derer der Psalter an der Spitze des Blockes von Schriften steht, der in der hebräischen Tradition der dritte Kanonteil ist (aaO. 194). Der Psalmenkommentar von KRAUS ist seit seiner Neubearbeitung zur fünften Auflage einer der wenigen Psalmenkommentare, in dem sich ein Hinweis auf die kanonische Stellung des Psalters findet (KRAUS 2). 2 Im Vorwort der BHS (S.III) erfährt der Leser nur, wohin die Herausgeber die Chronikbücher in der Edition gestellt haben (was ohnehin aus dem Inhaltsverzeichnis hervorgeht), nicht aber, wo die Chronikbücher im Codex Leningradensis selbst stehen. Hier zeigt sich einmal mehr, daß eine photographische Wiedergabe eines Mustercodex mit kritischem Apparat als wissenschaftlicher Standardtext ein durch nichts ersetzbares Desiderat ist. BECKWlTH, Canon 455 ff., führt neben der ältesten vollständigen Bibelhandschrift, dem Codex Leningradensis 19a (11. Jh.), und dem vermutlich bereits von Maimonides benutzten Mustercodex, dem Codex Aleppo (10. Jh.), noch 12 weitere, teilweise gewichtige Handschriften mit der Voranstellung der Chronik an. Vgl. auch GINSBURG, Introduction 7.
seme Vorordnung zum Psalter als Teil einer umfassenden literarischen Fiktion erkennbar: Wird in den Chronikbüchern die äußere Geschichte des ersten Te~pels erzählt u~d.an zentralen Stellen mit Psalmen ausgeschmückt, so geht es Im ~salter um die mneren Vorgänge, die Lieder des Tempelgründers David 3 und semes Kultpersonals, die gelegentlich durch ihre Überschriften auf eine konkr~te Situati~n zurückbezogen werden. 4 Dies ist aber nur die Deutung der kanomschen Reihenfolge einer von vielen Handschriftentraditionen im Bereiqh des dritten Kanonteils. Neben der für die Septuaginta typischen Nachordnung der .~hr.onik hin~er .?ie Königsbücher 5 gibt es eine weitere bevorzugte Stellung fur die Chromkbucher: der Schluß des dritten Kanonteils. 6 In dieser Stellung ist die Chronik die Summe des Kanons schlechthin. Inhaltlich verwandt mit der Voranstellung der Chronikbücher vor den Psalter ist die Spitzen stellung des Buches Rut im Kanonteil der Schriften: 7 hier steht mit dem sogenannten kanonischen Schluß des Buches Rut S der Stammbaum von Rut bis David vor dem Beginn des Psalters. 9 Hier ist von der Buchstellung her deutlich, daß der Psalter wie beispielsweise in Qumran und der rabbinischen Tradition als Davids Buch aufgefaßt wird. Mit der Voranstellung des Buches Rut vor den Psalter ist die seltenere Tradition in Verbindung Vgl. die Überschrift Ps30,1: 1177 n'~C1 n~m-"w 'i~T/;l. Ein Gesang. Ein Lied zur Einweihung des Hauses, v~n David. Dort, wo die Chronik noch stärker an die deuteronomistische Tradition gebunden ist, daß Salomo den Tempel gegründet hat (vgl. die chronistische Aufnahme des deuteronomistischen Kapitels 2Sam 7 in lChr 17 ohne die Begründung, warum David das Haus Gottes nicht selbst bauen darf), scheint der Psalter mit der Überschrift von Ps 30 auch diese Grenzen zu überspri~gen: allerdings mit der philologischen Doppeldeutigkeit, daß nicht ganz klar ist, ob Dav~ds eigenes Haus oder der Tempel gemeint ist. Vgl. insgesamt die Darstellung bei MEYERS, Davld. 3
4
Die Chronikbücher kennzeichnen David als denjenigen, der die levitischen Dienste
or~n.et und fördert. So trägt David selbst den levitischen Mantel (lChr 15,27) und ordnet den
l~vJtlschen Dienst, der im weiteren Textverlauf mit einer Psalmenzusammenstellung aus dem vierten Psalm~uch vorgestellt wird (lChr l6,4ff.). 5 Vgl. die. U~~rsicht bei BECKWITH, Canon 194 (mit den Septuagintahandschriften Codex VatIcanus, Smalbcus und Alexandrinus). 6 Neben bBB 14b und Ben Uziel (Kitab al-Khilaf) über 60 Handschriften, die BECKWlTH, Testament 452ff., aufführt. 7 bBB 14b; Ms Ec 1 (ca. 680) + 19 (13.114. Jh.), sowie viele Handschriften des 12.-15. Jh. und die Abhandlungen Kitab al Khilaf und Adat Deborim. Diese Handschriftentradition stellt also nicht die fünf Megillot zusammen. 8 Rut4,18-22. 9 Ms Schwarz 3 (BECKWr.m, Canon 4~5) bietet eine Mischvariante: Rut, Chronik, Psalter. Vgl..aber auc~ 4 Hand~~hnften. (Beck~th, Canon 463) und Vienna Nr. 4 (GINSBURG, IntroductIon 777), m denen fünf Megillot begmnend mit dem Buch Rut als Gruppe vor dem Psalter stehen.
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1. Die Stellung des Psalters im Kanon
Ausblick: Der Psalter als Teil des Kanons
zu bringen, nach der die sogenannten Megillot im Block vor dem Psalter als Einleitung des dritten Kanonteils stehen. 10 Die Zusammenstellung von fünf Festrollen ist jedoch sehr spät, erst seit dem Mittelalter wird jede dieser Rollen zu einem der jüdischen Hauptfeste gelesen. 11 Neben der Stellung des Psalters im Kontext zu David betreffenden Schriften und zu anderen liturgisch geprägten Büchern ist der Bezug des Psalters zu den anderen weisheitlichen Schriften im dritten Kanonteil zu beachten. Eine feste Beziehung in der kanonischen Stellung des Psalters besteht insbesondere zu dem Hiobbuch und den Sprüchen. 12 Bemerkenswert ist innerhalb dieser Schriften die Stellung des Buches Hiob zum Psalter: wird das Buch Hiob dem Psalter vorgeordnet,13 so wird die Tendenz innerhalb des Psalters von der Klage zum Lob verstärkt. Die Vorordnung des Psalters vor das Buch Hiob ist hingegen wohl eher historisch durch den Psalter als Kristallisations~er~ ~ieses Kanonteils bedingt, diese Stellung entspricht aber auch der welshelthchen Rückwendung von Lob und Dank in die Klage im Psalter selbst. 14 Wir werden durch den Zusammenhang des Psalters mit dem Hiobbuch und den Sprüchen auf den weisheitlichen Editionszusammenhang im Psalter selbst verwiesen, den wir bereits bei den Rahmenstücken der Psalmbücher , aber auch in der Einleitung des Psalters durch Ps 1 kennenlernten. Bemerkenswert ist auch, daß die Septuaginta keine gegenüber den hebräischen Handschriften durchgehend abweichende Stellung der Psalmen .~at, wie sie durch die Editionen der Septuaginta und der von ihr abhängigen Ubersetzungen wie etwa den deutschsprachigen Ausgaben vermittelt wird: beispielsweise zwei der drei großen alten griechischen Bibelhandschriften, der Codex Sinaiticus und Alexandrinus, haben einen durch die septuagintatypischen Zusätze leicht variierten dreiteiligen Kanon der Hebräischen Bibel und stellen den Psalter an den Anfang des dritten Kanonteils. 15 Die durch die BHS vermittelte Anfangsstellung des Psalters entstammt weniger dem äußeren Befund d~r Handschriften als der vermutlichen historischen Stellung des Psalters als Kn10 Insgesamt führen BECKWITH, Canon 463f., und GINSBURG, Introduction 777, 8 Handschriften diesen Typs auf. 11 Hohelied (Pessach), Rut (Schabuot), Threni (9.Av), Prediger (Sukkot~ und Ester (C~anukka). Einzelne Rollen, insbesondere die zu den kleinen Festen,.Threm un~ Ester, smd gewiß früher zu den Festen gelesen worden. Beim Buch Ester ge.ht dieses ~us ~lgenarten der Textüberlieferung "Der Rolle" (;"'l~;') hervor, bei den Threm haben wir dieS anhand der Liturgieentwicklung vermuten können (s. o. S. 184 und 190f.). 12 Dazu nun ausführlich MILLARD, WuD 22. 13 So z.B. Hieronymus, Prologus Galeatus (am leichtesten zugänglich in: Weber u.a. [Hg.], Biblia Sacra Iuxta Vulgatam Versionem, Bd.1, Stuttgart 1969, 364ff.) (dazu BECKWITH, Canon 457) und Epiphanius, Panarion 8,6, 1-3 ~?CS 25 S .. 191.Z.9 - S.: 192 Z.9) (dazu BECKWITH, Canon 189). Diese Stellung gehört zur Tradition der g~echlschen Uberset~u~~ der Hebräischen Bibel, sofern diese nicht wie die frühen Handschriften durch den dreiteiligen .. . hebräischen Kanon geprägt ist. 14 Siehe dazu oben 1.3.4.2 die Zusammenstellung der Psalmen, die die Dommanz der Rückwendung in die Klage als weisheitliehe Figur belegen. 15 BECKWITH, Canon 194.
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stallisationskern des entstehenden dritten Kanonteils, der Schriften. 16 So haben wir bei Philo 17, J osephus 18 und dem Evangelium nach Lukas 19 die Psalmen als Grundbestand des entstehenden dritten Kanonteiles. 20 Diese im Detail unterschiedlichen Stellungen des Psalters lassen historisch nur den Schluß zu, daß innerhalb der Schriften die Bücher als solche, nicht aber ihre Stellung innerhalb des dritten Kanonteils kanonisiert wurden. Die Kanonisierung der Schriften ist also nicht so durchgearbeitet wie die der Tora und größtenteils auch der Propheten. 21 Wenn beispielsweise J. Maier feststellt, daß es den Kanon streng genommen erst gibt, "nachdem eine jüdische Richtung die pharisäisch-rabbinische, ihre Auffassung durchgesetzt hatte, nämlich im 3./ 4: Jahrh~ndert n. Chr. "22, s? ist selbst diese Spätansetzung für die Etablierung emer ReIhenfolge der Schnften noch zu früh, wie die im Detail unterschiedliche Überlieferung auch in gewichtigen Handschriften zeigt. Eine ähnliche systematische Abstufung hinsichtlich der Kanonizität von der Tora als Kern des Kanons der Hebräischen Bibel über die Propheten bis zu den Schriften gibt es damit sowohl hinsichtlich der Reihenfolge als auch ihres Gebrauchs im Gottesdienst: 23 während die Tora im Gottesdienst ganz gelesen wird, was ihre Fixierung hinsichtlich der Reihenfolge unbedingt erfordert, variieren bereits die Prophetenbü~~er, aus denen nur Einzelabschnitte im Gottesdienst gelesen werden. Die Uberlieferung der Schriften, die mit der Ausnahme der Megillot keine Lesetexte des Gottesdienstes sind, lassen bis auf feste Teilgruppen von Schriften und inhaltlich bestimmten Zusammenstellungen keine durchgängige Ordnung erkennen. Von daher scheint es auch kein Bedürfnis gegeben zu haben, die Stellung der Bücher im Kanonteil der Schriften festzulegen. Während wir im 2. Jahrhundert im Prolog des Jesus Sirach bereits ein erstes Zeugnis für einen dreiteiligen Kanon vorfinden, 24 bezeugen beispielsweise die Zum dreiteiligen Kanon vgl. insbesondere SirProl1.3. Philo, De Vita Contemplativa 25, bezeugt die Reihenfolge Gesetz, Propheten, Psalmen und die anderen (Schriften): VOflOU\; xai MYLa 8EOmo8fVLa ÖLU :rt(>OcpllTWV xai ÜflVOU\; xat TU iXA.Aa Or\; EmOT~flll xai fuotßfLa ouvaU~OVTaL xai TfAfLOVVTaL. 18 Josephus, Contra Apionem 1,7f.: Psalmen, Sprüche, Klagelieder, Hohelied als Beispiel für "Schriften". 19 Lk 24,44: Tora, Propheten und Psalmen. 20 Die Psalmen als Kern der Schriften betont auch MAlER, JBTh 3, hier 144f. Ähnlich beispielsweise FABRY, FS Groß. 21 Zu unterschiedlichen Positionierungen innerhalb der Prophetenbücher vgl. z.B. bBB 14b (Jeremia; Jesaja; Ezechiel; Dodekapropheton), sowie den allgemeinen Überblick bei Beckwith, Canon 194 (die alten großen Septuaginta-Handschriften des Vaticanus und Sinaiticus stellen das Dodekapropheton vor die großen Prophetenbücher). 206f. u.ö., und SARNA, EJ 4, 814-836. 22 MAlER, JBTh 3,146. 23 Vgl. die Übersicht bei MAlER, Testamenten 16, der deutlich macht, daß der erste Kanonteil, die Tora, vollständig im Gottesdienst gelesen wird, der zweite Kanonteil, die Propheten, auszugsweise in den Kommentarperikopen zur Toralesung, und der dritte Kanonteil, die Schriften, außer den fünf Festrollen nicht. 24 Jesus Sirach (2. Jh.), Prolog (1.Satz): :rtOAAWV xai fleyaAWV Ttfliv ÖLU TOV VO!lOu xai TWV :rt(>ocpllTWV 16 17
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Ausblick: Der Psalter als Teil des Kanons
jüngeren Quellen des Neuen Testaments noch die Zweiteilung in Tora und K anonte1'1 s26 1st ' I · Propheten.25 Besonders die Durchsetzung des dntten aso 27 offensichtlich ein langwieriger Prozeß gewesen. Die Frage nach dem Abschluß des Kanons der Hebräischen Bibel wurde früher üblicherweise mit dem Hinweis auf die Synode von Jamnia etwa 80 n. ehr. in Verbindung gebracht. 28 29 Nun wurde besonders durch die Arbeiten von P. Schäfer und G. Stemberger deutlich, daß das Postulat einer solchen Synode eine rein christliche Analogiebildung ist, die nicht der Praxis rabbinischer Diskussion und Entscheidungsfindung entspricht. Es hat demnach keine solche Entscheidung über den Kanon im rabbinischen Lehrzentrum in Jamnia stattgefunden. Die Kanonsgeschichte spiegelt die lange Geschichte der Selbstdefinition einer Gemeinschaft wider im geschichtlichen Prozeß über eigene, z.B. auch regionale und sozial unterschiedliche Entwicklungen und Differenzierungen hinweg. Kennzeichen für die Kanonsgeschichte ist dabei offensichtlich die Verwendung im Gottesdienst, wobei die Problematik des dritten Kanonteils sowohl die Verwendung im Gottesdienst als auch seine Kanonisierung ausmacht. Wir können hier nicht auf die Detailfragen dieses zur Zeit sehr intensiv diskutierten Themas eingehen, aber die beiden Extrempositionen lassen sich allerdings ausschließen: Die Entscheidung über den Kanon ist wohl weder ein bereits im 2. Jh.V. ehr. im Prinzip abgeschlossener Vorgang 30 noch ein in christlicher Zeit völlig offener Prozeß. 31 Daß der Psalter der Kern des entstehenden dritten Kanonteils war, verdeutlicht, daß unsere innere Beschreibung des Psalters als Text mit seiner äußeren Überlieferung konvergiert: als Text mit normierendem Interesse beschrieben wir bereits die Anlage des Psalters in xai 'toov ä'f..'f..wv 'toov xa't' au'tOut; ~xo'f..oue1']x6'twv ÖEÖO~EVWV. Vieles und Großes ist uns nun durch das Gesetz, die Propheten und die anderen (Schriften), die sich diesen anschließen, gegeben. 25 Vgl. Mt 7,12; 11,13; 22,40; Lk 16,16; 24,44; Jh 1,45; Apg 13,15; 24,14; 28,23; Röm 3,21. 26 Es spricht einiges dafür, von einer langsamen Abtrennung einzelner Bücher aus dem Kanonteil der Propheten und Ergänzung dieser Schriften durch weitere auszugehen, da beispielsweise die Psalmen immer wieder als prophetische Schrift zitiert werden, so etwa ~och Barn 11,6-8 in der Einleitung eines Zitates aus Ps 1. Die Autorität der Bücher des dnt~en Kanonteils hängt also noch in dieser späten Zeit an ihrer Verbindung zum älteren Kanontell. 27 Mit STECK, FS Pannenberg 241 f. 28 So im Prinzip noch EISSFELDT, Einleitung 769f. 29 SCHÄFER, Jud. 31, 54-64.116-124; STEMBERGER, Kairos 19,14-21; ders., Judentum 18 u. ö.; ders., JBTh 3,160-171. Unlängst hat STECK, FS Pannenberg 234, aufI;I. GRAETz.als den Begründer der Theorie von der Synode von Jamnia verwiesen (Graetz, Kohelet, LeIpzIg 1871, dort der Anhang I: Der alttestamentliche Kanon und sem Abschluß, 147-173). Vgl.als neuere Überblicke über die Diskussion HENNINGS, Briefwechsel, bes. 107, und VELTRI, JSJ 21,210-226. 30 So LEIMAN Canonization, hier z. B. 135, noch früher datiert BECKWITH, Canon, vgl. dazu die treffende Kritk von MILLER, JBTh 3, 217-239, bes. 224 Anm.19, dort weitere Literatur. 31 So mit Verweis auf die Zitierung kanonischer und apokrypher Schriften in den Werken der neutestamentlichen Zeit DIEBNER, DBAT 21, 139-199, hier 159. Zur zeitlich unteren Grenze des Textes des Psalters anhand eines Vergleiches des masoretischen Textes mit den Qumranschriften s. o. 111.3.
2. Der Psalter als häusliches Gebetsbuch und das entstehende Pflichtgebet
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exilischer Zeit. Spätestens seit der persischen Zeit haben wir mit dem Psalter als kanonischem Buch neben den parallel entstandenen Großsammlungen wie dem Pentateuch, dem deuteronomistischen Geschichtswerk und dem Jesajabuch zu rechnen. Gleichwohl war die konkrete Ausgestaltung des Psalters bis in die Zeit des ersten Jahrhunderts v. ehr. noch im Detail länger variabel, als wir es mit der Ausnahme des Danielbuches für die parallel entstandene Literatur annehmen können. 32
2. Der Psalter als häusliches Gebetsbuch und das entstehende Pflichtgebet ~n der Geschichte des Psalters nach der letzten Phase seiner Komposition her sind unsere Beobachtungen von normativen Elementen in der Komposition des Psalters zu relativieren: das normative Gebet in der Zeit der Wirkungsgeschichte des Psalters ist für alle Trägerkreise des Psalters jeweils nicht der Psalter geworden, sondern das Achtzehn-Bitten-Gebet. Dieses mag mit der Benutzung des Psalters durch sehr viele jüdische Sekten zusammenhängen, ist aber auch durch seinen Umfang bedingt. 33 Führen wir deshalb noch den Vergleich des Psalters mit dem zentralen täglichen Pflichtgebet des rabbinischen Judentums weiter, dessen formgeschichtliche Parallelen zur Komposition von Psalmgruppen wir bereits herausarbeiteten. 34 Wirkungsgeschichtlich finden wir mehrere Applikationen des Psalters auf das Achtzehn-Bitten-Gebet: so deutet z. B. eine ab amoräischer Zeit (3./4. Jh.) breit belegte Auslegung Ps 29 mit seinen 18 Erwähnungen des Gottesnamens Jhwh auf das Achtzehn-Bitten-Gebet. 35 Am Anfang des Psalters haben wir einen weiteren Hinweis auf eine Analogie zum Achtzehn-Bitten-Gebet: in 32 Zur historischen Parallele des Danielbuches mit seinem Anfang in persischer und seinem Abschluß in makkabäischer Zeit vgl. nun bes. KRATZ, Translatio. 33 Wir betrachten hier nicht die Geschichte eines normativen Gebetes im Christentum. Als solches wäre im wesentlichen an das Unser Vater zu denken, das gemäß Didache 8,3 dreimal täglich zu beten war, was eine beachtliche Parallele zur im folgenden nachzuzeichnenden Entwicklung des jüdischen Gottesdienstes sein könnte. Formgeschichtlich ist das Unser Vater eine Gruppe von Bitten mit nachträglichem (vgl. Mt 6,13 Apparat im NTG z. St.) doxologisehern Abschluß. 34 S. 0.11.3.5.1. 35 Die Belegstellen sind ab amoräischer Zeit so breit gestreut OBer 4,3,7 d.8a; bBer 9b.28; GenR 69 zu 18,13; LevR 1 zu 1,1; Tanl)uma B zu Gen 18,1; Midrasch Tehillim zu Ps 29), daß diese Vorstellung in jedem Fall bereits tannaitisch (1. Jh.v. bis 2. Jh.n. Chr.) anzusetzen ist. TOURNAY, Voir 103 (dort nur ein geringer Teil der rabbinischen Stellen), hat diese Interpretation mit dem Hinweis auf die Segensformel in Ps28 (v. 6) unlängst neu in die Diskussion gebracht. Obwohl wir hier bereits Erwägungen zum Vorbau des ersten Kompositionsbogens anstellten und Ps 29 auch von der Interpretation seiner Stellung im ersten Psalmbuch als ein kontextuell eingefügtes Elemente erscheint (dazu bereits oben II.3.2.3 und 5), halten wir die Notiz von Midrasch TehiIIim zu dieser Stelle für eine exegetische Eintragung in nachbiblischer Zeit.
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Ausblick: Der Psalter als Teil des Kanons
2. Der Psalter als häusliches Gebetsbuch und das entstehende Pflichtgebet
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bBer 9 b.lO a wird das Zusammenziehen von Ps 1 und 2 damit begründet, daß der Torapsalm Ps 19 so als Entsprechung zum Schluß des Achtzehn-Bitten-Gebetes zu stehen komme. Diese Exegese aus spät antiker Zeit läßt sich noch insofern plausibel machen, als wir im Bereich des ersten Kompositionsbogens mit Ps 1 f. und Ps 9 f. zwei in der Textgeschichte nicht ganz eindeutig getrennte Psalmen vorfinden,36 und diese Abgrenzungsprobleme mit der gesuchten Analogie in Verbindung zu bringen wären. 37 Doch ist in der mehrheitlichen in der hebräischen Texttradition bezeugten und von uns als wahrscheinlich ursprünglich herausgearbeiteten Psalmtrennung die Abgrenzung als ursprünglich erachtet worden, die diese Analogie nicht hat. Dafür, daß die Deutung der Beziehung zwischen Ps 1 und 19 eine nachträgliche Eintragung ist, spricht weiterhin, daß zwischen den einzelnen Psalmen und den einzelnen Segensbitten keine speziellen Entsprechungen ersichtlich sind. Auch hier strahlt die Dignität des Achtzehn-Bitten-Gebetes in rabbinischer Zeit eher auf den Psalter aus, als daß umgekehrt die Gestalt des Psalters auf das Achtzehn-Bitten-Gebet Einfluß genommen hätte. Gleichwohl stammen der normative jüdische Gottesdienst, dessen Kernbestand neben dem dreiteiligen Schma JisraeP8 das AchtzehnBitten-Gebet ist, und der Psalter aus einer gemeinsamen Kommunikationssituation. Beide Gebetssammlungen haben zu unterschiedlicher Zeit parallele Funktionen wahrgenommen: die Normierung von Gebet außerhalb des Tempels.
(2. Jh. v. Chr.)41 sowie Mezuzot und Tefillin aus Qumran bekannt. 42 Der Wegfall des Dekaloges beim Zitieren des Schma Jisrael wird in jBer 1,5, 3c ausdrücklich damit begründet, daß man den Häretikern keinen Anlaß geben wolle, nur den Dekalog für Gottes Offenbarung am Sinai halten zu können. 43 Diese Segenssprüche im täglichen Gottesdienst der PriesterffilCh dem Dekalog sind nun teilweise aus dem späteren Gebet der Laien bekannt: :l'~~J n1?!:! ("wahr und fest"), :-r1:1~ ("Dienst") und C'mj ("Priestersegen").44 Den Priestersegen kennen wir als Schlußsegen des Gottesdienst~~ beispielsweise aus dem Sabbatgottesdienst. 45 Der Segensspruch Wahr und fest entspricht nach jBer 1,5, 3c dem in rabbinischer Zeit gebräuchlichen 3. Segensspruch des Schma Jisrael vor dem Achtzehn-Bitten-Gebet, der im Laiengebet erste Segensspruch über Gott als Schöpfer des Lichtes (';11 ,~;,) ist beim täglichen Gottesdienst der Priester nicht sinnvoll, weil dieser vor Sonnenaufgang stattfand. 46 Desgleichen entspricht die 3. Segensbitte des Gottesdienstes der Priester dem 2. Segensspruch vor dem AchtzehnBitten-Gebet des Laientamids. 47 Mit diesen beiden Segenssprüchen, die im Gottesdienst der Priester nach dem Schma Jisrael und im Laientamid zwischen Schma Jisrael und dem Achtzehn-Bitten-Gebet stehen, ist auch ein weiterer Hinweis auf die Kontinuität zwischen Priester- und Laientamid gegeben. Als Träger dieser Kontinuität sind die levitischen Tempeldienstmannschaften anzusehen, die speziell zu ihrem Priesterdienst nach Jerusalem kamen und sonst in den verschiedenen Bezirken Israels wohnten. 48 Wir haben mit dem Wegfall des Dekaloges und der Einfügung des Fluches gegen Häretiker auf dem Weg vom Tempelgottesdienst zur Gestalt des Taggebetes in rabbinischer Zeit zwei Entscheidungen, die die Abgrenzung im jüdischen Gottesdienstes der Zeitenwende gegen Häretiker verdeutlichen. 49
Die Hauptbestandteile des heutigen jüdischen Gottesdienstes finden wir bereits in Text und Aufbau von mBer: mBer 1-3 behandelt das Schma Jisrael, mBer 4-5 das AchtzehnBitten-Gebet. Doch geht diese Grundform des jüdischen Gottesdienstes damit keineswegs erst auf die Phase der Redaktion der Mischna im 2. Jh. zu.rück. Die rabbi~is~hen Quellen selbst gehen sogar von einer Entstehung des Achtzehn-Bitten-Gebetes beispielsweise durch die Männer der Großen Synagoge oder durch noch frühere Autoritäten aus. 39 Es spricht in der Tat einiges dafür, die Grundform des jüdischen Gottesdienstes bereits in die Zeit vor der Zerstörung des 2.Tempels anzusiedeln. Neben den schon erwähnten Hinweisen auf die Ordnung von Zahl, Inhalt und Abgrenzung der Berachot in J amnia und insbesondere die Einfügung der Bitte gegen die Häretiker 40 spricht dafür hauptsächlich die in Mischna Tamid überlieferte Form des Morgengebetes der Priester im Tempel. Bestandteile sind hier das dreiteilige Schma Jisrael, dem ein Segensspruch und der Dekalog vorgeordnet und drei weitere Segenssprüche nachgeordnet sind. Die Verbindung zwischen Dekalog und Schma Jisrael ist auch aus dem Papyrus Nash
Das Achtzehn-Bitten-Gebet ist also ein neuer Bestandteil des täglichen Gottesdienstes der Laien gegenüber dem Gottesdienst der Priester. Es würde bei einer direkten Beziehung zwischen dem Priester- und dem Laientamid dem täglichen Rauchopfer
Vgl. oben die Auseinandersetzung 1.1. . ..... SO Z. B. jBer4,3, 7 d und bBer9 b mit dem Hinweis auf die unterschiedliche Zahlwelsen des Achtzehn-Bitten-Gebetes in Babyion und Israel. . 38 Dtn 6,4ff.; 11,13ff.; Num 15,37ff. sind bereits in mTam 5,1 als dreiteilig~s B~kenntms zusammengefaßt. Eine Nachdatierung des dritten Teils des Schma Jisraellegt Sich mcht nahe (mit SCHÄFER, in: Literatur 402 u. a., beispielsweise gegen das anregende Buch von VON DER OSTEN-SACKEN, Katechismus 1 4 4 ) . . . ..' " 39 bBer33a, vgl. jBer2,4, 4d und bMeg 17b (120 Altestej, S~~raDtn §343 ("fruhere welse: C'l1WII' C'7:I~n), jBer 7,4, 11 c sieht gar Mose und bBer 26 b die Vater als Verfasser des Achtzehn .. ' .. Bitten-Gebetes. Vgl. zur Übersicht HEINEMANN, Prayer ~3. 40 bMeg 17 b, zur Differenzierung zwischen den verschiedenen TraditIOnen vgl. die ausführliche Behandlung oben II.3.5.1. 36 37
ml'::J
41 Am leichtesten ist der Text als Photographie und Druck greifbar bei WÜRTHWEIN, Text 146 (Tafel 6). Vgl. auch jBer 1,5, 3c, wo der Dekalog im Kontext des Morgengebetes diskutiert wird. Als neuere Darstellung des Problems vgl. STEMBERGER, JBTh 4,91-103. 42 Dazu bes. STEMBERGER, JBTh 4, 95. 43 Es ist unwahrscheinlich, daß in dieser frühen Zeit bereits an das entstehende Christentum gedacht ist. Da, wo ausdrücklich Christen gemeint sind, ist dies auch wie beispielsweise bTaan 27b bei der Diskussion des Verbotes des Sonntagsfastens kenntlich gemacht. Das behandelte Problem entsteht aber auch bei einer Lektüre von Ex 20ff., da Gott nach Verkündigung des Dekaloges an das Volk für die weitere Gebotsoffenbarung auf Wunsch des Volkes Mose als Mittler einsetzt. Vgl. auch VERMEZ, in: In Memoriam Kahle 232-240, der neben Christen vor allem an hellenistische Juden denkt. 44 mTam5,1. 45 Der Priestersegen erfolgt bei der Segensbitte in der Wiederholung des Achtzehn-BittenGebetes beim Sabbat-Mussaf (ELBOGEN, Gottesdienst 117). 46 So ausdrücklich jBer 1,5, 3c. Vgl. auch Jos, Ant 14,65. Die Argumentation ebenso bei HEINEMANN, Prayer 230. 47 SCHÄFER, in: Liturgie 403. 48 Vgl. als Darstellung SAFRAI, Wallfahrt 264ff. Die These, daß die priesterliche Andacht über die levitischen Standrnannschaften popularisiert wurden, ist durchaus geläufig, vgl. als neuere Darstellung z. B. MAlER, Testamenten 235. 49 Die Diskussion ist an diesen Punkten sehr umstritten, vgl. dazu als neueren zusammenfassenden Beitrag zum Verhältnis speziell zwischen Juden und dem entstehenden Christentum als jüdischer Sekte SCHMITHALS, FS Gunneweg 366-384, sowie MAlER, Auseinandersetzung 130ff.
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248
Ausblick: Der Psalter als Teil des Kanons 2. Der Psalter als häusliches Gebetsbuch und das entstehende Pflichtgebet
entsprechen (mTam 5,4ff.). Doch bleiben solche direkten Verbindungen über gemeinsame Liturgieelemente immer problematisch, weil dieselben Gebetsanliegen in vom Anlaß her völlig unterschiedlichen Gebeten vorkommen können. Das Kernopfer, das Opferlamm für den Morgen (Ex 29,3; Num 28,3ff.), das vor dem Rauchopfer erfolgt, 50 wird vor dem Morgenopfergebet der Priester geschlachtet. Aus dem Brauchtum rings um dieses Opfer entwickelt sich also ein neuer gottesdienstlicher Kern. Das Zentrum selbst, das tägliche Brandopfer, bleibt unersetzt bzw. anderes, wie z. B. Almosen, wird Ersatz für Opfer. Das tägliche Gebet ist damit nicht einfach Ersatz für das Opfer, sondern zugleich Hinweis auf sein Fehlen. 51 Deutlich wird dies besonders in der Bitte um die Erneuerung des Opfergottesdienstes im Achtzehn-Bitten-Gebet. 52 Wie das Tamidopfer findet nun das tägliche Bekenntnis der Laien mit dem Schma Jisrael zweimal statt: morgens und abends. 53 Die Zeit des Abendgebetes ist dabei umstritten: Jos, Ant 4,212 geht wie der Aristeasbrief (160) von der Zeit des Schlafengehens als besonderer Gebetszeit aus. Das kann wohl kaum mit der Sitte des abendlichen Speisopfers zusammenhängen (2Kön 16,15; lKön 18,29; Esra 9,4; Dan 9,21). Dann belegen Dan 6,10; Ps 55,17 f.; Achtzehn-Bitten-Gebet 18. Segensbitte der babylonischen Rezension und Epiphanius (haer. 29,9) ein dreimaliges Gebet am Tag. 54 Das Abendgebet findet nach der rabbinischen Anordnung zu der Zeit statt, in der die Priester im Tempel ihr Hebopfer aßen bis zum Ende der ersten Nachtwache (mBer 1,1), also zu einer Zeit, in der der Tempel geschlossen war und kein eigentliches Opfer stattfand. Auch hier scheint ein direkter Bezug zwischen Gebet und Opfer daher ausgeschlossen zu sein. Das Gebet in seiner Gestalt nach 70 n. ehr. erinnert vor allem an Tempelgebräuche und das Fehlen des Opfers. 55
Der Psalter wie das Achtzehn-Bitten-Gebet als Sammlung normativer Pflichtgebete entstammen damit einer Kommunikationssituation, die aus der Spannung zwischen dem Jerusalemer Tempelgottesdienst und Gebet in der Diaspora entstanden ist. Den Psalter beschrieben wir als eine exilische Sammlung von Gebeten, die vom formgeschichtlichen Schema her und teilweise auch als Texte aus dem vorexilischen Gottesdienst stammen und so zur Bewältigung der exilischen Krise dienten, die aber auch halfen, die Diaspora auf das Zentrum in der Zeit nach dem Wiederaufbau des Tempels zu orientieren. Das Achtzehn-Bitten-Gebet ist in seinem von uns beschriebenen formgeschichtliVgl. Ex30,7f. im Textduktus. Gegen die spätere Interpretation in bBer 26 b, wo eine direkte Korrespondenz zwischen Opfern und Gebet vorausgesetzt wird, als alleinige Bestimmung des Verhältnisses zwischen Opfer und Gebet. 52 14. und 16. Bitte palästinischer Rezension, deutlicher noch in der 17. Bitte babylonisch~r Rezension. Vgl. auf dem Hintergrund der in mischnischer Zeit futurischen AK 1::J17l ("wlr wollen dienen") der 16. Bitte pal. Rezension die Deutung des Schlusses von Ps51 oben m.1.2.1. 53 Ex 29,39; 30,7f.; Jos, Ant 4,212; 14,65; mBer 1,H. und bes. 1,4, vgl. auch den Aristeasbrief (160), der Aufwachen und Zu-Bett-Gehen als besondere Gebetszeiten erwähnt. Vgl. aber die unterschiedlichen umschließenden Gebete im Abendgebet (mBer 1,4) gegenüber dem Morgengebet. 54 Vgl. auch slav.Henoch 51,4 und Apg 10,9 (6.Stunde); 3,1; 1O,3f. (9.Stunde). Stellen nach HOLTZMANN, Berachot 30. 55 Vgl. die Jerusalem-Bitte im Achtzehn-Bitten-Gebet. 50 51
249
56 chen Kern und der Mehrzahl der Bitten mit einiger Sicherheit Vor 70 v. ehr. entstanden, hat aber auch dazu geführt, daß das Judentum nach der Zerstöru des ~weiten Tempel~ auf e~~ religöses Zentrum mit einem gemeinsamen G~~ t~shdlenst bezogen blIeb: Wahrend das Achtzehn-Bitten-Gebet Teil des öffentIC en Gebetes wurde, Ist der Psalter erst mittelalterlich mit Psalmgrup . ooß U f oob . . pen 10 gro erem m ang u erreglOnal m das tägliche Gebet eingedrungen. 57 W der Psalter trotz seiner Norrnierungselemente im wesentlichen nicht'f, '1 ~nn öffentlichen Gebetes geworden ist, stellt sich die Frage um so d' ~I h. es I h S't' L b ' . . nng IC er, we c en I z Im e en der Psalter m der Zeit semer Uberlieferung als kanonischerText gehabt hat.
I
00
~ie Lektüre .~es P~alters als Bu~h, wie wir es prinzipiell beispielsweise im Mo.nchtum als offenth~hes und Pfhchtg~bet finden, bildet in der Wirkungsgeschichte des P~alters die Ausnahme. WIr werden von einem Verwendungszu_ sammenhang Im häuslichen Gebet auszugehen haben. Typisch ist also der Verwendungszusam~en?ang, von dem wir in bGit 35 a im Zuge eines Scheid~ngsverfahrens ~eIlaufIg erfahren: Eine arme Frau hat zur Hochzeit außer eI~er Decke nur emen Psalter,58 Hiob und die Sprüche geschenkt bekommen. Eme de.rart arme Frau wird in aller Regel nicht die Zeit gehabt haben, den Psalter Im Kontext zu lesen. Selbst am Sabbat 59 in der häuslichen Feier am Sabbat-Nachmittag ist der Psalter als Buch gewiß zu lang, um als Ganzes geles~n ~u werden. D.er ~saIter ist in jedem Fall als Textzusammenhang überdi~~nslOmert. Auch ~Ie SIch wiederholende Wendung von der Klage zum Lob k~nnte redu~dant WIrken. Doch wird dieser zu große Umfang des Psalters Teil seI~e~ Funkt~on gewesen sein: Er sichert die Variabilität des Gebetes in einer Zelt, m der die Rabbinen ein Schreibverbot für Gebete durchzusetzen versuchten, um die Spontanität des Gebetes zu sichern. 60 No~h merkwürdiger wird anmuten, daß die arme Frau, wie in bGit 35 a zu le~en ISt, zur Hochzeit das Buch Hiob geschenkt bekam, das mit seiner düsteren Stimmung so gar nicht zum Ton einer Hochzeit passen will. Während bei einer Hochzeit eine Familie gegründet wird, geht es im Hiobbuch um den extremen Fall des Verlustes von Familie, Gesundheit und Besitz. Mit dem Hiobbuch als Hochz.eitsgeschenk erfährt gewissermaßen der extreme Fall der möglichen GeschIchte der Familie vorweg eine theologische Bearbeitung: Es geht um den Erhalt des Gottesverhältnisses auch in solchen extremen Situationen. An dieser Verwendung des Buches Hiob wird auch die Funktion des Psalters deutlich: Vgl. die Darstellung II.3.5.1 zum festen Rahmen des Achtzehn-Bitten-Gebetes. Vgl. dazu bereits die ausführliche Darstellung zum kleinen Halle! 1.2.3.3 (S. 34 Anm. 181) und zu den Jhwh-König-Psalmen 1.2.3.8. (S. 45f. Anm. 256). ~8 I?er Ausdruc~ in bGit ~5 a (1nlC 0'':0'11 1!lC, "ein Buch der Psalmen") schließt die Möglichkeit em,. d~ es ~~ch um eme Teilsammlung des Vollpsalters im Sinne der Einteilung des Psalters m fünf Bucher gehandelt haben kann (Hinweis auf diese Stell . Fü . . Beiträge). e von. GUSTER, m. 59 Vgl. die Überschrift von Ps 92. 60 Vgl.dieForderungmBer4,3undjBer44 8a nachderJ'ed . d G ebet zu ., S hr . " , en "'a ~i g em an eres sprechen sei, mit dem c elbverbot tShab 16,1; jShab 16,1, 15c; bShab 115b. 56
57
r frftrtn .
l
250
Ausblick: Der Psalter als Teil des Kanons
Er ist eine Lehre del' Wendung zu Gott auch in den extremen Situationen, wie sie das Buch Hiob in seiner Rahmenhandlung schildert. 61 Um in viele der möglichen Situationen sprechen zu können, sind jedoch innerhalb des Psalters besonders die Clusterkompositionen geeignet. Insbesondere Cluster sichern die Offenheit der Applikation. 62 Von dieser Verwendung des Psalters her erschließt sich die Funktion des Psalters als Teil der Bibel, der nicht zum kontinuierlichen Vortrag im jüdischen Gottesdienst bestimmt war: Der Psalter als Lehrbuch des Gebetes hat eine textpragmatische Funktion, wie wir sie in unserer Beschreibung der Wallfahrtspsalmen als nachkultische Liturgien bereits herausgearbeitet haben: Er hilft dem klagenden Einzelnen zur Anrede Gottes in seiner Not, er erinnert an die Nöte anderer und die vergangene Hilfe Gottes, er weckt damit die Hoffnung auf die Wendung auch der eigenen Not und führt den Beter schließlich zum Gotteslob der Gemeinde. Diese Reintegration des klagenden Einzelnen in das Gotteslob der auf Jerusalem bezogenen Gemeinde ist von unserem formgeschichtlichen Zugang her als die wesentliche Funktion der Kompositionsbögen und des Psalters als Ganzem anzusehen.
Anhang 1. Übersichtstabellen Anhang-Tabelle 1: Überschriften im masoretischen Psalter Situation in der Biographie Davids gemäß den Überschriften
PI
ucht vor Absalom (2Sam 15;16)
.
..
Psalmüberschrift
- :Psl - :Ps2 ,J:l C"W:lN 'J!l1.J ,n':l:l "" ,,1.lT1.J :Ps 3 "" "I.JTI.J 1'11)'lJ:l nllJI.J' "" "I.JTI.J m,'m;'-'N nllJI.J' "" "I.JTI.J 1'1'J'I.JW;'-'y 1'11)'lJ:l nllJI.J' 'J'I.J'-P W':J-":l'-'Y ;";'" 'W-'WN "" l"lTU
BenJamlmter Kusch (Saul: ISam 18-27; oder Schimi: 2Sam 16,5-14)
:Ps 4 :Ps 5 :Ps 6 •P 7 . s
"" "I.JTI.J 1'1'1'1l;'-'Y nllJI.J' :Ps 8 "" "I.JTI.J 1:l' ml.J'Y nllJI.J' :Ps 9
- :PsI0 "" nllJI.J' :Ps 11 "" "I.JTI.J 1'1'J'I.JTU;'-'Y nllJI.J' :Ps 12 "" "I.JTI.J nllJI.J' "" nllll.J' "" "I.JTI.J "" 01'1:J1.J "" ;"!l1'1 R~ttung vor allen 1'1Nm ;"'TU;' ":l'-1'1N ;";'" ,:l, 'TUN "" ;";" ,:lY, nllll.J' Femden und Saul (par. 2Sam 22) "NTU ,'I.J, ":l'N-':J rpl.J ,mN ;";"-"lI;' O,':l
:Ps 13 :Ps 14 :Ps 15 :Ps 16 :Ps 17 :Ps 18
:Ps 19 :Ps 20 :Ps 21 :Ps 22 "" "7JT7J :Ps 23
"" "I.JTI.J nllll.J' "" "I.JTI.J nllll.J' "" "I.JTI.J nllll.J' "" "I.JTI.J ,nTU;, 1'1"N-'Y nllll.J' "7JT7J ""
61 62
Dazu nun auch MILLARD, WuD 22. Dazu oben I1.3.
[ZurTempelweihe. vgl. das Davidsbild der Chronik]
:Ps 24
"" :Ps25 "" :Ps26 "" :Ps27 "" :Ps28 "" "7JTI.J :Ps 29 "" 1'1':l;' 1'1:Jln-,'TU "7JT7J :Ps 30 "" "7JT7J nlll7J' :Ps 31
l
252
Anhang Tabelle 1
253
"::lW~ ""
Wahnsinnig vor Abimelech (ISam 21)
:Ps 32 - :Ps33 1'" ';'W'l" 1'~'JN '1!l' '~l1ö-11N ,m1WJ "" :Ps 34
- :Ps71
;'~'W' :Ps 72
~tlN' "~T~ :Ps 73 ~tlN' "::lW~ :Ps 74 "W ~tlN' "~T~ 11nW11-'N nX1~' :Ps 75 ,'W ~tlN' "~T~ l'1l'llJ nX1~, :Ps 76 "~T~ ~tlN' 1111"'-'l1 nX1~' :Ps 77 ~tlN' "::lW~ :Ps 78 ~tlN' "~T~ :Ps 79 "~T~ ~tlN' m'l1 C'lWW-'N nX1~, :Ps 80 ~tlN' 11'l'1l;'-'l1 nX1~' :Ps 81 ~tlN' "~T~ :Ps 82 ~tlN' "~T~ "W :Ps 83 "~T~ n,p-'lJ' 11'l'1l;'-'l1 nXl~' :Ps 84 "~T~ n,p-'lJ, nX1~' :Ps 85
""
:Ps35 "" ;";"-,Jl1, nln~, :Ps 36 ""
,'::lT:1, "" "" "~T~ 1'11"" ,,~m "" "~T~ n,p-'lJ' "::lW~
:Ps37
,,~m :Ps 38
nX1~' :Ps 39 nX1~' :Ps40 nX1~' :Ps 41 nX1~' :Ps 42 - :Ps43 "::lW~ n,p-'lJ' nX1~' :Ps44 ,'W "::lW~ n,p-'lJ' C'lWW-'l1 nX1~' :Ps 45 ,'w m~'l1-'l1 n,p-'lJ' nX1~' :Ps 46 "~T~ n,p-'lJ' nX1~' :Ps 47 n,p-'lJ' "~T~ ,'W :Ps 48 ,,~m n,p-'lJ' nX1~' :Ps49 ~tlN' "~T~ :Ps 50 :"" "~T~ nX1~' :Ps 51
""
1'11'"
Natan nach der Verfehlung mit Batseba (2Sam 12) l1JW-11J-'N NJ-'WN::l N'Jl;' 1l'1l "'N-N'JJ Edomiter Doeg bei Saul mit der Nachricht über den :"" "::lW~ nXl~' Aufenthalt Davids 1,~'nN 11'J-'N ", NJ " '~N" 'l" '~'N;' lN" N'JJ (ISam 22,9f.) "" "::lW~ 11,n~-'l1 nXl~' Die Sifiter melden Saul Davids Aufenthalt :"" "::lW~ l'1l'llJ nXl~' (ISam 23,19; 26,1) U~l1 '1111tl~ " , N';' "~N" C'!l'T:1 N'JJ "" "::lW~ l'1l'llJ nXl~' Philister bei Gat C11::l~ "" c'pn, C'N l'1l"-,l1 nXl~' (ISam 21; 27) l'1lJ C'11W'!l '11N TnNJ Flucht vor Saul (ISam 17 - 28) ;"l1~J "NW-'l!l~ ,n'JJ C11::l~ "" 11nW11-'N nXl~' C11::l~ "" 11nW11-'N nXl~' Flucht vor Saul (vgl. Ps 57) C11::l~ "" 11nW11-'N nXl~' '11'~;" 11'J;'-11N "~W" "NW n'WJ Kampf mit Aramäern und Edomitern : ,~" "" Cl'1::l~ m'l1lW'W-'l1 nXl~' (2 Sam 8) JN" JW', ;'J'X C'N-11N' C";'l C'N 11N ,mX;'J
"NW'
"NW,
'n'TN;' 1~';"
,,~m 1,m"-'l1 nXl~' ;"';" 'J'~J ,m';'J "" "~T~ "" "~T~ nX1~' ,'W "" "~T~ nXl~' "~T~ ,'W nxm, ,'W "~T~ 111'llJ nXl~' ,'W "~T~ "" nXl~' "" C'lW'W-'l1 nX1~' ,'::lT:1, "" nXl~'
;P:
'n'TN;' l11'N' "::lW~ :Ps 89 C';"N;'-W'N ;'W~' ;"!l11 :Ps 90
- :Ps91 11JW;' C", "W "~T~ :Ps 92
:Ps 52
-
:Ps93 :Ps94 :Ps95 :Ps96 :Ps97 "~T~ :Ps98 - :Ps99 ;"'11' "~T~ :Ps 100 "~T~ :Ps 101 m'w 1!lW' ;";" '1!l" ~öl1'-'::l '1l1, ;"!l11 :Ps 102
:Ps 53 :Ps 54 :Ps 55 :Ps 56 :Ps 57 :Ps58 :Ps 59
""
[Gebet eines Elenden]
"" :Ps 103 - :Ps 104 - :Ps105 ;"''';' :Ps 106 - :Ps107 "~T~ ,'W :Ps 108 "~T~ "" nX1~' :Ps 109 "m~ :Ps 110 ;" ,,,;, :Ps 111 ;" ,,,;, :Ps 112 ;" ,,,;, :Ps 113 - :Ps 114 - :Ps 115 - :Ps 116 - :Ps 117 - :Ps 118
:Ps 60
~'N 'Wl1 C'lW n'~-N'lJ C"N-11N 1" "" l'1l'll-,l1 nXl~' :Ps 61
""
"" ;"!l11 :Ps 86 [W,p-",;'J '1'11,tl'] ,'w ,,~m n,p-'lJ, . P 87 "::lW~ mll1' 11,n~-'l1 nX1~' n,p 'lJ' "~T~ ,'W 88
""
:Ps 62 :Ps 63 :Ps 64 :Ps 65 :Ps 66 :Ps 67 :Ps 68 :Ps 69 :Ps 70
""
<,
'''Haft
%
254
- :Ps119 :Ps 120 m'17~' "tL' :Ps 121 "" m'17~;' "tL' :Ps 122 m'17~;' "tL' :Ps 123 "" m'17~;' "tL' :Ps 124 m'17~;' "tL' :Ps 125 m'17~;' "tL' :Ps 126 ;,~,tL', m'17~;' "tL' :Ps 127 m'17~;' "tL' :Ps 128 m'17~;' "tL' :Ps 129 m'17~;' "tL' :Ps 130 "" m,17~;' "tL' :Ps 131 m'17~;' "tL' :Ps 132 "" m'17~;' "tL' :Ps 133 m'17~;' "tL' :Ps 134 ;" ,,,;, :Ps 135 - :Ps136 - :Ps 137 "" :Ps 138 "~T~ "" nXl~' :Ps 139 "" "~T~ nXl~' :Ps 140 "~T~ :Ps 141 ;,,~n ;"17~:l ,m';,:l "" ":JtL'~ :Ps 142 "~T~ :Ps 143 "" :Psl44 "" ;',:1M :Ps 145 ;"-''';' :Ps 146 ;" ,,,;, :Ps 147 ;" ,,,;, :Ps 148 ;" ,,,;, :Ps 149 ;" ,,,;, :Ps 150 m'17~;' "tL'
""
David in der Höhle (ISam 24?)
255
Tabelle 2
Anhang
""
Anhang-Tabelle 2: Hallelujah in den verschiedenen Versionen Psalm 105 106 107
MT-Überschrift
MT-Unterschrift
(I:~'7::1
(I:-~'7::1 (I:-~'7::1 (I~-~'7::1
LXX-Überschrift '11104 AAAljAOmU '11105 AAAljAOmU '11106 AMljAOmU
(1:-"7::1
'11110 AAAljAOmU '11111 AAAljAOmU '11112 AMljAOmU '11113 AMljAOULa
111 112 113 114 115 116,1-9 116,lOff. 117 118 119
(I: ~'7::1 (I~ 1'7::1 (I~ "7::1
135 136
(I~ 1'7;:1
145 146 147,1-11 147, 12 ff. 148 149 150
(I~-1'7::1
'11114 AMljAOmU '11115 AMljAOmU '11116 AMljAOmU '11117 AAAljAOmU '11118 AMljAOmU
(I~-~'7::1
(1:-"7;:1
'11134 AMljAOmU '11135 AMljAOULU
(I~-~'7::1
1177;'7 ';:11;1
(I~-1'7;:1 (I~ 1'7::1
(I~-~'7::r
(I~ 1'7;:1 (I: "7;:1 (I~ 1'7;:1
(I~-~'7;:1 (I~-1'7;:1 (I~-~'7;:1
'11144 ALVE<JL~ T AUULÖ '11145 AMljAOULU Ayy. 'Kui ZuX. '11146 AMljAOmU Ayy. 'Kui ZuX. '11147 AMljAOULU Ayy. 'Kui ZaX. Wl48AMljAomuAyy. xaiZuX. '11149 AMl]A.omU '11150 AAAljAOmU
In. den Handschriften ist oft nicht zu erkennen, ob die Version ohne Maqef, ;" als em oder zwei Worte geschrieben ist.
~7
"1
mtz MN
I
6±
,,'m,
256
Anhang
Tabelle 4
Anhang- Tabelle 3: Übersicht 11 QPs(a) Frag.A,B,C I: Frag.CIl: Frag.D: Frag.E l
col.1: col.2: co1.3:
Rolle
col.1: col.2: col.3:
col.4:
col.5:
col.6: col.7: col.8: col.9: co1.10: co1.11: co1.12: col.13: co1.14:
1
Ps 101,1-8 Ps 102,lf. Ps 102,18-29 Ps 103 (? 104) Ps 109,21-31 Ps 118,24-29 Ps 104,1-6 Ps 104,22-35 Ps 147,lf. Ps 147,18-20 Ps 105,1(?). 2-12 Ps 105,25-45 Ps 146,9(?).1O PsI21,1-8 Ps 122,1-9 Ps 123,lf. Ps 124,7f. PsI25,1-5 Ps 126,1-6 Ps 127,1 Ps 128,4-6 Ps 129,1-8 Ps 130,1-8 Ps 131,1 Ps 132,8-18 Ps 119,1-6 Ps 119,15-28 Ps 119,37-49 Ps 119,59-73 Ps 119,82-96 Ps 119,105-120 Ps 119,128-142 Ps 119,150-164 Ps 119,171-176 Ps 135,1-9
Nach YADIN,Textus 5.
co1.15: co1.16:
co1.17: co1.18: co1.19: col.20: col.21:
co1.22:
co1.23:
co1.24: co1.25: col.26:
col.27:
col.28:
Ps 135,17-21 Ps 136,1-16 Ps 136,26b (?) Ps 118,1.15f. 8f.(?).29(?) Ps 145,1-7 Ps 145,13-21 +(?) = syrischer Psalm 2 Bitte um Befreiung Ps 139,8-24 Ps 137,1 Ps 137,9 Ps 138,1-8 Sir 51,13ff. Sir 51,30 Wendung zum Zion Ps93,1-3 Ps 141,5-10 Ps 133,1-3 Ps 144,1-7 Ps 144,15 = syrischer Psalm 3 Ps 142,4-8 Ps 143,1-8 Ps 149,7-9 Ps 150,1-6 Schöpferhymnus 2Sam23,7 Verzeichnis der Werke Davids Ps 140,1-5 Ps 134,1-3 Ps151 A Ps151 B
257
Tabelle 4: Das Achtzehn-Bitlen-Gebet und verwandte Stücke (Teill) 18-Bitten-Gebet1 feste Einleitung variabler Bittenteil
fester Schluß
1. Schild Abrahams 2. Erwecker d. Toten 3. Heiliger Gott
9 bzw. 10_2 Bitten-Gebet
m:nt ;'1t:1l Cllm IV";?
4. Erkenntnis 5. Umkehr 6. Vergebung 7. Erlöser 8. Kranke drei oder 9. Ernte (Jahre) vier Bitten 10. Sammlg. d. Volkes speziell zu 11. Richter Rosch 12. Ketzer HaSchanah 13. Gerechte 14. Aufbau Jerusalem (Davidteil) 15. Gebetserhörung 16. Dienst in Jerusal. 17. Dank 18. Segen
;"'~17 ;,~ml1
CIV;'
l1::l1~
7-Bitten-Gebet Habinu 3 Schild Abrah. Erweck. d. Tot. Heiliger Gott
eine Bitte speziell zum Sabbat
Erkenntnis Umkehr Vergebung Erlösung Krankheit Jahre Sammlung Richter Frevler Vertrauende Jerusalem David Erhörung
Dienst Dank Segen
Die Anordnung zeigt, daß die Rahmenstücke fest sind und der Mittelteil situativ veränderbar ist.
1 Die frühesten voIJständigen und eindeutigen BelegsteIJen finden sich in den Siddurim. Die Gebete sind aber bereits in tannaitischer Zeit vorausgesetzt, vgl. oben 11.3.5.1 und ELBOGEN, Gottesdienst 28-30 und passim. 2 mRH 4,5. Die Bitten sind hier erstmalig mit Namen belegt. 3 Apostolische Konstitutionen 7,33ff.
258
Anhang
Tabelle 4: Das Achtzehn-Bitlen-Gebet und verwandte Stücke (Teil 2) 19-Bitten-Gebet feste Einleitung variabler Bittenteil
fester Schluß
18-Bitten-Gebet
24-Bitten-Gebet
1. Schild Abrahams 2. Erwecker d. Toten 3. Heiliger Gott
1. Schild Abrahams 2. Erwecker d. Toten 3. Heiliger Gott
1. Schild Abrahams 2. Erwecker d. Toten 3. Heiliger Gott
4. Erkenntnis 5. Umkehr 6. Vergebung 7. Erlöser 8. Kranke 9. Ernte (Jahre) 10. Sammlg. d. Volkes 11. Richter 12. Ketzer 13. Gerechte 14. Aufbau Jerusalem 15. David 16. Gebetserhörung
4. Erkenntnis 5. Umkehr 6. Vergebung 7. Erlöser 8. Kranke 9. Ernte (Jahre) 10. Sammlg. d. Volkes 11. Richter 12. Ketzer 13. Gerechte 14. Aufbau Jerusalem (in Jerusalembitte) 15. Gebetserhörung
4. Erkenntnis 5. Umkehr 6. Vergebung 7. Erlöser 8. Kranke 9. Ernte (Jahre) 10. Sammlg. d. Volkes 11. Richter 12. Ketzer 13. Gerechte 14. Aufbau Jerusalem
17. Dienst in Jerusal. 18. Dank 19. Segen
16. Dienst in Jerusal. 17. Dank 18. Segen
2. Literaturverzeichnis Die Bibliographie richtet sich nach derTRE.
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15. Gebetserhörung 16. Dienst in Jerusal.
17. Dank 18. Segen 19. ml'1::1T (lOX1::1T)1 20. m1!l'lV (lOX1!l'lVf 21. Ps 120 22. Ps 121 23. Ps 130 24. Ps 102
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8 l' (JEx 2224' 2642) drei 1 nm1::1T sind 10 Bibelstellen: drei. Tora~te IIen (Gen" '2' Lev 1660' Jer 3119) PsalmsteIlen (Ps 111,4; 111,5; 106,45) und drei ProphetensteIlen er " z " , sowie eine abschließende Torastelle (Lev 26,45~...... 11 (E 19 16' Ex 19 19' Ex 20 18), x " " , 2 sind ebenfalls 10 Bibelstellen: drei .oraste en . m1!)TW lI (P 476' 98 6' 81 4' 150) und drei ProphetensteIlen (Jes 18,3; Jes 27,13; vier Psalmste en s " " " I twa rnJoma 4 6 dort mit 9,14). Die Stellenangaben sind auch an ande~~r Stelle be egt, e , , zusätzlich 10 m"c-Stellen für den Großen Versohnungstag.
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3. Psalmenkommentare Psalmenkommentare werden nur mit Name und Seitenzahl zitiert. BERTHOLET A Das B h d P I " . uc er ..sa men, Tubmgen 1923,113-276 (HSAT2) C J 'A" ALVIN, ., uslegung der HeIlIge S h ·ft· d " l.Hälfte, Neukirchen o. J. n c n m eutscher Ubersetzung. 4. Band. Die Psalmen.
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4. Weitere Sekundärliteratur Hier Vermißtes bitte unter ,,1. Quellen und Übersetzungen" nachschlagen. Die Zitierung richtet sich nach dem ersten selbständigen Substantiv des Buches. Aufsätze werden nach ihrem Ort zitiert mit Ausnahme der Aufsätz, die in Sammelbänden des Verfassers greifbar sind. Diese Aufsätze sind wie selbständige Veröffentlichungen behandelt. ACKROYD, P.R., A Note On Isaiah 21: ZAW75 (1963) 320f. -, Exile and Restauration. A Study of Hebrew Thought of the Sixth Century B. C., Philadelphia 1968 -, Israel under Babylonia and Persia, Oxford 1970 -, Isaiah I-XII: Presentation of a Prophet: VT.S 29 (1978) 16-48 -, Isaiah 36-39: Structure and Function: J. R. Nelis u. a. (Hg.), Von Kanaan bis Kerala. FS J.P.M. Ploeg, KevalaerlNeukirchen 1982 (AOAT221), 3-21 -, The Jewish community in Palestine in the Persian Period: W. D. DaviesIL. Finke1stein (Hg.), The Cambridge History of Judaism, Bd. 1, Cambridge u. a. 1984, 130-161 -, The Chronicler in his Age, Sheffield 1991 (JSOT.S 101) AEJMELAEUS, A., The Traditional Prayer in the Psalms, Berlin u.a. 1986 (BZAW 167), 1-117.301-306 ALBECK, Ch., Einführung in die Mischna, Berlin u. a. 1971 (StJ 6) ALBERTZ, R., Das Deuterojesaja-Buch als Fortschreibung der Jesaja-Prophetie: E. Blum u. a., Die Hebräische Bibel und ihre zweifache Nachgeschichte. FS R. Rendtorff, Neukirchen 1990, 241-256 ALBRIGHT, W. F., Yahweh and the Gods of Canaan. A Historical Analysis of Two Contrasting Faiths, London 1968 ALLEN, L. C., David as Exemplar of Spirituality: The Redactional Function of Psalm 19: Bib. 67 (1986) 544-546 -, The Value ofRhetorical Criticism in Psalm 69: JBL 105 (1986) 577-589 ANDERSON, F.I./FREEDMAN, D.N., Hosea, NewYork 1980 (AncB) ARENS, A., Hat der Psalter seinen "Sitz im Leben" in der synagogalen Leseordnung des Pentateuch?: R. de Langhe (Hg.), Le Psautier, 1962, 107-132 -, Die Psalmen im Gottesdienst des Alten Bundes. Eine Untersuchung zur Vorgeschichte des christlichen Psalmengesanges, Trier 21968 (TThSt 11) AUDET, P., La Didache: Etudes bibliques 1958, 417-428 AUFFRET, P., La Sagesse ABati Sa Maison. Etudes de Structures litteraire dans l'Ancien Testament et specialement dans les Psaumes, FribourglGöttingen 1982 (OBO 49) -, Essai sur la structure litteraire du Psaume xxxii: VT38 (1988) 257-285 AUGUSTIN, M.!KEGLER, J., Bibelkunde des Alten Testaments. Ein Arbeitsbuch, Gütersloh 1987 BAETHGEN, F., Siebzehn makkabäische Psalmen nach Theodor von Mopsuestia: ZAW 6 (1886) 261-288; 7 (1887) 1-60 BALLA, E., Das Ich der Psalmen, Göttingen 1912
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3. Register 3.1 Personenregister . Es sind aUe Zitat~t~llen verzeichnet und weiterhin vor allem solche FundsteIlen an d eIne ForschungsposItIOn zur Anordnung von Psalmen behandelt wird. ' enen Acha ben Jaqob 32f. Ackroyd, P. R. 196f. Aejmalaeus, A. 51,62 Amram Gaon 45 AUen,L.C. 141 Arens,A. 17f.,34 Auffret, P. 24f., 40f., 146 Barth, Chr. 23,25,127 Barre, L. M. 28 Beaucamp, E. 40 Becker,J. 44,96,140 Begrich, J. 1,50,53,125, 199f. Braulik,G. 175 Brennan, J. P. 24 Budde, K. 132 Buss,M.J. 44 Calvin,J. 129 Childs, B. S. 43,114, 129f. Crüsemann,F. 6lf.,99,207 Culley,R.C. 51 Delitzsch, F. 2,23, 36 Freedman, D. N. 40 Füglister, N. 239 Gese,H.2,4,124,170,184f.,199,200 21lf.,237 ' Goldschmidt, D. 46 Goulder, M.D. 2,26f.,29,41-43,63,65 Graetz,H. 32-34, 38-40, 22lf. Grossberg, D. 35, 37f., 77 Gunkel, H. 1, 94f., 124f., 199f. Hillei (Schule) 3lf., 155
HirSCh, S. R. 3 Hossfeld, F.-L. III,2 Jacob, B. 36f., 78 Jeremias,J. 44,203 Jochanan ben Zakkai 32f. Kaufmann, Y. 3 KimI.Ii, David ben 36 Koch, K. 23,40,210 Kraus, H.-J. 2,49,97,125,129-131,164 Kselman,J.S. 34 Küchler,F. 55,85f. Liebreich, E. J. 37 Lohfink,N. 24 Lowth, R. 20f. Macholz, Chr. 86 Maier, J. 45f., 128, 211, 238, 243 . Matheus, F. 4,106 Mays, J. L. 140 Melugin, F. 105f.,196 Michel, D. 64 MiIlard, M. 113,238,242,250 Nasuti, H. 2,44, 90f., 94f., 150 Nobel,J. 3 OUo, E. 42,92 von Rad, G. 4,78, 123 Saadja Gaoß 36,45,46 Sarna,N.M. 125 Schäfer, P. 46 Schammai (Schule) 31,155
280 Schelling, P. 44 Schreiner, J. 24,26,128 Seidel, H. 35,39,169 Seybold,K. 2,4,19,23,35-38,40,44,76, 77,90,94,132,169,210 Sheppard,G.H. 127,128,200,212 Smend, R. 124, 127f. Spieckermann, H. 2 Steck,O.H. 128 Stolz, F. 50,53 Strauß, H. 34,39
Anhang Wanke, G. 2,4lf. Weiser,A.124,132 Weiss,M.48 Westermann,C. 1,4,48f.,81,106, 113-116,123-125,127,158,163,200,207 Wilson,G.H. 2,4-19,27,29,114,123,125, 172,203-205,215,227,237 Zenger, E. III, 2, 20, 23, 25-27, 35, 39, 41, 44,126,128,132,145,166 Zimmerli, W. 19,23 Zuber,B.64,101,122,182
3.2 Sachregister Es sind vor allem solche Begriffe ausgewählt, die geeignet erscheinen, die methodische Begrifflichkeit der vorliegenden Studie zu erschießen. Grund für die Nennung ist nicht das ausdrückliche Vorkommen des Begriffes auf der genannten Seite, sondern seine sachliche Zugehörigkeit. Stellen, an denen Definitionen erfolgen, sind kursiv gedruckt.
Thoma,C. 34,46 Chiasmus 24-26,29f., 13lf., 135-137, 140,141,172,205 Cluster(Definition) 51,62,99 Clusterkompositionen 26,33 f., 79-81,84, 104,107, 109f., 115, 116-161, 163f., 187, 201-205,207,221-223,234,250 Danklied 33, 53f., 56f., 62, 76, 78-80, 82-84,87,89,103,112,115,120-122, 126f., 133-135, 138f., 141-143, 146, 150f., 159-165, 176, 197,206,207, 230 Diaspora(s.a. Exil) 88,119,123,134, 182f., 185,188-196,211 Doppelung, kompositionelle (s. a.: Zwillingspsalmen) 24f., 33, 40, 80, 90-93, 115,121,152,201f. Doppelung, innerhalb eines Psalms 22,24 f., 50f Exil 37,40,55,66f., 77f.,92, 103-107, 119, 164,173, 176f., 179-184, 187-190, 213, 244-246. Geschichtsrückblick 22,46,67,81,95 f., 101-103,105,108,140,148-150, 206-208,210 Hymnus 1,23,25,40,48f.,66,70-72,81, 103,105-107,112-115,120-124,126f., 132,134, 140f., 143, 147, 149, 15lf., 155, 158, 163f., 181, 200, 203, 205 f., 223, 237 Kettenbildung 2,23f 40 f., 44 Klagepsalm lf.,4,48,53-56,60-62,85, 89,149,237 Klagepsalm eines alten Menschen 123, 126 Klagekomposition 89-114,103, 104f., 109, 113, 162f., 187f. (JHWH)Königspsalm und -motive 4,67,69, 71,77,81,94,112,119,123, 127f., 132,
144f., 148, 150f., 165f., 179f., 187,200, 202f., 208, 212, 219f., 226f., 234, 236 Kompositionbogen 89,90-103,109, 124-140,143,147-152,162,165,230, 234,239,250 Liturgie 8,13-15,17,26,30-39,44-47, 53,59,62,80-84, 88f., 94f., lOZf., 113, 12lf., 144, 149, 181, 183, 190,206-209, 222,228,239 Makroformgeschichte 4,47,84, 148f. Midraschelemente 43,118,120,128-134, 136,139,205 Mischpsalm 50,53,58,62,125 MittelsteIlung 22-26, 4Of., 68-70, 89f., 140, 165f., 211 f., 225f. Nahtstelle 165-167,172,173-180,207, 209-211,226,236 Normelement 4,17,168,208-213, 245-249, 255f. Numeruswechsel 49,52/,62,66,74,80,88, 90, 100f., 104, 120, 123, 143 Orakel 55f., 67, 77, 81, 85-87, 90-94, 95, 96,100, 105f., 109, 113f., 141-143, 146, 149,162f.,200,211 Psalm (Definition) 6-19 Psalmbücher, Einteilung in 29,237 Psalmgruppen 27-45 Richterthema 90,96-99,117,147-150, 179f., 201 Segen 37,78, 110f., 121-123, 152-161, 178,216,221,236
282
Anhang
Themenklage 66-68,79f.,84,88,90-93, 107f.,111,113,143,161,162,183,227 Tora- und Weisheitspsalm 4,25,59, 127f., 140,145, 165f., 211 f., 226, 228, 237f. Toreinzugsliturgie 25,134-137,205,211 Überschriften, fehlende (6-19 passim,) 8, 18,27-29,45, 125, 138, 140, 235f. Überschriften ohne Personenangaben 13, 27,33,144,204,216,255 Wallfahrt 30f.,35f.,39,63-66,78, 135-137,180-184,187, 194f., 197f., 206f., 212, 228f.
Wallfahrtspsalm 35,42,63-66,76,82, 84-88,211 Wallfahrtspsalmgruppe 30-42,46,63-89, 135-137,225-228,239 weisheitliche Edition 30, 42, 57 -60, 72 -75, 79,81,84,90,100,102,113-116, 123f., 127,133,135,137-143,145,148,150, 162f., 165-167,173,177,200,239,242
3.3 Stellenregister Kursive Seitenangaben bezeichnen Mehrfachnennungen.
ZionspsalmlJerusalemelemente 38,70-72, 92f., 153, 162, 165f., 174f.,209 Zwillingspsalmen (s. a.: Doppelung) 9f.,15, 19-22, 24f., 32f., 40, 51, 77,134,140,166
3.3.1 Bibel und Septuaginta 3.3.1.1 Tara Genesis 1 2,13 8,1 10 10,7 14,18ff. 15,1 15,10,17 22 22,l1f. 29,35 31,54 50 50,5
236 131 23,157 131 131 210 156 177 171 171 160 176 193 193
Exodus 2,24 12,17.24ff. 15,1-20 15,18 17,7 19,16.19 20ff. 20,Zf. 20,12 20,18 21,2 21,6 22,7 22,27 23,14ff. 23,17 24,4ff. 29,3 29,39 30,7f. 32,4.8
157 102 6 236 149 157 247 96 235 157 177 97 98 98 85,195 64f.,206 176 248 248 248 97
34 34,23 34,24
206 65,206 85
Leviticus 10,16 10,34-36 12 15 19,15.35 22,18 23 25,39-41 26 26,42.45
22 22 183 183 96 122 195 177 123 157
Numeri 9,6ff. 10,36 15,37ff. 28f. 28,3ff.
31 131 246 123,195 248
Deuteronomium 5,6f. 6,4ff. 11,13ff. 12 15,12 16 16,7 16,11.15 16,16 26,1-5 27f. 31,6.7.23 32 32,1 32,13
96 246 246 222 177 195 39,222 206 65 206 123 138 6 211 96
l
284
Anhang
3.3.1.2 Die vorderen Propheten Josua 1,6f.9 1,7f. 17,8
138 128 143
Richter 11,3.5 13-16 17f. 19 21,25
143 87 87 87 87
1.12. Samuel
l.Samuel lf. 1,3.7ff. 1,11.17 1,18 1,19 1,24f. 2,1 ff. 2,3.9 2,12ff. 3 3,lb 9,6ff. 15ff. 16-l.Kön 1 19,11 21,llff. 21,12ff. 22,1 23,19 26,1 2.Samuel 7 7,13f. 8,3 12,24 15 ff. 15-18 15,13 15,14ff. 15,31 ff. 16,5-13.18f. 17,lff. 17,8ff. 18,5 18,12ff. 18,21 ff. 19,1Off. 20
55,84-87 85 85 86 85 87 87 86 87 87 85 55 43 43 118 118 139 118 118 118 20,241 128 120 172 131,139 129 130 130 130 130 130 130 131 131 131 132 132
21-24 21 21,1-14 21.15-22 22 22,1-23,7 23,1-7 22,lb 23,7 23,8-39 24
Stellen register 136 136 137 136f. 50, 136f., 215 136 137 136 224,225 136f. 136f.
1.12. Könige
1. Könige 5,15ff. 8 8,37ff. 8,47-49 8,48 10 11,1 ff. 12,28 17 18,29 22,19 2.Könige 4; 13 16,15 22f. 23,6ff.,15ff. 24,12 25 25,4ff. 25,9 25,27-30
69 193f. 157 193 194 69 69 97 74 248 96 74 248 93,176 94 91 120 92 92 185
3.3.1.3 Die hinteren Propheten Jesaja 1-12 1 1,2a 1,11ff. 2,1 ff. 2,1-5 2,1 2,2-5 2,2-4 2,5 6,3 8,11 11,11 12
194,196-198 196 211 174 177, 196f., 201 198 196 184 196 196 156 10 131 159,197
12,1 12,5f. 13-23 18,3 20,3,5 26,19 27,13 36-39 38 40-55 4O,lff. 40,1-11 40,2 40,9-11 40, 19ff. 41,6f. 43,3 44,6ff. 44,23-28 44,24-45,8 45 45,1 45,8.14-25 45,21 46,lff. 47 50,4-11 51,9f.,17-20 52,lf.,7-11 55,6-13 56-66 56,1 60-62 60,3 Jeremia 2,21 11,18-23 14,lff. 15,10-21 17,5-8 20,10-12 25f. 25,1 25,11-13 25,15f. 29 29,10 31,19 32,1 33,11 34 34,10.14.17-22
159 197 197f. 157 131 74 157 196 210 55,105-107,114, 196,198 197 106 67,104 106 201 201 131 201 106 106 197 106, 194, 198 106 156 201 106 106 106 106 106 196f. 106 196 201
57 55 157 55 127 55 92 91 190 92 192 190 157 91 192 177 177
285
41,4f. 41.5f. 44 44,2 44,3,18 46,9 Ezechiel 4,4-6 7,12.14.21.25 f. 16 16,60 20,1 21,7 23 28, 12 ff. 28,18 30,4f.9 37 38,5 46 Dodekapropheton Hosea 1-3 2,18 6,6 Joel 1-4 4,18 Amos 7,7 Micha 4,1-3 7,2 Zephania 3,5 Haggai 1,4 2,3 2,20-23 Sacharia 4,6-10 4,10 6,11f. 7,lf. 7,2ff.,9b 8,18f. 8,19 9,14 Maleachi 3,22
181 105 185,210 181 185 131
190 171 71 157 55 93 71 98 93 131 74,221 131 36
71 170 174 77 65 96 196 177 55 190 191 194 194 191 194 105 191 105 184 157 128
40,8 40,14-18 40,18 41
140 57 171
64f.,82,165,186f
42 42,2-3 42,2 42,5 42,6 42,7 42,10 42,12 43 43,lf. 43,1 43,4 44-49 44-47 44 44,2ff. 44,5 44,9 44,19 44,21 44,24a 45-48 45f. 45 45,4 45,7 45,9f., 12, 14, 16 46-48 46 46,1 46,5 46,7 46,9 46,11
47-51 47f. 47
4,61,125,140,165,
212 125 41,2 61 41,3 140 41,5 125 41,6 125 41,12 154,161 41,14 Das 2.Buch (Ps 42-72) 4,57,74,169-188 42-83 25,73,133,162,199 42-49 11f., 14f., 22, 42, 63, 42f. 29f. 71 75 63 160 65,75 66 160 64,74,115,188, 213 66 186f. 160 29f. 27
42,63,66,70,71,75, 77,208 71 70f. 68 186 96 70 187 42 63,68[, 70f., 74,77 69 67,69,71 69 63,70,72, 74f., 81, 115 41,63,70[, 74f., 77, 88,165,181 133 71,181 70,71 71 70,74
289
Stellenregister
Anhang
288
47,3.7 47,6 47,9 48
48,3 48,7f. 48,9 48,15 49-51 49
49,2 50f. 50
50,3 50,5 50,7ff. 50,8 50,14f. 50,14,23 51-72 51-70 51-65 51-64 51-62 51-53 51ff. 51
51,17 51,18 51,20f. 52ff. 52-55 52f. 52 52,10 52,11 53f. 53 53,2,4 53,6 54-64 54f.
27 11,15,42 11,51,70,71,72,75, 115,187,203,208,212 67 157,171 67,71 11,42,63,71,73,75, 88,115,133,165,173, 187 71,181 71 171 73,133 27,29 42,63,72-74,79, 116,133,165,172, 173,177,187 73 119,120,166,173 21, 29f., 44, 53, 74, 89,
54 54,2 54,4 54,8 55-60 55 55,2 55,17f. 55,17 56-60 56f. 56 56,1 56,11 56,13 57 57,1 57,8-12 57,8 57,9 57,10 58 58,2-4,6f. 58,7 58,8,10-12 59-60 59 59,1 59,6 59,18 60
95,116,164,166,170, 173,174, 176f 164 176 164 176 174 176 42,43 29,30,119 163 115,116 27,43 120,163 74,115,134,139 21,61,116, 118f., 124, 156,166,172,173, 176,179,248 153,156 21 21,174 117
27 118 116, 117f., 173 173 120,160 12,14 116[,169,172,205 116 117 117
118,120
I
60,7-14 60,7 60,8-10 6O,8ff. 60,10 61 61,6,9 61,7 62-68 62f. 62 62,1 63f. 63 63,12 64-70 64 65-68 65ff. 65f. 65
55,61,116-118,120 118 118, 120, 156
120,160 27,118 55,61,116, 120 118,120 248 171 43,118,137 118 55,61,118,120 98,116,118 171 120
14,55,59,60,61,83, 116,118, 132, 169 118 59 120 60
120,160 98,116-118,179,168 98 117,171 98 118 55,61,116,118 118 171 120
60,83,104,109,118, 120,144,169 59 60 59 143 59 116, 118f., 120,123 120 119 27 118 55,61,116,118,232 232 118 55,61,116,118,119 119 27 55,61,116,118,120 115,120 120,121, 126 118,163 120,121
65,2 66 66,lff. 66,13 66,19 66,20 67 67,8 68-72 68ff. 68 68,2 68,9 68,17 68,18 68,20-22 68,2lf. 68,23 68,25f. 68,27 68,29,31 68,36 69-72 69-71 69ff. 69 69,3 69,7 69,14 69,31 69,32 70f. 70 70,2 70,6 71f. 71 71,5 71,22 72
122 52,121,122,176 123 176 122 110,154 4,29,119, 12lf.,123 123 177 163 6,93.122,186 122 177 171 177 176 122 122 178 171 122 93,110,154 123 122 144
124,178f 5,124 171 171 124 174 12,15,74 57,58,83,123,125, 126,169,172,179,205 171 171 12,15 29,61,123,124,138, 204,215 171 160 4,30,35,42,123,124,
125,126,170,179.(., 210,220 72,1 233 72,18f. 154 124,161,169,205,233 72,20 Das 3.Buch (Ps 73-89) 73-83 30,89,103,162 73f. 12,15,93 73 61,74, 93, 10Qf., 116, 165,172,173,187 73,1 100 73,11.16 99
290 73,16f. 73,17 73,22 73,25 74-76 74 74,2f. 74,4 74,7 74,8 74,9 74,12ff. 75-77 75 75,3ff. 75,3 75,5 75,9 75,10 75,11 76-80 76 76,4-10 76,4 76,9f. 77-81 77f. 77 77,1 77,6 77,12f. 78
78,1 78,2 78,3,6 78,34,36 79-83 79f. 79 79,1 79,6 79,9 80 80,2 80,5,8 80,9ff. 80,15,20 8lf.
Anhang
101 12,91,93, 100-102 99 101 100 90,92-94,101,165, 187,208 92f. 12,91,94,102 91,102 12,91,94 99 94,187,208 27 53,90,93,94,95,100, 103,113 95 94 102 92,95 103,113 102 95 44,90,91,92[.,96, 103 96 102 95 90,100 12 90,100 232 102 102 14,22,89,90, 100-102,112,140, 165,211,212,225,237 211 102 99 22 100 80,92,166, 208 91[.,101,165 91 99 10lf. 91,95 96 171 96 171 90,99
81 81,4 81,5f. 81,6 81,9ff. 81,lOf. 81,17 82-85 82 82,lff. 82,1-3 82,1 82,2-4 82,5 82,6f. 82,8 83 83,2 83,7-9 83,10 83,16 83,19 84-150 84-88 84f. 84 84,3 84,4 84,5 84,6 84,7f. 84,8 84,10 84,13 85 85,2f. 85,9ff. 85,9 86 86,1 86,9 86,12 87-88 87 87,3-6 87,7 88f. 88
291
Stellen register
6,53,90,95[.,100, 113 157 95 96,99 102 96 96 27 53,90,96-99,186 95 186 96 96,99 99 96 99 90,96,100,186,201 99 90 99,102 100 99 170 162,199 30 30,42,63,65,103, 165f.,170, 199, 202 75,200 65 65,68,70f. 65 64f. 65 140 65 30,42,63,66-68, 72-75 67 65 74 55,61,68,69,73f., 115,166,170,210 137,199 68 200 30 30,42,63,70,72,75, 88 68 71 79 30,42,61,63,72[.,75, 126,140,199,232
88,4,11ff. 89f. 89
74 27 4,58, 72f., 75,112, 115,125,164,166, 199[.,210,220 89,16 59 89,17 200 89,39,52 140 89,53 154,161 Das 4.Buch (Ps 90-106) 9Off. 202 90-106 147 90-94 12 90-92 149 9Of. 12, 15,2lf., 148, 166 90 12,21,55,59,61,148, 200,210-212,214, 237 90,1 137,156 90,4,9 12 90,16 16 91-100 148 91 12,21,28,61,148 91,lf. 150 91,1 12 91,9 21 91,14ff. 149 91,16 12 92ff. 151 92-100 163 92f. 12f., 15,44,72,120, 148 92 45,148,149-152, 208,249 92,13ff. 151 92,14f. 200 93ff. 107,227 93-99 13 93-97 28 93 45,112,148, 149f., 203,215 93,1 71 93,5 148f.,200 94f. 9,13,15 94 13, 44f., 59, 148f., 150,151,159,202 94,lf. 202 94,2 149 150 94,5f., 15,20 95ff. 72,149,151,159 95-100 44,81, 115, 148 95-99 112 95f. 13,15 95 53,95,113,149,159
95,2 96f. 96 96,1 96,4 96,8 96,10 96,13 97f. 97 97,1 97,2,6 97,7ff. 97,9 98f. 98 98,1 98,2,9 98,6 98,9 99 99,1 99,4 99,8 100 100,1 100,4 101 101-110 101-106 101-103 101 102ff. 102-106 102
102,1 102,14-17 103ff. 103-107 103-106 103-105 103f. 103 103,7, 14ff. 103,19-22 103,22 104-106
151 9,13,15,152,202 150,201-203 202,236 201 150 150,201 150 13,15 6,202,203 71,201 150 202 211 9,13,15,152,202 13,201,202[. 202,236 150 157 201 6,28, 148, 159 71 147,150,202 202 147,200, 207f., 212, 227 151 127, 150f. 114 45 107,115,147 225 45,107,147,211,216, 227,234,239 207 227 51,61,107,108,115, 124, 147f., 150,151, 157,159,164,203, 226,227 107,137,233 107f. 159,164 81,115 20,82,107,109,148, 237 21 13,15,20 2,20,45,52,107,210, 215,225 210 20 20
28
292 104f. 104 104,1 104,31-35 105f.
Anhang
28
13,20,143,210,225 20
20 19f., 108, 148, 166, 203,207, 21Of. 105 6,19,109,202,225 105,1 20 105,6 216 105,11 109 105,15 140 105,45 20 l06f. 15,33 106 6, 19f., 83, 108,112, 154,202 f., 216 106,1 16,83 106,3 20 106,21 170 106,43 108 106,45 157 106,46 108 106,48 154,161 Das5.Buch(Ps 107-150) 107-119 83,163 107-118 165 107-110 84 107-109 77 107f. 8 107 82-84,146,203, 227 107,1 16, 82f., 146 108-110 27 108f. 143 108 6,45,59/,83,84,109, 118,146,169,172 108,2 59f. 108,2-6,7-14 59 109 45,82,83,146,204, 225 109,28 82 110-112 165 110 4,45,70,77,81,82, 84,204 110,1 81,210 111ff. 77,204,239 111-119 28 111-118 28,115,144 111f. 19,33,47,81,166 111 33,52,81f., 159, 167 111,1 159 111,4f. 157 19,33,46,82,111,166 112 144 112,1 78,88 113ff.
113-118 113-115 113 113,1-8,9-26 113,4f.,6,7-9 114f. 114f. (LXX) 114 114,1-3 115f. 115 115,15 115 (LXX) 116f. 116 116,1-9,10-19 116,2ff. 116,9 116,17-19 117f. 117 118f. 118
Stellenregister
8,16, 30f., 33, 46, 227 80,115 48 8 48 8,13-15,17,31 8,28 6, 14, 17, 31,46f.,81, 115,228 31 14f.,31,33,152 6-8,16f.,31,46 157 28 14f. 6,8,14,16,28,80,82, 88 8 81 31 80 14f., 33,152 6,14,80 14f. 6,14,16,32, 46f., 53,
59,80,82,83,88,140, 118,1 118,10ff. 118,19f. 118,21 118,25 118,26 118,26f. 118,28 118,29 118 (LXX) 119ff. 119
119,lf. 119,12 120ff.
120-137 120-136 120-134
203,211,223,225 16,82 81 53,82 160 84 157 53 160 16 28 32 4,9,12,14,18,33,39, 46,59,81,84,90,111, 140,166,219,223, 225-228,237 144 111,156 32f.,35,40,42, 44-46,70,76-80,83, 84,89, 111f., 114, 123, 165 f., 203 f., 223, 225-228,236,239 163 32 27, 32, 36,40f.,46, 227
120-132 120-122 120 120,1 121-132 121-123 121 122 122,1 123 124 124,1 124,6 125-129 125 126 126,1 127f. 127 127,lf. 127,1 127,3-5 127,5 128f. 128 128,1 128,1-3,4-6 129 129,1 129,5 130ff. 130 131,1 132
226 166 36-38,82,157,219 76,146,219,221 219 76 35-37, 76, 157,210 35,37, 76f., 88 35,220 38,76 38,76,77,80 35,37 111,154 77,112 37, 77f., 221 38,67,77,79,80 136 20,22,37,77, 111 f., 165,166,225 20,37,40,79,123,236 20 35,233 20 222 14 37,40,221 222 20 77,80 37 77 77 37,112,157 35,77 37,38f.,45, 70, 77,79,
166,219,220,223 132,7 132,10,17 133f. 133 133,3 134ff. 134-136 134f. 134
220 140 39,123 37,39,77,79,123, 219-221 221 77,79
135,lf. 135,2 135,4f.,13ff. 135,6ff.,14ff. 135,21 136 136,1-3 136,1 136,4-25 136,23f. 136,26 137 137,1 138ff. 138-150 138-145 138-140 138f. 138 138,1 138,2 139-144 139 140-143 140 141 141,2ff. 141,2 142 142,1 143 143,1 143,7 144f. 144
40
144,1 144,3f. 144,9 144, 12 ff. 144,15 145-150 145f. 145
123 40 40 20,28, 32f., 39f., 115,
145,1 145,15 146-150
39,40,115 14f. 4,37-39,77,78,115,
219,220,222,224 134,lf. 134,1 134,3 135ff. 135-138 135-137 135f.
135
40 40, 77f.
293 166, 207, 222f.,225 14,20, 32f., 37, 39,78, 115 40 77f. 40 40 110,154,161 6, 14f., 32,33,"37, 39f.,78,79,83,203 40 16 40 40 40,79
40,77,79,166,182/, 216,227 182 144,146,147,218, 227,236 163,234 40,45,225 27 166 40,78,146,147 159 146 27,146 146f. 115 55,61,219,224 215,219,228 146 228 6,55,61,118,139 137,146 55,61,146,214 146,156 146 15 59,145,146,210,214, 219,221,236
160,236 236 146,236 236 144,236 8,28,81,115,144 167 16,34,52, 144f, 157, 166,223,226,236 146 33 32,34,144
294 146ff. 146f. 146 146,1 146,3 146,4 146,5 146,10 147f. 147 147,4 147,9 147,llf 147,15,18-20 147,20 148 148,lff. 148,3,14 149f. 149 149,1 149,2 149,4,9 150 151
151AIB 151A 1518
Anhang
15,214 8,34 34,52,145,225,236 34 145 34 236 34,145,166,236 152 6,8.16,51,144 34 33 34 144 34 6,34,144,219,225, 236 236 34 35,152,224 6,34, 144f., 165f., 224,236 34,146,202 145,236 34 6,34,35,144,157, 224,236 14,17,139,214,216, 218[,224,238 215,224 217,219,224 224
Hiob 1-42
113,242,249f.
Proverbia 1-31 2,1 3,1
249 102 102
Rut 4,18-22
241
Hohelied 1-8 1,4,15 3,6-8 4,1-7.11 6,8f. 7,1
69,242 69 69 69 69 69
Kohelet 1-12
242
Threni 1-5 1-4 1,4 2 2,14 3-5 3,57 4,22 5
Stellenregister
242 104 105 104 105 104 105,120
104[,158 104,120
Ester 1-10
242
Daniel 1 3 3,26,52 (LXX) 6 6,6 6,10 6,11 9 9,2 9,21 12,2 12,3
190 189 111 189 171 248 193f. 194 190 248 74 221
EsraINehemia Esra lf. 1 l,lff. 1,1 1,2ff. 1,2f. 1,3ff. 1,5 2,41 3 3,lff. 3,10-13 3,10 3,11 6 6,3ff. 7 7,lff. 7,12ff. 8 9 9,4
192 189 190 182,190 189 190 182 183 184 202,232 181 191 232 192 182,189 189 189 183 189 192 194 248
Nehemia 1,lff. 2 8,10 9 9,2 9,5ff.
183 192 216 194 194 28
1./2. Chronik 1. Chronik 1 1,9 6,18ff. 15,17.19 15,27 16 16,4ff. 16,5.7 16,7 16,13 16,15,19 16,27 16,28, 35f. 16,36 16,4lf. 17 17,14 22,13 25,4-6 28,20 29,10 2. Chronik 5 5,12 5,13 7,3 32,7 36,21,22 ff.
131 131 72 232 241
150,203,215,232 241 232 202 216 215 216 215 154 72,232 231,241 112 138 232 138 111,156 232 232 192 192 138 190
3.3.1.5 Septuaginta 3.Esra 4,58
194
ludit 13,17f.
111
Tobias 3,11 8,5,15-17 11,14
111,194 111 111
295
1.Makkabäer 2,63 2,29.38 3,50-54 4,24 4,30 7,17
34 92 114 33 111 91
lesus Sirach Prolog 1.3 51 51,lf. 51, 13 ff. 51,51
243 161 159 215 126
Psalmen Salomos 1-3 1 2 2,6,30-32 2,37 3 4-8 4 5,19 6 6,6 8 8,24 8,34 9-12 9-10 9 10 11 12 13 14 15 16 16,6ff. 17f. 17 17,25-33 18
155 109,112 110,112 112 110 l09f.,112 112 l09f. 110,112 111 110 112 110 110 110 112 110,112 111 112 110,112 112 112 110,112 110,112 112 220 110,112,113 112 110,112,113
3.3.1.6 NeuesTestament Matthäus 6,13 7,12 11,13 11,25
154,245
244 244 159
296
Anhang
22,40 26,30
244 30
Markus 14,30
30
13,15 13,33 24,14 28,23 Römerbrief 3,21
Lukas 1,68 10,21 16,16 24,44
111 159 244 243f.
Johannes 1,45 11,41
244 159
Apostelgeschichte 3,1 10,3 10,9
2. Korinther 1,3 Galater 6,16 Epheser 1,3
248 248 194,248
l.Petrus 1,3
Stellen register
244 9 244 244 244 111
221 111
111
3.3.2 Qumran 1Q 30 4QFlor 1QH Hf. 2,4ff. 2,8 2,20-30,31 3,19 4,5 5,5 5,20 7,6 7,26,34 8,4 9,37 10,14 11,3,15 14,23
8 10,214 224 159 158 159 159 159 159 159 159 159 159 159 159 159 159
17,17,26 1QM 13,2f. 15,7 1QS VI,6 4QPs' (frag. c.d.) 4QPs' (frag.g) 4QPsb 4QPsb (col, 5) 4QPsQ (col, 1) 4QPsr 11 QPs'
11QPsb
159 221 160 138 214 204 123,204 227 203 204 9 28,39,79,139,157, 203,215, 220f., 223-226,231,233, 256 221
3.3.3 Frühchristliches Schrifttum Bamabasbrief 11,6-8
239,244
Epiphanius, Contra haereses 29,9 248
Didache 8,3
245
Regel Benedicts 17
15
297
3.3.4 Rabbinisches Schrifttum 3.3.4.1 Mischna mAv 1,2 6,9 mBer 1-3 1,lf.,4 4f. 4,2 4,3 5,4 mMeg 2,5 mMid 1 2,6 mPes 5 5,7 9,3 10,6 10,7 mRH 4,5 4,7 4,11 mSot 5,4 mSuk 3,1Of. 3,10 4,1,5,8 mTaan 1,1 2,lff. 2,3f. 3,9 4,1 4,4 5,1 mTam 1 3,7 5,1 5,4ff. 7,4 mYom 2,1
4,2 4,6
154 157
230 230
3.3.4.2 Tosephta 246 248 152,246 33 153f.,249 155 33 39 35f. 222 30 30 31 32 155 33 155 33 30 28 33 222 157 157 33 222 32 156 39 39 246 248 45 154
tBer 3,15 3,25 tPes 3,11 10,5-7 tSan 12,10 tShab 16,1 tSuk 3,2 4,2 tTaan 1,12-14
155 153 30 30 69 249
30[,45 222 157
3.3.4.3 lerusalemerTalmud jBer 1,5,3c 1,7,40a 2,4,5a 4,1,7c 4,3,7d.8a 4,3,7d 4,3,8a 4,4,8a.b 4,4,8a jKet 12,35a jKiI 9,32b jShab 16,1,15c jSuk 5,3,55b.56ff. jTaan 2,2,65c jYom 2,3,39d 7,1,44b
247 238 153 222 153,245 246 10, 152, 154f. 153 153,249 193 193 17,153,249 222 10
36 156
298
Anhang
3.3.4.4 Babylonischer Talmud bAZ 19b
238
bBB 14b 14b,15a
241 233
bBer 9b 9b,lOa 10a 26b 28b 29b 56a bGit 35a bMeg 17b 29a bMen 31a
bYom 16a
32,246 10,17,137,246 132 248 152 154 31
bQid 33a bRHSh 31a
249 152 183 6
bSan 10ia
154 32
28, 32, 231f. 31-33 8 45 69
bShab l03b 115b 118b
34
bSuk 20a 38b
193 32
6 153,249
222 157 247 36
3.3.4.5 Midraschim und andere rabbinische Schriften GenR 22,13 LevR 110.4
45 45
ShrR (Hohelied Rabba) 45,233 4,4 233 8,9 SifraDtn 343
246
Tanchuma 1,19
45
Pesikta Rab Kahana 22,106b
45
Pirqe Rab Eliezer 19
45
Sof 1,11 16,11 17,11 18,1,8
6 17 34 45
3.3.5 Andere Quellen Josephus
Cicero, Pro Flacco 28
195
Antiquitates 4,212 14,7,2 14,10
14,65 16,6
247f. 195
Contra Apionem 11 105, 119
222
De bello J udaico VI 293
248 195 195
299
Philo, De vita contemplativa 25
227
slav. Henoch 51
248
222
syrische Psalmen II.III
Koran Sure 2,142-152
MShir (Mi drasch Tehillim) 3,8 1ff. 233 1,6 22,4 17 17 22,19 245 29 17 104,2 Sem 193 10
bPes 3a 115b 117a 118a
53a bTaan 16b 27b
Stellen register
194
215