Tatjana Reiber Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung
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Tatjana Reiber
Demokratieförderung und F...
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Tatjana Reiber Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung
VS RESEARCH
Tatjana Reiber
Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung Die Nachkriegsgesellschaften von Guatemala, El Salvador und Nicaragua
VS RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, 2009
Gedruckt mit Unterstützung der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg sowie der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Helmut-Schmidt-Universität
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Christina M. Brian / Ingrid Walther VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-16161-7
Vorwort Zur Entstehung dieser Arbeit haben viele Menschen beigetragen. Danken möchte ich zuerst Prof. Dr. Michael Staack, der die Dissertation inhaltlich betreute. Er hat in meine Arbeit vertraut, mir Freiheiten für die Entwicklung eigener Ideen gelassen und Freiräume ermöglicht, ohne die der Endspurt zur Fertigstellung zu einem Langstreckenlauf ausgeartet wäre. Prof. Dr. Rainer Tetzlaff danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Für finanzielle Unterstützung zur Veröffentlichung bin ich den Freunden und Förderern der Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg e.V. und der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Helmut-Schmidt-Universität dankbar. Mein Dank geht ferner an die studentischen Mitarbeiter Alexander Besch und Inga Matthes, die Rechercheaufgaben übernommen und bei der Formatierung geholfen haben. Für praktische Tipps und Kontakte möchte ich Astrid Nissen danken, deren Ratschläge mir halfen, die Angst vor dem Feld in Schach zu halten. Sabine Kurtenbach und Heidrun Zinecker haben mit ihrer Regionalexpertise dazu beigetragen, die Feldforschung vorzubereiten bzw. Ergebnisse einzuordnen. Mein besonderer Dank gilt allen Interviewpartnern für ihre Auskunftsbereitschaft und die vielen Anregungen, die sie mir gegeben haben. Namentlich nennen möchte ich hierbei Magdalene Reuter (†), die mich nicht nur sehr herzlich bei sich in Guatemala-Stadt aufgenommen hat, sondern sich die Zeit nahm, mir unterschiedliche Seiten des Landes zu zeigen. Durch ihre Hilfe sind viele Kontakte zustande gekommen und in den Gesprächen mit ihr habe ich unendlich viel gelernt. Hilfreiche Kommentare, konstruktive Kritik und Ideen waren wichtig für die Strukturierung meiner Gedanken. Hierfür danke ich den Mitgliedern des Netzwerks Externe Demokratisierungspolitik Tina Freyburg, Sonja Grimm, Pamela Jawad, Julia Kronberg, Julia Leininger, Olaf Melzer, Solveig Richter, Nóra Szõke, Vera van Hüllen und Jonas Wolff, dem Bremer Forschungskolloquium von Rainer Baumann, Peter Mayer und Bernhard Zangl sowie Marianne Kneuer und Gero Erdmann. Mein Dank gilt auch meinen Korrekturleserinnen. Berit Bliesemann de Guevara, Tanja Kasten und Sibylle Lang haben das Manuskript von so mancher Ungereimtheit befreit. Die Herkulesaufgabe, den gesamten Text gegenzulesen, hat Fariborz Zelli übernommen. Seine sorgfältigen Kommentare und pragmatischen Tipps haben erheblich zur Verbesserung der Arbeit beigetragen. Jonathan Wildermuth hat das Layout erstellt, wofür ich ihm sehr danke. Schließlich möchte ich allen danken, die mich moralisch unterstützt haben, insbesondere meinen Eltern, meiner Schwester sowie Fariborz Zelli. Tatjana Reiber
5
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis
15
Tabellenverzeichnis
17
Abkürzungsverzeichnis
19
1
23
2
Einleitung 1.1 Fragestellung und Hypothesen
23
1.2 Forschungsstand und Relevanz der Fragestellung
26
1.3 Definitionen: Demokratie, Demokratisierung und Demokratieförderung
33
1.4 Aufbau
37
Demokratieförderung als Element der Friedenskonsolidierung 39 2.1 Das Konzept der Friedenskonsolidierung: Herausforderungen und Strategien
39
2.2 Die Ambivalenz von Demokratisierung: Mittel zum Frieden oder Auslöser für Gewalt?
44
2.2.1 Demokratie und Frieden
44
2.2.2 Demokratisierung und Gewalt
47
2.3 Die Eindämmung der Gefahren von Demokratisierung nach Bürgerkriegen
49
2.3.1 Machtteilung und das institutionelle Design der Demokratie
49
2.3.2 Garantien dritter Parteien
54
2.3.3 Kritische Bewertung
56 7
3
Die Hypothesen: Das ‚Was‘ und ‚Wie‘ externer Demokratieförderung
59
3.1 Inhalte oder das ‚Was‘ externer Demokratieförderung: Fokus auf Institutionen des Interessenausgleichs
61
3.1.1 Implikationen der Charakteristika von Nachkriegsgesellschaften 61 3.1.2 Implikationen der Kausalmechanismen zu Demokratie und Frieden sowie Demokratisierung und Gewalt
63
3.1.3 Fokus auf Interessenausgleich
64
3.2 Instrumentarium oder das ‚Wie‘ externer Demokratieförderung: Angemessenheit und Kontextualisierung
4
3.2.1 Instrumente der Demokratieförderung
65
3.2.2 Herleitung der Hypothese
69
3.2.3 Kontextualisierung: Kriterien für Angemessenheit
71
Forschungsdesign 4.1 Die Operationalisierung der unabhängigen Variablen
79 79
4.1.1 Die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
79
4.1.2 Die Angemessenheit von Instrumenten der externen Demokratieförderung
82
4.2 Die Operationalisierung der abhängigen Variablen
89
4.2.1 Indikatoren für die Gewaltfreiheit des Konfliktaustrags und die Erwartungshaltungen der Akteure
91
4.2.2 Abstufungen des Erfolgs von Friedenskonsolidierung
93
4.3 Fallauswahl
8
64
94
4.3.1 Regionale Ähnlichkeit
95
4.3.2 Kontrollvariablen
96
4.3.2.1 Charakteristika der Konfliktparteien 4.3.2.2 Charakteristika des Konfliktaustrages 4.3.2.3 Charakteristika des Konfliktgegenstandes 4.3.2.4 Charakteristika der Konfliktumwelt 4.3.2.5 Charakteristika der Konfliktbearbeitung 4.3.3 Vergleichbarkeit der Fälle in Bezug auf die Kontrollvariablen 4.4 Kausale Zusammenhänge und Wirkungsbeobachtung
5
96 96 97 98 98 99 102
4.4.1 Kausalmechanismen
102
4.4.2 Wirkungsbeobachtung: Von der Demokratieförderung zur Demokratisierung
105
Fallstudie Guatemala 5.1 Hintergründe 5.1.1 Bürgerkrieg, Friedensprozess und Demokratisierung in Guatemala 5.1.1.1 Die Ursachen des Bürgerkrieges 5.1.1.2 Der Verlauf des Bürgerkrieges 5.1.1.3 Die Friedensverhandlungen 5.1.1.4 Die Friedensabkommen und deren Implementierung 5.1.1.5 Der Demokratisierungsprozess 5.1.2 Das Engagement externer Akteure in Guatemala 5.2 Die unabhängigen Variablen: Externe Demokratieförderung unter der Lupe
107 107 107 107 108 111 113 114 116
119
5.2.1 Inhalte: Das ‚Was‘ externer Demokratieförderung in Guatemala 120 5.2.1.1 Interessenartikulation 5.2.1.2 Interessenausgleich 5.2.1.3 Weitere Förderbereiche externer Demokratieförderung 5.2.1.4 Fazit
120 133 135 136
5.2.2 Instrumentarium: Das ‚Wie‘ externer Demokratieförderung in Guatemala
139
9
5.2.2.1 Konditionalität 5.2.2.2 Soziale Einflussnahme 5.2.2.3 Materielle Förderung 5.2.2.4 Wissenstransfer 5.2.2.5 Dialog 5.2.2.6 Fazit: Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung
170
5.4 Hypothesentest
175
5.4.1 Korrelationsanalyse
175
5.4.2 Mehr als nur Korrelation? Ein Blick auf kausale Zusammenhänge
177
Fallstudie El Salvador 6.1 Hintergründe
178 180 186
189 189
6.1.1 Bürgerkrieg, Friedensprozess und Demokratisierung in El Salvador
189
6.1.1.1 Die Ursachen des Bürgerkrieges 6.1.1.2 Der Verlauf des Bürgerkrieges 6.1.1.3 Die Friedensverhandlungen 6.1.1.4 Die Friedensabkommen und ihre Implementierung 6.1.1.5 Der Demokratisierungsprozess
189 191 193 194 196
6.1.2 Das Engagement externer Akteure in El Salvador 6.2 Die unabhängigen Variablen: Externe Demokratieförderung unter der Lupe 6.2.1 Inhalte: Das ‚Was‘ externer Demokratieförderung in El Salvador
10
167
5.3 Die abhängige Variable: Erfolgreiche Friedenskonsolidierung in Guatemala?
5.4.2.1 Hypothese 1 5.4.2.2 Hypothese 2 5.4.2.3 Fazit
6
139 145 149 152 162
198
203 203
6.2.1.1 Interessenartikulation 6.2.1.2 Interessenausgleich 6.2.1.3 Andere Bereiche externer Demokratieförderung 6.2.1.4 Fazit 6.2.2 Instrumentarium: Das ‚Wie‘ externer Demokratieförderung 6.2.2.1 Konditionalität 6.2.2.2 Soziale Einflussnahme 6.2.2.3 Materielle Förderung 6.2.2.4 Wissenstransfer 6.2.2.5 Dialog 6.2.2.6 Fazit: Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung
7
204 214 218 218 221 221 228 236 239 245 248
6.3 Die abhängige Variable: Erfolgreiche Friedenskonsolidierung in El Salvador?
254
6.4 Hypothesentest
258
6.4.1 Korrelationsanalyse
258
6.4.2 Mehr als nur Korrelation? Ein Blick auf kausale Zusammenhänge
259
6.4.2.1 Hypothese 1 6.4.2.2 Hypothese 2 6.4.2.3 Fazit
259 262 269
Fallstudie Nicaragua
271
7.1 Hintergründe 7.1.1 Bürgerkrieg, Friedensprozess und Demokratisierung in Nicaragua 7.1.1.1 Konfliktursachen und sandinistische Revolution 7.1.1.2 Sandinistische Herrschaft und Konterrevolution 7.1.1.3 Die Friedensverhandlungen 7.1.1.4 Die Beendigung des Bürgerkrieges und die Friedenskonsolidierung 7.1.1.5 Der Demokratisierungsprozess in Nicaragua
271 271 272 274 276 278 281
11
7.1.2 Das Engagement externer Akteure in Nicaragua 7.2 Die unabhängigen Variablen: Externe Demokratieförderung unter der Lupe
286
289
7.2.1 Inhalte: Das ‚Was‘ externer Demokratieförderung in Nicaragua 289 7.2.1.1 Interessenartikulation 7.2.1.2 Interessenausgleich 7.2.1.3 Weitere Förderbereiche 7.2.1.4 Fazit
290 305 307 308
7.2.2 Instrumentarium: Das ‚Wie‘ externer Demokratieförderung in Nicaragua 311 7.2.2.1 Konditionalität 7.2.2.2 Soziale Einflussnahme 7.2.2.3 Materielle Förderung 7.2.2.4 Wissenstransfer 7.2.2.5 Dialog 7.2.2.6 Fazit: Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung
341
7.4 Hypothesentest
344
7.4.1 Korrelationsanalyse
344
7.4.2 Mehr als nur Korrelation? Ein Blick auf kausale Zusammenhänge
346
Schlussfolgerungen 8.1 Der Erklärungswert: Externe Demokratieförderung und konkurrierende Erklärungsfaktoren im Vergleich
12
335
7.3 Die abhängige Variable: Erfolgreiche Friedenskonsolidierung in Nicaragua?
7.4.2.1 Hypothese 1 7.4.2.2 Hypothese 2 7.4.2.3 Fazit
8
311 316 322 324 330
346 351 352
355
359
8.1.1 Guatemala 8.1.1.1 Der Erklärungswert der Hypothesen 8.1.1.2 Der Erklärungswert dritter Faktoren 8.1.1.3 Bewertung 8.1.2 El Salvador 8.1.2.1 Der Erklärungswert der Hypothesen 8.1.2.2 Der Erklärungswert dritter Faktoren 8.1.2.3 Bewertung 8.1.3 Nicaragua 8.1.3.1 Der Erklärungswert der Hypothesen 8.1.3.2 Der Erklärungswert dritter Faktoren 8.1.3.3 Bewertung 8.2 Die Fälle im Vergleich
359 359 361 364 365 365 366 367 367 367 368 371 372
8.2.1 Hypothesentest im Vergleich
372
8.2.2 Empirische Gemeinsamkeiten
375
8.2.3 Empirische Unterschiede
375
8.2.3.1 Die Friedensabkommen 8.2.3.2 Stärke und Relevanz zentraler Akteure 8.2.3.3 Probleme und Herausforderungen der Nachkriegszeit
375 377 379
8.2.4 Wechselseitige Einflussnahme
381
8.2.5 Relevanz des Vergleichs
381
8.3 Einordnung der Forschungsergebnisse
383
8.3.1 Generalisierbarkeit der Ergebnisse
383
8.3.2 Verortung in den akademischen Forschungsstand
384
8.3.3 Relevanz für die politische Praxis
387
Literatur
391
Interviews
431
13
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Kontinuum zwischen Scheitern und Erfolg der Friedenskonsolidierung
94
Abbildung 2: Kausalmechanismus Hypothese 1 bei Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
103
Abbildung 3: Kausalmechanismus Hypothese 1 bei unzureichender Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
103
Abbildung 4: Kausalmechanismus Hypothese 2 bei angemessenem Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung 104 Abbildung 5: Kausalmechanismus Hypothese 2 bei nicht angemessenem Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung
104
Abbildung 6: Sektorale Verteilung der Entwicklungszusammenarbeit zur Implementierung der Friedensabkommen, 1997-2001
119
Abbildung 7: Wahlbeteiligung in Guatemala
121
Abbildung 8: Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen in Guatemala
124
Abbildung 9: Kernproblem und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in Guatemala 169 Abbildung 10: Der Erfolg der Friedenskonsolidierung in Guatemala
175
Abbildung 11: Kausalmechanismus Hypothese 1 für Guatemala
178
Abbildung 12: Kausalmechanismus Hypothese 2 für Guatemala
181
Abbildung 13: ODA der USA an El Salvador, 1980-2005
199
Abbildung 14: ODA an El Salvador in der Nachkriegszeit – Auszahlungen und Zusagen 202 Abbildung 15: Zufluss von EZ-Geldern pro Kopf nach El Salvador
223
Abbildung 16: Kernproblem und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in El Salvador – Phase I 252 Abbildung 17: Kernproblem und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in El Salvador – Phase II 253
15
Abbildung 18: Erfolg der Friedenskonsolidierung in El Salvador
257
Abbildung 19: Kausalmechanismus Hypothese 1 in Krisensituationen
260
Abbildung 20: Kausalmechanismus von Hypothese 2
263
Abbildung 21: Sektorale Aufteilung internationaler Hilfe
289
Abbildung 22: Kernprobleme und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in in Nicaragua - Phase 1
338
Abbildung 23: Kernproblem und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in Nicaragua – Phase II
340
Abbildung 24: Erfolg der Friedenskonsolidierung in Nicaragua
344
Abbildung 25: Kausalmechanismus Hypothese 1 für unzureichende externe Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs 347
16
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Erfolgsbedingungen für Instrumente der externen Demokratieförderung
77
Tabelle 2:
Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
80
Tabelle 3:
Kennzeichen von Instrumenten der Demokratieförderung
83
Tabelle 4:
Externe Demokratieförderung und die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs in Guatemala
137
Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen für den Fall Guatemala
176
Externe Demokratieförderung und die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs im Fall El Salvador
219
Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7:
Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen für den Fall El Salvador 258
Tabelle 8:
Externe Demokratieförderung und die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs in Nicaragua
309
Hypothese 1: Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen für den Fall Nicaragua
345
Hypothese 2: Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen für den Fall Nicaragua
346
Tabelle 11:
Abschneiden der Hypothesen im Fall Guatemala
360
Tabelle 12:
Abschneiden der Hypothesen im Fall El Salvador
365
Tabelle 13:
Abschneiden der Hypothesen im Fall Nicaragua
368
Tabelle 9: Tabelle 10:
17
Abkürzungsverzeichnis AEGES
ASC ASIES
Asociación de Excombatientes y Víctimas de la Guerra de El Salvador Amnesty International Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung Alianza Liberal Nicaragüense Asociación de Municipios de Nicaragua Alianza Revolucionaria Democrática Alianza Republicana Nacionalista Asociación de Radios y Programas Participativos de El Salvador Asamblea de la Sociedad Civil Asociación de Investigación y Estudios Sociales
BCIE BIP BSP
Banco Centroamericano de Integración Económica Bruttoinlandsprodukt Bruttosozialprodukt
CAFTA CALDH CAMINO CDM CEH CENIDH CIA CIAV CICIACS
Central America Free Trade Agreement Centro para Acción Legal en Derechos Humanos Centros de Atención, Mediación, Información y Orientación Comisión de Modernización Multipartidario Comisión para el Esclarecimiento Histórico de Guatemala Centro Nicaragüense de Derechos Humanos Central Intelligence Agency Comisión Internacional de Apoyo y Verificación Comisión de Investigación de Cuerpos Ilegales y Aparatos Clandestinos y de Seguridad Comisión Internacional contra la Impunidad en Guatemala Conferencia Internacional sobre Refugiados Centroamericanos Consejo Nacional de la Judicatura Comisión Nacional de Reconciliación Consorcio de ONG de Educación Cívica Consejo Nacional de Planificación Económica y Social Dependencia Presidencial de Asistencia Legal y Resolución de Conflictos sobre la Tierra Comisión Nacional para la Consolidación de la Paz
ai AKUF ALN AMUNIC ARDE ARENA ARPAS
CICIG CIREFCA CNJ CNR COCIVICA CONPES CONTIERRA COPAZ
19
COPREDEH CPDH
Comisión Presidencial de los Derechos Humanos Comisión Permanente de Derechos Humanos
DAC DDM
Development Assistance Committee Programa de Apoyo a la Descentralización y al Desarrollo Municipal
EG EGP EMP EN EPS EU EZ
Europäische Gemeinschaft Ejército Guerrillero de los Pobres Estado Mayor Presidencial Ejército de Nicaragua Ejército Popular Sandinista Europäische Union Entwicklungszusammenarbeit
FAR FDN FDNG FES FESPAD FIAN FLACSO FMLN FPL FRG FSLN FUNDASPAD
Fuerzas Armadas Rebeldes Fuerzas Democráticas Nicaragüenses Frente Democrático Nueva Guatemala Friedrich-Ebert-Stiftung Fundación de Estudios para la Aplicación del Derecho Food First Information and Action Network Facultad Latinoamericano de Ciencias Sociales Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional Fuerzas Populares de Liberación Frente Republicano Guatemalteco Frente Sandinista de Liberación Nacional Fundación Salvadoreña para el Desarrollo Local y la Democracia Fundación Dr. Guillermo Manuel Ungo Fundación Salvadoreña para el Desarorollo Económico y Social
FUNDAUNGO FUSADES
GTZ
Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
HIPC
Heavily Indebted Poor Countries
ICITAP
International Criminal Investigative Training Assistance Programme Inter-American Development Bank
IDB
20
IDEA IEN IFES IIDH INCEP INIFOM IRI IWF
International Institute for Democracy and Electoral Assistance Instituto de Estudios Nicaragüenses International Foundation for Electoral Systems Instituto Interamericano de Derechos Humanos Instituto Centroamericano de Estudios Políticos Instituto Nicaragüense de Fomento Municipal International Republican Institute Internationaler Währungsfonds
KAS
Konrad-Adenauer-Stiftung
MINUGUA MINUSAL MINREX MIRE MNR MRS
Misión de Verificación de las Nacionas Unidas en Guatemala Misión de las Nacionas Unidas en El Salvador Ministerio des Relaciones Exteriores Movimiento Independiente pro Reforma Electoral Movimiento Nacional Revolucionario Movimiento Renovador Sandinista
NGO NDI NIMD
Non-Governmental Organization National Democratic Institute Netherlands Institute for Multiparty Democracy
OAS ODA OECD ONUCA
ORPA
Organization of American States Official Development Assistance Organisation for Economic Co-operation and Development Grupo de Observadores de las Naciones Unidas en Centroamérica Misión de Observación de las Naciones Unidas en El Salvador Organizacion de las Naciones Unidas para la Verificación de Elecciones en Nicaragua Organización del Pueblo en Armas
PAC PAN PCN PDC PDDH PDH
Patrullas de Autodefensa Civil Partido de Avanzada Nacional Partido de Conciliación Nacional Partido Demócrata Cristiano Procuraduría para la Defensa de los Derechos Humanos Procuraduría de los Derechos Humanos
ONUSAL ONUVEN
21
PLC PMA PNUD PP PREPAZ PRN PRODEPAS PROLEY PVDGP
Partido Liberal Constitucionalista Policía Militar Ambulante Programa de las Naciones Unidas para el Desarollo Partido Patriota Proyecto de Educación para la Paz y la Democracia Partido Resistencia Nicaragüense Proyecto Fortalecimiento para el Desarrollo, Reconstrucción y Pacificación en El Salvador Programme of Institutional Assistance for Legal Reform Programa Valores Democráticos y Gerencia Política
RAAN RAAS RN
Región Autónoma del Atlántico Norte Región Autónoma del Atlántico Sur Resistencia Nicaragüense
SIDA
Swedish International Development Cooperation Agency
TSE
Tribunal Supremo Electoral
UCA UFCo UNDP UNESCO
Universidad Centroamericana United Fruit Company United Nations Development Program United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization United Nations Children’s Fund United Nations Unión Nacional Opositora United Nations Office on Drugs and Crime Unidad Revolucionaria Nacional Guatemalteca United States of America United States Agency for International Development
UNICEF UN UNO UNODC URNG USA USAID
Eigene Abkürzungen a.V. i.V. u.V.
22
abhängige Variable intervenierende Variable unabhängige Variable
1 Einleitung
1.1 Fragestellung und Hypothesen Demokratieförderung gehört seit den 1990er Jahren zum Standardrepertoire der Friedenskonsolidierung nach Bürgerkriegen. Schon 1992 betonte der damalige UN-Generalsekretär Boutros-Ghali in der „Agenda für den Frieden“ den Zusammenhang von Demokratisierung und Frieden: „There is an obvious connection between democratic practices – such as the rule of law and transparency in decision-making – and the achievement of true peace and security in any new and stable political order“ (United Nations Secretary-General 1992: VI, 49).1 Dieses Verständnis spiegelt sich auch in den UN-Friedensmissionen der zweiten und dritten Generation wider, die mit der Implementierung von Friedensabkommen betraut wurden und zu deren Aufgabenbereich – als Mittel für die Schaffung eines dauerhaften Friedens – die Förderung von freien und fairen Wahlen sowie der Aufbau demokratischer Institutionen gehört (Paris 2001: 766; Ramsbotham 2000: 176f.). Aber auch andere internationale Organisationen wie die EU oder die OECD, bilaterale Geber oder Nichtregierungsorganisationen setzen auf Demokratieförderung als Maßnahme der Friedenskonsolidierung.2 Die Grundlage für diese Entwicklung ist das liberale Paradigma, demzufolge Demokratisierung und die Einführung der Marktwirtschaft zur Konsolidie1
Ähnlich heißt es in der „Agenda für Demokratisierung“ von 1996: „Democracy within States (…) fosters the evolution of the social contract upon which lasting peace can be built“ (Boutros-Ghali 1996: I, 17). 2 So wird etwa im Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“ der Bundesregierung eine stabilisierende Rolle von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie postuliert: „Legitime und funktionstüchtige rechtsstaatliche Strukturen sind eine zentrale Voraussetzung für gesellschaftlichen Interessenausgleich und somit für eine geregelte und friedliche Austragung von Konflikten. Darüber hinaus tragen Demokratisierungsprozesse mittel- und langfristig zur strukturellen Stabilisierung eines Landes bei“ (Bundesregierung 2004: 36). Ähnliche Entwicklungen gibt es in der Europäischen Union: Hier wurde die Förderung von Demokratie und Menschenrechten zunehmend zum Leitziel der Außenpolitik aufgrund des angenommenen Zusammenhangs von Demokratie, Frieden und Entwicklung (European Commission 2001). Grundlegend sind auch die 1997 vom Entwicklungsausschuss der OECD vorgelegten „Guidelines on Conflict, Peace and Development“, in denen eine stärkere Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit auf Fragen der Konfliktbearbeitung und Friedenskonsolidierung gefordert und die Bedeutung von Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit hierfür betont wird (OECD/DAC 1997).
23
rung von Friedensprozessen beitragen. Roland Paris hat dies unter dem Begriff des „liberalen Institutionalismus“ (Paris 1997; Paris 2004) zusammengefasst, der seiner Meinung nach die Arbeit aller wichtigen internationalen Akteure im Bereich der Friedenskonsolidierung leitet. Demnach wird Demokratisierung als unabkömmliches Element der Friedenskonsolidierung betrachtet, da dadurch einerseits Kanäle für die friedliche Austragung von Konflikten zur Verfügung gestellt werden und andererseits mögliche Ursachen gewaltsamer Konflikte reduziert werden. Über diese innerstaatliche Dimension hinaus ist Demokratieförderung auch aufgrund von sicherheitspolitischen Erwägungen zu einem Bestandteil der außenpolitischen Agenda geworden und soll zur Sicherung des Weltfriedens beitragen (Russett 2005: 395). Ideengeschichtlich weist die Strategie der Friedenskonsolidierung durch Demokratisierung auf ein Denkmuster hin, dessen theoretisch-philosophisches Fundament bis zu Immanuel Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ zurückgeht: Demokratien sind friedlich.3 Empirische Befunde scheinen diese Aussage zu bestätigen; in der Disziplin der Internationalen Beziehungen hat sich mittlerweile ein ganzer Theoriestrang herausgebildet, der sich mit dem Phänomen des zwischenstaatlichen „demokratischen Friedens“ beschäftigt (Geis 2001; Nielebock 2004). Auch die Demokratie- und Transitionsforschung postuliert einen positiven Zusammenhang zwischen Demokratie und Frieden (Linz 1997: 418). Bei näherer Betrachtung fällt allerdings auf, dass der Zusammenhang zwischen Demokratie und Frieden weder linear noch eindeutig ist. Die Theorie zum demokratischen Frieden kommt etwa in erhebliche Nöte, wenn es um die Erklärung der Kriegsfreudigkeit von Demokratien gegen Nicht-Demokratien oder aber die ‚Beinahe-Kriege‘ zwischen Demokratien geht (Krell 2000: 159ff.). Eine zunehmende Zahl von Arbeiten weist zudem auf demokratiespezifische Motive und Anreize für Gewaltanwendung hin (Daase 20044; Geis/Wagner 2006: 280ff.) und problematisiert, dass ein Überlegenheitsgefühl und die Ideologie liberaler Demokratien selbst Ursache für Gewaltanwendung sein können (Müller 2006). Ferner muss die Annahme, dass Demokratisierung eine gewaltfreie innerstaatliche Konfliktbearbeitung und zwischenstaatlichen Frieden sichert, hinterfragt werden. So ist die Anfälligkeit von sich demokratisierenden Staaten sowie Semi-Demokratien für einen gewalttätigen Konfliktaustrag besonders hoch aufgrund von institutionellen Schwächen und der mangelnden demokratischen Pra3 Kant ging von der besonderen Friedensfähigkeit von Republiken aus, sein republikanisches Verständnis entspricht aber dem, was wir heute unter liberaler Demokratie zu verstehen pflegen (vgl. hierzu auch Czempiel 1996: 80). 4 Christopher Daase variiert dieses Argument noch etwas und führt aus, dass es letztlich „dieselben Gründe [sind], die zwischen Demokratien Frieden stiften und die Demokratien zum Krieg mit NichtDemokratien veranlassen“ (Daase 2004: 54).
24
xis politischer Akteure. Dies kann zu einer erhöhten externen (Mansfield/Snyder 2004; Snyder 2000) oder auch internen Gewaltneigung (Gleditsch/Hegre 1997; Henderson 2002; Mann 2005) führen. Angola und Burundi sind Negativbeispiele, in denen ein Demokratisierungsprozess eine destabilisierende Wirkung entfaltet und zu einem erneuten Ausbruch von Bürgerkriegen geführt hat (Mair 1997: 13f.). Während also ein konsolidiertes demokratisches Herrschaftssystem den innerstaatlichen (wie auch zwischenstaatlichen) Frieden stabilisiert und dessen Etablierung ein positiver Beitrag zur Friedenskonsolidierung ist, birgt die Phase der Demokratisierung die Gefahr einer erneuten Gewalteskalation in sich und kann den Friedensprozess zerstören. Externe Demokratieförderung ist somit durchaus risikoreich und kann entgegengesetzte, nicht-intendierte Wirkungen entfalten und damit das übergeordnete Ziel der Friedenskonsolidierung konterkarieren. An dieser Problematik setzt die vorliegende Arbeit an: Untersucht wird, ob und wie externe Demokratieförderung die Friedenskonsolidierung nach Bürgerkriegen unterstützen kann. Ziel der Arbeit ist somit eine Kontextualisierung von Demokratisierungshilfe als Element der Friedenskonsolidierung. Unter welchen Umständen, mit welcher inhaltlichen Zielsetzung und anhand welcher Strategie ist externe Demokratieförderung förderlich (oder eben schädlich) für die Konsolidierung des Friedens in Nachkriegsgesellschaften? Zur Beantwortung dieser Fragestellung werden zwei deduktiv aus der Forschungsliteratur abgeleitete Hypothesen geprüft. Die erste Hypothese beschäftigt sich mit dem ‚WAS‘ der Demokratieförderung und beruht auf der Argumentation, dass Demokratieförderung in Nachkriegsgesellschaften nicht nach dem ‚Gießkannenprinzip‘ erfolgen sollte, sondern inhaltliche Prioritäten setzen muss, um die gewaltgenerierenden Elemente von Demokratisierungsprozessen einzudämmen und das friedensfördernde Potenzial von Demokratisierung zu stärken: H 1: Je mehr externe Demokratieförderung Institutionen des Interessenausgleichs fördert, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
Die zweite Hypothese ist auf das ‚WIE‘, also die Form externer Demokratieförderung ausgerichtet. Demnach muss das Instrumentarium externer Demokratieförderung angemessen sein, d.h. auf die fallspezifischen, innerstaatlichen Bedingungen ausgerichtet sein und die Möglichkeiten der externen Demokratisierer berücksichtigen5: 5
Die Forderung nach ‚Angemessenheit‘ erscheint zunächst einmal als Binsenweisheit und muss näher spezifiziert werden, um nicht ex post beliebig auslegbar zu sein und damit alles oder auch nichts erklären zu können. Eine konkrete Erörterung von Faktoren, die gegeben sein müssen, damit eine Maßnahme als angemessen betrachtet werden kann, folgt daher in Kapitel 3.2.
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H 2: Je angemessener die Instrumente externer Demokratieförderung sind, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
Beide Hypothesen sind nicht konkurrierend zu verstehen, sondern stehen in einem komplementären Verhältnis zueinander. Es wird also angenommen, dass sowohl Ansatzpunkte (das ‚Was‘) als auch das Instrumentarium (das ‚Wie‘) externer Demokratieförderung einen Einfluss auf den Verlauf der Demokratisierung und damit auch auf den Verlauf von Friedensprozessen haben. Der empirische Teil der Arbeit besteht aus einer vergleichenden Fallstudie mit den Friedensprozessen in Nicaragua, El Salvador und Guatemala. Die Länder eignen sich einerseits aufgrund ähnlicher kulturell-historischer Rahmenbedingungen für einen Vergleich (zur Fallauswahl vgl. Kapitel 4.3), andererseits sind sie für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand von besonderem Interesse, weil Demokratisierung, Kriegsbeendigung und Friedenskonsolidierung in allen drei Fällen in einem engen Zusammenhang standen. Ferner entwickelten die Vereinten Nationen erstmals für Zentralamerika ein integratives Konzept von Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung (Santiso 2002: 556ff.). Ziel der Fallstudien ist es, einerseits die Hypothesen einem ersten Plausibilitätstest zu unterziehen. Zusätzlich zu einer Korrelationsanalyse sollen außerdem durch eine Prozessanalyse Einblicke in die Wirkungszusammenhänge zwischen externer Demokratieförderung (u.V.) und Erfolg der Friedenskonsolidierung (a.V.) gewonnen werden.
1.2 Forschungsstand und Relevanz der Fragestellung Externe Demokratieförderung als Mittel der Friedenskonsolidierung ist ein Thema mit Berührungspunkten zu im Wesentlichen vier verschiedenen Forschungsgegenständen. Dazu gehört zunächst einmal die Literatur zur Friedenskonsolidierung sowie die Transitionsforschung. Aus letzterer hat sich mittlerweile ein Strang von Arbeiten herausgebildet, die sich konkret mit den internationalen Faktoren für Demokratisierung beschäftigen und Motive und Instrumente der externen Demokratieförderung untersuchen. Zuletzt gibt es auch noch Schnittstellen zum Theorem des Demokratischen Friedens, und hierbei insbesondere zu dem Teilbereich des „Democratic Civil Peace“. Im Folgenden soll a) der aktuelle Forschungsstand in den einzelnen Bereichen umrissen und b) dargestellt werden, wie die vorliegende Arbeit in bereits bestehende Diskussionen einzuordnen ist und diese weiterentwickelt.
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Friedenskonsolidierung Friedenskonsolidierung (Peacebuilding) tauchte erstmals 1992 mit der Agenda für den Frieden des damaligen UN-Generalsekretärs Boutros Boutros-Ghali auf der internationalen Agenda auf. Ausgehend von dem Anspruch, nicht nur die Beendigung von Kriegshandlungen abzusichern, sondern auch die Bedingungen für einen dauerhaften Frieden in Nachkriegsgesellschaften zu schaffen, umfasst Peacebuilding „action to identify and support structures which tend to strengthen and solidify peace to avoid a relapse into conflict“ (United Nations SecretaryGeneral 1992: II, 21). Friedenskonsolidierung ist somit eine vielschichtige Aufgabe mit sicherheitspolitischen, politischen, sozio-ökonomischen, rechtlichen und psycho-sozialen Komponenten.6 Obwohl das Konzept der Friedenskonsolidierung mittlerweile schon 15 Jahre alt ist und Peacebuilding zu einer „international growth industry“ (Tschirgi 2004: 1) geworden ist, sind die Ergebnisse des internationalen PeacebuildingProjekts lediglich durchwachsen. Die Wahrscheinlichkeit, dass fünf Jahre nach einem Friedensabkommen Feindseligkeiten wieder ausbrechen (bzw. ausgebrochen sind) liegt nach einer Studie der Weltbank bei 44 Prozent (World Bank 2004c: 8). Fragen nach den Erfolgsbedingungen von Frieden sind somit dringlich und es ist wenig verwunderlich, dass neben einer Vielzahl von praxisorientierten Arbeiten zu Design und Instrumenten von Friedenskonsolidierung (Austin et al. 2004; Ball 2002; Lederach 1997; Miall/Ramsbotham/Woodhouse 1999; Paffenholz/Reychler 2000; Ropers/Debiel 1995; Rupesinghe 1998) mittlerweile auch eine wachsende Zahl von Studien nach Erfolgsfaktoren von Peacebuilding fragen.7 Diese Untersuchungen ziehen unterschiedliche Faktoren als unabhängige Variablen in Betracht, so z.B. das Design des Friedensabkommens (Hampson 1995; Hartzell/Hoddie 2003), das Engagement externer Akteure (Hampson 1995; Walter 2002) oder die Präsenz von als Spoiler bezeichneten Störenfrieden (Stedman 1997). Neben der Diskussion von Kontextbedingungen, die den Erfolg der Friedenskonsolidierung beeinflussen8, konzentrieren sich die Arbeiten zu 6 Ursprünglich wurde Peacebuilding ausdrücklich als Maßnahme für die Post-Konfliktphase vorgesehen. Ein derlei lineares Verständnis von Konflikten, das Peacebuilding an das Ende einer Kette von Maßnahmen (Prävention, Peacemaking und Peacekeeping) setzt, wird mittlerweile zunehmend kritisiert und Friedenskonsolidierung wird inzwischen häufig in einem grundsätzlich präventiven Sinne verstanden (für einen Überblick vgl. Tschirgi 2004 sowie Schneckener 2005). Aufgrund des gewählten Untersuchungsgegenstandes ist die Analyse in dieser Arbeit jedoch auf Nachkriegssituationen beschränkt. 7 Vgl. hierzu unter anderem: Dobbins et al. 2005; Doyle/Sambanis 2006; Hartzell/Hoddie 2003; Hampson 1995; Paris 2004; Stedman/Rothchild/Cousens 2002; Walter 2002; Reiber 2002; Chesterman 2004; Caplan 2005. 8 Derlei Kontextbedingungen sind z.B. die Länge und Intensität des Konfliktes, die Zahl der Konfliktparteien, die Beschaffenheit des Konfliktgegenstandes (ethnische Konflikte gelten etwa als
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einem großen Teil entweder auf die Angemessenheit der gewählten Strategien und Instrumente oder aber auf die Implementierung der gewählten Ansätze als Erklärungsfaktoren für Erfolg oder Scheitern von Peacebuilding. Dabei wird zunehmend Kritik an einer zu technischen und nicht an lokalen Gegebenheiten orientierten Ausrichtung der Maßnahmen geäußert (Labonte 2003: 265ff.; Lund 2003: 15; Pugh 2000: 4; Ramsbotham 2000: 179). Ähnlich argumentiert Roland Paris, der eine zu schnelle wirtschaftliche und politische Liberalisierung als Ursache für das Scheitern von Friedensprozessen identifiziert (Paris 2004). Marina Ottaway hinterfragt das „democratic reconstruction model“, das zwar theoretisch einleuchtend erscheine, in der Praxis aber viel zu anspruchsvoll, kostspielig und daher nicht realisierbar sei (Ottaway 2003: 320).9 In Bezug auf die Umsetzung wird von den meisten Autoren kritisiert, dass internationale Akteure zu sehr auf ‚quick fix‘-Lösungen fixiert seien (Cockell 2000: 22; de Zeeuw 2001: 26). Die Bereitschaft, für umfangreiche Friedenskonsolidierungsmaßnahmen beträchtliche Ressourcen langfristig bereitzustellen, sei nicht vorhanden. Problematisiert wird ferner die fehlende Koordinierung externer Akteure (Stedman/Rothchild 1996: 26ff.; Tschirgi 2004: 16). Auch die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, den Beitrag externer Akteure für die Friedenskonsolidierung in Nachkriegsgesellschaften zu untersuchen. Dabei wird allerdings nur ein Aspekt von Peacebuilding, nämlich externe Demokratieförderung als Teil der politischen Aufgaben der Friedenskonsolidierung, näher analysiert werden. Die Untersuchung schließt somit an Studien an, welche die Zweckmäßigkeit des liberalen Institutionalismus hinterfragen (Paris 2004; aber auch David 1999; Pugh 2000; Ramsbotham 2000). Anders als in der bisherigen Literatur geht es aber weniger darum, nachzuweisen, dass politische Liberalisierung negative Auswirkungen auf Friedensprozesse haben kann. Angestrebt wird vielmehr eine Kontextualisierung, also die Analyse von günstigen (oder behindernden) Bedingungen und Formen externer Demokratieförderung. Transitionsforschung Gegen Ende des 20. Jahrhunderts scheint die Attraktivität des Leitbildes ‚Demokratie‘ ungebrochen zu sein. Die dritte Welle der Demokratisierung (Huntington 1991) nahm in den 1970er Jahren in Südeuropa ihren Anfang und setzte sich in schwerer zu befrieden als sozio-ökonomische) oder aber das Vorhandensein von leicht plünderbaren natürlichen Ressourcen. Für einen Überblick vgl. Lund 2003: 37f. sowie Downs/Stedman 2002: 5457. 9 Zusätzlich zu diesen Einwänden an der Effektivität von Friedenskonsolidierung gibt es auch noch ganz grundsätzliche Zweifel an der Legitimität des vorherrschenden Konzepts. So vermuten manche Kritiker, dass Friedenskonsolidierung nur den Interessen der mächtigen Staaten diene und als ‚imperialistische Beruhigungspille‘ verabreicht werde, um globale kapitalistische Interessen zu verteidigen (Lund 2003: 19).
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den 1980er Jahren in Lateinamerika und etwas später in Asien und Afrika fort. Auslöser für eine regelrechte Demokratisierungs-Euphorie war jedoch das Wendejahr 1989 mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas und deren anschließende demokratische Transformation. Dankwart A. Rustow sprach von einer „globalen Revolution“ und ging davon aus, dass die Welt zu Beginn der 1990er Jahre sicherer denn je zuvor für Demokratie geworden sei (Rustow 1990: 91). Francis Fukuyama kündigte gar das ‚Ende der Geschichte‘ an und erachtete liberale Demokratie als nach dem Niedergang von Faschismus und Sozialismus alternativloses politisches Modell mit universalem Anspruch (Fukuyama 1992). Auch für die wissenschaftliche Diskussion blieb diese Ausbreitung von Demokratisierungsprozessen nicht ohne Folgen. Insbesondere die Transitionsforschung konnte ein enormes Wachstum verbuchen und hat sich als „new sub-discipline in political science“ (Pridham 2000: 1) etabliert. Zu unterscheiden sind in der Transitionsforschung im Wesentlichen zwei Strömungen: funktionalistische (oder auch strukturorientierte) Erklärungen sowie akteurszentrierte Ansätze. In funktionalistischen Theorien werden Demokratisierungsprozesse anhand von strukturellen – Demokratisierung begünstigenden oder behindernden – Bedingungen erklärt. Diese Erfordernisse können wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Natur sein. Der prominenteste Vertreter dieser Ansätze ist Seymour Martin Lipset, der in seiner Modernisierungstheorie davon ausgeht, dass es sozio-ökonomische Voraussetzungen für Demokratie gibt (Lipset 1959: 75).10 Andere strukturelle Erklärungen betrachten die Streuung der gesellschaftlichen Machtressourcen (Tatu Vanhanen 1990), die Machtstrukturen verschiedener gesellschaftlicher Klassen (Barrington Moore 1969), die politische Kultur (Almond/Verba 1963; Ronald Inglehart 1990) oder aber das soziale Kapital (Robert Putnam 1993) als relevante Erklärungsfaktoren für Demokratisierungsprozesse (Merkel 1999a: 83-101; Pridham 2000: 5ff.). Die Kritik an den funktionalistischen Ansätzen macht sich vor allem an zwei Punkten fest: diese seien a) deterministisch und gingen von einer linearen politischen Entwicklung bei Vorhandensein gewisser Voraussetzungen aus11 und b) sie seien statisch und unbestimmt, da sie nicht erklären könnten, wann es zu Liberalisierung und Transitionsprozessen komme (Merkel 1999a: 102; Pridham 2000: 7). Akteurszentrierte Ansätze (Linz/Stepan 1996; O’Donnell/Schmitter/ Whitehead 1986; Przeworski 1991) umgehen diese Schwachpunkte. Sie gehen 10
Lipset argumentiert nicht, dass sich ohne sozio-ökonomische Voraussetzungen keinerlei demokratische Institutionen und Prozesse entwickeln können, sondern betont vielmehr, dass die Überlebensfähigkeit dieser demokratischen Entwicklung, also die Konsolidierung von Demokratie, in einer Wechselbeziehung zur sozio-ökonomischen Entwicklungsstufe steht. 11 Dieser Determinismus ist von Vertretern der funktionalistischen Theorie später zurückgenommen worden. Anstelle von Kausalitäten sprechen sie mittlerweile von unterstützenden oder behindernden Kontextbedingungen für Demokratisierung (Pridham 2000: 8).
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weniger von einem Demokratisierungs-Automatismus bei Erfüllung bestimmter Bedingungen aus, sondern betonen die Offenheit politischen Handelns, das Vorhandensein von politischen Wahlmöglichkeiten und die Bedeutung von Eliten. Transformationsprozesse hängen somit weniger von objektiven Umständen als von „den subjektiven Einschätzungen, Strategien und Handlungen der relevanten Akteure ab“ (Merkel 1999a: 102) und können erst durch die Analyse der beteiligten Akteure, deren Kosten-Nutzen-Kalkulation und Machtposition erklärt werden. Im Gegensatz zu funktionalistischen bzw. strukturorientierten Ansätzen liegt der Analysefokus akteursorientierter Ansätze somit auf der Mikroebene der handelnden Subjekte (Schubert 2005: 352).12 Gemeinsam ist beiden Ansätzen, dass sie vor allem interne Faktoren zur Erklärung von Transitionsprozessen heranziehen. Der internationale Kontext von nationalen Demokratisierungsprozessen ist hingegen lange Zeit vernachlässigt worden und erst zu Beginn der 1990er Jahre – nach den Ereignissen von 1989/90 und der offensichtlichen Bedeutung externer Faktoren für diese Entwicklung (Schmitter 1996: 27) - etwas mehr in den Blickpunkt der Transitionsforschung geraten (Pridham 1991; Whitehead 1996; Kneuer 2006). Externe Demokratieförderung Naturgemäß eine zentrale Rolle spielen internationale Faktoren hingegen in wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit externer Demokratieförderung beschäftigen. Auch dieser Forschungsbereich expandierte in den letzten 15 Jahren erheblich aufgrund der steigenden Bedeutung von Demokratieförderung in der Außenund Entwicklungspolitik westlicher Staaten. So wurden die internationalen Rahmenbedingungen für externe Demokratieförderung zu Beginn des 21. Jahrhunderts günstiger als je zuvor eingeschätzt (Merkel 2003: 153) und dem World Development Report 2004 zufolge verzehnfachte sich das Volumen für externe Demokratieförderung zwischen 1991 und 2000 (World Bank 2003: 210). Insbesondere die USA haben ihr Engagement im Bereich der Demokratieförderung verstärkt. Schon unter der ersten Präsidentschaft von Bill Clinton wurde Enlargement – verstanden als Strategie der Erweiterung der Gemeinschaft von demokratischen und marktwirtschaftlichen Staaten – anstelle der einstigen Eindämmungspolitik zumindest rhetorisch propagiert.13 Nach dem 11. September 2001 12 Entgegen dieser Dichotomie zwischen funktionalistischen und akteurszentrierten Ansätzen gibt es mittlerweile zunehmend komplementäre Arbeiten, die versuchen, Erklärungsfaktoren der Struktursowie der Akteursebene zu kombinieren (Schubert 2005: 352f.). 13 Vgl. hierzu die Äußerungen von Clintons Sicherheitsberater Anthony Lake: „The successor to a doctrine of containment must be a strategy of enlargement – enlargement of the world`s free community of market democracies“ (Lake 1993: 4). Ähnlich auch die Nationale Sicherheitsstrategie von 1995, in der Demokratieförderung als eines von drei zentralen Zielen genannt wird (The White House 1995: i).
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wurde die amerikanische Demokratieförderung unter der Präsidentschaft von George W. Bush schließlich „offensiv radikalisiert“ (Schoch 2006: 177). Krieg als Instrument für die Beseitigung von Diktatoren und für die Förderung von Demokratisierungsprozessen wurde zunehmend diskutiert und insbesondere nachdem sich im Irak keine Massenvernichtungswaffen finden ließen, wurde der Irak-Krieg als Maßnahme der Demokratieförderung gerechtfertigt.14 Mit negativen Folgen – so hat sich die Lage im Nahen und Mittleren Osten verschlechtert und von einer Demokratisierung ist nichts zu bemerken, darüber hinaus hat aber auch die Demokratieförderung als Ganzes Schaden genommen. Thomas Carothers konstatiert zunehmende Widerstände und einen sogenannten „backlash against democracy promotion“ (Carothers 2006) und führt diese Abwehrreaktionen auf die interventionistische Außenpolitik der Bush-Administration und deren Rhetorik der Demokratieförderung zurück. Die Literatur über externe Demokratieförderung ist bisher weitestgehend deskriptiv und praxisorientiert. So gibt es einerseits Arbeiten, die einen Überblick über Akteure, Ziele und Mittel externer Demokratieförderung geben (Burnell 2000; Carothers 1999; Mair 1997), andererseits existieren zahlreiche Evaluierungsstudien zu durchgeführten Maßnahmen in einzelnen Ländern15 oder zur vergleichenden Bewertung von Teilbereichen der Demokratieförderung, wie z.B. Wahlhilfe (Engel et al. 1996; Kumar 1998; Reilly 2003). Wiederum andere Studien beschäftigen sich mit den Motiven und Strategien der Demokratieförderung einzelner Geber (Carothers 1999, Cox et al. 2000; Jünemann/Knodt 2006; Kneuer 2006; Newman/Rich 2004; Santiso 2002; Youngs 2006). Zusammengefasst lässt sich eine Zweiteilung der Forschungsinteressen feststellen: Während die eine Gruppe der Forschenden an der Konzeptualisierung von externer Demokratieförderung interessiert ist und danach fragt, welche Akteure warum welche Ziele verfolgen, fokussiert sich die zweite Gruppe auf die Wirkungsanalyse und untersucht, ob und warum externe Akteure ihre Ziele erreichen (oder auch nicht erreichen) und welchen Einfluss die externe Demokratieförderung auf den Demokratisierungsprozess im Zielland hat. In Bezug auf die letztgenannte Fragestellung fällt auf, dass – abgesehen von einigen optimistischen Einschätzungen (z.B. Diamond 2003; Finkel et al. 2006) 14
George W. Bush argumentierte bereits am 26.2.2003 in einer Rede vor dem American Enterprise Institute, dass der Krieg gegen Irak den Anfang für Frieden, Freiheit und Demokratie in der Region bedeuten könnte. 15 Evaluationen werden von den meisten Trägern der Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt oder in Auftrag gegeben und ihre Zahl ist daher unübersichtlich groß. Die meisten der Berichte lassen sich online recherchieren. Vgl. dazu einige ausgewählte Internetseiten: UN: http://www.uneval.org/; USAID: http://evalweb.usaid.gov/; EUFORIC: http://www.euforic.org/?; OECD: http://www.oecd.org/site/0,3407,en_21571361_34047972_1_1_1_1_1,00.html; SIDA: http://www.sida.se/sida/jsp/sida.jsp?d=255&language=en_US (24.9.2007).
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– die meisten Untersuchungen die Möglichkeiten externer Demokratieförderung eher skeptisch beurteilen (Burnell 2000b: 348; Carothers 1999: 331; Mendelsohn 2001: 72; Ottaway 2003; Schmitter/Brouwer 1999: 9; Sørensen 2000). Dilemmata und Hindernisse von Demokratisierungshilfe werden in einer Vielzahl von Arbeiten untersucht. Dabei ist zwar eine Ähnlichkeit der praktischen Befunde zu verzeichnen – genauso wie bei der Evaluation von Peacebuilding werden eine fehlende Angemessenheit von Strategien (inhaltliche Ausrichtung, standardisierte Ansätze) und Defizite in der Implementierung der Demokratisierungshilfe (z.B. fehlende Nachhaltigkeit oder Kohärenz) kritisiert –, es mangelt aber an übergeordneten theoretisch-konzeptionellen Überlegungen zur Erklärung der Wirksamkeit von externer Demokratieförderung. Des Weiteren wird häufig der besondere Kontext von Demokratieförderung in Nachkriegsgesellschaften vernachlässigt (Call/Cook 2003: 7).16 An diesen beiden Desiderata setzt die vorliegende Arbeit an. Einerseits geht es konkret um die Möglichkeiten von externer Demokratieförderung nach Bürgerkriegen, andererseits soll durch die systematische Erfassung von Förderbereichen, Instrumenten und Wirkungsbedingungen externer Demokratieförderung sowie durch deren Prüfung anhand von Hypothesen ein Beitrag zur Theoriebildung geleistet werden. Demokratischer Friede Die Theorie des demokratischen Friedens (für einen Überblick: Geis 2001, Hasenclever 2003) postuliert einen Zusammenhang zwischen der inneren Verfasstheit eines Staates und dessen Außenverhalten. Eine Minderheit der Autoren vertritt dabei die These, Demokratien seien generell friedfertig (Czempiel 1996; Rummel 1995), die Mehrheit der Wissenschaftler geht hingegen lediglich davon aus, dass Demokratien keine Kriege gegeneinander führen (für viele: Russett 1993). Schließlich gibt es im weiteren Umfeld der Debatte auch noch Arbeiten zum „Democratic Civil Peace“. Diese stellen einen Zusammenhang zwischen Regimetyp und innerstaatlichem Konfliktverhalten her und weisen z.B. darauf hin, dass in Demokratien keine Genozide stattfinden (Rummel 1995) oder aber, dass in Demokratien Bürgerkriege deutlich seltener auftreten als in NichtDemokratien (Krain/Myers 1997). Die These eines generell friedfertigen Außenverhaltens von Demokratien widerlegen zahlreiche Kriegsbeteiligungen von Demokratien, bei denen es sich keinesfalls nur um Verteidigungskriege handelte. Empirisch nachweisbar ist hingegen, dass Demokratien (fast) keine Kriege gegeneinander führen (RisseKappen 1994: 161ff.). Trotz diesem beinahe einem Gesetz gleichkommenden 16 Ausnahmen sind Kumar 1998, Ottaway 2003, Santiso 2002, de Zeeuw 2004, de Zeeuw/Kumar 2006.
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Befund gibt es zunehmend Arbeiten, die sich mit den Schattenseiten des demokratischen Friedens beschäftigen und die „Antinomien des demokratischen Friedens“17 ins Blickfeld rücken. In diesem Zusammenhang wird beispielsweise thematisiert, dass Entwicklungen wie die Revolution in Military Affairs Kausalmechanismen des demokratischen Friedens obsolet werden lassen (da sie kurze, relativ opferarme Kriege ermöglichen) (Müller/Schörnig 2001), oder aber, dass Rechtfertigungen gewalttätiger Außenpolitik zum Teil auf liberaldemokratischen Argumenten beruhen (Geis/Wagner 2006: 280ff.). Der im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit wichtigste Widerspruch bezieht sich auf die besondere Gewaltneigung von sich demokratisierenden Staaten oder Semi-Demokratien. Der demokratische Friede gilt demnach nur für konsolidierte Demokratien, nicht jedoch für Staaten im Übergang, die sogar für besonders gewaltträchtig erachtet werden (Enterline 1996; Mansfield/Snyder 1995, 2005; Snyder 2000). Diese erhöhte Gewaltneigung bezieht sich sowohl auf das Außenwie auch auf das Innenverhalten (Hegre et al. 2001; Henderson 2002). Hier kommt nun die vorliegende Arbeit ins Spiel. Denn die Fragestellung, unter welchen Bedingungen und in welcher Form externe Demokratieförderung zur Friedenskonsolidierung beitragen kann, beinhaltet eine sorgfältige Analyse der kritischen Transitionsphase und verspricht zusätzliche Erkenntnis darüber, ob und wie potentiell gewaltsame Elemente der Demokratisierung kontrolliert werden können.
1.3 Definitionen: Demokratie, Demokratisierung und Demokratieförderung Demokratie gehört zu den mehrdeutigsten und politisch umstrittensten Begriffen der Sozialwissenschaften. Da das Konzept der Demokratie eine zentrale Rolle in dieser Arbeit spielt, wird im Folgenden erklärt und begründet werden, welches Demokratieverständnis dieser Arbeit zugrunde liegt. Ebenso werden die Begriffe Demokratisierung und Demokratieförderung definiert.18 Der Begriff Demokratie stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt so viel wie Volksherrschaft. Demokratie ist somit diejenige Form der politischen Herrschaftsausübung, bei der das Volk der Souverän ist. In seiner klassischen Minimaldefinition umreißt Joseph Schumpeter Demokratie als „that institutional arrangement for arriving at political decisions in which individuals 17
Müller 2002, vgl. auch das Forschungsprogramm der HSFK unter: http://www.hsfk.de/index.php?id=163 (24.9.2007). 18 Für Friedenskonsolidierung gilt die bereits unter 1.2 gegebene Definition; eine Erläuterung der Begriffe Frieden und Erfolg der Friedenskonsolidierung erfolgt im methodischen Teil unter 4.2.
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acquire the power to decide by means of a competitive struggle for the people’s vote“ (Schumpeter 1950: 250). Eine ebenfalls enge Konzeption von Demokratie19 liegt der Arbeit von Robert Dahl zugrunde, der pluralistischen Wettbewerb und politische Partizipation als fundamentale Demokratiedimensionen nennt (Dahl 1971). Darüber hinaus enthält Dahls Demokratieverständnis zumindest implizit auch eine normative Dimension, da er als institutionelle Bedingungen für Polyarchie verschiedene Grundrechte aufführt.20 Entgegengesetzt zu diesen minimalistischen, auf politisch-institutionelle Kriterien beschränkten Definitionen von Demokratie argumentieren Autoren wie beispielsweise David Held und Claus Offe, dass eine Institutionalisierung demokratischer Regeln ohne Partizipation der Bevölkerung, den Abbau sozialer und wirtschaftlicher Ungerechtigkeiten und effektiven Schutz der Menschenrechte ohne Bedeutung sei und plädieren daher für einen umfassenderen Demokratiebegriff (Sørensen 1998). In diesem Sinne streben normativ geprägte, partizipatorische Demokratietheorien vor allem nach einer Erhöhung der politischen Beteiligung und betonen die Bedeutung des Willensbildungsprozesses (Schmidt 2000: 251ff.). Die Messlatte wird also höher gelegt: Erwartet werden eine spezielle politische Kultur und andere politische Vorkehrungen, die es dem Bürger ermöglichen, Informationen zu erlangen und damit die Bedingungen für Deliberation und somit „verständigungsorientiertes Handeln“ (Habermas 1981) zu schaffen. Radikalere Vertreter der partizipatorischen Demokratietheorie fordern eine Ausdehnung von Demokratie über die politische Sphäre hinaus auf die Wirtschaft, Schulen und Universitäten, Kirchen, Verbände und sogar den Privatbereich und betrachten Demokratie weniger als Staatsform, sondern als Lebensweise (Schmidt 2000: 252). Weniger die Prozeduren, sondern vielmehr die Politikergebnisse werden in anderen Arbeiten als Definitionskriterium für Demokratie herangezogen: „A political system is democratic to the extent that, and only to the extent that, it involves realization of responsive rule“ (Saward 1994: 14). Hubertus Buchstein und Dirk Jörke konstatieren, dass derlei output-fokussierte Demokratieverständnisse in der akademischen Diskussion immer mehr zunehmen und beobachten gar eine neue Welle der Umdeutung des Demokratiebegriffs (Buchstein/Jörke 19 Dahl spricht in diesem Zusammenhang nicht von Demokratie, sondern von “Polyarchie“ (wörtlich Vielherrschaft), die seiner Meinung nach dem Durchschnittstyp existierender Demokratien entspricht. In der wissenschaftlichen Rezeption von Dahl ist das Polyarchie-Modell allerdings als Synonym für reale Demokratien übernommen worden. 20 Dahl nennt acht institutionelle Bedingungen: das Recht auf Bildung und Mitgliedschaft in Vereinigungen, Meinungsfreiheit, aktives und passives Wahlrecht sowie das Recht von politischen Akteuren, um Unterstützung zu werben, alternative Informationsquellen, freie und faire Wahlen sowie Insitutionen, die Regierungshandeln von Wahlen und anderen Präferenzäußerungen der Bürger abhängig machen (Dahl 1971: 3).
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2003: 474ff.). Demokratie wird demnach zunehmend über die Qualität der Politikergebnisse definiert, das partizipatorische Element verliert hingegen an Bedeutung. Dieser Arbeit liegt eine Definition von Demokratie zugrunde, die eine Mittelstellung einnimmt. Schon aus forschungspraktischen Gründen empfiehlt sich eine enge und schlanke Definition und Konzeptionalisierung von Demokratie, da damit auch Demokratieförderung als unabhängige Variable eng umrissen bleibt und somit von anderen möglichen erklärenden Variablen wie z.B. sozialer Gerechtigkeit abgegrenzt werden kann. Darüber hinaus ist ein zu ambitioniertes, normatives Demokratiekonzept auch aufgrund von empirischen Überlegungen nicht sinnvoll. So ist externe Demokratieförderung selbst z.B. keineswegs auf die Errichtung einer deliberativen Demokratie im Habermas’schen Verständnis ausgerichtet, sondern orientiert sich eher an einem minimalistischen, prozeduralen Demokratieverständnis in Anlehnung an Robert A. Dahl (Burnell 2000a: 4).21 Ebenso zeigt der Verlauf der dritten Demokratisierungswelle, dass zu ambitionierte Vorstellungen nicht gerechtfertigt sind. Die überwiegende Zahl der Transitionsländer befinden sich weiterhin in der Grauzone zwischen Autoritarismus und Demokratie: „By far the majority of third-wave countries have not achieved relatively well-functioning democracy or do not seem to be deepening or advancing whatever democratic progress they have made“ (Carothers 2002: 9). Damit soll zwar nicht dafür plädiert werden, die Standards der Demokratiedefinition so weit zu senken, dass alle Transformationsstaaten diese erfüllen und aus der Grauzone herausgeholt werden. Der Verweis auf diese Entwicklung soll vielmehr verdeutlichen, dass die Verwirklichung maximalistischer Demokratiekonzepte idealistisch und zumeist nicht realisierbar ist. Eine Beschränkung auf die Kriterien der Partizipation und des Wettbewerbs erfüllt zwar den Anspruch von Parsimony, ist jedoch problematisch, da damit eine Binnendifferenzierung von liberalen und defekten, illiberalen Demokratien nicht möglich ist (Merkel 1999a: 364). Um die analytische Trennschärfe des Demokratiebegriffes zu erhöhen – und somit zu gewährleisten, dass illiberale Herrschaftsformen nicht als Demokratie bezeichnet werden können –, wird daher als weitere Dimension die Gewaltenkontrolle des Rechtsstaats und die Sicherung von Grundrechten in die Definition mit aufgenommen. Demokratie ist somit eine „Herrschaft auf der Basis politischer Freiheit und Gleichheit sowie weit reichender politischer Beteiligungsrechte der Bevölkerung (…), [die] in wettbewerblich organisierten Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen erörtert und unter
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Genau aufgrund dieser prozeduralen Ausrichtung ist Demokratisierungshilfe im Übrigen als imperiales Projekt westlicher Staaten, die damit lediglich ihre globale Vorherrschaft sichern und revolutionären Wandel verhindern wollten, kritisiert worden (Crawford 2001: 20; Gills/Rocamora 1992).
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Berufung auf das Interesse der Gesamtheit oder Mehrheit ausgeübt wird“ (Schmidt 2000: 21).22 Der Demokratiebegriff weist Schnittmengen zu zwei weiteren Konzepten auf, die die Entwicklungspolitik vieler Staaten und internationaler Organisationen prägen, nämlich Good Governance und Menschenrechte. Die Abgrenzung zwischen Demokratie und Menschenrechten ist recht klar: Während Demokratie auch den Schutz und die Gewährleistung von zivilen und politischen Rechten umfasst, fallen die ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechte aus dem hier verwendeten Demokratiebegriff heraus (Crawford 2001: 28). Schwieriger ist die Trennung von Good Governance und Demokratie, v.a. deshalb, weil keine einheitliche Definition von Good Governance existiert (Doornbos 2003: 4) und der Begriff von Gebern unterschiedlich verwendet wird. Unter einem engeren Verständnis beinhaltet Good Governance v.a. die Leistungssteigerung öffentlicher Institutionen sowie einen verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Ressourcen, in einem weiteren Verständnis umfasst der Begriff auch die Förderung von Partizipation, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten (BMZ 2002: 7f.; Crawford 2001: 23). Ein breites, wie zum Beispiel von der deutschen Entwicklungspolitik verfolgtes Verständnis von Good Governance weist in den Bereichen Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen, Rechtstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte deutliche Überschneidungen mit dem Demokratiebegriff auf. Aber auch bei einem engeren, auf administrative Leistungsfähigkeit fokussierten Verständnis von Good Governance gibt es einige Überschneidungen in Bezug auf die zugrunde liegenden Werte: „The normative content of good governance, for instance – accountability, transparency, predictability – espouses the same values as democratic government“ (Crawford 2001: 28). In Anlehnung an die obige Demokratiedefinition wird unter Demokratisierung der Prozess der Bildung, Stärkung oder Vertiefung von Demokratie verstanden (Nohlen 2002: 54). Demokratisierung umfasst also nicht nur den Prozess des Wandels von einem autoritären Regime zu einer Demokratie, sondern kann auch die Vertiefung von Demokratie, z.B. durch die Ausweitung von Partizipationsmöglichkeiten, in bereits etablierten Demokratien23 umfassen. Aufgrund der in dieser Arbeit vorliegenden Fragestellung ist die zuletzt genannte Form von Demokratisierung hier jedoch nicht relevant. Unterteilt werden kann der Prozess der Demokratisierung in drei Phasen:
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Für eine Erörterung der engen Verknüpfung von Demokratie mit den Konzepten des Konstitutionalismus und des Liberalismus vgl. Merkel 1999: 368f. In diesem Fall ist Demokratie nicht als Herrschaftsform, sondern als Regierungsform gemeint.
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1.
die „Liberalisierung“, in der es zu einer Öffnung des alten autoritären Regimes kommt, Beschränkungen gelockert und Rechte zunehmend gewährt werden;
2.
die „Demokratisierung“, in der neue demokratische Regeln und Institutionen etabliert werden; sowie
3.
die „Konsolidierung“, bei der die Verankerung der neuen politischen Regeln in Gesellschaft und Kultur im Mittelpunkt steht (O’Donnell/Schmitter 1986: 7ff.; ähnlich Merkel 1999a: 119ff.; Rüb 1994: 112ff.).
Diese Einteilung in verschiedene Phasen ist jedoch idealtypisch. Transitionen müssen keineswegs linear verlaufen und enden nicht zwangsläufig in einer konsolidierten Demokratie. Vielmehr kann es sein, dass auf die demokratische Öffnung eines Regimes autoritäre Rückschläge erfolgen oder dass der Systemwechsel zu Regimehybriden, Semi-Demokratien oder auch sogenannten „defekten Demokratien“ führt (Carothers 2002; O’Donnell 2002; Merkel 1999). Externe Demokratieförderung24 umfasst demnach alle friedlichen Maßnahmen eines Staates, einer internationalen Organisation oder eines gesellschaftlichen Akteurs, die direkt zur Bildung, Stärkung oder Vertiefung von Demokratie in einem Staat oder einer Gesellschaft beitragen (Schmidt 1999: 9). Als Demokratieförderung zu bezeichnen sind also nur intentionale Aktivitäten von Akteuren und nur jene Aktivitäten, die unmittelbar auf die Stärkung demokratischer Elemente (z.B. die Förderung des politischen Wettbewerbs, Menschenrechtsschutz, Partizipationsförderung) ausgerichtet sind. Demokratisches ‚VorbildGeben‘ fällt somit zum Beispiel nicht unter externe Demokratieförderung, ebensowenig werden Maßnahmen zur Verbesserung von sozialen oder ökonomischen Ausgangsbedingungen für Demokratie als externe Demokratieförderung verstanden (Burnell 2000a: 11f.).
1.4 Aufbau In den folgenden drei Kapiteln werden die theoretischen und methodischen Grundlagen dieser Arbeit dargelegt. Kapitel 2 setzt sich mit dem Phänomen der 24
Als Synonym für externe Demokratieförderung wird auch der Begriff Demokratisierungshilfe verwandt. Manche Autoren unterscheiden zwischen Demokratisierungshilfe als dem engeren, nur positive Maßnahmen einschließenden Begriff und Demokratieförderung als weiterem Begriff, der auch Sanktionen und militärische Mittel umfasst (Burnell 2000a: 3, 9; Faath 2005: 14). Diese Unterscheidung wird in der vorliegenden Arbeit nicht vorgenommen – externe Demokratieförderung beziehungsweise Demokratisierungshilfe umfasst somit sowohl Konditionalität als auch eine Reihe von Positivmaßnahmen, schließt aber militärische Gewalt aus.
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Demokratieförderung als Element der Friedenskonsolidierung auseinander. Dies umfasst zunächst eine Vorstellung des Peacebuilding-Konzeptes sowie der Bedeutung von Demokratieförderung als Element von Friedenskonsolidierung (2.1). Darauf folgt die Diskussion der Ambivalenz von Demokratisierung. Hierfür werden einerseits die kausalen Zusammenhänge zwischen Demokratie und Frieden und andererseits zwischen Demokratisierung und Gewalt beleuchtet (2.2). Abschließend wird ein Überblick über Forschungsarbeiten gegeben, die sich mit der Fragestellung auseinandersetzen, wie die Risiken einer erneuten Gewalteskalation in Nachkriegsgesellschaften gemindert werden können (2.3). In Kapitel 3 werden Überlegungen darüber angestellt, wie und unter welchen Umständen externe Demokratieförderung – trotz der Risiken von Demokratisierungsprozessen – einen Beitrag zur Friedenskonsolidierung leisten kann. Dabei werden zwei Hypothesen aus der Forschungsliteratur abgeleitet. Die erste stellt die inhaltliche Ausrichtung oder auch das ‚Was‘ der Demokratieförderung in den Mittelpunkt (3.1), die zweite das Instrumentarium beziehungsweise das ‚Wie‘ der Demokratieförderung (3.2). Das Forschungsdesign wird in Kapitel 4 vorgestellt. Es umfasst die Operationalisierung der beiden unabhängigen Variablen (4.1.1 sowie 4.1.2), die Operationalisierung der abhängigen Variable (4.2) sowie die Erklärung der Fallauswahl (4. 3). An die theoretischen und methodischen Ausführungen schließt sich mit den Fallstudien zu Guatemala (Kapitel 5), El Salvador (Kapitel 6) und Nicaragua (Kapitel 7) der empirische Teil der Untersuchung an, in dem es darum geht, die entwickelten Hypothesen einer Prüfung zu unterziehen. Jedes Empirie-Kapitel ist gleich aufgebaut. Es beginnt mit einem deskriptiven Teil zu den Hintergründen, in dem erstens Bürgerkrieg, Friedensprozess sowie der Verlauf der Demokratisierung dargestellt werden sowie zweitens ein Überblick über das Engagement externer Akteure gegeben wird. Als nächstes werden die unabhängigen Variablen für die beiden zu testenden Hypothesen erhoben. Es folgt die Bestimmung der abhängigen Variablen. Den Abschluss der Fallstudien bildet der Hypothesentest, der aus einer Korrelationsanalyse sowie einer Prozessanalyse besteht. Im Schlusskapitel VIII werden die Ergebnisse der einzelnen Fallstudien zusammengefasst und bewertet (8.1). Darauf folgt eine fallübergreifende vergleichende Analyse der Befunde (8.2). Den Abschluss bildet eine Einordnung der theoretischen und empirischen Ergebnisse der Arbeit (8.3) – einerseits mit Blick auf den akademischen Forschungsstand, andererseits hinsichtlich der Relevanz für die politische Praxis von Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung.
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2 Demokratieförderung als Element der Friedenskonsolidierung
Demokratieförderung ist eines der zentralen Elemente von Friedenskonsolidierung – dies gilt nicht nur für die internationale Praxis, sondern auch für die theoretisch-konzeptionelle Entwicklung von Peacebuilding. Im folgenden Kapitel wird zunächst ein Überblick über das Konzept der Friedenskonsolidierung und insbesondere über die Verortung von Demokratieförderung als eine der zentralen Peacebuilding-Strategien gegeben (2.1). Daran schließt sich eine kritische Analyse der möglichen Folgen von Demokratisierung (und somit indirekt auch von Demokratieförderung): Inwiefern ist Demokratisierung tatsächlich ein geeignetes Mittel zur Friedensförderung und inwiefern birgt Demokratisierung die Gefahr, Auslöser für erneute Gewalt zu sein? Diese Diskussion erfolgt anhand der Darstellung von Kausalmechanismen, die einerseits den Zusammenhang zwischen Demokratie und Frieden und andererseits die Verbindung zwischen Demokratisierung und Gewalt beleuchten (2.2). In einem dritten Abschnitt wird schließlich der bisherige Forschungsstand zum Umgang mit diesem Dilemma dargestellt. Diskutiert werden die Möglichkeiten und Grenzen, durch institutionelle Machtteilung und durch Garantien externer Akteure die Gefahren von Demokratieförderung und Demokratisierung in Nachkriegsgesellschaften zu begrenzen (2.3).
2.1 Das Konzept der Friedenskonsolidierung: Herausforderungen und Strategien Bürgerkriege führen zu einer Erosion der Entwicklungsbasis eines Landes. Menschen werden vertrieben und getötet, die Infrastruktur wird zerstört, das Wirtschaftswachstum geht zurück, öffentliche Gelder werden auf Kosten von Bildung und Gesundheit vermehrt für Militärausgaben ausgegeben. All diese Probleme stellen sich nicht nur für die Zeit des Krieges, sondern richten auch noch lange nach der Kriegsbeendigung Schaden an (Collier et al. 2003: 13ff.). Die
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Herausforderungen für Friedenskonsolidierung und den Wiederaufbau von Nachkriegsgesellschaften sind somit mannigfach.25 In Bezug auf die Sicherheit von Nachkriegsgesellschaften stellen aufgeblähte und einflussreiche Sicherheitsapparate, die Bewaffnung von oppositionellen Gruppen, paramilitärische Kräfte sowie die Verbreitung von Kleinwaffen die Hauptprobleme dar. Schlecht ausgebildete, die Menschenrechte verletzende Sicherheitskräfte schwächen die Legitimität des staatlichen Gewaltmonopols und führen zu Vertrauensverlust. Defizite gibt es ferner in Bezug auf die zivile Kontrolle der Sicherheitsapparate und die Trennung der Aufgaben von Polizei, Militär und Geheimdiensten. Ist die Polizei zu schwach, übernimmt häufig das Militär Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit. Erhebliche Schwierigkeiten bereitet auch ein schwaches oder praktisch nicht-existentes Rechtswesen, da die Verbreitung von Straflosigkeit nicht nur die staatliche Legitimität untergräbt, sondern auch zur Verbreitung von Selbst- und Lynchjustiz beitragen kann. Im politisch-administrativen Sektor stellt sich zunächst einmal das Problem der fehlenden Legitimität der Regierung. Obwohl der Staat nach vielen Kriegsjahren häufig ein alle Sektoren dominierender Akteur ist, sind die staatlichen Institutionen in der Regel schwach und ermöglichen nur wenig Partizipation der Bevölkerung. Machtmissbrauch und Korruption sind typische Charakteristika eines defizitären Verwaltungsapparates, der nicht in der Lage ist, grundlegende Dienstleistungen zu erbringen. Gerade für Nachkriegsgesellschaften problematisch ist die schwache Ausprägung von Mechanismen der Konfliktbearbeitung. Die sozio-ökonomischen Herausforderungen betreffen zunächst einmal die durch den Krieg bedingten Schäden für Wirtschaft und Infrastruktur. So sind Nachkriegsgesellschaften häufig von einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts, einer Reduzierung des Handelsvolumens und einer Zunahme der Verschuldung gekennzeichnet. Der Anstieg der Schulden wiederum begünstigt die Inflation und das geschwächte Vertrauen in die lokale Währung hat Kapitalflucht zur Folge. Als eine der wichtigsten Herausforderungen gilt es, die Reintegration der Flüchtlinge und Ex-Kombattanten in das Wirtschaftsleben zu meistern. Scheitert dieses Unterfangen, so droht eine Rückkehr der ehemaligen Kämpfer zu den Waffen. Problematisch für den wirtschaftlichen Wiederaufbau sind ferner der Mangel an einheimischen Fachkräften, ungeklärte Besitzverhältnisse, die Investoren abschrecken, sowie die Verminung ganzer Landstriche, die deren Nutzung unmöglich macht. 25
Für den folgenden Überblick über die Charakteristika von Nachkriegsgesellschaften vgl. Ball 1996: 608ff. sowie Debiel/Terlinden 2005: 4f. Dabei ist zu beachten, dass diese Darstellung nur eine Verallgemeinerung typischer Kennzeichen von Nachkriegsgesellschaften ist. Dies bedeutet natürlich nicht, dass diese Merkmale immer auftreten.
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Nicht zuletzt wiegt auch das (psycho-)soziale Erbe von Bürgerkriegen schwer. Misstrauen, Traumata und die Verbreitung einer Kultur der Gewalt zerstören die Sozialstruktur von Kriegs- und Nachkriegsgesellschaften. Die daraus resultierende starke Polarisierung der Gesellschaft wiederum erschwert die gewaltfreie Bearbeitung von Konflikten und behindert die Entstehung eines nationalen ‚Wir-Gefühls‘, das gerade für die politische Restrukturierung dieser Gesellschaften von hoher Bedeutung ist. Vor dem Hintergrund all dieser Probleme haben sich das Konzept und die Praxis der Friedenskonsolidierung herausgebildet. Während sich die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft zu Zeiten des Ost-WestKonfliktes noch auf Friedenssicherung, Friedensschaffung26 und humanitäre Nothilfe begrenzten, eröffnete das Ende der Blockkonfrontation neue Räume für multilaterale Interventionen der internationalen Gemeinschaft. Einhergehend mit der zunehmenden Nachfrage nach internationaler Unterstützung bei der Transformation ehemaliger Bürgerkriegsgesellschaften (z.B. in Namibia, Nicaragua, Kambodscha, El Salvador und Angola) sowie der Entstehung neuer Konfliktregionen (Balkan) kam es zu einer graduellen Ausweitung der internationalen Interventions-Agenda. Neben humanitärer Hilfe, Friedenssicherung, Mediation und einer materiellen Versorgung von Nachkriegsgesellschaften gewannen Aufgaben wie Demilitarisierung, Wahlhilfe, Polizeitraining, Menschenrechtsbeobachtung, der Aufbau demokratischer Institutionen, Verfassungsberatung oder Journalistenschulungen zunehmend an Bedeutung (Lund 2003: 5). Konzeptuell schlug sich dies bei den Vereinten Nationen in der Agenda für den Frieden (1992), der Erweiterung der Agenda für den Frieden (1995), einem Inventar der Peacebuilding-Aktivitäten (1996) und dem Brahimi-Report (2000) nieder. Auch andere internationalen Organisationen setzten sich im Laufe der 1990er Jahre zunehmend mit den Aufgaben der Friedenskonsolidierung auseinander, so bildete UNDP 1995 zum Beispiel eine „Emergency Response Division“ und in der Weltbank wurde 1997 eine „Post-Conflict Unit“ eingerichtet, die später umbenannt wurde zu „Conflict Prevention and Reconstruction Unit“ (Matthies o.J.: 5f.; Tschirgi 2004: 5ff.). Deutlich zu beobachten sind Veränderungen auch in der Praxis und zunehmenden Diversifikation von UN-Friedensmissionen. Diese umfassen mittlerweile ein breites Spektrum, das von klassischen friedenssichernden Blauhelm-Einsätzen über multi-dimensionale Operationen mit zivilen und polizeilichen Komponenten bis hin zur Übernahme von exekutiven Aufga26 Während Friedensschaffung (Peacemaking) die Beendigung von Kampfhandlungen durch zivile und militärische Mittel zum Ziel hat, geht es bei Friedenssicherung (Peacekeeping) um die Wahrung dieses Friedens (oder auch nur um die Überwachung eines Waffenstillstandes) durch die Stationierung multinationaler Truppen, die die Konfliktparteien auseinanderhalten (Schneckener 2005: 19f.).
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ben (Protektorate) sowie robusten Einsätzen mit dem Ziel der Friedenserzwingung reicht (Doyle/Sambanis 2006: 9ff; Kühne 2000: 1ff.). Friedenskonsolidierung ist eine multidimensionale Aufgabe, die auf die Bearbeitung der oben geschilderten Probleme von Nachkriegsgesellschaften ausgerichtet ist: „peacebuilding zielt (...) auf die Bewältigung der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und psychologischen Konsequenzen von Bürgerkriegen sowie auf die Bearbeitung struktureller Konfliktursachen ab“ (Schneckener 2005: 20). Es lassen sich somit verschiedene Komponenten unterscheiden27: Zur sicherheitspolitischen Dimension der Friedenskonsolidierung gehören Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration von ehemaligen Kombattanten, Abrüstung und Rüstungskontrolle sowie die Reform des Sicherheitssektors und die Herstellung eines legitimen staatlichen Gewaltmonopols. Im politisch-administrativen Bereich zählen die Schaffung einer zivilen Verwaltung, die Entwicklung von Rechtsstaatlichkeit, der Aufbau politischer Institutionen, die Abhaltung von Wahlen und der Schutz der Menschenrechte zu den drängenden Aufgaben. Die sozio-ökonomische Komponente der Friedenskonsolidierung umfasst die Transformation von Kriegsökonomien in Friedensökonomien, den Wiederaufbau der Infrastruktur, die Reaktivierung der Wirtschaft, Armutsbekämpfung sowie Bildungs- und Gesundheitsprogramme. Zum psycho-sozialen Aufgabenbereich der Friedenskonsolidierung sind Maßnahmen zur Aufarbeitung von begangenen Menschenrechtsverletzungen wie z.B. Wahrheitskommissionen oder Tribunale, Projekte zur Versöhnung und zur Bewältigung von Traumata und die Reintegration von Kriegsopfern zu zählen. Zuletzt gehören auch dialogfördernde Angebote zur Wiederherstellung von Vertrauen und sozialen Netzwerken zu diesem Bereich. Während in der wissenschaftlichen Literatur weitgehender Konsens herrscht über das Spektrum von Peacebuilding-Aufgaben, divergieren die Meinungen in Bezug auf die Prioritäten der verschiedenen Aufgabenbereiche und die Umsetzung in die Praxis erheblich. Ulrich Schneckener (2005) unterscheidet vier idealtypische Orientierungen, die in der wissenschaftlichen Diskussion und politischen Praxis vorherrschen und vor dem Hintergrund unterschiedlicher ontologischer Annahmen über Konfliktursachen und Konfliktverhalten entstanden sind. Die Strategie Liberalization First setzt den Schwerpunkt auf politische und wirtschaftliche Reformen und propagiert frühe Wahlen sowie marktwirtschaftliche 27
Vgl. zu den verschiedenen Aufgabenfeldern Ball 1996: 615ff.; Ferdowsi/Matthies 2003: 33f.; Lund 2000: 16ff.; Matthies o.J.: 6; Mehler/Ribeaux 2000: 93ff.; Schneckener 2005: 21f.
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Reformen und Privatisierung. Die Zielsetzung dieses Ansatzes ist es, „möglichst zügig die Lebenssituation der betroffenen Menschen – nicht zuletzt sozioökonomisch – zu verbessern, um auf diese Weise das Konflikpotential zu mindern“ (Schneckener 2005: 24). Security First betont die vordringliche Bedeutung von physischer Sicherheit und setzt die Prioritäten bei der Wiederherstellung des staatlichen Gewaltmonopols sowie der Trennung der Konfliktparteien, der Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration von Kombattanten und der Reform des Sicherheitssektors. Der Ansatz Institutionalization First stellt die Wiederherstellung einer funktionsfähigen Staatlichkeit in den Vordergrund. Hierzu gehören der Aufbau und die Stabilisierung staatlicher Institutionen (allen voran Polizei, Justiz und öffentliche Verwaltung), die grundlegende Dienstleistungen erbringen können. Vertreter der Strategie Civil Society First betonen die Notwendigkeit, den Frieden von unten zu unterfüttern und die Gesellschaft in den Friedensprozess einzubeziehen. Dementsprechend stehen die Förderung der Zivilgesellschaft, Versöhnungsarbeit und die Unterstützung von Friedensallianzen im Mittelpunkt der Arbeit (Schneckener 2005: 23ff.). Elemente der Demokratisierung finden sich in allen Strategien in mehr oder weniger ausgeprägtem Maße. Während es bei Liberalization First v.a. um die zügige Durchführung von Wahlen und die Gewährleistung politischer Freiheiten geht, stehen bei Institutionalization First der Wiederaufbau (demokratischer) politischer Institutionen und Arrangements der Machtteilung im Vordergrund. Die Strategie von Security First enthält als demokratisches Element die zivile Kontrolle des Sicherheitsapparates sowie die Gewährleistung der Menschenrechte, der Civil Society-Ansatz hingegen betont die Bedeutung der Zivilgesellschaft und die Inklusion breiter Bevölkerungsteile in politische Entscheidungsprozesse. Demokratieförderung ist somit ein wichtiges Element internationaler Maßnahmen der Friedenskonsolidierung.28 Dies sollte nicht weiter verwundern angesichts der Bedeutung, die politischen Fragen für die Friedenskonsolidierung zugesprochen wird: „The central question of postconflict societies remains political: how to construct a stable form of domestic power sharing and governance“ (Barnes 2001: 86). Ähnlich äußert sich auch Elizabeth Cousens, die Friedenskonsolidierung nicht mit der Befriedigung sämtlicher Nachkriegs-Bedürfnisse gleichsetzt, sondern eine Konzentration auf Konfliktbearbeitung und „opening of 28 Zu der gestiegenen Bedeutung von externer Demokratieförderung in den 1990er Jahren haben neben den neuen Möglichkeiten nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes und friedenspolitischen Überlegungen auch neue entwicklungspolitische Konzepte beigetragen. So wurden die vor allem in den 1960er und 1970er Jahren weitverbreiteten Prämissen der Modernisierungstheorie zunehmend in Frage gestellt und Ende der 1980er Jahre durch die Forderung der Weltbank nach Good Governance als Voraussetzung für Entwicklung ersetzt. Eine gute Regierungsführung wiederum scheint am ehesten in demokratischen Staaten gewährleistet zu sein (Spanger/Wolff 2003: 6ff.).
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political space“ (Cousens 2001: 13) fordert. Auch Jeroen de Zeeuw plädiert dafür, den Schwerpunkt auf die politische Natur von Friedenskonsolidierung zu setzen. Demokratie, so ein weitverbreitetes Argument, sei eine „peace enhancing structure“ (Reychler 2000: 13) und ein Mechanismus für die friedliche Bearbeitung von Konflikten (Krumwiede 1998: 51; Kumar 1998a: 7; de Zeeuw 2001: 19). Gleichwohl wird von den gleichen Autoren auch vor den Gefahren von Demokratisierung gewarnt. Zu frühe Wahlen könnten gerade in tiefgespaltenen Gesellschaften die Polarisierung noch weiter verschärfen und damit unter Umständen ein konfliktauslösender Faktor (trigger) sein (Anderson/Spelten 2000: 4; Barnes 2001: 88; Kumar 1998a: 7; de Zeeuw 2001: 17). Die Janusköpfigkeit von Demokratieförderung und Demokratisierung als Mittel der Friedenskonsolidierung wird im folgenden Abschnitt einer näheren Betrachtung unterzogen. Erörtert werden dabei die in der Literatur diskutierten Kausalzusammenhänge zwischen Demokratie und Frieden einerseits sowie zwischen Demokratisierung und Gewalt andererseits.
2.2 Die Ambivalenz von Demokratisierung: Mittel zum Frieden oder Auslöser für Gewalt? 2.2.1
Demokratie und Frieden
Die Annahme, Demokratie führe zu Frieden, wird aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen genährt. Die Demokratieforschung verweist z.B. auf die höhere Leistungsfähigkeit von Demokratien und begründet damit eine besondere Stabilität, aber auch Friedfertigkeit demokratischer Systeme (Merkel 1999: 60f.). Ebenso finden sich in der Friedens- und Konfliktforschung Ansätze, die davon ausgehen, dass demokratische Teilhabe für den gewaltfreien Konfliktaustrag von elementarer Bedeutung ist (Senghaas 2004: 34f.). Und innerhalb der liberalen Denkschule der Internationalen Beziehungen besagt die Theorie des demokratischen Friedens, dass Demokratie eine hinreichende Bedingung für Frieden sei (Nielebock 1993: 186).29 Vergleicht man die in den unterschiedlichen Teildisziplinen angeführten Begründungszusammenhänge, so lassen sich drei Haupt-Argumente identifizieren:
29 Diese Arbeiten beschäftigen sich zwar in der Mehrzahl mit dem zwischenstaatlichen Frieden, einige der diskutierten kausalen Mechanismen lassen sich jedoch auf die Erklärung eines innerstaatlichen Friedens übertragen.
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Erstens beseitigt Demokratie die „root causes of conflicts“ (Lund/Mehler 1999: 47); Zweitens werden in einer Demokratie Regeln und Verfahren für die gewaltfreie Bearbeitung von Konflikten zur Verfügung gestellt; Drittens bildet sich in einer Demokratie eine politische Kultur heraus, die den gewaltfreien Konfliktaustrag begünstigt. In Bezug auf den ersten Punkt wird von einer Vielzahl von Autoren argumentiert, dass politische Exklusion, Ungleichheit sowie illegitime und undemokratische Regierungsführung grundlegende Konfliktursachen sind, die – in Kombination mit Auslösefaktoren wie z.B. Wirtschaftskrisen oder Flüchtlingsbewegungen – zu einer gewaltsamen Konflikteskalation führen können (Lund/Mehler 1999: 47; Smith 2004: 7; Cockell 2000: 21f.):30 Denn dort, wo Menschen sich nicht in öffentliches Geschehen einmischen können, sei es aus Gründen rechtlicher oder sonstiger Diskriminierung, entsteht ‚Rechtsunruhe‘ (S. Freud), schlimmstenfalls ein Konfliktstau, der in politisierbaren Gesellschaften zur Produktionsstätte von Gewalt werden kann (Senghaas 2004: 34).
Demokratieförderung ist somit ein Beitrag, um eine Ursache von Gewalt zu beseitigen und damit zur Prävention gewaltsamer Konflikte beizutragen. Andere Autoren gehen davon aus, dass die Ursachen innerstaatlicher Kriege „in the nature and historically grounded processes of the ‚weak state‘“ (Jackson 2002: 37) liegen. Derlei schwachen Staaten mangelt es sowohl an vertikaler als auch an horizontaler Legitimität und sie sind nicht in der Lage, Kernaufgaben im Bereich der Gewährung von Sicherheit und Wohlfahrt zu erfüllen (Ohlson/Söderberg 2002: 6ff.). Diese staatliche Verwundbarkeit und strukturelle Schwäche wiederum kann Eliten ermutigen, zum Zwecke des eigenen Machtausbaus riskante und Gewalt generierende Strategien anzuwenden wie z.B. Ethnisierung, Repression, Ausbau von Kriegsökonomien etc. (Jackson 2002: 40ff.).31 Das Kernproblem ist somit „the poor development of the state“ (de
30 Neben den hier angeführten Missständen (Grievances) als zentralen Konfliktursachen wird in der Literatur auch die These vertreten, Gelegenheit und Gier (Greed) seien die eigentlichen Gründe für gewaltsame Konflikte (Berdal/Malone 2000; Collier 1999). 31 Das Problem der fragilen Staatlichkeit ist nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 wieder ganz oben auf der Agenda der internationaler Politik und der Wissenschaft aufgetaucht. Wegen der möglichen Verbindungen zwischen schwachen Staatsstrukturen und Terrorismus hat das Thema mittlerweile nicht nur eine humanitäre/entwicklungspolitische, sondern insbesondere eine sicherheitspolitische Bedeutung (Schneckener 2004).
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Zeeuw 2001: 17) und politische Reformen und Demokratisierung sind das Heilmittel.32 Der zweite Kausalmechanismus beruht auf dem Argument, dass Demokratien gewaltfreie Wege der Konfliktregelung bereitstellen: „Democracy substitutes ballots for bullets“ (Linz 1997: 448). Durch die Möglichkeit der Machtbeteiligung per konkurrierende Wahlen – und eben nicht durch Gewalt – fördert ein demokratisches politisches System den innerstaatlichen Frieden. Dem Bürger wird die Möglichkeit gegeben, seine Forderungen und Wünsche zu äußern und in den politischen Prozess einzubringen sowie bei Unzufriedenheit Regierende durch Abwahl und somit ohne Blutvergießen zu sanktionieren (Schmidt 2000: 498). Ermöglicht wird die Institutionalisierung des gewaltfreien Konfliktaustrages insbesondere dadurch, dass „die Risiken der Niederlage begrenzt werden“ (Kielmannsegg 1995: 114). So sind der Entscheidungsmacht der Mehrheit Grenzen gesetzt, z.B. durch die zeitliche Begrenzung von Regierungszeiten, durch die prinzipielle Revisionsfähigkeit von Entscheidungen oder aber durch die Garantie von Grundrechten (Kielmannsegg 1995: 114; Senghaas 2004: 32f.). Darüber hinaus gibt es mittlerweile eine ausdifferenzierte Debatte darüber, welches institutionelle Design am meisten zur Konfliktbearbeitungskapazität und Integrationsfähigkeit von Demokratien beitragen kann und somit besonders für den Interessensausgleich in Nachkriegsgesellschaften geeignet ist. Konsens herrscht darüber, dass die institutionellen Vorkehrungen Machtteilung ermöglichen und Anreize zur Zusammenarbeit der verschiedenen Gruppen bieten sollten (Sisk 1996). Eine ausführlichere Aufarbeitung dieser Diskussion erfolgt in Kapitel 2.3.1. Schließlich wird als dritter Erklärungsfaktor noch die politische Kultur von Demokratien angeführt. Demnach ist eine Demokratie nicht nur durch institutionelle Merkmale wie Gewaltenteilung und Partizipation gekennzeichnet, sondern zeichnet sich darüber hinaus durch einen Normenbestand aus, in dessen Zentrum der Respekt vor dem Individuum und seiner Freiheit steht (Doyle 1999: 4). Die politische Kultur von Demokratien ist demzufolge von Werten wie dem Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte sowie von friedlicher Konfliktregelung 32 Es sei darauf hingewiesen, dass Staatlichkeit und Demokratie keineswegs deckungsgleich sind und dass funktionierende Staatlichkeit auch ohne ein demokratisches Herrschaftssystem möglich ist. Dennoch werden in weiten Teilen der Literatur Demokratisierungsmaßnahmen empfohlen, um dem Problem der fragilen Staatlichkeit entgegenzuwirken. Für diese Vorschläge vgl. Douma et al. 1999: ix; Harris/Reilly 1998; Helman/Ratner 1993: 14; Mehler/Ribeaux 2000: 123f. sowie Schneckener 2004: 24. Andere Autoren sprechen nicht explizit von Demokratisierung, sondern empfehlen Good Governance, Machtteilung und die Stärkung der Zivilgesellschaft (Jackson 2002; Kumar 1997). Wieder andere betonen, dass Governance-Reformen nicht unbedingt dem Modell westlicher Demokratien folgen müssen (Cousens 2001; de Zeeuw 2001).
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durch Interessenausgleich und Kompromiss gekennzeichnet (Hasenclever 2003: 205): „by building norms of behaviour of negotiation, compromise, and cooperation amongst political actors, democracy itself has a pacifying effect on the nature of political relations between people and between governments“ (Bloomfield/Reilly 1998: 17).
2.2.2
Demokratisierung und Gewalt
Staaten im Demokratisierungsprozess (ebenso wie Semi-Demokratien) werden in der Literatur als besonders gewaltanfällig, repressiv und als instabiler als Autokratien betrachtet (Hegre et al. 1997; Mansfield/Snyder 2005; Regan/Henderson 2002; Snyder 2000). Dies ist zunächst nicht verwunderlich, da Demokratisierung per se die Deprivilegierung bisheriger Machthaber und die Neugestaltung von Macht- und Verteilungsverhältnissen bedeutet (Tetzlaff 1994: 18f.). Weitere Gründe für die Gewaltanfälligkeit liegen in einem Kernelement der Demokratie begründet: Sie fördert Konflikt und Wettbewerb (Paris 1997: 74). Während das Äußern konfligierender Interessen für konsolidierte Demokratien förderlich und elementar ist, birgt dieser Wettbewerb in tiefgespaltenen Nachkriegsgesellschaften die Gefahr der Gewalteskalation in sich. Die Gründe hierfür sind sowohl struktureller als auch prozessualer Natur. Strukturelle Probleme erhöhen die Gewaltanfälligkeit, wenn es in den neu entstehenden Demokratien (noch) keine oder nur schwache politische Institutionen zur effektiven Regulierung und Kanalisierung des politischen Wettbewerbs und der damit entstehenden Konflikte gibt (Mansfield/Snyder 2002: 299). Eng verbunden ist hiermit das Problem der ungenügenden Machtkontrolle im Falle von schwachen Institutionen (Henderson 2002: 105). Politische Akteure, die nicht durch institutionelle Beschränkungen in ihrer Machtausübung kontrolliert und beschränkt werden, könnten sich dazu ermutigt fühlen, ihre Position zu missbrauchen, was wiederum zur politischen Exklusion weiter Teile der Bevölkerung führen kann.33 Ferner kann auch die Mischung aus Repression und Offenheit, die demokratische Transitionen und Semi-Demokratien kennzeichnet, gefährlich sein, da sie einerseits (weiterhin) zu Missständen führt und andererseits Raum für Rebellion lässt (Hegre et al. 1997: 33). Zuletzt sei erwähnt, dass neue Freiräume in sich demokratisierenden Staaten auch von Gewaltakteuren und Gegnern der Demokratie genutzt werden können (Ottaway 1995: 239). Sind
33 Politische Exklusion umfasst hier zwei Dimensionen: einerseits der Ausschluss von demokratischen Verfahren und andererseits die Nicht-Berücksichtigung gesellschaftlicher Interessen und Forderungen bei politischen Entscheidungen.
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die staatlichen Institutionen noch zu schwach, um diesen Akteuren Einhalt zu gebieten, dann kann es zu einer Aushöhlung der Demokratie von innen kommen. Spiegelbildlich hierzu können Defizite im demokratischen Prozess (also im politischen Handeln) zur gewaltsamen Konflikteskalation beitragen oder diese sogar begründen. Demokratie kann nur funktionieren, wenn die Spielregeln beachtet werden. Gerade in Ländern ohne demokratische Tradition kann allerdings nicht vorausgesetzt werden, dass die Regeln des demokratischen Wettbewerbs verstanden, akzeptiert und durchgesetzt werden (David 1997: 33). So kann die im Zuge des politischen Wettbewerbs notwendige Gewinnung von Wählerstimmen Politiker dazu veranlassen, gefährliche Mobilisierungsstrategien einzusetzen und Furcht und Hass zu schüren (Gromes 2005: 7). Denkbar ist auch die bereits oben erwähnte Missachtung demokratischer Verfahrensregeln zum Zwecke der eigenen Machtmaximierung. Neben einer intentionalen Missachtung und Unterlaufung demokratischer Regeln und Normen ist es ferner möglich, dass den Akteuren grundlegende Kompetenzen (oder auch Ressourcen) dafür fehlen, demokratische Verfahrensweisen mit Leben zu erfüllen. Zur gewaltsamen Konflikteskalationen können derlei Defizite dann beitragen, wenn sie zu politischer Exklusion führen, die Polarisierung der Gesellschaft verschärfen oder aber die Leistungsfähigkeit von Mechanismen der Konfliktregulierung untergraben. In Nachkriegsgesellschaften treten die soeben geschilderten Gefahren von Demokratisierung in besonders ausgeprägtem Maße auf. Durch die oft langjährigen Kriege und Gewalterfahrungen sind diese Gesellschaften stark polarisiert und voller Misstrauen. Fehlt jedoch eine gemeinsame kollektive Identität, so reduziert sich die Bereitschaft, eigene Überzeugungen und Interessen zurückzustellen und durch demokratische Verfahren zustande gekommene Entscheidungen zu akzeptieren (Kielmannsegg 1995: 116f.).34 Ebenso behindern Misstrauen und Furcht den Glauben daran, dass die Risiken der Niederlage begrenzt sind. Dadurch kann eine Art Sicherheitsdilemma entstehen – die Konfliktparteien fühlen sich verletzlich, sind empfindlich für Machtverluste und fürchten, dass die ‚Anderen‘ sich nicht an die demokratischen Regeln halten werden. Um das Schlimmste (nämlich die Gefährdung des eigenen Überlebens) zu verhindern, kann es sein, dass schließlich selbst eine kooperationswillige Konfliktpartei die Regeln missachtet (Walter 1999: 134). Weitere Probleme, die besonders in Nachkriegsgesellschaften vorherrschen, sind die Verbreitung einer Kultur der Gewalt, die besondere Fragilität staatlicher Institutionen bzw. deren Instrumentalisierung durch eine Partei und der Mangel an Ressourcen und qualifiziertem Personal für den Neuaufbau von Institutionen (Gromes 2005). All dies führt dazu, dass nicht nur die Hürden für die Möglichkeiten einer erfolgreichen De34 Aus eben diesem Grund gilt auch der Abschluss von Prozessen der Staatswerdung und Nationenbildung als Voraussetzung für Demokratisierung (Linz/Stepan 1996: 19; Tetzlaff 1994: 19).
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mokratisierung höher liegen, sondern dass gleichzeitig auch die Gefahren von Demokratisierung steigen.
2.3 Die Eindämmung der Gefahren von Demokratisierung nach Bürgerkriegen Demokratische Transitionen in Nachkriegsgesellschaften sind riskant und können zu einem Wiederausbruch von Gewalttätigkeiten führen. Da andererseits konsolidierte Demokratien als stabil und friedlich gelten, spielt Demokratieförderung dennoch eine wichtige Rolle in der Theorie und Praxis der Friedenskonsolidierung. Zahlreiche Arbeiten beschäftigen sich mit genau diesem Spannungsfeld und erläutern die Widersprüche zwischen Demokratieförderung als Friedensstrategie und den Gefahren der Demokratisierung. Weitaus weniger Arbeiten beschäftigen sich hingegen mit Möglichkeiten, diesen Widerspruch aufzulösen oder zumindest abzumildern und zu untersuchen, wie die Gefahren der Demokratisierung und Demokratieförderung reduziert werden können. Da aber genau diese Fragestellung der zentrale Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist, soll im Folgenden der Forschungsstand vorgestellt werden. Hierfür werden die zwei am häufigsten diskutierten Möglichkeiten zur Begrenzung der Gefahren demokratischer Transitionen in Nachkriegsgesellschaften dargestellt und erörtert. Dabei handelt es sich erstens um Machtteilung und das institutionelle Design der Demokratie und zweitens um Garantien dritter Parteien.
2.3.1
Machtteilung und das institutionelle Design der Demokratie
Es existiert mittlerweile eine umfangreiche Zahl von Forschungsarbeiten, die sich mit dem Wechselverhältnis von institutionellem Design, Demokratie und friedlichem Konfliktaustrag beschäftigt. Ursprünglich widmeten sich die Studien dabei der Frage, wie politische Institutionen die Aussichten für die Stabilität von Demokratien – insbesondere in pluralistischen Staaten – beeinflussen (Lijphart 1977; Lijphart 1991; Linz/Valenzuela 1994). Etwas später kamen Arbeiten hinzu, die sich speziell mit tief gespaltenen Gesellschaften35 auseinandersetzten und 35 Als tief gespaltene Gesellschaften werden v.a. ethnisch polarisierte Gesellschaften betrachtet. Aber auch Gesellschaften mit starken religiösen, nationalen oder linguistischen Trennlinien fallen hierunter. Weniger im Blickpunkt sind hingegen Gesellschaften, in denen die Gruppenbildung anhand ideologischer oder klassenbezogener Grenzziehungen erfolgt, da angenommen wird, dass Abgrenzung und Antipathie hier weniger ausgeprägt seien (Belmont/Mainwaring/Reynolds 2002: 1; Horowitz 2002: 24). In Nachkriegsgesellschaften kann aufgrund der intensiven Gewalterfahrungen aller-
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untersuchten, inwiefern institutionelle Vorkehrungen den friedlichen Konfliktaustrag in diesen unterstützen können (Harris/Reilly 1998; Horowitz 1985; Lijphart 2004; Montville 1990; Reynolds 2002; Schneckener 2000; Sisk 1996). Die Erkenntnisse all dieser Untersuchungen lassen sich auch für den hier relevanten Gegenstand heranziehen: die Frage nämlich, inwiefern das institutionelle Design die Gefahren der demokratischen Transformation eindämmen kann. Gemeinsam ist allen hier vertretenen Autoren die Ansicht, dass nicht Demokratie per se, sondern dass Mehrheits-Demokratie für tief gespaltene Gesellschaften problematisch ist (Sisk 1996: 30ff.). Denn gerade in polarisierten Gesellschaften sind Versöhnung, Kompromissfähigkeit und die friedliche Koexistenz unterschiedlicher Gruppen dringend vonnöten. Mehrheits-Demokratien sind jedoch in der Regel alles andere als inklusiv und laufen Gefahr, Minderheiten von der Entscheidungsfindung auszuschließen. Demokratie wird in der Folge als ein Nullsummenspiel wahrgenommen, in dem nur der Sieger das Sagen hat. Weitaus geeigneter für die Bedürfnisse von polarisierten Gesellschaften – und somit auch für Nachkriegsgesellschaften – scheint daher ein institutionelles Design zu sein, das auf Machtteilung beruht. Im Idealfall ermöglicht Machtteilung die Inklusion aller größeren gesellschaftlichen Gruppen in den politischen Prozess und stärkt die Kompromissbildung über Gruppengrenzen hinweg. Beide Entwicklungen wiederum senken das Risiko gewalttätiger Konflikte. Zwei Ansätze der Machtteilung können unterschieden werden (Sisk 1996: 34-45): erstens die Konkordanzdemokratie (Lijphart 1977; Lijphart 1991) und zweitens der integrative Ansatz (Horowitz 1985).36 In der Konkordanzdemokratie werden Gruppen (die sich zumeist über ethnische Charakteristika definieren, aber auch andere identitätsstiftende Merkmale sind möglich) als die grundlegenden Bestandteile einer Gesellschaft betrachtet und der Schwerpunkt wird auf den Schutz dieser Gruppeninteressen gelegt. Machtteilung bedeutet in der Logik dieses Ansatzes die Verteilung von Macht auf unterschiedliche Gruppen. Zentrale Elemente der Konkordanzdemokratie sind breit gefächerte Koalitionen, Minderheiten-Vetos, Proportionalität (bei der Besetzung öffentlicher Stellen wie auch bei der Vergabe öffentlicher Mittel), (ethnischer) Föderalismus und Gruppenautonomie. dings auch dann von einer tiefen Spaltung ausgegangen werden, wenn sich die Konfliktlinien an ideologischen oder klassenbasierten Gegensätzen orientierten. 36 Arend Lijphart und Donald Horowitz haben die Diskussion darüber, wie institutionelle Designs die Konfliktanfälligkeit tiefgespaltener Gesellschaften reduzieren können, maßgeblich geprägt. Auch wenn sie beide für Machtteilung plädieren, so propagieren sie doch sehr unterschiedliche Ansätze und geben häufig genau entgegengesetzte Politikempfehlungen. Arend Lijphart ist ein starker Befürworter der Konkordanzdemokratie (und wird als solcher schon „Mr Consociation“ (Lijphart 2002: 37) genannt), Donald Horowitz hingegen ist als Vertreter des integrativen Ansatzes bekannt geworden.
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Der integrative Ansatz geht hingegen von einer entgegengesetzten Logik aus. Er nimmt nicht die Gruppenidentitäten als Ausgangspunkt, sondern versucht im Gegenteil gerade die Gruppengrenzen abzuschwächen. Dies geschieht über Anreize, die die Bildung von prä-elektoralen gemischten Koalitionen sowie die Kooperation über Gruppengrenzen hinweg belohnen. Machtteilung bedeutet somit nicht die Verteilung von Macht auf Gruppen, sondern die Diversifikation der Macht vorgegebener Gruppen und die Bildung alternativer sozialer Zusammenschlüsse. Kennzeichen dieses Ansatzes sind multi-ethnische37 föderale Strukturen und die Förderung von Wettbewerb innerhalb von Gruppen (Bächler 2001: 11f.; Sisk 1998: 145). Im Folgenden sollen die Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen zur Machtteilung weiter herausgearbeitet werden. Hierfür werden grundlegende Differenzen in Bezug auf das propagierte Wahlsystem, die Gestaltung der Exekutive sowie die Dezentralisierung von Macht dargestellt. Wahlsystem Die Gestaltung des Wahlsystems ist ein wesentlicher Bestimmungsfaktor für ein politisches System. Vertreter der Konkordanzdemokratie befürworten Verhältniswahlsysteme, da diese Inklusion, Multi-Parteiensysteme und Koalitionsbildungen begünstigen und somit die Teilung und Begrenzung von Macht auf vielerlei Weise fördern (Lijphart 1991: 73). Anhänger des integrativen Ansatzes stimmen zwar zu, dass Verhältniswahlsysteme Vorteile haben, betonen jedoch, dass das Wahlsystem in erster Linie die Unterstützung für ethnische Parteien fragmentieren sollte. Auch Anreize zur Bildung von prä-elektoralen, gruppenübergreifenden Parteienkoalitionen werden empfohlen.38 Vertreter des integrativen Ansatzes befürworten daher die Alternativwahl, die Anreize für die Zusammenarbeit unterschiedlicher Gruppen setzt. Nach diesem Wahlsystem äußern Wähler nicht nur ihre erste Präferenz, sondern geben auch noch eine zweite und gegebenenfalls dritte Präferenz an. Sobald ein Kandidat nicht mehr als 50 Prozent der Erstpräferenzen auf sich vereinigen kann, werden die Zweit- und Drittwünsche relevant. Gewinnen können daher in der Regel nur Kandidaten, die auch von Wählern gewählt werden, die nicht zu ihrer 37 Falls die Gruppenbildung nicht entlang ethnischer Grenzziehungen verläuft, dann sind natürlich andere Mischungsverhältnisse notwendig, also z.B. multi-religiöse föderale Einheiten. 38 Donald Horowitz betont die Bedeutung einer Unterscheidung zwischen „pre-electoral“ und „postelectoral coalitions“. Echte Kompromissbildung in substanziellen Fragen sei typischerweise nur in Koalitionsbildungen vor den Wahlen gewährleistet, wenn um die Gunst von Wählern über Gruppengrenzen hinweg gekämpft werde (Horowitz 2002: 22). Koalitionsbildung alleine dürfe noch nicht mit Kompromissbildung gleichgesetzt werden: „the mere need to form a coalition will not produce compromise“ (Horowitz 1991: 171).
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Kernwählerschaft gehören. Mäßigung und Moderation werden somit in diesem System belohnt (Reilly/Reynolds 1998: 197f.). Exekutive Die zweite grundlegende konstitutionelle Entscheidung, die den Charakter eines politischen Systems beeinflusst, ist die Ausgestaltung der Exekutive. Generell werden präsidentielle Systeme dabei als Kennzeichen von MehrheitsDemokratien betrachtet. Von parlamentarischen Systemen wird hingegen behauptet, dass sie Konsensbildung und Machtteilung begünstigten. In der Literatur werden daher überwiegend die Vorteile von parlamentarischen Systemen unterstrichen, an präsidentiellen Systemen wird hingegen der NullsummenspielCharakter des politischen Wettbewerbs und die Tendenz zu personalistischen Führungsfiguren kritisiert (Linz/Valenzuela 1994). Von den zwei MachtteilungsAnsätzen plädieren dennoch nur die Vertreter der Konkordanzdemokratie für ein parlamentarisches System. Sie argumentieren, dass parlamentarische Systeme inklusiver seien, weil die Exekutive verschiedene Parteien und Meinungen repräsentieren könnte. In einem präsidentiellen System werde die exekutive Macht hingegen auf eine einzige Person vereint. Im Gegensatz zu dieser Meinung sind laut integrativem Ansatz präsidentielle Systeme zu bevorzugen. Unter der Bedingung, dass der Präsident eine breite Unterstützung genießt und eine einigende nationale Persönlichkeit sei, erachten sie den Präsidentialismus für besser geeignet für die Transformation von Konflikten (Reilly 1998: 180-184). Dezentralisierung von Macht Beide Ansätze betrachten schließlich die Dezentralisierung von Macht als angemessenes Mittel, um eine friedliche Bearbeitung von Konflikten zu unterstützen. Eine territoriale Teilung von Macht zwischen dem Zentralstaat und den Regionen birgt so zum Beispiel das Potential, Konflikte über die Kontrolle des Staates zu reduzieren. Föderale Lösungen oder auch die Einführung von Autonomie dienen unterschiedlichen Zwecken.39 Sie können a) Minderheiten ein bestimmtes Maß an staatlicher Macht garantieren, b) die Bewahrung kultureller Traditionen und Eigenheiten erleichtern, c) Konflikte vom Zentrum zur lokalen oder regionalen Ebene diversifizieren und somit die Höhe oder Relevanz der umstrittenen Werte reduzieren, d) wirtschaftliche Anpassungsleistungen erleichtern und eine bessere Ressourcenverteilung befördern sowie e) einen Kompromiss bilden zwischen den widerstreitenden Ansprüchen auf Selbstbestimmung und territorialer Integrität (Ghai 1998: 161ff.). 39
Für einen Überblick über verschiedene Formen territorialer Machtteilung vgl. Ghai 1998: 156ff.
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Föderale Lösungen, die in der Logik der Konkordanzdemokratie stehen, beruhen auf territorialen Einheiten, die mit Gruppengrenzziehungen übereinstimmen. Der integrative Ansatz bevorzugt hingegen gemischte subnationale Einheiten, die nicht mit gruppenbasierten Grenzziehungen übereinstimmen und somit Intra-Gruppen-Konflikte befördern (Sisk 1996: 71; 73). Fazit: Institutionelles Design, Machtteilung und Konfliktreduzierung Beide Ansätze der Machtteilung haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile und sind eingehender Kritik ausgesetzt worden. An der Konkordanzdemokratie wird insbesondere die Fokussierung auf Eliten kritisiert. In Frage gestellt wird dreierlei: erstens die Annahme, Eliten seien moderat und eher bereit, anderen Gruppen Zugeständnisse zu machen, zweitens die Erwartung, Eliten (insbesondere Mehrheits-Eliten) seien willig, sich auf Machtteilung freiwillig einzulassen sowie drittens die Unterstellung, Eliten seien immer fähig, Kompromisse gegenüber ihren Anhängern durchzusetzen. Als weiterer Schwachpunkt gilt eine mögliche Stärkung und Verfestigung von Gruppengrenzen durch konkordanzdemokratische Elemente, was wiederum zu einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft führen könnte. In Zweifel gezogen wird ferner, dass Machtteilung ein Mittel zur Befriedigung bereits gewaltsam eskalierter Konflikte sei. So sei der Ansatz zur Prävention oder Eindämmung ethnischer Konflikte zwar durchaus geeignet, stoße aber an die Grenzen in Situationen von hoher Gewaltsamkeit und ausgeprägter Mobilisierung und Polarisierung. Zuletzt wird von einigen Autoren auch moniert, dass die Konkordanzdemokratie zu wenig demokratisch sei, da aufgrund der breit gefächerten Koalitionen eine starke Opposition fehle (Horowitz 2002: 20ff.; Kaufmann 1996: 155ff.; Lijphart 2002: 40ff.; Sisk 1996: 38ff.). Auch beim integrativen Ansatz werden von Kritikern einige Kernannahmen hinterfragt. Zentral ist dabei die Infragestellung der Möglichkeit, Identitäten zu re- bzw. dekonstruieren. Selbst wenn der konstruktivistischen Lesart gefolgt werde, wonach Identitäten sozial konstruiert und nicht gegeben seien, so sei die Rekonstruktion unter den Bedingungen gewaltsamer Konflikte doch beinahe unmöglich: „once ethnic groups are mobilized for war, they will have already produced, and will continue reproducing, social institutions and discourses that reinforce their group identity and shut out or shout down competing identities“ (Kaufmann 1996: 153).40 Ferner sei es nicht bewiesen, dass Politiker immer auf Anreize für Moderation reagieren würden und ebenso sei unklar, ob Bürger in tiefgespaltenen Gesellschaften bereit seien, auch für Kandidaten zu stimmen, die nicht zu ihrer eigenen Gruppe gehören (Sisk 1996: 44). Bezüglich der von Ho40 Kaufmann bezieht sich in seiner Argumentation explizit auf ethnische Identitäten, die seiner Meinung nach besonders schwer zu verändern seien. In Konflikten, die entlang ideologischer Trennlinien verlaufen, hält er Identitätswandel hingegen für leichter möglich (Kaufmann 1996: 138; 141).
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rowitz bevorzugten Alternativwahl moniert Lijphart, dass sie in der Logik von Mehrheitswahlsystemen stehe und insofern nicht mehr als Element der Machtteilung zu betrachten sei (Lijphart 2002: 47ff.). Festzuhalten bleibt angesichts all dieser Differenzen, dass es kein universales Machtteilungs-Modell gibt, das empfohlen werden kann. Jede Gesellschaft verfügt über partikulare soziale Strukturen, ihre eigene politische Kultur und Geschichte und jeder Konflikt hat seine spezifischen Bedingungen. Diese besonderen Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden bei der Ausgestaltung des institutionellen Designs.
2.3.2
Garantien dritter Parteien
Eine weitere Möglichkeit, um die Gefahren der demokratischen Transition in der Nachkriegsphase zu mindern, besteht im Engagement dritter Parteien. Barbara Walter (1999, 2002) untersuchte die Gründe, die zum Wiederausbruch von Gewalt führen, und betont, dass Unsicherheit und fehlendes Vertrauen wichtige Hürden für die dauerhafte Befriedung von Bürgerkriegsgesellschaften darstellen. Aufgrund der anarchie-gleichen Bedingungen in Nachkriegsgesellschaften fühlen sich Konfliktparteien höchst verletzlich und sind sensibel für relative Machtverluste. Sie fürchten, dass der einstige Kriegsgegner sich nicht an die Vereinbarungen halten könnte – was im schlimmsten Fall gravierende Folgen für das eigene Überleben hätte –, vertrauen auf Selbsthilfe und widerstreben daher Demobilisierungsmaßnahmen. Die Situation gleicht einem Sicherheitsdilemma und die zentrale Herausforderung für die erfolgreiche Transformation besteht darin, die Parteien davon zu überzeugen „to shed individual defences and submit to the rules of a new political game at a time when no government or police force can either protest them or guarantee compliance“ (Walter 1999: 134). Besonders problematisch stellt sich die Situation in der ersten Implementierungsphase nach einem Friedensabkommen dar, wenn demokratische Institutionen noch zu schwach sind, um den potentiellen Missbrauch von Gewalt zu verhindern (Hartzell/Hoddie/Rothchild 2001: 184ff.). Ist der Staat nicht in der Lage, die Regeleinhaltung zu überwachen und durchzusetzen, können dritte Parteien diese Rolle übernehmen. Durch Garantien können sie dazu beitragen, die Ängste der Konfliktparteien zu überwinden und sie davon zu überzeugen, das Friedensabkommen schrittweise zu implementieren. Walter schlägt zwei verschiedene Formen externer Hilfe vor. Im Falle von Verifikation durch dritte Parteien überwachen externe Akteure die Umsetzung des Friedensabkommens und reduzieren Unsicherheit durch die Bereitstellung verlässlicher Informationen an die Konfliktparteien. Dies ermöglicht es den Parteien, eine tit-for-tat-Strategie im Falle
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von Nicht-Kooperation einzusetzen. Dieser Ansatz beruht auf der Prämisse eines Machtgleichgewichts zwischen den Konfliktparteien. Bei unausgeglichenen Machtverhältnissen ist eine stärkere Intervention notwendig und dritte Parteien sollten aktiv werden, um das Friedensabkommen durchzusetzen und Regelbrüche zu sanktionieren, wenn notwendig sogar mit gewaltsamen Mitteln. Diese starke Form der Intervention schreckt die überlegenen Parteien davon ab, ihre relativen Machtvorteile zu missbrauchen und sichert die schwächere Seite gegen Ausbeutung ab (Walter 2002: 26f.). Die Garantien der externen Akteure, dass Gruppen geschützt, Vereinbarungen erfüllt und Versprechen gehalten werden, reduzieren somit den anarchischen Charakter der Nachkriegssituation und schwächen das Sicherheitsdilemma ab. Damit verändert sich auch die KostenNutzen-Kalkulation: die Kosten des ‚Schummelns‘ steigen und die Chancen für Kooperation nehmen zu.41 Neben Barbara Walter gibt es noch weitere Autoren, die die Bedeutung von internationalen Akteuren für den Erfolg der Friedenskonsolidierung hervorheben (z.B. Doyle/Sambanis 2006; Hampson 1996). Doyle/Sambanis (2006: 4) kommen etwa aufgrund einer statistischen Untersuchung von 124 Bürgerkriegen zu dem Ergebnis, dass UN-Missionen, die über ein angemessenes Mandat und ausreichend Ressourcen verfügen, die Chancen auf Frieden erhöhen. Je schwieriger die Ausgangssituation – das heißt je größer die Feindlichkeiten und je geringer die lokalen Kapazitäten für den Wiederaufbau – desto umfassender und multidimensionaler müsse das internationale Engagement ausfallen.42 Ebenso schreibt Fen Osler Hampson externen Akteuren eine zentrale Rolle für die Befriedung von Nachkriegsgesellschaften zu, da sie in der Implementierungsphase von Friedensabkommen die Kosten-Nutzen-Kalkulation der Konfliktparteien durch ‚Zuckerbrot und Peitsche‘ verändern könnten. Ferner seien dritte Parteien für den Vertrauensaufbau, die Veränderung von Perzeptionen, die Verbreitung neuer (Menschenrechts-)Normen sowie Mediation und Schiedsprechung in Streitfällen wichtig (Hampson 1996: 11ff., 222ff.).
41 Diese Art der Argumentation findet sich auch in der Regimetheorie des neoliberalen Institutionalismus (Keohane 1984). Diese besagt, dass Regime die Kosten-Nutzen-Kalkulation von Akteuren und somit deren Verhalten verändern. Kooperation wird möglich, weil ‚Schummeln‘ sich nicht mehr lohnt. Im Gegenteil: Aufgrund der Regimewirkungen (mehr Transparenz, Reduktion von Transaktionskosten, Schatten der Zukunft) profitieren Akteure von der Regeleinhaltung. Für einen Überblick über Regimetheorien vgl. Hasenclever/Mayer/Rittberger 1997. 42 Offen bleibt allerdings, welche Aufgaben im Rahmen eines solch multidimensionalen Engagements Priorität genießen sollten und wann wie viel Ressourcen – sei es in Form von Geld oder auch in Form von Truppenstationierungen – ausreichend sind.
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2.3.3
Kritische Bewertung
Institutionelle Machtteilung und die Garantien dritter Parteien sind zwei in der Literatur diskutierte Möglichkeiten, um die Gefahren der Demokratisierung in Nachkriegsgesellschaften einzudämmen.43 Beide Optionen sind jedoch nur begrenzt umsetzbar und bergen auch Gefahren. In Bezug auf das institutionelle Design ist bereits darauf hingewiesen worden, dass es wenig Einigkeit darüber gibt, welche Elemente der Machtteilung am günstigsten sind. Davon abgesehen bleibt als empirische Beobachtung, dass trotz aller Verfassungsberatung, die insbesondere seit 1989 einen Aufschwung erfahren hat, ein kohärentes Design, das den einen oder anderen Ansatz widerspiegelt, so gut wie nie das Ergebnis von Verfassungsreformen ist. Weitaus wahrscheinlicher sind institutionelle Hybride (Horowitz 2002: 26). Dies kann zweierlei Gründe haben. So steht nicht in allen Nachkriegsgesellschaften die Ausgestaltung des politischen Systems neu zur Disposition, da viele bereits über eine formal demokratische Verfassung verfügen. Es kann sein, dass nur Teilelemente – wie z.B. die zivil-militärischen Beziehungen – neu ausgestaltet werden. Selbst wenn es jedoch zu einer Neuverhandlung politischer Institutionen kommt (wie z.B. im Zusammenhang mit der Bildung neuer Staaten wie in Bosnien-Herzegowina oder aber in Fällen gescheiterter Staatlichkeit wie in Afghanistan), so ist doch zu beachten, dass diese Ausgestaltung stets Ergebnis eines Verhandlungsprozesses ist. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass ein in der Theorie propagiertes Modell in Reinform übernommen wird. Zu erwarten sind vielmehr Mischformen, die eine Kompromissformel der Positionen der unterschiedlichen Konfliktparteien darstellen. Garantien dritter Parteien stellen in erster Linie eine zeitlich begrenzte Möglichkeit dar, um die Gefahr einer erneuten Gewalteskalation einzudämmen. Studien zufolge nimmt zwar die Wahrscheinlichkeit eines Wiederausbruchs von Bürgerkriegen mit zunehmender Dauer der Friedensprozesse ab. Insofern kann durchaus argumentiert werden, dass eine Stabilisierung der frühen Nachkriegszeit durch dritte Parteien dazu beiträgt, die kritische Phase zu überwinden. Da 43
Als weitere Option für Konfliktbeendigung, Friedenskonsolidierung und Verhinderung eines Wiederausbruchs von Gewalt in ethnisch heterogenen Gesellschaften empfehlen manche Autoren die Separation der Volksgruppen (Kaufmann 1996). Diese Maßnahme wird im Folgenden nicht weiter diskutiert, da die Separationsdebatte nicht das Thema der Gefahren von demokratischen Transformationen berücksichtigt und auf die Problematik ethnischer Konfliktkonstellationen fokussiert ist. Hinzu kommt, dass ethnische Trennung sehr umstritten ist aufgrund möglicher kontraproduktiver Wirkungen. Hierzu zählen die humanitären Kosten der Separation, die Bildung neuer, wiederum nicht homogener und somit konfliktträchtiger Einheiten sowie die Schaffung von Präzedenzfällen, die Separationsbewegungen in anderen Ländern ermutigen und somit zu einer Zunahme ethnischer Gewalt führen könnten (vgl. Etzioni 1993; Horowitz 1985: 589ff.; Sambanis 2000: 440).
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dieser Ansatz jedoch in erster Linie die Kostenkalkulation der Akteure beeinflusst und nicht ihre dahinter stehenden Identitäten und Interessen, besteht weiterhin die Gefahr, dass die Konfliktparteien nach dem Abzug dritter Parteien und dem Wegfall von Garantien in ihre alten Konfliktmuster zurückfallen und erneut zu den Waffen greifen. Eine weitere Grenze der Umsetzbarkeit dieses Ansatzes liegt in den Kosten, die für die dritten Parteien entstehen. So erfordert das externe Engagement zunächst einmal vor allem politischen Willen, dieser ist jedoch je nach Konfliktregion und der Betroffenheit nationaler Interessen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Das internationale Engagement auf dem Balkan z.B. war und ist immer noch sehr hoch, in anderen Fällen scheitert eine längere Präsenz externer Akteure jedoch häufig schon am Zustandekommen eines Mandats des UNSicherheitsrates oder aber an der Bereitschaft, finanzielle oder auch personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Nicht zuletzt ist sowohl bei der Option institutionelle Machtteilung als auch bei der Option Garantien durch dritte Parteien zu beachten, dass diese auf rationalistischen Grundannahmen beruhen. Beide gehen von der Prämisse aus, dass die involvierten Konfliktparteien sich rational verhalten und auf extern bzw. durch das politische System gegebene Anreize und Sanktionen reagieren. Dieses Konzept der objektiven, substantiellen Rationalität (Simon 1985) hat allerdings Schwachstellen, insbesondere wenn es auf Nachkriegsgesellschaften angewandt wird, die von fehlendem Vertrauen, Polarisierung, extremer Emotionalität und Verletzlichkeit gekennzeichnet sind (Curle 1997: 209). Ist Social Engineering, verstanden als der bewusste Versuch, soziale Prozesse durch Politik zu beeinflussen, ohnehin schon ein sehr schwieriges Unterfangen (Etzioni 2004: 4), so gilt dies noch viel mehr in Nachkriegsgesellschaften. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die bisher diskutierten Möglichkeiten, die Gefahren der Demokratisierung in Nachkriegsgesellschaften zu reduzieren, nur begrenzt umsetzbar, kostenintensiv und u.U. nicht nachhaltig sind. Eine befriedigende Antwort auf die Frage, wie und unter welchen Umständen gerade Demokratieförderung zur Friedenskonsolidierung beitragen kann, bieten beide Ansätze nicht. Neben den bereits erläuterten Defiziten deckt die Fokussierung auf das institutionelle Design nur einen Teil des Spektrums von Demokratieförderung ab. Garantien externer Akteure fallen überhaupt nicht in den Bereich externer Demokratieförderung, sondern sind eher als eine zusätzliche absichernde Maßnahme zu betrachten. Das folgende Kapitel wird daher den Fokus auf die Gestaltung von Demokratieförderung legen. Wenn angenommen wird, dass Demokratieförderung – trotz möglicher kontraproduktiver Wirkungen – grundsätzlich einen Beitrag zur Friedenskonsolidierung leisten kann, dann muss untersucht werden, unter welchen Bedingungen und in welcher Form sie dies tut.
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3 Die Hypothesen: Das ‚Was‘ und ‚Wie‘ externer Demokratieförderung
Wie im vorhergehenden Kapitel aufgezeigt wurde, birgt Demokratieförderung Risiken. Selbst wenn sie erfolgreich44 ist, führt sie nicht unmittelbar zu konsolidierten Demokratien, sondern initiiert oder fördert zunächst einmal Demokratisierungsprozesse, die fragil und möglicherweise gewaltträchtig sind. Die gute Absicht alleine genügt also nicht - das Ziel, durch die Förderung von Demokratie Friedensprozesse zu stärken, kann durch kontraproduktive Wirkungen der demokratischen Transition zunichte gemacht werden. Für Demokratieförderung bedeutet dies, dass sie nicht immer und nicht zwingend zu einer Stabilisierung von Nachkriegsgesellschaften beiträgt und mögliche nicht-intendierte Auswirkungen zu berücksichtigen sind. Peter Burnell fordert daher, die Kosten und Nutzen von Demokratieförderung umsichtig abzuwägen und Risiken soweit wie möglich zu reduzieren: A more far-sighted approach would first estimate the chances of making largely uninterrupted progress toward liberal democracy and the time it would take to get there, and estimate the „collateral damage“ to citizens’ rights or human security along the way. A risk-reduction strategy for dealing with the interim should feature in the policy deliberation (Burnell 2005: 372).
Ziel des folgenden Kapitels ist es, Hypothesen über die friedenskonsolidierende Wirkung von Demokratieförderung zu entwickeln, die Burnells Forderung nach Risikoreduzierung berücksichtigen. Betrachtet man die Demokratieförderung externer Akteure, so ist zunächst zu konstatieren, dass sie eine Vielzahl von Formen annimmt. Wahlhilfe und Wahlbeobachtung, Beratung bei der Verfassungsgebung, die Unterstützung der Zivilgesellschaft, Journalistenschulungen oder aber der Aufbau einer zivilen 44 Der ‚Erfolg‘ von Demokratieförderung ist freilich schwer zu bestimmen. Ist bereits ein Beitrag zu Liberalisierungsprozessen ein Erfolg oder liegt Erfolg erst dann vor, wenn sich im Zielland eine konsolidierte Demokratie herausgebildet hat? Im hier vorliegenden Kontext ist Erfolg im Sinne einer zielgerichteten Wirksamkeit zu verstehen. Angesprochen sind also Fälle, in denen Demokratieförderung nicht wirkungslos blieb, sondern einen Beitrag zur Einleitung, Vertiefung oder Konsolidierung von Demokratisierungsprozessen geleistet hat.
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Polizei sind nur einige der Maßnahmen, die zum Gesamtpaket der externen Demokratisierungshilfe gezählt werden.45 Während der Werkzeugkasten der externen Demokratieförderung immer umfangreicher geworden ist, bleibt indes unklar, welche der Maßnahmen speziell für Nachkriegsgesellschaften geeignet sind, und zwar insbesondere im Sinne der oben geforderten Risikoreduzierung (de Zeeuw 2004a). Anders ausgedrückt: Wann trägt welche Form der Demokratieförderung dazu bei, die friedensfördernden Elemente von Demokratisierungsprozessen zu stärken und die gewaltträchtigen Elemente einzudämmen? Grundlegend für die folgenden Überlegungen ist die Annahme, dass es keine Blaupause für Demokratieförderung gibt, die unterschiedslos für alle Zielländer46 geeignet ist. Demokratisierungshilfe kann nur effektiv sein, wenn Inhalt und Instrumente auf die Bedingungen im Förderland sowie die Eigenschaften des externen Gebers abgestimmt sind. In dieser Arbeit werden daher die folgenden beiden Hypothesen geprüft: H 1: Je mehr externe Demokratieförderung Institutionen des Interessenausgleichs fördert, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein. H 2: Je angemessener47 die Instrumente externer Demokratieförderung sind, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
In der ersten Hypothese ist eine Annahme über die inhaltlichen Förderbereiche, das ‚Was‘, externer Demokratieförderung enthalten. Demnach sollten externe Akteure, die einen Beitrag zur Friedenskonsolidierung leisten möchten, insbesondere den Interessenausgleich fördern. Konfliktive Wettbewerbselemente, die auch Teil der Demokratie sind, sollten hingegen möglichst wenig betont werden. Die zweite Hypothese fordert eine Kontextualisierung des Instrumentariums und rückt das ‚Wie‘ der Demokratieförderung in den Mittelpunkt der Erklärung. Die 45
Das Spektrum externer Demokratieförderung ist sehr weit und überschneidet sich zum Teil mit Aktivitäten der Menschenrechtsförderung oder des Statebuilding. Eine systematische Klassifizierung der Maßnahmen hat sich bisher noch nicht durchgesetzt. So orientiert sich die Darstellung mancher Autoren an den Förderbereichen (z.B. politisches System mit Verfassung, Exekutive, Legislative, Judikative sowie Zivilgesellschaft mit Medien, NGOs, Minderheiten) (BMZ 2005; Lingnau 1996; Mair 1997), andere unterscheiden nach den Zielgruppen (Parteien, Abgeordnete, Journalisten, Justizangestellte, etc.) (Burnell 2001) oder aber nach dem Instrumentarium (z.B. wirtschaftliche oder politische Hilfe) (Dauderstädt/Lerch 2005; Diamond 1995). 46 Zielländer können sich auf vielfache Weise unterscheiden: Es kann sich beispielsweise um Nachkriegsgesellschaften, fragile Staaten oder aber autoritäre Gesellschaften in der Liberalisierungsphase handeln. 47 Unter ‚Angemessenheit‘ ist die Ausrichtung auf Kontextfaktoren zu verstehen. Diese Kriterien werden in III, 2 ausführlich diskutiert.
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Herleitung der Hypothesen aus der Literatur wird in den folgenden beiden Unterkapiteln dargestellt.
3.1 Inhalte oder das ‚Was‘ externer Demokratieförderung: Fokus auf Institutionen des Interessenausgleichs ‚Institutionen des Interessenausgleichs‘ umfassen zwei unterschiedliche Funktionen: erstens die Ermöglichung der Artikulation von Interessen und zweitens die Ermöglichung des Ausgleichs von Interessen. Sowohl die Artikulation als auch der Ausgleich von Interessen werden nur befördert, wenn nicht nur die dafür notwendigen Strukturen geschaffen werden, sondern wenn diese auch mit Leben erfüllt werden und mit einer Veränderung von Praktiken und Verhaltensweisen einhergehen. Die Schaffung von Institutionen des Interessenausgleichs geht somit über ein rein formalistisches Verständnis heraus und bedeutet nicht nur die technokratische Einführung von Institutionen und Verfahren, sondern auch die Stärkung demokratischer Prozesse. Während in Kapitel 4 die Konzeptionalisierung und Operationalisierung von ‚Institutionen des Interessenausgleichs‘ noch einmal genauer erläutert wird, soll im Folgenden zunächst dargelegt werden, welche Überlegungen der Hypothese zugrunde liegen. Grundlage hierfür ist zum einen die Untersuchung der Eigenheiten von Nachkriegsgesellschaften (3.1.1). Zum anderen ergibt sich die Hypothese auch aus der Analyse der schon unter 2.2.1 vorgestellten Kausalmechanismen, die generell, also nicht nur in Nachkriegsgesellschaften, für den Zusammenhang von Demokratie und Frieden sowie für Demokratisierung und Gewalt relevant sind (3.1.2).
3.1.1
Implikationen der Charakteristika von Nachkriegsgesellschaften
Bürgerkriege gelten im Vergleich zu zwischenstaatlichen Kriegen als besonders grausam (Waldmann 1998a: 116f.) und weisen die Besonderheit auf, dass sie innerhalb einer Gesellschaft stattfinden. Das Verhältnis der Konfliktparteien ist also von räumlicher, manchmal sogar kultureller oder sozialer Nähe geprägt (Waldmann 1998: 19f.). Diese Entwicklungen sind auch für Nachkriegsgesellschaften nicht ohne Folgen. Wie schon in Kapitel 2.1 dargestellt wurde, sind diese meist von Fragmentierung und einer Zerstörung der Sozialbeziehungen geprägt. Es herrscht ein hohes Maß an Misstrauen, partikulare Identitäten herrschen vor und erschweren „ein Minimum wechselseitiger Anerkennung, ohne das kein demokratisches Gemeinwesen auskommt“ (Schoch 2006: 182). Darüber
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hinaus führen Bürgerkriege in der Regel zu einer hohen Konzentration von Macht, die mit einer Einschränkung von Menschenrechten einhergeht. Es entstehen Teillegitimationen und ein grundlegender nationaler Konsens zu Fragen der legitimen Herrschaftsausübung fehlt. Staatliche Institutionen sind häufig nicht mehr funktionsfähig, weil sie entweder zerstört wurden oder weil Ressourcen eher ins Militär investiert wurden (de Zeeuw 2004a: 126). Auch negative wirtschaftliche Auswirkungen sind zu bemerken; so führen Kriege zumeist zu einem Rückgang des gesellschaftlichen Wohlstands und verschärfen soziale Ungleichheit (Waldmann 1998: 125ff.). Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass Kriegsökonomien auch nach der Kriegsbeendigung weiterbestehen und insofern Profiteure dieser illegalen Ökonomien den Fortgang des Friedensprozesses zu blockieren versuchen. Schließlich besteht ein Problem von Nachkriegsgesellschaften in ihrer Volatilität und der insbesondere in der ersten Zeit nach dem Abschluss eines Friedensabkommen hohen Gefahr einer erneuten Gewalteskalation (de Zeeuw 2004a: 126). Auf den Punkt gebracht, konstatieren Thomas Ohlson und Mimmi Söderberg, dass Nachkriegsgesellschaften äußerst schlechte Aussichten für Frieden und Demokratie bieten: „If anything, these are conditions that start wars or lead to authoritarian rule, instead of ending wars and generating democratic governance“ (Ohlson/Söderberg 2002: 24). Eine kontextualisierte externe Demokratieförderung, die auf die Charakteristika von Nachkriegsgesellschaften abgestimmt ist, hat daher folgende Aspekte zu berücksichtigen: Vermeidung eines Abgleitens der Polarisierung in politische Exklusion einzelner Gruppen, Schaffung institutioneller Mechanismen für einen gewaltfreien Konfliktaustrag zwischen den verfeindeten Gruppierungen, Förderung von Legitimität, besondere Sensibilität für kontraproduktive Wirkungen von Demokratieförderung und weitgehende Reduzierung ihrer gewaltgenerierenden Elemente.48 Die in Hypothese H 1 genannte Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs erfüllt all diese Forderungen. Der Ausbau von Artikulationsmöglichkeiten verringert politische Exklusion und erhöht die Legitimität politischer Entscheidungen. Die Stärkung von Verfahren und Praktiken des Interessenaus48
Nicht enthalten ist in dieser Aufzählung die Berücksichtigung der wirtschaftlichen und psychosozialen Herausforderungen, da dies als ein Aspekt betrachtet wird, der nicht in den Kernbereich von Demokratieförderung fällt und von anderen Bereichen der Friedenskonsolidierung abgedeckt wird.
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gleichs ermöglicht einen gewaltfreien Konfliktaustrag. Wie darüber hinaus auch die besonders gewaltgenerierenden Elemente von Demokratieförderung durch die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs reduziert werden, wird im folgenden Abschnitt ausgeführt.
3.1.2 Implikationen der Kausalmechanismen zu Demokratie und Frieden sowie Demokratisierung und Gewalt In Kapitel 2.2 wurde ausführlich diskutiert, welche kausalen Mechanismen sich hinter der besonderen Friedfertigkeit von Demokratien sowie hinter der besonderen Gewaltanfälligkeit von Demokratisierungsprozessen verbergen. Die Friedfertigkeit von Demokratien wurde dabei auf die Beseitigung von politischer Exklusion als möglicher Kriegsursache, die Schaffung von Institutionen des gewaltfreien Konfliktaustrags sowie die Besonderheiten einer demokratischen politischen Kultur zurückgeführt. Als Gefahren von Demokratisierungsprozessen wurden hingegen strukturelle Defizite identifiziert wie beispielsweise schwache Institutionen, die Konflikte nur ungenügend regulieren und keine ausreichende Machtkontrolle gewährleisten, oder aber prozessuale Defizite wie informelle, nicht-demokratische Regierungspraktiken oder gefährliche Mobilisierungsstrategien politischer Akteure. Führt man diese Erkenntnisse zusammen, so fällt auf, dass aus der Betrachtung der Kausalmechanismen ähnliche Schlüsse wie aus der obigen Untersuchung der Charakteristika von Nachkriegsgesellschaften gezogen werden können: Mechanismen des Interessenausgleichs, die sowohl die Artikulation von Interessen als auch die konstruktive Bearbeitung von (dadurch) auftretenden Konflikten ermöglichen, sind zentral für die Binnen-Friedfertigkeit von Demokratien. Diese verhindern politische Exklusion und fördern den friedlichen Konfliktaustrag. Funktionieren diese Mechanismen nicht – sei es weil die Institutionen nicht vorhanden oder zu schwach sind (Strukturebene) oder aber weil es nur formale Institutionen bleiben, die durch informelle Praktiken unterlaufen werden (Prozessebene) –, dann können politische Exklusion, Machtkonzentration und Machtmissbrauch oder ein unregulierter Wettbewerb zu erneuter Gewalt führen.
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3.1.3
Fokus auf Interessenausgleich
Für Demokratieförderung, die das Ziel der Friedenskonsolidierung verfolgt, ist eine inhaltliche Prioritätensetzung von Nöten. Sie sollte auf die drängendsten Bedürfnisse von Nachkriegsgesellschaften ausgerichtet sein und aufgrund der volatilen Nachkriegssituation in besonderem Maße versuchen, die Risiken der Demokratisierung zu reduzieren. Anschließend an die obigen Ausführungen bedeutet dies: Die Aussichten auf einen Erfolg der Friedenskonsolidierung steigen, wenn externe Demokratieförderung sich auf den Aufbau und die Stärkung von Institutionen des Interessensausgleichs konzentriert. Zu vermeiden sind hingegen Aktivitäten, die zu einer verstärkten Polarisierung der Gesellschaft führen können. Insofern sollte externe Demokratieförderung gerade in jungen Nachkriegsgesellschaften nicht auf die Förderung des Wettbewerbscharakters von Demokratie zielen. Dies bedeutet nicht, dass es für Nachkriegsgesellschaften ein StandardProgramm von Maßnahmen gibt, das Erfolg garantiert. Ganz im Gegenteil, es gilt weiterhin: „The ‚one size fits all‘ approach is unconvincing“ (Burnell 2004: 115).49 Die Frage, durch welche Maßnahmen Interessenartikulation und ausgleich am besten gefördert werden können, lässt sich nur kontextabhängig, unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse und Defizite im Zielland, beantworten. In Kapitel 4.1 wird nochmals genauer auf die Frage eingegangen werden, wann welche Maßnahmen als eine Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs betrachtet werden und wann nicht.
3.2
Instrumentarium oder das ‚Wie‘ externer Demokratieförderung: Angemessenheit und Kontextualisierung
Die Annahme, der Erfolg externer Demokratieförderung hinge (unter anderem) von der Angemessenheit der gewählten Instrumente ab, lässt sich aus unterschiedlichen Forschungsrichtungen, wie z.B. Arbeiten zur Effektivität externer Demokratieförderung, der Compliance- und der Sozialisationsforschung, ableiten. Im Folgenden soll zunächst kurz erläutert werden, was unter Instrumenten der Demokratieförderung verstanden wird, im Anschluss daran wird die Herleitung der Hypothese aus der Literatur dargestellt und schließlich werden Kriterien
49
Für ähnliche Kritik an einer von den Rahmenumständen losgelösten Demokratieförderung vgl. Call/Cook 2003: 7; Carothers 2002: 8f.; Lingnau 1996: 802ff.; Ohlson/Söderberg 2002: 5; Schmitter/Brouwer 1999: 9; de Zeeuw 2004: 24.
64
diskutiert, anhand derer beurteilt werden kann, wann welches Instrument ‚angemessen‘ ist.
3.2.1
Instrumente der Demokratieförderung
Instrumente der Demokratieförderung sind Methoden, anhand derer ein externer Akteur in einem Zielland Demokratisierungsprozesse in einem ausgewählten Förderbereich unterstützen kann.50 Unterschieden wird in der Literatur zumeist zwischen Konditionalität (verstanden als die Kopplung von Leistungen an die Erfüllung bestimmter Auflagen, die zur Demokratisierung beitragen sollen) und Positivmaßnahmen (Projekte, die eine direkte Förderung von Demokratie zum Ziel haben) (Crawford 2001; Erdmann 1996: 120ff.; Hanisch 1996: 39ff.; Schmidt 1999: 9f.). Teilweise wird auch noch der politische Dialog (kommunikativer Austausch mit dem Ziel der Überzeugung der Gesprächspartner von bestimmten demokratischen Standards) als dritte Kategorie angeführt (Lingnau 1996: 804). Im Gegensatz zu dieser Zwei- oder Dreiteilung wird in dieser Arbeit das Instrumentarium der Demokratieförderung stärker ausdifferenziert. Unterschieden werden fünf Instrumente: 1.
Konditionalität,
2.
Soziale Einflussnahme,
3.
Materielle Förderung,
4.
Wissenstransfer,
5.
Dialog.
Materielle Förderung und Wissenstransfer entsprechen dabei den Positivmaßnahmen, soziale Einflussnahme hingegen kann als eine Sonderform von Konditionalität gefasst werden.
50 Instrumente sind somit zu unterscheiden von Förderbereichen (inhaltlichen Schwerpunkten), Maßnahmen (in der vorliegenden Arbeit die Kombination von Instrumenten und Förderbereichen) und Strategien (diese umfassen eine Definition von übergeordneten Zielen und gegebenenfalls auch Unterzielen sowie die Beschreibung der Mittel, um diese zu erreichen (vgl. hierzu auch Burnell 2005: 364)).
65
Konditionalität51 Konditionalität ist darauf ausgerichtet, die Kosten-Nutzen-Kalkulation der Akteure durch materielle oder politische Anreize (positive Konditionalität) und Sanktionen (negative Konditionalität) zu verändern. Rationale Akteure werden also durch die Gewährung oder Verwehrung von Finanzhilfen, Handelsvorteilen, das Erteilen oder Entziehen von militärischem Schutz oder Partizipationsrechten dazu ‚ermutigt‘, vorher definierte demokratische Standards zu erfüllen (Ikenberry/Kupchan 1990: 290ff.; Kelley 2003: 6ff.; Schimmelfennig 2003: 411). Eines der prominentesten Beispiele für Konditionalität stellen die Kopenhagener Kriterien der Europäischen Union dar. Soziale Einflussnahme Dieses Instrument beruht auf sozialen Anreizen und Sanktionen externer Akteure. Diese belohnen ‚richtiges‘ (demokratisches) Verhalten durch Lob, Anerkennung oder Statuszuwachs, ‚falsches‘ Verhalten wird hingegen durch Tadel, Ausgrenzung, Nicht-Anerkennung oder Statusverlust bestraft (Schimmelfennig 2003: 411). Die Wirkungsweise dieser Strategie beruht somit auf dem Streben der Akteure nach Status, Ehre, Legitimation und Selbstachtung (Finnemore/Sikkink 1998: 203; Johnston 2001: 500). Grundsätzlich kann soziale Einflussnahme sowohl auf einer Logik der Konsequenzialität wie auch auf einer Logik der Angemessenheit beruhen. So entspricht der Wunsch nach Legitimation oder der Zugehörigkeit zu einer Gruppe sicherlich eher einer konstruktivistischen Handlungslogik. Status hingegen kann einerseits ein Wert an sich sein, andererseits aber auch instrumentelle Bedeutung haben als Quelle für Macht und Wohlstand (Johnston 2001: 500f.). Denkbar ist auch, dass soziale Einflussnahme v.a. aufgrund der engen Verbindung zur Strategie der Konditionalität von Bedeutung ist. So machen Geber die Gewährung von materiellen Hilfen z.T. von den Fortschrittsberichten internationaler Organisationen abhängig. Lob und Tadel können somit empfindlich spürbare materielle Konsequenzen für die Empfängerländer nach sich ziehen. Ein Beispiel für soziale Einflussnahme sind Wahlbeobachtungen. Verlaufen die Wahlen reibungslos, so hat die positive Einschätzung der externen Wahlbeobachter eine legitimierende Funktion, kommt es hingegen zu groben Unregel51 Konditionalität wurde erstmals in der Entwicklungspolitik als ökonomische Konditionalität im Rahmen der Strukturanpassungsprogramme der 1980er Jahre eingesetzt. Als Voraussetzung für Kredite und Umschuldungsmaßnahmen forderten die internationalen Finanzinstitutionen damals eine Reihe von neoliberalen Reformen in den Entwicklungsländern. Erst in den 1990er Jahren setzte eine zunehmend politische Fokussierung der Entwicklungshilfe ein und die Gewährung von Hilfsgeldern wurde zunehmend an demokratische oder menschenrechtliche Kriterien gekoppelt. Vgl. hierzu Schmitz 2006: 7ff.
66
mäßigkeiten und das Votum der Beobachter fällt negativ aus, so werden undemokratische Praktiken und Mängel im Abschlussbericht der Beobachter genannt und explizit kritisiert.52 Materielle Förderung Materielle Förderung setzt an dem Problem fehlender Kapazitäten als möglicher Ursache für Demokratisierungsdefizite an. Demnach wird davon ausgegangen, dass Akteure durchaus demokratische Reformen durchführen möchten, dass ihnen dafür aber die finanziellen und materiellen Ressourcen fehlen. Diese Defizite können durch finanzielle Unterstützung oder Sachhilfen gemindert oder gar behoben werden (Levy/Keohane/Haas 1993: 404f.; Neyer/Wolf 2005: 61f.). Beispiele für diese Form externer Demokratieförderung sind die Finanzierung von Wahlen oder aber konkrete Ausstattungshilfen (Computer, Fahrzeuge, Möbel) für demokratische Institutionen. Wissenstransfer Auch Wissenstransfer setzt an fehlenden Kapazitäten als Problemursache an. Dabei geht es allerdings weniger um materielle Defizite, sondern um das Fehlen von Expertise. Wissenstransfer stellt eine Sonderform der aus der klassischen Entwicklungszusammenarbeit bekannten technischen Hilfe dar und umfasst Beratung, Aus- und Fortbildungsmaßnahmen (Burnell 2000: 29). Konkrete Beispiele für Wissenstransfer sind Schulungen von Journalisten, Wählerbildung oder auch Beratung bei der Verfassungsgebung. Darüber hinaus sind teilweise auch Aktivitäten aus dem Bereich des Empowerment dem Wissenstransfer zuzuordnen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn es um die Stärkung pro-demokratischer Akteure durch die Förderung ihrer Organisations- und Artikulationskapazitäten geht. Im Mittelpunkt der Maßnahmen stehen dann nicht demokratierelevante Themen, sondern vielmehr technische Kompetenzen wie etwa Finanzmanagement oder Öffentlichkeitsarbeit. Dialog Die Wirkungsweise des Dialogs beruht auf Kommunikation, kognitivem Austausch und Überzeugung. Er ist idealtypisch durch einen „kooperative[n] Prozess zur Herstellung eines Konsenses“ (Merlingen/Ostrauskait 2003: 411) gekennzeichnet. Die Akteure können dabei durch Reflektion und das gemeinsame Abwägen von Argumenten zu Überzeugungen kommen, die sich von ihren ur52
Zu den Funktionen von Wahlbeobachtungen vgl. Münzing (2005: 114ff.). Zu beachten ist allerdings, dass das Votum von Wahlbeobachtern nicht immer unabhängig von politischen Erwägungen ist und Urteile daher auch ‚eingefärbt‘ sein können.
67
sprünglichen Ideen unterscheiden (Johnston 2001: 496; Risse 2000: 7). Dialogforen können zwischen den Gebern und den Zielländern direkt eingerichtet werden. Als eine zweite Form des Dialogs ist es jedoch auch möglich, dass externe Akteure Dialogforen in den Zielländern zwischen unterschiedlichen Interessensgruppen initiieren. Ein Beispiel hierfür wären Runde Tische zwischen verschiedenen Parteien oder aber zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern. Im Cotonou-Abkommen, das die Beziehungen der EU zu den AKP-Staaten regelt, findet sich hingegen ein Beispiel für einen institutionalisierten Austausch zwischen Geber und Zielland. Dort ist ein sogenannter „politischer Dialog“ fester Bestandteil der Zusammenarbeit; er beinhaltet „eine regelmäßige Bewertung der Entwicklungen bei der Achtung der Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze und des Rechtsstaatsprinzips sowie der verantwortungsvollen Staatsführung“ (Abkommen von Cotonou 2000: Art. 8 (4)). Die Instrumente im Vergleich: Handlungslogik und Zielgruppen Betrachtet man die in diesem Abschnitt aufgeführten Instrumente, so fällt auf, dass sie nicht eindeutig einer rationalistischen oder konstruktivistischen Handlungslogik zuzuschreiben sind. Konditionalität und materielle Förderung beruhen auf rationalistischen Annahmen, Wissenstransfer und Dialog hingegen folgen einer konstruktivistischen Handlungslogik. Bei dem Instrument der sozialen Einflussnahme ist selbst diese Zuordnung nicht ganz eindeutig. Eine solche Vermischung der rationalistischen und konstruktivistischen Perspektive ist aus theoretischer Sicht inkonsistent. Empirisch ist jedoch zu beobachten, dass Akteure sich sowohl von einer Logik der Konsequenzialität als auch von einer Logik der Angemessenheit oder aber einer Logik argumentativen Handelns leiten lassen. Da der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit eindeutig empirischproblemorientiert ist, erscheint es gerechtfertigt, für den Zweck einer besseren Erfassung der Welt meta-theoretischen Pragmatismus walten zu lassen und beide Perspektiven zu kombinieren (Börzel/Risse 2002: 155; Checkel 2005: 818f.). Eine weitere Differenzierung der Instrumente kann hinsichtlich der möglichen Zielgruppen erfolgen. Einige der Instrumente, wie zum Beispiel Konditionalität und soziale Einflussnahme, sind überwiegend auf die Führungsebene ausgerichtet und entsprechen somit einem top-down-Ansatz der Demokratieförderung. Materielle Förderung, Wissenstransfer und Dialog sind hingegen Instrumente, die sowohl für die Führungsebene als auch die mittlere Ebene und die Basis der Gesellschaft geeignet sind und umfassen somit auch die bottom-upPerspektive.
68
3.2.2
Herleitung der Hypothese
Sichtet man die Literatur, so findet sich zunächst einmal sehr wenig zu den Erfolgsbedingungen externer Demokratieförderung. Die Transitionsforschung diskutiert zwar Voraussetzungen für erfolgreiche Demokratisierung bzw. für den Erfolg von Konsolidierungsprozessen. Diese strukturellen, kulturellen oder akteurszentrierten Ansätze (vgl. dazu 1.2) sagen jedoch nichts zu den konkreten Anforderungen an externe Demokratieförderung. Vielmehr stellen die Bedingungsraster eine allgemeine Hintergrundschablone dar, die verdeutlicht, welche Ausgangsbedingungen generell für Demokratisierungsprozesse (und somit indirekt auch für externe Demokratieförderung) förderlich und welche eher hinderlich sind. Forschungsarbeiten, die sich explizit mit externer Demokratieförderung beschäftigen, geben etwas konkretere Ansatzpunkte für die Untersuchung von Erfolgsbedingungen. Wie bereits oben erwähnt, findet sich häufig der Hinweis, dass Maßnahmen der Demokratisierungshilfe auf den jeweiligen Kontext zugeschnitten sein sollten und dass es kein Standardrezept gebe, das für alle Transformationsgesellschaften gelte. Stattdessen müssten die unterschiedlichen Ausgangssituationen differenziert werden. So unterscheidet Thomas Carothers etwa zwischen „democratic backsliders“, „partial transition countries“, „stagnant transitions“, „postconflict societies“ und „authoritarian regimes“ (Carothers 1999: 108ff.)53 und fordert eine Anpassung der Strategien an die jeweiligen Herausforderungen. Was selbstverständlich klingt, wird in der praktischen Umsetzung von Demokratieförderung allerdings zu wenig beachtet (de Zeeuw 2004a: 126). Externe Demokratieförderung ist häufig nicht nachfrage-, sondern angebotsorientiert.54 53 Ähnliche Unterscheidungen, wenn auch mit weniger Klassen, finden sich bei Lingnau (1996: 802ff.) und im Positionspapier des BMZ zur Demokratieförderung in der Entwicklungspolitik (BMZ 2005:11ff.; vgl. auch Burnell 2005: 369). 54 Neben der fehlenden Anpassung an die Rahmenbedingungen werden als weitere Gründe für die mangelnde Effektivität von externer Demokratieförderung folgende Punkte genannt: Zu wenig Ressourcen, zu kurze Zeitansätze, fehlende Nachhaltigkeit der Maßnahmen, mangelnde Koordinierung der unterschiedlichen Geber, fehlende Vernetzung der Maßnahmen und falsche inhaltliche Prioritätensetzung (Call/Cook 2003: 2; Merkel 2003: 153ff.; de Zeeuw 2004a: 122ff.). Insbesondere aus der Entwicklungszusammenarbeit und dem Feld der Friedenskonsolidierung bereits bekannt sind die Forderungen nach mehr Geld, Zeit und Koordinierung. Die Kritik an der fehlenden Nachhaltigkeit ist weniger auf den gesamten Zeitansatz der Demokratieförderung bezogen, sondern nimmt einzelne Maßnahmen und den nach einer Initialisierung häufig fehlenden Folgeprozess in den Blick. In Bezug auf eine fehlende Vernetzung der Maßnahmen kritisiert de Zeeuw den „single issue approach“ von Gebern, die die Zusammenhänge zwischen Förderbereichen nicht genügend beachteten. So könnten beispielsweise NGO-Fördermaßnahmen nur bedingt effektiv sein, wenn nicht gleichzeitig der legale Rahmen für die Aktivitäten von NGOs erweitert werde (de Zeeuw 2004: 123).
69
Instrumente werden ohne Berücksichtigung des konkreten Problemzusammenhangs benutzt, was zu kontraproduktiven Entwicklungen führen kann.55 Auch wenn die Forderung nach Kontextualisierung in Studien zur externen Demokratieförderung weit verbreitet ist, bleiben die meisten Arbeiten doch recht holzschnittartig bei der Konkretisierung von Rahmenbedingungen – so als gleiche eine Nachkriegsgesellschaft der anderen oder als gäbe es keine Unterschiede zwischen verschiedenen Gesellschaften, die sich in der gleichen Phase der Demokratisierung befinden. Nur vage Aussagen gibt es ferner zu den aus dem jeweiligen Kontext zu folgernden Schlüssen für externe Demokratieförderung. Lediglich Untersuchungen über die Effektivität von Konditionalität nennen konkrete Faktoren, die die Wirksamkeit dieses Instruments beeinflussen (Crawford 2001; Stokke 1995). Ansonsten werden allenfalls Förderbereiche genannt, die es in bestimmten Situationen besonders zu unterstützen gelte, wie zum Beispiel politische Bewegungen in der Liberalisierungsphase (Schmitter/Brouwer 1999: 17). Präzisere Einsichten, welche Form der externen Intervention unter welchen Bedingungen wirkungsvoll ist, bieten die Compliance- und Sozialisationsforschung aus den Internationalen Beziehungen. Beide Forschungsrichtungen beschäftigen sich mit der Frage, wie internationale Akteure das Verhalten von Staaten beeinflussen können. Die Untersuchung der intendierten Einflussnahme von externer Seite steht also im Mittelpunkt, eine Problemstellung, die auch für externe Demokratieförderung von hoher Relevanz ist. Zentraler Untersuchungsgegenstand der Compliance-Forschung ist die Frage, wann und warum Akteure (in der Regel Staaten bzw. deren Regierungen) vereinbarte Regeln und Normen befolgen (Börzel 2003; Chayes/Chayes Handler 1993; Raustiala/Slaughter 2002; Zürn/Joerges 2005). Verschiedene Studien haben in diesem Zusammenhang Mechanismen der externen Förderung von Regelbefolgung identifiziert und vergleichend untersucht (u.a. Börzel/Risse 2002; Neyer/Zürn 2001; Tallberg 2002; Zürn/Joerges 2005). Die Sozialisationsforschung (u.a. Checkel 2005; Finnemore 1996; Linden 2002; Risse/Ropp/Sikkink 1999; Schimmelfennig 2003) prüft, wann und unter welchen Bedingungen internationale Normen verbreitet und internalisiert werden. Im Mittelpunkt der Analyse stehen dabei entweder die Einwirkungsmöglichkeiten internationaler Sozialisationsagenten oder aber die Bedingungen für die Norminternalisierung.
55
Ein Beispiel: Eine Regierung, die unter starkem Rechtfertigungsdruck steht und der von der Opposition vorgeworfen wird, fremdbestimmt und nicht im nationalen Interesse zu handeln, wird nur schwerlich auf externen Druck reagieren. Tut sie es doch, so besteht die Gefahr, dass die aufgrund der politischen Konditionalität umgesetzten Reformen als illegitim erachtet wird.
70
Für die hier anstehende Präzisierung der Kriterien für die „Angemessenheit“ von Instrumenten der Demokratieförderung bieten sich beide Forschungsstränge aus zwei Gründen an: Erstens sind die identifizierten Mechanismen, durch die externe Akteure Regelbefolgung oder sogar Norminternalisierung erreichen wollen, mit Instrumenten der externen Demokratieförderung vergleichbar. Dabei handelt es sich in der Regel um Erzwingung (Anreize und Sanktionen), Management (Kapazitätsaufbau) und Überzeugung (Argumentation).56 Erzwingung ist dabei mit Konditionalität gleichzusetzen; der Mechanismus des Managements entspricht den Positivmaßnahmen der Demokratieförderung, die in dieser Arbeit in materielle Förderung und Wissenstransfer unterschieden werden und Überzeugung entspricht dialogorientierten Aktivitäten. Zweitens finden sich in den Studien zahlreiche Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen welche Formen der externen Einflussnahme erfolgreich sein können. Damit bieten sich konkrete Ansatzpunkte für eine Kontextualisierung des Einsatzes von Instrumenten der Demokratieförderung. Als vernachlässigbar erscheint die Tatsache, dass Compliance- und Sozialisationsforschung sich zumeist nur mit dem Verhalten von Staaten beschäftigen, die Adressaten von Demokratieförderung hingegen Regierungen, politische Akteure, gesellschaftliche Gruppen wie auch Individuen sein können. Sowohl die Logik der Mechanismen als auch die Rahmenbedingungen lassen sich auf ein über Staaten hinausgehendes Adressatenfeld übertragen (Börzel/Risse 2002).
3.2.3 Kontextualisierung: Kriterien für Angemessenheit Es können vier Kategorien von Bedingungen unterschieden werden, die den möglichen Erfolg von Demokratieförderung beeinflussen und somit relevant sind für die Beurteilung, ob ein Instrument angemessen oder nicht angemessen ist. Es handelt sich dabei um: 1.
die Problemursache,
2.
Eigenschaften des externen Demokratieförderers,
56 Dies sind grundlegende Mechanismen, die sich in vielen Arbeiten – sowohl der Compliance- als auch der Sozialisationsforschung – finden (Börzel/Risse 2002; Hartlapp 2005; Neyer/Zürn 2001). Lediglich der Management-Ansatz ist in der Sozialisationsforschung nicht vertreten. Dafür identifizieren einige Sozialisationsstudien allerdings noch sozialen Druck als weiteren Einflusskanal (Goodman/Jinks 2004; Johnston 2001; Merlingen/Ostraukait 2003; Schimmelfennig 2002) und verweisen auf die Bedeutung von Imitation und Rollenmodellen (Checkel 2005; Schimmelfennig 2003). Bei letzterem handelt es sich allerdings nicht um eine intendierte Einflussnahme von außen, dieser Mechanismus ist daher für diese Arbeit nicht relevant.
71
3.
Eigenschaften des Adressaten der Demokratieförderung,
4.
Prozessbedingungen.
Diese Faktoren werden im Folgenden für die verschiedenen Instrumente der Demokratieförderung konkretisiert. Konditionalität Konditionalität ist ein Instrument der Demokratieförderung, das dann angemessen ist, wenn die Ursache von Demokratisierungsproblemen in der KostenNutzen-Kalkulation der Akteure liegt. Anders ausgedrückt: Sollten demokratische Reformen ausbleiben oder stocken, weil maßgebliche Akteure die Kosten einer Reform für zu hoch erachten bzw. mehr Nutzen aus dem Status quo ziehen, dann kann von externer Seite durch Anreize und Sanktionen versucht werden, diese Kalkulation zu verändern. Voraussetzung für einen Erfolg ist allerdings, dass weitere Rahmenbedingungen gegeben sind. Hierzu zählen u.a. die Eigenschaften des Demokratieförderers. Ein Faktor, der den Erfolg von Konditionalität beeinflusst, ist die Verhandlungsmacht des externen Akteurs und seine Fähigkeit, Anreize und Sanktionen zu setzen (Schimmelfennig 2003: 413). Diese Verhandlungsmacht kann sich einerseits über wirtschaftliche, politische oder militärische Ressourcen auszeichnen, andererseits kann sie auch in der Enge und Bedeutung der bilateralen Beziehung zwischen dem Zielland und dem Geberland begründet sein (Stokke 1995: 44). Eine zweite Bedingung ist Glaubwürdigkeit in Bezug auf eine konsequente Umsetzung von gemachten Versprechen oder Drohungen. Glaubwürdigkeit ergibt sich aus der vorherigen Politik der externen Akteure und ist insofern stark mit deren politischem Willen verbunden (Crawford 2001: 207). Darüber hinaus hängt die mögliche Wirksamkeit von politischer Konditionalität von verschiedenen internen Bedingungen ab. Dazu zählt das Ausmaß der Abhängigkeit des Adressaten (Stokke 1995: 44): Wie sehr ist er auf externe Unterstützungsleistungen angewiesen? Und vor allem: Kann er die Kosten von negativer Konditionalität kompensieren? Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn alternative Geldgeber für versiegende Finanzquellen einspringen würden. Von Relevanz sind ferner die Machtverhältnisse im Zielland. Je mehr VetoKräfte es gegen demokratische Reformen gibt, desto unwahrscheinlicher wird ein Erfolg von Konditionalität. Existiert hingegen bereits eine starke Oppositionsbewegung, so kann externer Druck von außen den entscheidenden Anstoß für Reformen liefern (Oschlies 2003: 99). Gegenüber ohnehin reformorientierten Regierungen ist Konditionalität eher kontraproduktiv. Stehen den regierenden Reformkräften viele interne Veto-Kräfte gegenüber, so kann externer Druck zu einer Delegitimierung der Regierung als ‚Marionette des Westens‘ führen. Eben-
72
so ist es möglich, dass politische Veränderungen lediglich aufgrund fehlender Kapazitäten nicht eingeleitet wurden, auch in diesem Fall hilft Konditionalität nicht weiter (Schmitz 2006: 12). Zuletzt gibt es noch einige Prozessbedingungen, die sich auf die Art und Weise beziehen, wie Konditionalität eingesetzt wird. Ein wichtiger Einflussfaktor ist dabei die Klarheit der gestellten Forderungen: Was genau wird gefordert? Welches Verhalten wird belohnt und welches bestraft? (Crawford 2001: 206; Schimmelfennig 2003: 413). Relevant ist ferner auch die Größe der in Aussicht gestellten Anreize und Sanktionen (Crawford 2001: 198). Ist der Lohn für Reformen ein Beitritt zur EU, so ist der Anreiz besonders groß – dies ist ein Faktor, der sicherlich den großen Erfolg der EU-Demokratieförderung in Bezug auf die mittelosteuropäischen Staaten erklären kann (Kelley 2004; Schimmelfennig 2005). Wie aus der Literatur zum Themenkomplex der Smart Sanctions bekannt ist, ist die Zielgerichtetheit der Konditionalität ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Konditionalität kann nur die erhoffte Wirkung entfalten, wenn Anreize und Sanktionen auch tatsächlich die Akteure treffen, deren Verhalten verändert werden soll. Fehlgeleitete Sanktionen können hingegen große humanitäre Kosten verursachen und bieten demokratieaversen Eliten sogar noch die Möglichkeit, nationalistische Sentiments gegen die externe Einmischung zu schüren (Risse/Sikkink 1999: 23; Stokke 1995: 43). Nicht zu unterschätzen ist schließlich die Bedeutung eines kohärenten und konsistenten Verhaltens der unterschiedlichen im Zielland aktiven externen Akteure. Je mehr internationale Akteure sich koordinieren und an einer Aktion beteiligen, desto größer die Erfolgswahrscheinlichkeit im Vergleich zu unilateralen Aktivitäten (Crawford 2001: 205; Schimmelfennig 2003: 413f.). Soziale Einflussnahme Ähnlich wie Konditionalität ist auch das Instrument der sozialen Einflussnahme auf die Veränderung von Kosten-Nutzen-Kalkulationen ausgerichtet. Darüber hinaus kann sozialer Einfluss auch wirksam sein, wenn die Ursachen für Demokratisierungsprobleme Unsicherheit und Unklarheit sind, wenn Akteure also nicht wissen, was angemessenes Verhalten ist und wie Regeln und Normen auszulegen sind (Chayes/Chayes Handler 1993: 188). Soziale Einflussnahme kann in diesem Fall zu einer Spezifizierung beitragen. Grundbedingungen für die Wirksamkeit von sozialer Einflussnahme sind die moralische Autorität der lobenden/tadelnden externen Akteure sowie die Identifikation der Adressaten mit diesen (Goodman/Jinks 2004: 642f.; Johnston 2001: 501). Ferner ist es förderlich, wenn die neuen demokratischen Normen mit den bisherigen Werten, Einstellungen und Praktiken der Zielgesellschaft über-
73
einstimmen (Resonanz) (Cortell/Davis 2000: 73; Schimmelfennig 2002: 14). Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass Akteure empfänglicher für soziale Anerkennung bzw. soziale Missbilligung sind, wenn sie sich in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden. Auch beim Einsatz dieses Instrumentes sollte klar definiert sein, welche Art von Verhalten als ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ erachtet und somit gelobt oder aber getadelt wird (Johnston 2001: 501). Weitere Erfolgsbedingungen sind die Konsistenz der Signale unterschiedlicher externer Akteure (Schimmelfennig 2003: 413) und die Intensität der sozialen Einflussnahme (Goodman/Jinks 2004: 643). Schließlich wird davon ausgegangen, dass Öffentlichkeit die Wirkung von Anerkennung und Tadel erhöht (Johnston 2001: 502). Materielle Förderung Wenn fehlende Ressourcen zu Problemen im Demokratisierungsprozess führen, kann das Instrument der materiellen Förderung zur Problembehebung beitragen. Die Gewährung von finanziellen und materiellen Unterstützungsleistungen setzt die Leistungsfähigkeit (Ausstattung mit Ressourcen) und Zahlungsbereitschaft externer Geber voraus. Auf Seiten der Adressaten der Hilfe sind die Identifikation mit dem Vorhaben im Sinne von Ownership sowie Absorptionsfähigkeit wichtige Erfolgsbedingungen. Dies bedeutet, dass im Zielland der Wille und die Kapazitäten vorhanden sein müssen, um die Hilfe aufzunehmen und zu implementieren. Andernfalls ist mehr Geld keineswegs mit mehr Wirkung gleichzusetzen. So zeigen Studien aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, dass ab einem gewissen Niveau der Nutzen von Entwicklungshilfe abnimmt oder sich sogar ins Gegenteil verkehren kann (Klingebiel 2006: 4). Kontraproduktive Wirkungen werden einerseits in Bezug auf die makroökonomische Entwicklung diskutiert, andererseits aber auch in Bezug auf Governance-Dimensionen (Moss/Pettersson/van de Walle 2006). So kann ein hohes Maß an externen Geldern die Anstrengungen von Regierungen schwächen, durch Steuererhebung staatliche Einnahmequellen zu erschließen. Möglich ist beispielsweise auch eine Reduzierung der Rechenschaftspflicht von Regierungen gegenüber ihrer Bevölkerung oder aber die Schaffung von neopatrimonialen Strukturen durch rentenähnliche Zuflüsse (Klingebiel 2006: 5; Knack 2004: 253). All dies sind Entwicklungen, die eine Demokratisierung nicht unterstützen, sondern ihr vielmehr diametral entgegengesetzt sind.57
57 Allgemein dürfte die Gefahr solch kontraproduktiver Wirkungen durch Demokratieförderung allerdings recht niedrig sein, da Demokratieförderung nur einen Bruchteil der Entwicklungshilfe ausmacht und im Rahmen der Demokratieförderung wiederum die finanzielle und technische Hilfe nur moderate Ausmaße annimmt.
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Wichtig ist in Bezug auf möglicherweise kontraproduktive Wirkungen auch die Verteilung der materiellen Förderung, da diese interne Machtverhältnisse im Zielland beeinflussen kann. So kann zum Beispiel eine einseitige Stärkung der Exekutive demokratische Prozesse ebenso unterminieren wie eine einseitige Stärkung der Zivilgesellschaft, die zu einer Schwächung der staatlichen Leistungsfähigkeit führen kann (Burnell 2004: 110ff.; Crawford 2001: 21f.; Oschlies 2003: 98). Eine letzte Wirkungsbedingung ist die Nachhaltigkeit des Prozesses. Demnach wird die Erfolgswahrscheinlichkeit von materieller Förderung erhöht, wenn im Zielland eine dauerhafte Abhängigkeit der Empfänger von externen Leistungen verhindert werden kann und diese stattdessen selbst in der Lage sind, die durch finanzielle und technische Hilfe angestoßenen Veränderungen fortzuführen und aufrecht zu erhalten (de Zeeuw 2004: 22). Wissenstransfer Wissenstransfer ist ein Instrument der Demokratieförderung, das auf das Problem von fehlender Expertise und Können ausgerichtet ist. Auch in diesem Fall sind Akteure also durchaus reformgewillt, ihnen fehlen allerdings Kenntnisse, um diese Reformen umzusetzen. Bedingung für einen Erfolg von Wissenstransfer ist zunächst einmal die Autorität des externen Akteurs. Diese Autorität beruht vor allem auf der fachlichen Qualifikation und der Anerkennung des externen Akteurs als ‚DemokratieExperte‘. Schlägt sich diese Anerkennung außerdem noch in einem klaren Rollenverständnis und der gegenseitigen Akzeptanz als ‚Lehrer‘ und ‚Schüler‘ nieder, so ist eine weitere günstige Bedingung für Lernprozesse gegeben (Gheciu 2005: 982).58 Hilfreich ist es ferner, wenn der externe Akteur anerkannt und geschätzt wird und die Adressaten der Demokratieförderung eine positive affektive Beziehung zu ihm haben (Johnston 2001: 497). Erfolgsbedingungen auf der Ebene der Adressaten sind Eigenverantwortung (Ownership) und eine hohe kognitive Motivation (Johnston 2001: 498) sowie Resonanz, also die Anschlussfähigkeit der vermittelten Inhalte an Überzeugungen, Werte und Praktiken der Adressaten (Cortell/Davis 2000: 73). Schließlich sind für den Erfolg noch Inten58 Das hier dargestellte Lernverständnis ist ein sehr hierarchisches, das nicht unumstritten ist. So betont beispielsweise die Social Learning-Literatur die Bedeutung von wechselseitigem Lernen (Bennett/Howlett 1992; Sabatier 1987). Dies ist ein Aspekt, der in der vorliegenden Arbeit allerdings besser zu dem Instrument des Dialogs passt. Auch in der Entwicklungszusammenarbeit und in der Friedens- und Konfliktforschung wird unter dem Stichwort Ownership die Bedeutung von lokalen Lösungsansätzen unterstrichen und auf die fehlende Nachhaltigkeit von extern vorgegebenen Modellen verwiesen (Miall/Ramsbotham/Woodhouse 1999: 194). Dies ist eine Forderung, die sich jedoch vor allem auf den Inhalt des zu vermittelnden Wissens bezieht und somit nicht im Widerspruch zu dem hier dargestellten Reollenverständnis steht.
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sität, Dauer sowie Klarheit und Konsistenz der Vermittlung von Bedeutung (Gheciu 2005: 983; Schimmelfennig 2003: 412). Dialog Dialog ist ein Instrument der Demokratieförderung, das auf die Veränderung von Überzeugungen ausgerichtet ist. Es ist somit auf das Problem von demokratieaversen Überzeugungen zugeschnitten. Grundsätzlich gibt es zwei Quellen von Überzeugung: das Argument selbst (Risse 2000) und die Persönlichkeit/Autorität des Argumentierenden (Johnston 2001: 497). Die Wahrscheinlichkeit der Überzeugung durch das Argument steigt, wenn die Argumentation an bestehende Einstellungen, Werte und das Wissen der Zielgesellschaft anschließt (Resonanz). Es ist also förderlich, durch Framing neue Ideen in einen solchen Zusammenhang zu stellen, dass sie mit den bisherigen Ideen der Referenzgruppe korrespondieren (Johnston 2001: 496; Keck/Sikkink 1998: 17f.; Payne 2001: 39, 43). Überzeugung qua Autorität beruht auf der Prämisse, dass der Überzeugende eine anerkannte Autorität oder Vertreter einer In-Group ist, mit der sich der zu Überzeugende identifiziert (Johnston 2001: 499). Generell wichtige Bedingungen für den Erfolg von Dialogaktivitäten sind die Klarheit und Konsistenz der Argumentation. Die Bedeutung von Konsistenz betrifft dabei nicht nur die Schlüssigkeit der Argumentation in sich, sondern ist auch in Bezug auf das Handeln unterschiedlicher externer Akteure zu setzen. Förderlich sind ferner eine Kommunikation, die möglichst gleichberechtigt, ohne Druck und gemäß den Prinzipien der Deliberation abläuft, sowie ein Interaktionsumfeld, das wenig politisiert und nicht-öffentlich ist (Checkel 2005: 813). Zusammenfassung Tabelle 1 fasst die Instrumente und Erfolgsbedingungen externer Demokratieförderung zusammen. Bei einer abschließenden Betrachtung fällt auf, dass einige der Bedingungen in einem spiegelbildlichen Verhältnis zueinander stehen. So entsprechen sich zum Beispiel Verhandlungsmacht und Interdependenz, moralische Autorität und Identifikation. Andere Faktoren tauchen erstaunlich häufig auf. Hierzu zählen insbesondere Konsistenz, Klarheit, Dauer und Intensität. Insbesondere auf der Prozessebene sind die Erfolgsbedingungen bei fast allen Instrumenten gleich. Konsistenz, Klarheit, Dauer und Intensität sind für den Erfolg verschiedener Instrumente förderlich und somit fast immer günstig.59 59
Eine wichtige Ausnahme gibt es lediglich im Falle von Dauer und Intensität. So lautet beim Instrument der materiellen Förderung die entsprechende Bedingung Nachhaltigkeit. Zielführend ist hier nicht die lange Fortdauer einer externen Maßnahme, sondern vielmehr eine Einbettung in das lokale Umfeld, die die örtlichen Akteure zur Fortführung und eigenen Umsetzung der von außen initiierten
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Ansonsten ist zu konstatieren, dass insbesondere die Instrumente des sozialen Einflusses, des Wissenstransfers und des Dialogs ähnliche Anforderungen an den externen Demokratieförderer stellen. Am meisten aus dem Rahmen fällt hingegen das Instrument der Konditionalität – hier unterscheiden sich die Erfolgsbedingungen sowohl in Bezug auf den externen Geber als auch in Bezug auf den Adressaten stark von den anderen Instrumenten. Die hier vorgestellten Kriterien stellen die Faktoren da, anhand derer festgestellt wird, ob der Einsatz eines Instrumentes der Demokratieförderung angemessen ist oder nicht. Generell gilt, je mehr Bedingungen erfüllt sind, desto angemessener der Einsatz eines Instruments. Eine ausdifferenziertere Operationalisierung der jeweiligen Kriterien sowie eine Klassifizierung von verschiedenen Graden der Angemessenheit werden im nachfolgenden Methodenkapitel unter 4.1.2 vorgenommen.
Tabelle 1:
Erfolgsbedingungen für Instrumente der externen Demokratieförderung
Hilfe ermächtigt. Ferner wird Dauer auch nicht als Erfolgsbedingung von Konditionalität aufgeführt. Denkt man beispielsweise an die Sanktionen der USA gegenüber Kuba, dann scheint die Dauer der Konditionalität weniger eine Erfolgsbedingung als ein Indikator des Scheiterns zu sein.
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4 Forschungsdesign
4.1 Die Operationalisierung der unabhängigen Variablen Für die dieser Arbeit zugrunde liegenden Hypothesen sind zwei unabhängige Variablen zu unterscheiden. In der ersten Hypothese wird die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs durch externe Demokratieförderung als erklärende Variable betrachtet, in der zweiten geht es hingegen um die Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung. Im Folgenden soll die Operationalisierung dieser beiden Variablen vorgestellt werden.
4.1.1
Die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
Die unabhängige Variable ‚Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs‘ umfasst zwei Dimensionen: 1. die Funktion der Institutionen und 2. die Förderebene. Unter Funktion fällt nicht nur der Ausgleich von Interessen, sondern auch die Interessenartikulation. Artikulation stellt dabei eine Voraussetzung dar, ohne die ein Ausgleich von Interessen nicht möglich ist. Beide Funktionen lassen sich unmittelbar an das Ziel der Gewaltreduzierung und Friedensförderung zurückbinden. Je größer die Möglichkeiten der Interessenartikulation sowie die faktische Wahrnehmung dieser Möglichkeiten, desto geringer die Gefahr politischer Exklusion. Der Ausgleich von Interessen wiederum ist gerade in tief gespaltenen Nachkriegsgesellschaften von großer Relevanz. Kommt es beispielsweise in einer sich liberalisierenden Gesellschaft zu einem sprunghaften Anstieg artikulierter Interessen von sich feindlich gegenüberstehenden Gruppen, so ist die Moderierung und der Ausgleich dieser Interessen von herausragender Bedeutung, um eine ungeregelte Konfrontation, eine zunehmende Polarisierung und möglicherweise sogar Gewalteskalation zu verhindern. Als Förderebenen sind Struktur- und Prozessebene zu unterscheiden. Während Strukturmaßnahmen die formale Schaffung und Stärkung von Institutionen umfassen, beziehen sich Prozessmaßnahmen auf die Förderung von Praktiken und Verhaltensweisen, die das Funktionieren dieser Institutionen gewährleisten. In diesem Sinne kann sozusagen zwischen institutioneller Hardware und Software unterschieden werden.
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Kombiniert man die Ausprägungen der zwei Dimensionen, ergibt sich eine Vier-Felder-Matrix: Strukturebene Interessenartikulation
Interessenausgleich
Schaffung von Institutionen der Interessenartikulation, z.B. Zivile und politische Menschenrechte Wahl-/ Parteiengesetzgebung Institutionen zur Durchführung demokratischer Wahlen Alternative Artikulationskanäle Rechtsberatung Foren der Zivilgesellschaft Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation, z.B. in Bezug auf Unabhängigkeit Ressourcenausstattung Stellung im polit. System Effektivität Schaffung von Strukturen des Interessenausgleichs, z.B. Machtteilung Rechtsstaatlichkeit Ombudsstellen Alternative Schiedsverfahren Dialogforen Minderheitenregelungen Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs, z.B. in Bezug auf: Unabhängigkeit Ressourcenausstattung Stellung im polit. System Effektivität
Tabelle 2:
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Prozessebene Sicherung von Räumen für Interessenartikulation, z.B. Wahlbeobachtung Menschenrechtsverifikation Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation, z.B. Wählerinformation Politische Bildung Wahlhelfer-Ausbildung Parteienförderung (Entwicklung von Programmen, Verbesserung der Interessenartikulation) Medienhilfe Fortbildung von Parlamentariern Rechtsberatung Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs, z.B. Ausbildung und Sensibilisierung von Justizangestellten, Richtern und Staatsanwälten Training in Mediationstechniken und gewaltfreier Konfliktbearbeitung
Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
Wie in der Tabelle ausgeführt, kommt es auf der Strukturebene nicht nur auf die Schaffung formaler Institutionen, sondern auch auf deren Stärkung an. Letzteres bezieht sich zum Beispiel auf die Unabhängigkeit von Institutionen, auf ihre technische, finanzielle und personelle Ressourcenausstattung sowie auf ihre Stellung und Relevanz im politischen System. Auch strukturelle Reformen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit fallen hierunter. Auf der Prozessebene geht es um die Förderung von Praktiken der Interessenartikulation und des Interessensausgleichs. In der Tabelle sind ferner Beispiele für die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs angeführt. Diese exemplarischen Maßnahmen sind allerdings keinesfalls erschöpfend. Zudem ist eine konkrete Abgrenzung, welche Vorhaben der Demokratieförderung unter die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs fallen und welche nicht, schwierig vorzunehmen, da die Grenzen fließend sind und der konkrete Kontext entscheidend ist. Zumindest kann jedoch festgestellt werden, dass manche Massnahmen direkter auf die Förderung von Interessenartikulation und -ausgleich ausgerichtet sind als andere. So ist die Kausalkette zwischen einer Reform der Schul-Curricula und Interessenartikulation etwa deutlich länger – oder auch gar nicht gegeben – als zwischen der Förderung von alternativen Radiostationen und Interessenartikulation. Noch direkter ist der Zusammenhang zwischen der Stärkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit und Möglichkeiten der Interessenartikulation. Abschließend sei hier noch einmal zusammengefasst, anhand welcher Kriterien bestimmt werden kann, ob und in welchem Ausmaß externe Demokratieförderung zur Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs beiträgt. Hierzu zählen folgende Aspekte: Stellen die Maßnahmen einen Beitrag zur Verbesserung der Möglichkeiten der Interessenartikulation dar (unter Berücksichtigung der konkreten Fallumstände)? Stellen die Maßnahmen einen Beitrag zur Verbesserung der Möglichkeiten des Interessenausgleichs dar (unter Berücksichtigung der konkreten Fallumstände)? Sind die Maßnahmen sowohl auf die Struktur als auch auf die Prozess-Ebene ausgerichtet? Generell gilt, dass die Ausrichtung der Demokratisierungshilfe auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs umso stärker ist, je besser die konkreten Bedürfnisse im Zielland berücksichtigt werden; je mehr Maßnahmen es gibt; je direkter die Maßnahmen zur Förderung von Interessenartikulation und Interes-
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sensausgleich beitragen und je mehr sowohl auf struktureller als auch auf prozessualer Ebene Defizite behoben werden. Als Ausprägungen der unabhängigen Variablen werden unterschieden: 1.
geringe Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs;
2.
moderate Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs;
3.
starke Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs.
4.1.2 Die Angemessenheit von Instrumenten der externen Demokratieförderung Um den Wert der unabhängigen Variablen ‚Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung‘ zu bestimmen, müssen die Instrumente der Demokratieförderung operationalisiert sowie Kriterien für die Beurteilung von ‚Angemessenheit‘ aufgestellt und operationalisiert werden. Operationalisierung der Instrumente der Demokratieförderung Bereits in Kapitel 3 wurde ausgeführt, dass in dieser Arbeit fünf Instrumente der Demokratieförderung unterschieden werden, die sich durch verschiedene Merkmale auszeichnen. Die nachfolgende Tabelle stellt Instrumente und deren Kennzeichen nochmals gegenüber: Instrument Konditionalität
Sozialer Einfluss
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Kennzeichen Kopplung materieller und politischer Anreize und Sanktionen an die Erfüllung/Nicht-Erfüllung demokratischer Standards. Anreize und Sanktionen können sein: Gewährung oder Entzug von Entwicklungshilfe, Krediten, Handelsvorteilen, Militärhilfe, Partizipationsrechten, Schuldenerlass, Mitgliedschaft in internationalen Organisationen. Kopplung sozialer Anreize und Sanktionen an die Erfüllung/Nicht-Erfüllung demokratischer Standards. Soziale Anreize können sein: Lob, Anerkennung, Statuszuwachs. Soziale Sanktionen umfassen: Veröffentlichung von Regelbrüchen, Tadel, Isolation/Ausgrenzung, NichtAnerkennung und Status-Verlust.
Instrument der Demokratieförderung Materielle Förderung
Wissenstransfer
Dialog
Tabelle 3:
Kennzeichen Bedingungsfreie Gewährung von technischen und finanziellen Ressourcen für demokratierelevante Themenfelder oder Akteure Bereitstellung von Expertise, Schulungen von demokratierelevanten Akteuren, Übermittlung von Informationen Kommunikation und Austausch (Überzeugung). Ziel ist nicht eine einseitige Vermittlung und Aneignung der ‚richtigen‘ Standards, sondern eine gemeinsame Einigung auf diese Standards, die wechselseitige Diskussion von Problemen und die Erörterung von Problemlösungsstrategien.
Kennzeichen von Instrumenten der Demokratieförderung
Skalierung von ‚Angemessenheit‘ Der Einsatz eines Instruments der Demokratieförderung gilt als umso ‚angemessener‘, je stärker die Bedingungen, die den Erfolg dieses Instrumentes beeinflussen, gegeben sind. Wie in Abschnitt 3.2.3 bereits ausführlich diskutiert wurde, können derlei Erfolgsbedingungen nach mehreren Aspekten unterschieden werden. Diese Aspekte sind: 1.
die Ausrichtung auf die Problemursache;
2.
die Eigenschaften des externen Demokratieförderers;
3.
die Eigenschaften des Adressaten oder Ziellandes von Demokratieförderung;
4.
der Prozess der Demokratieförderung.
Eine herausgehobene Stellung unter diesen Kriterien nimmt die Ausrichtung auf die Problemursache ein, die als notwendige (wenn auch nicht hinreichende) Bedingung für die Angemessenheit eines Instruments betrachtet wird. Anders ausgedrückt: Werden im Zuge der Demokratieförderung Instrumente eingesetzt, die nicht für die Behebung der zentralen Problemursache geeignet sind, dann sind diese Instrumente nicht angemessen – selbst wenn alle anderen Erfolgsbedingungen erfüllt sind. Die anderen Kriterien befinden sich in einem nicht-hierarchischen Verhältnis zueinander und sind alle gleich bedeutend. Von der notwendigen Bedingung der Ausrichtung auf die Problemursache abgesehen beruht die Skalierung der unabhängigen Variablen auf einer additiven Vorgehensweise: Je mehr Erfolgs-
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bedingungen gegeben sind, desto angemessener die Instrumente. Als Stufen werden unterschieden: 1.
gering angemessen,
2.
moderat angemessen,
3.
hoch angemessen.60
Operationalisierung der Erfolgsbedingungen In einem letzten Schritt geht es nun darum, die Angemessenheits-Kriterien, falls nötig61, weiter zu operationalisieren und konkrete Indikatoren zu nennen. Eigenschaften des Demokratieförderers a) Verhandlungsmacht Das Verständnis von Macht in der Politikwissenschaft geht auf Max Weber zurück, der Macht als die Chance definiert, den eigenen Willen auch gegen das Widerstreben anderer durchzusetzen (Weber 1964: 38). Macht wird in der Regel also mit Durchsetzungsfähigkeit und Einflussnahme (bzw. der Fähigkeit hierzu) gleichgesetzt. Der Machtbegriff der vorliegenden Arbeit betont die Chancen der Willensdurchsetzung. Gefragt wird also nach den Faktoren, welche die Durchsetzungsfähigkeit eines Akteurs beeinflussen. Verhandlungsmacht ist somit im Sinne von Machtressourcen und Machtposition zu verstehen. Hierfür sind mehrere Indikatoren von Interesse. Die allgemeine Verhandlungsmacht eines Demokratieförderers kann anhand seiner wirtschaftlichen und militärischen Ressour60 Auf eine genaue Bestimmung, wie viele erfüllte Bedingungen welcher Stufe von Angemessenheit entsprechen, wird verzichtet. Dies würde eine allgemeingültige Präzision vortäuschen, die es ohne eine konkrete Berücksichtigung des Falls nicht gibt. In den Fallstudien wird die jeweilige Bewertung der unabhängigen Variablen jedoch ausführlich diskutiert. 61 Das Kriterium der Ressourcenausstattung beispielsweise lässt sich ohne weitere Operationalisierung direkt messen. Ein Faktor wie Absorptionsfähigkeit kann hingegen nicht vorab bestimmt werden, da in der Forschung bislang keine Einigkeit darüber herrscht, wann der Sättigungspunkt erreicht ist, ab dem zusätzliche Hilfe keinen weiteren Nutzen mehr bringt (Klingebiel 2006: 4). Auch die Gezieltheit von Anreizen und Sanktionen ist nicht weiter operationalisierbar, hier ist in den konkreten Fällen zu diskutieren, ob die externen Maßnahmen tatsächlich diejenigen treffen, deren Verhalten geändert werden soll. Nur ex post kann die Nachhaltigkeit von Maßnahmen bestimmt werden. Nicht operationalisiert werden schließlich die Problemursachen, da eine eigene Datenerhebung hierfür den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Die Identifizierung von Problemursachen wird stattdessen anhand von Sekundärliteratur und Experteninterviews vorgenommen. Darüber hinaus sei schon an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in den Fallstudien nicht immer alle Kriterien diskutiert werden können. Aufgrund der Anlage der Untersuchung war es beispielsweise nicht möglich, Interviews zu führen, um das Ausmaß an Ownership bei den unzähligen Maßnahmen im Bereich Wissenstransfer und materielle Förderung zu bestimmen.
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cen festgestellt werden. Eine spezifische, auf das Zielland bezogene Verhandlungsmacht kann hingegen durch eine nähere Untersuchung der bilateralen Beziehungen bestimmt werden. So steigt die Verhandlungsmacht, je weiter und je intensiver die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen sind und je größer deren strategische Bedeutung für das Zielland ist (Stokke 1995: 44).62 b) Glaubwürdigkeit Die Glaubwürdigkeit eines externen Gebers, dass er selbst aufgestellte Konditionen auch tatsächlich durchsetzt (entweder durch Anreize oder durch Sanktionen), beruht zum einen auf seiner bisherigen Politik. Hat er in der Vergangenheit Versprechungen und Drohungen gegenüber dem Zielland sowie gegenüber anderen Ländern eingehalten oder nicht? Je mehr dies der Fall ist, desto größer ist seine Glaubwürdigkeit. Zusätzlich kann Glaubwürdigkeit auch anhand der Homogenität des Gebers bestimmt werden. Je größer der innerstaatliche oder internationale Konsens über die Konditionalität, desto größer die Glaubwürdigkeit. Dringen jedoch von Seiten der Geber Diskussionen und Zweifel an der Richtigkeit des Instruments an die Öffentlichkeit, so senkt diese Heterogenität die Glaubwürdigkeit. Ein weiterer Faktor, der die Glaubwürdigkeit eines Demokratieförderers erhöht, ist die Einrichtung von Monitoring-Mechanismen, mit denen er die Beachtung demokratischer Standards überwacht. c) Autorität Die Autorität eines externen Demokratieförderers umfasst zwei Dimensionen, nämlich einerseits die fachliche Autorität als Experte und andererseits die moralische Autorität als Vorbild und/oder Respektsperson. Fachliche Autorität wird in der vorliegenden Arbeit anhand der Kriterien Erfahrung und Spezialisierungsgrad bestimmt. Indikatoren für Erfahrung sind dabei erstens die Länge des Engagements – also wie lange ist ein Akteur schon im Bereich der Demokratieförderung tätig? – und zweitens der Umfang des Engagements, verstanden als Zahl der durchgeführten Projekte. Der Spezialisierungsgrad hängt davon ab, welchen Stellenwert Demokratieförderung im sonstigen Aufgabenbereich des externen Akteurs spielt, wie die finanzielle und personelle Ausstattung ist, und welchen Raum konzeptionelle Politikentwicklung einnimmt. Die moralische Autorität eines Akteurs hängt davon ab, wie sehr er gestellte Ansprüche selbst erfüllt. Ferner lässt sich moralische Autorität an der Reputation 62
Es gibt allerdings auch eine Kehrseite der Medaille: So sinkt mit der Enge der Beziehungen und abnehmender Asymmetrie auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Demokratieförderer Konditionalität einsetzt, da er damit seinen eigenen Interessen schaden kann.
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ablesen, die ein Akteur genießt. Um diese zu erheben, bietet es sich an, die Sekundärliteratur heranzuziehen sowie Umfragedaten und öffentliche Äußerungen von Eliten zu analysieren.63 Eigenschaften des Adressaten von Demokratieförderung a) (Inter-)Dependenz Interdependenz ist eine wechselseitige, Kosten verursachende Abhängigkeit. Zwei Formen von Interdependenz sind dabei zu unterscheiden: InterdependenzEmpfindlichkeit und Interdependenz-Verwundbarkeit (Keohane/Nye 1977: 13). Während mit Empfindlichkeit negative Auswirkungen gemeint sind, die das Handeln eines Akteurs bei einem anderen hervorrufen kann, wenn dieser nicht reagiert, umfasst Verwundbarkeit die Kosten, die einem Akteur trotz politischer Gegenmaßnahmen entstehen. Die hier als Wirkungsbedingung diskutierte (Inter-)Dependenz lässt sich anhand zweier Kriterien bestimmen, nämlich a) der Asymmetrie der Interdependenzbeziehung (ist diese sehr hoch, so handelt es sich eher um eine einseitige Dependenz als um Interdependenz) und b) der Höhe der InterdependenzVerwundbarkeit auf Seiten des Ziellandes. Je höher die Abhängigkeit und je größer die Verwundbarkeit, desto eher kann Konditionalität eine Verhaltensänderung bewirken. Indikatoren für die generelle Abhängigkeit eines Landes sind die Höhe des Anteiles von EZ-Geldern am Bruttoinlandsprodukt sowie die Höhe der Auslandsverschuldung. Das Ausmaß an Asymmetrie in den Geber-Nehmer-Beziehungen lässt sich ferner anhand einer Untersuchung der Handelsbeziehungen sowie der finanziellen Transaktionen feststellen. Die Interdependenz-Verwundbarkeit bezieht sich hingegen auf die Frage, ob die Folgen von negativer Konditionalität vermieden oder kompensiert werden können. Handelt es sich dabei etwa um wirtschaftliche Sanktionen, ist zu untersuchen, ob eine Regierung alternative Möglichkeiten hat, an Geld zu kommen. Dies können andere Geber sein, die beim Versiegen von Finanzquellen einspringen oder aber die Kontrolle über natürliche Ressourcen, die ausgebeutet werden können (Crawford 2001: 201). b) Veto-Akteure Ein Indikator, um die Stellung von anti-demokratischen Veto-Kräften einzuschätzen, ist die Parteienlandschaft (Schimmelfennig 2005: 835ff.). Die Zahl 63
Zu beachten ist allerdings, dass die Reputation eines Demokratieförderers keineswegs homogen sein muss in einem Land. Insofern ist die Analyse von öffentlichen Äußerungen von Eliten lediglich ein Kompromiss.
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anti-liberaler Parteien, deren Programme sich auf nationalistische, populistische und/oder autoritäre Inhalte beschränken, ist ein Spiegelbild für die Bedeutung von Veto-Akteuren. Ferner lassen sich Veto-Kräfte oftmals konkret identifizieren. Dazu zählen etwa Akteure, die von einer schwachen Staatlichkeit und demokratischen und rechtstaatlichen Defiziten profitieren (z.B. weil sie illegale Geschäfte betreiben). Ein Gradmesser für die Stärke von Veto-Akteuren ist deren Einfluss auf Exekutive, Judikative und Legislative. Dieser Einfluss lässt sich an der Enge der Beziehungen ablesen und wird bestimmt von Gemeinsamkeiten (wie z.B. gemeinsame Vergangenheit, gleiche Parteimitgliedschaft, Verwandtschaftsbeziehungen) und Abhängigkeiten (insbesondere finanzielle Abhängigkeit). Ein weiterer Faktor, der die Stärke von Veto-Akteuren bestimmt, ist deren Autonomie. Je unabhängiger Veto-Akteure von staatlichen Leistungen oder auch externen Faktoren sind, desto stärker ihre Machtposition. c) Identifikation mit Demokratieförderer Ein Akteur identifiziert sich mit einem anderen, wenn er diesem Eigenschaften zuschreibt, die er für erstrebenswert erachtet oder aber wenn er ihn als anerkanntes Mitglied einer Gruppe von Akteuren sieht, der er selbst gerne angehören möchte (Schimmelfennig 2003: 412). Das Ausmaß der Identifikation mit dem Demokratieförderer lässt sich allerdings nur schwerlich an einem konkreten Indikator ‚messen‘, da es sich hierbei um einen ideellen Faktor handelt. Einblick gewähren kann die Analyse öffentlich gemachter Äußerungen von Eliten sowie die Untersuchung der Medienberichterstattung als Spiegel der öffentlichen Meinung. Um den Identifikationsgrad der Bevölkerung einzuschätzen, bietet es sich ferner an, Umfragedaten heranzuziehen. Weitere Daten können unter Umständen durch die Sichtung der Sekundärliteratur und Experten-Interviews gewonnen werden. d) Resonanz Resonanz bezieht sich auf die Anschlussfähigkeit von demokratischen Normen und Praktiken an die vorherrschenden Einstellungen, Werte und Praktiken der Gesellschaft (Payne 2001: 38f.). Neue Normen sind demnach umso überzeugender, je mehr sie mit dem bestehenden kulturellen Horizont oder auch dem politischen „Weltbild“ (Rohe 1994: 1) der Zielgesellschaft kompatibel sind. Diese Anschlussfähigkeit muss im Einzelfall geprüft werden. Ein Indikator dafür können z.B. historische Vor-Erfahrungen mit Demokratie sein. Darüber hinaus kann zur Erhebung der Resonanz auf Ergebnisse der Politischen Kultur-Forschung zurückgegriffen werden. Diese untersucht individuelle Meinungen, Einstellungen und Werte in einer kollektiven Gemeinschaft in Bezug auf das politische
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System und stellt einen Zusammenhang zwischen dem Typ der politischen Kultur und dem politischen System bzw. der Systemstabilität her (Almond/Verba 1963). e) Ownership Ownership meint die Identifikation von Zielgruppen mit einer Maßnahme und die Übernahme von Eigenverantwortung. Gehen Aktivitäten der Demokratieförderung beispielsweise auf Vorschläge von Akteuren aus dem Zielland zurück, dann kann davon ausgegangen werden, dass Ownership gegeben ist. Darüber hinaus können Eigenverantwortung und das Ausmaß an Identifikation mit einer Maßnahme durch Interviews mit den Adressaten erhoben werden. Prozessbedingungen a) Konsistenz Unter Konsistenz ist Widerspruchslosigkeit zu verstehen. Diese bezieht sich sowohl auf das Verhalten eines einzelnen Gebers als auch auf das Verhalten unterschiedlicher Geber im Vergleich. Konsistent ist Demokratieförderung demnach dann, wenn ein Geber dieses Ziel auch in sämtlichen anderen Bereichen seiner Außenbeziehungen berücksichtigt oder zumindest keinerlei Maßnahmen unternimmt, die diesem Ziel widersprechen. Des Weiteren umfasst Konsistenz die Abstimmung der verschiedenen im Zielland tätigen externen Geber, so dass diese sich in ihren Maßnahmen nicht gegenseitig behindern. b) Klarheit Klarheit umfasst die Präzision der gestellten Anforderungen, Erklärungen und Empfehlungen. Je eindeutiger diese formuliert werden, je spezifischer sie sind und je konkreter sie umsetzbar sind, desto größer die Klarheit. c) Dauer und Intensität Dauer bezieht sich auf die Länge des Zeitraums, in dem ein Adressat Maßnahmen der Demokratieförderung ausgesetzt ist. Intensität hingegen umfasst die Häufigkeit der Interaktionen. In Bezug auf Konditionalität und soziale Einflussnahme umfasst Intensität auch die Größe der gesetzten Anreize und Sanktionen. Dabei ist nicht nur die absolute Größe relevant, sondern vor allem die relative, also das Verhältnis der Anreize und Sanktionen im Vergleich zu den Kosten einer Erfüllung der von externer Seite gestellten Forderungen. d) Öffentlichkeit Der Grad von Öffentlichkeit oder Nicht-Öffentlichkeit lässt sich am Ausmaß der Einbeziehung von Medien messen. Werden diese über Maßnahmen und deren
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Ergebnisse unterrichtet, so wird Öffentlichkeit hergestellt. Darüber hinaus hängt die Herstellung von Öffentlichkeit davon ab, welche Bedeutung von den Medien einer Nachricht eingeräumt wird.64 Nicht-Öffentlichkeit herrscht im Umkehrschluss, wenn über Maßnahmen der Demokratieförderung, deren Umsetzung und Ergebnisse nichts bekannt gegeben wird. e) Deliberation Deliberation ist das Suchen nach einem Konsens in Bezug auf einen umstrittenen Gegenstand. Je weniger Zwang und Drohungen in Gesprächen eingesetzt werden, desto eher ist Deliberation möglich. f) Gleichberechtigung Die Gleichberechtigung der Dialogpartner drückt sich darin aus, dass vorhandene Machtunterschiede im Dialog nicht instrumentalisiert werden. Stattdessen haben alle Parteien die gleichen Rechte, ihre Anliegen und Ansichten zu thematisieren.
4.2 Die Operationalisierung der abhängigen Variablen Bei der Sichtung der wissenschaftlichen Literatur zur Evaluation von Friedenskonsolidierung fällt auf, dass es wenig Einigkeit darüber zu geben scheint, was die konkreten Ziele von Friedenskonsolidierung sind und wie Erfolg bemessen werden kann (Tschirgi 2004: 10). Bei der Beurteilung von Friedensmissionen ist beispielsweise die Mandatserfüllung ein gängiges Bewertungskriterium. Dieses Vorgehen birgt ein offensichtliches Problem in sich: Erfolg wird nicht an der Ausrichtung auf und dem Beitrag zur Problembearbeitung gemessen, sondern an der Zielerfüllung. ‚Erfolgreiche‘ Friedensmissionen können demnach auch solche sein, deren Mandat vollkommen unangemessen oder wenig ambitioniert war – Hauptsache, die gesetzten Ziele wurden erreicht. Umgekehrt ist es im Falle eines besonders ambitionierten Mandates beinahe unmöglich, Erfolg zu haben – unabhängig davon, ob sich die Situation im Einsatzland gebessert hat oder nicht (Downs/Stedman 2002: 45-47). Betrachtet man hingegen Arbeiten, die Erfolg in Abhängigkeit von dem Beitrag zur Problembearbeitung bewerten, so lassen sich zwei Hauptströmungen unterscheiden: ein minimalistischer Ansatz, der den Erfolg von Peacebuilding 64 Auch wenn die Entscheidung hierüber primär von den Medien getroffen wird, so ist doch auch der Demokratieförderer nicht vollkommen einflusslos. So wird z.B. die mediale Aufmerksamkeit für die Ergebnisse von Wahlbeobachtungen enorm erhöht, wenn Wahlmissionen von Prominenten (z.B. ehemaligen Präsidenten oder Regierungschefs) geleitet werden (Münzing 2005: 188).
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mit der Beendigung und dauerhaften Abwesenheit von Krieg gleichsetzt (Downs/Stedman 2002; Doyle/Sambanis 2006; Hartzell/Hoddie 2003) und ein maximalistischer Ansatz, der zusätzlich die Bearbeitung struktureller (sozialer, ökonomischer und politischer) Konfliktursachen als Kriterium für Erfolg heranzieht (Dobbins et al. 2005; Doyle/Sambanis 2006; Lund 2003)65. Diese Zweiteilung ähnelt der Diskussion, die es zum Begriff des Friedens gibt. Hierbei wird Frieden als Prozess einem Frieden als Zustand gegenüber gestellt. Während Frieden als Prozess gegeben ist, wenn der Konfliktaustrag gewaltfrei verläuft, tritt ein Frieden als Zustand erst ein, wenn es keinerlei Konflikte mehr gibt (Schimmelfennig 1995: 30ff.). Eine ähnliche, sehr bekannte Dichotomisierung unterscheidet zwischen negativem und positivem Frieden (Bonacker/Imbusch 2006: 130ff.). Negativer Friede umfasst die Abwesenheit direkter, personaler Gewalt, positiver Friede hingegen die Abwesenheit struktureller Gewalt, die in politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Verhältnissen wurzelt. Johan Galtung, einer der bekanntesten Vertreter des weiten Friedensbegriffes, sah Frieden demnach erst dann als gegeben an, wenn die Ursachen für Gewalt - soziale Ungerechtigkeiten, Diskriminierung und Unterdrückung - überwunden waren (Galtung 1981). In der vorliegenden Arbeit wird ‚Erfolg der Friedenskonsolidierung‘ (die abhängige Variable) mit einem dauerhaften, negativen Frieden gleichgesetzt. Friede wird somit in einem engen Sinne als Abwesenheit von Krieg verstanden und liegt dann vor, wenn „Konflikte unter Verzicht auf die [...] Anwendung kollektiver Gewalt geregelt“ (Brock 1995: 318) werden. Drei methodische Gründe sind für die Wahl des negativen Friedensbegriffes verantwortlich: Erstens soll der Friedensbegriff nicht normativ überfrachtet und mit allem gesellschaftlich Wünschenswertem gleichgesetzt werden. Geschlechtergerechtigkeit z.B. ist zwar begrüßenswert, aber eben nicht das Gleiche wie Frieden. Eine Eingrenzung des Friedensbegriffes ist notwendig, um verschiedene Phänomene voneinander unterscheiden zu können (Müller 2003: 211). Zweitens werden Faktoren wie Rechtsstaatlichkeit, soziale Entwicklung oder Partizipationsmöglichkeiten bewusst aus der Definition von Frieden ausgeklammert, da sie weniger als Kennzeichen denn als mögliche Ursachen von 65 Doyle/Sambanis (2006) nehmen eine zweistufige Bewertung ihrer abhängigen Variablen vor und unterscheiden zwischen negativem und positivem Frieden. Während negativer Friede die Abwesenheit kriegerischer Gewalt umfasst, enthält positiver Friede ein partizipatorisches Element und wird anhand von Daten aus dem Polity IV-Projekt operationalisiert. Nach Doyle/Sambanis erhöhen sich mit einem partizipatorischen Frieden die Aussichten auf Stabilität und Nachhaltigkeit (Doyle/Sambanis 2006: 16f.).
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Frieden betrachtet werden.66 Die enge Begrenzung der abhängigen Variablen dient somit auch der Unterscheidung zwischen unabhängiger und abhängiger Variable.67 Drittens wird bei einem weiten, positiven Friedensbegriff, der an Indikatoren wie ökonomischer Stabilität und Wirtschaftswachstum, abnehmender sozialer Ungleichheit oder Bildungschancen und ähnlichem gemessen werden könnte, die Kausalkette zwischen den externen Maßnahmen der Friedenskonsolidierung und der abhängigen Variablen sehr lang. Damit nimmt auch die Bedeutung dritter Variablen stetig zu und eine Feststellung von kausalen Zusammenhängen wird immer schwieriger (Downs/Stedman 2002: 48f.). Ein zusätzliches Definitionsmerkmal ist die Dauerhaftigkeit des gewaltfreien Konfliktaustrages, denn erst die Aufnahme der Zeitdimension gewährleistet, dass kurzzeitige gewaltfreie Zustände nicht schon als Frieden bezeichnet werden (Müller 2003: 217ff). Die Dauerhaftigkeit eines gewaltfreien Konfliktaustrages lässt sich in Anlehnung an Kenneth Boulding anhand der Erwartungshaltungen der Akteure bestimmen. Demnach ist die Erwartungsgewissheit einstiger Konfliktparteien, dass es zu keinem gewalttätigen Konfliktverhalten mehr kommen wird, ein Kriterium für die Dauerhaftigkeit von Frieden (Boulding 1978: 13).68 Die Kriterien für die Operationalisierung der abhängigen Variablen sind somit a) die Gewaltfreiheit des Konfliktaustrages sowie b) die Erwartungshaltung der Konfliktparteien, künftige Konflikte gewaltfrei zu bearbeiten.
4.2.1 Indikatoren für die Gewaltfreiheit des Konfliktaustrags und die Erwartungshaltungen der Akteure Die Gewaltfreiheit des Konfliktaustrages soll in der vorliegenden Arbeit als Abwesenheit von Krieg gemessen werden. Um diese Abwesenheit von Krieg festzustellen, werden die Erkenntnisse der Kriegsforschung herangezogen, dabei insbesondere die Studien der Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF). Diese definiert Krieg anhand von drei (notwendigen) Merkmalen: 66 Das zivilisatorische Hexagon von Dieter Senghaas umfasst so z.B. die Dimensionen legitimes Gewaltmonopol des Staates, demokratische Partizipation, Rechtsstaatlichkeit, soziale Gerechtigkeit, Affektkontrolle und konstruktive Konfliktkultur. Diese Faktoren sind jedoch weniger Kennzeichen als Bedingungen des Friedens (Senghaas 1995: 198ff.). 67 Vgl. zur generellen Kritik an einem überdehnten Friedensbegriff auch Brock 1990, Brock 1995 und Müller 2003. 68 Ähnlich argumentieren auch Emanuel Adler und Michael Barnett, die die Erwartung einer gewaltfreien Zukunft als wesentliches Merkmal einer Sicherheitsgemeinschaft und damit eines dauerhaften Friedens betrachten (Adler/Barnett 1998: 3).
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1.
Beteiligung von zwei oder mehr Streitkräften (von denen mindestens eine die reguläre Streitkraft der Regierung ist) an den Kämpfen;
2.
Zentralgelenkte Organisation der Kriegführenden und des Kampfes;
3.
Kontinuität der bewaffneten Operationen.69
Da es bisher keine allgemein anerkannte Kriegsdefinition gibt, existieren neben dieser AKUF-Definition noch zahlreiche andere Definitionen.70 Die zwei bekanntesten Projekte der Kriegsforschung, das „Correlates of War Project“ sowie das „Uppsala Conflict Data Program“71 beziehen im Unterschied zur AKUF noch ein quantitatives Kriterium, nämlich mindestens 1000 Opfer im Jahr, in ihre Kriegsdefinition mit ein (Harbom/Högbladh/Wallensteen 2006: 626; Sarkees/Wayman/Singer 2003: 58; Small/Singer 1982: 203-220). Zwar mag eine solche Opferschwelle gerade bei Bürgerkriegen, die als besonders zerstörerisch gelten, sinnvoll sein, um Kriege von anderen Gewaltphänomenen wie Unruhen oder Terrorismus abzugrenzen (Sambanis 2004: 820). Andererseits kann diese Abgrenzung auch anhand des Kriteriums der Kontinuität der bewaffneten Auseinandersetzungen vorgenommen werden. Ferner ist im Zuge der Revolution in Military Affairs zunehmend zu beobachten, dass fortgeschrittene Kriegstechnologie zu einer Reduzierung der Opferzahlen führt (Müller/Schörnig 2001), dies allein sollte allerdings noch nichts an der Tatsache ändern, dass es sich auch bei diesen bewaffneten Auseinandersetzungen um Krieg handelt. Schließlich wird die Mindestzahl von 1000 Toten in der vorliegenden Arbeit auch deswegen nicht berücksichtigt, weil hier der gewaltfreie Konfliktaustrag (und eben nicht Krieg) im Mittelpunkt des Interesses steht und die Kriegsdefinition nur ein Hilfsmittel zur Operationalisierung von diesem ist.72 69
Für eine Diskussion der Kriterien vgl. Gantzel/Schwinghammer 1995: 31ff. Der Grund für die Differenzen bei der Begriffsbestimmung dürfte v.a. im politischen Charakter und in der Instrumentalisierbarkeit des Begriffes begründet sein. So hat insbesondere der ‚Krieg gegen den Terror‘ als jüngstes Beispiel gezeigt, „wie mit Worten Politik gemacht werden kann“ (Daase 2003: 163). 71 Das Correlates of War Project wurde 1963 von David Singer an der University of Michigan initiiert und wird inzwischen an der Pennsylvania State University fortgesetzt. Das Conflict Data Program unter der Leitung von Peter Wallensteen ist an der Universität Uppsala angesiedelt und besteht seit 2003. Es ist die Fortsetzung des Mitte der 1980er Jahre gegründeten Conflict Data Projects, umfasst allerdings einen etwas breiteren Datensatz, da z.B. auch Daten zu nicht-staatlichen Akteuren oder einseitiger Gewalt gesammelt werden. Vgl. zu den Hintergründen http://correlatesofwar.org/ sowie www.pcr.uu.se/database/background.php. 72 In diesem Sinne sind für die vorliegende Arbeit auch die unterhalb der Kriegsschwelle liegenden Kategorien des „bewaffneten Konfliktes“ (AKUF) und des „armed conflicts of minor intensity“ (Uppsala Conflict Data Program) von Interesse. Während die AKUF als bewaffnete Konflikte „gewaltsame Auseinandersetzungen bezeichnet, bei denen die Kriterien der Kriegsdefinition nicht in vollem Umfang erfüllt sind“, zählt das Uppsala Conflict Data Program nur gewaltsame Konflikte, die 70
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Als Indikator für die Erwartungshaltungen der Akteure wird der Ablauf der Demobilisierung herangezogen. Dieser Faktor gibt Auskunft darüber, ob die einstigen Gegner daran glauben, in Zukunft ihre Konflikte gewaltfrei regeln zu können und daher auf militärische Mittel verzichten oder ob sie damit rechnen, dass es zu erneuten Kämpfen kommen wird. Als weiterer Indikator für die Bestimmung der Erwartungshaltungen der Akteure kann untersucht werden, inwiefern die Androhung von Gewalt als Mittel der Interessendurchsetzung in den Diskursen der ehemaligen Konfliktparteien eine Rolle spielt (Müller 2003: 219).
4.2.2
Abstufungen des Erfolgs von Friedenskonsolidierung
In der hier vorgeschlagenen Konzeptualisierung kann die abhängige Variable zunächst nur zwei Ausprägungen annehmen: Erfolg oder Nicht-Erfolg der Friedenskonsolidierung. Diese Vereinfachung wird der Wirklichkeit natürlich oftmals nicht gerecht – selten ist die Friedenskonsolidierung ein voller Erfolg und viele Fälle sind in der Grauzone zwischen Erfolg und Scheitern anzusiedeln. Um zu einer etwas differenzierteren Einschätzung zu kommen, werden daher in einem zweiten Schritt auch Veränderungen im Ausmaß politischer Gewalt sowie eine Substituierung politischer Gewalt durch ein hohes Maß an krimineller Gewalt berücksichtigt werden. Durch dieses nachgeordnete Vorgehen können einerseits Tendenzen aufgezeigt werden (befindet sich eine Nachkriegsgesellschaft auf dem Weg zu dauerhaftem Frieden oder bewegt sie sich eher davon fort?) und andererseits werden Erfolg bzw. Nicht-Erfolg etwas genauer qualifiziert. Die Schwarz-Weiß-Palette zur Bewertung des Peacebuilding-Erfolgs wird somit zumindest um einige Grauschattierungen erweitert. Graphisch stellt sich das Kontinuum zwischen Scheitern und Erfolg folgendermaßen dar:
mindestens 25 Todesopfer pro Jahr verschuldet haben, zu den „armed conflicts“ der geringeren Intensität.
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Abbildung 1:
Kontinuum zwischen Scheitern und Erfolg der Friedenskonsolidierung
4.3 Fallauswahl Im empirischen Teil dieser Arbeit werden die beiden oben entwickelten Hypothesen anhand der Friedensprozesse in El Salvador, Guatemala und Nicaragua einem Plausibilitätstest unterzogen. Die für ein most similar cases design notwendigen Auswahlkriterien sind die Ähnlichkeit der Kontrollvariablen und die Differenz der unabhängigen Variablen. Arend Lijphart schreibt hierzu: The comparative method can now be defined as the method of testing hypothesized empirical relations among variables on the basis of the same logic that guides the statistical method, but in which the cases are selected in such a way as to maximize the variance of the independent variables and to minimize the variance of the control variables (Lijphart 1975: 164).
Die Vergleichbarkeit der Fälle, insbesondere in Bezug auf die Kontrollvariablen, wird in den folgenden Unterkapiteln diskutiert werden. Hinsichtlich der unabhängigen Variablen ist festzuhalten, dass alle drei Bürgerkriege in den 1990er Jahren durch Friedensabkommen beendet wurden und dass in allen Fällen De-
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mokratisierung, Kriegsbeendigung und Friedenskonsolidierung in einem engen Zusammenhang standen. Wie im Zuge der empirischen Fallstudien jedoch aufgezeigt werden wird, gab es erhebliche Unterschiede bezüglich Ausmaß, Zielsetzung und Form der externen Demokratieförderung.
4.3.1
Regionale Ähnlichkeit
Eine Vergleichbarkeit der Fälle ergibt sich bereits aus der regionalen Fallauswahl und der damit verbundenen kulturell-historischen Ähnlichkeit der Länder. Gemeinsame Prägepunkte in der Geschichte aller drei Länder sind: die mit Unterdrückung und Gewalt gegen die indigene Bevölkerung einhergehende spanische Eroberung und Kolonialisierung, die Unabhängigkeit 1821 und der anschließende Zusammenschluss in den Vereinigten Staaten von Zentralamerika, der Bürgerkrieg und das Auseinanderbrechen der Föderation 1839, die darauf folgende Bildung von Nationalstaaten, in denen autoritäre Regierungen die Macht übernahmen. In allen drei Ländern war ein Großteil der Bevölkerung sowohl in sozioökonomischer als auch in politischer Hinsicht marginalisiert. Um den sich im 19. Jahrhundert ausbreitenden Kaffeeanbau zu fördern, wurde Land zugunsten des neu erschlossenen Agrarexportsektors ‚umverteilt‘ und die landlose Bevölkerung war gezwungen, zu widrigen Bedingungen auf den Plantagen zu arbeiten. Die Missstände führten zu einer zunehmenden Mobilisierung der ärmeren Bevölkerungsschichten und zu Aufständen, die von der herrschenden Wirtschaftselite in Kooperation mit dem Militär brutal niedergeschlagen wurden. Die grundsätzlichen Konfliktstrukturen in den Gesellschaften Guatemalas, Nicaraguas und El Salvadors weisen somit eine hohe Ähnlichkeit auf. Abgesehen von diesen Gemeinsamkeiten gibt es allerdings auch einige Unterschiede in der geschichtlichen Entwicklung. So intervenierten die USA sowohl in Guatemala als auch in Nicaragua bereits vor den Bürgerkriegen,73 in El Salvador mischten sich die USA hingegen erst im Zuge des Bürgerkrieges ein. Guatemala sticht ferner in zweierlei Hinsicht aus dem Vergleich heraus: Zum einen waren hier zwischen 1944 und 1954 demokratisch gewählte Regierungen 73 Nicaragua war von 1912 bis 1933 weitestgehend von US-Truppen besetzt. In Guatemala hingegen war die CIA am Putsch von 1954 gegen den demokratischen Präsidenten Jacobo Arbenz maßgeblich beteiligt.
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(nämlich die von Juan José Arévalo und die von Jacobo Arbenz) an der Macht, während in Nicaragua und in El Salvador bis zur Revolution der Sandinisten bzw. bis zu den Öffnungsprozessen in den 1980er Jahren ausschließlich autoritäre, demokratisch nicht-legitimierte Machthaber herrschten. Zum anderen ist Guatemala bis heute ein multi-ethnischer Staat mit rund 60 Prozent indigener Bevölkerung. In Nicaragua und in El Salvador wurde die indigene Bevölkerung hingegen durch Massaker und Repression im 20. Jahrhundert nahezu gänzlich ausgelöscht und es gibt nur noch eine kleine ethnische Minderheit.
4.3.2 Kontrollvariablen Wichtiger noch als kulturelle und historische Gemeinsamkeiten ist eine Vergleichbarkeit der Fälle in Bezug auf alternative Erklärungsfaktoren für den Erfolg oder aber Misserfolg von Friedenskonsolidierung. In der Literatur über die Erfolgsbedingungen für die Befriedung von Kriegen wird eine Vielzahl von Faktoren diskutiert, die sich im Wesentlichen in fünf Kategorien gruppieren lassen. 4.3.2.1 Charakteristika der Konfliktparteien Sowohl die Zahl als auch die Kohärenz von Konfliktparteien werden als Faktoren diskutiert, die den Erfolg von Friedenskonsolidierung beeinflussen. Es wird angenommen, dass die Herstellung eines Machtgleichgewichts und somit die Befriedung eines kriegerischen Konfliktes umso schwieriger wird, je mehr Akteure daran beteiligt sind (Doyle/Sambanis 2000: 785). Mit der wachsenden Zahl der Akteure wachsen auch die Probleme, die relevanten Gewaltakteure zu identifizieren und in den Friedensprozess einzubinden (Kleiboer 1996: 365; Krumwiede 1998: 41). Darüber hinaus wird es zunehmend komplizierter, eine Einigung zu finden, je mehr unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden müssen (Krumwiede 1998: 55). Die These, die Kohärenz der Konfliktparteien erhöhe die Chancen für Friedenskonsolidierung, beruht auf der Annahme, dass Führungseliten in einem Friedensprozess getroffene Vereinbarungen gegenüber ihren Anhängern durchsetzen müssen (Matthies 2004: 430; Zartman 1995: 19). Dies gelingt umso besser, je kohärenter die Gruppe ist. 4.3.2.2 Charakteristika des Konfliktaustrages In Bezug auf den Konfliktaustrag wird in der Forschung weitestgehend die These vertreten, dass mit zunehmender Intensität die Aussichten für eine erfolgreiche
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Friedenskonsolidierung geschmälert werden (Bercovitch et al. 1991: 13).74 Doyle/Sambanis verweisen darauf, dass die nach einem Krieg notwendigen Entwicklungsleistungen schwieriger zu bewerkstelligen sind, wenn der Krieg eine hohe Zahl von Toten und Vertriebenen gefordert hat und somit wichtige menschliche und soziale Kapazitäten für den Wiederaufbau fehlen (Doyle/Sambanis 2000: 785). Ferner verstärken hohe Opferzahlen die Polarisierung der Konfliktparteien und der Bevölkerung insgesamt. Je antagonistischer sich die unterschiedlichen Seiten gegenüber stehen, desto geringer ihre Kompromissbereitschaft und desto größer ihr Wille, unter allen Umständen zu ‚gewinnen‘ (Kleiboer 1996: 363). Nicht zuletzt führt ein großes Ausmaß an Gewalt zu Traumatisierung und Misstrauen und erhöht damit die psycho-sozialen Hindernisse für Frieden (Doyle/Sambanis 2000: 785). 4.3.2.3 Charakteristika des Konfliktgegenstandes Im Vergleich zu politisch-ökonomisch motivierten Konflikten gelten Identitätskonflikte als schwerer zu verregeln (Doyle/Sambanis 2000: 783; Krumwiede 1998: 54; Licklider 1995: 685). Eine Erklärung hierfür verweist auf die Frage der Teilbarkeit des Konfliktgegenstandes. Während Konflikte um Güter leichter reguliert werden können, da Ressourcen z.B. aufgeteilt werden können, gelten Identitätsfragen als unteilbar. In diesem Sinne weist Krumwiede darauf hin, dass ethnische Konflikte besonders schwierig zu verregeln seien, da Ethnizität anders als soziale Ungleichheit nicht in unpolitischen Individualkategorien gedeutet werden könne: „ethnische Zugehörigkeiten [sind] nicht individuell abzustreifen, ihnen kann man nicht entrinnen (ein Armer kann reich, aber kein Farbiger weiß werden)“ (Krumwiede 1998: 54).75 Andererseits kann aber auch eine Ökonomisierung der Gewaltmotive die Aussichten für Friedenskonsolidierung verschlechtern. Dies ist dann der Fall, wenn die Konfliktparteien nicht mehr Krieg führen, um sozio-ökonomische Reformen durchzusetzen, sondern wenn sie „vor allem Krieg führen, um Profite zu erwirtschaften und zu privatisieren“ (Heupel 2005: 33). In diesem Fall ist der 74
Einige Autoren gehen von der gegenteiligen Vermutung aus und behaupten, mit der steigenden Opferzahl nehme die Bereitschaft von Konfliktparteien zu, sich auf Verhandlungen einzulassen. Da es hierbei aber vor allem um die Frage geht, wann Mediatoren akzeptiert und Kriege beendet werden, und weniger um die Erklärung, wann eine nachhaltige Befriedung von Kriegen gelingt (Bercovitch et al. 1991: 13; Kleiboer 1996: 364), kann dieser Zusammenhang im Rahmen der vorliegenden Arbeit vernachlässigt werden. 75 Wenn hier von „ethnischen Konflikten“ die Rede ist, muss betont werden, dass es sich bei Ethnizität nicht um die zugrunde liegende Konfliktursache, sondern vielmehr um die Erscheinungsform der Kriege handelt. Ethnizität kann in Konflikten zur machtpolitischen Mobilisierung und Manipulierung genutzt werden, ist aber erst in Verbindung mit anderen Faktoren (z.B. sozio-ökonomische Benachteiligung oder politische Ausgrenzung) ein Kriegsgrund (Matthies 2004: 412f.).
97
Krieg nicht mehr Mittel zum Zweck, sondern wird immer mehr zum Selbstzweck – er bietet Gewaltakteuren die Möglichkeit, Ressourcen zu plündern und sich persönlich zu bereichern. Derlei Selbstbereicherungsmotive verringern die Anreize für Gewaltakteure, den Krieg zu beenden und Friedensprozesse zu unterstützen. Voraussetzung für eine Ökonomisierung der Gewaltmotive ist das Vorhandensein von Ressourcen, die für Gewaltakteure leicht ausbeutbar und zugänglich sind (wie z.B. Flussdiamanten, illegale Betäubungsmittel oder auch Coltan) (Ballentine/Nitzschke 2003: 2; Berdal/Malone 2000). 4.3.2.4 Charakteristika der Konfliktumwelt Für die Bildung eines dauerhaften Friedens werden in der Forschung das regionale Umfeld und die Unterstützung der Nachbarländer für den Friedensprozess als wichtig erachtet (Hampson 1996: 19). Ist diese regionale Unterstützung nicht gegeben, kann es zu einer Destabilisierung des Friedensprozesses kommen – entweder, weil Nachbarstaaten, die ihre Interessen bedroht sehen, selbst den Friedensprozess stören (Hampson 1996: 19) oder aber, weil sie innerstaatlichen Gewaltakteuren Schutz gewähren sowie Waffen und Ressourcen zur Verfügung stellen (Downs/Stedman 2002: 57). Von Bedeutung für den Verlauf von Friedensprozessen können ferner die internationalen Machtverhältnisse sein. So wird zwischen dem Spannungsgrad auf systemischer Ebene und Kriegen in der Dritten Welt häufig ein direkter Zusammenhang gesehen. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Supermächte in die ‚kleineren‘ Kriege eingemischt und eine der Konfliktparteien unterstützt haben, so dass diese regionalen Konflikte Züge eines Stellvertreterkrieges angenommen haben. Ist dies der Fall, so ist davon auszugehen, dass eine Verringerung der Spannungen auf der systemischen Ebene auch die Befriedung dieser Kriege erleichtert. Dieser These folgend ist mit dem Ende des Ost-WestKonfliktes die Befriedung kriegerischer Konflikte wahrscheinlicher geworden, weil die Supermächte USA und Sowjetunion kein Interesse mehr an der Unterstützung ihrer Klientel haben (Hampson 1996: 16ff.; Ohlson 1999: 13ff., 36).76 4.3.2.5 Charakteristika der Konfliktbearbeitung Schließlich gibt es auch noch einige Faktoren auf der Ebene der Konfliktbearbeitung, die alternative Erklärungen für den Erfolg von Friedenskonsolidierung bieten. Hierzu zählt z.B. die Ausgestaltung des Friedensabkommens (Hampson 76 Gleichzeitig gibt es auch die These, dass das Ende des Ost-West-Konfliktes die Entstehung neuer innerstaatlicher Kriege wie z.B. im ehemaligen Jugoslawien oder der einstigen Sowjetunion begünstig hat (Ohlson 1999: 14). Da die vorliegende Arbeit jedoch ausschließlich Kriege untersucht, die lange vor dem Ende des Ost-West-Konfliktes ausgebrochen sind, kann diese Annahme hier vernachlässigt werden.
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1996: 19ff.), das Engagement externer Akteure in der Implementationsphase (Hampson 1996: 11; David 1999: 30; Downs/Stedman 2002: 57f.) oder die Art der Konfliktbearbeitung77 (Reiber 2002). Auch die Konzeption und Umsetzung friedenskonsolidierender Maßnahmen kann für den Erfolg oder Misserfolg von Friedensprozessen erklärungskräftig sein (Heupel 2005: 46ff.). Scheitert etwa die Demobilisierung und Reintegration der Kombattanten oder können gravierende sozio-ökonomische Probleme nicht gemeistert werden, so kann dies möglicherweise zum Wiederausbruch des Krieges führen. Zur Relevanz der Kontrollvariablen Nicht alle soeben angesprochenen Variablen werden in dieser Arbeit als explizite Kontrollvariablen diskutiert, da sie entweder zu der hier vorliegenden erklärenden Variablen, der externen Demokratieförderung, oder aber der abhängigen Variablen, dem Erfolg der Friedenskonsolidierung, Überschneidungen aufweisen. So umfasst die Konzeption und Implementation von Maßnahmen der Friedenskonsolidierung etwa auch externe Demokratieförderung. Ebenso sind Rolle, Engagement und Konfliktbearbeitungstechniken externer Akteure Aspekte, die für externe Demokratieförderung von Bedeutung ist. Der Erfolg der Demobilisierung hingegen ist in der vorliegenden Arbeit ein Indikator zur Messung der abhängigen Variablen.
4.3.3
Vergleichbarkeit der Fälle in Bezug auf die Kontrollvariablen
Die Vergleichbarkeit der Fälle beruht nicht nur auf ihrer regionalen Ähnlichkeit, sondern bleibt auch bei näherer Betrachtung der Kontrollvariablen weitestgehend bestehen. So ist die Zahl der Konfliktparteien in allen drei Kriegen beschränkt gewesen. Im Wesentlichen standen sich jeweils zwei Seiten gegenüber: in Guatemala Regierung und Militär versus die Guerillagruppierung URNG (Unión Revolucionaria Nacional Guatemalteca), in El Salvador Regierung und Militär versus die Guerillagruppierung FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) und in Nicaragua der nach zweijährigem Bürgerkrieg gegen das Somoza-Regime an die Macht gekommene FSLN (Frente Sandinista de Liberación Nacional, ehemals Guerillagruppierung) versus Contra-Rebellen. Auch wenn die einzelnen Rebellengruppierungen nicht als homogene Gruppe bezeichnet werden 77
Darunter fallen Aspekte wie Techniken der Konfliktbearbeitung, Konfliktverständnis, Einbeziehung gesellschaftlicher Akteure, Zeitpunkt der Konfliktbearbeitung und Rolle dritter Parteien (Reiber 2002: 11).
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können, sondern eher Zusammenschlüsse verschiedener kleinerer Gruppierungen sind und obwohl es auch auf Seiten der Regierung und des Militärs unterschiedliche Strömungen gab, war fehlende Kohärenz kein Problem, das für den Verlauf der Friedenskonsolidierung in den drei Fällen ausschlaggebend gewesen wäre. Gleichwohl ist zu bemerken, dass insbesondere in Nicaragua die Heterogenität der Contra deren Transformation in eine politische Partei erschwerte. Die Auswirkungen hiervon werden in der Fallstudie zu Nicaragua (Kapitel 7) ausführlich diskutiert werden. Eine gewisse Differenz ist hingegen bezüglich der Intensität des Konfliktaustrags zu verzeichnen. Der Krieg in Guatemala dauerte mit 36 Jahren erheblich länger als in El Salvador (elf Jahre) und in Nicaragua (neun Jahre) und forderte auch deutlich mehr Todesopfer. So fielen dem Bürgerkrieg in Guatemala 200.000 Menschen zum Opfer, in El Salvador waren es 75.000 und in Nicaragua forderte der Krieg 30.000 Menschenleben. Selbst bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Bevölkerungszahl in den drei Ländern wird diese Diskrepanz nicht relativiert.78 Unterschiedlich ist ferner nicht nur die Gesamtzahl der Opfer, sondern auch die Brutalität der Aufstandsbekämpfung. Diese nahm in Guatemala zwischen März 1982 und Juni 1983 „genozidale Ausmaße“ an, so das Urteil der Wahrheitskommission (CEH 1999). Allein 440 Dörfer wurden im Zuge der „Strategie der verbrannten Erde“ zerstört und die Gesamtzahl der Massaker ist mit 669 deutlich höher gewesen als in El Salvador und Nicaragua. In Bezug auf den Konfliktgegenstand ähneln sich die Fälle, da alle drei Bürgerkriege als ideologische Anti-Regimekriege mit sozio-ökonomischem Hintergrund bezeichnet werden können (Baranyi 1995: 149). Zu beachten ist allerdings, dass der Konflikt in Guatemala eine ethnische Komponente enthält, da die relevanten sozio-ökonomischen Konfliktlinien zu einem großen Teil mit ethnischen Unterschieden übereinstimmen. Da die Abgrenzung der Konfliktparteien jedoch nicht ausschließlich entlang ethnischer Trennlinien verlief (so unterstützten auch arme Ladinos die Guerillabewegung) und die Mobilisierung der indigenen Bevölkerung weniger ethnisch motiviert war, sondern ihren Ursprung v.a. in ihrer sozio-ökonomischen Benachteiligung hatte79, kann der Konflikt in Guatemala nicht primär als ethnischer Konflikt verstanden werden (Azpuru 2004: 180). Ein weiterer Unterschied ist, dass der Bürgerkrieg in Nicaragua von Revolution und Konter-Revolution gekennzeichnet war und sich diesbezüglich von 78
Die Bevölkerung umfasste im Jahr 2004 in El Salvador 6,7 Millionen Einwohner, in Guatemala 12,6 Millionen und in Nicaragua 5,6 Millionen Menschen (Weltbank 2006: 350f.). 79 Eine zunehmende Ethnisierung des Konfliktes fand erst Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre statt, als sich immer mehr Organisationen und Bewegungen herausbildeten, die sich explizit für indigene Rechte einsetzten (Jonas 2000: 29).
100
den anderen beiden Fällen unterscheidet.80 Diese Differenz ist allerdings in Bezug auf die Kontrollvariablen nicht relevant und kann daher vernachlässigt werden. Eine Ökonomisierung der Gewaltmotive ist in keinem der drei Fälle zu beobachten, zumindest nicht in dem Sinne, dass Gewaltakteure den Krieg zum Ziele ihrer Selbstbereicherung (fort-)führen würden. Insbesondere in Guatemala gibt es jedoch Akteure, die ihre noch aus Kriegszeiten stammenden illegalen Geschäfte (Drogenhandel, Schmuggel, u.ä.) ausgebaut haben und an der Aufrechterhaltung von Straflosigkeit interessiert sind, um ihre Profite weiterhin einstreichen zu können (WOLA 2003). Die Konfliktumwelt ist in allen drei Fällen sehr ähnlich. Auf regionaler Ebene ist vor allem der Esquipulas-Prozess hervorzuheben, der die Friedensprozesse in Zentralamerika einleitete. Ausgangspunkt dieser Entwicklung war das Bemühen der Regierungen von Mexiko, Panama, Venezuela und Kolumbien (der Contadora-Initiative) um einen zentralamerikanischen Friedensvertrag, mit dem zunächst v.a. die zwischenstaatlichen Spannungen in der Region vermindert werden sollten. Ergänzt um einen Entwurf des costaricanischen Präsidenten Oscar Arías führte diese Initiative schließlich 1987 zum Abkommen von Esquipulas.81 In diesem verpflichteten sich die Regierungen der vom Bürgerkrieg beherrschten Länder zur Aufnahme eines Dialogs mit der unbewaffneten Opposition sowie mit Gewaltakteuren, die ein Amnestieangebot annahmen. Ferner sah das Abkommen Aktivitäten zur Erzielung eines Waffenstillstandes vor. Der Ost-West-Konflikt war von entscheidender Bedeutung für Konfliktverlauf und Konfliktbeendigung in Nicaragua, El Salvador und Guatemala. So ist die mehr oder weniger direkte Einmischung der USA in allen drei Ländern auch vor dem Hintergrund der ideologisch motivierten Bekämpfung des Kommunismus und der strategischen Bedeutung Zentralamerikas für die USA zu verstehen. „Central America is the most important place in the world for the United States today“, betonte die US-amerikanische UN-Botschafterin Jeane J. Kirkpatrick 1981 (zitiert nach Smith 2000: 182). Dies führte dazu, dass in El Salvador und in Guatemala die autoritären Regierungen militärisch und finanziell unterstützt wurden, in Nicaragua unterstützten die USA hingegen die Contra. Auch die Beendigung der Kriege in Zentralamerika wurde unmittelbar von den internatio80 In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass die Entwicklungen in El Salvador und Guatemala nicht völlig unabhängig von den Ereignissen in Nicaragua zu sehen sind. Der Erfolg der Sandinisten beim Sturz des Somoza-Regimes stärkte und ermutigte einerseits die Guerilla-Bewegungen in El Salvador und Guatemala, andererseits forderte er aber auch das besondere Engagement der USA zur Bekämpfung kommunistischer Bewegungen in ihrem ‚Hinterhof‘ heraus. Diese Interdependenz ist allerdings nicht so ausgeprägt, als dass die drei Kriege nicht mehr als voneinander unabhängige Fälle betrachtet werden könnten. 81 Zu den Hintergründen des Abkommens vgl. Goodfellow/Morrell 1991.
101
nalen Machtverhältnissen und dem Ende des Ost-West-Konfliktes begünstigt. So verloren die Konfliktparteien einerseits an externer Unterstützung und konnten den Krieg somit immer weniger finanzieren, andererseits nahm der externe Druck auf eine Beendigung der Kriege kontinuierlich zu. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Kontrollvariablen überwiegend ähnliche Ausprägungen in den drei Fällen annehmen. Unterschiede gibt es v.a. in Bezug auf die Konfliktintensität, ferner ist die ethnische Komponente des Bürgerkrieges in Guatemala zu beachten. Um sicherzugehen, dass eventuelle Unterschiede der Friedensprozesse nicht auf diese Faktoren zurückzuführen sind, werden diese Aspekte im Zuge der Fallstudien auf ihre alternative Erklärungskraft gesondert untersucht werden.
4.4 Kausale Zusammenhänge und Wirkungsbeobachtung Um die Erklärungskraft der Hypothesen zu testen, wird im Rahmen der Fallstudien eine Korrelationsanalyse sowie eine Untersuchung der kausalen Zusammenhänge vorgenommen. Während bei der Korrelationsanalyse das Vorgehen aus dem Vergleich der Werte von unabhängiger und abhängiger Variable besteht und somit klar und einfach ist, stellt eine Prozessanalyse zur Untersuchung kausaler Zusammenhänge eine komplexere Aufgabe dar. Im Folgenden soll daher zunächst dargestellt werden, welche Kausalmechanismen den beiden Hypothesen zugrunde liegen und durch eine Prozessanalyse nachzuweisen wären. In einem zweiten Schritt wird ein Teilschritt der Kausalmechanismen einer genaueren Betrachtung unterzogen – nämlich der Zusammenhang zwischen externer Demokratieförderung und tatsächlich erfolgter Demokratisierung. Hier geht es mit anderen Worten um die Analyse der Effektivität von externer Demokratieförderung – wie kann untersucht werden, ob Maßnahmen externer Akteure einen Einfluss auf den Demokratisierungsprozess hatten oder nicht?
4.4.1
Kausalmechanismen
Die erste Hypothese geht davon aus, dass die externe Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs (u.V.) zu einem tatsächlichen Ausbau der Möglichkeiten von Interessenartikulation und Interessenausgleich führt (i.V.). Dies wiederum, so die Annahme, beseitigt eine der zentralen Konfliktursachen für gewaltsame Konflikte und ermöglicht eine bessere Bewältigung von Krisensituationen. Damit unterstützt der Ausbau von Interessenartikulation und –ausgleich
102
den Prozess der Friedenskonsolidierung und trägt zu deren Erfolg bei (a.V.) (vgl. hierzu Abbildung 2).
Externe Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs u V.
Abbildung 2:
Mehr Interessenartikulation und -ausgleich
Erfolg der Friedenskonsolidierung
i.V.
a.V.
Kausalmechanismus Hypothese 1 bei Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
Nimmt die unabhängige Variable hingegen den entgegengesetzten Wert an und ist externe Demokratieförderung unzureichend auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet (u.V.), dann bleibt eine Verbesserung der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs aus (i.V.). Dies hat die Stagnation oder sogar Verschärfung von Krisen zur Folge und führt dazu, dass externe Demokratieförderung nicht zum Erfolg der Friedenskonsolidierung beiträgt (a.V.) (vgl. hierzu Abbildung 3).
Unzureichende externe Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
Keine Verbesserung von Interessenartikulation und -ausgleich
Kein Erfolg der Friedenskonsolidierung
i.V.
a.V.
u V. Abbildung 3:
Kausalmechanismus Hypothese 1 bei unzureichender Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
Die zweite Hypothese geht von folgenden Zusammenhängen aus: Der angemessene Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung (u.V.) führt zu einer Vertiefung des Demokratisierungsprozesses (i.V.), was wiederum die Friedenskonsolidierung fördert (a.V.) (vgl. hierzu Abbildung 4).
103
Instrumente der Demokratieförderung angemessen
i.V.
u V.
Abbildung 4:
Stärkung der Demokratisierung
Erfolg der Friedenskonsolidierung a.V.
Kausalmechanismus Hypothese 2 bei angemessenem Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung
Im umgekehrten Fall, bei einer fehlenden Angemessenheit der Instrumente der Demokratieförderung, bleibt eine Vertiefung des Demokratisierungsprozesses aus und externe Demokratieförderung trägt nicht zu einem Erfolg der Friedenskonsolidierung bei (vgl. Abbildung 5).
Instrumente der Demokratieförderung nicht angemessen u V.
Abbildung 5:
Stagnation oder Rückgang der Demokratisierung
Kein Erfolg der Friedenskonsolidierung
i.V.
a.V.
Kausalmechanismus Hypothese 2 bei nicht angemessenem Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung
Im Zuge einer Prozessanalyse zur Untersuchung der kausalen Zusammenhänge wird geprüft, ob zusätzlich zu der von den Hypothesen erwarteten Ausprägung der abhängigen Variablen auch auf der Ebene der intervenierenden Variablen die prognostizierten Entwicklungen zu beobachten sind. Darüber hinaus können in einem weiteren Schritt die einzelnen Teilschritte genauer analysiert werden. Im Fall von Hypothese 1 wäre demnach zu fragen, ob die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs tatsächlich verantwortlich für den beobachteten Ausbau von Interessenartikulation und Interessenausgleich ist und ob dieser Ausbau von Interessenartikulation und -ausgleich wiederum in einem ursächlichen Zusammenhang zum Erfolg der Friedenskonsolidierung steht. Bei Hypothese 2 wäre hingegen zu erörtern, ob Demokratisierungsfortschritte auf ange-
104
messene Instrumente der Demokratieförderung zurückgeführt werden können und ob diese Vertiefung der Demokratisierung zum Erfolg der Friedenskonsolidierung beigetragen hat. Der zweite Teilschritt beider Hypothesen – verallgemeinert gesprochen von der Demokratisierung zur Friedenskonsolidierung – ist bereits im zweiten Kapitel, in dem es um den Zusammenhang zwischen Demokratie und Frieden ging, ausführlicher beleuchtet worden. Auf diese Ergebnisse kann für die Prozessanalyse zurückgegriffen werden, indem nach Anzeichen dafür gesucht wird, dass Demokratisierung den Prozess der Friedenskonsolidierung gestärkt hat. Dies kann generell auf dreierlei Weise geschehen: 1) durch die Beseitigung von zentralen Konfliktursachen („root causes of conflict“), 2) durch die Schaffung von alternativen Kanälen der Konfliktbearbeitung und 3) durch eine Veränderung der politischen Kultur (vgl. hierzu ausführlich Kapitel 2.2.1). Der erste Teilschritt beider Hypothesen bezieht sich auf externe Demokratieförderung und deren Beitrag zur Demokratisierung. Eine Möglichkeit, diesen Wirkungszusammenhang zu untersuchen, wird im folgenden Abschnitt dargestellt.
4.4.2 Wirkungsbeobachtung: Von der Demokratieförderung zur Demokratisierung Die Wirkung von externer Demokratieförderung auf Demokratisierungsprozesse zu untersuchen, ist ein schwieriges Unterfangen, da es sich bei Demokratisierung um einen politischen Prozess handelt, der von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird (Arbeitskreis Evaluation von Entwicklungspolitik 2005: 3). Insbesondere die Rückführung eines politischen Wandels auf der Makro-Ebene auf einzelne Aktivitäten der Demokratisierungshilfe ist nahezu unmöglich. Einfacher ist es, kurz- bis mittelfristige Ergebnisse und Wirkungen von Maßnahmen nachzuweisen. Je länger jedoch die Wirkungskette zwischen externer Maßnahme und der beabsichtigten Wirkung, desto schwieriger ist eine Überprüfung der Zusammenhänge. In Anlehnung an die Policy-Analyse (Easton 1965: 351f.) lassen sich drei Ebenen zur Untersuchung der Wirkung einer Politik – hier der externen Demokratieförderung – unterscheiden: Output, Outcome und Impact. Unter Output wird dabei das konkrete Ergebnis der Maßnahmen verstanden – es geht also beispielsweise um die Menge der zur Verfügung gestellten Computer oder die Summe der neu eingerichteten Justizverwaltungszentren, oder aber die Zahl der in Menschenrechten fortgebildeten Polizeibeamten. Untersucht man die Wirkung der Demokratieförderung bezüglich ihres Outcomes, so verschiebt sich der Ana-
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lyse-Fokus. Untersucht werden dann die durch die Ergebnisse der Maßnahme erzielten kurz- bis mittelfristigen Veränderungen im Themenfeld der Förderaktivität, also z.B.: Verändert sich das Auftreten der fortgebildeten Polizeibeamten und respektieren diese fortan stärker die Menschenrechte? Oder: Führen die zusätzlichen Justizverwaltungszentren tatsächlich zu einem besseren Zugang zur Justiz? Die Impact-Ebene schließlich ist am weitesten von der eigentlichen Maßnahme entfernt und untersucht die langfristig intendierten Wirkungen. So geht es im Falle von Hypothese 1 beispielsweise darum festzustellen, ob die Maßnahmen tatsächlich zu einer Förderung von Interessenartikulation und Interessenausgleich im Allgemeinen beigetragen haben. In Bezug auf die obigen Beispiele könnte gefragt werden, ob ein genereller Beitrag zur Gewährleistung der Menschenrechte oder zur Herstellung von Rechtstaatlichkeit festzustellen ist. Für die im Rahmen der Hypothesentests anstehenden Prozessanalysen sind diese drei Dimensionen ein hilfreiches Analyseinstrument, da sie Wirkungspfade externer Demokratieförderung vorzeichnen und Anhaltspunkte dafür liefern, worauf bei der Untersuchung kausaler Zusammenhänge geachtet werden sollte. Gleichzeitig ist zu betonen, dass eine Unterscheidung von Output, Outcome und Impact nicht bei allen Instrumenten der Demokratieförderung sinnvoll ist. So ist insbesondere Konditionalität (und mit Abstrichen auch soziale Einflussnahme) in der Regel auf die Erzielung einer konkreten Verhaltensänderung ausgerichtet und strebt somit vor allem einen unmittelbaren Output an, wie zum Beispiel die Entlassung von Menschenrechtsverbrechern aus dem Militär. Der Erfolg von Konditionalität (oder auch sozialer Einflussnahme) lässt sich somit sehr konkret an der Erzielung des angestrebten Ergebnisses messen – wird das Militär tatsächlich gereinigt, so war die Konditionalität effektiv. Im Gegensatz dazu stehen bei den Instrumenten der Unterstützung, des Wissenstransfers und des Dialogs weitaus stärker die langfristigen Wirkungen im Vordergrund, die im Idealfall durch die externe Demokratieförderung initialisiert werden. Die Entwicklungen auf der Outcome- und Impact-Ebene sind hier also von besonderer Relevanz für die Bestimmung des Erfolgs – alleine die Teilnahme einer gesetzten Zahl von Polizisten an einem Seminar zur Menschenrechtserziehung könnte beispielsweise noch nicht als Indiz für die Effektivität einer Fortbildungsmaßnahme gesehen werden.
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5 Fallstudie Guatemala
Die Fallstudie zu Guatemala besteht aus vier Abschnitten. In einem ersten Schritt werden die Hintergründe erläutert – dies umfasst zum einen eine Darstellung von Bürgerkrieg, Friedensprozess und Demokratisierung in Guatemala (5.1.1) und zum anderen einen Überblick über Umfang und Verteilung der externen Hilfe im Friedensprozess (5.1.2). Danach folgt die Bestimmung der unabhängigen (5.2) und abhängigen Variablen (5.3). Zuletzt wird im Rahmen des Hypothesentests (5.4) diskutiert, inwiefern externe Demokratieförderung einen Beitrag zur Friedenskonsolidierung in Guatemala geleistet hat.
5.1 Hintergründe 5.1.1 Bürgerkrieg, Friedensprozess und Demokratisierung in Guatemala Der Bürgerkrieg in Guatemala war der längste und blutigste in der Region. Vom Ausbruch des Krieges bis zur Verabschiedung des Friedensvertrages am 29. Dezember 1996 vergingen 36 Jahre, in deren Verlauf mehr als 200.000 Menschen getötet wurden oder verschwunden sind, 440 Dörfer dem Erdboden gleich gemacht wurden, bis zu eineinhalb Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben wurden und weitere 150.000 über die Grenzen nach Mexiko flüchteten (CEH 1999). 5.1.1.1 Die Ursachen des Bürgerkrieges Die zentralen Ursachen für den Krieg waren einerseits eine eklatante sozioökonomische Ungleichheit und andererseits das Fehlen jeglicher Partizipationsmöglichkeiten. Die ungleiche Verteilung von Reichtum und Land geht auf Reformen im 19. Jahrhundert zurück, als im Zuge der expandierenden Kaffeewirtschaft indigene Gemeinschaften enteignet wurden und der steigende Bedarf an Arbeitskräften durch eine Mischung aus Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft gedeckt wurde.82 Neben US-amerikanischen Firmen konnte vor allem eine kleine Ladino-Elite aus der von Agrarexporten wie Bananen und Kaffee dominierten 82
Für eine ausführliche Darstellung dieser Entwicklungen vgl. Kurtenbach 1998: 26-44.
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Wirtschaftsstruktur Profit schlagen. Diese Agraroligarchie dominiert auch heute noch Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Guatemala. Der zweite Grund, der den Griff zu den Waffen als einzige verbleibende Option erschienen ließ, war das Fehlen jeglicher politischer Mitgestaltungsmöglichkeiten und das große Ausmaß staatlicher Repression. Zwischen 1944 und 1954 hatte Guatemala zwar eine demokratische Reformphase erlebt, diese war jedoch durch einen von der CIA unterstützen Putsch guatemaltekischer Söldner 1954 gewaltsam beendet worden (siehe Box). Unter dem darauf folgenden Militärregime von Oberst Castillo Armas wurden sämtliche Reformen zurückgenommen und die Repression setzte sofort ein. Innerhalb von Wochen wurden 8000 Bauern getötet, reformorientierte Kräfte verfolgt sowie zahlreiche Gewerkschaften und Parteien verboten (Kurtenbach 1998: 82). Politische Freiräume wurden schließlich so beschränkt, dass Opposition nur noch über bewaffneten Widerstand möglich zu sein schien (Jonas 2003: 32f). Der Putsch von 1954 Stein des Anstoßes waren die Agrarreformen, die vom demokratisch gewählten Präsidenten Jacobo Arbenz Guzmán (1951-54) eingeführt worden waren. Diese Reformen bildeten den Abschluss einer Serie von Initiativen, die bereits unter Arbenz’ Vorgänger, Juan José Arévalo (1945-51), ihren Anfang genommen hatten. Beide Präsidenten hatten versucht, durch die Gewährung politischer Grundrechte, Verbesserungen der Arbeitsgesetzgebung und Reformen im Bildungsbereich das Land zu modernisieren. Obwohl Arbenz’ Agrarreform in ihrer Anlage gemäßigt war – vorgesehen war lediglich eine Umverteilung von Land durch den Aufkauf von Brachflächen –, stieß sie nicht nur auf den erbitterten Widerstand der traditionellen Kräfte des Landes (Großgrundbesitz, Militär, Kirche), sondern auch auf den Protest der US-amerikanischen United Fruit Company (UFCo), dem zu dieser Zeit größten Grundbesitzer Guatemalas. Der UFCo, die nur 15 Prozent ihres Landbesitzes bestellte, drohten Enteignungen im großen Maße. Um in den USA Unterstützung gegen die Reform zu mobilisieren, startete das Unternehmen eine große Pressekampagne, in der „Arbenz als kommunistischer Handlanger und Erfüllungsgehilfe von Stalin dargestellt“ (Kurtenbach 1998: 79) wurde. Außerdem nutzte die UFCo persönliche Beziehungen in amerikanische Regierungskreise hinein, um gegen die Regierung von Arbenz Stimmung zu machen. Die Propaganda fiel in der antikommunistischen McCarthy-Ära auf fruchtbaren Boden und die CIA selbst heuerte eine guatemaltekische Söldnergruppe an, um Präsident Arbenz zu stürzen (Kurtenbach 1998: 73ff.).
5.1.1.2 Der Verlauf des Bürgerkrieges Der Bürgerkrieg kann in drei Phasen eingeteilt werden. Die erste Phase begann 1960 mit einem Aufstand von Militäroffizieren, der zwar niedergeschlagen wurde, aber den Ausgangspunkt bildete für die Bildung der Guerillabewegung der
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„Rebellierenden Streitkräfte“ (Fuerzas Armadas Rebeldes, FAR). Die FAR, die sich vor allem aus Ladinos der Mittelklasse zusammensetzte, war ein Zusammenschluss von Armee-Dissidenten, radikalen Studenten und linken politischen Aktivisten (Costello 1997: 2). Geographischer Fokus des Guerilla-Aufstandes war der Osten des Landes. Obwohl die Guerilla nur 300 bis 500 Kämpfer umfasste und keine breite soziale Basis hatte (insbesondere die indigene Bevölkerung war von der FAR in keiner Weise berücksichtigt worden), dauerte es doch mehrere Jahre und bedurfte der massiven Unterstützung der USA, bis die Armee diesen Aufstand niederschlug (Jonas 2000: 21; Kurtenbach 1998: 90). Ende der 1960er Jahre war die FAR militärisch zerschlagen und einzelne Überlebende zogen sich nach Mexiko oder in die Hauptstadt zurück, um sich dort neu zu sammeln (Oettler 2006: 7). Die zweite Phase des Bürgerkrieges begann in den 1970er Jahren und ging einher mit dem Entstehen neuer Guerilla-Gruppierungen und einer Veränderung von Strategie und Aktionsgebiet. So hatten die Aufständischen aus den Erfahrungen der 1960er Jahre gelernt und die Bedeutung einer breiten sozialen Basis und der Einbeziehung der indigenen Bevölkerung erkannt. Insbesondere die zwei neu entstandenen Gruppierungen „Guerillaarmee der Armen“ (Ejército Guerrillero de los Pobres, EGP) und „Organisation des Volkes in Waffen“ (Organización del Pueblo en Armas, ORPA) bemühten sich um die Unterstützung indigener Gemeinschaften: Die EGP war vor allem im Nord-Westen Guatemalas in Quiché und Huehuetenango aktiv und unterstützte landlose Bauern im Kampf gegen Großgrundbesitzer, die ORPA hingegen hatte ihre Basis im südlichen Küstenstreifen (Costello 1997: 3; Jonas 2000: 23; Kurtenbach 1998: 102ff.). Weitere Gruppierungen, die den bewaffneten Widerstand wählten, waren die erneut formierte FAR im Tiefland von El Petén und der militärische Flügel der kommunistischen Partei in Guatemala-Stadt (Oettler 2006: 7). Zeitgleich zu der Bildung und Re-Gruppierung der Guerillabewegungen kam es in den 1970er Jahren auch zu einer breiten Mobilisierung von Bauern, Studenten und Gewerkschaftsaktivisten. Diese konnten sich dank einer gewissen politischen Liberalisierung in der Amtszeit von General Kjell Laugerud García (1974-78) im Kampf gegen soziale Ungleichheit und sich verschlechternde Lebensbedingungen organisieren. Auf die zunehmend erstarkende Oppositionsbewegung reagierte das Regime allerdings mit massiver Repression und dem Einsatz von Todesschwadronen. Politische Führungspersonen des Widerstands wurden gezielt ermordet und Massaker gegen die Zivilbevölkerung begangen (Costello 1997: 3). Dies stärkte, zusätzlich zur sandinistischen Revolution in Nicaragua und dem Guerillaaufstand in El Salvador, den Zulauf zu den aufständischen Rebellengruppen. In ihrer Hochzeit 1980-81 umfasste die Guerilla schließlich 6000 bis 8000 Kämpfer und bis zu 500.000 Sympathisanten (Jonas 2000: 22).
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1982 schlossen sich die vier Guerillagruppierungen zur Unidad Revolucionaria Nacional Guatemalteca (URNG) zusammen. Zu dieser Zeit hatte die Bewegung allerdings schon viel an Kräften einbüßen müssen. Die Armee hatte 1981 eine massive Gegenoffensive gestartet und den Krieg gegen die Guerilleros und die Zivilbevölkerung in bisher unbekannter Weise eskaliert. Opfer des brutalen Krieges war vor allem die indigene Bevölkerung.83 Regionen im Hochland, in denen das Militär Guerillaeinheiten vermutete, wurden flächendeckend bombardiert, Felder und Wälder in Brand gesetzt und ganze Dörfer massakriert (Kurtenbach 1998: 109; Oettler 2006: 14). Ab 1983 veränderte das Militär seine Strategie. Anstelle von uneingeschränktem Gewalteinsatz wurden neue Mittel zur Kontrolle der indigenen Bevölkerung eingesetzt. Dazu gehörten Zwangsumsiedlungen in ‚Modell-Dörfer‘ (aldeas modelos), in denen die Menschen zur Aufgabe ihrer traditionellen Kultur gezwungen wurden, sowie die Bildung ziviler Selbstverteidigungspatrouillen (Patrullas de Autodefensa Civil, PAC). Die Teilnahme an den PAC war zwar offiziell freiwillig, de facto bestand für die Männer aber keine Wahlmöglichkeit, wenn sie nicht der Zusammenarbeit mit der Guerilla verdächtigt werden wollten. Funktion der Selbstverteidigungspatrouillen war es, die Armee mit Informationen zu versorgen und ein System der wechselseitigen Überwachung in den indigenen Gemeinschaften zu etablieren (Kurtenbach 1998: 111; Oettler 2006: 20). Auch wenn die URNG sehr geschwächt war, definitiv besiegen konnte die Armee die Guerilleros nicht. Nach den Gewaltexzessen Anfang der 1980er Jahre waren allerdings sowohl auf Seiten der Armee und Regierung als auch auf Seiten der URNG Veränderungsprozesse zu bemerken. Angesichts von internationaler Ächtung und fehlender innerstaatlicher Legitimität sowie aufgrund von amerikanischem Druck leitete das Militär einen graduellen Liberalisierungskurs ein, der schließlich mit der Wahl des zivilen Präsidenten Vinicio Cerezo 1985 zur Rückkehr formal demokratischer Strukturen führte (Costello 1997: 4f.; Jonas 2000: 25f.; Kurtenbach 1998: 118ff.). Die URNG ihrerseits erkannte, dass sie nicht in der Lage war, den militärischen Kampf zu gewinnen und dass eine weitere Fortsetzung des Krieges auch aufgrund der enormen Opferzahlen nicht zu rechtfertigen war. Hinzu kamen die Entwicklungen in Nicaragua, die verdeutlichten, dass die Machtübernahme alleine ein Gelingen des sozialrevolutionären Projektes nicht garantieren konnte, wenn dies den Interessen der USA zuwiderlief. Die zumindest partielle Umset83 Die guatemaltekische Wahrheitskommission kam zu dem Ergebnis, dass die Anfang der 1980er Jahre ausgeübte Gewalt gegen die indigene Bevölkerung das Ausmaß eines Genozids annahm (CEH 1999). Darüber hinaus gibt es einen weitgehenden Konsens in der Literatur, dass die Gewalt gegen die indigene Bevölkerung wenn nicht deren Auslöschung, so zumindest die Zerstörung ihrer kulturellen Traditionen zum Ziel hatte (CEH 1999; Jones 2000: 24; Oettler 2006)
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zung der eigenen Ziele durch eine politische Machtbeteiligung wurde somit zunehmend zur Option und 1986 machte die URNG der Regierung das erste Angebot, den Krieg durch politische Verhandlungen zu beenden (Jonas 2000: 31). Auf Seiten der Regierung und insbesondere des Militärs gab es zunächst keine Verhandlungsbereitschaft, die Guerilla wurde nicht als Dialogpartner anerkannt. Erst ein Zusammenspiel verschiedener, vor allem externer Faktoren, konnte die Blockadehaltung aufbrechen. Dazu gehörten der regionale Esquipulas-Prozess, der die Regierungen dazu verpflichtete, sich für die Erreichung eines Waffenstillstandes einzusetzen, die Beendigung des Contra-Kriegs in Nicaragua und der Friedensprozess in El Salvador.84 Hinzu kamen das Ende des Ost-WestKonfliktes und die damit einhergehende Verringerung externer Unterstützung sowie die Zunahme externen Drucks, nun auch in Guatemala den Bürgerkrieg zu beenden. Schließlich nahm auch der Druck innerhalb der guatemaltekischen Gesellschaft zu und eine große Bandbreite gesellschaftlicher Gruppen plädierte für eine Beendigung des Krieges durch politische Verhandlungen (Jonas 2000: 39). Als dritte Phase des Bürgerkrieges kann somit die Zeit ab 1986 gesehen werden. In dieser Phase kam es zwar weiterhin zu bewaffneten Auseinandersetzungen, aber diese fanden auf einem weitaus niedrigeren Niveau statt.85 Wichtiger war jedoch der langsam einsetzende Prozess von Friedensverhandlungen, der am 29. Dezember 1996 mit der Unterzeichnung eines Friedensabkommens abgeschlossen werden konnte. 5.1.1.3 Die Friedensverhandlungen Nach der Unterzeichnung des Abkommens von Esquipulas kam es im Oktober 1987 in Madrid zu einem ersten Gespräch zwischen Vertretern der Regierung und der URNG. Da aber weder Regierung noch Militär zu weiteren Gesprächen bereit waren, solange sich die URNG nicht entwaffnet hatte, dauerte es vier Jahre, bis 1991 offizielle Friedensverhandlungen zwischen beiden Seiten aufgenommen wurden. In den dazwischen liegenden Jahren gab es allerdings eine zunehmend breite gesellschaftliche Diskussion über die Beendigung des Krieges. Die in Folge des Esquipulas-Abkommens eingerichtete Nationale Versöhnungs-
84 Wie bereits oben erwähnt, haben sich die Entwicklungen in Nicaragua, El Salvador und Guatemala wechselseitig beeinflusst und sind nicht vollkommen unabhängig voneinander. Diese Interdependenzen betreffen vor allem den Ausbruch der Kriege, den Verlauf der Friedensverhandlungen sowie die Gestaltung des Friedensprozesses. 85 Die URNG hatte sich zwar wieder etwas erholen können und war in der Hälfte der Departements präsent, sie beschränkte sich aber weitgehend auf Anschläge gegen die wirtschaftliche Infrastruktur. Auch die Repression des Staatsapparates verringerte sich und war nunmehr zunehmend selektiv (Kurtenbach 1998: 124; Oettler 2006: 8).
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kommission (Comisión Nacional de Reconciliación, CNR)86 initiierte einen „Nationalen Dialog“ zu den Herausforderungen eines Friedensprozesses mit Vertretern politischer, sozialer und wirtschaftlicher Sektoren, der dazu führte, dass strukturelle Probleme des Landes seit Jahrzehnten erstmals wieder in der Öffentlichkeit diskutiert wurden (Alvarez 2002). 1990 signalisierte Präsident Vinicio Cerezo angesichts der im gleichen Jahr anstehenden Wahlen und des zunehmenden gesellschaftlichen Drucks seine Zustimmung zu ersten explorativen Gesprächen mit der URNG. Im März 1990 trafen sich die Nationale Versöhnungskommission und Vertreter der Guerilla auf Einladung des Lutherischen Weltbundes in Oslo. Ergebnis war ein „Basisabkommen für die Friedenssuche mit politischen Mitteln in Guatemala“, in dem weitere Treffen der URNG mit politischen Parteien sowie verschiedenen sozialen Sektoren und schließlich der Regierung vereinbart wurden. Zum Vermittler bei den Gesprächen wurde Bischof Quezada Toruño ernannt, die Vereinten Nationen hatten hingegen lediglich einen Beobachterstatus (Kurtenbach 1998: 126). Unter dem neu gewählten Präsidenten Jorge Serrano konnte 1991 schließlich das erste gemeinsame Abkommen zum Thema Demokratisierung verabschiedet werden. Weitere zügige Fortschritte im Friedensprozess ließen jedoch auf sich warten.87 Als im Mai 1993 Präsident Serrano angesichts einer Wirtschaftskrise, stockenden Verhandlungen und Auseinandersetzungen innerhalb der herrschenden Koalition einen Selbstputsch unternahm, führte dies zum Abbruch der Gespräche. Zwar konnte der Umsturz durch einen breiten gesellschaftlichen Widerstand verhindert werden, doch auch unter dem neuen, vom Kongress bestimmten Präsidenten Ramiro de León Carpio kamen die Friedensgespräche nur schwerlich wieder in Gang. Schließlich wurden ab 1994 die Vereinten Nationen als Moderator der Friedensgespräche eingeschaltet. Des Weiteren wurde der Friedensprozess auf eine breitere gesellschaftliche Basis gestellt, indem eine ‚Versammlung der Zivilgesellschaft‘ (Asamblea de la Sociedad Civil, ASC) einberufen wurde, die den Konfliktparteien unverbindliche Vorschläge zur Verregelung unterschiedlicher Konfliktpunkte machen sollte. Erst unter einem weiteren Präsidenten, dem 1996 gewählten Alvaro Arzú, der die Friedensgespräche zu einer seiner Prioritäten machte, wurden die Verhandlungen schließlich noch im gleichen Jahr abgeschlossen.
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Die Nationale Versöhnungskommission bestand aus zwei Vertretern der Regierung, zwei Repräsentanten der elf zugelassenen politischen Parteien, zwei prominenten Bürgern und Bischof Rodolfo Quezada Toruño von der guatemaltekischen Bischofskonferenz. 87 Für eine ausführlichere Darstellung des Verlaufs der Friedensverhandlungen vgl. Jonas 2000, Molkentin 2002, Whitfield 1999.
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5.1.1.4 Die Friedensabkommen und deren Implementierung Die Friedensvereinbarungen zwischen der URNG und der Regierung umfassen ein ganzes Bündel von Abkommen, die ein breites Spektrum von Themen abdecken. Anders als bei einem eher traditionellen, schlanken Ansatz trafen die Konfliktparteien nicht nur Abmachungen zur Beendigung der Kampfhandlungen, zur Demobilisierung, Demilitarisierung und den Grundzügen einer künftigen politischen Ordnung, sondern widmeten sich auch den zentralen Konfliktursachen Guatemalas (Pásara 2001: 17). Die Friedensabkommen in Guatemala decken daher auch Themen ab wie die Identität und Rechte der indigenen Völker oder aber die sozio-ökonomische Situation und die Landproblematik.88 Die Implementierung der Friedensabkommen wurde von einer internationalen UN-Mission (MINUGUA) überwacht. MINUGUA hatte ursprünglich ein Mandat zur Verifikation des 1994 verabschiedeten Menschenrechtsabkommens erhalten, das im Zuge des Friedensprozesses erweitert wurde. Zentrale Aufgaben der UN-Mission waren: die Verifikation des Implementierungsprozesses (und damit einhergehend eine regelmäßige öffentlich zugängliche Berichterstattung), die Gewährung Guter Dienste, Hilfe beim Institution Building (wie etwa beim Aufbau der neuen zivilen Polizei) sowie die Information der Bevölkerung über den Friedensprozess. Auf nationaler Ebene wurde eine Kommission zur Begleitung der Friedensverträge (Comisión de Acompañamiento) eingerichtet, die sich aus je zwei Vertretern der Regierung und der URNG, einem Kongressvertreter sowie vier Bürgern als Repräsentanten unterschiedlicher Sektoren zusammensetzte. Zusätzlich war der UN-Missionsleiter als Beobachter in der Kommission vertreten. Aufgabe dieses Gremiums war es, die Friedensverträge zu interpretieren und zu ihrer Umsetzung im vorgesehenen Zeitrahmen beizutragen (Alvarez/Palencia Prado 2002: 4).
88 Insgesamt decken die verschiedenen Teilabkommen folgende Themen ab: Demokratisierung, Menschenrechte, die Wiederansiedlung der durch die Kämpfe entwurzelten Bevölkerung, die Bildung einer Wahrheitskommission, die Rechte und Identität der indigenen Bevölkerung, sozioökonomische Aspekte und die Agrarsituation, die Stärkung der zivilen Herrschaft und die Funktion des Militärs in einer demokratischen Gesellschaft, Verfassungsreformen und Wahlrecht, die Integration der URNG, Waffenstillstand sowie einen Zeitplan für die Implementierung. Die verschiedenen Teilabkommen lassen sich online abrufen beim United States Institute for Peace unter folgender Internetadresse: http://www.usip.org/library/pa/guatemala/pa_guatemala.html.
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Der Implementierungsprozess gestaltete sich mindestens genauso schwierig wie der Verhandlungsprozess zur Beendigung des Krieges. Bis auf die Demobilisierung der URNG und ihre Umwandlung in eine politische Partei wurden die meisten Teile des Friedensvertrages nur mit großer Verzögerung oder unzureichend umgesetzt.89 Eine Verfassungsreform, die insbesondere zur Verbesserung der Lage der indigenen Bevölkerung und zur Beschränkung der Rolle des Militärs beitragen sollte, scheiterte 1999 an einem Referendum, an dem nur 19 Prozent der Bevölkerung teilnahmen. Im sozio-ökonomischen Bereich war eine Erhöhung der Besteuerung, die für die Finanzierung von Reformen im Zuge des Friedensprozesses von großer Bedeutung gewesen wäre, gegen den Widerstand der herrschenden Wirtschaftselite nicht durchsetzbar. Ansätze, Probleme im Agrarsektor zu beheben, stellten sich als ungenügend heraus: „[d]as Geld aus dem neu eingesetzten Agrarfonds fließt überwiegend in die Taschen der Großgrundbesitzer, die angesichts der Krise im Kaffeesektor im Verkauf des Landes an den Staat eine attraktive Alternative sehen“ (Kurtenbach 2006: 78). Für die landlose Bevölkerung verschlechterte sich die Lage hingegen weiter. Auch die Neuordnung der zivil-militärischen Beziehung und die Demilitarisierung des Staates kamen nur sehr langsam voran und hinkten den Zeitvorgaben des Friedensvertrages weit hinterher. Bei der Reduzierung des Verteidigungshaushaltes um ein Drittel wurden zwar offiziell die Vorgaben erreicht (Jonas 2000: 151), es kam aber zu Sonderzahlungen am Parlament vorbei, die nicht in die offiziellen Zahlen eingingen (MINUGUA 2002). Ebenso gab es über die Reduzierung der Größe der Streitkräfte Auseinandersetzungen. Kritisiert wurde zum einen, dass keine Stellen im Offizierskorps gestrichen wurden (Jonas 2000: 151), zum anderen war der Bezugszeitpunkt für die Truppenreduzierung umstritten. Die vereinbarte Auflösung der Policía Militar Ambulante (PMA) löste gewalttätigen Widerstand ihrer Mitglieder aus (Kurtenbach 1998: 134) und im Falle des militärischen Geheimdienstes Estado Mayor Presidencial (EMP) verzögerte sich die Auflösung gleich um mehrere Jahre bis in den September 2003. Zuletzt ist bis heute die Demobilisierung der zivilen Selbstverteidigungspatrouillen nicht befriedigend gelungen – ganz im Gegenteil, in manchen Gebieten kam es sogar zur Reorganisation der Gruppen (Kurtenbach 2006: 77) 5.1.1.5 Der Demokratisierungsprozess Eine graduelle politische Liberalisierung leitete den Demokratisierungsprozess in Guatemala Mitte der 1980er Jahre ein. Mit der Verabschiedung einer neuen Verfassung sowie der Wahl des Christdemokraten Vinicio Cerezo zum ersten zivilen 89 Für einen Überblick über die verschiedenen Probleme im Laufe des Implementierungsprozesses vgl. u.a. Jonas 2000 und insbesondere die verschiedenen Verifikationsberichte von MINUGUA.
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Präsidenten wurde 1985 ein formal demokratisches Regierungssystem installiert. De facto dominierte jedoch weiterhin das Militär die zivilen Autoritäten und durch die Verankerung von Counterinsurgency-Elementen wie den PAC in der Verfassung blieb der repressive Charakter des Staates erhalten (Jonas 2000: 100f.). Dennoch ist eine Öffnung von politischen Handlungsspielräumen für die zweite Hälfte der 1980er Jahre zu konstatieren. Dies war nicht zuletzt entscheidend dafür, dass der Friedensprozess in Guatemala Fuß fassen konnte.90 Einen weiteren Schub erhielt die Demokratisierung durch die Friedensverhandlungen. Die dort beschlossenen Abkommen enthielten verschiedene Maßnahmen zur weiteren Demokratisierung des Landes, wie z.B. die zivile Kontrolle des Militärs, die Auflösung paramilitärischer Strukturen, die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und eine Reform des Wahlsystems. Auch die vereinbarten Bemühungen um eine Verbesserung der Menschenrechtslage stehen in direktem Zusammenhang zu einer Konsolidierung der Demokratie, zumindest soweit sie die Gewährleistung politischer und ziviler Rechte betreffen. Jenseits von diesen in den Friedensverhandlungen thematisierten Reformpunkten gibt es in Guatemala demokratische Defizite, deren Brisanz sich zum Teil erst in der Nachkriegszeit herauskristallisierte. Hierzu zählen ein hoher Grad an Populismus und die fehlende Verinnerlichung demokratischer Werte und Praktiken (Knoke 2003: 82). Dies lässt sich zum Beispiel an der Käuflichkeit von parteilosen Abgeordneten ablesen und drückt sich aus im fehlenden inhaltlichen Profil vieler Parteien (Hofmann 2006a: 137). Auch Versuche, Wählerstimmen zu erkaufen oder durch Drohungen zu erzwingen (Oettler 2004: 27), verdeutlichen die Mängel der demokratischen Kultur. In Guatemala ist das Parteiensystem zudem sehr fragil und volatil (Knoke 2003: 81).91 Den Parlamentarien fehlt es häufig an Professionalität, was insgesamt zu einer Schwächung der Legislative führt. Es fehlen demokratische Reformeliten und die Zivilgesellschaft ist schwach und zerstritten. Stattdessen gibt es einflussreiche Blockadekräfte in Militär, Oligarchie und seitens der organisierten Kriminalität, die an der Schwächung des Staates und des demokratischen Reformprozesses interessiert sind (Keen 2003: 11f., 15ff.). Im Ergebnis hat diese problematische Ausgangssituation dazu geführt, dass Kernprojekte der demokratischen Reformagenda (wie auch des Friedensprozesses ganz allgemein) nicht oder nur stark verzögert umgesetzt werden konnten. 90 Für die Beschreibung der wechselseitigen Verschränkung von Demokratisierung und Friedensprozess in Guatemala vgl. Azpuru 1999. 91 Die Schwäche der Parteien zeigt sich etwa daran, dass es seit 1985 keiner Partei zweimal hintereinander gelungen ist, die Wahlen zu gewinnen. Stattdessen verlieren ehemalige Regierungsparteien in der Regel nach ihrer Abwahl schnell an Bedeutung. Das Parteiensystem ist insgesamt wenig stabil, sondern von ständigen Veränderungen geprägt. Nach Angaben von Azpuru et al. (2004: 23) sind alleine zwischen 1985 und 2004 57 verschiedene politische Parteien in Guatemala gegründet worden.
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Hierzu zählen die unter 5.1.1.4 bereits thematisierten Verzögerungen bei der Neuordnung der zivil-militärischen Beziehungen und der Auflösung militärischer Sondereinheiten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Scheitern der Verfassungsreform 1999. In puncto Justizreform wurden zwar einige Vorgaben aus den Friedensabkommen, wie z.B. die Reform des Justizlaufbahn, umgesetzt (Salvesen 2002: 12), am Kernproblem des Justizwesens, der weit verbreiteten Straflosigkeit, änderte dies jedoch nichts.
5.1.2
Das Engagement externer Akteure in Guatemala
Noch vor den demokratischen Reformen Mitte der 1980er Jahre war der Umfang externer Hilfe an Guatemala sehr begrenzt – die USA stellten hier zeitweise eine Ausnahme dar – und beschränkte sich weitestgehend auf Katastrophenhilfe, Nahrungsmittelhilfe, Flüchtlingshilfe sowie einige Maßnahmen zur Unterstützung von NGOs (Azpuru et al. 2004: 6; Thoresen 2004: 8f.). Anfang der 1990er Jahre, als der Friedensprozess an Dynamik gewann, nahm diese Hilfe deutlich zu und steigerte sich insbesondere nach dem Abschluss der Friedensverhandlungen 1996 noch einmal merklich.92 Ein Schwerpunkt der Förderung fast aller externen Geber war in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre die Unterstützung bei der Umsetzung der Friedensabkommen. So erklärten sich bi- und multilaterale Geber auf 92 Einig sind sich alle Quellen darin, dass die internationale Entwicklungshilfe nach der Beendigung des Krieges stark angestiegen ist. Allerdings werden z.T. erheblich differierende Zahlen genannt. Azpuru et al. (2004: 6) geben an, dass Guatemala zwischen 1990 und 1995 jährlich im Durchschnitt etwa 200 Millionen US-Dollar an internationaler Hilfe erhalten habe, in den Nachkriegsjahren bis einschließlich 2002 sei der jährliche Durchschnitt auf 600 Millionen Dollar gestiegen. Die Europäische Kommission geht ebenfalls von einem jährlichen Durchschnitt von 200 Millionen US-Dollar zwischen 1990 und 1995 aus, gibt jedoch an, dass der Jahresdurchschnitt in den fünf darauf folgenden Jahren lediglich bei 320 Millionen Dollar gelegen habe (Europäische Kommission 2002a: 22). Betrachtet man die Zahlen der OECD, so kommt man zwischen 1990 und 1996 auf einen Durchschnitt von knapp 250 Millionen US-Dollar jährlich, zwischen 1997 und 2002 wurden hingegen 316 Millionen öffentliche Entwicklungshilfe (Official Development Assistance, ODA) jährlich ausgezahlt (eigene Berechnung nach Daten der OECD unter http://www.oecd.org/dataoecd/50/17/5037721.htm). Noch einmal andere Durchschnittswerte erhält man, wenn man die Zahlen der IDB zugrundelegt – zwischen 1997 und 2002 wurden demnach im Durchschnitt jährlich 682 Millionen US-Dollar vereinbart, ausgezahlt wurden im Jahresdurchschnitt hingegen nur 388 Millionen US-Dollar (IDB 2003: 4; eigene Berechnung). Einer der wesentlichen Gründe für die Unterschiede ist vermutlich die Definition von internationaler Entwicklungshilfe – wurden lediglich Zuschüsse oder auch rückzahlungspflichtige Darlehen einbezogen? So fallen unter die ODA-Definition der OECD ausdrücklich nur dann Darlehen, wenn sie mindestens 25 Prozent nicht rückzahlbare Zuschüsse enthalten. Des Weiteren ändern sich die Zahlen je nachdem, ob die Zahlungen in konstanten Preisen (z.B. im Äquivalent zum US-Dollar 2004) oder aber in den laufenden Preisen der Auszahlungsjahre angegeben sind. Zuletzt ist auch entscheidend, ob lediglich versprochene Gelder oder auch tatsächlich ausgezahlte Beträge angegeben werden.
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einem Gebertreffen 1997 in Brüssel dazu bereit, 1,9 Milliarden der auf 2,6 Milliarden US-Dollar angesetzten Kosten für die Implementation der Friedensabkommen aufzubringen (Salvesen 2002: 29). Multilaterale Gelder machen den weit überwiegenden Anteil der Außenhilfe aus.93 Die wichtigsten Geber sind dabei die regionalen und internationalen Entwicklungsbanken, nämlich die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB), die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftsintegration (BCIE) und die Weltbank, welche überwiegend rückzahlbare Darlehen gewähren. Bei den nicht rückzahlbaren multilateralen Zuschüssen steht die Europäische Gemeinschaft an erster Stelle, eine weitere wichtige Quelle ist UNDP (IDB 2002: 2; IDB 2003: 4). Die USA haben mit Abstand den größten Anteil an der bilateralen Entwicklungshilfe. Weitere wichtige Geber sind Deutschland, Japan, Kanada, die Niederlande, Norwegen, Schweden, Spanien und Taiwan (IDB 2003: 4).94 In Bezug auf eine sektorale Aufteilung der internationalen Entwicklungshilfe ist es schwer festzustellen, wie hoch der prozentuale Anteil der Demokratieförderung ist. Dies hat verschiedene Gründe: Erstens verwenden die unterschiedlichen Geber keine einheitliche Terminologie. Um nur einige Beispiele zu nennen: Die Europäische Kommission ordnete in ihrem Strategiepapier 1998-2000 demokratiefördernde Maßnahmen wie die Bildung einer zivilen Polizei oder auch die Stärkung der Justizverwaltung dem Schwerpunkt der Unterstützung des Friedensprozesses zu. Im Strategiepapier 2002-2006 ist hingegen von den Schwerpunktbereichen „Konsolidierung und Modernisierung des Staates und Schutz der Menschenrechte“ sowie „Örtliche Entwicklung und Dezentralisierung des Staates“ die Rede, die beide zumindest teilweise Maßnahmen der Demokratieförderung umfassen (Europäische Kommission 2002a: 32). USAID hingegen spricht von inklusiver und responsiver Demokratie (USAID 1997) oder aber von „more responsive, transparent governance“ (USAID 2003). Bei der Weltbank kommt der Sektor „governance and public sector management“ (World Bank 2005b: 43) noch am ehesten der Demokratieförderung nahe. Zweitens umfassen die wenigs93
Die Zahlen schwanken je nach Beobachtungszeitraum. Nach Angaben der IDB beliefen sich Mittelbindungen an Guatemala Ende 2001 auf 3,214 Milliarden, wovon 78 Prozent auf multilaterale Quellen und 22 Prozent auf bilaterale Quellen entfielen (IDB 2002: 1). Betrachtet man hingegen Zahlen der OECD, so fällt auf, dass der multilaterale Anteil weitaus geringer ausfällt, und nur bei rund 25 Prozent liegt (vgl. hierzu verschiedenen Statistiken unter http://www.oecd.org/dataoecd/50/17/5037721.htm). Der Grund für diesen erheblichen Unterschied liegt wiederum in der Auswahl der herangezogenen Daten – wie bereits erwähnt werden von der OECD als ODA nur Darlehen berücksichtigt, die mindestens zu 25 Prozent nicht rückzahlbare Zuschüsse enthalten. Damit fallen die rückzahlbaren Hilfen der Entwicklungsbanken zumeist aus der Erhebung heraus. 94 Eine Rangliste der Geber ist aufgrund von jährlichen Änderungen schwer zu erstellen. Für Statistiken zu den jährlichen ODA-Beiträgen verschiedener Akteure vgl. die Homepage der OECD unter http://www.oecd.org/dataoecd/50/17/5037721.htm.
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ten der von den unterschiedlichen Gebern verwendeten Kategorien ausschließlich Maßnahmen der Demokratieförderung. Gerade unter Schlagworte wie Governance oder „Modernisierung des Staates“ fallen häufig Projekte, die zwar eine Stärkung der Staatlichkeit zum Ziel haben, aber nicht zwingend demokratiefördernd sind, wie z.B. Programme zur Verbesserung des Zollsystems oder aber zur Erhebung statistischer Daten. Andere Programme sind nur auf Umwegen demokratiefördernd, wie beispielsweise eine Verbesserung des Steuereinzugs. Dies kann zu einer besseren Performanz des Staates und damit zu einer höheren Legitimität des Staates führen, was wiederum die Demokratisierung stärkt, aber dies sind eben nur indirekte Effekte. Drittens gibt es zwar ein globales System zur Erfassung von Geber-Daten, nämlich das Creditor Reporting System des Entwicklungsausschusses der OECD.95 Die verschiedenen Geberorganisationen definieren ihre Tätigkeiten jedoch selbst und ordnen sie den Klassifikationen der OECD zu, was die Stringenz der Zuordnung schwächt, da unterschiedliche Organisationen die gleichen Tätigkeiten unterschiedlich definieren. Die Kategorie „Government and Civil Society“ umfasst daher nicht umfassend und ausschließlich Maßnahmen der Demokratieförderung (Green/Kohl 2007: 158f.). Viertens sind sektorale Daten der OECD nur für Geber, nicht aber für Empfänger von Entwicklungshilfe abzurufen. Dennoch sind zumindest tendenzielle Aussagen machbar. So gibt es von Seiten der IDB Daten über die sektorale Verteilung der Entwicklungszusammenarbeit für die Implementierung der Friedensabkommen in den Jahren 1997 bis 2001 (vgl. Abbildung 6). Demnach sind in den ersten fünf Nachkriegsjahren rund 17 Prozent der ausgezahlten Gelder für Maßnahmen im Bereich der Modernisierung des Staates verwendet worden. Dieser Sektor umfasst allerdings nicht ausschließlich Demokratieförderung. Eine genauere Aufschlüsselung findet sich bei Azpuru et al. (2004: 13): Demnach fallen unter die Modernisierung des Staates die Bereiche Justiz und Sicherheit, Entwicklung von Gemeinden und Departements, Finanz- und Steuerreform, Unterstützung der Exekutive, Dialog und Demokratie, der Wirtschaftssektor, Zollangelegenheiten und Landregistrierung sowie andere Maßnahmen. Insgesamt macht Demokratieförderung nur einen kleinen Teil (deutlich weniger als zehn Prozent96) der internationalen Hilfe in Guatemala aus. Der Rück95 Vgl. hierzu die Homepage der OECD mit der Online-Datenbank zu Entwicklungszusammenarbeit: http://www.oecd.org/dataoecd/50/17/5037721.htm 96 Dies entspricht auch der Einschätzung von Henry Morales, der für den Zeitraum 1996-2001 eine sektoral differenzierte Analyse der internationalen Entwicklungszusammenarbeit mit Guatemala vorgenommen hat. Seiner Definition nach sind für Demokratisierungsmaßnahmen knapp 2,4 Prozent der internationalen Hilfe verwendet worden, für die Modernisierung des Staates hingegen vier Prozent (Morales 2002, zitiert nach Azpuru et al. 2004: 14). Wie bei den anderen Aufteilungen stellt sich auch hier das Problem, dass eine ausschließliche Kategorie Demokratieförderung nicht gegeben ist
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schluss, dass dieser Bereich für die Geber nur von geringer Bedeutung ist, kann aus diesen Zahlen jedoch nicht gezogen werden – Demokratieförderung kostet schlichtweg deutlich weniger als beispielsweise Infrastruktur-Projekte.
Abbildung 6:
Sektorale Verteilung der Entwicklungszusammenarbeit zur Implementierung der Friedensabkommen, 1997-2001 (IDB 2002: 2)
5.2 Die unabhängigen Variablen: Externe Demokratieförderung unter der Lupe Im folgenden Kapitel steht die Bestimmung der unabhängigen Variablen im Mittelpunkt. In einem ersten Abschnitt wird untersucht, wie sehr externe Demokratieförderung in Guatemala auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet war (5.2.1). Danach werden die Instrumente der Demokratieförderung einer genaueren Prüfung unterzogen, um zu einer Einschätzung ihrer Angemessenheit zu gelangen (5.2.2). Für die Erhebung der Variablen wird der Beobachtungszeitraum auf die Zeit nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages im Dezember 1996 begrenzt. Dies ergibt sich a) aus der Fragestellung (trägt Demokratieförderung zur Friedenskonsolidierung bei?) und b) aus dem hier vorliegenden Verständnis von Friedenskonsolidierung als post-conflict Peacebuilding (vgl. Kapitel 1). und dass es z.B. auch noch die Bereiche Friedensabkommen und Zivilgesellschaft gibt, in deren Rahmen einzelne Projekte der Demokratieförderung angesiedelt sind.
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5.2.1 Inhalte: Das ‚Was‘ externer Demokratieförderung in Guatemala Um festzustellen, ob und wie sehr externe Demokratieförderung auf die Institutionen des Interessenausgleichs förderte, sind drei Fragen zu klären (vgl. hierzu ausführlich 4.1.1): 1.
Stärken Maßnahmen der externen Demokratieförderung die Möglichkeiten der Interessenartikulation?
2.
Stärken Maßnahmen der externen Demokratieförderung die Möglichkeiten des Interessenausgleichs?
3.
Sind die Maßnahmen sowohl auf die Struktur- als auch auf die Prozessebene ausgerichtet?
Eine Analyse der Ausgangssituation ist dabei unerlässlich. Denn erst unter Berücksichtigung der landesspezifischen Defizite kann beurteilt werden, welche Maßnahmen tatsächlich die Interessenartikulation und den Interessenausgleich fördern. Die folgenden Ausführungen unterscheiden daher eine Untersuchung von Interessenartikulation (5.2.1.1) und Interessenausgleich (5.2.1.2). Dabei erfolgt jeweils zuerst eine Darstellung der Ausgangssituation und daran schließt die Zusammenstellung der für Interessenartikulation und Interessenausgleich relevanten Fördermaßnahmen. Die Bestimmung des Wertes der unabhängigen Variablen erfolgt abschließend (5.2.1.4). 5.2.1.1 Interessenartikulation a) Ausgangsanalyse Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, welche die Möglichkeiten für die Interessenartikulation in Guatemala beeinflussen. Bei der folgenden Darstellung werden folgende Aspekte unterschieden: Wahlen, Parteien und Parteiensystem, Parlament, politische und zivile Menschenrechte, Medien und Zivilgesellschaft. Wahlen Die Möglichkeiten der Interessenartikulation haben sich in Guatemala ab Mitte der 1980er Jahre kontinuierlich verbessert. 1985 wurde von der verfassungsgebenden Versammlung ein Wahl- und Parteiengesetz verabschiedet, das die Grundlage für freie und faire Wahlen, politischen Pluralismus und eine autonome Stellung des Wahlgerichts bildete. Das Verbot kommunistischer Parteien wurde aufgehoben (Azpuru 1999: 102) und es wurden grundlegende Prinzipien vereinbart wie die Gleichheit aller Bürger bei den Wahlen (mit der Ausnahme von Soldaten, Polizeiangehörigen und Gefängnisinsassen), Respekt für politi120
schen Pluralismus und Transparenz der Wahlergebnisse (Azpuru et al. 2004: 19). Die praktische Umsetzung dieser Prinzipien war jedoch defizitär. Gerade in Bezug auf politischen Pluralismus gab es in den 1980er Jahren noch erhebliche Beschränkungen – so war bei den Wahlen von 1986 und 1990 beispielsweise das gesamte linke politische Spektrum nicht vertreten. Ferner übte das Militär – trotz der zivilen Regierungen – weiterhin die effektive Macht aus (Jonas 2000: 100f.). Das Problem mangelnder Repräsentativität und Konkurrenz konnte im Zuge der Friedensverhandlungen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 1995 behoben werden, da die Linke sich erstmals an den Wahlen beteiligte (zusammengeschlossen zur Frente Democrático Nueva Guatemala; FDNG) (Azpuru 1999: 113). Ebenso hat sich das Militär im Rahmen der Militärreformen und der Neuordnung der zivil-militärischen Beziehungen zunehmend der zivilen Kontrolle untergeordnet. In Bezug auf Wahlen liegen die Defizite Guatemalas somit weniger im Bereich der rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern vielmehr in der Nutzung der Möglichkeiten. Wie Abbildung 7 veranschaulicht, ist die Wahlbeteiligung in Guatemala äußerst gering und der Anteil der Enthaltungen schwankt zwischen 40 und knapp über 50 Prozent. Wahlbeteiligung in Guatemala 80,0% 70,0% 60,0% 50,0% Beteiligung
40,0%
Enthaltungen
30,0% 20,0% 10,0% 0,0% 1985 1990 1995 1999 2003 Wahljahr
Abbildung 7:
Wahlbeteiligung in Guatemala, Daten nach FLACSO 2005: 230
121
Ein weiteres Problem stellt die niedrige Repräsentation von Frauen und der indigenen Bevölkerung dar, die sowohl im Parlament als auch bei der Vergabe von Regierungsposten unterrepräsentiert sind (Azpuru et al. 2004: 23). So beträgt der Anteil indigener Kongressabgeordneter nach den Wahlen 2003 gerade einmal acht Prozent (PNUD 2005: 210), und mit 8,8 Prozent ist der Anteil der Sitze, der von Frauen eingenommen wird, nur marginal höher (FLACSO 2005: 261).97 Die Gründe für die niedrige Wahlbeteiligung sind zum Teil struktureller Natur, wie z.B. zu wenig Wahllokale in ländlichen Gebieten, Probleme mit dem Bezug von Wahlunterlagen, die Migration von Saisonarbeitern in der Zeit, in der die Wahlen üblicherweise stattfinden sowie unzureichende Informationen. Andere Gründe sind eine schwach ausgeprägte demokratische Kultur, fehlendes Interesse oder auch Enttäuschung über die Demokratie und mangelndes Vertrauen in politische Institutionen (Azpuru et al. 2004: 22). Parteien und Parteiensystem Angesichts der Schwäche des Parteiensystems funktioniert eine Interessenartikulation und -transmission über die politischen Parteien und das Parlament nur schlecht. Die Parteienlandschaft ist wenig konstant, sondern von ständigen Neugründungen und Auflösungen gekennzeichnet, was teilweise auch durch das vor 2004 geltende Parteiengesetz begünstigt wurde.98 Hauptproblem ist jedoch die fehlende programmatische Ausrichtung der Parteien, die weniger Interessensgemeinschaften mit politischem Gestaltungswunsch als Wahlvereine von Caudillos mit persönlichen Machtambitionen sind (Hofmann 2006a: 137). Dies führt dazu, dass viele Parteien mit populistischen Wahlversprechen antreten, inhaltlich kaum voneinander zu unterscheiden sind und die gewählten Abgeordneten sich weder einer klaren Agenda noch ihrer Partei verpflichtet fühlen. Damit einher gehen eine oft opportunistische Anpassung und Veränderung von Positionen sowie eine gewisse Beliebigkeit der Parteizugehörigkeit (Cutter 2006: 12). 97
Die Präsidentschaftswahlen von 2007 stellten insofern ein Novum dar, denn mit der Kandidatur von Rigoberta Menchú gab es erstmals eine Bewerberin, die gleich zwei marginalisierte Gruppen vertrat: Frauen und Indigenas. Menchú landete allerdings schon im ersten Wahlgang mit nur drei Prozent der Stimmen abgeschlagen auf dem sechsten Platz. Ihr schlechtes Ergebnis wird unter anderem damit begründet, dass sie den Kontakt zu ihrer Basis verloren hatte und ihr der Rückhalt der indigenen Bevölkerung fehlte. 98 Die Bedingungen für eine Registrierung als Partei waren vor einer Gesetzesnovelle 2004 sehr leicht zu erfüllen. Andererseits musste eine Partei, die nicht mindestens vier Prozent der Stimmen (oder ein Abgeordnetenmandat) bei den Wahlen gewann, aufgelöst werden und durfte sich nicht mehr unter dem selben Namen registrieren lassen (Azpuru et al. 2004: 23). Das neue Gesetz sieht vor, dass für eine Registrierung eine Mindestzahl von 15 220 Mitgliedern notwendig ist (früher 5000), damit werden die Hürden für Parteigründungen deutlich größer, insbesondere vor dem Hintergrund der grundsätzlich niedrigen Mitgliedszahlen politischer Parteien in Guatemala (Hofmann 2006: 74).
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Auch was die demokratische Ausrichtung einiger Parteien angeht, sind Zweifel angebracht. So schickte die Partido Patriota (PP) mit Ex-General Otto Pérez Molina einen für Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen Kandidaten ins Rennen um die Präsidentschaft 2007, und auch die Frente Republicano Guatemalteco (FRG) hat sich bis heute nicht von ihrem Gründer Ex-Diktator Efraín Rios Montt losgesagt, der 2003 für die Präsidentschaft und 2007 für einen Sitz im Parlament kandidiert hat. Parlament Das Parlament wird seiner Repräsentationsfunktion damit nur sehr ungenügend gerecht. Die Bindung von Abgeordneten an ihre Wählerschaft ist im Allgemeinen sehr gering und diese bemühen sich meist weder darum, die Präferenzen ihrer Wähler in die politische Debatte einzubringen, noch darum, ihren Wählern politische Entscheidungen zu erklären. Stattdessen verfügen einzelne Interessensgruppen wie Unternehmer, Militär, Agraroligarchie und auch das organisierte Verbrechen über einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf politische Entscheidungsträger. Sie nutzen diese Beziehungen, um ihre partikularen Interessen durchzusetzen und unliebsame demokratische oder sozialpolitische Reformen zu blockieren. Bedenklich sind zudem die hohe Zahl parteiloser Parlamentsabgeordneter, deren Stimmen käuflich sind und die wenig repräsentative Zusammensetzung des Kongresses in Bezug auf die Kategorien Geschlecht und Ethnizität. Politische und zivile Menschenrechte Bei der Gewährleistung politischer und ziviler Menschenrechte ist eine deutliche Verbesserung festzustellen. Schon im Zuge des Demokratisierungs- und Friedensprozesses haben sich die Räume für freie Meinungsäußerung graduell vergrößert. Nach den Zahlen der UN-Verifikationsmission MINUGUA ist ein weiterer Sprung nach dem Abschluss des Friedensvertrages 1996 zu verzeichnen. Auch fällt auf, dass das Gros der Menschenrechtsverletzungen in Guatemala nicht die politischen Rechte oder politisch relevante Rechte wie z.B. die Versammlungsfreiheit betrifft. Die meisten Beschwerden gibt es stattdessen wegen einer Beschneidung des Rechtes auf einen fairen Prozess, des Rechts auf Freiheit und Sicherheit und des Rechts auf Leben (vgl. dazu Abbildung 8) (Azpuru et al. 2004 : 67f.).
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Zahl der Beschwerden
1000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1995
Abbildung 8:
Recht auf Versammlungsfreiheit Recht auf Meinungsfreiheit Recht auf fairen Prozess Recht auf Freiheit und Sicherheit der Person Recht auf Leben 1996
1997 1998
1999
2000
2001 2002
Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen in Guatemala
Medien Auch hinsichtlich der Pressefreiheit hat sich die Situation in Guatemala deutlich verbessert im Vergleich zu den Zeiten des Bürgerkrieges, als die Medien staatlicher Repression und Zensur ausgesetzt waren. Dennoch gab es unter der Regierung von Alvaro Arzú Versuche, die Berichterstattung der Medien zu beeinflussen, indem Mitglieder der Regierungspartei PAN (Partido de Avanzada Nacional) Zeitungen und TV-Programme aufkauften (Azpuru et al. 2004: 80). Unter Präsident Portillo verschlechterte sich die Gewährleistung der in der Verfassung garantierten Pressefreiheit erheblich, was sich auch in den Einstufungen von Freedom House niederschlug, die für das Berichtsjahr 2003 Guatemala in Bezug auf die Pressefreiheit als „not free“ einstuften (Freedom House 2004a). Die Beschneidung der Pressefreiheit hatte unterschiedliche Gründe, fußte im Wesentlichen aber auf einer Verschlechterung der Sicherheitssituation und der massiven Bedrohung und Einschüchterung von Journalisten, die kritisch über vergangene Menschenrechtsverletzungen, die Präsidentschaftskandidatur des Ex-Diktators Ríos Montt, Korruption oder auch Steuerflucht berichtet hatten (Reporters without Borders 2004). Neben Korruption wurde der Regierung Portillo vorgeworfen, durch hohe Lizenzgebühren und die Vorschrift einer staatlichen Lizenz für die Zulassung von Journalisten auf die Medienlandschaft Einfluss auszuüben (Freedom House 2003a; Freedom House 2004a). Mit dem Amtsantritt von Präsident Oscar Berger haben sich die Rahmenbedingungen für die Medien wieder deutlich verbessert. Einzelne Prozesse wegen Übergriffen gegen Journalisten wurden angestrengt (Freedom House 2005a). Ferner entschied der Oberste Gerichtshof im Februar 2006, dass Gesetze, die die Beleidigung des Staatsoberhauptes oder staatlicher Institutionen unter Strafe
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stellen, nicht verfassungsgemäß seien und gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstießen (Reporters Without Borders 2007: 56). Besorgniserregend bleibt, dass weiterhin Übergriffe auf Journalisten stattfinden (wenn auch weniger häufig) und dass diese in der Regel nicht vor Gericht gebracht werden. Das Ergebnis der Einschüchterungsversuche ist eine „Kultur der Selbstzensur vieler Journalisten“ (Hofmann 2006a: 141). Als problematisch wird von externen Beobachtern ferner die hohe Konzentration der Medienlandschaft bewertet. Der mexikanische Unternehmer Angel González hält das Monopol auf die nationalen TV-Programme und die Printmedien sind im Besitz konservativer Wirtschaftseliten. Alternative Medienformate sind hingegen selten, da trotz vieler Neugründungen nach Kriegsende die meisten Formate wirtschaftlich nicht überlebensfähig waren. Diese Problematik wird zusätzlich durch die hohen Preise bei der Vergabe von Radiofrequenzen verstärkt, die kleinere Community-Radiostationen verdrängen oder in die Illegalität treiben. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist eine Beschränkung der Meinungsvielfalt. Die Berichterstattung ist v.a. von konservativen Meinungen beherrscht und insbesondere die Perspektive der indigenen Bevölkerung ist kaum in den Medien vertreten (Azpuru et al. 2004: 78ff.; Freedom House 2006a). Zivilgesellschaft Die Zivilgesellschaft in Guatemala hat insbesondere im Zuge des Friedensprozesses eine starke Mobilisierung erfahren. Während der Friedensverhandlungen wurden durch die Einberufung der Asamblea de la Sociedad Civil (ASC) Möglichkeiten zur Artikulation von Interessen geschaffen und Vertreter unterschiedlicher gesellschaftlicher Sektoren an der Gestaltung der Friedensabkommen (wenn auch nur als Beratungsinstanz) beteiligt (Alvarez 2002). Diese Mitwirkungsmöglichkeiten wurden gerade von den marginalisierten Maya-Völkern genutzt, die sich während den Verhandlungen für das Abkommen über die Rechte und die Identität indigener Völker zunehmend organisierten und Forderungen zur Gewährleistung der politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Rechte der Maya stellten (Sieder 1997). Nach dem Abschluss der Friedensverträge verlor die zivilgesellschaftliche Bewegung allerdings an Schwung. Die ASC hatte keine Funktion mehr und in der Kommission zur Begleitung der Friedensverträge waren gesellschaftliche Akteure nicht mehr vertreten. Zwar wurden stattdessen zahlreiche paritätische und intersektorale Kommissionen zur Ausarbeitung von politischen Reformen für die Umsetzung der Friedensabkommen gebildet, aber auch dies konnte nichts am Einflussverlust der Zivilgesellschaft ändern, die fragmentiert ist und der es an einer gemeinsamen Stoßrichtung fehlt. Nicht viel besser erging es den indigenen Organisationen, die zwar im Vorfeld des Referendums 1999 noch eine starke Kampagne organisierten, angesichts der
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Enttäuschung über die Ablehnung dann aber rasch an Integrationskraft verloren. Ein anderes Problem ist schließlich, dass viele zivilgesellschaftliche Organisationen den Kontakt mit Parteien scheuen und sich damit der Möglichkeit berauben, ihre Interessen in den politischen Entscheidungsprozess einzubringen und Einfluss auf Entscheidungen des Parlaments oder der Regierung auszuüben (Azpuru et al. 2004: 23). b) Externe Demokratieförderung und die Stärkung der Interessenartikulation Analog zu der Darstellung in der Ausgangsanalyse wird im Folgenden zusammengetragen, welche Maßnahmen externe Akteure ergriffen haben, um die Möglichkeiten für die Interessenartikulation in Guatemala zu stärken. Die verschiedenen Tätigkeiten werden dabei funktionale Kategorien zugeordnet wie beispielsweise „Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation“, „Stärkung von Prozeduren der Interessenartikulation“ oder „Sicherung von Räumen der Interessenartikulation“ (zu diesen verschiedenen Funktion vgl. Kapitel 4.1.1). Eine abschließende Übersicht über die verschiedenen Aktivitäten gibt Tabelle 4. Wahlen Verschiedene Maßnahmen externer Akteure waren darauf ausgerichtet, die Möglichkeiten der Interessenartikulation mittels Wahlen zu verbessern. Als Beitrag zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation haben internationale Geber die in den Friedensverträgen vereinbarte Kommission zur Wahlreform gefördert. Diese sollte sich prüfend mit Themen wie Registrierung, Transparenz, Öffentlichkeit, Informationskampagnen u.ä. auseinandersetzen, um gegebenenfalls Verbesserungen für die Wahlgesetzgebung vorzuschlagen (Azpuru et al. 2004: 25). Die Arbeit der Kommission wurde im Wesentlichen von der schwedischen Entwicklungsagentur SIDA, der OAS (Unit for Democracy Promotion), IDEA (International Institute for Democracy and Electoral Assistance) sowie MINUGUA unterstützt (Azpuru et al. 2004: 26). Von der Unterstützung dieser Kommission abgesehen gab es keine nennenswerten Aktivitäten externer Akteure, die speziell auf die Reform der Wahlgesetze ausgerichtet waren.99 Ebenso in den Bereich der Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation fällt die internationale Hilfe für das Oberste Wahlgericht (Tribunal Supremo Electoral, TSE), das die zentrale guatemaltekische Institution für die Organisation und Gewährleistung transparenter Wahlen ist. Externe Geber gewährten finanzielle wie auch logistische Unterstützung, um die Registrierung von Wählern zu verbessern und durch Informationskampagnen die Partizipation 99 MINUGUA führte allerdings ein Programm zur Stärkung der Gesetzgebungskompetenzen des Kongresses durch (PROLEY), in dessen Rahmen unter anderem auch Aktivitäten des Kongresses zur Wahlreform unterstützt wurden.
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an den Wahlen zu erhöhen. Insbesondere die OAS engagierte sich ferner bei der Reform von Organisationsstrukturen des TSE (Azpuru et al. 2004: 27). Als Maßnahme, um den korrekten Ablauf freier und fairer Wahlen zu verifizieren – und somit Räume für die Interessenartikulation zu sichern –, entsandten internationale Geber Wahlbeobachtungsmissionen zu den Wahlen 1999, 2003 und 2007. Die größte internationale Mission zur Beobachtung der Wahlen stellte dabei die OAS. 2003 gab es ferner erstmals auch eine Wahlbeobachtung durch die Europäische Union. Ein weiterer Beitrag zur Sicherung der Interessenartikulation ist die Ausbildung von nationalen Wahlbeobachtern. Im Rahmen des mit internationalen Geldern finanzierten Projektes Mirador Electoral wurden beispielsweise 2003 3000 nationale Wahlbeobachter ausgebildet. Zur Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation tragen schließlich Maßnahmen zur Wählerbildung und Wählerinformation bei. In diesem Bereich sind vor allem nationale Organisationen tätig, die extern finanziert werden. Sie erklären den Ablauf der Wahlen, bereiten Informationen über die verschiedenen Programme der Parteien auf, sensibilisieren die Wähler für die Bedeutung der Wahlen und organisieren Zusammenkünfte zwischen Kandidaten und der Bevölkerung (Azpuru et al. 2004: 36). Parteien und Parlament Mit der Förderung von Parteien haben sich externe Geber bis vor kurzem sehr zurückgehalten, weil sie eine zu starke Einmischung in innere Angelegenheiten vermeiden wollten. Parteienarbeit im Sinne der Förderung von Schwesterparteien betrieben daher lange Zeit nur die deutschen politischen Stiftungen FriedrichEbert-Stiftung und Konrad-Adenauer-Stiftung. Aber auch diese haben ihre Förderprogramme mittlerweile verändert, da sie mit der Unterstützung der Schwesterparteien keinen Erfolg hatten.100 Seit mehreren Jahren gibt es zunehmend Maßnahmen externer Geber, die auf eine allgemeine Stabilisierung und Stärkung des Parteiensystems ausgerichtet sind und hierfür vor allem eine Stärkung der Kompetenzen von Parteimitgliedern anstreben. Der überwiegende Teil der Aktivitäten ist somit auf die Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation ausgerichtet. Hierzu gehört das im Dezember 1998 gestartete Programm Programa Valores Democráticos y Gerencia Política (PVDGP) der OAS, das in einem sehr umfassenden Sinne versucht, Parteienförderung zu betreiben und dabei nicht nur die Führungsebene, sondern auch lokale Parteipolitiker sowie innerparteiliche Gruppierungen wie Jugendli100
Die von der Konrad-Adenauer-Stiftung mehr als 30 Jahre lang unterstützte christdemokratische Partei ist mittlerweile vollkommen marginalisiert im Parteiensystem Guatemalas und stellt derzeit nur noch einen Abgeordneten im Kongress. Vgl. allgemein zu Problemen internationaler Parteienförderung Erdmann 2006.
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che oder Frauen unterschiedlicher Parteien einbezieht. Ein Großteil der Förderung besteht aus Workshops und Trainings zur Schulung der verschiedenen Zielgruppen zu so unterschiedlichen Themen wie demokratische Werte, die Institutionalisierung von Parteien, Kampagnenorganisation oder aber auch Verwaltungsmanagement.101 Darüber hinaus besteht ein zweiter Schwerpunkt des Programms in der Schaffung von Dialogforen und der Förderung von Verbindungen zwischen verschiedenen Parteien sowie zwischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppierungen (Azpuru et al. 2004: 28f.).102 Auch von UNDP und dem Netherlands Institute for Multiparty Democracy (NIMD) gibt es seit 2002 ein Programm zur Parteienförderung, das unter anderem Parteien bei der Formulierung ihrer Wahl- und Regierungsprogramme unterstützt und damit einen Beitrag zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation leistet (Azpuru et al. 2004: 29). Schließlich gibt es auch noch Fördermaßnahmen, die konkret auf die Ausbildung von Politikern abzielen und somit wieder mehr in den Bereich der Praktiken fallen. So führte die amerikanische Stiftung National Democratic Institute (NDI) beispielsweise 1999 – wenn auch nur einmal - das Regional Political Leader Program durch, in dessen Rahmen Nachwuchspolitiker aus sieben guatemaltekischen Parteien zunächst in einem Intensivseminar ausgebildet und dann ein Jahr lang bei der Durchführung von innerparteilichen Reformprogrammen unterstützt wurden (NDI 2007: 2). Andere Programme zur Förderung spezieller sektoraler Gruppen sind die Nachwuchsförderung Agentes de Cambio der Friedrich-Ebert-Stiftung sowie verschiedene vom Zentralamerikanischen Institut für Politische Studien (Instituto Centroamericano de Estudios Políticos, INCEP) angebotene Förderkurse für Frauen, Indigenas oder Jugendliche.103 Zumindest teilweise stellen die soeben aufgeführten Programme natürlich auch Maßnahmen im Sinne einer Stärkung der Legislative dar, insbesondere dann, wenn durch die Förderung bestimmter Zielgruppen in Parteien mittelbar auch die Repräsentativität des Parlaments erhöht wird. Andere von internationalen Gebern geförderte Maßnahmen, um den Kongress in puncto Interessenartikulation zu stärken, sind die Unterstützung des Austausches zwischen Wählern und Abgeordneten. Politische und zivile Menschenrechte Politische und zivile Menschenrechte sind in Guatemala in der Verfassung von 1985 garantiert. Insofern gab es keinerlei Anlass für Maßnahmen externer De101
Vgl. hierzu auch die verschiedenen von der OAS publizierten Handbücher unter http://www.gerenciapolitica-oea.org/gerenciapolitica/intro.htm (16.5.2007), 102 Interview mit Medarda Castro und Nilsa Folgar. Guatemela-Stadt, 23.7.2004. 103 Interview mit Herminia Saquimox, Guatemala-Stadt, 16.7.2004.
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mokratieförderung im Bereich der konstitutionellen Verankerung dieser Rechte. Anders stellt sich die Situation hinsichtlich der tatsächlichen Gewährleistung politischer und ziviler Menschenrechte dar. Hierfür spielte vor allen Dingen die UN-Mission MINUGUA eine bedeutende Rolle, die zwischen 1994 bis 2004 die Menschenrechtslage im Land überwachte, Beschwerden sammelte, Missstände analysierte und Vorschläge zur Behebung dieser Missstände erarbeitete. Damit trug sie sowohl zur Sicherung von Räumen für die Interessenartikulation als auch zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation bei. Ebenfalls in den Bereich der Förderung nationaler Institutionen zählt die internationale Unterstützung für die Ombudsstelle für Menschenrechte (Procuraduría de los Derechos Humanos, PDH), die zwar schon 1986 eingerichtet wurde, aber vom guatemaltekischen Staat nur unzureichend finanziert wird und somit auf Finanzhilfe von externen Gebern angewiesen ist. Da die Ombudsstelle nach dem Abzug von MINUGUA die Menschenrechtsverifikation übernehmen sollte, wurde sie von der UN-Mission auf diese Aufgabe vorbereitet (Koenigs/Mersky 2004). Die Ausbildung von Menschenrechtsbeobachtern ist wiederum dem Bereich der Sicherung von Räumen der Interessenartikulation zuzuordnen. Analysiert man die bei MINUGUA eingegangenen Beschwerden, so fällt auf, dass neben der Verletzung des Rechts auf Leben sowie des Rechts auf Freiheit und Sicherheit der Person insbesondere die Verletzung des Rechts auf einen fairen Prozess beanstandet wurde. Eines der größten Hindernisse für die Interessenwahrnehmung in Guatemala ist somit die weitestgehend nicht funktionierende Gerichtsbarkeit. Es ist daher nicht verwunderlich, dass einer der Förderschwerpunkte internationaler Geber die Justizreform ist. MINUGUA investierte 45 Prozent des von ihr verwalteten und von externen Gebern finanzierten Trust Funds (Gesamtvolumen 19,8 Millionen US-Dollar) in die Justizreform. Im Finanzvolumen erheblich umfangreicher sind die Programme von IDB und Weltbank, die insgesamt 58 Millionen US-Dollar als Darlehen für die Justizreform zur Verfügung stellten (IDB 1998: 1f.). Als Beitrag zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation strebt das noch laufende Programm an, den Zugang zur Justiz zu verbessern sowie die Effizienz und Qualität der Arbeit zu erhöhen. Hierfür wurden neue Einrichtungen geschaffen, wie beispielsweise Justizverwaltungszentren und Friedensrichter, und bestehende Verwaltungsstrukturen reformiert. Die Ausbildung von Übersetzern sowie die Fortbildung der Mitarbeiter in interkultureller Kommunikation dient der Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation. Mit diesen Maßnahmen werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auch die nicht spanischsprechende indigene Bevölkerung sich vor der Justiz Gehör verschaffen kann.
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Schließlich gab es auch externe Unterstützung für die Arbeit von NGOs im Themenfeld Menschenrechte. Dieser Aspekt wird unten im Zusammenhang mit der Förderung der Zivilgesellschaft aufgegriffen. Medien Um die Medien in ihrer Informations-, Artikulations-, Kritik- und Kontrollfunktion zu unterstützen, gibt es unzählige Maßnahmen für eine Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation durch die Schulung von Journalisten.104 Journalisten werden dabei zu ganz unterschiedlichen Themen wie investigativer Journalismus, ethisches Selbstverständnis, die Rolle der Medien in Wahlen, Interkulturalität etc. ausgebildet (Azpuru et al. 2004: 88ff.). Eine andere Möglichkeit, die beschränkte Meinungsvielfalt der Medienlandschaft zu vergrößern, liegt in der Förderung alternativer Medien (in der Regel Basismedien, die keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen) oder von wirtschaftlich bedrängten Medienprodukten, die nicht den Mainstream – also die eher konservativen Meinungen der wirtschaftlichen Eliten – widerspiegeln, sondern anderen, in den Medien unterrepräsentierten Stimmen Gehör verleihen. Zur Förderung basisorientierter Medien hat MINUGUA verschiedene Radioprogramme begründet oder unterstützt, so etwa eines für die Minderheit der Garífuna. Externe Unterstützung erhielten ferner Presseformate in Maya-Sprachen, darunter insbesondere die Zeitung El Regional, die als besonders erfolgreich galt und in zahlreiche Regionen expandierte, wirtschaftlich aber nicht überlebensfähig war und 1998 aufgekauft wurde, nachdem internationale Finanzhilfe ausgeblieben war. Weitere Beispiele für Medienhilfe sind die Finanzierung der feministischen Monatszeitung La Cuerda, die Unterstützung verschiedener Basisradios durch UNESCO und die SorosStiftung, die Förderung von Internetseiten, finanzielle Hilfe für die Tageszeitung El Periódico, sowie für die alternative Nachrichtenagentur Cerigua (Azpuru et al. 2004: 87ff.). Die Unterstützung dieser Medienformate fällt in den Bereich der Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation. Zivilgesellschaft Die Verbesserung der Interessenartikulation durch die Zivilgesellschaft ist von internationalen Gebern auf vielfältige Weise gefördert worden. Als eine Form der Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation zählt hierzu die finanzielle Unterstützung, ohne die es die meisten Organisationen überhaupt nicht 104
Alleine Azpuru et al. (2004: 88f.) zählen im Themenfeld „Training of Media Professionals“ elf internationale Geber und ihre Programme auf. Die Geber sind: International Red Cross Federation, Konrad-Adenauer-Stiftung, Pan American Health Organization, UNICEF, USAID, MINUGUA, UNESCO, Friedrich-Ebert-Stiftung, Lutheranischer Weltbund, SIDA und das Norwegian Program for Indigenous People.
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mehr geben würde. Ein zweiter Schwerpunkt externer Förderung ist die Qualifizierung der Mitarbeiter, um die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Gruppen und Organisationen zu professionalisieren. Maßnahmen zur Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation sind Workshops zur Verbesserung der Planungs- und Finanzkompetenzen, zur Vermittlung von Kommunikationsfertigkeiten sowie zur Verbesserung der Lobby-, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Gerade um gesellschaftlichen Interessen im Friedensprozess und in der Implementierungsphase der Friedensabkommen Geltung zu verschaffen, sind zivilgesellschaftliche Organisationen und Basisbewegungen massiv bei der Mitarbeit in intersektoralen und paritätischen Kommissionen unterstützt worden. Bedeutsam in diesem Zusammenhang war vor allem das Programm PROPAZ der OAS, das die Kommissionsmitglieder in Techniken der Konsensfindung schulte und Kommunikationsfertigkeiten vermittelte (Shamsie 2003: 12). Internationale Geber boten dabei nicht nur Hilfeleistungen zur Arbeit dieser Kommissionen an. Vielmehr drängten sie auch nachdrücklich auf die Bildung solcher Dialogforen (Schaffung von Institutionen des Interessenausgleichs), nachdem die Implementierung der Friedensabkommen unter der Regierung von Alfonso Portillo (2000-2004) in eine tiefe Krise gestürzt war. So forderte die Konsultativgruppe auf ihrem Treffen im Jahr 2002 von der guatemaltekischen Regierung ausdrücklich die Einrichtung neuer intersektoraler Dialogtische zur Wiederbelebung des Reformprozesses in kritischen Fragen (Pillay 2006: 21). Schließlich gibt es auch noch Programme externer Akteure, die auf eine Verbesserung der Vernetzung zivilgesellschaftlicher Gruppierungen ausgerichtet sind. Weitere Maßnahmen: Dezentralisierung, Verfassungsreform und Bildungssektor Den in der obigen Situationsanalyse erwähnten Themen nicht zuzuordnen ist die Förderung von Dezentralisierung, wie sie von einigen externen Akteuren betrieben wird. Dezentralisierung, so die Hoffnung der Geber, soll die Partizipation (und damit die Interessenartikulation) der Bevölkerung erhöhen, die Entwicklungsorientierung staatlichen Handelns verbessern, mehr Transparenz erzeugen und somit schließlich nicht nur einen Beitrag zur Demokratieförderung sondern auch zur Armutsbekämpfung leisten. Als Staatsziel verankert ist Dezentralisierung in der guatemaltekischen Verfassung von 1985, bestätigt wurde das Ziel im Abkommen über sozio-ökonomische Aspekte von 1996. 2002 verabschiedete der Kongress schließlich drei Gesetze zur Stärkung des rechtlichen Rahmens für Dezentralisierung (Dezentralisierungsgesetz, Gesetz über die regionalen Entwicklungsräte und Gemeindegesetz) (Kurtenbach/Cañete/Lamm 2003: 17f.). Zu den externen Gebern, die sich besonders im Bereich der Dezentralisierung engagieren, zählen Deutschland, die USA und die Europäische Union. Die GTZ startete beispielsweise 1999 ein Projekt mit zehnjähriger Laufzeit zur Un-
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terstützung der Dezentralisierung und Gemeindeentwicklung (DDM). In dessen Rahmen wurden Parlament und Regierungsinstitutionen bei der Ausarbeitung der Dezentralisierungsgesetze beraten; es werden Qualifizierungsmaßnahmen für lokale und regionale Gebietskörperschaften angeboten und zivilgesellschaftliche Akteure gefördert (GTZ 2004). Damit umfasst das Programm sowohl eine Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation als auch eine Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation. Ähnlich sieht der Ansatz der Europäischen Union im Schwerpunktbereich örtliche Entwicklung und Dezentralisierung des Staates aus: Auch hier stehen die Stärkung rechtlicher Rahmenbedingungen (insbesondere die Ressourcenzuweisung), die Förderung der Managementkapazitäten der verschiedenen regionalen und lokalen Institutionen, die Stärkung der Kapazitäten zivilgesellschaftlicher Gruppen sowie die Unterstützung bei der Koordinierung des Dezentralisierungsprozesses auf dem Programm (Europäische Kommission 2002: 28f.). Schwerpunkte der aktuellen Dezentralisierungsstrategie von USAID liegen auf der Verbesserung munizipaler Dienstleistungen, der Stärkung des Steuereinzugs und des Finanzmanagements und einer Förderung der Zusammenarbeit lokaler Regierungen mit dem Privatsektor zum Zwecke einer nachhaltigen Entwicklung (USAID o.J.: 2). Eines der Hauptziele der in den Friedensabkommen vereinbarten Verfassungsänderungen war eine stärkere Integration und Anerkennung der indigenen Bevölkerungsgruppen Guatemalas, was mittelbar zu einer besseren Interessenartikulation der indigenen Bevölkerung beitragen sollte. Demnach sollte Guatemala als multiethnischer, multikultureller und multilingualer Staat definiert werden, der die verschiedenen indigenen Sprachen offiziell anerkennt (was eine Übersetzung offizieller Dokumente impliziert) und auch die verschiedenen Formen indigener Spiritualität respektiert und schützt. Die Vorbereitung und Verabschiedung der Verfassungsreformen war ein langer Prozess, der sich mehrmals verzögerte und nach dem Beschluss im Parlament noch die Zustimmung in Form eines Referendums benötigte.105 Als Beitrag zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation engagierten sich internationale Akteure für die Verfassungsreform. Um die Zustimmung zu dem Reformpaket zu sichern, informierte MINUGUA die Bevölkerung über die grundsätzlichen Inhalte der Verfassungsreformen. Darüber hinaus setzten sich auch USAID und die EU für das Verfassungsreferendum ein und finanzierten Fernsehspots guatemaltekischer NGOs, die um die Zustimmung zu den Verfassungsänderungen warben. Trotz der guten Absichten war diese Form der Unterstützung allerdings eher kontraproduktiv. Der am Ende der Spots eingeblendete Hinweis „Finanziert mit Hilfe von USAID/der EU“ wurde von Gegnern der Reformen instrumentalisiert: Sie warfen den inter105
Für die verschiedenen Probleme und Verzögerungen bei der Beschließung der Verfassungsreformen vgl. Jonas 2000, Kapitel 8 sowie Brett/Delgado 2005.
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nationalen Akteuren eine Einmischung in innere Angelegenheiten und die Beschneidung der Souveränität des guatemaltekischen Volkes – das sich frei entscheiden sollte – vor (Brett/Delgado 2005: 22). Einen Beitrag zur Verbesserung der Interessenartikulation leisten schließlich auch Programme, die auf die Reform des Bildungssektors ausgerichtet sind. Zielsetzung dieser Ansätze ist es, durch Beratung im Bereich der Entwicklung der Schulcurricula, durch die Förderung der bilingualen Erziehung und eine stärkere Verankerung von Werteziehung in den Schulen einen langfristigen Beitrag zur Entwicklung eines demokratischen, multikulturellen und nichtrassistischen Guatemalas zu leisten und damit auch mittelbar die politische Partizipation zu erhöhen. Programme, die auf diese Weise zur Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation beitragen, sind beispielsweise PREPAZ von der GTZ oder aber Cultura de Paz von der UNESCO.106 5.2.1.2 Interessenausgleich Im Folgenden wird wie im vorigen Abschnitt zunächst eine Situationsanalyse vorgenommen und dann zusammengetragen, welche Aktivitäten externe Akteure zur Stärkung des Interessenausgleichs ergriffen haben. Aufgrund zahlreicher Überschneidungen zu den obigen Ausführungen über die Interessenartikulation fällt die Darstellung hier allerdings deutlich kürzer aus. a) Ausgangsanalyse In Bezug auf die Moderierung und den Ausgleich von Interessen gibt es erhebliche Defizite in Guatemala. Dies liegt nicht nur an einer geringen Partizipation der Bevölkerung und einer eher unterentwickelten gesellschaftlichen Interessenartikulation, sondern darüber hinaus an einer fehlenden Berücksichtigung dieser Interessen im Entscheidungsprozess. Zwar sind im Zuge des Friedensprozesses und der Implementierung der Abkommen eine Reihe von partizipativen Mechanismen ausgearbeitet worden, bei der letztendlichen Entscheidungsfindung von Parlament und Regierung werden diese jedoch nur unzureichend berücksichtigt. Korruption, Klientelismus und die Vertretung partikularer Interessen sowie ein Mangel an demokratischer Kultur erschweren den Interessenausgleich und führen dazu, dass elementare Grundbedürfnisse weiter Teile der Bevölkerung unberücksichtigt bleiben. Diese Defizite wirken sich mittlerweile zunehmend auf verschiedene soziale Konfliktfelder aus – wie z.B. gewaltsame Vertreibungen von Landarbeitern von Fincas, eine Zunahme von Arbeiterprotesten und eine Eskalation von Protesten gegen Minenbergwerke, die von internationalen Unter106
Für einen Überblick über das Projekt Cultura de Paz in Guatemala vgl. folgende Internetseite: http://portal.unesco.org/fr/ev.php-URL_ID=19326&URL_DO=DO_TOPIC&URL_SECTION=201. html
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nehmen errichtet werden (Gimbel 2005; Mizgata 2006; vgl. auch 5.4.2.1). Auch das Fehlen von Rechtsstaatlichkeit und die weitverbreitete Straflosigkeit ist Ausdruck eines nicht funktionierenden Interessenausgleichs, der von vielen Beobachtern auch mit dem Anstieg der Lynchjustiz in Verbindung gebracht wird (Zinecker 2006: 13f., 27ff.). b) Externe Demokratieförderung und die Stärkung des Interessenausgleichs Einige der oben erwähnten Maßnahmen externer Demokratieförderung sind nicht nur für die Stärkung der Möglichkeiten der Interessenartikulation, sondern auch für den Interessenausgleich von Bedeutung und werden daher an dieser Stelle noch einmal kurz erwähnt. Hierzu gehören die Förderung von intersektoralen und biparitätischen Kommissionen sowie die Einrichtung themenspezifischer Dialogtische zur Diskussion von wichtigen Reformthemen (dies entspricht der Stärkung sowie der Schaffung von Institutionen des Interessenausgleichs). Von externer Seite wurde dabei auch Wert auf die Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs gelegt, indem Teilnehmer der Foren gezielt in sozialen Fertigkeiten wie Konfliktbearbeitung, Konsensfindung, Dialogführung u.ä. ausgebildet worden (vgl. z.B. OAS Programm PROPAZ). Ebenso stellt die externe Unterstützung der Justizreform mit der Zielsetzung einer gleichen, allen zugänglichen und effizienten Rechtssprechung eine Maßnahme zur Stärkung von Institutionen des Interessensausgleiches dar. Die interkulturelle Sensibilisierung von Justizmitarbeitern wiederum stärkt Praktiken des Interessenausgleichs. Und schließlich sind auch Programme zur Unterstützung der Dezentralisierung als Form der Machtteilung eine Möglichkeit, den Interessensausgleich über die Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs zu fördern. In Bezug auf die Arbeit des Kongresses gibt es verschiedene externe Maßnahmen zur Förderung von Praktiken des Interessenausgleichs. Darunter fällt das Programm PROLEY (Programme of Institutional Assistance for Legal Reform) von MINUGUA, mit dem Gesetzgebungsprozesse unterstützt wurden, sowie Fortbildungsmaßnahmen für Parlamentarier durch die OAS im Rahmen des Projects on Democratic Institution Building and Good Governance for the Guatemalan Congress (OAS 2005: 51). Darüber hinaus gibt es auch noch von der IDB seit mehreren Jahren ein Projekt zur Modernisierung des Kongresses, das die Erhöhung technischer Kapazitäten durch neue Informationssysteme, eine Verbesserung administrativer Abläufe sowie die Stärkung des Gesetzgebungsprozesses durch Beratung anvisiert (IDB 2001: 36). Damit leistet dieses Programm einen Beitrag zur Stärkung des Kongresses als Institution des Interessenausgleichs.
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Ebenso in diesen Bereich fällt die Unterstützung externer Akteure für die Ombudsstelle für Menschenrechte mit ihren zahlreichen Unterabteilungen oder aber die Schaffung eines Büros zur Verteidigung der Rechte indigener Frauen innerhalb von COPREDEH, der präsidialen Menschenrechtskommission (Comisión Presidencial para los Derechos Humanos) (Azpuru et al. 2004: 60). Im Bereich der Schlichtung von Landkonflikten erhielt CONTIERRA, das präsidiale Büro für Rechtshilfe und die Lösung von Landkonflikten (Dependencia Presidencial de Asistencia Legal y Resolución de Conflictos sobre la Tierra) technische Unterstützung der OAS (OAS 2005: 49) sowie finanzielle und materielle Unterstützung von USAID. Ferner wurden Mitarbeiter in Konfliktlösungstechniken ausgebildet. Letzteres ist eine Maßnahme zur Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs. Um den friedlichen Konfliktaustrag auf lokaler Ebene zu fördern, wurden im Rahmen des PROPAZ-Programms der OAS Vertreter von Basisorganisationen in Techniken der friedlichen Konfliktbearbeitung und Mediation fortgebildet. Dieser Ansatz ist auf die Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs ausgerichtet und soll einen Beitrag zur friedlichen Lösung von Streitigkeiten in kommunalen Gemeinschaften leisten. 5.2.1.3 Weitere Förderbereiche externer Demokratieförderung Abschließend sei noch kurz erwähnt, dass externe Demokratieförderung auch Themenfelder umfasst, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Förderung der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs stehen und daher in den obigen Ausführungen nicht erwähnt wurden. Hierzu gehören Aktivitäten im Bereich der Sicherheitssektorreform wie die Polizei- und Militärreform. Die Polizeireform wurde in Guatemala von verschiedenen Gebern unterstützt, allen voran mit Finanzierung der Europäischen Union, die hierfür rund 31 Millionen US-Dollar bereitstellte (Thoresen 2004: 37) sowie durch die technische Zusammenarbeit mit der spanischen Guardia Civil. Trainings zum Thema Menschenrechte wurden von MINUGUA angeboten. Als weiterer, sehr wichtiger Förderbereich sind die umfangreichen Bemühungen internationaler Geber um eine Finanzreform107 zu nennen. Die Erhöhung der steuerlichen Einnahmen des Staates sowie die Umverteilung von Haushaltsausgaben zugunsten von sozialen Aufgaben standen stets weit oben auf der 107 Das Thema Finanzreform, verstanden als eine Erhöhung staatlicher Einnahmen und Umverteilung von staatlichen Ausgaben steht allerdings nur in mittelbarem Zusammenhang zu Demokratieförderung, da es hier in erster Linie um eine Stärkung der staatlichen Leistungsfähigkeit handelt. Wird diese gestärkt, so führt das allerdings auch zu einer Erhöhung der Legitimität. Ferner ist die Frage der Umverteilung von Staatsausgaben für soziale Ausgaben natürlich auch im Sinne von Accountability und Rechenschaftspflicht gegenüber den Erwartungen des Volkes als Souverän relevant.
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Geberagenda. So wird die Finanzreform insbesondere von den internationalen Finanzinstitutionen und den USA unterstützt. Sie ist darüber hinaus aber schon beim ersten Treffen der Konsultativgruppe 1997 zur Bedingung für die Auszahlung von Finanzhilfe erhoben worden (Jonas 2000: 169f.). Zunehmend an Bedeutung, und zwar nicht mehr nur als Querschnittsthema im Bereich der Institutionenförderung, sondern auch als gesonderter Förderbereich, gewinnt das Thema der Transparenzerhöhung und Korruptionsbekämpfung. In diesem Förderbereich engagieren sich besonders USAID und die Weltbank.108 Schließlich gibt es auch noch zahlreiche Programme die unter das allgemeine Schlagwort der Modernisierung des Staates fallen und auf die Stärkung der staatlichen Regierungskapazitäten ausgerichtet sind (IDB 2004: 38). 5.2.1.4 Fazit Tabelle 4 stellt nochmals die Maßnahmen externer Demokratieförderung im Bereich der Stärkung der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs zusammen. Die umfangreiche Auflistung und die Tatsache, dass lediglich drei Bereiche externer Demokratieförderung – nämlich Reform des Sicherheitssektors, Finanzmanagement und Transparenzförderung/Korruptionsbekämpfung – nicht direkt auf Interessenartikulation und Interessenausgleich abzielten, lassen zunächst den Eindruck entstehen, die externe Demokratieförderung in Guatemala sei sehr stark auf die Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet gewesen. Auch wenn man die externen Maßnahmen mit den zentralen Herausforderungen in Guatemala vergleicht, ist festzustellen, dass einige der Kerndefizite angegangen wurden. Dazu gehören beispielsweise die geringe Partizipation der Bevölkerung, die Schwäche der Zivilgesellschaft, die fehlende Rechtsstaatlichkeit oder auch die Probleme der Parteien. Dennoch führt eine genauere Analyse zu einer Relativierung der Einschätzung, externe Demokratieförderung sei stark auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet gewesen. Dies hat mehrere Gründe: 1.
Zu den größten Hindernissen des Interessenausgleichs in Guatemala zählen der enorme Einfluss von Blockadekräften auf politische Entscheidungen sowie deren Manipulation von Kerninstitutionen des demokratischen Interessenausgleichs wie dem Parlament. Diesem Problem gegenüber zeigte sich die Demokratieförderung internationaler Akteure weitestgehend hilflos. Es fehlte sowohl an Ansätzen, um moderate Veto-Akteure einzubeziehen als auch an Strategien, um extremere Veto-Akteure zu marginalisieren.
108 Vgl. hierzu die Internetseiten von USAID: http://www.usaid.gov/gt/democracy_governance.htm und World Bank Institute: http://go.worldbank.org/AOJ46XQ860.
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Interessenartikulation
Strukturebene
Prozessebene
Schaffung von Institutionen der Interessenartikulation Justizverwaltungszentren
Sicherung von Räumen für die Interessenartikulation Internationale Wahlbeobachtung Menschenrechtsverifikation Wahlbeobachter-Ausbildung Ausbildung Menschenrechtsverifikation
Stärkung von Institutionen der Interessensartikulation Oberstes Wahlgericht Wahlreform (Unterstützung der Kommission zur Wahlreform) Justizreform Ombudsstelle für Menschenrechte Zivilgesellschaftliche Organisationen Alternative Medien
Interessenausgleich
Schaffung von Institutionen des Interessenausgleichs Dialogtische Friedensrichter Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs Justizreform Kongress Dezentralisierung Ombudsstelle für Menschenrechte CONTIERRA
Tabelle 4:
Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation Wählerbildung Parteienförderung Schulungen von Mitarbeitern/Mitgliedern zivilgesellschaftlicher Organisationen Parlamentarier-Fortbildung Qualifizierung von Mitarbeitern nationaler und regionaler Gebietskörperschaften Journalistenschulungen Interkulturelle Sensibilisierung sowie Ausbildung von Übersetzern im Justizsektor MR-Training Polizei Werteerziehung in Schulen Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs Interkulturelle Sensibilisierung von Mitarbeitern der Justiz Trainings zu gewaltfreier Konfliktbearbeitung und Mediation Schulungen zur Förderung von Verhandlungs- und Konsensbildungskompetenzen Parlamentarier-Fortbildung
Externe Demokratieförderung und die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs in Guatemala
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2.
Andere Defizite wurden wie bereits erwähnt durchaus angegangen, die eingesetzten Maßnahmen waren jedoch nicht umfassend genug. In Guatemala gibt es zahlreiche Fördermaßnahmen, um Individuen und Gruppen in ihrer Artikulationsfähigkeit zu stärken und damit die politische Partizipation zu erhöhen. Es fehlt jedoch an der Transmission marginalisierter Stimmen in die für die Entscheidungsfindung relevanten Räume. Stattdessen werden in den ‚Schaltstellen der Gewalt‘ die Bedürfnisse breiter Teile der Bevölkerung weiter ignoriert. Diese Problematik wird von der externen Demokratieförderung nicht hinreichend bearbeitet und es gibt diesbezüglich ein Ungleichgewicht zwischen der Stärkung der Interessenartikulation und der Stärkung des Interessenausgleichs.
3.
Es fehlen substantielle Beiträge zur nachhaltigen Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs. Schlecht ausgestattete Institutionen erhalten häufig finanzielle Unterstützung von externen Akteuren, dies birgt jedoch die Gefahr einer Abhängigkeit. Erst bei einer durch nationale Gelder gesicherten Finanzierung dieser Institutionen, oder aber bei rechtlichen Rahmenbedingungen, die ein Überleben ermöglichen109, können diese Institutionen als langfristig gestärkt betrachtet werden. Auf eine Verbesserung dieser Rahmenbedingungen war die externe Demokratieförderung jedoch nicht hinreichend ausgerichtet.
4.
In eine ähnliche Richtung geht ein weiterer Kritikpunkt: Die Schwäche zahlreicher Institutionen des Interessenausgleichs beruht auch auf deren Randstellung im politischen Systemgefüge. Ein Beispiel hierfür ist CONTIERRA, deren finanzielle Ausstattung nicht nur ungenügend ist, sondern die darüber hinaus auch noch institutionell an das Landwirtschaftsministerium angebunden ist. Dieses wird jedoch von konservativen Großgrundbesitzern dominiert, welche die Rolle der Kommission soweit wie möglich beschränken wollen und auf die Gewährleistung privater Eigentumsrechte pochen (Brown/Daly/Hamlin 2005: 8). All dies beschränkt den Handlungsspielraum von CONTIERRA und mindert ihren potenziellen Beitrag zum Interessenausgleich. Nicht viel anders erging es den paritätischen und intersektoralen Kommissionen, die nach der Verabschiedung der Friedensabkommen ins Leben gerufen wurden. Auch sie waren letztlich unbedeutend und nahmen eine Randstellung im Machtgefüge Guatemalas ein. Dieses Problem der institutionellen Marginalisierung ist von der externen Demokratieförderung nicht hinreichend berücksichtigt worden.
109 Ein Beispiel hierfür sind die zahlreichen Basisradios, die von der guatemaltekischen Regierung in die Illegalität gedrängt werden, weil sie sich die teuren Lizenzgebühren für Radiofrequenzen nicht leisten können (Viscidi 2004).
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5.
In einigen Fällen ist auch ein ‚zu wenig‘ und ‚zu spät‘ festzustellen. Nimmt man beispielsweise die Justizreform, so gibt es noch immer nicht genügend Übersetzer, um den Zugang zur Justiz zu sichern. Ein anderes Beispiel ist die Arbeit mit Parteien. Die Bedeutung dieser Zielgruppe ist zwar mittlerweile erkannt worden, dies hat jedoch mehrere Jahre gedauert und ist somit erst relativ spät geschehen.
In der Summe wird angesichts dieser Beobachtungen die Ausrichtung externer Demokratieförderung auf Institutionen des Interessenausgleichs lediglich als moderat eingestuft.
5.2.2 Instrumentarium: Das ‚Wie‘ externer Demokratieförderung in Guatemala Im Folgenden wird der Wert der unabhängigen Variablen von Hypothese 2 erhoben. Es wird untersucht, welche Rolle Konditionalität, soziale Einflussnahme, materielle Unterstützung, Wissenstransfer sowie Dialog für die Demokratieförderung in Guatemala spielten. Dabei steht die Untersuchung des Kontextes im Mittelpunkt. Wer setzte welches Instrument ein, gegenüber wem und in welcher Weise? Kurz: War der Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung angemessen? 5.2.2.1 Konditionalität Das prominenteste Beispiel für die Bedeutung von Konditionalität für die Demokratisierung Guatemalas stellt die internationale Reaktion auf den Putschversuch von Präsident Jorge Serrano im Mai 1993 dar. Die OAS verurteilte damals sogleich den Coup und von Seiten der USA, Deutschlands und der Niederlande wurden Handelsbeziehungen sowie die Gewährung von wirtschaftlichen und militärischen Hilfeleistungen ausgesetzt. Dies stärkte die innerstaatliche Opposition und setzte jene Kräfte in Oligarchie und vor allem Militär unter Druck, die anfänglich Serrano unterstützen wollten. Mit Erfolg – nach nur eineinhalb Wochen wurde die Verfassungsordnung wiederhergestellt und der Kongress wählte den Ombudsmann für Menschenrechte, Ramiro de León Carpio, zum Übergangspräsidenten (Lutz/Sikkink 2002: 286; Peceny/Stanley 2001: 171). Betrachtet man den hier interessierenden Beobachtungszeitraum nach 1996, so findet sich zwar kein ähnlich prominentes Beispiel mehr für Konditionalität und den Erfolg externen Drucks. Bemerkenswert ist jedoch, dass externe Geber im Falle von Guatemala ihre Hilfe für den Friedensprozess explizit konditionalisierten. So machten sie beim Gebertreffen im Januar 1997 in Brüssel deutlich, dass sie zwar einerseits dazu bereit seien, die mit 2,6 Milliarden US-Dollar Kosten veranschlagte Implementierung der Friedensabkommen zu knapp 75 Prozent 139
(1,9 Milliarden) zu finanzieren, andererseits betonten sie jedoch auch, dass die Gelder nur fließen würden, wenn die Regierung von Guatemala ihrerseits sich angemessen an der Finanzierung des Friedensprozesses beteiligen und durch eine Erhöhung der Steuerquote von acht auf zwölf Prozent die staatlichen Einnahmen verbessern würde (Boyce 2002: 40ff.; Salvesen 2002: 29). Da diese Bedingungen nur unzureichend erfüllt wurden, genehmigten die Europäer 1997 noch keinerlei Kredite, ebenso wenig kam ein Stand-By Arrangement des IWF mit Guatemala zustande (Jonas 2000: 178f.).110 Diese Form der Konditionalität wird in der Literatur als „Peace Conditionality“ bezeichnet (Boyce 1996), da als Bedingung für die Auszahlung von Geldern die Umsetzung einer konkreten Vereinbarung aus den Friedensabkommen gefordert wurde (hier die Erhöhung der Steuerquote, welche die Konfliktparteien im Mai 1996 im Rahmen des sozio-ökonomischen Abkommens vereinbart hatten). Als Konditionalität, die an Fortschritte im Demokratisierungsprozess geknüpft ist, kann dies jedoch nicht bezeichnet werden. Bei der Konditionalisierung von Entwicklungszusammenarbeit hinsichtlich demokratischer Reformen entwickelten die internationalen Geber keine kohärente Strategie. Während sich die multilateralen Finanzinstitutionen und die USA auf wirtschaftliche und finanzielle Forderungen wie z.B. den Pacto Fiscal111 konzentrierten, wurden lediglich von der Europäischen Union weiterreichende Forderungen in Bezug auf die generelle Umsetzung der Friedensabkommen und den Demokratisierungsprozess gestellt. So machte die EU sowohl im Vorfeld des Treffens der Konsultativgruppe im Februar 2002 als auch im Mai 2003 deutlich, dass weitere Hilfe von Seiten der EU Fortschritte Guatemalas voraussetzten. Als defizitäre Bereiche, in denen zusätzliches Engagement erwartet werde, wurden dabei insbesondere die Menschenrechtssituation, die Inklusion der indigenen Bevölkerung, Rechtsstaatlichkeit und Justizreform, die Bekämpfung von Korruption sowie Armutsreduzierung genannt (Unión Europea 2002; European Union 2003). Verhandlungsmacht und (Inter-)Dependenz Die Abhängigkeit Guatemalas von externer Hilfe ist relativ niedrig (Addicks/Heinz/Hübner-Schmid 2003: 40). Der Anteil öffentlicher Entwicklungshilfe (ODA) am BSP betrug 1990 2,6 Prozent, 2004 jedoch nur noch 0,8 Prozent. Letzteres entspricht 17,8 US-Dollar pro Kopf (UNDP 2004: 199f.; UNDP 2006). Auch die Auslandsverschuldung ist relativ gering – 1983 machte sie 20,2 Prozent des BSP aus, 1993 stieg sie auf 28 Prozent des BSP und 2005 konnte sie 110
Dieses Stand-by Arrangement wurde schließlich 2002, und somit deutlich später als ursprünglich vorgesehen, vereinbart. 111 Der Fiskalpakt ist ein im Dialog mit verschiedenen gesellschaftlichen Sektoren erstelltes Maßnahmenpaket im Bereich der Finanzreformen.
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wieder auf 20,2 Prozent des BSP reduziert werden (World Bank 2004a; World Bank 2006). Von wachsender Bedeutung für das guatemaltekische Wirtschaftssystem sind jedoch die Devisenzuflüsse durch Überweisungen von im Ausland arbeitenden Guatemalteken. Diese Zahlungen beliefen sich im Jahr 2000 auf 596 Millionen US-Dollar, 2004 waren es hingegen schon 2,6 Milliarden US-Dollar und 2005 rund drei Milliarden US-Dollar. Die Gastarbeiterrenten überstiegen damit in den letzten Jahren die Summe öffentlicher Entwicklungshilfe und insbesondere die ausländischen Direktinvestitionen um mehr als das Zehnfache (World Bank 2006a). Unter den externen Akteuren haben die USA eindeutig die größte Verhandlungsmacht, was sich nicht nur aus ihrem allgemeinen Machtpotenzial ableiten lässt, sondern auch in spezifischen Aspekten ihrer Beziehung zu Guatemala begründet ist. So sind die USA der wichtigste Geber (zumindest wenn man die Darlehen der internationalen Finanzinstitutionen nicht berücksichtigt, vgl. dazu Ausführungen unter 5.1.2) und der mit Abstand wichtigste Handelspartner für Guatemala. 2000 wickelte Guatemala 43,6 Prozent seines Handels mit den USA ab, danach folgten weit abgeschlagen auf Rang zwei die EU mit 8,9 Prozent sowie Mexiko mit 8,1 Prozent (Europäische Kommission 2002a: Annex 4). Ähnlich stellte sich die Situation 2005 dar: Die USA führten die Rangliste mit 42,5 Prozent des Handelsvolumens an, zweitwichtigster Handelspartner war damals El Salvador mit 7,3 Prozent und an dritter Stelle stand die EU mit 6,4 Prozent (European Commission/DG Trade 2006). Schließlich liegt ein Teil der Verhandlungsmacht der USA auch in der wachsenden Zahl guatemaltekischer Gastarbeiter begründet, da die Wirtschaft Guatemalas mittlerweile auf die Auslandsüberweisungen angewiesen ist. Darüber hinaus ist der Einfluss der USA auf Guatemala historisch begründet durch eine lange Geschichte der Einmischung in die internen Angelegenheiten des Landes. Zu Zeiten des Bürgerkrieges war die Unterstützung der USA von großer Bedeutung für die Entwicklung der Counterinsurgency-Strategie und das guatemaltekische Militär wurde von US-amerikanischer Seite ausgebildet, ausgerüstet und finanziell unterstützt. Dennoch sind dem Einfluss der USA auf Guatemala Grenzen gesetzt. Diese Entwicklung geht auf die Menschenrechtspolitik unter Jimmy Carter zurück, die dazu führte, dass die Militärhilfe an Guatemala Ende der 1970er Jahre kontinuierlich zusammengestrichen wurde. Der CarterAdministration gelang es damals nicht, die Hilfszahlungen an Guatemala zu konditionalisieren: Die US-Forderung, die Menschenrechtssituation zu verbessern, wurde von dem guatemaltekischen Regime als interventionistisch kritisiert und weitere Hilfen wurden daraufhin rundum abgelehnt (Jonas 1991: 195). Erst unter der Reagan-Administration Ende der 1980er Jahre erhielt Guatemala wieder eine indirekte Unterstützung durch die USA und bekam in bescheidenem
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Maße Militärhilfe gewährt (Jonas 2000: 122). Damit endete die Zeit der „relativen Autonomie“ (Jonas 1991) Guatemalas von den USA – die USA wurden wieder zum wichtigsten Waffenlieferanten, und der US-Markt gewann an Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung in Guatemala (Kumar/Ledge/Resnick 2002: 20). In den 1990er Jahren waren die USA der einzige internationale Akteur mit Einfluss auf das Militär (Jonas 2000: 123). Dennoch: Verglichen mit der Situation in Nicaragua und El Salvador war und ist die Verhandlungsmacht der USA deutlich geringer. Die Verhandlungsmacht der EU und der einzelnen europäischen Länder ist begrenzt. Die Handelsbeziehungen spielen eine weitaus geringere Rolle und auch wenn die EU der wichtigste multilaterale Geber von nicht-rückzahlbarer Entwicklungszusammenarbeit ist, stellt auch dies nur einen begrenzten Machtfaktor angesichts der geringen Abhängigkeit Guatemalas von externen Hilfezahlungen dar. Das Gleiche gilt für die internationalen Entwicklungsbanken und den IWF. Glaubwürdigkeit Die Glaubwürdigkeit der Konditionalität wurde durch ein inkohärentes Verhalten der Geber beschädigt. Uneinigkeiten drückten sich in differierenden Präferenzen sowie in einer unterschiedlichen Bewertung der Reformfortschritte Guatemalas aus. Für die USA standen etwa Themen wie Migration und die Bekämpfung des Drogenschmuggels ganz oben auf der Agenda.112 In Bezug auf die Implementierung der Friedensabkommen betonten sie vor allem die Notwendigkeit einer Steuerreform. Davon abgesehen übten die USA deutlich weniger Druck aus als einige europäische Länder, die beispielsweise mit einer Einstellung von Hilfezahlungen bei einem Scheitern der Verfassungsreform drohten (Jonas 2000: 126f., 179). Diese Unterschiede schlugen sich auch auf die Bewertung der guatemaltekischen Politik nieder: Während bei den Treffen der Konsultativgruppe die IDB (wie auch die internationalen Finanzinstitutionen generell) und die USA eher zu milden Urteilen tendierten und die erzielten Fortschritte der guatemaltekischen Regierung in den Vordergrund zu stellen pflegten, formulierten europäische Geber deutliche Kritik an den ausbleibenden Reformfortschritten (Addicks/Heinz/ Hübner-Schmid 2003: 39f.; Jonas 2000: 127, 178f.; Thoresen 2004: 11).113 112 Zur Illustration: 2003 erteilte die US-Regierung Guatemala kein Zertifikat über die kooperative Beteiligung an der Bekämpfung des Drogenhandels. Eine damit mögliche Streichung von Finanzhilfe wurde allerdings aufgrund von nationalen Sicherheitsinteressen der USA nicht vorgenommen (Booth/Wade/Walker 2006: 129). 113 Zu einem einheitlicheren Auftreten kam es erst bei einem Treffen der Konsultativgruppe 2002, als angesichts von weiteren ausbleibenden Reformen, der Kritik von MINUGUA und der Unzufriedenheit der Europäer die internationalen Geber den Druck auf die Regierung von Portillo erhöhten (Oettler 2003: 50).
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Veto-Kräfte In Guatemala gibt es starke Veto-Kräfte, die ein Interesse an der Behinderung demokratischer Reformen haben. Während die Zivilgesellschaft und reformwillige Akteure von internationaler Hilfe abhängen, sind die Blockademächte aus der Agraroligarchie, der wirtschaftlichen Elite, dem Militär sowie kriminellen Netzwerken weitgehend unabhängig und befinden sich in einer recht einflussreichen Position (Addicks/Heinz/Hübner-Schmid 2003: 27; Kurtenbach/Canete/ Lamm 2003: 16).114 So vertrat die Regierung von Präsident Oscar Berger (20042008) zum größten Teil die Interessen der wirtschaftlichen Elite, die sozioökonomische Reformen verhindern möchte (Oettler 2004: 27, 33). Die FRG, bis zu den Wahlen 2007 die größte Oppositionspartei, vertritt hingegen größtenteils die Interessen des Militärs und nutzt ihre Blockademacht, um demokratische Reformen zu verzögern oder zu verhindern. Das Militär selbst ist trotz Fortschritten bei der Demilitarisierung weiterhin sehr einflussreich (Hernández 2005; Kurtenbach 2006). Einfluss und ökonomische Unabhängigkeit ziehen die Streitkräfte zu einem großen Teil noch aus Zeiten des Bürgerkrieges, als sich führende Militärs große Ländereien aneigneten und sich Einfluss in verschiedenen Wirtschaftssektoren verschafften (Keen 2003: 5f.; Kurtenbach 1998: 108). So besitzt das Militär heute beispielsweise die größte Bank des Landes, die Banco del Ejército. Darüber hinaus sind Mitglieder des Militärs in kriminelle Aktivitäten verstrickt und profitieren von illegalen Geschäften wie Drogenhandel, Menschenschmuggel und Autodiebstahl. Ihre Interessen versuchen diese kriminellen Akteure auf zweierlei Weise zu wahren: Zum einen setzen sie gezielt Gewalt ein, um Angst und Schrecken zu verbreiten und unliebsame Stimmen, die beispielsweise ein Ende der Straflosigkeit fordern, zum Verstummen zu bringen. Zum anderen verfügen diese Kräfte aber auch über Verbindungen bis in höchste Regierungskreise und nutzen diese Kanäle, um Reformen zu behindern (Peacock/Beltrán 2003). Abschließend betrachtet haben sich die Machtverhältnisse seit 1996 zu Ungunsten der demokratischen Friedenskräfte gewandelt. Während bei Antritt der Regierung von Präsident Alvaro Arzú offener Widerstand gegen die Friedensabkommen nur mehr vereinzelt anzutreffen war, gewannen Gegner der Abkommen in den darauf folgenden Jahren wieder an Einfluss. Reformkräfte hingegen wurden geschwächt angesichts von Implementierungsproblemen, Vertrauensverlust 114 Die Opposition gegenüber demokratischen Reformen ist bei den verschiedenen Akteuren unterschiedlich motiviert und nicht gleich stark ausgeprägt. In kriminelle Machenschaften verstrickte Akteure streben vor allem nach einem Erhalt der Straflosigkeit und einem schwachen Staat, Teile der Privatunternehmer und der Agraroligarchie möchten eine substanzielle Neuausrichtung der sozioökonomischen Verhältnisse verhindern, Akteure im Militär streben nach einer möglichst autonomen Stellung und einem breiten Aufgabengebiet und möchten eine Aufdeckung und Bestrafung begangener Menschenrechtsverletzungen verhindern (Keen 2003: 7).
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und einer weit verbreiteten Enttäuschung darüber, dass auch Frieden und Demokratisierung die Lebensbedingungen der Mehrheit nicht verbessern konnten (Jonas 2000: 138). Ausrichtung an Zielgruppen Ein großes Problem der von internationalen Gebern eingesetzten Konditionalität war die fehlende Ausrichtung an den eigentlichen Zielgruppen, nämlich den Blockadekräften von Reformen. Bei ausbleibenden Fortschritten, so die Drohung internationaler Geber, würde die finanzielle Hilfe für die Implementierung der Friedensabkommen nicht ausgezahlt werden. Dies ist eine Form von Sanktionierung, welche die anti-demokratischen Blockadekräfte nicht schmerzt, sondern ihnen im Zweifelsfalle sogar noch zupass kommt. Denn gerade an der breit angelegten sozio-ökonomischen und demokratischen Reformagenda haben diese Kräfte ja keinerlei Interesse. Die Akteure, die durch die international angedrohten Sanktionen getroffen würden, sind eher die demokratischen Reformkräfte – ein Dilemma, das beispielsweise zu zweideutigen Signalen der Weltbank führte, die mit einer Reduzierung der Darlehen drohte und gleichzeitig betonte, dass friedensrelevante Projekte davon nicht betroffen sein würden (Jonas 2000: 179). Konsistenz, Klarheit und Intensität Bereits oben wurde dargestellt, dass internationale Geber unterschiedliche Prioritäten setzten und nicht immer einheitlich agierten. Dies schwächte sowohl Klarheit als auch Konsistenz der Konditionalität. Widersprüchlichkeiten ergaben sich ferner aus der Korrelation der Forderung nach einer Umsetzung der Friedensabkommen mit anderen nationalen Interessen der Geber. So brachten die USA etwa schon 1997 den Vorschlag auf, das Militär im Rahmen der Drogenbekämpfung einzusetzen (Jonas 2000: 126) – eine Idee, die ganz klar im Widerspruch steht zu der in den Friedensabkommen vereinbarten Reduzierung der Aufgaben der Streitkräfte auf den Bereich der externen Sicherheit. In Bezug auf den Faktor Intensität ist festzustellen, dass der Umfang der eingesetzten Sanktionen durchaus relevant ist, wenn man bedenkt, dass internationale Geber bereit waren, mehr als 70 Prozent der Kosten für die Implementierung der Friedensabkommen zu übernehmen. Außerdem wurde zumindest von den europäischen Gebern regelmäßig und fortdauernd darauf hingewiesen, dass Hilfezahlungen von Reformfortschritten abhängen.
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Zusammenfassung Konditionalität Internationale Geber haben Konditionalität in Guatemala vor allem in der Form von ‚Friedens-Konditionalität‘, weniger jedoch als ‚DemokratieKonditionalität‘ eingesetzt. Die Bedingungen für einen Erfolg von Konditionalität in Guatemala sind nicht allzu günstig. Dies liegt zum einen an der relativ niedrigen Abhängigkeit des Landes von externer Hilfe und der damit geringen Verhandlungsmacht externer Akteure. Gerade die USA als der Geber mit der größten Verhandlungsmacht sind darüber hinaus sehr großzügig bezüglich der Bewertung des guatemaltekischen Demokratisierungsprozesses und üben diesbezüglich kaum Druck aus. Zum anderen beschränken mächtige und autonome Veto-Akteure, eine fehlende Einigkeit der Geber sowie mangelnde Konsistenz und Klarheit die Erfolgsaussichten dieses Instrumentes.
5.2.2.2 Soziale Einflussnahme Die Verifikationsberichte der UN-Mission MINUGUA stellen das bedeutendste Mittel für soziale Einflussnahme in Guatemala dar. Durch diese jährlichen Berichte wurden internationale Geber wie auch die guatemaltekische und internationale Öffentlichkeit über Fort- und Rückschritte bei der Implementierung der Friedensabkommen informiert, auftretende Probleme und die hierfür Verantwortlichen wurden benannt und Verbesserungsmaßnahmen empfohlen. Insgesamt gab es neun Verifikationsberichte zur Implementierung der Friedensabkommen sowie 14 Verifikationsberichte zur Situation der Menschenrechte in Guatemala.115 Ergänzend hat sich MINUGUA in thematischen Berichten verstärkt problematischen Themen wie z.B. der Situation der indigenen Bevölkerung, der Militärreform oder der Bildungsreform gewidmet.116 Probleme des Demokratisierungsprozesses wurden in diesen Berichten deutlich benannt. So waren etwa die ersten Berichte zur Verifikation der Umsetzung der Friedensabkommen überwiegend positiv, da sich die Konfliktparteien in dieser Phase noch weitestgehend an die Vereinbarungen und den Zeitplan hielten, die Demobilisierung problemlos verlief und auch die zur Ausarbeitung von Reformen vorgesehenen Kommissionen eingerichtet wurden (MINUGUA 1997; MINUGUA 1998). Als sich jedoch die Probleme zu häufen begannen, unter anderem auch in den für die weitere Demokratisierung wichtigen Fragen, wurde dies von MINU-
115 Die Verifikation der Menschenrechtslage geht auf das Menschenrechtsabkommen vom März 1994 zurück, in dem die Konfliktparteien sich auf eine entsprechende UN-Mission geeinigt hatten. 116 Insgesamt gab es 20 thematische Berichte, die ein breites Spektrum abdeckten, so z.B. Polizeireform und öffentliche Sicherheit, private Sicherheitsfirmen, Arbeitsrechte, die Situation der Frauen oder auch das Gefängnissystem (MINUGUA 2005).
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GUA deutlich kritisiert. Ein Beispiel hierfür ist der Bericht von MINUGUA im Vorfeld eines Treffens der Konsultativgruppe 2002 (MINUGUA 2002). Im Rahmen der Vereinten Nationen wird der Demokratisierungsprozess ferner durch die Menschenrechtskommission (mittlerweile Menschenrechtsrat) begleitet und bewertet. Dies geschieht zum einen durch thematische Sonderberichterstatter, die Berichte zu einzelnen Problempunkten erstellen, wie z.B. human rights and indigenous issues, independence of judges and lawyers oder aber zur Situation von human rights defenders.117 Ferner hat die Menschenrechtskommission nach dem Abzug von MINUGUA 2005 ein lokales Büro in Guatemala eröffnet und erstellt seither einen jährlichen Bericht über die Menschenrechtslage im Land. Als Form der sozialen Einflussnahme sind schließlich auch internationale Wahlbeobachtungen zu nennen. Sowohl die Wahlen 1999 als auch die Wahlen 2003 wurden von nationalen und internationalen NGOs sowie von internationalen Organisationen begleitet, beobachtet und bewertet. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass natürlich auch durch öffentliche Stellungnahmen von Regierungsvertretern oder aber durch Resolutionen des Europäischen Parlaments (z.B. European Parliament 2003) Lob und Tadel für den Demokratisierungsprozess in Guatemala ausgedrückt wurde. Da diese Form der sozialen Einflussnahme aber weniger prominent war, wird sie im weiteren Verlauf nicht weiter analysiert werden. Stattdessen liegt der Fokus der folgenden Analyse auf dem sozialen Einfluss von MINUGUA. Auch die Berichte der UNMenschenrechtskommission oder aber internationale Wahlbeobachtungen werden nicht weiter berücksichtigt, da sie aufgrund der langjährigen Präsenz von MINUGUA weitaus weniger bedeutend waren. Autorität und Identifikation Zentrales Problem von MINUGUA war es, dass es ihr nicht ausreichend gelang, sich als moralische Autorität Geltung zu verschaffen. Ein Grund hierfür mögen die schwierigen Kontextbedingungen sein, unter denen die Mission ihre Aufgaben aufnahm. 1996 standen die Vereinten Nationen nach Misserfolgen in Somalia und Bosnien unter hohem Druck, und einer anfänglichen UN-Euphorie nach dem Ende des Ost-West-Konflikts war zunehmende Ernüchterung gefolgt. Die UN hatten somit nicht mehr die internationale Unterstützung, die ihnen zu Beginn der 1990er Jahre zuteil geworden war, was auch für die UN-Mission in 117 Vgl. für den Bericht des Sonderberichterstatters für die Menschenrechte indigener Völker das UNDokument E/CN.4/2003/90/Add.2, veröffentlicht am 24.2.2003; für die Unabhängigkeit der Richter das UN-Dokument E/CN.4/2003/65/Add.1, veröffentlicht am 25.2.2003 sowie zur Situation von Menschenrechtsverteidigern das UN-Dokument E/CN.4/2003/104/Add.1, veröffentlicht am 20.2.2003.
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Guatemala spürbar war – nicht nur, weil sie weniger Ressourcen zur Verfügung gestellt bekam als die vergleichbare Mission in El Salvador, sondern auch, weil sie symbolisch weniger Rückendeckung aus dem UN-Hauptquartier erhielt und keine Mission des Sicherheitsrates, sondern lediglich eine durch die Generalversammlung beschlossene Mission war (Stanley 2006: 7). Während die Rolle der Vereinten Nationen bei der Aushandlung der Friedensabkommen weitgehend positiv eingeschätzt wird, wurde MINUGUA im Zuge des Verifikationsprozesses von ganz unterschiedlicher Seite kritisiert und als nicht austariert wahrgenommen. Dies nahm seinen Anfang mit einem Bericht der Mission im Mai 1997, in dem sie die Präsidentengarde EMP beschuldigte, den ORPA-Kämpfer „Mincho“118 ermordet zu haben. In der Folge beschwerte sich die Regierung bei den Vereinten Nationen in New York über die ihrer Meinung nach illegitime Einmischung der Mission und drohte mit einer Neuverhandlung und Limitierung des MINUGUA-Mandats (Jonas 2000: 142; Poonal 30.10.1997; Stanley/Holiday 2002: 442). Die fehlende Akzeptanz der Mission schlug sich ferner in mangelnder Zusammenarbeit von Militärs und staatlichen Stellen nieder, darüber hinaus starteten rechtsgerichtete Gegner des Friedensprozesses eine öffentliche Kampagne gegen MINUGUA. Aber auch von Seiten der Zivilgesellschaft und pro-demokratischer Reformkräfte erfuhr MINUGUA keine einhellige Unterstützung. Diese Akteure machten der Mission den Vorwurf, bei der Beurteilung der Regierung in den Verifikationsberichten zu milde zu sein und auf Missstände nicht deutlich genug hinzuweisen (Holiday/Stanley 2002: 442; Salvesen 2002: 28). Sogar Mitarbeiter der Mission äußerten sich frustriert über die ihrer Meinung nach zu diplomatischen Stellungnahmen von MINUGUA zu den gravierenden Versäumnissen der Regierung bei der Umsetzung der Friedensabkommen (Stanley 2006: 9). Kritisiert wurde von Organisationen der Zivilgesellschaft auch, dass MINUGUA sich zu stark auf die Zusammenarbeit mit der Regierung konzentriere und zivilgesellschaftliche Partner vernachlässige (Palencia Prado 1997: 6).119
118 Juan José Cabrera, genannt „Mincho“, war im August 1996 in die Entführung von Olga de Novella, einem Mitglied einer der reichsten Unternehmerfamilien des Landes, verwickelt gewesen – ein Zwischenfall, der die Friedensverhandlungen fast noch zum Scheitern gebracht hätte. Er wurde gemeinsam mit dem ebenso an der Entführung beteiligten ORPA-Kommandanten „Isaías“ (Rafael Valdizón Nuñez) festgenommen, tauchte aber anders als Isaías, der gegen Olga de Novella ausgetauscht wurde, danach niemals wieder auf (vgl. amnesty international 1998). 119 Eine Ursache für diese Kritik von allen Seiten ist das breite Mandat von MINUGUA. Zum Aufgabenbereich der Mission gehörte neben der objektiven Verifikation des Friedensprozesses auch die Mitwirkung am Institutionenaufbau in Guatemala. Hierfür war jedoch die Zusammenarbeit mit der Regierung notwendig, was ungeschönte Kritik an dieser erschwerte (Salvesen 2002: 30).
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(Inter-)Dependenz Bereits im vorigen Kapitelabschnitt wurde dargestellt, dass die Dependenz guatemaltekischer Akteure von externer Hilfe relativ niedrig ist. Dieser Aspekt wird daher an dieser Stelle nicht nochmals aufgegriffen. Resonanz Die politische Kultur Guatemalas ist aufgrund von Kolonialherrschaft, militärischer Diktatur und Bürgerkrieg von autoritären Zügen, Personalismus und einer Kultur der Gewalt geprägt (Fischer-Bollin 1999: 60ff.). Historische Erfahrungen mit Demokratie gibt es nur sehr wenige, nämlich die Reformperiode unter den Präsidenten Arévalo und Arbenz zwischen 1944 und 1954, die jedoch mit einem Putsch gewaltsam beendet wurde. Darüber hinaus ist nach Untersuchungen des Latinobarómetro die Zustimmung zur Demokratie seit 1996 zurückgegangen. Der Aussage „Democracy is preferable to any other kind of government“, haben 1996 noch 51 Prozent zugestimmt, 2005 waren es nur noch 32 Prozent (Latinobarómetro 2004: 5; Latinobarómetro 2005: 51).120 Demgegenüber hielten 2004 78 Prozent der Befragten eine ‚harte Hand‘ in der Regierung nicht für grundsätzlich falsch und nur 54 Prozent lehnten eine Militärregierung unter allen Umständen ab (Latinobarómetro 2004: 11; 15). Hinzu kommen Besonderheiten aufgrund der ethnischen Zusammensetzung des Landes, dessen Bevölkerung zu etwa 60 Prozent indigen ist. Diese Gemeinschaften teilen zumindest teilweise Werte und Verhaltensweisen, die sich von einigen typischen Kennzeichen westlicher Demokratien unterscheiden. Dies zeigt sich in den Differenzen zwischen dem westlich geprägten positivistischen Recht und der indigenen Rechtssprechung. Ein anderes Beispiel ist, dass Entscheidungen in Maya-Gemeinden auf Konsens beruhen und nicht auf Mehrheitsentscheidungen.121 All dies widerspricht zwar nicht demokratischen Normen und Praktiken, unterstreicht aber die Notwendigkeit eines an lokale Traditionen angepassten Demokratiemodells. Alles in allem kann geschlussfolgert werden, dass es in Bezug auf die Anschlussfähigkeit demokratischer Normen und Praktiken in Guatemala durchaus Defizite gibt. Dies liegt vor allem an den während Diktatur, Repression und Krieg herausgebildeten Praktiken und Denkweisen, die einer demokratischen Kultur widersprechen.
120 Zum regionalen Vergleich: In Costa Rica haben dieser Aussage 2005 73 Prozent der Befragten zugestimmt, im lateinamerikanischen Spitzenreiter Uruguay sogar 77 Prozent (Latinobarómetro 2005: 51). 121 Hiermit soll nicht angedeutet werden, dass Mehrheitsentscheidungen ein Bestimmungsmerkmal von Demokratie sind.
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Konsistenz, Klarheit, Dauer und Intensität sowie Öffentlichkeit Die verschiedenen Berichte von MINUGUA sprechen alles in allem eine deutliche Sprache. Die Defizite des Demokratisierungsprozesses wurden klar benannt (auch wenn der Mission teilweise der Vorwurf gemacht wurde, zu diplomatisch zu sein) und durch Vorschläge zur Beseitigung dieser Probleme ergänzt. Dabei nahm MINUGUA die Rolle eines stetigen Mahners ein, da sie Berichte über den Stand der Menschenrechte und die Implementierung der Friedensabkommen jährlich verfasste und durch zahlreiche thematische Reports ergänzte. Auch das Kriterium der Öffentlichkeit wurde erfüllt – alle Berichte sind öffentlich zugänglich und über ihre Inhalte wird auch in der Presse informiert. Gemindert wurde die Konsistenz der sozialen Einflussnahme allerdings dadurch, dass nicht alle internationalen Akteure ähnlich deutlich auf die Defizite im Reformprozess aufmerksam machten. Denn anders als MINUGUA oder auch verschiedene europäische Akteure betonte beispielsweise die IDB immer wieder die Fortschritte im Implementierungsprozess und hielt sich mit kritischen Anmerkungen zurück (Jonas 2000: 179). Zusammenfassung soziale Einflussnahme Vor allem die UN-Mission MINUGUA setzte soziale Einflussnahme als Instrument der Demokratieförderung ein. Die Bedingungen hierfür waren allerdings nicht allzu günstig wegen der mangelnden Autorität der Mission, einer nur begrenzten Abhängigkeit Guatemalas, einer geringen Resonanz sowie widersprüchlichen Signalen internationaler Geber, welche die Konsistenz reduzierten. 5.2.2.3 Materielle Förderung Finanzmittel und materielle Hilfen sind für den Bereich der Demokratieförderung längst nicht so wichtig wie für andere Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit, in denen zum Beispiel die Förderung der wirtschaftlichen Infrastruktur im Vordergrund steht. Dennoch beruht auch die externe Demokratieförderung für Guatemala zu einem gewissen Teil aus materieller Förderung. Die von der Regierung chronisch unterfinanzierte Ombudsstelle für Menschenrechte122 ist etwa massiv auf internationale Hilfe angewiesen, um Löhne auszahlen und bestehende Projekte aufrecht erhalten zu können (Azpuru et al. 2004: 59). Sie erhält finanzielle Unterstützung unter anderem von den USA, der EU, den Niederlanden, Dänemark und Schweden (Thoresen 2004: 34; USAID 1997, 2003). 122 2003 beantragte die Ombudsstelle für Menschenrechte Mittel in Höhe von 20 Millionen USDollar, vom Kongress wurden ihr allerdings nur 5 Millionen US-Dollar bewilligt (Azpuru et al. 2004: 59).
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Auch im Bereich der Polizei- und der Justizreform sind materielle und finanzielle Mittel gewährt worden. So hat die EU zwischen 1998 und 2003 Mittel in Höhe von 32 Millionen US-Dollar für die Reform der Polizei gegeben. Finanziert wurde damit unter anderem die Anschaffung von Fahrzeugen, die Renovierung der Polizeiakademie und der Bau von Polizeistationen (Glebbeek 2001: 438). Zu den wichtigsten Gebern im Bereich der Justizreform gehören die Entwicklungsbanken IDB und die Weltbank, die insgesamt Darlehen in Höhe von rund 58 Millionen US-Dollar gewährt haben. Mit einem Teil dieser Gelder wird der Bau und die Ausstattung von verschiedenen Einrichtungen der Justiz gefördert – insbesondere die Errichtung von dezentralen Justizzentren, durch die der Zugang zur Justiz verbessert werden soll, aber auch Büros von Friedensrichtern, Institutionen der Staatsanwaltschaft oder die technische Ausstattung des Innenministeriums (IDB 1998). Bedeutende Empfänger externer finanzieller Mittel sind schließlich zivilgesellschaftliche Organisationen, denen externe Geber eine wichtige Rolle im Demokratisierungsprozess zusprechen.123 Die für Demokratieförderung als relevant erachteten NGOs aus den Bereichen Menschenrechte, indigene Rechte, Frauenrechte, Partizipationsförderung, Justizreform etc. sollen im Idealfall die Regierung überwachen, Transparenz und Verantwortlichkeit einfordern und die Partizipation der Bevölkerung erhöhen, indem sie Bedürfnisse und Forderungen kanalisieren und in den politischen Prozess einbringen. Ohne internationale FinanFinanzierung könnten die meisten dieser Organisationen nicht überleben, selbst renommierte NGOs wie die Fundación Myrna Mack sind zu 100 Prozent von internationaler Unterstützung abhängig (Azpuru et al. 2004: 63; Fijáte 28.7.2004). Als weiterer Bereich, in dem Demokratieförderung u.a. die Form von materieller Förderung annimmt, seien noch die Wahlen genannt. Externe Geber unterstützten in Guatemala längerfristige Reformen, indem sie etwa der nach den Friedensabkommen eingerichteten Wahlreform-Kommission Finanzhilfe zukommen ließen oder aber das Oberste Wahlgericht mit Computern ausstatteten. Punktuell wurde auch die Abhaltung von Wahlen mit Geldern gefördert (Azpuru et al. 2004: 25ff.). Ressourcenausstattung und Absorptionsfähigkeit Diese zwei Bedingungen für den Erfolg von Unterstützung können als unproblematisch erachtet werden. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die Gewäh123
Vgl. hierzu z.B. USAID 1997: 45ff. oder Europäische Kommission 2002a: 27. Die EU hat in ihrem Strategiepapier 2002-2006 einen besonderen Schwerpunkt auf die Förderung der Zivilgesellschaft gelegt, weil ihrer Meinung nach die zuvor auf die Regierungsebene zugeschnittenen Maßnahmen nicht effektiv genug waren (Europäische Kommission 2002a: 23).
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rung der materiellen Förderung jemals aufgrund von Ressourcenmangel der externen Geber gefährdet gewesen wäre.124 Ebenso wenig ist ein Mangel an Absorptionsfähigkeit auf Seiten der Empfänger zu beobachten gewesen. Dies ist angesichts der insgesamt relativ geringen Summen, die im Bereich Demokratieförderung flossen, auch nicht weiter verwunderlich. Nachhaltigkeit und Verteilung In Bezug auf die Kriterien Nachhaltigkeit und Verteilung sind erhebliche Probleme zu konstatieren. Dies drückt sich zunächst in der erheblichen Abhängigkeit der Empfänger von Finanzmitteln aus. Zahlreiche NGOs verfügen über keine eigenen Einkommensquellen und wären im Falle der Einstellung internationaler Überweisungen nicht mehr in der Lage, ihre Arbeit fortzuführen. Nachhaltigkeit ist hier also keinesfalls gewährleistet. Eine ebenfalls starke Abhängigkeit ist im Falle der Ombudsstelle für Menschenrechte zu beobachten. Dennoch stellt sich hier die Situation etwas weniger dramatisch dar, da die Ombudsstelle mit den Zuweisungen aus dem guatemaltekischen Staatshaushalt noch über eine weitere Einkommensquelle verfügt. Solange jedoch Regierung und Kongress nicht bereit sind, zentrale Institutionen, wie beispielsweise die Ombudsstelle für Menschenrechte oder auch die Polizei und den Justizsektor mit ausreichenden Mitteln auszustatten, ist die Nachhaltigkeit von Reformen spätestens dann gefährdet, wenn externe Zuschüsse reduziert werden. Im Gegensatz zu dauerhaften bzw. über lange Zeiträume gewährten Finanzhilfen waren punktuelle Unterstützungsleistungen für konkrete Ereignisse (beispielsweise die Finanzierung von Wahlen) sowie materielle Hilfen weniger problematisch hinsichtlich der Gewährleistung von Nachhaltigkeit. Bezüglich der Verteilung der Finanzhilfen sind einige nicht-intendierte kontraproduktive Wirkungen festzustellen. So hat die enorme Abhängigkeit nationaler NGOs dazu geführt, dass diese sich in einem ständigen Wettbewerb um internationale Ressourcen befinden und sich als Konkurrenten wahrnehmen. Die Zersplitterung der Zivilgesellschaft wurde somit durch den internationalen Ressourcenzufluss nicht verringert, sondern eher noch befördert (Azpuru et al. 2004: 68f.; Fijáte 28.7.2004). Mit dem Ressourcenzufluss verbunden ist die Gefahr der Förderung opportunistischer Gruppen, denen es weniger um Inhalte als um Profite geht, um deretwillen sie sich auch oberflächlich der internationalen Geberagenda verpflichten. Problematisch ist ferner die Tendenz internationaler Geber, öffentlich präsente, in der Hauptstadt vertretene Organisationen zu unter124
Anders stellt sich die Situation in Bezug auf die Finanzierung der UN-Mission MINUGUA dar. MINUGUA war von Anfang an nicht üppig ausgestattet und es war lange Zeit umstritten, aus welchem Haushaltstopf die Mittel fließen sollten. Im Zusammenhang mit dem hier besprochenen Instrument der materiellen Förderung spielte dies allerdings keine Rolle.
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stützen (Fernández-Maldonado/Tock Quiñónez 2004: 22). Dies führt zu einer Machtverschiebung zu Ungunsten der ohnehin schon durch den Krieg und die wirtschaftliche Entwicklung benachteiligten ländlichen Regionen. So ist zu befürchten, dass gerade jene Bewegungen, die die Schwachen und Ausgegrenzten vertreten, nicht genügend internationale Unterstützung erfahren, weil sie den Geberdiskurs nicht ausreichend verinnerlicht haben und daran scheitern, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.125 Abschließend betrachtet befinden sich internationale Geber hier in einer Dilemma-Situation. Unterstützungsleistungen führen einerseits zu Abhängigkeiten und können ungewünschte kontraproduktive Entwicklungen wie die Fragmentierung der Zivilgesellschaft nach sich ziehen. Andererseits ist auch die Einstellung der internationalen Finanzhilfe keine befriedigende Lösung, wenn sie zu einer Schwächung der Zivilgesellschaft und potenzieller Reformkräfte führt. Zusammenfassung materielle Förderung Materielle Förderung wurde als Instrument der externen Demokratieförderung in Guatemala eingesetzt, spielte jedoch eine untergeordnete Rolle. Bezüglich der Rahmenbedingungen sind auf der Prozessebene Defizite festzustellen, da die Nachhaltigkeit der Hilfe in vielen Fällen nicht gesichert ist und die Verteilung der Unterstützungsleistungen zu nicht-intendierten negativen Auswirkungen geführt hat. 5.2.2.4 Wissenstransfer Beratung, Weiterbildung und Training sowie Informationsmaßnahmen bilden einen der Schwerpunkte internationaler Demokratieförderung in Guatemala. In diesem Bereich gibt es unzählige Projekte. Um die Darstellung übersichtlicher zu gestalten, wird im Folgenden anhand der verschiedenen Zielgruppen ein illustrativer Überblick über die unterschiedlichen Maßnahmen gegeben. Regierung und Parlament Auf die Führungsebene von Exekutive und Legislative ausgerichtet sind zahlreiche Beratungsmaßnahmen für die Entwicklung und Ausarbeitung von Reformvorschlägen und Gesetzesentwürfen. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt hierbei auf den zentralen, in den Friedensabkommen abgesteckten Themenfeldern. So unterstützte UNDP die Regierung in der Erarbeitung einer Dezentralisierungsstrategie, bei der Reform des Justizsektors und in verschiedenen Fragen der Landre125
In eine ähnliche Richtung stößt die kritische Beobachtung, dass NGOs, die auf internationale finanzielle Unterstützung angewiesen sind, sich thematisch zunehmend nach der Geberagenda und dort vorherrschenden ‚Modethemen‘ ausrichten müssen und die ursprünglichen Anliegen der Bewegung in den Hintergrund geraten (Azpuru et al. 2004: 68f.).
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form (UN 2000: 3f.). Die Beratungstätigkeit von MINUGUA erstreckte sich – wenn auch in unterschiedlichem Umfang – auf alle in den Friedensabkommen genannten Reformthemen. Dies geschah zum einen indirekt durch die in den Verifikationsberichten gemachten Empfehlungen, zum anderen aber auch auf informeller Ebene durch die Kontakte der Mission zu staatlichen Institutionen. Darüber hinaus fand Beratung im Rahmen spezifischer Projekte der Mission statt, so z.B. bei der Stärkung des Justizsektors. Ein anderes Beispiel ist das Projekt PROLEY, mit dem MINUGUA den Gesetzgebungsprozesses zur Umsetzung der Friedensabkommen durch technische Hilfe und Beratung von Kongressabgeordneten, politischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützte (MINUGUA 2005: 8). Die GTZ, die insbesondere im Bereich der Friedensförderung und Bildung tätig ist126, hat im Rahmen ihres Programms PREPAZ das guatemaltekische Erziehungsministerium bei der inhaltlichen Gestaltung, der Verbreitung und Implementierung der Erziehungsreform beraten. Inhaltliche Schwerpunkte waren dabei die zweisprachige interkulturelle Erziehung wie auch Werteerziehung (insbesondere Friedens- und Demokratieerziehung).127 Regierungs- und Parlamentsberatung wird schließlich auch von nationalen Institutionen durchgeführt, wie z.B. fachlich spezialisierten NGOs oder aber auch Forschungseinrichtungen. Zu letzteren gehört beispielsweise ASIES (Asociación de Investigación y Estudios Sociales), ein sozialwissenschaftliches Forschungszentrum, das die Gestaltung zahlreicher Gesetzesvorhaben organisatorisch und inhaltlich begleitet hat.128 Staatliche Institutionen und Verwaltung Andere Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, die Arbeit in zentralen staatlichen Institutionen und Behörden zu verbessern. Hierunter fallen einerseits Maßnahmen zur Optimierung von Planungsabläufen sowie von Verwaltungs- und Managementaufgaben und andererseits die Verbesserung der Ausbildung des Personals.129 Beispiele sind etwa Programme von USAID zur Stärkung der Legislative durch die Rationalisierung von Gesetzgebungsprozessen, die Förderung von Strukturen zur Schaffung von Transparenz und Effizienz im Kongress, oder aber durch die Einrichtung spezialisierter technischer Einheiten zur Kompetenzstär126 Im Bereich Demokratie- und Friedenserziehung arbeiten noch mehrere andere Geber wie z.B. MINUGUA, UNESCO, UNDP, USAID oder auch UNICEF. 127 Interview mit Annelies Merkx, GTZ, Guatemala-Stadt, 27.7.2004. Vgl. auch GTZ 2002: 7. 128 ASIES wird durch internationale Gelder in seiner Arbeit unterstützt, daher ist die Arbeit des Instituts auch unter dem Aspekt der internationalen Demokratieförderung relevant. Einer der festen Partner/Geber des Institutes ist die Konrad-Adenauer-Stiftung. 129 Diese Maßnahmen sind prinzipiell auf die Stärkung des Staates ausgerichtet. Insbesondere Aktivitäten zur Erhöhung von Transparenz und Verantwortlichkeit ebenso wie zur Beachtung demokratischer Prinzipien können jedoch auch als Demokratieförderung bezeichnet werden.
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kung im Bereich Haushaltsplanung oder auch Kontrolle des Militärs (USAID 1997: 49; USAID 2004: 2). Im Zusammenhang mit der Dezentralisierung gibt es ferner auch zahlreiche Maßnahmen, die auf die Stärkung munizipaler Strukturen und die Verbesserung der kommunalen Selbstverwaltung und Entwicklungsplanung ausgerichtet sind (Europäische Kommission 2002: 28; GTZ 2004). Polizei Von zentraler Bedeutung sind auch die Ausbildungsprogramme im Rahmen der Polizeireform. Die Polizeireform – und damit verbunden die Entwicklung eines Curriculums, die Schulung der Ausbilder sowie die Ausarbeitung von Trainingsmaterialien – wurde in den ersten Jahren nach dem Friedensabkommen vor allem in Zusammenarbeit mit der spanischen Guardia Civil umgesetzt (und von der EU finanziert). Ab 2003 haben sich die Europäer allerdings aus dem Arbeitsbereich zurückgezogen. Auch MINUGUA war, mit finanzieller Unterstützung von Schweden und Norwegen, im Bereich der Polizeiausbildung aktiv und engagierte sich hierbei insbesondere im Bereich der Menschenrechtsbildung. Die USA hingegen unterstützten von Anfang an die kriminalistische Ausbildung der Polizei durch das dem Justizministerium unterstellte Programm ICITAP (International Criminal Investigative Training Assistance Program).130 Justiz Im Rahmen des bereits oben erwähnten Programms der Weltbank und der IDB zur Justizreform werden die Mitarbeiter in den neu eingerichteten Justizzentren u.a. in Menschenrechten, indigenem Recht und Rechten und Pflichten der Justizverwaltung ausgebildet (IDB 1998: 11). Für Angestellte der Justizverwaltung gibt es Schulungen im Bereich Verwaltung, Planung und Finanzmanagement. Ferner wurden Curricula und Trainingsmaterial für die Ausbildung von Juristen über- bzw. erarbeitet und das Programm unterstützt die Einführung einer neuen gesetzlichen Regelung über die Ausbildung und Ernennung von Richtern. Darüber hinaus fanden Anti-Korruptions-Trainings statt und für Justizangestellte wurden Workshops zur kulturellen Sensibilisierung angeboten (World Bank 2005: 2f.). Ombudsstelle für Menschenrechte Insbesondere im Zuge der Vorbereitung des Endes ihrer Mission im November 2004 hat MINUGUA ein umfangreiches Programm zur Stärkung der Ombudsstelle für Menschenrechte betrieben. Hierzu gehörten zahlreiche Workshops, die sich mit den Themen Menschenrechts-Monitoring, Konfliktanalyse und dem 130 Vgl. hierfür die Ausführungen auf der Homepage www.forpol.org/wwwpnc/html/Academia/Cooperacion.html.
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der
Polizeiakademie:
Status der Friedensabkommen beschäftigten. Darüber hinaus entwickelte die Mission umfangreiches Trainings- und Referenzmaterial, um die Fortführung der eigenen Arbeit nach Ende der Mission zu erleichtern (Koenigs/Mersky 2004). Multiplikatoren Als weitere Kategorie können Maßnahmen definiert werden, die sich auf die sogenannte mittlere Gesellschaftsebene beziehen. Hierzu zählt zum Beispiel die Schulung von Journalisten, wie sie von den politischen Stiftungen KonradAdenauer-Stiftung und Friedrich-Ebert-Stiftung, aber auch von MINUGUA, UNICEF, USAID und anderen angeboten wird (Azpuru et al. 2004: 88f.). Ebenso fallen in diesen Bereich Programme zur Stärkung der politischen Einflussfähigkeit von Akteuren, die für den sozialen Wandel als wichtig wahrgenommen werden, wie Jugendliche, Frauen oder die indigene Bevölkerung. Ein Beispiel hierfür ist ein Ausbildungskurs für politischen Nachwuchs (Diplomado Nuevo Liderazgo Politico-Social), der vom Zentralamerikanischen Institut für Politische Studien (INCEP), der OAS sowie der Rafael Landívar-Universität angeboten wird. INCEP bietet darüber hinaus auch Maßnahmen zur Stärkung der Artikulationsfähigkeit von Frauen und Indigenas an.131 Vorreiter bei der Förderung von politisch engagierten Jugendlichen aus Gewerkschaften, Parteien und Verbänden war allerdings die Friedrich-EbertStiftung mit ihrem 2001 gestarteten Programm Agentes de Cambio. Im Rahmen dieses Angebots trafen sich die Jugendlichen einmal monatlich zu Workshops, in denen sie politisch relevante Themen (Parteien, das Wahlsystem, die Friedensverträge) bearbeiteten.132 Zivilgesellschaft Eine Zielgruppe, die viel internationale Unterstützung im Bereich Capacity Building erhält, sind zivilgesellschaftliche Organisationen. Deren Mitarbeiter werden in ganz unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern ausgebildet wie z.B.: Management (Planung, Finanzverwaltung, Fund Raising), Kommunikation, Lobbyarbeit, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Techniken friedlicher Konfliktbearbeitung. Diese Förderung wird von den Organisationen teilweise auch weitergegeben, denn zahlreiche von ihnen arbeiten selbst im Bereich der Demokratieförderung. Ein Beispiel hierfür ist das Projekt Mirador Electoral von INCEP, FLACSO (Facultad Latinoamericano de Ciencias Sociales), CALDH (Centro para Acción Legal en Derechos Humanos) und Acción Ciudadana, durch das im 131
Interview mit Herminia Saquimox, 16.7.2004, Guatemala-Stadt. Mittlerweile ist das Programm aufgrund der großen Konkurrenz von Angeboten in diesem Bereich abgeändert worden. Ein starker Fokus liegt nun auf der Entwicklung eines Projektes oder einer konkreten Agenda. Interview mit Dieter Schneider und Sofia Vásquez, 15.7.2004, Guatemala-Stadt.
132
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Vorfeld der Wahlen 2003 insgesamt 3000 nationale Wahlbeobachter ausgebildet wurden (Azpuru et al. 2004: 27). Zivilgesellschaftliche Gruppen sind schließlich von externen Akteuren auch gezielt unterstützt worden, um ihre Partizipation in den durch die Friedensabkommen vereinbarten intersektoralen Kommissionen zur Ausarbeitung von Reformen zu stärken. MINUGUA etwa arbeitete insbesondere mit indigenen Gruppen zusammen. Im Rahmen des von der OAS durchgeführten Programms PROPAZ wurden Workshops und Trainings zur Verbesserung der Kommunikations- und Konfliktlösungskapazitäten der Kommissionsteilnehmer angeboten (Kriegman/Clark 2001: 20; mehr zu Dialogaktivitäten unter 5.2.3.5). Bevölkerung Zuletzt seien noch einige Beispiele für Maßnahmen auf der Graswurzel-Ebene genannt. Hierzu zählen sämtliche Formen von Informationskampagnen, durch die auf den Friedensprozess sowie zentrale politische und sozio-ökonomische Reformen aufmerksam gemacht und demokratische Werte verbreitet werden sollen. Im Bereich Wahlen wurde 2003 etwa mit Erfolg die Kampagne Voto Consciente (bewusste Stimme) durchgeführt, die auf eine Sensibilisierung der Bevölkerung für ‚verantwortungsvolles‘ Wählens abzielte und hierfür Informationen über Kandidaten und Parteien verteilte sowie öffentliche Anhörungen mit den zur Wahl stehenden Politikern organisierte (Azpuru et al. 2004: 36). Ein wichtiger Akteur im Bereich der Informationsverbreitung war MINUGUA. Die UN-Mission erstellte Materialien über politische Reformen und den Fortgang des Friedensprozesses, organisierte Informationsveranstaltungen und Workshops zu den Friedensabkommen und entwickelte Radio- und TV-Spots zu wichtigen politischen Themen wie z.B. Rassismus und Diskriminierung. Bedeutsam für die Erreichung eines möglichst großen Publikums war dabei die Übersetzung der Informationen in die verschiedenen Maya-Sprachen (MINUGUA 2005: 10). Zudem wurden im Rahmen der Justizreform Radioprogramme und Materialien aufbereitet, um die Bevölkerung über neu geschaffene Einrichtungen wie die Justizzentren und die Friedensrichter zu informieren (IDB 1998: 11). Autorität und Identifikation Die Autorität externer Akteure sowie die Identifikation guatemaltekischer Akteure mit diesen variieren von Geber zu Geber.133 Bereits im Abschnitt 5.2.3.2 wurde dargestellt, dass die Autorität von MINUGUA nicht unangefochten war und dass die Mission der Kritik der Zivilgesellschaft, der Regierung, des Militärs und 133
Eine Untersuchung der Autorität könnte zusätzlich durch die Unterscheidung nach Zielgruppen verfeinert werden. Im Rahmen dieser Arbeit war es allerdings nicht möglich, hierzu Daten zu erheben.
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anderer rechtslastiger Blockadekräfte ausgesetzt war. Die EU hingegen ist einer solchen Kritik nicht ausgesetzt, sondern kämpft eher mit dem Problem, dass sie als wichtiger Geber in Guatemala nicht ausreichend wahrgenommen wird und ist daher darum bemüht, ihre Außendarstellung zu verbessern. Die OAS hat ein sichtbares Profil im Bereich Demokratieförderung entwickelt, das die Grundlage für ihre Autorität auf diesem Gebiet bildet. Während die Organisation zu Zeiten des Ost-West-Konfliktes noch weitestgehend marginalisiert war, ist sie inzwischen zu einem wichtigen „regional player“ (Shamsie 2003: 9) geworden. Neben einem wachsenden Instrumentarium für Konfliktbearbeitung und -prävention, hat sie ein besonderes Augenmerk auf die Stärkung und Förderung von Demokratie gelegt. Schon 1991 bekannten sich die Mitgliedsstaaten zur repräsentativen Demokratie und einigten sich auf kollektive Maßnahmen134 im Falle der Bedrohung demokratischer Regierungen. Ein Jahr später wurde die Möglichkeit des Ausschlusses als Sanktion auf eine gewaltsame Absetzung einer demokratischen Regierung beschlossen (Kurtenbach 2002). Im September 2001 verabschiedeten die OAS-Mitglieder schließlich die InterAmerican Democratic Charter, die ein Recht aller amerikanischen Völker auf Demokratie bekräftigt und die Mitgliedsstaaten zur Einhaltung von Demokratie und Menschenrechte verpflichtet. Ferner wird in der Demokratie-Charta aufgeführt, dass die OAS durch Programme und Aktivitäten zur Förderung demokratischer Werte sowie zur Stärkung politischer Institutionen und der Zivilgesellschaft beitragen werde (OAS 2001). Zur Umsetzung dieser Aktivitäten wurde schon 1990 die Unit for the Promotion of Democracy eingerichtet, die direkt dem Generalsekretär unterstellt ist und sich mit einem breiten Spektrum von Maßnahmen der Demokratieförderung beschäftigt – von Wahlbeobachtung über Partizipationsförderung, Stärkung politischer Institutionen bis hin zu Dezentralisierung und Maßnahmen zur Modernisierung des Staates (Shamsie 2003: 38). UNDP als eine weitere der großen Durchführungsorganisationen von Projekten im Bereich des Wissenstransfers verfügt über eine umfassende Expertise im Bereich Demokratieförderung. Democratic Governance ist der größte von fünf Arbeitsschwerpunkten des UN-Programms135, das zu diesem Themenfeld auch zahlreiche Handbücher und akademische Publikationen erstellt hat. Neben der fachlichen Expertise kann UNDP auf eine gute Reputation in Guatemala bauen. Diese ergibt sich vor allem aus der von den Zielgruppen wahrgenommenen Unabhängigkeit des Programms und seiner guten Vernetzung im Land. 134 Hierzu zählt die unmittelbare Einberufung des ständigen Rates der OAS, der gegebenenfalls eine Ad-hoc-Konferenz der Außenminister oder eine außerordentliche Generalversammlung beschließen kann zur Untersuchung der Situation und zum Beschluss geeigneter Maßnahmen. 135 Für Programme im Bereich Governance wurden in den 1990er Jahren fast 50 Prozent des UNDP Programm-Haushaltes verwendet (Cutter 2006: 19).
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UNDP ist es gelungen, sowohl zur Regierung als auch zu zivilgesellschaftlichen Gruppen gute Beziehungen aufzubauen (Pillay 2006: 21; 30). Die internationalen Finanzinstitutionen, namentlich die Entwicklungsbanken IDB und Weltbank sowie der Internationale Währungsfond haben ihre Expertise ganz klar auf fiskale und wirtschaftliche Fragen ausgerichtet. Als Autorität in Fragen der Demokratisierung können sie daher nicht gelten – vielmehr sind sie Vertreter einer neoliberalen Wirtschaftsagenda und können allenfalls noch in Bezug auf den Themenkomplex Modernisierung des Staates einen Expertenstatus beanspruchen. Die spanische Guardia Civil als internationaler Partner bei der Reform der Polizei ist von der Regierung Arzú gewählt worden, und zwar noch vor dem Abschluss der Friedensabkommen. Die Regierung hat sich also selbst einen Partner ausgewählt, dem sie vertraute und die notwendige Expertise unterstellte. Von Bedeutung für die Entscheidung war ferner, dass die Guardia Civil die Prioritätensetzung der Regierung unterstützte, nämlich die Polizei möglichst schnell aufzubauen, um ein Sicherheitsvakuum zu verhindern (Stanley 2007: 133). Im Nachhinein ist die starke Einbindung der Guardia Civil in die Polizeireform von externen Beobachtern jedoch vielfach kritisiert worden und es kamen Zweifel auf, ob gerade das spanische Modell angemessen sei, um die guatemaltekische Polizei zu reformieren und zu demokratisieren. So gilt die Guardia Civil als vergleichsweise militärisch und wenig transparent organisiert. Das macht sie zu einem ungeeigneten Vorbild für eine Polizeireform in einer Nachkriegsgesellschaft, die von Menschenrechtsverletzungen des staatlichen Gewaltapparates geprägt ist (Glebbeek 2001: 441; Neild 2002: 6; Pillay 2006: 24; Thoresen 2004: 39). Ein großer Teil der von internationalen Gebern unterstützten Demokratieförderungsprojekte wird von nationalen Partnern umgesetzt. Hierzu zählen NGOs, Universitäten und Forschungsinstitute. Diese können zwar nicht alle in einen Topf geworfen werden, generell kann aber gesagt werden, dass zivilgesellschaftliche Akteure bei der Bevölkerung einen guten Ruf haben und weit mehr Vertrauen als politische Akteure und Institutionen genießen. In Bezug auf einzelne bilaterale Geber ist es schwierig, Daten bezüglich Autorität und Identifikation zu erheben. Am ehesten ist dies noch im Falle der USA möglich, aber auch hier ergibt sich kein widerspruchsloses Bild. So ist zumindest nach einer Umfrage des Latinobarómetro durchaus eine positive Identifikation mit den USA vorhanden. Einer Untersuchung aus dem Jahr 2005 zufolge haben 77 Prozent der Befragten eine gute oder sehr gute Meinung von den USA. Das ist einer der Spitzenwerte in Lateinamerika, lediglich in Honduras, Panama und El Salvador ist die Zustimmungsrate noch etwas höher (Latinobarómetro 2005: 71). Jenseits dieser Zustimmung häufen sich jedoch gerade in der
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Zivilgesellschaft kritische Stimmen gegen die USA und deren als interventionistisch empfundene Politik. So war der Guatemala-Besuch von US-Präsident Bush im Frühjahr 2007 auch von erheblichen Protesten seitens zivilgesellschaftlicher Organisationen begleitet. Auch in Experteninterviews wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund der umstrittenen Geschichte der USA in Guatemala und auch ganz allgemein in Lateinamerika die Reputation der USA eher schlecht sei.136 Allgemein kann davon ausgegangen werden, dass das Ende des Ost-WestKonfliktes und der ‚globale Siegeszug‘ der Demokratie auch an Guatemala und insbesondere seinen Eliten nicht spurlos vorübergegangen ist und dass diese durchaus nach Legitimität und Aufnahme in die ‚internationale Gemeinschaft der Demokratien‘ streben (Peceny/Stanley 2001: 170). Somit identifizieren sie sich zumindest zu einem gewissen Maß mit den westlichen, demokratischen Staaten. Fraglich ist nur, ob diese Identifikation nicht eher zweckrational begründet ist und es den Herrschenden somit ausreichend erscheint, demokratische Mindestanforderungen wie formal demokratische Standards einzuführen. Eine solche Einstellung alleine würde nicht ausreichen, um Lernprozesse zu unterstützen. Resonanz Das Thema der Anschlussfähigkeit demokratischer Normen und Praktiken wurde schon unter 5.2.2.2 diskutiert und wird deswegen hier nicht nochmals erörtert. Konsistenz und Klarheit Es ist schwer möglich, ein generelles Urteil über die Konsistenz und Klarheit der externen Demokratieförderung im Bereich von Beratung, Fortbildung, Trainings und Information zu fällen. Vergleicht man die Strategien der verschiedenen Akteure, so fallen zunächst keine offenen Widersprüche auf. Auch wenn einzelne Akteure unterschiedliche Schwerpunkte setzen mögen137 sind diese verschiedenen Ansätze doch eher komplementär zu betrachten und unterminieren sich nicht gegenseitig in ihrer Wirkung. Dies ist insbesondere in Bezug auf die Politik der internationalen Finanzinstitutionen nicht selbstverständlich, die in zahlreichen anderen Ländern, so beispielsweise auch in El Salvador, mit ihren Forderungen nach neoliberalen Reformen und restriktiver Finanzpolitik Friedens- und Demokratisierungsprozesse geschwächt haben. In Guatemala jedoch wurden gerade Weltbank und IWF schon während der Friedensverhandlungen von den Verein-
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Interviews mit Hans-Jörg Weiss und Magdalene Reuter, Guatemala-Stadt, 12.7.2004. So konzentrieren sich die nordischen Geber beispielsweise auf die Themen Menschenrechte und Zivilgesellschaft, die internationalen Finanzinstitutionen auf die Modernisierung des Staates und Deutschland auf den Bereich Dezentralisierung. 137
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ten Nationen mit an Bord geholt und unterstützten mit ihren Forderungen die Reformagenda anderer Geber (Boyce 2002: 40ff.; Jonas 2000: 167).138 Um die verschiedenen Programme internationaler Akteure in Guatemala abzustimmen, gibt es unterschiedliche Foren der Geber-Koordinierung. Die wichtigsten Koordinierungsaufgaben übernahm dabei bis zu ihrer Verkleinerung im Jahr 2000 MINUGUA; danach hat die Dialog-Gruppe, ein Zusammenschluss der wichtigsten Geber mit monatlichen Treffen, diese Aufgabe übernommen. Zusätzlich gibt es zahlreiche, oft themenspezifische Abstimmungstreffen. Ein Problem der verschiedenen Foren ist, dass sie in der Summe gerade für die personell vor Ort nicht so stark vertretenen Geber (zu denen auch die Weltbank gehört) kaum zu bewältigen sind (Fernández-Maldonado/Tock Quiñonez 2004: 15; 25). Rückt man von einem eher allgemeinen Vergleich der Geber-Strategien ab und betrachtet einzelne Förderbereiche genauer, so sind durchaus gewisse Differenzen der Geber zu bemerken. So gab es im Bereich der Justizreform etwa Unstimmigkeiten über die Bedeutung der Friedensrichter oder über die Aufgabenverteilung zwischen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei. Die unterschiedlichen Signale von internationaler Seite verstärkten damit ohnehin schon vorhandene Grabenkämpfe zwischen guatemaltekischen Institutionen (Stanley 2007: 139, 147). Ferner gab es in einzelnen Bereichen Probleme aufgrund von Widersprüchen zwischen den übergeordneten Zielen und den vermittelten Inhalten. So kritisieren Azpuru et al. (2004: 59) insbesondere die Gestaltung einiger Programme zur politischen Bildung der Bürger. Diese hätten teilweise – insbesondere wenn sie von nationalen NGOs ausgeführt worden seien – durch ihren starken Fokus auf Bürgerrechte und die Kritisierung der bestehenden Demokratie die Polarisierung in Guatemala eher noch bestärkt. Werte wie Toleranz, Dialogbereitschaft, Gemeinwohlorientierung und die Fähigkeit zur Konsensbildung seien in diesen Kursen zu kurz gekommen (Azpuru et al. 2004: 59). Die Datenlage zur Klarheit des Wissenstransfers gestaltet sich schwierig.139 Da jedoch auch in der Sekundärliteratur und in Evaluationen hierzu nichts Negatives vermerkt wird, ist davon auszugehen, dass die inhaltliche Gestaltung der Programme hinlänglich klar war.
138 So wurden vor dem Hintergrund der Einbeziehung – und wohl vor allem aufgrund der makroökonomischen Stabilität und des kleinen Staatshaushaltes Guatemalas – keine weiteren Haushaltskürzungen, sondern ganz im Gegenteil eine Erhöhung der Steuerquote und eine Umschichtung der Ausgaben zugunsten sozialer Aufgaben und Armutsbekämpfung gefordert. 139 Aufgrund der Vielzahl von Projekten war es auch nicht möglich, hierzu selbst Daten zu erheben.
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Dauer, Intensität und Nachhaltigkeit Auch wenn die Demokratieförderung im Bereich des Wissenstransfers einen Schwerpunkt der internationalen Aktivitäten darstellt, so müssen doch gewisse Defizite in Bezug auf Dauer, Intensität und Nachhaltigkeit vermerkt werden. So wurde etwa die Information der Bevölkerung, die wenig über die Friedensabkommen, politische Reformen sowie demokratische Verfahren wusste, vernachlässigt. Ursache hierfür war, dass MINUGUA für diesen Aufgabenbereich zwar die Zuständigkeit übernommen hatte, aber nicht über ausreichend Ressourcen verfügte. Erst als negativen Auswirkungen der fehlenden Information offensichtlich wurden, verstärkten auch andere Geber ihr Engagement in diesem Aufgabenfeld. Gerade Aktivitäten im Bereich Wahlen sind meist zeitlich begrenzt angelegt. Wenn es um die Mobilisierung der Bevölkerung zur Teilnahme an den Wahlen oder um spezielle Kampagnen zur Sicherung eines fairen Wahlkampfes geht, mag dies gerechtfertigt sein. Dennoch sollten diese Ansätze um langfristiger angelegte Projekte im Bereich der politischen Bildung und der Verbreitung demokratischer Werte ergänzt werden, um nicht zu verpuffen und um Nachhaltigkeit zu erzielen. Teilweise gab es auch nationale Entscheidungen, die der Dauer und Intensität externer Maßnahmen Grenzen gesetzt haben. Hierzu gehört etwa die Entscheidung der guatemaltekischen Regierung, die Polizeireform möglichst zügig umzusetzen und die Ausbildungszeiten in der Polizeiakademie zu halbieren, von den einstmals vorgesehenen sechs Monaten auf drei Monate (Glebbeek 2001: 439). Auch die Nachhaltigkeit der Trainingsmaßnahmen im Bereich der Polizeireform lässt zu wünschen übrig – so wurde von 145 Polizisten, die im Rahmen von train the trainers-Kursen ausgebildet wurden, kein einziger Kursteilnehmer als Ausbilder an die Polizeiakademie versetzt und von mehr als Tausend ausgebildeten Ermittlungsbeamten werden nur fünfzehn in dieser Tätigkeit eingesetzt (Scheye 2005: 2). Abschließend sei noch ein anderes Nachhaltigkeitsproblem erwähnt, das mit der Zielgruppenwahl zusammenhängt. So haben internationale Geber vor allem in den ersten Jahren des Friedensprozesses umfangreiche Programme zum Capacity Building des staatlichen Sektors betrieben. Die langfristige Effektivität dieser Maßnahmen ließ jedoch sehr zu wünschen übrig, was weniger an den Teilnehmern oder den Programmen, sondern vielmehr an den spezifischen strukturellen Gegebenheiten in Guatemala lag. Aufgrund des volatilen Charakters der Politik, des geringen Vertrauens und der hohen Bedeutung klientelistischer Beziehungen stellte sich nämlich heraus, dass mit jedem Regierungswechsel (und bisher stellte mit jeder Wahl eine andere Partei den Präsidenten) auch ein Großteil des Personals in den Ministerien ausgewechselt wurde (Fijáte 28.4.2004). Das bedeutet nicht nur, dass sich ein institutionelles Gedächt-
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nis nur schwer herausbilden lässt, sondern auch, dass die in die Fortbildung der Mitarbeiter investierten Ressourcen nicht von dauerhaftem Nutzen sein konnten. Dieses Problem wurde von den Gebern erkannt und hat dazu geführt, dass zumindest einige sich mittlerweile stärker auf die Förderung des zivilgesellschaftlichen Sektors konzentrieren. Die grundsätzliche Herausforderung bleibt damit freilich bestehen: Demokratische Institutionen bedürfen demokratischer Praktiken und damit der Ausbildung des Personals – selbst wenn es alle vier Jahre ausgewechselt wird. Zusammenfassung Wissenstransfer Maßnahmen aus dem Bereich des Wissenstransfers spielten von Anfang an in der externen Demokratieförderung in Guatemala eine große Rolle. Die Maßnahmen reichen von Beratungstätigkeiten über Fortbildungsmaßnahmen und Trainings bis hin zu Informationskampagnen und richten sich an eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure. Die Bedingungen für den Erfolg sind allerdings bestenfalls gemischt. Unter den externen Demokratieförderern haben einige, wie UNDP und OAS, eine gute Reputation, bei anderen, wie insbesondere der spanischen Guardia Civil, ist die Eignung hingegen stark zu hinterfragen. Hinsichtlich der kulturellen Anschlussfähigkeit und der Resonanz sind die Rahmenbedingungen eher ungünstig. Schließlich gibt es auch noch Defizite in Bezug auf die Faktoren Konsistenz und Nachhaltigkeit. 5.2.2.5 Dialog Der Dialog bi- und multilateraler Geber mit der guatemaltekischen Regierung über zentrale Aspekte des Demokratisierungsprozesses findet in unterschiedlichen, zumeist institutionalisierten Zusammenhängen statt. An erster Stelle ist zunächst die Konsultativgruppe zu nennen, die einen Zusammenschluss der wichtigsten Geber darstellt, die im Zuge von insgesamt fünf Treffen140 mit der Regierung Guatemalas zentrale Reformvorhaben diskutierten. Ebenso erörtern bi- und multilaterale Geber ihre jeweilige Förderstrategie in Konsultationsgesprächen mit der Regierung und stimmen sich mit dieser ab. So werden beispielsweise Länderanalyse und Entwicklungsrahmen der Vereinten Nationen (Common Country Assessment und United Nations Development Assistance Frame), welche seit 2000 die Arbeit der verschiedenen Programme und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vor Ort abstimmen sollen, in einem partizipativen Prozess unter Teilnahme von Regierungsvertretern und Zivilgesellschaft ausgearbeitet (Fernández-Maldonado/Tock Quiñónez 2004: 27f.). 140 Hiervon war ein Treffen nicht ausschließlich auf Guatemala bezogen, sondern auf die gesamte Region, da es um die internationale Soforthilfe für die von Hurrikan Mitch getroffenen zentralamerikanischen Staaten ging.
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Die Delegation der Europäischen Kommission in Guatemala unterhält einen Dialog mit der Regierung, in dessen Rahmen auch kritische Themen angesprochen werden, was insbesondere mit der Regierung von Portillo zu Spannungen geführt hat (Thoresen 2004: 32). Auf regionaler Ebene gibt es seit 1984 das Instrument des San José-Dialogs zwischen den zentralamerikanischen Staaten und der EU (früher EG). Hierbei handelt es sich um jährlich stattfindende Treffen mit den zentralamerikanischen Regierungen, bei denen es anfangs vor allem um die Suche nach Lösungen zur Beendigung der kriegerischen Konflikte in der Region und um die Stärkung der Demokratisierungsprozesse ging. Im Dezember 2003 einigten sich die EU und Zentralamerika auf eine neue Dialogvereinbarung, deren Ziel die Erreichung eines Assoziationsabkommens und einer Freihandelszone ist (European Commission 2007a). Ebenso von der EU initiiert, wurde auf nationaler Ebene im März 2001 der sogenannte Mesodialogo eingerichtet. Dieses Dialogforum besteht aus regelmäßigen Zusammenkünften von Vertretern der Europäischen Kommission, der guatemaltekischen Regierung, EU-Mitgliedsstaaten, europäischen NGOs und der guatemaltekischen Zivilgesellschaft. Ziel ist es, Strategien für die Entwicklungszusammenarbeit der EU zu erarbeiten, zu diskutieren, möglichst im Konsens zu beschließen sowie die anschließende Implementierung zu begleiten. Die Arbeit findet einerseits in Plenarsitzungen statt, darüber hinaus wurden acht thematische Sub-Kommissionen gebildet, u.a. zu den Themen Demokratie, Stärkung der Zivilgesellschaft, Justiz, Dezentralisierung und Rechte der indigenen Bevölkerung (Thoresen 2004: 27f.). MINUGUA hatte einen Beobachterposten in der Kommission zur Begleitung der Friedensverträge inne und war damit in ein Dialogforum zur Überwachung der Implementierung der Friedensabkommen eingebunden. Darüber hinaus war die UN-Mission in viele informelle Dialogzusammenhänge involviert und unterhielt durch ihre vergleichsweise große Präsenz im ganzen Land vielfältige Kontakte zu nationalen, regionalen und lokalen Regierenden ebenso wie zu zivilgesellschaftlichen Akteuren. Neben den soeben geschilderten Dialogforen zwischen internationalen Gebern und guatemaltekischen Akteuren gibt es auch von externer Seite initiierte nationale Dialogeinrichtungen. In diesem Fall organisieren die Geber thematische Runde Tische, Konferenzen oder andere Zusammenkünfte, deren Ziel es ist, unterschiedliche guatemaltekische Akteure zusammenzubringen und den Austausch zwischen ihnen anzuregen. Ein Beispiel hierfür ist das bereits oben genannte Programa Valores Democráticos y Gerencia Política (PVDGP) der OAS, das auf die Stärkung des Parteiensystems Guatemalas abzielt. Teil dieses Programms ist die Stärkung des Dialogs zwischen unterschiedlichen Parteien sowie des Dialogs zwischen Parteien und verschiedenen Sektoren der Zivilgesellschaft
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(z.B. mit Frauenorganisationen, Journalisten, Vertretern der Wirtschaft). Ziel des Austausches ist es, zum Abbau von Konfrontationen und Stereotypen beizutragen, die Streitkultur zu verändern und gerade auch zivilgesellschaftlichen Akteuren die Gelegenheit zu geben, politische Gesprächspartner zu finden als Kontaktpersonen für die Weiterleitung politischer Forderungen.141 Von UNDP und NIMD wurde 2002 das Multiparty Dialogue Programme ins Leben gerufen. Dieses Programm brachte Repräsentanten von insgesamt 20 Parteien zur Erörterung politischer Probleme und Herausforderungen zusammen und zielte auf die gemeinsame Erarbeitung einer nationalen Agenda ab. Neben dem Dialog zwischen den Parteien wurde der Austausch durch das Gespräch mit Experten, Wissenschaftlern, nationalen und internationalen Politikern oder sektoralen Repräsentanten ergänzt. Als bilaterale Komponente enthielt das Programm schließlich auch noch die Möglichkeit eines direkten Austausches zwischen politischen Organisationen in Guatemala und den Niederlanden (Díez Pinto/Ángel Balcárcel 2004: 93). Das Programm war eingebettet in das regionale UNDP-Projekt Democratic Dialogue, mit dem Interessenvertreter aus unterschiedlichsten Bereichen zusammengeführt werden, um Lösungen für bestimmte Probleme zu erarbeiten. UNDP organisiert dabei nicht nur die Treffen und leistet technische Unterstützung durch die Moderation von Workshops, die Förderung von Netzwerken und Hilfe beim follow-up und der Implementierung von Vereinbarungen, sondern arbeitet auch im Bereich des Capacity Building und unterstützt die Teilnehmer durch Schulungen im Bereich Dialog und Konsensbildung, Gestaltung von Dialogprozessen und Ähnlichem.142 In Guatemala sind im Rahmen des Democratic Dialogue-Projekts noch andere Dialogprozesse unterstützt wurden, wie z.B. Visión Guatemala, ein multisektoraler Prozess zur Erarbeitung von Entwicklungsszenarien und einer nationalen Vision, ein Dialog der Jugend, ein Projekt im Bereich Bildung oder jüngstens (seit 2006) auch ein Dialog zur Landsituation. Schließlich ist Dialog ein in den Friedensabkommen vorgesehenes Instrument, das die Bearbeitung von Konfliktursachen und die Ausarbeitung politischer Reformen im Zuge der Implementierung der Friedensabkommen erleichtern soll. Schon in den Friedensvereinbarungen war die Einrichtung diverser Kommissionen vorgesehen – entweder multisektorale Kommissionen zu spezifischen Themen wie z.B. die Modernisierung des Justizsystems oder aber paritätische Kommissionen (besetzt mit Vertretern der Regierung und indigenen Repräsentanten), die sich mit den für die indigene Bevölkerung relevanten Themen wie etwa Landreform oder Bildungsreform beschäftigen sollten. Aufgabe der 141
Interview mit Medarda Castro und Nilsa Folgar. Guatemela-Stadt, 23.7.2004. Für einen Überblick über das Programm vgl. die www.democraticdialoguenetwork.org. 142
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Homepage:
Kommissionen war es, Empfehlungen und Gesetzesentwürfe zu entwickeln sowie die Partizipation der guatemaltekischen Gesellschaft zu erhöhen (Kriegman/Clark 2001: 17). Unterstützt wurden einige dieser Kommissionen von PROPAZ143, einem Programm der OAS, das durch die Stärkung von nationalen Konsensbildungs-Kapazitäten und Dialog dazu beitragen sollte, einen erneuten Ausbruch des gewalttätigen Konfliktes zu verhindern (Shamsie 2003: 16). PROPAZ unterstützte und stärkte seit 1996 Dialogmechanismen, Mitarbeiter dienten als unparteiische Vermittler bei Gesprächen und das Programm stellte technische Hilfe bereit und trug durch Workshops und Training dazu bei, die Kommunikations- und Konfliktlösungskapazitäten der Teilnehmer zu stärken (Kriegman/Clark 2001: 20).144 Autorität und Identifikation Die Aspekte Autorität und Identifikation sind schon unter 5.2.2.4 diskutiert worden und werden daher an dieser Stelle nicht nochmals erörtert. Resonanz Auch der Faktor Resonanz wurde bereits oben behandelt (5.2.2.2) und wird daher nicht nochmals aufgegriffen. Gleichberechtigung und Deliberation In den Konsultationsgesprächen zwischen den externen Gebern von Entwicklungshilfe und der guatemaltekischen Regierung ist das Prinzip der Gleichberechtigung schon aus strukturellen Gründen schwer zu erfüllen. Zwar versuchen die Geber, ihre Strategien partnerschaftlich mit den Empfängern zu entwickeln und auf deren nationale Entwicklungsprioritäten Rücksicht zu nehmen, bei Differenzen sitzen aber letztendlich die Geber am längeren Hebel und können ihre eigenen Präferenzen durchsetzen.145 Nicht viel anders sieht es mit dem Prinzip der Deliberation aus. Zwar scheuten sich die meisten Geber, explizit gesetzte Konditionalitäten bei Nichterfüllung der Forderungen konsequent umzusetzen. 143
In der ausführlichen Fassung hatte das Programm den Namen Culture of Dialogue: Development of Resources for Peace-Building. Das Programm der OAS ist 2003 in eine eigenständige Stiftung übergegangen, die Fundación PROPAZ. 144 PROPAZ unterstützte nicht nur die Arbeit der aufgrund der Friedensabkommen gebildeten Kommissionen, sondern förderte auch weit darüber hinaus den intersektoralen Dialog zwischen Regierung und verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren. Neben dieser intersektoralen Komponente hatte das Programm noch einen Schwerpunkt im Bereich Konfliktbearbeitung kommunaler Konflikte sowie Stärkung lokaler Kapazitäten für Konfliktbearbeitung und eine Ausbildungskomponente für das innerhalb des Programms eingesetzte Personal. Für einen Überblick vgl. Kriegman/Clark 2001. 145 Natürlich hat die guatemaltekische Regierung eine Verhinderungsmacht und kann einem Konzept der Entwicklungszusammenarbeit die Zustimmung versagen. Die Konsequenz dessen könnte jedoch bei einem Ausbleiben einer Einigung sein, dass keine Hilfe fließen würde.
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Andererseits ist die unzureichende Implementierung der Friedensabkommen durch die guatemaltekische Regierung selbstverständlich Thema von Konsultationsgesprächen gewesen. Kritik, Druck und ein Drängen auf eine Verbesserung demokratischer Standards und die Beschleunigung sozio-ökonomischer Reformen gingen hier häufig Hand in Hand und haben dabei in einigen Fällen zu einer empfindlichen Störung des Dialogs geführt (Thoresen 2004: 32). Dauer und Intensität Die Intensität des Dialogs zwischen externen Demokratieförderern und guatemaltekischen Regierungsvertretern (sowie teilweise auch Vertretern der Zivilgesellschaft) ist unterschiedlich. Teilweise finden die Treffen nur sehr unregelmäßig statt. Die Konsultativgruppe ist beispielsweise zuletzt 2003 zusammengekommen. Es gibt jedoch auch regelmäßige Zusammenkünfte – so trifft sich etwa das Regierungskabinett im vierteljährlichen Rhythmus mit Vertretern der internationalen Gebergemeinschaft (IDB 2004: 38). Insbesondere die EU hat durch die Einrichtung des Mesodialogo die Intensität des Dialogs mit Vertretern von Regierung, Zivilgesellschaft und anderen Gebern gestärkt. Durch den Abzug von MINUGUA, die in regelmäßigem Austausch mit diversen guatemaltekischen Akteuren gestanden hatte, ist an anderer Stelle jedoch auch ein Rückgang des Dialogs festzustellen. Konsistenz und Klarheit Der Konsistenz des Dialogs kommt zugute, dass die Geber in Guatemala gemeinsam auf das übergeordnete Ziel der Umsetzung der Friedensabkommen sowie der darin enthaltenen Kernpunkte zur Demokratisierung hinarbeiten. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Guatemala positiv von den Entwicklungen in El Salvador und in Nicaragua. Gemindert werden Konsistenz und Klarheit des Dialogs allenfalls durch die unterschiedlichen Einschätzungen der Geber bezüglich der Bewertung der Fortschritte und Probleme des Landes (vgl. 5.2.2.1). Zusammenfassung Dialog In Guatemala gibt es verschiedene institutionalisierte Zusammenhänge für den Dialog zwischen externen Akteuren und der guatemaltekischen Regierung sowie teilweise auch Vertretern der Zivilgesellschaft. Da der Austausch jedoch zumeist im direkten Zusammenhang mit der Vergabe von Entwicklungshilfe steht, ist die Gewährleistung von Gleichberechtigung und Deliberation beeinträchtigt. Ansonsten sind die Erfolgsbedingungen hinsichtlich Konsistenz und Intensität günstiger, in Bezug auf die Resonanz hingegen ungünstig. Bemerkenswert ist, dass externe Geber in Guatemala zahlreiche Dialogforen für den nationalen Dialog errichtet und unterstützt haben.
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5.2.2.6 Fazit: Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung Das Haupthindernis für den Demokratisierungsprozess in Guatemala liegt in dem Kräfteverhältnis zwischen Reformbefürwortern und Reformgegnern. Die prodemokratischen Kräfte in der Zivilgesellschaft haben seit der Unterzeichnung des Friedensvertrages immer mehr an Einfluss verloren. Dies hat unterschiedliche Gründe. So gelang es den pro-demokratischen Kräften beispielsweise nicht, starke Unterstützung für ihr Anliegen in der Bevölkerung zu mobilisieren. Im Gegenteil, diese hat sich eher frustriert von der Politik abgewandt, weil weder Friedens- noch Demokratisierungsprozess spürbare Verbesserungen für das alltägliche Leben gebracht haben. Darüber hinaus ist die Zivilgesellschaft stark fragmentiert und zerstritten und es gelingt ihr nicht, sich für zentrale Reformvorhaben gemeinsam zu organisieren. Schließlich scheuen viele nicht-staatliche Organisationen immer noch den direkten Kontakt und die Einflussnahme auf politische Akteure, was dazu führt, dass Vorschläge aus der Zivilgesellschaft nicht Eingang in den politischen Prozess finden. Die Gegner des Demokratisierungsprozesses hingegen haben seit 1996 kontinuierlich an Macht gewonnen. Unter der Regierung von Alvaro Arzú, der selbst durchaus als Reformer angetreten war, gewannen in innerparteilichen Auseinandersetzungen des PAN schon recht bald die Status-quo-orientierten Blockadekräfte die Oberhand. Die Lage verschlechterte sich weiter unter der Präsidentschaft von Alfonso Portillo von der Partei FRG. Die FRG gehörte zu den Gegnern der Friedensabkommen und es ist somit nicht verwunderlich, dass die Implementierung der Abkommen nach dem Antritt der FRG-Regierung stagnierte bzw. sogar Rückschritte machte. Hinzu kommt der enorme Einfluss von Blockadekräften auf die FRG, zu deren Führungsriege nicht nur Hardliner des guatemaltekischen Militärs gehören. Vielmehr erhält sie auch finanzielle Unterstützung von Akteuren aus der Wirtschaft, denen enge Verbindungen zum organisierten Verbrechen nachgesagt werden (Ruhl 2004: 68). Dem Einfluss dieser Veto-Akteure konnte auch unter der Präsidentschaft von Oscar Berger nicht Einhalt geboten werden.146 Der Grund wiederum, warum die einflussreichen und durchsetzungsfähigen Kräfte in der guatemaltekischen Gesellschaft gegen eine Stärkung von Demokratie sowie von Staatlichkeit sind, liegt in deren Kosten-Nutzen-Kalkulation: Sie ziehen schlichtweg mehr Vorteile aus dem bestehenden Status quo und wollen diesen daher nicht verändert sehen. Vor dem Hintergrund dieser Analyse kann die externe Demokratieförderung in Guatemala nicht als angemessen betrachtet werden. Wenn Demokratisierungsprobleme in der Kosten-Nutzen-Kalkulation der politisch Mächtigen begründet sind, dann können externe Akteure am ehesten mit Anreizen und Sankti146
Auch unter der aktuellen Regierung von Álvaro Colom gibt es bisher keine Veränderungen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
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onen (sowie mit Abstrichen mit sozialer Einflussnahme) zur Überwindung dieser Hindernisse beitragen. Konditionalität wurde in Guatemala jedoch nur selten im Sinne einer ‚Demokratie-Konditionalität‘ eingesetzt, und wenn, dann weder zielgerichtet noch konsistent von allen Gebern. Gerade die USA, die über die größte Verhandlungsmacht verfügen, hielten sich mit Forderungen nach demokratischen Reformen – und noch mehr mit der Konditionalisierung dieser – zurück. Hinzu kommen ungünstige Ausgangsvoraussetzungen für den Erfolg von Konditionalität aufgrund einer vergleichsweise geringen Abhängigkeit Guatemalas und einer dafür umso stärkeren Position der Veto-Akteure. Auch für das Instrument der sozialen Einflussnahme waren die Bedingungen nicht erfolgsversprechend, was v.a. an der fehlenden Autorität von MINUGUA lag. Dieser gelang es in der Regel nicht, ihren Einfluss auf die verschiedenen guatemaltekischen Regierungen geltend zu machen. Über die in den Verifikationsberichten enthaltene Kritik äußerten diese sich zwar häufig ablehnend bis empört, zu einer Veränderung der Politik sahen sie sich jedoch nicht veranlasst (Peceny/Stanley 2001: 174f.). Hinsichtlich der anderen Instrumente waren die Erfolgsbedingungen günstiger, aber auch hier gibt es Defizite. Negativ für die Erfolgsaussichten von materieller Unterstützung war die fehlende Nachhaltigkeit bzw. die Gefahr der Entstehung von Abhängigkeiten. Beim Einsatz des Instruments des Wissenstransfers gab es Defizite bezüglich der Dauer und Intensität der Maßnahmen, ihrer Konsistenz sowie der Nachhaltigkeit. Beim Dialog konnten die Anforderungen von Gleichberechtigung und Deliberation nicht erfüllt werden. Entscheidend ist jedoch, dass diese Instrumente nicht an den zentralen Ursachen der Demokratisierungsprobleme in Guatemala ansetzten. Zwar gibt es in Guatemala durchaus das Problem fehlender Kapazitäten, unzureichender Kompetenzen oder demokratieaverser Überzeugungen. Dem vorgelagert ist jedoch das Problem der Kosten-Nutzen-Kalkulation der einflussreichen Blockadekräfte. Solange diese Kräfte kein Interesse an Reformen sowie die Macht zur Verhinderung dieser haben, können besser ausgestattete Parlamente oder besser geschultes Personal und eine informierte Bevölkerung alleine den Demokratisierungsprozess nicht entscheidend voranbringen.
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Abbildung 9:
Kernproblem und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in Guatemala
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Abschließend betrachtet wird der Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung in Guatemala als gering angemessen betrachtet. Dies hat zwei Gründe: 1.
Das am stärksten eingesetzte Instrument externer Demokratieförderung in Guatemala ist Wissenstransfer. Dies ist nicht angemessen, da die wesentliche Ursache für die Demokratisierungsprobleme Guatemalas in der KostenNutzen-Kalkulation von Veto-Akteuren zu suchen ist.
2.
Konditionalität als Instrument, das für die Veränderung von Kosten-NutzenKalkulationen geeignet ist, wurde nur wenig eingesetzt. Außerdem waren die Erfolgsbedingungen hierfür nicht erfüllt.
5.3 Die abhängige Variable: Erfolgreiche Friedenskonsolidierung in Guatemala? Der Krieg in Guatemala ist beendet. Darin sind sich alle einschlägigen Kriegsdatensätze einig. So führt die AKUF 1996 als letztes Kriegsjahr in Guatemala an, das Correlates of War Project, das eine Mindestzahl von Toten in seine Kriegsdefinition integriert hat, zählt sogar 1984 als letztes Kriegsjahr. In der Datenbank des Uppsala Conflict Data Programs wird Guatemala bis 1987 als Krieg und ab 1988 bis 1995 als „minor armed conflict“ aufgeführt.147 Kriegsbeendigung bedeutet aber nicht zwingend, dass die Friedenskonsolidierung geglückt ist. Betrachtet man sich die Bilanz des Friedensprozesses nach mehr als zehn Jahren, so sind auf der Positivseite zu verbuchen: das Ende der bewaffneten Auseinandersetzung, die Verbesserung der Menschenrechtssituation, die Zunahme politischer Freiheiten, die Konsolidierung des demokratischen Wahlregimes und Gesetze zur Verringerung des Ausschlusses der indigenen Bevölkerung (Aguilera 2005; Azpuru et al. 2004). Auf der Negativseite stehen die immer noch unvollständige Implementierung der Friedensabkommen, insbesondere hinsichtlich der Lösung struktureller Probleme wie sozio-ökonomische Ungleichheit, die trotz gesetzlicher Reformen weiter existierende Exklusion der indigenen Bevölkerung und die prekäre Situation des Rechtsstaats, insbesondere die Straflosigkeit (Kompass 2007; Poonal 15.5.2007). Die reale Lebenssituation der Menschen in Guatemala hat sich mit dem Ende des Krieges nicht wesentlich verbessert. So leben 56,2 Prozent der Bevölkerung in relativer Armut (gemessen an der nationalen Armutsgrenze) und 13,5 Prozent leben in extremer Armut und 147
Die Datensätze sind online auf den Webseiten der Projekte abzurufen. AKUF: http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege_archiv.htm; Correlates of War: http://www.correlatesofwar.org/; Uppsala Conflict Data Program: http://www.pcr.uu.se/database/index.php (12.5.2007).
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müssen von weniger als einem US-Dollar am Tag leben. Im UNDP Bericht über die menschliche Entwicklung 2006 wird Guatemala an 118. Stelle im Human Development Index geführt (UNDP 2006: 285) und nimmt damit den vorletzten Platz unter allen lateinamerikanischen Ländern ein (Haiti liegt auf Platz 154, insgesamt sind 177 Länder aufgeführt).148 Es gehört zu einem der Länder mit der größten sozialen Ungleichheit (World Bank 2003: 13) und zeichnet sich durch enorme Gegensätze zwischen Arm und Reich aus, die sich auch in der Verteilung von Land widerspiegeln. So wird geschätzt, dass etwa zwei Prozent der Landbesitzer über 72 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen besitzen, 87 Prozent der Landbesitzer müssen sich hingegen mit Subsistenzwirtschaft begnügen und verfügen gemeinsam nur über 15 Prozent des bewirtschaftbaren Landes (Krznaric 2005: 4).149 Neben diesen sozio-ökonomischen Problemen leidet die Bevölkerung unter einem enormen Anstieg der Gewaltkriminalität bei gleichzeitig weit verbreiteter Straflosigkeit und einer schwachen Polizei, die das Sicherheitsproblem nicht in den Griff bekommt (Hofmann 2006a: 142). In der dieser Arbeit zugrundeliegenden Definition und Operationalisierung der abhängigen Variable ‚Erfolg der Friedenskonsolidierung‘ werden sozioökonomische Probleme allerdings nicht berücksichtigt. Die Indikatoren zur Bestimmung des Wertes der abhängigen Variable lauten vielmehr: 1.
Abwesenheit von Krieg;
2.
Verlauf der Demobilisierung;
3.
Androhung von Gewalt als Mittel des Konfliktaustrags;
4.
das generelle Gewaltniveau der Gesellschaft (vgl. hierzu 4.2).
Ad 1) Wie bereits ausgeführt wurde, gibt es in Guatemala keinen Krieg und auch keinen bewaffneten Kampf mehr. Ad 2) Die Demobilisierung der URNG ist erfolgreich und ohne größere Zwischenfälle verlaufen (Hauge/Thoresen 2007: 45; Stanley/Holiday 2002: 446; Zinecker 2006: 6).150 Weniger reibungslos ist die Demilitarisierung der Armee verlaufen, wie bereits oben geschildert wurde. Erst unter der Präsidentschaft von 148
Im globalen Vergleich konnte Guatemala seine Position damit trotz Friedensprozess nicht verbessern. Denn schon im Bericht über die menschliche Entwicklung 1999 wird Guatemala auf dem 117. Rang des Human Development Index geführt (auf der Basis der Daten von 1997) (UNDP 1999: 136). 149 Andere Studien gehen von einer etwas weniger extremen Verteilung des Landes aus. Demnach besitzen 2 Prozent der Produzenten 56,6 Prozent des Landes, die kleinsten Betriebe – 45,7 Prozent – müssen sich hingegen mit 3,2 Prozent des Landes zufrieden geben (FIAN 2007: 7). 150 Nicht ganz so erfolgreich ist die wirtschaftliche Reintegration der Ex-Kombattanten verlaufen. Viele der ehemaligen Guerillakämpfer müssen um das tägliche Überleben kämpfen und im Allgemeinen ist es der URNG nicht gelungen, sich in eine starke politische Reformkraft zu transformieren (Hauge/Thoresen 2007: 23ff.).
171
Oscar Berger konnten hier substantielle Fortschritte erzielt werden. So reduzierte Berger die Truppenstärke von 27.000 auf 15.500 Mann und kürzte den Verteidigungshaushalt auf 0,33 Prozent des Bruttoinlandprodukts (laut Friedensabkommen wären bis zu 0,66 Prozent erlaubt) (MINUGUA 2004: 11). Ad 3) Besorgniserregend ist allerdings das Wiederauftauchen von Gewalt als Mittel der Interessendurchsetzung. Die Wahlkampagne von 2003 war von einem Klima der Angst und Spannungen rund um die Kandidatur des ehemaligen Diktators Riós Montt geprägt.151 Im Vorfeld einer anstehenden Entscheidung des Verfassungsgerichts über die Rechtmäßigkeit der Kandidatur von Riós Montt organisierte und finanzierte dessen Partei den gewaltsamen Aufstand von Anhängern sowie von zum Protest gezwungenen Staatsangestellten und Bauern (Fijáte 13.8.2003: 3), die am 24. und 25. Juli 2003 das Zentrum von GuatemalaStadt besetzten und als Schlägertrupps durch die Straßen wüteten. Journalisten und Richter, die sich gegen die Kandidatur wandten, wurden eingeschüchtert, bedroht und attackiert.152 Riós Montt selbst hatte indirekte Drohungen ausgesprochen und angedeutet, seine Basis nicht mehr kontrollieren zu können, falls seine Kandidatur scheitere (Garbers 2003). Von Beobachtern wurde angenommen, dass die FRG die Gewalt bewusst einsetzte, um ihre schlechten Wahlchancen angesichts der von Korruption und Skandalen geprägten Regierungszeit von Portillo zu verbessern. Pablo Rodas Martini vom Forschungsinstitut ASIES bringt diese Einschätzung folgendermaßen auf den Punkt: In den letzten Jahren musste die FRG nicht auf die Gewalt zurückgreifen, da sie auf Rückhalt in der Bevölkerung zählen konnte. Jetzt, wo ihr die Sympathien entglitten sind, hat sie sich zu einem verletzten Tier gewandelt und schickt ihre Kampftruppen auf die Strassen [sic]. Die faschistische Natur der Partei zeigt sich heute in ihrer ganzen Dimension. (Fijáte 13.8.2003: 1).
Auch die Re-Formation der zivilen Selbstverteidigungspatrouillen (PAC) gibt Hinweise darauf, dass Gewalt in Guatemala wieder zunehmend als Mittel der politischen Interessendurchsetzung eingesetzt wird. Um ihre Forderungen nach 151
Die Verfassung Guatemalas verbietet die Präsidentschaftskandidatur ehemaliger Putschisten. Efrain Riós Montt und die FRG argumentieren jedoch, die Verfassung könne nicht rückwirkend geltend gemacht werden und die entsprechende Regelung habe es 1982, als Riós Montt durch einen Putsch an die Macht kam, noch nicht gegeben. Vom Obersten Wahlgericht wurde seine Zulassung zur Wahl (die 1999 schon einmal gescheitert war) abgelehnt, das Verfassungsgericht revidierte diese Entscheidung jedoch. Daraufhin erhob der Oberste Gerichtshof Einspruch gegen die Entscheidung des Verfassungsgerichts. Letztlich entschied das Verfassungsgericht am 8. August 2003 – eine Woche nach den gewaltsamen Unruhen –, dass die Eintragung von Riós Montt ins Wahlregister vorzunehmen sei und verbot dem Obersten Gerichtshof jede weitere Einmischung. 152 Ein Journalist überlebte die Verfolgung nicht und verstarb an einem durch die Hetzjagd ausgelösten Herzinfarkt.
172
Kompensationszahlungen zu unterstreichen, geben sich die PAC nicht mit Demonstrationen und Straßenblockaden zufrieden, sondern versuchen öffentliche Aufmerksamkeit durch Entführungen und andere gewaltsame Aktivitäten zu gewinnen (Kron 2005). Im Mai 2003 wurden beispielsweise einige kommunale Gebäude und der Markt in Chicacao niedergebrannt (MINUGUA 2003: 3). Auch wurden Abgeordnete im Vorfeld von Kongressentscheidungen über Kompensationszahlungen massiv bedroht. Über diese einzelnen illustrative Beispiele hinaus ist festzuhalten, dass politisch motivierte Gewalt in Guatemala allgegenwärtig ist. Zwar geht diese nicht mehr, wie zu Zeiten des Bürgerkriegs, vom Staat selbst aus, gleichzeitig wird sie von diesem aber auch nicht bekämpft, sondern vielmehr „toleriert“ (Zinecker 2006: 6) und durch die weitverbreitete Straflosigkeit begünstigt. Zielscheibe von Drohungen, Anschlägen, Entführungen und Morden sind Journalisten, Justizbeamte, Menschenrechtsaktivisten und Politiker, die gegen Bestechung, Korruption und vor allem die Straflosigkeit kämpfen. Ebenso sind Reformkräfte, die sich für wirtschaftliche und soziale Rechte sowie das Ende der Diskriminierung der indigenen Bevölkerung einsetzen, Bedrohungen ausgesetzt (Peacock/Beltrán 2003: 2). Begangen werden die Gewaltakte von klandestinen Gruppen, die sich aus aktiven und ehemaligen Angehörigen des Militärs und der Polizei, aus Mitarbeitern privater Sicherheitsdienste und aus Kriminellen und jugendlichen Bandenmitgliedern zusammensetzen und im Auftrag der sogenannten poderes ocultos (geheime Mächte) agieren. Diese Kräfte sind ein Netzwerk einflussreicher Personen (darunter besonders viele ehemalige Militärs), die sich an illegalen Aktivitäten wie Drogenhandel, Schmuggel, Geldwäsche, Waffenschmuggel und Entführungen bereichern und aufgrund ihrer hervorragenden Kontakte in die Politik und den Justizsektor ihre Straflosigkeit wahren können – bzw. all die Kräfte, die diese Straflosigkeit zu bekämpfen drohen, einschüchtern oder auch ermorden lassen (Peacock/Beltrán 2003: 5ff.; Zinecker 2006: 6ff.). Die politische Gewalt dauert bis heute an. Zwischen dem inoffiziellen Beginn des Wahlkampfes für die Wahlen 2007 im März 2006 und dem Wahltag am 9. September 2007 sind 51 Personen ermordet worden, die entweder für die Wahlen kandidierten oder aber Kandidaten unterstützten (Mirador Electoral 2007: 3f.). Ad 4) Schließlich ist auch festzustellen, dass die Gewaltkriminalität in der Nachkriegszeit enorm angestiegen ist. Guatemala hat einen wenig schmeichelhaften Spitzenplatz in den Gewaltstatistiken und ist nach Kolumbien und El Salvador das gewaltreichste Land Lateinamerikas. Die Homizidrate lag nach Polizeiangaben 2004 bei 36,4 Tötungsdelikten pro 100.000 Einwohner (Stanley
173
2007: 143).153 Im Durchschnitt ist das Ausmaß der Nachkriegsgewalt damit höher als das der Kriegsgewalt (Zinecker 2006: 3ff.). Besondere Aufmerksamkeit haben in den vergangenen Jahren zwei Phänomene der Gewalt gefunden. Erstens die wachsende Zahl an Femiziden154 und zweitens das Phänomen von Jugendbanden, sogenannten Maras155, denen in den Medien und von Seiten der Regierung die überwiegende Zahl der Gewalttaten zugeschrieben wird. Während zivilgesellschaftliche Akteure der Regierung Untätigkeit angesichts der Zunahme von Frauenmorden vorwerfen (amnesty international 2006c; Vogel 2006; Huffschmid 2006: 77), sind die Maras als Sicherheitsgefahr in den öffentlichen und medialen Diskursen omnipräsent und werden als Rechtfertigung für eine Politik des harten Durchgreifens herangezogen (Huhn/Oettler 2006). Zusammenfassend ist die Friedenskonsolidierung in Guatemala als nicht erfolgreich zu bewerten (vgl. zur Verortung eingefärbte Fläche in Abbildung 10). Zwar ist der Krieg beendet worden und auch die Demobilisierung der Kombattanten ist geglückt, aber die Androhung von Gewalt sowie der tatsächliche Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung politischer Interessen sind weiterhin weit verbreitet. Ebenso ist die Gewalt aus den Zeiten des Krieges durch andere Formen der kriminellen Gewalt substituiert worden. Auf dem Kontinuum zwischen Scheitern und Erfolg der Friedenskonsolidierung befindet sich Guatemala somit bestenfalls auf halber Strecke.
153 Zum Vergleich: Die Homizidrate in Westeuropa lag 2000 bei 1,4 Tötungen pro 100.000 Einwohner (UNDP 2005: 111). Allerdings ist zu vermerken, dass die Daten für Guatemala sich je nach Quelle sehr stark unterscheiden. So vermeldet das guatemaltekische Statistikamt INE für 2004 21,4 Homizide pro 100.000 Einwohner, die Staatsanwaltschaft hingegen 90,7 Homizide (Stanley 2007: 143). Unterschiede der Statistik mögen z.T. auf verschiedenen Annahmen über die Gesamteinwohnerzahl Guatemalas beruhen. 154 2002 gab es 163 gewaltsame Tötungen von Frauen, 2005 hingegen waren es schon 665 (amnesty international 2006c). 155 Maras sind in ganz Zentralamerika anzutreffen. Besonders verbreitet sind die Jugendbanden jedoch in Honduras, El Salvador und Guatemala (UNDOC 2007: 60).
174
Abbildung 10:
Der Erfolg der Friedenskonsolidierung in Guatemala
5.4 Hypothesentest 5.4.1
Korrelationsanalyse
In dieser Arbeit wurden zwei Hypothesen zum Beitrag externer Demokratieförderung zur Friedenskonsolidierung entwickelt. Im Folgenden soll nun die Plausibilität dieser Hypothesen anhand des Fallbeispiels Guatemala geprüft werden. Die erste Hypothese lautet: Je mehr externe Demokratieförderung Institutionen des Interessenausgleichs fördert, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
Diese Hypothese kann in der Korrelationsanalyse weder falsifiziert noch plausibilisiert werden. Wie die Auflistung in Tabelle 5 (Spalte Hypothese 1) zeigt, war die externe Demokratieförderung in Guatemala nur moderat auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs (= die unabhängige Variable) ausgerichtet (vgl. 5.2.1.4). Die Friedenskonsolidierung (= die abhängige Variable)
175
kann hingegen nicht als Erfolg gewertet werden, auch wenn es heute in Guatemala keinen Krieg mehr gibt (vgl. 5.3).
Wert der u.V.
Wert der a.V. (Friedenskonsolidierung) Tabelle 5:
Hypothese 1 (Förderung von Interessenausgleich)
Hypothese 2 (Angemessenheit der Instrumente)
Moderat
Gering
Kein Erfolg
Kein Erfolg
Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen für den Fall Guatemala
Damit entsprechen sich die Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen zwar nicht in dem Maße, wie es von Hypothese 1 prognostiziert wird, andererseits widersprechen sie sich aber auch nicht. In einer eher die Hypothese bestätigenden Lesart könnte argumentiert werden, dass der Interessenausgleich zu wenig gefördert wurde und dass daher die Friedenskonsolidierung nicht erfolgreich war, sie aber zumindest auch nicht vollkommen scheiterte und es zu keinem erneuten Kriegsausbruch kam. In einer die Hypothese eher verwerfenden Interpretation wäre hingegen hervorzuheben, dass obwohl die externe Demokratieförderung zumindest einen moderaten Fokus auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs legte, eine Friedenskonsolidierung nicht gelang. Um zu einer substantiell besseren Einschätzung der Erklärungskraft der Hypothese zu gelangen, werden daher im folgenden Kapitel die Kausalmechanismen durch eine Prozessanalyse beleuchtet werden. Die zweite Hypothese lautet: Je angemessener die Instrumente externer Demokratieförderung sind, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
Diese Hypothese wird durch den Korrelationstest zunächst bestätigt (siehe Tabelle 5). So wurde als Wert für die unabhängige Variable ein ‚gering angemessener‘ Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung bestimmt (vgl. 5.2.2.6), bezüglich der abhängigen Variablen wurde hingegen festgestellt, dass die Friedenskonsolidierung nicht erfolgreich war. Die Kovarianz dieser beiden Variablen kann allerdings purer Zufall sein und muss nicht auf einer Kausalität beruhen. Im
176
folgenden Abschnitt sollen daher auch die Kausalmechanismen der zweiten Hypothese nochmals näher beleuchtet werden.
5.4.2
Mehr als nur Korrelation? Ein Blick auf kausale Zusammenhänge
Dreh- und Angelpunkt dieser Arbeit ist die Untersuchung des Verhältnisses zwischen Demokratie, Demokratisierung und Demokratieförderung auf der einen Seite sowie Gewalt und Frieden auf der anderen Seite. Wie kann Demokratieförderung zur Friedenskonsolidierung beitragen, wenn doch gerade der Demokratisierungsprozess selbst gewaltträchtig ist? Betrachtet man den Fall Guatemala, so lässt sich durchaus empirische Evidenz dafür finden, dass Demokratisierungsprozesse Gewalt begünstigen können. Denn erstens geht ein großer Teil der in Guatemala zu beobachtenden politischen Gewalt auf Akteure zurück, die ihre Machtposition durch den Demokratisierungsprozess gefährdet sehen. Dazu gehören: 1.
ehemalige Militärs, die einer strafrechtlichen Verfolgung für begangene Menschenrechtsverletzungen entgehen wollen,
2.
Angehörige der organisierten Kriminalität, die sich gegen eine Störung ihrer illegalen Geschäfte durch die Beendigung der Straflosigkeit zur Wehr setzen (geheime Mächte) und Teile der Agraroligarchie und des Unternehmertums, die eine Veränderung der Wirtschaftstrukturen zu ihren Ungunsten ablehnen.
3.
Zwar setzen nicht alle diese Gruppen Gewalt zur Durchsetzung ihrer Interessen ein, aber insbesondere die geheimen Mächte und paramilitärischen Gruppen sowie einige ehemalige Militärs setzen auf die Verbreitung von Angst und Terror (Gimbel 2005). Zweitens ist zu beobachten, dass im Vorfeld von Wahlen die politische Gewalt zunimmt. Der wettbewerbs- und konfliktfördernde Charakter von Wahlen führte in Guatemala zu Fehlentwicklungen, die von der Einschüchterung politischer Gegner bis zu deren Ermordung reichten. Beispiele für Gewalteskalationen im Zusammenhang mit Wahlen sind die bereits genannten Ausschreitungen um die Kandidatur von Ríos Montt, die hohe Opferzahl der Wahlkampagnen156 sowie gewaltsame Zusammenstöße von Anhängern unterschiedlicher Kandidaten,
156 Diese Gewalt scheint zuzunehmen. Während amnesty international 2003 noch von 21 Morden berichtete (amnesty international 2003a), die einen unmittelbaren Zusammenhang zu den Wahlen hatten, wurden während des Wahlkampfes 2007 51 Personen ermordet.
177
die Wahllokale zerstörten, Urnen verbrannten und sich wechselseitig bedrohten.157 Um den Zusammenhang zwischen Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung näher zu beleuchten, werden im Folgenden die Hypothesen 1 und 2 einer näheren Prozessanalyse unterzogen. 5.4.2.1 Hypothese 1 Lenkt man den Blick auf den Zusammenhang zwischen externer Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung, so lässt sich die erste Hypothese auch bei einer tieferen Prozessanalyse zunächst nicht bestätigen. Diese Prozessanalyse folgt folgendem Kausalmechanismus:
Abbildung 11:
Kausalmechanismus Hypothese 1 für Guatemala
Es gibt keine Hinweise darauf, dass eine unzureichende Konzentration externer Geber auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs den ausbleibenden Erfolg der Friedenskonsolidierung begründet. Dies zeigt sich an einem Vergleich der für die politische Gewalt verantwortlichen Akteure mit den marginalisierten Akteuren in Guatemala. Für die Gewalttaten im Vorfeld der Wahlen 2003 wurden zu einem großen Teil die FRG und Kreise um den ehemaligen Diktator Ríos Montt verantwortlich gemacht. Für die generelle Einschüchterung, Bedrohung und Ermordung von Menschenrechtsverteidigern, Journalisten, Justizbeamten, Politikern oder anderen Personen, die sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzten, sind hingegen die ‚geheimen Mächte‘ verantwortlich. Als Gewaltakteure traten außerdem auch die wiederformierten Selbstverteidigungspatrouillen auf, die mit gewaltsamen Protesten, Entführungen und Drohungen ihren Entschädigungsforderungen Geltung verleihen wollten. Zu einem gewissen Grade setzten schließlich auch Blockadekräfte aus der Agraroligarchie und dem Unternehmertum Gewalt ein, um ihre Interessen durchzusetzen – so beispielsweise durch die Anheuerung privater Sicherheitskräfte, um Landarbeiter 157 So ist es unmittelbar nach den Wahlen am 9. September 2007 zu Ausschreitungen im Department Alta Verapez gekommen, bei denen drei Menschen getötet wurden, der Sohn eines Kandidaten entführt wurde und Verwaltungsgebäude zerstört wurden (Poonal 18.9.2007).
178
einzuschüchtern (Mizgata 2006: 3). All diesen Akteuren ist eines gemeinsam: Sie gehören nicht zu denjenigen Gruppen der guatemaltekischen Bevölkerung, deren Interessen im politischen Prozess marginalisiert sind und die deshalb auf eine besondere Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs angewiesen wären. Ganz im Gegenteil – diese Gruppen verfügen über besonders gute Kontakte zu Entscheidungsträgern in der Politik. Es sind also nicht, wie die kausale Logik der Hypothese vermuten lässt, die marginalisierten und von einem Interessenausgleich ausgeschlossenen Akteure, die in Guatemala zu Gewalt als letztem Mittel der Einflussnahme greifen, sondern es sind vielmehr mächtige Akteure, die Gewalt zusätzlich zu ihrem ohnehin schon hohen Einfluss in politischen Entscheidungsprozessen einsetzen, um ihre Interessen durchzusetzen. Auch die Betrachtung der Gewaltkriminalität – die neben der politischen Gewalt ein weiterer Indikator für die Einstufung der Friedenskonsolidierung als ‚nicht erfolgreich‘ ist – bietet nur schwache Indizien für eine Bestätigung der Hypothese. Zwar kann die Lynchjustiz als eine Form von Gewalt betrachtet werden, die von der Straflosigkeit in Guatemala befördert wird. Insofern kann durchaus argumentiert werden, dass Menschen zu Gewalt greifen und das Recht selbst in die Hand nehmen, wenn sie ihre Interessen durch bestehende Institutionen nicht gewährleistet sehen. Andererseits ist Lynchjustiz mit einem Anteil von nur einem Prozent an den Homiziden zwischen 1997 und 2004 (Zinecker 2004: 12) lediglich für einen sehr geringen Teil der Gewalt in Guatemala verantwortlich. Der hohe Anteil der Gewaltkriminalität, der sich in Überfällen auf Bussen, Einbrüchen, Autodiebstählen, Entführungen, Schutzgelderpressungen u.ä. niederschlägt, ist hingegen eher sozio-ökonomisch bedingt und stellt für marginalisierte Akteure einen „alternativen Zugang zum Markt“ (Zinecker 2006: 22) dar. Im Falle der Maras mögen ferner noch weitere, sozio-psychologische Faktoren für die Erklärung der Gewalt hinzukommen (Peetz 2004). Defizite der Institutionen des Interessenausgleichs können hingegen allenfalls indirekt eine Erklärung für das hohe Ausmaß der Gewaltkriminalität liefern: nämlich dann, wenn man argumentiert, dass die Nicht-Beachtung der Grundbedürfnisse großer Teile der Bevölkerung im politischen Entscheidungsprozess dazu führt, dass sozioökonomische Reformen ausbleiben und sich diese Menschen in einer prekären Situation befinden, die wiederum Gewaltkriminalität begünstigt.158 Alleine die Feststellung, dass gegenwärtige Gewaltphänomene, die als Indikatoren für ein (partielles) Scheitern der Friedenskonsolidierung herangezogen
158 Der Zusammenhang zwischen Armut und Gewaltkriminalität ist nicht deterministisch. Das zeigt bereits der Blick auf das noch ärmere Nicaragua, in dem das Gewaltniveau um ein Vielfaches geringer als in Guatemala ist.
179
werden, nicht auf fehlende Institutionen des Interessenausgleichs159 zurückzuführen sind, widerlegt freilich noch nicht jegliche potentielle Erklärungskraft der Hypothese. So schließen Beobachter nicht aus, dass die Frustration über politische Machtlosigkeit, Exklusion und sozio-ökonomische Marginalisierung durchaus ein Faktor ist, der in Zukunft zu einem erneuten Gewaltausbruch führen könnte.160 Erste Indizien hierfür könnten die in den letzten Jahren gehäuft auftretenden gewaltsamen Eskalationen sozialer Konflikte sein. So ist unter der Regierung von Oscar Berger eine deutliche Intensivierung der Konflikte zwischen Großgrundbesitzern und Landarbeitern (Campesinos) zu beobachten und die Zahl gewaltsamer Räumungen von Fincas, bei denen Sicherheitskräfte ihre Macht missbrauchten und es zu Verletzten und Toten kam, ist stark angestiegen (amnesty international 2006; FIAN 2005: 7; Mizgata 2006). Eine Zunahme gewaltsamer Zusammenstöße, hervorgerufen durch repressiven und überzogen brutalen Polizeieinsatz, ist auch im Zusammenhang mit Protestaktionen gegen das Freihandelsabkommen CAFTA (Central America Free Trade Agreement) sowie gegen die Gewährung von Schürfrechten an internationale Unternehmen zu verzeichnen (Isaacs 2006). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die erste Hypothese durch eine Prozessanalyse nicht plausibilisiert werden kann. Die politische Gewalt, welche die Friedenskonsolidierung in Guatemala behindert, lässt sich nicht auf fehlende Institutionen des Interessenausgleichs zurückführen, sondern hat andere Gründe. Indizien gibt es jedoch dafür, dass die Hypothese ein sich momentan anstauendes Konfliktpotenzial erklären kann, das möglicherweise in Zukunft zu einer erheblichen Gewalteskalation führen könnte. 5.4.2.2 Hypothese 2 Die zweite Hypothese geht davon aus, dass durch nicht angemessene Instrumente der Demokratieförderung eine Unterstützung des Demokratisierungsprozesses ausbleibt und dieser somit stagniert oder rückläufig ist. Diese Demokratisierungsdefizite wiederum erschweren die Friedenskonsolidierung (vgl. dazu auch Abbildung 12).
159 Wenn in der Rückwirkung die Kausalkette schon bei den Institutionen des Interessenausgleichs unterbrochen wird, dann ist die eigentliche unabhängige Variable dieser Arbeit, nämlich die Ausrichtung externer Demokratieförderung auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs, erst recht nicht erklärungskräftig. 160 Interview mit Sabine Kurtenbach, München, 1.7.2004 sowie mit Magdalene Reuter, GuatemalaStadt, 10.9.2004.
180
Instrumente der Demokratieförderung schwach angemessen
u V.
Teilschritt 1 Abbildung 12:
Stagnation oder Rückgang der Demokratisierung
Erfolglose Friedenskonsolidierung
i.V.
a.V.
Teilschritt 2
Kausalmechanismus Hypothese 2 für Guatemala
Die folgende Analyse gliedert sich in zwei Teile. Es wird zuerst untersucht, ob sich empirische Evidenz für den ersten Teilschritt des Kausalmechanismus finden lässt, danach wird der zweite Teilschritt einer genaueren Prüfung unterzogen. Teilschritt 1 Wie es der Kausalmechanismus erwartet, ist in Guatemala tatsächlich ein stagnierender Demokratisierungsprozess zu beobachten.161 Die Defizite lassen sich unter anderem an folgenden Aspekten festmachen, die in der Fallstudie schon ausführlich dargestellt wurden: erhebliche Verzögerungen bei der Reform des Sicherheitssektors, geringe politische Partizipation, Fragilität des Parteiensystems, Rassismus und Exklusion, Korruption und Klientelismus sowie Straflosigkeit. Alleine von der Beobachtung eines stagnierenden Demokratisierungsprozesses kann jedoch noch nicht darauf geschlossen werden, dass die fehlende beziehungsweise schwache Angemessenheit von Instrumenten der externen Demokratieförderung hierzu beigetragen hat. Im Folgenden werden daher die Wirkungen der verschiedenen Instrumente der Demokratieförderung einer genaueren Untersuchung unterzogen. 161
Diese Aussage impliziert nicht, dass sich in Guatemala nichts verändert und verbessert hat. Vergleicht man die Situation in Guatemala mit der Lage von vor mehr als 20 Jahren, dann sind natürlich erhebliche Fortschritte zu konstatieren. Ein solcher Aufwärtstrend ist allerdings nicht auszumachen, wenn man die Entwicklung seit dem Abschluss der Friedensverträge betrachtet. Auch in dieser Zeit gab es zwar Verbesserungen hinsichtlich der Reduzierung der staatlichen Menschenrechtsverletzungen oder auch der Reduzierung des Einflusses des Militärs, im Großen und Ganzen herrscht jedoch Stagnation. Das zeigt sich etwa am Scheitern der Verfassungsreformen.
181
Konditionalität in Bezug auf demokratische Reformen ist von externen Gebern eher selten eingesetzt worden. Und in den wenigen Fällen, in denen dies der Fall war, blieben Erfolge weitestgehend aus. Das betrifft etwa die Forderung nach der Anhebung der Steuerquote auf zwölf Prozent (vgl. 5.2.2.1), die bisher nicht erfüllt wurde. Der Pacto Fiscal, ein in Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Akteuren erstellter Katalog von Finanzreformen, wurde 2001 im Kongress abgelehnt. Ebenso blieb die Wirksamkeit von Konditionalität hinsichtlich der Verfassungsreform begrenzt. So beschloss der Kongress das Reformpaket zwar 1998 angesichts des Drucks der internationalen Geber, aufgrund einer gut organisierten Nein-Kampagne wurde es danach jedoch in einem Referendum abgelehnt (Jonas 2000: 192f.). Forderungen der EU nach einer Verbesserung der Menschenrechtssituation oder aber der Beendigung der Straflosigkeit haben keine sichtbaren Verbesserungen der Situation bewirkt. Die Menschenrechtslage hatte sich insbesondere während der Regierungszeit von Präsident Portillo verschlechtert, war aber auch unter Oscar Berger weiterhin besorgniserregend. Eine von Gebern geforderte internationale Kommission zur Untersuchung der geheimen Mächte (CICIACS, Comisión de Investigación de Cuerpos Ilegales y Aparatos Clandestinos y de Seguridad) wurde 2004 zwar zwischen der Regierung und den Vereinten Nationen vereinbart, der Gesetzesentwurf dann aber vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Danach dauerte es weitere drei Jahre, bis der Kongress im Sommer 2007 schließlich doch noch ein Gesetz über die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission beschloss (CICIG; Comisión Internacional contra la Impunidad en Guatemala) (WOLA 2007). Zu erklären ist diese mangelnde Wirksamkeit von internationaler Konditionalität einerseits dadurch, dass die angedrohten Sanktionen nicht zielgerichtet waren. Gedroht wurde in der Regel mit einer generellen Aussetzung der internationalen Hilfe. Die Kosten der Konditionalität konnten somit von den wesentlichen Veto-Akteuren leicht abgewälzt werden. Hinzu kommt, dass die Abhängigkeit Guatemalas relativ niedrig ist. Damit einher geht eine geringere Wirksamkeit von Anreizen und Sanktionen. Schließlich gibt es in Guatemala viele VetoAkteure mit großem Einfluss, die von internationalen Gebern nicht abhängig sind. Aufgrund dieser autonomen Stellung ist eine Einflussnahme von außen auf diese Akteure sehr schwierig.162 162
Am ehesten könnte noch Einfluss auf wirtschaftliche Akteure ausgeübt werden, wenn diese stärker in die Weltwirtschaft eingebunden wären. Aufgrund eines bisher noch ausgebliebenen Strukturwandels in Guatemala und einer weiterhin starken Stellung der traditionellen Agraroligarchie – die eben weniger an ausländischen Direktinvestitionen als an billigen und möglichst wehrlosen Arbeitskräften interessiert ist – ist dies jedoch nicht möglich. Zu den wenigen anderen Interdependenzen, die von externen Akteuren gezielt adressiert werden könnten, zählen der Export von Agrargütern sowie die internationale Kriminalität. Aber auch hier sind die Ansatzpunkte begrenzt. Der Kampf der USA
182
Wirkungslos blieb auch die soziale Einflussnahme, wie an den guatemaltekischen Reaktionen auf internationale Ermahnungen zu sehen war. Kritik wurde zumeist umgehend zurückgewiesen und als unangemessen betrachtet. Zu einer Veränderung der Verhaltensweisen führten die internationalen Bewertungen in der Regel nicht. Ein Beispiel für die Distanzierung von jeglicher Form der Kritik ist die Reaktion auf den 1999 veröffentlichten Abschlussbericht El Memorio del Silencio (Erinnerung an das Schweigen) der Wahrheitskommission. Die von dem deutschen Völkerrechtler Christian Tomuschat geleitete Kommission stellte in dem Bericht die begangenen Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkrieges umfassend dar. Den staatlichen Sicherheitskräften legte sie 93 Prozent der begangenen Gewalttaten sowie genozidähnliche Verbrechen zur Last. Der Bericht endete mit einem umfangreichen Katalog von Empfehlungen, die den Grundstein für Wiedergutmachung und Versöhnung legen sollten. Diese Empfehlungen wurden jedoch von der damaligen Regierung von Präsident Arzú, von dessen ein Jahr später ins Amt gekommenen Nachfolger Alfonso Portillo sowie vom Militär und konservativen Kräften als unnötig abgelehnt (Tomuschat 1999: 449f.). Auch bei sozialer Einflussnahme ist die Erklärung für das Verfehlen der erhofften Wirkungen in den ungünstigen Rahmenbedingungen zu suchen. Hierzu zählt erneut die geringe Abhängigkeit Guatemalas. Eine Rolle mag auch gespielt haben, dass insbesondere MINUGUA, die das Instrument der sozialen Einflussnahme am häufigsten einsetzte, über wenig Autorität in Guatemala verfügte. Abschließend seien noch die Auswirkungen von Wissenstransfer und Dialog untersucht.163 Die Wirkung dieser beiden Instrumente auf den Demokratisierungsprozess kann anhand der Dimensionen Output, Outcome und Impact unterschieden werden (vgl. hierzu Kapitel 4.4.2). Das Ergebnis zahlreicher Programme externer Demokratieförderung im Bereich Wissenstransfer und Dialog ist bezüglich des Outputs durchaus positiv. So wurden im Justizsektor wichtige Reformen umgesetzt wie beispielsweise die Schaffung einer unabhängigen Staatsanwaltschaft (zuvor war die Anklageführung auch Aufgabe der Richter gewesen) (Isaacs 2006), die Verabschiedung des Judicial Career Law sowie die Einrichtung von Justizverwaltungszentren und die Berufung von Friedensrichtern. Für eine möglichst partizipative Ausgestalgegen den Drogenhandel aus Lateinamerika hat bisher keine großen Erfolge feiern können. Es ist somit unwahrscheinlich, dass man diese Finanzquelle der organisierten Kriminalität in Guatemala leicht austrocknen und damit die Autonomie dieser Veto-Akteure beenden könnte. Denkbare zielgerichtete Sanktionen wie z.B die Drohung, guatemaltekischen Agrarprodukten den Zugang zu Exportmärkten zu verwehren, sind hingegen rechtlich bedenklich und würden einen Verstoß gegen grundlegende Freihandelsprinzipien darstellen. 163 Auf eine Analyse der Wirkungen von materieller Förderung wird verzichtet, da dieses Instrument nur von untergeordneter Bedeutung für die Demokratieförderung in Guatemala war.
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tung einer künftigen gesellschaftlichen Ordnung wurden zahlreiche Kommissionen eingerichtet, die konkrete Vorschläge zu so unterschiedlichen Themen ausarbeiteten wie: Reform des Wahl- und Parteiengesetzes, Fiskalpakt, Entwurf eines Katastersystems oder Bildungsreform. Andere konkrete Beispiele für den Output von Beratungsmaßnahmen sind das Dezentralisierungsgesetz oder die Überarbeitung von Schulcurricula. Auf der Ebene von Trainingsmaßnahmen ist die Ausbildung guatemaltekischer Wahlbeobachter zu verbuchen, die dazu führte, dass die Wahlen 2003 erstmals von nationalen Beobachtern verifiziert werden konnten, oder aber die Ausbildung von 22.000 Polizisten an der nationalen Polizeiakademie. Für jeden Förderbereich und für jedes Instrument ließen sich noch zahlreiche Beispiele anführen – im Ergebnis wichtig ist jedoch, dass Wissenstransfer und Dialog auf der Output-Ebene durchaus wirksam waren. Ein weniger rosiges Bild zeichnet sich ab, wenn man die Outcome-Ebene betrachtet. Hier zeigen sich erhebliche Defizite. Die Polizei – obwohl sie in der neuen Polizeiakademie auch in Sachen Menschenrechte ausgebildet wurde – hat einen schlechten Ruf und ist für Folter, sexuellen Missbrauch weiblicher Gefangener, überzogenen Gewalteinsatz und Korruption berüchtigt (Aída Ibarra 2007; Zinecker: 28ff.). Auf der Verhaltensebene sind hier also deutlich weniger Erfolge vorzuweisen und es zeigt sich, dass von Output-Wirkung nicht automatisch auf Outcome-Wirkung zu schließen ist. Betrachtet man die verschiedenen Kommissionen, so ist festzustellen, dass die überwiegende Zahl der gemachten Vorschläge im Kongress nicht umgesetzt wurde und sie somit keine weitere Wirkung entfalten konnten. Für andere Dialogmaßnahmen, z.B. die Aufstellung einer nationalen Agenda durch einen Multi-Parteien-Dialog, sind hingegen auch auf der Outcome-Ebene Erfolge festzustellen: Die getroffenen Vereinbarungen entfalteten eine gewisse Nachhaltigkeit, indem sie auch nach Abschluss der Treffen noch innerparteiliche Diskussionen prägten und zumindest teilweise auch in Wahl- und Regierungsprogramme aufgenommen wurden. Auch waren interparlamentarische Beziehungen und Kommunikationskanäle aufgebaut worden, die auch jenseits des Programms weiter genutzt wurden (PNUD 2004). Hinsichtlich der Justizreform sind immer noch eklatante Defizite zu beklagen. Der Zugang zur Justiz ist weiterhin sehr beschränkt, insbesondere für die indigene Bevölkerung, da zwar neue Justizverwaltungszentren erbaut wurden, es jedoch weiterhin an Übersetzern oder mehrsprachigen Justizangestellten fehlt. Darüber hinaus sind die Gerichte vollkommen überlastet, zu einem großen Teil mit Bagatellverfahren, die von den Gerichten selbst bearbeitet und nicht an alternative Konfliktlösungsinstanzen verwiesen werden. Für Kapitalverbrechen fehlen entsprechend die Kapazitäten, so dass Straflosigkeit weit verbreitet ist. Auch die Fortschritte auf der Outcome-Ebene könnten noch ausführlicher diskutiert werden, wichtig ist es aber auch hier vor allem der generelle Trend:
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Die Wirksamkeit externer Demokratieförderung im Bereich Wissenstransfer und Dialog ist hinsichtlich des Outcomes begrenzt. Die verschiedenen Defizite auf der Outcome-Ebene führen dazu, dass auch auf der Impact-Ebene die Wirksamkeit externer Demokratieförderung gering ist. Dialogmaßnahmen und intersektorale Kommissionen können keinen nachhaltigen Beitrag zur Erhöhung der politischen Inklusion und Partizipation leisten, wenn diese Foren zwar substantielle Vorschläge erarbeiten, diese in der Folge jedoch keine Beachtung finden und nicht umgesetzt werden. Ebenso stellt der ungleiche Zugang zur Justiz ein erhebliches demokratisches Defizit dar und ist ein Hindernis für die Reduzierung von politischer Exklusion. Und die Menschenrechtsverletzungen und repressiven Methoden der Polizei erinnern mehr an ein autoritäres denn als ein demokratisches Regime. Die begrenzte Effektivität, insbesondere von Maßnahmen aus dem Bereich des Wissenstransfers, kann vielfältige Gründe haben, die häufig auch innerstaatlicher Natur sind. Das zeigt etwa das Beispiel der Polizeireform. Ein Fehler war sicherlich die durch die Regierung veranlasste Kürzung der Ausbildungszeit sowie die große Zahl von Polizisten, die von der alten Polizei übernommen wurde. Wie bereits oben erwähnt, hat sich auch das Vorbildmodell der spanischen Guardia Civil als wenig geeignet für den Neuaufbau der Polizei herausgestellt. Schließlich können auch strukturelle Umstände, wie niedrige Gehälter oder der Druck von Vorgesetzten, Schutzgelderpressungen abzugeben, die Korruption erhöhen (Zinecker 2006: 28ff.). Neben solch spezifischen Erklärungsfaktoren, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden kann, lässt sich der begrenzte Erfolg von Wissenstransfer und Dialog jedoch auch durch die fehlende Angemessenheit des Instrumentariums erklären. Die Wirksamkeit vieler Maßnahmen im Bereich Wissenstransfer und Dialog ist an übergeordneten Faktoren, nämlich den Interessen und der Macht von Blockadeakteuren, gescheitert. Erfahrungen mit unzähligen intersektoralen Kommissionen und Runden Tischen zeigen, dass diese zwar häufig inhaltlich substantielle Vorschläge erarbeiteten, dass diese Entwürfe aber meist im Kongress zerpflückt und abgelehnt wurden. Ein Beispiel hierfür ist der Fiskalpakt, dessen Umsetzung am Widerstand einflussreicher wirtschaftlicher Eliten scheiterte, die sich einer sozio-ökonomischen Umverteilung vehement widersetzen. Ein anderes Beispiel ist die Bekämpfung von Straflosigkeit. Auch wenn Mängel in der Qualifizierung von Polizisten, Richtern und Staatsanwälten Teil des Problems sind, wird die Straflosigkeit in Guatemala schwerlich durch Fortbildungsmaßnahmen alleine zu beheben sein. Weitaus gravierender ist, dass Teile der Justiz selbst tief im Korruptionssumpf stecken und dass enge Verbindungen zur organisierten Kriminalität bestehen, die wiederum ein Interesse am Fortbestand der Straflosigkeit hat. In diesem Sinne ist das Kernproblem der
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Straflosigkeit vielmehr in der Kosten-Nutzen-Kalkulation von Veto-Akteuren zu suchen. Und deren Interessen lassen sich nicht durch Fortbildungs- und Trainingsmaßnahmen verändern. Zusammenfassend kann für den ersten Teil der Prozessanalyse festgehalten werden, dass die externe Demokratieförderung nicht angemessen war, dass sie nicht die gewünschte Wirkung zeigte und dass der Demokratisierungsprozess in Guatemala stagniert und erhebliche Defizite aufweist. Teilschritt 2 Im Folgenden soll der zweite Teilschritt des Kausalmechanismus untersucht werden: Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Demokratisierungsdefiziten und dem ausbleibenden Erfolg der Friedenskonsolidierung? Ein solcher Zusammenhang ist am stärksten nachweisbar im Bereich der nicht erfolgreichen Justizreform und der damit einhergehenden Straflosigkeit einerseits sowie dem Einsatz politischer Gewalt zur Durchsetzung partikularer Interessen andererseits. Das Scheitern von Polizei und Justiz, Gewalttäter zu fassen und vor Gericht zu bringen, führt zu einem Fehlen von „Verhinderungsstrukturen“ (Zinecker 2006: 27ff.) und lässt Gewalteinsatz zur rationalen Strategie für die Verfolgung von politischen Interessen werden. Insofern gibt es hier also durchaus einen kausalen Bezug zwischen Demokratisierungsdefiziten und dem Scheitern der Friedenskonsolidierung.164 Zwischen anderen demokratischen Defiziten, wie z.B. dem geringen Partizipationsgrad oder der fehlenden demokratischen Kultur einerseits und dem Scheitern der Friedenskonsolidierung andererseits, sind die kausalen Zusammenhänge hingegen weitaus weniger direkt. So kann zwar argumentiert werden, dass beispielsweise die faktische NichtBeachtung indigener Interessen im politischen Entscheidungsprozess die Umsetzung der Friedensabkommen behinderte. Das Aufkommen politischer Gewalt kann damit aber nicht erklärt werden, da gerade die benachteiligte indigene Bevölkerung nicht zu den Gewaltakteuren gehört. 5.4.2.3 Fazit Folgende Ergebnisse der Prozessanalyse lassen sich festhalten: 1.
164
Die Demokratisierung hat den Einsatz politischer Gewalt begünstigt, da gewaltbereite Akteure ihre Interessen durch sie gefährdet sahen.
Diese Rückbindung von Straflosigkeit an Demokratisierungsdefizite ist nur möglich, da das Demokratieverständnis der vorliegenden Arbeit auch die Komponente der Rechtsstaatlichkeit umfasst. Freilich ist Rechtsstaatlichkeit nicht alleiniges Kennzeichen von Demokratien und die Bearbeitung des Problems der Straflosigkeit setzt nicht zwingend einen Demokratisierungsprozess voraus.
186
2.
Dies kann allerdings nicht mit einer ursächlichen Verantwortung externer Demokratieförderung für den Wiederausbruch politischer Gewalt gleichgesetzt werden. Externer Demokratieförderung gelang es lediglich nicht, den Friedensprozess durch entscheidende Impulse zu stärken, sie hat die Ausgangssituation aber nicht verschlimmert.
3.
Die Hypothese „Je mehr externe Demokratieförderung Institutionen des Interessenausgleichs fördert, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein“ lässt sich anhand der aktuellen Entwicklungen in Guatemala nicht bestätigen. Es ist allenfalls denkbar, dass die Hypothese ein sich bereits anstauendes Konfliktpotential, das eventuell in Zukunft in Gewalt umschlagen wird, erklären kann.
4.
Die Hypothese „Je angemessener die Instrumente externer Demokratieförderung sind, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein“ lässt sich auch anhand einer Prozessanalyse bestätigen. Es gibt sowohl Hinweise darauf, dass eine fehlende Angemessenheit die Wirksamkeit externer Demokratieförderung beschränkt hat als auch dafür, dass aufgrund der fehlenden Angemessenheit und der Demokratisierungsdefizite die Friedenskonsolidierung nicht weiter gestärkt werden konnte.
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6 Fallstudie El Salvador
Die Fallstudie zu El Salvador besteht aus vier Teilen. In einem ersten deskriptiven Abschnitt werden die Hintergründe dargestellt: Dieser Teil enthält eine Beschreibung des Bürgerkriegs, des Friedensprozesses und der Demokratisierung in El Salvador (6.1.1) sowie einen Überblick über das Engagement externer Akteure nach der Beendigung des Krieges 6.1.2). Es folgt die Erhebung der unabhängigen Variablen (6.2), also eine Diskussion des ‚Was‘ und ‚Wie‘ der externen Demokratieförderung. Anschließend wird der Wert der abhängigen Variablen bestimmt und erörtert, ob die Friedenskonsolidierung in El Salvador erfolgreich war (6.3). Den letzten Teil der Fallstudie bildet der Hypothesentest (6.4), der aus Korrelationsanalyse und einer Untersuchung kausaler Zusammenhänge besteht.
6.1 Hintergründe 6.1.1
Bürgerkrieg, Friedensprozess und Demokratisierung in El Salvador
Der Bürgerkrieg in El Salvador dauerte elf Jahre und wurde mit der Unterzeichnung des Friedensvertrages von Chapultepec am 16. Januar 1992 beendet. Er forderte etwa 75.000 Todesopfer und trieb eine Million Menschen in die Flucht (Call 2002: 386; Kurtenbach 1995: 184). 6.1.1.1 Die Ursachen des Bürgerkrieges Die grundlegenden Ursachen für den Krieg in El Salvador waren sozioökonomische Missstände gepaart mit politischer Exklusion. Armut, soziale Ungleichheit, Repression und autoritäre Strukturen prägten die Geschichte des Landes. Ähnlich wie in Guatemala ist die extrem ungleiche Verteilung von Land im Wesentlichen auf die Entwicklung El Salvadors zu einer ‚Kaffeerepublik‘ zurückzuführen. Um Land und billige Arbeitskräfte für den arbeitsintensiven Kaffeeanbau zu gewinnen, wurden in den 1880er Jahren Gesetze für die Enteignung von indigenen Gemeinschaften und Kleinbauern sowie zur Verpflichtung zur Zwangsarbeit erlassen. In der Folge wurde die Subsistenzwirtschaft zunehmend durch den Kaffeeanbau ersetzt, eine kleine Gruppe von Kaffeeproduzenten – sprichwörtlich als die ‚14 Familien‘ bekannt – eignete sich den Löwenanteil der
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salvadorianischen Anbaugebiete an und kontrollierte fortan die Politik des Landes, während die enteignete Landbevölkerung angesichts miserabler Arbeitsverhältnisse auf den Plantagen zunehmend verelendete (Booth/Wade/Walker 2006: 96; Kurtenbach 1995: 184f.; Montgomery 1982: 42ff.). Die soziale Sprengkraft dieser Entwicklungen führte 1932 zu einem gewaltsamen Massenaufstand, der blutig niedergeschlagen wurde und 30.000 Menschenleben kostete. Hintergrund der blutigen Ereignisse war zum einen die Weltwirtschaftskrise 1929, ein Verfall der Kaffeepreise und der Versuch der Plantagenbesitzer, die daraus entstehenden Verluste auf die Arbeiter abzuwälzen. Zum anderen trugen die Beendigung einer kurzen demokratischen Reformphase und die Annullierung der Kommunalwahlen von 1931, die in Teilen des Landes von der kommunistischen Partei gewonnen worden waren, zu dem Aufstand bei (Montgomery 1982: 47ff.; Niebling 1991: 504). Auf das Massaker, das als la Matanza (das Gemetzel) in das kollektive Gedächtnis El Salvadors einging, folgten mehrere Jahrzehnte Militärherrschaft. Die Streitkräfte nahmen fortan eine herausragende Position in der Kontrolle des Staates ein. In den 1970er Jahren spitzte sich die Lage abermals eklatant zu. Trotz eines schnellen wirtschaftlichen Wachstums in den 1960er und 1970er Jahren hatten sich die Lebensbedingungen für die Landbevölkerung und Arbeiter weiter verschlechtert und die sozialen Probleme verschärften sich, da die Agraroligarchie sich jeglichen Reformbestrebungen widersetzte. Gleichzeitig kam es in den 1960er und insbesondere in den 1970er Jahren zu einer zunehmenden politischen Mobilisierung der Massen. Politische Oppositionsparteien (die christdemokratische PDC (Partido Demócrata Cristiano) und die sozial-demokratische MNR (Movimiento Nacional Revolucionario)) entstanden, Gewerkschaften und Studenten-Organisationen setzten sich für eine politische Öffnung ein und in den kirchlichen Basisgemeinden wurden zunehmend politische und ökonomische Forderungen diskutiert. Zwischen 1970 und 1979 bildeten sich fünf verschiedene Guerillaorganisationen, denen es in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre gelang, eine breite soziale Basis und eine landesweite Präsenz aufzubauen (Booth/Wade/Walker 2006: 98ff.; Rubio-Fabiàn et al. 2004: 3). Eine Veränderung der sozialen und politischen Verhältnisse durch Wahlen wussten Militär und Oligarchie zu verhindern – sowohl die Wahlen 1972 als auch 1977 wurden massiv gefälscht, um den Sieg der zur Nationalen Oppositionsunion zusammengeschlossenen Christdemokraten, Sozialdemokraten und Kommunisten zu vereiteln. Gleichzeitig setzte die Regierung immer mehr auf Repression und ab 1975 wurden Todesschwadrone, die politische Oppositionelle gezielt ermordeten, zunehmend aktiv (Booth/Wade/Walker 2006: 101f.; Kurtenbach 1995: 187).
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Mit dem Putsch junger Offiziere im Oktober 1979 kam eine kurzzeitige Allianz von reformbereiten Militärs und christ- und sozialdemokratischen Oppositionspolitikern an die Macht. Die daraufhin gebildete zivil-militärische Regierung konnte ihre sozio-ökonomischen Reformvorstellungen jedoch nicht umsetzen, sondern scheiterte schon bald am Widerstand der Agraroligarchie und rechter Militärs, die das Land mit Gewalt und Terror übersäten. Schon Anfang 1980 brach die Junta auseinander und konservative Kräfte der nunmehr gespaltenen Christdemokraten rückten in die Regierung nach, der es allerdings weiterhin nicht gelang, den zunehmenden Terror einzudämmen. Im März 1980 fiel auch der Erzbischof von San Salvador, Oscar Arnulfo Romero, dem Terror zum Opfer.165 Romero, der sich gegen Unterdrückung und Ausbeutung engagiert und die Menschenrechtsverletzungen der Militärdiktatur angeprangert hatte, war eine Identifikationsfigur der Volksorganisationen. Seine Ermordung motivierte viele Mitglieder der Massenbewegungen, in den Untergrund zu gehen (Niebling 1991: 513). Am 10. Januar 1981 startete die zur FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) zusammengeschlossene Guerilla schließlich eine ‚Endoffensive‘, mit der sie nach dem Vorbild der Sandinisten in Nicaragua das System stürzen wollte. Die Offensive führte allerdings nicht zum gewollten schnellen militärischen Sieg, sondern stellte den Anfang des elfjährigen Bürgerkrieges dar. 6.1.1.2 Der Verlauf des Bürgerkrieges Die Offensive der FMLN löste nicht den erhofften Volksaufstand zur Ablösung des Regimes aus. Stattdessen nahmen militärische Kämpfe zu und Guerilla und Militär fanden sich bald in einem Krieg wieder, in dem die FMLN bis Ende 1983 zunehmend Gebietsgewinne verbuchen konnte (Stanley 1996: 221, 226f.).166 Die USA, welche die Regierungsjunta unterstützten und ein zweites Nicaragua in ihrem Hinterhof unbedingt vermeiden wollten, erhöhten angesichts der drohenden Niederlage nicht nur die Militärhilfe, sondern übten auch Druck hinsichtlich eines Strategiewechsels aus (Karl 1992: 149). Die zweite Phase des 165 Romero wurde beim Feiern eines Gottesdienstes am Altar von einem Berufskiller ermordet. Nach Ermittlungen der Wahrheitskommission war Roberto D’Abuisson Auftraggeber des Mordes. Auf den ehemaligen Geheimdienstchef wird die Verbreitung der Todesschwadronen, die im salvadorianischen Bürgerkrieg Angst und Terror verbreiteten, maßgeblich zurückgeführt. Außerdem ist D’Abuisson einer der Mitbegründer der rechtsgerichteten Partei ARENA (Alianza Republicana Nacionalista), die er Anfang der 1980er Jahre leitete. 166 Hintergrund der Erfolge der FMLN war die defensive Taktik des Militärs, das zwar mit blutiger Gewalt und flächendeckenden Luftbombardements gegen die Bevölkerung vorging, es ansonsten aber kaum wagte, die eigenen Baracken zu verlassen und somit der Guerilla viel Raum für ihre Manöver ließ (Stanley 1996: 226).
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Krieges war somit zunehmend vom Konzept des Kriegs niedriger Intensität (Low-Intensity-Warfare) geprägt, einer Kriegsführung, die auch politische, wirtschaftliche und psychologische Elemente der Aufstandsbekämpfung enthielt. Hierzu gehörte die Institutionalisierung formaldemokratischer Verfahren, eine Agrarreform sowie die Kopplung militärischer Aufstandsbekämpfung mit Wiederansiedlungs- und Wiederaufbauprogrammen für die vertriebene Bevölkerung (Kurtenbach 1995: 189f.; Niebling 1991: 514f.). Ferner unterstützten die USA massiv die christdemokratische Partei PDC, um eine politische Alternative in der Mitte zu etablieren und die Legitimität der Regierung und der Aufstandsbekämpfung zu erhöhen. Mit US-Rückendeckung gewann der PDC-Kandidat Napoleón Duarte die Präsidentschaftswahlen 1984. Duarte versprach die Aufnahme von Friedensgesprächen mit der FMLN sowie sozio-ökonomische Strukturreformen. Sein Handlungsspielraum wurde jedoch vom Militär so stark eingeschränkt, dass er weder seine Versprechen einlösen konnte noch in irgendeiner Weise auf den Krieg einzuwirken vermochte (Booth/Wade/Walker 2006: 106). Angesichts des Strategiewechsels des Militärs musste auch die FMLN ihre Taktik anpassen. Sie gab den ‚klassischen‘ Kampf in großen Kampfeinheiten angesichts der offensichtlichen Übermacht des Militärs auf (dessen Truppenstärke war von 15.000 Mann 1980 auf 52.000 Mann 1986 gestiegen; Booth/Wade/Walker 2006: 108) und besann sich zusehends auf GuerillaStrategien mit kleinen Kampfeinheiten, höherer Gebietsmobilität, einem Schwerpunkt auf politischer Basisarbeit sowie wirtschaftlichen Sabotageakten (Stanley 1996: 227). Mit dieser Veränderung einher ging die Aufgabe des Konzeptes der „kontrollierten Zonen“, in welche die Guerilla sich zurückgezogen und in denen sie eigene staatsähnliche Versorgungsstrukturen aufgebaut hatte. Andererseits bedeutete die höhere Mobilität aber auch, dass die FMLN wieder im ganzen Land präsent war, eine Stadtguerilla aufbaute und auch in den urbanen Gebieten aktiv wurde (Niebling 1991: 514f.). Letztlich fanden sich beide Seiten in einem militärischen Patt wieder. Die Regierung konnte trotz massiver Finanzierung durch die USA, die im Laufe des Krieges etwa sechs Milliarden US-Dollar an Unterstützungsleistungen gewährt hatten (Booth/Wade/Walker 2006: 105)167, die FMLN nicht besiegen. Die Guerilla war der Armee zwar zahlenmäßig bei weitem unterlegen (gegen Ende der 1980er Jahre umfasste sie etwa 7000 Kämpfer, denen mehr als 50.000 Soldaten gegenüberstanden), die FMLN konnte jedoch auf eine breite soziale Basis im 167 Die Angaben zum Umfang der US-Hilfe schwanken allerdings. Heinrich Krumwiede spricht etwa von Unterstützungsleistungen in Höhe von vier Milliarden US-Dollar (Krumwiede 1992: 120); Sabine Kurtenbach von täglich zwei Millionen US-Dollar, mit denen der Krieg subventioniert wurde (Kurtenbach 1995: 189), Rubio-Fabiàn et al. beziffern die US-Hilfe auf täglich eine Million und insgesamt mehr als 3 Milliarden US-Dollar (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 4).
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gesamten Land bauen. Das Regime konnte die FMLN dennoch nicht in die Knie zwingen. 1989 startete sie nochmals eine breit angelegte militärische Offensive in der Hauptstadt San Salvador. Damit gelang es der FMLN zwar, ihre Gefährlichkeit zu unterstreichen, einen Sieg konnte sie aus dem Angriff jedoch nicht davon tragen (Booth/Wade/Walker 2004: 110; Rubio-Fabiàn et al. 2004: 4). 6.1.1.3 Die Friedensverhandlungen Die FMLN hatte schon 1981 ihre grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft für eine Beilegung des Krieges geäußert, stieß damit jedoch auf keinerlei Resonanz auf Seiten der Regierung, des Militärs und der US-Administration, die an einen militärischen Sieg glaubten und Verhandlungen strikt ablehnten. Vermittlungsversuche der Contadora-Staaten (Kolumbien, Mexiko, Venezuela und Panama) 1983 und der salvadorianischen Kirche 1984 scheiterten ebenso wie die im Zuge des zentralamerikanischen Friedensabkommens Esquipulas II 1987 aufgenommenen Gespräche zwischen den Konfiktparteien (Schindler 1991: 68f.). Erst Ende der 1980er Jahre waren die Bedingungen für erfolgversprechende Verhandlungen gegeben. Hierzu trugen verschiedene interne und internationale Faktoren bei. So verdeutlichte die FMLN-Offensive im November 1989 dem Militär und der rechtsgerichteten ARENA-Regierung168, dass sie den Krieg militärisch nicht gewinnen konnten (Krumwiede 1992: 123). Ein Umdenken war auch auf Seiten der wirtschaftlichen Elite zu bemerken, die sich und ihre wirtschaftlichen Interessen durch den fortgesetzten Krieg immer mehr gefährdet sah und daher dem Militär die Unterstützung entzog (Karl 1992: 152). Von internationaler Seite unterstützten das Ende des Ost-West-Konfliktes und die damit einhergehende Veränderung internationaler und regionaler Machtverhältnisse einen Wandel der Konfliktkonstellation. Beide Konfliktparteien büßten empfindlich an internationalem Beistand ein. Die Unterstützung der USA für die salvadorianische Regierung begann zu schwinden, da sie immer weniger bereit waren, hohe Kosten für einen militärischen Sieg in Kauf zu nehmen. Hinzu kam der Widerstand des Kongresses gegen die Fortführung der Militärhilfe angesichts der von der Armee und ihren Sondereinheiten begangenen Menschenrechtsverletzungen.169 Der FMLN hingegen fehlte angesichts des Zusammenbruchs des
168 Die christdemokratische Regierung unter Präsident Duarte hatte ihre Reformpläne nicht umsetzen können und war zahlreichen Korruptionsvorwürfen ausgesetzt gewesen. Dies führte dazu, dass die Christdemokraten die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1989 gegen ARENA und deren Präsidentschaftskandidaten Alfredo Cristiani verloren. 169 Die Armee hatte auf die Offensive der FMLN mit einer erneuten Terrorwelle reagiert, der unter anderem auch sechs Jesuiten an der zentralamerikanischen Universität zum Opfer fielen. Die Bilder der ermordeten Priester lösten eine heftige Diskussion in den USA über die Ausrichtung der Zentralamerikapolitik aus (Kurtenbach 1995: 193).
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Sozialismus fortan der materielle und ideologische Rückhalt (Karl 1992: 152f.; Krennerich 1993: 131; Krumwiede 1992: 121ff.). Friedensverhandlungen unter der Vermittlung der Vereinten Nationen begannen im April 1990 in Genf. Während Verhandlungen über die Militärreform ins Stocken gerieten, konnte im Juli 1990 in Costa Rica ein Menschenrechtsabkommen verabschiedet werden, dessen Umsetzung von einer Verifikationsmission der UN überprüft werden sollte. Es folgte ein Abkommen über Verfassungsreformen, das am 27. April 1991 unterzeichnet wurde und Veränderungen im Bereich des Wahlsystems, der Justiz, des Militärs sowie der Menschenrechte vorsah. Ebenso wurde die Einrichtung einer Wahrheitskommission zur Untersuchung der im Krieg begangenen Menschenrechtsverletzungen beschlossen. Im September 1991 einigten sich die Konfliktparteien auf die Säuberung und Reduzierung der Streitkräfte, die Bildung einer neuen zivilen Polizei sowie eine nationale Kommission zur Friedenskonsolidierung (COPAZ; Comisión Nacional para la Consolidación de la Paz) zwecks Überwachung des Implementierungsprozesses.170 Das endgültige Friedensabkommen zur Beendigung des Krieges in El Salvador wurde am 16. Januar in Chapultepec, Mexiko, unterzeichnet (Karl 1992: 155ff.; Kurtenbach 1995: 193; Rubio-Fabiàn et al. 2004: 5f.). 6.1.1.4 Die Friedensabkommen und ihre Implementierung Anders als die Friedensabkommen in Guatemala waren die Friedensvereinbarungen in El Salvador inhaltlich auf einige Kernelemente beschränkt. Hierzu gehörten die Neuordnung der zivil-militärischen Beziehungen, die Respektierung der Menschenrechte und einige Verfassungsänderungen, um die Gewährleistung demokratischer Verfahren und Normen zu sichern (Krumwiede 1995: 481ff.). Umfangreiche strukturelle Reformen zur Behebung sozio-ökonomischer Missstände wurden in El Salvador hingegen nicht vereinbart. Ein zweiter Unterschied zwischen den Friedensverträgen in El Salvador und Guatemala liegt in der Verortung konstitutioneller Reformen. In El Salvador wurden diese noch vor der Einigung auf einen Waffenstillstand und einem endgültigen Abschluss der Verhandlungen verlangt, in Guatemala hingegen einigten sich die Konfliktparteien lediglich auf einen Katalog zentraler Verfassungsreformen, der von der Regierung nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages abgearbeitet werden sollte. Während in Guatemala die Verfassungsreformen letztlich an einem Referendum scheiterten, wurden diese in El Salvador schon am 29. April 1991, zu einer Zeit,
170
Die Kommission setzte sich aus je einem Repräsentanten der im Parlament vertretenen Parteien sowie zwei Vertretern der FMLN und der Regierung (davon ein Armeeangehöriger) zusammen. Ferner hatten Vertreter des Bischofs von San Salvador sowie der UN-Mission einen Beobachterstatus.
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als die Friedensverhandlungen noch in vollem Gang waren, von der Nationalversammlung verabschiedet (Karl 1992: 157).171 Mit der Überwachung der Umsetzung der Friedensvereinbarungen wurde neben der nationalen Friedenskommission eine internationale UN-Mission, ONUSAL (Misión de Observación de las Naciones Unidas en El Salvador), beauftragt.172 Das Mandat von ONUSAL hatte einen sicherheitspolitischen Schwerpunkt und umfasste Aufgaben wie: die Überwachung des Waffenstillstandes, die Verifikation der Demobilisierung der FMLN und die Unterstützung bei der Reintegration der ehemaligen Kombattanten in die salvadorianische Gesellschaft, die Verifikation der Demobilisierung verschiedener militärischer Einheiten, die Überwachung der Polizei, die Kontrolle ihrer Demobilisierung sowie Unterstützung beim Aufbau einer neuen Polizei. Zusätzlich war ONUSAL mit der Verifikation der Menschenrechtssituation und der Vorbereitung und Beobachtung der Wahlen 1994 betraut. Außerdem sollte die Mission die Regierung bei der Reform der Justiz unterstützen (Dobbins et al. 2005: 51ff.). Insgesamt kann die Implementierung der Friedensabkommen in El Salvador als weitestgehend erfolgreich betrachtet werden, auch wenn es in manchen Bereichen Rückschläge und Verzögerungen gab und Aufgaben wie die Justizreform bis heute nicht befriedigend gelöst sind. Zu den Erfolgen zählen unter anderem die Verbesserung der Menschenrechtssituation, die Säuberung und Reform des Militärs173 sowie die Bildung einer neuen zivilen Polizei. Schwierigkeiten traten hingegen im Demobilisierungsprozess auf. So wurden etwa Finanzpolizei und Nationalgarde nicht wie vereinbart aufgelöst, son171 Die Reform der Verfassung bedarf in El Salvador allerdings der Zustimmung zweier konsekutiv aufeinander folgender Nationalversammlungen, damit sie gültig ist. Die Abstimmung vom April 1991 stellte somit nur einen ersten Schritt dar. 172 Die Einigung auf eine Verifikation des Friedensprozesses durch eine UN-Mission findet sich im Friedensvertrag von Chapultepec in Kapitel 8 sowie in den einzelnen Teilabkommen. Der UNSicherheitsrat beschloss die Ausdehnung der UN-Mission auf die Verifikation des Friedensprozesses mit der Resolution 729 am 14. Januar 1992 (S/Res/792). Eine nochmalige Erweiterung des Mandats um die Beobachtung des Wahlprozesses wurde am 27. Mai 1993 vom Sicherheitsrat mit der Resolution 832 beschlossen (S/Res/832). 173 Ausschlaggebend für die Säuberung des Militärs waren die Empfehlungen einer Ad-hocKommission zur Untersuchung möglicher Menschenrechtsverletzungen von Offizieren. Diese wurden von der Regierung zwar anfangs abgelehnt, aufgrund von internationalem Druck aber schließlich doch umgesetzt (Dobbins et al. 2005: 56).
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dern in ihrer gesamten Struktur in das Militär integriert und lediglich umbenannt. Erst auf Vermittlung und Druck der Vereinten Nationen hin wurden die beiden Militärverbände schließlich doch noch aufgelöst (Williams/Walter 1997: 153f.). Die FMLN ihrerseits behielt trotz offiziell abgeschlossener Demobilisierung umfangreiche Waffenbestände in heimlichen Lagern zurück, die nur per Zufall, als eines der Lager im Mai 1993 in Managua explodierte, entdeckt wurden. In der Folge übergab die FMLN schließlich noch Waffen aus insgesamt 114 Depots im In- und Ausland.174 Probleme gab es ferner bei der Reintegration der Ex-Kombattanten wegen schlecht koordinierter Hilfsprogramme. Außerdem war das Programm für den Landtransfer an Ex-Kombattanten nur sehr vage formuliert worden, so dass die Umsetzungsmodalitäten nicht klar waren. In der Folge kam es zu großen Verzögerungen, ferner fehlte es an Kreditmöglichkeiten und technischer Hilfe, was dazu führte, dass viele der ehemaligen Kämpfer ihr Land gleich wieder an die Oligarchie verkauften (Zinecker 2004: 84f.) Nach dem Krieg ist El Salvador von einer ungeheuren Gewalt- und Kriminalitätswelle überrollt worden und gilt heute nach Kolumbien als das gewalttätigste Land Lateinamerikas. Der Staat ist für diese Herausforderungen nur sehr unzureichend gewappnet, da trotz Justizreformen Straflosigkeit weiterhin weit verbreitet ist und Rechtsstaatlichkeit de facto nicht existiert (Zinecker 2004: 153). Auch zeigen sich immer mehr die Schwächen der neu gebildeten Polizei, die durch übertrieben repressive Maßnahmen, Menschenrechtsverletzungen und Korruption negativ auffällt und somit keinen ausreichenden Beitrag zur Gewährleistung öffentlicher Sicherheit leistet (Zinecker 2004: 144ff.). 6.1.1.5 Der Demokratisierungsprozess Der Demokratisierungsprozess in El Salvador nahm seinen Anfang in den 1980er Jahren. Auf Druck der USA und als Maßnahme der Aufstandsbekämpfung übergab das Militär 1982 die Regierungsmacht an eine Übergangsregierung und ab 1984 wurde El Salvador von zivilen Präsidenten regiert. Eine neue Verfassung wurde 1983 verabschiedet. In dieser wurden politische Parteien als das einzige Vehikel für die Machterlangung festgelegt. Ferner wurde die Verpflichtung auf die Einhaltung der Menschenrechte gleich an den Anfang der Verfassung gesetzt und das Verbot kommunistischer Parteien aufgehoben (Zinecker 1997). Ab 1984 wurden regelmäßig freie und geheime Wahlen abgehalten. Das politische Spektrum, das zur Wahl stand, war allerdings auf Mitte-RechtsParteien beschränkt, da die gesamte Linke von den Wahlen ausgeschlossen wurde. Von Pluralismus und fairem Wettbewerb konnte insofern also weiterhin 174
Vgl. UN-Doc. S/26005, Further Report of the Secretary General on the United Nations Observer Mission in El Salvador (29.6.1993).
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keine Rede sein. Darüber hinaus bestand ein wesentliches Defizit in der faktischen Machtlosigkeit des Präsidenten, dessen Politik hinter den Kulissen vom Militär kontrolliert wurde (Spence 2004: 45). Der Friedensprozess verlieh der Demokratisierung einen weiteren Schub. Eines der wichtigsten Ziele der Friedensabkommen war die Beendigung der politischen Exklusion, die von beiden Konfliktparteien als zentrale Ursache für den Krieg anerkannt worden war (Canas/Dada 1999: 73; Zamora 2003: 6). Politische Reformen zur Herstellung und Sicherung der Demokratie spielten daher eine wichtige Rolle in den Friedensvereinbarungen und steckten den Rahmen für den weiteren Demokratisierungsprozess El Salvadors ab. Das wichtigste Abkommen bezüglich demokratischer Reformen war das Mexiko-Abkommen vom 27. April 1991, in dem die Konfliktparteien verschiedene Verfassungsänderungen vereinbarten, die bereits zwei Tage später vom Parlament verabschiedet wurden. Hierzu zählten unter anderem: die Festschreibung der zivilen Kontrolle des Militärs und die Begrenzung der Funktion der Streitkräfte auf die Verteidigung des Landes und die Gewährleistung äußerer Sicherheit175 sowie die Beschränkung der Militärgerichtsbarkeit; die Schaffung einer zivilen Nationalpolizei, die für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit zuständig und unabhängig von den Streitkräften ist; die Stärkung der Autonomie der Judikative durch die Wahl der Richter des Obersten Gerichtshofes mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments, die Festlegung einer Justizlaufbahn sowie die Garantie einer Finanzierung des Rechtswesens in Höhe von mindestens sechs Prozent der Staatseinnahmen; die Einrichtung einer Ombudsstelle für Menschenrechte (Procuraduría para la Defensa de los Derechos Humanos de El Salvador, PDDH), um die Wahrung der Menschenrechte institutionell abzusichern; die Bildung eines Obersten Wahltribunals, das für Wahladministration (Organisation und Durchführung der Wahlen) sowie für die Wahl- und Parteienjurisdiktion zuständig ist und von keiner Partei dominiert werden soll176; ferner 175 Nur in Ausnahmefällen sollte der Präsident die Streitkräfte auch für die Aufrechterhaltung des inneren Friedens einsetzen dürfen. In der Praxis wurden die Streitkräfte in El Salvador trotz Verfassungsänderung weiterhin regelmäßig im Bereich der inneren Sicherheit eingesetzt; dies wurde mit dem massiven Anstieg der Kriminalität gerechtfertigt (Call 2002: 398). 176 Die fünf Richter des Obersten Wahltribunals werden vom Parlament gewählt. Drei davon werden von den drei stärksten Parteien/Koalitionen ernannt, die anderen beiden Kandidaten werden vom Obersten Gerichtshof vorgeschlagen und benötigen eine Zweidrittelmehrheit im Parlament (FischerBollin 1999: 139f.).
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das Recht von Parteien, das Wahlregister und den Wahlprozess zu überprüfen.177 Darüber hinaus einigten sich die Konfliktparteien im Mexiko-Abkommen darauf, die Zulassungsvoraussetzungen zur Justizlaufbahn, die Gestaltung der Justizausbildung sowie die Zusammensetzung des Nationalen Rates der Judikative weiter zu spezifizieren. Für die Ausarbeitung von Wahlreformen wurde die Bildung einer gemischten Kommission mit Vertretern von Parteien und unabhängigen Experten unter Vorsitz des Obersten Wahltribunals vereinbart. Ebenfalls von Bedeutung für den Demokratisierungsprozess war das 1991 getroffene Abkommen über Menschenrechte, in dem die Garantie grundlegender politischer und ziviler Menschenrechte und die Verifikation der Menschenrechtslage durch eine UN-Mission festgelegt wurden. Vereinbarungen zur Integration der FMLN wurden im Abschlussabkommen von Chapultepec festgehalten. Die meisten der in den Friedensabkommen vereinbarten Reformen sind umgesetzt worden. Das betrifft sämtliche Verfassungsänderungen ebenso wie die Verbesserung der Menschenrechtslage. Freie und faire Wahlen wurden abgehalten und die Transformation der FMLN in eine politische Partei war sogar so erfolgreich, dass die Partei der ehemaligen Guerilleros heute die stärkste Kraft im Parlament ist. Die Umsetzung der Vereinbarungen in den Friedensabkommen ist allerdings nicht mit einer Konsolidierung der Demokratie gleichzusetzen. El Salvador wird vielmehr weiterhin als „Regimehybrid“, „ungefestigte Demokratie“ oder „Demokratie niedriger Intensität“ (Zinecker 2004: 104f.) bezeichnet. Die größten Defizite gibt es dabei im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Weitere Probleme sind die starke Polarisierung der Gesellschaft, Defizite des Parteiensystems und undemokratische Praktiken von Politikern sowie abnehmende Zustimmungsraten der Bevölkerung zur Demokratie.178
6.1.2
Das Engagement externer Akteure in El Salvador
Anders als im Falle von Guatemala ist in El Salvador nur eine leichte Zunahme internationaler Unterstützungsleistungen für die Zeit nach dem Abschluss des Friedensabkommens 1992 festzustellen. So sind zwischen 1980 und 1990 rund 3,44 Milliarden US-Dollar nach El Salvador geflossen, zwischen 1991 und 1998 177
Vgl. Mexiko-Agreements, URL: www.usip.org/library/pa/el_salvador/pa_es_04271991_toc.html (20.6.2007); sowie Wilkens 1997 und Zinecker 1997. 178 Zur Bewertung des Demokratisierungsprozesses vgl. u.a. Fischer-Bollin 1999; Holiday 2005; Kurtenbach 2003; Zamora 2003; Zinecker 2007.
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waren es hingegen 3,87 Milliarden US-Dollar (World Bank 2002: 18).179 Der Grund für diese geringen Veränderungen sind die umfangreichen Unterstützungsleistungen der USA während des Krieges in den 1980er Jahren, als El Salvador der fünftgrößte Empfänger von US-Hilfe war (hinter Israel, Ägypten, der Türkei und Pakistan) (Boyce 1996a: 136). ODA der USA 1980-2005
400
Millionen US-Dollar
350 300 250 200
ODA der USA
150 100 50 0 Jahr 1980-2005
Abbildung 13:
ODA der USA an El Salvador, 1980-2005 (eigene Darstellung nach OECD-Daten) 180
Das Ende des Ost-West-Konfliktes und die damit gesunkene strategische Bedeutung El Salvadors sowie die Verschiebung außenpolitischer Prioritäten auf Osteuropa und die Nachfolgestaaten der Sowjetunion haben jedoch zu einer deutlichen Reduzierung der Unterstützung der USA geführt, wie die obige Abbildung 13 zur ODA der USA veranschaulicht. In der Summe leicht angestiegen ist der Zufluss internationaler Gelder nach El Salvador nach 1992 daher nur aufgrund des gewachsenen Engagements anderer bilateraler und multilateraler Geber. Berücksichtigt man zusätzlich zu den als Zuschüssen gewährten Geldern auch die rückzahlbaren Darlehen als eine Form 179 Vgl. ferner auch die Datenbank der OECD unter http://www.oecd.org/dataoecd/50/17/5037721.htm. Die dort erhältlichen Zahlen variieren leicht und beziffern etwa für den Zeitraum 1992 bis 2001 das Volumen offizieller Entwicklungshilfe auf 3,6 Milliarden US-Dollar. 180 Daten der OECD enthalten nur Darlehen, die einen Mindestanteil von 25 Prozent an nichtrückzahlbaren Zuschüssen enthalten. Doch auch wenn man Statistiken heranzieht, die Darlehen enthalten, ist ein klarer Rückgang der US-Unterstützung, insbesondere ab dem Jahr 1994 zu verzeichnen (USAID 1998a).
199
internationaler Unterstützungsleistungen, so ist hingegen ein vernehmlicher Anstieg internationaler Hilfe in der Nachkriegszeit zu konstatieren. Insbesondere die Entwicklungsbanken wie die IDB und die Weltbank gewährten zum überwiegenden Teil keine Zuschüsse, sondern rückzahlbare Kredite, die sich auf 40 Prozent der internationalen Hilfe für den Friedensprozess beliefen (Boyce 1996: 135). So hat die Weltbank nach zehnjähriger Pause 1991 erstmals wieder Darlehen an El Salvador erteilt. Die IDB hingegen hat zwar auch in den 1980er Jahren und zuvor Kredite an El Salvador vergeben, in der Nachkriegszeit hat sich das Volumen der Darlehen jedoch verdoppelt.181 In der Rangliste der wichtigsten Geber für El Salvador stehen die USA weiterhin auf Platz eins. Sie stellten im Zeitraum von 1995-1999 mit 28,3 Prozent den größten Teil der öffentlichen Entwicklungshilfe für El Salvador, gefolgt von Japan (20,6 Prozent) sowie Deutschland (11,2 Prozent), Spanien (4,9 Prozent), den Niederlanden (2,8 Prozent) und Schweden (2,1 Prozent).182 Der wichtigste multilaterale Geber nicht rückzahlbarer Zuschüsse ist die EU, die im Zeitraum 1995-1999 7,8 Prozent der Hilfe leistete, unmittelbar darauf folgt an zweiter Stelle die IDB (7,7 Prozent). Berücksichtigt man darüber hinaus auch die Gewährung rückzahlbarer Hilfen, dann ist die IDB der wichtigste multilaterale Geber (Europäische Kommission 2002: 19). Ebenfalls von Bedeutung sind die Weltbank, die 1991-1999 Darlehen in Höhe von 540 Millionen US-Dollar gewährte (World Bank 2002: 5) sowie die zentralamerikanische Bank für ökonomische Integration (CABEI). Für die Gestaltung von Wiederaufbau und Friedensprozess entwarf die salvadorianische Regierung einen Finanzierungsplan, den sie im März 1992 auf einem Treffen der Konsultativgruppe (siehe Kasten) in Washington D.C. vorstellte. Das Spektrum der geplanten Maßnahmen reichte dabei von Infrastrukturprogrammen und Umweltschutz über Aktivitäten zur Reintegration von ExKombattanten bis hin zur Förderung und Stärkung von demokratischen Institutionen, wie z.B. dem Aufbau einer neuen zivilen Polizei. An Finanzbedarf wurden hierfür anfangs 1,53 Milliarden US-Dollar veranschlagt, ein Jahr später korri181
Im Zeitraum 1980-1991 wurden Gelder in Höhe von 855,9 Millionen US-Dollar bewilligt, von 1992 bis 2004 hingegen in Höhe von 1,68 Milliarden US-Dollar (eigene Berechnung nach IDB Online-Datensammlung unter: http://www.iadb.org/research/snapshots.cfm?language=En&parid =3&snapshot=fund). Nicht enthalten sind in diesen Zahlen die als Zuschüsse gewährte technische Kooperation, die sich zwischen 1992 und 2006 auf 63,59 Millionen US-Dollar beliefen (eigene Berechnung nach IDB Online-Datenbank unter http://www.iadb.org/research/snapshots.cfm? language=En&parid=3&snapshot=tcp). 182 Daten zur Relevanz einzelner Geber im gesamten Friedensprozess sind leider nicht erhältlich. Aber auch aktuelle Zahlen der OECD aus den Jahren 2004 und 2005 listen die USA, Spanien, Japan, Deutschland, Schweden und die Niederlande unter den zehn wichtigsten Gebern auf, so dass davon auszugehen ist, dass sich diesbezüglich keine großen Veränderungen ergeben haben (OECD 2006).
200
gierte die Regierung den Bedarf auf 1,83 Milliarden US-Dollar (Wood 1996: 88; 90). Die Regierung selbst stellte für die Finanzierung dieser Aufgaben 408 Millionen US-Dollar zur Verfügung (Segovia 1996: 117), von internationalen Gebern wurden auf dem Treffen der Konsultativgruppe Zusagen in Höhe von 600 Millionen US-Dollar gemacht (Wood 1996: 89). Die Konsultativgruppe Die Konsultativgruppe ist das wichtigste Forum für die Koordination der Geber in El Salvador. Die Treffen wurden bis 1995 von der Weltbank geleitet, danach hat die IDB die Geberkoordinierung übernommen (World Bank 2002: 9). Teilnehmer der Treffen waren verschiedene OECD-Staaten wie Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, die Niederlande, Österreich, Schweden, Schweiz, Spanien, die USA (sowie Dänemark, Norwegen und Portugal als Beobachter), ferner regionale Länder wie Mexiko, Venezuela und Kolumbien sowie multilaterale Akteure wie die EG, die IDB, der IWF, UNDP, das Welternährungsprogramm (WFP) und der Internationale Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) (Eriksson/Kreimer/Arnold 2000: 36). Damit zeichnete sich eine Finanzierungslücke ab, die sich insbesondere auf die politischen Bereiche auswirkte, denen die Regierung eine hohe Priorität eingeräumt hatte. Zur Veranschaulichung: Nach Schätzungen von James K. Boyce wurden nur 50 Prozent der externen Hilfe in den ersten Nachkriegsjahren für Programme im Rahmen des Friedensprozesses investiert. Davon wiederum förderten die externen Geber – mit Ausnahme der USA – insbesondere die Bereiche mit niedriger Priorität wie den Wiederaufbau der physischen Infrastruktur. Bei den Aufgaben mit hoher Priorität wie etwa der Reintegration von ExKombattanten, der Stärkung demokratischer Institutionen oder aber dem Landtransfer-Programm gab es hingegen erhebliche Finanzierungsdefizite. Im Bereich des Polizeiaufbaus fehlten beispielsweise im Januar 1994 noch 65 Prozent der benötigten Mittel (Boyce 1996a: 132ff.; Soto/Castillo 1994: 78). Insgesamt konstatierte Boyce (1996a: 135) „striking discrepancies between the priorities defined by the government (in consultation with UN and U.S. officials) and the priorities of the major non-U.S. donors.”183
183
Für die Diskussion möglicher Gründe für die Nicht-Beachtung zentraler Prioritäten vgl. Boyce (1996a: 136ff.). Er nennt dabei die Unzufriedenheit der Geber mit der Reformbereitschaft der Regierung, politische und legislative Hürden, das free rider-Problem und die Verschiebung der Förderschwerpunkte von Gebern auf andere Regionen.
201
Diese Diskrepanzen wurden begleitet von großen Unterschieden zwischen den Zusagen für öffentliche Entwicklungshilfe sowie den tatsächlich ausgezahlten Geldern in den ersten Nachkriegsjahren (vgl. Abbildung 14). ODA an El Salvador in der Nachkriegszeit 1200
Millionen US Dollar
1000 800 Auszahlungen
600
Zusagen
400 200 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11
12
13
14
Nachkriegsjahr
Abbildung 14:
ODA an El Salvador in der Nachkriegszeit – Auszahlungen und Zusagen (eigene Darstellung nach OECD-Daten)
Bezüglich der sektoralen Aufteilung internationaler Hilfe und dem Anteil von Demokratisierungshilfe sind Aussagen nur schwer zu treffen, da verschiedene Geber ihre Hilfen unterschiedlich klassifizieren und es keine einheitliche globale Erhebung finanzieller Mittel für Demokratieförderung gibt (für die ausführliche Diskussion der Probleme vgl. Fallstudie Guatemala, 5.1.2). Wie die obige Erörterung von Geber-Interessen jedoch zeigt, wurde insbesondere zu Beginn des Friedensprozesses dem Aufbau demokratischer Institutionen nur eine geringe Bedeutung zugemessen. Erst ab Mitte der 1990er Jahre erhielten Aufgabenbereiche wie die Modernisierung des Staates, Governance und die Förderung der Zivilgesellschaft zunehmend internationale Unterstützung. Der von der OECD aufgeführte Sektor „Soziales“, zu dem neben Bildung und Gesundheit unter anderem auch Governance-Fragen und die Förderung der Zivilgesellschaft zählen, erhielt so etwa in den Jahren 1990-1994 36 Prozent der bilateralen und 9,1 Prozent der multilateralen ODA, im Zeitraum 2000-2003 hingegen summierte sich die bilaterale Hilfe für diesen Sektor auf 51,1 Prozent der Gesamthilfe und
202
auf 47,6 Prozent der multilateralen Zuschüsse (OECD-Daten nach SELA 2005: 71). Hieraus können zwar noch keine Rückschlüsse auf den prozentualen Anteil von Demokratieförderung an der gesamten Hilfe gezogen werden, aber diese Entwicklung ist doch ein Hinweis darauf, dass die Reform politischer Institutionen und die Stärkung demokratischer Prozesse an Bedeutung gewonnen hat. Eben dieser Bedeutungszuwachs spiegelt sich auch in der Kreditvergabe unterschiedlicher multilateraler Geber wider. So waren zwischen 1991 und 1998 nur 4,4 Prozent der Weltbank-Darlehen an El Salvador für den Bereich Public Sector Reform184 vorgesehen, das aktuelle Kredit-Portfolio der Weltbank im Jahr 2005 hingegen stellte insgesamt elf Prozent der Darlehen für die Reform der Justiz und des öffentlichen Sektors zur Verfügung (eigene Berechnung nach World Bank 2002: 5; World Bank 2005a: 30). Bei der IBD beliefen sich die Darlehen im Bereich Modernisierung und Reform des öffentlichen Sektors 2006 sogar auf 15 Prozent (eigene Berechnung nach IMF 2006: 46).
6.2 Die unabhängigen Variablen: Externe Demokratieförderung unter der Lupe In diesem Kapitel werden die unabhängigen Variablen von Hypothese 1 und Hypothese 2 bestimmt. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen somit die Fragen, ob die externe Demokratieförderung auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet war (Hypothese 1) und ob die eingesetzten Instrumente der Demokratisierungshilfe angemessen waren (Hypothese 2). Der hierfür relevante Beobachtungszeitraum umfasst die Zeit nach der Verabschiedung der Friedensabkommen und setzt somit 1992 ein.
6.2.1 Inhalte: Das ‚Was‘ externer Demokratieförderung in El Salvador Die Frage, ob und wie sehr externe Demokratieförderung in El Salvador auf die Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet war, wird in mehreren Schritten beantwortet. Dabei wird zwischen Maßnahmen zur Förderung der Interessenartikulation (6.2.1.1) und Maßnahmen zur Förderung des Interessenausgleichs (6.2.1.2) unterschieden. Beide Abschnitte enthalten nicht nur eine Zusammenstellung der externen Maßnahmen, sondern auch eine Ausgangsanalyse, welche die salvadorianischen Defizite und Herausforderungen 184 Die Reform des öffentlichen Sektors ist nicht deckungsgleich mit Demokratieförderung. Bei der Klassifizierung der Weltbank kommt dieser Begriff der Demokratieförderung jedoch am nächsten.
203
beleuchtet. Erst im Abgleich mit den spezifischen Kontextbedingungen kann abschließend der Wert der unabhängigen Variablen bestimmt werden (6.2.1.4). 6.2.1.1
Interessenartikulation
a) Ausgangsanalyse Auf die Möglichkeiten der Interessenartikulation haben verschiedene Faktoren Einfluss, die in einer Ausgangsanalyse zu berücksichtigen sind. Hierzu gehören: Wahlen, Parteien und Parteiensystem, politische und zivile Menschenrechte, Medien und die Zivilgesellschaft. Wahlen Die Möglichkeiten für die Interessenartikulation haben sich in El Salvador mit Beginn der Liberalisierung Mitte der 1980er Jahre graduell verbessert. 1984 fanden freie und geheime Wahlen statt, von denen allerdings die Linke ausgeschlossen war. Die FMLN transformierte sich erst im Zuge der Friedensvereinbarungen in eine politische Partei und beteiligte sich 1994 erstmals an den Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen. Im Vorfeld der ersten Nachkriegswahlen 1994 stellten Verzögerungen und Lücken bei der Registrierung von Wählern und der Ausstellung von Wahlunterlagen die größte Herausforderung für die Gewährleistung der Interessenartikulation dar. Nach einer Untersuchung von UNDP besaßen im Vorfeld der Wahlen 1994 27 Prozent der Wahlberechtigten keine Wahlunterlagen, was von ONUSAL unter anderem auf den komplizierten Registrierungsprozess zurückgeführt wurde (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 20f.). Zu einem langfristig größeren Problem sollte sich die niedrige Wahlbeteiligung entwickeln, die vor allem auf die Unzufriedenheit der Bürger und deren Distanzierung von der Demokratie zurückzuführen ist.185 Schon bei den Präsidentschaftswahlen von 1994 betrug die Wahlbeteiligung nur 50 Prozent, 1999 sank sie auf den Tiefstand von 38,6 Prozent. 2004 gingen dann immerhin 67,3 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung zu den Urnen (FLACSO 2005: 228). Die deutlich gestiegene Wahlbeteiligung 2004 ist allerdings auf einen stark polarisierenden und schmutzigen Wahlkampf zurückzuführen, in dem eine große Angstkampagne vor einem eventuellen Sieg der FMLN und den damit verbundenen außenpolitischen und wirtschaftlichen Konsequenzen geführt wurde (Thale 2004). Auch die Tatsache, dass die mittlerweile 185 Darüber hinaus gibt es auch einige strukturelle Gründe für die niedrige Wahlbeteiligung. Hierzu gehören die bereits erwähnten Probleme mit dem Registrierungsprozess in den ersten Nachkriegsjahren, inadäquate öffentliche Informationen, das bis 2004 nicht bestehende Wahlrecht am Wohnort und die damit verbundenen langen Anfahrtswege sowie die Konzentration der Wahllokale auf urbane Gebiete (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 29; Zinecker 2007: 1092).
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rund 2,5 Millionen salvadorianischen Bürger, die im Ausland leben, an den Wahlen nicht teilnehmen können, stellt eine erhebliche Limitierung der Möglichkeiten der Interessenartikulation dar (BTI 2006: 5). Parteien und Parteiensystem Das Parteiensystem El Salvadors ist stark polarisiert und wird vor allem von zwei Parteien dominiert: der rechtskonservativen ARENA und der linken FMLN. An moderaten Parteien in der politischen Mitte fehlt es hingegen, was vor allem auf die Fragmentierung und die Abspaltungsprozesse in der politischen Mitte zurückzuführen ist (Zamora 2003: 8f.; Zinecker 2007: 1091f.). Folge der ausgeprägten Polarisierung ist eine Beschränkung des Pluralismus und der Möglichkeit, alternative Interessen zu artikulieren. Die Funktion der Wählermobilisierung und Repräsentation erfüllen die salvadorianischen Parteien nur eingeschränkt (Fischer-Bollin 1999: 202) und somit ist auch ihr Beitrag zur Stärkung der Möglichkeiten der Interessenartikulation begrenzt. Diese Defizite haben unterschiedliche Ursachen. Hierzu zählt beispielsweise das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber politischen Parteien186, das durch fortdauernde Korruptionsskandale, interne Streitigkeiten und undemokratische innerparteiliche Praktiken genährt wird und sich auch in der oben bereits erwähnten niedrigen Wahlbeteiligung niederschlägt. Problematisch ist ferner die Unfähigkeit der Parteien, nationale Reformstrategien und -programme zu entwickeln und umzusetzen. Damit fehlt es an politischen Inhalten, die die Wähler den Parteien zuordnen können. Abgeordneten in den Parlamenten wird der Vorwurf gemacht, lediglich Partikularinteressen zu verfolgen (Córdova Macías 2001: 30). Schließlich gilt das Verhältnis zwischen den gewählten Repräsentanten und der Bevölkerung als gestört und die Bereitschaft der Parlamentarier, sich der Kritik ihrer Wähler in öffentlichen Versammlungen zu stellen, ist gering (Fischer-Bollin 1999: 171).187 Politische und zivile Menschenrechte Die Menschenrechtssituation in El Salvador, und insbesondere die Gewährleistung von politischen und zivilen Rechten, hat sich nach dem Kriegsende deutlich verbessert. Systematische Menschenrechtsverletzungen staatlicher Organe gibt
186 Parteien genießen das geringste Vertrauen von allen politischen Institutionen in El Salvador. 2006 äußerten nur 35 Prozent der Befragten, dass sie Parteien vertrauten (Córdova Macías/Cruz/Seligson 2007: 164). Im zentralamerikanischen Vergleich ist dieser Wert allerdings noch vergleichsweise hoch (in Nicaragua haben 82 Prozent kein oder nur wenig Vertrauen in Parteien, vgl. dazu Fallstudie Nicaragua, 7.2.1.1). 187 Vgl. weiterführend hierzu Fischer-Bollin 1999: 159ff.
205
es nicht mehr188 und die Meinungs-, Versammlungs- und Organisationsfreiheit sind nicht nur konstitutionell gesichert, sondern werden auch faktisch weitgehend gewährt. Vor allem in den 1990er Jahren gab es allerdings noch Drohungen und Übergriffe auf Menschenrechtsaktivisten, Gewerkschaftler und NGOMitarbeiter, um diese einzuschüchtern und in ihrem politischen Engagement zu bremsen. Besonders bedrohlich war das Wiederauftreten von Todesschwadronen, die zwischen 1994 und 1999 aktiv waren und deren Verbrechen von staatlicher Seite nur ungenügend verfolgt wurden.189 Außerdem ist zu konstatieren, dass sich das Klima für politische Oppositionelle und Menschenrechtsaktivisten in den letzten Jahren verschlechtert hat.190 Menschenrechtsaktivisten sind nicht nur Verunglimpfungen oder strukturellen Behinderungen, wie einem schlechten Zugang zu den Medien, ausgesetzt191, sondern werden wieder zunehmend durch Drohungen eingeschüchtert. Faktisch beschränkt werden die Möglichkeiten der Interessenartikulation zudem durch die ungewöhnlich hohe Gewaltkriminalität in El Salvador. Die defizitäre öffentliche Sicherheit veranlasst viele Menschen zum Rückzug ins Private und erschwert die Interessenartikulation im öffentlichen Raum. Medien Die Pressefreiheit ist in El Salvador weitgehend gesichert. Kritische Berichterstattung gegenüber Regierung und Oppositionsparteien ist ohne die Gefahr von Repressionen möglich192 und im Ranking von Reporter ohne Grenzen wurde El Salvador 2004 und 2005 sogar auf dem 28. Platz, gemeinsam mit Ländern wie Großbritannien und Ungarn (2004) und noch vor Frankreich, Italien, Spanien und den USA (2005) geführt (Reporters without Borders 2004a; 2005).193 188 Der neuen zivilen Nationalpolizei sind allerdings verschiedene Menschenrechtsverletzungen (u.a. Folter, Misshandlung und willkürliche Festnahmen) und Verwicklungen in Fälle sozialer Säuberung vorgeworfen worden (Call 2003: 846). Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine „gezielte[n] und systematische[n] Repression von Regimegegnern“ (Zinecker 2007: 1091). 189 Vgl. hierzu die Jahresberichte von amnesty international und Human Rights Watch. 190 Wer etwa das harte Vorgehen der Regierung gegen Jugendbanden kritisiert, wird von Regierungsangehörigen und ARENA-Politikern als Beschützer von Verbrechern diskriminiert. Dies trifft nicht nur Oppositionspolitiker der FMLN, sondern auch soziale Organisationen, Richter und die Ombudsfrau für Menschenrechte (amnesty international et al. 2005: 2). 191 Vgl. hierzu das Interview von amnesty international mit María Julia Hernández, der Leiterin von Tutela Legal (amnesty international 2003: 3). 192 Gelegentlich gab es allerdings schon Klagen wegen Defamierung gegen kritische Journalisten, diese wurden von den Gerichten aber in der Regel zurückgewiesen (Reporters without Borders 2002). 193 In der Weltrangliste der Pressefreiheit 2006 rutschte El Salvador allerdings auf den 41. Platz herunter. Dennoch wird dem Land weiterhin ein gutes Abschneiden attestiert: „Except for Guatemala, Central America as a whole has good rankings“ (Reporter without Borders 2006: 2). Im Folgejahr verstärkte sich der Abwärtstrend – El Salvador nimmt 2007 nur noch den 90. Platz ein.
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Dennoch tritt in El Salvador gelegentlich Selbstzensur auf, die vor allem auf wirtschaftliche Faktoren zurückzuführen ist, da regierungsfreundliche Medien in dem Ruf stehen, mehr öffentliche Werbeaufträge zu erhalten.194 Wenig Transparenz und eine restriktive Informationspolitik wurden insbesondere der Regierung unter Präsident Francisco Flores (1999-2004) vorgeworfen (Freedom House 2004). Im Jahr 2002 wurden ferner zwei Gesetze erlassen, die die Pressefreiheit beschränken. So erforderte ein neues nationales Verteidigungsgesetz von „privaten Individuen“, worunter auch Journalisten subsumiert werden, dass sie ihre Quellen aufdecken, wenn das „nationale Interesse“ auf dem Spiel steht.195 Außerdem verabschiedete das Parlament ein Gesetz, wonach die Ergebnisse öffentlicher Rechnungskontrollen geheim zu halten sind, solange die Verantwortlichkeiten nicht eindeutig nachgewiesen sind. Journalisten werden damit bei der Aufdeckung von Korruptionsfällen behindert (Freedom House 2003; Reporters without Borders 2003). In den letzten Jahren wird darüber hinaus zunehmend eine Konzentration und Monopolisierung der Medienlandschaft beklagt. Im Bereich des Fernsehens unterhält das Unternehmen Telecorporación Salvadoreña drei Fernsehkanäle, die am meisten Zuschauer erreichen und einen Anteil von 85 Prozent der Werbeeinnahmen verbuchen können. Damit werden kleinere und insbesondere inhaltlich alternative Programme an den Rand gedrängt. Darüber hinaus sind enge Verbindungen zwischen den Massenmedien, insbesondere den oben erwähnten Fernsehkanälen und der Tageszeitung El Diario de Hoy, sowie den wirtschaftlich und politisch dominierenden Eliten in El Salvador zu beobachten. Das Ergebnis ist eine in weiten Teilen konservativ geprägte Berichterstattung, eine Beschränkung der Meinungsvielfalt und eine Limitierung der kritischen Kontrollfunktion von Medien (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 70). Trotz Fortschritten ist damit zu bemängeln, dass „die Kommunikationsmedien in El Salvador weiterhin einen stark elitären Charakterzug aufweisen und bestimmte soziale und politische Gruppen ausschließen“ (Fischer-Bollin 1999: 91). Zivilgesellschaft Die Zivilgesellschaft in El Salvador ist in mehrerlei Hinsicht geschwächt. Im Gegensatz zu den Zeiten während des Krieges und der Friedensverhandlungen, als eine Vielzahl von Selbsthilfebewegungen für sozialen und politischen Wandel kämpften, hat nach der Verabschiedung der Friedensabkommen ein Prozess 194
Freedom House berichtet so etwa von dem regierungskritischen Fernsehprogramm Sin Censura, das aufgrund finanzieller Probleme, die auf ein Werbeembargo von Regierung und Großunternehmen zurückgeführt wurden, den Sendebetrieb einstellen musste (Freedom House 2004). 195 Im Oktober 2004 änderte die Regierung allerdings das Strafgesetzbuch und nahm Journalisten von der Pflicht aus, ihre Quellen aufzudecken (Freedom House 2005).
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der ‚NGOisierung‘ eingesetzt. Ehemals eigenfinanzierte Selbsthilfebewegungen sind weitestgehend verschwunden bzw. haben sich in professionelle NGOs umgewandelt, die durch internationale Gelder finanziert werden. Dieser Prozess hat mehrere negative Implikationen: So sind die NGOs weniger ihren eigenen Mitgliedern verpflichtet, sondern eher gegenüber ihren internationalen Gebern rechenschaftspflichtig. Des Weiteren gewinnen Präferenzen internationaler Geber im Gegensatz zu einer eigenbestimmten Agenda zunehmend an Bedeutung für die Aktivitäten nationaler zivilgesellschaftlicher Gruppierungen. Auch führt die Abhängigkeit von internationalen Ressourcen zu einem steigenden Wettbewerb zwischen nationalen NGOs und zur Entstehung einer Konkurrenzsituation, die Kooperation erschwert (Wilkens 2001). Eine kontinuierliche und produktive Verbindung zwischen Zivilgesellschaft und politischen Parteien fehlt (Arnson/Azpuru 2003: 208). Stattdessen ist ein eher instrumentelles Verhältnis der Parteien zu zivilgesellschaftlichen Gruppierungen zu beobachten. Wenn es den Parteien nutzt, so wird die Zivilgesellschaft einbezogen und berücksichtigt, ansonsten aber mit Ignoranz gestraft (Zamora 2003: 9; Zinecker 2007: 1098). b) Externe Demokratieförderung und Stärkung der Interessenartikulation Anschließend an die Gliederung der Ausgangsanalyse werden im Folgenden die verschiedenen Maßnahmen externer Demokratieförderer zur Verbesserung der Möglichkeiten der Interessenartikulation in El Salvador vorgestellt. Die verschiedenen Aktivitäten werden dabei den in Kapitel 4.1.1 eingeführten funktionalen Kategorien, wie beispielsweise „Sicherung von Räumen der Interessenartikulation“ oder aber „Schaffung von Räumen der Interessenartikulation“, zugeteilt. Wahlen Insbesondere die als “Jahrhundertwahlen” (Montgomery/Reitan 2000: 143) betitelten Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen von 1994 – die ersten Wahlen nach dem Abschluss des Friedensabkommens von Chapultepec – sind von internationaler Seite umfassend unterstützt worden. Wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, lag ein Schwerpunkt der Förderung auf der Sicherung von Räumen für die Interessenartikulation, zu der die Wahlbeobachtung, die Ausbildung von Wahlbeobachtern sowie die aktive Unterstützung externer Akteure bei der Wählerregistrierung beitrug. Der Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation ist hingegen die Unterstützung für das Oberste Wahltribunal zuzuordnen. Allein USAID stellte 5,2 Millionen US-Dollar für technische Hilfe, den Aufbau von Infrastruktur, Wahlbeobachtung und Aktivitäten zur politischen
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Bildung zur Verfügung. UNDP hatte schon im April 1993 die Bedingungen für die Wahlen eruiert und startete im August 1993 ein Unterstützungsprogramm für den Wahlprozess, das vor allem technische Unterstützung bei der Registrierung von Wählern und der Ausstellung von Wahlunterlagen, die Ausbildung von Wahlmitarbeitern sowie materielle Unterstützung umfasste. Aufgrund von Zahlungen bilateraler Geber umfasste das Programm letztlich Mittel in Höhe von 5,6 Millionen US-Dollar (Rubio-Fabiàn 2004: 18). ONUSAL wurde im Januar 1993 von der salvadorianischen Regierung um Hilfe bei der Durchführung der Wahlen gebeten. Die UN-Mission richtete dafür eine Wahl-Abteilung ein und gab für eigene Aktivitäten zur Unterstützung der Wahlen sieben Millionen US-Dollar aus. Darüber hinaus stellte sie weitere 20 Millionen US-Dollar an Wahlhilfe zur Verfügung (López-Pintor 2006: 50). Die Mission unterstützte die Organisation der Wahlen und beobachtete deren Durchführung. Insbesondere das Oberste Wahltribunal, eine im Zuge der Friedensverhandlungen neu geschaffene Institution, die mit der Organisation, Durchführung und Kontrolle der Wahlen sowie mit der Wählerregistrierung und der Zulassung von Parteien betraut war und mit großen Kompetenzproblemen zu kämpfen hatte, wurde von ONUSAL durch materielle und logistische Unterstützung gefördert. Um die für die Registrierung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, reisten ONUSAL-Mitarbeiter sogar eigens in die Gemeinden und suchten dort nach den notwendigen Unterlagen (Montgomery 1995: 153f.). Mit dieser aktiven Form der Beteiligung überschritt die Mission deutlich ihr ursprüngliches Mandat, das auf die Beobachtung der Wahlvorbereitung und der Wahlen sowie auf die Entgegennahme von Beschwerden und deren Weiterleitung beschränkt gewesen war (Montgomery/Reitan 2000: 144, 149). Auch die Kampagne im Vorfeld der Wahlen wurde von ONUSALMitarbeitern begleitet, die Wahlkampfveranstaltungen besuchten und die Wahlwerbung in den Medien verfolgten. Missionsleiter Ramírez Ocampo verhandelte ein gentlemen’s agreement zwischen den wichtigsten politischen Parteien, in dem diese sich auf ethische Grundregeln für einen fairen Wahlkampf verpflichteten. Verhaltensregeln wurden von ONUSAL auch für regionale Parteien entwickelt (Montgomery 1995: 154). Am Wahltag selbst, dem 20. März 1994, waren schließlich 900 Wahlbeobachter von ONUSAL in Wahllokalen im ganzen Land präsent, um den Wahlverlauf zu überwachen. Die Mission attestierte, dass die Wahlen trotz einiger Defizite196 unter akzeptablen Bedingungen stattgefunden hatten, und machte Vorschläge zur Beseitigung der aufgetretenen Probleme bis zum zweiten Wahlgang 196 Zu den reklamierten Problemen gehörten die ungenügende Aktualisierung des Wählerregisters, eine unzureichende Ausbildung von Wahlhelfern, die Konzentration von Wahllokalen und zu wenig öffentliche Transportmöglichkeiten für die Wähler (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 23f.).
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der Präsidentschaftswahl am 24. April 1994, den ONUSAL ebenfalls beobachtete (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 23f.). Nach den Wahlen von 1994 konzentrierte sich die externe Unterstützung vor allem auf die Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation.197 Insbesondere UNDP, aber auch USAID förderten die Reform des Wahlsystems. Dabei ging es im Wesentlichen um strukturelle Modernisierungsmaßnahmen, wie z.B. die Überarbeitung des Wählerregisters und dessen Vernetzung mit dem nationalen Melderegister, oder aber die Einführung eines einheitlichen Dokuments als Identitätsnachweis und Wahlberechtigung sowie die Ermöglichung des Wählens am Wohnort (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 25, 109). Die Unterstützung für das Oberste Wahltribunal dauert bis heute an. Erst im Februar 2007 wurde eine Vereinbarung mit der OAS geschlossen, wonach diese das Wahltribunal bei der Überprüfung des Wahlregisters unterstützen wird (RIPE 2007). Einen Beitrag zur Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation leisten Maßnahmen zur Wählerbildung und -mobilisierung. In diesem Tätigkeitsfeld sind vor allem nationale Organisationen tätig, die von externen Gebern unterstützt werden, wie beispielsweise COCIVICA (Consorcio de ONG de Educación Cívica), ein Zusammenschluss von fünf salvadorianischen NGOs, die sich für politische Bildung und Partizipationsförderung engagieren. Ein anderes Beispiel ist die Unterstützung für MIRE (Movimiento Independiente pro Reforma Electoral), eine Organisation, die erhebliche Expertise im Bereich der Wahlreform entwickelt hat (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 26f.). Parteien und Parlament Die Parteienförderung erhält in El Salvador nur wenig Aufmerksamkeit internationaler Geber. Von den wenigen Maßnahmen, die es gibt, zielen die meisten auf die Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation. Die salvadorianische FUNDAUNGO (Fundación Dr. Guillermo Manuel Ungo) initiierte bereits 1997 ein Projekt im Bereich der Parteienförderung, das mit Geldern der FriedrichEbert-Stiftung und der deutschen Botschaft finanzierte Programa Gerencia Política. Dieses zielt auf die Stärkung der Kompetenzen mittlerer und führender Parteimitglieder ab. Mittlerweile gibt es auch eine spezielle Fördermaßnahme für Jugendliche.198 Ebenso wie in Guatemala und in Nicaragua ist die Friedrich-Ebert-Stiftung auch in El Salvador mit dem Nachwuchsprogramm Agentes de Cambio vertreten, das zur Fortbildung und Stärkung jugendlicher Parteimitglieder beitragen soll. 197
Zwar gab es auch nach den Wahlen von 1994 noch internationale Wahlbeobachtungsmissionen. Diese haben jedoch gegenüber nationalen Wahlbeobachtern an Bedeutung verloren (Montgomery/Reitan 2000: 156). 198 Vgl. hierzu die Internetpräsenz der FUNDAUNGO. URL: http://www.fundaungo.org.sv/
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Einen mehrmonatigen Kurs zur Herausbildung neuer politischer Führungskräfte in Zentralamerika bietet auch INCEP, in Zusammenarbeit mit der OAS und der Rafael-Landívar-Universität, seit 1999 an (vgl. dazu auch Fallstudie Guatemala, 5.2.2.4). Das Programm richtet sich an zivilgesellschaftlich engagierte Jugendliche und umfasst Module zur politischen Bildung sowie zum praktischen Capacity Building (INCEP 2006). Insbesondere USAID engagierte sich im Bereich der Stärkung der Legislative in El Salvador. Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt dabei auf der Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation. Hierunter fallen Aktivitäten zur Verbesserung des Austauschs zwischen Wählern und ihren gewählten Repräsentanten sowie Beratungstätigkeiten bei der Gesetzgebung oder Fortbildungsangebote für Parlamentarier. Als Beitrag zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation ist hingegen die Verbesserung der Infrastruktur des Parlaments sowie Unterstützung bei dessen Modernisierung zu bewerten.199 Auf die Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation ausgerichtet war ein Programm zur Demokratisierung des Parlaments, das von Norwegen finanziert und von der salvadorianischen NGO FUNDASPAD (Fundación Salvadoreña para el Desarrollo Local y la Democracia) durchgeführt wurde. Im Mittelpunkt stand dabei die Schulung der Parlamentarier, deren Argumentationsfähigkeit trainiert wurde und die Unterstützung für die Analyse von Gesetzesvorschlägen sowie die Ausarbeitung politischer Strategien erhielten. Ein zweiter Schwerpunkt des Programms bestand aus Maßnahmen zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Politikern und der Wählerschaft (U 4 AntiCorruption Resource Centre 2005). Politische und zivile Menschenrechte Noch während der Friedensverhandlungen im Juli 1991 nahm die Menschenrechtsabteilung der UN-Mission ONUSAL ihre Arbeit zur Verifikation der Menschenrechte in El Salvador auf und trug damit zur Sicherung von Räumen der Interessenartikulation bei. Im Mittelpunkt der Aufgaben stand die Überprüfung der Gewährleistung des Rechts auf Leben, des Rechts auf Sicherheit und der Freiheit der Person, des Rechts auf einen fairen Prozess sowie der Meinungsund Versammlungsfreiheit.200 Die Mission richtete sechs regionale Büros im ganzen Land ein und beschäftigte etwa 150 Menschenrechtsbeobachter (Montgomery 1995: 148). Den Schwerpunkt setzte ONUSAL dabei auf die Untersu199 Für die verschiedenen von den USA unterstützten Maßnahmen im Bereich der Stärkung der Legislative vgl. Lippman/Jutkowitz 1996; USAID 1998: 9; USAID 2000: 5; USAID 2002: 2. 200 Vgl. hierzu die Vereinbarungen über die internationale Verifikation, insbesondere II.11, im San José Abkommen über Menschenrechte vom 26.7.1990. URL: www.usip.org/library/pa/el_salvador/pa_es_07261990_hr.html.
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chung von Einzelfällen. Zwar war die Mission auch in der Menschenrechtsbildung, etwa bei Militär, Polizei und FMLN tätig, insgesamt war sie im Bereich des Capacity Building allerdings weitaus weniger aktiv (Montgomery 1995: 148; Doggett/Kircher 2004: 9f.). Zu den Maßnahmen für die Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation zählt die internationale Unterstützung für die Ombudsstelle für Menschenrechte. Die chronisch unterfinanzierte Institution erhielt finanzielle und technische Hilfe, die von großer Bedeutung dafür war, dass die im Zuge der Friedensverhandlungen vereinbarte Ombudsstelle ihre Arbeit im Februar 1992 aufnehmen konnte (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 45). In den Bereich der Stärkung von Praktiken fällt zudem die Ausbildung der Mitarbeiter der Ombudstelle, die nach dem Abzug von ONUSAL die Verantwortlichkeit für die Verifikation der Menschenrechtslage übernehmen sollten. Einschränkend ist allerdings zu bemerken, dass sich die Zusammenarbeit von ONUSAL und der Ombudsstelle nur sehr zögerlich entwickelte, was unter anderem an dem Widerstand des ersten Ombudsmanns, Carlos Molina Fonseca, lag (Doggett/Kircher 2005: 13).201 Im Zuge der Friedensabkommen wurden umfangreiche Bereiche des sekundären Rechts mit Menschenrechtsbezug, wie z.B. das Familienrecht, die Strafgesetzgebung oder auch die Rechte von Frauen und Kindern, überarbeitet. Das Parlament wurde bei der Ausarbeitung neuer Gesetze und Verfassungsänderungen von der Menschenrechtsabteilung von ONUSAL beraten. Die UN-Mission warb darüber hinaus für die Ratifizierung wichtiger internationaler Menschenrechtskonventionen sowie für die Anerkennung von Menschenrechtsinstitutionen wie dem interamerikanischen Menschenrechts-Gerichtshof oder aber der UNMenschenrechtskommission (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 36f.). Damit trug sie zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation bei. Zuletzt sei noch erwähnt, dass auch die Menschenrechtsarbeit von NGOs durch externe Gebern unterstützt wurde (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 38ff.). Dieser Aspekt wird im Zusammenhang mit der Förderung der Zivilgesellschaft behandelt. Medien Die Förderung des Mediensektors und der Pressefreiheit nimmt auf der Agenda internationaler Akteure für El Salvador zwar nur einen marginalisierten Platz ein (Rubio-Fabiàn et al. 2003: 53), ist aber zumindest von einer gewissen Vielfalt gekennzeichnet. In den Bereich der Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation fällt die Förderung alternativer Medienformate, welche die Vielfalt der veröffent201
Hintergrund der Ablehnung war, dass Molina Fonseca fürchtete, die Ombudsstelle könne zu abhängig von der UN-Mission erscheinen (Johnstone 1997: 331).
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lichten Meinung vergrößern. Auch verschiedene Basisradios wurden von internationalen Akteuren unterstützt, etwa durch materielle Ausstattung, die Ausbildung von Mitarbeitern oder durch Finanzhilfen für laufende Ausgaben (Rubio-Fabiàn 2004: 60ff.). Bis vor wenigen Jahren gab es hingegen keinerlei internationale Aktivitäten, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Gewährleistung der Pressefreiheit zu sichern. Zwar ist die Pressefreiheit konstitutionell verankert, sie wird aber durch unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt. Erst 2003 ist die Regierung von El Salvador auf die UNESCO zugegangen und hat sie um Unterstützung gebeten für die Überarbeitung der Mediengesetzgebung im Einklang mit internationalen Konventionen (UNESCO 2003; Rubio-Fabiàn et al. 2004: 69). Internationale Unterstützung erfahren haben ferner verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen im Medienbereich, wie z.B. ein Zusammenschluss von Basisradios (ARPAS, Asociación de Radios y Programas Participativos de El Salvador) oder auch NGOs, die sich für die Pressefreiheit einsetzen. Zur Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation tragen verschiedene Programme zur Ausbildung von Journalisten sowie zur Förderung von Journalismusschulen in El Salvador bei (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 64ff.). Zivilgesellschaft Nach dem Abschluss der Friedensabkommen hat die Zahl der NGOs in El Salvador stark zugenommen, was vor allem auf die zusätzlichen internationalen Hilfsgelder für den Wiederaufbau des Landes zurückzuführen ist (McIlwaine 1998: 661). Die Geber verknüpfen mit der Förderung der NGOs verschiedene Erwartungen: zum einen Hilfe bei der Entwicklung des Landes und der Linderung sozialer Probleme, zum anderen aber auch eine Stärkung des Demokratisierungsprozesses, da NGOs als bedeutender Bestandteil einer aktiven Zivilgesellschaft betrachtet wurden (Sollis 1995: 525). Insofern ist die Unterstützung von NGOs als ein Beitrag zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation zu bewerten. Gleichzeitig hat der Prozess der ‚NGOisierung‘ jedoch auch negative Auswirkungen gehabt, da er auf Kosten von Selbsthilfebewegungen ging und die Abhängigkeit von internationalen Geldern die Relevanz einer eigenbestimmten Agenda zugunsten der Agenda der Geber reduzierte. Insofern sind also auch kontraproduktive Entwicklungen zu beobachten. Den Schwerpunkt internationaler Förderung stellte die Finanzierung von NGO-Projekten dar. Darüber hinaus wurden zivilgesellschaftliche Akteure bei der Bildung von Netzwerken unterstützt. Auch im Bereich des Capacity Building engagierten sich externe Geber, hier waren sie jedoch insbesondere in den ersten
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Jahren des Friedensprozesses zurückhaltender.202 Zu den Tätigkeiten gehörte die inhaltliche Professionalisierung der Mitarbeiter wie auch die Stärkung von Administrations- und Organisationskompetenzen. Insbesondere Maßnahmen zur Stärkung der Kommunikations- und Lobbyfertigkeiten von Mitarbeitern sind der Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation zuzurechnen.203 Dezentralisierung und Gemeindeentwicklung Mit dem Ziel, die Partizipation der Bevölkerung zu erhöhen, nationale Ungleichheiten zu verringern und Armut zu reduzieren, fördern vor allem Deutschland, die USA und die Europäische Union die Dezentralisierung und Gemeindeentwicklung in El Salvador. Die GTZ arbeitet bereits seit 1995 in diesem Bereich. Sie berät auf nationaler Ebene die Regierung bei der Veränderung politischer und gesetzlicher Rahmenbedingungen, fördert die Verhandlungsfähigkeit und Handlungskompetenzen von Akteuren auf munizipaler Ebene und unterstützt den Dialog zwischen nationalen Institutionen und den Gemeinden. Ein weiteres Ziel des Programms ist es, die Bevölkerung – insbesondere Frauen und Jugendliche – stärker an Planungsprozessen zu beteiligen (BMZ 2006). Diese Maßnahmen tragen sowohl zur Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation als auch zur Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation bei. Die Arbeit von USAID konzentriert sich auf die Stärkung der Leistungsfähigkeit munizipaler Institutionen und die Einbeziehung der Bevölkerung in lokale Entscheidungsprozesse (USAID 2005). 6.2.1.2 Interessenausgleich Im Folgenden wird zuerst ein Überblick über die Ausgangssituation gegeben, worauf die Darstellung der verschiedenen externen Aktivitäten zur Förderung des Interessenausgleichs folgt. Da die Ausführungen aufgrund von Überschneidungen zwischen Interessenartikulation und Interessenausgleich kürzer ausfallen, wird auf eine Unterteilung in thematische Unterpunkte verzichtet. a) Ausgangsanalyse Der Ausgleich von Interessen wird in El Salvador vor allem von zwei Unzulänglichkeiten beschränkt: undemokratisches Handeln von Politikern und Defizite
202
Vgl. hierzu insbesondere die Kritik an ONUSAL. Der UN-Mission wurde vorgeworfen, den Kontakt zu nationalen NGOs nicht ausreichend genutzt zu haben und somit ein wichtiges Potenzial für die Stärkung des Demokratisierungsprozesses nicht, beziehungsweise erst zu spät, genutzt zu haben (Doggett/Kircher 2005: 10; Holiday/Stanley 2000: 55; Whitfield 1998: 177f.). 203 Die Zivilgesellschaft besteht natürlich nicht nur aus NGOs. Da letztere jedoch mit Abstand die meiste Unterstützung erhalten haben, stehen sie im Mittelpunkt dieser Ausführungen.
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der Justiz. Hinzu kommen die oben bereits erläuterten Hindernisse für die Interessenartikulation. Anders als in Guatemala ist die Parteienlandschaft in El Salvador in der Konstellation der wichtigsten Parteien weitestgehend stabil. Dies erleichtert den Interessenausgleich, da Parteien, deren politisches Überleben nicht gefährdet ist, eher in der Lage sind, Kompromisse einzugehen und durchzusetzen. So zeigt etwa das Beispiel von ARENA, dass diese nicht nur die Friedensverhandlungen mit der FMLN zum Abschluss brachte, sondern sich in der Folgezeit auch gegen reaktionäre Kräfte durchsetzte und die in den Friedensabkommen vereinbarten Kompromisse weitestgehend implementierte.204 Abgesehen von dieser ungleich günstigeren Ausgangskonstellation gibt es aber auch in El Salvador Defizite der demokratischen Kultur von Politikern und der Entscheidungsfindungsprozesse im Parlament. Hierzu gehört, dass Abgeordnete sich häufig eher partikularen Interessen als dem Gemeinwohl der Gesellschaft, und somit dem Interessenausgleich, verpflichtet fühlen. Kritische Beobachter machen Parlamentariern zum Vorwurf, unwillig zu sein, Kompromisse zu schließen (Córdova Macías 2001: 30). Auch die Veränderung der politischen Machtverhältnisse und der Verlust der absoluten Mehrheit von ARENA im Parlament (Wahlen 1997) hat nicht zu einer konstruktiven Zusammenarbeit der verschiedenen Parteien geführt, sondern vielmehr Blockadepolitik befördert (Fischer-Bollin 1999: 167ff.).205 Problematisch ist auch die Entwicklung, dass Mehrheiten für politische Entscheidungen nicht über Kompromisse und Verhandlungsprozesse gebildet werden, sondern dass ARENA sich schon mehrmals durch Tauschgeschäfte die Stimmen der rechten PCN (Partido de Conciliación Nacional) für ihre Gesetzesvorhaben gesichert hat (Holiday 2005: 80). Bereits unter 6.1.1.5 wurden die verschiedenen Reformen zusammengefasst, die eine bessere Performanz und erhöhte Unabhängigkeit der Justiz gewähren und somit auch einen Beitrag zur Verbesserung des Interessenausgleichs leisten sollen. Betrachtet man allerdings die faktische Situation des Justizsystems mehr als 15 Jahre nach den Friedensabkommen, so sind weiterhin eklatante 204
Anders waren die Entwicklungen in Guatemala, wo sich die Regierungspartei PAN in einer weitaus schwächeren Position befand, da sie einerseits interne Differenzen zu bewältigen hatte und sich andererseits mit der Partei FRG auf der Rechten in einer ausgeprägten Konkurrenzsituation um konservative Wählerstimmen befand. All dies führte dazu, dass die guatemaltekische Regierung unter Alvaro Arzú weitaus anfälliger gegenüber Vetokräften war und letztlich für viele wichtige Vereinbarungen der Friedensabkommen nicht die erforderlichen Mehrheiten beschaffen konnte (Stanley 2006: 9). Die Schwäche der PAN behinderte damit den Interessenausgleich in Guatemala. 205 So konnten sich die Parteien im Frühjahr 1998 beispielsweise nicht auf einen Kandidaten für die Stelle des Ombudsmanns/der Ombudsfrau für Menschenrechte einigen, was dazu führte, dass das Amt mehrere Monate lang verwaist blieb. Schließlich wurde mit Eduardo Peñate Polanco ein Kandidat gewählt, der in Menschenrechtsfragen vollkommen unerfahren war und zudem selbst der Menschenrechtsverletzungen beschuldigt wurde (Dodson/Jackson 2004: 9f.; Fischer-Bollin 1999: 103).
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Missstände zu beklagen. Die Justiz ist eine der schwächsten Institutionen in El Salvador. Dies ist vor allem in einer Mischung von Straflosigkeit und Korruption begründet. Hinzu kommen Defizite in der Strafverfolgung, die sich in Ermittlungsfehlern und nicht-legaler Erzwingung von Aussagen niederschlagen. Fehlende Qualifikationen der Justizbeamten sind ein weiteres ernsthaftes Problem, das die Effektivität der Justiz behindert. Selbst die als nicht qualifiziert oder unehrlich eingestuften Beamten sind zum größten Teil nicht ausgetauscht worden206 (BTI 2006: 7; Popkin 2001: 16; Zinecker 2007: 1093f.). b) Externe Demokratieförderung und Stärkung des Interessenausgleichs Im Bereich der Justizreform sind die USA der wichtigste externe Akteur. Schon in den 1980er Jahren unterhielten sie Programme zur Stärkung der Justiz, die vor allem auf eine Förderung der investigativen Kapazitäten ausgerichtet waren (Call 2002: 849). Nach den Friedensabkommen blieb die Justizreform einer der Schwerpunkte US-amerikanischer Demokratieförderung. So umfasste das Rechtsstaatlichkeitsprogramm der USA für El Salvador alleine zwischen 1993 und 1998 41 Millionen US-Dollar (Popkin 2001: 18). Die Unterstützung war dabei sowohl auf die Schaffung und die Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs als auch auf die Stärkung von Prozeduren des Interessenausgleichs ausgerichtet. Besondere Förderung wurde der Staatsanwaltschaft zuteil, die unter schlechter Finanzierung und hohen Anforderungen zu leiden hatte. USAID unterstützte Strukturreformen und bildete sowohl Ankläger als auch Pflichtverteidiger aus (Popkin 2001: 18). Darüber hinaus förderte USAID den Aufbau von 22 kommunalen Mediationszentren und zwei mobilen Mediationsbüros. Teil des Programms ist auch die Ausbildung von Mediatoren. Durch die Mediationszentren soll einerseits der Zugang zur Justiz verbessert werden, andererseits soll die Förderung alternativer Konfliktlösungsmechanismen zur Beilegung von Konflikten auf lokaler Ebene beitragen. Ein weiterer Beitrag zur Verbesserung des Zugangs zur Justiz ist die Einrichtung von sogenannten ‚Rechtskliniken‘ an Universitäten. Wer sich keinen Anwalt leisten kann, wird hier von Jurastudierenden unter Anleitung eines Professors kostenlos beraten. Mit der finanziellen Unterstützung von USAID sind mittlerweile sieben solcher Rechtskliniken an verschiedenen Universitäten des Landes eingerichtet worden.207 206 Der Nationale Rat der Judikative hatte zwischen 1994 und 1997 die Entlassung von 520 Richtern vorgeschlagen, letztlich wurden davon aber nur 31 vom Obersten Gerichtshof entlassen. Auch in den Folgejahren blieb der Oberste Gerichtshof sehr zögerlich bei der Sanktionierung von Justizbeamten (Call 2003: 852ff.). 207 Zu den Mediationszentren vgl. Informationen auf der Homepage der implementierenden Organisation DPK Consulting: http://www.dpkconsulting.com/core/_media/template_
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ONUSAL begann sich vor allem im letzten Jahr der Mission im Bereich der Justizreform zu engagieren. Die Mission organisierte Seminare für Richter und bot Trainings für die Entwicklung einer demokratischen Doktrin für den Obersten Gerichtshof an (Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs). Als Beitrag zur Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs unterstützte die Mission die Umstrukturierung der Justizverwaltung und erarbeitete Vorschläge für die Verbesserung der Unabhängigkeit und Performanz der Justiz. Nach dem Mandatsende von ONUSAL setzte die Nachfolgemission MINUSAL die Arbeit in diesem Bereich fort und beriet die salvadorianischen Autoritäten bei ihren Reformvorhaben (Montgomery 1995: 157ff.; Dobbins et al. 2005: 61; Whitfield 2001: 38). Schließlich ist auch noch die Arbeit der UN-Wahrheitskommission zu nennen. In ihrem Abschlussbericht führte die Wahrheitskommission umfangreiche Empfehlungen zur Reform der Justiz auf, die dem Bereich Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs zugeordnet werden können. Hintergrund der Empfehlungen war, dass die Wahrheitskommission der Justiz eine maßgebliche Mitverantwortung für die Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkrieges zuschrieb. Durch strukturelle tiefgreifende Reformen des Rechtswesens, so die Hoffnung, sollten Bedingungen geschaffen werden, unter denen eine Wiederholung der Gräueltaten nicht mehr möglich war. Der Empfehlungskatalog umfasste unter anderem die Entlassung der Richter des Obersten Gerichtshofes, die Säuberung/Überprüfung der Justizmitarbeiter, Maßnahmen zur Dezentralisierung und Depolitisierung des Rechtswesens und eine Strafrechtsreform unter der Prämisse der Stärkung individueller Rechte (Call 2002: 851; Popkin 2001: 16). Diese Empfehlungen wurden von der Regierung zwar nicht alle umgesetzt, dennoch war der Bericht der Wahrheitskommission bedeutsam, da er die Relevanz des Themas Justizreform unterstrich und auf die Agenda setzte.208 Gerade die Empfehlungen zur Strafrechtsreform nutzten die Vereinten Nationen, um mehr Augenmerk auf dieses Thema zu legen und Druck auf die salvadorianischen Entscheidungsträger auszuüben, die schließlich Ende 1996 Reformen der Strafrechts verabschiedeten (Popkin 2001: 17). Die verschiedenen externen Fördermaßnahmen zur Stärkung der Legislative sind bereits im vorigen Abschnitt zur Interessenartikulation dargestellt worden und werden an dieser Stelle daher nicht nochmals aufgegriffen. 1.php?show=experience&id=24&multi=no. Informationen zu Mediationszentren und Rechtskliniken finden sich ferner auf der Internetseite von USAID unter http://www.usaid.gov/sv/democracy.html. 208 Dies war auch gerade deswegen von Bedeutung, weil einzelne Justizreformen zwar in den Friedensabkommen vereinbart worden waren, dieser Themenkomplex aber generell nur eine geringe Aufmerksamkeit bekommen hatte und die Ausführungen hierzu im Friedensvertrag recht vage waren (Doggett/Kircher 2005: 14).
217
6.2.1.3 Andere Bereiche externer Demokratieförderung Nicht alle Maßnahmen externer Demokratieförderung stehen in einem direkten Zusammenhang zur Förderung von Interessenartikulation und Interessenausgleich. Um dennoch ein vollständiges Bild zu erhalten, seien hier noch kurz die anderen Förderbereiche umrissen. Die Schwerpunkte externer Demokratieförderung lagen zumindest in den ersten Jahren des Friedensprozesses eindeutig im Bereich der Militär- und Sicherheitsreformen. Insbesondere die Bildung einer neuen zivilen Polizei wurde von externen Gebern massiv unterstützt. Vergleicht man dies mit den Förderprogrammen im Bereich von Interessenartikulation und -ausgleich, so hat allenfalls die Justizreform ebenso viel Aufmerksamkeit internationaler Geber über einen längeren Zeitraum erhalten. Daneben waren zwar auch die Unterstützung und Beobachtung der Wahlen von 1994 sowie die Menschenrechtsverifikation von ONUSAL bedeutende Förderschwerpunkte der externen Demokratieförderung, diese Maßnahmen waren zeitlich jedoch stark begrenzt. Korruptionsbekämpfung ist ein anderes Thema, das sich auf der Agenda internationaler Geber findet. Die Förderung umfasst dabei sowohl materielle Hilfe, wie auch Programme zur Vereinbarung ethischer Standards und Maßnahmen zur Erhöhung von Transparenz und zur Verbesserung des Zugangs zu Informationen (USAID o.J; USAID o.J.a). 6.2.1.4 Fazit Tabelle 6 fasst die verschiedenen externen Maßnahmen zur Stärkung der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs zusammen. Betrachtet man diese Maßnahmen gebündelt, so ist festzustellen, dass die externe Demokratieförderung durchaus auf die Förderung von Interessenartikulation und Interessenausgleich ausgerichtet war. Allerdings gab es hierbei auch einige Defizite: 1.
218
Um die Sicherung der Interessenartikulation vor allem in den ersten Jahren nach dem Friedensvertrag zu gewährleisten, übernahm ONUSAL Aufgaben nationaler Akteure. So trug das Engagement der UN-Mission maßgeblich dazu bei, die Registrierung von Wählern vor den Wahlen 1994 voranzutreiben – eine Aufgabe, die das Oberste Wahltribunal nicht erfüllt hatte. Ebenso übernahm die internationale Mission die Menschenrechtsverifikation. Diese Aktivitäten sind ambivalent zu bewerten. Einerseits waren sie immens wichtig, da sie zu einer erheblichen Beschleunigung der Wählerregistrierung und zu einer Verbesserung der Menschenrechtssituation beitrugen. Andererseits ist das Übernehmen von nationalen Aufgaben durch internationale Akteure nicht förderlich für langfristiges Capacity Building. Durch die internationale Menschenrechtsbeobachtung wurden nationale Akteure, die ebenfalls im Bereich der Menschenrechtsverifikation tätig waren, an den Rand gedrängt und verloren an Einfluss (Holiday/Stanley 1993: 431).
Interessenartikulation
Strukturebene
Prozessebene
Schaffung von Institutionen der Interessenartikulation Ombudsstelle für Menschenrechte Oberstes Wahltribunal
Sicherung von Räumen für die Interessenartikulation Internationale Wahlbeobachtung Menschenrechtsverifikation Ausbildung von Wahlbeobachtern Ausbildung für Menschenrechtsverifikation Wahlvorbereitung 1994
Stärkung von Institutionen der Interessensartikulation Verfassung Wahlgesetzgebung Oberstes Wahltribunal Justizreform Oberster Gerichtshof Ombudsstelle für Menschenrechte Zivilgesellschaftliche Organisationen Alternative Medien Dezentralisierung
Interessenausgleich
Schaffung von Institutionen des Interessenausgleichs Ombudsstelle für Menschenrechte Mediationszentren Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs Justizreform Ombudsstelle für Menschenrechte
Tabelle 6:
Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation Wählerbildung Parteienförderung Parlamentarier-Fortbildung Schulungen von Mitarbeitern/Mitgliedern zivilgesellschaftlicher Organisationen Qualifizierung von Mitarbeitern munizipaler Einrichtungen Journalistenschulungen Menschenrechtstraining für Polizei und Armee Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs Parlamentarier-Fortbildung Ausbildung von Richtern, Staatsanwälten und Strafverteidigern Ausbildung von Mediatoren Rechtskliniken
Externe Demokratieförderung und die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs im Fall El Salvador
219
2.
Eben dieser Aufbau von Kapazitäten und die Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs wurde von internationalen Akteuren vernachlässigt. Wie die obige Tabelle zeigt, wurden zwar durchaus Ausbildungs- und Trainingsmaßnahmen für NGO-Mitarbeiter, Journalisten, Richter, Staatsanwälte, Strafverteidiger und Wahlbeobachter angeboten. Diese Maßnahmen waren jedoch nur von untergeordneter Bedeutung bzw. wurden erst ergriffen, als erhebliche Defizite zutage traten. Die UN-Mission ONUSAL arbeitete anfangs so gut wie gar nicht mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Ombudsstelle für Menschenrechte zusammen und verstärkte erst im letzten Jahr ihrer Mission ihr Engagement im Bereich von Trainings- und Ausbildungsmaßnahmen.
3.
Einige Kernprobleme, welche die Interessenartikulation und den Interessenausgleich in El Salvador erschweren, haben im Rahmen der internationalen Demokratieförderung nur wenig und erst spät Beachtung gefunden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die schlechte Performanz der Parteien sowie der gewählten Repräsentanten zu nennen.
4.
Finanziell schlecht ausgestattete Institutionen wie z.B. die Ombudsstelle für Menschenrechte oder die Staatsanwaltschaft209 wurden durch internationale Gelder unterstützt und haben insofern eine Stärkung erfahren. Eine Einwirkung auf die Veränderung der Rahmenbedingungen – mit dem Ziel einer langfristigen Sicherung der Finanzierung durch nationale Mittel – fand jedoch nicht statt.
Im Ergebnis ist die Ausrichtung externer Demokratieförderung auf die Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs als moderat einzustufen. Dies liegt vor allem an der vernachlässigten Förderung demokratischer Praktiken und Handlungsweisen. Gerade hier sind die größten Defizite zu beobachten, die sich in geringer Gemeinwohlorientierung, partikularer Interessenverfolgung und fehlender Accountability niederschlagen. Zwar sind diese Defizite der politischen Kultur nur langfristig zu verändern, aber eine Fokussierung der internationalen Demokratieförderung verdienten sie allemal.
209 Zwar ist im Zuge der Friedensabkommen vereinbart und konstitutionell festgesetzt worden, dass dem Gerichtswesen sechs Prozent des Staatshaushaltes zustehen. Hiervon ist allerdings das Ministerium für öffentliche Angelegenheiten, dem auch die Staatsanwaltschaft zugeordnet ist, ausgeschlossen. Im Ergebnis sind damit die Anklagebehörden und die Strafverteidiger im Vergleich zu den Gerichten unterfinanziert (Call 2002: 855).
220
6.2.2
Instrumentarium: Das ‚Wie‘ externer Demokratieförderung
Bei der zweiten Hypothese steht als unabhängige Variable die Angemessenheit des Instrumentariums der Demokratieförderung im Mittelpunkt. Im Folgenden wird daher untersucht, ob die Instrumente Konditionalität, soziale Einflussnahme, Unterstützung, Wissenstransfer und Dialog für die Demokratieförderung in El Salvador eine Rolle spielten. Um die Angemessenheit der gewählten Mittel beurteilen zu können, müssen dabei insbesondere die Rahmenbedingungen in die Analyse einbezogen werden (vgl. zur Operationalisierung Kapitel 4.1.2). 6.2.2.1 Konditionalität Internationale Anreize und Sanktionen spielten in El Salvador für das Zustandekommen und den erfolgreichen Abschluss der Friedensverhandlungen eine entscheidende Rolle (für einen Überblick vgl. Thale 1997). Konditionalität wurde von internationalen Gebern aber auch in den ersten Nachkriegsjahren eingesetzt. Dabei wurde in der Regel die Auszahlung von zugesagten Hilfsgeldern mit der Umsetzung der Friedensvereinbarungen verknüpft (Holiday/Stanley 2000: 43; Wood 2000a: 92). Hierbei sind an erster Stelle die USA zu nennen, die mehrmals internationale Finanzhilfen zurückhielten, um Reformblockaden zu überwinden. Dies war beispielsweise Anfang 1993 der Fall, als die USA die Zahlung von elf Millionen US-Dollar an Militärhilfe aussetzten. Hintergrund des Zahlungsstopps war der Bericht der Ad-Hoc-Kommission, welche die Entlassung von 103 Offizieren (den Verteidigungsminister eingeschlossen) empfohlen hatte und mit dieser Empfehlung auf den Widerstand der Regierung gestoßen war. Noch im Oktober 1992 hatte Präsident Cristiani verkündet, die Umsetzung der Empfehlungen bis zur endgültigen Demobilisierung der FMLN zu verschieben. Aufgrund von starkem Druck durch die UN, andere Geber und vor allem die USA gab die Regierung ihre Ablehnung jedoch auf und Ende Juni 1993 waren alle von der Kommission identifizierten Offiziere aus dem Militärdienst entfernt210 (Call 2002: 836; Spence 2004: 48f.; Thale 1997: 193f.). Ein anderes Beispiel für Konditionalität findet sich im Zusammenhang mit den Wahlen von 1994. Im Juli 1993 hielten die Demokraten im USRepräsentantenhaus die Auszahlung von 70 Millionen US-Dollar zurück und bestimmten, dass das Geld erst nach den Wahlen von März 1994 nach El Salvador fließen sollte. Bedingung hierfür waren Fortschritte im bis dahin nur sehr zögerlichen Prozess der Wählerregistrierung, bei dem das dafür zuständige O210 Wobei weiterhin nicht von einer vollen Umsetzung der Empfehlungen die Rede sein kann, da einigen Offizieren durch finanzielle Leistungen der Rücktritt erleichtert wurde, was mit Sicherheit nicht im Sinne der Ad-Hoc-Kommission war (Williams/Walter 1997: 157).
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berste Wahltribunal keine gute Figur machte und sowohl Zweifel an seiner Kompetenz als auch an seinem Willen erweckte. Die Konditionalität wirkte und mit der Unterstützung von ONUSAL verbesserte sich die Performanz des Obersten Wahltribunals erheblich (Thale 1997: 196). Von internationaler Seite ebenfalls sehr kritisch aufgenommen wurde die Ernennung von Oscar Peña zum Direkter der neuen zivilen Polizei im Juni 1993. Peña war zuvor Leiter der Einheit zur Drogenbekämpfung der alten Nationalpolizei gewesen, die aufgrund von Menschenrechtsverletzungen einen sehr schlechten Ruf hatte. Wiederum waren es die USA, welche die Auslieferung von Polizeiwagen und anderer Ausrüstung zurückhielten, bis Peña schließlich im Mai 1994 zurücktrat. Dies waren die Erfolgsfälle von internationaler Konditionalität. Darüber hinaus gibt es auch Beispiele für unterlassene bzw. nicht erfolgreiche Konditionalität. So knüpften insbesondere die internationalen Finanzinstitutionen ihre Unterstützung für El Salvador lediglich an die üblichen makroökonomischen Konditionen, stellten allerdings keine Bedingungen in Bezug auf Demokratisierung oder die Umsetzung der Friedensabkommen (Boyce 1996; Boyce 2002). Im Falle der USA kommt James Boyce zu dem Schluss, dass Konditionalität seltener als möglich eingesetzt wurde: „We could have leveraged more from the government in the early 1990s, on land, the PNC, and other peace-related issues“ (Boyce 1996: 145), zitiert er einen offiziellen Vertreter der USA. Und weiter: „Our policy at the time was that we were getting as much as we should extract. I personally believe we could have gotten more, but we ourselves didn’t have the political will” (Boyce 1996: 145). Darüber hinaus ist festzuhalten, dass internationale Konditionalität ab 1995, im Einklang mit dem insgesamt geringeren internationalen Engagement in El Salvador, kontinuierlich zurückging. Hinzu kamen Misserfolge, beispielsweise im Bereich der Wahlreform. Hier konnte auch die Ankündigung von zehn Millionen US-Dollar als Belohnung für Reformfortschritte die Widerstände von ARENA im Parlament nicht überwinden (Thale 1997: 198f.). Verhandlungsmacht und (Inter-)Dependenz In Bezug auf die Verhandlungsmacht externer Akteure und die Abhängigkeit El Salvadors lassen sich seit dem Abschluss der Friedensabkommen 1992 Veränderungen aufzeigen. Dies zeigt sich einerseits an der Bedeutung von EZ-Geldern. Während der Betrag an Entwicklungshilfe pro Kopf 1991 noch 56,7 US-Dollar betrug, stieg er in den ersten beiden Nachkriegsjahren auf 76,03 US-Dollar (1992) bzw. 73,68 US-Dollar (1993).
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EZ-Gelder pro Kopf 80 70
US-Dollar pro Kopf
60 50 40
US-Dollar pro Kopf
30 20 10 0 1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
Jahr
Abbildung 15:
Zufluss von EZ-Geldern pro Kopf nach El Salvador; Quelle: World Bank 2007b
Danach sanken die Zahlungen merklich, wie Abbildung 15 veranschaulicht. 2004 betrug der Pro-Kopf-Betrag an Entwicklungshilfe noch 31,27 US-Dollar (World Bank 2007b). Auch der Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttoinlandsprodukt ist gesunken, und zwar von 7,2 Prozent 1990 auf 1,3 Prozent 2004 (UNDP 2006: 345). Gestiegen ist hingegen der Gesamtwert der Schulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt: 1993 betrugen diese noch 29,2 Prozent, 2005 hingegen beliefen sich die Schulden auf 41,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (World Bank 2004 und World Bank 2007a). Der jährliche Schuldendienst ist hingegen relativ konstant geblieben – 1990 belief er sich auf 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 2004 auf 3,9 Prozent. Verglichen mit Guatemala ist die Abhängigkeit El Salvadors somit erheblich höher, auch wenn sie ab Mitte der 1990er Jahre deutlich nachgelassen hat. Rasant an Bedeutung gewonnen hat allerdings die Abhängigkeit der salvadorianischen Wirtschaft von Überweisungen der im Ausland lebenden Salvadorianer. Gastarbeiterrenten übersteigen mittlerweile Auslandsinvestitionen und Entwicklungshilfe um ein Vielfaches. So summierten sich die Geldzahlungen im Jahr 2000 auf 1,75 Milliarden US-Dollar, im Jahr 2003 auf 2,21 Milliarden USDollar und im Jahr 2004 auf 2,5 Milliarden US-Dollar (Orozco 2004: 3). Der prozentuale Anteil der Auslandsüberweisungen am Bruttoinlandsprodukt betrug damit 16 Prozent, im Verhältnis zu den Steuereinnahmen beträgt der Anteil der
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Zahlungen 140 Prozent und im Vergleich zu den ausländischen Direktinvestitionen sind es sogar 655 Prozent (PNUD 2005a: 6). Unter den externen Akteuren verfügen die USA über die größte Verhandlungsmacht gegenüber El Salvador. Zu Zeiten des Bürgerkrieges hatten die USA die Regierung in hohem Maße mit finanziellen und militärischen Mitteln versorgt, was Washington Kanäle der Einflussnahme sicherte. Nach dem Ende des Krieges nahm die US-Hilfe zwar ab, die USA blieben aber weiterhin der mit Abstand bedeutendste bilaterale Geber (vgl. dazu 6.1.2). Mit der Reduzierung der Abhängigkeit El Salvadors von internationaler Hilfe ist allerdings auch der Einfluss der USA zurückgegangen, da durch die Gewährung oder Zurückhaltung von Entwicklungshilfe immer weniger wirkungsvolle Anreize und Sanktionen gesetzt werden können (Thale 1997: 198). Es gibt jedoch zwei andere Entwicklungen, welche die USA mit einer erheblichen Verhandlungsmacht ausstatten. Das sind einerseits die Handelsbeziehungen, die mit dem am 1.3.2006 in Kraft getretenen Freihandelsabkommen weiter institutionalisiert wurden. Die USA sind der mit Abstand wichtigste Handelspartner El Salvadors: So gingen 2005 rund 60 Prozent der Exporte in die USA; in das Nachbarland Guatemala, dem zweitwichtigsten Handelspartner, gingen hingegen nur 12 Prozent der Exporte (Auswärtiges Amt 2007a). Andererseits stellt die große Zahl salvadorianischer Gastarbeiter211 eine wichtige Machtressource für die USA dar. Die salvadorianische Wirtschaft ist mittlerweile so sehr auf die Auslandsüberweisungen angewiesen, dass die Duldung der meist illegalen Emigranten in den USA von existenzieller Bedeutung ist (Auswärtiges Amt 2007; Spence 2004: 18). Die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung TPS (temporary protection status) stellt somit ein wichtiges Druckmittel dar. Die Verhandlungsmacht anderer externer Akteure ist im Vergleich zu den USA deutlich geringer. Als relevant aufgrund ihres Volumens an Finanzhilfe können vor allem noch die Entwicklungsbanken IDB und Weltbank betrachtet werden. Bedeutsam ist ferner der IWF, und zwar weniger wegen der zur Verfügung gestellten Gelder (auf die El Salvador im Übrigen überhaupt nicht zurückgegriffen hat), sondern vor allem wegen der katalysatorischen Wirkung, die ein Stand-by Agreement auf die Erteilung von Geldern anderer Geber hat (Boyce 1996: 153; Castillo 2001). Nicht zuletzt verfügten auch die Vereinten Nationen über eine erhebliche Verhandlungsmacht in El Salvador. Grund hierfür war die hohe Bedeutung der Bewertungen der Vereinten Nationen für die Geber und deren Bereitschaft, Hilfe
211 Verlässliche Daten zur Zahl der in den USA lebenden Salvadorianer lassen sich nur schwer ermitteln. Dementsprechend schwanken die Angaben zwischen 655.000 und zweieinhalb Millionen (PNUD 2005a: Capítulo 1).
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auszuschütten: „UN reports (…) were perceived as linked to the flow of international assistance“ (Thale 1997: 197). In jüngster Zeit ist auch ein gewisser Einflussgewinn der Europäischen Union festzustellen. Hintergrund dieser Entwicklungen ist ein gestiegenes Interesse der salvadorianischen Regierung an einer Verbesserung der Beziehungen zu Europa, um sich damit eine Alternative zu den USA aufzubauen. Die Verhandlungsmacht der EU beruht dabei im Wesentlichen darauf, dass im Oktober 2007 Verhandlungen über ein Assoziationsabkommen begonnen wurden.212 Glaubwürdigkeit Die Glaubwürdigkeit der von den USA eingesetzten Konditionalität kann als gegeben betrachtet werden. So stellten die USA mehrmals unter Beweis, dass sie nicht nur mit der Aussetzung von Geldern drohten, sondern diese Drohungen auch tatsächlich in die Tat umsetzten, um damit demokratische Reformen zu fördern oder unerwünschte Entwicklungen rückgängig zu machen. Außerdem hat die Bedeutung El Salvadors für die USA seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes deutlich abgenommen. Noch zu Zeiten des Bürgerkrieges waren Drohungen von Hilfskürzungen nicht besonders glaubwürdig gewesen, da das übergeordnete Interesse der USA an der Aufstandsbekämpfung und der Verhinderung einer Ausbreitung des Kommunismus bekannt gewesen war. Diese Situation veränderte sich: Although the volume of U.S. aid to El Salvador has diminished compared to the war years, it is conceivable that the effectiveness of U.S. conditionality has been enhanced because the withholding of funds is now a more credible possibility (Boyce 1996: 149).
Reduziert wurde die Glaubwürdigkeit internationaler Konditionalität allenfalls durch die fehlende Einigkeit internationaler Geber. So unterstützten etwa die internationalen Finanzinstitutionen die Verknüpfung von Hilfe mit der Forderung nach demokratischen Reformen und der Umsetzung der Friedensabkommen nicht (Boyce 1996: 145). Auch den Forderungen der Konsultativgruppe mangelte es stellenweise an Glaubwürdigkeit. Auf dem dritten Treffen der Konsultativgruppe im Juni 1995 verlangten beispielsweise verschiedene Geber eine stärkere Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure in den Wiederaufbau. In der Folge blieb eine gezielte Überprüfung der Implementierung dieser Forderungen jedoch aus und das Thema verflüchtigte sich (Thale 1997: 198).
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Telefon-Interview mit Wouter Wilton, 13.8.2007.
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Veto-Kräfte In El Salvador gibt es im Vergleich zu Guatemala weitaus weniger Veto-Kräfte, die sich gegen den Demokratisierungsprozess und die Friedensvereinbarungen wehren. Der hauptsächliche Grund hierfür ist die Transformation von Eliteinteressen. Traditionell existierte auch in El Salvador eine stark ausgeprägte Agraroligarchie, die jegliche Form demokratischer Öffnung ablehnte und sich mit dem Militär verbündet hatte, um mittels Repression die ungleiche Verteilung von Land und die Ausbeutung von Arbeitskräften zu ihrem eigenem Vorteil aufrechtzuerhalten (Wood 2000: 223). Diese Interessen haben sich allerdings aufgrund von strukturellen Veränderungen, einer Diversifikation der Wirtschaft und der abnehmenden Bedeutung von Agrarexporten im Laufe des Bürgerkriegs graduell verändert.213 Aufsteigende Gruppen innerhalb der wirtschaftlichen Elite, die Investitionen in Industrie, Handel und die Finanzwirtschaft getätigt hatten, waren zunehmend bereit, demokratische Reformen zu akzeptieren, da sie nicht mehr auf einen repressiven Staat und Zwangsarbeit angewiesen waren (Wood 2000a: 53). Hinzu kam der wachsende Wunsch nach einer regionalen ökonomischen Integration. So waren etwa einflussreiche Angehörige der Eliten der Meinung, dass die Teilnahme in der entstehenden regionalen Freihandelsordnung eine ausgezeichnete wirtschaftliche Chance darstellte. Sie fürchteten, El Salvador könnte diese Chance verpassen, wenn es nicht gelänge, den Krieg zu beenden und den Demokratisierungsprozess voranzutreiben (Peceny/Stanley 2001: 165). Reaktionäre Kräfte gab und gibt es zwar auch in El Salvador; als Akteure, die sich massiv gegen die Demokratisierung wenden, sind sie jedoch von marginaler Bedeutung. Die Partei ARENA wird weitestgehend von den modernisierungswilligen Eliten des Unternehmersektors dominiert, welche die Vertreter der traditionellen Agraroligarchie an den Rand gedrängt haben (Zinecker 2004: 116ff.). Auch das Militär als ein weiterer potenzieller Veto-Akteur war zu den in den Friedensverhandlungen vereinbarten demokratischen Reformen im Sicherheitssektor weitgehend bereit. Weder gegen die Bestimmungen über die Demobilisierung noch gegen die Unterordnung unter die zivile Kontrolle wurde Widerstand laut. Opposition von Seiten der Streitkräfte formierte sich erst, als es um personelle Entscheidungen ging und eine Auswechslung der Führungselite anstand (Stanley 2006: 4). Letztlich hatte die Verweigerungshaltung des Militärs jedoch nicht Bestand. Hintergrund dieses im Vergleich zu Guatemala deutlich schwächeren Widerstands dürfte die insgesamt weniger autonome Position des Militärs in El Salvador sein. Diese ist auf die Entwicklungen im Bürgerkrieg 213 Für eine exzellente Darstellung der Transformation der Eliten und ihrer Interessen vgl. Wood 2000a, Kapitel 3.
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zurückzuführen, als das Militär einerseits auf externe Unterstützung angewiesen und andererseits weiterhin der traditionellen Oligarchie untergeordnet war (Kurtenbach 2007: 14).214 Organisierte Kriminalität ist kein Problem, von dem El Salvador verschont geblieben ist. Gleichwohl ist zu konstatieren, dass es keine Durchdringung des Staates und des politischen Systems mit illegalen Kräften gibt, wie dies in Guatemala der Fall ist (Kurtenbach 2007: 15). Ausrichtung an Zielgruppen Anreize und Sanktionen, die gegenüber El Salvador eingesetzt wurden, waren oftmals an den Zielgruppen ausgerichtet. Im Falle der ausstehenden Umsetzung der Empfehlung der Ad-Hoc-Kommission, in Menschenrechtsverletzungen verwickelte Offiziere zu entlassen, hielten die USA etwa die Militärhilfe zurück. Ein ähnliches Beispiel für die Spezifizität der Anreize und Sanktionen ist die Zurückhaltung von Polizeiausrüstung als Reaktion auf die Ernennung von Oscar Peña zum Direkter der neuen Polizei. Eher allgemein und nicht auf Zielgruppen zugeschnitten waren hingegen alle Drohungen mit der Zurückhaltung von Entwicklungshilfe oder aber die Versprechungen zusätzlicher Hilfsgelder. Konsistenz, Klarheit und Intensität Die internationalen Konditionen für die Auszahlung von Geldern waren im Falle von El Salvador präzise und an konkrete Schritte gekoppelt, wie beispielsweise an die Entlassung von Offizieren, den Rücktritt des Polizeidirektors, die Verbesserung der Wählerregistrierung oder aber die Umsetzung konkreter Wahlreformen. Das Kriterium der Klarheit kann damit als erfüllt betrachtet werden. Weniger gut ist es um das Kriterium der Konsistenz bestellt. Diesbezüglich ist vor allem die fehlende Abstimmung zwischen den internationalen Finanzinstitutionen und den restlichen Gebern zu nennen. Dies schlug sich nicht nur darin nieder, dass die Entwicklungsbanken und der IWF keine Konditionen in Bezug auf den Friedens- und Demokratisierungsprozess nannten und lediglich makroökonomische Forderungen stellten, sondern zeigte sich auch in teilweise widersprüchlichen Signalen. So unterstützte etwa die Weltbank die salvadorianische Regierung in ihrer Ansicht, dass die makroökonomische Stabilität für den Friedensprozess nicht geopfert werden dürfe und der Wiederaufbau des Landes vor allem von externen Gebern finanziert werden müsse. Andere Geber hatten hierzu 214 Im Gegensatz dazu war das Militär in Guatemala aufgrund der Einstellung der US-Unterstützung in den 1970er Jahren weniger von externer Hilfe abhängig. Darüber hinaus stärkte die Armee im Laufe des Krieges ihre Machtposition gegenüber der traditionellen Oligarchie, da sie durch die Besetzung von Ländereien, das Engagement in zentralen Wirtschaftssektoren sowie die Betreibung illegaler Geschäfte ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit vergrößerte (vgl. 5.2.2.2).
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allerdings eine deutlich abweichende Meinung. Auf dem zweiten Treffen der Konsultativgruppe monierten sie die fehlende Bereitschaft der Regierung, nationale Ressourcen für den Friedensprozess zu mobilisieren und forderten ein Umsteuern. In einer Stellungnahme der nordischen Länder wurde beispielsweise explizit darauf hingewiesen, dass von den Steuerzahlern der Geberländer keine zusätzliche Unterstützung erwartet werden könne, solange die salvadorianische Gesellschaft nicht selbst zu weiteren Anstrengungen und der Erhöhung der ohnehin sehr niedrigen Steuerquote bereit sei (Boyce 2002: 38f.). In Bezug auf die Intensität ist festzuhalten, dass es sich bei den von den USA zurückgehaltenen Summen um große Beträge handelte. Elf Millionen USDollar an Militärhilfe entsprachen beispielsweise rund sechs Prozent des salvadorianischen Militärbudgets von 198 Millionen US-Dollar im Jahr 1992 (Spence 2004: 49). Ab 1995 nahm die Bereitschaft internationaler Geber, Konditionalität einzusetzen, allerdings stark ab. Einhergehend mit der abnehmenden Bedeutung El Salvadors als Empfänger internationaler Unterstützungsleistung spielte sie eine immer geringere Rolle. Zusammenfassung Konditionalität Internationale Konditionalität ist vor allem zu Beginn des Friedensprozesses von den USA eingesetzt worden, um die Kosten-Nutzen-Kalkulation politisch Verantwortlicher zu beeinflussen und ungünstige Entwicklungen des Demokratisierungsprozesses punktuell zu verhindern. Die Bedingungen für einen Erfolg waren dabei zum größten Teil sehr günstig – das gilt insbesondere für die Faktoren Verhandlungsmacht und Abhängigkeit, Vetokräfte, die Ausrichtung an Zielgruppen sowie die Klarheit der gestellten Forderungen. Gewisse Defizite, die allerdings nicht allzu schwerwiegend waren, gab es in Bezug auf die Konsistenz der internationalen Konditionalität sowie die Glaubwürdigkeit der Geber. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Rahmenbedingungen insbesondere zu Beginn des Friedensprozesses günstig waren, sich aber mit der Zeit verschlechterten, da die Verhandlungsmacht externer Akteure sowie die Abhängigkeit El Salvadors abnahmen. 6.2.2.2 Soziale Einflussnahme Die Berichte der UN-Mission ONUSAL waren das wichtigste Mittel der sozialen Einflussnahme. ONUSAL veröffentlichte insgesamt 13 Reporte, in denen sie die Entwicklung der Menschenrechtssituation dokumentierte und analysierte. Darüber hinaus erstellte die Wahlabteilung im Zuge der Verifikation der Wahlen von 1994 Berichte, um die Öffentlichkeit über die Vorbereitung und Durchführung der Wahlen zu informieren. Schließlich veröffentlichte ONUSAL auch Überblicksdarstellungen, in denen sie die Implementierung des Friedensprozesses im
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Gesamten bewertete. All diesen Berichten ist gemeinsam, dass dort – wenn auch in unterschiedlich ausgeprägtem Maße – Fortschritte, Stillstand oder auch Rückschritte des Demokratisierungs- und Friedensprozesses dokumentiert, Reformerfolge gelobt und Defizite getadelt wurden. Wichtiges Element der Reporte waren auch Verbesserungsvorschläge. Darüber hinaus nutzte ONUSAL ihre Präsenz vor Ort, um direkt auf die salvadorianischen Autoritäten und Konfliktparteien einzuwirken und sie auf Reformkurs zu halten. So intervenierten die Vereinten Nationen beispielsweise, als Oscar Peña zum Direktor der Polizei ernannt wurde, und lehnten eine Integration von Spezialtruppen der ehemaligen Polizei in die neue zivile Polizei erfolgreich ab (Call 2002: 401). Auch setzten sie die Bildung einer Gruppe zur Untersuchung illegaler bewaffneter Gruppen mit politischem Hintergrund (Grupo Conjunto para la Investigación de Grupos Armados Ilegales con Motivación Política en El Salvador) durch, als das Problem der Todesschwadrone und politisch motivierten Morde 1993 wieder auftauchte (Canas/Dada 1999: 85).215 Ferner wurden die Menschenrechtssituation und der Transformationsprozess in El Salvador auch durch die Arbeit der Menschenrechtskommission beziehungsweise des Menschenrechtsrates untersucht und bewertet. Nachdem die UN-Menschenrechtskommission von 1981 bis 1992 einen Sonderbeauftragten mit der Überwachung der Menschenrechtssituation in El Salvador beauftragt hatte, forderte sie im März 1992 den Generalsekretär auf, einen unabhängigen Experten zu ernennen, der die Regierung in Menschenrechtsfragen unterstützen und beraten sollte. Der venezolanische Spezialist Pedro Nikken, der schon das San José-Abkommen über Menschenrechte entworfen hatte, wurde in dieses Amt berufen und berichtete fortan in regelmäßigen Abständen sowohl der Menschenrechtskommission als auch der Generalversammlung über die Entwicklung der Menschenrechtslage in El Salvador.216 Daneben befassten sich auch verschiedene thematische Sonderberichterstatter mit El Salvador und untersuchten spezifische Menschenrechtsprobleme wie extralegale Tötungen, Gewalt gegen Frauen oder die Situation von Menschenrechtsverteidigern.217 215
Bezüglich dieser Entwicklungen lässt sich nur schwer abgrenzen, inwieweit die Vereinten Nationen ihre Position vor allem durch soziale Einflussnahme, durch Überzeugung und Argumentation oder aber durch die Ankündigung von Anreizen und Sanktionen anderer Geber durchsetzten. Einleuchtend ist, dass vermutlich die Mischung den Erfolg begründete und dass somit soziale Einflussnahme ein wichtiges Teilelement zur Erklärung des UN-Einflusses ist. 216 Den ersten Bericht an die Generalversammlung erstellte Pedro Nikken für die 47. Sitzung der Generalversammlung 1992 (A/47/596, annex). Der erste Bericht für die Menschenrechtskommission wurde 1993 veröffentlicht (E/CN.4/1993/11). 217 Vgl. zu den extralegalen Tötungen das UN-Dokument E/CN.4/1998/68/Add.1, veröffentlicht am 19.12.1997; zur Gewalt gegen Frauen das UN-Dokument E/CN.4/2004/66/Add.2, veröffentlicht am 8.3.2004 sowie zur Situation von Menschenrechtsverteidigern das UN-Dokument E/CN.4/2006/95/Add.5, veröffentlicht am 6.3.2006.
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Nur bedingt in den Bereich der sozialen Einflussnahme fällt der Bericht der Wahrheitskommission. Das Mandat der Kommission umfasste die Aufarbeitung exemplarischer und eklatanter Menschenrechtsverletzungen, die zu Zeiten des Bürgerkrieges begangen worden waren. Insofern ging es nicht um eine Beurteilung des Reformprozesses nach dem Abschluss der Friedensabkommen. Die Kommission analysierte jedoch auch die strukturellen Missstände, die zu den Gewalttätigkeiten führen konnten, und nannte dabei an erster Stelle das Scheitern der Judikative. Der Abschlussbericht der Wahrheitskommission enthält daher auch eine kritische Analyse des Justizsystems El Salvadors und schließt mit Empfehlungen zur Behebung dieser Missstände (Call 2002: 851; Popkin 2001: 16). Damit war er auch ein Medium, über das soziale Einflussnahme ausgeübt wurde. Autorität und Identifikation In El Salvador genießen die Vereinten Nationen eine hohe Reputation, die vor allem auf ihre Rolle während der Friedensverhandlungen zurückgeht. Die UN hatten damals die Friedensgespräche nicht nur moderiert, sondern eine weitaus aktivere Rolle übernommen, die bis zur Ausformulierung ganzer Abkommen reichte218 und zur Überwindung zahlreicher Blockaden beigetragen hat (Holiday/Stanley 2000: 42). Auch während des Implementierungsprozesses behielten die Vereinten Nationen ihre zentrale Rolle inne. In Krisenzeiten, wenn der Friedensprozess ins Stocken geraten war, wurden nicht nur Marrack Goulding und Alvaro de Soto219 von New York nach El Salvador geschickt, um zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln, sondern manchmal intervenierte selbst der Generalsekretär mit der vollen Autorität seines Amtes, um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen (Whitfield 1999: 278f.). Im Ergebnis war die Autorität der UN damit sehr hoch. Als Autor zahlreicher Formulierungen in den Friedensabkommen wurde ihnen auch eine maßgebliche Rolle bei der Auslegung der Vereinbarungen zugesprochen (Holiday/Stanley 2000: 42). Trotz dieser generell hohen Reputation blieb die Arbeit von ONUSAL nicht unkritisiert. Insbesondere salvadorianische Menschenrechtsgruppierungen sahen ihre anfangs hohen Erwartungen in eine UN-Menschenrechtsverifikation schnell enttäuscht. Sie monierten eine Selbstzensur der Mission, Desinteresse an einer Zusammenarbeit mit
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Das San José-Abkommen zu Menschenrechten ist beispielsweise komplett von den Vereinten Nationen formuliert worden und wurde von den Konfliktparteien ohne Änderungen übernommen (Holiday/Stanley 2000: 42). 219 Alvaro de Soto war der UN-Mediator in El Salvador. Marrack Goulding war in seiner Funktion als Untergeneralsekretär in die Friedensverhandlungen in Zentralamerika involviert gewesen. Beide waren nicht Mitglieder von ONUSAL.
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der Zivilgesellschaft und die mangelnde Bereitschaft, konstruktive Kritik anzunehmen (Lawyers Committee for Human Rights 1999: 93ff.). Die Konfliktparteien strebten nach internationaler Legitimität. Schon die Entscheidung, die militärische Option aufzugeben und Verhandlungen zu akzeptieren, entsprang zumindest teilweise der Angst, andernfalls international isoliert zu werden (Krumwiede 1992: 123). Während der Friedensverhandlungen versuchte ARENA, sich als ‚Partei des Friedens‘ zu präsentieren (Wood 2000a: 79). Und auch nach dem Abschluss des Friedensvertrages waren die Konfliktparteien immer wieder stark um Legitimität bemüht. Das galt insbesondere für die FMLN, nachdem durch eine Explosion eines Waffenlagers in Managua entdeckt worden war, dass die ehemalige Rebellengruppe sich entgegen anderslautender Beteuerungen nicht entwaffnet und erhebliche Waffenvorräte heimlich versteckt gehalten hatte. Aus Sorge um ihre Reputation zeigte sich die FMLN in der Folge besonders kooperationswillig (Peceny/Stanley 2001: 169). Präsident Cristiani wiederum, der im Laufe seiner Amtszeit so manche Empfehlung der Vereinten Nationen missachtet hatte, zeigte sich gegen Ende seiner Amtszeit sehr offen gegenüber Vorschlägen der internationalen Gemeinschaft. Sowohl seine Reformbereitschaft als auch die seines 1994 neu ins Amt gekommenen Nachfolgers Calderón Sol wird von Beobachtern auf den Wunsch nach internationaler Reputation zurückgeführt (Stanley/Loosle 1998: 15). (Inter-)Dependenz Die Abhängigkeit El Salvadors von internationalen Gebern, insbesondere in den ersten Jahren des Friedensprozesses, wurde schon im vorigen Abschnitt dargestellt. Diese Abhängigkeit wirkte sich auch dahingehend aus, dass die Einschätzungen der Vereinten Nationen von großer Bedeutung waren: „The UN (...) was in a position to influence the government’s prospects for reconstruction assistance from foreign donors“ (Holiday/Stanley 2000: 42f.). Die Berichte von ONUSAL hatten als Richtlinie für die Geber handfeste politische und ökonomische Implikationen, was dazu führte, dass sowohl FMLN als auch die Regierung sich um das Wohlwollen von ONUSAL bemühten (Call 2002: 393; Thale 1997: 196f.). Resonanz Die politische Kultur El Salvadors bietet nicht allzu günstige Voraussetzungen für Demokratisierung. Historisch begründet in den Erfahrungen und Praktiken der spanischen Kolonialzeit und der darauf folgenden exklusiven Herrschaft von Agraroligarchie und Militärdiktatur sind hierarchische Strukturen, Formalismus
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und Legalismus220, Patrimonialismus und Klientelwirtschaft sowie gesellschaftliche Exklusion zu Kennzeichen der politischen Kultur El Salvadors geworden.221 Die Erfahrungen der Repression und die darauf folgende Bewaffnung der Opposition und der Gang in den bewaffneten Kampf haben ferner dazu geführt, dass „Gewalt als Mittel der Politik auf beiden Seiten des politischen Spektrums etabliert“ (Fischer-Bollin 1999: 70) wurde. Für die Demokratie so wichtige Werte wie Pluralismus, Meinungswettbewerb und Toleranz wurden in der langen Geschichte El Salvadors hingegen mit Schwäche gleichgesetzt und gering geachtet, wenn nicht sogar gewaltsam bekämpft (Fischer-Bollin 1999: 70; 77). Historische Vorerfahrungen mit Demokratie gibt es nicht (Zinecker 2004: 79), wenn man einmal davon absieht, dass es auf formaler Ebene eine gewisse Tradition an Institutionen wie Verfassung, Wahlen, Parlament, Regierung und Justiz gibt (Fischer-Bollin 1999: 77). Betrachtet man die heutigen Einstellungen und Werte zur Demokratie, so sind die Umfragewerte besser als in Guatemala, insgesamt jedoch nicht allzu günstig.222 Der Aussage „Democracy is preferable to any other kind of government“ stimmten 2004 50 Prozent der befragten Salvadorianer zu. 1996 waren es noch 56 Prozent gewesen, 1998 sogar 79 Prozent (Latinobarómetro 2004: 5). Im Vergleich dazu erklärten jedoch nur 48 Prozent, dass sie eine Militärregierung unter keinen Umständen unterstützen würden, und eine ‚harte Hand‘ der Regierung hielten 78 Prozent nicht für grundsätzlich falsch (Latinobarómetro 2004: 11; 15). Klarheit und Konsistenz In den Berichten von ONUSAL wurden Defizite des Demokratisierungsprozesses benannt, Fortschritte gelobt und Empfehlungen zur Behebung von Missständen gegeben. Darüber hinaus monierten ONUSAL-Vertreter in öffentlichen Stellungnahmen wie auch in persönlichen Gesprächen mit salvadorianischen Autoritäten auftretende Probleme im Demokratisierungsprozess und mahnten Veränderungen an. Die Berichte waren nicht immer in einer deutlichen und klaren Sprache verfasst. Dies wurde von Mitgliedern der Mission damit erklärt, dass „standard UN reporting requirements“ (Lawyers Committee for Human Rights 1995: 66) erfüllt 220 Unter Formalismus und Legalismus ist zu verstehen, dass der formale Gehalt einer Norm einen hohen Wert einnimmt, ihre materielle Bedeutung jedoch weitaus weniger beachtet wird, so dass es zu einem Auseinanderklaffen von Form und Inhalt kommt (Fischer-Bollin 1999: 62f., 77). 221 Die meisten dieser Defizite treffen nicht nur für El Salvador zu, sondern kennzeichnen generell die politische Kultur Lateinamerikas. Für eine Herleitung politisch-kultureller Kennzeichen aus geschichtlichen Entwicklungen vgl. Fischer-Bollin 1999: 60ff. 222 Im Vergleich zu Nicaragua sind sie in manchen Aspekten besser, in anderen schlechter. Vgl. dazu auch Fallstudie Nicaragua, VII, 2.2.2.
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werden mussten. Bei mehreren Gelegenheiten verzichteten die Verfasser der Berichte jedoch auf diplomatische Formulierungen und kritisierten offen und unmissverständlich Fehlentwicklungen wie Menschenrechtsverletzungen der Polizei oder Verwicklungen in kriminelle Aktivitäten durch Militär und Polizei.223 Von Beobachtern wurde auch bemängelt, dass ONUSAL sich anfangs zu sehr von positiven Entwicklungen wie dem Rückgang der Menschenrechtsverletzungen habe blenden lassen und die neu entstandenen Probleme im Bereich der kriminellen Gewalt nicht erkannt und somit auch nicht deutlich und früh genug thematisiert habe (Holiday/Stanley 2000: 49). Im Bemühen, Kernakteure wie die Regierung oder auch die Ombudsstelle für Menschenrechte zu motivieren und gute Beziehungen aufrecht zu erhalten, wurde stellenweise unverhältnismäßig viel Lob eingesetzt (Lawyers Committee for Human Rights 1995: 75f.). Relativ zurückhaltend gaben sich die Vereinten Nationen auch in der Reaktion auf den Bericht der Wahrheitskommission: Als die Regierung sich sträubte, die Empfehlungen der Wahrheitskommission umzusetzen, wurde von ONUSAL kein nachhaltiger Druck diesbezüglich ausgeübt (Johnstone 1997: 322). Zurückzuführen ist diese gelegentliche Zurückhaltung und mangelnde Klarheit von ONUSAL vermutlich auf die Tatsache, dass die Mission gleichzeitig zwei Rollen mit unterschiedlichen Anforderungen erfüllen sollte. So war ONUSAL einerseits für die Verifikation zuständig und hatte somit die Rolle einer Mahnerin inne, gleichzeitig fungierte ONUSAL aber auch als Mediatorin zwischen den Konfliktparteien wann immer Schwierigkeiten in der Implementierung der Friedensabkommen auftraten. Und in dieser Funktion war sie auf gute Beziehungen zu beiden Seiten sowie auf einen Ruf der Unparteilichkeit angewiesen (Holiday/Stanley 1993: 437). Koordinierungsprobleme der Geber, welche die Konsistenz der externen Demokratieförderung behinderten, traten immer wieder auf. Diese betrafen aber vor allem Aktivitäten aus dem Bereich des Wissenstransfers und nicht aus dem Bereich der sozialen Einflussnahme. Bei der Bewertung des Demokratisierungsprozesses und in ihrer Kritik an konkreten Fehlentwicklungen, wie z.B. der verzögerten Auflösung der alten Polizei oder aber der Nicht-Befolgung der Empfehlungen der Ad-Hoc-Kommission, waren sich die Geber hingegen weitestgehend einig.224 Oft gelang es ihnen gerade durch die Kombination aus diplomatischem 223
Vgl. hierzu den 9. Bericht der ONUSAL-Mission, UN-Doc. A/49/59 (18.1.1994) sowie den 11. Bericht von ONUSAL, UN-Doc. A 48/281 (28.7.1994). Eine Ausnahme betrifft die Bewertung der Integration der ehemaligen Abteilungen für Drogenbekämpfung sowie zur Verbrechensuntersuchung in die neue Polizei. Die USA, welche die Ausbildung dieser Einheiten durch Millionenhilfen finanziert hatten, begrüßten die Eingliederung. Die UN nahmen hingegen eine kritische Haltung ein (McCormick 1997: 302; Stanley/Loosle 1998: 14). 224
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Druck und Konditionalität, Reformblockaden der nationalen Akteure zu brechen (Stanley/Looosle 1998: 16; ähnlich McCormick 1997: 294). Gewisse Konsistenzprobleme sind allerdings bei einer genaueren Betrachtung der Tätigkeiten von ONUSAL zu bemerken. So fehlten im Bereich der Menschenrechtsverifikation einheitliche prozedurale Vorgaben zum Umgang mit Eingaben über Menschenrechtsverletzungen, was dazu führte, dass jedes regionale Büro seine eigenen Richtlinien entwickelte (Montgomery 1995: 149). Darüber hinaus gab es Koordinationsprobleme zwischen der Menschenrechtsabteilung und der Polizeiabteilung. Dies hatte unterschiedliche Auswirkungen: So fehlte der Menschenrechtsabteilung manchmal der Zugang zu Informationen der Polizeiabteilung, da ONUSAL-Polizeibeobachter nicht immer beobachtete Menschenrechtsverletzungen meldeten. Teilweise nutzte die Polizeiabteilung auch Erkenntnisse der Menschenrechtsabteilung nicht nachdrücklich genug, um Druck auf die Nationalpolizei auszuüben, wiederholte Menschenrechtsverletzer zu entlassen (McCormick 1997: 289f.¸ Stanley/Loosle 1998: 6).225 In der Summe führten diese Koordinationsprobleme jedoch nicht zu einer Inkonsistenz der sozialen Einflussnahme von ONUSAL, sondern stellten vielmehr ein Problem für die Leistungsfähigkeit der Mission dar. Mit einer besseren Abstimmung der verschiedenen Abteilungen hätte ONUSAL schlichtweg gezielter und öfter sozialen Druck ausüben können. Abschließend sei noch ein durchaus erhebliches Konsistenzproblem genannt, das allerdings erst in jüngerer Zeit virulent geworden ist. Es handelt sich dabei um die Einmischung US-amerikanischer Regierungsvertreter in die Präsidentschaftswahlen von 2004. Zum Hintergrund: Der Wahlkampf 2004 zwischen dem ARENA-Kandidaten Tony Saca und Shafik Handal von der FMLN war extrem polarisierend und schmutzig gewesen. ARENA instrumentalisierte die Abhängigkeit vieler Salvadorianer von Gastarbeiterrenten für eine Kampagne der Angst. So wurde in Zeitungen und in ARENA-Werbespots behauptet, dass ein Sieg der FMLN die Situation der in den USA arbeitenden Salvadorianer – und somit auch deren Geldüberweisungen – gefährden würde. Diese Ansicht wurde nicht nur von machtvollen Wirtschaftsgruppen und Teilen der Medien bestärkt, sondern auch von offiziellen Vertretern der US-Regierung, die de facto keine neutrale Haltung zu den Wahlen einnahm. Die offizielle Position der USA lautete zwar, dass jede Wahlentscheidung des salvadorianischen Volkes respektiert werde. Doch was Roger Noriega, der Untersekretär für die westliche Hemisphäre im US-Außenministerium, bei einem Besuch in El Salvador sagte, klang anders: „we know the history of this political movement, and for this reason it is fair that 225 Koordinationsprobleme traten auch in der Polizeiabteilung auf, wirkten sich aber weniger auf die Möglichkeiten sozialer Einflussnahme aus, sondern erschwerten lediglich die tägliche Arbeit (Stanley/Loosle 1998: 5f.).
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the Salvadoran people consider what type of relations a new government could have with us” (Thale 2004: 2). Noch direkter war der LateinamerikaSondergesandte der Bush-Administration Otto Reich. In einem Interview mit salvadorianischen Journalisten zeigte er sich besorgt über einen möglichen Sieg der FMLN und dessen Auswirkungen auf die „commercial, economic, and migration-related relations“ (Thale 2004: 2) zu den USA. Diese Drohungen standen in völligem Widerspruch zu jahrelangen internationalen Bemühungen um eine Demokratisierung der salvadorianischen Politik, um eine Verbreitung demokratischer Praktiken und eine Förderung demokratischer Werte. Die Einmischung stellte zumindest indirekt die Gutheißung einer schmutzigen Angstkampagne dar und diente allenfalls als schlechtes Vorbild für demokratisches Verhalten, indem Wahlentscheidungen entpolitisiert wurden und an die Stelle des politischen Streitgesprächs und Wettbewerbs die Instrumentalisierung von Abhängigkeit und Angst traten. Öffentlichkeit Das Kriterium der Öffentlichkeit ist erfüllt gewesen, da alle UN-Berichte öffentlich zugänglich waren. Allerdings haben die Berichte keine weite Verbreitung in El Salvador gefunden (Holiday/Stanley 2000: 49). Außerdem ist einschränkend zu bemerken, dass zwischen den einzelnen Veröffentlichungen oft mehrere Monate lagen. Dazwischen gelang es der Mission nicht immer, ihre Arbeit und ihre Einschätzungen der Öffentlichkeit zu vermitteln, und insbesondere ab 1993 schienen die Kommunikationsanstrengungen von ONUSAL nachzulassen (Doggett/Kircher 2005: 10; Montgomery 1995: 166). Zusammenfassung soziale Einflussnahme Soziale Einflussnahme als Instrument der Demokratieförderung wurde vor allem von ONUSAL in der Zeit von 1992 bis 1995 eingesetzt. Die Bedingungen dafür waren günstig – insbesondere was die Kriterien Autorität und Identifikation sowie (Inter-)Dependenz betrifft. Auch die Prozessbedingungen Klarheit und Öffentlichkeit können als erfüllt, wenn auch sicherlich verbesserungsfähig, betrachtet werden. Dies gilt mit Abstrichen, nämlich mit der Ausnahme der negativen Entwicklungen bei den Wahlen 2004, auch für die Konsistenz. Schlecht bestellt ist es hingegen um das Kriterium der Resonanz. Dieses Defizit wird allerdings durch die vergleichsweise hohe Identifikation und den Wunsch nach internationaler Legitimation (vor allem zu Beginn des Friedensprozesses) ausgeglichen.
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6.2.2.3 Materielle Förderung Externe Demokratieförderung für El Salvador wurde, wenn auch nur zu einem geringen Teil, ebenfalls durch die Gewährung finanzieller und materieller Hilfe betrieben. Materielle Förderung erhielten in erster Linie schlecht ausgestattete staatliche Institutionen. Hierzu zählte die neue zivile Nationalpolizei, die von den Vereinten Nationen Material bekam, damit sie ihre Arbeit verrichten konnte (Stanley/Loosle 1998: 8, 12) und von USAID mit Funkgeräten und Computern ausgestattet wurde. Auch die Polizeiakademie konnte ihre Arbeit überhaupt erst dank einer Anschubfinanzierung durch Norwegen aufnehmen, da die Regierung es versäumt hatte, für grundlegende Erfordernisse wie die Renovierung des Gebäudes oder die Uniformen ausreichend Geld zur Verfügung zu stellen (Stanley/Loosle 1998: 12). Die Akademie wurde zudem durch den Aufbau einer Bibliothek unterstützt (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 38).226 Die Ombudsstelle für Menschenrechte ist eine weitere Institution, die aus dem salvadorianischen Staatshaushalt nur ungenügend finanziert wurde und daher auf internationale Unterstützung angewiesen war. Ein internationaler Startup Fund in Höhe von 145.000 US-Dollar ermöglichte es der Institution 1993, ihre Arbeit zu beginnen. Auch in den Folgejahren war die Ombudsstelle von internationalen Geldern abhängig (Rubio-Fabiàn 2004: 44f.).227 Andere Institutionen, die materielle Förderung erhielten, waren das Oberste Wahltribunal, das für die Organisation der Wahlen von 1994 Fotokopierer, Polaroid-Kameras und Fahrzeuge bekam (Montgomery 1995: 153) oder aber das Justizwesen, das mit Büroausstattung, Computern, Software, Büchern u.ä. ausgestattet wurde (USAID 1999: 12; World Bank 2004: 15ff.). Für das Parlament gab es ein Programm von USAID zur Stärkung der Legislative, wofür unter anderem auch Büros für Abgeordnete ausgebaut sowie Computer und Bücher für die Bibliothek zur Verfügung gestellt wurden (Lippmann/Jutkowitz 1996: 2). Mit internationaler finanzieller Hilfe wurden im Bereich Wahlen vor allem die ersten Nachkriegswahlen im Jahr 1994 unterstützt. Darüber hinaus finanzierte UNDP Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung von Wahlreformen. Für die Beobachtung der Wahlen 1997 erhielt der Nationale Rat zur Überwachung der Wah226 Von diesen materiellen Hilfen abgesehen ist die internationale Unterstützung für die Polizei allerdings sehr gering gewesen. 1993-94 beliefen sich die internationalen Verpflichtungen etwa nur auf sieben Prozent der erwarteten Ausgaben für die neue Polizei (Williams/Walter 1997: 155). Vergleicht man die sektorale Verteilung der Gelder für den Wiederaufbau, so ist die Polizei ein Bereich, der von internationalen Gebern unterdurchschnittlich finanziert wurde – obwohl die Polizeireform zu den Prioritäten im salvadorianischen Wiederaufbauprogramm gehörte (Boyce 1996a: 132ff.). 227 Die internationale Finanzierung der Ombudsstelle ist allerdings nach 1999 aufgrund von Managementfehlern und ungenügender Transparenz deutlich zurückgegangen. Darüber hinaus war Ombudsmann Eduardo Peñate Polanco höchst umstritten und genoss nicht das Vertrauen der Geber (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 45).
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len (Junta de Vigilancia Electoral228) Unterstützungsleistungen in Höhe von knapp 250.000 US-Dollar von Großbritannien, Dänemark, Norwegen und Schweden (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 18, 25). Schließlich kamen auch noch nicht-staatliche Empfänger in den Genuss finanzieller und materieller Hilfen. Hierzu zählen vor allem NGOs, die ihre Arbeit zumeist ausschließlich durch die Unterstützung internationaler Geber finanzieren können. Im Bereich der Medien konnten durch internationale Finanzierung alternative Medienformate, wie z.B. das Magazin Tendencias, herausgegeben werden; außerdem wurden Basisradios mit technischen Geräten ausgestattet (RubioFabiàn et al. 2004: 60ff.). Ressourcenausstattung und Absorptionsfähigkeit Materielle Förderung spielte im Bereich der Demokratieförderung in El Salvador keine große Rolle. In Folge dessen kam es auch zu keinen Problemen mit der Absorptionsfähigkeit der Empfänger. Genauso wenig gibt es Hinweise darauf, dass auf der Geberseite Ressourcenknappheit die Gewährung finanzieller und materieller Hilfe jemals gefährdet hätte. Wenn materielle Förderung eingestellt oder reduziert wurde, dann hatte das andere Gründe, wie z.B. die Überzeugung, dass nationale Ressourcen stärker mobilisiert werden müssten, oder aber Unzufriedenheit mit der Verwaltung und Verwendung der Gelder. Nachhaltigkeit und Verteilung Materielle Förderung hatte nicht immer die intendierten positiven Auswirkungen, sondern war zum Teil wirkungslos oder hat sogar negative Entwicklungen begünstigt. Dies lässt sich insbesondere anhand der Faktoren Nachhaltigkeit und Verteilung zeigen. Zunächst einmal ist es durch finanzielle Unterstützungsleistungen oftmals nicht gelungen, einen Anfangsimpuls für sich allmählich finanziell selbst tragende und damit nachhaltige Projekte oder Institutionen zu geben. Das zeigt sich einerseits im Bereich der Medien, wo es alternativen Formaten nicht gelungen ist, sich auf eine eigenständige wirtschaftliche Basis zu stellen. So musste die Wochenzeitung Primera Plana die Produktion nach nur zehn Monaten einstellen, obwohl sie zu dieser Zeit sogar noch von der Heinrich-BöllStiftung gefördert wurde. Etwas besser erging es dem Magazin Tendencias, das immerhin sieben Jahre lang erschien, schließlich aber an einer Eigenfinanzierung scheiterte (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 60f.). Ein anderes Beispiel für die ausbleibende Nachhaltigkeit sind die salvadorianischen NGOs, deren Überleben zum
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Dabei handelt es sich um einen Rat zur Überwachung der Tätigkeiten des Obersten Wahltribunals. In dem Gremium sind alle Parteien vertreten.
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größten Teil von internationalen Geldern abhängt.229 Nur in den seltensten Fällen haben es diese Organisationen vermocht, sich als Dienstleistungsanbieter auch für den salvadorianischen Staat zu profilieren und somit eigenständige Einnahmen zu generieren.230 Die Abhängigkeit hat verschiedene negative Implikationen. Zunächst einmal sind viele Organisationen existenziell gefährdet angesichts des Rückgangs internationaler Hilfe für El Salvador. Materielle Förderung ist somit zugleich Geburtshelfer wie auch Totengräber der salvadorianischen NGOs: Während der Zufluss von Wiederaufbauhilfe in den ersten Jahren des Friedensprozesses zu einer rasanten Zunahme der NGOs geführt hat, droht die danach folgende Reduzierung nun zu einem Sterben zahlreicher Organisationen zu führen (RubioFabiàn et al. 2004: 47). Darüber hinaus hat die Abhängigkeit der zivilgesellschaftlichen Organisationen zu einer Konkurrenzsituation in der NGO-Szene geführt. Der Wettbewerb um knapper werdende Mittel entpuppte sich dabei als hinderlicher Ballast für die Zusammenarbeit der Organisationen und hat die Fragmentierung der Zivilgesellschaft weiter verstärkt (Wilkens 2001). Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass insbesondere in den ersten zwei Nachkriegsjahren die Vergabe der internationalen Wiederaufbauhilfe dem Ziel der nationalen Versöhnung keinen guten Dienst erwies. Eine ohnehin schon bestehende Spaltung der Zivilgesellschaft wurde noch verschärft, da nicht alle Organisationen in den gleichen Genuss internationaler Gelder kamen. USAID beispielsweise bevorzugte in den ersten beiden Jahren des Friedensprozesses (wie zuvor schon im Krieg) zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem Privatsektor, deren wirtschaftspolitische Vorstellungen denen der US-Regierung entsprachen.231 Auch das Sekretariat für den nationalen Wiederaufbau, das 30 Prozent der Wiederaufbauhilfe verwaltete, vergab anfangs keinerlei Mittel an die größten, der FMLN nahestehenden NGOs. Als Begründung wurden hierfür technische und organisatorische Defizite der Organisationen angeführt. Zu vermuten sind jedoch eher politische Gründe und die Abneigung der ARENA-Regierung, vor den Wahlen von 1994 noch Wiederaufbaugelder an Organisationen zu vergeben, die der ehemaligen Guerillagruppierung verbunden waren (Foley 1996: 229
Diese Abhängigkeit betrifft nicht nur die Durchführung zusätzlicher Programme, sondern bezieht sich auf den Kern der Organisationen, die häufig sogar für die Finanzierung der Infrastruktur und des Stammpersonals auf internationale Gelder angewiesen sind (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 47). 230 Eine der Ausnahmen hierfür ist die Stiftung FESPAD (Fundación de Estudios para la Aplicación del Derecho), die sich durch Beratungstätigkeiten, Forschung und Trainings finanziert (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 41). 231 Wichtigster Empfänger von USAID-Geldern im Zivilsektor war zehn Jahre lang die von salvadorianischen Geschäftsleuten 1983 gegründete Fundación Salvadoreña para el Desarorollo Económico y Social (FUSADES). Erst 1994 stellte USAID die Finanzierung laufender Ausgaben der Organisation ein (Foley 1996: 72).
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79ff.; Murray/Coletti/Spence 1994: 16ff.). Im Ergebnis hat die Praxis der Begünstigung der regierungsnahen Organisationen zu einer Vertiefung der noch aus dem Krieg stammenden Polarisierung der Zivilgesellschaft geführt. Lediglich durch Gelder, die von europäischen Gebern oder auch von UNDP vergeben wurden, konnte die starke Benachteiligung der FMLN-nahen Organisationen etwas ausgeglichen werden. Zusammenfassung materielle Förderung Das Instrument der materiellen Förderung spielte im Bereich der externen Demokratieförderung keine wichtige Rolle. Auch die Bedingungen für einen Erfolg dieses Instruments waren nicht allzu gut. Defizite sind vor allem hinsichtlich der Prozessbedingungen Nachhaltigkeit und Verteilung zu beobachten. Die Absorptionsfähigkeit hingegen ist aufgrund der relativ überschaubaren Menge der Mittel gegeben gewesen. Hinsichtlich der Ressourcenausstattung war weniger die Ausstattung der Geber mit finanziellen und materiellen Mitteln, sondern vielmehr der teilweise fehlende politische Wille ein Problem. 6.2.2.4 Wissenstransfer Ein mit der Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnender Teil der externen Demokratieförderung in El Salvador spielt sich im Bereich von Beratungsmaßnahmen, Fortbildung und Informationskampagnen ab. Hintergrund dieser Entwicklung ist ein Lernprozess auf Seiten der Geber, die erkannt haben, welche Bedeutung nachhaltiges Capacity Building für Demokratisierungsprozesse hat. Die meisten Maßnahmen, die dem Wissenstransfer zuzuordnen sind, finden sich auf der Ebene der nationalen staatlichen Institutionen. Darüber hinaus gibt es allerdings auch Programme mit einem zivilgesellschaftlichen Adressatenkreis und schließlich auch Fördermaßnahmen, die entweder auf der lokalen Graswurzelebene ansetzen oder aber auf die gesamte Bevölkerung ausgerichtet sind. Im Bereich der Beratung staatlicher Institutionen war die UN-Mission ONUSAL einer der wichtigsten externen Akteure. Durch Empfehlungen und Verbesserungsvorschläge unterstützte sie das Oberste Wahltribunal bei der Organisation und Durchführung der Wahlen von 1994, ferner entwickelte sie Vorschläge für eine weitergehende Wahlreform sowie für die Justizreform (Johnstone 1997: 332). Sie begleitete das Parlament bei der Durchführung gesetzlicher und konstitutioneller Reformen, die sich aus den Vorgaben der Friedensabkommen ergaben (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 37), und sie beriet die Ombudsstelle für Menschenrechte in Fragen von Menschenrechtsverfahren (Johnstone 1997: 331). Ausbildungsaktivitäten von ONUSAL konzentrierten sich vor allem auf den Bereich der Menschenrechtserziehung. Für die Streitkräfte, die Polizei, die FMLN, den Justizsektor, aber auch Multiplikatoren aus der Bevölkerung wie
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beispielsweise Lehrer bot die UN-Mission Trainings zum Themengebiet Menschenrechte an (Montgomery 1995: 149; Rubio-Fabiàn et al. 2004: 43). Ferner arbeitete die Mission ab 1994 zunehmend eng mit der nationalen Ombudsstelle für Menschenrechte zusammen und unterrichtete deren Mitarbeiter in Investigationstechniken und rechtlicher Argumentation. Um Kenntnisse aus dem Bereich der Menschenrechtsverifikation weiterzugeben, übernahmen ONUSAL und die Ombudsstelle Verifikationsaufgaben gemeinsam (Johnstone 1997: 331). Die Menschenrechtsabteilung der Mission gab ferner Rechtsseminare für Auszubildende der neuen Polizei. Außerdem übernahm die Polizeiabteilung ein praxisnahes On-the-Job-Training der Absolventen der Polizeiakademie (Stanley/Loosle 1998: 11). Auch andere externe Akteure waren an der Ausbildung der neuen Polizei maßgeblich beteiligt. So erarbeitete ein Team technischer Berater aus Spanien, den USA und El Salvador das Curriculum für die Polizeiakademie. Ferner wurde der Unterricht in den ersten Jahren zu einem erheblichen Teil von internationalen Ausbildern geleitet232, und sowohl die Vereinten Nationen als auch das USamerikanische Programm ICITAP (International Criminal Investigative Assistance Training Program) berieten die Polizeiakademie (McCormick 1997: 301; Stanley/Loosle 1998: 11f.). Im Bereich der Justizreform unterstützte ONUSAL die Bildung einer Justizschule, um die Weiterbildung und Professionalisierung der Justiz zu unterstützen (Johnstone 1997: 334). Außerdem bot ONUSAL Seminare zur Fortbildung von Richtern an (Lawyers Committee for Human Rights 1995: 105). USAID unterstützte Fortbildungen von Staatsanwälten und Pflichtverteidigern und bildete Mediatoren aus. Bei der Ausbildung des Militärs überließen die Vereinten Nationen das Feld weitestgehend den USA. 40 Militärberater wurden von den USA entsandt und unterstützten die Entwicklung einer neuen Ausbildungsdoktrin, assistierten bei der Restrukturierung des Militärs und boten Rat bei der Reform der Militärschule (McCormick 1997: 297). Im zivilgesellschaftlichen Sektor waren NGOs die wichtigsten Adressaten von internationaler Demokratieförderung im Bereich Wissenstransfer. Defizitäre institutionelle Fähigkeiten vieler Organisationen, insbesondere in puncto Finanzmanagement und Verwaltung, wurden schon gleich zu Beginn des Friedensprozesses von der Regierung und einigen Gebern, v.a. den USA, kritisiert und als Grund dafür angeführt, dass diese Organisationen keine internationalen Hilfsgelder für Wiederaufbauprojekte erhielten. Um diese Mängel anzugehen, finanzierte USAID ab Mitte 1992 ein Capacity Building-Projekt namens PRO232 Im September 1993 unterrichteten an der Polizeiakademie 40 internationale und 58 nationale Lehrer (McCormick 1997: 301).
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DEPAS (Proyecto Fortalecimiento para el Desarrollo, Reconstrucción y Pacificación en El Salvador) für insgesamt 40 NGOs, deren Verwaltungs-, Buchhaltungs- und Projektformulierungskompetenzen ausgebaut werden sollten (Murray et al. 1994: 20). Andere Maßnahmen dieser Art folgten. Ferner gab es auch Angebote, die auf die Verbesserung der Kapazitäten zur Interessenwahrnehmung abzielten. Dementsprechende Trainings umfassten Themen wie Kommunikation, Umgang mit den Medien, Strategien zur Verbreitung von Informationen und ähnliches (CAII o.J.; Rubio-Fabiàn et al. 2004: 36). Angebote zur Ausbildung von Journalisten wurden von verschiedenen Gebern durchgeführt oder finanziert, wie z.B. von USAID, UNESCO oder den deutschen politischen Stiftungen Konrad-Adenauer-Stiftung und Friedrich-EbertStiftung (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 66ff.). Schließlich gibt es noch Programme, die entweder auf der lokalen Graswurzelebene ansetzen oder aber die gesamte Bevölkerung zum Adressaten haben. Hierzu zählen etwa Maßnahmen zur Stärkung kommunaler Regierungsstrukturen, wie z.B. die Fortbildung von Gemeinderatsmitgliedern in Grundprinzipien demokratischer Regierungsformen. Darüber hinaus sind zahlreiche Projekte der externen Demokratieförderung auf die Verbreitung von Informationen und Wissen über Demokratie und Menschenrechte ausgerichtet. ONUSAL etwa klärte Bürger über ihre Rechte auf, indem sie breit angelegte Radio- und Fernsehkampagnen durchführte und Informationsveranstaltungen auf Gemeindeebene organisierte (Peceny/Stanley 2001: 169). Andere Geber wie die USA oder auch die EU finanzierten Kampagnen, um über die Arbeit von zentralen Institutionen wie der Ombudsstelle für Menschenrechte zu informieren, und erstellten umfangreiche Bildungsmaterialien, um die Arbeit des Parlamentes zu erklären. Hierfür wurden auch Medien wie Radio, Fernsehen oder Comics (für Kinder) eingesetzt (Lippman/Jutkowitz 1996: 9). Als wichtige Akteure im Bereich der politischen Bildung sind schließlich noch nationale NGOs zu nennen, die durch internationale Finanzierung zahlreiche Programme zur Wählerbildung, Partizipationsförderung oder auch zur Stärkung demokratischer Praktiken durchführten. Beispiele hierfür sind die Arbeit von COCIVICA und FUNDAUNGO (Rubio-Fabiàn et al. 2004: 17, 26f.). Autorität und Identifikation Wie oben bereits gezeigt wurde, sind die Vereinten Nationen aufgrund ihrer wegweisenden Rolle in den Friedensverhandlungen eine anerkannte Autorität in El Salvador. Diese Reputation konnte auf die Friedensmission ONUSAL weitgehend übertragen werden, die insbesondere in ihrer Verifikationsrolle als unparteiliche und glaubwürdige Verteidigerin der Friedensabkommen wahrgenommen wurde (Whitfield 2001: 36). Dennoch gab es einzelne Akteursgruppen (oder
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auch nur einzelne, allerdings entscheidungsrelevante Akteure), die der Zusammenarbeit mit ONUSAL kritisch gegenüberstanden. Wie bereits erwähnt, lehnte der erste Ombudsmann für Menschenrechte die Hilfe von ONUSAL weitgehend ab, da er fürchtete, die Ombudsstelle könne als zu abhängig von der UN-Mission erscheinen (Johnstone 1997: 331). Die neue Nationalpolizei hingegen war anfänglich sehr empfänglich für die Hilfe von ONUSAL, bis sie mit Oscar Peña einen neuen Direktor bekam, der die Kooperation mit ONUSAL stark reduzierte (McCormick 1997: 300). Schließlich war auch der Oberste Gerichtshof, dem von der Wahrheitskommission der Rücktritt empfohlen worden war, nur sehr widerwillig zur Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen bereit, was dazu führte, dass die Aktivitäten von ONUSAL im Bereich der Justizreformen erst nach der Neuwahl des Obersten Gerichtshofes 1994 ausgebaut werden konnten (Holiday/Stanley 2000: 53; Stanley/Loosle 1998: 16f.). UNDP genießt eine hohe Reputation in El Salvador. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen ist seit 1962 im Land aktiv und als Koordinator der Tätigkeiten der UN war es am Zustandekommen der UN-Vermittlung beteiligt. UNDP wird als unparteilich wahrgenommen und sowohl von der politischen Linken als auch der politischen Rechten akzeptiert (Ahmed/Kulessa/Malik 2002: 81ff.; Pearson/Alemann/Castillo 2005: 8). Die guten Verbindungen zu beiden Seiten zeigen sich einerseits daran, dass die Regierung durch UNDP Gelder für den Wiederaufbau verwalten und vergeben ließ. Gleichzeitig gehörte UNDP zu den Gebern, die von Anfang an oppositionelle NGOs in den Wiederaufbau integrierten (Murray/Coletti/Spence 1994: 43). Die grundsätzliche Expertise von UNDP wie auch von der OAS im Themenfeld Demokratieförderung ist bereits in der Fallstudie zu Guatemala diskutiert worden (5.2.2.4) und wird daher an dieser Stelle nicht nochmals dargestellt. Im Ergebnis ist jedoch festzuhalten, dass die hohe Spezialisierung zur Autorität beider Organisationen beitrug. Resonanz Auf die Resonanz wird an dieser Stelle nicht nochmals eingegangen, da dieses Kriterium bereits unter 6.3.2.2 diskutiert wurde. Konsistenz und Klarheit In der Literatur wird bezüglich der Konsistenz des Handelns internationaler Akteure im Friedensprozess vor allem die fehlende Absprache zwischen den Vereinten Nationen und den internationalen Finanzinstitutionen IWF und der Weltbank kritisiert. Es sei so gewesen, als läge ein Patient auf dem Operationstisch, dessen zwei Körperhälften durch einen Vorhang getrennt wurden, hinter denen Ärzte unabhängig voneinander operierten, urteilten Alvaro de Soto und Graciana
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del Castillo in einem viel beachteten Artikel über Hindernisse für die Friedenskonsolidierung in El Salvador (Soto/Castillo 1994: 74). Während die Finanzinstitutionen das Ziel der Strukturanpassung und der wirtschaftlichen Stabilisierung verfolgten, hatten die Vereinten Nationen sich die Friedenskonsolidierung, inklusive der Demokratisierung, zum Ziel gesetzt. Diese zwei Anliegen kollidierten stellenweise, nämlich dann, wenn für die Reformen des Friedensprozesses, so z.B. die Reintegration der Ex-Kombattanten, aber auch für demokratische Reformen wie die Bildung einer neuen zivilen Polizei, zusätzliche Ressourcen gebraucht wurden, die das Ziel einer schnellen makroökonomischen Konsolidierung gefährdeten (Kurtenbach 2007: 21; Paris 2002a; Soto/Castillo 1994). Von dieser fehlenden Integration der Finanzinstitutionen in den Friedensund Demokratisierungsprozess abgesehen, sind auf der Makro-Ebene keine grundsätzlichen Widersprüche in der Demokratieförderung unterschiedlicher Geber auszumachen. Konsistenz-Probleme sind allerdings festzustellen, wenn man einzelne Reformfelder näher betrachtet. Eine unzureichende Absprache externer Geber machte sich insbesondere bei der Polizeireform bemerkbar. Ansätze von ONUSAL, die Reformmaßnahmen verschiedener Geber zu koordinieren, scheiterten am Widerstand einiger bilateraler Geber.233 Die daraus entstehende mangelnde Kohärenz wirkte sich negativ auf den Reformprozess aus (Doggett/Kircher 2005: 17). So sprechen externe Beobachter bezüglich des Lehrplans der Polizeiakademie etwa von einem „ad hoc curriculum composed of a collection of lesson plans submitted by the various continents, which none of the foreign advisors finds completely satisfactory“ (McCormick 1997: 309). Ein weiteres Themenfeld, in dem die Konsistenz der Ansätze unterschiedlicher Geber defizitär war, ist die Justizreform. Wichtigster externer Geber sind hier die USA, die bereits seit den 1980er Jahren Maßnahmen zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit durchführten. Im Laufe des Friedensprozesses entwickelten auch ONUSAL und UNDP Aktivitäten auf dem Gebiet der Justizreform, allerdings nicht immer in Abstimmung mit den bereits bestehenden US-Programmen (Popkin 2001: 15). Diese Abstimmungsprobleme internationaler Geber wirkten sich auch auf die Klarheit sämtlicher Formen des Wissenstransfers negativ aus. Je mehr sich unterschiedliche Geber in ihren Konzepten widersprachen, desto geringer die Klarheit. 233
Ursprünglich war ONUSAL für die Verifikation der Polizeireform vorgesehen, während die Koordinierung der finanziellen und technischen Hilfe für die Polizeiakademie von UNDP vorgenommen werden sollte (Stanley/Loosle 1998: 11). Nachdem UNDP allerdings nicht in der Lage war, seine Aufgaben befriedigend zu erfüllen (Montgomery 1995: 147), musste ONUSAL diese Funktion auch noch wahrnehmen. Diese Verzögerung bei der Übernahme der Koordinierung wird als ein Faktor genannt, der die Geberkoordinierung erschwerte (McCormick 1997: 309).
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Dauer, Intensität und Nachhaltigkeit Die Aktivitäten von ONUSAL im Bereich des Wissenstransfers hätten in einigen Fällen langfristiger und intensiver angelegt sein können. Defizite waren jedoch nicht immer von ONUSAL verschuldet. Zwar war es die Mission selbst, die nicht die Bedeutung des Capacity Building von NGOs erkannt hatte und daher bei der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren nur sehr wenig bzw. erst sehr spät Aktivitäten ergriff (Whitfield 1998: 177f.). Bei anderer Gelegenheit wurde ONUSAL jedoch durch nationale Entscheidungen von einem aktiveren Engagement abgehalten. Wie oben bereits erwähnt, war dies insbesondere bei der Justizreform und der Zusammenarbeit mit der Ombudsstelle für Menschenrechte der Fall. Auch die Schulung der neuen Polizei musste für neun Monate unterbrochen werden, als deren neuer Direktor die Kooperation mit den Vereinten Nationen stark reduzierte (Holiday/Stanley 2000: 53). Als die Mission schließlich im Bereich des Capacity Building zunehmend aktiv wurde, war sie bereits reduziert worden und hatte nicht mehr viele Kapazitäten frei. Um dennoch einen gesicherten Übergang für die Zeit nach der Mission zu schaffen, übernahmen UNDP sowie die Nachfolgemission MINUSAL einige der begonnenen Schulungs- und Beratungsaktivitäten und sorgten somit für Kontinuität (Lawyers Committee for Human Rights 1995: 114). Schließlich gab es aufgrund von Kapazitätsproblemen einige Hindernisse für die Intensität der Demokratieförderung von ONUSAL. Im Bereich der Polizeiabteilung war zwar die Entsendung von bis zu 631 Polizeibeobachtern vorgesehen gewesen, letztlich umfasste die Abteilung aber selbst zu ihrer besten Zeit mit 314 Mitarbeitern nur knapp die Hälfte der erlaubten Stärke. Der Grund für diese Unterausstattung war einerseits die begrenzte Zahl von Ländern, die bereit waren, Polizisten zu entsenden, sowie andererseits die Ablehnung El Salvadors, Polizisten aus einigen Ländern, wie z.B. Argentinien, zu akzeptieren.234 Die Tatsache, dass ONUSAL mit nur halb so vielen Polizeibeobachtern arbeiten musste wie eigentlich vorgesehen, führte dazu, dass die Mission ihre Aufgaben in manchen Bereichen nicht so umfassend und intensiv durchführen konnte wie eigentlich geplant. Auch die nur kurzen Einsatzzeiten der entsandten Polizisten wirkten sich negativ auf die Nachhaltigkeit der Aktivitäten aus, da gerade die Mitarbeiter, die sich lokales Wissen und Expertise angeeignet hatten, wieder abberufen wurden und somit die Kontinuität der Arbeit reduziert wurde (Stanley/Loosle 1998: 5f.). Ferner hätte die Mission durch eine bessere Informationspolitik die Nachhaltigkeit ihrer Arbeit stärken können. ONUSAL vernachlässigte jedoch zumindest zeitweise die Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit, 234
Die entsendeten Polizeibeobachter kamen vor allem aus Spanien, Mexiko, Chile, Frankreich und Italien (Stanley/Loosle 1998: 5). Insbesondere mit den italienischen Beamten gab es aufgrund defizitärer Sprachkenntnisse Probleme.
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die weder hinreichend über die Arbeit der Mission noch über die Bedeutung struktureller Reformen informiert war (Holiday/Stanley 2000: 49f.). Die daraus resultierende schwache Unterstützung der Bevölkerung für institutionelle Reformen bildete wiederum keinen förderlichen Kontext für die Nachhaltigkeit der Trainings- und Ausbildungsmaßnahmen zu demokratischen Praktiken: Solange die Öffentlichkeit von Amtsträgern ein solches Verhalten nicht erwartet, sind diese auch weniger dazu angehalten, das in Workshops und Trainings Erlernte in die Praxis umzusetzen. Zusammenfassung Wissenstransfer Aktivitäten, die dem Instrument des Wissenstransfers zugeordnet werden können, fanden zu Beginn des Friedensprozesses vor allem in Form von Beratungstätigkeiten für die Konzeption von Reformen statt. Trainingsmaßnahmen zur Förderung demokratischer Praktiken hingegen waren zunächst recht begrenzt und auf einzelne Zielgruppen zugeschnitten. So kam zu Beginn vor allem die neue Polizei in den Genuss internationaler Ausbildungshilfe, mit etwa zwei Jahren Verzögerung aber auch zunehmend die Judikative. Capacity Building für zivilgesellschaftliche Akteure gab es zwar von Anfang an (und in zunehmendem Maße), es spielte insgesamt allerdings eher eine untergeordnete Rolle. Die Bedingungen für einen Erfolg von Wissenstransfer sind mit Abstrichen gegeben. Recht gut sind die Ausgangsvoraussetzungen hinsichtlich der Autorität der externen Demokratieförderer und der Identifikation mit diesen. Schlecht sieht es hingegen mit der kulturellen Anschlussfähigkeit und der Resonanz aus. Hinsichtlich der Prozessbedingungen ist die Performanz der internationalen Demokratieförderer durchaus noch steigerungsfähig. So war die Konsistenz bei der Polizei- und Justizreform aufgrund unterschiedlicher Geberansätze nicht immer gegeben; außerdem wäre bei vielen Aktivitäten ein ‚früher und mehr‘ wünschenswert gewesen. 6.2.2.5 Dialog Der Dialog zwischen internationalen Gebern und der salvadorianischen Regierung fand vor allem in den ersten Jahren des Friedensprozesses im Rahmen koordinierter Gebertreffen der Konsultativgruppe statt. Dieses von der Weltbank organisierte Forum traf sich erstmals 1991, also noch vor dem Abschluss des Friedensvertrages, und daran anschließend noch weitere drei Mal, nämlich 1992, 1993 und 1995. Thema der Treffen war die Koordinierung internationaler Wiederaufbauhilfe in Absprache mit nationalen Plänen der Regierung. In diesem Zusammenhang wurden auch Schwerpunkte der Wiederaufbaustrategie sowie Fortschritte und Blockaden im Friedens- und Demokratisierungsprozess diskutiert.
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Darüber hinaus stehen bi- und multilaterale Geber ohnehin im Zusammenhang mit der Ausarbeitung ihrer jeweiligen Förderstrategien im Kontakt mit der Regierung und erörtern dabei verschiedene Aspekte des Transformationsprozesses.235 ONUSAL führte auf vielfältige Weise einen ständigen Dialog mit Regierungsvertretern und Repräsentanten der FMLN. Der Zugang zu Politikern, staatlichen Stellen, aber auch Vertretern der Zivilgesellschaft war schon alleine durch die Verifikations- und Vermittlungsrolle von ONUSAL gegeben. Durch den Beobachterstatus in der nationalen Kommission zur Friedenskonsolidierung COPAZ war die UN-Mission darüber hinaus in einen institutionalisierten Zusammenhang mit Vertretern der Konfliktparteien sowie aller im Parlament vertretenen Parteien eingebunden. Schließlich initiierte ONUSAL auch selbst regelmäßige Konsultationen mit der Regierung, um gemeinsam die Empfehlungen der ONUSAL-Menschenrechtsabteilung zu besprechen und zu bewerten (Johnstone 1997: 336). Der Dialog zwischen EU und El Salvador wird auf regionaler Ebene durch den San José-Dialog gestaltet, in dessen Rahmen seit 1984 einmal jährlich Treffen der Außenminister stattfinden. Während der Dialog anfänglich auf die Förderung von Demokratie und Frieden ausgerichtet war, sind durch Erweiterungen 1996 und 2002 weitere Themen wie Kampf gegen Kriminalität und Unsicherheit, Stärkung der Sozialpolitik oder Förderung von Rechtsstaatlichkeit hinzugekommen (Europäische Kommission 2002 6; European Commission 2007: 9). Von Seiten der Europäischen Union wird insbesondere dem Thema der Armutsbekämpfung eine große Bedeutung zugesprochen.236 Im Dezember 2003 ist darüber hinaus eine neue Vereinbarung über politischen Dialog und Zusammenarbeit unterzeichnet worden, die den Dialog von San José institutionalisiert und auf weitere Themen wie Terrorismusbekämpfung, Migration und Menschenrechte ausdehnt (European Commission 2007: 9 ). Die Delegation der Europäischen Kommission, die erst seit November 2005 mit einer eigenständigen Vertretung in El Salvador vertreten ist, steht in regelmäßigem informellem Austausch mit Regierungsvertretern und Oppositionsparteien und versucht auch in diesem Rahmen, auf die Vertiefung des Demokratisierungsprozesses und die Einhaltung von Menschenrechten hinzuwirken.237 Ähnliche informelle Kontakte, in denen der politische Dialog eine Rolle spielt,
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Vgl. hierzu beispielsweise den Konsultationsprozess der EU, der zur Verabschiedung der Länderstrategie geführt hat (European Commission 2007: Annex 12). 236 Telefon-Interview mit Wouter Wilton, 13.8.2007. 237 Telefon-Interview mit Wouter Wilton, 13.8.2007.
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pflegen auch andere Geber, so sie denn über eine Botschaft in El Salvador verfügen.238 Autorität und Identifikation Die Kriterien Autorität und Identifikation sind bereits in den vorherigen Abschnitten zu sozialer Einflussnahme und Wissenstransfer behandelt worden, auf eine nochmalige Erörterung wird an dieser Stelle daher verzichtet. Gleichberechtigung und Deliberation Von internationaler Geberseite wird zumeist beteuert, dass es im Rahmen des politischen Dialogs um Überzeugung und nicht um die Auferlegung bestimmter Maßnahmen gehe. Gleichwohl wird aber auch eingeräumt, dass mit etwas Druck der Überzeugungsprozess erfolgreicher sei als ohne.239 Insofern werden die Kriterien Gleichberechtigung und Deliberation allenfalls mit großen Einschränkungen erfüllt. Dies gilt besonders für den Beginn des Friedensprozesses, als die Abhängigkeit El Salvadors groß war und externe Geber das Instrument der Konditionalität noch häufiger einsetzten. Mittlerweile hat aufgrund eines generellen Trends in der Entwicklungszusammenarbeit zu mehr Budgethilfe und weniger geberdominierten Programmen die Fokussierung auf Entwicklungsprioritäten des Empfängerlandes zugenommen. Dies begünstigt auch Gleichberechtigung und Deliberation. Dauer und Intensität Die Intensität des Dialogs als Instrument der Demokratieförderung hat in El Salvador im Verlauf des Beobachtungszeitraums abgenommen. Dies liegt zum einen am Abzug von ONUSAL. Die UN-Mission hatte in den ersten Jahren der Friedenskonsolidierung den Austausch und den Dialog mit den Konfliktparteien gepflegt und war in engem Kontakt sowohl zur Regierung als auch zur FMLN gestanden.240 Zu Beginn des Friedensprozesses war der Dialog auch deshalb intensiver, weil das Thema der Demokratisierung in dieser Zeit neben der Friedenskonsolidierung noch eines der dominierenden Themen auf der GeberAgenda war. Mittlerweile haben sich die Verhältnisse jedoch verändert und Demokratisierung hat zumindest im relativen Vergleich mit anderen Fragestellungen an Bedeutung verloren. An Relevanz gewonnen haben stattdessen Themen 238
Viele Geber unterhalten in dem kleinen mittelamerikanischen Land keine Botschaft – so sind von den EU-Mitgliedsstaaten beispielsweise nur Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien mit einer eigenen Botschaft vertreten. 239 Telefon-Interview mit Wouter Wilton, 13.8.2007. 240 Im Gegensatz dazu vernachlässigte ONUSAL allerdings die Kommunikation und Kontaktpflege mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Bevölkerung (Lawyers Committee for Human Rights 1995: 41).
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wie Freihandelsabkommen, Kriminalitätsbekämpfung, Migration oder auch Umweltschutz. Konsistenz und Klarheit Zwei Probleme, die bereits oben erwähnt wurden, mindern die Konsistenz und Klarheit des Dialogs. Dabei handelt es sich einerseits um die Fokussierung der internationalen Institutionen auf Fragen der ökonomischen Liberalisierung. Themen wie Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit wurden nicht nur weitgehend ignoriert, sondern die geforderte Liberalisierungspolitik ging zum Teil sogar auf Kosten des Demokratisierungs- und Friedensprozesses. Ein weiterer Widerspruch stellen die Interventionen verschiedener US-amerikanischer Repräsentanten in den Wahlkampf von 2004 dar, mit denen jegliche Dialogbemühungen um die Förderung demokratischer Praktiken konterkariert wurden.241 Zusammenfassung Dialog Der Dialog als Mittel der Demokratieförderung hat in El Salvador im Verlauf der Friedenskonsolidierung an Bedeutung verloren. Die Gründe hierfür sind das Ende der ONUSAL-Mission, die in den ersten Jahren des Friedensprozesses in einem ständigen Austausch mit den Konfliktparteien gestanden hatte, sowie die Verschiebung der Geberprioritäten auf die Diskussion anderer Problemstellungen. Hinsichtlich der Erfolgsbedingungen sind Defizite vor allem bei den Prozessbedingungen, nämlich in Bezug auf die Kriterien Gleichberechtigung, Deliberation und Konsistenz, zu bemerken. 6.2.2.6 Fazit: Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung Um die Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung zu bewerten, müssen zwei Aspekte in die Analyse einbezogen werden: Erstens ist zu fragen, inwiefern die für die Wirksamkeit des jeweiligen Instrumentes relevanten Erfolgsbedingungen (auf der Ebene von Demokratieförderer, Adressat und Prozess) gegeben waren. Zweitens muss geklärt werden, ob die Instrumente der Demokratieförderung auf die jeweiligen Problemursachen ausgerichtet waren. Nachdem im bisherigen Verlauf dieses Kapitels bereits ausführlich die unterschiedlichen Erfolgsbedingungen dargestellt wurden, werden im Folgenden noch einmal die Ursachen der Demokratisierungsprobleme in El Salvador charakteri241 Über die Klarheit des politischen Dialogs können keine Angaben gemacht werden, da es hierzu keine Studien gibt und eine Erhebung von Daten im Rahmen dieser Arbeit nicht machbar gewesen ist.
248
siert. Dabei werden bei der Darstellung der Problemursachen zwei Phasen unterschieden, da sich die Defizite der Demokratisierung und deren Ursachen im Laufe der Friedenskonsolidierung verändert haben. Die Bewertung der Angemessenheit in beiden Phasen (und somit die Einstufung der unabhängigen Variable) wird abschließend in einem dritten Schritt vorgenommen. Phase I: Problemursachen Zu Beginn des Friedensprozesses wurden einige grundlegende Reformen242 vorgenommen und somit deutliche Fortschritte im Demokratisierungsprozess erreicht. Gleichzeitig formierte sich gegen einzelne Reformmaßnahmen aber auch starker Widerstand. Dies war der Fall bei der Empfehlung der Wahrheitskommission, alle Richter am Obersten Gerichtshof zu entlassen, oder auch bei den Forderungen der Ad-hoc-Kommission nach einer Entlassung von Offizieren, die Menschenrechtsverletzungen begangen hatten. Abgeordnete von ARENA blockierten jahrelang die Verabschiedung von Wahlreformen, welche die Partizipation an den Wahlen erleichtert hätten. Auch gab es einzelne Abmachungen und Austauschgeschäfte zwischen der ARENA-Regierung und der FMLN, welche die Demokratisierung behinderten. Als Beispiele hierfür können die Ernennung des neuen Polizeidirektors sowie die Übernahme der Abteilungen für Drogenbekämpfung und für Verbrechensuntersuchung aus der alten Nationalpolizei in die neue zivile Polizei genannt werden. Die FMLN akzeptierte diese Entwicklungen gegen Zugeständnisse bei Integrationsleistungen für ehemalige FMLNKombattanten. Die tieferliegenden Ursachen für diese Reformwiderstände und Tauschgeschäfte sind in der Kosten-Nutzen-Kalkulation der betroffenen (und daher blockierenden) Akteure zu suchen. Deren utilitaristische Berechnungen äußerten sich in unterschiedlicher Hinsicht: Akteure erhofften sich konkrete Vorteile für ihr Klientel, wie beispielsweise die FMLN, die fragwürdige Entscheidungen im Gegenzug für das Zugeständnis von Sozialleistungen für ihre Anhänger akzeptierte. Andere sahen ihre Wiederwahl und ihren Einfluss gefährdet. Dies erklärt den Widerstand von ARENA gegen Wahlreformen, die der Landbevölkerung – und somit vor allem den Anhängern der FMLN – die Teilnahme an den Wahlen erleichtert hätten.
242 So beispielsweise zur Integration der FMLN als Partei, zur zivilen Kontrolle des Militärs sowie zur Stärkung der Unabhängigkeit der Judikative.
249
Ebenso unter das Schlagwort Wiederwahlinteresse ist zu verbuchen, dass ARENA die Interessen des Militärs gegen die Reformforderungen von Wahrheits- und Ad-hoc-Kommission zu verteidigen versuchte. Bei Richtern oder Offizieren gefährdeten die Reformen die berufliche Existenz. Phase II: Problemursachen Mit dem Voranschreiten von Friedens- und Demokratisierungsprozess verschoben sich die Probleme in El Salvador. Anstelle des punktuellen Widerstands gegen wichtige Reformen kennzeichnen mittlerweile eher defizitäre politische Praktiken die Demokratisierungsprobleme. Besonders prekär ist die Situation im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Inkompetenz, Politisierung und Korruption vermischen sich zu einem Problembündel, das zu einer hohen Ineffizienz der Judikative, weitverbreiteter Straflosigkeit und nicht-rechtsstaatlicher Strafverfolgung führt (Zinecker 2004: 149ff.). Andere Defizite sind: die fehlende Verantwortlichkeit von gewählten Repräsentanten gegenüber der Bevölkerung, die geringe politische Partizipation der Bevölkerung, die Dominanz von Klientelinteressen (bei gleichzeitiger Vernachlässigung des Gemeinwohls), die Instrumentalisierung von Angst in Wahlkämpfen, die Politisierung des Obersten Wahltribunals und des Obersten Gerichtshofes, die Neigung zu autoritären Maßnahmen, um dem Kriminalitätsproblem Herr zu werden.243 Die Ursachen dieser Probleme sind gemischt, von hauptsächlicher Bedeutung sind dabei jedoch: die Kosten-Nutzen-Kalkulation, die sich beispielsweise in dem Streben nach Einflussmaximierung durch die Politisierung von Institutionen ausdrückt; 243 Francisco Flores kündigte im Sommer 2003 den Plan Mano Dura an, mit dem er den Maras den Kampf ansagte. Im Oktober 2003 verabschiedete die Nationalversammlung ein zeitlich befristetes Anti-Mara-Gesetz, wonach bereits die Mitgliedschaft in einer Jugendbande einen Straftatbestand darstellte. Unter das Gesetz, das von der Zivilgesellschaft und internationalen Akteuren scharf kritisiert wurde, fielen Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren. Tony Saca hat nach seinem Wahlsieg die Strategie der Súper Mano Dura verkündet. Diese umfasst ebenfalls repressive Maßnahmen, ist aber um Elemente der Prävention und Wiedereingliederung erweitert worden (amnesty international 2004; amnesty international 2005; Zinecker 2007a: 26ff.).
250
die fehlenden Kompetenzen von Akteuren, welche Defizite im Justizbereich, im Parlament oder auch in Parteien erklären können; demokratieaverse Überzeugungen, die etwa dem Aufschwung einer Politik der ‚harten Hand‘ zugrunde liegen.244 Die Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung Vor dem Hintergrund dieser Analyse kann die externe Demokratieförderung in El Salvador als hoch angemessen bezeichnet werden. Gerade zu Beginn des Friedensprozesses, als kurzfristige Kosten-Nutzen-Kalkulationen die Hauptursache für Probleme des Demokratisierungsprozesses darstellten, wurde von externen Demokratieförderern Konditionalität und soziale Einflussnahme stark eingesetzt. Diese Instrumente sind für die Problemursache der Kosten-NutzenKalkulation besonders geeignet, da sie die Interessenkalkulation zu verändern mögen. Gleichzeitig waren die Erfolgsbedingungen für den Einsatz von Konditionalität und sozialer Einflussnahme günstig (vgl. Abbildung 16). Im weiteren Verlauf des Demokratisierungsprozesses rückten andere Schwierigkeiten, nämlich Defizite im demokratischen Handeln, stärker in den Vordergrund. Die Problemursachen waren dabei diffuser und umfassten sowohl die Kosten-Nutzen-Kalkulation wie auch fehlende Kompetenzen und demokratieaverse Überzeugungen. Die Erfolgsbedingungen für externe Demokratieförderung veränderten sich ebenfalls. Insbesondere hinsichtlich der Konditionalität verschlechterten sich die Erfolgsaussichten, da die Abhängigkeit salvadorianischer Akteure und die Verhandlungsmacht externer Akteure zurückgingen. Instrumente wie Konditionalität und soziale Einflussnahme wurden von externen Akteuren zunehmend weniger eingesetzt und stattdessen gewannen Maßnahmen im Bereich des Wissenstransfers an Bedeutung. Für das Instrument des Wissenstransfers waren die Erfolgsbedingungen zumindest teilweise erfüllt, auch wenn es gewisse Defizite in Bezug auf die Kriterien Resonanz und Konsistenz gab. Somit ist auch für diesen Abschnitt das Instrumentarium der Demokratieförderung als angemessen zu bezeichnen.
244
Eine monokausale Zuschreibung von Problemursachen ist in vielen Fällen schwierig. So ist die Politik der Mano Dura besonders in Wahlkampfzeiten propagiert worden. Hintergrund ist somit auch ein rationales Nutzenkalkül von Politikern, die hoffen, mit der Forderung nach einem harten Durchgreifen gegen die Mara Wählerstimmen zu gewinnen (Zinecker 2007a: 26).
251
Abbildung 16:
252
Kernproblem und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in El Salvador – Phase I
Den veränderten Problemursachen und der Verschlechterung der Erfolgsbedingungen für Konditionalität wurde Rechnung getragen durch die Anpassung des Instrumentariums und eine Stärkung des Wissenstransfers (Abbildung 17).245
Abbildung 17:
Kernproblem und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in El Salvador – Phase II
245 Wissenstransfers hätte gleichwohl auch schon in den ersten Nachkriegsjahren, parallel zum Einsatz von Konditionalität und sozialer Einflussnahme, stärker genutzt werden können.
253
6.3 Die abhängige Variable: Erfolgreiche Friedenskonsolidierung in El Salvador? Der Krieg in El Salvador wurde 1992 beendet und ist seither nicht wieder ausgebrochen.246 Das alleine ist ein großer Erfolg. Ob auch die Friedenskonsolidierung erfolgreich war, wird in dieser Arbeit anhand von folgenden Kriterien bewertet: 1.
der bereits genannten Abwesenheit von Krieg;
2.
dem Verlauf der Demobilisierung;
3.
dem Verzicht auf Androhung oder Anwendung von Gewalt als Mittel des Konfliktaustrags;
4.
das generelle Gewaltniveau der Gesellschaft berücksichtigt (vgl. 4.2).
Ad 1) Wie bereits erwähnt wurde, gibt es in El Salvador seit der Verabschiedung der Friedensabkommen im Dezember 1992 keinen Krieg mehr. Ad 2) Der Demobilisierungsprozess ist hingegen nicht reibungslos verlaufen, kann aber letztlich doch als Erfolg bezeichnet werden. Zu Schwierigkeiten kam es einerseits bei der Auflösung von Spezialeinheiten wie Finanzpolizei und Nationalgarde, wesentlich schwerwiegender war jedoch das Fehlverhalten der FMLN. Diese galt offiziell bereits als entwaffnet, als im Mai 1993 bekannt wurde, dass die ehemaligen Guerilleros noch umfangreiche Waffenvorräte versteckt hielten. Damit wurde offenbar, dass die FMLN der Regierung misstraut und die salvadorianische und die internationale Öffentlichkeit, und zwar insbesondere ONUSAL, getäuscht hatte. Auf den Zwischenfall, den damit offenkundigen Verstoß gegen den Friedensvertrag und den somit drohenden Verlust der eigenen Glaubwürdigkeit reagierte die FMLN mit Schuldeingeständnissen, großer Kooperationsbereitschaft und der Übergabe von Waffen aus insgesamt 114 Lagern. Ad 3) Hinsichtlich der Anwendung von Gewalt als Mittel des Konfliktaustrages waren Mitte der 1990er Jahre einige Rückschläge zu verzeichnen. Hierzu zählt vor allem der gewaltsame Protest demobilisierter Soldaten247 in den Jahren 246 AKUF und COW führen 1992 als letztes Kriegsjahr an, das Uppsala Conflict Data Program nennt 1990 als letztes Kriegsjahr und stuft den Konflikt 1991 als „minor armed conflict“ an. Vgl. die Datensätze der Forschungsprojekte unter folgenden Internedressen: AKUF: http://www.sozialwiss.unihamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege_archiv.htm; Correlates of War: http://www.correlatesofwar.org/; Uppsala Conflict Data Program: http://www.pcr.uu.se/database/index.php (6.10.2008). 247 Die ehemaligen Soldaten organisierten sich in verschiedenen Zusammenschlüssen, die wichtigste Organisation war dabei die Vereinigung demobilisierter Mitglieder der Streitkräfte ADEFAES (Asociación de Desmovilizados de las Fuerzas Armadas de El Salvador), die von sich selbst behauptete, 20.000 Mitglieder zu haben (Spencer 1997: 49).
254
1993 bis 1995, die beklagten, die ihnen in den Friedensabkommen versprochenen Leistungen nicht erhalten zu haben. Um ihre ökonomischen Forderungen zu unterstreichen, besetzten die ehemaligen Soldaten mehrmals das Parlament und nahmen Abgeordnete als Geiseln (Human Rights Watch 1995; Williams/Walter 1997: 181). Zu einem tödlichen Zwischenfall kam es im November 1995, als die Vereinigung der Ex-Kombattanten und Kriegsversehrten (AEGES, Asociación de Excombatientes y Víctimas de la Guerra de El Salvador) das Gebäude des Kriegsversehrten-Fonds besetzte und 35 Angestellte als Geiseln nahm. Die Polizei ging gegen die Besetzer mit repressiver Gewalt vor und der Zusammenstoß endete mit dem Tod eines ehemaligen Soldaten sowie Dutzenden Verletzten (Hernández Pico 1996: 1ff.). Letztlich führten die verschiedenen Demonstrationen, Besetzungen und Geiselnahmen jedoch zum Einlenken der Regierung, welche die Zahlung aller Entschädigungen zusagte und damit den gewaltsamen Protesten ein Ende bereitete (Zinecker 2004: 91). Ein anderes Problem stellte das Wiederauftauchen von Todesschwadronen dar, die teilweise politische Gewalt ausübten.248 Dieser Gewalt fielen Angehörige der FMLN, sonstige Oppositionelle und Menschenrechtsaktivisten zum Opfer.249 Im Juni 1996 trat erstmals die Fuerza Nacionalista Mayor Roberto D’Abuisson250 in Erscheinung, die in ihren öffentlichen Äußerungen Menschenrechtsvertretern, Politikern, Medienleuten und Kirchenrepräsentanten offen damit drohte, dass ‚ihre Tage nun gezählt seien‘ („sus días están contados“) (amnesty international 1996: 3). Auch politisch motivierte Entführungen, Übergriffe und Todesdrohungen nahmen Mitte der 1990er Jahre zeitweise zu. Um die Aktivitäten der Todesschwadrone zu untersuchen, wurde 1993 die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen (Grupo Conjunto para la Investigación de Grupos Armados Ilegales con Motivación Política en El Salvador) (Human Rights Watch 1994: 2). Diese kam in ihrem Abschlussbericht zu dem Er248 Neben der politisch motivierten Gewalt war soziale Säuberung ein weiteres Motiv der Todesschwadronen. Angesichts einer explodierenden Kriminalitätsentwicklung und der Wahrnehmung, die Polizei sei nicht hinreichend ausgestattet und die Gesetzgebung zu schwach, nahmen einige Gruppierungen die Kriminalitätsbekämpfung selbst in die Hand. Die bekannteste Gruppe dieser Art, Sombra Negra (schwarzer Schatten), war vor allem 1994 und 1995 aktiv und ging hauptsächlich gegen Mitglieder von Jugendbanden (Maras) vor, die sie krimineller Aktivitäten verdächtigte (amnesty international 1996: 3f.; Payne 1999: 2). 249 1992 bis 1993 wurden beispielsweise zwischen 15 und 36 FMLN-Mitglieder ermordet. Die höhere Opferzahl entstammt Angaben der FMLN, die niedrigere ist von ONUSAL. Es muss allerdings eingeräumt werden, dass vermutlich nicht alle Morde auf politisch motivierte Gewalt zurückzuführen sind. Vielmehr sind einige der Fälle wohl auch der extrem angestiegenen Gewaltkriminalität in El Salvador geschuldet (Human Rights Watch 1994: 3f.). 250 Namensgeber der Gruppierung ist Major Roberto D’Abuisson, der, wie bereits anfangs erwähnt, aufs Engste mit den Todesschwadronen zu Zeiten des Bürgerkrieges verbunden war und die Verantwortung für die Ermordung von Erzbischof Romero trägt.
255
gebnis, dass nach Kriegsende einige organisierte Gruppen fortbestanden, die politische Gewalt bewusst einsetzten, um den Friedens- und Demokratisierungsprozess zu unterminieren (Kurtenbach 2003: 290). Die Verbindungen zu staatlichen Akteuren waren jedoch weniger evident, außerdem wurde eine zunehmende Verwicklung der klandestinen Gruppen in die organisierte Kriminalität festgestellt (amnesty international 1996: 1). Die Empfehlungen der Grupo Conjunto, eine Auflösung der Netzwerke und die juristische Verfolgung der Straftaten, wurden weitestgehend nicht umgesetzt. Dennoch ist die politische Gewalt nach den eben ausgeführten Zwischenfällen Mitte der 1990er Jahre merklich zurückgegangen (Kurtenbach 2003: 290) und wurde von der Gewaltkriminalität „fast gänzlich verdrängt“ (Zinecker 2004: 162). Politische Interessen werden nicht mehr mit der Androhung oder Ausübung von Gewalt eingeklagt, wie dies noch 1993 bis 1995 im Falle der demobilisierten Soldaten geschehen ist. An dieser Einschätzung ändert auch eine in den Jahren 2005 und 2006 beobachtete Verschlechterung der Menschenrechtslage nichts (amnesty international 2006a). Zwar vermuten sowohl Tutela Legal, das Menschenrechtsbüro der Erzdiözese von San Salvador, wie auch die Ombudsfrau für Menschenrechte, Beatrice de Carrillo, dass neue Gruppierungen, die den Todesschwadronen ähneln, mit dem Ziel der sozialen Säuberung gegen Mitglieder von Jugendbanden vorgehen und diese außergerichtlich hinrichten. Auch hinter vereinzelten Morden werden politische Motive angenommen.251 Im Gesamtausmaß sind diese Fälle von politischer Gewalt jedoch sehr selten und nicht mit der Situation Mitte der 1990er Jahre zu vergleichen. Ad 4) Gewaltkriminalität wird in El Salvador von den Menschen heute als eines der wichtigsten politischen Probleme angesehen.252 Dies ist nicht weiter verwunderlich angesichts einer eskalierenden Nachkriegsgewalt – in El Salvador ist die Gewalt nach dem Krieg nicht zurückgegangen, sondern hat sogar noch zugenommen. Dies spiegelt sich insbesondere in den Homizidzahlen wider. Während zu Zeiten des Bürgerkriegs 55 Tötungsdelikte auf 100.000 Einwohner kamen, sind die Zahlen 1996, als die Gewalt ihren Höhepunkt erreichte, auf 156 Homizide je 100.000 Einwohner hochgeschnellt. Damit hatte El Salvador sogar Kolumbien in der Gewaltstatistik überholt und nahm einen unrühmlichen ersten Platz in Lateinamerika ein (Zinecker 2004: 155). Mittlerweile ist die Rate wieder auf 56 Tötungen je 100.000 Einwohner im Jahr 2006 gesunken, El Salvador steht jedoch weiterhin an der Spitze des lateinamerikanischen Gewaltrankings (Zinecker 2007a: 1; 4). Als Verursacher der Gewalt werden gemeinhin an erster Stelle 251
Tutela Legal hat 130 Fälle von außergerichtlichen Hinrichtungen im Jahr 2006 untersucht und führt fünf dieser Morde (3,6 Prozent) auf politische Motive zurück (Tutela Legal 2007: 12). 252 In einer Umfrage gaben 29 Prozent der Befragten an, die Arbeitslosigkeit sei das größte Problem El Salvadors, gleich danach folgte jedoch schon mit 26 Prozent die Kriminalität (UNODC 2007: 28).
256
die Maras genannt (Zinecker 2007a: 5). Darüber hinaus ist aber auch eine enorme Banalisierung von Gewalt zu beobachten, die dazu führt, dass auch ‚normale Bürger‘ bei Streitigkeiten zur Waffe greifen (Zinecker 2004: 164). Fazit: Die Friedenskonsolidierung ist in El Salvador trotz einiger Probleme weitgehend erfolgreich verlaufen (vgl. Abbildung 18). Nach Kriegsbeendigung wurde der Waffenstillstand gehalten und die Demobilisierung ist trotz Rückschlägen letztlich erfolgreich verlaufen. Politische Interessen werden heutzutage nicht mehr unter Rückgriff auf Gewalt vertreten. Auch das war in der Nachkriegszeit nicht immer so, wie die Parlamentsbesetzungen und Geiselnahmen von demobilisierten Soldaten gezeigt haben. Vereinzelte Fälle von politischer Gewalt und Bedrohungen von Menschenrechtsaktivisten oder Oppositionellen gibt es zwar immer noch, diese Fälle sind jedoch sehr selten, insbesondere im Vergleich zu der Situation in Guatemala.253 Problematisch ist das große Ausmaß krimineller Gewalt, das El Salvador in der Nachkriegszeit erfahren hat. Dieses extrem hohe Gewaltniveau führt dazu, dass nicht von einer vollkommen geglückten Friedenskonsolidierung gesprochen werden kann.
Abbildung 18:
Erfolg der Friedenskonsolidierung in El Salvador
253
Dort sind allein im Zusammenhang mit den Wahlen 2007 51 Personen ermordet worden. Damit erklärt sich auch, warum der Verlauf des Friedensprozesses in Guatemala negativer als in El Salvador eingeschätzt wird: Während die Gewaltkriminalität in beiden Ländern sehr hoch ist, ist das Ausmaß an politischer Gewalt in Guatemala deutlich höher.
257
6.4 Hypothesentest 6.4.1
Korrelationsanalyse
In dieser Arbeit werden zwei Hypothesen über den möglichen Beitrag externer Demokratieförderung auf den Erfolg von Friedenskonsolidierung getestet. Die erste Hypothese lautet: Je mehr externe Demokratieförderung Institutionen des Interessenausgleichs fördert, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
Die Entwicklungen in El Salvador können diese Hypothese in der Korrelationsanalyse weder falsifizieren noch bestätigen. So ist der Wert der unabhängigen Variablen, also die Ausrichtung der externen Demokratieförderung auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs, lediglich als moderat einzustufen (vgl. 6.2.1.4), während die Friedenskonsolidierung als weitgehender Erfolg bewertet wird (vgl. 6.3). Hypothese 1 (Förderung von Interessenausgleich)
Hypothese 2 (Angemessenheit der Instrumente)
Wert der u.V.
Moderat
Hoch
Wert der a.V. (Friedenskonsolidierung)
(weitgehender) Erfolg
(weitgehender) Erfolg
Tabelle 7:
Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen für den Fall El Salvador
Somit gibt es weder eine klare Korrelation zwischen unabhängiger und abhängiger Variable noch einen deutlichen Widerspruch. Stattdessen sind verschiedene Lesarten möglich: Es kann sein, dass bereits die moderate Fokussierung auf Institutionen des Interessenausgleichs der Friedenskonsolidierung zuträglich war und zu ihrem Erfolg beigetragen hat – das würde die Hypothese bestätigen. Eine andere Möglichkeit ist, dass gerade das relativ geringe (nämlich nur moderate) Maß der Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs den Erfolg der Friedenskonsolidierung ermöglicht hat254 – das würde die Hypothese widerlegen. Zuletzt ist auch noch denkbar, dass dritte Faktoren für den Verlauf und den Er254
Die Nullhypothese würde demnach lauten: „Je weniger externe Demokratieförderung auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet ist, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.“
258
folg der Friedenskonsolidierung verantwortlich waren – das würde die Hypothese bedeutungslos machen und somit letztlich auch widerlegen. Welche dieser drei Varianten am ehesten zutrifft, kann nur nach einer näheren Betrachtung von Kausalmechanismen im nächsten Abschnitt beurteilt werden. Die zweite Hypothese, deren Erklärungswert in dieser Arbeit getestet wird, lautet: Je angemessener die Instrumente externer Demokratieförderung sind, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
Diese Hypothese wird durch einen Korrelationstest im Fall von El Salvador bestätigt. Bezüglich der unabhängigen Variablen hat die Untersuchung gezeigt, dass die eingesetzten Instrumente der Demokratieförderung angemessen waren (vgl. 6.2.2.6), gleichzeitig ist auch der Erfolg der Friedenskonsolidierung (mit gewissen Abstrichen) gegeben (vgl. 6.3). Ob zwischen diesen beiden Variablen tatsächlich eine kausale Beziehung besteht oder ob die Kovarianz lediglich Zufall ist, wird im nächsten Abschnitt durch eine Prozessanalyse untersucht werden.
6.4.2
Mehr als nur Korrelation? Ein Blick auf kausale Zusammenhänge
6.4.2.1
Hypothese 1
Wie gerade dargestellt wurde, lässt sich die erste Hypothese anhand des Korrelationstests weder eindeutig bestätigen noch falsifizieren, sondern lässt verschiedene Lesarten zu. Unterzieht man die erste Lesart einer genaueren Betrachtung, so gilt es nach Indizien dafür zu suchen, dass bereits die moderate Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs zur Friedenskonsolidierung beigetragen hat. Hierfür bietet es sich an, Krisensituationen der Friedenskonsolidierung genauer zu analysieren: Hat ein Mangel an Möglichkeiten des Interessensausgleichs zu diesen Krisensituationen beigetragen? Welche Rolle spielten in der Folge Institutionen des Interessenausgleichs zur Überwindung dieser Krisen? Und falls diese Institutionen des Interessenausgleichs eine Rolle spielten, sind diese dann auch durch externe Demokratieförderung gefördert worden? Sprich: Lässt sich der in Abbildung 19 visualisierte Kausalmechanismus beobachten?
259
Abbildung 19:
Kausalmechanismus Hypothese 1 in Krisensituationen
Krisen der Friedenskonsolidierung in El Salvador waren die anfangs gescheiterte Entwaffnung der FMLN sowie die gewalttätigen Proteste demobilisierter Soldaten. Des Weiteren ist das hohe Gewaltniveau in der Nachkriegsgesellschaft ein Faktor, der den Erfolg der Friedenskonsolidierung in El Salvador relativiert. Zumindest teilweise sind diese Krisen oder Probleme auf Defizite der Interessenartikulation oder des Interessenausgleichs zurückzuführen. So haben die ehemaligen Soldaten auf gewaltsame Protestformen wie Geiselnahmen zurückgegriffen, um ihren ökonomischen Forderungen Nachdruck zu verleihen, die trotz anders lautender Vereinbarungen in den Friedensabkommen von den politischen Parteien nicht berücksichtigt wurden. Die demobilisierten Kombattanten des Militärs hatten weder in ARENA noch in der deutlich schwächeren Partei PCN starke Fürsprecher zur Vertretung ihrer Interessen gefunden.255 Dies führte dazu, dass sich bei der Aufteilung der Gelder für den Wiederaufbau niemand für die Berücksichtigung der Bedürfnisse demobilisierter Soldaten einsetzte. Sowohl Defizite bezüglich der Interessenartikulation als auch bezüglich des Interessenausgleichs sind somit durchaus festzustellen und es liegt nahe, dass bei einer stärkeren Berücksichtigung der Forderungen der Ex-Kombattanten gewaltsame Proteste hätten vermieden werden können. Hierfür spricht auch, dass die Gewalt aufhörte, nachdem die Regierung eine volle Auszahlung der Entschädigungszahlungen versprach. Die Probleme bei der Entwaffnung der FMLN sind in erster Linie auf fehlendes Vertrauen in den Friedensprozess und das Verhalten der ehemaligen Konfliktgegner zurückzuführen. Das verdeutlichen die Worte von Salvador Sánchez Cerén, Generalsekretär der Fuerzas Populares de Liberación (FPL), einer Gruppe innerhalb der FMLN:
255
Zwar vertraten sowohl ARENA als auch insbesondere die PCN die Interessen des Militärs, dabei standen aber eher die Interessen des Offizierskorps oder aber des Militärs als Institution im Vordergrund. Die Bedürfnisse der demobilisierten Soldaten hingegen fanden kaum Beachtung (Gaupp 1995).
260
The real reason why we did not make an inventory of or destroy all our arms was simply that we had profound mistrust of the armed forces. This forced us to keep one last negotiating card up our sleeve in order to guarantee the full execution of all agreements.256
Aber auch zwischen der späteren Entwaffnungsbereitschaft und den Möglichkeiten der Interessenartikulation besteht ein Zusammenhang. So schildert Sánchez Cerén, wie die Angst vor einem Machtmissbrauch durch die Armee oder ARENA im Zuge der Legalisierung der FMLN als politische Partei abnahm, was die Waffenvorräte zunehmend überflüssig erscheinen ließ: Inasmuch as we were continuing to develop as a legal political party and as our prospects of continuing to do so were expanding apace, it became incompatible, burdensome and unnecessary for us to have these stockpiles of arms.
Das hohe Ausmaß an Gewalt, das in El Salvador nach dem Krieg anzutreffen ist, hat eine Vielzahl von Gründen. Dazu zählen die große Zahl demobilisierter Kämpfer, die nicht hinreichend in die Gesellschaft reintegriert wurden, eine Veralltäglichung von Gewalt als Mittel des Konfliktaustrages in den Jahren des Bürgerkrieges, sozio-ökonomische Marginalisierung sowie eine große Verbreitung von Waffen (Pleitez Chávez 2006: 21ff.; UNODC 2007: 54; Zinecker 2004: 165ff.). Darüber hinaus fehlen aufgrund der defizitären Rechtsstaatlichkeit und der weit verbreiteten Straflosigkeit Verhinderungsstrukturen für kriminelle Gewalt. Ein Zusammenhang zu Institutionen des Interessenausgleichs kann hieraus allerdings nicht abgeleitet werden. So stellen der gleiche Zugang zum Rechtswesen und eine faire Rechtssprechung zwar die Interessenartikulation und auch den Interessenausgleich der Bürger sicher. Die Rückführung der Alltagsgewalt auf die Schwächen der Judikative und die weit verbreitete Straflosigkeit beruht jedoch auf einem anderen Kausalzusammenhang: Hier geht es nicht um fehlende Möglichkeiten des Interessenausgleichs, sondern um eine fehlende abschreckende Wirkung von Strafen. Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass die Krisen des Friedensprozesses in El Salvador zumindest in zwei von drei Fällen von Defiziten des Interessenausgleichs (mit-)verursacht wurden. Ferner hat im Falle der Legalisierung der FMLN die Verbesserung der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs zur Bewältigung der Demobilisierungskrise beigetragen. Damit sind zweierlei kausale Zusammenhänge nachgezeichnet worden: erstens Defizite im Interessenausgleich haben Krisen des Friedensprozesses hervorgerufen und zwei256
Auszug aus einem Brief Salvador Sánchez Ceréns an den UN-Generalsekretär Boutros BoutrosGhali vom 11.6.1993. UN-Dokument S/26005, Annex II (B), veröffentlicht am 29.6.1993.
261
tens die Stärkung der Möglichkeiten von Interessenartikulation und -ausgleich (intervenierende Variable) erleichterte die Krisenbewältigung und stabilisierte somit den Friedensprozess (abhängige Variable). Ein Zusammenhang entlang des gesamten Kausalpfads zwischen der unabhängigen Variablen (Fokus externer Demokratieförderung auf Institutionen des Interessenausgleichs) und der abhängigen Variable (Erfolg der Friedenskonsolidierung) kann hingegen nicht nachgewiesen werden. Zwar waren internationale Akteure durchaus relevant für die Bewältigung der beiden Krisenfälle ‚Entwaffnung der FMLN‘ und ‚gewaltsame Proteste demobilisierter Soldaten‘, aber diese Bedeutung beruhte eben nicht auf Maßnahmen der externen Demokratieförderung. Es ist vielmehr den Vermittlungsaktivitäten von ONUSAL zu verdanken, dass der Friedensprozess auch in diesen schwierigen Phasen gerettet werden konnte. Ferner mag auch die nach anfänglichem Zögern größere Bereitschaft externer Geber, das Landtransfer-Programm und andere Maßnahmen zur Reintegration von Ex-Kombattanten zu finanzieren, zur Entspannung der Situation beigetragen haben.257 Aber auch diese Aktivitäten fallen nicht in den Bereich externer Demokratieförderung. Zuletzt sei noch erwähnt, dass es keinerlei Hinweise für eine Bestätigung der Nullhypothese gibt, also der zweiten Lesart, wonach die Friedenskonsolidierung in El Salvador gerade aufgrund einer geringen (beziehungsweise nur moderaten) externen Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs gelingen konnte. Zusammengefasst hat die Überprüfung der ersten Hypothese für den Fall El Salvador Folgendes ergeben: Erstens, die Hypothese lässt sich im Korrelationstest weder bestätigen noch falsifizieren. Zweitens, die Prozessanalyse führt zu einer partiellen Plausibilisierung, da zumindest ein Teil des zugrunde liegenden Kausalmechanismus beobachtet werden kann. 6.4.2.2 Hypothese 2 Die zweite Hypothese beruht auf der Annahme, dass ein angemessener Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung zu einer Vertiefung der Demokratisierung führt. Mittels einer Beseitigung von Konfliktursachen, der Schaffung neuer Kanäle der Konfliktbearbeitung oder aber der Veränderung der politischen Kultur fördert die Demokratisierung wiederum die Friedenskonsolidierung (vgl. Abbildung 20).
257 Insbesondere die Bereitschaft von USAID, fast die gesamten Kosten für das LandtransferProgramm zu übernehmen, stellte einen Anreiz für die salvadorianische Regierung dar und half, Widerstände zu überwinden (Thale 1997: 194f.).
262
Abbildung 20:
Kausalmechanismus von Hypothese 2
Betrachtet man sich die externe Demokratieförderung in El Salvador vor diesem Hintergrund genauer, so sind zwei Teilschritte für die Analyse zu unterscheiden. Beim ersten geht es um die Frage, ob die Angemessenheit der Instrumente der Demokratieförderung zu einer Stärkung der Demokratisierung geführt hat. Beim zweiten Schritt gilt es zu untersuchen, ob es empirische Evidenz dafür gibt, dass eine Vertiefung des Demokratisierungsprozesses die Friedenskonsolidierung gestärkt hat. Teilschritt 1 Im Folgenden wird zunächst die Wirksamkeit der verschiedenen in El Salvador eingesetzten Instrumente der Demokratieförderung untersucht. Dabei wird eine Begrenzung auf die Analyse der am stärksten genutzten Instrumente vorgenommen, also Konditionalität, soziale Einflussnahme und Wissenstransfer. Danach wird analysiert, ob der Beitrag der externen Demokratieförderung zum Demokratisierungsprozess mit der Angemessenheit der Instrumente erklärt werden kann. Konditionalität und soziale Einflussnahme haben in der ersten Phase des Friedensprozesses den Rahmen für den Demokratisierungsprozess abgesteckt. Externer Druck, v.a. der USA, sowie die Kompromissvorschläge der Vereinten Nationen waren nicht nur relevant dafür, dass sich die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch setzten, sondern waren auch für die Einigung auf Eckpunkte der Demokratisierung von Bedeutung.258 Im Implementierungsprozess haben Konditionalität und soziale Einflussnahme externer Akteure mit dazu beigetragen, dass die Reformagenda umgesetzt wurde. So verdeutlichten viele internationale Geber die Erwartung, dass die Konfliktparteien sich allen Bestimmungen des Friedensvertrages verpflichtet fühlen sollten als Voraussetzung für die Ausschüttung internationaler Finanzhilfe für den Friedensprozess (Wood 2000a: 94). 258
Diese Aussage impliziert allerdings nicht, dass externe Faktoren alleine ausschlaggebend für die Einigung auf demokratische Reformen im Zuge der Friedensverhandlungen waren. Die Demokratisierung stellte vielmehr den kleinsten gemeinsamen Nenner für die Konfliktparteien dar (Wood 2000a: 85).
263
Des Weiteren gab es, wie oben bereits ausgeführt, mehrere Fälle von Konditionalität, in denen die USA mit dem Stopp von Finanzhilfe und anderen materiellen Leistungen auf einige für den Demokratisierungsprozess negative Entwicklungen reagierten. Dazu zählen die Nicht-Beachtung der Empfehlungen der AdHoc-Kommission, Defizite bei der Wählerregistrierung oder Fehlentwicklungen bei der Polizeireform (vgl. 6.2.2.1). Die Wirksamkeit der Konditionalität zeigte sich darin, dass letztlich alle von den USA gestellten Forderungen erfüllt wurden.259 Von Bedeutung war in diesem Zusammenhang auch die soziale Einflussnahme der UN, deren Berichte als Gradmesser für die Verifikationsbereitschaft der Konfliktparteien galten und insofern für die Zahlungsbereitschaft der Geber ausschlaggebend waren (Wood 2000a: 92). Die Wirksamkeit des Instruments Wissenstransfer lässt sich anhand der Dimensionen Output, Outcome und Impact untersuchen (vgl. 4.4.2). Hinsichtlich der Output-Dimension sind konkrete Ergebnisse verschiedener Maßnahmen externer Demokratieförderung durchaus zu beobachten. Im Bereich der Polizeireform wurde durch die internationale Beratung beispielsweise ein Curriculum für die neue Polizeiakademie erstellt. Hinsichtlich der Justizreform ist als wesentlicher Fortschritt die Einrichtung einer Ombudsstelle für Menschenrechte zu verbuchen, deren Mitarbeiter von ONUSAL für die Übernahme der Menschenrechtsverifikation nach Abzug der Mission ausgebildet wurden. Ein anderes Ergebnis im Justizsektor ist die Einführung von Schulen zur juristischen Weiterbildung von Richtern, deren Besuch obligatorisch ist. Beratungsmaßnahmen internationaler Akteure trugen dazu bei, die Wählerregistrierung durch das Oberste Wahltribunal zu verbessern und hatten die Erarbeitung von Vorschlägen zur Wahlreform durch eine nationale Kommission zum Ergebnis. Zahllose weitere Beispiele ließen sich noch anführen. Wichtig ist, dass Maßnahmen, wenn sie denn angeboten wurden, durchaus konkrete Resultate auf der Output-Ebene hervorbrachten. Auf der Outcome-Ebene ist die Effektivität externer Ausbildungs- und Beratungsaktivitäten bereits deutlich weniger nachzuweisen. Die oben noch als Erfolgsbeispiel genannte Arbeit der Kommission zur Wahlrechtsreform blieb in mittelfristiger Perspektive wirkungslos, da ihre zahlreichen konstruktiven Vorschläge nicht umgesetzt wurden und das Parlament das Reformvorhaben jahrelang blockierte. Die neue Polizei hat, nach einem zunächst positiven Start, inzwischen wieder einen schlechten Ruf, der auf Korruptionsfälle, Menschenrechtsverletzungen und unzureichende investigative Arbeit zurückzuführen ist. Eine nachhaltige Verhaltensverbesserung konnte das internationale Engagement für 259
Dies gilt lediglich für die Konditionalität in den ersten Jahren der Friedenskonsolidierung. Wie bereits unter 6.2.2.1 ausgeführt, gab es später auch Fälle, in denen Anreize und Sanktionen keine Verhaltensänderung bewirkten.
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die polizeiliche Aus- und Fortbildung somit nicht bewirken. Im Gegenteil: Die Polizei ist die staatliche Institution, gegen die bei der Ombudsstelle für Menschenrechte die meisten Anzeigen wegen Menschenrechtsverletzungen vorliegen. Seit 2000 häufen sich auch die Foltervorwürfe und es gibt Hinweise auf den systematischen Einsatz von Folter zur Informationsgewinnung (Zinecker 2007a: 30). Positiv zu vermerken ist jedoch, dass es zumindest erste Anzeichen für demokratische Selbstheilungskräfte gibt. So hat die Häufung von Menschenrechtsverletzungen und Korruptionsfällen dazu geführt, dass die Polizei gesäubert wurde und Menschenrechtsverletzer entlassen wurden (Call 2007: 44). Um die Judikative ist es ebenfalls schlecht bestellt und trotz externer Maßnahmen zur Qualifizierung von Juristen ist Inkompetenz weiterhin eines der größten Probleme (Zinecker 2007a: 33). Eine positive Entwicklung im Justizsektor ist jedoch die große Zahl von Richtern, die sich gegen die Anti-Mara-Gesetze engagierten und diese nicht anwendeten, weil sie sie für verfassungswidrig erachteten (Zinecker 2007a: 32). Auf der Impact-Ebene lässt sich eine Wirksamkeit der externen Demokratieförderung kaum mehr feststellen. Vielmehr ist zu beobachten, dass die mangelnde Effektivität auf der Outcome-Ebene sich auch auf den Impact auswirkt. So ist die hohe Straflosigkeit von 90 Prozent und die damit verbundene defizitäre Rechtsstaatlichkeit in El Salvador unter anderem auf die mangelnde Qualifizierung im Justizsektor zurückführen (Zinecker 2007a: 33). Die neue zivile Nationalpolizei ist heute zwar demokratischer und weniger repressiv als ihre Vorgängerin zu Zeiten des Bürgerkrieges. Gleichwohl bezeichnet Heidrun Zinecker die neue Polizei als ein „nichtdemokratisches Subsegment“ (Zinecker 2004: 149) wegen der andauernden Menschenrechtsverletzungen sowie aufgrund von Beteiligungen an sozialen Säuberungen oder zumindest deren Tolerierung. Verzögerungen in der Ausbildung der neuen Polizei haben ferner zu einem Sicherheitsvakuum geführt, das Politikern als Begründung für den verfassungswidrigen Einsatz des Militärs im Inneren diente (Zinecker 2004: 145f.). Auch hinsichtlich einer Reduzierung der hohen Wahlabstinenz konnte die externe Demokratieförderung im Bereich Wissenstransfer keine großen Erfolge verbuchen. Mit Ausnahme der Wahlen von 2004, bei denen die Partizipation aufgrund der großen Polarisierung im Wahlkampf etwas höher war, stagniert die Beteiligung an den Wahlen bei rund 50 Prozent. Dies hat unter anderem strukturelle Gründe wie lange Anfahrtswege zu den Wahllokalen, die durch eine Wahlreform behoben werden könnten. Da eine solche Reform jedoch jahrelang blockiert wurde, haben auch die Beratungsmaßnahmen externer Akteure keine Veränderungen bewirkt und waren weder auf der Outcome- noch auf der ImpactEbene effektiv.
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Zusammenfassend sind die Maßnahmen im Bereich des Wissenstransfers nur bedingt effektiv, da die Wirkungen vor allem auf der Output- sowie zum Teil auch noch auf der Outcome-Ebene zu beobachten sind. Auf der Impact-Ebene ist jedoch in Kernbereichen wie Rechtsstaatlichkeit, demokratisches Gewaltmonopol und Wahlpartizipation keine deutliche Verbesserung zu bemerken. Trotz dieser relativierenden Beobachtungen hat externe Demokratieförderung insgesamt durchaus einen Beitrag zur Demokratisierung El Salvadors geleistet. Dieser Befund trifft vor allem für die ersten Jahre nach Abschluss der Friedensabkommen zu. In dieser Phase trug externe Demokratieförderung dazu bei, dass der Demokratisierungsprozess auf dem richtigen Weg blieb und Blockaden oder Rückschritte überwunden wurden. Zwar ist die Einigung auf wichtige Reformen dem Verhandlungsgeschick der Vereinten Nationen zu verdanken, z. B. die zivile Kontrolle des Militärs, die Bildung einer neuen Polizei, die Gewährleistung der Menschenrechte oder auch die Begrenzung der willkürlichen Ausübung staatlicher Macht. Jedoch wären wichtige Fortschritte bei der Wählerregistrierung oder der Säuberung der Armee ohne externe Demokratieförderung weniger schnell oder auch gar nicht erfolgt. Eine wesentliche Ursache für diese Wirksamkeit externer Demokratieförderung ist die Angemessenheit des Instrumentariums. Insbesondere für die beiden mit dem größten Erfolg eingesetzten Instrumente, nämlich Konditionalität und soziale Einflussnahme, waren die Erfolgsbedingungen in den ersten Jahren des Friedensprozesses sehr günstig (vgl. 6.2.2.1 und 6.2.2.2). So lässt sich im Falle der Umsetzung der Empfehlungen der Ad-Hoc-Kommission beispielsweise nachzeichnen, dass gerade die Zielgerichtetheit der Sanktionen zum Erfolg beitrug. Denn mit der Zurückhaltung von Militärhilfe trafen die Sanktionen der USA eben jene Gruppe, deren Widerstand für den Reformstau verantwortlich war. Damit setzte Washington bei einer zentralen Problemursache an, nämlich bei den Kosten-Nutzen-Kalkulationen von Angehörigen des Militärs: „This created a powerful incentive for the military, particularly for younger officers who saw their force being threatened by the intransigence of older officers“ (Thale 1997: 194). Als sich diese Erfolgsbedingungen hingegen verschlechterten, nahm auch die Wirksamkeit der Konditionalität ab. Ein Beispiel hierfür ist die Wahlreform, bei der auch ein Anreiz von zehn Millionen US-Dollar nicht den Beschluss von Reformen bewirken konnte (vgl. 6.2.2.1). Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen der Angemessenheit des Instrumentariums und dem Erfolg der Demokratieförderung gibt. Abschließend betrachtet konnte Teilschritt 1 des Kausalmechanismus in der Prozessanalyse nachgewiesen werden. Es wurde aufgezeigt, dass externe Demokratieförderung zu einer Verstärkung der Demokratisierung beigetragen hat und
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dass die Angemessenheit des Instrumentariums ein wesentlicher Grund für die Effektivität der Maßnahmen war. Teilschritt 2 Die Annahme, dass der (durch die externe Demokratieförderung unterstützte) Demokratisierungsprozess die Friedenskonsolidierung befördert hat, kann in mehrerlei Hinsicht gestärkt werden. So sind politische Exklusion, Repression und Menschenrechtsverletzungen zu den grundlegenden Ursachen für den Krieg in El Salvador zu zählen. Die FMLN und die sie unterstützende, zum größten Teil marginalisierte Bevölkerung kämpften nicht nur für eine Veränderung der Wirtschaftsordnung, sondern auch für politische Partizipationsmöglichkeiten und somit eine Demokratisierung des Landes.260 Die Bedeutung demokratischer Reformen spiegelt sich auch in den Friedensverhandlungen wider, in denen die FMLN vor allem auf politische Reformen, insbesondere die Auflösung des repressiven staatlichen Gewaltapparates drängte, sozio-ökonomische Reformen hingegen kaum thematisierte.261 Aber auch über die beiden anderen, oben vorgezeichneten Kausalpfade konnte die Demokratisierung den Friedensprozess unterstützen. Die Legalisierung der FMLN als politische Partei und somit die Möglichkeit der Linken, sich an Wahlen und am regulären politischen Wettbewerb zu beteiligen, öffnete den ehemaligen Guerilleros neue Einflussmöglichkeiten. Statt ihre Interessen durch den Griff zu den Waffen zur Geltung zu bringen, konnten sie für diese nun um Wählerstimmen kämpfen und sie in den politischen Prozess einbringen. Diese Möglichkeit war für die FMLN umso erstrebenswerter, da das militärische Patt Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre die Unmöglichkeit eines revolutionären Sieges verdeutlicht hatte.262
260 Hector Dada (kurzzeitig Mitglied der revolutionären Regierungsjunta 1979) etwa betont, dass die politische Opposition in den 1970er Jahren zunächst keineswegs eine Revolution, sondern vor allem eine Veränderung der sozio-ökonomischen Ordnung im Rahmen von Wahlen angestrebt habe. Erst als die Wahlmanipulation von 1972 verdeutlicht habe, dass eine solche Perspektive nicht gegeben war, sei Raum für einen bewaffneten Konflikt geschaffen worden. Interview mit Hector Dada, San Salvador, 19.8.2004. 261 Die Betonung politischer Reformen ist allerdings auch der politischen Umsetzbarkeit geschuldet, da absehbar war, dass mit der Regierungspartei ARENA eine grundlegende Veränderung des wirtschaftlichen Systems nicht verhandelbar war. Gleichzeitig wäre eine weitgehende Verstaatlichungspolitik nach einem Zusammenbruch des Sozialismus und in Zeiten neoliberaler Reformen wohl auch von internationaler Seite nicht unterstützt worden (Wood 2000a: 15; 85ff.). Die FMLN begnügte sich daher zunächst mit politischen Reformen – unter anderem aufgrund der Annahme, dass im Zuge der Demokratisierung die ökonomischen Reformen in einem zweiten Schritt zu erzielen seien. Interview mit Hugo Martinez, San Salvador, 20.8.2004. 262 Interview mit Hugo Martinez, San Salvador, 20.8.2004.
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Schließlich trug die Demokratisierung zumindest teilweise zur Vertrauensbildung und somit zu einer partiellen Veränderung der politischen Kultur bei. Schon kurze Zeit nach Abschluss der Friedensabkommen gab es Beispiele für die Kooperation der politischen Extreme und deren Bereitschaft, Kompromisse zu schließen (Kurtenbach 1995: 196ff.). Trotz der weiterhin bestehenden großen Differenzen können ARENA und FMLN „heute gemeinsam an einem Tisch sitzen, das wäre früher nicht möglich gewesen“263. Laut Michael Krennerich sind diese neuen akkomodativen Verhaltensmuster der Demokratisierung und dem Friedensprozess zuzuschreiben, durch den Teile der heute maßgeblichen politischen und gesellschaftlichen Akteure positive Lernerfahrungen gesammelt haben, welche ihre Wahrnehmung des politischen Gegners und die Bewertung demokratischer Konfliktaustragungsformen nachhaltig veränderten (Krennerich 1996: 360).
Wie jüngere Entwicklungen zeigen, sind diese Veränderungen des Stils der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner und die Verbesserung der Beziehungen jedoch nicht unumkehrbar. Insbesondere Präsident Francisco Flores schien die Möglichkeiten des politischen Dialogs eher gering zu schätzen und ließ es nach Meinung von Beobachtern an politischer Offenheit mangeln. Auch ist in den letzten Jahren eine erneute Verstärkung der politischen Polarisierung in El Salvador zu beobachten.264 Betrachtet man die zeitliche Sequenzialisierung der Entwicklungen, so scheint die Hypothese eine weitere Plausibilisierung zu erfahren. Wie von der Hypothese prognostiziert, sind mit dem Stillstand des Demokratisierungsprozesses auch keine weiteren Erfolge der Friedenskonsolidierung mehr zu beobachten gewesen. Stattdessen hat sich nach anfänglich großen Fortschritten hinsichtlich der Demobilisierung der Kombattanten und der Beendigung der politischen Gewalt das Problem der extrem hohen Nachkriegsgewalt verstetigt. Relativierend ist allerdings zu bemerken, dass die Gründe für die Nachkriegsgewalt nicht an erster Stelle mit Demokratisierungsdefiziten zusammenhängen. Heidrun Zinecker, die die Nachkriegsgewalt in El Salvador untersucht hat, vertritt die These, dass die Ursachen der Gewalt im hohen Anteil von Gastarbeiterrenten zu suchen sind. Als sekundäre Kausalfaktoren nennt sie jedoch auch die defizitäre und repressive Performanz von Justiz und Polizei (Zinecker 2007a: 1). Dies wieder263 Interview mit Hugo Martinez, San Salvador, 20.8.2004. Eine substantielle Verbesserung der Beziehung bezeugte auch Shafik Handal, der ehemalige Generalkoordinator der FMLN, als er sagte, dass „wir mit Präsident Calderon Sol eine faire Beziehung pflegen und gut zusammenarbeiten“ (Die ZEIT, 6.1.1995, S. 10). 264 Interviews mit Hector Dada, San Salvador, 19.8.2004; Lina Pohl, San Salvador, 10.8.2004; Ruben Zamora, San Salvador, 19.8.2004.
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um sind Aspekte, die durchaus dem Stillstand des Demokratisierungsprozesses zugerechnet werden können. 6.4.2.3 Fazit Als Ergebnis der Prozessanalyse lässt sich Folgendes festhalten: 1.
Die Hypothese „Je mehr externe Demokratieförderung Institutionen des Interessenausgleichs fördert, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein“ lässt sich auch anhand einer Prozessanalyse nicht klar bestätigen. Empirische Evidenz findet sich für die Bedeutung von Möglichkeiten der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs für den Verlauf der Friedenskonsolidierung. Nicht nachweisen lässt sich jedoch, dass die externe Demokratieförderung hierzu einen entscheidenden Beitrag geleistet hat.
2.
Die Hypothese „Je angemessener die Instrumente externer Demokratieförderung sind, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein“ lässt sich durch die Entwicklungen in El Salvador weitgehend plausibilisieren. Die Angemessenheit externer Demokratieförderung hat einen Beitrag zur Vertiefung des Demokratisierungsprozesses in El Salvador geleistet. Ebenso lässt sich nachweisen, dass durch die Demokratisierung die Friedenskonsolidierung unterstützt wurde. Dabei ließen sich vor allem zwei kausale Mechanismen beobachten, die von Bedeutung waren: die Beseitigung von zentralen Konfliktursachen sowie die Schaffung von Kanälen der gewaltfreien Konfliktbearbeitung.
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7
Fallstudie Nicaragua
Die Untersuchung der Fallstudie gliedert sich in vier große Abschnitte. Zunächst werden alle relevanten Hintergründe dargestellt (7.1). Dies umfasst eine Beschreibung von Bürgerkrieg, Friedensprozesses und Demokratisierung (7.1.1) sowie einen Überblick über das Engagement externer Akteure in Nicaragua nach der Beendigung des Bürgerkrieges (7.1.2). Im Analyseteil werden zunächst die unabhängigen Variablen ermittelt (7.2). Darauf folgt die Diskussion der abhängigen Variablen (7.3) und abschließend der Hypothesentest (7.4).
7.1 Hintergründe 7.1.1
Bürgerkrieg, Friedensprozess und Demokratisierung in Nicaragua
Die jüngere Geschichte Nicaraguas ist von Revolution und Konter-Revolution geprägt. Anders als in Guatemala und in El Salvador war der revolutionäre Aufstand von Guerillagruppierungen in Nicaragua erfolgreich und führte 1979 zum zum Umsturz der Somoza-Diktatur und zum Sieg der Sandinistischen Befreiungsfront FSLN (Frente Sandinista de Liberación Nacional). Politische Stabilität brachte die Herrschaft der Sandinisten jedoch nicht. Die Oppositionsbewegung, die sich gegen das Somoza-Regime gebildet hatte, zerbrach schon bald und Anhänger Somozas und ehemalige Soldaten der Nationalgarde organisierten und bewaffneten sich mit Unterstützung der USA zum Widerstand gegen die Sandinisten. Der daraufhin ausgebrochene Bürgerkrieg der Contra (vgl. Box) gegen die Sandinisten dauerte von 1981 bis 1990. Ihm fielen rund 31.000 Menschen zum Opfer; der bewaffnete Aufstand der Sandinisten gegen die SomozaDiktatur hatte zuvor schon 50.000 Leben gefordert (Booth/Wade/Walker 2006: 77; Spalding 1999: 31).
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Die Contra Contra ist die spanische Abkürzung für Konterrevolutionär und wird gemeinhin als Sammelbezeichnung für die Guerillagruppierungen genannt, die die Sandinisten in Nicaragua bekämpften. Die Contra bestehen aus verschiedenen Gruppierungen. Die wichtigste und größte war die in Honduras stationierte FDN (Fuerzas Democráticas Nicaragüenses), deren Führungspositionen vor allem mit ehemaligen Angehörigen der Nationalgarde besetzt waren und zu deren Mitgliedern ansonsten zum größten Teil desillusionierte Bauern gehörten. Um den ehemaligen Sandinisten Edén Pastora Gómez bildete sich die von Costa Rica aus operierende ARDE (Alianza Revolucionaria Democrática). Darüber hinaus gab es noch kleinere Gruppierungen von MiskitoIndianern, die regionale Autonomie anstrebten (Booth/Wade/Walker 2006: 79; Hartzell 2002: 355). 1987 vereinigten sich die verschiedenen ContraGruppierungen unter dem Dach der Resistencia Nicaragüense (RN). 7.1.1.1 Konfliktursachen und sandinistische Revolution Ebenso wie in Guatemala und in El Salvador sind auch im Fall von Nicaragua die Ursachen für die sandinistische Revolution in ökonomischen und politischen Missständen begründet. Nicaragua wurde von 1936 bis 1979 von der SomozaFamilie in einem diktatorischen Regime beherrscht, das von Korruption und politischer Repression geprägt war. Gestützt wurde das Regime einerseits durch die externe Unterstützung der USA, die insbesondere ab den 1960er Jahren Wirtschafts- und Militärhilfe gewährten, und andererseits durch die nicaraguanische Nationalgarde, die als eine Art Privatarmee der Herrschaftssicherung der Somozas diente (Booth/Wade/Walker 2006: 71). In den 1970er Jahren verschärften sich die Spannungen zunehmend. Trotz eines starken wirtschaftlichen Wachstums zwischen 1962 und 1976 hatten sich die Lebensverhältnisse für die ärmeren Nicaraguaner und die Mittelschicht verschlechtert. Gewinne hatten sich zum einen nicht in Lohnerhöhungen niedergeschlagen, zum anderen stiegen die Lebenshaltungskosten im Zuge der Ölkrise massiv an. Hinzu kam das Erdbeben von 1972, in dessen Folge viele Arbeitsplätze für Angestellte der Mittelschicht verloren gingen. Arbeitslosigkeit und soziale Unruhen nahmen zu (Booth/Wade/Walker 2006: 72ff.). Gleichzeitig verlor Anastasio Somoza Debayle265 auch in der Wirtschaftselite an Unterstützung. Dies hing mit der offenkundigen Korruption zusammen, mit der sich der 265
Anastasio Somoza Debayle war der dritte Präsident der Somoza-Dynastie. Sein Vater, Anastasio Somoza García hatte sich als Kommandeur der Nationalgarde 1936 an die Macht geputscht. Er wurde 1956 ermordet, woraufhin Luis Somoza Debayle, Bruder von Anastasio Somoza Debayle, bis 1967 die Macht übernahm. Vgl. hierzu ausführlicher Walker 2003: 25ff.
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Somoza-Clan an internatioAugusto César Sandino naler Nothilfe für das ErdbeVor der Somoza-Diktatur war das postben bereicherte, während koloniale Nicaragua lange Zeit von Kämpgleichzeitig die Steuern für fen zwischen Liberalen und Konservativen den Wiederaufbau erhöht um die Volksherrschaft im Lande geprägt wurden. Darüber hinaus war gewesen. Als der liberale Diktator José der wachsende Unmut der Santos Zelaya (1893-1909) das KanalWirtschaftselite eine ReaktiMonopol der USA in Panama durch eigene on auf die aggressive PoliBestrebungen zum Ausbau einer Kanalvertik, mit der sich die Familie bindung in Frage stellte, unterstüzten die im Baugewerbe und BankenUSA eine konservative Rebellion gegen sektor auf Kosten anderer ihn. Zum Schutz von konservativen RegieInvestoren etabliert hatte rungen war Nicaragua von 1912 bis 1933 (Walker 2003: 32). fast durchgehend militärisch von den USA Anastasio Somoza Debesetzt. Der Befreiungskämpfer Augusto bayle reagierte auf die zuCésar Sandino, Namensgeber der Sannehmende politische Mobilidisten, rebellierte gegen die USsierung von Studenten, GeIntervention und das korrupte konservative werkschaften, christlichen Regime und fügte den US-Militärs empBasisgemeinden und Teilen findliche Niederlagen zu. Er legte nach des Privatsektors mit gewaltdem endgültigen Abzug der USA 1933 samer Unterdrückung. Ausseine Waffen nieder und wurde am 21. löser für eine mehrjährige September 1934 auf einem Bankett im Repressionswelle mit gravieAuftrag des damaligen Chefs der Nationalrenden Menschenrechtsvergarde und späteren Diktators Augusto letzungen war eine spektakuSomoza Garciá ermordet (Booth/Wade/ läre Geiselnahme der FSLN, Walker 2006: 69ff; Paige 1998: 153ff.; mit der diese im Dezember Walker 2003: 9ff.). 1974 erfolgreich die Freilassung von sandinistischen Gefangenen, Geld und ein öffentliches Kommuniqué erzwungen und somit das Regime bloß gestellt hatte. Der darauffolgende Terror der Nationalgarde mit Tausenden Toten traf zum größten Teil unschuldige Zivilisten und vergrößerte den Zulauf zu den Sandinisten (Booth/Wade/Walker 2006: 74f.). Letztendlicher Auslöser für den bewaffneten Aufstand gegen Somoza war jedoch die Ermordung des Journalisten Pedro Joaquín Chamorro, dem Herausgeber der oppositionellen Zeitung La Prensa, im Januar 1978. Der Mord löste unmittelbare Protestkundgebungen, Massendemonstrationen, gewaltsame Kampfhandlungen und einen Generalstreik aus. Im Laufe des Jahres kam es zu mehreren Volksaufständen, die von der Nationalgarde brutal niedergeschlagen
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wurden. Die Sandinisten stellten sich schließlich an die Spitze des Widerstandes und übernahmen die militärische Führung. Sie bauten ein großes Netzwerk von Unterstützern auch in der bürgerlichen Opposition auf, das bei der Beschaffung von Waffen und Geldern nützlich war und rekrutierten neue Kämpfer, so dass sich die Zahl der Guerilleros innerhalb eines Jahres von 500 im Jahr 1978 auf zwischen 2500 und 5000 1979 vervielfachte (Booth/Wade/Walker 2006: 75). Die Endoffensive wurde schließlich im Juni 1979 gestartet. In dem siebenwöchigen Vorstoß trieben die Sandinisten die Nationalgarde zunehmend in die Enge, und am 17. Juli 1979 gab Somoza, der mittlerweile auch international völlig isoliert war266, auf und flüchtete nach Miami. Zwei Tage später marschierten die sandinistischen Truppen in Managua ein. Die Revolution war geglückt. 7.1.1.2 Sandinistische Herrschaft und Konterrevolution Die Anti-Somoza-Allianz war von einer großen ideologischen Vielfalt geprägt. Eben diese Heterogenität führte letztlich auch zu ihrem Scheitern. Den unterschiedlichen Gruppierungen gelang es nicht, sich auf ein gemeinsames Regierungsprogramm zu einigen und die bürgerlichen Kräfte wollten sich nicht von den Sandinisten dominieren lassen. Als mit Violetta Chamorro und Alfonso Robelo die beiden konservativen Vertreter der Regierungsjunta im April 1980 zurücktraten, zerbrach die Koalition (Booth/Wade/Walker 2006: 79f.; Schindler 1991: 71).267 Problematischer für das neue sandinistische Regime waren jedoch andere oppositionelle Gruppierungen: ehemalige politische Gefolgsleute Somozas und Mitglieder der Nationalgarde, die nach Honduras geflohen waren und sich dort in Trainingscamps zum bewaffneten Kampf gegen die Sandinisten organisierten. Eine Schlüsselrolle spielten hierbei die USA. Nachdem unter Jimmy Carter das neue Regime in Nicaragua anfangs noch unterstützt worden war268, stand die Nicaraguapolitik nach dem Regierungsantritt von Ronald Reagan unter vollkommen anderen Vorzeichen. Reagan wollte ein ‚zweites Kuba‘ verhindern. Er bezichtigte die Sandinisten der Waffenlieferungen an die FMLN in El Salvador und unterbrach sofort die Hilfezahlungen an Nicaragua. Um die Sandinisten zu 266
Selbst die Unterstützung der USA war weggefallen: Carter hatte sich im Zuge seiner Menschenrechtspolitik gegen Somoza gewandt, obwohl er andererseits auch eine Regierung der Sandinisten verhindern wollte (Booth/Wade/Walker 2006: 76; Spence 2004: 25). 267 Zum politischen Programm der Sandinisten und ihren Reformen vgl. Walker 1992. Entgegen den Behauptungen der USA etablierten die Sandinisten keineswegs ein totalitäres kommunistisches Regime, sondern strebten die Errichtung einer pluralistischen partizipativen Demokratie mit einer gemischten Ökonomie und umfassenden Sozialprogrammen an (Walker 2003: 42ff.). 268 Die Carter-Administration gewährte 1980 ein neues Darlehen in Höhe von 75 Millionen USDollar und verfügte darüber hinaus die Auszahlung früherer, zeitweise ausgesetzter Darlehen (Booth/Wade/Walker 2006: 78).
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stürzen, bediente sich die Reagan-Administration einer multidimensionalen Strategie. Hierzu zählten die wirtschaftliche Destabilisierung des neuen Regimes – etwa durch die Beendigung bilateraler Hilfen, die Einstellung von Handelsbeziehungen oder die Blockade von Darlehen durch multilaterale Finanzinstitutionen –, militärische Operationen wie z.B. die Verminung von Häfen sowie Propaganda zur Delegitimierung der Sandinisten vor der nationalen und internationalen (westlichen) Öffentlichkeit. Ein Kernelement zur Destabilisierung war die Organisation, Bewaffnung und Ausbildung der Contra, die mit paramilitärischen Angriffen das sandinistische Regime bekämpfte und in den Bürgerkrieg trieb (Kornbluh 1991: 325ff.). Bereits 1981 stellte Reagan vermutlich knapp 20 Millionen US-Dollar zur Unterstützung der Widerstandskämpfer zur Verfügung, bis zum Ende der Unterstützung summierten sich die Hilfsgelder auf ungefähr 400 Millionen US-Dollar (Hartzell 2002: 355). Darüber hinaus wurden die Contra Anfang der 1980er Jahre auch vom argentinischen Militär unterstützt und ausgebildet. Der Bürgerkrieg nahm im Dezember 1981 seinen Anfang, als die Contra die erste Offensive in Nicaragua startete. Ab 1982 folgten beinahe tägliche Angriffe über die Grenzen. Wirtschaftliche Sabotage durch die Zerstörung infrastruktureller Einrichtungen sowie Angriffe auf symbolische Ziele wie sandinistische Kooperativen oder Gesundheitszentren standen im Mittelpunkt der ContraStrategie. Der direkte Kontakt mit der Sandinistischen Volksarmee EPS (Ejército Popular Sandinista) wurde hingegen vermieden (Hartzell 2002: 357). Aufgrund ihrer Brutalität und den Angriffen gegen zivile Einrichtungen fand die Contra nur wenig Unterstützung in Nicaragua und war weitestgehend unbeliebt. Und trotz einer beträchtlichen Größe – Mitte 1985 bestand die Contra aus 15.000 Kämpfer (Booth/Wade/Walker 2006: 79) – und einer hervorragenden Ausstattung gelang es der Contra nicht, die nicaraguanische Armee militärisch zu besiegen. Sie vermochte jedoch, die Sandinisten auf eine andere Weise in Bedrängnis zu bringen, nämlich indem sie die Kriegskosten hochtrieb. Statt in die anfänglich breit gefächerten und erfolgreichen Sozialprogramme musste das sandinistische Regime immer mehr Geld in den Verteidigungshaushalt umschichten, der bis auf 50 Prozent des Staatshaushaltes anwuchs (Schindler 1991: 72). Die Entwicklung des Landes blieb damit zunehmend auf der Strecke. Zudem sah sich die sandinistische Regierung gezwungen, ihre Armee beträchtlich aufzustocken und führte dafür die Wehrpflicht ein – auch dies war eine Maßnahme, die bei der Bevölkerung sehr unpopulär war. Mitte der 1980er Jahre begann sich das Blatt langsam zu wenden. Im USKongress verstärkte sich der Widerstand gegen die Nicaragua-Politik der Reagan-Administration, da die Menschenrechtsverletzungen der Contra zunehmend publik wurden. Auch die Verminung von nicaraguanischen Häfen durch das US-
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Militär 1984 stieß auf große Skepsis im Kongress, der daraufhin für das Haushaltsjahr 1985 jegliche Unterstützung paramilitärischer oder militärischer Aktivitäten in Nicaragua verbot (Kornbluh 1991: 340). Die Regierung bediente sich in der Folge anderer, versteckter Finanzierungsmöglichkeiten und umging das Gesetz. Hierzu zählte der illegale Waffendeal mit dem Iran, aus dessen Erlös die Contra finanziert wurde; darüber hinaus wurden angeblich auch Drogengeschäfte toleriert (Booth/Wade/Walker 2006: 79). Nachdem der Iran-Contra-Skandal 1986 bekannt wurde, beschloss der Kongress, nur noch nicht-militärische Unterstützung an die Contra zu gewähren, die somit einen großen Teil der bisher gewährten Hilfen verloren. Gleichzeitig war das sandinistische Regime wirtschaftlich so bedrängt, dass eine Fortführung des Krieges immer schwieriger wurde. Der Krieg näherte sich somit 1987 zunehmend einer Pattsituation, in der für beide Konfliktparteien ein Sieg unwahrscheinlich war und die Kosten einer Fortführung des Krieges dessen möglichen Nutzen überschritten (Hartzell 2002: 356). Die Ausgangsbedingungen für eine Verhandlungslösung zur Beendigung des Bürgerkrieges waren somit günstig. 7.1.1.3 Die Friedensverhandlungen Erste regionale Friedensbemühungen zur Beilegung der zentralamerikanischen Kriege gab es bereits ab 1983 mit dem Contadora-Prozess. Die Initiative scheiterte jedoch am Widerstand der USA sowie den heterogenen Interessenlagen der verschiedenen zentralamerikanischen Staaten (Spence 2004: 37). Dennoch stellten die Verhandlungen einen wichtigen Vorläufer für die später einsetzenden Friedensprozesse in Zentralamerika dar: Aufbauend auf einem ersten Vertragsentwurf der Contadora-Initiative von 1984 und um eine Überarbeitung des costaricanischen Präsidenten Oscar Arias ergänzt, einigten sich die fünf zentralamerikanischen Präsidenten 1987 auf ein regionales Friedensabkommen, das Abkommen von Esquipulas. Ursprünglicher Fokus des Arias-Plans war zunächst die Re-Legitimierung Nicaraguas gewesen, durch die der US-amerikanische Kongress von der Beendigung der Unterstützung für die Contra überzeugt werden sollte (Goodfellow/Morrell 1991: 375f.). Hierfür sah der Plan Maßnahmen zur Demokratisierung Nicaraguas vor; im Gegenzug dazu sollte die externe Unterstützung von Widerstandsgruppierungen beendet werden. Letztlich wurde der Friedensplan jedoch auf alle zentralamerikanischen Konflikte ausgeweitet und umfasste folgende Ziele: die Einleitung eines nationalen Versöhnungsprozesses, Maßnahmen zur Demokratisierung und zum Schutz der Menschenrechte, freie Wahlen, 276
keine weitere Unterstützung von Widerstandsbewegungen, Achtung des Prinzips der Nichteinmischung, Bemühungen um einen Waffenstillstand sowie die Förderung von Entwicklung und Zusammenarbeit in der Region. Überwacht werden sollte der Prozess von einer internationalen Verifikationskommission (Rode 1990: 32). Von der nicaraguanischen Regierung wurde die Umsetzung der Vereinbarungen von Esquipulas wenig später eingeleitet. Nicaragua war das erste Land, in dem eine nationale Versöhnungskommission eingerichtet wurde. Auch auf die zuvor jahrelang abgelehnten Gespräche mit der Contra ließen sich die Sandinisten ein. Im März 1988 wurde das Abkommen von Sapoá geschlossen, ein vorläufiger Waffenstillstand zwischen den Sandinisten und den Contra-Rebellen, in dessen Rahmen weitere Verhandlungen mit dem Ziel eines endgültigen Waffenstillstands geführt werden sollten. Diese Verhandlungen und somit auch der Waffenstillstand scheiterten jedoch innerhalb von drei Monaten, da die Contra immer neue Forderungen stellte und den Eindruck erweckte, durch ein Platzen der Verhandlungen neue US-Militärhilfe provozieren zu wollen (Goodfellow/Morrell 1991: 383f.; Hartzell 2002: 362; Rode 1990: 34). Der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega zeigte sich auch an anderer Stelle zu Kompromissen bereit.269 Auf Treffen der zentralamerikanischen Präsidenten in Tesoro Beach, El Salvador, im Februar 1989 sowie in Tela, Honduras, im August 1989 machte er konkrete Zusagen zu einer Vertiefung des Demokratisierungsprozesses. Dazu gehörte eine Umbesetzung des Obersten Wahlrates (und damit die Aufgabe einer sandinistischen Mehrheit), eine Revision des Wahlrechtes, eine neue Fassung des Mediengesetzes, die Vorverlegung der Wahlen sowie die Zulassung einer internationalen Wahlbeobachtermission. Im Gegenzug dazu verpflichteten sich die zentralamerikanischen Präsidenten, innerhalb von 90 Tagen einen Plan zur Demobilisierung und Rückführung der Contra aufzustellen. Darüber hinaus wurde vereinbart, eine Gruppe unbewaffneter UNBeobachterteams zur Überwachung von Grenzen und zur Verhinderung von Waffentransaktionen anzufordern (Hartzell 2002: 363; Rode 1990: 38).
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Die generell große Bereitschaft der Sandinisten zu Konzessionen ist vor dem Hintergrund der prekären wirtschaftlichen Lage Nicaraguas zu sehen. Um das von Krieg und Wirtschaftsembargo zerstörte Land wiederaufzubauen, waren die Beendigung des Contra-Kriegs und eine Wiedergewährung internationaler Kredite unbedingt erforderlich. Daniel Ortega hatte erkannt, dass hierfür eine Beendigung aller Zweifel an der Legitimität der Regierung Nicaraguas Voraussetzung war (Goodfellow/Morrell 1991: 385).
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Im Laufe des Jahres 1989 kam es auch zu mehreren Gesprächen zwischen den Sandinisten und Vertretern oppositioneller Parteien, in denen über Reformen für die Gewährleistung einer fairen Kampagne und fairer Wahlen verhandelt wurde. Ein Waffenstillstand oder gar eine Friedensvereinbarung mit der Contra stand hingegen weiterhin aus. Am 25. Februar 1990 fanden schließlich die vorgezogenen Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen in Nicaragua statt. Die Präsidentschaftskandidatin der oppositionellen bürgerlichen Allianz UNO (Unión Nacional Opositora), Violeta Barrios de Chamorro270, erzielte dabei mit knapp 55 Prozent der Stimmen einen deutlichen und auch überraschenden Sieg vor dem sandinistischen Kandidaten Daniel Ortega. Die Sandinisten hatten mit der Niederlage zwar nicht gerechnet, akzeptierten jedoch den Sieg von Violeta Chamorro. Mit der demokratischen Ablösung der sandinistischen Herrschaft war ein Wendepunkt erreicht, der letztlich auch zur Beendigung des Bürgerkrieges führen sollte. 7.1.1.4 Die Beendigung des Bürgerkrieges und die Friedenskonsolidierung Eine Beendigung des Krieges in der Form eines endgültigen Waffenstillstandes und Demobilisierungsvereinbarungen gelang erst nach dem Amtsantritt von Violeta Chamorro. Die Contra hatte zu dieser Zeit den Großteil ihrer Verhandlungsmacht verloren: Nach dem Sieg von Violeta Chamorro von der UNO war klar, dass die USA der Contra keine weitere Hilfe mehr zukommen lassen würden. Die zentralamerikanischen Präsidenten hatten sich ferner schon 1989 darauf verpflichtet, den Rebellengruppen keinen territorialen Rückzugsraum mehr zu gewähren. Darüber hinaus war die Contra zerstritten und der Widerstand gegen ihre Entwaffnung war nicht länger haltbar, da mit dem Bündnis UNO ein politischer Alliierter die Macht errungen hatte (Spalding 1999: 36f.; Spence 2004: 9). Der einzige Machtfaktor, welcher der Contra verblieb, war die große Zahl ihrer noch bewaffneten Kämpfer, die nach den Wahlen zunehmend nach Nicaragua zurückgekehrt waren. Dieses Bedrohungspotenzial von 15.000 bewaffneten Rebellen im Lande versuchte die Contra zu instrumentalisieren, um aus einer Position der Stärke heraus in den Verhandlungen mit der Chamorro-Regierung möglichst viele Zugeständnisse zu erzielen.271 270 Violeta Barrios de Chamorro (im Folgenden kurz nur Violeta Chamorro genannt) ist die Witwe des 1978 ermordeten Pedro Joaquín Chamorro, dem Herausgeber der oppositionellen Zeitung La Prensa. Ihre Kandidatur für das UNO Bündnis wurde vor allem von den USA befördert, die ihr als einer Kompromisskandidatin die größten Aussichten auf einen Wahlsieg zutrauten. 271 Wie ausgeführt, ist eine solche Position der Stärke relativ zu sehen. Die Contra hatte zwar enorm an Macht verloren, im Vergleich zu der eigentlich vorgesehenen Entwaffnung der Rebellen in Honduras war sie allerdings mit den bewaffneten Kämpfern in Nicaragua in einer weitaus besseren Position, um Forderungen gegenüber der Chamorro-Regierung durchzusetzen (Lincoln/Sereseres 2000: 21).
278
Das erste Abkommen zur Entwaffnung und Demobilisierung der Contra war das Abkommen von Toncontín, das im März 1990 unterzeichnet wurde. Darin erklärten sich die Rebellen zu einem Waffenstillstand sowie zur Demobilisierung unter internationaler Beobachtung bereit. Die Regierung ihrerseits versprach, insbesondere Verwundete, Waisenkinder und Witwen durch ein Rehabilitationsprogramm zu unterstützen, eine spezielle Übergangskommission, bestehend aus Mitgliedern der Regierung und Vertretern der Contra, zur Überwachung der Abkommensimplementierung zu bilden und bei anderen Regierungen um humanitäre Hilfe für die zurückgekehrten Ex-Kombattanten und ihre Familien zu bitten (Lincoln/Sereseres 2000: 22f.). Auf dieses erste, sehr generelle Abkommen folgten weitere Verhandlungen, insbesondere mit anderen Gruppierungen der Contra. Darüber hinaus wurde nachverhandelt: Zum einen versprach die Regierung zusätzliche Ressourcen zur Reintegration der Kombattanten (Land, Kredite, soziale Dienstleistungen) sowie eine kleine Zahl von zweit- bis drittklassigen Regierungsposten, zum anderen wurde auch der Demobilisierungsplan präzisiert (Spalding 1999: 39f.). Mit den Sandinisten führte die angehende Regierung von Violeta Chamorro ebenfalls Gespräche, um den Prozess der Machtübergabe möglichst problemlos zu gestalten. Dabei verfolgte Chamorro einen inklusiven Ansatz. Sie verzichtete darauf, die Sandinisten von allen einflussreichen Posten zu entfernen, wie dies von den USA und vielen in der UNO-Koalition gefordert worden war. In einem politischen Pakt zur Gestaltung des Transitionsprozesses erklärte sich die angehende neue Regierung bereit, die Verfassung von 1987 anzuerkennen, das Militär als Institution beizubehalten und die Enteignungen aus der Zeit der sandinistischen Herrschaft zu akzeptieren. Dies umfasste auch die als la piñata bekannte Bereicherung sandinistischer Kader, bei der sich Funktionäre in der Zeit nach den verlorenen Wahlen 1989 und vor der Regierungsübergabe Eigentumstitel für Häuser und Ländereien überschrieben hatten.272 Sehr umstritten war die Entscheidung Chamorros, Humberto Ortega, den Bruder von Daniel Ortega, in der Position des Armeechefs zu behalten – unter der Bedingung, dass er seine FSLNMitgliedschaft aufgeben würde.273 Die Sandinisten akzeptierten im Gegenzug 272
La piñata ist ein Spiel, bei dem Kinder die Augen verbunden haben und mit einem Stock so lange auf eine in der Luft hängende und mit Süßigkeiten gefüllte Papp-Figur einschlagen, bis diese platzt und Süßigkeiten aus der Puppe fallen. Hintergrund der Gesetzgebung war das Versäumnis der Sandinisten, für die im Zuge der Agrarreform verteilten Ländereien Eigentumstitel zu verteilen. Dieser Misstand sollte durch die Gesetze ausgemerzt werden. Einige Sandinisten nutzten die Gelegenheit jedoch zur persönlichen Bereicherung (daher die Anspielung auf la piñata) und brachten die sandinistische Partei damit insgesamt in Misskredit. 273 Das Zugeständnis, Humberto Ortega im Amt zu behalten, hat massive Kritik innerhalb der UNOKoalition, aber auch von Seiten der Contra und der USA ausgelöst. Letztlich führte Chamorros Politik der nationalen Aussöhnung und ihre Bereitschaft zu Kompromissen mit den Sandinisten zur
279
eine starke Reduzierung der Truppenstärke des Militärs sowie Budgetkürzungen im Verteidigungshaushalt. Auch eine generelle Amnestie zur Förderung der gesellschaftlichen Aussöhnung wurde vereinbart (Hartzell 2002: 368). Ein umfassendes Friedensabkommen, wie es in El Salvador und vor allem in Guatemala vereinbart wurde, hat es in Nicaragua nie gegeben. Abgesehen von der Einigung auf diverse Reformen im Vorfeld der Wahlen von 1990, der Demobilisierung der Contra und der Reduzierung des Militärs bezüglich Truppenstärke und Budget gab es keine grundlegenden Verhandlungen und Vereinbarungen über die Gestaltung der künftigen politischen und sozialen Ordnung Nicaraguas (Spence 2004: 41). Die Vereinbarungen zur Demokratisierung und Demobilisierung wurden von verschiedenen internationalen Missionen überwacht. Die UN-Mission ONUCA (Grupo de Observadores de las Naciones Unidas en Centroamérica) hatte zunächst die Aufgabe, auf regionaler Ebene die Einstellung aller Unterstützungsleistungen an Rebellengruppen zu überprüfen. Das Mandat der Mission wurde 1990 allerdings auf die Entwaffnung der Contra und die Verifikation des Waffenstillstands ausgedehnt. Unterstützt wurde ONUCA bei dieser Aufgabe von einem Infanterie-Bataillon aus Venezuela (UNIDIR 1997: 15ff.). Eine zweite bedeutende internationale Mission für den Friedensprozess in Nicaragua war die gemeinsam von den UN und der OAS eingerichtete Comisión Internacional de Apoyo y Verificación (CIAV), welche die Verantwortung für die zivile Demobilisierung, Rückführung und Reintegration der Contra übernahm. Hierfür einigten sich die beiden Organisationen auf eine geographische Arbeitsteilung: Die Vereinten Nationen waren für die Rückführung der ehemaligen Kombattanten aus Honduras und Costa Rica zuständig; die Betreuung von den Kombattanten und deren Familien in Nicaragua übernahm hingegen die OAS. Insgesamt war die OAS somit viel länger in den Friedensprozess involviert als die Vereinten Nationen, da nach der Rückführung der Rebellen erst die anspruchsvollere Arbeit der wirtschaftlichen und sozialen Integration begann (Hartzell 2002; Lincoln/Sereseres 2000). Für die Begleitung der Wahlen von 1990 spielten schließlich auch internationale Wahlbeobachtungsmissionen eine bedeutende Rolle. Sowohl die OAS als auch die Vereinten Nationen entsandten auf Bitte der nicaraguanischen Regierung Wahlbeobachter, die schon mehrere Monate vor den Wahlen ihre Arbeit aufnahmen. Sie überwachten die Vorbereitung der Wahlen, die Überarbeitung von Wahl- und Mediengesetzen, die Wahlkampagne sowie die tatsächliche Durchführung der Wahlen (McConnell 2000). Spaltung der UNO. Reformprojekte waren damit in der Nationalversammlung immer schwieriger durchzusetzen und Chamorro war zunehmend auf die Zusammenarbeit mit den Sandinisten angewiesen (Booth/Wade/Walker 2006: 88; Spence 2004: 40).
280
Auch wenn insgesamt vier verschiedene internationale Missionen in den Friedens- und Demokratisierungsprozess von Nicaragua involviert waren, ist das Ausmaß internationaler Verifikation und Unterstützung in Nicaragua deutlich niedriger gewesen als in El Salvador und in Guatemala. Die oben erwähnten Missionen hatten weitaus restriktivere, auf ein Aufgabenfeld begrenzte Mandate und waren auch hinsichtlich des Zeithorizonts deutlich kürzer angelegt. Der Implementierungsprozess verlief recht unterschiedlich in den verschiedenen Bereichen. Die militärischen Reformen konnten problemlos umgesetzt werden, so wurde etwa der Verteidigungshaushalt von 177 Millionen US-Dollar 1990 auf 51 Millionen US-Dollar im Jahr 1991 gesenkt und in den Folgejahren belief er sich auf durchschnittlich 33 Millionen US-Dollar. Auch die Truppenstärke wurde radikal reduziert, schon Ende Juli 1990 war das Militär um 41.000 Soldaten verkleinert worden. Weitere Reduzierungen folgten, und 1993 umfasste das nicaraguanische Militär noch rund 15.000 Soldaten (von 85.000 Mann Anfang 1990) (Hartzell 2002: 369; Spencer 2004: 52f.). Bei der Demobilisierung der Contra traten hingegen Verzögerungen auf, bis die Regierung im Zuge von Nachverhandlungen weitere Kompensationsversprechen machte und Sicherheitsgarantien für die demobilisierten Kämpfer zusicherte (Hartzell 2002: 371f.). Als diese Versprechen nicht eingehalten wurden, bewaffneten sich zahlreiche ehemalige Contra-Rebellen, aber auch demobilisierte Soldaten der EPS wieder. Die sogenannten Recontras und Recompas274 setzten Gewalt ein, um ihre Forderungen zu unterstreichen. Die Regierung brauchte mehrere Jahre, bis sie das Problem der illegalen bewaffneten Gruppen in den Griff bekam – durch Amnestiegesetze, Programme zum Waffenaufkauf und weitere sozio-ökonomische Kompensationsleistungen (Spalding 1999: 47). 7.1.1.5 Der Demokratisierungsprozess in Nicaragua Der Demokratisierungsprozess in Nicaragua ist von Hochs und Tiefs geprägt. Im Folgenden werden zunächst die Anfänge der Demokratisierung während der sandinistischen Regierungszeit umrissen. Es folgt eine Darstellung von Verfassungs- und Gesetzesreformen, die den institutionellen Rahmen für den Demokratisierungsprozess bildeten. Abschließend werden die politischen Praktiken zentraler Akteure in der Nachkriegszeit analysiert, da diese nicht ohne Folgen blieben für Fort- und Rückschritte bei der demokratischen Konsolidierung des Landes. 274
„Re-“ ist die spanische Vorsilbe für wieder/erneut. Recontras sind somit die wiederformierten Contra-Kämpfer, bei den Recompas handelt es sich hingegen um die wiederbewaffneten Ex-Soldaten des Militärs. „Compa“ ist dabei die Abkürzung für Compañero als Bezeichnung für Mitglieder der sandinistischen Armee. Die Recompas haben sich erst nach den Recontras und zum Teil auch zur Selbstverteidigung gegen diese gebildet. Sie verfolgten jedoch auch sozio-ökonomische Interessen.
281
Historischer Hintergrund: Anfänge der Demokratisierung Ihren Anfang nahm die Demokratisierung Nicaraguas in der Zeit der sandinistischen Revolution von 1979 bis 1990. In diese Phase fielen die ersten, von externen Wahlbeobachtern als frei und fair beurteilten Wahlen 1984 und die Verabschiedung der Verfassung von 1987, die eine demokratische Machtteilung und die Gewährung grundlegender politischer und ziviler Rechte garantierte (Ortega Hegg/Sánchez 2000: 60ff.). Darüber hinaus ermutigten die Sandinisten die Organisation von Interessensgruppen und förderten die politische Partizipation der Bürger maßgeblich. Auf der Negativseite ist zu verbuchen, dass ein Großteil der Opposition die Wahlen 1984 boykottierte, das Militär fest in der Kontrolle der sandinistischen Partei war und im Zuge des Contra-Krieges ein Notstand verhängt wurde, durch den die Rechte auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit beschränkt wurden. Auch die zahlreichen Volksorganisationen waren keineswegs autonom, sondern eng an die sandinistische Partei gebunden (Booth/Wade/Walker 2006: 81ff.; Borchgrevink 2006: 18ff.). Im Rahmen des Esquipulas-Prozesses sagte der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega eine Änderung der Wahl- und Mediengesetze zu, um die Konditionen für eine Beteiligung der Opposition an den Wahlen zu verbessern. Im Zuge der Wahlreform von 1989 wurden vor allem die Bedingungen für kleine Parteien hinsichtlich Medienzugang und öffentlicher Kampagnenfinanzierung verbessert. Darüber hinaus wurden die Voraussetzungen für die Zulassung von Parteien herabgesetzt und eine bis dahin bestehende 5-Prozent-Hürde gestrichen (Envío Team 1989a.). Die Überarbeitung der Mediengesetzgebung umfasste Vorkehrungen zur Förderung der Zensurfreiheit, außerdem wurden die Möglichkeiten der staatlichen Sanktionierung von Medien beschränkt (Envío Team 1989). Institutionelle Entwicklung Gesetzliche und konstitutionelle Reformen, die in der Nachkriegszeit den Demokratisierungsprozess beeinflussten, waren vor allem die Verfassungsänderung von 1995 und der liberal-sandinistische Pakt zwischen dem damaligen Präsidenten Arnoldo Alemán275 und dem Parteichef der FSLN Daniel Ortega im Jahr 2000. Die Verfassungsreform 1995 enthielt durchaus einige Elemente, die eine Vertiefung des Demokratisierungsprozesses darstellten. Dazu gehörte die Stärkung des Parlaments, dem das Recht der Ratifizierung von Steuergesetzen und internationalen Verträgen zugesprochen wurde. Zudem erhielt die Nationalversammlung mehr Mitspracherechte bei der Besetzung des Obersten Gerichtshofes. Die Judikative wurde gestärkt, indem das Budget des Justizwesens auf mindestens vier Prozent des nationalen Haushaltes festgesetzt wurde. Die Amtszeit von 275
Arnoldo Alemán war Präsident Nicaraguas von 1997 bis 2002.
282
Präsidenten wurde von sechs auf fünf Jahre gekürzt und die unmittelbare Wiederwahl von Präsidenten verboten. Außerdem wurde im Zuge der Verfassungsreform die Direktwahl von Bürgermeistern beschlossen und der Name des Militärs geändert (aus der sandinistischen Volksarmee Ejército Popular Sandinista, wurde die nicaraguanische Armee Ejército de Nicaragua) (Dye et al. 1995: 14; Spalding 1996: 14f.). Schließlich bildete die Reform die Grundlage für eine erneute Veränderung des Wahlgesetzes 1996, durch das unter anderem die Finanzierung von Parteien verbessert wurde (Ortega Hegg/Sánchez 2000: 65). Im Jahre 2000276 einigten sich die beiden miteinander verfeindeten Parteiführer der PLC (Partido Liberal Constitucionalista) und der FSLN, Arnoldo Alemán und Daniel Ortega, auf eine Reihe von Verfassungsreformen, die sie aufgrund ihrer übergreifenden parlamentarischen Mehrheit durchsetzen konnten. Das in Nicaragua lediglich als el Pacto bezeichnete Reformpaket stellte einen großen Rückschritt für den Demokratisierungsprozess des Landes dar. Die beiden Caudillos sicherten sich zum einen die parteiliche Kontrolle des Obersten Gerichtshofes, des Obersten Wahlrates und des Rechnungshofes, indem sie die Besetzung dieser drei wichtigen Institutionen nach parteilichem Proporz vereinbarten. Zum anderen zielten die Reformen auf eine erneute Änderung der Wahlgesetzgebung ab, durch die kleinere Parteien erheblich benachteiligt wurden, der Einfluss der beiden großen Parteien, PLC und FSLN hingegen gesichert werden sollte. Alemán und Ortega nutzten den Pakt auch, um sich wechselseitig durch die Gewährleistung von Immunität vor Strafverfolgung zu schützen.277 Hierfür vereinbarten sie einen lebenslangen Sitz in der Nationalversammlung für ehemalige Präsidenten und Vizepräsidenten. Schließlich erhöhten Alemán und Ortega auch noch die Hürden für die Aufhebung der Immunität des Präsidenten durch die Nationalversammlung – seither wird eine Zweidrittel-Mehrheit der Parlamentarier benötigt (anstelle der bisherigen 50 Prozent plus eine Stimme), wodurch die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments eingeschränkt werden. Im Gegensatz dazu wurden die Voraussetzungen für die Wahl zum Präsidenten von 45 auf 40 Prozent – beziehungsweise 35 Prozent bei mehr als fünf Prozent Abstand zum Zweitplatzierten – der Stimmen herabgesetzt. Damit wurde die demokratisch-legitimierende Funktion von Präsidentschaftswahlen geschwächt.278 Kon276
Die Einigung auf die Reformen erfolgte bereits 1999, die zweite Abstimmung der Nationalversammlung zum Beschluss der Verfassungsänderungen war allerdings erst im Januar 2000 (vgl. Hoyt 2004: 28ff.). 277 Daniel Ortega war von seiner Stieftochter Zoilamérica Narváez wegen sexuellem Missbrauch angeklagt worden, Arnoldo Alemán hingegen musste Strafanzeigen wegen Korruption und Amtsmissbrauch befürchten. 278 Für eine ausführliche Debatte der Hintergründe, der verschiedenen inhaltlichen Komponenten und der negativen Auswirkungen des Paktes auf den Demokratisierungsprozess vgl. Dye et al. 2000: 7ff., Dye 2004: 12ff.; Hoyt 2004; Ortega Hegg/Sánchez 2000; Serrano Caldera 2000.
283
krete Auswirkungen hatte die letztgenannte Regelung auf die Präsidentschaftswahl 2006, bei der Daniel Ortega mit nur 38 Prozent der Stimmen zum Präsidenten gewählt wurde, da der zweitplatzierte Kandidat, Eduardo Montealegre von der ALN (Alianza Liberal Nicaragüense) nur 29 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Praktiken Die Schilderung des Paktes von 2000 und seiner Folgen deutet bereits darauf hin: Der Demokratisierungsprozess in Nicaragua ist stagnierend, wenn nicht sogar rückläufig.279 Eine Betrachtung der politischen Praktiken unterstützt diese Bewertung zusätzlich. Bereits kurz nach dem Erfolg der Wahlen von 1990 bahnte sich die erste Krise an. Zurückzuführen war diese vor allem auf die starke Polarisierung der nicaraguanischen Gesellschaft zwischen Sandinisten und AntiSandinisten. Der inklusive Stil Violeta Chamorros, ihre Einbeziehung der Sandinisten und ihr Verzicht auf eine sofortige vollkommene Entmachtung der FSLN lösten harsche Kritik innerhalb des Regierungsbündnisses UNO aus und führten zu dessen Auseinanderbrechen. Nachdem die Chamorro-Regierung daraufhin über keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung verfügte und ihre Regierungsfähigkeit stark gefährdet war, konnte sie ihre Politik nur durch eine extensive Ausnutzung exekutiver Dekret-Befugnisse sowie durch intransparentes „backroom bargaining“ (Dye 2004: 11) mit den Sandinisten und verschiedenen gesellschaftlichen Akteuren durchsetzen. Zwischen Exekutive und Legislative kam es mehrfach zu Konflikten, so z.B. über die Verabschiedung des Haushaltes und die Regelung von Eigentumsfragen (Close 1999: 103ff.; 147ff.). Zusätzlich zu diesen Konfrontationen belasteten anhaltende soziale Proteste und die Wiederbewaffnung ehemaliger Contra und demobilisierter Armee-Angehöriger die Regierungszeit Chamorros (Dye et al. 1995: 9ff.; Dye 2004: 10ff.; Spalding 1996: 12f.). Angesichts der zunehmenden Zuspitzung der Situation fanden sich 1993 moderate Kräfte aus Teilen der einstigen UNO-Koalition und der FSLN zusammen und erarbeiteten die Verfassungsreform von 1995. Diese war im Vorfeld sehr umstritten gewesen und führte zunächst zu tiefgreifenden Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Parlament, da Chamorro sich weigerte, die Verfassungsreform zu veröffentlichen.280 Letztlich schien die Reform jedoch 279
David Close umschreibt die Entwicklungen mit dem Schlagwort „undoing democracy“. Darunter versteht er bewusste politische Entscheidungen zur Schwächung der Demokratie. Ziel sei es, durch die Lockerung von Beschränkungen das Regieren einfacher zu machen. Eine Zerstörung der Demokratie werde jedoch nicht angestrebt (Close 2004: 2ff.). 280 Die Gründe für die Weigerung Chamorros waren die Beschneidung exekutiver Befugnisse sowie die Regelung, dass amtierende Präsidenten und ihre Verwandten nicht direkt zur Wiederwahl antreten dürften. Zu Hintergründen, Verlauf und Beilegung der Krise vgl. Close 1999: 147ff.
284
eine politische Stabilisierung einzuleiten: „The changes (...) furnished Nicaragua with an increment of political stability and nourished hopes (...) that the consolidation of democratic institutions would ensue as a natural consequence“ (Dye 2004: 12). Die Fortschritte im Demokratisierungsprozess wurden allerdings mit dem Amtsantritt von Arnoldo Alemán 1997 zu einem rapiden Ende gebracht. Alemáns Präsidentschaft war von Korruption und Klientelismus, der Unterdrückung jeglicher Form von interner Opposition, und einem instrumentellen Missbrauch demokratischer Institutionen gekennzeichnet. All dies schlug sich schließlich auch in dem mit Daniel Ortega geschlossenen Pakt nieder, mit dem die beiden Erzfeinde das Land und dessen wichtigste Institutionen untereinander aufteilten und die Gewaltenteilung untergruben (Dye 2004: 12ff.; Dye et al. 1995: 7ff.). Enrique Bolaños, der Nachfolger von Alemán, wollte mit vielen dieser Misstände brechen. Obwohl er der von Alemán handverlesene Nachfolger war, setzte er sich massiv für die Bekämpfung der Korruption ein und ging angesichts zahlreicher Korruptionsvorwürfe auch rechtlich gegen Alemán vor, was diesen schließlich auch ins Gefängnis brachte. Dennoch kann die Präsidentschaft von Bolaños nicht als erfolgreich bezeichnet werden – ihm fehlte zum einen der Rückhalt seiner liberalen Partei PLC, die weiterhin fest im Griff Arnoldo Alemáns war und sich größtenteils gegen Bolaños wandte, zum anderen gelang es ihm auch nicht, breite öffentliche Unterstützung für seine Politik zu gewinnen. Angesichts der Blockadepolitik der Legislative konnte er die meisten seiner Reformvorhaben nicht durchsetzen (Dye 2004: 22ff.). Im Jahre 2004/2005 eskalierte die Konfrontation zwischen der Regierung und dem Parlament sogar so weit, dass die OAS als Vermittler tätig werden musste. Hintergrund der Krise waren vom Parlament beschlossene Verfassungsreformen, die den Handlungsspielraum der Regierung stark beschränkten und daher von Präsident Bolaños nicht erlassen worden waren (Willig 2005). Andere Beispiele für Blockaden sind die regelmäßigen Auseinandersetzungen um die Wahl des Vorstands der Nationalversammlung sowie Konflikte um die Aufstellung des Haushaltes. Auch bei der Besetzung von wichtigen Ämtern gestaltet sich die Kompromissfindung zum Teil schwierig – das Amt des Ombudsmannes für Menschenrechte blieb beispielsweise 2004 über mehrere Monate unbesetzt, weil sich die Nationalversammlung auf keinen Kandidaten einigen konnte. Der Amtsantritt von Daniel Ortega im Januar 2007 hat den Demokratisierungsprozess nicht gestärkt. Stattdessen gibt es neue Probleme. Kritische Journalisten und Organisationen der Zivilgesellschaft sind zunehmend Schikanen ausgesetzt und im Mai 2008 schloss der von der FSLN dominierte Oberste Wahlrat mit fadenscheinigen Begründungen vier Oppositionsparteien von den Kommunalwahlen im November 2008 aus (Knecht 2008; Leonhard 2008).
285
Fazit Fasst man die verschiedenen Probleme zusammen, an denen der Demokratisierungsprozess in Nicaragua krankt, so sind zu nennen: die starke Polarisierung der Gesellschaft, ein ausgeprägter Klientelismus, der sich in der Vormachtstellung der beiden Caudillos Arnoldo Alemán und Daniel Ortega niederschlägt, eine Schwäche alternativer demokratischer Kräfte, die weitestgehend an den Rand gedrängt worden sind, die Fragilität politischer Institutionen und deren zunehmende Politisierung sowie eine defizitäre Regierungsfähigkeit aufgrund gegenseitiger Blockaden von Exekutive und Legislative (Dye et al. 2000; Dye 2004; Spalding 1996: 24f.).
7.1.2
Das Engagement externer Akteure in Nicaragua
Ende der 1980er Jahre befand sich Nicaragua aufgrund des Krieges gegen die Contra und des Wirtschaftsembargos der USA in einer prekären wirtschaftlichen Situation und war dringend auf internationale Gelder für den Wiederaufbau des Landes, die Bewältigung sozialer Probleme sowie das Ankurbeln der von Negativwachstum gekennzeichneten Wirtschaft281 angewiesen. Die internationalen Finanzinstitutionen hatten Nicaragua schon seit Mitte der 1980er Jahre keine Kredite mehr gewährt (Dijkstra/Evans 2003: 3) und die sandinistische Regierung war zum größten Teil nur noch von sozialistischen Ländern unterstützt worden.282 Mit dem Sieg von Violeta Chamorro bei den Präsidentschaftswahlen 1990 begannen internationale Geldquellen wieder verstärkt zu sprudeln. Eine ausgeprägte Kehrtwende vollzogen insbesondere die USA: Präsident George Bush Senior war unmittelbar nach den Wahlen, noch vor dem Amtsantritt Chamorros, dazu bereit, ein 300 Millionen US-Dollar umfassendes Hilfspaket zu schnüren und die Embargo-Politik aufzugeben (Arnson 1993: 240; Haugaard 1997: 1; Larson 1993: 1).
281 Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf fiel von einem Höchststand von 1069 US-Dollar pro Kopf im Jahr 1977 auf 419 US-Dollar 1993 (UNDP 2000: 184). Nicaragua ist, nach Haiti, auch heute noch das zweitärmste Land Lateinamerikas. 282 Insgesamt war die internationale Unterstützung für die sandinistische Regierung jedoch durchaus beträchtlich, und zumindest in der Anfangszeit standen auch westliche Geber sowie Weltbank und IDB den ehrgeizigen sozialpolitischen Zielen der Sandinisten wohlwollend gegenüber und unterstützten diese (Dijkstra/Evans 2003: 2). In der Summe beliefen sich die internationalen Hilfsleistungen zwischen 1979 und 1989 auf etwa sieben Milliarden US-Dollar. Davon wurden allerdings etwas mehr als fünf Milliarden nur als Darlehen gewährt, bei der nicht rückzahlbaren Hilfe handelte es sich hingegen zu einem großen Teil um Sachhilfe (MINREX 2002: 11; Dye et al. 1995: FN 5).
286
Seit dem Ende des Bürgerkriegs ist Nicaragua zu einem der größten Empfänger internationaler Entwicklungshilfe geworden.283 Zwischen 1990 und 2005 hat das Land nach OECD-Angaben 10,81 Milliarden US-Dollar an öffentlicher Entwicklungshilfe ausgezahlt bekommen.284 Davon wurde zwischen 1990 und 1996 rund 67 Prozent von bilateralen Gebern gewährt, 33 Prozent stammte hingegen von multilateralen Gebern (MINREX 1998: 5). In den darauffolgenden acht Jahren (1997-2004) veränderten sich diese Relationen etwas – während multilaterale Geber nunmehr für 52,5 Prozent der Hilfe aufkamen, steuerten bilaterale Geber 47,5 Prozent bei (MINREX 2005: Tabla 3). Über den gesamten Zeitraum weitestgehend konstant blieb hingegen die Verteilung von Zuschüssen und Krediten – während Zuschüsse sich auf etwa 55 Prozent beliefen, machten die Darlehen etwa 45 Prozent aus (Gosparini et al. 2006: 10). Zu den wichtigsten bilateralen Gebern Nicaraguas zählen Japan, die USA, Schweden, Dänemark, Taiwan, Deutschland, Spanien, die Niederlande, die Schweiz und Norwegen (MINREX 2005: Tabla 3). Seit der Wahl Daniel Ortegas zum Präsidenten ist zudem Venezuela zu einem – wenn nicht dem – wichtigsten Geberland für Nicaragua geworden. Durch stark verbilligtes Erdöl, Baumaterialen und Hilfe beim Generatorenbau wird Nicaragua mit jährlich 300 bis 500 Millione US-Dollar aus Caracas unterstützt (Knecht 2008: 1). Ferner erhält Nicaragua mittlerweile auch Hilfe aus dem Iran. Bei den multilateralen Gebern führt die Interamerikanische Entwicklungsbank die Rangliste an, die Weltbank und die EU folgen an zweiter und dritter Stelle (MINREX 2005: Tabla 3). Zieht man lediglich die Zahlung nicht rückzahlbarer Zuschüsse in Betracht, dann ist die EU der größte multilaterale Geber. Im Vergleich zu El Salvador und insbesondere zu Guatemala ist der Umfang internationaler Hilfe für Nicaragua deutlich größer. Von diesen Hilfeleistungen konnte allerdings nur ein begrenzter Teil in den Wiederaufbau des Landes investiert werden, dessen Kosten auf 17 Milliarden US-Dollar geschätzt 283
Zwischen 1990 und 1993 betrug die internationale Entwicklungszusammenarbeit 164 US-Dollar pro Kopf (Dye et al. 1995: 8); das ist eine der höchsten Quoten weltweit. Im Vergleich dazu erhielt beispielsweise Mosambik 1992 102 US-Dollar pro Kopf, Ruanda hingegen 55 US-Dollar pro Kopf. Vgl. hierzu die Datenbank des World Resources Institute unter http://earthtrends.wri.org/searchable_db/index.php?theme=5&variable_ID=655&action=select_count ries (20.10.2008). 284 Vgl. hierzu die Datenbank der OECD unter http://www.oecd.org/dataoecd/50/17/5037721.htm. Die Zahlen der Regierung, die sowohl die ausgezahlten Zuschüsse als auch die gewährten Kredite umfassen, sind etwas niedriger, befinden sich aber in einer ähnlichen Größenordnung. So gibt das Außenministerium an, dass Nicaragua zwischen 1990 und 2004 insgesamt 8,62 Milliarden erhalten hat (MINREX 1998; MINREX 2005). Die Unterschiede in den Angaben sind damit zu erklären, dass den Daten unterschiedliche Quellen zugrunde liegen und die Zuschüsse an internationale NGOs lediglich von der OECD berücksichtigt werden, in den Angaben der Regierung hingegen nicht enthalten sind (Gosparini et al. 2006:10).
287
worden waren (Dye et al. 1995: 8). Der Grund hierfür ist die enorme Verschuldung Nicaraguas. Die Auslandsverschuldung des Landes belief sich 1991 auf 10,9 Milliarden US-Dollar und betrug im Jahr 2000 immer noch 6,8 Milliarden US-Dollar. Diese enorme Schuldenlast führte zu hohen Kosten für den jährlichen Schuldendienst, der sich 1991 auf 530 Millionen US-Dollar und 2000 auf 300 Millionen US-Dollar summierte (World Bank 2002a). Ein beträchtlicher Teil der internationalen Hilfe wurde daher in die Begleichung der Auslandsschulden investiert: Alleine 1991 wurden etwa 43 Prozent der internationalen Unterstützungsleistungen für die Schuldentilgung verwendet, hinzu kamen weitere 26 Prozent, die für den Ausgleich einer negativen Handelsbilanz ausgegeben wurden (Larson 1993: 2). Um das Schuldenproblem zu lösen, nimmt Nicaragua an der von der Weltbank und dem Internationalem Währungsfonds gestarteten Initiative zur Schuldenreduktion für hochverschuldete arme Länder (HIPC-Initiative)285 teil und erreichte 2004 den Ausführungspunkt, mit dem ein Schuldenerlass in Höhe von 4,5 Milliarden US-Dollar gewährt wurde (Jubilee Research 2004). Die Ausgaben für den Schuldendienst konnten damit auf 91 Millionen US-Dollar im Jahr 2004 gedrückt werden (Gosparini et al. 2006: 185). Betrachtet man die sektorale Verteilung der Hilfe für Nicaragua (vgl. Abbildung 21), so springt vor allem die große Bedeutung des Finanzsektors, der Schuldentilgung und den Ausgleich des Handelsbilanzdefizits umfasst, in den Jahren 1990 bis 1996 ins Auge. Rund 42 Prozent der internationalen Unterstützungsleistungen wurden für diesen Bereich ausgegeben. Dieser Anteil reduzierte sich erst in den Folgejahren erheblich und betrug für den Zeitraum 1997 bis 2004 noch rund 14 Prozent der Hilfe. Profitieren konnte von diesem Rückgang vor allem der Sozialsektor, dessen Anteil an internationaler Hilfe von 17 Prozent im Zeitraum 1990 bis 1996 auf 34 Prozent zwischen 1996 und 2004 stieg. Daneben erfuhren auch Maßnahmen zum Ausbau der wirtschaftlichen Infrastruktur eine Steigerung (von ehemals 14 Prozent auf 22 Prozent). Maßnahmen der Demokratieförderung fallen in der von der Regierung vorgenommenen sektoralen Aufgliederung externer Hilfe unter ‚Sonstiges‘. Dieser Bereich hat lediglich eine kleine relative Stärkung erfahren – von sechs Prozent 1990 bis 1996 auf acht Prozent im Zeitraum 1997 bis 2004.
285 Zu den Voraussetzungen einer Teilnahme an der HIPC-Initiative und dem Ablauf des Entschuldungsprozesses vgl. World Bank 2007.
288
Abbildung 21:
Sektorale Aufteilung internationaler Hilfe (Minrex 1998; Minrex 2005)
7.2 Die unabhängigen Variablen: Externe Demokratieförderung unter der Lupe Im Mittelpunkt des folgenden Kapitels steht die Bestimmung der unabhängigen Variablen. Es geht also erstens um die Ausrichtung externer Demokratieförderung auf die Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs (Hypothese 1) und zweitens um die Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung (Hypothese 2).
7.2.1 Inhalte: Das ‚Was‘ externer Demokratieförderung in Nicaragua In diesem Abschnitt geht es darum, den Wert der unabhängigen Variablen von Hypothese 1 zu ermitteln. Sprich: Inwiefern ist, beziehungsweise war die externe Demokratieförderung in Nicaragua auf eine Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet? Um diese Beurteilung vorzunehmen, wird geprüft, ob externe Akteure Möglichkeiten der Interessenartikulation wie auch des
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Interessenausgleichs gefördert haben. Diese Einschätzung ist nur unter Berücksichtigung des Kontextes möglich (vgl. 4.1.1). Daher erfolgt zunächst eine Analyse der Ausgangssituation. Erst durch den Vergleich zwischen den vorhandenen Defiziten und den externen Maßnahmen der Demokratieförderung kann abschließend die unabhängige Variable bestimmt werden. 7.2.1.1
Interessenartikulation
a) Ausgangsanalyse Die Ausgangsanalyse zur Interessenartikulation wird anhand verschiedener thematischer Bereiche gegliedert. All diesen Aspekten ist gemeinsam, dass sie entweder wichtige Rahmenbedingungen oder aber Mittel für die Artikulation von Interessen sind. Hierunter fallen: Wahlen Parteien, Parteiensystem Parlament Politische und zivile Menschenrechte Medien Zivilgesellschaft Machtteilung durch Dezentralisierung oder Autonomie. Wahlen Nach dem Sturz der Diktatur von Somoza nahmen die Möglichkeiten der Interessenartikulation in Nicaragua rapide zu. Die Wahlen von 1984 standen stellvertretend für die zunehmende Öffnung des politischen Systems und einer Duldung von Pluralismus und Meinungsfreiheit, die für Nicaragua zuvor undenkbar gewesen war (Ortega Hegg/Sánchez 2000: 62f.). Dennoch gab es weiterhin Restriktionen, die auf die Hegemonie der Sandinisten und die durch den ContraKrieg bedingten eingeschränkten Rechte auf Meinungs- und Pressefreiheit zurückgingen. Darüber hinaus hatten sich große Teile der Opposition geweigert, an den Wahlen 1984 teilzunehmen, da sie fürchteten, damit das sandinistische Regime zu legitimieren. Wahlen als Möglichkeit für den Ausdruck von Interessen wurden erst 1990, mit der Teilnahme von Parteien jeglicher politischer Couleur, von einem breiten politischen Spektrum wahrgenommen. Mit einer einzigen Ausnahme: Die Contra (und somit die maßgebliche Konfliktpartei) nahm nicht an den Wahlen teil, sondern unterstützte lediglich die UNO-Koalition (Spalding 1999: 36). Von 290
politischen Entscheidungsprozessen und den Verhandlungen über die Gestaltung der Zukunft Nicaraguas war sie daher in der Folge ausgeschlossen (Nuzzi O’Shaughnessy/Dodson 1999: 117ff.). Von diesen Einschränkungen abgesehen stellten die Wahlen 1990 allerdings eine wichtige Ausdehnung der Möglichkeiten der Interessenartikulation dar. Die von einer Vielzahl internationaler Akteure beobachteten Wahlen wurden übereinstimmend als frei und fair beurteilt (Hartzell 2002: 367). Problematische Entwicklungen, welche die Möglichkeiten der Interessenartikulation mittels Wahlen verschlechterten, sind vor allem mit dem Pakt vom Jahr 2000 verbunden. Die dortige Überarbeitung des Wahlgesetzes stellt eine Beschränkung des politischen Pluralismus dar, da die Voraussetzungen für die Zulassung neuer Parteien massiv verschärft wurden. Durch die Einführung einer vier-Prozent-Hürde ist ferner das Überleben von kleinen Parteien bedroht, da ein Wahlergebnis von weniger als vier Prozent automatisch zum Verlust des Parteistatus führt (der im Übrigen auch bei einer einzigen Nicht-Teilnahme an Wahlen aberkannt wird). Eine weitere Erschwernis für die Beteiligung alternativer Kräfte an den Wahlen sind lange Fristen – Parteien, die sich an den nationalen Wahlen beteiligen wollen, müssen spätestens ein Jahr zuvor registriert sein, bei den Wahlen auf kommunaler Ebene liegt diese Frist bei sechs Monaten. Zudem ist eine Kandidatur parteiloser Kandidaten auch auf kommunaler Ebene nicht mehr erlaubt. In der Summe begünstigen all diese Vereinbarungen eine Vorherrschaft von PLC und FSLN und reduzieren die politische Vielfalt (Dye et al. 2000: 7ff.; Hoyt 2004: 35ff.; Ortega Hegg/Sanchez 2000). Zu dieser Entwicklung passen Unregelmäßigkeiten im Vorfeld der Kommunalwahl 2008 wie die Verschiebung der Wahlen in einzelnen Bezirken und der Ausschluss von vier Oppositionsparteien, darunter die Reformsandinisten MRS.286 In puncto Wahlbeteiligung schneidet Nicaragua besser ab als El Salvador und Guatemala. Die elektorale Partizipation der Bevölkerung war insbesondere 1990 (86 Prozent Wahlbeteiligung an den Präsidentschaftswahlen) und 1996 (76 Prozent Wahlbeteiligung an den Präsidentschaftswahlen) sehr hoch (FLACSO 2005: 233). Danach ging die Wahlbeteiligung zwar etwas zurück, im regionalen Vergleich ist sie aber weiterhin sehr hoch. So haben an den letzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2006 wieder mehr als 70 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung teilgenommen.
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Vgl. hierzu auch: Demokratie oder neue Diktatur in Nicaragua?, in: NZZ 21.10.2008.
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Parteien und Parteiensystem Das Parteiensystem ist ebenso wie in El Salvador von einer starken Bipolarität geprägt. Während sich die anti-sandinistische Opposition bei den Wahlen von 1990 noch auf eine Vielzahl von Parteien verteilte und das letztlich siegreiche Koalitionsbündnis UNO aus 14 Parteien bestand, etablierte sich in der Folge zunehmend die liberale Partei PLC als Gegenpart zu den Sandinisten. Zwar hat sich von der FSLN 1995 eine Gruppe abgespalten und die eher sozialdemokratisch ausgerichtete MRS (Movimiento Renovador Sandinista) gegründet. Eine starke dritte Partei, die mehr als zehn Prozent der Stimmen auf sich vereinigen kann, ist in Nicaragua allerdings erst mit der ALN (Alianza Liberal Nicaragüense), einer Abspaltung der liberalen Partei, bei den letzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Jahr 2006 in Erscheinung getreten. Eine dauerhafte Institutionalisierung eines Zweiparteiensystems, wie sie von dem Pakt Alemáns und Ortegas angestrebt wurde, ist damit vorerst nicht gelungen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass aufgrund der Dominanz von PLC und FSLN die politische Vielfalt und damit die Artikulation alternativer Interessen in Nicaragua beschränkt ist. Problematisch ist ferner, dass insbesondere die großen Parteien PLC und FSLN von einer starken Hierarchie geprägt sind. Ein Mangel an internen demokratischen Strukturen behindert die Interessenartikulation innerhalb der Parteien. Es gilt vor allem der Wille der Caudillos, andere Meinungen werden nicht geduldet und marginalisiert, wenn nicht sogar aus der Partei verdrängt.287 Insgesamt gehören Parteien zu den politischen Institutionen, zu denen die Bevölkerung laut Umfragen das geringste Vertrauen hat. Bei einer Umfrage im Jahr 2004 bekannten 70,4 Prozent der Befragten, keinerlei Vertrauen zu Parteien zu haben, weitere 12,6 Prozent hatten nur wenig Vertrauen (Dye 2004: 21). Als Übermittler und Repräsentanten gesellschaftlicher Interessen in der politischen Sphäre können Parteien unter diesen Umständen kaum gelten. Anders als in El Salvador und in Guatemala ist in Nicaragua eine unmittelbare Transformation der Rebellen in eine politische Partei nicht gelungen. Dies mag auch daher rühren, dass zum Zeitpunkt der Wahlen 1990 der Krieg in Nicaragua noch nicht beendet war. Die Contra, die einer Beilegung des Krieges durch Wahlen sehr kritisch gegenüberstand (McConnell 2000: 119), gründete erst im Jahr 1993 mit der PRN (Partido Resistencia Nicaragüense) eine eigene 287 Ein Beispiel hierfür ist Herty Lewites. Der äußerst populäre ehemalige Bürgermeister von Managua wollte als Kandidat der FSLN bei den Präsidentschaftswahlen 2006 antreten. Seine Pläne stießen jedoch auf vehementen Widerspruch des FSLN Dauerkandidaten Daniel Ortega, der seinen Führungsanspruch gefährdet sah, und lösten parteiinterne Querelen aus die damit endeten, dass Lewites im März 2005 als ‚Verräter‘ aus der Partei ausgeschlossen wurde (Rogers 2005). Im Mai 2006 wurde Lewites zum Kandidat der MRS aufgestellt, nur zwei Monate später erlag er jedoch einem Herzinfarkt.
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Partei zur Wahrnehmung ihrer Interessen. Diese hat sich allerdings nie als wichtige Kraft etablieren können und bei den Wahlen 1996 weniger als ein Prozent der Stimmen erhalten. Parlament Ebenso wie die Parteien hat auch das Parlament in Nicaragua einen schlechten Ruf. In der oben bereits erwähnten Umfrage von 2004 bekannten 63,4 Prozent der Befragten, keinerlei Vertrauen in das Parlament zu haben, 15,2 Prozent hatten nur wenig Vertrauen (Dye 2004: 21). Die Nationalversammlung ist schlecht ausgestattet, ihre Verwaltung arbeitet ineffektiv, es fehlt an einem guten wissenschaftlichen Dienst zur Unterstützung der legislativen Tätigkeiten und die Abgeordneten haben in der Regel keinerlei Fortbildung zur Vorbereitung auf die gesetzgeberischen Tätigkeiten erhalten. Die Qualität der Arbeit ist dementsprechend unbefriedigend und die Legislative nimmt eine schwache Stellung gegenüber der Exekutive ein (PNUD 2007: 27f.). Politische und zivile Menschenrechte Die Menschenrechtssituation in Nicaragua ist besser als in El Salvador und in Guatemala. Das war schon zu Zeiten der jeweiligen Bürgerkriege so, als die Regierungen El Salvadors und Guatemalas mit grausamer Repression gegen Opposition, Guerilla und Zivilbevölkerung vorgingen. Die sandinistische Regierung und deren Sicherheitsapparat ließen hingegen deutlich mehr Freiräume für die Opposition und machten sich weniger grausamer Übergriffe schuldig. Stattdessen war es häufig die Contra, die systematische Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten beging (Americas Watch 1987; Linfield 1991). Nach dem Ende des Krieges ist die Zahl der Menschenrechtsverletzungen weiter zurückgegangen. Während in El Salvador und in Guatemala aufgrund der prekären Sicherheitssituation und den Schwächen von Polizei und Justiz das Recht auf Leben nicht hinreichend gewährleistet wird, ist in Nicaragua zwar auch ein Anstieg der Kriminalität nach dem Krieg zu verzeichnen, die öffentliche Sicherheit ist jedoch nicht gefährdet. Dementsprechend sind auch potentiell gefährdete Gruppierungen wie etwa Menschenrechtsverteidiger in Nicaragua deutlich weniger Drohungen oder gar Gewalttaten ausgesetzt als in den beiden anderen zentralamerikanischen Nachkriegsgesellschaften und können ihr Recht auf freie Meinungsäußerung deutlich gefahrloser wahrnehmen. Bei den zahlreichen sozialen Protesten und Aktivitäten wiederbewaffneter Gruppierungen in den ersten Nachkriegsjahren fielen Polizei und Militär zwar gelegentlich negativ durch einen überzogenen
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Gewalteinsatz auf, im Allgemeinen reagierten Regierung und Sicherheitskräfte jedoch zurückhaltend auf die Proteste.288 Medien Die Pressefreiheit ist in Nicaragua konstitutionell gesichert und wird in der Praxis umfassend gewährt und genutzt. In den Medien werden unterschiedliche Meinungen und Standpunkte abgebildet sowie Kritik an der Regierung geäußert. Trotz dieser weitgehenden Freiheiten gibt es einige Beschränkungen für die Pressefreiheit. Dazu gehört ein 2001 noch unter Alemán eingeführtes Gesetz, das von Journalisten die Registrierung in einer nationalen Vereinigung verlangt. Andere problematische Restriktionen betreffen die Einstufung von Beleidigung als kriminelle Straftat, das konstititutionelle Recht der Bürger auf ‚wahre‘ Information (wobei von der Regierung bestimmt wird, was ‚wahr‘ ist) sowie die Verpflichtung für Journalisten, unter bestimmten Bedingungen ihre Quellen offen zu legen (BTI 2006a: 7). Besorgniserregend sind ferner Übergriffe und Drohungen gegen kritische Journalisten, die in den vergangenen Jahren zu drei Morden geführt haben (Freedom House 2005b; Freedom House 2006b). Dennoch handelt es sich bei diesen Fällen um Ausnahmen und anders als etwa in Guatemala sind Journalisten in Nicaragua keiner weit verbreiteten Einschüchterung ausgesetzt. Zivilgesellschaft Die zu Zeiten der sandinistischen Herrschaft sehr hohe gesellschaftliche Mobilisierung ist seit den 1990er Jahren zurückgegangen. Dies ist auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu sehen, die häufig zu einer Rückbesinnung der Menschen auf familiäre Überlebensstrategien geführt haben. Ebenso schwächten die Zunahme von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, neoliberale Reformen und die Etablierung von steuerfreien Zonen für die Maquila-Industrie289 die Arbeiterbewegung. Andererseits ist jedoch auch zu konstatieren, dass die gesellschaftlichen Massenorganisationen, die in den 1980er Jahren von der sandinistischen Partei dominiert worden waren, nach 1990 eine neue Autonomie erfahren haben. Dies war für einige Organisationen ein schwieriger Transformationsprozess, hat aber in einzelnen Bereichen zu einer regelrechten Renaissance geführt hat (Spalding 1996: 23f.). Die frappierendste Veränderung der Zivilgesellschaft in Nicaragua seit 1990 ist jedoch die starke Zunahme von NGOs, die häufig gut organisiert, finanziell abgesichert und sehr aktiv sind und somit das öffentliche Erscheinungsbild der Zivilgesellschaft in 288
Zur Menschenrechtssituation vgl. die Jahresberichte von amnesty international (1996 bis 2007) und Human Rights Watch (1989, 1992 und 1994a). 289 Maquilas sind Betriebe der Lohnveredelungsindustrie, in denen Arbeiter zu niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen vorgefertigte Teile zu einem Endprodukt zusammenfügen.
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Nicaragua stark prägen (Borchgrevink 2006: 43f.). Während unter Arnoldo Alemán zivilgesellschaftliche Organisationen aufgrund ihrer vermeintlichen Nähe zu den Sandinisten zahlreichen Angriffen ausgesetzt waren, sind während der Amtszeit von Enrique Bolaños zahlreiche Konsultationsforen für die Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und Staat geschaffen wurden. Das im Dezember 2003 verabschiedete Gesetz zur Bürgerbeteiligung bestimmte somit etwa den Nationalen Rat für soziale und wirtschaftliche Planung (CONPES, Consejo Nacional de Planificación Económica y Social) als Beratungsgremium für die Exekutive. Ergänzt wurde dieses Gremium für Beratungen mit der Zivilgesellschaft um zahlreiche andere konsultative Gremien und Bürgerräte auf regionaler, departementaler und kommunaler Ebene (Borchgrevink 2006: 49ff.; Dye 2004: 27). Mit dem Amtsantritt von Daniel Ortega haben sich einige dieser positiven Entwicklungen wieder ins Gegenteil umgekehrt. Kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft und in den Medien werden zunehmend mit Rufmordkampagnen verfolgt (Leonhard 2008a). Auch die Autonomie der unter Bolaños geschaffenen Bürgerräte wurde aufgehoben. Sie werden nun durch den neugeschaffenen Consejo de Comunicación y Ciudadania kontrolliert, dem Ortegas Frau Rosario Murillo vorsitzt (Bremen 2008: 1f.). Positiv zu vermerken ist, dass Nicaraguas Zivilgesellschaft zwar immer noch von einer gewissen Polarisierung geprägt ist, aber dennoch zur Kooperation und Zusammenarbeit in der Lage ist (Borchgrevink 2006: 45ff.). Machtteilung durch Dezentralisierung und Autonomie Dezentralisierung stellt eine Möglichkeit dar, die Effizienz und Legitimität staatlichen Handelns zu erhöhen und den Zugang der Bevölkerung zu öffentlichen Leistungen zu verbessern (D’Angelo/Uggla/Faroppa 2000: 21, 27). Die größere räumliche Nähe zu staatlichen Institutionen sowie die angestrebte Einbeziehung der Bevölkerung in die Ausarbeitung lokaler Entwicklungspläne schafft zusätzliche Räume für Partizipation und die Artikulation von Interessen. Wichtige Wegmarken des Dezentralisierungsprozesses in Nicaragua waren die ersten kommunalen Wahlen 1990 sowie die 1998 verabschiedete Reform des Kommunalgesetzes. Damit wurden den Gemeinden neue Verantwortlichkeiten übertragen wie die Bereitstellung von Grunddienstleistungen (Trinkwasser, Elektrizität, Abfallentsorgung, Märkte etc.), die Planung und Kontrolle der Landnutzung und Erteilung von Baubefugnissen. Ferner sollten in Absprache mit den zentralen staatlichen Behörden auch Aufgaben im Bereich des Umwelt- und Ressourcenschutzes, des Straßenbaus und der Gesundheitsversorgung übernommen werden. Eine Übertragung von entsprechenden Ressourcen blieb jedoch zunächst aus. Erst mit einem 2003 verabschiedeten Gesetz zur Regelung der finanziellen Transferleistungen an die Kommunen (Ley de transferencias presu-
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puestarias a los municipios de Nicaragua) wurde bestimmt, dass zur Finanzierung der Kommunen ein Mindestsatz aus dem nationalen Haushalt bereitgestellt werden müsse (dieser Anteil soll graduell steigen und 2010 den Satz von zehn Prozent der nationalen Steuereinnahmen umfassen) (Romeo 2004). Noch zu Zeiten des Bürgerkrieges, im Jahr 1987 wurden in Nicaragua zwei autonome Regionen an der Atlantikküste errichtet (RAAN – Región Autónoma del Atlántico Norte – und RAAS – Región Autónoma del Atlántico Sur). Beide Regionen sind von einem besonders niedrigen Entwicklungsstand und weitverbreiterter Armut sowie defizitärer Staatlichkeit und einem schlechten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen gekennzeichnet (Dye 2004: 7). Die Regionen haben im Verlauf ihrer Autonomie eigene politische und administrative Institutionen gebildet, deren Leistungsfähigkeit jedoch nicht zufriedenstellend ist. Dies liegt zum einen am mangelnden politischen Willen der nicaraguanischen Zentralregierung. Diese kümmert sich nicht hinreichend um eine tatsächliche Stärkung autonomer Strukturen und die Delegierung von Entscheidungsbefugnissen und Ressourcen.290 Zum anderen sind die Probleme aber auch in einer mangelnden Qualifizierung und der fehlenden Erfahrung der Akteure begründet (Buvollen/Rosales Ortega/Velásquez Zapeta 2000: ii; PNUD 2007: 31f.). b) Externe Demokratieförderung und die Stärkung der Interessenartikulation Im vorigen Abschnitt wurde geschildert, welche Räume für Interessenartikulation es in Nicaragua gibt. Im folgenden Teil wird dargestellt, welche Maßnahmen externe Akteure ergriffen haben, um diese Möglichkeiten der Interessenartikulation zu stärken und auszubauen. Die Aktivitäten werden dabei funktionalen Kategorien zugeordnet (z.B. ‚Sicherung von Räumen der Interessenartikulation‘ oder ‚Schaffung von Räumen der Interessenartikulation‘), die bereits im Methodenteil unter 4.1.1 eingeführt wurden. Eine abschließende Zusammenstellung der Maßnahmen findet sich in Tabelle 8. Wahlen Externe Akteure haben durch unterschiedliche Maßnahmen dazu beigetragen, dass Wahlen als Mittel der Interessenartikulation in Nicaragua besser genutzt werden können. An erster Stelle sind hierbei internationale Wahlbeobachtungsmissionen zu nennen, die zu einer Sicherung von Räumen für die Interessenartikulation beigetragen haben. Insbesondere die Wahlen 1990, die zu einem gewaltfreien Machtwechsel und damit letztlich zur Beendigung des Bürgerkrieges in 290
Die Gewährung der Autonomie 1987 ist dem gewaltsamen Widerstand der indigenen Bevölkerung an der Atlantikküste und deren Beteiligung am Contra-Krieg geschuldet. Nach Beendigung des Krieges formierte sich Widerstand gegen die Regelung und aus Regierungskreisen in Managua war zu hören, dass fortan die Autonomie nicht mehr notwendig sei (PNUD 2007: 32).
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Nicaragua führten, wurden durch eine Vielzahl von internationalen Wahlbeobachtern und Korrespondenten überwacht, deren pure Anwesenheit bereits zum fairen Ablauf der Wahlen beigetragen hat. Die drei wichtigsten, von der nicaraguanischen Regierung eingeladenen Missionen, stellten die OAS, die Vereinten Nationen und der Council of Freely-Elected Heads of Government des Carter Centers291. Die Aufgaben der Missionen beschränkten sich auf die Beobachtung und die regelmäßige Berichterstattung über den Prozess der Wählerregistrierung, den Ablauf der Wahlkampagnen und den Wahltag selbst. Zudem wurden Vorschläge zur Verbesserung von auftretenden Missständen gemacht, die für den Obersten Wahlrat und die Regierung allerdings nicht bindend waren (Zelaya 1990: 3f.). Gemäß der Arbeitsteilung der Missionen arbeitete die OAS vor allem auf regionaler Ebene und trug zur Behebung lokaler Probleme bei, während die UN-Mission auf nationaler Ebene eng mit dem Obersten Wahlrat kooperierte und die gesammelten Beschwerden analysierte. Die mit hochrangigen Persönlichkeiten ausgestattete, vom ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter geleitete Mission des Carter Centers wiederum vermittelte auf oberster Ebene zwischen Daniel Ortega und Violeta Chamorro und versuchte dadurch die wichtigsten Konfliktpunkte zwischen FSLN und UNO zu klären (López-Pintor 1998: 42; Pastor 1992: 239f.). Insgesamt trug die Wahlbeobachtung sowohl zur Sicherung des reibungslosen Ablaufes als auch zur Legitimierung der Wahlen bei. Den Wahlen von 1990 kam zwar aufgrund ihres Transitionscharakters eine besondere Bedeutung zu, aber auch die später folgenden Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen sowie die Wahlen zur Besetzung der Regionalräte in den beiden autonomen Atlantikrepubliken wurden regelmäßig von internationalen Missionen beobachtet. Während die Vereinten Nationen keine Beobachter mehr entsandten, war insbesondere die OAS sehr aktiv; hinzu kamen Missionen des Carter Centers sowie der Europäischen Union. Eine andere Form der externen Unterstützung von Wahlen stellen Finanzhilfen dar. Von den USA wurde die Wahl 1990 mit neun Millionen US-Dollar unterstützt. Die Hälfte dieser Förderung bestand aus unparteilicher Hilfe, die für verschiedene Zwecke verwendet wurde: erstens die Sicherung von Räumen für die Interessenartikulation durch die Ausbildung von Wahlbeobachtern, zweitens die Herausbildung und Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation durch Bildungsmaßnahmen und Wählermobilisierung, sowie drittens die Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation durch die Finanzierung des Obersten Wahlrates.
291 Die Mission des Council of Freely-Elected Heads of Government wird künftig der Einfachheit halber als Mission des Carter Centers bezeichnet.
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Die andere Hälfte des Geldes floss als Kampagnenunterstützung direkt an das von den USA geförderte Wahlbündnis UNO.292 Die FSLN erhielt ebenfalls internationale Unterstützung für die Durchführung ihrer Kampagne, diese Hilfe kam allerdings zum größten Teil von Solidaritätsbewegungen und bestand überwiegend aus materieller Hilfe, also T-Shirts, Buttons oder Plakaten (Spalding 1996: 7). Mittlerweile wird von Seiten der USA beteuert, dass sie anders als 1990 keine Parteien mehr direkt in Wahlkämpfen unterstütze. Die für die Durchführung der letzten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2006 zur Verfügung gestellten zwölf Millionen US-Dollar seien ausschließlich für die Unterstützung des Obersten Wahlrates, die Finanzierung der Wahlbeobachtung durch die OAS und die Ausbildung von Wahlbeobachtern der Parteien sowie Bildungsmaßnahmen verwendet worden (Embassy of the United States at Managua, Nicaragua 2006: 1f.).293 Schließlich unterstützen internationale Geber auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die im Bereich der Wählerbildung und Wählermobilisierung tätig sind. Dies trägt zur Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation bei. Ein besonderes Beispiel ist die Bildung der Organisation Ética y Transparencia im Jahr 1996, die mit einer nationalen Mission aus mehreren Tausend Beobachtern die Wahlen von 1996 observierte. Die insbesondere vom National Democratic Institute (NDI) mit technischer und finanzieller Hilfe unterstützte Organisation führte zahlreiche Seminare zur Ausbildung von nationalen Wahlbeobachtern durch (Butler et al. 1996: 22f.) und hat sich mittlerweile als nationale Wahlbeobachterorganisation etabliert.294 Diese Förderung ist der Sicherung von Räumen der Interessenartikulation zuzuordnen. Neben der Unterstützung des Obersten Wahlrates waren nur wenige Maßnahmen im Themenfeld Wahlen auf die Stärkung von Institutionen der Interes292
Die Zahlen bezüglich der US-Unterstützung für UNO unterscheiden sich etwas. Bei López-Pintor findet sich etwa die Angabe, dass lediglich 1,8 Millionen US-Dollar an US-Hilfe an die UNO geflossen seien (López-Pintor 1998: 41). Generell ist in jedem Fall zu hinterfragen, ob Kampagnenfinanzierung eine sinnvolle Form der Demokratieförderung darstellt, da sich externe Akteure damit sehr intensiv in innerstaatliche Prozesse einmischen und dies als Beschneidung der Chancengleichheit und Wahlfreiheit interpretiert werden kann. Da im Falle der Wahlen von 1990 ein Großteil der Hilfe aufgrund von administrativen Problemen jedoch erst kurz vor den Wahlen ausgezahlt werden konnte, dürfte die finanzielle Unterstützung keine allzu große Rolle gespielt haben. Wichtiger dürfte das psychologische Element der Wahlunterstützung gewesen sein, da die USA damit ein klares Signal an die Bevölkerung sendeten, dass sich im Falle eines Sieges von Violeta Chamorro die Beziehungen zwischen Nicaragua und den USA verbessern würden (Arnson 1993: 238f.). 293 Angesichts anderslautender Gerüchte betonte der US-Botschafter in Nicaragua, Paul Trivelli: „We have not given approval to any specific candidate. We have not financed, nor will we finance any political campaign” (Embassy of the United States at Managua, Nicaragua 2006: 1). 294 Der Erfolg von Ética y Transparencia war nicht vorauszusehen, da die Organisation anfangs sehr umstritten war wegen einer konservativen und einseitigen Besetzung ihres Vorstandes und der Finanzierung durch US-Organisationen. Vgl. dazu ausführlich Butler et al. 1996: 22f.
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senartikulation ausgerichtet. Hierzu zählt etwa die Unterstützung internationaler Geber für die Verbesserung des Systems der Wählerregistrierung (IFES 2007: 1; López-Pintor 1998: 48f.). Ebenfalls diesem Bereich zuzuordnen ist die Beratung bei der Überarbeitung der Medien- und Wahlgesetzgebung 1989, für die insbesondere Costa Rica und Venezuela technische Experten entsandten (Zelaya 1990: 4). Nach dem Pakt 2000 und dessen negative Auswirkungen auf die Wahlgesetzgebung gibt es mittlerweile erneut Anstrengungen internationaler Akteure, die Debatte um eine Reform der Wahlgesetze voranzutreiben. NDI sieht in diesem Bereich etwa einen Schwerpunkt seiner Arbeit nach den Wahlen von 2006 (NDI 2007: 1). Parteien Internationale Akteure haben spät damit begonnen, Parteien als Adressaten der Demokratieförderung zu unterstützen.295 Eine Ausnahme stellen die deutschen Stiftungen dar, die traditionell auf diesem Gebiet sehr aktiv sind, sich aber lange Zeit auf die Förderung der jeweiligen Schwesterparteien beschränkt haben. UNDP hat erst 2004, mit der finanziellen Unterstützung verschiedener bilateraler Geber und der technischen Hilfe des niederländischen Institute for Multiparty Democracy (NIMD), ein Projekt zur Modernisierung der Parteien gestartet, das der Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation zuzuordnen ist. Schwerpunkte der Förderung, die sich an alle im Parlament und in den Regionalräten der autonomen Regionen vertretenen Parteien richtet, sind die Themen innerparteiliche Demokratie, Transparenz und Verankerung in der Gesellschaft. Darüber hinaus werden im Rahmen des Programms Kandidaten ausgebildet, was zur Herausbildung und Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation beiträgt. Ebenfalls in diesen Bereich fällt der Fokus auf Jugendarbeit und die Förderung des politischen Nachwuchses in den Parteien (Embassy of Sweden, Nicaragua 2006: 16¸ PNUD 2007: 29). Auf Wunsch der Parteien ist ferner vorgesehen, als eine der nächsten Maßnahmen eine multiparty training facility aufzubauen (NIMD 2006: 3). Auf dem Gebiet der Parteienförderung sind ebenfalls die USamerikanischen Stiftungen IRI (International Republican Institute) und NDI aktiv. Auch hier dominieren Maßnahmen zur Stärkung der Praktiken der Interessenartikulation. IRI unterhält beispielsweise ein Programm zur Förderung und 295
Parteienförderung ist nicht nur in Nicaragua, sondern generell erst spät als wichtiges Element der Demokratieförderung entdeckt worden und spielt auch heute noch eine weitestgehend marginale Rolle (Erdmann 2006: 126; 129). In Nicaragua galten Parteien aufgrund ihres schlechten Rufes lange Zeit als ‚Schmuddelkinder‘, die nicht beachtet wurden. Seit einigen Jahren gibt es allerdings unter den Gebern ein wachsendes Bewusstsein darüber, dass die Parteien eine Schlüsselzielgruppe sind. Vgl. Interview mit Juan Carlos Gutiérrez, Managua, 7.9.2007.
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Entwicklung von Parteien und Kandidaten – von dessen Teilnahme allerdings die FSLN und die PLC ausgeschlossen sind – und ein Jugendprogramm. Des Weiteren versucht IRI durch sogenannte „issue oriented town hall meetings“ die Partizipation der Bürger sowie die Rechenschaftspflicht gewählter Abgeordneter zu fördern (IRI o.J.: 1ff.). Ähnlich wie das Programm von UNDP ist auch die Arbeit von NDI darauf ausgerichtet, Parteien transparenter, demokratischer und „more responsive to citizen concerns“ (NDI 2007: 1) zu machen. Frauen sind neben Jugendlichen eine besonders beachtete Zielgruppe in der Parteienförderung. Im Vorfeld der Wahlen 2006 unterstützte beispielsweise die schwedische Entwicklungsagentur SIDA ein Konsortium von vier nicaraguanischen NGOs, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, die Position von Frauen in den Parteien zu stärken und weibliche Kandidatinnen besonders zu fördern (Embassy of Sweden, Nicaragua 2006: 17). Parlament Die Stärkung der Legislative ist seit 2002 einer der Schwerpunkte der Arbeit von UNDP im Bereich Democratic Governance. Tätigkeiten in diesem Bereich, wie Seminare für die verschiedenen Fraktionen oder auch Austauschprogramme mit anderen Parlamenten, sind zu einem großen Teil auf eine Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation ausgerichtet. Zudem wurde ein Informationszentrum (Centro de Información Legislativo) eingerichtet, das die Abgeordneten bei der Wahrnehmung ihrer gesetzgeberischen Tätigkeit mit den notwendigen Informationen versorgen soll. Verbessert wurde auch die Information der Bürger über den Gang der Gesetzgebung und anstehende Reformprojekte, da ein eigens geschaffener Fernsehkanal und eine Internetseite nunmehr die Arbeit des Parlaments dokumentieren. Als Beitrag zur Stärkung des Parlaments als Institution der Interessenartikulation hat UNDP die Arbeit der überparteilichen Modernisierungskommission CDM (Comisión de Modernización Multipartidario) unterstützt, in deren Rahmen die Abgeordneten institutionelle Reformen der Nationalversammlung diskutierten. Ergebnis der Arbeit ist eine Überarbeitung der Geschäftsregeln sowie das Gesetz über die Rechte der Legislative (Ley Orgánica del Poder Legislativo) (PNUD 2007: 27f.). Politische und zivile Menschenrechte Anders als in El Salvador und in Guatemala gab es in Nicaragua keine internationale Mission, die in einem umfassenden Sinne mit der Verifikation der Menschenrechtssituation betraut worden war.296 Am nächsten kam dieser Aufgabe noch die CIAV/OAS-Mission, die für die Betreuung und Reintegration der Ex296 Ebenso wenig wurde in Nicaragua eine Wahrheitskommission eingesetzt, um die während des Krieges begangenen Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen.
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Kombattanten beziehungsweise - nach einer Ausdehnung ihres Mandates 1993 – für die soziale und ökonomische Wiedereingliederung aller kriegsgeschädigten Gruppen verantwortlich war. Zu den Aufgaben der Mission zählte auch die Überwachung und der Schutz der Menschenrechte der von ihr betreuten Gruppen und somit die Sicherung von Räumen für die Interessenartikulation. Im Gegensatz zu den Missionen in El Salvador und Guatemala handelte es sich dabei jedoch nicht um eine Überwachung der Menschenrechtssituation im Allgemeinen (Human Rights Watch 1994b: 5). Aufgrund der zunehmenden Gewalt und der angeheizten öffentlichen Diskussion über die Ermordung von Contra-Rebellen setzte die ChamorroRegierung 1992 zudem die Tripartite Commission ein, die sich aus Mitgliedern der Regierung, des Büros von Kardinal Obando y Bravo sowie der CIAV/OASMission zusammensetzte. Aufgabe der Kommission war es, die politische Gewalt zu analysieren und Vorschläge zur Verhinderung der Gewalt sowie zur Stärkung der Menschenrechte zu erarbeiten (Human Rights Watch 1994b: 3; 6f.). Damit war die Arbeit der Kommission auf eine Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation ausgerichtet. Es gelang ihr allerdings nur ungenügend, ihre Arbeit einer größeren Öffentlichkeit zu vermitteln und die gemachten Reformvorschläge wurden weitestgehend ignoriert (Aguilar o.J.: 9; Nuzzi O’Shaughnessy/Dodson 1999: 123). Maßgeblich auf den Druck der internationalen Geber zurückzuführen ist die Bildung einer Ombudsstelle für Menschenrechte, die mit der Verfassungsreform 1995 beschlossen wurde. Die nicaraguanische Seite räumte der Ombudsstelle allerdings nur eine geringe politische Priorität ein und somit wurde das Amt erst 1999 besetzt (Aguilar o.J.: 9; PDDH 2007: 1). Die Ombudsstelle ist schlecht ausgestattet und auf internationale Unterstützung angewiesen. Zu den wesentlichen Gebern zählen neben UNDP noch Schweden, Dänemark und Norwegen (Embassy of Sweden, Nicaragua 2006: 17; PNUD 2007: 27). Insgesamt fällt die Unterstützung für die Ombudsstelle sowohl in den Bereich Schaffung von Institutionen der Interessenartikulation als auch Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation. Schließlich unterstützen zahlreiche internationale Geber (unter anderem UNDP, USAID, die EU und Schweden) zivilgesellschaftliche Organisationen, die im Bereich der Menschenrechte aktiv sind und stärken damit Institutionen der Interessenartikulation.297 Das Angebot von Qualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeiter oder Mitglieder der Organisationen stellt zudem einen Beitrag zur Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation bei. 297 Gefördert werden etwa Organisationen, die die Menschenrechtssituation beobachten, Vorschläge für die Verbesserung der Menschenrechtssituation erarbeiten, Rechtsberatung anbieten oder auch im Bereich der Menschenrechtsbildung aktiv sind.
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Ebenso auf die Förderung von Praktiken der Interessenartikulation ausgerichtet ist die Arbeit von nicht-staatlichen nicaraguensischen Organisationen, welche die Menschenrechtsprogramme externer Geber implementieren. Ein Beispiel hierfür ist das von der EU-Kommission und Schweden finanzierte mehrjährige Programm für Demokratie und Menschenrechte in Zentralamerika (Programa Plurianual Democracia y Derechos Humanos en América Central). In Nicaragua wurde das Programm von vier Organisationen durchgeführt298 und zielte auf den Ausbau der politischen Partizipation und die Öffnung von Dialogräumen, auf die Förderung von demokratischen Werten sowie auf die Stärkung der Erziehung zu Frieden, Versöhnung und Demokratie. Zu diesem Zweck boten die Organisationen zwischen 2002 und 2006 insgesamt 210 Workshops an, deren Teilnehmer v.a. Frauen, Jugendliche und Angehörige ethnischer Minderheiten sowie politische und soziale Führungspersönlichkeiten waren (IEN 2006). Medien Die Förderung des Mediensektors und der Pressefreiheit spielt im Rahmen der internationalen Demokratieförderung in Nicaragua eine eher unbedeutende Rolle. Unter den wenigen Projekten dominieren Maßnahmen für eine Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation. Hierzu zählen beispielsweise die von Norwegen in Zusammenarbeit mit der zentralamerikanischen Universität UCA (Universidad Centroamericana) durchgeführte Entwicklung eines Postgraduierten-Kurses in investigativem Journalismus oder aber die Fortbildung von Journalisten (U 4 Anti-Corruption Resource Centre 2007a). Ein anderes Beispiel ist die Unterstützung von Basisradios durch ein Programm der UNESCO, das einerseits eine bessere technische Ausstattung der lokalen Radiostationen umfasst, andererseits aber auch die gezielte Schulung von Radiosprechern beinhaltet, um damit die journalistische Qualität der Sendungen zu verbessern und gerade für benachteiligte Bevölkerungsgruppen Räume für die Formulierung und Diskussion von Interessen zu schaffen (UNESCO o.J.a). Schließlich gibt es auch Fördermaßnahmen, die journalistische Fortbildung konkret mit der Produktion demokratierelevanter Medienprodukte verbinden und zu deren Ergebnissen dann Zeitungsartikel, Radio- und Fernsehsendungen zählen, die Themen wie Dezentralisierung und kommunale Wahlen, indigene Rechte, das Freihandelsabkommen CAFTA oder die nationale Entwicklungsstrategie aufbereiten (UNESCO o.J.). Eher in den Bereich der Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation fällt die Unterstützung von nicaraguanischen Organisationen, die im Mediensektor tätig sind. Hierzu zählen berufliche Interessenorganisationen (wie etwa die 298 Die durchführenden Organisationen waren das Instituto de Estudios Nicaragüenses (IEN), die Fundación Violeta Barrios de Chamorro, die Grupo Fundemos und das Centro de Derechos Constitucionales (CDC).
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Asociación de Periodistas de Nicaragua und die Unión de Periodistas de Nicaragua) ebenso wie NGOs, die beispielsweise für die Gewährung von Meinungsund Pressefreiheit eintreten oder aber Fortbildungen für Journalisten anbieten (wie zum Beispiel die Fundación Violeta de Barrios Chamorro) (USAID 2007: 1f.). Einen Beitrag zur Stärkung von Institutionen liefern schließlich auch externe Bemühungen um die Gestaltung eines günstigen gesetzgeberischen Rahmens für die Meinungs- und Pressefreiheit. So unterstützten etwa USAID und das Carter Center das im Mai 2007 beschlossene Gesetz über den freien Zugang zu öffentlichen Informationen (Carter Center o.J.: 4; USAID 2007: 1). Zivilgesellschaft Die Unterstützung der Zivilgesellschaft stellt einen Schwerpunkt der internationalen Demokratieförderung dar, auch wenn sie gewissen konjunkturellen Schwankungen ausgesetzt ist. Gerade in Zeiten, in denen die Zusammenarbeit mit zentralen Regierungsinstanzen aufgrund politischer Friktionen schwierig ist, gewinnt sie an Bedeutung – dies war insbesondere in der von Korruption und Intransparenz geprägten Regierungszeit von Arnoldo Alemán der Fall (PNUD 2007: 14). Gefördert werden von internationalen Gebern ganz unterschiedliche zivilgesellschaftliche Gruppierungen wie berufliche Interessenverbände, Gewerkschaften, soziale Bewegungen, Selbsthilfegruppen sowie NGOs. Der Großteil der Hilfe kommt jedoch dem NGO-Sektor zugute, der in Nicaragua seit dem Ende des Krieges am stärksten gewachsen und inzwischen sogar von wirtschaftlicher Bedeutung ist.299 Die Maßnahmen zur Unterstützung der Zivilgesellschaft sind vielfältig. Im Sinne einer Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation erhalten zahlreiche Organisationen finanzielle Unterstützung. Darüber hinaus gibt es Aktivitäten, die auf eine Verbesserung der Vernetzung der zivilgesellschaftlichen Gruppierungen ausgerichtet sind. Auch gibt es Bemühungen, die Kommunikation und den Austausch zwischen zivilgesellschaftlichen und staatlichen Akteuren zu verstärken. Ein wichtiges Element für die Förderung von Praktiken der Interessenartikulation stellen darüber hinaus Qualifizierungsmaßnahmen dar, die auf eine Verbesserung der politischen Artikulations- und Gestaltungsfähigkeit der Organisationen abzielen. Im Zuge der Geberkoordinierung ist eine der neueren Entwicklungen ein 2005 eingerichteter Fonds für Organisationen, die zu den Themen Governance und Demokratie arbeiten. Der Fonds, in den finanzielle Mittel verschiedener Geber fließen, verfolgt die gleichen Ziele wie die oben erwähnten Projekte zur 299 Mittlerweile arbeiten bereits zehn Prozent aller Beschäftigten im NGO-Sektor und erwirtschaften sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BTI 2006a: 10).
303
Förderung der Zivilgesellschaft: die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen durch technische und finanzielle Hilfe, den Ausbau der Koordinierung zwischen den unterschiedlichen Organisationen sowie die Förderung des Dialogs und des Austauschs zwischen Staat und Zivilgesellschaft (U4 Anti-Corruption Resource Centre 2007). Dezentralisierung In Nicaragua sind verschiedene bi- und multilaterale Geber wie Dänemark, Schweden, Deutschland, UNDP, die IDB und die Weltbank auf dem Gebiet der Dezentralisierung tätig (vgl. u.a. GTZ 2006: 1; Ministry of Foreign Affairs/Danida 2002: 61ff.; PNUD 2007: 30f.). Zu den Beiträgen für die Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation zählen: Hilfe bei der Gestaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen, die für Dezentralisierung und Lokalentwicklung günstig sind; Unterstützung beim Aufbau von Beteiligungsmechanismen, die eine an lokale Bedürfnisse orientierte Entwicklung ermöglichen; die Stärkung von Institutionen, die den Dezentralisierungsprozess vorantreiben, wie beispielsweise AMUNIC (Asociación de Municipios de Nicaragua) und INIFOM (Instituto Nicaragüense de Fomento Municipal). Darüber hinaus gibt es auch Maßnahmen externer Geber, die auf eine Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation zugeschnitten sind. Dazu gehören Aktivitäten zur Fortbildung von Mitarbeitern der kommunalen Verwaltungen, die beispielsweise in Themen wie Finanzmanagement, partizipative Gemeindeplanung, Umwelt- und Ressourcenmanagement geschult werden. Ebenso in diesen Bereich fallen Qualifizierungsmaßnahmen für zivilgesellschaftliche Akteure, die sich im Rahmen des Dezentralisierungsprozesses engagieren. Die meisten Projekte zur Förderung der autonomen Regionen richten sich an mehrere Zielgruppen wie die Zentralregierung, die autonomen Institutionen, politische Akteure in den Regionen sowie die Zivilgesellschaft. Ziel der Förderung ist es zum einen, die regionale Autonomie als Institution für Interessenartikulation zu stärken. Dies geschieht durch die Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die autonomen Regionen sowie die Unterstützung des Dialogs zwischen dem Zentralstaat und den autonomen Regionen. Darüber hinaus zielen die Maßnahmen auf eine Stärkung von autonomen Institutionen wie etwa den parlamentarischen Regionalräten ab. Dies geschieht beispielsweise durch die Anpassung von Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufen an die zuvor ermittelten Funktionen. Zusätzlich gibt es auch noch Aktivitäten, die auf eine Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation ausgerichtet sind. Hierzu zählen Seminare für Kandidaten für die Regionalräte, durch welche diese auf
304
ihre künftigen Aufgaben vorbereitet werden, und Trainings für Angehörige der Zivilgesellschaft, um die politische Partizipation auf lokaler Ebene zu vergrößern (Buvollen/Rosales Ortega/Velásquez Zapeta 2000; Ministry of Foreign Affairs/Danida 2002: 61ff.; PNUD 2007: 31ff.). 7.2.1.2
Interessenausgleich
a) Ausgangsanalyse Die Ausgangsanalyse der Möglichkeiten des Interessenausgleichs knüpft an die Darstellung des Demokratisierungsprozesses unter 7.1.1.5 an und ist daher deutlich kürzer als die Untersuchung der Möglichkeiten der Interessenartikulation. Kennzeichnende Elemente der politischen Entwicklung Nicaraguas sind eine ausgeprägte Polarisierung sowie politische Blockaden, die das Land an den Rand der Regierungsunfähigkeit gebracht haben. Sowohl die Regierung von Violeta Barrios de Chamorro als auch die von Enrique Bolaños verfügten über keine parlamentarischen Mehrheiten, konnten ihre Reformagenda nur begrenzt umsetzen und waren in vehemente Auseinandersetzungen mit der Nationalversammlung verwickelt. Zuzüglich zu der Konfrontation zwischen Exekutive und Legislative gab es wiederholt Zeiten, in denen die Nationalversammlung aufgrund von politischen Spaltungen und Interessengegensätzen (nahezu) arbeitsunfähig war (BTI 2006a: 9; Spalding 1996: 12f.). Der Mangel an einer Kultur des Interessenausgleichs ist ein weit verbreitetes Problem in Nicaragua. Diese Defizite drücken sich in der mangelhaften Kompromissfähigkeit und Gemeinwohlorientierung der Parlamentarier aus, die in erster Linie den Anweisungen ihres Caudillos folgen und Klientelinteressen vertreten (Dye 2004: 17). Weiter verschärft wurde die Problematik durch den liberal-sandinistischen Pakt: Die Aufteilung politischer Einflusssphären zwischen den beiden mächtigsten Parteien verstärkte die Politisierung und somit Polarisierung der öffentlichen Institutionen und steht somit im Gegensatz zu einer unparteiischen Gemeinwohlorientierung. Ebenso droht mit der Zunahme von Pakt-Vereinbarungen eine weitere Verstetigung von Verhandlungspraktiken, die den Ansprüchen einer ‚Vetternwirtschaft‘ gerecht werden, nicht aber einem Ausgleich von Interessen, der all jene einbezieht, die von den Entscheidungen betroffen sind. Ebenso wie in Guatemala und in El Salvador gibt es auch in Nicaragua erhebliche Schwächen des Justizsystems (Baéz Cortés 2002). Dazu zählt der insbesondere in ländlichen Bereichen schlechte Zugang zur Justiz. Außerdem behindern die Politisierung der Justiz sowie die zunehmende Korruption innerhalb des Justizwesens den Ausgleich von Interessen (BTI 2006: 8; Dye 2004: 45ff.).
305
b) Externe Demokratieförderung und die Stärkung des Interessenausgleichs Einige der oben erwähnten Maßnahmen externer Demokratieförderung vergrößern nicht nur die Möglichkeiten der Interessenartikulation, sondern zielen auch auf die Stärkung des Interessenausgleichs. Hierzu zählen etwa Programme zur Unterstützung von Dezentralisierungsprozessen (v.a. Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs), da Dezentralisierung eine Form von Machtteilung darstellt und somit auch dem Interessenausgleich dienen kann. Besonders hervorzuheben sind ferner Aktivitäten, welche die Verbesserung der Arbeit des Parlaments zum Ziel haben und versuchen, durch die Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs zu einer Überwindung von Blockadepolitik und Stillstand in der Nationalversammlung beizutragen. Ebenso ist der Einsatz internationaler Akteure für die Schaffung einer Ombudsstelle für Menschenrechte und deren finanzielle Unterstützung eine Maßnahme, die auf die Schaffung und Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet ist. Ein Bereich, der bisher nicht thematisiert wurde, aber gerade im Zusammenhang mit der Förderung des Interessenausgleichs von Bedeutung ist, ist die Justizreform. Auf diesem Gebiet sind unzählige internationale Akteure tätig wie beispielsweise die OAS, UNDP, die EU und die IBD sowie als bilaterale Geber die USA, Schweden, Spanien und Deutschland. Ein zentrales Ziel der Arbeit in diesem Förderbereich ist die Verbesserung des Zugangs zur Justiz durch die Schaffung und Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs. Denn gerade in ländlichen Gebieten und in den ehemaligen Konfliktregionen sind staatliche Institutionen und damit auch die Justiz nur sehr schwach präsent. Aktivitäten externer Akteure umfassen den Bau zusätzlicher Justizgebäude, die Einrichtung von Casas de Justicia, in denen kostenlose Rechtsberatung angeboten wird (PNUD 2007: 26), sowie die stärkere Nutzung von Mechanismen alternativer Konfliktregelung. Hierzu unterstützte USAID beispielsweise die Errichtung von Mediationszentren (USAID 2007: 1). Auf die Initiative der OAS geht die Schaffung von Friedenskommissionen (Comisiones de Paz) zurück. In diesen Kommissionen sind auf lokaler Ebene anerkannte Persönlichkeiten vertreten, deren Aufgabe darin besteht, bei Konflikten zu vermitteln, die Menschenrechte zu fördern und die Menschenrechtslage zu beobachten (Spehar 2000). Ende der 1990er Jahre ist aus den Erfahrungen mit den Friedenskommissionen ein OASProgramm zur verstärkten Ausbildung von Fazilitatoren (Facilitadores judiciales rurales) entstanden, die ebenfalls zur Lösung kleinerer Konflikte beitragen sollen (Westerlund/Widenbladh 2007: 28ff.). Ein zweites Ziel internationaler Geber im Bereich der Justizreform ist die Förderung der Unabhängigkeit der Justiz durch die Veränderung der institutionellen Rahmenbedingungen (Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs). Hierzu zählt etwa die Schaffung einer unabhängigen Staatsanwaltschaft
306
(Ministerio Publico) im Jahr 2000. Auch die Verabschiedung eines Gesetzes zur Regelung der Justizlaufbahn wurde von internationaler Seite massiv forciert. Eher in den Bereich der Stärkung von Praktiken des Interessenausgleich fallen hingegen die Überarbeitung von Ausbildungs-Curricula oder Qualifizierungsmaßnahmen, die darauf abzielen, die Effizienz der Judikative zu erhöhen. Schließlich unterstützen externe Akteure – wenn auch deutlich seltener als in Guatemala – bestehende Dialogforen (Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs). So hat sich etwa UNDP im Rahmen seines regionalen Programms Democratic Dialogue dazu bereit erklärt, die Rolle des Fazilitators im 2005 vereinbarten nationalen Dialog zwischen der Regierung von Bolaños, der FSLN und der PLC zu übernehmen.300 Die OAS hat hingegen die Regierung bei der Durchführung der 2003 eingerichteten Mesas sectoriales, sektoralen Runden Tischen für den Dialog zwischen Regierung, Zivilgesellschaft und der internationalen Gebergemeinschaft, unterstützt (OAS 2005: 49). 7.2.1.3 Weitere Förderbereiche Teil der internationalen Demokratieförderung sind auch Maßnahmen, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer Förderung der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs stehen. So ist beispielsweise Korruptionsbekämpfung eines der Themen, das auf der Agenda internationaler Geber sehr weit oben steht. Die geförderten Maßnahmen reichen dabei von der Stärkung der strafrechtlichen Verfolgung von Korruptionsfällen über die Verbesserung des Zugangs zu öffentlichen Informationen und Transparenzförderung, Maßnahmen zur öffentlichen Sensibilisierung für das Thema Korruption, bis hin zu Beratungsmaßnahmen (USAID 2003: 5; U4 Anti-Corruption Resource Centre 2003). In einem engen Bezug zur Korruptionsbekämpfung stehen Tätigkeiten, die auf eine Stärkung der Regierungsfähigkeit und der öffentlichen Verwaltung unter dem Stichwort der Transparenz- und Effizienzsteigerung abzielen. Auch in diesem Bereich sind externe Geber, insbesondere die Entwicklungsbanken, sehr aktiv. Die meisten Programme zielen dabei auf das staatliche Ressourcenmanagement und streben entweder eine Verbesserung der staatlichen Einnahmesituation (etwa durch die Reform des Steuersystems) oder aber eine Verbesserung der staatlichen Ausgabepolitik an, etwa durch mehr Transparenz und Stärkung von Planungs- und Haushaltungsverfahren (IDB 2007).301 300
Für weitere Informationen vgl. die Internetseite des Projektes Democratic Dialogue unter http://www.democraticdialoguenetwork.org/network/cases/view.pl?cases_id=6 (20.10.2008). Sowohl Korruptionsbekämpfung wie auch Programme zur Stärkung der Regierungsfähigkeit zählen nicht zum Kernbereich von Demokratieförderung. Werden diese Programme jedoch unter der Zielsetzung einer Stärkung von Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht (Accountability) durchgeführt, dann können sie durchaus als Element der Demokratieförderung betrachtet werden. 301
307
7.2.1.4 Fazit Tabelle 8 fasst die verschiedenen externen Maßnahmen zur Stärkung der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs in Nicaragua nochmals zusammen. Um die unabhängige Variable zu bestimmen und zu bewerten, wie sehr externe Demokratieförderung auf die Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet war, müssen die konkreten Fallumstände berücksichtigt werden. Die externen Maßnahmen zur Förderung von Interessenartikulation und -ausgleich werden daher mit der Ausgangsanalyse verglichen (vgl. 4.1.1). Dieser Abgleich führt zu folgenden Beobachtungen: 1.
Die internationale Demokratieförderung war blind für eine der wichtigsten Aufgaben in der unmittelbaren Nachkriegszeit, nämlich die Umwandlung der Contra in eine politische Partei. Weder die USA, die jahrelang die Contra unterstützt hatten, noch andere externe Akteure unternahmen Anstrengungen, die Contra bei ihrer Transformation in eine politische Kraft zu unterstützen und ihr aufzuzeigen, wie Interessen artikuliert und in den politischen Prozess eingebracht werden können.
2.
Auch andere zentrale Probleme wurden nicht, beziehungsweise nicht ausreichend, beachtet. Dazu gehören die politische Polarisierung, die das Land schon mehrfach an den Rand der Regierungsfähigkeit gebracht hat, sowie die schlechte Performanz von Parteien und Parlamentariern. Erst seit wenigen Jahren gibt es Programme, die auf die Verbesserung der demokratischen Praktiken in Parteien und in der Nationalversammlung ausgerichtet sind. Ebenso fehlte es an Initiativen für die Institutionalisierung von Dialogmechanismen, die einen Beitrag zur Überwindung der politischen Polarisierung hätten leisten können (bestehende Dialogforen wurden allenfalls in seltenen Fällen unterstützt).302
302
Relativierend ist anzumerken, dass die OAS durch Vermittlungsaktivitäten durchaus zur Beilegung politischer Krisen beigetragen hat. Dies tat sie vor allem im Rahmen der CIAV/OAS-Mission, die bei gewalttätigen Zusammenstößen intervenierte und in mehr als 40 Treffen zwischen wieder bewaffneten Gruppen und der Regierung vermittelte (Lincoln/Sereseres 2000: 29). Erneut übernahm die OAS die Rolle des Mediators in den Jahren 2004/2005, als die Konfrontation zwischen Präsident Bolaños und dem Parlament eskalierte, nachdem die Nationalversammlung Verfassungsänderungen beschlossen hatte, welche die Befugnisse der Exekutive massiv einschränkten. Die Vermittlung der OAS trug damals zur Beendigung der politischen Blockade und Einigung auf einen Kompromiss bei (BBC Mundo 2005; Willig 2005). Diese Vermittlungstätigkeiten sind allerdings nicht Teil der internationalen Demokratieförderung.
308
Strukturebene Interessenartikulation
Schaffung von Institutionen der Interessenartikulation Ombudsstelle für Menschenrechte Stärkung von Institutionen der Interessenartikulation Wahl- / Mediengesetzgebung Parlament Parteien (Erhöhung innerparteilicher Demokratie durch Vorwahlen) Oberster Wahlrat Zivilgesellschaftliche Organisationen Kommunale Strukturen
Interessenausgleich
Schaffung von Institutionen des Interessenausgleichs Ombudsstelle für Menschenrechte Mediationszentren Casas de Justicia Fazilitatoren Friedenskommissionen Dezentralisierung
Prozessebene Sicherung von Räumen für die Interessenartikulation Wahlbeobachtung Menschenrechtsbeobachtung Wahlbeobachter-Ausbildung Stärkung von Praktiken der Interessenartikulation Wählerbildung Parteienförderung Parlamentarier-Fortbildung Schulungen von Mitarbeitern/Mitgliedern zivilgesellschaftlicher Organisationen Qualifizierung von Mitarbeitern lokaler/regionaler Entitäten Journalistenschulungen Stärkung von Praktiken des Interessenausgleichs Ausbildung von Richtern, Staatsanwälten und Strafverteidigern Trainings zu gewaltfreier Konfliktbearbeitung/ Ausbildung von Fazilitatoren Parlamentarier-Fortbildung
Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs o Justizreformen zur Stärkung der Unabhängigkeit o Mesas sectoriales o Nationaler Dialog Tabelle 8:
3.
Externe Demokratieförderung und die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs in Nicaragua
Einzelne Maßnahmen der internationalen Demokratieförderung haben eher zur Polarisierung als zum Interessenausgleich beigetragen. Dies gilt vor allem für verschiedene Aktivitäten in den ersten Nachkriegsjahren, wie z.B.
309
die einseitige Kampagnenunterstützung der USA für die UNO-Koalition im Jahr 1990. Auch das anfangs ausschließlich auf den Schutz und die Reintegration der Contra-Rebellen ausgerichtete Mandat der CIAV/OASMission trug mehr zu einer Vertiefung der Trennlinien als zur Überwindung dieser bei. 4.
Im Vergleich zum internationalen Engagement in El Salvador und Guatemala fällt ein quantitativer Unterschied auf: In Nicaragua gab es keine mehrjährige und mehrdimensionale Friedensmission der Vereinten Nationen, die gleich zu Beginn des Friedensprozesses im Bereich der Demokratieförderung entscheidende Impulse hätte setzen können. Zwar wurden auch nach Nicaragua internationale Missionen entsandt, diese hatten allerdings ein deutlich begrenzteres Mandat oder wurden, wie ONUVEN, auch nur für einen sehr kurzen Zeitraum eingesetzt und konnten somit deutlich weniger zur Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs beitragen. Dies bedeutet nicht, dass Nicaragua nicht schon zu Beginn der 1990er Jahre in einem hohen Maße unterstützt worden wäre. Diese Hilfe war jedoch vor allem auf die Schuldentilgung und wirtschaftliche Strukturreformen ausgerichtet und deutlich weniger auf Friedenskonsolidierung oder Demokratieförderung (Peceny/Stanley 2001: 161; vgl. dazu auch 7.1.2).
5.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich in Nicaragua durch Entwicklungen wie den liberal-sandinistischen Pakt die Bedingungen für den Interessenausgleich eher verschlechtert als verbessert haben. Auf diese Probleme haben externe Akteure mit unterschiedlichen Maßnahmen reagiert wie beispielsweise Initiativen zur Überarbeitung der Wahlgesetze, Parteienförderung, Maßnahmen zur Stärkung der Legislative sowie zur Förderung der Unabhängigkeit der Justiz. Angesichts des Ausmaßes der Probleme bleibt allerdings offen, ob dies mehr als der berühmte ‚Tropfen auf den heißen Stein‘ ist.
Angesichts dieser Überlegungen wird folgende Einordnung der unabhängigen Variablen vorgenommen: Bis Ende der 1990er Jahre war die externe Demokratieförderung in Nicaragua nur schwach auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet. Der Grund hierfür ist, dass zentrale Defizite für den Interessenausgleich in Nicaragua unbeachtet blieben. Ab Ende der 1990er Jahre wird die Ausrichtung der externen Demokratieförderung auf die Stärkung von Institutionen hingegen als moderat eingestuft. Der Grund für diese graduelle Verbesserung ist die größere Berücksichtigung von Kernproblemen.
310
7.2.2
Instrumentarium: Das ‚Wie‘ externer Demokratieförderung in Nica ragua
Im folgenden Abschnitt wird die unabhängige Variable von Hypothese 2 bestimmt. Im Mittelpunkt der Analyse steht die Frage nach der Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung. Hierfür ist eine Untersuchung der Kontextbedingungen erforderlich (vgl. 4.1.2). 7.2.2.1 Konditionalität Konditionalität wurde in Nicaragua insbesondere von den USA eingesetzt. Bei den gestellten Bedingungen handelte es sich jedoch in den meisten Fällen nicht um Forderungen zur Umsetzung demokratischer Reformen. Stattdessen wurde neoliberalen Wirtschaftsreformen eine hohe Bedeutung eingeräumt. Die USA knüpften, in enger Abstimmung mit der Weltbank und dem IWF, die für die ersten beiden Nachkriegsjahre versprochenen 440 Millionen US-Dollar Entwicklungshilfe explizit an die Erfüllung strikter Vorgaben aus dem Strukturanpassungsprogramm der internationalen Finanzinstitutionen (Dye et al. 1995: 6; Haugaard 1997: 1). Ein anderes Thema, das die US-nicaraguanischen Beziehungen in der ersten Hälfte der 1990er Jahre bestimmte und zur Aussetzung von Hilfszahlungen führte, waren Eigentumsfragen.303 Des Weiteren lehnten die USA den auch nach der Wahl 1990 weiter bestehenden Einfluss der Sandinisten entschieden ab. Ein besonderer Dorn im Auge war ihnen Humberto Ortega, der von Chamorro als Armeechef im Amt belassen worden war. Ebenso kritisierten sie die Führungsstruktur der Polizei, an deren Spitze mit René Rivas gleichfalls ein Sandinist seinen Posten behalten hatte. Erneut unterstrichen die USA ihre Forderungen – dieses Mal die Entlassung von Ortega und Rivas und die Etablierung der zivilen Kontrolle über die Sicherheitsapparate –, mit erheblichem Druck auf die Regierung von Violeta Chamorro. Gerüchten zufolgen ist ein Hilfspaket in Höhe von 100 Millionen US-Dollar an die Entlassung des Polizeichefs geknüpft worden (Spence 2004: 53; 65). René Vivas verlor 1992 seinen Posten als Leiter der Polizei, Humberto Ortega hinge303
Hintergrund des Konfliktes war die Entscheidung der Chamorro-Regierung, die sandinistische Agrarreform weitestgehend zu akzeptieren. Enteignungen sollten nur in Ausnahmefällen rückgängig gemacht und ehemalige Besitzer ansonsten entschädigt werden. Nachdem die Bedingungen für die Entschädigungen bis Ende 1991 nicht präzisiert worden waren, machte Jesse Helms – republikanischer Senator, Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses und bevorzugter Ansprechpartner der nicaraguanischen Rechten – Druck. Er insistierte auf eine Rückgabe des konfiszierten Landes oder aber eine unmittelbare Entschädigung der enteigneten US-Bürger (diese US-Bürger waren in der Regel zum Zeitpunkt der Enteignung noch nicaraguanische Staatsbürger gewesen). Die Bush SeniorAdministration nahm seine Forderungen auf und setzte die Auszahlung von 104 Millionen US-Dollar aus (Arnson 1993: 241f.; Dye et al. 1995: 22).
311
gen trat erst 1995 von seinem Amt zurück.304 Diese Forderungen können anders als die ersten beiden Fälle durchaus als eine Form von DemokratieKonditionalität gesehen werden, da es um die Beschränkung demokratisch nicht legitimierter Einflusssphären und die zivile Kontrolle von Militär und Polizei ging. Auch von der Weltbank und dem IWF wurde die Gewährung von Krediten von der Erfüllung verschiedener Bedingungen abhängig gemacht. Dabei handelte es sich jedoch in den meisten Fällen um makroökonomische Forderungen. Erst im Laufe der 1990er Jahre rückten auch politische und soziale Konditionen zunehmend in den Blickpunkt der internationalen Finanzinstitutionen und wurden Teil des Katalogs von Bedingungen (Setton 2006: 7ff.). Dies spiegelte sich auch in der für Nicaragua besonders wichtigen HIPC-Initiative wider, in der Strategien der Armutsbekämpfung und einer guten Regierungsführung eine große Bedeutung eingeräumt wird (World Bank 2004x). Dennoch dominierten auch hier weiterhin die makroökonomischen Forderungen von Seiten der internationalen Finanzinstitutionen (Setton 2006: 16).305 Sanktionen wurden schließlich auch noch von anderen bilateralen Gebern gelegentlich eingesetzt. Als 1999 der unbequeme und hartnäckig gegen Korruption ermittelnde Präsident des Rechnungshofes Augustín Jarquín unter dubiosen Umständen inhaftiert wurde, forderten internationale Geber vehement seine Freilassung und übten Druck aus. Die skandinavischen Länder setzten darüber hinaus ihre Unterstützung für den Rechnungshof aus, nachdem im Zuge des Paktes der Rechnungshof-Präsident durch ein Kollektivgremium ersetzt wurde (Spence 2004: 66f.). Ein anderes Beispiel für Konditionalität ist die Forderung internationaler Geber nach einer gesetzlich geregelten Justizlaufbahn. Auf internationalen Druck hin war schon im Zuge der Verfassungsreform 1995 beschlossen worden, entsprechende Reformen durchzuführen, bis 2004 war jedoch immer noch nichts geschehen. Nach jahrelangen Blockaden und internationalen Drohungen mit der Aussetzung von Hilfsgeldern beschloss die Nationalversammlung schließlich im Oktober 2004 das Gesetz zur Regelung der Justizlaufbahn (Dye 2004: 49f.). Ein aktuelles Beispiel für finanzielle Sanktionen ist die Streichung von Budgethilfe in Höhe von 7 Millionen Euro, die das deutsche Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit Ende 2007 beschloss. Als Gründe für die Entscheidung wurden politische Fehlentwicklungen wie unzureichende Gewaltentei304 Zu den Hintergründen der Entlassung von Humberto Ortega vgl. Dye et al. 1995: 18 und Spalding 1996: 17f. 305 Einer Studie zufolge stellte die Weltbank als Voraussetzung für die Erteilung des ersten Poverty Reduction Support Credit an Nicaragua im Jahr 2003 insgesamt 107 Konditionen auf (Eurodad 2006: 8).
312
lung, fehlende Haushaltstransparenz, zu wenig politischer Wille zur Bekämpfung der Korruption sowie wachsende Menschenrechtsdefizite genannt (Faber 2008; Schoepp 2008). Auch Schweden und Großbritannien haben angekündigt, die Entwicklungszusammenarbeit mit Nicaragua einzustellen (Knecht 2008). Verhandlungsmacht und (Inter-)Dependenz Die Abhängigkeit Nicaraguas von internationalen Hilfeleistungen ist sehr hoch und übertrifft die Abhängigkeit El Salvadors und Guatemalas deutlich. Grund hierfür ist zum einen die hohe Verschuldung Nicaraguas. Zum Antritt der Chamorro-Regierung betrug der Schuldenstand Nicaraguas 10,7 Milliarden USDollar – das entsprach etwa dem siebenfachen Volumen des Bruttoinlandsprodukts oder aber dem zwanzigfachen Wert der jährlichen Exporte (Dijkstra/Evans 2003: 4). Zum anderen ergibt sich die Dependenz aus dem niedrigen Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung und der weit verbreiteten Armut des Landes. Zwischen 1994 und 2004 summierten sich die jährlichen Zuflüsse an öffentlicher Entwicklungshilfe auf 21 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (Gosparini et al. 2006: 10). Der internationale Schuldenstand ist zwar zurückgegangen und betrug 2004 nur noch 91 Millionen US-Dollar, dies gelang aber nur aufgrund der Teilnahme an der HIPC-Initiative und anderen internationalen Entschuldungsprogrammen. Insgesamt zählt auch heute noch der pro-Kopf Betrag an internationaler Entwicklungshilfe zu den höchsten in der Welt und trotz sinkender Tendenz ist die Abhängigkeit des Landes weiterhin hoch.306 Internationale Geber haben aufgrund dieser Dependenz eine große Verhandlungsmacht. Eine besonders mächtige Position haben die internationalen Finanzinstitutionen. So nimmt der IWF eine Schlüsselstellung ein, da seine Zustimmung zur Reformpolitik eines Landes relevant ist für die Entscheidung anderer Geber, Zuschüsse und Kredite zu gewähren (Gosparini et al. 2006: 1). Für Nicaragua war ferner die Teilnahme an der HIPC-Initiative von existentieller Bedeutung. Auch hierbei waren IWF und die Weltbank von besonderer Relevanz, da sie die Entscheidung darüber trafen, ob Nicaragua die Vorraussetzungen für den internationalen Schuldenerlass erfüllt hatte oder nicht. 306 Im Vergleich zu El Salvador und Guatemala ist die Abhängigkeit Nicaraguas allenfalls im Bereich der Auslandsüberweisungen von Gastarbeitern niedriger, da die Zahl der in die USA emigrierten Nicaraguaner deutlich niedriger ist. Im Jahr 2006 lag nach Angaben der Banco Central de Nicaragua die Höhe der Auslandsüberweisungen bei 655 Millionen US-Dollar (El Nuevo Diario, 13.9.2007), während die Gastarbeiterrenten in Guatemala bereits 2005 eine Summe von drei Milliarden USDollar erreicht hatten und in El Salvador auf eine Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar im Jahr 2004 gestiegen waren. Andererseits muss berücksichtigt werden, dass in Nicaragua trotz der deutlich niedrigeren Summen die Auslandüberweisungen im Jahr 2004 17,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmachten. In den erheblich stärkeren Volkswirtschaften von Guatemala und El Salvador waren es hingegen nur zehn bzw. 16,1 Prozent (Agunias 2006: 1).
313
Ansonsten verfügen vor allem große Geber wie die IDB, die EU, die USA, Japan und Schweden über Verhandlungsmacht. Diese Macht schwindet allerdings mit den seit 2007 wachsenden Hilfeleistungen aus Venezuela sowie zu einem kleineren Teil aus dem Iran, durch die Nicaragua seine Abhängigkeit von westlichen Entwicklungsgeldern reduzieren kann. Die USA sind darüber hinaus in einer machtvollen Position, da sie der wichtigste Handelspartner Nicaraguas sind – wenn auch mit sinkender Tendenz. So gingen 1994 41 Prozent der nicaraguanischen Exporte in die USA, 1997 waren es sogar 45 Prozent und 2003 immerhin noch 34 Prozent. Im Vergleich dazu betrugen die Exporte in die zentralamerikanischen Nachbarländer 1994 25 Prozent und steigerten sich bis 2003 auf 38 Prozent (European Commission 2007b: Annex 3.4). Glaubwürdigkeit Die von externen Gebern eingesetzte Konditionalität ist weitgehend glaubwürdig. So zeigt die Geschichte der US-nicaraguanischen Beziehungen, dass die USA zur Durchsetzung ihrer Forderungen vor Sanktionen nicht zurückschrecken. Dies war insbesondere in den 1980er Jahren der Fall, aber auch in der Nachkriegszeit gibt es, wie oben dargestellt, Beispiele für die Umsetzung angedrohter Sanktionen. Der internationalen Glaubwürdigkeit abträglich ist allerdings der Eindruck, gegenüber den verschiedenen Nachkriegs-Regierungen werde mit ‚zweierlei Maß‘ gemessen und die sandinistische Regierung werde besonders hart für Defizite bestraft, die unter vorherigen Regierungen noch toleriert worden waren (Faber 2008; Knecht 2008). Veto-Kräfte Es gibt in Nicaragua kaum Veto-Kräfte, die sich dem Demokratisierungsprozess vehement entgegenstellen. Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass die Vertreter der traditionellen Wirtschaftselite, die etwa in Guatemala demokratischen und sozioökonomischen Reformen kritisch gegenüberstehen, schon zu Zeiten der sandinistischen Revolution ins Exil gegangen sind (Maihold 1995: 138). Das Militär als ein potenzieller Veto-Akteur hat die immense Reduzierung seiner Truppengröße und seines Haushaltes ohne Widersprüche akzeptiert. Zwar besitzen die Streitkräfte weiterhin eine gewisse Autonomie und die zivile Kontrolle stößt bei der Auswahl des Armeechefs an ihre Grenzen (Dye 2004: 18). Davon abgesehen gibt es jedoch keinerlei Hinweise darauf, dass das Militär sich dem Demokratisierungsprozess je entgegenstellt hätte. Die demokratische Ausrichtung der beiden großen Parteien FSLN und PLC unter der Führung von Daniel Ortega und Arnoldo Alemán ist in mancherlei
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Hinsicht in Frage zu stellen.307 Beide Parteien sind hierarchisch aufgebaut, innerparteiliche Opposition wird kaum akzeptiert und das Bekenntnis zur Demokratie ist eher ein rhetorisches und instrumentelles als eines aus tatsächlicher Überzeugung. Dies hat insbesondere der Pakt gezeigt, bei dem beide Seiten die Sicherung der eigenen Einflusssphären auf Kosten einer Schwächung der nicaraguanischen Demokratie betrieben haben. Insofern sind diese beiden Parteien zumindest als moderate Veto-Akteure zu betrachten. Zwar versuchen sie einen demokratischen Schein zu wahren und setzen keine gewaltsamen Mittel ein wie etwa die Veto-Akteure in Guatemala. Doch wenn demokratische Reformen ihre Eigeninteressen behindern und sie die Möglichkeit haben, diese beispielsweise durch ihre parlamentarische Mehrheit zu verhindern, dann tun sie dies auch, wie die Blockade der Reformagenda von Bolaños gezeigt hat (Dye 2004). Ausrichtung an Zielgruppen Die Anreize und Sanktionen, die im Zuge einer Konditionalisierung der Hilfe für Nicaragua eingesetzt wurden, waren weitestgehend unspezifisch und nicht auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtet. Die USA etwa setzten die Zahlung von Entwicklungshilfegeldern aus, die internationalen Finanzinstitutionen hingegen machten die Erteilung von Krediten von der Erfüllung bestimmter Konditionen abhängig. In beiden Fällen standen somit Ressourcen zur Disposition, die der allgemeinen Entwicklung Nicaraguas zugute kommen sollten. Etwas anders stellt sich die Situation hinsichtlich der Aussetzung der skandinavischen Unterstützung für den Rechnungshof dar. Hierbei handelt es sich zwar um eine spezifizierte Sanktion, sie trifft jedoch mit dem Rechnungshof den Falschen. Denn nicht in der Verantwortung des Rechnungshofes, sondern in der des Parlaments lag die Entscheidung zum Austausch des RechnungshofPräsidenten durch ein Kollektivgremium. Ferner wird die Zusammensetzung dieses Leitungsorgans nicht vom Rechnungshof, sondern von der Nationalversammlung bestimmt. Konsistenz, Klarheit und Intensität Die Forderungen, die an Nicaragua gestellt wurden, waren in der Regel klar und präzise. Erwartet wurden zumeist konkrete und direkt umsetzbare Schritte, wie die Verabschiedung der Justizlaufbahn oder die Entlassung des Polizeichefs. Die Konsistenz der Konditionalität war hingegen weniger gegeben. Insbesondere die von den internationalen Finanzinstitutionen und den USA geforderte Strukturanpassung hatte kontraproduktive Auswirkungen und führte zu einer Vergrößerung der Armut und einer Zunahme der sozialen Ungleichheit. Damit 307 David Dye spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem Wettbewerb „between authoritarianisms desirous of moving the country back toward rightwing or leftwing hegemony“ (Dye 2004: 2).
315
verschlechterten sich auch die Ausgangsbedingungen für nationale Versöhnung. Außerdem destabilisierte die Enttäuschung großer Teile der Bevölkerung über die ausbleibende Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse den Demokratisierungsprozess (Haugaard 1997: 2; Paris 2004: 117). Hinsichtlich des Kriteriums der Intensität ist festzuhalten, dass der Umfang der in Aussicht gestellten Anreize und Sanktionen sehr groß war. Das gilt sowohl für die Weltbank-Kredite als auch für die Entschuldung und die US-Hilfen. Als die USA beispielsweise 1992 die Zahlung von 104 Millionen US-Dollar temporär aussetzten, brachte dies Nicaragua in erhebliche Schwierigkeiten, da dieser Betrag beinahe einem Fünftel der nationalen Haushaltsausgaben entsprach (Close 1999: 136). Zusammenfassung Konditionalität Externe Akteure haben das Instrument der Konditionalität in Nicaragua selten zur Förderung des Demokratisierungsprozesses eingesetzt. Zwar ist und war Nicaragua einer Vielzahl von internationalen Konditionen ausgesetzt, diese beziehen sich aber zum größten Teil auf wirtschaftspolitische Fragen. So hat sich die Konditionalität von Weltbank und IWF erst seit Ende der 1990er Jahre von einer rein wirtschaftlichen auf eine wirtschaftliche und politische Konditionalität hin erweitert. Die Ausgangsbedingungen für einen Erfolg dieses Instrumentes wären allerdings durchaus gegeben gewesen, da Nicaragua zu einem hohen Grad von internationaler Hilfe abhängig ist, die Verhandlungsmacht externer Akteure dementsprechend groß ist und es keine starken VetoKräfte gibt. Defizite der bisher eingesetzten Konditionalität sind hingegen hinsichtlich der ungenügenden Ausrichtung auf Zielgruppen und der mangelnden Konsistenz zu konstatieren. 7.2.2.2 Soziale Einflussnahme Soziale Einflussnahme spielte in Nicaragua im Verlauf des Friedensprozesses eine deutlich geringere Rolle als in El Salvador und in Guatemala. Dies hängt vor allem mit dem bereits oben angesprochenen niedrigeren Engagement internationaler Akteure für den Friedens- und Demokratisierungsprozess in Nicaragua zusammen. Die größte Bedeutung kam sozialer Einflussnahme im Vorfeld und während der Wahlen von 1990 zu, die von einer großen Zahl internationaler Beobachter überwacht wurden. Von den drei wichtigsten Wahlbeobachtermissionen (UN, OAS und Carter Center) setzte vor allem die UN-Mission ONUVEN das Instrument der sozialen Einflussnahme ein. Dies lag daran, dass im Mandat der Mission die regelmäßige Erstellung von Berichten – insgesamt waren es fünf – an den UN-Generalsekretär vorgesehen war. Darin bewertete die Mission die Entwick316
lung der Medienberichterstattung, die Kampagnen der Parteien, den Prozess der Kandidaten- und Wählerregistrierung, das Ausmaß der Gewalt, die Performanz des Obersten Wahlrates und ähnliche Themen. Durch Lob und Kritik gelang es der Mission auf subtile Art und Weise, Einfluss auf die wesentlichen Akteure – den Obersten Wahlrat sowie die Parteien – auszuüben und im Falle von Fehlentwicklungen Korrekturen zu erzielen (McConnell 2000: 124). Eine ähnliche Resonanz über das Mittel der sozialen Einflussnahme konnten die Beobachtermissionen von OAS und Carter Center nicht erzielen, da die Schwerpunkte ihrer Arbeit entweder auf der lokalen Konfliktbearbeitung oder aber auf der stillen Diplomatie und Vermittlung lagen und sie somit ganz andere Mittel einsetzten. Allerdings veröffentlichten auch diese beiden Missionen einen Abschlussbericht, in dem sie den Verlauf der Wahlen bewerteten und somit das Instrument der sozialen Einflussnahme einsetzten. Darüber hinaus ist soziale Einflussnahme natürlich auch inhärenter Bestandteil aller weiteren internationalen Wahlbeobachtungen in Nicaragua gewesen. Die CIAV/OAS-Mission, die bis 1997 in Nicaragua anwesend war, setzte das Mittel der sozialen Einflussnahme nur in einem sehr geringen Maße ein. Schwerpunkt der Arbeit der Mission war humanitäre Hilfe und die Unterstützung der Reintegration der Contra (beziehungsweise später der gesamten kriegsgeschädigten Bevölkerung) sowie die Mediation von Konflikten. Im Zuge der Überwachung der Menschenrechtssituation in den ehemaligen Konfliktzonen lenkte sie jedoch auch den Blick auf Sicherheitsverletzungen von Seiten der Sandinisten und das Problem der Straflosigkeit und kritisierte somit Fehlentwicklungen öffentlich (Spalding 1999: 42). Sehr deutliche öffentliche Kritik haben Vertreter der Gebergemeinschaft an der Regierungspraxis von Daniel Ortega im Sommer 2008 geübt. In einer gemeinsamen Erklärung äußerten sie Besorgnis über die Reduktion demokratischer Freiräume in Nicaragua und wiesen darauf hin, dass die Stärkung von Demokratie, Pluralismus und Transparenz Voraussetzungen für den Erfolg von Armutsbekämpfung und somit Entwicklungszusammenarbeit seien.308 Die Ermahnung stieß allerdings auf taube Ohren: Daniel Ortega reagierte schon am nächsten Tag mit Beleidigungen gegen die Geber und das Außenministerium drohte akkreditierten Diplomaten mit der Ausweisung (Knecht 2008). Autorität und Identifikation Die internationalen Wahlbeobachtermissionen der UN, der OAS und des Carter Centers waren in Nicaragua willkommen. Sowohl die Sandinisten als auch die oppositionellen Kräfte duldeten nicht nur die Anwesenheit externer Beobachter, 308
Vgl. Mesa de Cooperantes (2008): Pronunciamiento. http://www.onu.org.ni/noticia?idnoticia=4445 (21.10.2008).
20.06.2008.
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sondern stimmten ihr ausdrücklich zu. Einschätzungen und Bewertungen der externen Beobachter wurden respektiert und beachtet (Pastor 1992: 247). Die Opposition schätzte die externen Beobachter vor allem als neutrale Kräfte und als Garant für die Verhinderung von Wahlmanipulationen. Die Sandinisten hingegen hofften, dass ein von internationalen Wahlbeobachtern verifizierter FSLN-Sieg dem Regime endlich die langersehnte Legitimität der internationalen Gemeinschaft sichern würde (McConnell 2000: 119). Die Reputation der CIAV/OAS-Mission war hingegen deutlich schlechter. Dies lag vor allem daran, dass die Mission anfangs ein einseitiges Mandat hatte und lediglich mit dem Schutz und der Reintegration der Contra, nicht aber mit der Betreuung anderer Bevölkerungsgruppen beauftragt war. Ihr wurde daher einseitige Parteinahme vorgeworfen. Humberto Ortega ging sogar so weit, der Mission eine Stimulierung zum Aufstand zu unterstellen (Poonal 5.7.1993). Neben dem Mandat beeinträchtigten noch andere Faktoren die Autorität der Mission. So leitete mit Santiago Murray ein Argentinier die Mission, und auch andere zentrale Positionen wurden von Argentiniern besetzt. Das wiederum löste Ablehnung und Misstrauen bei den Sandinisten aus, die sich an Argentiniens Beitrag zur Unterstützung der Contra Anfang der 1980er Jahre erinnerten (Hartzell 2002: 372). Ein weiteres Problem ergab sich aus der Tatsache, dass vor allem USAID die Mission finanzierte.309 Sie wurde daher von manchen als „extension of U.S. Contra aid policy“ (Spalding 1999: 42) wahrgenommen. Trotz dieser schwierigen Ausgangsvoraussetzungen gelang es der Mission allerdings mit der Zeit, ihre Reputation zu verbessern und auch die Akzeptanz der Sandinisten zu gewinnen. Dies ist nicht nur auf eine Mandatserweiterung zurückzuführen, sondern liegt auch in dem Engagement der Mission bei der Bearbeitung lokaler Konflikte und ihrem wichtigen Beitrag zur Deeskalation von Gewalt begründet (Lincoln/Sereseres 2000: 29ff.). (Inter-)Dependenz Wie bereits im vorigen Abschnitt dargestellt wurde, ist die Abhängigkeit Nicaraguas von internationalen Hilfeleistungen sehr hoch. Dieser Aspekt wird daher an dieser Stelle nicht nochmals ausgeführt. Resonanz Die politische Kultur Nicaraguas ist von Personalismus und Klientelismus sowie einem Mangel an Toleranz und Pluralismus gekennzeichnet. Eliten betrachten Politik vor allem als ein Nullsummenspiel (Córdova/Seligson 2001: 11; Dye 2004: 16f.; Rojas Bolaños 1998: 84). Historische Erfahrungen mit Demokratie 309 Zwischen April 1990 und Juni 1993 wurden 97 Prozent des Haushaltes der Mission von USAID finanziert (Spalding 1999: 59).
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gibt es nicht. Jedoch stellte die sandinistische Revolution eine wichtige Zäsur in der politischen Geschichte Nicaraguas dar. Sie löste politische Veränderungen aus, die nicht ohne Folgen für die politische Kultur blieben. So kam es unter der Herrschaft der Sandinisten zu einer erheblichen politischen Mobilisierung der Bürger, die Möglichkeiten für politische Partizipation wurden ausgeweitet und die Menschen in Volksorganisationen integriert (Spalding 1996: 4). Dies bewirkte eine Stärkung der Organisations- und Partizipationskapazitäten der nicaraguanischen Gesellschaft und einen Mentalitätswandel (Córdova/Maihold 2000: 29).310 Die breite Masse der Bevölkerung unterstützt die Demokratie – zumindest in einem abstrakten Sinne – und lehnt Gewalt als Mittel der Konfliktbearbeitung ab (Dye 2004: 16). Zieht man allerdings die Untersuchungen des Latinobarómetro heran, so sind auch negative Trends zu bemerken. Die Zustimmung zur Demokratie ist rückläufig. So stimmten noch 1995 59 Prozent und 1998 sogar 72 Prozent der Befragten der Aussage „democracy is preferable to any other form of government“ zu. 2004 waren es nur noch 39 Prozent. Gleichzeitig bejahten aber ebenfalls im Jahr 2004 67 Prozent der Befragten die Aussage „democracy may have problems, but it is the best system of government “ (Latinobarómetro 2004: 9). Die Ergebnisse der Umfrage sind insofern in hohem Maße widersprüchlich und deuten nach Meinung von David Dye auf eine zwiegespaltene Haltung zur Demokratie hin: Democracy doubtless has a reserve of support rooted in historical memories of privation and abuse under prior regimes. But social and economic vulnerabilities, experienced by a large majority of the people, appear to be attenuating system support (Dye 2004: 20f.).
Zusammenfassend betrachtet sind die Bedingungen für eine Anschlussfähigkeit demokratischer Normen und Praktiken in Nicaragua zwar nicht ideal, aber besser als in El Salvador und in Guatemala. Konsistenz Die Konsistenz der sozialen Einflussnahme wurde durch verschiedene Interventionen der USA erheblich beeinträchtigt. Bereits im Vorfeld der Wahlen von 1990 streuten die USA Zweifel an einem rechtmäßigen und manipulationsfreien Wahlablauf und brachten damit ein gewisses Misstrauen gegenüber den internationalen Wahlbeobachtungsmissionen zum Ausdruck. Darüber hinaus machten 310
Der Politikwissenschaftler Manuel Ortega Hegg führt ein gestiegenes politisches Bewusstsein der Bürger Nicaraguas auf die Erfahrungen der sandinistischen Revolution zurück. Das Phänomen des ‚unterwürfigen Campesinos‘ gehöre nicht zuletzt dank dieser Erfahrungen der Vergangenheit an. Interview mit Manuel Ortega Hegg, Managua, 2.9. 2004.
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US-Repräsentanten nicht nur deutlich klar, dass sie das Koalitionsbündnis UNO unterstützten, sondern ließen auch offen, ob die USA einen Wahlsieg der FSLN akzeptieren würden (Booth/Wade/Walker 2006: 85). Etwas anders stellte sich die Situation bei den späteren Präsidentschaftswahlen dar, in deren Vorfeld die USA zumindest betonten, keinen der Kandidaten zu unterstützen. Der Wahlsieg eines jeden Kandidaten, auch der Ortegas, würde akzeptiert, wenn er denn unter fairen Wahlbedingungen stattfände, lautete der Tenor des US-amerikanischen Botschafters John Maisto zu den Wahlen 1996 (Butler et al. 1996: 3). Tatsächlich hielten sich die USA jedoch längst nicht so zurück wie von ihnen angekündigt. US-Repräsentanten schalteten sich insbesondere dann ein, wenn Umfrageergebnisse Daniel Ortega311 im Aufwind sahen. Nach dem 11. September, im Vorfeld der Wahlen von 2001 (als Ortega in Meinungsumfragen um sieben Prozentpunkte führte), ging John F. Keane, Leiter der Abteilung für Mittelamerika im Außenministerium, sogar so weit, eine Verbindung zwischen Ortega und dem internationalen Terrorismus herzustellen (Walker 2003: 68). Jeb Bush, Gouverneur in Florida und Bruder des US-Präsidenten, schaltete eine Zeitungsanzeige in der nicaraguanischen Zeitung La Prensa, in der er unverhohlen gegen Daniel Ortega Stellung bezog: Daniel Ortega ist ein Feind all dessen, für das die USA stehen. Darüber hinaus ist er auch ein Freund von unseren Feinden. Ortega hat eine mehr als 30-jährige Beziehung zu Staaten und Individuen, die den internationalen Terrorismus schützen und fördern. Im Gegensatz dazu ist Enrique Bolaños ein Mann, dessen Vergangenheit eine Zukunft in Freiheit verspricht (zitiert nach Peetz 2001: 233).
Fünf Jahre später war es der Botschafter der USA in Managua, Paul Trivelli, der nicht nur versuchte, die konservativen liberalen Parteien mit US-Unterstützung dazu zu drängen, einen gemeinsamen Kandidaten aufzustellen (und damit die Gefahr eines Sieges von Daniel Ortega zu reduzieren), sondern später auch andeutete, dass ein Sieg Ortegas die Auszahlung von US-Geldern gefährden könnte. Die republikanische Kongressabgeordnete Dana Rohrabacher forderte Heimatschutzminister Michael Chertoff dazu auf, Vorbereitungen zu treffen für die Blockierung von Geldüberweisungen nicaraguanischer Gastarbeiter im Falle eines Sieges von Ortega (Beachy 2006: 1). Diese und weitere anti-sandinistische Aussagen US-amerikanischer Offizieller führten dazu, dass sowohl die Wahlbeobachter der OAS als auch die der EU die Einmischung der USA offen kritisierten (European Union Election Oberservation Mission 2007: 51). 311 Daniel Ortega war seit 1984 bei allen Wahlen der Präsidentschaftskandidat der FSLN. 1984 gewann er die Wahlen, darauf folgten drei Niederlagen. 2006 wurde er erneut zum Präsidenten gewählt.
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Für den Demokratisierungsprozess Nicaraguas sind derlei öffentliche Äußerungen Gift. Die Intervention erzeugt ein Klima der Angst, unterminiert die nationale Souveränität und widerspricht demokratischen Werten.312 Inkonsistenz in Folge einer mangelnden Ausgewogenheit ist den USA schließlich auch in ihrer Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua vorzuwerfen. So kritisierte die Bush Senior-Administration Anfang der 1990er Jahre zwar die Menschenrechtsverletzungen an Mitgliedern der Contra und die nur mangelhaften Fortschritte der Chamorro-Regierung bei der Untersuchung dieser Vorkommnisse, gleichzeitig ignorierte sie jedoch die ebenfalls um sich greifenden Überfälle und Ermordungen von pro-sandinistischen Bauern oder ehemaligen Soldaten (Haugaard 1997: 1). Klarheit, Dauer, Intensität sowie Öffentlichkeit Da das Instrument der sozialen Enflussnahme in Nicaragua keine allzu große Rolle spielte, kann hinsichtlich der Prozessbedingungen nicht viel ausgesagt werden. In Bezug auf die Klarheit ist festzustellen, dass ONUVEN zwar stark darauf achtete, von der nicaraguanischen Öffentlichkeit nicht als interventionistisch wahrgenommen zu werden, Defizite im Wahlprozess wurden aber dennoch offen gegenüber dem Obersten Wahlrat angesprochen ( McConnell 2000: 124). Auch das Kriterium der Öffentlichkeit war erfüllt. Die Berichte von ONUVEN an den Generalsekretär wurden von der nicaraguanischen Presse, die darüber ausführlich berichtete, stets ungeduldig erwartet (McConnell 2000: 124). Die Abschlussberichte anderer Wahlmissionen wurden ebenfalls veröffentlicht. Weniger erfüllt wurde hingegen das Kriterium der Dauer, da das Instrument der sozialen Einflussnahme vor allem von zeitlich befristeten Missionen eingesetzt wurde. Zusammenfassung soziale Einflussnahme Das Instrument der sozialen Einflussnahme wurde in Nicaragua nur wenig eingesetzt, obwohl die Rahmenbedingungen dafür hinsichtlich Autorität, Identifikation, (Inter-)Dependenz und Resonanz weitestgehend günstig gewesen wären. Als massiver Versuch der sozialen Beeinflussung könnten allenfalls die wiederholten Interventionen der USA im Vorfeld von Präsidentschaftsund Parlamentswahlen benannt werden. Diese Beiträge waren jedoch in keiner Weise dazu geeignet, den Demokratisierungsprozess voranzutreiben, sondern unterminierten ihn vielmehr.
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Interview mit Rodolfo Delgado Romero, Managua, 6.9.2004.
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7.2.2.3 Materielle Förderung Materielle Förderung als Instrument der Demokratieförderung ist in Nicaragua vor allem zur Stärkung von schlecht ausgestatteten Institutionen sowie zur Verbesserung des Zugangs zur Justiz eingesetzt worden. Die nicaraguanische Polizei ist beispielsweise aufgrund einer ungenügenden nationalen Finanzierung auf die Unterstützung internationaler Geber angewiesen (Grigsby 2006: 8). Schweden als einer der Hauptgeber für die Polizeireform hat zwischen 2002 und 2005 den Umbau der Polizeiakademie sowie den Bau und die Ausstattung von 23 neuen Polizeistationen auf dem Land finanziert. Zahlreiche Infrastrukturprojekte wurden auch im Bereich der Justizreform umgesetzt. Von einem 2001 bewilligten IDB-Kredit in Höhe von 15 Millionen US-Dollar für die Justizreform wurde der Bau des zentralen Gerichtskomplexes in Managua finanziert, ebenso der Bau und die Ausstattung von acht sogenannten Unterstützungs-, Mediations-, Informations- und Orientierungszentren (Centros de Atención, Mediación, Información y Orientación, CAMINOs) in ruralen Gebieten. Auch ein Teil der laufenden Personalkosten in den CAMINOs wurde durch den Kredit finanziert (IDB 2001a: 11ff.). Andere wichtige Geber für den Ausbau der Justiz-Infrastruktur sind die EU, die in einem von 1998 bis 2002 laufenden Justizprogramm den Bau von Justizkomplexen finanzierte (Poder Judicial 2006), sowie UNDP. Mit der Finanzierung Japans baute UNDP den Hauptsitz der Generalstaatsanwaltschaft in Managua sowie Justizkomplexe, darüber hinaus errichtete UNDP ein Netz von Casas de Justicia in ländlichen Gebieten. Außerdem wurden Vertretungen der Staatsanwaltschaft auf departementaler Ebene mit Computern und Möbeln ausgestattet. Auch der Oberste Wahlrat gehört zu den Empfängern internationaler Finanzhilfen. So haben externe Geber, allen voran die USA, Spanien, Schweden und Dänemark, diese Institution alleine zwischen 1990 und 1996 mit mehr als 17 Millionen US-Dollar unterstützt. Rund ein Drittel dieser Gelder wurde für die Einführung von Personalausweisen als Grundlage für die Wählerregistrierung verwendet, die restlichen Mittel für die Finanzierung der Wahlen 1996 (LópezPintor 1998: 48f.). Diese wurden zu 57 Prozent von externen Gebern finanziert (McCoy 1998: 61). Finanzielle Hilfe als Form der Demokratieförderung ist ferner auch noch relevant bei der Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die ohne internationale Geldgeber häufig nicht überlebensfähig wären (Embassy of the United States at Managua, Nicaragua 2006: 1f.). Ressourcenausstattung und Absorptionsfähigkeit Insgesamt machen materielle und finanzielle Unterstützungsleistungen nur einen kleinen Teil der internationalen Demokratieförderung in Nicaragua aus. Insofern
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stellt fehlende Absorptionsfähigkeit kein Problem dar – zumindest wenn man nur die Finanzflüsse im Bereich der externen Demokratieförderung betrachtet.313 Ebenso wenig gibt es Hinweise darauf, dass es aufgrund von Ressourcenknappheit zu einer Einschränkung finanzieller oder materieller Hilfe gekommen wäre. Der Stopp oder die Aussetzung von Hilfeleistungen hatte hingegen meist politische Gründe oder lag in der Unzufriedenheit der Geber mit der Umsetzung der Hilfe begründet.314 Nachhaltigkeit und Verteilung Dem Instrument der materiellen Förderung fehlt es in Nicaragua zumeist an Nachhaltigkeit. Viele der unterstützten Institutionen und Organisationen sind auf dauerhafte externe Unterstützung angewiesen und haben eine Abhängigkeit entwickelt. Das trifft auf Organisationen der Zivilgesellschaft zu, aber auch auf staatliche Institutionen wie beispielsweise die Polizei oder die Ombudsstelle für Menschenrechte. Die Finanzierung beider Institutionen mit Geldern aus dem nationalen Haushalt ist unzureichend. Betrachtet man die Verteilung der finanziellen Unterstützung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit mit Nicaragua im Allgemeinen, so lassen sich zum Teil negative Wirkungen wie eine Verschärfung von Polarisierung und Konflikten beobachten.315 Diese Defizite lassen sich jedoch vermutlich nicht auf die materielle Förderung im Rahmen der internationalen Demokratisierungshilfe übertragen.
313 Betrachtet man die Entwicklungszusammenarbeit mit Nicaragua im Gesamten, so ist das Thema der mangelnden Absorptionsfähigkeit durchaus relevant. So haben Geber beispielsweise unter der Präsidentschaft von Alemán aufgrund von Korruptionsvorwürfen und Zweifeln an der Leistungsfähigkeit staatlicher Strukturen die programmorientierte Hilfe reduziert und stattdessen mehr auf Geber-kontrollierte Projekte gesetzt (Burke et al. 2005: ix; Gosparini 2006: 13). Da der Aufbau von Parallelstrukturen zur Implementierung der Projekte die ohnehin schon schwachen staatlichen Strukturen weiter beeinträchtigt, geht der Trend mittlerweile wieder zu Programmhilfe, insbesondere zu Sektorprogrammen und Budgethilfe. Dabei wird auch die Stärkung der Absorptionsfähigkeit von Entwicklungsländern angestrebt (Burke et al. 2005: 1ff.; Wieczorek-Zeul 2004). 314 Für internationale Peacebuilding-Aktivitäten spielte Ressourcenknappheit hingegen durchaus eine Rolle. So hatte die CIAV/OAS-Mission erhebliche Probleme damit, Gelder für ihre längerfristig angelegten Programme zur Reintegration ehemaliger Kombattanten zu finden (Díaz Lacayo 1996: 2). 315 Hintergrund sind zumeist einseitige Hilfeleistungen. So kanalisierte USAID in den Anfangsjahren der Friedenskonsolidierung Hilfe nur durch anti-sandinistische Organisationen. Erst unter Clinton kam es zu einer gewissen Diversifikation und größeren Ausgewogenheit der Unterstützungsleistungen (Haugaard 1997: 2). Ebenso problematisch war die Konzentration der humanitären Hilfe von UNHCR und der CIAV/OAS-Mission auf Flüchtlinge und demobilisierte Kombattanten. Andere arme Bevölkerungsgruppen wurden hingegen vernachlässigt, was Rivalitäten schürte (Dye et al. 1995: 32).
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Zusammenfassung materielle Förderung Materielle Förderung durch externe Geber ist für manche Institutionen in Nicaragua von essentieller Bedeutung. Im relativen Vergleich zu anderen Instrumenten spielen materielle und finanzielle Unterstützungsleistungen jedoch keine allzu große Rolle im Rahmen der Demokratieförderung. Die Erfolgsaussichten der materiellen Förderung werden durch eine fehlende Nachhaltigkeit eingeschränkt. 7.2.2.4 Wissenstransfer Das Instrument des Wissenstransfers wurde von externen Akteuren in den ersten Nachkriegsjahren wenig genutzt, macht aber mittlerweile einen Großteil der internationalen Demokratieförderung aus. Hierzu zählen die verschiedenen Beratungsaktivitäten bi- und multilateraler Geber, die zumeist auf die Ausgestaltung günstiger legaler Rahmenbedingungen für die Demokratisierung ausgerichtet sind. Beispiele hierfür sind die Beratung bei der Überarbeitung der Medien- und Wahlgesetzgebung (unter anderem durch Costa Rica, Venezuela und die USA), bei den gesetzlichen Bestimmungen zur Dezentralisierung oder aber bei der Ausgestaltung von Gesetzesreformen zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz. So unterstützte Spanien beispielsweise die Ausarbeitung des Gesetzes zur Justizlaufbahn. Ein anderes wichtiges Feld für Beratungstätigkeiten stellen institutionelle Reformen dar. Um die Leistungsfähigkeit von Institutionen zu verbessern, gibt es zahlreiche Maßnahmen externer Geber, die auf die Optimierung von Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufen ausgerichtet sind. So unterhielt die schwedische Entwicklungsagentur SIDA ein Projekt zur Umstrukturierung und institutionellen Stärkung der Polizei, bei dem diese darin unterstützt wurde, Organisationsstrukturen an die tatsächlichen Herausforderungen anzupassen, Verfahren zur Haushaltsaufstellung zu verbessern und partizipative Methoden der operativen Planung einzuführen (Fajardo et al. 2006: 21ff.). Ähnliche Angebote, nämlich Beratungsdienste für die Überarbeitung von Arbeitsabläufen im Gerichtswesen, sind Teil eines IDB-Kredits zur Stärkung der Justiz und der Verbesserung des Zugangs zur Justiz (IDB 2001a: 15ff.). Ein weiteres Beispiel sind die Programme im Bereich der Dezentralisierung, die häufig Maßnahmen zur Stärkung kommunaler Institutionen durch strukturelle Reformen umfassen (Ministry of Foreign Affairs/Danida 2002: 61ff.; PNUD 2007: 30f. ). Aufgrund der Teilnahme Nicaraguas an der HIPC-Initiative (welche die partizipative Entwicklung und Umsetzung einer Armutsbekämpfungsstrategie vorsieht) sowie angesichts eines generellen Trends zu einer stärker vom Empfängerland gestalteten Entwicklungszusammenarbeit gewinnen Maßnahmen zur Stärkung der Regierungsfähigkeit zunehmend an Bedeutung. So unterstützt bei-
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spielsweise die EU die nicaraguanische Regierung bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer nationalen Entwicklungsstrategie. Auch ein Darlehen der Weltbank ist auf die Stärkung des öffentlichen Sektors ausgerichtet. Durch Beratungsmaßnahmen sollen die effiziente Verwendung von Ressourcen, Korruptionsbekämpfung und mehr Transparenz gefördert werden (Gosparini et al. 2006: 30). Einer Evaluation zufolge wird das Potenzial der Programme jedoch nicht optimal genutzt, da die Gelder mehr für die Bezahlung von Personalstellen als für die tatsächliche Förderung der Kapazitäten in den Ministerien eingesetzt werden (Gosparini et al. 2006: 97). Schließlich sind als Tätigkeitsfelder externer Berater noch die Überarbeitung von Curricula der Polizeiakademie sowie die juristische Ausbildung zu nennen (D’Angelo/Uggla/Faroppa 2000: 25). Dem Instrument des Wissenstransfers zuzurechnen sind ferner zahlreiche Qualifizierungs- und Bildungsmaßnahmen in Form von Trainings und Workshops. Eine wichtige Zielgruppe ist hierbei die Justiz. Insbesondere UNDP und Schweden haben schon Anfang der 1990er Jahre erkannt, wie wichtig nicht nur ein besserer Zugang zur Justiz, sondern auch der Bereich der Aus- und Fortbildung ist (Spence 2004: 66). Zu den Angeboten von UNDP zählten beispielsweise Seminare für Richter auf allen Ebenen (lokal, regional und national) sowie die Unterstützung der Justizschule (PNUD 2007: 27). Schweden hingegen engagiert sich vor allem in einem Projekt der OAS zur Ausbildung von Fazilitatoren, die in ländlichen Gebieten mit schlechtem Zugang zur formalen Justiz zur Beilegung von Konflikten beitragen (Westerlund/Widenbladh 2007). Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft wurden im Rahmen des Rechtsstaatlichkeitsprogramms von USAID durch Materialien, Beratung und Seminare unterstützt (USAID 2002a: 2). In den Bereich der Fortbildung fallen außerdem Veranstaltungen zur Sensibilisierung für das Themenfeld Menschenrechte, die für Richter, Staatsanwälte und Ankläger gleichermaßen angeboten wurden. Fortbildungsangebote gab es auch im Bereich der Polizeireform. Dazu gehörten die Integration der Menschenrechtsbildung in die Aus- und Fortbildung der Polizeibeamten oder die Weiterbildung der Dozenten der Polizeiakademie. Auch Austauschprogramme für Dozenten zählten zu den von externen Gebern finanzierten Aktivitäten zur Verbesserung der polizeilichen Ausbildung (D’Angelo/Uggla/Faroppa 2000: 19; Fajardo et al. 2006: 27). Die Parteien wurden erst vor ungefähr fünf Jahren als wichtiger Adressat für Aktivitäten im Bereich des Capacity Building entdeckt. Mittlerweile gibt es gerade im Vorfeld von Wahlen zahlreiche Programme zur politischen Bildung und Vorbereitung der Kandidaten auf ihre künftigen Aufgaben. Darüber hinaus werden Kurse angeboten, die auf die Stärkung bestimmter Gruppierungen in den Parteien, insbesondere Jugendliche und Frauen, ausgerichtet sind. Dazu zählt
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etwa das Programm Agente de Cambio der Friedrich-Ebert-Stiftung.316 Schließlich gibt es auch noch Maßnahmen, die eine Stärkung der innerparteilichen Demokratie zum Ziel haben oder aber auch die Parteien bei der Entwicklung von politischen Programmen unterstützen (PNUD 2007: 29). Ähnlich wie die Parteien ist auch die Nationalversammlung erst spät in den Genuss internationaler Fortbildungsmaßnahmen gekommen. Mittlerweile ist auf dem Gebiet der Qualifizierung von Abgeordneten vor allem UNDP aktiv und bietet Seminare, Klausurtagungen und Exkursionen zur Fortbildung der Parlamentarier an (PNUD 2006: 28). Auch für Journalisten gab es Schulungen, wie zum Beispiel Kurse zur Ausbildung in Techniken der investigativen Recherche, was ein möglicher Beitrag zur Aufdeckung von Korruptionsskandalen sein kann (U 4 Anti-Corruption Resource Centre 2007a). Andere Angebote dienten der Förderung des Dialogs und des Austausches über Möglichkeiten zur Stärkung der Meinungsfreiheit oder aber der Sensibilisierung für demokratierelevante Themen (Fundación Violeta Barrios de Chamorro o.J.; UNESCO o.J.). Eine sehr wichtige Adressatengruppe ist schließlich die Zivilgesellschaft. Maßnahmen, die auf die Stärkung der Organisationsfähigkeit und der Effektivität der Gruppierungen abzielen, decken Themen wie Finanzadministration, Planungsprozesse, Kommunikation und ähnliches ab. Grundlegender ausgerichtete Seminare dienen hingegen der Vermittlung von Basiswissen über die Möglichkeiten der Interessenswahrnehmung in demokratischen Gesellschaften. Derlei Kurse aus dem Bereich der politischen Bildung sind auf die Partizipationsförderung zivilgesellschaftlicher Akteure ausgerichtet und spielen vor allem auf der Graswurzelebene eine große Rolle. Ebenso auf lokaler Ebene zu verorten sind Schulungen für kommunale Verwaltungsangestellte, deren Qualifizierung einen Beitrag zur Dezentralisierung und zur Stärkung kommunaler Institutionen leisten soll. Insbesondere Spanien und Schweden arbeiteten auf diesem Gebiet eng mit INIFOM zusammen und strebten eine Institutionalisierung der Ausbildung durch die Entwicklung eines Schulungssystems an (Poate et al. 2000: 10f.). Im Bereich der Menschenrechtsbildung war die CIAV/OAS-Mission aktiv und hat alleine zwischen 1994 und 1996 852 Trainings für lokale Führungspersönlichkeiten angeboten, die zu einer erheblichen Diffusion des Wissens über Menschenrechte beigetragen haben (Spehar 2001). Abgesehen von der OASMission waren es jedoch vor allem nationale Organisationen, die mit externer Finanzierung Menschenrechtstrainings durchgeführt haben. So finanzierte die EU das schon oben erwähnte Programa Plurianual Democracia y Derechos 316
Interview mit Nehemias Lopez, Managua, 25.8.2004.
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Humanos en America Central, in dessen Rahmen innerhalb von vier Jahren 210 Workshops durchgeführt wurden (IEN 2006). Auch auf dem Gebiet der politischen Bildung sind vornehmlich nationale Organisationen aktiv, deren Arbeit mit externen Geldern finanziert wird. Sie bieten Seminare zur Verbreitung demokratischer Werte an, bilden nationale Wahlbeobachter aus und organisieren Aktivitäten zur Wählermobilisierung. Zu den besonders in diesem Bereich engagierten Organisationen zählen unter anderem Ética y Transparencia, IEN (Instituto de Estudios Nicaragüenses), Hagamos Democracia und IPADE (Instituto para el Desarrollo y la Democracia).317 Schließlich setzten externe Geber auch diverse Medien für die politische Bildung ein. Broschüren oder Radiosendungen informieren die Bevölkerung über ihre Rechte, über den Inhalt neuer Gesetze oder auch neue Institutionen wie die Ombudsstelle für Menschenrechte. Ferner gibt es auch Informationsmaterial, das sich an spezielle Zielgruppen richtet. So gab die FES beispielsweise im Zusammenhang mit einem Projekt zur Dezentralisierung ein Handbuch für die Gemeinden heraus, in denen Informationen zum Funktionieren der Kommunalpolitik, der Arbeit des Gemeinderates und ähnlichem zusammengefasst wurde.318 Autorität und Identifikation Wie oben bereits erwähnt wurde, ist die Reputation der CIAV/OAS-Mission in den ersten Jahren ihrer Präsenz nicht allzu gut gewesen. Das lag vor allem an ihrem sehr einseitigen Mandat zugunsten des Schutzes der Contra, das eine Unparteilichkeit der internationalen Mission fraglich erschienen ließ (Child 2000: 21; Nuzzi O’Shaughnessy/Dodson 1999: 121). UNDP hat einen sehr guten Ruf in Nicaragua. Das Entwicklungshilfeprogramm wird als neutral wahrgenommen und hat vielfältige Kommunikationskanäle aufgebaut.319 Darüber hinaus verfügt UNDP, wie schon in der Fallstudie zu Guatemala ausgeführt, über umfangreiche Expertise im Bereich der Demokratieförderung. Ebenso verfügt die OAS über ausgewiesene fachliche Kompetenz auf dem Gebiet der Demokratisierungshilfe (vgl. hierzu Fallstudie Guatemala 5.2.2.4). Die Reputation der größtenteils nationalen Organisationen, die Maßnahmen im Bereich der Menschenrechtsbildung und Demokratieförderung durchführten, ist unterschiedlich. Einen exzellenten Ruf in Lateinamerika und insbesondere in Mittelamerika hat etwa das Instituto Interamericano de Derechos Humanos 317 Vgl. hierzu die Internetseiten der verschiedenen Organisationen: Etica y Transparencia: http://www.eyt.org.ni/; IEN: http://www5.ibw.com.ni/~ien/; Hagamos Democracia: http://www.hagamosdemocracia.org.ni/; IPADE: http://www.ipade.org.ni/ 318 Interview mit Nehemias Lopez, Managua, 25.8.2004. 319 Interview mit Juan Carlos Gutiérrez, Managua, 7.9.2004.
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(IIDH), das eng mit der Polizei zusammenarbeitete (D’Angelo/Uggla/Faroppa 2000: 19). Andere Menschenrechtsorganisationen wie beispielsweise CENIDH oder auch die Comisión Permanente de Derechos Humanos (CPDH) sind in dem politisch polarisierten Klima Nicaraguas hingegen gelegentlich Vorwürfen der Parteilichkeit ausgesetzt. Grund hierfür sind historische Verbindungen der Gruppierungen: So galt CENIDH als eine den Sandinisten besonders nahestehende Organisation, CPDH hingegen gehörte zu den schärfsten Kritikern des sandinistischen Regimes (Nuzzi O’Shaughnessy/Dodson 1999: 122). Ihr wurde von Gegnern auch der Vorwurf gemacht, in den 1980er Jahren Teil der amerikanischen Propaganda gewesen zu sein. Resonanz Da der Faktor der Resonanz bereits oben diskutiert wurde, wird er an dieser Stelle nicht nochmals aufgegriffen. Konsistenz Im Bereich von Beratung, Ausbildung und Information gibt es unzählige Fördermaßnahmen, deren Konsistenz im Einzelnen sich an dieser Stelle nicht beurteilen lässt. Eine Bewertung der Konsistenz des Wissenstransfers lässt sich allenfalls auf einer aggregierten Ebene vornehmen. Vergleicht man etwa die generelle Stoßrichtung der Ansätze verschiedener Geber und Implementierungsorganisationen, so lassen sich keine offensichtlichen Widersprüche feststellen. Es werden zwar teilweise unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, diese ergänzen sich jedoch in der Regel. Inkonsistenzen sind allerdings bei einem ‚Blick über den Tellerrand‘ zu bemerken, wenn nicht mehr nur die Widerspruchslosigkeit des Wissenstransfers verschiedener Geber untereinander verglichen wird, sondern auch andere Bereiche der Außenbeziehungen in die Untersuchung mit einbezogen werden. Hierbei sind vor allem zwei Aspekte zu nennen, die bereits in anderen Zusammenhängen genannt wurden: Erstens die von den internationalen Finanzinstitutionen und den USA geförderte neoliberale Reformpolitik, die kontraproduktive Auswirkungen hatte und aufgrund der negativen sozio-ökonomischen Implikationen den Friedens- und Demokratisierungsprozess unterminierte; sowie zweitens die Einmischung der USA in Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Dauer, Intensität und Nachhaltigkeit Zu Beginn des Friedensprozesses, nach den Wahlen 1990, gab es nur relativ wenige internationale Aktivitäten auf dem Gebiet des Wissenstransfers. Dies lag zum einen daran, dass anders als in El Salvador und Guatemala keine multidimensionale Friedensmission existierte, die mit dieser Aufgabe betraut worden
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wäre. Die CIAV/OAS-Mission konzentrierte sich in den ersten drei Jahren ausschließlich auf den Schutz und die Reintegration der Contra. Erst danach erweiterte sie ihr Tätigkeitsfeld und wurde auch im Bereich des Institution und Capacity Building aktiv. Ein anderer Grund dürfte sein, dass die Aufmerksamkeit internationaler Geber anfangs sehr stark auf wirtschaftspolitische Reformen ausgerichtet war und dass internationale Hilfe zum größten Teil in den Abbau des Schuldenbergs und den Ausgleich des Handelsdefizits floss. Der Aufbau leistungsfähiger Strukturen durch die Vermittlung von Fachkenntnissen wurde hingegen vernachlässigt, wie in einer Evaluation der EU-Entwicklungszusammenarbeit 1988-1997 kritisiert wurde (Europäische Kommission 2002b: 19). Schließlich bestand ein weiteres Defizit darin, dass wichtige Adressatengruppen für Maßnahmen aus dem Bereich des Wissenstransfers entweder weitestgehend missachtet wurden, wie beispielsweise die Contra, oder ihre Bedeutung als Zielgruppe erst sehr spät erkannt wurde, wie im Falle der Parteien und der Nationalversammlung geschehen. Hinsichtlich der Nachhaltigkeit der zahlreichen unterschiedlichen Maßnahmen ist eine allgemeine Bewertung schwer vorzunehmen. Gelegentlich wurde die Nachhaltigkeit dadurch beschränkt, dass externe Geber für die Projekte eigene Implementierungsstrukturen aufbauten und nicht die bereits bestehenden nicaraguanischen Strukturen nutzten und stärkten. Damit wurde nicht nur eine Möglichkeit für eine zusätzliche Stärkung der oftmals schwachen staatlichen Institutionen vergeben, sondern auch die Nachhaltigkeit gemindert, da institutionelles Wissen zur möglichen nationalen Fortführung von Maßnahmen nicht geschaffen wurde.320 Ein anderes Problem, gerade von Qualifizierungsmaßnahmen für Mandatsträger, besteht in der hohen personellen Fluktuation und der Gefahr, dass gut ausgebildete Abgeordnete bereits nach wenigen Jahren, nämlich nach der nächsten Wahl, ihr Amt aufgeben müssen. Damit geht wichtiges Wissen verloren. Ferner ziehen Machtwechsel auch häufig personelle Veränderungen in der höheren Verwaltungsebene nach sich, wenn sich eine neue Regierung dazu entschießt, in großem Umfang Personal auszutauschen (Europäische Kommission 2002b: 8). Auch damit gehen Erfahrungen verloren. Ähnliche Problem traten teilweise bei Fortbildungen für kommunale Verwaltungsangestellte auf. Um hier mehr Kontinuität zu sichern, haben sich externe Geber für die Schaffung einer kommunalen Verwaltungslaufbahn eingesetzt (Poate et al. 2000: 10).
320
Vgl. hierzu etwa die Kritik einer Evaluation am dänischen Dezentralisierungsprojekt PRODEMU, das sich nicht in die bereits bestehende Struktur von INIFOM, einem staatlichen Institut mit der Aufgabe der Förderung der Dezentralisierung, einfügte und stattdessen Parallelstrukturen aufbaute (Ministry of Foreign Affairs/Danida 2002: 65).
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Zusammenfassung Wissenstransfer Das Instrument des Wissenstransfers wurde in Nicaragua zu Beginn des Friedensprozesses relativ wenig eingesetzt, hat mit den Jahren jedoch mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Allerdings wurden wichtige Zielgruppen, wie insbesondere die Contra, nicht in die Maßnahmen einbezogen. Die Rahmenbedingungen für den Erfolg von Wissenstransfer sind gemischt – Defizite gibt es vor allem bei den Prozessbedingungen Konsistenz, Dauer und Nachhaltigkeit, während die Voraussetzungen hinsichtlich der Faktoren Resonanz und Autorität günstiger sind. 7.2.2.5 Dialog Daniel Ortegas Zugeständnisse im Zusammenhang mit dem Esquipulas-Prozess sowie sein Eingeständnis der Wahlniederlage gegen Violeta Chamorro 1990 sind Beispiele für die Bedeutung von Dialog und Überzeugung. Wie eingangs in der Fallbeschreibung dargestellt, ist Ortegas Kompromissbereitschaft zwar zu einem großen Teil auf Kosten-Nutzen-Kalkulation zurückzuführen und vor dem Hintergrund der wirtschaftlich desaströsen Lage Nicaraguas und der hohen Kosten des Krieges zu sehen. Dennoch spielten auch argumentative Prozesse eine Rolle für die Verhaltensänderung.321 Insbesondere Oscar Arias wirkte in langen Gesprächen auf Ortega ein und überzeugte ihn davon, am Esquipulas-Prozess teilzunehmen oder aber der Opposition weitere Zugeständnisse zu machen (Goodfellow/Morrell 1991: 376, 388). Ein anderes Beispiel für die Bedeutung des Dialogs für den Verlauf des Demokratisierungsprozesses ist der 25. Februar 1990, als Daniel Ortega mit der von ihm nicht erwarteten Wahlniederlage konfrontiert wurde. Noch in der Wahlnacht, in einer Besprechung mit den Leitern der drei Wahlbeobachtungsmissionen der Vereinten Nationen, der OAS und des Carter Centers wirkte insbesondere Jimmy Carter auf den geschockten Ortega ein. Er legte ihm dar, dass eine Wahlniederlage nicht „the end of the world“ sei und an den Leistungen Ortegas – vom Sturz Somozas bis hin zur Abhaltung freier Wahlen – nichts ändere. Carters Ausführungen überzeugten: Als Ortega am nächsten Tag vor der Öffentlichkeit seine Wahlniederlage einräumte, nahm er viele der Argumente Carters in seine Rede mit auf und erklärte, dass die Sandinisten trotz der Niederlage allen Grund hätten, stolz zu sein (Pastor 1992: 243). In der Nachkriegszeit fand der Dialog zwischen der internationalen Gebergemeinschaft und der Regierung Nicaraguas in verschiedenen Foren statt. Dazu zählte zunächst die Konsultativgruppe, in der die wichtigsten bi- und multilateralen Geber und die Regierung Nicaraguas die internationale Hilfe für Nicaragua abstimmten. Mit dem Amtsantritt von Enrique Bolaños hat die nicaraguanische 321
Interview mit Victor Hugo Tinoco, Managua, 8.9.2004 .
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Regierung selbst zunehmend die Initiative bei der Koordinierung der internationalen Hilfe ergriffen. Im Zuge dieses Engagements wurden 2003 verschiedene sektorale Runde Tische (Mesas Sectoriales) eingerichtet, an denen die internationalen Geber, die Regierung und zum Teil auch Vertreter der Zivilgesellschaft sektorbezogen die internationale Hilfe diskutieren und koordinieren. Auf übergeordneter Ebene wurde darüber hinaus noch der Mesa Global de Donantes als Forum zur allgemeinen Abstimmung zwischen der Regierung und den verschiedenen internationalen Gebern eingerichtet (European Commission 2007: 18). Schließlich wurde 2003 auch die sogenannte Budget Support Group gegründet, ein Gremium für die Diskussion der direkten Budgethilfe.322 Gerade für die Gewährung von Budgethilfe ist der Dialog von besonderer Bedeutung, da es sich hierbei eben nicht mehr um angebotsorientierte, kleinteilige und von den Gebern sehr genau kontrollierte Projekthilfe handelt, sondern die Verantwortung für den Entwicklungsprozess in die Hände der nationalen Regierung übergeben wird. Mit dem Verlust an Kontrollmöglichkeiten für die externen Geber einher geht die wachsende Bedeutung des politischen Dialogs, der von Themen wie dem Respekt von Menschenrechten und demokratischen Prinzipien, Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung und makroökonomischer Stabilität geprägt ist (Embassy of Sweden, Nicaragua 2007: 14). Ein Instrument für den Austausch zwischen der EU und Nicaragua ist der auf regionaler Ebene angesiedelte Dialog von San José, der das wichtigste Forum für den Austausch zwischen der EU und Zentralamerika darstellt. Bei den jährlichen Treffen, die seit 1984 stattfinden, standen anfangs die Friedensprozesse und die Demokratieentwicklung in der Region im Vordergrund. Mittlerweile haben Themen wie soziale und wirtschaftliche Entwicklung, Kriminalitätsbekämpfung oder Rechtstaatlichkeit an Bedeutung gewonnen. Spezielle Schwerpunkte der EU für den Austausch mit Nicaragua sind die Themen regionale Integration, Stärkung des sozialen Zusammenhalts, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie (European Commission 2007: 6f.). Weitere Räume für Dialog zwischen den bi- und multilateralen Gebern, der Regierung und teilweise auch der Zivilgesellschaft ergeben sich aus der Verabschiedung der Förderstrategien, die in einem Prozess der wechselseitigen Konsultation entwickelt werden. Darüber hinaus unterhalten Geber, die vor Ort mit einer Botschaft, Delegation oder einem Büro vertreten sind, informelle Kontakte zu Regierungsvertretern, Oppositionspolitikern und Repräsentanten der Zivilge322 Die Budgethilfe gewinnt in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit mit Nicaragua zunehmend an Bedeutung, was einem allgemeinen Trend in der Entwicklungspolitik entspricht. Unter Budgethilfe sind nicht-gebundene finanzielle Zahlungen an den Staatshaushalt zu verstehen. Ziel ist es, nationale Entwicklungsstrategien zu unterstützen und dabei die Eigenverantwortlichkeit der Empfängerländer zu respektieren (Küblböck et al. 2006).
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sellschaft. Diese Kommunikationskanäle sind von großer Bedeutung für Dialog, Austausch und Überzeugungsprozesse. Was die Wirkung des Dialogs angeht, so ist diese auch von der jeweiligen Administration abhängig. So haben sich beispielsweise insbesondere unter Arnoldo Alemáns Präsidentschaft die Beziehungen zwischen der nicaraguanischen Regierung und den internationalen Gebern stark abgekühlt und waren von Spannungen geprägt, weil sich dieser bei Themen wie Transparenzförderung, Korruptionsbekämpfung und Verbesserung der staatlichen Leistungsfähigkeit wenig einsichtig zeigte (PNUD 2007: 14). Eine Verschlechterung der Beziehungen ist auch seit 2007 zwischen der Regierung Ortegas und den Geberstaaten zu beobachten. Autorität und Identifikation Die Autorität externer Akteure und die Identifikation nicaraguanischer Akteure mit diesen variiert beträchtlich. Die externen Wahlbeobachtungsmissionen von OAS, UN und Carter Center, welche die Wahlen von 1990 überwachten, wurden zu einem hohen Maße sowohl von der FSLN als auch von der UNO respektiert. Die CIAV/OAS-Mission hatte es hingegen schwerer und wurde insbesondere von den Sandinisten lange nicht anerkannt. UNDP wiederum hat einen sehr guten Ruf und verfügt über zahlreiche Kontakte zur Regierung, zur Opposition wie auch zur Zivilgesellschaft. Gerade weil das UN-Entwicklungsprogramm als neutrale Kraft anerkannt wird, kann es über den Dialog auf seine Gesprächspartner einwirken oder auch eine vermittelnde Rolle bei Konflikten zwischen Regierung und internationalen Gebern einnehmen.323 Bei den internationalen Gebern hat während der Präsidentschaft von Bolaños insbesondere die Budget Support Group an Bedeutung gewonnen und entwickelte sich zu einem wichtigen Forum für den Dialog (Embassy of Sweden, Nicaragua 2007: 14). Hintergrund hierfür sind die Bemühungen der BolañosAdministration um eine Verbesserung der Beziehungen zur Gebergemeinschaft. Arnoldo Alemán hingegen kümmerte sich deutlich weniger um die Meinung der internationalen Geber. Ein Kurswechsel ist auch unter der Präsidentschaft von Daniel Ortega zu beobachten. Dieser wendet sich neuen Partnern wie Venezuela, Kuba und dem Iran zu und hat zu seinem Amtsantritt nicht nur Hugo Chávez als Ehrengast eingeladen, sondern bei gleicher Gelegenheit auch noch den Beitritt zu dessen Wirtschaftsbündnis ALBA (Alternativa Bolivariana para la América)324 323
Interview mit Juan Carlos Gutiérrez, Managua, 7.9.2004. ALBA ist ein lateinamerikanisches Wirtschaftsbündnis, das von Venezuela und Kuba Anfang 2005 begründet wurde und dem mittlerweile auch Bolivien, Nicaragua, Dominica und Honduras beigetreten sind. Ziel ist es, eine Alternative zu der von den USA anvisierten panamerikanischen Freihandelszone ALCA (Area de Libre Comercio de las Américas) aufzubauen. Durch solidarische 324
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verkündet (Ökumenisches Büro 2007). Die Beziehungen zwischen der sandinistischen Regierung und den USA sind hingegen distanzierter als unter der Vorgängerregierung. Dies erklärt sich nicht nur durch die historische Belastung der Beziehungen, sondern auch durch die Parteinahme der USA gegen die Präsidentschaftskandidatur von Ortega sowie durch die Neuausrichtung der nicaraguanischen Außenpolitik auf neue Partner. Trotz einer teilweise äußerst provozierenden und US-kritischen Rhetorik Ortegas läuft die Zusammenarbeit in Kernfragen des US-Interesses wie CAFTA und Drogenbekämpfung allerdings immer noch sehr gut (Envío Equipo Nitlápan 2007: 3). Eine deutliche Verschlechterung der Beziehungen ist auch zu europäischen Gebern zu vermerken. Ausdruck der schwindenden Autorität dieser Staaten ist Ortegas ungehaltene Reaktion auf die mehrheitlich europäische Kritik an der Einschränkung demokratischer Freiräume im Sommer 2008. Zu dem öffentlichen Brief der Geber nahm er schon einen Tag später Stellung – in einer Rede bezeichnete er Diplomaten als „Dreckfliegen“ und „Kolonialisten“ und sprach von der Entwicklungszusammenarbeit als „Kleinigkeiten (…), die sie Hilfe nennen“ (Knecht 2008). Gleichberechtigung und Deliberation Die Bedingungen für Gleichberechtigung und freie Deliberation sind aufgrund der hohen Abhängigkeit Nicaraguas von externer Hilfe nicht gegeben. Auch wenn rhetorisch immer wieder die Bedeutung von Ownership und Eigenverantwortung für die Entwicklung des Landes betont wird, so ist dennoch eine hohe Dominanz der Geber zu beobachten (Gosparini et al. 2006: 99). Dies spiegelt sich auch darin, dass die meisten Geber ihre Hilfe konditionalisieren. Die Regierung Bolaños ließ externen Gebern zudem sehr viel Gestaltungsraum und stellte sich somit nicht als gleichwertiger Counterpart dar (Envío Equipo Nitlápan 2007: 4). Dauer und Intensität Die Intensität des Dialogs zwischen externen Gebern und der nicaraguanischen Regierung hat sich im Verlauf des Beobachtungszeitraums verändert und insbesondere unter Präsident Bolaños zugenommen. Grund hierfür ist, dass viele Koordinationsforen wie beispielsweise die Mesas Sectoriales erst in seiner Regierungszeit einberufen wurden und somit noch nicht allzu lange bestehen. Ferner hat der politische Dialog an Bedeutung gewonnen, da Nicaragua eines der PilotHandelsbeziehungen und die Nutzung komparativer Vorteile sollen die Wirtschaftsmacht und Autonomie Lateinamerikas gestärkt werden. So umfasst die Kooperation zwischen Venezuela und Kuba beispielsweise die Lieferung von venezolanischem Erdöl zu präferentiellen Konditionen sowie Unterstützung für Reformen im Energiesektor für die Entsendung kubanischer Ärzte im Gegenzug (ALBA 2005; Wurst 2005: 1).
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länder im Zuge der internationalen Anstrengungen zur Geberharmonisierung ist.325 Darüber hinaus ist eine zeitweise geringere Intensität des Dialogs, wie sie etwa zur Regierungszeit von Arnoldo Alemán zu beobachten war, auf die bereits oben erwähnten atmosphärischen Spannungen zurückzuführen. Konsistenz Die Botschaften externer Geber hinsichtlich der Förderung von Demokratie, Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und Korruptionsbekämpfung ähneln sich auf den ersten Blick. Bei einer genaueren Betrachtung fallen jedoch Inkonsistenzen ins Auge, die bereits weiter oben erwähnt wurden. Dies betrifft zunächst die Schwerpunktsetzung internationaler Finanzinstitutionen, welche die ökonomische Liberalisierung in den Vordergrund rückten, Fragen der Demokratisierung und der Förderung von Rechtsstaatlichkeit hingegen kaum Bedeutung einräumten. Eine weitere Inkonsistenz besteht im Verhalten der USA, die auf der einen Seite Demokratie, Pluralismus, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit predigten. Auf der anderen Seite mischten sich US-Repräsentanten jedoch in die Wahlkämpfe Nicaraguas ein und verbreiteten mit indirekten Drohungen ein Klima der Angst, das demokratischen Praktiken und Werten widersprach und die Glaubwürdigkeit der Wahlen beeinträchtigte. Zusammenfassung Dialog Das Instrument des Dialogs war für den Friedensprozess und die Demokratisierung Nicaraguas insbesondere Ende der 1980er Jahre und im Zusammenhang mit den Wahlen von 1990 von Bedeutung. Danach hat die Relevanz von Dialog erst wieder unter der Präsidentschaft von Enrique Bolaños zugenommen, in dessen Regierungszeit verstärkte Bemühungen um einen engen Austausch mit der Gebergemeinschaft und die Harmonisierung der Hilfe gefallen sind, die zu einem Ausbau von Dialogforen geführt haben. Trotz des Trends einer Betonung von Eigenverantwortlichkeit stellen die Abhängigkeit Nicaraguas und die weiter bestehenden Konditionalitäten ein Hindernis für Gleichberechtigung und Deliberation dar. Defizite sind auch hinsichtlich der Konsistenz festzustellen.
325 Im Zusammenhang mit der Verabschiedung der Milleniums-Entwicklungsziele im Jahr 2000 gibt es seit einigen Jahren verstärkte Bemühungen bi- und multilateraler Geber um eine Koordinierung ihrer Hilfe. Im Mittelpunkt einer Agenda für Wirksamkeitssteigerung stehen dabei Harmonisierung und Anpassung, verstanden einerseits als bessere Abstimmung der Aktivitäten von Gebern untereinander und andererseits als verstärkte Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit auf die Entwicklungsprioritäten des Empfängerlandes. Für die Teilnahme Nicaraguas an diesem Prozess vgl. http://www.aidharmonization.org/ah-cla/ah-browser/index-abridged?rgn_cnt=ni&master=master (29.9.2007).
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7.2.2.6 Fazit: Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung Um abschließend zu einem Urteil darüber zu gelangen, ob die in Nicaragua eingesetzten Instrumente der Demokratieförderung angemessen waren, werden im Folgenden zunächst die maßgeblichen Defizite des Demokratisierungsprozesses identifiziert. Diese Problemdiagnose wird dann mit dem genutzten Instrumentarium verglichen. Bei der Darstellung werden zwei Phasen unterschieden, da sich die Angemessenheit der Demokratieförderung im Verlauf des Beobachtungszeitraums verändert hat. Phase 1 (bis Mitte/Ende der 1990er Jahre) Der Demokratisierungsprozess in Nicaragua war bis Mitte der 1990er Jahre von drei hauptsächlichen Defiziten gekennzeichnet: 1.
die gescheiterte politische Transformation der Contra, die mitverantwortlich war für deren Wiederbewaffnung. Der Contra als sehr heterogener Gruppierung von Anti-Sandinisten fehlte eine gemeinsame Definition politischer Zielvorstellungen sowie organisatorischer Zusammenhalt. An den Wahlen 1990 beteiligte sie sich nicht. Diese Entscheidung führte letztlich dazu, dass die Interessen der Contra sechs Jahre lang ohne Repräsentanz auf nationaler Ebene waren, denn entgegen ursprünglich anderer Erwartungen machten sich weder die Chamorro-Regierung noch die zerbrochene UNO-Koalition die Interessen der ehemaligen Contra zu Eigen. Eine der Ursachen für die ausbleibende Transformation ist in dem fehlenden Wissen und den mangelnden politischen Kompetenzen der Contra zu suchen.326 Die Rebellen, die zu einem großen Teil durch den Krieg sozialisiert worden waren,327 hatten keinerlei Erfahrung darin, Interessen gewaltfrei zu artikulieren und in den politischen Raum einzubringen. Anders als beispielsweise die FMLNGuerilleros in El Salvador erwarben die Contra-Kämpfer auch während des Bürgerkrieges keinerlei Kompetenzen zur Organisation und Bündelung ihrer politischen Ziele sowie zum Aufbau einer politischen Basis – die Contra wurde vor allem vom Druck und der finanziellen Unterstützung der USA zusammengehalten, die es im Zweifelsfalle auch übernahmen, die politische und militärische Führung der Contra zu organisieren. Auf die Unterstützung der lokalen Bevölkerung war die Contra daher, anders als die FMLN in El Salvador, nicht angewiesen, was zur Folge hatte, dass sie ihre politischen Kompetenzen wenig schulte (Close 1999: 96; Spalding 1999: 38).
326 Darüber hinaus ist die bereits erwähnte große Interessendifferenz innerhalb der Contra ein maßgeblicher Grund für die Schwierigkeiten bei der Transformation in eine politische Partei gewesen. 327 60 Prozent der demobilisierten Contra-Rebellen waren 1990 unter 25 Jahre alt und waren vor ihrem Einsatz als Kombattanten weder einer Beschäftigung nachgegangen noch hatten sie eine Ausbildung bekommen (Spencer 1997: 22).
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2.
Das Auseinanderbrechen der UNO-Koalition, das bereits im April 1990 einsetzte (Close 1999: 48), führte zu einer weiteren Problematik, die kennzeichnend werden sollte für die politische Entwicklung Nicaraguas: eine Praxis der Konfrontation und Kompromisslosigkeit, die das Land zuweilen bis an den Rand der Unregierbarkeit brachte. Das Problem der Konfrontation und der Blockadepolitik spiegelt die mangelnde Nutzung und Beachtung von Mechanismen, Normen und Regeln für die Entscheidungsfindung und den Umgang miteinander wider. Ohne derlei regulierende Praktiken prallten divergierende Interessen in regelmäßigen Abständen aufeinander und die Kompromisssuche gestaltete sich als äußerst schwierig. Es fehlte den politischen Akteuren somit an Kompetenzen zum konstruktiven Umgang mit Konflikten und zur Überwindung von Konfrontationen. Eine zweite Dimension der Problemursache war die geringe Internalisierung demokratischer Normen. Diese fehlende Verinnerlichung ermöglichte es erst, dass die egoistische Interessenverfolgung auch auf Kosten einer Schwächung der Demokratie betrieben wurde.
3.
Ein weiteres, langfristig jedoch an Bedeutung verlierendes Defizit war die demokratisch nicht legitimierte Macht der Sandinisten, die über einen erheblichen Einfluss auf Militär, Polizei wie auch auf die Justiz verfügten (Nuzzi O’Shaughnessy/Dodson 1999: 123). Während das Rechtswesen bis heute von der FSLN dominiert wird, entwickelten sich Militär und Polizei bereits in den ersten Jahren des Friedensprozesses positiv. Da Militärchef Humberto Ortega das Militär vor einer sonst drohenden Zerschlagung bewahren wollte, trieb er die Professionalisierung und Depolitisierung der Streitkräfte voran (Kurtenbach 2007: 14). Die illegitimen sandinistischen Einflusssphären lassen sich anhand der Kosten-Nutzen-Kalkulation der Akteure erklären: Die Sandinisten wollten, da sie schon die Wahl verloren hatten, zumindest einen Teil ihres Einflusses beibehalten. Die ChamorroRegierung stimmte diesem Kompromiss zu, weil sie sich davon eine möglichst reibungsfreie Machtübergabe erhoffte. Nach dem Auseinanderbrechen der UNO-Koalition war die Regierung außerdem auf die Zusammenarbeit mit der FSLN angewiesen und schreckte daher zunächst davor zurück, diese mit einer weiteren Entmachtung zu konfrontieren.
Die Wahl der Instrumente externer Demokratieförderung ist vor dem Hintergrund der Problemursachen in der ersten Hälfte der 1990er Jahre wenig geeignet gewesen. Von den drei oben genannten Defiziten ist lediglich das vergleichsweise geringste Problem, der Einfluss der Sandinisten auf Polizei und Militär, von externen Akteuren beachtet worden: Die USA konditionalisierten mehrmals ihre Unterstützungsleistungen, um Druck auf die Regierung Chamorro auszuüben
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und diese zu einer Entmachtung der Sandinisten zu bewegen.328 Damit wurde allerdings eher einem temporären als einem dauerhaften Problem Aufmerksamkeit geschenkt, da Chamorro vermutlich auch ohne den Druck der USA früher oder später den sandinistischen Einfluss auf Militär und Polizei beschnitten hätte. Keinerlei Beachtung durch externe Demokratieförderer fanden hingegen die viel größeren Defizite der ersten Nachkriegsjahre, nämlich die fehlende Transformation der Contra in eine politische Partei und die Blockadepolitik. Externe Akteure nutzten das Instrument des Wissenstransfers nicht, um Ex-Kombattanten in ihrer gewaltfreien politischen Artikulationsfähigkeit zu stärken und somit deren Wissensdefizit anzugehen. Auch das Problem der konfrontativen Praktiken und der Blockadepolitik gingen externe Akteure nicht an. Weder wurde das grundsätzlich durchaus geeignete Instrument des Dialogs eingesetzt, um den Austausch und die Kommunikation zwischen den polarisierten Kräften zu verbessern, noch gab es Angebote aus dem Bereich des Wissenstransfers, um speziell Parlamentarier und Parteimitglieder in ihren Kompetenzen zur Kompromissfindung zu stärken. Auch fehlten nennenswerte Projekte, die auf die Verbreitung demokratischer Werte wie Toleranz, Pluralismus und Ausgleich unter den zentralen Blockadeakteuren ausgerichtet gewesen wären. Damit ergibt sich letztlich folgendes Bild (vgl. Abbildung 22): Externe Demokratieförderer setzten keine geeigneten Instrumente ein, um Kerndefizite wie die ausbleibende politische Transformation der Contra und die Blockadepolitik zu bearbeiten. Lediglich die US-amerikanischen Bemühungen um eine Reduzierung des sandinistischen Einflusses können als angemessener Beitrag zur Bearbeitung eines Demokratisierungsproblems betrachtet werden.329 Da es sich dabei allerdings um das mit Abstand geringste Defizit handelt, ist der Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung zu Beginn der 1990er Jahre in der Summe als gering angemessen einzustufen.
328
Betrachtet man lediglich die Konditionalität der USA bezüglich der Entmachtung der Sandinisten, so kann durchaus von einer Angemessenheit gesprochen werden, da das Instrument auf die Veränderung von Kosten-Nutzen-Kalkulationen – der hier vorliegenden Problemursache – ausgerichtet ist. Auch sind die Erfolgsbedingungen für Konditionalität in Nicaragua weitestgehend gegeben. 329 Hiermit soll nicht der Eindruck erweckt werden, es habe außer der US-Konditionalität zur Verringerung des sandinistischen Einflusses keinerlei externe Demokratieförderung in Nicaragua gegeben. Gerade im Zusammenhang mit den Wahlen 1990 sind durchaus sehr viele externe Unterstützungsleistungen für den Demokratisierungsprozess zu konstatieren. Für die Behandlung der oben genannten Kernprobleme waren diese allerdings unerheblich.
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Abbildung 22:
Kernprobleme und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in in Nicaragua - Phase 1: 1990er Jahre
Phase 2 (ab Ende der 1990er Jahre) Für die Zeit ab Ende der 1990er Jahre lässt sich ein partieller Wandel der Defizite des nicaraguanischen Demokratisierungsprozesses feststellen. Zwei der oben genannten Probleme, nämlich die illegitimen Einflusssphären der Sandinisten und die geringe politische Artikulationsfähigkeit der Contra hatten an Dringlich-
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keit verloren. Denn zum einen standen Militär und Polizei nicht mehr unter dem Einfluss der FSLN (Dye et al. 2000: 5), zum anderen hatte die Contra mit der, wenn auch recht erfolglosen, PRN 1996 erstmals an nationalen Wahlen teilgenommen. Darüber hinaus waren die sozio-ökonomischen Kernanliegen der Contra aufgrund von mehr als 40 Nachverhandlungen mit der Chamorro-Regierung schließlich doch noch berücksichtigt worden. Weiterhin virulent war hingegen das Problem der Blockadepolitik. Insbesondere in der Regierungszeit von Bolaños eskalierten die Konflikte zwischen der Exekutive und Legislative derart, dass das Land regierungsunfähig erschien und die Beilegung der Krise der Vermittlung der OAS bedurfte. Mit dem liberal-sandinistischem Pakt manifestierte sich schließlich noch ein weiteres Problem, das bis heute die Demokratisierung Nicaraguas unterminiert. Dabei handelt es sich um die Praxis von PLC und FSLN, ihre gemeinsame parlamentarische Machtbasis für die Veränderung der politischen Rahmenbedingungen zu ihrem gegenseitigem Nutzen zu missbrauchen. Wie an anderer Stelle ausgeführt (7.1.1.5), hat der Pakt zu einer ganzen Reihe von Folgeproblemen geführt beziehungsweise bereits bestehende Schwachpunkte weiter verschärft – dazu gehören die Beschränkung von Pluralismus, die Politisierung wichtiger Institutionen, defizitäre Rechtsstaatlichkeit und Korruption. Zurückzuführen sind diese politischen Geschäfte auf die Kosten-Nutzen-Kalkulation der beiden Parteien. Um ihre Einflusssphären zu maximieren, verändern sie die demokratischen Spielregeln zu ihrem eigenen Vorteil, auch wenn dies auf Kosten demokratischer Prinzipien wie z.B. des Pluralismus geht. Darüber hinaus werden diese Praktiken durch eine fehlende Internalisierung demokratischer Werte begünstigt, da die Akteure andernfalls die Unterminierung der Demokratie, trotz möglicher Vorteile, nicht als denkbare Option begreifen würden. Ab Ende der 1990er Jahre erhöhte sich die Angemessenheit externer Demokratieförderung (vgl. Abbildung 23). Dies lag im Wesentlichen daran, dass die Instrumente der externen Demokratieförderung stärker auf die Ursachen der Demokratisierungsdefizite ausgerichtet waren. Probleme wie die fehlenden Kompetenzen politischer Akteure bei der Kompromissfindung wurden erkannt und durch diverse Projekte aus dem Bereich des Wissenstransfers für Abgeordnete und Parteimitglieder angegangen. Auch die Angebote für Parteien sind Versuche, die in der FSLN und PLC verbreitete Praxis politischer Pakte zu brechen und die Bedeutung von sachorientierter Politik in den Vordergrund zu rücken. Im Rahmen des politischen Dialogs versuchten Geber ferner auf die Überwindung politischer Blockaden hinzuwirken.
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Abbildung 23:
Kernproblem und Angemessenheit der Instrumente externer Demokratieförderung in Nicaragua – Phase II: seit Ende der 1990er Jahre
Schließlich wurde in dieser Phase auch gelegentlich Konditionalität eingesetzt, um die Kosten-Nutzen-Kalkulation der Blockadeakteure zu verändern und deren Widerstand gegen wichtige Reformen für den Demokratisierungsprozess zu brechen. Dies war beispielsweise bei der Verabschiedung eines Gesetzes zur Regelung der Justizlaufbahn der Fall, das von der Nationalversammlung jahrelang aufgeschoben worden war. Konditionalität wurde hingegen nicht explizit eingesetzt, um die Paktpolitik von FSLN und PLC zu verhindern. Insofern ist der
340
Einsatz von Instrumenten externer Demokratieförderung in dieser zweiten Phase lediglich moderat angemessen.
7.3 Die abhängige Variable: Erfolgreiche Friedenskonsolidierung in Nicaragua? Der Verlauf der Friedenskonsolidierung in Nicaragua war in den ersten Jahren von erheblichen Rückschlägen geprägt, nahm aber ab Ende der 1990er Jahre eine deutliche Wendung zum Besseren an. Für die Bewertung der Friedenskonsolidierung (und somit die Bestimmung der abhängigen Variablen) werden vier Kriterien berücksichtigt: 1.
die Abwesenheit von Krieg;
2.
den Verlauf der Demobilisierung;
3.
die Androhung oder Anwendung von Gewalt als Mittel des Konfliktaustrags;
4.
das generelle Gewaltniveau der Gesellschaft (vgl. hierzu 4.2).
Ad 1) In Nicaragua herrscht seit 1990 kein Krieg mehr.330 Dies ist der größte Erfolg, den die Chamorro-Regierung in Bezug auf die Friedenskonsolidierung verbuchen konnte. Ad 2) Bei der Demobilisierung kam es hingegen zu erheblichen Schwierigkeiten. Den Auftakt hierfür bildeten Verzögerungen bei der Demobilisierung der Contra.331 Die ersten Probleme begannen mit dem 1988 getroffenen Abkommen von Sapoa, in dem die sandinistische Regierung mit der Contra einen temporären Waffenstillstand und den Rückzug der Contra in sogenannte Sicherheitszonen vereinbart hatte (UNIDIR 1997: 11). Dieses Abkommen scheiterte jedoch schon nach wenigen Wochen. Danach dauerte es bis nach der Wahl von Violeta Chamorro, bis eine neue Demobilisierungsvereinbarung mit der Contra getroffen werden konnte, die sich zuvor vehement gegen ihre Entwaffnung gewehrt hatte. Erst im April 1990 einigten sich die noch amtierende sandinistische Regierung, 330 Für die relevanten Datensätze von AKUF, Correlates of War Project und Uppsala Conflict Data Program vgl. die Internetauftritte der Projekte: AKUF: http://www.sozialwiss.unihamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege_archiv.htm; Correlates of War: http://www.correlatesofwar.org/; Uppsala Conflict Data Program: http://www.pcr.uu.se/database/index.php (20.9.2008). 331 Die Reduzierung der Truppenstärke des Militärs und die Kürzung des Militärhaushaltes verlief ohne Probleme und wird daher an dieser Stelle nicht weiter erörtert.
341
die neu gewählte UNO-Regierung sowie die Contra auf die Demobilisierung der Rebellen unter einem strikten Zeitplan: Beginnen sollte die von ONUCA durchgeführte Demobilisierung am 25. April 1990 und beendet werden sollte sie am 10. Juni 1990. Mängel bei den humanitären Unterstützungsleistungen und Sicherheitsbedenken der Contra332 brachten den Demobilisierungsprozess jedoch schon nach kurzer Zeit ins Stocken. Erst durch Nachverhandlungen und zusätzliche sozio-ökonomische Kompensationsleistungen wurde die Auflösung der militärischen Strukturen der Contra wieder in Bewegung gebracht, so dass sich die Demobilisierung letztlich nur um wenige Wochen verschob. Am 5. Juli 1990 wurde die Demobilisierung mit der Entwaffnung von insgesamt rund 23.000 Kombattanten und der Zerstörung von etwa 17.000 Waffen für beendet erklärt (Spencer 1997: 17ff.). Der Erfolg der Demobilisierung der Contra sollte jedoch schon sehr bald in Frage gestellt werden. Insbesondere die Qualität der eingesammelten Waffen, die zu einem erheblichen Teil alt, verrostet und wertlos waren, ließen Zweifel an der Entwaffnung aufkommen. Die Vereinten Nationen hatten auch keine Inventarlisten über den Umfang der Waffenlieferungen an die Contra und konnten somit nicht überprüfen, wie viele der tatsächlich vorhandenen Waffen zerstört worden waren (Spencer 1997: 20; UNIDIR 1997: 30f.). Die Zweifel an der Demobilisierung erwiesen sich noch im selben Jahr als berechtigt. Nachdem es der Regierung nicht gelungen war, ihre Versprechen zur Unterstützung der Reintegration der Ex-Kombattanten zu erfüllen, befanden sich viele der Demobilisierten ohne Land, Ausbildung oder sonstige Ressourcen in einer wirtschaftlich und sozial prekären Situation, die sie schließlich dazu trieb, wieder zu den Waffen zu greifen. Schon 1991 hatte sich ein signifikanter Teil der Contra wieder bewaffnet.333 Damit war die Demobilisierung gescheitert. Ad 3) In einem unmittelbaren Zusammenhang zum Scheitern der Demobilisierung steht die politische Gewalt, die in Nicaragua in den ersten Nachkriegsjahren um sich griff, als die wiederbewaffneten Ex-Kombattanten ihre Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen versuchten. Die Recontras besetzten Ländereien, staatliche Farmen, blockierten Straßen, überfielen sandinistische Kooperativen und übten mit Entführungen Druck auf die Regierung aus, um ihrer Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen (Close 1999: 95ff.; Dye et al. 1995: 36f.; 332 Hintergrund für diese Bedenken war, dass die Contra erfahren hatte, dass Humberto Ortega als Armeechef weiter im Amt bleiben würde, womit ein erheblicher sandinistischer Einfluss auf das Militär nicht auszuschließen war. 333 Neben der sozio-ökonomischen Not gab es auch eine Gruppe von Recontras, deren Motive politischer Natur waren und welche die fortbestehende Macht der Sandinisten, insbesondere im Militär, kritisierten. Schließlich lässt sich unter den wieder bewaffneten Kämpfern noch eine dritte Gruppierung identifizieren, die ausschließlich aus kriminellen Beweggründen wieder zu den Waffen gegriffen hatte (Spalding 1999: 44).
342
Spencer 1997: 25f.). Bereits wenig später bewaffneten sich auch manche der aus dem Militär entlassenen Soldaten wieder (Recompas), teilweise, um sich vor Übergriffen der Recontras zu schützen beziehungsweise diese ihrerseits anzugreifen, teilweise jedoch auch, um ebenfalls sozio-ökonomische Forderungen zu stellen. Im August 1991 kam es schließlich zu den ersten gemeinsamen gewalttätigen Aktivitäten von Recompas und Recontras, den sogenannten Revueltos334 (Dye et al. 1995: 37). In der Summe hatten sich nach offiziellen Schätzungen 1992 insgesamt 22.835 ehemalige Kombattanten wieder bewaffnet, davon etwa Zweidrittel Recontras (Spalding 1999: 43). Ebenfalls alleine für das Jahr 1992 wurden 863 Vorfälle, darunter gewalttätige Landnahmen, Gebäudebesetzungen, Demonstrationen und Entführungen, mit 143 Toten und 134 Verletzten gemeldet. Die Regierung versuchte, der eskalierenden Gewalt mit verschiedenen Initiativen wie zum Beispiel Waffenaufkaufprogrammen, Amnestien und sozio-ökonomischen Leistungen Herr zu werden (Spalding 1999: 47). Nach einem Höhepunkt der Gewalt im Jahr 1993 dauerte es letztlich bis in die zweite Hälfte der 1990er Jahre, bis das Problem der politischen Gewalt durch wieder bewaffnete Kombattanten gelöst werden konnte. Allein von 1990 bis 1994 kostete die Gewalt 1500 Menschen das Leben, davon 600 Recontras, 350 Bauern, 175 Sandinisten und 150 Angehörigen von Polizei und Militär (Spence 2004: 65). Auch wenn nicht alle Gewalttaten auf politische Gewalt zurückzuführen sind und auch persönliche Fehden darunter gewesen sein mögen, so ist das Ausmaß der Gewalt im Zusammenhang mit sozialen Protesten und der Forderung nach Land in Nicaragua doch bei weitem größer gewesen als in El Salvador und in Guatemala (Spence 2004: 65). Ad 4) Das in El Salvador und in Guatemala grassierende Problem der eskalierenden Gewaltkriminalität ist in Nicaragua in dieser Form nicht zu beobachten. Zwar sind auch in Nicaragua die Verbrechenszahlen nach dem Ende des Bürgerkrieges angestiegen, doch dies ist in einem weitaus moderaterem Ausmaß geschehen. Dies zeigt sich an der Homizidrate, die in Nicaragua bei 3,4 Tötungen pro 100.000 Einwohner liegt (Zinecker 2007a: 1). Die öffentliche Sicherheit wird in Nicaragua deutlich besser gewährleistet als in den beiden anderen zentralamerikanischen Nachkriegsstaaten (Kurtenbach 2007: 15). Zusammenfassend betrachtet fällt die Analyse der ersten Nachkriegsjahre in Nicaragua nicht positiv aus: Der Krieg wurde zwar beendet, die Demobilisierung scheiterte jedoch und Ex-Kombattanten setzten politische Gewalt zur Durchsetzung ihrer Interessen ein.
334
Revuelto ist Spanisch für durcheinander oder auch gemischt.
343
Abbildung 24:
Erfolg der Friedenskonsolidierung in Nicaragua
Seit Mitte/Ende der 1990er Jahre hat sich die Lage jedoch deutlich entspannt und die Friedenskonsolidierung hat sich positiv entwickelt. Hierfür verantwortlich sind der letztlich doch noch eingetretene Erfolg der Demobilisierung und die Auflösung der illegal bewaffneten Gruppierungen, von denen nicht mehr verblieben ist als vereinzelte, lokal agierende Banden. Die abhängige Variable nimmt daher in Nicaragua zwei unterschiedliche Werte an: In der ersten Phase, bis Mitte/Ende der 1990er Jahre, war die Friedenskonsolidierung nicht erfolgreich, seit Ende der 1990er Jahre (Phase II) kann hingegen von einem Erfolg gesprochen werden (vgl. Abbildung 24).
7.4 Hypothesentest 7.4.1
Korrelationsanalyse
Im Theorieteil wurden zwei Hypothesen über die friedenskonsolidierende Wirkung externer Demokratieförderung entwickelt, deren Plausibilität nun anhand 344
des Friedensprozesses in Nicaragua überprüft werden soll. Dies erfolgt in einem ersten Schritt mittels einer Korrelationsanalyse. Die erste zu prüfende Hypothese lautet: Je mehr externe Demokratieförderung Institutionen des Interessenausgleichs fördert, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
Diese Hypothese kann durch das Fallbeispiel Nicaragua in der Korrelationsanalyse weitestgehend bestätigt werden, wie die Gegenüberstellung der Werte der unabhängigen und abhängigen Variablen in Tabelle 9 zeigt. Wert der u.V. (Förderung Interessenausgleich)
Wert der a.V. (Friedenskonsolidierung) Tabelle 9:
Phase I
Phase II
Gering
Moderat
Kein Erfolg
Erfolg
Hypothese 1: Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen für den Fall Nicaragua
Externe Demokratieförderung in Nicaragua war bis Ende der 1990er Jahre nur schwach auf die Stärkung des Interessenausgleichs ausgerichtet (vgl. 7.2.1.4 ) und zumindest in den ersten Nachkriegsjahren ist auch die Friedenskonsolidierung nicht geglückt, da der Einsatz politischer Gewalt weiterhin verbreitet war (vgl. 7.3). Somit korrelieren unabhängige und abhängige Variable wie in der Hypothese erwartet. Weniger ausgeprägt ist die Korrelation, wenn man die Entwicklung Nicaraguas ab Ende der 1990er Jahre betrachtet. Auf Seiten der unabhängigen Variablen ist eine leichte Veränderung von schwach zu moderat zu konstatieren, da die externe Demokratieförderung in diesem Zeitraum stärker auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs ausgerichtet war. Der Wert der abhängigen Variablen hat sich hingegen stark verändert, da das Problem der politischen Gewalt gelöst werden konnte und die Friedenskonsolidierung damit seither als Erfolg einzustufen ist. Die Korrelation in Phase II ist somit geringer als in Phase I, da sich die unabhängige Variable weniger stark als die abhängige veränderte. In der im nächsten Abschnitt folgenden Prozessanalyse wird daher zu klären sein, ob hier ein kausaler Zusammenhang besteht. Die zweite Hypothese, deren Erklärungskraft getestet wird, lautet: Je angemessener die Instrumente externer Demokratieförderung sind, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.
345
Der Vergleich der Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen (vgl. Tabelle 10) zeigt, dass auch diese Hypothese in der Korrelationsanalyse überwiegend bestätigt wird.
Wert der u.V. (Angemessenheit der Instrumente)
Wert der a.V. (Friedenskonsolidierung)
Phase I
Phase II
Gering
Moderat
Kein Erfolg
Erfolg
Tabelle 10: Hypothese 2: Ausprägungen der unabhängigen und abhängigen Variablen für den Fall Nicaragua
So war der Einsatz der Instrumente externer Demokratieförderung zunächst nicht angemessen, ab Ende der 1990er Jahre jedoch moderat angemessen (vgl. 7.2.2.6). Dazu korrespondieren die Werte der abhängigen Variablen: Nachdem die Friedenskonsolidierung in den ersten Jahren von großen Problemen geprägt war, sind diese mittlerweile überwunden worden und die Friedenskonsolidierung kann als erfolgreich bezeichnet werden (vgl. 7.3). Wie schon bei Hypothese 1 ist allerdings zu beachten, dass die Kovarianz der Variablen in der zweiten Phase schwächer als in der ersten Phase ausfällt. Im folgenden Abschnitt soll nun untersucht werden, ob die Korrelation auf einem Zufall beruht oder ob hier tatsächlich eine Kausalität zu beobachten ist.
7.4.2
Mehr als nur Korrelation? Ein Blick auf kausale Zusammenhänge
7.4.2.1
Hypothese 1
Phase I Wie im vorigen Abschnitt bereits dargestellt wurde, wird die erste Hypothese in einem Korrelationstest weitestgehend bestätigt. Das gilt insbesondere für die erste Phase des Friedensprozesses. Unterzieht man die Entwicklungen bis Mitte/Ende der 1990er Jahre einer genaueren Prozessanalyse, so kann die Plausibilisierung weiter erhärtet werden. Der Kausalmechanismus, der Hypothese 1 zugrunde liegt (vgl. Abbildung 25), lässt sich beobachten.
346
Abbildung 25:
Kausalmechanismus Hypothese 1 für unzureichende externe Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs
Die Friedenskonsolidierung in Nicaragua scheiterte in den ersten Jahren an der Wiederbewaffnung von Ex-Kombattanten, die ihre Forderungen nach sozioökonomischen Reintegrationsleistungen mit Waffengewalt unterstrichen. Betrachtet man insbesondere die Recontras, die den Großteil der wiederbewaffneten Kämpfer ausmachten, so spricht einiges dafür, dass mit einem stärkeren Engagement externer Demokratieförderung auf die Unterstützung dieser Gruppierung eine Rückkehr der Gewalt hätte verhindert oder zumindest eingedämmt werden können. Die Contra in Nicaragua hatte einen nur geringen ideologischen Zusammenhalt, war fragmentiert und schlecht organisiert und verdankte ihre Stärke allein der externen Finanzierung und logistischen Unterstützung der USA (Dye et al. 1995: 30; Spalding 1999: 50). Als Ende der 1980er Jahre die Option einer Beendigung des Krieges durch Wahlen im Raum stand, war die Haltung der Rebellen ablehnend und nur auf Druck der USA unterstützten sie letztlich das Wahlbündnis UNO. Eine eigene Beteiligung an den Wahlen lehnten sie ab, stattdessen blieben sie bewaffnet, um den Druck auf die Sandinisten zu erhalten. Eine Partei gründete die Contra erst 1993 mit der PRN, diese blieb jedoch eine schwache politische Kraft, die bei den Wahlen 1996 schlecht abschnitt. Fragmentierung, eine schwache Organisation und fehlende Erfahrung trugen auch dazu bei, dass die Contra in den Verhandlungen über ihre Demobilisierung nur minimalistische und kurzfristige Forderungen stellte und ihre Interessen schlecht vertrat. So betonte sie zwar die Bedeutung einer Verifikation der sicherheitsrelevanten Aspekte der Vereinbarungen, dehnte die Forderung nach Verifikation jedoch nicht auf die Überwachung der sozio-ökonomischen Abmachungen aus – unter anderem auch aus der naiven Überzeugung heraus, dass die Regierung von Violeta Chamorro sich um die Anliegen der Contra kümmern werde (Close 1999: 96; Dye et al. 1995: 30). Genau dies tat die Regierung von Violeta Chamorro jedoch nicht. Ihr fehlten die finanziellen Mittel, um ihre Versprechen einzulösen und den sozioökonomischen Anliegen sowie der Reintegration der Contra wurde keine Priorität eingeräumt. Stattdessen verließ sich die Regierung darauf, dass sich internati-
347
onale Akteure wie die CIAV-Mission, UNHCR und CIREFCA (Conferencia Internacional sobre Refugiados Centroamericanos) um die Reintegration der vom Krieg betroffenen Bevölkerungsgruppen kümmern würden. Eine Mischung aus sozio-ökonomischer Not und Perspektivlosigkeit, gepaart mit der Überzeugung, dass auf legalem, gewaltfreiem Wege den eigenen Anliegen ohnehin kein Gehör verschafft werden könnte, führte in dieser Situation dazu, dass die ehemaligen Contra-Rebellen wieder zu den Waffen griffen: There was a widespread belief that political leaders responded only to those who employed the greatest force. The battle for state resources became harsher as those resources shrank. Under these circumstances, demobilized troops concluded that they must take drastic measures to force state representatives to attend to their needs, for conventional appeals and legal claims would have no impact (Spalding 1999: 44).
Diese Problematik lässt sich durchaus als ein Mangel an Institutionen des Interessenausgleichs interpretieren. Durch die erst verzögerte Parteigründung und die auch sonst schwache Organisationsentwicklung fehlte es an einer wichtigen Institution, mittels derer die Contra ihre Interessen artikulieren und in den politischen Prozess hätte einbringen können. Gleichzeitig gab es auf der Ebene des Interessenausgleichs erhebliche Defizite, da die Anliegen der Contra erst dann Berücksichtigung fanden, als sie zur Gewalt griff. Das Versäumnis externer Demokratieförderer bestand darin, dass sie die Contra als Adressatengruppe vollkommen ignorierten und deren Transformation in eine politische Kraft nicht unterstützten. Es fehlte an Maßnahmen, um die Rebellen darin zu stärken, ihre Interessen zu artikulieren und sich politisch zu organisieren (Spalding 1999: 49ff.). Phase II Betrachtet man die zweite Phase des Friedensprozesses, als das Problem der politischen Gewalt gelöst und die Friedenskonsolidierung schließlich doch noch reüssierte, dann finden sich keine Indizien für eine weitere Plausibilisierung der Hypothese. Ganz im Gegenteil: Die Prozessanalyse deutet vielmehr darauf hin, dass zwischen beiden Entwicklungen keinerlei Kausalität besteht. Hierfür gibt es zwei Gründe: 1.
348
Versteht man das Ende der politischen Gewalt als Beginn des Erfolgs der Friedenskonsolidierung, so ist festzustellen, dass der Wandel der abhängi-
gen Variablen bereits 1996 begonnen hat.335 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Ausrichtung externer Demokratieförderung auf die Stärkung des Interessenausgleichs jedoch noch kaum verstärkt. Die Veränderung der abhängigen Variablen ist also zeitgleich, wenn nicht sogar vor der Veränderung der unabhängigen Variablen aufgetreten. Damit kann eine stärkere Fokussierung auf Institutionen des Interessenausgleichs in der Demokratieförderung nicht zum Erfolg der Friedenskonsolidierung geführt haben. 2.
Der Wandel der abhängigen Variablen – von Misserfolg zu Erfolg der Friedenskonsolidierung – ist unmittelbar mit der letztlich doch noch geglückten Demobilisierung von Recontras und Recompas und deren Verzicht auf politische Gewalt verbunden. Die Gründe für den Erfolg der Demobilisierung sind vielfältig, gehen jedoch vor allem darauf zurück, dass die Regierung die Kosten-Nutzen-Kalkulation der wiederbewaffneten Kombattanten veränderte. In zahlreichen Nachverhandlungen setzte sie Anreize zur Beendigung der politischen Gewalt durch Waffenaufkaufprogramme, sozioökonomische Leistungen und den Erlass von Amnestieregelungen. Als auch dies noch nicht alle Kämpfer zur Niederlegung der Waffen bewegen konnte, verschärfte sie zudem das Vorgehen gegen die politische Gewalt durch verstärkten Militäreinsatz (Spalding 1999: 47). Auch internationale Faktoren mögen zur Beendigung der politischen Gewalt beigetragen haben. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die CIAV/OAS-Mission zu nennen, die in zahlreichen Verhandlungen zwischen der Regierung und den illegal bewaffneten Gruppierungen die Rolle des Mediators übernahm. Ausgeschlossen werden kann jedoch, dass externe Demokratieförderung eine Rolle für die Beendigung der politischen Gewalt gespielt hat. Denn die gewaltbereiten Kombattanten gehörten bis zuletzt nicht zu der Adressatengruppe der internationalen Demokratisierungshilfe.
Weitere Beobachtungen Da es in dieser Arbeit vor allem um den Beitrag externer Demokratieförderung zum Postconflict-Peacebuilding geht, hat sich die bisherige Diskussion auf den Beobachtungszeitraum nach 1990 beschränkt. Um die Erklärungskraft der Hypothese einer weiteren Prüfung zu unterziehen, kann es jedoch sinnvoll sein, weitere Beobachtungszeiträume in Betracht zu ziehen. So kann Hypothese 1 weiter plausibilisiert werden, wenn man die Entwicklungen im Rahmen des EsquipulasProzesses und die Vorbereitung und Abhaltung der Wahlen von 1990 berück335 Eine genaue Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die politische Gewalt endete, ist schwer vorzunehmen. Auch nach 1996 kam es noch zu gewalttätigen Zwischenfällen, deren Anzahl war jedoch deutlich geringer geworden.
349
sichtigt. Externe Akteure haben in dieser Zeit in zweierlei Hinsicht einen wichtigen Beitrag zur Stärkung von Möglichkeiten der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs in Nicaragua geleistet. Erstens bewegten regionale Akteure Daniel Ortega im Rahmen des Esquipulas-Prozesses dazu, einer Überarbeitung der Wahl- und Mediengesetzgebung sowie vorgezogenen Wahlen zuzustimmen (vgl. 7.1.1.3 sowie 7.2.2.5). Zweitens trugen die internationalen Wahlbeobachtungsmissionen zum Erfolg dieser Wahlen bei, da sie den rechtmäßigen Ablauf überwachten, dem Wahlprozess Legitimität verliehen und die Missionsleiter nicht zuletzt auch Daniel Ortega davon überzeugten, das Wahlergebnis anzuerkennen (vgl. 7.2.2.2 und 7.2.2.5).336 Mit dem Erfolg der Wahlen von 1990 wiederum wurden die Weichen gestellt für die Beendigung des Krieges: Der Contra war nicht nur die offizielle Begründung für den Krieg verloren gegangen, sondern auch die externe Unterstützung der USA. Stattdessen hatte mit Violeta Chamorro eine politische Verbündete die Wahlen gewonnen. All diese Entwicklungen trugen dazu bei, dass der Krieg in Nicaragua beendet werden konnte und die Contra ihrer Demobilisierung zustimmte.337 Fazit Zusammenfassend kann Hypothese 1 durch die Prozessanalyse leicht gestärkt werden. Dies ist insbesondere auf den in Phase 1 nachweisbaren Kausalmechanismus zurückzuführen. Für die zweite Phase finden sich zwar keine Hinweise darauf, dass eine Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs zur Lösung des Problems der wieder bewaffneten Ex-Kombattanten beigetragen hat. Gleichwohl wird die Kausallogik der Hypothese durch diese Beobachtungen auch nicht widerlegt. Eine zusätzliche Plausibilisierung erfährt die Hypothese durch die Ausdehnung des Beobachtungszeitraumes auf die Zeit vor 1990. Die Entwicklungen vor den Wahlen und der Kriegsbeendigung 1990 zeigen, dass die externe Demokratieförderung nicht nur, wie in der Hypothese angenommen, für die Vertiefung
336
Hiermit soll nicht unterstellt werden, dass Daniel Ortega ohne die Anwesenheit internationaler Wahlbeobachter seine Niederlage nicht akzeptiert hätte. Insbesondere das oben erwähnte Gespräch mit Jimmy Carter hat es ihm jedoch erleichtert, den Sieg von Chamorro anzuerkennen. 337 Nicht zu überprüfen ist an dieser Stelle, ob es tatsächlich die Demokratisierung des politischen Systems Nicaraguas oder nicht doch der Sieg von Violeta Chamorro war, der die Beendigung des Krieges ermöglichte. Es lässt sich nicht ausschließen, dass bei einem Sieg von Daniel Ortega, unter ansonsten gleichen Umständen, der Krieg nicht beendet worden wäre. So ist denkbar, dass die USA den Sieg der Sandinisten nicht akzeptiert und den Contra-Krieg weiter finanziert hätten. Der Contra wiederum ist es vermutlich weniger um eine Demokratisierung Nicaraguas als um eine Machtablösung der Sandinisten gegangen, so dass auch sie gegen einen 1990 gewählten Präsidenten Ortega weitergekämpft hätte.
350
von Friedensprozessen von Bedeutung ist, sondern in Nicaragua auch zur Beendigung des Krieges beigetragen hat. 7.4.2.2
Hypothese 2
Phase I Ebenso wie die erste Hypothese lässt sich auch die zweite Hypothese durch eine Prozessanalyse weiter erhärten. Dies gilt zumindest für den ersten Abschnitt des Friedensprozesses, für den sich eine Korrelation von einem nicht angemessenen Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung und Rückschlägen der Friedenskonsolidierung beobachten lässt. Auch bei dieser Hypothese wird die Kausalität über eine nähere Analyse der wiederbewaffneten und gewaltbereiten ExKombattanten ersichtlich. Wie bereits oben dargestellt, fehlte es diesen Akteuren an Erfahrung und Kenntnissen zur Organisation und Artikulation ihrer Interessen. Die meisten der ehemaligen Kämpfer beherrschten zwar die Regeln des Krieges, wussten jedoch nicht, wie sie ihre Forderungen in ein demokratisches System einbringen sollten. Externe Demokratieförderung hätte einen Beitrag dazu leisten können, diese Defizite durch gezielte Qualifizierungsangebote und politische Bildung zu reduzieren. Doch gerade das Instrument des Wissenstransfers spielte in der externen Demokratieförderung zu Beginn des Demokratisierungsprozesses keine bedeutende Rolle. Insofern hat die fehlende Angemessenheit der Demokratieförderung mit dazu beigetragen, dass eine Rückkehr der Gewalt in Nicaragua nicht verhindert werden konnte. Phase II Ab Ende der 1990er Jahre ist, wie schon im Korrelationstest ausgeführt, eine Veränderung sowohl der unabhängigen als auch der abhängigen Variablen eingetreten. Es spricht allerdings wenig dafür, dass sich hinter dieser Korrelation auch ein kausaler Zusammenhang verbirgt. Dies wird bei einer genaueren Analyse des Kausalmechanismus von Hypothese 2 ersichtlich. Dieser geht von folgenden Annahmen aus: Durch den angemessenen Einsatz von Instrumenten der externen Demokratieförderung wird der Demokratisierungsprozess in einem Land vertieft. Dies wiederum stärkt den Friedensprozess, weil entweder a) zentrale Konfliktursachen beseitigt werden, b) Kanäle für die Konfliktbearbeitung geschaffen werden oder aber c) die politische Kultur sich verändert. In Nicaragua hat eine größere Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung nicht zu einer Vertiefung des Demokratisierungsprozesses geführt. Vielmehr fallen einige besonders negative Entwicklungen in den Zeitraum seit Ende der 1990er Jahre. Zu den Rückschlägen in den vergangenen zehn Jahren gehören die Amtszeit von Arnoldo Alemán, die von Korruption und
351
Intransparenz gekennzeichnet war, der Pakt von 2000, dessen weitreichende Folgen bis heute zu spüren sind, sowie die immer wieder zu beobachtende politische Blockade des Landes (vgl. hierzu ausführlich 7.1.1.5). Diese Rückschritte alleine bedeuten freilich noch nicht, dass externe Demokratieförderung vollkommen gescheitert ist. So ist beispielsweise denkbar, dass der Demokratisierungsprozess ohne externe Unterstützung noch negativer verlaufen wäre. An dieser Stelle sind diese Überlegungen jedoch unerheblich. Da externe Demokratieförderung zwar einerseits angemessener war, andererseits jedoch nicht zu einer Vertiefung der Demokratisierung geführt hat, kann das Ende der politischen Gewalt und der Erfolg der Friedenskonsolidierung nicht von der größeren Angemessenheit der Demokratieförderung begünstigt worden sein.338 In der Prozessanalyse wird die Hypothese somit nicht bestätigt. Die Korrelation zwischen unabhängiger und abhängiger Variable war rein zufällig. Ausschlaggebend für die Entwicklung des Friedensprozesses am Übergang von Phase I zu Phase II waren hingegen ganz andere Faktoren. Hierzu zählen, wie bereits oben erwähnt, die Zugeständnisse der Regierung und die Verbesserung der sozio-ökonomischen Situation ehemaliger Kombattanten. Somit waren es die Erfolge bei der Reintegration der Kombattanten, die dazu führten, der politischen Gewalt ein Ende zu bereiten und nicht die Veränderung der externen Demokratieförderung. 7.4.2.3 Fazit Zusammenfassend lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: 1.
Die Erklärungskraft beider Hypothesen variiert je nach Beobachtungszeitraum. Beide Hypothesen können für den Zeitraum bis Mitte/Ende der 1990er Jahre plausibilisiert werden. Sowohl die fehlende Ausrichtung auf die Förderung des Interessenausgleichs als auch der unangemessene Einsatz von Instrumenten der Demokratieförderung haben dazu beigetragen, dass politische Gewalt wieder ausgebrochen ist. Für die Entwicklungen ab Ende der 1990er Jahre können die Hypothesen hingegen nicht bestätigt werden und es gibt keine Hinweise darauf, dass der Erfolg der Friedenskonsolidierung in Phase II durch Maßnahmen der externen Demokratieförderung verursacht wurde.
338 Eine zusätzliche, engmaschigere Überprüfung des Kausalmechanismus erübrigt sich an dieser Stelle. So unterbleibt eine genauere Analyse der Effektivität von externer Demokratieförderung (Stichworte Output, Outcome und Impact), da der Demokratisierungsprozess sich offensichtlich nicht in eine positive Richtung entwickelt hat. Darüber hinaus ist es auch nicht möglich, den zweiten Teil des Kausalmechanismus näher zu beleuchten. Da es keine vertiefte Demokratisierung gab, kann auch nicht untersucht werden, ob dies zu einer Stärkung der Friedenskonsolidierung geführt hat.
352
2.
Aus letzterem sollte jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass externe Demokratieförderung und Demokratisierung von keinerlei Bedeutung für den Erfolg des Friedensprozesses waren. Wie insbesondere die Entwicklungen rund um die Wahlen von 1990 gezeigt haben, hat der Ausbau von Möglichkeiten der Interessenartikulation und des Interessenausgleichs zu einer Beendigung des Krieges und somit mittelbar auch zu einem Erfolg der Friedenskonsolidierung beigetragen.
3.
Die Fallstudie Nicaragua bestätigt die Erklärungskraft von Hypothese 1 mehr als die von Hypothese 2. Wie ausgeführt wurde, war die fehlende Unterstützung der Contra ein Faktor, der den Wiederausbruch von politischer Gewalt mit begünstigt hat. Diese fehlende Unterstützung schlägt sich einerseits in einer Nicht-Beachtung als Zielgruppe nieder (unabhängige Variable von Hypothese 1), andererseits aber auch in einer zu geringen Nutzung des Instruments des Wissenstransfers (unabhängige Variable von Hypothese 2). Relevanter in diesem Zusammenhang ist aber zunächst, dass externe Akteure überhaupt nicht in Betracht gezogen haben, die Transformation der Contra in eine politische Partei zu unterstützen. Erst in einem zweiten Schritt wäre dann zu diskutieren, ob die dabei eingesetzten Mittel angemessen waren.
353
8 Schlussfolgerungen
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand die Untersuchung des Beitrags externer Demokratieförderung zu Prozessen der Friedenskonsolidierung nach Bürgerkriegen. Ausgehend von Forschungsergebnissen, wonach es zwar einen positiven Zusammenhang zwischen Demokratie und Frieden gibt, der Prozess der Demokratisierung selbst jedoch Gewalt generierend sein kann, wurde nach Möglichkeiten gefragt, wie die Risiken von Demokratisierungshilfe begrenzt werden können. Kurz: Unter welchen Umständen, mit welcher inhaltlichen Zielsetzung und anhand welcher Strategien ist externe Demokratieförderung dienlich für die Konsolidierung des Friedens in Nachkriegsgesellschaften? Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es somit, durch die Kontextualisierung von Demokratisierungshilfe als Element der Friedenskonsolidierung einen Beitrag zur Theoriebildung zu leisten. Um die oben genannte Fragestellung zu beantworten, wurde dabei in mehreren Schritten vorgegangen: Es wurde herausgearbeitet, welche Bedeutung der Demokratieförderung als Teilelement der Friedenskonsolidierung eingeräumt wird (Kapitel 2). Peacebuilding als multi-sektorale Aufgabe umfasst sicherheitspolitische, sozioökonomische, psycho-soziale wie auch politisch-administrative Tätigkeiten. Zu der letztgenannten Dimension zählen Maßnahmen der Demokratieförderung. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es keine einheitliche Position zu der Frage, welche Priorität dem Aufbau politischer Institutionen und der politischen Liberalisierung in Nachkriegsgesellschaften eingeräumt werden sollte, wie Diskussionen über den Vorzug unterschiedlicher Strategien wie Liberalization First, Security First, Institutionalization First oder Civil Society First veranschaulichen. Es herrscht jedoch Konsens darüber, dass politische Fragen für den Erfolg von Friedensprozessen von Bedeutung sind. Die kausalen Zusammenhänge zwischen Demokratie und Frieden einerseits sowie zwischen Demokratisierung und Gewalt andererseits wurden dargestellt (Kapitel 2). Demnach befördert Demokratie den Frieden auf dreierlei Weise: erstens durch die Ausschaltung zentraler Konfliktursachen wie politische Exklusion, zweitens durch die Bereitstellung von Regeln und Verfahren für die gewaltfreie Bearbeitung von Konflikten sowie drittens durch die Entwicklung einer politischen Kultur, die den gewaltfreien Konfliktaustrag begünstigt. 355
Demokratisierungsprozesse sind hingegen gewaltanfällig, da sie zu einer Umverteilung von Macht führen, Konflikt und Wettbewerb fördern, andererseits aber Institutionen und Verfahren zur Förderung des Interessensausgleichs und des friedlichen Konfliktaustrages zumeist noch schwach sind. Eng verbunden mit dem Problem schwacher Institutionen ist eine ungenügende Machtkontrolle und die Möglichkeit des Machtmissbrauchs. Aus der bestehenden Forschungsliteratur wurden zwei Hypothesen darüber generiert, in welcher Form externe Demokratieförderung einen Beitrag zur Friedenskonsolidierung leisten kann (Kapitel 3). Die erste Hypothese konzentriert sich auf inhaltliche Aspekte oder auch das ‚Was‘ externer Demokratieförderung. Sie lautet: „Je mehr externe Demokratieförderung Institutionen des Interessenausgleichs fördert, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.“ Die Hypothese beruht auf der Annahme, dass gerade in Nachkriegsgesellschaften Mechanismen des Interessenausgleichs, die die Artikulation von Interessen und die Bearbeitung von Konflikten ermöglichen, von besonderer Bedeutung sind. Derlei Institutionen des Interessenausgleichs tragen zur Überwindung von Polarisierung bei und verhindern politische Exklusion, gleichzeitig erhöhen sie die Legitimität politischer Entscheidungen und reduzieren die Gefahr von Machtmissbrauch. Kontraproduktiv für die Entwicklung ehemaliger Bürgerkriegsgesellschaften wäre hingegen eine Demokratieförderung, die den Wettbewerbscharakter von Demokratie betont und somit zu einer weiteren Fragmentierung und Polarisierung der Gesellschaft beitragen könnte. Die zweite Hypothese stellt die Angemessenheit des Instrumentariums von Demokratieförderung – das ‚Wie‘ – in den Mittelpunkt der Erklärung: „Je angemessener die Instrumente der Demokratieförderung sind, desto eher wird die Friedenskonsolidierung erfolgreich sein.“ Es wurden fünf verschiedene Instrumente der Demokratieförderung identifiziert, deren Wirksamkeit kontextabhängig ist. Ausschlaggebend für die Beurteilung, ob das Instrumentarium der Demokratieförderung angemessen ist oder nicht, sind verschiedene Faktoren. Von besonderer Bedeutung ist die Ausrichtung auf die Problemursache. Demokratisierungsprozesse können aus unterschiedlichen Gründen stagnieren – z.B. aufgrund der Kosten-Nutzen-Kalkulation von wichtigen Akteuren oder aber aufgrund von fehlenden Kompetenzen. Nicht jedes Instrument ist gleich gut geeignet, diese Problemursachen zu bearbeiten – so kann mit Konditionalität zwar die Kosten-Nutzen-Kalkulation von Akteuren verändert werden, fehlende Kompetenzen werden damit hingegen nicht vermittelt. Weitere Kriterien zur Beurteilung der Angemessenheit des Instrumentariums sind Erfolgsbedingungen auf der Ebene des Demokratieförderers, des Adressaten der
356
Demokratieförderung sowie auf der Prozessebene. Je günstiger diese Bedingungen für den Einsatz eines Instruments, desto angemessener ist seine Verwendung. Um beim Beispiel der Konditionalität zu bleiben: Dieses Instrument ist angemessen, wenn der Demokratieförderer über viel Verhandlungsmacht verfügt und glaubwürdig ist, wenn die Adressaten der Demokratieförderung möglichst abhängig von dem externen Demokratieförderer sind, wenn es wenig Veto-Akteure gegen den Demokratisierungsprozess gibt und wenn die konditionalisierten Forderungen klar und konsistent formuliert sind. Darüber hinaus steigen die Erfolgsaussichten, wenn Anreize und Sanktionen gezielt diejenigen treffen, deren Verhalten geändert werden soll und wenn diese Anreize und Sanktionen möglichst hoch sind. In dem Kapitel zum Forschungsdesign wurden die unabhängigen und abhängigen Variablen der Hypothesen operationalisiert (Kapitel 4). Ebenso wurde die Fallauswahl begründet. Die Fälle Guatemala, El Salvador und Nicaragua sind für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand besonders geeignet, da die Friedensprozesse in Zentralamerika zu den ersten weltweit gehören, in denen die internationale Gemeinschaft das ‚liberale Peacebuilding-Paradigma‘ in die Praxis umsetzte und Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung miteinander verband.339 Gleichzeitig eignen sie sich für eine vergleichende Fallstudie nach dem most similar cases design. So ergibt sich schon aus der regionalen Fallauswahl eine hohe kulturell-historische Ähnlichkeit der Länder. Darüber hinaus können verschiedene alternative Erklärungen für den Verlauf der Friedenskonsolidierung – die sogenannten Kontrollvariablen – in den Fällen weitgehend konstant gehalten werden. Der Erklärungswert der Hypothesen wurde anhand einer vergleichenden Fallstudie mit den Fällen Guatemala, El Salvador und Nicaragua einem Test unterzogen (Kapitel 5, 6 und 7). Hierfür wurde sowohl eine Korrelations- als auch eine Prozessanalyse durchgeführt. Während die Friedensprozesse in El Salvador und nach anfänglichen Rückschlägen mittlerweile auch in Nicaragua so weit fortgeschritten sind, dass von einem weitgehenden Erfolg der Friedenskonsolidierung gesprochen werden kann, gibt es in Guatemala weiterhin ein erhebliches Ausmaß an politisch motivierter Gewalt. In Guatemala ist die Friedenskonsolidierung zumindest bisher nicht erfolgreich. Zurückzuführen sind die unterschiedlichen Nachkriegsentwicklungen auf verschiedene Faktoren. In Nicaragua war beispielsweise die sozioökonomische Aufgabe der Reintegration von ehemaligen Kombattanten von besonderer Bedeutung. Von zentralem Interesse in dieser Arbeit ist jedoch das Ergebnis, dass auch die ex339 Zum liberalen Paradigma zählen auch neoliberale Wirtschaftsreformen, die hier nicht untersucht wurden.
357
terne Demokratieförderung Auswirkungen auf die Entwicklung der Friedensprozesse hatte, und zwar sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Fallübergreifend schnitt die zweite Hypothese über die Angemessenheit des Instrumentariums der Demokratieförderung sehr gut ab. Es konnte gezeigt werden, dass die Demokratisierungshilfe in Guatemala und lange Zeit auch in Nicaragua nicht angemessen war und wirkungslos blieb, was zum ausbleibenden Erfolg der Friedenskonsolidierung beigetragen hat.340 In El Salvador hat ein angemessener Einsatz der Instrumente hingegen zu einer Stärkung des Demokratisierungs- und des Friedensprozesses geführt. Die Untersuchung der Fälle verdeutlichte auch, dass Institutionen des Interessenausgleichs für den Verlauf von Friedensprozessen von Bedeutung sind. Fehlen sie oder sind sie mangelhaft, so kann dies die Friedenskonsolidierung gefährdende Krisen auslösen, wie in Nicaragua geschehen. Sind sie, wie in El Salvador, vorhanden, begünstigt dies hingegen den Verlauf von Friedensprozessen. Nachgewiesen werden konnte allerdings nicht, dass externe Akteure einen maßgeblichen Beitrag zur Schaffung dieser Institutionen geleistet haben. Über den Hypothesentest hinaus liegt der Mehrwert der empirischen Fallstudien in der Zusammenstellung von Daten über externe Demokratieförderung in Guatemala, El Salvador und Nicaragua. Bisher gibt es für diese Länder entweder keinerlei Untersuchungen, die sich mit externer Demokratieförderung beschäftigen (Nicaragua), oder aber nur Untersuchungen, die sich mit Teilbereichen der Demokratieförderung, wie Wahlen, Menschenrechten oder Medienförderung, auseinandersetzen.341 Die Schlussfolgerungen der Untersuchung sollen im Folgenden in drei Abschnitten präsentiert werden: 1.
Die Ergebnisse des Hypothesentests in den einzelnen Fällen werden nochmals zusammengefasst und bewertet. Dabei wird insbesondere die Bedeutung konkurrierender erklärender Faktoren für den Verlauf der Friedenskonsolidierung analysiert (8.1).
2.
In einer fallübergreifenden vergleichenden Analyse werden die drei Fälle zueinander in Beziehung gesetzt. Dies geschieht zuerst in Form eines theoretischen Vergleichs, der das Abschneiden der Hypothesen erörtert. Es folgt ein empirischer Vergleich, in dem die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Fälle herausgearbeitet werden (8.2).
340 In Nicaragua scheiterte die Friedenskonsolidierung zunächst aufgrund der Wiederbewaffnung von ehemaligen Kombattanten, sie ist jedoch seit dem Ende der 1990er Jahre als Erfolg zu bewerten. 341 Vgl. hierzu Azpuru et al. 2004 für Guatemala und Rubio-Fabiàn et al. 2004 für El Salvador.
358
3.
Den Abschluss bildet die Einordnung der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit. Hierfür wird zunächst die Generalisierbarkeit der Ergebnisse diskutiert. Es folgt eine Einordnung in den akademischen Forschungsstand. Zuletzt wird erörtert, welche Schlüsse aus den Ergebnissen der Arbeit für die politische Praxis von Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung abgeleitet werden können (8.3).
8.1 Der Erklärungswert: Externe Demokratieförderung und konkurrierende Erklärungsfaktoren im Vergleich Im Folgenden werden die Ursachen für den Verlauf der Friedenskonsolidierung in den drei Fällen diskutiert. Dabei wird erstens der Erklärungswert des ‚Was‘ und ‚Wie‘ der externen Demokratieförderung, also der hier untersuchten unabhängigen Variablen, nochmals zusammengefasst. Zweitens wird analysiert, welche dritten Faktoren relevant für den Verlauf der Friedenskonsolidierung waren.
8.1.1
Guatemala
8.1.1.1 Der Erklärungswert der Hypothesen Für den Fall Guatemala konnte von den beiden in dieser Arbeit entwickelten Hypothesen nur die zweite sowohl in der Korrelations- als auch in der Prozessanalyse plausibilisiert werden: Das Instrumentarium der Demokratieförderung war in Guatemala nicht angemessen und die Friedenskonsolidierung ist bisher nicht erfolgreich gewesen (vgl. Tabelle 11). In Guatemala ist die zentrale Ursache für Demokratisierungsdefizite die Kosten-Nutzen-Kalkulation von mächtigen Veto-Akteuren. Um diese zu verändern, sind prinzipiell die Instrumente der Konditionalität sowie mit Abstrichen auch der sozialen Einflussnahme geeignet. Externe Geber haben in Guatemala Konditionalität jedoch eher selten und wenn, dann nicht konsistent eingesetzt. Insbesondere die USA, der Geber, der über den größten Einfluss gegenüber Guatemala verfügt, übten wenig Druck bezüglich der Intensivierung des Demokratisierungprozesses aus. Zudem sind auch die Erfolgsbedingungen für Konditionalität und soziale Einflussnahme in Guatemala kaum gegeben. Dies liegt an der begrenzten Verhandlungsmacht externer Akteure, der relativ geringen Abhängigkeit Guatemalas, an nicht zielgerichteten Sanktionen und der fehlenden Autorität von MINUGUA. Entscheidend ist jedoch, dass gerade die Veto-Akteure, die sich demokratischen Reformen entgegenstellten und diese verhindert haben, eine weitestgehend autonome Position innehaben und in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu internationalen Akteuren stehen. Da-
359
mit bleiben externen Akteuren – selbst wenn sie den Willen aufbringen, Konditionalität einzusetzen – wenig Ansatzpunkte, um die Kosten-Nutzen-Kalkulation dieser Blockadekräfte zu verändern. In Bezug auf die anderen Instrumente der externen Demokratieförderung gestalteten sich die Erfolgsbedingungen zwar etwas günstiger. Instrumente wie Wissenstransfer oder Dialog sind jedoch nicht geeignet, um auf die zentrale Problemursache, nämlich die Kosten-Nutzen-Kalkulation der Veto-Akteure, einzuwirken. Insgesamt zeigt das Beispiel Guatemala somit die Grenzen externer Einflussnahme recht deutlich. Die erste Hypothese hingegen, welche die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs betont, wurde durch die Korrelationsanalyse weder plausibilisiert noch widerlegt. Die Prozessanalyse zeigte jedoch, dass eine zu geringe Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs nicht zentral für den bisherigen Verlauf der Friedenskonsolidierung war (vgl. Tabelle 11).
Hypothese 1 Institutionen des Interessenausgleichs
Hypothese 2 Angemessenheit des Instrumentariums
Korrelationsanalyse
Prozessanalyse
+–
–
+
+
Tabelle 11: Abschneiden der Hypothesen im Fall Guatemala (’+’ = plausibilisiert; ’–’ = nicht plausibilisiert)
So ist für den größten Teil der politischen Gewalt in Guatemala ein mangelnder Interessenausgleich nicht ausschlaggebend gewesen, da es sich bei den Gewaltakteuren weitestgehend nicht um marginalisierte Gruppen handelte. Aus eben diesem Grund wurde die Hypothese als ‚nicht plausibilisiert‘ bezeichnet. Trotz ausbleibender Plausibilisierung kann der Hypothese nicht jegliche Erklärungskraft abgesprochen werden. Die sich in der Amtszeit von Oscar Berger häufenden Konflikte um Landräumungen und internationale Minenprojekte zeigen, dass die Mängel im Interessenausgleich bei Fragen wie der Verteilung von Land und der Erteilung von Schürfrechten an internationale Firmen ein erhebliches Eskalationspotential bergen. Es ist durchaus denkbar, dass in Zukunft diese Defizite des Interessenausgleichs zu einer weiteren Belastung der Friedenskonsolidierung führen werden.
360
8.1.1.2 Der Erklärungswert dritter Faktoren Friedenskonsolidierung ist eine multidimensionale Aufgabe, die von vielen Aspekten abhängt und mehr als nur politische Tätigkeiten umfasst. Zusätzlich zu der hier untersuchten Demokratieförderung gibt es daher noch weitere Faktoren, die den Verlauf von Friedensprozessen möglicherweise erklären können. Die meisten dieser alternativen Erklärungungen342 wurden bereits in Kapitel 4 diskutiert und nehmen in allen drei Ländern ähnliche Werte an, so dass sie als kontrolliert gelten können und an dieser Stelle nicht nochmals diskutiert werden. Aufgegriffen werden hingegen jene dritten Faktoren, deren Erklärungswert für die Fälle bisher nicht diskutiert wurde. Es handelt sich dabei um Ansätze zur Reduzierung der Gefahren demokratischer Transformationen nach Bürgerkriegen, namentlich Machtteilung durch das institutionelle Design der Demokratie (2.3.1) und Garantien dritter Parteien (2.3.2). Zusätzlich wird für Guatemala analysiert, welchen Einfluss die Aspekte Kriegsökonomien und ethnische Heterogenität auf den schleppenden Verlauf der Friedenskonsolidierung hatten, da diese beiden Faktoren im Fallvergleich nicht konstant gehalten werden konnten und für Guatemala andere Werte als in den Fällen El Salvador und Nicaragua annehmen.343 Machtteilung durch das institutionelle Design der Demokratie344 Die institutionelle Ausgestaltung des Regierungssystems in Guatemala wird dem Ideal einer Machtteilung, die den friedlichen Konfliktaustrag begünstigt, allenfalls teilweise gerecht. Dies zeigt sich insbesondere hinsichtlich der Exekutive: Guatemala hat ein zentralistisches, präsidentielles Regierungssystem und räumt dem Präsidenten weitreichende Kompetenzen ein. Dies wird in der Regel als Kennzeichen von Mehrheits-Demokratien betrachtet. Zwar argumentieren Vertreter des integrativen Ansatzes, dass gerade präsidentielle Systeme zur gruppenübergreifenden Konfliktbearbeitung und Machtteilung beitragen können. Dies 342 Die Erklärungsfaktoren lassen sich folgenden fünf Kategrorien zuordnen: Charakteristika der Konfliktparteien (z.B. deren Kohärenz oder Zahl), Charakteristika des Konfliktaustrags (Intensität), Charakteristka des Konfliktgegenstandes (Teilbarkeit? Ökonomisierung der Gewaltmotive?), Charakteristika der Konfliktumwelt (regionales Umfeld, internationale Machtverhältnisse) sowie Charakteristika der Konfliktbearbeitung (z.B. Engagement externer Aktere, Konzeption der Friedenskonsolidierung) (vgl. 4.3.2). 343 Analog zum Vorgehen hier wird auch für die Fälle El Salvador und Nicaragua der Erklärungswert dritter Faktoren diskutiert werden. Dies betrifft in allen Fällen die Faktoren Machtteilung durch das institutionelle Design der Demokratie sowie Garantien dritter Parteien. Fallabhängig werden zudem jene alternativen Erklärungsfaktoren aus Kapitel 4 analysiert, die nicht kontrolliert werden konnten. 344 Die institutionelle Machtteilung durch das Design der Demokratie weist eine Schnittmenge mit der in Hypothese 1 untersuchten Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs auf. In vielerlei Hinsicht ist die institutionelle Machtteilung ein Teilaspekt von Institutionen des Interessenausgleichs, weshalb an dieser Stelle auch Kriterien aufgegriffen werden, die schon an anderer Stelle untersucht wurden, wie z.B. Dezentralisierung.
361
gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass es sich bei dem Präsidenten um eine einigende nationale Persönlichkeit handelt, die eine sehr breite Unterstützung genießt. All dies war bei den bisherigen Nachkriegs-Präsidenten Guatemalas jedoch nicht der Fall. Das Wahlsystem enthält hingegen durchaus Elemente, die eine Machtteilung begünstigen, da die Parlamentsabgeordneten nach dem Verhältniswahlsystem gewählt werden. Auf kommunaler Ebene, für die Wahl von Bürgermeistern und Teilen der Gemeinderäte, wird die relative Mehrheitswahl angewandt, die zur Förderung von Kompromissfindung und Inklusion ungeeignet ist, da auch Kandidaten mit einem relativ geringen Rückhalt zum Bürgermeister gewählt werden können. Der Präsident wird mit absoluter Mehrheit gewählt; wird diese im ersten Wahlgang von keinem Kandidaten erreicht, gibt es eine Stichwahl. Schließlich gibt es in Guatemala auch Bestrebungen für eine Dezentralisierung der Macht und eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Reformbemühungen diesbezüglich wurden 1985 erstmals eingeleitet und durch die Friedensabkommen weiter verstärkt. Aufgrund mangelnder technischer, finanzieller und personeller Ressourcen haben die Kommunen allerdings Probleme damit, die an sie übertragenen Aufgaben zu erfüllen (Neher 2002: 23ff.). Auch fallen viele kommunal- und regionalpolitische Entscheidungen weiterhin auf zentraler Ebene in Guatemala-Stadt. Trotz dieser insgesamt beschränkten Machtteilung lassen sich die Probleme des Friedensprozesses kaum auf eine defizitäre institutionelle Gestaltung des politischen Systems zurückführen. Wie bereits im Zusammenhang mit der Erörterung von Hypothese 1 ausgeführt, geht der größte Teil der politischen Gewalt in Guatemala nicht von marginalisierten, sondern von einflussreichen Akteuren aus. Ursache der Gewalt ist somit keineswegs politische Exklusion, wie es Vertreter der Machtteilungs-Ansätze vermuten. Der Ausbau institutioneller Vorkehrungen für die Machtteilung mit dem Ziel der Inklusion marginalisierter Gruppen wie z.B. der Indígenas würde somit nichts an den momentan bestehenden Problemen der politischen Gewalt ändern. Garantien dritter Parteien Die wichtigste dritte Partei, die den Prozess der Friedenskonsolidierung in Guatemala begleitete, waren die Vereinten Nationen in Form der MINUGUAMission. MINUGUA überwachte die Implementierung der Friedensabkommen und stellte den Konfliktparteien wichtige Informationen über die wechselseitige Umsetzung der Abkommensvereinbarungen zur Verfügung. Nach Barbara Walter (1999; 2002) ist diese Form der externen Hilfe, die zur Reduzierung von Unsicherheit beiträgt, jedoch nur im Falle eines Machtgleichgewichts der Konfliktparteien ausreichend, da diese dann selbst durch eine tit-for-tat-Strategie die
362
Kooperation der jeweils gegnerischen Partei erzwingen können. In Guatemala war ein solches Machtgleichgewicht aufgrund der Schwäche der URNG nicht gegeben. Eine stärkere Intervention externer Parteien, mit der aktiven Durchsetzung der Friedensabkommen und der Sanktionierung von Regelbrüchen, fand dennoch nicht statt. Nach Walter waren somit die Garantien dritter Parteien nicht ausreichend, um einen Wiederausbruch der Gewalt zu verhindern. Trotz der Korrelation zwischen dem in Bezug auf Garantien nicht ausreichenden internationalen Engagement und dem Scheitern der Friedenskonsolidierung ist auch dieser Faktor nicht geeignet, um den Verlauf des Friedensprozesses befriedigend zu erklären. So ist es zwar denkbar, dass durch ein stärkeres, auch sicherheitspolitisches Engagement gewisse gewaltsame Zusammenstöße zu verhindern gewesen wären. Zu einer nachhaltigen Besserung hätte eine zeitlich begrenzte externe Intervention jedoch nicht geführt. Denn anders als im theoretischen Ansatz von Walter vermutet, handelt es sich bei der Gewalt in Guatemala nicht um ein Übergangsphänomen, das sich mit der Unsicherheit der Akteure, deren Rekurs auf Selbsthilfe und einem daraus entstehenden Sicherheitsdilemma erklären lässt. Kriegsökonomien Anders als in Nicaragua und insbesondere in El Salvador haben sich in Guatemala während des Bürgerkrieges Strukturen einer Kriegsökonomie herausgebildet. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die Einstellung der US-Hilfe für das guatemaltekische Militär in den 1970er Jahren: Abgeschnitten von externer Finanzierung musste die Armee andere Finanzquellen erschließen und nutzte die Kontrolle der Grenzen fortan für illegale Schmuggeltätigkeiten (Kurtenbach 2007: 21f.). Diese kriminellen Netzwerke sind bis heute nicht aufgelöst worden, sondern haben sich vielmehr verfestigt. Die organisierte Kriminalität reicht weit ins politische System hinein – Justiz, Parteien, Parlament und die Exekutive sind durchdrungen von Akteuren, die an illegalen Geschäften verdienen, von der Straflosigkeit profitieren und an einer schwachen Staatlichkeit interessiert sind. Für die Erklärung des Verlaufs der Friedenskonsolidierung ist dieser Faktor durchaus bedeutsam. Der Krieg in Guatemala ist zwar nicht als Mittel zur Gewinnung ökonomischer Gewinne geführt worden, für die heute zu beobachtenden Defizite der Demokratisierung und der Friedenskonsolidierung spielen die aus den Kriegsökonomien entstandenen Netzwerke jedoch eine wichtige Rolle. Denn erst vor dem Hintergrund der Kriegsökonomien können Autonomie und Interessenkalkulation der ‚geheimen Mächte‘ erklärt werden, die politische Gewalt bewusst einsetzen, um beispielsweise Reformen zur Bekämpfung der Straflosigkeit zu verhindern.
363
Ethnische Heterogenität Guatemala ist ein ethnisch diverses Land. Der Anteil der indigenen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung liegt bei etwa 60 Prozent, die übrigen 40 Prozent der Bevölkerung sind zumeist Ladinos und zu einem sehr geringen Anteil Weiße. Wirtschaftlich und politisch geben Ladinos und Weiße den Ton an, die indigene Bevölkerung ist hingegen stark marginalisiert. Dies drückt sich auch in einer ausgeprägten Polarisierung der Gesellschaft und in einem weit verbreiteten Rassismus aus – die Mehrheit der Ladinos und der Weißen schauen auf die indigene Bevölkerung herab und erachten sie als minderwertig, faul und dumm. Auch wenn der Krieg in Guatemala nicht ethnisch motiviert war (vgl. 4.3.3), so erschwert die ethnische Polarisierung mittlerweile doch den Prozess der Friedenskonsolidierung. Die Ablehnung der Verfassungsreformen im Referendum 1999 ist beispielsweise auch auf das Schüren von Ängsten vor einer indigenen Übermacht zurückzuführen (Jonas 2000: 196f.). Dennoch gibt es keine Indizien dafür, dass die Marginalisierung ethnischer Gruppen für die bisherigen gewaltsamen Rückschläge der Friedenskonsolidierung verantwortlich ist. Nicht ausschließen lässt sich jedoch, dass bei einer weiter fortbestehenden sozioökonomischen und politischen Exklusion ethnischer Gruppierungen das Frustpotenzial so groß wird, dass diese Akteure auch zum Einsatz von Gewalt bereit sein könnten. 8.1.1.3 Bewertung Die wesentlichen Gründe für den ausbleibenden Erfolg der Friedenskonsolidierung in Guatemala sind mehr in innerstaatlichen als in internationalen Faktoren zu suchen. So zeigt zwar die Plausibilisierung von Hypothese 2, dass angesichts einer fehlenden Angemessenheit des Instrumentariums Maßnahmen der externen Demokratieförderung die Friedenskonsolidierung nicht unterstützten. Noch viel aufschlussreicher ist jedoch ein Blick auf die genaueren Hintergründe für diese Defizite, welche durch die Prozessanalyse beleuchtet werden konnten: Aufgrund ungünstiger Erfolgsbedingungen war es in Guatemala nur schwer möglich, ein angemessenes Instrumentarium zu finden. Unter derart ungünstigen Bedingungen stößt externe Demokratieförderung an ihre Grenzen. Auch anderen Dimensionen des internationalen Peacebuilding lässt sich keine wesentliche Verantwortung für die Probleme im Friedensprozess zuschreiben. Vermutlich hätte ein stärkeres internationales Engagement gewisse Probleme zeitweise unterdrücken können, eine nachhaltige Lösung und Befriedung wäre aber auch damit schwer zu erzielen gewesen. Die Ursachen für die Probleme des Friedensprozesses sind stattdessen, wie bereits erwähnt, vor allem innerstaatlicher Natur. Dazu zählt insbesondere das Kräfteverhältnis zwischen schwachen Reform- und Friedenskräften auf der einen
364
Seite und äußerst einflussreichen Veto-Akteuren auf der anderen Seite. Die Macht dieser Veto-Akteure ist zu einem großen Teil auf kriegsökonomische Strukturen zurückzuführen, die bis heute nicht aufgelöst wurden. Ethnische Heterogenität hingegen ist ein Faktor, der den Demokratisierungs- und Friedensprozess in Guatemala erschwert, jedoch nicht direkt mit dem Scheitern der Friedenskonsolidierung in Verbindung zu bringen ist.
8.1.2
El Salvador
8.1.2.1 Der Erklärungswert der Hypothesen Insbesondere die zweite Hypothese über die Bedeutung der Angemessenheit des Instrumentariums konnte im Fall El Salvador sowohl mittels einer Korrelationsals auch durch eine Prozessanalyse bestätigt werden (vgl. Tabelle 12). Wie in der Fallstudie bereits ausgeführt wurde, hat vor allem in den ersten Jahren der Friedenskonsolidierung der (angemessene) Einsatz von Konditionalität und sozialer Einflussnahme dazu beigetragen, den Demokratisierungsprozess in Gang zu halten und Rückschritte und Blockaden zu überwinden. Die Vertiefung der Demokratisierung wiederum hat die Friedenskonsolidierung durch die Beseitigung zentraler Konfliktursachen und die Schaffung von Kanälen der gewaltfreien Konfliktbearbeitung unterstützt. Die erste Hypothese lässt sich durch die Entwicklungen in El Salvador weniger klar bestätigen. Anhand der Korrelationsanalyse konnte weder eine Plausibilisierung noch eine Widerlegung vorgenommen werden. Erst die Prozessanalyse ermöglichte eine zumindest partielle Plausibilisierung der Hypothese. Denn in der Tat waren Institutionen des Interessenausgleichs von Bedeutung für den letztlich erfolgreichen Verlauf der Friedenskonsolidierung. Allerdings ließ sich nicht nachweisen, dass die externe Demokratieförderung einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung oder Stärkung dieser Möglichkeiten des Interessenausgleichs leistete.
Hypothese 1 Institutionen des Interessenausgleichs
Hypothese 2 Angemessenheit des Instrumentariums
Korrelationsanalyse
Prozessanalyse
+–
+–
+
+
Tabelle 12: Abschneiden der Hypothesen im Fall El Salvador (’+’ = plausibilisiert; ’–’ = nicht plausibilisiert)
365
8.1.2.2 Der Erklärungswert dritter Faktoren Wie im Falle von Guatemala wird an dieser Stelle die Erklärungskraft alternativer Faktoren für den Verlauf der Friedenskonsolidierung in El Salvador diskutiert. Hierzu gehören das institutionelle Design und Garantien dritter Parteien. Darüber hinaus wird die Bedeutung des sonstigen internationalen Engagements kurz erläutert. Alle anderen potenziellen Erklärungsvariablen, die unter 4.3 vorgestellt wurden, sind im Falle von El Salvador kontrolliert worden. Machtteilung durch das institutionelle Design der Demokratie El Salvador hat ein präsidentielles System. Alle Präsidenten der Nachkriegszeit gehörten ARENA an und waren somit Vertreter einer Partei, die im polarisierten Parteiensystem El Salvadors den rechten Flügel vertritt. Es handelte sich dabei nicht um einigende Persönlichkeiten mit einem breiten Rückhalt in der Bevölkerung. Die institutionelle Gestaltung der Exekutive bietet damit schlechte Ausgangsvoraussetzungen für Machtteilung. Hinsichtlich des Wahlsystems sind die Bedingungen für Machtteilung etwas günstiger, da die Parlamentsabgeordneten alle drei Jahre nach dem Verhältniswahlrecht gewählt werden. Präsidenten werden mit absoluter Mehrheit gewählt. Auch ein Dezentralisierungsprozess hat mittlerweile in El Salvador eingesetzt, hier sind jedoch noch große Defizite hinsichtlich der Leistungsfähigkeit kommunaler Strukturen zu verzeichnen. Da die institutionellen Vorkehrungen, die eine Machtteilung begünstigen, insgesamt gering sind, spricht wenig dafür, dass einzelne Aspekte wie zum Beispiel die Verhältniswahl einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des Friedensprozesses geleistet haben. Garantien dritter Parteien Ebenso wie in Guatemala waren auch in El Salvador die Vereinten Nationen mit einer internationalen Verifikationsmission – ONUSAL – vor Ort vertreten und überwachten die Umsetzung der Friedensvereinbarungen. Die Vereinten Nationen stellten durch ihre regelmäßigen Berichte über den Implementierungsprozess Informationen bereit und reduzierten Unsicherheit. Nach Barbara Walter ist diese Form der externen Intervention dann hilfreich in Nachkriegsgesellschaften, wenn die Konfliktparteien ungefähr gleich mächtig sind, wie dies in El Salvador der Fall war. Unter diesen Umständen können die nationalen Konfliktparteien die Regelbrüche ihrer Gegner selbst sanktionieren. In El Salvador lässt sich eine Anwendung einer solchen tit-for-tat-Strategie durchaus beobachten. So war beispielsweise der Demobilisierungsprozess der FMLN von Beginn an in fünf Phasen aufgeteilt (Spence 2004: 48). Dies ermöglichte es der ehemaligen Guerilla, auf Implementierungsverzögerungen der Regierung oder des Militärs zu reagieren und ihrerseits die Umsetzung von Vereinbarungen zu verzögern. Diese
366
Taktik wurde von der FMLN auch mehrmals eingesetzt, zum Beispiel als Finanzpolizei und Nationalgarde in ihrer Gesamtstruktur in das Militär integriert werden sollten oder als es zu Schwierigkeiten beim Landtransfer kam (United Nations Department of Public Information 1995: 29f.; Williams/Walter 1997: 153f.). Für den erfolgreichen Verlauf des Friedensprozesses hat die Verifikation durch ONUSAL einen wichtigen Beitrag geleistet, denn als Ergänzung zu Vermittlungsaktivitäten (vgl. nächster Abschnitt) führten Verifikation und tit-for-tat in der Regel zu einer Überwindung von Reformblockaden. Engagement internationaler Akteure Das Engagement internationaler Akteure in El Salvador war generell sehr hoch und von Bedeutung für den erfolgreichen Verlauf des Friedensprozesses. Zurückzuführen ist diese Aufmerksamkeit auf die historischen Umstände – das Friedensabkommen in El Salvador wurde in einer Zeit verabschiedet, in der die Weltgemeinschaft große Hoffnungen in die Vereinten Nationen setzte und bereit dazu war, neue Aufgaben im Bereich der Friedenssicherung, Friedensschaffung und Friedenskonsolidierung zu übernehmen. Darüber hinaus muss im Speziellen die Bedeutung der ONUSAL-Mission hervorgehoben werden. Denn sowohl durch ONUSAL-Vermittlungsaktivitäten als auch durch spezifische Interventionen aus dem UN-Hauptquartier in New York konnten wichtige Blockaden im Friedensprozess überwunden werden und die Konfliktparteien auch in Krisensituationen wieder zusammengeführt werden. 8.1.2.3 Bewertung Der Vergleich der verschiedenen hier erörterten Faktoren zeigt vor allem eines: Der Beitrag externer Akteure für den Erfolg der Friedenskonsolidierung war von Bedeutung. Sowohl die Verifikation der Abkommensimplementierung und die Herstellung von Transparenz als auch Vermittlungsaktivitäten von ONUSAL sowie Maßnahmen der externen Demokratieförderung trugen zum Erfolg der Friedenskonsolidierung bei. Im direkten Vergleich ist jedoch davon auszugehen, dass die beiden zuerst genannten Aktivitäten bedeutender waren für die Friedenskonsolidierung, da sie unmittelbar an der Lösung von Krisensituationen in den ersten Nachkriegsjahren ansetzten.
8.1.3
Nicaragua
8.1.3.1 Der Erklärungswert der Hypothesen Die beiden Hypothesen schneiden im Fall Nicaragua sehr ähnlich ab. Beide werden in der ersten Phase des Friedensprozesses, bis etwa Mitte/Ende der 1990er
367
Jahre, sowohl durch eine Korrelations- als auch durch eine Prozessanalyse voll bestätigt (vgl. Tabelle 13). Die von externen Akteuren vernachlässigte Notwendigkeit, die Contra in ihrer Transformation in eine politische Partei zu unterstützen, gehört zu den Kerndefiziten, die ein Scheitern der Friedenskonsolidierung in Nicaragua begünstigt haben. Dieses Versäumnis kann im Sinne von Hypothese 1 als eine Vernachlässigung der Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs (und hierbei vor allem der Interessenartikulation) verstanden werden. Ebenso spiegelt dieses Defizit jedoch auch eine unzureichende Angemessenheit wider, da dem Problem der fehlenden Kompetenzen und des fehlenden Wissens der Contra nicht mit dem Instrument des Wissenstransfers begegnet wurde. Phase I
Hypothese 1 Institutionen des Interessenausgleichs
Hypothese 2 Angemessenheit des Instrumentariums
Phase II
Korrelation
Prozessanalyse
Korrelation
Prozessanalyse
+
+
+–
–
+
+
+–
–
Tabelle 13: Abschneiden der Hypothesen im Fall Nicaragua (’+’ = plausibilisiert; ’–’ = nicht plausibilisiert)
Für die zweite Phase konnten die Hypothesen durch die Korrelationsanalyse weder klar bestätigt noch widerlegt werden. Die Prozessanalyse gab jedoch Hinweise darauf, dass die von den Hypothesen angenommenen Kausalmechanismen für die Entwicklung der Friedenskonsolidierung nicht relevant waren. So ist der letztlich doch noch erzielte Erfolg der Friedenskonsolidierung maßgeblich auf die nationalen Anstrengungen der Chamorro-Regierung zur sozioökonomischen Integration der Recontras und Recompas zurückzuführen. Externe Demokratieförderung spielte in diesem Zusammenhang jedoch keine Rolle. 8.1.3.2 Der Erklärungswert dritter Faktoren Für eine abschließende Bewertung der Friedenskonsolidierung in Nicaragua werden an dieser Stelle nochmals folgende alternative Erklärungsfaktoren untersucht: institutionelle Machtteilung, Garantien dritter Parteien, Reintegration von Ex-Kombattanten und Homogenität der Konfliktparteien.
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Machtteilung durch das institutionelle Design der Demokratie Ebenso wie Guatemala und El Salvador verfügt auch Nicaragua über ein präsidentielles Regierungssystem. Eine Besonderheit dabei ist, dass seit dem Pakt die demokratische Legitimierung, die von Präsidentschaftswahlen ausgeht, stark gesunken ist. Anstelle einer absoluten Mehrheit wie in den beiden anderen hier untersuchten zentralamerikanischen Ländern reicht im ersten Wahlgang bereits eine relative Mehrheit von 40 Prozent (bzw. 35 Prozent bei mehr als fünf Prozentpunkten Abstand auf den Zweitplatzierten) für die Wahl zum Präsidenten. Auch in Nicaragua waren die Präsidenten der Nachkriegszeit keine einigenden Persönlichkeiten, die eine breite Unterstützung erfahren hätten. Die einzige Ausnahme stellt hier möglicherweise Violeta Chamorro dar, die erste Nachkriegspräsidentin des Landes, die deutlich stärker als alle ihre Nachfolger in der politischen Mitte anzusiedeln ist und versucht hat, eine Politik des Ausgleichs zu betreiben. Abgeordnete für das Parlament werden für eine Amtszeit von fünf Jahren nach dem Verhältniswahlrecht gewählt. Das Wahlsystem enthält somit eine Bestimmung, die für die Machtteilung günstig ist. Auch Autonomieregelungen und Bestrebungen um eine Dezentralisierung gibt es bereits seit Ende der 1980er Jahre. In diesem Bereich existieren jedoch weiterhin erhebliche Defizite hinsichtlich der Kompetenzen und Ressourcenausstattung der kommunalen und regionalen Institutionen. Insgesamt sind die institutionellen Vorkehrungen für eine Machtteilung somit eher schwach. Von Bedeutung für den Verlauf des Friedensprozesses sind diese Defizite jedoch nicht gewesen. Denn erstens sind die Ursachen für die erneute Gewalt eher in sozio-ökonomischen Faktoren zu suchen und zweitens war die Friedenskonsolidierung letztlich doch noch – trotz einer unzureichenden institutionellen Machtteilung – erfolgreich. Garantien dritter Parteien Garantien dritter Parteien spielten im Friedensprozess von Nicaragua eine zu vernachlässigende Rolle. Zwar gab es mit der CIAV/OAS-Mission auch in Nicaragua eine internationale Friedensmission, diese hatte jedoch ein erheblich schwächeres Mandat als MINUGUA in Guatemala und ONUSAL in El Salvador. Die CIAV/OAS-Mission war lediglich für die Verifikation der freiwilligen Demobilisierung, Rückführung und Reintegration der Contra sowie für die Überwachung von deren Menschenrechten zuständig. Durch diese, zumindest in den Anfangsjahren bestehende Fokussierung auf den Schutz einer Konfliktpartei war die Mission nicht in der Lage, umfassende Informationen über die Umsetzung der Friedensvereinbarungen zur Verfügung zu stellen.
369
Für die Friedenskonsolidierung in Nicaragua war die Einseitigkeit der CIAV/OAS-Mission kontraproduktiv und hat mehr Schaden als Nutzen gebracht. Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass es gerade wegen der fehlenden Garantien dritter Parteien zu einem Wiederausbruch der Gewalt in Nicaragua gekommen ist. Die Wiederbewaffnung der Contra ist nicht auf Unsicherheit und Selbsthilfe-Strategien zurückzuführen,345 sondern vor allem auf eine fehlende Befriedigung sozio-ökonomischer Bedürfnisse. Reintegration von Ex-Kombattanten In Kapitel 4 wurde als ein Erklärungsfaktor für den Verlauf von Friedensprozessen die ‚Konzeption und Umsetzung friedenskonsolidierender Maßnahmen‘ genannt. Die Reintegration von Ex-Kombattanten gehört zu derlei friedenskonsolidierenden Maßnahmen und fällt primär in die sicherheitspolitische Dimension, weist aber auch Überschneidungen mit der sozio-ökonomischen Komponente des Peacebuilding auf (vgl. 2.1). In Nicaragua führte die Demobilisierung der Contra sowie eine sehr schnelle Reduzierung der Truppenstärke des Militärs dazu, dass schon binnen weniger Monate, nämlich Ende Juli 1990, rund 64.000 Ex-Kombattanten auf ihre Reintegration warteten. Es handelte sich dabei um 23.000 ehemalige Contra-Kämpfer sowie 41.000 ehemalige Soldaten der EPS (Spencer 1997: 4; Spence 2004: 52f.). Für die Wiedereingliederung dieser sehr großen Zahl von ehemaligen Kämpfern in die nicaraguanische Gesellschaft fehlte der Regierung jedoch das Geld. Insbesondere beim Transfer von Land an die Ex-Kombattanten kam es zu großen Verzögerungen, teilweise blieb dieser auch ganz aus. Auch die als Chance für die Wiedereingliederung konzipierten ‚Entwicklungspole‘ erfüllten die in sie gesetzten Hoffnungen nicht. Zwar erhielten die ehemaligen Contra-Kämpfer in diesen abgelegenen Gebieten Land, die Infrastruktur war jedoch unzureichend, da es häufig weder eine funktionierende Wasserversorgung noch Telefon noch öffentliche Verkehrsmittel gab. Verschärft wurde die Situation dadurch, dass internationale Geber den Bereich der Reintegration von Ex-Kombattanten nur zögerlich und begrenzt unterstützten und zugesagte Gelder teilweise verspätet auszahlten, was wiederum dazu führte, dass die Regierung gemachte Versprechungen nicht erfüllen konnte (Spencer 1997: 21ff.). Darüber hinaus verstärkten die von den internationalen Finanzinstitutionen auferlegten Wirtschaftsreformen die Krise. Denn zum einen beschränkten Sparauflagen den Handlungsspielraum der Regierung, zum anderen führten Auflagen zur Reduzierung des öffentlichen Sektors dazu, dass die Arbeitslosigkeit stieg. 345 Gerade aufgrund der Einseitigkeit des Mandates der CIAV/OAS-Mission war eine solche Unsicherheit für die Contra-Rebellen nicht gegeben, da sie den besonderen Schutz der internationalen Mission genossen.
370
Insgesamt ist die unzureichende Umsetzung der Reintegration von ehemaligen Kämpfern als ein gravierendes Versäumnis zu betrachten, das in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Wiederbewaffnung der Ex-Kombattanten und somit dem Scheitern der Friedenskonsolidierung in den ersten Nachkriegsjahren steht. Hätten Regierung und internationale Geber diesem Bereich mehr Aufmerksamkeit geschenkt, so hätte die fehlende Unterstützung der Transformation der Contra in eine politische Partei alleine vermutlich nicht zu einem Wiederaufflammen der Gewalt geführt. Homogenität der Konfliktparteien Bereits in der Fallstudie zu Nicaragua wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei der Contra um eine äußerst heterogene Gruppierung handelte, die über wenig gemeinsame Zielsetzungen verfügte – von der Gegnerschaft zu den Sandinisten abgesehen. Eine fehlende Kohärenz der Contra führte jedoch nicht dazu, dass Führungseliten vereinbarte Friedensregelungen unter den Anhängern nicht durchsetzen konnten. Dennoch erschwerte der schwache Zusammenhalt und die geringe Organisationsfähigkeit die spätere Transformation der Contra in eine politische Partei und hatte insofern durchaus einen indirekten Einfluss auf den Verlauf der Friedenskonsolidierung. 8.1.3.3 Bewertung Vergleicht man die Erklärungsfaktoren für das Scheitern der Friedenskonsolidierung in Phase I in Nicaragua, so fällt auf, dass verschiedene Faktoren eng miteinander zusammenhängen und einander teilweise bedingen. Hierzu gehören: die unabhängige Variable von Hypothese 1 (hier: die fehlende Förderung der Interessenartikulation der Contra); die unabhängige Variable von Hypothese 2 (hier: ein Mangel an Aktivitäten des Wissenstransfers); die gescheiterte Reintegration von Ex-Kombattanten; die fehlende Homogenität der Contra. Folgende Relevanz und Rangordnung kann diesen verschiedenen Ursachen zugeordnet werden: Die wichtigste Ursache für den Wiederausbruch der Gewalt war das Scheitern der Reintegration der ehemaligen Contra-Kämpfer und der demobilisierten Soldaten. Vor dem Hintergrund der von der Regierung nicht erbrachten sozio-ökonomischen Wiedereingliederungsleistungen wäre es für die Ex-Kombattanten wichtig gewesen, ihre Interessen stärker zu artikulieren und ihre Forderungen in den politischen Prozess einzubringen. Eine solche Formierung zu einer politischen Interessenvertretung scheiterte jedoch an der fehlenden 371
Homogenität der Contra sowie ihrer geringen Organisationsfähigkeit. Externe Demokratieförderung hätte zur Behebung dieser Defizite beitragen können, wenn sie die Transformation der Contra in eine politische Partei unterstützt hätte sowie durch Maßnahmen aus dem Bereich des Wissenstransfers das Problem von fehlendem Wissen und fehlenden Kompetenzen bearbeitet hätte. Derartige Unterstützungsleistungen blieben jedoch aus mit den bereits ausführlich diskutierten Folgen – der Wiederbewaffnung der Contra.
8.2 Die Fälle im Vergleich Im folgenden Abschnitt sollen die Entwicklungen in Guatemala, El Salvador und Nicaragua nochmals in einem fallübergreifenden Vergleich betrachtet werden. Dabei wird zuerst das Abschneiden der Hypothesen erörtert (8.2.1). Der Hauptteil dieses Abschnittes widmet sich dem empirischen Vergleich. Auf die Zusammenfassung der wesentlichen Gemeinsamkeiten der Fälle (8.2.2) folgt die Analyse von Differenzen, die möglicherweise die unterschiedliche Entwicklung in den drei Ländern erklären können (8.2.3).346 Abschließend wird darauf eingegangen, inwiefern sich die drei Fälle wechselseitig beeinflusst haben und insofern möglicherweise nicht vollkommen unabhängig voneinander waren (8.2.4).
8.2.1
Hypothesentest im Vergleich
Im Folgenden wird das Abschneiden der Hypothesen nach der Prozessanalyse miteinander verglichen. Dabei ergibt sich folgendes Bild: Hypothese 1 hat insgesamt mittelmäßig abgeschnitten. Durch die Entwicklungen in Guatemala konnte sie nicht plausibilisiert werden. Im Falle von El Salvador konnte sie nur partiell bestätigt werden, und zwar für den zweiten Teilschritt des Kausalmechanismus. So haben Institutionen des Interessenausgleichs zwar zur Stärkung des salvadorianischen Friedensprozesses beigetragen, externe Akteure waren in die Schaffung oder Stärkung dieser Möglichkeiten des Interessenausgleichs jedoch nicht involviert. Lediglich die Falluntersuchung zu Nicaragua konnte die Hypothese über den gesamten ihr
346
Dabei sind vereinzelte Wiederholungen zu den unter 8.1 diskutierten alternativen Erklärungsfaktoren nicht vermeidbar. Anders als im vorigen Abschnitt geht es hier jedoch um die vergleichende Perspektive – wo waren die Bedingungen für Friedenskonsolidierung besonders günstig bzw. ungünstig? –.und nicht um eine Erklärung der Einzelfälle.
372
zugrunde liegenden Kausalmechanismus hinweg plausibilisieren, dies jedoch nur für den ersten Untersuchungszeitraum (Phase I). Hypothese 2 hat hingegen sehr gut abgeschnitten. Sie konnte in allen drei Fällen plausibilisiert werden. Die einzige Abweichung stellte die zweite Phase des Friedensprozesses in Nicaragua dar, für die nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Angemessenheit der Demokratieförderung für den Verlauf der Friedenskonsolidierung von Bedeutung war. Selbst in den Fällen, in denen keine Plausibilisierung möglich war, wurden die Hypothesen nicht falsifiziert. Eine ausbleibende Plausibilisierung bedeutete in allen Fällen lediglich, dass die Wirkungsmechanismen der Hypothesen nicht beobachtet werden konnten oder dass andere Erklärungsfaktoren wichtiger waren.347 Das ist jedoch nicht mit einer Bestätigung der Nullhypothesen gleichzusetzen.348 Auffallend ist, dass die Plausibilisierung beider Hypothesen zumeist dann möglich war, wenn es um die Erklärung des ausbleibenden Erfolges der Friedenskonsolidierung ging. Im Falle von Nicaragua wurde Hypothese 1 bestätigt, weil ein Zusammenhang zwischen einer mangelnden Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs und einem Scheitern der Friedenskonsolidierung nachgewiesen werden konnte. Ebenso konnte die Hypothese 2 durch die Fälle Nicaragua und Guatemala bestätigt werden, da gezeigt wurde, dass eine defizitäre Angemessenheit des Instrumentariums zu einem Scheitern der Friedenskonsolidierung beitrug. Nur bei der Überprüfung von Hypothese 2 im Fall von El Salvador konnte ein positiver Zusammenhang nachgewiesen werden – hier trug die Angemessenheit externer Demokratieförderung zum Erfolg der Friedenskonsolidierung bei. Angesichts dieser Befunde stellt sich die Frage nach den grundsätzlichen Einflussmöglichkeiten externer Demokratieförderung. Durch die Falluntersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass Defizite der Demokratieförderung 347
Ein konkretes Beispiel hierfür ist der Test von Hypothese 1 in Guatemala. Hier blieb eine Plausibilisierung der Hypothese aus, weil es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass gerade die defizitäre Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs (u.V.) und der daraus resultierende Mangel an Möglichkeiten des Interessenausgleichs (i.V.) für die Nachkriegsgewalt in Guatemala und somit das Scheitern der Friedenskonsolidierung (a.V.) verantwortlich ist. Stattdessen sind andere Faktoren zur Erklärung des Verlaufs der Friedenskonsolidierung bedeutender, in diesem Fall sind dies die VetoAkteure (oder auch sogenannte Spoiler). Falsifiziert worden wäre die Hypothese erst dann, wenn gerade die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs zum Misserfolg des Friedensprozesses beigetragen hätte. 348 Dass die Nullhypothesen in keinem Fall bestätigt werden konnten, zeigt sich schon alleine daran, dass der Korrelationstest der Hypothesen kein einziges Mal eindeutig negativ ausfiel.
373
den Prozess der Friedenskonsolidierung schwächen. Daraus ist jedoch nicht unmittelbar der Umkehrschluss zu ziehen – nämlich, dass eine gemäß den hier entwickelten Vorgaben gelungene, da auf die Bedürfnisse von Nachkriegsgesellschaften ausgerichtete, Demokratieförderung auch tatsächlich einen positiven Beitrag zur Friedenskonsolidierung zu leisten vermag. Ein solcher Zusammenhang konnte lediglich für El Salvador nachgewiesen werden. Betrachtet man das Abschneiden von Hypothese 1 etwas genauer, so fällt auf, dass Institutionen des Interessenausgleichs (= intervenierende Variable) durchaus von Bedeutung für die Friedenskonsolidierung sind. Dies zeigt die partielle Plausibilisierung der Hypothese im Falle von El Salvador. Entscheidend für das eher mittelmäßige Abschneiden der ersten Hypothese ist, dass zwischen der unabhängigen und der intervenierenden Variablen kein Automatismus besteht – so muss die Ausrichtung auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs (u.V.) nicht zwangsläufig effektiv sein und zu einer tatsächlichen Schaffung von Institutionen des Interessenausgleichs (i.V.) führen. Dieser Befund – dass eine adäquate Zielsetzung der externen Demokratieförderung noch kein Selbstläufer ist – bestätigt noch einmal nachdrücklich die Entscheidung für einen doppelten Fokus dieser Arbeit, der über das reine ‚Was‘ hinausgeht und auch das ‚Wie‘ von externer Demokratieförderung, also die Angemessenheit von Instrumenten (Hypothese 2), in die Analyse mit einbezieht. Ein zweiter Grund für die begrenzte Erklärungskraft von Hypothese 1 liegt darin, dass externe Demokratieförderung keine notwendige Voraussetzung für Veränderungsprozesse ist. Institutionen des Interessenausgleichs müssen nicht extern induziert sein, sondern können auch ohne externe Einflussnahme entstehen. Genau dies ist im Fall von El Salvador zu beobachten gewesen, wo ein Wirkungspfad erst zwischen der intervenierenden Variable und der abhängigen Variable nachgezeichnet werden konnte. In Bezug auf Hypothese 2 ist zu konstatieren, dass sowohl in Guatemala als auch in Nicaragua das eingesetzte Instrumentarium der externen Demokratieförderung nicht angemessen war. Betrachtet man jedoch die Gründe für diese fehlende Angemessenheit, so fallen Unterschiede auf. So wurden in Guatemala die für die Problembearbeitung geeigneten Instrumente einerseits kaum genutzt, andererseits waren die Erfolgsbedingungen hierfür aber auch so schlecht, dass es für eine angemessene externe Demokratieförderung ohnehin wenig Ansatzpunkte gab. In Nicaragua hingegen lag die fehlende Angemessenheit der Demokratieförderung darin begründet, dass externe Akteure ihre Maßnahmen nicht auf die zentralen Problemursachen abstimmten. Eine positive Einflussnahme von außen wäre in diesem Fall jedoch durchaus möglich gewesen, da die Erfolgsbedingungen längst nicht so schlecht waren wie in Guatemala.
374
8.2.2
Empirische Gemeinsamkeiten
Die empirische Ähnlichkeit der Fälle ist zum größten Teil bereits in der Begründung der Fallauswahl diskutiert worden (vgl. 4.3) und soll daher an dieser Stelle nur kurz wiederholt werden. Zu den Gemeinsamkeiten der Entwicklung bis in die Gegenwart hinein gehören: eine ähnliche historische Entwicklung, die von der Kolonialisierung über die Unabhängigkeit bis hin zur Bildung von autoritär regierten Nationalstaaten reicht; gesellschaftliche Konfliktstrukturen, die aus der sozio-ökonomischen und politischen Exklusion großer Teile der Bevölkerung herrühren; ähnliche Konfliktgegenstände, zumindest was die sandinistische Revolution und die beiden Bürgerkriege in El Salvador und Guatemala betrifft; die große Bedeutung regionaler Vermittlungsinitiativen für die Initiierung der Friedensprozesse; die Relevanz des Endes des Ost-West-Konflikts für die Initiierung und den Verlauf der Friedensprozesse; die Wechselseitigkeit von Demokratisierung, Kriegsbeendigung und Friedenskonsolidierung; ähnliche Probleme der Demokratisierung in Bezug auf defizitäre politische Praktiken und fehlende Rechtsstaatlichkeit.
8.2.3
Empirische Unterschiede
Die Unterschiede der Fälle lassen sich anhand von drei Aspekten darstellen: a) die Friedensabkommen, b) die Stärke und Relevanz verschiedener innerstaatlicher Akteure und c) Probleme der Nachkriegsgesellschaften. 8.2.3.1 Die Friedensabkommen Die Friedensvereinbarungen in den drei hier untersuchten zentralamerikanischen Ländern lassen sich zunächst anhand ihrer unterschiedlichen Reichweite unterscheiden. Insbesondere die Vereinbarungen in Nicaragua waren sehr begrenzt und beschränkten sich auf sicherheitspolitische Aspekte wie die Demobilisierung der Contra sowie die Reduzierung der Truppenstärke und des Budgets des Militärs. In El Salvador waren die Friedensabkommen schon deutlich umfangreicher und umfassten auch ein Menschenrechtsabkommen, Vereinbarungen zu einer 375
Verfassungsreform sowie die Neuregelung der zivil-militärischen Beziehungen. Die Friedensabkommen in Guatemala beruhten auf dem umfassendsten Ansatz, da sie auch konkrete Vereinbarungen zur Behebung zentraler Konfliktursachen in Guatemala enthielten. Aus diesem Grund wurden beispielsweise Abkommen getroffen, die sich mit sozio-ökonomischen Problemen und der ungerechten Landverteilung beschäftigten oder aber Themen wie die Rechte indigener Völker abdeckten. Eine weitere Differenz ist die unterschiedliche Regelung der Demobilisierung. Anders als in El Salvador und in Guatemala beruhte die Demobilisierung der Contra in Nicaragua auf Freiwilligkeit und unterlag keinerlei bindenden Verpflichtungen. Eine Besonderheit der Demobilisierung in El Salvador war hingegen, dass sie von Anfang an in fünf Phasen geplant war. Diese Regelung sollte der Implementierung dienen, da die beiden Konfliktparteien ihre Abkommensumsetzung somit besser an die Gegenleistungen der gegnerischen Seite knüpfen konnten. Weder in Nicaragua noch in Guatemala gab es eine Sequenzialisierung in ähnlicher Form. In Guatemala wäre dies aufgrund der sehr geringen Größe der URNG mit 3000 Kämpfern auch nur schwer umsetzbar gewesen. Wie bereits mehrfach in den Fallstudien angesprochen wurde, gab es auch Unterschiede in Ausmaß und Bedeutung der internationalen Verifikation der Abkommensimplementierung, auf die sich die Konfliktparteien einigten. So waren die Verifikationsleistungen der CIAV/OAS-Mission in Nicaragua deutlich geringer und auf Demobilisierung, Rückführung, Reintegration und den Schutz der Contra begrenzt. Sowohl MINUGUA als auch ONUSAL hatten hingegen umfassende Mandate, welche die Überwachung sämtlicher Vereinbarungen der (ohnehin umfangreicheren) Friedensabkommen abdeckten. Ein letzter Unterschied, der sich mit den Friedensabkommen verbinden lässt, ist die Aufarbeitung der Vergangenheit. Sowohl in El Salvador als auch in Guatemala einigten sich die Konfliktparteien auf die Einberufung einer internationalen Wahrheitskommission. In Nicaragua gab es hingegen bis zum heutigen Tag keinerlei Anstrengungen zur Aufarbeitung der Verbrechen während des Bürgerkriegs. Stattdessen einigten sich die Parteien in Nicaragua auf eine generelle Amnestieregelung.349 Auch in El Salvador und in Guatemala wurden – allerdings nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Friedensabkommen –
349
Darüber hinaus wurden im Zuge der Verhandlungen der Chamorro-Administration mit den Recontras und Recompas verschiedene Amnestieregelungen als Anreiz für eine Entwaffnung versprochen.
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Amnestiegesetze erlassen.350 Deren Reichweite variiert; so wird insbesondere die Amnestieregelung in El Salvador kritisiert, weil sie selbst bei eklatanten Menschenrechtsverletzungen eine gerichtliche Aufarbeitung untersagt. In Guatemala sind hingegen besonders schwere Menschenrechtsverletzungen, wie z.B. Genozid und Folter, von der Amnestieregelung ausgeschlossen. Insgesamt verdeutlichen diese Unterschiede in der Gestaltung der Friedensvereinbarungen, dass in El Salvador die Ausgangsbedingungen für einen erfolgreichen Verlauf der Friedenskonsolidierung aufgrund der klugen Gestaltung der Demobilisierung und der großen internationalen Präsenz am günstigsten waren. Zumindest in Bezug auf das externe Engagement waren die Voraussetzungen für einen Erfolg des Friedensprozesses in Guatemala jedoch genauso gegeben. 8.2.3.2 Stärke und Relevanz zentraler Akteure Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen der Bedeutung und Machtposition verschiedener innerstaatlicher Akteure erörtert, die für den Verlauf der Friedenskonsolidierung von Bedeutung waren. An erster Stelle sind hierbei die Kräfteverhältnisse zwischen den Konfliktparteien und die Bedeutung der Guerillagruppierungen in den drei Ländern zu nennen. Hierbei fällt auf, dass nur in El Salvador mit der FMLN eine starke, gut organisierte und in ihren ideologischen Zielen weitestgehend homogene Guerillagruppierung der Regierung gegenüberstand. Die Contra in Nicaragua hingegen war äußerst heterogen und schlecht organisiert. Die URNG in Guatemala war nach der exzessiven Aufstandsbekämpfung Anfang der 1980er Jahre und den damit verbundenen Verlusten nur noch eine relativ kleine Guerillagruppierung mit 3000 Mitgliedern. Ganz anders sehen die Kräfteverhältnisse bezüglich der Position des Militärs aus. Das Militär ist in Guatemala am mächtigsten, was sich darin niederschlug, dass es sich lange Zeit Reformbemühungen entziehen und bis zur Amtszeit von Oscar Berger (ab 2004) eine substantielle Reduzierung seines Haushalts und der Truppenstärke verhindern konnte. Das Militär in Nicaragua befindet sich hingegen in einer weitaus schwächeren und weniger autonomen Position. Es akzeptierte eine enorme Reduzierung seiner Truppenstärke und seines Haushalts ohne Widerstand. Eine Mittelposition nimmt das Militär in El Salvador ein. Es widersetzte sich vereinzelt Reformbemühungen wie beispielsweise dem Vorschlag der Ad-Hoc-Kommission nach einer Entlassung von mehr als 100 Offizieren, verfügt jedoch längst nicht über den Einfluss und die Autonomie wie das Militär in Guatemala. 350 In El Salvador wurde das Amnestiegesetz als Reaktion auf den Bericht der Wahrheitskommission im Jahr 1993 erlassen. In Guatemala beschloss das Parlament im Dezember 1996 das Gesetz zur Nationalen Versöhnung.
377
Die Gründe für die unterschiedliche Stellung des Militärs sind historisch begründet. Guatemala und El Salvador hatten bis in die 1980er Jahre hinein Militärregierungen, während in Nicaragua das Militär nie regierte (Spence 2004: 45). Der noch aus der Zeit von Somoza bestehende repressive Staatsapparat war von den Sandinisten zerstört und durch eine neue, sandinistische Armee ersetzt worden. Die nicaraguanische Armee – als Institution, die sogar den Namen der Sandinisten getragen hatte – musste nach dem Wahlsieg von Violeta Chamorro um ihr Überleben fürchten. Im Gegenzug für das Zugeständnis, in den grundlegenden Zügen erhalten zu bleiben, war das Militär daher zu Reformmaßnahmen bereit und trieb selbst seine Professionalisierung und Depolitisierung voran (Kurtenbach 2007: 14). Die wichtigsten Unterschiede zwischen dem Militär in El Salvador und in Guatemala lassen sich anhand der Autonomie- und Abhängigkeitsverhältnisse zu Zeiten des Bürgerkrieges erklären. Während die salvadorianische Armee auf Unterstützungsleistungen der USA angewiesen war, war die guatemaltekische Armee nach Einstellung der US-Hilfe weitgehend autonom und finanzierte sich selbst (vgl. hierzu Abschnitt über Kriegsökonomien, 8.1.2). Darüber hinaus hatte die Oligarchie in Guatemala nie einen ähnlich starken Einfluss auf das Militär wie in El Salvador (Kurtenbach 2007: 14). Differenzen gibt es auch hinsichtlich der Stellung und Kohärenz der Oligarchie. Die Wirtschaftselite in Nicaragua war schon zu Zeiten Somozas gespalten, weitere Auflösungserscheinungen kamen nach der sandinistischen Revolution hinzu, als Teile der ökonomischen Elite ins Ausland emigrierten. In El Salvador und in Guatemala war die Oligarchie hingegen lange Zeit geeint und aufgrund dieser Homogenität sehr stark. In El Salvador zog erst eine allmählich einsetzende Diversifikation der Wirtschaft (und die sich damit auseinander entwickelnden Interessen) eine gewisse Fragmentierung der Oligarchie nach sich. Gleichzeitig führte die glaubhafte Bedrohung einer Niederlage gegen die FMLN dazu, dass die Oligarchie sich verstärkt um die Bildung einer eigenen Parteiorganisation zur Vertretung ihrer Interessen kümmerte. In Guatemala sind diese beiden zuletzt genannten Prozesse hingegen nicht zu beobachten gewesen. Die traditionellen Interessen der Agraroligarchie blieben unverändert und aufgrund der geringeren Bedrohung gab es auch keine Anstrengungen zur Bildung einer Partei (Spence 2004: 6). Dies hat bis heute Auswirkungen auf das Parteiensystem. Während sich in El Salvador und in Nicaragua ein weitestgehend stabiles, wenn auch stark polarisiertes und von zwei starken Parteien dominiertes Parteiensystem herausgebildet hat, gibt es in Guatemala keine starken und konstanten Parteien. Stattdessen existiert in Guatemala eine Vielzahl unterschiedlicher Parteien, die meist nur eine Legislaturperiode lang von Bedeutung sind.
378
Mit der Stärke von Militär und Oligarchie einher geht in Guatemala eine starke Stellung von Veto-Akteuren. Denn gerade Vertreter des Militärs, der organisierten Kriminalität und der Agraroligarchie gehören in Guatemala zu den Blockadekräften, die sich am stärksten gegen eine Vertiefung des Demokratisierungsprozesses und die Umsetzung zahlreicher Vereinbarungen aus den Friedensabkommen wehren. Sie verfügen in der Regel über sehr gute und enge Beziehungen zu Regierungskreisen, in das Parlament, in die Parteien sowie in das Justizwesen. Weder in El Salvador noch in Nicaragua gibt es Veto-Akteure, die demokratische Reformen mit einer ähnlichen Vehemenz und aus einer ähnlich starken Machtposition heraus bekämpfen. Folgern lässt sich aus diesen Unterschieden, dass in Guatemala die Hürden für den Demokratisierungs- und Friedensprozess besonders hoch liegen. Zur Zeit der Friedensvereinbarungen war die URNG bereits so schwach, dass sie ihren Reformforderungen kaum Nachdruck verleihen konnte. Akteure, die an einer Behinderung der Demokratisierung und des Friedensprozesses interessiert sind, haben hingegen eine mächtige Stellung inne. Eine derartig ungünstige Akteurskonstellation gibt es weder in Nicaragua noch in El Salvador. 8.2.3.3 Probleme und Herausforderungen der Nachkriegszeit In diesem Abschnitt werden die wesentlichen Schwierigkeiten, die es in Guatemala, El Salvador und Nicaragua in der Nachkriegszeit zu bewältigen galt, kurz miteinander verglichen. Ein Problem, das alle drei Länder nach der Verabschiedung der Friedensabkommen traf, war die Rückkehr politischer Gewalt. Das Ausmaß dieser politischen Gewalt unterschied sich jedoch erheblich. In Nicaragua bewaffneten sich rund 23.000 Ex-Kombattanten wieder, das waren rund ein Drittel der zuvor demobilisierten Contra-Rebellen und Ex-Soldaten. In El Salvador kam es zwar auch zu gewaltsamen Protesten von demobilisierten Soldaten, diese waren in ihrem Ausmaß jedoch deutlich beschränkter und von einer größeren Wiederbewaffnung von Ex-Kombattanten kann nicht die Rede sein. In Guatemala ist eine Perpetuierung der politischen Gewalt zu beobachten. Anders als in El Salvador und in Nicaragua sind die wesentlichen Gewaltakteure nicht Ex-Kombattanten, die konkrete, zumeist sozio-ökonomische Interessen durch den Einsatz von Gewalt durchsetzen möchten.351 Stattdessen zielen die meisten politischen Gewalttaten in Guatemala auf die Einschüchterung politischer Gegner, auf die Aufrechterhaltung von Straflosigkeit und die Verhinderung der Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen. 351 Zu dieser Kategorie sind allenfalls die ehemaligen Mitglieder der zivilen Selbstverteidigungspatrouillen PAC zu zählen.
379
Ein Grund dafür, dass politische Gewalt von Ex-Kombattanten in El Salvador und vor allem in Nicaragua eingesetzt wurde, in Guatemala hingegen deutlich weniger zu beobachten war, dürfte in der deutlich niedrigeren Zahl von demobilisierten Kämpfern in Guatemala liegen. Da die URNG vergleichsweise wenig Mitglieder hatte und das Militär andererseits eine Truppenreduzierung lange Zeit hinauszögerte, mussten in Guatemala längst nicht so viele ExKombattanten wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. In El Salvador und in Nicaragua stellte die Reintegration der ehemaligen Kämpfer jedoch eine der größten Herausforderungen der ersten Nachkriegsjahre dar. Insbesondere die sozio-ökonomische Unterstützung ist dabei, wie oben geschildert, in beiden Ländern anfangs nicht gelungen, was schließlich zu den beschriebenen gewaltsamen Protesten führte. Von einer Welle der Gewaltkriminalität sind insbesondere El Salvador und Guatemala nach der Beendigung der Bürgerkriege überflutet worden. In Nicaragua sind die Kriminalitätsraten zwar auch gestiegen, jedoch weitaus geringer. Sowohl in Guatemala als auch in El Salvador schieben Politiker und Medien vor allem den Maras die Schuld an der exzessiven Gewalt zu. Untersuchungen, wonach Maras lediglich für acht beziehungsweise 14 Prozent der Homizide in El Salvador und Guatemala verantwortlich sind, widersprechen dieser Interpretation allerdings deutlich (Kurtenbach 2007: 16). Ein anderes Problem, das insbesondere Guatemala betrifft, ist die bereits unter 8.1.1.2 erwähnte organisierte Kriminalität, die weite Teile des politischen Systems unterwandert hat. Zwar gibt es auch in El Salvador insbesondere gegen Mitglieder der Polizei Anschuldigungen, in kriminelle Netzwerke verwickelt zu sein, die organisierte Kriminalität ist dort jedoch längst nicht so einflussreich wie in Guatemala. Zudem ist Guatemala von einem weit verbreiteten Rassismus geprägt, der die nationale Versöhnung ebenso wie die Demokratisierung erschwert. Als ethnisch weitgehend homogene Länder sind El Salvador und Nicaragua von diesem Problem nicht betroffen. Der Vergleich zeigt, dass Guatemala insgesamt mit den größten Problemen in der Nachkriegszeit konfrontiert ist, nämlich organisierte Kriminalität, Gewaltkriminalität und Rassismus. Gleichwohl ist nicht zu vernachlässigen, dass sowohl El Salvador als auch in Nicaragua mit der Reintegration einer großen Zahl von Ex-Kombattanten eine schwierige Aufgabe in der unmittelbaren Nachkriegszeit zu bewältigen hatten. Das Problem der Gewaltkriminalität ist zudem in El Salvador noch größer als in Guatemala.
380
8.2.4
Wechselseitige Einflussnahme
In einzelnen Punkten haben sich die Entwicklungen in Nicaragua, El Salvador und Guatemala wechselseitig beeinflusst. Dies betrifft die Aspekte Kriegsverlauf, Kriegsbeendigung wie auch die Gestaltung der Friedenskonsolidierung. Der Erfolg der sandinistischen Revolution in Nicaragua hatte eine Signalwirkung für die Guerillabewegungen in Guatemala und El Salvador und verschaffte diesen zusätzlichen Auftrieb. Diese Mobilisierung ist nicht ohne Bedeutung gewesen für die Intensivierung des Krieges in Guatemala sowie für die Entscheidung der FMLN, mittels einer ‚Endoffensive‘ das System in El Salvador stürzen zu wollen. In Bezug auf die Kriegsbeendigung haben die Friedensschlüsse in Nicaragua und El Salvador Anfang der 1990er Jahre dazu beigetragen, dass ein wachsender Druck auf die guatemaltekischen Akteure aufgebaut wurde und diese ebenfalls zu einer Verhandlungslösung gedrängt wurden. Hinsichtlich der Gestaltung der Friedensabkommen und des Implementationsprozesses sind ebenfalls Wechselwirkungen zu bemerken. So konnte in Guatemala nur eine Wahrheitskommission mit begrenztem Mandat durchgesetzt werden, die nicht dazu befugt war, Namen zu nennen und deren Ermittlungen keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen durften. Hintergrund dieser Entscheidung waren die vermeintlich negativen Erfahrungen des salvadorianischen Militärs mit der (stärker mandatierten) Wahrheitskommission in El Salvador. Auch internationale Akteure haben aus den gemachten Erfahrungen ihre Lehren gezogen. Nachdem sich sowohl in Nicaragua als auch in El Salvador die Komponente des Institution Building als zu schwach herausgestellt hatte, setzte MINUGUA von Anfang an einen Schwerpunkt auf den Aufbau und die Stärkung institutioneller Strukturen. Trotz der damit deutlich verbesserten Strategie internationaler Akteure ist der Erfolg dritter Akteure in Guatemala allerdings beschränkt geblieben, dies lag jedoch in aller erster Linie an den ungünstigen innerstaatlichen Rahmenbedingungen.
8.2.5
Relevanz des Vergleichs
Die in diesem Abschnitt dargestellten Gemeinsamkeiten veranschaulichen noch einmal die Vergleichbarkeit der drei Fälle und schließen so an die Rechtfertigung der Fallauswahl an (vgl. 4.3). Ferner haben die genannten Unterschiede verdeutlicht, dass der Hypothesentest nicht auf vollkommen identische Ausgangsbedingungen in allen drei Fällen getroffen ist. Durch die Diskussion der Differenzen konnte einerseits veranschaulicht werden, wieso sich die Erfolgsbedingungen für
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externe Demokratieförderung in den drei Ländern unterscheiden. Demnach waren die Ausgangsbedingungen für einen Erfolg der Friedenskonsolidierung in El Salvador tendenziell am besten, in Guatemala hingegen sind die Herausforderungen und Schwierigkeiten am größten. Andererseits wurden durch die Erörterung der Unterschiede noch einmal alternative Erklärungsfaktoren in vergleichender Perspektive betrachtet. So konnte gezeigt werden, dass die innerstaatlichen Bedingungen für einen Erfolg der Friedenskonsolidierung in Guatemala besonders ungünstig sind. Diese Probleme konnten trotz einer ambitionierten Friedenspolitik – mit einem umfassenden Friedensabkommen und einem starken internationalen Engagement – nicht bewältigt werden. Resultat ist eine Vielzahl von noch immer nicht bewältigten Nachkriegsproblemen. In Nicaragua hingegen waren die Friedensvereinbarungen weniger elaboriert und das internationale Engagement längst nicht so ausgeprägt. Auch hier gab es große Probleme im Friedensprozess, nämlich insbesondere die Probleme bei der Reintegration der Ex-Kombattanten. Diese konnten jedoch vor allem durch nationale Anstrengungen bewältigt werden, so dass heute die Nachkriegsprobleme Nicaraguas im Vergleich zu den anderen beiden Ländern gering sind. In El Salvador waren die Hindernisse für einen Erfolg der Friedenskonsolidierung geringer als in Guatemala und in Nicaragua, gleichzeitig waren die Friedensvereinbarungen vergleichsweise gut durchdacht (beispielsweise hinsichtlich der Demobilisierung) und das internationale Engagment war ähnlich umfassend wie in Guatemala (wenn auch noch mit Versäumnissen in Bezug auf das Institution Building). Die Probleme, denen sich das Land heute ausgesetzt sieht, sind zwar geringer als in Guatemala, aber aufgrund der hohen Gewaltkriminalität größer als in Nicaragua. Die Schlüsse, die aus diesem Vergleich gezogen werden können, verdeutlichen, dass interne Faktoren wichtiger als externe Faktoren für den Verlauf der Friedenskonsolidierung sind. So zeigt der Fall Nicaragua, dass ein Erfolg auch bei begrenzter internationaler Unterstützung möglich ist. Der Fall Guatemala hingegen veranschaulicht, dass auch ein umfassendes Engagement einen Erfolg der Friedenskonsolidierung nicht bewirken kann, wenn dieses nicht auf die Kernprobleme ausgerichtet ist und die innerstaatlichen Umstände widrig sind. Alleine der Fall El Salvador ist ermutigend für internationale Akteure, da seine Analyse verdeutlicht, dass externe Akteure durchaus einen entscheidenden Beitrag für den Erfolg von Friedensprozessen leisten können (vgl. auch 8.1.2.3). Schließlich wurde im Rahmen dieses Vergleichs auch noch erörtert, inwiefern die Fälle tatsächlich unabhängig voneinander sind. Zwar konnten einige Wechselwirkungen festgestellt werden, bei diesen Faktoren handelte es sich jedoch nicht um Aspekte, die für den Verlauf der Friedenskonsolidierung aus-
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schlaggebend gewesen wären. Die begrenzte Verflechtung der Fälle stellt daher kein Problem dar.
8.3 Einordnung der Forschungsergebnisse Die Einordnung der Forschungsergebnisse erfolgt in drei Schritten: Zunächst wird die Generalisierbarkeit der Ergebnisse diskutiert, dann werden die Ergebnisse in den akademischen Forschungsstand eingeordnet und zuletzt erfolgt eine Erörterung der praktischen Relevanz.
8.3.1
Generalisierbarkeit der Ergebnisse
Für den Test der Hypothesen wurden in dieser Arbeit drei Fälle ausgewählt, die alle in der gleichen Region liegen und viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Eine solche regionalisierte Fallauswahl ist von Vorteil, wenn die Fallstudie nach dem most similar cases design konzipiert wird, da sich aufgrund der Ähnlichkeit der Fälle bereits eine Vielzahl alternativer Erklärungsfaktoren kontrollieren lässt (vgl. hierzu die Ausführungen zur Fallauswahl unter 4.3). Gleichzeitig bringt dieses Vorgehen jedoch auch Nachteile mit sich, da sich unweigerlich die Frage nach der Generalisierbarkeit der Ergebnisse stellt. Gelten diese Erkenntnisse nur für den hier untersuchten Zusammenhang, also für die spezifischen in Zentralamerika anzutreffenden Bedingungen, oder sind die Ergebnisse auch auf andere Fälle übertragbar? Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Der Erklärungswert von Hypothese 1 ist in der Tat kontextgebunden und trifft vermutlich vor allem auf Fälle zu, die besonders günstige Voraussetzungen für Demokratisierung und Friedenskonsolidierung aufweisen.352 Hypothese 2 lässt sich hingegen auch auf andere Fälle übertragen und ist generalisierbar. Der Grund für diese unterschiedliche Bewertung der Generalisierbarkeit liegt im Grad der Kontextualisierung der Hypothesen: 1.
Die unabhängige Variable von Hypothese 2 enthält eine Kontextualisierung, da die Bewertung der Angemessenheit von Instrumenten der Demokratieförderung von den jeweils vorherrschenden Erfolgsbedingungen abhängt. Sind diese besonders ungünstig, dann sinkt auch die Wahrscheinlichkeit ei-
352 Davon abgesehen ist selbst im Falle der zentralamerikanischen Friedensprozesse die Plausibilisierung von Hypothese 1 nicht eindeutig. Es sind also ohnehin noch weitere empirische Studien notwendig, um zu einer klareren Bewertung der Hypothese zu gelangen.
383
ner angemessenen Demokratieförderung. In die Hypothese sind somit bereits allgemeingültige Annahmen über die Effektivität der Demokratieförderung integriert. Die Konzeptualisierung der unabhängigen Variable umfasst auch das Phänomen, dass unter ungünstigen Ausgangsvoraussetzungen der Kausalmechanismus einer Vertiefung des Demokratisierungsprozesses und der daraus resultierenden Stärkung der Friedenskonsolidierung nicht initiiert wird. 2.
Die Konzeptualisierung der unabhängigen Variable von Hypothese 1 enthält hingegen keinerlei Annahmen über die Wirksamkeitswahrscheinlichkeit. Eine Kontextualisierung, unter welchen Bedingungen eine Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs (u.V.) effektiv ist und zu einer tatsächlichen Schaffung oder Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs (i.V.) führt, findet sich in dieser Hypothese nicht. Stattdessen wird ein automatischer Zusammenhang zwischen der Zielsetzung der Demokratieförderung und deren Effektivität angenommen. Ein solch unmittelbarer Zusammenhang dürfte jedoch nur unter sehr günstigen Ausgangsvoraussetzungen zu beobachten sein. Je ungünstiger hingegen die Bedingungen für den Erfolg externer Demokratieförderung, desto unwahrscheinlicher ist es, dass der Kausalmechanismus, der Hypothese 1 zugrunde liegt, auch tatsächlich in Gang gesetzt wird. Daran kann auch eine ‚richtige‘ Zielsetzung der Demokratieförderung auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs nichts ändern.353
8.3.2
Verortung in den akademischen Forschungsstand
Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung sind insbesondere für die Forschung über externe Demokratieförderung und Peacebuilding von Interesse. Externe Demokratieförderung Die Ergebnisse der Arbeit stellen einen bedeutenden Beitrag zur Erklärung der Wirksamkeit von externer Demokratieförderung dar. Dies ist ein Untersuchungsgegenstand, in dem es bisher an systematischen, theoretisch-konzeptionellen 353
Auch dies bestätigt noch einmal die Bedeutung einer zweigleisigen Untersuchung, nämlich einer Betrachtung des ‚Was‘ und des ‚Wie‘ der externen Demokratieförderung. Wird Hypothese 2 als komplementäre Ergänzung zu Hypothese 1 gesehen, so lässt sich die fehlende Wirksamkeitsdimension integrieren. Demnach wäre die Angemessenheit der externen Demokratieförderung (Hypothese 2) eine notwendige Voraussetzung dafür, dass der Fokus auf die Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs (Hypothese 1) auch tatsächlich zu einer Verstärkung der Friedenskonsolidierung führt.
384
Überlegungen fehlte (vgl. 1.2). Die Operationalisierung der unabhängigen Variable von Hypothese 2 leistet hier Abhilfe. Abgeleitet aus Erkenntnissen der Compliance- und Sozialisationsforschung wurde ein Analysemodell von Erfolgsbedingungen für verschiedene Instrumente der Demokratieförderung entwickelt, das geeignet ist, die Wirksamkeit von externer Demokratieförderung zu erklären. Wie die Plausibilisierung von Hypothese 2 gezeigt hat, ist dieses Modell erklärungskräftig. In den Arbeiten zur externen Demokratieförderung findet sich oftmals die Kritik an one-size-fits-all-Ansätzen. Die vorliegende Arbeit hat diese Kritik berücksichtigt und einen konkreten Vorschlag zur Spezifizierung von Demokratieförderung in einem bestimmten Zusammenhang, nämlich in Nachkriegsgesellschaften, geleistet. Wesentliche Erkenntnis hierbei ist, dass in Nachkriegsgesellschaften externe Demokratieförderung möglichst Institutionen des Interessenausgleichs fördern und eine Betonung des Konflikt- und Wettbewerbcharakters von Demokratie vermeiden sollte. Die verschiedenen Möglichkeiten, zur Förderung von Institutionen des Interessenausgleichs beizutragen, wurden anhand von vier Dimensionen diskutiert: Prozess und Struktur sowie Interessenartikulation und Interessenausgleich (vgl. hierfür 3.1 sowie 4.1.1). In der empirischen Überprüfung konnte dieser Vorschlag teilweise plausibilisiert werden, aufgrund der nicht vollkommen eindeutigen Hypothesenprüfung sind weitere Fallstudien allerdings notwendig. Peacebuilding Die vorliegende Arbeit hat sich mit einer Teildimension des Peacebuilding, nämlich der politischen Komponente, intensiv auseinandergesetzt. Ausgehend von der Kritik am liberalen Peacebuilding-Paradigma wurde anerkannt, dass externe Demokratieförderung nicht per se einen Beitrag zur Friedenskonsolidierung leisten muss, sondern auch negative Wirkungen haben kann. Zentrales Anliegen dieser Untersuchung war jedoch nicht der Nachweis von möglichen negativen Auswirkungen der Demokratieförderung, sondern eine Untersuchung der Frage, wie Demokratieförderung gestaltet werden sollte, um derlei kontraproduktive Wirkungen zu vermeiden. Auf diese Frage wurden zwei Antworten gegeben: 1) die Förderung des Interessenausgleichs sollte im Mittelpunkt der externen Bemühungen stehen und 2) die Instrumente der Demokratieförderung sollten zu den vorherrschenden Problemursachen und Erfolgsbedingungen passen, sprich angemessen sein. Damit wurde die politische Komponente der Friedenskonsolidierung zum einen spezifiziert (Hypothese 1), zum anderen aber auch kontextualisiert (Hypothese 2). In Bezug auf die Debatte über die beste Strategie der Friedenskonsolidierung (Security First, Institutionalization First, Liberalization First oder Civil
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Society First, vgl. 2.1) lassen sich verschiedene Schlussfolgerungen ziehen. Zunächst ist zu betonen, dass die in dieser Arbeit vertretene Forderung nach einer Kontextualisierung von Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung impliziert, dass es keinen einzelnen ‚Gewinner‘ geben kann. Sprich: Es gibt nicht die Strategie, die in jedem Fall und immer zu bevorzugen ist. Vielmehr hängt es von den vorliegenden Problemen und Herausforderungen ab, ob der Fokus stärker auf Sicherheitsaspekte oder auf den Aufbau von Institutionen oder aber die Unterstützung der Zivilgesellschaft zu richten ist. Die empirische Untersuchung der Entwicklungen in El Salvador und Nicaragua legt allerdings nahe, dass Liberalization First die Gefahr kontraproduktiver Entwicklungen in sich birgt, da die wirtschaftliche Liberalisierung bereits vorherrschende sozio-ökonomische Probleme verschärft und somit den Friedensprozess destabilisiert. Beachtenswert ist ferner der unterschiedliche Zeithorizont der Strategien. Insbesondere Maßnahmen zur Herstellung der physischen Sicherheit (Security First) sind kurz- bis mittelfristig angelegt – ein Aufbau der Zivilgesellschaft und die Förderung von gesellschaftlichen Versöhnungsprozessen (Civil Society First) braucht hingegen Zeit und kann erst in langfristiger Perspektive seine Wirkung entfalten. Hieraus lassen sich auch gewisse Schlüsse auf die Sequenzialisierung der Strategien ziehen. Zu Beginn eines Friedensprozesses, wenn die Gefahr einer Rückkehr der kriegerischen Gewalt am größten ist und unmittelbare Probleme des Übergangs zu bewältigen sind, werden demnach vermutlich kurz- bis mittelfristig ausgerichtete Strategien wie Security First, aber auch Institutionalization First, wichtiger sein. Mit dem Fortschreiten des Friedensprozesses, und der wachsenden Bedeutung der mittel- bis langfristigen Stärkung von friedensfördernden Strukturen und Kräften, verliert Security First hingegen an Relevanz und neben Institutionalization First gewinnt vor allem die Strategie der Civil Society First an Bedeutung. Ein wichtiges Ergebnis der vorliegenden Untersuchung ist auch die Einsicht, dass externe Einflussnahme Grenzen hat. Es kann Situationen geben, in denen von externer Seite politische Entwicklungen nicht positiv beeinflusst werden können. Dies ist dann der Fall, wenn die Erfolgsbedingungen für externe Demokratieförderung sehr schlecht sind. Schließlich unterstreichen die Fallstudien nochmals die bereits bestehende Einsicht, dass es sich beim Peacebuilding um eine multidimensionale Aufgabe handelt. So konnte gezeigt werden, dass Defizite im sicherheitspolitischen oder sozio-ökonomischen Bereich (wie die hier diskutierten Probleme bei der Reintegration von Ex-Kombattanten in El Salvador und vor allem in Nicaragua) den Erfolg der Friedenskonsolidierung gefährden.
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8.3.3
Relevanz für die politische Praxis
Aus der vorliegenden Arbeit lassen sich verschiedene Empfehlungen für die politische Praxis von Demokratieförderung und Friedenskonsolidierung ableiten, die sich zu einem großen Teil unter den Stichworten Kontextualisierung und Angemessenheit bündeln lassen. Dies gilt erstens für die Auswahl des Instrumentariums der Demokratieförderung. Externe Demokratisierungshilfe kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Instrumente auf die vorliegenden Problemursachen und Rahmenbedingungen abgestimmt und somit angemessen sind. In der Systematisierung von eben diesen Rahmenbedingungen oder auch Erfolgsfaktoren liegt einer der wesentlichen Beiträge dieser Arbeit. Dadurch werden wichtige Hinweise auf das ‚Wann‘, das ‚Wer‘ und das ‚Womit‘ von Demokratisierungshilfe gegeben: Unter welchen Umständen kann welcher externe Akteur anhand welcher Instrumente am ehesten Demokratisierungsprozesse unterstützen? Diese Kontextualisierung bringt für die politische Praxis der Demokratieförderung einen erheblichen Gewinn. Denn bisher wird Demokratieförderung noch zu häufig angebots- und nicht nachfrageorientiert betrieben. Das heißt: Externe Geber setzen Maßnahmen ein, die sie ohnehin ‚im Angebot haben‘, ohne vorher zu reflektieren, ob diese Maßnahmen für die gegebenen Umstände auch geeignet sind. Die ausbleibende Effektivität von Demokratieförderung ist in diesem Fall nicht verwunderlich. Die Zusammenstellung von Erfolgsbedingungen kann hier Abhilfe schaffen, da konkrete Faktoren zur Erhöhung der Angemessenheit von Demokratieförderung genannt werden. So können externe Demokratieförderer die Erfolgsaussichten ihrer Aktivitäten erhöhen, wenn sie darauf achten, dass die eingesetzten Instrumente auch für die Bearbeitung der zentralen Problemursachen geeignet sind. Des Weiteren verdeutlichen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass bei der Wahl des Instruments auf die Eigenschaften des Demokratieförderers geachtet werden sollte. Externe Akteure unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Verhandlungsmacht, ihrer Glaubwürdigkeit, ihrer fachlichen und moralischen Autorität sowie ihrer Ressourcen. Aus diesen Unterschieden ergibt sich, dass nicht jeder Akteur für den Einsatz eines jeden Instruments geeignet ist. Schließlich stellen die Prozessbedingungen einen Katalog von Empfehlungen dar, wie welches Instrument eingesetzt werden sollte, um die Erfolgsaussichten zu maximieren. Ein Allzweckmittel, um Demokratieförderung effektiv zu gestalten, ist die Zusammenstellung der Erfolgsfaktoren dennoch nicht. Demokratisierungsprozesse können zwar von außen unterstützt werden, die Möglichkeiten der Einflussnahme sind jedoch begrenzt. Das zeigt sich an der Vielzahl von Bedingungen, die für den Erfolg von Demokratieförderung verantwortlich sind. Von diesen Faktoren lassen sich die wenigsten durch externe Akteure steuern. Das gilt
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an erster Stelle für die Bedingungen im Zielland der Demokratieförderung, also auf der Ebene des Adressaten. Aber auch Faktoren, die den Demokratieförderer selbst betreffen – zum Beispiel seine Glaubwürdigkeit, Autorität oder Verhandlungsmacht – lassen sich nicht kurzfristig beeinflussen. Und selbst Prozessbedingungen, die noch am meisten dem Einfluss des externen Demokratieförderers unterliegen, können nur begrenzt kontrolliert werden. So scheitert häufig schon ein einzelner Geber daran, seine Politik gegenüber einem Zielland konsistent zu gestalten, da er unterschiedliche, sich teilweise widersprechende außenpolitische Interessen zu befriedigen hat. Noch schwieriger wird es, die Konsistenz verschiedener Geber zu gewährleisten, die unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen und für die es keinerlei zentrale Koordinierungs- oder gar Kontrollinstanz gibt. Aus den Ergebnissen der Arbeit lassen sich zweitens Folgerungen für die inhaltliche Gestaltung von Demokratieförderung und die Auswahl von Förderbereichen ziehen. Auch hier gilt das Gebot der Kontextualisierung und Angemessenheit. So wird zwar der Hypothese 1 folgend für Nachkriegsgesellschaften generell ein Fokus auf die Stärkung von Institutionen des Interessenausgleichs gefordert. Eine allgemeingültige Aussage darüber, welche Förderbereiche zu einer solchen Stärkung des Interessenausgleichs führen, lässt sich jedoch nicht treffen. Die gleichen Maßnahmen können unter verschiedenen Kontextbedingungen unterschiedliche Wirkungen entfalten. So kann die Förderung von Wahlen in einem Land durchaus zu einem Ausbau von Möglichkeiten der Interessenartikulation und somit zum Interessenausgleich beitragen, in einem anderen Kontext ist es jedoch denkbar, dass eine Fokussierung externer Demokratieförderung auf Wahlen zur weiteren Verschärfung von Wettbewerb und Konkurrenz in einer ohnehin schon polarisierten Gesellschaft führt und somit den Interessenausgleich eher behindert. Ein Standard-Programm der Demokratieförderung in Nachkriegsgesellschaften gibt es somit nicht. Stattdessen ist es notwendig, die jeweiligen Probleme in einem Zielland zu analysieren, um daraufhin gezielt geeignete Maßnahmen auszuwählen. So zeigen die empirischen Beispiele in allen drei hier untersuchten Fällen, dass externe Demokratieförderer eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen haben, die per se die Interessenartikulation und den Interessenausgleich fördern können. Wenn jedoch, wie im Falle von Nicaragua, die Kerndefizite für den Interessenausgleich ignoriert werden, oder aber, wie im Falle von El Salvador und Guatemala, nur unzureichend berücksichtigt werden, dann bleibt die Förderung des Interessenausgleichs unter dem Strich nur schwach bis allenfalls moderat ausgeprägt. Drittens sind aus dieser Arbeit auch Empfehlungen für die Praxis der Friedenskonsolidierung ableitbar. Zunächst unterstreichen die hier erzielten Erkenntnisse die Kernargumente früherer Arbeiten (David 1999; Kurtenbach 2007; Paris 2004; Pugh 2000; Ramsbotham 2000), dass es keinen Automatismus zwischen
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Demokratieförderung, Demokratisierung und Friedenskonsolidierung gibt. Von einem standardisierten Einsatz der Demokratieförderung als Beitrag zum Peacebuilding ist also abzuraten. Stattdessen sollten Praktiker konkret überprüfen, was die größten Probleme und Hindernisse für die Friedenskonsolidierung sind und welchen Beitrag externe Akteure dazu leisten können, diese Probleme zu bewältigen. Insbesondere kurz nach der Beendigung eines Krieges werden dies häufig Herausforderungen sein, die eher in den Bereich der sicherheitspolitischen oder sozio-ökonomischen Dimension des Peacebuilding fallen, wo kurzfristig oftmals die drängendsten Aufgaben warten. Werden etwa wichtige Bereiche wie die Reintegration von Kombattanten vernachlässigt – das zeigen die Erfahrungen in Nicaragua und El Salvador – dann können diese Defizite den gesamten Friedensprozess unterminieren. Wenn Mängel im politisch-administrativen Bereich als Hindernisse für die Friedenskonsolidierung identifiziert werden (und zwar insbesondere hinsichtlich der Etablierung demokratischer Strukturen und Praktiken), dann ist zu untersuchen, ob und wie durch externe Demokratieförderung diese Probleme gemindert werden können. Vor der Auswahl von Instrumenten und Förderbereichen sollte eine präzise Analyse der Problemursachen und Rahmenbedingungen erfolgen. Davon ausgehend können dann einerseits inhaltliche Förderbereiche bestimmt werden, die den Interessenausgleich stärken, und andererseits Instrumente ausgewählt werden, die auf die zugrundeliegenden Problemursachen ausgerichtet sind und für welche die Erfolgsbedingungen günstig sind. Für den ebenfalls denkbaren Fall von sehr ungünstigen Ausgangsbedingungen empfiehlt sich die Reduzierung der Demokratisierungshilfe zugunsten einer stärkeren Konzentration auf andere Dimensionen des Peacebuilding, bei denen die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass externe Akteure einen stabilisierenden Beitrag leisten können. Abschließend bleibt angesichts dieser oftmals skeptischen Erläuterungen folgende Erkenntnis: Frieden durch Demokratie ist kein Selbstläufer. Dennoch konnten mit dieser Arbeit wichtige Fingerzeige auf Aspekte gegeben werden, die bisher zu wenig Beachtung gefunden haben. In einigen Fällen kann eine Berücksichtigung dieser Faktoren Wege aufzeigen, wie Demokratieförderung die Friedenskonsolidierung in Nachkriegsgesellschaften befördern kann. In anderen Fällen wird die Berücksichtigung dieser Faktoren dazu beitragen, realistischere Erwartungen zu entwickeln und sich der Grenzen externer Demokratieförderung bewusst zu werden.
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El Salvador Carlos Acevedo, PNUD, San Salvador, 20.8.2004. José E. Chacón, Heinrich-Böll-Stiftung, San Salvador, 13.8.2004. Ricardo Córdova, FUNDAUNGO, San Salvador, 13.8.2004. Héctor Dada, Abgeordneter der CDU, San Salvador, 19.8.2004. Maria Dolores Rosa, FES, San Salvador, 11.8.2004. Hugo Martinez, Abgeordneter der FMLN, Ex-Direktor des Instituto Farabundo Martí, San Salvador, 20.8.2004. Lina Pohl, Heinrich-Böll-Stiftung, San Salvador, 10.8.2004. Carlos Ramos, FLACSO, San Salvador, 17.8.2004. Wouter Wilton, Leiter der Delegation der Europäischen Kommission in El Salvador (Telefoninterview), 13.8.2007. Rubén Zamora, CDU Generalsekretär, 19.8.2004. Nicaragua Rodolfo Delgado Romero, Instituto de Estudios Nicargüenses, Managua, 6.9.2004. Mauricio Diaz, ehemaliger Vorsitzender der PSC, zur Zeit des Interviews Abteilung Internationale Organisationen im Außenministerium, Managua, 27.8.2004. Juan Carlos Gutiérrez, PNUD, Managua, 7.9.2004.
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Maria de Jesus Gutiérrez Larius, Vizebürgermeisterin von Nandaime, Managua, 26.8.2004. Josef Ising, GTZ, Managua, 23.8.2004. Nehemías López, FES, Managua, 25.8.2004. Dora Maria Téllez, MRS, Managua, 6.9.2004. Vidaluz Meneses, Coordinadora Civil, Managua, 6.9.2004. Manuel Ortega Hegg, UCA, Managua, 2.9.2004. Víctor Hugo Tinoco, Teilnehmer an den Friedensverhandlungen für FSLN, Managua, 1.9.2004. Reinhard Willig, KAS, Telefoninterview, 24.8.2004. Sonstige Sabine Kurtenbach, GIGA, München, 1.7.2004. Heidrun Zinecker, HSFK, Frankfurt a.M., 5.10.2005. Kerstin Sieverdingbeck, BMZ Referat Governance, Demokratie, Frauen- und Menschenrechte, Bonn, 21.6.2004. Wolfram Klein, BMZ Länderreferat El Salvador und Nicaragua, Bonn, 21.6.2004.
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